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CV
o
Geh.B. Dr. L. Wiege's Sammlung
/
der
Verordnungen und Gesetze
for'
die höheren Schulen in Preufsen.
Dritte Ausgabe,
bearbeitet und bis zum Anfang des Jahres 1886 fortgeführt
von
Prof. Dr. Otto Kiibler,
Direotor dei Königllohen Wilhelmi-OjmAMiuma la BerUn.
Erste Abteilung.
Die Sehule.
Berlin.
Verlag von Wiegandt & Grieben.
1886.
I ]\m
1
^/BRAK^
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Aus der Vorrede zur ersten Auflage.
(Erste Abth.)
Die Herausgabe dieses Buchs ist zunächst durch die aus den neu-
preufsischen Ländern vielfach kundgegebenen Wünsche veranlafst wor-
den^ über das, was in Preufsen gegenwärtig als Ordnung und Vorschrift
für die höheren Schulen besteht, eine Auskunft von amtlicher Zuver-
lässigkeit zu erhalten. Auf die von dem Unterzeichneten im Jahre
1864 herausgegebene Darstellung des höheren Schulwese^s in Preufsen
konnte in vielen Fällen nicht verwiesen werden, weil dieselbe bei ihrer
überwiegend „historisch-statistischen'' Aufgabe nicht die Absicht hat,
zugleich ein Bepertorium aller Verordnungen über die höheren Schulen
zu sein. Die vorliegende erste Abtheilung beschäftigt sich mit der
Schule selbst; die zweite wird in ähnlicher Weise Mittheilungen über
alles dasjenige enthalten, was die Lehrer als solche angeht. Eine
absolute Scheidung des Inhalts beider Abtheilungen liefs sich der Natur
der Sache nach nicht durchführen, da Schule und Lehrer sich immer
gegenseitig voraussetzen.
Li der hier gegebenen üebersicht normativer Bestimmungen ist
die G-rundlage der bisherigen ünterrichtsverwaltung des preufsischen
Staats dargestellt. Neuere Anordnungen, welche die Erweiterung des
Staats nöthig gemacht hat, sind nicht aufgenommen worden; sie ge-
hören einer Zeit des Debergangs an, die noch nicht zur Buhe ge-
kommen ist, die aber, wie wir hoffen, die Triebkraft lebendiger Weiter-
entwickelung auch auf diesem Gebiet in sich trägt.
Der öffentliche Unterricht und das ganze BUdungstreben kann in
keinem Staat von politischen Neugestaltungen unberührt bleiben : Schule
und öffentliches Leben stehen in ununterbrochener Wechselwirkung;
und so werden die Folgen der grofsen« Ereignisse des vergangenen
Jahres auch im deutschen Schulwesen sichtbar werden. Des Königs
Froclamation vom 6. October v. J. nannte die Lehranstalten der neu-
preufsischen Landestheile vieljährige Pflegerinnen deutscher Kunst und
Wissenschaft. Was sie als solche sind und haben, ihr bewährtes Eigene,
wird man ihnen nicht meistern wollen: es wird ihnen bleiben; aber die
Gemeinschaft, in welche sie mit den altpreufsischen Schulen getreten sind,
enthält das natürliche Wechselverhältnifs des Gebens und Empfangens
und wird so nach beiden Seiten anregend und fruchtbar werden.
Die Erweiterung des Staatsgebiets begünstigt von selbst eine
freiere Bewegung auch des geistigen Lebens in demselben : andererseits
hat aber, sobald es sich im Bereich der Schule z. B. von der Wirkung
der Zeugnisse in öffentlichen Verhältnissen handelt, die Gleichheit der
Bedite an der üebereinstimmung der Pflichten ihr nothwendiges
IV
Correlat. Es ist Sache der Schulleitung, den Ansprüchen beider Seiten
gerecht zu werden. Worauf es dabei ankommt, wird sich in den meisten
Fällen aus vorliegender Sammlung entnehmen lassen. — —
Obgleich das Buch nicht bestimmt ist, den historischen Fortgang
auf irgend einem Gebiet der preufsischen Schulverwaltung nachzu-
weisen, sondern nur das geben will, was jetzt gilt, so ist . doch das
Nebeneinander der Verfügungen oft auch ein zusammenhangendes
Nacheinander und zwar so, dafs das Frühere durch das Spätere nicht
aufgehoben, sondern nur theilweise ergänzt oder modificirt ist, weshalb
beides aufgenommen werden mufste. Scheinbare Widersprüche einzelner
Bestimmungen untereinander werden sich durch eine Vergleichung der
80 zusammengehörigen, aber aus verschiedenen Zeiten stammenden Ver-
fügungen leicht von selbst lösen. Aufserdem ist Historisches hin und
wieder soweit mitgetheilt, wie es zum Verständnifs des gegenwärtig
Geltenden erforderlich schien.
Die ganze Zusammenstellung in den ersten 8 Abschnitten läfst
deutlich erkennen, wie auf der Grundlage weniger allgemeiner Be-
stimmungen die preufsische Schulgesetzgebung im Verwaltungswege fort-
geschritten ist, nicht fest und systematisch einen fertigen Plan ausbauend,
sondern, jedenfalls auf dem Gebiet des Gymnasialunterrichts, die Ent-
wickelung begleitend, welche durch die inneren Gesetze des deutschen
Geisteslebens bestimmt wird. Die meisten Verfügungen haben ihren
Ursprung in Veranlassungen, welche der Gang dieser Entwickelung mit
sich führte, sind also mehr gelegentlicher Art : daher auch die Ungleich-
heit, in welcher die verschiedenen Seiten sowohl des Unterrichts wie
der Disciplin mit Verfügungen bedacht sind. Die Hauptlehrgegenstände
des Gymnasiums z. B. haben den Vortheil einer bewährten Tradition
für sich, und es hat sich selten ein genügender Anlafs gefunden, dieser
durch besondere Vorschriften zu HfUfe zu kommen : die Bedeutung des
Turnens in der Jugenderziehung ist dagegen erst in neuerer Zeit recht
gewürdigt worden; und so zeigt die Ai^einanderfolge der mitgetheilten,
verhältnifsmäfsig zahlreichen Verfügungen über den Turnunterricht, wie
sich das in der Cabinetsordre v. 6. Juni 1842 gegebene Princip in der
Wirklichkeit allmählich zu bestimmten Einrichtungen gestaltet.
Für jede Schulkategorie besteht ein Normal plan, der die Lehr-
gegenstände selbst, das succ^ssive Eintreten derselben innerhalb des
Classensystems und die jedem zu widmende Stundenzahl angiebt. Ebenso
ist das zu erreichende Ziel in den Reglements bestimmt, welche für
die Abgangsprüfungen bestehen. Zwischen diesen beiden Fest-
setzungen, die, wi9 aus dem dazu Bemerkten hervorgeht, im einzelnen
nicht unabänderlich sind, ist der Freiheit der Anordnungen und des
methodischen Verfahrens ein weiter Baum gelassen. Zu richtiger Auf-
fassung der allgemein bindenden Vorschriften darf dabei die Abhängig-
keit nicht übersehen werden, in welcher Abschn. IV von Abschn. VIII,
die Schulorganisation von den an Schulzeugnisse geknüpften Berech-
tigungen, steht. Besonders für das Bealschulgebiet ist diese Verbindung
wichtig geworden, und von der Art, wie die daraus entstehende Auf-
gabe erkannt und gelöst wird, hängt die Zukunft desselben ab. Der
Lehrplan der Realschule bat eine andere Entstehung als der des Gym-
nasiums: es ist ihm nicht Zeit gelassen, sich von innen heraus zu ent-
wickeln. Das Berechtigungswesen ist wie ein neuer mitwirkender
* Factor in die höheren Schiüen hereingekommen, der ihnen ihre Arbeit
erschwert; und der nächste Nutzen davon kommt weniger der Schule
selbst als. dem Leben zu gut, darf aber ebendeshalb auch nicht gering
angeschlagen werden.
Eine imbefangene Würdigung unseres höheren Schulwesena kann
weder die im Vorstehenden angedeuteten Umstände übersehen, noch
auch das unberücksichtigt lassen, dafs in einem Staat von der Aus-
dehnung des preufsischen in der öffentlichen Verwaltung die mehr ver-
traulichen Verhältnisse nicht möglich sind, welche in mancher Beziehung
als ein beneidenswerther Vorzug kleinerer Staaten angesehen werden
können. Erst von diesen Gesichtspuncten aus erscheint die vermeint-
liche Gresetzlichkeit unserer Schuleinrichtung in ihrem rechten Lichte,
und bei einem Einblick in das thatsächliche Verfahren wird sich immer
auch die Vorstellung von einer gehinderten Entwickelungsfreiheit als
unhaltbar erweisen.
Gewifs, das Beste in der Schule geschieht ohne gesetzliche Vor-
schrift; auch weist in Wirklichkeit die Mehrzahl der erlassenen Ver-
fi^;ungen vielmehr auf Ziele und Schranken hin, als dafs sie das Thun
des Lehrers innerhalb dieser und für den Weg zum Ziel im einzelnen
zu normiren beabsichtigen. Die Tendenz sämmtlicher Anordnungen
geht unverkennbar darauf hin, Gesetz und J^reiheit nicht als Gregen-
sätze, sondern als nothwendige Ergänzungen einer lebendigen Ilinheit
zu fassen. Darin liegt die höchste Anforderung an den Lehrer selbst
und der Inhalt seiner pädagogischen Aufgabe an den Schülern. Lehren
bleibt eine freie Kunst, und Erziehen eine Bethätigung von Liebe und
Weisheit: für das eine wie für das andere hat Gott dem deutschen
Volke besondere Gaben verliehen. Das Schulregiment kann ihre Ent-
faltung zu freier Wirksamkeit nicht verkümmern wollen. Wer näher
zusieht, wird finden : es ist kein Director in Preufsen, wenn er anders
nach pädagogischem Beruf und wissenschaftlichem Geist wirklich ein
Director ist, der durch die bestehenden Anordnungen und Gesetze
oder durch die Aufsichtsbehörden verhindert wäre, aus der ihm anver-
trauten Schule, falls sonst alle Bedingungen vorhanden sind, das zu
machen, was sie ihrer Idee nach sein soll.
Schon in den Abschnitten 11 bis Vü stehen neben den allgemein
verbindlichen Vorschriften der Oberaufsichtsbehörde auch Anordnungen
der Provinzial-Scbulbehörden, wie deren die zweite Abtheilung des
Buchs noch andere, namentlich in den verschiedenen Directoren- und
Lehrer-Instructionen, bringen wird. Diese Mannigfaltigkeit mit den
in Abschn. X mitgetheilten Beispielen localer Festsetzungen zeigt das
Vorhandensein eines freien organischen Zusammenhanges, nicht einer
lähmenden CentraHsation : die Berechtigung einer provinziellen Selb-
ständigkeit und eigenthümlichen Lebensbethätigung ist von der preufsi-
schen Schulverwaltung niemals verkannt worden. Der Inhalt des zehn-
ten Abschnitts veranschaulicht an einigen wichtigen Seiten des Schul-
VI
lebens, wie sich die allgemeinen Grundsätze im Besonderen individnali-
siren. Die Auswahl ist von verschiedenen Gesichtspuncten aus geschehen,
ohne dafs sie zugleich ein Urtheil über den Werth des
Aufgenommenen nach Inhalt oder Fassung enthielte und
nur Mustergültiges aufstellen wollte. Ob z. B. in den
Schul- und Disciplinarordnungen die gedrängte Kürze oder, die Aus-
führlichkeit vorzuziehen, und ob alle einzelnen Bestimmungen pädagogisch
zweckmäfsig sind, kann hier dahingestellt bleiben : es kam nur darauf
an, Beispiele des gegenwärtig, und zwar ebenfalls nur an altpreufsischen
Schulen, Bestehenden zu geben; und gerade einige der gröfseren unter
den mitgetheilten Schulordnungen können darum von Interesse sein,
weil sie einen allseitigen Einblick in den inneren Haushalt ausge-
dehnter Anstalten gestatten. Unter mehreren der Instructionen und
Schulordnungen finden sich Uebereinstimmungen, die theils auf Be-
nutzung desselben Vorganges, theils auf Abhängigkeit der einen von
der anderen hinweisen. Eine nähere Yergleichung wird aber immer er-
geben, dafs das Gemeinsame unter dem Einflufs örtlicher Verhältnisse
doch wieder ein Besonderes geworden ist, und dafs in derselben Rich-
tung die Bestimmungen bei der einen Schule über die bei der anderen
hinausgehen.
Die in den alten Provinzen vorhandenen Alumnate und anderen
Erziehungsinstitute stehen mit ihren Beneficien gegenwärtig auch den
Bewohnern der neupreufsischen Landestheile offen. Die über die Auf-
nahmebedingungen solcher Anstalten oft begehrte Auskunft wird in
Abschn. IX ausreichend gegeben sein. — —
Berlin, am 18. JuU 1867.
(Zweite Abth.)
Auch diese Abtheilung enthält nur diejenigen Bestimmungen,
welche für die altpreufsischen Landestheile erlassen sind und daselbst
noch Geltung haben. Bei ihrer Uebertragung auf die neuen Provinzen
der Monarchie ist das Absehen der Unterrichtsverwaltuug immer dar-
auf gerichtet gewesen, sie mit dem, was sich daselbst vorfindet und
bewährt hat, in Harmonie zu setzen, soweit dies die Noth wendigkeit
principieller Uebereinstimmung irgend gestattete. Der allmähliche Ver-
lauf dieses Verfahrens wird auf mehreren wichtigen Gebieten Neues
ergeben, das auch den alten Provinzen zu gute kommt, z. B. (Abth. I)
in der Organisation der Realschulen, in den Maturitäts-Prüfungsvor-
schriften für die höheren Schulen in Hannover, Hessen, Nassau und
Schleswig-Holstein, und nicht minder (Abth. II) in den Instructionen
für die K. wissenschaftl. Prüfungscommissionen an den Universitäten
zu Göttingen, Marburg, Eiel. Sobald der in diesen Beziehungen jetzt
noch fortdauernde provisorische Zustand in definitive Anordnungen
übergegangen ist, wird dasjenige, wodurch die Verfügungen gegen-
wärtiger Sammlung dabei erweitert oder abgeändert sind, als eine Er-
gänzung derselben zusammengestellt und mitgetheilt werden. —
Der mannigfaltige Inhalt beider Abtheilungen des Buchs rührt aus
sehr verschiedenen Zeiten her; die innere Einheit des Geistes, aus dem
vn
das preufsischse höhere Schulwesen sich bisher fortentwickelt hat, ist
gleichwohl leicht darin erkennbar. Dafs zugleich in der ganzen Samm-
lung der Nächweis des Bemühens um ein wohlgeordnetes Schulwesen
vorliegt, würde von geringem Werth sein, wenn die Ordnung an sich
für das höchste Ziel genommen wäre. Dem Blick unbefangener Prü-
fung kann es nicht entgehen, dafs dies nicht der Fall ist, dafs vielmehr
innerhalb der zusammenhaltenden Ordnung, welche die Verhältnisse
eines grofsen Staates nöthig machen, das Interesse wahrhaft wissen-
schaftiicher und sittlicher Bildung und die darauf gegründete Wohlfahrt,
Bjraft und Ehre der Nation der Ursprung aller getroffenen Bestim-
mungen ist, und dafs in ihrer Aufeinanderfolge das consequente Stre-
ben der Begierung sich kcmdgiebt, das dadurch gegebene Ziel immer
sicherer zu erreichen. Die gegenwärtige zweite Abtheilung handelt von
dem, worauf es dazu vor allem ankommt.
Dem allseitigen Begehren nach ' erprobten und für höhere Schulen
qualificirten Lehrkräften kann jetzt kaum noch genügt werden: die
vorhandenen Anstalten dehnen sich aus, zahlreiche neue entstehen,
theüs in Folge des vermehrten Bildungstriebes, theils unter dem Ein-
flufs des Zusammenhanges, in welchen die allgemeine Wehrpflicht in
Norddeutschland mit der Schulbildung gesetzt ist ; ebenso werden aka-
demisch vorbereitete Lehrer häufig da verlangt, wo man sich früher
ndt Elementarlehrern begnügte. So entsteht eine unverhältnifsmäfsig
vermehrte Nachfrage, die nicht ohne Gefahr ist, weil sie eine Ver-
suchung für Unberufene werden kann. Es widerspricht dem Wesen des
Lehramts und der hohen Bedeutung, welche es für das Gemeinwohl
hat, wenn es des frühen Erwerbs wegen als Mittel zum Zweck, und
mehr als ein Geschäft denn als ein Beruf gewählt und getrieben wird.
Der Schulverwaltung ist diese Gefahr nicht verborgen, imd sie sieht in
einer unruhig erregten Zeit, die ohnehin geistiger Vertiefung nicht gün-
stig ist, keine gröfsere Aufgabe vor sich, als das hervortretende Bil-
dungsbedürfnifs durch genügende und wohlbefahigte Kräfte in die
rechten Bahnen zu leiten, in denen mehr als eine oberflächliche Durch-
schnittsbildung zu erreichen ist.
Li den bestehenden Prüfungsordnungen, den Instructionen zur
Führung des Lehramts u. s. w. kann kein Hindemifs, sondern nur eine
Hülfe bei dieser Aufgabe gefunden werden, sobald man den Zusammen-
hang und die Intention der betreffenden Bestimmungen beachten will.
Kenntnisse sind zum Lehramt eine nothwendige Voraussetzung: aber
es verlangt viel mehr ; denn die Wissenden sind darum noch keine Leh-
rer, und die Lehrer noch keine Pädagogen. An diese höchsten Erfor-
dernisse eines mit Geist und Liebe erfafsten Berufs reicht keine Instruc-
tion. Aber die gegebenen Vorschriften wollen und können die unent-
behrliche Grundlage eines fruchtbaren selbständigen Strebens sichern,
und dazu helfen, dafs auch hier die mannigfaltigen Gaben des Geistes,
sich zu gemeinem Nutzen erweisen.
Berlin, am 20. April 1868. L. W.
vm
Vorrede zur zweiten Auflage.
Bei der vor acht Jahren durch die Zeitumstände veranlafsten
ersten Herausgabe dieser Sammlung wurde in Aussicht gestellt, dafs
die in Folge der Erweiterung des Staats getroffenen besonderen An-
ordnungen im höheren Schulwesen demnächst zusammengefafst als
. Nachtrag veröffentlicht werden würden. Es ist unterblieben, weil bald
eine neue Ausgabe des Ganzen nöthig erschien, in der dann zweck-
mäfsiger das Neue mit den älteren Bestimmungen gehörigen Orts ver-
bunden werden konnte. Der Herausgeber hat später als er wünschte
die dazu nöthige Arbeit aufnehmen können. Auch war zweifelhaft, ob
eine neue Ausgabe eines solchen Buchs jetzt an der Zeit sei. Durch
vielfache amtliche Verhandlungen, sowie durch öffentliche Discussionen
und die dabei kundgewordenen Beform- Wünsche und Bestrebungen war
manches Bestehende in Frage gestellt, und die Hoffnung verbreitete
sich mehr und mehr, dafs tbeils die Schulverwaltung, auch in Folge
der October-Oonferenzen vom Jahre 1873^) theils das seit Jahren vor-
bereitete ünterrichtsgesetz in mehreren Beziehungen neue definitive
Ordnungen in nicht langer Zeit herbeiführen werde.
Vorzugsweise für das Bealschulwesen sind sie nach den seit
Erlafs der Unterrichts- und Prüfungsordnung vom 6. Oct. 1859 darin
gemachten Erfahrungen Bedürfnifs geworden, üeber Vorschläge') zur
Vereinfachung und zu freierer Einrichtung des Lehrplans der Beal-
schulen haben die Frov. Schulcollegien sich gutachtlich geäufsert.
Ebenso sind Abänderungen des Prüfungsreglements für die Candidaten
des höheren Schulamts vorbereitet; wobei es sich besonders darum
handelt, für die Prüfungen eine freiere Wahl in der Verbindung von
Nebenfachern mit einem Hauptfach zu gestatten. Gleicherweise wird
beabsichtigt, die Maturitätsprüfung bei den Gymnasien zu vereinfachen,
und darin unter den verschiedenen Provinzen nach dem gegenwärtigen
Umfange des Staats eine gröfsere üebereinstimmung herzustellen.
Ladefs noch sind diese und andere für unser höheres Schulwesen
wichtige Gegenstände entweder im Flufs der Verhandlungen, oder ihre
Feststellung wartet auf eine geeignete Zeit. Bis dahin und bis zum
Abschlufs der eingeleiteten Veränderungen die neue Bearbeitung des
Buchs zu verschieben, war dem Herausgeber, wenn er die Sache nicht
seinerseits ganz fallen lassen, sondern vielfachen Aufforderungen nach-
geben wollte, nicht gestattet.
So enthält nun die neue Ausgabe manches Provisorische; sie
wird gleichwohl insofern für zeitgemäfs gelten können, als sie zur Be-
nutzung bei den ferneren Verhandlungen über beabsichtigte oder ge-
wünschte Beformen und über das Ünterrichtsgesetz, das an gesetzlichen
und Verwaltungs-Normen Vorhandene und Bestehende übersichtlich dar-
legt. Und steht nun die Zeit tiefgreifender Umgestaltungen für dies
Gebiet bevor, so möge das Buch ein Denkmal der Verfassung sein^
welche das preufsische höhere Schulwesen bis zum Beginn des letzten
Viertels dieses Jahrhunderts allmählich erhalten hatte.
^) S. Hiit. statiit. Dani. in p. 32. «) Vgl. Pftdag. ArohiT 1874 p. 573.
IX
Die Anordnung des Ganzen ist im wesentlichen dieselbe geblie-
ben. Es bat sich dabei nicht yermeiden lassen, denselben Gegenstand
je nach seinen verschiedenen Beziehungen an mehreren Stellen zur
Sprache zu bringen. Vom Schuletat z. ß. mufste bei der Schulunter-
haltung, bei der Behördencompetenz und bei den Lehrerbesoldungen
die Bede sein; ebenso von den Anstellungen nicht allein in dem Ca^
pitel von den Behörden, sondern auch beim Lehramt; die Obliegen-
heiten der Directoren kommen in verschiedenem Zusammenhange in
beiden Abtheilungen des Buchs vor. Nach den Inhaltsübersichten und
dem Begister ist aber das Zusammengehörige leicht aufzufinden.
Einiges früher Aufgenommene hat beseitigt werden können; da-
hin gehören auch die in der ersten Ausgabe anhangsweise mitgetheil-
ten Bestimmungen über das höhere Mädchenschulwesen, worüber in-
zwischen anderweitig amtliche Publicationen erschienen sind. Im gan-
zen ist aber, wie es nicht anders sein konnte, eine Vermehrung einge«
treten. Sie wird nicht überall willkommen geheifsen werden, weil das
Buch dadurch noch weniger das geworden ist, was Mancher für seine
nächsten Zwecke verlangt: ein gedrängtes Compendium der jetzt gel-
tenden Bestimmungen. Ohne Zweifel wäre eine Art Katechismus,
der auf jede die höheren Schulen betreffende Frage kurz und präcis
Antwort gäbe, etwas Erwünschtes. Allein diesen Zweck hat das vor-
liegende Buch nicht; es will vielmehr ein Bepertorium aller der für
die höheren Schulen wichtigen Bestimmungen sein und dabei nicht aus-
schliefslich dem Bedürfnifs des unmittelbar betheiligten Lehrerstandes
dienen, sondern darüber hinaus auch einem weiteren Interesse genügen,
das,' wie die Erfahrung gezeigt hat, vielfach Von anderen Standpuncten
aus über unsere Schulverhältnisse Auskunft begehrt.
Die vorerwähnte compendiarische Beschränkung wird schon durch
die Art der Entwickelung des höheren Schulwesens in Preufsen und
durch die Ausdehnung des Staats verhindert. Neben den ministeriellen
Verfügungen mufsten oft die entsprechenden der Provinzial-Schulbe-
hörden berücksichtigt, und ebenso nicht selten das gegenwärtig in
den alten imd den neuen Provinzen nebeneinander zu Becht Be-
stehende aufgeführt werden. Nicht weniger war bisweilen nothwendig,
Aelteres, das theilweise aufgehoben ist, doch aufzunehmen, weil Einiges
davon noch gültig ist ; und weil es die Grundsätze enthält, die für das
Verständnifs der späteren Bestimmungen von Wichtigkeit sind. Letz-
teres gilt z. B. von dem sogenannten „blauen Buch", der Oirc. Verfügung
vom 24. October 1837. Das jetzt mafsgebende Pensionsgesetz ist vom
Jahre 1872 : für einzelne Bestimmungen desselben war aber unumgäng-
lich, einige Paragraphen aus drei früheren Pensionsverordnungen, aus
den Jahren 1825^ 1844. und 1846, zur Ergänzung daneben zu stellen.
Aehnliches bei anderen Gegenständen.
Da die Verfügungen in ihrer authentischen Form mitgetheilt wer-
den mufsten, so sind auch solche Bestimmungen und Bezeichnungen
beibehalten worden, welche sich nach verschiedenen neuerdings getroffe-
nen Einrichtungen, z. B. nach den Veränderungen im deutschen Münz-
wesen, nach dem Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes,
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Aus der Vorrede zur ersten Auflage.
(Erste Abth.)
Die Herausgabe dieses Buchs ist zunächst durch die aus den neu-
preufsischen Ländern vielfach kundgegebenen Wünsche veranlafst wor-
den, über das, was in Preufsen gegenwärtig als Ordnung und Vorschrift
für die höheren Schulen besteht, eine Auskunft von amtlicher Zuver-
lässigkeit zu erhalten. Auf die von dem Unterzeichneten im Jahre
1864 herausgegebene Darstellung des höheren Schulwesens in Preufsen
konnte in vielen Fällen nicht verwiesen werden, weil dieselbe bei ihrer
überwiegend „historisch-statistischen'^ Aufgabe nicht die Absicht hat,
zugleich ein Repertorium aller Verordnungen über die höheren Schulen
zu sein. Die vorliegende erste Abtheilung beschäftigt sich mit der
Schule selbst; die zweite wird in ähnlicher Weise Mittheilungen über
alles dasjenige enthalten, was die Lehrer als solche angeht. Eine
absolute Scheidung des Inhalts beider Abtheikingen liefs sich der Natur
der Sache nach nicht durchführen, da Schule und Lehrer sich immer
gegenseitig voraussetzen.
In der hier gegebenen Uebersicht normativer Bestimmungen ist
die G-rundlage der bisherigen Unterrichtsverwaltung des preufsischen
Staats dargestellt. Neuere Anordnungen, welche die Erweiterung des
Staats nöthig gemacht hat, sind nicht aufgenommen worden; sie ge-
hören einer Zeit des Uebergangs an, die noch nicht zur Iluhe ge-
kommen ist, die aber, wie wir hoffen, die Triebkraft lebendiger Weiter-
entwickelung auch auf diesem Gebiet in sich trägt.
Der öffentliche Unterricht und das ganze Bildungstreben kann in
keinem Staat von politischen Neugestaltungen unberührt bleiben: Schule
und öffentliches Leben stehen in ununterbrochener Wechselwirkung;
und so werden die Folgen der grofsen* Ereignisse des vergangenen
Jahres auch im deutschen Schulwesen sichtbar werden. Des Königs
Froclamation vom 6. October v. J. nannte die Lehranstalten der neu-
preufsischen Landestheile vieljährige Pflegerinnen deutscher Kunst und
Wissenschaft. Was sie als solche sind und haben, ihr bewährtes Eigene,
wird man ihnen nicht meistern wollen: es wird ihnen bleiben; aber die
Gemeinschaft, in welche sie mit den altpreufsischen Schulen getreten sind,
enthält das natürliche Wechselverhältnifs des Gebens und Empfangens
und wird so nach beiden Seiten anregend und fruchtbar werden.
Die Erweiterung des Staatsgebiets begünstigt von selbst eine
freiere Bewegung auch des geistigen Lebens in demselben : andererseits
hat aber, sobald es sich im Bereich der Schule z. B. von der Wirkung
der Zeugnisse in öffentlichen Verhältnissen handelt, die Gleichheit der
Bechte an der Uebereinstimmung der Pflichten ihr nothwendiges
INHALTSÜBEESIOHT.
I. Die gesetzliche Grundlage des höheren
Schulwesens.
Das Allgemeine Landrecht von 1794 1
Die VeHasBiingsiirkunde von 1850 2
Das Sohulaofsichtsgesetz von 1872 , 3
Das hannövr. Patent von 1830 in Betreff des OSchulcoUegiums . : . . . 3
IL Die verschiedenen Arten
der höheren Schulen. Ihre Aufsichtsbehörden .
und deren Obliegenheiten.
Die höhere Schule allgemein und ihre Arten 4
Die Aufsichtsbehörden.
1. Die Gentralverwaltung, das K. Unterrichtsministerium 6
2. Die Provinzialyerwaltun^ 7
Die K. Prov.-Schulcollegien 7
Einsetzung von Prov.-Schulcollegien in den neuen Landesteilen 9
Bestimmungen über Anstellung und Etatsverhältnisse .... 12
Die K. wissenschaftl. Prüfungscommissionen 22
Die geistl. Beaufsichtigung der höheren Schulen 22
3. Die Localverwaltung 24
Die städt. Schuldeputationen . . . • 24
Schulcuratorien, Schulcommissionen 27
Das K. Oompatronat 28
Das Gollaturrecht und die Vocationen 30
Das höhere Privatschulwesen 31
III. Errichtung und Erhaltung der höheren
Schulen.
1. Die Anforderuncren im Allgemeinen . ., 33
2. Das confessioneUe Verhältnis 36
3. Der Schuletat 38
4. Das SchuUocal 41
IV. Der Unterricht
Das Circidar-Rescript vom 24. October 1837 53
Das Gircular-B^script vom 7. Januar 1856 66
Die Unterrichts- und Prüfungs-Ordnung der Bealschulen v. 6. October 1859 70
Die revidirten Lehrpläne v. 31. März 1882 HO
Die Vorschulen 144
xm
Besondere Bestimmangen«
A. Torbemerkmiyeiu
Pas«
1. üm&ng der verschiedenen Anstalten 149
2. Bedingungen für die Aufnahme in die unterste Klasse, Vorschule und Sexta 149
3. Schuljahr und Oursusdauer, WechselooBten 150
Unter- und Ober-Tertia 151
Versetzungen 152.
4. Das Klassensystem 153
5. Klassenfrequenz . 154
B. Der Lehrplan.
!• Die Gymnasien 155
2, Die Reallehranstalten und höheren Bürgerschulen 156
3. Combinirte Anstalten 158
Das Bifnrcationssystem 159
Gewerbeschulen und Landwirthschaftssohulen 159
Allgemeine Bemerkungen über Ausführung des Lehrplans 160
Kanon der classischen GymnasiaUectüre 160
Umfang der Leetüre . 160
C* Bestfanmuiigeii Aber einielne ünterriclitsgeit^iistftiide.
1. Eeligion 161
2. Deutsch 171
Die philosophische Propädeutik 175
Die Orthographie 180
3. Lateinisch und Griechisch 185
4. Hebräisch 193
5. Die neueren Sprachen 193
6. Geschichte und Geographie 193
Die westfal. Instruction für den geograph. und den Geschichts-
unterricht V. 22. September 1859 / . . . 195
7. Mathematik 205
Das metrische Mafs- und Gewichtssystem 211
8. Naturwissenschaften 213
9. Zeichnen 213
Schreiben und Stenographie • 218. 219
10. Gesang 220
11. Turnen 222
Die Jugendspiele 233
12. Hodegetik für die zur Universitöt Uebergehenden 240
y. Zeitordnung der Schule, häusliche Beschäftigung.
Pädagogische und disciplinarische Einrichtungen.
1. Die Unterrichtszeit . 243
2. Dispensation Ton Unterrichtsgegenständen 245
3. Ferien und Schulfeste 246
4. Die häusliche Beschäftigung der Schüler. Frivatstudium . , 253
5. Sorge für die Gesundheit der Schüler ' 264
Die ansteckenden JS^nmkheiten 270
Die Lnpfung 275
Anhang zu 4 und 5.
Die Denkschrift zur Ueberbürdungsfrage 277
Das Gutachten der wissenschaftl. Deputation für das
Medioinalwesen v. 19. December 1883 289
6. Aufnahme und Versetzung in höhere Klassen . 313
7. Beschränkung des Aufenthalts in den Klassen ' 319
XIV
8. Uebergang auf eine andere Anstalt 320
9. Kirchenbesuch und Schulandachten 326
10. Anordnungen zur Schuldisciplin 329
11. Beaufsichtigung auswärtiger Schüler 347
12. Censuren . 349
13. Strafen 357
YI. Verschiedene Bestimmungen über die höheren
Schulen.
1. Schulbücher 365
2. Schulbibliotheken 370
3. Schulprogramme 376
4. Das Schulgeld und sonstiffe Zahlungen der Schüler. Unterstützungen
behufs des Schulbesuchs 383
5. Bedenken wegen Uebergangs zur Universität bei Mittellosigkeit . . . 391
VII. Prüfungen und Prüfungszeugnisse.
Die Maturitätsprfifiuig.
Die Uebereinkunft zwischen den deutschen Staatsregierungen in Betreff der
Maturitätszeugnisse der G^ymnasien 392
Gircularerlafs v. 27. Mai 1882 betr. Ordnung der Entlassungsprüfungen an
den höheren Schulen 393
I. A. Ordnung der Entlassungsprüfung an den Gymnasien 394
B. Ordjiung der Entlassungsprüfung an den Proffymnasien .... 404
IL A. Ordnung der Entlassungsprüfung an den Keägymnasien und den
Ober-Realschulen 405
B. Ordnung der Entlassungsprüfung an den B^alprogymnasien . «415
G. Ordnung der Entlassungsprüfung an den Realschiüen 416
in. Ordnung der Entlassungsprütung a^ den höheren Bürgerschulen . . 417
Besondere Bestimmungen:
Erläuterungen 427
Zulassung ' . 430
Früfunff von Realabiturienten an Gymnasien 433
Wiedeniolung der Prüfung 434
Prüfungstermin 435
Vertretung des K. Gommissarius .'...... 436
Ueber Prüfungsgegenstände 439
Feststellung des TJrteils 440
Einreichung der Prüfungsverhandlungen 440
Extraneerprüfung 443
Gütigkeit der Maturitätszeugnisse der Realanstalten für Universitäts*
Studien * . . 444
Sonstige Zeugnisse und Prfifangeii.'
Bestimmungen über Abgangszeugnisse ; 445
Prüfungscommissionen mr andere sJs Jfaturitäts und Abgangsprüfungen 445. 448
Die Prüfung für Prima 446
Zeugnisgebühren 448
■«
XV
Vül. Greltting der Schulzeugnisse in öffent-
lichen Verhältnissen.
BerechtigungeiL Bedingungen der Zalassnng za Präfangen, Bildnngs-
institaten und yenchiedenen Berufsarien.
A. Im ClTilgebiet
1. Universitätsstndien und Zulassung zu den Prüfungen für den höheren
Staats- und Eirchendienst 450
2. Die technischen Hochschulen 450
3. Das Bau- und Haschinenfach 451
4. Der Staatseisenbahndienst 451
5. Das Berfffach 452
6. Die Lanomesserprüfung 452
7. Das Forstfach 452
8. Studium der Landwirthschaft 453
9. Gärtner-Lehranstalten 453
10. Apotheker 453
11. Zahnärzte 454
12. Thierärzte 454
13. Der Post- und Telegraphendienst 454
14. Civil-Supemumerariat 455
a. ProTinzial- Verwaltungsbehörden 456
b. Verwaltung der Steuern 456
c Qerichtssc&reiber 456
d. Beichsbank 457
15. Akademische Hochschule für bildende Künste und für Musik .... 457
B. Im mllitärisclien Gebiet«
1. Die akadem. militärärztlichen Bildungsanstalten 457
2. Dienst auf Avancement in der Armee 457
3. Der Marinedienst 458
4. Das E. Gadettencorps 459
5. Der einjährige Militärdienst . 459
6. K. Militär-Bofsarztschule zu Berlin 474
7. Militärverwaltungsdienst 474
8. Marineverwaltungsdienst 474
9. Das reitende Feldjägercorps 475
Nachträge 475
Chronologisches Begister 477
Sachregister i • • 481
XVI
Die Abkürzungen im Druck.
A. LB. : Das allgeineine Landrecht für
die preufs. Staaten.
A. GO. : Die allgm. Gerichtsordnung für
die preufs. Staaten.
A. E.: Allerh. Erlafs.
Abt. I, 11: Die erste oder zweite Ab-
teilung des Yorliegenden Buchs.
C. 0. : Königliche Cabinetsordre.
CBl.: Centralblatt für die gesamte
Unterrichtsverwaltung in Preiusen.
Cand«: Gandidat.
Co mm.: Gommission.
C 0 n 8 i s t. : Gonsistorinm.
c. Tor Zahlen: circa.
Dir.: Director.
GS.: Die Gesetzsammlung für die £.
preufs. Staaten.
g. E.: gegen Ende.
Histstatist. Darst: EEistorisch-sta-
tistische Darstellung des höh. Schul-
wesens in Preufsen. L II. HI.
Höh. BS.: Höhere Bürgerschule.
In Str.: Instruction.
Kamptz, Ann.: v. Kamptz, Annalen
der preufs. inneren Staatsverwaltung.
K.: königlich.
£L: Klasse.
Min.: Hinister, Ministerium.
Min.BL f. d. inn. Verw.: Ministerial-
blatt für die gesamte innere Ver-
waltung der preufs. Staaten.
M. bei Terminsbezeichnungen: Michaelis
(wie 0. Ostern).
0. vor Titeln von Personen und Behör-
den: Ober.
1. 0., 2. 0. : Erste, zweite Ordnung der
Bealschulen.
p. : pagina.
proc: procent.
r 0 y . S c h. G. : Provinzial - Schulcolle-
gium.
Be^.: Regierung.
Keichs-G.Bl.: Beichs-Gesetzblatt.
BS.: Bealsohule.
Sem.: Semester.
S. bei Semesterbezeichnung: Sommer
(wie W. Winter).
S. s.: Siehe.
St.: Stunde.
ü. u. PO.: Die Unterrichts- und Prü-
fungsordnung der Beal- und höh. Bür-
gerschulen Y. 6. Oct 1859.
Verf.: Verfügung.
G. Verf.: Gircularverfügung.
M i n. V e r £ : Ministerialvenügung*).
UM in.: Unterrichtsministerium.
vgl.: vergleiche.
VI, V, IV, m, II, I: Die Klassenbe-
Zeichnungen Sexta bis Prima. Dabei
die Abstufungen sup., in f.: superior,
inferior; oder U. 0. Unter, Ober.
*) Die so bexelohneten Yorfflgongen sind nloht Cironlarretoripte, ■ondem »n «inxelne Pxo-
▼üisial- oder LocalbehOfden oder an einselne Penonen gerichtete Erlasse. Ohne ^weitere BeifUgoag.
ist immer das Ministerium der geistlichen. Unterrichte- und Medldnal- Angelegenheiten gemeint
Bis som Jahr 1648 hatten die Bescripte die Unterschrift des Minister! a m s, seitdem haben sie die
des Ministers. Bei einigen TerfOgungen ist der Name des Ministers, der sie erlassen, beigefügt.
Dies flberall xn thon, schien annOthlg. Um Jedoch ans der Zeit der Yerfagong ersehen zu können,
welcher Minister sie erlassen, wird bemerkt, daTs die Aufeinanderfolge der bisherigen K. preufs.
Unterrichtaminister folgende ist: Freih. r. Alten Stein: ron 1817 bis sum 14. Mai 1840; Dr. Kich-
horn bis sum 18. M&n 1848; Gf. r. Schwerin bis sum 26. Juni 1848; Budbertus bis sum 3. Juli
1848; T. Ladenberg bis sum 19. Dec. 1860; t. Baumer bis iam8. Not. 1858; Dr. r. Bethmann-
Hollweg bis sum 10. Mftn 1862; Dr. r. Mflhler bis sum 17. Jan. 1872; Dr. Falk rom 22. Jan.
1872 bis sum 13. Juli 1875; r. Pntt kamer bis sum 17. Juni 1881; seitdem Dr. r. Gofsler.
Druckfehler.
Seite 66 Zeile 12 von unten ist zu lesen Quinta statt Frima.
314 „ 2 „ „ „ „ p gefafsten „ veriafsten.
ft
Verordnungen und Gesetze
für
die höheren Schulen in Preufsen.
EBSTE ABTEILUNG.
Die Schule.
I.
Die gesetzliche Grundlage des höheren Schulwesens.
Die allgemeinen gesetzlichen Yorechriften far das höhere Schulwesen sind
in dem Allgem.' Landrecht für die E. preofsischen Staaten y. 1794, inrderYer-
fassungsnrknnde für den preofsischen Staat y. 31. Jan. 1850 nnd in dem Schnl-
anftichts-Gresetz v. 11. M&rz 1872 enthalten.
Aus dem Allgem. Landrecht gehören hierher:
T. II Tit. 12. § 1. Schulen und üniyersitäten sind Yeranstaltongen
des Staats, welche den Unterricht der Jugend in nützlichen Kenntnissen nnd
Wissenschaften zor Absicht haben.
§ 2 Dergleichen Anstalten sollen nnr mit Yorwissen nnd Genehmigung
des Staats errichtet werden.
§ 9. Alle öffentlichen Schnl- nnd Erziehungsanstalten stehen unter der
Aufsicht des Staats und müssen sich den Prüfungen und Yisitationen desselben
zu allen Zeiten unterwerfen.
§ 10. Niemandem soll wegen Yerschiedenheit des Glaubensbekenntnisses
der Zutritt in öffentliche Schulen yersagt werden.
§ 11. Kinder, die in einer anderen Religion, als welche in der öffent-
lichen Schule gelehrt wird, nach den Gesetzen des Staats erzogen werden
soUen, können dem Religionsunterricht in derselben beizuwohnen nicht an-
gebalten werden.
§ 54 Schulen und Gymnasia, in welchen die Jugend zu höheren Wissen-
schaften, oder auch zu Künsten und bürgerlichen Gewerben durch Beibringung
der dabei nöthigen oder nützlichen wissenschaftlichen Kenntnisse vorbereitet
werden soll, haben die äufseren Rechte der Corporationen.
§ 55. Diese Rechte werden durch die SchulcoUegia, nach der einge-
führten Schulordnung jedes Orts, ausgeübt.
§ 56. Dergleichen Schulen stehen unter der näheren Direction der dem
Schul- und Erziehungswesen vom Staate vorgesetzten Behörde, welche besonders
darauf sehen mufs, dafs der Unterricht zweckmäfsig eingerichtet und die Schule
unter beständiger Aufsicht gehalten werde.
§ 57. Yon den Gebäuden, Grundstücken und Yermögen solcher Anstal-
ten gilt alles, was in Ansehung der Kirchen und deren Yermögen im vorigen Titel
verordnet ist.
§ 59. Wo die Bestellung der Lehrer und Schulaufseher nicht etwa ge-
wissen Personen oder Corporationen, vermöge der Stiftung oder eines besonderen
Privilegii, zukommt» da gebührt dieselbe dem Staate.
§ 60. Auch da, wo die unmittelbare Aufsicht über dergl. Schulen, oder
die Bestellung der Lehrer, gewissen Privatpersonen oder Corporationen überlassen
ist» können dennoch ohne Yorwissen und Genehmigung der dem Schulwesen in
der Provinz vorgesetzten Behörde weder neue Lehrer bestellt, noch wesentliche
Yeränderungen in der Einrichtung des Schulwesens und der Art des ünterrichtB
vorgenommen werden.
Wiese, YerordnongeiL 1
§ 61. Zu Aufsehern müssen Lente von hinlänglichen Kenntnissen, gnten
Sitten nnd richtiger Benrteilungskraft gewählt werden.
§ 62. Diese müssen junge Leute, welche sich einer Lebensart, die ge-
lehrte Kenntnisse erfordert, widmen und zu dem Ende die Universität beziehen
wollen, gleichwohl aber sich durch Geistesfähigkeiten und Anlagen zu einer
gründüchen Gelehrsamkeit nicht auszeichnen, vom Studiren ernstlich abmahnen
und deren Eltern und Vormünder dahin zu vermögen suchen, dafs sie dergleichen
mittelmäfsige Subjecte zu anderen nützlichen Gewerben in Zeiten anhalten;
§ 63. Dagegen sollen junge Leute, welche vorzügliche Fähigkeiten und
Anlagen zeigen, zur Fortsetzung ihrer Studien aufgemuntert und unterstützt werden.
§ 64. Kein Landeseingeborener, welcher eine öffentliche Schule besucht
hat, soll ohne ein von den Lehrern und Schulaufsehem unterschriebenes Zeugnis
über die Beschaffenheit der erworbenen Kenntnisse und seines sittlichen Ver-
haltens von der Schule entlassen werden.
§ 65. Die Lehrer bei den Gymnasien und anderen höheren Schulen
werden als Beamte des Staats angesehen.
§ 76. Wer sich Studirens halber auf eine Universität begiebt, ist schuldig,
bei dem Vorsteher des akademischen Senats sich zur Einschreibung zu melden.
§ 77. Der Emzuschreibende mufs ein mitgebrachtes Schulzeugnis (§ 64)
vorlegen.
Anhang § 133. Wer mit dem Zeugnis der Unreife die Universität bezieht,
kann auf keine Beneficien Anspruch machen.
T. n. Tit 2 § 74. Die Anordnung der Art, wie das Kind erzogen
werden soll, kommt hauptsächlich dem Vater zu.
§ 76. Dieser mufs vorzüglich dafür sorgen, d&fe das Kind in der Re-
ligion und nützlichen Kenntnissen den nöthigen Unterricht nach seinem Stande
und Umständen erhalte. 0
.•-^■__^^_^ *
Die hier in Betracht kommenden Bestimmungen der Verfassungs-
urkunde V. 31. Jan. 1850 sind:
Art 14. Die christliche Beligion wird bei dei^Jenigen Einrichtungen
des Staats, welche . mit der Beligionsübung im Zusammenhange stehen, unbe*
schadet der im Art 12 gewährleisteten Beligionsfreiheit, zum Grunde gelegt.
[Art 15. Die evangelische und die römisch-katholische Kirche, so wie jede
andere BeUgionsgesellschi^ ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbst-
ständig und bleibt im Besitz und Genufs der für ihre Cultus*, Unterrichts- und
Wohl^ätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen nnd Fonds.]
Dieser Artikel ist durch Gesetz v. 5. April 1873 in folgender Form:
jyDie evangelische and die romisch* katholiiche Kirohe, sowie jede andere
BeUgioQSgeseilsohaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig«
bleibt aber den Staatsgesetzen und der gesetzlich geordneten Aufsicht des
Staates unterworfen. Mit der gleichen ])&fsgabe bleibt jede Beligionsgesell-
schaft im Besitz und G^noTs der für ihre Gultus-, Unterriohts- und Wohl-
thätigSEwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonds.**
abgeändert nnd durch Gesetz v. 18. Juni 1875 vollständig aufgehoben worden.
Art 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
genügend gesorgt werden.
^) Anmerkung. Durch die Vormnndschaftsverordnung v. 5. Jnli 1875
(S 102) sind die nicht ausdrücklich in derselben aufrecht erhaltenen Bestimmungen
des A. L. über das Vormundschaftswesen aufgehoben. Zur Ernlnzung des obigen
dient jedoch V.O. $ 28: „Der Mutter des Mündels steht dessen Erziehung unter der
Aufsidit des Vormundes zu. Dieselbe kann ihr aus erheblichen Gh*ünden nach An-
hörung des Vormundes sowie des Waisenrathes durch das Vormundschaftsgericht
entzogen werden. Die bestehenden Vorschriften über die religiöse Erziehung der
Kinder bleiben in Kraft.**
Art 22. Unterricht zu erteilen nnd ünterrichtsanstalten zn gründen
und aca leiten, steht Jedem frei, wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und
technische Befähigung den hetreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat
Art 23. Alle Öffentlichen nnd Privat-Ünterrichts- und Eiziehungs-An-
stalten stehen unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden. Die öffentlichen
Lehrer haben die Bechte und Pflichten der Staatsdiener.
Art 26. Ein besonderes Gesetz regelt das ganze ünterrichtswesen.
Art 112. Bis zum Erlafs des im Art 26 YOi^gesehenen Gesetzes be-
wendet es hinsichtlich. des Schul* und ünterichtswesens bei den jetzt geltenden
gesetzlichen Bestimmungen.
Aus dem Gesetz v. 11. März 1872, betreffend die Beaufsichtigung
des Unterrichts- und Eiziehungswesens :
1. Unter Aufhebung iJler in einzelnen Landesteilen entgegenstehenden
Bestimmungen steht die Aufsicht über alle öffentlichen und Privat-Unterrichts-
und Erziehungsanstalten dem Staate zu.
Demgemälb handeln alle mit dieser Aufsicht betrauten Behörden und
Beamten im Auftrage des Staates.
3. Unberührt durch dieses Gesetz bleibt die den Gemeinden und deren
Organen zustehende* Teilnahme an der Schulaufsicht.
In der Proyinz Hannover sind als grundgesetadich folgende Bestimmun-
gen des Patents y. 2. Juni 1830, die Errichtung eines OSchulcollegiums
betreffend (TgL Eist statisi Darst. II. p. 367), noch in Gültigkeit:
2. „Wir legen dem OSch.Coll. alle diejenigen Befugnisse bei, welche
der Zweck der oberen Leitung der höh. Unterrichtsanstalten in sich schliefst
Dahin gehört namentlich: 1. Die Ausarbeitung, Prüfung und Yoriegung der
Pläne und einzelnen Anträge zur Verbesserung der gelehrten Schulen, um sie
nach Erwägung aller Umstände auf den einer jeden einzelnen Anstalt ange-
messenen Standpunkt zu bringen; 2. die Prüfting und Feststellung der
Lehrpläne und Schulordnungen dieser Anstalten und überhaupt die obere Leitung
ihrer inneren Angelegenheiten nach Anleitung und in den Grenzen der bereite
erlassenen odei' noch zu erlassenden organ. Verordnungen; 3. die Bearbeitung
der äufseren, namentL der Ökonom. Anglgh. jener Anstalten, und zwar bei den-
jenigen, über welche Uns das Patronat zusteht mit Zuziehung Unserer Proylnzial-
und Local-Behörden, bei denen aber, über welche Städte oder andere Behörden
das Patronat ausüben, durch Oommunication mit den betreff, städi oder anderen
Behörden, beides unter Vorbehalt der Bestätigung und Bestimmung Unsere^
Cab.Mini8terii; 4. die Aufsicht über die Ausführung der erforderlich erachteten
einzelnen Mafsregeln durch die den Schulanstalten unmittelbar vorgesetzten Be-
hörden innerhalb der Grenzen der festgestellten Einnahme- und Ausgabeetats
und nach Anleitung der bestehenden Verwaltungsregeln; 5. die Besetzung
der unteren Lehrerstellen bei den Eönigl. Anstidten, dagegen die Bestätigung
derselben bei den übrigen gelehrten Schulen. Was die Besetzung der oberen
Lehrer- sowie der Directorstellen betrifft, so hat das OSch.C. für diejenigen
Schulen, über welche Uns das Patronat zusteht, die geeigneten Personen Un-
serem Gab.Minist. in Vorschlag zu bringen. Dagegen communicirt dasselbe
über die Besetzung der oberen Lehrer- und Directorstellen in den übrigen Schulen
mit den diesen vorstehenden Patronen, und sind die Präsentationen derselben
Unserem OabJilinist. zur Bestätigung vorzulegen; 6. die Au&icht über die
Lehrmethode und über das Benehmen der bei den gelehrten Schulen angestellten
Lehrer. 7. Wenn endlich zu bestimmen ist, ob eine Schulanstalt ein Progymn.
oder ein Gymn. werden, oder ob eine gelehrte Schule als solche au%ehoben
1*
und etwa in eine höh. Bürgerschule verwandelt werden soll, so hat das OSch.C.
die desfalls erforderl. genaue Untersuchung vorzunehmen und die Sache zur
Entscheidung unseres Gah.Minist vorzuhereiten/^
An die Stelle des Oher-Schulcollegiums ist das Provinzial-Schulcollegium
zu Hannover getreten; s. p. 10.
Die für das höh. Schulwesen in Schleswig-Holstein und ebenso in
Nassau und Kurhessen in älterer Zeit erlassenen grundgesetzl. Bestimmungen
sind durch die neueren teils aufgehoben, teils so modificirt, da& ein Abdruck
derselben nicht mehr von praktischer Bedeutung erscheint
n.
Die verschiedenen Arten der höheren Schulen.
Ihre Aufsichtsbehörden und deren Obliegenheiten.
Als wesentliches und unterscheidendes Kriterium der höheren Schule kann
weder der Unterricht in fremden Sprachen, noch die Abhaltung von Abgangs-
prüfungen, noch der Besitz besonderer Berechtigungen angesehen werden. Nach
der bisherigen Praxis wird von den zum Bessert des K. Unterrichtsmin. gehörigen
öffentl. Lehranstalten keine zu den höheren Schulen gerechnet» deren Lehrplan
nicht jedenfalls diejenige Bildung gewährt, welche zur Erlangung des Bechts
auf den einjähr. Militärdienst erforderlich ist und deren Director resp. Bector
nicht vom Könige oder vom Minister ernannt oder bestätigt wird. Der Begriff
begrenzt sich gegen die Elementarschule durch einen über das nächste Bedürfhis
hinausgehenden Unterricht» gegen die Fachschule durch die Ziele allgemeiner
geistiger Bildung, gegen die Universität durch den propädeutischen Charakter
des Unterrichts der höheren Schule.
Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der öffentlichen höheren
Schulen im Gegensatz zu Frivatschulen sind: Die Zugehörigkeit zu einer be-
stimmten Kategorie von Schulen, deren Lehrplan von der Unterrichtsverwaltnng
des Staats fes^estellt ist» deren Lehrer von derselben bestätigt und als Staats-
diener vereidigt und die durch eine feste Dotation fundirt sind.
Unter berechtigten Schulen sind solche zu verstehen, denen staat-
liche Berechtigungen, welche sich an die von ihnen ausgestellten Qualifications-
Zeugnisse knüpfen, ausdrücklich verliehen worden sind. VgL Abschn. VULl.
Alle höheren Schulen, welche bei der vorliegenden Zusammenstellung in
Betracht kommen, haben aufser der ihnen mit der allgemeinen Volksschule
gemeinsamen Bestimmung, bei der religiösen, sittlichen und nationalen Auf-
erziehung der Jugend HMfe zu leisten,, den besonderen Zweck, die Grundlagen
der wissenschattl. Bildung zu gewähren, welche zur Teilnahme an den
höheren Aufgaben des Lebens im Staat, in der Kirche und in der bürgerl. Ge-
sellschaft befähigt.
Dies Gemeinsame sondert sich nach der histor. Entwickelung des höheren
Schulwesens in zwei Richtungen, eine gymnasiale und reale, für welche bis zum
Erlafs der C.Verf. v. 31. März 1882, betr. die Einführung der revidirten Lehr-
pläne for die höh. Schulen, folgende Unterscheidung bestand:
1. Gymnasialanstalten { ^^3en.
IBealschnlen erster Ordnung,
Realschulen zweiter Ordnung,
höhere Bürgerschulen.
Durch die G.Yerf. v. 31. März 1882 besteht dagegen folgende Unterscheidung :
r GYmnMialaTifitaltßn f ö^ymnasien (mit neunjähriger Lehrdauer.)
!• uymnasiaianstaiten ^ progymnasien (mit siebenjähriger Lehrdäuer.)
I f Realgymnasien (neunjährige Lehrdauer),
mit Latein \ Eealprogymnasien (siebenjähr Lehrfaner);
f Oberrealschulen (neunjährige Lehrdauer),
ohne Latein \ Realschulen (siebenjährige Lehrdauer).
m. Höhere Bürgerschulen ohne Latein (mit sechsjähriger Lehrdauer).
Im Ministerium der geistl. etc. Anglgh. ist eine Karte über die
Y-erteilung der höheren ünterrichtsanstalten im Königreich Preufsen
für das Jahr 1882 herausgegeben worden, deren Verlag die Hof-Landkarten-
handlung Simon Schropp (J. H. Neumann) zu Berlin übernommen hat. Y er-
zeich nifse der genannten Anstalten werden im Centralblatt für die gesamte
ünterrichtsrerwaltung in Preufsen veröffentlicht
Die Gymnasialanstalten sind vorzugsweise und nach ihrer ursprüng-
lichen Bestimmung die eigentlichen Yorbereitungsanstalten for das Universität-
Studium. Yermöge der universellen Bedeutung ihrer Mittel zu diesem Zweck
sind sie zugleich am meisten geeignet, die Grundlagen höherer (reistesbildung
überhaupt zu gewähren.
Die Reallehranstalten haben überwiegend die Bestimmung, die für
prakt. Berufsarten sowie far den Eintritt in höh. techn. Fachschulen erforder-
liche allgemeinwissenschafO. Yorbereitung zu geben. Die Realprogymnasien und
bezw. Realschulen stehen zu den Realgymnasien und bezw. Oberrealschulen in
wesentlich gleichem Yerhältnisse, wie die Progymnasien zu den Gymnasien.
Dabei ist nicht ausgeschlossen, dafs, wie das Gymnasial-Maturitätszeugnis
auch den Zugang zu technischen Akademien und zu höheren prakt. Beru&ajrten
eröffnet^ so, nach der gegenwärtigen Einrichtung der Universitäten, auch von
Realschulen zuakadem. Studien übergegangen werden kann ; s. Absch. YII und YIU.
Die höh. Bürgerschulen wurden früher hie und da noch als Mittel-
schulen bezeichnet^)
Ueber die Yorschulen s. die Abschn. lU und lY.
Ueber confessionelle Unterschiede höherer Schulen s. Abschn. III.
Ueber höhere Lehranstalten anderer Ministerial-Ressorts, bei denen die
Unterrichtsverwaltung beteiligt ist (landwirthschaftliche Unterrichtsanstalten) s.
Abschn. lY.
^) Anmerkung. Unter diese Benennung gehören jedoch solche Unterrichtsan-
stalten, die nach der G.Yerf. v. 15. Okt. 1872 organisirt sind und, wie die Yolksschulen
von den Königlichen Regierungen ressortiren. Die Mittelschulen haben mindestens
fOnf aofsteigende Klassen, gewähren Unterricht im Französischen und Englischen,
•owie faonltativen lateinischen Unterricht und wollen überhaupt eine höhere Bildung
geben, als dies in der mehrklassigen Yolksschule geschieht, indem sie die Bedürfnisse
des gewerblichen Lebens und des sog. Mittelstandes in grofserem- Umfange berüok-
sichti^n, als dies in höheren Lehranstalten re^lmäfsig der Fall sein kann. Ygl.
Schneider Yolksschulwesen und Lehrerbildung in Preussen (Berlin 1875) S. 88—1^.
Die Anftlehtsbehorden.
1. Die Centralverwaltung.
Das £. Ministerium der geistlichen, Unterrichts- nnd Medicinal-Ange-
legenheiten in Berlin.
Von demselben ressortirt in oberster Instanz das gesamte ünterrichts-
wesen ohne Unterschied der Confession; ebenso alle Anstiften und Vereine für
Wissenschaft und Knnst. (Ygl. Handbuch über d. K. Preufs. Hof nnd Staat
für 1884/85 p. 74 fg.)
Durch A. E. vom 14. Okt. 1878 erfolgte die Ueberweisang des tech-
nischen Unterrichtswesens, soweit dasselbe znr Zeit mit der Handels- und Oe-
werbeverwaltang verbanden war, jedoch mit Ausnahme des Nayigationsschul-
wesens. (GS. 1879, p. 26.)
^Nachdem Se. Maj. der König mittelst A. E. vom 9. Jan. 1882 zu
genehmigen geruht hatten, dafs far die Bearbeitung der auf das niedere Schul-
wesen sich beziehenden und anderen verwandten Angelegenheiten in dem
Ministerium der geistL u. s. w. Angelegenheiten eine besondere Abteilung in
dem Verhältnisse der anderen schon vorhandenen Abteilungen gebildet werde,
sind in dem Ministerium zwei Abteilungen für die Unterrichts-Angelegenheiten
eingerichtet und der I. Abteilung die Angelegenheiten der Universitäten und
wissenschaftlichen Anstalten, des höheren und technischen Unterrichtswesens,
sowie der Kunst und des Kunstgewerbes, der 11. Abteilung die Angelegenheiten
des niederen Schulwesens einschliefsl. der Seminare, des Unterrichts der Taub-
stummen, Blinden und Idioten, des Mädchenschulwesens und des Turnunter-
richtes überwiesen worden.'' (GBl. 1882, p. 233 fg.)
Durch A. E. vom 3. Sptb. 1884 wurde die Ueberweisung der gewerb-
lichen und kunstgewerblichen Fachschulen und Zeichenschulen, der Pflege des
Kunstgewerbes, einschliefsl. der Verwaltung der ForzellanmanufGictur, sowie des
Eortbildungsschulwesens an den Minister für Handel und Gewerbe vollzogen.
(GS. 1885, p. 95.)
Die Competenz des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medi-
cinal-Angelegenheiten in den neuen Landesteilen ist durch die K. Ver-
ordnung V. 13. Mai 1867 bestimmt worden:
„Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preufsen etc., verordnen,
auf den Antrag Unseres Staatsministeriums, für den Umfang der durch die
Gesetze vom 20. Sptb. und 24. Dcb. v. J. mit der Monarchie vereinigten Landes-
teile, was folgt:
Unser Minister der geistL, Unterrichts- und Medic. Anglgh. wird ermäch-
tigt, innerhalb der durch die Gesetze v. 20. Sptb. und 24. Dcb. v. J. (GS. p.
555, 875, 876) mit Unserer Monarchie vereinigten Landesteile in Angelegen-
heiten, welche die nachstehenden Gegenstände betreffen : das Prüfungswesen an
Schulen jedes Grades, einschliefsl. der Universitäten, die Feststellung der an die
Prüfungen geknüpften Berechtigungen, die Normirung der Lehrerbesoldungen
und des Schulgeldes, die Feststellung der Lehrpläne für Schulen jedes Grades,
einschliefsl. der SchuUehrer-Seminarien, die Begulirung des Privatschulwesens,
die Pensionirung und Emeritinuig der Lehrer, das Prüfungswesen sämtlicher
Medicinalpersonen, die Niederlassung derselben und die Erwerbung des BechtB
zur Ausübung der ärzü., wundärzü., geburtehülfl. und zahnärztl. Praxis, die
Bedingungen für die Anlegung und den Geschäftsbetrieb, sowie für die Visitation
der Apotheken, die Beaufsichtigung des Medicinalwesens, die Medicinal-, Sani-
Uta- und Yeterinärpolizei, die Feststellnng der Aizneitaxe, den Debit der Arznei-
waaren, sowie die Znlassnng nnd Beanfflichtigang der Privai-Erankenanstalten,
in demselben Mafs Verfügung zu treffen, wie ihm solches in den älteren Landes-
teilen der Monarchie ressorfamäfsig. zukommt.
Die Yorstehende Verordnung ist durch die Gesetzsammlung zu veröffent-
lichen. Berlin. Wilhelm."
Oi^n für Veröffentlichung amtlicher Erlasse ist das Central blatt
für die gesammte Unterrichtsverwaltung in Preufsen, Verlag von
Wilh. Hertz (Bessersche Buchhandlung) in Berlin.
Min. Verf. v. 19. Jan. 1876. (GBl. 1876 p. 82.) Die Mitteilung einer
principielle Fragen betreffenden diesseitigen Special-Verfügung hat för die
Behörde, welcher letztere zur Kenntnisnahme fibermittelt wird, in jedem Falle
die Bedeutung einer allgemeinen normativen Instruction, deren Grundsätze
nach Mafsgabe der individuellen Verhältnisse gleichmäfsig zur Anwendung zu
bringen sind.
Aus Min. Verf. v. 26. Juli 1883. fCB. 1883, p. 503.) An einzelne
Behörden etc. gerichtete allgemeine Erlasse erlangen durch ihre Veröffentlichung
im Centralblatte für die Unterrichts- Verwaltung allgemeine Geltung, soweit die
thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zutreffen. (Vgl. GB. 1883 p. 651.)
«
2. Die Provinzialverwaltung.
Das Gesetz über die Organisation der allgemeinen Landesverwaltung vom
26. Juli 1880 bezw. 30. Juli 1883 hat die Verwaltungseinteilung des Staatsgebietes
in Provinzen u. s. w. mit der Mafsgabe aufrecht gehalten, daifs die Stadt Berlin
aus der Provinz Brandenburg ausschied und einen Verwaltungsbezirk für sich
büdei C§ 1.)
Grundlage der Verwaltungseinteilung ist die Verordnung wegen ver-
besserter Einrichtung der Provinzialbehörden v. 30. April 1815. (GS. 1815, p. 85.)
Es bestanden bis zum Jahre 1866 acht Provinzen, nämlich die sechs
östlichen : Preufsen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Posen, Sachsen, und die
zwei westlichen : Westfalen und die Rheinprovinz. Nach 1866 traten hinzu die
Provinzen Schleswig-Holstein (VO. v. 22. Sptb. 1867) einschliefsl. Lauenburg
(Gesetz v. 23. Juni 1876), Hannover (Gesetz v. 20. Sptb. 1866) mit dem Jadegebiet
(Gesetz v. 23. März 1873), Hessen-Nassau (Gesetz v. 20. Sptb. u. 24. Dec. 1866).
Die HohenzoUemschen Lande bilden einen Begierungsbezirk für sich (VO.
V. 7. Jan. 1852.) Aus der Provinz Preufsen wurden durch Gesetz v. 19. März 1877
zwei Provinzen, Ost- und Westpreufsen, gebildet. Das Staatsgebiet besteht
also aus 12 Provinzen, den Hohenzollemschen Landen und dem Stadtkreis
Berlin. Vgl. L. v. Bonne, das Staatsrecht der Preufs. Monarchie. 1883 \
Bd. III, p. 5 fgde. M. v. Brauchitsch, die neuen Preufs. Verwaltungsgesetze., 1884*.
Das Schulwesen war durch die VO. v. 30. April 1815, § 15, den Pro-
vinzial - Gonsistorien übertragen. Dienstinstruction f&r die Gonsistorien v.
23. Oci 1817 (GS. p. 229, 237, 240.) Von denselben wurden durch die GO.
V. 3L Dec. 1825 (GS. 1826, p. 5 ff.) die Provinzial-Schulcollegien als
eine ausschliefsl. für die Verwaltung des höheren Schulwesens bestimmte Be-
hörde ausgesondert
Die E. Provinzial-Schulcollegien haben ihren Sitz zu Königsberg
in P., Danzig (seit 13. April 1878; s. GBl. p. 193), Berlin, Stettin, Breslau,
Posen, Magdeburg, Schleswig (seit 1. Oct. 1879, vorher Kiel; s. GB. p. 406,
A£. V. 19. März 1879), Hannover, Münster, EasseJ, Koblenz. Die Hohenzollem-
schen Lande sind dem Prov. Seh. G. zu Koblenz zugeteilt Für den Stadtkreis
8
Berlin ftingpirt das Schnl-GoUegpinm der Provinz Brandenburg. Das ProY. Seh. 0.
m Kasöel bildet nach YO. y. 2. Nov. 1874 (CB. p. 678) zugleich die Dis-
ciplinarbehOrde für die Lehrer in den Fürstentümern Waldeck und Pyrmont
und verwaltet nach YO. v. 25. März 1885 (GB. p. 260) das höhere Schulwesen
in denselben nach den hinsichtlich des Geschäftekreises der Provinzial-Schul-
coUegien in Preufsen bestehenden Yorschriften.
Die frühere Beteiligung der E. Begierungen an der Beaufisichtigung
des höheren Schulwesens ist aufgehoben worden:
CO. V. 3. Jan. 1872: »»Auf den Bericht des Staatsministeriums v. 31. v. M.
will Ich hierdurch genehmigen, dafs in der Provinz Pommern auch die Beal-
schulen 2. Ordn., die hOh. Bürgerschulen und die nicht mit Berechtigung ver-
sehenen Progymnasien unter die Aufsicht des Prov. SchulcoU. gestellt werden,
und zugleich Sie, den Minister der geistl. etc. Anglgb., ermächtigen, dieselbe
üebertragung aus dem Bessert der Begierungen in das der Prov. SchulcoU.
auch in den übrigen altpreufs. Landesteilen eintreten zu lassen, soweit nach
den besonderen Yerhältnissen der einzelnen Provinzen die Aenderung ausfuhr-
bar und zweckmäfsig erscheint und die betreff. OPräsidenten damit einver-
standen sind." Wilhelm.
Yon dieser 0. Ordre gab der ÜMinister den OPräsidenten derjenigen
Provinzen, wo die Arbeitskräte der K. SchulcoU. zur üebernahme der ent-
stehenden Mehrarbeit auszureichen schienen, durch Yerf. v. 14. März 1872
Kenntnis :
„Nach dem durch die AUerh. Yerordnungen v. 9. Dcb. 1842, 26. Aug
1859 und 10. Novb. 1862 festgesteUtien Bessortverhältnis der hOh. Lehran-
stalten steht die Aufsicht über die Gymnasien, die Bealschulen 1. 0. und die
mit Berechtigungen versehenen Progymn. den K. Prov. SchuUcoUegien zu,
während die Bealschulen 2. 0., die hOh. Bürgerschulen und die nicht mit Be-
rechtigungen versehenen Progymn. zum Bessert der K. Begierungen gehören.
Die Wahrnehmung, dafs die letzteren, da ihre Yerwaltung hauptsächl.
das Elementarschulwesen umfafst, zu wenig im Zusammenhange mit der ganzen
Entwickelung des hOh. Schulwesens und mit den für dasselbe bestimmten Ord-
* nungen stehen, hat meinen H. Amtsvorgänger vor 5 Jahren veranlafst, in den
neuerworbenen LandesteUen, um daselbst von vornherein die wünschenswerte
grOfsere Einheit in der Beaufsichtigung des hOh. Schulwesens herzustellen, mit
AUerh. Genehmigung das Bessort der betreff. K. Prov. SchulcoU. auf sämt-
liche Offentl. höh. Lehranstalten auszudehnen.
Durch A. Ordre v. 3. Jan. d. J. haben des Kaisers und des KOnigs Maj.
auf den Antrag des K. Staatsmin. zu genehmigen geruhet, dafs dieselbe Mals-
regel, soweit die besonderen Yerhältnisse es gestatten und die betreff. K. OPrä-
sidenten damit einverstanden sind, auch auf die anderen Provinzen ausgedehnt
werde. * Ew. ExceU. ersuche ich ergebenst den Gegenstand gefälligst in Erwä-
gung zu ziehen und mir demnächst anzuzeigen, welche Yeränderungen in dem
in der dortigen Provinz bestehenden Bessortverhältnis auf Grund der erwähnten
A. Ordre ausführbar und wünschenswert erscheinen.'^
Inzwischen ist die Aenderung aUgemein durchgeführt, so dafs jetzt aUe
OffentUche höhere Lehranstalten in Preufsen zum Bessort der K* Prov.Schul-
coUegien geboren. Die Gewerbeschulen, welche vorher ebenfaUs zum Bessort
der Begierungen gehörten, wurden ihnen nach Min. Yerf. v. 10. Juli 1879
(CB. p. 568) überwiesen; die Provinzial-Gewerbeschulen sind jedoch einge-
gangen (s. Abschn. lY). Femer sind ihnen Privatanstalten zugeteilt, deren
Einrichtung dem Lehrplan der Offentl. hOh. Schulen folgt
Der Geschäftskreisder E. Proy.Schalcollegieniimfafstgemäfs der
Insiraction y. 23. Octb. 1817: 1. aUe sich auf den pädagogischen Zweck
der ünterrichtsanstalten im • allgm. beziehenden Gegenstände. 2. Prüfung
der Gmndpläne oder Statuten der Schalen und Erziehungsanstalten. 3. die
Prüfling nener, die Revision nnd Berichtigung schon vorhandener Schulordnungen
und Beglements; inigleichen die Disciplinargesetze; nicht minder die Abgabe
zweckmäfsiger Vorschläge behufs Abstellung der beim Erziehungs- und Unter-
ricbtswesen eingeschlichenen Mifsbräuche und anzutreffenden Mängel. 4. Prüfung
der im Gebrauch befind!. Schulbücher; Bestimmung deijenigen, welche abzu-
schaffen oder neu einzuführen^ nach vorheriger Genehmigung des vorgesetzten
Ministerii. 5. Abfassung neuer Schulbücher, welche jedoch nicht ohne Ge-
nehmigung des vorgesetzten Ministerii gedruckt werden dürfen. 8. Anord-
nung der Abiturienten- Prüfüngscommissarien und Prüfung der Verhandlungen
der Abitürientenprüfnngen bei den gelehrten Schulen. 9. Die Aufsicht, Lei-
tung und Bevision der gelehrten Schulen, welche zur Universität entlassen.
10. Die Anstellung, Beförderung^), Disciplin, Suspension und Entlassung^) der
Lehrer bei diesen Schulen.
Auch die sämtl. Externa, die Vermögensverwaltung, sowie das Eassen-
und Bechnungswesen der höh. Schulen, nach der Instruction vom 23. Octb. 1817
zum Ressort der E. Regierungen gehörig, sind, mit wenigen, den Grundbe-
sitz einiger Anstalten betreffenden, Ausnahmen auf die E. Prov. SchulcoU.
übergegangen.
Vorsitzender des E. Prov. SchulcoU. ist der betreffende E. OPräsident,
Director der Vice-Präsident derjenigen E. Regierung, welche am Ort des E.
OPräsidiums ihren Sitz hat. Zu jedem SchulcoU. gehören technische Räthe,
welche mit specieUer Wahrnehmung der Interessen des höh. Schulwesens be-
auftragt sind. Als Justitiarien fungiren bei den E. Prov. SchulcoU., auTser
in Berlin, die Justitiarien der betreff. E. Consistorien.
Durch CO. V. 28. Nov. 1881 ist für diejenigen Provinzen, in welchen das
Gesetz vom 26. Juü 1880, betreff, die Organisation der allgemeinen Landes-
verwaltung (vgl. jetzt Gesetz v. 30. Juli 1883) bereits eingeführt ist oder dem-
nächst eingeführt wird, bestimmt, dafs bei den Prov. SchulcoUegien, sofern für
dieselben nicht besondere Dirigenten bestellt sind oder künftig besteUt werden,
die Präsidenten der am Orte befindlichen Regierungen die Vertretung des Vor-
sitzenden in BehinderungsfäUen zu übernehmen und die Geschäfte ständiger
Birectoren zu führen haben. Die Stellvertretung des Regierungs-Präsidenten
in diesen Functionen erfolgt der Regel nach durch das jedesmal anwesende
dienstälteste MitgUed der Behörde. Der Minister der geisü. etc. Angl. ist befugt,
in besonderen F^en eine andere SteUvertretung anzuordnen. (CB. 1882, p. 321.)
Die Einsetzung von Prov. Schulcollegien in den neuen Landes-
teilen erfolgte durch die E. Verordn. v. 22. Sept. 1867:
„Wir Wilhelm, von Gottes Gn. Eönig von Preufsen etc., verordnen, auf
den Antrag Unseres Staatsministeriums, wegen Errichtung von Prov. Schul-
coUegien und von MedicinalcoUegien für die neu erworbenen LandesteUe,
was folgt:
1. Für die durch die Gesetze v. 20. Sptb. und 24. Dcb. 1866 (GS. p.
555, 875, 876) mit der Monarchie neu vereinigten Landesteüe sind unter dem
Vorsitz der betreffenden OPräsidenten 3 Provinzial-SchulcoU. und 3 Medicinal-
coUegien mit dem Amtsitz in Eiel, Hannover und Eassel zu errichten.
^) Ueber das Anstellungsrecht etc. s. weiterhin die neueren Verfügungen.
*) S. Abteüung II das DiscipHnafgesetz v. 21. JuU 1852.
10
2. Der amüiche Wirkungskreis der neuen Behörden erstreckt sich für
die Gollegien in Kiel auf die Herzogtümer Holstein und Schleswig, für die
Gollegien in Hannover auf die Prov. Hannover, für die CoUegien in Kassel
auf die Begierungsbezirke Kassel und Wiesbaden.
3. Dieselben stehen unmittelbar unter Unserem Minister der geist-
lichen etc. Angelegenheiten und haben in dem ihnen angewiesenen Bezirk die-
jenigen amtl. Aufgaben zu lOsen, welche den gleichnam. Behörden in den
älteren Teilen der Monarchie nach den Instr. v. 23. Octb. 1817 (GS. p. 237,
245), der A. CO. v. 31. Decb. 1825 (GS. v. 1826 p. 5) und den dieselben
erläuternden, ergänzenden und abändernden Bestimmungen gestellt sind.
4. Unser Minister der geistl. etc. Anglgh. wird mit der Ausführung
dieser Verordnung und dem ErlaTs der dazu erforderl. Instructionen beauftragt.
Derselbe hat den Zeitpunkt zu bestimmen, mit welchem die neuen Behörden
in Wirksamkeit, und die durch sie zu ersetzenden Behörden auüser Thätigkeit
treten. Baden-Baden. Wilhelm."
Die wichtigsten Ansfuhrungsverordnungen sind folgende:
Min. Verf. v. 30. Sptb. 1867. An den K. OPräsidenten zu Hannover:
„Gemäfs der in No. 99 der diesjähr. Gesetzsammlung (p. 1570 und 1571)
publicirten AUerh. Verord. v. 22. d. M. ist für die Provinz Hannover
unter dem Vorsitz des OPräsidenten ein Provinzial-Schulcollegium mit dem
Amtsitz in Hannover einzurichten. Zu diesem Behuf bedarf es nur der Um-
gestaltung der dort unter dem Namen Ober-Schulcollegium bereits bestehenden
Behörde in ein den altländischen entsprechendes Provinzial-Schulcollegium.
Eine solche Umgestaltung desselben ist ohne weiteres ausführbar, und bestimme
ich deshalb auf Grund der im § 4 der gedachten A. Verordnung mir erteilten
Ermächtigung den Zeitpunkt, mit welchem das neue Prov. SchulcoU. för Han-
nover in Wirksamkeit und das durch dasselbe zu ersetzende bisherige Ober-
Schulcollegium als solches aufser Thätigkeit tritt, auf den 1. Octb. d. J.
Ew. — ersuche ich demzufolge ganz ergebenst, unmittelbar nach Empfang
dieses Erlasses den Vorsitz des bisherigen Ober-SchulcoUegiums, welches von
jetzt ab Namen und Siegel als K. Provinzial-Schulcollegium anzunehmen und
zu führen hat, gefälligst Selbst zu übernehmen und gleichzeitig Ihren Vertreter
im OPräsidium in die Function als Director des Prov.SchulcoU. einzusetzen.
Die dermaligen ordentl. und commissar. Mitglieder, Subaltem- und Unterbeamten
des bisher. OSchulcoUegiums bleiben mit Beibehaltung ihres Banges und ihrer
Gehälter resp. Bemunerationen Mitglieder, Subaltern- und resp. Unterbeamte des
Prov.SchulcoUegiums. Ebenso verbleiben die Locale, Acten und sonstigen
Gegenstände, die dem OSchulcoU. gehörten, dem an seine Stelle tretenden
Prov.Schulcollegium. Das letztere hat nach § 3 der gedachten A. Verordnung
diejenigen amü. Aufgaben zu lösen, welche den Prov.SchulcoU. in den älteren
Teilen der Monarchie nach den ebenda allegirten Bestimmungen gestellt sind.
Die hieraus folgende Uebereinstimmung der Bessort- und Competenzverhältnisse
mit denen der altländ. Prov.SchulcoU. erfährt nur insofern eine bis auf weiteres
noch notwendige Modification, als einerseits die Einwirkung des dortigen Prov.
SchulcoU. auf die Anglgh. der Elementarschulen und Elementarlehrer-Büdungs-
anstalten (Seminare) von späterer besonderer Anordnung abhängig bleiben
mufs, und als andererseits keine der bisher dem OSchulcoU. untersteUten
Schulen um der gegenwärtigen Umgestaltung dieser Behörde willen ohne meine
specielle Genehmigung dem Ressort des K. Prov.SchulcoU. entzogen werden
darf. — V. Mühler.
In Hannover und ebenso in Kiel trat das K. Prov.SchulcoU. am
1. Octb. 1868 in Wirksamkeit, in Kassel bereits am 15. Juni 1868.
11
Min.Verf. y. 31. Jnli 1868 an das K. ProY.SchulcoU. zu Kassel, den
Geschäftskreis der ProY.Schnlcoll. betreffend:
JDie mafsgebenden allgm. Bestimmungen über die Obliegenheiten und
Befugnisse der K. ProY.Schulcoll. sind, wie ich auf den Bericht vom er-
widere, in der Dienstinstruction für die K. Consistorien y. 23. Octb. 1817 {GS.
p. 229, 237, 240) enthalten, yon denen durch die A. 0. y. 31. Dcb. 1825
(GS. y. 1826 p. 5) die K. Proy.SchulcoU. getrennt worden sind. Die Anstel-
lung der Lehrer an den höh. Schulen ist durch die E. Verordnungen y. 9. Dcb.
1842, y. 26. Aug. 1859 und 10. Noyb. 1862 (GS. y. 1843 p. 1, y. 1859 p.
535) und durch die Circularyerfagungen y. 3. Febr. 1843 und 2. Jan. 1863
geregelt
In den erwähnten Instructionen und Verfügungen ist die Basis für die
Wirksamkeit auch des dortigen E. Proy.SchulcoU. bezeichnet. Die darin an-
geordnete Unterscheidung, wonach die Bealschulen 2. Ordn., die hOh. Bürger-
schulen und die unyollständigen Progymn. dem Bessort der E. Regierungen
zugeteilt sind, auf die neupreufs. Landesteile zu übertragen, erscheint aber aus
yerschiedenen Gründen nicht zweckmäfsig. Indem ich mir yorbehalte, in dieser
Beziehung AUerh. Orts die erforderl. Aenderungsanträge zu stellen, bestimme
ich, dafs einstweilen sämtliche der Eategorie der höh. Schulen angehörende
Lehranstalten dortiger Proyinz der Aufsicht des E. Proy.SchulcoU. unter-
geben bleiben.
Was die periodischen Berichterstattungen betrifft, so ist ein aUgm. Ver-
waltungsbericht yon 3 zu 3 Jahren zu erstatten, und zwar gesondert über die
gymnasialen . und über die Beal-Lehranstalten. Den ersten Verwaltungsbericht
über die Gymn. und Progymn. erwarte ich zu Anfang des Jahres 1871, über
die Real- und höh. Bürgerschulen 1870. Jährlich sind Collectiyberichte zu
erstatten über die im Laufe des Jahres eingetretenen Personalyeränderungen
an den höh Schulen, nach dem beiliegenden Schema; ebenso über die Abitu-
rienten und die geprüften Maturitätsaspiranten mit Benutzung beifolgender
Tabelle. Ueber die halbjährl. einzureichenden Frequenzlisten hat das K.
Proy.Sch.C. bereits Anweisung erhalten. In Betreff der Probecandidaten
sind die Bestimmungen der Circ.Verf. y. 30. März 1867 zu beachten und hin-
sichtlich der halbjährl. Berichte über dieselben die Circ.Verff. y. 11. Apr. 1863
und y. 25. Octb. 1864. Die Einfahrung neuer Lehrbücher richtet sich nach
den CircVerff. y. 28. Apr. 1857 und y. 20. Juni 1864.
Es ist nicht die Absicht, in gleicher Weise die Befolgung aller übrigen
for die Verwaltung der altländischen höh. Schulen erlassenen Bestimmungen
far die dortige Proyinz yorzuschreiben ; yielmehr bleibt es dem E. Proy.Sch.C.
überlassen, die sich daselbst yorfindenden Einrichtungen zu prüfen, und wenn
sie sich als zweckmäfsig bewährt haben, beizubehalten. Andernfalls wird das
E. Proy.Sch.C. dafor Sorge tragen, dafs die altpreufs. Verordnungen und Ge-
setze allmählich, je nach eintretendem Bedürfnis, soweit nicht über einzelnes,
wie z. B. über die Maturitätsprüfungen, bereits Verfügung ergangen ist, zu ent-
sprechender Anwendung gelangen. Das Vorstehende gilt u. a. yon der
Ferienordnung, den Schulcensuren, den disciplinar. Einrichtungen, und auch
yon den jährl. zu yeröffentiichenden Schulnachrichten oder Programmen. Ueber
letztere bald das Erforderliche anzuordnen, stelle ich dem E. Proy.Sch.C. an-
heim; jedenfalls müssen die Programme diejenige Auskunft über den Unterricht,
die Lehrer und die Schüler in übersichtl. Form gewähren, welche für das%e-
teiligte Publicum yon Interesse ist. In Betreff der Aufstellung einer Direc-
toreninstruction behalte ich mir die Bestimmung yor. Der Minister etc."
Min. Verf. y. 5. Apr. 1882 an den E. OPräsidenten u. s. w. „Auf den
gef. Bericht yom 28. Februar d. J. genehmige ich die Aufhebung der Ver-
12
waltangskommlssionen bei den Btaatlichen Gymnasien des Beg.Bez. Kassel mit
Ueberweisnng der Functionen derselben an die Directoren der betreff. (Grjmna-
sien mit der Mafsgabe, dafs die recbtlicbe Vertretung der Anstalten nach
Anfsen dem K. Proy.Schnlcoll. zufällt, welches die Directoren derselben zur
Ausübung der ihm obliegenden Vertretung zu beauftragen befugt ist.
V. G 0 r s 1 e r.
Nach Allerh. Verordnung vom 2. Nov. 1874 (GS. S. 353) bildet das
Provinzial-SchulcoU. zu Kassel das Disciplinargericht erster Instanz für die
Lehrer und Beamten an den öffentl. ünterrichtsanstalten in den Fürstentümern
Waldeck und Pyrmont, insofern der Beschuldigte nicht vom Könige angestellt
oder bestätigt ist. Vgl. Verordn. v. 25. März 1885. CBl. p. 259 fg. (S. p. 8.)
Auf das Recht der Anstellung der Directoren und Lehrer an höh.
Schulen beziehen sich:
Die K. Verordn. v. 9. Dcb. 1842 (GS. v. 1843 p. 1, 2): 1. Das
Becht zur Anstellung und Beförderung der Lehrer an den Gymnasien und
SchuUehrerseminarien, und wo diese Anstalten dem Patronat einer Stadt oder
anderen Corporation unterworfen sind, das Recht zur Bestätigung der Lehrer
steht den Prov.Schulcoll. zu; diese müssen jedoch zu der Anstellung, Beförde-
rung oder Bestätigung, insofern solche nicht blofs einen Hülfslehrer, oder einen
auf Kündigung angestellten techn. Lehrer betrifft, die Genehmigung des Mini-
steriums der geistl. etc. Anglgh. einholen. Auch sind (dieselben verpflichtet,
wenn das Ministerium sich in einzelnen Fällen veranlafst findet, wegen der
Anstellung, Beförderung oder Versetzung eines Lehrers besondere Anweisung
zu erteilen, diese Anweisung zu befolgen. Dem Ministerium ist daher von
Jeder Erledigung einer Lehrerstelle sofort Anzeige zu machen.
(2. Die Bestimmungen des § 1 finden auch auf die Anstellung, Be-
förderung und Versetzung, imgleichen auch auf die Bestätigung der Lehrer an
den zur Entlassungsprüfung berechtigten höh. Bürger- und Realschulen mit der
Mafsgabe Anwendung, dafs in Beziehung auf diese Anstalten die Regierung in
die Stelle der Prov.Sch.C. tritt) s, p. 8.
3. Die Ernennung der Directoren der in den §§ 1 und 2 erwähnten
ünterrichtsanstalten, imgleichen die Bestätigung der Dir. in den Fällen, wo
jene Anstalten dem Patronate einer Stadt oder Corporation unterworfen sind,
behalten Wir Uns Selbst vor.
4. In den Rechten der Patrone der gedachten ünterrichtsanstalten zur
Wahl der Dir. und Lehrer wird durch die Bestimmungen der §§ 1—3 nichts
geändert. Friedrich Wilhelm.
CO. V. 26. Aug. 1859: Auf den Bericht des Staatsministeriums v. 23.
Aug. d. J. genehmige Ich, dafs die zu Entlassungsprüfungen berechtigten Re-
alschulen von dem Verwaltungsressort der ^gierungen in das der Prov.
SchulcoUegien übergehen, mit der Mafsgabe, dafs diese üebertragung zuvörderst
nur die Realschulen erstet Ordn. betrifft, demnächst aber auf die übrigen Real-
schulen Anwendung findet, je nachdem der Minister der geistl. etc. Anglgh.
sie für würdig erklärt, der 1. Ordn. von Schulen derselben Kategorie beigezlLhlt
zu werden. Wilhelm.
• CO. V. 10. Novb. 1862: Auf den Bericht des Staatsministeriums v. 8.
d. M. will ich Sie, den Minister der geistl. etc. Anglgh., hiedurch ermächtigen,
in Bezug auf die Ausführung der Verordnung v. 9. Dcb. 1842, die Anstellung
der Dir. und Lehrer an den höh. ünterichtsanstalten betreffend, die Modifica-
tion eintreten zu lassen, dafs die den Prov.Schulcoll., resp. den Regierungen
obliegende Verpflichtung, für die Anstellung, Beförderung oder Bestätigung
13
sfimü. ordentlicher Lehrer an Gymnasien, Beal- und h6h. Büiig^rschnlen Ihre
Genehmigong einzuholen, his auf weiteres dahin beschränkt wird, dafs diese
Genehmignng von dem ProY.Schnlcoll. nur for die Oberlehrer an den Gymna-
sien, den Bealschnlen 1. Ordn. und den mit Berechtigungen versehenen Pro*
gymnasien, sowie far die Bectoren der letzteren, and ebenso von den Begie-
rangen nur für die Oberlehrer an den Bealschnlen 2. Ordn. und an den als
höh. Bürgerschulen nach der U. und PO. y. 6. Octb. 1859 anerkannten Lehr-
anstalten, sowie für die Bectoren der letzteren, einzuholen ist, die Anstellung,
Beförderung oder Bestätigung aller übrigen Lehrer an den Schulen der ge-
nannten Kategorien aber den betreff. ProyinzialbehOrden überlassen wird. In
Bezug auf die Directorstellen an den Gymnasien und Bealschnlen, sowie in
Bezug auf die Director- und Lehrerstellen an den Schullehrerseminarien yer-
bleibt es bei der Verordnung y. 9. Dcb. 1B43. Wilhelm.
Die dazu gehörige Ansfuhrungsyerordnung des Ministers etc. y. 2. Jan*
1863 (s. in Abteilung 11 dieses Buchs) enthält u. a. die Bestimmungen:
„üeber die Anstellung der Beligionslehrer ist nach yorg^ngigem
Benehmen mit den betreff, geistl. Behörden jedesmal (an den Minister) zu
berichten.
Einer Berichterstattung bedarf es nicht nur bei Gründung neuer Stel-
len, sondern auch in allen Fällen, wo mit Anstellungen oder Ascensionen
Etatsyeränderungen yerbunden sind; desgL wenn bei königL Anstalten oder
bei solchen, die einen Zuschufs aus Staatsfonds beziehen, durch die Pensio-
nirung eines Lehrers der Etat berührt wird; ebenso wenn die Bemuneration
eines steUyertretenden Lehrers sich nicht innerhalb des Besoldungsetats der
Anstalt hält''
Ascensionen innerhalb der Oberlehrerstellen bedürfen der Genehmigung
des Ministers. (Min.Verf. y. 1. Febr. 1867).
Die CO. y. 11. Mai 1863: In Meiner, die Anstellung oder Beförderung
der Dir. und Lehrer an höh. Unterichtsanstalten betreff. Ordbre y. 10. Noy. y. J.
ist bestimmt worden, dafs die Genehmigung zur Anstellung oder Bestätigung
der Bectoren und Oberlehrer an den mit besonderen Berechtigungen yersehenen
Pro gymnasien yon den Proy.Schulcoll. eingeholt werden soll. Es ist Meine
Absicht gewesen, die bezeichneten Progymnasien, soweit sie nicht bisher schon
in das Bessert der Proy.Schulcoll. übergegangen waren, in Gemäfsheit Jener
Bestimmung dem Bessert dieser ProyinziiJbehörden zuzuweisen, wie Ich zur
Beseitigung etwaiger Zweifel auf den Bericht des Staatsministeriums y. 5. d. M.
hierdurch ausdrücklich bestimme. Wilhelm.
Dieselbe Anstellungsordnung ist auch auf die neupreufs. Landes-
teile übertragen worden:
Bescr. y. 13. März 1867 an das E. General-GouyernemeDt zu Hannoyer:
„Nachdem des Königs Maj. durch A. Ordre y. 7. Jan. d. J. dem K,
Staatsministerium zu eröffnen geruht haben, dafs über die Anstellung und Ent-
lassung der nicht zum Justiz-Bessort gehörigen Giyil-Staatsbeamten in den
durch die Gesetze y. 20. Sptb. und 24. Decb. y. J. der preufs. Monarchie ein-
yerleibten Landesteilen nur in denjenigen Fällen an Allerhöchst Denselben
berichtet werden soll, in welchen dies nach den in den älteren Prorinzen geltenden
Vorschriften geschehen mufs ; nachdem femer die den Dienstzweigen der Verwal-
tung yorgese^ten Minister durch dieselbe A. Ordre ermächtigt worden sind, die
Zuständigkeit und das Verfahren der Behörden und der Beamten ihrer Bessorts be-
züglich der Anstellung, Beurlaubung, Entlassung oder Pensionirung der Beamten
in den neupreufs. Landesteilen nach Mafsgabe der in den älteren Proyinzen
14
geltenden Bestimmungen anderweit angemessen zn regeln, teile ich dem E.
Gen.Goayemement in Bezug auf die Anstellung der Dir. nnd Lehrer höherer
Unterrichtsanstalten im Folgenden diejenigen Allerh. Orts genehmigten Bestim- ,
mnngen mit, nach denen in den älteren Provinzen gegenwärtig verfahren wird:
1. Die Directoren der königL Gymnasien nnd Bealscholen werden auf
Antrag des Ministers der geistl. etc. Anglgh. von Sr. MaJ. dem Könige er-
nannt; die Dir. der Gymnasien nnd Bealscholen nicht königL Patronats wer*
den von Sr. Majestät bestätigt. 2. Die Bectoren der Progymn. nnd der
höh. Bürgerschulen werden, wenn die Anstalten königl. Patronats sind, von
dem Minister der geisü. etc. Anglgh. ernannt, wenn sie unter anderem Patrö-
nat stehen, von üim bestätigt 3. Von den ordenti. Lehrerstellen an jeder
höh. Schule werden die ersten als Oberlehrerstellen bezeichnet, und zwar in
dem Verhältnis, dafs bei 7 Stellen in der Begel die 3 ersten etatsmäfsige
Oberlehrerstellen sind. Zum Eintritt in dieselben ist die ünterrichtsbefähigung
ffir die oberen Klassen erforderlich. Bei Schulen königl. Patronats haben die
Provinzialbehörden für die Besetzung der Oberlehrerstellen, bei den Schulen nicht
königl Patronats for die Bestätigung der als Oberlehrer präsentirten Lehrer
die Genehmigung des Ministers einzuholen. Dasselbe gilt von den Beligions-
lehrem der höh. Schulen. 4. Die Anstellung, Bestätigung oder Beförderung
aller übrigen Lehrer, sowohl der ordenü. wie der Hülfslehrer, desgleichen der
Elementar- und techn. Lehrer an den höh. Schulen bleibt den betreff. Provin-
zialbehörden überlassen. Dieselben sind aber verpflichtet, wenn der Minister
sich in einzelnen Fällen veranlafst findet, wegen der Anstellung, Beförderung
oder Versetzung eines Lehrers besondere Anweisung zu erteilen, dieselbe zu
befolgen.
Ich ersuche das K. Gen.Gouvemement ergebenst, das dortige OSchul-
coUegium mit Anweisung dahin zu versehen, dafs dasselbe vorstehende Ordnung
nunmehr auch bei den hannövr. Gymn., und ebenso bei den übrigen höh. Schu-
len des Landes, je nachdem sie als einer der vorerwähnten Kategorien zuge-
hörig von mir anerkannt werden, zur Anwendung bringe. Demgemäfs ist mir
von jetzt an die Erledigung jeder Gymnasial-Directorstelle alsbald anzuzeigen,
und sind wegen Wiederbesetzung derselben rechtzeitig geeignete und motivirte
Vorschläge behufs der Berichterstattung an des Königs Maj. bei mir einzu-
reichen. Ebenso ist zu verfahren hinsichtlich der Dir. anerkannter Beal-
schulen, sowie der Bectoren der von mir anerkannten Progymnasien und höh.
Büi^gerschulen.
Was endlich die Oberlehrerstellen betrifft, die unter dieser Benennung
von den übrigen Lehrerstellen auszuzeichnen in den neupreufb. Ländern bisher
nicht üblich gewesen ist, so bestimme ich, dafs bis auf weiteres an jedem
Gymnasium die 3 ersten Lehrerstellen als Oberlehrerstellen angesehen und nach
der obigen Festsetzung in § 3 behandelt werden. Ob und in welcher Zahl an
den anderen höh. Schulen Oberlehrerstellen anzunehmen sind, bleibt späterer
Entschliel^ung auf die gutachti. Berichterstattung der betreff. Auftichtsbehörden
vorbehalten, von Mühler."
Min.Verf. v. 17. Apr. 1867: — „Der Berichterstattung über die An-
stellung von Beligionslehrem bedarf es nur in denjenigen Fällen, wo an einer
Schule eine besondere Beligionslehrerstelle besteht und es sich um deren Be-
setzung handelt, oder wo ein Lehrer überwiegend und mit dem gröfsten Teil
seines Unterrichts als Beligionslehrer beschäftigt werden soll; dagegen ist
die diesseitige Grenehmigung nicht einzuholen, wenn einem Lehrer neben über-
wiegend anderweitigem Unterricht auch einige Beligionsstunden übertragen
werden. Der Minister etc.
15
Die £. ProY.Schalcollegien erstatten dem Minister von 3 zn 3 Jahren
einen Yerwaltangsbericht über die höheren Schulen ihres Ressorts, einen Bericht
über den Freqnenzstand derselben halbjährlich. Von allen wichtigeren Oircnlar-
y«:fagangen, welche sie erlassen, senden sie dem Minister Abschrift ein.
Die Befugnis der Provinzialbehörden, die Ansfuhrnng der Schnletats
zu überwachen, geht schon ans demjenigen hervor, was oben (p. 13) ans der
anf die Anstellnngen bezüglichen Min.Yerfügang v. 3. Jan. 1863 angefahrt ist
Ebendahin gehören:
C. Verf. V. 9. Apr. 1843 an die K. Prov.Schnlcollegien : „1. Bei
allen Gymnasien nnd Schtülehrerseminarien, sie mögen einen Znschnfs ans Staats-
kassen erhalten oder nicht, kann das FroY.Sch.C. über die etatsmäfsigen Fonds
zu den yorgeschriebenen Zwecken yerfügen. 2. Ist im Etat ein besonderer
Titel zn Unterstützungen bestimmt, so kann darüber, sofern alle anderen Aus-
gaben dnrch die etatsmäfsigen Fonds gedeckt sind, am Schlafs des Jahres bis
zum Betrage von 50 Thlr. für einen einzelnen Lehrer ohne Oenehmigang des
Ministerinms yerfügt werden. [Staatsministerialbeschlafs y. 10. Joli 1852:
Lehrern, deren Diensteinkommen den Betrag von 1000 Thlr. übersteigt, dürfen
nur ansnahmsweise in aofsergewöhnl. Fällen Unterstützangen gewährt werden.]
3. Lasofem bei Erledigang einer Stelle eine Stellvertretang noüiwendig and an-
geordnet ist» können die Kosten der Stellvertretang, aber keine Unterstützangen
ans dem vacanten Gehalt ohne vorgängige Genehmigung des Ministeriums be-
stritten werden. 4. Ueber Ersparnisse bei irgend einem Ausgabetitel kann
zn anderen Zwecken nur mit Genehmigung des Ministeriums bestimmt werden.
(In allen Fällen ist die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich, wenn
Anstaltsmittel zu anderen Zwecken als zu denjenigen, welchen sie im Etat zu-
nächst gewidmet sind, verwandt werden sollen]. 5. Ueber Mehreinnahmen an
Schulgeld kann bei den Gjmn., welche Zuschüsse aus Staatskassen beziehen,
nur mit Genehmigung des Ministeriums, bei Gymn., welche keine solche Zu-
schüsse beziehen, ohne Grenehmigung desselben verfögt werden. Sollen daraus
Unterstützungen an Lehrer bewiüigt werden, so darf der Betrag derselben für
einen einzelnen Lehrer 50 Thlr. nicht übersteigen ; sonst ist höhere Genehmigung
erforderlich. 6. Die im Etat angenommenen Gehälter dürfen ohne Genehmigung
des Ministeriums weder erhöht noch vermindert werden. 7. Sofern die ange-
stellten Lehrer das etatsm. Einkommen der ihnen übertragenen Stellen noch
nicht beziehen, ist zur Verwendung des ersparten Gehalts die Genehmigung
des Ministeriums nur dann erforderlich, wenn die Anstalt Zuschüsse aus der
Staatskasse erhält.*^ [Vgl. die neueren Bestimmungen in Abt. II, Abschn. VI.)
Min.Verf. v. 24. Dcb. 1867: „Auf die Vorstellung v. — eröffne ich
dem Magistrat^ dafs die Kosten, welche Demselben aus der Ausübung des
Patronakechts erwachsen, nicht dem dortigen Gymn., sondern der Commune
zur Last fallen. Demnach mufs es in Betreff der Erstattung der von dem Pa-
tronatsvertreter Bürgermeister N. aus der Gymnasialkasse gezahlten Beisekosten
und Diäten [behufs Aufsuchung geeigneter Lehrkräfte] bei der sachgemäfsen
Entscheidung des E. Prov.Sch.C. [welches die Bückzahlung an die Schulkasse
angeordnet hatte] sein Bewenden behalten.'' Vgl. den ähnl. FaU im C.BL 1S66
p. 270, wo der E. Gompatronats-Gommissarius eine derartige Benutzung der
Schulkasse for unzulässig erklärt hatte.
Min.Verf. v. 12. Mai 1866: Bei Anstalten, welche aus Staatsfonds
nicht subventionirt werden, bedarf es zur Gründung neuer Lehrerstellen und
zu Gehaltsverbesserungen der ministeriellen Genehmigung nicht; es ist darüber j
nur, sofern das Eine oder das Andere mit Gutheifsung des E. Prov.Sch.C. erfolgt '^
ist) Anzeige an den Minister zu erstatten.
16
Bedürfniszüschüsse sind alle aus Staatsfonds zur Unterstützung
höherer ünterrichtsanstalten hewilligten Zuschüsse, so weit sie nicht aof Grund
rechtlicher Verpflichtung geleistet werden. (GB 1876 S. 32.)
Geschäfts- und rechnungsmäfsige Behandlung der Bedürf-
niszuschüsse. CircYerf y. 9. Aug. 1879 an die K. ProY.Sch.CC. , Jn den
Staatshaushalts-Etat pro 1. April 1879/80 ist ad Kap. 124 Tit. 2., 3. u. 4. he-
züglich der Zuschüsse für die Gymnasien, Progymnasien, Beal- u. höheren Bürger-
schulen folgender Vermerk aufgenommen worden:
„Die einzelneu Zuschüsse können während der Dauer der Bewillungsperiode
„ohne Bücksicht auf den jedesmaligen Jahresbedarf voll an die Anstalts-
„kasse gezahlt werden.**
Bei der Ausführung dieses Vermerks ist nach folgenden Grundsätzen
zu verfahren:
I. Von der Ermächtigung ist Gebrauch zu machen in Beziehung auf alle
Anstalten, für welche und insoweit ein staatlicher Bedürfhiszuschufs in die
laufenden Anstalts-Etats eingestellt ist, also auch auf die vom Staat allein zu
unterhaltenden Anstalten.
II. Die Zahlung des Staatszuschusses an die nicht ausschliefslich vom
Staate zu unterhaltenden Anstalten geschieht unter der Voraussetzung, dafs
a. die etwaigen besonderen Bewilligungs-Bedingungen seitens der Anstalt bezw.
der zur Unterhaltung der letzteren Verpflichteten, eingehalten werden; b. von
den Unterhaltungspflichtigen mindestens die etatsmäfsigen Zuschüsse zum vollen
Betrage in die Anstaltskasse eingezahlt werden und derselben verbleiben,
c. für die Anstalt ein besonderer Eiät nach den für die Staatsanstalten gelten-
den Normen aufgestellt, eine Abschrift des Etats spätestens 3 Monate vor Be-
ginn der Etatsperiode, u. der Jahresrechnungen spätestens 3 Monate nach dem
Finalabschlufs, auf Erfordern auch die Beläge dazu, der Au&ichtsbehörde vor-
gelegt werden; d. nach den Festsetzungen der letzteren an der betr. Anstalt
die erforderliche Anzahl hinreichend befähigter und besoldeter Lehrer gehalten,
die Schullocale, Lehrmittel u. gesundheitlichen Einrichtungen beschafft werden.
m. Der Zuschufs kann zurückgezogen werden, wenn diesen Voraus-
setzungen nicht binnen einer von der Aufsichtsbehörde zu bestimmenden Frist
genügt wird.
IV. Nach Ablauf der Bewilligungsperiode werden die Verhältnisse der
Anstalt und der Unterhaltungspflichtigen von neuem geprüft und nach dem Re-
sultat dieser Prüfung die künftig zu gewährenden Staatszuschüsse und die
etwaigen besonderen Bewilligungs-Bedingungen von der Staatsbehörde ander-
weitig festgesetzt.
V. Für die Bewilligung der Zuschüsse kommt neben der allgemeinen Leistungs-
fähigkeit der Unterhaltungspflichtigen insbesondere das Verhältnis in Betracht,
in welchem die Aufwendungen derselben für Schulen zu ihren sonstigen Aus-
gaben stehen.
Ueber die hiemach eintretende anderweite geschäfts- und rechnungsmäfsige
Behandlung der staatlichen Bedürfniszuschüsse far Gymn., Progymn., Beal- und
höh. Bürgerschulen eröffne ich dem K. Prov.Sch.G. im Einverständnis mit dem
Herrn Finanzminister das Nachstehende:
A. bezüglich aller beteiligten Anstalten.
1. Die gegenwärtig zahlbaren staatlichen Bedürfniszüschüsse werden im
Anschlufs an den jetzt geltenden Etats-Turnus, nämlich a. in den Provinzen
Hannover, Westfalen und Bheinprovinz, sowie in den HohenzoUemschen Landen
bis Ende März 1880, b. in WestpreuTsen, Pommern, Sachsen und Schleswig-
Holstein bis Ende März 1881, c. in Ostpreufsen, Brandenburg, Schlesien und
Hessen-Nassau bis Ende März 1882 unverkürzt weiter gezahlt, soweit sie nicht
17
etwa im Etat als künftig wegfallend bezeichnet, bezw. wie bei den Gehältern
der Directoren a. Elementarlehrer an Staatsanstalten, mit Rücksicht auf andere
Stellen gleicher Art in einem grOfseren Verwaltongsbezirke normirt sind, in
welchem Falle selbstverständlich die betr. Festsetzungen mafsgebend bleiben und
die Zuschüsse eingezogen werden können.
2. Künftig wird die Bewilligiingsperiode für die staatlichen Bedürfnis-
zQschüBse der Gymn. etc. in der Begel überall sechs hintereinander folgende
Beehnungsjahre umfassen.
3. Die bisherige Vorschrift, wonach die staatlichen Bedürfniszuschüsse
nur soweit erhoben werden durften, als zur Deckung der Ausgaben der resp.
Anstalten, deren übrige Einnahmen unzureichend waren, nicht verwendete, resp.
nicht zur Deckung von Ausgaberesten zu reservirende Bestände aber am Jahres-
Bedmungsschlufs auf die erhobenen staatlichen Bedürfhiszuschüsse als überhoben
an die Begierung8-(Bezirks-)Haupt-Easse zurückgeliefert werden muTsten, C^),
wird von dem 1. April er. ab aufser Kraft gesetzt. Diese Bestimmung findet
auch Anwendung auf die aus dem Hannoverschen Klosterfonds und anderen
mittelbaren Staatsfonds bewilligten Bedürfaiszuschüsse.
4. Vom Beginn des laufenden Bechnungsjahres ab verbleiben mit der
unter Nummer 1 erwähnten Mafsgabe unverwendete Mittel, insbesondere auch
disponible Bestände den Anstaltskassen, sind in die folgenden Bechnungen
derselben zu übertragen und insoweit sie nicht zu den laufenden, sowie zu
Mehrausgaben der folgenden Jahre verwendet werden, unter Berücksichtigung
des § 39 der Vormundschaftsordnung zinsbar zu belegen. Die diesföUigen
Wertiipapiere etc. sind in der Rechnung u. im Finalabschlusse unter einem be-
sonderen Titel mit der Bezeichnung: „Kapitalien, welche aus Ersparnissen der
laufenden Verwaltung herrühren" naclmiweisen.
ö. Das in der C.Verf. vom 2. Fbr. 1874 (FJtf. I. 1680 u. M. d. g. A.
U. n. 3533 zur Justificirung der Bechnungen der Begierungs- u. Bezirks-Haupt-
Kassen von der geisü. und Unterrichtsverwaltung vorgeschriebene Attest ist
fortan wie folgt zu fassen : „Dafs in der Rechnung des Gymnasiums (Progymn.
etc.) zu N. pro 1. April 18 . . an Bedürfniszuschufs .... Mark . . Pf., ge-
schrieben etc. in Einnahme gestellt, sowie dafs die an die Bewilligung desselben
geknüpften Bedingungen erföllt worden sind, bescheinigt: "
B. Bezüglich der vom Staate, und der vom Staate u. Anderen gemein-
schaftlich zu unterhaltenden Anstalten, Cap. 124 Tii 2 u. 3, — unter Voraus-
setzung des Einverständnisses der beteiligten Patronate — :
1. Die Etats werden, statt auf 3, fortan auf 6 Jahre ausgefertigt For-
mulare, sowie Zahl und Bezeichung der Einnahme- u. Ausgabe-Titel bleiben
unverändert.
2. Mehreinnahmen u. Ausgabeerspamisse, einschliefslich der Ersparnisse
an den Ausgabetiteln zu Besoldungen imd zu anderen persönlichen Ausgaben,
jedoch ausschliefslich der grundsälzlich als Ausgabereste in die nächste Rech-
nung übergehenden Ersparnisse der von der gegenseitigen Uebertragbarkeit mit
anderen Titeln ausgeschlossenen Ausgabetitel, insbes. des Baufonds, treten mit
der unter A. 1 erwähnten Modification fortan dem Titel ,Jnsgemein" der Aus-
gabe zu, aus welchem die Einnahmeausfälle, sowie die Mehrausgaben der
übrigen Ausgabetitel zu decken sind. Die Etats sind demgemäfs ad. Tit. „Ins-
gemein*' der Ausgabe mit einem diesem veränderten Verhältnis entsprechenden
Vermerk zu versehen.
3. Im üebrigen erfolgt die Aufteilung der Entwürfe zu neuen Etats,
zu deren Einreichung das K. Prov.Sch.C, wie bisher, so auch künftig, recht-
zeitig von mir Anweisung erhält, auch fernerhin nach den bestehenden, allge-
Wi • ■ •, VeroTdniing«!!. 2
18
meinen Grundsätzen n. Vorschriften. 4. Ebenso ist, soweit vorstehend, nicht
etwas Anderes vorgeschrieben worden, die Verwaltung der Anstalten nach den
bisherigen Grundsätzen n. Vorschriften fortzuführen. 5. Auch bezüglich der
Revision nnd Dechargimng der Anstaltsrechnnngen verbleibt es bei den be-
stehenden Bestimmungen. 6. Nicht minder sind die Finalabschlüsse der An-
stalten mir auch künftig einzureichen.
C. Bezüglich der von Anderen zu unterhaltenden, aber vom Staate zu
unterstützenden Anstalten, Cap. 124 Tit. 4:
1. Der bisher mafsgebend gewesene Grundsatz, dafs bei diesen Anstalten
der Staat nur aushülfsweise soweit hinzutritt, als die eigenen Hülfsquellen der
Anstalten u. die finanziellen Kräfte der zur Unterhaltung derselben Verpflichteten
zur Bestreitung der nothwendigen Ausgaben der Anseilten unzureichend sind,
bleibt an sich nach den Eingangs angeföhrten neuen allgemeinen Bestimmungen
ad 4 u. 5 fortdauernd in Geltung.
2. Die hiemach vor Fortbewilligung der bisherigen, resp. vor Fortbewilligung
erhöhter oder ermäfsigter Bedürfniszuschüsse von der Staatsbehörde vorzunehmende
Prüfung hat zur selbstverständlichen Voraussetzung, dafs die Anträge der Ver-
pflichteten durch einen Entwurf zu dem neuen Etat der betr. Anstalt be-
gründet werden.
3. Die hiemach auch fernerhin rechtzeitig vor Ablauf der Bewilligungs-
periode bezw. bei nothwendig werdender Erhöhung des Staatszuschusses erheb-
lich vor Ablauf der AnmeldungsMst für die Mehrforderangen zum Staatshaushalts-
etat des nächsten Jahres von den Verpflichteten einzufordernden Entwürfe zu neuen
Etats sind von dem E. Frov.Sch.C. fortan nicht mehr formell zu revidiren,
sondem bei der Einreichung an mich nur hinsichtl. der Bichtigkeit und Voll-
ständigkeit, resp. Angemessenheit der Ansätze u. Abänderungen gegen den
vorigen Etat nach Anleitung der C.Verf. v. 10. Mai 1872 (U. 15132, 2. Ang.)
eingehend zu begutachten. Hierbei ist zugleich anzugeben und zu motiviren,
ob und welche besonderen Bewilligungsbedingungen für die Gewährang des
Staatszuschusses etwa zu stellen sind.
4. Den Berichten über die neuen Etatsentwürfe u. über die für die neue
Bewilligungsperiode erforderlichen staatlichen Bedürfniszuschüsse sind die
Aeufserungen der betr. Egl. Begierungen (Landdrosteien) über die Leistungs-
fähigkeit der Verpflichteten, wie bisher auch künftig, beizufügen.
5. Nachdem hiemächst über die Höhe des für die neue Bewilligungs-
periode der einzelnen Anstalten zu gewährenden staatlichen Bedürfniszuschusses
von dem Herrn Finanzminister und mir Beschlufs gefafst worden, erhält das
E. Frov.Sch.C. mit entsprechendem Bescheide den Etatsentwurf zurück, um seiner-
seits die Verpflichteten davon in Eenntnis zu setzen, dafs für die Anstalt unter
Ausschlufs einer diesbezüglichen privatrechtlichen Verpflichtung der Staatskasse
u. unter Vorbehalt der später noch mitzuteilenden Bewilligungsbedingungen
ein Zuschufs in der festgesetzten Höhe bewilligt werden solle, und dieselben zu
veranlassen, unter Beachtung der etwa im Schulaufsichts-Interesse für nöthig
erachteten Aenderangen des Entwurfs nunmehr nach den für die Staatsanstalten
geltenden Normen den eigentlichen Etat aufzustellen bezw. mit dem E. Frov.-
Sch.C. zu vereinbaren u. in Abschrift demselben einzureichen.
6. Das E. Frov.Sch.C. legt diese Etatsabschrift mir vor, worauf ich,
wenn Anstände nicht weiter obwalten, den neuen Zuschufs zahlbar mache und
dem E. Frov.Sch.C. überlasse, die Verpflichteten hiervon, sowie von den Be-
willigungsbedingungen in Eenntnis zu setzen, auch die Genehmigung des neuen
Etats auszusprechen. Eine Vollziehung des Anstaltsetats in der Centralinstanz
oder seitens des E. Frov.Sch.C. findet nicht statt. In dem Eassenetfit der
Eubventionirten Anstalt, wie in dem der betr. Frovinzialunterrichtsverwaltung
19
ist za yermerken, unter welchen speciellen Bedingungen der Staatsznschoik be-
willigt und eyenÜ. zur Staatskasse zurückzuziehen ist
7. Die Verwaltung n. Verwendung der etatsmäfsigen Mittel der Anstalten
wird in der bisherigen Weise von dem E. ProY.Sch.C. künftig nicht mehr con-
trolirt. Die Verwaltung der Anstaltskasse darf selbstverständlich nicht im
Widerspruch mit den Festsetzungen des Etats u. den derselben zu Grunde liegen-
den Absichten geschehen* Die Verfugungen derPatronate dürfen also nur zur
Ergänzung der Festsetzungen des Etats nach den jeweiligen Bedürfnissen der
laufenden Verwaltung dienen. 8. Die Rechte und Pflichten des Staats u. der
Unterrichtsverwaltung als Schulaufsichtsbehörde bleiben unberührt.
9. Die Bechnungen der Anstaltskassen werden von dem E. Prov.Sch.C.
fortan nicht mehr reyidirt und dechargirt, vielmehr demselben nur noch zur
Eenntnisnahme vorgelegt. Da diese Eenntnisnahme den Zweck hat, die Er-
füllung der an die Bewilligung der staatlichen Bedürfoiszuschüsse geknüpften
Bedingungen u. Voraussetzungen zu prüfen, so wird stets auch die Einforderung
u. Durchsicht der Rechnungsbeläge erfolgen müssen. Bei der Prüfung selbst
ist davon auszugehen, dafs eine Einmischung in die Details der den Verpflichteten
überlassenen Verwaltung der Anstaltsmittel, soweit sie nicht im Widerspruche
mit den oben angegebenen Grundsätzen geschieht, fortan ausgeschlossen ist
Nach bewirkter Prüfung der l^chnungen und Rechnungsbeläge hat das E. Prov.-
Sch.C. zu erwägen: a. ob die an die Bewilligung der staatliehen Bedürfhis-
zuschüsse geknüpften Bedingungen erfüllt worden sind, oder b. ob u. welche
Verstöfse gegen die allgemeinen Vorschriften u. Grundsätze des Etats-, Eassen-
u. Rechnungswesens, sowie gegen die oben zu 7 u. 8 angegebenen Grundsätze
etwa vorgekommen sind. In dem Falle ad b. erwarte ich unter Vorlegung der
Rechnungen u. Rechnungsbeläge Bericht. In dem Falle ad a. ist das Resultat
der Durchsicht u. Prüfung der Rechnungen u. Rechnungsbeläge zu den Acten
des E. Prov.Sch.C. kurz zu registriren. Die Abschriften der Rechnungen werden
von dem E. Prov.Sch.C. bei den dortigen Acten zurückbehalten. In den Be-
richten, mit welchen Fortbewilligung staatlicher Bedürfhiszuschüsse beantragt
wird, ist künftig ausdrücklich anzuführen, welche Ergebnisse in der angedeuteten
Hinsicht während der abgelaufenen Bewilligungsperiode die Durchsicht u. Prüfung
der Rechnung u. Rechnungsbeläge geliefert hat
10. Finalabschlüsse der Anstaltskassen sind fortan nicht mehr einzu-
fordern, resp. hierher nicht mehr einzureichen. Dagegen sind aus den Rech-
nungen Abschriften der Recapitulation der Einnahme u. Ausgabe und des
Rechnungsschlusses zu fertigen u. gleich den Finalabschlüssen der staatlichen
Anstalten (oben B. 6) mir vorzulegen. —
Vorstehende Anordnungen finden mit den aus der Natur der Sache sich
ergebenden Modificationen auch auf die vom Staate subventionirten Anstalten
privaten Patronats Anwendung u. sind, soweit dies noch thunlich ist, schon für
die Neufertigung des Etats pro 1. April 1880/86 zu beachten**' Der Min. d.
geistl. etc. Ang. In Vertr. Sydow.
CircVerf. 17. Juli 1880. An die E. Prov.Sch.CC. „Zur Beseitigung
einiger bei der Anwendung der C.Verf. vom 9. Aug. v. J. hervorgetretenen Zweifel
bemerke ich Folgendes:
L Etatsvermerke, welche die üebertragung unverwendet gebliebener Mittel
in die folgenden Jahre gestatten, haben den Zweck, Ersparnisse der Vergangen-
heit für Mehr- und neue Bedürfaisse der Zukunft unmittelbar bereit zu halten.
Diesen Sinn hat auch der zum Staatshaushaltsetat pro 1879/80 ad Cap. 124
Tit 2 — 4 aufgenommene u. der demgemäfs nach Anleitung der C.Verf. vom
9. Ang. V. J. ad B. 2 (C. 5) aufeunehmende Vermerk zu Titel „Insgemein**
sämtlicher Anstaltsetats, welcher bezweckt, eine umsichtige u. sparsame Verwaltung
2*
20
der den Anstalten zu Gebote stehenden Mittel durch thnnlichste Beschränkung
der laufenden Ausgaben herbeizufuhren' und dadurch die Möglichkeit zur Be-
friedigung hervortretender Bedürfnisse der Anstalten aus den eigenen Mitteln
derselben zu gewähren. Hiemach sind für Mehr- und neue Bedürfnisse nicht
allein die baar in der Anstaltskasse befindlichen, sondern auch die etwa kapi-
talisirten Ersparnisse zu verwenden. Dies folgt auch daraus, dafs aufserordent-
liche Zuschüsse der Staatskasse, resp. der zur Unterhaltung der Anstalten ver-
pflichteten Communen etc., grundsätzlich nur insofern u. nur soweit in Anspruch
zu nehmen sind, als die Anstalten nicht selbst die nöthigen Mittel besitzen.
Da nach B. 4 der C.Verf. vom 9. Aug. v. J. bei den staatlichen An-
stalten die Verwaltung nach den bisherigen Grundsätzen u. Vorschriften fort-
zufuhren ist, so bedarf es bei denselben zur Verwendung von Kapitalien, auch
wenn solche aus Ersparnissen herrühren, stets meiner Genehmigung. Bei den
städtischen etc. Ansäten dagegen ist nach C. 7 u. 9 der allegirten C.Verf.
zur Verwendung der baar vorhandenen oder kapitalisirten Ersparnisse für Mehr-
u. neue Bedürfnisse eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde nicht mehr erforder-
lich, vorausgesetzt, dafs es sich um Befriedigung wirklicher Bedürfhisse der
Anstalt handelt. Dagegen ist zur Bestreitung von im Schulinteresse nicht
durchaus gebotenen Ausgaben mit Bücksicht auf C. Nr. 8 der gedachten C.Verf.
noch vor der Eingehung von Verpflichtungen Privaia^ersonen gegenüber, bezw. vor
Leistung der Ausgaben meine Genehmigung einzuholen. Das E. Prov.Sch. 0.
hat <)aher bei Durchsicht der Jahresrechnungen zu prüfen, ob eventl. dergleichen
Verwendungen von Ersparnissen in den Grenzen der etatsmäfsigen Zweck-
bestimmung der Mittel gehalten sind.
n. Es ist wiederholt vorgekommen, dafs die städtischen Vertretungen
geglaubt haben, die von der Staatsbehörde in Gemäfsheit ad G. 5 der C.Verf.
geprüften Etatsentwürfe festsetzen und den in Aussicht genommenen Staatszu-
schufs einstellen zu können, ohne die staatsseitig für erforderlich erachteten
Abänderungen und Ergänzungen aufzunehmen. Es bedarf keines Hinweises,
dafs dieses Verfahren durchaus unzulässig ist. Betreffen die qu. Abänderungen etc.
das Schulaufsichtsinteresse, so hat das E. Prov.Sch.C. unter Hinweis auf C. Nr. 8
der C.Verf. von Aufsichtswegen die erforderliche Ergänzung zu erwirken resp.
die betreff. Etatsposition fes^usetzen ; handelt es sich dabei nur um das finan-
zielle Interesse des Staates, so sind die städtischen Behörden darauf aufmerk-
sam zu machen, dafs die Bewilligung des Staatszuschusses nicht auf Grund
einer bestehenden Verpflichtung geschieht und die bezügl. Zusage hinfällig
wird, wenn die Voraussetzungen, unter wAchen die Zusage erfolgt ist, nicht
erfüllt werden. Ueber die Weglassung oder Modification der staatsseitig für
erforderlich erachteten Ergänzungen des Etatsentwurfes, resp. über die nach-
trägliche Aenderung der Ansätze in letzterem haben daher stets weitere Ver-
handlungen und Vereinbarungen mit dem Prov.Sch.C. stattzufinden, wie ans
den Schlufsworten der Bestimmung ad C. 5 der C.Verf. hervorgeht
III. Aus dem daselbst ausdrücklich gewahrten Oberau&ichtsinteresse
des Staates und der Bestimmung ad B. 9 der Allerh. CO. vom 31. Dec. 1825
— GS. 1826 S. 5 — und § 18 d, 19 der Begierungs-Instruction vom 23. Oci
1817 — GS. S. 248 — folgt ferner das Controlrecht des Staates über das
Vorhandensein und die gehörige Unterbringung des den höh. Lehranstalten ge-
hörigen Vermögens. Die Prov.Sch.CC. haben daher nach wie vor die Befugnis,
aufserordentliche Bevisionen der Anstaltskassen vorzunehmen. Diese Bevisionen
sind jedenfalls bei den staatlichen und stifxischen Anstalten auszufahren, zu
welchem Zwecke in den jährl. aufzustellenden Beiseplänen die erforderlichen
Mittel anzusetzen sind. Hinsichtlich der städtischen Lehranstalten wird von
dieser Befugnis nur ausnahmsweise Gebrauch zu machen und der Begel nach
21
von der Beibringung eines Nachweises, dafs eine anfserordentliche Bevision
der Kasse stattgefonden and zn keinen Erinnerungen Anlafs gegeben hat, ab-
zusehen sein, ümsomehr ist die durch C. 9 der C.Verf. vom 9. Aug. v. J.
angeordnete Prüfung der Anstaltsrechnungen bes. darauf zu richten, ob die
Anstaltskapitalien vorhanden und gehörig angelegt sind, üeber die in dieser
Beziehung etwa bemerkten, unter die Vorschrift C. 9 b daselbst fallenden
Verstöfse ist mir zu berichten." Der Minist, der geistl. etc. Anglgh. In Ver-
tret von Gofsler.
Min. Verf. 30. Nov. 1880. JDem K. Prov.Sch.C. erwidere ich auf den
Bericht v. —, betr. den Etat der höh. Bürgerschule zu N., dafs es einer Ge-
nehmigung der Etats der vom Staate nicht subventionirten städtischen höh.
Lehranstalten durch das K. Prov.Sch.C. nicht bedarf ... Zur Wahrung des
staatlichen AufsichtsrecHtes genügt es, wenn der von den städtischen Behörden
festgestellte Etat vor Eintritt der Gültigkeitsdauer desselben dem E. Prov.Sch.C.
zur Kenntnisnahme mitgeteilt u. von demselben nach erfolgter eingehender
Prüfung hinsichtl. der im Aufsichtsinteresse zu stellenden Anforderungen still-
schweigend oder ausdrücklich als zu keinen Erinnerungen Anlafs gebend an-
erkannt wird; sind Anstände vorhanden, so hat das K. Prov.Sch.C. die Be-
seitigung derselben im Aufsichtswege zu erwirken, wodurch jedoch die formelle
Gültigkeit des Etats nicht in Frage gestellt wird. Hieraus ergiebt sich, dafs
eine einseitige Abänderung des Etats durch das K. Prov.Sch.C. nicht zulässig
ist^ sondern erforderlichenfalls, wie auch hinsichtl. der vom Staate subventionirten
städtischen Anstalten in der C.Verf. vom 9. Aug. v. J. ad C. Nr. 5 vorgeschrieben
ist, Verhandlungen mit den städtischen Behörden zu pflegen sind; ebenso ist
für die Wahl des Schuldieners, die Feststellung der Dienstinstruction für den-
selben die Genehmigung des K. Prov.Sch.C. nicht erforderlich, vielmehr ist auch
hierbei nur darauf zu achten, dafs die ergangenen allgemeinen Bestimmungen
beobachtet und das sonstige Aufsichtsrecht nicht verletzt werden . . . ." Der Min.
d. geistl. Ang. von Puttkamer
Min.Verf. 28. Febr. 1881. „Auf den Bericht etc. betr. die Erinnerungen
gegen die Bcchnungen der städt. Realschule etc. erwidere ich dem K. Prov.Sch.C.
nach Benehmen mit dem Herrn Finanzminister, dafs, da die unverkürzte Aus-
zahlung der den höh. Unterrichtsanstalten periodisch bewilligten staatlichen
Bedürfiaiszuschüsso nach Mafsgabe der Erläuterungen (sub 2 b.) zu dem Ver-
merk bei Cap. 124 T. 2, 3 u. 4 des Staatshaushaltsetats pro 1. Apr. 1879/80
ausdrücklich an die Voraussetzung geknüpft worden ist, dafs von den tJnterhaltungs-
pflichtigen mindestens die etatsmäfsigen Zuschüsse zum vollen Betrage in die
Anstaltskasse eingezahlt werden u. derselben verbleiben, von der Anordnung,
wonach die Stadt N. die im Bechnungs jähre 1879/80 von den etatsmäfsigen
städtischen Zuschüssen zu wenig an die dortige Bealschule gezahlten . . Mark
noch nachträglich an die Kasse der gen. Anstalt abzuführen hat, nicht ab-
gesehen werden kann.*'
CircVerf. 8. Jan. 1884 an die K. Prov.Sch.CC. „Grundsätzlich sind
bei denjenigen Anstalten, welche ihre Bedürfniszuschüsse teils aus Provinzial-
fonds, teils aus allgemeinen Staatsfonds erhalten, die Ersparnisse ungeteilt
u. im vollen Betrage bis auf Höhe des aus allgemeinen Staatsfonds bezogenen
Zuschusses an die letzteren zurückzuliefem, vorausgesetzt, dafs nicht, wie z. B.
bei den Gymnasien etc. die Bücklieferung von Ersparnissen durch besondere
Bestimmungen ausgeschlossen ist. Dem K. Prov.Sch.C. bringe ich die Beachtung
dieses Grundsatzes auch bezüglich derjenigen Anstalten des diesseitigen Bessorts
in Erinnerung, bei welchen demselben die regelmäßige Bevision n. Dechargirung
der Bechnungen für jetzt noch überlassen ist."
22
DieK.wissenscliaftliclien Prüflingscommissionen, deren je eine
sich in jeder üniyersitätstadt befindet, sind die Prüfongsbehörden für die Candi-
daten des höheren Schalamts [s. Abt. 11 dieses Buchs]. Anfserdem liegt ihnen
die Snperrevision der Abitnrienten-Prüfnngsyerbandlangen ans den be^ff. Pro-
Tinzen ob. Die K. wiss. Prüfnngscommission zu Breslan fongirt für die Pro-
vinzen Schlesien nnd Posen. Der Director jeder Commmission erstattet über die
Thätigkeit derselben alljährlich an den Minister einen Geschäftsbericht.
Die geistliche Beaufsichtigung der höheren Schulen. Die-
selbe wird bei den evangel. höh. Schulen durch die K. General-Superintendenten
geübt gemäfs der für sie bestehenden Instruction v. 14. Mai 1829:
„1. Die General-Superintendenten sind Geistliche, welche als Vorgesetzte
mehrerer Superintendentursprengel neben den Prov. Consistorien und den Be-
gierungsabteilungen für das Kirchen- und Schulwesen die Angelegenheiten der
eyang. Kirchen ihres Bezirks persönlich zu beaufsichtigen und auf sie einzu-
wirken beftigt und verpflichtet sind. 3. Sie bilden keine Zwischeninstanz, son-
dern sind den geistL Provinzialbehörden beigeordnet und stehen wie diese in
ihrer Qualität als Gen.Superintendenten unmittelbar unter dem Ministerium der
geistl. etc. Anglgh.
6. Die Gegenstände, auf welche sie ihr Augenmerk vorzüglich zu richten
haben, sind: — g. die religiöse und kirchliche Tendenz der ge-
lehrten Schulen und höheren Bürger- (Real-)Schulen.
10. In welcher Reihenfolge sie die Visitationen, zu welchen sie keineswegs
erst den besonderen Auftrag des vorgesetzten Ministeriums zu erwarten haben,
vornehmen wollen, ist ihnen freigestellt; doch haben sie sich so einzurichten,
dafs der Gyklus derselben in ihrem Bezirk nach Beschaffenheit des Umfangs
künftig längstens in einem Zeitraum von 4 bis 6 Jahren vollendet sei.
Die Gen. Superintendenten können sich bei der ihnen hiemach obliegenden
Inspection der religiösen Seite des höheren Schulwesens durch Mitglieder der
K. Consistorien vertreten lassen.
Circ.Verf. an die ev. Bischöfe und Gen.Superintendenten zu Wies-
baden, Schleswig und Altona v. 9. Novb. 1868: „Zu den Pflichten und
Befugnissen der K. Gen. Superintendenten gehört nach der unter dem 14. Mai
1829 für den Geschäftskreis derselben erlassenen Instruction in den 8 alten
Provinzen des Staats auch die Beaufsichtigung der religiösen Seite des höh.
Schulwesens. Die bezügl. Bestimmungen gedachter Instruction sind in der
Ew. — bereits von mir mitgeteilten Sammlung preufsischer Schulgesetze von
Wiese abgedruckt. Die wichtigsten hinsichtlich des evangel. Religionsunterrichts
nnd der Pflege des religiösen Lebens in den höheren Schulen getroffenen Anord-
nungen finden sich ebendaselbst [2. Aufi.], desgleichen ein Plan für den Religions-
unterricht. Darüber, dafs dieser Lehrplan nicht in allem einzelnen far ver-
pflichtend anzusehen ist, nehme ich auf p. 73 [1. Aufl.] desselben Buches Bezug.
Die vorerwähnten Anordnungen sind nunmehr ihrem Geist und allge-
meiner Intention nach auch für die neupreuTs. Landesteile als mafsgebend an-
zusehen. Es folgt aus denselben u. a., dafs die Visitation nicht allein den Re-
ligionsunterricht als solchen ins Auge zu fassen hat und bei demselben darauf
gerichtet ist, ob in seiner Aufeinanderfolge durch die ganze Anstalt hin Plan-
mäfsigkeit und innere Einheit vorhanden, ob auf den verschiedenen Klassen-
stufen das Erforderliche erreicht und das früher Erlernte weiterhin gegenwärtig
nnd lebendig erhalten wird, und ob die Religionslehrer ihre Aufgabe im rechten
Geiste erfassen und lösen, sondern auch, ob die Schule in der Vorbereitung
auf den Katechumenenunterricht der Kirche die nöthige Hilfe leistet; ebenso
23
wie es mit den gemeinsamen Andachten des Morgens und beim Wochenanfang,
mit dem Eirchenbesnch und mit der festen Aneignung von Kirchenliedern nnd
Melodien steht.
Nach der Instruction v. 4. Mai 1829 soll in Berücksichtigung des weiten
ümfangs der älteren Provinzen der jedesmalige Cyklus solcher Bevisionen in
einem Zeitraum von 4 bis 6 Jahren vollendet sein. Das ebendaselbst hervor-
gehobene unmittelbare Verhältnis der Gen.Superintendenten zu dem Minister der
geistl. etc. Anglgh. bringt es mit sich, dafs letzterem über das Ergebnis der
Bevisionen Mitteilung gemacht, jedenfalls von Zeit zu Zeit ein Gollectivbericht
erstattet werde. Ich bemerke dabei, dafs die Zeit der von den E. Prov.Schulcoll.
über die höh. Schulen zu erstattenden Yerwaltungsberichte auf 3 Jahre fest-
gestellt worden ist. Die erwähnten Collectivberichte können füglich denselben
Zeitraum umfassen. Es steht den Gen.Superintendenten frei, nach geschehener
Bevision eine Conferenz mit dem Dir. und den Beligionslehrem abzuhalten und
dabei auf wahrgenommene Mängel, unzuträgl. Elassencombinationen u. dgl. m.
aufinerksam zu machen. Eigentliche Anordnungen darüber können aber nur
durch die K. Prov.SchulcoUegien, als die allgm. Aufsichtsbehörden der höh.
Schulen, ergehen, wozu dieselben auf Grund der mir von den Gen.Superinten-
denten zugekommenen Mitteilungen ermächtigt werden.
Ew. ersuche ich ergebenst, hienach bei den höh. Schulen Ihres
Aufeichtsbereichs verfahren zu wollen." Der Minister etc.
Aus der Zeit des engeren Zusammenhangs der Schule mit der Kirche
besteht bei einigen evang. höheren Schulen noch ein besonderes geistliches
Ephorat. In Berlin z. B. hat der Probst zu Cöln an der Spree über das
Cölnische Gymnasium vocationsmäfsig „gute Aufsicht zu fuhren, solches fleifsig
zu besuchen, den Prüfungen und sonstigen Schulfeierlichkeiten soviel als möglieh
beizuwohnen und sich dessen Verbesserung angelegen sein zu lassen".
Min.Verf. v. 30. Octb. 1854: „Auf die Vorstellung v. — , das geistl.
Ephorat über das Gymn. zu N. betreffend, eröffne ich Ew. — Folgendes:
So wünschenswerth es ist, dafs die enge Verbindung von Kirche und
Schule als allgm. Princip wieder zur Geltung komme, so kann dies doch bei
den höh. Lehranstalten nicht dadurch erreicht werden, dafs mit dem geistl. Amt
als solchem ein unbeschränktes Aufsichtsrecht über dieselben verbunden ist,
und für die Dir. der Ortsgeistliche eine amtl. Instanz bildet. Die Verhältnisse
früherer Zeiten, wo in N. das Patronat der betreff. Schule ein rein städtisches
und die Zusammensetzung der vorgeordneten Behörde eine andere war, kann
darin jetzt nicht für mafsgebend gelten; vielmehr mufs es sich die Oberaufsichts-
behörde vorbehalten, Befugnisse der bezeichneten Art Je nach dem BedürMs
der einzelnen Lehranstalt und nach der Quaiifioation der in Frage kommenden
Persönlichkeiten in jedem besonderen Fall zu erteilen. Ew. — ist durch die
Wahl zum K. Compatronats- und stellvertret Abiturienten-Prüfungscommissarius
eben so sehr ein Beweis des Vertrauens wie die Gelegenheit gegeben, auf den
Unterr. und die Disciplin der gedachten Anstalt einen wohlthätigen Einflufs aus-
zuüben und die Verbindung derselben mit der Kirche zu erhalten und zu fbrdem.
Ich kann daher die von Ew. — neben den Ihnen hienach zustehenden Functionen
in Anspruch genommene Stellung als Ephorus des Gymn. nur insofern aner-
kennen, als sie mit jenen zusammenfällt."
Durch die Consistorial-Instruction v. 23. Octb. 1817 (GS p. 237 ff.) ist
auch den kathol. Bischöfen eine entsprechende Einwirkung auf das Schul-
wesen gewahrt:
8. Den kathol. Bischöfen bleibt ihr Einflufs, soweit er verfassungs- und
gesetzmäfsig ist, auf den Beligionsunterricht in den öffenü. Schulen und auf
24
die Anstellnng der besonderen Beligionslehrer, wo dergleichen vorhanden sind,
vorbehalten.
In Betreff der Missio canonica s. Hist. statist. Darst. ni p. 12. —
Die Lehrbücher für den kathol. Beligionsnnterricht werden von der SchnlbehOrde
ans der Zahl derer gewählt, welche die Approbation der geisÜ. Behörde er-
halten haben.
Die in Folge von Inspectionen oder ans anderen Veranlassungen von
geistL Seite in Betreff de8 Beligionsnnterrichts und der Pflege des religiösen
Lebens der Schule gemachten Bemerknngen werden zn weiterer Yermittelnng an
die betreffende K. Schulbehörde oder anch an den Minister gerichtet.
3. Die Localverwaltung.
Bei königlichen oder vom Staat unterhaltenen Anstalten be-
steht zwischen dem Dir. und dem Prov.SchulcoU. in der Begel keine vermittelnde
Localbehörde. Wenn der Departementsrath verhindert ist, den Abiturienten-
prüfungen selbst beizuwohnen, führt dabei statt seiner ein am Ort oder in der
Nähe wohnender, für diesen Fall zum stellvertretenden Prüfungscommissarius
ernannter höherer Beamter den Vorsitz, oder dieser wird dem Dir. übertragen.
Die bei den übrigen Anstalten den Magistraten oder besonderen Corporationen
zustehenden Patronatsrechte haben eine sehr verschiedene Vertretung. Bei der
Mehrzahl der städtischen höh. Schulen werden sie unmittelbar vom Magistrat
wahrgenommen. In mehreren gröfseren Städten hat derselbe sich behufs der
Vorberathung aller Schulangelegenheiten durch einen S ta d t s c h u Ir a th als techn.
Decementen verstärkt. Die Stadtverordneten-Versammlungen als solche
sind bei der Verwaltung der Schulen, abgesehen von den den städt. Haushalt
berührenden finanziellen Angelegenheiten derselben, nicht beteiligt; und so
werden auch die Vocationen der Lehrer vom Magistrat ohne Concurrenz der
Stadtverordneten vollzogen.
Als aUgm. städtische Schulaufsichtsbehörde wurden durch die Städte-
ordnung V. 19. Novb. 1808 die Schuldeputationen eingesetzt. Für die
Einrichtung und Geschäftsführung derselben ist die Instr. v. 26. Juni 1811 er-
lassen. In den meisten Städten sind die Schuldeputationen zu den höh. Lehr-
anstalten allmählich aufser Beziehung getreten. Da dies aber noch nicht überall
geschehen ist, so können die wichtigsten der bezügl. Bestimmungen hier nicht
unerwähnt bleiben. Thatsächlich beschränken sich die Schuldeputationen meistens
darauf, vom Lectionsplan der höh. Schulen des Orts Kenntnis zu nehmen und
die Gresuche um Erlafs des Schulgeldes beim Magistrat zu begutachten. In
einigen Städten werden auch alle Kassen-, Bau- und Anstellungssachen einer
Vorberathung bei ihnen unterzogen, auf Grund deren der Magistrat alsdann
seine Entscheidung trifft.
Aus der Instr. v. 26. Juni 1811: 1. Die Schuldeputationen sollen
nach Mafsgabe der Gröfse der Städte und des ümfanges ihres Schulwesens be-
stehen : a. aus 1 bis höchstens 3 Mitgliedern des Magistrats. b. aus eben
so viel Deputirten der Stadtverordneten, c. einer gleichen Zahl des Schul-
und Erziehungswesens kundiger Männer, und d. aus einem besonderen Ver-
treter derjenigen Schulen, welche, ungeachtet sie nicht städt. Patronats sind,
den Schuldeputationen werden untergeordnet werden. 2. Der jedesmalige Super-
intendent, wenn die Stadt der Sitz einer Superintendentur ist, oder sonst der
erste Prediger des Orts, soU schon von Amtswegen, ohne weitere Wahl als
sachverständiges Mitglied eintreten. Sollten irgendwo Gründe vorhanden sein,
welche eine Abweichung hiervon nöthig machen, so sind diese der K. Regierung
25
genau nnd bestimmt anzuzeigen.^) Die Vertreter der Schulen, welche nicht
Stadt. Patronats sind, ernennt die Begierung ohne vorhergegangene Wahl der
städt. Behörden. 3. In den Städten, wo es Schulen verschiedener Confessionen
giebt, welche städt. Patronats sind, ist bei der Zusammensetzung der Schuldep.
hierauf Bücksicht zu nehmen und das gehörige Verhältnis zu beobachten.
4. In Städten, wo es mit der Schuldep. in Verbindung stehende Ge-
lehrtenschulen giebt, wird es zweckmäfsig sein, dafs unter den sachkundigen
Mitgliedern immer ein Bector oder einer der ersten Lehrer von denselben sich
befinde.
5. Die mit sachverständigen Mitgliedern zu besetzenden Stellen dürfen
zwar nicht ausschliefsl. Geistlichen, sondern können auch anderen würdigen
und einsichtsvollen Männern übertragen, müssen Jedoch so viel als möglich
mit Geistlichen besetzt werden. 6. Die städt. Behörden haben bei der Wahl
der Mitglieder der Schuldep. dahin zu sehen, dafs nur rechtschaffene, verständige,
für die gute Sache des Schul- und Erziehungswesens erwärmte und von ihren
Mitbürgern geachtete Männer in die Schuldep. gesetzt werden. — 8. Die Stellen
in den Schiüdep. werden immer auf 6 Jahre besetzt. !N[ach Verlauf dieser Zeit
werden die Deputationen auf dieselbe Art wie zu Anfang erneuert und es können
zwar die vorigen Mitglieder wieder deputirt und gewählt, müssen aber sämtlich
der Begierung aufs neue zur Bestätigung vorgescUagen werden. Es steht jedoch
jedem Mitgliede frei, nach 3 Jahren abzutreten.
9. Die Behörden far die inneren und äufseren Angelegenheiten des
Schulwesens der Städte im allgm. sollen nicht abgesondert von einander be-
stehen, sondern es soll die städt. Schuldep., um das Ganze unter eine einfache
und harmonische Leitung zu bringen, nur eine einzige Behörde sowohl für die
inneren als für die äufseren Anglgh. des Schulwesens ihrer Stadt bilden. 10.
Der Wirkungskreis der städt. Schuldep. dehnt sich zunächst auf sämtliche
Lehr- und Erziehungsanstalten innerhalb der Städte und deren Vorstädte aus,
welche städt. Patronats sind, ohne Unterschied der Confessionen und der ver-
schiedenen Arten und Grade der Schulen — 11. Das den Schuldep. zuge-
standene Becht der Aufsicht erstreckt sich dahin, dafs sie auf genaue Befolgung
der Gesetze und Anordnungen des Staats in Ansehung des ihnen untergebenen
Schulwesens halten, auf die zweckmäfsigste und den Localverhältnissen ange-
messenste Art sie auszuführen suchen, darauf sehen, dafs das Personal derer,
die am Schulwesen arbeiten, seine Pflicht thut, und dasselbe dazu anhalten,
dafs sie das Streben zum Besseren in demselben anzufachen und endlich einen
regelm. und ordentlichen Schulbesuch sämtlicher schulfähigen Kinder des Orts
zu bewirken und zu befördern suchen. Sie haben deswegen nicht nur die Be-
fugnis, den Prüfungen und Censuren der Schulen beizuwohnen, sondern sind
auch verpflichtet, diese von Zeit zu Zeit aurserordentlich zu besuchen und sich
aufs genaueste in ununterbrochener Kenntnis ihres ganzen inneren und äufseren
Zustandes zu erhalten. Vor/.üglich liegt dieses den sachkundigen Mitgliedern
der Schuldep. ob. 12. In Beziehung auf die Bectoren der gröfseren Schulen
müssen aber die Deputationen den Gesichtspunkt fassen, dafs diesen innerhalb
des durch die Gesetze und Vorschrifben des Staats gezogenen und noch zu be-
stimmenden Geschäftskreises die freieste Wirksamkeit zu lassen sei, und haben
sich daher einer positiven Einmischung in deren amtl. Wirkungskreis gänzlich
zu enthalten. 15. Eben so sehr aber, wie auf Thätigkeit der Schuldep. in der
Aufisicht über das Schulwesen, wird auf ihren Eifer in der Fürsorge für das-
») Nach Min.- Verf. 11. Deo. 1876 (OBl. 1877 S. 69) hat der Superintendent
lediglich in seiner Eigenschaft als Kreis-Schalinspector an der Thätigkeit der Stadt-
sohuldeputation teilzunehmen.
26
selbe, nm es in gaten Znstand zn bringen nnd darin zn erhalten, gerechnet
Sie haben daher dafür zn sorgen, dafs jeder Ort die seiner Bevölkemng nnd
seiner Bedentsamkeit angemessene Anzahl nnd Art von Schnlen erhalte, dafs
das Vermögen, die Gebände nnd die sonstigen Pertinenzien der Schnlen nnge-
schmälert, in gnter Yerfassnng nnd in Verlegenheiten ihrer Städte möglichst
geschont bleiben, anch dafs sie nach den Bedürfnissen vermehrt, verbessert,
zweckmäfsig eingerichtet nnd verwaltet werden. Nach den Bedürfnissen der
Schnlen in Ansehnng des Unterrichts nnd seiner Hnlfsmittel haben sie sich
sorgfältig zn erknndigen nnd, so oft sie dergleichen wahrnehmen oder sie ihnen
angezeigt werden, ihnen nach Möglichkeit entweder selbst abzuhelfen oder den
competenten Behörden darüber Anträge zn machen. 16« Das Ansehen der
Schnlen nnd ihrer Lehrer haben sie aufrecht zn erhalten nnd dahin zn streben,
dafs diesen dnrch eine sorgenfreie Lage die znr Erfüllung der Pflichten ihres
verdienstlichen nnd schweren Bemfe nöthige Heiterkeit nnd Mnfse erhalten
werde. Das Interesse ihrer Mitbürger für das Schulwesen sollen sie zn beleben
nnd dasselbe zn einem der wichtigsten Gegenstände ihrer Aufmerksamkeit nnd
Pflege zu machen sich, bemühen. 19. Jede Schule behält ihr eigenes Vermögen
nnd nur die Etats sämtlicher Schnlen werden den Depntirten jährlich vorgelegt
nnd von ihnen revidirt.
C.Verf. V. 17. Febr. 1854: ,Jch sehe mich veranlafst, im Ein-
vertändnis des H. Min. des Innern die E. Begiemngen darauf aufmerksam zu
machen, dafs das in § 8 der Verordnung vom 26. Juni 1811 den Begiemngen
vorbehsdtene Becht der Bestätigung der zn den städt. Schuldep. gewählten Mit-
glieder anch fernerhin znr Anwendung zu bringen ist. Wenn es in einem ein-
zelnen Fall zn meiner Kenntnis gekommen ist, dafs dieses Becht schon früher
nicht überall ausgeübt worden, so benutze ich diese Gelegenheit, nm die E.
Beg. zn erinnern, dafs eine solche Versäumnis weiterhin nicht statthaft, jene
Befugnis vielmehr mit Entschiedenheit zn dem Zweck in Anwendung zn bringen
ist, damit aus den städt. Schuldep. zur Ausübung der wichtigen diesen über-
tragenen Functionen ungeeignete Elemente femgehalten werden. Ich erwarte,
dafs die E. Beg. in dazu angethan erscheinenden Fällen das etwa Versäumte
nachholt."
Verf. des Min. der geistl. Anglgh. nnd des Min. des Innem v. 21. Dcb.
1864 : „Die Thätigkeit der städt. Schuldep. hat sich nicht blofs auf dem
Gebiet der eigentlichen Gemeindeverwaltung zn bewegen, sondern erstreckt sich
anch auf wesentliche Teile des Schnlanfsichtsrechts. Stellen sich demnach die
städt Schuldep. in einer der Hauptrichtungen ihrer Wirksamkeit als Organe
der staatlichen Schnlanfsichtsbehörde dar, so ergiebt sich die vollständige Be-
gründung für den Anspmch dieser Behörde, bei der Gonstituimng der städt.
Schuldep. dnrch Bestätigung der Mitglieder derselben mitzuwirken. Es folgt
daraus aber anch femer, dafs dieses Bestätigungsrecht als ein Ansflufs des AiS-
sichtsrechtes des Staat« über die Schnlen, nicht aber über die städt. Commnnal-
angelegenheiten anzusehen ist, nnd somit durch die Ausübung dieses Be-
stätigungsrechts das Solbstverwaltnngsrecht der Stadtgemeinden in dem dnrch
die Städteordnung v. 30. Mai 1853 festgesetzten umfang nicht beeinträchtigt wird.
Die Instr. v. 1811 hat eine besondere, in sich geschlossene, mit der
Commnnalverwaltnng zwar zusammenhängende, ihren Zwecken nach aber der
ünterrichtsverwaltung angehörige Institution geschaffen, nnd daher dnrch Auf-
hebung der Städteordnung von 1808 den Boden ebensowenig verloren, als ihr
Bestand dnrch die Städteordnung v. 30. Mai 1853 alterirt worden ist, da die
letztere über Schnlangelegenheiten besondere Bestimmungen nicht enthält, nnd
diejenigen commnnalen Einrichtungen, auf welche die Inst. v. 1811 gestützt ist,
bei der Fortbildung der städtischen Verfassung im wesentlichen unverändert
27
oder doch mit dem Inhalt der Yerordnung vom 26. Jnni 1811 verträglich ge-
blieben sind.
Anlangend die nnmerische Znsammensetzang der städt. Schnldep., so be-
stimmt die Instr. y. 26. Jnni 1811 die Mitgliederzahl ans beiden Teilen der
Commnnalverwaltnng und ihr Verhältnis zu einander offenbar deshalb, damit
die technischen Mi^lieder von den Mitgliedern des Magistratscolleginms nnd
der Stadtverordnetenversammlung nicht zu sehr überwogen werden nnd ihre
Stimme, welche für die inneren Sphnlangelegenheiten von erheblicher Bedeutung
ist, geltend machen können. Gerade dieses gleiche Zahlenverhältnis, in welchem
die Mitglieder der verwaltenden Behörde, femer die Mitglieder der Behörde,
welcher die erforderlichen Geldbewilligungen zustehen, und endlich die sach-
kundigen Mitglieder zu einander stehen, ist ein Vorzug der Instruction.'*
Min. -Verf. v. 11. Dcb. 1867: ,.Bei Bücksendung der Anlagen des Be-
richts V. — eröftee ich der städt. Schuldep., dafs dieselbe durch die specielle
Untersuchung des gesammten inneren Zustandes der Bealschule allerdings ihre
Amtsbefugnisse überschritten hat. Es erhellt dies klar aus dem § 12 der Instr.
V. 26. Juni 1811. Da nun der Wirkungskreis der Dirigenten der höh. Schulen
sich auf die Leitung der gesamten innren Angelegenheiten erstreckt, ihnen
insbesondere die Sorge für den Unterricht und die Disciplin obliegt, so folgt
hieraus, dafs die Schuldeputationen zur Bevision des inneren Zustandes der höh.
Lehranstalten überall nicbt berechtigt sind. Im Einklang hiermit hat dem-
nächst auch die spätere Gesetzgebung (Dienst-Instruction far die Prov. Con-
sistorien v. 23. Oct. 1817 § 6 und 7, GS. p. 237, CO. v. 31. Dcb. 1825, GS.
1826 p. 5) die höh. Schulen der „unmittelbaren" Aufsicht der Prov. Schul-
collegien unterstellt. Es unterliegt hiemach keinem Zweifel, dafs die Leitung
der inneren Angelegenheiten der höh. Lehranstalten ausschliefslich den Diri-
genten derselben ohne irgend welche Beteiligung der Schuldeputationen ge-
bührt und die unmittelbare Aufsicht hierüber nicht von den städt. Schulde-
putationen, sondern von den E. Prov.SchulcoUegien zu führen ist. Mit Becht
hat daher das dortige K. Prov.SchulcoU. in der Verf. v. 10. Apr. 1866 die von
der städt. Schuldep. vorgenommene Bevision der Bealschule als eine Competenz-
üeberschreitung gerügt» und will ich demgemäfs erwarten, dafs die städt.
Schuldep. in Zukunft ihrer Instruction gemäfs sich jeder Einmischung in
die inneren Angelegenheiten der höh. Schulen gänzlich enthalten werde." Der
Min. etc.
Die Schuldeputation zu Berlin hat keine Berührung mehr mit den höheren
Unterrichtsanstalten. Ihre Verfassung beraht auf einer Verfügung des K. Prov.
SchulcoU. V. 20. Juni 1829, die bei L. v. Bönne (das Unterrichtswesen des
PreuTs. Staates, 1855) Bd. I. p. 373 abgedruckt ist. Die Ausübung des Pa-
konats, Wahlen der Lehrer u. dgL, erfolgt durch den Magistrat, in welchem
ein t-echnischer Bath (Stadtschulrath) die Angelegenheiten der höheren Schulen
bearbeitet.
In Westfalen und der Bheinprovinz werden die Patronatsrechte bei keiner
höheren Schule von den Communalbehörden unmittelbar ausgeübt, sind vielmehr
einer Schulcommission oder einem Curatorium übertragen. Die Zu-
sammensetzung solcher von den Schuldeputationen verschiedener Guratorien,
Scholarchate etc., das Verfahren bei ihrer Ergänzung und die Art ihrer Ab-
hängigkeit von den städtischen Behörden sind nicht überall gleich; ebensowenig
das Mafs ihrer Befugnisse. Die Directoren und die ersten Ortsgeistlichen sind
fast überall instractionsmäfsig Mitglieder derselben; aufserdem Vertreter der
städtischen Behörden. Zu den wichtigsten Befugnissen der Guratorien gehört
die Lehrerwahl; überwiegend liegt ihnen aufserdem die Sorge für die äufseren
Angelegenheiten der betreff. Schulen ob.
J
28
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üeber die hannöTr. Schnlcommissionen s. anch Eist. Statist. Darst. III
p. 240. Durch Min Verf. 21. Jan. 1882 (CBl. 1883 S. 142 fg.) ist in Be-
treff derselben entschieden, dafs dieselben, wie in den älteren Teilen der
Monarchie, die Lehranstalten im Wesentlichen nur nach aofsen n. in Bezug
auf die äufseren Verhältnisse zu vertreten haben, im Uebrigen aber, soweit ihnen
nicht besondere Befugnisse von der Aufsichtsbehörde speciell übertragen sind,
namentlich bei rein staatlichen Anstalten nur ausführende und begutachtende
Organe der zuletzt gedachten Behörden sind..
Alle derartige Instructionen bedürfen der Bestätigung durch die Provinzial-
behörde. Dasselbe gilt jetzt auch auf Grund des Schulaufsichtsgesetzes (s. p. 3)
Ton der Wahl der nicht ständigen Mitglieder der Curatorien und Schulcom-
missionen.
Min.-Verf. t. 7. Jan. 1840: „Es kann dem Curatorium nur in
corpore oder einem als dessen Gommissarius bestellten Mitgliede, nicht aber
den einzelnen Mitgliedern, auch nicht willkürlich, sondern nur bei besonderen
Veranlassungen, gestattet sein, die Klassen zu besuchen und an den Lehrer-
conferenzen theiizunehmen.*'
Die E. Prov.SchulcoUegien als die vorgesetzten Behörden der Anstalts-
Curatorien, sind far befugt anzusehen, die Befolgung ihrer Anordnungen bei
Mitgliedern der Curatorien auch durch Androhung von Geldstrafen zu erzwingen ;
vgl. CBl. 1875 p. 88 ff.
Bei einigen höheren Schulen, ebenfalls in den westl. Provinzen, haben die
Kirchengemeinden Anteil am Patronat und sind dabei durch ihre Pfarrer und
durch Gemeindeglieder vertreten.
Die amtl. Verhandlungen zwischen der Aufsichtsbehörde und dem Cura-
torium, Verwaltungsrath, Localcommissarius u. s. w. sowie auch mit den Bec-
toren aller zur Kategorie der höheren Schulen gehörigen Anstalten geschehen
direct, ohne Vermittelnng des Landraths oder Bürgermeisters.
Die Local-Schulbehörden können zu ihren Berathungen Sachverständige
zuziehen.
Min.-Verf. v. 5. Octb. 1871: „Es ist in den Befugnissen und Obliegen-
heiten des Vorsitzenden eines verwaltenden CoUegiums begründet, diejenigen
vorbereitenden Mafsnahmen zu treffen^ welche er för nothwendig hält, um das
CoUegium für die Berathung und Beschlufsfassung über einen Gegenstand ge-
nügend zu informiren. Dazu gehört auch die Zuziehung von Sachver-
ständigen zu den Sitzungen, um ihre Gutachten zu hören. Andererseits steht
dem Collegium das Becht zu, die Anhörung eines Sachverständigen zu be-
schliefsen. In beiden Fällen mufs aber der zugezogene Sachverständige, sobald
er sein Gutachten abgegeben hat, die Conferenz verlassen, sofern auch nur Ein
Mitglied des CoUegiums dies beantragt, damit in keinem Falle die Freiheit und
Objectivität der Discussion und Beschlufsfassung beeinträchtigt werde. Diesen
Grundsätzen entspricht es nicht, wenn die K. Regierung dem Superintendenten
N. als Vorsitzenden des Scholarchats in N. untersagt hat, in geeigneten Fällen
seinerseits einen Bector der städtischen Schulen, der nicht Mitglied des Schol-
archats ist, zu den Sitzungen des letzteren zuzuziehen, vielmehr bestimmt hat,
dafs hierüber jedesmal ein Beschlufs des Scholarchats zu fassen sei. üeberdies
hat der Superint. N. wiederholt angeführt, dafs bisher stets von dem Vorsitzen-
den des Scholarchates, ohne Zuziehung des CoUegiums, die Einladung von Rec-
toren zu den Sitzungen des Scholarchats erfolgt sei.** — Der Min. etc.
Die am häufigsten vorkommende Form eines gemischten Patronats ent-
steht durch die Verbindung des königL Compatronats mit dem städt. Pa-
29
tronat einer Schule anf Grand der ans Staatsfonds geleisteten Zuschüsse für
die ünterhaltang derselben.
Min.-Yerfl v. 2. Octb. 1842: Die Einführung des E. Compatronats
gründet sich auf die CO. v. 10. Jan. 1817*), durch welche bestimmt worden
ist: ,,dafs in allen Fällen, wo der Staat geg&n die Schulen die Patronatsver-
pfiichtnngen durch stehende Beiträge aus seinen Kassen eHullt, er auch an
den Kechten des Patronats über alle diese Schulen und Erziehungsanstalten
teilnehmen, und dieses Compatronat zunächst durch Gommissarien, welche den
Patronats- und Curatel-CoUegien, mit gehöriger Instruction versehen, von den
Begieningen zuzuordnen seien, in höherer Instanz aber von den Regierungen
selbst wahi^enommen werden solle, ohne jedoch die bisherige Mitwirkung jener
Collegien dadurch aufzuheben oder zu vermindern."
Hieraus ergiebt sich 1. dafs, da die Bechte der Patrone als solcher sich
der Begel nach auf die Verwaltung der äufseren Schulangelegenheiten be-
schränken, auch nur bei diesen eine geeignete Mitwirkung der Compatronats-
Commissarien, eintreten kann, sowie 2. dafs durch diese Mitwirkung die Bechte
der Patrone in keiner Weise geschmälert werden dürfen.
Hält man diesen doppelten Gesichtspunkt fest und erwägt zugleich, dafli
die Allerh. Intention bei Einführung des Compatronats wohl nur die war, an
Ort und Stelle geeignete, mit den Localverhältnissen hinlänglich vertraute Männer
zu haben, welche sich persönlich von der bestimmungsmäfsigen Verwendung
der gewährten Staatszuschüsse übeizeugen und durch geeignete Mitwirkung bei
Ausübung der Patronatsrechte dazu beitragen können, dafs die betreffenden
Schulen fortwährend in einem Zustande erhalten werden, welcher die Weiter-
zahlung jener Zuschüsse rechtfertigt, so wird es keine Schwierigkeiten haben,
die Art der Wirksamkeit der Compatronats-Commissarien festzustellen und
die Grenzen ihrer Befugnisse aufzufinden. Denn was das Becht des
Staats zur Einrichtung des Compatronats überhaupt anlangt, so folgt dasselbe
daraus, dafs mit der freien Zuwendung einer Sache zu einem bestimmten Zweck
zugleich auch das Becht bedungen und vorbehalten werden kann, die Erfallung
dieses Zwecks zu überwachen. Qegen das Compatronat an sich steht daher
den Patronen kein Einspruch zu. Dasselbe mufs vielmehr als eine an die Be-
willigung des Staatszuschusses geknüpfte Bedingung betrachtet werden, und
kommt es eben deshalb blofs darauf an, den Umfang der Compatronatsbefhg-
nisse auf eine den Zweck erfallende, zugleich aber die Bechte des Patrons nicht
verletzende Weise festzustellen.
Hienach wird aber die Mitwirkung der K. Compatronats-Commissarien
eintreten können und müssen: a. Bei allen das Schulvermögen betreffenden
Anglgh., namentlich also: bei der Begulirung des Etats, bei Bauten und Be-
paratoren, bei Anschaffung von Apparaten, Bibliotheken u. s. w., bei Gehalts-
bestimmungen, bei der Abnahme von Bechnungen und in anderen ähnl. Fällen»
immer jedoch nur soweit, dafs die Bechte des Patrons dadurch nicht aufgehoben
oder yermindert werden. Aus diesem Grunde ist z. B. der Compatronats-Com-
missarius nicht berechtigt, den Entwurf des Etats selbst mit aufeustellen, son-
dern er kann nur verluigen, dafs ihm derselbe, bevor höheren Orts die Be-
stätigung nachgesucht wird, zur Kenntnisnahme mitgeteilt werde, damit er
seine Zustimmung dazu erteile oder auch seine etwanigen Bemerkungen dagegen
dem Patron zu erkennen geben, und wenn ihnen dort keine Berücksichtigung
widerfährt» dieselben nöthigenfalls beim Prov.SchulcoU. zur Anzeige bringen
kann. d. Bei der Anstellung der Lehrer in der Art, dafs ihnen durch
^) Dieselbe datirt aus einer Zeit, in welcher die Externa der höh. Schalen
hauptsächlich von den Begiemngen ressortirten.
30
Namhaftmachung der Candldaten Gelegenheit gegeben werden mnfs, ihre etwan.
Bedenken gegen die Qualification derselben vorzubringen. Ebenso findet bei
der Beförderang oder Emeritimng der Lehrer eine geeignete Mitwirkung Statt,
c. Bei der Aufsicht über die Schule. In Beziehung hierauf steht dem Patron
selbst der Regel nach keine besondere Befugnis zu, und hiemit fällt auch eine
Einwirkung der Compatronats-Commissarien von selbst weg.
Das Patronat als solches erstreckt sich, wie schon bemerkt, nur
auf die Externa und kann mithin eine Mitwirkung der Patrone in Beziehung
auf Interna sich nur auf einen besonderen Bechtstitel gründen. Wo eine
solche Mitwirkung der Patrone nicht versagt werden darf, bleibt es dem Prov.
Schulcoll. überlassen, durch specielle Autorisation und Anweisung auch eine
Beihülfe der Compatronats-Commissarien, wie sie denselben geeignet und an-
gemessen scheint, anzuordnen. Nicht minder können die Prov.SchulcoU., be-
hufs der von ihnen selbst zu übenden Aufsicht sich der Compatronats-Com-
missarien als unmittelbarer Organe bedienen und dieselben für diesen Zweck
mit besonderen Aufträgen versehen. Halten sich die Compatronats-Commissarien
bei Ausübung der Compatronatsrechte in den vorstehend bezeichneten Grenzen,
80 werden sie nicht allein ihre Bestimmung erfüllen, sondern es steht auch zu
erwarten, dafs alsdann von Seiten der Patrone ihrer Wirksamkeit kein Hinder-
nis entgegen gestellt werden wird. .Für die Zukunft ist jedoch, um etwanigen
Differenzen soviel als möglich im Voraus zu begegnen, den Patronen derjenigen
Gymn., denen Staatszuschüsse von neuem bewilligt werden, die Gestattung der
Teilnahme der Compatronats-Commissarien bei Ausübung der Patronatsrechte
noch ausdrücklich zur Bedingung zu machen.^*
Wo ein besonderes Schulcuratorium besteht, ist der K. Compatronats-
Commissarius Mitglied desselben. Er ist dadurch in der Lage, bei allen Ver-
handlungen der Staatsbehörden mit der städt. Patronatsbehörde eine dem Interesse
der Schule förderliche Vermittelung eintreten zu lassen. Seine Ernennung ge-
schieht auf Vorschlag der Provinzialbehörde durch den Minister.
Die an die Zuschüsse aus Staatsfonds geknüpfte Errichtung eines K.
Gompatronats involvirt keine Verpflichtung zu weiteren Leistungen etwa pro
rata des schon gewährten jährl. Beitrags zu den Unterhaltungskosten.
Im Begriff des Patronats entspricht der Verpflichtung, die Schule zu er-
halten, das Recht, die Lehrer und die Beamten der Schule zu wählen, das Co 1-
laturrecht. Die von Privatpatronaten ausgestellten Vocationen bedürfen
der Bestätigung durch die Prov.Aufsichtsbehörde, zu welcher sie bei den Ober-
lehrer- und den Religionslehrerstellen die Genehmigung des Ministers einzu-
holen hat; bei den Directorstellen erfolgt die Bestätigung durch den König auf
Antrag des Ministers (s. p. 11).
Min.Verf. v. 28. Novb. 1857: „Die Vocationen, welche den Dir.
und Lehrern höherer Unterrichtsanstalten ausgestellt und mir zur Bestätigung
vorgelegt werden, sind von sehr verschiedener Fassung. Obschon an denselben
nicht selten die angemessene Kürze und Bestimmtheit vermifst wird, so beab-
sichtige ich doch nicht, in dieser Beziehung eine durchgängige Gleichmäfsig-
keit vorzuschreiben. Es ist aber darauf Bedacht zu nehmen, dafs unter den Ver-
pflichtungen, welche der zu Berufende übernimmt, diejenigen nicht unerwähnt
bleiben, die unter allen umständen wesentlich und für alle Lehrer in gleicher
Weise verbindlich sind. In dieser Hinsicht ist nicht selten die Unvollständig-
keit bemerkt worden, dafs in den Vocationen weder von der Treue gegen den
Landesherrn, noch von dem geziemenden Verhalten in kirchlicher Beziehung
die Rede ist. Die Patronatsbehörden werden hierin mit der erforderlichen
Weisung zu versehen sein. Der demgemäfs in alle Vocationen in Zukunft auf-
zunehmende Passus würde etwa des Inhalts sein, dafs der betreff. Lehrer durch
31
die Berofangsarkunde ebenso znr Treue und Ergebenheit gegen S« Maj. den
König und zürn Gehorsam gegen die Staatsgesetze wie zur Ehrfurcht vor dem
Bekenntnis und den Ordnungen seiner Kirche Terpflichtet wird, und dafs man
▼on ihm erwartet, er werde in diesen Beziehungen sowie durch seinen Wandel
der Jugend zum Vorbild dienen/' — (Eine bestimmte Anordnung ist auf die
hierdurch veranlafsten verlauf. Verhandlungen nicht erfolgt.)
In Betreff der event in den Vocationen aufzunehmenden Verpflichtung
der Lehrer zu einer bestimmten Zahl von Lehrstunden s. Min.Verf. v. 9. Juni
1878 p. 33.
Die Einfuhrung der Directoren geschieht auch bei städt. Anstalten
durch ein Mitglied der K. Aufsichtsbehörde, eventl. durch den K. Compatronats-^
Commissarius. Das städt. Patrunat ist dabei durch Deputirte vertreten. S. jedoch
Hisi. Statist Darsi III, 31 Anmrk.
Für das Privatschulwesen gilt die Instruction v. 31. Dcb. 1839.
(VgL A.LR T. n. Tii 12. § 3—8.) Hierher gehörige allgm. Bestimmungen
daraus sind:
1. Privatschulen und Privat-Erziehungsanstalten sollen nur
da, wo sie einem wirkl. Bedürfnis entsprechen, also nur an solchen Orten ge-
stattet werden, wo für den Unterricht der Schulpflicht. Jugend durch die öffentl.
Schulen nicht ausreichend gesorgt ist
4. Die Oesuche um Erlaubnis znr Anlegung oder Fortsetzung einer
Privatschule oder einer Privat-Erziehungsanstalt sind unter Einreichung eines
Lebenslaufs, der über die Bildung, die wissenschaftl. und sittl. Befähigung der
Bewerber sprechenden Zeugnisse und des Einrichtungsplanes der fragl. Anstalt
bei der Orts-Schulbehörde anzubringen, welche die etwa noch erforderl. Er-
mittelungen zu veranlassen, an die K. Be gierung über das Gesuch zu berichten
und wenn demselben kein Bedenken entgegensteht, die Ausfertigung des Er-
laubnisscheins in Antrag zu stellen hat.
5. Jede Erlaubnis zur Anlegung einer Privatschule und Privat-
Erziehungsanstalt ist widerrruflich. Jeder dazu erteilte Erlaubnisschein ist nur
für den gültig, auf dessen Namen er lautet.
7. Alle Privatschulen und Privat-Erziehungsanstalten sind ganz so wie
die öffentl. Schulen derselben Gattung zunächst der Aufsicht der Orts-Schul-
behörde und in höherer Instanz der Aufsicht der dem Schulwesen des Kreises
und des Begierungsbezirks vorgesetzten K. Behörden unterworfen. Diese Auf-
sicht soll sich nicht blofs im allgm. auf die Handhabung der Schulzucht und
den Gang des Unterrichts, sondern auch im besonderen auf die Einrichtung
des Lehrplans, die Wahl der Lehrer, der Lehrbücher und Lehrmethode, Schul-
gesetze, die Zahl der Schüler und selbst auf das Local der Privatschulen und
Privat-Erziehungsanstalten erstrecken. — Zeigen sich in solchen Anstalten Ver-
kehrtheiten und Mifsbräuche, welche die Jugend verbilden können oder ihrer
Sittlichkeit und Beligiosität Gefahr drohen, wird die Jugend vernachlässigt,
oder ist sie unfähigen und schlechten Lehrern anvertraut, und wird ein solcher
üebelstand auf die Erinnerung der Orts- Schulbehörde nicht abgestellt, so ist
dieselbe verpflichtet auf eine Untersuchung bei der K. Begierung anzutragen,
und die letsdere ist befagt, nach Befinden der Umstände den Erlaubnisschein
zurückzunehmen und die Privatschule und Privat-Eiziehungsanstalt schliefsen
zu lassen.
8. Die K. Regierung hat am Schlufs eines jeden Jahres über den Zustand
der in ihrem Bezirk vorhandenen Privatschulen und Privat-Erziehungsanstalten
die Wissenschaft! und sittl. Qualification ihrer Vorsteher und Hülfslehrer und die
Zahl der diesen Privatanstalten anvertrauten Jugend an das Ministerium zu berichten.
32
Circ.-Verf. v. 23. Nov. 1883. „.. .Di*»Prüfdng derConceftsionsgesuche
nach Mafsgabe der Instruction vom 31. Decbr. 1839, die Erteilung der stets
widerruflichen Concession und deren Entziehung und die Beaufsichtigung der
fraglichen Privatanstalten gehört, abgesehen von dem einen Ausnahmefalle,
dafs das gesamte Privatschulwesen der Eesidenzstadt Berlin dem Egl. Prov.Sch.C.
unterstellt ist, in den Amtsbereich der Kgl. Regierungen. Die ausnahmsweise
Unterstellung einer Privatanstalt unter das betr. Kgl. Prov.Sch.C. kommt nur in
dem Falle in Erwägung, wenn derselben bestimmte Berechtigungen zuerkannt
werden sollen, insbes. das Becht zur Ausstellung von Zeugnissen der wissensch.
Befähigung fär den einjährig-freiwilligen Militärdienst. . . .'*
Min. -Verf. v. 21. Octb. 1864: — „Es liegt im Interesse des Schutzes
und der Erhaltung der bestehenden öffentl. Schulen, auf welche die Commune
erhebliche Geldmittel verwendet, dafs auch vor Erteilung von Concessionen far
Privatschulen, welche über die Aufgabe der Elementarschulen
hinausgehen, das vorhandene ^ Bedürfnis sorgfältig geprüft und festgestellt
werde."
Verf. des Min. des Innern v. 8. März 1862: „Auf den Bericht v«
— eröffne ich der K. Begiemng, dafs ich Anstand nehmen mufs, dem Gesuch
des Schulamtscand. N. um Verstattung zur Erteilung von Privatunterricht
innerhalb des preufs. Staats Folge zu geben.
In Gemäfsheit der §§ 14 und 15 der Staatsmin. Instruction v« 31. Dcb.
1839 ist der Antrag um Erteilung einer solchen Genehmigung bei der Schul-
behörde desjenigen Orts, in welchem der Bittsteller den Unterricht geben will,
anzubringen, die diesfällige Erlaubnis selbst aber, nachdem bei Ausländem zuvor
die Genehmigung des Miuist des Innern eingeholt worden, von der Orts-Schul-
behörde zu erteilen. Diese Erlaubnis beschränkt sich also auf den Ort des
jeweiligen Aufenthalts des Nachsuchenden, und es ist daher das Gesuch des N.,
ihm für den ganzen Umfang der Monarchie eine solche Genehmigung zu er-
teilen, zur Berücksichtigung nicht geeignet. Dem Petenten muiüs vielmehr über-
lassen werden, sich an die Schulbehörde des Orts, wo er den Unterricht zu
geben beabsichtigt, zu wenden, wonächst evenü. die diesseitige Genehmigung
in dem durch den § 15 1. c. vorgeschriebenen Wege anderweit zu beantragen
sein wird." —
Durch eine C.Verf. des Min. des Innern v. 17. Juli 1862 ist die
demselben bis dahin vorbehaltene Befugnis, zur Concessionirung von Ausländem
für Anlegung oder Fortfahrung von Privatschulen seine Genehmigung zu er-
teilen, ebenso wie bei Inländem lediglich den betreff. K. Begierungen über-
tragen worden.
Die Instr. v. 31. Dcb. 1839 findet auch in den neupreufs. Landestheilen
Anwendung; vgl. CBl. 1867 p. 255.
Gewerbeordn. v. 21. Juni 1869 (dgl. 1. Juli 1883). „1. Der Betrieb
eines Gewerbes ist Jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Aus-
nahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. 6. Das
gegenwärtige Gesetz findet keine Anwendung auf das Unterrichtswesen."
(1. Juli 1883, § 35: „Die Erteilung von Tanz-, Tum- u. Schwimmunterricht
als Gewerbe, sowie der Betrieb von Badeanstalten ist zu untersagen, wenn
Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in
Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun.")
33
m.
Errichtung und Unterhaltung der höheren Schulen.
1. Die Anforderungen im allgemeinen. Eine gesetzliche Nöthi-
gong, höhere Schulen zn gründen oder zn erhalten, ist nicht vorhanden. Znr
Errichtong einer höheren Schule ist die Genehmigung des Ministers erforderlich
(s. p. 1). Dieselbe wird einer städi Commune erst dann erteilt, wenn zuvor
nachgewiesen worden, dafs far das Elementarschulwesen des Orts ausreichend
gesorgt ist, und dafs dasselbe durch die far eine höhere Schule nöthigen Auf-
wendungen in keiner Weise beeinträchtigt wird«
Dem Streben der kleineren Städte, eine höhere Schule zu besitzuu, soll
von Seiten der zunächst beteiligten Behörden mit Vorsicht entgegengekommen
werden, damit die Communen sich nicht mit zu grofsen Lasten überbürden,
und damit das allen dienende Elementarschulwesen nicht allzusehr zu Gunsten
höherer Schulanstalten und der begüterten Klassen herabgedrückt oder hint-
angesetzt werde. Auch ist zu bedenken, dafs dürfkig ausgestattete höh. Schulen
auf die Daner nur schwer mit wirklich tüchtigen Lehrern besetzt bleiben.
Des erwähnten Nachweises hinsichtlich der Elementarschulen bedarf es
der Begel nach in denjenigen Städten nicht, wo dieselben von confessionell
getrennten Schulsocietäten unterhalten werden, und wo sie deshalb durch die
seitens der politischen Gemeinde für die höhere Schule gemachten Aufwendungen
eine Beeinträchtigung unmittelbar nicht erfahren können.
In zweifelhaften Fällen wird über die Prästationsfähigkeit der Stadt zu-
vörderst der Bericht der E. Begierung erfordert Demnächst mufs von den
Communalbehörden eine angemessene Dotation der Schule gewährleistet^ ein
zweckmäfsig eingerichtetes Local far dieselbe nachgewiesen und ein Statut
vorgelegt werden, worin die Anstalt als selbständige juristische Person qualiücirt
und n. a. auch ihr confessioneller Charakter bestimmt ist. Das städtische Schul-
patronat übernimmt femer die Verpflichtung, jederzeit nach Mafsgabe des von
der Aufsichtsbehörde zu beurteilenden Erfordernisses für Anstellung qualificirter
Lehrer Sorge zu tragen, und die Pensionsansprüche derselben gemäfs den
darüber bestehenden gesetzlichen Bestimmungen (s. in Abt. II Aschn. Vni)
sicher zu stellen.
Die Einrichtung eines besonderen Pensionsfonds kann gröfseren
Stadtgemeinden erlassen und die Einziehung der Pensionsbeiträge der Lehrer
znr Kämmereikasse gestattet werden, wobei hauptsächlich der Gresichtspunkt
mafsgebend ist, ob die Stadt durch ihre Vermögensverhältnisse und einen ge-
ordneten Haushalt Sicherheit dafür gewährt, dafs sie die Verpflichtungen der
Pensionszahlung aus der Communalkasse jederzeit zu erfüllen im Stande sein
werde. (A. Erlafs v. 13. März 1848, GS. p. 118).
Das Schulstatut und der Etat bedürfen ebenso wie evenü. die Instruction
für das Schulcuratorium (s. p. 28) der Genehmigung der Prov. Aufsichtsbehörde.
Das Erfordernis an Lehrkräften wird im allgm. danach bemessen,
dafs für je 2 Klassen 3 Lehrer nöthig sind. Dem Dir. die darf üebemahme
keiner so grofken Zahl von Unterrichtsstunden zugemuthet werden, dafs er da-
durch verhindert ist, seinen übrigen Verpflichtungen in der Leitung der Schule
ordnungsmäfsig nachzukommen. Im aUgm. sind hinsichtlich der wöchentl.
Stundenzahl, zu welcher die Lehrer höherer Schulen vocationsmäfsig verpflichtet
werden können, folgende Bestimmungen einer Min. Verf. v. 13. Mai 1863
maßgebend :
„Die Verpflichtung der Wissenschaft!, gebildeten Lehrer an höheren Unter-
richtsanstalten darf bei dem Dir. oder Bector über 14 bis 16, bei den Ober-
Wlete, Yerozdiiviig«n. 3
34
lehrem über 20 bis 22, bei den ordenil. Lehrern über 22 bis 24 Simiden nicht
hinausgehen, während den an solchen Anstalten fangirenden Elementarlehrem
eine wöchenü. Stundenzahl von 26 bis 28 auferlegt werden kann. Auch die
üebemahme der höheren Stundenzahl von 22 bis 24 kann nur so lange als zu-
lässig erachtet werden, als die Frequenz der einzelnen Klassen eine geringe ist
und nicht Correcturen herbeifuhrt, welche viel Zeit in Anspruch nehmen."
Diese aUgm. Festsetzung kann somit nach den besonderen Zuständen der
einzelnen Anstalten, aufserdem aber auch nach den etwa zu berücksichtigenden
persönl. Verhältnissen eine Modification, d. h. das angegebene Maximum eine
Ermäfsigung erfahren.
Nach Min. Verf. v. 8. Juli 1878 (C.Bl. S. 487) ist es nicht zulässig,
dafs in Vocationen eine Verpflichtung zu einer höheren als der bezeichneten
Zahl von Lehrstunden aufgenommen werde. Es ist den städtischen Behörden
unbenommen, die Verpflichtung der Lehrer an den von ihnen untemenhalte
höh. Schulen durch die Vocationen ausdrücklich auf eine geringere Stundenzahl
zu beschränken; sofern aber die Vocationen über die Anzahl der Pflicht-
stunden nichts enthalten, so treten selbstverständlich die allgemein geltenden
Bestimmungen in Kraft. Darauf Bedacht zu nehmen, dafs von der Maximal-
grenze der Verpflichtung nicht in solchen Fällen. Gebrauch gemacht werde, wo
dies in Folge grofser Frequenz der betr. Klassen oder umängreicher Correc-
turen oder des Gesundheitszustandes eines Lehrers zu einem Nachteile für die
Schule und die betr. Lehrer fuhren würde, ist, falls von der Unterhaltungs-
pflichtigen Behörde dieser Gesichtspunkt übersehen sein sollte, Sache der Kgl.
Aufsichtsbehörde.
Min. Verf. v. 17. Aug. 1860, die Errichtung von Progymnasien
betreffend: Die Bedingungen, welchen gegenwärtig von dei^enigen Progymnasien
genügt werden mufs, die ihren Zöglingen das Becht auf den einjährigen frei-
willigen Militärdienst durch ein Schulzeugnis sichern wollen, sind:
Es müssen die 5 Klassen VI bis n gesondert vorhanden sein und im
wesentlichen denselben Klassen eines voUsttodigen Gymn. gleichstehen. Für
die Aufnahme der Schüler und die Cursusdauer der einzelnen Klassen müssen
die für die Gymn. geltenden Bestimmungen zur Anwendung kommen. Das
LehrercoU. mufs aus mindestens 7 Lehrem, einschliefsl. des Bectors, bestehen,
und von diesen müssen aufser dem Bector mindestens 4 durch Wissenschaft!.
Studien vorgebildet sein und sich darüber vor einer wissenschaftl. Prüfungs-
commission ausgewiesen haben. Ebenso ist ein unerläfsliches Erfordernis, dafs
aufser dem Bector wenigstens die bezeichneten 4 wissenschaftl. Lehrer definitiv,
mit Besoldungen, die in diesem FaU nicht unter 400 Thlr. (jetzt 600) hinab-
steigen dürfen, und mit gesicherten Pensionsansprüchen, angestellt sind. In
der Ausstattung der Schule dürfen eine Bibliothek und die wichtigsten mathemat,
geograph. und naturwissenschaftl. Lehrmittel nicht fehlen. Die betreff. Prq-
gymnasien haben alljährlich Schulnachrichten zu veröffentlichen und darin jeden-
falls aufser dem Lehrplan eine tabellarische Uebersicht der Lectionsverteilung
und die wichtigsten statistischen Angaben, mit Bezeichnung der Confession der
Schüler u. s. w. mitzuteilen. —
Min. Verf. v. 8. Juli 1872: „Bei deijenigen Anerkennung von Pro-
gymnasien, welche denselben die ihrer Kategorie zustehenden Berechtigungen
gewährt, wird vorausgesetzt, dafs sie sich in ihrer Einrichtung von den Gym-
nasien nur dadurch unterscheiden, dafs ihnen die Prima fehlt. Da dieser Voraus-
setzung in Bezug auf die verhältnismäfsige Zahl und die Qualification der
Lehrer nicht überall entsprochen wird, so bestimme ich behufs Herstellung einer
gleichmäfsigeren Ordnung darin hierdurch Folgendes:
35
Wenn ein einfaches Gymnadinm von 6 Klassen, nach der Kegel, dafs für
je 2 KL 3 Lehrer erforderlich sind, 9 Lehrer zfthlt, und zwar anfser dem Director
nnd dem Eiementarlehrer 3 Ober- nnd 4 ordenü. Lehrer, so bedarf ein vollbe-
rechtigies Ptogymnasiom Ton 5 Klassen jedenfalls 7 Lehrerstellen, nnd zwar
an&er der des Bectors nnd der des Elementarlehrers eine Ober- nnd 4 ordent-
liche Lehrerstellen. Das K. ProT.Sch.C. wolle Sich dies bei der Errichtung
neuer Progymn. hinsichtlich des Etats nnd der Qoalification der Lehrer zor
Norm dienen lassen, anch bei den in der Provinz bereits vorhandenen Progymn./
welche dahinter noch zurückbleiben, eine dem entsprechende Zusammensetzung'
des Lehrercoll. thunlich bald herbeifahren.'' Der Min. etc.
C i r c. y e r f. v. 3 0. D e c. 1876. „Die Anerkennung einer höh. Lehranstalt
als höhere Bürgerschule oder Progymnasium ist ausschliefslich Sache
der obersten Schulaufsichtsbehörde und kann wie die eines Gymnasiums oder
einer Bealschule erst dann erfolgen, wenn die äufsere Bestand- und innere
Leistungsfähigkeit nach Mafsgabe der dafür geltenden Bestimmungen vollkommen
gesichert ist Die letztere insbesondere soll auf Grund einer eingehenden Be-
vision nnd einer demnächst von dem Unterrichtsminister anzuordnenden Ent-
lassnngsprüfung derjenigen Schüler nachgewiesen werden, welche nach zwei-
jährigem Besuche der Secunda der Anstalt von dem Lehrercollegium für reif
erachtet werden. Lidefsen darf nicht unbeachtet bleiben, dafs die erste Ab-
gangsprüfung als solche und das einzelne darin erworbene Zeugnis als solches
nur dann Gültigkeit erlangt, wenn in der Centralinstanz die gesamten Ver-
handlungen und die Arbeiten der Schüler geprüft und die Eeifezeugnisse an-
erkannt worden sind. Aus diesem Grunde wird auch der Gommissar des Kgl.
Prov.Sch.C. jeder Beifeerklärung der Abiturienten oder jeder Zuerkennung des
Beifezeugnisses sich zu enthalten, vielmehr denjenigen Schülern, welche nach
dem Beschluiüi der Commission in der Prüfung bestanden sind, zu erklären
haben, dafs der tJnterrichtsminister über die Zuerkennung des Beifezeugnisses
zugleich bei der Anerkennung der Anstalt entscheiden werde."
U. und PO. V. 6. Octb. 1859: „Sobald bei dem Minister der Antrag
auf Erteilung der Befugnis zu gültigen Abgangsprüfungen an einer höh. Bürger-
schule von Seiten der Prov. Aufsichtsbehörde gestellt worden ist, wird zuvörderst
eine Bevision der Anstalt veranlafst und durch eine Prüfung ilurer Verhältnisse,
hinsichtlich der Zahl, 'der wissenschaftl. Befähigung und der Besoldung der
Lehrer, der Beschaftenbeit ihrer Vocationen, der Zusammensetzung des Curatoriums
und der gesamten Ausstattung der Schule mit Local, Lehrmitteln etc. festge-
stellt, ob sie den Anforderongen genügt" —
Die entsprechenden Anforderungen für die Errichtung von Gymnasial-
und Beallehranstalten ergeben sich leicht aus dem weiteren Umfange und
den höheren Lehrzielen dieser Anstalten. S. weiterhin die Mitteilungen über
die Schuletats etc.
U. und PO. V. 6. Octb. 1859:' „Die äufsere Ausstattung einer Schule
ist nicht das MaCs für ihren inneren Werth; auch mit dürftigen Mitteln versehene
Anstalten haben durch vorzügliche Befähigung einzelner Lehrer und durch die
Anstrengung einzelner oder vereinter Kräfte bisweilen in einzelnen Klassen und
G^^nständen Vorzügliches geleistet Aber das Eintreten von günstigen Um-
ständen der Art kann nicht in Bechnung gebracht werden. Es mufs vielmehr
zu den Erfordernissen einer wohleingerichteten Schule gezählt werden, dafs in
der Beschaffenheit der ihr zu Gebote stehenden Mittel und in der von dem
Pakonat thatsächlich ihr gewidmeten Fürsorge eine sichere Garantie dafür ge-
geben ist, dafs das Bedürfais an Lehrkräften immer hinreichend gedeckt sei,
die einzelnen Lehrer nicht überbürdet werden müssen, einige Sicherheit gegen
den bei niedrigen Besoldungen häufigen Lehrerwechsel vorhanden sei, und für
3*
36
alles mm Bestände einer höh. Lehranstalt und zn einem gedeihlichen Unter-
richt Erforderliche an Localien, Apparaten u. s. w. aasreichend gesorgt werde.
Eine höhere wissenschaftl. ünterrichtsanstalt kann als mit dem Nothwendigen
ausgerüstet nicht angesehen werden, wenn deren Lehrer zum Teil einer ge-
sicherten Steünng entbehren nnd auf Nebenerwerb so weit bedacht zu sein ge-
nöthigt sind, daJ^ sie der Schule nur einen Teil ihrer Kraft widmen können,
und aus demselben Grunde« yerhindert sind, näheren persönl. Verkehr mit ihren
Schülern zu pflegen, sich den allgemeinen pädagogischen Aufgaben der Schule
zu widmen und auf ihre eigene Wissenschaft!. Fortbildung Zeit zu verwenden.
Vom Standpunkt der ünterrichtsverwaltung kann es als ein Verlust nicht
betrachtet werden, wenn Schulen, welche den hierin liegenden Anforderungen zu
genügen aufser Stande sind und nur mit Mühe ihre Existenz als höhere Lehr-
anst^ten fristen, in die Beihe der Mittelschulen zurücktreten, die, bei zweck-
mäfsiger Einrichtung und Ausstattung, dem ünterrichtsbedürfnis eines grofsen
Teils des Bürgerstandes besser genügen, als unvollkommene Realschulen.*'
Vorschulklassen dürfen mit den vom Staat unterhaltenen oder sub-
ventionirten höh. Schulen nur dann verbunden werden, wenn die eigenen Ein-
nahmen der Vorschule zur Deckung ihrer Ausgaben ausreichen.
Bei neuen Schulen wird zur Begründung einer Bibliothek (sowohl der
für die Lehrer wie der für die Schüler bestimmten) eine auTserordentL Auf-
wendung erfordert; ebenso for die Lehrmittel, namentlich für den physikaL
Apparat; der Etat aber muijs für beides eine angemessene Position zu jährl.
Ausgaben enthalten.
2. Das confessionelle Verhältnis. Die öffentlichen höh. Schulen
in Preuüsen sind nach ihren Statuten oder nach der überwiegenden Mehrzahl
ihrer Schüler entweder evangelische oder katholische oder jüdische oder
den beiden chrisÜ. Confessionen angehörige Simultananstalten. Nach diesem
mehr oder weniger bestimmt hervortretenden confessionellen Charakter der
Schulen richtet sich die Wahl des Directors und der Lehrer, der Mitglieder des
Schnlcuratorimns u. s. w. Vgl. Abt 11. über Anstellung der Lehrer.
Verf. des Prov.Sch. Coli, zu Koblenz v. 2. Dec. 1875. „Wie wir
der Direction auf den Bericht — eröffnen, darf, da die Kgl. Staatsregierung
einen Unterschied zwischen Alt- und Neukatholiken oder Alt- und Bömisch-
Katholiken von ihrem Standpunkte nicht anerkennt, eine derartige Unterscheidung
in der Bezeichnung der katholischen Schüler rficksichtlich der Beligion im
Inscriptionsbuche und auf Zeugnissen nicht stattfinden und sind die betr. Schüler
fernerhin schlechtweg als katholisch au&uführen.'*
In neuerer Zeit ist die Confessionalität der höheren Schulen gegen die
Parität zurückgetreten, und letztere ist in der Regel die Bedingung der Gewährung
von Bedürfaiszuschüssen aus allgem. Staatsfonds; s. Bist, statisi Darstlll, p. 16ff.
• Min. Verf. v. 15. März 1870: ,J)er Begriff einer Simultapschule ist^
wie ich der K. Begienmg auf den Bericht — erwidere, bisher gesetzlich nicht
fijört worden. Im allgm. wird darunter eine Schule verstanden, in deren LehrercolL
grundsätzl. sowohl katholische wie evangelische Lehrer eintreten können. Dabei
die Parität beider Confessionen, was die K. Begienmg für erforderlich hält, der-
gestalt zu wahren, dafs immer ebenso viele evangelische wie katholische Lehrer
bei der Anstalt vorhanden seien und das Directorat zwischen beiden Confessionen
altemire, kann als nothwendig nicht angesehen werden und hat sich, wo der Ver-
such gemacht worden ist, demgemäfs zu verfahren, nicht bewährt Dem Wohl
der Anstalt zuträglicher ist es vielmehr, bei der Wahl der Lehrer, ohne eine der
beiden Confessionen auszuschliefsen, lediglich das vorliegende Bedürfois malB-
37
gebend sein za lassen, also den kathol. Lehrer zu wählen, wenn er for die zn
besetzende SteUe sich mehr eignet als der etwa mit ihm zur Wahl stehende
evangelische, anch wenn dadurch die Zahl der kathol. Lehrer der Anstalt grOfser
werden sollte als die der evangelischen. Bei einer anderen Gelegenheit kann
das umgekehrte Verhältnis eintreten.
Wenn daher die städt. Behörden zn N. ordnungsmäfsig den Beschlnfs
gefafst haben, far die daselbst zu errichtende höh. Bürgerschule einen evangel.
Bector, die übrigen Lehrer aber so zu wählen, dafs dabei das Bedürfois der
Schule und die den beiden Confessionen angehörende Schülerzahl billige Berück-
sichtigung findet, so kann ihnen dies mit gesetzlichen Gründen nicht gewehrt
werden; weshalb ich die E. Begierung ermächtige, diese Einrichtung und damit
zugleich die Errichtung einer höh. Bürgerschule überhaupt zu genehmigen.''
Der Minister etc. v. Müh 1er.
Von der Kegel, dafs Schüler ohne Unterschied der Beligion und Confession
am Unterricht teilnehmen können (s. p. 1), machen nur diejenigen höheren
Schulen eine Ausnahme, welche ausschliefslich Alumnate sind. •— Der Beligions-
unterricht und die gemeinsamen Andachten richten sich nach der statutenmäfsigen
oder factisch überwiegenden Confession der Schule. Es wird jedoch auch für
den Beligionsunterricht der anderen Confession durch Bestellung eines aus den
Mitteln der Anstalt zu remunerirenden Beligionslehrers gesorgt, ausgenommen
da, wo die Zahl der Schüler der anderen Confession zu gerii^ ist, in welchem
Fall die religiöse Unterweisung solcher Schüler dem Privatabkommen der Eltern
mit dem betreff. Geistlichen überlassen wird; s. Abschn. lY.
Min.Verf. v. 8. Aug. 1862: „Nach den der Eingabe des Curatoriums
der höh. Stadtschule zu N. v. 16. v. M. beigefügten und von der Stadtverordn.
Versammlung genehmigten Statuten derselben soll die Anstalt eine katholische
sein und kathol. Lehrer erhalten. Dieser von der Vertretung der Stadt festge-
setzte und den Bevölkemngsverhältnissen entsprechende confessionelle Charakter
der Anstalt schliefst jedoch nicht aus, dafs auch Schüler, welche der kathoL
Conf. nicht angehören, dieselbe besuchen, und dafs von Seiten der Anstalt auch
für die religiöse Unterweisung evangelischer Schüler gesorgt werde, sobald die
Zahl derselben nicht mehr dauernd auf einige wenige Schüler beschränkt bleibt
Nach diesem Grundsätze, welcher auch bei städt. evangel. Anstalten in Be-
ziehung auf die kathol. Schüler derselben in Anwendung kommt, kann das Cur.
nicht genöthigt werden, für zwei evangel. Schüler einen evangel. Beligionslehrer,
gleichviel ob derselbe auf Bemuneration Anspruch mache oder nicht, anzustellen
und denselben in das Lehrercoll. au&unehmen; vielmehr mufs es den evangel.
Eltern dieser beiden Schuler überlassen bleiben, far deren Beligionsunterricht
in anderer Weise zu sorgen, wozu der evangeL Pfarrer des Orts seine Bereit-
willigkeit zu erkennen gegeben hat. Sollte die Zahl der evangel. Schüler in
dieser Anstalt sich erheblich und dauernd vermehren, dann wird es an der Zeit
sein, die Anstellung eines evangeL Beligionslehrers herbeizufuhren.''
Min. Verf. v. 24. Sptb. 1868: ,J)a der Beligionsuntericht zu den
obügator. Lehrgegenständen eines Gymn. gehört, das städtische Gymn. zu N.
in den eigentlichen Gymnasial- und den Vorbereitnngsklassen von einer die
Annahme eines Beligionslehrers erfordernden Zahl katholischer Schüler besucht
wird, auch dem kathol. Ortspfarrer die unentgeltl. Erteilung dieses Unterrichts
nicht zugemuthet werden kann, so bleibt bei der Weigerung der städt Behörden»
ihrerseits für den Beligionsunterricht der kathoL Zöglinge des Gymn. in N. und
seiner Vorsdiule zu sorgen, nur übrig, von Oberaufkichtswegen einzuschreiten
und behnfe Durchführung des NormaUehrplans für die Gymn., welche die Be-
dingung f&r die Ausübung des Bechts zur Entlassung auf die Universität ist^
auf Gnmd der Dienstinstruction für die Prov. Consistorien v. 23. Octb. 1817
(
38
und der CO y. 31. Dcb. 1825 (GS. v. 1826 p. 5) die Aofnalime des auf — Thlr.
jährl. festgesetzten Bemnnerationsbetrags in den Gremeinde-Hanshaltsetat Ton N.
gemäfs § 78 der Städteordnnng y. 30. Mai 1853 von Amtswegen zn bewirken.
Das E. ProY. Seh. C. beauftrage ich auf den Bericht y. — , zn diesem Zwecke
mit der E. Begiemng zn N. in Communication zn treten."
üeber die Aufnahme des jüdischen Beligionsnnterrichts in den
Lehrplan der öffentL höh. Schulen s. Eist, statist Darst HI p. 20 und hier
Abt. II Abschn. HI.
3. Schuletats sind Voranschläge der für die Schulen innerhalb eines
bestimmten Zeitabschnitts zu bestreitenden muthmafsl. Ausgaben und der für
dieselben erforderl. und zu erwartenden Einnahmen. Für jede höhere Schule
ist ein solcher Etat aufzustellen und der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung
TOizulegen.
über die der Aufsichtsbehörde dabei zustehenden Befugnisse s. oben p. 15 ff.
In vollständigen Etats werden die Einnahmen verzeichnet unter den
Titeln: 1. Vom Grundeigentum; 2. Zinsen von Eapitalien; 3. An Berechtigungen;
4. Hebungen aus Staats- und anderen Eassen und Fonds; 5. Hebungen von den
Schülern; 6. Pensionfonds; 7. Insgemein. Titel der Ausgaben: 1. Besol-
dungen; 2. Wohnungsgeldzuschüsse; 3. andere persönliche Ausgaben ; 4. Unter-
richtsmittel; 5. Utensilien; 6. Heizung und Beleuchtung; 7. Bauten; 8. Ab-
gaben und Lasten; 9. Pensionsfonds; 10. Insgemein.
In Betreff der Lehrerbesoldungen s. die Normaletats nach den ver-
schiedenen Schul-Eategorien in Abt II Abschn. VI; ebendaselbst die Verf. über
Bedürfniszuschüsse aus allgm. Staatsfonds, weil derartige Zuschüsse zunächst auf
die Besoldungen sich beziehen.
Das durch die GS. 1876 S. 177 verkündete Gesetz vom 29. Juni 1876
betr. die Verlegung des Etatsjahres u. die Feststellung des Staatshaushaltsetats
für das Vierte^ahr vom 1. Jan. bis 31. März 1877 bestimmt in § 1: ^as
Etatsjahr für den Staatshaushalt beginnt vom 1. April 1877 ab mit dem
1. April und schliefst mit dem 31. März jedes Jahres. Den communalen u.
allen sonstigen nicht staaüichen Verwaltungen bleibt überlassen, auch für ihren
Haushalt das veränderte Etatsjahr anzunehmen u. die gegenwärtig für die Auf-
stellung ihres Etats, sowie far die Bechnuugslegung bestehenden Termine ent-
sprechend abzuändern. Alle dem entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen
werden hierdurch aufgehoben."
Min. Verf. 7. Apr. 1877. ,J)em Egl. Prov.Sch. Coli, eröffneich, nach
Communication mit der Egl. Ober-Bechnungskammer auf den Bericht — betr.
die Anwendung des staatlichen Etatsjahres auf städtische höh. ünterrichtsan-
stalten, wie ich nicht zu genehmigen vermag, dafs bezügl. derjenigen ünterrichts-
anstalten, welche Bedürfiniszuschüsse aus Staatsfonds beziehen, . das Ealender-
jahr als Etatsjahr beibehalten und in den Attesten über die Anwendung der
staatlichen Bedürfniszuschüsse das vorhergegangene Ealendeijahr als Zeikaum
der Verwendung bezeichnet werde. Die Beibehaltung des Ealenderjahres als
Rechnungsperiode für diese Anstalten würde die Durchfuhrung der auf die Aus-
führung des Staatshaushaltsetats bezüglichen Grundsätze u. Vorschriften für diese
Anstalten unmöglich machen. Dagegen sind die beteiligten Städte auch in dem
Falle, dafs sie für diese Anstalten das staatliche Etatsjahr einfahren, in der
Lage, für den städtischen Haushalt das Ealenderjahr als Rechnungsjahr beizu-
behalten, und jedenfalls sind die aus der Anwendung verschiedener Rechnungs-
perioden hervorgehenden Nachteile für die Städte nicht gröfser, als sie durch
einen Beschlufs auf Nichteinfahrung des staatiichen Etatsjahres far die vom
Staate subventionirten Anstalten der Staatsverwaltung ohne Rücksicht darauf
39
aogesonnen werden, dafs letztere gerade in den hierbei in Betracht kommenden
Beziehungen an die Beachtung bestehender Gesetze gebunden ist, während den
Städten eine freie Entschliefsung zusteht. In Betreff der in dem Bericht
genannten Gymnasien, welche nur solche Zuschüsse aus der Staatskasse be-
ziehen, die auf Grund rechtlicher Verpflichtung gewährt werden, unterliegt die
Beibehaltung des bisherigen Etatsjahrs keinem Bedenken/'
Finanz-Min. Verf. y. 22. Mai 187 8. „Die Quartale des Bechnungs-
jahres werden seit der Verlegung desselben auf die Zeit vom 1. April bis
31. März in der Beichsverwaltung nach dem Etatsjahre, in der Preufsischen
Verwaltung dagegen in Gemäfsheit des Circular-Erlasses vom 12. Nov. y. J.
(s. CBl. 1878 S. 66) nach den Monaten bezeichnet. A^s diesem ungleich-
m&fsigen Verfahren haben sich in dem zwischen beiden Verwaltungen bestehen-
den Abrechnungsverkehr ünzuträglichkeiten ergeben. Zu deren Beseitigung wird
hiermit unter Aufhebung jenes Circular-Erlasses bestimmt, dafs auch in der
Preufsischen Verwaltung künftig die Bechnungsquartale nach dem Etatsjahre
zu bezeichnen sind, also z. B. das die Monate April, Mai und Juni umfassende
Quartal: 1. Quartal des Etatsjahres 1878/79.''
Circ. Verf. V. 6. April 1880. „In Folge der auf Grund meiner Verfügung
Tom 9. Aug. y. J. (s. ob. p. 16) eingetretenen, veränderten Behandlung der
staatlichen Bedürfhiszuschüsse för die Gymnasien etc. verbleiben die unver-
wendet gebliebenen Mittel den Anstaltskassen, so dafs mir in Zukunfk keine
Ersparnisse zur Verfügung stehen, aus denen die durch Zulassung von Mehr-
ansgaben über die etatsmäfsigen Fonds hieraus entstehenden Deficits bei den
aus Staatsfonds zu unterhaltenden Gymnasien gedeckt werden könnten. Des-
halb müssen Etatsüberschreitungen — d.h. eigentliche Mehrausgaben,
welche nicht aus den eigenen Mitteln der betr. Anstalten selbst zu decken sind
— für die Folge durchaus vermieden werden. Wenn aber im Laufe eines Jahres
bei der einen oder anderen Anstalt unvorhergesehene Umstände eintreten, welche
dazu nOthigen, über die in den Etats vorgesehenen Summen hinaus Aufwendungen
zu machen, z. B. zur Bemunerirung des Vertreters eines erkrankten Lehrers, so mufs
befiEüglich solcher ihrer Natur nach nicht als Mehrausgaben, sondern als unvor-
hergesehene Ausgaben anzusehenden Bedürfnisse, sofern und soweit letztere
nicht aus den der Anstalt verbleibenden Ersparnissen gedeckt werden können,
meine Genehmigung vor üebemahme auf die Anstaltskasse eingeholt werden,
um die Mittel zu jener Ausgabe sicher zu stellen. Zur Annahme eines Hülfs-
lehrers bei Erkrankungsfällen definitiv angestellter Lehrer darf unter
diesen Umständen in der Begel erst geschritten werden, wenn sämtliche übrigen
Lehrer zur vollen Maximalzahl der Pflichtstunden herangezogen sind und es
nach Lage der Verhältnisse durchaus unthunlich ist, ihnen noch über diese
Zahl hinaus die nicht zu deckenden Unterrichtsstunden des Erkrankten vorüber-
gehend zuzuteilen. Auf die Beobachtung dieser Vorschrift ist ein genaues
Angenmerk zu richten, und wenn durch die vorübergehende Annahme eines
Hülfslehrers ein Deflclt voraussichtlich nicht zu vermeiden ist, hat das EönigL
ProY.Sch.C. sich zunächst meiner Bereitwilligkeit zur eventuellen Überweisung
der Deckungsmittel zu vergewissem. Wenn aber aus anderen Gründen Mehr-
ausgaben über die Etatspositionen hinaus erforderlich werden, wenn also wirk-
liche Mehrbedürfiiisse, wie etwa die Erweiterung einer Anstalt durch Klassen-
teilungen oder sonst, hervortreten, so müssen solche, wenn sie nicht zweifellos
ans den eigenen Mehreinnahmen oder aus den Ausgabeerspamissen der betr.
Anstalt selbst befriedigt werden können, so lange ausgesetost bleiben, bis die
hieizu erforderlichen Mittel durch den Staatshaushaltsetat bewilligt worden sind.
Die dieserhalb nöthigen Anträge sind bis spätestens Mitte Mai jedes Jahres zu
steUen; sofern nicht besondere Bedenken entgegenstehen, ist zur Deckung der
40
in Bede stehenden, erforderlich werdenden Mehrausgabe zunächst eine Erhöhung
des Schulgeldes bis auf 90 Mark pro Kopf in Aussicht zu nehmen. Kann
hiemach eine Unzulänglichkeit der Mittel einer Anstalt nur durch Einnahme-
Ausfälle oder auTserordentliche d. h. unvorhergesehene Bedürfnisse eintreten,' so
werden diese Deficits nicht erst in das nächste Bechnungsjahr zu übertragen
sein, sondern das Kgl. Prov. Seh. Coli, hat die üeberweisung der erforderlichen
Mittel, zu deren eventueller Bereitstellung bei nothwendig werdenden Mehraus-
gaben nach dem Vorstehenden meine Zustimmung bereite vorher eingeholt war,
schon vor dem Finalabschlusse der Anstaltekasse unter gehöriger Motivirung zu
beantragen.'^
Circ. Verf. v. 13. Juli 1881. „Unter Bezugnahme auf meine Verf.
V. 6. April V. J. mache ich das E. Prov.Sch.C. darauf aufmerksam, dafs die
Deckung etwaiger Deficits bei den staatlichen höh. Unterrichteanstalten vor
Abschlttfs des betr. Bechnungsjahres bei mir in Antrag zu bringen ist, und
empfehle dem K. Prov.Sch.C. dringend dafür zu sorgen, dafs jene Bestimmung
für die Folge beachtet wird."
Min. Verf. v. 20. Aug. 1863: „Nach der Instruction v. 8. Sptb.
1819 (s. V. Kamptz Annalen Ul p. 733 ff.) soll in den Etats der Gymn. und
sonstigen höh. Schulen das gesamte Vermögen derselben nachgewiesen werden,
so dafs daraus alle festetehenden Einnahmen und Ausgaben dieser Anstalten
ersehen werden können. Diese Vorschrift ist namentlich in Bezug auf die
Stiftungen, welche an den einzelnen Schulen fundirt sind, von erheblicher
Bedeutung, weil sie ein geeignetes Mittel darbietet, Verdunkelungen und Ver-
lusten vorzubeugen. Vollends bei Anstalten landesherrl. Patronate oder Gom-
patronate wird auf Erfüllung derselben besonders zu achten sein. — — ^
Min. Verf. v. 2. Sptb. 1871: „Auf den Bericht v. — , das Gyinn. zu N.
betreffend, erwidere ich dem E. Prov.Sch.C, dafs den städt. Behörden die Ver-
einigung der Eassenverwaltung des unter ihrem Patronat stehenden Gymn.
mit der städt. Haupt-Eassenverwaltung nicht versagt werden kann. Selbstver-
ständlich ist jedoch bei einer derartigen Vereinigung über die Gyuuiasialkasse
besondere Bechnung zu legen. Für diese Bechnungslegung sind die allgm., für
die vom Staate subventionirten Unterrichteanstalten ergangenen Vorschriften
mafsgebend, so lange das Gymn. einen Bedürfhiszuschuib aus Staatefonds bezieht.
Wollen die städt. Behörden sich diesen Vorschriften nicht fügen, so müssen sie
auf den Zuschufs verzichten, eventl. mufs die Zahlung desselben eingestellt werden.
Was die Verwaltung der bei dem Gymn. in N. bestehenden Stiftungen
betrifft, so hat die E. Begiertlng zu N. mir i^igezeigt, dafs der jedesmal. Gymn.
Director die Zinsen der unter seine Verwaltung gestellten Stifbungskapitalien
lediglich nach eigenem Ermessen verteile, die Verwaltung der Eapitalien indefs
auf Wunsch des zeitigen Dir. und seiner Amtevorgänger durch den Magietrat
erfolge, dafs aber von etwan. Veränderungen der Eapitalien dem jedesmal. Dir.
Eenntnis gegeben, und dafs in gleicher Weise bei der Verwaltung des Vermögens
der Lehrerwitwenkasse verfahren werde. Es scheint hienach irgend neuer An-
ordnungen in Betreff dieser Stiftungen resp. der in Bede stehenden Kasse nicht
zu bedürfen. Ich überlasse dem E. Prov. Seh. C. hienach die vorliegende Ange-
legenheit zu regeln.''
Gesetz v. 23. Febr. 1870, betreffend die Genehmigung zu Schen-
kungen und letztwilligen Zuwendungen, sowie zur Uebertragung von
nnbewegl. Gegenständen an Corporationen und andere juristische Personen.
„1. Schenkungen und letztwiU. Zuwendungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit
der Genehmigung des Eönigs : a. insoweit dadurch im Inlande eine neue Jurist
Person ins Leben gerufen werden soll; b. insoweit sie einer im Inlande bereits
bestehenden Corporation oder anderen Jurist Person zu anderen als ihren bisher
41
genehmigten Zwecken gewidmet werden sollen. 2. Schenkungen nnd letztwill.
Zuwendungen an inländ. oder ausländ. Corporationen und andere Jurist. Personen
bedürfen zu ihrer Gültigkeit ihrem vollen Betrage nach der Genehmigung des
Königs oder der durch königl. Verordnung ein für alle Mal zu bestimmenden
Behörde, wenn ihr Werth die Summe von 1000 Thlr. übersteigt Fortlaufende
Leistungen werden hiebei mit 5 vom 100 zu Kapital berechnet. 3. Die Ge-
nehmigung einer Schenkung oder letztwill. Zuwendung in den Fällen der §§ 1
und 2 erfolgt stets unbeschadet aller Rechte dritter Personen. Mit dieser Maifs-
gäbe ist, wenn die Genehmigung erteilt wird, die Schenkung oder letztwiU. Zu-
wendung als von Anfang an gültig zu betrachten, dergestalt, dafs mit der ge-
schenkten oder letztwill, zugewendeten Sache auch die in die Zwischenzeit fallen-
den Zinsen und Früchte zu verabfolgen sind. Die Genehmigung kann auf
einen Teil der Schenkung oder letztwül. Zuwendung beschränkt werden. 4. Die
besonderen gesetzl. Vorschriften, wonach es zur Erwerbung von unbewegl. Gegen-
ständen durch inländ. oder ausländ. Corporationen und andere Jurist. Personen
überhaupt der Genehmigung des Staates bedarf, werden durch die vorstehenden
Bestimmungen nicht berührt. Soweit es jedoch zu einer solchen Erwerbung
nach gegenwärtig geltenden Vorschriften der Genehmigung des Königs oder der
Ministerien beda^, können statt dessen durch königl. Verordnung die Behörden,
denen die Genehmigung fortan zustehen soll, anderweitig bestimmt werden.
5. Einer Geldstrafe bis zu 300 Thlr., im Unvermögensfalle entsprechender Ge-
fängnistrafe unterliegen: a. Vorsteher von inländ. Corporationen u. anderen Jurist.
Personen, welche für dieselben Schenkungen oder letztwill. Zuwendungen in Empfang
nehmen, ohne die dazu erforderl. Genehmigung innerhalb 4 Wochen nachzusuchen ;
b. diejenigen, welche einer ausländ. Corporation oder anderen Jurist. Personen
Schenkungen oder letztwill. Zuwendungen verabfolgen, bevor die dazu erforderl.
Genehmigung erteilt ist. 6. Die Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes finden
auf FamUien-Stiftungen und Familien-Fideicommisse keine Anwendung. 7. Die
mit dem gegenwärt. Gesetz nicht in Einklang stehenden Bestimmungen, insbe-
sondere das Gesetz v. 13. Mai 1833 (GS. p. 49), die A. Ordre v. 22. Mai 1836
(G.S. p. 195), die Verordn. v. 21. Juli 1843 (GS. p. 322) — werden aufgehoben."
Das Gesetz v. 27. Apr. 1872, die Ablösung der den geisü. und Schul-
Instituten zustehenden Bealberechtigungen s. im CBl. 1872 p. 371 ff.
4. S ch u 1 1 0 c a 1. Dafs das Schulhaus hinlängliche Bäumlichkeiten, helle,
der Klassenfrequenz (s. Abschn. IV) genügende und zweckmäTsig eingerichtete
Klassenzimmer, einen Versanimlungssaal fär die gemeinsamen Andachten, die
öffentl. Schulprüfnngen u. s. w., femer angemessene Bäume für die Bibliothek
und die anderen wissenschaftl. Sammlungen habe, gehört zu den Erfordernissen
jeder höheren Lehranstalt. Ebenso die Ausstattung der Klassenzimmer mit
anschaul. Unterrichtsmitteln. Wenn der Dir. keine Dienstwohnung im Schul-
hause hat, mufs aufser dem Conferenzzimmer far ihn ein besonderes Geschäfts-
zimmer in demselben vorhanden sein.
Min. Verf. v. 24. Febr. 1881. ,J)em K. Prov.Sch.C. erwidern wir auf den
Bericht v. 11. Sptb. v. J., dafs die von der K. Ober-Bechnungskammer verlangte
Aufstellung eines Inventars für das Gebäude der höheren Bürgerschule
zu N. von dem betreffenden Localbaubeamten ohne besondere Vergütung aus-
zuführen ist, zu welchem Zwecke dem letzteren mit Bücksicht darauf, dafs diese
Arbeit neben den sonstigen Dienstgeschäften vorgenommen werden mufs, eine
ausreichend geräumige Frist zu gewähren isi Was die Form des Inventars
betrifft, so bemerken wir, dafs generelle Vorschriften über die Aufstellung der
Inventarien der in Frage stehenden Gebäude nicht bestehen; es erscheint für
die diesfiUligen Zwecke der Unterrichtsverwaltung ausreichend, wenn unter Bei-
fügung von Handskiszen eine kurz gefafste Beschreibung der vorhandenen Ge-
\
42
bände angefertigt wird, ans welcher die Constrnction nnd Benatzongsart der
letzteren übersichtlich hervorgeht, wie dies in ähnlicher Weise für die Gebände
der Eoretverwaltong durch den Circ-Erl. des Hm. Finanzministers y. 30. Jan.
1879^) vorgeschrieben worden ist Für die Aufstellung von Inventarien für
Dienstwohnungen ist § 5 des Regulativs vom 26. Juli 1880 (s. unter Dienst-
wohnungen) mafsgebend.^ Min. d. Off. Arb. Min. d. geistl. etc. Ang.
*) Auszug. — Berlin, 30. Jan. 1879. Erforderlich ist es ferner, besug-
lich der Aufst^lang nnd Fortfuhrang resp. Berichtigung und Bescheinigung der
Gebaude-Inventarien, welche z. Z. sär verschieden gehandhabt wird, ein einheit-
liches Verfahren herbeizufuhren und wird in dieser Beziehung Nachstehendes bestimmt.
A. Das durch den Bezirksbaubeamten aufzustellende Gebäude- In ventarium
mufs enthalten: a. einen im Mafsstabe von 1 : 500 aufzutragenden Sitnationsplan,
welcher die Lage der Gebäude zu einander, die Umwährungen, Brunnen etc. und
die nächste Umgebung des Gehöftes ersichtlich macht, b. eine im Mafsstabe
von 1 : 100 aufzutragende Skizze von jedem einzelnen Gebäude unter Angabe
sämtlicher Dimensionen und des Mafsstabes. Es ist dabei: c. jeder Kaum mit
einem Buchstaben a, b, c etc. zu bezeichnen, d. die kurz und übersichtlich zu
haltende Beschreibung der Baulichkeiten bezüglich ihrer Bauart und Beschaffen-
heit etc. Dimensionen sind dabei nicht anzugeben, ebenso fällt die beschreibende
Angabe, wie die Räume zu einander liegen, fert, — da sich beides aus den Zeich-
nungen klar ergeben mufs. — Bei der Beschreibung der einzelnen Räume wird
der betreffende Buchstabe der Zeichnung angegeben.
B. Der Situationsplan und die &ichnungen von den einzelnen Gebäuden
sind, der besseren Uebersichtlichkeit wegen, in einem besonderen Hefte zu vereinigen.
C. Der beschreibende Teil des Inventariums ist auf halb gebrochenem Bogen
zu schreiben und durchgehends mit weifsem Papier zu durchschiefsen. D. Das
In ventarium ist in drei Exemplaren aufzustellen und fortzuführen und zwar:
ein Exemplar für die Königliche Regierung, ein desgl. für den Bezirksbau-
beamten, ein desgl. zur Aufbewahrung bei der Oberförsterei.
£. Das Gebäude-Inventarium, welches vornehmlich den Zweck hat, die
Gebäude etc. den Nutzniefsem gegenüber vor unbefugten Veränderungen etc. zu
schützen, ist — um die Übersichtiichkeit desselben zu wahren, nur für den ¥b\\
zu berichtigen, resp. zu ergänzen, wenn Veränderungen in der Substanz eintreten.
Rej)araturen bereits vorhandener Inventarienstücke, sowie Erneuerungen einzelner
Teile derselben sind nicht aufzunehmen. F. Die vorgeschriebenen Berich-
tigungen werden vorgenommen: a. vom Revierverwalter bei Bauten bis zu 300 Mk.
b. vom Bezirksbaubeamten bei Bauten über 300 Mk., sowie von allen Bau-
lichkeiten auf den Oberförster-Etablissements. Diese Beamten berichtigen zu-
vörderst das eigene Exemplar und übersenden dasfelbe demnächst dem andern
Beamten zur Berichtigung. Der Kreisbaubeamte hat sein berichtigtes und nach
den einzelnen Oberförstereien gesondertes Exemplar bis spätestens zum 1. October
jedes Jahres an die Königliche Regierung einzureichen, woselbst die bei derselben
befindlichen Gebäude-Inventarien mit möglichster Beschleunigung zu vervollstän-
Sen und demnächst die Exemplare der Kreisbaubeamten denselben wieder zu-
srtigen sind. G. Die erfolgte Berichtigung des Gebäude - Inventariums ist
bei Leffuug der betreffenden Kostenrechnung von den sub F. ^nannten aus-
führenden Beamten besonders zu bescheinigen. H. Bei jeder Dienstübergabe
oder Berichtigung des Inventariums hat der Nutzniefser des Etablissements die
Richtigkeit durch Namensunterschrift anzuerkennen und zwar auf dem Exemplar
des ]l&ubeamten und des Oberförsters. J. Die üeb^^instimmung etc. der
drei Exemplare hat die K. Regierung bei den regelmäfsig wiederkehrenden Haupt-
revisionen der Forst-Dienst-Etoblissements controliren zu lassen.
Die vorhandenen älteren Inventarien sind allmählich, jedenfalls bei einem
Dienstwechsel, im üebrigen in einem von der K. Regierung selbständig festzu-
stellenden Zeiträume, welcher aber nicht länger als auf 4 Jahre, den periodisch
wiederkehrenden Hauptrevisionen entsprechend, zu bemessen ist, nach Vorstehendem
neu aufzustellen. Bei der Neuaufstellung hat der Kreisbaubeamte die Zeichnungen
zu sämtlichen Exemplaren, den beschreibenden Teil jedoch nur zu einem Exemplare
.anzufertigen und au die K. Regierung einzureichen, woselbst die Abschrift der
Exemplare für die K. Regierung und die Oberförster zu bewirken ist.
43
üeber zweckmäfsige Einrichtung der Schnllocale 8. in der Hist.
Statist Darst H, 710 ff. den Aufsatz über Schnlbanten; vgl. GBL 1868 p.
297 ff. In Betreff der Vorrichtungen far den Turnunterricht s. hier Abschn. lY.
Mafsbestimmungen für die Klassenräume der Gymnasien und
Vorschulen. Circ-Verü v. 23. October 1879. „Dem K. Prov.Sch.C. lasse
ich beifolgend ein Exemplar der von dem E. Ministerium für Handel, Gewerbe
u. öff. Arbeiten unter d. 17. Nov. 1870 zusammengestellten Mafsbestimmungen
für die Klassenräume der Gymnasien und Vorschulen mit dem Bemerken zu-
gehen, dafs diese Bestimmungen bei Aufstellung von Neubauprojecten für höh.
Schulen und deren Vorklassen in der Begel als Anhalt zu nehmen sind; in
Fällen jedoch, wo die concreten Verhältnisse es erfordern oder räthlich erscheinen
lassen, ist von der Anwendung dieser Bestimmung abzusehen."
Min. für Handel etc. 17. Nov. 1879. „Die äufserste Entfernung, in
welcher der Schüler die Schrift an der Schultafel noch deutlich zu lesen vermag,
beträgt erfahrungsmäfsig 8,2 m. Daher wird das äufserste Mafs eines Klassen-
zimmers, in der Richtung von der hintersten Bank nach dem Podium des Lehrers
hin nicht über 9,5 m., von Wand zu Wand gemessen, betragen dürfen. Die Zimmer-
breite wird zwischen 5,7 und 7^ m. variiren. Die Höhe des Klassenzimmers
beträgt 4,| bis höchstens 4,4 m.
Die innere Einrichtung eines Klassenzimmers wird bestimmt: 1) durch
den Sitz des Lehrers und die zunächst demselben befindliche Schultafel oder
sonstige Unterrichtsmittel, 2) durch Sitze und Tische der Schüler, 3) durch die
freizulassenden Gänge im Zimmer.
ad 1. Der Sitz des Lehrers nimmt die eine Seite eines 3,^ ™' langen,
1,3 m. breiten und eine Stufe hohen Podiums ein. Neben dem Sitze (nicht
hinter demselben) ist die Tafel anzubringen. Es bleibt dabei auf dem Podium
noch der erforderliche Baum für die declamatorischen üebungen der Schüler,
ad 2. In der nachfolgenden Tabelle sind die Grundflächen, welche die Sitze
nebst zugehörigen Tischen der Schüler im Wilhelms-Gymnasium zu Berlin, in
den städtischen Schulen zu Berlin und in denen zu Köln erhalten haben, zu-
sammengestellt. Hiemach haben die Sitze in den Beriiner Stadtschulen die
geringste Ausdehnung erhalten; gleichwohl erweisen sie sich für den praktischen
Gebrauch als ausreichend und werden ihre Abmessungen für neue Anlagen bei-
zubehalten sein.
Alter nnd KUtte
Wilhelms-Gymnatiam
in Berlin.
Städtische Schalen
in Berlin.
Städtische Schalen
in Köln.**)
d«r
Der Sitae nnd Tiiohe
Der SiUe and Tische
Der Sitse and Tische
8 0 li fl 1 e r.
Breite.
Tiefe.
Flftohe.
Breite.
Tiefe.
Fläche.
Breite.
Tiefe.
Fläche.
m.
m.
D«n.
m.
m.
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B.
m.
Qm.
*) L Elementar- u.
Gemeindeschulen.
Alter Ton 6 bis 7 Jahraa
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Sexta und Qaint«
10 bii 13 Jahn
13 bis 16 Jahre
Sekoada and Prima
16 bis 19 Jahre
Yorbereitnngklaaten fQr '
höhere Lehraaetalten
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*) Beim Wilhelms-Gymnasiom beziehen sich die Mafse (ad L) auf Vor-
bereitongsklassen für das Gymnasium.
^) In Köln die höheren Klassen der Realschulen.
44
ad 3 a. Der für den Eintritt der Schüler nnd Lehrer hestimmte Gang
mofs mindestens 1 m. hreit sein. h. Der Baum far den Sitz des Lehrers, resp.
die das Podinm umgebende Fläche erhält eine Breite von 1,9 bis 2 m. von der
Wand ab gemessen, c. Der Gang längs der Fensterwand, resp. zwischen dieser
und den Kopfenden der Schülerbänke wird mit Bücksicht auf die vorhandenen
Fensternischen 0,4 m. breit, d. Der Mittelgang zwischen den Schülersitzen in
der Bichtung vom Podinm nach der Hinterwand des Zimmers wird 0,5 m. breit.
Dieser Gang wird nur dann erforderlich, wenn das Klassenzimmer so breit ist,
dafs mehr als 6 Schüler neben einander sitzen, e. Dieser Gang hinter der
hintersten Bank, resp. zwischen dieser und der Abschlufsmauer des Zimmers
wird ebenfalls 0,5 m. breit. — Zur Bestimmung der GesammtgrOfse des Klassen-
zimmers nach der Kopfzahl der darin unterzubringenden Schüler ergiebt sich
nach dem «Vorstehenden ein pro Schüler zu berechnendes Flächenmafs von
a. in den Unterklassen: 0,9 bis l,o Dvi*, b. in den Mittelklassen: l,o bis
I11 Dm., c. in den Oberklassen: l,i bis 1,2 Dm.; und es kommen hiemach,
nachdem je die ZimmerhOhe zu 4,^ oder zu 4^ m. angenommen wird, an Baum
auf den einzelnen Schüler: d. in den Unterklassen: 3,9 bis 4,3, ei in den Mittel-
klassen: 4,3 bis 4,g, f. in den Oberklassen: 4,g bis 6,2 Kubikmeter.
Für den Unterricht im Zeichnen ist das Doppelte des vorhin angegebenen
Flächenmafses, far den Unterricht in der Physik und Chemie ist 0,2 ^^
0,25 Dm. mehr als das unter a. b. c. angegebene Flächenmafs, und für den
Unterricht im Gesänge ebenso viel weniger pro Schüler erforderlich.
Die GrOfse der Aula wird in der Begel nach der Anzahl der sämtlichen
Schüler der Anstalt zu bestimmen und es wird dabei das Mafs von 0,59 bis
Oh} Dm. pro Schüler anzunehmen sein. Bei Gymnasien von auf^ergewöhnlich
bedeutender Schülerzahl jedoch werden hier noch Erwägungen eintreten, damit
zu exorbitante Mafsverhältnisse der Aula in angemessener Weise auf das wirk-
liche Bedür&is beschränkt werden.'*
Anbringung der Fenster im Schulzimmer. Min. -Verf. an die
K. Beg. zu N., 13. Octb. 1879. „Bei Bückanschlufs der Anlagen des Be-
richtes vom 6. V. M., betreffend den Umbau des katholischen Schul- und Küster-
hauses in N., erwidere ich der K. Begierung, dafs die von den Interessenten
far die Beibehaltung der Doppelbeleuchtung in den Klassen geltend gemachten
Gründe nicht ausreichend sind, um die von dem bautechnischen Bureau meines
Ministeriums dagegen erhobenen Bedenken zu entkräften. Das Doppellicht ist
unter allen Umständen bei Schulzimmem unzulässig, und da sich hier mit vor-
hältnismäfsig geringen Mitteln eine Abhülfe schaffen läfst, so liegt kein Anlafs
vor, eine Anordnung, die vom sanitären Standpunkt entschieden zu verwerfen
ist) noch länger zu conserviren. Es empfiehlt sich deshalb, die Fenster an der
Strafsenseite ganz zu blenden und das Licht nur von der Hofseite her durch
Yermittelung mehrerer bis an die Decke hinaufeurückender Fenster einzufahren.
Der Einwand, dafs bei hellem Sonnenschein die Vorhänge herabgelassen
werden müfsten und so die Beleuchtung unzureichend würde, kommt auf eine Ver-
werfung der südlichen Lage von Schulzimmem hinaus, welche anderwärts
gerade von den Interessenten oft gewünscht und auch ärztlicherseits nicht selten
empfohlen wird.''
Zur Schulbankfrage enthält das C.BL 1877 p. 294 eine Erörterung
über das System des Kreisschulinspectors Dr. Hippauf in Ostrowo.
Ueber den Stand der Schulbankfrage orientirt femer folgender Ministerial-
erlass an die K. Prov.Sch.Coll. v. 30. Jan. 1885. „Gelegentlich der im J. 1883
zu Berlin stattgehabten Allgemeinen Deutschen Ausstellung auf dem Gebiete
der Hygiene u. des Bettungswesens habe ich Veranlassung genommen, die zu
der Ausstellung eingesandten Modelle zu Schulsubsellien einer Prüftmg und
45
Begatachtang durch Commissare meines Ministeriums unterziehen zu lassen, am
dadurch eine Unterlage für die Beul^ilung der Frage zn gewinnen, welche
Arten Ton Schulbänken den in unterrichtlicher und gesundheitlicher Beziehung
an sie zu stellenden Forderungen am meisten entsprechen.
Nach den obigen Vorschlägen wird empfohlen, für diejenigen Anstalten,
deren Ausstattung mit Subsellien aus fiscalischen Fonds bestritten werden muTs,
Folgendes vorzuschreiben: 1. Die Subsellien jeder Klasse werden in zwei bis
drei der GrrOfse und körperlichen Entwickelung der Schüler angepafsten Gröfsen
gefertigt 2. In Volksschulen sind der Kegel nach nicht über 8 Schüler,
in den Vorschulen u. den beiden unteren Klassen der höh. Lehranstalten da-
gegen 4 bis höchstens 8 Schüler auf einem Subsellium unterzubringen. Die
sämtlichen Sitze eines Subselliums dieser Schulanstalten resp. Klassen werden
in einer durchgehenden Bank vereinigt» welche mit einer einfachen, sicheren
und dauerhaften Einrichtung zum Verändern der Distanz zwischen Tisch und
Bank zu versehen ist. 3. Für die übrigen Klassen der höheren Lehranstalten
sind Subsellien for je 2 bis 6 Schüler zu beschaffen; jeder der letzteren erhält
einen besonderen beweglichen Sitz, wenn die Subsellien für mehr als 2 Schüler
eingerichtet sind. Erlaubt es die verfügbare Bäumlichkeit des Scbnlzimmers,
so empfiehlt sich die Beschaffung von zweisitzigen Bänken mit Zwischengängen.
Bei dieser Anordnung ist die Anwendung von Bänken ohne veränderliche
Distanz zulässig, weil die Schüler alsdann beim Aufstehen in die Zwischen-
gänge hinaustreten können.
In Betreff deijenigen Sehulanstalten, zu deren Einrichtung der Staat keinen
Beitrag leistet, empfiehlt es sich, durch Vermittelung der Schuku&ichtsbehörden
daranf hinzuwirken, dass den obigen Anforderungen ebenfalls möglichst ent-
sprodien werde.
Ich habe inzwischen dor K. Wissensch. Deputation für d. Medicinalwesen
G^egenheit gegeben, sich über die obigen Vorschläge in sanitärer Hinsicht zu
äufeem. Dieselbe ist dem Vorschlage aid 1 im Ganzen beigetreten, hat jedoch
den Wnnsch ausgesprochen, dafs die zu wählenden SubseUiengröfsen auf Grund
von in allen Landesteilen an Schülern vorzunehmenden Messungen der Körper-
gröfse festgestellt werden mögen.
Gegen den Vorschlag ad 2 hat, soweit er sich auf die Veränderung der
Distanz durch Verschiebung des Sitzes bezieht, die Wissensch. Deputation nichts
einzQWMiden und als Empfehlung desselben noch besonders hinzugefügt, dafs
dem Schüler durch die Beweglichkeit der für mehrere Schüler gemeinsamen
Bank eine durchaus genügende und für sein körperliches Befinden gewifs zn-
kägliche Abwechselung in dw Körperhaltung mehr gewährleistet werde, als
durch bewegliehe Tischplatten.
Zu dem Vorschlag ad 3 hat die Wissensch. Deputation den Wunsch
ausgesprochen, es möge der erste Satz desselben lauten: „Für die übrigen Klassen
der höh. Lehranstalten sind Subsellien für je 2 bis 4, höchstens 6 Schüler zu
beschaffen."
Im Uebrigen spricht die Wissensch. Deputation sich entschieden gegen
die Zulassung von Subsellien mit unveränderlicher Distanz, auch nur als Aus-
nahme und in dem Falle aus, wo die Subsellien nur zweisitzig sind, weil die
Forderung der veränderlichen Distanz eine principielle Bedeutung habe, der in der
gesamten Schulhygiene nur die Forderung eines genügenden Lufb^umes für
jeden einzelnen Schüler gleich sei. Die Möglichkeit, beim Aufstehen von der
acweisitzigen Bank aus derselben heraus in den Zwischengang zu treten, ändere
aa der sanitären Bedeutung einer variablen Distanz gar nichts; sie betreffe
nnr die ganz technische und zum Teil pädagogische Aufgabe, ein Subsellium
herzustellen, welches dem Schüler das Aufstehen ohne Zwang gestatte.
46
Schliefslich hat die WiBsensch. Deputation noch bemerkt, dass sie ffir
die Herstellnng von Einzelsitzen auch das System Yandenesch ails ein bernck-
sichtigenswerthes erachte.
Meine Absicht geht dahin, gewisse allgemeine Directiven für die Wahl
eines zu den yerschiedenen Schulzwecken geeigneten Banksystems zu bieten,
ohne weitgehende Detailbostimmungen zu treffen und ohne die Anwendung
anderweiter guter Systeme auszuschliessen, so weit sie nicht gegen allgemein
anerkannte Grundsätze hygienischer oder pädagogischer Art anstofsen. Beyor
ich diese Absicht ausführe, wflnsche ich eine Aeuflierung über die in Frage
stehende Angelegenheit von den beteiligten Behörden meines Bessorts zu er-
halten und bemerke erläuternd dazu noch das Folgende:
Die von der E. Wissensch. Deputation f. d. Medicinalw. angeregte Aus-
führung von Körpermessungen an Schulkindern in allen Teilen des Landes
würde sehr vi^ Zeit in Anspruch nehmen und doch schwerlich ein for alle
Fälle brauchbares Durchschnittsergebnis liefern. Daher wünsche ich nicht,
den Erlafs bestimmter Anordnungen über die Gestaltung der Schulbänke oder
die Wahl der entsprechendsten Banksysteme von der Durchführung solcher
Messungen abhängig zu machen, da namentlich die zur Zeit beabsichtigen
allgemeinen Directiven von dieser mehr auf dem Grebiete der specielleren Aus-
führung liegenden Frage wenig berührt werden. Gleichwohl veraiüasse ich die
beteiligten Behörden — insbes. die mit der Leitung von Volksschulen und
Gymnasien etc. betrauten — sich zu dieser Frage zu äufsem und anzu-
geben, ob sie schon etwa Material in dieser Hinsicht innerhalb ihres Bezirkes ge-
sammelt haben, resp. ob sie die Veranstaltung solcher systematischer Messungen
überhaupt für empfehlenswerth und durchführbar halten.
Obgleich in dem Referat v. 25. Apr. v. J. die Anwendung beweglicher
Sitze — in durchgehenden Bänken oder vereinzelt — behufs Veränderung der
Distanz als grundsätzliche Regel angenommen ist, wünsche ich doch auch die
Frage wegen event. Zulassung von Subsellien mit festen Tischen und Sitzen
erörtert zu sehen.
Zunächst ist schon im vorgedachten Referat die Herstellung einer ver-
änderlichen Distanz dann als nicht „unbedingt geboten** bezeichne^ wenn der
verfügbare Raum im Schulzimmer die Anor^ung von nur zweisiteigen Sub-
sellien mit angemessenen breiten Zwischengängen gestattet, in welche die
Schüler beim Erheben von den Sitzen ordnungsmäfsig einzeln oder insgesamt
hinaustreten können. Da die Wissensch. Deputation f. d. Medicinalw. sich
entschieden gegen die Zulassung von Subsellien mit unveränderlicher Distanz,
auch nur als Ausnahme, ausgesprochen hat, so ist es mir von Diteresse zu
wissen, welche Erfahrungen die verschiedenen Behörden etwa in der Anwendung
fester zweisitziger Bänke gemacht haben und welche Anschauungen bei den-
selben in Betreff dieser Anwendung obwalten.
Sodann ist bei Prüfung dieser Frage zu berücksichtigen, dafs zur Zeit
noch wohl in der überwiegenden Mehrzs^l von Unterrichtsanstalten aller Art
feste Bänke alter Construction im Gebrauch sind und wahrscheinlich noch lange
im Gebrauch bleiben werden, da der Uebergang zu besseren Systemen in der
Regel nur dann in Aussicht genommen wird, wenn die bestehenden Einrich-
tungen abgenutzt sind, und selbst dann die gröfseren Beschaffungskosten von
der Wahl des Besseren zurückschrecken.
Dem gegenüber kann nun zwar geltend gemacht werden, dafs die Um-
wandlung sonst gut construirter fester Subsellien in solche mit variabler Distanz
— etwa nach dem Hippaufschen oder Beyerschen System — in der Regel keine
unerschwinglichen Kosten verursachen würde und daher, wo irgend möglich,
anzustreben sei. Immerhin bleiben aber doch noch viele Fälle übrig, in welchen
47
sofoitiger oder aach nur baldiger üebergang zn Sabsellien mit unveränderlicher
Distanz anf zn grofse finanzieUe Schwierigkeiten stOfst. In solchen F&llen wird
daher auch zn erwägen sein, wie wenigstens den gröfsten Fehlem der bestehen-
den Einrichtongen abgeholfen werden könne. Als den am meisten hygienisch
und pädagogisch ins Gewicht fallenden Fehler, der auch den hier vorliegenden
Infonnationen gemäfs sich am häufigsten findet, mufs man eine zu grofs be-
messene feste Distanz — oft 15 cm und darüber — bezeichnen. Dieser fOr
das Schreiben viel zu grofse Horizontal-Abstand zwischen den Vorderkanten
von Tisch und Bank zwingt den Schüler zu einer ganz unnatürlichen, stark
vorgebeugten Haltung des Oberkörpers beim Schreiben, während der Unter-
körper den Sitz nur in seiner Vorderkante berührt Erfahmngsmäfsig darf die
Distanz das Mafs von 5 cm auf keinen Fall überschreiten, wenn hygienisch
noch allenfalls zulässige Verhältnisse far die Schreibstellung herbeigefohrt
weiden sollen. Da nun an vielen solcher alten Subsellien mit grofser Distanz
nch aufserdem eine zu geringe Sitzbreite der Bänke vorfindet, so empfiehlt es
sich, durch angemessene Verbreiterung der Bank nach vom die zu grofse
Distanz auf ein Mafs von 4 bis höchstens 5 cm zu verringern. Allerdings wird
hierdurch der Nachteil herbeigeführt, dafs das Durchgehen und Stehen zwischen
Bank und Tisch den Schülem sehr erschwert wird; doch mufs dies als der
verhältnismäfsig geringere (wenn auch immer sehr erhebliche) Nachteil be-
trachtet werden. Will man auch diesen vermeiden, so erübrigt, wie gesagt^ —
abgesehen von den zweisitzigen Bänken — nur eine Anwendung mit wechselnder
Distanz. Daher wird in jedem einzelnen Falle zu erwägen sein, ob sich nicht
gegenüber dem doch immer nur unvollkommenen Erfolg einer gleichfalls mit
Kosten verknüpften Verbreiterung der Bank der etwas gröfsere Kostenaufwand
gewinnen lasse, welchen die Einrichtung des Subsellium mit veränderlicher
Distanz bedingt '^ — Der Min. etc. v. Gofsler.
Heizsysteme für Gebäude höherer ünterrichtsanstalten.
Min.- Verf. v. 12. Decbr. 1883. ,J)em K. Prov.Sch.C. sende ich die Anlagen
des Berichtes vom 27. März d. J., betreffend das Project zum Neubau des Gym-
nasiums in N. mit dem Bemerken zurück, dafs ich das Project der Abteilung
füi das Bauwesen im K. Ministerium der öff. Arbeiten mit dem Ersuchen um
Herbeiführung der Superrevision habe vorlegen lassen. Das hierauf eingegangene
Antwortschreiben vom 21. April d. J. lasse ich dem K. Frov.Sch.C. zur Kennt-
nisnahme und Mitteilung an die Königl. Begierung anbei in Abschrift zugehen.
Hinsichtlich des zu wählenden Heizsystems bemerke ich zunächst in
üebereinstimmung mit dem Gutachten der Bauabteilung im Ministerium d. öff.
Arbeiten, dafs von einer Dampfheizanlage Abstand zu nehmen sein wird. Ob
aber eine Central-Luftheizanlage oder Localheizung mit Ventilationsöfen zu
wählen sei, hängt zum guten Teile mit von örtlichen Verhältnissen ab, weshalb
diese Frage noch näherer Erörterang bedarf.
Es ist davon auszugehen, dafs vom hygienischen Standpunkte einprin-
cipieller Unterschied zwischen Ofenheizung mit ausgiebigen Ventilationsein-
richtungen und einer rationell angelegten Luftheizung nicht besteht Es kommt
bei beiderlei Anlagen nur darauf an, durch zweckmäfsige Einrichtungen ein
richtiges Functioniren derselben zu sichern.
Für Luftheiz-Anlagen ist es in diesem Sinne vor Allem wichtig,
dafs Heizkörper wie Heizkammer in richtigem Gröfsenverhältnisse zu den zu
heizenden Räumlichkeiten stehen, namentlich nicht zu klein angenommen werden,
damit die Heizluft nicht überhitzt zu werden braucht, um den entsprechenden
Heizeffect zu erzielen. Die Anordnung einer geräumigen Heizkammer, in welche
ein erwachsener Mensch eintreten und so den Heizkörper und die Wände be-
sichtigen und reinigen kann, ist auch schon im Interesse des Reinhaltens der
48
Heizluft nnd der steten Anfisicht über den guten Zustand des Heizkörpers von
grofsem Werthe.
Bei den Kanälen nnd Bohren, welche die Verteilung der Heizlnft nach
den einzelnen zn heizenden Bäumen yermitteln, ist gleichfalls auf genügenden
Querschnitt, glatte, saubere Wandungen und auf die Möglichkeit periodischer
Beinigung — etwa mittels eines feuchten Wischers — zu achten. Die Ver-
teilungskanäle, welche die Luft in horizontaler Bichtung zu leiten haben, sollen,
wo irgend mOglich, wenigstens in ihrer Decke mit einiger Steigung angelegt
werden, damit ihnen die warme Lufb williger folgt. Man nimmt gewöhnlich
an, dafs solche Horizontalleitungen von mehr als etwa 10 Meter Länge nur
unter besonders günstigen Verhältnissen eine genügende Sicherheit för die
gleichmäfsige Verteilung der Heizlufk bieten. Für langgestreckte Bauanlagen
wird man daher mit einer Heizstelle nicht auskommen. Besondere Bücksicht
ist auch auf die angemessene Dimensionirung der Zuleitungsröhren in dem
Sinne zu nehmen, dafs die Bohrquerschnitte för die höheren Geschosse unter
sonst gleichen Verhältnissen kleiner herzustellen sind, als für die tiefer gele-
genen. Eine genaue Begulirung des gleichmäfsigen Luftzuflusses kann jedoch
nur durch Schieber stattfinden, welche nach Vollendung der Anlage auf Grund
praktischer Versuche richtig einzustellen sind. Da die Luft bekanntlich bei
höherem Temperaturgrade mehr Wasser in sich aufnehmen kann, als bei
niedrigem, so bedarf die Heizluft der Anfeuchtung, wenn sie nicht die sub-
jective Empfindung der Trockenheit erregen soll. Geeignete Anordnungen,
welche diese Anfeuchtung bewirken, dürfen daher nicht aufser Acht gelassen
werden. Ebenso ist auf die Beinigung der Luft, welche namentlich in grofsen
Städten oft im Freien durch Bufs und Staub verunreinigt wird, vor ihrem Ein-
tritte in die Heizkammer durch passende Vorkehrungen je nach Bedarf zu
sehen. Viel kann oft in dieser Hinsicht schon durch richtige Wahl des Platzes
für die Luftbrunnen geschehen, wie denn überhaupt die Lage der Punkte, an
welchen die dem Ofen zuzufahrende Luft geschöpft werden soll, auch mit Bück-
sicht auf die wechselnden Windrichtungen, welche der Luftversorgung teils
förderlich, teils nachteilig sind, sorgfältiger Ueberlegung bedarf. In der Begel
bedarf man mehrerer Eidtluftkanäle, um je nach der Bichtung des Windes den
einen oder anderen aufser Function zu setzen, da sich die absaugende
Wirkung eines starken Windes dadurch in nachteiliger Weise bemerkbar machen
kann, daAi er nicht nur den Auftrieb der Heizluft stört, sondern auch die
Temperatur der beheizten Bäume herabsetzt. Gerade dadurch, dafs in diesem
Falle die Luftheizung die entsprechende Erwärmung der zu beheizenden Bäume
nicht erzielt, ist nicht selten das ganze System in Mlfskredit gekommen. Eine
richtige Zuführung der kalten Luft gehört daher zu den Cardinalbedingungen
der Luftheizung. Desgleichen sind die Einlafsöffhungen für die warme Luft in
den zu heizenden Bäumen in geeigneter Höhe anzubringen — ein Umstand,
dessen Nichtbeachtung häufig zu Mifsständen Veranlassung gegeben hat. Sie
müssen sich mindestens 2,5 M. über dem Erdboden befinden und sind thun-
lichst so anzulegen, dafs sie sich bei der durch die sonstigen Verhältnisse
gebotenen Benutzung der Bäume nicht unmittelbar über den Sitzbänken oder
am Lehrersitze befinden.
Die regelrechte Luftzuföhrung ist aber mitbedingt durch entsprechende
Einrichtungen zum Abfuhren der verbrauchten Luft, durch welche auch die Er-
haltung einer angemessenen Luftreinheit gesichert werden kann. Sogenannte
Circulationsheizungen, bei welchen die Zimmerluft dem Ofen zum nochmaligen
Anwärmen zugeführt wird, können höchstens beim Anheizen als zulässig be-
zeichnet werden. Fü> den regelmäfsigen Betrieb mufs stets dem Zuströmen
frischer Heizluft das Abströmen der verdorbenen Luft entsprechen. Die für
49
diesen letzteren Zweck dienenden Bohren werden am Besten nach einem Saag-
Bchlote geleitet» welcher, dnrch das eiserne Banchrohr der Heizanlage ange-
wärmti die Snction der verbrauchten Luft bewirkt.
Besonders hervorgehoben mnfs noch werden, was zwar fast selbstver-
ständlich erscheint, aber doch nur zu häufig aufser Acht bleibt, dafs eine richtige
Bedienung der Anlage von der grOfsten Wichtigkeit ist. Ein sachkundiger
Heizer, dem auch die Beg^irung der Temperatur, das Einstellen aller Klappen,
kurz der ganze Heizdienst allein zusteht, ist daher unbedingtes Erfordernis für
das gute Functionifen selbst einer zweckmäfsig eingerichteten Centralluftheizung.
Bei Ofenheizung mit Ventilation wird man zwar die Bedienung
der Oefen nicht von den Zimmern, sondern von den Fluren aus bewirken und
80 die enteren vor der Berührung mit Heizmaterial und Asche bewahren; jedoch
wird für fieinhaltung der Flure besonders Sorge getragen werden müssen, und
hieraus so wie aus der Bedienung zahlreicher einzelner Heizungen, dem Trans-
porte des Brennmaterials und der Asche etc. erwächst ein erheblicher Mehr-
bedarf an Arbeitskräften, die übrigens bei YentilationBöfen auch einer gewissen
Schulung nicht entbehren können. Unter den verschiedenen zweckmä&igen
Yentilationsöfen kann hier der Pfälzer von aufsen heizbare Zimmer-Schachtofen
wegen seiner relativ einfiichen Gonstmction erwähnt werden. Er hat mit gutem
Erfolge Anwendung im neuen Grebäude der Kunstakademie zu Düsseldorf ge-
funden. Die hinsichtlich der Beschaffenheit und der Zu- und Abführung der
VentilationBluft zu beobachtenden Vorsichtsmafsregeln gelten bei der Local-
heizung im Allgemeinen, wie bei der Centralheizung.
Unter Beachtung vorstehender Momente, welche der Königlichen Be-
gienmg gleichfalls mitzuteilen sind, wird dieselbe zu erwägen haben, welches
Heizsystem im vorliegenden Falle zu empfehlen sei; nach dem Besultate dieser
Erwägung ist von derselben die Umarbeitung bezw. Ergänzung der bezüglichen
Kostenanschläge gemäfs dem Schreiben der Abteilung für das Bauwesen zu
veranlassen und sind diese, denen jeden&lls ein Kostenanschlag für die er-
wähnten Zimmer-Schachtöfen und eine Berechnung der Heizungs- und Betriebs-
kosten für jedes der beiden Systeme beizufügen sind, nach erfolgter Yorrevision
dem K. Prov.Sch.C. mitzuteilen. Das letztere wolle sich vom Standpunkte des
Unterrichtsbetriebes und unter Berücksichtigung der bei den Anstalten Seines
Bessorts gesammelten Erfahrungen ebenfalls eingehend darüber äufsem, wel-
chem Heizsysteme for den vorliegenden Fall der Yorzug zu geben sein würde,
und mit dieser Aeufserung die sämtlichen technischen Ausarbeitungen mir ein-
reichen. Der Minister etc. von Gofsler.
Zur Aufklärung und Yerhütnng wahrgenommener Uebelstände, so wie
zur Erwägung für neue Anlagen dient femer ein im CJ31. 1885, S. 610 — 6S4,
abgedruckter Bericht des Prof. H. Bietschel über die an den Heiz-
anlagen verschiedener höh. Lehranstalten während der Winter
1882/83 und 1883/84 gemachten Beobachtungen und angestellten
Untersuchungen.
Ueber Beleuchtung der .Wohn-, Schlaf- und Unterrichtsräume in
Alumnaten s. das Gutachten der K. wissensch. Deputation für das Medicinal-
Wesen vom 27. Juü 1877 im C.B1. 1877 S. 332—336.
Zum Schutz gegen störende Nachbarschaft Aus der Gewerbe-
ordnung V. 21. Juni 1869 (1. Juli 1883): „Die Errichtung oder Yerlegung
solcher Anlagen, deren Betrieb mit ungewöhnlichem (Geräusch verbunden ist,
mulis, — der Ortspolizei-Behörde angezeigt werden. Letztere hat, wenn in
der Nähe der gewählten Betriebsstätte Kirchen, Schulen oder andere öffent-
liche Gebäude — vorhanden sind, deren bestimmungsmäfsige Benutzung
Wiei«, Yerordncuigeii. 4
50
durch den (Gewerbebetrieb anf dieser Stelle eine erhebliche StOrang erleiden
würde, die Entscheidung der höheren Yerwaltnngsbehörde darüber einzuholen,
ob die Ausübung des Gewerbes zu der gewählten Betriebsstätte zu untersagen
oder nur unter Bedingungen zu gestatten sei."
Anbringung von Blitzableitern. Min.-Yerf. 11. Jan. 1876 an
den Hauptlehrer N.: „Auf die Eingabe vom etc. betreffend den Schutz sämt-
licher Schulhäuser gegen Blitzschlag, eröffne ich Ihnen, dafs Torbehaltlich be-
sonderer Ausnahmen, welche durch die eigentümliche Lage des Gebäudes be-
gründet sind u. in Absicht welcher der E. Regierung die geei^eten Yerfögungen
überlassen werden, im Allgemeinen die Anlage von Blitzableitern als ein Be-
dürfnis nicht angesehen werden kann. Die Ansichten darüber, in wie weit
durch die Anlage von Blitzableitern ein wirksamer Schutz der Gebäude gegen
Blitzschläge erreicht werden kann, sind nach dem Gutachten der technischen
Deputation für das Bauwesen noch sehr schwankend, und erst unlängst sind, von
der E. Oberbaubehörde selbst für die neuen Universitätsgebäude in N. die pro-
jectirten vier Blitzableiter entbehrlich erachtet worden."
Versicherung gegen Feuersgefahr« FiscaUsches Eigentum wird
in der Regel nicht, und nur ausnahmsweise in dei^jenigen Fällen versichert,
wo ungewöhnl. Umstände dies räthüch erscheinen lassen. Die Frage bedarf
daher in Jedem einzelnen Fall besonderer Prüfung nach Mafsgabe der concreten
Verhältnisse. Vgl. CBl. 1864, 579. 1872, 208. 1873, 328.
Circ-Verf. v. 21. Juni 1881. „Nachdem ich im Einverständnisse mit
dem Herrn Finanzminister dahin Entscheidung getroffen habe, dafs die Samm-
lungen und Bibliotheken höherer staatlicher Unterrichtsanstalten gegen Feuers-
gefahr zu versichern sind, veranlasse ich die E. Prov. Schulcollegien, zu erörtern,
bei welchen Anstalten die bisher nicht bestehende Versicherung fraglicher Art
sich empfiehlt, und diese Versicherung herbeizuführen, sofern die Anstaltskassen
die Mittel dazu unzweifelhaft besitzen. Zur Vermeidung unnöthigen Aufwandes
ist die Versicherung eines Affectionswerthes bei seltenen Büchern und Hand-
schriften zu vermeiden. Dieselben sind entweder in der Versicherungs-Police
ausdrücklich als von der Versicherung ausgeschlossen zu bezeichnen oder be-
sonders zu einem nicht übermäfsigen Betrage au&uführen. Ueber das Resultat
•ist binnen Jahresfrist zu berichten. Die in den Etats etwa enthaltenen Ver-
merke wegen künftiger inabgangstellung der Versicherungsbeiträge werden hier-
durch aufgehoben."
C.-Verf. des Prov. Seh. C. zu Eiel v. 16. Sptb. 1872: „Mit Bezug
auf den Bericht — , betreffend die Versicherung der dortigen Gymnasial-
bibliothek, ermangeln wir nicht, dem Directorat zu erwidern, dafs von der
Anfertigung einer Abschrift der Bibliotheks-Eataloge mit Rücksicht auf die
damit verbundenen unverhältnismäfsigen Eosten abgesehen werden mufs. Wir
ersuchen deshalb das Directorat, mit der München-Aachener Feuerversicherungs-
Gesellschaft eine Vereinbarung in dem Sinne herbeizuführen, dafs, falls im
Brandschadenfalle ein specieller Eatalog nicht sollte vorgelegt werden können,
statt dessen eine Vergütung des Schadens nach der Zahl der Bände auf Grund
eines für jeden Band festzusetzenden Durchschnittspreises stattfinden solle.
Wenn die München-Aachener Gesellschaft eine solche Vereinbarung ablehnen
sollte, so würde die Versicherung bei dieser Gesellschaft nicht femer zu pro-
longiren, sondern unter den obigen Bedingungen mit einer anderen Gesellschaft
z. B. der Gothaer, abzuschliefsen sein. Nachdem die Versicherungs- Angelegen-
heit im obigen Sinne geregelt worden, ist die Zahl der in der Bibliothek vor-
handenen Bände festzustellen und eine bezügl. Notiz, welche von Jahr zu Jahr
nach Mafsgabe der erfolgten Anschaffungen zu berichtigen ist, aufserhalb des
Gymnasialgebäudes niederzulegen."
51
C.Verf. V. 9. Juni 1854: ,4)ie Verantwortlichkeit, welche die Gymnasial-
directoren far die Ordnung und Beinlichkeit des Schullocals haben, wird den-
selben, mehrfachen Mitteilungen zufolge, besonders bei den Anstalten städtischen
Patronats, dadurch erschwert, dafs Bäume des Schulhauses, Klassenzimmer etc.
ohne Zustimmung des Directors anderweitig benutzt werden. Ich veranlasse die
E. ProY. Schulcoll., von der thatsächlichen Verwendung der Gymnasialiocale
Kenntnis zu nehmen, und, ndthigenfalls unter Mitwirkung der K. Begierung,
darauf zu halten, dafs nichts dem Schulzweck Fremdartiges in den Bäumen der
Gymn. vorgenommen werde. Dem Dir. mufs die ihm gebührende Autorität auch
in dieser Beziehung gewahrt werden. Dies wird am zweckmäfsigsten durch die
Anordnung geschehen, dafs die betreff. Schuliocale zu anderen als Gym-
nasialzwecken nur mit Genehmigung des K. Prov.Sch.G. nachdem
Berichte des Dir. benutzt werden dürfen."
Verf. des Prov.Sch.G. zu Berlin v. 11. Novb. 1869: „Durch das
Min^Bescr. v. 9. Juni 1854 ist angeordnet, dafs die Benutzung der Schullocale
zu anderen als Anstaltszwecken nur mit Genehmigung der vorgesetzten Aufsichts-
behörde stattfinden darf, und ist von uns durch die Verf. v. 19. Apr. 1855 der
hies. Magistrat ermächtigt worden, zur Benutzung der Localitäten der Anstalten
städt Patronats 1. für Wahlverhandlungen, welche auf Grund der Gesetze
oder der Bestimmungen der vorgesetzten Staatsbehörden abgehalten werden und
2. für Kunst- und wissenschaftl. Vorträge, sofern weder deren Objecto, noch der
Charakter der Vortragenden zu irgend einem Bedenken Anlafs giebt, im Ein-
verständnis mit den betreff. Directoren, ohne besondere Anfrage bei uns die
€renehmigung zu erteilen, so dafs also in allen Fällen der Benutzung der An-
staltsräume zu anderen als Anstaltszwecken, mit alleiniger Ausnahme der in
der Verf. v. 19. Apr. 1855 bezeichneten Fälle, unsere vorgängige Genehmigung
einzuholen ist.
Obwohl auf diese Bestimmungen erst kürzlich durch unsere Instruction
für die Directoren der höh. Lehranstalten vom 22. Jan. 1868 § 26 hingewiesen
ist, sind dieselben doch gegenwärtig wiederholt unbeachtet geblieben. Wir
nehmen daher Veranlassung, die mitgeteilten Vorschriften von neuem zur
pünktlichen Befolgung in Erinnerung zu bringen.^
Bescr. derselben Behörde an den Magistrat zu Berlin v. 4. Novb. 1872:
,J)em Magistrat eröffnen wir auf die Vorstellung v. 18. v. M., dafs wir nach
den gesetzlichen Vorschriften § 54 seq. Tit. 12. T. 11. A. LB., nach welchen
die Gymnasien als besondere Corporationen unter die Aufsicht der betr. Staats-
behörde gestellt sind, und nach dem den umfang und die Grenzen der Patronats-
befugnisse des Magistrats speciell bezeichnenden Magistrats-Erlasse v. 3. Juli
1841, sowie endlich nach dem mittels unserer Circ.Verf. v. 22. Juni 1854 mit-
geteilten Min. Bescr. v. 9. Juni 1854, in welchem ausdrücklich vorgeschrieben
ist, dafs die Gymnasiallocale zu anderen als Schulzwecken nur mit Genehmigung
des betr. Prov. Sch.G. benutzt werden dürfen, uns nicht in der Lage befinden,
dem Antrage entsprechen zu können, welcher dahin geht, „die Berechtigung des
Magistrats anzuerkennen, mit Zustimmung des betr. Directors eine einmalige
Benutzung eines Schulsaales auch in den Fällen zu verstatten, für welche dem
Magistrat diese Befugnis durch unsere Verfügung v. 19. April 1855 noch nicht
erteilt ist" um indessen dem Wunsche des Magistrats mit Rücksicht auf die
örtlichen Verhältnisse möglichst entgegen zu kommen, wollen wir unsere Verf.
V. 11. Novb. 1869, nach welcher die Benutzung von Schulräumen zu Ver-
sammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten berathen werden, grund-
sätzlich abgelehnt werden soll, dahin modificiren, dafs auch in solchen Fällen
nach vorgängiger Zustimmung des Anstaltsdirectors unsere Genehmigung ein-
geholt werden kann, welche, wenn nicht begründete Bedenken entgegenstehen
52^
nicht versagt werden wird. Anfserdem sind wir gern bereit, wenn die Be-
nutzung der Schulräume für gewisse Zwecke unsererseits bereits far zulässig
erklärt ist, z. B. zu den Versammlungen des Gustav-Adolf- Vereins und der
Kreis-Synoden, die Genehmigung generell zu erteilen, ohne dafs es dann der
Wiederholung des Antrages in jedem Benutzungsfalle bedarf/'
Verf. des Prov.Sch.C. zu Kiel v. 11. Mai 1878: „Hinsichtlich der
Einräumung von Schullocalen zu anderen als unmittelbar der Anstalt dienenden
Zwecken ist bisher nicht an allen Schulen unseres Aufsichtsbezirkes dasselbe
Verfahren beobachtet. Um die wünschenswerthe Gleichmäfsigkeit in dieser Be-
ziehung herzustellen, ordnen wir unter Hinweis auf die Ministerial- Verfügung
vom 9. Juni 1854 far die Zukunft Nachfolgendes an: Sobald der Dirigent
'einer höh. Lehranstalt die zu einem anderweitigen Zwecke erbetene Benutzung
von Schulräumlichkeiten im vorliegenden Falle far nicht geeignet hält, hat er
dieselbe ohne weiteres zu verweigern. Erscheint ihm dieselbe dagegen ^^unbe-
denklich, so steht es ihm frei, seinerseits die erbetene Erlaubnis zu erteilen.
Er hat aber in diesem Falle uns nachträglich davon in Kenntnis zu setzen.
Ist es dem Dirigenten zweifelhaft, ob die Erlaubnis zu gewähren sein möchte
oder nicht, oder wünscht er aus anderen Gründen den Bescheid uns zu über-
lassen, 80 hat er uns die Sache berichtlich vorzutragen und unsere Entscheidung
abzuwarten. Selbstverständlich dürfen aus einer solchen Einräumung von
SchuUocalen zu Zwecken, für welche dieselben nicht unmittelbar bestimmt sind,
niemals der Schulkasse Ausgaben irgend welcher Art erwachsen."
Verf. derselben Behörde, Schleswig d. 8. Mai 1883: „Hinsichtlich der
Einräumung von Schullocalen zu anderen ^s unmittelbar der Anstalt dienenden
Zwecken ist durch unsere Verfügung vom 11. Mai 1878 angeordnet worden,
dafs es den Dirigenten der höh. Lehranstalten unseres Auüsichtsbezirks frei-
stehen soll, zu anderweitiger Benutzung von Schulräumlichkeiten, sobald ihnen
dieselbe unbedenklich erscheint, die erbetene Erlaubnis zu erteilen. Als be-
denklich müssen wir es aber bezeichnen, wenn, wie es neuerdings vorgekommen
ist, Sectirem die Benutzung der Aula eines Gymnasiums für den öffentlichen
Vortrag ihrer religiösen Anschauungen und Lehren gestattet wird. Es erscheint
das abgesehen von allem anderen schon der Schüler wegen unzulässig, die aus
dem Umstände, dafs derartige Vorträge in der Aula ihrer Schule gehalten werden
dürfen, leicht den irrigen Schlufs ziehen könnten, der Inhalt derselben werde
von ihren Lehrern gebilligt. Ew. . . wollen demnach, sobald um die Ein-
räumung der Aula zu religiösen Vorträgen irgend welcher Art gebeten wird,
Sich zunächst Gewifsheit darüber zu verschaffen suchen, ob es sich auch nicht
um die Verbreitung der Lehren einer aufserhalb der Landeskirche stehenden
Secte handelt. Dazu ist die Benutzung der ächullocale nicht zu gestatten, im
übrigen aber, falls irgend welche Zweifel sich darüber erheben sollten, ob die
Erlaubnis zur Benutzmig der Schullocale zu gewähren sei, nach Mafsgabe un-
serer Verfügung vom 11. Mai 1878 unsere Entscheidung einzuholen."
\
53
IV.
ünterriclit.
Circular-Rescript v. 24. October 1837,
die für den Unterricht und die Zucht auf den Gymnasien getroffenen
allgemeinen Anordnungen betreffend.
Aus den gutachtlichen Berichten sämtlicher K. Prov.-Schnlcollegien über
den im ersten Stücke der hiesigen medicinisohen Zeitung v. J. enthaltenen Auf-
satz des Kegrierungs-Medicinalraths Dr. Lorinser: „Zum Schutz der Gesund-
heit in den Schulen^' hat das Ministerium die erfreuliohe Ueberzeugung ge-
wonnen, dafs in den diesseitigen Gymnasien der Gesundheitszustand der Jugend
im Allgemeinen recht befriedigend und in der bisherigen Einrichtung dieser Lehr-
anstalten kein hinreichender Grund zu der beunruhigenden Anklage vorhanden ist,
welche der pp. Lorinser gegen die deutschen Gymnasien überhaupt erhoben hat.
Wenn die krankhaften Erscheinungen des Geistes und Körpers, welche der
pp. Lorinser im Widerspruche mit andern Aerzten bei dem jüngeren Geschlechte
bemerkt zu haben behauptet, wirklich vorhanden sind, so ist es wenigstens durch
die bisherige Erfahrung in keiner Art erwiesen, dafs durch die Gymnasien und
ihre Verfassung jene krankhaften Anlagen hervoi^rufen und gesteigert werden.
Das Ministerium kann sich daher auch nicht veranlafst sehen, auf den €h*und jener
Anklage die bisherige Verfassung der Gymnasien im Wesentlichen abzuändern,
zumal da die Sorge w^en Bescnützung der Gesundheit in den Gymnasien fort-
während die Aufmerksamkeit der E. Prov.-Schulcollegien in Anspruch genommen,
die Lehrer-CoUegien in ihren vorschriftsmäfsigen Conferenzen und die Gymnasial-
Directoren in ihren aufserordentlichen Zusammenkünften immer von neuem aufs
Emstlichste beschäftigt und in den einzelnen Provinzen der Königl. Staaten zweck-
dienliche Anordnungen hervorgerufen hat, damit die körperliche und geistige Ge-
sundheit und Eräftigkeit der Jugend, so weit die Gymnasien auf dieselben ein-
wirken können, nicht nur nicht gefährdet, sondern vielmehr auf jede thunliche
Weise erhalten und gefördert werde.
Li mehreren Verfügungen und namentlich in der ausführlichen Gircuhu>
Verfugung vom 29. März 1829 hat das Ministerium diesen hochwichtigen Gegen-
stand den Königl. Prov.-SchulcoUegien zur sorgfältigsten Berücksichtigung von
neuem dringend empfohlen, vor jeder Uebertreibung nachdrücklichst gewarnt und
sich aufs Entschiedenste dahin ausgesprochen, dafs zwar den Schülern in den
Gymnasien die Beschwerden, Mühseligkeiten und Aufopferungen, welche die un-
vermeidliche Bedingung eines der Wissenschaft und dem Dienste des Staats und
der Kirche gewidmeten Lebens sind, mittelst einer stätig und naturgemäfs sich
entwickelnden Bildung vergegenwärtigt, sie früh an den Ernst ihres Berufs ge-
wöhnt und zum muthigen Vollbringen der mit demselben verbundenen Arbeiten ge-
stählt, aber alle überspannte und dem jedesmaligen Standpunkte ihrer Kraft nicht
gehörig angepafste Forderungen durchaus vermieden werden sollen.
Wenn auch hiemach mit Grund anzunehmen ist, dafs bei einer umsichtigen
und gewissenhaften Ausfuhrung der in Bezug auf die (Gymnasien bereits erlassenen
gesetzlichen Vorschriften die geistige und körperliche Gesundheit der Jugend nicht
gefährdet, vielmehr durch den Ernst des Unterrichts und die Strenge der Zucht,
wie sie in den Gymnasien herrschen, selbst gegen die verderblichen Einflüsse der
oft verkehrten häuslichen Erziehung und der materiellen Bichtungen der Zeit er-
folgreich geschützt wird: so glaubt das Ministerium dennoch die erfreuliche Auf-
merksamkeit und lebendige Teilnahme, welche der oben gedachte Aufsatz des
pp. Lorinser in den verschiedensten Kreisen der Gesellschaft gefunden hat, nicht
unzweideutiger ehren zu können, als indem dasselbe wesentliche in den Gymnasien
*) Abdruck nach: Annalen der PreuTsischen innem Staats- Verwaltung,
herausg. von K. A. v. Kamptz. 21. Bd. Jahrgang Berlin 1837. — Es ist üblidi
gewesen, obiges Eeacript nach den blauen Umschlägen der amtlich ausgegebenen
nthographirten Exemplare als das blaue Buch zu bezeichnen.
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wahrgenommene Gebrechen und Mängel, welche der gedeihlichen Wirksamkeit
dieser Anstalten hemmend entgegentreten, so viel als möglich abzustellen sucht
und zueleich über mehrere den Unterricht und die Zucht in den Gymnasien be-
treffende Funkte, die noch einer näheren Bestimmung zu bedürfen scheinen, im
Folgenden das Erforderliche festsetzt.
1) Nach der bisherigen Erfahrung wird den Gymnasien ihre Aufgabe, die
ihnen anvertraute Jugend formell und materiell zu einem gründlichen und gedeih-
lichen Studium der Wissenschaften vorzubereiten und zu befähigen, ungemein
dadurch erschwert, dafs ihnen zur Aufnahme in die unterste Klasse fort-
während Knaben zugeführt werden, welche nicht die erforderlichen Elementar-
kenntnisse oder wegen ihres noch zu zarten Alters nicht das gehörige Mafs von
körperlicher und geistiger Energie besitzen. Auf diese Weise werden die Gym-
nasien genÖthigt, Gegenstände, weiche offenbar noch der Elementarschule angehören,
in den Kreis ihres Unterrichts zu ziehen, und während andere Knaben mit den
erforderlichen Elementarkenntnissen gleichfalls in die unterste Klasse eintreten,
wird schon hier der Grund zu der ffrofsen, das Gedeihen des Unterrichts vielfach
hemmenden Ungleichartigkeit der Sdiüler gelegt, mit welcher die G^ymnasien immer
noch kämpfen. Wenn früher bei dem ungenügenden Zustande des städtischen
Elementarschulwesens der Mafsstab für die A^enntnisse der in die unterste Gym-
nasialklasse aufzimehmenden Knaben auf mechanisches Lesen, nothdürftiges Schreiben
und die ersten Elemente des Rechnens selbst mit Genehmigung des Ministeriums
beschränkt worden : so ist jetzt, nachdem fast überall in den Städten die Elementar-
schulen geregelt und verbessert sind, zur ferneren Beibehaltung dieses zu beschränk-
ten Mafsstabes kein dringender Grund vorhanden. Im Interesse der Elementar-
schulen wie der Gymnasien will das Ministerium daher anordnen, dafs von jetzt
an die Aufnahme der Knaben in die unterste Gymnasialklasse nicht vor ihrem
zehnten Lebensjahr erfolgen und von ihnen gefordert werden soll:
a. Geläufigkeit nicht aUein im mechanischen, sondern auch im logisch-richtigen
Lesen in deutscher und lateinischer Druckschrift; Kenntnis der Kedeteile und
des einfachen Satzes praktisch eingeübt; Fertigkeit im orthographischen
Schreiben;
b. Einige Fertigkeit, etwas Dictirtes leserb'ch und reinlich nachzuschreiben;
c. Praktische Geläufigkeit in den vier Species mit unbenannten Zahlen und in
den Elementen der Brüche;
d. Elementare Kenntnis der Geographie namentlich Europas;
6. Bekanntschaft mit den Geschichten des alten Testaments und mit dem
Leben Jesu;
f. Erste Elemente des Zeichnens, verbunden mit der geometrischen Formenlehre.
Körperlich schwachen Knaben und Jünglingen ist zwar, wenn sie die er-
forderlichen Vorkenntnisse besitzen, die Aufnuime in die Gymnasien auch ferner-
hin nicht zu versagen. Da aber die Ghjrmnasial- Verfassung nicht auf sieche und
kranke, sondern auf gesunde Knaben und Jünglinge berechnet ist, so sind die
Eltern, welche für solche körperlich oder auch geistig untüchtigen Söhne die
Aufnahme nachsuchen, vor den Gefahren, welchen sie dieselben aussetzen, um so
ernstlicher zu warnen, je häufiger noch immer junge Leute, die für ein Handwerk
und Gewerbe zu schwach sind oder scheinen, sich ohne allen innem Beruf zu den
wissenschaftlichen Studien drängen und der grofsen in dieser Laufbahn unvermeid-
lichen Anstrengung erliegen. Auch ist den Eltern in angemessener Art zu empfeh-
len, ihre Söhne weder in einem zu sehr vorgerückten Alter, noch ohne die nöthiffen
Subsistenzmittel den Gymnasialcursus beginnen zu lassen, damit sie nicht ohne
alle Schuld der Gymnasien sich gezwungen sehen, auf Kosten ihrer Gesundheit durch
unnatürliche Anstrengung das fniher Versäumte wieder einzubringen, oder sich am
Taffe durch Frivatstunden den ihnen fehlenden Unterhalt zu verdienen und der
noüiwendigen Nachtruhe die zur Anfertigung der Arbeiten für die Schule erforder-
liche Zeit zu entziehen.
2^ Die Lehrgegenstände in den Gymnasien, namentlich die deutsche,
lateiniscne und griechische Sprache, die Beligion sichre, die philosophische Propä-
deutik, die Mathematik nebst Physik und Naturbeschreibung, die Geschichte und
Geographie, sowie die technischen Fertigkeiten des Schreibens, Zeichnens und
Singens, und zwar in der ordnungsmäfsigen, dem jugendlichen Alter angemessenen
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Stufenfolge und in dem Verhältnisse, worin sie in den verschiedenen Klassen ge-
\ehri werden, machen die Grandlage jeder höheren Bildung aus nnd stehen zu
dem Zwecke der (Gymnasien in einem eben so natürlichen als nothwendigen Zu-
sammenhange. Die Erfahrung von Jahrhunderten und das Urteil der Sachver-
standigen, auf deren Stimme ein vorzügliches Gewicht gelegt werden mufs, spricht
dafür, dafs gerade diese Lehrgegenstände vorzüglich geeignet sind, um durch sie
und an ihnen alle geistigen Kräfte zu wecken, zu entwickeln, zu stärken und der
Jugend, wie es der Zweck der Gymnasien mit sich bringt, zu einem gründlichen
und gedeihlichen Studium der Wissenschaften die erforderliche, nicht blos formelle,
sondern auch materielle Vorbereitung und Befähigung zu geben. Ein Gleiches
^st sich nicht von dem Unterrichte in der hebräischen Sprache, welche vorzugs-
weise nur für die künftigen Theologen bestimmt und als Vorbereitung zu einem
speciellen Facultätsstudium dem allgemeinen Zwecke der Gymnasien fremd ist,
und von der französischen Sprache behaupten, welche ihre Erhebung zu einem
Gegenstande des öffentlichen Unterrichts nicht sowohl ihrer innem Vortrefflichkeit
und der bildenden Kraft ihres Baues, als der Rücksicht auf ihre Nützlichkeit für
das weitere praktische Leben verdankt. Wenn indessen äufsere Gründe rathen,
den Unterricht in der hebräischen und französischen Sprache auch noch ferner in
den Gymnasien beizubehalten, so gehen dagegen jene oben gedachten Lehrgegen-
stände aus dem inneren Wesen der Gymnasien nothwendig hervor. Sie sind nicht
willkürlich zusammengehäuft ; vielmehr haben sie sich im Laufe von Jahrhunderten
als Glieder eines lebendigen Organismus entfaltet, indem sie, mehr oder minder
entwickelt, in den Gymnasien immer vorhanden waren. Es kann daher von
diesen Lehrgegenständen auch keiner aus dem in sich abgeschlossenen Kreise des
Gtymnasialunterrichts ohne wesentliche Gefährdung der Jugendbildung entfernt
werden, und alle dahin zielenden Vorschläge sind nach näherer Prüfung unzweck-
nuLfsig und unausführbar erschienen. Indem folglich diese Lehrgegenstände, mit
Eins^lufs der hebräischen und französischen Sprache, ihre bisherige Stelle im
System des Gymnasialunterrichts auch femer behaupten sollen, besorgt das Mi-
nisterium aus dieser Mafsregel in keinerlei Art nachteilige Folgen für £e körper-
liche und geistige Entwickelung der Jugend, vorausgesetzt, dsd^s das wahre Ver-
hältnis dieser Lehrgegenstände zu der den Gymnasien gestellten Aufgabe von allen
Lehrern und auf jeder Stufe des Unterrichts richtig gewürdigt wird. Kein Lehr-
gegenstand in den Gymnasien ist als Zweck für sich, sondern jeder nur als dienen-
des nnterffeordnetes Mittel zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zu betrachten
und zu bäandeln. Aber das lebendige Band, welches alle Lehrfächer umfassen
und zur Einheit verbinden soll, wird gelöst, das unerläfsliche Zusammenwirken
aller Lehrer wird gestört und die Erreichung ihres gemeinsamen Ziels wird er-
schwert, selbst in vielen fallen unmöglich gemacht, wenn ein G^ymnasiallehrer
einzelne ihm übertragene Lehrfächer auf Kosten der übrigen betreibt, ihr gegen-
seitiges Verhältnis wie das Bedürfnis der Klasse, die ihm angewiesen ist, unbeachtet
läfst und sowohl in dem, was er seinen Schülern mitteilt, als in dem, was er von
ihnen fordert, mafslos über die Schranken hinausgeht, welche dem Gymnasial-
nnterricht für jedes Lehrfach und für jede Klasse gezogen sind. Das Ministerium
mufs auf den Grund der vorliegenden Berichte befürchten, dafs auch in den dies-
seitigen Gymnasien manche jüngere und weniger erfahrene Lehrer, bald bei der
Auswahl des mitzuteilenden Lehrstoffes, bald bei der Art der Mitteilung und Be-
handlung desselben, die Grenzen des Gymnasialunterrichts überschritten und, anstatt
jedes ihnen übertragene Lehrfach zur harmonischen Uebung der geistigen Kraft
ihrer Schüler zu benutzen, sie mit einer zerstreuenden Masse materieller Kennt-
nisse überhäuft und durch solche nnd ähnliche Uebertreibungen der irrigen Meinung,
als ob die Mannigfaltigkeit der Lehrgegenstände in den Gymnasien den Geist der
Jugend verwirre und abstumpfe, selbst Vorschub geleistet haben. Die Directoren
der G^ymnasien waren und sind eben so verpflichtet als berechtigt, solchen Mifs-
griffen einzelner Lehrer mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten, gegen deren
einseitige Richtun^^ den gemeinsamen Zweck der Gymnasialbildung geltend zu
machen und rücksichtslos darauf zu halten, dafs jeder Lehrer die für seine Klasse
und sein Fach vorgeschriebenen Lehr-Pensen |fenau beachte. Die K. Prov.Schul-
oollegien haben die Gymnasialdirectoren für die umsichtige Erfüllung dieser ihnen
obliegenden Pflicht aufs neue verantwortlich zu machen, aber auch zugleich denen
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unter ilmeD, welche mit Lehrstanden, Correctoren und anderen Arbeiten zu sehr
überhäuft sind, die erforderliche Erleichterung zu verschaffen, damit sie dem Unter-
richte der andern, besonders jüngeren Lehrer desto öfter beiwohnen können.
3) Um ungeachtet der Mannigfaltigkeit der Lehrgegenstände in den Gym-
nasien die nöthige Einheit im Untemchte und in der Meuiode zu bewirken, eine
möglichst gleichmäfsige Ausbildung der Schüler herbeizuführen und auch ihnen
das lebendige Band, welches alle Lehrgegenstände vereint, fühlbar zu machen und
zur geistigen Anschauung zu bringen, hat das Ministerium schon längst für alle
Gymnasien das Klassensystem und das Klassen-Ordinariat angeordnet.
Bei einer sachgemäfsen Durchführung dieses Systems müssen in derselben Klasse
die verwandten Lehrgegenstände nicht, wie bisher, getrennt neben einander in ver-
schiedenen Stunden, sondern können in denselben Stunden mit und nach einander
behandelt werden. Hiemach scheint es räthlich und thunlich, in den beiden un-
teren Klassen das Lateinische und Deutsche, sowie die Geschichte, Geographie
und Naturbeschreibung, in den mittleren und oberen Klassen die Geschichte und
Geographie, sowie die Mathematik und Physik zu einander auf die angedeutete
Weise in ein n^eres Verhältnis zu bringen. Femer sind zur VermeiSing der
wesentlichen Nachteile, welche für die Einheit des Unterrichts aus der Teilung der
Lehrgegenstände in einer und derselben Klasse unter zu viele Lehrer erwachsen,
nicht nur die Zweige eines und desselben Lehrgegenstandes und die verwandten
Lehrfächer, sondern auch die einander nahe stehenden Lehrobjecte so viel als nur
irgend möglich Einem Lehrer anzuvertrauen. Dieser Bestimmung gemäfs sollen in
den beiden unteren Klassen jedenfalls das Lateinische und Deutsche, in den beiden
mittleren Klassen das Lateinische, Griechische und Französische, und in den
beiden oberen Klassen das Lateinische, Griechische und Deutsche, oder auch das
Griechische, Deutsche und Französische in der Regel nur Einem Lehrer übertragen,
femer in den unteren Klassen die Geschichte, Geographie und Naturbeschreibung,
in den mittleren und oberen Klassen die Geschichte und Geographie, und in der
obersten Klasse die Mathematik, Physik und philosophische Propädeutik so viel
als möglich in Eine Hand gelegt werden. Auf diese Weise werden für die Sprachen
und Wissenschaften in den unteren Klassen zwei, in den mittleren drei und in
den oberen höchstens vier Lehrer überall ausreichen. Damit die Schüler mehr
und mehr den wissenschaftlichen Zusammenhang ihrer Lectionen fassen und fest-
halten, und zum Bewufstsein von der Einheit des Unterrichts gelangen, scheint es
dem Ministerium räthlich und thunlich, manche Lehrgegenstände, anstatt sie wie
bisher gleichzeitig und auf die verschiedenen Wochentage verteilt, neben einander
herlaufen zu lassen, von jetzt an nach einander in der Art zu behandeln, dafs z.
B. in demselben Semester und in derselben Klasse zwar Geographie und Geschichte,
aber jene in den ersten Monaten ausschflieslich, diese allein in den letzten Monaten
gelehrt werde. Ein ähnliches Verfahren kann auch in Hinsicht der Arithmetik
und Geometrie, sowie der lateinischen und griechischen Schriftsteller eintreten und
namentlich in Bezug auf diese letzteren die Einrichtung stattfinden, dafs, während
es bei der Vorschriu, in Einem Semester und in Einer Klasse nur Einen lateinischen
und griechischen Prosaiker und Dichter zu erklären, auch femer verbleibt, die erste
Hälfte des Semesters ausschliefslich dem Prosaiker, und die übrige Zeit nur dem
Dichter zugewandt werde. Diese und ähnliche Veranstaltungen werden jedoch nur
in dem Mafse ihrem Zwecke entsprechen, als es je länger je mehr gelingen wird,
für das schwierige, aber einfluTsreiche Geschäft der Klassen-Ordinarien tüchtige
Lehrer von allgemein wissenschaftlicher Bildung, von treuer Liebe und Hingebung
für ihren Beruf und von gereifter Erfahrung zu gewinnen, welche die ihnen an-
vertrauten Lehrfächer wahmaft durchdrungen haben und beherrschen, in klarer
und stets wacher Einsicht von dem Zusammenhange derselben mit den übrigen
Lehrobjecten und mit dem gemeinsamen Zweck des Gymnasialunterrichts in allen
Fächern das zur allgemeinen Entwicklung und zur intensiven Bildung ihrer Schüler
dienende Material auszuwählen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern
wissen, und endlich durch die Eeinheit und Würde ihres Charakters, wie durch
den nulden Ernst ihrer ganzen Haltung eine unauslöschliche Ehrfurcht vor der
sittlichen Macht, welche das Leben der Menschen regiert, in der ihrer väterlichen
Obhut und Pflege übergebenen Klasse zu erwecken vermögen. Im Ganzen erfreuen
sich die diesseitigen G^rmnasien eines Lehrstandes, welchem das ehrenvolle Zeug-
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nis ffebührt, dafs er sich eben so sehr durch gründliche wissenschaftliche Bildung
als durch regen pflichtmäfsigen Eifer für seinen Beruf und durch willfähriges Ein-
§ehen in die wohlverstandenen Anordnungen der vorgesetzten Behörden auszeichnet
omit giebt das Ministerium gern der Hofinung Baum, dafs sich in diesem Lehiv
Stande auch eine hinreichende Anzahl von Männern finden werde, welche zur
Führung eines Klassen-Ordinariats tüchtig und geneigt, und insbesondere im Stande
sind, die Hauptfacher und die Mehrzahl der wöchentlichen Lectionen, wie es im
Wesen der Klassen-Ordinarien lieg^ in der ihnen anzuvertrauenden Klasse mit
glücklichem Erfolge zu übernehmen. Den K. Frov.SchulcoUegien liegt es ob, mit
umsichtiger Sorgfalt unter den Lehrern nicht blofs eines Gymnasiums, sondern
sammtlicher Gymnasien der Provinz die fähigsten und tüchtigsten zum Klassen-
Ordinariate auszuwählen, ihre Versetzung von einem Gymnasium zum andern nach
dem jedesmaligen Bedüifnisse der betreffenden Anstalt in angemessener Art herbei-
zuführen, und auf ihre Beförderung sowie auf die Verbesserung ihrer äufseren Lage
bei jeder schicklichen Gelegenheit Bedacht zu nehmen.
Wie es dem Ministerium eine angelegentliche Pflicht sein wird, zu den er-
ledigten Stellen der Gymnasial-Directoren und der Schulräthe vorzugsweise solche
Lehrer, welche sich als Klassen-Ordinarien während längerer Zeit in jeder Be-
ziehung bewährt und ausgezeichnet haben, Allerhöchsten Orts in Vorschlag zu
bringen, so hat dasselbe zur Aufmunterung der Klassen-Ordinarien beschlossen,
ihnen von jetzt an das Prädikat: „Oberlehrer'* ausschiefslich beizulegen, da-
gegen den bisherigen Unterschied zwischen Ober- und ünterlehrer hiermit um so
mehr aufzuheben, als es nöthig scheint, der irrigen Vorstellung entgegen zu treten,
dafs die Fähigkeit, den Unterricht in den oberen Klassen erteilen, wie achtungs-
werth übrigens auch das hierzu erforderliche Mafs von Gelehrsamkeit und wissen-
schaftlicher Bildung ist und bleibt, schon an sich eine höhere Würde verleihe und
dem betreffenden Lehrer ohne Weiteres einen so bedeutenden Vorzug gebe vor
denen, die zu Folge des ihnen erteilten Prüfun^zeugnisses nur zu dem Unterricht
in den unteren oder mittleren Klassen befugt sind.
4) Die gesetzliche und herkömmliche Zahl wöchentlicher Lehrst nnden
ist, wie die ganze G^mnasialeinrichtung, eben so wenig auf schwache, als auf vor-
züglich begabte, vielmehr auf Schüler von gewöhnlichen körperlichen und geistigen
Kräften berechnet. Für diese sind nach vieljähriger Erfahrung und nach dem
Urteile von Aerzten täglich vier Lehrstunden . des Vormittags und an vier Tagen
der Woche zwei Stunden des Nachmittags nicht zu viel, zumal da in allen G^-
nasien nach der zweiten Stunde des Vormittags und nach der ersten Stunde des
Nachmittags den Schülern eine viertelstündige Erholung im Freien gegönnt wird,
zwischen jeder der übrigen Lehrstunden eine Pause von wenigstens fünf Minuten
erlaubt ist und zwischen dem vor- und nachmittäglichen Unterricht eine gröfsere
Pause von zwei Stunden eintritt, welche in der Regel nicht zu Geistesarbeiten ver-
wandt wird. Femer gewähren die zwei freien Nachmittage, die Sonntage und die
verschiedenen Hauptferien, welche etwa den sechsten Teil des Jahres einnehmen,
kleinere und gröfsere Ruhepunkte und lassen den Schülern zur Abspannung des
Geistes und zur Uebung des Körpers Zeit genug übrig. Bei solchen regelmäfsigen
Unterbrechungen der Lehrstunden, wie bei der ganzen mehr oder weniger erote-
matischen Art und Weise des Schulunterrichts, ist ein vier- oder sechsstündiger
Aufenthalt in hellen, luftigen, geräumigen und mit zweckmäfsigen Tischen und
Subsellien versehenen Schulzimmem der naturgemäfsen Entwickening des Körpers
nicht hinderlich und wird überhaupt für die (^sundheit der Jugend keine andere
Gefahr haben, als die, welche von jeder sitzenden Lebensart unzertrennlich ist.
Das Ministerium kann daher eine Verminderung der gesetzlichen Zahl von 32
wöchentlichen Lehrstunden nicht für begründet erachten, macht aber den K. Prov.
ScholcoUegien nochmals aufs Dringendste zur Pflicht, eine Ueberschreitung dieser
Zahl in keinem Falle und unter keinerlei Verwände weiter zu dulden.
Um bei Verteilung dieser wöchentlichen Stundenzahl auf die einzelnen Lehr-
gM^enatände nicht sowohl eine durchgängige Einförmigkeit, als vielmehr nur im
Wesentlichen der Gymnasialeinrichtung die nöthige Gleichheit zu erzielen, wird in
der Anlage (a.) eine allgemeine Uebersicht der für die Gymnasien angeordneten
Lehrgegenstände, in welcher einem jedem derselben nach seiner Bedeutung für den
allgemeinen Bildungszweck der Gymnasien eine passende Stundenzahl und nach
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seinem VerhältniBse zu den verschiedenen Bildungsstufen und Klassen eine ange-
messene Stellung gegeben ist, zur leitenden Norm mitgeteilt Dieser allgemeinen
Uebersicht eemäfs, ist für jedes Gfymnasium, unter Berücksichtigung seiner eigen-
tümlichen Verhältnisse und des wechselnden Bedürfnisses seiner einzelnen Klassen
alljährlich ein Lectionsplan festzustellen und demselben eine genaue Abgrenzung
der Zielleistungen für jede Klasse und jedes Fach beizufügen. Wenn hiemach in
Hinsicht des Lectionsplanes der einzelnen Gymnasien eine freie Bewegung inner-
halb der allgemeinen Vorschrift ausdrücklich gestattet wird, so darf andererseits
für die Beligionslehre, für die Sprachen und die Werke des classischen Altertums
und für die Mathematik, welche in ihrer lebendigen Gemeinschaft vorzüglich geeig-
net sind, den wesentlichen Zweck des Gymnasialunterrichts zu verwirklichen, die
ihnen bestimmte wöchentliche Stundenzahl nicht vermindert und die Stelle, welche
ihnen als den Hauptgliedem des Organismus gebührt, nicht verrückt werden. Den
Unterricht in der französischen Sprache wegen ihrer Nützlichkeit für das praktische
Leben schon in der vierten Klasse beginnen zu lasssen, scheint dem Ministerium
nicht angemessen, weil in dieser Klasse ohnehin schon ein neuer Lehrgegenstand,
die griechische Sprache, hinzutritt, auch der untergeordnete Zweck des französi-
schen Sprachunterrichts während des sechsjährigen Gursus in den drei oberen
Klassen durch zwei wöchentliche Lehrstunden ganz füglich zu erreichen ist. An
die Stelle der Physik in der zweiten Klasse kann der naturgeschichtliche Unter-
richt und zwar um so mehr treten, als in dieser und der folgenden Klasse für die
Physik die unentbehrliche Grundlage mittelst des mathematischen Unterrichts noch
fortwährend gewonnen wird, in dem zweijährigen Gursus der ersten Klasse in zwei
wöchentlichen Stunden Zeit genug für den Unterricht in der Physik, wie ihn der
wissenschaftliche Zweck der Gymnasien erfordert, gegeben ist, und es endlich räth-
lich scheint, das Naturleben, das in den vier unteren Klassen von Stufe zu Stufe
entwickelt worden, nochmals in seinen wichtigsten Gestaltungen den Schülern der
zweiten Klasse vorüber zu führen und ihnen die Idee desselben zum BewuTstsein
zu brixigen.
Der Zeichen- und Gesane-Unterricht ist in allen Gtymnasien so zu legen,
dafs an demselben auch die Scnüler der 'oberen Klassen, welche ihn aus Talent
und besonderer Neigung fortzusetzen wünschen, nach freier Wahl Teil nehmen
können. Um dem Uebelstande zu begegnen, dafs durch Anhäufung zu vieler ver-
schiedener Lehrobjecte in Einem Tage die Kraft der Schüler zersplittert, ihr GeiBi
durch die Verschiedenheit des Vorgetragenen verwirrt und ungebührlich angestrengt
wird, scheint es zweckdienlich und ausführbar, bei Anordnung des Lectionsplanes
für Einen Gegenstand zwei Stunden hinter einander zu bestimmen. Auf diese
Weise wird sich bewirken lassen, dafs die Schüler täglich nur für drei, höchstens
vier verschiedenartige Lehrobjecte in Anspruch genommen, und die ersten Morgen-
stunden solchen Le&gegenständen zugewandt werden, für deren Auffassung vor-
zugsweise eine gespannte AufinerksaioJseit von Seiten der Schüler erforderlich ist.
Ob die schon in einigen Gymnasien bestehende Einrichtung, dafs während des
Sommer-Semesters die Lehrstunden des Vormittags in die Zeit von 7 bis 11 Uhr
fallen, überall anwendbar sein möchte, wird den K. Prov. SchulcoUegien zur näheren
Beurteilung und endlichen Entscheidung anheimgestellt.
5) Die häuslichen Arbeiten bilden ein nothwendiges Glied indemOr-
fanismus des Gymnasialunterrichts. Es reicht nicht aus, dafs der Schüler in der
lehrstunde den ihm dargebotenen Stoff in sich aufnehme, sich aneigne, und dem
Lehrer gegenüber in der Schule auf geeignete Weise Zeugnis ablege, ob und in
wie weit ihm dieses gelungen. Vielmehr mufs er die in der Schule begonnene
Uebung und Thätigkeit auch aufserhalb derselben fortsetzen und in zweckmafsiger
Art veranlafst werden, das in sich Aufgenommene auch wieder darzustellen und
seine an den einzelnen Leh^egenständen gewonnene Bildung durch freie häusliche
Arbeiten zu bethätigen. A^n Seiten der Gymnasien ist daher eine umsichtige
Sorgfalt von Nöthen, dafs in Hinsicht der Aufgaben zu diesen Arbeiten überall
das richtige Mafs beobachtet, und von den Schülern nichts verlangt werde, was
ihrem Bildungsstande unangemessen und mit der pflichtmäfsigen Rücksicht auf
die Erhaltung ihrer körperlichen Gesundheit unverträglich ist. Um möglichen
MiTsgriffen in dieser Hinsicht vorzubeugen, ist von jetzt an in allen G^ymnasien,
wie in mehreren bereits seit längerer Zeit geschieht, zu Anfange jedes Semesters
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in einer Conferenz für alle Lehrfacher und Klassen Alles, was Gegenstand des
hauslichen Fleifses sein soll, nach Reihefolge und Verteilung der Aufgaben auf die
Tage, Wochen und Monate in möglichster Bestimmtheit zu verabreden und durch
Conferenzbeschlufs anzuordnen. Hierbei ist als Begel festzuhalten, dafs keine
schriftliche Arbeit von den Schülern gefordert werden darf, die der Lehrer nicht
selbst nachsieht. Ton den Aufgaben der Lehrer für die öffentlichen Lehrstunden
darf nicht die ganze häusliche Arbeitszeit in Anspruch genommen werden, sondern
ein angemessener Teil derselben mufs der Erholung und der freien Selbstbe-
schaftigung der Schüler verbleiben, und auch hierin eine Abstufung nach der Ver-
schiedenheit der Eiassen stattfinden. Die für die Schüler der oberen Klassen
empfohlene Frivatlectüre der griechischen, lateinischen und deutschen Classiker
darf in keinerlei Art erzwungen, sondern muTs mit der sorgfältigsten Berück-
sichtigung der Persönlichkeit, Anlagen und Verhältnisse der Schüler geleitet werden.
Femer ist bei allen Gymnasien für jede Klasse ein Aufgabebuch einzuführen, in
welches jeder Lehrer sogleich beim Unterrichte seine Aufgabe einträgt oder durch
den Primus der Klasse eintragen läfst, damit jeder Lehrer derselben Klasse er-
sehen könne, wie weit der häusliche Fleifs der Schüler für eine bestimmte Zeit
schon von den übrigen Lehrern in Anspruch genommen ist, und damit dem Direc-
tor bei der Bevision der Klassen die Uebersicht der häuslichen, besonders schrift-
lichen Arbeiten erleichtert, und er in den Stand gesetzt werde, zu beurteilen, ob,
wie weit und von wem etwa gegen den Conferenzbeschlufs gefehlt ist. Der Klassen-
Ordinarius mufe aufser den schriftlichen Arbeiten, deren Gorrectur ihm nach dem Lec-
tionsplane obliegt, sämtliche Hefte seiner Schüler monatlich wenigstens einmal re-
vidiren. £ben so mufs der Director monatlich wenigstens in £liner Erlasse die
Schulhefte seiner besonderen Durchsicht unterwerfen, um dadurch sich nicht blofs
von dem Fleifse und den Fortschritten der Schüler, sondern auch von der Zweck-
mäfsigkeit und der Zahl der Aufgaben Kenntnis zu verschaffen. Eine vorzügliche
Aufmerksamkeit ist den Directoren in Hinsicht der Aufgaben zu den freien deut-schen
und lateinischen Aufsätzen um so mehr zu empfehlen, je gröfsere Mifsgriffe bei
ihrer Wahl noch immer gemacht werden. Themata, bei welchen der Schüler über
ganz abstracte oder ihm unbekannte Gegenstände sogenannte Gedanken produciren
soll, überschreiten die Grenzen des Gynmasialunterrichts , sind folglich unzweck-
mäfsig und gereichen dem Lehrer, der sie stellt, mit Recht zum Vorwurfe und
dem Schüler, der sie bearbeiten soll, zur Qual. Vielmehr müssen diese Aufgaben
stets so gewählt sein, dafs die Schüler den Stoff, den sie in ihren Aufsätzen zu
bearbeiten haben, bereits kennen und einigermafsen beherrschen; überdies mufs
ihnen der Lehrer bei jeder nach der Verschiedenheit der Klassen zu stellenden
Aufgabe den Gesichtspunkt, unter und nach welchem sie den bekannten ihnen ge-
gebenen Stoff behandeln sollen, aufs Bestimmteste bezeichnen und entwickeln.
Wenn obige Bemerkungen gehörig beachtet, wenn in allen Klassen und in allen
Disciplinen der Vorschrift gemäfs zweckmäfsige Lehrbücher zum Grunde gelegt
und dadurch die häuslichen Arbeiten vermindert werden, wenn endlich eine ernste
häusliche Zucht die Schüler anhält, stets zur rechten Zeit zu arbeiten, und sie
eben so sehr vor unnöthigem Privatunterrichte, als vor zerstreuender Gesellschaft
und unzeitigen Vergnügungen bewahrt, so ist von den häuslichen Arbeiten, welche
das G^ynmasium von seinen Schülern verlangen mufs, kein Nachteil für ihre körper-
liche Entwickelung zu besorgen, und die Schüler werden überall zu ihrer Erholung,
wie zu ihrer freien Privatbeschäftigung hinreichende Mufse übrig behalten.
6) Bei Feststellung des von den Gymnasien zu erreichenden Ziels sind sechs
gesonderte, einander untergeordnete Klassen und einjährige Lehrcurse für die drei
untern, zweijährige für die drei oberen Klassen in Aussicht genommen. Wie jede
Klasse zu dem Gbsamtzwecke des Gtymnasialunterrichts in einem bestimmten
Verhältnisse steht, so ist auch jeder ein bestimmtes Ziel gesetzt, zu dessen Er-
reichung das erforderliche Zeitmafs gegönnt werden mufs. Für die drei untern
Klamen darf der We? zu dem ihnen gestellten Ziele nicht zu lang sein, um die
noch ungeübte Kraft der Schüler nicht zu ermüden, aber auch nicht zu kurz, um
ihnen die Schwierigkeiten des Weges in seinem weiteren Verlaufe wenigstens fühl-
bar zu machen,- und um das Büdungsgeschäft nicht zu übereilen. Aus diesem
Grunde, und damit die Schüler gleich auf der untersten Stufe des Gymnasial-
unterrichts gewöhnt werden, mit Interesse und Sammlung bei den ihnen darge-
60
botenen Lefargegenständen zu verweilen nnd sie nicht blos flach nnd einseitig,
sondern gründlich nnd von allen Seiten aofzufassen, zu behandeln und sich anzu-
eignen, hat das Ministerium für jede der drei untern Klassen einen einjährigen
Lehrcursus räthlich erachtet, ^us dieser Bestimmung folgt, dafs in den eben ge-
dachten Klassen auch die Versetzung nur alljährlich stattfinden darf, und
das Ministerium will diese Mafsregel, von welcher die Beseitigung wesentlicher,
an dem Gymnasialunterricht gerügter Mängel mit Grund zu erwarten ist, für alle
Gymnasien, die nur aus sechs einander untergeordneten Klassen bestehen, hierdurch
anordnen. Der näheren Beurteilung der f. Prov.-SchulcoUegien wird hiebei an-
heim gestellt, nach der Verschiedenheit der provinziellen Verhältnisse und dem
Herkommen gemäfs den jährlichen Lehrcursus von Ostern oder von Michaelis ab
beginnen zu lassen. In den Gymnasien der gröfseren Städte, welche wegen ihrer
Schülerzahl mehr als sechs einander untergeordnete Klassen haben, und wo in den
drei untern Klassen die halbjährliche Aufnahme und Versetzung herkömmlich ist,
mag dieses Verfahren noch einstweilen fortbestehen, wenn die LehrercoUegien sich
für dessen Beibehaltung nach reiflicher Berathung erklären, und wenn sie in sich
die Kraft und die Mittel besitzen, den Uebelständen und Nachteilen, welche in den
drei untern Klassen aus der halbjährlichen Versetzung und aus der mit ihr zu-
sammenhängenden zu grofsen Verschiedenartigkeit der Schüler in einer und der-
selben Klasse fast unvermeidlich erwachsen, wirksam und mit Erfolg begegnen zu
können. Auf die dritte und zweite Klasse, für welche ein zweijähriger Lehrcursus
vorschriftsmäfsig besteht, ist die Bestimmung, dafs aus ihnen die Schüler jedesmal
erst nach zwei Jahren versetzt werden dürfen, nicht anwendbar, einerseits, weil
diesen Klassen in Folge der Versetzung aus der nächst vorhergehenden untern all-
jährlich neue Schüler zugeführt werden, welche ohnehin eine Teilung des zwei-
jährigen Cursus nothwendig machen, andererseits, weil in diesen Klassen die kör-
perliche und geistige Ehtwickelung der Schüler schon so weit gediehen ist, dafs
ihnen ohne Gefahr die Möglichkeit eröfi'net werden kann, durch erhöhten Fleifs
auch in einem kurzem Zeitraum das Bildungsziel ihrer Klasse zu erreichen.
Dem angeordneten Klassensystem gemäfs, darf die Versetzung aus einer
Klasse in die andere nicht nach einzelnen, sondern mufs nach allen Lehrg&>
genständen erfolgen, es mufs folglich jeder, welcher auf Versetzung Ansprüche
macht, wenn auch nicht in allen Lehrobjecten durchaus gleichmäfsig fortgeschritten,
doch in den Hauptlehrgegenständen, an welchen sich seine Gesamtbildung am füg-
lichsten prüfen läfst, zu dem für die zunächst höhere Klasse unentbehrlichen Ghrade
der Keife gelangt sein.
7) Ob und in wie weit die Schüler der ersten Klasse die Gesamtbildung,
welche der Zweck des ganzen Gymnasialunterrichts und das nothwendige Erfor-
dernis zu einem gedeihlichen wissenschaftlichen Studium ist, wirklich erlangt haben,
wird durch die Prüfung der zur Universität Abgehenden ermittelt.
Bei dem über diese Prüfung unter dem 4. Juni 1834 erlassenen Beglement
waltete die Absicht vor, die Zielleistungen des Gymnasiums seinem Zwecke gemäfs
und zugleich genauer, als in der Instruction vom 25. Juni 1812 geschehen war,
festzustellen, jedem Lehrgegenstande die ihm im Organismus des Gymnasialuuter-
richts gebührende Geltung zu verschaffen, in einem enger gezogenen Kreise des
positiv zu Lernenden eine gleichmäfsige und intensiv gründliche Durchbildung der
Schüler herbeizuführen und die einzelnen Anforderungen an die Abiturienten so
zu ermäfsigen, dafs jeder Schüler von hinreichenden Anlagen und von gehörigem
Fleifse der letzten Prüfung mit Ruhe und ohne ängstliche und in der nächsten
Folge nach der Anstrengung erschlaffende Vorbereitungsarbeit entgegen sehen
könnte. Dieser dem Reglement zum Grunde liegenden Absicht entsprechen auch
die einzelnen Bestimmungen desselben. Die näheren Momente, welche aus dem
Begriffe der von den Abiturienten zu fordernden Gesamtbildung hetvorgehen, die
Lehrgegenstände, an welchen sie sich in verschiedenen Abstufungen bethätigen,
der Mafsstab, nach welchem sie beurteilt werden, und die Gesichtspunkte, denen
die Prüfungrscommission bei ihrem ganzen Geschäfte folgen soll, sind so bestimmt
angegeben, dafs Voraussetzungen und Folgerungen, welche mit dem Reglement im
grellsten Widerspruche stehen, nicht wohl erwartet werden konnten. Dennoch
haben sich solche Mifsverständnisse geltend zu machen gesucht So ist behauptet
worden, dafs das Reglement, indem es allen Fächern eine entschiedene und nor*
61
mirte Geltung bei der BeurteiiTuig der Reife einräume, die Schüler der obersten
Klasse das letzte Jahr hindurch zu einem polyhistorischen Treiben und einem
encyklopädischen Gedächtnis wesen verurteile, von ihnen verlange, über alles in
zehn Jahren historisch Erlernte in wenigen Stunden Bechenschaft abzulegen, und
den Nutzen, den der Unterricht in den einzelnen Wissenszweigen gewähre, allein
nach dem abmesse, was davon nachweislich behalten worden. Und dennoch wird
in dem Reglement weder einzelnen noch vielen, noch allen Lehrobjecten, sondern
nur der an ihnen gewonnenen Gesamtbildung des Geprüften, der durch längere
Beobachtung begründeten Kenntnis der Lehrer von seinem ganzen wissenschaftr
lichen Standpunkte, und dem Gesamteindrucke, den seine Prüfung gemacht hat,
in Hinsicht auf die Beurteilung seiner Reife ein entscheidendes Gewicht beigelegt.
Durch die weitere Bestimmung des Reglements, nach welcher die Zulassung zur
Prüfung von einem zweijährigen Aufenthalte in der ersten Klasse abhängig ge-
macht ist, soll und kann bewirkt werden, dafs der Unterricht in der ersten Klasse
nicht in ein Abrichten für die Prüfung ausarte, dafs die Schüler, um bei einem
stätigen Eleifse ohne Uebereilung in ihrer wissenschaftlichen und sittlichen Aus-
bildung langsam reifen zu können, die erforderliche Zeit behalten, dafs sie sich,
statt durch ein hastig zusammengerafftes Wissen verwirrt und erdrückt zu werden,
sicher und gründlich vorgebildet, mit frischer Kraft, mit freudigem Muthe und mit
freier Umsicht zur letzten Prüfung stellen können. Während das Reglement, wie
es sein Zweck erfordert, die aus dem Gymnasialunterricht sich ergebenden Gegen-
stände der schriftlichen und mündlichen Prüfung aufzählt und für ieden das mit-
telst dieses Unterrichts zu erreichende ideelle Ziel feststellt, unterscheidet dasselbe
diese letzteren Bestimmungen, welche ausdrücklich den Prüfenden nur bei der
Schlufsberathnng zur leitenden Richtschnur für die £rteilung des Zeugnisses der
Reife dienen sollen, aufs unzweideutigste von dem Mafsstabe, der für den Act der
Prüfung selbst in Anwendung kommen und eben kein anderer sein soll, als der, welcher
dem Unterrichte in der ersten Klasse und dem Urteile der Lehrer über die Leistun-
gen der Schüler dieser Klasse zum Grunde liegt. So unmöglich es ist, dafs ein
verstandiger Lehrer der ersten Klasse von seinen Schülern verlange, über alles,
was ihnen in dem zweijährigen Lehrcursus gelehrt und vorgetragen worden, binnen
einigen Stunden Rechenschaft abzulegen, und so wenig es ihm einfallen wird, den
Grad ihrer durch die einzelnen Lehrgegenstände errungenen geistigen Bildung
nur nach dem, was sie auswendig gelernt und behalten haben, abzumessen, eben
so entfernt ist auch das Reglement von solchen verkehrten Forderungen, und wenn
sie nichts desto weniger gemacht werden sollten, so ist es Pflicht des Königl.
Prüfungscommissarius, einem solchen Unfuge mit Nachdruck entgegen zu treten
und den Geist und wesentlichen Inhalt des Reglements gegen jegliche Mifsdeutung
und falsche Anwendung seiner einzelnen Bestimmungen geltend zu machen. Dem
Ministerium gereicht es in dieser wichtigen Angelegenheit zur Beruhigung, dafs
sämtliche K. Prov.-SchulooUegien, im Einverständnisse mit dem Urteile unbe-
fangener und einsichtiger Schulmänner, die Forderungen des Reglements an den
zur Universität zu entlassenden Schüler nicht für zu hoch gestellt, sondern für an-
gemessen und eine Herabsetzung derselben für nnräthlich und unthunlich erachten.
Besonders erfreulich ist die aus mehreren Provinzen der KönigL Staaten erfolgte
Anzeige, dafs der Hauptzweck des Reglements, eine lebendige und regelmäfsige
Teilnahme an den Unterrichtsgegenständen zu wecken, der tiunultuarischen Vor-
bereitung ein Ziel zu setzen und durch die oonsequente Richtung der Schüler auf
das Wesentliche und Dauernde dem unruhigen und leidensohaftuchen Streben der
Eitelkeit und des Ehrgeizes einen Zügel anzulegen, schon in mehreren Gymnasien
glücklich erreicht wird. Wenn ungeachtet dieser wohlthätigen Wirkung, die das
neue Reglement auf das Schulleben auszuüben beginnt, noch immer bemerkt wird,
dafs die Aussicht auf die Prüfung, weil von ihrem Ergebnisse eine für den weitem
Lebensgang und die Ehre der Schüler bedeutende Entscheidung abhängt, bei
manchem unter ihnen Unruhe, Angst und ein erschlaffendes Uebermafs der An-
strengung veranlafst, und wenn zur Beseitigung dieses Uebelstandes, der mehr oder
weniger mit jeder Prüfung selbst in den reifem Lebensjahren verbunden ist, eine
Vereinfachung besonders der mündlichen Prüfung gewünscht wird, so ist der Er-
füllung dieses Wunsches schon durch das Reglement selbst vorgesehen, welches
der plichtmäfsigen Beurteilung der Prüfungscommission anheimstellt, die münd-^
62
liehe Prüfung in gewissen Fällen zn beschränken« Das Ministeriom darf erwarten,
dafs die Früfungscommissionen von dieser Bestimmung des Reglements den ange-
messensten Gebrauch zu machen fortwährend bemüht sein werden. — Die Beligions-
lehre, wie von mehreren Seiten in Vorschlag gebracht ist, ganz von der Prüfung
auszuschlief^en, erscheint um so weniger thunlich, je unerläfsiicher es ist, dafs der
abgehende Schüler gerade in dem wesentlichsten und wichtigsten Lehrgegenstande
irgend ein Zeugnis ablege, in wie weit er die ewigen Wahrheiten des Christen-
tums aufgefafst und sich ihren lebendigen Zusammenhang zum fiewufstsein ge-
bracht habe.
8) Mehrere sachverständige Stimmen äufsem, dafs die verkehrte Methode,
in welcher die Lehrgegenstände nicht selten noch behandelt werden, die wunde
Stelle der Gymnasien sei. Zwar wird in aufrichtiger Achtung gegen den gegen-
wärtigen Lehrstand anerkannt, dafs die Lehrstellen an den Gymnasien dem größten
Teile nach mit Männern besetzt sind, die sich durch gründliche gelehrte Bildung,
durch reges wissenschaftliches Streben, durch echte Keligiösität, Sittlichkeit und
Unbescholtenheit des Wandels, durch edle würdige Haltung, sowie durch Fleifs,
Gewissenhaftigkeit und Treue in ihrem Berufe auszeichnen. Aber zugleich erhebt
sich gegen einen Teil dieser Männer die Anklage, dafs, während das £lementar-
schulwesen in den letzten Jahrzehnten in Hinsicht auf Didaktik und Methodik
ungemein verbessert und ein Stand von Lehrern gebildet worden, die wegen ihrer
pädagogischen Gewandtheit und wegen ihres Geschicks, grofse Massen zu beleben,
in ihrem Kreise sich als Meister zeigen, sehr viele und besonders die jungem
Gymnasiallehrer das Studium der Pädagogik nicht gehörig beachten, die schwere
SLunst des Unterrichtens vernachlässigen, die erfreulichen Fortschritte, welche die
Elementarschule in dieser Beziehung gemacht hat, entweder gar nicht kennen oder
doch nicht benutzen und sich gerade den wichtigsten Teil ihres Berufs, die ihnen
anvertrauten Lehrfächer und Klassen in der rechten Methode zu behandeln, nicht
gebührend angelegen sein lassen. Eben diesen Lehrern wird zum Vorwurfe ge-
macht, dafs sie in verkehrter Methode aus falscher Gründlichkeit ihre Schüler mit
einer erdrückenden Masse materiellen Wissens überhäufen, dafs sie in Ueberschätzung
des ihnen angewiesenen Lehrfachs sein Verhältnis zu dem Gesamtzwecke, dem es
als untergeordnetes Mittel dienen soll, aus den Augen setzen, dafs ihnen endlich,
indem sie die Lehrweise der Universitäts-Professoren nachahmen, in ihrem Vor-
trage die belebende Frische und JElegsamkeit sowie das Geschick abgehe, sich dem
jugendlichen Geiste anzuschliefsen, seine Bedürfnisse und Knlfte richtig zu wür-
digen und eine gröfsere Masse von Schülern zn durchdringen und zu beseelen.
Nicht weniger wird behauptet, dafs der Erfolg ihres Unterrichts, wie es bei
einer so verkehrten Methode nicht anders sein könne, wenig befriedigend sei
und besonders in den alten Sprachen, in der deutschen Sprache und in der
Geschichte zu den grofsen Anstrengungen, welche sie selbst machen und
auch ihren Schülern zumuthen, in keinem Verhältnisse stehe, dafs sie aber in
grofser Selbstverblendung den Grund hiervon ganz und gar nicht in sich selbst,
n ihrer Unkenntnis der Methode, in ihrem zweckwidrigen Verfahren, sondern
lediglich in der geistigen Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Starrheit ihrer Schüler
suchen und deshalb auch nicht müde werden, über die Schlaffheit, den Unfleifs
und die Regungslosigkeit derselben Beschwerde zu führen. Solche und ähnliche
Anklagen sind nicht blos gegen diesen oder jenen, sondern gegen eine Mehrzahl
der Gymnasiallehrer erhoben. Das Ministerium kann sie nach der Natur der Sache
aus einer durch unmittelbare Anschauung gewonnenen Erfahrung im Ganzen weder
widerlegen noch bestätigen. Wenn gleich zur Beruhigung des Ministeriums durch
einzelne von ihm selbst gemachte Wahrnehmungen und durch das Ergebnis der
von den K. Prov. Schulcollegien angestellten Beobachtungen das Gewicht jener
Anklage um ein Bedeutendes vermindert wird, so schien es doch nothwendig, die-
selbe in ihrer ganzen Strenge und Herbheit den Gymnasiallehrern vorzuhalten,
damit jeder unter ihnen sich selbst prüfe, ob und in wie weit auch ihn der Vor-
wurf trifft, durch blinden Eifer und verkehrte Methode seine Schüler in ihrer
geistigen Entwickelung gehemmt und ihnen die segensreiche Frucht eines zweck-
mäfsigen Gymnasialunterrichts verkümmert zu haben. Mit der Erkenntnis von der
Natur und der Quelle des Uebels, an welcher nach obiger Anklage die Gymnasien
kranken, wird auch schon der erste Schritt zu seiner Heilung, und zwar um so
63
sicherer gethan sein, als die Hülfe gegen die Krankheit von den Lehrern selbst
ausgehen mufs. Je weniger die Methode des Unterrichts und der Erziehung in
den Gymnasien Gegenstand einer gesetzlichen Vorschrift sein kann, und je (rröfsere
Schwierigkeiten und Hindemisse sich gegenwärtig den Gymnasien in der Mannif^-
faltigkeit und dem Umfange der Lehrobjecte, in der Ueberfiillung der Klassen, in
der Verschiedenartigkeit der Schüler einer und derselben Klasse , in der oft ver-
kehrten häuslichen Erziehung und in der materiellen Richtung der Zeit entgegen
stellen, um desto unerläfslicher ist es, dafs der Lehrer selbst aus freiem Entschlüsse
das Wesen der Methode und ihre der Verschiedenheit der Lehrobjecte und der
Klassen entsprechende Gestaltung zu einem ernstlichen Studium mache, um desto
dringender ist zu wünschen, dafs er durch sorgfältiges Achten auf sich selbst und
auf den gröfsem oder geringem Erfolg seines Unterrichts, durch sinniges liebe-
volles Eingehen in die Lehrweise Anderer, die für Meister im Unterrichten gelten,
durch rastlose Uebung und durch eine Strenge, die sich selbst nimmer genügt,
seine Methode zu verbessern und dem Inhalte seines Unterrichts die angemessenste
Porm zu geben bestrebt sei. Eine weitere Hülfe gegen das fragliche Uebel ist von
den Directoren zu erwarten, welche nicht nur sich selbst in ihrem Unterrichte
einer zweckmäfsigen Methode befleifsigen und hierin als Muster vorleuchten, sondern
auch durch häufigen Besuch der einzelnen Klassen sich von der in ihnen herrschen-
den Lehrweise in vertrauter Kenntnis erhalten, wahrgenommene Mifsgriffe rügen
und abstellen und jede schickliche Gelegenheit, namentlich die vorschriftsmäfsigen
Lehrercohferenzen benutzen müssen, um alles, was die Methode des Unterrichts,
und dadurch seinen Erfolg fördern kann, zur Sprache und zur Berathung zu bringen.
Einen wohlthätigen Einflufs wird in dieser Beziehung auch die folgerechte Durch-
fuhrung des Klassen Systems haben, teils indem dasselbe die Zahl der Lehrer und
dadurch auch die bisherige zu grofse Verschiedenheit der Methoden in den unteren
und mittleren Klassen vermindert, teils indem durch dasselbe die Lehrer veran-
lafst werden , das jeder Klasse gestellte Ziel und die Individualität des einzelnen
Schülers schärfer ins Auge zu fassen und durch Erforschung und Anwendung der
zweckdienlichsten Mittel ihrem Unterrichte einen bessern Erfolg zu sichern. Nicht
minder wirksam wird sich das zu diesem Zwecke angeordnete Probejahr bewähren,
wenn die Directoren und Klassen-Ordinarien die Pflichten, welche ihnen in Bezug
auf die zu einem gelehrten Schulamte sich ausbildenden Kandidaten durch die
Circ.- Verfügung vom 24. Sept. 1826 auferlegt sind, mit Liebe, Treue und Hin-
gebung erfüllen, und besonders die erstem eine Ehre darin suchen, das ihrer
Leitung anvertraute Gymnasium zu einer Pflanzschule auch für Lehrer zu machen.
Damit eine bessere Methode des Unterrichts je länger je mehr in den Gymnasien
einheimisch werde, haben die K. Prov.-SchulcoUegien bei ihren Vorschlägen zur
Wiederbesetzung erledigter Lehrstellen die Candidaten, welche aufser den übrigen
erforderlichen Eigenschaften auch ein ausgebildetes Lehrtalent und Einsicht in das
Wesen der Methode besitzen, vorzüglich zu berücksichtigen, die Abfassung und
Einführung zweckmäfsiger Lehrbücher und Sprachlehren auf alle Weise zu fordern,
für die richtige Abgrenzung der Lehrpensa in jeder Klasse zu sorgen und bei der
Revision der Gymnasien, bei der Priifung der Abiturienten, wie bei jeder andern
schicklichen Gelegenheit, Mifsgriffe und Ungeschicklichkeiten einzelner Lehrer in
der Methode nicht unbemerkt zu lassen. Zu gleichem Zwecke und damit all-
mählich in hinreichender Zahl für die Gymnasien Lehrer herangebildet werden,
welche sich die Kunst des Unterrichtens theoretisch und praktisch angeeignet
haben, wird das Ministerium Bedacht nehmen, den schon bestehenden pädagogischen
Seminarien so bald als möglich eine noch zweckmäfsigere und dem allgemein an-
erkannten dringenden Bedürfnisse der Gymnasien immer mehr entsprechende Ein-
richtung zu geben.
9) Endlich will das Ministerium noch der körperlichen Uebungen ge-
denken, deren allgemeine Einführung von der Mehrzahl der K. Prov. SchulcoUegien
und von fast allen Directoren und Lehrern der Gymnasien nicht nur lebhaft
empfohlen, sondern auch als ein unabweisbares Bedürfnis der Gegenwart dargestellt
winl. Gewifs verkennt das Ministerium den vielfachen Nutzen regelmäfsiger, ge-
hörig geordneter und mit Einsicht geleiteter Leibesübungen nicht und teilt die
Ansicht aller unbefangenen und erfahrenen Freunde der Jugend, dafs die körper-
liche Ausbildung der Schüler in den Gymnasien eben so wenig als die geistige
64
dem Zufall zu überlasBen ist, und dafs, wo unvermeidlich die meiste Zeit geistigen
üebungen gewidmet werden mufs, es desto nothwendiger wird, die für die Körper-
bildung erübrigten Stunden sorgfältig auszukaufen. Auch kann für die allgemeine
Einführung der Leibesübungen bei den Ghjrmnasien geltend gemacht werden, dafs
der Staat, während er einerseits durch seine gesteigerten Anforderungen bei der
Prüfung seiner künftigen Beamten die Jugend schon in den Gymnasien zur Ge-
wöhnung an eine erhöhte geistige Anstrengung nöthigt, andererseits von eben dieser
Jugend, um den Beschwerden während des pflichtmafsigen Dienstes im Königl.
Heere gewachsen zu sein, einen gesunden, rüstigen und wohl ausgebildeten Körper
verlangt, und dafs es folglich sehr rathsam ist, diese beiderseitigen Forderungen
durch eine passende Mafsregel, die allgemeine Einführung geregelter Leibesübungen,
zu vermitteln und auszugleichen. Aber nicht ohne Gbund kann gefragt werden,
ob die körperlichen üebungen ihrer Natur nach in den Kreis der Gymnasialbildung
gehören, ob nach der al^emeinen bis jetzt bestehenden gesetzlichen Verfassung
des öffentlichen Unterrichts den Gymnasien, und nur ihnen die Verpflichtung ob-
liegt, wie für die geistige, eben so für die körperliche Erziehung und Ausbildung
ihrer Schüler zu sorgen, ob sie Vermögen und Mittel besitzen, die Schwierigkeiten
ihrer ohnehin verwidcelten Aufgabe noch durch diese neue Sorge zu steigern und
zu vermehren, und endlich, ob die Behauptung sich als wahr bestätigt, dafs die
körperliche Ausbildung der Jugend in den Gymnasien dem Zufalle überlassen ist,
wenn sie auch künftig wie bisher der pflichtmafsigen Sorge der Eltern anheimge-
stellt bleibt. Das Ministerium nimmt keinen Anstand, diese Frage im Allgemeinen
zu verneinen und hiervon nur die Gymnasien auszunehmen, welche mit einem
Alumnate verbunden und somit verpflichtet sind, sich statt der Eltern der Sorge
auch für die körperliche Ausbilduug ihrer Zöglinge zu unterziehen. Von den Gym-
nasien kann nur verlanget werden, dafs sie die körperliche Gesundheit ihrer Schüler
mhrend der Lehrstunden möglichst vor jeglichem nachteiligen Einflüsse schützen
und bei den Aufgaben für die häuslichen Arbeiten ihnen die zur Erholung und zu
körperlichen Üebungen erforderliche Mufse übrig lassen. Dieser Ansicht unge-
achtet ist das Ministerium weit entfernt, dem löblichen Eäfer aller der G^ymnasial-
directoren und Lehrer entgegen treten zu wollen, welche ihre treu semeinte Sorge
für das Heil der ihrem Unterrichte anvertrauten Jugend auch auf die körperliche
Ausbildung derselben auszudehnen besonders deshalb für räthlich und nothwendig
erachten, damit durch zweckmäfsige Einrichtung körperlicher Üebungen dem ver-
derblichen Einflüsse einer verweichlichenden häuslichen Erziehung gesteuert, der
rechte Sinn und die wahre Achtung auch für körperliche Ausbildung geweckt und
gewonnen, und die Gymnasialjugend sowohl mit den Mitteln, dieselbe auf eine
vernünftige Weise zu fördern, bekannt gemacht, als auch durch Warnung, Be-
lehrung und Beispiel von alle dem, was auf die Gesundheit des Körpers schädlich
einwirkt, abgezogen und für aufgegebene unzeitife Genüsse durch Freuden und
Erholungen, die dem Jup^endalter entsprechend und erspriefslich sind, entschädigt
werde. Es ist hierbei nicht zu übersehen, dafs auch ohne künstlich veranstaltete
Leibesübungen schon durch angemessene Erholungen der Jugend in der freien
Natur für die Entwickelung ihrers Körpers und selbst zur Erreichung noch anderer,
die ganze Bildung fördernder Zwecke sehr viel ^schehen kann. Indessen bei dem
sehr günstigen längebnisse, welches die schon seit längerer Zeit bei mehreren Gym-
nasien wieder eingeführten körperlichen Üebungen nach dem Urteile der K. Prov.-
SchulcoUegien gehabt haben, trägt das Ministerium weiter kein Bedenken, auch
bei den übrigen Gymnasien die Einführung geregelter körperlicher Üebungen unter
Leitung und Aufsicht eines hierzu geeigneten Lebrers und unter Verantwortlichkeit
des Gymnasialdirectors hierdurch ausdrücklich zu gestatten. Jeden Schüler, der
seine Untauglichkeit zu solchen Uebuxigen nicht durch ein ärztliches Zeugnis nach-
weisen kann, zur Teilnahme an denselben zu verpflichten, scheint eben so wenig
räthlich, als auf den Erfolg dieses Unterrichts selbst in dem Zeugnisse der zur
Universität abgehenden Schüler Büoksicht zu nehmen. Vielmehr genügt es für
den beabsichtigten Zweck, wenn den Schülern bei jedem Gymnasium Gelegenheit
zu regelmäfsigen körperlichen Üebungen unter Aufsicht und Leitung eines Lehrers
gegeben und die Teilname von der freien Wahl der Schüler und von der Zu-
stimmung der Eltern abhängig gemacht wird. Zur Bestreitung der Kosten, welche
aus einer solchen Einrichtung erwachsen, sowie des den Lehrern billiger Weise zu
gewährenden Honorars, ist entweder ein angemessener auf serordentlicher Beitrag
65
Ton den an diesen Uebungen teilnehnienden Scbülem m erheben oder nach Be-
enden der Ümttande das vierteljährliche Schulgeld iiir alle Schaler etwas za ep-
hohen, wenn sich nicht dorch eine freie Uebereinkunft, besonders mit den stadtischen
Behörden, der Aufwand ganz oder grofsten Teils decken läfst, wie solches nach
Torliegenden Beispielen bei gehöri^r Einleitung and mSglichster Beschränkung
der Anforderung wohl zu erwarten ist. Ueber die Art und Form, in welcher diese
körperlichen Uebunj^en zur Erreichung des beabsichti^n Zwecks in den verschie»
denen Gymnasien einzurichten sein werden, enthält sich das Ministerium für jetzt
der nahem Vorschriften und überläfst den K. FH)v.-Schulcollegien, nach dem
noch zu erfordernden Outachten der Direotoren und Lehrer und unter Beräck-
sichtigung der verschiedenen ortlichen Verhältnisse die weiter nöthigen Mafsregeln
zu ergreifen. Nur mufs der Zweck dieser Leibesübungen, die Gesundheit der
Jugend zu stärken und ihren körperlichen Anlagen den hinreichenden Grad der
Entwickelnng zu verschaffen, überall mit Strenge als wesentlichste und unerläfs-
lichste Bedingung ins Auge gefafst und den Directoren und Lehrern der Gym-
nasien, bei welchen die Einführung solcher körperlichen üebungen nÖthig und thu»-
lieh erscheint, mit der Berechtigung die Verpflichtung auferlegt werden, audi
diesen ZVreig des Unterrichts zu leiten und zu beaufsichtigen und von demselben
alles Ungehörige und Zweckwidrige fem zu halten.
Indem dasE Prov.-SchulcoUegium beauftragt wird, von demLihalte dieser
Verfügung die Directoren und Lehrer der Gymnasien seines Bereichs inEenntnit
zu setzen und alles weiter Erforderliche zu veranlassen, ^ebt das Ministerium mar
gleich der zuversichtlichen Hoffnung Baum, dafs die umsichtige Durchfuhrung der
im Obigen gegebenen Bestimmungen nicht nur manche wesentliche Gebrechen in
den Gymnasien beseitigen, sondern auch in Verbindung mit einem Beligions-
unterrichte, welcher, den Vorschriften des Ministeriums gemäfs, den eanzen Inhalt
des christlichen Glaubens im rechten Geiste und in angemessener Methode lehrt»
neue heilsame Bewegung und frisches Leben in diese Anstalten bringen, und so
wenigstens mittelbar der gegen sie aufgeregte Eampf dennoch wohlthätige FHiohte
far die höhere Jugendbildung tragen werde.
Berlin, den 24. October 1837.
Ministerium der Gastlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten.
V. Altenstein.
An
samtliche Eönigl. Provinzial-Scbuloollegien und
Abschrift an sämtliche Eönigl. wissenschaftliche
Prnfungscommissionen und Eönigl. Regierungen.
a. Allgemeine Übersicht
der für die Gymnasien angeordneten Lehrgegenstände nnd der jedem Lehr-
gegenstande in jeder Elasse zn widmenden wöchentlichen Stundenzahl.
Lehr gegenstände.
i
i
H
i
A
Lateinisch ....•••••
Griechisch •
Deutsch
Franzosich
Beligionslehre
Mathematik
Bechnen und geometrische Anschauungslehre ....
X nysiK .......•••••••••••
Philosophische Propädeutik
Geschichte und Geographie
Naturbeschreibung
Zeichnen
Schönschreiben
Gesang
Zahl der wöchentlichen Lehrstunden
Hebi«isch für die künftigen Theologen
Wleie, Yerofdaimgeii.
ö.
6.
2,
2.
2.
4.
2.
2.
lü.
6.
2.
2.
2,
4.
30.
2.
1.
3.
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2.
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2.
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2.
32.
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32.'
10.
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4.
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2.
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3.
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32.
lU.
4.
2.
3.
2.
2.
3.
2-
32.
66
Circular-Bescript y. 7. Januar 1856«
betreffend Modificationen im Normalplan für den Gymnasialunterricht.
. Der in der G.Verf. v. 24. Octb. 1837 aufgestellte Kormalplan für den
Gymnasialunterricht hat sich seitdem im Allgemeinen als zweckmafsig be-
wahrt. Diejenigen Modificationen desselben, welche nach den bisherigen Erfahrun-
gen und auf Grund der von den Prov. SohulcoUegien abgegebenen Gutachten an-
gemessen erscheinen, beschränken sich auf Folgendes:
Die philosophische Propädeutik ist, wie es bei einer grofsen Zahl
der Gymn. bereits geschieht, femer nicht als ein besonderes Unterrichtsfach anzu-
setzen. Der wesentliche Inhalt derselben, namenÜ. die Grundlehren der Logik,
kann mit dem deutschen Unterricht verbunden werden, weshalb in dem unten bei-
gefügten Uebersichtsplan' statt der bisherigen 2 wöchentl. Stunden für das Deutsche
in Prima 3 St. bestimmt worden sind. Es bleibt indefs den K. Prov. SchulcoU.
überlassen, da, wo Sie es für angemessener erachten, die nothwendige Berücksich-
tigung des Inhalts der philosoph. Propädeutik einem philologischen oder dem
mathematischen Lehrer zu übei^ragen und in solchem Fall die Stundenzahl des-
selben um eine zu vermehren; wobei es dann hinsichtlich des deutschen Unter-
richts in Prima bei 2 wöchentl. Stunden verbleibt.
Die Zahl von 2 wöchentl. Bei igions stunden wird in Sexta und Quinta
auf 3 erhöht, um für das Lesen der heil. Schrift und die bibL Geschichte, oder
für die Verbindulig des katechet. Unterrichts mit der letzteren, ausreichende Zeit
zuffe¥rinnen. Nur bei einer sehr geringen Klassenfrequenz ist es gestattet, die
bisnerige Stundenzahl beizubehalten.
Da der lateinische und deutsche Unterricht in Sexta und Quinta in
der Begel Einem Lehrer zu übertragen ist und die K. Prov. SchulcoU. nur in
Fallen der Nothwendigkeit Ausnahmen hiervon gestatten werden, so genügt es, für
beide Sprachen zusammen wöchentl. 12 Stunden anzusetzen. Wo £e Verteilung
dieses tJntrr. unter 2 verschiedene Lehrer nicht vermieden werden kann und bei
S'ofser Klassenfrequenz ist es jedoch zulässig, in den genannten Klassen für das
eutsche 3 Stunden wöchentl. zu bestimmen.
Der Unterricht im Französischen beginnt in Quinta mit 3 wöchentl.
Stunden; in jeder folgenden Klasse sind 2 Stunden auf denselben zu verwenden.
Für die Geschichte und Geographie wird in Prima und in Quarta die
wöchentl. Stundenzahl um eine erhöht, so dafs diesen Gegenständen in den 4
oberen Klassen je 3 St. wöchentl. gewidmet werden. In Sexta und Quinta hat
sich der historische Unterricht auf die in den Aeligionsstunden durchzunehmende
bibl. Geschichte und diejenigen Mitteilungen zu beschränken, zu denen die 2
wöchentl. Stunden des geograph. Unterrichts Gelegenheit geben. Die Sagen des
Altertums werden in diesen Klassen zweckmäfsig auch bei dem deutschen Unter-
richt Berücksichtigung finden.
Der Unterricht in der Naturgeschichte ist in Sexta und Quinta nur an
denjenigen Gymn. beizubehalten, welche dafür eine völlig geeignete Lehrkraft be-
sitzen. Dazu ist nicht allein der Nachweis der durch die Prüfung pro facultate
docendi erworbenen Berechtiffuncr erforderlich, sondern auch die Beiahigung, diesen
mntemeht, der Altorootufo 4er betgeffeadan Klassen gemäCi, in ansfihanlichftr und
anregender Weise und ohne das Streben nach systematischer Form und Vollständig-
keit zu erteilen. Wo es nach dem Urteil der K. Prov. SchulcoU. an einem solchen
Lehrer fehlt, fällt dieser * Gegenstand in Sexta und Prima aus, und ist in beiden
Klassen für den Untrr. in der Geographie und aufserdem in Quinta für das B^chnen
eine Stunde mehr zu verwenden. Dem Lehrer der Geographie ist alsdann umso-
mehr Gelegenheit gegeben, durch Berücksichtigung des naturgeschichtl. Stoffes
den Gegenstand zu beleben ui^d auch nach dieser Seite hin den Vorstellungskreis
der Schüler zu erweitem. In Quarta sind bei dem gleichzeitigen Eintritt der Mathe-
matik und des Griechischen und zur Vermeidunfl^ einer zu grofsen Stundenzahl dem
naturgeschichtl. Unterricht besondere Stunden nicht zu widmen. In den 2 für die
Naturkunde bestimmten Stunden in Tertia ist eine zusammenhangende Uebersicht
der beschreib. Naturwissenschaften zu geben, wofür in dieser Klasse das Fassungs-
vermögen hinreichend entwickelt zu sein pflegt. Wo eine getrennte Ober- und
Unter-Tertia besteht, reicht dazu eine Stunde wöchentlich aus, und die andere ist
67
dem G«8ohicbt8imterrioht sozulegen, umsomehr, als die brandenborgisch-preaijiiBohe
Gteschiohte überall in das Pensum von Tertia aofzonehmen ist. Fehlt es an einem
eeeigneten Ijehrer der Natorwissensohaften, so ist von den 2 angesetzten Standen
die eine anf (beschichte, die andere auf das Französisohe zu verwenden. Wo unter
den vorher angegebenen ßedi^pingen in Sexta und Quinta ein naturgesohichtl.
Unterricht erteilt wird, ist die Beschreibung des menschlichen Leibes auf das Noth-
wendigste zu beschränken.
In Quarta sind in den för den mathematischen (Jnterrioht bestimm-
ten 3 wöchentl. Stunden ausgedehnter, als bisher meist geschehen, die Qebungen
im fiechnen fortzusetzen und der Unterricht im Uebrigen Sa£ geomeür. Anschauungs-
lehre und die Anfangsgründe der Planimetrie zu beschränken.
Schreibunterricht findet wie bisher in Sexta und Quinta in 3 wöchentl.
Stunden Statt. Da von Quarta an besondere Schreibstunden nicht mehr eintreten,
80 ist desto melir von den Lehrern dieser und der folgenden Klassen auf eine gute
Handschrift in sämtlichen Schülerarbeiten mit Strenge zu halten. Damit dies mit
sicherem Erfolge geschehen kann, sind die schriftl. iürbeiten auf ihr rechtes llafs
genau einsnschriu&en.
Hienach regelt sich der allgemeine Lehrplan für die Gymnasien nunmehr in
folgender Weise:
Prima
Secunda
Tertia
Quarta
Quinta
Sexta
Religion, wöchentl. Stunden
2
2
2
2
3
3
Deutsch
3
2
2
2
4
i)
Lateinisch
8
10
10
.10
Griechisch
6
6
6
6
•
•
Franzosisch
2
2
2
2
3
•
Geschichte u. Geographie
3
3
3
3
2
2
Mathematik u. Rechnen .
4
4
3
3
3
4
Physik
2
1
.
•
•
»
Naturkunde
»
•
2
•
(2)
(2)
Zeichnen
*
.
.
2
2
2
Schreiben
•
.
•
•
3
3
30
30
30
30
30
28(27)
Da der Unterricht im Hebräischen, im Gesang^ und im Turnen ganz
oder teilweise aufser der gewöhnlichen Schulzeit erteilt wird, so sind die in dem
bisherigen Umfange dafür zu verwendenden Stunden in vorstehende Uebersicht
nicht mit aufgenommen worden.
Wie weit nach localen und individuellen Verhältnissen der einzelnen Pro-
vinzen und Anstalten, sowie nach stiftungsmäfsigen für einzelne Gymnasien be-
stehenden Bestimmungen, Abweichungen von dem allgemeinen Lefaiplan gerecht-
fertigt erscheinen, haben die X. Prov. SchnlcoU. genau festzustellen und mir dar-
über Bericht zu erstatten.
Aufser den sodann mit meiner Genehmigung far.die betreff. Anstalten zu
bestimmenden Ausnahmen sind weitere Abänderungen des für sämtliche Gymnasien
verbindlichen Lehrplans nicht zu dulden.
Eine Dispensation vom Unterricht in der griechischen Sprache
darf in demjenigen Städten, wo neben dem Gymnasium noch eine höh. Büi^er-
oder Realschule besteht, vorausgesetzt, dafs in der letzter^ Latein gelehrt wird,
nicht mehr stattfinden. Wo dagegen in kleineren Städten das Gymnasium auch
das Bedürfnis derer erfüllen mufs, welche sich nicht für ein wissenschaftL Studium
oder einen Lebensberuf, zu welchem eine Gymnasialbildune erfordert wird, vor-
bereiten, sondern die für einen bürgerl. Beruf nöthige allgm. Bildung auf einer
höheren Lehranstalt erwerben wollen, bleibt, auch wenn mit dem Gymn. besondere
Realklassen nicht verbunden sind, die Dispensation von der Teilnahme am Unter-
richt im Griechischen, mit Genehmigung der K. Prov. SchulcoU., zulässig. Ob in
68
solchen Fällen an die Stelle des Griechischen ein anderer Unterrichtsg^ranituid
eintreten kann, wird der Erwagang nnd besonderen Anordnnnff der £. Proy.
Schnlcoll. anheimgegeb^i. Bei Gewährong der Dis]>ensation ist den betreff. Schülern
bemerklich zn machen, dafs Unkenntnis des Griechischen von der Teil-
nahme am Abitnrientenexamen ausschliefst.
Die Befolgung des allgm. Lehrplans kann erst dann die beabdchtig^te Wir-
kung an der den Gymn. anvertrauten Jugend hervorbringen, wenn die Lehrer
einer Anstalt davon durchdrungen sind, dafs ihr Werk ein gemeinsames ist, bei
dem die Thatigkeit des einen an der Thatigkeit des anderen Lehrers ihre noth-
wendige Ibrg^nzung findet und deshalb in Zusammenhang mit derselben stehen
mufs. Das den Schüler Zerstreuende, seine Kraft Zersplitternde und sein Interesse
Lähmende ist nicht sowohl die Vielheit der Gegenstände an sich, als der Mang^el
an Einheit in der Mannigfaltigkeit. Eine Verminderung der in dem oben anfge-
stellten Lehrplan angegebenen ünterrichtsobjecte und des denselben zu widmenden
Zeitmafses hat sich als unzulässig erwiesen. Das um so dringender hervortretende
Bedüifnis gröfserer Goncentration des gesamten Unterriohtstoffs ist nur durch ein
einmüth^es Zusammenwirken jedes Lehrercollegiums zu erreichen, wobei der Ein-
zelne si^ willig dem Zweck des Ganzen unterordnet, kein Lehrobject sich isolirt
und in der Lelu^eise sowie in der Auffassung der Gegenstände, ohne Beeintxäohti-
gung der personl. Eigentümlichkeit des einzelnen Lehrers, eine principielle üeber-
einstimmung herrscht. An dieser fehlt es, wenn z. B. die verschiedenen Lehrer
der verschiedenen Sprachen, welche auf den Gymn. gelehrt werden, in der gram-
matischen Theorie und den Grundregeln wesentlich von einander abweichen, oder
wenn z. B. die Aeufserungen des Geschichtslehrers über die Geschichte des Alten
und Neuen Testaments und über die Thatsachen der Eirchengeschichte mit dem-
jenigen in Widerspruch stehen, was der Religionslehrer oder auch der Lehrer des
Deutschen bei der Besprechung deutscher Aufsätze über dieselben Gegenstände
vorträgt.
Zur Vermeidung eines derartigen Zwiespalts, welcher den Zweck des Unter-
richts vereitelt nnd in der Seele des Schülers die Ghrundlage eines festen Wissens
und sicherer Ueberzeugung sich nicht bilden läfst, sowie zur Beförderung der Gon-
centration des Unterrichts selbst, ist einerseits mehr und mehr darauf Bedacht
zu nehmen, dafs die innerlich am nächsten verwandten Lehrobjecte möglichst
in Einer Hand liegen und dafs die verschiedenen Thätigkeiten des Schülers auf
demselben Gebiet, z. B. die lateinische Leetüre und die schriftl. Arbeiten in enge
Beziehung zu einander gesetzt werden; sodann aber ist durch Fachconferenzen,
welche sich in geeigneten Zeiträumen wiederholen, dafür zu soriren, dafs sowohl
die auf einander folgenden, wie die nebeneinander in derselben Klasse unterrich-
tenden Lehrer alle ein deutliches Bewufstsein über die Pensa und Klassenziele und
über ihr gegenseitiges Verhältnis zur Erreichung derselben haben. Es geschieht
häufig, diSiB das Unterrichtsmaterial, abgesehen von dem durchaus nicht zu ge-
stattenden Hinausgehen über das Ziel der einzelnen Klassen in den verschiedenen
Unterrichtsfächern, teils durch einzelne nach möglichster Vollständigkeit strebende
Lehrbücher, teils durch die wissenschaftlichen Neigungen der Lehrer unverhält-
nismäfsi|^ angehäuft wird und der Standpunkt der Klasse sowie das eigrentliche
Bedürfnis des Schülers unberücksichtigt bleibt, indem das Absehen des Lehrers
mehr auf systematische Ausdehnung des Stoffs, als auf Fertigkeit und Sicherheit
im Nothwendigen gerichtet ist.
Ist es zunächst Sache des Directors, auch in diesen Beziehungen die erfor-
derlichen Anordnungen zu treffen und nicht in Vergessenheit geraten zu lassen,
so ist andererseits auch von den Ordinarien zu verlangen, dsus sie sich mit den
übrigen Lehrern der ihrer Aufmerksamkeit und Fürsorge vorzugsweise anvertrauten
Klasse in Einvernehmen setzen und genau davon unterrichten, wie es in der er-
wähnten Beziehung in derselben steht. Die über die Wirksamkeit der Ordinarien
in der 0. Verf. v. 24. Octb. 1837 enthaltenen Bestimmungen werden hierbei wieder-
holt zur Nachachtung in Erinnerung gebracht.
Wenn die Ordinarien der Klassen auch durch ein bemerkbares Uebergewicht
an Lehrstunden in denselben als Hauptlehrer sich darstellen, so mufs der Unter-
69
•
rieht dadurch an innerer wie an Sofserer Einheit gewinnen und übermäfsige An-
forderungen an die Schüler werden ebenso leicht erkannt als vermieden werden.
Die Vielheit der Lehrer wirkt besonders nachteilig auf die lungeren Schaler, die
znr Verarbeitung dessen, was ihnen von verschiedenen Lehrern mitgeteilt wird,
noch weniger Geschick und Uebung haben als ältere Schüler. Womöglich sind
deshalb in den unteren Klassen nidit mehr als 3 Lehrer neben einander zu be-
schäftigen nnd ihre Zahl auch in den oberen mehr, als es an manchen Gymn.,
gegen die Bestimmungen der gedachten C. Verf., geschieht, zu beschränken. In
solchen Fallen, wo es die K. Prov. SchulcoU. für vorteilhaft erachten, ist das
Aufsteigen der Ordinarien und übrigen Lehrer einer Klasse mit ihren Schülern
in einem Tomas, der jedoch nur die Klassen von Sexta bis Tertia oder Sexta und
Quinta oder Quarta und Tertia umfafst, zulässig.
Der Director nnd die Ordinarien haben femer gemeinschaftlich dafür Sorge
zu tragen, dafs hinsichtlich der häuslichen, insbesondere der schriftlichen,
Arbeiten das rechte MsSb und eine angemessene Verteilang stattfindet Ich sehe
mich veranlafst, die K. Prov Schulcoll. darauf aufmerksam zu machen, dafs die
G. Verf. V. 20. Mai 1^4 im AUgem. noch keineswegs diejeuige Beachtung ge-
funden hat, deren es bedarf, um mehr als bisher didaktische Mifsgriffe una ein
mechanisches Verfahren zu verhindern und bei der Jugend die Lust am Lernen
zu erhalten. Es ist den Directoren wiederholt zur Pflicht zu machen, namentlich
von der Beschaffenheit der Themata zu den Aufsätzen, sowie von den schriftlichen
Aufgaben überhaupt häufiger Kenntnis zu nehmen und darin jeder Ueberladung
und ünangemessexüieit vorzubeugen. Die Schüler werden an mehreren Anstalten
noch immer mit Heftschreiben unverhältnismäfsig in Anspruch genommen; die
Zahl der Hefte, welche sie, besonders in den unteren und mittleren Klassen,
halten müssen, wird sich in vielen Fällen ohne Nachteil noch erheblich ver-
mindern lassen.
Wie dies ausgedehnte Schreibwesen den Lehrstunden selbst einen grofsen
Teil der Wirkung entzieht, welche in ihnen geübt werden soll, so ist auch aufser-
dem die Lehrweise mancher Lehrer nicht geeignet, den Schülern eine (Jebung
ihrer geistigen Kräfte zu gewähren und deren lUgfsamkeit zu fordern. Dies ist
der Fall, wenn der Unterricht ausschliefslich in einem mechanischen Abfragen des
Aufgegebenen besteht, die Fragen sich immer nur an das Gedächtnis richten und
keinerlei Aufforderung und Anregung zum Nachdenken und zur Selbstthätigkeit,
sowie zur Anwendung des Erlernten in sich schlief sen und eben so wenig den
Schülern der mittleren und oberen Klassen Gelegenheit geben, sich im Zusammen-
hange auszusprechen. Dafs die durchgenommenen Pensa und das auf früheren
Stufen Erlernte durch rechtzeitige Bepetitionen in lebendiger Gegenwärtifl^keit er-
halten werde, kann nicht genug empfohlen werden; aber auch hierbei wird Fertig-
keit und selbständige Aneignung nur dann zu erzielen sein, wenn die Schüler durch
eine mannigfach wechselnde und combinirende Fra^eise genöthigt werden, den
zu repetirenden Stoff nicht immer von derselben Seite, sondern von verschiedenen
Gesichtspunkten aus zu betrachten.
Ueber die Mängel der Lehrmethode, welche in den oberen Klassen nicht
selten wahrgenommen werden, enthält die Instruction v. 24. Octb. 1837 Erinnerungen,
auf welche hinzuweisen noch immer an der Zeit ist. Nur der Unterricht kann
auf Erfolg rechnen, welcher das wissenschaftliche Ifaterial mit stetem Hinblick
auf seinen pädagogischen Zweck behandelt; dieser wird verfehlt, wenn z. B. die
Interpretation eines Autors nicht sowohl darauf gerichtet ist, vermittelst einer
prammatisch genauen und das Nothwendige gründlich erörternden Erklämngs weise
m die Denk- und Anschauungsweise desselben lebendig einzuführen und mit dem
Inhalt nnd Zusammenhang seines Werkes bekannt zu machen, sondern vielmehr
ihn nur als einen Stoff benutzt, an welchem die grammatischen und lexikalischen
Kenntnisse der Schüler zu üben und zu erweitem sind, ein Verfahren, durch wel-
ches der Jugend keine Liebe zu den dassischen Schriftstellern des Altertums,
sondern Abneigung gegen dieselben in dem Mafse eingeflöfst wird, dafs die Studiren-
den nach beendigtem Gymnasialcursus immer seltener zu ihrer I«ctüre und tieferem
Studium zurückkehren. Es ist darauf zu halten, dafs die Schüler häufiger, als es 1
geschieht, anhieltet werden, den Inhalt durchgenommener grofserer oder kleinerer r
Abschnitte mit Bestimmtheit und in richtiger Folge anzugeben; bei den grieoh.
70
und rom. Olassikem empfiehlt es sich, dabei auch ron der lateiniBchen Sprache
G^braaoh zu machen.
Ebensowenig wie Ezcnrse der angedeuteten Art, bei welchen der gerade
Yorliegende Ghegenstand ans den Augen verloren wird, der Aufgabe des Unter»
richts entsprechen, kann es gebilligt werden, dafs die Lehrer nicht selten bei
ihrem Vortrags* und UnterrichtspUn auf das eingeführte Lehrbuch, Gbschichts-
tabellen u. s. w. geringe oder keine Rücksicht nehmen, sondern sich wesentliche
üeberschreitungen und Abweichungen von demselben erlauben, so dafs es den
Schülern den beabsichtigten Nutzen, welcher besonders auch in der Vertrautheit
mit einem Stoff von benimmt begrenztem Umfang besteht, nicht gewähren kann.
Es wird dabei zum Nachteil der Schüler verkannt, dafs auf diesem Gebiet die
sicherste Wirkung in weiser Beschränkung und fester Gewöhnung liegt
Ich veranlasse die K. Prov.SchulcoUegien, die betr. Directoren und Lehrer-
coUegien mit vorstehenden Anordnungen und Hinweisungen in geeigneter Weise
bekannt zu machen, und vertraue, dafs Dieselben der Beachtung und Ausführung
der einzelnen Bestimmungen Ihre unausgesetzte Aufmerksamkeit widmen werden«
Der Minister der geisÜ. etc. Ang. v. Baum er.
Unterrichts- und Prüfnngs-Ordnung der Bealschulen
und der höheren Bürgerschulen v. 6. October 1859.
Die höheren Lehranstalten, deren Unterrichts- und Prüfungs-Ordnui^ im
Folgenden festgesetzt wird, haben den gemeinsamen Zweck, eine allgemein wissen-
schaftliche Vorbildung zu denjenigen Berufsarten zu gewähren, für welche Univer-
sitätsstudien nicht erforderlich sind« Zu der Kategorie derselben gehören:
A. Die Bealschulen, welche ein System von sechs aufsteigenden Klassen haben,
B. Schulen gleicher Tendenz und Einrichtung, die von derselben Grundlage aus
zu einer geringeren Zahl von Klassen aufsteigen, unter dem Namen: Höhere
Bürgerschulen.
A. Die Bealschulen.
Die mit diesem Namen bezeichneten Lehranstalten, welche das Becht zu
EntlasBungsprüfungen besitzen, werden bis auf weiteres in eine erste und zweite
Ordnung geteilt, {u>er deren Unterscheidung Abschn. III. näheren Aufschlufs giebt
Die in Abschn. I und 11 enthaltenen allgemeinen Bestimmungen finden im Wesent-
lichen und so weit über die Verschiedenheit nichts bemerkt is^ auf beide Ordnungen
gleichmäfsige Anwendung.
I. Der Lehrplan und die innere Gliederung der Bealschule.
$ 1. Der allgemeine Lehrplan der Realschulen, welchen die erste Ordnung der-
selben voUst&dig zur Ausführung bringt, ist folgender:
Sexta
Quinta
Quarta
Tertia
Secunda
Prima
Religion
Deutsch
Lateinisch
Französisch
Englisch
Geographie und Geschichte
Naturwissenschaften . . .
Mathematik und Rechnen .
Schreiben
Zeichnen .
Summe derwöchentL Stunden
t)
3
2
5
3
2
t]
3
2
4
2
2
^30 I 31
2
1}
5
*
4
2
6
2
2
32
2
1}
4
4
4
2
6
2
1}
4
3
3
2
1}
4
3
3
K
32 I 32
32
71
Da der Unterricht im G>e8an|f and im Turnen ganz oder teilweise anfser
der g^ewöhnlichen Schulzeit erteilt wird, so sind die in dem bisherigen Umfang
dafür zn verwendenden Standen in vorstehende Uebersicht nicht mit aufgenommen
worden.
Ueber die Einrichtung des LehrplanSi die Wahl und das gegenseitige Yerhlltnis der
ünterriehtsobjeote, sowie über die nach looalen Umst&nden, den Yerhältnissen der Lehrer-
eoUegien und der Sehülexfrequens sullssigen ModÜlcationen des Lehrplans iat in den Er-
liatemngen (s. die Beilage) das Köthige bemerkt worden.
$ 2. Der Eintritt in die Sexta erfolgt in der Regel nicht vor dem
vollendeten neunten Lebensjahre. Die zur Aufnahme in die oexta erforderlichen
elementaren Kenntnisse und Fertigkeiten sind: Geläufigkeit im Lesen deutscher
nnd lateinischer Druckschrift; eine leserliche und reinliche Handschrift; Fertigkeit
Dicürtes ohne grobe orthographische Fehler nachzuschreiben; Sicherheit in den
vier Grundrechnungsarten mit gleichbenannten Zahlen. In der Religion wird einige
Bekanntschaft mit den Geschichten des A. und N. Testaments, sowie (bei den
evangelischen Schülern) mit Bibelsprüchen und Liederversen erfordert. Bei der
Aufnahme von Schülern, die nach Alter und Vorkenntnissen in eine höhere Klasse
als Sexta eintreten zu können erwarten, ist besonders darauf zu achten, dafs sie
im Wesentlichen das Mafs von Kenntnissen mitbringen, 'welches sie befähigt, mit
den Uinger auf der Schule unterrichteten Schülern gleichen Schritt zu halten.
$ 3. Die Klassen Sexta, Quinta und Quarta haben einen je einjährigen
Cursos; in Tertia wird er sich, um das Pensum der Klasse mit Griindlichkeit zu
abeolviren, in der Regel auf zwei Jahre ausdehnen. Secunda und Prima haben
r^elnuLfsig einen je zweijährigen Cursus. In diesem Klassensystem liegt der
wichtigste AbschniU hinter der Tertia.
$ 4. £s gehört zu den Kennzeichen der Realschule erster Ordnung, dafs
sie von del* untersten Klasse an auf eine selbständige höhere Lehranstalt angelegt
ist und deshalb nicht zugleich noch die Aufgabe der allgemeinen Elemraitarschule
und der niederen Bürger- und Stadtschule zu übernehmen hat. Demnach sind
solche Schüler vom Eintritt in die Sexta, und schon in die Vorbereitungs-Klassen
der Realschule, wo deren vorhanden sind, möglichst fem zu halten, welche nur die
unteren Klassen durchmachen sollen, um, sobald sie aus dem schulpflichtigen Alter
Betreten sind, die Schule wieder zu verlassen. Dagegen können die Klassen von
exta bis Tertia incl. sehr wohl zugleich der Aufgabe genügen, welche eine Mittel-
schule zu erfüllen hat. Die Realschule wird, so weit es ihr höherer Zweck zu-
^st, Rücksicht darauf zu nehmen haben, dafs erfahrungsmäfsig aus Tertia eine
grofse Anzahl von Schülern abgeht, um in einen praktischen Lebensberuf einzu-
treten. Demgemäfs ist bei der Verteilung des Unterrichtsstoffs darauf Bedacht
zu nehmen, ^ifs die mit der absolvirten Tertia gewonnene Schulbildung das unter
allen Umständen Nothwendige nicht verabsäume und in sich einen Abschlufs er-
reiche, der zum Eintritt in einen praktischen Beruf der mittleren bürgerlichen
Lebenskreise beföhigt.
Was beim Abgang aus der Tertia einer Realschule erreicht sein mufs,
und sich bei wohlgeordnetem Unterricht von der Mehrzahl der Schüler, sofern bei
ihrer Aufnahme und Versetzung keine unzulässige Nachsicht geübt ist, erreichen
läfst, ist hauptsächlich Folgendes: Im Deutschen: grammatische Sicherheit
im Gebrauch der Muttersprache, nebst angemessener Fertigkeit in correcter münd-
licher und schriftlicher ^Wendung derselben, nach den Anforderungen der Ver-
hältnisse des gemeinen Lebens. Im Lateinischen: Sicherheit in der Ele-
mentargrammank und genügende Vocabelkenntnis, um mit Hülfe von beiden den
Cornelius Nepos und leichtere Abschnitte des Julius Cäsar oder eine für diese
Stufe geeignete Chrestomathie verstehen und übersetzen zu können. In den
beiden neueren Sprachen mufs der zum Fortstudium nöthige Grund so wäit |^legt
sein, dafs im Französischen die Kenntnis der Formenlehre und die angeeignete
Vocabelkenntnis den Schüler befähigt, leichte Stellen historischen Inhalts ins
Deutsche zu übersetzen und einfache deutsche Sätze ins Französische. Im Eng-
lischen rouls die grammatische Grundlage und einige Vocabelkenntnis, auch Be-
kanntschaft mit den wichtigsten Regeln der Aussprache und einige Uebung im
Lesen, so wie im Verstehen leichter Sätze, vorhanden sein. In der Mathematik:
Sicherheit in den Rechnungen des gemeinen Lebens und in der ebenen Geometrie;
72
demgemäfs Befähigung, die in den niederen Gewerben yorkommenden mathematischen
Gonatructionen zu verstehen und verständig auszuführen. In der Naturkunde:
Kenntnis der wichtigeren am Ort und in der Umgegend vorkommenden Natur-
producte, so wie der in den Gesichtskreis des Schülers fallenden Naturerscheinungen
und ihrer Gründe, verbunden mit einer durch vielfache Uebung erworbenen Ge-
schicklichkeit im Beobachten, so wie im mündlichen und schriftlichen Beferirea
über das Beobachtete. In der Geographie: Die Elemente der mathematischen
Geographie, so weit sie nach dem Standpunkt der unteren und mittleren Klassen
bcdiandelt werden können; Bekanntschaft mit den allgemeinen Verhältnissen der
Erdoberfläche und der Erdteile, insbesondere Europas; speciellere Kenntnis der
topischen und politischen Geographie von Deutschland. in der Geschichte:
Uebersichtliche Bekanntschaft mit den wichtigfsten welthistorischen Begebenheiten
und genauere Kenntnis der vaterländischen Geschichte, d. h. der brandenburgisch-
preufsischen im Zusammenhange mit der deutschen. Wie dieser Unterricht zweck-
mäfsig erteilt auch seinerseits dazu beitragen mufs, den patriotischen Sinn der
Juffend anzuregen und zu stärken, so mufs der Religionsunterricht der
Schule die kirchliche Unterweisung der Katechumenen und (Konfirmanden unter-
stützen, nicht nur durch Befestigung und Erweiterung der Bibelkenntnis, sondern
aach durch Erweckung des Bewufstseins kirchlicher Zugehörigkeit. Im Zeichnen
mufs eine angemessene Uebung im Freihandzeichnen und Bekanntschaft mit den
Kiementen des perspectivischen Zeichnens vorhanden sein.
§ 5. Die für Bealschnlen unerläfsliche Bücksicht auf die aus Tertia ab-
gehenden Schüler darf nicht hindern, die Unterrichtsgegenstände in den unteren
und mittleren Klassen so zu behandeln, dafs die in die oberen Klassen übergehen-
den Schüler auch ihrerseits dabei die erforderliche Vorbereitung erhalten. Da der
Unterricht in Secunda und Prima vielmehr das Urteil und das Nachdenken, als
das Gedächtnis in Anspruch zu nehmen hat, wird es darauf ankommen, dafs die
dabei vorauszusetzende elementare Fertigkeit imd die Sicherheit in allen gedächtnis-
mäfsigen Grundlagen zuvor wirklich erworben sei. Der wissenschaftliche Charakter
der den beiden oberen Klassen zugewiesenen Lehrpensa, die Eioführung in den
reichen Inhalt der einzelnen Disciplinen und die Combination verwandter Wissen-
schaften fordern in. demselben Maise, wie dadurch der geistige Gesichtskreis des
Schülers erweitert wird, eine selbstthätige Teilnahme von ihm. Es ist daher bei
der Versetzung nach Secunda mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, ob die
hierzu erforderliche Befähigung und Vorbildung vorhanden ist. Das Lehrziel ^
welches in den beiden oberen Klassen in den einzelnen Qnterrichtsgegenständen
m erreichen ist, ergiebt sich teils aus den Anforderungen bei der Versetzung nach
Prima (s. den folgenden §), teils aus den Bestimmungen des Abiturienten-Kegle-
ments (s. Abschn. II. § 2).
Ueber Inhalt, Hafs und Behandlungsweise der Lehrobjecte sprechen sich die
erläuternden Bemerkungen näher aus,
S6. Um die Abiturientenprüfung zu vereinfachen, und zu erfolgreicher
ung des Unterrichtspensums der ersten Klasse freieren Raum zu gewinnen,
ist es nothwendig, dafs ein Teil der auf der Realschule zu lösenden Gesamtaufgabe
schon beim Uebergang nach Prima als erledigt nachgewiesen werde. Dies gilt
von der topischen und politischen (Geographie; ferner von der Naturbeschreibung,
worin eine hinreichende Systemkunde, Uebung im Bestimmen von Pflanzen, Thieren
nnd Mineralien, Bekanntschaft mit der geographischen Verbreitung wichtiger Natur-
producte, sowie Kenntnis der chemischen Grundstoffe erworben sein mufs. In
beiden genannten G^enständen wird vor der Versetzung nach Prima eine Prüfung
abgehalten. Ebenso müssen die Schüler im Lateinischen auf dieser Stufe den
grammatischen Teil der Sprache in Regeln, Paradigmen etc. als einen mit Fertig-
keit zu verwendenden Besitz sicher inne haben, was durch ein Exercitium, die
Uebersetzung eines deutschen Dictats ins Lateinische, zu documentiren ist. Gleicher-
weise ist von den Schülern, welche den Cursus der Secunda durclu^emacht haben,
vor der Versetzung nach firima ein französisches und ein englisches Exercitium,
sowie ein deutscher Aufsatz im SchuUocal unter Aufsicht anzufertigen und eine
angemessene Zahl mathematischer Aufgaben schriftlich zu lösen. In den Fällen,
wo diese schriftlichen Probearbeiten zum gröfseren Teil ein ungenügendes Er-
gebnis liefern, ist die Ascension nach Prima von einem vollständigen, die münd-
73
liehe Prufang in sämtlichen Lehrobjecten umfasBenden Translocationsexamen ab-
hängig zu machen. Die Anfordeningen, welche dabei, ebenso wie bei den Schülern,
die sich ein Abgangszeugnis der Reife für Prima erwerben wollen, gestellt werden
müssen, sind dieselben, welche für die Abgangsprüfungen der höheren Bürger-
schulen, d. h. der Realschulen, deren gesamter Gursus mit Secunda abschliefst,
▼orgeschrieben sind (s. unten B). Examinatoren sind die Lehrer der Secupda,
falls es der Director oder die vorgesetzte Behörde nicht angemessen findet, darüber
und über die Wahl der Aufgaben besondere Bestimmungen zu treffen. Die vor-
stehend erwähnten schriftlichen Arbeiten sind, mit dem urteil der Lehrer ver-
sehen, dem betreffenden Schulrath bei seiner nächsten Anwesenheit von dem Director
vorzulegen oder auf Erfordern vorher zuzusenden.
IL Reglement für die Abiturientenprüfung der Realschulen.
§ i. Die Prüfung bildet den Abschlufs des gesamten Schulcursus und soll ermitteln,
ob die Abiturienten diejenige Reife erlangt haben, welche die Bedingung der den Real-
schulen verliehenen Berechtigungen ist. Für die dabei zu stellenden Anforderungen
ist das Bildungsziel mafsgebend, welches überhaupt auf den Realschulen erreicht
werden soll. Gegenstand der Prüfung ist daher nicht ausschliefslich das Pensum
der Prima, sondern alles dasjenige, was in dem Lehrplan der Realschule von funda-
mentaler Bedeutung ist*) , so jedoch , dafs es vorzüglich auf die allgemeine Aus-
bildung des wissenschaftlichen Vermögens zu klarer Erkenntnis und bewufstem
Verfallen, mehr auf selbständige Verarbeitung des Stoffs, als auf gedächtnismäfsige
Aneignung, und nicht sowohl auf die Regel selbst, als auf die Fertigkeit in ihrer
Anwendung ankommt. Es wird eine schriftliche und eine mündUche Prüfung
abgehalten. Für die einzelnen Unterrichtsobjecte wird der Umfang der Anfor-
derungen folgendermafsen bestimmt:
§ 2. 1. Die Prüiunfr in der Religion hat hauptsächlich nachzuweisen, dafs
die Schüler mit der positiven Lehre ihrer kirchlichen Confession bekannt sind und
eine genügende Bibelkenntnis besitzen. Demgemäfs mufs der evangelische Abi-
turient die Hauptstücke des Katechismus und biblische Belegstellen dazu kennen
und verstehen, mit Anordnung, Inhalt und Zusammenhang der heil. Schrift und
besonders mit den für den kirchlichen Lehrbegriff wichtigen Büchern des Neuen
Testaments bekannt sein. Aus der allgemeinen Kirchengeschichte mufs er die
wichtigsten Begebenheiten und Personen, genauer das apostolische und das Refor-
mationszeitalter und das Augsbnrgische Bekenntnis, und im Zusammenhange damit
die wichtigsten Confessionsunterschiede kennen. Einige der in den kirchlichen
Gebrauch aufgenommenen Lieder mufs er auswendig wissen. Der katholische
Abiturient mufs mit der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre, mit den Haupt-
momenten der Geschichte der christlichen Kirche, den wichtigsten Confessionsunter-
schieden und mit dem Inhalte der heil. Schrift bekannt sein.
2. Im Deutschen ist Bedingung der Reife, dafs der Abiturient im Stande
sei, ein in seinem Gesichtskreise liegendes Thema mit eigenem urteil in logischer
Ordnung und in correcter und gebildeter Sprache zu bearbeiten. Ebenso mufs
der mündliche Ausdruck einige Sicherheit in präciser, zusammenhangender und
folgerichtigrer Rede erkennen lassen. Auf dem Gebiet der deutschen Litteratur-
geschichte mufs der Abiturient mit den wichtigsten Epochen ihres Entwickelungs-
eang^ und mit einigen Hauptwerken seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
durch eigene Leetüre bekannt und davon Rechenschfdft zu geben im Stande sein.
8. Im Lateinischen mufs der Abiturient befähigt sein, aus Cäsar, Sallust,
Livius früher nicht gelesene Stellen, die in sprachlicher und sachlicher Hinsicht
keine besonderen Schwierigkeiten haben, und ebenso aus Ovid und Virgil solche
Stellen, die wenigstens im letzten Semester nicht durohg^enommen worden sind,
mit grammatischer Sicherheit in gutes Deutsch zu übertragen; das epische und
elegische Versmafs mufs ihm bekannt sein.
4. Im Französischen undEnglischen mufs grammatische und lexikalische
Sicherheit des Verständnisses und eine entsprechende Fertigkeit im Uebersetzen
ausgewählter Stellen aus prosaischen und poetischen Werken der classischen Periode
erreicht sein. Der Abiturient mufs femer des schriftlichen Ausdrucks so weit
mächtig sein, dafs er über ein leichtes historisches Thema einen Aufsatz zu schreiben
*) Mit der in Abschn. I § 6 angeordneten Einfohrftnkiuig.
74
und ein Dictat ans dem Deutschen ohne grobe Germanismen und erhebliche Ver-
stofse g^gen die Ghtimmatik zu übersetzen im Stande ist. Der geschichtliche Stoff
des Themas, das aus der Litteraturgeschichte nicht zu wählen ist, mufs dem
Schüler durch den Unterricht hinlänglich bekannt geworden sein. Die Fähigkeit
im mündlichen Gebrauch der französischen und englischen Sprache mufs wenigstens
zur Angabe des Inhalts gelesener Stellen, zur Erzählung historischer Vorgänge
und zu zusammenhangender Antwort auf französisch oder englisch vorgelegte und
an das Gelesene anknüpfende Fragen ausreichen. — Aus der Litteraturgeschichte
ist genauere Bekanntschaft mit einigen Epoche machenden Autoren und Werken
beider Litteraturen aus der Zeit seit Ludwig XIV. und der Königin Elisabeth
erforderlich.
5. In der Geschichte mufs der Abiturient sich eine geordnete Üebersicht
über das ganze Gebiet der Weltgeschichte angeeignet haben, die griechische Ge-
schichte genauer bis zum Tode Alexanders des Grofsen, die römische bis zum
Kaiser Marcus Aurelius, die deutsche, englische, französische besonders von den
letzten drei Jahrhunderten kennen, und die brandenburgisch-preufsische specieller
seit dem dreifsigjährigen Kriege, so dafs von der Entwickelung des geg^enwärtigen
europäischen Staatensystems eine deutliche Vorstellung nachgewiesen werden kann.
Dabei mufs eine Bekanntschaft mit den Hauptdaten der Chronologie und eine klare
Anschauung vom Schauplatz der Begebenheiten vorhanden sein.
6. In der Geographie wird eine allgemeine Kenntnis der physischen Ver-
hältnisse der Erdoberfläche und der politischen Ländereinteilung gefordert, mit
Berücksichtigung des für die überseeischen Verbindungen Europas Bedeutenden;
fenauere Kenntnis der topischen und politischen Geographie von Deutschland und
'reufsen, auch in Beziehung auf Handel und internationalen Verkehr. Die Ele-
mente der mathematischen Geographie, nach wissenschaftlicher Begründung.
7. Naturwissenschaften. In der Physik mufs der Abiturient die-
jenigen Begriffe und Sätze, und ebenso in Betreff der Versuche die Methoden
kennen, welche auf die Entwickelung der physikalischen Wissenschaft von wesent-
lichem Einflufs gewesen sind. Bei der auf Experimente gegründeteten Kenntnis
der Naturgesetze mufs die Befähigung vorhanden sein, dieselben mathematisch zu
entwickeln und zu begründen; die Schüler müssen eine Fertigkeit darin erworben
haben, das in der populären Sprache als Qualität Gefafste durch Quantitäten aus-
zudrücken. Im Einzelnen ist das Ziel : Bekanntschaft mit den Gesetzen des Gleich-
gewichts und der Bewegung, der Lehre von der Wärme, der Elektricität, dem
Magnetismus, vom Schall und vom Licht In der Chemie und Oryktognosie
wird gefordert: eine auf Experimente gegründete Kenntnis der stöchiometrischen
und Verwandtschaftsverhältnisse der gewöhnlichen unorganischen und der für die
Ernährung, so wie für die Hauptgewerbe wichtigsten oi^anischen Stoffe. Der
Abiturient mufs hierdurch und durch seine Kenntnis der einfachen Mineralien im
Stande sein, nicht blofs die zweckmäfsigsten Methoden zur Darstellung der ge-
bräuchlicheren rein chemischen Präparate zu beschreiben und zu benutzen, sondern
auch über ihre physikalischen Kennzeichen und über ihre chemische Verwendung
Rechenschaft zu geben. Sicherheit im Verständnis und Gebrauch der Terminologie
ist dabei ein Haupterfordemis. Unklare und unbeholfene Darstellung in den
physikalischen und chemischen Arbeiten begründen Zweifel an der Beifo des
Abiturienten.
8. Mathematik. Der Abiturient hat den Nachweis zu liefern, dafs er auf
dem ganzen Gebiet der Mathematik, so weit sie Pensum der oberen Klassen ist
(Kenntnis der Beweisführungen sowie der Auflösungsmethoden einfacher Aufgaben
aus der Algebra, die Lehre von den Potenzen, Proportionen, Gleichungen, Pro-
gressionen, der binomische Lehrsatz imd die einfachen Beihen, die Logarithmen,
die ebene Trigonometrie, Stereometrie, die Elemente der beschreibenden Geometrie,
analytische Geometrie, Kegelschnitte; angewandte Mathematik: Statik, Mechanik)
sichere, geordnete und wissenschaftlich begründete Kentnisse besitzt, und dafs ihm
auch die elementaren Teile der Wissenschaft noch wohl bekannt sind. Ebenso
mufs Fertigkeit in allen im praktischen Leben vorkommenden Rechnungsarten, im
Rechnen mit allgemeinen Gröfsen und im Gebrauch der mathematischen Tafeln
vorhanden sein. Auf strenge Beweisführung und auf Fertigkeit in der Lösung
der Aufgaben ist bei der Abiturientenprüfung besonderer Werth zu legen.
76
9. Im Zeichnen müssen die von den Abiturienten vorzulegenden Leistungen
Arbeiten ans den letzten zwei Jahren des Schulbesuchs sein und die im Ereihand-
zeiohnen und im geometrischen Zeichnen erlangte Fertigkeit darthun.
$ B. Die Früfungscommission besteht aus dem dazu bestellten Königl.
Commissarius, als Vorsitzendem, einem seitens des Königl. Provinzial-Schulcol-
legiums bestimmten Mitgliede der Localschulbehorde, dem Director und den etats-
zaaTsigen Oberlehrern der Anstalt, sofern diese in Prima wissenschaftlichen Unter-
richt erteilen. Die anfser diesen in Prima in wissenschaftlichen Gegenständen unter-
richtenden ordentlichen Lehrer sind auf die Zeit der Dauer dieser i&schäftigung Mit-
glieder der Commission. Auch die nicht zur Prüfungscommission gehörigen Lehrer
der Anstalt sind verpflichtet, der müudlichen Prüfung beizuwohnen, und die übrigen
HitgHeder der Localschulbehörde sind jedesmal dazu einzuladen, haben jedoch an
der Abstimmung über das Ergebnis der Prüfung keinen Teil
§ 4. Die Zulassung zur Abiturientenprüfung wird von einen zweijährigen
Aufenthalt in Prima abhängig gemacht. Wo in der ersten Klasse eine Ober- und
Ünter-Prima bestimmt unterschieden wird, mufs der Abiturient mindestens ein
Semester der Ober-Prima angehört haben. Nach erst anderthalbjährigem Besuch
der Prima kann die Zulassung zur Prüfung nur ausnahmsweise und unter beson-
deren Umstanden, auf einstimmigen Antrag der Prüfungscommission, von der Auf-
sichtsbehörde der Anstalt genehmigt werden. Diejenigen Schüler, welche sich
der Prüfung zu unterziehen wünschen, haben zwei Honate vor Ablauf des Semesters,
im welchem dieselbe stattfinden soll, bei dem Director schriftlich, unter Beifügung
einer von ihnen selbst deutsch verfassten kurzen Darstellung ihrer bisherigen
Lebensverhältnisse die Zulassung nachzusuchen. Schüler, welche zwei Jahre lang
die erste Klasse besucht haben und ein befriedigendes Ergebnis des Abiturienten-
examens nicht hoffen lassen, oder denen die erforderliche sittliche Keife noch ab-
geht, kann von Seiten der Lehrerconferenz der Rath gegeben werden, davon ab-
zustehen; zurückgewiesen werden können sie nur bei Einstimmigkeit der Lehrer,
welche Mitglieder der Prüfungscommission sind. Verlassen die betreffenden Schüler
in solchem Fall die Anstalt, so erhalten sie ein blofses Abgangszeugnis, in welchem
anzumerken ist, dafs sie nicht hinlänglich vorbereitet gewesen, um mit Erfolg an
der Abiturientenprüfung teilzunehmen.
Nachdem in der Lehrerconferenz über die Zulassung Beschlufs gefafst worden,
reicht der Director dem Königl. Commissarius das über die betreffende Verhand-
lung geführte Protokoll mit dem Verzeichnis der Abiturienten und gleichzeitig die
Vors^läge zu Aufgaben für die schriftliche Prüfung ein. Das Verzeichnis siebt
in tabellarischer Znsammenstellung den Geburtstag und -ort der einzelnen Aoitu-
rienten, ihre Confession, den Stand des Vaters, die Dauer des Aufenthaltes in
Prima und auf der Schule, so wie den gewählten Beruf an und enthält aufserdem
in einer besonderen Rubrik eine kurze Charakteristik des Schülers, aus der zu ent-
nehmen ist, ob nach seiner geistigen und sittlichen Entwickelung die erforderliche
Reife bei ihm als vorhanden anzusehen und der Zweck der Schule bei ihm erreicht
worden ist
§ 5. Die Aufgaben zu den schriftlichen Prüfungsarbeiten werden
von den betreffenden Lehrern gewählt und für jede Arbeit zwei vorgeschlagen,
welche von den Schülern noch nicht behandelt worden sind. Der K. Prüfungs-
commissarius trifft die Auswahl unter den Vorschlägen, ist aber auch befugt, nach
Befinden sämtliche oder einzelne Aufgaben, sowohl für einzelne Anstalten, >vie
auch dieselben für alle Realschulen des ihm zugewiesenen Ressorts, selbst zu
stellen. Alle gleichzeitig zu nrüfenden Schüler einer Anstalt erhalten dieselben
Aufgaben. Die schriftliche Prüfung wird anberaumt, sobald die Entscheidung
des 1^. Commissarius über die in derselben zu bearbeitenden Aufgaben eingetroffen
ist. Zu der schriftlichen Prüfung gehört: 1. ein deutscher Aufsatz, 2. ein
französischer oder englischer Aufsatz, 3. ein Exercitium in einer der neueren
Sprachen, ein englisches, wenn ein französischer Aufsatz zu fertigen ist, und um-
gekehrt. Die Bestimmungen hierüber trifft der K. Commissarius, welcher auch
befugt ist, in beiden Sprachen statt des Aufsatzes ein Exercitium eintreten zu
lassen, 4. die Lösung von vier mathematischen Aufgaben : a) aus dem Ge-
biete der Gleichungen zweiten Grades, b) aus dem Gebiete der Planimetrie oder
der analytischen Geometrie, c) aus der ebenen Trigonometrie, d) aus der Stereo-
76
meine oder den Kegelachnitten, 5. die Losung einer Aufgabe aus der ange-
gewandten Mathematik (Statik oder llechanik)i einer physikalischen
Aufgabe (Optik oder Wärmelehre), und einer Aufgabe aus der Chemie. Letctere
darf nicht zu einer Relation über einen Abschnitt des Systems veranlassen, sondern
ist so zu wählen, dafs sie Gelegenheit gibt, Kenntnisse aus verschiedenen Teilen
der Chemie und Sicherheit in stochiometrischen Rechnungen zu zeigen.
Bei den Realschulen, welche die polnische Sprache in ihren Lehrplan
aufnehmen müssen, kommt für die betreffenden Schüler noch ein Aufsatz in pol-
nischer Sprache oder die Uebersetzung eines deutschen Dictats ins Polnische hinzu,
je nach Bestimmung des K. Commissarius.
Die Aufgaben werden den Schülern erst unmittelbar vor Beginn der Arbeit
bekannt gemacht. Bei der Aufgabe aus der Chemie (Nr. 5) ist der Gebrauch
der chemischen Tafeln gestattet, ebenso bei Nr. 4c der Logarithmentafeln. Lexica
dürfen nur bei den in &emder Sprache abzufassenden Aufsätzen gebraucht werden,
auTserdem weder Grammatiken, noch Hefte, Excerpte oder sonstige Hülfsmittel.
Für jede der Arbeiten Nr. 1, 2, 4, 5 sind je fünf Vormittagsstunden Zeit zu geben;
für Nr. 3 genügen drei Stunden, wobei die auf das deutsche Dictat des Exeroi-
tiums verwendete Zeit in Abzug zu bringen ist. Wo eine polnische Prüfungs-
arbeit zu machen ist, geschieht dies an dem noch freien Vormittag der Woche und
zwar in fünf Stunden, wenn die Aufgabe in einem Aufsatze besteht, in drei Stunden,
wenn ein Exercitium gefordert wird. Eine Uebersetzung aus dem Lateinischen
ins Deutsche wird in der Regel nicht verlangt. Findet der K. Commissarius es
angemessen, eine solche aufzugeben, so sind dafür drei Stunde n anzusetzen. Von
der Teilnahme am Nachmittf^unterricht während der Woche des schriftlichen
Examens sind die Abiturienten dispensirt.
Die Anfertigrung der Arbeiten geschieht in der Regel in einem Klassen-
zimmer, und zwar unter der ununterbrochenen, nach einer zuvor von dem Director
bestimmten Ordnung wechselnden, Aufsicht eines zur Prüfungscommission gehörigen
Lehrers. Derselbe bemerkt in dem über die schriftliche Prüfung aufzunehmenden
Protokoll, in welcher Zeit und bei welchem Gegenstande er die Aufsicht geführt,
so wie auch, wann jeder Examinand die aufgegebene Arbeit abgeliefert hat. Der
beaufsichtigende Lehrer hat darauf zu achten, dafs keinerlei Communication der
Schüler beim Arbeiten stattfinde und die Arbeiten von jedem selbständig gemacht
werden. Unbeaufsichtigte Pausen während einer und derselben Arbeit sind unzu-
lässig. Wer sich der Benutzung unerlaubter Hülfsmittel oder eines Betruges beim
Arbeiten schuldig macht oder anderen dazu behülflich ist, wird mit Zurückweisung
von der Prüfung bestraft, was den Examinanden vorher bekannt zu machen ist.
Wo die Sache nnerweislich ist oder nur ein Verdacht vorliegt, und in den Fällen,
wo überhaupt eine mildere Beurteilung zulässig erscheint, ist die Prüfungscom-
mission der Anstalt befugt, die betreffenden Abiturienten neue Aufgaben separat
bearbeiten zu lassen. Eine Bemerkung über Vorfälle dieser Art ist nicht in die
Zeugnisse, sondern nur in die Prüfungsprotokolle aufzunehmen. Wer mit seiner
Arbeit nach Ablauf der vorgeschriebenen Zeit nicht fertig ist, mufs sie unvollendet
abgeben. Die abgelieferten Arbeiten hat der Inspicient zuvörderst dem Director
zu übergeben, der sie den betreffenden Fachlehrern zur Durchsicht und Beurteilung
zustellt. Die Beurteilung hat Mifslungenes von Schlechtem wohl zu unterscheiden
und nimmt, zur Bestätigung oder Ergänzung, eine Bemerkung über das Verhältnis
auf, in welchem die Prüfungsarbeit zu den Klassenlei^tungen des Abiturienten steht.
Das Verhältnis der Arbeit zu den vorschriftsmäfsigen Anforderungen ist zuletzt
durch eins der zusammenfassenden vier Prädicate „niohtgenügend, genügend,
gut, vorzüglich*' zu bezeichnen. Weitere Modificationen der Werthbezeichnung
sind bei diesen zusammenfassenden Prädicaten zu vermeiden. Die censirten schrift-
lichen Arbeiten circuliren demnächst bei sämtlichen Mitgliedem der Prüfungscom-
mission und werden sodann von dem Director nebst dem Protokoll über die schrift-
liche Prüfung dem K. Commissarius vorgelegt. Den Exercitien wird das deutsche
Dictat beigefögt, in welchem auch die von dem Lehrer für die Uebersetzung ge-
gebenen Vocabeln und sonstigen Winke bemerkt sein müssen. Freiwillige Privat-
arbeiten der Abiturienten, durch welche dieselben documentiren zu können ver-
meinen, dafs sie in einem besonderen Fach höheren als den allgemein verbindlichen
Anforderungen zu genügen im Stande sind, können beigelegt werden.
77
§ 6. Vor Beginn der mündlichen Prüfung wird in einer von dem E.
Gommissarins (oder von dessen für BehinderongsfäUe bestelltem Vertreter) zu
leitenden Beratbnng der Prüfungscommission fes^estelit, ob und welche Abitu-
rienten Yon der mündlichen Prüfung entbunden, und ob und welche von derselben
ansgeschloBsen werden sollen. Die Dispensation von der ganzen mündlichen
Prüiunff ist in dem Fall zulassig, wenn die Mi^lieder der Prüfungscommission
einenAbiturienten auch nach ilurer Kenntnis seiner bisherigen Leistungen, ein-
stimmig für reif und der in der Dispensation liegenden Auszeichnung für würdig
erklareoL Dies wird namentlich bei den Schülern geschehen können, die zum Zweck
der Prüfung besonderer Anstrengungen nicht bedurft haben, und deren gesamtes
Wissen als die Frudit einer gewissenhaft angewendeten Schulzeit anzusehen und
ein sicherer, mit eigenem Urteü verbundener Besitz geworden ist. Ein Abiturient,
dessen schriftliche Arbeiten sämtlich oder der Mehrzahl nach als „nicht genügend"
bezeichnet worden sind, ist von der mündlichen Prüfung auszusohlieuen, wenn
die Prüfungsoommission auch nach seinen früheren Leistungen an seiner Beife
zu zweifeln Ursache hat. Auch in diesem Fall ist Einstimmigkeit des Be-
schlusses nöthig.
Die Gegenstände der mündlichen Prüfung sind: Religion, Geschichte
und Geographie, die lateinische, die französische, die englische Sprache,
Mathematik, Physik und Chemie. Die Prüfung wird im Einzelnen auf die-
jenigen Seiten der genannten Objecto beschränkt, welche, in Verbindung mit den
fiesultaten der schriftlichen Prüfung, den sichersten Anhalt zu einem Urteü über die
Gesamtbüdung des Examinanden ffewähren. Der K. Commissarius kann eine
weitere Reduction der mündlichen Prüfung eintreten lassen , wenn der Examinandns
in einem Fach bereits durch die schriftliche Arbeit seine Keife hinlänglich darge-
than hat. Derselbe ist befugt, wenn er es für zweckdienlich erachtet, in einzelnen
Ghegenständen die Prülung selbt zu übernehmen. In der Geschichte sind,
anfser einzelnen Fragen über verschiedene Teile derselben, von dem Lehrer oder
von dem E. Commissarius an jeden Abiturienten zwei Fragen, eine aus der vater-
ländischen, die andere aus der englischen oder französischen Geschichte zu richten,
welche demselben Gelegenheit geben, über einen historischen Charakter oder eine
folgenreiche Begebenheit sich im Zusammenhange auszusprechen. In der Natur-
Bestimmung des E. Commissarius, der an den verschiedenen Terminen damit an-
gemessen zu wechseln hat. In dem naturwissenschaftL Fach, worauf sich die schrift-
liche Prüfung bezogen hat, kann die mündliche unterbleiben, wenn nicht der Aus-
&11 der schrütlichen Arbeiten eine weitere Erforschung des Standes der darin er-
worbenen Eenntnisse nöthig macht. In der englischen und französischen
Litterat nr wird nicht examinirt, ebensowenig in der deutschen. Der E. Com-
missarius wird jedoch Gelegenheit nehmen, von einzelnen Abiturienten darüber
Auskunft zu verlangen, ob sie irgend ein gröfseres Werk der deutschen dassischen
oder auch der allgemein wissenschaftlichen Litteratur mit der Aufmerksamkeit ge-
leaen und studirt haben, welche sie befähigt, vom Inhalte und Zusammenhange
desselben Bechenschaft zu geben. Bei den einzelnen Fragen der mündlichen
l^rnfung ist jedem Examinandus so viel Zeit einzurilumen, dafs er im Stande ist,
sich klur und zusammenhangend auszusprechen. Ueber den Verlauf des ganzen
mündlichen Prüfungsacts wurd von den anwesenden Lehrern in vorher bestunmter
Beihenfolge ein genaues Protokoll geführt.
§ 7. Nach Beendigung der mündlichen Prüfung treten die Examinirten ab,
und die Commission vereinigt sich zur Schlufsberathung» Zu dem Ende wird zu-
vörderst das Protokoll über die mündliche Prüfung vorgelesen und das Ergebnis
bei den einzelnen Abiturienten für jeden G^egenstand, worin sie mündlich geprüft
worden, ebenfalls durch eins der zusammenfassenden Prädicate (ungenügend,
genügend, gut, vorzüglich^ festgestellt. Bei der sodann erfolgenden Ab-
stimmung über den in den einzelnen Objecten überhaupt erreichten Grad wird das
Urteil des betreffenden Fachlehrers zum Ghimde ffelegt und das Ergebnis eben-
falls durch eins der vorerwähnten Prädicate ausgedrückt, das seine Stelle auch in
den EnÜassungsseugnissen am Schlufs der einzelnen Urteile findet, welche über
78
das in den verschiedenen Fächern vorhandene Hafs des Wissens nnd Könnens aus-
ffesprochen werden. Das Gesamtresnltat eines Zeugnisses der Reife ist am Schlosse
desselben als y,genü^end, gut oder vorzüglich bestanden'' zu bezeichnen.
Zeugnisse der Kichtreife erhalten am Schlafs die Bezeichnung „nicht bestanden**.
Die Berathnng der Prüfungscommission hat sich daher schliefslioh mit der Fest-
stellimg dieses Gesamtpradicats zu beschäftigen, wobei Folgendes zu beachten ist.
Der Lehrplan der Realschule bildet eine Einheit, deren einzelne Teile gleioh-
mäfsi^ den Fleifs und die Aufmerksamkeit jedes Schülers in Anspruch nämen.
Wie jedoch in den beiden obersten Klassen schon mehr als vorher der eigentüm-
lichen Befähigung und Neigung Raum zu lassen ist, sich zu bethätigen, so ist es
zulässig, auch beim Abiturientenexamen auf besonders hervortretende Begabung
und ernste Selbstthätigkeit der Schüler soweit Rücksicht zu nehmen, dafs vorzüg-
liche Leistungen in einigen Objecten ein geringeres Mafs des Wissens und Könnens
in anderen ausgleichen, einen völligen Mangel jedoch nicht ersetzen dürfen. Dem-
gemäfs können, unbeschadet der von allen Schülern bei der Abiturientenprüfnng
nachzuweisenden allgemeinen wissenschaftlichen Vorbildung, namentlich die Mathe-
matik und die Naturwissenschaften, unter Berücksichtigung des von dem Abitu-
rienten erwählten künftigen Berufs, mit der Geschichte, Geographie und den
Sprachen in angemessene Gompensation treten. In den Abgangszeugnissen
darf das Prädicat der Reife durch die Rücksicht auf den erwählten Benu nicht
motivirt werden.
£ine specielle Anweisung, in welchen Fällen die allgemeinen Zeugnisprä -
dicate „genügend, gut, vorzüglich bestanden*' zu erteilen sind, kann nicht
gegeben werden. Der bei den Lehrern vorauszusetzenden Kenntnis von dem
Bildungsstande ihrer Schüler und der gewissenhaften Erwägung aller in Betracht
zu ziehenden Umstände seitens der Prüfungscommission mufs es überlassen werden,
hierin das Rechte zu treffen. Das höchste Prädicat ist nur da anwendbar, wo
aufser einem vorzüglichen Grade von Kenntnissen eine von selbständigem wissen-
schaftlichen Literesse zeugende freie Aneignung des Wissensstoffes bei den Abi-
turienten anzuerkennen ist. Bei tadelhaftem sittlichen Verhalten ist jedoch auch
in diesem Falle das Prädicat „vorzüglich" zu versagen. Bei welchem Stande
der Kenntnisse die Reife als nicht vorhanden anzusehen ist, kann zumal dann nicht
zweifelhaft sein, wenn ein unbefriedigendes Ergebnis der schriftlichen und der
mündlichen Prüfung mit der Beschaffenheit der bisherigen Klassenleistungen des
Abiturienten übereinstimmt. Das Resultat der Abstimmung über sämtliche Ge-
prüfte wird, unter specieller Angabe des Stimmenverhältnisses, in das Protokoll
aufgenommen. Dasselbe wird von allen Mitgliedern der Prüfungscommission unter-
zeichnet. Die vorläufige Mitteilung über den Ausfall der Prüfung an die Abi-
turienten geschieht durch den K. Commissarius oder durch den Director der An-
stalt. Der K. Commissarius hat die Befugnis, dem Beschlufs der Mehrheit der
Prüfungscommission, wenn er seiner Ueberzeuffung widerspricht, die Bestätigung
zu versagen imd die Bekanntmachung des Beschlusses zu suspendiren. In solchem
Fall hat er dafür zu sorgen, dafs die schriftlichen Arbeiten nebst dem Prüfungs-
protokoll, unter Anführung der von ihm geltend gemachten Weigerungsgründe,
dem betreffenden K. Prov. Schulcollegium zur Entscheidung vorgelegt werden.
$ 8. Die Zeugnisse werden von dem Director ausgefertigt, demnächst im
Entwurf und in der Reinschrift von dem K. Commissarius, dem Director und den
übrigen Mitgliedern der Prüfungscommission unterzeichnet. Der K. Commissarius
und der Director fugen ihr Dienstsiegel hinzu. Die Ausfertigung der Zeugnisse
geschieht nach folgendem Schema: Zeugnis der Reife für den Zögling der
Realschule zu .... N. N. (Vor- u. Zunamen) aus .... (Geburtsort) .... Jahr
alt, .... Confession , Sohn des .... (Name und Stand des Vaters) zu ... .
(Wohnort desselben) fresp. unter Vormundschaft des .... zu ... .], war . . Jahre
auf der Schule, . . Jahre in der ersten Klasse. Sittliches Verhalten: ....
Fleifs und wissenschaftliches Interesse: .... Kenntnisse und Fertigkeiten: ....
In der Religionslehre: .... In der deutschen Sprache: .... In der lateinischen
Sprache: .... In der französischen Sprache: .... In der englischen Sprache ....
In der Geschichte: .... In der Geographie: .... In den Naturwissenschaften:
. . . . In der Mathematik: .... im Zeichnen: .... Im Gesang: .... Im
Turnen: .... Die unterzeichnete Prüfungscommission hat ihm demnach, da
79
er jetzt die hiesige Bealschale verläfst, lun sich dem .... zu widmen, das Zeugnis
der Beife mit dem Prädicat: „vorzüglich fresp. gut, genä|^end) bestanden'' zuerkannt
mid entläfst ihn mit .... (Ausdruck guter Wünsche, Hoffnungen, Empfehlungen)«
.... den . • ten .... 18 • . Königliche Prüfungscommission. (Siegel des
Kraigl. Gommissarius.) N. N., Königl. Commissarius. N. N., Looal-Schuloom-
missarius. (SchulsiegeL) N. N., Director. N N., Oberlehrer u. s. w.
Wo wegen der polnischen Sprache eine Dispensation vom Englischen hat
eintreten müssen, ist dies an der betreffenden Stelle des Zeu^^ses zu bemerken
und daselbst ein Urteil über den Stand der Kenntnisse im Polnischen aufzunehmen.
Ebenso wird bei Abiturienten, welche an einem facultativen Unterricht im Ita-
lienischen teilgenommen haben, die darin erlangte Kenntnis von dem Lehrer im
Abgangszeugnisse berurteilt.
Nach dem Examen haben die Abiturienten dem Klassenunterricht wieder
beizuwohnen und sich bis zur förmlichen Entlassung in allen Dingen der Schul-
ordnung zu unterwerfen. Die Einhändigung der Zeugnisse an die Abiturienten
geschieht am Schlüsse des Semesters in einem besonderen feierlichen Schulact oder
bei Gelegenheit der öffentlichen Prüfung. Das Ergebnis der Entlassungsprüfungen
ist alljährlich in den Programmen zu veröffentlichen , wobei die für reif erklärten
Seböler unter Beifügung des ihnen erteüten ZengnUprädicaU namhaft zu
machen smd.
Das Zeugnis der Nichtreife wird nur auf ausdrückliches Verlangen
des Geprüften oder seiner Angehörigen ausgefertigt, nach dem obigen Schema mit
Weglassung des Zusatzes „der Reife'^ in der Ueberschrift, imd mit dem Schlufs :
, J)emnach hat ihm bei der Abiturientenprüfung vom .... das Zeugnis der Reife
nicht zuerkannt werden können. '* Denjenigen Abiturienten, welche ein Zeugnis
der Reife nicht haben erlangen können, aber gleichwohl die Schule verlassen, ist
es nur noch einmal gestattet, die Prüfung zu wiederholen; es kann dies jedoeh
nur in der Provinz, resp. dem Regierungsbezirk, geschehen, wo sie zum ersten
Mal geprüft worden sind. Bei der zweiten Prüfung finden die für fremde Maturitäts-
aspiranten gegebenen Bestimmungen ($ 9) auf sie Anwendung.
$ 9. «hinge Leute, die ohne vorher eine Realschule besucht zu haben, sich
ein Zeugnis der Reife nach der für deren Abiturienten geltenden Prüfungsinstruction
erwerben wollen, haben sich unter Vorlegung von Zeugnissen über ihren Bildungs-
gang an die betreffende Provinzial- Aufsichtsbehörde zu wenden, welche ermächtigt
ist, dergleichen Maturitäts- Aspiranten nach Befinden einer bestimmten Realschule
zuzuweisen. Bei der schriftlichen Prüfung ist es zulässig, sie mit den Abiturienten
der Anstalt zu vereinigen. Die mündliche Prüfung der Fremden wird besonders
ab^halten; sie richtet sich zwar nach der allgemeinen Prüfungsordnung, ist aber
bei allen Gegenständen ausgedehnter und geht mehr ins Specielle, als bei den
eigenen Schülern einer Anstalt, nach der näheren Bekanntschaft der Lehrer mit
diesen, so wie nach der Translocationsprüfung vor dem Eintritt in die Prima,
nothig ist. Es kann daher den fremden Examinanden auch die Anfertigung eines
lateinischen Exercitiums und der Nachweis der erforderlichen geographischen und
naturgeschichtlichen Kenntnisse nicht erlassen werden. Bestehen sie die Prüfung
nicht, so sind die Gommissionen befugt, sie auf eine bestimmte Zeit zurückzuweisen,
worüber eine Notiz in das Zeugnis aufzunehmen ist. Vor der Zulassung solcher
Maturitäts- Aspiranten, welche aus den oberen Klassen einer Realschule abgegangen
sind, ist zu prüfen, ob sie sich keine willkürliche Abweichung von der vorschrifts-
mäfsigen Cnrsusdauer erlaubt haben. Die Verfügung vom 11. Decbr. 1851 gilt in
in ikrem ganzen Umfange auch für Realschulen.
Die von jedem fremden Examinanden zu zahlenden Prüfungsgebühren
werden auf Zehn Thaler festgesetzt.
$ 10. Der Director hat innerhalb vier Wochen nach Beendigung der Prü-
fong samtliche Prüfungsverhandlunffen (|das Verzeichnis der Abiturienten nebst
ihren Anjraben über ilu'e Lebensverhältnisse, die schriftlichen Arbeiten, das über
die schriftliche und das über die mündliche Prüfung geführte Protokoll und den
Entwurf der EnÜassuneszeugnisse) dem K. Prov.-Schulcollegium zu übersenden,
durch welches sie der betreffenden K. wissenschaftlichen Prüfungscommission zur
gutachtlichen Aenfserung sowohl über die schriftliche wie über die mündliche
Prüfung mitgeteilt werden. Das Gutachten derselben gelangt durch das K. Prov.
80
Schulcollenum, event. von den Bemerkungen desselben begleitet, an den Director
zur Hitteilung an die Prufungscommission der Schule. Die Mitglieder derselben
haben durch ihre Unterschrift zu bezeugen, dafs sie davon £enntnis genommen.
Bei denjenigen Realschulen, welche zum Ressort einer Königl. Regierung
gehören, geschieht die Vermittelung zuvörderst zwischen dieser Behörde und dem
&. Prov.-ochulcoUegium in gleicher Weise und zu gleicher Veranlassung. Ab-
schrift des Gutachtens der K. wissenschaftlichen Prufungscommission und *der
etwaigen Bemerkungen des K. Prov.-Schulcollegiums hat die betreffende Königl.
Aufsichtsbehörde spätestens im März jedes Jahres an das Königl. Ministerium ein*
zureichen. Die Moaification des von der K. wissenschaftlichen Prufungscommission
abgegebenen Gutachtens, zu denen die Aufsichtsbehörde sich nach mrer näheren
Kenntnis der Verhältnisse, vor Mitteilung der Urteile an den Director, veranlafst
gefunden hat, sind dabei besonders zu verzeichnen und zu motivieren. Die Ab-
schrift enthält nur die Urteile selbst. Ebenso sind die begleitenden Verfügungen
an den Director nur dann abschriftlich beizufügen, wenn sie auf den Inhalt des
Gutachtens in bestimmten Beziehungen näher eingehen. Die Prüfungsverhand-
lungen und Revisionsbescheide werden im Archiv der Schule aufbewahrt.
Diejenigen Abschnitte des vorstehenden Prüfungsreglements, welche vorzugs-
weise geeignet sind, die Schüler über den Zweck und die Anforderungen der Abi-
turientehprüfungen zu unterrichten, sind von Zeit zu Zeit den beiden oberen Klassen
durch den Director auf angemessene Weise bekannt zu machen, resp. in Er-
innerung zu bringen.
III. Unterscheidung der Realschulen. Berechtigungen. $ 1.
Für die Unterscheidung der zu Entlassungsprüfungen berechtigten Realschulen
in eine erste und zweite Ordnung sind die Anforderungen mafsgebend gewesen,
welche zu sicherer Erreichung der in Abschn. I und II angegebenen Zwecke der
Realschulen gestellt werden müssen. Zu dem Ende sind nicht nur die bisherigen
Leistungen und der gegenwärtige Stand der Entwickelung, sondern vornehmlich
auch die Beschaffenheit des Ijehrplans und die gesamte innere und äufsere Aus-
stattung der bestehenden Realschulen in Betracht gezogen worden.
S 2. Zur Aufnahme in die erste Ordnung ist die Selbstöndigkeit der Schule
als höhere Lehranstelt und die Vollständigkeit des Lehrcursus und des Lehrplans
erforderlich. Es können demgemäfs diejenigen Realschulen nicht dazu gerechnet
werden, welche für ihren Ort in den unteren und mittleren Klassen zugleich das
Bedürfnis der Elementar- und der niederen Bürgerschule befriedigen müssen und
danach eingerichtet sind; so wie auch diejenigen Realschulen nicht, welche noch
kein vollständiges System von sechs aufsteigenden Klassen haben, mit Ausnahme
der Fälle, wo eine Realschule mit einem Gymnasium verbunden ist und die Klassen
Sexta und Quinte beiden Anstelten gemeinsam sind (s. $ 5 dieses Abschnitts).
Zur ersten Ordnung können femer diejenigen Realschulen nicht gezählt werden,
die für die einzelnen Klassen eine geringere Cursusdauer haben, als Abschn. I $ 3
bestimmt ist, und deren Lehrplan von dem Abschn. I $ 1 aufgestellten so weit
abweicht, dafs z. B. ein Unterricht im Lateinischen gar nicht erteilt, oder dafs
die Teilnahme daran oder an anderen wissenschaftlichen Gegenständen den Schülern
freigestellt wird. Insbesondere gehört sodann zu den Erfordernissen der ersten
Ordnung eine genügende Ausrüstung mit Lehrkräften, die gesicherte Stellung der
Lehrer und eine Dotation, durch welche den Lehrern eine angemessene Besoldung
gesichert und für die Lehrmittel und Bedürfnisse des Schullocais ausreichend und
so gesorgt ist, wie es die in diesen Beziehungen an eine höhere Lehranstalt zu
machenden Ansprüche mit sich bringen. Die Schülerzahl darf sich in den
einzelnen Klassen nicht über das zulässige Mafs zu einer Frequenz ausdehnen, bei
welcher die Zwecke des Unterrichts und der Erziehung nicht mehr erreicht
werden können.
Ueber die einzelnen vorerwähnten Punkte ist das Nähere aus den erläutern-
den Bemerkungen in der Beilage zu entnehmen.
S 3. Der allgemeine Lehrplan der Realschulen (Abschn. 1^1) gilt auch
für die zweite Ordnung. Die Abweichungen von demselben, sowie eine Unter-
scheidung obligatorischer und facnltetiver Lehrgegenstände, können, so weit sie
bei den einzelnen Anstelten mit Genehmigung der l)etreffenden Provinzialbehörden
bisher im Gebrauch gewesen sind, bis auf weiteres beibehalten werden. Es bleibt
81
s|Mlterer Erwägung vorbehalten, ob in Bezug auf den Lebrplan der Eealschulen
zweiter Ordnung besondere Festsetzungen zu treffen sind.
$ 4. Die allgemeinen Bestimmungen des Abiturientenprüfungs-Reglements
rAbschn. 11) finden auch auf die Realschulen zweiter Ordnung Anwendung. Im
Einzelnen haben die Anforderungen für dieselben zum Teil einen geringeren Um-
fang, in Berücksichtigung der Erfahrung, dafs bei unvollkommen eingerichteten
Realschulen es oft einer iibermäfsigen und unzuträglichen Anstrengung der Schüler
bedurft hat, um die Bedingungen eines Zeugnisses der Reife zu erfüllen. Abge-
sehen von dem höheren Grade der gesamten geistigen Durchbildung, welche nur
bei der den Realschulen erster Ordnung gegebenen inneren und äifseren Organi-
sation erreichbar imd gesichert ist, treten daher bei den Abiturientenprüfunffen
der Realschulen zweiter Ordnung im Einzelnen ErmäTsigungen der Art ein, dafs
namentlich in der Religionslehre eine speciellere Kenntnis der Kirchen-
geschichte und der Confessionsunterschiede nicht verlang wird. — Im Lateini-
schen braucht, wie der Unterricht, so die Prüfung nicht über Julius Cäsar und
Ovid hinauszugehen. — Im Französischen und Englischen kann sich die
Prüfungsarbeit auf die Uebersetzung von Dictaten beschränken; die Anfertigung
von Aufsätzen in beiden Sprachen ist nicht erforderlich. Für den mündlichen
Gebrauch derselben ist die Anforderung nicht so hoch zu stellen, dafs auch die
Fähigkeit, historische Vorgänge frei und zusammenhängend darzustellen, vor-
handen sei. — Bei der Prüfung in der Geographie kann von der Beziehung
auf Handel und internationalen Verkehr abgesehen, in der Mathematik und im
Zeichnen aber die für die Realschulen erster Ordnung erforderliche Berücksich-
tigung der beschreibenden Geometrie ausgeschlossen werden.
' § 5. Die mit einem Gymnasium unter Einer Direction verbundenen Real-
schulen dürfen mit demselben aufser der etwa bestehenden Vorschule nur die
Klassen Sexta und Quiuta gemeinsam haben, müssen also von Quarta an einem
selbständigen Lehrplan folgen, ohne fernere Combination mit Gymnasialklassen.
§ 6. Die dermalen zu Entlassungsprüfungen berechtigten Realschulen sind :
die Königliche Realschule, die Friedrichs-Realschule, die Königstädtische Real-
schule, die Louisenstädtische Realschule, die Städtische Gewerbeschule zu Berlin;
die Realschule zu Potsdam, die Saldemsche Realschule zu Brandenburg, die Real-
schulen zu Perleberg, zu Frankfurt, zu Lübben, zu Oüstrin, die Löbenichtsche Real-
schule und die Realschule auf der Burg zu Königsberg i.Pr., die Realschulen zu Memel,
zu Wehlau, zu Tilsit, zu Insterburg, zu Ghraudenz, zu Culm, St. Petri und St. Jo-
hannis zu Danzig, zu Elbing, zu Posen, zu Meseritz, zu Fraustadt, zu Bromberff,
zu Stettin, zu Stralsund, die Realschule am Gymnasium zu Greifswald, die Real-
schule am Zwinger und zimi heiligen Geist zu Breslau, die Realschulen zu Neifse,
zu Görlitz, zu Landeshut, zu Grünberg, die Handels- und Gewerbeschule zu
Magdeburg, die Realschulen zu Burg, zu Halberstadt, zu Aschersleben, der Francke-
schen Stiftungen zu Halle, am Gymnasium zu Torgau, zu Erfurt, zu Nordhausen,
zu Münster, am Gymnasium zu Minden, zu Siegen, zu Lippstadt, zu Düsseldorf,
am Gymnasium zu Duisburg, zu Mühlheim a. d. Ruhr, zu Orefeld, zu Elberfeld,
zu Barmen, zu Aachen, zu Cöln, zu Trier.
Von diesen 56 zu Entlassungsprüfungen berechtigten Realschulen bilden für
jetzt die erste Ordnung derselben folgende 26 Anstalten: die Königliche Real-
schule, die Friedrichs-Realschule, die KönigslÄdtische Realschule und die Louisen-
städtische Realschule zu Berlin ; die Realschule zu Potsdam, die Saldemsche Real-
schule zu Brandenburg, die Löbenichtsche Realschule und die Realschule auf der
Burg zu Königsberg i. Pr., die Realschulen zu Elbing, zu Posen, zu Meseritz, zu
Stettin (Friedr.-Wi)h.-Schule) , am Zwinger und zum heil. Geist zu Breslau, zu
Görlitz, zu Erfurt, zu Münster, zu Minden, zu Siegen, zu Lippstadt, zu Düsseldorf,
zu Mühlheim a. d. Ruhr, zu Elberfeld, zu Barmen, zu Göln, zu Trier.
Die in vorstehendem Verzeichnis nicht aufgeführten 30 zu Entlassungs-
prnfungen berechtigten Realschulen bilden für jetzt die zweite Ordnung
derselben.
§7. Die Abiturientenzeugnisse der Reife, welche von einer zu Ent-
lassungsprüfungen berechtigten Realschule ausgestellt sind, gewähren hauptsächlich i
folgende Befugnisse: Zulassung zur Elevenprüfung für die technischen Aemter der . i
Wiese, Yerordnaogen. 6
82
Berg-, Hütten- und Salinenverwaltang; Zulassung zur Feldmesserprüfung, desgl.
zur Harkscheiderprüfung ; Eintritt in den Postdienst mit Aussicht auf Beförderung
in die höheren Dienststellen; Aufnahme in die Eönigl. Forstlehranstalt zu Neu-
stadt-Eber swalde; Aufnahme in das reitende Feldjägercorps; Aufiiahme in das
Eönigl. Gewerbeinstitut; Zulassung zum Supemumerariat bei der Verwaltung der
indirecten Steuern; Zulassung zum Civilsupernumerariat bei den Provinzial-Givil-
verwaltungsbehörden; Zulassung als Applicant zum Marine-Intendantur- und lülitär-
und Harine-Localverwaltungsdienst.
Das Zeugnis über einen einjährigen Aufenthalt in Prima berechtigt
zur Zulassung zur Abiturientenprüfung bei einer Provinzial-Gewerbeschule. Die
Zulassung zum einjährigen freiwilligen Militärdienst wird, vom Jahre 1860 an, auf
ein Zeugnis über einen mindestens halbjährigen Besuch der Prima gewährt.
Ein Zeugnis aus Prima ist erforderlich zur Zulassung zum Civilsupernumerariat bei
den Gerichtsbehörden; desgl. zum Studium der Oekonomie auf den Eönigl. land-
wirthschsitlichen Lehranstalten zu Poppeisdorf und Eldena. Ein Zeugnis der
Reife für Prima ist Bedingung der Zulassung zum Studium der Tierheilkunde
als Givileleve der Eönigl. Thierarzeneischule in Berlin. Ein solches befähigt eben-
falls zum Büreaudienst bei der Bergwerksverwaltung. Ein Secundanerzeugnis
befähigt zur Aufnahme in die obere Abteilung der EönigL Gärtnerlehranstalt zu
Potsdam; desgl. in das Eönigl. Musikinstitut zu Berlin.
In den für die Vorbildung der Apothekerlehrlinge zu erlassenden Bestim-
mungen werden die Realschulen, auf denen das Lateinische ein obligatorischer
Lehrgegenstand ist, den Gymnasien gleichgestellt werden.
Aufserdem befähigen die Zeugnisse aus den mittleren Elassen zur
Aufnahme auf die Berg- und die Provinzial-Gewerbeschulen, zum Subaltemdienst
bei verschiedenen Unterbehörden etc.
Hiemach wird den zu Entlassungsprüfungen berechtigten Realschulen von
den Rechten, welche sie gegenwärtig besitzen, keins entzogen.
Den Abiturientenzeugnissen der Reife und den Abgangszeugnissen, welche
von einer Realschule erster Ordnung ausgestellt sind, ist, mit Allerhöchster Ge-
nehmigung, eine weiter reichende Wirkung beigelegt worden, wodurch die betreffen-
den Zöglinge in mehreren Beziehungen den Gymnasialschülem gleichgestellt werden.
Diese Erweiterung der Rechte der Realschulen besteht in Folgendem:
Die mit dem Zengms der Reife versehenen Abiturienten der Realschulen erster
Ordnung werden zu den höheren Studien für den Staatsbaudienst und das Berg-
fach zugelassen. Dieselben sind, wenn sie mit Aussicht auf Avancement in die
Armee eintreten wollen, von Ablegung der Portepeefähnrichsprüfung dispensirt.
Zum Supemumerariat bei der Verwaltung der indirecten Steuern, und ebenso als
Applicanten für den Militär-Intendantur£enst werden sie zugelassen, wenn sie die
Prima mindestens ein Jahr lang mit gutem Erfolg besucht haben. Ein Zeugnis
der Reife für Prima befähigt sie zum Civilsupernumerariat bei den Provinzial-
Civilverwaltungsbehörden ; desgl. zur Annahme als Civil- Aspiranten bei den Pro-
viant-Aemtem. Zum einjährigen freiwilligen Militärdienst werden sie, vom
Jahre 1860 an, angenommen, wenn sie mindestens ein halbes Jahr in Secunda ge-
sessen und an dem Unterricht in allen Gegenständen Teil genommen haben.
Zur Aufnahme in die obere Abteilung der E. Gärtner-Lehranstalt zu Potsdam be-
dürfen sie eines Zeugnisses der absolvirten Tertia.
§ 8. Die Realschulen erster Ordnung gehören gleich den Gymnasien zu
dem Ressort der E. Prov.-SchulcoUegien, die Realschulen der zweiten Ordnung
zu dem der E. Regierungen.
§ 9. Die Zahl der Realschulen erster Ordnung ist nicht abgeschlossen;
vielmehr steht die Aufnahme in dieselbe allen den Anstalten offen, welche den
oben angegebenen Bedingungen entsprechen (s. § 1 und 2). Die Aufnahme in die
erste Oiänung erfolgt auf den Bericht des betreffenden E. Prov.-SchulcoUegiums,
welchem zu dem Zweck die E. Regierung als unmittelbare Aufsichtsbehörde die
erforderlichen Nachweisungen mitteilt, und welches zuvörderst eine Revision der
Anstalt abhalten läfst. Dieselbe Behörde ist befugt, wegeti einer etwa zu be-
.willigenden Uebergangsfrist geeignete Anträge an den (Jnterrichtsminister zu richten.
83
B. Die höheren Bürgersohulen.
Mit dem Namen höhereBürgerBchule werden solche Beal-Lehranstaltea
bezeichnet, welche die Tendenz der yollständigen Bealschule verfolgen, aber eine
geringere Klassenzahl haben. Die höheren Bürgerschulen, welche die Berech-
tigung zu giltigen und unter der Aufsicht der vorgesetzten Provinzialbehörde ab-
zuhaltenden Abgangsprüfungen erwerben wollen, müssen die fünf Klassen von Sexta
bis Secnnda einer vollständigen Bealschule umfassen und im Allgemeinen nach den-
selben Grundsätzen eingerichtet sein, welche in der Instruction für die Realschulen
aufgestellt worden sind. Der Gursus der ersten Klasse solcher höheren Bürger-
schulen hat daher die Dauer von zwei Jahren, und das Lateinische gehört auch
bei ihnen zu den obligatorischen Gegenständen des Lehrplans.
Das Lehrziel der höheren Bürgerschule von fünf Klassen stellt sich in
folgenden Anforderungen der Abgangsprüfung derselben dar: In der Keligion
haben die Examinanden eine zusammenhangende Kenntnis der Glaubenslehre der
kirchlichen Confession, welcher sie angehören, darzuthun, femer eine Bekanntschaft
mit den für die Glaubenslehre und die Geschichte des Kelches Gottes wichtigsten
Teilen der heil. Schrift. Im Deutschen wird verlangt ein correcter mündlicher
und schriftlicher Ausdruck, mit der Befähigung, ein dieser Bildungsstufe ange-
messenes Thema zu disponiren und zusammenhangend, in klarer Ordnung, schrift-
lich zu behandeln. Stilistische Uebung im Uebersetzen aus den fremden Sprachen,
die auf der Schule gelehrt werden. Gutes, richtig betonendes Lesen und der Nachweis,
dafs ein und das andere Schriftwerk aus unserer classischen Litteratur mit verständiger
Au&ierksamkeit gelesen ist. Im Lateinischen: Sicherheit in der Formenlehre
und der Syntax. Verständnis des bellum gallicum von Julius Cäsar und des Ovid.
Metrische Kenntnis des Hexameters. Im Französischen und Englischen:
nichtige Aussprache und sichere Bekanntschaft mit den Hauptteilen der Gh?am-
matik« Verständnis von Prosastücken, besooders historischen Inhalts, und von
leichten Dichterstellen, und ein dazu ausreichender Vocabelvorrath; Fertigkeit in
correctem Nachschreiben eines französischen und englischen Dictats. In den
vorgenannten drei fremden Sprachen müssen die Abiturienten ein dieser Stufe an-
gemessenes Exercitium ohne grobe Fehler schreiben können. In der Geschichte:
Allgemeine Uebersicht der Weltgeschichte. Die wichtigsten Thatsachen der
griechischen Geschichte bis zum Tode Alexanders des Großen, der römischen bis
zum Kaiser Marcus Aurelius. Specielle Kenntnis der deutschen und der preufsischen
G^eschichte seit dem dreifsigjährigen Kriege. In der Geographie: Anschau-
liche Kenntnis der wichtigsten Verlulltnisse der Erdoberfläche und der Formation
der Erdteile. Die topische und politische Geographie von Europa und specieller
die von Deutschland und Preufsen. Das Wichtigste aus der Staatenkunde, mit be-
sonderer Rücksicht auf Colonisation. Die Elemente der mathematischen Geographie.
In der Naturkunde: Eine auf Anschauung gegründete Kenntnis der georäuch-
lichsten botanischen, zoologischen und mineralogischen Systeme; Bekanntschaft
mit den physiologischen und anatomischen Kennzeichen der Pflanzen und Tier-
familien, welche für die Flora und Fauna der Umgegend, für die gewöhnlich im
Handel und in der Technik vorkommenden exotischen Formen und für die Phy-
siognomie der botanischen und zoologischen Provinzen der Erde von besonderer
Wichtigkeit sind. Aus der Physik: die allgemeinen Eigenschaften der Körper;
Wärmelehre. Die für die Kenntnis der wichtigsten Naturgesetze in Betracht kom-
menden Ghnindlehren der Chemie. In der Mathematik mufs erreicht sein:
eine gründliche Kenntnis der ebenen und körperlichen Geometrie, der ebenen Trigono-
metrie, der Gleichungen de» 1. und 2. Grades, der Potenzlehre. Theorie und An-
wendung der Logarithmen und der Progressionslehre. Fertigkeit in den vier
Grundrechnungsarten, sowohl in ganzen Zahlen, wie in gewöhnlichen und in Decimal-
brüchen; Fähigkeit, Aufgaben aus der Gesellschafts-, Mischungs-, Münz- und Wechsel-
rechnung mit Sicherheit des "Verfahrens zu lösen. Im Zeichnen: angemessene
Hebung im Freihandzeichnen; Kenntnis der Elemente der Perspective.
Zum Nachweis, dafs dies Mafs von Kenntnissen und Fertigkeiten nach Ab-
solvimng des Schulcursus erreicht ist, findet eine schriftliche und eine
mündliche Prüfung statt. Dieselbe wird nach vorgängiger Genehmigung der
6*
84
betreffenden K. Begiemng abgehalten und der Termin zu der mündlichen Prüfung
von dem Kector der Schule im Einvernehmen mit dem Departementsrath der £..
Eegierung angesetsst, welcher als K. Commissarius den Vorsitz bei der Prüfung
führt. In Bezug auf die Zusammensetzung der Prüfungscommission, die Meldung
und Zulassung zur Prüfung, die Aufgaben zu den schriftlichen Arbeiten, die Anfer-
tigung und Beurteilung derselben finden die darüber in dem Abiturienten-Prü-
fungsreglement der vollständigen Bealschule gegebenen Bestimmungen bei der
höheren Bürgerschule analoge Anwendung. Dasselbe gilt von der Compensation
in den Leistungen der Abiturienten und von der Ausfertigung und Einrichtung der
Abgangszeugnisse.
Zu der schriftlichen Prüfung gehört ein deutscher Aufsatz, zu
dessen Anfertigung eine Zeit von fünf Stunden verstattet wird. Der Gegenstand
des Themas muTs dem Schüler durch den Unterricht bekannt oder doch im Kreise
seiner Anschauung und seines Nachdenkens mit Sicherheit vorauszusetzen sein.
Ein lateinisches, französisches, englisches Exercitium, dessen Zweck
hauptsächlich die Prüfung der in diesen Sprachen erlangten grammatischen Sicher-
heit ist; es sind für dasselbe je drei Stunden Zeit zu gewähren, die Zeit des
deutschen Dictats ungerechnet. Der Gebrauch von Lexicon und Grammatik ist
dabei nicht gestattet. Die Vocabeln, deren Kenntnis der Lehrer bei den Schülern
nicht voraussetzen zu dürfen vermeint, sind bei dem deutschen Text der Au%abe
hinzuzufügen. Der K. Commissarius kann aufserdem, wo es ihm angemessen er-
scheint, eme Uebersetzung aus der fremden Sprache ins Deutsche anordnen. In
der Mathematik: Lösuxig einer geometrischen, einer trigonometrischen, einer
algebraischen und einer Rechenaufgabe, in vier Stunden. Die Fertigkeit im
Freihandzeichnen wird durch vorgelegte Zeichnungen aus der Zeit des Unter-
richts in Secunda dargethan.
Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die Religionslehre, das
Uebersetzen aus dem Lateinischen, Fransösischen und Englischen, die
Geschichte und Geographie, die Naturkunde und die Mathematik.
Wenn nach den schriftlichen Prüfungsarbeiten das erforderliche Mafs von
Kenntnissen bei einem Abiturienten unzweifelhaft vorhanden ist, so kann demselben,
falls die Lehrer nach ihrer Kenntnis seiner Klassenleistungen und des von ihm
bewiesenen Fleifses und Strebens einstimmig dafür sind, die mündliche Prüfung
erlassen werden, was als eipe besondere Auszeichnung in dem Abgangszeugnis zu
vermerken ist.
Die Prüfungsverhandlungen werden dem K. SchulcoUegium der betreffenden
Provinz zur Kenntnisnahme durch die K. Regierung zugesandt Ueber das Er-
gebnis der an den höheren Bürgerschulen ihres Ressorts während eines Jahres ab-
gehaltenen Abiturientenprüfungen haben die K. Regierungen im Januar des neuen
Jahres Bericht zu erstatten und die etwanigen Bemerkungen des K. Prov.- Schul -
coUeginms über die Prüfungsverhandlungen beizufügen.
Das auf einer zu giltigen Abgangsprüfungen berechtigten höheren Bürger-
schule erworbene Zen^s der Reife berecbtifft zur Aufnahme in die Prima einer
vollständigen Realschule und gewährt aufser den an den Besuch der Secunda einer
Realschule geknüpften Befugnissen das Recht auf Zulassung zum einjährigen frei-
willigen Militärdienst.
Der Antrag auf Verleihung des Rechts zur Abhaltung von Abgangsprü-
fungen der vorbezeichneten Art ist durch die betreffende K. Regierung an den
Unterrichtsminister zu richten.
Unter Aufhebung der vorläufigen Instruction vom 8. März 1832 tritt gegen-
wärtige Unterrichts- und Prüfungsordnung für die Real- und die höheren Bürger-
schulen nunmehr in Kraft. So weit die über das Realschulwesen früher erlassenen
Verfügungen nicht in Widerspruch stehen, sind sie auch femer in Anwendung zu
bringen. Ueber die bei Ausfuhrung der Unterrichts- und Prüfungsordnung zu be-
achtenden Gesichtspunkte und verschiedene Detailbestimmungen wird auf die bei-
gegebenen Erläuterungen Bezug genommen.
Berlin, den 6. üctober 1859. Der Minister der geistlichen etc. Angelegen-
heiten, von Bethmann-HoUweg.
85
Erläuternde Bemerkungen zu der Unterrichts- und
Prüfungs-Ordnung der Real- und der höheren Bürger-
schulen vom 6. October 1859.
Unter den höheren Lehranstalten, deren Ziel allgemeine geistige Ausbildung
ist, haben sich die Gymnasien eine im wesentlichen übereinstimmende und durch
die P^be langer Zeit bewährte feste Einrichtung erhalten. Neben ihnen haben
die Real- und die höheren Bürgerschulen in neuerer Zeit eine Bedeutung für das
öfifentliche Leben und die nationale Bildung erlangt, welche die Unterrichtsver-
waltung veranlassen mufste, nunmehr auf entsprechende bestimmte Anordnungen
für diese Anstalten Bedacht zu nehmen. Nachdem darüber die Gxitachten der
Provinzialbehörden erfordert und die weiter nöthigen Verhandlungen gepflogen
sind, ist unter dem heutigen Datum die Unterrichts- und Prüfimgsordnung der
Real- und der höheren Bürgerschulen erlassen worden.
In der freieren Entwickelung, welcher dieselben bisher überlassen gewesen
sind, haben sich sowohl ihre besonderen Bedürfnisse wie ihre Leistungsfähigkeit
deutlich erkennen lassen. Die normativen Bestimmungen der Unterrichts- und
Prüfungsordnung nehmen auf beides Rücksicht, und haben, unter Zu|frundelegung
allgemeiner und fester Principien, diesem ganzen Unterrichtsgebiet diejenige Frei-
heit der Gestaltimg gelassen, auf welche es nach seiner Geschichte und nach seinem
mannigfaltigen Verhältnis zum öffentlichen Leben zu fernerer gedeihlicher Ent-
wickelung Anspruch hat.
Die Real- und die höheren Bürgerschulen haben die Aufgabe, eine wissen-
schaftliche Vorbildung für die höheren Berufsarten zu geben, zu denen akademische
Facultätsstudien nicht erforderlich sind. Für ihre Einrichtungen ist daher nicht
das nächste Bedürfnis des praktischen Lebens mafsgebend, sondern der Zweck,
bei der diesen Schulen anvertrauten Jugend das geistige Vermögen zu derjenigen
Entwickelung zu bringen, welche die nothwendige Voraussetzung einer freien und
selbständigen Erfassung des späteren Lebensberufs bildet. Sie sind keine Fach-
schulen, sondern haben es, wie das G^ymnasium, mit allgemeinen Bildungsmitteln
und grundlegenden Kenntnissen zu thun. Zwischen Gymnasium und Realschule
findet daher kein principieller Gegensatz, sondern ein Verhältnis gegenseitiger
Ergänzung statt. Sie teilen sich in die gemeinsame Aufgabe, die Grundlagen der
gesamten höheren Bildung für die Hauptrichtungen der verschiedenen Berufsarten
zu gewähren. Die Teilung ist durch die Entwickelung der Wissenschaften und
der öffentlichen Lebensverhältnisse nothwendig geworden, und die Realschulen
haben dabei allmählich eine coordinirte Stellung zu den Gymnasien eingenommen.
Während den Gymnasien zur Erreichung des Zwecks überwiegend das
Studium der Sprachen, und vorzugsweise der beiden classischen Sprachen des
Altertums, und demnächst die Mathematik dient, legen die Realschulen nach ihrer
mehr der Gegenwart zugewandten Richtung ein grösseres Gewicht auf eine wissen-
schaftliche Erkenntnis der objectiven und realen Erscheinungswelt und auf die
Beschäftigung mit der Muttersprache, so wie mit den Sprachen der beiden wich-
tigsten neueren europäischen Gulturvölker. Weil aber das Gegenwärtige nur aus
seiner vorangehenden Entwickelung, deren Resultat es ist, begriffen werden kann,
so wird der Unterricht der Realschule das historische Element überall zu berück-
sichtigen haben ; und weil Kenntnisse und geistige Bildung nur auf der Grund-
lage religiöser und nationaler Lebensbestimmtheit zu voller Wirksamkeit gelangen
können, so wird religiöse und volkstümliche Unterweisung und Bildung den
Charakter auch der Real- und der höheren Bürgerschulen wesentlich mitzube-
stimmen haben. Sie sind eben so wie die Gymnasien vor allem deutsche und
christliche Schulen.
Nur in dem Hafse, in welchem die Aufgabe der allgemeinen und der ethischen
Bildung von der Real- und höheren Bürgerschule erkannt und gelöst wird, kann
sie die irrige Vorstellung, sie vermöge und wolle rascher und leichter als das
Gymnasium für den praktischen Lebensberuf vorbereiten und Kenntnisse mitteilen,
die sich unmittelbar verwerthen lassen, berichtigen und der (Jeberzeugung Eingang
verschaffen, dafs gerade dann nicht für die Schule, sondern für das Leben gelernt
und ein höherer Grad von Brauchbarkeit erreicht wird, wenn die für die Zwecke
86
des Lebens nöthigen Kräfte, ihrem Wesen und ihrer Bestimmung nach, an und
für sich selbst ausgebildet werden. Die Schule dient dem Leben und achtet auf
seine Anforderungen, das beweist die Existenz gerade der Realschulen und die
Einrichtung ihres Lehrplans: aber sie hat es mit der Jugend zu thun und kann
bei ihr zu der Bildung, welche die einzelnen Berufsarten erfordern, nur den allge-
meinen und dauernden Grund legen wollen. Alle Berufsbildung mufs sich auf
freie menschliche Bildung des Geistes und des Gemüths gpründen.
Zu der Besonderheit des Begriffs der Realschulbildung gehört, dals sie
vorzugsweise auf das Objective und Positive gerichtet ist und dessen Aneignung
fordert. Es kommt daher für das Gedeihen der Reallehranstalten alles darauf
an, dafs sie dies richtig verstehen und der Gefahr ausweichen, welche in der Be-
schäftigung mit dem Reichtum des realen Lebens und mit empirischem Wissen
liegt, wenn dabei nicht die Erkenntnis geschärft wird, dafs der [tiefere Grund
alles Realen in dem geistigen Gehalt und Werth der Dinge liegt, und dafs die
sichtbare und sinnliche Welt auf der unsichtbaren und geistigen ruht. Dafs der
Mensch die Herrschaft über die Erde sich aneigne und die Kräfte der Natur sich
unterthan mache, gehört zu seiner gottgeordneten Bestimmung und Ehre. Der
Unterricht der Realschule soll an seinem Teil dazu helfen, dafs in dem heran-
wachsenden Geschlecht die Befähigung dieser Bestimmung zu entsprechen aus-
gebildet werde; aber er soll es demselben zugleich zum Bewufstsein bringen, dafs
die Aufgabe des Lebens darin nicht beschlossen ist, und durch die befreiende Macht
wahrer Bildung ihm einen Schutz gegen die geistige Unfreiheit gewähren, zu welcher
eine falsche Auffassung der grofsen Aufgabe führt.
Der eigentümliche Vorzug, den die Realschule erstrebt, besteht darin, dafs
sie bei ihren Zöglingen den Sinn bildet und schärft, die Dinge der Anschauung
richtig zu beobachten und aufzufassen und in der Mannigfaltigkeit derselben das
Gesetz zu erkennen, dafs sie daher namentlich in den mathematischen und Natur-
wissenschaften und im Zeichnen mehr erreicht, als den Gymnasien vorgesetzt ist,
auch mit den gegenwärtigen Gulturzuständen eine nähere Bekanntschaft vermittelt.
Dies wird aber nur dann ein wahrhafter Vorzug sein, wenn bei den Zöglingen
der Realschulen zugleich ein wissenschaftlicher Sinn geweckt und ihre Kenntnis
des Stoffs begleitet ist von Achtung vor der Wissenschaft und von der Erkenntnis
dessen, was alles Leben trägt und zusammenhält.
Der Lehrcursus der Realschule schliefst für die meisten Schüler, welche
ilm durchmachen, die wissenschaftliche Vorbildung ab : das Gymnasium weist über
sich hinaus auf die Universität, wo die Mehrzahl der Gymnasialabiturienten die
wissenschaftliche Vorbereitung für den künftigen Beruf fortsetzt. Es ergjiebt sich
hieraus die Nothwendigkeit, dafs in dem Realschüler, weil er die Universität nicht
vor sich hat, vor seinem Eintritt in den praktischen Beruf oder in eine Fachschule,
um so mehr das Interesse und die Fähigkeit zu selbständiger wissenschaftlicher
Fortbildung geweckt werde, z. B. für den künftigen Architekten in der Altertums-
kunde, für den Bergmann in der Geognosie u. s. w. Diese Aufgabe wird die
Schule aber nur in dem Mafse erfüllen können, als sie nicht blos Kenntnisse für
den Gebrauch, sondern echt wissenschaftliche Bildung mitteilt, wodurch auch dem
späteren Berufsleben eine höhere Weihe gesichert wird.
Aus demselben Grunde hat die Realschule, je früher sie ihre Zöglinge den
Anforderungen und Bewegungen des öffentlichen Lebens übergeben mufs, desto
ernstlicher der Pflicht zu genügen, sie mit allem dem bekannt und vertraut zu
machen, was in allem Wechsel der Erscheinung das Bleibende und Unvergängliche
ist, und mit der Wahrheit, die über der Wirklichkeit steht. Wird diese wahrhafte
Realität des Lebens von den Realschulen übersehen, so wäre von ihnen kein Ge-
winn für das Leben der Nation zu hoffen: sie würden alsdann eine wissenschaft-
liche und sittliche Geistesbildung nicht gewähren, sondern den materiellen Zeit-
richtungen dienstbar sein, was gegen ihre Bestimmung ist.
Die Wahl der Lehrgegenstände und die Bestimmung des Lehrziels hat sich
nach der hierin angedeuteten Aufgabe der Realschulen zu richten, und wird des-
halb ebensowohl durch die Natur des menschlichen Geistes, wie durch das Ver-
hältnis bestimmt, in welches derselbe zu Gott, zur Menschenwelt und zur Natur
zu treten berufen ist. Diese Beziehungen bilden die allgemeinen Grundlagen des
Lehrplans auch der höheren Realanstalten.
87
A. Die BealBOhulen. Der traditionelle Name Bealschule wird als
unterscheidende Bezeichnung, unbeschadet der sonst ortsüblichen Benennungen der
betreffenden Anstalten, für den officiellen Gebrauch beibehalten; er erinnert an die
Entstehung dieser Schulen, ohne dafs sie jedoch, bei ihrer im Laufe der Zeit
wesentlich geänderten Bestimmung und Einrichtung, dem ursprünglichen Begriff
desselben noch völlig entsprächen.
L Zu $ 1. Es ist bei Aufstellung des Lehrplans, um üeberladung und
Verwirrung zu vermeiden, darauf Bedacht genommen, dafs, so weit wie möglich,
das Eintreten der einzelnen Lehrgegenstände stufenweis geschehe, und dafs, um
einen guten Grund in den Elementen zu legen, zuerst für jeden neu eintretenden
(Gegenstand eine möglichst grofse Stundenzahl verwandt werde.
Aufser dem Beligionsunterricht bilden die Lehrgegenstände wesentlich zwei
ünterrichtsgebiete: 1. das der Sprachen und der Geschichte, 2. das der Mathe-
matik und der Naturwissenschaften, wozu als drittes die technischen Fertigkeiten
kommen.
Li den unteren Klassen überwiegt der Sprachunterricht, im Interesse des
später mit gröfserer Stundenzahl eintretenden realen, weil der Schüler, auch für
den Zweck scharfer Auffassung der Sachen, früh gewöhnt werden mufs, auf das
Wort, als Mittel zur Bezeichnung der Sache, zu merken, und weil der Sprach-
unterricht die Grundlage der formalen und allgemeinen Geistesbildung ist.
Einen wesentlichen und integnrenden Teil des Lehrplans der Realschule
bildet das Lateinische als allgemein verbindliches Lehrobject. Diese Stellung
gebührt der lateinischen Sprache sowohl wegen der Wichtigkeit, welche sie für
die Kenntnis des Zusammenhanges der neueren europäischen Cultur mit dem
Altertum hat, wie als grundlegende Vorbereitung des grammatischen Sprach -
Stadiums überhaupt und insbesondere des der neueren Sprachen, welches ohne
Kenntnis des Lateinischen immer oberflächlich bleibt In dieser Beziehung ist
die lateinische Sprache vorzüglich geeignet, zur Bildung des Sinnes für scharfe
Unterscheidung der Formen beizutragen. Wie wichtig dies für Realanstalten ist,
bedarf keiner Auseinandersetzung. Auch wird bei fast allen, den Realschulen
zustehenden Berechtigungen Kenntnis des Lateinischen von den betreffenden Be-
hörden ausdrücklich gefordert. Es ist nicht zweckmäfsig, ein Lehrobject von solcher
Bedeutung facultativ zu lassen, sowohl aus allgemeinen pädagogischen Gründen,
wie auch deshalb, weil dadurch die Gemeinsamkeit des Lehrplans aufgehoben und
durch die alsdann nothwendige Rücksicht auf die verschiedene Vorbildung der
Schüler, eine gleichmäfsige Behandlung, namentlich des Deutschen und der
neueren Sprachen, der Geschichte und der Naturwissenschaften, vielfach ge-
hindert wird.
Die üebersicht des Lehrplans stellt das Verhältnis dar, welches für die Auf-
nahme der verschiedenen ünterrichtsobjecte als mafsgebend anzusehen ist. Es soll
jedoch damit nicht eine soweit bindende Norm aufgestellt sein, dafs nicht die Be-
rücksichtigung localer Umstände und besonderer Verhältnisse der Lehrercollegien
einzelne Abweichungen davon zulässig machte. Ebensowenig wird beabsichtigt,
für jeden Unterrichtsgegenstand und jede Klasse einen detailiirten Lehrplan vor-
zuschreiben oder die Pensa der einzelnen Klassenstufen genau zu begrenzen. Da-
gegen werden in den folgenden Paragraphen zur näheren Bestimmung des
allgemeinen Lehrplans die für den Organismus der Realschule wichtigsten Ent-
wickelungsstufen und die auf denselben erreichbaren Unterrichtsziele angegeben.
Für den Weg, zu ihnen zu gelangen, wird den einzelnen Anstalten die Freiheit ge-
lassen, welche in der inneren Nothwendigkeit der Sache selbst, in bewährtem Her-
kommen und in der individuellen Beschaffenheit der vorhandenen Lehrkräfte ihre
Rechtfertigung hat. Die in der Verteilung und Behandlimg des Unterrichtsstoffs,
und namentlich in der Goncentration einzelner Lehrgegenstände auf kürzere Ab-
schnitte des ganzen Cursus, von den Directoren gemachten Versuche müssen ihre
Bewährung am Erfolge haben und hierin überhaupt Manches der Erfahrung noch
vorbehalten bleiben.
Was zuvörderst die Modif icationen des Lehrplanes betrifft, welche die
Provinzial- Aufsichtsbehörden zu genehmigen befugt sind, so gehört dahin u. a. eine
Vermehrung der für das Deutsche angesetzten Stundenzahl in den unteren und
mittleren Klassen, wo provinzielle Verhältnisse dazu nöthigen.
88
Wo der Unterricht in der polnischen Sprache in den Lehrplan aufgenommen
werden mufs, bleibt es der Provinzialbehörde tiberlassen, zu bestimmen, wie viel
Stunden darauf verwendet werden sollen. Den betreffenden Schülern kann in den
oberen Klassen die Teilnahme am englischen Unterricht erlassen werden.
Der Charakter der Industrie, so wie die Natur und Bodenbeschaffenheit
einer Gegend, können gegründeten Anlafs geben, einzelne naturwissenschaftliche
Disciplinen in gröfserer Ausdehnung zu behandeln, als es anderswo erforderlich
ist. So hat z. B. dAe Mineralogie an Orten, in deren Nachbarschaft Bergbau ge-
trieben wird, für den Lehrplan einer Realschule gröfsere Wichtigkeit, als da, wo
dies nicht der Fall ist.
Es ist unbedenklich, den physikalischen Unterrieht auf die beiden oberen
Klassen, den in der Chemie auf Prima zu beschränken. — Mit dem naturgeschichtlichen
Unterricht schon in Sexta zu beginnen, ist ebensowenig nothwendig, als mit dem
Zeichenunterricht. Es ist auch zulässig, einzelne Schüler, die in die oberen Klassen
aufrücken sollen, bis in die mittleren vom Zeichnen zu dispensiren, um ihnen
für andere G-egenstände mehr Zeit zu lassen, und um bei späterer Anwendung
einer gröfseren Stundenzahl desto bessere Erfolge zu erzielen.
Manche Lehrobjecte lassen sich mit Erfolg nicht behandeln, wenn der
Unterricht jedesmal auf eine Stunde beschränkt wird, da gewöhnlich, z. B. in der
Chemie und im Zeichnen, ein nicht geringer Teil der Zeit zu den Vorbereitungen
desselben erforderlich ist. In solchen Fällen kann es freigestellt werden, entweder
auf dem Lectionsplan zwei Stunden hinter einander für denselben Gegenstand an-
zusetzen oder auch den Unterricht aufser der eigentlichen Schulzeit zu legen, was
im Zeichnen, wie im Gesang, auch deshalb rathsam ist, weil die Verschiedenheit
der Befähigung und Entwickelung der Schüler dazu nöthigt, für diese Gegenstände
andere Abteilungen zu bilden, als sie in den Klassen gegeben sind. Eine Ver-
mehrung der für den Zeichenunterricht als Minimum angesetzten Stundenzahl ist
auch darum zulässig, weil die geistige Anstrengung der Schüler dabei geringer ist,
als bei wissenschaftlichen Lehrobjecten.
Der Wunsch , die eigenen Arbeiten der Schüler mehr in die Schule selbst
zu verlegen, hat bisweilen Directoren bewogen, die Zahl der für einen Lehrgegen-
stand bestimmten Stunden zu erhöhen und durch ausgedehntere Beschäftigung der
Schüler in den zu diesem Zweck vermehrten Schulstunden die häuslichen Arbeiten
zu ersparen. Sofern dieser Zweck wirklich erreicht wird und keine pädagogischen
Bedenken entgegenstehen, ist ein solches Verfahren auch femer gut zu heifsen
und verdient Anerkennung.
Bei geringer Schülerfrequenz in Sexta kann der Bechenunterricht daselbst
auf vier Stunden beschränkt werden.
Wie weit in besonderen Fällen eine grofse Schülerfrequenz dazu nöthig^t,
die vorgeschriebene Stundenzahl für einzelne Objecte zu vermehren, um bei den
Uebungen keinen Schüler zu übergehen, wird dem Ermessen der Aufsichtsbehörden
überlassen. Alle erheblichen, aus den erwähnten und anderen Bücksichten zugelassenen
Abweichungen von dem Normalplan werden von denselben in den Jahresberichten
ansfegeben und motivirt, mit dem Nachweis, wo, bei Vermehrung der Stunden-
zahl in einem Object, die entsprechende, den Verhältnissen angemessene Vermin-
derung in einem anderen Object eingetreten ist.
Zu $ 2. Es ist zu wünschen, dafs mit jeder B.ealschule eine Vorschule ,
womöglich von zwei Klassen, mit je eiinährigem Lehrcursus, verbunden sei, um
zur Erlernung der für den Eintritt in Sexta erforderlichen Elementarkenntnisse
Gelegenheit zu geben. Solche Vorschulklassen sind nicht als Septima, Octava zu
bezeichnen, auch in den Frequenzübersichten abgesondert zu stellen und zu be-
rechnen«
Zu $ 3. Die eigentliche Realschule besteht aus sechs aufsteigenden Klassen,
Es ist nicht rathsam, durch weitere Teilungen innerhalb der einzelnen Klassen die
Zahl der Stufen zu vermehren. Bei grofser Frequenz sind coordinirte Cötus einer
und derselben Klasse einzurichten.
Die Aufnahmebedingungen für Sexta sämtlicher anerkannten Real- und
höheren Bürgerschulen sind dieselben. Es ist darauf zu halten, dafs auch weiter-
hin dieselben Klassennamen auf den verschiedenen Anstalten sich entsprechen,
89
also mit Quinta, Qaarta etc. dieselben Stufen aller Anstalten gleicher Kategorie
bezeichnet werden.
Sorgfältige Erwägung, welcher Klasse neue Schüler zuzuweisen sind, ist
nicht minder wichtig, als Strenge bei den Versetzungen. Eine zu grofse Ungleich-
heit der in derselben Klasse vereinigten Schüler hat nicht selten die ordnungs-
mäfsige Entwickelung einer Eealschule zurückgehalten.
Zu $ 4. Schüler, die, sobald sie aus dem schulpflichtigen Alter ffetreten
sind, die Schule wieder verlassen sollen, lernen, zumal wenn sie wegen schwacher
Begabung lange auf den untersten Stufen bleiben, z. B. vom Lateinischen und
Fruizösischen nur die ersten Anfänge kennen und können vom Besuch einer Eeal-
schule den Nutzen nicht haben, welchen ihnen der in sich abgeschlossene Unter-
richt einer Bürger- oder Stadtschule in höherem und ihren Verhältnissen ent-
sprechenderem Mafse zu gewähren im Stande ist. Bruchstücke eines höheren
Unterrichts sich anzueignen ist der Ausbildung des Geistes nicht förderlich und
hindert die Sicherheit des Wissens und Könnens in demjenigen, was in Fällen
der bezeichneten Art das eigentliche Bildungsbedürfnis ausmacht. Wer auf einer
Healschule erster Ordnung nicht mindestens bis Tertia kommen und den Cursus
dieser Klasse durchmachen soll, dessen Aufnahme würde hiemach zu widerrathen
sein. Befähigte und fleifsige Schüler, deren Eltern genöthigt sind, die Zeit des
Schulbesuchs ihrer Söhne mit der kirchlichen Confirmation oder bald danach ab-
zuschliefsen, können bis zu dieser Zeit die Tertia einer Bealschule durchgemacht
haben.
Zu $ 5. Eine ungehörige Nachsicht bei der Au&ahme der Schüler in die
oberen Klassen hat häufig die Folge gehabt, dafs der Unterricht in denselben
sich wieder mit den Elementen zu beschäftigen hatte, die er voraussetzen mufs,
dafs zwischen der Bedeutung und Behandlung der wissenschaftlichen Objecte und
der allgemeinen Vorbereitung und Empfänglichkeit der Schüler ein zu grofses
Mifsverbältnis stattfand, dafs femer der Standpunkt der in dieselbe Klasse auf-
genommenen Schüler ein zu verschiedener war, um ein einigermafsen gleich-
mafsiges Fortschreiten zuzulassen, und dafs somit die Realschulen ihre Haupt-
aufgabe, die den beiden oberen Klassen anheimfällt, unter solchen Umständen zu
erfüllen aufser Stande waren.
In Bezug auf den Unterricht in den beiden oberen Klassen geben die an
der bisherigen Entwickelung des Realschulwesens gemachten Enahrungen zu
folgenden Bemerkungen Anlafs.
Was den evangelischen Religionsunterricht betrifft, so werden
darüber demnächst allgemeine, für seine Einteilung und Behandlung^ auf den
höheren Lehranstalten mafsgebende Bestimmungen erlassen werden. Worauf im
Einzelnen schon jetzt aufmerksam gemacht weiden mufs, ist namentlich, dafs die
wegen geringer Schülerzahl häufig noch stattfindende Combination von Prima und
Secunda aui^uheben ist Die Gursusdauer dieser Klassen von zusammen vier
Jahren umschliefst eine Zeit des sich entwickelnden Jünglingsalters von zu ver-
schiedenen Stufen, als dafs der Gegenstand für das Bedürfnis ebenso des unlängst
aus Tertia versetzten, wie des dem Abiturientenexamen nahe stehenden Schülers
zweckmäfsig behandelt und der Stoff angemessen verteilt werden könnte. Die
höhere Aufgabe der beiden oberen Klassen darf nicht dazu verleiten, Theologie
statt der Religion zu lehren. Es kommt darauf an, den Jünglingen, die in diesen
Klassen über Religion zum letzten Mal eine eigentliche Unterweisung erhalten,
die rechte Ausrüstung für das Leben mitzugeben. Die Behandlung der evange-
h'schen Heilslehre mufs ihren Ausgang und ihre Begründung immer im Zusanmien-
hange der heil. Schrift finden und den ethischen Gehalt der Lehre in Bezug auf
die kirchliche Gemeinschaft und das innere Leben des Einzelnen fruchtbar zu
machen sich angelegen sein lassen. Die confessionellen Unterscheidungslehren
müssen besprochen werden, aber von dem Bewufstsein aus, dafs in denselben die
kirchliche Grundlehre und der protestantische Lehrbegriff so wenig wie der Inhalt
des göttlichen Wortes sich erschöpft. Für das Verständnis der heil. Schrift in
ihrem inneren Zusammenhange, welches eine Hauptaufgabe der Schule bildet,
haben vereinzelte Notizen aus der sogenannten Einleitung in das A. und N. Testa-
ment nur geringen Werth und sind auf das Nothwendigste zu beschränken. Das-
selbe mufs bei den Mitteilungen über Secten und Lehrstreitigkeiten geschehen.
\
90
weil der kirchengeschichtliche Unterricht hier vielmehr die Aufgabe hat, die Ge-
schichte des Reiches Gottes auf Erden in grofsen Zügen darzustellen und biblisch
zu begründen. Der Zusammenhang und Fortg^ang des Kirchenjahres ist den
Schülern in lebendiger Erinnerung zu erhalten; die gemeinsamen Andachten zum
Beginn und Schlufs der Woche bieten eine geeignete Gelegenheit dar, zu dem-
selben Zweck die Perikopen zu benutzen. Für den E^ligionsunterricht der
katholischen Schüler bleibt ebenfalls eine Instruction vorbehalten.
Der Unterricht im Deutschen hat für die Realschule eine vorzügliche
Wichtigkeit, sowohl nach der Seite der formalen Geistesbildung und seiner nahen
Beziehung zu allen übrigen Lehrgegenständen, als nach seiner etibischen Bedeutung,
welche durch den Gegensatz der den Realschulen obliegenden Beschäftigung mit
der französischen und englischen Sprache und Litteratur gesteigert wird. Er soll
die Schüler den grammatischen Bau der Muttersprache sowie die wichtigsten
Darstellungsformen in derselben kennen lehren und sie in die Kenntnis der vater-
ländischen Litteratur einführen. Die mit der Lehre verbundenen praktischen
Uebungen haben den Zweck, die Schüler zu richtiger Auffassung prosaischer und
poetischer Darstellungen anzuleiten und bei ihnen die Herrschaft über die Sprache
zu Wege zu bringen, welche sich derselben mündlich und schriftlich correct und
sicher zu bedienen weifs. Die Beschaffenheit des Stoffs und der Standpunkt
geistiger Entwickelung bringt es mit sich, dafs dieser Unterricht sich am meisten
nir die unteren und oberen Klassen eignet und daselbst am fruchtbarsten zu sein
pflegt. Der grammatische Unterricht wird in den unteren Klassen am zweck-
mäfsigsten mit dem lateinischen verbunden. Die Lehre vom Satzbau gehört in
die mittleren und oberen Klassen und kann daselbst besonders anregend und
bildend behandelt werden, wenn dabei die Eigentümlichkeit der verschiedenen,
dem Schüler zugänglichen anderen Sprachen in vergleichende Betrachtung gezogen
wird. Wie dadurch zugleich der logische Gehalt der Sprache aufgeschlossen wird,
so dient demselben Zweck aufserdem die Unterscheidung von Synonymen, die
Beachtung der ursprünglichen und der abgeleiteten Bedeutung von Wörtern und
Redeweisen und die Uebung im Definiren. In der ersten Klasse ist ferner Ge-
legenheit zu nehmen, die Schüler mit der Lehre vom Begriff, Urteil und Schlufs,
von der Einteilung, dem Beweis und von den Gegensätzen, in der für die Schule
nothwendigen Beschränkung, bekannt zu machen; ein systematischer Vortrag der
formalen Logik gehört nicht dahin. Von grofsem Werth für geistige Anregung
und für die Uebung in methodischem Verfahren ist das Durchsprechen wichtiger
Begriffe, deren deutliche Erkenntnis und scharfe Begrenzung dem jugendlichen
Geiste zugleich ein neues Licht über ganze Gebiete verbreiten kann. Von der
Art sind Begriffe, wie : wissenschaftlich, classisch, Organismus, Kunst u. dörgl. m.
In den Grenzen des Lehrplans der Realschule und Dei der Gefahr, Wichtigeres
darüber zu versäumen, kann die historische Seite der Sprache nicht so
weit berücksichtigt werden, dafs ein besonderer Unterricht im Alt- und Mittel-
hochdeutschen anzusetzen wäre. Der kundige und von Liebe zu dem nationalen
Gut der Sprache beseelte Lehrer wird jedoch die sich darbietenden Veranlassungen
zu benutzen wissen, aus den Ergebnissen der historischen Sprachforschung so viel
mitzuteilen, dafs der tiefe Gehalt unserer Sprache und ihre reiche Bedeutsamkeit
in Wortbildung, Ableitung und Zusammensetzung den Schülern daran erkennbar
wird. Denjenigen, welche eigene Neigung treibt, sich hierin für sich weiter zu
beschäftigen, mufs die Schülerbibliothek Gelegenheit geben, z. B. das Nibelungen-
lied in der ursprünglichen Form oder gute Sammlungen, wie Ph. Wackemagels
Edelstein, kennen zu lernen. Der Privatlectüre müssen ebenso auch einige muster-
giltige Uebersetzungen griechischer und römischer Classiker, namentlich des
Homer, aber auch des Sophokles, der Biographien des Plutarch, der kleinen Dialoge
des Plate, des Tacitus u. a. zugänglich sein. Die Klassen-Lectüre steht in
den unteren und mittleren Klassen mit den grammatischen Uebungen in enger
Verbindung, in den beiden oberen aufserdem mit der Litteraturgeschichte, in allen
Klassen aber mit Uebungen in freier mündlicher Reproduction des Gelesenen.
Die sogenannten freien Vorträge bestehen am zweckmäfsigsten in derartigen
Relationen und zusammenfassenden Inhaltsangaben, wobei V^ersuche in der Dar-
stellung historischer Thatsachen und Personen nicht ausgeschlossen sind. Wie
die Fähigkeit, ein gröfseres Gunze zu überschauen, nach aeiner iimeren Gliederung
91
aufzufassen and davon, auch nach bestimmten, vom Lehrer vorher angedeuteten
Gesichtspunkten Rechenschaft zu geben, durch Lesen zu üben ist, so auch beim
Hören. In der Weise aufzumerken, dafs das Gehörte als ein Ganzes aufgefafst
wird, mit dem Bewufstsein vom Verhältnis seiner Teile, setzt die heilsame An-
strengung voraus, sich jeder Zerstreuung zu erwehren. Ein zusammenhangender
und Vollständigkeit anstrebender Vortrag der d e u t s c h e n L i 1 1 e r a t u r g e 8 c h i c h t e
hat keine Stelle im Lehrplan der Kealschule; die dabei immer nur erreichbare
übersichtliche Behandlung beschränkt sich in der Regel auf Mitteilung historischer
Notizen über den Lebens- und Entwickelungsgang der Schriftsteller und auf Er-
örterungen über ihre geistige Richtung, ihren litterarischen Charakter und ästheti-
schen Werth, während die Schüler zur Kenntnis der Werke selbst nicht gelangen
und ihnen dabei der Bildungsstofif vorenthalten wird, der ihren Geschmack läutern,
ihrem inneren Leben eine edlere und höhere Richtung geben und auf den Gehalt
wie auf den Stil ihrer eigenen freien Arbeiten bildend einwirken kann. Es ist
vielmehr, nach kurzer Darstellung des Entwickelungsganges der deutschen Litteratur
in der älteren Zeit, eine Reihe von litterarischen Werken seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts, die sich durch Inhalt und Form auszeichnen und die als Proben
der Entwickelung unserer neueren Litteratur dienen können, so durchzunehmen,
dafs die Schüler mit den Grundgedanken derselben und der Eigentümlichkeit ihrer
Barstellung j^enau bekannt werden. Zu eingehenden biographischen Mitteilungen
wird der Lehrer, bei der Kürze der Zeit, nur da Veranlassung nehmen, wo der
betreffende Auter, z. B. Herder, dazu besonders geeignet ist. Zu eigenem weiteren
Studium sind die Schüler auf eine gute Litteraturgeschichte, z. B. für die poetische
Litteratur auf das Buch von Vilmar, zu verweisen. Das vorerwähnte, bei der
Litteraturgeschichte auf Schulen häufig befolgte Verfahren, nicht die Sache selbst,
sondern fertige Urteile über die Sache mitzuteilen, hat für die sittliche und intellec-
tuelle Bildung der Jugend grofse Nachteile, indem sie dabei, was so wichtig für
sie ist, nicht lernen kann, die Dinge selbst ruhig auf sich wirken zu lassen und
von ihrer Einwirkung unbefangen Zeugnis zu geben. So wird die Fähigkeit der
Hingebung zurückgedrängt, die Selbständigkeit des Urteils gehindert und zu einem
oberflächlichen, selbstzufriedenen Absprechen Anlafs gegeben. Mit deutlichem
Verständnis und richtigem Ausdruck laut zu lesen gehört zu den wichtigsten
üebungen, auch der obersten Klassen. Die Wahl des nach der obigen Bestimmung
aus der classischen deutschen Litteratur zu entnehmenden Lesestoffs kann keine
abgeschlossene sein, sondern sie hat sich nach dem Stande der Bildung und des
geistigen Vermögens der Klasse zu richten: man wird mit einer Generation von
Schülern weiter gehen dürfen als mit einer anderen, allen aber über den realistischen
Kreis der nahen Wirklichkeit einen Blick in eine idealere Welt eröffnen können.
Die Erklärung eines classischen Werks der vaterländischen Litteratur hat ein
anderes Mafs, als die Interpretation eines antiken Autors. Sinn und Zusammen-
hang mufs verstanden, auch deutlich erkannt werden, ob ein Gedanke unverhüllt
oder im Bilde erscheint: aber zu verhüten ist, dafs die Totalanschauung durch
minutiöse Zergliederung und vorzeitige Kritik geschwächt werde, wobei die Poesie
nicht mehr als Poesie auf das Gemüth und die Phantasie wirken kann. Mit leichter,
der Erholung und Unterhaltung dienender Leetüre eine Lehrstunde auszufüllen, ent-
spricht ihrer Bestimmung nicht, die immer auch für den Schüler Anstrengunn: ist und
geistige Arbeit zur Bedingung des Genusses macht. Deshalb sind u. a. auch ausge-
wählte Oden von Klopstock ein besonders geeigneter Steff für die oberen Klassen, weil
ihr Verständnis eindringendes Nachdenken erfordert. Auch eignen sie sich zur
Uebung im rhythmischen Vortrag, sowohl von einzelnen Schülern wie von Klassen-
abteilungen. Dafs zum Zweck des Vortrags, wie um des Inhalts und des Vers-
maTses willen ganze Gedichte und vorzügliche Stellen dem Gedächtnis eingeprägt
werden müssen, bedarf keiner Erinnerung; auch die Prosa ist dabei nicht auszu-
schliefsen. Es ist die Pflicht der Schule, die Beschäftigung mit der sogenannten
schonen Litteratur bei den Schülern auf dasjenige Mafs zu beschränken, welches
mehr Anregung als Sättigung gewährt und weaer den Trieb nach geistigem Er-
werb, noch die Freude an unbefangenem und unreflectirtem Genufs erstickt.
Poetik, Rhetorik, Stilistik sind nicht als besondere Disciplinen in den
Lehrplan aufzunehmen, sondern das daraus Nöthige ist gelegentlich und kurz bei
der Leetüre zu besprechen. Demgemäfs ist z. B. über das Wesen des Lehr-
92
gedichts keine Theorie vorzutragen, sondern das Charakteristische dieser Dichtungs-
art kann an einigen Stellen bestimmter Gedichte, z. B. aus Neubecks Gesund-
brunnen, leicht nachgewiesen werden. Auf manche Unterschiede, z. fi. zwischen
Ballade und Bomanze, wird häufig ein unverhaltnismäfsiger Werth gelegt und der
Besprechung zu viel Zeit gewidmet. Die Eigenschaften eines guten Stils zu
besprechen giebt das Durchnehmen der deutschen Aufsätze hinlängliche
Q-elegenheit. Die Wahl der Themata erfordert eine besondere Sorgfalt: sie müssen
zu dem Alter, der geistigen Entwicklung und Lebenserfahrung der Schüler in
richtigem Verhältnis stehen und dürfen nicht zu allgemein gefaXst sein, sondern
die Aufmerksamkeit auf ein bestimmt begrenztes Gebiet lenken. Es ist nothwendig,
dafs zwischen den Aufgaben ein angemessener Wechsel stattfinde, namentlich dafs
Darstellungen objectiver und realer Gegenstände mit Aufsätzen wechseln, deren
Bearbeitung mehr die Thätigkeit der Phantasie in Anspruch nimmt und eigenes
Urteil und Nachdenken erfordert. Das receptive Vermögen darf nicht ausschliefs-
lich und auf Kosten des productiven cultivirt werden. Bisweilen ist den Schülern
eine freie Wahl des Themas zu gestatten, und von Zeit zu Zeit sind auch in den
obersten Klassen noch Uebersetzungen aus fremden Sprachen als Stilübungen zu
benutzen. Es genügt nicht, das Thema zu geben, den Schülern die Bearbeitung
zu überlassen und dieselbe nachher zu beurteilen. Ebenso wichtig wie die nach-
herige Kritik ist vorher die Anleitung zu einem methodischen Verfahren und die
Uebung in sachgemäfsem Disponiren. Es mufs den Schülern gegenwärtig erhalten
werden, dafs es vor allem auf Klarheit der Auffassung und Folgerichtigkeit des
Denkens und demgemäfs auf Bestimmtheit, natürliche Einfachheit und Gleich-
mäfsigkeit des Ausdrucks ankommt, also auch die unklare Vermischung des pro-
saischen und des poetischen Ausdrucks sorgfältig zu vermeiden ist. Gntgeleitete
Uebungen im Schreiben geben auf solche Weise zugleich die beste Anleitung zum
Sprechen. Mit besonderer Strenge ist die eitle Neigung zu bekämpfen, eigene
Gedankenarmuth durch eine erborgte phrasenhafte Diction zu verhüllen oder ange-
lerntes ästhetisches und kritisches Raisonnement als eigene Ueberzeugung auszu-
sprechen; und nicht weniger streng ist die Unwahrheit aufzudecken, welche so
oft in dem unjugendlichen, den Ernst reiferer Lebensjahre afifectirenden Moralisiren
liegt. Eine sittliche Scheu mufs die Schüler abhalten, etwas anderes zu schreiben,
als was sie wirklich selbst kennen, denken und empfinden. Es handelt sich hier
um eine Hauptaufgabe der Bealschulen : es mufs mehr als bisher dafür geschehen,
dafs die Schüler derselben zu einer aus klarer Auf&ssung hervorgehenaen freien
und angemessenen Ausdrucksweise gelangen und dafs die natürüdie Unbeholfen-
heit der Spraciie sich nicht durch Anhäufung des blofsen Gedächtniswissens bis
in die obersten Klassen erhalte. Wenn hiemach der schriftliche Ausdruck auf
Bealschulen die aufmerksamste Pflege verdient und erfordert, so soll doch einer
Ueberschätzung der deutschen Aufsätze nicht das Wort geredet werden. Den
ausschliefslichen Jiafsstab der allgemeinen geistigen Ausbildung können sie nicht
abgeben; und bei sonstiger Gründlichkeit wissenschaftlicher Kenntnisse und bei
dem Vorhandensein der unerläfslichen Correctheit im Schreiben wird bisweilen
eine Unfertigkeit des Stils und der Darstellung mit Recht eine nachsichtige Be-
urteilung finden. Es ist darauf zu rechnen, dafs nicht selten im späteren Leben
die natürlich fortschreitende innere Entwicklung, ernste Studien, gereifte Er-
fahrung und praktische Beschäftigung den auf der Schule noch mangelnden
Gedankenreichtum vermehren und aufschliefsen und zu stilistischer Sicherheit und
Eigentümlichkeit führen. An der Au%abe des deutsdien Unterricht« der Real-
schule hat jede andere Lection Anteil: jede mufs zugleich eine deutsche sein,
d. h. jeder Lehrer hat consequent auf präcises, correctes, zusammenhangendes
Sprechen, so wie auf sinngemäfses, die Interpunotion beachtendes Lesen zu halten;
ebenso auf richtiges Schreiben, damit die Unsicherheit in der Orthographie, in der
Schreibung von Fremdwörtern, in der Interpunotion u. s. w. nicht bis in die
obersten Klassen reiche.
Von der Bedeutung der lateinischen Sprache für den Lehrplan der
Realschule ist bereits gelegentlich der Aufstellung desselben gesprochen worden.
Der Zweck des darin zu erteilenden Unterrichts ist nicht nur, dem gesamten
grammatischen Unterricht der Realschule Einheit und Halt und die für eine
wissenschaftliche Spracherlemung in Bezug auf Etymologie und Syntax unentbehr-
93
liehe Grundlage zu gebeUf sondern auch, ein an sich wichtiges logisches Bildungs-
mittel und in den oberen Klassen durch die Leetüre eine Anschauung des
römischen Geistes und Lebens zu gewähren. Dafs das logische Auffassungsver-
mögen und somit auch der mathematische Verstand durch gründliche Betreibung
der lateinischen' Grammatik und ein streng methodisches Verfahren beim Ueber-
setzen aus dem Lateinischen und in dasselbe geschärft wird, liegt in der Natur
der Sache und ist eine auch von den Lehrern der Mathematik oft bezeufirte Wahr-
nehmung. Je weniger in der Begel die Schüler selbst von diesem Nutzen der
Beschäftigung mit dem Lateinischen volle Einsicht haben, um so wichtiger ist es,
dafs sie gewöhnt werden, neben den übrigen Lehrgegenständen der Realschule,
welche einen auch für sie leichter erkennbaren praktischen Vorteil haben, einem
anderen aus Pflicht und um des allgemeinen geistigen Wachstums willen, ihren
Fleifs zuzuwenden. So kann die Betreibung des Lateinischen aufser der Zucht,
welche sie überhaupt dem jugendlichen Geiste gewährt, auch zur Nährung des
wissenschaftlichen Sinns und zur Stärkung der Willenskraft in Anspruch genommen
werden. Bei zweckmäfsiger Behandlungsweise hat es an gutem Erfolg des
lateinischen Unterrichts auf Kealschulen bisher nicht gefehlt; der beabsichtigte
Nutzen kann jedoch nur erreicht werden, wenn der Unterricht mit deutlichem Be-
wufstsein der Grenzen erteilt wird, welche ihm auf der Realschule gesteckt sind.
Jedem philologischen Lehrer ist darum die durch den besonderen Zweck der Schule
gebotene Resignation in wissenschaftlicher Mitteilung zur Pflicht zu machen. Die
grammatische Unterweisung und Uebung mufs sich in den unteren und mittleren
Klassen auf dasjenige beschränken, was für die höheren eine unentbehrliche Voraus-
setzung bildet. In diesem beschränkteren Gebiet aber ist Sicherheit der Kenntnis
und (jhewandtheit der Anwendung zu erzielen; die Belastung des Gedächtnisses
mit vielen Ausnahmen, singulären Formen, Regeln, Ausdrucksweisen ist fem zu
halteu. Hiemach können z. B. beim ersten Unterricht die griechischen Formen
der lateinischen Declination vorläufig übergangen, die Genusregeln sehr abgekürzt
werden und dgl. m. Das Erlernen von Regeln, ohne dafs sofort Uebungen hin-
zatreten, ist zwecklos, und Uebungen, die sich in steter Einförmigkeit wiederholen
und ohne die Mannigfaltigkeit sind, welche die Aufmerksamkeit rege erhält und
zum Combiniren und Denken nöthigt, können keine Lust an der Sache hervor-
bringen. Die wichtigsten Regeln sind an normalen, dem Gedächtnis fest einzu-
prägenden Beispielen zu fixiren. Die Vocabelkenntnis mufs nach bestimmten
Gesichtspunkten begründet und erweitert werden, so dafs die Schüler so viel
wie möglich überall das der Bedeutung nach Zusammengehörige merken, das
ähnlich Klingende unterscheiden lernen und durch diesen Wortvorrath bald zu
dem Gefühl eines in der fremden Sprache erworbenen Besitzes kommen. Der-
selbe hat jedoch nur soviel Werth, wie er verwendet wird. Die Uebungen im
Ueber^etzen ins Lateinische sind für die grammatische Sicherheit des Uebersetzens
aus dem Lateinischen unentbehrlich und dauern, vorzüglich in der Form von
Retrovertirübungen, die zugleich zum Yariiren der Sätze Gelegenheit geben, bis
zum Eintritt in die Prima fort. Der Stoff zu den Exercitien und Extemporalien
ist angemessen auszuwählen ; die für Gymnasien bestimmten Uebungsbücher lassen
sich dazu nur teilweise benutzen. Zum Uebersetzen aus dem Lateinischen be-
dürfen die Schüler in den mittleren Klassen zuvörderst einer Anleitung zur Präpa-
ration; und für die erste Zeit ist es zweckmäfsig, dafs der Lehrer selbst durch
Lesen des lateinischen Textes und genaues Vorübersetzen den Schülern das nach-
zuahmende Muster gebe. Auf deutliche Einsicht in die Structur und Verbindung
der Sätze, sowie auf Angemessenheit des deutschen Ausdrucks ist beim Ueber-
setzen auch deshalb besonders Gewicht zu legen, weil der Bildung im Gebrauch
der Muttersprache daraus eine wesentliche Unterstützung erwächst. Es mufs
möglichst viel gelesen werden, weshalb sich die Interpretation nicht in
grammatische und lexicalische Ercurse verlieren darf, die von der Sache abführen.
Die bei den Schülern vorhandene Kenntnis vom Inhalt der Autoren ist beim
historischen und deutschen Unterricht nicht unbenutzt zu lassen. Zum Ziel ist
das Verständnis der leichteren historischen Prosa und erzählenden Poesie zu
nehmen. Wie demnach Cäsar, Sallust, Livius, Ovid, Virgil, nebst leichteren
Reden des Cicero nach wie vor in den Schulgebrauch genommen werden können,
so empfiehlt sich für denselben eine gute Chrestomathie aus Livius, mit einem
94
Anhange erlesener Stellen aus anderen prosaischen und poetischen Autoren, deren
Nutzen durch sparsame und Nachdenken erfordernde Anmerkungen und Winke
für Verständnis und Uebersetzunfif noch erhöht werden kann. Eine solche, für den
besonderen Zweck der Kealschule eingerichtete Chrestomathie würde u. a. auch
Stellen aus der Germania und andere auf Deutschland bezügliche Abschnitte aus
den Annalen des Tacitus aufnehmen können; eben so einzelne Oden und Stellen
aus Horaz; beide Autoren selbst sind von der Einführung in Bealschulen ausge-
schlossen. Um der Besprechung abweichender Lesarten u. dergl. überhoben zu
sein, haben die Lehrer darauf hinzuwirken, dafs wo möglich alle Schüler einer
Klasse dieselbe Ausgabe des eingeführten Autors beim Unterricht benutzen.
Gelesene Abschnitte als ein Ganzes zu überschauen und sich von dem Lihalte
derselben nach seinen Hauptteilen Kechenschaft zu geben, gehört zu den noth-
wendigen Erfordernissen auch der lateinischen Leetüre und mufs besonders in
den oberen Klassen eine stehende Uebung sein. Einzelne durch Inhalt und Form
bemerkenswerthe poetische und prosaische Stellen müssen auswendig gelernt und
durch gelegentliche Repetition fest eingeprägt werden. — Die in den allgemeinen
Gebrauch übergegangenen lateinischen und aus dem Lateinischen und Ghriechischen
abgeleiteten Bezeichnungen und Ausdrücke der wissenschaftlichen und amtlichen
Sprache sind den Schülern, wo sich Gelegenheit darbietet, zu erklären.
Das Französische und das Englische sind für die Bealschule nicht
nur als moderne Verkehrssprachen wichtig, sondern auch deshalb, weil beide
Sprachen im Gebiete der Kealwissenschaften eine reiche Litteratur besitzen, deren
Verständnis auf der Schule vorbereitet werden mufs. Aufserdem kommt auch
der für die betreffenden Berufsarten in vielen Fällen wichtige und durch die
jetzigen Communicationsmittel erleichterte Besuch Englands und Frankreichs in
Betracht. Das Ziel des Unterrichts ist diejenige Sicherheit in der Grammatik
und eine solche Kenntnis des Wortvorraths und der eigentümlichen Ausdrucksweisen,
welche zum Verstehen der prosaischen und poetischen Litteratur beider Sprachen
befähigt und den Grund zu correctem mündlichem und schriftlichem Gebrauch
derselben legt. Mufs auch das Streben der Lehrer von Anfang an darauf gerichtet
sein, den Unterricht in den neueren Sprachen praktisch nutzbar zu machen, so
kann doch eine Conversationsfertigkeit zu Wege zubringen, nicht Aufgabe der
Schule sein, sondern mufs der Privatübung überlassen werden. Französische Theater-
stücke sind nicht unbedingt vom Schulgebrauch auszuschliefsen; doch ist alles Un-
passende fern zu halten. Die Schule hat es am meisten mit der historischen, be-
schreibenden und oratorischen Prosa, wobei die Auswahl nach ethisch-pädagogischen
Gesichtspunkten zu treffen ist, und ebenso mit der für das Jugendalter geeigneten
Poesie, besonders mit den Erzeugnissen der sogenannten classischen Periode, zu
thun. So wenig auf Gymnasien römische und griechische Litteraturgeschichte
gelehrt wird, ist auf den Realschulen französische und englische Litteraturgeschichte
als besondere Disciplin zu behandeln; es ist dafür weder ein Buch einzuführen,
noch ein Heft zu dictiren; es genügt, die erforderlichen geschichtlichen Mit-
teilungen an die Leetüre selbst anzuschliefsen, wie sie auch in den Chrestomathieen
mit der Auswahl der Stücke verbunden zu sein pflegen. Ohne diesen Zusammen-
hang verleitet die Aneignung litterarhistorischer Notizen leicht dazu, mit einge-
bildeten Kenntnissen zu prunken. Auf Sicherheit des Lesens und Genauigkeit
der Aussprache ist bei den neueren Sprachen die sorgfältigste Aufmerksamkeit zu
verwenden. Nicht zu versäumen ist die bei allem Unterricht in fremden Sprachen
wichtige Uebung, auch nach dem Gehör übersetzen zu lassen. Was beim Lateini-
schen von der Anwendung des Retrovertirens, der Lihaltsangaben, und von der
Nothwendigkeit gesagt ist, geeigneten Stoff' auch in das Gedächtnis aufzunehmen,
gilt ebenso vom Französischen und Englischen. Das Englische ist für die Real-
schulen erster Ordnung kein facultativer Unterrichtsgegenstand, sondern für alle
Schüler verbindlich, wovon Ausnahmen, wie schon oben erwähnt, nur bei den
Anstalten zulässig sind, welche auch die polnische Spräche zum Unterrichts-
gegenstande haben. — Das Italienische kann, wo locale Verhältnisse es
wünschenswerth machen, als facultative Lection auf den Lehrplan gebracht werden.
Die Lehrer ^er französischen und der englischen Sprache müssen sich über
ihre allgemeine wissenschaftliche Ausbildung in vorschriftsmäfsiger Art ausgewiesen
haben und den Lehrercollegien als ordentliche Lehrer angehören.
n
95
Nachdem der Geschichtsunterricht in den beiden unteren Klassen
zuerst fast ausschliefslich die biblische Geschichte behandelt, sodann Erzählungen
aus der Sagenwelt des griechischen und römischen Altertums und aus der ger-
manischen V orzeit, sowie aus dem Leben hervorragender Männer der alten Ge-
schichte gegeben, in Quarta die wichtigsten Thatsachen der griechischen und der
romischen Geschichte dargestellt, in Tertia aber die brandenburgisch-preufsische
mit ihren Beziehungen zur deutschen Geschichte zum Gegenstand gehabt hat, wird
in den beiden oberen Klassen die Geschichte der drei Hauptvölker der neueren
Zeit, der Deutschen, der Engländer und der Franzosen, unter angemessener Be-
rücksichtigung der Culturgeschichte, zusammenhangend durchgenommen. Es ist
zulässig, die in Quinta für den Geschichts- und geographischen Unterricht im Lehr-
plan angesetzte Stundenzahl um eine zu erhöhen. Die antike Mythologie ist
nicht als ein besonderes Pensum des vorbereitenden Geschichtsunterrichts zu be-
handeln, sondern gelegentlich auch im deutschen Unterricht, z. B. beim Durch-
nehmen von Gedichten, zu berücksichtigen, wobei die Hülfe guter anschaulicher
Darstellungen wünschenswerth ist. Die Zusammenfassung der weltgeschichtlichen
Thatsachen unter allgemeine Gesichtspunkte und die universalhistorische Darstellung
eignet sich nur für die obersten Klassen; aber auch da findet der Begriff der
Universalgeschichte sein Mafs an der von der Keife der Erkenntnis noch weit
entfernten Entwickelung des jugendlichen Geistes. Die Geschichte der beiden
Hauptvölker des Altertums gewinnt in Secunda und Prima bei den Bepetitionen
des früher darin Erlernten erweiterte Beziehungen, z. B. durch genauere Dar-
steUung der Staatsverfassungen, deren Verhältnisse sich in der alten, als einer
abgeschlossenen, Geschichte der Jugend leichter klar machen lassen, als in der
neueren. Je näher der Ercalschule eine einseitige Richtung auf die Beschäftigung
mit dem Leben der Gegenwart liegt, um so mehr mufs in ihr die Erkenntnis be-
gründet werden, dafs zu einem richtigen Urteil über das Gegenwärtige eine Ver-
gleichung mit dem Vergangenen und bereits der Geschichte Angehörenden ein
wesentliches Erfordernis ist. Es bietet sich hierin der Schule ein Mittel. dar,
absprechendes und oberflächliches Baisonnement zu verhindern und bei der ihr
anvertrauten Jugend dem verwirrenden Einflufs der Tageslitteratur entgegenzu-
wirken. Das Gesagte leidet zum Teil auch auf das Gebiet der Kunst Anwendung,
deren historisches Studium manchen Zöglingen der Realschulen bei ihrem späteren
Lebensberuf obliegt. Die Schule kann ihnen dazu ohne Schwierigkeit, zumal
mit Hülfe anschaulicher Lehrmittel, wenigstens die Vorbereitung geben, dafs sie
durch ihre Kenntnis vom Leben des Altertums befähigt werden, den Einflufs zu
begreifen und zu würdigen, welchen dasselbe auf die künstlerische Entwickelung
aller nachfolgenden Geschlechter gehabt hat. Das reiche historische Material,
namentlich auch das chronologische, ist durchweg mit steter Bücksicht auf den
Zweck der Schule angemessen zu begrenzen und das zur Mitteilung und Einprägung
geeignete mit Vorsicht auszuwählen, was auch von dem Ertrag der neueren wissen-
schaftlichen Forschungen gilt. Namen und Zahlen für sich lernen zu lassen, ohne
dafs zuvor der geschichtliche Zusammenhang, in welchem sie vorkommen, darge-
stellt worden, ist unzweckmäfsig. Lidem der Geschichtsunterricht die wichtig-
sten historischen Persönlichkeiten nach ihrer eigentümlichen Charakterbestimmtheit
besonders hervorhebt, sichert er sich auch seinerseits eine charakterbildende Ein-
wirkung auf die Jugend und leitet zu einer pragmatischen Auffassung der Be-
gebenheiten an, welche im Hinweis auf die ewigen Gesetze der göttlichen Welt-
ordnung ihre tiefere Grundlage hat. Der Geschichtsunterricht verfehlt seinen
Zweck,' wenn sein Ergebnis lediglich eine Bereicherung des Gedächtnisses bleibt.
Ein freier, lebendiger, anschaulicher Vortrag des Lehrers regt den Geist der
Jugend an, und die Wärme seiner Teilnahme weckt die ihrige, womit nicht in
Widerspruch steht, dafs es zugleich für eine wesentliche Aufgabe auch des Geschichts-
unterrichts anzusehen ist, eine objective Betrachtungsweise zu begründen und den
historischen Sinn, als den Sinn für die von Reflexionen und vorgefafster Meinung
unabhängige Wirklichkeit der Thatsachen, zu bilden. Auf lebendige und sichere
Aneignung der vaterländischen Geschichte und Geographie im engeren und weiteren
Sinne ist vorzugsweise Werth zu legen. Mit dem provinziell- und localgeschichtlich
Denkwürdigen die Schüler bei geeigneter Gelegenheit bekannt zu machen, wird
auch das pädagogische Literesse des Geschichtslehrers nicht versäumen, und einzelne
I
96
Partieen der Geschichte werden danach eine umfassendere Berncksichtignng finden,
z. B. in der Provinz Prenfsen die Geschichte des deutschen Ordens. Dem £r-
ziehongszweck der Schule dient in gleicher Beziehung eine dem jugendlichen Alter
angemessene Feier der patriotischen Gedenktage. Dafs ein gedruckter Leit-
faden oder ein Lehrbuch dem Unterricht zu Ghrunde gelegt werden soll, ist
durch die Verfiigun^ vom 28. April 1857 angeordnet worden. Die Ausarbeitung
des gesamten Geschichtsvortrages ist den Schülern nicht aufzugeben, auch ein fort-
wahrendes Mitschreiben nicht zu gestatten. Dafs sie aber, wo der Vortrag des
Lehrers das eingeführte Lehrbuch ergänzt oder modificirt, durch schriftliche Notizen
dem Gedächtnis zu Hülfe kommen, ist nicht nur zulässig, sondern zur Erhaltung
der Aufmerksamkeit, die bei wenigen auf längere 2ieit in gleichmäfsiger Spannung
bleibt, zu wünschen. £s ist zweckmäfsig, wenn keine übersichtlichen chrono-
logischen Tabellen eingeführt sind, die Schüler selbst, und zwar schon in den
mittleren Klassen, solche anlegen zu lassen, damit sie, je nachdem einzelne Perioden
durchgenommen sind, die hervortretenden Pacta selbst einordnen und sich jederzeit
die Aufeinanderfolge der Begebenheiten leicht vergegenwärtigen können. Die
Repetitionen dürfen das Pensum des Semesters nicht isoliren, sondern müssen,
bei geeigneter Veranlassung, immer auch auf das früher Durchgenommene zurück-
gehen und es in seinem Zusammenhange und wichtigsten Beziehungen gegenwärtig
zu erhalten suchen. Beim Hepetiren überhaupt, besonders aber in den oberen
Klassen, haben die Schüler den Vortrag des Lehrers nicht lediglich zu copiren,
sondern sich bei der Reproduction der Selbständigkeit zu befleifsigen. Ein gut
geleiteter Geschichtsunterricht wird den meisten Schülern auch die Anregung geben,
ihre Kenntnis durch eigenes Studium zu erweitem. Die Schülerbibliothek mufs
daher im Fach der Geschichte wohl versehen sein und den Schülern Gelegenheit
darbieten, sich namentlich mit den Biographieen ausgezeichneter Männer aus den
Gebieten des politischen und des Culturlebens aller Zeiten, so wie mit einzelnen
wichtigen Begebenheiten und geistigen Bestrebungen ganzer Zeiträume genauer
bekannt zu machen.
Es gehört zum Geschichtsunterricht, dafs überall auch den geographischen
Voraussetzungen genügt werde. Dem selbständigen Unterricht in der Geographie
nöthigt die Bestimmung der B^alschulen eine weitere Ausdehnung zu geben, als
es auf den Gymnasien geschieht. Sein Ziel ist im allgemeinen eine klare Einsicht
in die physikalischen, klimatischen und die damit zusammenhangenden Productions-
und ethnographischen Verhältnisse der wichtigsten Länder der Erde. Die Mit-
teilung und Betrachtung des Einzelnen hat überall die Total Vorstellung zur Voraus-
setzung. Demgemäfs geht auch schon in den untersten Klassen der sogenannten
Heimathskunde eine Belehrung über die allgemeinen Verhältnisse der Erdgestalt
und Oberfläche voraus. Derselbe Elementarunterricht hat sic^ am wenigsten mit
den nächsten Anschauungen zu beschäftigen, welche die Schüler entweder schon
mitbringen oder deren Sammlung und Erweiterung dem Teil der Erziehung über-
lassen werden kann, welchen das Leben selbst gewährt. In den für die gegen-
wärtige Zeit weniger bedeutenden Ländern ist die geographische Nomenclatur
zweckmäfsig einzuschränken. Dafs dem Gedächtnis überall eine klare Anschauunjg^
zu Hülfe komme und zur Belebung diene, ist eine Grundbedingung des geographi-
schen Unterrichts ; er verfehlt^ wie der geschichtliche, seinen Zweck, wenn er sich
auf das Auswendiglernen von Namen und Zahlen beschränkt. Die naturwissen-
schaftlichen Fächer des Lehrnlans der Realschule bieten dem Lehrer der Geographie
reiche Gelegenheit, seinen Unterricht auch zu weiteren Anregungen zu benutzen
und die Wechselbeziehung verschiedener Lehrobjecte lebendig hervortreten zu
lassen. Insbesondere sind die Eigenschaften der vier geographischen Elemente
und ihre Einwirkung auf einander zu verdeutlichen: des Starren, nach dem
mineralogischen Charakter der Gebirgsarten, des Wassers, nach dem Elreislauf
seiner Aggregatzustände, der atmosphärischen Luft und der Wärme. — In der
mathematischen Geographie, die in den oberen Klassen in der Regel dem Lehrer
der Mathematik zu überweisen sein wird, ist auch das Wichtigste aus der populären
Astronomie durchzunehmen. Auch in der Geographie kann auf den oberen
Stufen Manches dem eigenen Studium der Schüler überlassen werden; und es ist
zu wünschen, dafs die Ausstattung der Schülerbibliothek dies berücksichtige und
dafs diese namentlich auch gute Reisebeschreibungen enthalte. Gerade auf Real-
97
«chnlen dürfen die Schüler nicht anbekannt bleiben mit Entdeckungen und wissen-
schaftlichen Erforschungen, die der neueren Zeit angehören und durch gröfsere
Beiseuntemehmungen veranlafst worden sind. Der Nützen eigener Versuche im
Rartenzeichpen ist nicht zu verkennen, wird aber leicht überschätzt und steht oft
in keinem Verhältnis zu der den Schülern damit auferlegten Arbeit. Die un^ngst
den Glymnasien und Realschulen mitgeteilte neue Bearbeitung der Westfälischen
Instruction für den geschichtlichen und geographischen Unterricht wird im allge-
meinen zur Beachtung empfohlen.
Der naturffeschichtliche Unterricht bezweckt eine von der Anschauung
des individuellen Naturlebens ausgehende übersichtliche Kenntnis der drei Natur-
reiche und soll den Schülern der oberen Klassen die Befähigung zu selbständigem
Studium naturwissenschaftlicher Werke geben. Auf den unteren und mittleren
Stufen ist der propädeutische Charakter dieses Unterrichts j^treng festzuhalten
und ebenso eine zu viel umfassende, zerstreuende Mannigfaltigkeit, wie eine un-
fruchtbare wissenschaftliche Systematik zu vermeiden und überall auf die lebendige
Wirklichkeit zurückzugehen, wie sie in den wichtigsten Repräsentanten der einzelnen
Naturkörper zu Tage tritt. Die Naturbeschreibung hat nicht weiter zu gehen,
als die Anschauung der Objecte bei den Schülern reicht. Denn wissenschaftliche
Vollständigkeit kann auch auf diesem Gebiete nicht Aufgabe der Schule sein,
vielmehr eine solche Beschäftigung mit den Naturproducten, bei der das Sehen
zum Beobachten gebildet, d. h« der Sinn für die Erkenntnis des charakteristischen
Naturlebens geweckt und geschärft wird. Die richtige Beobachtung führt zur
Vergleichung und lehrt das Verwandte in zusammenfassenden Qruppirungen
ordnen. Zu der formal bildenden, den Beobachtungrssinn entwickelnden und
schärfenden Kraft^ die der naturgeschichtliche Unterricht bei richtiger Behandlung
hat, kommt noch die sittliche Wirkung, welche er schon auf das erste Jugend-
alter übt, wenn den Schülern an geeigneten Beispielen das Verhältnis klar ge-
macht wird, in das der Hensch durch die Kraft seines Geistes um der Erkenntiiis
und des Nutzens willen sich zu den Naturreichen gesetzt hat. Es ist zulässig,
die Zoologie vom Unterricht der unteren Klassen auszuschliefsen. — Einen vor-
züglich bildenden Gebrauch wird der kundige Lehrer von der Mineralogie
mMshen können, wegen der Uebung, welche die Beschäftigung mit dieser Wissen-
schaft zugleich dem Auge und dem Verstände gewährt, und we^en ihrer nahen
Beziehung zu anderen Wissenschaften. Es ist nothwendig, dafs die Schüler früh
eine deutliche Vorstellung davon gewinnen, wie alle naturwissenschaftlichen Dis-
ciplinen in einander greifen.
Von der Physik kann schon in Tertia eine populäre Phänomenologie ge-
geben werden, als praktisch wichtig für die nach Absolvirung dieser Klasse aus-
scheidenden Schüler. In den beiden oberen Klassen sind nicht vereinzelte Mit-
teilungen zu geben, sondern die physikalischen Gesetze darzustellen, die an den
einzelnen Erscheinungen erkennbar sind. Der gröfste Teil der Physik wird, in
Betracht der Gründlichkeit und Schärfe mathematischer Erkenntnis, welche er er-
fordert, am zweckmäfsiffsten der ersten Klasse vorbehalten. So wichtig und bildend
eine historische Behandlung der Physik ist, so sind doch alle noch unfertigen und
in der Entwickelung begriffenen Teile derselben und dem^emäfs auch alle Hypo-
thesen über die Natubkräfte, womit die wissenschaftliche Forschung sich noch be-
schäftig vom Schulunterricht auszuschliefsen. Wie für den naturhistorischen
Unterricht Abbildungen und Sammlungen, so gehören für den physikalischen und
chemischen die zu den Experimenten nöthigen Apparate und ein geeignetes Local
zu den nothwendigen Erfordernissen jeder Realschule. Der Lehrer der Natur-
geschichte hat in den unteren und mittleren Klassen auch auf den jugendlichen
Sammeltrieb zu merken, der in den meisten Fällen, um nicht nutzlos zu bleiben,
der Leitung und Einschränkung bedarf.
Mathematik. In den beiden unteren Klassen werden behufs der An-
flchaulichkeit die Elemente der geometrischen Formenlehre mit dem Zeichnen ver-
bunden. Es ist unzulässig, den Schülern über diesen ersten vorbereitenden Unter-
richt ein Heft zu dictiren. — Die Uebung im Kopfrechnen darf, besonders in den
unteren und mittleren Klassen, hinter der im schriftlichen Rechnen nicht zurück-
bleiben. Li Tertia, wo die Planimetrie beendigt wird, kann auch das Wichtigste
aas der Körperberechnung in elementarischer Weise durchgenommen werden, um
Wieie, Yerordnangeii. 7
98
die von dort abgehenden Schüler damit nicht ganz unbekannt zu lassen and die
übrigen auf die später eintretende Stereometrie vorzubereiten. Es ist zweckmäfsig,
in den mittleren Klassen mehr die geometrischen Constructionsaufgaben, als die
calculatorischen zur Anwendung zu bringen, welche für diese Stufe weniger bildende
Wirkung haben, als die Beschäftigung mit der Raumgröfsenlehre. Dafs in den
mittleren Klassen ein fester Grund in der Mathematik gelegt und bei den Schülern
Selbstthätigkeit und Freude an der Beschäftigung von vorn herein durch ein
heuristisches Verfahren angeregt werde, ist die Bedingung des Gedeihens dieses
Unterrichts in den oberen Klassen. Für die oberen Klassen ist das allgemeine
Ziel des mathematischen Unterrichts ein auf streng wissenschaftlichem Wege ge-
wonnenes Wissen und die Fähigkeit der Anwendung desselben aufserhalb des
Gebiets der reinen Mathematik, namentlich auf Begründung und Entwickelung der
Naturgesetze in der Mechanik und Optik. Das allgemein verbindliche Pensum
der einzelnen Klassin, und so der Secunda und Prima, mufs nach der durchschnitt-
lichen Befähigung der Schüler bemessen werden. Es geht in Prima nicht hinaus
über eine klare und gründliche Kenntnis der Beweisführungen, so wie der Auf-
lösungsmethoden einfacher Aufgaben aus der Algebra, die Lehre von den Potenzen,
Proportionen, Gleichungen, Progressionen, den binomischen Lehrsatz und die ein-
fachen fieihen, die Logarithmen, die ebene Trigonometrie, Stereometrie, analytische
Geometrie, Kegelschnitte. Die Uebungen im praktischen Rechnen dürfen auch in
Prima nicht vernachlässigt werden. Wie das Eingreifen der Mathematik in die
Naturwissenschaften den Schülern gegenwärtig zu erhalten ist, so auch ihr Zu-
sammenhang mit einem rationellen Verfahren beim Zeichnen. Auf der Realschule
müssen deshalb auch die Hauptsätze der beschreibenden Geometrie, Schatten -
oonstruction und Perspective, im Anschlufs an die Stereometrie durchgenommen
werden. — Besonders befähigte Abteilungen und einzelne talentvolle Schüler in
Prima wird der Lehrer auch in die höhere Analysis, die Differential- und Integral-
rechnung und die sphärische Astronomie einführen können. Der mathematische
Unterricht ist in den drei oberen Klassen wo möglich von Einem Lehrer zu über-
nehmen, jedenfalls in Secunda und Prima. Die Schüler müssen den Ganff des
Unterrichts an einem systematisch geordneten Lehrbuch verfolgen können und das-
selbe für die Repetition benutzen. Dafs in dieser Beziehung das individuelle Be-
lieben eingeschränkt und eine gröfsere Uebereinstimmung im Gebrauch von Lehr-
büchern hergestellt werde, ist unumgänglich nothwendig. Das methodische Verfahren
hat die Form akademischer Vorlesungen zu vermeiden und festzuhalten, dafs die
Sache d^ Schule auch auf diesem Gebiet vor allem Uebung und Weckun^ der
wissenschaftlichen Selbstthätigkeit ist, welche sich überall die Strenge eines folge-
richtigen Denkens und scharfer BesTiffsunterscheidung zur Pflicht macht und es
weifs, dafs auswendiggelemte Matnematik werthlos ist Es kommt für den
Charakter einer Realschule und für die Erfüllung ihrer allgemeinen Aufgabe wesent-
lich darauf an, in welcher Weise der mathematische Unterricht gehandhabt wird.
Bildet er daselbst^ wie er soll, wirklich eine Gymnastik des Geistes, welche die
Denkkraft weckt und übt und, indem sie die Fruchtbarkeit eines streng metho-
dischen Verfahrens zum BewuTstsein bringt, das Productionsvermögen st&kt, und
bei der den Schülern eine mechanische Auffassung unmöglich, dagegen die Frei-
heit und Sicherheit des Blicks und Urteils zu eigen gemacht wird, welche die Ent-
wickelung eines Satzes nach allen Seiten verfolgen kann und durch die Ver-
schiedenheit der Form und Stellung, worin derselbe Gegenstand erseheinen mag,
sich nicht beirren läfst, nur dann ist die Mathematik unter den ausschliefslich
formalen Bildungsmitteln der Realschule das wichtigste und wirksamste und kann
derselben nach ihren Zwecken dasjenige ersetzen, was die Gymnasien in einer
umfassenderen und gründlicheren Betreibung der alten Sprachen voraus haben.
Dem Unterricht im Zeichnen mufs die Realschule nach der ihr eigen-
tümlichen Bestimmung, auch zu einer gründlichen Beschäftigung mit den Gegen-
ständen der Natur, der Technik und der Kunst vorzubereiten, durch Bildung des
Auges für Mafs, Form und Symmetrie und durch Uebung des Handgeschicka
frühzeitig eine besondere Pflege angedeihen lassen. Eingehendere Bestimmungen
über eine zweckmäfsige Betreibung dieser Disciplin und über die an die Le^r
derselben zu stellenden Anforderungen, werden vorbehalten.*) Bis zum Erlafs der-
*) Dieselben erfolgten durch den Lehiplsn vom 2. Oct. 1863.
99
selben bleibt der unter dem 14. März 1831 für den Zeiohenunterricht vorgeschriebene
Lehrplan mafsgebend. £& genügt nicht, die blofse Copirmethode nach Yorlege-
blättem anzuwendeii, wobei häii% der Liebhaberei der Schüler und ihrem Wohl-
ffefallen an Spielereien zu viel Kaum gelassen und deshalb die Gewöhnung an
Ausdauer bei der Arbeit und eine sichere Geschicklichkeit^ namentlich die Fertig-
keit, irgend einen körperlichen Gegenstand richtig zu zeichnen, nicht erreicht
wird« für die oberste Stufe des Zeichenunterrichts mufs sich die Eealschule erster
Ordnung die Aufgabe stelleui die graphischen Darstellungen auf geometrische Grund-
operationen zurückzuführen und deshalb in Prima durch praktische Einübung der
geometrischen Projections- und Schattenconstructionslehre, durch mathematisSi be-
gründete Perspective, sowie durch fortgesetzte Zeichenübungen nach Gypsmodellen
den Cursus des Zeichenunterrichts zu vervollständigen. Die Kenntnis und Uebung
der darstellenden Geometrie kommt durch die Gewöhnung an Strenge in der
Auffassung räumlicher Verhältnisse auch dem Freihandzeichnen zu gut. Richtig-
keit der Auffassung, Schärfe der Gontoure, Genauigkeit und Sauberkeit der Aus-
führung müssen das Hauptaugenmerk des Lehrers bilden; die Anwendung von
Farben ist nur in seltenen Fällen zu gestatten. So weit Vorlegeblätter erforder-
lich sind, mufs ihre Wahl mit der durch den Zweck der Schule bedingten Sorg-
falt und Vorsicht und nach den Anforderungen ästhetischer Sinnesbildung ge-
schehen. — Ein für die Aufgabe des Zeichenunterrichts wohlgelegenes, zweckmäfsig
eingerichtetes und mit plastischen und anderen Vorbildern ausgestattetes Local
gehört zu den Erfordernissen jeder Kealsohule 1. Ordnung. Die Anregung zur
Selbstthätigkeit» welche die Realschule ihren Zöglingen zu geben bemüht sein mufs,
kann sich nicht, wie es dem Gymnasium zusteht, auf Pnvatlectüre beschränken,
sondern bestimmt dieselben und leitet sie an, sich nach freier Wahl und mit
ernstem Sinn in einer dem Jugendalter angemessenen Weise auch mit Gegenständen
der Natur und der Kunst zu oesdiäftigen. Li der Mannigfaltigkeit von Objecten,
welche sich hierin der individuellen Neigung und Befähigung darbietet, ist nament-
lich das Naturzeichnen eine besonders zu empfehlende und in mehrfacher Be-
ziehung bildende Uebung.
Der Schreibunterricht bedarf keiner gröfseren, als der im Lehrplan
angesetzten Zahl von Stunden. Dieselbe läfst sich noch beschränken, wenn z. B.
auch die orthographischen Uebunf en im Deutschen ebendazu benutzt werden und wenn
jeder Lehrer bei jeder schriftlichen Arbeit auf gute und reinliche Handschrift hält.
Die pädagogische und sittliche Bedeutung des Gesangunterrichts ist
für alle Schulen ohne Unterschied sehr erheblich. Der einfache Choral- und
Volksgesang ist auch in den oberen Klassen neben dem mehr künstlerischen fort-
dauernd zu pflegen. Zur Zeit des Stimmwechsels sind die Schüler vom Gesang-
unterricht zu dispensiren, sie haben sich aber von Zeit zu Zeit zur Prüfung
ihrer Befähigung dem G^sanglehrer wieder vorzustellen. Es ist wünschenswerth,
dafs der Gesanglehrer und ebenso der Turnlehrer, auch durch anderweitigen
Unterricht dem Lehrercollegium der Realschule näher angehören.
Zu $ 6. Bei der Mannis^altigkeit der Unterrichtsgegenstände, mit denen
es die Realschule zu thun hat, kann die Abiturientenprüfung nicht auf das Detail
sämtlicher Disciplinen eingehen. Die Anordnung einer abschlielsenden Prüfung
in mehreren Objecten auf der Stufe des Uebergangs nach Prima beabsichtigt vor-
nehmlich auch, den letzten Teil der Schulzeit von aller tumultuarischen Vorbe-
reitung zur Abiturientenprufuiuf, insbesondere von dem eiligen und nutzlosen
Repetiren der Namen, Zahlen, Formeln und dergl., worauf der Unterricht in den
mittleren Klassen gröfseren Werth zu legen hatte, frei zu machen. Die allgemeine
Büdungsaufgabe der ersten Klasse und die Beschaffenheit der daselbst zu be-
handelnden Gegenstände stellt an die wissenschaftliche Befähigung und die Selbst-
thätigkeit der Schüler höhere Anforderungen, als dafs auf dieser Stufe das Ge-
dächtnis noch in derselben Weise wie vorher in Anspruch genommen werden dürfte.
Dafs, namentlich in einzelnen Teilen der Geographie, in Prima von Zeit zu
Zeit eine Repetition aufgegeben werde, ist dadurch nicht ausgeschlossen. Es ist
zu erwarten, dafs eine zweckmäfsige Ausfuhrung der in $ 6 p^troffenen Anordnung
dazu beitragen werde, die oberste Klasse der Realschulen gleichmäfsiger zu machen,
ihr bestimmter den Charakter einer Prima zu geben und zu verhüten, dafs in diese
Klasse SchiUer übergehen, weldie sich nach ihrer ganzen Entwickelung für die-
lOQ
selbe nicht ei^en. Um die beabsichtigte Vereinfachung des Abiturientenexamens
auch bei denjenigen Schülern zur Anwendung zu bringen, welche beim Erlafs der
neuen Prüfungsordnung bereits nach Prima versetzt sind, kann die im $ 8 ange-
ordnete Prüfung in der Naturgeschichte, Geographie und im Lateinischen (Ezercitium)
mit denselben während ihres Aufenthalts in Prima beim Abschlufs eines der
nächsten Semester vorgenommen und über das Ergebnis, zur Kenntnisnahme des
betreffenden Schulraths, ein Protokoll aufgenommen werden.
IL Zu $ 1. Durch die Abiturientenprüfung wird die innere Ge-
schlossenheit des Schulcursus ausgedrückt, und in den Anforderungen derselben
das letzte Ziel bezeichnet, welches die Schule erreichen soll. Lehrer und Schüler
bringen durch diese Schlufsprüfung sich selber und allen Beteiligten zum BewuTst-
sein, in welchem Grade die Aufgabe der Schule erfüllt worden ist. Die in
diesem § enthaltene Andeutung über die leitenden Gesichtspunkte der Prüfung
entspricht dem Charakter der Realschule als einer höheren wissenschaftlichen
Lehranstalt Es ist, sofern die Abiturienten jederzeit ernsten Fleifs bethätigt haben,
bei dieser Prüfung wichtiger nach dem zu fragen, was sie wissen, um zu sehen,
ob sie es recht wissen und ob es eine fruchtbare Entwickelung und sichere An-
wendung hoffen läfst, als nach allen Seiten zu erforschen und genau festzustellen,
was sie nicht wissen. Vertraute Bekanntschaft mit Wenigem ist unter allen Um-
ständen einer notizenhafben Kenntnis von Vielem vorzuziehen, zumal, wenn diese,
lediglich zum Examen angeeignet, nur den Schein eines gründlichen Wissens hat.
Das Reglement weist die allgemein giltigen Anforderungen nach, wobei die
freie Thätigkeit strebsamer und l^sonders begabter Schüler unverhindert ist, sich
in einzelnen Gegenständen höhere Ziele zu setzen. Den Erfolgen derartiger
selbständiger Studien wird bei der Abiturientenprüfung die Anerkennung, welche
sie verdienen, nicht vorenthalten werden.
Zu $ 2. Im Lateinischen fordert das Reglement hinsichtlich der
Metrik nur die Kenntnis des Hexameters und Pentameters. Es ist zu wünschen,
dafs auch die Bekanntschaft mit dem jambischen Versmafs durch Lesen des Phädros
hinzukomme. In Betreff der schriftlichen Prüfungsarbeiten im Französischen
und Englischen wird bemerkt, dafs für die Mehrzahl der Schüler ein nicht zu
leichte» Exercitium eine sichrere Probe der erlangten Kenntnis und Fertigkeit zu
sein pflegt, als ein freier Aufsatz, in welchem der Abiturient sich möglicher Weise
nicht über den oft ziemlich engen Kreia der ihm bekannten Phrasen hinauswagt.
In der Naturgeschichte fallt die Prüfung weg, sofern die Abiturienten
beim Uebergang nach Prima die darin erforderlichen Kenntnisse dargethan haben,
s. I. § 6. — Es ist zulässig, die organische Chemie wie vom Unterricht, so
von der Abiturientenprüfung auszuschliefsen.
Zu $ 7. Bei der Berathung über das Ergebnis des Abiturientenexamens
wird es unter den Lehrern selbst in der Regel keiner Debatte bedürfen, da sie
sich durch Vorberathungen geeinigt haben müssen und für sie das auf längerer
Kenntnis des Schülers benüiende Urteil die wesentliche Grundlage ihrer Ent-
Bcheidunff über Reife oder Nichtreife bildet. Die ganze Abiturientenprüfung soll
das bei den Lehrern der Hauptsache nach schon vorhandene Urteil vor dem Re-
Eräsentanten der Aufsichtsbehörde rechtfertigen und zu öffentlicher Anerkennung
ringen, so wie etwa noch vorhandene Zweifel lösen. Die in $ 7 in Betreff der
Compensation getroffene Bestimmung hat sich enthalten müssen, die für die
Beurteilung zulässigen gegenseitigen Ausgleichungen aufzuzählen. Der Mannig-
faltigkeit der dabei • möglichen Fälle gegenüber ' stellt das Reglement den allge-
meinen Gesichtspunkt für das Verfahren auf und überläfst die Entscheidung im
Einzelnen auch hierin der gewissenhaften Erwägung der Prüfungscommission.
Zu $ ö. Die Rubrik „Lateinische Sprache*' mufs auch auf den
Abiturientenzeugnissen derjenigen Realschulen zweiter Ordnung vorhanden sein,
welche darin keinen oder einen facultativen Unterricht haben, damit, wenn der
Abiturient ohne Kenntnis des Lateinischen ist, dies beim amtlichen Gebrauch des
Zeugnisses sogleich aus der darüber aufzunehmenden Notiz an der betreffenden
Stelle ersehen werden kann.
Zu $ 9. Die Verfügung vom 11. December 1851 bestimmt namentlich:
„Einem Primaner, welcher im Disciplinarwege von einem Gymnasium entfernt
wird, ist, wenn er an einem anderen Gymnasium die Zulassung zur Maturitäts-
101
Prüfung, sei es als Abiturient, sei es als Extraneer nachsucht, dasjenige Semester,
in welchem seine Entfernung von der Anstalt erfolgt ist, auf den zweijährigen
Frimacursus nicht anzurechnen. Nach demselben Grundsatz ist zu verfahren oei
der Zulassung solcher Primaner zur Maturitätsprüfung, welche ein Gymnasium
willkürlich, um einer Schulstrafe zu entgehen, oder aus anderen ungerechtfertigten
Gründen verlassen haben. Eine Ausnahme hiervon und die Anrechnung des be-
treffenden Semesters ist nur mit Genehmigung des E. Prov.Sch.Coll., und nur
dann gestattet, wenn der Abgang vom Gymnasium durch Veränderung des Wohn-
ortes der Eltern oder durch andere Verhältnisse, welche den Verdacht eines will-
kürlichen, ungerechtfertigten Wechsels der Schulanstalt ausschliefsen, veranlafst
worden ist."
III. Zu $C 1 — 4. Die Anforderungen, welche in dem Lehrplan und dem
Abiturienten-Prüiungsreglement aufgestellt worden sind, bilden den Hafsstab,
welchem die Realschulen erster Ordnung entsprechen müssen, und für die Real-
schulen zweiter Ordnung das Ziel, welchem sie zustreben, das sie jedoch zur Zeit
in Folge einer UnvoUkommenheit ihrer Einrichtungen oder einer unzulänglichen
Ausstattung noch nicht zu erreichen vermögen. Es ist hierbei von besonderer
Wichtigkeit, dafs die Schule als ein Ganzes genommen und auf das richtige
Verhältnis der Mittel zum Zweck im Zusammenhange ihres Organismus geachtet
werde« Befriedigende Leistungen an einer einzelnen Stelle, z. B. bei der Schlufs-
prüfung, können an sich nicht zum Beweise dienen, dafs dieses Verhältnis vor-
handen sei, weil sie die Wirkung vereinzelter Anstrengungen und die Fol^e vor-
züglicher Begabung einzelner Schüler sein können. Der Verwaltungsbehörde kann
für die Unterscheidung der Realschulen nicht etwas Vereinzeltes und Vorüber-
gehendes, sondern nur dasjenige als mafsgebend gelten, was als eine dauernde
Eigenschaft der Schule die Gewähr ihrer ordnungsmäfsigen Entwicklung in sich
schliefst. Die in $ 2 und in den hier folgenden Bemerkungen für wesentliche
Erfordernisse aufgestellte Norm ist von den Realschulen 1. Ordnung entweder
bereits erreicht, oder es ist nach BesduüBTenheit der obwaltenden Verhältnisse
mit Sicherheit zu erwarten, dafs die etwa noch vorhandenen Mängel in Kurzem
werden beseitigt werden. Ein entsprechender Nachweis bildet für die Real-
schulen 2. Ordnung die Grundbedingung zum Eintritt in die erste Ordnung.
(Abschn. m $ 9 — s. S 82. — )
Die Zahl der Lehrer einer Realschule 1. Ordnung bestimmt sich im
Allgemeinen danach, dafs für je zwei Klassen drei Lehrer erforderlich sind, was
mit der Zahl der wöchentl. Unterrichtsstunden, zu welcher die Lehrer vocations-
mafsig zu verpflichten sind, übereinstimmt. Diese Zahl darf bei dem Director in
der Regel 12 nicht übersteigen, damit er im Stande ist, seinen übrigen Verpflich-
tungen in der Leitung der Schule ordnungsmäfsig nachzukommen. Bei den Ober-
lehrern ist die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden in der Regel auf 20,
bei den ordentlichen Lehrern auf 22, bei den wissenschaftlichen Hülfslem^m auf 24,
bei den technischen Hülfslehrem auf 26 zu bestimmen. Diese allgemeine Fest-
setzung kann im Einzelnen nach den Umständen, z. B. nach der Zahl der zu über-
nehmenden Gorrecturen und etwa zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnissen,
eine Modification, d. h. das angegebene Summum eine Ermäfsigung erleiden.
Die ordentlichen Lehrer der Realschulen 1. Ordnung müssen, bis auf besonders
zu gestattende Ausnahmen, durch Universitätsstudien vorgebildet sein. Auch für
die Lehrer der unteren Klassen mufs dies als Regel festgehalten werden, u. a. des-
halb, weil zweckmäfsig der erste deutsche und lateinische Unterricht von dem-
selben Lehrer erteilt wird. An den Realschulen 1. Ordnung ist bei sieben
ordentlichen Lehrern, den Director nicht eingerechnet, mit den Stellen der drei
ersten von ihnen der Oberlehrertitel verbunden. Bei einer gröfseren Zahl von
ordentlichen Lehrern wird auch die Zahl der Oberlehrerstellen vermehrt. Der
bei den Realschulen 1. Ordnung gegenwärtig giltige Etat ist dem K. Prov.Soh.Coll.
zur Genehmigung einzureichen und sodann alle drei Jahre zur Kenntnisnahme von
den inzwischen eingetretenen Veränderungen abschriftlich wieder vorzulegen. Die
im Etat angenommenen Besoldungen dür^n ohne Genehmigung des Unterrichts-
ministers weder erhöht noch vermindert werden.
In Betreff der Besoldungen ist als Norm anzusehen, dafs bei den Real-
schulen 1. Ordnung das Gehalt des Directors nicht unter 1200 Thlr., einschliefs-
102
lieh der Wohnung, betragen und dafs die Besoldungen von da in angemessener
Abstufung bis zu dem letzten ordentlichen Lehrer nicht unter 400 Thlr. herab-
steigen dürfen. Für gröfsere Städte können diese Sätze nur als das Minimum
angesehen werden. Sämtliche Lehrer der Realschulen 1. Ordnunsr haben für
ihre dieselbefi besuchenden Söhne das Recht auf Schulgelderlafs. Diese Schüler
werden in der Observanz- oder statutenmäfsigen Zahl von Freischülern der An-
stalt nicht mitgerechnet. Die Verordnung vom 28. Hai 1846 (Gesetzsammlung
von 1846, S. 214ff.) über die Pensionirung der Lehrer an höheren ünterrichts-
anstalten findet nach $ 1 auch auf die Realsdiulen Anwendung. Nach $ 13 der-
selben Verordnung werden den Lehrern, welche aus Staatsfonds zu pensioniren
sind, auch diejenigen Dienste angerechnet, welche sie sonst im Staatsdienst oder an
anderen öffentlichen Unterrichtsanstalten geleistet haben. Nach $ 14 ist für Schulen
städtischen Fatronats ein gleiches nicht vorgeschrieben; den Lehrern bleibt aber
unbenommen, über die Anrechnung ihrer Dienste für den Fall künftiger Pensionirung
ein specielles Abkommen mit dem Schulpatronat zu treffen. Bei mehreren siÄdtischen
Anstalten sind bereits zum Vorteil derselben statutarische Festsetzungen darüber
getroffen, den Lehrern auch die früher geleisteten Dienste in dem für Königliche
Anstalten geltenden Umfange gleicherweise anzurechnen. Die Etatspositionen
für die wissenschaftlichen Sammlungen, Apparate, Bibliotheken und Lehrmittel
müssen bei den Realschulen 1. Ordnung zu der Aufgabe und Bedeutung der An-
stalt in angemessenem Verhältnis stehen.
Dafs die SchuUocale hinlängliche Räumlichkeit, helle und zweckmäfsig
eingerichtete Klassenzimmer, einen Versammlungssaal für die gemeinsamen An-
dachten, die öffentlichen Schulprüfungen u. s. w. haben, gehört selbstverständlich
zu den Erfordernissen einer Realschule 1. Ordnung. Daran schliefst sich die Aus-
stattung mit anschaulichen Unterrichtsmitteln. Diese sind in den Klassenzimmern
einer Realschule unentbehrlich und bei zweckmäfsiger Aufstellung und Benutzung,
als unmittelbare Belehrung, die auch über die Unterrichtsstunden hinausreicht,
von grofsem Nutzen. Vorzüglich geeignet zur Ausstattung der Klassenräume in
diesem Sinne sind, aufser guten Karten, Darstellungen bedeutender Werke der
Architektur, naturhistorische Abbildungen, gröfsere Portraits bedeutender Männer
u. dergl. m. Es wird siel) leicht die Einrichtung treffen lassen, mit mehreren
solcher zum Inventarium gehörigen bildlichen Darstellungen und Karten von Zeit
zu Zeit in den verschiedenen Klassen zu wechseln. Die von den betreffenden
Aufsichtsbehörden an den Unterrichtsminister zu erstattenden Berichte werden auch
auf diese Seite der bei den einzelnen Schulen vorhandenen Einrichtungen, sowie auf
den Stand und die Vermehrung der Sammlungen jedesmal besondere Rücksicht nehmen.
Als Maximum der Schülerzahl ist auf den Realschulen 1. Ordnung
in den unteren Klassen 50, in den mittleren 40, in den oberen 30 anzusehen.
Dafs die Beschränkung der Klassen auf diese Zahlen festgehalten werde, ist, aufser
allgemeinen pädagogischen Gründen, für Realschulen vorzugsweise wichtig, weil
die für den Unterricht derselben vielfach zu verwendenden Anschauungsmittel sonst
für einen grofsen Teil der Schüler nutzlos bleiben.
Li Bezug auf die Noth wendigkeit einer ausreichenden Dotation der Real-
schulen wird die Circularverfügung vom 3. Juli 1852 in Erinnerung gebracht,
worin es heifst: „Ergiebt sich bei einer Revision des Etats, dafs die Kittel des-
selben für die Bedürfnisse der betreffenden Realschule, insonderheit für die ange-
messene Besoldung des zur Durchführung des Lehrplans erforderlichen Lehrer-
personals nicht ausreichen, so ist darauf zu dringen, dafs die Patronatsbehörde,
insofern ein Zuschufs durch Erhöhung des Schulgeldes nicht zu erzielen ist, das
Nöthige beschaffe, widrigenfalls die Schule auf die Aufgabe einer allgemeinen
Stadtschule beschränkt werden mufs und das Recht zu Entlassungsprüfungen ihr
nicht ferner belassen werden kann. Die Errichtung neuer Realschulen ist nur
dann zu gestatten, wenn ein ausreichender Etat für dieselben von der betreffenden
Stadt garantirt wird. Bevor zur Ausführung des Projects geschritten wird, ist der
Einrichtungs- und Lehrplan und der Etat der zu errichtenden Schule dem
K. Prov.Sch.CoU. und demnächst mit dem Gutachten desselben dem Unterrichts-
minister zur Genehmigung einzureichen. Ebenso bleibt die Anstellung der Directoren
und Lehrer der zu Entlassungsprüfungen berechtigten Realschulen der Genehmigung
desselben vorbehalten.*'
103
Die äufsere Aasstattung einer Schule ist allerdings nicht das Mafs fiir
ihren inneren Werth ; auch mit dürftigen Kitteln versehene Anstalten haben durch
vorzügliche Befähigung einzelner Lehrer und durch die Anstrengung einzelner oder
vereinter Kräfte bisweilen in einzelnen Klassen und Gegenständen Vorzügliches
geleistet. Aber das Eintreten von günstigen Umständen der Art kann nicht in
Kechnung gebracht werden. Es muTs vielmehr zu den Erfordernissen einer wohl-
eingerichteten Schule gezählt werden, dafs in der Beschaffenheit der ihr zu Gebote
stehenden Mittel und m der von dem Fatronat thatsächliuh ihr gewidmeten Für-
sorge eine sichere Garantie dafür gegeben ist, dafs das Bedürfnis an Lehrkräften
immer hinreichend gedeckt sei, die einzelnen Lehrer nicht überbürdet werden müssen ,
eine Sicherheit gegen den bei niedrigen Besoldungen häufigen Lehrerwechsel vor-
handen sei und für alles zum Bestände einer höheren Lehranstalt und zu einem
gedeihlichen Unterricht Erforderliche an Localien, Apparaten u. s. w. ausreichend
gesorgt werde. Eine höhere wissenschaftliche Unterrichtsanstalt kann als mit dem
Nothwendigen ausgerüstet nicht augesehen werden, wenn deren Lehrer zum Teil
einejT gesicherten Stellung entbehren und auf Nebenerwerb so weit bedacht zu
sein genöthigt sind, dafs sie der Schule nur einen Teil ihrer Kraft widmen
können, und ans demselben Grunde verhindert sind, näheren persönlichen Verkehr
mit ihren Schülern zu pflegen, sich den allgemeinen pädagogischen Aufj^ben der
Schule zu widmen und auf ihre eigene wissenschaftliche Fortbildung Zeit zu ver-
wenden. Vom Standpunkt der Unterrichtsverwaltung kann es als ein Verlust
nicht betrachtet werden, wenn Schulen, welche den hierin liegenden Anforderungen
zu genügen aufser Stande sind und nur mit Mühe ihre Existenz als höhere Lehr-
anstalten fristen, in die Reihe der Mittelschulen zurücktreten, die bei zweck-
mäfsiger Einrichtung und Ausstattung dem Unterrichtsbedürfnis eines grofsen
Teils des Bürgerstandes besser genügen als unvollkommene Bealschulen. In
Betreff derjenigen Realschulen, welche in den angegebenen Beziehungen seit
längerer Zeit völlig unzureichend versehen sind, und bei denen auf baldige Be-
seitigung der erheblichsten Mänfi^el nicht gerechnet werden kann, wird demnächst in
Erwägung zu ziehen sein, ob sie das Recht zu Entlassungsprüfungen behalten können.
Jede Realschule veröffentlicht alljährlich ein eine wissenschaftliche Abhand-
lung und Schulnachrichten enthaltendes Programm. Dasselbe soll von den
factischen Verhältnissen der Schule und von ihrem inneren Leben Nachricht und
Zeugnis geben, weshalb auch der Stoff der wissenschaftlichen Beigaben vorzugfs-
weise aus den der Realschule eigentümlichen Unterrichtsgebieten zu entnehmen
sein wird. So wünschenswerth es ist, dafs aufserdem unter den Gegenständen
von allgemeinem Interesse, welche für die Abhandlungen zu wählen sind, von
Zeit zu Zeit auch das griechische und römische Altertum berücksichtigt werde,
um Darstellungen wichtiger Seiten des öffentlichen und des Privatlebens, der
wissenschaftlichen Thätigkeit, der Poesie und der Kunst der Alten zu geben und
dergleichen Gegenstände auch dem Verständnis weiterer Kreise zugänglich zu
machen, so eignen sich doch streng philologische Untersuchungen über griechische
und römische Sprache und Litteratur und lateinisch geschriebene Abhandlungen
nicht für ein Realschulprogramm. Ueber die Verwendung der Lehrkräfte ist
eine Uebersichts-Tabelle nach Analogie der in den Gymnasialprogrammen her-
kömmlichen aufzunehmen. Die Schulnachrichten sind auf das für die öffentliche
Mitteilung Geeignete zu beschränken.
Zu S 3. Die Berichterstattungen der Aufsichtsbehörden weisen nach, in
welcher Art bei den Realschulen 2. Ordnung, -auf denen ein Unterricht in der
lateinischen Sprache nicht stattfindet, die dafür in dem Normalplan angesetzte
Zeit verwandt wird, und womit bei den Anstalten, die einen facultativen Unter-
richt im Lateinischen haben, die davon dispensirten Schüler statt dessen beschäftigt
werden. Ueber den Erfolg derartiger Einrichtungen sind für spätere Beschlufs-
nahmen weitere Erfahrungen zu sammeln.!
Zu S 5. Die mit Gymnasien verbund.enen parallelen Real-
klassen bieten den Directoren und den Eltern eine oft erwünschte Gelegenheit
dar, Schüler aus der einen in die andere Abteilung übergehen zu lassen, jenach-
dem sich eine bestimmte geistige Richtung bei denselben bemerkbar macht. Dem-
gemäfs wird der Uebergang von Gymnasialschülern in die parallelen Realklassen
104
in allen den Fällen gutzuheifsen sein, wo Schüler nach ihrer natürlichen Begabung
weniger für Sprachstadien als für die Beschäftigung mit Kealien und Gegenständen
der Anschauung sich geeignet zeigen. Ein besonders wichtiges Augenmerk für
die Bealklassen ist es, dafs sie sich die Achtung ihrer den gymnasialen entsprechen-
den wissenschaftlichen Anforderungen erhalten und dafs bei den Aufnahmen und
Versetzungen danach verfahren wird. Andernfalls wäre zu besorgen, die Beal-
klassen dürften als eine bereite Ableitung für alles das angesehen werden, was sich
in der Frequenz des G^ymnasiums von Talentlosigkeit und Arbeitsscheu findet: eine
Auffassung, der, wo sie sich bemerklich macht, thatsächlich und entschieden ent-
gegenzuwirken ist. Die Gemeinsamkeit, welche die beiden Abteilungen solcher
Doppelanstalten aufser in dem Directorat, den Lehrern, in den disciplinarischen
Ordnungen, dem SchuUocal, den Gesang- und Turnübungen, und besonders auch
in den Schulandachten, in kirchlichen und andern Feiern, haben, ist für beide
Seiten von Wichtigkeit und sorgfältiger Pflege werth. In der Begel werden
Anstalten dieser Art mit zusammenfassender Benennung ohne weitere Unter-
scheidung als Gymnasien bezeichnet. In den von denselben ausgestellten Abgangs-
zeugnissen sind die Schüler der Bealabteilungen, auch um über die ihnen zu-
stehenden Berechtigungen keinen Zweifel zu lassen, nicht als Gymnasiasten, sondern
als Realschüler zu bezeichnen. Wenn eine anerkannte Realschule in ein Gymnasium
mit parallelen Bealklassen verwandelt wird, so geht das Becht zu Entlassungs-
prüfungen und die übrigen Befugnisse, welche die selbständige Realschule besafs,
nicht ohne weiteres auf die Realklassen über, sondern mufs für dieselben aufs neue
in der vorschriftsmäfsigen Weise erworben werden.
Zu § 7. Die Zulassung zu den Facultätsstudien auf den inländischen
Universitäten bleibt von der Beibringung eines Gymnasialzeugnisses der Reife
abhängig. Dadurch sind die Abiturient^ der Realschulen nicht verhindert, Vor-
lesungen auf den Universitäten zu besuchen. Es findet auf diejenigen, welche dies
beabsichtigen, § 36 des Abiturienten - Prüfungsreglements der Gymnasien vom
4. Juni 1834, mit der späteren Modification desselben, Anwendung: „Damit denen,
welche keine Maturitätsprüfang (auf einem Gymnasium) bestanden und beim Besuch
einer inländischen Universität nur die Absicht haben, sich eine allgemeine Bildung
für die höheren Lebenskreise oder eine besondere für ein gewisses Berufsfach zu
geben, ohne dafs sie sich für den gelehrten Staats- oder Kirchendienst bestimmen,
nicht die Gelegenheit vorenthalten werde, welche die Universität für ihren Zweck
darbietet, so können solche, auf Grund eines von ihnen beizubringenden Zeugnisses
über ihre sittliche Führung und über die erworbene wissenschaftliche AusbUdung,
zur Immatriculation bei den inländischen Universitäten, sowie zur Inscription bei
den philosophischen Facul täten, zugelassen werden." Die betreffenden Gesuche
sind schriftlich an die König]. Universitätscaratorien zu richten. Die Immatri-
culation erfolgt immer nur auf die nächsten drei Semester. Eine Verlängerung
dieser Frist in einzelnen Fällen kann nur von dem Unterrichtsminister erteilt werden.
Die Eintrittsprüfung Derjenigen, welche mit Aussicht auf Avance-
ment in die Armee eintreten wollen, ist aufgehoben. Die Allerh. Ordre
vom 19. September J848 bestimmt: „Es soll fortan keine Eintrittsprüfimg mehr
stattfinden. Wer im Heere sich eine Stelle als Offizier erwerben will, mufs ebenso
wie jeder Andere entweder als einjähriger oder dreijähriger Freiwilliger in einen
Truppenteil eintreten, resp. im Wege der Aushebung eingestellt sein. Jeder
Unteroffizier oder Soldat, der nach vollendetem 17. Lebensjahre mindestens sechs
lüonate gedient hat und nach einem Zeugnis, welches von den Offizieren seiner
Gompagnie resp. Escadron, dem Chef derselben und dem Bataillons- oder Ab-
teilungs- resp. Regiments-Commandeur ausgestellt werden mufs, in Bezug auf seine
Führung, Dienstapplication und erworbene Dienstkenntnis, sowie rücksichtlich seiner
geistigen und körperlichen Eigenschaften sich zur Beförderung eignet, kann sich
zur Able^ng der Portepeefähnrichsprüfung melden. Nach bestandenem Examen
erfolgt die Beförderung zum Portepeefähnrich, sobald eine Vakanz in der etats-
mäfsigen Ziüil der Pori^peef^hnriche vorhanden ist. — Jeder Portepeefähnrich,
welcher neun Honate in dieser Charge gedient hat, kann sich zum Offizierexamen
melden.*'
Hinsichtlich der Zulassung zum Post dienst mit Aussicht auf Beförderung
findet zwischen der Berechtigung der Realschulen und der Gymnasien in Zukunft
105
kein Unterschied statt, sofern der Aspirant von einer Realschule abgegangen ist^
bei welcher der Unterricht in der lateinischen Sprache als allgemein verbindlich
zum Lehrplan gehört und ein je zweijähriger Cursus der Secunda und der
Prima besteht
Die Gewährung gröfserer Berechtigungen an die Realschulen schliefst eine
Anerkennung in sich ; andererseits liegt derselben die Voraussetzung zum Grunde,
dafs es ihnen mehr und mehr gelingen werde, ihren Schülern eine gleichmäfsige
und gründliche Durchbildung zu geben. Dieser Voraussetzung können die Direc-
toren und LehrercoUegien nur dann genügen, wenn sie es auch mit den bei der
Aufnahme und Versetzung zu stellenden Anforderungen genau nehmen. Einer
solchen Strenge bedarf es besonders auch in den Fällen, wenn bei der Anmel-
dung junger Leute für höhere Klassen anzunehmen ist, dafs sie nur kurze Zeit
auf der Schule zu bleiben gedenken und sich lediglich zum Zweck baldiger Er-
reichung einer Berechtigung aufnehmen lassen, z. B. wenn sie um des einjährigen
Militärdienstes willen die Aufnahme in die Tertia oder die Secunda einer Real-
schule 1. Ordnung nachsuchen.
Zu § 8. Die Listructionen fürdieCuratorien der Realschulen 1. Ordnung
werden von den K. Prov. Schulcollegien einer Revision unterzogen. Der Director
einer Realschule 1. Ordnung ist als solcher Hitglied des Curatoriums mit vollem
Stimmrecht. In allen wesentlichen und allgemeinen Vorschriften dient die den
Directoren der Gymnasien erteilte Instruction auch den Realschul-Directoren
derselben Provinz zur Richtschnur. Ebenso die Disciplinar-Ordnung, wo für
die Gymnasien einer Provinz eine allgemeingiltige erlassen ist.
Zu § 9. Bei denjenigen Realschulen, die im Allgemeinen den Erforder-
nissen der 1. Ordnung entsprechen und die zufolge bindender Erklärungen, nach
denen u. a. der Unterricht im Lateinischen hinfort ein obligatorisches Object des
Lehrplans der Anstalt bilden wird, in diese Ordnung aufgenommen worden, sind
die des Lateinischen unkundigen Schüler der oberen Klassen in Betracht, dafs
daselbst das Lateinische erst nach längerer Zeit zu einem entsprechenden Stand-
punkt gebracht sein kann, damit bekannt zu machen, dafs sie zwar zu seiner Zeit
zum Abiturientenexamen zugelassen und eventl. ein Zeugnis der Reife erhalten
können, dafs sie aber vor dem Eintritt in Berufsarten oder Studien, welche Kenntnis
des Lateinischen voraussetzen, z. B. in die Königl. Bauakademie, nachweisen müssen,
dals sie auch in der genannten Sprache das Fehlende in genügendem Mafse ein-
gebracht haben. Die Aufnahme in die erste Ordnung der Realschulen ist nach
sorgfaltiger Prüfung aller Verhältnisse der betreffenden Anstalten erfolgt, hat
jedoch bei mehreren derselben, die im Allgemeinen den Anforderungen genügen,
nur in der Erwartung geschehen können, dafs sie nicht allein durch ihre Leistungen
fernerhin sich des ihnen geschenkten Vertrauens würdig erweisen, sondern auch
^e in ihrem äufseren Bestände noch vorhandene Unzulänglichkeit bald beseitigen
werden. Sollten sie dieser Erwartung nicht entsprechen, so würde die Aufsichts-
behörde sich genöthigt sehen, ihnen die gewährten Vorrechte wieder zu entziehen.
B. Die höheren Bürgerschtilen. Unter diesem Namen sind bis jetzt auch
vollständige, die Klassen von Sexta bis Prima umfassende, Realschulen hin und
wieder inbegriffen gewesen. Der officielle Gebrauch wird ihn in Zukunft nur auf
die Realschulen von beschiankterem Umfange anwenden. Die in der (Jnterrichts-
und Prüfungsordnung gegebene Instruction ist nur für diejenigen Anstalten dieser
Kategorie bindend, welchen das Recht zu giltigen Abgangsprüfungen verliehen
worden ist ; die übrigen sind unverhindert, die Einrichtungen beizubehalten, welche
sie bisher mit Genehmigung ihrer Aufsichtsbehörde gehabt haben. Die höheren
Bürgerschulen haben sich- mit ihren CJnterrichtspensen genau innerhalb der Grenzen
ihres Klassensystems zu halten. Besonders in der Secunda ist die nahe liegende
Versuchung zu vermeiden, diese Klasse, weil sie factisch die erste der Anstalt ist,
in manchen Gegenständen, z. B. in litterarischen Mitteilungen, bei den Aufgaben
zn deutschen Aufsätzen u. s. w., als eine Prima zu behandeln. Bei der münd-
lichen Abgangsprüfung kann der K. Commissarius Veranlassung nehmen, die
Examinanden nach ihrer Leetüre zu fragen, zugleich um ihnen Gelegenheit zu
einer zusammenhangenden Relation über den Inhalt einer Schrift, zur Beschreibung
einer Thatsache oder einer Persönlichkeit zu geben; doch ist dies weniger nöthig.
106
wenn dieselbe Befähigang in andern Objecten, z. B. bei der Geschichte oder der
Naturgeschichte, hinlänglich an den Tag gelegt worden ist. In den Abgangs-
zeugnissen sind die Rubriken zu bezeichnen: Sittliches Verhalten, Fleifs, Kenntnisse
und Fertigkeiten u. s. w. wie bei den B«alschulen. Die Vorsteher der höheren
Bürgerschulen heifsen ßectoren» Sobald bei dem üntemchtsminister der
Antrag auf Erteilung der Befugnis zu giltigen Abgangsprüfungen an einer höheren
Bürgerschule von Seiten der Provinzial-Aufsichtsbehörde gestellt worden ist, wird
zuvörderst eine Revision der Anstalt veranlafst und durch eine Prüfung ihrer
Verhältnisse, hinsichtlich der Zahl, der wissenschaftlichen Befähigung und der Be-
soldung der Lehrer, der Beschaffenheit ihrer Vocationen, der Zusammensetzung
des Ouratoriums und der gesamten Ausstattung der Schule mit Local, Lehr-
mitteln u. s. w. festgestellt, ob sie den Anforderungen entspricht. Das Ver-
zeichnis der zu giltigen Abgangsprüfungen berechtigten höheren Bürgerschulen
wird demilächst veröffentlicht werden.
Durch die Bestimmungen der neuen Unterrichts- und Prüfungsordnung sind
die Real-Lehranstalten klassificirt, ihre Verhältnisse geregelt und ihnen im Orga-
nismus des öffentlichen Schulwesens eine ihrer Bedeutung entsprechende Stelle
angewiesen worden, ohne dafs dadurch ihre fernere freie Entwickelung nach irgend
einer Seite gehemmt wird. Um diese Stelle würdig zu behaupten, und die ihnen
zugewandte Teilnahme zu erhalten und zu allgemeiner Anerkennung wirklicher
Leistungsfähigkeit zu steigern, mufs das Bemühen aller Beteiligten darauf ge-
richtet sein, die den Realschulen zu Grunde liegende Idee immer bestimmter zu
verwirklichen. Zur Erreichung dieses Zwecks ist nothwendig, dafs bei der Aus-
führung der Instruction genau nach den Grundsätzen verfahren werde, welche für
dieselbe im Einzelnen mafsgebend gewesen sind. In dieser Beziehung wird, mit
Bezugnahme auf die einleitenden Bemerkungen, schliefslich auf Folgendes auf-
merksam gemacht:
Die grofsen Fortschritte und die Ausdehnung der naturwissenschaftlichen
und realen Disciplinen haben in neuerer Zeit die realistische Schulbildung ge-
fördert, enthalten aber zugleich für dieselbe eine nicht geringe Gefahr, wenn in
der Masse des Stoffs, welcher sich von da auch der Schule aufdrängt, nicht eine
strenge, dem eigentlichen Schulzweck entsprechende Auswahl getroffen und in
seiner Behandlung ein wahrhaft bildendes Verfahren eingehalten, wenn über dem
Unterricht die Erziehung und über dem Schüler 3er Mensch vergessen wird.
Die auch neuerdings oft gehörte Klage von einer Ueberbürdung der
Jagend durch den Schulunterricht, wobei ihre geistige Kraft nicht entwickelt,
sondern zurückgehalten und zersplittert oder gelähmt werde, wird dann für be-
gründet anzusehen sein und gerade auch die Realschulen treffen, wenn sie es nicht
zu hindern vermögen, dafs die Mannigfaltigkeit ihrer Unterrichtsgegenstände den
Geist beschwert und ihm die freie Empfänglichkeit raubt, wenn sie ihre Zöglinge
zwar mit vielerlei Kenntnissen, aber geringer Schärfe des Urteilsvermögens aus-
statten, und ihre Freiheit in der Anwendung des Erlernten unausgebildet lassen.
Die Gefahr ist vorhanden : die Zukunft der Realschule hän^ davon ab, dafs
sie erkannt und vermieden wird. Dies kann nur dadurch geschehen, dafs alle
Mitglieder eines Lehrercollegiums eine deutliche Einsicht von dem Ziel der Schule
und von dem gegenseitigen Verhältnis der Mittel haben, welche zur Erreichung
desselben gegeben sind, und dafs diese Einsicht von der Kraft der Selbstver-
leugnung begleitet ist, welche im Bewufstsein davon, dafs es sich um eine hoch-
wichtige gemeinsame Sache handelt, die persönlichen Ansichten und Neigungen
den Bedingungen des allgemeinen Zwecks unterzuordnen vermag.
Eine numerische Beschränkung der Objecte leidet der Lehrplan der Real-
schule nicht; dagegen verlangt er eine Concentration seiner Gegenstände, bei
welcher die Manmgfaltigkeit als Einheit wirkt und empfunden wird. Dieser
Aufgabe gegenüber ist die Frage nach einem wissenschaftlichen Mittelpunkt des
Lehrplans der Realschule von geringer praktischer Bedeutung.
Die Concentration liegt in der durch den Zweck der Schule gebotenen
bestimmten Begrenzung der Lehrgegenstände nach Inhalt und Umfang, in ihrem
107
lebendigen Ineinandergreifen, in der richtigen Aufeinanderfolge der Objecto und
Pensa, und in der von wissenBchaftlichem und pädagogischem Sinn getragenen
Methode des Unterrichts.
Der unruhigen Bewegung auf den Gebieten wissenschaftlicher und technischer
Forschung und Entdeckung und aller Fülle des Stoffs gegenüber bleiben die
Grundbedingungen der menschlichen Seele und das Bedürfnis geistiger Diät be-
sonders im Jugendalter immer dieselben: nur in der Beschränkung ist
Vertiefung und gründliche Aneignung möglich, und auch die Päda«
Sogik macht immer von neuem die Erfahrung, dafs bei zu dichter Saat der Ertrag
es Ackers gering ausfällt. Weniges gründlich betrieben weckt bei der Mehrzahl
der Schüler unfehlbar ein nachhaltiges Interesse, während die üeberschüttung mit
Vielem, besonders mit vereinzelten Notizen, die Empfänglichkeit des Geistes ab-
stumpft und auch bei den Fleifsigen ein todtes Wissen zur Folge hat. Eine Real-
schule, bei der nicht alle Mitteilung von Kenntnissen auf deren freie und sichere
Verwendung abzielt, so dafs alles Wissen zum Können wird, verkennt oder ver-
säumt einen wesentlichen Teil ihrer eigentümlichen Bestimmung.
Die Instruction macht wiederholt auf solche Grundbedingungen eines ge-
deihlichen Unterrichts aufmerksam. Wenn sie z. B. die Mitteilung litterarhisto-
rischer Notizen beschränkt und von den Schülern durch eigene Leetüre so viel
wie möglich ein Ganzes aufgenommen wissen will, so ist dies gegen den zer-
streuenden Encyklopädismus und die flache, eitle Vielwisserei gerichtet, wovor
die Jugend gegenwärtig nicht sorgfältig genug behütet werden kann, und der u. a.
auch viele Chrestomathien durch ihre bunte, fragmentarische und überwiegend
nach dem Gesichtspunkt des Interessanten und Unterhaltenden gewählte Leetüre
Vorschub leisten.
Der Lehrer hat sich zu hüten, sein persönliches Interesse an Specialstudien,
wie sehr es im allgemeinen die Bedingung des auch in den Schülern zu erwecken-
den Interesses ist, diesen ohne weiteres zuzumuthen: die pädagogische Berechtigung
des Gegenstandes, der Bildungsstand der Schüler und die Aufgabe der Klasse
setzen ihm bestimmte Grenzen, deren Nichtachtung die Einheit der Schule stört
und ihren Zwecken entgegenwirkt. Wissenschaftliche Einsicht mufs den Lehrer
beföhigen, den Schülern zwar den Blick zu eröffnen auf Gebiete des Wissens und
Könnens, welche jenseits der nächsten Aufgabe und vielleicht des Schulgebiets
liegen, um ihnen damit höhere Ziele späteren Weiterstrebens zu zeigen und den
idealeren Sinn dafür zu wecken. Nachteilig aber ist ein solches Verfahren, wenn
er es nicht zugleich versteht, sie in ernstem Fleifs bei den einfacheren Uebungen
festzuhalten, welche die Voraussetzung der nachfolgenden schwierigeren Aufgaben
sind und zu ihrer Lösung geschickt und tüchtig machen. Nicht selten ist das
Mifsverhältnis der Mitteilungen des Lehrers zu der vorhandenen elementaren
Ausbildung der Schüler sehr grofs; dem Schüler fehlen die zur Verarbeitung des
Objects unerläfslichen Vorbedingungen: er ist noch ungeübt im Denken, unbeholfen
und incorrect im mündlichen und schriftlichen Ausdruck, und soll sich doch schon
mit Gegenständen höherer Wissenschaft beschäftigen. Sie bleiben ihm äufserlich
and können in seinem geistigen Leben keine Wurzel schlagen. Vor allen Dingen
ist daher für ein festes Fundament zum Aufbau des Wissens und für Sicherheit
in allen elementarischen Kenntnissen zu sorgen, kein Gegenstand zu früh zu be-
ginnen und keiner eher abzubrechen, als bis ein des Anfangens werthes Ziel in
ihm erreicht ist.
Die innere Einheit des Lehrplanes mufs in der steten gegenseitigen Beziehung
der verwandten Gegenstände hervortreten. Auch der Schüler erkennt den orga-
nischen Zusammenhang, wenn z. B. der Geschichtsunterricht auf die historische
Leetüre im Lateinischen und in den anderen Sprachen Rücksicht nimmt, wenn der
geographische Unterricht nicht versäumt, auch die Geschichte und die Naturgeschichte
in Betracht zu ziehen, wenn dem deutschen Unterricht alle übrigen Objecte und
insbesondere die Geschichte, die Religion und der gesamte ethische Anschauungs-
kreis des Schülers dient und zu Hül^ kommt, wenn die Uebereinstimmung der
grammatischen Grundlehren und Bezeichnungen ihm in allen Sprachstunden entgegen-
tritt und die mathematischen Voraussetzungen des Zeichnens und aller Naturwissen-
108
Schaft ihm klar werden. Wird dieser Zusammenhang nicht benutzt und hervor-
gehoben ^ isolirt sich jedes Object, nimmt das, was nur Teil und Seite sein soll,
die Selbständigkeit einer besonderen Disciplin in Anspruch, und findet so wenig
Verständigung unter den Lehrern statt, dafs z. B. der historische Inhalt des iL
und N. Testaments oder die Reformationsgeschichte von dem Geschichtslehrer in
einer der Auffassung des Religionslehrers principiell entgegengesetzten Weise be-
handelt wird, so ist der Lehrplan ein Aggregat unverbundener Gegenstände und
verliert den wesentlichsten TeU seiner pädagogischen Wirksamkeit. Wieviel hierin
für jeden Einzelnen zu thun ist, muTs durch Fachconferenzen, die in an-
gemessenen Fristen wiederkehren, immer aufs neue zum Bewufstsein gebracht
werden.
Nicht minder wichtig , als der Zusammenhang und die Verständi^ng der
neben einander unterrichtenden Lehrer, ist das Verhältnis, in welchem sie in der
Klassenreihe aufeinanderfolgen. Der früher durchgearbeitete Lehrstoff mufs für
die höhere Stufe als ein sicherer Besitz angesehen und so in mannigfaltiger Ver-
wendung benutzt und durch rechtzeitige Repetition gegenwärtig erhalten werden.
Wissen die verschiedenen in der Folge der Klassen in demselben Object unter-
richtenden Lehrer von einander nicht, so kann es geschehen, dafs der Gegenstand
mehrmals von vom angefangen wird, als ob in der höheren Klasse wenig oder
nichts vorauszusetzen wäre, und dafs dabei z. B. in der Gktunmatik eine Theorie,
wie in der Satzlehre, die andere aufhebt.
Um Uebelständen der Art auch durch die Einrichtung der Schule vorzu-
beugen, ist auf eine angemessene Verbindung des Fachsystems mit dem Klassen-
system Bedacht zu nehmen. Das erstere mufs in den oberen Ellassen soweit vor-
herrschen, dafs wo möglich in Tertia, Secunda und Prima Ein Lehrer sämtliche
Religionsstunden, Einer den ganzen mathematischen. Einer den ganzen französischen
und Einer den ganzen englischen Unterricht erteile, was bei den neueren Sprachen
schon wegen der sicheren Gewöhnung in der Aussprache von Wichtigkeit ist.
Die Einrichtung des Lectionsplanes mufs es zu verhüten suchen, dafs
an demselben Vor- oder Nachmittage sehr verschiedenartige Unterrichtsgegenstände
mit einander wechseln, und vielmehr innerlich verwandte auf einander folgen lassen ;
in den unteren Klassen ist der Wechsel zulässiger. Andererseits müssen schwerere
und mehr Anstrengung fordernde Lectionen mit leichteren wechseln und auf die
passenden Tagesstunden gelegt werden. Ob und wie weit es rathsam ist, dasselbe
Object mehrere Stunden hintereinander oder mit vermehrter Stundenzahl einige
Wochen vor anderen zu treiben und in derselben Weise mit anderen zn wechseln,
z. B. mit der prosaischen und der poetischen Leetüre, hängt von individuellen Ver-
hältnissen der einzelnen Anstalten ab und ist dem Ermessen der Directoren zu
überlassen, sofern in besonderen Fällen keine Bedenken dagegen sprechen. Ein
rascher Wechsel sagt der jugendlichen Natur zu : aber es ist zu sorgen, dafs daraus
nicht die Unfähigkeit entstehe, längere Zeit gesammelt bei derselben Sache zu
bleiben und Vertrautheit mit ihr zu gewinnen. Aus diesem Grunde mufs möglichste
Continuität des Unterrichts für eine Hauptaufgabe bei der Einrichtung des Lections-
planes angesehen werden.
Das Aufsteigen der Lehrer mit ihren Schülern in die höheren Klassen, nach
einem bestimmten Turnus, läfst sich ebenfalls nicht als allgemeine Mafsregel an-
ordnen; sie würde vorzugsweise in den unteren Klassen Anwendung finden und
kann in denselben, so lange geeignete Lehrkräfte vorhanden sind, mit Genehmigung
der nächsten Aufsichtsbehörde zur Ausführung gebracht werden.
Die Methode des Lehrens ist nicht Gegenstand einer Vorschrift, weil sie
am wirksamsten wird als persönliche Eigenschaft, und weil sie, so weit sie durch
das Wesen der Sache selbst bedingt ist, dem wissenschaftlichen Fortschritt des
Lehrerstandes überlassen werden mufs. Die Gymnasien folgen in dem methodischen
Verfahren zum Teil einer in althergebrachter Praxis bewährten Tradition. Eine
solche hat sich auf den Realschulen durch sorgfältige Beachtung der Eigentümlich-
keit ihrer Anforderungen noch zu bilden. Es ist zu erwarten, dafs dabei der in-
ductive Charakter des Realschulunterrichtes sich mehr und mehr geltend machen
werde, mit angemessener Beschränkung der synthetischen Methode einer strengen
109
Systematik. Der Weg Tom Besonderen zam Allgemeinen ist der naturgemäfse für
den jugendlichen Geist und entspricht der Entwickelung der Realwissenschaften.
Das umgekehrte Verfahren, welches vom Gesetz zur Erscheinung kommt, wird
bei vorzüglichen Talenten ebenfalls mit Nutzen angewandt: aber sie können den
Gang des Unterrichtes nicht bestimmen, er hat sich nach der durchschnittlichen
Befähigung zu richten.
Die unerläfsliche Forderung eines individualisirenden Unterrichts wird in
den unteren und mittleren Klassen der B«alschulen durch die grofse Schülerfrequenz
erschwert; es entsteht leicht ein mechanisirendes Verfahren, welches den Namen
einer Methode nicht verdient und sich bisweilen als ein MiTsbrauch des Gedächt-
nisses bis in die oberen Klassen fortsetzt, indem, statt die geistweckenden und
bildenden Momente der Disciplinen hervorzukehren und zu benutzen und die
Schüler fähig zu machen, an den Entwickelungen sich selbstthätig zu beteiligen,
das Hauptgewicht auf das Auswendiglernen des Thatsächlichen und der Theorie
gelegt wird, so dafs nicht selten alle Fragen auch in Secunda und Prima noch
sich ansschliefslich an das Gedächtnis richten, das combinirende Vermögen aber
nicht in Bewegung setzen und deshalb eine selbständige Aneignung des Stoffes,
eine Erhebung der Kenntnis zur Erkenntnis, nicht bewirken können«
Gleicherweise ist immer aufs neue vor einer Belastung der Schüler mit
mechanischem Schreibwerk zu warnen und von dem Director und den Ordinarien
dafür zu sorgen, dafs das zulässige Mafs häuslicher Aufgaben nicht überschritten
werde. Der denselben Gegenstand betreffenden, ursprünglich zunächst auf die
G^ymnasien bezüglichen, Verfügung vom 20. Mai 1854 mufs auch auf den Real-
schulen in noch gröfserem Umfange Genüge geschehen und bei der Mehrzahl der
Gegenstände ein bestimmtes Lehrbuch zum Grunde gelegt werden.
Der grofse Nutzen, welchen zweckmäfsig eingerichtete Lehrbücher und
Leitfaden gewähren können, indem sie dem Sdiüler für seine Thätigkeit im Prä-
pariren, Durcharbeiten des »Stoffes und beim Repetiren einen sicheren Anhalt ffeben,
wird oft verkannt und die Wirkung der Freiheit des Lehrers höher angeschlagen,
bei welcher er die Aufmerksamkeit der Schüler ungeteilt für sich und seinen Vor-
trag in Anspruch nimmt. Gelingt ihm dies, so hat das Verfahren in den oberen
Klassen für manche Schüler unleugbare Vorzüge. Nach häufiger Wahrnehmung
werden aber die meisten ohne ein gedrucktes Buch, welches wenigstens die syste-
matischen Uebersichten, die Terminologie, Namen, Zahlen u. s. w. enthält, in der
A.uffassung des Zusammenhanges, in der Namenschreibung u s. w. die nöthige
Sicherheit nicht erreichen. Aus diesen Gründen ist auf den Real- und höheren
Bürgerschulen mehr, als bisher geschehen, auf die Einführung solcher Lehrbücher
hinzuwirken, welche für die verschiedenen Unterrichtsstufen nach einheitlichen
Chrundanschauungen abgefafst den anzueiraenden Stoff iu einer Weise fiziren, die
ebensowohl für die Vermittelung des Lehrers Anknüpfungspunkte darbietet und
seiner individuellen Behandlungsart Freiheit läfst, als dem Schüler eine sichere
Anleitung und die nöthige Hülfe für Auge und Gedächtnis gewährt, ihm Schreib-
arbeit erspart und ihn zum Selbstdenken und Selbstarbeiten nöthigt. Es ist zu
hoffen, dafs der Fortschritt des Realschulwesens in diesem Sinn auch der Schul-
Utteratur förderlich sein werde.
Berlin, den 6. October 1859.
110
Circular-Verfügung v. 31. März 1882,
betreffend die Einführung der revidirten Lehrpläne für die höheren
Schulen.
Die Lehreinrichtang unserer Gymnasien bemht in ihren jetzt geltenden
Bestimmungen anf der umfassenden Bevision, welche in den f^bifziger Jahren
vorbereitet, durch die Circular-Verfagung vom 12. Januar 1856 zur Ausfahrung
gebracht worden ist; die Lehreinrichtung der Realschulen ist durch die unter
dem 6. October 1859 erlassene Unterrichts^ und Pi-üfungs-Ordnung festgestellt.
In den Erfahrungen, welche während des seit dieser Zeit verflossenen
Vierteljahrhunderts gesammelt sind, findet sich die ausreichende Grundlage zu
erneuter Erwägung der Frage, in wie weit die bestehenden Einrichtungen als
bewährt zu erachten sind und an welchen Stellen sie einer Aenderung bedürfen.
Die Conferenz vom October 1873, zu welcher der damalige Unterrichtsminister
mit Männern, welche der Unterrichtsverwaltung oder der unmittelbaren Lehr-
thätigkeit angehörten, Vertreter der verschiedensten Sichtungen vereinigt hatte,
hat sowohl durch ihre eigenen, der Oeffentlichkeit übergebenen Verhandlungen,*)
als insbesondere durch deren Verwerthung in den weiten Kreisen der an dieser
Frage Beteiligten wesentlich dazu beigetragen, die allgemein giltigen Erfahrungen
von den zufälligen Beobachtungen beschränkter Bedeutung zu unterscheiden
und die Gesichtspunkte herauszuheben, welche bei einer Bevision der in Rede
stehenden Lehreinrichtung einzuhalten sind. Der Bevision der Lehrpläne ist
seitdem von der Centralverwaltung des Unterrichts unter der gutachtlichen Be-
teiligung der ProvinzialbehOrden unausgesetzte Aufmerksamkeit zugewendet
worden; diese Erwägungen haben im Wesentlichen zu folgenden Ergebnissen
geführt.
1. Die Unterscheidung der Gymnasien und Bealschulen ist
als sachlich begründet und durch die Erfahrung bewährt aufrecht zu halten.
Der von vereinzelten Stimmen befürwortete Gedanke, für alle diejenigen jungen
Leute, deren Lebensberuf wissenschaftliche Fachstudien auf einer Universität
oder einer technischen Hochschule erfordert, eine einheitliche, die Aufgabe des
Gymnasiums und der Realschule verschmelzende höhere Schule herzustellen, ist,
wenigstens unter den gegenwärtigen Culturverhältnissen, mit denen allein ge-
rechnet werden darf, nicht ausföhrbar, ohne dafs dadurch die geistige Ent-
wickelung der Jugend auf das Schwerste gefährdet würde.
Dagegen hat die der Unterrichtsordnung von 1859 zu Grunde liegende
Ueberzeugung, dafs Realschulen ohne Latein nur als unvollständige, einer
niederen Ordnung angehörige Lehranstalten zu betrachten seien, durch dia
weitere Entwickelung nicht Bestätigung gefunden ; vielmehr haben Bealschulen,
welche, bei gleicher Dauer des Lehrcursus wie die Bealschulen 1. Ordnung, die
sprachliche Bildung ihrer Schüler ausschliefslich auf moderne Cultursprachen
begründen, eine steigende Anerkennung als Schulen allgemeiner Bildung sich
erworben. Diese Erfahrung ist sowohl an preufsischen als an aufserpreufsischen
deutschen Lehranstalten dieser Art gemacht worden.
Nicht bestätigt hat sich femer der in der Unterrichtsordnung von 1859
zur (Geltung gelangte Gesichtspunkt, dafs alle realistischen Lehranstalten von
geringerer Cursusdauer, als die der Gymnasien und Bealschulen 1. Ordnung ist,
im Wesentlichen nur als die untere Abteilung von Bealschulen 1. Ordnung be-
trachtet werden, denen der Abschlufs durch die Prima fehlt; vielmehr hat es
*) S. C.-61. 1874 p. 1 -179. Besondere Ausgabe BerUn 1874 im Verlage
von W. Hertz.
111
sich als zweifelloses Bedürfnis erwiesen, dafs fär eine höhere hfirgerliche Bildung*
Schulen errichtet werden, welche in sechsjähriger Lehrdaner — vom 9. Lehens-
jahre der Schüler gerechnet — unter AusschluTs des lateinischen Unterrichts
zu einem bestimmten, nicht auf die Fortsetzung durch weiteren allgemeinen
Unterricht hinweisenden Abschlüsse führen und den als reif entlassenen Schülern
die Erwerbung des Militärzeugnisses vermitteln. Lateinlose höhere Bürger-
schulen der bezeichneten Art bestehen in dem aufserpreufsischen Deutschland
in grofser Zahl, in Preufsen vorläufig noch in geringer, sind aber auf Grund
ihrer Erfolge in Zunahme begriffen.
Aus diesen Gründen ist es als zweckmäfsig erschienen, mit der Bevision
der Lehrpläne für die Gymnasien und Bealschulen 1. Ordnung zugleich Normal-
Lehrpläne für die lateinlosen Bealschulen von neunjähriger Lehrdauer und für
die lateinlosen höheren Bürgerschulen von sechsjähriger Lehrdauer zu entwerfen
und dadurch die gesamten Verhältnisse der höheren Schulen zu klarer Ueber-
sicht zu bringen.
2. An den Gymnasien ist es seit der im Jahre 1856 getroffenen
Aenderung des Lehrplanes als ein Uebelstand empfunden worden, dafs in den
drei Jahrescursen der untersten Klassen je eine neue fremde Sprache in den
Unterricht eingeführt wird, in Sexta die lateinische, in Quinta die französische,
in Quarta die griechische. Da überdies in Quarta der Beginn des mathematischen
und des eigentlich historischen Unterrichts hinzutritt, so erklärt sich daraus,
dafs ein erheblicher Teil der Schüler einer längeren Dauer des Aufenthaltes
in Quarta bedarf oder die Quarta überhaupt nicht überschreitet.
Femer läfst sich von dem natnrbeschreibenden Unterricht an Gymnasien
ein befriedigender Erfolg nicht erwarten, nachdem durch die Lehreinrichtung
von 1856 derselbe in Quarta unterbrochen wird und selbst far Sexta und Quinta
ein gänzliches Aufgeben dieses Unterrichts den Schulen gestattet ist. Dazu
kommt, dafs überdies dem physikalischen Unterricht in Secunda nur eine
wöchentliche Lehrstunde zugewiesen ist. Die hieraus sich ergebende Beeinträch-
tigung der naturwissenschaftlichen Elementarbildung trifft diejenigen, welche
dem naturwissenschaftlichen oder einem damit zusammenhängenden Studium
sich später widmen, noch nicht einmal so nachteilig, als alle die anderen, deren
Beru&studium keinen Anlafs giebt zur Ausfüllung dieser Lücken.
Dem an erster Stelle bezeichneten Uebelstande läfst sich nicht dadurch
abhelfen, dafs der Unterricht im Französischen, wie dies vor 1856 der Fall
war, auf die Klassen von Tertia aufwärts beschränkt werde. Das Gymnasium
ist allen seinen Schülern, nicht blofs denen, welche etwa schon aus den mitt-
leren Klassen abgehen, die zeitigere Einführung in diese, für unsere gesamten
bürgerlichen und wissenschaftlichen Verhältnisse wichtige Sprache unbedingt
schuldig. Dagegen läfst sich der Beginn des griechischen Unterrichts, unter
annähernder Beibehaltung der Gesamtzahl der ihm jetzt am Gymnasium ge-
widmeten Lehrstunden, auf Tertia verlegen, ohne dadurch den Erfolg desselben
zu beeinträchtigen, sofern dafür gesorgt wird, dafs in der grammatischen Seite
des Unterrichtes gegenüber der Leetüre das richtige Mafs eingehalten wird.
Durch diese Aenderung wird nicht nur für die Entwickelung des naturbeschrei-
benden Unterrichts der erforderliche Baum beschafft, sondern es werden zugleich
die Lehrpläne der Gymnasien und Bealschulen 1. Ordnung für die drei untersten
Jahrescurse einander so angenähert, dafs bis zur Versetzung nach Untertertia
der Uebergang von der einen Kategorie der Schulen zu der anderen unbehindert
ist Die daraus sich ergebende Folge, dafs erst nach dreijährigem Schulbesuche
die Entscheidung für Gymnasium oder Bealschule 1. Ordnung erforderlich ist»
wird um so beachtenswerther erscheinen, wenn man in Betracht zieht» dafs an
112
150 Orten nnr gymnasiale, an 81 Orten nnr realistiBche Anstalten mit lateini-
schem Unterrichte bestehen.
3« An den Bealschnlen 1. Ordnnng (Realgymnasien) entsprechen
in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Erfolge des lateinischen
Unterrichts weder dem Mafse der anf denselben verwendeten Zeit, noch ins-
besondere der Bedeutung, welche diesem Unterrichte in der gesamten Lehrein-
richtung dieser Anstalten zugewiesen ist. Der Mangel ausreichenden Erfolges
trifft vorzugsweise oder ausschliefslich die obersten Klassen und wird nach dem
übereinstimmenden Urteile der Fachkenner dem Umstände zugeschrieben, dafs
in diesen Klassen die Zahl der lateinischen Lehrstunden auf ein zu geringes
Mafs herabgesetzt ist Anderseits hat auf dem naturwissenschaftlichen Oebiete
die Ausdehnung des naturbeschreibenden Unterrichts bis in die obersten Klassen
den kaum zu vermeidenden Anlafs gegeben, die der Schule gestellte Aufgabe
zu überftchreiten und in theoretische Hypothesen einzugehen, deren Erwägung
dem Fachstudium auf einer Hochschule überlassen bleiben mufs. Die hiermit
verbundene Zersplitterung des naturwissenschaftlichen Interesses in den obersten
Klassen auf drei Gebiete, Naturbeschreibung, Physik und Chemie, ist entschieden
nachteilig, so dafs der Erfolg nicht dem Aufwände an Zelt entspricht. Durch
«ine veränderte Abgrenzung und Anordnung wird es möglich, dem naturwissen-
schaftlichen Unterrichte bei einer nur wenig verminderten Stundenzahl die ge-
bührende Bedeutung in vollem Mafse zu erhalten und zugleich dem lateinischen
Unterrichte die unerläfsliche Verstärkung zu verschaffen.
4. Die lateinlosen Bealschulen v|on neunjähriger Lehrdauer
(Ober-Bealschulen) haben sich im Wesentlichen selbständig entwickelt, ohne
dafs im Voraus ein Normalplan für die Stundenzahl und für die in den einzelnen
Gegenständen zu erreichenden Lehrziele vorgezeichnet war. In Folge hiervon
sind sie nicht frei von der Gefahr geblieben, durch eine überwiegende Hin-
gebung an die mathematisch -naturwissenschaftliche Seite des Unterrichts den
Charakter von Fachschulen anzunehmen. Dieser Gefahr vorzubeugen liegt im
dringenden Interesse dieser Schulen; denn nur insoweit dieselben den that-
sächlichen Beweis liefern, dafs auch unter Beschränkung auf moderne Sprachen
der Aufgabe der sprachlich formalen und der ethischen Bildung vollständig
Genüge geschieht, sind dieselben fähig, als Schulen allgemeiner Bildung neben
den Gymnasien und den Bealschulen 1. Ordnung zu gelten.
5. Bei den lateinlosen höheren Bürgerschulen ist hier und da
das Streben nach einer Steigerung der Lehrziele ersichtlich geworden; diesen
an sich aus schätzbaren Motiven hervorgegangenen Bestrebungen mufs vor-
gebeugt werden, wenn diesen Schulen die segensreiche Wirksamkeit auf weite
Kreise gesichert werden soll.
Nach diesen Grundsätzen sind die in der Anlage beigeschlossenen Lehr-
pläne f&r die höheren Schulen ausgearbeitet. Dieselben sind, unter den nach-
her zu bezeichnenden Modalitäten, mit dem Beginne des Schuljahres 1882/83
zur Ausfahrung zu bringen.
Vorausgesetzt ist für die Ausführung der vorliegenden Lehrpläne, dafb
die an der weit überwiegenden Mehrheit der höheren Schulen geltende Ein-
richtung der Jahrescurse — und zwar, sofern nicht Wechselcöten bestehen,
von Ostern zu Ostern — und der Jahresversetzungen überall zu strenger
Durchführung gelange und das an einzelnen Anstalten noch zugelassene Zu-
sammendrängen der für Jahresdauer bestimmten Lehraufgabe einer Klasse auf
ein Semester ebenso wie die Teilung der drei unteren, auf Jahresdauer be-
stimmten Klassen in zwei aufsteigende Klassen von je halbjähriger Lehrdauer
abgestellt werde. Im Hinblick darauf, dafs die unvermeidliche Hast des Unter-
113
richts bei semeBtralem Zusammendrängen des Jahrespensnms die Freudigkeit
der Schüler an dem Gelingen ihrer Arbeit and die Sicherheit der Aneignung
des Lehrstoffes gefährdet, und dafs andererseits die Zerlegung der JahresCnrse
in semestrale Abteilangen die Lehrzeit der Schüler thatsächlich za verlängern
pflegt, ist für den Erfolg des Unterrichts and im Interesse der Jagend ent-
scheidender Werth darauf zu legen, daCs die bezeichneten Abweichungen von
den Jahrescursen und JahresTersetzongen, wo sie noch bestehen, baldigst ab-
gestellt werden. Nicht als Abweichung ist zu betrachten, wenn in Klassen von
zweijähriger Lehrdauer, welche in allen Lehrgegenständen ungetrennt unterrichtet
werden, einzelnen Schülern die Versetzung in die obere Abteilung, welche sie
nach einjährigem Besuche der Klasse noch nicht erreicht haben, nach andert-
halbjährigem Besuche bewilligt wird.
Durch die den Lehrplänen beigefügten Erläuterungen ist auf einige
wesentliche Gesichtspunkte hinge¥desen, welche für das Verfahren beim Unter-
richte und insbesondere für das Mafs der an die Schüler zu stellenden An-
sprüche einzuhalten sind. Die LehrercoUegien und deren Vorsteher werden
darin einen Anlafs zu erneuten didaktischen Erwägungen finden, um so mehr,
da sie sich der Ueberzeugung nicht verschliefsen können, dafs durch eine Beihe
thatsächlich bestehender und nicht zu ändernder Umstände die erspriefsliche
Erteilung des Unterrichts an den höheren Schulen erheblich erschwert wird.
Die Ansprüche, welche an die Lehrer der höheren Schulen bezüglich der
Höhe und des Umfanges ihrer wissenschaftlichen Studien gestellt werden müssen,
haben zu einem Ueberwiegen des Fachlehrersystems an diesen Anstalten
geführt Man wird diese Entwickelung nicht an sich for einen Nachteil an-
zosehen haben; denn ein Lehrer, welcher seinen Gegenstand in* YoUer Sicher-
heit beherrscht, kann Yorzugsweise das Interesse für denselben wecken und Er- .
folge des Unterrichts mit den mäfsigsten Ansprüchen an die Arbeitskraft der
Schüler erreichen. Aber die Gefahr ist Yorhanden, dafs der einzelne Lehrer in
den Anforderungen für sein Gebiet das Mafs aufser Acht lasse, welches dem-
selben in dem ganzen Organismus des Schulunterrichts zugewiesen ist, und
dafs die von den verschiedenen Seiten an den Schüler gestellten Forderungen
drückend auf das Gesamturteil über denselben wirken.
Schon aus diesem Grunde hat an mehreren Stellen der Erläuterongen
auf das Einhalten des richtigen Mafses hingewiesen werden müssen; ein be-
sonderer Anla(i9 dazu liegt auberdem in der Entwickelung, welche mehrere mit
ihren Elementen in den Schulunterricht reichende Wissenschaften in den letzten
Jahrzehnten erfahren haben. Es genügt, an ein Beispiel zu erinnern. Die
grammatische Wissenschaft der beiden classischen Sprachen des Altertums hat
in den letzten vier Jahrzehnten eine erheblich veränderte Gestalt gewonnen.
Die Formenlehre ist auf historische Sprachvergleichung begründet; für die
Syntax ist eine ungleich specieller eingehende Beobachtung zur Grundlage g^
macht und zugleich die historische Entwickelung als mafsgebender Gesichts-
punkt anerkannt Der Lehrstand unserer höheren Schulen mufs allerdings, wie
er darin bisher seine ehrenvolle Aufgabe erkannt hat, für seine Unterrichts-
gebiete auf der Höhe der gegenwärtigen wissenschaftlichen Forschung stehen,
und der Unterricht an den höheren Schalen darf nicht die Tradition eines In-
haltes bewahren, welchen die wissenschaftliche Forschung beseitigt hat Aber
gefihrdet wird der Unterricht an unseren höheren Schulen, wenn das fär die
wissenschaftliche Forschung erforderliche Specialisiren maßgebend wird für den
Umfang der an die Schüler gestellten Ansprüche. Diese Gefahr ist noch ge-
steigert durch die umsichtige, aber ihren Zweck verfehlende Abfassung nicht
weniger Uebungsbücher, welche wo möglich jedes Wort zu einem Anlasse des
Nachdenkens för den Schüler zu machen suchen und durch die jede Zuver-
Wlete, Yeiordnuigtn. 8
114
sieht des Arbeitens ansschliefsende Hänfnng Yon Schwierigkeiten eine Freadig-
keit des Gelingens nicht aufkommen lassen. Werden dann überdies die ex-
tempo'rirten Leistungen der Schüler in dieser Bichtong znm Mafsstabe des
gesamten über sie zu fällenden Urteils gemacht, so wird begreiflich, dafs dieser
Unterricht, obwohl anf anerkennenswerthen wissenschaftlichen Stadien nnd auf
methodischer Erwägung beruhend, dennoch zu einer drückenden Bürde für die
Schüler werden kann. An diese Gefahr mulüB durch das Beispiel eines Lehr-
gebietes erinnert werden, weil dieselbe in beachtenswerthem Umfange zur
Wirklichkeit geworden ist.
In anderer Weise übt der namentlich in den letzten fünfzehn Jahren in
reifsender Schnelligkeit gesteigerte Zudrang zu den höheren Schulen, insbesondere
den Gymnasien, einen erschwerenden Einflufs auf die erfolgreiche Erteilung
des Unterrichtes aus.'*^ Wenn man selbst absieht von der Frage, ob nicht mit
dieser schnellen Vermehrung des Besuchs der höheren Schulen der Procentsatz
derjenigen Schüler sich gesteigert hat, welche für die Aufgabe derselben minder
geeignet, eben dadurch zu einer Hemmung des Unterrichts werden, so treten
jedenfalls zwei Momente von zweifellos erschwerendem Einflüsse hervor.
Einerseits hat eine ansehnliche Anzahl unserer höheren Schulen eine
Höhe der Gesamtjfrequenz erreicht, welche ihre gesunde Entwickelung gefährdet.
An mehr als einem Viertel der Gymnasien überschreitet die Gesamtzahl der
Schüler, ungerechnet die etwa bestehenden Vorklassen, die Zahl 400 und reicht
bis 700 und sogar darüber. In der Regel sind derartige Schulen zugleich in
allen oder den meisten einzelnen Klassen mit der als äufserste Grenze zulässigen
Schülerzahl gefüllt und bereiten dadurch dem Erfolge des Unterrichts diejenige
Erschwerung, welche mit einer hohen Schülerzahl unvermeidlich verbunden ist.
Aber selbst wenn dieser letztere Uebelstand nicht oder in nur mäfsigem Grade
vorhanden ist, so liegt in der Höhe der Gksamtfrequenz an sich ein schwer
wiegender Nachteil. Für den Director ist es unter solchen Voraussetzungen
kaum erreichbar, dafs er die Gesamtheit der Schüler nach Betragen, Fleifs und
Leistungen, geschweige denn nach ihrer Individualität kenne und durch diese
persönliche Kenntnis erforderlichen Falles zweckmäfsigen Einflufs ausübe. Der
grofse Umfang des Lehrercollegiums lockert das Band unter seinen einzelnen
Gliedern, welches die unerläfsliche und unersetzliche Bedingung eines einheit-
lichen Zusammenwirkens ist. Die ganze Schule kommt in die Gefahr, einer Grofs-
stadt darin ähnlich zu werden, dafs Lehrer und Schüler fast wie fremd an
einander vorübei^^^hen und die persönliche Teilnahme der Lehrer für die Schüler
auf ein verschwindendes Mafs herabsinkt. Das Urteil über jeden Schüler wird
zu einer aus den einzelnen Notizen, hauptsächlich über das Ergebnis der schrift-
lichen Klassenarbeiten, summirten Angabe über das Verhältnis seiner Leistungen
zur Aufgabe der Klasse, ohne die belebende Anerkennung des gelingenden
Strebens nnd ohne die wohlwollende Ermunterung des ernstlichen, aber noch
*) Zur Erläaterang dieseB Satzes können folgende Zahlen beitragen. Im
Jahre 1868 bestanden im preofsischen Staate 197 Gymnasien, höhere Schulen der
verschiedenen Kategorien zusammen 369 ; im Jahre 1880 war die Zahl der Gymnasien
auf 249, die der höheren Schulen überhaupt auf 489 gestiegen. •— Im Jahre 1868
kam ein Gymnasialschüler in Freufsen auf 427, ein Schüler der höheren Schulen
überhaupt auf 266 Köpfe der Bevölkerung; im Jahre 1880 war das Verhältnis
der Gymnasiasten 1 : 362, das der Schüler höherer Schulen überhaupt 1 : 215 (zur
Vergleichung kann dienen, dafs gleichzeitig im Königreiche Sachsen das Verhältnis
1 : 624, bezw. 1 : 281 war). Im Jahre 1863 fanden sich unter 144 Gymnasien 29,
also 20®/o, mit einer Frequenz (ungerechnet die VorschuUdassen) von mehr als
400 Schülern, im Jahre 1880 hatten unter 249 Gymnasien 63, also 26% eine
Frequenz von 400—700 Schülern.
115
nicht ausreichend erfolgreichen Fleifses. Die LehrercoUegien haben sich gegen-
wärtig zn erhalten, dafs eine solche blofs änfserüche Erfüllnng des Berufes
nicht blofs die sittliche Einwirkung des Unterrichts aafhebt, sondern anch dem
Schüler die Arbeit verleidet nnd erschwert, and dafs dieselbe durch ein Hinaus-
gehen der Schnle über die ihr angemessenen Dimensionen zwar erklärt, aber
weder nothwendig veranlafst wird, wie hochschätzbare Beispiele des Gegenteils
beweisen, noch gerechtfertigt werden kann. Anch in diesem Falle mnfs an die
allgemein vorhandene Gefahr erinnert werden, weil dieselbe unverkennbar zum
Teil bereits zur Thatsache geworden ist
Andererseits hat der Bedarf an Lehrkräften für die Erweiterung der be-
stehenden und für die zahlreichen neu entstandenen Lehranstalten dahin geführt,
dafs in der Begel die Lehramtscandidaten unmittelbar nach dem Bestehen der
wissenschafklichen Prüfung mit der Beschäfkigung und Verantwortlichkeit einer
Yollen Lehrkraft betraut worden sind. Wenn schon an sich das Probejahr nur
unter strengster Einhaltung der darüber getroffenen Bestimmungen und durch
die einsichtige Hingebung des Directors an die Beobachtung und Anleitung des
Candidaten den Zweck der Einführung in die Kunst des ünterrichtens annähernd
zn erreichen vermag, so hat es durch seine Umwandlung in eine commissarische
YoUe Beschäftigung seine Bedeutung grofsenteils verloren. Durch den in den
letzten Jahren eingetretenen erheblichen Zuwachs an Lehramtscandidaten und
durch die gleichzeitig seltener werdende Errichtung neuer Lehranstalten tritt
das Probejiär gegenwärtig wieder in ordnungsmäfsige Ausführung; dieselbe
wird des Erfolges nicht entbehren, wenn der Hingebung der Directoren an ihre
Aufgabe die Ueberzeugnng der Candidaten entgegenkommt, dafs sie das Lehren
erst zu leroen haben.
Die Bevision der Lehrpläne hat wesentlich den Zweck verfolgt, Hinder-
nisse zu beseitigen, welche in der Lehreinrichtung der höheren Schulen selbst
den Erfolgen ihres Unterrichts entgegenstehen; dagegen vermag dieselbe nicht
Schwierigkeiten zu lösen, welche aus anderen thatsächlichen Verhältnissen her-
vorgehen. Die Directoren und LehrercoUegien werden nicht verkennen, dafb
in den angeführten hauptsächlichen Schwierigkeiten zugleich einige der
vornehmsten Anlässe bezeichnet sind, aus denen eine Ueberbürdung der
Schüler in denjenigen Fällen hervorgeht, in welchen dieselbe als thatsächlich
vorhanden und durch die Ansprüche der Schule selbst herbeigeführt anzuerkennen
ist, und dafs nicht durch die blofse Beseitigung einzelner Mifsgriffe, sondern
nur durch ein Gelingen der Thätigkeit der Schule in ihrem ganzen Umfange
die Ueberbürdungsklagen können zum Verstummen gebracht werden. Zu der
bewährten Berufstreue der Directoren und der LehrercoUegien habe ich das Ver-
trauen, dafs dieselben in der Ausführung der revidirten Lehrpläne eine erneute
Anregung finden werden, ihrerseits dazu beizutragen, dafs der in den Ueber-
bürdungsklagen hervorgetretene, das frische und frohe Leben der Schulen läh-
mende Gegensatz des Elternhauses zu den Forderungen der Schule einem Ein-
klänge der beiden zum Zusammenwirken bestimmten Factoren weiche.
Die Einführung der revidirten Lehrpläne kann nach der Natur der Sache
nicht sofort im ganzen Umfange eintreten, vielmehr sind für das mit Ostern d. J.
beginnende Schi^jahr folgende Bestimmungen einzuhalten.
An den Gymnasien und Progymnasien sind zu Ostern d. J. die
revidirten Lehrpläne für die Elassen Sexta, Quinta, Quarta (bezw. wenn Quarta
Wechselcöten hat, für den zu Ostern seinen Gursus beginnenden Cötus der
Quarta) einzuführen. Die entscheidende Aenderung Uegt darin, dafs aus Quarta
(bezw. aus dem Ostercötus der Quarta) der griechische Unterricht beseitigt wird
nnd die dadurch verfägbar werdenden Lehrstunden zur Einführung des natur-
geschichtlichen und zur Verstärkung des französischen und des mathematischen
8*
116
Unterrichtes verwendet werden. Möglicherweise ist es an einzelnen Anstalten
in Folge der Zasammensetzung des Lehrercolleginms schwierig, die durch Be-
seitigung des griechischen Unterrichts verfügbar werdenden Lectionen in der
durch den revidirten Lehrplau vorgesehenen Weise den anderen Unterrichts-
fächern zuzuweisen; sofern diese Schwierigkeiten sich nicht überwinden lassen,
kann unter der einzuholenden Genehmigung des Provinzial-SchulcoUegiums für
das nachte Semester oder höchstens das nächste Schuljahr eine Abweichung
von der Vorschrifk bezüglich der fraglichen Verteilung der disponibel werdenden
Lectionen zugegeben werden, jedenfalls aber ist aus der Quarta (bezw. dem
Ostercötus der Quarta) der griechische Unterricht zu beseitigen. Von Tertia
aufwärts bleibt für das nächste Schuljahr der Lehrplan für das Griechische un-
verändert; mit Ostern 1883 tritt die Aenderung im Lehrplane des griechischen
Unterrichts in Kraft; doch ist selbstverständlich für die Uebergangszeit Rück-
sicht auf die Vorbildung deijenigen Schüler zu nehmen, mit denen dieser Unter-
richt bereits in Quarta begonnen war. — Zugleich ist darauf Bedacht zu nehmen,
dafs in der Mathematik die Tertia, wenn irgend möglich zu Ostern d. J., jeden-
falls zu Michaelis d. J. in zwei untergeordnete, getrennt unterrichtete Abteilungen
geteilt werde. Die Erhöhung des physikalischen Unterrichts in Secunda auf
zwei Lehrstunden unter gleichzeitiger Kürzung des lateinischen Unterrichts
um eine Stunde kann, je nach der Beschaffer^eit der verfügbaren Lehrkräfte
sofort zu Ostern d. J. eintreten oder auf Ostern 1883 aufgeschoben werden.
An den Realschulen 1. Ordnung (Realgymnasien) und an den dem
Lehrplane derselben folgenden höheren Bürgerschulen (Realprogymnasien)^
sind für die Klassen Sexta, Quinta, Quarta die durch den revidirten Lehrplan
beabsichtigten Aenderungen der bestehenden Einrichtung so gering, dafs es
keiner Schwierigkeit unterliegen kann, dieselben sofort zu Ostern d. J. ein-
zuführen. Bezüglich der Teilung der Tertia für den englischen und den mathe-
matischen Unterricht gilt dieselbe Bestimmung, welche bezüglich der Gymnasial-
tertia für den mathematischen Unterricht gegeben ist; sofern nämlich nicht
unüberwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen, ist dieselbe zu Ostern d. J.,
jedenfalls aber zu Michaelis d. J. auszuführen. Die Aenderung des Lehrplanes
für die oberen Klassen, insbesondere die Vermehrung des lateinischen Unter-
richts in denselben, ist durch die andere Verteilung des naturwissenschaft-
lichen Unterrichts, und diese wiederum dadurch bedingt, dafs die Natur-
beschreibung nur bis Untersecunda gelehrt wird; daher ist im Schuljahre
1882/83 darauf Bedacht zu nehmen, die Naturbeschreibung mit Untersecunda
zum Abschlüsse zu bringen, so dafs sodann zu Ostern 1883 der revidirte Lehr-
plan für die oberen Klassen zur Ausföhrung gelangt
Für die lateinlosen Realschulen von neunjährigem Cursus
(Ober-Realschulen) und für die lateinloseti höheren Bürgerschulen ist jetzt
zuerst ein allgemein einzuhaltender Lehrplan aufgestellt worden. Durch die Publi-
cation desselben werden nicht Forderungen aufgestellt, welche sofort zu Ostern d. J.
zu erfüllen sind, sondern den Directoren (Rectoren) dieser Anstalten wird da-
durch zur Pflicht gemacht, durch Beseitigung der etwa vorhandenen erheblicheren
Abweichungen von der allgemein vorgezeichneten Norm diesen Kategorieen von
Schulen eine gleichartige und gleiche Berechtigungen begründende Lehrein-
richtung zu geben.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten, von Gofsler.
117
Lehrpläne für die höheren Schulen.
I.
A. Lehrplan der GymnaBlen.
1. Zahl der Lehrstunden in den einseinen Klassen und Unterriohta«
gegenständen.
yi
IV
nik
ma
IIb
lU
n
Sa.
bis-
her
Aenda-
nuig
Christliche Religionslehre .
Deutsch
Latein
Griechisch^)
Franzosisch
Geschichte und Geographie
Bechnen ond Mathematik^)
Naturbeschreibung ....
Physik
Sehreiben
Zeichnen
Sununa
3
3
9
3
4
2
2
2
2
2
9
4
3
4
2
2
2
2
2
9
5
4
4
2
2
2
9
7
2
3
3
2
2
2
9
7
2
3
3
2
o
2
8
7
2
3
4
2
o
8
7
2
3
4
2
3
8
6
2
3
4
2
3
8
6
2
3
4
19
21
77
40
21
28
34
10
8
4
6
20
20
86
42
17
2&
32
8
6
6
6
— 1
+ 1
— 9
— 2
+ 4
+ 3
+ 2
+ 2
+ 2
— 2
28
30
30
30
30
30
30
30
30
Bemerkungen.
^) Wenn die beiden Tertien gemeinsohaftHoh unterrichtet werden, so müssen
«ie doch jedenfalls im Grieohisdien und in der Mathematik getrennt werden.
Der Unterricht im Turnen ist für alle Schüler obligatorisch; Befreiung
davon hat der Director auf Grund ärztlichen Zeugnisses, in &r Kegel nur auf die
Dauer eines Halbjahres, zu erteilen. Die Schule hat darauf Bedacht zu nehmen,
dafs jeder Schüler wöchentlich zwei Turnstunden hat.
Der Unterricht im Zeichnen ist für die drei unteren Klassen obligatorisch,
für die drei oberen facultatiy. Die Schule hat dafür zu sorgen, dafs jeder Schüler
der oberen Klassen, welcher es wünscht, an zwei Zeichenstunden teilnehmen kann,
ohne dafs dafür eine besondere Zahlung aufser dem Schulgelde erhoben werden
darf. Der Eintritt in den faoultativen Zeichenunterricht verpflichtet den betreffenden
Schüler zur Teilnahme für die Dauer eines Semesters. Wenn aus der Tertia eine
ausreichende Anzahl von Schülern an dem facultativen Zeichenunterrichte teil-
nimmt, so ist aus denselben eine abgesondert zu unterrichtende Abteilung zu bilden.
Der Unterricht im Singen ist für die zwei untersten Klüsen mit je
2 wöchentlichen Stonden obligatorisch; Befreiungdavon hat der Director auf Grund
firztlichen Zeugnisses, in der Regel nur auf die Dauer eines Semesters, zu erteilen ;
diese erstreckt sich jedoch nicht auf den die theoretischen Elementarkenntnisse
enthaltenden Teil des Unterrichts. Auch in den Klassen von Quarta an aufwärts
sind die Schüler zur TeihuJmie an dem von der Schule daigebotenen Gesanff-
unterriohte verpflichtet; doch hat der Director diejenigen Schüler von der Teü-
nahme zu befreien, deren Eltern auf Grund eines ärztlichen Zei^nisses um die
Dispensation nachsuchen oder deren Mangel an Befähigung zum Singen von dem
C^anglehrer constatirt wird.
118
2« Lehraufgabe in den einzelnen Untemohtsgegenständen der Oymnasien.
1. Christliche Beligionslehre. A. Für Schüler der evangelischen
Confession: Biblische Geschichte des Alten und |besonders des Neuen Testa-
mentes. Katechismus mit den nothwendigsten zur Erläuterung dienenden
Bibelstellen. Erklärung des Kirchenjahres; Einprägnng einiger bedeutender
Kirchenlieder. Bekanntschaft mit dem Hauptinhalt der heiligen Schrift, be-
sonders des Neuen Testamentes (aus welchem Abschnitte in der Urschrift zu
lesen für den Unterricht in der obersten Klasse empfohlen wird), und mit den
sicheren Thatsachen in Betreff der Abfassung der einzelnen Bücher. Haupt-
punkte der Glaubens- und Sittenlehre. Bekanntschaft mit den Hauptepochen
der Kirchengeschichte und ihren hervorragenden Trägem.
B. Für Schüler der katholischen Confession: Biblische Geschichte des
Alten und besonders des Neuen Testamentes. Katechismus mit den noth-
wendigsten zur Erläuterung dienenden Stellen aus der heiligen Schrift und der
Tradition. Erklärung des Kirchenjahres; Einprägung einiger bedeutender kirch-
lichen Hymnen. Bekanntschaft mit dem Hauptinhalt der heiligen Schrift, be-
sonders des Neuen Testamentes (aus welchem Abschnitte in der Urschrift zu
lesen für den Unterricht in der obersten Klasse empfohlen wird), und mit den
sicheren Thatsachen in Betreff der Abfassung der einzelnen Bücher. Haupt-
punkte der Glaubens- und Sittenlehre. Bekanntschaft mit den Hauptepochen
der Kirchengeschichte und ihren hervorragenden Trägem, insbesondere mit dem
Leben grofser Heiligen.
2. Deutsche Sprache. Kenntnis der wichtigsten Gesetze der Formen-
lehre und der Syntax der deutschen Sprache. Bekanntschaft mit den Haupt-
epochen der Nationallitteratur. Leetüre classischer Werke aus der neueren
poetischen und prosaischen Litteratur; Einprägung zweckmäfsig ausgewählter
Gedichte und Dichterstellen; Bekanntschaft mit den hauptsächlichsten Kunst-
formen der Dichtung und der Prosa. Sicherheit im schriftlichen Gebrauche der
Muttersprache zum Ausdrucke der eigenen Gedanken und zur Behandlung eines
in dem eigenen Gedankenkreise liegenden Themas. Einfache Uebungen im
mündlichen Vortrage über ein derartiges Thema nach vorausgegangener Vor-
bereitung oder schriftlicher Bearbeitung.
3. Lateinische Sprache. Sicherheit in der lateinischen Formenlehre
und Syntax. Erwerbung eines Wortschatzes, welcher zum Verständnis der
Schriften der classischen Periode, soweit sie nicht speciell technischen Inhaltes
sind, ausreicht, zu festem Besitze für spätere Fachstudien und als Grundlage
zum Verständnis der daraus hervorgegangenen modernen Sprachen. Leetüre
einer Auswahl der dem Bildungsgrade der Schüler zugänglichen bedeutendsten
Werke der classischen Litteratur; die Leetüre hat, auf grammatisch genauem
Verständnis beruhend, zu einer Auffassung und Werthschätzung des Inhaltes
und der Form zu führen. Fertigkeit, die lateinische Sprache innerhalb des
durch die Leetüre bestimmten Gedankenkreises schriftlieh ohne grobe Incorrect-
heit und mit einiger Gewandtheit zu verwenden.
4. Griechische Sprache. Sicherheit in der attischen Formenlehre
und Bekanntschaft mit der Formenlehre des epischen Dialektes; Kenntnis der
Hauptlehren der Syntax. Erwerbung eines ausreichenden Wortschatzes. Eine
nach dem Mafse der verfugbaren Zeit umfassende Leetüre des Bedeutendsten
aus der classischen poetischen und prosaischen Litteratur, welche geeignet ist,
einen bleibenden Eindruck von dem Werthe der griechischen Litteratur und von
ihrem EinfluTs auf die Entwickelung der modernen Litteraturen hervorzubringen.
5. Französische Sprache. Diejenige Sicherheit in der französischen
Foimenlehre und den Hauptlehren der Syntax und derjenige Umfang des Wort-
schatzes, welche es ermöglichen, französische Schriften von nicht erheblicher
119
Schwierigkeit zn Terstehen und die französische Sprache innerhalb des dnrch
die Lectdre zngefohrten Gedankenkreises schriftlich ohne grobe Incorrectheit
anzuwenden.
6. Hebräische Sprache (facnltatiy). Der hebräische Unterricht
wird in Seconda nnd Prima mit je zwei wöchentlichen Lehrstanden erteilt Die
Aufgabe desselben ist: feste Aneignmig der Elemente der Formenlehre, Leetüre
leichter Abschnitte ans dem Alten Testament.
7. Geschichte. Kenntnis der epochemachenden Begebenheiten der
Weltgeschichte and der darin darch ihre Bedentang hervorragendsten Persönlich-
keiten, vorzagsweise der griechischen, römischen und vaterländischen Geschichte.
Chronologische Sicherheit in vorsichtig beschränktem Mafse des Umfangs der For-
derungen, und Bekanntschaft mit dem Schauplatz der historischen Begebenheiten.
8. Geographie. Grundlehren der mathematischen Geographie. Kennt-
nis der wichtigsten topischen Verhältnisse der Erdoberfläche und der gegen-
wärtigen politischen Einteilung; eingehendere Kenntnis von Mittel -Europa in
beiden Beziehungen.
9. Bechnen und Mathematik. Sicherheit im Bechnen mit be-
stimmten Zahlen, sowie in seiner Anwendung auf die gewöhnlichen Verhältnisse
des praktischen Lebens. Arithmetik bis zur Entwickelung des binomischen
Lehrsatzes, und Algebra bis zu den Gleichungen des zweiten Grades einschliefs-
lich. Die ebene und die körperliche Geometrie und die ebene Trigonometrie.
Auf allen diesen Gebieten ist nicht blofs ein auf Verständnis beruhendes Wissen
der Sätze, sondern auch Gewandtheit in ihrer Anwendung zu erreichen.
10. Naturbeschreibung. In der Botanik: Kenntnis der wichtigeren
Familien des natürlichen Systems und Kenntnis des Linnöischen Systems.
In der Zoologie: Kenntnis der wichtigsten Ordnungen aus den Klassen
der Wirbeltiere, sowie einzelner Vertreter aus den übrigen Klassen des Tierreichs;
Kenntnis vom Bau des menschlichen Körpers.
In der Mineralogie: Kenntnis der einfachsten Krystallformen und ein-
zelner besonders wichtiger Mineralien.
11. Physik. Kenntnis der wichtigsten Erscheinungen und Gesetze aus
den verschiedenen Zweigen der Physik, sowie der einfachsten Lehren der Chemie.
Kenntnis der wichtigsten Lehren der mathematischen Geographie.
12. Zeichnen. Uebung des Blickes und AugenmsUses. Ausbildung
in der correcten Wiedergabe von einÜEu^hen Flachomamenten und von einfachen
Körpern nach Modellen.
Bei dem facultativen Untericht in den drei oberen Klassen ist die Fertig-
keit im Zeichnen nach körperlichen Gegenständen weiter auszubilden.
3. Brlftuterangen 2U dem Lehrplane der Gymnasien.
Zu lA. und B. Durch den lehrplanmäfsigen Beligionsunterricht soll dem
Schüler ein solches Mafs des Wissens auf dem religiösen Gebiete vermittelt werden,
dafs er nicht allein mit den Lehren, den Vorschriften und der geschichtlichen Ent-
wickelung seiner Confession bekannt ist, sondern auch zu der Festigkeit eines be-
gründeten Urteils über das Verhältnis derselben zu anderen Bekenntnissen oder zu
besonderen Zeitrichtungen befähigt wird. Dabei ist festzuhalten, dalä die Schule
nicht Theologie lehrt, sondern Beligionsunterricht erteilt, welcher der Sammlung
und Vertiefung des Gemüthes zu dienen hat. Jede üeberbürdung des Gedächt-
nisses mit Daten, welchen an sich oder für das betreffende Lebensalter ein
religiöser Gehalt nicht beizumessen ist, mufs als Beeinträchtigung der Aufgabe
des Religionsunterrichts fem gehalten werden.
Zu 2. a. Die weit verbreitete Ansicht, dafs deutsche Formenlehre
und Syntax nicht ein Gegenstand des Unterrichts an höheren Schulen,
sondern nur gelegentlich auf Anlafs der Leetüre zu berühren sei, ist veranlafst
120
durch falsche Methoden, welche einerseits die Muttersprache so hehandelten,
wie eine erst zn erlernende fremde Sprache, andererseits den Unterricht darin zu
einer Beispielsammlnng der Lo^k zn machen sachten. Verkannt ist in dieser
Ansicht, in welchem Umfange der Oehildete über Punkte der Formenlehre and
der Syntax seiner Muttersprache bestimmte Kenntnis gewonnen haben mufs,
um nicht für Fälle des Zweifels und der Schwankung dem Zufall und dem
subjectiven Belieben preisgegeben zu sein.
b. Nicht aufgenommen ist in die Lehraofgabe der deutschen Sprache:
Kenntnis der mittelhochdeutschen Sprache und Leetüre einiger, nament-
lich dichterischer, mittelhochdeutscher Werke. Ohne Beeinträchtigang anderer
unabweislicher Aufgaben des deutschen Unterrichts oder ohne eine mit der
gesamten Lehreinrichtnng unvereinbare Ausdehnung dieses Unterrichts ist es
in der Regel nicht mOglich, eine solche Kenntnis der mittelhochdeutschen
Grammatik und der eigentümlichen Bedeutung der scheinbar mit den jetzt ge-
bräuchlichen gleichen Wörter zu erreichen, dafs das Uebersetzen aus dem
Mittelhochdeutschen mehr als ein ungefähres Bathen sei, welches der Gewöhnung
zu wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit Eintrag thut. Vorausgesetzt wird dabei,
dafe die Schüler aus guten Uebersetzungen mittelhochdeutscher Dichtungen einen
Eindruck von der Eigentümlichkeit der früheren classischen Periode unserer
Nationallitteratnr gewinnen, und dafs der Lehrer diese Litteratur in der Ursprache
kenne und der mittelhochdeutschen Grammatik mächtig sei.
c. Nicht aufgenommen ist femer als selbständiger Lehrgegenstand die
deutsche Litteraturgeschichte, weil dieselbe, wenn sie nicht gegründet ist
auf die Leetüre eines ausreichenden Teiles der betreffenden Litteratur, zu einer
Ueberbürdung des Gedächtnisses mit Namen und Zahlen und zu der nachteiligen
Wiederholung unverstandener Urteile und allgemeiner Ausdrücke führt. Da-
gegen wird gefordert, dafs auf Grund einer wohl gewählten Klassen- und Privat-
lectüre die Schüler mit den Hauptepochen unserer Litteratur bekannt gemacht
und für die Heroen unserer Litteratur durch das Verständnis der bedeutendsten
ihnen zugänglichen Werke mit dankbarer Hochachtung erfüllt werden. Be-
sonders Werthvolles aus der classischen Dichtung des eigenen Volkes als einen
unverlierbaren Schatz im Gedächtnisse zu bewahren, ist eine nationale Pflicht
jedes Gebildeten; die Schule sorgt für die Erfollung derselben, indem sie aas
den zum Verständnisse der Schwer gebrachten Dichtungen Memorir -Aufgaben
für die ganze Klasse zweckmäfsig auswählt. Der sachgemällse Vortrag des
Memorirten trägt zugleich dazu bei, das Verständnis zu befestigen und die Fähig-
keit des Vorlesens zu befördern. Die sonst üblichen Declamationen willkürlich
von den einzelnen Schülern gewählter Gedichte sind wegen ihres zweifelhaften
Werthes aui^eugeben. — In einem ähnlichen Verhältnis, wie zur Litteratur-
geschichte, steht die Lehraufgabe der Schule zur Poetik, Bhetorik, Metrik. Der
Lehrer mufs hierüber ein begründetes, systematisch zusammenhängendes Wissen
besitzen; äet Schüler hat sich zwar ein nicht geringes Mafs von Kenntnissen
anzueignen, aber ausschliefslich so, dafs die betreffenden Belehrungen zunächst
der vollständigen Auffassung der Leetüre dienen und allmählich in den durch die
Natur der Sache selbst gegebenen Zusammenhang gebracht werden. Die gleiche
Stellung nehmen zur Stilistik und Dispositionslehre die Belehrungen ein, welche
bei den Vorbereitungen der Bearbeitung von Aufsätzen und bei ihrer Correctur
zu geben sind.
d. Anfänge der Uebung im mündlichen Vortrage der eigenen Ge-
danken sind von der Schule weder auszuschliefsen, noch nothwendig oder auch
nur zweckmäfsig auf die oberste Klasse zu beschränken. Für solche Vorträge
ist genaue Vorbereitung zu fordern, von welcher selbst schriftliche Fixirung der
Gedanken nicht ausgeschlossen ist, um zu verhüten, dafs die ZuversichÜichkeit
der bleiben Phrase einen Werth gewinne.
121
e. Die philosophische Propädeutik ist nicht als besonderer ohliga-
torischer Gegenstand im Lehrplane bezeichnet Es wird dabei nicht verkannt,
dafs es von hohem Werthe ist» die Gymnasialschüler von der Nothwendigkeit
des philosophischen Stadiums für Jedes Fachstudium zn überzeugen, femer, dafs
es den Bildungsgang der obersten Klasse nicht überschreitet, insbesondere
Hauptpunkte der Logik und der empirischen Psychologie zu diesem Zwecke zu
yerwenden, endlich dafs die philosophische Propädeutik aus anderen Lehrgegen-
stfinden der Schule zwar Unterstützung findet, aber durch sie nicht ersetzt wird.
Aber die Befähigung zu einem das Nachdenken der Schüler weckenden, nicht
sie verwirrenden oder überspannenden oder ermüdenden philosophischen Unter-
richt ist verhältnismäl^ig so selten, dafs sich nicht verlangen oder erreichen
läfst, sie in jedem Lehrercollegium eines Gymnasiums vertreten zu finden.
Daher wird die Annahme dieses Lehrgegenstandes der Erwägung des einzelnen
Directors mit den dazu geneigten und durch ihre Studien vorbereiteten Lehrern
za überlassen sein, wobei dem E. Prov. Schulcollegium sein ordnungsmäfsiger
Einflufs durch die ihm obliegende Prüfung und Genehmigung des Lehrplanes
gesichert ist. Erwähnt wird der Gegenstand an dieser Stelle, weil am häufigsten
und natürlichsten der Lehrer des Deutschen in der obersten Klasse diesen
Gregenstand übernehmen wird ; im Interesse sowohl des deutschen als des philo-
sophisch-propädeutischen Unterrichts ist es wünschenswerth , dai^ Lehrer des
Deutschen £e Befähigung für den letzteren Unterricht erwerben. Jedoch ist
die Aufiiahme der philosophischen Propädeutik in den Lehrplan des Gymnasiums
selbstverständlich nicht dadurch bedingt, dafs die Befähigung zu diesem Unter-
richte gerade bei dem Lehrer des Deutschen in Prima sich finde.
Zu 3. a. Daf^ for die Aufgabe der Sprachkenntnis auf die Aneignung
eines ausreichenden Wortschatzes nicht geringeres Gewicht gelegt ist, sJs ai^
die grammatische Sicherheit^ wird keiner besonderen Begründung bedürfen;
überdies ist es vornehmlich der feste Besitz des einmal erworbenen Wortschatzes,
durch welchen die Befriedigung an fortschreitender Leichtigkeit der Leetüre
gewonnen wird und durch welche die Beschäftigung mit derselben ihre Wirkung
über die Schulzeit hinaus erstreckt.
b. Die Aufgabe des Gymnasiums ist dadurch noch nicht als erfallt zu
betrachten, daT^ die Schüler Schriften von irgend einer näher bestimmten Höhe
der Schwierigkeit lesen können, vielmehr ist darauf Werth zu legen, dafs und
wie sie einen Kreis von Schriften wirklich gelesen haben. Für die Art der
Leetüre sind die beiden Seiten bezeichnet, dafs sie begründet sein mufs auf
sprachlicher Genauigkeit, und dafe sie fuhren soll zur Auffassung des Gedanken-
inhältes und der Kunstform. Aus der ersteren Seite der Behandlung ergiebt
sich der formal bildende Einfiufs dieses Unterrichts, aus der anderen Seite
der Anfang derjenigen Entwickelung, welche in ihrer Vollendung als classische
Bildung bezeichnet wird. Eine Behandlung der Leetüre, welche die Strenge in
grammatischer und lexikalischer Hinsicht verabsäumt, verleitet zur Oberflächlich-
keit überhaupt; eine Behandlung, welche die Erwerbung grammatischer und
lexikalischer Kenntnisse zur Aufgabe der Leetüre macht, verkennt einen wesent-
lichen Grund , auf welchem die Berechtigung des lateinischen Gymnasialunter-
richts beruht Auf den letzteren Abweg, durch welchen die Hingebung der
Schüler an die Beschäftigung mit den alten Sprachen und die Achtung der
Gymnasial-Einrichtung bei denkenden Freunden derselben gefährdet wird, ist
deshalb mit besonderem Nachdruck hinzuweisen, weil es in nicht seltenen
Fällen vorkommt, dafs die Erklärung der Classiker, selbst auf den obersten
Stufen, in eine Bepetition grammatischer Begeln und eine Anhäufdng stilistischer
und synonymischer Bemerkungen verwandelt wird. In der Auswahl dessen,
was in die Gymnasiallectüre aufeunehmen Pflicht, was zulässig, was auszu-
schließen ist, macht sich der Fortschritt pädagogischer Erwägung im Unter-
122
schiede von sabjectivem Belieben oder blofs gelehrtem Interesse kenntlich.
Durch die Erörterung in Fachconferenzen der einzelnen LehrercoUegien, in
Directoren-Conferenzen, sowie in Abhandinngen der Fachzeitschriften werden
die betreffenden Fragen auf Grund der gemachten Erfahmngen ihre weitere
Elärnng finden. — Die gedächtnismäfsige feste Einprägang hervorragend
bedeutender Stellen ans der classischen, insbesondere poetischen Litterator bildet
einen werthvollen Besitz für das Leben; jedoch hat bei der Auswahl der Auf-
gaben hierzu die Schule das vorsichtigste MaTs einzuhalten.
c. Die Uebungen im schriftlichen Gebrauche der lateinischen Sprache
sind in den unteren und mittleren Klassen ein unentbehrliches Mittel zu fester An-
eignung der Grammatik und des Wortschatzes. In den oberen Klassen wurde in
früherer Zeit der Zweck verfolgt, dafs die Schüler des Gymnasiums die lateinische
Sprache zum Organe für den Ausdruck ihrer Gedanken machen könnten. Mag man
nach verschiedener Ansicht darin blofs eine Erbschaft aus einem Zeitalter sehen,
in welchem das Latein die internationale Sprache der Gebildeten war, oder mag
man darin einen Ausdruck des Werthes finden, welchen die selbständige Herr-
schaft über eine fremde, insbesondere eine von der Muttersprache weit entfernte
Sprache für die formale Gedankenbildung besitzt: jedenfalls ist ein solches Ziel,
von allen etwaigen Zweifeln an seinem Werthe abgesehen, nicht mehr erreichbar,
seitdem selbst unter den Meistern der Philologie diese Virtuosität nicht mehr
Begel ist und daher diesem Teile des Gymnasialunterrichts nicht selten die
unerläfsliche Bedingung des Erfolges fehlt, das eigene sichere und leichte Können
des Lehrers. Daraus folgt aber nicht, dafs die uebungen im schriftlichen Ge-
brauche der lateinischen Sprache au&uhören haben, sondern dafs sie eine Herr-
schaft über die Sprache nur innerhalb des durch die Leetüre zugeführten Ge-
dankenkreises und Wortschatzes erfordern dürfen. Als Yerwerthung der Leetüre
geben die uebungen im Lateinschreiben, sowohl üebersetzungen ins Lateinische
als Bearbeitung von Aufsätzen, erfahrungsmäfsig den wichtigsten Beitrag zur
Vertiefung der Leetüre in Hinsicht auf Sprache und Gedankeninhali In der
bezeichneten Begrenzung sind die lateinischen Aufsätze als ein integrirender
Teil des lateinischen Unterrichts in den oberen Klassen beibehalten worden»
Die Uebung im mündliehen Gebrauche der lateinischen Sprache zur Bepetition
und mannigfachen Yerwerthung des Gelesenen (nicht zu der erst das Verständnis
vermittelnden Erklärung), schon in mittleren Klassen zweckmäfsig anwendbar,
ist geeignet, die prompte Herrschaft über einen bestimmten Sprachschatz zu
fördern und das lateinische Schreiben wesentlich zu unterstützen. — Die Ver-
suche, Abschnitte aus modernen Schriftstellern in das Lateinische zu übersetzen,
haben bei geschickter Leitung den Werth, dafs sie zu scharfer Auffassung der
in modemer Form ausgesprochenen Gedanken und zur Erwägung der Ausdrucks-
mittel der lateinischen Sprache führen; sie sind in der Lehraufgabe nicht aus-
drücklich erwähnt, weil sich für die Höhe der zu stellenden Forderungen kaum
ein bestimmtes Mafs bezeichnen läfst.
Zu 4. Die bei dem lateinischen Unterricht ausgesprochenen Bemerkungen
über den . gleichen Werth der beiden Seiten der sprachlichen Kenntnisse, der
grammatischen und der lexikalischen, über die Schreibübungen in der ersten
Hälfte der Unterrichtszeit, über die für die Klassenlectüre an die Erklärung zu
stellenden Forderungen und über die Wahl der Gegenstände für die Leetüre
und das Mafs der Aufgaben für das Memoriren haben auch für das Griechische
Geltung. Der syntaktische Unterricht, welcher besonders in den letzten zwei
Jahrzehnten an manchen Gymnasien eine in das Speciellste eingehende Aus-
führung erhalten hat, ist auf die klare Einsicht in die Hauptgesetze und auf
deren feste Einprägung zu beschränken. Die Schreibübungen haben auch in
der zweiten Hälfte der Unterrichtszeit nur den Zweck, durch Befestigung der
Kenntnisse der Formenlehre und durch Eingewöhnung in die Grundlehren der
123
Syntax die grammatische Gründlichkeit der Leetüre zu sichern. In der Prima
ist der grammatischen Bepetition und den Schreibübnngen zusammen nur eine
Ton den sechs wöchentlichen Lehrstunden zu widmen, die übrigen fallen der
Lectnre zu. Die Aufgabe der Leetüre selbst findet bei richtiger Behandlung
eine natürliche Unterstützung in der Anziehungskraft, welche die griechische
Litteratur auf die bildungsfähige Jugend ausübt
Zu 5. a. Die erste Aufgabe des französischen Unterrichts, Richtigkeit
der Aussprache und Geläufigkeit des Lesens bei den Schülern zu er-
reichen, hat je nach dem in der betreffenden Gegend herrschenden Dialekte
einen verschiedenen Grad der Schwierigkeit; aber bis zu einem gewissen
Mafse muTs diese Aufgabe jedenfalls erfüllt werden.
b.. Das Mafs der far den französischen Unterricht an Gymnasien ver-
fügbaren Zeit und Arbeitskraft und die Erschwerung, welcher der Elassenunter-
richt im Vergleiche zu dem Privatunterrichte unterliegt, machen es nothwendig,
aasdrucklich darauf zu verzichten, dafs eine Geläufigkeit im freien münd-
lichen Gebrauche der französischen Sprache erreicht werde. Aber unter
Veizichtleistung auf ein in dieser Höhe nicht erreichbares Ziel sind diejenigen
üebungen, welche der Vorbereitung dazu dienen, angelegentlich zu empfehlen.
Behufs sicherer Gewöhnung des Ohres an das fremde Idiom und gleichzeitiger
Befestigung in der Orthographie sind in den mittleren Klassen von Zeit zu
Zeit statt der Extemporalien französische Dictate niederzuschreiben und von
dem Lehrer zu corrigiren. Die Anwendung der französischen Sprache bei Be-
petition der Lectfire giebt den natürlichsten Anlafs, die Schüler nicht nur an
das Verständnis der vom Lehrer gesprochenen Worte zu gewöhnen, sondern sie
anch zum eigenen Gebrauche der fi^nzösischen Sprache zu fähren, wenn der-
selbe auch anfangs nur in einer wenig variirten Beproduction des Gelesenen
besteht. Dagegen ist die Behandlung des syntaktischen Lehrstoffes in fran-
zösischer Sprache dem Verständnisse nachteilig und für die Sprechübung von un-
erheblicher Bedeutung. — Jedenfalls soll erreicht werden, dafs dem, der die
Gymnasialreifeprüfung bestanden hat, die französische Litteratur des nachher
von ihm erwählten speciellen Faches leicht zugänglich sei, und dafs er far das
etwa eintretende Erfordernis des mündlichen Gebrauches der französischen
Sprache die nothwendigen Grundlagen des Wissens besitze, zu denen nur die
Uebung hinzutreten muTs.
c. Das bezeichnete Ziel wird durch die Aenderung des Lehrplanes leichter
erreichbar, da dem französischen Unterrichte in den beiden ersten Jahren der
Lehrzeit eine erhebliche Erweiterung des Umfanges gegeben ist und derselbe im
zweiten Jahre nicht mehr durch das Eintreten des Griechischen beeinträchtigt wird.
Ein weiterer Grund zur Erwartung günstigerer Erfolge liegt in der gröfseren
Soige, welche der Ausbildung der Lehrer der französischen Sprache gewidmet wird.
Zu 6. Durch den hebräischen Unterricht auf dem Gymnasium soll er-
reicht werden, dafs Studirende der Theologie sogleich bei ihrem Eintritt in die
Universität solchen Vorlesungen erklärenden und historischen Inhaltes, welche einige
Kenntnis des Hebräischen voraussetzen, mit Verständnis zu folgen im Stande sind.
Zu 7 und 8. a. Der geschichtliche Unterricht auf Gymnasien hat sich
eine mafsvolle Beschränkung zum Gesetze zu machen, insbesondere in zwei
Beziehungen.
Erstens ist zu bedenken, dafs es deutsche Schüler sind, denen der Unter-
richt erteilt wird. Daraus ergiebt sich, dafs die alte Geschichte sich wesent-
lich den Völkern zuzuwenden hat, welche auf Staat und Bildung des Vaterlandes
den entschiedensten und unmittelbarsten Einfiufs geübt haben, denselben Völkern,
deren Geschichte überdies den Schülern durch ihre lateinische und griechische
Leetüre näher gebracht wird; femer, dafs für die mittlere und neuere Zeit
124
die G^Bchichte des Vaterlandes, Deutschlands and Prenfsens, den Mittelpunkt
bildet, und dafs die Gtoschichte anderer Cultunrölker nur in dem Ma&e hinzu-
gezogen wird, als erforderlich ist zum Verständnis der vaterländischen Geschichte
und zur Bildung einer richtigen Vorstellung über den jeweiligen hervorragenden
Einflufs einzelner Staaten aiä den allgemeinen Gang der Geschichte.
Zweitens ist die Auffassung der Geschichte durch das Mafs des politi-
schen Interesses und Verständnisses bedingt. In dieser Hinsicht eine Früh-
reife zeitigen zu wollen, würde ein schweres unrecht sein. Der geschichtliche
Unterricht der Gymnasien hat seine Aufgabe erfüllt, wenn er in den Schülern
die Hochachtung vor der sittlichen GrOfse einzelner Männer oder ganzer Völker
gepflegt, das Bewufstsein hervorgerufen hat, wie viel ihnen noch zur vollen
Einsicht fehlt, und ihnen die Befähigung gegeben hat, die bedeutendsten clas-
sischen Geschichtswerke mit Verständnis zu lesen.
b. Die chronologische Kenntnis, unentbehrlich um die Erinnerung
an die Thatsachen vor Verworrenheit zu schützen, ist nur dadurch zur Sicher-
heit zu bringen, dafs Beschränkung auf das dringend Nothwendige eingehalten
wird. (Empfehlenswerth ist, dafs an jeder Anstalt ein mafsvoU bestimmter
Canon der zu erfordernden Jahreszahlen vereinbart werde.) Es ist unbedingt
darauf zu halten, dafs mit der Erinnerung an jedes historische Ereignis sich
die geographische Kenntnis seines Ortes fest verbinde.
c. In den Klassen VI, V, IV fallen zwei wöchentliche Lehrstunden
selbständig dem geographischen Unterrichte zu, welcher nicht mit dem ge-
schichtlichen in der Hand desselben Lehrers zu sein braucht (Sofern von der
Zulässigkeit dieser Trennung Gebrauch gemacht wird, ist der historische Unter-
richt einem noch aufserdem mit einem anderen Gegenstande in derselben Klasse
betrauten Lehrer, sachlich am angemessensten dem Lehrer des Deutschen, zu-
zuweisen.) In lU gehört diesem Unterricht eine Stunde wöchentlich. Von
II an ist der Geschichtsunterricht stets zur Befestigung der erworbenen geo-
graphischen Kenntnisse zu benutzen, und es sind aufserdem über solche Partien
des geographischen Wissens, welche durch den geschichtlichen Unterricht nicht
berührt werden, von Zeit zu Zeit Wiederholungen anzustellen. — Die dritte
Lehrstunde in VI und V ist biographischen Erzählungen zu widmen. In IV
beginnt der geschichtliche Unterricht und wird in zwei Cursen, einem niederen
(IV, UI) und einem höheren (II, I) durchgeführt.
d. Der geographische Unterricht führt noch mehr als der historische in
die GefiEihr, dafs durch ein Uebermafs von Namen und Zahlen das Gedächtnis
der Schüler überbürdet und dadurch die Festigkeit der Erinnerung gefährdet
wird. Erweiterungen des geographischen Wissens bringt fast jedes Fachstudium
in seiner Weise und verbürgt jedenfalls das Interesse an den Ereignissen der
Gegenwart. Aber unerläfslich ist, dafs der Schulunterricht einen festen Stamm
von Kenntnissen geschaffen habe, an den sich die Ergänzungen anschlieiken. —
Uebungen der Schüler im Zeichnen geographischer Skizzen werden zu fester
Einprägung des Bildes dann am besten beitragen, wenn der Lehrer durch sein
Zeichnen an der Tafel Art und Mafs desselben zu bestimmen vermag.
e. Unter den in der Lehraufgabe des geographischen Unterrichts auf-
genommenen Grundlehren der mathematischen Geographie sind nur die
zum Verständnis der Karten und der topischen Verhältnisse der Erde unent-
behrlichen Elemente gemeint. Ein weiteres Eingehen mufs dem physikalischen
Unterricht auf der obersten Stufe vorbehalten bleiben, nachdem bereits in der
Stereometrie die Beschäftigung mit den Eigenschaften der Kugel vorausgegangen
ist (VgL No. 11 und die Bemerkungen dazu.)
Zu 9. a. Die Vermehrung der dem mathematischen Unterrichte zu wid-
menden Stundenzahl ist nicht zu einer Erhöhung des Lehrzieles, sondern zur
Sicherung des Wissens und des Könnens bestimmt Die durch die Bücksicht
125
auf andere Lehrgegenstände gebotene Beibehaltung von drei Standen in Terti&
giebt bei strenger Einhaitang der Jahrescurse and bei der Trennung yon Ober-
ond Untertertia in diesem Unterrichte keinen Anlafs za Bedenken.
b. Der elementare Bechenanterricht in den unteren Klassen ist so
zu erteilen, dafs er mit dem darauf folgenden arithmetischen Unterricht nicht
nur im Einklänge steht, sondern denselben Yorzubereiten und zu unterstutzen
geeignet ist Für die Behandlung der sogenannten bürgerlichen Bechnungs-
arten, denen in manchen Bechenbüchem ein groi'ser Umfang gegeben wird, ist
wohl überlegtes Mafshalten dringend zu empfehlen. In vielen Fällen liegt die
Schwierigkeit nicht im Bechnen an sich oder in der Unterordnung bestimmter
Vorkommnisse des geschäftlichen Verkehrs unter die Form einer Bechnungsopera-
tion, sondern in dem Verständnis der betreffenden Vorkommnisse des Verkehrs
selbst. Dieses Verständnis, für Knaben in den unteren Klassen nur mit erheb-
lichem Zeitaufwand und nicht leicht mit dauerndem Erfolge erreichbar, ergiebt
sich ohne Schwierigkeit für den im Bechnen überhaupt Geübten bei wirklichem
Eintritt in den fraglichen Verkehr.
c. Durch die Vermehrung der dem mathematischen Unterricht in V und
IV zu widmenden Lehrstanden und durch die strenge Einhaltung der Jahres-
curse ist die Erfüllung der für jede Klasse nur mäfsig zu bemessenden Lehr-
au^be ohne Schwierigkeit zu erreichen. Da auf dem mathematischen Gebiete
schwerer als auf einem anderen Lücken im elementaren Wissen und Können
sich durch PriYatfleifs ersetzen lassen, und da die Schwierigkeit» welche dieser
Unterricht in den oberen Klassen zuweilen macht, erfahrungsmäf^ig fast aus-
nahmslos auf elementaren Lücken beruht» so wird gewissenhafte Strenge in
der Versetzung zu einer um so dringenderen Pflicht gegen die Schüler.
d. Die für VI und V angesetzten Lehrstunden gehören dem Bechen-
anterricht an. Die für V eingetretene Erhöhung der Anzahl der Lehrstanden
ermöglicht es, eine wöchentliche Lehrstunde dem Zeichnen von Figuren mit
Lineal und Zirkel zu widmen und durch diese methodische Ausbildung der An-
schauung den davon ausdrücklich zu unterscheidenden geometrischen Unterricht
vorzubereiten. — Der geometrische Unterricht ist neben dem Bechenunterricht
in Quarta zu beginnen, der arithmetische in Untertertia.
e. Die wirkliche Aneignung des mathematischen Wissens und Könnens
in dem Umfange, welcher als Lehraufgabe des Gymnasiums bezeichnet ist, reicht
nach den aus^ilcklichen Erklärungen competentor Fachmänner des technischen
Gebietes auch zum Eintritt in die tedinischen Hochschulen aus. Dieser Um-
fang ist nicht zu verringern, er ist aber auch nicht durch Hineinziehen der
sphärischen Trigonometrie oder der analytischen Geometrie oder gar der Diffe-
rentialrechnung in den Schulunterricht zu erweitem. Nicht ausgeschlossen ist
hierdurch, dafs unter geeigneten Umständen von der sphärischen Trigonometrie
80 viel aufgenommen werde, als zum Verständnis der Grundbegriffe der mathe-
matischen Geographie dient, oder dafs Elemente der Lehre von den Kegel-
schnitten analytisch behandelt werden, wobei es selbt möglich ist» eine Vor-
stellung von dem Differentialquotienten zu geben; aber es darf den Schülern
nicht einmal Anlafe zu der Meinung gegeben werden, als hätten sie sphärische
Trigonometrie oder analytische Geometrie bereits kennen gelernt
Zu 10. a. Der Unterricht hat von der Anleitung zur Beobachtung und
Beschreibung einzelner Pflanzen und Tiere ausgehend die. Schüler, durch Ver-
gleichung verwandter Formen allmählich zur Aneignung der wichtigsten Begriffe
der Morphologie und zur Kenntnis des Systems hinzuführen.
b. Das Material des Unterrichts bieten vorzugsweise die Vertreter der
einheimischen Tier- und Pflanzenwelt, daneben einzelne besonders charakte-
ristische Formen fremder Erdteile.
126
c. Das Hauptgewicht bei diesem Unterricht ist nicht sowohl auf einen
grofsen Umfang des Materials, als auf dessen didaktische Durcharbeitung
zu legen.
Bezüglich der in demselben einzuhaltenden Methode finden die betreffenden
Erläuternngen zu dem Lehrplane der Bealschnlen analoge Anwendang.
Zu 11. Diejenigen Zweige der Physik, welche vorzugsweise experimentelle
Behandlung gestiatten (Eleklricität, Magnetismus, Wärme), fallen der Lehrzeit
der Secunda zu, womit auTserdem ein kurzer chemischer Lehrcursus zu verbinden
ist. In der Prima tritt bei der Mechanik, Optik und mathematischen Geo-
graphie die mathematische Begründung der Gesetze hinzu, soweit es die Kennt-
nisse der Schüler gestatten.
Zu 12. Für den obligatorischen Unterricht in den drei unteren Klassen :
Zeichnen ebener, gradliniger und krummliniger Gebilde nach Vorzeichnung des
Lehrers an der Schultafel und nach gedruckten Wandtafeln; Beginn des Zeich-
nens einfacher Holzmodelle im UmriTs. Es soll damit der Grund gelegt werden
für das facultative Zeichnen der übrigen Klassen, in welchem wesentlich die
Wiedergabe von schwierigeren Holzmodellen und Geräthen im UmriTs und von
einfachen Gipsmodellen in Schattirungen, darauf auch von plastischen Orna-
menten und von lebenden Pflanzen geübt wird. Je nach Begabung und Fort-
schritt des Schülers ist hier auch das Zeichnen nach anderen Gegenständen
gestattet. — Bezüglich der Verwendung von Vorlegeblättem sind die Erläuterungen
zum Zeichnen an Bealschulen zu vergleichen.
B. Lehrplan der Progymnasien.
Progymnasien sind gymnasiale Lehranstalten, denen die Prima fehlt.
Ihr Lehrplan ist dem der Gymnasien in den entsprechenden Klassen
identisch; ihr Lehrziel bildet die Beife für die Prima eines Gymnasiums.
n.
A. Lehrplan der Realgymnasien.
1. Zahl der Lehrstunden in den einzelnen Klassen und Unterrlohts-
gegenständen.
VI
IV
nib
lUa
m
m
Ib
b
Sa.
bis-
her
Aende-
niDg
Christliche Religionslehre .
Deutsch
Latein
Pranzosisch ......
Englisch >)
Geschichte and Geographie
Bechnen und Mathematik^)
Naturbeschreibung') . . ^
Physik
Chemie')
Schreiben . . .
Zeichnen • • .
3
3
8
3
5
2
« • •
2
2
2
3
7
5
3
4
2
2
3
7
5
4
5
2
2
2
2
3
6
4
4
4
5
2
2 2
Summa 28
30
30
2
3
6
4
4
4
5
2
2
3
5
4
3
3
5
2
3
2
3
5
4
3
3
5
3
2
2
3
5
4
3
3
5
3
2
2
3
5
4
3
3
5
3
2
2
32
32
32
32
32
32
19
27
54
34
20
30
44
12
12
6
4
18
20
29
44
34
20
30
134
7
20
— 1
— 2
+ 10
— 3
— 4
— 3
— 2
127
Bemerkungen.
') Wenn die beiden Tertien gemeinschaftlich unterrichtet werden, so müssen
sie doch jedenfalls im Englischen und in der Mathematik getrennt werden.
*) Wenn die beiden Secunden gemeinschaftlich unterrichtet werden, so müssen
sie doch jedenfalls in Naturbeschreibung und Chemie, wo möglich auch in der
Mathematik und Physik getrennt werden.
') Bezüglich des Unterrichts im Turnen und Singen haben die für die
Gymnasien bezeichneten Bestimmungen auch für die Realgymnasien Geltung.
B. Lehrplan der Ober-Bealsehnleii.
L Zahl der Iiehrstonden in den einielnen Klassen und Unterriohts-
gegenständen.
VI
V
IV lUb lila Üb
na
Ib
la
Sa.
Christliche Beligionslehre .
3
2
2
2
2
2
2
2
2
19
Deutsch
4
4
4
3
3
3
3
3
3
30
Französisch
8
8
8
6
6
5
5
5
5
56
Englisch^)
—
—
—
5
5
4
4
4
4
26
Geschichte und Geographie
3
3
4
4
4
3
3
3
3
30
Bechnen und Mathematik')
5
6
6
6
6
5
5
5
5
49
Naturbeechreibung^ . . .
2
2
2
2
2
3
—
—
—
13
Physik
—
—
—
—
—
4*
4
3
3
14
Chemie'}
—
—
—
—
—
—
3
3
3
9
Schreiben
2
2
2
—
—
—
—
—
—
6
Zeichnen
2
2
2
2
2
3
3
4
4
24
Summa
29
29
30
30
30
32
32
32
32
Für die ans den Yormaligen höheren Gewerbeschulen hervorgegangenen
Ober-Bealscholen gilt bis auf einzelne Modificationen der vorstehende Lehrplan.
Eine erheblichere Abweichung besteht nur darin, dafs in den beiden Secunden
und Primen dem Freihandzeichnen ansschliefslich 4 Stunden und aufserdem
dem Linearzeichnen in der Obertertia 2, in den oberen Klassen je 4 Standen
gewidmet sind. Es ist vorbehalten, den letzteren Unterricht för diejenigen
Schüler, welche sich technischen Stadien nicht widmen wollen, facoltativ zu
machen.
Bemerkungen.
*) Wenn die beiden Tertien gemeinschaftlich unterrichtet werden, so müssen
sie doch jedenfalls im Englischen und in der Mathematik getrennt werden.
') Wenn die beiden Secunden gemeinschaftlich unterrichtet werden, so
müssen sie doch jedenfalls in der Naturbeschreibung und der Chemie, wo möglich
aaoh in der Mathematik und Physik getrennt werden.
*) Bezüglich des Unterrichts im Turnen und Sinken haben die für die
Oymnasien bezeichneten Bestimmungen auch för die Ober-Kealschulen Geltung.
128
2. Lehraufgabe in den einselnen Unterrtohtsgegenständen der Beal-
gymnasien und der Ober-Bealsohulen.
1. Christliche Beligionslehre. A. Für Schüler der evangelischen
Confession: Biblische Geschichte des Alten nnd besonders des Nenen Testa-
mentes. Katechismus mit den nothwendigsten zur Erläatening dienenden Bibel-
stellen. Erklärung des Kirchenjahres ; Einprägang einiger bedeutender Kirchen-
lieder. Bekanntschaft mit dem Hauptinhalte der heiligen Schrift, besonders des
Neuen Testamentes, und mit den sicheren Thatsachen in Betreff der Abfassung
der einzelnen Bücher. Hauptpunkte der Glaubens- und Sittenlehre. Bekannt-
schaft mit den Hauptepochen der Kirchengeschichte und ihren hervorragenden
Trägem.
B. Für Schüler der katholischen Confession: Biblische Geschichte dea
Alten und besonders des Neuen Testamentes. Katechismus mit den noth-
wendigsten zur Erläuterung dienenden Stellen der heiligen Schrift und der
Tradition. Erklärung des Kirchenjahres ; Elnprägung einiger bedeutender kirch-
licher Hymnen. Bekanntschaft mit dem Hauptinhalte der heiligen Schrift,
besonders des Neuen Testamentes, und mit den sicheren Thatsachen in BetreflT
der Abfassung der einzelnen Bücher. Hauptpunkte der Glaubens- und Sitten-
lehre. Bekanntschaft mit den Hauptepochen der Kirchengeschichte und ihren
hervorragenden Trägern, insbesondere mit dem Leben grofser Heiligen.
2. DeutscheSprache. Kenntnis der wichtigsten Gesetze der Formen-
lehre und der Syntax der deutschen Sprache. Bekanntschaft mit den Haupt-
epochen der Nationallitteratur. Leetüre classischer Werke aus der neueren
poetischen und prosaischen Litteratur; Einprägang zweckmäfsig ausgewählter
Gedichte und Dichterstellen; Bekanntschaft mit den hauptsächüchsten Kunst-
formen der Dichtung und Prosa. Sicherheit im schriftlichen Gebrauche der
Muttersprache zum Ausdrucke der eigenen Gedanken und zur Behandlung eines
in dem eigenen Gedankenkreise liegenden Themas. Einfache üebungen im
mündlichen Vortrage über ein derartiges Thema na<^ vorausgegangener Vor-
bereitung oder schriftlicher Bearbeitung.
3. Lateinische Sprache. Sichere Kenntnis der Formenlehre und
der Hauptregeln der Syntax und Bekanntschaft mit den wichtigsten G^etzen
der Verslehre. Erwerbung eines für die Schullectüre ausreichenden Wortschatzes«
Leetüre einer Auswahl der für die einzelnen Klassen geeigneten Werke der
classischen Litteratur.
4. Französische Sprache. Sicherheit in der Formenlehre und
Syntax, Bekanntschaft mit den wichtigsten Synonymen. Erwerbung eines für
das Verständnis der zur Schullectüre geeigneten prosaischen und poetischen
Schriftwerke ausreichenden Wortschatzes. Lectüre einer nach dem Standpunkte^
der einzelnen Klassen getroffenen Auswahl von Schriftwerken. Befähigung, in
einem Aufsatze über ein leichtes historisches Thema die französische Sprache
ohne grobe Incorrectheiten anzuwenden. Einige Uebung im mündlichen Ge-
brauche der Sprache im Anschlufs an die Lectüre. — An den Ober-Bealschulen
mu£3 die Lectüre einen gröfseren umfang erreichen nnd insbesondere auf einige
geeignete, im Gesichtskreise der Schüler Hegende fachwissenschaftliche Schriften
sich erstrecken. Im schriftlichen Gebrauche der Sprache ist nicht nur Freiheit,
von groben Incorrectheiten, sondern auch einige stilistische Gewandtheit zu
erreichen. Auch- bezüglich des mündlichen Gebrauches der Sprache sind höhere^
Anforderungen zu stellen.
5. Englische Sprache. Sicherheit in der Formenlehre und Syntax,
Bekanntschaft mit den wichtigsten Synonymen. Erwerbung eines für das Ver-
199
st&ndnis der zur Schnllectäre geeigneten prosaischen and poetischen Schrift-
werke ausreichenden Wortschatzes. Leetüre einer nach dem Standpunkte der
einzelnen Klassen getroffenen Aaswahl von Schriftwerken. Einige Uebung im
mändlichen Oebrauche der Sprache im Anschlufs an die Leetüre. — Für Ober-
Bealscholen finden die unter Nr. 4 enthaltenen Bestimmungen bezüglich des
Umfanges der Lectüre und der Uebung im mändlichen Gebrauche entsprechende
Anwendung auf die englische Sprache.
6. Geschichte. Kenntnis der epochemachenden Begebenheiten der
Weltgeschichte and der darin durch ihre Bedeutung hervorragendsten Persön-
lichkeiten, vorzugweise der griechischen, römischen und vaterländischen Ge-
schichte. Chronologische Sicherheit in vorsichtig beschränktem Mafse des
Umfangs der Forderungen und Bekanntschaft mit dem Schauplatz der histo-
rischen Begebenheiten.
7. G e 0 gr a p hi e. Grundlehren der mathematischen Geographie. Kenntnis
der wichtigsten topischen Verhältnisse der Erdoberfläche und der gegenwärtigen
politischen Einteilung; eingehendere Kenntnis von Mittel-Europa in beiden
Beziehungen. Uebersicht über die Hauptverkehrswege in und zwischen den
Ländern der wichtigsten Culturvölker der Gegenwart.
8. Rechnen und Mathematik. Sicherheit und Gewandtheit in dem
Rechnen mit bestimmten Zahlen und in dessen Anwendungen auf die gewöhn-
lichen Verhältnisse des bürgerlichen Lebens. Allgemeine Arithmetik bis zu
den einfacheren unendlichen Reihen; Algebra bis zu den Gleichungen dritten
Grades einschliefslich. Ebene Geometrie einschliefslich der Grundlehren der
synthetischen Geometrie; körperliche Geometrie nebst den Elementen der be-
schreibenden Geometrie. Ebene Trigonometrie; die Elemente der sphärischen,
soweit sie zum Verständnisse der mathematischen Geographie erforderlich sind.
Elemente der analytischen Geometrie bis zu der Lehre von den Kegelschnitten
einschliefslich. Li allen diesen Zweigen ist nicht nur sichere Kenntnis in der
Herleitnng der Sätze, sondern auch Uebung in deren Anwendung zu erwerben.
— An den Ober-Realschulen können die Elemente der analytischen Geometrie
des Baumes und der Differentialberechnung hinzugefügt werden.
9. Naturbeschreibung. In der Botanik: Anleitung zur Beobachtung
und Beschreibung einzelner Pflanzen; Kenntnis des Linn^chen und eines natür-
lichen Systems, genauere Bekanntschaft mit den wichtigsten natürlichen Familien
der einheimischen Flora. Kenntnis der wichtigsten Erscheinungen aus dem
Leben der Pflanze.
In der Zoologie: Anleitung zur Beobachtung und Beschreibung einzelner
Vertreter der verschiedenen Klassen. Kenntnis der wichtigsten Ordnungen der
Wirbeltiere und Insecten. Kenntnis vom Bau des menschlichen KOrpers.
In der Mineralogie: Kenntnis der wichtigeren Kiystallformen, sowie der
physikalischen Eigenschaften und der chemischen Zusammensetzung der be-
kanntesten Mineralien.
10. Physik. Sichere Kenntnis der wichtigsten Erscheinungen und
Gesetze aus den verschiedenen Zweigen der Physik, sowie der mathematischen
Herieitung der wichtigeren Gesetze auf den Gebieten der Mechanik, der Optik
und der mathemathischen Geographie.
11. 0 h'emi e. Kenntnis der wichtigeren Elemente und ihrer anorganischen
Verbindungen, sowie der stOchiometrischen Gesetze. — An den Ober-Realschulen
aoikerdem die Kenntnis der wichtigsten Stoffe der organischen Chemie.
12. Zeichnen. Uebung des Blickes und Augenmafses; Sicherheit und
Leichtigkeit der Hand. Fertigkeit im Zeichnen von Flachomamenten und der
Darstellung ein&cher KOrper und Geräthe nach der Natur im Umriüs; Uebung
WIeie, Vtrordnnngen. 9
130
in der Wiedergabe einfacher plastischer Ornamente nnter Darstellung der Be-
lenchtangserscheinnngen.
Sicherheit in der Handhabnng von Lineal, Zirkel und Beifsfeder; Elemente
der darstellenden Geometrie.
3« Erläutenmgen su dem Lehrplane für die Bealgymnasien und die
Ober-Bealsohulen.
Zu 1 und 2 gelten im Wesentlichen dieselben Bemerkungen wie zn dem
Lehrplane fSr Gymnasien. ImDentschen tritt für die Bealgymnasien und die
Ober-Bealschulen die Aufgabe hinzu, durch die Leetüre geeigneter Ueber-
Setzungen eine Vorstellung Yon der epischen und der tragischen Dichtung der
Griechen zu vermitteln.
Zu 3. a. Bei der in der Unterrichtsordnung von 1859 f&r das Lateinische
festgesetzten Stundenzahl ist es besonders in Folge der gleitenden Scala der
oberen Klassen in diesem Unterrichte bisher nicht ausreichend gelungen, die
in den unteren und mittleren Klassen erworbenen grammatischen Kenntnisse
in sicherem Besitz der Schüler zu erhalten und sie zu befriedigender Sicherheit
und Gewandtheit im Uebersetzen der Schriftsteller zu fahren. Um diese Erfolge
des Unterrichts zu sichern, ist die Zahl der Unterrichtsstunden in den mittleren
. und oberen Klassen erhöht worden. Der grammatische Unterricht hat sich aber
auch in Zukunft auf das in Formenlehre und Syntax gewöhnlich Vorkommende
zu beschränken und in diesem Umfange Sicherheit der Kenntnisse zu erzielen.
b. Die Leetüre umfafst in der Prosa besonders historische Schrift-
steller (Cäsar, Sallust, Livius) und aufserdem leichtere Beden Ciceros; in der
Poesie eine Auswahl aus Ovids Metamorphosen, Vergils Aeneide (bes. aus
dem I. bis VI. Buch) und aus den lyrischen Dichtem. Die Erklärung darf
sich nicht auf grammatische Bemerkungen beschränken, sondern hat die Schüler
in das Verständnis des Gelesenen einzufuhren. Im Anschlufs an die Leetüre sind
die Schüler mit dem Wichtigsten aus der lateinischen Verslehre (besonders
dem elegischen Versmafs und den gewöhnlichsten Odenformen) bekannt zu machen.
Zu 4 und 5. a. In der Unterrichtsordnung vom Jahre 1B59 sind in Bezug
auf das Französische und Englische ganz gleiche Anforderungen gestellt,
namentlich wird in beiden Sprachen verlangt, dafs die Abiturienten im Stande
sein sollen, über ein historisches Thema einen Au&atz zu schreiben. Diese
Forderungen haben erstens zu einer Ueberbürdung der Schüler geführt, da die
Befähigung zur Anfertigung eines Aufsatzes nur durch fortgesetzte häusliche
Uebungen gleicher Art erworben werden kann, und zweitens die Zeit för die
Einführung der Schüler in die Bekanntschaft mit der so werthvoUen englischen
Litteratur erheblich geschmälert Deshalb ist in der vorliegenden Festeteilung
der Lehraufgaben eine Aenderung der Forderungen getroffen in der Art, dafs
die beiden Sprachen in ein ähnliches Verhältnis zu einander gebracht sind,
wie das Lateinische und Griechische im Lehrplan der Gymnasien, d. h. dafs
im Französischen ein gröfserer Umfang grammatischer Kenntnisse sowie die Be-
flUiigung zum freien schriftlichen Gebrauche der Sprache gefordert wird, während
im Englischen davon Abstand genommen ist Dem entsprechend ist unter die
schriftlichen Arbeiten bei der Entlassungsprüfung im Französischen ein Au&atz
und ein Exercitium, im Englischen nur ein Exercitium aufgenommen worden.
An die Stelle des letzteren ebenso ¥rie im Griechischen am Gymnasium eine
Uebersetzung aus dem Englischen zu setzen, erscheint darum nicht nothwendig,
weil die dort bestehende Gefahr, dafs die Grammatik auf Kosten der Lecture
zu sehr betont wird, bei den 'ein&cheren syntaktischen Verhältnissen der letzteren
Sprache nicht zu besorgen ist
b. Die Aufgabe, durch den grammatischen Unterricht in einer fremden
Sprache die Grundlagen sprachlich-formaler Bildung bei den Schülern herzu-
131
«stellen, ist an den Bealgymnasien im Wesentlichen durch den lateinischen
Unterricht zu erfüllen; an den Ober-Bealschnlen fällt diese Aufgabe dem Unter-
richt im Französischen zn. Die Stellung der Ober-Bealschnlen als Lehr-
jwstalten allgemeiner Bildnng ist wesentlich dadnrch bedingt, dafs for die
Methodik des Ihinzösischen Unterrichts, insbesondere in den drei untersten
Xlassen, dieser Gesichtspunkt volle Berücksichtigung finde.
c. Die Leetüre erstreckt sich bei beiden Sprachen vorzugsweise auf
historische und beschreibende Prosa und auf Dichtungen der classischen Periode;
!)eim Französischen mehr als beim Englischen auch auf Muster des abhandeln-
den, rednerischen und Briefstils. Es ist dabei möglichst bald von dem Qe-
brauche der Chrestomathieen zur Lectüre von ganzen Schriftwerken fortzuschreiten,
4eren Inhalt und Darstellung dem Standpunkte der einzelnen Klassen ent-
spricht Die Erklärung hat die Aufgabe, die Schüler zu genauer sprachlicher
Auf&ssung des Gelesenen anzuleiten und in das Verständnis des Inhalts und
der Kunstform von Schriftwerken einzufahren. Namentlich hat die Erklärung
bei historischen Werken, den geschichtlichen Unterricht ergänzend, die Bekannt
fichaft mit den Begebenheiten und den staatlichen Einrichtungen zu vermitteln.
— An den Ober-Bealschulen gestattet die gröfsere Zahl der ^nzösischen und
«ngliBchen Lehrstunden die Ausdehnung der Lectüre auf mustergiltige, für einen
weiteren Leserkreis bestimmte Abhandlungen aus dem Bereiche der exacten
Wissenschaften. Diese Lectüre wird, selbst abgesehen von ihrem allgemein
bildenden Werthe, dazu dienen, die Schüler zum Verständnis fachwissenschaftlicher
Ausdrücke und Darstellung anzuleiten. — In keiner von beiden Sprachen ist Litte-
raturgeschichte zu lehren, sondern es mufs genügen, die erforderlichen, auf das Noth-
wendigste zu beschränkenden Mitteilungen daraus an die Lectüre anzuschliefsen.
d. Die Uebungen im mündlichen Gebrauche der beiden Sprachen
haben an den Bealgymnasien und den Ober-Bealschulen nicht die Aufgabe,
Conversationsfertigkeit über Vorgänge des täglichen Lebens zu erzielen. Be-
züglich der für diese Uebungen anzuwendenden Methode genügt es, auf die in
den Erläuterungen des Gymnasial-Lehrplanes zu 5, b. enthaltenen Bemerkungen
zn verweisen. Aus der an den Bealanstalten dem Unterricht in den modernen
Sprachen gegebenen gröfseren Ausbreitung ergiebt sich ein gröfserer Umfang und
ein höheres Ziel der fraglichen Uebungen. An den Ober-Bealschulen treten zu den-
selben in der Prima für das Französische noch hinzu kleinere vorbereitete.Vorträge
über Gegenstände, welche den Schülern aus dem Unterrichte hinlänglich bekannt
sind. — In der Begel wird hiemach für die Uebungen im mündlichen Gebrauche
die französische Sprache um etwas vor der englischen bevorzugt werden; in-
dessen können locale Verhältnisse eine Aenderung in dieser Hinsicht begründen.
Zu 6 und 7. a. Für diesen Unterricht gelten im Wesentlichen dieselben
Bemerkungen wie fax den Lehrplan der Gymnasien. Durch den ganzen Lehr-
plan der Bealanstalten ist es jedoch bedingt, dafs in der griechischen und der
römischen Geschichte der Umfang des Unterrichts auf der oberen Stufe hier mehr
ieschränkt wird (auf ein Jahr in Secunda, während am Gymnasium beide Jahre
dieser Klasse der alten Geschichte zufallen) und die mittlere und neuere Ge-
flchichte in den Vordergrund treten. Wie an dem Gymnasium steht auch hier
die vaterländische Geschichte im Mittelpunkt, und die der anderen europäischen
Staaten kommt nur in Betracht, soweit sie für die erstere von Bedeutung ist.
Bei dieser Einflechtung mufs aber die französische und englische Geschichte
an 4en Bealanstalten eine gröfsere Berücksichtig^g erfahren, um die Einführung
der Schüler in die Litteratur dieser Völker zu erleichtern. Für die Mitteilung
^n Thatsachen und Zahlen ist auch hier besonnnenes Mafshalten dringend
nothwendig und die eingehendere Bekanntschaft mit einzelnen Abschnitten nur
durch die Lectüre zu vermittetai.
132
b. In den ElasBen VI bis III werden je zwei Standen auf den geogra-
phischen Unterricht verwendet. Von den drei far Geschichte nnd Geographie
in Secunda bestimmten Lehrstnnden ist eine der ergänzenden nnd erweitemdeni
Sepetition des geographischen Wissens zu widmen. Wenn der geschichtliche*
nnd geographische Unterricht in einer Hand liegen, ist es unbenommen, die
drei wöchentlichen Stunden abwechselnd auf eines der beiden Fächer zu ver-
wenden. Das Zeugnis über die Kenntnisse ist der Geographie, welches ein
Schüler bei seiner Versetzung nach Prima erhalten hat, in seiner Zeit in das-
Reifezeugnis aufzunehmen.
Zu 8. a. Der Bechenunterricht hat Sicherheit und Geläufigkeit in.
den Operationen mit Ziffern zu erstreben und den arithmetischen Unterricht'
auf diese Weise vorzubereiten. Die Anwendung auf die Verhältnisse des prakti-
schen Lebens ist mehr, als an vielen fiealanstalten geschieht, auf die einfacheren
zu beschränken; dagegen sind die schwierigeren (namentlich kau^ännischen)^
deren Verständnis den Schülern dieser Klassen fem liegt und darum trotz aller
Bemühungen des Lehrers nicht zur vollen Klarheit gebracht wird, von dem
Unterrichte auszuschliefsen. Der eigentliche Rechenunterricht wird in der Regel
in der Untertertia mit Wiederholung der früheren Pensa seinen Abschlufs finden,,
die Sicherheit im praktischen Rechnen ist aber bei den Schülern durch Uebungeu
|m arithmetischen Unterricht zu erhalten. — Bezüglich der in Quinta neben»
dem Rechenunterichte vorzunehmenden, für den Unterricht in der Geometrie-
vorbereitenden Uebung im Zeichnen geometriseher Figuren wird auf die Er-
läuterungen zu dem Gymnasial-Lehrplane 9, d. verwiesen.
b. Der Umfang des mathematischen Unterrichtes ist nach Stunden-
zahl und Lehraufgabe im Wesentlichen ungeändert gelassen; nur sind die-
Elemente der Integralrechnung ganz beseitigt und diejenigen der Differential-
rechnung und der analytischen Geometrie des Raumes nur an den Ober-Real-
schulen als statthaft (aber nicht als unbedingt erforderlich) gelassen worden..
Das Pensum läfst sich innerhalb dieser Grenzen, wie die Erfahrung bewiesen
hat, auch bei mäfsiger begabten Schülern zu vollem Verständnis bringen. Der
weitere Ausbau der einzelnen Disciplinen wird nach den einzelnen Jahrgängen
einer Schule, namentlich in den oberen Klassen, etwas verschieden sein, in den
Ober-Realschulen bei der gröfseren Stundenzahl etwas weiter gehen, als in den.
Realgymnasien. Im Allgemeinen ist aber darauf zu achten, dafs auf Sicherheit
der Kenntnisse und Gewandtheit in deren Anwendung das Hauptgewicht zu
legen ist, und dafs dieser Gesichtspunkt bei der Auswahl des Lehrstoffes mafs-
geb'^nd sein mufs. So ist z. B. bei der sphärischen Trigonometrie nicht die
Herleitung und Einübung der in den meisten Lehrbüchern gegebenen Formeln
erforderlich, sondern es genügt, wenn die Schüler die ersten Sätze richtig auf-
gefafst haben und dadurch zur Berechnung einfacher Aufgaben der mathematir-
sehen Geographie, wenn auch auf etwas unbequemerem Wege, befähigt werden.
— Es ist femer darauf zu achten, dafs der Unterricht auch auf der obersten.
Stufe nicht einen ausschliefslich rechnenden Charakter annimmt, sondern auch,
hier die Uebung in geometrischer Anschauung und Construction fortgesetzt wird;
besonders ist im stereometrischen Unterrichte das Verständnis projectivischen.
Zeichnens vorzubereiten und zu unterstützen.
Zu 9. a. Das methodische Verfahren bei dem Unterricht in der Natur-
beschreibung hat sich nur langsam entwickelt, aber es ist nicht zu verkennen,,
dafs im letzten Jahrzehnt erhebliche Fortschritte darin gemacht sind. Es sind
jetzt an nicht wenigen Realanstalten recht tüchtige Vertreter dieses Unterrichts^
zu finden, und es läfst sich annehmen, dafs deren eine noch gröfsere Zahl in^
der nächsten Zeit herangebil&et werden wird. Dem entsprechend ist das Streben
immer mehr darauf gerichtet, die Schüler zur Beobachtung und Beschreibung:
133
einzelner Natorkörper anzoleiten and darch Yergleiclumg verwandter Formen
2am Terstäncbiis des Systemes hinüberzufahren, and neben dieser Einfahrong
in die systematische Ordnung mit den wichtigsten Erscheinungen und Gesetzen
*des Tier- und Pflanzenlebens bekannt zu machen. Auf Vollständigkeit des
Materials ist kein besonderes (xewicht zu legen; der Stoff ist hauptsächlich
•der einheimischen Fauna und Flora zu entnehmen, wie sie die Umgebung und
die Sammlung der Schule bietet; doch dürfen charakteristische Formen anderer
Erdteile nicht unbeachtet bleiben. In der Regel wird sich der Unterricht in
<len unteren Klassen auf Zoologie und Botanik beschränken; nur an solchen
Orten, wo die unmittelbare Umgebung dazu auffordert, wird die Beschreibung
einzelner besonders wichtiger Mineralien hinzutreten. — Der Unterricht in der
Mineralogie wird im weiteren Verlaufe am naturgemäfsesten mit dem chemischen
verbunden und ist im Allgemeinen auf Oryktognosie zu beschränken; jedoch
ist es nicht verwehrt, an solchen Orten, wo die Umgebung Beobachtungen über
«die Lagerungsverhältnisse der Erdschichten gestattet, die Grundzüge der Geognosie
in denselben aufzunehmen.
b. Die Bestimmung der Unterrichtsordnung vom Jahre 1859, wonach
die Schüler bei ihrer Versetzung nach Prima sich einer besonderen Prüfung
unterziehen müssen, hat sich eifahrungsmäfsig nicht bewährt; die Schüler sind
dadurch verleitet worden, sich im leteten Semester eine Menge von positiven
Kenntnissen gedächtnismäfsig anzueignen. Deshalb ist von der Beibehaltung
dieser Vorschrift Abstand genommen, die Bedeutung des Unterrichts aber durch
die Bestimmung gewahrt worden, dafs die bei der Versetzung nach Obersecunda
erteilte Censur auch in das Zeugnis der Reife bei der Entlassungsprüfung auf-
^nommen werden mufs.
Zu 10 und 11. a. Die Lehraufgabe des chemischen Unterrichts ist für
die Ober-Realschulen unverändert beibehalten, dagegen für die Realgymnasien
durch Ausschliefsung der Elemente der organischen Chemie etwas beschränkt
worden. Für beide Arten von Realschulen ist der Beginn dieses Unterrichts nach
Obersecunda gelegt. Bei der bisherigen Einrichtung sind die sechs natur-
wissenschafllichen Stunden in Secunda auf Naturbeschreibung, Physik und
Chemie gleichmä&ig verteilt, und es ist in Folge davon eine Zersplitterung der
ArbeÜBbaft der Schüler unvermeidlich, zumal da Physik und Chemie auf dieser
Stufe zugleich begonnen werden. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes ist der
Abschlufs der Naturbeschreibung und der Beginn der Physik nach Untersecunda
jgt^]»gt, der Anfang des chemischen Unterrichtes nach Obersecunda verschoben.
Die nothwendige Folge davon ist dann, dafs auch bei sonst gemeinsamem
Unterrichte die Secunda für Naturbeschreibung und Chemie gel^ennt werden
jnnfs. Bei der hierdurch ermöglichten Concentration der Aufmerksamkeit wird
die geringe Minderung der Zahl der Lehrstunden keinen nachteiligen Einflufs
auf den Unterrichtserfolg ausüben.
b. Durch diese Einschränkung ist die Chemie in diejenige Stellung ge-
rückt, welche ihr der Physik gegenüber in ihrer Bedeutung (är die Schule zu-
kommt Abgesehen davon, dafs die Gesetze der letzteren auch die Grundlage
für die erstere bilden, bietet, sie durch den gpröfseren Um&ng und die gpröfsere
Mannigfaltigkeit ihres Inhaltes und durch die festere Begründung ihres theore-
tischen Teiles, wodurch sie in engere Verbindung mit der Mathematik gesetzt
wird, einen weit reicheren Stoff für den Unterricht und eine vielseitigere An-
regung für die intellectueUe Ausbildung, als die Chemie, für deren theoretische
Grundlagen gerade in jetziger Zeit neue Wege versucht werden und deren sämt-
liche Erscheinungen sich aus einer kleinen Anzahl von Gesetzen durch Wieder-
holung derselben Denkprocesse herleiten lassen. Für den Unterricht in der
Schule liegt der Werth der Chemie darin, dafs die Schüler an einem einfachen
Stoffe und durch einfache, leicht durchsichtige Versuche in das Vertändnis der
134
indactiven Methode eingefahrt werden; auf der anderen Seite ist aber weit
mehr als im physikalischen Unterricht die Gefahr Yorhanden, dafs die Schäler
dnrch gleichmäfsige Behandlung aller Elemente and ihrer Yerbindangen mit
Lehrstoff überladen nnd zn überwiegend gedächtnismäfsiger Aneignung ge-
nOthigt werden. Damm ist gerade anf diesem Gebiete vorsichtige Auswahl de»
Lehrstoffes drin$cend geboten; wenn aber diese Vorsicht beobachtet wird, kann
das Ziel des Unterrichts, Bekanntschaft mit den wichtigeren Elementen und
ihren Verbindungen und Verständnis der allgemeinen, den Processen zu Grund»
liegenden Gesetze auch bei geringerer Stundenzahl recht wohl erreicht werden,
c. Das Urteil über die praktischen Arbeiten der Schüler im Laboratorium
lautet auch von Seiten der Fachmänner noch sehr verschieden. Während die*
einen auf diese praktischen Uebungen im Anschlufs an den Unterricht grofsen^
Werth legen, sehen andere darin nur nutzlose Spielerei, welche noch dazu zur
Ueberschätzung des eigenen Wissens führe. Dafs die praktischen Uebungea
in solche Spielereien ausarten können, ist unzweifelhaft, aber ebenso gewifs
andererseits, dafs bei zweckmässiger Leitung eine im Laboratorium im An-
schlufs an den Unterricht ausgeführte leichtere Arbeit denselben pädagogischen.
Werth hat, wie die Losung einer mathematischen Aufgabe. Es liegt darnach
weder Grund vor, diese Uebungen vom Unterrichte geradezu auszuschliefsen^
noch auch dieselben von allen Schülern zu fordern. Die Schule wird denjenigen,
welche Interesse dafür haben, die Gelegenheit dazu bieten, sie wird aber in»
den oberen Klassen, in welchen diese Arbeiten allein möglich sind, die all-
gemeinen Forderungen auf das Nothwendigste beschränken müssen, um der in-
dividuellen Neigung einen gewissen Spielraum zu lassen.
Zu 12. Im Freihandzeichnen ist das Zeichnen nach Vorlegeblätter»
möglichst auf Flachomamente zu beschränken und auf Veränderung des Mafs-
stabes Bücksicht zu nehmen. Das Messen am Modell und jede Benutzung*
mechanischer Hilfsmittel, wie Zirkel und Lineal, ist beim Freihandzeichnen gänz-
lich zu vermeiden. Für das Körperzeichnen ist der Einzelunterricht anzustreben.
Der Stoff des Unterrichts verteilt sich in folgender Weise. Für die*
beiden unteren Klassen : Zeichnen ebener geradliniger und krummliniger Gebilde
nach Vorzeichnung des Lehrers an der Schultafel und nach gedruckten Wand-
tafeln. — In den folgenden Klassen: Zeichnen nach einfachen und schwierigeren»
Holzmodellen und Geräthen im Umrifs. Erst wenn im Umrifszeichnen Sicher-
heit erzielt worden ist, wird die Wiedergabe von Lioht und Schatten an ein-
fachen Gipsmodellen geübt und werden weiter plastische Ornamente nach Gips-
abgüssen, auch lebende Pflanzen nach der Natur im Umrifs oder mit einfacher
Schattirung dargestellt — Bei dem Zeichnen ist vorzugsweise anf die Verwendung
des Bleistiftes zu halten; auf der oberen Stufe wird auch die Anwendung der
Feder empfohlen.
Sind für das Freihandzeichnen vier Stunden verfugbar, so tritt hinzu:
Farbige Darstellung von Flächenverzierungen, Zeichnen nach kunstgewerblichen.
Gegenständen und Uebung im Skizziren nach Ornamenten. —
Im Linear zeichnen: Uebung im Gebrauche von Zirkel, Lineal nndl
Beifsfeder an Flächenmustem, Kreisteilungen und anderen geradlinigen nnd^
krummlinigen geometrischen Gebilden zum Zwecke sauberer und exacter Dar-
stellung. — Den Elementen der darstellenden Geometrie mufs, um die An-
schauungskraft der Schüler zu üben, geometrische Aufnahme und Darstellmg:
einfacher Modelle voraufgehen.
Sind für das Lineaneichnen in den Oberklassen vier Stunden verfugbai;
80 sind die einfachen Aufgaben der darstellenden Geometrie, der Perspective
und Schattenlehre, sowie deren Anwendung auf die Darstellung wirklicher Gegen-
stände (Maschinen- und Architekturteile) zu üben. —
135
C. Lehrplan fflr die Bealprogymnaaleii
(die biiherigen höheren Bfirgenchnlen nach der Unterrichtsordnang von 1859).
Die Bealprogymnasien stehen zu den Bealgymnasien in demselben Ver-
hältnisse, wie die Progymnasien m den Gymnasien.
An deiyenigen Anstalten, an welchen ein Bealgymnasiom oder ein Beal-
progymnasinm mit einem Gymnasium oder Progymnasiam verbanden ist, gilt
for die drei untersten Klassen der Lehrplan des Gymnasiums.
D. Lehrplan für die Bealschnlen
(die bisherigen lateinlosen Bealschalen II. Ordaung von siebenjähriger Lehrdauer )•
Die Bealschalen stehen zu den Ober-Bealschulen im Wesentlichen in dem
gleichen Verhältnisse, wie die Progymnasien zu den Gymnasien. VergL jedoch
die betreffende Prüfungsordnung, (s. Abschn. VII.)
Lehrplan der höheren Bürgerschulen.
1. Zahl der Lehrstunden in den einzelnen Klassen und Unterriohts-
gegenständen.
VI
V
IV
m
TT
I
Sa.
Christliche Religionslehre . .
3
2
2
2
2
2
13
Deutsch
4
8
4
8
4
8
3
6
3
5
3
5
21
40
Pranzösisch
Englisch
—
—
—
5
4
4
13
Geschichte und Geographie . .
3
3
4
4
4
4
22
Bechnen und Mathematik . .
4
5
5
5
5
5
29
Naturbeschreibung
2
3
3
3
2
—
13
Natorlehre
—
—
—
■M^M
3
5
8
Schreiben
3
3
2
—
—
8
Zeichnen ....'....
2
2
2
2
2
2
12
Summa
29
.30
30
30
30
30
Für die aus den vormaligen Gewerbeschulen herrorgegangenen höheren
Bürgerschulen gilt der vorstehende Lehrplan. Bei einzelnen derselben wird das
Freäandzeichnen von Quarta an obligatorisch mit 4 Stunden betrieben und sind
an&erdem für das Linearzeichnen in den drei obersten Klassen 2 bis 4 Stunden
hinzugefügt Es ist gestattet, für diejenigen Schüler, welche nicht in technische
Fachklassen übertreten wollen, den letzteren Unterricht facultati? zu machen.
Bemerkungen.
1. Es ist statthaft, in jeder der vier oberen Klassen für die Schüler, deren
künftiger Beruf es erfordert, noch zwei facultative Zeichenstunden einzurichten.
2. Bezüglich des Unterrichts im Turnen und Singen haben die für die
Gymnasien bezeichneten Bestimmungen auch für die höheren Bürgerschulen Geltung.
136
2. Lehrauflsabe in den eüuelnen ITnterriohtsgegenstinden der
höheren Bürgerschulen.
1. Christliche Beligionslehre. A. Fär Schüler evangelischer Con-
fession : Bihlische Geschichte des Alten nnd besonders des Neuen Testamentes.
Katechismus mit den nothwendigsten zur Erlfintening dienenden Bibelsprüchen.
Erldftmng des Kirchenjahres; Einprägang einer mi&fsigen Zahl bedeutender
Kirchenlieder. Bekanntschaft mit. dem Hauptinhalt der heiligen Schrift, be-
sonders des Nenen Testamentes. Hanptpnnkte der Glaubens- und Sittenlehre.
Bekanntschaft mit den wichtigsten Daten der Beformationsgeschichte.
B. Für Schüler katholischer Confession: Biblische Geschichte des Alten
und besonders des Neuen Testamentes. Katechismus mit den nothwendigsten
zur Erläuterung dienenden Stellen aus der heiligen Schrift und der Tradition.
Erklärung des Kirchenjahres; Einprägung einiger bedeutender Kirchenhymnen.
Bekanntschaft mit dem Hauptinhalt der heiligen Schrift, besonders des Neuen
Testamentes. Hauptpunkte der Glaubens- und Sittenlehre. Kenntnis der epoche-
machenden Ereignisse der Kirchengeschichte.
2. Deutsch. Bekanntschaft mit den wichtigsten Gesetzen der Formen-
lehre und Syntax der deutschen Sprache; Einführung in das Verständnis ein-
zelner Werke der classischen Litteratur; im Anschlufs daran Mitteilungen über
die Hauptdaten aus dem Leben der einzelnen Dichter, sowie Belehrungen über
die verschiedenen Dichtungsarten und Dichtungsformen. Einprägung zweck-
mäfsig ausgewählter Gedichte und Dichterstellen. XJebungen im correcten münd-
lichen und schriftlichen Gebrauche der Muttersprache und im Disponiren leichter
Aufgaben.
3. Französisch und Englisch. Anleitung zur richtigen Aussprache;
Fertigkeit im Lesen. Einübung der Formenlehre und der Hauptregeln der
Syntax. Aneignung eines für die SchuUectüre ausreichenden Wortschatzes.
Uebungen im Nachschreiben eines französischen oder englischen Textes. Leetüre
leichterer Prosa, besonders historischer und beschreibender, sowie leichter poeti-
scher Stücke.
4* Geschichte. Bekanntschaft mit den wichtigsten Ereignissen der
griechischen und römischen Geschichte; genauere Kenntnis der vaterländischen
Geschichte, besonders vom Zeitalter der Reformation an.
5. Geographie. Elemente der mathematischen Geographie; Kenntnis
der wichtigsten topischen Verhältnisse der Erdoberfläche und ihrer jetzigen
politischen Einteilung; eingehendere Kenntnis von Mittel-Europa.
6. Bechnen und Mathematik. Sicherheit und Gewandtheit im Rechnen
mit bestimmten Zahlen und in dessen Anwendungen auf die gewöhnlichen Ver-
hältnisse des bürgerlichen Lebens. Allgemeine Arithmetik bis zur Kenntnis
der Logarithmen und Progressionen; Algebra bis zu leichten Gleichungen vom
zweiten Grade. Grundlehren der ebenen und körperlichen Geometrie; die ersten
Elemente der ebenen Trigonometrie.
7. Naturbeschreibung. Anleitung zur Beobachtung und Beschreibung
einzelner Pflanzen; Kenntnis der wichtigeren Pflanzenfamilien, und der be-
kanntesten Erscheinungen aus dem Leben der Pflanze.
Anleitung zur Beobachtung und Beschreibung von Vertretern der ein-
zelnen Klassen der Tierwelt; Kenntnis der wichtigeren Ordnungen der Wirbel-
tiere und Insecten. Bekanntschaft mit dem Bau des menschlichen Körpers.
Kenntnis der einfachsten Kiystallformen, sowie einzelner besonders wich-
tiger Mineralien.
137
8. Natnrlehre. Eine durch Experimente yermittelte Kenntnis der all-
gemeinen Eigenschaften der Körper, der Gmndlehren des Gleichgewichts und
der Bewegang, der Elektricität, des Magnetismas und der Wärme, sowie der
«inlkchsten optischen und akustischen Gesetze; femer der bekanntesten chemi-
schen Elemente und ihrer hauptsächlichsten Verbindungen.
9. Zeichnen. Uebungen des Blickes und des A-ugenmafses, Sicherheit
der Hand. Fertigkeit im Zeichnen Yon Flachomamenten und der Darstellung
einfacher Körper und Geräthe nach der Natur im ümrifs; Wiedergabe einfacher
plastischer Ornamente mit leichten Schattenangaben.
üebung in der Handhabung Yon Lineal, Zirkel und Beifsfeder.
9« Erläuterungen 8u dem Lehrplane für die höheren Bürgerschulen.
Zu 1 A und B. Durch den Beligionsunterricht soll dem Schüler ein
solches Mafs von Wissen vermittelt werden, dafs er mit den Haupüehren seiner
eigenen Confession bekannt ist und für deren Stellung zu den anderen Con-
fessionen und für religiöse Fragen der Gegenwart ein Verständnis gewinnt. Jede
üeberbürdung des Gedächtnisses mit Lehrstoff mufs yon dem Unterrichte fem
gehalten werden.
Zu 2. a. In Betreff des grammatischen Unterrichtes in der deutschen
Sprache gelten im Wesentlichen die Bemerkungen, welche zu dem Lehrplane
der Gymnasien gegeben sind.
b. Der Stoff zur Leetüre ist einem Lesebuch zu entnehmen, welches
für jede Stufe eine geeignete Auswahl yon prosaischen und poetischen Stücken
enthält. Die poetische Leetüre umfafst vorwiegend leichtere epische und lyrische
Dichtungen; auf der obersten Stufe kommt dazu die Leetüre eines leichteren
Dramas. An die Leetüre der einzelnen Stücke werden in den oberen Klassen
Mitteilungen über die Lebensverhältnisse und Werke der Verfasser angeschlossen,
soweit sie dem jugendlichen Alter verständlich sind. Femer sind damit Be-
lehrungen über die betreffenden Dichtungsarten und Dichtungsformen zu ver-
binden und in der ersten Klasse übersichtlich zusammenzufassen.
c. Die prosaische Leetüre mufs zur Bereicherung des Wortschatzes, zur
Förderung stilistischer Fertigkeit und zur Erweiterung des Gedankenkreises der
Schüler dienen; insbesondere müssen in den oberen Klassen die Schüler an-
geleitet werden, die einem kleineren Ganzen zu Grande liegende Anordnung
der Gredanken aufzufinden und die Disposition zu einem leichten Thema zu
entwerfen.
Zu 3. a. Die Uebungen in den beiden fremden Sprachen haben Bich-
tigkeit der Aussprache, Geläufigkeit im Lesen, Erwerbung eines ausreichenden
Wortschatzes und Sicherheit in der Grammatik zu erzielen. In letzterer Be-
ziehung ist die Auswahl aus der unregelmäfsigen Formenlehre und der Syntax
auf die wichtigeren Formen und Begeln zu beschränken. Die Leetüre ist vor-
wiegend der historischen und beschreibenden Prosa zu entnehmen; im Fran-
zösischen kann auf der obersten Stufe ein leicht verständliches Drama ge-
lesen werden.
b. Bei dem Unterricht in den beiden fremden Sprachen ist besondere
Bäcksicht auf solche Uebungen zu nehmen, durch welche die Schüler befähigt
werden, das in der fremden Sprache Mitgeteilte richtig au&ufassen. Zu diesem
Zwecke empfiehlt es sich, dafs (im Französischen etwa von der vierten Klasse
an, im Englischen is der ersten Klasse) abwechselnd mit den Extemporalien
Dictate in der fremden Sprache von den Schülern niederzuschreiben sind, welche
sodann vom Lehrer corrigirt werden (vgl. Erläuterangen zu dem Lehrplane der
Oymnasien 5, b). Uebungen im mündlichen Gebrauche der Sprache können
138
nnr in sehr beschränktem Umfange betrieben werden nnd werden nur in der
Wiedergabe Yon Gelesenem bestehen; sie dürfen nicht an den grammatischen
Unterricht angeschlossen werden, weil dadurch die Schärfe der Auffassung
grammatischer Verhältnisse Abbruch erfährt. Die Uebungen können auf eine
der beiden fremden Sprachen beschränkt werden, deren Wahl von den localen
Verhältnissen abhängt.
Zu 4. In dem geschichtlichen Unterricht wird ein Jahr auf die Er-
zählung der wichtigsten Ereignisse aus der griechischen und rOmischen
Geschichte verwendet; die übrige Zeit kommt auf die vaterländische Ge-
schichte, welcher die epochemachenden Ereignisse aus der Weltgeschichte ein-
zuflechten sind. Die einzelnen Perioden sind nicht mit gleicher Ausführlichkeit
zu behandeln; der Zeit von der Reformation ab gebührt eine gröfsere Berück-
sichtigung als der Zeit des Mittelalters. Das deutsche Lesebuch ist zur Unter-
stützung des Geschichtsunterrichts zu verwenden, insbesondere ist auf der unteren
Stufe dadurch die Bekanntschaft mit den wichtigsten Sagen zu vermitteln.
Zu 5. Für den geographischen Unterricht gelten dieselben Bemer-
kungen wie zu dem Lehrplane der übrigen höheren Schulen.
Zu 6. a. (Jeher den Unterricht im Bechnen gelten dieselben Bemer-
kungen wie zu dem Lehrplane der Bealanstalten. Die Anzahl der Lehrstunden
in Quinta ist im Vergleich zu der in Sexta um eine erhöht, um dem vorbereiten-
den geometrischen Unterrichte Baum zu verschaffen.
b. Das Pensum des mathematischen Unterrichts läfst sich nur in
der Arithmetik und Algebra auf die Weise festsetzen, dafs das Pensum
für die oberen Klassen der Bealanstalten weggelassen wird. Die Bekanntschaft
mit der Lehre von den Logarithmen und den Progressionen bildet einen zweck-
mäfsigen Abschlufs, ebenso in der Algebra die Auflösung von leichten Auf-
gaben des zweiten Grades.
Dagegen ist es nicht möglich, in der Geometrie auf ähnliche Weise durch
Ausschlufs der Trigonometrie und Stereometrie das Lehrziel zu bestimmen, da
die Hauptsätze dieser beiden Zweige schon aus praktischen Bücksichten nicht
wohl entbehrt werden können. Die Zeit dafür kann nur dadurch gewonnen
werden, dafs die Planimetrie auf die für das System unentbehrlichen Sätze
beschränkt wird. Li der ebenen Trigonometrie sind nur die Formeln
einzuüben, welche sich auf die Functionen eines Winkels beziehen und welche
zur Auflösung der Dreiecke unbedingt erforderlich sind; es sind mithin alle
Formeln für zusammengesetzt« Winkel und für die Summen der Functionen vom
Unterricht auszuschliefsen. Aus der Stereometrie sind die wichtigsten Sätze
über die Lage der Linien und Ebenen im Baume zum Verständnis der Schüler
zu bringen, um dadurch auch das Projectionszeichnen zu unterstützen, und aufser-
dem sind die einfacheren Formeln zur Körperberechnung zu entwickeln.
Zu 7. Hinsichtlich des Unterrichts in der Naturgesc hichte gilt in der
Hauptsache dasselbe wie für Bealanstalten.
Zu 8. Es ist nicht zwischen Physik und Chemie unterschieden worden'
um schon durch den Namen den elementaren Charakter des Unterrichts zu be-
zeichnen und auf die enge Verbindung beider Zweige hinzuweisen. Der Unter-
richt muTs einen experimentellen Charakter tragen, auch in der Physik ist von
mathematischer Begründung durchweg abzusehen. Wenn es sich in den ver-
schiedenen Zweigen nur um die einfachsten Erscheinungen und Gesetze handeln
kann, so ist diese Beschränkung hinsichtlich der Optik und Akustik, als der
schwierigsten Teile, noch besonders hervorgehoben.
Zu 9. Für das Freihandzeichnen gelten die allgemeinen Bemer*
kungen unter 11. A und B. Der Stoff verteilt sich auf die einzelnen Klassen
wie bei den Bealschulen; auf der obersten Stufe wird, wenn Sicherheit im Umrifs-
139
zeichnen erzielt ist» die Wiedergabe von Licht and Schatten an einfachen GipS'
modeilen geübt
Sind für das Freihandzeichnen in den oberen Klassen vier Standen Ter*
fagbar, so erweitert sich der Unterricht aof das Zeichnen von omamentalen
Gipsabgüssen and lebenden Pflanzen.
Im Linearzeichnen: Uebnng im Gebraache yon Zirkel, Lineal and
BeiTsfeder an Flächenmastem, Kreisteilangen and anderen geradlinigen and
kronimlinigen Gebilden zam Zwecke sauberer and exacter Darstellang.
Sind für das Linearzeichnen in den oberen Elassan 2—4 Standen ver«
fügbar, so treten hinza: Aafhahme and Zeichnong einfacher Molelle nach Mafs;;
die Elemente der darstellenden Geometrie.
CircVerf. v. 28. Febr. 1883. „Die Gutachten, welche die K.Prov.
ScholcoUeglen über die durch die Lehrpläne vom 31. März v. J. erforderlich ge-
wordenen Aenderungen in der Abgrenzung der Lehrpensen für einige Lehr-
gegenstände abgegeben haben, sind eingehender Erwägung unterzogen worden,
üeber einige von den in Frage kommenden Punkten zeigt sich in den Anträgen
der Prov. Schulcollegien eine unverkennbar durch die Natur der Sache selbst
herbeigeführte fast vollständige Uebereinstimmung, über andere gehen die An-
sichten zur Zeit noch weit auseinander. Mit Bücksicht hierauf und auf den
von einigen Seiten ausdrücklich ausgesprochenen Wunsch, habe ich für zweck-
mäfsig erachtet, die allgemeine Vorschrift auf diejenigen Bestimmungen zu be-
schränken, welche unerläfslich scheinen, um die Absicht der revidirten Lehr-
pläne und die Möglichkeit des ungehinderten Ueberganges der Schüler auf eine
andere Lehranstalt sicher zu stellen ; die specielle Ausführung innerhalb dieser
vorgezeichneten Grenzen bleibt zunächst der Erwägung der LehrercoUegien unter
einzuholender Genehmigung der K. Prov. Schulcollegien überlassen. Bezüglich
der hierbei einzuhaltenden Gesichtspunkte sind den allgemeinen Bestimmungen
einige Bemerkungen beigefugt. Die Yerwaltungsberichte der nächsten drei-
jährigen Perioden werden den K. Prov. Schulcollegien Gelegenheit geben, Sich
darüber zu äufsem, ob die allgemeinen Vorschriften sich bewährt haben und
inwieweit in ihrer speciellen Ausführung eine annähernde Gleichmäfsigkeit er-
reicht worden ist
Zur Erleichterung der Mitteilungen an die einzelnen Lehranstalten lasse
ich jedem E. Prov. SchulcoUegium so viele Druckexemplare der allgemeinen
Vorschrift zugehen, dafs jeder Schule ein Exemplar zugestellt werden kann.''
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten von Gofsler.
Allgemeine Bestimmungen
betre£fend Aenderungen in der Abgrenzung der Lehrpensa in Folge
der Lehrpläne vom 31. März 1882.
L Grieehfselier ünterrlelit an den Gymnasien.
1. Die Formenlehre des attischen Dialektes ist in der Tertia zum Ab-
schlüsse und zu sicherer Aneignung zu bringen. Die Leotüre des Homer und
die dazu erforderliche Einfuhrung in die Bekanntschaft mit der Formenlehre
des epischen Dialektes ist in üntersecunda zu beginnen.
Es wird empfohlen, in der Untertertia die Formenlehre bis zum Abschlufs-
der Coigugation der Verba auf m (pura, contracta, muta, liquida) zu fuhren,
dagegen die Verba auf fu und die unregelmäfsigen Verba auf Obertertia auf-
zuschieben.
140
2. Die Haaptlehren der Syntax bilden unter steter Verbindung mit der
•erforderlichen Bepetition der Formenlehre die grammatische Lehraufgabe der
■^ecunda.
3. In der Untertertia ist eine Unterscheidung der Lehrstunden far Gram-
matik und grammatische Uebungen einerseits, fär Lecture andererseits nicht
erforderlich. In Obertertia sind jedenfalls Yom zweiten Semester an Tier Stunden
wöchentlich ausschliefslich der Leetüre einer attischen Prosaschrift zu bestimmen.
— Auf Grammatik und die darauf bezüglichen Schreibübungen sind in Secunda
zwei Stunden wöchentlich, in Prima eine Stunde wöchentlich, auf die Leetüre
in beiden Klassen fünf Stunden wöchentlich zu yerwenden. Uebungen im schrift-
lichen Uebersetzen in das Griechische zur Sicherung der Kenntnis der Formen-
lehre und der Hauptlehren der Syntax sind auch in Prima anzustellen.
Bemerkungen.
Zu 1 und 2. Die K.ProY.Schulcollegien werden darauf Bedacht nehmen, die
in den Erläuterungen zu den Lehrplänen enthaltenen Bestimmungen bezüglich des in
«der Formenlehre und in der Syntax einzuhaltenden Mafses zur vollen Ausführung
zu bringen. In der Feststellung des Lehrzieles ist das Mafs der in der attischen
Formenlehre zu stellenden Forderungen von der zu beanspruchenden Kenntnis
•des epischen Dialektes bestimmt unterschieden. Indem der ionische Dialekt
überhaupt nicht erwähnt ist, so hat dadurch nicht die Leetüre des Herodot,
ausgeschlossen, sondern es hat nur abgelehnt werden sollen, dafs bezüglich der
Bekanntschaft mit diesem, überdies wenig festgestellten Dialekte Anforderungen
«an die Schüler gestellt werden.
Von einigen Seiten ist der Antrag gestellt, dafs an Gymnasien mit un-
geteilter Secunda zwei wöchentliche Stunden in der Obertertia am Schlufs des
Schuljahres auf die erste Einführung in den epischen Dialekt verwendet werden.
Unter Beschränkung auf die bezeichnete Kategorie von Fällen mag dieser Versuch
gestattet werden, so wenig es an sich empfehlenswerth erscheint, einen neuen Lehr-
gegenstand mit so beschränkter Stundenzahl zu beginnen. Die Departementsräthe
der K. Prov. Schulcollegien werden, wo von dieser Gestattung Gebrauch gemacht wird,
•sorgfältig zu beachten haben, ob nicht unter dieser Einrichtung die in der
Obertertia zu erreichende Sicherheit in der attischen Formenlehre und Einge-
wöhnung in die Leetüre einer leichten prosaischen Schrift Abbruch erleidet
In der Bestimmung der syntaktischen Lehraufgabe der Secunda ist ab-
ßichüioh unterlassen worden, entsprechend den von einigen Seiten gestellten
Vorschlägen, der Untersecunda die Syntax des Nomens, der Obersecunda die
des Verbums zuzuweisen. Es ist als selbstverständlich zu betrachten, dafs die
in der lateinischen Syntax bereits in erheblichem Mafse unterrichteten Ober-
tertianer auf Anlafs der griechischen Leetüre mit Hauptpunkten der griechischen
Satzlehre (z. B. den Be^ngungs-, Absichts- und Folgesätzen) bekannt gemacht
werden. Wenn diese syntaktischen Elemente nach Versündigung unter den Lehrern
der Tertia und Secunda auf «inen bestimmten, eng bemessenen Kreis beschränkt
werden, so ist es leicht erreichbar, in der Obertertia nebenbei einen festen
Orund syntaktischer Kenntnisse zu legen, welche in der Secunda weder erst neu
•erworben, noch umgelernt zi werden brauchen. Auch in der Secunda wird mit
Bücksicht auf das mehr oder minder dringende Erfordernis der verschiedenen
Abschnitte der Syntax und das verschiedene Mafs ihrer Schwierigkeit die syste-
matische Unterscheidung der Syntax des Nomens und des Verbums nicht wohl
<den ausschliefsUchen Gesichtspunkt der didaktischen Anordnung bilden können,
ibidem über diese Anordnung nicht eine ausdrückliche Vorschrift gegeben ist,
^rd die Erwägung des f&r den Unterricht angemessensten Ganges den Lehrer-
kollegien und den K. Prov. Sichulcollegien zugewiesen.
1
141
Zu 3. Die Natur des ElementanniterrichtB in der Untertertia bringt ea^
mit sich, dafs für .die Lectäre nicht besondere Stauden ausgeschieden werden;.
es empfiehlt sich, dafs möglichst in jeder Stande anf die grammatische Ein-
prfigong nnd Uebnng Lectöre und Uebersetzong aus dem Griechischen folge..
Das bisher an einzelnen Anstalten beobachtete verderbliche Verfahren, dafs in
dem ersten Jahr nur ein verschwindend geringes Mafs des Ueberseizens aus
dem Griechischen vorgekommen ist^ findet in der Zusammendrängung des gram-
matischen Jahrespensums auf ein Semester einige Erklärung und wird mit der
Durchführung der Jahrescurse hoffentlich vollständig beseitigt sein.
Die Zahl der in Secunda und Prima für die Leetüre bestimmten Standen
ist nicht ausdrücklich unter die prosaische und poetische Lectnre verteilt. Wenn die-
Zusammensetzungeines LehrercoUegiums es gestattet, dafs, was dringend wünschens-
werth ist, der gesamte griechische Unterricht in derselben Klasse einem einzigen
Lehrer übertragen wird, so kann durch zeitweise Verwendung der sämüichen^
Lectürestanden auf denselben Schriftsteller das Interesse der Schüler und die
Freude zunehmender Sicherheit in der Auffassung auf das Wirksamste ge-
fördert werden.
IL FraniSsIseher rnt«rrlelit am den Gymmaslen»
1. Die Formenlehre einschliefslich der gebräuchlicheren unregelmäfsigen^
Verba ist in Quarta soweit zum Abschluß und zur sicheren Aneignung zu bringen,,
dafs in Untertertia es nur einer ergänzenden Wiederholung bedarf.
Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich, in der Quinta die Formenlehre bis
einschliefslich der zweiten Conjugation fest einzuüben und daran in Quarta die
übrigen Conjugationen und die gebräuchlicheren unregelmäfsigen sowie die-
reflexiven Verba anzuschliefsen. Selbstverständlich müssen auf beiden Stufen
die zur Uebersetzuug unentbehrlichen syntaktischen Regeln propädeutisch Berück-
sichtigung finden.
2. Die Hauptlehren der Syntax unter steter, durch fortlaufende schriftliche'
und mündliche Uebungen gesicherter Wiederholung der Formenlehre bilden die
grammatische Lehraufgabe von dem zweiten Semester der Untertertia an bis
Obersecunda einschliefslich. In Prima finden zusammenfassende grammatische
Wiederholungen nur gelegentlich der alle drei Wochen in einer Stunde zu
schreibenden Extemporalien statt.
3. In Quinta und Quarta ist die Unterscheidung der Lehrstanden fBir
Grammatik, grammatische Uebungen und Aneignung der Vocabeln einerseits,,
und für Leetüre und Erklärung andererseits nicht erforderlich. Von Untertertia
bis Obersecunda ist je eine Stunde auf Grammatik und die daran sich an-
schliefsenden Uebungen und je eine Stunde auf die Leetüre zu verwenden. In
Prima sind die beiden Stunden mit der unter No. 2 bezeichneten Modification
der letzteren zuzuweisen.
Bemerkungen.
Zu 1 und 2. Bei der durch die neuen Lehrpläne angeordneten Ver-
mehrung des französischen Unterrichts in Quinta und Quarta von fünf auf neun
Stunden wöchentlich erscheint es zulässig, die Formenlehre der Hauptsache nach
mit Quarta abzuschliefsen, so dafs für das erste Semester der Untertertia nur
eine ergänzende Wiederholung der Formen übrig bleibt. Durch diese Bestim-
mung wird einerseits erreicht, dafs nicht gleichzeitig die schwierige regelmäfsige
griechische Formenlehre und der Hauptteil der unregelmäfsigen französischen
Verba von den Schülern erlernt werden müssen; andererseits aber wird es da-
durch ermöglicht, in Untertertia mit der Leetüre zusammenhängender französi-
scher Lesestücke, bezw. eines geeigneten Prosaikers zu beginnen.
142
Eine Bestimmung über die Yerteilnng des syntaktischen Lehrstoffes auf
^ie einzelnen Klassen erscheint nicht erforderlich, ja in Rücksicht anf die rer-
schiedenen Lehrbücher bedenklich.
Die K. ProY. Schnlcolleg^en werden daranf halten , dafs die Lehranfgabe
Ar das Französische hinsichtlich der Formenlehre nnd der Syntax und die in
den Erläntemngen enthaltenen Bestimmungen über die Aussprache, die Lese-
fertigkeit nnd die Orthographie zur yollen Ansfahning gelangen.
Ob mit dem Eintritte der Syntax in Untertertia ein an den üblichen
Lehrgang der lateinischen nnd griechischen Grammatik sich anlehnendes syste-
matisches Lehrbuch einzufahren sei, wird der Erwägung der E. Prov. Schulcol-
legien überlassen. Unter allen Umständen ist zu yermeiden, dafs auf einer und
derselben Stufe yerschiedene Grammatiken und Uebungsbücher nebeneinander
gebraucht werden.
Zu 3. Bezüglich des französischen Elementar-Unterrichts in Quinta und
Quarta gilt im Wesentlichen das für den griechischen Elementar-Unterricht in
Untertertia unter No. 3 Absatz 1 Bemerkte.
Von Obersecunda ab ist zwischen prosaischer und poetischer Leetüre yon
2eit zu Zeit zu wechseln. Die im Anschlnfs an dieselbe anzustellenden Sprech-
übungen beschränken sich auf eine variirte Wiedergabe des Gelesenen. Syno-
nymische und metrische Erörterungen in begrenztem Umfange haben sich an
die Leetüre anzuschliefsen und sind in deutscher Sprache yorzunehmen.
Ob es nöthig sei, für Quarta und das erste Semester der Untertertia
cüne Chrestomathie einzuführen, ist fraglich; jedenfalls ist yon dem zweiten
Semester der Untertertia ab mit der Leetüre eines leichten Prosaikers zu
beginnen.
in. NatnrwisseDschaftlicher Unterricht,
A. Qjrmnasien. 1. In den Klassen VI bis Ulli ist das Sommersemester
üuf Botanik, das Wintersemester auf Zoologie zu yerwenden.
Der Unterricht hat, yon der Beschreibung einzelner Pflanzen und Tiere
-ausgehend, die Schüler zunächst zu deren Beobachtung und Beschreibung an-
zuleiten und auf diesem Wege mit den morphologischen Grundbegriffen yertraut
2U machen. Von dieser Grundlage weiter fortschreitend hat derselbe die Schüler
allmählich in das Verständnis der systematischen Anordnung des Pflanzen- und
Tierreiches einzuführen.
2. In das Pensum der 0 III gehören die Elemente der Mineralogie und
die Lehre yom Bau des menschlichen Körpers.
3. Die Einführung in die einfachsten Lehren der Chemie ist dem physi-
kalischen Unterrichte der II zuzuweisen.
B. Bealgymnasieii und Ober-Bealsohalen. 1. Die Verteilung des
Pensums in der Weise, dafs im Sommer Botanik, im Winter Zoologie zu lehren
ist» gilt für die Klassen bis 0 m einschliefslich.
Im Uebrigen gilt die Bestimmung wie unter A, 1.
2. Zum Pensum der U n gehören die Lehre yom Bau der Pflanzen und
vom Bau des menschlichen Körpers. Es bleibt den einzelnen Anstalten frei-
gestellt, ob sie in das Pensum der Klasse einen propädeutischen Cursus der
JHineralogie aufnehmen wollen.
3. Der chemische Unterricht der OII umfafst die Lehre yon den wich-
tigsten Grundlehren der Chemie auf Grund yon einfachen Experimenten, eyentueU
die Anfangsgründe der Mineralogie. Der eigentliche systematische Unterricht
flEOlt der Prhna zu; in Verbindung mit demselben wird der Unterricht in der
Mineralogie weitergeführt An den Ober-Realschulen kommt ein Semester auf
«die Elemente der organischen Chemie.
143
G. Höhere Bürgersoholen. Für den Unterricht in der Natnrbeschrei-
biug an den höheren Bärgerschalen gilt im Wesentlichen der Lehrplan anter
B, 1 and 2.
Bemerkangen.
Za 1 and 2. Die eingereichten Lehrpläne zeagen davon, daDs die metho-
dische Behandlang des Unterrichts in der Natarbeschreibang immer allgemeinere
Beachtang gefanden hat. Es wird in allen betont, dafs der Unterricht von
der Beobachtang and Beschreibang einzelner Arten aaszugehen and allmählich
zur Einfahrang in die systematische Anordnung fortzuschreiten hat Für die
angemessene Durchführung dieses Planes ist aaf folgende Gesichtspunkte auf-
merksam zu machen.
1. Der Satz ist nicht so zu yerstehen, als ob die Beschreibung einzelner
Arten nur das Pensum der Sexta bilde, dagegen den folgenden Klassen die
Einführung in das System zufalle. Vielmehr werden sich die letzteren Uebungen
in y z. B. in der Botanik an die in VI besprochenen Pflanzen mit grofsen
Zwitterblüthen anschliefsen, daneben aber wird durch Beschreibung von Pflanzen
mit weniger einfacher Blütenbildung der Unterricht der lY und auf dieser Stufe
ebenso der Unterricht der Ulli vorzubereiten sein. Aehnliches gilt für den
Unterricht in der Zoologie, und es kann z. B. nicht als ein angemessener Fort-
schritt vom Leichteren zum Schwierigeren angesehen werden, wenn von einer
Seite für Y als Pensum die Beschreibung von Bepräsentanten der niederen Tier-
welt bezeichnet wird, vielmehr wird der Unterricht auf dieser Stufe sich auf
den Kreis der Wirbeltiere zu beschränken haben und erst in der lY die Glieder-
tiere, besonders die Insecten, berücksichtigen können.
2. Bei der Auswahl des Stoffes kann es in keiner Weise auf Yollständig-
keit ankommen. Mafsgebend dafür mufs vielmehr sein neben der Bücksicht
auf die zu Gebote stehenden Lehrmittel (besonders für Zoologie) der typische
Charakter der Form und die Bedeutung der Organismen für das menschliche
Leben. Aus diesem Gesichtspunkte gebietet sich einerseits die Yermittelung
der Bekanntschaft mit den einheimischen Pflanzen- und Tierformen, andererseits
die Berücksichtigung besonders wichtiger fremdländischer Repräsentanten für die
Coltur, sowie die Besprechung charak^ristischer Yertreter für die geographische
Ausbreitung.
3. Die Mineralien bieten auf der unteren und mittleren Stufe der Schulen
weniger Stoffe zur Beobachtung, dürfen aber andererseits den Schülern nicht
ganz unbekannt bleiben. Der Unterricht in der Mineralogie ist deshalb auf
die 0 III aufgespart worden. Auch auf dieser Stufe mufs er sich auf die
morphologischen und physikalischen Eigenschaften beschränken, und es werden
nur die einfachsten KrystaUformen und die häufig vorkommenden und besonders
instnictiven Mineralien zur Besprechung kommen. Dabei wird auf deren Be-
deutung für den Bau der Erdoberfläche hinzuweisen sein. Die Gymnasien
können dazu einer kleinen Sammlung von Modellen und Mineralien nicht ent-
behren. So lange einzelne Anstalten noch nicht in deren Besitz sind, wird es
sich empfehlen, den Unterricht in der Mineralogie noch auszusetzen.
4. Ebenso gehört die Lehre vom Bau des menschlichen Körpers der
obersten Stufe des Unterrichts an. Es ist selbstverständlich, dafs bei der Aus-
wahl des für das jugendliche Alter Geeigneten mit der gröfsten Yorsicht zu
verfahren ist Dabei wird sich passende Gelegenheit bieten, die Schüler auf
wichtige Punkte .der Gesundheitspflege aufmerksam zu machen.
5. Der Unterricht in den beschreibenden Naturwissenschaften wird wesent-
lich gefördert durch angemessene Zuhülfenahme des Zeichnens charakteristi-
seher Formen.
I
144
6. An den Bealschulen giebt die Yerlängerong des Unterrichts nm ei»
Jahr die Möglichkeit, den Unterrichtsstoff in angemessener Weise zu erweitem;
aber auch hier ist zu betonen, dafs irgend welche Vollständigkeit nicht erzielt
werden soll, sondern dafs es vielmehr anf Gewandtheit und Sicherheit der Be-
obachtung im engeren Kreise ankommt. Die Vermittelang der Bekanntschaft
mit den neueren Hypothesen von Darwin n. s. w. gehört nicht zu den Aufgaben
der Schule und ist darum vom Unterricht durchaus fem zu halten.
7. Den Bealschulen ist es freigestellt, ob sie in die U II einen pro-
pädeutischen Cursus der Mineralogie aufnehmen wollen, da die Ansichten über
diese Frage auseinandergehen. Die Zeit dafar (ein Vierteljahr) wird sich ohne^
Schwierigkeit finden lassen, wenn der Unterricht innerhalb der für das Gym-
nasium bezeichneten Grenzen gehalten wird. Die Aufnahme würde sich nament-
lich aus dem Gesichtspunkte empfehlen, dafs sich dann die Fortführung des-
selben im Anschlufs an den chemischen Unterricht um so einfacher gestaltet.
Zu 8. 1. An den Gymnasien schliefst sich der Torgeschriebene Cursus in
der Chemie am natürlichsten an den überwiegend experimentellen Unterricht der
11 an; derselbe wird zum Verständnis eines dem Pensum dieser Klasse angehörigeui
Abschnitts — des Galvanismus — sogar unentbehrlich. Die Zeit dafür läfst
sich unschwer gewinnen, wenn namenüich die Lehre von den sogenannten all-
gemeinen Eigenschaften der Körper nicht in unnöthiger Breite vorgetragen wird.
Die Entscheidung darüber, ob er an den Gymnasien mit geteilter II der Unter-
oder Obersecunda zugewiesen werden soU, ist den einzelnen Anstalten zu
überlassen.
2 Ueber das Pensum der Chemie in 0 U der Bealschulen sind nur ganz
allgemeine Andeutungen gegeben, da sich für diesen Unterricht eine bestimmte^
Methode erst aus der Praxis herausbilden mufs. In den meisten der einge-
reichten Lehrpläne wird dieser Klasse ein bestimmter Teil des systematischen
Unterrichts zugewiesen, und es ist wohl kaum zweifelhaft, dafs für diese Ver->-
teilung die im Unterricht gebrauchten Lehrbücher von Einflufs gewesen sind.
Es entsteht aber doch die Frage, ob es sich nicht empfiehlt, dem Unterricht
einen mehr propädeutischen Charakter zu geben, so dafs zugleich auch für die^
aus den Bealschulen und Bealprogymnasien in das praktische Leben übergehen-
den Schüfer ein gewisser Abschlufs erreicht wird. Einem solchen Uniierricht
würde dann die Einfahrung in die ersten Grundgesetze der Chemie zufallen im
Anschlufs an die Experimente, welche die wichtigsten Elemente unter den Nicht-
metallen und den Metallen und deren hauptsächlichste Verbindungen in ihren^
Kreis ziehen.
Die Torsehnleii.
Circular-Verfügung v. 23. April 1883.
Allgemeine Bestimmungen, betreffend die mit höheren Lehranstalten
verbundenen Vorschulen.
„Zur Vorbereitung von Knaben für die Aufnahme in die unterste Klasse-
von höheren Schulen sind während der letzten Jahrzehnte an zahlreichen Schul-
orten Vorschulen eingerichtet worden, welche, abgesehen von vereinzelten
Fällen eines selbständigen Bestehens, mit der betreffenden höheren Schule^
eng verbunden und der Leitung ihres Directors (ßectors) unterstellt sind.
Mit Bücksicht darauf, dafs die Lehrziele d,er Vorschule durch die für difr
Aufnahme in die unterste Klasse der höheren Schule festgesetzten Erfordei^
nisse bestimmt sind und dafs die Gliederung der einzelnen Vorschulen in;
145
getrennt unterrichtete aufsteigende Klassen Ton den localen Bedürfiiissen, ins-
besondere den Frequenzverhältnissen, abhängt, ist von einer Feststellung des
Lehrplanes durch idlgemeine Vorschriften Abstand genommen und die specielle
Einrichtung an den mit höheren Schulen verbundenen Vorschulen den Dirigenten
derselben unter einzuholender Genehmigung des £• ProY.Sch.C., an den wenigen
selbständig bestehenden Vorschulen in der Regel den Organen der £. Be-
gierungen überiassen worden.
Die umfassende Nachweisung über die gegenwärtige Einrichtung jeder
einzelnen der jetzt bestehenden 271 Vorschulen begründet die Ueberzeugung,
dafs diese Schulen in Folge der von den Directoren und den Aufsichtsbehörden
ihnen zugewendeten Aufinerksamkeit und der sachgemäfsen Ausfährung des
Unterrichts seitens der damit betrauten Volksschullehrer im Ganzen ihrem Zwecke
entsprechen und sich das Vertrauen der Eltern erworben haben, welche von
ihnen Gebrauch machen. Im Einverständnis mit den von den K. ProY.-Schul-
collegien abgegebenen Aeufserungen erachte ich nur über wenige Punkte —
nämlich das Lebensalter für die Aufhahme in die Vorschule, das Maximum der
zulässigen Frequenz der einzelnen Klassen, das Maximum der Lectionenzahl und
der Ansprüche an häusliche Beschäftigung — die Feststellung allgemeiner
Normen für erforderlich ; mit der in diesen Beziehungen zu treffenden Anordnung
verbinde ich die Hinweisung auf einige Punkte, welche der besonderen Auf-
merksamkeit der K. Prov.-Schulcollegien zu empfehlen sind.
L Als die normale, jedenfalls als die wünschenswertheste Gestaltung
ist die Einrichtung derjenigen Vorschulen zu betrachten, welche ihre Schüler
vom Beginne des schulpflichtigen Alters bis zur Beife für die unterste Klasse
einer höheren Schule fairen und dieselben, abgesehen von einzelnen nachher
zu erwähnenden Modificationen, in drei getrennten au&teigenden Klassen
so unterrichten, dafs in jeder Klasse nur Schüler von wesentlich gleichem
Wissensstande vereinigt sind. In diese Kategorie gehören unter den gegen-
wärtig bestehenden Vorschulen 121 Anstalten. Ihre Einrichtung ist am wenig-
sten durch besondere locale Verhältnisse, am ausschliefslichsten durch die Natur
der Sache selbst bestimmt Sie sind zu betrachten als die drei untersten Jahr-
gänge einer wohlgegliederten und unter besonders begünstigenden Verhältnissen
arbeitenden Volksschule. Diesem Charakter der Vorsch^e als einer Volks-
schule ist dadurch Ausdruck zu geben, dafs die Klassen derselben abgesondert
von denen der höheren Schule gezählt und nicht durch die hier und da üblichen
Namen Septima, Octava, Nona (vergl. oben S. 88) als Klassen der höheren
Schule selbst bezeichnet werden. Die begünstigenden Umstände, unter welchen
diese dreiklassigen Vorschulen im Vergleiche zu anderen Volksschulen arbeiten,
liegen vornehmlich darin, dafs die Schüler gröfstenteils solchen Familien ange-
hören, in welchen das häusliche Leben von selbst die Arbeit der Schule unter-
stützt, femer dafs die Schüler ihrer Mehrzahl nach dazu bestimmt sind, sich
eine über das Ziel der Volksschule hinausgehende allgemeine Bildung zu er-
werben, endlich dafs durch die Höhe des eingeforderten Schulgeldes, dessen
Ertrag bei den aus Staatsmitteln erhaltenen oder unterstützten höheren Schulen
die gesamten Kosten der Vorschule decken mufs, das Einhalten eines richtigen
Mafees der Frequenz der einzelnen Klassen ermöglicht wird. Die Unterrichts-
verwaltung hat darauf Bedacht zu nehmen, dafs von diesen begünstigenden
Umständen der volle Gebrauch zum Besten der Jugend gemacht werde, nicht
etwa um von derselben in den ersten Jahren des Schulbesuches höhere Leistungen
in manchen Gegenständen zu erfordern, — sondern um sie in den för den Ein-
tritt in eine höhere Schule erforderten Kenntnissen und Fertigkeiten zu freudiger
Sicherheit zu bringen, und dies unter Grewöhnung der Knaben an strenge Auf-
merksamkeit in den auf mäfsige Zahl beschr&ikten Lehrstunden, unter Be-
Wieie, Tefordavagfln. 10
146
wahnmg ihrer kindlicheii Fröhlichkeit und nnter Fördenmg ihrer körperlichen
Entwickelang. Diese Gesichtspunkte sind maßgebend för die nachfolgenden
Bestimmongen und Weisungen.
1. Bezüglich der Lehrgegenstände and der Lehrziele ist mit
Bücksicht darauf, dafs diese Schalen die Yolksschale za ersetzen and zum Ein-
tritte in die unterste Klasse einer höheren Schule voizubereiten haben, eine
normirende Bestimmung nicht erforderlich; es genügt» die Verfügung vom
24. September 1863 (CBL 1863 S. 579; s. unten S. 155: B, I.) in Erinnerung zu
bringen, durch welche ein Ueberschreiten der Lehraufgabe ausgeschlossen wird.
Nur zu folgenden Bemerkungen haben die Nachweisungen über den gegen-
wärtigen Betrieb des Unterrichts Anlafs gegeben.
Es kann nicht gebilligt werden, dafs eine erhebliche Anzahl von Vor-
schulen die Uebung im Singen, selbstverständlich in der für dieses Alter
angemessenen und erfreuenden Beschränkung, nicht in den Bereich ihrer Be-
schäftigungen aufgenommen hat; femer sollten jedenfalls in der zweiten und
ersten Klasse leichte turnerische Uebungen, insbesondere Freiübungen
und Tumspiele angestellt werden. Für beide Arten der Beschäftigung, na-ment-
lich für di^ Singen, wird es sich empfehlen, nicht ganze, sondern nur halbe
Stunden zu verwenden. — Was endlich das specielle Unterrichtsverfahren be-
trifft, so wird im deutschen Unterricht nicht überaU beachtet, dafs die Vor-
schule ihre Schüler zum Eintritt in eine höhere Schule vorzubereiten hat; um
dieser Aufgabe willen ist zu empfehlen, dafs die nachher von den Schülern an-
zuwendende grammatische Terminologie bereits in der Vorschule aus-
Bchliefslich gebraucht werde.
2. In Betreff des Lebensalters, mit welchem Knaben in die Vor-
schulen aufgenommen werden, wird unverkennbar den Wünschen mancher Eltern
in unzweckmäfsiger Weise nachgegeben. Im Hinblicke darauf, dafs verfrühte
Ansprüche an die geistige Beschäftigung und die andauernde Aufmerksamkeit
der Kinder, ungeachtet der etwanigen augenblicklichen Erfolge, erfahrungsmäfsig
später erhebliche Nachteile herbeiführen, ist es, wie auch Eltern oder Privat-
institute in dieser Hinsicht verfahren mögen, Pflicht der öffentlichen Schule,
an einem derartigen Unrechte sich nicht zu beteiligen. Demnach sind bezüg-
lich der Aufoahme folgende Bestimmungen allgemein einzuhalten:
Für die Aufriahme in die Vorschule ist das vollendete se ch st e Lebens-
jahr zu erfordern. Von dieser Minimalforderung bezüglich des Lebensalters
darf bei halbjährlicher Aufriahme höchstens ein Vierteljahr, bei jährlicher Auf-
nahme höchstens ein halbes Jahr ausnahmsweise nachgelassen werden, beides
nur unter der Voraussetzung der ausdrücklich bezeugten körperlichen Kräftigkeit
des aufzunehmenden Knaben.
Für den Eintritt in die höhere Schule ist das vollendete neunte Lebensjahr
zu erfordern ; etwanige Ausnahmen sind nur in entsprechender Anwendung der für
die Vorschulen bezeichneten Beschränkungen zu gestatten. In keinem Falle
wird durch das Absolviren der Vorschule gerechtfertigt, dafs ein Schüler vor
dem Erreichen des ordnungsmäßigen Lebensalters in die unterste Klasse einer
höheren Schule aufgenommen werde.
3. Für die Gewöhnung der Knaben an wirkliche Aufraerksamkeit und
für das Erreichen des Lehrzieles bei möglichst beschränkter Zahl der Lectionen
ist eine mäfsige Frequenz der Klassen unerläfsliche Bedingung. Auch ist
nicht zu verkennen, dafs die Eltern durch die Entrichtung eines nicht geringen
Schulgeldes einen gewissen Anspruch auf das Einhalten eines solchen Mafses
haben. Eine Frequenz von mehr als 60 Schülern, wie solche in einigen Fällen
vorkommt, ist ein Uebel, welches Abstellung erheischt. Als Ziel ist zu er-
147
8trel)en, dafs die Zahl Ton 50 Schülern derselben Klasse nicht überschritten
werde; aber sofort abzustellen ist das üeberschreiten der Frequenz Ton 60 Schülern.
Die hiermit bezeichnete Beschränkung der Frequenz der einzelnen Yor-
schulklassen ergiebt sich aus ihrer unterrichtlichen Aufgabe an sich und ist
demnach allgemein einzuhalten; aufserdem aber ist das Yerhftltnis der Vorschule
zu der höheren Schule, für welche sie Torbereitet, in Betraclit zu ziehen. Es ist
in mancher Hinsicht als ein MiTsstand zu betrachten, wenn Vorschulen zu einer
solchen Höhe der Frequenz erweitert werden, dafs durch die durchschnittliche Ver-
setzung aus derselben die zulässige Frequenz der untersten Klasse der höheren
Schule bereite erreicht und jede anderweitige Aufnahme in dieselbe ausgeschlossen
wird; denn es ist nicht billig, gegen die Mtem den Zwang auszuüben, dafs sie die
Aufnahme ihrer Söhne in die höhere Schule nur durch die vorausgegangene Be-
nutzung der Vorschule erreichen können; und selbst für die unterste Klasse der
höheren Schulen erscheint es nicht in jeder Beziehung ersprieMich, dafs sie
nicht nur überwiegend, sondern ausschliefslich aus der Vorschule ihre Schüler
•empfange. Diesen Qesichtepunkt wollen die K. ProY. SchulcoUegien nach den
flpeciellen Verhältnissen jeder einzelnen Schtile in Erwägung nehmen.
4. Zur Erreichung des yorher (unter Nr. 3) bezeichneten Zweckes ist
es nicht minder wichtig, daf^ die Gesamtheit der gleichzeitig zu unterrichten-
den Knaben sich auf einem im wesentlichen gleichen Stendpunkte der Kenntnisse
und Fertigkeiten befinde. Wenn in derselben Klasse sich zwei Abteilungen
Yon solchem Unterschiede befinden, dafs in mehreren Lehrstnnden, während die
eine Abteilung unterrichtet wird, die andere mit Arbeiten beschäftigt werden
mufs, so ist das ein üebelstand, dessen Beseitigung an so kostepieligen Schulen
füglich beansprucht werden darf. Das Arbeiten mit einer durch den Unterricht
der anderen Abteilung gestörten, nur halben Aufinerksamkeit ist geeignet, eine
üble Gewöhnung und eher Erschlaffung als Erholung herbeizufGlhren.
Jahrescurse bei nur jährlicher Aufnahme werden dem Zweck
am besten enteprechen.
Die an manchen Orten vielleicht nicht abzulehnenden Ansprüche auf
halbjährliche Aufnahme von Schülern in die Vorschule haben zu ver-
schiedenen Auskunftsmitteln gefährt, nämlich 6 oder 5 aufsteigende Klassen
von halbjährigem Cursus, 4 Klassen, deren zwei obere eiiijährigen, die beiden
nnteren Klassen halbjährigen Cursus haben, 3 Klassen, deren unterste in zwei local
nicht getrennte Abteilungen geschieden ist • Das consequentesto VerÜEthren
ist für den Fall der halbjährlichen Aufhahme, sofern der Einrichtung von
Wechselcöten irgend welche Bedenken entgegenstehen, die Durchführung halb-
jähriger Curse; nur bleibt fraglich, ob dieselbe nicht eine aufregende Unruhe
in den Gkmg des Unterrichte bringt. In den meisten Fällen ist übrigens eine
so weit gehende Gliederung schon durch das MaA der Gesamtfrequenz ausge-
schlossen. Die dann unvermeidlich eintretende Folge, dafs in derselben Klasse
zwei um ein Unterrichts-Semester unterschiedene Abteilungen vereinigt sind,
hat eine ungleich geringere Bedeutung fär die mittlere und die obere Klasse,
als far die untere; denn in der letzteren können nur in einem kleinen Teile
der Lehrstunden die Anfänger mit den Vorgeschritteneren ohne beiderseitige
Benachteiligung gemeinsam unterrichtet werden, und an eine erfolgreiche Be-
schäftigung der Anfänger, während die obere Abteilung unterrichtet wird, ist
füglich nicht zu denken. Deshalb empfiehlt es sich, sofern die Frequenz es
irgend ermög^cht, fAr die unterste Klasse zwei Wechselcöten einzurichten (eventuell
auch, obgleich dies minder zweckmäfsig erscheint, zwei aufsteigende, getrennt
unterrichtete Cöten von halbjährigem Cursus) selbstverständlich in der Weise,
dafs die Gesamtfrequenz der beiden Cöten nicht höher sein darf, als die fär
die mittlere Klasse zulässige Frequenz (vergl. Nr. 3). Wenn dieses Mittel zur
10*
148
Beseitigang des Uebelstands durch die geringe Freqnenz oder durch andere
Umstände ausgeschlossen ist, so ist in Erwägung zu nehmen, ob nicht wenigstens
für einen Teil der Lehrstunden die beiden Abteilungen gesondert unterrichtet
werden können.
5. Als Maximum für die Anzahl der in den drei aufsteigenden Klassen
einer dreiklassigen Vorschule zu erteilenden Lectionen ist durch die C.Yerf.
Y. 18. October v. J. die Abstufung Ton 18, 20, 22 Lehrstunden in Aussicht
gestellt. Nachdem in den darüber erstatteten Berichten der £. Prov. Schul-
collegien diese Bestimmung teils ausdrücklich gebilligt, teils als zulässig an-
erkannt worden ist, ordne ich hiermit an, daTs Ton dem nächsten Schidjahre
an in den drei aufsteigenden Klassen der dreiklassigen Vorschulen die bezeich-
neten Anzahlen von Lehrstunden nicht überschritten werden. Der Sing- und
Turnunterricht ist in die fraglichen Mazimalzahlen eingerechnet; nur ist es
zulässig, wenn in der mittleren oder der oberen Klasse auf den Turnunter-
richt 2 Stunden (etwa 4 halbe Stunden) verwendet werden, die Maximalzahl
um eine Stunde zu erhöhen.
6. Die Aufgaben zur häuslichen Beschäftigung der Schüler haben
sich in der untersten Klasse auf Wiederholung des in den Lectionen Gelernten
oder Geübten zu beschränken. Die Aufgaben sind so zu bemessen, dafs sie in
der untersten Klasse nicht mehr als eine halbe Stunde, in der mittleren und
oberen nicht mehr als eine Stunde täglicher häuslicher Arbeit beanspruchen.
7. Bezüglich der Lehrer ist als Norm einzuhalten, dafs jede Vor-
schulklasse ihren besonderen Lehrer (Klassenlehrer) habe; für die hiemach
yerfägbar bleibenden Pflichtstnnden derselben ist eine anderweitige Verwendung
zu ermitteln. Die für drei Vorschulklassen erforderliche Zahl von Lehrstunden
läfst sich zwar fast vollständig durch zwei Lehrkräfte bestreiten; eine solch»
Einrichtung fahrt aber, wie vereinzelt vorkommende Fälle erweisen, zu höchst
nachteiligen Folgen bezüglich des Stundenplanes der einzelnen Klassen; die
K. Prov. Schulcollegien haben daher auf ihre Beseitigung angelegentlich Bedacht
zu nehmen.
U. Eine erhebliche Anzahl der jetzt bestehenden Vorschulen ist nicht
zu der Unterscheidung von drei aufsteigenden, getrennt unterrichteten Klassen
entwickelt, 69 Vorschulen haben nur zwei Klassen, 68 Vorschulen sind auf
eine Klasse beschränkt Einige der zweiklassigen Vorschulen nehmen ihre
Schüler erst mit dem vollendeten 7. Lebensjahre und den diesem Alter ent-
sprechenden Kenntnissen auf; der fünfte Teil der einklassigen Vorschulen
nimmt Knaben erst in dem Alter und mit den Kenntnissen auf, dafs voraus-
sichtlich ein Unterrichtsjahr ausreicht, sie zum Eintritte in die Sexta einer
höheren Schule reif zu machen; diese beiden Kategorien von Vorschulen sind
den beiden oberen, bezw. der obersten Klasse dreiklassiger Vorschulen gleich
zu setzen, bei denen für den anfänglichen Unterricht einen anderweiten Ersatz
herzustellen den Eltern überlassen bleibt, und es finden daher auf dieselben
die unter 1 far dreiklassige Vorschulen enthaltenen Anordnungen und Be-
merkungen sinnentsprechende Anwendung. Bei allen übrigen zweiklassigen
und einklassigen Vorschulen tritt unvermeidlich die unter 1, 4 in Betracht ge-
zogene Mischung verschiedenartiger Elemente in den gleichzeitig vereinigt unter-
richteten Klassen ein. Das Mafs der daraus sich ergebenden Uebelstände ist
je nach d^r Anzahl der Klassen, der Trennung derselben wenigstens für einzelne
Gegenstände, der Frequenz der Klassen ein erheblich verschiedenes. Die
K. Prov. SchulcoUegien werden daher nach den eigentümlichen Verhältnissen
jeder einzelnen Anstalt die Mittel in Erwägung zu nehmen haben, durch welche
die Uebelstände sich möglichst ermäfsigen lassen. Hierbei sind folgende Punkte
der Beachtung der K. Prov. Schulcollegien zu empfehlen.
1
149
1. Eine etwanige Mangelhaftigkeit der Organisation einer YorBchnle darf
nicht als Bechtfertigong einer erheblichen Erhöhung der Lectionenzahl betrachtet
werden. Der Nachteil einer zu grofeeu Lectionenzahl bleibt mindestens der
gleiche, wenn diese Lectionen sich nicht znr gleichzeitigen FOrdening aller
Schüler vollständig verwerthen lassen.
2. Für zweiklassige Vorschnlen, welche ihre Schüler mit dem Eintritte
in das schulpflichtige Alter ohne Vorkenntnisse aufnehmen, scheint es die nächst
liegende Einrichtung zu sein, dafs die eine Klasse auf einjährigen, die andere
auf zweijährigen Besuch eingerichtet sei; dem entsprechend findet siclT that-
sächlich diese Einrichtung bei 50 zweiklassigen Vorschulen. Im Anbetracht
nun, dafs für den ersten Beginn des Schulunterrichts der Unterschied eines
Jahres eine ungleich höhere Bedeutung hat, als nachher, mufs es auffallen, dafs
in einer gröfseren Anzahl von Fällen die untere, nicht, wie man erwarten sollte,
die obere Klasse auf zweijährige Dauer des Besuches eingerichtet ist. Es wird
zu erwägen sein, ob für diese an sich auffallende Einrichtung ausreichende
Gründe vorliegen.
3. Bei aller Entschiedenheit der Bemühung um Beseitigung vorhandener
Mängel in der Organisation der Vorschulen ist zugleich vorsichtig in Betracht
zu ziehen, ob nicht in einzelnen Fällen eine an sich nur nothdürftige Ein-
richtung dennoch nach den localen Verhältnissen noch als eine Wohlthat zu
betrachten ist
Nach den im Obigen enthaltenen Anordnungen und Bemerkungen wollen
die K. Prov. SchulcoUegien fortfahren, der gedeihlichen Entwickelung der Vor-
schulen Dire Aufinerksamkeit zuzuwenden. In den nach drei, bezw. vier Jahren
zu erstattenden Verwaltnngsberichten über die höheren Schulen ist ausdrücklich
darauf einzugehen, in wie weit und mit welchem Erfolge diese Directiven zur
Ausfuhrung gebracht worden sind."
Der Minister der geisü. etc. Angelegenheiten, von Gofsler.
An sämtliche Königl. FrovinziBl-Schalcollegien, Eegierangen u. 8. w.
Besondere Bestimmungen.
A. Torbemerkungen.
1. Der Umfang der verschiedenen höheren TJnterrichtsan-
stalten ist aus den Tabellen S. 117, 126, 127, 135 zu ersehen, bezw. aus den
Bestimmungen S. 126 für die Progymnasien, S. 135 for die Bealprogymnasien
und Bealschulen zu entnehmen.
2. Bedingungen für die Aufnahme in die unterste Klasse. In
die Vorschulen können Kinder ohne alle Vorkenntnisse nicht vor dem voll-
endeten sechsten Lebensjahre aufgenommen werden; s. S. 146
Die Aufnahme in die Sexta der höh. Schulen geschieht vorschriftsmäfsig
in der Begel nicht vor dem vollendeten neunten Lebensjahre. Die elementaren
Vorkenntnisse, welche dabei nachgewiesen werden müssen, lassen sich dahin
zusammenfassen, dafs von den Knaben gefordert wird: Geläufigkeit in Lesen
deutscher und lateinischer Druckschrift; Kenntnis der Bedeteile; eine leserliche
und reinliche Handschrift; Fertigkeit, Dictirtes ohne grobe orthographische
Fehler nachzuschreiben; Sicherheit in den vier Grundiechnungarten mit ganzen
Zahlen; einige Bekanntschaft mit den Geschichten des A. und N« Testaments.
150
YgL Circ. Bescr. v. 24. Oci 1837, oben S. 54, besonders anch über die
Yoranssetznng der Gesundheit nnd körperlichen Kräitigkeit; femer ü. n. Pr..
0. T. 6. Oct 1859, S. 89 ZQ § 4 und S. 105 zu § 7 g. E. hinsichtlich der Be-
denken bei Yoraaszosehendem verfrühtem Abgange.
Die Yorlegang eines Impfattestes ist nach dem Beichs-Impfgesetz
V. 8. April 1874, § 13, (s. Abschn. V, 5) erfordeiüch.
Circ. Verf. v. 1. August 1884. „Das hiesige £. ProT. Seh. C. hai
durch die angeschlossene Yer^gung vom 17. April 1882, s. a) hinsichtlich des
Yerfahrens bei der Aufnahme der Kinder in die Schulen Anordnungen ge-
troffen, deren Befolgung nicht nur der Schule eine genaue Kenntnis von der
Zahl der ihr ungeta^ zugefahrten Kinder evangelischer Eltern gegeben, sondern
auch in zahlreichen Fällen die nachträgliche Taufe solcher Kinder zur Folge
gehabt hat. Die allgemeine Einfuhrung eines ähnlichen Yerfahrens würde
über das Bedürfnis hinausgehen und liegt nicht in meiner Absicht. Nachdem
aber der evangelische Ober-Kirchenrath durch Erlafs vom 24. Mai d. J. ange-
ordnet hat, das überall da, wo ein Nachweis der vollzogenen Taufe bei dem
Schuleintritt der Kinder als erforderlich erachtet wird, die Ausstellung von
Taufzeugnissen zum Zwecke der Einschulung der Kinder unentgeltlidi ge-
schehen soll, veranlasse ich die K. Begierung, Anträgen des K. Consistoriums,
welche dahin gerichtet sind, in bestimmten Orten bei der Einschulung von
Kindern, namentlich von auswärts geborenen, Taufzeugnisse zu erfordern, in
ähnlicher Weise, wie es von dem hiesigen K. Prov. Sch.G. für die Stadt Berlin
angeordnet worden ist, Folge zu geben." Der Minister etc. von Gofsler.
An die KOnigl. Begierungen in den 9 älteren Provinzen.
a) C. Yerf. des K. Prov. Schul -C. zu Berlin v. 17. April 1882.
„Unsere Anordnung v 5. Dec. 1880, die Einsendung der Nachweise über di&
ungetaufton Kinder evangelischer Eltern betreffend, hat nach der Mitteilung de»
K. Consistoriums den erwarteten Erfolg nicht gehabt, da dieselbe nur sehr un-
gleichmäfsig und vereinzelt erfolgt ist. Wir finden uns daher veranlafst, zur
Herstellung eines geordneten Yerfahrens anzuordnen, dafs die Herren Directoren
in der ersten Woche nach dem Beginne jedes Semesters den neu aufgenommenen
Schülern evangelischer Herkunft die Beibringung eines Taufzeugnisses binnen
vierzehn Tagen aufgeben und nach Ablauf dieser Frist dem General-Super-
intendenten von Berlin Herrn Probst Dr. Brückner eine Liste derjenigen, welche
das Taufzeugnis nicht beigebracht haben, unter Beifügung von Namen und
Wohnung des Familienvorstandes einsenden, eveni eine Yacatanzeige machen.
Das K. Consistorium wird die Küster sämtlicher evangelischer Kirchen anweisen,,
dafs sie einen kostenfreien Taufschein nach bestimmtem Formular den schul-
pflichtigen Kindern auf Yerlangen aushändigen.*' An die Directoren sämt-
licher höh. Lehranstalten von Berlin etc.
lieber das zu entrichtende Schulgeld s. Abschn. YI.
3. Schuljahr und Cursusdauer. Durch die Yerordnung v. 24. Oci
1837 (s. S. 59 fg. No. 6) war es den ProvinzialbehOrden freigestellt» nach der
Yerschiedenheit der provinziellen Yerhältnisse und dem Herkommen gemäfe den
Lehrcursus zu Ostern oder zu Michaelis beginnen zu lassen. Die Mehrzahl
der kathoL Anstalten begann das Schuljahr firüher, abweichend von dem bei
den meisten evangelischen bestehenden Herkommen, zu Michaelis. Nachdem
dieselben in der Bheinprovinz und Westfalen den Anfang meist auch auf Ostern
verlegt hatten, war die Zahl der zu Michaelis beginnenden Anstalten nur noch
gering. Seit der Neuordnung des Programmenwesens durch C. Yerf. v. 26. Apr. 1875
(s. Abschn. YI) ist die YerOffentlichung von Schulnachrichten im Ostertennin zur
151
Begel geworden, wonach der Anfang des Schii]|]ahres mit demjenigen des
Sommersemesters zusammenfällt.
Min. Verf. y. 24. Oci 1881 an den E. Universit&ts-Cnrator zn N. ,,Ew.
Ezc. erwidere ich auf den gefälligen Bericht yom 13. Jnni d. J. ganz ergehenst,
dafs die Durchführung der Jahrescurse und der Uebereinstimmung im Beginn
des Schuljahres an den hOh. Lehranstalten sich im Interesse der Schulen sowohl
als der Eltern der Schüler als ein unabweisliches Bedürfhis herausgestellt hat
Dem entsprechend ist die Anordnung, nach welcher der Anfang des Schuljahres
zu Ostern stattfinden soll, in den meisten Provinzen bereits durchgeführt und
wird demnächst auch in den übrigen Provinzen zur Durchführung gelangen.
In Folge davon werden die Abiturientenprüfungen vorzugsweise auf den Oster-
termin fallen, zu Michaelis aber regelmäfsig nur an den wenigen gröfseren An-
stalten, welche bis in die mittleren Klassen hinauf die Einrichtung von Wechsel-
cöten besitzen, und an kleineren Anstalten nur ausnahmsweise für diejenigen
Schüler stattfinden, welche zu Ostern das Lehrziel der Schule noch nicht er-
reicht haben. Diese Einrichtung wird, wie ich nicht verkenne, auf die Uni-
veisitätsvorlesungen in einzelnen Fällen nicht ohne Einflufs bleiben, aber ich
darf erwarten, dafs die dadurch gebotenen Aenderungen in der Lage gewisser
Vorlesungen sich auch an der dortigen Universität ohne besondere Schwierig-
keit durchführen lassen werden." von Gofsler.
Durch die CircYeri!. v. 31. März 1882 ist bei Einführung der revidirten
Lehrpläne die Herstellung von Jahrescursen von Ostern zu Ostern all-
gemein erfolgt, sofern nicht Wechselcöten bestehen (s. S. 112).
Die Aufhahme neuer Schüler läÜBt sich nicht überall, namentlich nicht
in grOfseren Städten, auf einen einzigen Termin im Jahre beschränken; sie ge-
schieht, wenn auch einer von beiden der Haupttermin ist» bei nicht wenigen
höh. Schulen, ebensowohl zu Ostern wie zu Michaelis, was bei starker Frequenz
die Einrichtung von Doppel- oder Parallelklassen zur Folge hat, die sich da-
durch zu Wechselest en gestalten, dafs aus dem einen Oötus derselben Elasse
nur zu Ostern, aus dem anderen nur zu Michaelis versetzt wird. Die Einrichtung
hat den Vorteil, dafs Schüler, welche in dem j&hrigen Cursus des einen Götiw
für die Versetzung nicht hinlänglich vorbereitet sind, danach in den anderen
übergehen und event. in dem nächsten Halbjahre die Versetzung erreichen können.
üeber den Umfang der gesamten Crirsusdauer der verschiedenen Anstalten
s. S. 5. Was die Cursusdauer der einzelnen Klassen betrifft, so nahm die Ver-
ordnung V. 24. Oct 1837 und die U. u. Pr.O. v. 6. Oct. 1854 für VI, V und IV
je ein Jahr, für III, n und I je zwei Jahre an. Bei dieser Ordnung ist es
verblieben. Die Tertien sind jetzt in der Begel in Ober- und Unter-Tertia ge-
sondert Wo diese Abteilungen gemeinschafUich unterrichtet werden, so müssen
sie doch jedenfalls in der Matiiematik und auf den Gymnasialanstalten im
Griechischen, auf den Bealanstalten im Englischen getrennt werden. Ebenso werden
auf den Bealanstalten die Secuuden in der Naturbeschreibung und der Chemie, wo-
möglich auch in der Mathematik und Physik getrennt, (s. S. 117, 127 Bemerkungen).
Verf. desK. Prov.Sch.O. zu Breslau v. 23. Novb. 1859: „Die Tertia
wird in eine Unter und Ober III, jede mit einjähr. Corsas geteilt Beide Corse
werden durch die Bezeichnung als U und O in and entweder darch verschiedene
Klassenlocale oder durch verschiedene Plätze in demselben Local getrennt.
Wo beide in demselben Looal vereinigt sind und also denselben Unterricht
geniefsen, ist darauf za sehen, dafs die Schaler des oberen Cursas das Pensum,
welches sie in dem unteren schon darchgemacht haben, nicht lediglich wiederholen.
Es ist vielmehr mit den Classikem, oder nach Umständen mit verschiedenen Stücken
derselben Classiker, den Lesebüchern a. s. w. zu wechseln, wie auch in der Religions-
lehre, der Mathematik, in der Geschichte and Geographie und in der Natur-
geschichte darauf za achten ist, dafs darch Abwechselang der Lehrpensen einerseits
den UTertianem die Ansicht benommen wird, sie könnten die Aufgabe der III
\
r
152
im zweiten Jahre noch hinlänglich lösen, andererseits den OTertianem mit dem
Reize der Neuheit Gelegenheit geboten werde nicht allein zur tieferen Begründang,
sondern auch zur Erweiterung der in UI^ erworbenen Kenntnisse. Ueber das
jetzt für die m festgestellte Fensum darf dabei nicht hinausgegangen werden. —
lEine bestimmte Norm läfst sich bei der verschiedenen Qualification der Lehrer
und der Schüler in den einzelnen Cursen über die Abwechselung der Lehrpensen
nicht aufstellen, und nur beispielsweise fähren wir an, dafs das eine Jahr Caesar,
das andere Sallust gelesen, oder zwischen dem bellum gallicum nnd bellum civile
des Caesar gewechselt, das eine Jahr im Winter Mineralogie, im Sommer ein Teil
der Botanik, das andere Jahr im Winter Zoologie und im Sommer ein zweiter
Teil der Botanik durchgegangen werden kann. — Die beiden Curse können auch
da, wo sie in Einem Klassenzimmer verbunden sind, mit verschiedenen schriftl.
Arbeiten, namentlich mit verschiedenen deutschen Aufsätzen beschäftigt werden.
Von der Ulli findet am Schlufs des Schuljahrs eine Versetzung nach 0 III
statt, und können talentlose und träge Schüler zum Zurückbleiben in der Ulli
verurteilt werden. Wenn besonders befähigt« und fleifsige Schüler der Ulli
während des ersten Semesters Hoffnung erregt haben, dafs sie die Reife für die
n in einem Jahre erreichen werden, dann ist es zweckmäfsig, sie gleich nach dem
ersten Semester in die Olli zu versetzen. Natürlich haben sie dann privatim das
Erforderliche in den einzelnen Disciplinen zu erlernen, um in ihrem Wissen keine
Lücken zu lassen, die in den meisten Fällen in der Leetüre der Classiker, in der
Geschichte und Naturgeschichte schwer zu beseitigen sein werden. Darum wird
auch bei der Versetzung eines Schülers nach halbjährigem Aufenthalt in der Ulli
mit Vorsicht zu verfahren sein, und darf dieselbe immer nur ausnahmsweise er-
folgen," —
Verf. des K. Prov.Soh.C. zu Kiel v. 12. Novb. 1874: „Veranlafst
durch den Bericht v. — , geben wir im Folgenden eine Darl^rang derjenigen
Rücksichten und Erwägungen, welche an den höh. Lehranstalten unsers Ressorts
bei den Versetzungen der Schüler in Betracht zu ziehen sind:
Durch unsere Verf. v. 28. Juni 1869 haben wir angeordnet, dafs einerseits
aus der Vorschule in die VI, andererseits aus der V und der IV in die betreff,
höhere Klasse nur einmal im Jahre Versetzung stattfinden soll. In Betreff der
übr. Klassen haben wir damals keine allgm. Bestimmung getroffen, mithin den
Dir. und LehrerooU. der einzelnen Anstalten in dieser Beziehung freie Wahl und
Entschliefsung belassen. Da über die Frage, ob jährl. oder halbjährl. Versetzun-
gen der Schüler als zweckmäfsiger zu erachten seien, die Ansichten der Schul-
männer sich noch keineswegs geeinigt haben, vielmehr auf beiden Seiten ansehn-
liche Pädagogen sich nicht minder auf Gründe der Theorie stützen, als auf That-
sachen der Erfahrung berufen, so würden wir es auch jetzt noch nicht für richtig
halten, die durch unsere vorerwähnte Verf. den einzelnen Schulen gelassene Frei-
heit durch weitere Bestimmungen einzuschränken. Wohl aber ist es durchaus er-
forderlich, dafs, abgesehen von denjenigen Anstalten, welche wegen der grofsen
Zahl ihrer Schüler im Stande sind, sogenannte Wechselcötus emzurichten, die
Schulen, welche bei einem jährigen, resp. 2jähr. Cursus der Klassen sich dennoch
für halbjährl. Versetzungen der Schüler entscheiden zu sollen glauben, mit allem
Ernste dafür Sorge tragen, dafs zu Michaelis die Schüler mit gleicher Leichtigkeit
wie zu Ostern in den Cursus der höheren KL eintreten und mit ffleichem Erfolge
regelrechte Fortschritte machen können. Die Mittel, durch welche dies zu er-
reichen ist, sind, was zunächst die Klassen mit Ijähr. Cursus anlangt, im Wesent-
lichen folgende:
1. In den Klassen können subordinirte Abteilungen eingerichtet werden,
welche, wenn sie auch Einzelnes gemeinschaftlich betreiben, doch im Grofsen und
Gunzen auf verschiedener Stufe stehen, so dafs der Lehrer abwechselnd bald die
eine, bald die andere zu unterrichten hat, während diejenige, welcher für den Augen-
blick seine Aufmerksamkeit weniger zugewandt ist, für sich beschäftigt werden mufs.
2. Femer kann das Unterrichtspensum des Jahrescursus in Semestralhälften zerlegt
werden, welche so beschaffen sind, dafs die Kenntnis der einen bei der Erlernung
der anderen nicht vorausgesetzt zu werden braucht, vielmehr mit jeder der beiden
Semestralhälften der Anfang gemacht werden kann. Wenn dieser Weg einge-
schlagen wird, ist es übrigens rflicht des Leders, bei denjenigen Sdbiülem, welche
153
der Klasse bereits über V* Jabr ang^eboren, ancb den ünterricbtsstoff des vorber-
gebenden Scbolsem. präsent zu erbalten, sowie dabin zu arbeiten, dafs Lücken,
die früber in den betreff. Kenntnissen bervorgetreten waren, jetzt nacbträglicb von
den Scbülem ausgefällt werden, und einerseits durcb beiläuf. Fragen, andererseits
durcb regelm. wiederkebrende metbod. Hebungen und Bepetitionen siob selbst den
Einblick zu verscbaffen, der ibn befäbigt, zu aller Zeit, und namentücb wenn die
Versetzung der Sobüler in Frage kommt, obne Weiteres ein gerecbtes und zutref-
fendes Urteil über den Stand der gesamten Kenntnisse und Leistungen jedes
einzelnen Scbülers abzugeben. 3. Endlicb kann, bei rascberer Durcbnabme
von Seiten des Lebrers, das ganze Unterricbtspensum einer Kl. 2mal innerbalb des
Jabrescursus absolvirt werden, so dafs der Lebrer sowobl zu Micbaelis als zu Ostern
im Anscblufs an das Fensum der vorbergeb. Kl. das weitere Fensum von vorn be-
ginnt, jedesmal vor 2 Abt. der Scbüler, von denen die eine den betreff, ünterricbt
zum ersten, die andere zum zweiten Mal erbält.
Welcber von diesen drei genannten "Weisen der Vorrang einzuräumen ist,
bangt einesteils von der Fersönlicbkeit und dem subjeotiven Ermessen der einzelnen
Lebrer ab, andererseits aber aucb von der Eigentümlicbkeit der verscbiedenen
Unterricbtsfäcber. So wird der erste Weg am leicbtesten beim üntrr. im Reebnen,
liosen, Zeicbnen und Scbreiben eingescblagen werden; der zweite bei der Matbe-
matik, insofern dieselbe die Teilung in Aritbmetik und Geometrie zuläfst, sowie
bei der G^cbicbte, der Geograpbie und der spracbl. Leotüre, der dritte endlicb bei
dem grammat. ünterricbt. Eine Combination verscbiedener Weisen macbt es
endlicb aucb möglieb, selbst bei Klassen mit 2jäbr. Gursus balbj&brl. Versetzungen
der Scbüler in mblgreicber Weise stattfinden zu lassen.
Dagefifen ist es nicbt zu billigen, wenn in Erlassen von 1 oder 2jähr. Cnrsus
halbjäbrL Versetzungen vorgenommen werden, obne dafs Fürsorge getroffen ist, dafs
zum Micbaelis-, wie zum Oster-Termin die Scbüler mit dem Unterricbtspensum der
Klasse in metbod. Ordnung beginnen können. Auf diesem Wege kommt der zu
Micbaelis neueintretende ^büler obne seine Scbuld in die pädagogiscb nicbt zu
recbtfertigende Lage, dafs er mitten in den Gursus der böberen Kl. bineingerätb
und es ibm nun überlassen bleibt, entweder durcb überaus anstrengenden Frivat-
fleifs oder durcb kostspiel. Frivatuntrr. sieb die im vorbergeb. Sem. in der Klasse
bereits fesU^lefften und eingeübten Kenntnisse auch seinerseits anzueignen, oder
aber bei allen denjenigen Teilen des Untrr., welobe auf der Grundlage des ersten
balben Jabres weiter bauen, obne Erfolg und daher aucb obne Literesse müfsig
zu sitzen. Gelingt ibm das Erstere, so erbält er während des zweiten balben
Jahres seines Klassenbesucbs in vielfacher Beziehung nur dasjenige nacbträgl. im
Klassenuntrr., was er bereits im vorhergehenden Sem. fär sich hat lernen müssen;
und was das Schlimmste ist, wenn er dann schliefslich wiederum zum Micbaelis-
termin eine Klasse aufrückt, so treffen ibn die nämlichen Uebelstände und Be-
schwerlichkeiten, mit welchen er beim Eintritt in die vorige Kl. zu kämpfen gehabt
hatte» Ist er dagegen nicht im Stande, das Unterricbtspensum des ersten Sem.
auf dem Frivatwege sich anzueignen und bleibt in Folge davon ein grofser Teil
des weiteren Klassenuntrr. ihm unverständlich, so giebt das nächstfolgende Sem.,
in welchem der Klassencursus von vom beginnt, keine Gelegenheit, das damals
Versäumte nachzuholen ; der Schüler mufs demnach, um das Unterricbtspensum der
Klasse vollständig zu absolviren, noch ein 3. Semester in derselben bleiben, so dafs
der Umstand, dafs er schon ^/t Jahr vor Ostern in die Kl. eingetreten ist, ibm
durchaus keinen Vorteil gewährt, wohl aber nicht selten mancherlei Nachteile im
Gefolffe bat Es ist daher in diesem Fall der Regel nach an jährl. Versetzungen
festzimalten und auch den Schülern und deren Eltern darüber von vorn berein volle
Klarheit zu geben. Zu Micbaelis ist dann nur in dem Ausnahmsfall einem Scbüler
das Aufrücken in eine höhere Kl. zu gestatten, wenn nach den speciellen bei ibm
obwaltenden Umständen gegründete Hoffnung gehegt werden kann, dafs er im
Stande sein werde, den Gursus dieser Kl. seinerseits um ^/< Jahr zu kürzen, und
wenn zugleich nach dem Urteil der Lehrer eine solche Beschleunigung als wünsobens-
werth für ihn erscheinen mufs.*' [Es folgt die Aufforderung, mit den Lehrern
zu erwägen, welches Frincip bei der betr. Anstalt zu befolgen sein werde].
4. Das Klassensystem. An Stelle des früheren Farallel- oder Fach*
Systems, nach welchem die Schüler in den verschiedenen Gegenständen ver-
154
schiedenen Klassen angehören konnten, ist allmählich in den höheren Lehranstalten
überall das Klassensystem eingeführt worden, nach welchem die Schüler in
allen Lehrgegenständen yereinigt bleiben.
Aus dem Landtagsabschied an die schlesischen Provinzial-
stände v. 30. Dcb. 183^1: — „Das Klassensystem entspricht dem Zweck der
Gymnasien, eine möglichst gleichmäfsige Bildung zu bewirken, und es hat gewifs
sein entschiedenes Gute, wenn bei denen, welche von der untersten Kl. an ein
Oymn. besucht haben, dahin gestrebt, und jeder, wie es mittels des Klassensystems
fCeschieht, angespornt wird, dafs er in keinem Lehrgegenstande zurückbleibe. —
In Hinsicht auf Ordnung und Disciplin, auf das gleichi^U'sige Fortschreiten in dem
zur Gesamtbildung gehörigen Wissen und auf die Gestaltung eines näheren und
innigeren Verhältnisses zwischen Lehrer und Schülern hat sich das Klassensystem
als das zuträglichere bewährt.** —
In einem weiteren Sinne fafst die C.Verf. v. 24. Octb. 1837 das Klassen-
system: 8. S. 56. (VrI. ü. u. Pr.O. S. 108, wo ein Fachlehrersystem angedeutet
ist; 8. C.Verf. v. 31. März 1882, S. 113).
5. Klassenfreqaenz:
C. Verf. V. 28. Febr. 1867: „Durch die U. und PO. v. 6. Octb. 1859 (s.S. 102)
ist hinsichtlich der in den einzelnen Klassen einer Realschule 1. 0. zulässigen
Schülerfreqnenz aas pädagog. and didakt. Gründen als Maximnm für die
unteren Kl. die Zahl von 50, für die mittleren 40, für die oberen 30 bestimmt
worden. Ich habe mit Befnedigang wahrgenommen, dafs in einigen Provinzen
diese Grenze mehr and mehr eingehalten and dafs obige Bestimmung in ent-
sprechender Weise auch bei den Gymnasien zur Anwendung gebracht wird,
sowie auch, dafs, wenn sich eine von dem betreffenden K. Prov.Sch.G. eine Zeit
lang geduldete höhere Frequenz als dauernd erwiesen hatte, für die Einrichtung
von Parallelklassen gesorgt worden ist In anderen Provinzen ist, wie die ein-
gereichten Frequenzlisten immer aufs neue ergeben, diesem für das Gedeihen
der Schulen so wichtigen Gegenstande nicht dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet
und nicht genug auf Mittel und Wege Bedacht genommen worden, durch welche
einer schädlichen Klassenüberfüllung vorgebeugt werden kann.
Ganz übereinstimmende Mafsregeln lassen sich bei der Verschiedenheit
derlocalen und anderen Verhältnisse dafür nicht vorschreiben; es mufs vielmehr
dem Ermessen der Aufsichtsbehörden überlassen bleiben, in jedem besonderen
Fall nach Anhörung des Directors, resp. des Patronats oder Schulcuratoriums,
das Erforderliche anzuordnen. Ich finde mich veranlafst, dies zur Beseitigung
der noch immer vorkommenden mafslosen üeberschreitungen vorerwähnter Maximal-
zahlen für sämtliche Kategorien höherer Lehranstalten in Erinnerang zu bringen;
wobei ich schliefslich bemerke, dafs bei hinreichendem Kaum auch in den
mittleren Klassen ausnahmsweise eine Frequenz von 50 und in den oberen eine
solche von 40 Schülern zulässig ist."
C.Verf des Prov.Sch.G. zu Breslau v. 14. Febr. 1872: „Der H
Minister der geistl. etc. Anglgh. hat aus Anlafs der Thatsache, dafs an mehreren
Gymnasien und Bealschulen unsers Verwaltungsbezirks die Schülerzahl in einigen
Klassen eine unzulässige Höhe erreicht, uns beauftragt, die HH. Directoren auf
die sorgfältige Einhaltung der Normalfrequenz hinzuweisen. Indem wir Ew. etc.
hiervon mit der Aufforderung zu gewissenhafter Nachachtung in Kenntnis setzen,
bemerken wir zugleich, dafs es zur möglichst genauen Herstellung des vor-
schriftsmäfsigen Verhältnisses nicht genügt, die Aufnahme neuer Schüler aaf
das unumgängliche Mafs zu beschränken; vielmehr verlangen diejenigen Be-
stimmungen vorzugsweise genaue Befolgung, nach welchen solche Schäer von
der Anstalt wieder zu entfernen sind, denen selbst nach zweimaliger Absolvining
des Klassencursus die Versetzung auf die nächst höhere Klasse nicht zugestanden
werden kann.
155
Die Anzahl der höheren Unterrichtsanstalten hat sich in den verschiedenen
Teilen der Provinz in den letzten Jahren wesentlich vergröfsert; andererseits
sind wir stets darauf bedacht gewesen, an denjenigen SteUen, an welchen sich
die Ueberfüllnng der Klassen als eine dauernde herausgestellt hatte, dnrch Ein-
richtung von Parallelklassen Abhülfe eintreten zu lassen, soweit die äufseren
Umstände es gestatteten. Es wird unsere Aufgabe sein, in ähnlicher Weise Er-
leichterungen nach Möglichkeit teils zu begünstigen, teils herbeizufahren. In-
zwischen mufs die stetige Aufmerksamkeit der Directoren darauf gerichtet sein,
in Uebereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften die Schülerzahl der ver-
schiedenen Klassen auf ein Mafs zurückzuführen, welches didaktische und päda-
gogische Berücksichtigung der einzelnen Zöglinge in dem erforderlichen Grade
gestattet, die nöthige Fürsorge für die Gesundheit der Schüler ermöglicht und
zugleich die Lehrer vor einer Aufgabe bewahrt, welcher ihre Kräfte auf die
Dauer nicht gewachsen sein können.**
Verf. des Prov. Seh. C. zu Stettin (3. Dcb. 1866): — dafs für keine
Klasse des Gymnasiums und der Bealschule daselbst, sowie ihrer Vorschulen
eine An&ahme zuzusagen, bevor nicht die am Ende des Semesters stattfindende
Versetzung beschlossen sei. Alsdann seien zunächst die Aufnahmegesuche ein-
heimischer Eltern zu berücksichtigen, und vor der Hand noch zu gestatten,
dafs dabei die Zahl der Schüler der unteren und der mittl. Klassen über die
sonst als Maximum anzusehende Zahl von je 50, aber höchstens bis 60 ge-
steigert werde. Auswärtige Schüler, welche nicht vom elterL Hause aus die
Schule besuchen können, sollen nicht mehr aufgenommen werden, sobald da-
durch die Zahl der Schüler einer Klasse über 50 oder noch weiter gesteigert
werden würde.
Min. Verf. v. 24. Febr. 1875: ,Jn dem Bericht v. — schlägt das K.
Prov.Sch.C. vor, um der UeberfüUung des Gymn. in N. abzuhelfen und der
Nothwendigkeit der Errichtung neuer Parallelkl. vorzubeugen, bis auf Weiteres
die An&ahme auswärtiger Schüler abzuweisen, und liur solche aufzunehmen,
deren Eltern am Ort wohnhaft sind. Diese Mafsregel würde ich nicht billigen
können. Die Anstalt ist ein königliches Gymn. und als solches nicht aus-
schliefslich oder vorzugsweise für das Bedürfnis der Stadt bestimmt. Deshalb
ist, wenn die Ueber^ung der Anstalt eine Beschränkung der Aufnahme
neuer Schüler nöthig macht, diese nur dadurch zu bewirken, dafs die zuletzt
angemeldeten Schüler, far welche in den vorhandenen Klassen kein Platz ist,
abgewiesen werden, mögen sie auswärtige oder einheimische sein." —
B. Der Lehrplan.
1. Die Gymnasien.
Die für die gegenwärtige Lehrverfassung der Gymnasien mafsgebende
allgemeine Anordnung ist in der CircVerf. v. 31. März 1882 enthalten s. S. 110 ff.
Der Lehrplan der Progymnasien richtet sich in allen Beziehungen
nach dem der Gymnasien; s. S. 126.
Die Vorschulen betreffend s. die allgemeinen Bestimmungen v. 23. April
1883, 8. 144 ff. Die Vorschulklassen sind amtlich nicht als Septima, Octava
zu bezeichnen, auch in den Frequenzübersichten abgesondert zu stellen und zu
berechnen.
Min. Verf. v. 24. Sptb. 1863: „Es ist mir bekannt geworden, dafs in den
mit den Gymn. and Bealschulen verbundenen Vorschulklassen an einigen Orten
Unterricht im Lateinischen oder auch im Französischen erteilt wird. Dies ist
der Bestimmung solcher Vorschulen zuwider und führt über die Anforderungen
hinaus, welche for die Aufnahme in die unterste Kl. der höh. Lehranstalten
156
festgesetzt sind. Um diesen Anforderungen zu genügen, haben sich die Yor-
schiQen auf den allgm. Elementamnterricht zn beschränken, fremde Sprachen
also Ton ihrem Lehrplan ansznschliefsen."
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 5. Apr. 1875: „Wir haben
von der Einrichtung der mit höh. Anstalten verbundenen Vorschulen genauere
Kenntnis genommen und uns überzeugt, dafs die Schüler in mehreren derselben
mit zu vielen Stunden belastet und dadurch in Gefahr gebracht werden, fruh-
zeitig zu ermatten, an Lemlust und Freudigkeit Abbruch zu leiden und so den
Anforderungen der späteren Jahre nicht hinreichend gewachsen zu sein. An
manchen Vorschulen ist zugleich der üebelstand hervorgetreten, dafs die
Schüler z. B. im Bechnen, über die Aufgabe der Vorbereitungski. hinausgeführt
werden, wodurch in VI, da nicht alle Schüler derselben durch die Vorschule
gegangen sind, eine der Förderung des Unterrichts schädliche Ungleichheit ent-
steht. Wir beauftragen daher die HH. Dir. und Bectoren der höh. Untrr.
Anstalten, an welchen Vorschulen bestehen, spätestens von Michaelis d. J. ab
den Lehrplan so einzurichten, dafs der unteraten (3.) Vorschnlkl. nicht mehr
als 12 St., bei einer Frequenz von mehr als 30 Schülern höchstens 16 St., in der mittl.
(2. Kl.) nicht mehr als 18 St., bei einer Frequenz von mehr als 30 Schülern
höchstens 22 St., in der obersten (1. Kl.) nicht mehr als 24 St., bei einer
Frequenz von mehr als 30 Schülern höchstens 26 St. wöchentl. zuerteilt werden.
Es läfst sich erwarten, dafs in Folge dieser Verminderung der Stundenzahl in
den Vorschulen nicht nur der Körper, sondern auch der Geist der Jugend
frischer und kräftiger sich entwickeln werde, als in neuerer Zeit vielfach wahr-
genommen worden isi Der Lehrplan der Vorschule ist in Zukunft jedesmal
zugleich mit dem der Gymn. und Bealklassen vor Anfang des neuen Schuljahres
einzureichen.^'
2. Die Beallehranstalten und höheren Bürgerschulen.
Die für die gegenwärtige Lehrverfassung mafsgebende Anordnung ist in
der Circ.Verf. v. 31. März 1882 enthalten, s. S. 110 ff. Die Vorschulen be-
treffend s. S. 144 ff.
Min.Verf v. 21. Sept. 1878. „Die Anfrage des Magistrats vom 29. v. M.
findet, soweit es sich um die Militärberechtigung der den Unterricht in den
alten Sprachen ausschliefsenden höheren Bürgerschulen handelt, ihre teil-
weise Erledigung bereits durch das von dem Beichskanzler-Amt unter dem
23. Januar d. J. in Nr. 4 des Centralblattes für das Deutsche Beich veröffent-
lichte „Verzeichnis der höh. Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeug-
nissen der wissensch. Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst
berechtigt sind.^* Denn in der Klasse 0. dieses Verzeichnisses, d. h. in der
Klasse derjenigen Lehranstalten, an denen das Militärzeugnis durch das Be-
stehen der Abgangsprüfung erworben wird, sind, abgesehen von 48 derartigen
Schulen in den aufserpreufsischen Bundesstaaten, 7 preufsische, den Unterricht
in den alten Sprachen ausschiefsende höhere Bürgerschulen aufgezählt, drei in
Breslau, je eine in Hannover, Kassel, Frankfurt a. M., Wiesbaden. Schon diese
Anzahl der verzeichneten Lehranstalten erweist, dafs es sich nicht um speciell
motivirte Ausnahmefälle handeln kann, sondern um eine principiell festge-
stellte Norm.
Die bestimmten Bedingungen, unter welchen lateinlose höh. Bürgerschulen
die Müitätberechtigung in der Klasse C. des § 90 der deutschen Wehrordnung
vom 28. September 1875 zuerkannt wird, hat das Beichskanzler-Amt in einem
unter dem 31. März d. J. an die deutschen Bundesregierungen gerichteten
Schreiben dargelegt. Abgesehen von den in den Preufsischen Schuleinrichtungen
schon allgemein enthaltenen Bestimmungen sind es die folgenden.
157
Die fraglichen Schalen müssen eine sechsjährige, in sechs aufsteigende
Klassen geteilte Lehrdaner haben; zur Aufnahme in die unterste Klasse ist er-
forderlich, dafs der Schüler das nennte Lebensjahr vollendet hat und die diesem
Lebensalter entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt. In den
Lehrplan dieser Schulen ist auTser den übrigen (Gegenständen der allgemeinen
Bildung (Beligion, Deutsch, Geschichte und Geographie, Bechnen und Mathe-
matik, Physik und beschreibende Naturwissenschaften; Schreiben, Zeichnen,
Singen, Turnen) der Unterricht in zwei lebenden fremden Sprachen, der fran-
zösischen und der englischen, aufzunehmen. Auf jedem dieser Gebiete ist in
geordnetem Lehrgange der Unterricht bis zu der Höhe zu führen, welcher einer-
seits durch die Dauer der Lehrzeit bedingt ist, andererseits durch die in der
Begel zutreffende Voraussetzung, dafs die Schüler dieser Anstalten nicht be-
absichtigen, eine Fortsetzung des Unterrichts auf einer anderen Schule all-
gemeiner Bildung zu suchen. Die an diesen Schulen anzustellenden und zu
verwendenden Lehrer müssen ihre wissenschaftliche und praktische Lehrbefahigung
in der vorschriftsmäfsigen Weise erwiesen haben. Der Dirigent der Anstalt
und mindestens die Hälfte der Lehrer müssen akademische Bildung besitzen
und die Prüfung far das höhere Lehramt abgelegt haben; für die übrigen ge-
nügt der Nachweis der Lehrbefähigung auf Grund seminaristischer Vorbildung.
Die Abgangsprüfung, durch welche das Militärzeugnis erworben wird,
wird unter dem Vorsitz eines K. Commissars abgehalten. Die finanzielle
Dotation der preufsischen Schulen dieser Art wird in jedem einzelnen Falle
von der Unterrichtsverwaltung nach den localen Verhältnissen geregelt Damit
diese Schulen neben den anderen Kategorien höherer Schulen tüchtige Lehrer
sich erwerben und bewahren können, ist dahin zu streben, dafs ihr Besoldungs-
etat für die Lehrer von Universitätsbildung demjenigen der Progymnasien
wenigstens annähernd gleichkomme.
Durch Erfüllung der vorstehenden Bedingungen ist den fraglichen Schulen
die Erlangung der Militärberechtigung in Klasse C. des § 90 der deutschen
Wehrordnung grundsätzlich sicher gestellt. Die wirkliche Zuerkennung
erfolgt in jedem einzelnen Falle durch das Beichskanzler-Amt erst dann, wenn
die Schule bis zu ihrem Abschlufs entwickelt und wenn durch amtliche Revision
sowie durch die Ergebnisse der ersten Abgangsprüfung constatirt ist, dafs die-
selbe ihrer Aufgabe entspricht.
Nach dem Obigen und unter Benutzung des Vorbildes bereits bestehender
gleichartiger Schulen wird es für den Magistrat keine Schwierigkeit haben,
einen ungefähren Etat aufzustellen und einen Lehrplan dem K. Prov.Sch.O.
zur Genehmigung vorzulegen. Der erhebliche Zuwachs, welchen die Zahl der
Schulen dieser Kategorie während der letzten Jahre insbesondere in solchen
Städten erhalten hat, in welchen Schulen allgemeiner Bildung von neunjähriger
Lehrdauer (Gymnasien, Bealschulen 1. Ordnung) bereits bestehen, darf als ein
tbatsächliches Zeugnis dafar angesehen werden, dafs diese Schulen einem wirk-
lichen Bedürfais solcher Eltern entsprechen, welche ihren Söhnen nicht über
das 16. Lebensjahr hinaus die Wohlthat allgemein bildenden Unterrichts zu-
wenden können. Die wesentliche Bestimmung dieser Schulen ist, dafs ihre
Schüler nach dem Abschlufs der Schulzeit unmittelbar in bürgerliche Berufs-
arten oder in technische Facheurse von mittlerer Höhe eintreten. Wahrschein-
lich sind auch bereits einzelne Schüler derselben nach wohlbestandener Ab-
gangsprüfung in den subalternen städtischen oder Staatsdienst versuchsweise
angenommen worden. Ob eine allgemeine Regelung in dieser Beziehung nöthig
werden wird, läfst sich noch nicht bestimmen; jedenfalls wird sie noch einige
Jahre aufschieben sein, um eine festere Grundlage der Erfahrung dafür zu
gewinnen.*' Der Minister etc. Falk.
158
3. Combinirte Anstalten.
Bei Gymnasien und Progymnasien, an denen die Dispensation vom
Griechischen znlässig ist (s. p. 67), wird den dispensirten Schülern statt dessen
Unterricht in neueren Sprachen n. a. erteilt. An Orten, wo sich eine zur Erteilung
wissenschaftlicher Befähigungszeugnisse für den einjährig -fi^iw. Militärdienst
berechtigte Bealanstalt mit obligatorischem Unterricht im Latein nicht befindet,
sind die Gymnasialanstalten beftigt, derartige Befähigungszeugnisse auch ihren
von der Teilnahme am Unterr. in der griech. Sprache dispensirten Schülern zu
erteilen, insofern letztere an dem eingeführten Ersatzunterricht regelmäfsig teil-
genommen und nach mindestens einjährigem Besuch der Secunda auf Grund
einer besonderen Prüfung ein Zeugnis des LehrercoUegiums über genügende
Aneignung des entsprechenden Lehrpensums erhalten haben. (S. GBl 1885
p. 502 Anm.; vgl. weiterhin Abschn. Y, 2.)
Min.Yerf. v. 7. Dec. 1882. „Aus den in Folge meines Erlasses vom
29. April d. J. von den betr. E. Prov. SchulcoUegien erstatteten Berichten habe
ich ersehen, dafs an denjenigen Gymnasien, welchen unter Genehmigung seitens
des Beichsamtes des Innern die Berechtigung zuerkannt ist, ihren vom Griechi-
schen dispensirten Schülern unter bestimmten Bedingungen das Zeugnis der
wissensch. Befähigung far den eiiyahrig-freiw. Militärdienst auszustellen, während
der letzten fünf Jahre von dieser Ermächtigung nur in einer sehr geringen Zahl
von Fällen Gebrauch gemacht worden ist, und dafs bezüglich des an die betreffen-
den Schüler zu erteilenden Ersatzunterrichts für das Griechische die unter
No. 3 der Verfügung vom 11. Oct. 1865*) bezeichneten Bestimmungen im All-
gemeinen sachgemäfs ausgeführt werden. Um ein dem Zweck entsprechendes
und innerhalb gewisser Grenzen gleichmäfsiges Verfahren zu sichern, treffe ich
zur Erläuterung und Ergänzung von No. 3 der angezogenen Verfügung folgende
Bestimmungen, auf deren Ausfahrung an allen mit der fraglichen Berechtigung
ausgestatteten Gymnasien das E. Prov. Seh. Coli, fortan wird zu halten haben:
1. Der Ersatzunterricht hat an derselben Stelle des Lehrganges zu be-
ginnen, an welcher der Unterricht im Griechischen anfängt und sich auf die
gleiche Zahl von Lehrstunden zu erstrecken, welche für den griechischen Unter-
richt festgestellt sind.
2. Nothwendiger Gegenstand des Ersatzunterrichts ist die englische Sprache.
Als Lehrziel ist zu verfolgen, dafs die vom Griechischen dispensirten Schüler
behufs Erwerbung der Militärberechtigung dasjenige Mafs des Wissens und
Eönnens in der englischen Sprache nachzuweisen haben, welches von den
Schülern der Realgymnasien an der gleichen Stelle des Lehrcursus, d. h. bei der
Versetzung nach Obersecunda erfordert wird.
3. Wenn der Ersatzunterricht aufser der englischen Sprache andere
Gegenstände betrifft, welche obligatorische Lehrgegenstände des Gymnasiums
sind, so darf darf derselbe nicht den Charakter eines bloflsen Nachhülfe-Unter-
richts behufs Erreichung des allen Schülern gesetzten Lehrzieles haben, vielmehr
mufs dann diesem Unterricht eine ^bestimmte, von diesem unterschiedene Auf-
gabe gestellt werden.
Zugleich setze ich auf Grund einer seitens des Beichsamtes des Innern
getroffenen Bestimmung das E. Prov.Sch.C. unter EUnweis auf die Anmerkung
Im Centralblatt für das Deutsche Reich 1882 Seite 180^) in Eenntnis, dafs
von Ostern 1883 den vom Griechischen dispensirten Schülern nicht mehr ein
zweifacher Weg zur Erwerbung des Militärzeugnisses zur Wahl gestellt sein
♦) 8. weiterhin Abschn. V, 2.
**) 8. oben (O.-Bl. 1885. p. 502 Anm.)
159
irird, nämlich entweder zweijähriger Besach der Secnnda oder Ablegong einer
Fräftmg nach einjährigem Aufenthalt in dieser Klasse, sondern ansschliefslich
der letztere. Durch diese Prüfung ist zu constatiren, dafs die vom Griechischen
dispensirten Schüler nicht blofs in den übrigen obligatorischen Lehrgegenständen
des Gymnasiums das Lehrpensum des ersten Jahrescursus der Secunda sich
genügend angeeignet^ sondern auch den für den Ersatzunterricht gestellten
Lehraufgaben enteprochen haben/*
Häufiger ist unter gemeinsamer Direction die Verbindung von Beal-
gymnasien und Sealprogymnasien mit Gymnasien und Progymnasien. Die Ueber-
einstimmung des Lehrplans der Klassen von Sexta bis Quarta gewährt eine
gemeinsame Grundlage, auf welcher sich nach dem sog. Bifurcationssystem
Ton Tertia ab der Unterricht scheidet. (Zeichen: Y; s. OBl. 1878 p. 489.)
Vgl. U. u. Pr.O. p. 103 zu § 5.
Femer kommt eine Verbindung des Progymnasiums mit der lateinlosen
Realschule vor, sowie der Realschule und der höh. Bürgerschule mit Fachklassen
für solche Schüler, welche sich einem mechanisch -technischen oder technisch-
chemischen Gewerbe, bezw. dem Berufe des Maschinenbauers, Hüttenmannes,
Chemikers, Privatbaumeisters oder Fabrikanten widmen oder noch eine technische
Hochschule besuchen wollen. Einige Anstalten dieser Art (wie Barmen, Dortmund,
Hagen) führen auch noch den Namen von Gewerbeschulen.
Die Mheren Proyinzial-Gewerbeschulen sind zum Teil in höhere
Bürgerschulen bezw. siebenjährige Realschulen mit Fachklassen umgewandelt
worden; ein anderer Teil hat sich zu Ober-Realschulen entwickelt. (Für die
K Gewerbeschule in Saarbrücken kommt im Wesentlichen das Prüfungsreglement
vom 21. März 1870 noch in Anwendung.)
Für die mit Realanstalten verbundenen Fachschulen ist unter dem
17. Oci 1883 eine Prüfungsordnung eriassen worden (s. GBL 1883 p. 556—564).
Bedingong des Ueberganges in die Fachklasse ist Absolvirung des sechsten
Jahrescursus. Der zweij^rige Lehrgang in denselben gewährt mathematisch-
natorwissenschafblichen Unterricht und Unterricht in der betr. Technik.
Denkschrift über die Gewerbeschulen OBL 1881 p. 189—212, über die
Entwickelung der gewerblichen Fachschulen ebenda p. 440 — 460.
Die Landwirthschaftsschulen ressortiren gemeinschaftlich von dem
Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten und dem Unterrichtsminister;
für ihren dienstlichen Verkehr stehen sie unter den Regierungen. Sie sind
nicht Staatsanstalten, sondern vom Staate subventionirte städtische oder land-
wirthschaftliche Vereins-, Kreis- oder Provinzial-Institute, welche mit der Er-
langung einer allgemeinen und Fachbildung auch die Erwerbung der Berech-
tigung zum Einjährig-Freiwilligen-Dienst erstreben. Der Oursus ist dreij^rig.
Die Aufnahme wird bedingt durch den Nachweis der Reife für die Tertia eines
Gymnasiums oder Progymnasiums. Unterrichtsgegenstände sind : Religion, Deutsch,
Französisch, Englisch (oder statt dessen Lateinisch, wobei die Wahl aber nicht
dem einzelnen Schüler überlassen ist, sondern allgemein für die Anstalt ge-
troffen werden mufs), Geographie, Geschichte, Mathematik, Naturwissenschaften,
Landwirthschaftslehre, Zeichnen, Singen, Tomen. Die Abgangsprüfung, welche zur
Erlangung des Berechtigungsattestes bestanden werden mufs, wird unter Beteiligung
eines von der Unterrichtsverwaltung dazu delegirten E. Commissars abgebeten.
VgL die Nachweisungen im Anhang zu den Beiträgen der landwirthschaftlichen
Statistik von Preufsen für das Jahr 1884, bearbeitet im Ministerium für Land-
wirthschaft, Domänen und Forsten (Druck von Gebr. Unger 1885); femer: Vor-
schriften, betr. die Ausbildung und das Examen für die Lehrer der Landwirtii-
schaft an den Landwirthschaftsschulen vom 9. Mai 1877 (GBL 1877 p. 327 fg.).
160
Für detaillirte Lehrpläne wird den einzelnen Anstalten ein ge-
wisses Mafs von Freiheit gestattet, and so bringt die Bücksicht auf die Klassen-
freqnenz, die Schülergeneration, die Lehrerindividnalität, die besondere methodische
Tendenz n. dgl. m. thatsächlich einige Verschiedenheit hervor. In der einen
Anstalt kann unter Umständen sehr wohl schon anf einer niederen Stofe ein
Kapitel der Grammatik durchgenommen werden, das eine andere sich genöthigt
sieht einer höheren Stufe vorzubehalten. Die Stereometrie wird auf mehreren
Anstalten nach der ebenen Trigonometrie gelehrt, während andere es vorziehen,
den älteren Lehrbüchern zu folgen, welche die constructive körperl. Geometrie
unmittelbar an die ebene Geometrie anschliefsen.
Beim Beligionsunterricht der confessionellen Minorität höherer Schulen,
der in der Begel von Ortsgeistlichen erteilt wird, müssen nicht selten die betreff.
Schüler verschiedener Klassen zusammengenommen werden, was Modificationen
des Lehrplans für die Religion nöthig macht.
Der Kanon classischer Leetüre auf den Gymnasien enthält
von lat. Prosaikern: Com. Nepos, Jul. Caesar, Sallustius, Livius, Tacitus,
Cicero (dieser nach seinen verschiedenen Stilgattungen); von den Dichtem:
Ovidius, Yergilius, Horatius;
von griech. Prosaikem : Xenophon, Herodotus, Thucydides, Piaton, Ljsias,
Isocrates, Demosthenes; von den Dichtem: Homerus und Sophokles.
Diesen werden je nach Vorliebe einzelner Lehrer oder aus anderen
Gründen hin und wieder zugesellt und mit Auswahl gelesen : Justinus, Curtius,
Quintilianus (B. X), Plinius (epp.), Seneca (de brev. vit al.); Phaedrus, die
Elegiker, Plautus, Terentius, Lucanus. Ebenso: Plutarchus, Lucianus; Aeschylus,
Euripides, griech. Lyriker und Elegiker.
Das Eintreten der einzelnen Autoren ist vielfach von den vorher ange-
deuteten individuellen Umständen abhängig. In Ciceros Briefe glaubt ein er-
fahrener Lehrer mit Grand oft erst die gereiften Schüler der Ol einführen zu
können, u. dgl. m. Mit einzelnen Schülergenerationen wird sich der Lehrer
auch an den Aeschylus wagen können, mit anderen vielleicht keinen Tragiker
lesen. Eben so verschieden wird nach den Umständen die Auswahl unter den
piaton. Dialogen u. a. sein.
Was das Quantum der Leetüre betrifft, so bestehen darüber be-
stimmte Vorschriften nicht
Aus einer C. Verf. v. 24. Juni 1864: — „Die Aufgabe der oberen Gym-
nasialklassen im Unterricht in den alten Sprachen wird verkannt oder vergessen, .
wenn die Hauptsorge des Lehrers auf grammatische Erörterungen gerichtet ist
und darüber eine nur durch umfassende Leetüre zu erreichende lebendige Ein-
führang in den Geist der alten Schriftsteller versäumt wird. Obschon hieran
bei verschiedenen Gelegenheiten, u. a. in der den Gymnasiallehrplan betreffenden
C. Verf. V. 7. Jan. 1856 erinnert worden ist (s. p. 69), so wird doch auf
n^nchen Gymn. noch immer zu wenig und zu fragmentarisch gelesen, uod
namentlich auch um der griech. Scripta willen nicht selten die griechische
Leetüre selbst beeinträchtigt. Das Erfordernis einer gründlichen grammatischen
Interpretation nöthigt keineswegs dazu, auf solche Weise das, was nur Mittel
zu sein bestimmt ist, zum Zweck zu machen."
Als Summe dessen, was auf vielen Gymnasien während des Gymnasial-
cursus gelesen wird, kann etwa Folgendes angenommen werden: Von Com.
Nepos die meisten vitae, Jul. Caesar bell. gall. ganz oder mindestens 5 Bücher,
sowie bell, civ., Livius 3 — 6 Bücher, Tacit. Ann. und Hist. etwa 2 Bücher;
aufserdem Germania (jedenfalls c. 1—27) und Agricola; von Cicero 3 kleinere
und 3 gröfsere Beden, Laelius, Cato maj., Tusc. (I und V), Of&c. (Auswahl}
161
imä eine der rhetor. Schriften, — Von Ovid etwa 1000 Verse, Vergil 6 Bücher,
Horai die Oden nnd Episteln, einige Epoden (2. 13. 16) und Satiren
(I, 1. 6. 9); Auswahl ans den Elegikem. Von Xenophon die Anabasis ganz,
oder mindestens 5 Bücher; Auswahl ans den Memorabb. nnd den Hellen.,
Herodot. 80 bis 100 capp., Thucyd. ein Bach (nnd jedenfalls II, 35—46);
Lysias 6 Beden, Demosthenes 3 Reden; Piaton. Apolog., Kriton, Phaedon (der
erzählende Teil), Protagoras, Gorgias. — Homer. Dias und Odyssee mit Hülfe
der Privatlectüre (s. Abschn. V, 4) ganz; von Sophokles 2 Tragödien.
Die Leetüre eines Dramas soll nicht auf 2 Semester verteilt werden. —
In mehreren Gymn. wird daranf gehalten, dafs die Schüler in der Klasse von
den Antoren nur Ausgaben ohne Anmerkimgen vor sich haben; in einigen wird
es erreicht, dafs alle Schüler der Klasse dieselbe Textausgabe benutzen.
Die in der C. Verf. v. 24. Octb. 1837 (s. p. 56) empfohlene Concen-
tration des Unterrichts wird hinsichtlich der classischen Leetüre in den oberen Kl.
mehrerer Gymn. mit befriedigendem Erfolg so ausgeführt, dafs Verschiedenartiges
mehr nacheinander als nebeneinander gelesen wird. Demgemäfs legt
man z. B. die lateinische Leetüre in die Vormittagsstunden der 3 ersten und
die griechische in die entsprechenden Stunden der 3 letzten Wochentage, und
liest im 1. Quartal des Semesters nur einen Dichter, im 2. nur einen Prosaiker.
Einrichtungen dieser Art, deren mannigfaltige Vorteile unverkennbar sind, lassen
sich nicht allgemein machen, weil sie von der Zusammensetzung der Lehrercoll.
nnd anderen Umständen bedingt sind. Die Fortsetzung derselben Leetüre durch
2 St hintereinander, wie sie in den oberen Kl., ohne ermüdend zu wirken, sehr
wohl stattfinden kann, entspricht der vorerwähnten C. Verf. p. 58.
Vgl. in derselben Beziehung hinsichtlich des Lectionsplans der Real-
schulen die U. und PO. p. 88 f. 106 f.
C. Bestimmungen Aber einzelne Unterrichtsgegenstftnde.
1. Beligion.
Bev. Lehrpläne nuch G.Verf. v. 31. März 1882: p. 118, 119 für Gymn.;
128, 130 für R; 136 f. für h. B.
0. Verf. (des Min. v. Altenstein) v. 28. Juni 1826: „Das Ministerium
hat durch den Bericht des E. Consistoriums und Prov. Seh. C. v. 27. Deb. v. J.
von der Beschaffenheit und der Einrichtung des Beligionsunterrichts
der gelehrten Schulen Seines Bezirks genauere Kenntnis erhalten, und
wiU im folgenden diejenigen Punkte bezeichnen, auf welche zur Abstellung der
bei diesem wichtigsten' aller Unterrichtsgegenstände hie und da sich findenden
Mängel die Dir. der Gymn. in einer an sie zu erlassenden besonderen Circ. Ver-
fügung hinzuweisen sind:
1. Da in der Begel nur vorzüglich der eine und der andere Lehrer zur
Erteilung des Religionsunterrichts geeignet ist» diesem also derselbe in mehreren
Klassen übertragen werden mufs, so ist dieser höheren Bücksieht die sonst
allerdings wünsehenswerthe Gleichzeitigkeit des erwähnten Untrr. unterzuordnen,
dennoch aber thunlichst darauf zu sehen, dafs derselbe in die erste vormittägige
Stunde falle. 2. Es müssen aber auch alle anderen ersten vor- und naehmitt
LehrBtnnden mit einem Gebet begonnen, und eben so auch die letzten vor- und
naehmitt. Lehrstunden geschlossen werden'*') 3. Wo, wie bei den Censuren,
*) Die Vormittagstanden mit Gebet auch za schliefsen, und die Nachmittags-
stnnden mit Gebet anzufangen und zu schliefsen, ist alimählich aufser Gebrauch ge-
kommen.
Wieie, YeroTdnnngen. 11
162
bei den Öffentlichen Prüfungen, bei der Einfahning neuer Lehrer, bei Entlassung
abgehender Scholaren u. s. w. die Gesamtheit der Schu^ugend versammelt ist,
darf in keinem Falle die erhebende religiöse Feierlichkeit fehlen, und ist viel-
mehr stets mit einer solchen die Handlung zu beginnen. 4. Wo Pensionate
oder Alumnate mit einer Lehranstalt verbunden sind, mufs der Director ganz die
Stelle eines frommen Familienvaters vertreten, und auf regelm. Abhaltung der
Morgen- und Abendgebete, Sprechen des Tischgebetes u. s. w. halten. Ihm
und den Lehrern solcher Ausloten liegt auch insonderheit ob, mit den Zög-
lingen den öffenü. Gottesdienst zu besuchen, in Gemeinschaft mit den Confir-
mirten das heil. Abendmahl zu geniefsen und sie auf den würdigen GenuTs des-
selben vorzubereiten. 5. Aber auch in den anderen Lehranstalten, wo eine
so genaue Beziehung unter Lehrern und Schülern nicht stattfindet, ist thunlichst
auf gemeinschafü. Besuch des Gottesdienstes zu halten und jede hierunter be-
stehende Einrichtung aufrecht zu erhalten oder, wo es nöthig, die wünschens-
werthe Einrichtung zu treffen.
Es bedarf wohl keiner besonderen Erinnerung, dafs bei allem dem, was im
Vorstehenden über den Religionsunterricht und das Gebet, so wie über den
Besuch des Gottesdienstes angeführt ist, aUes darauf ankommt, dafs die Lehrer
die Jugend in die da^u unerläfsliche Stimmung zu versetzen und in solcher
zu erhalten verstehen. Nur ein gehöriger Ernst bei dieser Gelegenheit kann
eine segensreiche Wirkung hervorbringen. Jede Ausartung, Leichtfertigkeit oder
Boheit bei dieser Gelegenheit vernichtet das Heiligste in der Jugend und
macht diese Beligionsübungen verderblich. Der Gegenstand ist von groüber
Wichtigkeit und das Ministerium empfiehlt daher die gröfste Aufinerksamkeit
auf solchen.
6. In Ansehung des bei dem Beligionsuntemcht zu befolgenden Plans kann
im Allgem. die Andeutung genügen, dafs in den unteren El. vorzugsweise biblische
Geschichte durchgenommen, in den mittl. zu einem zusammenhangenden Vortrag
der chrisü. Beligionswahrheiten, insonderheit nach Luthers Katechismus, überge-
gangeu, in den oberen El. aber, nächst Mitteilung einer Einleitung in die
Bücher der heil. Schrift und einer Geschichte der christl. Eirche, zu einem aus-
führl. Vortrag über genannte Lehren der c^iristl. Religion vorgeschritten, sowie
in diesen oberen und mittl., teilweise auch unteren El. eine ganz besondere
Aufmerksamkeit auf das Lesen und Erklären, nicht einzelner aus dem Zusam-
menhang gerissener Stellen, sondern vielmehr ganzer Abschnitte und Bücher
der h. Schrift gerichtet, und in den unteren zugleich das Auswendiglernen der
Hauptstücke des Eatechismus nebst den Beweisstellen und hierauf sich bezie-
hender Eirchenlieder nicht aus der Acht gelassen werden müssen.
7. Vor allem mufs der Lehrer bei dem Beügionsunterrkht nicht aus dem
Auge verlieren, dafs es dem Staate darum zu thun ist, in'den Mitgliedern seiner
Schulen Christen zu erziehen, dafs also auch nicht auf eine blofs in der Luft
schwebende, alles tieferen Grundes beraubte sogenannte Moralität, sondern auf
eine gottesfürchtige, sittliche Gesinnung, welche auf dem Glauben an Jesum
Christum und der wohlbegründeten Erkenntnis der christl. Heilswahrheiten be*
ruht, hingearbeitet werden mufs.
8. Dafs Combinationen von Beligionsklassen, oder vielmehr die gemein-
schaftl. Unterweisung von Schülern, welche nach ihren Vorkenntnissen und dem
Standpunkte ihrer religiösen Bildung zu sehr von einander verschieden sind,
vermieden werden müssen, bedarf der besonderen Erwähnung nicht; eine solche
Trennung aber insofern auf Eosten eines ganzen Cötus zu bewirken, dafs, wenn
bis dahin demselben 2 Stunden wöchentL gewidmet waren, jede Abteilung eines
solchen Cötus nur je 1 Stunde wöchentl. erhalte, ist unstatthaft, wie schon
überhaupt irgend einem anderen Lehrobjecte wöchentl. nur 1 Stunde zu widmen
bedenklich isi
163
9. Ans allen in Betreff des BeUgionsanterrichtB bei einem Gymn. getrof-
fenen Einrichtungen mnfs hervorgehen, dafs auf denselben ein hoher Werth ge-
legt werde, daher derselbe auch weder in Hinsicht der ihm zn widmenden Zahl
der Standen kftrglich za bedenken, noch, wie schon erwähnt, in unbequeme
Standen zu verlegen, noch ohne strenge Wahl jedem Lehrer zu übertragen,
vielmehr dem wichtigsten Lehrobjecte mindestens gleichzustellen, auch, in
welchem Erfolge er sich bei den Schülern erweist^ auf eine ermunternde Weise
anzuerkennen ist
10. In BQnsicht der bei dem Beligionsuntrr. zu gebrauchenden Lehrbücher
ist zu bemerken, dafs diejenigen, die den Lehrbegriff der evangelischen Kirche
am bestimmtesten ausdrücken, die Moral auf die Beligion gründen und den
lebendigen Glauben an Jesum Christum und die durch ihn geoffenbarten Heils-
wahrheiten als das Wesentliche in der Beligion darstellen, den Vorzog vor dem
übrigen verdienen, und dafs bei dem Beliig^ionsunterr. in den verschiedenen
Klassen der evangel. Gymn. von jetzt an kein Lehrbuch ohne vorherige Geneh-
migung des Ministerii eingeführt werden dail''
C. Yerf. des Prov. SchulcolL zu Berlin v. dO. Apr. 1838: „Es
ist die Wahrnehmung gemacht worden, dafe die Schüler der Gymn. in der
Bibelkunde und in der Kenntnis des Katechismus nicht die gehörige Festigkeit
erlangen, so dafs dieselben nicht allein bei dem Confirmandenunterricht lüerin
sehr häufig hinter den gewöhnl. Elementarschülem auffallend zurückstehen,
sondern auch die Abiturienten in diesen für jedes künftige Lebensverhältnis so
wichtigen und heilsamen Kenntnissen nicht selten sehr vernachlässigt sind,
und später sogar Candidaten und angehende Geistliche grofse Mühe haben, den
für Kirche und Schule gleich unentbehrl. Besitz der Hauptstücke und dazu g^
hürigen Bibelsprüche ihrem Gedächtnis anzueignen, um sich nicht von ihren
Katechumenen beschämen zu lassen, um dieser Disharmonie zwischen den
Grundlagen des Beligionsuntrr. in den höheren und niederen Schulen zu be-
g^pien, ist es nothwendig, dafs bei dem Beligionsunterricht in den Gymn. mehr
als bisher Bedacht darauf genommen werde, diejenigen Gegenstände, an welche
die Belehrung über die Waührheiten der christl. Beligion sich wie an eine feste
Grundlage anschliefsen mufs, dem Gedächtnis der Schüler fest einzuprägen.
Es ist unerläfslich und auch bei den hiesigen evang. Elementarschulen
ausdrücklich vorgeschrieben, dafs die zum Confirmandenunterricht zuzulassenden
Schulkinder zuvor 1. die 5 Hauptstücke des kleinen luther. Katechismus, oder,
wo Confessionsunterschiede dem Gebrauche dieses Lehrbuches entgegenstehen,
die Grundlage der 3 ersten Hauptstücke, die 10 Gebote, das apostol. Glaubens-
bekenntms und das Gebet des Herrn; 2. die Benennung, die Beihenfolge und
den Hauptinhadt sämüicher Bücher des A. und N. Testam.; 3. diejenigen Bibel-
sprüche, aus welchen die Hauptwahrheiten der christl. Beligion herzuleiten sind,
und 4. die vorzüglichsten und gangbarsten Kirchenlieder auswendig lernen, und
es ist daher der hierdurch bezeichnete Lehrstoff dergestalt auf die unteren KL
zu verteilen und einzuüben, dafs die in den Confirmandenunterricht eintretenden
Kinder die wünschenswerthe Fertigkeit in demselben erlangt haben.
Um zu verhüten, dafs die Schüler diese Kenntnisse in den oberen KL nicht
wieder aus dem Gedächtnis verlieren, ist dafür Sorge zu tragen, dafs auch in
diesen nicht allein die Bibel, und zwar in der luther. Uebersetzung, bei dem
Beligionsunterricht fortwährend fleil^ig benutzt und die Jugend mit dem Inhalt
derselben möglichst genau bekannt gemacht, sondern auch auf den Katechismus
von Zeit zu Zeit zurückgegangen, bei den Hauptstücken der christL Glaubens-
und Sittenlehre der Text desselben in das Gedächtnis zurückgerufen, auch unter
Hinweisung auf das oben bemerkte Bedürfnis und auf den nationalen Charakter
der luther. Katechismus- und Bibelsprache den Schülern zur Pfiicht gemacht
164
werde, sich den Eatechismns ganz nnd von den Bibelsprüchen so viel als mög-
lich dergestalt einzuprägen, dafs sie dieselben jeder Zeit ohne Ansto(l9 wieder-
zugeben im Stande sind. Eine geistvolle Behandlung dieser Lehrstoffe wird für
die gereifkeren Schüler um so anziehender werden, je mehr sie darthut und an-
schaulich zeigt, wie die höchsten Wahrheiten des Christentums in denselben
enthalten sind, und je mehr sie für dasjenige, was die Schüler auf den untersten
Stufen des Unterrichts nur unklar aufgefafst haben, einen der fortgeschrittenen
Yerstandeskraft angemessenen Gesichtspunkt eröffnet."
C. Verf. (des Min. Eichhorn) v. 7. Juli 1844: „Aus mehreren mir vor-
liegenden Berichten über den evangel. Religionsunterricht in den Gymnasien
mufs ich schliefsen, dafs an denjenigen Anstalten, in welchen nicht Ein evan-
gelischer Beligionslehrer für alle Klassen angestellt ist, bei der Wahl der Klassen-
lehrer, denen dieser Unterricht anvertraut werden mufs, nicht mit der Sorgfalt
verfahren wird, welche die Berücksichtigung des wichtigen Lehrgegenstandes
erheischt. Ich sehe mich deshalb veranlafst, den K. Prov. SchulcoUegien zu
empfehlen, angelegentlichst dafür Sorge zu tragen, dafs in den vorhandenen
LehrercoUegien der Beligionsunterricht möglichst tüchtigen Männern und nur
solchen anvertraut werde, welche in der Prüfung von der Wissenschaft!. Prüfungs-
commission als dazu wissenschaftlich befähigt anerkannt sind, zugleich auch
die Eigenschaften des Gemüths besitzen, die religiöse Erziehung der Jugend mit
Erfolg zu leiten, und selbst erfüllt von dem Glauben an die Heilswahrheiten
des Christentums, christliche Erkenntnis und Gesinnung in den Jünglingen zu
wecken und zu pflegen im Stande sind.
Mit gleicher Sorgfalt haben die K. Prov.Schulcollegien bei der Wahl neu
anzustellender Beligionslehrer resp. ihrer interimistischen Vertreter zu verfahren
und sich deshalb rücksichtlich der Vorzuschlagenden zuvor mit den K. Consi-
storien, resp. den Gen.-Superintendenten, welche in Gemäfsheit ihrer Instruction
auch auf die religiöse und kirchliche Tendenz der Schulen ihr Augenmerk zu richten
haben, und bei denen sich eine nähere Bekanntschaft mit den für den Beligions-
unterricht geeigneten Schulmännern und zu interimistischer Vertretung befähig-
ten Candidaten des Predigtamts voraussetzen läfst, zu benehmen.
Den Anträgen auf Bestätigung der für den Beligionsunterricht anzustellen-
den Lehrer haben die K. Prov.Schulcollegien künftig die Erklärung des K. Con-
sisstorium und des betr. Gen.Superintendenten beizufügen.^'
Min. Verf. v. 25. Sept. 1855: „Was die Wissenschaft!. Prüfungscom-
mission gelegentlich der Beligionsprüfungen am Gymnasium in N. zu Ostern v. J.
über die Unzweckmäfsigkeit der theologischen Terminologie für den Standpunkt
der Schule bemerkt, findet eine allgemeinere Anwendung auf den Beligions-
unterricht überhaupt. Wie bei den Abiturientenprüfungen nicht selten zu wenig
darauf gesehen wird, dafs eine gründliche Kenntnis des Inhalts und Zusammen-
hanges der heil. Schrift dargethan werde, so tritt auch beim Unterricht an
mehreren Anstalten in den oberen Kl. das wissenschaftlich-theologische Element
zu einseitig und auf Kosten des Nothwendigeren und für das Jugendalter Wich-
tigeren hervor."
Vgl. U. und PO. V. 6. Oct. 1859: p. 89 f.
Circ.Verf. 17. März 1882. „Aus Anlafs der von den Gen.Superinten-
denten der altländischen Provinzen im J. 1880 ausgeführten Bevisionen des
Beligionsunterrichtes an höh. Schulen ist zu meiner Kenntnis gebracht worden,
dafs an einzelnen Anstalten in der Verteilung des Beligionsunterr.
an verschiedene Lehrkräfte das zulässige Mafs überschritten zu sein scheine.
Allerdings kann durch die Uebertragung einer zu grofsen Anzahl von Beligions-
stunden an denselben Lehrer die Wärme und Energie dieses Unterrichte ge-
fährdet werden, andererseits aber wird durch eine zu weit gehende Verteilung
165
an verschiedene Lehrkräfte der Znsammenhang and der Erfolg des Unterrichts
entschieden beeinträchtigt Das E. Prov.SchulcolL wolle daher darauf Bedacht
nehmen, dafs in dieser Hinsicht je nach den thatsächlichen Verhältnissen jeder
Anstalt das richtige Mafs möglichst eingehalten werde."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Stettin v. 6. Febr. 1871: „An allen
höheren Lehranstalten der Provinz werden beim Beligionsnnterricht zur Einprä-
gong der Hauptwahrheiten der christlichen Lehre biblische Sprüche ge-
lernt. Aber nicht überall geschieht dies nach einem wohlgeordneten Plane.
Nur dann jedoch, wenn für jede Klasse bestimmte Sprüche zum Lernen fest-
gesetzt sind und diese in den folgenden Klassen regelmäfsig wiederholt werden,
läfst es sich erreichen, dafs den Schülern ohne überm&fsige Beschwerung des
Gedächtnisses ein Schatz von Sprüchen zum unverlierbaren Eigentum gemacht
werde. Jetzt lassen die Lehrer der einzelnen unteren oder mitüeren Klassen
zuweilen ohne Verständigung mit denen der folgenden oder vorhergehenden
Klassen Bibelsprüche in übergrofser Zahl lernen, welche bald wieder vergessen
werden und von denen nicht einmal die wichtigsten den Schülern bis in die
oberen Klassen hinein im Gedächtnis bleiben. Um für das Lernen von Bibel-
sprüchen ein planmäfsigeres Verfahren herbeizuführen, lassen wir im Einver-
nehmen mit dem H. Gen.Superintendenten Dr. Jaspis den HH. Directoren
eine „Sammlung der zur Behandlung des kleinen Luth. Katechismus nOthigeren
Schriftsprüche'' a.) zugehen, welche der H. Gen.Superintendent ausgewählt und
zum Gebrauch der höh. Lehranstalten uns mitgeteilt hat, und ordnen hierdurch
an, dafs überall bei dem Katechismusunterricht vorzugsweise auf die Einprägnng
dieser Sprüche gehalten werde. Daneben noch andere lernen zu lassen, schlielBen
wir nicht aus, obwohl wir empfehlen, lieber wenige Sprüche sicher einzuüben,
als viele lernen und wieder vergessen zu lassen.
Wenn diese 90 Sprüche mit den 5 Hauptstücken des Katechismus in
den 3 unteren Klasesn (etwa Nr. 1—26 in VI, Nr. 27—57 in V, Nr. 58—90
in IV in einem djähr. Cursus gelernt und fleifsig wiederholt sind, wenn dann,
wie es rathsam ist und der H. Gen.Superintendent dringend empfiehlt, in der
m der Katechismus ganz noch einmal mit den Sprüchen durchgenommen wird
und in den oberen Klassen der Unterricht darauf Bedacht nimmt, diese im Ge-
dächtnis öfters zu erneuern, so wird der Kern der evangelischen Lehre in bibli-
scher Form den Schülern zu einem festen Besitz werden und werden namentlich
auch die Abiturienten mehr als bisher im Stande sein, den christlichen Glauben,
in welchem sie unterwiesen sind, mit Stellen aus der heil. Schrift zu belegen
und in ihnen für denselben den treffendsten Ausdruck zu finden.'*
a) Zum 1. Hauptstück: 2. Tim. 3, 15—17; Joh. 17, 17. — Matth.
22, 37—40; Matth. 10, 28; 1. Joh. 5, 3; Ps. 37, 5. — Jac. 3, 9. 10; Matth.
5, 37; Gal. 6, 7. 8; Ps. 50, 15. — 2. Mos. 20, 9. 10; Luc. 11, 28. — Ephes.
6, 1. 2; Spruch. 30, 17; Böm. 13, 1; Hebr. 13, 17; Ephes. 5, 3—5; Matth.
5, 8; 1. Tim. 6, 9. 10; Hebr. 13, 16. — Ephes. 4, 25; Matth. 12, 36. — Jac.
I, 13—15; Gal. 5, 24; 1. Joh. 2, 15—17; Matth. 26, 41. —
Zum 2. Hauptstück: Ephes. 2, 8. 9; Hebr. 11, 1; Böm. 1, 19.
20; Böm. 2, 14. 15; Joh. 4, 24; Ps. 115, 3; Ps. 90, 2; 1. Joh. 4, 16; Böm.
II, 33. 34; Ps. 139, 1—4; Ps. 5, 5; Jerem. 2, 19; 2. Corinth. 13, 13; Ps.
104, 24; Ps. 33, 13—15; Matth. 10, 29—31; Jes. 45, 7; Hebr. 1, 14; 1. Petr.
5, 8. 9. — Böm. 5, 12; 1. Mos. 8, 21; Ephes. 4, 18; Joh. 3, 16; 1. Tim. 1,
15; Apost. 4, 12; Joh. 10, 30; Matth. 28, 18; Matth. 28, 20; Jes. 53, 4. 5;
1. Petr. 1, 18. 19; 1. Cor. 15, 17. — Böm. 3, 24. 25; PhiUpp. 2, 12. 13;
Ps. 51, 5. 6; Apost 16, 30. 31; Gal. 5, 6; L Tim. 4, 8; Joh. 15, 26; Ps.
143, 10; 1. Cor. 12, 3; 2. Cor. 5, 17; Joh. 3, 3; Hebr. 9, 27; 2. Cor. 5, 10;
Joh. 11, 25. 26; 1. Cor. 15, 42—44; 1. Joh. 3, 2. —
166
Znm 3. HanptBtück: 1. Tim. 2, 1. 2; Ps. 103, 1—4. Ps. 106, 1; Matth.
15,8; Job. 16, 23, Böm. 14, 17. 18; Matfch. 6, 33; MaUh. 6, 14. 15; l.Cor. 10, 13.
Zum 4. HauptBtfick: Böm. 6, 3; Gal. 3, 26. 27; Apoei 2, 3a
Zum 5. Hauptstück: 1. Cor. 10, 16; Job. 6, 53; 1. Cor. 11, 27—29; Ps.
139, 23. 24; 1. Job. 1, 9. —
C.Verf. y. 16. Oct. 1860: „Ans den auf die C.Yerf. y. 16. Oct 1858
erfolgten Berichterstattungen über die Zeit des Eatecbumenen- und Con«
firmandenunterricbts der eyangel. Gymnasial- und Bealscbüler
gebt heryor, dafs in den meisten St&dten bierin eine zweckmfifsige, das Interesse
der Eircbe und der Scbule wabrende Ordnung bestebt Zur Sicberung derselben,
sowie zur Nachacbtung für diejenigen Lebranstalten, an welcben die Angelegen-
beit nocb nicbt binlftnglicb geordnet ist, wird im Einyemebmen mit dem Ey.
OKircbenratb bierdurcb Folgendes festgesetzt:
1. Der Beligionsunterricbt der Scbule und der kircbL Eatecbumenen-
und Confirmandenunterricbt bilden jeder für sich ein selbständiges Ganzes. In
den Gymn. und Bealscbuien ist der Beligionsunterricbt ein integrirender Teil
des Lebrplans jeder Klasse. Demgem&ds dürfen auf diesen Anstalten die Beli-
gionsstunden nicbt so gelegt werden, dafs die Eatecbumenen yerbindert sind
daran teilzuneiimen. Die gegenseitige Unabhängigkeit scbliefist jedoch nicbt
aus, daib auf dem Wege freier Yerst&idigung ein Verhältnis der Ergänzung und
Unterstützung zwischen dem Lehrplan der Schule und dem Gange des Kate-
cbumenuntenichts hergestellt werde; es ist vielmehr zu wünschen, daÜB dies häu-
figer als bisher geschehe.
2. Der Katechumenen- und Confirmandenunterricbt wird in der Begel
an 2 entsprechenden Wochentagen in der Stunde yon 11 bis 12 Uhr erteüt
Diese Stunden sind deshalb in den mittleren Kl. entweder frei zu halten oder
mit solchen Lehrgegenständen zu belegen, von denen eine Dispensation für die
Zeit des Katechumenen- und Confirmandenunterrichts zuläfeig erscheint
Wo sich die Directoren ui^d <üe Pfarrgeistlicben über andere Stunden
geeinigt haben, bat es dabei, sofern ünzuträglicbkeiten sich bisher nicbt ergeben
haben, auch femer sein Bewenden. Neue Abweichungen yon der obigen Begel
künnen nur unter Zustimmung der beiderseitigen Proyinzial-Aufticbtebebörden
eingeführt werden.
3. Wo die Geistlicben in der Zeit yor der Einsegnung den FleLb ihrer
Confirmanden mehr als zuvor in Anspruch nehmen, sind nOIbigenfBills in den
letzten 4 Wochen die Anforderungen der Schule an den häuslichen Fleifs der
betr. Schüler in angemessener Weise zu ermäfsigen.
Es ist zu erwarten, dafs die Dir. und Lehrer gern die Hand dazu bieten
werden, die sittliche Einwirkung auf die Katechumenen und Confirmanden mehr
und mehr zu einer gemeinsamen Sache der Kirche und der Schule zu machen,
und demgemäfs den Geistlicben nicbt nur jede gewünschte Auskunft über das
Verhalten der betr. Schüler geben, sondern ihnen auch aus freien Stücken solche
Mitteilungen über dieselben zukommen lassen, welche dem Geistlicben als Seel-
sorger von Wichtigkeit sein müssen.
An die K. Consistorien werden von Seiten des Ev.OKircbenratbs gleich-
zeitig entsprechende Verfügungen erlassen werden.''
C.Verf. y. 5 Mai 1862: J>ie C.Verf. y. 16. Octb. 1860 bestimmt, dafs
der Katechumenen- und Confirmandenunterricbt in der Begel an 2 entsprechen-
den Wochentagen in der Stunde von 11 bis 12 übr erteilt wird, welche Zeit
deshalb in den mittleren Kl. der höh. Schulen entweder frei zu halten oder mit
solchen Lehrgegenständen zu belegen ist» von denen eine zeitweilige Dispen-
sation zulässig erscheint Diese Bestimmung kann nur den Sinn haben,
167
dafe von der Schulzeit überhaupt nur 2 Stunden wOchentl. f&r den kirchl.
Seügionsonterricht in Anspruch genommen werden sollen. Die Beifägung Jn
der Begel^ macht es jedoch unzweifelhaft, dafe Ausnahmen gestattet sind. Sie
werden um so zulässiger sein, wenn Directoren in der Zeit des Confirmandenunirr.
Tor Ostern den Wünschen der Geistlichen so weit entgegenzukommen im Stande
sind, dafis sie in den betr. Klassen noch 1 oder 2 wöchentL Stunden frei machen,
wenigstens für die demnächst einzusegnenden Schüler.*'
C.Verf. T. 29. Febr. 1872 (über deren Veranlassung s. Eist statist.
Darsi UIp. 11): „Das Gebiet des höh. Unterrichtswesens hat von den
kirchlichen Bewegungen der Gegenwart nicht unberührt bleiben können. Die
Terschiedenen für die Schulverwaltung dadurch angeregten Fragen werden ihre
definitive Erledigung erst im Zusammenhange des in Aussicht genommenen
ünterrichtsgesetzes finden. Hinsichtlich des Beligionsunterrichts selbst ist jedoch
zur Vermeidung drückender üebelstände schon jetzt eine Aenderung der beste-
henden Vorschriften geboten. Demgem&fe bestimme ich Folgendes:
1. In den öffentlichen höheren Lehranstalten ist hinfort die Dispensation
vom Religionsunterricht zulässig, sofern ein genügender Ersatz dafür nach-
gewiesen wird.
2. Die Eltern und Vormünder, welche die Dispensation für ihre Kinder
resp. Pfiegebefohlenen wünschen, haben in dieser Beziehung ihre Anträge mit
Angabe, von wem der Beligionsunterricht auTserhalb der Schule erteilt werden
soll, an das K. Prov.Schulcollegium oder die K. Regierung zu richten, unter
deren Aufsicht die betreffende Anstalt steht
3. Die genannten Aufsichtsbehörden haben darüber zu befinden, ob der
für den Beligionsunterricht der Schule nachgewiesene Ersatz genügend isi Ein
von einem ordinirten Geistlichen oder quaUficirten Lehrer erteilter, der betr.
Confession entsprechender Unterricht wird in der Begel dafar angesehen werden
können.
4. Während der Zeit ihres kirchl. Katechumenen- oder Confirmandenunter-
richts sind die Schüler höherer Lehranstalten nicht genöthigt, an dem daneben
beatmenden Beligionsunterricht derselben teilzunehmen.
An der Zugehörigkeit der religiösen Unterweisung zu der gesamten Auf-
gabe der höheren Lehrsmstalten, sowie an dem Lehrziel des Beligionsunterrichts
derselben wird durch vorstehende Bestimmungen nichts geändert Diejenigen
Schüler, welchen die Dispensation zugestanden worden ist» haben deshalb, wenn
sie sich der Abiturientenprüfting unterziehen, auch in dieser Hinsicht den allge-
meinen Anforderungen zu genügen; es finden darin die für die Extraneer bei der
PrüfiDOig geltenden Bestimmungen auf sie Anwendung.
In den jährl. gedruckten Schulnachrichten ist gehörigen Orts die Zahl der
Schüler anzugeben, welche in den verschiedenen Klassen der Anstalt vom B^-
gionsunterricht dispensirt gewesen sind»
Ich beauftrage die K. Prov.Schulcollegien und die K. Begiemngen, hier-
nach zu verlEahren, und die Dir. resp. Bectoren Ihres Bessorts mit Anweisung
zu versehen, wobei auch darauf Bedacht zu nehmen ist» dafs in den Schulen der
Beligionsunterricht überall in die erste oder in die letzte Vormittagsstunde
gel^ wird." — Der Minister etc. Falk.
Min.Verf. v. 26. Jan. 1S75: „Auf den Bericht v. -— erwidere ich, daft
die AuflEusung des Prov.Sch.C., wonach die Circ. Verf. v. 29. Febr. 1872 sich
nur auf den tatsächlich zum Lehrplan der betr. Schulen gehörenden obliga-
torischen Beligionsunterricht bezieht» die richtige ist Demgemäfb sind Schüler,
welche in einer Beligion resp. Confession erzogen werden sollen, far welche im
allgemeinen Lehrplan der betr. Anstalt Unterrichtsstunden nicht angesetzt sind,
168
auf den Antrag der Eltern ohne Weiteres von dem Beliglonsnnterricht zu dis-
pensiren."
Den katholischen Beligionsnnterricht betreffend. Min.Yerf.
an das E. ProT.Sch.G. zu Koblenz v. 2. Novb. 1874: „Nachdem ich aus
dem Bericht v. — ersehen habe, an wie erheblichen, von dem K. Prov.Sch.C.
mit Becht als schreiend bezeichneten wissenschaftlichen, didaktischen und päda-
gogischen Mängeln das in den höheren Lehranstalten der dortigen Proyinz bis-
her benutzte Lehrbuch der Beligion von Konrad Martin leidet, erachte ich es
für eine unbedingte Pflicht der staatlichen Schulverwaltung, nach dem Antrage
des K. Prov.Sch.C. den ferneren Gebrauch dieses Buchs auf den gedachten
Anstalten, wie hiermit geschieht, zu verbieten. Denn es ist offenbar weniger
nachteilig, gar kein Lehrbuch dem Unterricht zu Grunde zu legen, als ein aolches.
Da es andererseits aber unzweifelhaft wesentliche Vorteile hat, ein geeignete»
Lehrbuch bei dem Religionsunterricht benutzen zu können, so ist auf die An-
schaffang eines solchen hinzuwirken. Dafür, auf welchem Wege dies zu geschehen
habe, müssen die bestehenden gesetzlichen Vorschriften mafsgebend sein. Die-
selben sind in dem § 7, 4 und § 8 der Instruction für die Consistorien
V. 23. Octb. 1817 (GS. p. 237) enthalten. Die Bestimmung über die Anschaffung
steht danach und nach der Verordnung v. 31. Dcb. 1825 lediglich dem Prov.Sch.C.
zu. Von dem Erzbischof ist nur soweit ein Einflufs dabei auszuüben, als es
verfassungs- und gesetzmäfsig ist.
Diese Vorschriften lassen erkennen, dafs, wenn in der Verfügung v. 10. Octb.
1846 dem Erzbischof das Becht eingeräumt worden, auf die Anschaffung der-
artiger Bücher in jedem einzelnen Fall bestimmend einzuwirken, über das gesetz-
lich zulässige Mafs hinausgegangen ist. Ich kann vielmehr gegenüber den
Vorschriftien der gedachten Instruction und so lange mir nicht dem entgegen-
stehende andere Gesetze angeführt werden, nur davon ausgehen, dafs die An-
schaffung von dem K. Prov.Sch.C. zu bestimmen und nur darauf zu achten ist,
dafs keine Anschaffang eines bischöflich nicht approbirten Buches erfolge. Demge-
mäfs will ich nach dem gestellten Antrage dem K. Prov.Sch.C. unter den bischöf-
licherseits approbirten Lehrbüchern der katholischen Beligion die Auswahl freigeben
und sehe den Vorschlägen des K. Prov.Sch.C. über ein anderes Lehrbuch ent-
gegen, um dasselbe prüfen und zu dessen Anschaffang meinerseits, wie das
KProv.Sch.C. beantragt, die Genehmigung erteilen zu können". — Der Min. etc. Falk.
Bedingung für Einrichtung eines besonderen Religions-
unterrichts für die christlich-confessionelle Minderheit der
Schüler in Beziehung auf die Zahl dieser Schüler. Min.-Verf. v.
6. Dec. 187 8. „Ew. erwidere ich auf die Eingabe vom 31. Oct. d. J., dafs
nach dem Berichte des K. Prov.Sch.CoU. in N. das Gymnasium in N. zur Zeit
nur von 14 katholischen Schülern besucht ist. Diese Zahl ist so gering, dafs nach
den für die Unterrichtsverwaltung in dieser Bichtung mafsgebenden Grundsätzen
die Nothwendigkeit der Einrichtung eines besondem katholischen Religions-
unterrichts for die dortige Anstalt damit nicht begründet werden kann. Auch
fehlt es zur Zeit noch an den erforderlichen Mitteln zur Remunerirung eines
besonderen katholischen Religionslehrers. Bei dieser Sachlage bin ich zwar
nicht im Stande, für jetzt dem Antrage Bw. . . . stattzugeben, habe aber das K.
Prov.Sch.C. angewiesen, sobald die Anstaltskasse die erforderlichen Mittel zur
Remunerirung eines katholischen Religionslehrers biete, für die Einrichtung eines
besonderen katholischen Religionsunterrichts an dem dortigen Gymnasium auch
dann Sorge zu tragen, wenn die jetzige Zahl der kathoUschen Schüler keine
erhebliche Steigerung erfahren sollte." An den Herrn etc. zu N.
„Abschrift vorstehender Verfügung erhält das K. Prov.Sch.C. zur Kenntnis
169
und Nachachtnng anf den Bericht vom 27. v. M. mit dem Bemerken, daSä eine
bestimmte Minimalzahl einer chrisüich-confessioneUen Minderheit von Schalem,
die die Einrichtung eines besonderen katholischen bezw. evangelischen Beligions-
nnterrichts an höheren Schulen der Scholyerwaltang zur Pflicht macht, nirgends
vorgeschrieben ist. Diesseits wird seit längerer Zeit schon im Allgemeinen
angenommen, dafs bei 25 Schülern einer chrisüich-confessionellen Jiünderheit
die Nothwendigkeit der Einrichtung eines gesonderten Beligionsunterrichts für
dieselben von Anstaltswegen begründet sei. Dies schliefst aber nicht ans, dafs,
wenn die Verhältnisse es erheischen und die Mittel vorhanden sind, auch bei
einer geringeren Zahl von Schülern ein solcher Unterricht eingerichtet werden
kann.*^ Der Minister etc. Falk.
Ueber das Verhalten der öffentl. Schule in Betreff des Beligionsunterrichts
von Dissidentenkindern setzt die 0. Verf. (des Min. v. Bethmann-HoUweg)
V. 6. Apr. 1859 fest: „Die Nöthigung der Dissidenten, ihre Kinder einem
anderen als dem in ihrer Beligionsgesellschaft erteilten. Beligionsunterr. anzuver-
trauen, mufs als eine Beeinträchtigung der ihnen durch die Verfassungsurkunde
gewährleisteten Beligionsfreiheit und des in § 74 f. des A.L.B. 11, 2 anerkannten
Erziehungsrechts des Vaters (s. p. 2) resp. der Eltern angesehen und kann nicht
weiter aufrecht erhalten werden. Die betr. Kinder sind daher auf Verlangen ihrer
Eltern von der Benutzung des in der öffentl. Elementar-, resp. in der höheren
Bürgerschule oder in Gymnasien erteilten Beligionsunterr. freizulassen, sobald
nachgewiesen wird, dafs sie aufserhalb der öffentlichen Schule oder des Confir-
mandenunterrichts Beligionsunterr. erhalten, und ist als solcher der von dem
Frediger der Beligionsgesellschaft erteilte anzuerkennen.
Dabei versteht es sich von selbst, dafs der solchen Kindern erteilte
Beligionsunterr. nichts dem Staatsgesetz Widersprechendes, Verbrechen oder
Vergehen Begünstigendes, die Treue gegen den Staat und die Sittlichkeit Ge-
fährdendes enthalten darf; widrigenfalls die K. Begierung gegen denselben ebenso
wie gegen andere ungesetzliche Formen und Aeufserungen der Beligionsübung
repressiv einzuschreiten haben würde.
Die Befürchtung, dafs auch andere Eltern, die zwar noch äufserlich der
Landeskirche angehören, aber mit deren Bekenntnis sich im Widerspruch be-
finden und überhaupt wenig Werth auf die sittlich-religiöse Erziehung der
Jugend legen, durch solche Beispiele verleitet werden möchten, ihre Kinder
ebenfalls willkürlich dem öffentl. Beligionsunterricht zu entziehen, kann als be-
gründet nicht angesehen werden, da ein solches Zugeständnis nur demjenigen
Eltern gemacht werden kann und darf, welche durch eine förmliche, den be-
stehenden Bestimmungen entsprechende Erklärung ihren Austritt aus der Landes-
kirche bewirkt haben.
Hinsichtlich solcher Kinder aber, welche auf das nach den bestehenden
gesetzlichen Bestimmungen als gerechtfertigt nicht abzuweisende Verlangen ihrer
Eltern dem Beligionsunterr., welcher in den Öffentl. Schulen zur Begründung
wahrhaft christlichen Glaubens und Lebens nach der bewährten Weise der
Kirche ordnungsmäfsig erteilt wird, entzogen werden, hat die Schule in Betreff
ihrer Sittlichkeit und ihres Verhaltens ein besonderes Augenmerk zu richten,
und ist vom Standpunkt der Schuldisciplin jedes Aergemis und Hindernis zu
beseitigen, welches sich der Aufgabe der Schule auf dem Gebiet christlicher
Erziehung entgegenstellen möchte.** —
Min.Verf. v. 14. Juni 1877. „Die von dem K. Prov.Sch.C. in dem
Bericht vom 4. d. M. gestellte Anfrage, ob die unter dem 6. April 1859 er-
lassene Oirc.Verf. über den Beligionsunterricht von Dissidentenkindern noch in
Geltung stehe, erledigt sich durch meine CircVerf. v. 29. Febr. 1872, in Ver-
170
bindnng mit der dorcb die neuere Verf. t. 26. Januar 1876 dazn gegebenen Er-
lÄuterung. (S. p. 167.) Die C.Verf. t. 29. Febr. 1872 wird in den Eingangsworten
ausdrücklich als eine „Aendemng der bestehenden Vorschriften" bezeichnet,
worin enthalten ist, dafs durch dieselbe die entgegenstehenden Vorschriften auf-
gehoben sind. Die genannte Verfagong setzt die Bedingungen fest» nnter
welchen Schüler von der Verpflichtung znr Teilnahme an dem lehrplanmäfsigen
Beligionsnnterricht entbunden werden können. Sie bezieht sich also nur auf
Schüler, welche zur Teilnahme an dem Religionsunterricht verpflichtet sind, das
heifst auf diejenigen Schüler, welche (bezw. deren Eltern) deijenigen Confession
angehören, in welcher an der betr. Schule lehrplanmäfsiger Beligionsunterricht
erteilt wird; denn nach dem Orundsatze des Allg. Landrechts (T. 11 T. 12 § 11)
können Schüler zur Teilnahme an dem Beligionsunterricht in einer Confession,
welcher sie (bezw. ihre Eltern) nicht angehören, überhaupt nicht angehalten
werden, es dürfen also für ihre Dispensation von demselben nicht erst noch
besondere Bedingungen aufgestellt werden. Wenn über diese aus dem allge-
meinen Bechtsgrundsatze sich ergebende Auffassung meiner CircVerf. t. 29. Febr.
1872 noch irgend ein Zweifel entstehen konnte, so ist derselbe durch meine,
auf besonderen Anlafs erfolgte Verf. v. 26. Jan. 1875 beseitigt, welche ich
deshalb durch das Centralblatt 1875 S. 90 zu allgemeiner Kenntnis habe bringen
lassen. Denn indem die Erklärung gegeben wird, dafs „Schüler, welche in einer
Beligion, bezw. Confession, erzogen werden sollen, für welche im allgemeinen
Lehrplane der betr. Anstalt Unterrichtsstunden nicht angesetzt sind, auf den
Antrag der Eltern ohne Weiteres von dem Beligionsunterricht zu dispensiren**
sind, so ergiebt sich, dafs die Dispensation der Kinder yon Dissidenten, welche
in gütiger Form aus der Landeskirche ausgetreten sind, nicht von besonderen
Bedingungen kann abhängig gemacht werden, also die Verf. y. 6. Apr. 1859,
insoweit sie entgegengesetzte Vorschriften enthält, aufser Kraft gesetzt ist.**
Der Minister etc. Falk.
In Betreff des jüdischen Beligionsunterrichts s. oben p. 88.
Aufnahme des jüdischen Beligionsunterrichts in den Lehrplan
öffentlicher höherer Schulen. Min.Verf. y. 30. April 1875. ,JDer
Standpunkt) yon welchem aus früher die Aufhahme des jüdischen Beligions-
unterrichts in den Lehrplan öffenüicher höherer Schulen abgelehnt wurde, kann
gegenwärtig nicht mehr festgehalten werden. Demgemäfs ist bereits an nicht
wenigen Oymnasien und Bealschulen bei genügender Zahl jüdischer Schüler
auf den Antrag der Synagogengemeinde des Orts ein besonderer jüdischer
Beligionsunterricht angesetzt und wird, wo die Verhältnisse des Schullocals
nicht eine andere Einrichtung nöthig machen, in der Begel zu derselben Zeit
im Schulhause erteilt, wo der chrisü. Beligionsunterricht der betr. Klassen statt-
findet Die yon den Directoren und Klassenordinarien zu übende allgemeine
Aufticht erstreckt sich selbstyerständlich auch auf den jüd. Beligionsunterricht
Als obligatorisch fär alle die Anstalt besuchenden jüdischen Schüler wird der-
selbe nicht angesehen. Von der Qualiflcation des yon der Synagogengemeinde
als Beligionslehrer Präsentirten hat das K. SchulcoU. der Proyinz sich nähere
Kenntnis zu yerschaffen. Bei Feststellung der Censuren seiner Schüler wird
der jüdische Beligionslehrer zugezogen und unterzeichnet dieselben an letzter
Stelle ausdrücklich als ,Jüdi8cher Beligionslehrer." Was die Bemuneration
des Lehrers betrifft, so gewährt bei den yom Staat unterhaltenen höh. Schulen
die Anstaltskasse einen Beitrag dazu; ein entsprechendes Abkommen ist meisten-
teils auch bei den städt Anstalten zwischen dem Patronat und der Synagogen-
gemeinde getroffen.
Bei einer Zahl yon c. 35 jüd. Schülern im Oymnasium und der damit
yerbundenen Bealschule zu N. kann, wie ich dem K. Proy.Sch.C. auf den Be-
171
riebt vom 15. d. M. erwidere, der hier wieder beiliegenden VorsteUnng der
Syni^gengemeinde daselbst vom 6. Febr. d. J. eine entsprechende Berfiok-
dchtigimg nicht wohl versagt werden. Ich beauftrage das E. Proy.S€h.C., das
Cnratorinm der Anstalt dem Obigen gemäfe zu yerstöndigen nnd den Vorstand
der Synagogengemeinde vorl&ufig zn benachrichtigen, dafs er von dem Cnra-
torinm weitere Mitteilung in der Sache zn erwarten habe/' Der Minister etc.
Falk.
2. Deutsch.
Ber. Lehrpläne nach O.Verf. y. 31. Mars 1882: p. 118 ff. für Gymn.;
128, 130 für B.; 136 f. für h. B.
Min.yerf. t. 8. März 1843: „Das K. ProT.Sch.C. zn Koblenz hat sich
Teranlafst gesehen, die Oymnasialdirectoren seines Verwaltungsbezirks daranf
anfinerksam zn machen, daAi der Unterricht in der Muttersprache in
den unteren und mittleren El. höherer Lehranstalten häufig in g^nz
zweck¥ridriger Weise erteilt werde. Namentlich sei dem theoretisch-grammat.
Unterricht in derselben unter dem Namen „Sprachdenklehre'S oder auch unter
anderem Namen oft eine Gestalt gegeben, welche durch abstruse Terminologieen
oder dürre, gehaltlose üebungen den jugendL Geist weit Öfter abstumpfe, als
wahrhaft bilde, den Zweck lebendiger Anschauung der Muttersprache in gehalt-
YoUen, Geist und Gemnth bildenden Musterstdcken und sicherer Aneignung der
Sprache zu geläufigem und correctem schriftlichem und mündlichem Gebrauch
öfter hemme als fördere, und somit einer inhaltsvollen, den Geist selbst mit
gesnnder, frischer Nahrung für das ganze Leben erfüllenden Bildung der Jugend
nicht nur die Zeit und Eraft des Lehrers wie der Schüler entziehe, sondern
auch derselben durch ein totes Formelwesen positiv nachteilig werde.
Je weniger sich bis jetzt die verschiedenen Ansichten über die Erteilung
des deutschen Unterrichts in den höh. Lehranstalten geeinigt haben, desto noth-
wendiger ist es, diejenigen Versuche aus denselben fem zu halten, welche durch
die ErÜBthrung sowohl, ads durch eine richtige Würdigung derselben als unfrucht-
bar oder gar nachteilig erkannt werden. Dahin gehört der in manchen An-
stalten übliche theoretische grammatische Unterricht in der Mutter-
sprache, welcher die deutsche Sprache, den Schülern gegenüber, gleichsam als
eine fremde, erst noch zu erlernende betrachtet^ oder die natürliche Aeu£9erung
der Sprachthätigkeit von dem Standpunkte eines philosophischen grammatischen
Systems ansieht und zu einer bewuOsten zu erheben sucht, und häufig schon in
der Behandlung des Gegenstandes von Seiten des Lehrers, so wie in der sich
knnd gebenden Teilnahmlosigkeit der Schüler seine Unzweckmäfisigkeit zu er-
kennen giebi Während der lateinische Unterricht am natürlichsten (Gelegenheit
darbietet, den Knaben an dieser ihm fremden Sprache grammatische Formen
nnd Verhältnisse anschauen und auffassen zu lassen und ihn bei fortschreitender
Entwickelung anzuleiten, die so erworbenen Kenntnisse allmählich und, besonders
wenn ihm das Verstän^is der an Formen und feinen Unterscheidungen noch
reicheren griechischen Sprache geöffnet wird, zu solchen zu erheben, welche auf
dem sprachlichen Gebiete allgemeine Giltigkeit haben, deutet das K. Prov.Sch.C.
zn Koblenz mit Becht darauf hin, dafti der deutsche Unterricht überall die Auf-
gabe zu verfolgen habe, die Muttersprache in geeigneten, für das jedesmalige
AHer der Schüler angemessenen Musterstücken zur lebendigen Anschauung
zn bringen nnd dadurch die sichere Aneignung der Sprache zu fördern. Wird
auf diese Weise die natürliche Sprachentwickelung unterstützt, so wird es niemals
an Veranlassung fehlen, beim Lesen das FeUerhafte in der Aussprache zu ent-
fernen, auf die richtige Formenbildung aufmerksam zu machen, die Orthographie
zn befestigen, Natürlichkeit nnd Wahrheit des Ausdrucks zu befördern, überhaupt
172
das Sprachgefühl ohne ein dürres Analysiren der einzelnen Wörter and Sätze
immer mehr aosznbilden and za schärfen.''
C.Verf. desProv.Sch.C. za Koblenz v. 16. Jani 1843: „In den
ans vorliegenden, aaf ansere Verfagang vom 8. Oci v. J. eingegangenen Be-
richten sämtlicher Gymnasial-Directionen der Provinz giebt sich nicht nar, wie
dies za erwarten stand, eine ernste Aaffassang and Würdigung der Aafgabe der
Gymn., ihre Zöglinge za klarer and angemessener mündlicher Darstellung
ihrer Gedanken za befähigen, kand, sondern es tritt aach durchgängig eine
erfreuliche Ueboreinstimmung über die Mittel, dieser Aufgabe zu genügen, und
die dabei in Betracht kommenden allgemeinen Gesichtspunkte hervor.
Es wird durchgängig anerkannt, daüs die Aufgabe der Gymn. nicht ist,
den Schein einer Beredsamkeit, welche nur die Frucht gereifter männlicher Bil-
dung sein kann, bei Jünglingen zu erzielen, dieselben an ein Sprechen um zu
sprechen, ein geläufiges Wortemachen über das, was der Jünglüig noch nicht
empfunden und noch nicht begriffen hat, gewöhnen zu wollen, wodurch nur eine
wesentliche Grundlage echter Beredsamkeit, die Wahrhaftigkeit, gefährdet wer-
den könnte; dafs daher die zur Entwickelung der Bedefälugkeit in den Gymn.
anzustellenden Uebungen nicht über die Sphäre, in welcher die Schüler sicher
und einheimisch geworden sind, hinausgreifen, in keiner Weise zu Ostentationen
und anmafslichem Hinausgehen über den jugendlichen Standpunkt veranlassen
dürfen, und sich also in der Begel auf freie Beproduction dessen, was die Schule
zum geistigen Eigentum ihrer Zöglinge gemacht hat, beschränken müssen.
Nicht minder wird aber auch anerkannt, dafs durch stetige Sorge für die
Ausbildung der Sprachorgane und der sonstigen Anlagen, durch deren Ent-
wickelung die Wirksamkeit der Bede äufserlich bedingt ist, durch vielfache
und planmäfsige uebungen des Gedächtnisses, durch strenge Gewöhnung an ge-
ordnetes Denken und an klare Gestaltung und bündige Darstellung des Ge-
dachten, 80 oft der Schüler in irgend einer Lection Veranlassung hat sich aus-
:^usprechen, endlich durch eigene geordnete, abgestufte Uebungen in freier Dar-
stellung von den Gymn. für den in Bede stehenden Zweck vieles vorbereitend
gethan werden kann und mufs; dafs sie ihre Aufgabe nicht lösen, wenn sie ihre
Zöglinge nicht aufser gründlichen Kenntnissen auch mit der Fähigkeit, das Er-
kannte zu gestalten und darzustellen, ausrüsten.
Es wird femer durchgängig anerkannt, dafs keineswegs die Lehrer des
Deutschen allein für die Leistungen der Schule in dieser Hinsicht verantwortlich
sein können, sondern dafs alle Wissenschaft!. Lehrer teils im Allgemeinen durch
den mächtigen Einflufs ihres Beispiels, teils dadurch, dafs sie immer auf klare,
bestimmte vollständige Anworten und, wo dazu irgend Gelegenheit ist, auf zu-
sammenhängende Darstellung dringen, wesentlich mitwirken können und sollen;
dafs die Besignation, welche ruhig den Schüler zum Wort kommen, ihn ausreden
läfst und seine Entwickelungen und Vorträge, nur wo es unerläfslich ist, unter-
bricht, eine wesentliche, wenn auch nicht immer vorhandene Eigenschaft eines
guten Lehrers ist.
Der Grundsatz der alten Meister: StUus egregiua dicendi magister ist gleicher-
mafsen in den vorliegenden Berichten durchgängig zu voller Anerkennung ge-
kommen und im Zusammenhange damit unter Anderem auch den schriftl. Ueber-
setzungen aus den Glassikem ihre volle Bedeutung als Stilübung beigelegt
Wenn in einem der vorliegenden Berichte behauptet wird, solche Uebungen
machten im Gegenteil den Stil holpricht und unbeholfen, so wird dagegen in
anderen auf das vollgiltige Zeugnis der röm. Bedner verwiesen und in einem
derselben treffend Folgendes bemerkt:
,Jn den freien schriftl. Arbeiten, zumal der unteren und mittleren Kl., deren
Gesichtskreis ja nur ein beschränkter sein kann, dreht sich der Schüler im all-
173
tdglicilen Kreise ihm gewohnt gewordener Worte und VorstellTingen. In der
Uebersetznng der Alten mnfs er ffir nene YorBtellungen und Verbindungen die
Ansdrfioke nnd Figaren seiner Sprache snchen. In diesem Kampfe wächst ihm
die Kraft, mehrt sich der Beichtam; in jenem Geschreibe, denn es istofc nicht
mehr, bleibt die alte Artnuth eben nnr Armnth."
Diese durchgängige üebereinstimmnng sämtlicher Directionen über die
vorliegende Frage in ihren wesentlichen Beziehungen berechtigt za der Erwar-
tung, dafs dem in unserer VerfQgung vom 8. Oct. v. J. von Neuem vergegen-
wärtigten Ziele mit Erfolg an dem 6ymn. der Provinz nachgestrebt werden wird,
und wenn in den meisten der vorliegenden Berichte zugleich anerkannt wird,
dafs die Leistungen der Anstalten in fraglicher Hinsicht, auch abgesehen von
ärztl. und individuellen Hindernissen, wesentlich hinter dem zurückbleiben, was
geleistet werden könnte und sollte, so zeugen diese Bekenntnisse, welche aller-
dings durch unsere Beobachtungen völlig bestätigt werden, von dem Ernst, mit
welchem die Aufgabe erfafst wird, und geben eine erfreuliche Bürgschaft, dafs
unsere Gymn. sich nicht damit zuMeden stellen werden, Mittelmäfsiges oder gar
Geringes in der fraglichen Hinsicht zu leisten.
Aus den Erfahrungen und Wünschen, welche nur in einzelnen der vor-
liegenden Berichte ausdrücklich ausgesprochen sind, glauben wir Folgendes noch
hervorheben zu müssen:
Wenn ein und der andere Bericht eine Vermehrung der Lehrstunden für
das Deutsche, besonders in den oberen Kl nothwendig findet, so sprechen andere
sich entschieden dafar aus, dafs 2 wöchentliche Stunden in den oberen Kl. voll-
kommen hinreichen, wenn alle Lehrer und alle Lehrstunden angemessen zu-
sammenwirken. Wir werden beide Ansichten zur Kenntnis des vorgeordneten
K. Minist, bringen.
Es wird femer darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig auch far den frag-
lichen Zweck ein bewufstes Zusammenwirken aller Lehrer, ein gegenseitiges
Kenntnisnehmen von dem Unterr. der Gollegen nach Form und Inhalt sei, wozu
gegenseitiges Besuchen in den Lehrstunden wesentlich mitwirken könne. Die
Sichtigkeit dieser Bemerkung ist nicht zu bezweifeln, und wir können nur dringend
wünschen, dafs sie allgemeine Beachtung finde.
Die Wichtigkeit des Gesangunterrichts auch für den fraglichen Zweck,
namentlich fär Ausbildung der Sprachwerkzeuge, wird mit Becht hervorgehoben.
Nicht minder, wie wichtig es sei, auf die Entwickelung der körperlichen Haltung
in ihrer Beziehung auf angemessenen und wirksamen Vortrag zu achten, zugleich
aber alles Theatralische und jede Uebertreibung fernzuhalten. Es wird dabei
darauf aufrnerksam gemacht, dafs es angemessen ist, nicht von den Bänken
aus, sondern vor der Klasse oder vom Kathedei aus recitiren und vortragen zu
lassen. Es wird femer auf den Nutzen öfter wiederkehrender Bedeacte im
Kreise der Schule aufrnerksam gemacht. Was hierüber von der Direction des
Gymn. zu N. bemerkt wird, teilen wir im Folgenden zu reiflicher Erwägung der
Lehrercollegien mit:
„Ob von Zeit zu Zeit wiederkehrende Bedeübungen, auf den Kreis der
Schule beschränkt und mit Vermeidung jeder Art öffentl. Schaustellung, vor der
ganzen versammelten Schule oder einigen KL, in Gegenwart mehrerer oder aller
Lehrer angestellt, den Zweck fördem möchten, ist ein Gedanke, über dessen
Werth und Ausführbarkeit Erfahrung entscheiden müfste. Nur die Besten, da-
mit es Auszeichnung werde, und aus den oberen Kl. nur mit eigenen Arbeiten,
als welche gelungene Uebersetzungen, zumal metrische, füglich gelten könnten,
würden auftreten dürfen. In dieser Art der Oeffentlichkeit wird alles Theatra-
lische, zu welchem in Städten mit stehenden Theatem die Versuchung nahe liegt,
und Carikirte leicht vermieden werden können. Die Bede, soll sie lohnend sein
174
und den Bedner spornen, fordert einen Kreis von Zuhörern und findet ihren
Preis im Ange und Antlitz des Hörenden. In so angestellten Uebongen mochte
der Knabe nnd Jüngling, aus dem gewöhnlichen Einerlei seiner KL, das ihm
durch Sjähriges Zusammenleben zn etwas AlltAglichem wird, auf einen etwas
erweiterten Kreis hinaustretend, Vertrauen zu der eigenen Kraft finden. In
diesem wurde der künftige Geistliche, Lehrer oder Bechtsgelehrte zu rechter
Zeit versuchen können, ob ihm die in seinem künft. Berufe unentbehrliche Gk^be
der Bede einwohne oder nicht Wie die Sachen jetzt hier stehen, entschliefet
sich mancher Jüngling zum Studium der Theologie, dessen erste Predigt seine
erste öffentliche Bede ist, oder der Bechte, der vor seinem ersten stotternden
Vortrage nur seiner KL den Cicero oder Bemosthenes vorexponirt hat Solche
Uebungen, in Gemeinschaft angestellt, möchten ein Band mehr werden, durch
welches die Schüler der einzelnen Kl. sich als Schüler einer Schule erkennten.
Bedeübungen, wie ich sie mir anzudeuten erlaube, waren in der Landesschule
Pforta Feste geworden und blieben in ihren Folgen fruchtbringend für das Leben.
Unsere Bedeübungen bei öff entl. Prüfungen fordern, eben weil sie öffentlich sind,
ganz eigene Bücksichten. Hier reden nur die Schüler der unteren KL gern und
mit Lust; die der oberen folgen, wenn dazu aufgefordert wird, meistens nur dem
Gebot der Schule.*'
Dafs es zweckmäfsig ist, nicht blofs Gedichte, sondern auch prosaische
Stücke in den unteren und mittleren Kl. recitiren zu lassen, da(8 zu den fireien
Vorträgen der oberen Kl. geschichtliche Stoffe zwar bequem für die Schüler,
aber weniger geeignet sind, dafs darauf gehalten werden muTs, dafs diesen Vor-
trägen eine klare Disposition zu Grunde liege, dafs Disputirübungen, welche sich
an die Aufsätze der Mitschüler und deren Beurteilung anschliefsen, von Nutzen
sein können, sofern ein geübter Lehrer sie leitet und beherrscht, wird von meh-
reren Seiten mit guten Gründen hervorgehoben.
Es hat sich femer sehr nützlich erwiesen, am SchluüB der Lehrstunden
regelmäfsig etwas Zusammenhangendes aus dem Bereich des Aufgefafsten von
den einzelnen Schülern wiedergeben zu lassen.
Die Uebung einzelner Anstalten, bedeutende Abschnitte aus Classikern,
z. B. eine ciceronische Bede, nachdem sie vollständig erklärt sind, aus dem Ori-
ginal in fireier Nachbildung deutsch vortragen zu lassen, erscheint ebenfalls^ sehr
beachtenswerth.
Erheblich erscheint auch die Bemerkung, dafs Schreibübungen, nament-
lich Abfassung von Aufsätzen in der Schule, mit Ausschliefsung aller fremden
Hülfsmittel, und als Gewöhnung, die Gedanken mehrere Stunden lang auf einen
Gegenstand zu concentriren, in den oberen Kl., mäfsig angewendet, sehr forder-
lich sein würden.
Die Nothwendigkeit, dafs die Schüler aus dem Lesen vaterländischer Schrift-
steller Muster eines guten Vortrags gewinnen, wird auch in der fraglichen Be-
ziehung mehrfach hervorgehoben. Wir müssen hier wiederholen, dafs die durch
die Schule bewirkten Totalanschauungen edler und reiner Erzeugnisse der Vater-
land. Literatur in dieser wie in anderen Beziehungen sich frachtbarer erweisen
werden, als die grammai Zergliederung, welche so oft kleinlich wird und die
lebendige Totalanschauung hindert, während sie dieselbe in keiner Weise zu
ersetzen vermag.
Die grofse Bedeutung des Vorbildes der Lehrer in der fragl. Beziehung
ist in keinem der vorliegenden Berichte verkannt, in einem derselben aber mit
besonderem Nachdruck hervorgehoben, als das beste FörderungsmitteL Es wird
mit Becht bemerkt, dafs der Lehrer vor aUen Dingen selbst leisten müsse, was
er von dem Schüler fordert, dafs also die Ansprachen des Lehrers, wozu so
manche Veranlassung sich ergiebt, nach Inhalt und Form musterhaft sein, daf^
176
namentlich die OfTentL Beden der Lehrer wirklich freigehaltene, nicht gelesene
Beden sein sollten. Dafs manchem wackem Lehrer die hierzu erforderliche Gabe
Yenagt ist, ist nicht in Abrede za stellen, dafs es aber bei ernster Auffassung
der Wichtigkeit der Sache immer mehren gelingen wird, das Talent dazu zn
entwickeln und so eine wesentliche Eigenschaft des Lehrers sich anzueignen,
dürfen wir nicht bezweifeln.
Wir empfehlen die im Vorstehenden mitgeteilten Yorschl&ge und Er-
fahrungen der Birection und dem Lehrercoll. zu sorgfUtiger PrflAing und Be-
achtung.^
Vergl. C.Verf. ▼. 24. Oct 1887, p. 59.
Min.yerf. v. 6. Dcb. 1856: „Auf den Bericht y. 11. y. M. genehmige
ich, da[j9 beim Gymnasium zu N. das mittelhochdeutsche Lesebuch Yon Wein-
hold eingeführt werde. Ich bemerke bei dieser Veranlassung, dafs die geringe
dem Unterricht im Deutschen zugewiesene Stundenzahl neben den anderen fir
dieselben bestimmten Aufgaben eine dauernde Beschäftigung mit dem Alt- und
Mittelhochdeutschen in den Lehrstunden selbst nicht zuläTki Um so mehr
ist zu wünschen, dafs diejenigen Lehrer der oberen EI, welche in der Geschichte
der Muttersprache gründliche Studien gemacht haben, sich beim Unterricht zwar
auf die nOtiiigsten Mitteilungen derselben beschränken, dabei aber den Schülern
die Anregung zu geben suchen, sich priYaüm und aus eigenem Interesse
weiter damit zu beschäftigen. Zu dem Ende ist darauf hinzuwirken, dafe
auch die Schülerbibliotheken mit dahin gehörigen Büchern Yersehen sind.^
Vgl. p. 120.
Philosophische Propädeutik. C.Verf. y. 26. Mai 1825 (Min.
Y. Altenstein): „Seit längerer Zeit haben mehrere geachtete Schulmänner dem
Min. den Wunsch zu erkennen gegeben, da(^ philosophische Vorbereitungsstudien
wieder in den Kreis des Gymnasialunterrichts aufgenommen werden mOchteu,
damit die abgehenden Gymnasiasten nicht ganz ohne Vorbegriffe und Vorübungen
dieser Art die Hörsäle der UniYersität betreten dürften. Damit das E. Consi-
storium über die desfallsigen Absichten des Min. nicht länger in Zweifel sei,
communicirt es dem K. Consistorium in der Anlage Abschrift einer unter dem
14. Y. M. an das K. Gonsisi zu Magdeburg in dieser Hinsicht erlassenen Ver-
fügung zur Kenntnisnahme und Nachachtung.'*
— „So wenig das Ministerium einen theoreüsch-eystemat Vortrag der
Philosoph. Wissenschaften für die Gymn. als geeignet betrachten kann, eben so
wenig läfst sich Yerkennen, dafs bei der bisherigen Einrichtung, wo die studi-
renden Jünglinge ohne alle Vorbereitung auf das Studium der Philosophie
und ohne eine Vorstellung Yon dem, was Philosophie ist, und Yon dem
Philosoph. Standpunkte zu haben, die UniYersität beziehen, zwischen dieser
und den Gymnasien eine zu grofse Kluft stattfindet, welche durch Anordnung
philosophischer Vorbereitungsstudien auf den Gymn. auszufüllen schon seit längerer
Zeit Yon dem Min. beabsichtigt wird. Solche philosoph. Vorbereitongsstudien
würden, wie auch schon die zur Bezeichnung der Aufgabe gewählte Benennung
andeutet, jeden blofs theoretisch-systematischen Vortn^ der einzelnen philosoph.
Doctrinen ausschliefsen und sich den Zweck setzen müssen, die Schüler etwa
der beiden obersten Gymnasialkl. in 1 oder 2 Stunden mit allgemeinen Vor-
stellungen und näher mit Gedankenformen, wie sie ebensowohl dem bleib räson-
nirenden als dem höheren philosoph. Denken gemeinschaftlich sind, zu beschäf-
tigen, sie mittels praktischer Uebungen zu gewöhnen, mit förmlichen Gedanken
umzugehen, und sie darin stnfenweis bis zu dem Punkte zu führen, auf dem sie
für das systematische Studium der Philosophie, womit der UniYersitätsunterricht
beginnt, als reif zu erachten sind. Eine solche praktische Beschäftigung mit
176
allgemeinen Yorstellnngen und näher mit G^dankenformen auf Gymn. würde zn
dem systematischen Studinm der Philosophie, welches der Universität ansschliefs-
lich verhleibt, die nähere Beziehung haben, dafs das specnlative Denken teils
eine Uebong voraussetzt, in abstracten Gedanken für sich, ohne sinnlichen Stoff,
der in dem mathemat. Inhalte noch vorhanden ist, sich zu bewegen, teils aber,
dafs die Gedankenformen, deren Kenntnis durch solchen Gymnasialunterricht
verschafft würde, später bei dem eigentlichen Studium der Philosophie ebensowohl
gebraucht werden, als sie auch einen Hauptteil des Materials ausmachen, das
die Philosophie zu verarbeiten hat. Was den bestimmten Kreis der Kenntnisse
betrifft, an welchen die Gymnasiallehrer die Schüler der beiden obersten Kl.
mittels solcher philosoph. Yorbereitungsstudien zur Bekanntschaft und Gewohn-
heit, mit förmlichen Gedanken umzugehen, anleiten können, so ist die Geschichte
der Philosophie, welche sonst wohl in der ersten Kl. der Gymn. gelehrt worden,
zu dem fragl. Zweck nicht geeignet, weil sie, ohne die speculative Idee, für
welche die Schüler in den Gymn. noch nicht reif sind, vorauszusetzen, leicht in
eine Erzählung zufalliger müfsiger Meinungen ausarten und eine nachteilige
und verächtliche Meinung von der Philosophie hervorbringen könnte. Dagegen
würden sich zu dem fragl. Vorbereitungsunterricht vorzüglich die Anfangsgründe
der Logik und der sogenannten empirischen Psychologie eignen. Die der
zuletzt gedachten Doctrin angehörigen Vorstellungen von den Empfindungen der
äufseren Sinne, Einbildungskraft, Gedächtnis und von den weiteren Seelenver-
mögen können den fragl. Unterricht beginnen und um so mehr als Einleitung
in die logischen üebungen benutzt werden, als diesen nothwendig eine Erwäh-
nung von den Geistesföhigkeiten, die von dem eigentlichen Denken verschieden
sind, vorausgeschickt werden muib. An den Unterricht von den äufseren Sinnen,
den Bildern und Vorstellungen, von der Verbindung (sogenannter Association)
derselben, dann weiter von der Natur der Sprache, vornehmlich aber von dem
Unterschiede zwischen Vorstellungen, Gedanken und Begriffen, würden die Lehrer
in den Gymn. viel Bildendes und Anziehendes für die Schüler anknüpfen und
zugleich, wenn sie auch den Anteil, den das Denken am Anschauen u. s. w.
hat, gehörig bemerklich machten, den Schülern eine directe Einleitung in das
Logische geben können. Als Hauptgegenstand dieser vorbereitenden Üebungen
würden aber vorzüglich die Anfangsgründe der gewöhnlichen Logik, und nament-
lich die Lehren von dem Begriffe, dem Urteile und dem Schlüsse und deren Arten,
dann von der Definition, Einteilung, dem Beweise und der wissenschaftl. Methode
zu benutzen sein, und an diese würde man etwa noch die Kantischen Kate-
gorien als sogenannte Stammbegriffe des Verstandes anschliefsen und endlich
noch die Antinomieen erwähnen können, um den Schülern eine wenigstens nega-
tive und formelle Aussicht auf die Vernunft und die Ideen und auf die mittels
derselben zu erlangende höhere Befriedigung zu eröffnen. Für die Verknüpfung
dieses logischen Unterrichts mit der Gymnasialbildung, spricht der Umstand,
dafs kein Gegenstand weniger fähig ist, von der Jugend nach seiner Wichtig-
keit oder seinem Nutzen beurteilt zu werden, dafs der Inhalt der Logik zu wenig
anziehend ist, um die Studirenden während der Universitätsjahre, wo es von
ihrer Wahl abhängt, mit welchen Wissenschaften sie sich aufser ihren Brot-
studien beschäftigen wollen, zum Studium der Elemente des Logischen zu
vermögen.
Wenn das Min., obwohl von der Nützlichkeit und Nothwendigkeit solcher
Philosoph. Vorbereitungsstudien überzeugt, dennoch Bedenken trä^ dieselben
mittels einer allgemeinen Verfügung anzuordnen, so liegt der Grund hiervon in
der Besorgnis, dafs bis jetzt noch nicht an allen Gymn. Lehrer vorhanden sein
möchten, welche die fragl. philosoph. Vorbereitungsstudien auf die im Obigen
bezeichnete Weise zu leiten im Stande sind. Es scheint daher räthlich, mit dem
177
mehrgedachten Unterrichtein einzelnen Gymn., wo sich gerade ein fnr denselbenfähi-
ger and einsichtsvoller Lehrer findet, wieder anzufangen, und das Min. ermächtigt das
E. Consisi hierdurch, in denjenigen Gymn. seines Bezirks, die einen hinreichend quali-
ficirten Lehrer fär die fragl. philosoph. Yorbereitnngsstndien haben, dieselben in
den beiden obersten El., auf die im Obigen bezeichnete Weise, und for Jetzt nur
an den Elementen der Logik und der sogenannten empirischen Psychologie vor-
nehmen zu lassen, und zwar in der Art^ dafs für diese Studien wOchentl. höch-
stens 2 Stunden bestimmt werden, welche dem Unterricht in der deutschen Sprache
und in der deutschen Litteratur, sowie in der Mathematik am füglichsten da
abzubrechen sind, wo for das Deutsche wöchentl. 3 und für die Mathematik 5
oder gar 6 Lectionen ausgesetzt sind. Dem E. Gonsist. bleibt überlassen, der
obigen Eröffnung gemäfs, nach seiner näheren Eenntnis von den einzelnen
Gymn. und der Qimlification der betr. Lehrer das weiter Erforderliche in dieser
Allgelegenheit anzuordnen, und behält sich das Min. vor, das E. Gonsist. auf
den Grund des über diesen Gregenstand zu erstattenden Berichts mit einer weiteren
Instruction zu versehen." — VergL p. 66. 121. 179 f.
G.Yerf. v. 13. Dec. 1862: „Das Ziel, welches im deutschen Unter-
richt auf den Gymn. erreicht werden soll, ist in dem Beglm. for die Abituri-
• entenprüfungen v. 4. Juni 1834 angegeben. Ueber die Mittel, dahin zu gelangen,
sind weder bisher detaillirte Vorschriften gegeben worden, noch werden solche
jetzt beabsichtigt: es ist Sache der Lehrercollegien, sich in Fachconferenzen je
nach den besonderen Bedürftiissen und Verhältnissen jeder Anstalt über die Ein-
teilung der Pensa und die erforderlichen Uebungen zu verständigen, und die
Directoren, sowie die beaufsichtigenden Schulräthe haben darauf zu sehen, dafs
danach ein planmäfsiges, dem Zweck entsprechendes Verfahren inne gehalten
werde. Ich finde mich indefs durch verschiedene Wahrnehmungen veranlafst,
auf einige dabei besonders zu beachtende allgemeine Gesichtspunkte im Folgenden
aufinerksam zu machen.
Es wird nicht verkannt, dafs die Hindemisse eines genügenden Erfolgs
des deutschen Unterrichts in den unteren und mittleren El. häufig ausserhalb
des Bereichs der Schule liegen, uud, wenn das Hochdeutsche in der Schule fast
wie eine fremde Sprache gelernt werden mufs, besonders da schwer auszugleichen
sind, wo es dem Gymn. an einer eigenen Vorschule fehlt Gleichwohl kann,
wenn der deutsche Unterricht nicht isolirt wird und jeder Lehrer nicht blofs
seinen speciellen Gegenstand, sondern die Aufgabe des Schulunterrichts als ein
Ganzes im Auge behält, und wenn demzufolge überall in der Schule auf mündl.
und schrifü. Gorrectheit gehalten wird, auch in solchen Fällen die normalmäfsige
wöchentliche Stundenzahl genügen. Die E. Prov.SchulcoU. sind jedoch schon
gelegentlich der Modification des Normalplanes, durch die G.Verf. v. 7. Jan.
1856 (s. p. 66), ermächtigt worden, bei grofser Elassenfrequenz, und wo die
durch die C.Verf. v. 24. October 1837 (p. 56) empfohlene engere Verbindung des
deutschen und des lateinischen Unterr. nicht ausfahrbar ist, derselbe vielmehr
an verschiedene Lehrer verteilt werden mufs, ausnahmsweise eine Vermehrung
der für das Deutsche bestimmten Stunden in den unteren El. zu gestatten» Die-
selben Gründe können die Einfahrung einer besonderen deutschen Grammatik
fechtfertigen, deren es sonst bei zweckmäisiger Benutzung der lat. Grammatik
nicht bedarf. Der in das Gedächtnis aufzunehmende grammat. Stoff ist dabei,
je nach der Verschiedenheit localer Bedürfnisse, auf das Nothwendigste zu
beschränken. Dafs der deutsche Unterricht einer Elasse vereinzelt einem
Schulamtscandidaten übertragen wird, ist nicht zu billigen und mufs vermieden
werden.
Die schriftl. Uebungen in den beiden untersten EL, wo die Thätigkeit
der Schüler zum grOfsten Teil in die Lehrstunden selbst zu verlegen ist^ haben
Wieie, Verordnung«!!. 12
178
sich mehr als es häufig geschieht, in den für diese Stufe nOthigen Grenzen zu
halten: die Anfertigung „deutscher Au&ätze*' ist den Schülern der VI und V
noch nicht zuzumuSien. Auch in der IV noch müssen die schriftlichen Arbeiten
lediglich reproductiver Art sein. Zu den vdchtigsten Aufgaben des Lehrers im
Deutschen gehört eine methodische Benutzung des Lesebuchs, durch welche es
für die Bildung des SprachbewuTstseins und die fortwirkende Anregung des
Nachdenkens fruchtbar gemacht wird.
Aus den mittleren El. gehen viele Schüler in das bürgerl. Leben über.
Das Gymnasium kann es jedoch nicht für seine Aufgabe ansehen, deshalb auf
die Ausbüdung formeller Fertigkeiten bedacht zu sein, welche etwa zu den be-
sonderen Erfordernissen eines praktischen Berufs gehören. Es sorgt auch für
solche Schüler am besten, wenn es so viel wie mOglich ihr Denkvermögen ent-
wickelt und sie mit Sicherheit in den elementaren Grundlagen mündlicher und
sdiriftlicher Darstellung ausstattet Zu diesem Zwecke bedarf es vor Allem
methodisch geordneter mannigfaltiger mündl. und schnfü. Uebungen. Für die
Bearbeitung deutscher Aufgaben darf es an einer bestimmten Anleitung nicht
fehlen. Es ist aber auch auf dieser Stufe noch nicht zu verlangen, dafs die
Schüler dabei eigene Gedanken entwickeln; sie sind vielmehr hauptsächlich darin
zu üben, dafs sie Gegebenes reproduciren, historische oder andere ihnen bekannte
thatsächliche Verhältnisse und in ihrer Anschauung liegende Gegenstände in
richtigem Zusammenhange einfach und angemessen darstellen. Das Gedächtnis
ist, wie schon in den unteren Kl., für die sichere Aneignung von Gedichten und
mustergiltigen prosaischen Stellen in Anspruch zu nehmen, und in den Lehr-
stunden consequent auf zusammenhängendes Sprechen zu halten. Die Belehrung
über VersmaijBe und allgemeine metrische Gesetze, soweit sie nicht bei der Er-
klärung deutscher Gedichte erfordert wird, ist an die Leetüre der class. Dichter
des Altertums anzuschliefsen. Eine selbständige Behandlung der Metrik ist auf
dem Gymn. überhaupt, besonders aber in den mittleren Klassen, zumal bei dem
oft gro&en Mifsverhältnis zu der übrigen elementaren Ausbildung der Schüler,
entbehrlich.
Die in den Principiender deutschen Orthographie und Interpunc-
tion noch herrschende Unsicherheit ist kein Grund, den Schülern darin Willkür
oder ünachtsamheit nachzusehen. Die Schule hat das auf diesem Gebiet durch
das Herkommen Fixirte in den unteren und mittleren Klassen in sicherer An-
wendung einzuüben; und es ist dem einzelnen Lehrer nicht zu gestatten, die
Uebereinstimmung des Verfahrens, zu welcher die Lehrer derselben Anstalt sich
vereinigen müssen, um theoretischer Gründe willen zu stOren. Die elementaren
Grundlagen der Sicherheit in conectem Schreiben, der Geübtheit in deutlichem,
sinngemäfsem, die Interpunction beachtendem Lesen, und ein Bewufstsein über
die Bedeutung der Unterscheidungszeichen wird nicht selten noch in den oberen
Klassen vermifst Die Schüler müssen von unten auf gewöhnt werden, irgend
eine grundsätzlich geregelte Interpunctionsweise consequent zu befolgen. Un-
sicherheit darin ist in den höheren Klassen schwer zu beseitigen; weshalb dieser
Punkt besondere Beachtung bei der Versetzung von III nach U verdient
Die Behandlung der deutschen Literaturgeschichte in den obersten
Klassen hat sich die Aufgabe und das Bedürfnis der Schule gegenwärtig Vol
erhalten, um nicht historischen Notizen und der Kritik einen unverhältnis-
mäfisigen Werth auf Kosten des Studiums der litterarischen Werke selbst beizu-
legen und der Neigung zur Beflexion über dieselben, statt der Hingebung an
ihre Betrachtung Vorschub zu leisten. Die Schule hat in litterarhistorischen
Hitteilungen nach einer Vollständigkeit der Angaben über die Schriftwerke und
deren Verfasser nicht zu streben, mufs sich vielmehr bei der deutschen Litte-
raturgeschichte auf die Darstellung der Hauptmomente ihrer Entwickelung und
auf die nöthigen Angaben über die wichtigsten Werke beschränken. Von der
179
Creschichte der deatschen Sprache müssen die Schüler wenigstens so Tiel er-
fahren« dafs ihnen die Existenz einer deutschen Philologie nicht unbekannt bleibt
und sie durch Anleitung das Nibelungenlied in der Ursprache zu lesen, sowie
•durch Hinweisung auf den Reichtum des ursprünglichen Sprachschatzes, zu eigener
weiterer Beschäftigung damit angeregt werden.
Bei der Wahl der Aufsatzthemata für die oberen Klassen (vgl. die
CVerf. V. 24. Octb. 1837 und v. 12. Jan. 1856 s. p. 59. 69. 92) ist auf
4ie Verschiedenheit der geistigen Entwickelung und der davon abhängigen Be-
fähigung der in derselben Klasse vereinigten Schüler gebührende Bücksicht zu
nehmen. Es ist zweckmäfsig, den weniger geübten künere Arbeiten auf kürzere
2eit als den übrigen au&ugeben. und ihnen durch vorgängige Besprechung des
Sinnes und der möglichen Behandlungsweisen der Themata die Bearbeitung zu
erleichtem, nicht alles der schliefslichen Beurteilung der Aufsätze vorzubehalten.
TJebnngen, wie sie u. a. von dem Dr. Deinhardt in dem beachtenswerthen
Beitrag zur Dispositionslehre im Programm des Bromberger Gymn« v. 1858*)
l>esprochen werden, können dabei von grofsem Nutzen sein. Von der wesent-
lichen Unterstützung, welche dem deutschen Stil eine sorgfältige, zugleich treue
und deutsche Uebersetzung der alten Autoren gewährt, wird in manchen Gym-
nasien zu wenig Gebrauch gemacht.
Die Hinweisung auf Muster eines guten Stils mufs schon in den mitt-
leren Klassen den eigenen schriftlichen Versuchen der Schüler zu Hülfe kommen.
Dafs die Bücher der Schülerbibliotheken auch zu diesem Behuf zweckmässig
gewählt und benutzt werden, haben besonders die Lehrer des Deutschen sich
angelegen sein zu lassen. In den oberen Kl. die Lehrstunden selbst zu umfassender
deutscher Lectfire, z. B. von Dramen, zu verwenden, wird bei der Nothwendig-
keit der für dieselben bestimmten mündlichen und schriftlichen Uebungen selten
zulässig sein.
Von diesen Uebungen dürfen freie Vorträge nicht ausgeschlossen
werden, wenn auch die Freiheit zunächst nur in der Selbständigkeit besteht, mit
•der z. B. eine Belation von etwas Gelesenem oder Angeschautem gegeben und
der Gedankengang einer Schrift mit Unterscheidung des Wesentlichen vom Un-
wesentlichen nachgewiesen wird. Die Bildung des Organs zu deutlicher Bede
ist dabei von nicht geringerer Wichtigkeit als die Uebung, einen Zusammen-
hang in richtiger Folge ohne Befangenheit mündlich darzustellen. Aus der tech-
nischen Bhetorik der Alten kann hierbei Vieles mit Nutzen zur Anwendung
gebracht werden. Eine die mündlichen Vorträge auf dem Gymnasien betreffende
Verfügung des K. Prov.Sch.G. zu Koblenz v. 16. Juni 1843 wird zur Beachtung
empfohlen (s. p. 172 ff.).
Die philosophische Propädeutik wird in mehreren Gymn. mit be-
triedigendem Erfolg behandelt» auf anderen wird sie ungebührlich vernachlässigt
Ist ihr auch in dem Lehrplan vom 7. Jan. 1856 die Stelle eines für sich beste-
llenden Unterrichtsgegenstandes genommen (s. p. 66), so ist darin doch aus-
drücklich eine angemessene Beschäftigung mit ihrem Inhalt vorgeschrieben
worden. Ein systematischer Unterricht in der Philosophie geht über die Bestimmung
des Gymnasiums hinaus, während eine so viel wie möglich auf heuristischem Wege
yermittelte, psychologische Belehrung über die Vermögen der menschlichen Seele
«md ihrer auf das Denken und Erkennen gerichteten Thätigkeit, propädeutische
Uebungen zur Entwickelung des Denkvermögens, Einführung in die Methode
•des wissenschaftlichen Erkennens, und vornehmlich die Anregung des philosoph.
Interesses zu den wichtigsten Aufgaben der obersten Gymnasialklassen gehören.
Der gesamte Wissenschaft!. Unterricht in denselben, besonders ein rationeller
Sprachunterricht und alle mathematische Wissenschaft» enthält zwar an sich
*) Besondere Ausgabe: Berlin 187a
12*
180
auch eine philosoph. Propädeutik, und die eigenen Frodnctionen der Schaler geben
immer aufs Neue Gelegenheit, auf die Nothwendigkeit logischer Conseqnenz der
Gedanken und der dadurch ]^edingten Ordnung der Darstellung aufmerksam zu
machen; aber es ist unerläfslich, dafs die den Objecten immanenten und all»
Wissenschaften verbindenden logischen Gesetze auch für sich selbst den Schülern
verständlich und geläufig werden. Historische Bekanntschaft mit der auf diesem
Gebiet herkömml. Terminologie und mit der Form der einzelnen Bestimmungen
ist unentbehrlich, macht aber die philosoph. Propädeutik nicht aus: es bedarf
fortgesetzter Uebung in der Anwendung der logischen Sätze. Das akadem.
Stadium setzt voraus, dafs eine Fertigkeit darin von der Schule mitgebracht
werde, und das Gymn. hat um so mehr Pflicht dieser Anforderung zu entsprechen,
als die geistige Zucht, welche in der Gewöhnung an strenge begriffliche Auf-
fassung liegt) der dem Jugendalter besonders gefäbrlichen Unwahrheit der Phrase
entgegenwirkt, und zugleich ein Correctiv gewährt gegen die Folgen planloser
Leetüre und der zunehmenden üeberladung des jugendlichen Geistes mit mannig-
Mtigem Stoff.
Es ist den Directoren zu überlassen, die fär die philosoph. Propädeutik er-
forderliche Zeit an der geeignetstenStelle innerhalb der normsdmäfsigen Stunden^
zahl auszumitteln, wobei ihnen auch freigestellt werden kann, sie, um einer
mehr zusammenhangenden Behandlung willen, .auf einen Teil des Schuljahrs,
am zweckmäTsigsten auf^das Wintersemester, zu beschränken. Unter den Hülfs-
mitteln, besonders zum Gebrauch der Lehrer, haben sich vor anderen die Ele-
menta logices Aristoteleae von Dr. Trend elenburg bewährt
Die Departementsräthe der E. Prov.SchulcoUegien werden bei Bevisionen
und sonstigen Gelegenheiten davon Kenntnis zu nehmen haben, wie die Auf-
gabe der philosoph. Propädeutik auf den einzelnen Gymn. gelöst wird; und in
die Abiturientenzeugnisse ist am SchluTs. des Urteils über das im Deutschen
Erreichte auch eine Bemerkung darüber aufzunehmen, ob der Abiturient mit
den Elementen der Psychologie und der Logik sicher bekannt ist.
Ich beauftrage die E. Prov.Schulcollegien, vorstehende Bemerkungen den
Gymnasialdirectoren zur Nachaehtung mitzuteilen, wobei überlassen bleibt, das-
jenige anzuknüpfen, was für die speciellen Verhältnisse der einzelnen Anstalten
erforderlich scheint, auch wegen der Ausfuhrung besondere Fachconferenzen an-
zuordnen. Dafs neu eintretende und noch ungeübte Lehrer bei den didaktischen
Aufgaben, um die es sich hier handelt, ganz besonders des teilnehmenden Bathes
praktischer Er&hrung bedürfen, werden die E. Pi*ov.Schulcollegien, wo es Nol^
thut, in Erinnerung bringen.'*
Vgl für die Bealanstalten U. und PO. v. 6. Oct. 1859 p. 90 ff.
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Berlin v. 18. Sept. 1871: , J)ie Circular-
verf. V. 13. Dec. 1862 bestimmt in Betreff des Unterrichts in der deutschen
Orthographie, dafs die Schule das auf diesem Gebiete durch das Herkommen
Fixirte in den unteren und mittleren Elassen zu sicherer Anwendung einzuüben-
habe, und dafs die Lehrer derselben Anstalt sich zu einem übereinstimmenden
Verfahren vereinigen sollen. Der letzten Forderung ist bisher, zum Teil wegen,
der grofsen in der Sache liegenden Schwierigkeiten, nur an wenigen Anstaltea
genügt worden. Auch läfst sich nicht verkennen, dafs die Schule den Gebrauch
der in ihr eingefahrten Lesebücher nicht unberücksichtigt lassen darf. Eine
durchgreifende Uebereinstimmung auf diesem Gebiete wird sich allerdings erst
dann erreichen lassen, wenn es gelingt, die in Aussicht genommene Uebereinkunft
für sämtliche Schulen zu erzielen. Inzwischen mufs es aber die Aufgabe der
einzelnen Schule bleiben, ein in allen Elassen übereinstimmendes Verfahren zu
erstreben und inne zu halten. Um die Feststellung desselben zu erleichtern».
181
«ncheinen die von dem Verein der Berliner Gymnasial- nnd Bealschullehrer
heraosgegebenen kleinen Schriften: „Regeln nnd Wörterverzeichnis fSr die deutsche
Orthographie znm Schnlgebranche*', Berlin 1871, nnd die zur Begründung nnd
Erläuterung dieser Schrift dienenden »^Erörterungen über deutsche Orthographie,"
Berlin 1871, in hohem Mafse geeignet, da in ihnen diejenigen Grundsätze be-
folgt werden, welche sich nach den bahnbrechenden Abhanfiungen von Rud.fy.
Baumer der allgemeinsten Billigung erfreuen, und die Fassung der Kegeln sich
durch Bestimmtheit und Schärfe auszeichnet Wir empfehlen daher den Lehrer-
collegien diese Schriften zu besonderer Beachtung, indem wir erwarten, dafs
Ew. — dieselben zur Herbeiführung eines einheiüichen Verfahrens innerhalb
Ihrer Anstalt in angemessener Weise zu benutzen wissen werden."
Verordnung über den Schulunterricht in der deutschen
Bechtschreibung. Circ.Verf. v. 21. Jan. 1880: „In der Frage der deut-
schen Orthographie haben die 7on dem verstorbenen Professor B. v. Baum er
dai^legten Grundsätze, sowohl bezüglich der Erhaltung des festen Stammes
allgemeinen Schreibgebrauches als bezüglich der Feststellung von schwankenden
und der mafsvoUen Berichtigung von zweckwidrigen Schreibweisen, eine in
stetiger Zunahme begriffene Anerkennung gewonnen. Daneben fehlt es jedoch
nicht an Bestrebungen, welche die gegenwärtige Bechtschreibung nach einer
Sprachentwickelung der Vergangenheit glauben regeln zu sollen, oder welche
andererseits, ausschliefslich bedacht auf konsequente Bezeichnung der thatsäch-
lich gesprochenen Laute, von dem Vorhandensein einer anerkannten Schrift-
sprache glauben absehen zu dürfen. Von dem Schulunterrichte in der deut-
schen Orüiographie sind derartige Bestrebungen, welche zwischen der Orthographie
der Schule und der der gebildeten Kreise aufserhalb derselben eine nicht zu
ertragende Trennung herbeiführen würden, seitens der ünterrichtsverwaltung
grundsätzlich femgehalten worden, und die auf wissenschaftlichem Gebiete er-
reichte Anbahnung einer Einigung hat auf die Ausbreitung der gleichen Grund-
sätze im Schulunterricht in ei^eulicher Weise eingewirkt. Gleichwohl ist nicht
zu verkennen, dafs auf dem bisher eingehaltenen Wege die Befriedigung des
berechtigten Verlangens nach einheitlicher Begelung, wenn überhaupt, so jeden-
falls nur sehr allmählich erreicht werden kann, und dafs namentlich die Ver-
schiedenheit der Orthographie in den Schulbüchern, insbesondere den deutschen
Lesebüchern, der Erreichung dieses Zieles hindernd entgegentreten muTs.
Durch diese Erwägungen habe ich mich bestimmt gefunden, auf Grund
der Baumerschen Abhandlungen, namentlich der von ihm für die orthographische
Konferenz ausgearbeiteten Vorlage,*^) und unter Berücksichtigung der seitdem
stattgehabten weiteren Erörterungen des Gegenstandes das in der Anlage bei-
geschlossene Begelbuch für den Schulgebrauch ausarbeiten zu lassen. Dasselbe
steht, abgesehen von vereinzelten unerheblichen Ausnahmen, in sachlichem
Einklänge mit dem von der bayerischen Unterrichtsverwaltung unter dem 21. Sep-
iember v. J. für den dortigen Schulunterricht vorgeschriebenen Buche.
Hiemach treffe ich folgende Anordnungen: .
1. Das anliegende Buch „Begeln und Wörterverzeichnis für die deutsche
Bechtschreibung zum Grebrauch in den preuljsischen Schulen. Berlin, Weid-
snannsche Buchhandlung. Ladenpreis des gebundenen Exemplars 0,15 M.'* hsij>
Tom Beginne des Schuljahres 188i0/81 an allen Schulen als Norm für den ortho-
graphischen Unterricht und für die in den schriftlichen Arbeiten der Schüler
*) Verhandlungen der zur Herstellung grofserer Einufun^ in der deutschen
'Reohtsolireibmig benSenen Konferenz, Berlin den 4. bis 15. Januar 1876. Ver-
öffentlicht im Auftrage des K. PreuTs. Unterrichtsminirters. Halle 1876. Verlag
^iet WAisenhanses.
182
einzoluiltende Orthographie za dienen. In den Schnllebrer- nnd Lehrerinnen-
Seminaren eowie in denjenigen Klassen der höheren Schalen, ta deren Lehr-
aa^be der orthographische Unterricht gehört, ist dasselbe als Schnlbncb
einzuführen.
2. Alle znr Einfohrnng im Schnlanterricht m beantragenden deutschen
Lesebücher, einschliefslich der neuen Auflagen der bereits im Gebrauche befind-
lichen, haben fortan die vorgeschriebene Orthographie einzuhalten. Eine Aus-
nahme davon machen nur solche Lesebücher, welche als litterarhistorische Hilfis-
mittel die Schreibweise der betreffenden Zeit grundsätzlich beibehalten. Es-
ist in geeigneter Weise dahin zu wirken, dafs die gleiche Orthographie aucb
in den anderweiten Schulbüchern zur Anwendung komme; insbesondere sind
aus den Klassen Sexta, Quinta und Quarta der höheren Schulen innerhalb eines
Zeitraumes von längstens fünf Jahren Schulbücher von abweichender Orthographie
zu beseitigen.
Das K. Prov.Sch.G. wolle zur Ausfuhrung dieser Verordnung Seinerseits
das Erforderliche veranlassen und nach dem Schlüsse des Schuljahres 1880/81
über den Eifolg dieser Mafsregel Bericht erstatten.
Abschrift vorstehender Verfügung nebst Anlage erhält die K. Begierung etc.
zur Kenntnisnahme und mit der Veranlassung, die vorgeschriebene Orthographie
auch in den Schulen Ihres bezw. Seines Verwaltungskreises zur allgemeinen
Einführung zu bringen und die bezüglichen Uebungen mit Anfang des neuen
Schuljahres beginnen zu lassen. Damit dies mit Erfolg geschehe, ist in den
Lehrerkonferenzen ein einheitliches Verfahren für alle Klassen einer Schule und
für alle Schulen eines Aufsichtskreises zu vereinbaren, und wolle die K.
Begierung etc. die Kreis- und Local- Schulinspektoren, sowie die Bectoren
und Hauptlehrer Ihres Bezirkes in dieser Beziehung mit der nötigen Anweisungf
versehen. In diesen Konferenzen wird auch zu erwägen sein, ob und in welchem
Mafse etwa die ältesten Jahrgänge einklassiger Volksschulen bei der bisher
mit ihnen eingeübten Schreibweise zu belassen seien; femer ob es sich empfehle,
im Interesse möglichst baldiger Befestigung der Schulkinder in den Abweichungen
der vorgeschriebenen Orthographie von der bisherigen, im nächsten Sommer-
halbjahre, bezw. in solchen ländlichen Volksschulen, in welchen zahlreiche Dis-
pensationen stattfinden, auch im nächsten Winterhalbjahre, zwei von den für
den Unterricht in den Bealien bestimmten Lehrstunden für die Einnbungr
der Orthographie zu benützen. Wo dies beantragt wird, ist die Genehmigung
zu erteilen.
Sodann wolle die K. Begierung etc. dafür Sorge tragen, dafs sämtliche Lehrer
und möglichst viele Schüler in den Besitz des Begelbuches kommen. Die Schul-
vorstände sind daher geeigneten Falles zu ermächtigen, aus den Schulkassen
nicht nur so viel Exemplare des Begelbuches, als Lehrer an der Schule fun-
gieren, sondern auch einige fernere Exemplare für arme Schulkinder anzu-
schaffen.
Endlich ist darauf zu achten, dafs nicht blofs die im ünterrichisgebrauche
befindlichen Fibeln, Lesebücher und biblischen Geschichtsbücher, sondern auch
die etwa gebrauchten Leitfäden, Geschichtstabellen, Spruchbücher, Liederhefte'
und sonstigen Lembücher nur weiter benutzt werden dürfen, wenn ihre neuen
Ausgaben bezw. Auflagen die vorgeschriebene Bechtschreibung befolgen und dafs^
demgemäf^ auch nur Bücher, bei welchen dies der Fall ist, neu eingeführt werden
dürfen." Der Minister etc. v. Puttkamer.
G. Verf. V 3. März 1880. „Mehrere Verlagsbuchhandlungen von Schul-
büchern haben in einer gemeinsam an mich gerichteten Vorstellung die Be-
sorgnis ausgesprochen, dafs durch die Ausfahrung meiner VerfQgnng vom 21.
183
Jan. d. J. ihnen sehr erhebliche Nachteile erwachsen würden. Da die beenge
liehen Bestimmimgen der angezogenen Verf. ausdrücklich in dem Siäne getroffen
Bind, dafs jede nicht unbedingt notwendige Schädigang der Interessen des Buch-
handels yermieden werde, so habe ich den Unterzeichnern der Yorstellnng dnrch
die nnter dem heutigen Datum ihnen zugestellte Antwort beruhigende Erldärung
gegeben. Das E. Prov.Sch.C. etc. erhftlt in der Anlage Abschrift dieser meinen
Antwort (a) mit der Veranlassung, die in derselben enthaltene Erklärung als
mafsgebend für Sein etc. Verfahren bei der Ausführung der Verordnung zu be-
trachten. Insbesondere ergiebt sich daraus, dafs bei Schulbüchern, wdche vor
dem Beginne des Sommersemesters 1880 hergestellt sind, die Abweichung von
der von diesem Zeitpunkte an für den Schulunterricht vorgeschriebenen Ortho-
graphie nicht kann als Grund geltend gemacht werden, dieselben yon dem Schul-
gebrauche auszuBchliefsen. Abgesehen Yon der ausdrücklich hierauf gerichteten
Bestimmung der Verf. Yom 21. Jan. d. J kommt hierbei in Betracht» dafs
durch derartige Zulassungen dem Schulunterrichte dieselben Hindemisse nur
Torübergehend noch belassen werden, welche bisher fast regelmäfsig dauernd
bestanden.
Sollten in Betreff der Zulässigkeit eines Schulbuches in orthographi-
scher Hinsicht Zweifel entstehen, so ist behufs eines gleichmäfsig einziüialten-
den Verfahrens bis auf weiteres eine Anfrage darüber an mich zu richten.^'
Der Minister etc. ▼. Pütt kamer.
a) Min. Verf. v. 3. März 1880. „Auf die von Ew. Wohlg. im Vereine
mit einer Anzahl hiesiger Verlagsbuchhandlungen unter dem 17. y. M. an mich
gerichtet« Vorstellung erwidere ich ergebenst Folgendes.
Das Hindernis, welches der Gebrauch von Schulbüchern verschiedener
Bechtschreibung der sicheren orthographischen Gewöhnung der Schüler entgegen-
stellt, ist, wie ich in dem Eingange meiner Verfügung vom 21. Jan. d. J. aus-
drücklich hervorgehoben, ein wesentlicher Anlafs dazu gewesen, dafs ich mich
zum Erlasse einer für alle Schulen meines Bessorts giltigen Vorschrift ent-
schlossen habe. Daraus ergiebt sich als notwendige Folge, dafs ich gleichzeitig
mit der Begelung dos orthographischen Schulunterrichtes für Beseitigung der .
erwähnten Ungleichheit in den Schulbüchern habe Sorge tragen müssen. Hier-
bei habe ich jedoch nicht unterlassen, dem finanziellen Interesse der Eltern und
der an der Herstellung von Schulbüchern beteiligten Buchhandlungen vollständig
Bechnung zu tragen. Es ist demnach angeordnet, dafs alle zur Einfahrung im
Schulunterrichte zu beantragenden deutschen Lesebücher, einschliefslich
der neuen Auflagen, bezw. Ausgaben, der bereits im Gebrauche befindlichen,
fortan die vorgeschriebene Orthographie einzuhalten haben, das heifst also,
sofern dieselben oder ihre neuen Auflagen (Ausgaben) nach dem Beginne des
Schuljahres 1880/81, als dem Zeitpunkte, mit welchem die Verordnung in Erafb
tritt, gedruckt worden sind. Den im Gebrauche befindlichen oder dazu vorbe-
reiteten Lesebüchern, welche vor dem Anfange des Schuljahres 1880/81 herge-
stellt sind, ist die Zulässigkeit far die nächste Zeit ausdrücklich zugesagt. In
Betreff der übrigen Schulbücher ist den Schulbehörden nur aufgegeben,
auf Ausbreitung der gleichen Orthographie in geeigneter Weise hinzuwirken.
Als der Zeitraum, innerhalb dessen die orthographische Ausgleichung f&r alle
in den drei untersten Klassen der höheren Schulen gebrauchten Schulbücher
sich zu vollziehen habe, sind fünf Jahre festgesetzt, in der nicht füglich zu
bestreitenden Voraussetzung, dafs Schulbücher für die unteren Klassen, welche
innerhalb eines solchen Zeitraumes nicht eine neue Auflage erfahren, kaum für
lebensfähig zu erachten sind. In Betreff der an Volksschulen zu gebrauchenden
Bücher ist in dem auf dieselben speziell bezüglichen Teile des Erlasses keine
besondere Bestimmung getroffen, also behält die im vorhergehenden Abschnitte
184
des Erlasses enthaltene Feststellung einer fünlQährigen Dauer der Zulässigkeit
ihre Geltung. Für die in den oberen Klassen der höh. Schulen gebrauchten
Schulbücher ist eine Fristbestimmung deshalb nicht bezeichnet worden, weil
vorauszusetzen ist, dafs die Schüler dieser Klassen schon zu sicherer ortho*
graphischer Gewöhnung gelangt sind und deshalb von kleinen Differenzen in
der Orthographie ihrer Schulbücher weniger nachteilige Folgen zu besorgen sind.
Es ist mit grofser Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dafs die orthographische
Umgestaltung der Schulbücher in den meisten Fällen sich in erheblich kürzerer
Zeit vollziehen wird. Durch die Bezeichnung einer möglichst weit bemessenen
Frist bin ich, wie Ew. W. aus der obigen Erklärung gefälligst ersehen
wollen, darauf bedacht gewesen, Schädigung der Interessen des Yerlagsbuch-
handels möglichst zu vermeiden. Von dieser Absicht meines Erlasses setze ich
gleichzeitig alle Schulbehörden in Kenntnis und darf erwarten, dafs hiernach
die allmähliche Beseitigung der Schulbücher abweichender Orthographie mit der
gebührenden Schonung wird ausgeführt werden. Zugleich sind die Behörden ver-
anlafst, in zweifelhaften Fällen eine Anfrage an mich zu richten; hierdurch
findet ein von Ew. W. ausgesprochener Wunsch in anderer Form seine Er-
füllung.
Ew. W. sprechen in Ihrem gefälligen Schreiben vom 17. v. M. aufser-
dem die Besorgnis aus, dafs in Betreff der Bechenbücher eine Verordnung in
Aussicht stehe, welche den Verlegern derartiger Schulbücher Opfer zumuten
werde, und verbinden damit die Erinnerung an die Nachteile, welche diese Ver-
leger durch die in dem letzten Jahrzehnt angeordneten Veränderungen betroffen
hätten. In dieser Beziehung darf ich darauf hinweisen, dafs zu den behaup-
teten Nachteilen die ünterrichtsverwaltung keinerlei Anlafs gegeben hat. Mit
der durch die Beichsgesetzgebnng beschlossenen Einführung des dekadischen
Systems der Mafse, Münzen und Gewichte erwuchs unvermeidlich, selbst ohne
jede VerfQgung der ünterrichtsverwaltung, für den Schulunterricht im Bechnen
und für die Bechenbücher die Verpflichtung, nicht allein das neue System zur
Anwendung zu bringen, sondern zugleich zu erwägen, wie dasselbe für das
.Bechnen mit dekadischen Zahlen und Brüchen am zweckmäfsigsten zu verwerten
sei. Nachdem sodann der Herr Beichskanzler durch eine aus sachkundigen Ver-
tretern aller beteiligten Kreise zusammengesetzte Commission die abgekürzten
Bezeichnungen hatte feststellen lassen, welche für die neuen Mafse etc. im amt-
lichen Gebrauche sollten angewendet werden, hat mein Herr Amtsvorgänger
durch Verf. v. 19. Jan. 1878 (abgedruckt im Gentralblatte für die ges. Ünter-
richtsverwaltung 1878 S. 67 ff.) angeordnet, dafs in den für den Schulgebrauch
bestimmten Bechenbüchem ausschliefslich die für den amtlichen Gebrauch vor-
geschriebenen Abkürzungen sollten angewendet werden. Dieser Verf. ist aus-
drücklich nur Geltung gegeben für die Bechenbücher, welche nach dem Zeit-
punkte des Erlasses neu erschienen oder neu gedruckt wurden. Die hierdurch
für die Bechenbücher erforderte Aenderung ist übrigens der Art, dafs durch
dieselbe allein der Gebrauch einer älteren Auflage desselben Buches neben
der neueren in keiner Weise ausgeschlossen oder auch nur erheblich erschwert
ist. Eine weitere Verf. bezüglich der Bechenbücher ist seitens der Ünterrichts-
verwaltung weder gegeben, noch gegenwärtig in Aussicht genommen. Die Ünter-
richtsverwaltung ist hiemach in ihren die Zulässigkeit von Bechenbüchem
regelnden Verordnungen über den Bereich des durch die allgemeine Gesetzgebung
herbeigeführten Erfordemisses nicht hinausgegangen und hat auch innerhalb
dieser Grenzen die Interessen des Buchhandels vollständig berücksichtigt. Wenn
die Verleger von Bechenbüchem über das wiederholt eingetretene Erfordernis
durchgreifender Umgestaltungen Klage fahren, durch welche selbst der Gebrauch
der früheren Auflage neben der neueren ausgeschlossen worden sei, so kann
186
nicht füglich in Yerfagangen der Unterrichtsverwaltiing der Anlafs gesucht
werden, Bondem es wird zn erwägen sein, ob nicht vielmehr Mängel in der
orspranglichen didaktischen Durcharbeitung der fraglichen Bücher die Notwen-
digkeit wiederholter Aendemngen herbeigeführt haben.
Indem ich Ew. W. erg. ersnche, den Mitanterzeichnem der Yorstellnng vom
17. V. M. den lohalt dieses Schreibens mitzuteilen und Sie zugleich ermächtige,
dasselbe in der Ihnen geeignet scheinenden Weise zur Kenntnis in den betei-
ligten Kreisen des Buchhandels zu bringen, darf ich die Versicherung hinzu-
fügen, dafs ich in voller Würdigung der Bedeutung, welche der deutsche Buch-
handel für die Entwickelung der deutschen SchuUitteratur hat, die berechtigten
Interessen desselben bei meinem Erlasse vom 21. Jan. d. J. nicht aufser acht
gelassen habe." An den Verlagsbuchhändler Herrn Otto Müller Wohlg. hier.
3. Lateinisch und Griechisch.
Rev. Lehrpläne nach C.Verf. v. 31. März 1882: p. Ulf.;
118, 121 f., 139 ff. für Gymn.; 128, 130 für R.
Ans einer älteren C. Verf. (11. Deo. 1828; Min« v. Alt^nstein): „Das Min.
bat zu bemerken Gelegenheit gehabt, dafs seither nicht in allen Gymnasien bei der
Wahl der in der 1. Sliasse zu lesenden kriech. Schriftsteller mit der er-
forderlichen Rücksicht auf den Zweck und das beschränkte Verhältnis der Schule
und auf die jedesmalige Bildungsstufe der betr. Schüler verfahren worden. In
einigen Gymn. hat man die Tragödien des Sophokles, den Thacydides und die in
Hinsicht ihrer Anlage oder ihres Inhalts schwierigeren, zum Teil eine Bekannt-
schaft mit der specnlativen Idee voraussetzenden Dialogen Piatos zur ununter-
brochenen und fast ausschliefslichen Leetüre in der 1. griech. Klasse gewählt;
andere Directoren sind noch weiter gegangen und haben zur stehenden Leetüre in
der i. griech. Klasse sogar den Pindar, iüistophanes und Aeschylus gemacht, da-
gegen das Lesen der Homerischen Gesänge und der Schriften Xenophons schon
mit der 2., ja bisweilen schon mit der 3. Klasse abeefschlossen.
Das Min. kann sich mit diesem Verfahren nicht einverstanden erklären. —
Die Billigkeit erheischt es nicht weniger, als die den öffentlichen Schulen ge-
stellte Bestimmung, bei der Wahl der in der 1. Klasse zu lesenden griech. Schrift-
steller nicht blofs auf die immer kleinere Zahl ausgezeichneter Schüler, sondern
auch auf die Mehrzahl derselben Rücksicht zu nehmen, damit auch die letzteren
noch auf den Gymn. zn der Fertigkeit gelangen, einen leichteren griech, Schrift-
steller, wie Homer und Xenophon ' ist, ohne erheblichen Anstofs verstehen und
für sich lesen zu können. Diese Fertigkeit mufs nothwendig auf den Gymn.
bei sämtlichen Schülern der obersten Kl. erzielt werden, um mittels derselben auch
die Studirenden, von welchen ihr künftiger Beruf weiter keine Kenntnis der
griech. Sprache und Litteratur fordert, zur fortgesetzten Beschäftiguufi^ mit der-
selben aufzumuntern und ihnen einen inneren Antrieb zu geben, dais sie ihre auf
der Schule gewonnene Kenntnis der griech. Sprache und Bildung durch Selbst-
studium und durch den höheren Universitätsunterricht tiefer begründen. Nach
der bisherigen Erfahrung wird aber gerade diese Fertigkeit, von welcher in den
meisten Fällen das weitere Fortschreiten im Studium des griech. Geistes und
Lebens bedingt wird, bei vielen Schülern der Gymn. deshalb nicht erreicht, weil
ihnen zu früh die ausschliefsliche Leetüre von solchen griech. Schriftstellern zu-
gemuthet wird, an welchen sich wegen der mannigfaltigen, ihrem Verständnis
entgegenstehenden Schwierigkeiten jene Fertigkeit entweder gar nicht, oder doch
nicht in dem erforderlichen Mafse erlangen läfst.
Aus diesen Ghründen sieht sich das Min. dringend veranlafst, hierdurch an-
zuordnen, dafs zwar die eine oder die andere Tragödie des Sophokles und des
Enripides und die kürzeren und leichteren Dialogen rlatos, wie der Krito, Laches,
Charmides, die Apologie des Sokrates, der Menexenus und derMeno, auch ferner-
hin in der 1. Klasse gelesen, dagegen aber die nröfseren und schwierigeren Dialogen
Piatos, wie der Protagoras, Gorgias, Phaedrus, Parmenides, Phaedo etc., die
Komödien des Aristophanes, die Oden Pindars und die Tragödien des Aeschylus, i
Aufser inwiefern einzelne Oden, Chöre oder dialogische Partien dieser Dichter in 1
186
Chrestomathieen und Antholo^ieeni die in den Schulen gdesen werden, etwa tcuv-
kommen, von der Leetüre auf den Gymn. ^^mzlich ausji^esohlossen werden sollen.
Auch ist zur Leetüre des Sophokles, Euripides und Plato in dem eben gedachten
beschränkten Umfange nur dann erst fortzuschreiten, wenn in der 1. Kl. eine
Mehrzahl von Schülern ist, welche es schon bis zu einem geläufigen Verstehen
der Homerischen Qesänge und der Xenophonteischen Schriften gebracht haben,
da, wer das Schwerere verstehen soll, vorher das Leichtere wohl zu verstehen
gelernt haben mufs. Die Leetüre der Homerischen Gesänge muTs durch die
1. und 2. Kl. der Gymn. hindurch gehen und daher auch in den Fällen, wo eine
Tragödie des Sophokles oder Euripides für die 1. Kl. gewählt wird, entweder*
neben dem Lesen dieser Dichter fortbestehen, oder doch mit demselben abwechseln.
Die Leetüre des Thucydides in der 1. Kl. ist nur sehr bedingter Weise unter Aus*
wähl der leichteren Stellen dieses Schriftstellers und bei solchen Schülern zu ge*
statten, die schon zu einer ausgezeichneten Fertigkeit im Verstehen der Xenophon-
teischen Schriften gelangt sind.
Indem dem K. Consist. zur Pflicht gemacht wird, nach obigen Gesichts-
punkten bei der Bestimmung der in der 1. Kl. zu lesenden griech. Schriftsteller-
zu verfahren, bemerkt das Min. zugleich, dafs die Directoren mancher Gymn. auch
die Uebungen im Uebersetzen aus dem Deutschen ins Griechische
weiter zu führen scheinen, als es für die Zwecke der Gymnasien räthlich ist. —
Der Examinandus soll eine kurze Uebersetzung aus dem Deutschen ins Griechische
ohne Verletzung der Grammatik und Accente abzufassen im Stande sein. Ünr
dieser Forderung zu genügen, bedarf es aber nicht besonderer griech. Stilübungen,
wie in manchen Gymn. seither angestellt worden, indem die vorgeschriebenen
Uebersetzungen aus dem Deutschen ins Griechische nur zum Zwecke haben, die
Schüler in der griech. Grammatik und in der richtigen Anwendung der erlernten
Ommatischen Kegeln zu befestigen, und sich hiervon durch die von ihnen zu
crnden Exercitien zu überzeugen, keineswegs aber die Schüler zu einem griech.
Stil im Schreiben auszubilden und ihnen zu der Fertigkeit zu verhelfen, ihre Ge-
danken in freien Ausarbeitungen oder gar in der Form der Rede griechisch aus-
drücken zu können. Das Min. erwartet, dafs das K. Consist. in den Gymn. seines
Bezirks, überall wo es nöthig sein sollte, die Üebersetzungen aus dem Deutschen
ins Griechische auf das im Obigen bezeichnete Mafs zurückführen, und auch hierin
in keinem Falle üebertreibungen, die der harmonischen, von den Gymn. zu ver-
folgenden allgemeinen Ausbildung der ihnen anvertrauten Jugend nur nachteilig
sein können, dulden wird.
Endlich will das Min. bei dieser Veranlassung noch in Erinnerung bringen,
dafs den früheren Anordnungen gemäfs der Unterricht im Ghriechischen nur in
den 4 obersten Kl. der Gymn. stattfinden und folglich erst in der IV beginnen
soll. Auf die genaue Beobachtung dieser Bestimmung, welche mit dem ganzen
Organismus des Unterrichts in den diesseitigen Gymn. zusammenhängt, ist überall
mit Strenge zu halten, damit sich kein Director eines Gymn. unterfange, den Unter-
richt im Griechischen schon in der V zu beginnen." —
C.Verf. V. 24. Apr. 1845: „Zur Förderung des lat. und griech. Unter-
richts in den Gymn. ist es von Wichtigkeit, dafs einerseits ein zu häufiger Wech-
sel hinsichtlich der Lehrbücher, die diesem Unterricht zu Grunde gelegt werden,,
vermieden, und andererseits bei der Einführung neuer Lehrbücher solchen der
Vorzug gegeben werde, welche nach dem Urteü von sachverständigen Gelehrten
und erfahrenen Schulmännern dem jedesmaligen Standpunkt der lat. und griech.
Grammatik und den Zwecken des Gymnasialunterr. am meisten entsprechen.
Aus nahe liegenden Gründen ist es femer räthlich und wünschenswerth, dieselbe
lai und griech. Grammatik nicht nur in allen Klassen eines und desselben Gymn.,
sondern auch in allen Gymn. wenigstens einer und derselben Provinz dem Unter-
richt zu Grunde zu legen.
Aus einer C.Verf. v. 28. Apr. 1846: — „Es soll auch künftig nach
dem besonderen Bedürfnis einzelner Anstalten oder auch nach den Ansichtenu
und Wünschen der Dir. und Lehrer die Wahl unter den anerkannten gutea
lateinischen und griechischen Grammatiken gestattet bleiben; dabei
187
sollen jedoch folgende Bestimmungen teils zur Fernhaltung ungeeigneter oder
überflüssiger Bücher, teils zur Beseitigung von Mifsständen, wie sie hie und da
sich eingeschlichen haben, mafsgebend sein:
1. Der Grundsatz, dafs dem lai und dem griech. Sprachunterricht nur
Eine Grammatik durch alle Klassen zum Grunde zu legen sei, ist auch ferner-
hin festzuhalten; wenn jedoch die vorhandenen Grammatiken nach der Ansicht
der Directoren und Lehrer einzelner Lehranstalten nicht so eingerichtet sind^
däfs sie in allen Klassen dieser Anstalten mit Nutzen gebraucht werden können,
so soll es gestattet sein, zwei, aber niemals mehr Grammatiken nach einander
in derselben Anstalt zu gebrauchen.
2. Wenn 2 lat. oder 2 griech. Grammatiken nach einander gebraucht werden,,
so müssen die beiden Grammatiken in Anordnung, Terminologie und Begriffsbe-
stimmung möglichst übereinstimmen, und es ist nicht zu dulden, dafs für die unteren
und mittleren Kl. eine Grammatik gewählt werde, die in dem grammatischen
System, nach welchem sie verfafst ist, von dem der Grammatik der oberen Kl.
zu Grunde liegenden System abweicht.
3. Der Gebrauch von sogenannten Elementarbüchem neben der einge-
führten Grammatik ist in den unteren und mittleren Kl. möglichst und dahin
zu beschränken, dafs derselbe nicht über eine Beschaffung des erforderlichen
Uebungsstoffes ausgedehnt werde. Schriften, welche einzelne Abschnitte der
Grammatik ausführlich behandeln oder zur Ergänzung der Grammatik bestimmt
sind, z. B. die Formenlehre eines einzelnen Dialekts, besondere Beispielsamm-
lungen u. s. w. sind neben der im Gebrauche befindlichen Grammatik nicht ein-
zufahren, sondern ist deren Anschaffung den Schülern nur zu empfehlen.
4. Unter den seither mit Genehmigung der Behörden eingeführt gewesenen
Grammatiken bleibt auch fernerhin unter Beachtung der im Obigen enthaltenen
Bestimmungen die Wahl freigestellt, die Einführung anderer Grammatiken da-
gegen von meiner Genehmigung abhängig.
Wenngleich hiemach eine üebereinstimmung in dem Gebrauche der lat.
und griech. Grammatiken an sämtlichen Gymn. einer Prorinz nicht im Wege-
der Vorschrift erreicht werden soll, so werden die K. Prov.SchulcoUegien doch
in richtiger Würdigang der für eine solche Üebereinstimmung sprechenden
Gründe die Herbeifahrung derselben, soweit dies unter billiger Berücksichtigung
der Wünsche der Directoren und Lehrer möglich ist, im Auge behalten, auch
dahin zu wirken suchen, dafs auf der einen Seite die der Ausarbeitung neuer
grammat. Werke gewidmete wissenschaftl. Thätigkeit einzelner ausgezeichneter
Schulmänner nicht nur nicht gehemmt, sondern vielmehr durch verdiente An-
erkennung gefördert, auf der andern Seite aber auch die ZaM der vorhandenen
Lehrbücher nicht vermehrt werde, ohne dafs in wissenschaftl. oder method. Be-
ziehung ein wesentlicher Fortschritt erwartet werden dürfe. Den Verfassern
solcher Werke wird daher der Bath zu erteilen sein, vor deren Veröffentlichung
sie der Beurteilung sachverständiger Gelehrten und Schulmänner oder auch der
vorgesetzten Behörde zu unterwerfen und deren Ansichten oder Rathschläge zu
beachten.''
Min. Verf. v. 22. Dec. 1862: „Ich teile mit dem K. Prov.Sch.C. (zu
Stettin) das in dem Bericht v. 24. v. M. ausgedrückte Bedenken, die in der
Provinz gebräuchl. Lehrmittel durch Zulassung einer neuen griech. Grammatik
zu vermehren, ohne jedoch zu verkennen, dafs die griech. Grammatik von G. Cur-
tius, welche der Dir. des Gymnasiums zu N. einzuführen wünscht, manche Vor-
züge vor der Buttmannschen Gi'ammatik hat. Auf Erhaltung einer hinsicht-
lich solcher Lehrmittel in derselben Provinz vorhandenen Üebereinstimmung ist
besonderer Werth zu legen:. aber die Schule kann sich deshalb dem Fortschritt
der Sprachwissenschaft und der Methodik nicht verschlieläen.
188
Hiernach will ich, in der YorauBsetzung, daXs die Lehrer des Griechischen
an der genannten Schule mit dem Wunsche des Dir. übereinstimmen, dem Schlafe-
antrage des K. Sch.G. entsprechend genehmigen, dafs dieGrammatik von G. Cnrtins
daselbst eingeführt werde. Die Genehmigung ist für jetzt auf das Gymnasium
zu N. beschränkt. Ob sie auch auf andere Gymn. der Provinz ausgedehnt werden
kann, wird zum Teil von den Erfahrungen abhangen, welche bei der Benutzung
des Buches werden gemacht werden.*' —
üeber Dispensation vom Unterricht im Griechischen s. p. 67 f.,
158 und weiterhin Abschn. V, 2.
C.Verf. V. 10. Apr. 1856: „Es ist in den auf die C.Verf. v. 28. Novb.
1854 erstatteten gutachtlichen Berichten allgem. als Thatsache anerkannt worden,
dafs es auf den Gymn. den Schülern auch der mittleren und oberen Kl. häufig
an derjenigen copia vocabulorum im Lateinischen fehlt, deren es besonders
zu einem leichten und sichern Verständnis der Autoren bedarf. In Folge dessen
wird die Neigung zum Gebrauch ungehöriger Hülfsmittel, namentlich zur Be-
nutzung gedruckter Uebersetzungen und zum üeberschreiben der Yocabeln,
sowie die Abhängigkeit von dem auch in den obersten Kl. noch neben dem
Autor liegenden Yocabelbuch nicht selten angetroffen und die eigene Befrie-
digung der Lernenden beim Lesen der Classiker vermifst. Es soll nicht ver-
kannt werden, dafs hierzu auch andere, nicht im Bereich der Schale liegende
Uebelstände mitwirken; um so mehr ist es aber ihre Pflicht von den ihr
zu Gebote stehenden Mitteln der Gegenwirkung den sorgfältigsten Gebrauch
zu machen.
Die Schüler der unteren Kl. bedürfen einer bestimmten Anleitung, wie
sie beim Präpariren zu Werke zu gehen haben; und die einmal erlernten
Yocabeln müssen ebenso wie die Begeln Gegenstand wiederholter Bepetition
sein, bei der durch mannigfach wechselnde Fragweise einem mechanischen Aus-
wendiglernen vorgebeugt wird; bei den Versetzungen ist auf sichere Yocabel-
kennijais ein grösseres Gewicht zu legen, als gemeiniglich geschieht
Wenn auf diese Weise durch feste Einprägung der in der Grammatik und
den Lesestücken vorkommenden Yocabeln dem Bedürfnis der untersten Klassen
im Allgemeinen genügt werden kann, so ist doch auTserdem, in Betracht der
Nothwendigkeit empirischer Grundlagen beim ersten Unterricht, und für die Zeit
der grOfsten Willigkeit des Gedächtnisses, ein methodisches Yocabellernen
sehr zu empfehlen.
Es ist nicht die Absicht, in dieser Beziehung eine bestimmte Anordnung
oder die Einführung eines der vorhandenen Yocabiüarien vorzuschreiben; aber
die Directoren sind da, wo es noch nicht geschehen ist, zu veranlassen, den
Gegenstand mit den betr. Lehrern in Berathung zu nehmen und mit denselben
ein gemeinsames Verfahren zu verabreden. Am wenigsten empfiehlt es sich,
Yocabeln nur nach der zufälligen Ordnung des Alphabets lernen zu lassen;
bildend für das Sprachgefühl auch im ersten Knabenalter wird es nur geschehen,
wenn das Zusammengehörige gruppenweis und nach Analogieen gelernt wird,
wobei sowohl der re^e wie der logische Gesichtspunkt, nach welchem z. B.
auch die opposita eingeprägt werden, Berücksichtigung verdienen. Geht ein
streng etymologisches Verfahren über die Kräfte der Schüler in den untersten
Kl. hinaus und eignet sich überhaupt für die Schule nur das in dieser Bezie-
hung unzweifelhaft Feststehende zur Benutzung, so ist doch das Wesentlichste
der Wortbildungslehre, worin jetzt nicht selten eine grofse Unwissenheit ange-
troffen wird, nach Mafsgabe des Schulbedürfhisses, bei welchem es auf eine
systematische Vollständigkeit nicht ankommen kann, gehörigen Orts mitzuteilen
und einzgaüben. Der beabsichtigte Nutzen eines irgendwie geordneten Vocabel-
lemens wird indefs nur dann mit Sicherheit erwartet werden können, wenn es
189
keine isolirte Oedächtnisübnng bleibt, sondern wenn, je nach den einzelnen
Klassenstnfen, der erlernte Wortvorrath in mündlicher oder schriftlicher Uebung
fortwährend zur Verwendung kommt und möglichst in lebendiger Gegenwärtig-
keit erhalten wird.
Hinsichtlich der griech. Sprache findet ein ähnliches Bedürfnis Statt;
weshalb auf dieselbe die obigen Bestimmungen mit der nöthigen Beschränkung
entsprechende Anwendung finden.
Ich veranlasse die K. Prov.Schulcoll., den Gymnasialdirectoren Vorstehen-
des zur Nachachtung mitzuteilen, und vertraue, dafs Sie der zweckmäfsigen Be-
handlung des wichtigen Gegenstandes fortdauernd Ihre Aufmerksamkeit widmen
werden."
In Betreff der Aneignung eines ausreichenden Wortschatzes s. auch
C.Verf. V. 31. März 1882 p. 121.
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Kiel v. 12. Novb. 1869: „Die durch
unseren Departementsrath im Laufe dieses Jahres abgehaltene Bevision des
lateinischen Unterrichts in den Schle8¥rig-Holsi Gymnasien veranlafst uns
zu folgenden Bemerkungen:
Den unteren Klassen fehlt es fast durchgängig an der erforderlichen
Sicherheit in der Formenlehre. Die Folge davon ist, dafs auch die oberen KL
in den Elementen nicht fest sind und grobe Fehler, wie veterorum, pauperium,
missit, celebraOj hie rogatio, bis nach II und I sich fortpflanzen. Die von
0. 1870 ins Leben tretende Einrichtung, dafs nach VI und V und aus diesen
Klassen nur einmal im Jahre Versetzung stattfindet, wird hoffentlich zur all-
mählichen Beseitigung dieses üebelstandes beitragen. Die durch den Zutritt
neuer Schüler in der Mitte des Jahrescursus herbeigeführte Störung, welche in
den beiden untersten Kl. besonders nachteilig ist, wird auf diese Weise ver-
mieden; die Schüler derselben brauchen nicht mehr wie bisher bei räumlicher
Vereinigung in getrennten Abteilungen untemchtet zu werden; der Unterricht
gewinnt an Stetigkeit und Buhe, und indem die Zersplitterung aufhört, wird
Zeit zur gleichmäfsigen Förderung Aller gewonnen. Das zuverlässigste Mittel
zur Abhülfe liegt jedoch in der Gewissenhaftigkeit, mit welcher darauf zu
halten ist, dafs ohne feste Kenntnis der Formenlehre kein Schüler in die IV
auf ruckt«
Nicht minder wichtig ist es, das Lehrziel far Jede Klasse genau abzu-
grenzen und weder hinter demselben zurückzubleiben noch über dasselbe hin-
auszueilen. Es ist in einer Anstalt wahrgenommen worden, dafs in IV die
Moduslehre vorgetragen wurde, während die Schüler kaum eine einzige Form von
morior und nascor richtig anzugeben wufsten ; an einer anderen griffen die Pensa
der einzelnen Klassen so wenig in einander, dafs dasselbe Pensum für V und
für Oni im Lehrplan angesetzt war.
Für die Einprägung der syntakl. Begeln wird es förderlich sein, was
bereits hie und da eingeführt ist, einzelne Musterbeispiele auswendig lernen zu
lassen, wie deren in fast aUen von den Gymnasien der Herzogtümer benutzten
Grammatiken sich finden.
Von Uebungsbüchern zum Uebersetzen aus dem Deutschen ins Latei-
nische werden an manchen Anstalten in einer und derselben Klasse mehrere
zum Teil ganz ungleichartige gebraucht, was sowohl aus Gründen, die in der
Sache liegen, als auch wegen der damit verbundenen Kosten nicht zu billigen
ist. — Für die oberen Kl. empfiehlt es sich, mehr als bisher die Uebungsbücher
auch zum mündlichen Uebersetzen in der Kl. zu verwenden, weil dadurch
nicht nur die Sicherheit und Gegenwärtigkeit der erworbenen Kenntnisse
erprobt, sondern auch die Bildung des Sprachgefühls gefördert und eine gute
Vorbereitung für das Lateinsprechen gewonnen wird, was an den höh. Lehr*
190
anstauen der Herzogtümer fast ganz anfser Gebrauch gekommen ist, obgleich
beide Abitarienten-Prüfungsreglements ausdrücklich einige Uebong darin verlangen.
Anf die richtige Aussprache des Lateinischen ist mit gröfserer Sorg-
falt zu achten. Noch in den oberen Kl. kommen arge Yerstöfse gegen £e
Quantität vor. Prosodik und Metrik nehmen an den meisten Gymn. nicht die
Stellung ein, die ihnen, soweit sie zum Verständnis und GenuTs der Dichterwerke
unentbehrlich sind, auch auf der Schule gebührt Sichere Kenntnis der Hora-
zischen Yersmafse ist von allen Abiturienten zu fordern.
Die Leistungen in derLectüre werden dadurch wesentlich beeinträch-
tigt, dafs nicht schon in den unteren M. für einen ausreichenden VocabelTorrath
gesorgt wird. Das Auswendiglernen der Vocabeln aus den in den einzelnen
Klassen gebrauchten lai Lesebüchern hilft, selbst wenn es mit Strenge betrieben
wird, dem Mangel nicht ab, weil in der nächsthöheren Klasse, wo gewöhnlich
ein anderes Lesebuch benutzt wird, der gesammelte Schatz nicht wiederholt
und also nicht zum unverlierbaren Eigentum gemacht werden kann. Es ist
daher die Einfahrung eines und desselben Yocabulars far alle Klassen von
VI bis lU wünschenswerth, in welchem fär jede eine bestimmte Anzahl Wörter
auszuscheiden ist, die fest eingeprägt und in allen nächstfolgenden Klassen
wiederholt werden müssen. Ohne die Wahl zu beschränken, mächen wir auf
eins der ältesten, Wiggert's vocabula lat linguae primitiva, aufmerksam.
In den mittleren und oberen Kl. mehrerer Gymnasien ist es Sitte, dafs
alles in der Kl. Gelesene schriftlich übersetzt wird. Abgesehen von der damit
verbundenen TJeberbürdung mit häusl. Arbeit und von der Verschlechterung der
Handschrift, die eine Folge solcher Ueberlastung zu sein püegt, wird der damit
beabsichtigte Zweck nicht sicher erreicht. Der Lehrer überzeugt sich leichter
und untrüglicher von dem richtigen Verständnis der gelesenen Schriftsteller durch
wiederholte mündliche üebersetzung kleinerer oder gröfserer Abschnitte; denn
nicht vereinzelt steht die Wahrnehmung da, dafs Schüler, nachdem sie die rich-
tige üebersetzung vorgelesen hatten, der Forderung, dieselbe Stelle aus dem
Originale zu übersetzen, nicht zu genügen vermochten. Gerathener ist es daher,
eine schriftL Üebersetzung nur von schwierigeren Stellen teils in den lat.
Stunden selbst, teils als häusl. Stilübung för den deutschen Unterricht anfertigen
zu lassen.
Sehr hinderlich ist femer den Fortschritten in der Leetüre, dafs sie in
den einzelnen Klassen unter mehrere Lehrer sich verteilt findet und so nicht
selten 3 Schriftsteller in einer Klasse neben einander gelesen werden. Wie
daran festzuhalten ist, dafs der ganze lat. Unterricht von VI bis IV ohne Aus-
nahme, wo möglich auch in III in einer Hand liegt, so ist er in 11 und I höch-
stens je zwei Lehrern anzuvertrauen; auch dürfen nie 2 Prosaiker oder 2 Dichter
in einer dieser beiden Kl. nebeneinander gelesen werden, nie mehr als ein Pro-
saiker und ein Dichter. Am nachhaltigsten werden die Schüler, wie die Erfah-
rung beweist, gefördert, wenn man abwechselnd (etwa alle 2 oder 3 Monate)
nur einen Dichter oder einen Prosaiker erklärt.
Zur Vertiefting der Leetüre, die dadurch erreicht werden soU, wird es
auch beitragen, wenn in I die Dichterlectüre in der Klasse sich auf Horaz be-
schränkt^ andere Dichter aber, vorzüglich die Elegiker für die an mehreren An-
stalten eine besondere Vorliebe sich zeigt, nur den vorgerückteren Schülern zur
Privatbeschäftigung empfohlen werden.
Es läfst sich mit Zuversicht erwarten, daf^ die Leistungen in diesem wich-
tigen Lehrgegenstande bald sich merklich heben werden, wenn die Directoren im
Laufe des Schu^ahrs durch häufigen Besuch idler Klassen sich selbst wieder-
holt von den Fortschritten der Schüler überzeugen und anf die Abstellung der
wahrgenommenen Uebelst&nde hinwirken, andererseito die Lehrer durch gegen-
\
1
191
^seitigeii Austausch ihrer Erfahrungen in immer engeren Zusammenhang mit
einander treten und namentlich in regelmäfsigen Conferenzen den Zustand der
einzelnen Klassen wie die Grunds&tze und Mittel der Methodik zum Gegenstand
eingehender Berathung machen.
Vorstehende Bemerkungen ersuchen wir Ew. — sämtlichen Oberlehrern,
ordentl. Lehrern, wissenschaftlichen Hülfslehrern undProbecandidaten des dortigen
Gymn. mitzuteilen, und dafs diese Mitteilung stattgefunden hat, durch Namens-
unterschrifb derselben auf dieser C.Verf. bescheinigen zu lassen "
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Kassel v. 1. Aug. 1878. „Obwohl
die grofse Bedeutung, welche beim Erlernen einer fremden Sprache das Yoca bel-
lern en für die Leetüre wie für das Uebersetzen aus der Muttersprache in die
fremde hat, allgemein anerkannt wird, so muTs doch die von uns oft wahrge-
nommene Thatsache, dafs einem grofsen Teil der Schüler auch die häufig vor-
kommenden Yocabeln unbekannt sind, einem jeden Lehrer sagen, wie viel in
dieser Beziehung noch zu thun ist. ünzweifelhafb wird überall bei dem Erlernen
einer fremden Sprache regelmäfsiges Yocabellemen wenigstens in den unteren
Klassen als eine nothwendige Uebung angesehen. Als Grundsatz muTs femer
unter aUen Umständen gelten, dafs 1. die einmal gelernten Yocabeln fortwäh-
Tend und so lange repetirt werden, bis sie zu einem dauernden Besitze der Schüler
gelangt sind; 2., dafs dieselben in geeigneter, zweckmäfsiger Weise von dem
Lehrer verwerthet werden. Ohne hier auf die verschiedenen Mittel und Wege,
den Schülern eine ausreichende copia vocabulorum einzuprägen, näher einzu-
gehen, wollen wir hier auf ein nahe liegendes, aber, wie es scheint, nicht oder
nur selten vollständig gebrauchtes Mittel aofiaierksam machen.
Wir nehmen an, dafs kein Lehrer seinen Schülern gestattet, beim Ueber-
setzen des in der Klasse zu lesenden lateinischen, griechischen, französischen
oder englischen Schriftstellers sein Präparationsbuch vor sich zu legen, um nach
Belieben in dasselbe zu sehen, da er mit Becht fordern mufs, dafs die Schüler
die Yocabeln des für die Stimde bestimmten Pensums vorher sicher gelernt
haben, was jedenfiEdls nicht als eine grofse Arbeit angesehen werden kann.
Wenn nun aUe Schüler in dem Besitze der einmal gelernten Yocabeln ihrer
gesamten schon teilweise in der Quinta beginnenden Leetüre fortwährend er-
halten werden, so werden dieselben bereits in der Tertia, noch mehr aber in
der Secunda und Prima über einen ansehnlichen Yocabelvonralh gebieten können.
Erforderlich aber ist, um dieses sicherlich erfreuliche Besultat zu gewinnen, dafs
^e Lehrer regelmäfsig schon nach 14 Tagen, sodann nach vier, sechs, acht
Wochen und schlieislich am Ende des Semesters sich durch beständige Bepe-
titionen überzeugen, dafs die betreffenden Yocabeln den Schülern noch bekannt
sind. Selbstverständlidi werden die Lehrer bei diesen Bepetitionen Gelegenheit
nehmen, nach der Grundbedeutung des Wortes, nach der Wortbildung überhaupt
und Anderem, was bei der Lectüre bemerkt wurde, Fragen an die Schuler zu
richten. Diese in allen Beziehungen fruchtbaren Yocabel-Bepetitionen sollen
nicht viele Zeit in Anspruch nehmen und bedürfen derselben auch nicht
Wir empfehlen Ihnen, dieses Yerfahren sobald als thunlich versuchen zu lassen.*'
G. Yerfl des Prov. Seh. €. zu Koblenz v. 25. Oci 1875 s. Abschn.
V, 4 bes. in Betreff der Exercitien u. £^mporalien und der Präparationen.
C. Verf. des Prov.SclLC. zu Hannover v. 13. Juni 1871: ,J)ie
JPorschungen auf dem Gebiete der deutschen Orthographie haben bekannüich
auch von Seiten der Schule die gebührende Beachtung geftinden, und es ist
gegenwärtig die Forderung, da& die Lehrer derselben Anstalt sich zu einem
tubereinstimmeiiden Yerfal^n bei diesem Unterrichte zu einigen haben, wohl
öbexall als «ine berechtigte anerkannt Die in neuerer Zeit auf die Feststellung
192
der lateinischen Orthographie mit Erfolg gerichteten Stadien haben die
auf diesem Felde gleichfalls herrschende Willkür aufgedeckt und auf ihre Be-
seitigung hingewirkt. Allerdings ist nach der Natar der Sache die wissenschaft-
liche Bedentang der latein. Orthographie für die Schale eine geringere and es
könnten daher die Festsetzangen der Wissenschaft and ihr Einflafs auf die
Begelang der Orthographie in Texten, Wörterbüchern and Grammatiken mit
grOfserer Bnhe abgewartet werden. Andererseits aber hat der Gegenstand seine
erhebliche pädagog. Bedentang: es ist keineswegs gleichgiltig, dafs die Schaler
in dieser Beziehung zu Willkür und Unachtsamkeit sich gewöhnen, und die
Verschiedenheit des Verfahrens im Unterricht und den Correcturen von Seiten
der Lehrer an derselben Anstalt hat mannigfaltige, dem einsichtigen Pädagogen
leicht erkenntliche Unzuträglichkeiten in ihrem Gefolge.
Indem wir uns begnügen, die Aufmerksamkeit des dortigen LehrercoUegiums
auf diesen Punkt zu richten, wollen wir nicht unerwähnt lassen, dafs auch inner-
halb unseres Verwaltungskreises der angedeutete Uebelstand gefühlt und dais
auf seine Beseitigung hingearbeitet woiden ist Wir machen in dieser Be-
ziehung auf die Schrift des Gymnasiallehrers in Lingen Dr. C. Wagner: „Kurz
gefafsto lat. Orthographie für Schulen,'* Berlin 187 1, aufmerksam, und übersenden
gleichzeitig das dem nächsten prakt Zwecke dienende „Wörterverzeichnis der
lat. Orthographie,'* welches von dem LehrercoU. des Andreanums zu Hildesheim
aufgestellt und unter die Schüler der Anstalt zur Nachachtung verteilt worden ist/*
C. Verf. y. 14. Mai 1867: „Die Bedeutung der Kunst im cla&si-
schen Altertum kann in den Gymn. bei der Darstellung des antiken Lebens
und bei der Interpretation der Autoren nicht übersehen werden. Von Seiten
der Unterrichtsverwaltung sind in dieser Beziehung von Zeit zu Zeit zweck-
dienliche Anregungen gegeben und u. a. neuerdings das Werk von Guhl und
Kon er „das Leben der Griechen und Römer nach antiken Bildwerken** zur
Verwendung bei Prämienverteilungen und zur Anschaffung für die Schüler-
bibliotheken empfohlen worden. Aus dem im E. Museum zu Berlin vorhandenen
reichen Gemmenschatz hat das Min. vor längerer Zeit die v. Stoschische Samm-
lung abformen lassen und vielen Gymnasialbibliotheken zum Geschenk gemacht.
Um diese Seite antiker Eunstbildung den Schülern selbst leichter zugänglich zu
machen, habe ich eine Auswahl von 100 sachlich und künstlerisch bedeutenden
Gemmen des K. Museums aus der Mythologie und der Geschichte nebst einigen
Münzabdrücken zusammenstellen lassen, und übersende dem K. Prov. Seh. C.
1 Exemplar davon mit dem Auftrage, dasselbe bei den Gymn. Seines Bessorts
zu unmittelbarer Anschauung circuliren zu lassen, demnächst aber einem der
weniger bemittelten Gymn. zur Aufnahme in die Schülerbibliothek zu überweisen.
Den Directoren und Lehrern ist dabei zu empfehlen, die Schüler der oberen EL
auf diese Sammlung aufmerksam zu machen, mit dem Bemerken, dafs sie vom
E. Museum hierselbst bezogen werden kann, aufserdem aber, sie gelegentlich
bei Prämienverteilungen zu verwenden.**
C. Verf. V. 7. Juli 1864: „Ein befriedigender Erfolg des lat» Unter-
richts auf den Beal- und höh. Bürgerschulen ist hauptsächlich davon
abhängig, dafs die betr. Lehrer bei der Wahl des Stoffs und der Uebungen
zweckmäfsig zu Werke gehen und den Unterschied nicht aufser Acht lassen,
welcher dabei zwischen diesen Lehranstalten und den Gymn. stattfindet Dem-
nächst ist wichtig, dafs die Schüler zweckmäfsig eingerichtete Lehrbücher in
Händen haben. Die für Gymn. bestimmten Grammatiken und Uebungsbücher
sind nicht ohne Weiteres auch für Beal- und höh. Bürgerschuleu geeignet, wo
den Schülern ein beschränkterer grammatischer Lern- und Uebungstoff darge-
boten werden mufs.**
Vgl. U. und PO. V. 8. Oci 1859: p. 92 ff.
193
4. Hebräisch.
Bev. Lehrpläne nach C.Verf. y. 31. Harz 1882, p. 119 u. 123.
G. Verf. y. 9. Oct 1866: „Seit einigen Jahren kommt es häufiger als
Mher vor, dafe jnnge Leate, welche Theologie stadiren woUen, vom Gymn. znr
Universität übergehen, ohne ein Zeugnis der Reife auch im Hebräischen er-
worben zu haben.
Um dies für die Zukunft möglichst zu verhüten, veranlasse ich die K Prov.-
Schulcollegien, den Directoren Ihrer resp. Ressorts au&ugeben, daüis sie, so oft
es nach ihren Wahrnehmungen nöthig scheint, die betr. Schüler der oberen El.
rechtzeitig auf die Nachteile aufmerksam machen, welche nach den bestehenden
Bestimmungen Unkenntnis des Hebräischen, resp. der Mangel eines Zeugnisses
der Reife in dieser Disciplin, für die Theologie Studirenden mit sich fährt, und
durch welche dieselben in ihrem Studium leicht aufgehalten und gestOrt werden
können. Es ist femer darauf zu halten, dafs, wenn zukünftige Theologen am
Unterr. im Hebr. nicht teilgenommen haben, dies in ihrem Abiturientenzeugnis
ausdrücklich bemerkt wird. Auch sind dieselben bei ihrem Abgange damit be-
kannt zu machen, dafs sie für ein Zeugnis über eine im Hebr. aiuf der Universität
bestandene Nachprüfung (vergl. § 42 des Rglm. v. 4. Juni 1834) eine Gebühr
von 2 Thlr. an die E. wiss. Prüfongscommission zu entrichten haben.*'
Das E. Prov.Sch.C. der Prov. Brandenburg hat (15. Oct. 1866)
der Mitteilung des vorstehenden Ministerialerlasses an die Gymnasialdirectoren
hinzugefagt:
„Wir nehmen hiervon Gelegenheit, Sie aufsufordem, auch diejenigen
Ihrer Schüler, welche Philologie zu studiren gedenken, soweit es Ihnen möglich
ist, zur Teilnahme am hebr. Unterr. auf dem Gymn. zu veranlassen, namentlich
aber denselben vorzustellen, wie wichtig oft for spätere Verhältnisse resp. An-
stellungen die facultas docendi im Hebr. für sie werden kann.^ (Vgl. p. 55.)
5. Die neueren Sprachen.
Rev. Lehrpläne nach C. Verf. v. 31. März 1882: p. 111, 118, 123, Ulf.
für Gymn.; 128, 130 f. R.; 136 f. für h. B.
Französisch: vgl. p. 55 u. 58. Französisch und Englisch
in der Realschule: U. und PO. v. 6. Oct. 1859, p. 94.
In Betreff der italienischen und polnischen Sprache vgl. p. 88
und 94. (Hist. statist. Darstellung des höh. Schulwesens in Preufsen I. p. 25.
n. p. 50 ff. m. p. 76. 168.)
6. Geschichte und Geographie.
Rev. Lehrpläne nach C. Verf. v. 31. März 1882: p. 119, 128f. für
Gymn.; 129, 131 f. für R.; 136, 138 für h. B.
C.Verf. V. 8. März 1834: „Das Min. hat Gelegenheit gehabt zu be-
merken, dafs bis jetzt in vielen diesseitigen Gymn. dem Unterricht in der Ge-
schichte gar keine gedruckten Hülfsmittel zum Grunde gelegt sind, vielmehr die
Schüler, selbst schon der unteren El., genöthigt werden, entweder das vom
Lehrer der (jeschichte Dictirte mechanisch in der Klasse nachzuschreiben oder
nach dem freien mündl. Vortrage des Lehrers, ohne dafs ihnen irgend ein Schul-
oder Handbuch der Geschichte, welchem der Lehrer folgt, zur Anschaffung
empfohlen worden, ausführliche Hefto über die Geschichte zu Hause auszu-
arbeiten. Es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, dafs die^s Verfahren
unzweckmäfsig und nicht geeignet ist, den beabsichtigten Erfolg des geschieht!.
Unterrichts in den Gymn. zu sichern und denselben für die Schüler wahrhaft
Wieso, YwordniiBgMi. 13
194
frachtbringend zu machen. Das Min. sieht sich daher veranlafst» Folgendes
anzuordnen:
1. In jeder Kl. sämtlicher Gymn. ist dem Unterricht in der Geschichte
ein Handbuch zum Grunde zu legen, welches die Schüler in den Stand setzt,
dem Vortrage des Lehrers nicht nur leichter folgen, sondern auch denselben
gehörig wiederholen zu können. 2. Den betr. Lehrern bleibt überlassen, das-
jenige bereits vorhandene Handbuch der Geschichte, welches ihnen dem Zweck
am meisten zu entsprechen scheint, in Vorschlag zu bringen, und die K. Fror.
SchulcoUegien werden ermächtigt, die von den Lehrern getroffene Wahl nach
sorgfältiger Prüfung der in Vorschlag gebrachten Handbücher ohne vorherigen
Bericht an das Min. in diesem Falle ausnahmsweise zu genehmigen oder nach
Befinden zu verwerfen. In letzterem Falle bleibt den E. Prov.SchulcoUegien
überlassen, selbst das Handbuch vorzuschreiben, welches dem historischen Unter-
richt in den verschiedenen Klassen der Gymn. zum Grunde gelegt werden solL
3. Wenn Handbücher der Geschichte in Vorschlag gebracht und von den K. Prov.
SchulcoUegien genehmigt werden, welche nicht zugleich eine chronologisch-
tabellarische Uebersicht für die Gedächtnisübungen enthalten, so soll neben
dem Handbuch noch eine solche Uebersicht den Schülern zur Anschaffung
empfohlen werden. 4. Wenn nach dem Urteil des K. Prov.Sch.C. und der
heic. Lehrer kein Handbuch der Geschichte bis jetzt vorhanden ist, welches für
den geschichtl. Unterricht zugleich für alle Klassen eines Gymn. zum Grunde
gelegt werden könnte, so ist doch bei der Wahl der Handbücher darauf zu
sehen, dafs für jede der 3 Bildungsstufen nur Ein Handbuch bestimmt, und
folglich für die 6 Klassen der Gymn. in keinem Fall mehr als 3 verschiedene
Handbücher der Geschichte vorgeschrieben werden. 5. Damit der Vortrag^
des Lehrers der Geschichte die ganze Aufmerksamkeit des Schülerfii fesseln könne,
ist das Dictiren von Seiten des Lehrers gar nicht, das Nachschreiben von Seiten
des Schülers nur ausnahmsweise in den oberen und mittleren, niemals in den
unteren Kl. zu gestatten." —
C.Verf. V. 28. April 1857: „Das Ergebnis der Berichte, welche von
den betr. Provinzialbehörden über die an den Gymn. und höh. Bürger- oder Real-
schulen eingeführten geschichtlichenundgeographischen Lehrbücher
erstattet worden sind, veranlafst mich zu folgenden Anordnungen:
Der Unterricht in der Geschichte und Geographie hat sich in allen Kl.
der genannten Anstalten an ein gedrucktes Lehrbuch, Leitfaden oder Tabelle
anzuschlie&en. Das Heftschreiben ist überall zu beseitigen, und den Schülern
beim Unterricht nur zu gestatten, sich einzelne, dem Lehrer nöthig scheinende
Ergänzungen (oder Modificationen) des eingeführten Leitfadens zu notiren.
Die Zahl der für die aufeinanderfolgenden Kl. einer Anstalt zu bestim-
menden Lehrbücher oder Leitfäden ist eben so in der Geographie wie in der
Geschichte auf zwei zu beschränken, und den nebeneinander danach unterrich-
tenden Lehrern ist zur Pflicht zu machen, sich wegen eines möglichst überein-
stimmenden Verfahrens in Benutzung derselben zu verständigen.
Bei der Wahl sowohl deijenigen Bücher, welche dem Unterricht zu Grunde
gelegt, als die für die Schülerbibliotheken angeschafft oder sonst den Schülern
zum Nachlesen empfohlen werden, mufs die Bücksicht auf die Sphäre des Schul-
unterricht« und auf das Bedürfnis des Jugendalters mafsgebend sein.
Ausführliche geographische Handbücher eignen sich, schon wegen ihres
hohen Preises, nicht zur Benutzung beim Schulunterricht; der geograph. Unter-
richt hat sich vielmehr überall an übersichtl. Zusammenstellungen des Wesent-
lichen anzuschliefsen.
Aus den in den erwähnten Berichten enthaltenen Angaben über Bücher^
welche den Schülern zur häusl. Leetüre mit Bezug auf den Klassenunterrichi
195
empfohlen werden, ist zu schliefsen, dafs manche far diesen Zweck geeignete
Schriften nicht genugsam bekannt geworden sind. Ich empfehle den Provinzial-
nnterrichtsbehörden, von Zeit zu Zeit über derartige litterarische Erscheinungen
von Lehrern Ihres Bessorts, die dazu vorzugsweise befähigt scheinen, gutacht-
liche Aeufserungen zu fordern und ebenso auf Bücher, die sich an einer Anstalt
beim Gebrauch bewährt haben, andere Directoren aufmerksam zu machen.*'
Instraction für den geschichtlichen und den geographischen
Unterricht an den Gymnasien und Realschulen der Provinz West-
falen V. 22. Sept. 1859.
,X Der Unterricht in der Geschichte und in der Geographie ist, nnbe-
sohadet der Selbständigkeit beider, auf allen Stufen in enge Beziehung zu setzen,
und daher auch, soweit es thunlich, in einer und derselben Kl. einem und dem«
selben Lehrer zu übertragen.
2. Umfang des geschichtlichen Unterrichts. Der geschichtl.
Unterricht geht als besonderer Fachunterricht nur durch die mittlere und obere
Bildungsstufe des Gymn. und der Realschule. Auf der unteren Stufe beschränkt
er sich besonders auf die in den Religionsstunden durchzunehmende bibl. Geschichte
und auf gelegentliche Mitteilungen in anderen unten zu bezeichnenden Lehrfächern.
3. Auf der unteren Bildungsstufe ist der geschichtl. Unterricht als ein pro-
S entischer zu behandeln; auf der mittleren herrscht der ethnographische, auf
oberen der universalhistorische Standpunkt vor.
4. Der Zweck des histor. Unterrichts ist ein doppelter, ein didaktischer
und ein (ethischer) pädagog^isoher. In der ersten Beziehung ist es seine Aufgabe,
dem Schüler eine chronologisch begründete systemat Uebersicht des ganzen Feldes
der Geschichte einzuprägen und ihn mit dem Entwickelungsgange der wichtig^sten
Culturvölker, namentlich des griechischen, römischen und deutschen, sowie mit der
Bedeutung des israelitischen Volkes für die religiöse und Culturentwiokelung des
Menschengeschlechts soweit bekannt zu machen, dafs er die Gegenwart in ihren
wichtigsten Erscheinungen zu begreifen befähigt sei und zur Erweiterung und Ver-
tiefung seines histor. Wissens Neigung und Geschick gewinne. In der zweiten
Beziehung hat der Unterricht dahin zu wirken, dafs auf Grundlage des erworbe-
nen Verständnisses sein sittliches Gefühl und seine Gesinnung durch die Teil-
nahme an dem Guten, Wahren und Schönen in allen Zeitaltem veredelt, sein Glaube
an eine von höherer Hand geleitete Entwickelung der Menschheit genährt und
seine selbstbewufste Liebe zu König und Vaterland geweckt werde.
6. 1. Teil. Auf der unteren Bilduuffsstufe, also in VI und V, ist der
histor. Unterricht ein propädeutischer, indem er nicht durchweg einen be-
stimmten Gang verfolgfen kann, sondern wesentlich dazu bestimmt ist, auf den
späteren zusammenhängenden Vortrag vorzubereiten und das^Interesse für geschicht-
liche Dinge zu wecken. Den Gegenstand desselben bilden hauptsächlich die in den
Religionsstunden zu behandelnden bibl. Geschichten. Dazu kommen diejenigen histor.
Mitteilungen, zu denen die geograph. und deutschen Stunden dieser ElMsen Ver-
anlassung geben. Der Unterricht in der bibl. Geschichte des A. und N. Testam.,
dessen Methodik den Bestimmungen über den Religionsunterricht überlassen bleibt,
wird, ohne seine eigene Bestimmung zu beeinträchtigen, dem späteren eigentlichen
lustor. Unterricht dadurch vorarbeiten, dafs dem Schüler die Chronologie der jüdi-
schen Geschichte (bis zur Zerstörung Jerusalems durch Titus) fest eingeprägt,
femer von der Entwickelung des menschlichen Geschlechts von seinen ersten An-
fängen bis zur Bildung des Staats ein anschauliches Bild gegeben und aus der Ge-
schichte und dem Culturzustande anderer Völker so viel mitgeteilt wird, als zu-
gleich zur Verdeutlichung der bibl. Geschichte selbst dient.
Die histor. Mitteilungen, welche der geograph. Unterricht, soweit es
dessen G^ng grestattet, vermitteln soll, sind teils einzelne Notizen (mit Jahreszahl)
über den Schauplatz wichtiger Thaten in Krieg und Frieden, teils kurze Darstel-
lung von den Entdeckungen und Ansiedelungen fremder Länder und anderer be-
deutender Begebenheiten.
13*
\
196
Der deutsche Unterricht hat in dieser Beziehung die Aufgabe, durch
mündl. und schriftl. Uebungen mit den wichtigsten und schönsten Sagen des
Altertums und der germanischen Völker bekannt zu machen.
Die Realschulen werden in V einen bestimmten Teil der für Geschichte
und Geographie angesetzten Zeit dazu anzuwenden haben, teils Biographien mit«
zuteilen und wieder erzählen zu lassen, teils die Sagen ausführlicher zu behandeln,
als es im deutschen Unterricht geschehen kann.
2. Teil. Der (sbundcharakter des Geschichtsunterrichts in den mittleren
Klassen ist der ethnographische. Wie in dem propädeut. Cursus vorzüglich
Personen die Aufmerksamkeit auf sich zogen, so hier einzelne Völker, welche
aber, wiederum möglichst individualisirt, durch Hervorhebung ihrer Eigentümlich-
keit dem Knaben wie Einzelwesen in ihrem Jugend-, Mannes- und Greisenalter
erscheinen mögen. Sie stellen sich dar, ein jedes gleichsam wie Ein Mann, und
beweisen ihre Gesamtkraft durch Thaten und Werke. Wie aber bei jugendlichen
Völkern sich die Idee der Sittlichkeit zuerst als Tapferkeit und Muth gegen feind-
liche Mächte offenbart, und auch dem Knaben in seiner naturgemäfsen Entwicke-
lung der tapfere Kriegsheld als das Verehrungs- und Nachahmungswürdigste
erscheint, so tritt hier die „äufsere" Geschichte entschieden in den Vordergrund,
und es stellen sich die Thaten des Volkes wesentlich als die Thaten seiner Führer
dar, so dafs, wie es sich namentlich in der alten Geschichte von selbst ergiebt,
der Vortrag zugleich ein biographisches Element enthält. Die Mitteilungen aus
dem Cultuneben und über die Verfassung werden sich auf das Wenige, was an-
schaulich und verständlich gemacht werden kann, zu beschränken haben, und die
Zeiten der Blüte in der politischen Geschichte ausfuhrlich, die der ersten Ent-
wickelung und des Verfalls summarisch zu behandeln sein. Die Hauptbegeben-
heiten sind möglichst als Ganze in ihrer Entwickelung vom Anfange durch die
Mitte bis zum Ende darzustellen, zusammengehörende JPartieen zu gruppiren, die
Mittelglieder dagegen nur kurz zu berühren. Den Stoff dieses Cursus giebt fast
ausschliefslich die Geschichte der Griechen, Homer und Deutschen, als der Haupt-
träger der menschlichen Entwickelung. An ihre Schicksale wird aus der allge-
memen Geschichte nur dasjenige angeknüpft, was mit der ihrigen in der nächsten
Verbindung steht, und zwar gerade da, wo sich diese Verbindung findet Wo die
deutsche Geschichte aufhört, den Mittelpunkt der europäischen zu bilden, da tritt
an deren Stelle die des brandenburgisch-preufsischen Staats. Die Geschichte der
Griechen und Bömer wird in IV in Einem Jahre abgehandelt. Jene führt der
zusammenhängende Vortrag bis auf den Tod Alexanders desGhx)fsen; sie schliefst
ab mit einer Uebersicht über die auf die Diadochenzeit folgenden Staaten-
bildungen. Diese (die römische) geht von der nur kurz zu berührenden Urzeit
bis in den Anfang der Kaiserzeit, etwa bis auf Titus. Zugleich flicht der Vor-
trag die Hauptpunkte aus der Geschichte der Erscheinung und Ausbreitung des
Christentums ein, sowie das erste Auftreten der Deutschen und deren Kämpfe
mit den Kömem in den letzten Jahrhunderten vor Christi Geburt und nach derselben.
Der Cursus der III hat die deutsche and preufsisohe Geschichte zum Gegen-
stände. In der Geschichte des deutschen Mittelalters werden z. B. auch die Aus-
breitung des Christentums und die Entwickelung der Hierarchie, die wichtigsten
Elreuzzüge, die Eroberung von Constantinopel, die Erfindung des Sohiefspulvers
und der Buchdruckerkunst, und endlich die Entdeckung des vierten Weltteils und
des Seeweges nach Ostindien ihre Stelle finden.
Vom westfäl. Frieden an ist die deutsche Geschichte an die brandenburgisch-
preufsische auzuschliefsen und (mit kürzerer Berührung der französischen Revolution
und der daraus hervoi^egangenen Kriege) mit den deutschen Befreiungskriegen
zu beendigen. — Dabei empfiehlt sich die Anordnung, wonach die deutsche Ge-
schichte von der Völkerwanderung etwa bis 1648 dem ersten Jahre des Cursus
der HI, das übrige dem zweiten Jahre zugewiesen wiid. — Der geschichtl. Dar-
stellung geht auf dieser ganzen Stufe jedesmal die geographische Uebersicht der
betr. Länder voran.
3. Teil. Der Geschichtscursus der beiden oberen Kl. hat die Universal-
geschichte zum G^enstande. Der Gesichtskreis wird auf dieser Stufe nach
zwei Seiten hin erweitert. Während auf der vorhergehenden der Unterricht sich
auf die griechische, römische und deutsche Geschichte beschränkte, treten jetzt
197
an die Stelle der drei Hauptvölker die drei Zeitperioden des Altertums, des
Mittelalters und der neuem Zeit, und zu den erwähnten Völkern die übrigen
Culturvölker des Orients und namentlich Europas. In welcher Ausführlichkeit
auf die letzteren eingegangen werden darf und mufs, hängt teils von deren
ffrofserer oder geringerer culturgeschichtlicher Bedeutung (der Orient), teils yon dem
Urade ab, in welchem sie in die Geschichte des Vaterlandes eingreifen ; den haupt«
sächlichen Stoft giebt aber auch hier die Geschichte der classischen Völker und
der Deutschen. Wie früher die polit. Geschichte ausschliefslich Gegenstand der
P^rstellung war, so tritt sie auch hier immer noch in den Vordergrund, und zwar
mit der Erweiterung, dafs die Zwischenglieder, welche bis dahin entweder gar nicht
oder nur oberflächlich berührt waren, mneingefügt werden, dafs femer überall der
pragmat. Zusammenhang und die Entwickelung der Verfassungen, letztere an den
drei Hauptvölkem, gezeigt wird.
In dem Mafse als sich der Vortrag der neuesten Zeit nähert, wird die Dar-
stellung immer mehr eine synchronistische; im Allgemeinen aber, und namentlich
bei der Geschichte des Altertums, ist zum besseren Verständnis darauf zu sehen,
dafs der Faden der Zeitfolge möglichst wenig abgebrochen werde. Auf dieser
Stufe darf denn auch nicht versäumt werden, bei der alten Geschichte auf die
Quellen ersten Ranges, und bei allen Teilen derselben auf die Geographie hin-
zuweisen.
Die zweite Erweiterung der geschieht! Aufgabe besteht in der Aufnahme
des Culturgeschichtlichen. Es sind hiemach die Litteraturen der wich-
tigsten Völker, soweit sie nicht im übrigen Unterricht vorkommen und dem Bil-
dungsstande des Schülers nicht zu entfernt liegen, übersichtlich und durch Mit-
teilungen von Proben zu charakterisiren ; femer die Epochen in der Geschichte
der bildenden Künste an Abbildungen solcher Werke, welche den iedesmali-
gen Standpunkt am deutlichsten bezeichnen, zu erörtern, endlich solche Mit-
teilungen aus dem Gebiet der Wissenschaft, der Religion, der Erfindungen, des
Verkehrs und Handels, der Sitten und Einrichtungen zu machen, die geeignet sind,
ein möglichst anschauliches Bild von der Individualität der einzelnen Völker und
dem Fortschritt in der Entwickelung der gesamten Menschheit zu erzeugen. Wo
sich für die Behandlung des Culturgeschichtlichen nicht in der politischen Ge-
schichte selbst passende Anknüpfungspunkte finden, da sind diese Mitteilungen
im Vortrag der letzteren, wo sich ein geeigneter Ruhepunkt zeigt, nachzutragen.
Dabei muß jedenfalls darauf verzichtet werden, die geschichtl. Entwickelung in
derselben Consequenz und Vollständigkeit zu verfolgen, wie auf dem Gebiet des
Staates.
Die Beachtung des teleologischen Zusammenhanges der Weltgeschichte und
die Anerkennung der ewigen Gesetze Gottes mufs en<Uich als das oeste Resultat
angesehen werden, welches der Schüler aus diesem ganzen Unterricht mit sich in
das Leben hinübemimmt.
Die Stoffverteilung ist folgende: II Cursus zweijährig: 1. Jahr orientalische
und griechische Geschichte, mit Beschränkung der oriental. Völker vor den Perser-
kri^en auf das unentbehrlichste Material und abschliefsend mit der Geschichte
der Diadochenreiche, welche als ein innerlich zusammenhängendes Ganzes zu be-
handeln ist. 2. Jahr römische Geschichte bis zum Untergange des weström. Reichs.
I Cursus: Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit bis 1815, und
etwa in kurzer Uebersicht die der polit. Geschichte von« 1815 — 1830 oder 1840.
Dabei ist darauf zu sehen, dafs der Vortrag des 1. Jahres wenigstens bis zum
Ende der Regierung Karls V oder zum Anfange des SOjähr. Krieges geführt werde.
6. Weil die Masse des im geschichtl. Unterricht zu bewältigenden Sto£b
im Verhältnis zu der Zahl der Lehrstunden so grofs und der Erfolg von der Per-
sönlichkeit des Lehrers weit mehr als von dem Lehrbuche abhängig ist, so fordert
die Methode dieses Unterrichts eine sorgsame und unausgesetzte Aufmerksamkeit.
Zunädist kommt es darauf an, dafs der geschichtl. Stofif in einer Weise überliefert
werde, die in dem Schüler klares Verständnis und richtige Würdigung erzeugt.
In dieser Beziehung mufs die Auswahl des Stoffs von dem Grundsatze einer
weisen Mafshaltung geleitet sein, wonach überhaupt Wichtiges von Unwichtigem
geschieden und in den einzelnen Klassen dasjenige hervorgehoben wird, was dem
oben bezeichneten Charakter der einzelnen Lehrstufen, d. n. also dem Bedürfnis
198
des Schülers mehr als den Anforderungen der Wissenschaft als solcher entspricht
Ferner moTs sich der Lehrer einer einfachen und natürlichen Diction und einer
lebendkfen und warmen Darstellung befieifsigen, ohne irgend welche Benutzung
eines Hülfsmittels wälu^nd der Lehrstunde. Er wird, soweit thunlich, den Lihalt
und auch den Ausdruck den Quellen selbst entnehmen, und nicht versäumen dür-
fen, jezuweilen seine Gewährsmänner selbst reden zu lassen, wo dies dazu dient,
eine Schilderung lebendiger zu machen oder ein Urteil überzeugender zu begrün-
den. Von Wichtigkeit ist es auch für die Anschaulichkeit, dafs, so oft als möglich,
bildliche Darstellungen yon Personen, einzelnen Begebenheiten, Gegenständen der
Kunst, des privaten und öffentl. Lebens vorgezeigt und ein^^eprägt werden. — Die
Wissenschaft!. Kritik des Ueberlieferten, welche nur zuweilen und zwar auf der
obersten Stufe eintreten darf, geschehe mit Vorsicht und immer mit Begründung
des Urteils. — Die sittl. Beurteilung von Zuständen oder Personen und Hand-
lungen ist nie als etwas Fertiges zu überliefern, sondern so und insoweit anzustellen,
dafs dem Schüler selbst sich das richtige Resultat ergiebt. Wo sie sich auf Zu-
stände und staatliche Einrichtungen bezieht, mufs sie darauf ausgehen, den Unter-
schied zwischen Inhalt und Form, Wesentlichem und Vorübergehevdem, zu zeigen
und das Vaterlandsgefühl in dem Schüler zu stärken. Wo sie Personen und ein-
zelne Handlungen betrifit, soll sie den christlich-religiösen Mafsstab anlegen, aber
zugleich gewöhnen, die Erklärung zunächst und zuerst in den Anschauungen und
Verhältnissen der betreffenden Zeit zu suchen.
Für den Zweck, das geschichtliche Wissen dem Schüler zu einem bleibenden
Eigentum zu machen, sind von besonderer Wichticfkeit die in der Schulstunde und
in der Regel nach vorhergehender Präparation des Schülers anzustellenden Wieder-
holungen. Sie bestehen je nach dem Standpunkt der Klasse und dem jedes-
maligen Bedürfnis bald im Wiedererzählen ganzer Abschnitte, bald im Recapitu-
liren des Factischen nach Zahlen und Namen, bald in einer mehr selbständigen
Umarbeitung des Lehrstoffs. Bei der zweiten Art der Repetition, welche abwech-
selnd auch schriftlich geschehen kann, ist darauf zu sehen, dafs durch möglichst
mannigfaltige Combinationen von Thatsachen und Zahlen diese Gedächtnisarbeit
Leben und Interesse gewinne und den Stoff von den verschiedensten Seiten her be-
festige. Bei der dritten Weise, welche sich nur für die oberen Klassen eignet, läfst
es sich empfehlen, dafs man den Schüler anleite, zusammenhängende Ganze nach
Gesichtspunkten, welche auf die Thatsachen gleichsam Schlaglicmter fallen lassen,
logisch zu gliedern, oder auch das durch die synchronist. Behandlung Zerstreute
ethnographisch zusammenzufassen. Dabei müssen die Wiederholungen möglichst
oft und die gröfseren regelmäfsig zu wiederkehrenden Zeiten aiurestellt und immer
zugleich als ein sehr wincsames Mittel angesehen werden, die Fertigkeit und Ge-
wandtheit des mündlichen Ausdrucks zu befördern. — Aufserdem aber hat der
Geschichtslehrer die Aufgabe, die vorhergehende oder mit dem Geschichtsvortraff
parallel gehende SchuUectüre der Schriftsteller (namentlich der griechischen und
römischen) zu berücksichtigen und die geschichtliche Privatlectüre deutsch
geschriebener Werke der Schülerbibliothek zu empfehlen und zu beaufsichtigen.
Dagegen wird es nur ausnahmsweise rathsam sein, statt der Bearbeitungen ge-
schichtlicher Partien oder Lebensbeschreibungen, den Schüler auf die Quellen zu
verweisen, um aus diesen seine Ghesohichtskenntnis zu erweitern oder nach ihnen
Aufgaben zu bearbeiten*).
7. Hülfsmittel'für die Schüler. Der Apparat, den der Schüler für
den bist. Unterricht gebraucht, besteht aufser den nöthigen Karten, wenn diese
nicht durch Wandkarten in der Klasse selbst überflüssig p^macht werden, aus einem
Lehr- oder Handbuch und nach Umständen noch aus emer chronologisch-tabellar.
Uebersicht. — Das Lehrbuch mufs für den Standpunkt der einzelnen Lehrstufe
berechnet sein und wird daher nur für je 2 Klassen ausreichen. Statt gedruckter
TabeUen wird sich der Schüler auch solcher bedienen können, welche er unter
Anleitung des Lehrers selbst entworfen hat. — Uebrigens ist es nicht rathsam,
dafs der Schüler während des mündl. Vortrags irgend etwas aufser etwa einer
*) IHratfben wtrdtn daiin »noh alt Probe eigener, tou wieseneohafUichem Streben leagender
Priratatadien im Sinne des Min. BrUesei rom 12. Jan. 1856 b«lm Gelangen ihrer Yerfaeeer aar
AbitnrientenprOfting Torgelegt werden können.
199
Landkarte Tor sich habe; der Vortrag mufs die ganze Aofmerksamkeit des Sohülers
fesseln. Das Diotiren ist, wo es sich nicht am blofse Notizen handelt, überall zu
vermeiden, ebenso das ausführliche Nachschreiben. Auch wird eine häusl. Aus-
arbeitung des Vortrags von Seiten des Sohülers nicht zu verlangen sein.
8. Stufenfolge des geographischen Unterrichts. Der geogra-
phische Unterricht hat 3 Gurse. Der 1. Cursus, welcher die beiden unteren Klassen
umfafst, behandelt nach einer vorbereitenden Einleitung, welche das Verständnis
des Globus und der Landkarte, sowie des Wichtigsten aus der mathemath. Geographie
bezweckt, die räumlichen (topischen) Verhältnisse der Erdoberfläche; der zweite,
welcher die mittleren Klassen umfafst, mit Wiederholung des Topischen die gegen-
wärtige politische Einteilung nach ihren wesentlichen Teilen. Der 3. Oursus hat
eine Bepetition und gelegentliche Erweiterung des Früheren zum Gegenstande.
Auf allen Stufen ist die Geographie Deutschlands am ausführlichsten zu behandeln.
Die wissenschaftl. Behandlung der mathemat Geographie fallt dem physikal* Unter-
richt der I, ebenso die nur in der Realschule als eigener Unterrichtszweig zu
behandelnde physikal. Geographie dem naturwissensohaftl. Unterricht in der I
dieser Anstalt zu.
9. Umfang und Zweck des geograph. Unterrichts. Der Unter-
richt in ier Geographie am Gymnasium und an der Realschule hat die Aufgabe,
die Schüler mit den wichtigsten Teilen der geograph. Wissenschaft mit einer solchen
Gründlichkeit und in solcher Ausdehnung bekannt zu machen, wie es einerseits
dem Charakter dieser Anstalten, andererseits den Anforderungen entspricht,
welche die Gesenwart an einen wahrhaft Gebildeten stellen mufs. Es sind dem-
nach die Schüler dahin zu fiUiren, dafs sie eine orograph. und hydrograph. Ueber-
sicht der Erdoberfläche im Grofsen zu einem klaren Bilde geordnet stets gegen-
wärtig haben, dafs sie mit der polit. Einteilung der wichtigsten Länder und nament-
lich des Vaterlandes, femer mit den ethnograph. und wichtigsten Gulturverhält-
nissen ihrer Bewohner, mit den Producten und dem durch deren Verarbeitung
und Austausch bevrirkten Verkehr und dessen Mitteln bekannt seien und dafs sie
endlich eine klare Erkenntnis von den Elementen der mathem. Geographie ge-
wonnen haben.
10. 1. Teil. Der 1. Cursus, welcher die VI und V umfafst, beginnt mit
einer Einleitung, durch welche der Schüler erst auf dem neuen Felde orientirt
wird. Sie mufs das Hauptsächlichste aus der sogenannten mathemat Geographie
enthalten, aber nur historisch, ohne alle Beweise. Der Scdiüler mufs wissen, welche
Stelle die Erde in unserem Sonnensystem einnimmt und welche Erscheinungen an
ihr durch diese Stellung bedingt werden. Er mufs femer verstehen, was eine Land-
karte bedeutet, und lernt dies am besten an seiner nächsten Heimat.
Nach vorausgeschickter Einleitung folgt die natürliche oder topisohe Geo-
graphie, welche die Grundlage der politischen bilden mufs, und macht den Haupt-
inhalt des 1. Cursus aus. herbei wird es das Zweckmäfsigere sein, den Anfang
mit den aufsereuropäischen Erdteilen zu machen, und zwar in einer solchen Reihen-
folge, welche die graphische Darstellung erleichtert (etwa Afrika, Amerika, Asien,
Australien), und für das 2. Jahr dieses Cursus, aufser einer Wiederholung der
Elemente der mathemat. Geographie, Europa zu bestimmen. Jedenfalls aber mufs
der Schüler aus dem 1. Cursus eine Uebersicht der gesamten Erdoberfläche, ihrer
natürlichen Einteilung, der Länder und ihrer relativen Gröfse, Meere, Gebirgszüge,
Hanptberge, Abdachungen, Flüsse, Seeen, kurz der geograph. und hydrograph.
Verhältnisse mit sich nehmen. — An den geeigneten Stellen sind aufserdem, um
das geograph. Bild zu beleben, Jütteilungen über die wichtigsten Naturprodncte
aus dem Pflanzen- und Tierreiche und die Art ihrer Bearbeitung zu machen
und die hauptsächlichsten polit. Namen, nämlich der Hauptländer und Haupt-
städte und derjenigen bedeutenden Orte (Städte), welche an oezeichnenden Stellen
des topischen Bildes sich einiü^n lassen, dem Gedächtnis einzuprägen. Ausführ-
licher als das Uebrige, wenngleich noch immer summarisch, wird Deutschland be-
handelt. — Wie in diesem Cursus Geschichtliches anzuknüpfen sei, ist schon
früher bemerkt worden.
2. Teil. Im 2. geograph. Cursus, welcher die beiden Klassen IV und III
umfafst, wird der polit. G^graphie der einzelnen Erdteile und Länder jedesmal
eine Wiederholung der topischen Verhältnisse vorangesohickt. Danach sind im
200
1. Jahr die aofBerenropaischen Länder, in den beiden, resp. dem einen Jahr der
in die enropaiaohen Länder darchznneluien, nnd zwar eo, dafs anf die Gteographie
Ton DeutscHlEuid und PreoTsen ein Jahr, resp. ein Semester verwendet wird. Im
Allgemeinen ist dabei eine verständige Hafsmiltang zu beobachten. Der Grad der
Aunohrlichkeit richtet sich nach der polit. oder histor. Wichtigkeit der Länder und
Städte und nach der räumlichen Entfernung vom Vaterlande. Bei der polit. Dar«
Stellung Deutschlands und Freufsens mufs ausführlicher als bei den übrigen Län-
dern verfahren werden, am speciellsten bei Preufsen und der hiesigen Provinz. —
Das oft dürftige Bild fem liegender Länder ist durch Mitteilungen über Volks-
verwandtschaf^ Religion, Staatsverfassung, Sitten und Gebräuche möglichst zu er-
gänzen und zu beleben und die früher erworbene Productenkunde in dem Mafs,
wie sich die Darstellung dem Vaterlande nähert, zu erweitern.
3. Teil. In den beiden oberen Klassen wird das Hervortreten der Geschichte
in den Realschulen nur 1 Stunde wÖchentL, in den Gymnasien 1 Stunde vier-
zehntägiff auf die Geographie zu verwenden erlauben. Danach hat sich der geo-
ffroph. Unterricht hier im Wesentlidien auf die nicht dringlich genug zu empfehlende
Wiederholung, besonders des politischen Teils der früheren Curse zu beschränken.
Es bietet sich jedoch dabei manche Ghslegenheit, früher gemachte culturhistorische
Mitteilungen über entlegnere Länder zu vervollständigen, femer geschichtliche
Data anzuknüpfen, welche sich z. B. auf das Verhältnis der Colonieen zu deren
Mutterlande und auf die räumliche Ausdehnung des deutschen und preufsischen
Landes zu verschiedenen Zeiten beziehen; eben so auch einen geschichtL Ueber-
blick über die Erdanschauung von den ältesten SSeiten an zu geben, endlich auf
den Handel, den Verkehr und dessen Mittel, überhaupt auf solche Dinge einzu-
gehen, welche die äufseren Beziehungen der Völker zu einander kennen lehren.
— Für den Gang dieses Unterr. läfst sich das frühere Verfahrei^ empfehlen, dafs
nämlich zuerst von den aufsereurop. Ländern (II) und dann von Europa ge-
handelt wird (I).
11. Methode. Eins der wesentlichsten Erfordernisse, damit der oreograph*
Unterricht seinen Zweck erfülle, ist die Anschaulichkeit. Hiernach ist als Grund-
satz festzuhalten, dafs unter den Hülfsmitteln die erste Stelle überall die geograph,
Karte, nicht das Lehrbuch einnehme, so dafs der Schüler in der Lehrstunde aus
i'ener und aus dem Munde des Lehrers ausschliefslich seine Kenntnis schöpfe,
ferner wird der Lehrer nicht unterlassen, dmndi das allerdings mit grofser Vor-
sicht anzuwendende Aufsuchen von Aehnlichkeiten dargestellter Länder und dergl.
mit Gegenständen des gewöhnlichen Lebens der Phantasie ein annähernd richtiges
Bild einzuprägen, besonders aber auch durch Zurückführen von Gröfsebestimmungen
auf ein bekannteis oder anschaulich zu machendes Mafs (z. B. auf die Gröfse der
heimathl. Provinz oder Deutschlands oder eines bekannten Gebirges) der Vor-
stellung der Schüler zu HüUe zu kommen suchen. Dabei erfordert eine besondere
Sorgfalt die Behandlung der im topischen Gursus vorkommenden hydrograph. nnd
orograph. Begriffe. Nicht durch Beschreibung, sondern durch Hinweisong auf vor-
liegende Ers<meinungen in der Umgebung des Schülers (z. B. Bach, Teich oder
See, Dach des Hauses, Wolkengebilde am Horizont) müssen diejenigen Dinge,
von welchen keine wirkliche Anschauung stattfinden kann, dem Schüler klar ge-
macht werden. Zweitens ist didiin zu wirken, dafs das topische Bild, welches die
Ghmndlage des politischen ist, möglichst richtig nnd zugleich möglicihst fest dem
Schüler eingepiägt werde. Soll in dieser Beziehung erreicht werden, dafs (wie das
Frü^Rs^lm« Torschreibt) das topische Bild auch ohne Karte gegenwärtig sei,
so erscheint als ein sehr wirksames Mittel das Kartenzeichnen in der Schulstunde.
Das Wesentliche dieses Verfahrens besteht darin, dafs der Lehrer auf der quadra-
tisch eingeschnittenen Wandtafel vorzeichne und der Schüler Schritt vor Schritt
das entworfene Bild auf seiner Schiefertafel nachbilde. Unter Voraussetzung un-
unterbrochener Controle und einer nicht übemmfsigen Schülerzahl einer flasse
wird es sich allmählich dahin bringen lassen, dafs selbst jüngere Schüler gröfsere
Umrisse aus dem Gedächtnisse entwerfen können. Aufser dem lebendigen Interesse
der Schüler wird dadurch ein unausgesetztes und angestrengtes Arbeiten einer
ffanzen Klasse erreicht. Neben dieser Beschäftigung, welche in verschiedenem
Grade auf jeder Lehrstufe ausführbar ist^ aber nie die ganze Lehrstunde ausfüllen
darf, sind auch solche Uebungen vorzunehmen, welche teils an der Wandkarte
201
ffeachehen, teils die Befestigtmg des Gedächtnismaterials bezwecken. Dieses
letztere ist aberall mit weiser Beschränkung und Unterscheidung des Wichtigen
und Unwichtigen mitzuteilen und, ähnlich wie bei den Gedächtnisübungen im
Unterricht der Geschichte, durch Gruppiren, Bildung Yon Zahlenreihen, Ver-
gleichungen und Anwendung mannigfacher mnemonischer Hülfsmittel in stetem
Flufs und frischer Erinnerung zu erhalten*). — Die Wiederholungen in der Stunde
sind so oft als möglioh anzustellen, so dafs die häusl. Arbeit des Schülers sich auf
ein Minimum reducirt; diese letztere wird, abgesehen von dem Entwerfen einer
sauber auszuführenden Karte, namentlich während der Ferien, in der Regel darauf
sich beschränken können, dafs entweder der Schüler bestimmte Einzelbilder sich
wieder einpräge, bis er sie aus dem Gedächtnis zu reproduciren im Stande ist, oder
Fragen, sei es mündlich oder schriftlich, beantworte, welche seine topische und
polit. Kenntnis in gegenseitige Verbindung bringen.
12. Diejenigen Hülfsmittel des geograph. Unterrichts, welche in der Lehr-
stunde gebraucht werden, sind der Globus und die Wandkarten. Letztere,
sowohl topische als polit., müssen nach einem solchen Mafsstabe entworfen sein,
dafs kein Schüler zugleich einen Atlas zur Hand zu haben braucht. Daneben ist
auch die Anschafifung solcher Wandkarten zu empfehlen, 'welche nichts als die
Umrisse enthalten und die Anwendung der Kreide ertragen Mehr für den häusL
Gebrauch und zur Vergleichung dient der Handatlas, welcher in möglichst grofser
nnd deutlicher, auf cuis Nothwendige beschränkter Darstellung und unter An-
wendung leicht lesbarer, nicht zu kleiner noch zu feiner Schrift zugleich die topischen
nnd polit. Kartenbilder enthält. Dabei möge darauf gehalten werden, dafs die
Schäler einer oder mehrerer Klassen sämtlich einen und denselben Atlas gebrauchen.
— Die Benutzung eines geograph. Lehrbuchs ist, wenn auch nicht nothwendig,
doch wünschenswerth, um die Führung eines Heftes, in welchem die falsche Schrei-
bung firemder Namen schwer vermieden wird, überflüssig zu machen. Dasselbe
müfste in der Form eines „Leitfadens** sich auf die nothwendigsten Angaben be-
schränken und womöglich für beide Lehrstufen zugleich ausreichen. — Der wissen-
schaftliche Vortrag der mathemat. Geographie wird die Benutzung wenigstens eines
kleinen Planetariums nothwendig machen.
Münster. K. Prov. SchulcoUegium."
Bealschnle. Vgl. U. und PO. p. 95 ff.
C.Verf. V. 19. Dec. 1861: „Von Seiten der K. General- Inspectlon
des Mllitär-Bildnngswesens ist mir mitgeteilt worden, dafs in den Portepee-
fähnrichs-Prü fangen bei den von höh. Lehranstalten kommenden Aspi-
ranten in der Begel eine auffallend geringQ Kenntnis der Geographie ange-
troffen wird.
Ich beabsichtige nicht, hiervon Anlafs zu bestimmten Anordnungen zu
nehmen, sondern indem ich verstehende Wahrnehmung zur Kenntnis der K. Prov.
SchulcoUegien bringe, überlasse ich Denselben, nach eigenem Dafürhalten die
Dir. der Gjmn. und Realschulen auf dasjenige aufmerksam zu machen, was ohne
Aenderung des Lehrplans dazu dienen kann, in den oberen Klassen namentlich
auch den elementaren Teil der Geographie und die geographischen Verhält-
nisse von Europa und DeutscUand nicht in Vergessenheit gerathen zu lassen.
Es wird der Erinnerung nicht bedürfen, dafs gute Wandkarten in allen Klassen
zu der nothwendigen Ausstattung jeder höh. Schule gehören und dafs die
Schüler behufs eigener Bepetition im Besitz guter geographischer Hülfsmittel
sein müssen.
Im Uebrigen wird es angemessen sein, diejenigen jungen Leute in den
oberen Klassen, welche sich dem Militärstande widmen wollen, bei geeig-
*J Dafs gleichseitig »aoh Jede In der KlMsenleotttre, namentHoh der hiator. Sohrlfteteller, eich
darbietende Gelegenheit beantxt werde, das geograph. Wisien der Sohfller wieder aafaafriiohen und
deeeen Unentbehrllehkeit für elB ricbtigee Verttftndnie dea Geleaenen rtoht eindringlich daraathnn,
bedarf kaoaa der beaondertn SrwUmang.
202
neter Gelegenheit darauf hinzuweisen, dafs es Sache ihres Privatfleifses ist,
sich for die besonderen Anforderongen des militärischen Examens genügend
vorzubereiten."
Bei Mitteilung vorstehender C.Verf. an die Directoren fugte das E. Prov.
Sch.C. in Stettin (30. Dec. 1861) folgende Bemerkungen hinzu:
„Auch in den Schulen unsers Verwaltunigsbezirks haben bei Bevisionen
und Abiturientenprüfungen Schüler der höheren Klassen das zu wünschende Mafs
geographischen Wissens öfliers nicht gezeigt. Wir veranlassen deshalb die Dir.
der Gymn. und Bealschulen, diesem Mangel, wo er vorhanden ist, besondere
Aufmerksamkeit zu widmen und in Besprechung mit den betr. Lehrern dasjenige
wiederholt zu erwägen, was ohne Aenderung des Lehrplans dazu dienen kann,
in den oberen Klassen namentlich auch den elementaren Teil der Geographie
und die geograph. Verhältnisse von Europa und Deutschland nicht in Vergessen-
heit gerathen zu lassen.
Es wird vorzugsweise darauf ankommen, den Stoff des geograph. Unter-
richts, der zum dauernden Behalten fest eingeprägt werden soll für jede Kl. in
Beschränkung auf ein Minimum und Unterscheidung von dem sonst Erwähnens-
werthen genau zu bestimmen und regelmäfsige Bepetitionen des früher Erlernten
nicht blofs fär die unteren und mittl. Klassen, sondern auch für die oberen
anzuordnen. In den letzteren werden die Gymn. freilich, wie die westfälische
Instruction für den geschichtl. und geograph. Unterricht von 1859 mit Becht
annimmt, nicht mehr als 1 Stunde 14tägig, die Bealschulen nur 1 Stunde
wöchenü. auf die Geographie besonders verwenden können. Wird aber beim
Geschichtsunterricht der oberen Klassen die Beachtung der bezüglichen geograph.
Verhältnisse nicht vernachlässigt und dabei von den zur nothwendigen Aus-
stattung jeder höh. Schule gehörenden Wandkarten rechter Gebrauch gemacht,
auch öfters durch einfache Kreidezeichnungen an der Wandtafel das, worauf
es gerade ankommt, anschaulich hervorgehoben, werden die Schüler aufserdem
angehalten, von Zeit zu Zeit einen gröfseren Abschnitt eines guten geograph.
Leitfadens mit Weglassung alles entbehrlichen Details unter Benutzung zweck-
mäfsiger Karten zu wiederholen, versteht der Lehrer in den geograph. Bepe-
titionsstunden und gelegentl. beim Geschichtsunterricht die von den Schülern
früher erworbenen geograph. Kenntnisse unter neuen Gesichtspunkten zusammen-
zufassen und hier und da in anregender Weise zu vervollständigen, so wird nicht blofs
im Wesentlichen erhalten bleiben, was von der Geographie in den unteren und
mitü. Klassen oft mit vieler Mühe gelehrt und gelernt ist, sondern es wird die
bildende Kraft, welche in dieser jetzt so hoch entwickelten Wissenschaft für
den jugendlichen Geist liegt, in gewissem, durch die nothwendige Bücksicht
auf die übrigen Forderungen des Gymnasialunterrichts freilich beschränktem
Mafse auch der obersten Bildungsstufe der Gymn. und Bealschulen zu Gute
kommen.'* —
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Kiel v. 30. Oct 1875. „Wiederholte
Erfahrungen, welche unser Departementsrath teils bei Bevisionen und Inspec-
tionen, teils bei Gelegenheit seiner Teilnahme an den Abiturientenprüfungen
gemacht hat, weisen darauf hin, dafs keineswegs an allen höh. Lehranstalten
unsers Aufsichtsbezirks die Schüler in der Geographie die erforderliche Klar-
heit der Anschauung und Sicherheit der Kenntnisse angeeignet haben, ja, dafs
sie vielfach nicht einmal dasjenige Mafs des geograph. Wissens erreichen, welches
man doch im gewöhnlichen Leben innerhalb der gebildeten Kreise allgemein
vorauszusetzen berechtigt ist. Namentlich in den oberen Klassen haben die
Schüler in dieser Beziehung mitunter einen Grad von Unwissenheit verrathen,
der sich kaum anders erklären läfst, als durch die Annahme, dafs in den ge-
nannten Klassen von Seiten der Lehrer diesem Unterrichtsfache keine erheb-
203
liehe Beachtang mehr zugewandt wird und die Schüler in Folge davon glauben,
dasselbe nngestaraft yemachl&fBigen zu können. Selbst in Bezug auf unser
deutsches Vaterland ist bisweilen in Betreff mächtiger Gebirgszüge, ansehnlicher
Flüsse und wichtiger Provinzen und Städte eine ernstlich befremdende Ignoranz
hervorgetreten. Wir halten es daher für unsere Pflicht, den Directoren, bezw.
Rectoren und LehrercoUegien ausdrücklich an das Hen zu legen, den Stand
der geograph. Kenntnisse in den verschiedenen Klassen sorgsamer Beachtung
und Prüfung zu unterziehen und, wenn sich an der betr. Anstalt nach dieser
Seite hin erheblichere Mängel herausstellen sollten, ernstlich auf gründliche
Abstellung derselben Bedacht zu nehmen.
Die Wahl der geeigneten Mittel dürfen wir nach den in den einzelnen
Schulen obwaltenden besonderen umständen der pädagogischen Einsicht der
Herren Directoren und Bectoren, sowie der eingehenden Sorgfalt bezüglicher
Conferenzberathungen überlassen. Wir beschränken uns hier nur darauf, einige
Punkte in Erinnerung zu bringen, welche von allgemeiner Bedeutung sind.
Zunächst ist von allen Lehrern überhaupt Gewicht darauf zu legen, dafs bei
geograph. Angaben, auf welche der Unterricht in irgend welchem anderen Fache
hinföhrt, die Schüler sich nicht mit mechanischer Einprägung des blofsen Wort-
klanges begnügen, sondern dazu angehalten und daran gewöhnt werden, mit
dem Namen allezeit auch den geograph. Begriff zu verbinden und sicTi auf
der Karte hinreichend zu orientiren, um, falls es verlangt wird, über die con-
creto Lage des in Betracht kommenden Ortes gehörige Rechenschaft geben zu
können.
In Betreff des dem geograph. Lehrfache unmittelbar dienenden Unter-
richts mufs natürlich vor Allem das Streben der Schule dahin gehen, in metho-
disch richtiger Weise die Schüler mit diesem Gebiete des Wissens immer ver-
trauter zu machen und ihr Interesse dauernd rege zu erhalten. Im Besonderen
aber mufs auch dafür Sorge getragen werden, dafs der Unterricht in der
Geographie auch dann, wenn derselbe im Lectionsplane von dem geschichtlichen
Unterrichte nicht in der Weise getrennt ist, dafs ihm bestimmte gesonderte
Lehrstnnden zugewiesen wären, nichts destoweniger in allen Klassen zu seinem
vollen Rechte kommt, sowohl was die Zeit anlangt, welche auf denselben zu
verwenden ist, als hinsichtlich der ihm beizumessenden inneren Bedeutung.
Aufserdem ist wohl zu beachten, dafs der geograph. Unterricht sich nicht darauf
beschränken darf, dafs das durch den Lectiönsplan zur Durchnahme bestimmte
neue Pensum zum Vortrage kommt und für den Augenblick eingeprägt wird.
Vielmehr ist in allen Klassen durch zweckmäfsig angeordnete methodische Repe-
titionen dahin zu wirken, dafs auch der in früherem Unterrichte behandelte Stoff
bei den Schülern nicht in Vergessenheit gerathe, bezw., dafs diejenigen Schüler,
welche ihrerseits etwa den betr. Unterricht nicht genossen haben sollten, einen
unabweisbaren Anlafs bekommen, sich nachträglich diejenigen Kenntnisse anzu-
eignen, welche der systematische Gang des Unterrichts auf der Klassenstufe,
welcher sie angehören, voraussetzt Auch in den oberen Gymnasialklassen, in
welchen eine besondere Unterweisung in der Greographie nicht mehr stattzufinden
pflegt, haben die Geschichtslehrer das Interesse der Schüler für diesen wichtigen
Unterrichtszweig wach zu erhalten und aufserdem in periodischer Wiederkehr
durch geordnete Repetitionen, welche das Wesentliche zusammenfassen und
durch anregende Gruppinmg auch neue Gesichtspunkte zu eröffnen geeignet
sind, den Schülern Gelegenheit zu geben, sich des Standes ihrer geograph.
Kenntnisse bewufst und erforderlichen Falls der Pflicht eingedenk zu werden,
gewissenhaft das Ihrige zu thun, um bedenkliche Lücken rechtzeitig auszufallen.
Diese Aufgabe kann von der Schule nicht abgelehnt werden, und dafs
letztere im Stande ist, derselben bei richtigem Verfahren und verständiger Fem-
204
haltang nnwesentlicher Details anch in den oberen Klassen innerhalb der für
den Geschichtsanterricht eingeräumten Zeit gerecht za werden, darf nach den
anerkennenswerthen Leistungen, welche an einzelnen Anstalten dauernd auf
beiden Gebieten hervorgetreten sind, um so weniger bezweifelt werden. Sollten
aber trotz der durch die Schule dargebotenen ständigen Unterweisung und Uebung
einzelne Schüler, ohne sich durch Mahnung und Warnung antreiben zu lassen,
bei einer pflichtwidrigen Nichtachtung des geograph. Studiums beharren, so darf
die Schule diesen keine übel angebrachte Schonung angedeihen lassen; sie
mufs vielmehr in den Censuren den betr. Mangel unnachsichtlich hervorheben
und zur Geltung bringen und namentlich bei der Versetzung aus denjenigen
Klasse, in welcher der eigentliche geograph. Unterricht seinen Abschlufs
findet, auf die Censurprädicate der Schüler in diesem Fache wesentliche Bück-
sicht nehmen.
Bei Abiturientenprüfungen, in denen mit Bezugnahme auf die in den
oberen Klassen angestellten Bepetitionen jedem Examinanden auch geograph.
Fragen vorzulegen sind, würde, wenn ein Abiturient auf diesem Gebiete eine
so arge Unwissenheit zeigen sollte, dafs auf dieselbe der Passus 3. unserer die
Abiturientenprüfungen betr. C.Verf. v. 14. Juli v. J.*^) Anwendung fände, schon
dieser Umstand allein zur nothwendigen Folge haben, dafs der Betreffende die
Prüfung nicht bestehen könnte. Wir veranlassen die Herren Directoren und
Bectoren, die Schüler der Prima und der Secunda schon jetzt ausdrücklich auf
diese Gefahr aufmerksam zu machen, vor Allem aber Ihrerseits nachdrücklich
dahin zu wirken, dafs der ganze Unterrichtsgang der Schule eine ähnliche Igno-
ranz, wie sie bisher auf diesem Gebiete der allgemeinen Bildung hier und da
leider bei den Schülern zur Erscheinung gekommen ist, so gut wie unmög-
lich mache.
Schliefslich sprechen wir die Erwartung aus, dafs in dem jährlich ein-
zusendenden Lectionsplane inskünftige regelmäfsig bei jeder Klasse ein be-
stimmter Hinweis auf das geograph. Pensum gegeben werde, welches auf der
betr. Stufe neu durchzunehmen, bezw. zu repetiren ist. In Betreff des nächst-
jährigen Lectionsplanes wünschen wir aufserdem, dafs auch das demselben bei-
zufügende Begleitechreiben auf den durch die gegenwärtige C.Verf. den Lehrer-
coUegien zu sorgfältiger Erwägung und gewissenhafter Beachtung empfohlenen
Gegenstand in zweckentsprechender Weise eingehe.*'
Aus einer C.Verf. v. 26. Apr. 1857: — „Ich finde mich veranlafst
daran zu erinnern, dafs in den Gymn. und Bealschulen zu den Grundzügen des
allgm. Lehrplans beim Geschichtsunterricht der mittleren Klassen der Vortrag
und die Einprägung der vaterländischen Geschichte im weiteren und
engeren Sinne gehört, und dafs die daselbst erworbene Kenntnis insbesondere
auch der brandenb.preufsischen Geschichte in den oberen Klassen durch ange-
messen verteilte Bepetitionen sicher und lebendig zu erhalten ist. Bei den in
den Programmen mitgeteilten Lectionsplänen wird bisweilen das vorschrifts-
mäfsige Pensum der brandenb.preufsischen Geschichte gar nicht aufgeführt, was
ich nur mifsbilligen kann; und dafs dieselbe auch zum Gegenstand öffentlicher
Prüfungen gewählt wird, mufs nach verschiedenen Wahrnehmungen für eine
Seltenheit angesehen werden. Das K. Prov.Sch.C. wolle dieser Sache eine ver-
stärkte Aufmerksamkeit zuwenden und dafür Sorge tragen, dafs eine derartige
Vernachlässigung den höh. Schulen Seines Bessorts nicht zum Vorwurf gemacht
werden kann."
*) erlassen auf Grand der zwischen den deutschen Staatsregierunffen im
April V. J. geschlossenen Uebereinkunft: s. Abschn. VII und C.Bl. 1874 Seite 476.
205
7. Mathematik.
Rev. Lehrpläne nach 0. Verf. v. 31. März 1882 : p. 119, 124 f. für Gymn. ;
p. 129, 132 für R; 136, 138. für h. ß.
C.Yerf. Y. 18. März 1836: „Das Min. hat Gelegenheit gehabt zu be-
merken, dafs in mehreren Gymn. verabsäumt wird, den Schülern zu der ganz
unentbehrlichen Fertigkeit im gemeinen Be ebnen zu verhelfen, indem teils in
manchen Gymn. gegen die Absicht des Min. der eigentliche mathemat. Unter-
richt schon in der untersten El. beginnt und somit der Unterricht im ge-
meinen Rechnen ganz ausfällt, teils in anderen gelehrten Schulen, wo der
Unterricht im gemeinen Rechnen stattfindet, derselbe nicht mit der erforder-
lichen prakt. Einübung verbunden oder nicht genau und sorgfältig genug von
dem mathem. Unterricht getrennt wird. Da die Fertigkeit im Rechnen in
jedem Lebensberufe nöthig ist, und da die Erfahrung lehrt, dafs der Mangel
an dieser Fertigkeit im späteren Alter nicht leicht gehoben, oft aber ungemein
druckend empfunden wird, so sieht das Min. sich veranlafst, hierdurch anzu-
ordnen, dafs der eigentliche mathemat. Unterricht in sämtlichen Gymn.
erst in der IV beginnen, in der V und VI aber, als den beiden untersten Kl.,
die Fertigkeit im Rechnen ohne alle Einmengung der Mathematik, jedoch
auf eine überall den gesunden Menschenverstand und die Selbstthätigkeit des
Schülers in Anspruch nehmende und nirgends in ein blofs mechanisches und
geistloses Abrichten ausartende Weise praktisch eingeübt werden soU.^'
C.Verf. V. 24. Dec, 1833: „Das Min. hat Gelegenheit gehabt zu be-
merken, dafs in manchen Gymn. noch immer nicht ein bestimmtes in den
Händen der Schüler befindliches Lehrbuch beim Unterricht in der Mathe-
matik gebraucht wird. Wenn irgendwo, so ist in der Mathematik ein
kurzes, dem Bedürftiis jeder Schülerabteilung entsprechendes Lehrbuch unent-
behrlich, damit die Schüler sowohl bei der Präparation, welche bei dem mathemat.
Unterricht eben so nothwendig wie bei den übrigen Unterrichtsgegenständen ist,
als aach in der Klasse beim Vortrage des Lehrers, und endlich bei der Repe-
tition einen festen Anhalt haben und eine deutliche Uebersicht der Wissenschaft
gewinnen. Ohne ein solches Lehrbuch ist die Präparation der Schüler zu den
mathemat Lectionen unmöglich, der Schüler schwebt bis zum Schlufs des Gur-
sus in gänzlicher Ungewifsheit über das Ziel, wohin, und über den Weg, auf
welchem er geführt werden soll. Mifsverständnisse und Irrungen im Auffassen
des Gehörten und Lücken in den etwa nachgeschriebenen oder zu Hause aus-
gearbeiteten Heften sind unvermeidlich und selbst das genaue Ineinandergreifen
und Festhalten der Abschnittspunkte der Curse wird schwieriger und läfst sich
auch nicht einmal gehörig controliren. Um diesen und ähnlichen Uebelständen
zu begegnen, welche bisher bei dem mathemat. Unterrichte in den Gymn. wegen
Mangels eines bestimmten Lehrbuches sich mehr oder weniger bemerklich ge-
macht haben, will das Min. hierdurch festsetzen, dafs von Ostern k. J. ab ein
bestimmtes in den Händen der Schüler befindliches Lehrbuch bei dem mathemat
Unterrichte in den betr. Klassen aller Gymn. gebraucht und auf etwanige Ein-
reden der Lehrer gegen diese Mafsregel keine weitere Rücksicht genommen
werden soU. Das Min. hält es für wünschenswerth und auch thunlich, dafs
ein und dasselbe Lehrbuch für alle mathemat. Klassen eines Gymn. bestimmt
wird. Sollten hiergegen von einzelnen mathemat Lehrern deshalb Bedenken
erhoben werden, weil es bis jetzt an einem für alle Klassen gleich passenden
Lehrbuche fehle, so ist es wenigstens nöthig, dafs immer in je 2 Klassen, also
in IV und m, wie in 11 und I, ein und dasselbe mathemat. Lehrbuch gebraucht
wird. Die Vorschläge wegen des einzuführenden Lehrbuchs sollen von den
Lehrern der Mathematik in den einzelnen Gymn. ausgehen und das Min. will
für diesen Fall die Genehmigung oder Verwerfung der vorgeschlagenen Lehr-
i
206
bücher den E. Froy.Schnlcollegien überlassen; jedoch haben diese das Verzeich-
nis der für die einzelnen Gymn. genehmigten mathemat. Lehrbücher hierher
einzureichen. Schliefslich fordert das Min. die K. Froy.Schnlcollegien anf, in
angemessener Art eine genaue Gontrole darüber anzuordnen, dafs der mathemat
Unterricht in den einzelnen Klassen der Gymn. gehörig in einander greife, das
Fensum für jede Klasse nach dem einzufahrenden Lehrbuch bestimmt und in
den anzuordnenden jährl. oder halbjährl. Cursen jedesmal absolvirt wird."
C.Verf. V. 13. Sept. 1834: „Durch das Reglement v. 4. Juni d. J.
für die Prüfung der zu der Universität übergehenden Schüler ist bestimmt, was
von den Abiturienten hinsichtlich der Mathematik verlangt werden soll.
Diese Forderungen sind im Wesentlichen dieselben, welche in dem Edict vom
12. Oct. 1812 (dem früheren Beglement) gemacht worden; und obwohl dem
Min. nicht unbekannt war, dafs in mehreren Gymn. der mathemat. Unterricht
über diese Forderungen schon seit Jahren hinausgegangen ist, so hat das Min. den-
noch Anstand genommen, in dem neuen Beglm. die Anforderungen hierin zu
steigern, teils weil sich mittels des Geforderten der Hauptzweck des mathemat.
Unterrichts in den Gymn., welcher nicht sowohl auf Mitteilung von mathemat.
Sätzen, die etwa in diesem oder jenem Lebensverhältnis unmittelbare Anwendung
auf die sinnlichen Gregenstände finden, als vielmehr darauf zu richten ist, die
Urteilskraft der Schüler zu üben und sie an Klarheit und Bestimmtheit der
Begriffe und an Gonsequenz im Denken zu gewöhnen, ganz füglich erreichen
läfst, teils weil nach der bisherigen Erfahrung die Zahl der Gymn. nicht klein
ist, welche hinsichtlich der Leistungen ihrer zur Universität entlassenen Schüler
in der Mathematik noch hinter den bisherigen Forderungen zurückgeblieben sind.
— Finden sich einzelne Gymn., wo die Qualification der Lehrer und Schüler
es möglich macht, über das Geforderte hinauszugehen, ohne dadurch die Gründ-
lichkeit und den im Obigen angedeuteten Haupteweck des mathemat. Unterrichts
in den Gymn. zu gefährden, so wird hierdurch gestattet, in solchen Gymn. nach
Befinden der Umstände auch den Umfang des mathemat. Unterrichts zu er-
weitern."
Min. Verf. v. 13. Dec. 1834 (an das K. Sch.C. der Prov.Brandenb.,
den übrigen mitgeteilt): „Das Min. kann sich mit dem Antrage, den bisher in
der 1 des Joachimsthalschen Gymn. für die Mathematik festgestellten Cursus
auch femer beizubehalten, und somit auch noch die sphärische Trigono-
metrie und die Lehre von den Kegelschnitten in den Kreis des Unter-
richts zu ziehen, nicht einverstanden erklären. Zwar entgeht es dem Min. nicht,
dafs zur Auffassung einiger Lehren der Physik und einiger Gesetze in dem
astronomischen Teil der mathemat. Geographie eine genauere Kenntnis der Lehre
von den Kegelschnitten erforderlich ist. Da indessen im Gymnasialunterricht
eine streng wissenschafUiche und erschöpfende Behandlung solcher Gesetze,
wobei diese Lehre ihre Anwendung findet, nicht möglich sein wird, so scheint
es räthlicher, in dem betr. Unterricht die nöthigen Vorstellungen von den Eigen-
schaften der Kegelschnitte lehnsweise ergänzen zu lassen, als den mathemat.
Unterricht über das in dem Beglm. gesteckte Ziel hinaus zu erweitem. Das
Min. hat in dem Beglm. die Kenntnis der sphär. Trigonometrie und die Lehre
von den Kegelschnitten absichtlich von den Abiturienten nicht verlangt, weil
bei der bisherigen Einrichtung, welche die Ausdehnung des mathemat Unter-
richts dahin gestattete, unter den Abitur, immer nur sehr wenige waren,
welche auch nur die in dem Beglm. v. 4. Juni d. J. gestellten Anforderungen
wirklich erfüllen konnten. Durch die Beschränkung des mathemat. Unterrichts
beabsichtigte das Min. diesem öffentlichen und von mehreren Seiten gerügten
Uebelstande abzuhelfen, indem es auf dem enger begrenzten mathemat. Crebiete
nunmehr möglich sein wird, die Uebungen und Anwendungen zu vervielföltigen,
207
durch die vielseitigste Betrachtung derselben Lehren den Schülern zu einer
gr5fsem Sicherheit und zu einem desto intensiveren Wissen zu verhelfen und
nicht nur fär einzelne, sondern womöglich far alle den mathemai Unterricht
wahrhaft frachtbar nnd bildend zn machen. Indem das Min. also die sphär.
Trigonometrie und die Lehre von den Kegelschnitten von dem regelmäfsigen
maäemat Unterricht in den Gymn. hierdurch ausschliefst, will da8seU>e zugleich
gestatten, dafs in aufserordentlichen Fällen, wo Schüler von ausgezeichneten.
Anlagen zur Mathematik sich in der I eines Gymn. befinden, und bei den Gymn.,
wo es die vorhandenen Lehrkräfte und Mittel erlauben, vorübergehend für die
Mathematik eine classis selecta errichtet und dieselbe aus denjenigen Schülern
gebildet werde, welche sich das im Beglm. v. 4. Juni d. J. in Betreff der Mathe-
matik gesteckte Pensum wirklich zu einem geistigen Eigentum gemacht haben
und Neigung zeigen, auch schon auf der Schule über dieses Pensum hinaus-
zugehen.*' —
Min. Verf. v. 21. Oct 1840 an das K. Prov.Sch.C. zu Koblenz: —
„Die Eifersucht, welche nach dem vorliegenden Bericht an allen Gymn. der
Bheinprovinz zwischen den Lehrern der Matiiematik und denen der philologischen
Wissenschaften rege geworden ist, hat sich auch in manchen Gymn. der übrigen
Provinzen bemerklich gemacht und die Lehrer der Mathematik über das vom
Abiturientenreglm. vorgeschriebene Ziel hinausgeführt. Das Min. kann nicht
dringend genug empfehlen, einem solchen unregelmäfsigen Verfahren der
mathemat. Lehrer nach wie vor überall mit Entschiedenheit entgegenzutreten
und auf gründliches Erlernen der Elementar-Mathematik bei den Schülern
zu dringen.*' —
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Koblenz v. 7. Apr. 1841: „Bei den
Abitnrientenprüfungen hat sich herausgestellt, dafs an mehreren Gymn. unsers
Verwaltungsbezirks die Leistungen der meisten Examinanden in den mathemat.
Disciplinen bei der mildesten Beurteilung ungenügend erscheinen, während die
Ergebnisse an anderen Anstalten dieser Art beweisen, dafs den reglements-
mäfsigen Anforderungen hinsichtlich derMathematik ohne Benachteiligung anderer
Lehrgegenstände unter zweckmäfsiger Anleitung füglich entsprochen werden
kann. Auch haben wir aus den Verhandlungen über die Maturitätsexamina an
einigen Gymn. ersehen, dafs die Majorität der Prüfungscomm. selbst solchen
ZdgUngen, welche bei sehr mittelmäfsiger Qualification in den übrigen Gegen-
ständen in der Mathematik nicht einmal die gewöhnlichen Elementarkenntnisse
sich angeeignet hatten, dennoch das Zeugnis der Beife zuerkannt hat Eine
solche Nachsicht in der Beurteilung der wissenschaftlichen Befähigung der
studirenden Jugend ist mit dem Zweck und mit den Bestimmungen des Prü-
fungsreglm. unverträglich, welches in den mildernden Paragraphen die An-
forderungen in Betreff eines so wichtigen Bildungsmittels nicht aufhebt, sondern
nur ermäfsigt.
Als Minimum der mathemat. Vorbildung ist jedenfalls aufser der
Fertigkeit im praktischen Bechnen eine gründliche Kennüiis der Planimetrie
und der ersten Elemente der allgemeinen Arithmetik unerläfslich. Wer auch
m diesen Teilen der Mathematik nicht die dem Zwecke dieses Lehrgegenstandes
entsprechende Sicherheit und die durch das Beglm. vorgeschriebene Einsicht in
das Wesen und den Zusammenhang der Sätze und Beweise gewonnen hat, darf,
auch wenn er in den übrigen Gegenständen hinreichende Kenntnisse an den
Tag legt, nicht als reif zu den akadem. Studien entlassen werden. Da übrigens
nach vielfachen Erfahrungen die Anforderungen des Beglm. bei einem wohl-
geordneten Unterricht und sorgfaltiger Wiederholung sich wohl erzielen lassen,
so kann die oben angegebene Ermäfsigung in geeigneten Fällen nur ausnahms-
weise eintreten, während das Zurückbleiben vieler Zöglinge einer Anstalt hinter
206
bücher den E. Frov.Schalcollegien überlassen; jedoch haben diese das Verzeich-
nis der für die einzelnen Gjmn. genehmigten mathemat. Lehrbücher hierher
einzureichen. Schliefslich fordert das Min. die K. Prov.SchalcoUegien anf, in
angemessener Art eine genaue Controle darüber anssaordnen, dafs der mathemat.
Unterricht in den einzelnen Klassen der Gjmn. gehörig in einander greife, das
Fensum für jede Klasse nach dem einzuführenden Lehrbuch bestimmt und in
den anzuordnenden jährL oder halbjährl. Cursen jedesmal absolvirt wird.''
C.Verf. V. 13. Sept. 1834: „Durch das Reglement v. 4. Juni d. J.
für die Prüfung der zu der Universität übergehenden Schüler ist bestimmt, was
von den Abiturienten hinsichtlich der Mathematik verlangt werden soll.
Diese Forderungen sind im Wesentlichen dieselben, welche in dem Edict vom
12. Oct. 1812 (dem früheren Reglement) gemacht worden; und obwohl dem
Min. nicht unbekannt war, dafs in mehreren Gjmn. der mathemat. Unterricht
über diese Forderungen schon seit Jahren hinausgegangen ist, so hat das Min. den-
noch Anstand genommen, in dem neuen Beglm. die Anforderungen hierin zu
steigern, teils weil sich mittels des Geforderten der Hauptzweck des mathemat
Unterrichts in den Gjmn., welcher nicht sowohl auf Mitteilung von mathemat.
Sätzen, die etwa in diesem oder jenem Lebensverhältnis unmittelbare Anwendung
auf die sinnlichen (regenstände finden, als vielmehr darauf zu richten ist, die
Urteilskraft der Schüler zu üben und sie an Klarheit und Bestimmtheit der
Begriffe und an Gonsequenz im Denken zu gewöhnen, ganz füglich erreichen
läfst, teils weil nach der bisherigen Erfahrung die Zahl der Gjmn. nicht klein
ist, welche hinsichtlich der Leistungen ihrer zur Universität entlassenen Schüler
in der Mathematik noch hinter den bisherigen Forderungen zurückgeblieben sind.
— Finden sich einzelne Gjmn., wo die Qualification der Lehrer und Schüler
es möglich macht, über das Geforderte hinauszugehen, ohne dadurch die Gründ-
lichkeit und den im Obigen angedeuteten Haupteweck des mathemat. Unterrichts
in den Gjmn. zu gefährden, so wird hierdurch gestattet, in solchen Gjmn. nach
Befinden der Umstände auch den Umfang des mathemat. Unterrichts zu er-
weitem.**
Min, Verf. v. 13. Dec. 1834 (an das K. Sch.C. der Prov.Brandenb.,
den übrigen mitgeteilt): „Das Min. kann sich mit dem Antrage, den bisher in
der I des Joachimsthalschen Gjmn. für die Mathematik festgestellten Gursus
auch femer beizubehalten, und somit auch noch die sphärische Trigono-
metrie und die Lehre von den Kegelschnitten in den Kreis des Unter-
richts zu ziehen, nicht einverstanden erklären. Zwar entgeht es dem Min. nicht,
dafs zur Auffassung einiger Lehren der Fhjsik und einiger Gesetze in dem
astronomischen Teil der mathemat. Geographie eine genauere Kenntnis der Lehre
von den Kegelschnitten erforderlich ist. Da indessen im Gjmnasialunterricht
eine streng wissenschafUiche und erschöpfende Behandlung solcher Gesetze,
wobei diese Lehre ihre Anwendung findet, nicht möglich sein wird, so scheint
es räthlicher, in dem betr. Unterricht die nöthigen Vorstellungen von den Eigen-
schaften der Kegelschnitte lehnsweise ergänzen zu lassen, als den mathemat.
Unterricht über das in dem Beglm. gesteckte Ziel hinaus zu erweitem. Das
Min. hat in dem Beglm. die Kenntnis der sphär. Trigonometrie und die Lehre
von den Kegelschnitten absichtlich von den Abiturienten nicht verlangt, weil
bei der bisherigen Einrichtung, welche die Ausdehnung des mathemat. Unter-
richts dahin gestattete, unter den Abitur, immer nur sehr wenige waren,
welche auch nur die in dem Beglm. v. 4. Juni d. J. gestellten Anforderungen
wirklich erfüllen konnten. Durch die Beschränkung des mathemat. Unterrichts
beabsichtigte das Min. diesem öffentlichen und von mehreren Seiten gerügten
Uebelstande abzuhelfen, indem es auf dem enger begrenzten mathemat. Gebiete
nunmehr möglich sein wird, die Uebungen und Anwendungen zu vervielfältigen,
207
durch die vielseitigste Betrachtang derselben Lehren den Schülern zu einer
grOfsem Sicherheit und zn einem desto intensiveren Wissen zu verhelfen und
nicht nor für einzelne, sondern womöglich far alle den mathemai Unterricht
wahrhaft frachtbar und bildend zu machen. Indem das Min. also die sphär.
Trigonometrie nnd die Lehre von den Kegelschnitten von dem regelmäfsigen
maäemat. Unterricht in den Gymn. hierdurch ausschliefst, will dasselbe zugleich
gestatten, dafs in aufserordentlichen Fällen, wo Schüler von ausgezeichneten.
Anlagen zur Mathematik sich in der I eines Gjmn. befinden, und bei den Gymn.,
wo es die vorhandenen Lehrkräfte und Mittel erlauben, vorübergehend für die
Mathematik eine classis selecta errichtet und dieselbe aus denjenigen Schülern
gebildet werde, welche sich das im Beglm. v. 4. Juni d. J. in Betreff der Mathe-
matik gesteckte Fensum wirklich zu einem geistigen Eigentum gemacht haben
und Neigung zeigen, auch schon auf der Schule über dieses Fensum hinaus-
zugehen.'* —
Min.Verf. v. 21. Oct 1840 an das K. Prov.Sch.C. zu Koblenz: —
„Die Eifersucht, welche nach dem vorliegenden Bericht an allen Gymn. der
Bheinprovinz zwischen den Lehrern der MaÜiematik und denen der philologischen
Wissenschaften rege geworden ist, hat sich auch in manchen Gymn. der übrigen
Provinzen bemerklich gemacht und die Lehrer der Mathematik über das vom
Abitnrientenreglm. vorgeschriebene Ziel hinausgeführt. Das Min. kann nicht
dringend genug empi^hlen, einem solchen unregelmäfsigen Verfahren der
mathemat. Lehrer nach wie vor überall mit Entschiedenheit entgegenzutreten
und auf gründliches Erlernen der Elementar-Mathematik bei den Schülern
zu dringen.^* —
C.Verf. des Frov.Sch.C. zu Koblenz v. 7. Apr. 1841: „Bei den
Abiturientenprüfungen hat sich herausgestellt, dafs an mehreren Gymn. unsers
Verwaltungsbezirks die Leistungen der meisten Examinanden in den mathemat.
Disciplinen bei der mildesten Beurteilung ungenügend erscheinen, während die
Ergebnisse an anderen Anstalten dieser Art beweisen, dafs den reglements-
m^fsig'en Anforderungen hinsichtlich der Mathematik ohne Benachteiligung anderer
Lehrgegenstände unter zweckmäfsiger Anleitung füglich entsprochen werden
kann. Auch haben wir aus den Verhandlungen über die Maturitätsexamina an
einigen Gymn. ersehen, dafs die Majorität der Prüfungscomm. selbst solchen
ZögMngen, welche bei sehr mittelmäfsiger Qualification in den übrigen Gegen-
ständen in der Mathematik nicht einmal die gewöhnlichen Elementarkenntnisse
sich angeeignet hatten, dennoch das Zeugnis der Beife zuerkannt hat Eine
solche Nachsicht in der Beurteilung der wissenschaftlichen Befähigung der
studirenden Jugend ist mit dem Zweck und mit den Bestimmungen des Prü-
fongsreglm. unverträglich, welches in den mildernden Paragraphen die An-
forderungen in Betreff eines so wichtigen Bildungsmittels nicht aufhebt, sondern
nur ermäfsigt.
Als Minimum der mathemat. Vorbildung ist jedenfalls auiser der
Fertigkeit im praktischen Bechnen eine gründliche Kenntnis der Planimetrie
und der ersten Elemente der allgemeinen Arithmetik unerläfslich. Wer auch
in diesen Teilen der Mathematik nicht die dem Zwecke dieses Lehrgegenstandes
entsprechende Sicherheit und die durch das Beglm. vorgeschriebene Einsicht in
das Wesen und den Zusammenhang der Sätze und Beweise gewonnen hat, darf,
auch wenn er in den übrigen Gegenständen hinreichende Kenntnisse an den
Tag legt, nicht als reif zu den akadem. Studien entlassen werden. Da übrigens
nach vielfachen Erfahrungen die Anforderungen des Beglm. bei einem wohl-
geordneten Unterricht und sorgfältiger Wiederholung sich wohl erzielen lassen^
so kann die oben angegebene Ermäfsigung in geeigneten Fällen nur ausnahms-
weise eintreten, während das Zurückbleiben vieler Zöglinge einer Anstalt hinter
208
dem durch das Beglm. bezeichneten Ziele gegen die Zweckm&fsigkeit der be-
folgten Unterrichtsmethode gerechte Zweifel erregen würde. — Inwiefern es
angemessen sein möchte, an dem Ihrer Leitung anvertrauten Gymn. zur Sicher-
stellung jenes Minimums mathematischer Kenntnisse eine Wiederholung der
Elemente der Arithmetik und Geometrie in I anzuordnen, bleibt Ihrem Ermessen
anheimgegeben."
Aus einer Min.Verf v. 16. Aug. 1860: — „Die grofse Anjjahl der im
Oebrauch befindlichen mathemat. und physikal. Lehrbücher ist ein erheb-
licher Uebelstand. Es wird darauf Bedacht genommen werden, die nicht be-
währten noch weiter auTser Gebrauch und zweckmäfsigere an deren Stelle zu
setzen. Die Unterrichtsverwaltung wird sich indefs nach wie vor einer directen
Nöthigung dabei enthalten. — Die eingeführten Bücher werden allerdings ofb
zu wenig benutzt: woUte man erzwingen, dafs es mehr geschehe, so käme man
in Gefahr, die wichtigere Wirksamkeit der freien Individualität des Lehrers zu
beeinträchtigen. — Die für den philologischen Unterr. bestimmte wöchentl.
Stundenzahl zu Gunsten des mathemat. und physikal. Unterrichts auf den
Gymn. zu vermindern, ist bei der bestehenden Lehrverfassung derselben nicht
zulässig; ebensowenig aber kann es unter den gegenwärtigen Umständen rath-
sam erscheinen, gleichwohl die Zahl der mathemat. und physikal. Stunden, und
somit die Gesamtzahl der wöchentl. Lehrstunden zu erhöhen. Auf den Beal-
schulen liegt in den oberen El. der Schwerpunkt im mathemat. und physikal.
Unterricht, und unter ihnen bringen es einige Anstalten erster und zweiter
Ordn. darin zu sehr anerkennenswerthen Leistungen. — Die philologische Ten-
denz der Gymn. hindert nicht, dafs Schüler je nach Talent und Neigung unter
der Einwirkung befähigter Lehrer sich vorzugsweise mathematischen Studien hin-
geben, und es ist demgemäfs noch in der Verf. v. 12. Jan. 1856 beim Abiturienten-
examen die Oompensation schwächerer Leistungen in den alten Sprachen
durch voizügliche mathematische ausdrücklich fQr zulässig erklärt.** —
Min.Verf. v. 10. März 1866 an das K. Prov.Sch.C. zu Stettin: —
^ie beantragte Beschränkung des mathemat. Unterrichts in I auf wöchentl.
3 St. unter gleichzeitiger Vermehrung desselben in der III auf 4 St. kann ver-
suchsweise bei denjenigen Gymn. eintreten, wo der Dir. und die mathemat.
Lehrer sich über die Zulässigkeit dieser Abänderung des allgm. Lehrplans ge-
einigt haben. Am wenigsten Bedenken wird der Versuch da haben, wo die
Schülerzahl der I gering ist. — Was die Festsetzung eines Minimums des unter
allen Umständen von den Abiturienten in der Mathematik zu Leistenden betrifft,
so wird es dessen allerdings nicht bedürfen, wenn von der far die Maturitäts-
prüfung freigegebenen gegenseitigen Oompensation der Leistungen auf dem
(jebiet der Philologie und der Mathematik von den Prüfungscommissionen ein
Gebrauch gemacht wird, welcher der Intention entspricht, dadurch einer vor-
wiegenden Neigung und Begabung in den oberen Kl. eine angemessene Freiheit
zu gewähren. Dabei kann es bis auf Weiteres um so mehr sein Bewenden haben,
als in der dortigen Provinz der Departementsrath des E. Prov.Sch.C. bei allen
Gymn. selbst die Prüfung leitet und somit im Stande ist, hierin unmittelbar
auf das richtige Verfahren einzuwirken, auch nicht unterlassen wird darauf zu
halten, dafs unter den für die schrifü. mathemat. Prüfungsarbeiten zu stellenden
Aufgaben sich immer auch solche finden, welche von den in der Mathematik
schwächeren Abiturienten gelöst werden können.** —
G.Verf. V. 1. Dec. 1854: „Nach einer Mitteilung des H. Handels-
ministers hat die Direction der E. Bauakademie angezeigt, dafs verhältnismäßig
viele Schüler bei ihrer Aufnahme auf die Bauakademie hinsichtlich der von den
Lehrkreisen der Gymn. und Bealschulen umfafsten mathemat Wissenschaften,
209
namentlich der Algebra, der Lehre von den Potenzen, Proportionen, Gleichungen»
Progressionen und Logarithmen, sowie der ebenen Trigonometrie und Stereometrie»
nicht hinreichend vorgebildet sind, um die Vorträge über sphär. Trigonometrie,
analyt Geometrie und Curvenlehre, mit welchen die höheren mathemat. Disci-
plinen auf der Bauakademie eingeleitet werden, gehörig aufzufassen und ihre
weiteren Studien mit Sicherheit darauf gründen zu können.
Dieser Mangel an genügender mathemat. Vorbildung ist nicht
allein, obschon vorzugsweise, bei dei\]enigen Schülern, welche aus den Gymn.,
sondern auch bei denen, welche aus Realschulen hervorgegangen sind, walirge-
nommen worden und besteht nicht allein in Unsicherheit, oft sogar in gänz-
licher Unkenntnis der Beweisführungen, sowie der Auflösungsmethoden ein-
facher Aufgaben, sondern auch in ganz unzulänglicher Uebung im Gebrauch
der Logaritiimen.
Da das in den bestehenden Prüfungsreglements für den Untrr. in der
Mathematik gesetzte Ziel in der dafür bestimmten wöchentl. Stundenzahl sehr
wohl erreichbar ist, so kann der Grund des erwähnten Mangels hauptsächlich
nur in dem nicht zweckmäfsigen Verfahren einzelner Lehrer gesucht werden.
Ich veranlasse daher die £. Prov.SchulcolL, dem mathemat Unterricht
besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Zuvörderst ist mit Strenge darauf zu halten, dafs derselbe nicht, wie es
an einzelnen Anstalten geschehen ist, über die durch die Bestimmungen des
Prüfungsreglm. gesteckten Grenzen ausgedehnt werde; dagegen mufs in dem
den Gymn. sowie den Beal- und höh. Bürgerschulen zugewiesenen Umfange der
mathemat Disciplinen nicht nur Klarheit der Anschauung und Gründlichkeit
des Wissens, sondern auch Sicherheit und Fertigkeit in der Anwendung erreicht
werden. Dies wird nur dann geschehen, wenn der Unterricht stets die Selbst-
ihätigkeit der Schüler in Anspruch nimmt, sich nicht mit gedächtnismäfsiger
Aneignung von Sätzen und Formeln begnügt, sondern die richtige Einsicht
durch Lösung angemessener Aufgaben und vielfache Uebungen vermittelt und
befestigt Wenn auch der mathemat. Unterricht an einer und derselben Anstalt
nach Lage der Verhältnisse oft mehreren Lehrern übertragen werden mufs, so
ist doch darauf zu halten, dafs der gesamte Unterricht nach Einem Lehrsystem
und wenigstens in den beiden oberen El. auch von Einem Lehrer erteilt werde»
weil jeder Wechsel in dieser Hinsicht Zeitverlust herbeiführt, die Aufgabe des
Lehrers der oberen Kl. erschwert und in der Begel dazu beiträgt, die Begriffe
der Schüler zu verwirren und ihren Eifer für die Sache zu lähmen.
Mit Bezug auf die C.Verf. v. 9. Sept 1849 ist den Gymnasialdirectoren
zu eröffnen, dafs nach einer Bestimmung des H. Handelsministers denjenigen
Schülern der Gymn., welche sich zu Staatsbaubeamten ausbilden wollen, keinerlei
Kachlafs in den Anforderungen allgemeiner Bildung zu gewähren ist, von den-
selben vielmehr unbedingte Zeugnisse der Beife für die Universität gefordert,
und bedingte, auf die Beife zum Studium des Baufachs ausgestellte Zeug-
nisse als genügend künftig nicht angenommen werden. Eben so ist bei den-
jenigen Beal- und höh. Bürgerschulen, deren Abgangszeugnisse zum Eintritt in
die K. Bauakademie berechtigen, darauf zu sehen, dafs der 2jährige Oursus so-
wohl in n wie in I mit Strenge innegehalten werde. Da die Eleven der
Bauakademie, um den Untrr. derselben mit gehörigem Erfolg benutzen zu können,
auch einer gewissen Fertigkeit im Zeichnen bedürfen, diese aber von der Schule
nicht immer mitbringen, so ist den Schülern, die sich dem Baufach widmen wollen,
bekannt zu machen, dafs sie den Zeichenuntrr. der Schulen während des Besuchs
der beiden oberen Kl. wenigstens 3 Jahre lang regelmäfsig und mit gutem Erfolg
benutzt haben müssen, und solches durch Vorlage von eigenen Arbeiten,
aus denen eine genügende Fertigkeit hervorgeht, bei der Meldung zur Aufnahm»
Wlei«, Yerordaimgai. 14
210
m
in die Bauakademie darzathnn haben. Die Directoren der Gymnasien nnd
Bealschnlen sind von diesen Bestimmungen mit der Weisung in Kenntnis zu
setzen, dieselben in den betr. Klassen von Zeit zu Zeit in Erinnerung zu bringen.'^
Vgl. ü. und PO. der Bealschulen y. 6. Oct 1859: p. 97 ff.
G.Verf. des K. Prov.Sch.G. zu Königsberg in Pr. y. 22. Dec.
1873: „Nachdem auf unsere Verf. v. 8. Oct d. J. die überwiegende Mehrzahl
der diesseitigen Gymn. und Realschulen sich für den Gebrauch 5stelliger Loga-
rithmentafeln erklärt hat, so ermächtigen wir hierdurch die HH. Directoren
derjenigen Anstalten, welche die bisher gebrauchten 7steUigen Logarithmen-
tafeln durch 5stellige zu ersetzen wünschen, diesen Wechsel ohne nochmalige
Anfrage bei uns, jedoch mit der erforderl. Bücksicht auf die gegenwärtig im
Gebrauch befindlichen Exemplare eintreten zu lassen. Hierbei darf den An-
stalten die Wahl zwischen den Tafeln yon Schlömilch, August oder Gaus&
anheimgestellt bleiben.'*
CVerf: des K. Prov.Sch.G. zu Kassel v. 30. Jan. 1879. „Die
K. Wiss. Prüfungs-Gommission in Marburg hat mit Bücksicht darauf, dafs in
den mathemat Prüfungsarbeiten bei manchen Anstalten die logarithmischen
Bechnungen mit fünf Decimalstellen durchgeführt sind, während bei anderen
mit siebenstelligen Logarithmen gerechnet wird. Folgendes bemerkt: Diese Ver-
schiedenheit in der Anlage der in den Maturitätsarbeiten, also ohne Zweifel
auch aller bei dem Unterrichte vorkommenden logarithmischen Bechnungen kann
als ein ganz gleichartiger Umstand nicht angesehen werden; denn mit je mehr
Decimalen die Logarithmen angegeben werden sollen, desto mehr Aufmerksam-
keit und Zeit mufs der Schüler auf das Aufschlagen und Niederschreiben dieser
Zifferreihen, ihre Addition oder Subtraction u. s. w. verwenden, und in dem-
selben Grade wächst auch die Gefahr irgend einer Irrung. Ohne die Gründe
zu verkennen, welche dessen ungeachtet für den Gebrauch der siebenstelligen
Logarithmentafeln geltend gemacht werden können, glauben wir, dafs den
Zwecken des mathemai Unterrichts an Gymnasien die Beschränkung auf fünf
Decimalstellen in logarithmischen Bechnungen besser entsprechen möchte.
Da auch der Herr Minister der geistl. etc. Angelegenheiten vor Kurzem
gelegentlich darauf aufrnerksam gemacht hat, „dafs es im Allgemeinen nach
der Ansicht bewährter Fachmänner sich nicht empfiehlt, auf höheren Schulen
statt der fünfstelligen Logarithmentafeln siebenstellige zu verwenden," so wollen
Sie die betr. FacUehrer veranlassen, sich künftig im Untrr. nur der fanfstelligen
Logarithmen zu bedienen.^
Min.yerf. v. 23. Jan. 1880, Auszug. JPür das logarithmisch»
Bechnen sind am Gymnasium zu N. siebenstellige Logarithmen im Gebrauch»
Durch die Zwecke des Schulunterrichtes ist weder der gröfsere Zeitaufwand
gerechtfertigt, welchen das Bechnen mit siebenstelligen Logarithmen im Vergleich
zu dem mit fünf- oder vierstelligen Logarithmen erfordert, noch der höhere
Kostenaufwand für das Anschaffen der bek. Tafeln. Es ist hiemach zu empfehlen,,
dafs, wo siebenstellige Logarithmentafeln an Gymnasien oder Bealschulen noch
im Gebrauche sind, dieselben durch fünf- oder vierstellige ersetzt werden, wie
dies z. B. seitens des K. Prov.Sch.G. zu Königsberg durch die G.Verf. v. 22. Dec.
1873 geschehen ist. Bei der in dem Lehrercollegium des Gymnasiums zu N.
anzustellenden Berathung bezüglich der mathemat. Lehrbücher ist zugleich in
Erwägung zu ziehen, welche einfacheren und wohlfeileren Logarithmentafeln zum
Ersate der Vega^schen siebenstelligen zu beantragen sind; selbstverständlich
darf denjenigen Schülern, welche sich im Besitz der bisher eingeführten Tafeln
befinden, die Anschaffung anderer Tafeln nicht zugemuthet werden.*'
.%
211
G.Verf. Y. 13. December 1877. ^Seit Einfahning des metrischen
Mafs» und Gewichts-Systems'*') ist Tielfach das Bedürfnis henrorgetreten,
neben der gesetzmäßigen vollen B^ichnnng der Mafse and Gewichte anch
abgekürzte Bezeichnungen derselben anzuwenden.
Obwohl die Interessen des geschäftlichen Verkehrs wie diejenigen der
Wissenschaft und der Schule die Uebereinstimmnng in dem Gebranche dieser
Bezeichnungen erfordern, ist eine solche bisher nicht erzielt worden.
Znr Anbahnung einer allgemeinen Verständigung hierüber hat der
Herr Reichskanzler eine aus sachknndigen Vertretern aller beteiligten Kreise
zusammengesetzte Commission mit der Ausarbeitung entsprechender Vorschläge
beauftragt» und hat demnächst der Bundesrath unter dem 8. Oct d. J. beschlossen,
die Bundesregierungen seien zu ersuchen, anzuordnen, dafs die von
der Commission zusammengestellten abgekürzten Bezeichnungen der
Malbe und Gewichte unter Beobachtung der beigefügten Begeln sowohl
im amtlichen Verkehre, als bei dem Unterrichte in den Off. Lehranstalten
ausschliefslich zur Anwendung gebracht werden.
Unter Beifügung eines Abdrucks dieser Zusammenstellung beaufkragen
wir die K. Regierung, alle Ihr untergeordneten Behörden und Beamten mit ent-
sprechender Weisung zu versehen und dafür zu sorgen, da(k der Beschlufs des
Bundesraths bei allen amtlichen Verhandlungen und Erlassen beachtet werde.
Damit femer jene abgekürzten Bezeichnungen auch im Privatverkehr
möglichst weite Verbreitung finden, ist die ZusammensteUung durch die zu
amtlichen Publicationen bestimmten Blätter bekannt zu machen und dem
Publicum zur Benutzung zu empfehlen, sowie aufserdem noch besonders zur
Kenntnis derjenigen Gesellschaften und Vereine des dortigen Bezirks zu bringen,
welche eine Einwirkung auf wirthschaftHche oder technische Angelegenheiten
bezwecken/' An sämtliche K. Regierungen etc.
„Abschrift erhalten Ew. Exe. zur gefälligen Kenntnisnahme und mit dem
ergebenen Ersuchen, hinsichtlich der Ew. Ezc. unmittelbar untergeordneten Be-
hörden und Institute gleichfalls das Geeignete veranlassen zu wollen. Die
Handelskammern, die Eichungsinspectoren, die Directoren der polytechnischen
und der Navigationsschulen sind diesseits benachrichtigt worden." An sämtliche
K. Oberpräsidenten. Die Minister des Innern, für Handel etc., der Finanz-Min.
und der Min. der geistl. Ang.
G.Verf. V. 19. Jan. 1878. „Aus der im Vorstehenden abschriftlich
mitgeteilten Verf. vom 13. Dec. v. J. ergiebt sich als nothwendige Folge, dafs
in dem gesamten Schulunterrichte fortan nur die von dem Bundesrathe festge-
stellten abgekürzten Mafs- und Gewichtsbezeichnungen angewendet werden dürfen
und dafs bei ihrer Anwendung die hinzugefügten Regeln für die Schreibung
einzuhalten sind; femer dafs Rechenbücher, welche von jetzt an neu erscheinen
oder neu gedruckt werden, nur unter der Bedingung zum Schulgebrauche zuge-
lassen werden dürfen, wenn in ihnen die vorgeschriebene Bezeichnung und
Schreibweise zu ausschliefslicher Anwendung gebracht ist
Indem ich auf diese Consequenzen der Verf. v. 13. Dec. v. J. aus-
drücklich aufmerksam mache, finde ich mich bestimmt, folgende Bemerkungen
hinzuzufügen.
Von wesentlicher Bedeutung für die durch den Rechenunterricht an den
Schulen zu erreichende Einführung der Schüler in das neue Münz-, Mafs-
*) Mafs- und Oewiohtsordnung für den norddeutschen Bond vom 17. Aug.
1868. — Bekanntmachung des Min. f. Handel eto. v. 13. Mai 1869 betr. die Vei^
haltniszahlen für die Umrechnung der bisherigen Landesmafse. — Reichsgesets
vom 11. Juli 1884.
14*
\
212
und GtewichtBsjstem sind die drei von dem Bnndesrath in's Auge gefafsten
Punkte, nfimlich:
Uebereinstimmnng im Gebrauche der abgekürzten Bezeichnungen;
Beschränkung der abgekürzten Bezeichnungen auf den engeren
Bereich des wirklichen Erfordernisses, wodurch in selbst^erständücher
Folge die Anwendung der Mafseinheiten im Bechnen im Wesentlichen
die gleiche Beschränkung erhält;
endlich eine solche Schreibweise der benannten Zahlen, durch
welche der decimale Charakter des neuen Systems zu yoUer Geltung
gelangt.
Im Hinblicke auf den Einflufs, welchen die in diesen Richtungen zu
treffenden Bestimmungen auf den Schulunterricht ausüben, hat der Herr Beichs-
kanzler darauf Bedacht genommen, dafs in der mit der Vorberathung des Gegen-
standes betrauten fachmännischen Gommission die Interessen des Schulunterrichts
zum Ausdruck gekommen sind. Ein zu diesem Zweck berufenes Mitglied der
Gommission, der Oberlehrer Dr. Eallius, hat in einem Aufsatze „das Münz-,
Maafs- und Gewichtssjstem im Bechenunterricht. Oldenburg 1877. 34 S.,*^
ausgehend von den in der Gommission zur Geltung gelangten Grundsätzen, ein
Yeifahren dargestellt, welches im elementaren Bechenunterrichte zu zweckmäfsiger
Einfohrung in das neue System angewendet werden kann. Da in manchen
Fällen ein zweckwidriger Vorgang beim Unterrichte beobachtet worden ist, so
ist zu empfehlen, dafs die Bechenlehrer von den in der genannten Schrift ent-
haltenen Bathschlägen Kenntnis nehmen und dieselben für ihre eigene Lehr-
thätigkeit in Erwägung ziehen." Der Min. der geistl. etc. Ang. Falk.
Zusammenstellung
der abgekürzten Mafs- und Gewichts-Bezeichnungen.
A. Längenmafse:
Kilometer . .
Meter . . •
Centimeter . .
Millimeter . .
B. Flächenmafse:
Quadratkilometer
Hektar . . .
Ar ....
Quadratmeter .
Quadratcentimeter qcm
Quadratmillimeter qmm
1. Den Buchstaben werden Schlufspunkte nicht beigefügt.
2. Die Buchstaben werden an das Ende der vollständigen Zahlenausdrücke
— nicht über das Decimalkomma derselben — gesetzt ateo 5,37 m — nicht
5 ^ 37 und nicht 5 m 37 cm — .
3. Zur Trennung der Einerstellen von den Decimalstellen dient das Komma,
— nicht der Punkt — . Sonst ist das Komma bei Mafs- und Gewichtszahlen
nicht anzuwenden, insbesondere nicht zur Abteilung mehrstelliger Zahlenaus-
drücke. Solche Abteilung ist durch Anordnung der Zahlen in Gruppen zu je
3 Ziffern, vom Komma aus gerechnet, mit angemessenem Zwischenraum zwischen
den Gruppen zu bewirken.
Beschlufs des K. Staatsministeriums v. 8. März 1881. „Zur
Herbeiführung eines gleichmäfsigen Verfahrens in der Schreibweise mehrstelliger
Zahlenausdrücke wird hierdurch bestimmt, dafs fortan seitens der Staatsbehörden
in Uebereinstimmnng mit der zur Bezeichnung der Mafs- und Gewichtszahlen
C.
Körpermafse:
km
Kubikmeter . .
. cbm
m
Hektoliter . .
. hl
cm
Liter ....
. 1
mm
Kubikcentimeter
. ccm
KubikmiUimeter
. cmm
qkm
D.
Gewichte:
ha
Tonne . , .
. t
a
Kilogramm .
.kg
qm
Gramm . . .
• g
qcm
Milligramm . .
. mg
313
eingefahrten Regel das Komma ansschliefslich znr Abtrennnngf der Decimal-
steUen von den Einerstellen anzuwenden, die Abteilung mehrstelliger Zahlen
aber durch die Anordnung derselben in Gruppen zu je drei Ziffern auch bei
Geld und sonstigen Angaben, insbesondere in den Etats und Bechnungen, zu
bewirken ist."
8. Naturwissenschaften.
Bev. Lehrpläne nach 0. Verf. y. 31. März 1883: p. Ulf., 119, 125,
142 f. für Gymn.; 129, 132 f., 142 f. R.; 136 f., 138, 143 f. h. B.
Vgl C. Verf. y. 7. Jan. 1856 : p. 66. U. und PO. y. 6. Oct. 1856 :
p. 97.
9. Zeichnen und Schreiben.
Rev. Lehrpläne nach C.Verf. y, 31. März 1882: p. 117, 119 für Gymn,;
p. 129, 134 für R. ; p. 137 ff. für h. B.
Vgl. ü. und PO. y. 6. Oct, 1859: p. 98 f.
Lehrplan für den Unterr. im Zeichnen auf Gymnasien and
Realschulen y. 2. Oct. 1863:
„Der Unterricht im Zeichnen gehört zu den alldem. Bildangsmitteln für die
Jugend und ist ein integrirender Teil des Lehrplans aller höheren Schulen.
Sowohl nach den an der Beschaffenheit und den £rfolgen dieses Unterrichts
gemachten Erfahrungen, wie in Rücksicht anf die Entwickelung des Realschal>
Wesens und auf den gegenmrtigen Stand der Kunst und Industrie, bedurfte das
unter dem 14. März 1831 für denselben erlassene Reglement einer Abänderung.
Nachdem darüber die Gutachten der K. Kunstakademien zu Berlin, Düsseldorf
und Königsberg, sowie der K. Proy.-Schulcollegien und mehrerer Zeichenlehrw yon
bewährter Erfahrung gehört worden sind, wird auf Ghrund derselben hierdurch Fol-
gendes angeordnet.
1. Der Unterricht im Zeichnen wird auf den Gymnasien in 4 aufeinander-
folgenden Stufen (Klassen) erteilt. Die Realschulen fügen denselben eine fünfte
Stme hinzu. Soweit es die Verhältnisse der einzelnen Anstalten zulassen, werden
die Schüler je nach Befähigung und Fortschritten, unabhängig yon der sonstigen
Klasseneinteilung in besondere Abteilungen yereinigt.
2. Erste (unterste) Stufe. Die Elemente der Formenlehre: Linien in yer-
schiedenen Richtungen, Mafsen und Verbindungen. Die Schüler müssen dahin ge-
bracht werden, sämtliche Verbindungen gerader und krummer Linien auch ohne
Vorbild darstellen zu können. Die Forderung einer sicheren Hand ist dabei nicht
80 weit auszudehnen, dafs Linien und filreise von einer Vollkommenheit yerlangt
werden, als hätte man sich mechanischer Hülfsmittel bedient.
3. Zweite Stufe. Die ersten Elemente des perspectiyischen Zeichnens.
(Bei den Uebungen kann nach dem Ermessen des Lehrers bisweilen schon hier
Zirkel und Lineal benutzt werden.)
Zeichnen nach Holzkörpem. Die scheinbaren Veränderungen, welche die
Körper je nach der Veränderuuff des Standpunktes erleiden, werden erläutert; zu-
gleich wird eine Erklärung der Wirkung des Lichts auf die Körperflächen gegeben,
and die yersohiedenen Körper, zunächst mit ebenen Flächen, mit l^hatten gezeichnet.
Die Körper sind rechts und links zu wenden und in yerschiedene Entfernung yom
Augenpunkt zu stelleu.
Auf dieser Stufe beginnt femer das Freihandzeichnen nach Vorlegeblättem,
bis zu den Gesichtsteilen und ganzen Köpfen, zuiüUdist und hauptsächlich im Omrifs,
bisweüen mit Andeutung yon Schatten.
4. Dritte Stufe. Vermehrte Uebung im Freihandzeichnen nach Körpern,
insbesondere nach Gipsen: Ornamente, Blattformen, Teile des menschl. Körpers.
Daneben fortgesetztes Zeichnen nach Vorlegeblättem, zu denen nunmehr auch land-
schaftliche Darstellungen gehören.
214
Weitere Entwiokelang der Perspectave: Zeichnen nach Körpern in mannig-
fach wechselnder, näherer und entfernterer Stellung. Lehre vom VerschwindongB-
pnnkt. Ajüeitung in der Handhabung von Lineal und Zirkel, sowie in den £le*
menten des arohitekton. Beifsens.
5. Vierte Stufe. Freihandzeichnen nach Vorlegeblättem : Arabesken, Tiere,
Köpfe und ganze Figuren; mitunter auch ausgefiihrtere Landschafben. Zeichnen
nacn Gipsen bis zu ausgeführten Köpfen. Anwendung der Estompe und Zeichnen
mit 2 verschiedenen Kreiden.
Li der Perspective ist der Unterricht fortzusetzen bis zum Zeichnen von
Zimmern und verschieden zusammengesetzten Gegenständen nicht zu schwerer
Gonstmction.
6. Die vorbezeichneten 4 Stufen des Zeichenunterrichts auf den G^ymn.
sind zugleich die 4 ersten Stufen desselben Unterrichts auf den Realschulen, jedoch
mit dem Unterschiede, dafs hier neben dem Freihandzeichnen planmäfsiffer mit
den Schülern der oberen Kl. das Zeichnen mit Lineal und Zirkel geübt wira, etwa
anhebend mit der dritten Stufe. Die Lehre von den Projectionen vom Grund-
und AuMfs ist hier theoretisch und praktisch zu behandeln und weiter zu führen,
um so mehr, als hier für das Zeichnen in den oberen Kl. eine gröfsere Stunden-
zahl bestimmt ist. — Aufserdem kommt aber in den Bealschulen eine über den
Gymnasialcursus hinausgehende fünfte Stufe (Ellasse) hinzu.
7. Fünfte Stufe. Die Gegenstände, womit die Schüler auf dieser Stufe be-
schäftigt werden, sind: 1. Fortgesetzte Uebung im Freihandzeichnen, 2. Auf-
faben aus der Perspective und Scbittenconstruction mit wissenschaftl. Begründung.
. Ln Linearzeichnen weitere Uebung mit Bücksicht auf den schon oben er^hlten
Beruf der einzelnen Schüler. 4. Blemente des Planzeichnens.
8. Als Ziel des Zeichenunterrichts auf Bealschulen kann an die Abitu-
rienten derselben die Anforderung gestellt werden, dafs sie befähigt sind:
1. Ln Linearzeichnen von einfachen Gegenständen aus dem Gebiet der
Architektur, der Maschinenkunde oder anderer Fächer des prakt. Lebens eine
Projection, geometrisch oder perspectivisch, einsclüiefslioh der Schattenconstruction
zu zeichnen. (Diese Forderung setzt selbstverständlich voraus, dafs die Beal-
schulen in den oberen Kl. den Schüler anleiten, die graphischen Darstellungen auf
geometr. Grundoperationen zurückzuführen, ihn also mit der beschreioenden
Geometrie, sowie mit der Lehre von der Construction der Schatten und von der
Perspective vertraut machen und ihm genügende Anleitung zum architekton. und
Jiasohinenzeic^en geben, ohne jedoch in £s Technische dieser Fächer sich tiefer
einzulassen). 2. Ln Freihandzeichnen läfst sich in Berücksichtigung der
ungleichen Begabung der Schüler ein bestimmtes Lehrziel nicht ebenso wie beim
Linearzeichnen feststellen. Für die befähig^teren Schüler ist als Ziel anzunehmen,
dafs sie im Stande sind, Arabesken, Landschaften, Tiere, Köpfe, auch wohl ganze
Figuren nach Vorleffeblättem, und nach Gips Gegenstände bis zu den Köpfen
mit Schatten und Licht mit Verständnis der Gründe des Verfahrens auszu-
führen. 3. Der Abiturient soll einige Uebung im Situations- oder Planzeich-
nen haben.
In Betreff einiger bei Ausführung des vorstehenden Lehrplans zu beachten-
der allgemeiner Gesichtspunkte und Bestimmungen wird auf die nachfolgenden
Bemerkungen Bezug genommen.*' Der Hinister etc.
Bemerkungen. In den vorstehenden Bestimmungen sind die allg. Gbrund-
züge ^er nothwendig zu beachtenden planmäfsigen Aufeinanderfolge des Zeichen-
nnterrichts enthalten. Es wird den Lehrern überlassen, sich innerhalb derselben
mit Freiheit zu bewegen, weshalb weder die auf den einzelnen Stufen vorzu-
nehmenden Uebungen und das auf denselben zu erreichende Ziel allseitig detaillirt
angegeben, noch über die Methode des Unterrichts mehr als allgm. Andeutungen
gegeben sind. Der Lehrer darf es nicht versäumen, sich mit den Fortschritten
der Methodik genau bekannt zu machen; aber da alles darauf ankommt, dafs er
seine Schüler zu interessiren und zur Anstrengung ihrer Kräfte anzuspornen ver-
steht, so mnfs seiner Individualität möglichst freier Baum gelassen werden. Es
wird auch künftig der Fall sein, dafs die Lehrer ihre Ausbudung auf sehr ver-
schiedenen Wegen, mithin auch nach verschiedenen Methoden, erworben haben.
Mancher wird mittels der Methode, nach welcher er selbst unterrichtet worden ist.
216
als Lehrer ffaie Resultate erreiohen, während er unter dem Zwange einer wenn
auch an sich besseren Methode, mit der er nicht von Hanse aus vertraut ist, viel-
leicht nur Unzulängliches leisten würde.
Bei aller Freiheit des method. Verfahrens bleiben jedoch folgende allgm.
Gesichtspunkte zu beachten: ^
1. Der Unterr. mufs in allmählicher Folge vom Leichteren zum Schwereren,
aber auch ohne pedantische, das Interesse der Schüler abstumpfende Einförmigkeit,
fortschreiten. £r hat sich nicht zu lange bei den vereinzelten Teilen der Gegen*
stände aufzuhalten, sondern sie früh in ihrem Zusammenhange als ein Ghinzes vor-
zuführen. Es fdilt für die Hebung der 1. Stufe nicht an guten Wandtafeln.
Aber sehr zu empfehlen ist, dafs der Lehrer selbst bisweilen die Fiaruren an die
Tafel zeichne, damit die Schüler dieselben entstehen sehen. Bei den Anföx^gen
im Zeichnen ist es zweckmäfsig, immer die ganze Klasse mit derselben Aufgabe
zu beschäftigen, um sie in Aufmerksamkeit zu erhalten und den Wetteifer anzuregen.
2. Zu den Aufgaben des Zeichenunterrichts auf höh. Lehranstalten, insbe-
sondere auf den Gvmn. gehört aufser der Uebux^ des Auges und der Hand die
Ausbildung des Scnönheitssinnes und des ästhet. Urteils. Die Schüler sollen durch
planmäfsig geleitete Uebungen zugleich die charakteristischen Formen der Dix\ge
auffassen lernen und zu einem verständigen Anschauen der Natur und der Meister-
werke der bildenden Kunst geführt werden. *
3. Auf den Gymnasien ist das Freihandzeichnen die wichtigste Uebung.
Soll dieselbe aber der vorerwähnten Aufgabe entsprechen, so darf sie nicht mecha-
nisch getrieben werden, sondern ist vielmehr so viel wie möglich zu einer bewufsten
Selbstthätigkeit zu erheben. Schon der AnHinger darf nidits zeichnen ohne vor-
hergegangene Belehrung und Erklärung. Mit der äufseren Ausbildung mufs die
innere gleichen Schritt halten. Die Hand kann nur ^Utrstellen, was das Auge
sieht, &8 Auge sieht aber nur mit Hülfe des Verstandes richtig. Die nachbildenae
Hand arbeitet also nicht blofs im Dienste des Auges, sondern auch des ver-
ständigen Urteils. Zu dem Ende ist es besonders wichtig, dafs der Unterricht
nicht, wie oft geschehen, lediglich auf das Copiren von Vorlegeblättem beschränkt
wird, wobei eine method. Unterweisung oft ganz ausgeschlossen bleibt. Das Zeichnen
blofs nach Vorlegeblättem kann das Auge verwöhnen« weil das nachzubildende
übject demselben dabei immer zu nahe gerückt ist. Es kann auf diese Weise
vorkommen, dafs Schüler nach jahrelangem Zeichnen nicht im Stande sind,
einen Stuhl, einen Tisch oder irgend einen körperlichen Gegenstand richtig nach-
zubilden.
4. Erfahrungsmäfsi^ gehen auch auf den Gymn. die meisten Schüler schon
aus IV und III ab, um sich irgend einem Beruf zu widmen; deshalb ist der Lehr-
gang, dies berücksichtigend, so geordnet, dafs auch solche Schüler bei ihrem Ab-
sang aofser der Uebung im Freihandzeichnen, schon im Linearzeiohnen geübt, mit
der Lehre vom Auf- und Grundrifs, sowie mit den Elementen der Perspective
bekannt gemacht sein und eine solche Grundlage im Zeichnen erhalten haben
können, dafs sie, wenn es der künftige B^ruf erheischt, sich im Zeichnen selbst
weiter zu helfen im Stande sind. Denn was sie in der Schule im Zeichnen erwor-
ben haben sollen, ist nicht eine mechanische Handfertigkeit, sondern ein auf Ver-
ständnis gegründetes Können. — Die Handhabung von Lineal und Zirkel und
deren Benutzung zum architekton. Reifsen wird auf Gymn. zweckmäfsig den oberen
Stufen vorbehalten. Zum Behuf der Bildung des ästhet Sinnes und im Zusammen-
hange mit den übrigen Gymnasialstudien sind die Vorbilder vorzugsweise der
antiken Kunst zu entlehnen, und auf den oberen Stufen Gelegenheit zu nehmen,
die Schüler nicht nur mit den antiken Säulenordnungen, sondern auch mit einigen
Hauptwerken der class. Sculptur und Architektur bekannt zu machen.
5. Die Realschulen müssen, wie die für dieselben erlassene U. und PO.
V. 6. Oct 1859 hervorhebt, nach der diesen Anstalten eigentümlichen Bestimmung,
auch zu einer gründlichen Beschäftigung mit den Gegenständen der Natur, der
Technik und der Kunst vorzubereiten, dem Unterr. im Zeichnen eine vorzügliche
Pflege angedeihen lassen. Er kann daselbst mehr als auf den Gymn. auch mit
dem mathemat, naturgeschichtL und geograph. Unterr. in eine förderliche Wechsel-
wirkung gebracht weraen. Vorzugsweise in den Bealschulen mufs der Zeichen-
unterricht den Schülern zu Anschauung und Erkenntnis bringen, dafs die in den
216
mathemat. Körpern sich darstellenden Gesetze sich, wenn anch versteckt, in den
natürlichen Organismen wiederfinden nnd den Charakter der äufseren Erscheinung
derselben wesentlich bestimmen. Je mehr die Schüler in die Gesetzmäfsigkeit der
Natur eingeführt werden, desto mehr wird sich auch ihr Schönheitssinn bilden.
6. Wenn nach der Tendenz der Realschulen das Linearzeichnen als der für
diese Anstalten besonders wichtige Teil des Zeichnens angesehen werden mufs,
so ist damit keineswegs gesagt, dafs das Freihandzeichnen daselbst vernachlässigt
werden dürfe; dasselbe mufs vielmehr bis zu Ende des Schulcuraus mit Ernst
und Strenge fortgeführt und immer in Beziehung auf perspectivische Anschauung
gelehrt werden. Zu empfehlen ist, dafs auf der fünften, nach Befinden auch schon
auf der vorhergehenden Stufe, in Beziehung zu dem naturgeschichtl. Unterricht u. a.
auch der Knochenbau des menschl. Körpers zum Gegenstand des Zeichnens ge-
wählt wird. Eine gewisse Uebung und Fertigkeit im Freihandzeichnen mufs schon
erworben sein, ehe die Schüler das eigentliche Linearzeichnen beginnen können.
Dieses kann auf der dritten Stufe mit der Projectionslehre beginnen, während auf
der vorletzten die Perspective als Wissenschaft gelehrt, auf der obersten fortgesetzt
und die Schattenconstruction hinzugenommen wird.
7. Um zu verhüten, dafs die Unterweisung im Linearzeichnen zu einer Zeit
eintrete, wo es den Schülern an den nöthigen mathemat Vorkenntnissen noch fehlt,
hat der Zeichenlehrer, sofern er das Erforderliche nicht selbst in seinen Unterricht
aufnimmt, sich wegen der Anordnung des mathemat Lehrplans mit dem Director
and dem betr^ Lehrer zu verständigen.
8. Freihandzeichnen und Linearzeichnen können entweder abwechseln oder
neben einander in getrennten Stunden gelehrt werden. Das letztere geschieht schon
in einigen Realschulen, wo 2 Lehrer, der eine für das Handzeichnen, der andere
für das Linearzeichnen, angestellt sind. Für solche Fälle ist Aufmerksamkeit darauf
nöthig, dafs die innere Einheit und die gegenseitigen Beziehungen des Freihand-
und des Linearzeichnens durch den Unterricht bei 2 verschiedenen 'Lehrern nicht
beeinträchtigt werden.
9. Die Schüler der VI sind bisweilen für den Unten*, im Zeichnen noch zu
wenig entwickelt und haben mit dem Schreiben noch genug zu thun. Dispensa-
tionen vom Zeichnen sind daher in dieser Kl. nach dem Ermessen des Dir. zulässig.
Andererseits können, wo mit dem Gymn. oder der Realschule Elementarklassen ver-
bunden sind, die befähigten Schüler derselben auch schon mit den Uebungen der
ersten Lehrstufe des Zeichnens beschäftigt werden.
lU. In den Gymn. ist der Zeichenunterricht nach dem bestehenden Lehrplan
nur bis IV inclus. obligatorisch« Es kann hierin bei aller Hochschätzung des
Zeichnens als eines allgemeinen Bildungsmittels in Rücksicht auf die übrigen Auf-
gaben des Gymn. nichts geändert werden. Aber die Schüler der oberen Klassen,
die um des gewählten Berufs willen oder aus Neigung femer am Zeichenunterricht
teilnehmen wollen, müssen dazu Gelegenheit haben. Die C. Verf. v. 24. Oct. 1837
hat dies vorgesehen, indem sie die Zeichenstunden so zu legen vorschreibt, dafs
den Schülern der oberen Kl. die Teilnahme daran möglich ist (s. p. 58). Die
Erfahrung lehrt, dafs in Folge dieser Einrichtung an vielen Gymn. eine grofse
Zahl von Schülern, in denen sich vorher unter dem Einflufs einer anregenden
Lehrmethode Neigung und Talent zu künstlerischer Beschäftigung entwickelt hat,
von in an freiwillig und bis in die obersten Kl. den Zeichenunterricht zu be-
suchen fortfährt Es ist in dieser Beziehung zweckmäfsig, dafs die Gymnasial-
directoren den Schülern der betr. oberen Kl., so oft es erforderlich scheint, von
der ihnen gebotenen Gelegenheit Kenntnis geben ; ferner dafs, wenn mehr Schüler
der oberen Kl. sich zur freiwilligen Teilnahme am Zeichenunterricht melden, als
das Local beim Unterricht der unteren Kl. aufnehmen kann, oder wenn andere
Umstände eine Teilnahme der Schüler höherer Kl. an den Zeichenstunden der
unteren unthunlich machen, auf Ansetzung aufserordentlicher Stunden angetragen
wird, in denen die Schüler höherer Kl. nach ihrer Entwickelung und ihren Zwecken
gemäfs angeleitet und beschäftigt werden können. Von den Dir. solcher Anstalten
ist in dem Jährl. Schulprogramm jedesmal anzuheben, wie viele Schüler der einzelnen
3 oberen £l. während des abgelaufenen Schuljahrs freiwillig am Zeichenunterricht
Teil genommen haben.
217
11. Es itt zulässig^, die fär das Zeichnen bestimmten 2 wöchentl. Stimden»
sofern pädagogische Gbründe es nicht widerrathen, zusammenzulegen, und eben so,
besonders in den Realschulen, die für die oberen Kl. als Minimum angesetzte
Stundenzahl nach Bedürfnis zu vermehren.
12. Die für die Realschulen erlassene ünterrichtsordnung weist daraufhin,
dafs die Selbstthätigkeit der Schüler anzuregen ist, sich auch aufser der Schule
nach freier Wahl mit Gegenstanden der Natur und Kunst zu beschäftigen, und
dafs das Naturzeichnen eine dazu besonders empfehlenswerthe Uebung ist (s. p. 99).
Die Lehrer können den Schülern dabei sehr nützlich sein, wenn sie dieselben von
Zeit zu Zeit begleiten, sie das im Freien sich Darbietende richtig sehen lehren
und ihnen Anleitung geben, für die Aufnahme eines Gegenstandes den richtigen
Standpunkt einzunenmen.
13. Der Unterricht im Zeichnen hat sich innerhalb der Gh^nzen des der
Schule eigenen Gebiets zu halten. Sie hat nicht die Aufgabe, Künstler vorzubilden,
sondern vielmehr, die Schüler in den elementaren Voraussetzungen der Kunst zu
üben: im Verständnis der Formen, Sicherheit des Blicks und Augenmafses, Festig-
keit und Leichtigkeit der Hand. £s kommt bei dem, was die Schüler zeichnen,
weniger darauf an, dafs es sich malerisch ausnehme, als dafs es correct sei. Auf
das Nachbilden von landschaftlichen Vorlegeblättem wird oft ein Mafs von Zeit
und Mühe verwandt, welches zu dem Nutzen dieser Uebungea nicht in richtigem
Verhältnis steht. Der Lehrer täuscht sich dabei sehr leicht über die Schüler, und
diese sich über sich selbst; ihr Formensinn kann dabei völlig unentwickelt und
ungeübt bleiben.
14. Wenn yne bei jedem Unterricht so auch im Zeichnen nur der Lehrer
gute Fortschritte seiner Schüler erzielen kann, der es versteht, ihnen Lust zur
Sache einzuflöfsen, so darf das darauf gerichtete Bestreben doch nicht vergessen,
dafs es sich um einen ernsten Lehrgegenstaod handelt. Das wahrhaft bildende
Element des Zeichenunterrichts wird beeinträchtigt oder unwirksam gemacht, wenn
sich die Schüler gewöhnen, ihn lediglich als ein Amüsement anzusehen. Der
jugendlichen Neigung zu Spielereien wird bisweilen, z. B. in Anwendung des papier
pell^ u. dgi. m., eben so im Coloriren, wozu die Schule wegen der Beschäftigung
mit Nothwendifferem in der Regel keine Zeit hat und das der Privatbesclulftigung
überlassen werden mufs, Vorschub geleistet. Auch von der schwarzen ELreide lassen
manche Lehrer aus Nachgiebigkeit gegen die Wünsche der Schüler viel zu früh
und ehe diese in scharfer und sauberer Darstellung der Gontoure hinlänglich geübt
sind, Gebrauch machen. Statt dessen ist sehr zu empfehlen, von Zeit zu Zeit
auch mit der Feder (und chinesischer Tusche) zeichnen zu lassen, wenigstens die
Hauptformen und Umrisse der Gegenstände. Erst wenn die nöthige Sicherheit in
den unentbehrlichen elementaren Grundlagen erreicht ist, also erst auf den oberen
Stufen, kann und mufs der Unterricht den individuellen Neigungen der Schüler
gröfsere ZuReständnisse machen.
15. Bei der Wahl der Vorlegeblätter darf aufser der methodischen und
ästhetischen auch die pädagogische Rücksicht nicht aufser Acht gelassen werden.
Es ist Sache der Direotoren, die Zeichenlehrer hierin mit ihrem Rath zu unter-
stützen.
16. Zu den Erfordernissen für den Zeichenunterricht gehört in leder höheren
Schule aufser dem nothwendigen Vorrath an Vorlegeblättem und plastischen
Modellen ein für die Aufgabe des Unterrichts wohlgelegenes Lehrzimmer mit hin-
länglichem Licht. Es darf darin an Gegenständen bildender Anschauung nicht
fehlen : Abbildungen vorzüglicher und charakteristischer Kunstwerke, Büsten, Orna-
mente, Architektonisches u. dgl. m. sind der geeignetste Schmuck des Looals.*)
Die tägliche Anschauung trä^ wesentlich zur Erweckung der Fähigkeiten bei.
Ohne einen eigenen in dieser Weise ausgestatteten Zeichensaal kann eine Lehr-
anstalt in die erste Ordnung der Realschulen nicht aufgenommen werden.**
Aus einer C.Verf. v. 20. Oct. 1863: „Die K. Prov. SchulcolL werden
veranl&fst, die Gymnaeialdirectoreii anf Nr. 10 der dem Lehrplan beigegebenen
Bemerlnmgen, die Teilnahme der Schüler der oberen Kl. am Zeichenunterricht
*) Zar Antehaffong Ton Kaohbildongeii antUin Stoltnkftpiaio ■. a Ynt ▼. 21. Juni 1877,
CBl. 1877 p. 394 f.
i
218
'betreffend, besonders hinzuweisen, nnd es den Dir. allgemein, sowie den Elassen-
ordinarien zur Pflicht zu machen, auch dem Zeichenunterricht die gebührende
Aufmerksamkeit zu schenken. Der Erfolg desselben hängt nicht allein ron der
eigenen künstlerischen Tüchtigkeit des Lehrers, von seinem method. und pädagog.
Oeschick und von dem Vorhandensein der äufseren ünterrichtserfordemisse, son-
dern ebenso von dem Interesse ab, das die Direction der Schule dem Gegen-
stande widmet und auch ihrerseits in den Schülern rege zu erhalten weifs. Es
wird zweckmäfsig sein, auf den Censuren die Stufe zu vermerken, welche der
betreffende Schüler im Zeichnen erreicht hat'*
C. Verf. V. 18. Mai 1864: „Nach einer Mitteilung des H. Min. für Handel
etc. ist beim hiesigen E. Gewerbeinstitut wiederholt die Wahrnehmung ge-
macht worden, dafs es den dem Studium der Mechanik sich daselbst widmenden
jungen Leuten, welche üire Ausbildung auf Gymn. und Realschulen erhalten
haben, an der erforderlichen Fertigkeit im Zeichnen fehlt, um diesem Mangel,
soweit es auf den höh. Lehranstalten möglich ist, abzuhelfen, veranlasse ich die
K. Prov. Schulcoll., die Dir. der Gjmn. und Realschulen anzuweisen, dafs sie so-
wohl diejenigen Schüler, welche später auf das Gewerbeinstitut überzugehen be-
absichtigen, bei Zeiten auf das daselbst unerläfsliche Erfordernis einer genügen-
den Fertigkeit im Freihand- und Linearzeichnen aufmerksam und eine gewissen-
hafte Benutzung des Zeichenunterrichts ihnen zur Pflicht machen, wie auch den
Zeichenlehrern empfehlen, sich der betr. Schüler in dieser Beziehung besonders
anzunehmen.'^ VgL p. 209.
Schreiben. S. die Nachweise p. 213.
C.Vert des K. Prov. Seh. 0. zu Posen v. 6. Dec. 1873: „Da die K-
Wiss. Prüfungscommission zu Breslau gelegentlich der Beurteilung der Abitu-
rientenarbeiten wiederholt die Handschrift der Abiturienten einzelner Anstalten
zu tadeln Veranlassung gehabt hat und auch unsere Departements-Schulräthe die
Bemerkung gemacht hal^n, dafs nicht an allen höh. Lehranstalten der Schrift
der Schüler die gebührende Sorgfalt gewidmet wird, so wollen Ew. — die Lehrer
der Ihrer Leitung anvertrauten Anstalt auffordern, von den unteren Klassen an
mit gröfster Strenge auf eine saubere und sorgfältige Schrift der Schüler zu
halten, damit dieselben an eine leserliche und gefällige Handschrift rechtzeitig
gewöhnt werden. Es wird dieses um so eher erreicht werden, wenn sämtliche
Lehrer der Anstalt sich einer leserlichen und sorgföltigen Handschrift befleifsigen
und auch insofern ihren Schülern zum Vorbilde dienen."
C.Verf. des K. Prov. Seh. C. zu Koblenz v. 14. Nov. 1882. „Es
ist von mafsgebender Stelle stets nachdrücklich gefordert worden, dafs die
Schüler der höheren Lehranstalten dazu anzuhalten seien, auf der Grundlage
des ihnen gewährten Schroibunterrichtes sich während ihrer ganzen Schulzeit
einer sorgfältigen, leserlichen und gefälligen Handschrift zu befleifsigen. Die
Erfolge, welche die unserer Aufsicht unterstellten höh. Schulen in dieser Be-
ziehung erzielen, sind nach den Wahrnehmungen unserer Departements-Bäthe
noch immer ungleich. Während in zahlreichen Anstalten an den schriftl. Ar-
beiten der Zöglinge, insbes. auch an denjenigen der Abiturienten, sich zu
unserer Befriedigung zeigt, dafs Director u. Lehrer ohne Ermüden ihre Schüler
zu Sorgfalt in der Schrift nöthigen und hierbei zugleich ein keineswegs geringes
Moment der Zucht zur (Geltung bringen, fehlt es doch auch nicht an Beobach-
tungen ganz entgegengesetzter Art. Wir wollen daher die Erneuerung einer hierauf
gerichteten Erinnerung um so weniger umgehen, als nach den Lehrplänen vom
31. März er. der eigentliche Schreibunterricht eine Verkürzung der ihm über-
219
wiesenen Stundenzahl erfahren hat, eine Mafsnahme, welcher augenscheinlich
die bestimmte Erwartung za (rmnde liegt, dafs unsere höh. Schulen fortan ohne
Ausnahme der Handschrift der Schüler diejenige unausgesetzte Beobachtung u.
Pflege widmen werden, wovon eine gebührende Leistung in diesem Punkte in so
hohem Grade abhängt^
Stenographie. C.Yerf. t. 29. Juli 1862: „Es ist neuerdings ron ver-
schiedenen Seiten der Wunsch laut geworden, dafs die Stenographie in den
Lehrplan der hOh. Schulen, d. i. der Gymnasien, Progymnasien, Beal- und höh.
Bürgerschulen aufgenommen werden möchte; auch ist die Sache in Folge ein-
gegangener Petitionen bereits Gegenstand der Landtagsverhandlungen geworden.
— Indem ich die K. Prov. SchnlcoUegien veranlasse, Sich unter Berücksichtigung
vornehmlich der principiellen Aufgaben der höh. Schulen über die Zweckmäfsig-
keit und demnächst über die Ausführbarkeit der beantragten Einführung gut-
achtlich zu äufsem, bemerke ich zur Verst&ndigung darüber noch Folgendes:
Die Stenographie hat thatsächlich auch unter den Schülern der öffentl.
höh. Lehranstalten ohne Zuthun der Unterrichtsverwaltung schon eine nicht un-
bedeutende Verbreitung gefunden. Die Benutzung von Klassenzimmern für
privaten Unterricht darin wird gestattet, und einige städt. Schulpatronate haben
aus eigenem Entschlufs Geldmittel für denselben bewilligt. Wenn darüber
hinaus jetzt ein allgemeiner facultativer Unterricht in der Stenographie ge-
wünscht wird, so ^ hat dies den Sinn, dafs er unter der Autorität der Unter-
richtsverwaltung in demselben Verhältnis als ein integrirender Gegenstand des
Lehrplans eintrete, in welchem sich z. B. das Hebräische auf dem Gymnasial-
l«hrplan befindet, d. h. es wird auf jeder höh. Schule Gelegenheit zur Er-
lernung der Stenographie gegeben; der Etat der Schule nimmt eine Position
für den betreff. Lehrer auf; derselbe gehört zum LehrercolL; der Dur. hat den
Unterricht mit zu beaufsichtigen, und die Leistungen der Schüler, die daran
teilnehmen, werden ebenso wie alle übrigen in den Gensuren und Abgangs-
zeugnissen beurteilt.
Die meisten Wünsche gehen darauf, dafs der Unterr. nach dem Stolze-
schen System erteilt werde; andere erklären sich far das Gabelsbergersche.
Ziemlich allgemein wird von den Petenten für zweckmäfsig erachtet, dafs der
Untrr. auf die El. UI und n beschränkt, und daselbst in 2 wöchentl. Stunden
während der ganzen Cursusdauer dieser Klassen erteilt werde.
Ob es nöthig ist, zuvörderst alle Dir. in der Sache zu hören, überlasse
ich dem Ermessen der K. Prov. SchulcoU.; jedenfalls sind aber die Dir. solcher
Anstalten zur AeufSerung über ihre Eifahrungen aufzufordern, an denen in der
bisherigen, von den Aufsichtsbehörden nicht controlirten Weise Stenograph. Untrr.
erteilt worden ist"
Die hierauf eingegangenen Gutachten summten mit ganz vereinzelten
Ausnahmen In folgenden Punkten überein:
1. An sich ist nicht zuzugeben, dafs der Untrr. in der Stenographie Ele-
mente allgemeiner geistiger Bildung mitteilt; er vermittelt nur eine mechan.
Fertigkeit, die, auch abgesehen von dem noch nicht geschlichteten Streit der
Systeme, in die Schule schon deshalb nicht gehört, weil sie die Aneignung
einer guten Handschrift hindert, und noch mehr, weil sie für die eigentl. Auf-
gabe der höheren Bildungsanstalten eher nachteilige Folgen haben mufs.
2. Die factischen Verhältnisse unserer Gymn. und Bealschulen nöthigen,
jede nicht durch ein dringendes Bedürfnis gebotene Erweiterung des Lehrplans
und Vermehrung der Schülerarbeit (besonders in den mittl. Kl., wo der Ueber-
gang in die obersten Kl. vorbereitet wird) entschieden abzuwehren, und ebenso,
eine neue Belastung des Etats zu verhüten. — Es kann weder verlangt noch
i
220
erwartet werden, dafs, was im Fall der Einführung nöthig sein würde, alle
Lehrer der betr. Anstalten sich die Stenographie so weit aneignen, nm das von
ihren Schülern Geschriebene lesen zu können.
3. Für diejenigen, weiche stenographisch schreiben lernen wollen, sind die
privatim dazu dargebotenen Gelegenheiten vollkommen aasreichend.
Hiemach ist dem Antrag attf Einführung der Stenographie in die prenfs.
höh. Lehranstalten keine 'weitere Folge gegeben worden.
Min.-Verf. v. 14. Febr. 1876 an den Vorstand des Verbandes der
Stolzeschen Stenographen-Vereine hier. „Auf die Eingabe vom 22. v. M. er-
widere ich dem Vorstande, dafs ich meinerseits die private Erlernung der Steno-
graphie nur billigen kann. Dagegen mufs ich aus allgemein pädagogischen
Gründen nach Mafsgabe meiner Verf. v. 12. Mai vor. J. fs. Abschn. V, 10)
daran festhalten, dafs Schülervereine zu Zwecken, die an sich zu billigen, nur
dann zulässig sind, wenn sie sich wirklich auf Schüler, und zwar solche, die
einer und derselben Anstalt angehören, beschränken, so dafs deren Director eine
Verantwortlichkeit dabei übernehmen kann. Daraus ergiebt sich, dafs ich auch
einen Anschlafs an den Verband Stolzescher Stenographen-Vereine nicht ge-
statten kann." Falk.
10. Gesang.
Rev. Lehrpläne nach C.Verf. v. 31. März 1882: p. 117, 127, 135.
C.Verf. des K. Prov. Sch.C. zu Koblenz v. 12. Dec. 184il: „Wir
finden uns zu der Vermuthung veranlafst, dafs an einigen Gymn. der Provinz
nur die Schüler der untersten und mittl. Kl., und auch letztere nicht immer mit
dem zur Sicherstellung des Zwecks erforderlichen Nachdruck zur regelm. Teil-
nahme an dem Gesangunterricht angehalten werden, die oberen Kl. aber sich
von jeder diesfälligen Verpflichtung entbunden erachten. Um dieser Irregularität
zu begegnen, wollen wir hierdurch bestimmen , dafs sämtl. Schüler von VI auf-
wärts bis III incl. dem far ihre Abteilung angeordneten Gesanguntrr. regelmäfsig
beizuwohnen verpflichtet sind, und dafs nur denjenigen Secundanern und Pri-
manern die Dispensation von diesem Untrr. zu erteilen ist, welchen es nach den
Erfahrungen und nach der ausdrückl. Erklärung des Gesanglehrers in dem Mafse
an musikal. Anlage fehlt, dafs ein weiterer Erfolg dieses Unterrichts bei ihnen
nicht erwartet werden kann. Sollte sich bei einem oder dem anderen Schüler
schon in den untersten und mittl. Kl. Mangel an natürl. Begabung in dem
Grade herausstellen, dafs es rathsam erscheint, sie zur Teilnahme an den praki
Gesangübungen nicht ferner heranzuziehen, so werden sie dennoch durch ihre
regelm. Anwesenheit nicht nur in der Theorie der Musik eine gewisse Sicherheit
erlangen, sondern auch, was als Hauptzweck des Gesangunterrichts an Gymn.
zu betrachten ist, den Gehörsinn als das Organ bilden und veredeln, welches
auf die Begnügen, Thätigkeiten und Aeufserungen unsers inneren Wesens einen
unberechenbaren Einflufs ausübt.
Sie wollen demnach das Erforderliche anordnen und die Klassenordinarien
nicht nur zu einer genauen diesfälligen Controle der Schüler, sondern auch, falls
dieses for nöthig erachtet wird, zu anderweiter Unterstützung des Gesanglehrers
veranlassen."
C.Verf. V. 1. Apr. 1851: „Von musikalisch-technischer Seite ist bei mir
in Anregung gebracht worden, dafs der Gesangunterricht in den Schulen nicht
immer, und namentlich in den Jahren der Mutationsperiode der menschL
Stimme, diejenigen Bücksichten beobachte, welche erforderlich sind, um das
Stimmorgan vor verderblichen Einflüssen zu sichern und krankhafter Disposition
221
Yoizabeagen. Ich habe hierüber das Gutachten der wissensch. Deputation för
das Medicinalwesen erfordert. Diese hat sich dahin ausgesprochen, dafs vor-
nehmlich auf die Schonung des Stimmorgans in den Pubertätsjahren beider Ge-
schlechter, insbesondere bei den Knaben, — einen Zeitraum, der physiologisch und
musikalisch vom 14. bis zum 18. Lebensjahre auszudehnen, Bücksicht zu nehmen
sei, indem aus dem Mangel solcher Berücksichtigung nach den zahlreichsten
Erfahrungen sich oft dauernd nachteilige Folgen ergäben. Auikerdem sei darauf
Bedacht zu nehmen, dafs auch im zarteren Alter die Einderstimmen vor zu
grofser Anstrengung gesichert blieben. Vor vollendetem 7. Lebensjahre sei der
Gesangunterricht überhaupt nicht anzufangen und namentlich sei Sorge zu tragen,
dafs die Kinder nicht zu viel hinter einander sängen. Die Dauer einer Stunde,
die gewöhnlichen Pausen beim Wechsel der Gresangstücke eingerechnet, sei für
die einzelne Kinderstimme jedenfalls eine zu grofse Anstrengung.
Ich mufs zwar voraussetzen, dafs die umsichtigen Gesanglehrer überall
mit den eben angeführten Grundsätzen vertraut sein werden, veranlasse indefs
die K. Prov. SchulcoU., die Vorstände der Schulen auf die danach erforderlichen
Mafsregeln aufmerksam zu machen und den danach event. zu regelnden Betrieb
des Gesanguntrr. ihrer näheren Fürsorge zu empfehlen."*
C. Verf. V. 23. Mai 1859: „Auf dasjenige, worauf beim Gesangunter-
richt der Gjmn. im Interesse der Schüler, welche sich später dem geistlichen
Stande zu widmen beabsichtigen, besonders Gewicht gelegt werden mufs, ist
schon Mher aufmerksam gemacht worden. Das dortige K. Consist. hat es neuer-
dings wiederholt als eine häufig von ihm geroachte Wahrnehmung bezeichnet,
dafs die jangen evangel. Theologen besonders im Choralgesang aufserordent-
lich vernachlässigt sind.
Bei der Wichtigkeit, welche die Kenntnis und Uebung des liturgischen
und des Choralgesangs wie überhaupt für die evangelische Jugend, so insbe-
sondere für die Bildung der zukünftigen Theologen beizulegen ist, und bei der
Pflicht der Schule, zu demjenigen, was für Studirende der Theologie hierin auf
der Universität geschieht, den Grund zu legen, veranlasse ich das K.Prov.Sch.C.
dem Gegenstande seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und die Zweckmäfsigkeit
der an den evang. Gjmn. dortiger Provinz beim Gesangunterricht jetzt bestehen-
den Einrichtungen zu prüfen. Es wird ajigemessen sein, dafs der betr. De-
partementsrath Gelegenheit nehme, dies bei persönlicher Anwesenheit in den
einzelnen Gymn. zu thun. Es ist namentl. darauf zu halten, dafs eine nicht
zu beschränkte Zahl der üblichen Choralmelodieen sicher und bis zur Fertig-
keit, sie ohne Begleitung zu singen, eingeübt werde, und dafs bei jeder Anstalt
ein Verzeichnis derselben vorhanden sei, so dafs bei gelegentl. Schulinspectionen
der Bevisor nach freier Wahl die Melodieen daraus bezeichnen kann, welche er
von den Schülern vorgetragen zu hören wünscht'*
Der Mitteilung vorstehenden Min. Erlasses an die Dir. der schles. evang.
Gymn. fügte das K.Prov.Sch.C. in Breslau (1. Juni 1859) Folgendes
hinzu: „Wir veranlassen Ew. — hiernach, in gemeinsamer Berathung mit dem
Gesang- und den Beligionslehrern unter Berücksichtigung des kirchl. Gottes-
dienstes, der Schulandachten und der dem Gesanguntrr. gewidmeten Zeit, die
Zahl und Beihenfolge derjenigen Choralmelodieen festzustellen, welche bis zu
der Sicherheit eingeübt werden sollen, dafs ein Teil ohne jede Beihülfe und
ein anderer Teil mit etwaniger Unterstützung eines die Strophen anhebenden
Vorsängers ohne Begleitung gesungen werden können, und dies Verzeichnis
binnen 8 Wochen einzureichen.
Um solche Fertigkeit zu erreichen, ist es zweckmäfsig, in den unteren
Gesangstufen auf das Einüben der Melodieen durch das Ohr mittels Vorsingen
und Nachsingenlassen besonderen Nachdruck zu legen und dahin zu streben,
222
dafs möglichst viele der Sänger beföhigt werden, ohne Hülfe die Melodieen an-
zügeben und ganz dnrchznsingen. Der Nachdruck, der so auf das Behalten der
Melodieen und das Einzelsingen gelegt wird, unterstützt wesentlich die Achtsam-
keit der Sänger auf die Tonfolge, und die erzielte Sicherheit im Singen der
Eingeübten Choräle mehrt die &afb der schnellen und sichern Auffassung. Diese
Uebungen im einstimmigen Choralgesange sind auch in den für den Chorgesang
bestimmten Stunden behufs Einprägung schwieriger und Bepetition schon ein-
gesungener Melodieen fortzusetzen und dahin zu wirken, dafs in den gemein-
samen Andachten die betreff. Choralverse nach den geläufig gewordenen Melo-
dieen ohne alle Instrumentalbegleitung nnter Leitung eines Mitschülers gesungen
werden können. Die Ton- und Melodieen^pffassung und Sicherheit im Singen
wird aber auch dadurch wesentlich gefördert, dafs in dem Chorgesange mög-
lichst selten Instrumentalbegleitung angewandt wird. Aus diesem wie ans
anderem pädagogisch wichtigem Grunde sind daher für den Chor möglichst solche
Gesangstücke auszuwählen, welche nach Melodie und Harmonie leicht faüsbar,
in der Tonlage wie in den Intervallen für die einzelnen Stimmen leicht sangbar
und nach ihrem Charakter leicht verständlich und darstellbar sind, so dafs ein
nach allen Seiten hin möglichst vollendeter Vortrag derselben erzielt werden kann,
um insbesondere den Zweck mit den künftigen Theologen zu erreichen,
so ist diesen nahe zu legen, einen wie wichtigen Anteil an dem evangel. Gottes-
dienste der Eirchengesang habe; sie sind dringlich zur Teilnahme an den Ge-
sangstunden zu bewegen, und von ihnen ist vorzugsweise die Sicherheit im
Singen der Choralmelodien und das Interesse zu beanspruchen, dafs sie in Ge-
sangstunden und Schulandachten den einstimmigen Choralgesang mit ihrer
Stimme leiten können.'^
Vgl. U. und PO. V. 6. Oci 1869: p. 99.
11. Turnen.
Rev. Lehrpläne nach C.Verf. v. 31. März 1882: p. 117, 127, 135.
Vgl. C.Verf. V. 24. Oct. 1837: p. 63 ff. Verordnungen u. aml^
liehe Bekanntmachungen das Tumwesen in Preufsen betreffend, gesammelt von
C. Euler u. G. Eckler. 2. Aufl. Berlin 1884.
CO. V. 6. Juni 1842 (an die Min. des Kriegs, des Innern und des
IJnterrichts) : „Ich teile ganz die in Ihrem gemeinschaftl. Bericht vom 29. Apr. d. J.
entwickelte Ansicht, dafs es bei den gröl^eren Ansprüchen, welche an die geistige
Ausbildung der Jugend nach dem Entwickelungsgange und dem jetzigen Stand-
punkte der Bildung gemacht werden müssen, nothwendig sei, der Erhaltung und
Kräftigung der körperl. Gesundheit eine besondere Sorgfalt zu widmen nnd durch
eine harmonische Ausbildung der geistigen und körperl. Kräfte dem Vaterlande
tüchtige Söhne zu erziehen. Da nun die Gymnastik, wenn sie auf den ange-
deuteten einfachen Zweck beschränkt und von ihr Alles entfernt gehalten wkd,
was die physischen und insbesondere die moralischen Nachteile des früheren
Tumwesens herbeigeführt hat, besonders geeignet erscheint, die Erreichung des
angegebenen Zieles zu befördern, so genehmige Ich Ihren Vorschlag, dafs die
Leibesübungen als ein nothwendiger und unentbehrlicher Bestand-
teil der männlichen Erziehung förmlich anerkannt und in den Kreis
der Volkserziehungsmittel aufgenommen werden. Die Gymnastik soll demgemäfs
dem Ganzen des Erziehungswesens angereiht, mit den öffentl. Lehranstalten ver-
bunden, unter die Aufsicht der Dir. derselben gestellt, und es soll dafür gesorgt
werden, dafs die körperl. Uebungen in gehöriger Vollständigkeit, aber mit der
durch den Zweck bedingten Einfachheit und mit Entfernung aUes Entbehrlichen
223
und blofsen Schang^pränges Yorgenommen werden. Dabei mnfs jedoch die
Teilnahme an diesen Uebnngen lediglich ron dem freien ErAiessen der Eltern
oder ihrer Stellvertreter abhängig bleiben. Friedrich Wilhelm."
C. Verf. V. 7. Febr. 1844 (Min. Eichhorn) < „Nachdem ich durch die in
Folge meiner C. Verf. v. 10. Aug. 1842 eingegangenen Berichte der K. Prov. Schul-
collegien und der E. Regierungen von dem gegenwärtigen Zustande der ver-
schiedenen, bereits bestehenden Tumanstalten nähere Kenntnis erhalten habe, sehe
ich mich yeranlafst behufs der weiteren Ausführung der A. Ordre vom 6. Juni 1842
mittels welcher S. Maj. der König zu genehmigen geruht haben, dafs die Leibes-
übungen als ein nothwendiger und unentbehrlicher Bestandteil der männlichea
Erzieliung in den konigl. Staaten förmlich anerkannt werden sollen, die Gtesichts-
punkte näher zu bezeichnen, nach welchen den bereits vorhandenen Tumanstaltea
eise allgemeinere Verbreitung und bestimmterere Richtung zu geben und über-
haupt diese wichtige Angelegenheit fernerhin zu behandeln ist.
1. Um der landesväterlichen Absicht Sr. Maj des Königs gemäfs durch eine
harmonische Ausbildung der geistigen und körperl. Kräfte dem Vaterlande tüch-
tige Söhne zu erziehen und Alles möglichst entfernt zu halten,^ was nach den bis
jetzt gemachten Erfahrungen phvsische oder moralische Nachteile bei der Behand-
lung des Tnmwesens zur Folge haben könnte, ist die Gymnastik überall auf den
einfachen Zweck zu beschränken, dafs der mensbhl. Körper mit seinen Kräften
durch eine angemessene, den verschiedenen Lebensaltem, Ständen und Lebens-
zwecken der Jugend entsprechende Reihenfolge von wohlberechneten Uebunffen
ausgebildet und befähigt werde, in jeglicher Beziehung des sittlichen Lebens der
Diener und Träger des ihm einwohnenden Geistes zu sein.
2. Au<< diesem nicht nur auf die Entwickelung und Stärkung der körperl.
Kräfte, sondern auch auf Anstand, Ausdruck und gefällige Form der Bewegungen
gerichteten und mit der Wehrpilichtigkeit jedes preufsischen Unterthans innig ver-
bundenen Zwecke der Gkymnastik folgt, dafs, da die Ausbildung des Geistes und
des zum Dienste desselben bestimmten Leibes nach den eip^entümlichen Anlagen
jedes einzelnen Menschen die Aufgabe jeglicher Erziehung ist, die G^ymnastik sich,
wie der Körper dem Geiste, so auch dem die Ausbildung der geistigen Kräfte
des Menschen bezweckenden Unterricht überall unterordnen und sich den Ver-
fügungen, durch welche dieser geleitet wird, unbedingt unterwerfen mufs. Die
Gymnastik, wenn sie in diesem natürlichen und richtigen Verhältnis zu der geistigen
Ausbildung und den dieselbe beabsichtigenden Mitteln erhalten wird, bildet in dem
System des öffentl. Unterr. ein eben so nothwendiges als nützliches Glied. Sie darf
jetzt in demselben um so weniger fehlen, jemehr besonders in den höheren Ständen
der bürgerl. Gesellschaft die Forderungen, welche an die geistige Ausbildung
gegenwärtig gemacht werden und nach dem Entwickelungsgange und dem jetzigen
Standpunkte der Bildung gemacht werden müssen, im vergleich mit früheren
Zeiten gesteigert worden, je gröfsere Anstrengungen der geistigen Kräfte zur Er-
füllung dieser Forderungen unvermeidlich sind, und je dringender es daher ist,
durch die Aufnahme der Gymnastik in den Kreis der öfifentl. Unterrichtsgegen-
stände ein Gleichgewicht aufzustellen, welches die körperl. Gesundheit erhalten und
befördern und diese vor jeglicher, bei der erhöhten geistigen Anstrengung möglichea
Gefährdung schützen und schirmen könne.
3. Da es der Jugend des platten Landes nicht an Gelegenheit zur Uebung
der körperl. Kräfte fehlt mid daher dort die Einführung der Gymnastik weniger
nothig scheint, so ist diese Mafsregel, um mit ihrer Ausführunp^ der Allerh. Be
Stimmung gemäfs allmählich vorzuschreiten, für jetzt nur auf die Jugend in den
Städten zu beschränken, und soll vorläufig mit jedem Gymn., jeder höheren Stadt-
schule und jedem Schullehrer-Seminar eine Turnanstalt verbunden werden, welche
nicht als etwas for sich Bestehendes, sondern vielmehr als eine die Schule und ihr
Geschäft ergänzende und fördernde Einrichtung zu betrachten und zu behandeln
und folglich mit der Schule, zu welcher sie gäört, in eine vollkommene Ueber-
einstimmung zu bringen und in solcher sorgfaltig zu erhalten ist.
4. Ueberall und hauptsächlich in den gröfseren Städten ist darauf Bedacht
zu nehmen, dafs jedes G^ymn. und jede höh. Bürgerschule auch eine besondere, nur
for die Jugend der betr. Schule bestimmte Tumanstalt, und somit jede der eben-
234
gedachten UnterrichtBauBtalten ihr gedecktes und geschlossenes Tumhaus für die
Uebongen im Winter und bei sonst ungünstiger Witterung, und ihren eigenen Turn-
platz im Freien erhalte. In Städten, wo solches wegen örtlicher Verhältnisse,
wegen unzureichender Mittel oder wegen anderer erheblicher Ursachen nicht wohl
ausfuhrbar ist, kann indessen aauch eine und dieselbe Tumanstalt zugleich für ein
G^ymn. und eine höh. Bürgerschule und nöthipfenfalls selbst für mehrere Schulen
dieser Art zur gemeinschajftl. Benutzung bestimmt und eingerichtet werden. Die
näherep, zur sicheren Erreichung des im Obigen angedeuteten Zwecks der Q-ymnastik
dienlichen Bedingungen, unter welchen eine solche gemeinschaftl. Benutzung einer
gymnast. Anstalt von Seiten zweier und selbst mehrerer Schulen zulässig ist, hat
die Aufsichtsbehörde zu berathen und festzustellen.
5. Auch fernerhin soll, wie bisher, die thätige Teilnahme der Jugend an
den schon bestehenden oder noch zu errichtenden Tumanstalten lediglich von dem
freien Ermessen der Eltern oder ihrer Stellvertreter abhängig bleiben. Hierbei
ist von den Dir., Vorstehern und Lehrern der Gymn., höh. Bürgerschulen und
SchuUehrer-Seminarien vertrauensvoll zu erwarten, dafs sie ihrerseits zur Förderung
des gymnast. Unterrichts bereitwillig mitwirken, durch zweckmäfsige Einrichtung
desselben die Gleiohgiltigkeit und selbst die Abneigung, mit welcher noch viele
die Gymnastik betrachten, allmählich beseitigen und für dieselbe sowohl bei ihren
Schülern als auch bei deren Eltern die Teilnahme erwecken werden, ohne welche
sie nicht zu einer gedeihlichen Entwickelung gelangen kann.
6. Die bisherige Erfahrung hat ergeben, dafs die Gymnastik mit gutem Er-
folge und mit erfreulicher Teilnahme auch von Seiten der bereits erwachsenen
Schüler besonders in den Anstalten betrieben wird, wo der gymnastische Unter-
richt einem wissenschaftlich gebildeten Lehrer eines Gymn. oder einer höh.
Bürgerschule, der zugleich als ordentl. Klassenlehrer fortwährend Gelegenheit hat,
die Schüler näher kennen zu lernen und auf sie in allen wesentl. Beziehungen
einzuwirken, anvertraut worden. Auf Grund dieser Erfahrung und zur Ver-
minderung der durch die Turnanstalten erwachsenden Kosten ist die Annahme
von Lehrern, welche blofs zur Erteilung des gymnast. Unterr. befähigt und nur
mittels desselben ihren Lebensunterhalt zu gewinnen genöthigt sind, möglichst
zu vermeiden; vielmehr ist die unmittelbare Leitung der gymnast. Uebungen in
der Begel einem ordentl. Lehrer und zwar der oberen Kl. der betr. gelehrten oder
höh. Bürgerschule zu übertragen. Zu dem Ende ist von jetzt an bei der Wieder-
besetzung erledigter Lehrerstellen an Gymn., höh. Bürgerschulen und Schullehrer-
Seminarien, auch die Kücksicht zu nehmon, dafs für jede dieser Anstalten einige
ordentl. Lehrer gewonnen werden, welche aufser den übrigen erforderlichen
Eigenschaften auch in den Leibesübungen sich die nöthige Durchbildung ver-
schafft und sich, um dieselben leiten zu können, mit den Gesetzen, nach welchen
der Unterricht in der Gymnastik zweckmäfsig zu erteilen ist, genügend vertraut ge-
macht haben.
7. Dem Dir. der Schule, mit welcher eine Tumanstalt verbunden wird,
und, wenn dieselbe mehreren Schulen gemeinschaftlich ist, den sämtl. Dir. der-
selben in einer für diesen Fall noch näher zu bestimmenden Weise, liegt es ob,
über die Leibesübungen die unmittelbare Aufsicht zu führen; ihnen sind die
Lehrer der Gymnastik unterzuordnen, und sie sind für Alles, was dem Zweck der
Jugendbildung im Allgemeinen und der Gymnastik im Besonderen widerstreitet,
verantwortlich zu machen. Wie es einerseits die Pflicht der Dir. ist, jeder falschen
Bichtung und möglichen Ausartung der Gymnastik von Anfang an vorzubeugen,
eben so ist andererseits von ihnen zu verlangen, dafs sie in richtiger Würdigung
des heilsamen Einflusses, den zweckmäfsig betriebene Leibesübungen nicht nur auf
die körperliche, sondern auch auf die geistige Entwickelung und auf die Bildung
der Jugend zur Ordnung, Zucht und Sitte behaupten, sich ernstlich bestreben, die
ihrer Leitung anvertraute Schule mit der ihr angehörigen Tumanstalt in den
wirksamsten Zusammenhang zu bringen und beide zu einem lebensvollen Ganzen
zu vereinigen.
8. Die Leibesübungen sind bei den Gymn. und höh. Bürgerschulen, mit
welchen kein Alumnat verbunden ist, in der Begel auf die schulfreien Nachmittage
des Mittwochs und des Sonnabends zu verlegen. Zu dem Ende ist auch der
Lectionsplan dieser Anstalten von jetzt an so einzurichten, dafs an diesen Nach-
225
mittagen der lulasl. Fleifs für die Schale nicht in Ansprach genommen und den
Schülern nicht zugemuthet werde, insbesondere vom Mittwoch zum Donnerstag
grofsere schriftl. Arbeiten za Hause anzufertigen. In Städten, wo die kleinere
Schülerzahl und die übrigen örtl. Verhältnisse es gestatten, kann zwar auch täg-
lich, wie mehrere K. Prov. SchulcoUegien und K. Kegierun^n in Vorschlag ge-
bracht haben, nach Beendigung des nachmittägl. Schulunterrichts, eine Stunde zum
Besuch der Tarnanstalt verwandt werden. Da aber jener Vorschlag nicht überall
und nicht in jeder Jahreszeit ausführbar, auch zur genügenden Losung der dem
gvmnast. ünterr. zu stellenden Aufgabe ein mehrstündiger Betrieb der körperl.
Uebungen und der mit ihnen abwechselnden gemeinsamen gymnast. Spiele erforder-
lich ist, so werden in der Regel die schulfreien Nachmittage des Mittwochs und
des Sonnabends dem Unterr. in der Gymnastik vorzubehalten sein.
9. Die Art und Weise, wie, und die B«ihenfolge, in welcher die verschiede-
nen Leibesübungen zu betreiben sind, näher zu bezeichnen, kann nicht die Auf-
gabe einer Verfügung sein, und beschränke ich mich daher auf die allgem. An-
deutung, dafs der gymnast. Unterricht überall in gehöriger Vollständigkeit, aber
mit der durch den Zweck bedingten Einfachheit und mit Entfernung alles Entbehr-
lichen und blofsen Schaugepränges, wie jedes steifen und unlebendigen Mechanismus
erteilt und von Seiten des Lehrers vor allen Dingen das richtige Mafs einer wohl-
berechneten Abwechselung zwischen der ernsten Strenge der körperl. Uebangen und
der heiteren Freiheit der gymnast. Spiele inne gehalten werden mufs.
10. Um der Schuljugend den wichtigen Zweck der Leibesübungen stets gegen-
wärtig zu erhalten und bei ihr eine lebendige Teilnahme für dieselben zu wecken,
ist in den von den Prüfungscommissionen bei den Gymn., höh. Bürgerschulen und
Schullehrer-Seminarien reglementsmäfsig zu erteilenden Zeugnissen der Reife von
jetzt an ausdrücklich zu bemerken, ob und mit welchem Erfolge die zu Entlassen-
den den Unterr. in der G^ymnastik benutzt haben.
11. Obwohl in der Regel nur die Schüler der Gymn. und höh. Bürger-
Rchulen zum Besuch der mit denselben in Verbindung stehenden Tumanstalten be-
rechtigt sind, so kann doch unter Bedingungen, welche die K. Regierung mit dem
K. Prov. Seh. G. zu berathen und näher festzustellen hat , ausnahmsweise auch
solchen jungen Leuten, welche ihren Unterricht und ihre Erziehung nur durch
Privatlehrer und in Privatschulen erhalten, der Zutritt zu den Öffentl. gymnast.
Anstalten gestattet werden.
12. Die aus der Einrichtung und Unterhaltung der Tumanstalten und der
for dieselben nöthigen Räumlichkeiten erwachsenden Kosten, so wie die den
Lehrern der Gymnastik zu gewährenden Besoldungen oder Remunerationen sind
den Allerh. Bestimmungen gemäfs zuvörderst aus den Fonds der Schulen, an welche
sich die gymnast. Anstalten anschliefsen, demnächst aus den mit Rücksicht auf die
Verschiedenheit der örtlichen Verhältnisse festzustellenden Beiträgen der die gymnast.
Anstalten besuchenden Jugend, und, wo auch diese nicht ausreichen, mittels
eines angemessenen Zuschusses von Seiten der betr. städt. Gemeinden zu decken.
Die Beiträge der die Tumanstalten besuchenden Schüler sind wie das gewöhnliche
Schnlgreld an die betr. Schulkasse zu entrichten und in keinem Fall ist den
Lehrern der Gymnastik die Einziehung jener Beiträge zuzumuthen; ebenso be-
ziehen diese Lehrer die ihnen für ihren Unterricht in der Gymnastik billigerweise
zu gewährende Besoldung oder Remuneration nur aus der betreffenden Schulkasse.
Da endlich nach der bisherigen Erfahrung mit Grund zu hoffen und zu erwarten
ist, dafs sich besonders in der gegenwärtigen Zeit die allgemeine Teilnahme auch
dem öffentl. Unterricht in der Gymnastik immer mehr zuwenden werde, so hat
die K. Regierung das gemeinnützige Bestreben Derer, welche durch Beschaffung
der zur Einrichtung und Unterhidtung der gymnast. Anstalten unentbehrlichen
und etwa fehlenden Mittel dieser für die Erziehung der Jugend so wichtigen
Angelegenheit ihre Teilnahme bethätigen und lediglich zu dem ebengedaohten
Zweck einen Verein bilden wollen, nach Befinden der Umstände in angemessener
Weise zu fördern. Es versteht sich jedoch von selbst, dafs von solchen Vereinen
ein Einflnfs auf die Leitung der gynmast. Anstalten nicht in Anspruch genommen
werten kann . . ."
C.Verf. V. 22. Apr. 1844: „Bei der Bestimmung unter Nr. 5 meiner
Vert V. 7. Febr. d. J. (s. p. 223 ff.) hat nicht die Absicht obgewaltet, dafs erst eine
Wi«s«, Veroidnongea. 15
226
positive Erklärung von Seiten der Eltern oder ihrer Stellvertreter darüber abge-
wartet werden soll, ob sie die Teilnahme ihrer Söhne oder Pflegebefohlenen an
den schon bestehenden oder noch zu errichtenden Turnanstalten wollen. Da zu-
folge der CO. v. 6. Juni 1842 die Leibesübungen als ein noth wendiger und unent-
be&licher Bestandteil der männlichen Erziehung in den königl. Staaten förmlich
anerkannt werden sollen, so folgt hieraus, daXs auch die Teilnahme an diesen
Uebungen von allen Schülern als Regel vorauszusetzen und nur auf die motivirte
Erklärung der Eltern oder ihrer Stellvertreter, dafs sie die Teilnahme ihrer Ange-
hörigen nicht wollen, eine Dispensation und zwar in ähnlicher Art zu erteilen
ist, wie dies bei einzelnen anderen Unterrichtseegenständen, namentlich unter ge-
wissen Bedingungen auch bei einem integrirenden Teile des Gymnasialunterrichts,
dem Griechischen, geschieht. Obwohl mit Grudd zu erwarten ist, dafs die Eltern
oder deren Stellvertreter, von deren freiem Ermessen die Teilnahme ihrer Ange-
hörigen an den Leibesübungen der Allerh. Bestimmung gemäfs abhängig bleiben
soll, in richtiger "Würdigung des wohlthatigen Einflusses, welchen angemessene
und zweckmälsig geleitete Leibesübungen auf die Jugend behaupten, ihre Ange-
hörigen an denselben bereitwillig werden teilnehmen lassen und nicht ohne dringende
Motive eine Dispensation für ihre Angehörigen nachsuchen werden, so scheint es
mir dennoch räthlich, auf die noch obwaltenden Vorurteile mancher Eltern gegen das
Turnen eine schonende Rücksicht zu nehmen und auch in den hoffentlich seltenen
Fällen, wo ohne vollgenügende Motive die Dispensation von der Teilnahme an
den Leibesübungen nachgesucht wird, einem solchen Verlangen zu willfahren.
Li Rücksicht auf die von dem K. Prov. Seh. C. in dem Bericht v. 6. v. JH.
näher entwickelten Verhältnisse will ich hierdurch genehmigen, dafs bei allen An-
stalten dortiger Provinz, wo der Aufwand für die Einrichtung und Unterhaltung
der Turnplätze, sowie für die den Lehrern der Gymnastik zu gewährende Be-
soldung oder Remuneration weder aus den Fonds der betr. Schule noch aus Zu-
schüssen der betr. städt. Gemeinde gedeckt werden kann, von allen Schülern mit
Ausnahme der Freischüler ein mäfsiger, nach den jedesmaligen Ortsverhältnissen
zu bestimmender Zusatz zu dem bisherigen Schulgelde, welcher aber bei keiner
Schule mehr als 1 Thlr. jährl. betragen darf, durch die Schulkasse erhoben werde.
Eine solche mäfsige Erhöhung des Schulgeldes erscheint um so mehr gerechtfertigt,
als die Schule durch den Unterricht in den Leibesübungen ihre bisherigen Leistungen
im Interesse aller Schüler erweitert und die Teilnahme an den Leibesübungen
seitens aller Schüler als Regel gelten mufs.*'
Aus einer C. Verf. v. 26. Mai 1860: — „Der gymnast. Unterricht, wie
dessen Erteilung in der Central-Tnrnanstalt zu Berlin'*') gelehrt wird, steht in
engem Zusammenhange mit dem gegenwärtig in der E. Armee zur Anwendung
gebrachten System der militär. Ausbildung des Soldaten. Es mufs alsoWerth darauf
gelegt werden, dal^, abgesehen von der Bedeutung des Turnens in pädagogischer
Beziehung, die Möglichkeit geboten ist, durch den richtigen Betrieb der gymnast.
Uebungen in der Schule unmittelbar die Wehrhaftmachung des Volks fördern
zu können.
Der Betrieb der Gymnastik nach dem in der Gentral-Tumanstalt befolg-
ten System erfordert nicht kostspielige Einrichtungen und Apparate, und kann
also die Einfuhrung desselben von Seiten des Kostenpunkts bei den meisten
Schulen keine erhebliche Schwierigkeit finden. Die meisten städt. Gommunen
werden, wenn ihnen die Sache richtig vermittelt wird, keinen Anstand nehmen,
für die männliche Jugend ihrer Schule geordnete gymnast. Uebungen einzu-
führen und, wo gröfsere Schulsysteme vorhanden sind, geeignete Lehrer in der
hies. Central-Tumanstalt ausbilden zu lassen. — Die gymnast. Uebungen werden
sich mit den jugendlichen Spielen und mit der Begehung vaterlän-
discher Festtage in angemessene Verbindung bringen lassen, und wird es
nur darauf ankommen, die Bevölkerung den Nutzen der gymnast. Uebungen und
♦) Begründet durch C. Verf v. 18. Aug. 1851, umgestaltet mit der Bezeich»
nung: ,3^önigliche Turnlehrer-Bildungsanstalt" nach C. Verf. y. 4. Apr. 1878.
CBl. 1878 p. 237 f.
227
deren Zasammenbang mit der Wehrhaftigkeit des Volkes verstehen zn lehren
nnd darauf Bedacht zu nehmen, dafs die angemessene Leibesübnng der Jagend
zur Volkssitte werde." —
C.Verf. V. 10. Sept. 1860: „Hinsichtlich des Turnens bei den höh.
Unterrichtsanstalten wird vielfach, wenn nicht überwiegend, geklagt, dafs das-
selbe noch der nöthigen Teilnahme und des wunsohenswerthen Aufschwungs
entbehre. Es wird in dieser Beziehung auf die Unpopularität hingewiesen, in
der das Turnen bei dem Publicum im Allgemeinen noch stehe, auf die Ab-
neigung vieler Eltern gegen die eingeführten Uebungen, welche zum Nachsuchen
um Dispensation von dem Unterricht fahre. Dem Turnen fehle noch vielfach
die Teilnahme der Lehrer und der Schüler; jene wohnten den Uebungen, für
deren Besuch sie nicht remunerirt würden, nur selten bei, und fehle also ihrer-
seits die für die Schüler wünschenswerthe Ermunterung. Den jüngeren Schülern
fehle ebenfalls das ermunternde Beispiel der älteren, welche sich von II, noch
mehr aber von I ab, dem Turnen zu entziehen Neigung zeigten. Häusliche
Arbeiten far die Schule, Privatunterricht in den neueren Sprachen, in Musik
und Zeichnen, sowie das Baden und der Schwimmunterricht seien für die
Schüler der oberen Kl. teils wirkliche Ursachen, teils dienten sie zum Vorwand,
um den Tuniunterricbt zu versäumen. In den meisten FäUen sei aber Bequem-
lichkeit, Geschmack an den Erholungen und Vergnügungen der Erwachsenen
und das Streben nach dem greifbar Nützlichen der eigentliche Grund der Ver-
säumnisse. Nützten Leistungen im Turnen zum Aufsteigen in eine höh. El.
oder zur Erlangung des Zeugnisses der Beife im Abiturientenexamen, oder ge-
währten sie Vorteile für Ableistung des Militärdienstes, dann würde die Beteili-
gung ohne Zweifel eine allgemeinere sein. Bei strenger Controle und Hand-
habung der Disciplin lasse sich wohl die Anwesenheit der älteren Schüler auf
dem Turnplatz erzwingen, nicht aber die Lust zum Turnen, und der Anblick
einer grofsen Anzahl älterer Schüler, die lässig und verdrossen dastehen oder
in ungeschickten Bewegungen ihren Verdrufs über den ihnen augethanen
Zwang und ihre Mifsachtung der Uebungen kund gäben, wirke entmuthigend
und verführend auf die jüngeren Schüler.
Diesen Klagen gegenüber stehen aber auch die erfreulichen Erfahrungen,
dafs namentlich durch den Einflufs tüchtig vorgebildeter und in ihrem Fach
mit Einsicht und Hingebung arbeitender Turnlehrer bei richtiger Unterstützung
seitens der Dir. und ihrer Collegen die gymnast. Uebungen auf Gymn. und
sonstigen höh. Unterrichtsanstalten nicht nur ein Gegenstand der allgemeinen
Teilnahme und Beteiligung geworden sind, sondern auch einen sehr erspriefs-
lichen Einflufs auf die Disciplin, die sittliche Haltung und männliche Erstar-
kung der Schüler geübt haben. Es kann nur wiederholt in Erinnerung gebracht
werden, dafs die Schulen den gymnast Unterr. als einen integrirenden Teil ihrer
Aufgaben anzusehen und zu behandeln und in ihren Anforderungen an die
geistige Thätigkeit und Beschäftigung der Schüler für jenen Zeit und Baum
frei zu lassen haben. Wird Bequemlichkeit, Genufssucht und Sinn f&r das nur
greifbar Nützliche als ein in der Jugend der gegenwärt. Zeit liegender Grund-
zug bezeichnet, der sie von der Hingabe an die gymnast. Uebungen abziehe,
80 ist nicht aufser Betracht zu lassen, dafs gerade in den letzteren ein wirk-
sames Correctiv gegen Verweichlichung und Verflachung geboten ist, dafs es
aber bei beabsichtigter Heilung eines Schadens unerläfsliche Bedingung ist,
der natürlichen Abneigung gegen das Heilmittel nicht schwächlich nachzugeben.
Was das greifbar Nützliche der gymnast. Uebungen betrifft, so darf wohl
angenommen werden, dafs, deren richtigen Betrieb vorausgesetzt, auch dem
jugendlichen Verständnis der Werth einer geordneten in richtig abgemessener
Anstrengung Erholung gewährenden körperlichen Uebung, der sich aus der-
15*
228
selben ercrebenden leibl. Frische, Gewandtheit der Gliedmafsen, Sicherheit in
der Anwendung und Beherrschung derselben, des durch die Zuverlässigkeit des
Körpers erhöhten Muthes und der von derselben getragenen Baschheit und
Festigkeit des Entschlusses, durch Belehrung und Anschauung klar gemacht
werden kann. Es ist aber nicht auTser Acht zu lassen, dafs bei der erweiterten
Bedeutung, welche dem gymnast. Unterricht in der Jugenderziehung auf Aller-
höchste Anordnung in Verbindung mit der Vorbereitung auf die militar. Aus-
bildung gegeben werden soll, baldigst Mafsregeln werden getroffen werden, in
deren Folge Versäumnisse in der gymnast. Ausbildung far die betr. Individuen
materielle Nachteile mit sich fuhren müssen, wie z. B. die Frage zu entscheiden
ist, ob weiterhin die Berechtigung zum einjähr, freiwill. Militärdienst nicht von
nachgewiesener erfolgreicher gymnast. Uebung abhängig zu machen ist. Ebenso
wird, sobald nur an den betr. Anstalten der Turnunterricht vollständig organi-
sirt ist, die von den Schülern für den gymnast Unterricht bewiesene Teilnahm»
und die erlangte Fertigkeit bei Erteilung des Zeugnisses der Reife in Betracht
zu ziehen und in demselben zu erwähnen sein. Sollte bei irgend einem LehrercoU.
bis jetzt Mangel an Interesse für den in Bede stehenden Gegenstand den Erfolg
des Unterrichts beeinträchtigt haben, so wird es nur der Hinweisung auf die
teils veränderten, teils in weiterer Entwickelung begriffenen Verhältnisse be-
dürfen, um auch ohne äufsere Nöthigung, die event. aber auch wird eintreten
müssen, die nach dieser Seite hin bestehenden Mängel zu beseitigen.
Wenn, wie oben erwähnt, für den ungenügenden Erfolg des gymnast.
Unterrichts ein teilweiser Grund in der Lässigkeit der Schüler und deren ander-
weiter zu grofser Belastung, sowie in der Abneigung mancher Eltern gegen die
auf den Turnplätzen vorgenommenen Uebungen geftinden wird, so ist, soweit
hier das sittl. Verhalten der Schüler und deren etwanige Ueberlastung mit Schul-
arbeiten in Betracht kommt, das Nöthige bereits bemerkt Besteht aber gegen
die vorzunehmenden Uebungen jene Abneigung, und wäre diese begründet, sa
mufs angenommen werden, dafs an den betr. Orten der gymnast Unterricht
unzweckmäfsig eingerichtet ist und wahrscheinlich das Geräthturnen nebst einer
blofsen materiellen Uebung der Eörperkraft zu sehr in den Vordergrund tritt.
Hier wird zunächst von Seiten der Anstalt durch Befolgung eines rationellen
Systems der Gymnastik Abhülfe zu schaffen und namentlich dahin zu streben
sein, dafs die Frei-, Ordnungs- und taktogymnastischen Uebungen teils zur
Erweckung eines Gemeingefühls, indem sich die Schüler als Glieder eines ge-
schlossenen Ganzen erkennen lernen, teils zur Vorbereitung auf den künftigen
Militärdienst ihre angemessene Berücksichtigung finden. Die Marsch- und
Evolutionsübungen werden so einzurichten sein, dafs die Schüler die nöthige
Bekanntschaft mit den eingeführten Wendungen und Schwenkungen, mit dem
Formiren der Massen in Golonne und Linie, mit dem Deployiren etc. erlangen.
Die Tumspiele werden sich dahin einrichten lassen, dafs die wünschenswerthe
Fertigkeit im Abschätzen der Distanzen, im Auskunden und Durchsuchen cou-
pirten Terrains etc. Berücksichtigung findet Sind solche Uebungen eingerichtet,
so wird die Abneigung der Eltern aufhören, und schwächliche Schüler werden
höchstens von dem Geräthturnen, nicht aber von den Frei-, Ordnungs- und
taktogymnastischen Uebungen zu dispensiren sein. Hinsichtlich der erwähnten
Uebungen ist aber immer festzuhalten, dafs sie Tum-Uebungen und Spiele sind,
und nicht in militär. Spielerei ausarten und den Knaben nicht vorab das bieten
dürfen, was von dem Manne gefordert wird, weshalb auch der Gebrauch von
Gewehren bei den gymnastischen Uebungen ebenso entbehrlich wie auszu-
schliefsen ist
Einem qualificirten Turnlehrer wird es auch nicht schwer fallen, in die
Schwimmübungen und andere körperl. Exercitien, wie das Schlittschuh-
229
laufen, diejenige Ordnung und Gemeinsamkeit der Schaler zu bringen, welche
den wünschenswerthen Znsammenhang mit dem eigentlichen gymnast. Unterr.
aufrecht erhält.
Ein besonderer Werth wird darauf zu legen sein, dafs sich in nächster
Nähe des Schullocals ein Turnplatz, resp. eine Turnhalle befindet, damit in den
üblichen Pausen des Schulunterrichts oder in dafür zu gewinnenden gröfseren
Zeitabschnitten klassen- und abteilungsweise wenigstens Frei- und Ordnungs-
übungen angestellt werden können, in welchem Fall die gröfseren entlegneren
Turnplätze, vielleicht seltener, zu ausgedehnteren Gesamtübungen und Spielen
benutzt werden können.
Bei Fernhaltung alles Absonderlichen und Benommistischen wird doch
Yorzusehen sein, dafs das Turnwesen der Schüler als einer Gemeinschaft auch
sein Becht erhält, in die Aeufserlichkeit zu treten. Gemeinsame Kleidung, Fahnen
und andere etwa mit der geschichtl. Entwickelung der betr. Anstalt in Ver-
bindung stehende Abzeichen, gemeinsamer Zug zum Turnplatz unter Trommel-
schlag oder Absingung vaterländischer Lieder, Gesang während des Turnens,
sind hierher gehörige Dinge, deren Auswahl und Benutzung der Einsicht und
dem Tact der betr. Anstalten überlassen bleiben mufs. Es wird sich femer
empfehlen, jährlich ein Turnfest abzuhalten, welches einen Nachmittag hindurch
auf dem Turnplatz unter entsprechenden Spielen, Vorträgen und Gesängen ge-
feiert wird. Einen Teil dieses Festes bildet das Probetumen, in welchem vor
dem LehrercoU. und dem Vorstand der Anstalt Proben von der erlangten gymnast.
Ausbildung abgelegt werden. Hiermit kann die Erteilung von Prämien verbunden
werden. JährUch wenigstens einmal eine gröfsere Tumfahrt anzustellen wird der
Organismus jeder Anstalt gestatten.
Nach diesen Andeutungen veranlasse ich die K. Prov.Schulcollegien, den
Betrieb des gymnast Unterrichts bei den höh. Unterrichtsanstalten in erneuerte
Anregung zu bringen. Das Hauptaugenmerk wird darauf zu richten sein, dafs
baldmöglichst alle Gymn. und Bealschulen in den Besitz ordentlich vorgebil-
deter und wohl qualificirter Turnlehrer gelangen, und werde ich darauf gerich-
teten Anträgen in den einzelnen Fällen gern jede mögliche Förderung ange-
deihen lassen."
Min. Verf. v. 4. Dec. 1861 (auf den Antrag eines Magistrats, besondern
Fechtunterricht für die Vorturner betreffend): — „Es ist richtig, dafs die
Hülfe, welche geübte Vorturner beim Unterricht zahlreicher Schülermassen ge-
währen, von grofsem Werth ist, und dafs es eine Hauptaufgabe des Turnlehrers
ist, sich diese Hülfe zu sichern. Bei dem lebhaften Interesse, welches dem
Bericht zufolge dort allgemein für das Turnen im Publicum und an den Schulen
herrschend ist, läfst sich erwarten, dafs es den dazu befähigten älteren Schülern
des Gymn. und der Bealschole eine Ehre und Freude sein wird, als Vorturner
den Lehrer zu unterstützen, und dafs sie es nicht als eine auf Lohn wartende
Arbeit ansehen werden. Es wird daher um sie dazu willig zu machen nicht
noch eines besonderen Impulses bedürfen, wie sich dies auch an anderen An-
stalten, wo das Turnen mit Lust getrieben wird, nicht nöthig erwiesen hat. —
Dafs den Vorturnern aufser den Prämien, welche der Magistrat zu diesem Zweck
anzukaufen beabsichtigt, zur Belohnung ein über das Stofsfechten hinausgehender
Fechtunterricht erteilt werde, kann nicht genehmigt werden. Die in dem Gut-
achten des Gymnalsialdir. dagegen geltend gemachten Bedenken sind in päda-
gogischer Erfahrung begründet und verlangen Berücksichtigung.
Hiemach kann ich mich nicht veranlafst sehen, die von dem E. Prov
Seh. C. in der Sache erlassene Verfügung, durch welche in entsprechender
Auffassung dem Fechtunterricht der Schüler die nöthigen Schranken ange-
230
wiesen werden, aa&aheben, erkläre mich vielmehr mit derselben ganz einver-
standen/*
Gutachten der Wiss. Deputation für d. Medicinalw. über die Barren-
übungen V. 31. Dec. 1862 s. CBl. 1863 p. 25 ff., Euler-Eckler a. a. 0. p. 136
C.Verf. V. 4. Apr. 1865: „Der Fortgang des Turnens bei der männlichen
Jugend wird vielfach durch den Mangel bedeckter Locale behindert, in welchen
die üebungen bei schlechtem Wetter und im Winter abgehalten werden können.
Bei sämtlichen seit längerer Zeit neu erbauten SchuUehrer-Seminarien ist hier-
auf Bücksicht genommen, und sind zweckmäTsige Tumsäle eingerichtet worden.
Ein Gleiches empfiehlt sich für die anderen höh. ünterrichtsanstalten. Die
E. Prov.SchulcolI veranlasse ich, bei Neubauten solcher Anstalten oder bei
Beparaturbauten, die hierzu Gelegenheit bieten, hierauf Bücksicht zu nehmen
und die Einrichtung eines zweckm. Turnsaales als zu erfüllende Forderung
zu stellen."
Min. Verf. v. 14. Apr. 1866 (an die K. Eegierung zu Danzig): „In der
Danziger Zeitung v. 3. d. M. ist der Plan entwickelt, auf dem Wege des Actien-
untemehmens eine Turnhalle zu errichten, welche auch für die Turnübungen
sämtlicher Schulen der Stadt bestimmt sein soll. Es wird dabei aus den 3 höh.
ünterrichtsanstalten sowie aus den Mittel- und Elementarschulen auf eine Zahl von
mindestens 4000 Tumschülem gerechnet, die, in Serien von 400 Schülern ge-
teilt, wöchentl. 2 Stunden turnen könnten.
Auf Grund von Verhandlungen, die über ähnliche Pläne und Einrichtungen
in anderen Städten stattgefunden haben, sehe ich mich veranlafst, die E. Be-
gierung darauf aufmerksam zu machen, dafs die projectirte Einrichtung für die
Schulen, soweit sich deren Wesen aus der Skizze erkennen läfst, zur Geneh-
migung seitens der Schulverwaltung nicht geeignet sein würde. Diese hat
vielmehr bei Tumeinrichtungen für städt. Schulen von folgenden Gesichtspunkten
auszugehen :
1. Das Turnen der männlichen Jugend ist ein integrirender Teil des
Schulunterrichts, woraus folgt, dafs jede Schule für sich abgesonderten Turn-
unterricht haben mufs, die Vereinigung mehrerer oder aller Schulen zu gemein-
samem Turnunterricht aber nicht statthaft ist. Die Einteilung der Schüler far
den Turnunterricht schliefst sich am zweckmäfsigsten an die bereits vorhandene
Einteilung derselben nach Schulklassen an. 2. In der Begel mufs jede Schule
ihren eigenen Turnlehrer haben, womit nicht ausgeschlossen ist, dafs ein und
derselbe Lehrer für mehrere Schulen fungiren kann. Das letztere wird indessen
nur für den Fall zulässig sein, wenn die zweckmäfsigste Einrichtung, dafs näm-
lich ein oder mehrere ordentliche Mitglieder des LehrercoU. den Tumunterr. be-
sorgen, unter den gegebenen Verhältnissen nicht ausführbar ist. Jedenfalls
ausgeschlossen mufs aber die Einrichtung bleiben, dafs ein aufserhalb der
Schule stehendes selbständiges TumlehrercoUegium den Unterricht der Schule
besorgt. Wenn nicht besondere Hindernisse entgegenstehen, wird auch für den
Fall, dafs nicht ein ordentlicher Lehrer der betr. Schule den Tumunterr. besorgt,
der besonders mit Erteilung desselben beauftragte Lehrer Mitglied des Lehrer-
coU. sein und an den Conferenzen desselben teilnehmen müssen. 3. Der Turn-
unterricht der Schulen unterliegt der Organisation und Aufsicht der ordentl.
Schulaufsichtsbehörden und kann nicht an deren Stelle ein aufserhalb derselben
stehendes Curatorium oder ähnlicher Vereinsausschufs treten.
Ich überlasse es der E. Begierung, je nach Lage der Sache die städt.
Behörden von Danzig mit diesen leitenden. Gesichtspunkten bekannt zu machen,
damit nicht mit Einrichtungen vorgegangen werde, denen später, sofern es sich
23 L
nm eine Beteiligung der Schalen an denselben handelt, die Genehmigung ver-
sagt werden müfste." —
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zn Kiel t. 15. Not. 1870: „Der Be-
licht des CiYillehrers an der E. CTumanstalt H. Eckler über den Stand und
Betrieb des Tnmwesens an den höh. Lehranstalten der Prov. Schleswig-Holstein
im Jahre 1869 veranlafst nns vorläufig Folgendes anznordnen:
1. Der Turnunterricht ist für alle Klassen von VI — I verbindlich. Dispen-
sationen dürfen in der Begel nur auf Grund ärztl. Zeugnisses stattfinden. 2. um
Zeitzersplitterung zu verhüten, hat sich der Unterricht wenn irgend möglich
(besonders in gröfseren und langgestreckten Städten) unmittelbar an die Vor-
mittags- oder Nachmittags-Lehrstunden anzuschliefsen. 3. Den Turnübungen
ist in allen Anstalten ein Leitfaden zu Grunde zu legen; als für die unteren
Kl. ausreichend wird namentlich der „Neue Leitfaden für den Turnunterricht in
der preufsischen Volksschule^ empfohlen. 4. In den Schulzeugnissen darf ein
urteil über die Leistungen im Turnen nicht fehlen. 5. In den Schulpro-
grammen ist von jetzt an über das Turnen in gleicher Weise Bericht zu erstatten,
wie über die anderen Unterrichtsgegenstände. 6. Zur Fortbildung der Turn-
lehrer haben die Schulbibliotheken bei ihren Anschaffungen auch die Tumlitte-
ratur zu berücksichtigen.
Wir fugen noch hinzu, dafs es von wesentlichem Einflufs auf die Förde-
rung dieses wichtigen Unterrichtsgegenstande« sein wird, wenn alljährlich einige
junge rüstige Mitglieder der LehrercoUegien sich entschliefsen, einem Winter-
cursus der K. Central-Tumanstalt in Berlin beizuwohnen.*'
C.Verf. V. 18. Juni 1878. „Obwohl im Allgemeinen angenommen werden
kann, dafs revaccinirte Schulkinder während der Zeit der Entwickelung und
Abheilung der Impfblattem zu den Turnübungen nicht herangezogen werden,
so nehme ich doch Veranlassung, noch besonders darauf aufmerksam zu machen,
dafs diese Dispensation auf die Dauer von 14 Tagen von der Vollziehung der
Wiederimpfung an gerechnet zu erteilen sei." Der Min. etc. Falk.
Gutachten über Herstellung von Turnräumen für 150 gleichzeitig
turnende Schüler, erstattet von Euler und Eckler, s. CBl. 1871 p. 433 ff;
hierzu Min. Verf. v. 31. Oct. 1871, CBl. 1872 p. 13; vgL Euler und Eckler
a. a. 0. p. 127 ff. u. 80 f.
C.Verf. V. 30. Juni 1877. „Nach § 19 der Instruction für die Ober-
Bechnungskammer v. 18. Dec. 1824 müssen die für Rechnung des Staats ge-
schlossenen Contracte und gemachten Ankäufe in der Begel auf vorhergegangene
Licitation gegründet sein. Diese Bestimmung gilt auch für die Ausstattung
von Turnhallen und Turnplätzen mit den erforderlichen Turn gerät hen. Nach
den gemachten Erfahrungen erfolgt aber die Herstellung dieser Geräthe. insbes.
der gröfseren und zusammengesetzten, oft in so mangelhafter Weise, dafs nicht
blofs der Tumbetrieb darunter leidet, sondern auch Gefahr für Leben und Ge-
sundheit der Schüler entsteht, welche bei solider Herstellung der Geräthe und
bei Anbringung der erforderlichen Sicherheitsvorrichtungen ausgeschlossen sein
würde. Es ist daher nothwendig, dafs die bezüglichen Arbeiten nur an solche
Verfertiger gegeben werden, welchen eine hinreichende Kenntnis und Geschick-
lichkeit für die Herstellung von Tumgeräthen zugetraut werden kann. Wo solche
Personen nicht vorhanden sind, empfiehlt es sich, aus einer zuverlässigen Be-
zugsquelle Modelle für die einfacheren Geräthe kommen und nach diesen arbeiten
zu lassen. Gröfsere und zusammengesetzte Geräthe, zu deren Herstellung be-
sondere Fachkenntnisse gehören, und welche geübte und geschickte Verfertiger
besser und billiger zu liefern im Stande sind, als sie an Ort und Stelle
232
auch nach Modellen beschafft werden könnten, werden zweckmäfsig von jenen
bezogen. —
Femer mache ich daranf anfinerksam, dafs es sich znr Yermeidimg von
Weiterungen empfiehlt, sowohl bei Einrichtung Ton Tumsälen, bezw. Ton Turn-
plätzen, als auch insbesondere für die Abnahme der auf Licitatlon gelieferten
Tumgeräthe einen bewährten Turnlehrer zuzuziehen."
Dielung der Turnhallen. „Die Lehrer der K. Tumlehrer-Bildungs-
anstalt haben über die Herstellung des Fufsbodens in Schultumhallen unter dem
4. April 1878 folgendes Gutachten abgegeben: Die Frage, ob die Dielung der
Schultumhallen unerläfslich nothwendig, oder ob Sandschüttung ebenfalls zu-
lässig sei, ist seit Jahren dahin entschieden dafs letztere, nämlich die Sand-
schüttung (oder der Lehm- oder Loheboden) durchaus zu verwerfen und da,
wo dieselbe vorhanden war, durch Dielenboden zu ersetzen sei. Nachdem sich
die K. Central-Tumanstalt bereite im Jahre 1865 (vergl. CBL 1865 p. 18 ff.)
für die Dielnng der Turnhallen (als „die zweckmäfsigste und bei ihrer Dauer-
haftigkeit auch billigste Art des Fufsbodens") principiell ausgesprochen, haben
seitdem in zahlreichen Gutachten und Besprechungen die namhaftesten Tum-
autoritäten dieselbe Ansicht geäufsert.
Wir müssen demnach auch in Bezug auf die Tumhalle des Gymnasiums
zu N. unsere Ansicht dahin aussprechen, dafs Sandschüttung zu verwerfen und
statt ihrer Dielung herzustellen sei." GBl. 1878 p. 289.
C.Verf. V.S.März 1879. „In Betreff der Gröfsenverhältnisse von neu
zu erbauenden Turnhallen bei höh. Unterrichtsanstalten und Schullehrer-
seminaren gelten fortan nachstehende Begeln.
L Hinsichtlich der allgemeinen Raumverhältnisse ist in folgender Weise
zu unterscheiden: a. bei kleineren höh. Unterrichtsanstalten, d. h. solchen, die
bis zu 9 Klassen resp. bis zu 300 bis höchstens 350 Schüler haben, genügt
eine Tmmhalle für 50 gleichzeitig turnende Schüler; b. bei gröfseren An-
stalten ist die Turnhalle far 90 bis 100 gleichzeitig turnende Schüler einzu-
richten; c. bei Seminarien ist auf eine Gombination mehrerer Klassen nicht
zu rücksichtigen, sondem der Turnhalle nur ein solcher Baum zu geben, dafs
sie for eine Klasse ausreicht.
n. Nach diesen Gmndsätzen soll den Turnhallen a. bei den kleineren
Anstalten mit einer Frequenz bis zu 300 bis 350 Schülern und bei den Schul-
lehrerseminaren eine Länge von 20 und eine Breite von 10 m, und b, bei
den gröfseren höheren Untorrichtsanstalten eine Länge von 22 und eine Breite
von lim gegeben werden, bei sehr f^quenten Anstalten, d. h. solchen mit
einer Frequenz von mehr als 550 Schnlem, es jedoch besonderen Verhandlungen
zwischen den beteiligten Bessorts vorbehalten bleiben, ob die Dimensionen bis
zu 25 m Länge und 12,50 m Breite zu erweitem sind.
III. An Nebenbauten ist, abgesehen von den etwa erforderlichen
Abortsanlagen, nur ein Vorbau mit Windfang, zu dessen Seiten ein Abtrete-
zimmer far den Lehrer und ein Geräthezimmer eingerichtet werden können,
zulässig.
IV. Im Uebrigen sind die Tnmhallen in einfachster Weise ohne archi-
tektonischen Schmuck und unter thunlichster Beschränkung der Höhe herzustellen.
Hinsichtlich des Betriebes des Turnunterrichtes in den bezeichneten An-
stalten ist als regelmäfsiges Bedürfnis die Erteilung von zwei wöchentlichen
Turnstunden far jede Klasse resp. Turaabteilung anzusehen.'^
C Ire. Verf. v. 2 7. Oct. 1882. „Nachdem das Tumen als ein inte-
grirender Teil dem Unterricht der Jugend in den höheren und niederen Schulen
eingefügt worden und an die Stelle der Freiwilligkeit der Teilnahme an diesen
233
üebnngen für die tarnfähigen Schüler die Verpflichtung getreten ist, hat sich
die staatliche und commimale Fürsorge anf die^ Beschaffung und Herstellung
von geschlossenen Tumrftumen erstreckt, in welchen unabhängig von der Jahres-
zeit und unbehindert von den Unbilden der Witterung das Schulturnen eine un-
unterbrochene und geordnete Pflege gefunden hat.
Es ist dies für den Jugendunterr. ein überaus werthvoUer Erwerb. Erst
die Fortführung der turnerischen Uebungen durch das ganze Jahr sichert eine
tüchtige körperliche Ausbildung.
Nicht minder werthvoU aber ist der Turnplatz. Gewisse Uebungen,
wie das Stabspringen, der Gerwnrf, mancherlei Wettkämpfe u. A. lassen sich
in der Halle gar nicht oder nicht ohne Beschränkung und ohne Gefahr vor-
nehmen. Ein grOfseres Gewicht mufs aber noch darauf gelegt werden, dafs das
Turnen im Freien den günstigen gesundheitlichen Einflufs der Uebungen wesent-
lich erhöht, und dafs mit dem Turnplatze eine Stätte gewonnen wird, wo sich
die Jugend im Spiele ihrer Freiheit freuen kann, und wo sie dieselbe, nur
gehalten durch Gesetz und Begel des Spieles, auch gebrauchen lernt. Es ist
von hoher erziehlicher Bedeutung, dafs dieses Stück jugendlichen Lebens, die
Freude früherer Geschlechter, in der Gegenwart wieder aufblühe und der Zu-
kunft erhalten bleibe. Oefter und in freierer Weise, als es beim Schulturnen
in geschlossenen Bäumen mOglich ist, mufs der Jugend Gelegenheit gegeben
werden, Kraft und Geschicklichkeit zu bethätigen und sich des Kampfes zu
freuen, der mit jedem rechten Spiele verbunden ist. Es giebt schwerlich ein
Mittel, welches wie dieses so sehr im Stande ist, die geistige Ermüdung zu be-
heben, Leib und Seele zu erfrischen und zu neuer Arbeit fähig und freudig zu
machen. Es bewahrt vor unnatürlicher Frühreife und blasirtem Wesen, und wo
diese beklagenswerthen Erscheinungen bereits Platz gegriffen, arbeitet es mit
Erfolg an der Besserung eines ungesund gewordenen Jugendlebens. Das Spiel
wahrt der Jugend über das Kindesalter hinaus Unbefangenheit und Frohsinn,
die ihr so wohl anstehen, lehrt und übt Gemeinsinn, weckt und stärkt die
Freude am thatkräfbigen Leben und die volle Hingabe an gemeinsam gestellte
Aufgaben unl Ziele. Treffend sagt Jahn im zweiten Abschnitte seiner deutschen
-Tumkunst von den Tnrnspielen: „In ihnen lebt ein geselliger freudiger lebens-
frischer Wettkampf. Hier paart sich Arbeit mit Lust und Ernst mit Jubel.
Da lernt die Jugend von klein auf, gleiches Recht und Gesetz mit andern
halten. Da hat sich Brauch, Sitte, Ziem und Schick im lebendigen Anschaun
vor Augen. Frühe mit seines Gleichen und unter seines Gleichen leben ist
die Wiege der Gröfse für den Mann. Jeder Einling verirrt sich so leicht zur
Selbstsucht, wozu den Gespielen die Gespielschaft nicht kommen lasset. Auch
hat der Einling keinen Spiegel, sich in wahrer Gestalt zu erblicken, kein leben-
diges Mafs, seine Kraftmehrung zu messen, keine Bichterwage für seinen Eigen-
werth, keine Schule für den Willen und keine Gelegenheit zu schnellem Ent-
schlufs und Thatkraft.''
Die Ansprüche an die Erwerbung von Kenntnissen und Fertigkeiten sind
für fast alle Berufsarten gewachsen und je beschränkter damit die Zeit, welche
sonst für die Erholung verfügbar war, geworden ist, und je mehr im Hause
Sinn oder Sitte und leider oft auch die Möglichkeit schwindet, mit der Jugend
zu leben und ihr Zeit und Baum zum Spielen zu geben, um so mehr ist An-
trieb und Pflicht vorhanden, dafs die Schule thue, was sonst erziehlich nicht
gethan wird und oft auch nicht gethan werden kann. Die Schule mufs das
Spiel als eine f&r KOrper und Geist, für Herz und Gemüth gleich heilsame
Lebensäufserung der Jugend mit dem Zuwachse an leiblicher Kraft und Ge-
wandtheit und mit den ethischen Wirkungen, die es in seinem Gefolge hat, in
ihre Pflege nehmen und zwar nicht blofs gelegentlich, sondern grundsätzlich
und in geordneter Weise.
234
Von dieser Nothwendigkeit ist die Unterrichteverwaltnng schon von lange
her überzeugt gewesen und hat auch dementsprechende Verordnungen ergehen
lassen. Ich yerweise auf die Ministerial-Bescripte vom 26. Mai, vom 10. Sept.,
vom 24. Nov. 1860 und vom 14. Mai 1869 (C.Bl. 1860 S. 335 ff., 519 ff.,
735 ff. und 1869 S. 307 ff.) Leider aber haben diese Anordnungen nach
den Wahrnehmungen, welche im Allgemeinen und insbesondere bei den Re-
visionen des Tumwesens in den einzelnen Schulanstalten gemacht worden sind,
nicht überall die dem Werthe und Nutzen der Sache entsprechende Beachtung
gefunden. In einer Anzahl älterer Unterrichts- und Erziehungs-Anstalten sind
die Jugendspiele traditionell in Uebung geblieben, und in einigen Bezirken hat
Herkommen und Sitte an ihnen festgehalten, in anderen aber fehlt es an jeder
Ueberlieferung und nur selten sind Anfänge zu neuer Belebung vorhanden.
Jedenfalls hat eine allgemeine Einführung und Durchführung nicht stattgefunden.
Es bedarf daher einer erneuten Anregung und einer dauernden Bemühung Aller,
welche mit der Erziehung der Jugend befafst sind, damit, was da ist, erhalten,
was verlernt ist, wieder gelernt werde, nnd, was als heilsam erkannt ist, in
Uebung komme.
Es bedarf kaum der Erwähnung, dafs es sich hier lediglich um Be-
wegungsspiele handelt und dafs Alles ausgeschlossen ist, was dahin nicht
gehört. An Hülfsmitteln, sich auf diesem Gebiete zu orientiren, fehlt es nicht.
Anknüpfend an das, was im Volke und in der Jugend des Volkes lebte, haben
Guts Muths und Jahn eine Reihe von Jugend- und Tnmspielen zusammen-
gestellt und beschrieben (S. Guts Muths Spiele zur Uebung und Erholung des
Körpers und des Geistes, herausgegeben von Schettler, 5. Aufl. Hof 1878.
Jahn, die deutsche Tumkunst, Berlin 1816). Andere sind gefolgt Der neue
Leitfaden für den Tm-n-Unterricht in den Preufsischen Volksschulen. 2. Auflage,
Berlin 1868, fuhrt auch eine Reihe von Spielen auf. Vergleiche auch Dieters
Merkbüchlein für Turner, herausgegeben von Dr. Ed. Angerstein, 7. Auflage,
Halle 1875, und Ravensteins Volksturnbuch, 3. Auflage, Frankfurt a. M. 1876.
Eine reichhaltige Zusammenstellung und Beschreibung findet sich auch in
Jakobs „Deutschlands spielende Jugend'' 2. Auflage, Leipzig 1875.
Bei der grofsen Mannigfaltigkeit des Dargebotenen wird es allerdings
einer Auswahl bedürfen, und es wird hierbei wesentlich auf dasjenige Rücksicht
zu nehmen sein, was herkömmlich und volkstümlich ist. Obenan sind die ver-
schiedenen Ballspiele zu stellen (Treibball, Fufsball, Schlagball, Ereisball,
Stehball, Thorball), dann die Laufspiele, und hier besonders der Barlauf,
die Wettkämpfe (Hinkkampf, Tauziehen, Eettenreifsen etc.), die Schleuder-
spiele mit Bällen, Kugeln, Steinen und Stäben, und die Jagd- und
Kriegsspiele.
Beachtenswerthe Winke über die Gestaltung des Spielens finden sich in
einigen Aufsätzen der Monatsschrift für das Tumwesen , herausgegeben von
Professor Dr. Euler und Gebh. Eckler, Berlin 1882. (Das freiwillige Abend-
tumon an der Falk-Realschule zu Berlin von Dr. Th. Bach Heft 1 und 2. Zur
Geschichte und Organisation der Braunschweiger Schulspiele. Von Oberlehrer
Dr. K. Koch Heft 4). Vergleiche auch den Aufsatz über Turnspiele (Bedürfnis
und Einführung) von Kohlrausch in den Neuen Jahrbüchern für Philologie und
Pädagogik IL Abt. 1880 Heft 4 und 5.
Wenn ich hiernach die Unterrichtsbehörden anweise, für die Einfuhrung
und Belebung der Jugend spiele in die ihrer Aufsicht unterstellten Schul-
anstalten Sorge zu tragen und es sich angelegen sein zu lassen, bei Revision
derselben wie auf das Turnen überhaupt so auch auf die Turnspiele insonder-
heit ihre Aufmerksamkeit zu richten und sie einer eingehenden Beachtung zu
würdigen, so verkenne ich die Schwierigkeiten nicht, welche sich der allge-
235
meinen Dnrchfühning entgegenstellen. Am leichtesten wird es sich bei den
E. Schüllebrer-Seminaren machen, weil sie in den meisten Fällen bereits im
Besitze von Tum- und Spielplätzen sind und es hier nur eben darauf an-
kommt, die gegebene Gelegenheit gehörig auszunutzen. Das Gleiche wird bei
den höheren Lehranstalten der FaU sein, wenn ihnen auch ein Turnplatz zur
Verfugung steht. Nur die Neuboschaffung eines solchen wird Schwierigkeiten
begegnen, zumal wenn, was allerdings günstig und erwünscht ist, der Turn-
platz möglichst in der Nähe der Turnhalle liegen soll. Diese Lage
gestattet, die eigentlichen Turnübungen mit den Tumspielen in Verbindung zu
setzen und eine angemessene Abwechselung zwischen Arbeit und Erholung
herbeizufuhren. Wo daher dieser räumliche Zusammenhang zwischen Turnhalle
und Turnplatz vorhanden ist, wird er zu bewahren sein, und wo Neuanlagen
von Tumhalien stattfinden, wird auch auf die Gewinnung eines Turnplatzes
Bedacht zu nehmen sein. In der C. Verf. v. 4. Juni 1862 (C. Bl. 1862 S. 363)
wird unter allen Umständen die Beschaffung und Einrichtung eines geeigneten
Turnplatzes von den für Unterhaltung der Volksschule Verpflichteten gefordert.
Diese Forderung erscheint bei den höh. Lehranstalten, wenn ihnen auch eine
Turnhalle zur Verfügung steht, mit Bncksicht auf die erhöhten geistigen An-
forderungen und Anstrengungen nicht minder, ja vielmehr noch in höherem
Mafse berechtigt Es wird daher die Sache der Schulaufsichtsbehörden sein^
dafür zu sollen, dafs diesem Bedürfhisse möglichst bald Genüge geschehe.
Und wenn sich der Turnplatz nicht im Zusammenhange mit der Turnhalle be-
schaffen läfst, wird auf die Anlegung desselben aufserhalb des Ortes zu dringen
sein. Erhebliche Kosten wird diese Einrichtung nicht verursachen, da die An-
lage in diesem Falle hauptsächlich nur den Tumspielen dienen soll. Ich ver-
traue, dafs es den Bemühungen der Behörden, dem thatkräftigen Interesse der
Directoren, der Opferwilligkeit der Gemeinden, der Teilnahme von Vereinen für
die Förderung des leiblichen Wohles der lernenden Jugend und dem opfer-
willigen Wohlwollen von Jugendfreunden gelingen wird, entgegenstehende An-
stände zu beseitigen und die für die leibliche und geistige Entwickelung der
Jugend in hohem Mafse erspriefsliche Einrichtung ins Leben zu rufen.
Dabei will ich nicht unterlassen, auf eine weitere Pflege des Spieles in
Verbindung mit gemeinschaftlich zu unternehmenden Spaziergängen und
Ausflügen in Feld und Wald sowie mit Turnfahrten hinzuweisen. (S. Min.
Verf. V. 10. Sept. 1860, p. 227ff.J Zur Orientirung in dieser Beziehung empfehle
ich die Schrift von Dr. Th. Bach : Wanderungen, Tumfahrten und Schülerreisen,
Leipzig 1877, sowie die Aufsätze von C. Fleischmann in der deutschen Tum-
zeitung, Jahrgang 1880, unter der Ueberschrifb: „Anleitung zu Tumfahrten",
soweit sich dieselben auf Schüler-Tumfahrten beziehen.
In der C. Verf. vom 10. Sept. 1860 (p. 228 f.) ist aufser den Tumspielen auch
auf Schwimmen und Eislauf hingewiesen worden. Indem ich hierauf Bezug
nehme, bemerke ich, dafs die K. Turalehrer-Bildungsanstalt den Schwimmunter-
richt schon seit einer Reihe von Jahren in ihren Unterrichtsbetrieb aufgenommen
hat und jährlich eine Anzahl von Eleven entläfst, welche auch für die Er-
teilung dieses Unterrichts befähigt sind. Wo es sich hat ermöglichen lassen,
sind bei den Schullehrer-Seminaren Schwimmanstalten eingerichtet worden, zu-
nächst im gesundheitlichen Interesse der Zöglinge, dann aber auch mit der Ab-
sicht, diesen für (resundheit und Leben besonders werth vollen Uebungen und
Fertigkeiten in immer weiteren Kreisen Eingang zu verschaffen (S. G.Verf. v.
24. Juni 1873, C.Bl. 1873 S. 467 ff.).
In geschlossenen Erziehungsanstalten haben auch diese Uebungen, zum
Teil von Alters her, eine Stätte gefunden." Bei den offenen Schulanstalten läfst
sich deren Einfahrung allerdings nicht allgemein und ohne Weiteres anordnen;
236
aber ich gebe mich der Hoffnong hin, dafs ihre Leiter nnd Lehrer dazu An-
regung geben and Yorurteilen gegen diese wie gegen andere körperliche
Uebnngen, wie sie sich immer noch hin nnd wieder finden, begegnen werden.
Leider ist die Einsicht noch nicht allgemein geworden, dafs mit der
leiblichen Ertüchtigung and Erfrischung aach die Kraft and Freudigkeit za
geistiger Arbeit wächst. Manche Klage wegen Ueberbürdang und üeber-
anstrengang der Jagend würde nicht laat werden, wenn diese Wahrheit mehr
erlebt nnd erfahren würde. Damm müssen Schale and Hans and wer immer
an der Jagendbildnng mitzuarbeiten Beruf und Pflicht hat, Baum schaffen and
Baum lassen für jene Uebungen, in welchen Körper und Geist Kräftigung und
Erholung finden. Der Gewinn davon kommt nicht der Jagend allein zu Gute,
sondern unserm ganzen Volke und Vaterlande.'^ Der Minister etc. v. Gofsler.
Min. Verf. v. 19. Juli 1883. „Der Tumvereinigung Berliner Lehrer
erwidere ich auf die Eingabe vom 23. Juni d. J., dafs ich bei allem Interesse
für die weitere Entwickelang der Tumspiele und Tumfahrten, gegenwärtig noch
Bedenken trage, Verordnungen ergehen zu lassen, wie sie dort gewünscht wer-
den. *) Bei einer Sache, welche so sehr, wie es bei der durch meine Verfügung
vom 27. Oct. 1882 (s. p. 232 ff.) versuchten Wiederbelebung des Tumspieles und der
leiblichen Erfrischung und Kräftigung auch aufserhalb der vorgeschriebenen Turn-
stunden der Fall ist, auf eine freiwillige Mitarbeit nicht allein der berufs-
mäfsigen Jagendbildner, sondern aller Eltern und Freunde der Jagend rechnet,
mufs die Unterrichtsverwaltung bei dem Bestreben, zu reglementiren, besondere
Vorsicht walten lassen.
Um einen sicheren Anhalt für weitere Entschliefsungen zu gewinnen,
beabsichtige ich, nach dem Aafhören der guten Jahreszeit eine Enquöte zu ver-
anlassen, um zu ermitteln, ob und in welcher Weise die Verfügung vom 27 Oct.
1882 zur Ausführung gelangt, welche Vorteile und Mängel hierbei hervorge-
treten und welche Vorschläge zur besseren Erreichung des gesteckten Zieles za
machen sind.
Die Tumeinrichtangen, selbst bei unseren höheren Lehranstalten, lassen
aufserdem noch so Vielfaches zu wünschen übrig, dafs es ganz besonderer An-
strengungen seitens des Staates, wie seitens der beteiligten Gemeinden und
Korporationen bedarf, um in dieser Hinsicht den normalen Durchschnitt zu er-
reichen. Unter Anderem bereitet schon die Beschaffung von Turnplätzen (wo-
möglich in der Nähe von Turnhallen), auf welche ich im Interesse der gesund-
heitlichen Entwickelueg der Turnenden wie der Spielenden grofsen Werth lege,
erhebliche Schwierigkeiten. In dieser Hinsicht sind bestimmte Anweisungen
erlassen, deren Ausführung die stete Aufmerksamkeit der Unterrichtsbehörden
erfordert.
Im Uebrigen vertraue ich, dafs die Tumvereinigung Berliner Lehrer nach
wie vor die erfolgreiche Ausführung des mehrgedachten Erlasses sich angelegen
sein lassen und an ihrem Teile dahin streben wird, dafs auch auf diesem Ge-
biete der leiblichen Ausbildung unserer Jugend die Landeshauptstadt mit so
gutem Beispiele vorangehen wird, wie es ihr auf dem Gebiete des eigentlichen
Tmnbetriebes bisher gelungen ist." Der Minister etc. von Gofsler.
*) Die Tornvereinigang hatte beantragt, Anweisungen zu erteilen, dafs
1) jede Lehranstalt wöchentlich einen Nachmittag^ dem Tarnspiele widme,
2) jeder Lehranstalt ein geeigneter Platz zar Pflege der Tumspiele überwiesen
werde, und
3) an jeder Lehranstalt die jüngeren wissensohaftliohen Lehrer und Lehrerinnen
aufgefordert werden, neben den Turnlehrern und Tarnlehrerinnen sich an der
Leitung der Tumspiele und Veranstaltung von Tumfahrten zu beteiligen.
237
C.Verf. V. 30. Juli 1883. „Durch die in Folge meiner Circular- Ver-
fügung vom 18. Nov. y. J. eingereichten statistischen Nachweisungen über den
Turnunterricht an den höheren Schulen ist zwar nicht in allen einzelnen Fällen
der gegenwärtige Betrieb dieses Unterrichts in derjenigen Vollständigkeit zur
Darstellung gebracht worden, welche durch die Stellung der Fragen beabsichtigt
war; aber ungeachtet einzelner Mängel in dieser Beziehung bringen die Nach-
weisungen zur Gewifsheit, dafs in den Hauptrichtungen, nämlich der zweck-
mäfsigen Erteilung des Unterrichts und der erfolgreichen Teilnahme der Schüler
an demselben, der Turnunterricht an den höh. Schulen in entschiedenem Fort-
schritte begriffen ist Dieser erfreuliche Erfolg ist zunächst den Bemühungen
der Turnlehrer und der Aufmerksamkeit der Directoren, in Weiterem der Für-
sorge zu verdanken, welche die K. Prov.SchulcoUegien der Pflege dieses Unter-
richts zugewendet haben. Indem ich hierfür gern meine Anerkennung aus-
spreche, darf ich zuversichtlich erwarten, dafs auf Beseitigung der noch vor-
handenen Mängel die K. Prov. SchulcoUegien fernerhin angelegentlichst Bedacht
nehmen werden, und bezeichne im Folgenden die Punkte, welche der Aufmerk-
samkeit derselben besonders zu empfehlen sind.
1. Lehrer. Die gedeihliche Entwickelung des Turnens an den höh.
Schulen ist vornehmlich dadurch bedingt, dafs dieser Unterricht seine Ver-
tretung in dem Bereiche des Lehrercollegiums selbst finde und dafs er über-
haupt nur Männern anvertraut werde, welche ihre Vorbildung zu seiner zweck- '
mäfsigen Erteilung ordnungsmäfsig erwiesen haben. Aus den eingereichten
Nachweisungen ergiebt sich, wenn man die höh. Schulen der gesamten Mon-
archie zusammenfafst, dafs gegenwärtig von den mit dem Turnunterricht be-
trauten Männern circa ^/4 den betreffenden LehrercoUegien selbst angehören,
nnd dafs von der Gesamtheit der mit dem Turnunterricht beschäftigten
Männer, die den LehrercoUegien angehören und die aufserhalb derselben stehen-
den zusammengefafst, circa ^/s ihre Lehrbefähigung ordnungsmäfsig nachge-
wiesen haben. Durch diese Zahlen wird einerseits der Fortschritt in der Ent-
wickelung des Turnunterrichts constatirt, andererseits der Abstand bezeichnet,
welcher von dem zu erreichenden Ziele noch besteht
Die Centralanstalt zur Ausbildung von Turnlehrern führt in jedem Winter-
cursus durchschnittlich 50 Lehrer zu der vollständigen Befähigung far den
Turnunterricht an höh. Schulen. Diese Anzahl begründet die Erwartung, dafs
in nicht zu femer Zeit der Turnunterricht an den höh. Schulen ausschliefslich
in den Händen solcher Männer ruhe, welche dazu die erforderliche Ausbildung
erworben haben, und reicht, nachdem dieses Ziel erreicht sein wird, jedenfalls
dazu aus, den jährlichen Abgang an befähigten Lehrern zu ersetzen, auch wenn
man in Anschlag bringt, dafs Turnlehrer nur für eine kürzere Beihe von
Jahren während der vollen Frische ihrer Kraft als vollständig leistungsfähig
zu betrachten sind.
Zu denjenigen Teile der Turnlehrer an den höh. Schulen, welche den
betr. LehrercoUegien selbst angehören, stellen die Lehrer von seminaristischer
Vorbereitung ein ungleich gröfseres, etwa doppelt so grofses Contingent, als
die Lehrer von UniversitätsbUdung; ebenso ist die Benutzung der Centralanstalt
durch die letzteren erhebUch geringer, als durch die ersteren. Es ist dagegen
wünschenswerth, dafs mehr und mehr der Turnunterricht namentlich der oberen.
Klassen in die Hände derjenigen Kategorie von Lehrern komme, welche die
entscheidende Einwirkung auf die GesamtbUdung der Schüler ausüben. Ein
sachliches Hindernis dürfte dem Eintreten jüngerer wissenschaftUcher Lehrer
in den Cursus der Centralanstalt schwerlich entgegenstehen. Der Aufenthalt
in Berlin wird denselben durch Unterstützungen aus Centralfonds erleichtert und
wird für die durch den Turnunterricht nicht in Anspruch genommene Zeit je^
238
nach der besonderen Studienrichtung jedes Einzelnen erwünschte Verwertliung
bieten. Auch zeigt die Beobachtung über mehrere Jahre, dafs in der Teil-
nahme der akademisch gebildeten Lehrer gleichmäfsig gewisse Provinzen aus-
reichend, andere nicht vertreten sind; es ist also vorauszusetzen, dafs nicht ein
sachliches Hindernis entgegensteht, sondern das Interesse noch nicht überall
gleichmäfsig geweckt ist.
Uebrigens ist zu erwarten, dafs auch noch auf einem anderen Wege eine
gröfsere Anzahl der wissenschaftlichen Lehrer an den höh. Schulen zugleich
die Befähigung für den Turnunterricht erwerben wird. An mehreren Universi-
täten wird das Turnen mit lebhaftem Eifer und erfreulichem Erfolge betrieben.
Studirende, welche sich dem Lehrberufe widmen wollen, erwerben auf Grund
der so gewonnenen turnerischen Ausbidung gegen den Schlufs ihrer Universitäts-
zeit durch das Ablegen der Turnlehrerprüfnng die fragliche Befähigung. Dieses
Verfahren, bei welchem die Ausbildung far den Turnunterricht zwar einigen
Zeitaufwand erfordert, zugleich aber auch zu einem Mittel der Erholung von
geistiger Anstrengung wird, ist in unverkennbarer Aufnahme begriffen.
2. Schüler. a. Dispensation vom Turnen. Durch die Lehr-
pläne vom 31. März 1882 ist entsprechend der Cabinets-Ordre vom 6. Juni
1842 der Turnunterricht an allen höh. Schulen als obligatorischer Lehrgegen-
stand festgesetzt, mit der Bemerkung, dafs der Director auf Grund eines ärzt-
lichen Zeugnisses Befreiung davon zu erteilen hat, jedoch in der Begel nur
auf die Dauer eines Halbjahres. Ea ist nicht erforderlich, wie dies bereits bei
besonderen Anlässen erklärt wurde, dafs in dem ärztlichen Zeugnisse die medi-
cinische Begründung der Dispensation bezeichnet sei ; dagegen ist ausdrücklich
anzugeben, ob die Dispensation auf den gesamten Turnunterricht auszudehnen
oder nur auf eine bestimmte Klasse von Uebungen, z. B. die Geräthübungen,
zu beschränken ist. Die Begel, dafs die Dispensation nur für ein Halbjahr
Giltigkeit hat, ist in allen Fällen einzuhalten, in welchen nicht ein bestimmtes
Gebrechen oder Leiden das Erfordernis der dauernden Dispensation aufser
Zweifel stellt. Von der Gewissenhaftigkeit der Aerzte ist strenge Zurückhaltung
in der Erteilung der Dispensationszeugnisse um so entschiedener zu erwarten,
als dieselben den etwanigen schädlichen Einwirkungen der höheren Schulen auf
die gesunde Entwickelung der Schüler ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden
und daher gewifs nicht ohne unbedingte Nothwendigkeit die Verantwortung
übernehmen werden, die Dispensation von einer diese gesunde Entwickelung
fördernden Uebung ihrerseits herbeizuführen.
Die Zahl der vom Tumunter. dispensirten Schüler hat, für die gesamte
Monarchie zusammengefafst, im Sommersemester 1882 genau 10% der gesamten
Schülerzahl betragen. Man darf hieraus nicht folgern, dafs von der Gesamtheit
der Schüler an den höh. Lehranstalten lO^/o durch ihrdn Gesundheitszustand
von der Teilnahme am Turnunterrichte abgehalten seien. An den einzelnen
Anstalten steigt der Procentsatz der dispensirten Schüler von 0% an in all-
mählicher Zunahme bis zu 420/o und zeigt hiermit eine Verschiedenheit, welche
nicht aus einem Unterschiede in der gesunden und kräftigen Entwickelung der
Schuljugend oder aus einem Gradunterschiede in der Strenge der Erteilung
ärztlicher Zeugnisse abzuleiten ist. Vielmehr findet ein ungewöhnlich hoher
Procentsatz der dispensirten Schüler meistenteils seine Erklärung in localen
Verhältnissen, insbesondere darin, dafs durch die Lage des Turnplatzes für
einen Teil der Schüler oder durch die Zeit des Turnunterr. für die von aus-
wärts täglich zum Schulorte kommenden Schüler die Teilnahme am Turnunter-
richte einen zu grofsen Zeitaufwand erforderlich machen würde und hierdurch
deren Dispensation begründet wird. Den E. Prov. Schulcollegien ist aus den
ihnen vorliegenden Nachweisungen über den Tumbetrieb an den einzelnen
239
Schulen ihres Amtsbereiches ersichtlich, bis zn welchem Grade durch solche
Umstände ZQweüen selbst der obligatorische Charakter des Tnrnanterrichts in
Frage gestellt wird; sie werden daher nach der eigentümlichen Beschaffenheit
jedes einzelnen Falles auf eine wenigstens teilweise Ermäfsigang dieses scliwcren
Uebelstandes hinzuwirken haben.
b. Winter und Sommer. Die dringend wünschens werthe Ausdehnung
des Tumunterr. auf den Winter und auf die Zeiten ungünstiger Witterung im
Sommer ist durch das Yorhandensein von Turnhallen bedingt Die Bereit-
willigkeit vieler städtischer Behörden, ihre bereits seit längerer Zeit bestehenden
höh. Schulen mit Turnhallen auszustatten, verdient iu vollem Mafse Anerkennung;
bei der Errichtung neuer vollberechtigter Anstalten aus staatlichen oder
städtischen Mitteln wird die Herstellung einer Turnhalle als nothwendiger Teil
der baulichen Ausstattung betrachtet, ungeachtet dieser umfassenden Be-
mühungen entbehren noch 40% der höh. Lehranstalten eigener Turnhallen.
Eine Aushülfe für diesen Mangel wird in zahlreichen Fällen durch Mitbenutzung
anderweit vorhandener Turnhallen oder durch das Miethen von einigermafseu
verwendbaren Sälen erreicht, so dafs die Zahl derjenigen Schulen, welche den
Turnunterricht während der Winterzeit ganz aussetzen, nur 18% der Gesamtheit
beträgt. Aber in den meisten Fällen, in welchen ein Wintertumen überhaupt
stattfindet, ist dasselbe, sogar bei dem Vorhandensein eigener Turnhallen, ent-
weder bezüglich der Schüler, in der Art, daf^ etwa nur die oberen Klassen oder
gar nur die Vorturner unterrichtet werden, oder bezüglich der Stundenzahl oder
in beiden Beziehungen beschränkter als das Sommertumen. Die X. Prov.
SchulcoUegien wollen dafür Sorge tragen, dafs jedenfalls an allen denjenigen
Schulen, denen eine eigene Turnhalle zur Verfügung steht, die allgemein giltige
Anordnung zur Ausföhrung gebracht wird, nach welcher jeder Schüler wöchent-
lich zwei Turnstunden erhält.
c. Zahl der Turnstunden. Für das Sommertumen wird durch die
eingereichten statistischen Nachweisuugen fast ausnahmslos constatirt, dafs jeder
Schüler wöchentlich zwei Turnstunden erhält ; vereinzelt findet sich eine gröfsere
Anzahl von Turnstunden für alle Schüler oder ein davon unterschiedener, an die
Vorturner erteilter besonderer Unterricht. Diese gleiche Zahl von zwei Stunden
hat indessen eine ungleiche Bedeutung, je nachdem der Unterricht an die ein-
zelnen Klassen, bezw. an Abteilungen von 40—50 Schülern ungefähr gleich-
artiger Klassen, erteilt wird, oder an grofse, von einem Lehrer nicht zu über-
sehende und nicht zu beherrschende Massen. In den Fällen der letzteren Art
ist aus den Nachweisungen nicht überall zu entnehmen, ob durch Abteilung
der grofsen Masse in entsprechende Gruppen und Unterordnung derselben unter
eine besondere Leitung für die Beschäftigung jedes einzelnen Schülers, auch abge-
sehen von den etwanigen, die Gesamtheit umfassenden Frei- und Ordnungs-
übungen, ausreichend gesorgt ist. Nach der Ueberzeugung der erfahrensten
Kenner und Förderer des Schulturnens verdient die Erteilung dieses Unterrichts
nach Schulklassen, bezw. nach Vereinigungen, welche in Zahl und Gleichartig-
keit der Teilnehmer diesen gleichstehen, als die regelmäfsige Einrichtung vor
der Vereinigung grofser Massen den Vorzug; für das Wintertumen ist diese
Einrichtung schon durch den Umfang der Turnhallen geboten.
Auf die Beschaffung und Einrichtung von zweckmäfsigen Tumplätzen,
thnnlichst in Verbindung mit den Tumhallen, lege ich grofsen Werth — vor
Allem im Interesse der gesundheitlichen Entwickelung der Tumer, für welche
die geregelte körperliche Thätigkeit in der freien Luft nur von gröfstem Vorteil
sein kann. Wenn auch eine grofse Anzahl von Uebungen kunstmäfsiger und
sicherer in geschlossenen Hallen ausgeführt wird, so gestattet doch der offene,
weniger beengte Tumplatz eine Reihe von specifischen Uebungen, welche in
240
Hallen nur ausnahmsweise ansgefahrt werden können nnd doch die Kraft und
Gewandtheit der Tnmer in hohem Mafse fördern, anfserdem eine mannigfaltigere
nnd anregendere Ansgestaltong des Tambetriebes gestatten. Hierzn rechne ich
nnter Anderem Lanfübungen, Stabspringen, Gerwerfen, anfserdem eine Beihe
von Tnmspielen, welche wenig Platz erfordern nnd doch die körperliche nnd
geistige Energie der Tarnenden in zweckmäfsiger Weise in Anspruch nehmen.
Der Turnplatz gewährt femer den Vorteil, dafs er sich mehr den Verhältnissen
des praktischen Lebens anpassen läfst und dafs durch zweckmäfsig geleitete
Uebungen im Freien dem Turner die Sicherheit und das Vertrauen verschafft
werden können, dafs seine methodisch geübten Kräfte ihn auch zur üeber-
windung von äufseren Schwierigkeiten, wie sie aufserhalb des Turnplatzes oft
unvermuthet ihm entgegentreten, befähigen.
Die sorgfältige Berücksichtigung der sanitären Verhältnisse mache ich
allen mit der Leitung des Turnwesens betrauten Behörden zur besonderen Pflicht.
Zu den unentbehrlichen Einrichtungen einer Turnhalle wie eines Turnplatzes
gehört unter Anderem die Anlegung eines geschlossenen oder auf Plätzen zum
mindesten überdachten Baumes, in welchem die Turner wärmere Oberkleider
verwahren können.
Ferner ist auf die Zufahrung guter Luft in den Turnhallen und die
Niederhaltung des Staubes in denselben besondere Bücksicht zu nehmen. Hierzu
gehören nicht allein zweckmäfsige Ventilationsvorrichtungen, sondern auch die
Anlegung eines guten Fufsbodens und die Beinhaltung desselben, wie der
Geräthe und Wände. Wo Wasser unter Druck zur Verfügung steht, erweist
sich das Sprühen in den Pausen als vorieilhaft, durch welches der in dem
Lufträume verteilte Staub niedergeschlagen, der FuTsboden aber nicht so stark
benetzt wird, dafs hierdurch die Sicherheit des Tumbetriebes gefährdet werden
könnte.
Durch die C.Verf. v. 27. Oct. 1882 habe ich in Anregung gebracht»
dafs die Schule noch über den Turnunterricht hinaus, zum Teil im Anschlüsse
an denselben, zur Förderung gesunder Körperentwickelung und jugendlicher
Frische ihrer Schüler beitragen möge; es gereicht mir zur Befriedigung, dafs
die Anregung nicht erfolglos geblieben ist und an manchen Stellen schon vor-
handene Einrichtungen oder Absichten unterstützt und befestigt hat Unerläfs-
liche Voraussetzung aber für einen dauernden und umfassenden Erfolg jener
Anregung ist es, dafs die Schule jedenfalls diejenige Verpflichtung vollständig
erfülle, welche ihr durch den Königlichen Willen in der C.O. v. 6. Juni 1842
vorgezeichnet ist Auf die Mängel, welche dieser Verpflichtung gegenüber der
gegenwärtige Betrieb des Turnunterrichts nach den angestellten Ermittelungen
noch zeigt, ist im Obigen hingewiesen worden ; die K. Prov.Schulcollegien wer-
den darin einen Anlafs finden, bei Feststellung der Lehrpläne für die einzelnen
Anstalten und insbesondere bei Bevisionen derselben zur Beseitigung der Mängel
und zu gedeihlicher Pflege dieses Unterrichtes in geeigneter Weise beizutragen.^'
Der Min. d. geistl. etc. Ang. von Gofsler.
12. Hodegetik für die zur Universität, Uebergehenden.
C.Verf. V. 6. Dec. 1845 (Min. Eichhorn): „Aus den Berichten der K.
Prov.Schulcollegien habe ich entnommen, dafs die Gymnasialschüler vor ihrem
Abgange zur Universität auf verschiedene Weise je nach den Ansichten der
betr. Directoren über eine zweckmäfsige Einrichtung und Anordnung ihrer akade-
mischen Studien belehrt werden. Ich bin zwar im Wesentlichen damit einver-
standen, dafs dieser far eine erspriefsl. Benutzung der den Universitäisstudien
gewidmeten Zeit sehr wichtige Gegenstand auch femer dem Wohlwollen und der
24:1
Liebe der Dir. überlassen bleiben mofs ; bei den häufig yorkommenden Mi£i9*
griffen der Stadirenden in der Wahl der Vorlesnngen und in der Anordnung
ihrer Stadien kann ich jedoch nicht umhin, die Angelegenheit der besonderen
Anfinerksamkeit der K. Proy.SchiilcolL dringend zu empfehlen/' —
Min. Verf. v. 24. Jan. 1846 (Min. Eichhorn an das K. Prov.Sch.G. zn
Posen; den übrigen Prov-Schnlcoll. mitgeteilt): „Anf den Bericht v. 27. t. M.
erkläre ich mich damit einverstanden, dafs der den Abitorienten nach bestan-
dener Matoritätsprüfang von dem Dir. des Gymn. oder einem besonders dazn
geeigneten Lehrer zn haltende Vortrag über die zweckmäfsigste Benntzong der
akadem. Stadienzeit nicht sowohl mit systemat. Vollständigkeit, als vielmehr in
der Form väterlicher and wohlgemeinter Bathschläge and Andeatangen ge-
balten werde. Dem Collegiam bleibt überlassen, die Dir. hieraaf aofmerksam
zu machen und den Gegenstand ihrer besonderen Fürsorge nochmals za empfehlen.
— Aof den Vorschlag, bei allen Falcaltäten der inländ. Universitäten sogen.
Stadienpläne aufstellen and diese den Stadirenden als Leitfoden bei der Be-
treibung der Fachstudien einhändigen zu lassen, mufs ich Bedenken tragen ein-
zagehen. Auch bezweifle ich, dafs eine solche Einrichtung den vorgedachten
hodegetischen Vorträgen forderlich sein würde, da es bei diesen nicht aut
specielle Anleitungen zum zweckmäfsigen Betrieb des künftigen Fachstudiums
abgesehen isi*^ —
Von den in Folge dieser Anregung seitens der E. Prov.SchulcolL an die
Gjmn.Directoren erlassenen C. Verfügungen spricht die des K. Prov.Sch.G. zu
Koblenz, 21. Mai 1846, sich dahin aus: — „Die Einfahrung hodegetischer
Vorträge als eines eigenen, stehenden und durch ein ganzes Jahr oder Halb-
jahr in einer oder mehr wöchentl. Stunden fortlaufenden Lehrfachs können wir
nicht wünschen. Abgesehen davon, dafs sich die Zeit für solche Vorträge in
dem vorgeschrieb. Normalplan nicht ermitteln lassen würde, hat sich aus den
tiiftigsten Gründen die allgm. Ueberzeugung bewährter Schulmänner dahin ge-
staltet^ dafs nicht eine fernere Erweiterung der Gjmnasialstudien ins Mannig-
faltige, sondern Concentration und Intensivität derselben als eine wesentliche
Bedingung fruchtbarer, gründlicher und liebevoller Beschäftigung mit denselben
zu betrachten ist^ und mit diesem Grundsatz würde die Aufnahme eines eigenen
neuen Lehrfachs in den Kreis dieser Stadien nur schwer zu vereinigen sein.
Dafs aber die Jünglinge der oberen GymnasialkL über ihren gegenwärtigen
und künftigen Beruf, über ihr Verhalten zu demselben und die richtige Art ihr
Ziel za erreichen, nicht blofs durch gelegentl. Winke, also mehr oder weniger
zufällig und lückenhaft, sondern durch planmäßige Mitteilung ihrer Lehrer mög-
lichst ins £[lare gesetzt werden, wird als sehr wünschenswerth, ja als ein Be-
dürfiiis betrachtet werden müssen. Vielerlei zum Teil sehr trübe und verworrene
Einflüsse wirken zusammen, um in diesen Jünglingen irgend eine Ansicht von
ihrer Aufgabe, jetzt als Schüler der oberen El., demnächst als Studenten, von dem
Werth oder Unwerth einzelner Studien, von dem ihnen zustehenden, angemessenen
Verhalten etc. hervorzurufen. Unter diesen Einflüssen darf eine planmäfsige
Belehrung seitens der Schale nicht fehlen, wenn diese gethan haben will, was
an ihr ist Individuelle Belehrungen bei gegebenen Gelegenheiten bleiben da-
neben Bedürfois; sie finden aber gerade die zweckmäfsigste Grundlage in allge-
meinen Paränesen.
Zuvörderst wird also dafür zu sorgen sein, dafs das Bewufstsein der
Jünglinge in den oberen El. über ihre Aufga.be und Stellung als Zöglinge dieser
obersten Stufe der Anstalt sich nicht blofs unter dem Einflufs wechselnder und
sich widersprechender Ansichten ihrer sonstigen Umgebungen und mannigfaltiger,
oft verworrener Leetüre, sondern auch durch ausdrückL Belehrung seitens der
Wieie, Verordnungen. 16
242
Schule klar feststellen könne. Die Bedentang nnd das gegenseitige VerhlUtnis
nnd allgemeine Ziel der Stadien, welche die Schale ihnen zor Pflicht macht
nnd deren bedentendste, z. B. das Stadium der Classiker, ihnen so oft als annütz
Terdächtigt werden, der Werth freier Privatstadien and die richtigen Orandsätze
for dieselben, der anzerreifsbare Zosammenhang zwischen sittlicher and wissen-
schaftlicher Bildang, die Angabe der. (^beren £1., der ganzen Anstalt ein Vor-
bild gemeinsamen geistigen and sittl. Streb^ns za sein: dies and ähnliches sind
Gegenstände, welche von Zeit za Zeit all elis, Schülern der oberen EL in za-
sammenh&ngender, bündiger DarsteUang yorgehatten werden müssen. Der ange-
messene Zeitpankt dafür ist in § 49 des Abitar Prüfongsreglm. t. 4. Jani 1834'^)
bereits bezeichnet and die daselbst den Dir. zar Pflicht, gemachten zweckdienl.
Erinnerangen werden sich meistens schon za einer prägnanten Paränese in dem
bezeichneten Sinne gestaltet haben.
Sodann wird die Schale sich bei der Wahl des Berafs^i^r ZOglinge
nicht lediglich passiv verhalten dürfen, wenn sie das Ihrige tha^nll. Diese
Wahl, sowohl die des akadem. Stadiams überhaupt^ als eines besondmn Facal-
tätsstodiams, wird zwar nar za oft aas den anzalänglichsten Motiven\nd aaf
ganz verworrene Yorstellangen hin getroffen and früh festgestellt; die 9>chale
aber, welche so oft die Verfehltiieit solcher Wahl wahrnimmt^ wird daram von
den wirklich berechtigten Momenten einer solchen Wahl nicht za schweiget^
haben; and wenn eine Belehrang der Einzelnen and ihrer Angehörigen in dieser
Hinsicht schwierig and oft mifslich ist, so wird es am so angemessener sein,
in allgemein gehaltenen, regelmäfsig wiederkehrenden Mitteilangen den Jüng-
lingen von dem Zeitpankt an, wo sich ein klares Bewafstsein in ihnen bildet,
also etwa von dem Eintritt in II an, die objectiven Motive richtiger Beraüiwahl
bestimmt za vergegenwärtigen and die äalkeren wie die inneren Bedingangen
akademischer Stadien überhaapt and der einzelnen Facaltätsstadien and deren
besondere Anforderangen an die, welche sich ihnen widmen, die Bedentang and
Nothwendigkeit fortgesetzter allgemeiner Stadien, sodann die Leiden and Freaden
der verschiedenen Berafkarten, ihnen bündig voizahalten.
Wann dieses geschieht, ist weniger wichtig, als dafs es regelmäfsig and
wiederholt geschieht^ da vielen Gymnasiasten sonst nirgends za gründlichem
Verfahren bei der Entscheidong über die Wahl ihres Lebensweges Anlafs
gegeben wird, wenn es nicht die Schale thnt. JedenfaUs wird es aber so zeitig
als thanUch geschehen müssen, da es für Abitarienten meist za spät kommen
würde. Passend möchte daher eine solche Mitteilung an die beiden oberen
KL alljährL in Verbindang mit den oben erwähnten Mitteilangen, wie sie § 49
des Prüfongsreglm. fordert, erfolgen. Bei der nothwendlgen Allgemeinheit nnd
Gedrängtheit solcher Mitteilangen ist nicht za besorgen, dafs dieselben mit den
encjklopäd, and methodolog. Yorlesangen der Universitäten in Widersprach
gerathen.^
*) >i§ 49. BekanntmaehungderBestimmungendes Aeglm. andie
Schüler der beiden obersten blassen. Aus dem obigen Reglm. sollen die
Abschnitte, welche sich auf die Zulassung zur Maturitätspriirong und auf die an
die Abiturienten zu machenden Anforderungen bei der sclmftl. und mündl. Prüfung
beziehen, jährlich 2mal, zu Anfang des Sommer- und des Wintersem., den versam»
melten Schülern der beiden oberen KL der Gymn. von dem Dir. vorgelesoi und
von demselben mit zweokdienlidien Erinnernngen begleitet werden.*'
243
V.
Zeitordnung der Schule, häusliche Beschäftigung. Päda-
gogische und disciplinarische Einrichtungen.
1. Die Unterrichtszeit
•
Bei der Mehrzahl der höheren Schulen beginnt der Unterricht herkömm-
lich Vormittags im Sommer um 7, im Winter um 8, Nachmittags mn 2 Uhr, nt
'der bei den evang. Schalen althergebrachten Freihaltimg der Mittw. und Sonnid).
Nachmittage, wenn sie nicht for das Tarnen in Ansprach genommen werden.
Die Erholungspansen haben durchschnittlich für den Tag eine Gesamtdauer
Ton 40 Minuten; s. u. — Bei mehreren Schulen ist eingeführt, da£B im Winter-
semester während der Zeit der kürzesten Tage im Nov., Dec, Jan., um die Be-
leuchtong der Klassenzimmer zu vermeiden, der Nachmittagsunterricht nur bis
'/4 vor 4 Uhr fortgeführt wird. — An einigen Schulen grofser Städte (vgl. Bist,
staust Darsi III p. 55) ist zor Beseitigung der üebelstände, welche daselbst
die herkömmliche Einteilung des Schultags for das Familienleben und durch
die wiederholten weiten Schulwege für die Kinder mit sich fahrt, die Einrich-
tong getroffen, sämtlichen Unterricht soviel wie möglich in die Vormittagsstunden
zu legen. Nur Dienstags und Freitags, wo um 11 Uhr Yormitt der kirdbl.
Katechumenenunterricht zu liegen pflegt, hat in den betr. Klassen der Nachm.
Unterricht beibehalten werden müssen. Ausserdem wird Nachmittags facultativer
Unterricht, auch wohl der im Singen, Zeichnen, Turnen erteilt Die Anstrengung
eines 5stünd. Yorm^Unterrichts wird den Schülern dadurch ertriglich gemacht,
dnUs zwischen den einzelnen Stunden gröCaere Pausen stattfinden.
Circ.Yerf. v. 10. Nov. 1884. ,J)ie Berichte, welche in Folge meiner
CVerf. V. 22. Febr. d. J. seitens der Herren Oberpräsidenten und der K. Prov.
Schulcollegien erstattet worden sind, haben mir von Neuem die GewifiBheit ge-
geben, da& die Unterrichtsbehörden sowie die Directoren und die Lehrercollegien
der höh. Schulen die Bedeutung vollkommen würdigen, welche der gesnnden
körperlichen Entwickelung der unsere höh. Schulen besuchenden Jugend betzu«-
messen ist» und dafs dieselben die hierauf bezüglichen Fragen der sorgfältigsten
Erwägung unterziehen. In Betreff der zwei Punkte, über welche ich unter Be-
zugnahme auf den dieselben behandelnden Abschnitt des inzwischen veröffent-
lichten Gutachtens der Wissenschaftl. Deputation für das Medicinälwesen vom
19. Dec 1883 die Aeufserung der Unterrichtsbehörden erfordert habe, nämlich
die Ordnung der die Lecüonen unterbrechenden Erholungspausen und die Be-
stimmung der Zeitdauer für die von den Schülern in den aufsteigenden Klassen zu er-
fordernde häusliche Arbeit, ergiebt sich aus dem Inhalte der Berichte, dafs es nicht
erforderlich ist, neue Einrichtungen zu treffen, sondern es sich nur empfiehlt,
bezüglich der Erholungspausen im Wesentlichen die bereits überwiegend be-
stehende Sitte als zweckmäfsig anzuerkennen und bezüglich der häuslichen
Beschäftigung der Schüler den bisher erteilten Weisungen bestimmteren Aus-
druck zu geben.
L Erholungspausen zwischen den Lehrstunden. DieWissen*
schafH. Deputation für das Medicinälwesen giebt nach Erörterung der verschie-
denen Gesichtspunkte, welche iür die Zeitdauer der Erholungspausen in Betracht
kommen, ihr Gutachten dahin ab, dafs bei Yerteilung des Untemchts auf den
Vor- und Nachmittag unter der Yoraussetzung genügender Yentilations-Einrich-
tmigen der Lehnummer die Erholungspausen Yormittags 5, 15, 5 Mimten (bei
16'
244
nnr dreistündigem Vormittagsiinterrichte 5, 10 Minnten), Nachmittags 5 Minuten,
zusammen 30 Minuten zu dauern haben, und dafs bei ausschliefslichem Vor-
mittagsunterrichte die (jesamtdauer der Erholungspausen für die unteren Klassen
30 bis 40 Minuten» für die höheren 25 — 30 Minuten zu betragen habe; über-
haupt empfiehlt die Wissensch. Deputation f. d. Medicinalw. den Erholungs-
pausen für die unteren Klassen eine längere Dauer zu geben, als für die höheren.
Nach Inhalt der Berichte bleibt nur in einer verschwindend geringen
Zahl von Fällen die Gesamtdauer der Erholungspausen hinter dem von der
Wiss. Deputation f. d. Medicinalw. bezeichneten Mafse um eine geringe Differenz
zurück, in der weit überwiegenden Mehrheit der Fälle wird dieses Mafs durch
durch die jetzt bestehenden Einrichtungen überschritten, und die Unterrichts-
behörden sprechen sich ausnahmslos für eine den Vorschlag der Wiss. Deputation
f. d. Medicinalw. etwas überschreitende Gesamtdauer aus.
Zur Beseitigung einerseits einer zu weit gehenden Beschränkung, anderer-
seits einer unzulässigen Ausdehnung der Erholungspausen bestimme ich im
Anschlüsse an die von den K. Prov.SchulcoUegien gestellten Anträge, dafs
in Betreff der Einrichtung der Erholungspausen folgende Grundsätze einzu-
halten sind:
1. Bei vierstündigem Vormittags- und zweistündigem Nachmittagsunterr.
und gleicherweise bei Zusammenlegung des Unterr. auf fönf Vormittagslectionen
hat die Gesamtdauer der Erholungspausen nicht weniger als 40 Minuten zu
betragen und darf 45 Minuten nicht überschreiten. An den Tagen, an welchen
der Vormittagsunterr. sich auf drei Stunden beschränkt, ist die Gesamtdauer der
Erholungspausen in entsprechender Weise zu vermindern.
2. Die Verteilung der Gesamtdauer der Erholungspausen eines Lections-
tages auf die einzelnen Lectionswechsel bleibt den K. Prov.SchulcoUegien über-
lassen. Als Grundsatz ist bei dieser Verteilung einzuhalten, in den Fällen des
vierstündigen Vormittags- und zweistündigen Nachmittagsunterr., dafs die Haupt-
pause Vormittags nach der zweiten Lehrstunde fällt^ während nach der ersten
und nach der dritten nur kürzere Unterbrechungen eintreten, und dafs zwischen
den beiden Nachmittagsstunden ebenfalls eine gröfsere Pause eintritt; in den
Fällen einer Beschränkung des Unterr. auf fünf Vormittagsstunden, dafs die
Hauptpausen nach der zweiten und vierten, dagegen nur kürzere Unterbrechungen
nach der ersten und dritten Lehrstunde eintreten.
Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dals der aus den Hauptpausen sich
eigebende Ausfall an Lectionszeit nicht eine einzelne Lection treffe, sondern
auf die gesamten Lehrstunden in angemessener Weise verteilt werde.
3. Für die gröfseren Pausen, also bei Vor- und Nachmittagsunterr. für
die Pause nach der zweiten Vormittags- und nach der ersten Nachmittagsstunde,
bei ausschliefslichem Vormittagsunterr. für die Pause nach der zweiten und nach
der vierten Lection, ist als Begel einzuhalten, dafs alle Schüler die Lehrzimmer
zu verlassen haben und diese inzwischen gelüftet werden.
4. Der von der Wiss. Deputation f. d. Medicinalw. empfohlenen Unter-
scheidung der unteren und der höheren Klassen bezüglich der Gesamtdauer der
Erholungspausen ist eine theoretische Berechtigung nicht abzusprechen; da aber
mit der Ausführung einer solchen Unterscheidung far den Beginn des Unterr.
in den oberen Klassen unvermeidlich so erhebliche Störungen verbunden sind,
dafs dadurch die für die höheren Klassen bestimmten Pausen thatsächlich auf
das den unteren Klassen bewilligte Mafs verlängert würden, so ist hiervon Ab-
stand zu nehmen. Dies unterliegt um so weniger einem Bedenken, da die für
alle Klassen bestimmte Gesamtdauer der Erholungspausen gröfser ist, als die
von der Wiss. Deputation f. d. Medicinalw. für die unteren Klassen in Aussicht
genommene. Für die mit höheren Schulen verbundenen Vorschulen kommt
245
überdieB in Betracht, dafs sie, da ihr Unterricht nm eine Stande später zu
beginnen pflegt, schon nach der ersten Lection an der gröÜBeren Pause teil-
nehmen.
5. An manchen Anstalten besteht in Folge des Mangels an künstlicher
Belenchtang oder der Mangelhaftigkeit derselben die Einrichtung, dafs während
der dunkelsten Wochen des Winters der Nachmittagsnnterr. um nngefihr eine
Yiertelstonde Mher geschlossen, zum Ersatz dafor aber die zwischen beide Lehr-
standen fallende Unterbrechong anf die zam Lectionswechsel onomgänglich
erforderliche Zeit beschränkt, event. die erste Lection etwas früher begonnen wird«
Gegen eine solche zeitweilige Einrichtang ist anter der Voraossetzong einer dabei
fest eingehaltenen Ordnong nichts einzuwenden.
6. Dorch die in Nr. 1 and 2 enthaltenen Bestimmongen über die Zeit-
daaer der Erholangspaasen and über die Gnindsätze for ihre Yerteilong ist dem
Erfordernisse körperlidier and geistiger Erholung angemessen Bechnong getragen.
Nicht blolB im Interresse des Unterrichts, sondern eben so sehr behaus Ge-
w6hnang der Schüler an pünktliche Ordnung ist erforderlich, dafe die Daaer
der Pansen nicht überschritten and dafs anmittelbar nach ihrem Schiasse der
Unterricht begonnen wird. Bei der ersten Yormittagsstonde (bezw. bei der der-
selben voraasgehenden Andacht) oder der ersten Nachmittagsstande ist za einem
Aofechabe des Anfangs ein Anlafis nicht vorhanden, vielmehr sind diese Leo-
tionen mit dem Glockenschlage za beginnen. Die Directoren (Bectoren) der
höh. Schalen sind darauf aufmerksam zu machen, dafs es zu ihren Obliegenheiten
gehört, für strenge Einhaltung der bezüglich der Erholungspausen seitens des
£. ProT.Sch.C. getroffenen oder genehmigten Einrichtangen Sorge zu tragen.*^
n. Zeitdauer der häuslichen Arbeit der Schüler. «. p. 258ff.
2. Dispensation von Unterrichtsgegenständen.
Seit der allgm. Einführung des Klassensystems (s. p. 153 f.) kann um
der inneren Einheit des Lehrplans willen eine Dispensation nur bei Neben-
fächern (z. B. Zeichnen, Gesang, Turnen, vgl. p. 117, 127), bei anderen ans
unumgängL Bücksicht auf locale Yerhältnisse nur ausnahmsweise gestattet
werden. Letztores geschieht mit dem Unterricht imGriechischenin deiyenigen
Städten, wo neben dem Gymnasium keine Beal- oder höh. Bürgerschule vor-
handen ist (s. p. 158).
Min.Yerf. v. 11. Oct. 1865: — „Obwohl die Einheit des Gymnasial-
lehrplans, in welcher ^e griechische Sprache eine so bedeutende Stolle einnimmt
und zu seinen übrigen Teilen in so naher Beziehung stoht, eine Dispensation
von diesem Untorrichtogegenstande widerräth, zumal da die überall gemachto
und leicht erklärliche Erfahrung vorliegt, dafis die vom Griechischen dispensirton
Schüler in der Begel auch im Lateinischen und in anderen Gegenständen zurück-
bleiben xmd den Unterricht in den Lectionen, wo sie mit den Ghiechisch
lernenden Schülern verbunden sind, erschweren, so hat doch die letzte allgm.
Pestsetzung über den Lehrplan (C.Yerf. v. 7. Jan. 1856 ; s. p. 67) die in dieser
Beziehung laut gewordenen Wünsche nicht unberücksichtigt lassen wollen und eine
Dispensation in denjenigen Städten gestattet, wo neben dem Gymn. keine Beal-
oder höh. Bürgerschule besteht An den meisten Gymn. solcher Städte haben
indefs die Dir. die Dispensation zu verhindern gewu&t In einigen ist dies
nicht zu erreichen gewesen, und man hat ebendaselbst für die dispensirten
Schüler hinsichtlich des eii^jähr. Militärdienstes dieselbe Berechtigung in An-
spruch genommen, welche den Gymnasial schülem zusteht, die an lülen G^egen-
ständen teilnehmen.
246
Eine vOIIige Gleichstellimg beider Arten von Schülern irar unznläBsig,
nicht nur weil die vom Griechischen dispensirten Schfiler meistenteilB thaiBftch-
lich hinter den anderen zurückstehen, sondern anch deshalb, weil dadurch die
Zahl der dispensirten Schüler sich zum Nachteil des Gymn. bald sehr vermehren
würde. Des Königs Maj. haben jedoch auf meinen und der beteiligten HH.
Bessortminister Antrag dnrch G. 0. v. 13. Mai d. J. zn genehmigen geroht,
daf^ die Tom Griech. dispensirten Schüler solcher Gymn., bei welchen in Er-
Inangelnng einer an demselben Ort befindlichen Beal* oder höh. Bürgerschnle
-dergleichen Dispensationen überhaupt gestattet sind, nach mindestens eiigfthr.
Besuch der 11 das Recht auf Zulassung zum einjfthr. freiwill. Militärdienst erwert>en,
wenn sie befriedigende, von der Lehrerconferenz festgestellte Schulzeugnisse
TOtzulegen im Stande sind. — Die betr. Vergünstigung kann nur da eintreten,
wo nachstehende Bedingungen erfüllt werden:
1. Der Dir. des Gymnasiums mu(b das Gesuch um Dispensation durch das
Alter oder den Gesundheitszustand oder die geistigen Anlagen oder durch die
spätere Bestimmung des Schülers für hinlänglich motivirt haJten und in Jedem
einzelnen Fall die Genehmigung des K. Prov.Sch.C. einholen.
3. Die Dispensation darf sich nur auf den griechidchen Unterricht erstrecken ;
namentlich darf för die dispensirten Schüler keine Verminderung der Lehrstunden
oder der Anforderungen im Lateinischen eintreten.
3. Statt des Griechischen wird den davon dispensirten Schülern zu der-
selben Zeit Unterricht in neueren Sprachen oder in Bealgegenständen im Schul-
hause erteilt.
4. Es mufs nachgewiesen werden, dafs die besonderen Erfordernisse solcher
Nebenklass^ an Local und Lehrkräften ausreichend vorhanden sind. — Bei
Gymn. königl. Patronats darf der Etat durch eine Mehrausgabe zum Zweck der
Dispensationen nicht beschwert werden.
Die erwähnte Berechtigung wird immer nur auf Widerrof erteilt und zu-
rückgenommen, wenn die Dispensationen für das betr. Gymn. besondere Unzu-
träglichkeiten nach sich ziehen und wenn sich bei Kevisionen oder anderen
Gelegenheiten wiederholt ergiebt, dafs die dispensirten Schüler in ihrer allge-
meinen Ausbildung hinter den Anforderungen, welche in den Blassen III und
n gestellt werden müssen, erheblich zurückbleiben. — Dafs die vom Griechi-
schen dispensirten Schüler zum Abiturientenexamen nicht zugelassen werden, ist
schon in der C.Verf. v. 7. Jan. 1856 bemerkt"
Ueber die Dispensation vom Beligionsunterricht s. p. 167 f.
Ueber die Dispensation jüdischer Schüler vom Sonnabends-
Unterrichte s. weiterhin in diesem Abschnitt Abteil. 9.
3. Ferien und Schalfeste.
C.Verf. V. 6. Nov. 1858: „Durch die in Folge der CircVerf. v. 3.
Febr. V. J. erstatteten Berichte ist die gegenwärtig bei den Gymn. und hoh.
Bürger- oder Bealschulen geltende Ferienordnung zu meiner Kenntnis ge-
bracht worden. Ich bin mit den in dieser Beziehung von den K. Frov.Sclral-
collegien und den K. Begierungen tieuerding^ getroffenen Anordnungen im
Wesentlichen einverstanden, sehe mich jedoch, behufe definitiver Begulimng dieser
Angelegenheit, zu folgenden allgm. Festsetzungen veranlafst:
Wenngleich eine Uebereinstimmung in Betreff der Dauer und des Beginns
der Ferien bei den höh. Lehranstalten derselben Provinz wünschenswerth ist, sö
^ind doch diejenigen Abweichungen davon auch femer zu gestatten, welche teik
durch die stiftungsmäfsige Eigentümlichkeit und die localen Verhältnisse eiü-
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zfliner Scholeii, teils durch dia Verschiedenheit des ccnfessioneQen Clumd^ten
der Anstalten moÜTirt werden und herkömmlich geworden sind.
Die Beal- nnd hdh. Büiigerschnlen haben sich den Gymn. derselben Pro«
¥inz hinsichtlich der Ferien möglichst zn conformiren. Wo Anstalten beider
Eategorieen an einem Orte sich befinden nnd ans erheblichen Gründen in der
Daner der Ferien nicht übereinstimmen, ist für den Wiederbeginn des Unterr. bei
beiden derselbe Termin anxnsetzen.
An einigen Anstalten ist die (Gesamtsumme der bisher üblichen Ferien-
tage zn grofs. Es ist darauf zn halten, dailB innerhalb eines Jahres das Maxi-
mum von 10 V2 Woche nicht überschritten werde. Anfser Berechnung
bleiben dabei die kirchL Festtage der betr. Confession, der Geburtstag Sr. Maj.
d€« K&nigs und einzelne herkömmL Bchulfesttage. Der Nachmittag vor dem
allgm. Bufstage ist nicht frei zu geben.
Sogenannte Markt- und Fastnachtsferien sind bei der Gesamtsumme der
j&hrL Ferienzeit in Anrechnung zu bringen, was am geeignetsten durch Vei^
kürzung entweder der bei einigen Anstalten zu langen Pfingst- oder der Michaelis-
ferien geschehen wird, wo letztere von den Sommerferien getrennt sind. Uebri-
geiüB ist darauf Bedacht zu nehmen, die einzelnen Ferientage dieser Art allm&hlich
aufser Gebrauch zu bringen, so weit die Sitte des Offentl* Lebens dies zi»-
l&ssig erscheinen läfsi — Es ist nicht zu gestatten, dafo wegen des Namens-
oder Geburtstages des Directors oder eines Lehrers der regelmäßige Unterricht
ausftdle.
Ueber die Befhgnis, bei überm äfsiger Hitze oder Kftlte Unter-
richtsstunden ausfallen zu lassen, sind aUgemeingiltige Bestimmungen nicht en
treffen; die für drgL aufserordentliche Fftlle nötibigen Anordnungen sind Yiel-
mebi dem pflichtmäfsigen Ermessen der Directoren zu überlassen.
Wo die grofsen Ferien in die Mitte des Sommersemestei« fallen und
nicht mit den Herbstferien verbunden sind, darf ihre Dauer nicht über 4 Wochen
ausgedehnt werden. Es ist nicht nothwendig, dieselben mit Anfang JuU be-
ginnen zu lassen. Vielmehr ist bei Festsetzung der sogenannten Hundtags-
ferien jedesmal auf die Lage von Ostern, sowie darauf Bücksicht zu nehmen,
dafe das Ende der Ferien nicht zu nahe mit dem Beginn des Michaelis-Abi-
turientenexamens zusammenkomme und die Yorbereitungszeit für die zu Michaelis
stattfindenden Versetzungsprüfhngen nicht zu sehr verkürzt werde. — Wo keine
eigentlichen Sommerferien, sondern statt deren gröfsere Herbstferien üblich sind,
ist der Anfangstermin derselben nicht vor dem 15. August zu setzen, in der
Begel aber nur die erste Woche der Ferien noch in den August zu verlegen.
Um die zu häufige Wiederkehr längerer Unterbrechungen des Unterrichts
und das nahe Zusammentreffen mit den Sommerferien zu vermeiden, sind die
Pfingstferien überall soweit zu beschränken, dafo sie, einschliefsl. des Sonn-
abend vor dem ersten Festtage, nicht mehr als 5 Tage betragen. Bei spätem
Eintritt des Osterfestes hat es kein Bedenken, die Osterferien schon einen
oder einige Tage vor Palmarum beginnen zu lassen, ohne daTs dadurch ihre
allgemeine Dauer verlängert wird.
Die Aufnahme neuer Schüler findet innerhalb der Ferien statt; es
sind jedoch dabei von den Dir. nur diejenigen Lehrer zur Unterstützung in An-
spruch zu nehmen, welche am Ort der Schule während der Ferien oder vor Ab-
lauf derselben anwesend sind.
An mehreren Lehranstalten ist zur Beseitigung der Uebelstände, welche
insbes. für die Schüler der unteren Klassen in der langen Dauer der Hauptferien
liegen, die Einrichtung getroffen, dafs solche Schüler, sofern ihre Eltern es
wünschen, täglich einige Standen während der Ferien im Schullocal zubringen
und daselbst von einem oder mehreren Lehrern bei ihren Ferienarbeiten beauf-
348
sichtigt oder anderweitig beschäftigt werden, wofür letztere eine angemessene
Bemnneration, teils ans der Schiükasse, teils dnrch eine Vergttang seitens der
betr. Eltern erhalten. Die Dir. der Anstalten, bei welchen eine derartige Ein-
richtong noch nicht Yersncht worden ist, sind auf die Heilsamkeit derselben
hinzuweisen; die nöthige Bücksicht anf die besonderen Verhältnisse der ein-
zelnen Schulen macht jedoch eine allgm. Anordnung darfiber nnthnnlich. In
die Jahresberichte ist eine Notiz darüber aafisnnehmen, wie weit in den Schalen
des betr. Ressorts die gedachten Ferienbeschäftignngen Eingang
geftmden haben.
Auf das rechtzeitige Eintreffen der Schüler nach den Ferien ist mit grOfse-
rer Strenge zu halten, als es an einigen Anstalten bisher geschehen ist
Die im Vorstehenden gegebenen Bestimmungen sind vom neuen Jahre
an zur Ausführung zu bringen und sodann, zum Nachweis der bei den ein-
zelnen Anstalten demgemäfs geltenden Ferienordnung, von den Dir. in die
Programme von 1860 eine genaue Zusammenstellung aller im Jahre 1859 frei
gegebenen Tage und Ferienzeiten, mit Angabe des Anfang^- und Schlufstages,
aufzunehmen.
Ich veranlasse die E. Prov.Schulcoll. und die E. Regierungen, die Dir.
der höh. Lehranstalten Ihres Ressorts hiemach mit der erforderlichen Anweisung
zu versehen."
Ueber die thatsächliche provinzielle Verschiedenheit, welche in
der Lage der Ferienzeiten zwischen den hoh. Lehranstalten stattfindet» s. Hist.
Statist Darsi Ul p. 56.
Ferienordnung für die Provinz Westfalen. Min.Verf. v. 9.
Febr. 1878. Auszug. „Nach Vorstehendem bestimme ich hiermit die künf-
tige Ferienordnuug för alle hOh. Lehranstalten meines Ressorts in der dortigen
Provinz dahin, dafs 1) die Hauptferien 5 Wochen dauern und vom 15. August
ab beginnen ; 2) die Osterferien 3 Wochen umfassen und je nach dem Falle
des Festes nach Anordnung des K. Prov.Sch.G. entweder ganz nahe vor dem-
selben oder verhältnismäfsig f^^er eintreten; 3) die Pfingstferien mit Sams-
tag vor dem Fest beginnen und mit Mittwoch Abend nach demselben schliefsen ;
4) die Weihnachtsferien 14 Tage dauern und mit dem 22. oder 23. December
beginnen.
Die Aufiiahme- und Versetzungsprüfungen zu Anfang eines jeden Se-
mesters sind innerhalb des letzten oder der beiden letzten Tage der Ferien
vorzunehmen.'*
Ferienordnung für die Provinz Westpreufsen. Min. Verf. v
2, Mai 1879. Auszug. „Femer bin ich mit dem E. Prov.Sch.G. und der
überwiegenden Mehrzahl der erstatteten Gutachten darin einverstanden, dafs nach
den klimatischen Verhältnissen der dortigen Provinz für die längeren Ferien
nur die Sommermonate geeignet sind, sowie dafs deren Dauer auf 4 Wochen zu
bemessen ist Die für eine längere Dauer von einzelnen Anstalten geltend ge-
machten Gründe sind zum Teil nicht zutreffend, jedenfalls aber so unerheblich,
dafs sie den einer solchen Einrichtung entgegenstehenden Bedenken gegenüber
nicht ins (Gewicht fallen können. Der Beginn dieser Sommerferien ist so zu
legen, dafs von ihrem Ende bis zum Schlüsse des Sommersemesters noch ein
Zeitraum von ungefähr 8 Wochen bleibt Femer sind die kleineren Ferien so
zu verteilen, daüB Ostern, Michaelis und Weihnachten je 14 Tage und zu Pfingsten
einschliefslich der Festtage 5 Tage frei gegeben werden. Die Lage der ge-
samten Ferien wird das E. Prov.Sch.C. am Anfang jedes Ealenderjahres den
sämtlichen Lehranstalten durch Circularverfüg^g bekannt zu machen haben,
und es bleibt bei deren Festsetzung Demselben unbenommen, je nach der Lage
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des Osterfestes den Anfang der Osterferien eine Woche früher oder später
zn legen/'
CVerf. ▼. 6. Oct. 1886. „Dnrch die C.Verf. v. 27. Juli d. J. ist in
Aussicht genommen worden, es mOchte den mannigfachen Mifsständen und
Schwierigkeiten, welche for den ünterrichtsbetrieb an den höheren Schulen aus
dem ungewöhnlich späten Fallen des Osterfestes (25. April) im
Jahre 1886 zu erwarten sind, dadurch abgeholfen werden, dafs an die Stelle
der Tierzehntägigen Osterferien ausnahmsweise eine zweifache Unterbrechung
des Unterrichts, jede von der Dauer einer Woche, gesetzt werde, und die E.
Prov.Schulcollegien sind aufgefordert worden, über die gegen diese ausnahms-
weise Einrichtung etwa geltend zu machenden Bedenken bis zum 15. Sept. d. J.
zu berichten.
Indem einige von den K. Prov.Schulcollegien sich zu einer Bericht-
erstattung nicht veranlafst gefiinden haben, darf ich voraussetzen, dafs denselben
die aus der ausnahmsweisen Mafsregel hervorgehenden, auch meinerseits nicht
aufser Betracht gelassenen Schwierigkeiten geringer erschienen sind, als die
mit der Beibehaltung der regelmäfsigen Einrichtung verbundenen. Den von
den übrigen E. Prov.Sch.CC. gegen die in Aussicht gestellte ausnahmsweise
Mafsregel erhobenen Einwendungen ist zwar im Einzelnen nicht eine gleiche
Bedeutung beizumessen; insbes. vermag ich nicht manche der anderweit aus
diesem Aiüasse zur Beseitigung der Schwierigkeiten vorgetragenen Vorschläge
für annehmbar zu erachten. In ihrer Gesamtheit aber haben die vorgetragenen
Einwände ein solches Grewicht, dafs es mehr als fraglich erscheint, ob nicht
die von der ausnahmsweisen Mafsregel zu besorgenden Uebelst&nde in mehreren
Beziehungen erheblicher sein dürften, als die aus der regelmäfsigen Einrichtung
erwachsenden.
Deshalb finde ich mich bestimmt, von der für das nächste Jahr in Aus-
sicht gestellten Aenderung der Osterferien an den höh. Schulen Abstand zu .
nehmen, und bestimme, daljs auch im Jahre 1886 ungeachtet des späten Fallens
des Osterfestes in der Feststellung der Osterferien an den höh. Schulen die sonst
in dieser Hinsicht mafsgebenden Grundsätze eingehalten werden.
Hiemach ist, wie dies nach der C.Verf. v. 6. Nov. 1858 (p. 247) regelmäll9ig
bei einem späteren Eintritte des Osterfestes geschieht, der An&ng des Sommer-
semesters möglichst nahe an das Osterfest zu rücken, d« h. auf den Donnerstag
nach dem Osterfeste, den 29. April zu setzen. Der Schluis des Schuljahres
fiUlt demgemälis auf den Mittwoch vor Palmarum, 14. April. Von mehreren
Seiten ist in Anregung gebracht, es möge mit Bücksicht auf die ungewöhnlich
späte Lage des Osterfestes im Jahre 1886 das Schuljahr bereits am Sonnabend
dem 10. April geschlossen und die daraus sich ergebende Erweiterung der Oster-
ferien um eine halbe Woche durch entsprechende Verkürzung der Michaelisferien
ausgesehen werden. Ich finde gegen diesen Vorschlag in Bücksicht auf die
aufsergewöhnlichen Umstände nichts einzuwenden und überlasse es den einzelnen
E« Prov.Schulcollegien^ für ihren Amtsbereich festzustellen, ob die Osterferien in
der regelmäfsigen Ausdehnung vom 15.^28. April oder unter entsprechender
Verkürzung der Michaelisferien vom 11.^28, April dauern sollen.
Bei dieser Aufrechthaltung der regelmäfsigen Einrichtung bezüglich der
Osterferien bleiben die Schwierigkeiten bestehen, auf welche als auf den Anlafs
zur Erwägung einer eventuellen Ausnahmebestimmung in meiner CVerf. v,
27. Juli d. J. hingewiesen war. In dieser Hinsicht habe ich Folgendes zu bemerken,
In allen dei^enigen Fällen, in welchen einzelne Abitmienten bereits zum
1. April bezw. zum 20. März (vgl. C.Verf. v. 26. Oct 1878 (GBl. 1878 p. 605;
s. Abschn. VII) im Besitze ihrer Beifezeugnisse sein müssen, ist unbedingt
darauf zu halten, dafs ein rechtzeitiger Termin für die mündliche Prüfrmg ange-
250
setzt werde. Es wird hierdurch voraossichiüch nicht flberall möglich sein, die
durch die C.Verf. v. 8. Jnli 1880 unter Nr. 2 getroffenen Bestimmung über
den Mhestens zulfissigen Termin der mündlichen Beifeprüfungen nach seinem
Wortlaute einzuhalten; die K. Prov. SchulcoUegien sind daher ermächtigt, in
diesem besonderen FaUe von jener Bestimmung insoweit, als unerlftfslich ist,
abzuweichen.
Denjenigen Schülern, welche ohne Boifezeugnis in einen anderen Beruf
übergehen, in welchen sie bereits am 1. April eintreten müssen, ist das Ab-
gangszeugnis unter dem 31. März in der Weise auszustellen, als wenn sie das
Schuljahr absolvirt hätten.
In Betreff des Personalwechsels in den Lehrercollegien werden voraus-
sichtlich die durch die G.Yerf. v. 15. März 1881 (GBl. 1881 p. 358) getroffenen
, Bestimmungen ausreichen, jedoch haben in Jedem einzelnen Falle die E. Prov.
SchulcoUegien dafür Sorge zu tragen, dafs nicht etwa nachträglich Schwierig-
keiten entstehen.
Lehrer, welche zum 1. April 1886 in den Ruhestand treten, sind nicht
Yerpflichtet, über den 31. März hinaus Dnterricht zu erteilen. Ob ein etwaiges
Anerbieten derselben zur Fortführung des Unterr. bis zum Schulschlusse, selbst-
verständlich ohne die Möglichkeit einer Bemuneration, anzunehmen oder eine
Vertretung derselben durch die übrigen Mitglieder des LehrercoU. herbeizuführen
ist, bleibt in jedem einzelnen Falle der Erwägung des Dir., event. der Ent-
scheidung des K. Prov.Sch.C. überlassen."
Aus einer C.Verf. des E. Prov.Schulcoll. zu Berlin v. 11. Juni
1863: „Wir nehmen Veranlassung, darauf aufmerksam zu machen, däCs
der n. Minister mifsfölUg wahrgenommen hat, dafs an mehreren Anstalten von
Seiten vieler Schüler namentlich die Sommerferien oft ganz willkürlich ausgedehnt
werden. Wir sind deshalb von dem H. Min. angewiesen worden, den Dir. die
piiichtmäföige Strenge in Aufrechthaltang der Ordnung in Erinnerung zu bringen.
Wo es die Dir. und Lehrer daran nicht fehlen lassen, kommen Sohulversäumnisse
nur selten vor. In den Fällen, wo Eltern in dieser Beziehung gleichwohl den
Anspruch der Schule an ihre Söhne verkennen und diese längere Zeit vom üntefr.
zurückhalten, werden sie darauf aufmerksam zu machen sein, dafs sie die unaus-
bleiblichen Folgen eines unregelmäfsigen Schulbesuchs bei ihren Söhnen sich
selbst zuzuschreiben haben. Wo in einzelnen FäUen unabwendbare Umsttode zu
einer Verlängerung der Ferien nöthigen, ist doch mit aller Entschiedenheit darauf
zu halten, dafs die Erlaubnis dazu bei dem Dir. zu rechter Zeit und in rechter
Weise erbeten werde." —
C.Verf. V. 18. Mai 1872: „Durch Verf. v. 2. Apr. 1853 ist angeordnet
worden, bei den höh. Lehranstalten den Beginn und Schlufs der Ferien
80 zu legen, da(^ zu den Beisen der Schüler von und nach dem BchuLort nicht
Sonn- und Festtage benutzt werden müssen. Die Vorteile der demffemäfs ge-
troffenen Einrichtungen werden jedoch, wie die Erfahrung gezeigt hat, von den
damit verbundenen ünzuträgliehkeiten überwogen, weshiüb bereits in einigen
Provinzen auf geschehenen Antrag die frühere Ordnung wiederhergestellt ist. Ich
bestimme nunmehr unter Aufhebung obiger Verfügung, dafs hinfort allgemein,
soweit nicht besoiidere Verhältnisse, z. B. der Eintritt der beweglichen Feste,
eine andere Anordnung nöthig machen, der Schlufs der Lectionen vor den
-Ferien nicht am Freitag, sondern am Sonnabend, und ebenso der Wiederanfang
nicht am Dienstag, sondern am Montag erfolge." Der Minister etc.
In kirchlicher Beziehung wird, abgesehen von den allgemeinen christ-
lichen Feiertagen, der regelmäfsige For^ang des Unterrichts bei den über-
wiegend evangelischen Anstalten nur durch das Seformationsfest unter-
brochen.
Ml
O.Yerf. T. 31. Juli 1860. „Ans den von den K. Frov.SchnleoIlegien
aif meine C;yerf. t. 22. Jnli ▼. J. erstatteten Beriehten habe ich mit Be-
friedigung ersehen, dafs an denjenigen höh. Schnlen, deren Sehüier ansschlieib-
lich oder überwiegend dem evangelischen Bekenntnisse angehören, sowie an den
evangelischen Seminaren nnd Präparandenanstalten ohne besondere darüber
getroffene Anordnung die gnte Gewohnheit besteht, an dem Gedenktage der
kirchlichen Beformation nicht schweigend vorüberzogehen, sondern in der
Zeit des Festes den Schülern zn ihrer .religiösen Erbauung die hohe Bedeutung
desselben nahe zu legen. Die Verschiedenheit der Form, in welcher dies aus-
geführt wird, an einzelnen Anstalten durch eine besondere Schiüfeier der Re-
formation, an den meisten in dem Beligionsunterr. und in den Schulandachten,
durch eine allgemeine Anordnung zu beseitigen, ist um so weniger ein Anlafis
vorhanden, als diese Verschiedenheit meistenteils in historischen Erinnerungen
und örtlicher Sitte oder in confessionellen Verhältnissen der Schule ihre gute
Begründung hat. Ich kann daher den K. Prov.SchulcoUegien nur empfehlen,
durch Ihre Departementsräthe bei Gelegenheit der Revision der einzelnen An-
stalten dahin wirken zu lassen, da(^ die an jeder Anstalt in dieser Hinsicht
bereits bestehende Einrichtung in würdiger, Ar die Schüler nach ihren ver^
schiedenen Stufen wahrhaft erbaulicher Weise zur Ausfuhrung gebracht werde.*'
Die vom Staate anerkannten Feiertage (vgl. Justiz-Min. Bl. für 1850 p.
127, Verf. v. 12. Apr. 1850), an denen bei katholischen Lehranstalten der
Unterricht ausfällt, sind folgende sieben: 1. Epiphanien, 6. Jan. 2. Marifi
Beinigung, 2. Febr. 3. Maria Verkündigung, 25. März. 4. Frohnleichnam.
5. Peter und Faul, 29. Juni. 6. AllerheUigen, 1. Nov. 7. Maria Empfängnis,
8. Dec. — Auserdem werden am Aschermittwoch und am Allerseelentage die
zwei ersten Morgenstunden freigegeben. Rechnet man dazu die besonderen
kaliiol. Local- und Diöcesan-Feieriage, so ist es etwa 1^2 Woche, um die für
die kathol. Schüler sich die Ferienzeit jährlich vermehrt.
Allgemein wird in den Schulen der Geburtstag 3r. Maj. des
Kaisers und Königs gefeiert; bei den meisten Anstalten jetzt auch der
2. Sepi als (Gedenktag des Sieges von Sedan; vgl. Hist. statist. Darst. m
p. 4. Femer pflegt der Unterricht ausgesetzt zu werden am Tage der Urwahlen
für das Abgeordnetenhaus und am Tage der Volkszählung.
Min. Verf. v. 2. Febr. 1886. „Se. Majestät der Kaiser und König
haben zum Zweck der Herbeiführung eines gleichmäfsigen VerfiEihrens hinsicht-
lich des Flaggens der amtlichen Gebäude in Berlin bei besonderen
Gelegenheiten zu befehlen geruht, dafs an sämtlichen Königlichen Gebäuden an
den nachbenannten Tagen und zwar von Morgens früh bis nach Sonnenunter-
gang geflaggt wird, nämlich am 22. März und 30. September, den Geburtstagen
Ihrer Mi^estäten, — 18. Ootober und 21. November, den Geburtstagen Ihrer
Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten des Kronprinzen und der Kronprinzessin,
. — 27. Januar und 22. October, den Geburtstagen Ihrer Königlichen Hoheiten
des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm, — femer am Keujs^tag, an dem-
jenigen Sonntage, an welchem das Krönungs- und Ordensfest gefeiert wird und
endlich am 2. September, dem Sedantage.** An das Präsidium des K. Prov.
8ch.C. zu Berlin.
C.Verf. des K.Prov.Sch.C. zu Kiel v. 28. Jan. 1874: „Für sämtL
zu unserem Ressort gehörende höh. Lehranstalten ordnen wir hierdurch an,
dafe, wenn der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers und Königs, wie
in diesem Jahre auf einen Sonntag fUlt, die betr. Schulfeier, wie das auch
früher in den meisten Schulen geschehen ist, am Tage vorher gehalten wird,
unter Wegfall der Unterrichtsstunden dieses Tages.''
252
-^— ^"^~~'~-~~~~'^"^~— ^— ^-' •
G.Verf. des Proy.Sch.G. zn Münster v. 25. Jnli 1874: JDer U.
Min. der geisü. Anglgh. hat auf unseren Antrag genehmigt, dafs die grofsen
Ferien bei demjenigen Anstalten, wo sie bisher in der letzten Hälfte des
Monats August anfingen, hinfort nicht vor dem 4. Sept beginnen, und uns
überlassen, für die von uns beantragte Schulfeier des Sedantages das weitere
Nöthige anzuordnen.
Wir bestimmen daher, dafs der 2. Sept in allen Lehranstalten unseres
Bessorts durch einen feierl. Schulact ausgezeichnet werde. Die Feier wird an-
gemessen begonnen werden können durch Vortrag patriotischer Ges&nge und
Declamationen der Schüler; alsdann würde eine von dem Dir. oder einem dazu
besonders geeigneten Lehrer zu haltende Festrede, welche die hohe Bedeutung
des Tages und der ihm vorhergegangenen und gefolgten Ereignisse in ange-
messener Weise hervorhebt, zu folgen haben, und mit einem abermaligen Ge-
sänge zu schliefsen sein. Es ist gestattet, unmittelbar im Anschluüs an diese
Feier, welche ganz besonders zur Belebung und Forderung vaterländischer Gre-
sinnung in den Herzen der ZOglinge bestimmt und geeignet ist, die Entlassung
der Abiturienten, nicht aber der übrigen Schüler, vorzunehmen, damit nicht am
folgenden oder zweiten Tage wieder eine besondere Feier stattzufinden habe.
Der Unterricht fällt an dem Tage natürlich aus. Die Entlassung der übrigen
Schüler aufser den Abiturienten und die Verteilung der Gensuren darf frühestens
am 3. Sept. erfolgen. Die Ausfuhrung im Einzelnen bleibt dem Ermessen der
Dir. und Lehrercoll. anheimgegeben; doch erwarten wir bis z. 15. Sept. Diren
Bericht darüber, in welcher Weise dieselbe erfolgt ist, und bemerken schliefslich
noch, dafs die Ferien vom 4. Sept ab volle 37 Tage dauern.'^
CVerf. des Prov. Seh. C. zu Kiel v. 17. Aug. 1874: „Da der Tag
von Sedan mehr und mehr für ganz Deutschland die Bedeutung eines gemein-
schaftlich zu feiernden Nationalfestes gewonnen hat, so ermächügen wir, unter
Hinweis auf unsere betr. Girc. Verf. hierdurch bis auf weiteres die HH. Direc-
toren und Rectoren, am 2. Sept. eines jeden Jahres unter Aussetzung des Offentl.
Unterrichts eine geeignete patriotische Festfeier für die Ihrer Leitung anver-
traute Jugend zu veranstalten. Ueber die Art und Weise, wie die Feier vor
sich gegangen ist, wollen wir jedesmal nachträglichem kurzem Berichte ent-
gegensehen."
Min.Verfl v. 23. Apr. 1870: „Auf den Bericht v. — betreffend die
Veranstaltung der Feier zur Erinnerung an die vor 25 Jahren stattge-
fundene Eröffnung des Gymn. zu K, erwidere ich dem K. Prov.ScLc.
Folgendes:
Wenngleich der in den gemachten Vorschlägen kundgegebene patriotische
Sinn und die Pietät des Directors N. gegen den Gründer des Gymn. anzuer-
kennen sind, so genügt es doch, den Gefühlen des Dankes und der patrioi
Erhebung bei der Erinnerung an das 25jährige 'Bestehen der Anstalt durch
einen einfachen Schulact verbunden mit einer entsprechenden kirchl. Feier ohne
öffentliches Aufsehen und ohne Störung der Schulordnung Ausdruck zu geben,
zumal bei der grofsen Anzahl der öffentl. Lehranstalten im ganzen Staate die
25jähr. Jubiläen so häufig wiederkehren, dafs es schon deshalb auf dem Ge-
biete der Unterrichtsverwaltung noch weniger als auf anderen Gebieten rathsam
erscheint, seitens der Staatsregieruug auf solche Jubiläen besondere Bücksicht
zu nehmen. — Hinsichtl. der bei dem gedachten Anlafs von ehemaligen
Schülern des Gymn. in N. zu erwartenden Bethätigung ihrer dankbaren Er-
innerung bemerke ich, dafe dieselben auch wohl ohne Veranstaltung einer
öffentl. Feier die den armen Schülern zugedachten Stipendien stiften werden."
953
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau ▼. 26. Sept 1874: „Wir
haben wiederholt wahrnehmen müssen, dafs Schulfeste verschiedener Art be-
schlossen, Öffentlich angekündigt und gefeiert worden sind, ohne dafs vorher
von Seiten der betr. HH. Directoren auch nur eine Anzeige über eine solche
Absicht an uns eingereicht worden war. Wir sehen uns daher veranlafst, daran
EQ erinnern, dafs wir von dem ganzen Leben der unserer Verwaltung über-
gebenen Anstalten in Kenntnis bleiben müssen, und dafs daher aufserordent-
liche Schulacte und Schulfeste, mögen sie auf den engeren Kreis der Schule
beschränkt bleiben oder unter BeteUigung des Publikums und öffentlicher Auf-
forderung zur Teilnahme vor sich gehen sollen, nicht eher eingeleitet werden
dürfen y bis unsere Zustimmung durch Angabe des Zweckes und des beabsich-
tigten Programms nachgesucht und auch erlangt ist."
4. Die häusliche Beschäftigung der Schüler. Privat-
stadium.
Vgl C.Verf. V. 24. Oct. 1837: p. 58 f. und v. 7. Jan. 1856: p. 69.
— ü. und PO. V. 6. 0 ct. 1859: p. 88, 109; zur üeberbürdungsfrage auch
p. 106 und Bev.L. v. 31. März 1882: p. 115. — Für die Vorschulen s.
C.Verf. V. 23. Apr. 1883: p. 148.
Aus einer Min. Verf. v. 29. März 1829: „Hinsichtlich der an die Schüler
der Grymn. zu machenden Anforderungen hat das K. Consist. nicht genug die Schü-
ler der oberen und teilweise auch der mittleren Klassen von denen der unteren
Kl. nnterschieden. Was jene bei schon ausgebildeter geistiger und körperlicher
Kraft in einem Lebensalter von 17 bis 20 Jiären vermögen, ist nicht von Knaben
nnd Jünfflingen zu verlangen, die noch geistig wenig gebildet sind and in einem
zarten ijter von 10 bis 14 Jahren stehen. Während aas Min. im Allgemeinen für
nothwendig erachtet, dafs den die Gymn. besuchenden jungen Leuten, welche sich
den gelehrten Studien und demnächst einem Beruf widmen wollen, welcher Uni-
verBitätstudien erfordert, ihr Vorhaben nicht zu leiohfe gemacht, dafs ihnen viel-
mehr schon in der Schule und mittels derselben die Beschwerden, Mühseligkeiten
nnd Aufopferungen, welche die unvermeidlichen Bedingungen eines erfolgreichen,
dem Dienst der Wissenschaft, des Staats und der Kirche gewidmeten Lebens sind,
vergegenwärtigt, und sie früh an den Ernst ihres Berufs gewöhnt und zur Ertra-
gimg der mit demselben verbundenen Arbeiten gestählt werden, hiefse es anderer-
seita Regen alle Regeln einer vernünftigen Erziehung und eines verständigen Un-
terrichts handeln, wenn man die Schüler der unteren nnd der oberen Kl. der
Gymn. nach gleichem Mafsstabe messen und die geistige Ausbildung und Erstar-
kung derselben durch überspannte und dem jedesmaligen Standpunl^ ihrer Kraft
nicht gehörig angepafste Forderungen bewirken wollte. Hat ein solches tadelns-
werthes Verfahren aus mifsverstandenem Eifer, aus Mangel an Erfahrung oder aus
anderen Gründen in den hiesigen oder den übrigen Gymn. der Prov. Brandenburg
stattgefunden, so trifit die Schuld hiervon zuvörderst die betreff. Lehrer, Klassen-
ordinarien nnd Directoren, demnächst aber auch das K. Consist. und Prov.Sch.C,
welches vermöge der demselben erteilten Dienstinstmction eben so befugt als ver-
pflichtet ist, sich von allen Einrichtungen in den Gymn. Seines Bezirks fortwäh-
rend in der genauesten Kenntnis zu erhalten und alle bei dem Erziehungs- und
Unterrichtawesen eingeschlichenen Mifsbräuche und ansretroffenen Mängel durch
zweckmäfsige Anordnungen unverzüglich abzustellen. Da von dem Imn. keine
Anordnung getroffen ist, durch welche sich solche überspannte Anforderungen an
die Schüler irvendwie rechtfertigen liefsen, auch das Min. vermöge seiner Stellung
die einzelnen Fälle, wo von Seiten der Directoren und Lehrer das richtige Mafs
in ihren Anforderungen Überschritten wird, weder im Detail erfahren, noch im
Zusammenhange mit den speoiellen Einrichtungen in den betreff. G^ymn. beurteilen
kann, so lassen sich solche Uebelstände und Mifsbräuche, wenn sie anders wirklich
vorhanden sind, auch nicht durch allgemeine Verfügungen von Seiten des Min. be-
seitigen. Dies gilt besonders von den häusl. Arbeiten der Schüler, worüber
254
•ioli nickt fuglioh allf^exnelne» fSr alle Qymn. und alle Klassen derselben bindende
Vorschriften, am weniffsten in Hinsicht der auf diese Arbeiten xu verwendenden
Zeit, erteilen lassen, ohne Gefahr zu laufen, dafs entweder zu viel oder zu wenig
gefordert werde. Die Aufgaben zu den häuslichen Arbeiten müssen nach der
grÖfseren oder geringeren Schwierigkeit der betr. Ghegenstande, nach der Ver>
schiedenheit des Standnunktes der geistigen Bildunff und Befähigimg in den ein*
seinen Klassen, und selbst mit Rücksicht auf die individuellen Kräfte und Bedürf-
nisse der Mehrzahl der jedesmaligen Schüler abgemessen werden, und es 4st die
Sache der Lehrer, der Klassenorddharien und der Directoren, unablässig darüber
zu wachen, dafs in der fragl. Beziehung von den Schülern nicht mehr gefordert
werde, als mit der pflichtxnäfsi^en Sorge für die Erhaltung ihrer geistigen und
körperlichen Gesundheit verträglich ist. Das Min. hegt zu der Einsicht, der Er-
fahrung und dem prakt. Tact der Mehrzahl der Dir. und Lehrer der Ghymn. das
wohlb^iindete Vertrauen, dafs es für sie nicht erst specieller Vorschriften bedarf,
um in Hinsicht der von ihren Schülern zu fordernden häusL Arbeiten das richtige
Mafs zu trefi'en. Ebenso wenig kann das Min. sich entschliefsen, das K. Consist.
Seinem Antrage gemäfs dahin zu ermächtigen, mittels der Directoren der G^ymn.
darauf zu halten, dafs kein Schüler mehr zur Bearbeitung aufser den Schulstunden
erhalte, als er im Durchschnitt in etwa 3 Stunden tätlich zu fertigen im Stande
wäre, weil es bei der Verschiedeoheit der geistigen ^wgkeiten der Schüler, von
welchen der eine schnell, der andere langsam arbeitet, völlig unmöglich ist, in Be-
treff der Zeit, die sie auf ihre häusl. Arbeiten verwenden sollen, irgend eine ge-
nügende allgemeine Bestimmung zu machen. Unbemerkt kann aber das Min. nicht
lassen, dafs den Schülern der oberen Kl. wohl zugemuthet werden kann, sich täg-
lich 5 Stxmden hindurch aufser der Schulzeit sei es mit Lösung der ihnen in der
Klasse gestellten Aufgaben oder mit frei ge^^Uilten Arbeiten zu beschäftigen, wäh-
rend für die Schüler der unteren Kl. täglich 3 häusl. Arbeitstunden geniigen mö-
gen. Es bleibt jedoch dem Consist. überlassen, wenn dasselbe auch in diesen Be-
ziehungen Uebertreibungen oder andere Mifsbräuche auf einem oder dem anderen
Ghymn. bemerken sollte, deshalb geeignete nähere Bestimmungen oder andere Vor-
kehrungen zu treffen und dadurch den gehegten Besorgnissen vorzubeugen und abzu-
helfen.**
C.Verf. V. 20. Mai 1854: „Es wird von vielen Seiten über nnver-
h<nismäfige Belastung der Schüler mit häusl. Schularbeiten Klage ge-
führt, die sich nach verschiedenen Wahrnehmungen in Bezog auf einen Teil
der Gymnasien als begründet erweist. Die C.Verf. v. 24. Oci 1837 enthäU
allgemeine Bestimmungen, deren gewissenhafte Befolgung geeignet ist, Mifsgriffe
nnd Vemachl&ssigongen in der gedachten Beziehung zuTerhüten; dieselbe wird
den Directoren der h6h. Lehranstalten wiederholt in Erinnerong gebracht Die
Lehrercollegien sind insbesondere darauf anftnerksam zu machen, dafti es für
den Zweck des Schnlnnterrichts hauptsächlich auf den geistigen Verkehr mit den
Schülern in der Lehrstnnde selbst ankommt, so dafs diese in derselben ebenso
znr Frende an der Selbstth&tigkeit angeregt, wie andererseits angeleitet werden,
in zweckmäfsiger Weise zu Hanse zu arbeiten, soweit es zur Ergänzung des
Schnlnnterr. eiforderlich ist Sehr zu unrecht werden die scfariftl. h&uslichen
Arbeiten vielfach für das Wichtigste beim Schulunterricht gehalten nnd dabei
ein änlberlichee nnd mechanisches Verfahren befolgt, welches in leiblicher und
geistiger Beziehung abstumpfend wirkt Weder das zulässige Mafe noch die
Art der Arbeit wird überall sorgfältig erwogen nnd den Kräften der Schüler
angepafet, besonders wenn bei dem Mangel an wahrer Colleg^ialit&t nnd hin-
länglicher Aufmerksamkeit des Ordinarius die verschiedenen Lehrer derselben
Klasse ihre Anforderungen an die Schüler nicht ausgleichen. Die Zahl der
von den Schülern zu hidtenden Hefte hat an mehreren Anstalten zugenommen;
es werden nicht blofs neben den eingeführten Lehrbüchern hin nnd wieder noch
besondere Begdhefle angelegt, unnötiiige Ausarbeitungen, Abschriften, Bein-
sehriften schon gefertigter Arbeiten n. ^l. m. verlangt, sondern anch dasjenige,
as lediglich eine Sache mannig f al tiger mündlicher Uebnng sein sollte,
255
-wie in den unteren und mitQeren Hassen das lateinische und griechisdie
Bediniren und Ceojngiren, in za ansgedehntem Mafse zu schriM. Hansarbeiten
benutzt.
Die onYerhftltnism&feige Zunahme hänsl. Arbeiten wird in der Begel far
ein Zeichen angesehen werden können, dafs es den betr. Lehrern an Sinn und
Oesdiick fehlt, die Lehrstande ihrer Bestimmnng gemäik zn benutzen, and in
Tiden Fällen wird darin die Ursache angenügendsr Fortschritte der Schaler za
suchen sein. Die Zahl der von den Schülern zu liefernden Schularbeiten ist
nicht selten so grofs, dafs die Lehrer auHser Stande sind, sie durchzusehen und
genau zu controliren, während dies selbstverständlich die erste Beding^ung einer
erfolgreichen häusl. Thätigkeit des Schülers ist. Die Dir. sind anzuweisen,
diesem wichtigen Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Der-
selbe ist baldigst in Conferenzen mit den Lehrern zu berathen, die Zahl der
sdiriftl. und anderen häusL Arbeiten und der Ton den Schülern zu haltenden
Hefte ist festzusetzen und eyent. zu ermäßigen. Die Dir. haben die Ausfüh-
rung dieser Festsetzung genau zu controliren, von der ZweckmäTsigkeit der häusL
Aufgaben und der Sor^alt der Correctur sich durch wiederholte Bevision zu
überzeugen, auch zu controliren, ob nicht mit den sogenannten Strafarbeiten
(und ebenso mit den Ferienarbeiten) sowohl an sich, als auch rücksichtlich
des dabei zu beobachtenden Mafses Mifsbrauch getneben wird. Das K. Prov.
ScIlG. wolle die Dir. darauf aufinerksam machen, dafs die genaae Beauftich*
tigung dieses Gegenstandes zu den wichtigsten Aufgaben und Pflichten ihres
Amtes gehört^
C.Verf. des K.Prov.Sch.C. zu Koblenz v. 10. Nov. 1865: „Es
kann der Aufmerksamkeit der Direction nicht entgangen sein, dafs von Lehrern,
denen es an Kenntnis der jugendlichen Gemüthsut oder an geistiger Autorität
über die Schüler fehlt, öfter als man erwarten möchte, ein verderblicher Mifs-
brauch mit sogenannten Strafarbeiten geübt wird; wir finden uns aber ver-
anlafst, auch unsererseits auf diesen Mifsbrauch hinzuweisen und der Direction
zu erklären, dafs, indem sie demselben wehrt, sie unsers Einverständnisses sicher
sein kann.
Es kann nicht in Frage kommen, dafs wenn ein Schüler verständig be-
messenen Aufgaben aus Trägheit oder Leichtsinn nicht genügt, er dazu ge-
zwungen werden mufs. Wenn er aber häusL Arbeiten, die nur für den
Zweck aufgegeben werden dürfen, den Schüler in planmäfsiger Weise in seinen
Kenntnissen zu befestigen und zu fördern, ihm als Strafe für Fehler oder Ver-
gehen auferlegt werden, zu denen die aufgegebene Arbeit in keiner Beziehung
stehti so kann ein derartiger Mifsgriff nur die Wirkung haben, die häusl. Ar-
beiten dem Schüler widerwärtig zu machen, während die Schule es zu erstreben
hat» dafs der Schüler in denselben eine willig vorzunehmende Förderung seiner
Bildung erkennt. Es geht dieser Mifsgriff indefs zuweilen so weit, dafs ein
masseiäaftes Abschreiben oder Niederschreiben trivialer Sätze, Paradigmen
XL dgl.y oder gar von Katechismusstücken, von Abschnitten der bibl. Geschichte,
von Kirchenliedern oder anderen Gedichten etc. einem Schüler als Strafe auf-
erlegt wird. Wir dmfen uns überzeugt halten, dafs die Direction allen
denutigen Mil^griffen, wenn sie vorkommen möchten, nachdrücklich zu steuern
wissen wird.**
CVerf. V. 14. Oct 1875. „In der häuslichen Beschäftigung
Aer Schüler höherer Lehranstalten das richtige Mails einhalten zu lassen
imd jeder Ueberbürdung derselben voizubeugen, hat die Unterrichts-Verwaltung
auf allen Stufen seit langer Zeit als einen wichtigen Gegenstand ihrer pflicht-
aftfagen Sorge betrachtet Die C. Verl v. 24. Oci 1837 stellt in dieser Hin-
sicht die durch die Natur der Sache selbst gegebenen Grundsätze auf und be-
356
zeichnet die Mittel, durch deren strenge und stetige Anwendung das Uebel der
Ueberbardnng zn verhüten ist; spätere Verfagnngen insbesondere v. 20. Mai
1854, 7. Jan. 1856 und 6. Oct. 1859 haben bei besonderen Anlässen dieselben
Grundgedanken weiter ausgeführt und die Prov.SchuIcoUegien haben die Be-
obachtungen innerhalb ihres Wirkungskreises, wo es angemessen schien, zu spe-
cieUen Mahnungen und Warnungen verwendet. Welchen Werth die Directoren
der höheren Lehranstalten und dde Lehrercoll^en selbst im Allgemeinen auf
diesen Punkt, als auf eine Lebensfrage der höh. Schulen legen, ist nicht nur
aus den Verhandlungen von Directoren-Conferenzen zu ersehen, sondern auch
aus den sorgfältigen Bemühungen von LehrercoUegien und Lehrervereinen, die
Zeit häuslicher Beschäfkigung genau zu constatiren, welche von Schülern mitt-
lerer Leistungsfähigkeit an einer bestimmten Schule und in einer bestimmten
Klasse thatsächlich erfordert wird.
Trotz dieser vielseitigen Bemühungen erheben sich neuerdings wieder
Klagen über ^ grofse Belastung der Schüler höherer Lehranstalten mit häus-
lichen Arbeiten als über ein weitverbreitetes Debel und werden zum Anlafs
weitgehender Folgerungen über die Haltbarkeit unserer gesamten Schuleinrich-
tungen gemacht. Obgleich ich die vorgebrachten Klagen in solcher Allgemein-
heit und die daraus gezogenen Folgerungen nicht als begründet anerkennen
kann, so mache ich doch in Anbetracht der hohen Wichtigkeit der Sache das
K. Prov.Sch.G. wiederholt auf die angeführten Erlasse aufmerksam und ordne
zu deren Ergänzung im Einzelnen Folgendes an:
1. Die durch die Dienstinstructionen den Klassenordinarien auferlegte
Verpflichtung, zu Anfange jedes Semesters in Verständigung mit den übrigen
Lehrern der Klasse das Maus der für jeden Lehrgegenstand zu erfordernden
häuslichen Beschäftigung festzusetzen und die angemessene Verteilung auf die
einzelnen Tage zu treffen, wird manchmal in dem Zutrauen zu einer schon con-
solidirten Gewohnheit verabsäumt. Um dies zu vermeiden, ist in das Proto-
koll der ersten Conferenz des Semesters die Erklärung der einzelnen
Klassenordinarien aufzunehmen, ob und mit welchem Erfolge der Verständigung
die erforderte Festsetzung über das Mafs der häuslichen Arbeiten ausgeführt
ist, und es ist ferner über Klagen wegen Ueberbürdung, auch wenn dieselben
unmittelbar durch den betreffenden Lehrer, den Ordinarius oder den Director
erledigt worden sind, eine Notiz in das Protokoll der nächsten Conferenz auf-
zunehmen. Die Departementsräthe der K. Prov.SchuIcoUegien werden bei Be-
visionen und bei ihrer Anwesenheit zur Abiturientenprü^g der Ausführung
dieser Anordnung ihre Aufmerksamkeit zuwenden und dadurch zugleich Anlafs
haben, den Gegenstand selbst zur Sprache und Erörterung zu bringen.
2. Für schriftliche Hausarbeiten der Schüler gilt der didaktisch
nothwendige Grundsatz, dals nur solche aufgegeben werden dürfen, die von dem
aufgebenden Lehrer, selbstverständlich auTserhalb der Lectionszeit, corrigirt
werden. Hausarbeiten als Strafe sind nur in den Fällen au&ugeben, wo
die Natur des zu bestrafenden Fehlers es veranlafst, aber nicht als das be-
quemste Strafmittel anzuwenden. Die Directoren sind für die Einhaltung dieser
Grundsätze verantwortlich.
3. Die Directoren haben darauf zu achten, ob in einzelnen Klassen das
Zurückbleiben der Schüler über die normale Zeit hinaus einen höheren Procent-
satz erreicht oder zu erreichen pflegt, als dies durch die natürlichen Unter-
schiede der Begabung und des Fleifses bedingt ist, und vorkommenden Falles
in einer Speciidconferenz mit den Lehrern der betr. Klasse zu untersuchen« ob
zu hohe Anspräche eines Lehrers oder der Lehreinrichtong selbst diesen sehr
beachtenswerthen Uebelstand veranlassen.
4. Die K. Prov.SchuIcoUegien woUen die Directoren aUer höheren Schulen
257
ihrer Provinz auffordern, an den Schlnfs der Schalnachrichten des nächsten
Prog^ramms eine Bemerknng folgenden Inhalts zn setzen:
„Die Schule ist darauf bedacht, dnrch die den Schülern aufgegebene
liänsliche Beschäftigong den Erfolg des Unterrichts zn sichern and die Schülor
zu selbständiger Thät^keit anzuleiten, aber nicht einen der körperlichen und
geistigen Entwickelang nachteiligen Anspruch an die Zeitdauer der häuslichen
Arbeit der Schuler zu machen. In beiden Hinsichten hat die Schule auf die
Unterstützung des elterlichen Hauses zu rechnen. Es ist die Pflicht der
Eltern und deren Stellvertreter, auf den regelmäfsigen häuslichen Fleifii und
die verständige Zeiteinteilung ihrer Kinder selbst zu halten; aber es ist eben
so sehr ihre Pflicht, wenn die Forderungen der Schule das zuträgliche Mafk
der häuslichen Arbeitszeit ihnen zu überschreiten scheinen, davon Kenntnis zu
geben. Die Eltern oder deren Stellvertreter werden aus^cklich ersucht, in
solchen Fällen dem Director oder dem Klassenordinarius persönlich oder
schriftlich Mitteilung zu machen, und wollen überzeugt sein, dafs eine solche
Mitteilung dem betr. Schüler in keiner Weise zum Nachteile gereicht, sondern
nur zu eingehender und unbefangener Untersuchung der Sache führt. Anonyme
Zuschriften, die in solchen Fällen gelegentlich vorkommen, erschweren die ge-
naue Prüfung des Sachverhalts und machen, wie sie der Ausdruck mangelnden
Vertrauens sind, die fär die Schule unerläßliche Verständigung mit dem elter-
lichen Hause unmöglich.^
Schliefslich veranlasse ich das K. Prov. Seh. C, in dem Verwaltungs-
berichte, der am Schlüsse des Jahres 1S76 über die Gymnasien far die Jahre
1874 — 76 einzureichen ist, und ebenso später seiner Zeit in Betreff der Beal-
und höheren Bürgerschulen, der Frage über das richtige Mafs der häuslichen
Beschäftigung der Schüler Seine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.''
Der Minister etc. Falk.
C.Verf. des K. Prov. Seh. C. zu Koblenz v. 35. Oct. 1875. „In-
•dem wir den Leitern der uns unterstellten höh. Lehranstalten die strengste
Nachachtung des vorstehenden Bescriptes des Herrn Ministers der geistl. Ang.
zur Pflicht machen, finden wir uns noch zu folgenden Bemerkungen veranlafst
Den Directoren (Bectoren) und den Klassenordinarien liegt die Controle
darüber ob, dafs die von dem Herrn Minister unter 1. in Erinnerung gebrachten
Einrichtungen nicht blofs im Anfange jedes Semesters getroffen, sondern auch
ununterbrochen aufrecht erhalten werden. Zu diesem Zwecke empfiehlt es sich,
wie an nicht wenigen Anstalten unseres Bessorts bereits geschieht, dieKlassen-
bücher, deren Bestimmung es überhaupt ist, ein Beferat über Leben und
Wirken der Schule in knappester Form darzustellen, zugleich als Aufgaben-
bücher dienen zu lassen. Werden hierbei die Aufgaben unter dem Datum, für
welches sie gestellt sind, notirt, so wird damit ein bequemer Ueberblick über
-die von den Schülern geforderte häusliche Arbeit gewonnen. Falls ein solcher
ein unbegründetes Abgehen von der festgesetzten Ordnung oder eine unan-
gemessene Steigerung der Forderungen ergäbe, würden die Ordinarien und eveni
die Directoren (Bectoren) auf die nöthige Bemedur hinzuwirken haben.
Wenn in den Klassenbüchern, wie die Strafen überhaupt,, auch die so-
genannten häuslichen Strafarbeiten notirt werden, dürfte es nicht schwierig
sein, der hier und da auch in unserm Verwaltungsbezirke bemerkten unpäda-
gogischen Anwendung dieses Strafinittels zu steuern..
In nicht wenigen Fällen haben unsere Departementsräthe bereits darauf
hingewiesen, dafs in dem fremdsprachlichen Unterrichte der unteren und mitt-
leren Klassen vielfach eine unangemessene Zahl von sogenannten Pensen (Exer^
eitien) und eine viel zu geringe Zahl von Klassenarbeiten (Extemporalien) zur
€orreetur geht Erlifthrungsmä&g werden aber die Pensen auf den gedachten
Wleie, Yexoxdnnngtn. 17
858
Stafen von einem grofsen Teile der Schüler nn&elbstftndig absolyirt nnd ver-
fehlen dann unter lästiger Vermehrung des Schreibwesens ihren Zweck. Eine
Verminderang des Schreibwesens wird bei gebührender Betonung des Extempo-
rales erzielt werden können. Allerdings werden hiermit die Ansprüche an den
von den Lehrern aofserhalb der Lectionszeit .auf die Gorrectnren zu verwenden-
den Fleifs gesteigert; doch erweckt dieser Umstand mit Bücksicht auf den Eifer
und die Gesinnung unseres höheren Lehrstandes, wie auf seine materiell ge-
hobene Lage zur Zeit kein Bedenken.
Ueberhaupt wird die Erreichung des von dem vorstehenden Ministeriai-
Bescripte gesteckten Zieles in der Hauptsache von einer Steigerung des Eleilses
und der Kunst in der Didaxis unserer Schiüen abhängen. So rührt z. B. nach
unseren Wahrnehmungen die beklagte üeberbürdung unserer Schüler bis zur
obersten Klasse hinanif vielfach von einer die Kraft der Schüler überschätzen-
den Behandlung der fremdsprachlichen Leetüre her. Es ist der Grundsatz, dais
die Aufgabe der Präparationen auf einen bestimmten Abschnitt fremdsprach-
licher Leetüre, mit nur wenigen Ausnahmefällen, von dem Lehrer in einem be-
stimmten Teile der Lehrstunde so gut wie jede andere Schulaufgabe gehörig
vorbereitet werden mufs, noch keineswegs allgemein anerkannt. Die gründliche
Anwendung desselben aber wird die Schüler, namentlich, wenn es sich um ihre
Einführung in die Leetüre von ihnen noch nicht gelesener Schriftwerke oder
Schriftsteller handelt, voraussichtlich befähigen, die ihnen von Stunde zu Stunde
gestellten Aufgaben in viel kürzerer Zeit, als jetzt oft der Fall, und zugleich
mit gröfserem Erfolg und Nutzen zu bewältigen.
Schlie&lich veranlassen wir die Directoren (Bectoren), in dem nächsten
Verwaltungsberichte der Frage über das richtige Mafs der häuslichen Beschäf-
tigung der Schüler Ihre besondere Aufrnerksamkeit zuzuwenden."
Min.Verf. V. 23. Nov. 1875. ,Jndem ich dem K. Prov.Sch.C. die Be-
schwerdeschrift des etc. N. beifolgend zur Aeufserung zugehen lasse, füge ich
folgende Bemerkungen bei.
Dafs in Obersecunda und Prima alle 4 Wochen ein deutscher Au&atz,
in Prima alle 4 Wochen ein lateinischer Aufsatz gearbeitet werde, ist nicht
durch ministerielle Verordnung vorgezeichnet, sondern in der Sammlung der
Verordnungen etc. von Wiese 1. Aufl. L 172., 2. Aufl. I. 130. als der durch-
schnittliche Brauch bezeichnet Bei Einhaltung dieses Brauches ergeben sich
übrigens thatsächlich für das Jahr nicht zwölf Au&ätze der einen und der
anderen Sprache, wie der Beschwerdefahrer rechnet, sondern nur durchschnitt-
lich zehn.
Dieses aus der Schulpraxis selbst hervorgegangene Mafe scheint mir
weder nach der Natur der Sache erheblich gemindert werden zu können, noch
eine Üeberbürdung zu enthalten, sofern in der Stellung der Aufgaben die wieder-
holt und nachdrücklichst eingeschärften Gesichtspunkte wirklich eingehalten
werden. Es ist möglich, dafs vielmehr in der Art der Aufgaben als in
ihrer Anzahl ein thatsächlicher Anlafs zu den in der beiliegenden Schrift aus-
gesprochenen Klagen gegeben ist. Hierüber, so wie über etwaige Unbilligkeit
in dem Mafse der Ferienbeschäftigung, f<A'dere ich das K. Prov. Seh. C.
auf, die Beobachtungen aus Seinem Geschäftsbereiche zu meiner Kenntnis zu
bringen." Falk.
C.Verfc V. 10. Nov. 1884 (I s.p. 243 ff.) ü. „Der Versuch, die Zeit-
dauer der häuslichen Arbeit festzustellen, welche auf den einzelnen Klassen
und Altersstufen zur Erreichung der Unterrichtsziele erforderlich und von der
Gefahr einer Üeberbürdung frei ist, läfst sich, wie in mehreren Berichten zu-
treffend bemerkt wird, nicht aus dem Zusammenhange mit den Fragen über
259
das gesamte Unterrichtsverfahren lösen, nnd bindende Bestimmimgen über das
einzuhaltende Zeitmafs würden erfolglos sein and könnten sogar nachteilig
werden, sofern die über das Unterrichtsverfahren dabei za machenden Voraus-
setzongen nicht thatsächlich erfoUt sind.
Die in der Erörtemng der Ueberbürdnngsfrage zuweilen vernommene
weitest gehende Forderung, dafs die Schale durch ihre Lehrstanden, vielleicht
unter Hinzunahme einer von ihr beaufisichtigten gemeinsamen Arbeitszeit, die
Unterrichtsau^abe ausschliefslich selbst zu erfüllen habe, ohne an die häusliche
Beschäftigung der Schüler irgend einen Ansprach zu stellen, hat in den Kreisen,
welche ausführend oder beobachtend an dem Unterricht der höh. Schulen be-
teiligt sind, keinen Anklang, nicht einmal Erw&hnung gefunden. Oewifs mit
Bechi Es ist für die Charäterbildung nicht gleichgiltig, dafs der Sdiüler auch
auTserhalb der Bäume der Schule einer Verpflichtung gegen dieselbe sich be-
wufst bleibe; for die vollständige Aneignung des durch die Lehrstunden gebotenen
Lernstoffes bildet in den unteren Klassen die Beschäftigung auTserhalb der
Lectionen die sichernde Ergänzung, in den mittleren und oberen Klassen hat
dieselbe den Anfang selbständigen Arbeitens herbeizufuhren, zu welchem Be-
fähigung und Neigung geschaffen zu haben die wichtigste Mitgift der Schule
für das Leben ist. Es ist jedenfalls von einer nicht zu unterschätzenden Be-
deutung, dafs die Wiss. Deputation für das Medicinalwesen, indem es ihr oblag,
den Einrichtongen der Schule gegenüber die Forderungen der Gesundheitspflege
geltend zu machen und jede GefeJir der Ueberbürdung abzuwehren, die häusliche
Arbeit der Schüler als ein nothwendiges und wesentliches Glied in dem Organis-
mus der höh. Schulen anerkannt hat.
Bedrückend und überbürdend wirken die Aufgaben for häusliche Be-
schäftigung nicht ausschliefslich, wohl nicht einmal hauptsächlich durch die
Zeitdauer, welche sie in Anspruch nehmen. Bei einer Arbeit, welche mit Interesse
an der Sache begonnen, mit dem Bewofstsein der eigenen Kraft und mit steigen-
der Sicherheit ausgeführt wird, macht die Zeitdauer sich wenig bemerküch,
vielleicht weniger, als die Bücksicht auf die körperliche Entwickelxmg und die
geistige Erholung unbedingt erfordert; wird dagegen eine Arbeit mit Gleich-
giltigkeit unternommen, im vergeblichen Bingen mit unbesiegbaren Hindernissen
nnd mit dem Gefahle des Mifslingens fortgesetzt, so wird selbst eine mäfsige
Zeitdauer zu einer drückenden, abspannenden Last. Der entschiedenste Schutz
gegen eine Belastung der Schüler durch die Ansprüche an ihre häusliche Arbeit
Uegi daher zunächst darin, dafs durch den Unterricht das Lateresse an der
Sache geweckt und die häusliche Arbeit vorbereitet sei. Es wird als zweifellose
Forderung an das Unterrichtsverfahren anerkannt, dafe beispielsweise im sprach-
lichen Unterricht die Einprägung der Formen und des Wortschatzes einer zu
erlernenden fremden Sprache im Wesentlichen durch die Lehrstunden selbst
herbeizuführen ist und der häuslichen Beschäftigung nur der Abschlnfs der
sicheren Aneignung zuzufallen hat; dafs zur Fräparation auf die fremdsprach-
liche Leetüre, wo sie zuerst eintritt, bestimmte Anleitung zu geben ist; dafs die
häuslichen Aufgaben zu schriftlicher Uebersetzung in eine fremde Sprache durch
die mündlichen Uebungen in den Lectionen vollständig vorbereitet sein müssen;
ebenso ist auf dem mathematischen Gebiete zu verlangen, dafs die zu häuslicher
Bearbeitung gestellten Aufgaben, durch die Lehrstunden vollständig vorbereitet,
in keiner Weise das durch den Unterricht entwickelte Können der Schüler über-
schreiten; überhaupt ist zu erfordern, dafb die häusliche Beschäftigung der
Schüler in keinem Falle als Ersatz dessen benutzt werden darf, was die Lehr-
stunden bieten können und sollen, sondern als Fortsetzung und ergänzender
Abschlufs des Erfolges der Lehrstunden. Aus den Berichten der K. Prov.Schul-
collegien habe ich gern ersehen, dafs diese Grundsätze in stetiger Zunahme
260
zur Ansfohrang gelangen, wenn anch die Erfnllnng der dadurch an die Lehrer
gesteUten hohen Anfgabe durch die übermäfsige Freqnenz vieler Klassen erheb-
lich erschwert wird und der Unterschied in der didaktischen Begabung nnd üebnng
der Lehrer ein ungleiches Mafs des Oelingens bedingt Nächst der Vorbe-
reitung der häuslichen Beschäftigung durch die Lehrstunden trägt die nach-
folgende Beurteilung ihres Erfolges wesentlich dazu bei, den Schülern die häus-
liche Arbeit zu erleichtem, oder zu erschweren und zu verleiden. Vor einem
verschwenderischen Lobe dieses Erfolges zu warnen, welches die Schüler er-
schlafft oder selbst zum Spotte reizt, liegt erfahrungsmäfsig kein Anlafs vor;
dagegen ist wiederholt beobachtet worden, dafs an manchen Lehranstalten selbst
der gewissenhafte und des Erfolges nicht entbehrende Fleifs eine Anerkennung
nicht zu erringen veimag. Ich setze mit Zuversicht voraus, dafs dieses Ver-
fsJiren in der Beurteilung nicht aus einem Mangel jener wohlwollenden Hin-
gebung an die geistige Entwickelung der Jugend hervorgeht, welche allen er-
ziehenden Unterricht zu beseelen hat, sondern aus dem ern(stlichen Interesse
an der Tüchtigkeit der Leistungen; aber es darf nicht übersehen werden, dafs
eine solche Schroffheit der Beurteilung gerade die strebsamsten Schüler abstOfst
und ihnen selbst eine an sich nicht übermäfsige Aufgabe far häusliche Thätig-
keit durch die Erwartung des Mifslingens zur drückenden Last macht
Wenn durch ein richtiges Verfahren im Unterrichte erreicht ist, daf^ die
den Schülern zur häuslichen Beschäftigung gestellten Aufgaben dem durch die
Lehrstunden entwickelten Vermögen derselben entsprechen, so bleibt nichts-
destoweniger dafar zu sorgen, dafs sowohl die Gesamtdauer der for die häus-
liche Arbeit in Anspruch genommenen Zeit das für die betreffende Alters- und
Klassenstufe zulässige Mafs nicht überschreite, als auch eine gleichmäfsige
Verteilung der Arbeit auf die einzelnen Tage erfolge; selbst Arbeiten, für welche
die betr. Lehrer ein so lebhaftes Interesse zu wecken verstehen, dafs gegen
ihren Umfang Beschwerden nicht erhoben werden, können, zumal im Zusammen-
hange mit den übrigen an dieselben Schüler gestellten Ansprüchen zu einem
Unrechte werden. Bei der Feststellung der Arbeitspläne für Jede einzelne Klasse,
welche in Folge der Bestimmung in der diesseitigen G.Veif. v. 14. Oct 1875
Nr. 1 (s. p. 2563 am Beginne eines jeden Semesters durch eingehende Berathung der
Klassenlehrer unter Mitwirkung des Directors auszufahren ist, mufs dieser Ge-
sichtspunkt auf das strengste eingehalten werden. Auch mufs durch die in
dieser Verfügung unter Nr. 1 vorgeschriebene angemessene Verteilung der häus-
lichen Beschäftigung auf die einzelnen Tage, worauf ausdrücklich hinzuweisen
ich Anlafis nehme, verhütet werden, dafs nicht für solche Tage, welche mit einer
gröfseren Zahl von Lehrstunden besetzt sind, eine erhebliche Zeit der häus-
fichen Beschäftigung erfordert werde. Aus den Berichten der Frov. Schulcollegien
ersehe ich, dafs dieselben auf die ernstliche Durchführung der angezogenen
Bestimmung Bedacht nehmen. Allerdings ist es, wie in mehreren Berichten
hervorgehoben wird, schwierig, für eine bestimmte Aufgabe zu häuslicher Be-
schäftigung genau zu ermessen, welche Zeitdauer der Arbeit sie von einem Schüler
mittlerer Begabung unter normalen Verhältnissen der Schule und des Hauses
erfordere; aber es wird andererseits anerkannt und ist nicht in Zweifel zu ziehen,
dafs es der unbefangenen Aufmerksamkeit des gesamten LehrercoUegiums durch-
aus erreichbar ist, aus einer Gombination mannigfacher Beobachtungen zu ersehen,
wie viel Zeit durchschnittlich fleifsige Schüler mittlerer Begabung, welche voll-
kommen auf dem Standpunkte ihrer Klasse stehen, auf die einzelnen häuslichen
Aufgaben, wie viel sie auf die gesamten Aufgaben im Durchschnitte thatsächlich
verwenden, und diese Beobachtung bildet eine hinlänglich sichere Grundlage
für die Feststellung des Arbeitsplanes oder für eine Aenderung, sobald sich
zeigt, dafs die Feststellung nicht entsprechend getroffen war.
261
Für die Grenze der Zeitdaner aber, über welche hinans die Schüler auf
den eilizelnen Stufen nicht dürfen in Ansprach genommen werden, haben die
LehrercoUegien die von der Wies. Deputation fär das Medicinalwesen in dieser
Hinsicht abgegebenen Erldärangen als mafsgebend zn betrachten. Die Wiss.
Deputation hat hierbei, entsprechend dem von ihr einzuhaltenden medicinischen
Gesichtspunkte, die auf die Lectionen und die auf die häusliche Beschäftigung
seitens der Schüler zu verwendende Zeit zusammeng^fafst und, abgesehen von
den YoTBchulklassen, far die unterste Stufe der höheren Schulen 6 Stunden,
für die obersten 8 Stunden als das Maximum der Zeitdauer bezeichnet, bis zu
welcher die Schüler durch Lectionen und durch häusliche Beschäftigang zu-
sammen in Anspruch genommen werden dürfen. Für die Praxis der Schulen
ist es erforderlich, aus dieser Erklärung das MaTs fär die Zeitdauer der häus-
lichen Beschäftigung herauszuheben. Die von den meisten E. Prov.Schulcollegien
empfohlene Bestimmung, dab unter yollständiger Freilassung der Sonn- und
Feiertage die häusliche Beschäftigung der Schüler auf der untersten Stufe sich
auf durchschnittUch 1 Stunde täglich zu beschränken und auf der obersten
durchschnittlich 3 Stunden täglich nicht zu überschreiten habe, ist als über*
einstimmend mit der in anderer Form gegebenen Erklärung der Wiss. Deputation
anzaerkennen; denn wenn in der obersten Klasse zu den 30 obligatorischen
Lehrstanden auch 4, in einzelnen FWen selbst 6 Stunden facultativen Unter-
richts hinzutreten, so können doch, da es sich einmal um Zahlen handelt, die
zwischen die Lectionen fallenden Erholungspausen, welche nach den unter
Nr. I (s. p. 244) enthaltenen Bestimmungen sich auf 4 — 4^2 Stunden wöchent-
lich belaufen, selbstverständlich nicht in die Arbeitszeit eingerechnet werden.
Wenn für das Steigern der zulässigen Zeitdauer dw täglichen häuslichen Arbeit
folgende Stufenfolge angenoiAmen wird: VI. 1 St, Y. IV, Si, IV., HI b. 2 St,
nia., üb. 2V) St., Ha., L 3 St., so wird dadurch nicht blofs der allmählichen
Zunahme der geistigen Eraft und der Arbeitsfähigkeit der Schüler, sondern auch
den in den Lehrplänen der Schulen enthaltenen Forderungen Bechnung getragen.
Dieses Mals der Ansprüche an die häusliche Beschäftigung der Schüler
würden die höh. Schulen auch in dem Falle einzuhalten haben, wenn sich
daraus ergäbe, dafs in dem einen oder anderen Gegenstande der üm&ng des
Lehrstoffes beschränkt, die Höhe des Lehrzieles herabgesetzt werden müsse.
Aber mit Bücksicht auf die eingehende Erwägung, welche von dem beaufsich-
tigenden und den ausführenden Organen des Unterrichts der Frage gewidmet
ifl^ darf ich der yon mehreren Seiten nachdrücklich betonten Erklärung Ver-
trauen schenken, dafs in den durch die gegenwärtige Organisation der höheren
Schulen bestimmten Lehrzielen ein Anla& zur Ueberbürdung nicht liegt luid
dafSy sofern die Lehrstunden in der oben angedeuteten Sichtung ihrer Aufgabe
entsprechen, das als äufserste Grenze der Ansprüche an die häusliche Arbeit
der Schüler bezeichnete Mafs zu sicherer Erreichung der Lehrziele far Schüler
mittlerer Begabung ausreicht.
Eine Bestimmung über das MaTs der fOr die häusliche Beschäftigung
der Schüler seitens der Schule zu beanspruchenden Zeitdauer läfst sich nicht
mit der gleichen Präcision treffen, noch weniger mit der gleichen Sicherheit
durchführen, wie etwa die Feststellung der den einzelnen Gegenständen zu
widmenden Lectionenzahl. Die Zeit, welche eine einzelne Aufgabe von einem
Schüler mittierer Begabung erfordert ist nicht an sich zu bestimmen, sondern
ist bedingt durch Htm Vorbereitung in den Lectionen, und die Thatsache, dafs
ein Schüler« welcher diese Vorbereitung an sich hat vorübergehen lassen oder
der bei der Aufgabe sitzt ohne ihr die volle Aufinerksamkeit zuzuwenden,
eine unzulässige Zeitdauer aufvf endet kann noch nicht die ünzweckmäfsigkeit
der Aufgabe beweisen. Nidit jede Mitteilung yon Eltern über ungebührliche
Dauer der häuslichen Beschäftigung ihrer Söhne führt zu der Ermittelung einer
26d
wirklieben üeberscbreitong in den Ansprficben, und andererseits darf das Aus-
bleiben solcher Hitieilnngen nicht als ein nnbedingt sicheres Zeichen ftSbr das
Einhalten des richtigen Mafses betrachtet werden; denn anfser der, wie ich
Yoranssetze, unbegründeten Besorgnis mancher Eltern wegen nachteiliger Folgen
solcher Mitteilungen lassen sich andere durch schätzenswerthe Motive zu einer
im Interesse der Schale wie ihrer Söhne nicht erwünschten Resignation bestimmen.
Ungeachtet dieser nicht zn verkennenden und nicht zn verschweigenden Schwierig-
keit einer alle Einzelheiten erschöpfenden Controle vertraue ich daranf, dafe dSe
ausdrückliche Bezeichnung der in den hänslichen Aufgaben für die Schüler
einzuhaltenden Grenzen des mafsgebenden Einflusses auf das thatsächliche Ver-
fahren der Schulen nicht entbehren wird. In den LehrercoUegien der höheren
Schulen wird, wie die neuerdings in Directorenconferenzen und in Fachzeit-
schriften ausgeführten Erörterungen zeigen, von den zum Teil tendenziösen
Üebertreibungen in der Ueberbürdungsfrage, welche die Thätigkeit der Schule
zu lähmen geeignet sind, der echte Eem der Frage wohl unterschieden, und sie
erachten es für ihre Aufgabe, selbst unter den schwierigen Verhältnissen des
Zudranges zu den höh. Schulen durch die Höhe der eigenen Leistung und durch
Einhaltung des richtigen Mafses in den Ansprächen an die Schüler die gesunde
geistige und körperliche Entvnckelung derselben zu fördern. Die auf solcher
Üeberzeugung beruhende eingehende und einmüthige Erwägung der Sache in den
LehrercoUegien wird, so hoffe ich, den Erfolg haben, dafs die Thätigkeit der
Schule den berechtigten Forderungen der Gesundheitspflege entspreche und dafs
das richtige Yerhältois zwischen der Schule und dem Elternhause allgemein
hergestellt werde. Die Departementsräthe der E. Prov. SchulcoUegien haben
schon bisher bei ihrer Inspection der höh. Schulen dem Mafse der häuslichen
Beschäftigung der Schüler ihre Aufmerksamkeit gewidmet; in den nächsten
Yerwaltungsberichten will ich bestimmten Angaben über die in dieser Hinsicht
gemachten Beobachtungen entgegensehen.'* Der Minister etc. von Gofsler.
Privatstudien«
Die nachstehende Giro. Yerfügimg, wodurch im J. 1825 für die Gymnasien
neben der Elassenlectüre alter Autoren eine dieselbe ergänzende Privatlectüre
angeordnet wurde, ist nicht mehr als allgemein verpflichtend anzusehen. VgL G.
Verf. V. 24. Oct. 1837, p. 59: dafs die Privatlectüre in keinerlei Art erzwungen
werden darf. Die Anordnung vom J. 1825 wird jedoch nach ihrem Grundgedanken,
dafs in den oberen Kl vor Allem die Selbstthätigkeit der Schüler für die Ghrmnasial-
Studien in Anspruch zu nehmen, in den meisten Anstalten befolg^. In manchen
werden auch bei den Abiturientenprüfungen nicht selten beachtenswerthe Proben
von Privatstudien der Schüler vorgelegt
G. Verf. V. 11. Apr. 1825: j,Bei dem Gymn. in Danzig findet die Einrich-
tung statt, dafs die Schüler in den 3 oberen Kl. angehalten werden, griech. und
lat. Schriftsteller für sich privatim nach einem festen Plane zn lesen, und zwar
so, dafs sich diese Privatlectüre ergänzend an den Gyklus der öffentlich gelesenen
und erklärten Schriftsteiler anschliefst und unter der Aufsicht und Gontrole des jedes-
maligen Klassenordinarius steht. Diese Einrichtung, über welche die Anlap^e a) das
Nähere enthält, scheint dem Min. aus mehreren Gründen sehr zweckmäfsig. Das
K. Gonsistorium wird daher aufgefordert, die Dir. und Lehrer der Gymn. Seines Be-
zirks damit bekannt zu machen und sie anzuweisen, hinsichtlich der Privatlectüre
ihrer Schüler in den 2 oder 3 oberen Kl. eine ähnliche Einrichtung zu treffen und
das Angeordnete durch das lüUshste Schulprogramm zur offentL Kenntnis zu bringen."
a) ^Der Zweck der Privatlectüre griechischer und römischer Autoren
ist: 1. die Selbstthätigkeit der Schüler zu wecken, 2. den Gyklus der öffentL gelese-
nen Autoren dahin zu erweitem, dafs die Schüler bei ihrem Abgänge zur Univer-
sität eine möglichst umfassende, jedoch die Grenzen der Gymnasiiubildung nicht
iiberschreitende Bekanntschaft mit den vorzüglichsten Erscheinungen auf dem Ge-
biet der altclass. Litteratur von dem Gymn. mitnehmen«
363
Um den zoent «ngeffebenen Zweck in eeinem gansen Umfange zn erreiohent
moBsen die Ordinarien der 3 oberen KL (denn nnr anf diese ist die Privatleo-
tore auszudehnen) es rieh zor angelegentlichsten Pflicht machen, ihren Schülern
eine gründliche Anleitung, wie sie ihre Privatstudien betreiben sollen, zu erteilen
und besonders dahin sehen, dafs die Schüler jede Schwierigkeit, deren Losung ihre
Kräfte übersteigt, sich sorgfältig anmerken und Alles, was ihnen entweder in sprach-
licher oder sachlicher Hinsicht als merkwürdig auffällt, in wohlgeordnete Adver-
sarien eintraffen. Ueberdies liegt dem Ordinarius ob, in Hl nach Verlauf jede»
Monats, in if und I aber nach Verlaof jedes Vierteljahrs, sich von dem Gelesenen
BechenschafI geben zu lassen und die von den Schülern nicht gelösten Schwierig-
keiten durch gründliche Erklärung zu beseitigen; zu welchem Geschäft der Lehrer
teils einige Stunden der dffentL Leetüre benutzt, teils aber auch, was nament-
lich bei zahlreichen Kl. nothwendig ist, mehrere aufserordentl. Stunden ansetzt.
Die Erreichung des zweiten Zwecks des Privatstudiums, Ergänzung der offentl.
Leetüre und loweitemng derselben bis zu dem bezeichneten Grade, wird lediglich
durch die Wahl der öffentl. zu lesenden Autoren bedingt, wobei 9her vor allen
Dingen darauf zu achten ist, dafs nicht zn viele Schriftsteller zu gleicher Zeit in
einer Klasse gelesen werden.** —
Die Anordnung derartiger Privatstudien, ihre Ausdehnung, Leitung, Gon-
trole, wird den Lehrercollegien überlassen. In der Begel bleiben sie auf I und JI a
beschränkt. Dafs die Schüler mehr oder weniger genothigt werden, über ihre
Privatlectüre auch umfangreiche Adversarien anzulegen, kommt wegen der nahe-
li^renden Gefahr, dadurch einen mechanischen und ScheinflelTs zu begünstigen,
nur noch selten vor.
Meistenteils ist nur die altclassische Litteratur Gegenstand einer ge-
ordneten Privatlectüre; bei mehreren G^ymnasien und Realschulen ist diese jedoch
neuerdings auch auf die deutsche Litteratur ausgedehnt worden. (Vflfl. den
Abschn. über die Schülerbibliotheken.) Dabei wird den Schülern innerhalb einer
bestimmten vom Lehrer des Deutschen bezeichneten Zahl von Schriften die Wahl
gelassen. Nur wenn für ein Aufsatzthema die Bekanntschaft mit einer bestimmten
Schrift nothwendig ist, wird die Leetüre derselben angemessene Zeit vorher aus-
drücklich aufgegeben. In solchem Fall geschieht die Controle der Leetüre bei
der vorgängigen Besprechung des Themas. Gewohnlich wird es aber den Schü-
lern freigestellt, auf welche Weise sie, etwa vierte\jährl. einmal, von ihrer deut-
schen Leetüre Rechenschaft ablegen wollen, durch schriftliche Inhaltsangaben,
Nachweis der Disposition, Auszüge, Bemerkungen, memorirte Stellen u. dgl. m.
Eingehende Erörterungen über die ZweckmälÜBigkeit der Privatlectüre auf
höheren Schulen sind in den gedruckten Protokollen preufsischer Directorencon-
ferenzen der letzten Jahre enthalten« Die ganze Einrichtung ist auf die öffentl.'
Gymnasien von den Alumnaten, wie Schulpforte, her übertragen worden, in denen
Privatstudien der angedeuteten Art seit alter Zeit üblich, und dafür besondere
Studientage angesetzt sind«
Ans einer M i n. V e r f. v. 15. F e b r. 1867 : Dafs den Alumnen Stadientage zu
selbstgewählter Beschäfldgang frei gegeben werden, hat sich in geschlossenen Er-
ziehungsanstalten bewährt. Dieselbe Einrichtung auch bei öffentl. Gymnasien zu
treffen, ist nicht ohne Bedenken. ,Jch zweifle nicht, dafs einzelne Schüler hin-
länglichen Trieb zur Selbstthätigkeit haben, um von dieser Freiheit den beabsich-
tigten Gebrauch machen zu woUen und zu können; aber es werden ihrer immer
nur wenige sein, und diesen würde man zweckmäßiger auf andere Weise, z. B. durch
eine von Zeit zu Zeit ihnen gewährte Dispensation von allgm. Terminarbeiten, ein
freieres Selbststudium möglich machen können. Da das E. Prov. Seh« G. indessen
Werth darauf legt, will ich diese Abweichung von der allgm. Schulordnung bei
den Gymnasien, wo sie jetzt üblich ist, auch ferner bis auf Weiteres gestatten,
in der Voraussetzung, dafs Dasselbe die Einrichtung wieder aufheben wird, so-
bald üebelstände dabei hervortreten. — Bealschulen sind für dgl. freie Studien-
tage noch weniger geeignet als die Gymnasien, und ich wünsche, dafs sie bei
denselben ferner nicht gestattet werden.'^ Der Minister etc.
364
5. Sorge für die Gesundheit der Schüler.
8. den Eingang der C. Verf. y. 24. Oct 1887: p. 53.
C. Verf. ▼. 22. Oct. 1858: „Unter den Schülern der höheren Lehranstalten
werden leider nicht selten Enrzsichtigkeit und Angenschw&che wahr-
genommen. Sind anch die Ursachen davon grOfstenteils aiufoerhalb der Schnle
ZQ Sachen, so hat sie doch die Pflicht, anch ihrerseits solchen Xlebelständen mit
den ihr zn Gebote stehenden Mitteln zn wehren nnd die Jngend anch in dieser
Beziehung an das zu gewöhnen, was heilsam nnd schicklich ist. Wo dies ver-
sänmt, nnd den Schülern z. B. gestattet wird, während des Unterrichts dauernd
in gebückter Haltong zn yerhairen, können nachteilige Folgen für die Gesund-
heit nicht ausbleiben.
Indem ich die Aufsichtsbehörden der höh. Schulen veranlasse, dafür
Sorge zu tragen, dafs diesem Gegenstande von den Dir. und Lehrern hinfort
eine sorgflütige Beachtung gewidmet werde, mache ich mit Bezug auf den oben
erwähnten ÄEdafs insbesondere darauf aufmerksam, daOs, soweit irgend möglich,
alles das zu beseitigen ist, wodurch die erforderliche Helligkeit der Klassen-
zimmer beeinträchtigt wird. Im Wintersemester ist zu verhindern, daib in den-
jenigen Stunden, wache kein volles Tageslicht haben, gelesen oder geschrieben
werde. Der Gebrauch von Brillen ist den Schülern zu widerrathen, die Fälle
ausgenommen, wo die Nothwendigkeit unzweifelhaft ist oder wo eine ärztliche
Anordnung vorliegt
Bei Anweisung der Plätze wird in den meisten Fällen auf kurzsichtige
Schüler geeignete Bücksicht genommen werden können. Eine gerade Hal-
tung mufs den Schülern mehr und mehr zur Gewöhnung werden, weshalb auch
darauf zu sehen ist» dafs sie sich beim Lesen nicht dauernd über das auf dem
Tische liegende Buch bücken, sondern dasselbe in die Hand nehmen.
Im Uebrigen nehme ich auf dasjenige Bezug, was in der 0. Verf. v.
20. Mai 1854 (s. p. 254 f.) über das in den Schreibarbeiten der Schüler einzu-
haltende Mai]9 angeordnet ist; und erwarte, dafs bei den Schulrevisionen die im
Torstehenden gegebene Anregung zum Wohl der Jugend zweckmäDsig werde
benutzt werden."
C. Verf. V. 12. Nov. 1885. „Nachdem von ärztlicher Seite darauf
hingewiesen war, dab nicht selten Schüler der höh. Lehranstalten durch Schwer-
hörigkeit in ihrer geistigen Entwickelung gehemmt würden, habe ich für
erforderlich erachtet^ zunächst die bezüglichen Thatsachon im Allgemeinen
zu ermitteln. Zu diesem Behufe habe ich durch die unter dem 3. Febr. d« J.
an die E. Prov. SchulcoUegien gerichtete C. Verfügung sämtliche höh. Schulen
veranlafsti anzuzeigen, wie viel in jeder einzelnen Klasse derselben, bezw. wie
viel in jeder Klasse der Vorschule, schwerhörige Schüler sich vorfinden, und
wie viele .derselben bereits bei ihrer Aufnahme in die Schule schwerhörig waren;
zu diesen Zahlenangaben sollte erstens in den der Schule bestimmt bekannt
gewordenen Fällen die Ursache der Schwerhörigkeit bezeichnet, zweitens in allen
Fällen bemerkt werden, ob und welche Mittel seitens der Schule getroffen
würden, um den schwerhörigen Schülern die Teünahme an den Lehrstunden zu
ermöglichen. Eine ärztliche Mitwirkung zu dieser Ermittelung ist nicht für
erforderlich erachtet worden. Wenn den Eltern die Schwerhörigkeit eines Sohnes,
den sie der Schule übergeben, bekannt ist» so unterlassen sie nicht leicht, diesen
Umstand im Interesse ihres Sohnes zu erwähnen; und selbst wenn dies unter-
blieben oder eine beginnende Schwerhörigkeit im elterlichen Hause noch unbe-
kannt geblieben sein sollte, bringt auch in zahlreicheren Klassen der Unterricht
nnd der sonstige Verkehr mit den Schülern so reichlichen Anlafo zu Beobach-
tungen, dafs nicht leicht ein erheblicherer Fall unbemerkt bleibt Es ist daher
266
mit Zuversicht Torausznseteen, da& der Ordinarius jeder KL im Vereine mit den
übrigen Lehrern derselben El. in der Lage ist, die schwerhörigen Schüler der-
selben zn bezeichnen. Welches Mafs in Behinderang -der Hörfähigkeit ab
Schwerhörigkeit zn betrachten sei, ist schon in Anbetracht der Schwierigkeit
einer festen MaüBbestimmnng nicht yorgeschrieben worden. Dieser Mangel einer
Grenzbestimmmig hat wahrscheinlich die Folge gehabt, dafs in der Einrechnnng
Ton Schülern nnter die schwerhörigen ziemlich weit gegangen ist; wenigstens
findet sich wiederholt die Bemerbing, da& Ton besonderen Mafsregeln der
Schule im Interesse der Schwerhörigen, z. B. durch Anweisung von Plätzen in
der Nähe des Lehrers, deshalb Abstand genommen sei, weil die als schwer-
hörig bezeichneten Schüler an keiner Stäle des Lehnimmers sich behindert
landen, dem Unterrichte zu folgen. Durch die Erwägung dieser Umstände wird
die Annahme begründet» dafs die ausschließlich auf der Beobachtung der Lehrer-
coUegien beruhenden und unter ihrer Verantwortlichkeit aufgesteUten Zahlen-
angaben über das Mafs der Verbreitung der Schwerhörigkeit unter den Schülern
der höh. Schulen ein im Wesentlichen richtiges Bild darbieten.
Das Ergebnis der Ermittelungen giebt mir zu folgenden Bemerkungen
Anlafs.
1. Die Anzahl der schwerhörigen Schüler in den höh. Schulen der ge-
samten Monarchie (Torläufig unter Ausschlufs der mit einem Teile derselben
yerbundenen Vorschulen, vergL unter Nr. 2) beträgt 2,18% der Schülerzahl.
Der Procentsatz der Schwerhörigen, berechnet fclr die einzelnen Prorinzen, zeigt
einen nur mäfsigen UnterscMed von dem för die gesamte Monarchie sich er-
gebenden Proeentsatze; der niedrigste Procentsatz ist in einer Provinz 1,57%,
der höchste in einer andern 2,48%. Ob diese Unterschiede in localen und
klimatischen Verhältnissen oder einer Ungleichheit des Mafsstabes bei Ein-
rechnnng Ton Schülern unter die schwerhörigen ihren Anlafo haben, kann für
diejenigen Folgerungen, welche im Lsteresse des Unterrichtsbetriebes aus dem
Ergebnisse der Ermittelungen zu ziehen sind, aufser Betracht gelassen werden.
Jedenfalls bilden die schwerhörigen Schüler einen so kleinen Teil der Schüler-
zahl, dafs es möglich ist, durch Anweisung der geeignetsten Plätze ihnen das
Hören thunlichst zu erleichtem und durch besondere Beobachtung ihrer Aufmerk-
samkeit zu constatiren, ob sie sowohl das von dem Lehrer als das von den
Mitschülern Gesprochene verstehen. Aus den auf den statistischen Fragebogen
beigefügten Bemerkungen habe ich gern ersehen, dafs eine derartigfe Berück-
sichtigung der schwerhörigen Schüler das übliche Vorfahren an den höh. Schulen
ist; die Directoren der höh. Schulen haben auch fernerhin im Interesse sowohl
der schwerhörigen Schüler als der Schulordnung darauf Bedacht zu nehmen,
dafs in keinem einzelnen Falle diese Berücksichüg^g yerabsäumt werde. Wenn
schwerhörige Schüler ungfeachtet solcher MaTsregeln nicht im Stande sind, dem
Unterr. zu folgen, so sind die Eltern oder deren Stellyertreter hiervon mit dem
Bemerken in Kenntnis zu setzen, dafs von einem ferneren Besuche der öffentL
Schule seitens ihres Sohnes ein Erfolg nicht zu erwarten sei.
2. Von den 2,18%, welche die schwerhörigen Schüler von der Gesamt-
zahl der Schüler in den höh. Schulen der Monarchie betragen, sind 1,74 % der
Gesamtzahl der Schüler (oder 80 % der Schwerhörigen) mit diesem Uebel schon
bei ihrem Eintritte in die Schule behaftet gewesen; von den 1,86 % schwer-
hörigen Schülern der gesamten Vorschulen sind 1,50 % (oder 79% der Schwer-
hörigen) schon als schwerhörig in die Vorschulen eingetroten. Nur bei 0,44 %
der Schüler der höh. Schulen und nur bei 0,31 % der Schüler der Vorschulen
fiUt die Entstehung der Schwerhörigkeit in die Zeit des Schulbesuches.
Dem Umstände, dafs in den höh. Schulen die schwerhör^n Schüler
2,18% in den Vorsdiulen nur 1,86% der Gesamtzahl betragen, kann man
266
znnftchst geneigt sein die Dentnng asn geben, dafs an der Enistehnng der Schwer-
hörigkeit der Schnle ein wenn anch sehr nnerheblicher ursächlicher oder mit-
nrs&chlicher Einflufs beizumessen sei. Bedenkt man indessen, dafs von den-
jenigen Fällen, in welchen der Anlafs der Schwerhörigkeit zn bestimmter Kenntnis
der Schnle gelangt ist, die ToUe Hälfte sich als Folge von Masern, Scharlach
nnd verwandten Krankheiten erweist, nnd dafs diese Krankheiten wohl ebenso
häufig erst in den nächsten Jahren nach dem 9. Lebensjahre, also nach dem
Eintritte in die höh. Schulen eintreten, als vor demselben, so wird man Bedenken
tragen müssen, einer solchen Auslegung des an sich nicht erheblichen Unter-
schiedes stattzugeben.
Vollständig beseitigt wird ein solcher Oedanke durch die Thatsache, dafe
in der Verteilung der Schwerhörigen auf die einzelnen Klassen der höh. Schulen
nicht ein Steigen der Verhältniszahlen nach den aufisteigenden Klassen ersicht-
lich wird, sondern ihre Verteilung auf die Terschiedenen Klassen als eine rein
zufällige erscheint
Der Vorwurf, dafs die höh. Schulen durch ihre Einrichtang oder durch
die an ihre Schüler gestellten Forderungen Schwerhörigkeit herbeifähren oder
befördern und steigern, ist bis jetzt nicht erhoben worden. Denn wenn von
ärztlicher Seite erwähnt worden ist, dafs die Wege zur Schule oder dafs unzweck-
mäfsige Lüftungen während der Lehrstunden Katarrhe des Ohres und Halses
veranlassen oder steigern können und dafs hierdurch im weiteren Verlaufe Schwer-
hörigkeit herbeigeführt werden kann, so sind hiermit Einwirkungen bezeichnet,
welche auch aufserhalb des Schullebens in gleicher Weise vorkommen, nicht
als specifische Einflüsse der Schule und ihrer Einrichtungen zu betrachten sind.
Es kommt femer in Betracht, dafs chronische Katarrhe des Ohres resp. Ohren-
flüsse, die aufser den genannten Krankheiten am meisten Schwerhörigkeit be-
dingen, ärztlicherseits ai$ eine scrofolöse Grundlage zurückgeführt werden. Ebenso
verhält es sich mit dem chronischen Nasenkatarrh, wenn derselbe das Gehör '
nachteilig beeinflufst. Dafs der Schule irgend eine ursächliche Bedeutung
für die unter den Schülern vorkommende Schwerhörigkeit nicht beizumessen ist,
darf als sicher bestätigt durch die angestellten Ermittelungen erachtet werden.
Die Unterrichtsverwaltung befindet sich daher gegenüber der Schwer-
hörigkeit von Schülern höh. Schulen in wesentlich anderer Lage, als gegenüber
ihrer Kurzsichtigkeit. Die Kurzsichtigkeit ist während der Besuchszeit der
höh. Schulen bezüglich der Anzahl der davon betroffenen Schüler und des Grades
des üebels mit den au&teigenden Klassen in Zunahme begriffen. Die ünter-
richtsverwaltung erachtet es daher als ihre Aufgabe, zur Ergänzung der bereits
in dieser Bichtung angestellten dankenswerthen Ermittelungen durch umfassende
von ihr selbst angeordnete ärztliche Untersuchungen höh. Schulen die That-
sachen feststellen und möglichst ermitteln zu lassen, welchen Einrichtungen der
höh. Schulen ein wesentlich nachteiliger Einfiuf^ in der fraglichen Beziehung
beizumessen ist, und wird nicht unterlassen, auf deren Beseitigung oder Er-
mäfsigung unablässig Bedacht zu nehmen. Dagegen ist zu einer etwanigen
specialärztlichen Untersuchung der höh. Schulen auf Schwerhörigkeit ihrer Schüler
ein Anlafs nicht anzuerkennen, sondern es ist diese Sorge ansschliefslich dem
Eltemhause zu überlassen. Der Schule ist nur zur Pfiicht zu machen, dafs sie
bei denjenigen schwerhörigen Schülern, welche ihr Uebel noch nicht zur Teil-
nahme am Unterrichte unfähig macht, durch besondere Berücksichtigang und
Aufinerksamkeit die nachteiligen Folgen des Leidens für die geistige Ent-
wickelung der Schüler möglichst zu ermäfsigen suche, und dafs sie, wo die
beginnende Schwerhörigkeit den Eltern noch nicht bekannt zu sein scheint, die-
selben sofort in Kenntnis setze und ihnen die Einholung des ärztlichen Bathes
anheimgebe. Von dem Wohlwollen der Lehrer für die ihnen anvertraute Jugend
267
darf ich Toranssetzen, dafs diese Pflichten in allen Fftllen sorgfUüg erfOUt
werden, und dies um so znYersichtlicher, da in den Lehrerkreisen die Anfinerk-
sainkeit auf alle Fragen der Gesundheitspflege unverkennbar in erfreulicher Zu-
nahme begriffen ist." Der Minister etc. v. Oofsler.
Gutachten der MedicAbi des Minist., Epileptische in Schulen
betreffend, y. 6. Mai 1867 : „Wenngleich es Ärztlicher Erfahrung nach feststeht, dafi?
Schreck durch Anblick eines epileptischen Anfalls unter gewissen Bedingungen
Epilepsie selbst oder andere C^undheitsstOrungen heryorzumfen vermag, so wird
doch aus dem umstand, dafs neuerdings in hies. Schulen F&üe von epilept.
Krämpfen vorgekommen sind, ein genflgender Anlafo zu einer allgemeinen Mafs-
regel in dieser Beziehung für die Schulverwaltung nicht herzuleiten sein. In-
sofern der genuinen Epilepsie auf Grund der vorgedachten ftrztl. Erfahrung
eine Uebertragbarkeit auf physischem Wege, mithin ein gewisser Grad von
AnsteckungsfihTgkeit beizulegen sein durfte, würde auf die sanit&tspolizeil. Be-
handlung dieser Krankheit in den Schulen principiell allerdings § 14 des Regu-
lativs V. 8. Aug. 1835 (s. unten p. 270 f.) in Krafk zu treten haben. Betrachten
wir jedoch das thatsächliche Yerhftltnis der viel gestalteten Krampfformen im
kindlichen Alter gegenüber dem Leben in der Schule, so bieten sich folgende
Momente der Beachtung dar:
Die vor der Pubertät sich einstellende periodische Epilepsie führt vorzugs-
weise Blödsinn herbei. Kinder, welche mit habitueller Epilepsie behaftet sind,
bleiben daher bald in ihrer geistigen Ausbildung und Befähigung so zurück,
dafs sich dieselben zur Teilnahme am Offentl. Unterricht überhaupt nicht zu
eignen pflegen und an und für sich dem Schulzwang nicht unterliegen dürfen.
Diese Kategorie der Epileptiker kommt folglich hier nicht in Frage. Auf die-
jenigen Schüler aber, welche bei übrigens ungetrübter Bildungsfähigkeit dennoch
während des Schulbesuchs plötzlich und unerwartet von epilept. Krämpfen be-
fallen werden sollten, kann selbstverständlich nur die im Interesse der Schul-
disciplin überall gebotene Mafsnahme in Anwendung kommen, dafs der betr.
Lehrer dieselben, wie jeden andern zufiEUlig erkrankten, so schnell als möglich
aas dem Kreise der Mitschüler zu entfernen suchen mu&. Es wird jedoch die
Ausdehnung dieser Mafsregel bis zum gänzlichen Ausschluß aller zu klonischen
oder tonischen Krämpfen etwa disponirten Kinder von der ferneren Teilnahme
am Unterricht lediglich aus dem Grunde, um die gesunden Schüler vor dem
Anblick dieser Krämpfe zu schützen, endlich auch deshalb nicht gerechtfertigt
erscheinen, weil hiermit dem gelegentl. Anschauen von schweren epilept. An-
fällen aufkerhalb der Schule ohnehin nicht vorgebeugt werden kann.
Hiemach mufs es bei den in Bede stehenden Vorkommnissen der umsich-
tigen Beurteilung der Directoren überlassen bleiben, nach Lage jedes einzelnen
FaUs die Anordnungen zu treffen, welche geeignet sind, die daraus entstehenden
Störungen des Unterrichts und die möglicherweise für andere Schüler zu be-
fürchtenden Übeln Folgen zu verhüten.'^
Auf Anregung des K. Prov.Sch.G. zu Koblenz im Jahre 1865 hat das K
MedicCollegium der Bheinprovinz die wichtigsten von der pflichtmäfsigen Sorge
für die Gesundheit der Schüler erforderten Anordnungen zusammengestellt (s.
GBL 1867 p. 338ff.). In Bezug auf die darin zuerst behandelte zweckmäfsige
Einrichtung des Schullocals s. auch p. 43 ff., femer Hisi statist Darsi XU,
p. 55, auch das Gutachten der K. Wissensch. Deputation für d. Medicinal-
wesen, CBl. 1874 p. 433 ff., die Ventilation betreffend. Das voi^enannte
K. Medictloll, bemerkt in Belareff derselben und in anderen Beziehungen Folgendes :
„Die während des Aufenthalts von Schülern in dem Baume sich anhäufende
Kohleniäure, welche durch das Athmen hier sich ansammelt, kann die Ursadie
268
an Unwohlsein der Lehrer und Schüler werden; deshalb erfordert die Beinhaltang
der Sohullaf, welche fast sprichwortlich geworden' ist, einige Anfinerksamkeit.
Wie schon erwähnt, findet nach jeder Stunde eine kurze Unterbrechung des Unter-
richts, oft bis zu einer Viertelstunde dauernd, statt In dieser freien 2ieit wird
durch öfteres Oefihen der Thür frische Luft eintreten und schlechte Luft fortgehen;
auch das Oeffnen der Fenster, welche in der besseren Jahreszeit teilweise ^^ffnet
bleiben können, Mst frische Luft einströmen; in der k<eren Jahreszeit giebtder
Ofen Veranlassung, dafs Lult aus der Schulstube entweicht und dafür frisäie Luft
durch alle Ritzen der Thüre und Fenster, selbst die Poren der Wände eintritt,
vorausgesetzt, dafs der Ofen seine Luft aus der Stube empfängt und dessen Thür
nicht hermetisch verschlossen ist. Deshalb ist eine künstf. Ventilation für solche
Schulen, welche nur einen Teil des Tages besetzt sind, nicht erforderlich. Sie
kann vollständig ersetzt werden, selbst wenn der Ofen von aufsen geheizt wird,
wenn am Fenster die oberen Scheiben so eingerichtet sind, dafs sie in ihrem un-
teren Teile in einem Charnier beweglich soweit geöffnet werden können, um die
Luft eindringen zu lassen, ohne dafs der Zug die Schüler treffe, ähnlich wie dieses
in Küchen eingerichtet ist.
Die E r wä r m u n g d e r S c h u 1 s tu b en geschieht in hiesiger Gegend meistens
durch Heizung gufseisemer Oefen, die in der Stube ihren Feuerraum haben, also
in der Stube geheizt werden. Diese Oefen verursachen durch die oft starke strah-
lende Wärme, sowie durch den Staub der Asche und des Hufses manche Unbe-
quemlichkeit, und geben nicht die behagliche Wärme, wie thöneme oder porzel-
lanene Oefen. Mittels der eisernen O^en wird jedoch der Raum rascher erwärmt;
allenfallsige Reparaturen erfordern nicht viele Zeit, welche bei Thonöfen, die zu-
dem bei mangelhafter Behandlung auch gefährlich sein können, oft zeitraubend
sind. Wenn man die eisernen O^n mit einem Mantel umgiebt oder einen Schirm
vorstelUt, so wird die s|3ahlende Wärme g^emäfsigt und deren Nachteile verhütet;
und wenn man sich der Füllöfen, welche mit Coaks geheizt werden und die bei ent-
sprechender Qröfse auch gröfsere Räume erwärmen können, bediente, so würde
selbst das oft störende Nachlejren von Feuerungsmaterial während der Stunde un-
nöthiff werden, da dieselbe auf einmal das för eine gewisse Zeit, z. B. 8 Stunden,
erforaerliche Heizmaterial erhalten und keines Na(mlegens für diese Zeit bedür-
fen« Das Reinigen und Anlegen des Heizmaterials könnte in der Zeit geschehen,
wenn keine Schule gehalten wird; ein selbst zierlicher Idbmtel aus eisernem Git-
terwerk oder eine Porzellanhülle könnte den Ofen umgeben« Die Anwendbarkeit
eiserner Oefen ist sonach solchen von anderem Matertal vorzuziehen, und zwar um
so mehr, als die Schulstuben nur eine gewisse Zeit, an 4 Tagen 6, höchstens 8
Stunden, an 2 Tagen nur 4 Stunden, an Sonn- und Feiertagen gar nicht geheizt
werden müssen, was man auf die rascheste, bequemste und billigste Weise mittels
eiserner Oefen erreicht Weil eben nur eine kurze Zeit die Räume geheizt werden,
ist für Schulen von einem künstlichen Heizsystem, z. B. mittels Luft- Warmwasser-
Heizung etc., gänzlich abzusehen; ohnedies erfordert eine solche eine kostspielige
Einrichtung, welche an schon eingerichteten Schulen nur mit grofsen Unkosten sich
herstellen läfst und deren Teile durch die mutwillige, zerstörungslustige Ju-
gend leicht beschädigt werden können. Die Temperatur im Schnlzimmer soll im
Winter an den vom Ofen entferntesten Stellen 15^ R. niemals übersteigen; indeb
wird in den kalten Tagen dieser Wärmegrad an diesen Stellen wohl nie er-
reicht
Ein wichtiger G^egenstand für die Schulen ist die Einrichtung der Abtritte,
sowohl mit Rücksicht auf die Gesundheit als Sittsamkeit Am besten ist es, wenn
die Abtritte sich nicht im Hauptgebäude, sondern in einem davon getrennten Bau
befinden. Für die Aufnahme des Kothes ist eine entsprechend grorse Grube her-
zustellen, welche gut vertrafst, oementirt sein mufs. Um die mögliche Dnrchdrin-
flrung der Mauern durch Fäkelstoffe und der letzteren Weiterverbreitung z. B. zu
Brunnen oder Kellern, zu verhüten, mtissen die Boden- und Seitenmanem noch
mit einer dicken Lage Sand oder Lehm umgeben sein. Ein für die gewöhnliche
Zeit gut verwahrter Zugang mufs die Reimgung der Ghrube zu bestimmter Zeit
leicht bewerkstelligen lassen. Die Reinigung derselben soll nur in den Ferien ge-
schehen, und nur wenn eine Reinigungsmascmine zur Verfügung steht, kann sie zu
jeder Zeit stattfinden.
269
üeber der Ghrabe müssen fOr die PisBoin und för die einzelnen Klassen je
ein Abtritt erriohtet werden, welohe hinlänglich Lieht durch die Fenster erhalten.
Der Abtritt mnis eine Brille haben» nicht aber blofs eine schmale Leiste, auf wel*
eher die Knaben sitzen können. Die Höhe derselben richtet sich nach der Höhe
der Sitzbänke der- versehiedenen Klassen. Um den ans der allgemeinen Qrube
entstehenden Geruch yon den einzelnen Abtritten abzuhalten, empfiehlt sich die
Anbringung einer gufseisemen, gut emaillirten, trichterförmigen Röhre, welche
in einem eisernen ^cken steht, das an zwei Ketten häxigt. Dieses Becken schliefst
durch den wäfsrigen Lihalt die Bohre ab und läfst das Hineinfallende seitlich in die
Grube abgehen.
Sollte durch Frost oder Sonstiges eine Verstopfung der Bohren entstehen,
so braucht blofs eine Kette, welche an der Brille befestig ist, losgelassen zu wer-
den, um allen Lihalt des Beckens zu entleeren. Diese Vorrichtung scheint uns für
Sd^ulabtritte am besten geignet und eher anwendbar, als ein an der Bohre an-
gebrachter Ansatz, der, üaSt wie ein Uhner Pfeifenkopf gekrümmt, einen seitlichen
Abflufs hat. Wenn der Lihalt des Ansatzes, welcher freilich einen Abschlufs
ffegen die Dünste der Gh^be bildet, gefriert oder die Bohre sich sonst verstopft, so
hat man mit dessen Beinigung und Freimachung viel Mühe, Verschlüsse mittels
Deckel, die in Chamieren sich bewegen, und drgl. Vorrichtungen sind kostspielig
und wegen des Verrostens der Ghamiere rasch aufser Thätigkeit. Ebenso ist, Wa-
tercloeets mit Wasserleitung sowie Porzellanbecken anzubringen, für die zerstörungs-
lustige Jugend nicht rathsam.
Damit die auf den Abtritten der Schulen so oft gefundenen Schreibereien
und Zeichnungen nicht stattfinden können, ist es rathsam, wenn die Bauart es er-
laubt, einen mcht glatten, sondern vielmehr recht rauhen Bewurf der Wände her-
zustellen und die Holzteile, z. B. die Thür, innen sandeln zu lassen. Dann kann
der Anstrich hell sein. Ist dieses nicht möglich, so lasse man den Anstrich, die
Tünohung, in grauer Farbe machen. Die Abtritte schwarz, etwa mit Steinkohlen-
theer, bestreichen zu lassen, halten wir nicht für rathlich, teils wegen des Gestanks,
teils weil der Theer sehr schwer trocknet, teils weil es dadurch zu dunkel wird,
was auch wieder seine Nachteile hat. Die Lischriften völli|f unmöglich zu ma-
^en, wird wohl nicht gelingen; wenn die Knaben nicht mit Bleistift schreib^i
können, z. B. auf dunkler glatter Fläche, so werden sie das mit Kreide thun Auf
rauher Fläche ist es am meisten erschwert. Das Zugiefsen von einer den Ver-
bältnissen entsprechenden Menge von Eisenvitriollösung in die Abtritte, und be-
sonders da, wo die Abtritte sidi im Hauptgebäude befinden, ist zeitweise anzuord-
nen, und ganz besonders auch nach dem Ausreinigen der Grube, weil in der Zeit
eich die Gerüche sehr lebhaft zeigen.
Ein anderer wichtiger Gegenstand ist die Beschafiung des Trinkwassers.
Wo keine Wasserleitung iMsteht, wird das Wasser aus Brunnen, meist mittels Pum-
pen, beschafift. Ein gute» brauchbares Trinkwasser soll ohne Farbe, ohne Geruch,
ohne Geschmack, besonders ohne Nachgeschmack sein, also klar und durchsichtig,
fferuchlos und geschmacklos. Je nach der Beschaffenheit des Bodens, aus welchem
das Wasser geschöpft wird, kann das Wasser mancherlei Abweichungen bieten,
ohne dadurch der Gesundheit nachteilig zfi sein. Diese Abweichungen können
80 mannigfaltig sein, dafs die Frage, ob ein bestimmtes Brunnenwasser der G^
■undheit nachteilig sei oder nicht, nur die specielle Analyse eines Chemikers ent-
scheidet Wenn diese besonders schädliche Beimischungen zum Brunnenwasser dar-
thut, so ist der Brunnen durch Beinigung, Vertiefung oder sonst nÖthige Verän-
derung zu bessern oder, wenn dieses nicht erreicht wird, zuzuwerfen. Bei Anle-
gung neuer Brunnen ist besonders darauf Bücksicht zu nehmen, dafs er in mög-
nohst weiter Entfernung von Senk- oder Abtrittsgruben errichtet werde. Wie
grofs diese Entfernung sein müsse, richtet sich hauptsächlich nach der Ortsb»-
sohaffenheit, und besonders nach der des Untergrundes, je nachdem dieser leicht
oder schwerer durchdringlich ist Es läfst sich darüber keine bestimmte Norm
festsetzen." Koblenz 23. Dec. 1865. K. Bhein. Medic. CoUegium.
CVerf. des Proy.Sch.C. zu Berlin y. 80. Apr. 1869: „Bei der in
letzter Zeit mehr&ch angeregten und gepflogenen Berathung über den Wegfall
des Nachmittagsunterrichts, an den höh. Lehranstalten Berlins ist unter Anderem
270 4 •
auch die grofse Wichtigkeit der Lnftreinigang und Lufternenerang in
den Schul- and Klassenräumen for die Erhaltong der (Gesundheit der Lehrer und
Schüler hervorgehoben and allgemein anerkannt worden. Wir fordern daher die
HH. Dir. der höh. Lehranstalten unseres Bessorts hiermit aof^ ihr besonderes
Angenmerk darauf zu richten und die Lehrer zur Mitwirkung dafür in geeig-
neter Weise heranzuziehen, dafs durch Oeffnen der Fenster namentlich während
der Zwischenpausen die Klassenzimmer gehörig gelüftet werden, aufserdem aber
die Schuldiener anzuweisen, aufser der Schulzeit für ausreichende Lüftung der
Klassenzimmer Sorge zu tragen, und die Erfüllung dieser Obliegenheit sor^ältig
zu überwachen.''
C. Verf. Y. 18. M&rz 1884. „Bei mehreren Unterrichtsanstalten sind
unter den Schülern und den in den Anstaltsgebäuden wohnenden Lehrerfiunilien
typhöse Erkrankungen vorgekommen, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf
die schlechte Beschaffenheit des Wassers und insbesondere die zeit-
weise Lificirung desselben aus Abzugskanälen und Kloaken zurückzuführen waren.
Ich nehme daraus Veranlassung, dem K. Prov.Sch.G. eine allgemeine Prüfung der in
Betracht kommenden Verhältnisse, insbesondere bei den Intematsanstalteu Seines
Bessorts, und eine Untersuchung der Beschaffenheit des Wassers für alle die-
jenigen Fälle zu empfehlen, wo Grund zu der Vermuthung vorliegt, dafis das
Wasser der Anstaltsbrunnen gesundheitsschädliche Stoffe enthalten könnte.
Ueber die beim Gesangunterricht nothwendige Vorsicht s. p. 220 f.,
gegen Ueberbürdung mit Schularbeiten s. p. 253 ff.
Ueber den Einflufs des Turnens auf die Gesundheit der Schüler s.
p. 222 ff.
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Kiel v. 3. Febr. 1875: „Bei gegebener
Veranlassung lenken wir hierdurch die besondere Aufmerksamkeit der HH. Direc-
toren und Bectoren auf die äulserlichen Umstände und Verhältnisse, unter welchen
der Betrieb der Turnübungen an den höh. Lehranstalten der Provinz statt-
findet, sei es in dem geschlossenen Baume eines Saales oder einer Halle, oder
auf einem freiliegenden Turnplatze. Es wird mit allem Nachdruck der Ge-
fahr zu steuern sein, dafs die Turnübungen der Schulen, welche dazu dienen
sollen, die körperliche Kraft und Gewandtheit der heranwachsenden Jugend zu
fördern, in irgend welcher Weise, namentlich auch durch die Menge des dabei
erregten Staub es einen gesundheitsgefährlichen Einflufs ausüben und, besonders
bei schwächeren Körperconstitutionen, wenn auch vielleicht zunächst unmerklich^
den Keim späteren Siechtums legen.
Wir ersuchen daher die HH. Directoren und Bectoren, in Gemeinschaft
mit den Turnlehrern der Anstalten und erfordert Falls unter Zuziehung der
betr. Physici oder anderer geeigneter Aerzte des Orts, die vorberegte Frage
einer ernstlichen und eingehenden Erwägung zu unterziehen und, falls sich
Bedenken erregende Uebelstände an den betr. Anstalten herausstellen sollten,
auf deren möglichst baldige und gründliche Abstellung Bedacht zu * nehmen.**
Aus dem sanitätspolizeiL Begulativ v. 8. Aug. 1835, das Ver-
halten bei ansteckenden Krankheiten betreffend:
§ 14. Hinsichtlich der Schule sollen zwar die gesetzlichen Bestimmungen,
die den Schulbesuch befehlen, in keinem von einer ansteckenden Epidemie heim-
gesuchten Orte zur strengen Anwendung kommen; doch soll auch die gänzliche
Schliefsung nicht ohne dringende Notti erfolgen und nur von den Sanitäts-
commissionen besonders darauf gewacht werden, da& in den Schulzimmem stets
eine reine Luft erhalten und UeberfOUung vermiede^ werde.
271
An ansteckenden Krankheiten leidende Kinder müssen ans den
Schulen, Fabriken nnd anderen Anstalten, in denen ein Znsammenflofs von
Kindern stattfindet, entfernt werden nnd sind nicht eher wieder zuzulassen, als
bis ihre TöUige Genesung nnd die Beseitigung der Ansteckungsfähigkeit ärzt-
lich bescheinigt ist
Ebenso ist aus Familien, in welchen Jemand an Pocken, Scharlach,
Masern und anderen, besonders Kinder gefährdenden, ansteckenden Krank-
heiten leidet, der Besuch der Schulen und ähnlichen Anstalten dei^enigen Kin-
dern nicht zu gestatten, welche mit dem Kranken in fortwährendem Verkehr
stehen.^
CircBescript (des Unterrichtsministers an die K. O.Präsidenten) v.
19. Dec 1866: „Die Wahrnehmung, dals an den in diesem Jahre von der
Cholera heimgesuchten Orten hinsichü. der Schulen ein sehr verschiedenes
Verfahren befolgt und dalls hie und da die Schliefsung derselben ohne genü-
genden Grund lediglich von der Polizeibehörde angeordnet worden ist, hat mich
veranlaist, von der Medicinalabteilung des Ministeriums ein Gutachten über die
Nothwendigkeit derartiger Maisregeln zu erfordern. Abschrift des erstatteten
Gutachtens teile ich Ew. etc. in der Anlage a) zu gefälliger Kenntnisnahme
und weiterer Veranlassung an die betr. Provinzialbehörden behufs der Nach-
achtung in wieder vorkommenden Fällen ergebenst mit.^'
a) Gutachten v. 26. Oct 1866. „Die unter dem 1. Juni 1831 erlassene
Instruction über das bei der Annäherung und dem Ausbruch der Cholera in
den K. Preufs. Staaten zu beobachtende Verfahren enthielt (§ 34) die Bestim-
mung, dafs auch die Schulen in dem Orte geschlossen werden sollen, wo die
Cholera wirklich ausgebrochen ist. Nachdem aber die Seuche nicht lange nach
Erlafs dieser Instruction die in Gemäfsheit derselben streng cemirten Landes-
teile überschritten hatte, lehrte die in den von ihr heimgesuchten Orten gewonnene
Erfahrung bald, dafs viele der vorgeschriebenen Schutemafsregeln, weil dieselben
sich teils als unausführbar, teils als entschieden unzweckmäfsig erwiesen, auf
die Dauer nicht haltbar waren.
Die Bestimmung des vorgenannten § 34 war eine der ersten, gegen welche
erhebliche Bemonstrationen eingingen. Schon im Sept 1831 gab der Bericht
der Begierung zu Bromberg, über die Folgen der dort angeordneten Schliefsung
der Schulen, vom 2. ejusd., Veranlassung, die Frage: ,J>roht der Schulbesuch,
vorausgesetzt, dafs dabei die nöthigen Vorsichtsmafsregeln zur Anwendung
kommen, gröfsere Gefahr in Hinsicht der Ansteckung als der übrige Verkehr
unter Menschen, und wird der gefurchteten Verschleppung der Krankheit durch
die Kinder mittels Schliefsung der Schulen wirklich vorgebeugt?** in nähere
Erwägung zu ziehen. Da hierbei in Betracht kam, dafs die Mehraahl der Eltern
nicht in der Lage sei, ihre Kinder privatim unterrichten zu lassen und sie unter
steter Aufsicht zu halten, dafs daher die Mehrzahl der Kinder sich au&ichtslos
in und aufser dem Hause umhertreiben und im unüberwachtem Verkehr mit
anderen Menschen der Ge&hr der Ansteckung sich um so leichter aussetzen würden,
dals dagegen die durch den Schulbesuch beförderte Begelmäfsigkeit des Lebens
und Beinlichkeit des Körpers die Empfänglichkeit far die Krankheit eher zu
vermindern als zu erhöhen im Stande sei, so war das Besultat dieser Erwägung:
dais die Schliefsung der Schule nicht unbedingt zweckdienlich erscheine. Damit
indessen Jeder durch den Schulbesuch etwa zu befürchtenden Gefahr der An-
steckung vorgebeugt werde, wurde unter dem 22. Sept 1831 eine den § 34 der
vorgedachten Instruction modificirende C.Verf. erlassen, nach welcher der Schul-
zwang während herrschender Cholera zwar aufgehoben, der Schulbesuch aber
unter bestimmten Vorsichtsmafsregeln gestattet und die Schliefsung der
272
Schulen nur Yon dem durch die änTserste Noih gebotenen BeBchlofs der Local-
behOrden, im Einverständnis mit der Sanitätscommission, abhängig gemacht
werden sollte.
Der wesentliche Inhalt der in dieser Verf. enthaltenen Bestimmnngen fand
seinen definitiven Ausdruck in § 11 der durch CO. y. 5. Febr. 1832 bestätigten
neuen Cholera- Instruction v. 31. Jan. 1832 und ist demnächst in derselben
Fassung auch in das Regulativ, betreffend die Mafsregeln gegen die Verbrei-
tung der ansteckenden Krankheiten v. 8. Aug. 1835, aufgenommen worden (s. oben
p. 270 ff.).
Nach dieser auch far die sanitätspolizeil. Behandlung der Cholera maAh
gebenden Vorschrift uoterliegt es keinem Zweifel, dafs die neuerdings an ver-
schiedenen Orten von der Polizeiverwaltung der Choleraepidemie wegen ohne
Angabe besonderer Grunde angeordnete Schliefsung sämtlicher Schulen als eine
gesetzlich nicht gerechtfertigte und deshalb schon nicht nothwendige MaTsregel zu
erachten ist. Dafs aber die Nothwendigkeit und Zweckmäfsigkeit der Schliefsung
der Schulen auch abgesehen hiervon in Abrede gestellt werden mufs, ist aus
den Motiven zum Erlats der C.Veif. v. 22. Sept. 1831 sowie des Begulativs v.
8. Aug. 1835 (p. 270 ff.), deren Bedeutung durch spätere Erfahrungen nicht ge-
schmälert worden ist, mit ^'..Loüieit zu entnehmen.
Die Schulen werden von Kindern, die an Cholera erkrankt sind, selbst-
redend nicht besucht. Für die Annahme aber, dafs die üebertragung der Cho-
lera von gesunden Personen, selbst wenn die Cholerakranken nahe gewesen
sind, auf andere Gesunde an einem dritten Orte erfolgen könne, fehlt es an
jedem Anhalt. Es liegt auch dafor, dafs eine Verbreitung der Cholera irgendwo
durch den Schulbesuch befördert worden sei, kein Beispiel vor. Die SchuUocale,
welche während herrschender Cholera vorschriftsmäfsig besonders gut gelüftet und
rein gehalten werden sollen, und welche dann, wegen unvermeidlichen Ausbleibens
vieler Kinder, an Ueberfnllung nicht leiden werden, sind für die Kinder als Zufluchts-
stätten zu betrachten, in denen dieselben wenigstens während der Schulzeit vor
der Gefahr der Ansteckung geschützt bleiben. Die heilsame Wirksamkeit des
dauernden Schulbesuchs erstreckt sich aber auch auf das häusliche Leben, indem
die Schularbeiten eine regelmäfsige Beschäftigung geben, welche die Kinder in
der Vornahme gesundheitsschädlicher Handlungen beschränkt Die Gewöhnung
der Jugend en^ch an unweigerliche Erfüllung ihrer Pflicht, selbst unter äufser-
lich erschwerenden Umständen, darf als moralische Kräftigung für ihr ganzes
Leben nicht hoch genug in Anschlag gebracht werden. Der e^anigen Furcht-
samkeit der Eltern aber ist durch Aufhebung des Schulzwangs während der Cholera-
zeit genügend Bechnung getragen worden.
Hiemach dürfte es selbst schwer werden, die Verhältnisse dringender
Noth bezeichnen zu wollen, unter denen die Schliefsung sämtlicher Schulen
wegen der Choleraepidemie ausnahmsweise gestattet wäre. Der Fall einer so
grofsartigen Calamität, dafs der Ausbruch der Cholera an einem Orte die Auf-
lösung aller gesetzlichen Bande zur Folge hätte, würde allerdings auch die
Schliefsung der Schulen daselbst nöthig machen. Es ist dies aber ein Vor-
kommnis, welches wir seit 35 Jahren im preufs. Staat glücklicherweise nicht
erlebt haben. Eher kann es sich ereignen, dafs Schulen, die vorzugsweise von
auswärtigen Kindern firequentirt werden oder die auswärtige Kinder im Pensionat
oder Alumnat haben, ihre Thätigkeit einzusteUen genOthigt werden, wenn Eltern
wegen Ausbruchs der Cholera an dem betr. Ort ihre Kinder zurückzuberufen sich
veranlaist finden. Die Schliefsung dieser Schulen wird dann genehmigt werden
müssen. Es kann hieraus die Nothwendigkeit der Schliefsung sämtlicher Schulen
in dem inficirten Ort nicht begründet werden.'' Abteil far die Medicinal-
angelegenheiten.
273
Der Mitteilung des vorstehenden Gutachtens an die Schnldirectionen fögte
das E. ProY.SchnlcoU. in Berlin (7. Jan. 1867) die Bemerkung hinzu»
fiHiemsLch darf die gänzliche Schliefsung der Schule nicht ohne drin-
gende Noth erfolgen. Es mufs aher besonders darüber gewacht werden,
dafs in den Schulzimmem stets eine reine Luft erhalten und Ueberfallung
vermieden wird, auch sind Schulversäumnisse zur Zeit der Epidemie nicht zu
bestrafen."
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Hannover v. 25. August 1871: „Ob-
wohl wir voraussetzen dürfen, dafs die Directoren und Bectoren unserer hoh.
Lehranstalten diejenigen Yorsichtsmafsregeln, welche beim Herannahen epi-
demischer Krankheiten zu treffen sind, in ihrem Geschäftskreise
nicht versäumen werden, so halten wir es doch gegenwärtig für geboten, auch
unsererseits die Aufmerksamkeit derselben auf diesen Punkt ausdrücklich hin-
zulenken.
Wir veranlassen demnach unsere Directoren und Bectoren, dafür Sorge
zu tragen, dafs unverzüglich regelmäfsige und wiederholte Desinfectionen
der Aborte, häufige und gründliche Beinigung der Höfe und angrenzenden
Gossen und sorgf^tige Lüftung der Corridore und Klassenzimmer vorgenommen
werde. Die hierdurch etwa erwachsenden Kosten sind bei den Anstalten kOnigl.
Patronats aus dem Titel Insgemein zu entnehmen. Vornehmlich aber empfehlen
wir den Directoren und Bectoren, die ihnen anvertrauten Schüler in sanität-
licher Beziehung genau zu beobachten. Es wird namentlich ihre Aufgabe sein,
unter Beihülfe und Heranziehung der Ordinarien und der übrigen Lehrer den
auswärtigen Schülern mit Bath und Belehrung nach dieser Seite hin beizustehen,
ihre Wohnung und Lebensweise zu beobachten und die hierbei etwa bemerkten
Mängel, soweit dies thunlich erscheint, abzustellen. — In wie weit bei engen
und schlecht ventilirten Schulräumen und überfüllten Klassen ein häufigeres Aus-
setzen des Nachm.Unterrichts eintreten könne, wollen wir dem einsichtigen Er-
messen unserer Directoren und Bectoren anheimstellen."
Anordnungen zur Verhütung der Uebertragung ansteckender
Krankheiten durch die Schulen. a) C.Verf. v. 14. Juli 1884 an die
K. Begier. Präsidenten. „Zur Beseitigung von Zweifeln in Betreff der
Schliefsung von Schulen bei ansteckenden Krankheiten bestimmen wir unter
Verweisung auf die Vorschriften in § 14 des durch die Allerhöchste Ordre vom
8. Aug. 1835 genehmigten Begulativs über die sanitätspolizeilichen Vorschriften
(s. p. 270) und auf das Gutachten der Abteilung far die Medicinalangelegenheiten
im Ministerium der geistl. etc. Angelegenheiten v. 26. Oct. 1866 (s. p. 271) sowie
unter Beifügung einer Anweisung zur Verhütung der Uebertrag^ing ansteckender
Krankheiten durch die Schulen, Folgendes:
Ueber die Schliefsung einer Schule auf dem Lande und in Städten, welche
unter dem Landrathe stehen, hat der Landrath unter Zuziehung des Kreisphy-
sikus zu entscheiden. Von jeder Schliefsung hat der Landrath dem Kreis-
Schulinspector Mitteilung und der vorgesetzten Schulaufsichtsbehörde Anzeige
zu machen.
In Städten, welche nicht unter einem Landrathe stehen, ist über die
Schliefsung der Schulen von dem Polizeiverwalter des Ortes nach Anhörung des
Kreisphysikus und des Vorsitzenden der Schuldepntation zu entscheiden. Die
Schliefsung ist durch den Ortsschulinspector zur Ausführung zu bringen und
gleichzeitig von derselben der Schulaufsichtsbehörde Anzeige zu erstatten.
Ew. ersuchen wir ergebenst, das in medicinal-polizeilicher Hinsicht zur
Durchführung der getroffenen Anordnungen Erforderliche gefälligst zu ver-
anlassen.
Wiese, Verordniuigen. 18
274
Die Provinzial-Soholbehörden haben AbBchrift dieser Yerfagang und ihrer
Anlage erhalten.*^ Der Min. d. geistl. etc. Ang. v. Gofsler. Der Min. d.
Innern. In Yertr. Herrfnrth.
b) Anweisung znr Verhütung der üebertragnng ansteckender
Krankheiten durch die Schulen. „1. Zu den Krankheiten, welche yer-
mOge ihrer Ansteckungsfähigkeit besondere Vorschriften für die Schulen nöthig
machen, gehören:
a. Cholera, Buhr, Masern, Böthein, Scharlach, Diphtherie, Pocken, Fleck-
typhus und Bückfallsfieber;
b Unterleibstyphus, contagiöse Augenentzündung, Krätze und Keuchhusten,
der letztere, sobald und so lange er krampfartig auftritt.
2. Kinder, welche an einer in Nr. la. oder b. genannten ansteckenden
Krankheit leiden, sind vom Besuche der Schule auszuschliefsen.
3. Das Gleiche gilt von gesunden Kindern, wenn in dem Hausstande,
welchem sie angehören, ein Fall der in Nr 1 a. genannten ansteckenden Krank-
heiten vorkommt, es müfste denn ärztlich bescheinigt sein, dafs das Schulkind
durch ausreichende Absonderung Tor der Glefahr der Ansteckung geschützt ist
4. Kinder, welche gemäfs Nr. 2 oder 3 vom Schulbesuche ausgeschlossen
worden sind, dürfen zu demselben erst dann wieder zugelassen werden, wenn
entweder die Gefahr der Ansteckung nach ärztlicher Bescheinigung für beseitig^
anzusehen oder die für den Verlauf der Krankheit erfahrungsmäfsig als Begel
geltende Zeit abgelaufen ist. Als normale Krankheitsdauer gelten bei Schar-
lach und Pocken sechs Wochen, bei Masern und Böthein vier Wochen. Es
ist darauf zu achten, dafs vor der Wiederzulassung zum Schulbesuche das Kind
und seine Kleidungsstücke gründlich gereinigt werden.
5. Für die Beobachtung der unter Nr. 2 — 4 gegebenen Vorschriften
ist der Vorsteher der Schule (Director, Bector, Hauptlehrer, erster Lehrer, Vor-
steherin etc.), bei einklassigen Schulen der Lehrer (Lehrerin) yerantwortlich.
Von jeder Ausschliefsung eines Kindes vom Schulbesuche wegen ansteckender
Krankheit — Nr. 2 und 3 — ist der Ortspolizeibehörde sofort Anzeige zu
machen.
6. Aus Pensionaten, Convicten, Alumnaten und Internaten dürfen Zöglinge
während der Dauer oder unmittelbar nach dem Erlöschen einer im Hause auf-
getretenen ansteckenden Krankheit nur dann in die Heimath entlassen werden,
wenn dies nach ärztlichem Gutachten ohne die 'Gefahr einer Uebertragung der
Krankheit geschehen kann und alle vom Arzte etwa für nöthig erachteten
Vorsichtsmafsregeln beobachtet werden. Unter denselben Voraussetzungen sind
die Zöglinge auf Verlangen ihrer Eltern, Vormünder oder Pfleger zu entlassen.
7. Wenn eine im Schulhause wohnhafte Person in eine der unter Nr. ia.
und Ib. genannten, oder eine aufserhalb des Schulhauses wohnhafte, aber zum
Hausstande eines Lehrers der Schule gehörige Person in eine der unter Nr. la.
genannten Krankheiten verfällt, so hat der Haushaltungsvorstand hiervon sofort
dem Schulvorstande (Curatorium) und der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen.
Die letztere hat» wenn möglich unter Zuziehung eines Arztes, für die thunlichste
Absonderung des Kranken zu sorgen und über die Lage der Sache, sowie über
die von ihr vorläufig getroffenen Anordnungen dem Landrathe Bericht zu er-
statten. Der Landrath hat unter Zuziehung des Kreisphysikus darüber zu ent-
scheiden, ob die Schule zu schlieisen oder welche sonstige Anordnungen im
Interesse der Gesundheitspflege zu treffen sind. In Städten, welche nicht unter
dem Landtrathe stehen, tritt an die Stelle des letzteren der Polizei- Verwalter
des Ortes. Diese Vorschrift gilt auch für die in Nr. 6 bezeichneten Anstalten.
8. Sobald in dem Orte, wo die Schule sich befindet, oder in seiner
Nachbarschaft mehrere Fälle einer ansteckenden Krankheit (Nr. 1) zur Kenntnis
275
kommen, haben Lehrer nnd Schnlvorstand ihr besonderes Angenmerk auf Bein-
haltang des Schnlgmndstückes ndd aller seiner Teile, sowie auf gehörige
Lüftung der Elassenräume zu richten. Insonderheit sind die Sch^izimmer
und die Bedürfhisanstalten täglich sorgsam zu reinigen. Schulkindern d^
4iese Arbeit nicht übertragen werden« Die Schulzimmer sind während der
unterrichtsfreien Zeit andauernd zu lüften, die Bedürfnisanstalten nach der
Anordnung der Ortspolizeibehörde regelmäfsig zu desinficiren. Diese Vor-
schrift gilt auch far die in Nr. 6 bezeichneten Anstalten und erstreckt sich
lur diese auf die Wohnungs-, Arbeits- und Schlafrfiume der Zöglinge.
9. üeber die Schliefsung von Schulen oder einzelnen Klassen derselben
wegen ansteckender Krankheiten hat der Landrath unter Zuziehung des Kreis-
physikus zu entscheiden. Ist Oefahr im Verzuge, so können der Schnlvorstand
(Curatorium) und die Ortspolizeibehörde auf Grund ärztlichen Gutachtens die
Schliefsung anordnen. Sie haben aber hiervon sofort ihrer vorgesetzten Behörde
Anzeige zu machen. Aufserdem sind sie verpflichtet, alle gefahrdrohenden
Krankheitsverhältnisse, welche eine Schliefsung der Schule angezeigt erscheinen
lassen, zrur Kenntnis ihrer vorgesetzten Behörden zu bringen.
10. Die Wiedereröffnung einer wegen ansteckender Krankheit geschlossenen
Schule oder Schulklasse ist nur nach vorangegangener gründlicher Beinigung
und Desinfection des Schullocals zulässig. Sie darf nur erfolgen auf Grund einer
vom Landrathe unter Zuziehung des Kreisphjsikus zu treffenden Anordnung. In
Städten, welche nicht unter dem Landrathe stehen, tritt an die Stelle des letz-
teren der Polizeiverwalter des Ortes.
11. Die vorstehenden Vorschriften Nr. 1 — 10 finden auch auf private
Unterrichts- und Erziehungsanstalten einschliefslich der Kinderbewahranstalten,
Spielschulen, Warteschulen, Kindeingärten etc. Anwendung."
C.Verf. V. 6. Aug. 1885. „Seitens eines Prov. SchulcoUegiums sind
unter Hinweis auf einzelne Bestimmungen unseres Erlasses v. 14. Juli v. J.
nnd der dazu gehörigen Anweisung über die Schliefsung von Schulen bei an-
steckenden Krankheiten Zweifel darüber ausgesprochen worden, ob dieser Erlafs
und die Anweisung auf höhere Schulen Anwendung finden und bei der Schliefsung
derselben die angeordnete Mitwirkung der Landrathe einzutreten habe. Zur
Beseitigung dieser Zweifel weisen wir darauf hin, dafs nach dem Zwecke und
4em Wortlaute des Erlasses (zu vgl. sind die Nummern 5, 6, 7, 8, 9 der An-
weisung, in denen von den wesentlich nur bei höh. Schulen vorkommenden
Directoren, Pensionaten, Convicteu, Alumnaten, Curatorien die Bede ist) dieselben
auch auf höh. Schulen sich beziehen und die Landrathe als Organe der
Polizeiverwaltung auch bei diesen Anstalten mitzuwirken haben. Wir be-
stimmen femer, dafs überall da, wo nach dem gedachten Erlasse und der dazu
gehörigen Anweisung die für die Verwaltung der niederen Schulen bestehenden
Organe (Kreis-, Orts-Schulinspector, Schulvorstand) zur Mitwirkung bei dem
angeordneten Verfahren berufen sind, bei den höheren Schulen bezw. den Pen-
sionaten, Convicten, Alumnaten etc. die Leiter derselben und, wenn ein beson-
deres coUegialisch geordnetes Verwaltungsorgan (Curatorium, Verwaltungsrath etc.)
besteht, auch ein irgendwie erheblicher Zeitverlust dadurch nicht verursacht
wird, der Vorsitzende desselben, bezw. dessen Stellvertreter die jenen zuerst-
genannten Organen zugewiesenen Befugnisse auszuüben haben." Der Min. d.
Innern. In Vertr. Herrfurth. Der Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr.
Lucanu^.
Pockenimpfung.
Nothwendigkeit der Impfung für aufzunehmende Schüler
C.Verf. V. 31. Oci 1871. „Die groDse Ausdehnung der Pockenepidemie in
18*
276
neuerer Zeit nöthigt dazu, in dieser Beziehung anf schützende Mafsregeln für die
die öffentl. Schulen besuchende Jugend Bedacht zu nehmen. Ich finde mich
deshalb mit Bezug auf § 54 u. § 56 des durch die Allerhöchste Ordre y. 8. Aug.
1835 bestätigten Begulativs, die sanitätspolizeilichen Vorschriften bei ansteckenden
Krankheiten betreffend, veranlafst, hiermit anzuordnen, dafs von Seiten der Prov.
Aufsichtsbehörden die Directoren resp. Bectoren deijenigen öffentl. Schulen, deren
Besuch nicht obligatorisch ist, angewiesen werden, hinfort die Aufnahme der
Knaben (resp. Mädchen u. a.) auch von der Beibringung eines Attestes über
die stattgehabte Impfung resp. Bevaccination abhängig zu machen." Der
Min. etc. y. Müh 1er.
C. Verf. V. 7. Jan. 1874. „Nach der C.Verf. v. 31. Oct. 1871 gehört
zu den Erfordernissen für die Aufnahme in diejenigen öffentl. Schulen, deren
Besuch nicht obligatorisch ist, die Beibringung eines Attestes über die geschehene
Schutzpockenimpfüng resp. Bevaccination. In welchem Fall die letztere statt-
geftinden haben mufs, ist dabei nicht angegeben worden, bedarf aber nach vor-
liegenden Erfahrungen einer näheren Bestimmung. Demgemäfs wird die ge-
dachte Verfügung hiermit dahin präcisirt, dafs bei der Auftiahme von Kindern,
welche das zwölfte Lebensjahr bereits überschritten haben, nicht blofs der
Nachweis der ersten Impfung, sondern auch der stattgehabten Bevaccination zu
fordern ist."
Aus dem Beichs-Impfgesetz v. 8. Apr. 1874:
„§ 1. Der Impfung mit Schutzpocken soll unterzogen werden — jeder
Zögling einer öffentl. Lehranstalt oder einer Privatschule, mit Ausnahme der
Sonntags- und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in welchem er das
12. Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nacbärztl. Zeugnis in den letzten 5 Jahren
die natürlichen Blattern überstanden hat oder mit Erfolg geimpft ist. § 7.
Ueber die auf Grund des § 1 zur Impfung gelangenden Kinder haben die Vor-
steher der betr. Lehranstalten eine Liste anzufertigen. § 13. Die Vorsteher
derjenigen Schulanstalten, deren Zöglinge dem Impfzwange unterliegen, haben
bei der Aufnahme von Schülern durch Einforderung der vorgeschriebenen Be-
scheinigungen festzustellen, ob die gesetzliche Impfhng erfolgt ist. Sie haben
dafür zu sorgen, dafs Zöglinge, welche während des Besuchs der Anstalt nach
§ 1 impfpflichtig werden, dieser Verpflichtung genügen. Ist eine Impfung ohne
gesetzl. Grund unterblieben, so haben sie auf deren Nachholung zu dringen.
Sie sind verpflichtet, 4 Wochen vor Schlufs des Schuljahrs der zuständigen Be-
hörde ein Verzeichnis derjen. Schüler vorzulegen, far welche der Nachweis der
Impfung nicht erbracht ist. § 15. Schulvorsteher, welche den durch § 7 und
§ 13 ihnen auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommen, werden mit Geld-
strafe bis zu 100 M. bestraft. § 18. Die Vorschriften dieses Gesetzes treten
mit dem 1. Apr. 1875 in Kraft."
Nachweis stattgehabter Impfung bei Aufnahme von Schülern
in ünterichtsanstalten. Min. Verf. an die Eegierung zu N. v. 18.
März 1885. „Der K. Regierung erwidere ich auf den Bericht v. 25. Jan. d. J.,
betr. die Aufnahme ungeimpfter Kinder in Lehranstalten, welche der allgemeinen
Schulpflicht nicht dienen, unter Wiederanschlufs der Anlagen, dafs die dies-
seitigen Circular-Erlasse v. 31. Oct. 1871 und v. 7. Jan. 1874 als durch das
Reichsimpfgesetz v. 8. Apr. 1874 aufgehoben njcht angesehen werden können,
dafs ich mich auch nicht veranlafst finden kann, die im Interesse der Gesund-
heitspfiege in der Schule durch jene Erlasse getroffenen Anordnungen mit Rück-
sicht auf die Bestimmungen in §§ 1 und 13 des Impfgesetzes aufser Kraft
zu setzen."
277
Anhangr zn den yorangrehenden Abteilungfen 4 und ö.
1) Denkschrift, betr. di^ Frage der üeberbürdung der
Jugend an unseren höheren Schulen.*)
Der Vorwarf, dafs unsere höheren Schulen durch die Ansprüche, welche sie
an ihre Schüler in den Lectionen und aufserhalb derselben stellen, die körperliche
und geistige Entwickelung der Jugend geHlhrden, ist innerhalb der letzten fünfzig
Jahre zuerst von Dr. Lorinser erhoben worden in dem 1836 publicirten Aufsatze:
Zum Schutze der Gesundheit in den Schulen. Durch die CO. vom
2. Febr. 1836 ist der Unterrichtsminister zu eingehender Prüfung der erhobenen
Anklage und zum Berichte aufgefordert Nach Einziehung der Aeufserungen von
allen Gymnasialdirectoren und LehrercoUegien und der zusammenfassenden Gut-
achten der Prov. Schulcollegien sind durch £e C. V erf. v. 24. Oct. 1837 (s. p. 53 ff.)
die Vorwürfe Lorinsers auf ein sehr bescheidenes Mafs beschrilnkt worden; durch
diese Verfügung sind zugleich für die Lehreinrichtung der Gvmnasien die Grund-
züge vorgezeichnet, weläe im Wesentlichen noch jetzt in Öeltung stehen. Die
hiermit verbundenen wohl erwogenen Rathschl'äge sind zu grofsem Teile noch jetzt
der Beachtung in gleichem Mafse zu empfehlen. Durch Immediatbericht v.
28. Nov. 1837 ist die Gircular- Verfügung zur Kenntnis Sr. Majestät gebracht; in
dem Immediatberichte wird überdies nachpfewiesen, dafs bezüglich der Tauglichkeit
für den Militärdienst die aus den Gymnasien hervorgegangenen Jünglinge und die
Studirenden ungleich günstiger stehen, als die Handels- und Kunstbeflissenen.
Von da an scheint, soviel aus den Acten zu entnehmen, eine Zeit lang Be-
ruhigung in der fraglichen Angelegenheit eingetreten zu sein. Im Jahre 1854 hat
das Unterrichts-Ministerium sich veranlafst gefunden, durch die C. Verf. v. 20. Mai
1854 (s. p. 254 f.) dem üeberschreiten des richtigen Mafses in der Forderung häus-
licher schriftlicher Arbeiten entgegenzutreten; die in dieser Verfügung zur
Geltung gebrachten (bereits grofsenteils in der vom 24. Oct. J837 enthaltenen)
Gesichtspunkte sind sodann in die allgemeine, den Gymnasial-Lehrplan modificirende
G.Verf. V. 7. Jan. 1856 (s. p. 66 ff) aufgenommen worden.
Zwei Jahrzehnte später gab die in der Presse mit erneuter Lebhaftigkeit
■ich erhebende Anklage wegen Üeberbürdung der Jugend seitens der höh. Schulen,
insbes. der Gymnasien, den Anlafs zu der G.Verf. v. 14. Oct. 1875 (p. p. 255 f.).
Ihrem wesentlichen Inhalte nach ist dieselbe eine Wiederholung und Einschärfung
der früheren in dieser Beziehung erlassenen Vorschriften. Der eine darin neue
Punkt, dafs die Eltern ausdrücklich aufgefordert werden, Fälle der Üeberbürdung,
welche sie bei ihren Söhnen beobachten, zur Kenntnis des Directors zu bringen,
unter der Versicherung, dafs eine solche Mitteilung nicht als Beschwerde gegen
die Schule werde angesehen werden, hat den beabsichtigten Erfolg nicht gehabt.
Die Eltern besorgen grofsenteils, durch eine derartige Mitteilung ihren Söhnen zu
schaden; ob diese Besorgnis durch das Verhalten der Lehrer und Directoren be-
gründet ist, mufs dahin gestellt bleiben ; wo Beschwerdefälle bis zur Kenntnis der
Centralinstanz gelangt sind, haben sie die eingehendste Ermittelung veranlafst und
ist zutreffenden Falles den Lehrern und Directoren die entschiedene Weisung nicht
erspart worden. Jedenfalls aber hat die Circular- Verfügung vom 14. Oct. 1875
den Erfolg gehabt, dafs die Aufmerksamkeit der Directoren — wie dies auch durch
die Verhandlungen von Directoren-Conferenzen constatirt wird — und insbes. die
der Aufsichtsorgane dauernd dieser Frage zugewendet ist. Die Departementsräthe
der Prov. Schulcollegien und die technischen Räthe des Ministeriums haben bei
ihren Revisionen der höh. Schulen sich nicht damit begnügt, zu prüfen, ob der für
die einzelnen Klassen aufgestellte Arbeitsplan an sich zweckmäfsig sei und das
*) Dia Denksohrift wurde w&hrand der 16. LegUlatarperiode dei Hauses der Abgeordneten
I. Session 1882/83, in der Gommissioa fttr d*s Unterriohtswesen nach dem 7. Berichte Aber Petitionen
T. 23. Apr. 1883 (Dmoksaohen Nr. 180) Torgelegt und w&hrend der IL Session 1883/84 sum 1. Bericht
ftbor Petitionen Tom 1. Febr. 1884 (Drucksachen Kr. 83) wieder aufgenommen. Die betr. Berathung
Im Plenum des Abgeordnetonhauses fand am 14. Febr. 1884 statt. (Steaogr. Bericht der 49. Sitaang
p. 1468 1476.)
278
darin festgesetzte Mafs wirklich eingehalten werde, vielmehr haben dieselben durch
Einsichtnahme in die cesamten schriftlichen Arbeiten der Schüler sich ein be*
stimmtes Urteil über die Schwierigkeit derselben verschafift und durch den Besuch
der Lectionen zugleich ermittelt, in welchem Mafse dieselben durch den Unterricht
vorbereitet werden. Die Frage der Ueberbürdung ist nicht als eine vereinzelte
oder neben den übrigen selbständig hergehende betrachtet worden, sondern nur
als ein besonderer Ausdruck der Frage nach der Zweokmafsigkeit der Lehreinrich-
tung und ihrer Ausführung überhaupt. Die Weisungen, welche der Revisor in der
mit dem Lehrercollegiuin gehaltenen SchluTsconferenz oder sodann die betr. Behörde
in dem Eevisionsbescheide gegeben hat, sind, soweit sie den Unterrichtsbetrieb be-
treffen, zugleich direct oder indirect auf Beseitigung beobachteter oder besorg^r
Ueberbürdung gerichtet. Durch diese andauernde und eingehende Aufmerksamkeit
durfte die Unterrichts Verwaltung glauben, darüber mit ausreichender Sicherheit
informirt zu sein, in welchem Mafse den ununterbrochen mit Jjebhaftigkeit erneuten
Klagen wegen Ueberbürdung der Schüler an höheren Schulen Berechtigung zu-
zuerkennen sei, und worin die hauptsächlichsten Anlässe in den thatsächlich etwa
vorkommenden Fällen der Ueberbürdung zu suchen seien. Zur Sicherung oder zu
etwaiger Berichtigung der auf diesem Wege gewonnenen Auffassung hat unter
d. 3. Jan. 1882 der Unterrichtsminister die sämtlichen Oberpräsidenten veranlafst,
die Departementsräthe der Prov. Schulcollegien zu einem vertraulichen Berichte
darüber aufzufordern, ob nach ihren persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen
an den höh. Schulen ihres Amtsbereiches Ueberbürdung der Schüler äurch häus-
liche Arbeiten stattfinde, event an welchen Schulen, oder in welchen Klassen,
oder für welche Lehrgegenstände dieselbe beobachtet und was als Ursache der»
selben vorausgesetzt sei. Zugleich sind die Oberpräsidenten ersucht worden, auf
Ghrund ihrer eigenen Kenntnis der Sache diesen Berichten ihre persönliche Aeufsernnir
beizufügen.
Die hierauf erstatteten zum Teil sehr eingehenden Berichte der ProvinziaU
Schulräthe und Aeufserungen der Oberpräsidenten sind nicht Ergebnisse einer
CoUegial-Berathung, durch welche leicht die persönliche Erfahrung und Auffassung
des einzelnen Mitgliedes abgeblafst wird, sondern ausschliefslich der Ausdruck der
persönlichen Ueberzeugung eines jeden Berichterstatters und machen schon durch
die Verschiedenheit der zur Geltung gebrachten Gesichtspunkte den Eindruck der
vollen Unbefangenheit und Selbständigkeit. Die Provinzial-Schulräthe sind durch
die in ihrer Amtspflicht liegende stetige Einsichtnahme in den Unterrichtsbetrieb
der höh. Schulen und durch die sich nothwendig ihnen darbietende Vergleichung
der Schulen unter einander jedenfalls in der Lage, zu einer begründeten Ansicht
in der Sache zu gelangen; die Oberpräsidenten haben reichlichen Anlafs, mit der-^
jenigen Auffassung, welche sie als Vorsitzende der Prov. Schulcollegien kennen
lernen, die in anderen Kreisen verbreiteten Ueberzeugungen zu vergleichen. Die
Erfahrung aus dem Schulbesuche der eigenen Söhne, welche die Grundlage zu den
Vorwürfen wegen Ueberbürdung der Schüler zu bilden pflegt, hat auch einem
Teile der Schulräthe und Oberpräsidenten zur Verfügung gestanden und ist von
denselben ausdrücklich benützt worden; dafs diese Schüler ein anderes Verfahren
seitens der Schule zu erwarten hätten, als andere Schüler, wird Niemand für wahr-
scheinlich erachten, der das Verfahren unserer höh. Schulen in dieser Beziehung
kennt. Die Berichte der Schulräthe und die Aeufserungen der Oberpräsidenten^
deren Glaubwürdigkeit aus den bezeichneten Erwägungen sich ergiebt, stehen zu
der Auffassung, zu welcher die Unterrichtsverwaltung bereits vorher gelangt war,
an keiner Stelle in Widerspruch, sondern haben zur Bestätigung und Ergänzung
derselben beigetragen.
Die principielle Frage, ob der unseren höh. Schulen gemachte Vorwurf der
Ueberbürdung ihrer Schüler thatsächlich begründet sei, wird von 12 Schulräthen
und 3 Oberpräsidenten mit Entschiedenheit verneint. Diese Verneinung darf nicht
in dem Sinne aufgefafst werden, dafs in keinem einzigen Falle — etwa in Folge
mangelnden Lehrgeschickes oder übertriebenen Eifers eines Lehrers in Geltend-
machung seines Unterrichtsfaches — Ueberbürdung von Schülern stattgefunden
habe ; vereinzelte Fälle dieser Art werden sich nie ninz vermeiden, aber auch ohne
erhebliche Schwierigkeit wieder beseitigen lassen. Vielmehr ist der Verneinung
der Frage nur die Bedeutung beizumessen, dafs Ueberbürdung der Schüler nicht
279
irgend annähernd in einer Häufigkeit yorkomme, welohe sie beinahe zu einem
Gharakterztti^ unserer höh. Schulen mache und den erhobenen Vorwurf be-
gründe. — Einer der Oberpräsidenten, welche die Thatsächlichkeit der Ueber-
bürdung in Abrede stellen, macht darauf aufmerksam, dafs der „Ruf wegen üeber-
bürdung vorzüglich in den sogenannten bessern Kreisen der GesellschflSt und viel
weniger in den Familien laut wird, wo die ernste ausdauernde Arbeit und das mit
Scdiweifs verbundene Ringen nach einem festen Ziele als ein anerkanntes und gern
getragenes Lebensgesetz gilt." Einer der Schulräthe, der übrigens nicht unter den
Torb^eichneten zwölf Räthen sich befindet, weist auf f^lle hin, in denen ohne
Rücksicht auf die seitens der Schule dagegen gemachten Vorstellungen Schüler
aufser Musikunterricht acht und mehr wöchentliche Lehrstunden im Hebräischen
und in Talmudiscjier Wissenschaft erhalten, während man dennoch nicht ^denken
trägt, von einer durch die Schule verschuldeten Ueberbürdung zu sprechen.
Die übrigen Oberpräsidenten und Schulräthe erkennen, wenn auch mit er-
heblichen Unterschieden des Grades, die Ueberbürdung der Schüler an höh. Schulen
als eine jedenfalls in solchem Mafse vorkommende Thatsache an, dafs es Aufgabe
der Unterrichtsverwaltung wird, auf die Beseitigung des Uebelstandes Bedacht zu
nehmen; die Provinzial-Schulräthe verbinden mit dieser Erklärung eine zum Teil
in das Einzelnste eingehende Darlegung der Ueberzeugung über die Ursachen und
Anlässe der Ueberbürdung, zu welcher umfassende Beobachtung sie gefuhrt habe.
Die Entschiedenheit der in erheblicher Zahl abgegebenen verneinenden Er-
klärungen auf die principielle Frage darf als ein Zeichen dafür betrachtet werden,
dafs die Ueberbürdung der Schüler mit dem gegenwärtigen Unterrichtsbetriebe an
unseren höh. Schulen nicht nothwendig verbunden ist und dafs dem darauf ge*
richteten Vorwurfe nicht in der Allgemeinheit, in welcher er erhoben wird, Geltung
ksom beigemessen werden. Aber selbst bei beschränkterem Umfange der
Geltung hat die Unterrichtsverwaltung es als ihre' Pflicht erachtet, den Ursachen
der Ueberbürdung, soweit dieselbe thatsächlich stattfindet, nachzuforschen und auf
deren möglichste Beseitigung Bedacht zu nehmen. Die breite Gh*undlage der Er-
fahrung und der sachkundigen Beobachtung, auf welche die Unterrichtsverwaltung
sich hierbei zu stützen vermag, begründet die Zuversicht, dafs subjective Willkür
der Auffasscmg möglichst fem gehalten und kein wesentliches Moment übersehen
ist. Indem im Folgenden mit der Erörterung der vomehmlichsten Ursachen von
Ueberbürdung zugleich die zu ihrer Beseitigung eingeschlagenen Wege bezeichnet
werden, wird sich bestätigen, dafs fast jede Mafsregel, welche auf zweckmäfsigere
Herstellung des Lehrganges unserer höh. Schulen und der Ausführung des Unter-
richts gerichtet ist, zugleich dazu dient, die Gefahr der Ueberbürdung zu mindern.
L Idegt die Umaohe der Ueberbürdung in einer Steigerung der den
höheren Schalen gesetzten LehrsieleP
Ausnahmslos wird von den Schulräthen, und man darf hinzusetzen von allen
Kennern unserer Schuleinrichtungen, anerkannt, dafs bezüglich der Lehrziele für die
einzelnen Gegenstände des Gymnasialunterrichts und bezüglich der hiemach in
der Reifeprüfung zu stellenden Forderungen eine Steigerung innerhalb der letzten
fünf Jahrzehnte nicht eingetreten ist. Diese Erklärung läßt sich über einen so
weiten, die sichere Erinnerung des Einzelnen meist überschreitenden Zeitraum mit
Bestimmtheit abgeben auf Grund der durch das Prüfungsregiement vom 4. Juni
1834, welches im Wesentlichen bis jetzt in Geltung stand, erfolgten Normirung
der Prüfungsforderungen. Mit dieser Anerkennung, dafs die Lehrziele der Gym-
nasien nicht erhöht sind, wird von einigen Seiten noch die unbestreitbare Be-
merkung verbunden, daXs durch die inzwischen im Allgemeinen eingetretene
Besserung der Lehrmethode und der Lehrmittel das Erreichen dieses Zieles in
jedem Gegenstande erleichtert sei.
Dagegen wird — und dies ist als zutreffend anzuerkennen — eine gewisse
Steigerung der Anforderungen darin gefunden, dafs auf das Erreichen eines Mmimal-
mafses der Kenntnisse und Leistungen in allen obligatorischen Lehrgegenständen
gegenwärtig strenger gehalten werde, nicht auf Grund einer Aenderung in der
Prüfungsordnung, sondern in Folge davon, dafs auch für die sonst minder beachteten,
fast dem Zufalle preisgegebenen Lehrgegenstände (z. B. Französisch, Geschichte»
selbst Mathematik) jetzt eine gründliche Vorbildung der Lehrer erreicht ist.
280
Gegenüber dieser als thatsächlioh anzuerkennenden Aendemng in den An-
sprächen an die Beschäftigung der Schüler unserer höh. Schulen wird von einzelnen
Seiten empfohlen, es möge für den gesamten Unterrichtsbetrieb und speciell für
die Reifeprüfung den LehrercoUegien ein weiterer Spielraum gelassen werden zur
Berücksichtigung der verschiedenen geistigen Begabung der Schüler. Nicht der,
wird von einer Seite vorgeschlagen, möge für reif erklärt werden, der den An-
forderungen überall ungefähr genügt, wohl aber, wer in einigen I^hem Tüchtiges,
in andern nicht Genügendes leistet.
Dieser Vorschlag hat eine unleugbare Ueberzeugungskraft und kann auf die
Zustimmung vieler Väter rechnen, welche Söhne auf höh. Schulen haben; aber
man darf sich nicht verhehlen, dafs derselbe auf eine abschüssige Bahn der ge-
fährlichsten Art führt; denn durch denselben wird sanctionirt, dftfs z. B. an Gym-
nasien Schüler als reif entlassen werden, welche in der Mathematik nicht einmal
in die elementarsten BegriiSe Einsicht gewonnen haben oder in der Geschichte
gänzlich unwissend sind oder durch Unkenntnis des Französischen sich dereinst
selbst von der Benutzung der französischen Litteratur ihres Faches ausgeschlossen
finden u. a. m. Eine besondere Unterstützung findet der bezeichnete Vorschlag
bei nicht wenigen seiner Anhänger darin, dafs die Erinnerung an schlechten
mathematischen Unterricht, welchen sie selbst erduldet haben, sie zu dem Aber-
glauben verführt, die Mathematik selbst in ihrem, dem Schulunterrichte angehörigen
elementaren Teil sei nur für besonders organisirte Naturen bestimmt, und es sei
unbillig, elementare Kenntnisse in derselben von allen zu erfordern. Thatsächlioh
würde die geforderte Sanctionirung der weitgehendsten Rücksicht auf die ver-
schiedene Begabung der Schüler zur Sanctionirung der beliebigen Vernachlässigung
des einen oder des andern Lehrgegenstendes werden, je nach der Zusammensetzung
des Lehrercollegiums oder dem Interesse des Directors oder des Schulrathes. Aber
auch angenommen, es bliebe wirklich bei der Berücksichtigung der verschiedenen
Begabung oder Neigung der Schüler, so fordert selbst ein solches Bestreben vor-
sichtigste Beschränkung. Wenn wir einen Werth darauf legen, unsere Söhne nicht
schon von ihrem 9. oder 14. Lebensjahre an in Fachschulen für ihren zukünftigen
Beruf zu geben, so verfolgen wir damit den Zweck, dafs dieselben auch für die-
jenigen Hauptrichtungen menschlichen Wissens, welche dem von ihnen bevor-
zugten und erwählten Fache fremdartig sind, ein verständnisvolles Interesse
gewinnen und dafs hiermit die verschiedenen Berufskreise durch gegenseitige
Werthschätzung vor Entfremdung geschützt werden. Die Ausdehnung eines ge-
wissen Mafses der Ansprüche auf alle obligatorischen Lehrgegenstände ist nicht
eine Erfindung einseitiger übereifriger Schulmänner, sondern geboten durch den
Zweck, den höher gebildeten Schichten des Staates das Band gegenseitigen Ver-
ständnisses zu bewahren. Wenn einmal ein Gegenstend in den Lehrplan einer
Schule als durch deren Aufgabe erfordert mit obligatorischem Charakter aufge-
nommen ist, so mufs auch von jedem Schüler ein gewisses Mafs seiner Aneignung
erfordert werden. Aber dieses unerläfsliche Mafs sowohl für das Aufsteigen inner-
halb der Schule als für die Zuerkennung der Reife an deren Abschlüsse ist niedriger
zu setzen, als die Zielleistung, zu welcher die Schule in dem betr. Gegenstande
überhaupt führt, so dafs der Verschiedenheit des Interesses noch ein ausreichender
Spielraum bleibt.
Dieser Gesichtspunkt, dafs die in der Reifeprüfung auf den einzelnen
Gebieten zu stellenden Forderungen hinter den von der Schule überhaupt zu er-
reichenden höchsten Lehrzielen zurück zu bleiben haben, scheint bereits bei der
Feststellung des Reglements vom 4. Juni 1834 für die Gymnasial-Reifeprüfunor
und bei seiner Modification durch die C.Verf. v. 12. Jan. J 856 (CBl. 1859 p. 225 ff.)
Beachtung gefunden zu haben. Insoweit die Erfahrung erwiesen hat, dafs der
Erfolg dieser Absicht nicht entspricht, sondern die Früfungsforderungen in nach-
teiliger Weise belastend auf den G^ng des vorherigen Unterrichts einwirken, hat
die umfassend vorbereitete, unter dem 27. Mai v. J. publicirte Revision der Prü-
fungsordnung (s. weiterhin Abschn. VII), von welcher Exemplare beigefügt sind.
Abhülfe zu schaffen gesucht.
Die in der Gymnasial-Prüfungsordnung am auffallendsten hervortretende
Aenderung, die Beseitigung nämlich der schriftlichen Uebersetzung ins Griechische
und ins Französische, hat zwar zunächst den Zweck, dem griech. und franz. Unter-
281
richte der letzten beiden Jahre die vorwiegende Richtung auf die Leetüre zu
sichern; sie enthebt aber eben dadurch zugleich diese Klasse von einem umfassen-
den Betreiben grammatischer Schreibübungen, welchen die Tendenz einer ausdrück-
lichen Vorbereitung auf die Beifeprüfung nicht leicht zu benehmen ist. — Für die
mündliche Prüfung in der Geschichte, welche vorzugsweise zu einer speciellsten
Vorbereitung Anlafs zu geben geeignet ist, war durch die Revision im JaJire 1856
angeordnet, dafs jeder läaminand zunächst über eine ihm aus der griechischen,
romischen oder deutschen Geschichte zu stellende Aufgabe einen zusammenhängen-
den Vortrag zu halten habe. Die dieser Anordnung zu Grunde liegende Absicht,
die Aufmerksamkeit mehr auf den Zusammenhang als auf die blofse £inprägung
der einzelnen Daten zu lenken, hat thatsächlich einen ganz andern Erfolg gehabt,
indem über die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Aufgaben Vorträge
ausdrücklich zur Prüfung ausgearbeitet und nahezu memorirt worden sind. Diese
Prüfungsforderung ist daher als eine nachteilige Belastung der wichtigen letzten
Jahre des Schulunterrichts aus der neuen Prüfungsordnung beseitigt worden« —
Eine ähnliche Absicht, wie die Unterrichtsverwaltun^ in der Verf. v. 12. Jan. 1856
für den Geschichtsunterricht, haben für den Religionsunterricht die kirchlichen
Behörden beider christlichen Gonfessionen in der Rheinprovinz und in Westfalen
in den Jahren 1830 und 1835 verfolgt und haben von der Unterrichtsverwaltung
die Genehmigung erreicht, dafs zur Förderung einer gründlichen und vertieften
Auffassung der Religionslehre in ihrem innem Zusammenhange ein schriftlicher
Aufsatz über eine Aufgabe aus dem Gebiete derselben in der Reifeprüfung er-
fordert werde. Auch hier hat der Erfolg der wohlgemeinten Absicht nicht ent-
sprochen ; denn der Religionsunterricht ist dadurch in die Gefahr gebracht worden,
eine seiner wirklichen Aufgabe nachteilige, wissenschaftlich theologische Richtung
anzunehmen und zu einer die religiöse Bildung nicht fördernden Belastung des
Gedächtnisses Anlafs zu geben. Von diesen Gesichtspunkten aus haben Directoren
und Schulbehörden der beiden Provinzen wiederholt Vorstellungen gegen die
exceptionelle Einrichtung des Religionsaufsatzes vorgetragen. Durch diese Er-
fahrungen war bei dem Erlasse einer allgemeingiltigen Prüfungsordnung die Aus-
dehnung dieser Einrichtung auf die anderen Provinzen ausgeschlossen und vielmehr
die Beseitigung derselben auch in dem bisherigen Bereiche ihrer Geltung geboten.
— In allen einzelnen Lehrgegenständen sind, wie eine aufmerksame Ver-
gleichung von § 3 der neuen Prüfungsordnung mit den entsprechenden Bestim-
mungen des bisher geltenden Reglements erweist, die Prüfungsforderungen mit
erwogener Mäfsigung bestimmt ; sie erhalten überdies in den Erläuterungen zu den
Lehzplänen vom 31. März v. J. (s. p. 110 fi.), von welchen ebenfalls Exemplare
beigefugt sind, ihre unzweideutige Begrenzung (z. B. bezüglich der Geschichte in
den Erläuterungen zum Lehrplane der Gymnasien zu 7 und 8, a — c: s. p. 123 f.).
Bei strenger Einhaltung dieses Mafses in den einzelnen Gegenständen, welche den
Prüfungscommissionen und den Provinzial-Schulräthen als f önigL Commissaren zur
Pflicht gemacht ist, bedarf es daher der vorher zur Sprache gebrachten Rücksicht
auf Verschiedenheit der Begabung und der Neigung der Examinanden nur in
Seringem Mafse. Dennoch ist derselben durch § 12, 3 Alin. 2 in ungleich höherem
[afse als bisher Rechnung getragen, indem für zulässig erklärt ist, dafs nicht ge-
nügende Leistungen in einem Lehrgegenstande durch mindestens gute Leistungen
in einem anderen Gegenstande als ergänzt erachtet werden. Nur ist nach § 19, 2
der Prüfungsordnung bezüglich der nicht genügenden Leistungen, welche eine
Compensation zulassen sollen, die in der Vereinbarung der deutschen Staats-
regierungen vom April 1874 (s. weiterhin Abschn. VII) festgesetzte, schon durch
die Schulordnung an sich gebotene Grenze einzuhalten, dafs sie nicht unter das
Ifafs herabgehen, welches für die Versetzung nach Prima erfordert wird.
In der gleichen Weise ist bei der Kevision der Prüfungsordnung für die
Realanstalten, über welche erst in kürzerer Zeitdauer haben Erfahrungen ge-
sammelt werden können, darauf Bedacht genommen worden, solche Bestimmungen
zu beseitigen, welche einen belastenden Einflufs auf den Unterricht, namentlich in
der obersten Klasse, auszuüben geeignet sind. Es wird genügen in dieser Hinsicht
auf die Prüfnngsbestimmungen bezüglich der englischen Sprache ($ 6, 2) und
auf die Erläuterungen zu dem Lehrplane der Realanstalten bezüglich des neu-
sprachlichen und des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (zu 4 und
5, 8, 10, 11: s. p. 128 f.) zu verweisen.
282
Die Unterrichtflyerwaltung glaubt hiemach der Ueberzeafn^ngf Ausdrack
^eben zu dürfen, dafs bei der ^Stimmung der Fordemngen für die Reifeprüfang
in den einzelnen Gegenständen die gesammelten Erfahrungen gewissenhaft ver-
werthet sind, um jeden Anlafs zu einer Ueberbürdung der Schüler in dem voraus-
gehenden Unterrichte und insbesondere zu blofser PrüfungsvorbereitunK* zu be-
seitigen, und dafs unter Aufrechthaltung der durch die Aufgabe der höh, Bildungs-
anstalten bedingten Ausdehnung auf alle obligatorischen Lehrgegenstände dennoch
der Individualität der Schüler der gebührende Spielraum gelassen ist.
2. Liegt die Ursache der Ueberbürdung in der Lehreinrichtung, so
weit dieselbe die Verteilung der Lehrgegenstande auf die verschiedenen
Klassen und die Bemessung der Cursusdauer betrifltP
In dem bisherigen Lehrplane der Gymnasien, wie derselbe seit 1856 bestand,
hat es sich als ein Uebelstand erwiesen, dafs in den drei untersten Jahrescursen
Sexta, Quinta, Quarta je eine neue fremde Sprache in den Unterricht eingeführt
wurde, in Sexta die lateinische, in Quinta die franzosische, in Quarta die griecnische.
Für Quarta ergab sich aus dieser Einrichtung ein Ueberschreiten des richtigen
Mafses der Anforderungen um so mehr, als gleichzeitig mit dem Erlernen der an
sich nicht leichten griechischen Formenlehre der Beginn des mathematischen und des
eigentlich historischen Unterrichts eintrat. Es ist begreiflich, dafs gerade in Quarta
ein erheblicher Teil der Schüler über die normale Cursusdauer zurückgehalten
wurde. Durch die mit dem gegenwärtigen Lehrplane angeordnete Verlegung des
Anfanges des grieoh. Unterrichts nach Untertertia ist dieser Anlafs der Ueber*
bürdung beseitigt worden; dafs die Aenderung zugleich nach anderen Richtungen
hin dem Gange des Gymnasialunterrichts und seiner Beziehung zu dem Unterri<mte
an den Realanstalten förderlich wird, ist nicht dieses Ortes weiter auszufuhren.
An den Realgymnasien war nach der im Jahre 1859 getroffenen Organisation
für die Zielleistungen in den beiden modernen fremden Sprachen eine im Wesent-
lichen gleiche Höhe der Forderungen gestellt; femer war durch die Ausdehnung
des naturbeschreibenden Unterrichts bis in die Oberseounda und zum Teil selbst
in die Prima und durch die Einrichtung der ausdrücklichen Versetzungsprüfung
nach Prima der nahe liegende und wohl selten vermiedene Anlafs zu einer weit
gehenden gedächtnismäfsigen Einprägung von Einzelheiten gegeben. In der
Revision des Lehrplanes ist auf Grund der gesammelten Erfahrungen durch strengere
Begrenzung der Lehraufgaben und durch das Aufgeben der ausdrücklichen Ver-
setzungsprüfung nach Prima darauf Bedacht genommen, dafs sichere Herrschaft in
den Elementen, nicht eine massenhafte Einprägung von Gedächtnisstoff zweifel-
haften Werthes erstrebt und hierdurch zugleich der Anlafs zu Ueberbürdungen
möglichst beseitigt werde.
Die Cursusdauer der einzelnen Klassen war bisher zwar grundsätzlich
eine iährige, woraus als Consequenz die Beschränkung auf jährliche Versetzung der
Schüler in die höheren Klassen und auf eine jährUch nur einmal stattfindende
regelmäfsige Aufnahme neuer Schüler sich ergiebt. Indessen war es gestattet, mit
dieser grundsätzlich bestehenden Jahresdauer der Gurse halbjährliche Aufnahmen
und Versetzungen in allen den Fällen zu verbinden, „wo die Lehrercollegrien sich
nach reiflicher Berathung dafür erklärten, und wo sie in sich die Kraft und die
Mittel zu besitzen meinten, den Uebelständen und Nachteilen, welche besonders
in den drei unteren Klassen aus der halbjährlichen Versetzung und der mit ihr
zusammenhängenden grofsen Verschiedenartigkeit der in derselben Klasse ver-
einigten Schmer fast unvermeidlich erwachsen, wirksam und mit Erfolg zu be-
gegnen** fs. p. 60.) Von dieser Gestattung ist in einigen Provinzen z. B. Branden-
burg, Sacnsen, Pommern, umfassender Gebrauch gemacht worden, während in
anderen, namentlich den westlichen Provinzen, die strenge Einhaltung der Jahres-
curse mit der daraus sich ergebenden Beschränkung auf jährliche Abnahmen und
Versetzungen feste Sitte ist. Das Mittel, durch welches der Widerspruch zwischen
Jahrescursen einerseits und halbjährlichen Aufnahmen und Versetzungen anderer-
seits mit den daraus erwachsenden Uebelständen angeblich beseitigt werden soUte,
bestand im Wesentlichen darin, dafs in den meisten Lehrg^enständen die für
Jahresdauer mäfsig bestimmte Lehraufgabe zweimal je innerhalo eines Halbjahres
283
daFcbgenommen wurde. ThaUfiohlich yerband sich hiermit die schwer zu umgehende
mid doch höchst nachteilige Lehrpraxis, dafs höchstens im ersten Quartale jedes
Semesters die ganze Klasse gleichroäTsig beschäftigt wurde, sodann aber die
Thätigkeit des Lehrers fast ausschliefslich der oberen, zur Versetzung vorzube-
reitenden Abteilung sich zuwendete. Die folge dieses Verfahrens war auf der
einen Seite mindere Festigkeit in der Aneignung der Elemente, auf der andern
Seite XJeberbürdung der Schüler durch die Hast, mit welcher die Aneignung
erstrebt wurde, und zugleich das drückende, einen Teil der Schüler aufregende,
einen andern lähmende Gefühl, mit dem Aufgebote des äufsersten Fleifses doch
nicht Genügendes leisten zu können. Dieser Anlafs der üeberbürdung, von welchem
manche Eltern auffallende Beispiele in der Erinnerung haben düiften, kann nur
dadurch beseitigt werden, dafs die Einrichtung der Jahrescurse zu wirklicher
Ausführunff gebracht wird, und dafs demgemafs, insoweit nicht an umfangreichen
Anstalten Wechselcöten bestehen, nur jährlich einmal die Versetzung der Schüler
und die regelmäfsige Aufnahme neuer Schüler stattfindet. Die Unterrichtsver-
waltung hat daher gleichzeitig mit der Einführung der revidirten Lehrpläne die
strenge Durchführung der Jahrescurse mit den vorher bezeichneten Consequenzen
angeordnet. Diese Anordnung wird in den an halbjährliche Aufnahmen und Ver-
setzungen der Schüler gewöhnten Orten bei vielen Eltern die Besorgnis erwecken,
dafs durch die Nothwendigkeit, Schüler bei nicht erlangter Reife rar die höhere
Klasse ein volles Jahr, nicht blos ein Halbjahr, in der niederen zurückzuhalten, ihre
Sohne in die Gefahr eines erheblichen Zeitverlustes gebracht werden. Die Er-
fahrungen aus dem weiten Bereiche, in welchem die strenge Durchführung der
Jahrescurse als unbestrittene Sitte besteht (dies ist nicht nur in den wesüichen
Provinzen Preufsens, sondern auch in ganz Süddeutschland der Fall), erweisen,
dafs diese Besorgnis nicht begründet ist; der Procentsatz der nicht versetzten
Schüler ist bei dieser Einrichtung unter dem geordneten ruhigen Gange des Unter-
richtes ein ungleich geringerer, und die durchschnittliche Dauer, welche Schüler
znm Absolviren des gesamten Cursus gebrauchen, wird thatsächlich keinesfalls
gröfser, als bei der scheinbar günstigeren Einrichtung der halbjährlichen Ver-
setzungen. Gegenüber den zunächst ws^rscheinlich zu erwartenden Ausdrücken von
Besorgnis oder selbst von Unwillen der Eltern darf daher die Ueberzeugung geltend
gemacht werden, dafs die zur Beseitig^ung eines Anlasses der Üeberbürdung noth-
wendige Einrichtung keineswegs einen Zeitverlust für die Schüler der höh. Schulen
herbeSührt.
8. Anderweite Anlässe sur TTeberbürdting — Aasbreitung und Frequens
der höheren Schulen; wissenschaftliche und didaktische Ausbildung der
Lehrer.
Insoweit an unseren höh. Schulen in den durch die Prüfungsordnungen fest-
gesetzten Lehrzielen, in der Verteilung der Lehraufgaben auf die einzelnen Klassen
imd in der Abgrenzung der Cursusdauer Anlässe zu einer möglichen Üeberbürdung
gefunden werden können, hat die Unterrichtsverwaltung, wie aus dem Obigen
ersichtlich ist, es als ihre Aufgabe betrachtet, diejenigen Aenderungen sofort anzu-
ordnen, durch welche eine Abhülfe zu erwarten ist. Diese Aenderungen haben mafs-
voll sein dürfen ; denn unsere höheren Schulen sind nicht die plötzliche Schöpfung
der subjectiven Ansicht eines einzelnen Mannes, sondern das Ergebnis des sich er-
gänzenden Nachdenkens hochbegabter, um das geistige Wohl der Jugend verdienter
Männer und der berichtigenden Erfahrung aus langem Zeiträume; und wenn wir
nicht in diesem glücklichen Falle wären, in unseren Schuleinrichtungen ein werth-
ToUes Erbteil unserer Väter hochzuschätzen, würden die Aenderungen mafsvoU ge-
troffen werden müssen, um wirklich zur Ausführung zu gelangen, weil die Organe
der Ausführung auf allen Stufen dieselben bleiben. Die Unterrichtsverwaltunff ist
aber weit entfernt von dem Gedanken, als ob hiermit die Frage der Üeberbürdung
erschöpft oder erledigt sei; sie verkennt nicht, dafs noch andere Momente von
entscheidender Bedeutung in Betracht kommen, bei welchem sie sich zwar bescheiden
mufs, eine sofortige Abhilfe nicht herstellen zu können, aber deswegen nicht weniger
eine allmähliche Besserung zum Gegenstande ihrer unausgesetzten Sorge macht.
Die wesentlichsten sollen im Folgenden bezeichnet werden', unter Hinzufügung von
Bemerkungen über die von der Unterrichtsverwaltung zur Abhülfe eingeschlagenen
oder in Aussicht genommenen Mafsregeln.
284
a) Ausbreitung und Frequenz der höheren Schulen.
Im Jahre 1868 bestanden im preufsischen Staate 197 Gymnasien, höhere
Schulen der verschiedenen Kategorieen zusammen 369 ; im Jahre 1880 war die An-
zahl der Gymnasien auf 249, die der höheren Schulen überhaupt auf 489 gestiegen.
Im Jahre 1868 kam ein Gymnasialschüler im preufsischen Staate auf 427,
ein Schüler der höh. Schulen überhaupt auf 266 Köpfe der Bevölkerung ; im Jahre
1880 war das Verhältnis der Gymnasiasten 1 : 362, (Eöni^eich Sachsen 1 : 6241,
das der Schüler höherer Schulen überhaupt 1 : 215, (Kömgreich Sachsen 1 : 281).
Im Jahre 1863 fanden sich unter 144 Gymnasien 29, also 20% mit einer
Frequenz von mehr als 400 Schülern (14 von 400—500, 8 von 500—600, 7 von
600—700), im Jahre 1880 unter 249 Gymnasien 63, also 26% (37 von 400—500,
16 von 500—600, 8 von 600—700, 2 über 700), selbstverständlich alles ohne Bin-
rechnung der Vorschüler.
Man wird darauf verzichten müssen, diese beachtenswerthen Verhältniszahlen
aus einem einzelnen Gesichtspunkte abzuleiten, sondern es wird noch mannigfaltiger
anderer Daten bedürfen, um diese Zahlen vollkommen verständlich zu machen.
Hier kommen dieselben nur insofern in Betracht, als in ihnen ein Anlafs der Ueber-
bürdung zu finden ist.
Bei dem unverhältnismäfsig gesteigerten Zudrange zu den höh. Schulen ist
es unvermeidlich, dafs ein gröfserer Procentsatz solcher Schüler sich darunter be-
findet, welche durch unzureichende Begabung oder durch die in den häuslichen
Verhältnissen liegenden Hindemisse in ihren Fortschritten gehemmt sind. Unter
diesen Umständen können die Lehrstunden auch für die geeigneten Schüler nicht
die Wirkung haben, welche sie sonst wohl erreichen würden, und jede Beein-
trächtigung des Erfolges der Lehrstunden führt z u einer Uebertragung der Last auf
die häusliche Beschäftigung.
Höhere Schulen von übergrofser Gesamtfrequenz — und man darf füglich
das Ueberschreiten von 400 Schülern als Anfangspunkt der Rechnung nehmen —
sind, wenn man selbst absehen will von dem fast vollständigen Aufgeben einer
erziehlichen Einwirkung, schon in Betreff des Unterrichtes i3s ein leidiger Noth-
stand zu betrachten. In der B«gel sind dieselben in allen oder den meisten Klassen
mit der zulässigen Maximalzahl von Schülern gefüllt und bringen dann ihren Schülern
diejenige Beeinträchtigung des Erfolges der Lehrstunden, mithin Vermehrung der
Hausarbeit, welche mit der gesteigerton Schülerzahl derselben Klasse unvermeidlich
verbunden ist. Aber selbst wenn dieser Uebelstand nicht nur in mäfsigem und
erträglichem Grade vorhanden ist, so liegt in der Höhe der Gesamtfrequenz selbst
ein schwer wiegender Nachteil. Der Director ist dann nicht wohl im Stande, die
Gesamtheit der Schüler nach Betragen, Fleifs und Leistungen, geschweige denn
nach ihrer Individualität zu kennen und durch solche Kenntnis erforderlichen Falles
einen zweckmäfsigen Einflufs auszuüben ; nicht einmal das Verfahren der einzelnen
Lehrer vermag der Director eingehend genug zu beobachten, um der Aufgabe seines
Amtes gemäfs das geordnete Ineinandergreifen des Unterrichtes in den aulsteigenden
Klassen, das richtige Mafs der Anforderungen für die verschiedenen Lehi^egen-
stände innerhalb derselben Klasse herzustellen. Der grofse Umfang des Lelu'er-
collegiums lockert überdies das Band unter den einzelnen Gliedern desselben, welches
doch so dringend nöthig ist, wenn das Zusammenwirken einer Mehrheit von Collegen
einen gedeihlichen Erfolg im Unterrichte haben soll. Endlich ist es eine nur schwer
zu vermeidende Folge des übermäfsigen Umfanges der gesamten Schule, dafs die
Sersönliche Teilnahme der Lehrer an den einzelnen Schülern auf ein verschwindendes
[afs herabsinkt ; es bedarf aber keiner weiteren Ausführung, dafs gerade in diesem
persönlichen Interesse des Lehrers an jedem einzelnen Schüler eine wesentliche,
nicht hoch genug zu schätzende Erleichterung der Arbeit für denselben liegt,
welche bei dem Mangel dieser persönlichen Teilnahme von manchen als eine Last
empfunden wird.
Mit diesen Bemerkungen über die Schwierigkeiten, zu welchen der über-
mäfsige Umfang einer Schule führt, steht es im Einklänge, dafs bei derartigen
Schulen die Kli^en wegen Ueberbürdunff unverhältnismäfsig häufig zu vernehmen
sind. Die technischen Käthe des Unterrichts-Ministeriums haben, wie oben (p. 277 f.)
erwähnt vnirde, bei ihren Besuchen höherer Schulen der etwa vorkommenden oder
zu besorgenden Ueberbürdung der Schüler die umfassendste Aufmerksamkeit zuge-
285
wendet und haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dafs an Schulen von
beschränktem Umfange an Orten von mäfsiger Gröfse ein Anlafs zur Besorgnis
wegen Ueberbürdung überhaupt nicht existirt, und dafs auch in den Eltemkreiaen
die in der Oefifentlidikeit sich ununterbrochen erneuenden Klagen eine solche Be-
sorgnis nicht haben erwecken können — zum deutlichen Zeichen, in welchem Mafse
die Klagen wegen Ueberbürdung durch die eigentümlichen Verhältnisse der grofsen
Städte und durch den zum Uebermafse angewachsenen Umfang der Schulen her-
vorgerufen sind.
Dem bezeichneten Uebelstande des sich steigernden Zudranges zu den höh.
Schulen und der Uebergröfse einzelner Anstalten mit nachhaltigem Erfolge ent-
gegenzutreten, fehlt es der CJnterrichtsverwaltung an völlig wirksamen Mitteln. Es
läfst sich zwar theoretisch leicht beweisen, dafs jeden&lls dem letzteren Uebelstande
durch Errichtung neuer Schulen abzuhelfen wäre; aber schon aus finanziellen Ghründen
ist es unausführbar, mit dem schnellen Anwachsen der grofsen Städte durch Er-
richtung höherer Schulen gleichen Schritt zu halten.
b. Fachlehrersystem.
Vor fönf Jahrzehnten war es die Regel,. dafs die meisten Unterrichtsgegen-
stande derselben Gymnasialklasse, mit Ausschlufs oder selbst mit Einschlufs der
Mathematik, in der Hand desselben Lehrers sich befanden. In dem ersten für
die Prüfung pro facultate docendi erlassenen ausfuhrlichen Aeglement v. 20. Apr.
1831 werden zwar Hauptfächer der Lehrbefähigung unterschieden, aber es herrscht
doch in demselben die Voraussetzung — und demgemäfs wurde die Prüfung in den
dreifsiger Jahren thatsächlich ausgeführt — , dafs jeder Gandidat auf allen
Gebieten, etwa mit Ausnahme der Mathematik, so weit heimisch sei, um bei ge-
wissenhafter Vorbereitung den Unterricht wenigstens in den mittleren Klassen mit
Erfolg erteilen zu können. Es war überdies in manchen Provinzen ein nicht seltener
Fall, dafs Candidaten die Vorbereitung auf das Lehramt an höh. Schulen mit dem
Studium der Theologie verbanden. Die Ausbildung der einzelnen Wissenschaften
und die Aenderunff ihres Vortrages auf den Universitäten führte in der Praxis der
Prüfungen selbst dazu, dafs die Gebiete, auf welche ein Gandidat seine Universitäts-
studien eigentlich gerichtet hatte und für welche er die Lehrbefähigung erstrebte,
von denen unterschieden wurden, in welchen er sich nur schulmäfsig orientirt erwies ;
das Prüfungsreglement V. 12. Dec. 1866 (GBl. 1867 p. 13) hat den schon bestehenden
Unterschied nur bestimmt formulirt. Diese allmählich eingetretene und dann als
ordnungsmäfsig anerkannte Aenderung ist nicht das Ergebnis einer persönlichen
Ansicht und subjectiven Willkür, sondern Folge der allgemeinen Entwicklung der
Wissenschaften, daher man in anderen deutschen Staaten einen analogen Gang
nachweisen kann. Demgemäfs hat bei der seit längerer Zeit in der Vorbereitung
begriffenen und ihrem Abschlüsse nahe gebrachten Revision des jetzt in Geltung
stehenden Reglements für die wissensch. Prüfung der Lehramtscandidaten nicht
in Aussicht genommen werden können, zu einer Ausdehnung der Prüfung und der
dadurch zu erwerbenden Lehrbefähigung auf möglichst viele oder alle Lehrgegen-
stände der höh. Schulen zurückzukehren, wohl aber ist als erforderlich erachtet
worden, dafs der zukünftige Lehrer aufser dem in der Prüfung zu erweisenden
gründlichen Studium desjenigen Gebietes, für welches er die Lehrbefähigung er-
strebt, zugleich in gewissen angrenzenden oder unterstützenden Fächern ein bestimmtes
Mafs von Kenntnissen nachweise; es soll hierdurch ebenso sehr einer zu weit
gehenden Specialisirung in den wissensch. Studien des zukünftigen Lehrers, als einer
zu engen Beschränkung seiner Lehrthätigkeit vorgebeugt werden.
Aus dieser in den Universitätsstudien der zukünftigen Lehrer an den höh.
Schulen und in der Lehramtsprüfung eingetretenen Aenderung hat sich als noth-
vendige Folge ergeben, dafs innerhalb derselben Klasse der Unterricht an eine
gröfsere Anzahl von Lehrern verteilt ist, deren jeder dem von ihm vertretenen
Lehrgegenstande besondere wissensch. Studien gewidmet hat. Diese Einrichtung,
welche in ihrem Extreme als Fachlehrersystem bezeichnet wird, hat man nicht an
sich als einen Uebelstand zu betrachten; denn es kann nicht in Zweifel gezogen
werden, dafs derjenige, der einen Unterrichtsgegenstand wirklich beherrscht, am .
geeignetsten ist, in das Versländis desselben am leichtesten einzuführen; die Er- i
fahrung bestätigt, dafs wissenschaftlich vorzügliche Lehrer für die günstigen Er- 1
286
folge, welche sie an den Schülern erreichen, die geringsten Ansprüche an deren
Arbeitskraft machen. Aber eine Gefahr der Ueberbürdunfir liegt allerdings in
dem Fachlehrersysteme! da jeder einzelne Lehrer für sein Fach die Schüler zu
interessiren sncht, möglicherweise ohne Bücksicht auf den Zusammenhang desselben
mit anderen Lehrgebieten, jedenfalls ohne persönliche Anschauung von den Leistungen
der einzelnen Schüler in den anderen Gebieten. Es fehlt nicht an mannigfaltigen
Einrichtungen, dieser von vornherein vorgesehenen Gefahr vorzubeugen — Ordi-
narien, Gonferenzen der Lehrer derselben Klasse, Feststellung eines bestimmten
Arbeitsplanes für jede einzelne Klasse beim Beginne des Semesters u. a. m. Die
Gefahr verschwindet so gut wie vollständig in den Fällen, wo ein Lehrercollegium
von mäfsigem Umfange in genauem Yerkehre über seine gesamte Berufsthätigkeit
steht und der Director, die Verteilung des Unterr. an verschiedene Lehrer in an-
gemessenen Schranken haltend, durch seine Einsicht und Autorität die Einheit des
Unterrichtsbetriebes in der ganzen Schule herstellt und erhält. Sie steigert sich
dagegen, wenn die Uebergröfse der Schule die vorher bezeichneten Nachteile herbei-
führt, den Zusammenhang des CoUegiums zu lockern und dem Dir. die Uebersicht
und den entscheidenden Einflufs nahezu unmöglich zu machen. Unter solchen Um-
ständen ist nicht zu verkennen, dafs aus der Anwendung des Fachlehrersystems,
insoweit dieselbe unvermeidlich ist, nicht selten Uebelstände hervorgehen ; die Auf-
sichtsbehörden nehmen bei Revisionen der Schulen auf diesen Gesichtspunkt sorg-
fältigst Bedacht, aber es kommt allerdings vor, dafs sie nicht im Stande sind,
dem Uebelstände vorzubeugen, sondern ihn erst zu ermäfsigen, nachdem er einge-
treten ist.
c. Specialisirung des Unterrichtes.
Die im Obigen erwähnte Entwickelung der in ihren elementaren Teilen dem
Schulunterr. angehörenden Wissenschaften und die Aenderung ihrer Behandlung
auf den Universitäten, welche auf die Einrichtung der Lehramtsprüfung eingewirkt
und die Zuweisung der Lehrgegenstände an verschiedene Lehrer herbeigeführt
haben, üben noch in anderer Weise Einflufs auf die Gestaltung des Schiüunter-
richtes. Es wird genügen, dies bezüglich des Unterr. in den altclassischen Sprachen
zu erläutern; in Betren aller übrigen Unterrichtsgebiete läfst sich leicht das Ana-
loge bemerken.
Die grammatische Wissenschaft der beiden classischen Sprachen hat in den
letzten vier Jahrzehnten eine durchaus veränderte Gestalt angenommen. Die Formen-
lehre ist auf historische Sprachvergleichung begründet; für die Syntax ist eine
ungleich specieller eingehende Beobachtung zur Grundlage gemacht, und zugleich
ist für sie die historische Entwickelung als mafsgebender Gesichtspunkt anerkannt;
die Beobachtungen über die stilistische Form sind zu einer gewissen systematischen
Vollständigkeit gebracht. Dagegen hat das Einleben namentlich in die lateinische
Sprache, wodurch dieselbe früher den Fachmännern zu einem fügsamen Kleide der
eigenen Gedanken wurde, entschieden abgenommen. Es ist begreiflich, dafs die
Weise des Universitätsunterrichtes, welcher hiermit nicht kritisirt werden soll, auf
die Schule unmittelbarer einwirkt, als mit deren Aufgabe vereinbar ist.
Gleichzeitig hat die Methodik des Unterr. in den alten Sprachen eine Ent-
wickelung erfahren, welche, so sehr man die zu Grunde liegende Ueberlegung
schätzen mag, geeignet ist, drückend auf den Unterr. einzuwirken. Die Uebungen
im schriftlichen Uebersetzen in die alten Sprachen, namentlich in das Lateinische,
werden nicht selten so angestellt, dafs mit sorgfältiger Ueberlegung jedes Wort
ausgenützt, jedes zu einem Anlasse des Nachdenkens und zu einer Gefahr, für den
Schüler gemacht werden soll. Dieses Verfahren wird zu einem empfindlichen Drucke
für die Schüler, insbes. wenn die auf diese Weise möglichst erschwerte gram-
matische Hichtigkeit des Uebersetzens in die fremde Sprache zum ausschliefslichen
oder doch weit überwiegenden Kafsstabe für die Sprachkenntnis der Schüler ge-
macht wird.
Die Unterrichtsverwaltung hat den in den allgemeinsten Zügen bezeichneten
Vorgängen des Unterrichtsbetriebes besondere Aufmerksamkeit zugewendet, um so
mehr, als sie besorgen mufs, dafs durch dieselben nicht nur die freudige Zuver-
sicht der Schüler in ihrer Arbeit beeinträchtigt, sondern auch der bildende Ein-
flufs des altclassischen Schulunterr. gefährdet wird. Der bezeichneten nachteiligen
287
Enohw6raii|^ der schriftl. Arbeiten und der Uebertreibung der ihnen beigemessenen
Bedeutung ist durch ^Allgemeine Bemerkungen" entgegengetreten worden. Diese
sind im Oct. 1881 den K. Frov.Sühulcollegien, als denselben der Entwurf der revi-
dirten Lehrpläne zu gutachtlicher Aeufserung zuging, nicht zfur Publication, sondern als
eine die Absicht der revidirten Lehrpläne erläuternde und ergänzende Directive
mitgeteilt worden. Die AeuTserungen der Frovinzialbehörden haben erwiesen, dafs
dieselben in jenen allgemeinen Bemerkungen nur eine Bestärkung auf dem von ihnen
grofsenteüs bereits aus eigener Ueberzeügunff eingeschlagenen Wege gefunden
haben. Beziiglich des in den grammatischen Forderungen einzuhaltenden Mafses
sind in den Erläuterungen zu dem Lehrplane der Gtymnasien, insbesondere zu 3 b
und c und zu 4 (s. p. 121 ff.), die Grundsätze in unzweideutiger Bestimmtheit
ausgesprochen. Gleichzeitig wird bei der vorher erwähnten B.evision der Ordnung
für die wissensoh. Lehramtq>rüfung in der Formulirung der zu stellenden Ansprndie
darauf Bedacht genommen, dafs die Universitätsstudien der zukünftigen Lehrer,
unbeschadet ihrer wissensoh. Ghründlichkeit, die Beziehung auf die Aufgabe des
Schulunterr. nicht aufser Acht lassen.
Die Unterrichtsverwaltung verhehlt sich nicht, dafs von den angewendeten
Mitteln ein sofortiger, in die Augen springender Erfolg nicht zu erwarten ist;
denn es handelt sicn nicht um die Beseitigung irgend einer Nachlässigkeit eines
Teiles der Lehrer, sondern um die Ermäfsigung des Einflusses einer wissensoh.
Bichtung gerade bei sonst tüchtigen und selbst vorzüglichen Lehrern. Aber mit
<Uesem Verzichte auf einen sofortigen Erfolg verbindet die Unterrichtsverwaltung
die Ueberzeugung, dafs es der unausgesetzten Bemühung mehr und mehr gelingen
wird, den Unterr. an unseren höh. Schulen von einer nachteiligen Beschwerung
zu bisfreien, ohne ihn in das entgegengesetzte Uebel der Oberflächlichkeit verfallen
zu lassen.
d. Didaktische Ausbildung der Lehrer.
Bei der Schnelligkeit, mit welcher im letzten Jahrzehnte die Frequenz der
höh. Schulen namentlich in den grofsen Städten zugenommen und die Errichtung
neuer Klassen erfordert hat, ist öfters der Fall eingetreten, dafs zwei und mehr
wissensch. Hilfslehrer an derselben Anstalt beschäftigt, also ein erheblicher Teil
des Unterr. dem Wechsel noch nicht bewährter Lehrkräfte überlassen wurde.
Der Bedarf an Lehrkräften für die zunehmende Frequenz der bereits be-
stehenden höh. Schulen und für die ansehnliche Zahl neu errichteter Anstalten
(überdies fanden auch an den neu errichteten Lehranstalten im Beichslande eine
erhebliche Anzahl von Lehrern aus Preufsen .Verwendung) hat zur Folge gehabt,
dafs Lehramtscandidaten unmittelbar nach beendigter Prüfung, manchmal selbst
▼or deren Abschlüsse, in dem Probejahre, welches ihrer praktischen Ausbildung
dienen soll, in der Begel schon zur Vertretung einer vollen Lehrkraft verwendet
worden sind.
Insoweit die vorgekommenen Fälle von Ueberbürdunff in mangelhafter Ver-
werthunff der Lehrstunden und unrichtiger Beurteilung des Mafses und der Schwie-
rigkeit der Aufgaben ihren Anlafs haben, sind sie vorzugsweise aus den bezeich-
neten Umständen abzuleiten. Diese Uebelstände sind bereits in der Abnahme
begriffen, da in der Errichtung neuer höh. Schulen eine gröfsere Zurückhaltung
eingetreten ist, und da die Zahl der geprüften Candidaten auf den meisten Unter-
riohtsgebieten bereits die Zahl der zu besetzenden Stellen übersteigt, so dafs der
Anlafs aufhört, Candidaten während ihres Probejahres als wissensch. Hülfslehrer zu
beschäftigen. Es ist gegenwärtig nahezu erreicht, dafs das Probejahr, seiner wirk-
lichen Aufgabe zurüdu^egeben, nicht zur Unterstützung der fraglichen Schule, son-
dern zur Ausbildung des Candidaten verwendet wird.
Es darf jedoch als allgemein anerkannt erachtet werden, dafs die Einrich-
tung des Probejahres zur Erreichung dieses Zweckes nicht ausreicht In dieser
Ueberzeugung hat die Unterrichtsverwaltung ffegenwärtig die Zustimmung der
Landesvertretung nachgesucht zur Bewilligung der Mittel uir die Ausführung einer
zweiten, ausschliefslioh praktischen Prüfung der zukünftigen Lehrer*) und hat die für
V DiM6r Flaa itt niobt sor AnifObreng gelangt, t. 8t«nogr. Berieht dee Abgeordnetenhftnset
T. 24. Febr. 1883.
288
ihr Vorhaben mafsgebenden Gesichtspunkte in einer der Landesvertretung iiber-
gebenen Denkschrift dargelegt. Nicht in der Vermehrung des Prüfungsapparates
um eine neue Prüfung, wie von manchen Seiten die Absicht aufgefEÜTst oder mifs-
deutet ist, sieht oder sucht die Unterrichtsverwaltun^ eine Garantie für die voll-
ständigere praktische Ausbildung der angehenden L^er, wohl aber darf sie sich
der Ueberzeugung hingeben, dafs durch diese Prüfung diejenigen Candidaten, welche
eines solchen Antriebes bedürfen, bestimmt sein werden, während der wichtigen
AnÜEingszeit ihrer Lehrthätigkeit der Aufgabe ihres Berufes ihr Nachdenken zuzu-
wenden und die zu ihrer praktischen Ausbildung teils schon vorhandenen, teils zu
ergänzenden Mittel gewissenhaft zu benützen. Es steht also zu erwarten, dafs diese
anderwärts mit unverkennbarem Erfolge angewendete Einrichtung allmählich dazu
beitragen wird, diejenigen Fälle der Ueberbürdung zu beseitigen, welche in mangel-
haftem Geschicke des Ünterrichtens ihren Anlafs haben.
4. Tumunterrloht. Körperpflege.
Durch die Kabinets-Ordre vom 6. Juni 1842 (s. p. 222) ist angeordnet, dafs
der Turnunterricht mit allen öffentlichen Lehranstalten zu verbinden sei ; die Aus-
führung dieser Allerh. Bestimmung ist zunächst durch die G.Verf. des Unterrichts-
ministeriums V. 7. Febr. 1844 geregelt worden (s. p. 223 ff.); eine B«ihe von ein-
zelnen Anordnungen in den nachfolgenden Jahrzehnten (s. p. 225 ff.) hat dazu
beigetragen, den Betrieb dieses Unterrichts zu sichern und zu fördern. Demgemäfs
enthalten die unter dem 31. März v. J. publicirten Lehrpläne (s. p. 110 ff.) für
alle Eategorieen der höh. Schulen gleichmäTsig die Bestimmung: „Der Unterricht
im Turnen ist für alle Schüler obligatorisch; Befreiung davon hat der Director auf
Grund ärztlichen Zeugnisses, in der Begel nur auf die Dauer eines Halbjahres, zu
erteilen. Die Schule hat darauf Bedacht zu nehmen, dafs jeder Schüler wöchent-
lich zwei Turnstunden erhalte.'* (s. p. 117, 127, 135).
Man hört nun zuweilen den Vorwurf erheben, dafs diesen bestimmten An-
ordnungen der thatsächliche Zustand des Turnunterrichtes wenig entspreche und
es mit demselben an einem grofsen Teile der Lehranstalten kümmerlich bestellt
sei. Vorwürfe dieses Inhaltes haben, wie anzunehmen ist, in den Erfahrungen über
bestimmte einzelne Anstalten ihren Anlafs und für diesen Bereich ihre Berech-
tigung. Aber auf Grund der in allen einzelnen Provinzen, zum Teil wiederholt
ausgeführten technischen Revisionen des gesamten Tumbetriebes, auf Grund ferner
der neuerdings im Anschlüsse an die O.Verf. v. 27. Oct. 1882 (s. p. 232 ff.) über
den thatsächlichen Zustand des Turnunterrichtes an jeder einzelnen höh. Schule
angestellten Ermittelungen darf die Unterrichtsverwaltung solchen Vorwürfen eine
weiter gehende Geltung absprechen, und vielmehr constatiren, dafs der Turnunter-
richt an den höh. Schulen sowohl bezüglich des zweckmäfsigen Verfahrens in seiner
Erteilung, als bezüglich der Teilnahme der Schüler an demselben und seiner Aus-
dehnung über das ganze Schuljahr in entschiedenem Aufsteigen begriffen ist.
Eine erhebliche Zahl von Lehrern seminarischer und akademischer Bildung
(durchschnittlich ca. 50) erhalten jährlich in der hiesigen Turnlehrer- Bildungsanstalt
durch einen Wintercursus die vollständige Ausbildung für Erteilung des Turn-
unterrichtes ; in Folge hiervon und der aufserdem abgelegten Turnlehrer-Prüfungen
finden sich unter den 776 Männern, welche gegenwärtig den Turnunterricht an
unseren höh. Schulen erteilen, bereits 517 für diesen Unterricht orduungsmäfsig
qualificirte Lehrer; dieses Verhältnis bessert sich mit jedem Jahre; überSes sind
unter den übrigen Turnlehrern nicht wenige, deren praktische Bewährung als Ersatz
der ordnungsmäTsig nachzuweisenden Qualification anerkannt worden ist. Mit dem
Portschritte der Methodik des ünterr. hat die Teilnahme der Schüler gleichen
Schritt gehalten. Es ist von Interesse zu vergleichen, wie sehr noch in der G.Verf.
V. 10. Sept. 1860 (s..p. 227 ff.) über die Abneigung der Eltern gegen diesen
Unterr. und über die mangelnde Teilnahme der Schüler geklagt wird; gegenwärtig
beträgt der Procentsatz der vom Turnen dispensirten Schüler an den höh. Schulen
in den einzelnen Provinzen von 7% bis 15%, für die gesamte Monarchie 10%;
wo an einzelnen Anstalten auffallend höhere Procentsätze der dispensirten Schüler vor-
kommen, lassen sich die Anlässe meistens in bestimmten localen Verhältnissen leicht
erkennen. Dafs diese zunehmende Teilnahme der Schüler nicht blofs der aufer-
legten Verpflichtung zuzuschreiben, sondern mit eigener Freude an diesen Uebungen
S89
▼erbanden ist| dtrf fuglich aus der Anerkennang enohlosaen werden, welche bei
feetlichen TnziiTorBtellusgeii die Leistungen der Schüler höh. Schulen gefunden
haben. Für das Sommertumen ist thatsächlich als Durchschnitt erreidit» dafs jeder
Schaler wöchentL zwei Turnstunden erhält; für das Wintertumen noch nicht» da
nicht allen Schalen Turnhallen, mögen es eigene oder mitbenutzte sein, zur Ver-
fa|png stehen. Bei ESrriohtung neuer Anstalten aus staatlichen oder aus städtischen
Mitteln wird die Herstellung einer Turnhalle als nothwendiger Teil der baulichen
Ausstattung erachtet ; aber auch für die schon bestehenden Schmen schreitet die Big&n-
zung ihrer Baulichkeiten durph Turnhallen ununterbrochen fort; die Bereitwifiig-
kei^ mit welcher städtische Behörden die Schwierigkeit der Beschaffung eines
Platzes und der Aufbringung der Baukosten überwinden, ist in vollem Habe anzu-
erkennen.
Diese aus bestimmtenErmittdungen entnommenen Daten werden erweisen, dafs
für die Gesamtheit der höh. Schulen zwischen den Anordnungen über den Turnunter-
richt und ihrer Ausführung keineswegs das von mancher Seite behauptete Mifsrerhältnis
besteht. Indem die Unterrichtsverwaltung unabU&ssig darauf bedacht ist, dafs die
K. Ordre v. 6. Juli 1842 zu voller Ausführung gelange und dafs allenSchülem der höh.
Schulen während ihrer ganzen Schulzeit die Stärkung der körperlichen Entwickelung
und die Uebung körperlicher Gewandtheit zu Teil werde, welche der Turnunterricht zu
gewähren vermag, so übersieht dieselbe keineswegs, dafs die 2 Turnstunden wöchentlich
nicht ein ausreichendes Gegengewicht bilden, um bei den Ansprüchen an die geistige
Beschäftigung der Schüler ihnen die körperliche Frische und die jugendliche Freu-
digkeit des Gemüthes zu bewahren. Auf die Bedeutung, welche m dieser Hinsicht
die Bewegungsspiele im Freien haben, ist durch die in Abschriften beigeschlossene
C.Verf. V. 27. Oct. v. J. (s. p. 232 ff.) hingewiesen worden. Für diese körperliche
und geistige Erholung der ihr anvertrauten Jugend zu sorgen, kann zwar den
höheren Schulen, insofern sie nicht Internate sind, nicht uiu>edingt oder überall
als ein integrirender Teil ihrer Verpflichtungen auferlegt werden; aber in der Teil-
nahme derjenigen Lehrer, welche Neigung und Begabung dazu haben, an der
Fröhlichkeit gemeinsamer jugendlicher Spiele liegt die erfolgreichste Förderung
für die erziehende Einwirkung der Schule und eine unersetzliche Unterstützung
der Freudigkeit der Schüler zur Arbeit. Durch die erwähnte C.Yerf. hat nicht
eine Yorschrift erlassen, sondern eine Anregung gegeben werden sollen; in diesem
Sinne wird dieselbe, das läfst sich hoffen, nicht wirkungslos bleiben; hat sich doch
auf Anlafs derselben gezeigt, dafs an manchen Orten durch die spontane Bemühung
einzelner Lehrer Analoges bereits besteht, das in jener Verfügung Ermuthigrung
gefunden hat.
Die im Vorstehenden versuchte Erörterung der Anlässe zur Üeberbürdung
der Jugend an unseren höheren Schulen, insoweit eine solche thatsächlich vor-
kommt, und die Rechenschaft über die von der Unterrichtsverwaltung zu ihrer Be-
seitigung eingeschlagenen Wege hat nicht umhin gekonnt, alle wesentlichen Mo-
mente der gesamten Schuleinrichtung zu berühren. Die Fnge der Üeberbürdung
ist, wie in der Einleitung bemerkt wurde, nicht eine vereinzelte oder neben den
übrigen bestehende, sondern nur ein besonderer Ausdruck der Frage nach der
Zweckmäfsigkeit der Lehreinrichtung und ihrer Ausführung überhaupt. Von dieser
Ueberzeug^g durchdrungen glaubt die Unterrichtsverwaltung nur dadurch, dafs
sie gleichzeitLT in allen wesentuchen Kichtungen Beformen zur Ausführung zu bringen
sucht, eine allmähliche Erledigung der Frage herbeiführen zu können und der Ver-
pflichtung, deren sie sich bewufst ist, zu entsprechen.
2) Outachten der K. Preufs. Wissenschaftlichen Depu-
tation für das Medicinalweseny. 19. Dec. 1883, betreffend
die üeberbürdung der Schüler in den höheren Lehr->
anstalten, erstattet an S. Exe denK. Staatsminister und
Hinister der geistlichen etc. Ang. Herrn Dr. y. Ghofsler.
*
Ew. Ezcellenz haben durch hohe Verfügung vom 31. Jan. d. J. nns eine im
üimsteriom ausgearbeitete Denkschrift, betreffend die Frage der lieber-
wies«, YaroTdnnngsii. 19
290
Imrdttnff der Jagend in unseren höh. Schalen so wie das im Aaftrage des Kaiserl.
Statthalters über das höh. Schulwesen Elsafs-Lothringens im August 1882 von
einer medicinischen Sachverständigen-Commission erstattete Outachten nebst einigen
Anlagen zugefertigt und uns beaiutragt, in der Ueberb&rdnngsangelegenheit nach
allen den Richtungen, welche wir cfazu als geeignet erachten, unser Gutachten
abeugeben.
Insbesondere ist uns aufgegeben, uns darfiber zu äufsem, ob die in dem
Elsafs-Lothringischen Gutachten enthaltene Bestimmung über die für die fünf unteren
Jahresourse der höh. Schulen zulässige Zahl der wochentL Lehrstunden als ein
zweifelloses, unbedingt giltiges fii^ebnis der medicinischen Wissenschaft zu be-
trachten sei.
In einer Reihe spaterer Erlasse, zuletzt in dem vom 19. November d. J.,
sind uns weitere Materudlen, zum Teil in Erfüllung der von uns wegen Ergänzung
der thatsächlichen Unterlagen ausgesprochenen Wünsche, zugewiesen worden.
Indem wir das gesamte, uns zugegangene Actenmaterial anbei zurückreichen,
erstatten wir das von uns erforderte Ghitaohten ganz gehorsamst wie folgt.
Gataehten«
I. Begrenaung der Aufgabe*
Wenn man die schon jetzt aufserordentlich angewachsene Litteratur über
die Ueberbürdungsfrage mustert, so ergiebt sich alsbidd, dafs ein grofser Teil der
Schriftsteller und Berichterstatter sie in einem so weiten Sinne aulfafst, dafs sidh
fast sämtliche äufsere und innere Verhältnisse der Schulen darin mit unterbringen
lassen. Ew. Exe. selbst sa^en daher in dem Erlasse vom 31. Jan. mit Recht, dafs
in diesem weiteren Sinne .,die Frage der Ueberbürdung nichts anderes ist, als ein
besonderer Ausdruck der Frage über die Zweckmäfsigkeit der Einrichtung unserer
höh. Schulen und die Richtigkeit ihrer Ausführung." Man kann die Eurzsichtig-
keit auf eine Ueberbürdung der Augen oder ihrer einzelnen Apparate, die habituelle
Skoliose auf eine Ueberbürdung der Brustmusculatur u. s. f. beziehen und somit
bei der Ueberbürdung auch über Kurzsiohtigkeit, Skoliose u. s. f. discutiren. Wir
glauben jedoch nicht, dafs, abgesehen von der Kurzsichtigkeit, in Bezug auf welche
wir noch besondere Aufträge erhalten haben, die von Ew. Ezc. gestellte Aufgabe
ein so weites Gebiet vorzeichnet. Vor nunmeiir 14 Jahres hat eines der mituuter-
zeichneten Mitglieder, Professor Virchow, im Auftrage des damaligen Hinisters
ein solches generelles Gutachten erstattet, welches umfassende Berichterstattungen
der Provinzialbehörden veranlafst hat. Wir werden Gelegenheit nehmen, auf einzelne
Punkte der damaligen Erörterungen Bezug zu nehmen, halten uns jedoch im
Interesse der Sache für verpflichtet, imsere gutachtlichen Aeufserungen auf den
eigentlichen Gegenstand der Ueberbürdung zu beschränken.
Es dürfte auch für die weitere Besprechung dieser wichtigen Streitfrage von
einiger Bedeutung sein, wenn wir genau angeben, in welcher Weise vom medici-
nischen Standpunlcte aus der Beffriff der Ueberbürdung zu definiren ist. Die ver-
schiedenen Thätigkeiten, welche der Mensch ausübt, werden auch von verschiedenen
Chrganen getragen. Es giebt keine einzige allgemeine Thätigkeit des ganzen Körpers,
vielmehr sind auch die scheinbar allgemeinen Thätigkeiten an bestimmte einzelne
Ogane oder gar Gewebe gebunden. Jedes dieser Organe oder Gewebe kann in
seiner Thätigkeit überbürdet werden, d. h. es können höhere Ansprüche an seine
Thätigkeit gestellt werden, als es vermöge seiner Einrichtung ohne Schädigung
seines Zustuides zu leisten vermag. Dabei besteht noch wieder der Unterschiea,
dafs entweder die geforderte Leistung das Hafs der vorhandenen Kraft über«
schreitet, oder dafs eine an sich entsprechende Thätigkeit zu lange, ohne oder mit
zu kurzen Ruhepausen, fortgesetzt wuxl. Setzt man, was ganz correct ist, für
„Thätigkeit** „^beit**, so bedeutet „Ueberbürdung*' eine sei es dem MaTse, sei es
der 2ieit nach excessive Arbeit gewisser Organe.
Um welche Organe handelt es sich nun wesentlich bei der Ueberbürdung^
von Schülern, namentlich in höh. Lehranstalten? Die gewöhnlich sogenannte
Arbeit, diejenige, von der übrigens sowohl die Bezeichnung, ^s auch die Deutung^
aller anderen Arten von Arbeit entnommen ist, beruht m der Thätigkeit von
Muskeln. Es ist selbstverständlich dafs von dieser Thätigkeit bei der Ueber-
291
lyordimg der Schüler gar nicht oder höchstens beiläufig die Eede ist; im Gegenteil,
^as mcäeme Bestreben, welches aach von der SL Staatsregierung angelegentlich
geteilt wird, geht dahin, den SchiHern mehr Muskelthfttigkeit su versduSfen. Noch
weit weniger Icommt die Thätigkeit vieler anderen Organe, wie etwa der Drüsea,
in Betracht. Vielmehr handelt es sich bei der Ueberbürdung^rage wesentlich um
Nerventhätigkeit und beinahe ausschliefslich um Gehimthati^keit Mag man das
Verhältnis yon Geist .und Körper auffassen, wie man will : die Erscheinungen der
Ermüdung, der Ueberarbeitun^f, der Erschöpfung sind unzweifelhaft körperliehe
Erscheinungen; sie bexiehen sich auf Znstänae des Organes, welches die geistigen
EnoheiDungen yermittelt
Daher können wir vom wissenschaftlich medicinischen Standpunkte ans die
Jhrage der Ueberbürdung der Schiller nur so fassen, dafs untersucht werden soll,
4>b die yon den Schülern geforderte Gehirnarbeit sei es dem Mafse,
«ei es der Dauer nach zu grofs sei?
n. VoraneMtrangmi für «in wlMwuehefOi^h— Onta^hteii über die
Nun würde es sich darum handeln, diese Frage nicht individuell, sondern
mehr oder weniger generell zu entscheiden. Ein einzelner Schüler kann vermöge
geringerer Anlagen oder vermöge vorübei^hender oder andauernder Schwäche-
sQstinde durch eine dem llafse und der Dauer nach durchaus nicht zu grofse
Arbeit überbürdet werden. Daraus folgt für die Beurteilung der Schule ab solcher
nicht das Mindeste.
Aber eben so wenig darf erwartet werden, dafs jeder Schüler in auch nur
annähernd gleicher Weise von der auferlegten Arbeit betroffen werden wird, in
der That i^ auch niemals behauptet worden, dafs etwas der Art vorgekommen
sei; vielmehr ist immer nur von einer gewissen Anzahl die Rede. Hier aber be-
«nnt auch die Schwierigkeit Welches ist die Zahl, welche für den Nachweis des
Bestehens einer UeberbStlung mafsgebend ist?
Statistisch betrachtet sollte es eigentlich die Mehrzahl sein. Denn wemi
einerseits die besonders begabten Schüler, andererseits die geistig schwächeren in
Abrechnung gebracht weisen, so sollte in jeder Schule oder Schulklasse eine
Mehrheit von Schülern mittlerer Befähigung übrig bleiben, welche die Grundlage
für eine zahlenmäfsige Berechnung lieferte, mrade diese Mehrheit ist es ja, auf welche
die Aufgaben der Schule oder der Schulklasse wesentlich zugeschnitten werden
müssen und welche die Hauptaufmerksamkeit der Lehrer und der Schulbehörden
in Anspruch nehmen sollte. Es müfste demgemäfs, wenn statistisch aus gewissen
änfseren Folgpzuständen ermittelt werden soU, ob in einer bestimmten KUwse oder
in einer bestimmten Anstalt oder ganz allgemein in allen höh« Schulen eine Ueber-
bürdung stattfinde, festgestellt werden, ein wie grofser Anteil von der Zahl der
Schüler mittlerer Befähigung Zeichen der Ueberbürdung darbietet.
Ob ein solcher Versuch jemals praktisch gemacht worden ist, wissen wir
nicht. Eine besondere Schwierigkeit würde er nicht haben. Jeder Klassenlehrer
sollte seine Schüler so weit kennen, um sie bei einiger Aufmerksamkeit in jene
drei Kategorieen teilen zu können, und die Beobachtung der einzelnen würde bald
ergeben, ob die von den Schülern der mittleren Kategorie geforderten Arbeiten
eine zu lange Arbeitszeit oder eine erschöpfende Anstrengung nöthig machen.
Wir verkennen nicht, dafs für eine solche Einteilung objective Anhaltspunkte von
allgemein gleicher (Hltigkeit kaum zu geben sein dürften und dafs daher dersub-
jeniven Autfassung der Lehrer ein gröfserer Spielraum gelassen ist, als wünscheas-
werth wäre; aber es scheint uns nicht, dafs ein derartiger Versuch von vornherein
hofiiungslos sein müfste, zumal wenn man die Mitwirkung geeigneter Aerzte in
Anspruch nähme. Es ist ja auch keineswegs erforderlich ders^g^ Untersuchungen
«n allen Schulen vorzunelnnen; eine kleinere Anzahl zwecknuUsig ausgewählter An-
stalten würde vollständig ausreichen, um ein Urteil zu gewinnen.
Es giebt allerdings noch eine ändere Art der Statistik, welche in gewissen
Beaiehnngen angewendet werden darf. Man kann die Nachteile der Ueberbürdung
«n den Schülern der höh. Lehranstalten nach dem Verhältnisse abschätzen, in
welchem ähnliche Nachteile bei jungen Leuten anderer Kategorieen hervortreten.
19^
292
In der Tbat ist es diese cotnparatiye Statistik, welche bis jetzt fast allein
in das Feld greführt worden -ist. Wir werden demnlohst anf derartige Beispiele,
2. B. auf die Freqnenx der militärisdienDienstantangliclikeit, der Selbstmorde nnd
Geisteskrankheiten zurückkommen. Hier wollen wir nur henrorheben, dafs die
rohen Zahlen bei einer oomparatiyen Statistik noch weniger entscheiden, als bei
einer einfachen, znmal wenn ei sich, wie gerade in den anffeführten Beispielen,,
in der Regel nm kleine, wenn nicht sehr kleine Summen handelt Hier tritt gferade
die Nothwendigkeit einer weitgehenden Individnalisimng der Falle hervor, und
eine solche hat bis jetzt nnr in ganz beschränktem MaTse stattgefunden.
Nadi dieser Darleg^g dürfen wir wohl hoffen, nicht mifsyerstanden zu
werden, wenn wir erklaren, dab
uns für ein wissenschaftliches Ghitachten über die Ausdehnung^
einer Ueberbürdung der Schüler der höh. Unterrichtsanstalten die ünteiv
lagen fehlen.
m. XJeberaioht und Benrteilimg der vorhandenen Unterlagen fOr die
Beantwortung der Ueberbürdungsfirage.
Jeder Einzelne von uns hat eine gewisse Zahl individueller Erfahrunffeur
aber wir alle zusammengenommen vermögen daraus kein allgemeines Urteil iiber
eine factisch bestehende Ueberbürdung zusammen zu setzen.
Wir müssen uns deshalb auf diese individuellen Erfahrungen wie auf die
anderweit durch die Litteratur und durch Ew. Exe. Vermittlung uns zugänglich
gewordenen thatsächlichen Erhebungen beschränken und geben im Folgenden zu-
nächst eine Uebersicht dieser comparativ-statistischen, zum Teil auch nur compa-
rativ geschätzten Angaben und eine Beurteilung ihres Werthee für die vorliegen-
den Fragen.
1. Das Verhältnis der zum Militärdienste untauglich befundenen
Schüler.
Das Elsafs-Lothringische Gutachten entnimmt (p. 8 und 10) sein erstes
Argument dafür, dafs die Jugend „auf unseren höh. Schulen*' überbürdet sei aus
einer Mitteilung des Herrn Finkeinburg, wonach auf Grund einer von dem K. statisti-
schen Bureau aufgestellten fünfjährigen Uebersicht mindestens 80 Procent der zum
einjährigen Militärdienste qualiticirten jungen Männer physisch unbrauchbar waren,
während von den übrigen Eingestellten (eigentlich Untersuchten) nur 45 — 50 Procent
teils für zeitig teils für bleibend unrähig erklärt wurden.
Aber Herr Finkeinburg hatte in seinem Vortrage (Deutsche Vierteljahresschr.
für öffentl. Gesundheitspflege 1878 Bd. X. S. 28) selbst ausgeführt, dafs diese An-
gabe einen beschränkten Werth habe, da man weder wisse, ob nicht die Knaben
beim Eintritte in die Schule schon ein Mindermafs von physischer Kraft mitbringen,
noch die „Art der unbrauchbar machenden Infirmitäten'* kenne. Herr Sander
(ebendaselbst S. 74) hatte sich diesem Urteile angeschlossen.
Wenn trotzdem das Elsafs-Lothringische Gutachten die Bedeutung der
statistischen Angabe in vollem Mafse aufrecht erhielt, so müssen wir bemerken,
dafs die Thatsache der unverhältnismäfsi^ groÜBcn Zahl von Zurückstellungen
unter den zum einiährigen Dienste Berechtigten keineswegs sichergestellt ist.
Der Herr Minister des Innern hat durch die Civil- Vorsitzenden der Prüfungs-
Commissionen eine Nachweisung der auf Ghrnnd von Schulzeugmssen und auf Grund
einer Prüfung erteilten Berechtiraigsscheine zum einjährigen Militärdienste für die
f^pf Jahre 1877—1881 und dunm £e K. General-Commandos und den Herrn Chef
der Admiralität für dieselbe Zeit eine Zusammenstellung der j zur Einstellung ge-
langten Einjähnjg^-Freiwilligen erhalten. Damach stellt sidi heraus, dafs während
des gedachten Zeitraumes ausgestellt wurden:
Berechtigungsscheine
auf Grund von Schulzeugnissen .... 44,462
auf Grund einer Prüfung .... . , 2,592
zusammen 47,054
Eingestellt sind Freiwillige . . . . . 21,236
Rest 25,818
298
Sollte man annehmen, dafs alle diese als Best aofgefohrten Personen dienst-
untauglich waren, so würde das etwa 55 Procent der Bereohtifften ei^eben. Da
nnn anch die Kadettenanstalten dem Lehrplane der höheren Schalen unterliegen,
«o sind die von jenen Anstalten abgehenden jungen Manner eigentUoh noch au*
soaahlen, und da von ihnen nur ausnahmsweise einer nach dem Bestehen der
Prfifung nicht in den actiyen Dienst tritt, so ist der Gesamtabgang, der bei der
Haupt-SLadettenansÜLlt gegen 900 in 5 Jahren betrSgt, noch su obiger Summe zu-
^nreohnen. Der Procensatz der nicht Eingestellten wurde dadurah nicht - ganz
54 betragen.
Nun ist aber zu beachten, dafs von den Berechtigten manche vom Dienste
iM&eit sind, z. B. Theologen, dafs im Laufe der fünf Jahre manche vor dem Ein-
tritte in das Heer gestorben oder nachträglich erkrankt sein werden. Es läfst sich
daher, auch wenn man zugesteht, dafs die Art der Aufstellung der funQährigen
Listen nicht vorwurfsfrei ist, doch nicht verkennen, dafs ein ungünstiges Verhältnis
der Freiwilligen zu den Dre^ährig-Dienenden nicht besteht.
Auch die Berichte einzelner Direotoren bestätigen diese Auffassnnff. Wir
-erwähnen den des Directors Gandtner in Minden, welcher 1871 ausführte, dafs von
70 Abiturienten seiner Anstalt (in 9 Jahren) 55 gedient hätten. Rechne man
3 Theologen, 2 welche das dienstpflichtige Alter noch nicht erreicht hatten, und
1 mit angeborener Lähmung des Fufses ab, so bleiben nur 64 Abiturienten, von
denen 9 s= 14 Procent als unbrauchbar zu betrachten seien.
Bei den Verhandlungen der Qrofsherzogl. hessischen Commission zur Prüfung
der Ueberbürdungsfrage (Darmstadt 1883,- rrotokoU der ersten Sitzung S. 18)
erklärte der Director Weidner von Darmstadt, dafs in Hessen immer 80 — 90 Prozent
der Schüler tauglich seien, und Geh. Medicinal-Bath Dr. Weber wendet gegen die
Statistik des preufs. statistischen Bureaus ein, dafs allein schon die Kurzsiohtigkeit
einen grofsen Teil der üntauglichkeitserklärungen r42,5 Prooent) bedinge, dafs
«ufserdem die Gestellung zum Freiwilli^ndienste viel früher als bei den übrigen
Gestellungspflichtigen enolge, zu einer Zeit, wo der Körper noch weniger ausge-
wachsen sei. (Ebendas. & 20.)
Director Wendt (Die Gymnasien und die öffentliche Meinung, Karlsruhe 1883
S. 38) hat für zwei badische Begimenter die betreffenden Zahlen ermittelt. Darnach
worden von 1875 — 1882 in dem einen Begimente
Berechtigte angemeldet 549
untauglich befunden 106
«Iso noch nicht 20 Procent. Davon hatten jedoch 56 Körperfehler; es blieben also
nur 50, d. h. 9 Provent als wegen Körperschwäche unbrauchbar übrig. In dem
jsweiten Begimente betrugen die entsprechenden Zahlen fQr die Jahre 1872 — 1882
639-216,
d. h. abgewiesen wurden 33,8 Procent, darunter als zu schwach 51, also 7,8 Procent.
Wir können nur den dringenden Wunsch aussprechen, dafs diese Statistik
•erweitert und vertieft werden möge. Jedenfalls vermögen wir aus dem vorliegenden
Stoffe nicht zu ersehen, dafs die Abiturienten und aie mit dem Berechtigungs-
Zeugnisse für den«eixijährigen Militärdienst von höh. Schulen abgehenden jungen
liänner eine bedenklich hohe Zahl von Schwächlichen einschliefsen. Im Gegen-
teil, das Ergebnis der erwähnten Feststellungen erinnert stark an dasjenige, welche
die uns vorgelegte Denkschrift aus einem Immediatberiohte vom 28. Nov. 1837
citirt> dafs „bezt^lioh der Tauglichkeit für den Militärdienst die ans den Gymnasien
hervorgegangenen Jünglinge und die Studirenden ungleich günstiger stehen, als
^e Handels- und Kunstbeflissenen."
Auf die Kurzsichtigkeit werden wir später zurückkommen; wir erwähnen
nur, in Betreff der oben angedeuteten Ausführung des Geh. Baths Weber, dafs nach
der Dienstanweisung zur l^urteilung der Militär-Dienstfähigkeit vom 8. April 1877.
BeiL UL Nr. 26. „Kurzsichtigkeit, bei welcher der Fempunktsabstand auf dem'
1>es8eren Auge 0,15 m oder weniger betzägt, auch bei voller Sehschärfe" als €hrund
dauernder Dienstuntauglichkeit gilt, ebenso Nr. 25 „Herabsetzung der
Sehschärfe", wenn dieselbe auf dem besseren Auge V« der normalen oder weniger
l>etri[gt.
894
2. Der Selbstmord nnter den Schülern.
Der Bericht des K. Statistischen Bureaus yom 4. Hai d. J., welchen £w. Ezc»
uns hochgeneirtest übermittelt hat, erkennt an, dafs das erforderliche Material
znr allseitigen JBenrteilong der Frage nach der Zahl und den Ursachen der Selbst-
morde bei Schülern nicht vorhanden seL Es wird jedoch durch Nachweise fur<
den 13jahrigen Zeitraum von 1869 bis 1881 dargethan, dafs obwohl die absolute
Zahl der jugendlichen Selbstmörder männlichen Geschlechts im Alter von 10 bis
20 Jahren in Preufsen während dieser Zeit beträchtlich zugenommen hat, nämlich,
▼on 165 auf 260 im Jahre, diese Zahl mit dem Anwachsen der Zahl der männ-
lichen Selbstmörder überhaupt durchaus im Einklänge steht. Die relativen Zahlen
ergeben nämlich Folgendes:
Es yermehrten sich die männlichen Selbstmörder überhaupt in der g^achten
Zeit Ton 100 auf 157,35, die männlichen Selbstmörder im Alter von 10 bis 20 Jahren
Ton 100 auf 157,57. Unter 1000 männlichen Selbstmördern befanden sich im Alter
von 10 bis 20 Jahren 64,2 im Jahre 1869, 64,3 im Jahre 1881. Mit Recht folgert
das statistische Bureau daraus, dafs unter den jugendlichen Selbstmördern die
Schüler der höh. Lehranstalten heute nicht wohl häufijrer yertreten sein können
als früher; ja, wenn man in Betracht ziehe, dafs die Schulbevölkerung der höh,
Lehranstalten yon 1869 bis 1881 relativ s^ viel stärker zugenommen hat» als die
Gesamtbevölkerung, so werde geradezu auf eine relative Abnahme der Selbstmorde
unter diesen SchiUem geschlossen werden müssen. Allerdings ergebe sich ein ver«
hältnismäfsig stärkeres Anwachsen der Selbstmorde unter der männlichen Be-
völkerung von 10 bis 15 Jahren, indem die Zahl in den 13 Jahren von 100 auT
230,43 ai^^tiegen sei, indefs sei die absolute Zahl dieser Selbstmorde an sich sehjr
klein (zwischen 19 und 53) und die jährliche Zahl schwanke in ganz unregel*
mäfsiger Weise auf und ab, so dafs diesem Ergebnisse eine besondere Bedeutung
nicht beigelegt werden könne.
Das statistische Bureau hat au&erdem eine Uebersicht der Selbstmord-Mptive,
soweit sich solche aus den Angaben der Local-Instanzen entnehmen liefsen, bei*
ffefügt. Es ergiebt sich daraus, dafs für die Periode der Jahre 1869 bis einsohliefs-
fioh 1881 Geisteskrankheit unt^ 1000 männlichen Selbstmördern im Alter von lO
bis 20 Jahren 158 mal und zwar im Alter von 10 bis 15 Jahren 114,9, im Alter
von 15 bis 20 Jahren 166,9 mal angegeben ist Nächstdem ist als die stärkste
Kategorie zu erwähnen „Reue und l^imun, Gewissensbisse"; hier werden 207 p. m.
jugendliche männliche Selbstmörder im Alter von 10 bis 20 Jahren aufgeführt
Bei der grofsen Unsid^erheit derartiger Aufstellungen glauben wir uns auf
diese Auszüge beschränken zu sollen. Lgend ein ^ifbares Resultat für die Be*
urteilung der Ueberbürdungsfrage läfst sich aus dieser Uebersicht nicht ableiten,
da jede dihere Beziehung auf die Schüler der höh. Lehranstalten fehlt
Hit Vergnügen constatiren wir die ausgesprochene Bereitwilligkeit des
statistischen Bureaus, das einlaufende Material in Zukunft nach den sich jetzt er-
gebenden Gesichtspunkten bearbeiten zu lassen. Immerhin glauben wir aber auch
unsererseits bestätigen zu sollen, dafs wir in den bisherigen Zusammenstellungen
nicht die mindeste Andeutung für die vielfach vermuthete Zunahme der Selbst-
morde unter den Schülern der höh. Lehranstalten zu entdecken vermodit haben.
Die uns hochgeneigtest vorgelegten Acten der Unterrichts- Verwaltung über
Fälle von Selbstmora oder Selbstmoroversuch von Lefirem und Schülern der höh.
Anstalten enthalten nur Gasuistisches ohne jeden Anhalt ffir ein allgemeines Urteil.
3. Die Geisteskrankheit unter den Schülern.
Ln Anschlüsse an das vorher Mitgeteilte heben wir aus den Tabellen de»
statistischen Bureaus noch hervor, dafs Geistesknmkheit bei jugendlichen Selbst-
mördern weiblichen Gesohlechtes häufiger angegeben ist, als bei solchen männlichen
Geschlechts. Allerdings überwiegen bei einem Alter von 10 bis 15 Jahren die
Knaben mit 114,9 p. m. über die Mädchen, welche nur 74,8 p. m. ergeben, allein
in dem viel widbtigeren Alter zwischen 15—20 Jahren kehrt sich das Verhältnia-
um, indem die jungen Männer nur noch 166,9, die Mädchen dagegen 184,2 p. m.
stellen. So erklärt es sich, dafs das Gesamtergebnis an Geisteskrankheiten für
1000 jugendliche Selbstmörder im Alter von 10 bis 20 Jahren bei dem männlichen
295
Gesohleohte 158,0, bei dem weiblichen 172,7 ist Ein solches Verhältnis spricht
sehr wenig für die Yermuthong, dafs üeberbürdung die Ursache der Geistes-
krankheit sei.
Die Frage nach dem Vorkommen von Geistesstomneen bei Schülern der
höh. Lehranstalten in Folge von „Üeberbürdung" ist neaeroings durch die Schrift
des Directors der Braunschweigischen Landes-Irrenanstalt zu Königslutter, l)r. Hasse,
„über die Üeberbürdung der Schüler mit häuslichen Arbeiten" besonders in den
Vordergrund getreten. Derselbe wollte die Erfahrung gemacht haben, dafs Schüler
der obmten Gymna^ialklassen, bei welchen der AnlaTs der Geistesstörung nur m
den übertriebenen Anforderungen der Schule ffesucht werden könne, ^genwärtig
einen unverhältnismäfsig hohen Procentsatz in der Anzahl der Geisteskranken
bildeten.
Um Sicherheit darüber zu gewinnen,' in welchem Mafse den von Dr. Hasse
angeführten Erfahrungen Geltung beizumessen sei, ersuchte Ew. Exe. Herr Amts-
vorgänger eine Anzahl von Directoren öffentlicher Irrenanstalten, sich darüber zu
äufsem, ob in dem Kreise ihrer eigenen Beobachtung Fälle vorgekommen seien,
in welchen für Geistesstörungen bei Schülern dje üeberbürdung derselben durch
die Ansprüche der Schule mit ausreichender Sicherheit als die alleinige oder
wesentb'che Ursache zu betrachten war, event. ob in der Häufigkeit solcher Falle
neuerdings eine Zunahme zu bemerken sei.
Es sind darauf 17 Berichte eingegangen, von denen 15 die Frage verneinen,
zum Teil unter specieller Anführung von Zahlen und Krankengeschichten,
aus denen sich ergiebt, dafs die geistigen Erkrankungen von Gymnasiasten weder
häufig sind, noch da, wo sie beobachtet wurden, auf eine Üeberbürdung in der
Schule zurückgeführt werden konnten. Nur zwei Beferenten stellen sich auf einen
etwas anderen Standpunkt, Der Director einer Irrenanstalt führt an, dafs zur
Zeit der Abfassung des Berichtes 3 geisteskranke Grymnasiasten sich in der Anstalt
beHuiden, von denen bei zweien eine erbliche Anlage zu Geisteskrankheiten vor-
handen sei ; von dem dritten wird eine solche nicht erwähnt Indefs ist weder bei
diesem noch bei den übrigen der Nachweis zu führen versucht, dafs die Üeber-
bürdung in der Schule ein, wenn audi nur occasionelles ursächliches Moment für
die Entstehung der Geistesstörung gewesen sei Es findet sich in dem Berichte
nur die allgemeine Behauptung, dais geistige und körperliche Zustände, welche
Ton dem normalen Verhältnis eines natnrgemäfs und gesund sich entwickelnden
Menschen abweichen, unter den Schülern unserer höh. Lehranstalten sehr ver-
breitet seien, insbesondere geistige Ermüdung und Reizbarkeit, mangelhaft» Ver-
dauung und Ernährung, Neigung zu Kopfschmerzen, Kurzsichtigkeit und Augen-
ach'vmshe.
Denr Director einer anderen Irrenanstalt berichtet über keine eigenen Er-
fahrungen, erklärt aber, daf«, wenn auch der Nachweis nicht geführt sei und nicht
geführt werden könne, dafs Geistesstörung bei Schülern gegenwärtig häufig, häufiger
als früher, vorkommen, und zwar in Folge der Üeberbürdung derselben durch die
Ansprüche der Schule, dies keineswegs beweise, dafs eine der körnerlichen und
geistigen Entwickelung der Schüler nachteilige Üeberbürdung nicht stattfände.
Er ist femer der Ansicht, dafs der Vorstand des Vereines der deutschen Irren-
ärzte sich ^e Frage stellen müsse: „Sind die heutigen Ansprüche der Schule
derart, dafs durch dieselben die geistige Entwickelung der Schüler gestört, die
geistige Leistungsfähigkeit und Ausdauer derselben vermindert und die Disposition
zn Geistesstörung erhöht werden mufs ? und ist nicht die Üeberbürdung der Schüler
durch die Ansprüche der Schule mit eine der Ursachen der bedenklichen Zunahme
der Geisteskrankheiten unter unserer gebildeten männlichen Bevölkerung?" Er
steht nicht an, „gestützt auf seine Erfahrungea" beide Fragen zu bejahen, obgleich
ihm Falle von Geistesstörung bei Schülern in den letzten Jahren nicht häufiger
zur Beobachtung gekommen sind als früher, und obgleich in keinem der wenigen
ihm bekannt gewordenen Fälle Üeberbürdung durch die Ansprüche der Schule als
die alleinige oder wesentliche Ursache der Geistesstörung bezeichnet werden konnte.
Wir vermögen auf diese beiden Berichte den übrü^en gegenüber einen er-
heblichen Werth nicht zu legen. Die „Erfahrung en," aufweiche der zweiterwähnte
Director seine Ansicht stützt, hat er leider weder mitgeteilt noch auch nur ange-
deutet, so dafs wir in seinem Ausspruche nur eine subjective Ansicht erblicken
296
können, deren Werth um so mehr fraglich erscheint, als er ohne Weiteres von
einer „bedenklichen Zunahme der G^steskrankheiten unter unserer gebildeten
männlichen Bevölkerung'' als von einer sichergestellten Thatsache spricht, ^rährend
eine solche wissenscha&ch in keiner Weise dargetbm ist. Schliefslich verneint
indefs auch er, wie oben angegeben, die vorgelegte Frage einer häufigen oder
häufiger gewordenen ffeistigen Erkrankung der Schüler in folge von Ueberbiirdung
auf Grund seiner BeotMchtung in den letzten Jahren. Auch die von dem erst-
erwähnten Director mitgeteilten Beobachtungen sind nicht geeignet, die allgemeine,
yon ihm ausgesprochene Ansicht zu stutzen, da die vo^ ihm aufgeführten drei
Fälle nichts zur Erhärtung seiner Behauptungen beitragen, insofern in der Ge-
schichte derselben die Ueberbürdung nicht au Ursache der Krankheit in Anspruch
genommen wird.
Mit den oben dargelegten Angaben der zum Berichte aufgeforderten Irren-
ärzte stimmt übrigens die Erfahrung des Directors der Landes-Irrenanstalt Heppen-
heim im Grofsherzogtume Darmstadt, Dr. Ludwig, überein.*)
Die von Dr. Hasse aufgestellten Behauptungen werden durch keine dieser
Erfahrungen bestätigt. Von einem Berichterstatter wird sogar betont, dafs grade
die Schüler der oberen Gymnasialklassen in höherem Grade als die Jünglinge der
gleichen Altersperiode anderer Berufsklassen durch ihre Lebensverhältnisse geg^
Geisteskrankheiten geschützt seien. Auch unter den während 1*/« Jahren in die
Irren-Abteilung der Charit^ zu Berlin aufgenommenen Individuen von 8 — 19 Jahren,
deren Anzahl 22 beträgt (die Idioten nicht mit eingerechnetX befand sich nur ein
Gymnasiast und dieser war von Blindheit an geistig schwach und abnorm veranlagt.
Man könnte allerdings vielleicht gegen die Bedeutung derartiger Beobachtungen
l^eltend machen, dafs Gymnasiasten, als Söhne wohlhabender Eltern, nicht in die
ofientl. Irrenanstalten, sondern in andere, besonders in Privat-Irrenanstalten, ge-
schickt würden. Indefs erscheint ein solcher Einwand insofern nicht zutrefiend,
als bekanntlich auch zahlreiche Söhne wenig bemittelter Eltern, namentlich in
Berlin, das Gymnasium besuchep, die doch bei einer etwaigen Erkrankung auf die
billigeren Verpflegungssätze der öffentl. Anstalten angewiesen sind.
Was die Beobachtungen des Dr. Hasse selbst anbetriflt, so sind dieselben
unserer Ansicht nach in keiner Weise genügend, um die von ihm * aufgestellten
Behauptungen auch nur einigermafsen wahrscheinlich zumachen, geschweige denn
zu erweisen. Seine Beobachtungszeit umfafst l^s Jahre; während dieser Zeit hat
er in der von ihm geleiteten Irrenanstalt zu Königslutter 3 Primaner und 1 Secun-
daner von dem humanistischen Gymnasium des Herzogtumes Braunschweig, sowie
einen Seminaristen aus Wolfenbüttel behandelt; aufserhalb- seiner Anstalt wurde
seine Hilfe für 2 Secundaner, ebenfalls von humanistischen Gymnasien, in Anspruch
genommen. Es handelt sich also um 6 innerhalb IV« Jahren bei Gymnasiasten
eobachtete Irrsinnsfölle. Diese Zahl erscheint allerdings auf den ersten Blick
auffällig und könnte zu Vermuthungen eines causalen Zusammenhanges dieser Er-
krankungen mit gewissen durch die Schule bedingten Schädigungen wohl Ver-
anlassunjB^ geben. Nichtsdestoweniger läfst eine genauere Analyse der berichteten
Krankheitsfälle diese Vermuthung als durchaus hinfällig erscheinen. In drei dieser
Fälle nämlich bestand eine zum Teil sehr ausgesprochene Anlage zu Geisteskrank-
heiten (Fall 1, 2, 4), die unzweifelhaft als das wesentlichste ursächliche Moment
zu betrachten war ; in einem Falle (7) ist Onanie anzuschuldigen, und die Notizen
über einen andern (3) deuten auf einen von jeher bestehenden eigentümlichen
Charakter. Aber selbst nur als äufseres veranlassendes Moment zum Aus-
bruche einer Geistesstörung ist Ueberanstrengung in keinem einzigen Falle von
Dr. Hasse nachgewiesen, ja nur wahrscheinlich gemacht; es wird in der That
nichts dafür beigebracht, als alleinige allgemeine Behauptungen.
*) tJük dl« IrrenanitAlt lu Heppenheim wurden teit 1866 unter etwae aber 2000 Aufnahmea
48 Jugendliohe mAnnliohe Kranke unter 20 Jahren aufgenommen und unter dieeen 48 befanden eich
5 ÖTumaiiatten. Dieee 6 waren aber absolut nicht in Folge der Ueberbtlrdung In der Schule krank
geworden; die Ursachen waren andere und sudem lag in allen F&llen eine in hohem Grade auige>
«pfoeheae heriditAre Diepotition su Oeiiteekrankheiten Tor.*< Verhandlungen der Commieiion sur
PrOfnng der Vrage der Ueberbttrdung der Sehttler höherer Lehraaetalten des Ororihenogtuma.
Darautadt. 1883. ProtokoU L 8. 39.
297
Ans den vontehenden AiMfokmiigen geht hervor, dafs auf Grund des bis
jetst Torliegenden Materials weder als erwiesen nobh als wahrscheinlich anzusehen
ist, dafs Ueberbürdung durch die Ansprüche der Schule mit ausreichender Sicher-
heit als die alleinige oder die wesentliche Ursache für Gbistesstömngen der Sdifiler
SU betrachten oder dafs in der Häufigkeit solcher Fälle neuerdings eine Zunahme
zu bemerken ist.
Als Unterlagen zu weiteren Untersuchungen auf diesem Gebiete werden
vielleicht die Zählkarten aus den offentL und Privat-Irrenanstalten dienen können.
4. Die Kurzsichtigkeit d er Schüler.
Wir würden die Frage von der zunehmenden Kurzsichtigkeit unter den
Schülern der höh. Lehranstalten hier gar nicht berühren^' da sie mit der Frage
von der Ueberbürdung in einem ungemein losen Zusammenhange steht, wenn
Ew. Exe. uns nicht einige dieselbe betreöenden Materialien zur Berichterstattung
zugewiesen hätten.
Was die Thatsache der relativen und mit den Klassen im Allgemeinen zu-
nehmenden Kurzsichtigkeit der Schüler der höh. Lehranstalten anbetrifiFt, so darf die-
selbe als • sicher betrachtet werden. Als im Jahre 1869 der mitunterzeichnete
Professor Virchow sein, im Junihefte des Centralbl. für die gesamte Unterrichts-
verwaltung in Preufsen unter Nr. 126 abgedrucktes Gutachten über die nach-
teiligen Einflüsse der Schule erstattet und sich darin auf Grund der Breslauer
Erfimmngen in ähnlichem Sinne ausgesprochen hatte, haben von den durch Ew.
Exe. Herrn Amtsvorgänger zum Bericht aufgeforderten Prov. Schnlcollegien sich
einige dagegen erklärt, dafs auf die höh. Schulen ihres Bezirkes jene Erfahrungen
anwendbar seien. Eine genauere Prüfung eigiebt jedoch, dafs auch für diese
Bezirke keine vollgiltigen Ausnahmen bestehen. In Kürze stellt sich Folgendes
heraus:
1. In der Provinz Preufsen waren damals wirkliche Untersuchungen nur
durch Lehrer der betr. Anstalten gemacht worden und diese hatten versäiiedene
Zahlen geliefert. Im FriedrichscoUegium zu Königsberg und im Gymnasium zu
Tilsit stimmten die Zahlen mit den Breslauem, dagegen liefs sich keine Ueber-
Einstimmung, wenigstens keine Scala der fortschreitenden KurzsicHtigkeit gewinnen
in dem altstädtischen Gymnasium und den beiden Bealschulen zu Königsberg.
Seitdem sind im Jahre 1875 durch Dr. Conrad 3036 Augen von Schulkindern
technisch geprüft worden, und es hat sich dabei nicht blofs herausgestellt, dafs
in den 3 Königsberger Gymnasien unter 1518 Schülern 22 Procent durch den
Augenspiegel, 32 Procent durch Leseproben als myopisch nachgewiesen wurden,
aondem auch, dafs ein progressives Anwachsen in den Klassen von 4 bezw. 11 bis
zn 52 bezw. 62 Procent stattfand.
2. In Westfalen hatte eine umfassende Untersuchung durch die Lehrer, nur
in Minden eine ärztliche Untersuchung stattgefunden. Ueber die bei letzterer an-
gewandte Methode ist nichts mitgeteilt ; das Ergebnis war ein sehr günstiges, indem
nur 4 Procent Kurzsichtige gefunden wurden, wobei überdies angegeben wird, dafs
nur in 2 Fällen die Kurzsichtigkeit während der Schulzeit entstanden seL Dagegen
hatte die Erhebung der Lehrer in 14 anderen G^ymnasien unter 2887 Schülern
422 = 14,5 Procent Myopen ergeben, fireilich mit grofsen Schwankungen, indem
z. B. in Herford nur 4, in Bielefeld 18, in Becklinghausen 19, in Gütersloh
22 Procent .gezählt wurden. Auch die Zunahme nach den Klassen erschien in-
constant, z. B. waren in Hamm in VI und V 3 Procent, in IV 4 Procent, in III
27, in II dagegen nur 5, in I wiederum über 33 Procent. Leider ist nicht gesagt,
ob dieselben Personen die Erhebungen in den verschiedenen Klassen leiteten, ob
also dieselbe Methode überall in Anwendung kam. Immerhin, auch wenn die
Inoonstanz richtig sein sollte, was ohne Weiteres schwer zugegeben werden könnte,
so erhellt doch selbst aus den mitgeteilten Zahlen, dafs kein Grund vorlag, ein
allgemein ablehnendes Urteil auszusprechen. Ob seitdem in Westfalen eine wirk-
liche augenärztliche Untersuchung irgend einer höheren Schule angeordnet worden
ist, vermögen wir nicht anzugeben.
3. Das Prov. Seh. Coli, für Hessen-Nassau hat überhaupt keine eingehendere
Untersuchung veranlafst. Wir können dafür auf augenärztliche Erhebungen Bezug
nehmen, welche 1873 durch Dr. Krüger in Frankfurt a. M. und durch Dr. H. von
298
Hofimann in Wiesbaden angestellt wurden. Damaoh betrag die Zahl der Hyopischen
im Frankfurter G^ymnasium 34 Prooent; das Anwachsen nach den Klassen, obwohl
nicht ganz re^elmafsig, geschah doch im progressiven Sinne: 4, 20, 40, 17, 35, 55,
54, 64. In Wiesbaden erreichte die Zahl der myopischen Gymnasiasten sogar
38 Procent, während in den niederen Schulen und der höh. Töchterschule nur
20 Procent gefunden wurden; das Anwachsen in den Klassen des Gymnasiums
war bis auf eine geringe Abnahme in der Prima ganz constant: 19, 24, 25, 32,
50, 58, 48. Wir können in Bezug auf Frankfurt noch eine interessante Angabe
des Augenarztes Dr. Steffan (Zeitschr. des Vereins deutscher Zeichenlehrer. 1883.
Nr. 17, S. 243) hinzufügen, wonach er im Jahre 1882 in seiner Privatklinik, wo
hauptsächlich ein Publikum verkehrt, das seine Bildung in der höh. Lehranstalt
sucht oder gesucht hat, 22,4 Procent, dagegen in seiner ArmenkUnik nur 13,6 Procent,
Kurzsichtige zählte.
Wenn sonach nicht bezweifelt werden kann, dafs auch in Bezirken derjenigen
Prov. SchulcoUegien, welche sich 1870 und 1871 ablehnend oder wenigstens sehr
zurückhaltend aussprachen, die Myopie in bemerkenswerther Häufigkeit besteht,
so mufs ja zugestanden werden, dafs der Beweis ihrer Allgemeinheit noch nicht
geliefert ist. Die Mehrzahl der bis jetzt vorliegenden Erhebungen sind, aus der
Initiative und der freiwilligen Thätigkeit von Augenärzten hervorgegangen ; eigent-
lich amtliche Untersuchungen haben nur gani vereinzelt stattgefunden, obwohl es
sich um eine so wichtige Frage handelt, dafs eine allgemeine Anordnung in höchstem
Mafse dringlich erschemt. Indefs wird eine Erfahrung doch als sehr bedeutungs-
voll anerkannt werden müssen, die nämlich, dafs noch nixvends eine augenärztliche
Untersuchung der Schüler einer höh. Lehranstalt stattgefunden hat, ohne dafs ein
hohes Procentverhältnis von Myopischen gefunden wäre.
Wir möchten in dieser Beziehung insbes. auf die Ergebnisse der Unter-
suchungen in den Kadettenanstalten hinweisen. Die ersten wurden durch Dr. Seggel
(Bayr. Aerztl. Intelligenzblatt 1878 S. 33) bei dem, einem Realgymnasium analog
eingerichteten Bayrischen Kadettencorps veranstaltet. Sie ergaben 31 Procent
Kurzsichtige, und zwar in folgendem Anwachse- Verhältnis :
Beginn
Ende
Klasse
Lebensalter
des
Schuljahres
Zunahme
I
13
22,4 Procent
27,6 Procent
5,2 Prooent
(antente)
II
14'/*
31,7 „
32,9 „
1,2 „
m
15V4
29,6 „
33,8 „
4,2 „
IV
16V«
38,2 f,
42,6 „
4,4 „
V
17V«
31,4 „
32,9 „
1,5 „
VI
18V.
35,7 „
35,7 „
0 „
(oberato)
Die Gesamtznnahme der Myopischen betrug darnach 13 Procent, während sie frei-
lich in Gymnasien 28 Procent erreicht Die Zahl der Myopen in I betrug 22,4,
in VI 35,7 Prooent.
Von besonderer Wichtigkeit sind einige weitere Erhebungen desselben
Arztes. Er fand unter 284 Einjährig-Freiwilligen und Offizier- Aspiranten
von 16 bis 26 Jahren ... 58 Prooent Myopen,
unter Realschülern .... 51 „ „
„ Gymnasiasten .... 65 „ „
Von 1600 in München untersuchten Soldaten waren myopisch
Landleute (aus Dorfschulen) 2 Procent
fTagelöhner in Städten (aus Stadtschulen) . . . 4—9
(Handwerker in Städten, Schreiber, Kaufleute etc. 44
Berechtigte zum einjährigen Dienste 58
Abiturienten humanistischer Gymnasien .... 65
»»
M
299
Nach einer uns hoohgeneigteat übermittelten Tabelle, welche der Herr Kriegs-
minister über die Kurzsiohtigkeits-Freqaenz im K. Kadettencorps Hir den Zeitraum
vom November 1878 bis November 1882 hat aufstellen lassen, wurden im Gesamt-
mittel unter 10400 Kadetten 25,2 Procent Kurzsichtige gefunden. Die Klassen»
zahlen von Sexta bis Selecta waren, in Procenten ausgedrückt: 12,3, 16,5, 20,4,
25,7, 32,7, 31,6, 31,7, also ziemlich constant anwachsend bis zur Prima (des alten
Lehrplaiies), wo, wie auch an anderen Anstalten, eine kleine Abnahme constatirt
wurde. Indefs war auch diese Abnahme nicht constant, denn im November 1882
wurden gerade in der Prima 37,2, in der Selecta 37,1 Procent Kurzsichtige ge-
zahlt Somit nehmen auch die Kadettenanstalten, trotz ihrer in vielen Bodehungen
günstigeren Verhältnisse, keine Ausnahmesiellunff ein.
So zahlreich die bis jetzt ausgeführten Untersuchungen gewesen sind, so
kann man doch nicht leugnen, dafs sie ein vollständig abschliefsendes Resultat
nicht ergeben haben.
Der Oymnasial-Direotor Dr. Fulda in Sangerhausen hat in einer sehr fleifsigeD
Abhandlung „Zur Frage der Schul-Kurzsichtigkeit" nicht ohne Grund eine Anzahl
von Bedenken zusammengestellt, welche sich zum Teil auf die mangelhafte Con-
cordanz der erzielten Resultate, zum Teil auf die sehr einseitige Untersuchung
gerade der Schüler der höh. Lehranstalten beziehen. Mit Recht verlangt er eine
weitere Fortführung der Untersuchungen unter Leitung der Staatsbehörden und
unter Berücksichtigung aller der verschiedenen Gesichtspunkte, welche sich ans
der komplicirten Natur des Problems ergeben. Auch ermhrene Augenärzte, wie
Professor Becker in Heidelberg, haben sich durch die bisherigen Untersuchungen
in Bezug auf die Ursachen der zunehmenden Kurzsichtigkeit nicht Überzeugt erklärt.
Es kommt 'hinzu, dafs die eine Zeit lang ziemlich allgemein angenommene
Meinung, als sei die Sohulkurzsichtigkeit ein spedfisch deutsches Leiden, durch
die Erfärungen in anderen Ländern sehr erschüttert worden ist. Man hat viel-
fach geglaubt aus der Häufigkeit des Tragens von Brillen mit Sicherheit auf die
Häufigkeit der Kurzsichtigkeit schliefsen zu dürfen, aber man hat übersehen, dafs
das Brillentragen gleichfidls der Mode unterworfen ist. In Ländern, wo diese
Mode nicht existirt, lehrt die directe Untersuchung, dafs es an Kurzsichtigen nicht
fehlt. In Frankreich, England, Nordamerika sind ähnliche, zum Teil sogar gleiche
Zahlen ermittelt worden, wie bei uns. Das Uebel ist also viel weiter verbreitet,
als die Gewohnheit Brillen zu tragen.
Am wenigsten ist bis jetzt geschehen, um ähnliche Beobachtungen, wie sie
an höh. Lehranstalten gemaäit worden sind, auch unter den parallelen Alters-
klassen der übrigen Bevölkerung anzustellen. Obwohl schon in dem erwähnten
Ghitachten des Professor Virchow die Nothwendigkeit derartiger Erhebungen be-
sonders betont worden war, so ist doch, mit Ausnahme einzelner privater Leistungen,
nichts davon bekannt geworden, dafs irgendwo amtliche Untersuchungen in grofserem
Stile stattgefunden hätten. Nicht einmal die bei der Rekrutirung gemachten Er-
fahrungen, welche doch allein schon eine sehr grofse Zahl betragen müssen, sind
verwerthet worden. Wenn auch nicht überall so grofse Gegensätze ffefunden
werden sollten, wie sie z. B. Treichler von der Schweiz angieb^ wo die Zahl der
Myopen im Kanton Wallis nur 4 per Mille der Rekruten betragen haben soll,
während in Basel Stadt 138 per Mille gezählt wurden, so dürfte es sich doch sehr
empfehlen, gerade mit den Rekrutirungslisten anzufangen.
Immerhin giebt es eine Reihe von Einzeluntersuchungen, welche auch andere
Kreise, als die der höh. Lehranstalten in Betracht gezogen hab«n. Wir dürfen an dieser
Stelle uns des Eingehens auf alle diese Einzelverhältnisse enthalten und uns darauf
beschränken, zu sagen, dafs, so lückenhaft auch das vorliegende Material ist, an
der Thatsache doch nicht m zweifeln ist, dafs die Zahl der myopischen
Schüler der höh. Lehranstalten gröfser ist und schneller anwächst,
als in den parallelen Altersklassen derselben Bevölkerung. Wie
viel dazu die Schule im engeren Sinne beiträgt, wie viel auch aufserhalb der Schule
gesündigt wird, das läfst sich bisher nicht genau ermitteln. Die vorlieffeuden Er*
iahmngen bestätigen aber zugleich, vras zu vermuthen war, dals das Procentver-
hSltnii sowohl in den Schulen, als in der übrigen Bevölkerung kein oonstantea
ist, dafs es nicht blofs in den einzelnen Jahren, sondern auch in den einzelne»
Anstalten, ja sogar in den einzelnen Klassen variirt. Aber diese Variation ist
300
nicht 80 grob, dafs sie die allgemeine Erfahrang von der zonehmenden Myopie
unter den Schülern der höh. Lehranstalten aufhebt. Freilich hat gerade an diesem
Punkte die Opposition, namentlich der Lehrer, eingesetzt. Man hat bdiauptet,
dafs auch unter gleichbleibenden Verhältnissen eine starke Variation nachweisbar
sei. Es mSsse also andere Ursachen der Myopie geben, und unter diesen ist
namentlich, auch unter Zustimmung vieler Augenärzte, die Erblichkeit hervorge-
hoben worden. So sehr wir anerkennen, dafs gerade bei der Myopie die YrSge
der Vererbung eine sehr berechtigte ist, so müssen wir doch aussagen, dafs auch
in dieser Beziehung sehr wenig entscheidende Beweise vorliegen. Die besten
Untersuchungen der Augenärzte machen es wahrscheinlich, dafs wenig mehr als
«in Viertel der Myopen in den höh. Lehranstalten aus erblichen Verhältnissen
ihr Leiden herzuleiten haben. Die blofse Thatsache, dafs die Kinder myopischer
Eltern wieder myopisch sind, genügt keineswegs, um darzuthun, dafs die Myopie
vererbt sei. Abgesehen davon, dafs häufig genug ähnliche oder gleiche Ursachen
auf die Kinder einwirken, wie sie auf die Eltern eingewirkt hatten, und dafs in
Folge dessen bei beiden dieselben Uebel oder Krankheiten entstehen, so vererbt
sich nicht minder häufig die Anlage (Prädisposition). Besteht aber eine
krankhafte Anlage, so kann sich durch später einwirkende Ursachen, welche keines-
wegs immer dieselben sein müssen, die gleiche Störung ausbilden. Gerade bei
der Myopie ist es höchst wahrscheinlich, dafs sich weit mehr die Anlage als das
wirkliche Uebel vererbt und dafs von den prädisponirten Kindern bald ein kleinerer,
bald ein gröfserer Bruchteil frei bleibt, je nachdem die äufseren Bedingrungen
«ingünsti|fo oder günstige sind.
Die Myopie beruht auf einer veränderten Form des Augapfels, insbesondere
auf einer abnormen Verlängerung und Verschmälerung desselben. Dafs eine solche
anatomische Anomalie allen den sogenannten erblichen Myopieen zu Grunde liegt,
eo dafs ein abnorm verlängerter Augapfel schon bei der Geburt vorhanden ist,
hat bis jetzt noch Niemand nachgewiesen. Im Gegenteil, alle Untersuchungen
bei Kindern bald nach der Geburt haben gelehrt, dafs unter ihnen ein sehr geringer
Bruchteil von Myopen aufzufinden ist. Wir können daher nicht zugestehen, &£b
der Hinweis auf die Erblichkeit genüge, um die Annahme für unbegründet zu er-
klären, dafs der Besuch der höh. Lehranstalten bei ihren Schülern das Uebel
herbeiführe und steigere. Die erbliche Disposition mag das Variiren in der Frequenz
der Myopie zu einem gewissen Teile erklären, aber sie darf nicht einfach in eine
Erblichkeit der Myopie selbst übersetzt werden.
Der Mechanismus, durch welchen die Verlängerung der Augenaxe herbei-
^führt wird, ist bis jetzt im Einzelnen nicht so genau festgestellt worden, dafs
eine allgemein giltige Formel dafür hätte angegeben werden können. Darüber
jedoch kann kein Zweifel bestehen, dafs die Veränderung in der Form des Aug-
apfels eine Folge von Muskelwirkung ist. Auch ist es sehr wahrscheinlich, dafs
dabei einerseits der Accommodatiousmuskel im Innern des Auges, andererseits die
äufseren Augenmuskeln wirken. Je länger und je stärker die Bedingungen an-
dauern, welche das Auge in eine gewisse Zwangslage bei der Betrachtung naher
Gegenstände bringen, um so sicherer wird sich die zur Myopie führende Gonfiguration
des Auges einstellen, falls überhaupt eine Disposition, auch wenn es keine erbliche
ist, besteht. Die Kleinheit der zu betrachtenden Gegenstände, die Kothwendigkeit
einer prolongirten Fixirung schwer zu erkennender Linien oder Formen, die
mangelnafte Beleuchtung und zi^reiche andere Verhältnisse können die Gelegen-
heitsnrsachen abgeben.
Eine Anwendung dieser Sätze auf alle Einzelheiten der Schule würde uns
an dieser Stelle weiter führen, als die uns gestellte Aufgabe erheischt. Dio Ueber-
bürdung mit Arbeiten kann in einer doppelten Richtung das Entstehen von Myopie
begünstigen. In Folge von Ueberanstrengung, namentlich von häufig wiederholter
Ueberanstrengung kann der Accommodatiousmuskel krampfhaft gereizt oder ge-
schieht wenlen; in Folge von prolongirter und forcirter Thätigkeit der äufseren
Muskeln kann der Druck auf den Augapfel in gewissen Richtungen übermäfsijg
verstärkt und seine Gestalt nach und nach geändert werden. Indds möchten wir
sofort eine Beschränkung dieses Satzes hinzufügen. Manche Gewerbe, z. B. das
Uhrmacher-Gewerbe, erfordern ein anhaltendes und angestrengtes f^ziren sehr
Jcleiner und sehr naher Gegenstände, und doch hat die Statistik ergeben, dafs die
301
Zahl der liyopen unter den UhmMehem keineswegs eine hohe iat, Offenber kommt
es weeentlieh derauf an, in welcher Zeit dea Lebens snerst dem Aage so grofse
Anstrengungen zugemnthet werden nnd es ist keineswegs ffleichgiltig, ob etwa sehr
junge, noch nicht ansgewaofasene Augen mit schwacher Muskulatur betroffen werden»
oder Auffen, welche sich völlig entwickelt und oonsolidirt und deren Muskeln sich
genügend gekitlftigt haben. Von allen Seiten ertönen jetzt die Klagen der Augen-^
inte üb« die Kindergärten und die BeschäfUgfung der Kinder in denselben mit
Stickereien und anderen Beschüftigungent welche eine ll&ngere Fizirung sehr naher
und durch ihre Form, z. B. die Netsformi schwerer zu untenoheidender Sfegenstinde
herbeiführen. Das Gleiche gilt von dem Lesen in den Schulen, zumal bei der
Anwendung verschiedener Alphabete und ganz besonders der deutschen Lettern,
▼on dem abreiben, von gewissen Arten des Zeichnens und des Bechneus auf be-
sonders linürtem oder gegittertem Papier. Werden alle diese Arten der Be-
schäftigung gleichzeitig oder kurz hintereinander bei zu zarten Sondern in An-
wendung gebracht, so liegt die Gefahr nahe, dafs alle mit erblicher Disposition
oder anderswie erworbener Schwäche behaftete Kinder in ihren Augen geschädigt
werden.
Unserer Meinung nach folgen daraus gewisse Cautelen in Bezug auf das
Lebensalter, in welchem die Schule die Kinder heranziehen soll, und in Bezug auf
die Art der Beschäftigung in den unteren Schulklassen. Wir werden später auf
diesen Punkt zurückkommen. Hier handelt es sich nicht nothwendig um lieber-
bürdung in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes, obwohl die letztere gewiTs nicht
immer vermieden wird. Wir erinnern in dieser Beziehung namentlich an die
Strafarbeiten im Schreiben und Rechnen, von denen auch in der neuesten Litteratur
die erschreckendsten Beispiele mitgeteilt werden. Jedenfalls sind wir der Ueber-
Zeugung, dafs selbst eine wirkliche Ueberbürdung in späterer Zeit ohne erheblichen
Schaden für die Augen ertragen werden kann, wenn diese Organe bis dahin in
ihrem Normalzustände erhalten geblieben sind.
Es bedarf keiner neuen Ausfuhrung, dafs die Beleuchtung genügend hell
und doch nicht zu grell sein mufs, um dem Auge die Wahrnehmung feinerer Ver-
haltnisse ohne Anstrengung zu ermöglichen. Wir sind jedoch genöthigt, hier noch
einen Punkt zu erörtern, dessen Begutachtung Ew. Exe. uns zugewiesen hat Unter
den Normativ-Bestimmungen, welche der Herr Kriegsminister für die Kadetten-
Anstalten und andere verwandte Schul- und Erziehungs-Institnte erlassen hat, um
^ Kurzsichtigkeit unter den Zöglingen derselben zu verhüten, findet sich eine
g. B. 1), weiche das Gaslicht in den Schul- und Arbeitsstuben ausschliefst Diese
Stimmung steht im Widerspruche mit dem, was wir in unserem Ghitachten vom
27. Jum 1877 (GBl. 1877 p. 332ff.) in Betreff der Beleuchtung in der Landesschule PforU
ausgeführt hatten. Unseres Wissens sind seit dieser Zeit keine mafsgebenden Er-
fahrungen über die Schädlichkeit des Gaslichtes in Schulen veröffentlicht worden;.
eile Klagen beziehen sich auf unffehörige Pladrung und unzweckmäfsige Oon*
struction oder auf ungenügende &h\ der Ghaslampen, zuweilen auch auf das
Brennen ganz freier Gasflammen. Wir glauben daher unser früheres Gutachten,
natürlich mit allen den Cautelen, welche wir angegeben hatten, aufrecht halten zu
dürfen. Weshalb wir uns den Vorschlägen des Strafsburger Gutachtens (Seite 32)
nicht anschliefsen können, geht aus unserem früheren Gutachten hervor. Wir ver-
weisen übrigens auf den Bricht des Dr. Dürr über die Gasbeleuchtung in dem
Schullehrer-Seminare zu Hannover, der sich in dem uns mitgeteilten „Bericht über
die höh. Schulanstalten der Stadt Hannover in Beziehung auf die Gtesundheits-
pflege*' S. 52 befindet, und der sich durchaus anerkennend über die Gasbeleuch-
tung änfsert
In Betreff des Gebrauches gegitterter Tafeln und Hefte, sowie die An-
wendung der Stuhlmann schal Zeichenmethode, worüber Ew. Exe. unsere Aeufsemng
verlangt, können wir uns den von den verschiedensten Seiten g^ufserten Bedenken
nur anschliefsen. Der gegen diese Art von Lehrmitteln und Schulgeräthen ge-
richtete Erlafs des K. Bayerischen Staatsministeriums vom 22. Juli er. erscheint
uns durchaus zweckentsprochend.
Wir glauben damit cUesen Abschnitt verlassen zu dürfen. Eine Besprechung-
aller derjenigen Momente, welche bei der Erörterung^ der Ursachen der Kurz-
sichtigkeit in Betracht kommen können, würde uns nöthigen, über den Bau der
302
Soholzimmer, die Einriohtang der Sabsellien and die Plaeirang der Schüler, die
Beiohaffenheit der Lehrmittel, nsmentlich der Lehrbücher, kurz über die Mehrzahl
4er in der Ordnung der Schulen zu berücksichtigenden Verhaltnisse zu sprechen.
Hat man erst allseitig erkannt, dafs, wie es in dem. uns mitgeteilten Beferate des
Dr. Adolf Weber über die Augen-Untersudiungen in den höh. Schulen zu Dann-
stadt S. 11 heifst, „in dem Unterrichte, die ersten und meisten Bedingungen für
Ansbilduuf^ und Ausbreitang der Kurzsichtigkeit liegen**, so wird man sich auch
der Verpflichtung nicht entziehen können, den einzelnen Momenten nachzugehen,
welche die Schüler zwingen oder wenigstens verleiten, zu nahe QegenstSnde an«
haltend zu fixiren.
5. Gongestionen zum Kopf, Kopfweh, Nasenbluten.
Unter den uns mitgeteilten Berichten der Prov. SchulcoUegien über das (shit-
achten des Prof. Virchow befinden sich wenige, welche die einzelnen, darin ange-
S ebenen Uebel zum G^egenstande weiterer Prüfung gemacht haben. Wir heSdn
araus nur den Bericht über die westfälischen Schulanstalten hervor. In dem-
selben wird mitgeteilt, dafs in Arnsberg 10 Procent der Schüler an Kopfweh,
3 Procent an Nasenbluten, in Coesfeld etwa 15 Procent der Schüler in I und II
an Kopfweh, 6 Schüler in I, 11 und III an Nasenbluten litten. In (Gütersloh und
Münster betrug die Zahl der an beiden ZufSUen leidenden Schüler ungefähr
19 Procent, in Rheine 5, in Hagen 9, in Lippstadt 14 Procent (und zwar an l^opf-
weh und Nasenbluten 2, an Kopfweh allein 8, an Nasenbluten 4 Procent).
So wenig entscheidend diese Zahlen an sich sind, so lafst sich doch nicht
bezweifeln, dafs unter Mitwirkung von Aerzten gerade aus solchen Zufällen nicht
unwichtige Schlufsfolgerungen auf die Bedeutung des Unterr. für das Befinden der
Schüler abgeleitet werden könnten. Gewifs sind nicht alle derartigen Fälle der
Schule zuzuschreiben, aber ebensowenig darf man ohne Prüfung aer Einzelfälle
darüber als über etwas Oleichgiltiges hinweggehen. Jeder Arzt, der die Gelegen-
heit wahrnimmt, in den seiner Sorge anvertrauten Familien die Schulkinder zu
beobachten, hat nur zu oft Gelegenheit, die Folgen der Ueberanstrengung in
oongestiven Zuständen des Kopfes zu erkennen.
6. Allgemeine Schwächezustände.
Wir berühren schliefslich ein Gebiet, welches einer statistischen Behandlung
bis jetzt weder unterzogen worden ist, noch besonders zugänglich erscheint, welches
aber trotzdem gerade l^i einer Untersuchung der UeberotMungsfrage nicht über-
gangen werden darf. Die einfache Beobachtung lehrt, dafs au eine grofse Zahl
von Schülern, namentlich der jüngeren Altersklassen, die Schule einen deutlich
erkennbaren schwächenden Einfluls ausübt. Die Kinder verlieren ihr frisches
Aussehen, sie werden blaCs, verlieren den Appetit, fühlen sich angegriffSen, müde,
haben eine schlaffe Haltung, werden teilnahmlos, verlieren die Aufmerksamkeit^
ihr Gedächtnis wird unsicher, ihre (bedanken verwirren sich. Die Zeit der Ferien,
zumal bei ländlichem Aufenthalte, bringt sie wieder empor, die Böthe kehrt wieder
in ihr Gesicht, die Lebhaftigkeit in ihre Bewegungen zurück, ihre geistige Thätig-
keit belebt sich, — aber einige Wochen der erneuten Schulbeschäftigung ver-
wischen schon wieder die günstigen Wirkunffcn der Ferien und nach einigen Monaten
ist das Bedürfnis längerer Erholung in vollstem Mafte vorhanden,
Die Stärke dieser Störungen ist individuell aufserordentlich verschieden, und
auch die Bedeutung derselben wechselt nach den besonderen Anlagen der Kinder.
Bei manchen ist es vorzugsweise das Central-Nervensystem, welches getroffen
wird; bei anderen sind es die Verdauungsorgane, bei andiBren wieder ist es die
Muskulatur, und zwar nicht nur die der Extremisten, sondern auch die der Athem-
organe. Namentlich im Nervensysteme tragen die bemerkbaren Verimderungen
bsid den Charakter der Ermüdung oder Erschlaffung, bald den der Reizung in
allen Gb^den bis zu wirklich krampfhalten ZuföUen. Zuweilen wird es in Fol^
davon nöthig, die Kinder ganz aus der Schule, wenigstens für eine gewisse Zeit»
herauszunehmen. Jedenfalls dauert es bei impressionabeln Kindern lange, ehe sie
bei zunehmendem Alter sich an Anstrengungen gewöhnen. Manche behalten von
dieser Zeit an dauernde Schwächezustande.
n
303
Es ist nicht unsere Jieinunff, dafs diese Zustände, deren genauere Aas«
malong wir unterlassen, da sie auch umsichtigen Schulmännern genügend bekannt
sind, einfach der üeb^bürdungr zuzuschreiben sind. Nicht wenig trägt dazu die
Luft der Schule bei. Auch vencennen wir nicht, dafs in vielen Fällen das Haus,
dafs namentlich nicht selten Pensionate mindestens eben so sehr anzuklagen sind.
Ja, wir tragen keinen Anstand, es auszusprechen, dafs bei prädisponirten Kindern
ein gewisses Mafs von körperlicher und geistiger Schwäche, insbesondere in der
firuheren Schulperiode, unvermeidlich ist. Aber gerade daraus folgern wir die
Verpflichtung, dafs die Lehrer in höherem Mafse individuali-
airen müssen, als es anerkanntermafsen in der Regel geschieht.
Sie müssen die Kräfte ihrer Schüler nicht nach gleichem Kiose messen. Sie
müssen ein offenes Auge für das Wohlbefinden der einzelnen Schüler gewinnen.
Sie müssen das Becht und die Pflicht haben, sowohl das Mafs der Belastung, als
auch das Mafs der Erholung innerhalb gewisser G-renzen nach ihrem gewissen«
haften Ermessen zu regeln und zu ändern, denn es giebt kein constantes
Mafs, wonach die Grenze zwischen Ueberbürdung und zulässiger
Belastung bestimmt werden kann. Was in gewissen Fällen oder 2ieiten
znlässige Belastung ist, wird in anderen Ueberbürdung. Die Zeichen, dafs letztere
eingetreten ist, ergeben sich erst nachträglich aus der Beobachtung.
Ob eine solche Beobachtung^ sich durch die eigenen Organe der Schule in
genügender Weise und ohne ärztliche Hitwirkung ausHihren läist, das ist fireilich
eine sehr zweifelhafte Sache. Wenn man weifs, wie schwer es hält, die active
und bewniste Thätigkeit der Lehrer selbst für die Begulirung mechanischer Eiii-
riohtnngen, sogar solcher, von denen der Lehrer ebensowohl, als der Schüler be-
troffen wird, z. B. für Ventilation und Heizung, mit Erfolg in Anspruch zu
n^unen, dann wird man keine grofse Hoffnung darauf setzen, dafs es überall ge-
lingen wird, die schon durch den Unterricht aU solchen angespannte Aufmerksam-
keit der Lehrer auch noch für die Observirung der körperlichen Zustände der
Schüler in Bewegung zu setzen. Wir folgern also, dafs selbst für die Sammlung
eines genügend sicheren Beobachtungsmaterials über die Wirkung der einzelnen
belastenden Momente die Mitwirkung von tüchtigen und zuverlässigen Aerzten
nicht wird entbehrt werden können.
Aufser den in Vorstehendem erörterten Erscheinungen giebt es noch eine
gewisse Zahl anderer Uebel, welche seiner Zeit in dem Gutachten des Prof.
Yirchow besprochen worden sind. Wir dürften jedoch hier auf weitere Erörte-
nmgen dieser sog. Schulübel verzichten, da sie die uns diesmal gesteckte Aufgabe,
wenigstens in der Meinung der Zeitgenossen weniger direct betreffen.
Wir wenden uns vielmehr jetzt zu einer Betrachtung deijenigen Verhält-
nisse der Schule, welche als ursächliche Momente der Ueberbürdung
angesehen werden können.
IV, CHitaohtliohe Aeoaaerang über die einaelnen ursächlichen Momente
einer Ueberbürdung.
Begrenzung des Standpunktes.
Wenn es sich darum handelt, die Ursachen von Ueberbürdung der Schüler
in den höh. Lehranstalten aufzusuchen, so ist es selbstverständlich, dafs nur ein
Teil dieser Ursachen der technisch-medicinischen Begutachtung untersteht. Frei-
lich hat ein beschäftigter practisoher Arzt vielfach Gelegenheit, auch wenn er
nicht Vater ist, über die Wirkung aller ungünstigen Momenle Erfahrungen zu
sammeln, und er wird vermöge seiner physiologischen Kenntnisse vielleicht, zu-
weilen sogar mehr befähigt sein, ein volles Verständnis des einzelnen Falles zu
fewinnen, als der Lehrer. Nichtsdestoweniger wird diese, wesentlich auf eine
leinere Zahl von Einzelbeobachtungen gegründete Erfahrang nicht einfach gleich-
gestellt werden können der auf Massenl^obachtung beruhenden Erfahrung der
Pädagogen. So, um ein Beispiel anzufuluren, liegt uns in dem durch Ew. Exe.
überwiesenen Materiale eine Denkschrift des ärztlichen Vereines zu Bochum aus
dem August d. J. über die Schulüberbürdungsfrag^ vor, welche nach unserer
Meiniin|f, so bemerkenswerthe Gesichtspunkte sie auch enthält, doch in grofsen
Abschnitten das teohnisch-medicinisohe Gebiet verläfst. Wie nahe die Versuchung
ao4
4ftsa liegt, empfinden wir selbst sehr lebhaft. Wir müssen hier noohmaU generell
auf das hinweisen, was wir oben bereits bei speciellen Punkten wiederholt ange-
deutet haben« Selbst diejenigen Seiten der Frage, welche an sieh dem technisoh-
medicinischen Urteile unterliegen könnten, sind bisher nicht so genau durch-
Searbeitet, dafs die Antwort im Sinne der strengeren, naturwissenschaftlichen
[ethode der neueren Medidn gefunden werden konnte, und das, was wir zu sagen
haben, mag daher zuweilen auch schon als willkürlich und technisdi unbeffründet
erscheinen. £ine exacte Antwort wird erst erteilt werden können,
wenn es möglich werden sollte, in den Schulen eine zuverlässige
ärztliche Controle der pädogogisohen in geeigneter Weise hinzu*
zugesellen. Denn es läfst sich nicht bezweifeln, das eine ganze Beihe von
Fragen, welche gegenwärtig wegen mangelhafter Unterlagen der sachverständigen
wissenschaftlichen Beurteilung des Arztes entzogen sind, dieser Beurteilung zugäng-
lich gemacht werden könnten.
1. Die Ueberfüllung der einzelnen Schulklassen.
Zu einer genügenden Beobachtung ebenso wie zu einer richtigen Behand-
lung der einzelnen Schüler ist, wie namentlich aus unseren Ausführungen über die
allgemeinen Schwächezustände hervorgehen dürfte, vor Allem die Beschränkung
der Schülerzahl in den einzelnen Lehrklassen auf ein übersicht-
liches Hafs erforderlich. Die in Freufsen geltenden Bestimmungen, wonach in
den höheren Lehranstalten die Maximalzahl der Schüler in VI und V auf 50, in
IV und HL auf 40, in II und I auf 30 festgesetzt ist, dürfen an sich schon als
weitgehende bezeichnet werden. Indefs ergiebt sich aus den uns vorgelegten
Frequenzlisten für die Jahre 1879 — 1881, dafs an einer grofsen Zahl von Schulen
diese Maximalzahlen, und zwar zum Teil erheblich, überschritten werden. So
hatten im Jahre 1881 zwei und mehr überfüllte Klassen von
251 Gymnasien 140 = 55,73 Procent
38 Progymnasien 6 = 15;78
105 Realschulen I. und II. Ord. . 53 = 50,57
104 höhere Bürgerschulen .• . . 16 = 15,38
Speciell für die Gymnasien ergiebt sich Folgendes: Es hatten 2 und mehr über-
füllte Klassen:
>»
Zahl der überfüllten Klassen
Zahl der Gymna£
den
1881
1879
1880
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
50
38
22
8
8
11
2
1
2
1
48
37
26
10
11
5
5
1
4
40
36
26
11
8
8
4
2
2
3
Im Ganzen • .
143
147
140
Für sämtliche höh. Lehranstalten Preufsens betrug der Procentsatz der mit über*
füllten Klassen versehenen im 3 jährigen Mittel 24,1 Procent.
Die hauptsächliche Ueberfüllung findet sich überdies in den mittleren und
unteren Schulklassen, also gerade in dexgenigen, wo die Schüler der Hilfe des
litHaretn am meisten benöthigt sind, wo ihre UnSelbstständigkeit am gröfsten, ihre
Fähigkeit, Bxeh durch eigene Arbeit weiter zu bringen, am geringsten ist Der
Lehrer, aufser Stande in der Schule selbst allen Einzehien seme Aufimerksamkeit
zuzuwenden, wird ganz von selbst in die Versuchung geführt, durch häiulich&
Arbeiten das nachholen zu lassen, was in der Schule nicht geleistet werden kann»
/
305
Hier fuhrt ein Fehler den andern herbeL Wir können daher nicht dringend ge-
nog empfehlen, dafs hier Abhülfe geschafft werde. Wie es uns scheint, würae
dieselbe wirksam nur dadurch herbeigeführt werden können, wenn, wie das im
Königreiche Sachsen und in Württemberg der Fall ist, schon in den unteren
Klassen die Maximalzahl auf 40 herabgesetzt würde ; jedenfalls aber sollte es eine
der ersten Aufgaben der Unterrichtsverwaltung sein, in den nach Obigem überaus
zahlreich vorhuidenen im Verhältnisse zu den jetzigen Normalzahlen überfüllten
Klassen durch fieschaffung neuer Räume die dringlichsten Gefahren für die Ge-
sundheit der den Anstalten anvertrauten Schüler zu beseitigen.
2. Der Mangel genügender Fürsorge besonders in den
untersten Klassen.
Der ärztliche Verein zu Bochum wünscht noch eine andere Beschränkung.
Nach seiner Meinung sollte die Aufnahme in die Elementarschule erst na<m
vollendetem 7., die in die Sexta eines Gymnasiums erst nach vollendetem 10.
Lebensjahre erfolgen. £r steht mit dieser Meinung keineswegs isolirt da, und
auch wir können nicht umhin zu erklären, dafs recht gevrichtiffe (Gründe dafür
sprechen. Sollte, was wir nicht genügend zu beurteilen im Stanae sind, die vor-
geschlagene Verzögerung der Zmassung zur Sexta erhebliche pädagogische Be-
denken erregen, so müfsten wir doch um so dringlicher die besonders vorsichtige
Handhabung des Vorschulunterrichtes und die Schonung der Kinder in dem
zarten Alter während desselben befürworten. Im 7. Lebensjahre beginnt gewöhn-
lich der Durohbruch der ersten bleibenden Zähne und es formiren sich die Be-
standteile auch derjenigen, welche nach und nach im Laufe der folgenden Jahre
hervortreten. Das Skelet ist auch nach dem 7. Lebensjahre noch längere Zeit
sehr unvollkommen, aber es hat doch mit diesem Jahre in seinen HAuptteilen
eine gewisse Festigkeit gewonnen. Damit steht in einem Parallelismus der Aus-
bildungsgang der Weiohteile. Insbesondere auch das Gehirn und die Augen
werden mit jedem Jahr vorwärts leistungs- und widerstandsfähiger. Alle schwä-
chenden Einwirkungen, welche gerade in der früheren Entwickelungsperiode den
ländlichen Körper treffen, haben daher eine weit mehr nachhaltige Bedeutung:
sie treffen die Organe in der Zeit, wo sie erst ihre spätere Gestalt erlangen
oder gar erst vorbereiten, und sie bedingen daher Störungen, welche den Aufbau
und die Einrichtung der Organe selbst betreffen. Gerade die Zeit bis zum 10.
oder 11. Lebensjahre ist es auch, wo jene Veränderung des Augapfels, welche die
Knrzsiohtigkeit hervorbringt, am häufigsten angelegt oder entwickelt wird. Die
Fürsor^ der Staatsregierung und der Schulbehörden sollte also gerade auf diese
Zeit mit besonderer Sorgfalt sich richten, und alle Vorsichtsmafsregeln sollten für
dieselbe mit besonderer Sorgfalt gewählt und streng überwacht werden.
3. Die Erholungspausen zwischen den Lehrstunden.
Wir wollen gleich hier bemerken, dafs unserer Meinung nach die hygieni-
schen Bestimmungen für die höh. Lehranstalten verschiedenÜich etwas zu sehr
schematisirt worden sind. Nicht in allen Perioden des jugendlichen und kind-
lichen Lebensalters sind dieselben Anforderungen zu stelleb. Wir wollen in
dieser Beziehung nur an die Erholungspausen zwischen den Lehr-
stunden erinnern. Das Gh^fsherzoglich hessische Ministerium des Innern hat
durch Erlafs vom 25. Mai er. ganz generell für alle Klassen der Gymnasien,
Realschulen und höh. Mädchenschulen angeordnet, dafs zwischen den einzelnen
Unterrichtsstunden Pausen von je 15 Minuten eingerichtet werden sollen. Dafs
dies für die höheren Klassen nothwendig sei, scheint uns nicht nachgewiesen,
dsgegen würden wir für die imteren Slassen und für die Vorschulen so ange-
legentlich wie möfflich empfehlen, dieser Vorschrift wenigstens nahe zu kommen.
Denn nicht nur die Andauer der geistigen Anstrengung und der damit verbunde-
nen erzwungenen Ruhe des Körpers werden von so zarten Organismen schwer er-
tragen, sondern auch der schnelle Uebergang von einer Zwangslage des Gheistes
in eine andere, wie sie der jähe Wechsel der ünterrichtsgegenstilnde mit sich
bringt, erfordert eine „Schulung**, wie sie erst ganz allmählich gewonnen wird;
andernfalls greift er die Kräfte des Kindes in h&tester und nacnbaltigster Weise
an. Ein grofser Teil der Klagen wegen Ueberanstrengnng, welche erst in den
W i • ■ e, Yerordnangen. 20
306
höheren Schulklassen herYortreien, würde wahrscheinlich verstummen, wenn die
Schüler in einem Znstande von grofserer geistiger Ahbärtong nnd mit gresunderen
Organen ans den unteren Schulklassen hervorgingen. Wenn man zugleich erwägt,
dafs gerade in der Zeit, wo die Schüler in den untersten Klassen sich befinden,
die Hehrzahl der ansteckenden Krankheiten ihnen übertragen wird, so wird man
sich dem Gedanken nicht verschliefsen können, dafs gerade dieses zarte Alter die
gröfste Schonung auch nach der letztbezeichneten Richtung hin erfordert.
Das elsais-lothringische Gutachten verlangt im Allgemeinen Erholungs-
pausen von 10 Minuten, und nur, wenn sich Morgens 3 oder 4 Lehrstunden
folgen, zwischen der zweiten und dritten 15 Minuten. Wir halten dies für minde-
stens ausreichend, wenn nicht als allgemeine Regel schon zu weit gehend. Denn
es dürfte aus pädagogischen Gründen eine zu weit gehende und zu oft ¥rieder-
kehrende „Erholung* und die damit nothwendig verbundene Zerstreuung doch
auch ihre Bedenken haben. Ueberdies wird, um mit dem elsafs-lothringischen
Gutachten zu reden, die „Sitzstunde*' dadurch erheblich verkürzt.
Wenn jede Sitzstunde rmit Ausnahme der letzten) um 10 Minuten be-
schnitten wird, so ergiebt das rür je 30 Sitzstunden (und das ist ia ungefähr die
regelmässige Wochenzahl) einen Defect von 3—4 Stunden, dazu kommt noch Vt
Stunde (5x6 Minuten) mehr für die längere Erholungspause vor der doch
überall angeordneten dritten Sitzstunde.
An denjenigen Orten, wo der gesamte Unterricht auf den Vormittag gelegt
ist, würde nach der hessischen Verordnung schon an jedem Vormittage bei &-
holungspausen von 15 Minuten und fünfstündigem Unterrichte eine ganze Stunde
ausfallen. Nach den Ghnmdsätzen des elsafs-loUiringischen Gutachtens würde doch
mindestens zwischen der vierten und fünften Stunde noch eine zweite läng^ere
Pause einzuschieben sein, das ergiebt einen Ausfall von 50 (2 x 15 4" "^ X 10)
Minuten täglich«
Nach unserer, freilich nur sohätzungsweisen und daher in gewissem Sinne
willkürlichen Auffassung würde es sich empfehlen, einen Unterschied zwischen
den oberen und mittleren Klassen einerseits und den unteren und Vorschulklassen
andererseits zu machen, und den letzteren ein höheres Mafs von Zwischenpausen
zu gewähren, als den ersteren. Insbesondere in den Städten, wo nur Vormittags-
unterricht eingeführt ist, erscheint uns eine höhere Berücksichtigung der unteren
Klassen dringend wünsohenswerth. Schon in unserem GKitachten vom 18. August
1869 über den Wegfall oder die Beschränkung des Nachmittagsunterrichtes haben
wir uns dahin ausgesprochen, dafs wir in der Zahl von 5 auf einander folgenden
Unterrichtsstunden das Maximalmafs der überhaupt zu stellenden Forderungen
erblicken, welches höchstens von den Schülern der höheren Klassen ohne Nach-
teil ertragen werden könne, und wir haben die Nothwendigkeit, für die Schüler der
niederen Klassen ein anderes MaTs zu wählen in den Vordergrund unserer Be-
trachtungen gestellt Die damals von uns angeregte Beobachtung durch ärztliche
Sachverständige hat, soweit uns bekannt ist, bis jetzt nicht stattgefunden; in dem
uns zugänglich gewordenen Actenmateriale findet sich nur ein Bericht des Lehrer-
Gollegiums am Gymnasium zu Frankfurt a. M. vom 23. Jan. 1874, der sich, wie
es scheint auf Grund von Erfahrungen eines einzigen Schuljahres, durchaus
günstig über die Verlegung des Unten*, auf die Vormittagsstunden ausspricht.
Ein ausreichendes Material für die Beurteilung des gesamten Verhältnisses liegt
also nicht vor. Wir ersehen nur zu unserer grofsen Genugthuung aus den Acten,
dafs die K. Staatsregierung, ganz im Einklänge mit der zurückhaltenden und nur
teilweise empfehlenden Haltung unseres Gutachtens, die Genehmigung zum Weg-
falle des Nachmittagsunterrichtes nur unter besonderen Umständen für grrofse
Städte erteilt hat. Wir möchten aber empfehlen, dafs für den Fall der Genehmi-
rg auch regelmäfsig vorgeschrieben würde, dafs bei einer fünfstündigen Dauer
Unterrichtes in den unteren Klassen mindestens Erholungspausen von im
Ganzen 30—40 Minuten täglich eingelegrt würden. Für die höheren Klassen scheint
uns eine Gesamtdauer der Pausen von 25—30 Minuten ausreichend.
Wo dagegen der Nachmittagsunterricht fortbesteht und der Vormittags-
unterricht sich auf 3—4 Stunden beschränkt, da wird eine weitere Beschränkung
der Pausen gerechtferti^ sein. Für den Nachmittag werden je 5 Minuten aus-
reichen, für den Vormittag rechnen wir je eine längere Pause zu 15 bei vier-
307
«tfindigmii, za 10 Minuten bei dreistündigem Unterrichte, während zwischen die
anderen Sitzstanden nur Pausen von je 5 Minuten einzulegen wären.
Wir müssen jedoch hervorheben, dafs eine derartige Verkürzung der Pausen
nur da zulässig erscheint, wo einigermafsen genügende Y entilations-Einrichtimgen
bestehen.
Sowohl bei der hessischen Verordnung, als auch, wenigstens zu einem ge-
wissen Teile, bei den elsafs-lothringischen Vorschlägen ist die Voraussetzung ge-
macht, dafs die Pausen zugleich zur vollen Aaslüftung der Schulzimmer benutzt
werden sollen. Selbstverständlich ist eine solche Lüftung im Winter nur in sehr
beschränktem Mafse ausführbar, und die von dem elsafs-lothringischen Gutachten
vorgesehene Anordnung, dafs die Schüler nach jeder Unterrichtsstunde auf minde-
stens 6—8 Minuten das Zimmer verlassen sollen, würde an sich keinen positiv
reinigenden Effect haben, auch wenn es möglich sein sollte, selbst bei schlechtem
Wetter sämtliche Schüler gleichzeitig aus den Schulzimmem zu entfernen. Die
Schulverwaltunff wird daher mehr und mehr, wie es erfreulicher Weise ja schon
der Fall ist, duür Sorge tragen müssen, wirksame Ventilations-Einrich-
tungen in den Schulen einzuführen. Bei ffutem Wetter wird es gewifs nützlich
sein, sämtliche Schüler zum Verlassen der ^mmer zu veranlassen, und im Sommer
wird man in der Zwischenzeit auch Fenster und Thüren öffnen können. Wo
aber die Ventilation unzureichend oder g»r schlecht ist, da wird es wohl über-
haupt au%egeben werden müssen, im Winter oder bei schlechtem Wetter den
Versuch zu machen, „die alte verdorbene Zimmerluft durch frische gute Luft zu
ersetzen". In solchen Anstalten hat man nur die Möglichkeit, die Schüler von
Zeit zu Zeit in die äufsere frische Luft zu führen, und da tritt denn auch die
Porderong einer Verlängerung der Pausen in ihr volles Becht.
4. Die Dauer der Schul- und Arbeitszeit.
Die nächste hygienisch wichtige Frage betrifft die Dauer der Schul-
und Arbeitszeit. Das elsafs-lothringische Gutachten behandelt diese Ange-
legenheit in allem Detail und giebt eine grofse Menge der ausführlichsten Be-
stunmnngen für die einzelnen Klassen. Wie es uns scheint, dürfte eine einiger-
mafsen genügende Lösung dieser Einzelfragen vom wissenschaftlich medidniscnen
Standpunkte aus allein scmwerlich gefunden werden können; dazu crehört die Mit-
wirkung und zwar die entscheidende Mitwirkung der Pädagogen. Denn die Dauer
der Schulzeit ist nothwendig abhängig von der Zahl der häuslichen Arbeits-
stunden, welche als Ergänzung der eigentlichen Unterrichtsstunden zu betrachten
sind, and es wird das Urteil darüber, wie viel dereinen, wie viel der andern Weise des
Lernens zugewiesen werden kann und zugewiesen werden mufs, zunächst dem Er-
messen der Lehrer und der Schulleitung vorzubehalten sein. Das ärztliche Urteil
wird nur darüber angerufen werden können, ob in der einen od'er anderen Rich-
tung oder auch in beiden zu viel geschieht.
Bei der grofsen und weitverbreiteten Abneigung, welche im Publikum
gegen die häuslichen Arbeiten besteht, müssen wir zunächst nach den Erfahrungen,
welche wir an Studirenden und Aerzten, gelegentlich auch an Angehörigen
anderer gelehrter Berufsklassen machen, erklären, dafs wir die Bedeutung dieser
Arbeiten für die Entwicklung des Geistes zu selbständigen Arbeiten sehr hoch
veranschlagen, und dafs wir den leider nur zu häufig hervortretenden Mangel an
Unabhängigkeit im Denken und Urteilen vorzugsweise der geringen Uebung in
eigener Thätigkeit zuschreiben. Freilich ist es nicht gleiohgiltig, welche Aufgaben
der häuslichen Arbeit gestellt werden. Die blou mechanischen Leistungen,
z. B. das Abschreiben, das einfache Memoriren, tragen wenig oder nichts
dazu bei, die Kunst zu entwickeln, sich selbst fortzuhelfen in geistiger Beschäfti-
gung. Der Einzelne mufs vor Allem lernen, seine Lexika, Grammatiken und
sonstige Lehrbücher selbständig zu benutzen und fleifsig zu Eathe zu ziehen; er
mufs sein Gedächtnis mit einer gewissen Ruhe ordnen, um das, was er braucht,
zu rechter Zeit zu reproduciren und in die gehörige Verbindung zu bringen; er
mufs selbst die verschiedenen Möglichkeiten des emzelnen Falles aufsuchen und
ihren Werth kritisch feststellen lernen. Hier erst entwickelt sich in vollem Mafse
die Fähigkeit und damit auch die Lust zum Arbeiten. Gewifs hat die Schule
die Anregung dazu zu geben und die Wege zu zeigen; aber es heifst den höh*
20*
I
308
Schalen sehr enge Ziele stecken, wenn man ihnen die Aufgabe Torzeichnet, alle»
Wesentliche in den Unterrichtsstunden selbst zu erringen.
Soweit wir aus den uns mitgeteilten Erlassen zu ersehen im Stande sind,
befinden wir uns mit unserer Ansicht in keinem Widerspruche mit den Auf*
fassuBgen, welche in der Unterrichtsverwaltunff mafsgebend gewesen sind. Wir
dürfen also auch wohl voraussetzen, dafs der Gedanke festgehalten werden wird^
die häusliche Arbeit als eine wesentliche Ergänzung des Schul-
unterrichtes vornehmlich in den mittleren und höheren Klassen
anzuerkennen. Alsdann ergiebt sich sofort far den Lehrplan überhaupt und
für jeden einzelnen Lehrer insbesondere, dafs das Mafs der geistigen Belastung
der Schüler unter gleichzeitiger Berücksichtiffung beider Seiten
der Thätigkeit aufgestellt werden mufs. Die preufsischen Lehrpläne enthalten-
bis jetzt jedoch nur oder doch fast ausscUiefslich Bestimmungen über das zulässige
und geforderte Mafs der eigentlichen Unterrichtsstunden. Die Anordnungen über
die häuslichen Arbeiten beziehen sich mehr auf die Eichtung und die Auswahl
der Aufgaben als auf das Arbeitspensum nach seiner Dauer, lieber das Mafs der
bei Aufstellung des Arbeitsplanes für die einzelnen Klassen in Ansatz zu bringen-
den Zeitdauer allgemeine Bestimmungen zu erlassen, ist nach Ew. Exe. Mit-
teilung vom 31. Jan. d. J. absichtlich noch vorbehalten geblieben. Li dieser Be-
ziehung gestatten wir uns in Folgendem noch einige Q-esichtspunkte Ew. Ezc.
Beachtung zu empfehlen.
Die traditionellen Gebräuche, z. B. das Arbeitspensum von dreistündiger
Hausarbeit bei etwa fünfstündiger Schulzeit, haben bisher die gröfsten Abwei-
chungen zugelassen. Nun läfst sich ja die häusliche Arbeitszeit nicht in gleicher
Weise fixiren, wie die eigentliche Schulzeit, und die Fähigkeit, die Aufmerke
samkeit und der Fleifs des einzelnen Schülers werden zuletzt darüber entscheiden,
¥rie lange er zur Vollendung eines bestimmten Pensums nöthig hat. Man kann
daher in Zweifel darüber sein, ob sich die Zeit für die häuslichen Arbeiten über-
haupt bestimmen läfst.
Indefs das Grofsherzoglich hessische Ministerium hat in dem Erlasse vont
23. Februar er. ausführliche Bestimmungen darüber getroffen, welche Zeit in den
einzelnen Schulklassen für die häuslichen Arbeiten gewährt werden soll, und es-
ist in diesem Erlasse unter 11. 4 auch ein Verfa&en angegeben, wie ermittelt
werden soll, ob die gestellten Au^ben in der vorgeschriebenen Zeit ausgeführt
werden. Die Directoren und die JSllassenführer sollen „sich durch von Zeit za
Zeit zu wiederholendes Benehmen mit Eltern von Schülern und mit Schülern,
selbst darüber verlässigen, welche Zeit in der betr. Klasse die Schüler zur Be-'
wältigung der häuslichen Arbeiten nÖthig haben und ob und wodurch eine Ueber-
schreitung des festgestellten Mafses veranlafst ist.** Man sieht aus dieser Bestim-
mung, wie unsicher der Boden ist, auf welchen sich derartige Anordnungen be-
wegen, und der Wunsch, dafs es gelingen möge, bei sorgfältiger Sammlung der
gemachten Erfahrungen zu einer gröfseren Sicherheit der Präcisirung zu gelangen,
ist gewifs berechtigL Denn gerade dieser Boden iirt es, auf dem sich auch die
Untersuchung über Arbeitsüberbürdung am ausgiebigsten zu verbreiten hätte; ge-
rade über die Häufung der häuslichen Arbeiten klagen die Eltern am meisten.
Die hessische Verordnung bestimmt die Dauer der häuslichen Arbeitszeit
für die
Vorschulen auf 30 — 40 Minuten den Tag oder 3—4 Stunden die Woche,
VI u. V auf 1 Stunde den Tag oder 6 Stunden die Woche,
IV u. III b ,; 2 Stunden „ „ „ 12 „ „ „
Illau. IIb „ 2V« V M »I »» 15 I» »» »,
II a, I D u. 1 a n o f, „ „ „ lo „ „ „
und zwar soll dies das äufserst zulässige Mafs sein. Es ist nicht zu ver-
kennen, dafs diese Gradation in der Zahl der Stunden eine etwas mechanische
und willkürliche ist. Auch scheint es so, als sei das Alter der Schüler etwas zu
niedrig gegriffen,. wenigstens gegenüber den preufsischen Schulen, da die Voraus-
setzung, dafs die Abiturienten nur 18 Jahre alt sein werden, bei uns schon lange
nicht mehr zutrifft. Das Urteil über das zuläfsige Mafs der Arbeitsstunden mufa
sich, wie schon erwähnt, nach der Zahl der eigentlichen Schulstunden richten.
309
In dieser Beziehung bemerken wir zunächst, dafs in Hessen die Zeit für
^en Schulunterricht in der Vorschule auf 16 — 20 Stunden wöchentlich bemessen
ist, so dafs mit Zurechnung von 3 — 4 Arbeitsstunden als tägliche maximale
^Stundenzahl 4 herauskommen. Das elsafs-lothringische Gutachten gelangt zu un-
^eföhr ähnlichen Forderungen, und wir können uns dem anschliefsen.
Für die Sexta schreibt der neue preufsische Lehrplan vom 31. März 1882
in den Gymnasien und Realgymnasien 28, in den Gber-Realsohulen und höh. *
Bürgerschulen 29 wöchentliche Lehrstunden vor. Sehen wir auch von den Turn-
stunden ab, so steigt durch die Singstunden diese Zahl auf 30, beziehentlich 31 ;
rechnet luan dazu £e häuslichen Arbeitsstunden der hessischen Verordnung, so
kommt man auf 36 bez. 37, d. h. auf täglich 6 Stunden. Dies ist für so
zarte Kinder ein recht hohes und nicht mehr zu überschreitendes^ Mafs der Be-
lastung.
Es wird nicht erforderlich sein, in gleich ausfuhrlicher Weise alle einzelnen
Xlassen durchzugehen. Wir beschränken uns auf einzelne Beispiele. In III b
sind 30 Stunden obligatorisch; rechnen wir dazu Singen und Zeichnen, so ergiebt
es 34 Stunden; dazu die 15 Stunden der hessischen Verordnung, macht 49 Stunden
wöchentlich oder SVe Stunde täglich. In den folgenden Klassen der Gymnasien
bleibt die Zahl der Schulstunden gleich. Nehmen wir die Prima und rechnen
wir die 18 Arbeitsstunden der hessischen Verordnung hinzu, so erhalten wir 52
Stunden wöchentlich oder fast 9 Stunden täglich.
Dieses scheint uns zu viel zu sein. Die Folge davon ist einerseits die nach
nnserer Meinung bedauerliche Goncession, dafs der Zeichenunterricht für die drei
oberen Klassen facultativ gemacht ist, andererseits die Thatsache, dafs die Be-
freiung vom Singen erfahrungsmäfsig leicht erlangt wird. Indefs wer nicht singt,
der kimn privatim wenigstens eine instrumentale Ausbildung in der Musik suchen,
und man sollte das nicht erschweren. Auch wird es doch nicht zu tadeln sein,
wenn manche Eltern wünschen, dafs ein Schüler einer höh. Lehranstalt nicht nur
Bchwimmen und Schlittschuhlaufen, sondern auch tanzen lernt und nicht ganz von
gesellschaftlicher Ausbildung ausgeschlossen bleibt. Die Pädagogen vom Fache
sind häufig auf den Privatunterricht schlecht zu sprechen, aber es ist nicht zu
vermeiden, dafs der eine in diesem, der andere in jenem Fache Nachhülfe sucht*
Die Zeit zu Bewegungen in freier Luft mufs ebenfalls gewährt werden.
Somit glauben wir als das allgemein zulässige Mafs für die höheren Klassen
eine Arbeitszeit von 8 Stunden t^lich oder 4ö Stunden wöchentlich fiziren
zu sollen.
Das rheinische SchulcoUegium berechnet in einem Berichte vom 11. Juli 1870,
daCs Schüler bei einem Maximum von 32 wöchentlichen Lehrstunden nur %i der
Woche, bei Einrechnung von 10 Wochen Jahresferien nur */is des Jahres in der
Schule zubringen, wobei die Pausen zwischen den einzelnen Stunden nicht in An-
schlag gebracht seien. Allein abgesehen davon, dafs auch hier noch aufserdem
3 tiij^licme Arbeitsstunden für die nöheren Klassen angenommen werden, so kann
es sidi doch nur darum handeln, denjenigen Teil des Tages in Rechnung zu stellen,
der nicht durch Schlaf, Essen, Schulwege u. s. f. in .ÄJispruch genommen wird.
32 -4- 18
Wenn davon — ^ — = 8Vs Stunden abgezogen werden, so bleibt eben nicht
0
mehr viel übrig, und man weifs es ja, dafs es oft genug nicht bei den 3 Arbeits-
stunden bewendet.
Wir müssen zugleich hervorheben, dafs 2 Turnstunden wöchentlich ein solches
Minimum sind, dafs wir uns damit im hygienischen Sinne nicht wohl befriedigt
erklaren können. Wir haben die Anregungen, welche Ew. Exe. in dieser Be-
ziehung gegeben haben, mit grofser Freude begrüfst und namentlich den Erlafa
vom 27. Gct. 1882 f s. p. 232 £), die Tumspiele betreffend, als einen wahren Fort-
schritt anerkannt, aber wir glauben 9/ich. mit Zuversicht erwarten zu dürfen, dafa
dafür die genügende Zeit gewonnen werden wird. Gerade für die Schüler der
höheren Klassen sollte die jedesmalige Tumzeit auf mindestens l^t Stunden, also
auf 3 Stunden wöchentlich bemessen werden.
Mit diesen Erörterungen sind wir an das Ende der ans gestellten Aufgabe
gelangt.
310
V. SehluXbergebnis.
Die uns in Ew. Exe. Verfagong vom 31. Jan. er. speciell vorgelegte Frage,
ob die in dem elsafs-lothringischen Gutachten enthaltene Bestimmung über
die für die fünf unteren Jahrescurse der höheren Schalen zulässige Zahl
der wöchentlichen Lehrstnnden als ein zweifelloses, unbedingt giltiges
Ergebnis der medicinischen Wissenschaft zu betrachten sei,
findet durch die obigen Ausführungen ihre Erledigung. Es kommt eben nicht
auf diese Lehrstunden allein, sondern auf die gesamte seitens der Schule in An*
Spruch i^enommene Zeit in Unterricht und Hausarbeit, auf eine verständige Indi*
vidualisirung in der Behandlung der Schüler und zu diesem Zwecke vor Allem
darauf an, dafs die Zahl der von dem Lehrer zu unterrichtenden Schüler Einer
Klasse nicht zu grofs sei.
Was in Bezug auf die üeberbürdungsfrage sonst noch zu sagen wäre, das
fällt wesentlich in das eigentlich pädagogische Ghebiet: es betrifft die Methode
des Unterrichts. Das Gutachten der Bochumer Aerzte beschäftigt sich gerade
damit sehr eingehend und es enthält nach unserer Meinung manche treffenae Be-
merkung darüber. Li der That hängt auch die Frage der häuslichen Arbeiten,
insbesondere die Erklärung, warum manche derselben die Schüler ungebührlich
belasten, mit der Methode des Unterrichts auf das Lmigste zusammen. Lidefs
fällt diese Beurteilung nicht in die technisqh-ärztliche Gompetenz, und wir ver*
ziehten darauf, dieselbe irgendwie zu überschreiten.
Bevor wir jedoch schliefsen, glauben wir noch einmal auf einen Funkt zurück-
kommen zu sollen, den wir schon mehrmals gestreift haben. Wir meinen die
Beteiligung der Aerzte an der Beaufsichtigung der Schule. Fast
alle diejenigen Verhältnisse, welche wir in unserem Gutachten zu besprechen hatten,
sind so wenig wissenschaftlich aufgeklärt und bearbeitet, dafs unser Urteil nur in
den seltensten Fällen ganz bestimmt ausfallen konnte. Das einzige Verhältnis,
welches zu einer einigermafsen befriedigenden Darstellung gekommen ist, das der
Kurzsichtigkeit, ist fast aussclüiefslich durch Aerzte, und zwar durch Privatärzte,
ergründet worden. Aehnliche Aufklärungen könnten auch über die meisten anderen
Verhältnisse gewonnen werden, wenn amtliche Ermittelungen darüber durch sach-
verständige Aerzte angestelU würden. Wir wollen nur vorübergehend erwähnen,
dafs auch in anderen Richtungen die Schulhygiene noch recht viel zu wünschen
übrig läfst.
Nun haben wir aus den Berichten der Prov. SchuleoUegien aus den Jahren
1870 und 1871 ersehen, dafs, obwohl eine gewisse Eifersucht gegen die Einmischung
der Aerzte in die Angelegenheiten der Schule unverkennbar überall hervortritt,
doch das Anerkenntnis sicn Bahn bricht, dafs ohne die Mithülfe von Aerzten die
Schulhygiene zu einer befriedigenden Gestaltung nicht gelangen kann. Wir möchten
daher meinen, dafs es an der Zeit sei, endlich einmal einen praktischen Anfazig zu
machen, und wenn nicht sofort im ganzen Staate, so doch an einzelnen, beson de ra
geeigneten Orten die Hauptfragen durch Aerzte in Angriff nehmen
zu lassen. So, um ein Beispiel zu nennen, bietet Berlin für alle Arten von
höh. Schulen ein so reiches Feld, dafs recht wohl ein voll durchgeführter Versuch
gemacht werden könnte, durch die ärztlichen Organe die nöthigen Untersuchungen
vornehmen zu lassen. Auf diese Weise würde nicht blofs ein sofort zu verwerthen-;
des Material g^ewonnen werden, sondern die K. Staatsregierung würde sich auch
überzeugen können, ob in der That die Mitwirkung der Aerzte einen erheblichen
Nutzen gewährt . Je nach dem Ausfalle eines solcmen localen Versuches oder auch
vielleicht mehrerer, gleichzeitig an verschiedenen Orten unternommener, würde
dann entschieden werden können, ob im ganzen Staate organische Einrichtungen
zu treffen seien, welche die regelmäfsige Beteiligung von Aerzten an der Beauf-
sichtigung der Schulen sicher stellen. •
Königliche Wissenschaftliche Deputation für das Medicinalwesen:
Sydow. Virohow. Westphal. Skrzeczka. Quincke. W. Hofmann»
Pistor. Kersandt. von Bergmann. Bardeleben. Schröder.
Eulenberg.
311
Nachtrag zu Abteilung 4, p. 258 und Abteilung 5« p. 264.
C.Verf. des K. Prov.Sch. C. zu Schleswig v. 30. Juni 1884. „Indem
"wir die Herrn Directoren und Bectoren hierdurch auffordern, einer zweckent-
sprechenden Anordnung der schriftlichen Haus- und Elassenarbeiten für
die einzelnen ünterrichtsstufen und Lehrgegenstände ihre besondere Fürsorge zuzu-
wenden, und es uns vorbehalten, die speciellen darauf bezüglichen Vorschläge
bei Gelegenheit der Feststellung der jährlichen Lehrpläne einer Prüfung zu unter-
ziehen, beschränken wir uns darauf, im Folgenden einige Punkte hervorzuheben,
in Bezug auf welche in Zukunft ein möglichst gleichmäfsiges Verfahren zu be-
obachten sein wird.
1. um eine ausreichende Uebung der Primaner in schnfüicher Dar-
stellung zu sichern, sind von diesen an Au&ätzen, sowohl deutschen als auch
lateinischen bezw. französischen, im Laufe des Schu^ahres in der Begel je
nenn zur Correctur einzufordern; davon ist in jedem Semester je einer nach
Art der Arbeiten bei der Entlassungsprüfung in der Olausur anzufertigen,
die übrigen sieben fallen der häuslichen Arbeit zu und sind nach Mafsgabe der
verschiedenen Länge der beiden Semester auf letztere zu verteilen.
2. Bei den wöchentlich zu liefernden Arbeiten ist der Wechsel zwischen
Extemporalien und Exercitien in der Begel so anzuordnen, dafs in den unteren
Klassen auf zwei Extemporalien ein Exercitium kommt, in den mittleren Klassen
beide Arten der schriftlichen üebung abwechseln, in den oberen Klassen auf
je zwei Exercitien ein Extemporale folgt. Dabei empfiehlt es sich in den oberen
Klassen, um die Zahl der häuslichen Arbeiten mit Bücksicht auf die Aufeätze
in geeigneter Weise zu beschränken, gelegentlich an Stelle der häuslichen auch
sogenannte Klassenexercitien schreiben zu lassen.
3. Bei den vierzehntägigen Arbeiten im fremdsprachlichen Unterricht ist
zwischen Extemporalien und Exercitien einfach abzuwechseln.''
C.Verf. des K. Prov.Sch. C. zu Schleswig v. 11. Jan. 1883.
„Unter den Bücksichten, welche die Schule auf die körperliche Gresundheit der
ihr anvertrauten Zöglinge zu nehmen hat, ist eine der wichtigsten, dafs nach
Möglichkeit Alles fem gehalten wird, was die Sehkraft der Schüler schädigen
kann. Es ist daher seitens der Schule insonderheit auch darauf gewissenhafte
Sorgfalt zu verwenden, dafs den Schülern beim Unterricht in der Klasse das
erforderliche Licht zugeführt wird.
Worauf in dieser Beziehung geachtet werden mufs, ist, nachdem bereits
in der Min. Verf. vom 22. Oct. 1858 (s. p. 264), sowie in dem historisch-
statistischen Werke von Wiese „Das höhere Schulwesen in Preufsen^' Band n,
p. 717 auf verschiedene Punkte hingewiesen ist, in neuerer Zeit wiederholt in
einschlägigen Schriften (z. B. in dem von der Beleuchtung der Schulzimmer
handelnden Abschnitt in Baginskys Schul-Hygiene) ausfahrlicher dargelegt.
Ueber das wünschenswerthe Verhältnis der Glasfläche der Fenster zu der Grund-
fläche der Unterrichtsräume haben wir uns auch unsererseits in dem Circular-
Erlafs vom 25. Jan. 1878 ausgesprochen.
Inzwischen ist uns von unserem Departementsrath auf Grund der von
ihm vorgenommenen Inspectionen berichtet, dafs an den Schulen unseres Amts-
bereichs nicht durchweg Alles zur Ausfahrung kommt, was behufs der Schonung
der Augen der Schüler seitens der Schule geschehen kann und soll. Wir sehen
uns daher veranlafst, die Herren Directoren und Bectoren im Nachfolgenden
auf einige Punkte ausdrücklich aufmerksam zu machen.
Beider Aufstellung der Bänke in den Klassenzimmern und bei der
Anweisung der Plätze an die Schüler ist unbedingt darauf zu sehen, dafs jedem
Schüler ein durchaus hinreichendes Quantum Tageslicht gewährt wird. Sollten
312
in den Klassenzimmern danklere Ecken sein, so dürfen Sitzplätze der Schüler
in letztere nicht verlegt werden. Die vielfach angewandte Anordnung der Bänke,
nach welcher diese von der Fensterseite aas nach der gegenüberliegenden Wand
hin in der Weise gesetzt werden, dafs zwischen den zar Linken and zur Bechten
stehenden Bänken ein mehr oder weniger breiter Gang frei bleibt, läfst sich
nar dann rechtfertigen, wenn auch die von der Fensterwand am weitesten ent-
fernten Sitzplätze dorchaas zareichendes Licht haben. Namentlich in der
dankleren Jiüireszeit and auch sonst an dankleren Tagen moTs sorgfältig hierauf
geachtet werden. Es wird nicht selten erforderlich sein, dafs unter solchen
Ausnahmeverhältnissen die Bänke anders zu setzen sind, als das bei hellerem
Wetter zu geschehen braucht Bei vorherrschender Dunkelheit wird dafar zu
sorgen sein, dafs möglichst viele Bänke in die Nähe der Fenster gebracht werden.
Bücksichten auf Symmetrie der Aufstellung, auf Continuität der Ordnung, auf
Belassung von Zwischenräumen zwischen den hintereinander stehenden Bänken
u. dergl. müssen, wenn sie auch sonst berechtigt sind, doch, wo es sich um die
Gesundheit der Schüler handelt, entschieden zurücktreten.
Sollte bei dem Bau eines Schulhauses eine so unzweckmäfsige Anlage der
Fenster vorgenommen sein, dafs in einer oder der anderen Klasse schlechter-
dings nicht allen Schülern das Tageslicht in hinreichender Menge zugeführt
werden könnte, so ist thunlichst auf bauliche Besserung hinzuwirken.
Aber auch auf Herstellung einer ausreichenden künstlichen Er-
leuchtung wird in allen Schulen unseres Amtsbereichs, wo dies noch nicht
geschehen ist, Bedacht zu nehmen sein, da in der dankleren Jahreszeit, nament-
lich in der hiesigen Provinz, auch wenn der Nachmittagsunterricht bereits
um 3^2 Uhr geschlossen wird, vielfach sowohl in den Anfangs- als in den
Schlufsstunden des Unterrichts das Tageslicht zum Lesen und Schreiben nicht
ausreicht und der Unterricht trotz der von den Lehrern allerdings hierauf zu
richtenden Fürsorge doch schwerlich so einzurichten sein wird, dafs während
jener ganzen Zeit vom Lesen tind Schreiben völlig abgesehen werden kann.''
C.Verf. des K. Prov.Sch. C. zu Schleswig v. 4. Sept 1883.
,.Aus den Berichten, welche auf Veranlassung unserer, die Schonung der Seh-
kraft bei den Schülern betreffenden Verf. v. 11. Jan. d. J. erstattet worden
sind, haben wir mit Befriedigung ersehen, dafs die Directoren und Bectoren
der höh. Lehranstalten unseres Amtsbereiches diesem Punkte bisher ihre Auf-
merksamkeit zugewendet haben und nach Mafsgabe der localen Verhältnisse
bemüht gewesen sind, auch in dieser Beziehung etwaige Schädigungen der Ent-
wickelung von unserer Jugend fernzuhalten.
Indem wir die Zuversicht hegen, dafs die Herren Di^^ectoren und Bectoren
nicht ablassen werden, selbst und durch geeignete Anweisung der unterstellten
Lehrer den Bücksichten, welche die Schule auf die körperliche Gesundheit der
ihr anvertrauten Zöglinge zu nehmen hat, gebührend Bechnung zu tragen,
dürfen wir zunächst weitere, auf die Schonung der Sehkraft bei den Schülern
abzielende Anordnungen dem pflichtmäfsigen Ermessen der mit den Bedürfhissen
der einzelnen Anstalten vertrauten Leiter derselben überlassen, ermächtigen
aber hierdurch die Herren Directoren und Bectoren, fortan, wo es geboten er-
scheint, während der dunklen Jahreszeit, d. h. etwa vom 16. Nov. bis 15. Jan.,
eine Verschiebung der Unterrichtszeit in der Weise eintreten zu lassen,
dafs die sechs Haupüectionen des täglichen Unterrichts in folgender Weise an-
gesetzt werden:
Vormittags.
1. Stunde von 8 Uhr 15 Min. bis 9 Uhr 10 Min. (5 Minuten Pause).
2. „ „9 „ 15 ., „ 10 „ 5 „ (10 Minuten Pause).
3. „ „ 10 „ 15 „ „ 11 „ 5 „ (5 Minuten Pause).
4. „ „ 11 „ 10 „ „ 12 „ 5 „
313
Nachmittags.
1. Stunde von 2 Uhr bis 2 Uhr 45 Min. (5 Minuten Pause).
2. „ „ 2 „ 50 Min. bis 3 Uhr 35 Min.
Bei der dadurch eintretenden Verkürzung der einzelnen Lectionen werden
die Herren Directoren und Bectoren mit Strenge darauf zu halten haben, dafs
die festgesetzte Unterrichtszeit allseitig mit gewissenhaftester Pünktlichkeit inne
gehalten wird."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 30. Juni 1885.
„Wir nehmen Veranlassung, die Herren Dir. und Beet, auf die bei Lipsius und
Tischer in Kiel erschienene Schrift „Die körperliche Erziehung und die Ge-
sundheitspflege in der Schule" von Dr. ^ Max Beimann, K. Ereisphysikus in
Neumünster, noch besonders aufmerksam zu machen. Die speciell auf die Ge-
sundheitspflege in der Schule bezüglichen Abschnitte derselben enthalten aufser
einer knapp gehaltenen Darlegung der Hauptgrundsätze allerlei praktische Winke
und Bathschläge, die wohl geeignet scheinen, den Lehrern zur Nachachtung
dringend empfohlen zu werden."
6. Aufnahme und Versetzung in höhere Klassen.
Von der Aufnahme in die unterste Klasse der höh. Lehranstalten s.
p. 149 f.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 28, Dec. 1853: „Die
bisherige Praxis, nach welcher die in die Gymn. eintretenden Schüler, welche
bisher ein solches nicht besucht haben, nur mündlich geprüft, oder doch bei
gleichzeitig mündl. und schriftl. Prüfung überwiegend nach dem meist günstigeren
Ergebnisse der ersteren beurteilt und eingeordnet worden sind, hat zu mancherlei
üebelständen geführt, und namentl. dem Eindringen ungenügend Torbereiteter
Becipienden in die oberen EL nicht mit denjenigen Erfolge entgegengewirkt,
bei welchem allein ein gleichmäisiger Standpunkt der betr. Klassen festgehalten
und ein auf gründlicher Vorbildung fortdauerndes Fortschreiten der einzelnen
Schüler erzielt werden kann. Zur Beseitigung dieser Uebelstände bestimmen
wir Folgendes:
1. Die für den Eintritt in ein Gymn. angemeldeten Schüler sind der Begel
nach mündl. und schriftl. zu prüfen. Von der schriftl. Prüfung kann nach
Umständen bei Becipienden für die 3 unteren KL, niemals aber bei solchen
Examinanden Abstand genommen werden, welche für den Eintritt in eine der
3 oberen Kl. geprüft werden. 2. Die schriftL Prüfung ist nicht auf die An-
fertigung sogenannter Exercitien oder Pensen (Ueborsetzungen auß dem Deutschen
in eine fremde Sprache) zu beschränken; es sind vielmehr auch Uebersetzungen
aus den fremden Sprachen ins Deutsche, Ausarbeitung mathematischer Sätze
und Aufgaben aus dem Bereiche der betr. Klassencurse zu fordern. 3. Aspi-
ranten für eine der beiden oberen KL (H und I) haben unter jenen Prüfungs-
arbeiten stets auch noch eine freie deutsche, und Aspiranten für die I auch
noch eine freie lat. Ausarbeitung über ein ihnen zu stellendes, nicht zu schwie-
riges Thema anzufertigen, auf deren Ausfall, nachdem sie von den Fachlehrern
corrigirt worden sind, für die Beurteilung der Cresamtbeföhigung des Becipienden
ein besonderes Gewicht gelegt werden mufs. Die deutsche und lat. Prüfungs-
arbeit der in die I wirklich Aufgenommenen ist Ton dem Dir. aufzubewahren,
und sobald der betr. Schüler zur Abiturientenprüfung gelangt, unserem Com-
missarius mitvorzulegen. 4. Wenn ein für eine bestimmte Klasse Geprüfter nach
dem Ergebnis der Prüfung zurücktritt, so ist dem von ihm vorgelegten Zeugnis
314
der Zuletzt besuchten Schnlanstalt» nnd zwar an einer Stelle, welche nicht dorch
Abschneiden beseitigt werden kann, folgender Vermerk zuzusetzen:
,Jnhaber des vorstehenden Zeugnisses ist am . . . (Datum) bei dem hies.
Gymn. pro receptione geprüft und höchstens für den Eintritt in die . . . (genaue
Bezeichnung der Klasse resp. Elassenabteilung) fähig befunden worden.*^
Aspiranten, welche ein mit solchem Vermerk versehenes Schulzeugnis vor-
legen, sind zwar zur Prüfung zuzulassen, dürfen aber in keine höhere, als dl»
in dem Vermerk bezeichnete Klasse gesetzt werden/'
In Betreff der Aufnahme solcher Schüler, die vorher eine Gymnasial-
oder Bealanstalt besucht haben, s. unten Abt 8.
Versetzungsprufungen werden am Ende jedes CarsuB in allen Klassen
vor I abgehalten, zuweilen nur mündlich und im Beisein der betr. Fachlehrer der
nächst höheren Klasse. Verschieden davon sind die Klassenprüfungen, welche in
vielen höh. Schulen mindestens einmal im Jahr vor dem versammelten Lehrer-
coUegium, bisweilen auch vor dem dazu eingeladenen Schulcuratorium, in jeder
Klasse stattfinden.
C.Verf. des K, Prov.Sch.C. zu Berlin v. 26. Oct. 1881 (bei An-
ordnung von Jahrescursen) : „2. Für alle diejenigen höh. Schulen, an welchen
bis einschliefslich üntersecunda getrennte Cöten der Jahrescurse bestehen, ordnen
wir die Einrichtung der Wechselcöten mit ihren Gonsequenzen für die Auf-
nahme- und die Versetzungstermine hierdurch ausdrücklich an. — (S. p. 151). —
Indem wir die einsichtige und sorgfältige Durchführung dieser für die
Entwickelung unseres höh. Schulwesens höchst wichtigen Mafsregel den Dir.
und Lehrercollegien ans Her/ legen, bemerken wir hinsichtlich der in einigen
Gutachten gegen die Wechselcöten bei Anerkennung ihrer erheblichen Vorzüge
erhobenen Bedenken Folgendes. Ist es auch unzweifelhaft richtig, dafs die
Einrichtang der Wechselcöten in stark besuchten Anstalten gewisse Schwierig-
keiten für die Eegelung der Frequenz der beiden Cöten mit sich bringt, so
hat doch die mehrjährige Erfahrung an einer grofsen Zahl hiesiger höh. Lehr-
anstalten gezeigt, dafs sich diese Schwierigkeiten ohne Anwendung von unge-
rechtfertigter Härte oder von zu grofser Milde bei den Versetzungen vermeiden
lassen. Wesentlich kommen neben diesen regelmäfsigen Versetzungen hierfür
zwei Mafsregeln in Betracht: Die Zurückversetzung in den niederen Cötns nach
dem ersten Semester und die Nichtversetzung in den anderen Cötas bei Schülern,
welche nach einem Jahre das Klassenziel nicht erreicht haben. Beide Maüi-
regeln werden, richtig angewandt, von heilsamstem Einflufs für die geistige
Entwickelung eines Schülers sein, der aus dem einen oder dem anderen Grunde
in seiner Ausbildung zurückgeblieben ist. Andererseits greifen aber beide
Mafsregeln so tief in den ganzen Bildungsgang des Schülers ein, dafs sie nur
nach sorgfältigster und gewissenhaftester Prüfung aller Verhältnisse in An-
wendung zu bringen und stets nur als besondere Ausnahmemafsregeln zu be-
trachten sind. Wir sprechen daher die zuversichtliche Erwartung aus, dafs die
Directoren der angemessenen Handhabung derselben ihre dauernde Aufmerksam-
keit zuwenden und sich der vollen eigenen Verantwortlichkeit für ihre richtig»
Anwendung bewufst bleiben werden."
Verfahren bei Aufnahme, Entlassung, Versetzung der Schü-
ler sowie bei Erteilung der Gensuren, und Abgangszeugnisse.
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Magdeburg v. 20. Mai 1878. „In Folg©
der von der vorjährigen Directoren-Conferenz unserer Provinz zu Halle a. S. in
der 5. und 6. Sitzung derselben verfafsten Beschlüsse verordnen wir behufs der
Herbeiführung eines einheitlicheren Verfahrens in Betreff der Aufnahme und
315
der Entlassimg, der Censnren, der AbgangszengniBse und der Versetzungen Fol-
gendesy indem wir dabei bemerken, dafs nnsere Festsetzungen von dem Herrn
Minister gebilligt, bezüglich nach dessen Verfagang yom 25. April er. modi-
ficirt worden sind.
A. Bedingungen der Aufnahme. In Betreff der Schulordnungen
bewendet es bei den in unserer Verfugung vom 11. Februar 1875 (s. Abteil. 10)
gegebenen Bestimmungen, mit denen die angenommene These 1 im Ein-
klänge steht.
Für die Aufnahme in die Sexta ist auch durch die Vereinbarung der
deutschen Staatsregierungen Tom April 1874 festgesetzt, dafs sie „in der BegeP^
nicht vor dem vollendeten neunten Lebensjahre erfolgen soll. Ausnahmen von
dieser Begel müssen seltene bleiben und bestimmten Grenzen unterliegen.
Die Directoren (Bectoren) der höh. Schulen werden hierdurch ermächtigt, aus--
reichend vorbereitete Knaben aufzunehmen, wenn bei jähriger Aufnahme höch-
stens sechs Monate, bei halbjähriger Aufnahme höchstens drei Monate an dem
erforderlichen Lebensalter fehlen. Dieselben Bedingungen gelten für die Ver-
setzung aus der Vorschule in die Sexta. Weiter gehende Ausnahmen bedürfen
unserer (Genehmigung.
Wo etwa die vorbereitende Schule der höh. Schule solche Knaben, die
das normale Alter noch nicht erreicht haben, in gröfserer Zahl zuführt, ist durch
geeignete Einrichtungen dahin zu wirken, dafs diese ünregelmäfsigkeit aufhöre.
Organisch mit den höh. Schulen verbundene Vorschulen, seien dieselben Privat-
untemehmungen oder vom Staate resp. dem Schulpatrone unterhalten, müssen
so eingerichtet sein, dafs im normalen Lehrgange der Vorschüler mit vollen-
detem neuntem Lebensjahre als reif in die höh. Schule übergehe. Bei drei-
jährigem Lehrgange ist also nicht vor vollendetem sechstem Lebensjahre in die
unterste Klasse aufzunehmen, und entsprechend bei Vorschulen mit zweijährigem
und eii^ährigem Lehrgange zu verfahren.
Dem von der Directoren-Conferenz - fast einstimmig ausgesprochenen
Wunsche, dafs die Aufnahme-Prüfungen nicht in die festgesetzten Oster- und
Michaelisferien fallen, sondern am ersten Tage des begonnenen Semesters statt-
finden möchten, kann mit Bücksicht auf die nothwendige Gleichheit der ein-
zelnen Provinzen in Betreff der Feriendauer nicht Folge gegeben werden. Denn
es würde dadurch eine thatsächliche, nur fär die Provinz Sachsen bestehende
Ausdehnung der Ferienzeit geschaffen werden. Die betr. Bestimmung unserer
unter dem 14. Febr. 1873 erlassenen Ferienordnung (s. OB. 1873 p. 219) bleibt
also in Giltigkeit.
Die in der C. Verf. vom 30. Juni 1876 angeordnete prüfungslose Auf-
nahme der von andern Schulen gleicher Kategorie kommenden Schüler in die-
selbe Klasse, für welche sie dort für reif befunden waren, hat die Conferenz
für zunächst „unzweckmäfsig'S und die eben dort angeordnete Berichterstattung
für den Fall, dafs ein Schüler in der ihm angewiesenen Klasse nicht für
unterrichtsfähig erkannt worden sei, hat sie für „in hohem Grade bedenklich"
erklärt. Ohne uns auf eine nochmalige Discussion einzulassen, constatiren wir
hiermit nur, dafs die von dem hohen Ministerium nach eingehender Erörterung
und Ueberlegung erlassene Anordnung im ganzen Umfange der Monarchie aus-
zuführen ist und wir machen die Herren Dirigenten auf ihre amtliche Ver-
pflichtung, die Bestimmungen der erwähnten Min.Verfügung genau zu ,
beobachten, ausdrücklich aufinerksam.
B. Censuren. In Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der Con-
ferenz verordnen wir hiermit Folgendes: '
1) Die Censuren -Formulare müssen Rubriken für 1) Betragen,.
2) Fleifs und Aufhierksamkeit, 3) Leistungen enthalten. Die hier und da noch
316
üblichen Bubriken für „Fortschritte*' oder „Ordnungsliebe" können als zweck-
mäfsig nicht anerkannt werden. Die darauf bezüglichen nothwendigen Bemer-
kungen können in den Bubriken für FleiTs, oder för das Betragen, oder in den
allgemeinen Bemerkungen Platz finden.
2) Die Leistungen müssen in jedem einzelnen Lehrgegenstande cen-
sirt werden. Das Betragen sowohl wie der Fleifs sind am zweckmäfsigsten
durch eine zusammenfassende Gesamtcensur auszudrücken, bei welcher für eine
etwaige ausführlichere Motivirung oder eingehendere Erinnerung genügender
Baum auf dem Formular sein mufs. Aufserdem mufs ein genügend grofser
Baum für eine allgemeine „Bemerkung** behufs der Angabe besonderer Umstände
oder Erinnerungen auf dem Formular reservirt sein.
3) Bei jeder allgemeinen Censur-Erteilung ist für jede Klasse durch Yer-
gleichung der Gesamt-Leistungen der Schüler eine Bangordnung conferenzmälsig
festzustellen. Ueber das dabei zu beobachtende Verfahren sich zu einigen, bleibt
zunächst jedem LehrercoUegium anheimgestellt. Der ermittelte Bangordnungs-
platz (etwa: Platz Nr. x unter x Schülern) ist auf der Gensur jedes Schülers
anzugeben. Die Zusammenfassung der ganzen Gensur in eine Glesamtnummer,
wodurch der ganze Schülercötus in ebensoviele Gensurklassen als es Nummern
giebt, geteilt wird, ist zulässig, aber nicht erforderlich. (Es ist nicht unbedingt
nothwendig, dafs die Sitzplätze in der Klasse, insbes. in den obersten Klassen, dieser
auf die Leistungen basirten Bangordnung genau entsprechen. Namentlich wenn
mit dem ersten Platze gewisse Functionen und eine Terantwortliche Stellung ver-
bunden ist, darf die sittliche Zuverlässigkeit neben den Leistungen ins Gewicht
fallen. Es versteht sich von selbst, dafs, wo getrennte Jahres- oder Semester-
Abteilungen zusammen unterrichtet werden, jede Abteilung nur unter sich rangirt.)
4) Die Gensirung geschieht durch eine fünfstufige Scala mit feststehenden
Prädicaten unter Ausschlufs aller Zwischenstufen.
Die Scala für Fleifs und Leistungen ist: Nr. 1. Bechtgut, Nr. 2.
Out, Nr. 3. Genügend, Nr. 4. Nicht ausreichend, Nr. 5. Ungenügend.
Die Scala für das Betragen ist: Nr. 1. Lobenswerth, Nr. 2. Gut,
Nr. 3. Im ganzen gut, Nr. 4. Nicht ohne Tadel, Nr. 5. Tadelnswerth.
Beide Scalen müssen auf dem Gensurformular (oder dem Titelblatte des
Oensurbuches) angegeben sein. Es ist fortan sowohl um der Sicherheit als auch
um des äufseren Ansehens der Gensuren willen unzulässig, sich anstatt der
Prädicate der entsprechenden Nummern bei der Ausfertigung der Gensuren zu
bedienen.
5) Die tadelnden Prädicate im Betragen ad Nr. 4 und 5 müssen
auf der Gensur motivirt werden. Eine solche Motivirung (bezw. eine Erinnerung
und Warnung) ist auch schon bei dem dritten Prädicate empfehlenswerth.
Ebenso ist anzurathen, dafs tadelnde Prädicate über Fleifs und Aufmerksamkeit
durch eine ausführlichere Bemerkung erläutert werden.
6) Die Erteilung des dritten Prädicates („genügend") in den Leistungen
am Ende des Klassencursus bezeichnet die Beife zur Versetzung und giebt dem
Schüler Ansprüche darauf, wenn sie durchgängig in den bei der Versetzung in
Betracht kommenden Gegenständen (d. h. mit Ausschlufs der technischen und
der facultativen Unterrichtsgegenstände und des Turnens) erteilt worden ist.
Die erfolgte Versetzung oder Nichtversetzang ist auf der Gensur anzugeben.
7) Es ist zulässig, in einzelnen Fächern für die verschiedenen Seiten
des Unterrichts mehrere Gensuren der Leistungen zu erteilen, wie dies insbes.
in den fremden Sprachen geschieht, indem zwischen Poesie und Prosa, zwischen
Gomposition und Exposition, zwischen Grammatik, Stil und Leetüre, oder
zwischen mündlichen und schriftlichen Leistungen unterschieden wird. Jedoch
empfiehlt sich eine weiter gehende Teilung als die Zweiteilung nicht, und es
317
mofs jedenfalls eine Gesamt-Censnr über die Leistangen eines jeden Faches
entweder unmittelbar zu ersehen sein oder ausdrücklich hinzugefügt werden, wo-
bei ebenfalls die Zwischenstufen ansznschliefsen sind.
8) Nach vorstehenden normativen Bestimmnngen ist überall bei der
Anschaffong nener Censnrenformolare oder -Bücher zu verfahren. Es ist wün-
schenswerthy dafs bis zum Ostertermin 1880 das einheitliche Verfahren in der
Provinz hjerin erreicht sei.
G. Abgangszeugnisse. Mit Beachtung und in Uebereinstimmung^
mit den Min.Verfügungen vom 9. Mai 1826 und vom 28. August 1862 verordnen
wir hiermit Folgendes in Betreff der Abgangszeugnisse:
1) Für jeden abgehenden Schüler ist ein Abgangszeugnis zu concipirei»
und festzustellen, auch wenn in einzelnen Fällen die Ausstellung desselben von
dem Schüler nicht verlangt wird oder die Aushändigung der Ausfertigung nicht
möglich ist
2^ Das Concept ist vom Ordinarius der Klasse mit zu unterzeichnen.
3) Auf dem Abgangszeugnisse muTs die Dauer des Aufenthaltes auf der
Schule und in der Klasse, aus welcher der Schüler abgeht, angegeben sein, (event.
mit Angabe des Aufhahmetermines) und es mufs zu ersehen sein, ob derselbe
zur oberen oder unteren Abteilung der drei oberen Klassen gehörte.
4) Auf den Abgangszeugnissen sind, sowie auf den Censuren, die Bubriken
Betragen, Fleifs (und Aufmerksamkeit) und Leistungen, und zwar die
beiden ersteren je durch Gesamtbeurteilung, die Leistungen durch Gensirung in
jedem einzelnen Fache, zu censiren. Hierbei sind fortan die für die Gensuren
künftig geltenden Prädicate zu benutzen; jedoch ist es zulässig und wünschens-
werth, dafs die Zeugnisse über Betragen und Fleifs sich nicht auf das blofse
Prädicat beschränken, sondern durch genauere Gharakterisirung ein klares Urteil
über den Schüler und sein Schulleben möglich machen. Jedenfalls müssen tadelnde
Zeugnisse über das Betragen motivirt sein.
5) Die Angabe der durchgenommenen Lehrpensa ist für gewöhnlich
unnöthig, jedoch nicht unzulässig, sobald sie in einzelnen Fällen wünschens-
werth erscheint.
6) Auf die Beurteilung der Leistungen im Verhältnis zu den Forderungen
der betreffenden Klasse (d. h. auf die Beurteilung seiner Beife oder Nichtreife
für die nächsthöhere Klasse) darf der Umstand, ob der Schüler auf eine andere
Lehranstalt oder zu einem bürgerlichen Berufe übergehen zu wollen erklärt»
keinen Einflufs haben.
7) Das Abgangszeugnis, welches am Ende oder gegen Ende des Jahres-
corsus ausgestellt wird, mufs einen Vermerk über die Beife oder Nichreife
für die nächsthöhere Klasse, bezw. über die geschehene oder versagte Versetzung
unter Angabe des Datums des darauf bezüglichen Gonferenzbeschlusses enthalten.
D. Versetzungen. 1) Als Bedingung der Versetzung hat die Direc-
toren-Gonferenz (in Besolution 2) richtig hingestellt, dafs der Schüler sich, um
versetzt zu werden, das Klassenpensum angeeignet haben müsse, und hat diese
Bedingung richtig dahin limitirt (Bes. 4), dafs „ein Schüler auch bei lücken-
haftem Wissen in einzelnen Fächern noch versetzt werden kann, wenn ange^
nommen werden darf, er werde auf der nächstfolgenden Stufe dem Unterricht
mit Nutzen folgen und das Fehlende nachholen können.'' Aus dieser Bedingung
ergiebt sich auch, weshalb (nach Bes. 1) „die Versetzung in der Regel nur am
Schlüsse eines Schuljahrs oder eines Semesters erfolgen kann;*' denn nur unter
ganz besonderen. Umständen wird es vorkommen, dafs ein Schüler, der mitten
im Semester versetzt wird, dem Unterricht auf der nächsthöheren Stufe zu folgen
im Stande ist, selbst wenn er die firüheren Lücken ausgefallt hat. Am ehesten
ist dies in den oberen Klassen möglich und zulässig, wenn verschiedene Ab-
318
teünngen zusammen unterrichtet werden. Aus der Limitation der Reife ergiebt
sich die Grenze der (in Bes. 3) statairten „Gompensation schwächerer Leistangen
in einzelnen Fächern durch mehr als genügende Leistungen in anderen'
Fächern." Die Conferenz hat es unterlassen, eine genaue Abwägung des
Oompensationswerthes der einzelnen Fächer anzustellen, und auch wir sehen
daTon ab, eingehende Vorschriften in diesem Funkte zu äiachen. Denn wir
nehmen an, dafs die Lehrercollegien bei gewissenhafter Erwägung Jedes einzelneA
Falles an der Hand der in Resolution 4 gegebenen Norm das Sichtige finden
werden. Es ergiebt sich beispielsweise aus jener Limitation, dafs weder der
Yöllige Ausfall eines sogenannten Hauptfaches, noch die jahrelange Vernach-
lässigung eines sogenannten Nebenfaches durch bessere Leistungen in anderen
Fächern compensirbar sind.
2) In Betreff der Ermittelung der Versetzungs-Beife hat die Conferenz
(in Bes. 5) die Vornahme von Versetzungsprüfungen dem Dirigenten der
Anstalt anheimgestellt Auch wir beschränken uns für jetzt darauf^ schrift-
liche und mündliche Versetzungsprüfnngen in den einzelnen Fächern als
einen wichtigen Factor zur genauen und gerechten Ermittelung der Beife zu
bezeichnen und deren Anwendung zu empfehlen.
3) In Betreff der Beschlufsfassung über die Versetzung genehmigen
wir (nach Bes. 7), dafs es von der Frequenz der Anstalt abhängig gemacht
werde, ob zu den Versetzungsconferenzen alle Lehrer der Anstalt oder nur die
betreffenden Klassenlehrer zugezogen werden. Es ist in der Ordnung, dafs bei
den Abstimmungen über die Versetzung ein Votum nur dem Director und den
nnterrichtenden Lehrern mit Ausschlufs der Lehrer des Singens und Turnens,
jedoch mit Einschlufs der Lehrer der Kalligraphie und des Zeichnens in den-
jenigen Klassen, wo diese Gegenstände obligatorisch sind, gebühre. Bei richtigem
Verfahren und gründlicher Erwägung aller Umstände ist nicht zu befürchten,
dafs durch die Gleichstellung aller unterrichtenden Lehrer bei dem Votum der
überwiegende Einfiufs des Ordinarius, soweit er berechtigt ist, zum Schaden
der Sache verhindert werde sich geltend zu machen.
4) Es entspricht der Wichtigkeit der Sache und der Würde der Conferenz,
dafs ein einmal nach eingehender Erwägung gefafster Beschlufs über die Ver-
setzung (nach Bes. 10) unwiderruflich sei (vorbehaltlich der Correctur nach-
gewiesener factischer Irrtümer); andererseits liegt es in den Pflichten gegen
die Eltern und die Schüler begründet, dafs die Lehrer Schülern mit lücken-
haftem Wissen in einzelnen Fächern die Möglichkeit gewähren, diese Lücken
während der Ferien auszufallen und dies durch eine Prüfung nach den Ferien
zu beweisen. Es kann deshalb (nach Bes. 11) der Beschlufs in geeigfneten
Fällen, d. h. wo die Wahrscheinlichkeit vorliegt, dafs der Schüler bei gutem
Willen sich die Versetzungsreife während der Ferien erwerben kOnne, bis nach
den Ferien ausgesetzt werden. Diese Form der sogenannten, selbstver-
ständlich auf wenige Fälle zu beschränkenden, Nachversetzung ist derjenigen,
wo vor den Ferien ein bedingter Beschlufs gefafst wird, vorzuziehen.
5) Endlich verordnen wir hiermit (gemäfs Bes. 12), dafs ein Vierteljahr
vor dem Termine der Versetzung die Eltern derjenigen Schüler, welche bis dahin
geringe Aussicht auf Erlangung der zur Versetzung nöthigen Beife haben, davon
benachrichtigt werden. Dies entspricht der Verpflichtung der Schule, dem Zu-
sammenwirken von Schule und Haus entgegen zu kommen.
Die Dirigenten der Lehranstalten werden nicht versäumen, die Lehrer
daran zu erinnern, dafs sie verpflichtet sind, das Versetzungsgeschäft mit um
80 gröfserer Genauigkeit, Unparteilichkeit und pädagogischer Weisheit zu voll-
ziehen, je selbständiger und uncontrolirbarer ein jeder von ihnen gerade hierbei
ist Selbstverständlich ist es hierbei, dafs die in § 5 der Directoren-Listruction
319
tat die Provinz Sachsen Tom 2. Mai 1867 den Directoren (Bectoren) in Bezog
auf Conferenzbeschlfisse zuerkannte Ermächtigung auch für die Yersetzungs«-
conferenzen in Kraft bleibe.^
7. Beschränkung des Aufenthalts in den J^lassen.
G.Verf. T. 4. März 1862: „Unter dem 10. Mai 1828 ist an sämtliche
K. Prov.SchulcoUegien die Verfügung erlassen, dafs „solche Schüler der 4 unter en
Kl. eines Gymn., welche nach dem reiflichen und gewissenhaften einstimmigen
Urteil sämtlicher Lehrer aller Bemühungen ungeachtet sich zu den Gymnasial-
stndien nicht eignen und wegen Mangels an Fähigkeit und Fleifs, nachdem sie
2 Jahre in einer Klasse gesessen haben, doch zur Versetzung in die nächst-
folgende höh. Kl. nicht für reif erklärt werden können, aus der Anstalt entfernt
werden sollen, nachdem den Eltern, Vormündern oder sonstigen Angehörigen
derselben mindestens ein Vierteljahr zuTor Nachricht davon gegeben ist.
Es erscheint zweckmäfsig, dieselbe Bestimmung auch auf die 3 unteren
KL der Bealschulen auszudehnen. Demnach beauftrage ich die K. Prov.
Schulcollegien die betr. Directoren zu ermächtigen, ein entsprechendes Verfahren
bei Schülern der VI, V und IV dieser Schulen in dem Falle eintreten zu lassen,
wenn ihre Lehrer einstimmig der Ansicht sind, dafs, nachdem ihnen auch
nach 2jähr. Aufenthalt in derselben Kl. die Versetzung noch nicht hat zug^
standen werden können, ein längeres Verweilen auf der Schule nutzlos für sie
sein würde."
Min. Verf. v. 3. Juli 1861: „Das K. Prov.Sch.C. hebt in dem Bericht
T. — mit Becht als einen grofsen Uebelstand hervor, dafs in der Ol des Gjmn.
zu N. Schüler sitzen, welche selbst nach 2jähr. Aufenthalt in dieser Klasse das
Zeugnis der Beife für die Universitätsstudien nicht haben erlangen können, und
unzweifelhaft ist ernstlich dahin zu wirken, die Ol von solchen zum Studiren
nicht befähigten Schülern zu befreien. Dennoch nehme ich Anstand, die von dem K.
Prov.Sch.C. vorgeschlagene Bestimmung im Allgemeinen zu trefTen, weil dieselbe,
wenn die wiederholt eingeschärften Vorschriften wegen der Ascension der Schüler
streng zur Anwendung gebracht werden, nicht erforderlich zu sein scheint. Es
ist mit allen Mitteln dahin zu wirken, dafs kein Schüler nach Ol versetzt
wird, welcher nicht die sichere Hoffnung gewährt, dafs er nach Absolvirung
dieser Klasse den Anforderungen des Abiturienten-Prüfungsreglements entsprechen
werde. Der Dir. und die Lehrer der oberen Kl. sind dafür verantwortlich zu
machen, dafs kein Schüler ohne die erforderliche Beife nach II versetzt, und
solche Schüler, welche nach 2jähr. Aufenthalt in der OII, resp. in der
UI, nicht einstimmig von den betr. Lehrern nach der UI, resp. Ol, versetzt
werden können, sofort aus der Anstalt entlassen werden. — Das K. Prov.
Sch.C. möge sich alljährL das über die Ascension aus der 011 und aus der UI
aufzunehmende Protokoll vorlegen lassen, um sich zu überzeugen, dafs hiemach
verfahren worden ist. Sollte ungeachtet dieser Strenge bei der Ascension
ein Ober-Primaner sich 2mal ohne das beabsichtigte Besultat der Abiturienten-
prüfung unterzogen haben, so ist der Dir. zu verpflichten, den Eltern, resp.
dem Vormund desselben, den ernsten Bath zu erteilen, den Schüler aus der
Anstalt zurückzunehmen, da er keine Aussicht habe, ein Zeugnis der Beife zu
erlangen.
Diese Mafsregeln werden hoffentlich dahin führen; dafs solche unfähige
Schüler dem Gymn. nicht länger in der Ol zur Last fallen. Dafs dies ohne
neue besondere Bestimmungen erreicht werden kann, zeigen die Gjmn. der übrigen
Provinzen, in welchen Uebelstände dieser Art, soviel hier bekannt, seither nicht
eingetreten sind.
320
Allgemein werden die Eltern schon durch die viertel- oder halhjfihrL
Oenscuren seitens der Schule darauf aufinerksam gemacht, wenn ihr Sohn hinter
den Anforderungen seiner Klasse dauernd zurückbleiht.'^
8. Uebergang auf eine andere Anstalt.
C.Yerf. y. 9. Mai 1826: „Das Min. hat wahrgenommen, dafs manche
Dir. solche Schüler, die von einem Gymn. abgegangen sind, wieder aufgenommen
haben, ohne von ihnen zuvor die Beibringung eines Zeugnisses des-
jenigen Oymn. zu fordern^ das von denselben bisher besucht worden. Bei diesem
Verfahren, welches sich mit einer guten und vorsichtigen Schulzucht nicht ver-
trägt» ist häufig der Fall eingetreten, dafs Schülern bei ihrem Uebergange von
einem Gymn. zu einem anderen eine höh. El., als sie in der bisher von ihnen
besuchten Schule eingenommen haben, angewiesen, und dadurch dem unver-
ständigen Wunsche mancher Eltern, die mehr um schnelle Beförderung als um
wahre und gediegene Ausbildung ihrer Söhne besorgt sind, auf eine die Auf-
rechthaltung einer tüchtigen Zucht in den Gymn. erschwerende Weise nach-
gegeben worden. Das Min. beauftragt daher das K. Consisi, sämtliche Dir.
der Gymn. Seines Bereichs aufs gemessenste anzuweisen, dafs sie von jetzt an
keinen Schüler eines anderen Gymn. eher aufuehmen, als bis derselbe von Seiten
des Dir. der bis dahin von ihm besuchten Schule das erforderliche Zeugnis wird
beigebracht haben. In diesem Zeugnis mufs die Klasse, in welcher der betr.
Schüler bei seinem Abgange gewesen ist, und der Grad seiner Kenntnisse und
Fähigkeiten, sowie auch alles dasjenige, was sich auf seinen Fleifs und auf
seine religiöse und sittliche Bildung bezieht, genau und bestimmt angegeben
werden. Auch hat das K. Consist. bei dieser Veranlassung sämtlichen Dir. der
Gymn. Seines Bereichs bemerklich zu machen, dafs in der Begel solchen un-
mittelbar von einem anderen Gymn. kommenden Schülern eine höhere KL als
die, in welcher sie bisher gewesen sind, um so weniger angewiesen werden darf^
als im Wesentlichen alle Inland. Gymn. in Bezug auf Lehrplan, Lehrverfassung»
Klasseneinteilung und Schulzucht nach demselben wissenschaftl. Mafsstabe und
nach gleichen disciplinar. Grundsätzen eingerichtet sind."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 9. Nov. 1839: „Im
Interesse der allgm. Schulzucht und namentl. zum eigenen Vorteil der auf Ab-
wege gerathenden Jugend scheint es zweckmäfsig, dafs Schüler, welche wegen
schlechter Aufführung von einer höheren Schule entfernt worden sind, in
eine andere Anstalt der Art nicht eher aufgenommen werden, als bis der Dir.
der letzteren mit dem Vorsteher der Anstalt, aus welcher der Schüler entlassen
worden ist, nähere Bücksprache genommen hat über die Ursache der Enfemung
und über die Mittel, welche in Anwendung zu bringen sein dürften, um erneuerte
Ausbrüche der Roheit, des Ungehorsams und anderer Fehler, welche die Ent-
fernung eines Schülers nothwendig gemacht haben, zu verhüten. Demnächst
ist einem solchen Schüler bei der Aufnahme anzudeuten, dafs er bei dem ersten
auffallenden Beweise der Wiederkehr seiner Fehler werde entlassen werden, und
die Lehrer der KL, in welche derselbe gesetzt worden, sind besonders zu beauf-
tragen, ihn mit strenger Aufmerksamkeit zu beobachten.
Indem wir Sie veranlassen, hiemach bei der Ihrer Leitung anvertrauten
Anstalt für die Zukunft zu verfahren, bemerken wir, dafs die Zeugnisse, mit
welchen Schüler der obengedachten Art entlassen werden, zwar streng der
Wahrheit gemäfs, jedoch dabei auf eine Art zu fassen sind, dafs sie dem
irrenden Zögling den Weg zur Besserung auf einer anderen Bildungsanstalt
nicht verschliefsen.**
321
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Königsberg v. 20. Jan. J863: — „Wir
finden uns veranlafst, die Dir. der zu unserem Kessort gehörigen Gymn. auf die
ministerielle Bestimmung v. 9. Mai 1826 wieder aufmerksam zu machen und fügen
hinzu, dafs die Versetzung der von einem anderen Gymn. kommenden Schüler in
eine höhere El. auch nicht durch eine sog. Nachprüfung, welche mit ihnen einige
Wochen oder Jlionate nach deren Aufnahme veranstaltet wird, bewirkt werden
darf. Vielmehr ordnen wir hiermit an, dafs Schüler, welche von einem anderen
Oymn. kommen, jedenfalls erst nach Ablauf eines vollen Semesters in eine höhere
Kl. versetzt werden dürfen, als diejenige ist, für welche sie durch das Abgangs-
zeugnis des früher von ihnen besuchten Gynm. als qualificirt bezeichnet sincL*)
Diese Bestimmung gilt auch für diejenigen Schüler, welche eine Anstalt aus irgend
einem Grunde verlassen, dann eine kurze Zeit Privatunterricht nehmen und sich
nun behufs Aufnahme in eine höhere Kl. wieder bei einem Gymn. anmelden. In
dem sog. einstweiligen Frivatisiren liegt nicht selten der blofse Versuch, dem ge-
rechtfertigten Urteil früherer Lehrer zu entgehen und sich den Zutritt zu höheren
Kl. auf eine leichtere und schnellere Weise zu erschliefsen, als es ihnen bei rahi-
ger Fortsetzung ihrer Gymnasialstudien möglich gewesen wäre. Schüler, welche
unter diese Kategorie fallen, werden bei der Aufnahme einer besonders sorgfältigen
Prüfung zu unterwerfen sein.'*
C.Verf. des K.Prov.Sch.C zu Berlin v. 13. Mai 1864: „Die höh.
Unterrichtsanstalten der gleichen Kategorie und mit denselben staatl. Berechti-
gungen sind im Wesentlichen in Bezug auf Lehrplan, Lehrverfassung, Klassenein-
teilnng und Schulzucht nach demselben wissensohaftl. Kafsstabe und nach gleichen
disciplinar. Grundsätzen eingerichtet. Wie im grofsen Ganzen gilt dies auch im
Einzelnen bei den verschiedenen Abstufungen in untere, mittlere, obere Klassen.
Darum ist durch das Min. Rescr. v. 9. Mai 1826 im Allgemeinen bestimmt worden,
dafs den von einem anderen Gymn. kommenden Schülern eine höhere Kl. als die,
in welcher sie bis dahin gewesen oder in welche sie nach dem von ihnen vorzu-
legenden Abgangszeugnis versetzt worden sind, in der Regel nicht angewiesen wer-
den darf. Derselbe Grundsatz ist selbstverständlich auch auf die Realschulen
unter einander anzuwenden.
Es sind einzelne Fälle zu unserer Kenntnis gekommeui in denen eine Um-
gehung der allgemeinen Bestimmung versucht worden ist. Dahin gehören Ab-
gangszeugnisse, in welchen trotzdem, dafs der Schüler in die höhere Kl. nicht
Tcrsetzt werden konnte, demselben doch die allgm. Reife für die höhere Kl. zu-
erkannt wird. Oder ein Schüler, der keine Aussicht auf Versetzung hatte, ver-
läfst kurz vor dem Schlufs des Semesters die Anstalt, privatisirt einige Zeit und
meldet sich dann bei einer anderen Anstalt zur Aufnahmeprüfung für die höhere
Klasse. Oder ein nicht versetzter oder nicht versetzungsfähiger Schüler, nachdem
er die bisherige Anstalt verlassen, läfst sich bei einer anderen als ein überhaupt
durch Privatunterricht Vorbereiteter zur Aufnahme für die höhere Kl. prüfen.
Leider sind solche durch die eigenen Angehörigen unterstützte Täuschungen nicht
immer ohne Erfolg geblieben. Wir finden uns deshalb veranlafst, unsere C.Verf.
Y. 25. Mai 1826 und v. 8. Febr. 1860 in Erinnerung zu bringen, wonach Schüler,
welche die Anstalt wechseln, nur auf Grund eines Abgangszeugnisses von der frü-
her besuchten Schule und zwar in der Regel wieder nur in .diejenige Klasse, in
welcher sie bis dahin crewesen, resp. in welche sie versetzt worden sind, aufgenom-
men werden dürfen, um aber die Aufrechterhaltung einer tüchtigen Zucht nicht
za erschweren und der Oberflächlichkeit in der Bildung und dem Mangel an ern-
stem Fleifse möglichst entgegenzuwirken, verordnen wir, dafs die Aufnahme in eine
lioh. Kl. auch dann nicht stattfinden darf, wenn nicht zwischen dem Abgange von
der früheren und der Aufnahme in die neue Schule eine Zeit der Privatvorberei-
tung von mindestens Va Jahre liegt.*) Bei der Aufnahme solcher Schüler, die an-
geblich nur durch Privatunterricht vorbereitet sind, werden die Dir. sich vorher
Yon der Wahrheit der Angabe zu überzeugen haben."
*) 8. Jedooh O.Verfl r. 30. Joni 1876, II. 6. S. p. 323.
Wiese, YerordnuDgen. 21
322
C. Verf. V. 30. Nov. 1860: „Das Realsohulreglm. v. 6. Oct 1859 (s. p. 89>
hat den Directoren storenge und sorgfältige Aafnahmeprüfaii^en zur Pflicht ge-
macht, ohne dabei hinsichtlich der Aufnahme von Schülern, die vorher ein Gym-
nasium besucht haben, etwas Besonderes festzusetzen. Allgemein giltige Be-
stimmungen sind darüber nicht zu treffen: es mufs vielmehr der gewissen-
haften Beurteilung der Dir. überlassen werden, was in jedem einzelnen Fall das*
Zweckmäfsigste ist. Eine Prüfung haben dieselben mit jedem zur Aufnahme an-
gemeldeten Schüler vorzunehmen*'), und dabei ihr Augenmerk ebensowohl auf
die Vorkenntnisse, welche nach aem Lehrplan der Realschule bei den ein--
zelnen Klassen vorhanden sein müssen, als auf die allgemeine geistige Ausbildung,
des Schülers zu richten. Danach werden bei der Verschiedenheit des Lehrplans
des Gymn. und der B^alschule Gymnasialschüler nur in seltenen Fällen auf einer*
Realschule um eine Klasse höher gesetzt werden können, und bei den oberen KL
wird sich in der Regel die Nothwendigkeit ergeben, sie tiefer zu setzen.*'
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Stettin v. 17. März 1874: „Es ist
in unserem Departement wiederholt vorgekommen, dafs Schüler eines Gymn.
während ihres Primacursus aus ungerechtfertigten Gründen auf ein anderes
Gymn. übergegangen sind, ohne darauf aufmerksam gemacht zu werden, dafs-
sie dann erst im 5. Semester ihres Besuches der I zur Abiturientenprufung
zugelassen werden dürfen. Dies veranlafst uns, den HH. Dir. hiermit die Vor-
schriften der Min. Verf. v. 11. Dec. 1851 zur Nachachtung in Erinnerung zu.
bringen. Auf dieselben sind bei einem beabsichtigten oder statthabenden.
Wechsel der Anstalten die betr. Primaner sowohl von dem Dir. derjenigen An-
stalt aufmerksam zu machen, welche sie verlassen, als auch von dem Dir. der
Anstalt, in welche sie aufgenommen zu werden wünschen.*^ S. Abschn. VII.
C.Verf. V. 30. Juni 1876. „In den Fällen, wo Schüler von einer
höh. Lehranstalt unmittelbar auf eine andere derselben Art übergehen, wird bei
der Bestimmung der Klasse, in welche der au&unehmende Schüler einzutreten
hat, von den Directoren (Bectoren) nicht nach gleichen Grundsätzen verfahren.
Einige Directoren (Bectoren) erkennen das Zeugnis der Schule, von welcher der
Schäer abgegangen ist, als für die ihrige giltig an, andere machen in jedem
Falle die Bestimmung der Klasse, in welche der aufzunehmende einzutreten hat,
von einer Aufoahmeprüfung abhängig, andere bringen nach Umständen das eine
oder das andere Verfahren in Anwendung. Diese Ungleichmäfsigkeit des Ver-
fahrens kann zu Unbilligkeiten in den nicht seltenen Fällen führen, in denen,
der Uebergang eines Schülers von einer Schule zu einer anderen weder durch ein Ver-
schulden des Schülers, noch durch eine Willkür der Eltern, sondern durch ander-
weite zwingende Umstände veranlafst ist; es ist daher von mehreren K. Prov.-
Schulcollegien die Begelung des Gegenstandes durch eine allgemeine Anordnung
in Anregung gebracht worden. Ausführbar ist eine solche Anordnung in Betreff
der gegenseitigen Anerkennung der Zeugnisse für diejenigen Kategorieen von
Anstalten, bei denen die Uebereinstimmung des Lehrplanes weitaus überwiegend
ist über die im Einzelnen etwa bestehenden kleinen Unterschiede, also 1) für
Gymnasien, 2) für Bealschulen 1. Ordnung und 3j fcLr die den Gymnasien und
Realschulen 1. Ordnung in den entsprechenden Klassen als gleichstehend
anerkannten Progymnasien und höheren Bürgerschulen. Eine auf diesen Bereich
der höh. Lehranstalten bezügliche allgemeine Anordnung über gleiche Geltung^
der Zeugnisse kann zugleich auf die Beseitigung unnöthiger und sachlich nicht
ausreichend begründeter Ungleichheiten aufmerksam machen.
Unter Berücksichtig^ung der über den Gegenstand von den sämtlichen
Königlichen Provinzial-SchulcoUegien abgegebenen Gutachten bestimme ich
hiemach Folgendes:
') Aaigenom»«n sind jetat die in CVert t. Ifi. Min 1883 baseiobneten Ftfle. S. p. 324.
323
1. 1. Bei der Aufnahme eines von einer anderen Schule abgegangenen
Schülers ist auTser den sonstigen gesetzlichen Erfordernissen für die Aufnahme
die Vorlegung eines ordnungsmäTsigen Abgangszeugnisses der entlassenden
Schule erforderlich.
2. Das von dem Director und dem Ordinarius der Klasse, welcher der
Schüler zuletzt angehörte, zu unterzeichnende Abgangszeugnis mufs ein Nationale
des Schülers, sowie die Bezeichnung der Dauer seines Aufenthaltes auf dieser
Schule und in der Klasse, aus welcher er abgeht, enthalten und auf^erdem über
sein sittliches Betragen, seine Aufmerksamkeit, seinen Fleifs und seine Leistungen
in den einzelnen Lehrgegenständen im Verhältnis zu der Aufgabe der betr.
Klasse genaue Auskunft in bestimmten Prädicaten geben. Auf die Bezeichnung
der Leistungen im Verhältnis zu den Forderungen der betr. Klasse darf der
Umstand, ob der Schüler auf eine andere Lehranstalt oder zu einem anderen
Berufe übergehen zu wollen erklärt, keinen Einflufs ausüben. (Die entgegen-
gesetzte Bestimmung der Ministerial-Verordnung vom 28. August 1862 — Wiese
2. Ausg. L p. 224 — wird hiermit aufgehoben).
3. Wenn in dem Abgangszeugnisse die Versetzung des Schülers in eine
höhere Klasse oder Abteilung bezeugt wird, so ist das Datum des Conferenz-
beschlusses, durch den die Versetzung erfolgt ist, anzuführen. Die blofse Er-
klärung der Beife für eine höhere Klasse, ohne dafs die wirklich erfolgte Ver-
setzung oonstatirt würde, hat keine Bedeutung.
4. Wenn das Abgangszeugnis in Betreff des sittlichen Verhaltens des
Schülers einen erheblichen Tadel ausspricht, so ist der Director der Schule, an
welcher die Aufnahme nachgesucht wird, berechtigt, dieselbe yon einer Bück-
fr^e bei der Direction der entlassenden Schule abhängig zu machen und
erforderlichen Falles sie nur bedingungsweise zuzugestehen.
5. Jedes Abgangszeugnis, auf Grund dessen die Aufnahme in eine andere
Schule erfolgt ist, ist von dem Director der aufnehmenden Schule mit dem amt-
lichen Vermerke über die erfolgte Aufnahme zu versehen.
n. 6. Schüler, welche mit einem den obigen Vorschriften entsprechenden
Abgangszeugnis versehen, von einem als vollberechtigt anerkannten Gymnasium
(bezw. Bealschule 1. 0.) unmittelbar, ohne dafs zwischen dem Abgange von der
früheren und dem Eintritte in die neue Anstalt eine Zwischenzeit von längerer
Dauer als 6Wochen eingetreten ist, auf ein anderes Gymnasium (bezw. Beal-
schule 1. 0.) übergehen, werden ohne Erfordernis einer Aufnahmeprüfung in
diejenige Klasse und Abteilung gesetzt, welcher sie zur Zeit der Aufiiahme an der
Lehranstalt, von welcher sie abgegangen sind, angehören würden. Dasselbe
gilt für den Uebergang von einem dem Gymnasium . in den entsprechenden
Klassen als gleichstehend anerkannten Progymn. und von einer der Bealschule
1. 0. in den entsprechenden Klassen als gleichstehend anerkannten höh.
Bürgerschule auf eine andere Schule derselben Kategorie.
7. Beim Uebergange von einem Progymn. (bezw. einer höh. Bürger-
schule) der in der Nr. 6 bezeichneten Kategorie auf ein Gymnasium (bezw.
eine Bealschule 1. 0.) haben für die Auftiahme in die Klassen bis einschliefslich
Secunda.die nach § 2 ausgestellten Abgangszeugnisse die gleiche Geltung, wie
die der entsprechenden Klassen eines Gymnasiums (bezw. einer Realschule 1. 0.).
Die Berechtigung zur Aufnahme in die Prima eines Gymnasiums (bezw.
einer Bealschule 1. 0.) wird nicht durch ein blof^s Abgangiszeugnis, sondern
nur durch das Zeugnis über die nach Abschlufs des gesamten Lehrcursus des
Progymnasiums (bezw. der höh. Bürgerschule) bestandene Entlassungsprüfnng
erworben.
8. Die Enüassungsprüftmg an den höh. Bürgerschulen wird gemäfs der
Unterrichts- und Prüfungsordnung vom 6. October 1869 (s. p. 83£), die
21*
B24
Enüassungsprüiiing an den Progymi^asien gpmäfs der unter dem 28. Oci 1871,
zunächst behufs der Zulassung zur Portepeeföhnrichsprüfung, erlassenen C.Yerf.
(s. Abschn. VII) abgehalten.
Für beide Entlassungsprüfungen ist die Leitung durch den Departements-
rath des betr. K. Prov.Sch.C. als Begel zu betrachten. Wenn die grofse Anzahl
der in einer Provinz auf den gleichen Termin fallenden Maturitätsprüfungen
der Gymnasien und Bealschulen die Anwesenheit des Departementsraths bei diesen
Entlassungsprüfungen unmöglich macht, so ist, falls nicht anderweite Ein-,
richtungen in Betreff der Stellvertretung getroffen sind, der Bector der betr
Anstalt mit der Stellvertretung desselben zu beauftragen, und es ist seitens des
Departementsrathes durch die Einsicht in die schriftlichen Prüfungsarbeiten
und durch Bevisionen der Schulen aufserhalb der Prüfungszeiten für die Sicher-
heit und Gleichmäfsigkeit der Prüfungen Sorge zu tragen.
9. Die Bestimmungen in den Nr. 6 und 7 finden keine Anwendung
auf die Aufnahme in Alumnate, z. E. Pforta, Joachimsthalsches Gymnasium u. a.,
bei welcher es sich nicht blofs um. Constatirung der Beife für eine bestimmte
Klasse, sondern aufserdem um die Auswahl der tüchtigsten unter den ange-
meldeten Schülern handelt.
III. 10. Wenn bei einem auf Grund der Bestimmungen von Nr. 6
und 7 in eine Klasse aufgenommenen Schüler sich innerhalb der ersten vier
Wochen zeigt, dafs er nicht die B^ife besitzt, um dem Untern in der betr. Kl.
zu folgen, und wenn diese Unreife durch einen Conferenzbeschlufs anerkannt
ist, so hat der Director den Eltern oder ihren Stellvertretern davon Kenntnis
zu geben und ihnen anheim zu stellen, in die Aufnahme des Schülers in die
nächst niedrigere Klasse einzuwilligen, widrigenfalls die Schule jede Verant-
wortlichkeit far das weitere Fortschreiten des Schülers ablehnen müsse. Den
Conferenzbeschlufs mit seiner Begründung hat der Director jedenfalls an das
vorgesetzte K. Prov.Sch.C. zu berichten. Dieses wird, falls die entlassende
Anstalt derselben Provinz angehört, nach Anhörung des betreffenden Directors
das Erforderliche veranlassen, andernfalls dem K. Prov.Sch.C. derjenigen Provinz,
welcher die entlassende Anstalt angehört, von dem Vorkommnis Mitteilung
machen." Der Minister etc. Falk.
Uebergang von Schülern der drei unteren Klassen der Beal-
gymnasien auf Gymnasien und umgekehrt. C. Verf. v. 15. März 1883.
„Die in der C.Verf. v. 31. März v. J. enthaltene Erklärung, dafs in Folge der
gegenwärtig geltenden Lehrpläne der Gymnasien u. Bealgymn. (bezw. Progymn.
u. Bealprogymn.) bis zur Versetzung nach Unter-Teitia der Uebergang von der
einen Kategorie der Schulen zu der andern unbehindert sei (s. p. 111), hat
verschiedene Auffassung erfahren. Hierdurch finde ich mich veranlafst, zur
Auslegung des angezogenen Satzes u. im Anschlüsse an die C.Verf. v. 30. Juni
1876 Folgendes zu bestimmen: Unter der Voraussetzung, dafs die in der ange-
zogenen C. Verf. V. 30. Juni 1876 insbesondere unter Nr. 1—6 getroffenen
Anordnungen eingehalten sind, berechtigt bis zur Versetzung nach Untertertia
einschliefsL das von einem Bealgymn. ausgestellte Abgangszeugnis zur Aufr
nähme in die entsprechende Kl. eines Gymnasiums, sofern in dem Urteile über
die Kenntnisse und Leistungen im Lateinischen das Prädicat „genügend*^ ohne
irgend welche Beschränkung gegeben ist. Andererseits berechtigt bis zur
Versetzung nach Untertertia einschliefsl. das von einem Gymn. ausgestellte Ab-
gangszeugnis zur Aufnahme in die entsprechende Kl. eines Bealgymnasiums,
sofern in dem Urteile über die Kenntnisse und Leistungen im Französischen
und im Bechnen (bezw. in der Mathematik) das Prädicat „genügend" ohne
irgend welche Beschränkung gegeben ist.
325
Die hiermit be74Üglich der Geltang der AbgangszengniRse der Gymn. nnd
Realgymn. getroffenen Bestimmungen finden auf die Abgangszeugnisse der
Progymnasien nnd Bealgymnasien anveränderte Anwendung."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. za Schleswig v, 27. Jani 1884.
,^s ist in letzter Zeit wiederholt vorgekommmen, dafs Schaler, welche die Yer-
setzong in eine höhere Klasse nicht erreichten, bei oder kurz vor Schlafs des
Cnrsns die Schale verliefsen, einige Monate Privatanterricht nahmen and alsdann,
sei es an derselben, sei es an einer anderen Anstalt, sich zur Prüfung behufs
Aufnahme in diejenige Klasse meldeten, far welche sie im Schulunterricht die
Reife nicht hatten erlangen können.
Wir sehen uns veranlafst, ausdrücklich festzustellen, dafs Schüler, welche
bereits eine höhere Lehranstalt besucht haben, vor Ablauf eines vollen Semesters
überhaupt nicht höher gesetzt werden dürfen, als das beizubringende Abgangs-
zeugnis besagt.
Die Herren Directoren und Rectoren wollen auf etwaige Meldungen der
oben bezeichneten Art die Petenten demgemäfs bescheiden, bezw. falls ihnen
aus besonderen Gründen eine Ausnahme zulässig erscheinen sollte, über einen
derartigen Fall unter eingehender Darlegung des Sachverhalts unsere besondere
Entscheidung einholen.'^
Controle über den ferneren Schulbesuch der aus einer höh.
Unterrichtsanstalt vor Zurücklegung des schulpflichtigen Alters
ausscheidenden Schüler. C.Yerf. der K. Prov.Sch.C. zu Münster
V. 24. Juli 1879. „Es ist zu unserer Kenntnis gekommen, dafs Schüler, die
in einer höh. Unterrichtsanstalt aufgenommen worden sind, nach längerem oder
kürzerem Besuch derselben vor Zurücklegung des schulpflichtigen
Alters aus derselben ausscheiden oder entlassen werden, ohne in eine andere
Anstalt einzutreten oder in die Elementarschule zurückzukehren. Um dieser
offenbaren Umgehung des Gesetzes, welches den Besuch einer Schule bis zum
voUendeten 14. Lebensjahre zur Pflicht macht, vorzubeugen, veranlassen wir die
Directoren (Rectoren) der höh. Lehranstalten, von jedem Falle, wo ein noch
im schulpflichtigen Alter stehender Knabe entlassen wird oder freiwillig aus-
scheidet, der Ortsschulbehörde Anzeige zu machen.*'
Erziehung und Disciplin. Eine allgemeine von der Oberauf sichts-
behorde erlassene Disciplinarordnung für die höh. Schulen besteht nicht. Eben-
sowenig haben bisher alle Prov. SchulcoU. die für ihr Aufsichtsgebiet geltenden
disciplinarischen Grundsätze in einer allgemeinen Anweisung festgestellt. Die
wichtigsten derselben sind in den Directoren-Instructionen (s. Band II) enthalten.
Bei gleichen fundamentalen Principien finden in der Ausführung unter dem Ein-
flufs localer und anderer Verhältnisse grofse Verschiedenheiten Statt. Hinzu kommt
Folgendes :
Die Erziehung und Disciplin der Schule hat ihren tieferen Grund an der
Pflege des reliinösen Sinnes und Lebens der Schüler. Dabei so wie bei Allem,
was im Unterricht, in den Einrichtungen und der gesamten Thätigkeit der Schule
durch die Gewöhnung an Gehorsam, Oninung, Pünktlichkeit, Aufmerksamkeit, Fleifs,
^te Sitte, einen erziehenden Einflufs übt, ist die Persönlichkeit der Dir. und Lehrer
von einer Wichtigkeit, welche für eine freie, von gegebenen Vorschriften unabhän-
gige Einwirkung Baum verlangt. Deshalb ist auf diesem ganzen Gebiet Vieles
zunächst dem pfiichtmäfsigen Ermessen der Prov. Aufsichtsbäiörden, und von die-
sen weiter den Directoren und Lehrercollegien überlassen. Die Grenzen der so-
mit für eine individuelle Auffassung und Behandlung der Schuldisdplin gestatte-
ten Freiheit ergeben sich aus den nachfolgenden Mitteilungen.
i
326
9. Kirchenbesuch und Schulandachten.
Eine Teilnahme der e van gel. Schüler am Gottesdienst der Kirchenge-
meinden findet nach alter Sitte unter geordneter Beteiligung der Lehrer noch
bei vielen höh. Schulen Statt Bei grofser Schülerfrequenz und unzureichender
Zahl von Kirchensitzen wechseln die fassen nach bestimmter Folge darin ab. An
einigen Anstalten nehmen die confirmirten Schüler mit den Lem'em und deren
Familien auch an der h. Gommunion in der Kirche Teil.
Min. Verf. v. 7. Oct. 1864 fan das K. Prov.Sch.C. zu Koblenz): —
„Die pädagog. Aufgabe der Schule schliefst nach ihrer religiösen Seite ohne
Zweifel auch die Erziehung zu williger Teilnahme an den Ordnungen der Kirche
in sich; weshalb darauf zu halten ist, dafs in Bezug auf Kirchenbesuch und
gemeinsame Abendmahlsfeler überall die hergebrachte gute Sitte erhalten und
gepflegt, und dafs bei neuen Anstalten eine entsprechende Ordnung angebahnt
werde. Gleichwohl kann der Kirchenbesuch und die Teilnahme an der Abend-
mahlsfeier aus pädagog. Gründen nicht ebenso wie die gewöhnlichen disciplinar.
Anordnungen behandelt und mit äufseren, Zwangsmitteln geregelt werden. Wäre
dies an sich zulässig und zweckmäfsig, so müfsten normative Bestimmungen
darüber eine gleichmäfsige Verbindlichkeit für alle Anstalten gleicher Kategorie
haben und würden doch, namentlich in gröfseren Städten, nicht durchzuführen sein.
Die Schule kann sich hierin überhaupt nur als Helferin des Hauses
ansehen, dem naturgemäfs der gröfsere Teil dieser besonderen Erziehungsaufgabe
zufällt; sie kann sich dabei weder in Widerspruch mit der elterlichen Autorität
setzen, noch dieselbe mit ihren Mitteln völlig übertragen wollen. Nur in den
Alumnaten und bei denjenigen Schülern, deren Eltern nicht am Ort der Schule
wohnen, wird sie einen weitergehenden Anspruch erheben und in den betr.
Anordnungen für die Eltern einzutreten das Becht haben.
Wo daher die am Ort der Schule wohnenden Eltern die Hülfe derselben
in dieser Beziehung ablehnen und die Sorge für den Kirchenbesuch ihrer Kinder
selbst übernehmen zu wollen erklären, kann ihnen nicht gewehrt werden. In
solchen Fällen hat die Schule bei wahrgenommener Vernachlässigiang eine
geeignete unmittelbare Einwirkung auf die Eltern dem geistlichen Amt zu über-
lassen und mufs sich vorbehalten, nachteiligen Folgen solcher den Eltern zur
Last fallenden Vernachlässigung, wenn sie sich innerhalb des eigentlichen Ge-
biets der Schule bemerklich machen, mit ihren disciplinarischen Mitteln entgegen
zu treten." —
C.Verf» des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 30. Jan. 1880.
„Im Interesse einer wirksamen religiösen Erziehung der Schuljugend liegt es,
dafs die Schule sich in geeigneter Weise mit dem kirchlichen Leben in
gegenseitig fördernder Beziehung erhalte. Die Schüler sind demgemäfs.zu
fleiTsigem Besuche des Gottesdienstes ihrer Confession anzuhalten, nicht sowohl
durch äufseren Zwang oder bindende Vorschriften, als durch eindringliche
Mahnung und anregendes Beispiel von Seiten der Lehrer. Auch ist geeigneten
Falls durch Bezugnahme der Schule auf Predigt und Gottesdienst in diesem
Sinne zu wirken. Das Kirchenjahr ist nach seiner Gliederung und inneren
Bedeutung im Beligionsunterricht nach Mafsgabe des Lectionsplanes eingehend
zu besprechen und die betr. Kenntnisse auch in den höheren Klassen präsent
zu erhalten. In den gemeinschaftlichen Schulandachten, sowie bei der Auswahl
des MemorirstofTs an Bibelstellen und Kirchenliedern ist auf die im Kirchen-
jahre bevorstehenden wichtigeren Momente und Hauptgruppen zweckmäfsige
Bücksicht zu nehmen. Auch ist regelmäfsig beim Herannahen der gröfseren
Kirchenfeste hinsichtlich des Wesens und der Bedeutung derselben diö Er-
kenntnis der Schüler durch den Beligionsunterr. in einer der betr. Klassenstufe
angemessenen Weise zu festigen und zu fördern.*^
n
327
Min. Verf. v. 22. Oci 1874 an das K. Prov.Sch.C. zn Koblenz: „Aus
^en in dem Bericht y. — angegebenen Gründen genehmige ich die Wiederher-
.^iellnng der bis zom Jahre 1852 geltend gewesenen kath. Gottesdienst-
Ordnung für die höh. Lehranstalten dortiger Provinz. Vom 1. k. M. an hat
•demgemäfs der Gottesdienst wieder an Sonn- und Feiertagen Yormitt. ans einer
Messe mit Predigt und an den Communiontagen Nachm. aus einer besonderen
Andacht zu bestehen und es ist an höchstens 2 Wochentagen eine Messe vor
dem Schulunterricht zu halten, welcher durch dieselbe selbstredend in keiner
Weise verkürzt werden darf; das LehrercoU. jeder einzelnen Anstalt hat dar-
über zu bestimmen, ob und wie oft in den angegebenen Grenzen der Gottes-
dienst in der Woche angemessen sei. In dem Convict in Emmerich und der
Bitterakademie in Bedburg kann in Bücksicht der dort bestehenden besonderen
Verhältnisse der tägl. Gottesdienst für die Convictoristen bez. Pensionäre vor-
läufig beibehalten werden. Für den Winter sind die Anstaltsdirectoren noch
besonders zu ermächtigen, wegen eintretender Witterungsverhältnisse sämtliche
.Schüler von dem Gottesdienst an Wochentagen zeitweilig zu dispensiren.
Ob die gemeinschafU. Communion an den Anstalten alle 6 oder 8
Wochen zu feiern sei, kann dem Beschlufs der LehrercolL der einzelnen An-
stalten überlassen werden, jedenfalls darf aber zur Teilnahme an derselben
und zum Beiwohnen der Andacht an den Communions-Nachmittagen ein Zwang
nicht stattfinden. Ebenso ist auch die Begleitung der Frohnleichnahms-
Procession Lehrern und Schülern nicht als obligatorisch au&uerlegen, die Teil-
nahme aber an Processionen, welche an Werktagen abgehalten werden, den
;Schülern während der Schulstunden nicht zu gestatten.
Hiemach hat das E. Prov. Seh. C. das Erforderliche an die Dir. bez.
Becioren der betr. Anstalten zu erlassen."
Min. Verf. v. 3. Nov. 1875. „Es ist zu meiner Kenntnis gekommen,
dafs zum Schlüsse der in der Begel von den Beligionslehrem celebrirten
Schulmessen höherer Lehranstalten Gebete für den Papst resp. die bedrängte
Xirche gehalten werden. Indem ich das K. Prov. Seh. C. auf die desfallsigen
in dem Centralblatt für die gesamte Unterrichts-Yerwaltang 1875 Seite 538
mitgeteilten Verfügungen der K. Begierung und des Prov. Seh. C. zu Münster
Tom 1. bezw. 11. April d. J. verweise, erwarte ich, dafs Dasselbe in Seinem
Verwaltungsbezirk jede nicht zu dem Schulgottesdienste gehörige oder gar
demonstrative Gebetseinlage gleichmäfsig beseitigen werde. Bezüglich der Aus-
führung dieser Bestimmung ist von den Directoren Bericht zu erfordern." Der
Minister etc. Falk.
Min. Verf. v. 19. Jan. 1876. „Dem K. Prov. Seh. C. erwidere ich auf
-den Bericht vom 9. Nov. v. J., dafs eine Gontrole der Schüler, wie sie an
dem Gymnasium in N. bezüglich der Teilnahme an den Sacramenten
geübt wird, unstatthaft und sonach das fernere Einfordern von Beichtzetteln
sofort abzustellen ist, da die von dem £. Prov. Seh. C. betonte Nothwendigkeit
äufserer Ordnung zu Gewissenszwang und unlauterem Scheinwesen in nicht
seltenen Fällen verfahrt hat und somit eine Schädigung wahrer Beligiosität
mit sich bringt. Dasselbe gut für die dortigen Seminaristen. Was in
meiner Verfügung vom 22. Oct 1874 über die Frohnleichnamsprocession ge-
sagt ist, trifft selbstredend alle ähnlichen kirchlichen Aufzüge. Eine in
mäfsigen Grenzen gehaltene Vorbereitung der Gymnasiasten auf die Beichte
4urch den Beligionslehrer unterliegt keinem Bedenken, wenn dabei kein Zwang
stattfindet. Dafs durch Abstellung der seither geübten äufseren Gontrole
4ie sittlich-religiöse Erziehung der Jugend und der künftigen Volksschullehrer
insbesondere einen Abbruch erfahre, kann ich um so weniger anerkennen, ala
328
nach Wegfall dieses äufseren Momentes bei einer desto intensiveren inner*
liehen Einwirknng anf Herz und Gemüth der jungen Leute, welche ich seitens
des Directors und der übrigen Lehrer erwarte, ungefärbte Beligiosität und
sittliche Gewöhnung der Schüler nur gewinnen können. Dam ach hat das
K. Prov. Seh. C. ungesäumt das Erforderliche zu veranlassen." Der Minister
etc. Falk.
üeber die Teilnahme der Lehrer an den kathol. Schul-Gottesdiensten s.
Hist. Statist. Darst in. p. 12.
Min.Verf. v. 6. Mai 1859, die jüdischen Lehrer betreffend: „Die
Annahme, welche das K. Prov. Seh. C. mit Berufung auf Art. 12 der Verfas-
sungsurk. vertritt, dafs es far jüd. Eltern, die ihre Söhne in christliche Schulen
schicken, zu den bürgerl. Pflichten gehöre, dieselben auch Sonnabends an»
Unterricht teilnehmen zu lassen, und dafs deshalb eine Dispensation der Juden
für diesen Tag nicht zu gestatten sei, kann als zutreffend nicht angesehen
werden. Die Schulverwaltung kann den Ansprüchen solcher Eltern, welche aus
religiösen Motiven ihre Söhne am Sonnabend ganz oder für die Stunden
des Gottesdienstes vom Schulbesuch entbunden zu sehen wünschen, die gebüh-
rende Berücksichtigung nicht versagen. Demgemäfs bestimme ich, dafs in
den Fällen, wo die Eltern selbst bei dem K. Prov. Seh. C. darum nachsuchen^
jüdischen Schülern die gedachte Dispensation erteilt werde; wobei erster»
darauf hinzuweisen sind, dafs die Schule keinerlei Verantwortung für die aus
derartigen Schulversäumnissen bei den betr. Schülern entstehenden Folgen
übernimmt."
Min. Verf. v. 30 Jan. 1869: „Durch die Verf. v. 6. Mai 1859 ist be-
stimmt worden, dafs in den höh. Lehranstalten jüdische Schüler, deren
Eltern es wünschen, am Sonnabend ganz oder för die Stunden des Gottes-
dienstes vom Schulbesuch entbunden werden. Mit dieser für die öffentl. höh..
Schulen des Staat? allgemein giltigen und durch die Grundsätze religiöser
Toleranz gebotenen Anordnung ist es unvereinbar, dafs jüd. Knaben, welche
die Schule Sonnabends besuchen, die geringere Berücksichtigung, sich des
Schreibens an diesem Tage enthalten zu dürfen, versagt sein soll. Thatsächlicb
wird auch, soviel hier bekannt, den jüd. Eltern, die ihre Wünsche in dieser
Beziehung gehörigen Orts zu erkennen gegeben haben, bei allen öffentl. Schulen
in Preufsen gewillfahrt, mit Ausnahme der dortigen Realschule, auf welche sich
wiederbeiliegende Beschwerde bezieht Da aber die Anwendung vorgedachter
allgemeiner Grundsätze durch Specialbestimmungen eines Patronats, sofern es
sich nicht um eine geschlossene Anstalt handelt, nicht eingeschränkt werden
kann, so kann § 3 des Statuts genannter Bealschule, wonach sie jüd. Knaben
nur unter der Bedingung aufnimmt, dafs sie auch am Sonnabend die Schul»
besuchen, schreiben und zeichnen, nicht mehr «ufrecht erhalten werden; auch
hat nach der Anfahrung des K. Prov. Seh. C. der Magistrat selbst sich für ein-
zelne Fälle das Dispensationsrecht vorbehalten.
Ich beauftrage das K. Prov. Seh. C, den Magistrat nunmehr im Sinne
des Vorstehenden zu verständigen und ihn zu veranlassen, dafs er den vorer-
wähnten § des Statut» ganz aufgebe und den Dir. ermächtige, jüd. Schüler auf
ausdrückl. Wunsch der Eltern vom Schreiben am Sonnabend zu dispensiren,.
wobei letztere gemäfs der Verf. v. 6. Mai 1859 darauf hinzuweisen sind, dafs
die Schule keine Verantwortung far die aus derartigen Versäumnissen bei den
betr. Schülern etwa hervortretenden Folgen übernimmt. Die Dir. der anderen
dortigen Schulen, so weit es noch erforderlich sein sollte, mit entsprechender
Anweisung zu versehen, bleibt dem K. Prov. Seh. C. überlassen."
329
Q-emeinsame Andachten vor Beginn des Unterrichts werden mit den
evangel. Schülern an den meisten höh. Lehranstalten täglich gehalten. Vgl. p. 162.
Sie bestehen gewöhnlich in Vorlesung einer Stelle der heil. Schrift, zu welchem
Behuf an memreren Schulen von den B^ligionslehrern Lectionarien (bisweilen auch
in den Programmen abgedruckt) zusammengestellt sind, nach denen die in be-
stimmter Reihenfolge die Andacht abhaltenden Lehrer sich richten. Meistenteils
schliefst sich an die Vorlesung des Schriftworts ein kurzes Gebet Ghoralgesang
beginnt und schliefst die Andacht. Bei vielen Schulen findet aufserdem Sonnabends
nach der letzten Vormittagslection eine gemeinsame Schlufsandacht statt, welche
der Dir. abhält und, oft im Anschlufs an das Evangelium oder die Epistel des
folgenden Sonntags, zu einer ermahnenen Ansprache an die Schüler benutzt.
10. Anordnungen zur Schuldisciplin.
Die Schulordnung der Anstalt, in der B«gel auch die wichtigsten der bei
derselben geltenden disciplinar. Bestimmungen enthaltend, wird meistenteils bei
der Aufnahme eines Schülers den Eltern desselben zur Kenntnis mitgeteilt, alt
Grundlage einer gegenseitigen Verpflichtung. An einigen Schulen wird
darüber die Unterzeichnung eines Bescheinigungsformulars verlangt, z. B. des
Inhalts :
„Die Gesetze des Gymn. zu N. sind mir mitgeteilt, und erkenne ich die-
selben auch für mein Verhältnis zu dieser Schule als bindend an."
Bei anderen ist die Schulordnung auf dem den Eltern einzuhändigenden
Lascriptionschein oder auch in dem Censurbuch abgedruckt, welches sie für ihre
Sohne erhalten, und auf dessen erster Seite sie eine derartige Erklärung unter-
schreiben :
„Ich verpflichte mich hierdurch, darauf zu halten, dafs nachstehender Schul-
(Disdplinar-) Ordnung von meinem Sohne unbedingt Folge geleistet werde."
Die nächste Unterstützung zur Durchführung der Schulordnung hat der Dir.
an den Klassenordinarien. Das Institut des Ordinariats stammt aus der SSeit^
in welcher das Fachlehrersystem in den höheren Schulen beseitigt und durch das
Klassensystem (s. p. 153 f.) ein innerer Zusammenhang der Disciplin sowie der
wissenschaftl. Anforderungen und des didaktischen Verfahrens in den einzelnen
Klassen hergestellt werden sollt«. Die C. Verf. V. 24. Oot. 1837 (s. p. 56) legt dem
Ordinariat für das Gedeihen jeder Schule den gröfsten Werth bei. Um der väter-
lichen Obhut und Pflege willen, welche daselbst den Ordinarien für ihre Klassen
zur Pflicht gemacht wird, empfehlen es einige der Directoren-Instructionen, so viel
wie möglich diejenigen Lehrer zu Ordinarien zu bestellen, welchen auch der Ke-
li|;ionsunterrricht in der Klasse anvertraut ist. An einigen evang. Anstalten ist
dies so durchgeführt, dafs jeder Ordinarius auch der Religionslehrer seiner Kl. ist.
Bei einigen Anstalten ist die in älterer Zeit bei vielen Schulen bestehende
Einrichtung wieder aufgenommen worden, dafs von dem Dir. bei der Aufnahme
eines neuen Schülers ein Lebenslauf desselben oder in tabellarischer Form ein
Nachweis seiner persönlichen Verhältnisse und seines Auf rückens durch die einzelnen
Klassen für die Dauer seines Aufenthalts auf der Schule angelegt und von den
Ordinarien durch Aufzeichnung der zu seiner Charakteristik dienenden Bemerkungen
fortgeführii wird.
Min. Verf. V. 30. Oct. 1865: — „Ew. Wohlgeb. Vorstellung v. 11. d,
M. liegt eine nicht zntrefifende Anffassnng der Disciplin arordnnng far die
höh. Lehranstalten der dortigen Provinz zu Gründe. Die Disciplinarordnnng
ist kein (besetz nnd bedarf deshalb auch nicht der far Gesetze vorgeschriebenen
Publication. Sie ist vielmehr eine Zusammenstellung der allgemeinen Bedin-
gungen, unter denen die höheren Lehranstalten die Erziehung und den Unter-
richt der ihnen anzuvertrauenden Kinder übernehmen. Diese Bedingungen fest-
zustellen, ist Sache der Anstalten, bezw. der ihnen vorgesetzten Behörden. Wer
sich den also festgestellten Bedingungen nicht unterwerfen kann und wilU
mufs gerade ebenso wie derjenige, dem das festgesetzte Schulgeld zu hoch er-
330
scheint, auf die Benutzung der Anstalten verzichten und andere Wege auhuchen,
tim seinen Kindern Unterricht und Erziehung nach eigenem Befinden zu ver-
schaffen. — Sobald feststand, dafs Sie entschlossen seien, die Bedingungen
nicht zu erfüllen, an welche die Disciplinarordnung den Besuch der Anstalt
für ihre Schüler knüpft, hatten Sie femer kein Recht mehr, Ihren Sohn diese
Schule besuchen zu lassen." —
Min. Verf. v. 29. Nov. 1876 (an die K. Regierung zu N.). „Der
Bericht der K. Regierung vom 28. Juni d. J. hat die Einwendungen nicht
entkräften können, welche gegen einige Bestimmungen der für die höh. Lehr-
anstalt zu N. von dem dortigen Magistrat und der Schuldeputation erlassenen
und von der K. Regierung unter dem 20. Mai d. J. bestätigten Schulgesetze
geltend gemacht worden sind.
Es unterliegt allerdings keinem Zweifel, dafs das Aufsichtsrecht
und die Aufsichtspflicht der Schule nicht auf den Aufenthalt der
"Schüler in dem Schulgebäude beschränkt ist, sondern das Leben der Schüler
aufserhalb der Schule mit trifft, und dafs die Eltern oder deren Stellvertreter,
welche ihren Sohn oder Pflegebefohlenen einer Schule übergeben, insoweit, als
•es der Schulzweck erfordert, derselben ein Mitbestimmungsrecht auch in der
gedachten Hinsicht übertragen. Aber die zur Rechtfertigung des in Frage ge-
:stellten ümfangs dieser Beschränkung der väterlichen Rechte von der K. Re-
gierung gemachte Bemerkung, dafs es dem Vater frei stehe, einer Schule,
deren Schulordnung ihm nicht zusagt, seinen Sohn nicht zu übergeben oder
ihn derselben wieder zu entnehmen, kann nicht für zutreffend erachtet
werden. Denn aus diesem Gesichtspunkte würde jede beliebige Beschränkung
-der väterlichen Rechte als statthaft erscheinen, wenn dieselbe auch soweit
ginge, dafs dadurch die Errichtung einer höh. Schule an einem Orte aufhörte,
•eine Wohlthat für diejenigen Eltern zu sein, in deren Literesse sie errichtet
ist. Vielmehr ist die richtige Abgrenzung zwischen den väterlichen Rechten
und denen der Schulzucht durch den Zweck der Schule bedingt und es sind
danach die Fragen, welche^fiich für die Anwendung der Schulzucht in einzel-
nen Fällen ergeben, zu entscheiden — eine Entscheidung, welche in Gremäfs-
heit des § 56. Teil ü. Titel 12 des Allgem. Landrechts der Schulaufsichts-
behörde obliegt. Dieselbe hat nicht nur in dem einzelnen Falle jede Unbillig-
keit zu beseitigen, sondern insbesondere bei Festsetzung allgemeiner Normen
darauf Bedacht zu nehmen, dafs dieselben nicht gegründeten Anlafs zur 3e-
sorgnis einer TJeberschreitung des richtigen Mafses geben. Eine derartige Be-
sorgnis mit der von der E. Regierung abgegebenen Erklärung abzuweisen, dafs
vorher eine unbillige oder unzweckmäfsige Handhabung der Normen möge
nachgewiesen werden, erscheint um so weniger zuläfsig, wenn, wie in dem an-
liegenden Falle, von der ausdrücklichen Zustimmung des Vaters zu den auf-
gestellten Normen das Verbleiben des Sohnes auf der Anstalt abhängig ge-
macht ist. Selbst der von anderer Seite geltend gemachte, unzweifelhaft
wichtige Umstand, dafs die fragliche Schulordnung nicht durch eine der An-
stalt femer stehende Behörde verfQgt, sondern von den mit den localen Ver-
hältnissen genau bekannten und für das Gedeihen der Anstalt am meisten
interessirten Organen, dem Magistrate und der Schuldeputation, entworfen ist,
giebt nur darüber Gewifsheit, dafs durch die Schulgesetze das Beste der Schule
und der Schüler beabsichtigt, aber nicht darüber, dafs überall die zweckmäfsigste
Formulirung getroffen ist. Ueber das Letztere zu wachen, ist die Aufgabe der
Schulaufsichtsbehörde. Im vorliegenden Falle ist durch einige Funkte der in
Rede stehenden Schulgesetze begründeter Anlafs zu der dagegen erhobenen
Beschwerde gegeben.
L Wenn der beanstandete § 6: „Sollte sich herausstellen, dafs eine
331
Pension foi einen Schüler nicht geeignet sei, so hat der Dirigent das
Becht und die Pflicht, die Angehörigen desselben zu veranlassen, üin in eine
andere Pension zn bringen. Im Weigerungsfälle erfolgt die Entlas-
sung des Schülers" — durch die Verweisung auf die §§ 4. 5. begründet
werden soll (§ 4. „Auswärtige Schüler dürfen nur mit Genehmigung des
Dirigenten eine. Wohnung wählen. Ebenso ist jeder Wohnungswechsel von
der Zustimmung des Dirigenten abhängig.*' § 5. „Auswärtige
Schüler werden der besonderen Aufsicht ihrer Ordinarien unterstellt")^ so
wird die £. Begierung schwerlich verkennen, dafs hierdurch nur ein Zirkel-
beweis geführt wird, da die gegen § 6 erhobene Beschwerde sich unverkennbar
zugleich gegen § 4 richtet. Vielmehr waren im § 6 die Gründe zu bezeichnen,
aus denen eine Aenderung der Pension zu fordern ist, damit hierdurch die im
§ 4 erforderte Genehmigung des Dirigenten far die Wahl der Pension ihre
bestimmte Bedeutung und Begrenzung erhalte. Auch ist im § 6 übersehen,
dafs die schwerste gegen einen Schüler zu verfügende Mafsregel, die der Ver-
weisung von der Schule, nur auf Beschlufs der Lehrerconferenz zu erfolgen
hat. Der Pflicht der Schule in Beaufsichtigung der auswärtigen Schüler und
zugleich dem Bechte der Eltern ist gleichmäfsig Bechuung getragen durch die
mit Genehmigung des Unten*. Ministeriums von dem Prov. Seh. C. zu Koblenz
unter dem 25. Jan. 1833 erlassene C. Verf. (s. p. 348), welche anderen Ver-
fügungen über denselben Gegenstand zum Vorbilde gedient hat. Dem ent-
sprechend ist § 6 der fraglichen Schulgesetze in folgender Weise zu ändern:
„Falls sich nach dem Urteile der Lehrerconferenz herausstellt, dafs
eine Pension auf das sittliche Verhalten oder den Fleifs eines Schülers
nachteilig einwirkt, so hat der Dirigent das Becht und die Pflicht, von
den Eltern des Schülers oder den Stellvertretern derselben eine Aenderung
der Pension innerhalb einer nach den Umständen zu bemessenden Frist
zu verlangen.
Sollte hierüber eine Verständigung mit den letzteren nicht zu er-
reichen sein, so kann auf Beschlufs der Lehrerconferenz die Entlassung
des Schülers erfolgen."
2. Zu der in § 9 ausgesprochenen Forderung: „Will ein Schüler,
ohne Lehrstunden zu versäumen, über Nacht aus der Stadt sich entfernen, so
ist dazu die Genehmigung des Ordinarius und des Dirigenten erforderlich"
hat die Schule gegenüber denjenigen Schülern, die bei ihren Eltern wohnen
und unter deren Aufeicht stehen, keine Berechtigung und es ist diese Forde-
rung auf die auswärtigen Schüler zu beschränken. Uebrigens ist zu er-
wägen, ob die Verbindung von zwei Instanzen für die einzuholende Erlaubnis
notiiwendig und nicht vielmehr die Beschränkung auf eine derselben, den Ordi-
narius oder den Director, zweckmäfsiger ist.
3. Der Unterschied der Aufsicht, welche die Schule über auswärtige
und welche sie über die ortsangehörigen, bei ihren Eltern wohnenden Schüler
zu üben hat, ist femer in dem Satze des § 15 unbeachtet gelassen: „Theater
und BäUe dürfen nur mit Erlaubnis des Ordinarius und Dirigenten besucht
werden." Auch sind unter dem Namen Bälle jedenfalls nur Öffentliche
Bälle, nicht etwa Tanzvergnügen in einer Familie verstanden, und es war dies
in der Fassung des Paragraphen ausdrücklich zu bezeichnen. Der fragliche
Satz ist hiemach durch folgenden zu ersetzen:
„Die einheimischen, bei ihren Eltern wohnenden Schüler dürfen
Theater nur mit deren Erlaubnis, öffentliche Bälle nur in Begleitung
ihrer Eltem oder der Stellvertreter derselben besuchen; die auswärtigen
Schüler bedürfen in beiden Fällen der vorgängigen Erlaubnis des Ordinarius
(oder des Dirigenten)."
332
4. Dafs Schüler znr Erteilung von entgeltlichem Privatunter-
richt (§ 17) die Erlaubnis der Schule* (d. h. ihres Ordinarius oder des Di-
rectors) einzuholen haben, ist in der Ordnung und steht mit den für den
Privatunterricht geltenden Bestimmungen im Einklänge. Dagegen können
Eltern, wenn sie ihren Söhnen in Gegenständen, welche nicht im Schulunter^
richte begriffen sind, Privatunterricht wollen erteilen lassen, nicht an die Ge-
nehmigung der Schule gebunden werden; und selbst für einen Privatunterricht
in Schulgegenständen kann nicht gefordert werden, dafs Eltern die Erlaubnis
der Schule nachsuchen, sondern es ist ihnen nur zu empfehlen, dafs sie sich
bei einem solchen Vorhaben mit dem Ordinarius ihrer Söhne ins Einvernehmen
setzen. Es ist im Allgemeinen zu erwarten, dafs ein besonnener Bath seitens
des Ordinarius bei den Eltern Beachtung findet, während die unberechtigte
Forderung, dafs die Erlaubnis der Schule müsse eingeholt werden, wahrschein-
lich nur zu täuschender, schwer zu constatirender Umgehung führen wird.
Hiemach ist statt des § 17 : „Schüler, welche Privatunterricht zu nehmen
oder zu erteilen beabsichtigen, bedürfen dazu der Genehmigung des Ordinarius
und des Dirigenten*' zu setzen:
„Schüler, welche entgeltlichen Privatunterricht zu erteilen beabsich-
tigen, bedürfen dazu der Erlaubnis des Ordinarius.
Wenn Eltern oder deren Stellvertreter ihren Söhnen oder Pflege-
befohlenen wollen in Lehrgegenständen der Schule Privatunterricht erteilen
lassen, so wird ihnen empfohlen, vorher mit dem Ordinarius derselben
darüber Rücksprache zu nehmen.**
Die K. Regierung veranlasse ich, die Schulgesetze far die höhere Lehr-
anstalt in N. nach den obigen Weisungen zu ändern und von der neuen Re-
daction seiner Zeit eine Abschrift mir einzusenden. Bis dies geschehen ist,
darf die Drohung, dafs diejenigen Schüler von der Anstalt entfernt werden
sollen, deren Eltern sich weigern, die Schulgesetze zu unterschreiben, nicht
zur Ausfahrun^ gebracht werden.** Der Minister etc. Falk.
C.Verf. desK.Prov.Sch.Con.zuMagdeburgv.il. Febr. 1875: —
,Jm Anschlufs an unsere Verf. v. 2. Mai 1867 (s, weiterhin bei den Schul-
strafen, Abteil. 13) verordnen wir Folgendes als Directiv für die von den einzelnen
Anstalten zu treffenden Mafsregeln:
1. Zur Regelung des Verhältnisses zwischen Schule und Haus
und zur Aufklärung der Eltern der Schüler über die Anforderungen, welche
die Schule an das Verhalten ihrer Schüler stellt, dienen zweckmäfsig die soge-
nannten Schulgesetze oder Schulordnungen, welche, nachdem sie vom
Lehrercoll. entworfen und von uns bestätigt worden sind, gedruckt und den
Eltern oder Vormündern der Schüler eingehändigt und von denselben durch ihre
Unterschrift anerkannt werden. Wo solche Schulgesetze noch nicht vorhanden
sind, oder wo dieselben veraltet und einer Revision bedürftig sind, sind die-
selben zu entwerfen resp. zu erneuern. Wir enthalten uns weiterer Rathschläg©
in Betreff der ; Abfassung solcher Schulordnungen, da Muster far dieselben
überall leicht zugänglich sind. 2. Da die auswärt. Schüler in höherem
Grade als die einheimischen der Schule zur Erziehung anvertraut sind und
die Schule bei denselben einen bedeutenden Teil der elterlichen Rechte und
Pflichten übernimmt, so mufs sie auch die Mittel haben, diese Stellung zu be-
haupten. Sie hat deshalb nicht allein auf die Gründung von Bürgschaft bie-
tenden Pensionaten hinzuwirken und die Eltern so viel als möglich bei der
Wahl derselben zu berathen — eine Sache, welche wir den Dir. dringend ans
Herz legen, — sondern sie hat auch a) gemäfs der Min. Verf. v. 31. Juli
1824 resp. 9. März 1843 (s. unten, p. 347) in Betreff der W|^l und des
333
Wechsels der Wohnung auswärtiger Schüler ihre Einwilligung sich vorzube-
halten und bei ungeeigneten Wahlen dieselbe zu verweigern; bj sie hat
das tagliche Leben der Schüler durch eine vorgeschriebene Ordnung der Zeit-
einteilung zu regeln, und cj die Ausfuhrung dieser Vorschrift sowie das
häusl. Leben der auswärt. Schüler durch geeignete und geordnete Beaufsichti-
gung seitens der Lehrer zu überwachen. Die näheren Modalitäten dieser
Beaufsichtigung mögen dem nach localen Verhältnissen verschiedener Erwä-
gung Baum gebenden Beschlufs eines jeden CoUegiums überlassen bleiben;
dafs aber die Beaufsichtigung den oben angegebenen allgemeinen Grundzügeu
gemäfs in irgend einer Form stattfinde, halten wir für eine der dringendsten
und heiligsten Pflichten des Lehrerstandes, deren Verabsäumuug die höheren
Schulen üires pädagog. Charakters nahezu entkleiden würde. Wo also solche
geordnete Beaufsichtigung der auswärt. Schüler etwa noch nicht stattfindet,
ist sie einzurichten. Das ideale Ziel, welchem in dieser Beziehung zuzustreben
ist, obgleich es nicht überall und nicht bei allen Schülern erreichbar zu sein
scheint, ist jenes dauernde Vertrauensverhältnis der einzelnen auswärt. Schüler und
ihrer Eltern zu einzelnen Lehrern, welches man mit dem Ausdruck der Tutel
zu bezeichnen pflegt. Läfst sich dasselbe nicht durch Verordnungen ins Leben
rufen, so verdienen doch die hier und da vorhandenen Keime und Versuche
sorgfältige Pdege. Neben oder anstatt der Tutel kann die Beaufsichtigung
der fremden Schüler in verschiedener Weise, entweder durch die Klassen-
Ordinarien oder durch Verteilung der Schüler nach den Stadtquartieren, in
denen sie wohnen, u. dgl. geübt werden. Wir erwarten im nächsten Verwal-
tongsbericht eine eingehende Angabe hierüber.
3. In Betreff des Betragens der Schüler, einheimischer wie auswärti-
ger, aufserhalb der Schule, soweit es an die Oeffentlichkeit tritt, haben
die Schulordnungen zu fordern, dafs Alles vermieden werde, was den Schüler
zur Selbstüberhebung veranlafst und seine Sittlichkeit in Gefahr bringt. Dem-
gemäfs sind insbesondere als verboten zu bezeichnen: a) Benommisti-
sches Auftreten und auffällige Trachten (hierbei wird die Bestimmung
dessen, was renommistisch und auffällig, oder was in dieser Beziehung zulässig
sei, dem Tacte der Lehrercoll. überlassen werden können, welches der Orts-
sitte gebührend Bechnung tragen wird). b) Der Besuch von Wirths-
häusern und Kestaurationen innerhalb des Schulortes und dessen nächster
Umgebung aufser in Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter. (Von
den in diesem Punkt hie und da gestatteten Ausnahmen ist die Erlaubnis des
Besuches bestimmt bezeichneter Garteniocale in der Nähe des Schulortes wäh-
rend des Sommers zulässig; die ebenfalls hie und da erteilte Erlaubnis des
Besuches gewisser Bestaurationen innerhalb der Stadt und während des ganzen
Jahres ist unzulässig und zurückzunehmen.) c) Das Tabakrauchen in
der Oeffentlichkeit und in Gegenwart von Lehrern. (Dafs hiervon „mit aus-
drücklicher Erlaubnis des gegenwärtigen Lehrers*^ Ausnahmen gemacht werden,
können wir als zulässig nicht anerkennen. Solche Connivenzen sind daher in
Zukunft zu unterlassen.) d) Alle in Nachahmung studentischer Formen
oder sonst wie zu ungehörigen Zwecken gebildeter Gesellschaften, sowie jede
andere Schülervereinigung oder Teilnahme an Vereinen, welche dem
Dir. nicht vorher angezeigt und von demselben gebilligt worden ist. — In
wieweit in Betreff der Erlaubnis zum Besuche von Bällen, Theater und öffentl.
Vergnügungen zwischen einheim. und auswärt. Schülern zu unterscheiden ist,
mag der Beurteilung der einzelnen Lehrercoll. überlassen bleiben.'^
Disciplinarordnung für die höheren Lehranstalten der
Provinz Westfalen v. 19. April 1879. ' L Aufnahme. § L Die Auf-
nahme neuer Schüler in eine höh. Lehranstalt der Provinz erfolgt nur zu Ostern
i
334
auf Grand eines Abgangszeugnisses der zuletzt besachten Schale, bezw. eines
beglaubigten Zeugnisses über etwaigen Privatunterricht, und einer Frofong
seitens des Directors (Rectors) oder der von diesem damit beauftragten Lehrer.
Aufserdem ist ein Impfschein, bezw. ein Attest über die wiederholte Impfung
beizubringen. Schüler, die von anderen staatlich anerkannten höh. Unterrichts-
anstalten kommen, werden ohne Prüfung nach Mafsgabe ihres Abgangszeugnisses
in die betreffende Klasse aufgenommen. Die Aufnahme von Schülern aufser-
halb des Ostertermins bleibt dem pflichtmäfsigen Ermessen der Directoren
(Bectoren) überlassen, welche in zweifelhaften Fällen die Genehmigung des
Provinzial-SchulcoUegiums einzuholen haben. § 2. In der Sexta werden nur
Schüler nach zurückgelegtem neuntem Lebensjahre aufgenommen. Die Directoren
(Bectoren) der höh. Schulen sind ermächtigt, ausreichend vorbereitete Knaben
in Sexta aufzunehmen, wenn höchstens sechs Monate an dem erforderlichen
Lebensalter fehlen. Dieselben Bedingungen gelten für die Versetzung aus-
der Vorschule in die Sexta. — Weiter gehende Ausnahmen bedürfen der Ge-
nehmigung des Königlichen Provinzial-SchulcoUegiums. § 3. Bei der Auf-
nahme haben die Eltern resp. die Stellvertreter derselben eine Erklärung zu
unterzeichnen, durch welche sie sich und ihre Söhne resp. Pflegebefohlenen
zur Beobachtung der Schulgesetze verpflichten.
U. Schulgesetze. A. Das Verhalten der Schüler im Allgemeinen.
§ 4. Jedem Lehrer ist der Schüler Gehorsam und Ehrerbietung schuldig, und
insbesondere hat er den Weisungen seines Ordinarius als seines nächsten Be-
rathers Folge zu leisten. § 5. Jeder Schüler hat in einem reinlichen und
anständigen Anzüge zu erscheinen und alles Autfallende in seinem Aeufsern
zu vermeiden. § 6. Gegen seine Mitschüler mufs jeder ein gefälliges und
friedfertiges Betragen zeigen; namentlich sind alle Ungebührlichkeiten gegen
neu eintretende Schüler strenge verboten. Bei etwaigen Beleidigungen und
Kränkungen hat sich der Schüler an seinen Ordinarius zu wenden. § 7. Aus-
wärtige Schüler dürfen nur in solchen Wohnungen oder Pensionen untergebracht
werden, gegen deren Wahl der Director (Bector) der Anstalt nichts einzuwenden
hat. Stellt sich nach dem Urteile der Lehrerconferenz heraus, dafs die gewählte
Pension oder Wohnung auf das sittliche Verhalten oder den Fleifs eines Schülers
nachteilig einwirkt, so hat der Director (Bector) das Becht und die Pflicht,
von den Eltern oder deren Stellvertretern eine Aenderung der Pension oder
Wohnung innerhalb einer nach den Umständen zu bemessenden Frist zu ver-
langen. Sollte hierüber eine Verständigung nicht zu erreichen sein, so kann
auf Beschlufs der Lehrerconferenz die Entlassung des Schülers erfolgen.
B. Das Verhalten des Schülers in der Schule. § 8. Jeder Schüler
hat an allen Unterrichtsgegenständen Teil zu nehmen. Das Becht, von einzelnen
derselben auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen zu dispensiren, steht ledig-
lich dem Director (Bector) zu. § 9. Jeder Schüler hat sich höchstens eine
Viertelstunde vor dem Anfange der Schulstunden in der Schule einzufinden
und seinen bestimmten Platz einzunehmen, so wie nach SchluTs des Unterrichts
das Schulgebäude ohne Verzug zu verlassen. § 10. Wenn ein Schüler durch
Krankheit verhindert wird, die Schule zu besuchen, so mufs hiervon dem Ordi-
narius rechtzeitig mit Angabe des Grundes Anzeige gemacht werden. Beim
Wiedereintritt in die Schule hat der Schüler auf Erfordern dem Ordinarius und
jedem Lehrer, in dessen Stunden er gefehlt hat, eine schriftliche von seinen
Eltern oder deren Stellvertretern unterzeichnete Entschuldigung vorzulegen.
§ 11. Zur Dispensation vom Schulbesuche bedarf es für einzelne Stunden der
Erlaubnis des Ordinarius, für einen oder mehrere Tage derjenigen des Directors
(Bectors). § 12. Wer das Schulgebäude, die Geräthe, Unterrichtsmittel u. s. w.
beschädigt oder entstellt, wird bestraft und hat aufserdem den angerichteten
335
Schaden za ersetzen. § 13. Die am Schlosse bestimmter Abschnitte de»
Schn^ahres erhaltenen Censnren haben die Schaler am ersten Tage des wieder-
beginnenden Unterrichts, mit der Namensanterschrift des Vaters oder dessen
Stellvertreters versehen, dem Ordinarius ihrer Klasse vorzulegen. § 14. Geld-
Sammlungen in der Klasse zu irgend einem Zwecke sind nur mit Genehmigung*
des K. Prov.Sch.C. gestattet.
C. Das Verhalten des Schülers aufserhalb der Schule. § 15. Jeder
Schuler hat den Anordnungen der Schule in Betreff des Kirchenbesuchs bezw.
der herkömmlichen Morgenandachten pünktlich Folge zu leisten. § 16. Auf
dem Wege zur Schule und zurück hat der Schüler jeden unnOthigen Aufenthalt
zu vermeiden und sich ruhig und anständig zu betragen. § 17. Wenn von
Seiten der Schule Anordnungen getroffen worden sind über die Arbeits- und
Erholungszeit, so wie über die Zei^ über welche hinaus des Abends die Wohnung
nur im Auftrage der Eltern oder deren Stellvertreter oder mit Erlaubnis des
Ordinarius verlassen werden darf, so hat der Schüler diesen Anordnungen pünkt-
lich nachzukommen. § 18. Untersagt ist: a) das Tabakrauchen den Schülern
der vier unteren Klassen unbedingt, denen der beiden oberen Klassen das
Bauchen auf den Strafsen, Promenaden und in öffentlichen Localen; b) jede
lärmende und die Leidenschafb des Spielens und Trinkens nährende Zusammen-
kunft in und aufserhalb der Wohnung; c) der Besuch von Wirthshäusem,
Conditoreien und ähnlichen öffentlichen Localen, mit Ausnahme derjenigen, die
etwa von der Schule selbst zugelassen sind, ohne Begleitung und Aufsicht von
Angehörigen; d) den einheimischen, bei ihren Eltern wohnenden Schülern der
Besuch von Concerten und Theatern ohne Erlaubnis der ersteren, die Teilnahme
an öffentlichen Bällen ohne Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter.
Die auswärtigen Schüler bedürfen in beiden Fällen der vorgängigen Erlaubnis
des Ordinarius oder des Directors (Bectors); e) der Besuch der öffentlichen
Gerichtsverhandlungen und Volksversammlungen; f) die Benutzung von Leih-
bibliotheken, selbstständiges Abonnement auf Zeitungen und Zeitschriften, die
Veröffentlichung eigener litterarischer Productionen; g) jede Verbindung der
Schüler unter sich und mit anderen, deren Zweck dem Director (Rector) nicht
angezeigt und von demselben gebilligt ist; h) die Beherbergung fremder Per-
sonen ohne Erlaubnis des Ordinarius und des Directors (Rectors).
in. Strafen. § 19. Wie die verschiedenen Vergehen an sich eine
Stufenreihe in Hinsicht der Strafbarkeit bilden, so können dieselben Vergehen
wegen der sie begleitenden Umstände in verschiedenem Grade strafbar erscheinen.^
Als besonders strafwürdig werden hervorgehoben die Verletzung der Wahr-
haftigkeit und der guten Sitte. § 20. Nach dem Grade der Vergehen werden
die Strafen in folgender Reihenfolge erteilt: Zu den leichteren Strafen ge-
hör«i: Erinnerungen, Verweise, die entweder abgesondert oder in Gegen-
wart der Klasse von dem Ordinarius oder dem Director gegeben werden, tadelnde
Bemerkungen im Klassenbuche, endlich Mitteilungen an die Eltern
oder deren Stellvertreter. § 21. Wenn die im § 20 erwähnten leichteren Strafen
keinen Erfolg haben, so tritt Schularrest unter Aufsicht oder in geeignetea
Fällen ein Verweis vor der Conferenz oder Carcerstraf e bis zu 4 Stunden
an einem Tage ein, letztere beiden Strafen nach Beschlufs der Conferenz.
Körperliche Züchtigung kann bei Ausbrüchen von Roheit und bei offener
Widersetzlichkeit an Schülern der drei unteren Klassen ausnahmsweise zur An-
Wendung gebracht werden, es hat jedoch der betr. Lehrer dem Director (Rector)
sofort oder spätestens noch an demselben Tage von der erfolgten Züchtigung-
Anzeige zu machen. § 22. Schwere Strafen sind: 1) Die Androhung-
der Entfernung. Diese besteht darin, dafs zu der sonst verwirkten Strafe-
die Benachrichtigung an die Elteni oder deren Stellvertreter hinzugefügt wirdy
336
dafs den bestraften Schüler bei dem nächsten erheblichen Vergehen die Ans-
schliefsung treffen werde. 2) Die Aasschliefsang. Diese tritt aofser dem
Falle sab 1 ein, wenn ein so schweres Vergehen begangen worden ist, dafs
die vorher angeführten Zachtr and Besserangsmittel nicht aasreichend erscheinen
oder wenn das Beispiel and der Umgang eines Schülers seinen Mitschülern
gefährlich wird. 3) DieVerweisang, darch welche der betr. Schüler auch
von anderen höh. Lehranstalten der Provinz aasgeschlossen wird. Die Yer-
weisang wird nar in aufserordentlichen Fällen nach vorheriger Genehmigung
des Provinzial-Schalcollegiams aasgesprochen, wenn die Vergehen von so grofser
Bösartigkeit and sittlicher Verwahrlosung zengen, dafs es bedenklich erscheinen
mafs, dem betr. Schüler die Aufnahme in eine andere Anstalt zn gestatten.
Androhung der Entfernung, Ausschliefsung und Verweisung werden
nur durch Conferenzbeschlufs verhängt, und ist die Verweisung nicht eher
auszusprechen, als die Genehmigung des Beschlusses durch das Prov. Seh. C.
erfolgt ist.
IV. Abgang von der Schale. §23. Solche Schüler der vier untern
Klassen bis Untertertia einschliefslich, welche nach dem reiflichen und gewissen-
haften einstimmigen Urteil sämtlicher Lehrer aller Bemühungen ungeachtet sich
zu den Studien nicht eignen und wegen Mangels an Fähigkeit und Fleifs, nach-
dem sie zwei Jahre in einer Klasse gesessen haben doch zar Versetzung in die
nächstfolgende höhere Klasse nicht für reif erklärt werden können, soUen aas
der Anstalt entlassen werden, nachdem den Eltern, Vormündern oder sonstigen
Angehörigen derselben mindestens ein Vierteljahr zuvor Nachricht gegeben ist.
§ 24. Ein Schüler, der nach Wunsch seiner Eltern oder deren Stellvertreter
die Lehranstalt verlassen soll, ist von denselben vor Beginn des nenen Schnl-
quartals schriftlich oder mündlich abzumelden. Wird diese Abmeldung unter-
lassen, so bleibt er in dem Verzeichnisse der Schüler und hat für den nächsten
Termin das Schulgeld zu bezahlen. Die wirkliche Entlassung kann nicht er-
folgen und das Abgangszeugnis nicht ausgehändigt werden, wenn der Schüler
nicht nachweist, dafs er seine Verpflichtungen gegen die Schulkasse and sonstige
Obliegenheiten, wohin auch die Bückgabe der etwa aus der Bibliothek ent-
nommenen Bücher und anderer entliehener Unterrichtsmittel gehört, erfüllt hat.
§ 25. Allgemeine Bestimmung. Gegenwärtige, von dem K. Ministerium der
geisU. etc. Angel, mittels Erlafs vom 8. April c. genehmigte Disciplinarordnung
tritt bei den einzelnen Anstalten von dem Tage ihrer Bekanntmachung an in
Kraft und Wirksamkeit. Jede Anstalt kann derselben, mit unserer Genehmigung,
noch zusätzliche Bestimmungen nach der besonderen Oertlichkeit anfügen.*'
Königliches Provinzial-SchulcoUegium.
C. Verf. des K. Prov. Seh. zu Königsberg v. 27. März 1869:
„Mehrfache Vorkommnisse der letzten Zeit haben von Neuem die Gefahren dar-
gelegt, welche den Zöglingen unserer Bildungsanstalten aus dem unerlaubten
Besuch von Wirthshäusern und aus der Teilnahme an Trinkgelagen
erwachsen. Es bedarf für die Lehrercollegien keiner näheren Erörterung des
Schadens, welcher durch derartige Vergehen der gesamten geistigen und sittl.
Entwickelang der Jugend zugefügt wird. Da wir indefs leider Grund zu der
Annahme haben, dafs ein Teil des gröfseren Publikums das Verderbliche dieser
Ausschreitungen nicht genügend würdigt, um auch seinerseits zur Verhütung der-
selben beizutragen, so fordern wir die HH. Dir. und Lehrer auf, mit aller Auf-
merksamkeit nicht nur die vorkommenden Vergehen dieser Art zu verfolgen und
zu bestrafen, sondern denselben namentl. durch geeignete Ermahnungen und
durch Erweckung einer sittlichen und ehrenhaften Sinnesweise unter den Schülern
vorzubeugen. Aufserdem ist der Beistand der Ortspolizei unnachsichtig gegen
diejenigen Inhaber öffentlicher Locale in Anspruch zu nehmen, welche der ge*
dachten Neigung einzelner Schüler strafbaren Vorschub leisten."
337
Desgleichen: Königsberg, den 3. Jan. 1876: „Einige Disciplinar-
Me der leteten Zeit veranlaesen uns, den Herren Directoren und Bectoren nnsere
gegen den Wirthshansbesnch der Schüler gerichtete Yerfngong vom 27. Mto 1869
in Erinnerong za bringen. Nach den eingehenden Jahresberichten dürfen wir
uns allerdings der Erwartung hingeben, dafs das bezeichnete üebel von dem
Lehrercollegiom sorgfältig überwacht nnd behandelt wird. Je besorglicher aber
der Einflofk ist, welchen die in den letzten Jahren merklich gestiegene allge-
meine GenoiGssacht auf unsere Jugend ausübt, um so mehr wfichst die Yer-
pflichtong der Schule, den g^^ofsen und unheilbringenden Gefahren, welche der
geistigen und sittlichen Entwickelung unserer Zöglinge durch die immer wieder
uftanchende Neigung zum Wirthshausbesuch und zur Teilnähme an Trinkge-
lagen bereitet werden, in der nachhaltigsten Weise, und zwar nicht nur durch
B^kafung der einzelnen Vergehen, sondern mehr noch durch den Ernst der
aDgemeinen Schulzucht, durch Kräftigung des Pflichtgefühls u. durch Belebung
des wissenschaftlichen Sinnes zu begegnen.^
C. Verf. des K. Frov. Seh. C. zu Kiel ▼. 7. Dec. 1869: „Nachdem
in Betreff des Wirthshausbesuchs der Schüler die Berichte sämtlicher
HH. Dir. eingereicht sind, deren Wahrnehmungen und Gutachten sehr weit aus
einander gehen, beschränken wir uns einstweilen auf folgende im Wesentlichen
dem bisher beobachteten Verfahren entsprechende Bestimmungen, deren Befolgung
zur Wahrung der Sittlichkeit und zur Förderung des FleiTses auf den höh. Lehr-
anstalten unumgänglich nöth wendig ist: «
1. Den Schülern der unteren und mittl. Kl. (VI—- lU incL) ist der Be-
such von Wirthshäusem, aufser in Begleitung ihrer Eltern oder Ffleger, nicht zu
erlauben. 2. Den Frimanem, und wo die Verhältnisse es zulassen, auch den
Secundanem, darf nach dem Ermessen des Dir. und des LehrercoU. der Aufenir
halt in einzelnen namhaft zu machenden Vergnügungslocalen, die in gutem Hufe
stehen und von gebildeter Gesellschaft besucht werden, auch ohne Begleitung
der Eltern oder Ffleger auf Widerruf gestattet werden, jedoch im Sonmier nicht
länger als bis 9 Uhr Abends, im Winter nicht länger als bis 8 Uhr Abends.
3. Die an einigen Orten bestehende Sitte, den Schülern einzelne Abende all-
wöchentL oder aUmonatl. oder in gröfseren Zwischenräumen zum Zusammensein
in einem Wirtbshause zu überlassen, ist aufisuheben.
Nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des LehrercoU. und in der Begel nur
in Anwesenheit des Dir. oder eines Lehrers der Anstalt, dürfen dergleichen Ver-
sammlungen ausnahmsweise stattfinden.^*
'Erlafs des K« 0 Präsidiums zu Breslau vom 8. Juli 1824,
repüblicirt 16. Nov. 1871: „Die Erhaltung eines wohlgeordneten, einfachen
^ stillen Lebens unter den Schülern der höh. Unlerrichtsanstalten ist so
.Ichtig für deren ganze wissenschaftl. und sittliche Ausbildung, dafs es eine
ernste Pflicht aller Verwaltungsbehörden an den Orten, wo sich Gymnasien und
höh. Stadtschulen befinden, ist, auch ihrerseits den Bemühungen der Vorsteher
und Lehrer dabei zu Hülfe zu kommen. Einer der wesentlichsten Funkte,
welcher ihre vorzügliche Aufmerksamkeit verdient, ist das Besuchen der
Wirths- und Schankhäuser durch die Schüler jener Anstalten, ohne alle
Aufsicht nnd oft sogar zu gröfseren, lärmenden Gesellschaften vereinigt
Obwohl dieser Mifsbrauch schon von Seiten der Schulen durch die Disciplinar-
gesetze verboten ist, so ist die Controle der Lehrer allein doch meistenteils
nicht hinreichend, sondern es ist die Mitwirkung der Polizeibehörden noth-
wendig. Diese werden es sich daher angelegen sein lassen, nicht nur solche
GeseUschaften, wo sie sich finden sollten, zu stören, sondern, wozu sie hier-
durch autorisirt werden, allen Wirthen und Inhabern von Schank- und Wirths-
Wieie, Y«roidniing«n. 22
336
dafs den bestraften Schüler bei dem nächsten erheblichen Vergehen die Aus-
schliefsung treffen werde. 2) Die Ansschliefsung. Diese tritt anfser dem
Falle sab 1 ein, wenn ein so schweres Vergehen begangen worden ist, dafs
die vorher angeführten Zucht- und Besserungsmittel nicht ausreichend erscheinen
oder wenn das Beispiel und der Umgang eines Schülers seinen Mitschülern
gefährlich wird. 3) Die Verweisung, durch welche der betr. Schüler auch
von anderen höh. Lehranstalten der Provinz ausgeschlossen wird. Die Ver-
weisung wird nur in aufserordentlichen Fällen nach vorheriger Genehmigung
des Provinzial-Schulcollegiums ausgesprochen, wenn die Vergehen von so grofser
Bösartigkeit und sittlicher Verwahrlosung zeugen, dafs es bedenklich erscheinen
mufs, dem betr. Schüler die Aufnahme in eine andere Anstalt zu gestatten.
Androhung der Entfernung, Ausschliefsung und Verweisung werden
nur durch Conferenzbeschlufs verhängt, und ist die Verweisung nicht eher
auszusprechen, als die Genehmigung des Beschlusses durch das Prov. Seh. C.
erfolgt ist.
IV. Abgang von der Schule. §23. Solche Schüler der vier untern
Klassen bis Untertertia einschliefslich, welche nach dem reiflichen und gewissen-
haften einstimmigen Urteil sämtlicher Lehrer aller Bemühungen ungeachtet sich
zu den Studien nicht eignen und wegen Mangels an Fähigkeit und Fleifs, nach-
dem sie zwei Jahre in einer Klasse gesessen haben doch zur Versetzung in die
nächstfolgende höhere Klasse nicht für reif erklärt werden können, sollen aus
der Anstalt entlassen werden, nachdem den Eltern, Vormündern oder sonstigen
Angehörigen derselben mindestens ein Vierteljahr zuvor Nachricht gegeben ist.
§ 24. Ein Schüler, der nach Wunsch seiner Eltern oder deren Stellvertreter
die Lehranstalt verlassen soll, ist von denselben vor Beginn des neuen Schul-
quartals schriftlich oder mündlich abzumelden. Wird diese Abmeldung unter-
lassen, so bleibt er in dem Verzeichnisse der Schüler und hat für den nächsten
Termin das Schulgeld zu bezahlen. Die wirkliche Entlassung kann nicht er-
folgen und das Abgangszeugnis nicht ausgehändigt werden, wenn der Schüler
nicht nachweist, dafs er seine Verpflichtungen gegen die Schulkasse und sonstige
Obliegenheiten, wohin auch die Bückgabe der etwa aus der Bibliothek ent-
nommenen Bücher und anderer entliehener Unterrichtsmittel gehört, erfüllt hat.
§ 25. Allgemeine Bestimmung. Gegenwärtige, von dem K. Ministerium der
geistl. etc. Angel, mittels Erlafs vom 8. April c. genehmigte Dlsciplinarordnung
&itt bei den einzelnen Anstalten von dem Tage ihrer Bekanntmachung an in
Kraft und Wirksamkeit. Jede Anstalt kann derselben, mit unserer Genehmigung,
noch zusätzliche Bestimmungen nach der besonderen Oertlichkeit anfügen."
Königliches Provinzial-Schulcollegium.
C. Verf. des K. Prov. Seh. zu Königsberg v. 27. März 1869:
„Mehrfache Vorkommnisse der letzten Zeit haben von Neuem die Gefahren dar-
gelegt, welche den Zöglingen unserer Bildungsanstalten aus dem uiierlaubten
Besuch von Wirthshäusern und aus der Teilnahme an Trinkgelagen
erwachsen. Es bedarf für die LehrercoUegien keiner näheren Erörterung des
Schadens, welcher durch derartige Vergehen der gesamten geistigen und sittl.
Entwickelung der Jugend zugefügt wird. Da wir indefs leider Grund zu der
Annahme haben, dafs ein Teil des gröfseren Publikums das Verderbliche dieser
Ausschreitungen nicht genügend würdigt, um auch seinerseits zur Verhütung der-
selben beizu&agen, so fordern wir die HH. Dir. und Lehrer auf, mit aller Auf-
merksamkeit nicht nur die vorkommenden Vergehen dieser Art zu verfolgen und
zu bestrafen, sondern denselben namentl. durch geeignete Ermahnungen und
durch Erweckung einer sittlichen und ehrenhaften Sinnesweise unter den Schülern
vorzubeugen. Aufserdem ist der Beistand der Ortspolizei unnachsichtig gegen
diejenigen Inhaber öffentlicher Locale in Anspruch zu nehmen, welche der ge-
dachten Neigung einzelner Schüler strafbaren Vorschub leisten."
337
Desgleichen: Königsberg, den 3. Jan. 1876: „Einige Disciplinar-
Me der legten Zeit veranlassen uns, den Herren Directoren und Becioren unsere
gegen den Wirthshausbesuch der Schüler gerichtete Yerfngong vom 27. Mte 1869
in Erinnerung zu bringen. Nach den eingehenden Jahresberichten dürfen wir
uns allerdings der Erwartung hingeben, dafs das bezeichnete üebel von dem
LehrercoUegium sorgfältig überwacht und behandelt wird. Je beeorglicher i^er
der Einflute ist, welchen die in den letzten Jahren merklich gestiegene allge-
meine Oenuü^ucht auf unsere Jugend ausübt, um so mehr wächst die Yer*
pflichtung der Schule, den g^^ofsen und unheilbringenden Gefahren, welche der
geistigen und sittlichen Entwickelung unserer Zöglinge durch die immer wieder
auftauchende Neigung zum Wirthshausbesuch und zur Teilnahme an Trinkge»
lagen bereitet werden, in der nachhaltigsten Weise, und zwar nicht nur durch
Bestrafung der einzelnen Vergehen, sondern mehr noch durch den Ernst der
allgemeinen Schulzucht, durch Kräftigung des Pflichtgefühls u. durch Belebung
des wissenschaftlichen Sinnes zu begegnen.^^
G. Verf. des K. Prov. Seh. C. zu Kiel ▼. 7. Dec. 1869: „Nachdem
in Betreff des Wirthshausbesuchs der Schüler die Berichte sämtlicher
HH. Dir. eingereicht sind, deren Wahrnehmungen und Gutachten sehr weit aus
einander gehen, beschränken wir uns einstweilen auf folgende im Wesentlichen
dem bisher beobachteten Verfahren entsprechende Bestimmungen, deren Befolgung
zur Wahrung der Sittlichkeit und zur Förderung des Fleifses auf den höh. Lehr-
anstalten unumgänglich nöthwendig ist: ,
1. Den Schülern der unteren und mittl. Kl. (VI — HL incl.) ist der Be-
such von Wirthshäusem, aufser in Begleitung ihrer Eltern oder Pfleger, nicht zu
erlauben. 2. Den Primanern, und wo die Verhältnisse es zulassen, auch den
Secundanem, darf nach dem Ermessen des Dir. und des LehrercoU. der Aufenlr
halt in einzelnen namhaft zu machenden Vergnügungslocalen, die in gutem Bufe
stehen und von gebildeter Gesellschaft besucht werden, auch ohne Begleitung
der Eltern oder Pfleger auf Widerruf gestattet werden, jedoch im Sommer nicht
länger als bis 9 Uhr Abends, im Winter nicht länger als bis 8 Uhr Abends.
3. Die an einigen Orten bestehende Sitte, den Schülern einzelne Abende all-
wöchentl. oder aUmonatl. oder in gröfseren Zwischenräumen zum Zusammensein
in einem Wirthshause zu überlassen, ist auifeuheben.
Nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des LehrercoU. und in der Begel nur
in Anwesenheit des Dir. oder eines Lehrers der Anstalt, dürfen dergleichen Ver-
sammlungen ausnahmsweise stattfinden.^'
Erlafs des K. 0 Präsidiums zu Breslau vom 8. Juli 1824,
republicirt 16. Nov. 1871: „Die Erhaltung eines wohlgeordneten, einfachen
und stillen Lebens unter den Schülern der höh. Unlerrichtsanstalten ist so
wichtig für deren ganze wissenschaftl. und sittliche Ausbildung, dafs es eine
ernste Pflicht aller Verwaltungsbehörden an den Orten, wo sich Gymnasien und
höh. Stadtschulen befinden, ist, auch ihrerseits den Bemühungen der Vorsteher
und Lehrer dabei zu Hülfe zu kommen. Einer der wesentlichsten Punkte,
welcher ihre yoraüglicbe Aufmerksamkeit verdient, ist das Besuchen der
Wirths- und Schankhäuser durch die Schüler jener Anstalten, ohne alle
Aufsicht und oft sogar zu gröfseren, lärmenden Gesellschaften vereinigt
Obwohl dieser Mifsbrauch schon von Seiten der Schulen durch die Disciplinar-
gesetze verboten ist, so ist die Controle der Lehrer allein doch meistenteils
nicht hinreichend, sondern es ist die Mitwirkung der Polizeibehörden nöth-
wendig. Diese werden es sich daher angelegen sein lassen, nicht nur solche
Gesellschaften, wo sie sich finden sollten, zu stören, sondern, wozu sie hier-
durch autorisirt werden, allen Wirthen und Inhabern von Schank- und Wirths-
Wleie, Yeroidnangen. 22
338
bäusem an den Orten der höh. Unterrichtsanstalten und in der unmittelbaren
Nähe derselben, es zur strengen Pflicht za machen, dafs sie keine Schüler
dieser Anstalten bei sich aufnehmen, auTser wenn sie in Gesellschaft ihrer
Eltern, Vormünder oder Lehrer sind und die Disciplinargesetze der Schule es
gestatten. Die Wirthe, welche dagegen handeln, sind mit einer angemessenen,
und im Wiederholungsfalle mit steigernder Polizeistrafe zu belegen.
Da übrigens den Schülern der bezeichneten Unterrichtsanstalten, beson-
ders der oberen El., nicht verwehrt sein soll, auf gröfseren Spaziergängen in
einer bestimmten Weite von ihrer Stadt in ein ländliches Wirthshaus einzu-
kehren, um eine Erfrischung zu geniefsen, so wird nach der Oertlichkeit bei
jeder Schule bestimmt werden müssen, in welchem Umkreise vom Orte obiges
Verbot gelten soll. Die Scholarchate und Vorstände der Anstalten haben
hierüber die nöthigen Bestimmungen, in Vereinbarung mit den Lehrern, zu
treffen und den Polizeibehörden anzuzeigen. SoUten sich jedoch in einzelnen
Fällen auch in solchen entfernteren Wirthshäusem Gesellschafken bilden, welche
aus den Grenzen der Mäfsigkeit und Ordnung heraustreten, so ist auch deren
Besuch den Schülern zu verbieten, und die Wirthe sind von der Polizeibehörde
anzuhalten, dieselben nicht wieder aufzunehmen.
Wenn sich, indem der Besuch der Wirthshäuser am Orte und in seiner
Nähe aufhört, vielleicht in den Wohnungen einzelner, besonders auswärtiger
Schüler, andere lärmende und Unordnung veranlassende Gesellschaften bilden
sollten, so sind die Hauswirthe gehalten, den Lehrern davon Anzeige zu machen.
Thun sie dieses nicht, oder begünstigen sie gar jene GeseUschafken, selbst
wenn sie von den Lehrern gewarnt sind, so sollen die Dir. das Becht und die
Pflicht haben, den Schülern das Wohnen in solchen Häusern zu verbieten und
die Angehörigen derselben vor ihnen zu warnen.** —
Ueber die durch die Gewerbeordnung v. 21. Juni 1869 (1. Juli 1883)
teilweise veränderte Stellung der Polizei zu dieser Seite der Schuldisciplin
8. Eist Statist. Darsi Jli p. 53.
C. Verf. des K. Prov. Seh. C. zu Stettin v. 24. Apr. 1874: „Die
X. Begierong zu Cöslin, welche schon durch Verordn. v^*\10. Mai 1852 und
12. Dec. 1853 den Gast- und Schankwirthen untersagt ha^H^ Schülern der
öffentlichen Schulen geistige Getränke anders zu verabfolgen, >^s wenn die
anwesenden Eltern oder Erzieher solches ausdrücklich verlangten, chatte, bevor
sie von unserem Wunsche nach dem ErlaTs einer neuen derartig^ Folizei-
ordnung Kenntnis erhalten, bereits am 28. Mai v. J. eine solche erlassen und
durch das Amtsblatt veröffentlicht. Indem wir Ew. — unter Beifügung einer
Abschrift a) auf dieselbe aufmerksam machen, erwarten wir, dafs Sie in den
zu Ihrer Kenntnis gelangenden Fällen Uebertretungen dieser Verordnung der
Polizeibehörde anzeigen und auf die Bestrafung des schuldigen Wirthes ankagQn
werden. Zugleich veranlassen wir Sie, den Ihnen untergebenen Lehrern von
dieser Verordnung Mitteilung zu machen und denselben dabei dringend nahe-
zulegen, dafs sie im Zusammenwirken mit Ihnen zur Bekämpfung jener mit
einer gedeihl. Schulerziehung sich nicht vertragenden Neigung auch die der
Schule zu Gebote stehenden Zuchtmittel umsichtig und nachdrücklich anwenden
und durch Ermahnung und Warnung, wie durch das eigene Beispiel, die
Schüler zu einem ernsten, nüchternen, den Aufgaben ihrer wissenschaftl. Aus-
bildung und sittl. Erziehung ungeteilt zugewandten Lebenswandel anleiten." —
a) Polizeiverordnung. Stettin 9. Febr. 1874: „Aus Anlafs wieder-
holter Klagen der Schulbehörden über mifsbräuchliche Duldung des Besuchs
von Schülern in Gast- und Schankwirthschaften, Conditoreien u. s. w. bestimmen
wir auf Grund des § 11, in Verbindung mit § 6 des Gesetzes über die
339
PolizeiYerwaltang y. U. März 1850 for den Umfang unseres YerwaltangsKezkla»
Folgendes:
1. Kein Gast- oder Schankwirth (Inhaber von Wein-, Bier- und Cafee-
Wirthschaften oder sonstigen Einrichtungen zur Verabreichnng von Speisen und
Getränken) darf Schülern öffentlicher Lehranstalten im Orte letzterer Speisen
oder Getränke znm Gennfs auf der Stelle verabreichen oder ihnen die Teilnahme
an Belustigungen in seinen Localen gestatten, aufser wenn die mitanwesenden
nnd dem Wir& als solche bekannten Eltern, Vormünder, Lehrer oder Erzieher
der Schüler die Verabreichung resp. die Teilnahme ausdrücklich genehmigen.
2. Auf die Schüler der Navigationschule und NayigationsYorschulen findet § 1
keine Anwendung. 3. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften im § 1
werden mit Geldstrafe bis zum Betrage Yon 10 Thlr., im Falle des Unvermögens
mit Yerhältnismäfs. Gefängnishaft bestraft.'* E. Regierung.
C.Verf. Y. 29. Mai 1880. „Das Unwesen der Schul erverb in dun gen
in den oberen Klassen der höh. Lehranstalten hat während der letzten Jahre
die Lehrercollegien und die Königl. Aufeichtsbehörden in zunehmender Häufig-
keit zur Verhängung der schwersten Schulstrafen genöthigt, welche in den
Lebensgang der davon betroffenen Schüler und in die darauf gerichteten Ab-
sichten ihrer Eltern auf das Empfindlichste eingreifen mufsten. Der Entschieden-
heit des Vorgehens ist neben weit verbreiteter Zustimmung tadelnde Kritik in
den Organen der Oeffenüichkeit nicht erspart worden. Einzelne Stimmen haben
versucht) die Schülerverbindungen als natürliche Beaction gegen übertriebene
Strenge der Schulordnungen zu rechtfertigen und fmr deren Entstehung den
Schulen selbst die Schuld zuzuschreiben; von anderer Seite hört man die Mahnung,
man solle die kindische Nachahmung studentischer Bräuche ihrer Lächerlichkeit
überlassen und ihr nicht durch die Strenge der Verfolgung einen unverdienten
Werth beilegen. Jene Beschuldigung der Schulen kann nur aus mangelhafter
Kenntnis der thatsächlich an den höh. Schulen eingehaltenen Grundsätze der
Disciplin erklärt werden; die gesamten Vorgänge aber als ein gleichgiltiges
Spiel jugendlichen Uebermuthes gering zu schälen, wird durch die Natur der
constatirten Thatsachen unmöglich gemacht, vor denen es pflichtwidrig wäre
die Augen verschliefsen zu wollen. Denn als gemeinsamer Charakter der be-
straften Schülerverbindungen hat sich erwiesen die Gewöhnung an einen über-
mäfsigen Genufs geistiger Getränke, welcher, auch wenn er in Ausnahmefällen
ohne Täuschung der Eltern über den Zweck der Ausgaben ermöglicht wird^
Jedenfalls der körperlichen Gesundheit nachteilig ist, jedes edlere geistige
Interesse lähmt, ja selbst die Fähigkeit zum emsüichen Arbeiten aufhebt. Die
Unterhaltungen in den Trinkgelagen sind in manchen Fällen nachweisbar, da *
man sie der schriftlichen Au&eichnung werth erachtet hat, in den Schmutz
gemeiner Unsittlichkeit herabgesunken. Die Entfremdung gegen die wissen-
schaftlichen und sittlichen Ziele der Schule führt zu der Bemühung um alle
Mittel der Täuschung in den für häusliche Arbeit gestellten Aufgaben; manche
Verbindungen sichern hierzu überdies ihren Mitgliedern die Benutzung ihrer
TäuschungsbibUothek. Selbstverständlich ist der Erfolg solcher Täuschung nur
ein vorübergehender; die längste Dauer des Aufenthaltes in den oberen Klassen,
das Doppelte und Dreifache der normalen Zeit, findet sich vornehmlich bei
eifrigen Verbindungsmitgliedem, die in der ErftLUung ihrer angeblichen Ver-
bindungspflichten die Fähigkeit zum Arbeiten verloren haben. — Gemeinsam
ist femer den bestraften Scbülerverbindungen die Bestimmung, dafs in Sachen
der Verbindung den Mitgliedern gegenüber der Schule die Lüge zur Ehren-
pflicht gemacht wird. An die Stelle der Achtung vpr der sittlichen Ordnung
der Schule und der natürlichen Anhänglichkeit der Schüler an die Lehrer wird
22*
340
die*gnindsätzliche Mifsachtong der Schalordnnng und die pietätslose Frech-
heit gegen die Lehrer gesetzt. Der Terrorismos, welchen die Yereinsmitglieder
gegen die übrigen Schüler ausüben, erschwert es diesen, sich der sitüichen
Yergiftong zu entziehen; dnrch enge Verbindung unter einander breiten dle^
Vereine ihr Netz möglichst weit über verschiedene, nahe und ferne Lehr-
anstalten aus.
Die bezeichneten Charakterzüge sind, wenn auch nicht jeder derselben
in jedem einzelnen Falle ausdrücklich nachgewiesen ist, doch sämtlich in
betrübender Evidenz als thatsächlich constatirt.
Ich erkenne gern an, dafs in den zur Bestrafung gelangten Fällen die-
Lehrercollegien die Mühe und den Verdmfs der Untersuchung mit voller Hin-
gebung übernommen und dafs die Lehrercolleglen sowie die KOnigl. Aufsichts-
behörden in den Entscheidungen über die Bestrafung sich ausschliefslich durch
das Bewufstsein ihrer Pflichten gegen die Schule haben bestimmen lassen. In
einzelnen Fällen hat allerdings darauf hingewiesen werden müssen, dafs die^
LehrercoUegien durch aufmerksame Beobachtung der Symptome schon früher
hätten zur Entdeckung und Unterdrückung des Uebels geführt werden sollen.
Die weite Verbreitung, welche das Verbindungswesen in dem vorher bezeich-
neten, die Sittlichkeit unserer höheren Schulen untergrabenden Charakter un-
verkennbar bereits erreicht hat, machen es zur dringenden Nothwendigkeit,.
dafs diesem Gregenstande von allen LehrercoUegien andauernd und consequeni
die sorgfältigste Aufmerksamkeit zugewendet werde. In dieser Hinsicht mach»
ich auf folgende Punkte aufinerksam.
Die höh. Schulen, soweit sie nicht Alumnate sind, vermögen nicht dem
Elternhaus die Aufgabe der Erziehung abzunehmen, wohl aber sind sie fähig-
und berufen, durch ihren gesamten Unterricht entscheidenden Einflufs auf die
sittliche Bildung der ihnen anvertrauten Jugend auszuüben, nicht etwa blofs
dadurch, dafs der Beligionsunterricht die sichere Grundlage sittlich religiöser
Ueberzeugung zu erhalten und zu festigen hat, sondern dadurch, dafs der ge-
samte Unterricht dem jugendlichen Geiste eine Beschäftigung zu geben und
ein Interesse zu wecken vermag, welches die sicherste Abwehr gegen das Ver-
sinken unter die Gewalt und Herrschaft sinnlicher Triebe ist. Ich darf zuver-
sichtlich verbauen, dafs zu dieser religiösen Festigung des Willens und zu
dieser Bildung des Gedankenkreises der Schüler durch den Unterricht der stille,
aber hochbedeutsame Einflufs hinzutritt, welchen das eigene Beispiel der Lehrer,,
ihre charaktervolle Haltung in der Schule und aufserhalb derselben auf die
ihnen anvertrauten Schüler ausübt. Endlich sind nicht wenige auch von den-
jenigen Schulen, deren Schüler nicht zu einem Convict vereinigt sind, mit
vollem Rechte darauf bedacht, ihrerseits den Schülern Anlafs zu erlaubter Ge-
selligkeit zu bieten und hiermit zu verhüten, dafs die Schüler nicht nach der
ernsten Arbeit der Schule die heiteren Feste aufserhalb derselben und im
Cregensatze zu ihr glauben suchen zu sollen.
Unter normalen Verhältnissen würden diese positiven Einwirkungen der
Schule hinreichen, die* Schüler mit der Freude an dem geistigen Fortschritte,
welchen sie den Lehrern verdanken, zur Achtung vor der sittlichen Ordnung
der Schule und willigem Gehorsam gegen dieselbe zu führen. Gegenüber der
weit verbreiteten Verführung ist eine beständige Aufmerksamkeit auf die
Symptome des eintretenden Uebels und Entschiedenheit des Einschreitens gegen
das thatsäcbliche Auftreten desselben erforderlich.
Die Interesselosigkeit und die Zerstreutheit sonst begabter und eifriger
Schüler, ihre Schläfrigkeit in den Stunden, welche die gröfste geistige Frische
zeigen sollten, sind unverkennbare Symptome davon, dafs far diese Schüler der
Mittelpunkt ihres Lebens anderswo als in der Schule liegt. Von solchen Be-
341
obaditongen sind bei Schülern, welche im Eltemhaase wohnen, die Eltern zu
ihrer Warnung seitens der Schule in Kenntnis zu setzen. Bei auswärtigen
Schülern ist die Schule berechtigt und verpflichtet, das häusliche Leben in
den Bereich ihrer Aufsicht zu ziehen. Die Besuche seitens des Ordinarius, des
Directors oder der von ihm beauftragten Lehrer haben sich selbstverständlich
TOmehmlichy aber durchaus nicht ausschliefslich solchen auswärtigen Schülern
zuzuwenden, deren Haltung in der Schule zu sittlichen Bedenken Anlafs giebt.
Ich bringe hierbei in Erinnerung, dafs Eltern auswärtiger Schüler verpflichtet
sind, für die häusliche Aufsicht, in welche sie ihre Söhne zu geben beab-
sichtigen, die ausdrückliche Genehmigung des Directors einzuholen, und dafs
der Director berechtigt ist^ Pensionen zu verbieten, welche nach seiner Er-
fahrung den nothwendig zu stellenden Forderungen nicht entsprechen.
Diese Beobachtimgen der Symptome innerhalb der Schule und aufser-
halb derselben haben Gegenstand der Anfrage, Mitteilung und eventuellen Er-
wägung in jeder Conferenz zu bilden und sind in dem Conferenz-ProtokoUe
genau zu vermerken. Wenn dieser Aufgabe alle Mitglieder des Collegiums
sich hingeben, wenn überdies in Fällen der Besorgnis mit Eltern, welche auf
die sittliche Beinheit ihrer Söhne ernstlich bedacht sind, Einvernehmen ge-
sucht wird, so wird namentlich in kleinen und mittleren Schulorten schwerlich
unbemerkt bleiben können, ob überhaupt eine die Sittlichkeit der Schule ge-
iährdende Verbindung im Entstehen begriffen ist, und es werden durch die
Gesamtheit der Beobachtungen auch die ersten Schritte zu wirklicher Ent-
deckung gewiesen sein.
Eine besondere Aufmerksamkeit der Prov. Schulcollegien erfordern solche
Anstalten, in deren obere Klassen ein starker Zuzug von andern Schulen statt-
findet, ohne dafs derselbe in dem Vorhandensein benachbarter unvollständiger
Anstalten oder für die einzelnen Fälle in den besonderen Verhältnissen der
Eltern seine Erklärung fände. Ein solcher Zuzug ist erfahrungsmäfsig häufig
nicht durch den Buf etwaniger hervorragender Leistungen der fraglichen An-
stalt veranlafst, sondern durch die begründete oder unbeg^ründete Aussicht der
Schüler auf eine weitgehende Nachsicht in der Beaufsichtigung ihres Lebens
aufserhalb der Schule und in den Ansprüchen der Schule an ihre wissen-
schaftlichen Leistungen. Das K. Prov. Sch.C. wolle in den Fällen, wo solche
Besorgnis angezeigt ist, nicht zögern, die Aufoahme von Schülern in die
oberen Klassen von Seiner ausdrücklichen Genehmigung abhängig zu machen.
Wenn das Vorhandensein einer verbotenen Schul erver bin düng er-
wiesen ist, so hat die Schule gegen aUe Teilnehmer mit unnachsichtiger Strenge
2u verfahren, sie hat aber zugleich die Bestrafung nach dem Mafse der StndT-
barkeit der Verbindung und nach dem Mafse der Schuld der einzelnen Teil-
nehmer gerecht abzustufen.
Verboten und strafbar sind alle Schülerverbindungen, zu welchen nicht
der Director die ausdrückliche Genehmigung erteilt und dadurch seinerseits
die Verantwortlichkeit für ihre Haltung übernommen hat. Die Strafbarkeit
•einer Verbindung oder eines Vereines wird dadurch nicht aufgehoben, dafs an
sich löbliche oder untadelige Zwecke angegeben oder vorgeschützt werden; wohl
aber steigert sich dieselbe nach dem Grade der in ihr erwiesenen Zucht-
losigkeit
In jedem Falle ist über die Teilnehmer an einer Verbindung auDser
«iner schweren Carcerstrafe das Consilium abeundi zu verhängen, d. h. die an
die Schüler und amtlich an deren Angehörige abzugebende Erklärung, dafs bei
der nächsten Verletzung der Schulordnung, welche nicht in erneuerter Teil-
nahme an einer Verbindung zu bestehen braucht» die Entfernung von der
Schule eintreten muüs.
342
Schüler, bei denen am der Teilnahme an einer Verbindung noch er^
Bchwerende umstände hinzutreten, mögen dieselben in der hervortretenden be-
sonderen Zuchüosigkeit des Yerbindungslebens oder in ihrer eigenen Thätig-
keit för Bildung, Leitung, Vermehrung der Verbindung, oder in hartnäckigem
Leugnen oder in ihrer sonstigen Haltung liegen, sind von der Anstalt zu yer-
weisen. Von dem Beschlüsse der Verweisung ist die OrtspolizeibehOrde in
Kenntnis zu setzen.
Wenn Schüler, welche wegen Teilnahme an einer Verbindung mit dem
Consilium abeundi oder der Verweisung von der Schule bestraft sind, nicht in
dem elterlichen Hause sich befinden, so hat der Director den Eltern der etwa
noch auTserdem bei demselben Pensionshalter wohnenden Schüler anzuzeigen,
daCs sie binnen bestimmter Frist ihre Söhne unter andere Aufsicht zu bringen
haben, und hat für eine angemessene Zeit nicht zu gestatten, dafs Schüler der
Anstalt in der betreffenden Pension untergebracht werden.
In den Abgangszeugnissen derjenigen Schüler, welche wegen ihrer
Teilnahme an einer Verbindung von einer Schule entfernt worden sind, ist der
Grund ihrer Ausschliefsung ausdrücklich zu bezeichnen. Schüler, welche aus
diesem Grunde von einer Schule entfernt worden sind, bedürfen fär die Wahl
der Anstalt, an welcher sie aufgenommen zu werden wünschen, die Genehmigung
des betr. Prov. Sch.C., bezw. haben sie bei demselben die Zuweisung an eine
Schule nachzusuchen. — In den Programmen der Schule dürfen die etwa von
derselben verwiesenen Schüler nicht mit ihrem Namen aufgeführt werden.
Den Prov.-SchulcoUeg^en steht es zu, die Strafe der Verweisung durch
die Ausschliefsung von allen höheren Schulen der Provinz zu verschärfen.
Die Ausschliefsung eines Schülers von den Anstalten mehrerer Provinzen, im
äu&ersten Falle von allen öffentlichen Schulen der Monarchie bleibt meiner
Entscheidung vorbehalten.
Von jedem Falle, in welchem Schulstrafen über Teilnehmer an einer
Verbindung verhängt worden sind, hat der Director der betr. Schule, auch
wenn nicht zur Ausschliefsung von Schülern geschritten ist, durch abschrift-
liche Einreichung der Conferenz-ProtokoUe das Prov.-Sch.-C. in Kenntnis zu
setzen, von welchem ich sodann Bericht in der Sache erwarte.
Die Strafen, welche die Schulen verpflichtet sind, über Teilnehmer an
Verbindungen zu verhängen, treffen in gleicher oder gröfserer Schwere die
Eltern als die Schüler selbst. Es ist zu erwarten, dafs dieser Gesichtspunkt
künftig ebenso, wie es bisher öfters geschehen ist, in Gesuchen um Milderung
der S^afe wird zur Geltung gebracht werden, aber es kann demselben eine
Berücksichtigung nicht in Aussicht gestellt werden. Den Ausschreitungen vor-
zubeugen, welche die Schule, wenn sie eingetreten sind, mit ihren schwersten
Strafen verfolgen mnfs, ist Aufgabe der häuslichen Zucht der Eltern oder ihrer
Stellvertreter. In die Zucht des Elternhauses selbst weiter als durch
Bath, Mahnung und Warnung einzugreifen, liegt aufserhalb des Rechtes und
der Pflicht der Schule; und selbst bei auswärtigen Schülern ist die Schule
nicht in der Lage, die unmittelbare Aufsicht über ihr häusliches Leben zu
fuhren, sondern sie hat nur deren Wirksamkeit durch ihre Anordnungen und
ihre Controle zu ergänzen. Selbst die gewissenhaftesten und aufopferndsten
Bemühungen der LehrercoUegien, das Unwesen der Schülerverbindungen zu unter-
drücken, werden nur teilweisen und unsicheren Erfolg haben, wenn nicht die
Erwachsenen in ihrer Gesamtheit, insbes. die Eltern der Schüler, die Personen,
welchen die Aufsicht über auswärtige Schüler anvertraut ist, und die Organe
der Gemeindeverwaltung, durchdrungen von der Ueberzeugung, dafs es sich um
die sittliche Gesundheit der heranwachsenden Generation handelt, die Schule
in ihren Bemühungen rückhaltslos unterstützen. Die Organe der Polizeiver-
343
waltnng sind in der Lage, durch ihre Amtsgewalt wenigstens der Ausbreitung
der Schdlerexcesse Einhalt zn thnn, nnd werden von competenter Stelle an die
Anwendung der ihnen zustehenden Mittel erinnert werden, ^och ungleich
grOfser ist der moralische Einflufs, welchen yomehmlich in kleinen und mittleren
Stfidten die Organe der Gemeinde auf die Zucht und gute Sitte der Schiller an
den höh. Schulen zu üben vermögen. Wenn die städtischen Behörden ihre
Indignation über zuchtloses Treiben der Jugend mit Entschiedenheit zum Aus-
drucke und zur Geltung bringen, und wenn dieselben und andere um das
Wohl der Jugend besorgte Bürger sich entschliefsen, ohne durch Denunciation
Bestrafung herbeizufahren, durch warnende Mitteilung das Lehrercollegium zu
unterstützen, so ist jedenfalls in Schulorten von mäfsigem umfange mit Sicher-
heit zu erwarten, dafs das Leben der Schüler aufserhalb der Schule nicht
dauernd in Zuchtlosigkeit verfallen kann. Aber es ist eine an sich kaum
glaubliche und doch vollständig constatirte Thatsache, dafs städtische Be-
hörden für die Schülerverbindungen gegen die Ordnung der Schule Partei
genommen und in dem verschwenderischen Treiben auswärtiger Schüler ge-
glaubt haben ihrer Stadt einen Erwerb erhalten zu sollen. Der Bestand einer
höheren Schule, ohne unterschied aus welchen Mitteln dieselbe unterhalten
werden mag, ist f&r jede Stadt von entsprechender Gröfse ein in alle ihre
Lebensverhältnisse tief eingreifendes, werthvolles Gut; die Erhaltung desselben
ist dadurch bedingt, dafs die städtischen Behörden die sittiiche Aufgabe der
Schule würdigen und, wenn sie selbst ihre Erfallung nicht unterstützen, doch
jedenfalls nicht durch ihr Verhalten erschweren und hemmen. Sollte dessen*
ungeachtet die betrübende Erfahrung sich wiederholen, dafs städtische Behörden
durch ihr Verhalten den zur Aufrechthaltung der Schulzucht, insbesondere zur
Unterdrückung der verderblichen Schülerverbindungen ergriffenen Mafsregeln
Hindemisse in den Weg legen, anstatt deren Durchfahrung pflichtmäfsigen und
rnckhaltslosen Beistand zu leihen, so würde ich in dem Bewufstsein der mir
obliegenden Verantwortlichkeit far das Wohl der heranwachsenden Jugend mich
genöthigt sehen, als äufserstes Mittel selbst die Schliefsung oder Verlegung
der betr. Schule in Erwägung zu nehmen.
' Das K.Prov. Sch.G. wolle die Directionen der höh. Schulen Seines Amts-
bereiches von diesem Erlafs zur Nachachtung in Kenntnis setzen und Seiner-
seits dem Gegenstande die seiner Wichtigkeit entsprechende Aufmerksamkeit
zuwenden.'^ Der Minister etc. von Puttkamer.
Ueber Beteiligung an Vereinen für Stenographie s. p. 220; über
Schülervereinigungen auch zum Zweck der Herausgabe von Zeit-
schriften s. Hist. Statist. Darst. Ill p. 53 und hier p. 344 f.
Min. Verf. v. 25. Nov. 1848: „Auf den Bericht v. — erkläre ich mich
mit dem K. Prov. Sch.C. dahin einverstanden, dafs eine Beteiligung von Gym-
nasiasten und Schülern an politischen Vereinen im Interesse der den
öffentl. Lehranstalten obliegenden erziehenden Fürsorge für die ihnen anver-
traute Jugend nicht angemessen ist, und dafs daher die betr. Anstalten mit
allen ihnen zuständigen Mitteln der Schuldisciplin ernstlich dagegen zu wirken
haben. Dies gilt aus dem Standpunkt der Disciplin selbst in dem Fall, wenn
Eltern oder Vormünder sich etwa veranlafst finden sollten, ihren Kindern oder
Pflegebefohlenen eine desfallsige Erlaubnis zu erteilen.*' —
C.Verf. V. 25. Apr. 1825: „Dem K. Consist. wird hieneben Abschrift
a) einer von dem K. Min. des Innern und der Polizei an sämtl. Prov. Be-
gierungen erlassenen Verf. v. 8. d. M., nach welcher den Besitzern und Vor-
stehern der Leihbibliotheken die Verabfolgung von Büchern an Gymna-
344
siasten unbedingt verboten ist, zur Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung
mit dem Eröffiaen zngefertigt, dafs nunmehr nach der völligen Ausschliefsung
der Gymnasiasten von der Benutzung der Leihbibliotheken die früher ange-
ordnete Mitwirkung der Dir. bei Beaufeichtigung dieser Bibliotheken nicht
weiter erforderlich ist. — Zugleich wird das £. Consist. aufigefordert, den Dir.
der Gymn. Seines Bezirks zur Pflicht zu machen, dafs sie nicht nur bei An-
schaffung von neuen Büchern far die bei jedem Gjmn. teils schon gegründete,
teils noch zu gründende Schülerbibliothek mit der sorgfältigsten Auswahl ver-
fahren, sondern auch beim Verleihen von Büchern aus dieser Bibliothek an die
einzelnen Schüler die jedesmalige Bildungsstufe und das Bedürfnis derselben
gehörig berücksichtigen und überhaupt darauf halten, dafs die einzelnen Schüler
beim Benutzen der für sie bestimmten Bibliothek planmäfsig zu Werke gehen.''
a) C.Verf. des Polizeimin. v. 8. Apr. 1825: „Da das K. Min. der
geistl. etc. AngeL es in vielfacher Hinsicht bedenklich findet^ dafs den Schülern
der Gymn. wenn auch bedingungsweise die Benutzung der Leihbibliotheken
gegen einen von den Angehörigen, oder dem Dir. des Gymn. ausgestellten Er-
laubnisschein gestattet werde, und ich der Meinung desselben, dafs nur durch
ein unbeding^s allgm. Verbot dem Eigennutz gewissenloser Leihbibliothekare
und den Versuchen der Schüler, durch Umwege Eingang in die Leihbibliotheken
zu erhalten, mit Erfolg zu begegnen sei, nur beitreten kann, so wird der K. Be-
gierung hierdurch aufgetragen, den Besitzern und Vorstehern der Leihbibliotheken
nunmehr die Verabfolgung von Büchern an Schüler unbedingt zu untersagen
und auf die Aufrechthaltang dieses Verbots fortgesetzt nachdrücklich zu halten.*^
Yeif, des Min. Dr. Falk v. 11. Febr. 1874: „Als vor 2 Jahren durch
das K. Prov.Sch.C. zu Magdeburg das Bestehen von Schülervereinigungen
zu meiner Kenntnis gebracht wurde, welche den Zweck hatten, eigene Pro-
ductionen in einer für Schüler bestimmten Zeitschrift; „Walhalla" zu sammeln
und zu veröffentlichen, hielt ich nicht dafmr, dafs dies ohne Weiteres zu ver-
bieten sei, da Bestrebungen dieser Art, wenn sie in ihren Grenzen bleiben,
auch eine heilsame Wirkung auf die Teilnehmer haben können. Für noth-
wendig erklärte ich indefs, dafs dasjenige, was die jungen Leute verbindet und
beschäftigt, dem Dir. der betr. Anstalt oder einem der Lehrer, welchem sie
etwa besonderes Vertrauen schenken, fortdauernd hinlänglich bekannt ist, um
ihm ein Urteil darüber möglich zu machen, wie weit es sich mit der Zucht und
Ordnung, welche auf der Schule herrschen mufs, und mit ihren wissenschaftl.
Aufgaben verträgt.
Seitdem sind mir wiederholt Mitteilungen zugekommen, welche darauf
schliefsen lassen, dafs die angegebenen Voraussetzungen nicht mehr zutreffen,
und dafs die Controle seitens der Lehrer entweder gar nicht oder mit zu grofser
Nachsicht geübt wird, um allem Ungehörigen rechlzeitig vorzubeugen. Dabei
ist nicht zu verkennen, dafs die Beaufsichtigung durch die grofse Ausdehnung,
welche die Sache in Deutschland und darüber hinaus allmählich genommen hat,
sehr erschwert oder unmöglich gemacht wird.
Unter diesen Umständen und da neuerdings die Anzeichen sich gemehrt
haben, dafs das ursprünglich löbliche Unternehmen auf Abwege geraüien ist
und auszuarten beginnt, erachte ich für nothwendig, dafs die Teilnahme daran
den Schülern nicht länger gestattet werde.
Demgemäfs veranlasse ich das K. Prov.Sch.C, in Seinem Bereich, soweit
es erforderlich ist, Anordnung zu treffen, dafs den Schülern jede Beteiligung
an der „Walhalla" untersagt und ein Zuwiderhandeln angemessen bestraft werde."
C. Verf. V. 12. Mai 1875. „Das unter dem 11. Febr. v. J. von mir
erlassene Verbot der Schülerzeitschrift Wal halla ist dadurch umgangen worden,
345
4af8 man einige Monate später unter einem anderen Namen, Freya, ein Blatt
derselben Tendenz herauszugeben begonnen hat. Als ,^ die Bedaction ver-
antwortlich** ist ein Buchdrucker in Magdeburg genannt. Man ist nicht ohne
Erfolg bemüht gewesen, an den deutschen höh. Schulen Teilnehmer zu werben,
und hat sich dabei nicht gescheut, der Einladung die unwahre Nachricht hinzu-
zufügen: „das Mithalten der Zeitschrifk sei durch ministerielle Verfügung erlaubt
worden." Die Teilnahme ist nicht auf Schüler beschränkt, sondern auch auf
Studenten, junge Eaufleute und Techniker ausgedehnt
Ist nun auch nach dem, was vorliegt, dem Unternehmen ein gutes
Streben nicht abzusprechen, so bietet die ganze Einrichtung doch keinerlei Ge-
währ dafür, dafs den naheliegenden (gefahren der Ausartung und nachteiliger
Tolgen wirksam werde begegnet werden. Der Schule wird ihre Aufgabe durch
derartige Verbindungen und Zwecke erschwert, und eine Ueberwachung derselben
ist ihr durch die Ausdehnung der Sache unmöglich gemacht. Die Jugend wird
in einer Zeit, wo sie erst zu lernen hat, und dazu ihre Kräfte gesammelt
erhalten soll, durch den Beiz, der für Viele darin liegt, schon mit eigenen Pro-
<luctionen in die Oeffenüichkeit zu treten, von ihrer nächsten Pflicht abgezogen
und durch die Art dieser Verbindungen vielfach zerstreut.
Da sonach mit Sicherheit anzunehmen, das mögliche Gute an der Sache
werde von den unausbleiblichen üblen Folgen entschieden überwogen werden,
so ist Schülern eine Beteiligung an der Zeitschrift Freya femer nicht zu
gpestatten und for künftig allgemein als Norm festzuhalten, dafs Schülervereine
za Zwecken, die an sich zu billigen, nur dann zulässig sind, wenn sie sich
wirklich auf Schüler und zwar auf solche, die einer und derselben Anstalt ange-
hören, beschränken, so dafs deren Director eine Verantwortlichkeit dabei über-
nehmen kann.
Ich beauftrage das E. Prov.Sch.C, hiemach das Erforderliche an die
Dir. der höh. Lehranstalten Seines Bessorts zu verfügen, wobei denselben zu
empfehlen sein wird, um eine neue Umgehung des Verbots zu verhindem, in
geeigneter Weise auch die Eltem der Schüler ins Interesse zu ziehen, da die
Angelegenheit zu denen gehört, welche ein Zusammenwirken von Schule und
Haus nothwendig voraussetzen.** *
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 22. Dec. 1875. „Von
der Direction des Gymn. zu N. ist uns ein Exemplar einer gedruckten, durch
die Post versandten Zuschrift der Verlagsbuchhdlg. J. H. Webel, Leipzig Nürn-
berger Str. 21, an die Herren Studirenden der Prima etc. eingereicht worden,
in welcher diese aufgefordert werden, den „Deutschen Studienblättem, die vom
1. Januar 1876 ab wöchentL zum Preise von 1 M. pro Quartal erscheinen
sollen, durch Mitarbeiterschaft wie durch Abonnement ihre Unterstützung zu
leihen und zu diesem Behufe durch einen Delegirten der Klasse mit der
bez. Firma in Verbindung zu treten, auch in den anderen Klassen der betr.
Anstalt für das Untemehmen zu agitiren.**
Da hiermit ohne Zweifel dieselbe Tendenz verfolgt wird, die seinerzeit der
Herausgabe der Zeitschriften Walhalla und Freya zu Grunde gelegen hat, und,
wie zu erwarten steht, auch an die übrigen Unterrichtsanstalten unseres Bessorts
Exemplare der vorbemerkten Zuschrift versandt sein werden, so geben wir den
Directoren derselben von Vorstehendem mit dem Veranlassen Kenntnis, der
Angelegenheit dieselbe Aufmerksamkeit und Behandlung zu Teil werden zu lassen,
die wir gemäfs der C. Verf. vom 12. Juni d. J. durch Verf. vom 31. ej. ihnen
in Betreff der Schülerzeitschrift Freya zur Pflicht gemacht haben.**
C. Verf. der K. Prov.Sch.C. zu Kiel v. 28. März 1876. „Wieder-
holte Erfahrangen aus dem letzten Jahre haben uns gezeigt, dafs Schüler der
oberen Klassen in den höheren Lehranstalten unseres Aufsichtsbezirkes mehr-
\
346
fach ohne Yorwissen der Directoren liiterarische Verbindungen unge-
eigneter Art teils selbst gegründet und über weitere Kreise zu verbreiten
gesucht haben, teils ähnlichen Vereinen, die sich an anderen Orten gebildet
hatten, ihrerseits bereitwillig beigetreten sind. Um für die Zukunft allen auf
unstatthafte Verbindungen irgend welcher Art abzweckenden Bestrebungen und
Unternehmungen der Schüler von vornherein möglichst vorzubeugen, ordnen wir
hierdurch an, dafs an allen denjenigen Lehranstalten unseres Aufeichtskreises,
für welche eine gedruckte Schulordnung erlassen ist, derselben zunächst
durch schriftlichen Nachtrag folgende Bestimmung hinzugefügt werde: „Den
Schülern ist jede Verbindung unter einander oder mit Nicht-Schülern verboten,
deren Zweck nicht von ihnen dem Director (bezw. Becior) angezeigt und von
demselben gebilligt worden ist. Nicht minder ist es den Schülern untersagt,
irgend etwas durch Druck oder auf andere Weise zu veröffentlichen.""
An denjenigen höh. Schulen, welche einer gedruckten Schulordnung ent-
behren, haben die Directoren, bezw. Bectoren, da^r Sorge zu tragen, dsifs die
vorstehende Bestimmung zu Anfang eines jeden Schuljahres den Schülern der
Prima und der Secunda ausdrücklich mitgeteilt oder in Erinnerung gebracht
werde. Nichtachtung des genannten Verbotes ist vorkommenden Falls ernst-
lich zu ahnden."
Min. Verf. v. 13. Dec. 1867: „Es ist in neuerer Zeit wiederholt vor-
gekommen, dafs Schüler hiesiger höh. Lehranstalten im Namen der Klasse,
welche sie besuchen, einen Ausdruck der Teilnahme bei einem Todesfall oder
Anderes drgl. luden Zeitungen veröffentlichen. Mit Bezug auf eine frühere,
denselben Gegenstand betreffende Verf. v. 14. Sept. 1863 veranlasse ich das
K. Prov. Seh. G. die Dir. der 6ymn. und Bealschulen hierselbst anzuweisen, dafs
sie ein derartiges für Schüler unzieml. Heraustreten in die Oeffentlichkeit auf
geeignete Weise verhüten."
Dieselbe Verf. ist den übrigen K. Prov. Schalooll. zu gleicher Beachtung
mitgeteilt worden.
C.Verf. V. 23. März 1825: „Bei einigen Gymn. ist den Schülern seit-
her gestattet worden, bei dem Einführen oder dem Abgange der Lehrer, bei Schul-
feierlichkeiten und anderen festlichen Veranlassungen öffentliche Aufzüge
mit Musik und Fackeln zu halten und sich demnächst zu einem Trinkgelage
zu vereinigen. Nach der bisherigen Erfahrung haben solche Festlichkeiten
der Schüler, welche sich mit ihrem noch gebundenen Verhältnis wenig ver-
tragen, auf die Aufrechterhaltung der Disciplin in den betr. Gymn. einen nach-
teiligen Einflufs geäufsert und die Schüler zu einem tadelnswerthen studentischen
Wesen und zu Unordnungen mancherlei Art verleitet. Das Min. beauftragt
daher das K. Consistorium, dergl. öffentl. Aufzüge und Festlichkeiten der Schüler
bei sämtlichen Gymn. Seines Bezirks gänzlich zu untersagen und hiemach das
weiter Erforderliche zu verfugen."
C.Verf. V. 19. Febr. 1856 (an die K. Begierungen, mitgeteilt auch den
K. SchulcoUegien): „Es ist neuerdings in öffentl. Blättern auf die gemein-
schädlichen Folgen hingewiesen worden, welche aus der Liebhaberei der Jugend,
sich Eiersammlungen anzulegen, mittelbar hervorgehen. In Betracht der
Wichtigkeit des Gegenstandes veranlasse ich die K. Begierungen, die Schul-
vorstände Dires Bessorts in geeigneter Weise darauf hinzuweisen und nöthigen-
falls mittels bestimmter Verbote bei der Schu^ugend der erwähnten Neigung
möglichst entgegen zu wirken."
Eine auf denselben Gegenstand bezügL Verf. ist u. a. von dem K. Prov.
Sch.C. in Kiel unter dem 30. Apr. 1870 erlassen.
347
Vorträge and Schanstellnngen Fremder. C. Verf. des K.
PrOY. 8ch. C. zu Koblenz y. 20. Dec. 1877. „Wir sind aufmerksam darauf
geworden, dafs bei den hob. Lebranstalten nnseres Bessorts ein lästiges Angebot
der Vorföhrang von Sebenswnrdigkeiten aller Art stattfindet. Dies würde schwerlicb
der Fall sein, wenn derartige Anerbietnngen, denen mit wenigen Ausnahmen ledig-
lich Zurückweisung gebührt, nicht Öfters nach Rücksichten behandelt würden, wobei
das Beste der Schule übersehen wird. Die Directoren und Bectoren veranlassen
wir, darüber zu wachen, dafs innerhalb der ihnen anvertrauten Schulen nicht
Vorträge und Schaustellungen Fremder zugelassen werden, welche der Schul-
jugend entweder blofs zur Erheiterung oder doch zu nichts Besserem als zu
einer bequemen Anregung gereichen, dafs die Zulässigkeit solcher, jedenfalls
nur in sehr geringer Zahl zu gestattender Abwechselungen in der strengen All-
täglichkeit des Schullebens vielmehr nur dann als vorhanden angesehen werde,
wenn in dem Gel\otenen ein ganz aufserordentliches Mittel, die Zwecke der
Schule in sachgemäfsester Weise zu fördern, zu erblicken ist."
Weitere disciplinar. Bestimmungen s. in den nächst. Abschn. 11 — 13.
11. Beaufsichtigung auswärtiger Schüler.
C. Verf. V. 31. Juli 1824, republicirt und auf die Realschulen
ausgedehnt unter dem 9. März 1843: „Die Erfahrung hat gelehrt, dafs
diejenigen Schüler von Gymn., deren Eltern, Vormünder oder Pfleger nicht an
dem Orte des betr. Gymn. wohnen, wegen Mangels an der erforderlichen häusl.
Aufsicht bisweilen auf Abwege gerathen und einen nachteiligen Einflufs auf
die in den Gymn. aufrecht zu erhaltende gute Disciplin üben. Das Min.
sieht sich daher veranlafst, hinsichtlich der gedachten Schulen Folgendes
anzuordnen :
1. Jeder Schüler eines Gymn. mufs, wenn seine Eltern, Vormünder oder
Pfleger nicht an dem Orte des Gymn. wohnen, von diesen zur besonderen Für-
sorge einem tüchtigen Aufseher übergeben sein, der dem Dir. des Gymn. bei
der Aufnahme des Schülers namhaft zu machen ist, und welcher über seinen
Privatfleifs und sein sittl. Betragen aufser der Schule eine ernste und gewissen-
hafte Aufsicht zu führen hat 2. Ein jeder der gedachten Schüler hat dem
Dir. die Wohnung, welche er in der Stadt zu beziehen gedenkt, bei seiner
Aufnahme anzuzeigen. 3. In einem Wirthshause zu wohnen oder seine Kost
an der Wirthstafel zu nehmen, ist keinem solcher Schüler verstattet. 4. Er
darf während seines Aufenthalts am Gymn. nicht seinen Aufseher oder seine
Wohnung wechseln ohne vorherige Anzeige bei dem Dir. und ohne ausdrück-
liche Genehmigung desselben.
Das K. Consist. (Prov.Sch.C.) wird beauftragt, diese Anordnung durch
die Amtsblätter öffenüich bekannt machen zu lassen, derselben gemäfs das
weiter Erforderliche an die Dir. der Gymn. Seines Bezirks zu verfQgen und
zugleich sämtlichen Gymnasiallehrern auf eine angemessene Weise zu empfehlen,
dafs sie auch auf das Betragen ihrer Schüler aufser der Schule, soweit es nm*
immer möglich ist, ihre Aufmerksamkeit und Sorge richten, wie sie denn
allerdings befugt sind, dieselben wegen ihres unsittlichen und
anstöfsigen Benehmens aufser der Schule zur Verantwortung zu
ziehen. Die Lehrer, besonders aber die Directoren, welche in dieser Aufsicht
sich vortheilhaft auszeichnen, werden vom Ministerio besonders berücksichtigt
werden, sowie dasselbe dagegen vernachlässigte Aufsicht nachdrücklich rügen
whrd." Vgl. CBl. 1874 p. 361 f., 383 f.
348
C. Verf. des Proy.Sch.C. zn Koblenz y. 25. Jan. 1833, (nach dem
Vorgänge einer vom Min. gebilligten G. Verf. d. ProT.Sch.C. zn Berlin v. 7. Dec.
1832): „1. In Gjmn. nnd i^nliche höh. Lehranstalten können nor solche
Zöglinge aüigenommen werden, welche nnter der Aufsicht ihrer Eltern, Vor-
münder oder anderer zur Erziehimg junger Leute geeigneter Personen stehen.
Schüler, welche ohne geeignete Aufsicht sind, sollen auf Gymnasien und ähn-
lichen Lehranstalten nicht geduldet werden. 2. Bei der Aufnahme junger
Leute, deren Eltern oder Vormünder nicht am Orte wohnen, haben die Dir. der
genannten Anstalten sich nachweisen zu lassen, auf welche Weise für die Beauf-
sichtigung derselben gesorgt ist. Halten sie die getroffenen Einrichtungen nicht
für ausreichend, so haben sie dies den Eltern oder Vormündern zu eröffnen,
und den Schüler nicht eher au&unehmen, bis eine anderweitige, dem Zweck
entsprechende Einrichtung getroffen ist. 3. Ohne Vorwissen des Dir. darf
kein Schüler in eine andere Aufsicht gegeben werden. 4. Der Dir. ist so
berechtigt als verpflichtet, yon dem häusl. Leben auswärtiger Schüler entweder
unmittelbar oder durch Lehrer der Anstalt Kenntnis zu nehmen, und wenn sich
hierbei Uebelstände ergeben sollten, auf deren unverzügliche Abstellung zu
dringen. 5. Die Ordinarien haben auch ohne besonderen Auftrag des Dir.
die Verpflichtung, die in ihren Klassen befindlichen auswärtigen Schüler von
Zeit zu Zeit in ihren Häusern zu besuchen. 6. Findet sich, dafs die Aufsicht,
unter welche auswärtige Schüler gestellt worden, unzureichend ist, oder dafs die
Verhältnisse, in denen sie sich befinden, der Sittlichkeit nachteilig sind, so ist
der Dir. berechtigt und verpflichtet, von den Eltern oder Vormündern eine
Aenderung dieser Verhältnisse binnen einer nach den Umständen zu bestimmenden*
Prist zu verlangen. 7. Die betr. Eltern und Vormünder sind verpflichtet,
diese Bestimmungen zu beachten, und die Aufseher ihrer Söhne oder Pflege-
befohlenen von denselben in Kenntnis zu setzen. Es bleibt auch lediglich
ihnen überlassen, far den Fall, dafs eine Aufhebung des Verhältnisses von der
Anstalt verlangt werden möchte, mit den Aufsehern ihrer Kinder und Pflege-
befohlenen die erforderl. Verabredungen zu treffen.
Bei der Aufnahme der betr. Schüler sind die Eltern oder Vormünder auf
diese Bestimmungen zu verweisen und es ist strenge auf die Ausfahrung der-
selben zu halten. Die Ordinarien haben das Ergebnis ihrer Wahrnehmungen
bei den desfallsigen Besuchen in der Oonferenz mitzuteilen. Dasselbe ist jedes-
mal in kurzen Worten in das Gonferenzprotokoll aufzunehmen."
C. Verf. des Prov.Sch.C. zu Posen v. 13. Oct. 1856: — „Der Uebel-
stand, dafs Eltern, nur um eine billige Pension für ihre Söhne zu erlangen,
diese zu Leuten ohne allen sittlichen Halt oder doch ohne den rechten Sinn
für Erziehung und Aufsicht ins Haus geben, hat in mehreren sehr auffallenden
Beispielen unsere Aufmerksamkeit erregt und unsere Sorge in dringendster
Weise in Anspruch genommen. Wir verkennen nicht die Schwierigkeit, welche
teils die beschränkte Zahl solcher Personen, die Pensionaire zu si(£ zu nehmen,
namentlich in kleineren Städten, überhaupt im Stande sind, teils die grofse
Mühwaltung, welche wir den Dir. der höh. Lehranstalten zumuthen, der Aus-
führung unserer Verfügung entgegenstellen. Die Wichtigkeit des Zwecks aber
wird, wie wir zuverlässig erwarten, Ew. — die Mühe nicht scheuen lassen, und
OS werden Ihnen dabei die Lehrer Ihrer Anstalt freu zur Seite stehen, um
Schüler aus solchen Pensionen zu entfernen, in denen entweder gar keine Auf-
sicht über den Fleifs und das sittl. Betragen der Pensionaire besteht oder gar
in sittlicher Beziehung selbst ein schlechtes Beispiel gegeben wird. Ein be-
stimmterer Mafsstab, welche Pensionshalter zu verwerfen seien, läM sich
nicht wohl geben: wir müssen darin dem Tact und der Umsicht der Dur*
vertrauen.
349
Wo aber nach Ihrer Ueberzengang die sittliche Leitung eines Schüler»
nicht gesichert ist, werden Sie den Eltern dies zu eröffnen nnd dieselben auf-
zufordern haben, eine andere Pensionsanstalt zu wählen und, fiJls dies nicht
fruchten sollte, die Verweigerung der Aufiiahme in die Anstalt, oder bei einem
schon aufgenommenen Schüler die Entfernung aus derselben eintreten lassen
müssen. In wie weit Sie sich dabei der Mitwirkung der städt Polizeibehörde
und der Auskunft, welche dieselbe zu erteilen im Stande sein wird, bedienen
wollen, geben wir Ihnen anheim. Zur Vermeidung der Gehässigkeiten gegen
die Anstalt wird es wohl von Nutzen sein, eine Erklärung der Unzuverlässigkeit
der betr. Pensionshalter von der OrtsbehOrde zu extrahiren ; es liegt aber nahe,
dafs die gewöhnliche Erklärung von Polizeibehörden, dafs gegen die betr. Person
etwas Erhebliches nicht zu erinnern sei, nicht ausreichen kann, um ihr auch
das Vertrauen auf redliche und einsichtige Mitwirkung bei der Erziehung von
Knaben oder jungen Leuten zuzuwenden, sondern dafs die der OrtsbehOrde
vorzulegende Frage umfassender sein und die specielle Zuverlässigkeit in sitt-
licher Beziehung und die Befähigung zur wirksamen Aufsicht über den Schüler
in sich schliefsen muTs. Mit Vertrauen erwarten wir aber, dafs Sie, wo es
nOthig wird, auch ohne Scheu vor dem selbständigen Entschlüsse die Zuver-
lässigkeit und Bechtschaffenheit der Pensionshalter mit allem Ernste prüfen
und strenge darüber wachen werden, dafs die häusliche Eniehung solcher
Pensionaire nicht in unwürdige Hände gelegt werde.*'
VgL auch im vorhergehenden Abschnitt p. 330 f., 332 f., 334, 341 f.
Bei mehreren Anstalten ist eine sogen. Schülercuratel eingerichtet, behufs
welcher den Eltern auswärtiger Schüler empfohlen wird, sich für dieselben unter
den Lehrern einen Tutor zu wählen, der sich ihrer mit Aufsicht und Berathung
annimmt, und im Auftrage des Dir. in allen Verhältnissen der Vermittler zwischen
der Schule und den Eltern ist. VgL p. 383.
Bei einigen Schulen ist eingeführt, dafs diejenigen Personen, Pensionshalter
u. s. w., bei denen auswärtige Schüler von ihren Eltern untergebracht sind, einen
ihnen vom Dir. vorgelegten Bürgschaftsschein unterschreiben, wodurch nie
sich yerpflichten, bei ihren Pflegebefohlenen auf die nöthige Ordnung und auf die
Beachtung der Schulgesetze zu halten, und nothigenfalls dem Dir. und den Ordi*
narien auf Befiraffen und unaufgefordert Anzeige und Auskunft im Interesse der
Schuldisciplin zukommen zu lassen.
12. Censuren«
Allgemeine Normen für das Censurwesen sind vom Ministerium nicht anf->
gestellt worden. Das Verfahren darin ist daher ungleichmäfsig; auch in den ein-
zelnen Provinzen ist dies der Fall. Bei vielen Anstalten wird allen Schülern
vierteljährl. eine Gensur ausgestellt, bei anderen 3 mal im Jahre (zu Ostern, Michaelis
nnd Weihnachten^ bei einigen nur 2 mal (Ostern und Michaelis) ; bei nicht wenigen
wird der Unterscnied gemacht, dafs die Schüler der unteren und mittleren lK\,
4 oder 3 mal im Jahre, die der oberen nur 2 mal eine Censur erhalten. Nicht
geringer ist die Verschiedenheit in der Einrichtung der Gensuren selbst.
Min.Verf, v. 1. Mai 1840 (an das Prov.Sch.C. v. Pommern): „Das Min.
kann sich mit den Ghnindsätzen, nach welchen das Censurwesen in den Gymn.
der dortigen Proy. bisher geleitet worden, nur einverstanden erklären. Die Be-
zeichnung der Gensurzeugnisse mit Nummern hält das Min. jedoch nicht für ange-
messen, und hat das K. Prov.Sch.G. in geeigneter Weise zu veranlassen, dafs in
sämtlichen Gymn. der Prov. die Zeugnisse ohne Nummern, dagegen um so aus»
fubrlicher und charakteristischer und nicht mit allgemeinen Prädicaten bei den
einzelnen Kubriken: gut, mittelmäfsig, ziemlich etc., ausgefertigt werden.
Das Min. hat zu den Dir. und Lehrern der Gymn. das wohlbegründete Vertrauen^
dso
dafs sie sich der vermehrten Arbeit, welche für sie aus der Abfassung der Zeugnisse
ohne Nummern in der oben bezeichneten Weise allerdings erwächst, im Interesse
ihrer Schüler und des wichtigen Zwecks, der zu erreichen steht, gern unterziehen
werden. Da eine Gleichförmigkeit in der Einrichtung des Gensurwesens um so
weniger räthlich erscheint, je nöthiger es ist, alles zu vermeiden, dafs dasselbe
nicht in einen Mechanismus ausarte, so kann es im Uebrigen bei den Verschieden-
heiten, welche in Betreff des Censurwesens bei den einzelnen Qymn. nach der Eigen-
tümlichkeit der betr. Directoren bis jetzt stattfinden, auch femer belassen werden."
Min. Verf. v. 12. Mai 1840 (an das K. Sch.G. der Rheinprovinz): — „Zu
dem Wesen der Gensur-Institution, soll sie anders ihrem Zweck in Bezug auf die
Schule, die einzelnen Schüler und deren Eltern vollständig entsprechen und die
Lehrer nöthigen, ihre Schüler nach ihrer Individualität zu beobachten und sich
in den Gonferenzen über die bei den einzelnen in Anwendung zu bringenden Er-
ziehungsmittel zu berathen, soll sie dem LehrercoU. ein sicheres Bewußtsein über
den üeist der Schule und der einzelneu Klassen verschaffen, eine Vermittlerin
zwischen Schule und Vaterhaus werden und die Vorteile der öffentlichen Erziehung
mit denen der Privaterziehung vereinigen, gehört zunächst, dafs in jedem Gymn.
mit aller nur möglichen Umsicht und Sorgfalt Vorbereitungen veranstaltet und
Einrichtungen getroffen werden, um vierteljahrl. oder halbjährl. nach Verschieden-
heit der Klassen ein gründliches und vollständiges Urteil über die Leistungen
einzelner Schüler und ganzer Klassen abgeben zu können. Zu solchen Vorberei-
tungen und Einrichtungen rechnet das Min. ein nach richtigen pädagog. Grund-
sätzen für jede Kl. angelegtes und ffeführtes Tagebuch, die Anordnung viertel-
jährlicher, teils vom Dur., teils von den Klassenordinarien zu haltender Revisionen
der schriftl. Arbeiten der Schüler, ein zweckmäfsiff angelegtes Gensurbuch für jede
einzelne KL und das vierteljährl. GircuUren desselben bei allen Lehrern der betr.
KL nach Beendigung der Revision der schriftL Arbeiten, und endlich ein« General-
conferenz sämtlicher Lehrer, in welcher auf Grund der Tagebücher, der Revision
der schriftL Arbeiten und des Ausfalls der Translocationsprüfungen über das jedem
Schüler zu erteilende Gensurzeugnis berathen und entschieden wird. Demnächst
ist es von besonderer Wichtigkeit, dafs die in obiger Art vorbereitete Gensur in
dem rechten Geiste, mit angemessener Würde, in Gegenwart sämtlicher Lehrer
und Schüler abgehalten, dieser Schulfeierlichkeit ein christlich-religiöser Gharakter
gegeben und von dem betr. Dir., welcher mit den Eigentümlichkeiten seiner
Schüler vertraut sein mufs, gehörig benutzt werde, um durch die Art und Weise,
wie er das Lob, das er zu spenden, sowie den Tadel, den er im Namen des
LehrercoU. auszusprechen hat, der Eigentümlichkeit jedes einzelnen Schülers an-
pafst, die ganze Einrichtung wahrhaft segensreich zu machen und ihr erst die rechte
Weihe zu verschaffen. —
In Büinsicht der zu den Gensuren anzuwendenden Formulare mag immerhin
einige Verschiedenheit obwalten, und ist auf dieselbe um so weniger Gewicht zu
legen, als sie nicht das Wesentliche der ganzen Einrichtung betrifft. Im Allge-
meinen erachtet das Ministerium für räthlich, dafs das Formular die Rubriken:
1. Schulbesuch, a) versäumt, b) verspätet; 2. Aufmerksamkeit, häus-
licher Fleifs, Fortschritte in den Lehrgegenständen; 3. Betragen
iohne die 3fache Spaltung: gegen Lehrer, gegen Mitschüler, aufser der Schule);
. Besondere Bemerkungen enthalte, und dafs das Gensurzeugnis in den
einzelnen Rubriken ohne Zahlen, dagegen aber um so ausführlicher und charak-
teristischer abgefafst, und nicht mit allgemeinen Prädicaten bei den einzelnen
Rubriken, z. B. sehr gut, gut, mittelmäfsig, ziemlich, u. s. w. abgefertigt werde.
G^en die Bezeichnung des Gensurzeugnisses mit einer das Gesamturteil des LehrercolL
über Aufführung, Fleifs und Fortsemritte des Schülers aus den einzelnen Rubriken
zusammenfassenden Zahl I oder U oder IFT, und zwar oben zu Anfang des Zeug-
nisses, läfst sich mit Grund anführen, dafs es schwer, ja unmöglich ist, Auffuhrung,
Fleifs, Fortschritte durch eine Zahl richtig und genau zu bezeichnen, und diese
Bezeichnung mit Zahlen gar leicht in ein mechanisches Verfahren ausarten kann,
welches gerade bei dem Gensurwesen auf alle Weise vermieden werden mufs.
Dagegen verkennt das Min. auch die mannigfaltigen Vorteile nicht, welche die
Anwendung von Zahlen behufs der Bezeichnung des aus den einzelnen Rubriken
gezogenen Gesamturteils den Lehrern wie den Schülern und ihren Angehörigea
351
gewähren kann, und erachtet daher für angemessen, dafd den Lehrercoll. der einzelnen
&ymn, überlassen werde, die Censurzeugnisse oben und vor den einzelnen Rubrikent
die jedenfalls in Worten ausgefüllt werden müssen, ohne oder mit einer Zahl
auszufertigen.
Die Ansicht, dafs, wenn auch die erste Fassung des allgemeinen Urteils über
die sittL Führung dem Ordinarius der betr. Klasse zu überlassen wäre, doch dem
Dir. mit der Verantwortlichkeit auch die Befugnis einzuräumen sei, nach gewissen-
hafter Ueberzeugung zu mildem und selbst zu ändern, kann das Min. nicht billigen,
da bei einer zwedunäfsigen Einrichtung des ganzen Gensarwesens das jedem einzelnen
Schüler auch in Hinsicht auf sittl. Führung zu erteilende Censurzeugnis in einer des-
fallsigen Conferenz berathen und beschlossen werden mufs und eine Abänderung
eines solchen Conferenzbeschlasses von Seiten der betr. Ordinarien oder des Dir.
sich mit dem Zweck der Gensur aus naheliegenden Gründen nicht vereinigen läfst.^'
O.Verf. desE-ProY. Seh. 0. zu Breslau y. 24. Apr. 1856:— „Um nach
dem anerkannten Bedürfnis ein gleichmäläigeres Verfahren bei Einrichtung der
Censoren zu bewirken, ordnen wir hiermit an:
1. Censnren werden auf allen Gymn. für die Classen I — III wenigstens
halbjährl., für IV— VI wenigstens Yierteljährl. erteilt. 2. Die Censurzettel
oder die den Schülern einzuhändigenden Censorbücher enthalten aofser den
Angaben der Klasse, des Semesters (oder Quartals), des Namens des Schülers,
der Unterschrift des Dir. und des Ordinarius besondere Rubriken fürBetragen,
Fleifs, Aufmerksamkeit, Leistungen, besondere Bemerkungen,
nnd hier die festgesetzten Prädicate.
3. Zur Bezeichnung der Leistungen, des Fleifses und der Aufmerksam-
keit ist unter den Prädicaten Yorzüglich, gut, hinreichend, nicht
hinreichend, gering zu wählen, nnd sind alle näheren Bestimmungen
durch ein sehr, ziemlich, noch, fast, kaum u. dgl. auszuschliefsen.
4) Die Bezeichnung des Betragens durch Oharakterisirung oder besondere
Itädicate, welche dann auf dem Censurzettel nach ihrer Stufenfolge anzugeben
sind, bleibt den Gymnasien anheimgestellt. Werden Prädicate Yorgezogen,
dann ist jedes niedrigere als lobenswerth oder gut, wenn es durch seine
Bedeutung und Stellung unter den Prädicaten einen Tadel enthält, besonders
zu moÜYiren.
5. Durch sorgfältige Durchsicht der Concepte zu den Oensuren und
durch Besprechung in den Censurconferenzen haben die Dir. dahin zu wirken,
dafs Yon den Lehrern derselben Anstalt ein gleichmäfsiges Verfahren in An-
wendung der Prädicate beobachtet und unbegründete Strenge ebensowohl als
schädliche Milde Yermieden werde. 6) Da die Oensuren sich auf das ganze
Semester (oder Quartal) beziehen, sind die Prädicate für die Leistungen Yon
den Lehrern nicht allein nach den in einer Prüfling gegen den Schlufs des
Semesters oder Quartals bekundeten Kentnissen zu bestimmen, sondern haupt-
sächlich nach dem in der ganzen Zeit, über welche die Censur sich ausspricht,
wirklich Geleisteten. Danach sind die an einigen Gymn. bestehenden, einige
Wochen Yor dem Schlufstermin beginnenden mündL Prüfungen für die Oensuren
einzustellen und durch häufige Bepetitionen zu ersetzen.
7. Wenn die Leistungen eines Schülers zur Zeit der Versetzung in mehr
als 2 Hauptfächern als nicht hinreichend oder als gering bezeichnet
sind, kann in der Begel nicht erwartet werden, dafs derselbe während der
Dauer auch längerer Ferien die Yorhandenen Mängel werde beseitigen können,
und ist dann eine Nachprüfung zum Aufsteigen in eine höhere £1. nicht mehr
zu gestatten. Dabei bleibt selbstredend nicht ausgeschlossen, dafs ein Schüler
wegen nicht hinreichender Leistungen auch nur in Einem Hauptfach nach dem
Ermessen des Dir. und der betr. Lehrer in derselben Klasse zurückbehalten
werden kann. Das Zurückbleiben in der Klasse ist auf dem Censurzettel ao»-
drücklich zu bemerken.'* —
352
*
Dasselbe Prov.Sch.G. ist unter dem 5. Dec. 1873 ermächtigt worden, wegen
der bei den kathol. Anstalten oft kurzen Dauer des Bommersem. in denselben für
die unteren und mittl. KL nur 3mal im Jahre (zu Weihn., zu Ostern und am Schlufs
des Schuljahrs, d. i. Mitte Aug.) Gensuren ausstellen zu lassen.
C. Verf. des Prov. Sch.C. zu Posen v. 22. Apr. 1858: — „Wir ändea
uns yeranlafst, in Betreff der bei den Schülercensnren anzuwendenden Prä-
dicate Folgendes zu bestimmen:
In fiezng auf die Leistungen, den Fleifs und die Aufmerksamkeit sind
nur zn gebrauchen die Prädicate vorzüglich, gnt, befriedigend, mittel-
mäfsig, ungenügend, und diese durch keine weiteren Zusätze wie ziem-
lich, im Ganzen, kaum u. s. w. zn modificiren. In Bezug auf das Betragea
werden die 3 Prädicate gut, nicht ohne Tadel, tadelhaft ausreichen. Da
es bei dieser Festsetzung nur unsere Absicht ist, eine TJebereinstimmnng in
der Bezeichnung herbeizuführen und den Schülern wie den Eltern derselben
durch feststehende Ausdrücke einen sicheren Anhalt für die Beurteilung dea
Werthes der erteilten Censuren zu geben, den sie bei der sehr verschiedenen
Deutung, welcher die bisher gebrauchten Ausdrücke an sich fähig sind, bisher
nicht genaht haben, so versteht es sich von selbst, daTs jeder eine bestimmte
Thatsache aussprechender Zusatz gestattet ist. Es wird also beispielsweise
dem Prädicat „Fleifs: genügend'' der Zusatz „besonders in der Anfertigung^
der schrifli. Arbeiten*' oder „in Anfertigung der schrifbl. Arbeiten, weniger im
Erlernen der aufgegebenen Pensa" u. s. w. gegeben werden können. Bei den
tadelnden Prädicaten ist ein derartiger Zusatz wünschenswerth, da es wichtige
ist, dafs die Eltern genauere Kenntnis davon erhalten, woran es ihre Kinder
fehlen lassen. In Bezug auf das getadelte Betragen erscheint ein derartiger
Zusatz in den meisten Fällen unerläfslich.*'
Min. Verf. v. 28. Jan. 1858 (an das Prov. Seh. C. der Prov. Branden-
burg): — „Es ist nothwendig, die jetzige Verschiedenheit in der Form der
Censuren auf diejenige TJebereinstimmnng im Wesentlichen zurückzufahren,
bei welcher das eigentümliche Verfahren, welches sich den einzelnen Anstalten
als das zweckmäfsigste bewährt hat, freigelassen bleibt. Demgemäfs kann ich
zwar der Ansicht nicht beistimmen, nach welcher Nummern als zusammen-
fassende Bezeichnungen (über der Oensur) nicht femer gebraucht werden
sollen, erachte vielmehr, auch aus pädagog. Gründen, für zulässig, dafs die An-
wendung von Nummern, wo sie entweder für alle Fälle oder nur für die
unteren und mittleren Kl. bisher gebräuchlich gewesen ist, beibehalten werde.
Wenn sich aber dabei eine so grofse Verschiedenheit findet, dafs einige An-
stalten sich auf die Verwendung von überhaupt nur 3 Nummern (I, II, III)
beschränken, andere darüber hinaus, und zum Teil durch Beifügung von Buch-
staben und anderen Znsätzen bis zur Anwendung von 9 derartigen Werth-
bezeichnungen gehen, so ist dies Mifsverhältnis auszugleichen. Um die Mög-
lichkeit der Abstufung weder zu sehr zu verengen, noch zu weit auszudehnen,
empfiehlt sich am meisten das Verfahren der Anstalten, welche die Nummern
I, n, III mit Modification des mittleren Prädicats in der Weise verwenden,
dafs folgende 5 Stufen entstehen: I, IIa, II, IIb, III. Diese Bezeichnungs-
weise ist bei denjenigen Anstalten anzuordnen, welche überhaupt von Censur-
nummem Gebrauch machen wollen. Sie sind jedoch nur zur Bezeichnung* des
Gesamtwerthes einer Oensur zu gestatten, nicht als Specialprädicate bei den
einzelnen Unterrichtsgegenständen und den verschiedenen Bubriken der Be-
urteilung.
In Betreff dieser Bubriken (Aufmerksamkeit, häuslicher Fleifs,
Leistungen oder Fortschritte, Betragen) erkläre ich mich damit einver-
353
standen, dab ein alleiniger Gfebraach bestimmter kurzer Prädicate nicht vorzu-
schreiben, sondern dafs der individaellen Fassang des Urteils, je nachdem sie
den Lehrern selbst am bezeichnendsten nnd wirksamsten erscheint, zumal für
die Beurteilung der Schüler in den oberen El. und für die Charakterisimng
ihrer situ, Eigentömlichkeit, gebührende Freiheit zu gewähren ist Wo jedoch
von feststehenden Prädicaten, mehr oder weniger zusammenfassend, Gebrauch
gemacht wird, ist eine gröfsere Gleichmäßigkeit, als jetzt stattfindet, herzustellen
und zu dem Ende eine zu weit gehende Mannigfaltigkeit und Abstufung der
Prädicate und die Anwendung zu vager Ausdrücke zu verhindern. Es können
z. B. zur Bezeichnung der Leistungen und Fortschritte 4 Prädicate sehr wohl
genügen; und unter denen, welche sich als geeignet darbieten und herkömm-
lich sind, erscheint die Scala von sehr gut, gut, mittelmäfsig, nicht
befriedigend als die zweckmäfsigste. Das sittl. Verhalten wird in der Regel
eine mehr individualisirende Beurteilung erfordern; sofern aber kurze Prädicate
benutzt werden, ist aus naheliegenden Gründen besonders im Lobe Mafs zu
halten. Bei einem bescheidenen und ordnungsmäßigen Betragen z. B. genügt
die einfache Anerkennung durch das Prädicat gut, ohne weitere Steigerung
des Lobes. Ich beabsichtige indefs nicht, den ausschliefsl. (Gebrauch solcher
Einzelprädicate vorzuschreiben, überlasse es vielmehr dem E.ScIlC., in dieser
Hinsicht, unter Befolgung der eben ausgesprochenen allgemeinen Grundsätze,
diejenigen Anordnungen zu treffen, welche dasselbe nach Seiner Kenntnis des
bisher an den einzelnen Anstalten befolgten VerfiEdurens für zweckmftflsig
erachtet
Schliefslich bemerke ich, dafs an einigen Anstalten auf die Ausfertigung
der Censuren, welche den Eltern der Schüler zugestellt werden, nicht die nöthige
Sorgfalt verwandt wird; mehrere, die mir bei Gelegenheit von Eingaben zu Ge-
sicht gekommen sind, waren kaum leserlich oder mit nicht verständlichen Ab-
kürzungen geschrieben.
Ich vertraue, dafs das E. Sch.C. dem für das Wechselverh<nis von
Schule und Haus besonders wichtigen Gegenstande sowohl im Allgemeinen,
wie in den hier zur Sprache gebrachten Beziehungen femer Seine ganze Auf-
merksamkeit widmen werde.''
C. Verf. des Prov. Sch.C. zu Berlin v. 10. Nov. 1884: „lieber
die Einrichtung der den Schülern jährlich vier- oder mindestens dreimal aus-
zustellenden Censuren haben wir in unserer Verf. v. 19. Febr. 1858 Anordnung
getroffen. Die Wahrnehmung indefs, dafs die Bestimmungen derselben nicht überall
beachtet werden, was sich zum Teil auch dadurch erklärt, da(^ sie an den seit
jener Zeit entsl^ndenen Anstalten nicht bekannt geworden zu sein scheint,
sowie der umstand, dafs sich das Bedürfnis einiger Aenderungen herausgestellt
hat veranlassen uns unter Hinweis auf § 14 der Instruction Ar die Directoren
V. 22. Jan. 1868 folgende Vorschriften zu geben:
1. Die für die Censuren anzuwendenden Formulare müssen jedenfalls
die erforderlichen Bubriken enthalten, um das allgemeine Urteil über das Be-
tragen, den Fleifs und die Aufmerksamkeit des Schülers, welches stets von
der Conferenz zu berathen und festzustellen ist, und die besonderen Urteile
über die Leistungen und Fortschritte in den einzelnen Lehrgegenständen,
welche in der in den Lehrplänen v. 31. März 1882 angegebenen Beihenfolge
au&uführen sind, aufzunehmen.
Den Fleifö und die Aufmerksamkeit für jeden einzelnen Lehrgegenstand
noch besonders zu beurteUen ist fortan ausgeschlossen. Nur wenn der Fall
eintritt dafs für irgend ein Object eine grobe Versäumnis wahrnehmbar ge-
worden ist, ist dies an geeigneter Stelle bemerklich zu machen.
Wlete, Vtzordnungen. 23
Es ist selbstverständlich, dafs die allgemeinen Urteile durch die
Aeufserangen der einzelnen Lehrer vorbereitet werden müssen; in welcher Weise
dies geschieht, bleibt dem Ermessen der Herren Directoren überlassen.
2. Für die Beurteilung des Betragens ist eins der Prädicate lobens-
werth, gut, im ganzen befriedigend zu wählen. Wenn Anlafs zu er-
heblichem Tadel vorliegt, so ist dies besonders anzugeben.
3. Für die Beurteilung des Fleifses, der Aufmerksamkeit, der Leistungen
und Fortschritte ist eins der folgenden Prädicate zu wählen: I. sehr gut;
n. gut; IIL genügend; IV. noch nicht (noch nicht völlig) genü-
gend, nur mittelmäfsig, mar\gelhaft; V. ungenügend. Ein allen
Anforderungen genügendes Wort für das vierte Prädicat ist nicht vorhanden;
es werden daher mehrere zur Auswahl geboten. Unter allen Umständen ist
aber festzuhalten, dafs dasselbe, wenn es sich um die Versetzung handelt, die
noch nicht erlangte Beife bezeichnen soll, und dafs, wenn dasselbe in minde-
stens zwei Hauptfächern erteilt werden mufs, das Aufsteigen in eine höhere
Kl. in der Regel unstatthaft wird.
4. Das Urteil wird jedesmal zuerst in eins dieser Prädicate gefafst;
besondere, individualisirende oder auf bestimmte Thatsachen sich beziehende
Bemerkungen müssen, wenn dieselben erforderlich sind, demselben folgen.
5. Es bleibt dem Ermessen anheimgestellt, in welcher Weise die Cen-
sur-Formulare einzurichten sind, um die anderweiteu Notizen über den Schul-
besuch, Zuspätkommen, den Klassensitz, die Beschaffenheit der Hefte u. s. w.
au&ehmen zu können.
6. Ebenso bleibt es dem Ermessen anheimgestellt, ob bestimmte Num-
mern als zusammenfassende Bezeichnungen des Gesamtwerthes der Censur an-
gewendet werden sollen. Wenn dieselben angewendet werden, so dürfen es
fortan nur fünf sein, und zwar I, IIa, 11, IIb und III, entsprechend der Scala
der für den Fleifs und die Leistungen bestimmten Prädicate. Jede Zwischen-
stufe ist unbedingt auszuschUefsen; wenn eine Erläuterung der Nummern auf
der Bückseite der Formulare beliebt wird, so ist sie mit den angegebenen
Prädicaten und bei dem vierten mit einem der vorgeschlagenen zu geben.
Sollte sich an einer Anstalt die alte Sitte noch erhalten haben, den
Werthunterschied durch farbige Formulare ersichtlich zu machen, so ist dieselbe
sofort abzustellen.
7. Es ist dafür Sorge zu tragen, dafs auf die saubere Ausfertigung der
Gensuren die nöthige Sorgfalt verwendet werde und dafs alle das Verständnis
erschwerende Abkür/.ungen vermieden werden.
Wir erwarten von den HH. Dir. resp. Bectoren die pünktliche Beachtung
dieser Bestimmungen, deren Absicht nur darauf gerichtet ist, eine gleichmäfsige
Grundlage für das Censurwesen zu schaffen und dadurch die Anlässe zu Mifs-
deutungen und Mifsverständnissen hinsichtlich der Fassung der Censuren,
welche namentlich in der letzten Zeit sich bemerkbar gemacht haben, zu
beseitigen."
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 13. Febr. 1881.
„Nachdem das Censurwesen der höheren Schulen in den letzten Jahren von
verschiedenen Seiten einer eingehenden Besprechung unterzogen ist und auch
auf der ersten Schleswig-Holsteinischen Directorenversammlung einen Gegenstand
der Berathung ausgemacht hat, setzen wir vom Beginn des bevorstehenden
neuen Schuljahres ab . . . für sämtliche höh. Schulen unseres Amtsbereichs
hierdurch folgende Censur Ordnung fest«
A. Begelmäfsige Schulcensuren. 1. In Prima und Secunda sind
mindestens dreimal (zu Michaelis, Weihnachten und Ostern), in den übrigen
355
Xlassen mindestens viennal im Jahre sämtlichen Schülern Censnren zn erteilen.
2. Die Censnrblätter müssen bestimmte Babriken enthalten für Schulbesuch,
für Betragen, für Fleifs und Aufmerksamkeit, für Leistungen in den
einzelnen Unterrichtsfächern, endlich für etwaige Bemerkungen. Aufserdem
ist regelmäfsig neben der Angabe der Gesamtschülerzahl der Klasse, bezw. der
Xlassenabteilung, der dem betr. Schüler nach der Rangordnung zugewiesene
Platz zu yermerken. — Eine Gradnummer für die Gesamtcensur ist nicht zu
erteilen. 3. Etwaige unentschuldigte Versäumnisse im Schulbesuche sind aSs
solche ausdrücklich zu bezeichnen. Auch Verspätungen sind zu vermerken.
4. Das Betragen der Schüler ist, sofern nicht durch besondere Anordnung für
einzelne Anstalten bestimmte Prädicate festgesetzt sind, durch individualisirende
Beurteilung zn charakterisiren. Wünscht ein Lehrercollegium auch für das
Betragen eine feste Scala bestimmter Prädicate, so ist behufs der Feststellung
der letzteren ein bezüglicher Antrag an uns zu richten. Die Zahl der betr.
Prädicate ist auf höchstens Tier zu beschränken. Den einen Tadel in sich
schliefsenden Prädicaten mufs übrigens jedesmal eine concrete Motivirung hinzu-
gefügt werden. 5. Für den Fleifs und die Aufmerksamkeit, sowie für
die Leistungen der Schüler sind ausschliefslich folgende Prädicate in Anwen-
dung zu bringen: sehr gut, gut, genügend, nicht völlig genügend,
ungenügend. — Limitirende Modificationen der genannten Prädicate (z. B.
genügend bis gut, kaum genügend, im Ganzen genügend, fast genügend)
sind unzulässig. Dagegen empfiehlt es sich, den Prädicaten je nach Um-
ständen eine nähere Ausführung beizufügen. 6. Sämtliche I^dicate sind
mit Worten auszuschreiben, nicht durch Zahlen auszudrücken. 7. Die
Censnren für Betragen, sowie für Fleifs und Aufmerksamkeit sind
jedesmal nach Mafsgabe der in der letzten Gensurperiode gemachten £r-
fohrungen auf Grund der von dem Klassenordinarius zu besorgenden Vorarbeiten
und Vorschläge von den sämtlichen in der betreffenden Klasse unterrichtenden
Lehrern in einer Gonferenz unter dem Vorsitz des Directors (Bectors) festzu-
stellen. 8. Für die Leistungen der Schüler sind die Censnren von den
bezüglichen Fachlehrern zu erteilen. Unterrichten mehrere Lehrer in demselben
Fache, so haben sie sich hinsichtlich des zu erteilenden Prädicats unter
einander zu vereinbaren; erforderlichen Falls hat der Director (Bector) die Ent-
scheidung zu treffen. 9. Den Mafsdtab für die Beurtheilung der Leistungen
giebt das Klassenalter im Verhältnis zum Klassenziel. Die Prädicate für die
Leistungen sind demnach zu bemessen nach den Anforderungen, welche mit
Bficksicht auf den Gang des gesamten Unterrichtscursus der Anstalt an den
betr. Schüler nach der Klasse, welche er besucht, sowie nach seinem Klassen-
alter innerhalb derselben gestellt werden dürfen. Jeder Lehrer hat durch
methodische Repetitionen und durch geeignete Heranziehung und Verwerthung
dessen, was früher im Unterr. vorgekommen ist, dafür Sorge zu tragen, dafs der
Inhalt des früheren Unterrichts nicht über dem augenblicklichen Pensum ver-
gessen werde, sowie dafs Schüler, welche sich früher irgendwie in ihren Kennt-
nissen vernachlässigt haben, die damals entstandenen Lücken in ihrem Wissen
und Können nachträglich ausfüllen. Umfafst eine Klasse verschiedene Ab-
teilnngen, so sind demgemäfs für gleiche Prädicate an die Schüler der oberen
Abteilung höhere Anforderungen zu stellen, als an diejenigen der unteren. —
An solche Schüler, welche den Cursus ihrer Klasse, bezw. ihrer Klassenabteilung
wiederholen müssen, ist derselbe Mafsstab anzulegen, wie an die übrigen Schüler
ihrer Klasse, bezw. Klassenabteilung. 10. Auf jedem Censurblatte, bezw.
auf dem ersten Blatte eines Censurbuches, ist die Beihenfolge der festgesetzten
Prädicate ausdrücklich anzugeben, unter Hinzufügung einer Bemerkung hinsicht-
lich des für die Beurteilung der Leistungen in Betracht kommenden Mafsstabes
23*
356
(vergL Passus 9). 11. Jede Censnr ist von dem Director (Bector) und deut
Elassenordmarius zu unterzeichnen. — Sofort beim Wiederbeginn des ünterr^
hat Jeder Schüler seine Censur mit der Unterschrift der Eltern oder der Stellyer-
treter derselben dem Elassenordinarius wieder vorzulegen. 12. Die Concepte
der Gensuren sind im Archiv der Schule zu bewahren.
B. Abgangszeugnisse. (Vgl. Min. Verf. v. 30. Juni 1876, L 2 u. 3^
p. 323). 13. Jedem Schüler, welcher die Anstalt verläTst, olme dieselbe*
absolvirt zu haben, ist ein mit der Unterschrift desDirectors (Bectors) und des
Elassenordinarius versehenes Abgangszeugnis auszustellen, dessen Concept im
Archiv der Schule aufnibewahren ist. 14. Das Abgangszeugnis mufs ent-
halten: 1. das vollständige Nationale des Schülers; 2. die Angabe der Zeit,,
zu welcher derselbe in die Anstalt eingetreten ist, sowie der Aufnahme-^Elassev
3. die Angabe der Klasse, welche er zuletzt besucht hat, sowie der Dauer
des Besuchs dieser Klasse; 4. die Beurteilung des Schulbesuchs, des Be-
tragens, des Fleiüses und der Aufinerksamkeit, der Leistungen. — Letztere
sind nach Mafsgabe der für die regelmäßigen Schulcensnren geltenden Vor-
schriften (vgL Passus 9) bestimmt zu prädiciren. Die Beihenfolge der fest-
gesetzten Prädicate ist auf dem Abgangszeugnisse ausdrücklich anzugeben.
Unter Umständen wird es sich empfehlen, den Prädicaten eine eingehendere
Charakteristik hinzuzufügen. — Für die Beurteilung des Schulbesuchs, des Be-
tragens, des Fleifses und der Aufmerksamkeit sind nicht allein die Erfahrungen
der letzten Gensurperiode in Betracht zu ziehen, sondern auch die Ergebnisse^
der früheren Schulcensuren in geeigneter Weise zu berücksichtigen. 15. Bei
denjenigen Schülern, welche bei ihrem Abgange der Zeit nach den Gursus ihrer
Klasse absolvirt haben, mu£9 in das Zeugnis ein Vermerk darüber aufgenommen
werden, ob dieselben schliefslich in die höhere Klasse, bezw. obere Klassen-
abteilung versetzt worden sind oder nicht. Im ersteren Falle ist das Datum
des Gonferenzbeschlusses anzuführen, durch welchen die Versetzung erfolgt ist
16. Bei unfreiwilliger Entfernung eines Schülers ist der Grund derselben
anzugeben.''
«
Das K. Prov. Sch.G. zu Königsberg hat durch G.Verf. v. 29. Jan.<
1875 als die in den Gensuren und Abgangszeugnissen zur Beurteilung der
Leistungen anzuwendenden Prädicate folgende bezeichnet: gut, befriedigend,,
ausreichend, wenig befriedigend, ungenügend.
Die Aufeinanderfolge der Lehrobjecte richtet sich nach der Au&tellung
des Normalplans wobei im Einzelnen hin und wieder Unterscheidungen vor-
kommen, z. B. im Deutschen zwischen den schriftt. Leistungen und der
Litteratnrkenntnis u. dgl. m. — Bei vielen Anstalten sind Beschaffenheit der
Handschrift und Ordnung der Hefte stehende Gensurrubriken.
In einigen Anstalten wird der Act der Gensurverteilung, damit der<-
selbe einerseits vorzugsweise in der Hand des Ordinarius bleibe und anderer-
seits den Gharakter der OeffenÜichkeit für die Schule nicht verliere, so abge-
halten, dafe jede Klasse ihr Gesamtnrteil und die einzelnen Schüler ihr beson-
deres Urteil durch den Ordinarius im Beisein des ganzen LehreroolL empfangen,
und zwar von unten aufsteigend so, dafs immer die nächst höhere Kl. der
Gensur der nächst unteren beiwohnt, nicht umgekehrt die Schüler der niederen
Kl. Zeugen der Gensur der höheren sind.
Die Unterschrift des Vaters oder seines Stellvertreters, dab er vom In«-
halt der Gensur Kenntnis genommen, wird überall verlangt
Ueber Abgangszeugnisse s. p. 323 und Abschn. VII.
3S7
13. Strafen.
Heber die bei den höheren Schulen zur Anwendung kommenden Discipli-
iiar-Strafmitfcel und die Aufeinanderfolge derselben wird im Allgemeinen anf
^ie westfäl. Disciplinarordnnng (p. 335 f.) Bezug genommen. Im Besonderen
:dnd au&erdem erwfthnenswerth :
C.Verf. des K. FroY.Sch.C. zu Magdeburg y. 2. Mai 1867. „Auf
Omnd einer Revision der in der Dir-Instr. v. 1. Dec. 1827 enthaltenen Ben
^mmungen über die den Directoren und LehrercoUegien zustehende Straf-
befugnis haben wir hinsichts der Bedingungen, unter denen die bisher üblichen
rSchulstrafen zur Anwendung gebracht werden können, Folgendes fest-
gestellt:
Wenn bei leichteren Vergehen ein Verweis unter vier Augen oder vor
der Klasse genügt, so wird es schon als eine bedeutende Schärfhng der Strafe
angesehen werden müssen, wenn die Erteilung eines Verweises vor der Lehrer-
eonferenz erfolgt
Anweisung eines besonderen Platzes oder Hinuntersetzen
um einen oder mehrere Pl&tze wird nur bei Schülern der unteren uhd
mittL Kl. als Strafe angewendet werden können. Dem Lehrercoll. bleibt es
überlassen, die näheren Festsetzungen zu treffen, wie weit dabei die Befugnisse
4es einzelnen Lehrers gehen sollen.
Das sogenannte Nachsitzen darf nur unter Aufticht stattfinden und
nur um das Versäumte nachzuholen. Es darf diese Strafe jedoch nicht so an-
gewendet werden, dafs die Schüler an den Tagen, an welchen Nachmittags«
imterricht stattfindet, a^i Benutzung . der Zeit von 12 bis 2 Uhr zum Mittags-
^sen und zur Erholung verhindert werden. Von jeder Verhängung dieser
Strafe ist dem Dir. Vor deren Vollstreckung Kenntois zu geben.
Arrest hinter verschlossenen Thüren, jedoch nur unter Beschäftigung
mit schrifti. Arbeiten, welche im Zusammenhange mit dem vorhergehenden
ünterr. stehen müssen, kann nur durch Beschlufs der Lehrerconferenz verhängt
werden, und zwar höchstens auf die Dauer von 6 Stunden«
Körperl. Züchtigung darf als eines der gewöhnlichen Strafmittel
nicht angesehen werden; vielmehr ist es Aufgabe der Erziehung, dieselbe in
•den höh. Schulen gänzlich entbehrlich zu machen. Jedoch wollen wir gestatten,
4afs diese Strafart an Schülern der 3 unteren Kl. bei Ausbrüchen von Roheit,
-die eine sofortige ernste Zurückweisung erfordern, zur Anwendung gebracht werden
duf. So oft ein Lehrer sich hat bestimmen lassen, irgend eine körperliche
Züchtigung vorzunehmen, hat er jedesmal an demselben Tage dem Dir. darüber
Anzeige zu machen.
Geldstrafen sind in den höheren Schulen unter keinen umständen
^stattet.
Beleben die vorhandenen Strafmittel nicht aus und zeigt sich ein Schüler
.als unverbesserlich, und tritt wohl gar der FaU ein, dafs sein längeres Ver-
bleiben der Schule selbst nachteilig wird, so bleibt nichts übrig, äa auf die
Entfernung desselben hinzuwirken, resp. dieselbe sofort herbeizuführen. Die
näheren Modificationen, unter denen dies geschehen kann, sind:
1. das Consilium abeundi, welches dem Schüler vor versammelter
Lehrerconferenz auf Beschlufs derselben erteilt wird und von welchem jedes-
mal dem Vater oder dem Vormunde durch den Dir. Kenntnis zu geben ist;
.2. die stille Entfernung, indem zunächst der Vater oder Vormund anf-
{gefordert wird, den Austritt des Schülers aus der Schule binnen einer be-
stimmten Frist anzuzeigen, so dafs die Ausschliefsung nur erfolgt, * wenn
4ieser Aufforderung nicht rechtzeitig Folge geleistet wird; 3) die öffentL
358
Yerweisnng (Belegation), von welcher ans unter Einreichnng des Conferenz-
protokolls jedesmal Kenntnis zu geben ist.
Die Entfernung eines Schmers von der Schnle kann nur durch Beschlofs
der Lehrerconferenz erfolgen. In dem unter Nr. 3 aufgeführten Falle findet
Bekanntmachung an die übrigen höh. Schulen der Provinz statt, deren kein»
den Verwiesenen wieder* aufiiehmen wird.*) — In wie weit bei einzelnen Institu-
ten ein auf Entfernung lautender Conferenzbeschlufs einer höheren Bestätigung
bedarf, wird durch die besondere Schulverfassung festgestellt. In den Ab-
gangszeugnissen ist die Art der Entfernung der strengsten Wahrheit gemfifs
ausdrücklich zu bemerken.
Wir veranlassen die Directoren, die Lehrer von diesen Bestimmungen
in Kenntnis zu setzen, die Beobachtung derselben gewissenhaft zu überwachen
und auch Sorge zu tragen, dafs künftig jeder neu angestellte Lehrer recht-
zeitig hiermit bekannt gemacht werde. Dabei bemerken wir, daOs es nicht
unsere Absicht ist, in den disciplinar. Bestimmungen, die für die geschlossenen
Anstalten auf Grund besonderer Verordnung gelten, durch die gegenwärtige
Verfügung eine Abänderung zu bewirken.*'
C.Verf. des K. Prov. Sch.C. zu Königsberg v. 25. Juni 1873*
^Wir sehen uns veranlafst, den HH. Dir. und Bectoren die Bestimmung des
§ 51 der Dir.Instr., nach welcher die Strafe des Nach sitzen s nie ohne
Aufsicht eines Lehrers ausgeführt werden darf, hierdurch zu genauester Nach-
achtung und zu entsprechender Anweisung der Lehrer in Erinnerung zu brin-
gen. Im Anschlufs an diese Vorschrift bestimmen wir femer, dafs diese Strafe,.
MLs sie sich als unumgänglich und der Natur des Vergehens entsprechend
erweist, niemals auf die freie Zeit zwischen den Vorm.- und Nachm.-Unter-
richt verlegt werden darf. Da wir überdies bemerkt haben, dafs die gedachte
Strafe im Widerspruch zu § 50 und 51 der erwähnten Instr. leider aUzu häu%
und ohne genügenden Grund, namentl. auch ohne genaue Abwägung des zu
Grunde liegenden Vergehens verhängt wird, so beaufbragen wir die HH. Dir.
und Bectoren, die Mitglieder der LehrercoU. gegen den ausgedehnten Gebrauch
dieser nur in seltenen Fällen geeigneten Strafart nachdriicklich zu warnen.
Jüngere Lehrer, insbes. solche, welche noch in Ableistung ihres Probejahrs
begriffen oder nur in provisor. Eigenschaft beschäftigt sind, haben nicht nur
den Klassenordinarien nach § 10 der Instr. für die letzteren Anzeige zu machen^
sondern auch die vorgängige Zustimmung des Dir. einzuholen, falls sie zu
dieser Strafe ;u schreiten beabsichtigen."
Carcerstrafe. C. Verf. des Prov. Sch.C. zu Koblenz v. 24.
Apr. 1862: „Auf den Bericht v. 3. d. M. eröffnen wir der Direction, dafs dio
Carcerstrafe, w*elche um ihrem Zweck zu entsprechen eine seltene bleiben muTs,.
ohne ausdrückliche Genehmigung des Dir. nicht in Anwendung kommen darL
Die Direction hat Gegenwärtiges den Lehrern der Anstalt zu eröffnen.*'
Körperl. Züchtigung. Gesetzlich ist die Grenze des dem Lehrer
zustehenden Züchtigungsrechtes in Uebereinstimmung mit den Vorschriften de»
A.L^ nach • der Allerhöchsten Cabinetsordre v. 14. Mai 1825 unter Nr. 4
folgendermafsen festgesetzt: „Die Schiüzucht darf niemals zu Mifshandlungen
ausgedehnt werden, die der Gesundheit des Kindes auch nur auf entfernte Art
schädlich werden können." Es ist anerkannt, dafs diese landesgesetzliche Be-
V Vgl p. 360 unter Nr. 4, p. 362 Verf. Hannover 6. Apr. 1873 am.
Schlufs u. fg.
359
stimmang durch das Beichsstrafgesetzbnch nicht aufgehoben ist S. Ent-
scheidung des E. Ober-Verwaltnngsgerichts y. 19. Nov. 1884, CBl. 1885 p. 378.
Verf. des Prov. Sch.C. zu Berlin y. 9. Mftrz 1843: „Mit Bezug-
nahme auf § 12 der Instr. for die Dir. der gelehrten Schulen der ProY. Bran-
denburg Y. 10. Juni 1824 eröffnen wir Ew. — , dafs es das Streben der Dir.
und der Lehrer der Gymn. sein mufs, durch eine ernste Disciplin und eine
zweckmässige Benutzung der übrigen Strafmittel die körperl. Züchtigungen
in den Gymn. möglichst entbehrlich zu machen, und dafs es bei Anwendung
dieses Strafmittels als Grundsatz gelten mufs, dafs mehr der moralische Ein-
druck der Strafe als der körperl. Schmerz die Besserung des zu Bestrafenden
bewirke. T3m dies zu erreichen, wird den Dir. empfohlen, dafs sie nur den-
jenigen Lehrern, auf deren pädagogische Einsicht und Besonnenheit überhaupt
und auf deren Mäfsignng beim Strafen im Besonderen sie sich Yerlassen zu
können glauben, jene Strafgewalt anvertrauen und die mit derselben versehenen
Lehrer anweisen, im Allgemeinen nur in den seltensten Fällen gleich nach
dem Vergehen des Schülers und auch nur dann an demselben eine körperU
Züchtigung zu vollziehen, wenn die Beschämung, welche er dadurch vor seinen
Mitschülern erleidet, als nöthig für seine Besserung erscheint oder überhaupt
ein Aufschub der Strafe die wohlthätige Wirkung derselben vermindern würde,
nnd die körperl. Züchtigung so auszuführen, dafs in keiner Weise aus derselben
ein Nachteil für die Gesundheit des Knaben erwachsen könne. In Bücksicht
hierauf kann es nicht gestattet werden, dafs bei solchen Bestrafungen andere
Strafwerkzeuge als ein dünnes Bohrstöckchen oder eine Buthe in Anwendung
kommen. Auch werden die Lehrer auf die Verantwortlichkeit aufinerksam zu
machen sein, welche sie in dem Falle haben, wenn eine solche Bestrafung
der Gesundheit des Enabens nachteilig wird; es ist event von einem jeden
Mifsbrauch der Art uns sofort Anzeige zu erstatten. Was die Bestrafungen
der Schüler durch Schuldiener betrifft, so sind sie, weil sie nur allzuleicht den
Charakter einer polizeiartigen Züchtigung annehmen, im Allgemeinen unstatt-
haft, und wenn es sich vielleicht auch bei einzelnen gröberen Vergehen jün-
gerer Knaben rechtfertigen liefse, dafs die Züchtigung auf den Beschlufs der
Conferenz oder des Dir. in Gegenwart des letzteren durch einen Schuldiener
mit der Buthe oder einem dünnen Bohrstöckchen vollzogen wird, so müfste
dies doch stets als eine höchst seltene Ausnahme zu betrachten sein, und
würde in Bücksicht auf das Alter des Schülers und die Natur des Vergehens
vor der Anwendung einer solchen Züchtigung zu erwägen sein, ob nicht, wenn
von anderen Strafen ein Erfolg nicht zu erwarten ist, die Ausschliefsung aus
der Schule in Anwendung zu bringen sei. In hohem Grade ist es in dieser
Hinsicht zu mifsbilligen, dafs eine derartige Züchtigung, wie es an einigen
Gymn. geschehen ist, als Folge einer Anzahl tadelnder Noten im Klassen-
Tagebuche eintritt. TJeberhaupt wird es zweckmäfsig sein, eine solche Be-
strafung nur mit Vorwissen und Zustimmung der Eltern vollziehen zu lassen.
Nach Mafsgabe dieser Grundsätze wollen sie sich über angemessene
Ausübung des Bechts zu körperl. Züchtigungen mit den Lehrern der Ihrer
Leitung anvertrauten Anstalt einigen und dieselben stets sorgsam überwachen.^'
Entfernung von der Schule. C. Verf. des rhein. Prov.Sch.C.
V. 22. Jan. 1836: „Die Entfernung eines Schülers von der Schule ist eine in
ihren Folgen für diesen sowie für die Angehörigen desselben so wichtige Mafs-
regel, daXs zu derselben nur in dem äufsersten Falle geschritten werden
ds^. Damit bei Anwendung derselben überall möglichst gleichmäfsig verfahren
werde, so bestimmen wir hierdurch Folgendes:
1. Die Entfernung eines Schülers von der Schule ist in der Begel nur
dann anzuwenden, wenn die gewöhnlichen Schulstrafen auch in ihrer Steigerung
360
ohne Erfolg geblieben sind und Besserung des vielfach Bestraften unter den
obwaltenden Verhftltnissen nicht zu erwarten ist. Hierin ist von selbst die
nothwendige Berücksichtigung des Alters des Zöglings angedeutet^ und dafs
bei Schülern der niederen El. nur selten die Entfernung nothwendig
werden kann.
2. Wird dieselbe in der Lehrerconferenz beschlossen, so ist zuerst die
stille Entfernung in der Weise zu versuchen, dafs der Dir. die Angehöri-
gen von dem Betragen des Schülers amtlich benachrichtigt und denselben den
Bath erteilt, den Schüler zurückzunehmen. Bleibt dieser Bath unbefolgt, so trifft
den Straffälligen für diesmal eine angemessene Schulstrafe; demselben wird
aber zugleich vor der Lehrerconferenz bedeutet und den Angehörigen durch
den Dir. angezeigt, dafs bei nicht erfolgter Besserung die Ausschliefsung er-
folgen werde.
3. Erfolgt die Besserung nicht, so ist alsdann die Ausschliefsung
zur Ausführung zubringen, so dafs der Dir. den Angehörigen den desfallsigen
Gonferenzbesclüufs mitteilt. Ist der Schüler ein Fremder, so hat der Dir. auch
der Polizei Anzeige zu machen, damit der Ausgeschlossene nicht länger als
unter der Aufsicht der Schule stehend betrachtet werde.
4. Wenn, besonders bei erwachsenen Schülern, die Vergehungen von
wirklicher Bösartigkeit zeugen oder bei gröfserer Unsittlichkeit das Beispiel
und der Umgang eines Schülers den übrigen gefährlich werden sollte, so kann
es in solchen aufserordenü. Fällen nothwendig werden, sogleich zur Aus-
schliefsung zu schreiten. Die Lehrerconferenz hat alsdann noch zu erwägen,
ob der Schüler ohne Bedenken in eine andere Anstalt aufgenommen werden
könne oder ob mit dieser Aufnahme auch für seine neuen Mitschüler Gefahr
erwachsen werde. Im ersten Falle kann, wie bei den unter 2 und 3 enthalte-
nen Fällen, die Ausschliefsung ohne unsere Genehmigung ausgesprochen und
vollzogen werden. In dem dem Schüler auszustellenden Zeugnis ist nach einer
allgemeinen Charakterisirung desselben am Schlufs zu bemerken, dafs er „still
von der Schule entfernt" oder „ausgeschlossen'* worden sei, worauf der Dir.
eines anderen Gymn. der Provinz ihn auf erfolgende Anmeldung anzunehmen,
sich jedoch wegen Mitteilung der näheren Verhältnisse, welche die stille Ent-'
femung oder Ausschliefsung veranlafst haben, an den entlassenden Dir. zu
wenden hat — Sollte jedoch die Lehrerconferenz der Ansicht sein, dafs der
betr. Schüler auf ein anderes Gymn. nicht aufgenommen werden dürfe, so hat
der Dir. ausführlich an uns zu berichten, und unsere Entscheidung nachzu-
suchen. Bestätigt diese die Ansicht der Lehrerconferenz, so werden wir sämt-
liche Dir. der Provinz von einem solchen Falle in Kenntnis setzen, so dafs in
dem Entlassungszeugnis dann auch nur zu bemerken ist, dafs der Schüler aus-
geschlossen sei. Die Angehörigen desselben werden aber durch den Dir. von
unserer Entscheidung in Kenntnis gesetzt.
5. In dem unter 2 bezeichneten Falle erfolgt niemals eine Bekannt-
machung an die übrigen Schüler der Anstalt. Wird die Ausschliefsung aus-
gesprochen, so sind die übrigen Schüler der Klasse, welcher der Ausgeschlossene
angehörte, nur dann von der Ausschliefsung in Kenntnis zu setzen, wenn auch
die Vergehen des Schülers zu ihrer Kenntnis gekommen sind.
6. Im Programm ist eintretenden FaUs nur zu bemerken, dafs ein
Schüler ausgeschlossen worden ist; der Name wird jedoch verschwiegen; der
stillen Entfernung geschieht gar keine Erwähnung.
Wir hegen zu sämtlichen Dir. und Lehrern das Vertrauen, dafs sie bei
den hiemach zu beurteilenden Fällen mit Umsicht verfahren und die zur
Besserung und Erziehung des Einzelnen zulässige Milde mit der Strenge zu
vereinigen wissen werden, welche die Erhaltung der Autorität der Schule und
ihrer darin begründeten Wirksamkeit erfordert."
361
Min. Verf. v. 21. Hai 186 1: — ^orch die an den Dir. K. erlassene
Terf. Y. — ist der betr. Disciplinarfall, soweit der Schüler N. dabei implicirt
war, angemessen erledigt worden. Die bei diesem Anlafs von dem JL Prov.
ScIlC. ansgesprochenen allgem. disciplinar. Gnmdsfitze haben im Wesentlichen
meine Zostimmmig. Es kann dem Vater nicht gewehrt werden, seinen Sohn
zu jeder Zeit ans der Schale zorückzonehmen, auch in dem Fall, dafis eine über
«in Vergehen desselben begonnene Untersuchung noch nicht beendigt
sein sollte.
Ich bin indefs damit nicht einverstanden, dafs durch solche freiwillige
Entfernung die Sache abgethan und der Zweck, den eine Belegation haben
würde, damit erreicht sei. Die verletzte sittliche Ordnung der Schule verlangt
eine Genugthuung, sollte diese sich auch darauf beschränken müssen, dafs die
Schule ihrem Anspruch an den ausgeschiedenen Schüler in dem Zeugnis über
ihn einen Ausdruck giebt. L&fst sich in Folge des beschleunigten Abganges
des Schülers die Untersuchung nicht zu Ende föhren oder ergiebt sich eine
unzweifelhafte Strafbarkeit desselben, so sind im ersteren Fall die Umstände,
unter denen er die Schule verlassen hat, und der auf ihm ruhende Verdacht
in dorn Abgangszeugnis zu vermerken, und ebenso ist in dem anderen Fall
darin zu bezeugen, dafs er sich der nach den Schulgesetzen über ihn zu ver-
hängenden Strafe, z. B. der f^rml. Belegation, durch den Abgang entzogen
liabe. Bei schwereren Vergehen wird es der Dir. för seine Pflicht halten, der
Polizei oder dem Staatsanwalt Anzeige davon zu machen und denselben das
weitere Verfahren zu überlassen. In dem Fall aber, daft ein Schüler eine
ihm auf Grund beendigter Untersuchung vom Lehrercollegium zuerkannte
Carcerstrafe schon angetreten hat, mufs die Schule für befugt angesehen werden,
ihn erst dann zu entlassen, wenn die Zeit der Strafe verlaufen ist."
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 28. Apr. 1866: „Es sind
in neuerer Zeit einzelne Fälle zu unserer Kenntnis gekommen, dafs Schüler
nnfreiwillig von Anstalten entfernt worden sind, ohne daA uns Anzeige davon
gemacht worden wäre. Die Dir.Instr. v. 10. Juni 1824 giebt in § 12 die
Bedingungen an, unter welchen die Directoren mit der Lehrerconferenz befugt
fiind, die äufserste Schulstrafe, die Belegation, über einen Schüler zu ver*
liängen. Wir dürfen die Ueberzeugung hegen, dafs ein solcher Act nur dann
ToUzogen werden wird, wenn sich bei ruhiger Erwägung aller Umstände die
unfreiwillige Entfernung als unumgänglich nothwendig erweist Es ist darum
über einen solchen Fall stets in der Lehrerconferenz ein ausführl. ProtocoU
aufzunehmen, aus welchem der Thatbestand des Vergehens und die zwingende
IS^othwendigkeit der Strafe, so wie das Stimmenverhältnis der votirenden Lehrer
klar und deutlich erkannt werden kann. Dafs die Strafe nur dann vollzogen
werden darf, wenn die Mehrzahl der ordentl. Lehrer des CoUegiums über die
Nothwendigkeit der Entfernung mit dem Dir. einverstanden ist, ist in dem
gedachten § ausdrücklich ausgesprochen worden. Unter Hinweisung auf diese
Bestimmungen der Dir. Instr. ordnen wir hiermit an, dafs fortan jedesmal, wenn
eine Belegation beschlossen worden ist, uns alsbald Abschrift des bezüglichen
OonferenzprotokoUs, und zwar wo ein Ephorat besteht, durch dessen Vermittelung,
in allen anderen Fällen aber direct eingereicht werde. In dem Begleitbericht
ist zugleich anzuzeigen, dafs den Eltern oder sonstigen nächsten Angehörigen
des betr. Schülers hiervon zur rechten Zeit Kenntnis gegeben und auf welche Art
dem Schüler selbst die Strafe angekündigt worden ist.^
C. Verf. des Prov.Sch.C. zu Berlin v. 19. Apr. 1875: „Wir haben
in mehreren Fällen wahrzunehmen Gelegenheit gehabt, dafs die in § 15 der
liistr. vom 22. Jan. 1868 (s. Bd. II) ausgesprochenen Bedingungen, unter denen den
362
Dir. die Befugnis beigelegt ist, Schüler von der Anstalt zn entfernen, nicht mit der
erfordert. Sorgfalt innegehalten worden sind. Die Belegation ist wiederholt
als Stmfe verhängt worden, ohne dafs die gewöhnlichen Mittel der Zucht wirk-
lich erschöpft worden wären, oder ffir Vergehen offenbaren Leichtsinns namenü.
bei Schülern der unteren Kl. zur Anwendung gekommen, ohne dafb dieselben
als schädlich für die Disciplin überhaupt sich erwiesen hätten. Nicht selten
wird die Entfernung eines Schülers, insbesondere von den jüngeren Mitgliedern
der LehrercoU. mit Nachdruck verlangt, weil dieselben aus Mangel an pädagog.
Erfahrung und an der dem Lehrer und Erzieher unentbehrl. Geduld zu leicht
an der durch den Einflufs der Schule zu erreichenden Besserung eines Schülers
verzweifeln und vorschnell die Meinung gewinnen, der Zweck des TInterr. könne
an demselben nicht erreicht werden. Wir dürfen zwar annehmen, dafs die HH.
Dir. und Bectoren derartigen Auffassungen mit Entschiedenheit entgegenzutreten
und das Bewufstsein von der erziehl. Aufgabe der Schule in den Lehrern zu
erwecken und lebendig zu halten wissen; wir finden uns aber gleichwohl mit
Bäcksicht auf mehrere in den letzten Jahren vorgekommene Fälle veranlafst,
dieselben an die Pflicht zu erinnern, die Strafe der Entfernung, welche vorzugs-
weise die Eltern und Angehörigen schwer trifft, niemals ohne allseitige und
gründliche Erwägung der jedesmaligen besonderen Verhältnisse zuzulassen.**
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 6. Apr. 1873.
„Um der Handhabung der Schuldisciplin an den uns unterstellten höh. Lehr-
anstalten eine einheitl. Grundlage zu sichern, verordnen wir mit Genehmigung
des H. Min. unter Aufhebung etwaniger entgegenstehender Bestimmungen
wie folgt:
Sämtliche discipliuar. Schulmafsregeln ernsterer Art haben von einem
Beschlufs der Lehrerconferenz auszugehen. Falls die gewöhnl. Schulstrafen an
einem Schüler sich als fruchtlos erwiesen haben und eine Besserung desselben sich
nicht mehr hoffen läfst, kann die Gonferenz beschliefsen, den Angehörigen des-
selben den Bath zu erteilen, den Schüler von der Anstalt wegzunehmen. Be-
folgen dieselben diesen Bath nicht, so ist geeigneten Falles eine angemessene
Schulstrafe über den Schüler zu verhängen, die Angehörigen desselben aber
hiervon mit dem Bemerken in Kenntnis zu setzen, dafs im Falle fernerer Ver-
gehungen die wirkl. Ansschliefsung über den Schüler verhängt werden müsse.
Die Verweisung eines Schülers von der Anstalt, welche ebenfalls nur nach Er-
schöpfung der sonstigen Dlsciplinarmittel, in besonders erschwerenden Fällen
aber, namentlich wenn von dem längeren Verbleiben des Schülers auf der An-
stalt eine nachteilige Einwirkung auf seine Mitschüler zu besorgen steht, auch
sofort eintreten kann, erfolgt gleichfalls auf Beschlufs der Lehrerconferenz.
Das hierüber aufzunehmende, die Gründe der Mafsregel genau erörternde Proto-
koll ist uns sowohl als der für die Anstalt etwa eingesetzten Localschulbehörde
(Curatorium, Schulcommission, Scholarchat, Magistrat etc.) abschriftlich einzu-
reichen, um der letzteren Gelegenheit zu geben, ihre etwanigen Bedenken bei
uns geltend zu machen; ebenso sind die Angehörigen des Schülers von dem
Beschlufs unter Angabe der Gründe alsbald in Kenntnis zu setzen. Die früher
übliche sogenannte verschärfte (öffentliche, schimpfliche) Ausweisung eines
Schülers, welche die Aufnahme desselben in eine andere Lehranstalt ausschlofs^
ist fortan vom LehrercoU. nicht mehr zu beschliefsen, da sie eine den jetzigen
Verhältnissen nicht mehr angemessene Verschärftmg der Strafe enthält**
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Kassel v. 14. Dec. 1872: „Wir
haben mit dem K. Prov.Sch.C. in Koblenz und Münster die Verabredung ge-
troffen, dafs, wenn von den höh. Schulen der einen Provinz Schüler wegen so
schwerer Vergehen ausgeschlossen werden müssen, dafs ihre Aufhahme für jede
363
Schiüe bedenklich erscheint) die Ausschliefsnng durch das K. Scb.O. der einen
Provinz dem der anderen mitgeteilt wird, und dafs auch bei Vorkommnissen
anderer Art, von welchen Kenntnis zu haben dem Sch.C. der anderen Provinz
von wesentlichem Interesse sein mufs, eine solche Mitteilung erfolgt Demnach
veranlassen wir Ew. — in den bezeichneten Fällen nns sofort die nöthige An-
zeige zu machen. — ^
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Kiel v. 3. Mai 1873: ,4)ie Berichte
der HH. Directoren über das Strafverfahren an den höh. Lehranstalten der
Provinz und über die dabei leitenden Grundsätze lassen keinen Zweifel, dafs
es durchgängig als Hauptaufgabe anerkannt wird, durch die Strafe zu bessern,
sie deshalb dem Vergehen, und, soweit es ohne Benachteiligung der Gerechtig-
keit geschehen kann, der Individualität des Schülers anzupassen, vor allen
Dingen aber, um den Eindruck nicht abzuschwächen, mit den zulässigen Straf-
mitteln (vom strafenden Blick und Wort bis zur Freiheitsentziehung und der
Verweisung) sparsam umzugehen.
In Uebereinstimmung damit und in der Ueberzeugung, dafs der Erfolg
dieses Erziehungsmittels zumeist von dem richtigen Tact, sowie von der in
sittl. und Wissenschaft. Tüchtigkeit wurzelnden Autorität des Strafenden ab-
hängt, halten wir es für erspriefslich, innerhalb dieser Grundsätze die Freiheit
der Lehrercoll. und der einzelnen Lehrer so wenig als möglich einzuengen, und
l)eschränken uns daher auf folgende nur die Grenzen der Strafgewalt betreffende
Anordnungen :
Freiheitsstrafen. 1. Arreststrafen dürfen nur in schulfreier
Zeit stattfinden; an den Tagen, an welchen Nachm. um 2 Uhr Unterricht ist,
nicht zwischen 12 und 2 Uhr. 2. Arreststrafen bis zu 2 Stunden müssen in
der Begel, namentlich von Schülern der 4 unteren Kl. (VI— UI) unter Auf-
sicht eines Lehrers verbüfst werden. 3. Kein Schüler, auch nicht der wegen
seines Betragens strafbare, darf während der Stra&eit ohne Beschäftigung ge-
lassen werden. 4. Die Arreststrafe und ihre Dauer verfugt der Ordinarius auf
Grund der Notate im Klassenbuche und nach Bücksprache mit den Klage
führenden Lehrern; er hat auch im Einverständnis mit diesen die anzufertigende
Arbeit zu bestimmen. Mehrmalige Abschrift eines und desselben Wortes, Satzes,
Abschnitts darf nicht gefordert werden; überhaupt ist zu verhüten, dafs die
Arbeit an sich als Strafe betrachtet werde. 5. Bei Arreststrafen über 2 Stunden
"bedarf es, wofern nicht ein ConferenzbeschluTs erforderlich ist, der (Genehmigung
des Directors. 6. Zwei oder mehr Schüler dürfen nicht zusammen in einem
und demselben Zimmer ohne Aufsicht ihre Stra&eit verbüTsen. 7. Arreststra-
fen dürfen die Dauer von 6 Stunden nicht überschreiten.
Körperliche Züchtigung. 8. Von körperl. Züchtigung darf in den
oberen Kit kein Gebrauch gemacht werden; auch in den unteren Kl. ist sie
mit grofser Vorsicht, in der Begel nur wenn andere Mittel sich wirkungslos
erwiesen haben, bei Veranlassungen auTserordentlicher Strafbarkoit wie Hoheit,
Lug und Trug, Trotz und Widersetzlichkeit anzuwenden. Sie steht nur den
ordentl. Mitgliedern zu, doch kann auch diesen die Befugnis dazu zeitweise
durch den Dir. entzogen werden, wenn die Strafe zu häufig ausgeübt wird oder
gar in Mifshandlung ausartet. Schläge an den Kopf sind unstatüiaft. 9. Züch-
tigung durch den Schuldiener ist nicht zulässig.
Ausweisung. 10. Während der Lehrstunden einen Schüler aus der
Klasse zu weisen, ist nur unter dringenden Umständen gestattet Hat ein
Lehrer sich dazu genöihigt gesehen, so ist er verpflichtet, den Dir. sobald als
möglich davon in Kenntnis zu setzen. 11. Die Strafe der Ausschliefsung
aus der Anstalt kann nur durch ConferenzbeschluTs verhängt werden. Sie ge-
schieht entweder in der milderen Form der Entfernung, oder in der strengeren
364
«
Torrn der YerwelBang (BelegationX Findet Terweisnng statt, so ist eine Be-
nachrichtigang des K. ProY.Sch.C. erforderlich, ohne dessen besondere Geneh-
migung keine andere öffenü. Anstalt den Belegirten aofiiehmen darü In beiden
;FäUen ist die Strafe wie der Grand der Bestrafung im Abgangszeognis anzu-
geben. 12. Jede strengere Strafe, wie Arrest, körperliche Züchtigung, Aus-
weisung aus der Klasse, Ausschliefsung aus der Anstalt u. a. mufs nicht nur
im Klassenbuche vermerkt, sondern auch den Eltern oder deren Stellvertretern
flChrifü. angezeigt werden, wie überhaupt auch auf diesem Gebiete der Erziehung
die Verbindung und Verständigung der Schule mit dem Hause eine wesentliche
Bedingung segensreichen Erfolges ist.
Vorstehende Verfügung mit den beifolgenden Erläuterungen ist allen
Lehrern der Anstalt, sowohl den gegenwärtigen, als den später eintretenden,
mitzuteilen und zum Zeichen, dai^ sie damit bekannt gemacht sind, von ihnen
CT unterschreiben.''
Erläuterungen zum Vorstehenden. „Die allgm. Grundsätze sind
vorangescbickt, weil auf ihnen die nachstehenden speciellen Bestimmungen
ruhen. Es wird so zugleich einer mechan. Auffassung der einzelnen Vorschriften
vorgebeugt. Von der Aufstellung einer Strafscala und einer Anweisung zu
ihrer Anwendung ist abgesehen, weil dadurch die Freiheit der LehrercoU. un-
nOthiger Weise beschränkt würde. Es kommt hauptsächlich darauf an, dafs
innerhalb fester gesunder Grundsätze jeder einzelne Lehrer nach seiner Indi-
vidualität ebenso wie nach der des Schülers das Richtige in jedem Fall finde.
Das kann aus Anweisungen nicht erlernt werden, da Eines sich nicht Ar Alle
schickt Die nachfolgenden Bestimmungen beziehen sich daher meist nur auf
4ie Grenzen der Strafgewalt und auf die Verhütung des Mifsbrauchs gewisser
Strafarten.
•
Zu 2. Als zweckmäfsig hat sich zumal an gröfseren Anstalten bewährt,
für jede einzelne Kl. von VI bis III oder wenigstens fär die beiden unteren
KL abgesondert von den beiden mittleren, am Schlufs jeder Woche 1 bis 2
Stunden festzusetzen, in welchen (mit Ausnahme der Fälle, wo eine baldige
Bestrafung geboten ist) die betr. Schüler unter Aufisicht je eines Lehrers ange-
halten werden, die in einzelnen Lehrgegonständen durch Unfleifs entstandenen
Lücken zu ergänzen. Auf diese Weise wird der allzuhäufigen Anwendung der
Strafe am sichersten gesteuert; es wird zugleich die Belastung der Lehrer,
welchen die Beaufsichtigung obliegt, vermindert und der Ungleichmäfsigkeit im
Verfahren derselben vorgebeugt. Manche Lehrer sind geneigt, ohne Weiteres
und bei geringfügigen Veranlassungen mit Nachsitzen zu bestrafen, andere
verzichten auf dieses Strafmittel ganz, um der Mühe der Beaufsichtigung zu
«ntgehen.
Zu 4. So wird nicht nur verhindert, dafs alsbald stärkere Straf mittel
(zu welchen die Freiheitsentziehung gehOrt) Anwendung finden, wo schwächere
Ausreichen, sondern auch dafftr gesorgt, dafs Einheit in die Behandlung der
Schüler kommt. Wenn die Lehrer jeder Kl. veranlafst werden, mit dem Ordi-
narius Bücksprache zu nehmen, so wird ihnen Gelegenheit gegeben, die einzel-
nen Schüler genauer kennen zu lernen, und dadurch der Gewinn erzielt, dafs
sie harmonischer auf deren Förderung einwirken. Zu 5. Wenn auch bei
solchen Strafen von längerer Dauer fortwährende Aufsicht nicht stattfindet, so
ist es doch wünschenswerth, dafs der Dir. oder der Ordinarius während der
Arrestzeit den der Strafe verfallenen Schüler besucht Zu 7. Eine Verteüung
der BtnSe auf 2 oder gar mehr als 2 Tage schwächt den Eindruck ab und
wirkt nachteilig, weil sie an die Studentenhaft erinnert. Ebenso halten wir
die Einrichtung eines besonderen Straflocals (Carcer) nicht fär nöthig; es wehrt
in heilsamer Weise renommistischen Gelüsten, wenn die Schüler der oberen
365
XI. ebenso wie die der unteren in ilirem Klassenzimmer die Strafe zn ver^
büfsen haben.
Im Allgemeinen werden die Collegien stets sich vergegenwärtigen, dafs
die Knnst der Erziehong um so größer ist, je seltener schwere Strafen statt-
finden, ohne dafs die Forderung des Unterrichts und der sittliche Geist der An-
stalt darunter leidet"
C. Verf. des K. ProY.Sch.C. zu Kiel v. 12. Jan. 1875: „Auf ge^
gebene Veranlassung teilen wir den HH. Dir. und Bectoren der höh. Lehr-
anstalten unseres Bessorts mit Beziehung auf die unter dem 3. Mai 1872 von
uns erlassene Ordnung, betreffend das Strafverfahren an den höh. Lehr-
anstalten, folgende declarator. Ausfahrungen mit, einerseits zu eigener Kennt-
nisnahme und Nachachtnng, andererseits zu alsbaldiger Eröffnung an die betr.
LehrercoU., deren sftmü. Mitgl. gegenwärtige Yerfögnng zum Zeichen, dafsr
ihnen dieselbe zur Kenntnis gebracht ist, zu unterscl^eiben haben.
1. Wenn in der vorerwähnten Ordnung unter Nr. 8 die Bestimmung^
getroffen ist, dafs körperl. Züchtigung nur den ordentlichen Mitgl. der LehrercoU.
zustehen soll, so werden damit auch diejenigen Schulamtscand. und Hü1£b'
iehrer von diesem Bechte ausgeschlossen, welche etwa mit der Verwaltung einer
ordentL Lehrerstelle oder eines Klassenordinariats betraut sind. 2. Am Schlufs
von Nr. 8 heifst es: „Schläge an den Kopf sind unstatthaft". Diese Bestimmung
ist dahin zu verstehen, dafs keinerlei körperl. Züchtigung und äufserl. Admonition
erteilt werden darf, bei welcher der Kopf des betr. Schülers berührt wird.
3. Der Schlulssatz der Verf. v. 3. Mai 1872 ordnet an, dafs dieselbe allea
Lehrern der Anstalt, auch den später eintretenden mitzuteilen sei. Wir bemerken
ausdrücklich, dafs dies bei den neu eintretenden Lehrern, resp. Schulamtscandr
vor dem Antritt ihres Amts geschehen mufs und dafs in Zukunft mit der mehr-
erwähnten, das Strafverfahren regelnden Ordnung zugleich auch die gegenwäri.
dedarat Verf. zur Kenntnis zu bringen und von den neu eintretenden Lehrern
gleicher Weise zu unterschreiben ist'^
VI.
Verschiedene Bestimmungen für die höheren Schulen.
1. Schulbücher.
C.Verf. V. 14. Juni 1843: „Es ist bemerkt worden, dai^ bei der Ein^
führung neuer Lehrbücher in den 6ymn. und höheren Schulanstalten
die Bestimmung des § 7, 4 und 5 der Dienstinstr. für die K. Oonsistorien und
I^ov. SchulcoUegien v. 33. Oct. 1817 (s. p. 9) hie und da nicht befolgt, und
dafe es den Dir. der Gymn. und anderen höh. Lehranstalten überlassen worden
ist, die Einfohrung neuer Lehrbücher ohne Weiteres zu veranlassen. Ein häufiger
Wechsel der Lehrbücher ist aber an sich schon nachteilig und verursacht den
Eltern der Schüler nicht unbedeutende Kosten. Das K. Sch.C. hat deshalb
darüber zu wachen, dafs bei der Wahl neuer Lehrbücher mit Sorgfalt verfahren
werde und daher den Dir. der Gymn. und hoh. ünterrichtsanstalten Seines Bessorts
unter Verweisung auf die betr. Bestimmung der gedachten Instr. au&ugeben,
inr jede Einfohrung neuer Lehrbücher die Bestimmung des K. Sch.C. einzu^
366
holen. Letzteres hat alsdann, insofern das Buch nicht schon früher als znr
Einführung überhaupt geeignet anerkannt worden ist, zu meiner Genehmigung
zu berichten."
O.Yerf. y. 28. Apr. 1857: „Die Zahl der an einzelnen Gymn. und Beal-
schulen, und die Verschiedenheit der innerhalb derselben Provinz für einige
ünterrichtsgegenstände eingeführten Schulbücher ist unverhältnismäfsig grofs.
Ich sehe mich durch diese Wahrnehmung veranlafst, die Bestimmungen der die
Einführung von Schulbüchern betr. Verf. v. 15. Jan. 1846 in Erinnerung zu
bringen, und den Prov. Unterrichtsbehörden aufzugeben, auf Vereinfachung und
gröfsere üebereinstimmung der Unterrichtsmittel innerhalb derselben Provinz
hinzuwirken.
Auch für diejenigen Hülfsmittel des Unterrichts, welche von Lehrern einer
Anstalt verfafst sind, bedarf es, wenn sie an derselben benutzt werden sollen,
eines besonderen Antrags.
Ist die Einführung eines Buchs für ein Gymn. oder Progymn. einer Provinz
genehmigt worden, so ist solche auch für andere Gymn. und Progymn. derselben
Provinz ohne erneuerten Antrag zulässig; das gleiche Verhältnis findet bei den
Beal- und h5h. Bürgerschulen statt; doch ist ein für Gymn. und Prog3rmn. ge-
nehmigtes Schulbuch dadurch nicht zugleich als auch für Beal- und höh. Bürger-
schulen genehmigt anzusehen.
Die Dir. sowohl der Gymn. und Progymn. wie der höh. Bürger- und Beal-
Bchulen, sind anzuweisen, ein genaues Verzeichnis sämtlicher an der betr. An-
stalt eingeixihrter Lehrbücher und sonstiger Hülfsmittel des Unterrichts, nach
den Klassenstufen geordnet, in das nächste Programm aufzunehmen. Sofern
einzelne der darin aufzuführenden Schulbücher ohne die vorschriftsmäfsige höhere
Genehmigung in Gebrauch genommen sind, ist dieselbe nachträglich einzuholen.
Die späteren Programme haben alsdann nur die von mir genehmigten Ab-
änderungen in dem Bestände der Unterrichtsmittel anzuzeigen.'*
O.Verf. V. 20. Juni 1864: „Ueber die Einführung von Schulbüchern ist
zuletzt durch die G.Verf. v. 28. Apr. 1857 eine allgm. Anordnung getroffen
worden. Durch verschiedene Wahrnehmungen, inbesondere auch davon, dafs
bei einigen Anstalten ein zu häufiger Wechsel in den Schulbüchern stattfindet
und dafs die den Eltern der Schüler dadurch verursachten Ausgaben dabei nicht
immer die gebührende Berücksichtigung finden, sehe ich mich veranlafst, die
vorerwähnte allg. Verfügung durch folgende nähere Bestimmungen zu ergänzen :
1. Die Anträge auf Genehmigung der Einfahrung neuer Schulbücher sind
jedesmal vor Beginn des Schuljahrs, und so viel wie möglich nicht vereinzelt,
sondern für die Anstalten gleicher Kategorie in demselben Bericht verbunden
einzureichen. 2. Es ist anzugeben, wie lange das vorher benutzte Buch in
Gebrauch gewesen ist und aus welchen Gründen die Abschaffung gewünscht
wird. 3. Ebenso sind jedesmal die Voizüge des neuen Buchs anzuzeigen,
am derentwillen dasselbe an die Stelle des vorher gebrauchten treten soll. 4. End-
lich ist der Preis des einzuführenden Buchs anzugeben, und bei einem Wechsel
sowohl der Preis des neuen wie des vorher gebrauchten.**
O.Verf. V. 12. Januar 1880. „In dem GBL für die gesamte Unter-
richtsv^rwaltung (Jahrgang 1880 Heft 1) ist das Verzeichnis der gegenwärtig
an den höh. Schulen (Gymnasien, Progymnasien, Bealschulen, höh. Bürger-
schulen) eingeführten Schulbücher abgedruckt. Die Veröffentlichung dieses
Verzeichnisses wird nicht allein einem statistisch-litterarischen Interesse dienen,
sondern dem Unterrichte selbst mittelbar förderlich sein können, indem dasselbe
bei Vorschlägen zur Einführung eines Buches den Ueberblick über die vor-
handenen gleichartigen Lehrmittel erleichtert und die in Fachzeitschriften geübtd
367
. »
Kritik auf die vergleichende Beurteilung der jetzt im thatsächlichen Gebrauche
befindlichen Bücher richten wird«
Die Yergleichung des gedachten, aus den Originalangaben der einzelnen
Lehranstalten zusammengestellten Verzeichnisses mit den diesseitigen Acten
hat zur Gewifsheit gebracht, dafs auf fast allen Lehrgebieten manche Scliul-
bücher in Gebrauch genommen sind, ohne dafs für ihre erste Einführung die
ministerielle Genehmigung eingeholt worden ist. Ich kann es nicht billigen,
dafs in einzelnen Fällen die f^r dieses Gebiet feststehenden Grundsätze und
die zu ihrer Ausführung erlassenen Verordnungen aufser Acht gelassen sind.
Die preufsische ünterrichtsverwaltung hat es zwar grundsätzlich abgelehnt, die
für die höh. Schulen erforderlichen Schulbücher ihrerseits selbst herstellen zu
lassen oder bestimmte Schulbücher allgemein vorzuschreiben; sie hat auf die
mit dem letzteren Verfahren verbundenen Vorteile verzichtet, um das thätige
Literesse des gesamten Lehrstandes an der Besserung der Lehrmittel rege zu
erhalten und der Gefahr einer sachlichen Ungerechtigkeit in dem einem be-
stimmten Lehrmittel bewilligten Monopol zu begegnen. Indem aber die Unter-
richtsverwaltung jedem wirklichen Fortschritt in der Schullitteratur die Zulassung
zum Gebrauche an den höh. Schulen ermöglicht, liegt derselben zugleich die
Verpflichtung ob, die Schulen vor der in vielen Bichtungen nachteiligen Unruhe
und Zersplitterung zu bewahren, welche die Einfahrung zweifelhafter Neuerungen
nach den vorliegenden Erfahrungen mit sich bringt. Für die Erreichung dieses
beiderseitigen Zweckes sind durch die Instruction far die Prov.Oonsistorien
vom 22. October 1817 § 7 Nr. 4 und 5 die Grundsätze festgestellt, deren Aus-
führung durch spätere Verordnungen im Einzelnen geregelt worden ist. Im
Hinblick auf die erwähnte mangelhafte Einhaltung dieser Verordnungen finde
ich mich bestimmt, dieselben zusammengefafst und in einzelnen Punkten ergänzt
hiermit in Erinnerung zu bringen.
1) Die Zulassung von Schulbüchern, welche in einer bestimmten Art von
Schulen der betr. Provinz überhaupt noch nicht eingeführt sind, bedarf der Ge-
nehmigung des Unterrichts-Ministers. Hinsichtlich der Einführung von Schul-
büchern für den evangelischen und den katholischen Beligionsunterricht ver-
bleibt es bei den bestehenden Bestimmungen.*)
2) Jedes Prov.Sch.O. ist ermächtigt, die in einem speciellen Falle dem-
selben erteilte ministerielle Genehmigung zur Einfahrung eines neuen Schul-
buches, unter Berücksichtigung der etwa dabei bezeichneten näheren Bestim-
mungen und des unter Nr. 1 in Betreff der Beligionsbücher Bemerkten, auf
andere Anstalten derselben Art in seinem Amtsbereiche anzuwenden. Die
einem einzelnen Prov.Sch.G. erteilte ministerielle Genehmigung zur Einführung
eines Schulbuches ermächtigt andere Prov.Sch.CC. zur Erführung desselben in
den gleichartigen Schulen nur in dem Falle, wenn denselben der betr. Erlafs
vom Unterrichts-Minister zur gleichmäfsigen Beachtung mitgeteilt ist.
3) Zur Einfuhrung eines an einer einzelnen Lehranstalt bisher nicht im
Gebrauche befindlichen Schulbuches, sei es, dafs es überhaupt noch nicht zum
Gebrauche zugelassen, oder sei es, dafs dasselbe an anderen Lehranstalten
bereits eingeführt ist, hat der Director (Bector) der Schule die Genehmigung
des Prov.Sch.G. nachzusuchen. Der Stellung des Antrages hat eine Berathung
des Gegenstandes in der Conferenz des LehrercoUegiums oder der betr. Fach-
lehrer vorauszugehen. Zur Begründung des Antrages ist darzulegen, weshalb
die Abschaffung des bisher gebrauchten Buches gewünscht wird und welche
Vorzüge zur Wahl des beantragten Buches bestimmt haben; aufserdem ist der
Preis des abzuschaffenden und des neu einzuführenden Buches anzugeben, ferner.
•) Vgl. p. 24 und 168.
368
■
seit wann das abzuschaffende Buch eingeführt war, and welche andern Schal-
bücher für dasselbe Lehrgebiet in den verschiedenen Klassen der Anstalt aoJber-
dem eingeführt sind.
4) Die Einführang neuer Schulbücher kann nur mit dem Beginne des
Schuljahres stattfinden. Der Antrag auf (Genehmigung mufs mindestens
drei Monate vor dem Schlüsse des vorhergehenden Schuljahres unter Beifügung
eines Exemplars des beantragten und des abzuschaffenden Buches an das
Prov.Sch.O. gelangt sein. Dasselbe hat diejenigen Anträge zu sammeln, welch»
meiner Genehmigung bedürfen, und dieselben mit allen Anlagen durch einen
CoUectivbericht einzureichen. Jedem Antrage ist ein fachmännisches Gutachten
über den wissenschaftlichen Werth und die didaktische Zweckmäfsigkeit des
einzuführenden Buches beizufügen.
5) Wenn ein Schulbuch in mehreren aufsteigenden Klassen gebraucht
wird, so hat eine Aenderung zunächst nur in der untersten dieser Klassen statt
zu fiinden und ist for die weiter aufsteigenden Klassen in der Weise zu be-
wirken, dafs diejenigen Schüler, welche die betreffenden Klassen in der ordnungs-
mäfsigen Zeit absolviren, nicht in den Fall kommen, das Lehrbuch zu wechseln,
nach welchem sie anfänglich unterrichtet worden sind.
6) Die Genehmigung des Unterrichts -Ministers, beziehungsweise des
Prov.Sch.C., wird nicht erfordert fftr Ausgaben (ohne oder mit Anmerkungen)
der for die Schullectüre bestimmten Schriftsteller und für Lexika. Die Directoren
(Bectoren) haben bei Bezeichnung der seitens der Schüler anzuschaffenden
Bücher dieser Art aufser deren sachlichem Werthe auch ihren Preis sorgfältig-
zu berücksichtigen.
Das K. Prov.Sch.O. wolle diese Verordnung zur Kenntnis der Directoren
(Bectoren) der höh. Lehranstalten Seines Amtsbereiches bringen und für deren
Einhaltung Sorge tragen. Auch wolle Dasselbe darauf sorgfältig achten, dafs
nicht seitens der Lehrer oder der Directoren den Schülern zum Gebrauche neben
den eingeführten Schulbüchern oder statt derselben Bücher in einer Weise
empfohlen werden, welche einen indirecten Zwang zu deren Anschaffung enthält
und dadurch zu einer Umgehung der Vorschriften über die Einführung von
Schulbüchern wird.'' Der Minister etc. von Puttkamer.
C.Verf. V. 12. Oct 1881. „Durch die Circular-Verfagungen vom
27. Februar 1873*) (CBl. 1873 S. 180) — und vom 12. Januar 1880 —
sind die Kategorieen von Büchern bezeichnet worden, für deren Einführung-
in den Unterrichtsgebrauch die ministerielle Genehmigung erforderlich ist;
zugleich ist bestimmt worden, dafs diese bei den Lehr- und Lembüchem,
welche dem Beligionsunterrichte zu Grunde liegen sollen, erst nach
vorangegangener Verständigung mit den betr. kirchlichen Behörden ein*
zuholen ist.
Eine Beihe von Specialfällen veranlafst mich, diese Vorschriften in Er-
innerung zu bringen und zugleich darauf aufinerksam zu machen, dafs sie sich
der Natur der Sache nach auch auf wesentlich umgearbeitete, namentlich von
anderen Herausgebern besorgte, neue Ausgaben bereits genehmigter Bücher
beziehen.
Da bei manchen Beligionsbüchem aus deren Brauchbarkeit fär eine Klasse
von Anstalten oder für einen bestimmten Bezirk ihre allgemeine Verwendbarkeit
noch keineswegs folgt, so wird es zur Vereinfachung der bezüglichen Corre-
spondenz dienen, wenn das K. Prov.Sch.C. in Seiner Mitteilung an die kirch-
lichen Behörden sowohl die Kategorie von Lehranstalten, auf welche der Ge-
*) Betrifft das Yolksschulwesen.
369
brauch des Baches ausgedehnt bezw. eingeschränkt werden soll, als auch den
Bezirk, far welchen die Einfähmng beabsichtigt wird, ausdrücklich bezeichnet/'
Der Minister etc. von Gofsler.
C.Yerf. an die E. 0 Präsidenten v. 24. Dec. 1873: „Es wird Ew. —
Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dafs sich an für den Schnlgebranch be-
stimmten litterarischen Productionen mehrfach Scholräthe und Seminar-Directoren
.beteiligen. So wünschenswerth dies an sich ist und so bestimmt yoransgesetzt
werden kann, dafs die von diesen Schulmännern gearbeiteten Bücher in den
meisten Fällen mastergiltig sein werden, so ist doch deren amtl. Empfehlung
nicht unbedenklich. Namentlich mufs diese dann begründeten Anstofs geben,
wenn sie von einer Behörde ausgeht, welcher der Verfasser des in Bede stehen-
den Buches als Mitglied angehört oder mit welcher er in näherer amtlicher
Beziehung steht. Ew. — ersuche ich daher ergebenst, die E. Unterrichtsbehörden
dortiger Provinz zur Beachtung dieser Andeutungen für die Zukunft aufzufordern.'^
CVerf. des E. Prov.Sch.C. zu Eoblenz v. 8. Nov. 1875. „In
der Bheinprovinz wie in andern Provinzen ist wahrgenommen worden, dafs die
Production von Schulbüchern durch Lehrer höh. Lehranstalten von
Jahr zu Jahr über das Bedürfnis hinaus zugenommen hat, eine Wahrnehmung,
welche mancherlei Bedenken zu erwecken geeignet ist.
Zur Abfassung wirklich werthvoller Schulbücher bedarf es einer hervor-
ragenden Beanlagung für das Lehrfach, einer langen und reichen Erfahrung
in demselben und eines umfassenden und wissenschaftlich begründeten Wissens.
Wenn daher jüngere oder in ihrer Fachwissenschaft kaum anders als durch die
vorgeschriebenen Examina erprobte Lehrer sich die Aufgabe stellen, ein Schul-
buch zu verfassen, so wird der Erfolg in den meisten Fällen nur eine päda-
gogische Studie, nicht aber eine Leistung sein, die es verdiente, in öffentl.
Lehranstalten an Stelle bewährter Bücher eingeführt zu werden.
Gilt dies allgemein, so gilt es doch ganz besonders von den Funda-
mentalwerken des Unterrichts, Grammatiken, Lesebüchern und Lehrgängen der
geschichtlich -geographischen und der mathematisch - naturwissenschaftlichen
Disciplinen.
Nicht selten ist es geschehen, dafs uns Versuche dieser Art zur Einführung
unter wesentlicher Berücksichtigung des Umstandes empfohlen worden, dafs
ihre Verfasser den Schulen, für welche die Einführung gewünscht wurde, als
Lehrer angehörten. Die Erheblichkeit des letzteren Umstandes wird stets der
genauesten Prüfung bedürfen. Sie wird dann anzuerkennen sein, wenn Autoren
von Schulbüchern eigenartige Bedürfhisse der Schulen, an welchen sie wirken,
richtig erkannt und denselben entgegenzukommen verstanden haben. Oft aber
walten über das Vorhandensein eines solchen Bedürfnisses Täuschungen ob,
deren Grund in der unzulänglichen Handhabung eines bewährten Lehrbuches
liegt Es kann nicht gestattet werden, dafs Werke mittleren Werthes nur darum,
weil es deren Verfassern bequem sein würde, sie zur Grundlage des Unterrichts
zu machen, Bücher von unbezweifelter Vorzüglichkeit verdrängen. Vielmehr
wird die überwuchernde Production von Schulbüchern eine wohlthätige Schranke
finden, wenn im Allgemeinen schon die Directoren und Bectoren mehr zurück-
haltend, als bisher geschehen, den Wünschen nach Einführung solcher Bücher
begegnen, deren Verfasser Lehrer der betr. Schulen sind. Auch wird grund-
satelich daran festzuhalten sein, dafs je gröfser die Bedeutung des Buches, nach
der ihm zukommenden Stellung in dem Unterrichte einer Anstalt sein mufs,
um so weniger davon di^ Bede sein darf, seine erste Erprobung an einer grofsen
Unterrichts-Anstalt stattfinden zu lassen und dafs hierzu viel eher kleinere Lehr-
anstalten geeignet sind.
Wiese, YeTordnangen. 24
370
Die Herstellung inhaltlich bedeutender xind für den Schnlgebrauch in
jeder Hinsicht empfehlenswerther Lehrbücher ist nach unserer Auffassung eine
so schwierige Leistung, dafs es unbillig erschiene, sie von unsem Lehrer-
Oollegien an erster Stelle zu erwarten oder zu fordern. Dem ehrenwerthen
Streben aber, dem wir auf dem bezeichneten Gebiete vielfach mit dem Erfolge
von Leistungen ohne hervorstechende Vorzüge begegnen, müssen wir eine andere
Bichtung wünschen. Wir müssen wünschen, dafs jeder Lehrer einer höh. Lehr*»
anstalt neben der Erfüllung seiner nächsten Beru&pflichten, vornab um die-
Vertiefung und Fortführung seiner fachwissenschaftl. Studien bemüht sei und
eine besondere Ehre seines Standes in der Mitarbeit auf dem Gebiete der
Wissenschaft erkenne. Der Beweis von Wissenschaft!. Vertiefung und Selbst-
ständigkeit, wie er, wenn auch nicht immer in entsprechenden litterarischen
Leistungen, so doch jedenfalls im Unterrichte gegeben werden kann, ist eine
Eordeining, die wir an die Lehrer unseres Aufsichtskreises ohne Ausnahme
stellen und der um so mehr genügt werden wird, je mehr die Bearbeitung von
Schulbüchern den Wenigen vorbehalten bleibt, die allein hier/.u Innern Beruf
haben können."
Vgl. über Lehrbücher ü. u. P.O. v. 6. Oct. 1859: p. 109, sowie die
Bestimmungen über einzelne ünterrichtsgegenstände p. 161 ff., insbes. für kath.
EeL-Unterr. p. 168 (und p. 24), für deutsche Rechtschreibung ,p. 181 ff.,
für Lat. u. Griech. p. 186 ff, für Gesch. u. Geogr. p. 194 f., für Mathem.
p. 205 ff.
2. Schulbibliotheken.
Ueber die verschiedenen Arten derselben s. Hist. statist. Darst. II p. 700.
Aus einer C.Verf. v. 16. Aug. 1824: „Es ist darauf Bedacht zu
nehmen, dafs bei jedem Gymn. eine angemessene, aus class. deutschen Werken
bestehende Schülerbibliothek, welche ausschliefsL zur Privatlectüre zu be-
stimmen und mit steter sorgfältiger Bücksicht auf diesen Zweck zusammenzu-
setzen ist, allmählich gegründet werde. Die Kosten, welche die Anlegung einer
solchen Bibliothek verursachen wird, können durch kleine aufserordentl. Beiträge,
welche von den Schülern bei ihrer Aufnahme, Versetzung oder Entlassung, oder
bei anderweitigen schicklichen Gelegenheiten zu erheben sind, gedeckt werden,
und bleibt dem E. Consist. überlassen, nach Seiner näheren Kenntnis von den
Verhältnissen der einzelnen Gymn. und ihrer Schüler in dieser Hinsicht das
Weitere zu bestimmen und anzuordnen."
Die Verantwortlichkeit fdr die Auswahl der Bücher trägt das Lehrercoli.
der Anstalt. Es darf in die SchülerbibUothek kein Buch aufgenommen werden,
dessen Zulässigkeit demselben nicht irgendwie aasreichend verbürgt ist. Bei vielen
Anstalten ist allmählich nach der Verschiedenheit Hes Standpunktes der anteren,
mittleren und oberen Kl. ein Kanon von Büchern aufgestellt worden, welche zur
Einführung in die Geschichte und in die Vaterland. Litteratur vor anderen ge-
eignet sind. Die Lehrer des Deutschen und der Geschichte sollen darauf halten,
dafs diese Bücher möglichst von allen Schülern der betr. Kl. gelesen werden.
Daneben wird in den Verzeichnissen eine Zahl anderer Bücher aufgeführt, welche
zu lesen den Schülern auch empfohlen, aber nicht ebenso zur Pflicht gemacht wird.
Die Art der Controle dieser deutschen und histor. Privatlectüre bleibt dem indivi-
duellen Verfahren der Lehrer überlassen. Bei den Realschulen umfafst die Aus-
wahl auch die geeigneten Werke der französ. und engl. Litteratur. — Die Ver-
waltung der Schülerbibliothek liegt in der Regel nicht einem einzelnen Lehrer od,
sondern, um Individualität und Bedürfnis der Schüler so viel wie möglich zu oe-
rücksichtigen, meistens den Klassenordinarien, oder, soweit beides nicht zusammeu-
fällt, den Lehrern des Deutschen. — Vgl. auch p. 175, 179, 198.
371
Eine bibliotheca paaperum, welohe arme Schiller bei ihrer Versetzung'
in höhere Klassen mit den daselbst erforderlichen Schulbüchern, auch den Lexiciv
u. s. w. versieht, meistens mit dem Beding der späteren Rückgabe, ist bei vielen
Oymn. und Bealschulen vorhanden und wird durch freiwillige Beiträge erhalten.
C. Verf. v. 17. Jan. 1885. „Mehrere Vorgänge, welche in Betreff der
Verwaltung der an den höheren Lehranstalten bestehenden
Bibliotheken in neuerer Zeit zn meiner Kenntnis gelangt sind, geben mir
Anlafs, die in dieser Beziehung bestehenden Anordnungen in Erinnerung zu
bringen und auf die Sicherung ihrer strengen und vollständigen Durchführung
durch ergänzende Bestimmungen Bedacht zu nehmen.
I. Lehrerbibliotheken. In allen für die einzelnen Provinzen er-
lassenen Dienstinstructionen der Directoren (Bectoren) an den höh. Schulen
wird als eine der Obliegenheiten derselben die verantworÜ. Oberaufsicht über
die Sammlungen der Anstalt bezeichnet und unter diesen Sammlungen die
Lehrerbibliothek (Schulbibl.) insbesondere erwähnt
In mehreren Instmetionen wird znr Ausführung dieser Oberaufsicht eine
jährliche Bevision der Bibl. seitens des Directors ausdrücklich erfordert. Einige
£. Prov. SchulcoUegien haben überdies für ihren Amtsbereich specielle Anord-
nungen in Betreff der Bibliotheksverwaltung erlassen. Dennoch erweisen die
zu meiner Kenntnis gelangten Fälle, welche schwerlich die sämtlichen tha^
Bächlich vorgekommenen sind, dafs öfters durch mangelhafte Ausführung der
betreffenden Bestimmungen die Ordnung und selbst der Bestand der fragL
Sammlangen in erhebl. Mafse gefährdet worden ist. Man kann sich der Be-
obachtung nicht verschliefsen, dafs selbst Directoren, welche um die Förderung
der Anstalt in unterrichü. und erziehlicher Hinsicht sich anerkannte Verdienste
erwerben, der Aufrechterhaltnng der Ordnung der Bibliothek nicht die erforder-
liche Aufmerksamkeit zuwenden; auch ist erklärlich, wenn die Departements-
räthe der K. Prov. SchulcoUegien bei den vielseitigen Ansprüchen, welche die
Bevision einer Anstalt an sie stellt, nicht jedesmal Anlafs nehmen oder Zeit
finden, die Ordnung der Bibl. eingehend zu untersuchen. In Anbetracht aber
«inerseits, dafs auf die Erhaltung und Vermehrung der fragl. Bibliotheken jähr-
lich erhebliche Beträge ans staatlichen und stiftischen Mitteln aufgewendet
werden, andererseits, dafs der Gebrauchswerth dieser Sammlangen durch die
in ihnen herrschende sichere Ordnung wesentlich bedingt ist, müssen die zu
diesem Zwecke bestehenden Einrichtungen in unbedingter Strenge zur Aus-
fohnmg gebracht werden. Zu möglichster Sicherstellung dieser Ausführung
finde ich mich bestimmt, unter Aufrechterhaltung der fQr die Verwaltung dieser
Bibliotheken bestehenden Verordnungen und unter thunlichster Rücksichtnahme
auf die an die Zeit der Anstaltsdirectoren und der Departementsräthe der K.
Prov. SchulcoUegien ohnedies zu erhebenden Ansprüche folgende ergänzende
Anordnungen zu treffen:
1. Die unmittelbare Verwaltung der Lehrerbibliothek wird in der Hegel
nicht von dem Director, sondern von einem auf Antrag des Directors seitens
des K. Prov. Sch.C. hiermit beauftragten Lehrer der Anstalt geführt. Die
üehemahme der unmittelbaren Verwaltung durch den Director (Bector) selbst
ist nur ausnahmsweise zu gestatten und es ist hierbei für die ordnungsmäfsige
Ausführung der Revisionen besondere Fürsorge zu treffen. In aUen Fällen hat
der Director die verantwortliche Oberaufsicht über die Bibl. zu führen.
2. Jährlich einmal, und zwar in der. Zeit zwischen dem 1, Januar und
31. März, hat der Director (Rector) eine Revision der Bibl. vorzunehmen. (Bei
der Bestimmung der Zeit ist auf den umstand Rücksicht genommen, dafs der
Jahresrechnung der Anstalt ein Attest über den Bestand cles Inventars bei-?
zugeben ist)
24*
372
3. An nicht staatlichen Anstalten ist dem Paiaronate bezw. dem Ourato-
rium durch rechtzeitige Anzeige von Tag and Stande der Bevision Gelegenheit
za geben, durch eines seiner Mitglieder sich an der Revision zn beteiligen.
4. Der Bevision hat die Einlieferang aller entlehnten Bacher an die
Bibl. voraaszagehen. Die Einrichtung läfst sich so treffen, dafs durch dies»
unerläfsliche Einliefemng die Bücher nicht für. länger als eine Woche dem
Gebrauche der Entlehner entzogen werden.
5. Die Bevision hat sich auf die Vollständigkeit der erfolgten Ein-
lieferung, die ordnungsmäDsige Führung der Kataloge, insbesondere die Ein-
tragung der Zugänge in den Hauptkatalog, die dem Kataloge entsprechende
Anordnung der Bibl., endlich auf den durch Stichproben aus verschiedenen
Gebieten zu constatirenden Bestand zu beziehen.
6. lieber jeden der bezeichneten Punkte hat das Protokoll den Befund
der Bevision genau zu bezeichnen. Dasselbe wird von den Teilnehmern an
der Bevision unterzeichnet und als Beweis der jeweiligen Entlastung des Biblio-
thekars bei den Acten der Bibl. bewahrt.
7. Dem in jedem dritten Jahre einzureichenden Yerwaltungsberichte hat
der Director die Protokolle der Bibliotheks-Bevisionen aus der dreijährigen
Periode beizufügen; das K. Prov. Sch.O. stellt dieselben nach genommener
Kenntnis, erforderlichen Falles mit seinen Bemerkungen begleitet, dem betr.
Director (Bector) zurück.
n. Schülerbibliotheken. Nachdem durch die C. Verf. v. 16. Aug.
1824 die Anregung zur Anlegung von Lesebibliotheken für die Schüler der
höheren Lehranstalten gegeben war, ist durch die C. Verf. v. 25. April 1825
(8. p. 343 f.) den Directoren die sorgfältigste Auswahl bei der Anschaffung der Bücher
und bei ihrer Zuweisung an die Schüler der verschiedenen Bildungsstufen zur
Pflicht gemacht worden. Die hohe Bedeutung des Gegenstandes, der Einflufs,
welcher auf die sittliche und geistige Entwickelung der Schüler durch die Lei-
tung ihrer Privat-Lectüre geübt werden kann, ist, wie ich gern anerkenne, von
den Directoren und den Lehrercollegien verständnisvoll gewürdigt worden.
Nicht wenige Lehrer des Deutschen haben die Auswahl der Bücher für die
Schülerbibl. und ihre Zuweisung an die einzelnen Schüler als eine wesentliche
Ergänzung ihres Unterrichts betrachtet; von mehreren Schulmännern sind mit
erheblichem Aufwände an Zeit und von eindringender Erwägung Verzeichnisse
derjenigen Bücher entworfen worden, welche zur Leetüre für die aufsteigenden
Klassen anzuschaffen als unbedingt nothwendig oder als zulässig zn erachten
sei. Dessen ungeachtet sind MiTsgriffe nicht gänzlich vermieden worden. Es
ist, freilich in vereinzelten FäUen, thatsächlich vorgekommen, dafs Lesebücher,
weil sich in ihnen Stellen fanden, welche durch den Beiz zu Lüsternheit ins-
besondere für gewisse Altersstufen gefährlich sind, auf die begründeten von
Eltern erhobenen Bemerkungen en^emt werden mufsten. Femer haben bei
dem Verhältnisse der in unserem Staate mit einander lebenden christlichen
Confessionen Schriften, in welchen die Gegensätze vom Standpunkte der einen
Gonfession in herabsetzender oder entstellender Weise Tmd jedenfalls in greller
Farbengebung behandelt sind, verletzend auf die Angehörigen der anderen
Confessionen eingewirkt Solchen Anstofs zu vermeiden, ist dringende Pflicht
der S(!hule gegen die ihr anvertraute Jugend, welche vor Gefährdung des con-
fessionellen Friedens bewahrt bleiben soUte; diese Vorsicht ist zugleich Pflicht
der Schule gegen sich selbst, weil nicht ausgeschlossen ist, dafs ein MiTsgriff
oder ein Uebersehen auf diesem Gebiete ^Is Absicht ausgelegt werde.
Indem ich durch die vorgekommenen Einzelfälle mich bestimmt finde^
bezüglich der Anschaffung von Büchern für die Lesebibl. der Schüler die
Directoren (Bectoren) und die^ Lehrercollegien an die Verpflichtung sorgfältig-
373
«ter Auswahl zn erinnern, nehme ich ausdrücklich davon Abstand, eine be-
stimmte Form allgemein vorzaschreiben, in welcher der* Beschlnfs zur An-
^chafifnng eines Buches foi die Lesebibl. an allen Schulen zn erfolgen habe;
•denn je nach der Verschiedenheit des ümfanges der Lehrercollegien, insbes. je
nach der Vereinigung der Lesebibl. für die gesamten Schüler oder ihrer Tren-
nung nach einzehien Klassen oder Elassengruppen werden sich verschiedene
Formen zur Erreichung des Zweckes empfehlen. Jedenfalls zu erfordern aber
ist ersten^, dafs jeder mit der Anschaffung neuer Bücher für die Schülerbibl.
betraute Lehrer vor jeder Anschaffung eines Buches sich von dessen Ange-
messenheit in vertrauenswürdiger Weise überzeugt hat; zweitens da& von neuen
Anschaffungen für die Schülerbibl. in der jedesmal nächsten Conferenz Mit-
teilung gemacht und darüber, dafs dies geschehen, ein Vermerk in das Proto-
koll angenommen werde. Hierdurch ist sämtlichen Mitgliedern des Lehrer-
•«oUegiums die Gelegenheit gegeben, die getroffene Auswahl ihrerseits zu prüfen
und ihre etwanigen Bedenken zu ausdrücklicher Erwägung zu bringen.
Manche Schülerbibliotheken besitzen einen nicht geringen Bestand aus
älterer Zeit oder erhalten Zuwachs durch gelegentliche Geschenke. Es ist
wünschenswerth, dafs durch die gemeinsame Bemühung aller für den Gegen-
stand sich interessirenden Mitglieder der Lehrercollegien diese Teile der Schüler-
bibliotheken allmählich einer Prüfung und eveni Sichtung unterzogen werden.^*^
Der Minister etc. von Gofsler.
C.Verf. V. 20. Nov. 1874: „Unter den Schulbibliotheken der Mo«
narchie giebt es eine nicht unerhebliche Zahl, welche seltene und werthvolle
alte Drucke und namentlich auch mehr oder minder reichhaltige und wichtige
Vorräthe von Handschriften enthalten, deren wissenschafkL Benutzung aber da-
durch erschwert wird, dafs eine Nachricht über diese Bibliotheken und <Ue in
ihnen vorhandenen gedruckten und ungedruckten Schätze bis jetzt nicht ver-
•öffentlicht ist Ich nehme hiervon Venmlassung, das K. Prov. Sch.O. aufzufor-
dern, den Anstalten Seines Bessorts je nach der Beschaffenheit ihrer Biblio-
theken die Anregung zu geben, über dieselben von kundiger Hand einen Be-
Ticht abfassen und Memächst dessen PubUcation sei es in dem Programm der
Schule, sei es in einer geeigneten Zeitschrift bewirken zu lassen. Für den
beabsichtigten Zweck wird es genügen, in dem Bericht einen geschichtl. Ueber-
hlick über die Bibliothek, sowie eine statisi Charakteristik derselben in ge-
drängter Weise zu geben und die wirklich wichtigen und seltenen alten Drucke
der Bibliothek (aus dem 15., 16. und 17. Jahrh.) mit kurzen, aber für den
Kenner ausreichenden Titelang^ben zu erwähnen, wogegen die Handschriften
vollständig aufgezählt und gedrängt beschrieben sein müTsten und zwar bis
zum 15. Jahrh. einschlieüslich genau, vom 16. Jahrh. ab summarisch.^
C.Verf. V. 14. Aug. 1876. „Das K. Prov. Sch.C. hatte ich unter dem
20. Nov. 1874 aufgefordert, den Schulanstalten Seines Bessorts die Anregung
tzur Abfassung und demnächstigen Veröffentlichung von Berichten über ihre
Bibliotheken zu geben. Nachdem in Folge dessen eine gröfsere Anzahl von
liöh. Schulen dera^ige Berichte publicirt hat, habe ich Veranlassung genommen,
dieselben einer Prüfung von sachverständiger Seite unterziehen zu lassen.
Hierbei hat sich ergeben, dafs der innere Werth und die äuisere Einrichtung
der einzelnen Veröffentlichungen ungleichartig sind und hierdurch die Benutzung
4er verschiedenen Arbeiten erschwert wird. Einige entbehren auch der für
den Zweck gebotenen Ausführlichkeit oder der erforderlichen Genauigkeit der
Angaben. Trotzdem muds ich es als sehr wünschenswerth bezeichnen, dafs
4uich von Seiten derjenigen Schulanstalten, welche derartige Berichte noch
nicht veröffentlicht haben, dem Vorgange der übrigen gefolgt werde.
374
Für diese Fortsetzungen scheint es zur vollständigeren Erreichung des
erstrebten Zweckes räthlich, den betr. Schalanstalten die Beobachtung der fol-
genden Grundsätze anzuempfehlen: 1) Die Angabe und Beschreibung von
Druckwerken wird sich in der Regel auf die Hervorhebung der wirklichen In-
cunabeln und der vor Beginn der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ge-
druckten Bücher beschränken können. In wie fem einzelne Flugschriften von
besonderem Interesse oder andere seltene Drucksachen eine specieUe Erwähnung
verdienen, kann der Erwägung des einzelnen Falles überlassen bleiben. Die*
Aufzählung der einzelnen Bücher wird besser nach Fächern als nach dem
Druckjahre erfolgen. 2) Von allen vorhandenen Handschriften ist das For-
mat und die Blattzahl, sowie wenigstens nach einer annähernden Schätzung^
die Zeit ihrer Entstehung anzugeben. 3) Wenn eine Handschrift schon ge-
druckt oder anderweitig beschrieben und benutzt ist, wird darauf hingewiesea
werden müssen. Wenn es nicht bekannt ist, ob sie schon publicirt sind,
müssen bei Urkunden das Datum, der Ausstellungsort und eine summmarische-
Inhaltsangabe, bei den übrigen Handschriften deren Anfangs- und Schlufsworte
angegeben werden. 4) Mefsbücher und Breviere eingehend zu beschreiben,
ist im Allgemeinen überflüssig; doch ist darauf zu achten, ob in denselben
beiläufig geschichtliche Nachrichten enthalten sind. Besonders hohes Alter,,
kalligraphische Schönheit oder malerische Ausstattung sind besonders hervor-
zuheben. 5) Falls eine Handschrift zwar beachtenswerth erscheint, der mit
der Aufstellung des Berichts betraute Lehrer aber nicht im Stande ist, über
sie genügende Nachricht zu geben, so ist dieselbe mir einzusenden, damit ich
eine sachverständige Untersuchung veranlasse. 6) Bei Programmen, welche-
Veröffentlichungen der fraglichen Art enthalten, ist dies auf dem Titelblatter
besonders zu bemerken. Bei der Beschreibung von umfänglichen Bibliotheken
empfiehlt sich die Aufname in eine besondere Beilage.'^
Bibliothekordnung
für die Königlichen Gymnasien und die mit denselben verbundenen Bealschuleiv
und höheren Bürgerschulen in der Provinz Schleswig-Holstein.
I. Von den Lehrerbibliotheken. §1. Die Verwaltung der Lehrer-
bibliothek wird von uns auf den Vorschlag des Directors einem Lehrer der Anstalt
(unter Umständen auch mehreren Lehrern) widerruflich übertragen, welcher unter
eigener Verantwortlichkeit und unter der Oberaufsicht des Directors die bezüglichen
Functionen nach Mafsgabe dieser Ordnung und der für die einzelnen Aiistalteiv
etwa noch getrofl'enen besonderen Bestimmungen wahrzunehmen hat.
§ 2. Der Bibliothekar hat die Lehrerbibliothek unter seinem Verschlusse
und mufs, wenn er verreisen will, die Schlüssel entweder dem Director oder einem
Vertreter, weicher mit Genehmigung des Directors aus der Zahl der übrigen Lehrer
von ihm zu bestellen ist, übergeben. Er sorgt für die Anschaffung und das
Einbinden der Bücher, bewirkt ihre Eintragung in die Kataloge, versieht sie mit
dem Stempel der Bibliothek und der Nummer des Haupt-Katalogs, stellt sie
ordnungsmäfsig auf, besorgt ihre Ausleihung und überwacht die gehörige Zurück-
lieferung.
§ 3. AuTser dem Haupt*Kataloge wird ein Acquisitions-Katalog gefuhrt, in
welchen die Zugange nach der Reihe ilires Eintreffens unter fortlaufenden Nummern
eingetragen werden.
§ 4. Zu gröfserer Sicherung wird die Führung eines Buchhändler- und
' Buchbindeijoumals empfohlen, in deren ersterem der Buchhändler die gelieferten,
Werke, und in deren letzterem der Bibliothekar die dem Buchbinder zum Binden
übergebenen Bücher einträgt. Der jedesmalige Empfang wird in beiden vom
Empfänger bescheinigt.
§ ö. Kein Buch darf aus der Bibliothek entliehen werden, ohne dafs der
Empfänger nach Mafsgabe eines von dem Director festzustellenden Formulars einen:
Empfangschein darüber ausstellt, welcher im Bibliothekslocal zu deponiren ist.
375
•
Von der vorstehenden Bestimmung ist auch der Director und Bibliothekar nicht
aasgenommen.
§ 6. Die Bücher werden in der Regel nar aaf sechs Wochen verliehen,
können aber, wenn sie nicht anderweitig gewünscht sind, gegen einen neuen Empfangs-
schein wieder ausgehändigt werden. Ausnahmen von dieser Regel sind, wo es sich
um die Benutzung der Bücher zu besonderen Zwecken handelt, zuläfsig, bedürfen
aber der Genehmigung des Directors. Vor der im § 12 angeordneten Revision
müssen alle entliehenen Bücher ohne Ausnahme an die Bibliothek zurückgeliefert
werden.
§ 7. Zum Zwecke der Ausleihung von Büchern sowie der Rücknahme der-
selben ist das Bibliothekslocal zu bestimmten am Anfange des Semesters im Ein-
verständnis mit dem Director festzusetzenden Stunden geöffnet. Ohne ausdrück-
liche Genehmigung des Bibliothekars darf kein Besucher der Bibliothek ein Buch
aus den Repositorien herausnehmen.
§ 8. Handschriften, Atlanten, Karten, kostbare Bildwerke, Wörterbücher
oder besonders werthvoUe Druckwerke dürfen nur mit Genehmigung des Directors
ausgeliehen werden.
§ 9. Wer ein Buch beschädigt, beschmutzt oder verliert, mufs es sich ge-
fallen lassen, dafs als Ersatz für dasselbe ein unbeschädigtes und gleich gut ge-
bundenes Exemplar auf seine Kosten angeschafit und der dadurch erwachsende,
von dem Director und dem Bibliothekar festzustellende Kostenbetrag unverzüglich
von ihm eingezogen werde. Gehen einzelne Teile eines Werkes verloren, so hat
der Entleiher das vollständige Werk zu ersetzen, wogegen er Eigentümer des
defecten wird. Ist weder ein altes noch ein neues Exemplar von gleicher Güte
mehr zu haben, so mufs der Schaden nach der Schätzung des Directors und des
Bibliothek;^rs vergütet werden. Das beschädigte Exemplar verbleibt in diesem
Falle der Bibliothek ohne irgend eine Vergütung und Anrechnung, während bei
Ersatz durch ein genügrendes Exemplar das beschädigte (unter Beifügung des
Wortes „cassirt" über dem Stempel und mit der Unterschrift des Directors) aus-
geliefert wird.
§ 10. Die nach Mafsgabe der vorstehenden Bestimmungen begründete Ersatz -
pflicht liegt demjenigen ob, welcher durch den Empfangschein als letzter Entleiher
nachgewiesen ist. Die Entleiher haben deshalb etwa vorhandene Schäden zu ihrer
Sicherung gleich beim Empfange zu constatiren und auf dem Empfangschein kurz
zu vermerken. Ebenso ist es Sache der Entleiher, bei der Rückgabe des Buches
den ausgestellten Empfangschein zurückzufordern.
§ 11. Bei der Vermehrung der Bibliothek durch neue Anschaffungen aus
den hierzu im Etat ausgesetzten Mitteln sind die Zwecke der Schule in erster
Linie zu berücksichtigen. Die Anschaffung neuer Bücher wird von einer mindestens
aus drei Personen bestehenden Commission vorbereitet, zu welcher der Director und
der Bibliothekar als ständige Mitglieder gehören und deren übrige Mitglieder von
der Lehrerconferenz von Jahr zu Jahr gewählt werden. Die Vorschläge der Com-
mission sind der Lehrerconferenz zur Beschlufsfassung vorzulegen. Ist der Director
mit den bezüglichen Beschlüssen nicht einverstanden, so kann er deren Ausführung
susfilendiren und eine Entscheidung des Provinzialschulcollegiums herbeiführen.
Zur Ausscheidung von Büchern aus der Bibliothek bedarf es der Genehmigung des
Provinzialschulcollegiums (vergl. jedoch § 16).
§ 12. Alljährlich wird die Bibliothek einmal durch den Director revidirt.
Dabei wird der Bestand des Inventars und der Bücher festgestellt, Defecte recher-
chirt und über den Befund ein Protokoll aufgenommen, welches, insofern sich nicht
etwa wesentliche Mängel herausgestellt haben sollten, im Schularchiv aufzube-
wahren, sonst aber von dem Director mit Bericht an uns einzusenden ist. Zu
der Revision sind sämtliche ausgeliehene Bücher einzufordern (§ 6).
§ 13. Bei einem Wechsel in der Person des Bibliothekars hat der Director
die Abnahme, bezw. Uebergabe auf Grund der Kataloge und des Inventars zu
bewirken und das hierüber aufzunehmende Protokoll ungesäumt an uns einzureichen.
§ 14. Die Mitbenutzung der Lehrerbibliotheken durch Schüler ist auf die
beiden obersten Klassen einzuschränken. Den Schülern dieser Klassen darf ohne
besondere Genehmigung des Directors nie mehr als ein Buch auf einmal überlassen
werden. Auch kann, insofern nicht eine ausdrückliche Erlaubnis des Directors
376 •
oder des Klassenordinarias zur Entleihung des betr. Baches vorliegt, die Aus-
liefemng des verlangten Baches von dem Bibliothekar ohne Angabe von Gründen
verweigert werden.
§ 15. Solchen Personen, welche der Schale weder als Lehrer noch als
Schüler angehören darf der Bibliothekar aasnahmsweise auf seine eigene Verant-
wortung unter Beobachtung der obigen Vorschriften Bücher darleihen, sofern die-
selben nicht etwa ffleichzeitig von den Lehrern der Anstalt beansprucht sind. Es
bleibt ihm dabei überlassen, ob und in welcher Weise er sich von den Entleihern
noch eine besondere Sicherheit bestellen lassen will. Wenn die Bibliothek in
weiter gehendem Mafse dem Publikum zugänglich gemacht werden soll, so bedarf
es eines besonderen Bibliothekreglemen^, welches von dem Director zu entwerfen
und von uns festzustellen ist.
n. Von den Schülerbibliotheken. § 16. Bei allen Anstalten, an
denen nicht bereits besondere Schülerbibliotheken bestehen, sind aus der vor-
handenen Bibliothek diejenigen Bücher, welche zunächst für die Leetüre der Schüler
bestimmt sind, auszusondern und besonders zu katalonsiren. Die im Etat einer
leden Anstalt für die Bibliothek ausgesetzten Mittel smd nach einem angemessenen
Verhältnis auch zu zweckmäfsiger Vermehrung der Schülerbibliotibek zu verwenden.
Für die Verwaltung und Benutzung der Schülerbibliotheken ist bei jeder Anstalt
von dem Director eine besondere Instruction aufzustellen und dem Prov.Sch.G.
zur Genehmigung einzureichen."
Das K. Prov.Sch.G. zu Hannover hat unter dem 15. Febr. 1875 ebenfalls
ein „Regrulativ für die Verwaltung der SchulbibUotheken an den staatl. höh. Lehr-
anstalten der Prov.'* erlassen.
lieber Versicherung der Bibliotheken gegen Fenersgefahr $. p. 50.
3. Schulprogramme.
Am SchlnfB des Schuljahrs, meist bei Gelegenheit der öffentl. Prüfung,
geben die höh. Lehranstalten seit langer Zeit alljährl. ein Programm heraus,
als eine für das Publikum, vornehmlich aber für die Eltern ihrer Schüler be-
stimmte Bechenschaft von ihrer Thäügkeit Vgl. Eist. Statist. Darst. II p. 701
m p. 59.
Aus der G. Verf. v. 33. Aug. 1834: „3. Das von jedem Gymn. jährl.
auszugebende Progr. soll in der Kegel bestehen, a. Aus einer Abhandlung über
einen wissenschaftl., dem Beruf eines Schulmannes nicht fremden, ein allgemeines
Interesse mindestens der gebildeten Stände am 0£fentl. Unterricht im Allge-
meinen oder an dem Gymn. insonderheit erweckenden Gegenstand, dessen Wahl
innerhalb dieser Grenzen der Beurteilung des Verfassers überlassen bleibt;
auch soll gestattet sein, statt der obengedachten Abhandlung eine in dem betr.
Gymn. schon gehaltene Bede in dem Progr. abdrucken zu lassen, wenn*die-
selbe jenem Zweck entspricht oder durch inneren Werth sich besonders aus-
zeichnet; b. aus den Schulnachrichten.^
„4. Der für die Schulnachrichten bestimmte zweite Teil des Progpr.
ist ausschliefsl. von dem Dir. des Gymn. und zwar nur in deutscher Sprache
abzufassen.^'
C. Verf. V. 7. Jan. 1885. „Die Veröffentlichung der Schulnachrichten,
welche den Programmen der höh. Schulen beigegeben werden, hat einen doppel-
ten Zweck: dieselben sollen einerseits dazu dienen, in denjenigen Kreisen,
welche an der Wirksamkeit der einzelnen Anstalt besonders beteiligt sind, das
Interesse far dieselbe rege zu erhalten; andererseits sind sie bestimmt, den vor-
gesetzten Behörden einen Einblick in die gesamte Organisation und in die
einzelnen Einrichtungen jeder Schule zu ermöglichen. Da der letztere Zweck
nur erreicht werden kann, wenn die betr. Mitteilungen nach Inhalt u. Anord-
377
ming in allen wesentlichen Punkten übereinstimmen, so ist für die Abfassnngr
der Schnlnachrichten durch die C. Verf. v. 23. Aug. 1824 eine bestimmte
Anordnung Yorgeschrieben worden. Wenn dessenungeachtet die Veröffent-
lichungen, wie sich bei deren dienstlichem Gebrauche immer wieder zeigt» gegen-
wärtig von den vielfach gegebenen Anordnungen abweichen, so erklärt sich diese
Erscheinung zum Teil daraus, dafs im Verlaufe eines Zeitraumes von 60 Jahren
in der ganzen Organisation der höh. Schulen erhebliche Veränderungen einge-
treten sind; aber es ist doch auch nicht zu verkennen, dafs auch andere Be-
stimmungen, für welche diese Voraussetzung nicht zutrifft, im Verlaufe der Zeit
mehr und mehr unbeachtet geblieben oder willkürlich abgeändert worden sind.
Unter diesen Umständen sehe ich mich veranlafst, zur Wiederherstellung der
für den dienstl. Gebrauch unentbehrlichen Uebereinstimmung u. Vervollständigung
der Schulnachrichten für deren Abfassung unter Aufhebung der G. Veif. v.
23. Aug. 1824 von jetzt ab das Folgende anzuordnen:
Die Schulnachrichten sollen künftig folgende Abschnitte in der ange-
gebenen Reihenfolge enthalten*.
L Die allgemeine Lehrverfassung der Schule und zwar:
1. Die Uebersicht über die einzelnen Lehrgegenstände und die fcir jeden
derselben bestimmte StundenzahL Es ist die Stundenzahl far Jede Klasse und
in der letzten Spalte die Gesamtzahl der Stunden für jedes Fach anzugeben.
Die Combination zweier Klassen in einem Lehrgegenstande ist besonders kennt-
lich zu machen.
2. Die Uebersicht der Verteilung der Stunden unter die einzelnen Lehrer.
Dieselbe giebt far jeden Lehrer das von ihm verwaltete Ordinariat, die ihm in
den einzelnen Klassen übertragenen Lehrgegenstände mit Bezeichnung der
Stundenzahl, die Gesamtzahl seiner Stunden.
3. Die Uebersicht über die während des abgelaufenen Schuljahres absol-
virten Pensen. Dieselbe ist nach Klassen von Prima abwarte zu ordnen
unter Angabe des Ordinarius einer jeden Klasse. In den einzelnen Klassen
sind die Lehrgegenstände in derselben Beihenfolge wie in dem für die Reife-
zeugnisse vorgeschriebenen Schema aufzuzählen. Bei jedem Lehrgegenstande
ist die Stundenzahl, das eingeführte Lehrbuch und der Name des Lehrers anzu-
geben. Wenn an einer Schule facultativer Unterricht im Englischen, Polni-
fiicben oder Dänischen erteilt wird, so ist die Pensenangabe an der betr. Stelle
einzuschieben, zugleich aber der facultative Charakter des Unterrichte kenntlich
^n machen. An den Anstalten, an welchen fßr jede der beiden christlichen
Confessionen Religionsunterricht erteilt wird, ist das Pensum für jede der beiden
Confessionen unter die Rubrik Religionslehre aufeunehmen. Femer sind die
Aachen far die deutechen Aufisätze in Prima und Secunda, diejenigen für die
lateinischen Aufsätze an Gymnasien, f^r die französischen an ReaJschulen, sowie
die bei der Reifeprüfung im Deutechen, in den fremdsprachlichen Aufsätzen, in
der Mathematik und in den Naturwissenschaften bearbeiteten Aufgaben bei
den betr. Lehrgegenständen (in kleinerem Druck) aufisufnhren. Am Schlüsse
4er Uebersicht ist anzugeben, wieviel Schüler von der Teilnahme an dem
Religionsunterrichte der betreffenden Confession dispensirt worden sind. —
Hinter dieser Uebersicht folgen an den Anstalten, an denen facultetiver
jüdischer Religionsunterricht erteilt wird, unter besonderer Ueberschrift die
Mitteilungen über Stundenzahl und Pensen dieses Unterrichtes; Angabe des
Namens des Lehrers.
Hieran schliefsen sich gleichfalls unter besonderer Ueberschrift; die Mit-
teilungen über den technischen Unterricht und zwar a. im Turnen (Bezeichnung
der Abteilungen und der Stundenzahl jeder Abteilung, Zahl der dispensirten
Schüler, Namen der Lehrer); b. im Gesang (Bezeichnung der Abteilungen und
378
der Stundenzahl jeder Abteilung, Name des Lehrers) ; c. im facultativen Zeichnen
(Angabe der Abteilungen ^und Stunden, der Zahl der teilnehmenden Schüler,
Name des Lehrers).
Die Lehrpensen sind für die Klassen mit zweijähriger Lehrzeit (bei
ungeteilter Prima u. s. w.) in jedem Jahre abzudrucken; für die Klassen mit
einjähriger Lehrzeit darf der Abdruck der Pensen unter besonderen Umständen
ausnahmsweise unterbleiben, doch sind in diesem Falle, wenn es sich um Prima
oder Secunda handelt, die in dem fremdsprachlichen Unterrichte gelesenen Schrift-
werke anzugeben.
Es wird freigestellt, hinter der Uebersicht über die Pensen eine Zu-
sammenstellung der bei dem Unterrichte gebrauchten Lehrbücher folgen zu lassen,
II. Verfügungen der vorgesetzten Behörden.
In der Uebersicht sind nur diejenigen Verfügungen aufzunehmen, deren
Kenntnis für das beteiligte Publikum ein besonderes Interesse hat. Der Inhalt
derselben ist derartig wiederzugeben, dafs dadurch das Verständnis der getroffenen
Bestimmungen für den Leser ermöglicht wird.
in. Chronik der Schule.
In diesen Abschnitt gehören Mitteilungen über den Beginn des Schul-
jahres, über vaterländische, kirchliche und andere Feierlichkeiten, über Ver-
änderungen im Lehrercollegium , über Unterbrechungen des regelmäfsigen
Unterrichtsganges durch Krankheit, Beurlaubung und dienstliche Abwesenheit
von Lehrern, sowie über aufserordentliche Ereignisse, welche sich während des
abgelaufenen Jahres zugetragen haben.
IV. Statistische Mitteilungen.
Dieselben sollen enthalten: 1. Die Uebersicht über die Frequenz und
deren Veränderung im Laufe des Schuljahres unter Benutzung des beigegebenen
Schemas; 2. Uebersicht über die Religions- und Heimathsverhältnisse der Schüler
nach vorgeschriebenem Schema; 3. Uebersicht über die Abiturienten nach den
im Kopfe des Schemas für die Heifezeugnisse enthaltenen Bubriken, denen noch
die von den Abiturienten gewählten Berufsarten hinzuzufügen sind.
V. Sammlungen von Lehrmitteln.
Es sind die aus den etatsmäfsigen Mitteln im Laufe des Jahres be-
schafften Vermehrungen der Lehrmittel, sowie die der Anstalt gemachten Ge-
schenke aufzuführen.
VI. Stiftungen und Unterstützungen von Schülern.
VII. Mitteilungen an die Schüler und an deren Eltern.
In diesen Abschnitt gehören als regelmäfsig wiederkehrende Veröffent-
lichungen die Bekanntmachungen über die Schlufsprüfung , die Abiturienten-
entlassung, den Anfang des neuen Schuljahres und die Aufnahmeprüfung etc."
Der Minister etc. In Vertr. Lucanus.
(Unter dem gegenüberstehenden Schema:) Das Zeugnis für den
einjährigen Militärdienst haben erhalten Ostern 1884: 19, Michaelis: 2 Schüler,
davon sind zu einem praktischen Berufe abgegangen Ostern: 4, Michaelis:
keiner.
Bemerkungen (zu dem gegenüberstehenden Schema): 1. An Schulen
mit Wechselcöten tritt zwischen 3 a und b, bez. 7 a und b die Rubrik: durch
Uebergang in den Cötus M, bez. Cötus 0. 2. Als Termin für die Frequenz
unter Nr. 4 und 8 gilt der Schlufs der zweiten Schulwoche. 3. Das Zeichen
bedeutet, dafs die Klassen gemeinschaftlich unterrichtet werden.
A. Frequeuztn
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r 1884/85.
A. Gymnasium.
RVorschule.
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1. Bestand am 1. Februar 1884
2. Abgang bia zum Schlüsse
des Schaljahres 1883/84 .
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3b. Znirang durch Aufnahme
zu Ostem
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2
34
38 835
- 18
30 200
5 17
36
35
39 42
1 3
38 -
- 39
117
4
73
39
4, Freqaeuz am Anfange des
Schuljahres IStW-SS . .
17^
19
■^
»
38
45
40
39
.1
41
41
40
122
b. Zngang im Sommersemester
7a. Zugang dnrch Versetzung
7b. Zugang durch Aufnahme
3
1
1
2
4
2
2
3
1
2
2| —
2 1
_l _
5
;
1
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-
1
8. Frequenz am Anfange des
151 r>
21| 21
31
36
47
40 1 38
261
42
41
40
123
9. Zugang im Wintersemester
iO. Abgang im Wintersemester
2 -1 1
2^ -
1
2
- 2
l
1
-
-
1
11. Frequenz am I.Februar 1885
iTTTjSftT? 32
35
45
40 1 40
J56
41
41
40
122
12. Durchschnittsalter am 1. Fe-
bruar 1885
20,3
19,2
,a
16,9
15,8
1^,7
i:
ii,3;io,(>
_
9,3
3,-
7,6
■_
m[« if
1. Am Anfange des Sommersemesters .
2. Am Anfange des Winteraemesteri .
3. Am 1. Februar 1685 ,
203 42
20141
216,:182.77
2 17'I181 76 4
215 179:72 4
6103^9
I
6 10318
C. Verf. T. 16. Juli 1841; „Um die vielfachen Verschiedenheiten rmd
zom Teil auffallenden Mängel, welche seither in Hinsicht der Titelblätter
der Ton den Gymn, jährt, auszugebenden Progr. bemerkt worden sind, für di»
Znknnit zu beseitigen, und die Eatabgisiiung dieser Schnlscbriften zn erleichtern^
380
ist 68 erforderlich, dafs auf dem Titel dieser Schalschriften: a. der Name der
betr. Anstalt, b. der Sitz derselben, c. das Schiüjahr, d. die Yeranlassang*
«. der Inhalt, und endlich f. die Vornamen and der Zaname des Verfassers
4er den Schalnachrichten vorangehenden wissenschaftl. Abhandlung bestimmt und
vollständig angegeben werden. Ich beauftrage deshalb das K. Prov.Sch.C.,
hiernach die Dir. der Gymn. Seines Bereichs mit der erforderl. Anweisung zu
versehen . . . ."
S. ü. und PO. V. 6. Oct. 1859, p, 103, in Betreff des Stoffes der wissen-
schaftl. Beigaben aus den der BeaLschule eigentümlichen Unterrichtsgebieten.
C. Verf. V. 17. Jan. 1866: „Bei der im Jahre 1824 ftr die Gymn.
;getroffenen allgemeinen Anordnung der Herausgabe jährlicher Programme gehörte
es zu der ausgesprochenen Bestimmung solcher Schulschriften, ein näheres Ver-
hältnis der Schule auch zu den Eltern der Schüler sowie zu dem gprOfseren
Publikum anzubahnen und bei demselben eine Erhöhung der Teilnahme an den
•öffenü. Bildungsanstalten zu bewirken. Auch die den Schulnachrichten
Toranzuschickende Abhandlung sollte deshalb einem Gebiete angehören,
welches ein allgemeines Interesse mindestens der gebildeten Stände am öffentl.
Unterricht in Ansprach nimmt.
Die Bealschulen haben, indem sie ihrer Bestimmung gemäfs dem
•öffentl. Leben und den praki Beiufisphären näher stehen als die Gymn., ganz
besonders die Pflicht, den im Obigen angedeuteten Zosammenhang festziüialten
und zu pflegen. Nach den bisherigen Wahrnehmungen fehlt noch viel, dafe
diese Pflicht überall richtig gewürdigt und befolgt würde. Wie in der Behand-
lung einzelner Unterrichtsgegenstände, namentlich des Lateinischen und der
Geschichte, bei manchen Beadschulen eine klare Erkenntnis des Unterschiedes
iswischen Gymn. und Bealschule noch vermifst wird, so tragen auch viele Beal-
schulprogramme noch völlig ein gymnasiales Gepräge: sie nehmen in den voraus-
geschickten Abhandlangen auf den Charakter der Schule und auf das Publikum,
für welches diese in die Oeffentlichkeit ausgehenden Zeugnisse vom inneren
Leben der Schule vorzugsweise bestimmt sind, keine Bücksicht, und können
fiomit auch nicht dazu dienen, eine nähere Verbindung zwischen Schule und
Haus herzustellen. Die in der U. und PO. v. 6. Oci 1859 über die Programme
'enthaltenen Bestimmungen (s. p. 103) werden dabei ungehöriger Weise unbe-
achtet gelassen.
Ich veranlasse das K. Prov.Sch.C, diesem Gegenstande für die Beal-
schulen seines Bessorts eine verstärkte Aufmerksamkeit zuzuwenden und in Zu-
kunft namenti. nicht zu gestatten, dafs die Abhandlungen der Bealschulpro-
^ramme lateinisch abgefafst werden oder philologische Detailuntersuchungen
n. dgl. m. zum Gegenstande haben. Wissenschaftliche Arbeiten solcher Art
zu veröffentiichen, kann es den Verfassern an anderweitiger Gelegenheit nicht
fohlen; das Bealschulprogramm ist, so schätzbar die ^beiten an sich sein
mögen, nicht der Ort dazu.
Ebensowenig kann es einem Lehrer an Gegenständen fehlen, die für den
irorher angedeuteten Zweck der Progr. geeignet sind. Das Gebiet der Geschichte
und der Litteratur, der Natur und der Kunst bietet unerschöpflichen Stoff dar;
und die Scheu, die Wissenschaft zu popularisiren, sollte der Einsicht weichen,
daüs dies auf die rechte Weise zu thun auch ein Verdienst und eine Kunst ist.
In vielen Fällen würde passenden Mitteilungen aus der Geschichte des . betr.
Landesteils, der Stadt und der Schule selbst ein allgemeines Interesse entgegen-
kommen. Nicht selten werden es femer die besonderen Verhältnisse einer
Schule wünschenswerth machen, dafs eine auf den Unterricht oder die praktische
Pädagogik bezügliche Frage eingehend behandelt werde, um auf diesem Wege
zu einer Verständigung der Beteiligten beizutragen.
381
Ich wünsche, dafs sowohl der I)epartement8rath des K. Proy.Sch.C, wie
die Dir. der einzelnen Ansialten es sich angelegen sein lassen, nach diesen
Gesichtspunkten mehr und mehr anf die Wahl geeigneter Gegenstände för die
Bealschnlprogr. hinzuwirken und dadurch den Nutzen derselben zu erhöhen/^
Die Anstalten von beschränkterem Umfknge, Progymnasien, höh,
Bürgerschulen, sind nicht gehalten, «dem Programm jedesmal eine Abhand-
lung beizugeben. Die Schulnachrichten, welche sie aber alljährlich zu ver-
öffentlichen haben, müssen wie bei den gröfseren Anstalten, jedenfalls enthaltene
eine Angabe der absolvirten Lelu^ensa, mit Bezeichnung der eingeführten
Schulbücher, die bei den Abgangsprüflingen gestellten Themata, eine tabellar.
üebersicht der Terwendung der Lehrkrsite nach Klassen und Fächern, Mit-
teilung derjenigen von den Schulbehörden erlassenen Verfugungen, welche für
ein gröfseres Publikum von Interesse sein können, die Jahreschronik der
Anstalt, endlich die Statist, yerhältnisse derselben, mit Bezeichnung der in
der Gesamtfrequenz der Schule enthaltenen Unterschiede der Confession, resp.
Religion. Vgl p. 34.
C.Verf. V. 6. Oct 1877: „Durch C.Verf. v. 26. April 1875 ist angeordnet,
dafs sämtliche höhere Lehranstalten von jedem Programm, welches sie veröffent-
lichen, gleich nach dem Erscheinen 5 Exemplare an die Cieh. Registratur meines
Ministeriums einzusenden haben. Ich sehe mich veranlafst, die Zahl der
einzusendenden Programme von Ostern künftigen Jahres ab auf 6 Exemplare
festzusetzen und fordere das K. Prov.Sch'C. auf, die Directoren und Rectoren
Seines Verwaltungsbezirkes davon in Kenntnis zu setzen.**
Zwischen den verschiedenen Provinzen der Monarchie, ebenso zwischen
Preufsen und anderen deutschen Staaten, sowie mit Oesterreich und Ungarn
findet seit längerer Zeit ein Austausch der Schulprogramme statt.
C.Verf. V. 26. April 1875. „Die mit dem Programmen wesen nach der
Ausdehnung, die es allmählich erhalten hat, verbundenen Uebelstände sind
wiederholt Gegenstand der Verhandlungen gewesen. Auch die im October 1872
zu Dresden abgehaltene Conferenz deutscher Schulbeamten hat sich damit
als mit einer gemeinsamen Angelegenheit der höh. Lehranstalten Deutschlands
beschäftigt. Auf Grund der Vorschläge dieser Conferenz habe ich an sämtlicho
deutsche Staatsregierungen das beiliegende Circularschreiben gerichtet und von
allen, mit Ausnahme von Bayern, zustimmende Erklärungen erhalten.
Die K. Bayrische Regierung hat die Beteiligung an der vorgeschlagenen
neuen Einrichtung wegen der Schwierigkeit abgelehnt, den Gegenstand der
Programmabhandlungen immer schon längere Zeit vorher anzugeben.
Ich veranlasse nunmehr das K. Prov.Sch.C, die Directoren der Gym-
nasien und Realschulen Seines Ressorts der Anlage gemäfs mit Nachricht und
Anweisung in der Sache zu versehen, und die neue Programmenordnung in
diesem J^re so vorzubereiten, dafs sie im nächsten ins Leben treten kann.
Der nach Nr. 6 der Anlage von jeder beteiligten Anstalt an die
Teubnersche Verlagshandlung in Leipzig jährlich zu zahlende Betrag
von 9 Mark kann bei den Königlichen Gymnasien und Realschulen auf den
Titel Insgemein des Etats angewiesen werden. Den Patronaten der übrigen Gym-
nasien und Realschulen ist bei Mitteilung des ganzen Plans die Erwartung auszu-
sprechen, dafs sie dem Vorgange der Königl. Anstalten hierin folgen werden.
In Betreff des Formats der Programme bleibt eine Benachrichtigung-
vorbehalten. (S. die Anm. p. 383.)
Die für die Progymnasien sowie for die Real- und höheren Bürgerschulen
bereits bestehende Anordnung, dafs sie von jedem Programm, das sie veröffent-
382
liehen, gleich nach dem Erscheinen 5 (6 nach C.Verf. v. 6. Oct. 1877, 8.
p. 381) Exemplare an die Geheime Registratur meines Ministeriums einzusenden
haben, wird, unabhängig von dem obigen neuen Austauschverfahren, auch auf die
Gymnasien ausgedehnt, wovon deren Directoren in Kenntnis zu setzen sind.**
Der Minister etc. Falk.
2. Buchhändlerische Centralstelle für de-n Programmen-
tausch der höheren Schulen Deutschlands. (B. G. Teubner in
Leipzig.) „Zu den Gegenständen, über welche die Dresdener Schulconfe-
renz im Oci 1872 berathen hat, gehört auch das Programmenwesen. In
der vorläufigen über die Ergebnisse der Conferenz unter dem 30. Dec. 1872
an die deutschen Staatsregierungen von Berlin aus gerichteten Mitteilung wird
bezüglich der Programme bemerkt, dafs eine Abänderung der bestehenden Ein-
richtang hauptsächlich wegen der Uebelstände rathsam erscheine, welche einer-
seits die Massenanhäufung solcher Schulschriften in den Bibliotheken, anderer-
seits bei dem gegenwärtigen umfange des Programmaustausches die Schwierigkeit
des Verteilungsgeschäfbs für die Schulverwaltung mit sich fuhrt.
Dabei wurde ferner geltend gemacht, dafs mehrere Gründe, welche in
früherer Zeit einen Austausch der Programme wünschenswerth machten, nicht
mehr in gleicher Stärke fortdauern, da inzwischen unter den höh. Lehranstalten
thatsächlich eine gröfsere Annäherung stattgefunden hat und die Möglichkeit,
von einander mittelbar oder unmittelbar Kenntnis zu nehmen, sehr erleichtert
worden ist.
In Berücksichtigung dieser Umstände wurden für die künftige Einrich-
tung folgende Vorschläge gemacht: a. Die Nothwendigkeit regelmäfsiger Ver-
öffentlichungen bleibt nur far den einen Teil der Programme, die Schulnach-
richten, bestehen, während in Betreff der Beigabe einer wissenschaftL
Abhandlung femer kein Zwang stattfindet. b. Da dem Interesse der
Lehrer an den Einrichtungen und Verhältnissen der einzelnen Schulen gröfsten-
teils durch pädagogische Zeitschriften, statistische Mitteilungen u. dgl. m.
genügt wird, so kann sich die Verbreitung der gedruckten Schulnachrichten
füglich auf den Kreis des beteiligten Publikums und der betr. Behörden be-
schränken, c. Zu weiterer Verbreitung gelangen in der Regel allein die mit
einer wissenschaftL Abhandlung ausgestatteten Programme, und zwar nur soweit
ihre Mitteilung begehrt wird. Die dabei erforderliche Vermittelung wird einer
buchhändlerischen Centralstelle übergeben.
Nachdem diese Vorschläge die Zustimmung aller der Staatsregierungen
gefunden, von denen die Dresdener Conferenz beschickt worden war, hat auch
in Betreff des letzterwähnten Punktes und des danach einzurichtenden Verfahrens
eine Einigung stattgefunden. Die persönlichen Verhandlungen, welche darüber
mit der Teubner' sehen Verlagshandlung in Leipzig veranlafst worden sind,
haben den nachstehenden Plan als den unter den gegebenen Umständen
empfehlenswerthesten erscheinen lassen. Derselbe ist von allen Staatsregierungen
Deutschlands, mit alleiniger Ausnahme Bayerns, genehmigt worden und .es
treten danach für die im Jahre 1876 erscheinenden Programiae
nachstehende Bestimmungen in Kraft:
1. Jede der beteiligten deutschen Central -Unterrichtsverwaltungen sorgt'
dafür, dafs sie zu Anfang Novembers jedes Jahres von dem Titel aller der
Abhandlungen Kenntnis hat, deren Veröffentlichung durch Gymnasial- oder
Healschul-Programme des nächsten Jahres beabsichtigt wird.
2. Das Verzeichnis dieser Abhandlungen nach den Schulkategorieen und
geographisch geordnet, wird um die Mitte Novembers von jeder Regierung nach
Leipzig gesandt. Die Teubner*sche Verlagshandlung stellt danach sofort ein
vollständiges, mit laufenden Nummern versehenes Verzeichnis zusammen, und
383
versendet dasselbe in dnplo direct zur Post franco an alle Directoren der be-
teiligen Gymnasien und Bealschulen, an die Universitäten and Bibliothekvor-
stände im dentschen Beich, sowie an die Schalbehörden mit dem Ersachen,
binnen 14 Tagen ein Exemplar des Verzeichnisses zurückzusenden, worin die
Programme, deren Mitteilung gewünscht wird, angestrichen sind.
Die Universitäten werden in dem Verzeichnis ebenfalls aufgeführt, um
die Bestellungen des Katalogs der Vorlesungen zu ermöglichen. Der Gegenstand
des Prooemiums wird dabei nicht angegeben.
Es bleibt überlassen, aufserdem von Gymnasien und Bealschulen, welche
etwa in dem betr. Jahre keine wissenschaftliche, pädagogische oder sonstige
Abhandlung den Schulnachrichten beifügen, auch letztere zu bestellen.
Die Vei Säumnis rechtzeitiger Benachrichtigung der Buchhandlung würde
event. zur Folge haben, dafs die zu spät eingehenden Bestellungen nicht mehr
berücksichtigt werden können.
3. Die Teubner'sche Verlagshandlung teilt, wo möglich noch vor Ende
des Jahres, den betr. Stellen franco mit, wie viele Exemplare des Pro-
gramms gebraucht werden, so dafs danach die Stärke der Auflage bemessen
werden kann. Sie kann, um buchhändlerischen Nachfragen zu genügen, einige
Exemplare mehr bestellen, ohne dafür zu einer besonderen Vergütung ver-
pflichtet zu sein.
4. Die zur Verteilung bestimmte Zahl der Programme ist demnächst
unmittelbar nach deren Erscheinen an die Teubner'sche Buchhandlung abzu-
senden, welche ihrerseits die Weitersendung beschleunigen wird.
5. Die Portokosten für die Zusendung sind von den Epfängem der
bestellten Programme zu tragen. Bei der Bestellung ist anzugeben, auf wel-
chem Wege die Zusendung erfolgen soll, ob durch die Post oder auf der Eisen-
bahn oder durch Vermittelung einer namhaft zu machenden Sortiments -Buch-
handlung am Orte des Empfängers; in letzterem Falle hat dieser sich über das
Porto mit der betr. Buchhandlung zu verständigen.
6. Zur Deckung der Kosten (Localmiethe, Portoauslagen, Druckkosten,
Verpackungsspesen u. s. w.) hat jede Schule, Universität und Bibliothek, welche
sich an dem Programmenaustausch beteiligt, einen jährlichen Beitrag von vor-
läufig 9 Mk. an die Teubner'sche Verlagshandlung zu zahlen. Nach den
im ersten Jahre gemachten Erfahrungen wird der zu leistende Beitrag definitiv
normirL
• 7. Die Progpramme werden künftig aUe in gleichem Format gedruckt
Sobald dasselbe definitiv festgestellt ist, wird die Tetibnersche Verlagshandlung
eine Formatprobe an alle Lehranstalten versenden.** *)
4. Das Schulgeld und sonstige Zahlungen der Schüler.
Unterstützungen behufs des Schulbesuchs.
Die Bestimmung der Schulgeldsätze und bei Anstalten nicht kOnigl.
Patronats die Genehmigung einer Modification derselben ist der Schulaufsichte-
behOrde, resp. dem Unterrichtsminister vorbehalten. Für einheimische und aus-
wärtige Schüler, und auch für die am Schulort wohnenden Schüler derselben
Schulklassen sind die Sätze nicht überall gleich; sie stufen sich hie und da
*) Nach einer im Sept. 1875 von der Buchhändlerischen CentraUtelle an die
beteiligten Unterrichtsanstalten gelangten Mitteilung soll die Gröfse des Formats
für die Programme, wenn sie beschnitten sind, 25^/2 cm in der Höhe und
20'|9 cm in der Breite betragen.
384
nach den Yermögensverhältnissen und den Stenerbeiträgen der £ltem ab.
TgL darüber Hist stallst. Darst. II p. 646. III p. 435.
In einer die Bealschnlen 2. 0. betreffenden Min. Verf. y. 21. Mai 1874
(CBl. 1874, p. 484 f.) wird als Bnrchschnitts-Schalgeldsatz der Betrag von 72 M.
jährl. bezeichnet und bei der Gewähmng von Zuschüssen aus Staatsfonds wird
in der Begel zur Bedingung gemacht, dafs dieser Betrag als Durchschnittssatz,
für jeden Schüler der betr. Anstalt angenommen werde: die Summe, welche
sich ergiebt, wenn man die Zajil sämtlicher zahlender Schüler mit diesem
Durchschnittssatz multiplicirt, mufs der gesamten Schulgeldeinnahme gleich
sein. In Berlin beträgt das Schulgeld in den höh. Schulen 100 M. jährl. (am
Joachimsthalschen Gymn.: für Stadtschüler 120 M.)
In den Yorschulklassen aller aus Staatsfonds zu unterhaltenden,,
resp. subventionirten höh. Lehranstalten werden dieselben Schulgeldsätze wie
in der Sexta der betr. Anstalt erhoben. (S. Min. Verf. y. 11. u. 10. Juni 1873,.
CBl. p. 413 f., sowie v. 13. Nov. 1873, CBl. 1874 p. 201.) — Aus einer Verf.
V. 28. Apr. 187 4: — „Es ist für die lediglich dem Elementarunterricht
dienenden Vorschulen bei den höh. Lehranstalten Grundsatz, dafe, sobald bei
den Nächstbeteiligten ein hinreichend starkes Bedürfnis der Benutzung solcher
Vorschule nicht mehr besteht, dieselben sich vielmehr mit Rücksicht auf die
gleichzeitige Hebung der städt. Elementarschulen an deren Benutzung genügen
lassen wollen, kein Grund ist, die Vorschule auf öffentl. Kosten länger zu er-
halten, und etwa durch Herabsetzipig des Schulgeldes auf Vermehrung der
Schülerzahl hinzuwirken."
Nebenforderungen sind in Abnahme begriffen. Vgl. Hist. statist. Darst.
n p. 650.
Zeugnisgebühren. Min. Verf. v. 17. Apr. 1838 (an das K.Prov.
Sch.C. zu Münster): „1. Alle Zeugnisse, welche ein Gymn., Progymn. oder
eine höhere Bürgerschule einem Schüler während seines Aufenthaltes auf der
Schule oder unmittelbar bei dem Abgange von derselben ausstellt, sollen
gebührenfrei ausgefertigt werden. 2. Dagegen darf für Zeugnisse, welche
ein ehemaliger Schüler von der Anstalt fordert, sowie für Duplicate früher aus-
gestellter Zeugnisse 1 Thlr. an Gebühren tat den Dir. oder denj. Klassenlehrer,,
welchem er die Ausfertigung überträgt, gefordert werden. 3. Für Zeugnisse,,
welche Schüler zur Erlangung eines Famüienstipendiums nachsuchen, ist gleich-
falls 1 Thlr. an Gebühren mit gleicher Bestimmung zu zahlen, wofetn der
Schüler nicht zu den Freischülern gehört. 4. Für die Abiturientenzeughisse
bei den Gymn. und far die Entlassungszeugnisse bei den höh. Bürgerschulen
sind 15 Sgr. an Copialien zu zahlen, welche demjenigen zukommen, welcher
die Beinschrifben der Zeugnisse anfertigt 5. Wenn endlich bei den Abi-
turienten- und Entlassungsprüfungen auTserdem noch ein Beitrag an die Schul-
kasse bisher statutenmäfsig gezahlt ist, so verbleibt es auch femer bei diesem
Beitrage.^'
C. Verf. V. 23. Nov. 1857: „Aus den in Folge meiner C. Verf. v»
3. Jan. 1855 erstatteten Berichten geht hervor, dafs in Ansehung der Schul-
geldbe freiungen bei den Gymn. sowohl in den verschiedenen Provinzen des
Staats als auch bei den einzelnen Anstalten einer und derselben Prov. nach
sehr abweichenden Grundsätzen verfahren wird. Es ist nicht meine Absicht^
diese Ungleichheiten, welche zum Teil in dem Entwickelungsgange der einzel-
nen Anstalten ihren Ursprung haben und ohne Schaden für die Sache bestehen
bleiben können, allgem. aufzuheben. In mehreren Beziehungen bestehen jedoch
offenbare Mifsbräuche, welche der Abstellung bedürfen.
Bei einigen Anstalten wird die Befreiung auch derjenigen Schüler, denen
gegenüber sie eine res merae facultatis ist, ohne Bücksicht auf ihre Würdigkeit
385
gewährt. Hiermit im Znsammenhange steht die Einrichtung, der zufolge bei
einzelnen Anstalten die Befreiung für die ganze Dauer der Schulzeit bewilligt
und somit eine fortgesetzte Prüfung der Würdigkeit ausgeschlossen wird. So-
wohl im Interesse der Anstalten als auch der Schüler erscheint es nothwendig,
dafs die Schulgeldbefreiung in allen Fällen nur würdigen Schülern ge-
währt und beim Wegfall dieser Bedingung entzogen wird. Folgeweise' würde
um eine fortgesetzte Controle hierüber zu ermöglichen, festzusetzen sein, dafs die
Befreiung vom Schulgelde über die Dauer eines Semesters, höchstens
eines Schuljahrs, nicht ausgedehnt werden darf. Auch möchte es sich empfehlen,
die bei der grofsen Mehrzahl der Gymn. bereits bestehende Einrichtung, dafs
eine Befreiung nicht sofort beim Eintritt, sondern frühestens vom 2. Semester
ab bewilligt werden darf, allgemein anzuordnen.
Ein zweiter Punkt betrifft die Zahl der zulässigen Befreiungen.
Ein befriedigendes Verhältnis in dieser Beziehung besteht nur in der Bhein-
provinz. Dort dürfen, abgesehen von den Befreiungen der Lehrersöhne etc.,
^/lo ^^^ Schüler ganz, ^lo derselben halb, mithin im Ganzen 15 Proc. der vor-
handenen Schüler vom Schulgelde befreit werden. — Wenngleich nun die Ver-
hältnisse der einzelnen Provinzen eine durchgängig gleichmäfsige Behandlung
der Angelegenheit nicht gestatten, so habe ich doch aus den eingegangenen
Berichten die Ueberzeugung gewonnen, dafs bei vielen Gymn. die Schulgeld-
befreiungen eine Ausdehnung gewonnen haben, welche nicht nur das finanzielle
Interesse der Anstalten, sondern anch den Zweck der Gymnasialbildung inso-
fern beeinträchtigt, als den Gymn. junge Leute zugeführt werden, welche, ohne
eine höhere Ausbildung anzustreben, die Anstalt nur zu dem Zwecke besuchen,
um an den damit verknüpften Beneficien teilzunehmen. Um diesen üebel-
ständen zu begegnen, erscheint es wünschenswerth, wenigstens für jede Provinz
unter Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfhisse ein Maximum für die
Schulgeldbefreiungen festzusetzen, welches bei den einzelnen Anstalten ohne
besondere Genehmigung des K. Prov. Sch.C. nicht überschritten werden darf.*^ —
Das Maximum der Freistellen ist seitdem bei den vom Staat unter-
haltenen oder subventionirten Anstalten auf 10 Proc. beschränkt worden.
Dasselbe wird nach der Frequenz der Hauptklassen, nicht nach der Gesamt-
frequenz der Anstalt einschliefsl. der Vorschule, berechnet. Auch die von der
Scbulgeldzahlung befreiten Söhne von Lehrern und Beamten der einzelnen An-
stalten, und ebenso die der Ortsgeistlichen, müssen in der erwähnten Procent-
zahl enthalten sein und dürfen das Beneficium auch nur dann erhalten, wenn
sie durch Betragen und Fleifs befriedigen. — Den dritten Brüdern pfiegt das
Schulgeld erlassen zu werden, wenn, ihre Eltern darum nachsuchen. Der Betrag
wird ebenfalls bei dem zur Verfügung stehenden Erlafsquantum eingerechnet. ^-
S. Min. Verf. V. 29. Febr. 1872, CBL p. 212, Nr. 98, 99.
In den städt. Anstalten werden im AUgem. dieselben Grundsätze befolgt;
einige gewähren die freie Schule mit grofser Liberalität; nur wenige haben
gar keine Freistellen. Hie und da haben die Eltern bei mehr als 2 Söhnen
auf derselben Anstalt das volle Schulgeld nur für die 2 ältesten zu zahlen,
für jeden folgenden nur die Hälfte. In einigen Anstalten giebt es aufser den
voll- und halbzahlenden auch Vs» ^/s? ^U ^^^ Schulgelds zahlende Schüler, und
reich dotirte Anstalten gewähren das Beneficium des freien Unterrichts weniger
nach einer bestimmten Berechnung, als nach dem vorhandenen Bedürfnis.
Begel ist, es nicht gleich bei der Aufnahme, sondern nach einer Zeit der Er-
probung zu gewähren, auch immer nur auf ein Jahr und mit dem Vorbehalt
der Entziehung bei wahrgenommener Trägheit und tadelnswerthem Betragen.
Die Gewährung geschieht meistens durch das Schulcuratorium oder die sonstige
nächste Aufsichtsbehörde auf Vorschlag des Dir. oder der Lehrerconferenz.
Wieie, VeTordnuDgeix. 25
386
Min. Verf. v. 21. Mai 1874: „Dem Lehrer N. in L. ist, wie dem K.
Prov. Sch.C. bekannt, znr Erhaltung seines Sohnes auf dem Gymn. in N. wieder-
holt eine Beihülfe aus diesseitigen Fonds gewährt worden. Nach dem Bericht
Y. — hat das städt. Patronat der Anstalt dem Knaben, obwohl er, wie aus-
reichend bezeugt wird, ein musterhafter Schüler ist, die Schulgeldzahlung des-
halb nicht erlassen, weil er nicht aus N. sei.
Wenn städt. Schulpatronate, welche ihre Anstalten lediglich aus eigenen
Mitteln erhalten, die Freistellen nur an einheimische Schüler gewähren, so
kann dies nicht gehindert werden; bei Anstalten aber, welche aus allgem.
Staatsfonds so erhebliche Zuschüsse empfangen, wie es bei dem N'.ner Gymn.
der FaU ist, dürfen die auswärt. Schüler von dem gedachten Beneficium nicht
gänzlich ausgeschlossen werden. Ich beauftrage das K. Prov. Sch.C, den
Magistrat in N. darauf aufinerksam zu machen und auch den E. Compatronats-
Commissarius daselbst in Kenntnis davon zu setzen, damit er Veranlassung
nehme, für eine yerhältnismäf^ige Berücksichtigung guter und bedürftiger
Schüler der Anstalt Sorge zu tragen."
Den Söhnen der Geistlichen als solchen gewähren die städt. Patronate
nur noch selten die Schulgeldfreiheit; auch kann für sie ebenso wie für das
Gymn. selbst als juristische Person die frühere gegenseitige Connivenz zwischen
Geistlichen und Lehrern als verpflichtend nicht angesehen werden.
Für versäumten Unterricht mufs das Schulgeld meistens fortentrichtet
werden. Ist die Versäumnis unverschuldet, z. B. in Krankheitsfällen, so hört
die Zahlungspüicht gewöhnlich dann auf, wenn die Versäumnis den Zeitraum
überschreitet, für welchen das Schulgeld ratenweise erhoben wird. Ferien sind
ohne Einflufs auf die Schulgeldzahlung.
Ausschlufs von Freischülern in den Vorschulen. Min. Verf.
V. 9. Juli 1870. Auszug. „Zugleich bemerke ich, dafs bei den Vorschulen
anderer Gymnasien grundsätzlich Freischüler nicht bewilligt werden. Die An-
wendung dieses Grundsatzes auch auf das Gymn. in N. erscheint unbedenklich."
Min. Verf. v. 7. Dec. 1876. Auszug, „üebrigens mache ich darauf
aufmerksam, dafs Bestimmungen, wonach auch in Vorschulklassen Freistellen
zu gewähren sind, hier nicht bekannt sind. Vielmehr ist es Grundsatz, dafs
die Schüler in den Vorklassen ausnahmslos das volle Schulgeld zu zahlen
haben; wenigstens ist der Procentsatz der zulässigen Freistellen nur nach der
Anzahl der in den Hauptklassen der Anstalt vorhandenen Schüler zu bemessen,
wonach das K. Prov. Sch.C. in Zukunft; zu verfahren hat."
Min. Verf. v. 13. Dec. 1876. „Auf den Bericht vom 18. v. M. er-
widere ich dem K. Prov. Sch.C., dafs der Ausschlufs der Schulgeldbefreiung in
den Vorschulklassen der aus Staatsfonds unterhaltenen oder subventionirten höh.
Lehranstalten sich auch auf die Söhne der Anstaltslehrer erstreckt, weil nach den
mafsgebenden Bestimmungen freier Unterricht in der Vorschule nicht gewährt wird."
Die Erhebung des Schulgeldes geschieht bei den Anstalten königL
Patronats vierteljährlich praenumerando. Solchen Eltern, denen die vierteljährl.
Vorausbezahlung schwer fällt, wird an manchen Anstalten das Schulgeld bis
zum 3. Monat gestundet. Eingezogen wird das Schulgeld in der Begel durch
dieKlassenordinarien, die dasselbe demnächst an die Schulkasse abführen. Gröfsere
Anstalten haben besondere Schulgeldreceptoren, die für ihre Mühe remunerirt
werden; an anderen wird das Schulgeld unmittelbar an den Bendanten der
Schulkasse eingezahlt. Bückstände unterliegen der executivischen Beitreibung
im Verwaltungswege, wenn sie nicht älter als 2 Jahre sind. Hin und wieder
wird bei der Aufnahme eines Schülers von dem Vater die Unterzeichnung einer
gedruckten Verbindlichkeitserklärung des Inhalts gefordert:
387
— „Ich verpflichte mich, das etats- nnd statatenmäTsige Schulgeld far
meinen Sohn in den eingeführten vierteljährl. Zahlnngsterminen praenam. un-
gesäumt nnd anerinnert abzuzahlen, im FaU jedoch wider Erwarten dieses
Schulgeld rückständig bleiben sollte, mich der Einziehung desselben durch die
Verwaltungsbehörden auf meine Kosten, nach Mafsgabe der C. 0. v. 21. Dec.
1825 Xn. a. § 42 unterwerfen zu wollen."
Für Anstalten städtischen oder gemischten Patronats wird die Schul-
kasse in der Begel bei der städi Kämmerei verwaltet In solchen Fällen pfle-
gen dadurch Yerwaltnngskosten für die Schule nicht zu entstehen. Bei An-
stalten königl. Patronats ist die Kassenfohrung als widerrufliches besoldetes
2^ebenamt einem Lehrer derselben Schule oder einem Staats- oder Gemeinde-
beamten als Bendanten übertragen. Jeder Bendant hat die gesetzmäfsige
Dienstcaution zu stellen.
C.Verf. des *K. Prov. Sch.C. zu Kiel v. 4. Juli 1870: ,J)a es sich
liei-ausgestellt hat, dafs hinsichtlich der Erhebung der Klassengelder bei
den Sohle swig-Holst. Gymn. nicht überall ein gleichmäfsiges Verfahren
beobachtet wird, so sehen wir uns veranlafst, um in dieser Beziehung eine feste
Ordnung einzuführen und das Interesse der betr. Schulkassen so wie der be-
teiligten Lehrer sicher zu stellen, die nachfolgenden Bestimmungen zu treffen:
1. Behufs der Erhebung der Klassengelder hat der Dir. sofort nach
dem begonnenen Unterricht in jedem Vierteljahr ein als richtig bescheinigtes
Verzeichnis der Schüler mit Angabe des Klassengeldes und der für die Ein-
richtung desselben haftenden Personen nebst einer bezüglichen Einnahmeordre
dem Bendanten zu überliefern. 2. Der Bendant hat auf Grund dieses Ver-
zeichnisses und im genauen Anschlufs an dae^selbe unverzüglich eine Hebeliste
anzufertigen, in welche jede einzelne Zahlung einzutragen ist, und welche von
dem Bendanten sorgfältig aufbewahrt und bei den Kassenrevisionen mit dem
sub 1 erwähnten Verzeichnis vorgelegt werden mufs. 3. Zu Anfang jedes
Quartals ist durch ein 2maliges Inserat in dem Localblatte und gleichzeitig
durch eine an die Schüler in allen Klassen zu richtende mündl. Bekannt-
machung darauf aufmerksam zu machen, dafs der Bechnungsführer in der
nächsten Woche an näher festzustellenden Tagen und zu bestimmter Stunde im
Schulgebäude die Klassengelder in Empfang nehmen werde. Die Einkassirung
der Schulgelder durch den Pedellen ist unstatthaft. 4* Ueber die geschehene
Zahlung der Klassengelder ist dem Betreffenden Quittung zu erteilen. Die
Quittungsformulare können auf Kosten der Schulkasse gedruckt werden. 5. Nach
Ablauf der Zahlungswoche hat der Bechnungsführer dem Dir. eine Bestanten-
liste zu übergeben. Die säumigen Schüler sind durch die Klassenordinarien
an ihre Verpflichtung zu erinnern und dabei darauf aufinerksam zu machen,
dafs es zu ihrer Enüassung von der Schule führen könne, wenn das Schulgeld
nicht bezahlt werde. 6. Wenn die rückständigen Klassengelder nach Verlauf
von 4 Wochen noch nicht eingegangen sind, so ist, falls nicht eine Nieder-
schlagungsordre erwirkt werden kann, die ezecutivische Beitreibung der Bück-
stände nach Mafsgabe derVerordn v. 22.Sept. 1867 zu requiriren. Zugleich ist den
Eltern oder Vonnündem der betr. Schüler zu eröffnen, dafs die Entiassung der
letzteren stattfinden müsse, falls das Schulgeld für das nächste Quartal nicht
im Fälligkeitstermin ungesäumt bezahlt werden würde. Wenn die Zahlung in
dem nächsten Quartal nicht rechtzeitig erfolgt, so ist die Enüassung der betr.
Schüler zu verfugen. 7. Sobald die fälligen Schulgelder für ein Quartal voll-
zählig eingegangen sind oder aber die sub 6 erwähnte vierwöchenti. Frist ver-
strichen ist, ist die bezügl. Hebeliste unverzüglich abzuschliefsen und der da-
nach sich ergebende Einnahmebetrag in das Journal zu übertragen. Später
eingehende Bestanten sind einzeln in das Journal einzutragen^^
25*
388
C. Verf. des K.Prov.Sch.C. zu Posen v. 22. Apr. 1869: „Behufe
Yereinfachnng des Geschäftsverkelirs wollen wir die Dir. der königl. höheren
Unterr. Anstalten von der ^I^SLhrl. Einreichnng der Schnlgeld-Hebelisten
hierdurch entbinden. Eine Feststellung derselben unsererseits findet daher
fortan nicht mehr statt; an Stelle der bisherigen Feststellung tritt folgendes
Verfahren :
1. Die Hebelisten werden quartaliter wie bisher aufgestellt und dienen
far die Einziehung des Schulgeldes als Grundlage. 2. In dieselben werden
alle diejenigen Schüler aufgenommen, die im Laufe eines Quartals die Anstalt
besucht haben, sollten sie auch erst im Laufe des Quartals aufgenommen
werden. 3. Sind Schüler als Lehrersöhne oder als Freischüler von der
Zahlung des ganzen oder halben Schulgeldes befreit, so ist dies in der Colonne
„Bemerkungen** anzugeben. Schulgeld für diese Schüler wird in der „Sollein-
nahme" nicht aufgeführt. 4. Sind Schüler vorhanden, für die das Schulgeld
niedergeschlagen wird, oder die wegen Nichtbezahlung des Schulgelds aus der
Anstalt entfernt werden müssen, so ist der Schulgeldbetrag für dieselben in
Solleinnahme au&ufQhren und demnächst in einer Bubrik „Ausfall" in Abgang
zu stellen. In der Colonne „Bemerkungen" ist hierüber das Erforderliche zur
Erläuterung anzugeben. 5. Jede Schulgeldhebeliste ist am Schlufs des Quartals
mit folgendem Attest zu versehen: „Es wird hierdurch bescheinigt, dafs das
Gymn. (die Bealschule) zu — im — Quartal des Jahres 18 . . nur von den
vorstehend aufgeführten Schülern besucht worden ist" N. N. (Namen des
Dir. und der Ordinarien.)
6. Die solchergestalt vollzogene Hebeliste wird von dem Bendanten als
Einnahmebelag den Belägen beigefugt. Dieselbe wird bei Bevision der Bech-
nung von uns sowohl in calculo sJs in Bezug auf die Schulgeldbefreiungen
geprüft werden. Wir machen daher den HH. Dir. zur Vermeidung von Bevisions-
monitis die genaue Beachtung der dieserhalb ergangenen Vorschriften zur be-
sonderen Pflicht."
Wegen der Zahlungen für Abgangszeugnisse s. den nächsten
Abschnitt.
C.Verf. des K. Prov. Sch.C. zu Berlin v. 13. Oct 1864: „Es ist
zu unserer Kenntnis gekommen, dafs an einigen Anstalten in den einzelnen
Klassen zu Weihnachten oder zu Neujahr Geldbeiträge zu einem Geldgeschenk
für den Schuldiener von den Schülern erhoben, und dafs die Sammlungen
zum Teil von Lehrern angeregt und veranstaltet werden. Nachdem fast über-
all durch Erhöhung des Schulgeldes die Extrazahlungen beseitigt sind, können
wir es nicht für gerechtfertigt erachten, von den Schülern zu Gunsten der
Schuldiener eine besondere, wenn auch freiwillige Steuer zu erheben, die übri-
gens als Klassensammlung unter Leitung eines Lehrers mehr oder minder den
Charakter der Freiwilligkeit verliert. Wir veranlassen die Dir., wo ein solcher
Mifsbrauch sich eingeschlichen hat, denselben zu beseitigen, andererseits aber
darauf zu achten, dafs ein solcher sich nicht einschleiche. Dabei bleibt es
dem einzelnen Schüler unbenommen, sich für besondere ihm speciell erwiesene
Dienste in geeigneter Weise gegen den Schuldiener abzufinden."
C.Verf. desselben Sch.C. v. 28. Juli 1865: ,J)urch unsere Verf.
V. 13. Oci V. J. ist angeordnet worden, dafs die bisher an einigen Anstalten
in den einzelnen Klassen zur Weihnachtszeit üblich gewesene Einsammlung
von Geldbeiträgen durch die Lehrer zu Geldgeschenken für den Schul-
diener nicht femer geduldet werden dürfe, und es sind die Dir. veranlafst
worden, einen derartigen Mifsbrauch für die Zukunft zu beseitigen, resp. zu
verhüten, dafs ein solcher sich einschleiche. Es ist Jetzt zu unserer Kenntnis
389
gekommen, dafs drgl. Sammlungen an einzelnen Anstalten allerdings nicht
mehr unter Leitung der Lehrer, aber doch von den Schülern selbst veranstaltet
sind. Wenn es auch den einzelnen Schülern unbenommen bleiben mag, sich
für besondere ihnen speciell erwiesene Dienste in geeigneter Weise gegen den
Schuldiener abzufinden, so kann es doch im Interesse der Schuldisciplin unter
keinen Umstanden gestattet werden, dafs die Schüler ohne ausdrückliche Ge-
nehmigung des Dir. zum Zweck einer Geldsammlung zusammentreten, und na-
mentlich sind jetzt) nachdem fast überall durch Erhöhung des Schulgeldes die
Extrazahlungen beseitigt sind, drgl. Sammlungen zu Gunsten des Schuldieners,
welche den Charakter einer jährlich wiederkehrenden Steuer haben, durchaus
nicht zu dulden." —
C.Verf. des K. Prov. Sch.C. zu Berlin v. 14. Dec. 1865: „An
einzelnen Anstalten finden von Schülern für bestimmte Lehrer alljährl. wieder-
kehrende Geburtstagsfeierlichkeiten statt, die mehr oder minder einen
Grad von Oeffentlichkeit erlangen und mit Geldausgaben zur Beschaffung von
Fackeln, Musik u. s. w. verbunden sind. Wenn wir auch anerkennen, dafs der-
artige mehr oder minder öffentliche Ehrenerweisungen aus edlen Beweggründen
hervorgehen, so läfst sich doch auch nicht leugnen, dafs sich trotz aller Vor-
sicht nicht selten gewisse Unzuträglichkeiten damit vereinen. So sehr auch
der erste Anlafs ein Act der Freiwilligkeit gewesen sein mag, so wird doch
die regelmäfsige Wiederkehr allmählich etwas Gewohnheitsmäfsiges und nimmt
leicht den Schein des Erforderlichen an. Die Geldsammlungen unter Schülern
verlieren gar zu oft den Charakter der freien Beteiligung, wie denn gerade eine
Sammlung für einen solchen Zweck kürzlich zu einer Beschwerde bei uns ge-
führt hat. Und insofern dgl. Kundgebungen die Schüler über ihre eigentliche
Sphäre hinausheben und ein gewisses Zeichen der Anerkennung in sich
schliefsen, welches leicht schon durch blofse Unterlassung in eine ent-
gegengesetzte Demonstration ausarten kann, haben sie auch etwas Bedenkliches
für die Disciplin selbst. Wir finden uns deshalb veranlafst, alle derartigen
von Schülern veranstalteten alljährlich wiederkehrenden, mehr oder weniger in
die Oeffentlichkeit tretenden, mit Geldausgaben verbundenen Ehrenbezeugungen
hiermit allgemein zu untersagen. Ew. wollen dies an der Ihrer Leihmg an-
vertrauten Anstalt beachten." Vgl. p. 346.
C.Verf. des K. Prov. Sch.C. zu Koblenz v. 11. Sept. 1874: „Ob-
schon wir in unserer C. Verf. v. 25. Nov. 1864 die Annahme von Geschenken
seitens der Lehrer höherer Unterr.-Anstalten ausdrückl. untersagt haben, kommt
es immer noch vor, dafs insbesondere Beligionslehrer sogen. Ehrengaben von
den Neocommunicanten annehmen zu dürfen glauben. Wir veranlassen die
Direction resp. das Bectorat, diesem Mifsbrauch künftig zu steuern und die
Beligionslehrer darnach anzuweisen.''
Zur Unterstützung junger Leute behufs des Schulbesuchs hat
die Privatwohlthätigkelt fast in allen Provinzen mancherlei Veranstaltung ge-
troffen. Dahin gehören die „Friedensgesellschaften" und andere Vereine, deren
meist in der Hist Statist. Darst. I— III in den Vorbemerkungen zu den ein-
zelnen Provinzen Erwähnung geschehen ist.
Eisenbahn-Fahrpreisermäfsigungen. Durch C.Verf. v. 29. Apr.
1884 ist folgende Verf. des Min. der öffentl. Arbeiten zur Kenntnis und Nach-
achtung mitgeteilt worden:
Berlin, d. 30. März 1884. „Zur Beseitigung von Zweifeln, welche über
die Anwendung der durch den Erlafs v. 8. Juni 1881 (s. u.) zur Erleichterung
390
der Schulfahrten genehmigten Fahrpreis-Ennäfsigongen entstanden sind, be-
ßtimme ich: 1) Die erwähnten Fahrpreis-Ermäfsigangen sind auch bei Schul*
fahrten von Schülern der Unterrichtsanstalten für Taubstumme und Blinde
zu gewähren. 2) Die Fahrpreis - ErmäTsigungen sind nicht allein den
SchMem Öffentlicher üntenichtsanstalten, sondern auch den Schülern der-
jenigen Privatschulen für die männliche und weibliche Jugend zu
bewilligen, welche, von der Staatsregierung concessionirt und beauf*
sichtigt, dazu bestimmt sind, den allgemein bildenden Unterricht der Volks-
schule (im weitestei) Sinne dieses Wortes) oder der höheren Schulen zu er-
setzen, und zwar ohne Unterschied, ob die Privatschulen auschliefslich Extemate
oder zum Teil oder ausschliefslich Internate sind. Ausgeschlossen sind hier*
nach einerseits die Fachschulen (auch Fortbildungsschiüen), soweit sie nicht
ausdrücklich bezüglich der Fahrpreis-ErmäTsigung den übrigen Schulen gleich-
gestellt sind, wie es zu Gunsten der Bergschulen durch den Erlafs vom 19. Oct.
1881 11. b. T. 6421 (E. Y. Bl. S. 314) geschehen ist, andererseits Privat-
anstalten, welche nur der Erziehung dienen ohne zugleich Unterrichts-
anstalten zu sein. (Familienpensionate etc.)
Wenn im einzelnen Falle ein Zweifel darüber entstehen sollte, ob eine
Privatschule staatlich concessionirt und beaufsichtigt ist und ob dieselbe den
vorbezeichneten Charakter einer allgemeinen bildenden Schule trägt, so ist die
. Gewährung der Fahrpreis-ErmäTsigung von der Beibringung einer bezüglichen
amtlichen Erklärung des betreffenden Localschulinspectors abhängig zu machen.
Der Minister d. Off. Arbeiten. May b ach. An die KOnigl. Eisenbahn-
Directionen — je besonders — II. b. T. 1635.
a) Berlin, den 8. Juni 1881. Nach Einsicht der Verhandlungen der
Staatsbahn -Conferenz vom 19. Mai d. J. zu No. 5 des Protokolls bestimme
ich, dafs far die Gewährung von Fahrpreis - Ermäfsigungen an gprOfsere
^Gesellschaften nach Mafsgabe der den Königlichen Eisenbahn-Direc-
tionen gegebenen allgemeinen Ermächtigung 1) der Begel nach eine
Teilnehmerzahl von 30 Personen erfordert wird und im Allgemeinen nur dann
Ausnahmen hiervon zugelassen werden, wenn es sich um Beisen zu wissenschaft-
lich belehrenden Zwecken handelt, 2) dasjenige Betriebsamt, bezw. diejenige
Königliche Direction, in deren Bezirk die Beise angetreten wird, die Bewilligung
der Fahrpreis-Ermäfsigung für die ganze, vom Staate verwaltete BefOrderungs-
strecke zu erteilen hat.
Für die Erleichterung der Schulfahrten will ich die Beförderung von
Schülergesellschaften, bei einer Teilnahme von mindestens 10 Personen (ein-
schliefslich der begleitenden Lehrer) zu den Sätzen der Militärbillets ge-
nehmigen, auch nichts dagegen erinnern, dafs bei Schulfahrten der niederen
Klassen, deren Schüler im Allgemeinen das zehnte Lebensjahr nicht
überschritten haben, je zwei Schüler auf ein MilitärbiUet befördert werden.
Die nähere Bestimmung darüber, ob bei Schulfahrten jedem Schüler ein be-
sonderes BiUet einzuhändigen sei oder ob die BeiOrderung auf eine von den
begleitenden Lehrern zu losende Gesamt-Legitimation zu erfolgen habe, wird
den KOnigl. Directionen überlassen. Doch ist von aUen in Berlin mündenden
Staatsbahnen für die von hier ausgehenden Schulfahrten übereinstimmend
nach dem von der hiesigen K. Eisenbahn-Direction anzugebenden und gehörig
bekannt zu machenden Modus zu verfahren. Diejenigen KOnigl. Verwaltungen,
in deren Bereich die Ausflüge angetreten werden, sind auch bei Schulfiüirten
ermächtigt, die Fahrpreis-Ermäf^igungen far die ganze unter Staatsverwaltung
stehende Beförderungsstrecke zu gewähren (oben zu 2). Der Minister d. Off.
Arbeiten. Maybach. An sämtliche KOnigl. Eisenbahn-Directionen (aus-
schliefslich Stadtbahn). 11. b. T. 3553.
391
5. Bedenken wegen TJebergangs zur Universität bei
Mittellosigkeit.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Königsberg v, 20. Juni 1867:
„Der E. akadem. Senat hierselbst hat in einer an die HH. Gymnasialdirectoren
gerichteten und ans mitgeteilten Znschrifk ¥. 30. April d. J. (a) auf die Gefahren
hingewiesen, denen völlig mittellose Abiturienten bei ihrem Uebergang
auf die hies. Universität begegnen, nnd demnach Ew. — ersacht, derartige Fälle
durch Ihre vorgängige Warnung möglichst zu verhindern. Indem wir den von
dem akadem. Senat angefahrten Granden völlig beitreten, weisen wir insbeson-
dere noch darauf hin, dafs durch solche Mittellosigkeit die betr. Studirenden
selbst wenn sie durch Erteilung von Privatunterricht die äufserste Noth über-
winden sollten, dennoch nicht nur in ihrer wissenschaftl. Ausbildung, sondern
auch in der Gewinnung der fär ihren künftigen Beruf erforderlichen geistigen
Selbständigkeit wesentlich behindert werden. In nicht seltenen Fällen werden
aber auch derartige Studirende durch die Sorge um ihren Lebensunterhalt ge-
zwungen, ihre Universitätstudien völlig zu unterbrechen und in der einstweiligen
Annahme einer Hauslehrerstelle die Möglichkeit zur Gewinnung weiterer Mittel
zu suchen. Dafs durch das Einschlagen eines solchen Auswegs manche Stu-
dirende ihrem künftigen Beruf gänzlich verloren gehen und andere wenigstens
die für denselben erforderliche Wissenschaft, und Charakterreife nicht erwerben
können, ist selbstverständlich. Ew. — veranlassen wir demnach, in allen Fällen
der bezeichneten Art die betr. Schüler rechtzeitig vor Beginn der Abgangs-
prüfung auf das Mifsliche ihres Vorhabens hinzuweisen und vor einem unüber-
legten Beziehen der Universität auf das nachdrücklichste zu warnen.*'
a) „Es ist nach den Statuten der Universität durchaus unzulässig, dafs
ein Studlrender im 1. Semester ein Stipendium oder einen Freitisch bekomme,
weil diese Beneücien an die Bedingung des Fleifses und der Leistungen ge-
knüpft sind, welche erst am Schlufs des Halbjahrs in der sogenannten Semestral-
prüfung ermittelt werden. Nur die Familienstip. machen hiervon eine Aus-
nahme. Sollte sich ein von Mitteln entblöfster Abiturient durch ungewöhnliche
Begabung auszeichnen und dies durch ein specielles Zeugnis ausweisen, so
würden allenfalls ausnahmsweise Mittel und Wege zu finden sein, ein wirkliches
Talent nicht untergehen zu lassen. Es erscheint aber als eine höchst zweifel-
hafte Aushülfe, die jungen Studirenden gleich vom Beginn an auf ihre eigene
Kraft und durch Unterrichtgeben zum Erwerb des Lebensunterhalts anzuweisen;
denn abgesehen davon, dafs dies nicht immer glückt, so wird doch auch eine
so unverhältnismäfsig grofse Zeit und. geistige Kraft dadurch verschlungen, dafs
entweder die Erfolge im eigenen Studium aufs höchste beeinträchtigt werden
oder die Gesundheit des Individuums untergraben, häufig natürlich beides be-
wirkt wird."
392
VII.
Prüfungen und Prüfungszeugnisse.
Die Matarltätsprüfung.
üebereinkunft zwischen den deutschen Staatsregierungen
in Betreff der Maturitätszeugnisse' der Gymnasien
(den K.Prov.Schiücoll. mitgeteilt unter dem 11. Juni 1874, OBl. 1874 p. 476; vgl.
Hiat. Statist, üarst. III p. 7 u. 386 f.).
„Behufs gleicher Geltung der von den deutschen Gymnasien aufge-
stellten Maturitätszeugnisse für die Zulassung zu den Universitätsstudien
und in allen öffentl. Verhältnissen, sind die deutschen Staatsregierungen über-
eingekommen, bei den Gymnasien fortan folgende Grundsätze zu befolgen:
1. Die gesamte Cursusdauer des vollständigen Gymnasiums beträgt
mindestens 9 Jahre. Die Aufnahme in die unterste Klasse erfolgt dabei in der
Kegel nicht vor dem vollendeten 9. Lebensjahre.
2. Bei einem Anstalts Wechsel geschieht die Aufnahme eines Schülers
nur nach Beibringung eines Entlassungszeugnisses der vorher von ihm besuchten
Anstalt, und nicht in eine höhere Klasse oder Abteilung, als danach die Beife
bei ihm vorhanden ist. Der Wechsel darf dem Schüler hinsichtlich der ord-
nungsmäfsigen Cursusdauer keinen Zeitgewinn einbringen.
3. Der Unterricht wird, unvermeidliche vorübergehende Vertretungen aus-
genommen, nur von Lehrern erteilt, welche sich über ihre Qualification genügend
ausgewiesen haben.
4. Die Zulassung zur Maturitätsprüfung oder die Dispensation von einer
der dabei reglementsmäfsig zu erfüllenden Bedingungen, z. B. da, wo die oberen
Kl. einen je 2jähr. Cursus haben, von der vollständigen Absolvirung des 2jähr.
Cursus der ersten Klasse, kann nicht von einer Patronats- oder Begierungs-
behörde verfagt werden, sondern bleibt von dem Urteil der Prüfungscommission
des Gymn. abhängig. In Fällen aufserordentlicher Art kann eine derartige
Dispensation nur von der Centralbehörde des betr. Staats gewährt werden.
5. Gegenstände der Maturitätsprüfung sind auf allen Gymnasien
die deutsche, lateinische, griechische, franzosische Sprache, Mathematik und Ge-
schichte. Die übrigen Lehrobjecte sind nicht nothwendig auch Gegenstände
der Prüfung.
SchriftLClausurarbeiten sind überall ein deutscher Aufsatz, eine latei-
nische Arbeit (Aufsatz oder Extemporale oder beides) und die Lösung mathemati-
scher Aufgaben. — Darüber hinaus auch eine üebersetzung ins Deutsche, Griechische,
Französische n. a. zu verlangen, bleibt der Anordnung jedes Staats überlassen.
6. Als Mafsstab für die Erteilung des Zeugnisses der Beife gelten im
Allgem. diejenigen Anforderungen, welche das preufsische Prüfungsreglm. dafür
aufstellt. Dabei ist ausnahmsweise die Oompensation zulässig, nach welcher
das Zurückbleiben in einem Gegenstande durch desto befriedigendere Leistungen
in einem anderen gedeckt wird. Eine solche Ausgleichung ist namentl. in dem
gegenseitigen Verhältnis der Mathematik zu den alten Sprachen anwendbar.
In dem Gegenstande, für welchen die Oompensation zugelassen wird, dürfen jedoch
die Leistungen keinesfalls unter das Mafs herabgehen, welches für die Versetzung
nach Prima erfordert wird.
7. Bei jeder mündl. Maturitätsprüfung ist ein Begie rungsc om-
ni issariu s zugegen. Derselbe hat die Zeugnisse mitzuvoUziehen.
393
Es ist zulässig, ausnahmsweise auch den Dir. des Gymn. znm Begiernngs-
commissarius zu bestellen. In solchem Fall hat derselbe bei seiner Unterschrift
auch diese aufserordentl. Function bemerklich zu machen.
8. Bei der schliefsl. Berathung über die Gewährung oder Versagung
eines Zeugnisses der Keife sind stimmberechtigt nur die in der ersten Klasse
unterrichtenden wissenschaffcl. Lehrer, der Kegierungscommissarius und, bei
den nicht ausschliefslich vom Staat unterhaltenen Gymnasien, aufserdem ein
Vertreter des betr. Patronats, und, wo ein solches besteht, des Ephorats oder
Scholarchats.
9. Die Zuerkennung eines Zeugnisses der Reife darf nicht durch den
gewählten Beruf des Schülers motivirt werden.
10. Für die Form der Zeugnisse gelten behufs ihrer leichten und
sicheren Benutzbarkeit folgende Bestimmungen:
Es mufs sofort erkennbar sein, von welchem Gymnasium das Zeugnis
ausgestellt, und dafs es ein Zeugnis der Keife ist. Im Eingange giebt dasselbe
den vollständigen Namen, den Geburts-Tag und -Ort, den Stand des Vaters und
die Religion oder Confession des Schülers an, ebenso, wann er auf das Gymn.
aufgenommen worden ist, event. welche Anstalt er vorher besucht hatte, wie
lange er den oberen Klassen, namentlich der ersten, angehört hat, und welchem
Studium er sich zu widmen beabsichtigt.
Der Inhalt des Zeugnisses bezieht sich nicht blofs auf die bestandene
Prüfting, sondern auf den in den einzelnen Gegenständen, welche mit leicht
erkennbarer Unterscheidung aufzuführen sind, überhaupt erlangten Grad des
Wissens und der Fertigkeit. — Werden die Urteile in Zahlen ausgedrückt, so
ist deren Werth auf dem Zeugnis anzugeben. Die Ausfertigung geschieht unter
einem bestimmten Datum.
11. Junge Leute, welche die Prüfung als Extraneer abzulegen wünschen,
kQnnen dies in der Regel nur in demjenigen Staate thun, welchem sie angehören.
Ausnahmen von dieser Regel müssen durch zureichende Gründe motivirt sein.
Die Extraneer können sich das Gymnasium nicht wählen, bei welchem
sie sich prüfen lassen wollen, sondern haben darüber die Bestimmung der betr.
Schulaufsichts-Behörde einzuholen.*^
Circularerlafs V. 27. Mai 1882,
betreffend Ordnung der Entlassungsprüfungen an den höheren Schulen.
Die K. Prov. Schulcollegien haben der Begutachtung des durch meinen
Erlafs vom 14. Oct. 1881 Denselben vorgelegten Entwurfes der Prüfungs-Ord-
nnngen für die höheren Schulen eine eingehende Sorgfalt zugewendet, für welche
ich Denselben gern meine Anerkennung ausspreche. Die von den K. Prov.
Schulcollegien vorgetragenen Bemerkungen sind einer erneuten Erörterung unter-
zogen und für die schliefsliche Redaction verwerthet worden. Die aus dieser
Revision hervorgegangene „Ordnung der Entlassungsprüfungen an den höheren
Schulen," von welcher das K. Prov. Seh. C. in der Anlage — Exemplare erhält,
ist von dem Ostertermine 1883 an zur Ausführung zu bringen. In sachlicher
Hinsicht sind die jetzt zur Geltung gelangenden Prüfungs-Ordnungen, insoweit
es sich um Gymnasien und Realgymnasien handelt, im Wesentlichen mit den
bisher bestehenden in üebereinstimmung; es ist nur in erneuter Erwägung aller
einzelnen Punkte darauf Bedacht genommen, solche Bestimmungen zu beseitigen,
welche, wie z. B. der erforderte zusammenhängende historische Vortrag, er-
fahrungsmäfsig auf die Gestaltung des Unterrichts in den obersten Klassen
oder auf eine specielle Vorbereitung für die Prüfung einen nachteiligen Einflufs
ausgeübt haben. Die wenigen sachlichen Unterschiede der anliegenden Prüfungs-
394
Ordnnng von der bisher geltenden, z. B. bezüglich der griechischen und fran-
zösischen schriftlichen Arbeit in der Gymnasial-Beifeprüfang, finden ihre Be-
gründung in den zu den Lehrplänen vom 31. Mfixz d. J. (p. 110 ff.) bei-
gegebenen Erläntemngen, welche zugleich als Erläaterang über das MaXs der
in der Beifeprüfnng zu stellenden Forderongen zu betrachten sind.
Auf den durch die Erläuterungen zu den Lehrplänen bezeichneten Maüs-
stab der Beurteilung ist insbesondere hinzuweisen bezüglich des Zeichenunter-
richts an Ober-Bealschulen, bezw. Grewerbeschulen. Das Zeichnen kann seiner
Natur nach nicht einen Gegenstand der Prüfung bilden, sondern das urteil für
das Beifezeugnis ist auf Grund der Klassenleistungen festzusteUen, von denen
es sich empfiehlt Proben bei der mündlichen Prü^ng zur Vorlage zu bringen.
Für die Abfassung des Urteiles sind die auf dem angefügten Formulare ent-
haltenen allgemeinen Weisungen um so bestimmter für das Zeichnen in An-
wendung zu bringen, als for manche Beru&wege auf dieses Urteil ein besonderer
Werth zu legen ist. etc. etc.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten, von Gofsler.
I.
A. Ordnung der Entlassangsprüftuig an den Gymnasien.
§ 1. Zweck der Prüfung. Zweck der Entlassungsprüfung ist, za
ermitteln, ob der Schüler dasjenige Mafs der Schulbildung erlangt hat, welches
Ziel des Gymnasiums ist.
§ 2. Wo die Prüfung abgehalten wird. Zur Abhaltung von
Entlassungsprüfungen sind alle diejenigen Gymnasien berechtigt, welche von
dem Unterrichtsminister als solche anerkannt worden sind.
§ 3. Mafsstab zur Erteilung des Zeugnisses der Keife.
Um das Zeugnis der Keife zu erwerben, mufs der Schüler in den einzelnen
Gegenständen den nachstehenden Forderungen entsprechen; dieselben bilden
den Mafsstab für die Beurteilung der schrifüichen und mündlichen Leistungen.
1. In der christlichen Keligionslehre mufs der Schüler von dem
Inhalte und dem Zusammenhange der heiligen Schrift, von . den Grundlehren
der kirchlichen Confession, welcher er angehört, und von den Hauptepochen der
Eirchengeschichte eine genügende Kenntnis erlangt haben.
2. In der deutschen Sprache muik der Schüler ein in seinem Ge-
dankenkreise liegendes Thema richtig aufzufassen und mit eigenem Urteile in
logischer Ordnung und fehlerfreier Schreibart zu bearbeiten im Stande sein.
Beim mündlichen Gebrauche der Muttersprache hat derselbe Geübtheit in sprach-
richtiger, klarer und zusammenhängender Darstellung zu beweisen. Femer mufs
er mit den wichtigsten Epochen des Entwickelungsganges der deutschen Litteratur-
geschichte und mit einigen classischen Werken der Nationallitteratur bekannt sein.
3. In der lateinischen Sprache mufs der Schüler die leichteren
Keden und philosophischen Schriften Giceros, den Sallustius und Livius, die
Aeneide Vergüs, die Oden und Episteln des Horaz verstehen und ohne erhebliche
Nachhülfe übersetzen, auch über die am häufigsten vorkommenden Versmafse
sichere Kenntnis besitzen. Seine schriftlichen Prüfungsarbeiten müssen von
Fehlem, welche eine grobe grammatische Unsicherheit zeigen, und von Ger-
manismen im Wesentlichen frei sein und einen Anfang stilistischer Gewandt-
heit erkennen lassen.
4. In der griechischen Sprache mufs der Schüler den Homer,
den Xenophon, die kleineren Staatsreden des Demosthenes und die leichteren
Dialoge Piatons verstehen und ohne erhebliche Nachhülfe zu übersetzen ver-
mögen, ferner in der griechischen Formenlehre und den Hauptpunkten der
Syntax Sicherheit beweisen.
395
5. In der französischen Sprache wird grammatikalisch und lexi*
kaiisch sicheres Verständnis and geläufiges Uebersetzen prosaischer und poetischer
Schriften von nicht besonderer Schwierigkeit, sowie eine ausreichende Sicherheit
in der Formenlehre und den Grundregeln der Syntax far den schriftlichen Ge-
brauch der französischen Sprache erfordert.
6. In der Geschichte und Geographie mufs der Schüler die epoche-
machenden Begebenheiten der Weltgeschichte, namentlich der griechischen,
römischen und deutschen sowie der preufsischen Geschichte, im Zusammenhange
ihrer Ursachen und Wirkungen kennen und über Zeit und Ort der Begeben-
heiten sicher orientirt sein. Er mufs von den Grundlehren der mathematischen
Geographie, yon den wichtigsten topischen Verhältnissen und der politischen
Einteilung der Erdoberfläche, unter besonderer Berücksichtigung von Mittel-
Europa, genügende Kenntnis besitzen.
7. In der Mathematik hat der Schüler nachzuweisen, dafs er in der
Arithmetik bis zur Entwickelung des binomischen Lehrsatzes und in der Algebra
bis zu den Gleichungen zweiten Grades einschliefslich, femer in der ebenen
und körperlichen Geometrie und in der ebenen Trigonometrie sichere, geordnete
und wissenschaftlich begründete Kenntnisse besitzt, und dafs er sich ausreichende
üebung in der Anwendung seiner Kenntnisse zur Lösung von einfachen Auf-
gaben erworben hai
8. In der Physik mufs der Schüler eine klare Einsicht in die Haupt-
lehren von den Gesetzen des Gleichgewichtes und der Bewegung der Körper,
von der Wärme, dem Magnetismus und der Elektricität, dem Schalle und dem
Lichte gewonnen haben.
9. In der hebräischen Sprache (vergL § 6,2) wird geläufiges Lesen,
Bekanntschaft mit der Formenlehre und die Fähigkeit erfordert, leichtere Stellen
des A. Test, ohne erhebliche Nachhülfe ins Deutsche zu übersetzen.
10. In der polnischen Sprache (vergL § 6, 2) mufs der Schüler ein
nicht zu schwieriges deutsches Dictat in correcter und nicht ungewandter Schreib-
weise ins Polnische zu übersetzen vermögen.
' § 4. Zusammensetzung der Prüfungscotemission. 1. Die
Prüfungscommission besteht aus dem von dem K. Prov.Sch.C. ernannten K.
Commissar als Vorsitzenden, dem Director des Gymnasiums und denjenigen
Lehrern, welche in der obersten Klasse mit dem unterrichte in den lehrplan-
mäfsigen wissenschaftlichen Gegenständen betraut sind.
2. Das K. Prov. Seh. C. ernennt regelmäfsig dasjenige seiner Mitglieder,
welches die inneren Angelegenheiten des betr. Gymnasiums bearbeitet, zum
Prüfdngscommissar. Dasselbe kann im einzelnen Falle für die Leitung der
mündlichen Prüfung (§§ 10—14) einen stellvertretenden Commissar ernennen
und mit dieser Stellvertretung insbesondere den Director des Gymnasiums be-
auftragen.
3. Dasjenige Organ, welchem die rechtliche Vertretung der Schule zu-
steht, ist befugt, aus seiner Mitte einen Vertreter zum Mitgliede der Prüfnngs-
commission zu ernennen. Die Ernennung erfolgt in der Regel auf einen Zeit-
raum von mindestens drei Jahren und wird dem K. Prov. Seh. C. rechtzeitig ange-
zeigt. Der ernannte Vertreter hat Stimmrecht in der Commission.
An den für einzelne Anstalten aufserdem etwa bestehenden besonderen
Befugnissen zur Teilnahme an den Prüfungen wird hierdurch nichts geändert.
4. Auf sämtliche Verhandlungen der Prüfungscommission erstreckt sich
für die Mitglieder derselben die Pflicht der Amtsverschwiegenheit.
§ 5. Meldung und Zulassung zur Prüfung. 1. Die Zulassung
eines Schülers zur Enüassungsprüfung findet in der Begel nicht früher als im
vierten Halbjahre der zweijährigen Lehrzeit der Prima statt. Im dritten Halb-
396
Jahre dieser Lehrzeit kann die Zulassung nur ausnahmsweise auf den einstim«
migen Antrag der der Prüfungscommission angehörenden Lehrer seitens des
K. Prov. Sch.C. genehmigt werden.
unbedingt erforderlich für die Zulassung eines Schülers zur Entlassungs-
prüfang ist, dafs derselbe in dem Halbjahre der Meldung der Oberprima angehört.
2. Wenn ein Primaner im Disciplinarwege von einem Gymnasium ent-
fernt worden ist oder dasselbe verlassen hat, um sich einer Schulstrafe zu ent-
ziehen, oder in willkürlicher, durch die Verhältnisse nicht genügend gerecht-
fertigter Weise, so darf ihm an dem Gymnasium, an welches er übergegangen
ist, bei seiner Meldung zur Entlassungsprüfung das Halbjahr, in welches oder
an dessen Schlufs der Wechsel der Anstalt fällt, nicht auf die zweijährige Lehr-
zeit der Prima angerechnet werden.
Ob in dem letztbezeichneten Falle der Wechsel der Anstalt als ein ge-
rechtfertigter zu betrachten und demnach das fragliche Semester auf die zwei-
jährige Lehrzeit der Prima anzurechnen ist, entscheidet auf den Vortrag des
Directors, bezw. des Directors und der der Prüfungscommission angehörenden
Lehrer, das K. Prov.SchulcoUegium. Falls die Eltern oder deren Stellvertreter
es beantragen, erfolgt diese Entscheidung unmittelbar beim Eintritte des Schülers
in die neue Schule.
3. Die Meldung zur Entlassungsprüfung ist drei Monate vor dem Schlüsse
des betr. Schulsemesters dem Director schriftlich einzureichen.
4. In einer Conferenz, welche von dem Director mit den der Prüfung^-
commission angehörenden Lehrern zu halten ist, werden die Meldungen vorge-
legt und auf Grund der in der Prima den betr. Schülern erteilten Zeugnisse
Gutachten (Nr. 6 und § 12, 2) darüber festgestellt, ob diese Schüler nach ihren
wissenschaftlichen Leistungen und nach ihrer sittlichen Haltung als den Ziel-
forderungen des Gymnasiums entsprechend anzuerkennen sind.
5. Wenn ein Schüler nach dem einstimmigen Urteile der Conferenz die
erforderliche Beife in wissenschaftlicher oder sittlicher Hinsicht noch nicht er-
reicht hat, ist der Director verpflichtet, ihm von dem Eintritte in die Prüfung
abzurathen und seinen Eltern oder deren Stellvertreter entsprechende Vor-
stellungen zu machen. Bleiben diese Vorstellungen erfolglos, so kann die
TJebermittelung der Meldung an das K. Prov. Sch.C. nicht verweigert werden;
dafs die Abmahnung stattgefunden hat, ist dabei ausdrücklich zu vermerken.
6. Das Verzeichnis der Schüler, welche sich zur Prüfung gemeldet haben,
nebst den erforderlichen näheren Angaben über ihre Person und dem Gutachten
über ihre Reife (Nr. 4), event. eine Vacatanzeige, hat der Director dem K.
Prov. Sch.C. spätestens 2^2 Monat vor dem Schlüsse des betreffenden Semesters
einzureichen.
In dem einzureichenden tabellarischen Verzeichnisse sind zu dem Namen
jedes Abiturienten folgende Bubriken auszufallen: Tag und Ort der Geburt,
Confession (bezw. Religion), Stand und Wohnort des Vaters, Dauer des Auf-
enthaltes auf der Schräe überhaupt und in der Prima und Oberprima insbe-
sondere (bei solchen Schülern, welche erst in die Prima eingetreten sind, Angabe
der Schule, welcher sie früher angehörten und der Dauer des Aufenthaltes),
femer ein durch kurze Bezeichnung der bisherigen gesamten Entwickelung des
Schülers zu begründendes Gutachten über seine Beife. Diesem Gutachten ist
die Formulirung des Urteiles beizufagen, welches in dem eventuellen Reife-
zeugnisse in die Bubrik „Betragen und Fleifs'^ aufeunehmen beabsichtigt wird.
Schliefslich ist zu bezeichnen, welchen Beruf der Schüler zu wählen beabsichtig^.
Wenn für einen Schüler bezüglich der unter Nr. 1 und 2 festgestellten
Bedingungen der Zulassung zur Prüfung eine Ausnahme beantragt wird, so ist
dies in dem tabellarischen Verzeichnisse kenntlich zu machen und in dem Be«
gleitberichte ausdrücklich zu erwähnen.
397
....— ^-_— _— _— . •
7. Das K. Prov. Seh. C. prüft, ob die für die Entlassungsprüfung gelten-
den Erfordernisse (Nr. 1 und 2) erfüllt sind, und entscheidet hiernach über die
Zulassung zur Prüfung.
§ 6. Art und Gegenstände der Prüfung. 1. Die Entlassungs-
prüfung ist eine schriftliche und mündliche.
2. Zur schriftlichen Prüfung gehören: ein deutscher und ein lateinischer
Aufsatz, eine Uebersetzung aus dem Deutschen in das Lateinische, eine üeber-
setzung aus dem Griechischen in das Deutsche, und in der Mathematik vier
Aufgaben, und zwar je eine aus der. Planimetrie, Stereometrie, Trigonometrie
und Algebra. Es wird empfohlen, eine der mathematischen Aufgaben so zu
wählen, dafs sie den Schülern Gelegenheit giebt, ihre Bekanntschaft mit physi-
kalischen Gesetzen darzulegen.
Diejenigen Schüler, welche sich einer Prüfung im Hebräischen unter-
ziehen wollen, haben die deutsche Uebersetzung eines leichten Abschnittes aus
dem A. Test, nebst grammatischer Analyse zu liefern. An denjenigen Gym-
nasien, an welchen die polnische Sprache einen lehrplanmäfsigen Teil des
Unterrichtes bildet, tritt facultativ hinzu eine Uebersetzung aus dem Deutschen
in das Polnische.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die^ christliche Beligions-
lehre, die lateinische, griechische und französische Sprache, die Geschichte und
Geographie, und die Mathematik, facultativ (Nr. 2) auf die hebräische Sprache.
§ 7. Schriftliche Prüfung. 1. Stellung der Aufgaben.
1. Alle gleichzeitig die Prüfung ablegenden Schüler erhalten dieselben Aufgaben.
2. Die Aufgaben sind so zu bestimmen, dafs sie in Art und Schwierig-
keit die Elassenaufgaben der Prima in keiner Weise überschreiten; sie dürfen
aber nicht einer der bereits bearbeiteten Aufgaben so nahe stehen, dafs ihre
Bearbeitung aufhört, den Werth einer selbständigen Leistung zu haben.
Für die Uebersetzung aus dem Griechischen ist aus einem der Leetüre
der Prima angehörenden oder dazu geeigneten Schriftsteller ein in der Schule
nicht gelesener, von besonderen Schwierigkeiten freier Abschnitt zu wählen.
3. Die Aufgaben für jeden einzelnen Gegenstand legt der Lehrer, welcher
denselben in der obersten Klasse vertritt, dem Director zur Genehmigung vor.
4. Die Texte zu den Uebersetzungen aus dem Deutschen bedürfen nur
der Genehmigung des Directors.
5. Pur den deutschen und lateinischen Aufsatz, für die Uebersetzungen
aus dem Griechischen und Hebräischen haben die Fachlehrer je drei Vorschläge,
für die mathematische Arbeit hat der Fachlehrer drei Gruppen von je vier Auf-
gaben dem Director vorzulegen. Nachdem dieser die Vorschläge genehmigt
haty sendet er dieselben unter besonderem Verschlusse dem K. Prüfnngscom-
missar ein, behufs der aus den Vorschlägen zu treffenden Auswahl
6. Die Zustellung der Aufgabenvorschläge an den K. Commissar ge-
schieht gleichzeitig mit der Einreichung der Meldungen an das K. Prov.Sch.C.;
zugleich mit der Entscheidung des letzteren über die Meldungen stellt der
K. Commissar die Aufgaben mit Bezeichnung der von ihm getroffenen Wahl
unter besonderem Verschlusse zurück.
7. Der K. Commissar ist befugt, statt aus den vorgeschlagenen Auf-
gaben zu wählen, andere Aufgaben zu bestimmen, sowie anzuordnen, dafs zum
Uebersetzen aus dem Deutschen Texte, welche er mitteilt, als Aufgaben benutzt
werden. Auch steht dem Commissar frei, bei erheblichen Zweifeln an der
Selbständigkeit der gefertigten Prüfungsarbeiten für alle oder für einzelne Fächer
neue Aufgaben zur Bearbeitung zu stellen.
8. Es ist Pflicht der Prüfungscommission, insbesondere der die Auf-
gaben stellenden Lehrer und des Directors, dafür zu sorgen, dafs die Aufgaben
398
far die schriftliche Prüfung den Schülern erst beim Beginne der betr. Arbeit
ZOT Kenntnis kommen; auch ist jede vorherige Andentang über dieselben anf
das strengste zu vermeiden.
^ 8. 2. Bearbeitung der schriftlichen Aufgaben. 1. Die
Bearbeitung der Aufgaben geschieht in einem geeigneten Zimmer des Gym-
nasiums unter der beständigen, durch den Director anzuordnenden Aufsicht von
Lehrern, welche der Prüfungscommission angehören.
2. Für jeden der beiden Aufsätze und für die m^ithematische Arbeit
sind fünf Vormittagsstunden zu bestimmen; die Frist darf bei den Aufsätzen
nöthigenfalls um eine halbe Stunde überschritten werden. Zu der Anfertigung
der TJebersetzung aus dem Griechischen werden, ausschliefslich der für das
Dictiren des Textes erforderlichen Zeit, drei Stunden, zur Anfertigung der
üebersetzung in das Lateinische (bezw. Polnische) werden, ausschliefslich der
für das Dictiren des Textes erforderlichen Zeit, femer für die üebersetzung aus
dem Hebräischen je zwei Stunden bestimmt.
3. Keine Arbeitszeit (Nr. 1 und 2) darf durch eine Pause unterbrochen
werden. Doch ist es zulässig, die für die mathematische Arbeit bestimmte Zeit
in zwei durch eine Erholungspause getrennte Hälften zu teilen, am Beginne
einer jeden die Hälfte der Aufgaben zu stellen und deren Bearbeitung am
Schlüsse jeder der beiden halben Arbeitszeiten abliefern zu lassen.
4. Andere Hülfsmittel in das Arbeitszimmer mitzubringen, als für den
lateinischen Aufsatz ein lateinisch-deutsches, für die Üebersetzung aus dem Griechi-
schen ein griechisches, für die Üebersetzung aus dem Hebräischen ein hebräisches
Lexikon und für die mathematische Arbeit Logarithment^^feln, ist nicht erlaubt
5. Wer mit seiner Arbeit fertig ist, hat sie dem beaufsichtigenden
Lehrer abzugeben und das Arbeitszimmer zu verlassen.
Wer nach Ablauf der vorschriftsmäfsigen Zeit mit seiner Arbeit nicht
fertig ist, hat sie unvollendet abzugeben.
In jedem Falle ist von den fertigen wie von den unvollendeten Arbeiten
aufser der Beinschrifb das Concept mit abzugeben.
6. Wer bei der schriftlichen Prüfung sich der Benutzung unerlaubter
Hülfsmittel, einer Täuschung oder eines Täuschungsversuches schuldig macht,
oder anderen zur Benutzung unerlaubter Hülfsmittel, zu einer Täuschung oder
einem Täuschungsversuche behülflich ist, wird mit Ausschlufs von der weiteren
Prüfung und, wenn die Entdeckung erst nach Vollendung derselben erfolgt,
mit Vorenthaltung des Prüfungszeugnisses bestraft. Die in solcher Weise Be-
straften sind hinsichtlich der Wiederholung der Prüfung denjenigen gleichzu-
stellen, welche die Prüfung nicht bestanden haben (vgl. § 16, 1 u. 2). Wer
sich einer Täuschung oder eines Täuschungsversuches auch bei der Wieder-
holung der Prüfung schuldig macht, kann von der Zulassung zur Reifeprüfung
überhaupt ausgeschlossen werden. In jedem Falle einer Täuschung oder eines
Täuschungsversuches ordnet zunächst der Director mit den der Prüfungscom-
mission angehörenden Lehrern das Erforderliche an, die schliefsliche Ent-
scheidung trifft die gesamte Commission vor der mündlichen Prüfung (§ 10, 2).
Für die Fälle, in denen ein Schüler von der Zulassung zur Reifeprüfung über-
haupt ausgeschlossen werden soll, ist die Entscheidung des Ministers einzuholen.
Auf diese Vorschriften hat der Director bei Beginn der ersten schrift-
lichen Prüfungsarbeit die Schüler ausdrücklich aufmerksam zu machen.
Zu § 8. Nach dem Reglement v. 4. Juni 1834, § 17, waren zur Anfertigung
der sämtlichen schriftl. Arbeiten nur drei Tage, jeder zu 8 Arbeitsstunden ge-
rechnet, zugestanden. Die CVerf. v. 12. Jan. 1856 fordert, dafs im Ganzen der
Zeitraum einer Woche bei dem schriftl Examen nicht überschritten werde.
399
§ 9. Beurteilung der Bchriftlichen Arbeiten. 1. Jede Arbeit
wird zunächst von dem Fachlehrer corrigirt und censirt, d. h. die sich findenden
Fehler werden, mag an die SteUe des Unrichtigen das Richtige gesetzt werden
oder nicht, nach ihrer Art und dem auf sie zu legenden Gewichte bezeichnet,
und es wird über den Werth der Arbeit im Verhältnisse zu den Prüfungs-
forderungen (§ 3) ein Urteil abgegeben, welches schliefslich in eines der vier
Prädicate: sehr gut, gut, genügend, nicht genügend, zusammenzufassen
ist Hinzuzufügen ist die Angabe über die Beschaffenheit der betreffenden
Elassenleistungen ; es darf jedoch dem Urteile über die Elassenleistungen kein
Einflufs auf das der Prüfungsarbeit zuzuerkennende Prädicat gegeben werden.
2. Sodann circuliren die Arbeiten bei den der Prüfungscommidsion an-
gehörenden Lehrern, und in einer hierauf vom Director mit denselben zu hal-
tenden Conferenz werden die den einzelnen Arbeiten erteilten Prädicate zusammen-
gestellt und wird darüber Beschlufs gefafst, ob und für welche Examinanden
die Ausschliefsung yon der mündlichen Prüfung (§ 10, 3) oder die Dispensation
von derselben (§ 10, 4) zu beantragen ist.
3. Der Director hat hierauf die Arbeiten nebst dem Prüfungsprotokolle
und dem geschriebenen Teste für die Uebersetzung aus dem Griechischen und
in das Lateinische rechtzeitig vor dem Termine zur mündlichen Prüfung dem
K. Commissar zuzustellen. Am Bande der Texte für die Uebersetzungen aus
dem Griechischen und in das Lateinische sind die den Examinanden etwa
angegebenen Yocabeln oder anderweiten Uebersetzungshülfen zu bezeichnen;
diese Bezeichnung hat die Bedeutung, dafs aufserdem keine Ueber-
setzungshülfen den Examinanden gegeben sind. Den Prüfungsarbeiten
sind femer beiznfagen die Uebersetzungen in das Griechische und in das
Französische, welche die Schüler behufs ihrer Versetzung nach Prima ge-
liefert haben.
Der E. Commissar ist befugt, Aenderungen in den den Prüfungsarbeiten
erteilten Prädicaten zu verlangen und eintreten zu lassen. Hiervon ist in dem
Protokolle (§ 13) Kenntnis zu geben.
§ 10. Mündliche Prüfung. I.Vorbereitung. 1. Die mündliche
Prüfung ist innerhalb der letzten sechs Wochen des betr. Schulsemesters vor-
zunehmen.
Der K. Commissar bestimmt den Tag und führt den Vorsitz.
Für den Tag der mündlichen Prüfung hat der Director in dem Locale
der Prüfung die Censuren, welche die Examinanden während der Dauer ihres
Aufenthaltes in Prima erhalten haben (von Schülern, welche einen Teil des
Primacursus auf einer anderen Schule zugebracht haben, auch deren Abgangs-
zeugnisse) und ihre schrifüichen Arbeiten aus Prima zur Einsichtnahme bereit
zu halten.
Bei der mündlichen Prütoig, jedoch mit Ausschlufs der derselben voraus-
gehenden (Nr. 2) und nachfolgenden (§ 12, 1) Berathung, haben aufser den
der Commission angehörenden auch alle übrigen wissenschaftlichen Lehrer der
Anstalt anwesend zu sein. In dem Falle einer mehrtägigen Dauer der Prüfling
(§ 11, 1) gilt diese Bestimmung nur für den ersten Tag.
2. Der Prüfung geht voraus eine Berathung und Beschlufsfassung darüber,
ob einzelne der Bewerber von der Zulassung zur mündlichen Prüfung auszu-
schliefeen oder von ihrer Ablegung zu befreien sind (vgl. § 8, 6 und § 9, 2).
3. Ein Schüler, dessen schriftliche Prüfungsarbeiten sämtlich oder der
Mehrzahl nach das Prädicat „nicht genügend" erhalten haben, ist von der
mündlichen Prüfung auszuschliefsen, wenn bereits in der auf Anlafs der Meldung
aufgestellten Beurteilung (§ 5, 6) der Zweifel an der Reife desselben Ausdruck
ge^nden hat. Ist ein solcher Zweifel nicht ausgedrückt worden, so wird der
400
Erw^ng der Commission anheimgestellt, ob der Bath zum Rücktritte vor der
mändlichen Prüfung erteilt werden soll.
4. Wenn die Leistungen eines Schülers während der Lehrzeit der Prima
nach dem einstimmigen Urteile der Lehrer befriedigt haben und die schrift-
lichen Arbeiten der Entlassungsprüfung sämtlich genügend, einige darunter
besser ausgefallen sind, so kann derselbe von der mündlichen Prüfung befreit
werden. Ein dahin gehender Beschluis mufs einstimmig gefafst sein.
Bei Anwendung dieser Bestimmung ist auf die sittliche Führung des betr.
Schülers während seiner Lehrzeit in der Prima entsprechende Rücksicht zu nehmen.
^11. 2. Ausführung. 1. Mehr als zehn Schüler dürfen in der
Regel nicht an einem Tage geprüft werden. Sind mehr als zehn zu prüfen, so
sind dieselben in zwei oder nach Erfordernis in mehrere Gruppen zu teilen.
Die Prüfung jeder Gruppe ist gesondert vorzunehmen.
2. Der K. Commissar bestimmt die Folge der Prüfungsgegenstände und
die jedem derselben zu widmende Zeit. Er ist befdgt, bei einzelnen Schülern
die Prüfung in einzelnen Fächern nach Befinden abzukürzen.
3. Die Schüler dürfen keine Bücher zur Prüfung mitbringen.
4. In Betreff etwaiger Täuschungen oder Täuschungsversuche bei der
mündlichen Prüfung gelten die Bestimmungen des § 8, 6.
5. Zu prüfen hat in jedem Gegenstande der Lehrer desselben in der
obersten Klasse. Der K. Commissar ist befagt, seinerseits Fragen an die Schüler
zu richten und in einzelnen Fällen die Prüfung selbst zu übernehmen.
6. Zur Prüfung im Lateinischen und Griechischen werden den Schülern
zum üebersetzen Abschnitte aus solchen Schriftstellern vorgelegt, welche in
der Prima gelesen werden oder dazu geeignet sein würden. Inwieweit dazu
Dichter und Prosaiker benützt werden oder mit beiden gewechselt wird, bleibt
der Bestimmung des K. Commissars überlassen, welcher auch befugt ist, die
Auswahl der vorzulegenden Abschnitte zu treffen. Aus Prosaikern sind nur
solche Abschnitte vorzulegen, welche von den Schülern in der Klasse nicht
gelesen sind, aus den Dichtem in der Regel solche Abschnitte, welche in der
Klassenlectüre, aber nicht während des letzten Halbjahres vorgekommen sind.
Durch geeignete, an die üebersetzung anzuschliefsende Fragen ist den
Schülern Gelegenheit zu geben, die Sicherheit ihrer grammatischen Kenntnisse
und ihre Bekanntschaft mit Hauptpunkten der Metrik, der Mythologie und der
Antiquitäten zu beweisen. Bei der üebersetzung des lateinischen Schriftetellers
ist ihnen auch Gelegenheit zu geben, eine gewisse Geübtheit im mündlichen
Gebrauche der lateinischen Sprache zu zeigen.
7. In ähnlicher Weise sind an die üebersetzung aus einem, in gleicher
Weise zu wählenden französischen Schriftsteller Fragen aus der Grammatik und
Synonymik anzuschliefsen.
8. Die geschichtliche Prüfung hat insbesondere die (beschichte Griechen-
lands, Roms, Deutschlands und des preufsischen Staates zum Gegenstande.
Jedem Schüler sind, abgesehen von den in der geschichtlichen Prüfung
etwa vorkommenden Beziehungen auf Greographie, einige geographische Fragen
vorzulegen.
9. Die Prüfung in der Mathematik darf nicht auf das Lehrpensum der
Prima beschränkt werden. Die Physik bildet nicht einen besonderen Prüfungs-
gegenstand, es wird aber empfohlen, physikalische Fragen mit den mathemati-
schen zu verbinden (§ 6, 2).
10. Im Verlaufe der mündlichen Prüfung sind auf Vorschlag der betr.
Fachlehrer von der Commission die Prädicate festzustellen, welche jedem Exa-
minanden in den einzelnen Gegenständen auf Grund der mündlichen Prüfungs-
leistungen zuzuerkennen sind.
401
§ 12. Feststellung desürteiles. 1. Nach Beendigong der münd-
lichen Prüfling findet eine Berathang der Prüfongscommission über das Er-
gebnis der gesamten Prüfung statt. Die Ordnung, in welcher die einzelnen
Fragen zur Erwägung und Beschlufsfassung gebracht werden sollen, bestimmt
der E. Commissar.
2. Bei der Entscheidung darüber, ob die Prüfung bestanden sei, sind
aulser den Leistungen in der schriftlichen und mündlichen Prüfung die vor
dein Beginne der gesamten Prüfung festgestellten Prädicate (§ 5, 6) über die
Elassenleistungen in Betracht zu ziehen.
3. Die Prüfung ist als bestanden zu erachten, wenn das auf die Prüfung
und die Elassenleistnngen (Nr. 2) gegründete Qesamturteil in keinem obliga-
torischen wissenschaftlichen Lehrgegenstande „nicht genügend*' lautet.
Eine Abweichung hiervon in Berücksichtigung des von dem Schüler ge-
wählten Berufes ist nicht zulässig. Dagegen ist zulässig, dafs nicht genügende
Leistungen in einem Lehrgegenstande durch mindestens gute Leistungen in
einem anderen obligatorischen Gegenstande als ergänzt erachtet werden.
4. Die Beligionslehrer haben sich der Abstimmung zu enthalten, wenn
es sich um einen Schüler handelt, der an ihrem Unterrichte nicht teilnimmt.
5. Bei allen Abstimmungen der Commission gilt, wenn Stimmengleich-
heit eintritt, diejenige Ansicht, för welche der £. Commissar stimmt
6. Gegen den Beschlufs der Prüfungscommission über Zuerkennung oder
Verweigerung des Zeugnisses der Beife steht dem £. Commissar das Becht der
Einsprache zu. In diesem Falle sind die Prüfungsverhandlungen dem £. Prov.
Sch.C. zur Entscheidung einzureichen.
7. Nachdem die Berathung abgeschlossen und das Protokoll vom sämt-
lichen Mitgliedern der Commission unterzeichnet ist, verkündigt der K. Com-
missar den Examinanden das Gesamtergebnis der Prüfung.
§ 13. Prüfungspro tokolL üeber die gesamten Vorgänge der Prüfung
ist ein Protokoll mit folgenden Abschnitten zu föhren:
1. Protokoll über die durch § 5, 4 bestimmte Conferenz; dazu gehören
als Beilagen die Meldungen zur Prüfimg (§ 5, 3j, das in § 5, 6 bezeichnete,
an das K. Prov. Sch.C. eingereichte Verzeichnis und die Verfügung desselben
über die Annahme der Meldungen (§ 5, 7; § 7, 6).
2. Protokoll über die schriftliche Prü^g (§ 8). In demselben ist zu
Teizeichnen, wann jede einzelne schriftliche Arbeit begonnen ist, welche Lehrer
die Au&icht gefuhrt haben, welche Schüler und wann und wie lange sie das
Zimmer während der Arbeitszeit zeitweilig verlassen haben, wann jeder seine
Arbeiten abgegeben hat; aufserdem ist jedes Vorkommnis zu verzeichnen,
welches darauf schliefsen läTst, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
Am Anfange dieses ProtokoUes ist zu vermerken, dafs der Director den
Schülern die in § 8, 6 vorgeschriebene Eröffnung gemacht hat; am Schlüsse
des ProtokoUes hat der Director entsprechenden Falles zu bezeugen, dafs
während des Verlaufes der schriftlichen Prüfung nichts vorgekommen isi was
darauf schliefsen liefse, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
3. Protokoll über die Vorberathung vor der mündlichen Prüfung. (§ 9, 2.)
4. Protokoll über die mündliche Prüfung. Dasselbe hat zu enthalten die
Vorberathung (§ 10, 2), den Inhalt der gestellten Fragen, und die Beschaffen-
Zu $ 12, 5. Das Reglement v. 4. Juni 1834 bestimmt in $ 26: „das jünffste
Mitglied der Commission stimmt zuerst und der K. Commissarius zuletzt. Wenn
einzelne Mitglieder beim Abstimmen finden, dafs das Votum eines anderen Mit-
gliedes besser begründet sei, als dasjenige, welches sie selbst schon ausgesprochen
haben, so können sie ihr früheres Votum zurücknehmen und ein neues definitives
geben."
Wiese, Yerordnuigeii. 26 •
402
lieit der Antworten in der Weise, dafe daraus die Begründung der über die
Ergebnisse der mündlichen Prüfung gefällten Urteile ersichtlich wird, und die
Schlufsberathung (§ 12).
§ 14. Zeugnis. 1. Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeug-
nis der Reife. Dasselbe mufs enthalten: ein Urteil über das sittliche Verhalten,
die Aufmerksamkeit und den Fleifs des Schülers, für jeden -einzelnen Lehr-
gegenstand der Oberprima die Bezeichnung des Verhältnisses der Schul- und
Prüfungsleistungen zu den Forderungen der Schule, und schliefslich die Er-
klärung, dafs die Prüfung bestanden sei.
Ein Formular für die Zeugnisse ist dieser Prüftingsordnung beigefügt.
(Anlage A.)
2. Das aus dem Urteile über die Prüfnngs- und über die Schulleistungen
in dem Gegenstande sich ergebende Gesamturteil ist schliefslich in eines der
vier § 9, 1 bezeichneten Prädicate zusammenzufassen; dies Prädicat ist durch
die Schrift hervorzuheben.
3. Für Physik ist das auf Grund der Klassenleistungen festgestellte
Prädicat in das Zeugnis aufeunehmen. Für das Griechische und das Franzö-
sische ist zu dem Zeugnisse über die Prüfungsleistungen das Prädicat aufzu-
nehmen, welches dem behufs der Versetzung nach Prima gelieferten Extemporale
erteilt worden ist
Wenn die philosophische Propädeutik an einem Gymnasium gelehrt wird,
so ist ein Urteil über den Erfolg dieses Unterrichtes dem für die deutsche
Sprache bestimmten Abschnitte des Zeugnisses beizufügen.
4. Die auf Grund des gesamten Prüflingsergebnisses unter der Verant-
wortlichkeit des Directors zu entwerfenden und von allen Mitgliedern der Com-
mission zu unterzeichnenden Concepte der Beifezeugnisse sind nebst der
gleichen Zahl von Blanketten dem E. Commissar zur Unterschrift yoizulegen.
Letztere müssen den Namen und die Personal-Verhältnisse der abgehenden
Schüler und die Unterschrift des Directors bereits enthalten.
Die Zeugnisse werden von sämtlichen Mitgliedern der Prüfungs-Commission
unterzeichnet.
5. Eingehändigt werden die Zeugnisse in der Begel sämtlichen Schülern
gleichzeitig unter geeigneter Ansprache durch den Director in einer Versammlung
der ganzen Schule oder ihrer oberen Klassen.
§ 15. Einreichung der Prüfungsverhandlungen an die K.
Provinzial-Schulcollegien. Der Director des Gymnasiums hat das
Prüfungsprotokoll nebst Beilagen (§ 13) sowie Abschrift der Beifezeugnisse
und schriftlichen Arbeiten der Schüler spätestens vier Wochen nach Abschlufs
der mündlichen Prüfung an das K. Prov. Sch.C. einzureichen, behufs Mitteilung
an die betr. Wissenschaftliche Prüfungscommission. Die Arbeiten sämtlicher
Examinanden über denselben Prüfungsgegenstand sind zusammenzuheften; jedem
Hefte ist die Angabe der vorgeschlagenen Aufgaben, bei den Uebersetzungen
aus dem Griechischen und in das Lateinische (bezw. Polnische) der dictirte
Text unter Bezeichnung der etwa dazu gegebenen Vocabeln oder sonstigen
Hülfen (§ 9, 3) beizufügen.
Die Concepte der schrifU. Arbeiten (§ 8, 5) sind nur in dem Falle bei-
zulegen, wenn der betr. Fachlehrer zur Begründung seines Urteils Bezug darauf
genommen hat oder der K. Commissar es erfordert.
§ 16. Verfahren bei denjenigen, welche die Entlassungs-
prüfung nicht bestanden haben. 1. Wer die Entlassungsprüfung ein-
mal nicht bestanden hat, darf zur Wiederholung derselben, mag er femer ein
Gymnasium besuchen oder nicht, höchstens zweimal zugelassen werden.
403
2. Denjenigen Schülern, welche nach nicht bestandener Entlassnngs-
prüfdng das Gymnasium verlassen, wird ein gewöhnliches Abgangszeugnis aus-
gestellt in dessen Eingang das ungenügende Ergebnis der Entlassongsprüfung
zu erwähnen ist
3. Stadirende, denen in dem Beifezengnisse eine genügende Kenntnis
des Hebräischen nicht zuerkannt worden ist, haben sich, wenn sie nachträg-
lieh das Zeugnis der Keife in diesem Gegenstande erwerben wollen, an eine
Wissenschaftl. Prüfungscommission für das höhere Schulamt zu wenden.
§ 17. Beifeprüfung derjenigen, welche nicht Schüler eines
Gymnasiums sind. 1. Wer, ohne Schüler eines Gymnasiums zu sein, die an
die Entlassungsprüfung desselben geknüpften Bechte erwerben will, hat unter
Nachweisung seines Bildungsganges und seines sittlichen Verhaltens das Ge-
such um Zulassung zur Prüfung an das K. Prov. Sch.C. zu richten, dessen Amts-
bereiche er durch den Wohnort der Eltern oder durch den Ort seiner letzten
Schulbildung angehört, und wird von demselben, sofern die Nachweisungen als
ausreichend befanden sind, einem Gymnasium zur Prüfung überwiesen.
Wenn Jemand bereits die Universität bezogen hat^ bevor er das für voll-
berechtigte Zulassung zu dem betr. Facultätsstudium erforderliche Beifezeugnis
erworben hat, und nachträglich die Beifeprüfung abzulegen wünscht, so hat er
hierzu die besondere Bewilligung des Ministers nachzusuchen. Wenn derselbe
nach erhaltener Erlaubnis die Prüfung nicht besteht, so kann er nur noch ein-
mal zur Prüfung zugelassen werden.
2. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung ist drei Monate vor dem
Schlüsse des Schulhalbjahres einzureichen.
Der Nachweisung des Bildungsganges sind die letzten Schul- oder Pri-
vatzeugnisse über den empfangenen Unterricht beizufagen.
3. Das K. Prov. Sch.C. ist verpflichtet^ wenn sich aus den Zeugnissen
ergiebt, dafs der Bittsteller bereits an einem Gymnasium einer anderen Provinz
als Primaner die Entlassungsprüfung erfolglos abgelegt hat, mit dem E. Prov.
Sch.C. dieser Provinz in Einvernehmen darüber- zu treten, ob dortseits noch
etwa Bedenken gegen die Zulassung zu erheben sind, welche aus den Zeug-
nissen nicht erhellen.
4. Junge Leute, welche früher ein Gymnasium besucht haben, dürfen
zur Prüfung nur zugelassen werden, wenn mit Ablauf des Halbjahres, in welchem
sie sich melden, von dem Eintritte in die Prima an gerechnet^ zwei Jahre und,
falls sie schon aus Obersecunda abgegangen, aufserdem noch diejenige Zeit
verflossen ist, welche sie normalmäfsig in dieser Klasse noch hätten zurück-
legen müssen, um in die Prima versetzt zu werden. Hierbei bleiben bezüglich der
Anrechnung des Besuches der Prima die Bedingungen des § 5, 2 in Erafb.
5. Pur die Prüfung sind die §§ 3 bis 16 mit folgenden näheren Be-
stimmungen mafsgebend«
Für die schriftlichen Prüfungsarbeiten sind andere Aufgaben zu stellen,
als die Schüler des betreffenden Gymnasiums erhalten.
Aufser den § 6, 2 bezeichneten Aufgaben haben die Examinanden, sofern
sie nicht bereits der Prima eines Gymnasiums angehört haben und das bei
der Versetzung in diese Klasse erhaltene Zeugnis vorlegen, eine Uebersetzung
aus dem Deutschen ins Griechische und eine aus dem Deutschen in das Fran-
zösische zu fertigen, welche bestimmt sind, ihre Sicherheit in der Formenlehre
und in den Elementen der Syntax zu ermitteln.
Eine Ausschliefsung oder eine Befreiung von der mündlichen Prüfung
findet nicht statt
Die mündliche Prüfung ist getrennt von derjenigen der Schüler des
Gymnasiums abzuhalten.
26*
404
Zu der Prüfung in den § 6, 3 bezeichneten Gegenständen tritt die in
der deutschen Litteratnr und in der Physik behufs Ermittelung des durch § 3, 2
und 8 erforderten Maises der Kenntnisse hinzu.
Das Protokoll über die Prüfung ist abgesondert von dem über die
Prüfung der Schüler des Gymnasiums zu führen.
6. Das in das Beifezeugnis au&unehmende urteil über das sittliche Ver-
halten ist auf Grund der beigebrachten Nachweisungen (Nr. 1) und unter Be-
rufung auf dieselben abzufassen.
7. Wird die Prüfung nicht bestanden, so ist die Commission berechtigt,
nach Befinden zu bestimmen, ob die Wiederholung erst nach Verlauf eines
Jahres erfolgen darf.
8. Die Prüfungsgebühren betragen dreifsig Mark. Sie sind vor dem
Beginne der schriftlichen Prüfung zu entrichten.
§ 18. Bestimmung über die Prüfung der Schüler, welche das
Beifezeugnis an einem Bealgymnasium oder einer Ober-Bealschule
erworben haben. 1. Die Bestimmungen des § 17 finden auch auf diejenigen
jungen Leute sinnentsprechende Anwendung, welche die Entlassungsprüfong an
einem Bealgymnasium oder einer Ober-Bealschule bestanden haben und sich
die mit dem Beifezeugnisse eines Gymnasiums verbundenen Bechte erwerben
wollen. Haben dieselben bereits die Universität bezogen, so haben sie für die
Zulassung zur Gymnasial-Beifeprüfung die ministerielle Genehmigung nach-
zusuchen (§ 17, 1. Abs. 2).
2. Wenn diesen Bewerbern durch das Beifezeugnis der Bealanstalt im
Deutschen, im Französischen und in der Mathematik das Prädicat genügend
ohne jede Einschränkung erteilt ist, so wird ihre schriftliche Prüfung auf den
lateinischen Aufsatz, eine Uebersetzung ins Lateinische, eine üebersetzung aus
dem Griechischen und eine üebersetzung ins Griechische (§ 17, 5), ihre münd-
liche Prüfung auf die lateinische und die griecl^ische Sprache und die alte
Geschichte beschränkt
Ob das von dem Bealgymnasium, bezw. der Ober-Bealschule erteilte
Beifezeugnis diese Beschränkung der Prüfung begründet, hat das E. Prov. Sch.G.
zu entscheiden.
3. Die Prüfungsgebühren betragen dreifsig Mark. Sie sind vor dem
Beginne der schriftlichen Prüfung zu entrichten.
§ 19. 1. Das Beglement für die Prüfungen der zu den Universitäten
übergehenden Schüler vom 4. Juni 1834 und die durch die Circular-Verfügnng
vom 12. Januar 1856*) erfolgten Abänderungen und Ergänzungen dess^ben,
80 wie alle darauf bezüglichen ergänzenden oder erläuternden Verordi^ungen
treten hiermit aufser Kraft.
2. Die Bestimmungen der unter den deutschen Staatsregierungen im
April 1874**) getroffenen Vereinbarung über gegenseitige Anerkennung der
Gymnasial-Beifezeugnisse werden dadurch nicht berührt.
B. Ordnung der EntLasBiingsprüfung an den Progymnasien.
Für die Entlassungsprüfungen an Progymnasien finden die vorstehenden
Anordnungen für die Entlassungsprüfung an Gymnasien sinnentsprechende An-
wendung mit folgenden näheren Bestimmungen:
Zu § 3. Zur Erwerbung eines Zeugnisses der Beife hat der Schüler in
den einzelnen Lehrgegenständen die für die Versetzung in die Prima eines
Gymnasiums erforderlichen Kenntnisse nachzuweisen.
•) CBl. pro 1859 Seite 225.
••) Dsgl. pro 1874 Seite 476 (s. p. 392 f.).
405
Zu § 5. 1. Die Zulassung eines Schülers zur EntlassnngsprOfdng findet
nicht früher als im vierten Semester der zweijährigen Lehrzeit der Secnnda
statt. Der Schüler mnfs im Semester der Meldung der Obersecunda angehören.
2. Findet keine Anwendung.
Zu § 6,2. Zur 'schriftlichen Prüfung gehören: ein deutscher Aufsatz,
eine üebersetzung aus dem Deutschen in das Lateinische, in das Griechische
und in das Französische, und in der Mathematik vier Aufgaben, und zwar zwei
algebraische, eine planimetrische und eine trigonometrische. Eine schriftliche
Arbeit im Hebräischen wird nicht gefordert.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die christliche Beligions-
lehre, die lateinische, griechische und französische Sprache, die Geschichte und
die Geographie, Mathematik, facultativ auf die hebräische Sprache.
Zu § 11, 9. Die Prüfung in der Geschichte und in der Mathematik
darf sich nicht auf das Lehrpensum der Secunda beschränken. In das Zeugnis
wird das Urteil über die Elassenleistungen in der Physik aufgenommen.
Zu § 15. Wenn der Departementsrath des K. ProY.Sch.C. den Vorsitz
bei der Prüfung nicht selbst geführt hat, sind die Prüfungsprotokolle nebst *
Anlagen (§ 13), aowie Abschriften der Zeugnisse und die schriftlichen Arbeiten
der Examinanden von dem Bector spätestens vier Wochen nach Abschlufs der
Prüfung an das K. Prov.Sch.C. zur Kenntnisnahme einzusenden.
Zu § 17, 8. Die Prüfungsgebühren betragen zwanzig Mark.
Anmerkung. Die für die Entlassungsprofungen an Progymnasien gelten-
den Bestimmungen finden Anwendung auf die Prüfungen, welche junge Leute an
Gymnasien ablegen, um sich das Zeugnis der Reife für die Prima zu erwerben.
Den Vorsitz bei diesen Prüfungen führt der Director des Gymnasiums. Die
Profnngsverhandlungen sind nur auf besondere Anordnung an das K. Prov.Sch.G.
einzusenden.
II.
A. Ordnung der EntlasBungsprüftmg an den Realgymnasien xmd den
Ober-Bealsohulen.
§1. Zweck der Prüfung. Zweck der Entlassungsprüfung ist, zu
ermitteln, ob der Schüler dasjenige Mafs der Schulbildung erlangt hat, welches
Ziel des Bealgymnasiums, bezw. der Ober-Bealschule ist
§ 2. Wo die Prüfung abgehalten wird. Zur Abhaltung von
Entlassungsprüfungen sind alle diejenigen Bealgymnasien und Ober-Bealschulen
berechtigt, welche von dem Unterrichtsminister als solche anerkannt worden sind.
§ 3. Mafsstab zur Erteilung des Zeugnisses der Keife, um
das Zeugnis der Beife zu erwerben, mufs der Schüler in den einzelnen Gegen-
ständen den nachstehenden Forderungen entsprechen; dieselben bilden den
Mafsstab für die Beurteilung der schriftlichen und mündlichen Leistungen.
1. In der christlichen Beligionslehre mufs der Schüler von dem
Inhalte und dem Zusammenhange der heiligen Schrift, von den Grundlehren
der kirchlichen Confession, welcher er angehört, und von den Hauptepochen
der Eirchengeschichte eine genügende EJdnntnis erlangt haben.
2. In der deutschen Sprache mufs der Schüler ein in seinem Ge-
dankenkreise, liegendes Thema richtig aufenfassen und mit eigenem Urteile in
logischer Ordnung und fehlerfreier Schreibart zu bearbeiten im Stande sein.
Beim mündlichen Gebrauche der Muttersprache hat derselbe Geübtheit in sprach-
richtiger, klarer und zusammenhängender Darstellung zu beweisen. Ferner mufs
er mit den wichtigsten Epochen des Entwickelungsganges der deutschen
406
Litteratorgeschichte nnd mit einigen classischen Werken der Nationallitteratar
bekannt sein.
3. In der lateinischen Sprache mnfs der Schüler der Bealgym-
nasien im Stande sein, Abschnitte ans den prosaischen nnd poetischen Werken,
welche in Prima gelesen werden oder dazu geeignet sein würden, zu yerstehen
nnd ohne erhebliche Nachhülfe zn übersetzen. Er mnfs in der Formenlehre
nnd in den Hanptregeln der Syntax sichere Kenntnisse besitzen und mit dem
Wichtigsten ans der Verslehre genügend bekannt sein.
4. In der französischen Sprache mnfs der Schüler Abschnitte ans
den prosaischen nnd poetischen Werken, welche in Prima gelesen werden oder
dazn geeignet sein würden, yerstehen nnd ohne erhebliche Nachhülfe übersetzen.
Seine schriftlichen Prüfdngsarbeiten müssen von Fehlem, welche eine grobe
grammatische Unsicherheit zeigen, nnd von Germanismen im Wesentlichen
frei sein.
5. In der englischen Sprache mnfs der Schüler Abschnitte ans den
prosaischen nnd poetischen Werken, welche in Prima gelesen werden oder dazn
geeignet sein würden, verstehen nnd ohne erhebliche Nachhülfe übersetzen.
Die schriftliche Prüfungsarbeit mnfs von erheblichen Verstöfsen gegen die
Grammatik frei sein.
An die Schüler der Ober-Bealschnlen sind im Französischen nnd Eng-
lischen höhere Forderungen zn stellen, entsprechend den in der Bezeichnung
ihrer Lehranfgabe (Lehrplan n. 2. Nr. 4 nnd 5, s. p. 128 f.) darüber ge-
troffenen Bestimmungen.
6. In der Geschichte und Geographie mnfs der Schüler die epoche-
machenden Begebenheiten der Weltgeschichte, namentlich der griechischen,
römischen und deutschen sowie der preufsischen Geschichte, im Zusammenhange
ihrer Ursachen und Wirkungen kennen und über Zeit und Ort der Begeben-
heiten sicher orientirt sein. Er mnfs von den Grundlehren der mathematischen
Geographie, von den wichtigsten topischen Verhältnissen und der politischen
Einteilung der Erdoberfläche, unter besonderer Berücksichtigung von Mittel-
Europa, genügende Kenntnis besitzen.
7. In der Mathematik hat der Schüler nachzuweisen, dafs er in der
Arithmetik bis zur Entwickelung der einfacheren unendlichen Reihen und in der
Algebra bis zu den Gleichungen des dritten Grades einschliefslich, in der
ebenen und körperlichen Geometrie, in der ebenen und sphärischen Trigono-
metrie und in den Elementen der analytischen Geometrie der Ebene bis zu den
Kegelschnitten einschliefslich sichere, geordnete und wissenschaftlich begründete
Kenntnisse besitzt und dafs er sich hinreichende Uebung in der Lösung von
Aufgaben aus den bezeichneten Gebieten erworben hat.
8. Naturwissenschaften. In der Physik mnfs der Schüler mit
den Gesetzen des Gleichgewichtes und der Bewegung der Körper sowie mit der
mathematischen Entwickelung dieser Gesetze, mit der Lehre von der Wärme,
dem Magnetismus und der Elektricität, dem Schalle und dem Lichte hinreichend
bekannt sein und die Befähigung besitzen, seine Kenntnisse zur Lösung ein-
facher Aufgaben anzuwenden.
In der Chemie und Mineralogie mnfs der Schüler ausreichende
Kenntnis von der Darstellung, den Eigenschaften und den hauptsächlichsten
anorganischen Verbindungen der wichtigeren Elemente, sowie von den stöchio-
metrischen Grundgesetzen nachweisen und mit den Kiystallformen, den physika-
lischen Eigenschaften und der chemischen Zusammensetzung der widitigsten
Mineralien bekannt sein. — An den Ober-Bealschnlen kommt hinzu Kenntnis
der für Technologie und Physiologie besonders wichtigen Verbindungen aus der
organischen Chemie.
407
§ 4. ZnsammenBetzang der Prüfungscommission. L Die
Prüfangscommission besteht ans dem von dem E. Proy.Sch.C. ernannten
K. Commissar als Vorsitzenden, dem Director der Anstalt und denjenigen Lehrern,
welche in der obersten Klasse mit dem Unterrichte in den lehrplanmäfsigen
wissenschaftlichen Gegenständen betraut sind.
2. Das K. Proy.Sch.C. ernennt regelmäfsig dasjenige seiner Mitglieder,
welches die inneren Angelegenheiten der betr. Schale bearbeitet, znm Prüftings-
commissar. Dasselbe kann im einzelnen Falle für die Leitong der mündlichen
Prüfung (§§ 10 — 14) einen stellvertretenden Commissar ernennen und mit dieser
Stellvertretiing insbesondere den Director der Anstalt beauftragen.
3. Dasjenige Organ, welchem die rechtliche Vertretung der Schale zu-
steht, ist befugt, aus seiner Mitte einen Vertreter zum Mitgliede der Prüfungs-
commission zu ernennen. Die Ernennung erfolgt in der Kegel auf einen Zeit-
raum von mindestens drei Jahren und wird dem K. Prov.Sch.C. rechtzeitig
angezeigt Der ernannte Vertreter hat Stimmrecht in der Commission.
An den für einzelne Anstalten aufserdem etwa bestehenden besonderen
Befugnissen zur Teilnahme an den Prüfungen wird hierdurch nichts geändert.
Auf sämtliche Verhandlungen der Prüfungscommission erstreckt sich für
die Mitglieder derselben die Pflicht der Amtsverschwiegenheit.
§ 5. Meldung und Zulassung zur Prüfung. 1. Die Zulassung
eines Schülers zur Enüassungsprüfung findet in der Begel nicht früher als im
vierten Halbjahre der zweijäli^gen Lehrzeit der Prima statt. Im dritten Halb-
jahre dieser Lehrzeit kann die Zulassung zur Entlassungsprüfung nur ausnahms-
weise auf den einstimmigen Antrag der der Prüiungscommission angehörenden
Lehrer seitens des K. Prov.Sch.C. genehmigt werden.
Unbedingt erforderlich für die Zulassung eines Schülers zur Entlassungs-
prüfung ist, dafs derselbe im Halbjahre der Meldung der Oberprima angehöre.
2. Wenn ein Primaner im Disciplinarwege von einem Bealgymn. oder
einer Ober-Bealschule entfernt worden ist oder dieselbe verlassen hat^ um sich
einer Schulstrafe zu entziehen, oder in willkürlicher, durch die Verhältnisse nicht
genügend gerechtfertigter Weise, so darf ihm an der Schule, an welche er über-
gegangen ist, bei seiner Meldung zur Entlassungsprüfung das Halbjahr, in
welches oder an dessen Schlufs der Wechsel der Anstalt fäUt^ nicht auf die
zweijährige Lehrzeit der Prima angerechnet werden.
Ob in dem letztbezeichneten Falle der Wechsel der Anstalt als ein ge-
rechtfertigter zu betrachten und demnach das fragliche Semester auf die zwei-
jährige Lehrzeit der Prima anzurechnen ist, entscheidet auf den Vortrag des
Directors, bezw. des Directors und der der Prüfungscommission angehörenden
Lehrer, das K. Prov.Sch.C. Falls die Eltern oder deren Stellvertreter es be-
antragen, erfolgt diese Entscheidung unmittelbar beim Eintritte des Schülers in
die neue Schule.
3. Die Meldung zur Entlassungsprüfung ist drei Monate vor dem Schlüsse
des betr. Schulsemesters dem Director schriftlich einzureichen.
4. In einer Conferenz, welche von dem Director mit den der Prüftmgs-
commission angehörenden Lehrern zu halten ist, werden die Meldungen vorgelegt
und auf Grund der in der Prima den betr. Schülern erteilten Zeugnisse Gut-
achten (Nr. 6 und § 12, 2) darüber festgestellt, ob diese Schüler nach ihren
wissenschaftlichen Leistimgen und nach ihrer sittlichen Haltung als den Ziel-
forderungen der Schule entsprechend anzuerkennen sind.
5. Wenn ein Schüler nach dem einstimmigen Urteile der Conferenz die
erforderliche Beife in wissenschaftlicher oder sittlicher Hinsicht noch nicht er-
reicht hat, so ist der Director verpflichtet, ihm von dem Eintritte in die Prüfung
abzurathen und seinen Eltern oder deren Stellvertreter entsprechende Vor-
408
•
«tellungen zn machen. Bleiben diese Vorstellungen erfolglos, so kann die
üebermittelnng der Meldung an das K. Frov.Scli.C. nicht verweigert werden;
dafs die Abratbnng stattgefunden hat, ist dabei ausdrücklich zu vermerken.
6. Das Verzeichnis der Schüler, welche sich zur Prüfung gemeldet haben,
nebst den erforderlichen näheren Angaben über ihre Person und dem Gutachten über
ihre Reife (Nr. 4), eventuell eine Vacatanzeige, hat der Director dem K. Prov.
Seh. C. spätestens 2^2 Monat vor dem Schlüsse des betr. Semesters einzureichen.
In dem einzureichenden tabellarischen Verzeichnisse sind zu dem Namen
jedes Abiturienten folgende Subriken auszufällen: Tag und Ort der Geburt,
Confession (bezw. Beligion), Stand und Wohnort des Vaters, Dauer des Auf-
enthaltes auf der Schule überhaupt und in der Prima und Oberprima insbe-
sondere (bei solchen Schülern, welche erst in die Prima eingetreten sind, An-
gabe der Schule, welcher sie früher angehörten und der Dauer des Aufenthaltes),
femer ein durch kurze Bezeichnung der bisherigen gf'samten Entwickelung des
Schülers zu begründendes Gutachten über seine Beife. Diesem Gutachten ist
die Formulirung des ürteiles beizufügen, welches in dem event. Eeifezeugnisse
in die Bubrik „Betragen und Fleifs" au&unehmon beabsichtigt wird. Schliefs-
lich ist zu bezeichnen, welchen Beruf der Schüler zu wählen beabsichtigt.
Wenn für einen Schüler bezüglich der unter Nr. 1 und 2 festgestellten
Bedingungen der Zulassung zur Prüfung eine Ausnahme beantragt wird, so ist
dies in dem tabellarischen Verzeichnisse kenntlich zu machen und in dem Be-
gleitberichte ausdrücklich zu erwähnen.
7. Das K. Prov. Seh. C. prüft, ob die for die Entlassungsprüfung gelten-
den Erfordernisse (Nr. 1 und 2) erfüllt sind, und entscheidet hiemach über
die Zulassung zur -Prüfung.
§ 6. Art und Gegenstände der Prüfung. 1. Die Entlassungs-
prüfung ist eine schriftUche und mündliche.
2. Zur schriftlichen Prüfung gehören: ein deutscher und ein französischer
Aufsatz, eine üebersetzung aus dem Deutschen in das Französische und in das
Englische, in der Mathematik vier Aufgaben, welche aus der Algebra, der ebenen
und körperlichen Geometrie, der Trigonometrie und der analytischen Geometrie
zu wählen sind; in der Physik zwei Aufgaben, welche sich an den Lehrstoff
der Prima anschliefsen.
Dazu kommt bei den Bealgymnasien eine üebersetzung aus dem Lateini-
schen in das Deutsche, bei den Ober-Bealschulen eine chemische Aufgabe.
An denjenigen Anstalten, an welchen die polnische Sprache einen lehr-
planmäfsigen Teil des Unterrichtes bildet, tritt facultativ hinzu eine Üeber-
setzung aus dem Deutschen in das Polnische.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die christliche Beligions-
lehre, die französische, englische, bezüglich auf die lateinische Sprache, femer
auf Geschichte und Geographie, Mathematik, Physik und Chemie.
§7. Schriftliche Prüfung. 1. Stellung der Aufgaben. 1. Alle
gleichzeitig die Prüfung ablegenden Schüler erhalten dieselben Aufgaben.
2. Die Aufgaben sind so zu bestimmen, dafs sie in Art und Schwierig-
keit die Klassenaufgaben der Prima in keiner Weise überschreiten; sie dürfen
aber nicht einer der bereits bearbeiteten Aufgaben so nahe stehen, dafs ihre
Bearbeitung aufhört, den Werth einer selbständigen Leistung zu haben.
Für die Üebersetzung aus dem Lateinischen ist aus einem der Leetüre
der Prima angehörenden oder dazu geeigneten Schriftsteller ein in der Schule
nicht gelesener, von besonderen Schwierigkeiten freier Abschnitt zu wählen.
3. Die Aufgaben für jeden einzelnen Gegenstand legt der Lehrer, welcher
denselben in der obersten Klasse vertritt, dem Director zur Genehmigung vor.
409
4. Die Texte zu den Uebersetznngen aus dem Deutschen bedürfen nnr
der Genehmigung des Directors.
5. Für den deutschen nnd französischen Aufsatz, für die Uebersetzung
aus dem Lateinischen und für die chemische Arbeit haben die Fachlehrer je
drei Vorschläge, für die mathematische und physikalische Arbeit je drei Gruppen
Yon je vier, beziehungsweise zwei Aufgaben dem Director vorzulegen. Nachdem
dieser die Vorschläge genehmigt hat, sendet er dieselben unter besonderem
Verschlüsse dem K. Früfungscommissar ein, behufs der aus den Vorschlägen
zu treffenden Auswahl.
6. Die Zustellung der Aufgabenvorschläge an den E. Commissar ge-
schieht gleichzeitig mit der Einreichung der Meldungen an das K. Prov.Sch.C. ;
zugleich mit der Entscheidung des letzteren über die Meldungen stellt der K.
Commissar die Aufgaben mit Bezeichnung der von ihm getroffenen Wahl unter
besonderem Verschlusse zurück.
7. Der K. Commissar ist befugt statt aus den vorgeschlagenen Auf-
gaben zu wählen, andere Aufgaben zu bestimmen, so wie anzuordnen, dafs zum
Uebersetzen aus dem Deutschen Texte, welche er mitteilt, als Aufgaben benutzt
werden. Auch steht dem Commissar frei, bei erheblichen Zweifeln an der
Selbständigkeit der gefertigten Prüfungsarbeiten far alle oder einzelne Fächer
neue Aufgaben zur Bearbeitung zu stellen.
8. Es ist Pflicht der Prüflingscommission, insbesondere der die Aufgaben
stellenden Lehrer und, des Directors, dafür zu sorgen, dafs die Aufgaben för die
schriftliche Prüfung den Schülern erst beim Beginne der betr. Arbeit zur
Kenntnis kommen, auch jede vorherige Andeutung über dieselben auf das
strengste zu vermeiden.
§ 8. Bearbeitung der schriftlichen Aufgaben. 1. Die Be-
arbeitung der Aufgaben geschieht in einem geeigneten Zimmer der Schule unter
der beständigen, durch den Director anzuordnenden Aufsicht von Lehrern, welche
der Prüfnngscommission angehören.
2. Für jeden der beiden Aufsätze und für die mathematische Arbeit sind
fünf Vormittagsstunden zu bestimmen; die Frist darf bei den Aufsätzen nöthigen-
falls um eine halbe Stunde überschritten werden. Für die Uebersetzung aus
dem Lateinischen werden, ausschliefslich der zum Dictiren des Textes erforder-
lichen Zeit, drei Stunden, zu der Anfertigung der Uebersetzungen in das Franzö-
sische und Englische (und Polnische), ausschliefslich der für das Dictiren der
Texte erforderlichen Zeit, je zwiei Stunden, fär die physikalische Arbeit drei,
far die chemische zwei Stunden bestimmt.
3. Keine Arbeitszeit (Nr. 1 und 2) darf durch eine Pause unterbrochen
werden. Doch ist es zulässig, die für die mathematische Arbeit bestimmte Zeit
in zwei durch eine Erholungspause getrennte Hälfken zu teilen, am Beginne
einer jeden die Hälfte der AtdTgaben zu stellen und deren Bearbeitung am Schlüsse
jeder der beiden halben Arbeitszeiten abliefern zu lassen.
4. Andere Hülfsmittel in das Arbeitszimmer mitzubringen, als far den
französischen Aufsatz ein französisch-deutsches (für die Uebersetzung aus dem
Lateinischen ein lateinisch-deutsches) Wörterbuch, für die mathematische und
die physikalische Arbeit Logarithmentafeln (für die chemische Arbeit chemische
Tafeln), ist nicht erlaubt.
5. Wer mit seiner Arbeit fertig ist, hat sie dem beaufiBichtigenden Lehrer
abzugeben und das Arbeitszimmer zu verlassen.
*) Zu § 8. Die Ü. u. Pr.O. v. 6. Oct. 1859 setzte voraus, dafs die schrift-
lichen rrüfungsarbeiten im Zeitraum einer Woche angefertigt werden. S. p. 76,
vgl. Bemerkung unter p. 398.
410
Wer nach Ablauf der yorschriftsmäfsigen Zeit mit seiner Arbeit nicht
fertig ist, hat sie nnvoUendet abzugeben.
In jedem Falle ist von den fertigen wie von den unvollendeten Arbeiten
aufser der Beinschrift das Concept mit abzugeben.
6. Wer bei der schriftlichen Prüjfong sich der Benutzung unerlaubter
Hilfsmittel, einer Täuschung oder eiifes Täuschungsversuches schuldig macht
oder anderen zur Benutzung unerlaubter Hülfsmittel, zu einer Täuschung oder
einem Täuschungsversuche behülflich ist, wird mit AusschluTs von der weiteren
Prüfung und, wenn die Entdeckung erst nach Vollendung derselben erfolgt,
mit Yorenthaltung des Prüfungszeugnisses bestraft. Die in solcher Weise Be-
straften sind hinsichtlich der Wiederholung der Prüfung denjenigen gleichzu-
stellen, welche die Prüfung nicht bestanden haben (vergl. § 16, 1 und 2). Wer
sich einer Täuschung oder eines Täuschungsvei^uches auch bei der Wieder-
holung der Prüfung schuldig macht, kann von der Zulassung zur Reifeprüfung
überhaupt ausgeschlossen werden. In jedem FaUe einer Täuschung oder eines
Täuschungsversuches ordnet zunächst der Director mit den der Prüfnngs-
commission angehörenden Lehrern das Erforderliche an, die schliefsliche Ent-
scheidung trifft die gesamte Commission vor der mündlichen Prüfung (§ 10, 2).
Für die Fälle, in denen ein Schüler von der Zulassung zur Reifeprüfung über-
haupt ausgeschlossen werden soll, ist die Entscheidung des Ministers einzuholen.
Auf diese Vorschriften hat der Director beim Beginne der ersten schrift-
lichen Prüfungsarbeit die Schüler ausdrücklich aufmerksam zu machen.
§ 9. Beurteilung der schriftlichen Arbeiten. 1. Jede Arbeit
wird zunächst von dem Fachlehrer corrigirt und censirt, d. h. die sich findenden
Fehler werden, mag an die Stelle des Unrichtigen das Bichtige gesetzt werden
oder nicht, nach ihrer Art und dem auf sie zu legenden Gewichte bezeichnet,
und es wird über den Werth der Arbeit im Verhältnisse zu den Prüfungs-
forderungen (§ 3) ein Urteil abgegeben, welches schliefslich in eins der vier
Prädicate: sehr gut, gut, genügend, nicht genügend, zusammenzufassen
ist. Hinzuzufügen ist die Angabe über die Beschaffenheit der betr. Klassen-
leistungen; es darf jedoch dem Urteile über die Xlassenleistungen kein Einflufs
auf das der Prüfungsarbeit zuzuerkennende Prädicat gegeben werden.
2. Sodann circuliren die Arbeiten bei den der Prüfungscommission an-
gehörenden Lehrern, und in einer hierauf vom Dir. mit denselben zu haltenden
Conferenz werden die den einzelnen Arbeiten erteilten Prädicate zusammen-
gestellt und wird darüber BeschluTs gefafst, ob und für welche Examinanden die
Ausschliefsung von der mündlichen Prüfung (§ 10, 3) oder die Dispensation
von derselben (§ 10, 4) zu beantragen ist
3. Der Director hat hierauf die Arbeiten nebst dem Prüfungsprotokolle
und dem geschriebenenen Texte der Uebersetzungen aus dem Lateinischen, in
das Französische und in das Englische rechtzeitig vor dem Termine zur münd-
lichen Prüfung dem K. Commissar zuzustellen. Am Bande der Texte für die
Uebersetzungen in die fremden Sprachen und aus dem Lateinischen sind die den
Examinanden etwa angegebenen Vocabeln oder anderweiten Uebersetzungshülfen
zu bezeichnen; diese Bezeichnung hat die Bedeutung, dafs auTserdem keine
Uebersetzungshülfen den Examinanden gegeben sind. Den Prüfungsarbeiten
sind ferner bei den Realgymnasien die Uebersetzungen in das Lateinische bei-
zulegen, welche die Schüler behufs ihrer Versetzung nach Prima geliefert haben.
Der K. Commissar ist befugt, Aenderungen in den den Prüfungsarbeiten
erteilten Prädicaten zu verlangen und eintreten zu lassen. Hiervon ist in dem
Protokolle (§ 13) Kenntnis zu geben.
§ 10. Mündliche Prüfung. 1. Vorbereitung. 1. Die mündliche
Prüfung ist innerhalb der letzten sechs Wochen des betr. Schulsemesters vorzunehmen.
411
Der K. Commissar bestimmt den Tag und fahrt den Vorsitz.
Für den Tag der mündlichen Prüfung hat der Director in dem Locale
der Prüfung die Censnren, welche die Examinanden während der Dauer ihres
Aufenthaltes in Prima erhalten haben (von Schülern, welche einen Teil des
Primacursus auf einer anderen Schule zugebracht haben, auch ihre Abgangs-
zeugnisse) und ihre schriftlichen Arbeiten aus Prima sowie die von denselben
während des Aufenthaltes in Prima in den Unterrichtsstunden angefertigten
Zeichnungen zur Einsichtnahme bereit zu halten.
Bei der mündlichen Prüfung, jedoch mit Ausschlufs der derselben voraus-
gehenden (Nr. 3) und nachfolgenden (§ 13, 1) Berathung, haben auAer den der
Commission angehörenden auch aUe übrigen wissenschaftl. Lehrer der Anstalt
anwesend zu sein. In dem Falle einer mehrtägigen Dauer der Prüfung (§11,1)
gilt diese Bestimmung nur für den ersten Tag.
2. Der Prüfung geht voraus eine Berathung und Beschlufsfassung darüber,
ob einzelne der Bewerber von der Zulassung zur mündlichen Prüfung auszu-
schliefsen oder von ihrer Ablegung zu befreien sind. (Vgl. § 8, 6 und § 9, 3.)
3. Ein Schüler, dessen schriftliche Prüfungsarbeiten sämtlich oder der
Mehrzahl nach das Prädicat „nicht genügend*' erhalten haben, ist von der
mündl. Prüfung auszuschliefsen, wenn bereits in der auf Anlafs der Meldung
aufgestellten Beurteilung (§ 5, 6) der Zweifel an der Beife desselben Ausdruck
gefunden hat. Ist ein solcher Zweifel nicht ausgedrückt worden, so wird der
Erwägung der Commission anheimgestellt, ob der Bath zum Bücktritte vor der
mündl. Prüfung erteilt werden soll.
4. Wenn die Leistungen eines Schülers während der Lehrzeit der Prima
nach dem einstimmigen UrtBÜe der Lehrer befriedigt haben und die schrift-
lichen Arbeiten der Entlassungsprüfung sämüich genügend, einige darunter
besser ausgefallen sind, so kann derselbe von der mündl. Prüfung befreit
werden. Ein dahin gehender Beschlufs mufs einstimmig gefafst sein;
Bei Anwendung dieser Bestimmung ist auf die sittliche Führung des betr.
Schülers während seiner Lehrzeit in der Prima entsprechende Bücksicht zu nehmen.
§ 11. 3. Ausführung. 1. Mehr als acht Schüler dürfen in der Begel
nicht an einem Tage geprüft werden. Sind mehr als acht Schüler zu prüfen,
so sind dieselben in zwei oder nach Erfordernis in mehrere Gruppen zu teilen.
Die Prüfung jeder Gruppe ist gesondert vorzunehmen.
2. Der K. Commissar bestimmt die Folge der Prüfungsgegenstände und
die jedem derselben zu widmende Zeit. Er ist befugt, bei einzelnen Schülern
die Prüfung in einzelnen Fächern nach Befinden abzukürzen. Femer ist der-
selbe befugt, an Bealgymnasien die Prüfung nur in einer der neueren Sprachen
eintreten und bei genügenden schrifü. Leistungen die Prüfung in der Physik
ausfallen zu lassen, an Ober-Bealschulen die Prüfung in den Naturwissen-
schaften auf Physik oder Chemie zu beschränken.
3. Die Schüler dürfen keine Bücher zur Prüfung mitbringen.
4. In Betreff etwaiger Täuschungen oder Täuschungsversuche bei der
mündl. Prüfung gelten die Bestimmungen des § 8, 6.
5. Zu prüfen hat in jedem Gegenstande der Lehrer desselben in der
obersten Klasse. Der K. Commissar ist befugt, seinerseits Fragen an die
Schüler zu richten und in einzelnen Fällen die Prüfung selbst zu übernehmen.
6. Zur Prüfung im Lateinischen werden den Schülern zum üebersetzen
Abschnitte aus solchen Schriftstellern vorgelegt, welche in der Prima gelesen
werden ober dazu geeignet sein würden. Inwieweit dazu Dichter und Prosaiker
benützt werden, bleibt der Bestimmung des K. Commissars überlassen, welcher
auch befugt ist, die Auswahl der vorzulegenden Abschnitte zu treffen. Aus
Prosaikern sind nur solche Abschnitte vorzulegen, welche von den Schülern in
.^ 1
412
der Klasse nicht gelesen sind, ans den Dichtern in der Regel solche Abschnitte,
welche in der Klassenlectüre, aber nicht während des letzten Halbjahres, Yor-
gekommen sind. An die üebersetzung sind Fragen ans der Grammatik nnd
Metrik anzüschüefsen.
7. Fär die Auswahl der im Französischen und Englischen Yorzulegenden
Abschnitte gelten dieselben Bestimmungen wie im Lateinischen. An die Üeber-
setzung sind Fragen aus der Grammatik und Synonymik sowie über die Haupt-
punkte der Metrik anzuschliefsen. Femer ist den Schülern bei der üebersetzung
des französischen und des englischen Schriftstellers Gelegenheit zu geben, ihre
Geübtheit im mündlichen Gebrauche der Sprache zu zeigen.
8. Die geschichtliche Prüfung hat insbesondere die Greschichte Griechen-
lands, Boms, Deutschlands und des preufsischen Staates zum Gegenstande.
Eine Prüfung in der Geographie findet nicht statt (vergl. Lehrplan zu 6 und 7,
p. 131 f., und Prüfangsordnung § 14, 2). Durch die Hinzufügung von Geographie
zu Geschichte in § 6, 3 ist nur die Ermittelung der zum Verständnisse der
Geschichte gehörenden geographischen Kentnisse erforderlich.
9. Die Prüfung in der Mathematik und Physik darf nicht auf das Lehr-
pensum der Prima beschränkt werden.
An die Prüfung in der Chemie sind einige Fragen aus der Mineralogie
anzuschliefsen.
In der Botanik und Zoologie wird nicht geprüft (vgl. § 14, 2).
10. Im Verlaufe der mündl. Prüfung sind auf Vorschlag der betr. Fach-
lehrer von der Commission die Prädicate festzustellen, welche jedem Examinanden
in den einzelnen Gegenständen auf Grund der mündlichen Prüfungsleistungen
zuzuerkennen sind.
§ 12. Feststellung des Urteiles. 1. Nach Beendigung der mündL
Prüfung findet eine Berathung der Prüfungscommission über das Ergebnis der
gesamten Prüfung statt. Die Ordnung, in welcher die einzelnen Fragen zur
Erwägung und Beschlufsfassung gebracht werden sollen, bestimmt derK.Commissar.
2. Bei der Entscheidung darüber, ob die Prüfung bestanden sei, sind
aufser den Leistungen in der schriftl. und mündl. Prüfung die vor dem Beginne
der gesamten Prüfung festgestellten Prädicate (§ 5, 6) über die Elassenleistungen
in Betracht zu ziehen.
3. Die Prüfung ist als bestanden zu erachten, wenn das auf die Prüfungs-
und Elassenleistungen (Nr. 2) gegründete Gesamturteil in keinem obligatorischen
wissenschaftl. Lehrgegenstande „nicht genügend**- lautet.
Eine Abweichung hiervon in Berücksichtigung des von dem Schüler ge-
wählten Berufes ist nicht zulässig. Dagegen ist zulässig, daf)9 nicht genügende
Leistungen in einem Lehrgegenstande durch mindestens gute Leistungen in
einem anderen obligatorischen Gegenstande als ergänzt erachtet werden.
4. Die Beligionslehrer haben sich der Abstimmung zu enthalten, wenn
es sich um einen Schüler handelt, der an ihrem Unterrichte nicht teilnimmt.
5. Bei allen Abstimmungen der Commission gilt, wenn Stimmengleich-
heit eintritt, diejenige Ansicht, für welche der E. Commissar stimmt.
6. Gegen den BeschluTs der Prüfungscommission über Zuerkennung oder
Verweigerung des Zeugnisses der Reife» steht dem E, Commissar das Becht der
Einsprache zu. In diesem Falle sind die Prüfungsverhandlungen dem E. Prov.
Sch.C. zur Entscheidung einzureichen.
7. Nachdem die Berathung abgeschlossen und das Protokoll von sämtlichen
Mitgliedern der Commission unterzeichnet ist, verkündigt der E. Commissar den
Examinanden das Gresamtergebnis der Prüfing.
§ 13. PrüfungsprotokolL üeber die gesamten Vorgänge der Prüfung
ist ein Protokoll mit folgenden Abschnitten zu führen:
413
1. Protokoll über die durch § 5, 4 bestimmte Conferenz; dazu gehören
als Beilagen die Meldnngen zur Prüfung (§ 5, 3), das in § 5, 6 bezeichnete,
an das E. Prov. Sch.C. eingereichte Veizeichnis und die Verfügung desselben
über die Annahme der Meldungen (§ 5, 7 ; § 7, 6).
2. Protokoll über die schriftliche Prüfung (§ 8). In demselben ist zu
verzeichnen, wann jede einzelne schriftliche Arbeit begonnen ist, welche Lehrer
die Aufsicht geführt haben, welche Schüler und wann und wie lange sie das
Zimmer während der Arbeitszeit zeitweilig verlassen haben, wann jeder seine
Arbeiten abgegeben hat; aufserdem ist jedes Yorkomnis zu verzeichnen, welches
darauf schliefsen läTst, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
Am Anfange dieses Protokolies ist zu vermerken, dafs der Director den
Schülern die in § 8, 6 vorgeschriebene Eröffnung gemacht hat; am Schlüsse des
Protokolies hat der Director entsprechenden Fa^es zu bezeugen, dafs während
des Verlaufes der schrifü. Prüfung nichts vorgekommen ist, was darauf schliefsen
liefse, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
3. Protokoll über die Vorberathung vor der mündlichen Prüfung (§ 9, 2).
4. Das Protokoll über die mündliche Prüfung. Dasselbe hat zu ent-
halten* die Vorberathung (§ 10, 2), den Inhalt der gestellten Fragen und die
Beschaffenheit der Antworten in der Weise, dafs daraus die Begründung der
über die Ergebnisse der mündl. Prüfung gefällten Urteile ersichtlich wird, und
die SchlUfsberathung (§ 12).
§ 14. Zeugnis. 1. Wer die Prüfang bestanden hat, erhält ein Zeug-
nis der Beife. Dasselbe mufs enthalten : ein urteil über das sittliche Verhalten,
die Aufmerksamkeit und den Fleifs des Schülers; für jeden einzelnen Lehr-
gegenstand der Oberprima die Bezeichnung des Verhältnisses der Schul- und
Piüfungsleistungen zu den Forderungen der Schule und schliefslich die Er-
klärung, dafs die Prüfdng bestanden sei.
Ein Formular für die Zeugnisse ist dieser Prüfungsordnung beigefagt.
(Anlage B.)
2. Das aus dem Urteile über die Prüfungs- und über die Schulleistungen
in jedem Gegenstande sich ergebende Gesamturteil ist schliefslich in eins
der vier § 9, 1 bezeichneten Prädicate zusammenzufassen. Dies Prädicat ist
durch die Schrift hervorzuheben.
Für Botanik und Zoologie wird die bei der Versetzung nach Obersecunda,
for Geographie die bei der Versetzung nach Prima erteilte Censur in das Zeug-
nis aufgenommen.
3. Die auf Grund des gesamten Prüfungsergebnisses unter der Ver-
antwortlichkeit des Directors zu entwerfenden und von allen Mitgliedern der
Commission zu unterzeichnenden Concepte der Beifezeugnisse sind nebst der
gleichen Zahl von Blanketten dem E. Commissar zur Unterschrift vorzulegen.
Letztere müssen den Hamen und die Personalverhältnisse der abgehenden
Schüler und die Unterschrift des Directors bereits enthalten.
Die Zeugnisse werden von sämtlichen Mitgliedern der Prüfungscommission
unterzeichnet.
4. Eingehändigt werden die Zeugnisse in der Begel sämtlichen Schülern
gleichzeitig unter geeigneter Ansprache durch den Director in einer Versanmilung
der ganzen Schule oder ihrer oberen Klassen.
§ 15. Einreichung der Prüfungsverhandlungen an die K.
Prov. Schulcollegien. Der Director hat das Prüfungsprotokoll nebst Bei-
lagen (§ 13) sowie Abschrift der Beifezeugnisse und die schriftlichen Arbeiten
der Schüler spätestens vier Wochen nach AbschluTs der mündlichen Prüfung
an das E. Prov. Sch.C. einzureichen, behufs Mitteilung an die betr. Wissen-
414
BchaftL PrüfangscommiBsion« Die Arbeiten sämtlicher Examinanden über den-
sdben Früfungsgegenstand sind zasammenznheften; jedem Hefte ist die Angabe
der vorgeschlagmen Ansahen, bei den Uebersetzungen in eine fremde Sprache
und ans dem Lateinischen der dictirte Text nnter Bezeiehmmg der etwa dazn
gegebenen Vocabeln oder sonstigen Hülfen (yergL § 9, 3) beizufügen.
Die Concepte der schriftl. Arbeiten (§ 8, 5) sind nur in dem . Falle bei-
zulegen, wenn der betr. Fachlehrer znr Begründang seines Urteiles Bezng darauf
genommen hat oder der E. Commissar es erfordert
§ 16. Verfahren bei denjenigen, welche die Entlassnngs-
prüfang nicht bestanden haben. L Wer die Entlassungsprüfong ein-
mal nicht bestanden hat, darf zur Wiederholung derselben, mag er femer eine
Bealanstalt besuchen oder nicht, höchstens zweimal zugelassen werden.
2. Denjenigen Schülern, welche nach nicht bestandener Entlassungsprüfung
die Schule verlassen, wird ein gewöhnliches Abgangszeugnis ausgestellt, in dessen
Eingang das ungenügende Ergebnis der Entlassungsprüfung zu erwähnen ist
§ 17. Keifeprüfung derjenigen, welche nicht Schüler eines
Realgymnasiums oder einer Ober-Bealschule sind. 1. Wer, ohne
Schüler einer Bealanstalt zu sein, die an die Entlassungsprüfung derselben ge-
knüpften Rechte erwerben will, hat unter Nachweisung seines Bildungsganges
und seines sittlichen Verhaltens das Gesuch um Zulassung zur Prüfung an das
E. ProY. Sch.C. zu richten, dessen Amtsbereiche er durch den Wohnort der
Eltern oder den Ort seiner letzten Schulbildung angehört, und wird von dem-
selben, sofern die Nachweisungen als ausreichend befunden sind, einem Beal-
gymnasium oder einer Ober-Bealschule zur Prüfung überwiesen.
Wenn Jemand bereits die Universität bezogen hat, bevor er das für die
vollberechtigte Zulassung zu dem betr. Facultätsstudium erforderliche Beifezeug-
nis erworben hat, und nachträglich die Beifeprüfung abzulegen wünscht, so
hat er hierzu die besondere Bewilligung des Ministers nachzusuchen. Wenn
derselbe nach erhaltener Erlaubnis <üe Prüfung nicht besteht, so kann er nur
noch einmal zur Prüfung zugelassen werden.
2. Das Oesuch um Zulassung zur Prüfung ist drei Monate vor dem
Schlüsse des betr. Schulsemesters einzureichen.
Der Nachweisung des Bildungsganges sind die letzten Schul- oder Privat-
zeugnisse über den empfangenen Unterricht beizufügen.
3. Das E. Prov. Sch.C. ist verpflichtet, wenn sich aus dem Zeugnisse
ergiebt, dafs der Bittsteller bereits an einer Bealanstalt einer anderen Provinz
als Primaner die Entlassungsprüfung erfolglos abgelegt hat, mit dem E. Prov.
Sch.C. dieser Provinz in Einvernehmen darüber zu keten, ob dortseits noch
etwa Bedenken gegen die Zulassung zu erheben sind, welche aus den Zeug-
nissen nicht erhellen.
4. Junge Leute, welche früher ein Bealgymnasium oder eine Ober-Beal-
schule besucht haben, dürfen zur Prüfung nur zugelassen werden, wenn mit
Ablauf des Halbjahres, in welchem sie sich melden, von dem Einkitte in die
Prima an gerechnet, zwei Jahre, und falls sie schon aus Obersecunda abgegangen,
auTserdem noch diejenige Zeit verflossen ist, welche sie normalmäfsig in dieser
Elasse noch hätten zurücklegen müssen, um in die Prima versetzt zu werden.
Hierbei bleiben bezüglich der Anrechnung des Besuches der Prima die Be-
stimmungen von § 5, 2 in ErafI;.
5. Für die Prüfung sind die §§ 3 bis 16 mit folgenden näheren Be-
stimmungen malägebend.
Für die schriftlichen Prüfungsarbeiten sind andere Aufgaben zu stellen,
als die Schüler der betr. Schule erhalten.
415
Anfser den in § 6, 2 bezeichneten Aufgaben haben die Examinanden an
den Bealgymnasien, sofern sie nicht bereits der Prima eines Bealgymnasioms
angehört haben und das bei der Yersetzong -in diese Klasse erhaltene Zeugnis
vorlegen, eine üebersetzung aus dem Deutschen ins Lateinische zu fertigen,
welche bestimmt ist, ihre Sicherheit in der Foimenlehre und in den Haupt-
regeln der Syntax zu ermitteln.
Eine Ausschliefsung oder eine Befreiung von der mündlichen Prüfung
findet nicht statt
Die mündliche Prüfung ist getrennt Yon deijenigen der Schüler der An-
stalt abzuhalten.
Zu der Prüfung in den § 6, 3 bezeichneten Gegenständen tritt die in
der deutschen Litteratur, der Zoologie und Botanik und in der Geographie hinzu,
zur Ermittelung des durch § 3, 3 und § 14, 2 erforderten Mafses der Kenntnisse.
Das Protokoll über die Prüfung ist abgesondert von dem über die
Prüfung der Schüler der Bealanstalt zu führen.
6. Das in das Reifezeugnis au£sunehmende urteil über das sittliche Ver-
halten ist auf Grand der beigebrachten Nachweisungen und unter Berufung
auf dieselben abzufassen.
7. Wird die Prüfung nicht bestanden, so ist die Commission berechtigt,
nach Befinden zu bestimmen, ob die Wiederholung erst nach Ablauf eines
Jahres erfolgen darf.
8. Die Prüfungsgebühren betragen dreifsig Mark« Sie sind vor dem
Beginne der schriftlichen Prüfung zu entrichten.
§ 18. Bestimmung über die Prüfung der Schüler, welche
das Beifezeugnis an einer Ober-Kealschule erworben haben. 1. Die
Bestimmungen des § 17 finden auch auf diejenigen jungen Leute sinnent-
sprechende Anwendung, welche die Entlassungsprüfong an einer Ober-Realschule
bestanden haben und sich die mit dem Reifezeugnisse eines Realgymnasiums
verbundenen Rechte erwerben wollen.
2. Wenn diesen Bewerbern durch das Reifezeugnis der Ober-Realschule
im Deutschen und im Französischen das Prädicat genügend ohne jede Ein-
schränkung erteilt ist, so wird ihre Prüf\uig auf das Lateinische beschränkt;
in der schriftlichen Prüfung haben dieselben auTser der üebersetzung aus dem
Lateinischen eine üebersetzung ins Lateinische (vgl. § 17, 5) zu fertigen.
Ob das von der Ober-Realschule erteilte Reifezeugnis diese Beschränkung
der Prüfung begründet, hat das K. Prov.Sch.C. zu entscheiden.
3. Die Gebühren für eine solche Prüfung betragen zehn Mark.
' § 19. Die Prüfungsordnung vom 6. October 1859 (s. p. 73 ff.) und die
zur Erläuterung und Ergänzung derselben erlassenen Verfügungen treten hier-
mit aufser Krsät.
B. Ordnung der EntlaBsungsprüfong an den Bealprogsmmasien.
Für die Entlassungsprüfung an den Realprogymnasien finden die vor-
stehenden Anordnungen für die Entlassungsprüfung an Realgymnasien sinn-
entsprechende Anwendung mit folgenden näheren Bestimmungen:
Zu § 3.' Zur Erwerbung eines Zeugnisses der Reife hat der Schüler in
den einzelnen Lehrgegenständen die für die Versetzung in die Prima eines
Realgymn. erforderUchen Kenntnisse nachzuweisen.
Zu § 5, 1. Die Zulassung eines Schülers zur Entlassungsprüfung findet
nicht früher als im vierten Semester der zweijährigen Lehrzeit der Secunda
statt Der Schüler mufs im Semester der Meldung der Obersecunda angehören.
2. Findet keine Anwendung.
416
Zu § 6, 2. Znr schriftlichen Prafnng gehören: ein deutscher Aufsatz,
eine üebersetzang ans dem Deutschen in das Lateinische, in das Französische
und in das Englische, und in der Mathematik vier Aufgaben, und zwar zwei
algebraische, eine planimetrische und eine trigonometrische.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die christliche Beligions-
lehre, die lateinische, französische und englische Sprache, Geschichte und
Geographie, Mathematik, Physik und Chemie.
Zu § 11, 9. Die Prüfung in der Geschichte und in der Mathematik
darf sich nicht auf das Lehrpensum der Secunda beschränken.
Zu § 14, 1. Für Botanik und Zoologie wird die bei der Versetzung
nach Obersecunda erteilte Censur in das Zeugnis aufgenommen.
Zu § 15. Wenn der Departementsrath des K. Prov.Sch.C. den Vorsitz
bei der Pr^ung nicht selbst geführt hat, so sind die Prüftingsprotokolle nebst
Anlagen (§ 13) sowie Abschriften der Zeugnisse und die schriftlichen Arbeiten
der Examinanden von dem Rector spätestens vier Wochen nach AbschluTs der
Prüfung an das K. Prov. Sch.C. zur Kenntnisnahme einzusenden.
Zu § 17, 8. Die Prüfungsgebühren betragen zwanzig Mark.
Anmerkung. Die für die Entlassungsprüfong an den Bealprogymnasien
geltenden Bestimmungen finden Anwendung auf die Prüfungen, welche junge Leute
an Bealgymnasien ablegen, um sich das Zeugnis der Beife für die Prima zu er-
werben. Den Vorsitz bei diesen Prüfungen führt der Director des Realgymnasiums.
Die Prüfungsverhandlungen sind nur auf oesondere Anordnung an das K. Frov.Sch.C.
einzusenden.
C. Ordnung der Entlassungsprüfong an den Bealsohulen.
Für die Entlassungsprüfung an den Realschulen gelten in formaler Be-
ziehung dieselben Bestimmungen wie für die Prüfung an Ober-Realschulen.
Zu § 3. Was den Mafsstab der Leistungen betrifft, so ist in den Sprachen
die Reife für die Prima einer Ober-Realschule zu fordern. In den Wissen-
schaften werden diese Schulen in Rücksicht auf diejenige Mehrheit ihrer Schüler,
welche nicht in eine Schule mit höheren allgemeinen Lehrzielen einzutreten
beabsichtigen, darauf Bedacht zu nehmen haben, einen gewissen AbschluTs der
Schulbildung zu erreichen. Hierauf ist entsprechend bei der Reifeprüfung Ruck-
sicht zu nehmen.
Zu § 5, 1. Die Zulassung eines Schülers zur Entlassungsprüfung findet
nicht früher als im vierten Semester der zweijährigen Lehrzeit der Prima statt.
2. Findet keine Anwendung.
Zu § 6, 2. Zur schriftlichen Prüfung gehören: ein deutscher Aufsatz,
eine üebersetzung ans dem Deutschen in das Französische und in das Englische,
Tier mathematische Aufgaben, und zwar je eine algebraische, planimetrische,
trigonometrische und stereometrische.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die christliche Religions-
lehre, die französische und englische Sprache, (jeschichte und Geographie,
Mathematik, Physik und Chemie.
Zu § 11, 9. Die Prüfung in der (jeschichte und in der Mathematik
darf sich nicht auf das Lehrpensum der Prima beschränken.
Zn § 14, 7. Für Zoologie nnd Botanik wird das auf Grund der Elassen-
leistungen festgestellte Prädicat in das Zeugnis aufgenommen.
417
Zu § 15. Wenn der Departementsrath des E. Proy.Sch.C. den Vorsitz
bei der Prüfling nicht selbst geföhrt bat, so sind die PrüfangsprotokoUe nebst
Anlagen (§ 13) sowie Abschriften der Zeugnisse und die schriftlichen Arbeiten
der Examinanden Yon dem Bector spätestens vier Wochen nach Abschlnfs der
Pröfimg an das K. ProY.Sch.G. zur Kenntnisnahme einzusenden.
Zu § 17, 8. Die Prüfongsgebühren betragen zwanzig Mark.
in.
Ordnung der Entlassungsprufiing an den höheren Bürgerschulen.
§ 1. Zweck der Prüfung. Zweck der Entlassangsprüfdng ist, zu
ermitteln, ob der Schüler dasjenige Mafs der Schulbildung erhuQgt hat, welches
Ziel der höh. Bürgerschule ist
§ 2. Wo die Prüfung abgehalten wird. Zur Abhaltung von
Entlassungsprüfnngen sind alle höh. Bürgerschulen berechtigt^ welche Yom Unter-
richtsminister als solche anerkannt worden sind.
§ 3. Mafsstab zur Erteilung des Zeugnisses der Beife. Um
das Zeugnis der Beife zu erwerben, muTs der Schüler in den einzelnen Gegen-
ständen den nachstehenden Forderungen entsprechen ; dieselben bilden den Mafs-
stab für die Beurteilung der schriftlichen und mündlichen Leistungen.
1. In der christlichen Keligionslehre mufs der eyangelische
Schüler von dem Hauptinhalte der heiligen Schrift, besonders des Neuen Testa-
mentes, und Yon den Grundlehren seiner Confession eine genügende Kenntnis
erlangt haben; aufserdem mufs er mit der Ordnung des Kirchenjahres, den
Hauptereignissen der Beformationsgeschichte und mit einigen Kirchenliedern
und deren Verfassern bekannt sein.
Der katholische Schüler mufs von der Einteilung und dem wesentlichen
Inhalte der heiligen Schrift, yon den Hauptpunkten der Glaubens- und Sitten-
lehre seiner Confession eine genügende Kenntnis erlangt haben; aufserdem mufs
er mit der Ordnung des Kirchenjahres, den epochemachenden Ereignissen der
Kirchengeschichte und einer Anzahl von Kirchenhymnen bekannt sein.
2. In der deutschen Sprache mufs der Schüler ein seiner Bildungs-
stufe angemessenes Thema zu disponiren und in correcter Sprache auszufuhren
im Stande sein. Er mufs beim mündlichen Gebrauche der Muttersprache Ge-
übtheit in sprachrichtiger und klarer Darstellung zeigen. Femer mufs er mit
einigen Dichtungen der classischen Litteratur bekannt sein, an welchen ihm
das Erforderliche über die Dichtnngsarten und Dichtungsformen zum Verständnisse
gebracht ist.
3. In der französischen und englischen Sprache wird richtige
Aussprache, Geläufigkeit im Lesen, Sicherheit in der Formenlehre und in den
Hauptregeln der Syntax erfordert. Der Schüler mufs befähigt sein, leichte
historische und beschreibende Prosa mit grammatischem Verständnisse und ohne
erhebliche Hülfe zu übersetzen und ein nicht zu schweres deutsches Dictat
ohne gröbere Fehler in die fremde Sprache zu übersetzen.
4. In der Geschichte und Geographie mufs der Schüler die
epochemachenden Ereignisse atis der griechischen, römischen und insbesondere
aus der deutschen und preufsischen Geschichte kennen und über Zeit und Ort
der Begebenheiten sicher orientirt sein. Er mufs von den Grundlehren der
mathematischen Geographie, von den wichtigsten topischen Verhältnissen ' und
der politischen Einteilung der Erdoberfläche, insbesondere von Mittel-Europa,
genügende Kenntnis besitzen.
5. In der Mathematik hat der Schüler nachzuweisen, dafs er in der
Wiese, Verordnongen. 27
. 418
•
allgemeinen Aiithmetik bis zur Lehre von den Logarithmen und Progressionen
nnd in der Algebra bis zu einfachen Gleichungen des zweiten Grades mit
einer anbekannten Gröfse, in den Elementen der ebenen and körperlichen
Geometrie and den Anfangsgründen der ebenen Trigonometrie sichere and wissen-
schaftlich begründete Kenntnisse besitzt and sich aasreichende Uebang in der
Anwendung seiher Kenntnisse zur Lösung von einfachen Aufgaben erworben hat
6. In der Naturbeschreibung mufs der Schüler eine auf Anschauung
begründete Kenntnis einzelner wichtiger Mineralien sowie der wichtigeren
Pflanzen&milien und Ordnungen der Wirbeltiere und Insekten besitzen und mit
dem Bau des menschlichen Körpers bekannt sein.
7. In der Naturlehre muTs der Schüler eine auf Grund von Experi-
menten erworbene Kenntnis von den allgemeinen Eigenschaften der Körper, von
den Grundlehren des Gleichgewichtes und der Bewegung der Körper, dbs
Magnetismus, der Elektricität und der Wärme, femer von den wichtigsten
chemischen Elementen und ihren Verbindungen besitzen.
g 4. Zusammensetzung der Prüfungscommission. 1. Die
Prüfungscommission besteht aus dem von dem K. Prov.Sch.C. ernannten K.
Cömmissar als Vorsitzenden, dem Bector der höh. Bürgerschule und dei^enigen
Lehrern, welche in der obersten Klasse mit dem Unterrichte in den lehrplan-
mäfsigen wissenschaftlichen Gegenständen betraut sind.
2. Das K. Prov.Sch.C. ernennt regelmäfsig dasjenige seiner Mitglieder,
welches die inneren Angelegenheiten der betr. höh. Bürgerschule bearbeitet, zum
Prüfungscommissar. Dasselbe kann im einzelnen Falle för die Leitung der münd-
liche Prüfung (§10 bis § 14) einen stellvertretenden Cömmissar ernennen und mit
dieser Stellverinretung insbesondere den Bector der höh. Bürgerschule beauftragen.
3. Dasjenige Organ, welchem die rechtliche Vertretung der Schule
zusteht, ist beftigt, aus seiner Mitte einen Vertreter zum Mitgliede der Prü^ngs-
commission zu ernennen. Die Ernennung erfolgt in der Begel auf einen Zeit-
raum von mindestens drei Jahren und wird dem K. Prov.Sch.C. rechtzeitig
angezeigt. Der ernannte Vertreter hat Stimmrecht in der Commission.
An den für einzelne Anstalten aufserdem etwa bestehenden besonderen
Befugnissen zur Teilname an den Prüfungen wird hierdurch nichts geändert.
4. Auf sämtliche Verhandlungen der Prüfungscommission erstreckt sich
für die Mitglieder derselben die Pflicht der Amtsverschwiegenheit.
§ 5. Meldung und Zulassung zur Prüfung. 1. Die Zulassung
eines Schülers zur Entlassungsprüfung findet nicht früher als im zweiten Halb-
jahre der einjährigen Lehrzeit der ersten Klasse statt.
3. Wenn ein Schüler der ersten Klasse im Disciplinarwege von einer
höh. Bürgerschule entfernt worden ist oder dieselbe verlassen hat, um sich einer
Schulstrafe zu entziehen, so darf ihm an der höh. Bürgerschule, an welche er
übergegangen ist, bei seiner Meldung zur Entlassungsprüfung das Halbjahr, in
welches oder an dessen Schlufs der Wechsel der Anstalt fällt, nicht auf die
Lehrzeit dieser Klasse angerechnet w.erden.
3. Die Meldung zur Entlassungsprüfung ist drei Monate vor dem Schlüsse
des betr. Schulsemesters dem Bector schriftlich einzureichen.
4. In einer Conferenz, welche von dem Bector mit den der Prüfungs-
commission angehörenden Lehrern zu halten ist, werden die Meldungen vor-
gelegt und auf Grund der in der ersten Klasse den betr. Schülern erteilten
Zeugnisse Gutachten (Nr. 6 und § 12, 2) darüber festgestellt, ob diese Schüler
nach ihren wlssenschaftl. Leistungen und nach ihrer sittlichen Haltung als
den Zielforderungen der höh. Bürgerschule entsprechend anzuerkennen sind.
5. Wenn ein Schüler nach dem einstimmigen Urteile der Conferenz die
erforderliche Beife in wissenschaftlicher oder sittlicher Hinsicht noch nicht
419
erreicht hat, so ist der fiector verpflichtet, ihm von dem Eintritte in die Prö-
fong abzurathen und seinen Eltern oder deren Stellyertreter entsprechende Yor-
steUnngen zu machen. Bleiben diese VorsteUnngen erfolglos, so kann die
üebermittelnng der Meldung an das K. ProT.Sch.C. nicht yerweigert werden;
dafs die Abmahnnng stattgefnnden hat, ist dabei ansdräcklich zu vermerken.
6. Das Verzeichnis der Schüler, welche sich znr Prflfong gemeldet haben,
nebst den erforderlichen nftheren Angaben über ihre Person nnd dem Gutachten
über ihre Beife (Nr. 4), eveni eine Vacatanzeige, hat der Bector dem E. Prov.
8ch.C. spätestens 2^2 Monat vor dem Schlosse des betr. Semesteis einzureichen.
Jn dem einzureichenden tabellarischen Verzeichnisse sind za dem Namen
jedes Examinanden folgende Bnbriken aasznfnlleti: Tag und Ort der Geburt,
Confession (bezw. Beligion), Stand nnd Wohnort des Vaters, Dauer des Aufent-
haltes auf der Schule überhaupt und in der obersten Klasse insbesondere, ferner
ein durch kurze Bezeichnung der gesamten bisherigen Entwickelung des Schülers
zu begründendes Gutachten über seine Beife. Diesem Gutachten ist die
Pormulirung des Urteiles beizufügen, welches in dem eveni Beifezeugnisse in
die Bubrik „Betragen und Fleifs" aufmnehmen beabsichtigt wird.
7. Das E. Prov.Sch.C. prüft, ob die für die Entlassungsprüfung geltenden
Eifordemisse (Nr. 1 und 2) erfüllt sind, und entscheidet hiemach über die
Zulassung zur Prüfung.
§ 6. Art und Gegenstände der Prüfung. 1. Die Entlassungs-
prüfung ist eine schriftliche und mündliche.
2. Zur schriftlichen Prüfung gehören: ein deutscher Aufsatz, eine Ueber-
setzung aus dem .Deutschen in das Französische und in das Englische, und in
der Mathamatik vier Aufgaben, und zwar zwei aus der Algebra, je eine ans
der ebenen Geometrie und der Trigonometrie.
3. Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die christliche Beligions^
lehre, die französische und englische Sprache, Geschichte und Geographie»
Mathematik und Naturlehre.
§ 7. Schriftliche Prüfung. 1. Stellung der Aufgaben.
1. Alle gleichzeitig die Prüfung ablegenden Schüler erhalten dieselben
Aufgaben.
2. Die Aufgaben sind so zu bestimmen, dafs sie in Art und Schwierig-
keit die Elassenaufgaben der ersten Elasse in keiner Weise überschreiten; sie
dürfen aber nicht einer der bereits bearbeiteten Aufgaben so nahe stehen^ dafs
ihre Bearbeitung aufhört, den Werth einer selbständigen Leistung zu haben.
3. Die Aufgaben für jeden einzelnen Gegenstand legt der Lehrer,
welcher denselben in der obersten Elasse vertritt, dem Bector zur Genehmigung vor.
4. Die Texte zu den Uebersetzungen aus dem Deutschen bedürfen nur
der Genehmigung des Bectors.
5. Für den deutschen Aufsatz hat der Fachlehrer drei Vorschläge, für
die mathematische Arbeit drei Gruppen von je vier Aufgaben dem Bector zur
Genehmigung vorzulegen. Nachdem dieser die Vorschläge genehmigt hat, sendet
er dieselben unter besonderem Verschlusse dem E. Commissar ein, behufs der
aus den Vorschlägen zu treffenden Auswahl.
6. Die Zustellung der Aufgabenvorschläge an den E. Commissar ge-
schieht gleichzeitig mit der Einreichung der Meldungen an das E. Prov.Sch.C.;
zugleich mit der Entscheidung des letzteren über die Meldungen stellt der E.
Commissar die Aufgaben mit Bezeichnung der von ihm getroffenen Wahl unter
besonderem Verschlusse zurück.
7. Der E. Commissar ist befagt, statt aus den vorgeschlagenen Aul
^ben zu wählen, andere zu bestimmen, sowie anzuordnen, dafs zum üebersetzen
27*
420
ans dem Deutschen Texte, welche er mitteilt, als Anfgaben benntzt werden.
Aach steht dem Commissar frei, bei erheblichen Zweifeln an der SelbstAndigkeit
der gefertigten Prüfungsarbeiten für alle oder für einzelne Fächer nene Aufgaben
zur Bearbeitung zu stellen.
8. Es ist Pflicht der Prüfungscommission, insbesondere der die Anf-
gaben stellenden Lehrer und des Bectors, dafür zu sorgen, dafs die Aufgaben
für die schnfU. Prüfung den Schülern erst beim Beginne der betr. Arbeit
zur Kenntnis kommen, auch jede vorherige Andeutung über dieselben auf das
strengste zu yermeiden.
§ 8. 2. Bearbeitung der schriftlichen Aufgaben. 1. Die
Bearbeitung der Aufgaben geschieht in einem geeigneten Zimmer der höh.
Bürgerschule unter der beständigen, durch den Rector anzuordnenden Aufsicht
von Lehrern, welche der Prüfungscommission angehören.
2. Für den deutschen Aufsatz und für die mathematische Arbeit sind
fünf Vormittagsstunden zu bestimmen. Zu der Anfertigung der üebersetzungen
aus dem Deutschen in das Französische und Englische werden, ausschliefslich
der für das Dictiren der Texte erforderlichen Zeit, je zwei Stunden bestimmt.
3. Keine Arbeitszeit diurf durch eine Pause unterbrochen werden. Doch
ist es zulässig, die für die mathematische Arbeit bestimmte Zeit in zwei durch
eine Erholungspause getrennte Hälften zu teilen, am Beginne einer jeden die
Hälfte der Aufgaben zu stellen und deren Bearbeitung am Schlüsse jeder der
beiden halben Arbeitszeiten abüefem zu lassen.
4. Andere Hülfsmittel in das Arbeitszimmer mitzubringen, als die
Logarithmentafeln für die mathematische Arbeit ist nicht erlaubt
5. Wer mit seiner Arbeit fertig ist, hat sie dem beaufsichtigenden Lehrer
abzugeben und das Arbeitszimmer zu verlassen.
Wer nach Ablauf der vorschriftsmäfsigen Zeit mit seiner Arbeit nicht
fertig ist, hat sie unvollendet abzugeben.
In jedem Falle ist von den fertigen wie von den unvollendeten Arbeiten
aufser der Beinschrifk das Concept mit abzugeben.
6. Wer bei der schriftlichen Prüfung sich der Benutzung unerlaubter
Hül&mittel, einer Täuschung oder eines Täuschungsversuches schuldig macht,
oder anderen zur Benutzung unerlaubter Hülfsmittel, zu einer Täuschung oder
einem Täuschungsversuche behülflich ist, wird mit AusschluTs von der weiteren
Prüfung und, wenn die Entdeckung erst nach Vollendung derselben erfolgt, mit
Vorenthaltung des Prüfbngszeugnisses bestraft. Die in solcher Weise Bestraften
sind hinsichtlich der Wiederholung der Prüfung denjei^gen gleichzustellen,
welche die Prüfung nicht bestanden haben (§ 16, 1 und 3). Wer sich einer
Täuschung oder eines Täuschungsversuches auch bei der Wiederholung der
Prüfung schuldig macht, kann von der Zulassung zur Beifeprüfnng überhaupt
ausgeschlossen werden. In jedem. Falle einer Täuschung oder eines Täuschungs-
versuches ordnet zunächst der Bector mit den der Prüfungscommission an-
gehörenden Lehrern das Erforderliche an, die schliefsliche Entscheidung trifft
die gesamte Commission vor der mündlichen Prüfung (§ 10, 2). Für die Fälle,
in denen ein Schüler von der Zulassung zur Beifeprüfung überhaupt ausge-
schlossen werden soll, ist die Entscheidung des Ministers einzuholen.
Auf diese Vorschriften hat der Rector beim Beginne der ersten schrift-
lichen Prüfungsarbeit die Schüler ausdrücklich aufmerksam zu machen.
§ 9. Beurteilung der schriftlichen Arbeiten. 1. Jede Arbeit
wird zunächst von dem Fachlehrer corrigirt und censirt, d. h. die sich findenden
Fehler werden, mag an die Stelle des Unrichtigen dasBichtige gesetzt werden
oder nicht) nach ihrer Art und dem auf sie zu legenden Gewichte bezeichnet,
421
und 66 wird über den Werth der Arbeit im Verhältnis zn den Prfifdngs-
fordenmgen (§ 3) ein Urteil abgegeben, welches schüefslich in eins der vier
Prfidicate: sehr gnt, gut, genügend, nicht genügend, zasammenzo&ssen
ist. Hinznzufagen ist die Angabe über die Beschaffenheit der betr. Klassen-
leistongen, es darf jedoch dem Urteile über die Klassenleistongen kein Ein-
flnfs auf das der Prüfungsarbeit zuzuerkennende Prädicat gegeben werden.
2, Sodann circuliren die Arbeiten bei den der Prüfongscommission an-
gehörenden Lehrern, und in einer hierauf vom Bector mit denselben zu haltenden
Conferenz werden die den einzelnen Arbeiten erteilten Prädicate zusammen-
gestellt und wird darüber Beschlufs gefaxt, ob und für welche Examinanden
die Ausschliefsung von der mündlichen Prüfung (§ 10, 3) oder die Dispensation
von derselben (§ 10, 4) zu beantragen ist.
3. Der Bector hat hierauf die Arbeiten nebst dem Prüfungsprotokolle
und den Texten zu den Uebersetzungen in das Französiche und Englische
rechtzeitig vor dem Termine der mündl Prüfung dem K. Commissar zuzustellen.
Am Bande der Texte zu den Uebersetzungen sind die den Examinanden etwa
angegebenen Vocabeln oder anderweiten Uebersetzungshülfen zu bezeichnen;
diese Bezeichnung hat die Bedeutung, dafe aufserdem keine Uebersetzungshülfen
den Examinanden gegeben sind.
Der K. Commissar ist befugt, Aenderungen in den den Prüftingsarbeiten
erteilten Prädicaten zu verlangen und eintreten zu lassen. Hiervon ist in dem
Protokolle (§ 13) Kenntnis zu geben.
§ 10. Mündliche Prüfung. 1. Vorbereitung. 1. Die mündl.
Prüfhng ist innerhalb der letzten sechs Wochen des betr. Schulsemesters vor-
zunehmen.
Der E. Commissar bestimmt den Tag und fahrt den Vorsitz.
Für den Tag der mündl. Prüfung hat der Bector in dem Locale der
Prüfung die Censuren, welche die Examinanden während der Zeit ihres Aufent-
haltes in der ersten Klasse erhalten haben, femer ihre schriftlichen Arbeiten
aus der ersten Klasse und die von ihnen während dieser Zeit in den Unterrichts-
stunden angefertigten Zeichnungen zur Einsichtnahme bereit zu halten.
Bei der mündL Prüfung, jedoch mit AusschluTs der derselben voraus-
gehenden (Nr. 2) und nachfolgenden (§ 12, 2) Berathung, haben aufser den
der Commission angehörenden auch alle übrigen Lehrer der höh. Bürgerschule
anwesend zu sein. In dem Falle einer mehrtägigen Dauer der Prüftmg (§ 11, 1)
gilt diese Bestimmung nur für den ersten Tag.
2. Der mündl. Prüfung geht voraus eine Berathung und Beschlufsfassung
darüber, ob einzelne der Bewerber von der Zulassung zur mündl. Prüfung aus-
zuschlielsen oder von ihrer Ablegung zu befireien sind (§ 8, 6 und § 9, 2).
3. Ein Schüler, dessen schriftliche Prüfungsarbeiten sämtlich oder der
Mehrzahl nach das Prädicat „nicht genügend" erhalten haben, ist von der
mündl. Prüfung auszuschliefsen, wenn bereits in der auf Anlafs der Meldung
aufgestellten Beurteilung (§ 5, 6) der Zweifel an der Beife desselben Ausdruck
gefunden hat. Ist ein solcher Zweifel nicht ausgedrückt worden, so wird der
Erwägung der Commission anheimgestellt, ob der Bath zum Bücktritte vor der
mündl. Prüfung erteilt werden solL
4. Wenn die Leistungen eines Schülers während der Lehrzeit der obersten
Klasse nach dem einstimmigen Urteile der Lehrer befriedigt haben und die
schriftlichen Arbeiten der Entlassungsprüfong sämtlich genügend, einige darunter
besser ausgefallen sind, so kann derselbe von der mündl. Prüfung befreit werden.
Ein dahin gehender Beschlufs mufs einstimmig gefafst sein.
Bei Anwendung dieser Bestimmung ist auf die sittliche Führung des
betr. Schülers während seiner Lehrzeit in der ersten Klasse entsprechende Bück-
sicht zu nehmen.
\
422
§ 11. 2. Ausführung. 1. Mehr als zehn Schüler dürfen in (ier
Eegel nicht an einem Tage geprüft werden. Sind mehr als zehn Schüler zu
prSen, so sind dieselben in zwei oder nach Erfordernis in mehrere Grappen za
teilen. Die Prüfung jeder Gmppe ist gesondert vorzunehmen.
2. Der E. Gommissar bestimmt die Folge der Prüfangsgegenstände und
die jedem derselben zu widmende Zeit
Er ist befugt, bei einzelnen Schülern die Prüfung in einzelnen Fächern
nach Befinden abzukürzen.
3. Die Schüler dürfen keine Bücher zur Prüfung mitbringen.
4. In Betreff etwaiger Täuschungen oder Täuschungsversuche bei der
mündL Prüfung gelten die Bestimmungen des § 8, 6.
5. Zu prüfen hat in jedem Gegenstande der Lehrer desselben in der
ersten Klasse. Der E. Gommissar ist befagt, seinerseits Fragen an die Schüler
zu richten und in einzelnen Fällen die Prüftmg selbst zu übernehmen.
6. Zur Prüfung im Französischen und EngliBcheh werden den Schülern
zum üebersetzen aus prosaischen Werken, wel(^e in der ersten Elasse ge-
lesen werden oder dazu geeignet sein würden, solche Abschnitte vorgelegt, welche
von den Schülern in der ersten Elasse nicht 'gelesen sind. Der E. Gommissar
ist befngt, die Auswahl der vorzulegenden Abschnitte zu treffen.
Durch geeignete an die Uebersetzung anzuschliefitende Fragen ist den
Schülern Gelegenheit zu geben, die Sicherheit ihrer grammatischen und lexika-
lischen Eenntoisse darzutiiun.
7. Jedem Schüler ist, abgesehen von den in der geschichtlichen Prüfung
etwa vorkommenden Beziehungen auf Geographie, eine Anzahl von Fragen über
topische und politische Verhältnisse der Erdoberfläche und über die Grundbegriffe
der mathematischen Geographie vorzulegen.
8. In der Naturbesc^eibung wird nicht geprüft; in das Zeugnis ist jedoch
das auf Grund der Elassenleistungen festgestellte Prädicat aufzunehmen.
9. Im Verlaufe der mündl. Prüftmg sind auf Vorschlag der betr. Fach-
lehrer von der Gommission die Prädicate festzustellen, welche jedem Exami-
nanden in den einzelnen Gegenständen auf Grund der mündl. Prüfiongsleistungen
zuzuerkennen sind.
§ 12. Feststellung des ürteiles. 1. Nach Beendigung der mündl.
Prüfung findet eine Berathung der Prüfungscommission über das Ei^bnis der
gesamten PrüAing statt. Die Ordnung, in welcher die einzelnen Fragen zur
Erwägung und Beschlufsfassung gebracht werden sollen, bestimmt der E.
Gommissar.
2. Bei der Entscheidung darüber, ob die Prüfung bestanden sei, sind
aufser den Leistungen in der schriftl. und mündl. Prüfhng die vor dem Be-
ginne der gesamten Prüfung festgestellten Prädicate (§ 5, 6) über die Elassen-
leistungen in Betracht zu ziehen.
3. Die Prüfung ist als bestanden zu erachten, wenn das auf die Prüfungs-
nnd die Elassenleistungen (Nr. 2) gegründete Gesamturteil in keinem obliga-
torischen wissenschaftl. Lehrgegenstande „nicht genügend*' lautet.
Eine Abweichung hiervon in Berücksichtigung des von dem Schüler ge-
wählten Berufes ist nicht zulässig. Dagegen ist zulässig, dafo nicht genügende
Leistungen in einem Lehrgegenstande durch mindestens gute Leistungen in
einem anderen als ergänzt erachtet werden.
4. Die Beligionäehrer haben sich der Abstimmung zu enthalten, wenn
es sich um einen Schüler handelt, der an ihrem Unterrichte nicht teilnimmt
5. Bei allen Abstimmungen der Gommission gilt, wenn Stimmengleich-
heit eintritt, diejenige Ansicht, für welche der E. Gommissar stimmt.
6. Gegen den Beschlufb der Prüfungscommission über Zuerkennung oder
423
Yerweigening des Zeugnisses der Beife steht dem K. Commissar das Becht der
Einsprache zu. In diesem Falle sind die Prüfungsverhandlnngen dem K. Prov.
Sch.C. zur Entscheidung einzureichen.
7. Nachdem die Berathüng ahgeschlossen und das Protokoll von sämt-
lichen Mitgliedern der Commission unterzeichnet ist, verkündigt der £. Com-
missar den Examinanden das Gesamtergebnis der Prüfung.
§ 13. Prüfungsprotokoll. Ueber die gesamten Vorgänge der Prüfung
ist ein Protokoll mit folgenden Abschnitten zu führen.
1. Protokoll über die durch § 5, 4 bestimmte Conferenz; dazu gehören
als Beilagen die Meldungen zur Prüfting (§ 5, 3) das durch § 5, 6 bezeichnete,
an das K. Prov. Seh. C. eingereichte Verzeichnis und die Verfugung desselben
über die Annahme der Meldungen (§ 5, 7; § 7, 6).
2. Protokoll über die schriftliche Prüfting (§ 8). In demselben ist zu
verzeichnen, wann jede einzelne schriftliche Arbeit begonnen ist, welche Lehrer
die Aufsicht geführt haben, welche Schüler und wann und wie lange sie das
Zimmer während der Arbeitszeit zeitweilig verlassen haben, wann jeder seine
Arbeiten abgegeben hat; aufberdem ist jedes Vorkommnis zu verzeichnen, '
welches darauf schliefsen läfst, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
Am Anfange dieses Protokolles ist zu vermerken, dafs der Bector den
Schülern die in § 8, 6 vorgeschriebene Eröffnung gemacht hat; am Schlüsse
des Protokolles hat der Bector entsprechenden Falles zu bezeugen, dafs während
4e8 Verlaufes der schriftlichen PrtOfnng nichts vorgekonmien ist^ was darauf
schliefsen liefse, dafs der Fall des § 8, 6 vorliege.
3. Protokoll über die Vorberathung vor der mündl. Prüfung (§ 9, 2).
4. Das Protokoll über die mündl. Prüfung. Dasselbe hat zu enthalten
die Vorberathung (§ 10, 2), den Inhalt der gestellten Fragen und die Be-
schaffenheit der Antworten in der Weise, dafis daraus die Begründung der über
die Ergebnisse der mündl. Prüfung gefällten Urteile ersichtlich wird, und die
Schlufsberathung (§ 12).
§ 14. Zeugnis. 1. Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeug-
nis der Beife. Dasselbe mufs enthalten : ein Urteil über das sittliche Verhalten,
die Au^rksamkeit und den Fleifs des Schülers; far jeden einzelnen Lehr-
gegenstand der ersten Klasse die Bezeichnung des Verhältnisses der Schul-
und Prüfuugsleistungen zu den Forderungen der Schule und schliefslich die
Erklärung, dafs die Prüfnng bestanden sei.
Ein Formular für die Zeugnisse ist dieser Prüftmgsordnung beigefügt.
(Anlage C.)
2. Das aus dem Urteile über die Prüfiings- und über die Schulleistungen
in jedem Gegenstande sich ergebende Gesamtnrteil ist schlieflBlich in eins der
vier § 9, 1 bezeichneten Prädieate zusammen zu fassen; dies Prädicat ist durch
die Schrift hervorzuheben. Bezüglich des Prädicates far Naturbeschreibung
vei^L § 11, 8.
3. Die auf Grund des gesamten Prüfungsergebnisses unter der Ver-
antwortlichkeit des Bectors zu entwerfenden und von allen Mitgliedern der
Commission zu unterzeichnenden Concepte der Beifezeugnisse sind nebst der
gleichen Zahl von Blanketten dem K. Commissar zur Unterschrift vorzulegen.
Letztere müssen den Namen und die Personalverhältnisse der abgehenden
Schüler und die Unterschrift des Bectors bereits enthalten.
Die Zeugnisse werden von sämtlichen Mitgliedern der Commission
unterzeichnet.
4. Eingehändigt werden die Zeugnisse in der Begel sämtlichen Schülern
gleichzeitig unter geeigneter Ansprache durch den Bector in einer Versammlung
der ganzen Schule oder ihrer oberen Klassen.
424
§ 16. Einsendang der Prüfangsverhandliiiigen. Wenn der
Departementsrath des K. Prov. Sch.G. den Vorsitz bei der Prüfling nicht selbst
geföhrt hat, sind die Prüfungsprotokolle nebst Beilagen (§ 13) sowie Abschriften
der Zeugnisse und die schriftlichen Arbeiten der Examinanden von dem Bector
spätestens vier Wochen nach AbschlnTs der Prüfung an das K. Prov. Sch.C. zur
Kenntnisnahme einzusenden.
Die Arbeiten sämtlicher Examinanden über denselben Prüftingsgegen-
stand sind zusammenzuheften; jedem Hefte ist die Angabe der Torgeschlagenen
Aufgaben, bei den französichen und englischen Exercitien der dictirte Text
unter Bezeichnung der etwa dazu gegebenen Yocabeln oder sonstigen Hülfen
(vergl. § 9, 3) beizufügen.
§ 16. Verfahren bei denjenigen, welche die Entlassungs-
prüfung nicht bestanden haben. 1. Wer die Entlassungsprüfhng ein-
mal nicht bestanden hat, darf zur Wiederholung derselben, mag er femer eine
höh. Bürgerschule besuchen oder nicht, höchstens zweimal zugelassen werden.
2. Denjenigen Schülern, welche nach nicht bestandener Entlassungs-
prüfung die höh. Bürgerschule verlassen, wird ein gewöhnliches Abgangszeugnis
ausgestellt, in dessen Eingang das ungenügende Ergebnis der EnÜassungs-
prü^g zu erwähnen ist.
§ 17. Beifeprüfung derjenigen, welche nicht Schüler einer
höh. Bürgerschule sind. 1. Wer, ohne Schüler einer höh. Bürgerschule
zu sein, die an die Entlassungsprüfhng derselben geknüpften Bechte erwerben
will, hat unter Nachweisung seines Bildungsganges und seines sittlichen Ver-
haltens das Gesuch um Zulassung zur Prüfimg an das K. Prov. Sch.C. zu
richten, dessen Amtsbereiche er durch den Wohnort der Eltern oder durch den
Ort seiner letzten Schulbildung angehört, und wird von demselben, sofern die
Nachweisungen als ausreichend befunden sind, einer höh. Bürgerschule zur
Prüfung überwiesen.
2. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung ist drei Monate vor dem
Schlüsse des Schulhalbjahres einzureichen.
Der Nachweisung des Bildungsganges sind die letzten Schul- oder
Privatzeug^isse über den empfangenen Unterricht beizufügen.
3. Das E. Prov. Sch.C. ist verpflichtet, wenn sich aus den Zeugnissen
ergiebt, dafs der Bittsteller bereits an einer höh. Bürgerschule einer anderen
Provinz als Schüler der ersten Klasse die Entlassungsprüfung erfolglos ab-
gelegt hat, mit dem Prov. Sch.C. dieser Provinz in Einvernehmen darüber zu
treten, ob dortseits noch etwa Bedenken gegen die Zulassung zu erheben sind,
welche aus den Zeugnissen nicht erhellen.
4. Junge Leute, welche früher eine höh. Bürgerschule besucht haben,
dürfen zur Prüfung nur zugelassen werden, wenn nut Ablauf des Halbjahres,
in welchem sie sich melden, von dem Eintritte in die erste Klasse an ge-
rechnet, ein Jahr, und falls sie schon aus der zweiten Klasse abgegangen
sind, vom Eintritte in diese an gerechnet zwei Jahre verflossen sind. Hierbei
bleiben bezüglich der Anrechnung des Besuches der ersten Klasse die Be-
stimmungen § 5, 2 in Kraft.
5. Für die Prüfung sind die §§ 3 bis *16 mit folgenden näheren Be-
stimmungen mafsgebend.
Für die schriftlichen Prüfungsarbeiten sind andere Aufgaben zu stellen,
als die Schüler der betr. Anstalt erhalten.
Eine Ausschliefsung oder eine Befreiung von der mündlichen Prüfung
flndet nicht statt.
425
•
Die mündliche Prüfang ist getrennt von deijenigen der Schüler der
Anstalt abzuhalten.
Zu der Prüfnng in den § 6, 3 bezeichneten G^egenständen tritt die in
der deutschen Sprache nnd in der ^aturbeBchreibong znr Ermittelang des
durch § 3, 2 nnd 6 erforderten Mafses der Kenntnisse Mnzn.
Das Protokoll über die Prüfang ist abgesondert von dem über die
Prüfang der Schüler der höh. Bürgerschale za fairen.
6. Das in das Beifezeagnis ao&anehmende Urteil über das sittliche
Verhalten ist aaf Grand der beigebrachten Nachweisnngen und anter Berafong
auf dieselben abzufassen.
7. Wird die Prüfang nicht bestanden, so ist die Commission berechtigt,
nach Befinden za bestimmen, ob die Wiederholung erst nach Ablauf eines
Jahres erfolgen darf.
8. Die Prüfungsgebühren betragen zwanzig Mark. Sie sind vor dem
Beginne der schriftlichen Prüfung zu entrichten.
Anlage A.
(Beiohifozmat.)
Oymiiasliim zn
Zeugnis der Beife.
N. N. 1)
geboren den *•» 18 zu ^) ,
') , Sohn des*) zu*)
war Jahre auf dem Gymnasium und zwar Jahre in Prima. *)
[*) Sämtliche Yomamen anzugebeui Bofname zu unterstreichen ; *) Geburts-
ort; *) Gonfession bez. Religion; ^) Stand und Name des Vaters; *) Wohnort des
Vaters, nöthigenfialls unter Beifügung des Kreises ; *) falls der Schüler erst in die
Prima eingetreten ist, hinzuzufügen: vorher Jahre auf ]
I. Betragen und FleiTs.
rAm Schlüsse der Charakteristik ist event. die Dispensation von der münd-
lichen Prüfung anzugeben. — In den Formularen für firemde lEaturitäts- Aspiranten
lautet Rubrik I.: Sittliches Verhalten.)
II. Kenntnisse und Fertigkeiten : (Beligionslehre, Deutsch, Latein,
Griechisch, Französisch, Hebräisch, Polnisch (event Englisch), Geschichte und
Geographie, Mathematik, Physik — Turnen, Zeichnen, Gesang).
(Die Urteile über die einzelnen Lehrg^^nstände müssen den allgemeinen
«Stand der Kenntnisse des Examinanden im VerluLltnisse zu den Lehrzielen be-
zeichnen und, falls die Leistungen in der schriftl. und mündL Prüfung sich von den
Klassenleistungen unterschieden haben, diese Verschiedenheit zum deutlichen Aus-
drucke bringen. Die Urteile sind bei jedem Lehrobjecte schliefslich in ein be-
stimmtes, durch die Schrift kenntlich gemachtes Prädicat zusammenzufassen,
vergl. § 14, 2.)
Die unterzeichnete Prüfungsoommissiön hat ihm demnach, da er jetzt
das Gymnasium yerläfst^ um ^) ,
das Zeugnis
der Beife
zuerkannt und enüäfst ihn^)
, den») *•« 18
[^) Bezeichnung des gewählten Berufes; *) Hinzufügrung von Wünschen und
Hoffnungen; ') Datum der mündlichen Prüfung.]
Königliche PrQfungscommlssioni
N. N. Königl. Gommissar.
(Siegel des KönigL Gommissars.)
N. N. Vertreter des Magistrats (Guratoriums).
N, N. Direotor.
(Siegel des G^nmasiums.)
N. N. Oberlehrer u. s. w.
426
Anlage B.
(ReiobifonnAt.)
BeAlgymnaslnm (Ober-Bealsolmle) eu
Zeugnis der Beife.
N. N. 1)
eeboren den *«» 18 zu *) ,
3) , Sohn des *) zu *)
war Jahre auf dem Bealgymnasium (der Ober-Realschule) und zwar
Jahre in Prima.*)
[^) Sämtliche Yomamen anzugeben, Bofname zu unterstreichen ; *) Geburts-
ort; *) Confession bezw. Heligion; ^) Stand und Name des Vaters; *) Wohnort
des Vaters, nöthigenfalls unter Beifügung des Kreises ; *) falls der Schüler erst in
die Prima eingetreten ist, hinzuzufügen: vorher Jahre auf ]
I. Betragen und Fleifs.
(Am Schlüsse der Charakteristik ist event. die Dispensation von der münd-
lichen Prüfung anzugeben. — In den Formularen für fremde Haturitäts- Aspiranten
lautet Bubrik I.: Sittliches Verhalten.)
n. Kenntnisse und Fertigkeiten: (Beligionslehre, Deutsch bezw. Latein)*
Französisch, Englisch, Polnisch, Geschichte und Creographie, Mathematik, Physik»
Chemie, Naturbeschreibung — Turnen, Zeichnen, Gesang.)
(Die Urteile über die einzelnen Lehrgegenstände müssen den allgemeinen
Stand aer Kenntnisse des Examinanden im Verhältnisse zu den Lehrzielen be-
zeichnen und, falls die Leistungen in der sohriftl. und mündL Prüfung sich von
den Ellassenleistungen unterschieden haben, diese Verschiedenheit zum deutlichen
Ausdrucke bringen. Die Urteile sind bei jedem Lehrobjecte schliefslich in ein
bestimmtes, durch die Schrift kenntlich gemachtes Prädicat zusammenzufassen,
vergl. § 14, 2.)
Die unterzeichnete Prüfungscommission hat ihm demnach, da er jetzt
das Befdgymnasium (die Ober-Bealschule) verläfst, um 0
, das Zeugnis
der Beife
zuerkannt und entläfst ihn ^)
, den*) *•» 18
[^) Bezeichnung des gewählten Berufes ; ') Hinzufügnng von Wünschen und
Hoffnungen; *) Datum der mündlichen Prüfung.]
Künigliche PrQfungscommission.
N. N. Königl. Commissar.
(Siegel des Königl. Commissars.)
N. N. Vertreter des Magistrats (Curatoriums).
N. N. Director.
(Siegel der Schule.)
N. N. Oberlehrer u. s. w.
Anlage C.
(BeiohtfomiAt.)
HShere BUrgerselmle in
Zeugnis der Beife,
N. N. 0
ffeboren den *«° 18 zu*) ,
') , Sohn des*) zu*)
war Jahre auf der Schule und zwar Jahr in der ersten Klasse. *)
[^ Sämtliche Vornamen anzugeben, Bufname zu unterstreichen ; *\ (Geburts-
ort; *) Confession bezw. Beligion; ^) Stand und Name des Vaters; *) Wohnort
des Vaters, nÖthigenfalls unter Beifd^ng des Kreises; *) sofern der Schüler erst
in die erste Klasse eingetreten ist, hinzuzufügen: vorher Jahre auf ]
427
I. Betragen und Fleifs.
(Am Schlüsse der Charakteristik ist event. die Dispensation von der münd-
lichen Prüfung anzugeben. — In den Formularen für fremde Hatnritäts-Aspiranten
lautet die Rubrik I.: Sittliches Verhalten.)
n. Kenntnisse nnd Fertigkeiten: (Beligionslehre, Dentsch, Französisch,
Englisch, Geschichte nnd Geographie, Mathematik, Natnrlehre, Natorbeschreibnng
— Tnmen, Zeichnen, Gesang).
(Die Urteile über die einzelnen LehrgegenstSnde müssen den allgemeinen
Stand der Kenntnisse des Examinanden im Verhältnisse za den Lehrzielen be-
zeichnen und, iallB die Leistungen in der schriftl. und mündL Prüfung sich von
den Klassenleistungen unterschieden haben, diese Verschiedenheit zum deutlichen
Ausdrucke bringen. Die Urteile sind in jedem Lehrobjecte schliefslich in ein
bestimmtes, durch die Schrift kenntlich gemachtes Prädicat zusammenzufassen,
vergL § 14, 2.)
Die nnteneichnete Prüfnngscommission hat ihm demnach, da er jetzt
die Schule verläufst, mn ^) ,
das Zeugnis
der Beife
zuerkannt und entläfst ihn ^)
, den 5) *« 18
[^) Bezeichnung des gewählten -Berufes; ') Hinzufügnng von Wünschen und
Hoffnungen; ') Datum der mündlichen Prüfung.]
Königliche PrQfungscommistlon.
N. N. Königl. Commissar.
(Siegel des Königl. Gommissars.)
N. N. Vertreter des Hagistrats (Curatoriums).
N. N. Rector.
(Siegel der Schule.)
N. N. Oberlehrer u. s. w.
Ueber die allgemeine Tendenz nnd wesentliche Bedeutung der
Beif eprüfung ist za vergleichen die Circular-Verfngung von 24. Oct. 1837,
No. 7, p. 60 fg.
Besondere Bestimmungen.
Erläuterungen zu der Ordnung der Entlassungsprüfungen
an den höh. Schulen« C.Verf. v. 24. De c 1884. „Die unter dem 27. Mai
1882 erlassene Ordnung der Beifeprnfungen an den höheren Schulen hat in
einzelnen Bestimmungen zu Zweifeln in der Auffassung und Anwendung Anlafs
gegeben. Zu ihrer Beseitigung finde ich mich bestinunt, Folgendes zu erklären:
1. Zu § 5, 1 der Pr&ungsordnung für Gymnasien und Bealanstalten.
Li der vorher geltenden Prüfungsordnung vom 4 Juni 1834 war in
§ 7 die Bedingung der Zulassung zur Prüfung folgendermafsen festgesetzt:
a. Das Gesudb der Schüler um Zulassung zur Prüfung darf erst in den
drei letzten Monaten des vierten Semesters ihres Aufenthaltes in
Prima erfolgen.
Die entsprechende Bestimmung der jetzt in Kraft stehenden Prüfungs-
ordnung :
„die Zulassung eines Schülers zur Entlassungsprüfung findet in der
Begel nicht früher, als im vierten Halbjahre der zweijährigen
Lehrzeit der Prima statt*'
ist hiervon nicht blofs im sprachlichen Ausdrucke, sondern sachlich unter- m
schieden. Es ist nicht ausgeschlossen, dafs ein durch Privatunterricht vorbe- 1
428
reiteter Schüler bei seiner Aufnahme für die Oberprima eines Gymnasinms oder
einer Bealanstalt reif befanden, oder dafs derselbe, in die Unterprima aufge-
nommen, nach Verlauf eines Halbjahres in die Oberprima versetzt sei. Ein
solcher Schüler befindet sich in dem die Zulassung zur Reifeprüfung bedingen-
den vierten Halbjahre der zweijährigen Lehrzeit der Prima, ohne dafs dies zu-
gleich das vierte Halbjahr seines Aufenthaltes in Prima zu sein braucht.
Durch diese Fassung der betr. Bestimmung ist für derartige Fälle eine
unnOthige, möglicherweise sogar nachteilige Verzögerung der Beifeprüfung be-
seitigt. Zur Vorsicht bei der Aufnahme von Schülern aus Privatunterricht in
die oberste Klasse der höh. Schulen die LehrercoUegien noch ausdrücklich £a
mahnen, scheint schon mit Bücksicht auf die besondere Aufmerksamkeit, welche
den Beifeprüfungen durch den Vorsitz des E. Commissars zugewendet ist, kaum
erforderlich zu sein. Dafs for Schüler, welche während des Besuches der Prima
die Anstalt wechseln, kein Mifsbrauch der in Bede stehenden Bestimmung ein-
treten kann, ist durch § 5, 2 der Prüfungsordnung in Verbindung mit der
Circ. Verfügung vom 30. Juni 1876 vorgesehen.
2« Zu § 12, 3 Abs. 2 derselben Prüfungsordnungen.
Die Bestimmung über Compensation:
„Dagegen ist zulässig, dafs nicht genügende Leistungen in einem
Lehrgegenstande durch mindestens gute Leistungen in einem anderen
obligatorischen Gregenstande als ergänzt erachtet werden*^
ist nicht so au&ufassen, dafs die Mangelhaftigkeit der Leistungen, um eine
Compensation zu ermöglichen, auf einen einzigen obligatorischen Lehrgegen-
stand beschränkt sein müsse, sondern dafs nicht genügende Leistungen in je
einem Gegenstande durch mindestens gute Leistungen in je einem anderen
obligatorischen Gegenstande als ergänzt erachtet werden können; Hiemach ist
es nicht ausgeschlossen, dafs bei einer im Uebrigen befriedigend ausgefallenen
Gymnasial-Beifeprüfung nicht genügende Leistungen zum Beispiel in der Mathe-
matik und in der Physik durch gute Leistungen im Lateinischen und im
Französischen für ergänzt erachtet werden können.
Der Gefahr eines Mifsbrauches dieser Ausgleichung ist dadurch voi^pe-
beugt, dafs dieselbe nur für zulässig erklärt, nicht zu einem Bechtsanspruche
der Geprüften gemacht ist; hierdurch ist den Prüfungs-Commissionen, insbes.
dem E. Commissar zur Aufgabe gemacht, in der Anwendung der Compensation
das durch den gesamten Zweck der Beifeprüfung bestimmte Mafs einzuhalten.
Ueberdies ist nicht jeder Grad der Mangelhaftigkeit der Leistungen in einem
Gegenstande überhaupt der Compensation fähig, sondern nach § 6 der im Jahre 1874
zwischen den deutschen Staatsregierungen getroffenen Uebereinkunft (s. p. 392)
dürfen „in dem Gegenstande, für welchen die Compensation zugelassen wird, die
Leistungen keinesfalls unter das Mafs herabgehen, welches für die Versetzung
nach Prima erfordert wird", und durch § 19, 2 der Prüfungsordnung vom
27. Mai 1882 sind die Bestimmungen der angezogenen Uebereinkunft ausdrück-
lich aufrecht gehalten.
3. Zu § 17, 1. Abs. 2. derselben Prüfangsordnungen.
Die Bestimmungen bezüglich der Beifeprüfung solcher jungen Leute,
welche bereits die Universität bezogen haben, finden unveränderte Anwendung be-
züglich derjenigen, welche eine technische Hochschule bezogen haben.
4. Die in § 10, 1 Abs. 4 enthaltene Bestimmung, durch welche die zur
Anwesenheit bei der mündlichen Prüfung verpflichteten, der Prüfungs-
Commission nicht angehörenden Lehrer von der Anwesenheit bei der Vor- und
der Schlufsberathung der Commission ausdrücklich ausgeschlossen worden sind,
ist von manchen Seiten als eine kränkende Zurücksetzung der betr. Lehrer be-
trachtet worden. Zu einer solchen Auffassung ist ein sachlicher Anlafis nicht
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vorhanden. Es wird nicht als verletzend, sondern als einfach sachgemäfs ange-
sehen, wenn zu Berathnngen über die Censnren und die Versetzungen einer
einzelnen Klasse nnr die in dieser Klasse beschäftigten Lehrer unter dem Vor-
sitze des Directors zusammentreten. Für die Anwendung dieser Analogie auf
den vorliegenden Fall spricht noch insbesondere der Umstand, dafs far die
Unbefangenheit der wichtigen, der mündlichen Reifeprüfung vorausgehenden und
nachfolgenden Berathung der Prüfungs-Commission es nicht in allen Fällen
förderlich sein dürfte, wenn die Beratiienden sich von einem, an grofsen An-
stalten ziemlich zahlreichen Kreise von Zuhörern, seien dies audi Collegen,
umgeben wissen. Die Erwägung, dafs die für die Verhandlungen der Prüfungs-
Commission unbedingt erforderliche Amtsverschwiegenheit (§ 4, 4) in engerem
Bereiche der unmittelbar Beteiligten leichter als in einem weiteren Kreise auf-
recht zu halten ist, war zwar durch einzelne unliebsame Vorgänge nahe gelegt,
doch war derselben nur nebensächliche Bedeutung gegeben worden.
Von den Berichten, welche die Herren Oberpräsidenten und die K.
Prov. Schulcollegien neuerdings auf meine Aufforderung über diesen Punkt
erstattet haben, sprechen sich einige im Wesentlichen unter Geltendmachung
der vorher bezeichneten Gründe entschieden für die Aufrechthaltung der frag-
lichen Bestimmung der Prüfungsordnung aus. Da jedoch in der Mehrzahl der
Berichte die Anwesenheit der nicht der Gommission angehörenden Lehrer für
unbedenklich und für zweckmäTsig erklärt ist, und da die mit der Leitung der
Berathungen betrauten ProvinzisJ-Schulräthe in ihrer Mehrheit sogar Werth
darauf legen, dafs bei den fraglichen Berathungen die LehrercoUogien voll-
ständig anwesend seien, so will ich der hierdurch zum Ausdruck gebrachten
Auffassung der Sache Folge geben. An die Stelle von § 10, 1 Abs. 4 haben
daher, unter gleichzeitiger Berücksichtigung der anderweiten zur Sprache ge-
brachten Fragen, folgende Bestimmungen zu treten:
„Bei der mündlichen Prüfung haben auTser den der Gommission angehören-
den auch alle übrigen wissenschaftL Lehrer der Anstalt mit Einschlufs der
Wissenschaft!. Hülfslehrer und Probecandidaten anwesend zu sein. Li dem Falle
einer mehrtägigen Dauer der Prüfung (§ 11, 1) gilt diese Bestimmung nur für
den ersten Tag. Sofern an derselben combinirten Anstalt Beifeprüftmgen von
zwei Kategorieen von Schulen (z. B. Gymnasium und Bealgymnasium) statt-
finden, gilt die Verpflichtung abwechselnd für die eine und die andere Kategorie
der Schulen*^
„Der Unterricht der gesamten Schule wird nur an dem Tage ausgesetzt,
an welchem aUe Lehrer zur Anwesenheit bei der mündlichen Prüfung verpflichtet
sind; an den etwaigen übrigen Tagen der mündlichen Prüfung ist die Unter-
brechung des Schulunterrichtes auf das durch die Beschäftigung der Commissions-
mitglieder gebotene Mafs beschränkt.^'
„Bei den der mündlichen Prüfung an dem vorbezeichneten Tage voraus-
gehenden und nachfolgenden Berathungen sind die der Gommission nicht an-
gehörenden wissensch£d[tl. Lehrer der Anstalt mit Einschlufs der Wissenschaft!.
Hülfslehrer und Probecandidaten (an Bealanstalten überdies mit Einschlufs des
den obligatorischen Zeichenunterricht in der obersten Klasse erteilenden Lehrers)
berechtigt, als Zuhörer anwesend zu sein.*'
„Der Königliche Gommissar oder sein Stellvertreter ist berechtigt, wenn
es ihm zweckmäfsig erscheint, ohne Angabe eines Grundes diese Berathungen
oder einen Teil derselben durch AusscMiefsung der nicht zur Gommission ge-
hörenden Lehrer zu secreten zu machen."
„Vor dem Beginne der Berathungen hat jedesmal der Vorsitzende die
sämtlichen Anwesenden an die Pflicht der Amtsverschwiegenheit zu mahnen ;
dafs dies geschehen, ist im Protokolle zu vermerken." Der Minister etc.
von Gofsler.
i
430
Zulassung.
Zur Entlassnngsprüfung sind im Falle der Meldung auch
diejenigen Schnler zuzulassen, welche d^r Unterprima drei Halb-
jahre angehört haben und erst im vierten Halbjahre nach Ober-
prima versetzt worden sind. Min. Verf. v. 4. Febr. 1885. „Dem
K. Pro V. Seh. C. erwidere ich auf den Bericht vom 27. Jan. d. J. die Aus-
legung des § 5, 1 der Ordnung der Entlassungsprüfung vom 27. Mai 1882
betreffend, dafs die von dem Director des Realgymn. zu N. verauchte Deutung
der allegirten Bestimmung durch den Wortlaut des ersten Absatzes des betreffen-
den § in Verbindung mit Absatz 2 ausgeschlossen ist. Wenn in jenem es heifst,
dafs die Zulassung eines Schülers zur Entlassungsprüfung in der Begel nicht
eher als im vierten Halbjahre der zweijährigen Lehrzeit der Prima stattfinde,
und in diesem bestimmt ist, dafs für die Zulassung eines Schülers zur Ent-
lassungsprüfung unbedingt erforderlich sei, dafs derselbe im Halbjahre der
Meldung der Oberprima angehöre; so folgt daraus, dafs ein Schüler, welcher
der Unterprima drei Halbjahre angehört hat und nach Ablauf derselben im
vierten Halbjahre nach Oberprima versetzt worden ist, zum Schlüsse des letzteren
im Falle seiner Meldung zur Prüfung zugelassen werden mufs. Die von dem
Director angezogene Bestimmung des § 5, 1, wonach im dritten Halbjahre der
zweijährigen Lehrzeit der Prima die Zulassung eine ausnahmsweise auf den
einstimmigen Antrag der der Prüfungscommission angehörenden Lehrer seitens
des K. Prov.Sch.C. genehmigt werden könne, trifft in dem vorliegenden Falle
ebenso wenig zu, wie die Berufung auf meinen Erlafs vom 24. Dec. v. J., da
dort nur von der ausnahmsweisen Zulassung eines besonders hervorragenden
Schülers im dritten Halbjahre des Primabesuches überhaupt die Bede ist und
hier es sich um solche Schüler handelte, die im Laufe des Primacursus, und
zwar nicht zu Anfang desselben, in die Prima eingetreten sind. Keiner von
beiden Fällen lieg^ bei dem Primaner N. vor. Derselbe ist nach anderthalb-
jährigem Besuche der Unterprima, die an dem Realgymnasium zu N. mit Ober-
prima räumlich vereinigt ist, zu Michaelis v. J. in die letztere Klasse versetzt
worden; gehört also der Prima überhaupt jefczt im vierten Halbjahre an und
davon ein Halbjahr der Oberprima, so dafs er die zweijährige Lehrzeit der
Prima erfüllt hat. Demgemäfs ist derselbe zu Ostern d. J. zur Entlassungs-
prüfung zuzulassen. In gleicher Weise ist in allen ähnlichen Fällen zu ver-
fahren." Der Minister etc. von Gofsler.
C.Verf. V. 11. Dec. 1851: „Um einerseits die Disciplin unter den Prima^
nem aufrecht zu erhalten, und um andererseits den nicht seltenen Versuchen
mittelmäfsiger Primaner, duich Privatunterricht schneller als auf dem Gymn.
zur Maturitätsprüfung zu gelangen, sowie um dem einer gründlichen Ausbildung
gewöhnlich nachteiligen Wechsel im Besuch der Gymn. während des Prima-
cursus möglichst entgegenzuwirken, bestimme ich auf die von den K. Prov.
Schulcollegien erstatteten Berichte was folgt:
1. Einem Primaner, welcher im Disciplinarwege von einem Gymn. ent-
fernt wird, ist, wenn er an einem anderen Gymn. die Zulassung zur Maturitäts-
prüfung, sei es als Abiturient, sei es als Extraneer nachsucht, dasjenige Semester,
in welchem seine Entfernung von der Anstalt erfolg^ ist, weder auf den 2jähr.
Primacursus, noch auf den im § 41 des Prüfungsreglm. v. 4. Juni 1834 vor-
gesehenen 2jähr. Zeitraum anzurechnen.
2. Nach demselben Grundsatz (ad 1) ist zu verfahren bei der Zulassung
solcher Primaner zur Maturitätsprüfung, welche ein Gymn. willkürlich, um einer
Schulstrafe zu entgehen oder aus anderen ungerechtfertigten Gründen, verlassen
haben. Dagegen ist die Anrechnung des betr. Semesters mit Genehmigung des
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betr. E. Proy.Sch.G. dann gestattet, wenn der Abgang Ton dem Gymn. durch
andere Verhältnisse, welche den Verdacht eines willkürlichen ungerechtfertigten
Wechsels der Schulanstalt ausschliefsen, veranlafst worden ist.
3. Wenn die I in eine Unter- und Oberl geteilt ist, so kommt bei
Berechnung des 2jähr. Primacursus der Aufenthalt des Schülers in diesen beiden
Klassen gleichmäfsig in Betracht, wohingegen der im % 41 des Prüfungsreglm.
Y. 4. Juni 1834 vorgeschriebene 2jähr. Zeitraum von dem Abgang aus Oberll
zu berechnen ist, falls an dem betr. Gymn. die II in 2 Klassen geteilt ist.
C.Verf. V. 22. Dec. 1854: ,J)ie Bestimmung unter Nr. 3 der C.Verf. v.
11. Dec. 1851, über deren Auslegung eine Meinungsverschiedenheit obwaltet,
findet keine Anwendung auf Gymnasiasten, welche unmittelbar nach Absolvirung
der I die Maturitätsprü^g zu bestehen wünschen, und beabsichtigt namentlich
nicht, für diese die regelmäfsigen Bedingungen der Zulassung zur Maturitäts-
prüfung zu ändern. Die gedachte Yerf. bezieht sich, wie aus dem Eingange
derselben zu entnehmen, im AUgm. nur auf solche Gymnasiasten, welche ohne
genügenden Grund die Gymnasien wechseln oder, um sich durch Privatunter-
richt zur Maturitätsprüfung vorzubereiten, das Gymn. verlassen haben, oder
endlich im Disciplinarwege von demselben entfernt worden sind. Sie verordnet ins- .
besondere unter Nr. 3 für diejenigen zu diesen Kategorieen gehörigen Gymnasiasten,
welche, ohne inzwischen wieder ein Gymn. besucht und auf demselben den voll-
ständigen Primacursus absolvirt zu haben, der Maturitätsprüfung sich unterziehen
wollen, dafs der im § 41 des Beglm. vorgeschriebene 2jähr. Zeitraum von dem
Abgang aus Ob er II zu berechnen sei. Aus dieser Bestimmung, sowie daraus,
dafs es nicht die Absicht gewesen ist, diesen Zeitraum um mehr als um ein
Semester, nämlich um dasjenige, in welchem der Abgang oder die Entfernung
von der Anstalt erfolg^ ist, zu verlängern, folgt von selbst, dafs bei der behufs
der Zulassung solcher Schüler zur Maturitätsprüfung etwa erforderlichen Be-
rechnung des 2jähr. Primacursus ein Unterschied zwischen ober- und Unterl
nicht gemacht werden darf, dafs mithin der Aufenthalt in beiden Klassen
gleichmäfsig in Betracht kommet) mufs.
In Betreff derjenigen Gymnasiasten, welche unmittelbar nach Absolvirung
der I die Prüfung zu bestehen wünschen, bleibt es bei der Begel, dafs sie, um
zur Prüfung zugelassen zu werden, 2 Jahre in I gesessen haben müssen. Für
diese Schüler bestimmt die C.Verf. v. 11. Dec. 1851 nur insofern etwas Neues,
als denjenigen unter ihnen, welche von einem Gymn. im Disciplinarwege ent-
fernt worden sind oder ohne genügenden Grund die Anstalten gewechselt
haben, das Semester, in welchem dies vorgekommen ist, nicht angerechnet
werden soll.
Besteht an einem Gymn. die I aus Ober- und Unterl, dergestalt, dafs
der Unten*, für diese Abteilungen der I in von einander getrennten Klassen
erteilt und das reglementsmäfsige Ziel der I überhaupt in Unterl nicht errreicht
wird, so darf ein Schüler der Unterl nicht zur Maturitätsprüfung zugelassen
werden. Die Zulassung ist vielmehr in solchem Fall von der Erreichung der
obersten Bildungsstufe, in welcher die Gymnasialbildung erst ihren Abschlufs
eilangt, d. i. der Oberl, abhängig. Ein einjähr. Aufenthalt in einer solchen
Oberl ist behufis der Zulassung zur Prüfung jedoch nur in sofern erforderlich,
als es dessen zur Erfüllung des 2jähr. Primacursus überhaupt bedarf. Es mufs
daher ein Schüler, welcher 3 oder mehr Semester in Unterl gesessen hat, zur
Prüfling auch schon nach einem halbjähr. Aufenthalt in Oberl zugelassen
werden." — Vgl. p. 430.
Min.Verf. v. 30. Juli 1879 (an Herrn N.). U. IL 7100. Auf die Be-
schwerde V. 13. d. M., die Verweigerung der Zulassung Ihres Sohnes zur I
Abiturientenprüfung betreffend, eröffne ich Ew. H. nach Anhörung des Prov. ^
432
Sch.G. zur Sache das Folgende. Nachdem Ihr Sohn nach Ausweis des Abgangs-
zeugnisses wegen nicht ausreichender Leistungen in verschiedenen Lehrobjecten
zn Michaelis 1878 die Reife for Oberprima nicht erlangt hatte, würde derselbe
bei seinem Verbleiben auf dem Gymn. zu N., wie Ew. H. selbst nicht in Ab-
rede stellen, frühestens zn Ostern k. J. die Zulassung zur Abiturientenprüfung
erreicht haben. Demnach würde Ihr Sohn, wenn er am Gymn. zu H. zu
Michaelis d. J. zur Prüfung zugelassen würde, in Folge der Verschiedenheit des
Schuljahranfanges an beiden Gymnasien durch den Wechsel der Anstalt dies
Ziel um ein halbes Jahr früher erlangen. Da aber ein derartiger Wechsel der
Anstalt sich für die Aufrechthaltung der Disciplin wie für die gründliche Durch-
bildung der Primaner gleich nachteilig erwiesen hat, so ist durch die C.Verf.
vom 11. December 1851 bestimmt worden, dafs bei ungerechtfertigtem Wechsel
der Anstalt das Semester, in welchem der Wechsel erfolgt, auf den' zweijährigen
Besuch der Prima nicht angerechnet werden darf. Ew. H. legen nun auf die
Fassung der Verfügung besonderes Ge?acht und finden die Bestimmung unter
Nr. 2 im vorliegenden Falle nicht anwendbar, da Ihr Sohn das Gymnasium
nicht im Laufe des Semesters, sondern erst an dessen Schlufs verladen habe.
Ich vermag aber dieser Auffassung nicht beizutreten. Durch eine solche Aus-
legung würde die ganze Verfügung illusorisch gemacht werden, da gerade der
Fall, dafs nicht versetzte Primaner am Schlüsse des Semesters eine Anstalt
verlassen, um an einer anderen das Ziel früher zu erreichen, der bei weitem
häufiger vorkommende ist. Es entspricht deshalb durchaus dem Sinne der
G.Veif., wenn die Prov.-SchulcoUegien dieselbe in Anwendung bringen, sei es
nun, dafs der Uebergang auf eine andere Anstalt mitten im Semester, sei es,
dafs er am Schlüsse desselben erfolg^ ist. Eine Ausnahme ist nur zulässig,
wenn der Wechsel durch besondere Umstände als gerechtfertigt angesehen
werden darf. Solche ganz besondere Umstände, durch welche der Uebergang Ihres
Sohnes auf ein anderes Gymn. nothwendig geworden wäre, vermag ich weder
in der von Ew. H. unter dem 4. d. M. bei dem Prov.Sch.C eingereichten Vor-
stellung, auf welche Sie in Ihrer Beschwerde vom 13. d. M. Bezug nehmen,
noch in der letzteren selbst zu erkennen. Ich bin daher zu meinem Bedauern
nicht in der Lage, unter Aufhebung der Verfügung des Prov.Sch.C. vom 7. d. M.
die Zulassung Ihres Sohnes zu der Michaelis d. J. stattfindenden Abgangsprüfung
ausnahmsweise zu gestatten.
Min.Verf. v. 30. Juli 1879 (an Herrn N.). U. IL 6870. „Auf die
Vorstellung v. 16. v. M. eröffne ich Ew. W. nach Anhörung des dortigen
Prov.Sch.G. zur Sache das Folgende.
Nach Ihrer eigenen Angabe haben Sie Ihren Sohn, weil er aus der Ober-
secunda nicht versetet worden war, zu Michaelis v. J. von dem Gymn. weg-
genommen, um ihn durch Privatunterr. so weit fördern zu lassen, dafs er zu
Ostern d. J. in die Unterprima der Anstalt aufgenommen werden konnte. Nach-
dem ein dahin gehendes Gesuch vom Director abgelehnt worden ist, haben Sie
den Privatunterr. Ihres Sohnes fortsetzen lassen, um ihn zu Michaelis zur Auf-
nahme in die Oberprima anzumelden. Wenn das Prov.Sch.G. Ihrem Antrage
V. 18. Mai d. J. stattgegeben hätte und Ihr Sohn, was allerdings nach den
Prädicaten des ihm erteilten Abgangszeugnisses als sehr unwahrscheinlich be-
zeichnet werden mufs, die Beife zur Oberprima nachzuweisen im Stande gewesen
wäre, so würde ihm in weiterer Consequenz die Zulassung zur Abiturienten-
prüfung zu Michaelis k. J. nicht haben versagt werden können. Auf diesem
Wege würde demnach Dir Sohn, welcher bei seinem Verbleiben auf der Anstalt
bis zur Abiturientenprüfung noch drei Jahre nöthig gehabt hätte, dasselbe Ziel
bereits in zwei Jahren haben erreichen können. Eine derartige Gonnivenz
würde indefs den Intentionen der C.Verf. v. 11. Dec. 1851 durchaus zuwider
433
sein, da die UnierrichteTenraltang, wie im Eingang ansdrücklich herrorgehoben
wird, dnrch deren Bestimmungen nicht nur die Disciplin nnter den Primanern
aufrecht zn erhalten, sondern eben so sehr auch der fibereilten und danun
nngrfindlichen Vorbereitung zur Abitorientenprfifting dnrch Privatonterr. ent-
gegenzuwirken bestrebt ist. Ich kann schliefslich nicht unterlassen, Ew. W.
darauf hinzuweisen, dafe gerade der vorliegende Fall, wenn es dessen überhaupt
bedurfte, die Unterrichtsverwaltung in der strengen Festhaltung der getroffenen
Mafsregel als der Gerechtigkeit und Billigkeit entsprechend bestärken mfifste.
Es wird Ihnen nicht unbekannt sein, dafii zugleich mit Ihrem Sohne noch elf
andere Obersecundaner nicht versetzt und dafs acht von denselben in der Klasse
geblieben sind. Es wfirde diesen Schfilem gegenüber, welche wenigstens zum
Teil ohne Zweifel schon aus Mangel an Mitteln zu diesem längeren Verbleiben
auf der Schule genOthigt worden sind, eine unverkennbare Härte sein, wenn
anderen, die sich in günstigeren Verhältnissen befinden, eine besondere Be-
günstigung in der Erreichung des Zieles würde zu Teil werden. Unter diesen
umständen bin ich nicht in der Lage, Ihrem Antrage Folge zu geben, vielmehr
mufs es bei dem Ew. W. von dem Prov.Sch.G. erteilten Besdieide sein Be-
wenden behalten.*'
Gregenstände der Gymnasial-Beifeprüfung, zu welcher In-
haber des Beifezeugnisses eines Bealgymnasiums oder einer Ober-
Bealschule zugelassen werden. C.Verf. v. 16. Nov. 1882. Jta
der durch die C.Verf. v. 27. Mai d. J. in Geltung gesetzten Ordnung der
Entlassungsprüfhng an den Gymnasien ist durch § 18, 2 festgesetzt, dafs die
Gymnasial -Beifeprüftang sol<;her Aspiranten, welche bereits das Beifezeugnis
eines Bealgymnasiums oder einer Ober-Bealschule erworben haben, auf die
lateinische und griechische Sprache und die alte Geschichte zu beschränken
ist, sofern denselben durch das Beifezeugnis der Bealanstalt im Deutschen, im
Französischen und in der Mathematik das Prädikat genügend ohne jede Ein-
schränkung erteilt ist Die Entscheidung darüber, ob das von der Bealanstalt
erteilte Beifezeugnis diese Beschränkung der Prüfting begründet, ist dem betr.
K. Prov.8ch.G. zugewiesen.
Mit Bezug hierauf ist von einem K Prov.Sch.C. die Frage vorgetragen
worden, ob in dem Falle, wenn das Prov.Sch.C. die für die bezeichnete Be-
sdiränkung festgesetzte Bedingung nicht für erfüllt erachtet, die voUe Prüfdng
nach § 17 abgelegt werden, oder ob die Prüfung nur auf diejenigen der drei
Gregenstände weiter ausgedehnt werden solle, in welchen mangelhafte Leistungen
bei der Prnfiing der BeiEdanstalt vorgelegen haben.
Zur Beseitigung des hiermit ausgesprochenen Zweifels bestimme ich,
da(^, wenn die im § 18, 2 gestellte Bedingung nicht erfällt ist, nicht deshalb
die volle Prüftmg nach § 17 abzulegen, sondern die Prüfung aufser der lateini-
^schen und griechischen Sprache und der alten Geschichte noch auf diejenigen
*unter den drei Unterrichtsgegenständen (Deutsch, Französisch, Mathematik) aus-
zudehnen ist, in welchen mangelhafte Leistungen durch das Beifezeugnis der
Bealanstalt bezeichnet sind.
Diese Bestimmung ist übrigens eine Consequenz der dem 9 18 der
Prüftingsordnung zu Grunde liegenden Absicht, dafs im Interesse der Prüftings-
commissionen und der Examinanden jede nicht durch sachliche Gründe erforderte
Prüfdng vermieden werde. In dem gleichen Sinne ist in der Ministerialinstanz,
der bisher überhaupt vorbehalten war, über eventuelle Beschränkung der frag-
lichen Beifeprüfungen zu befinden, in jedem einzehien Falle die Entscheidung
getroffen worden. Der Minister etc. von Gofsler.
Wlti«, Yerordnangeiu 28
434
Min. Verf. v. 30. Apr. 1883. „Dem K. Prov.Sch.C. lasse ich in der
Anlage s. 1. r. die Eingabe des Bealgymnasial-Abiturienten N. v. 15. Apr. d. J.
mit folgenden Bemerknngen zngehen.
Für solche Abiturienten der Realgymnasien, welche das
Gymnasial-Beifezengnis erwerben wollen, ist es jedenfalls als der ange-
messenste Weg der Vorbereitung zu erachten, dafs sie in denjenigen Gegen-
ständen, in welchen ihre Schulbildung der Ergänzung bedarf, den ünterr. an
einem Gymn. geniefsen. Aus diesem Gesichtspunkte ist daher in wiederholten
Fällen gestattet worden, Bealgymnasial-Abiturienten in die oberste Klasse
eines Gymn. in der Weise aufzunehmen, dafs sie nur an denjenigen Unterrichts-
gegenständen teilnehmen, aufweiche (nach§ 18,2 der Prüfungsordn. v. 27. Mai
1882) ihre Gymnasialreifeprufhng beschränkt werden wird; vorausgesetzt ist bei
solcher Bewilligung, dafs nicht etwa aus den besonderen Verhältnissen der
Schule oder des betr. Abiturienten Bedenken entgegenstehen, und dafs der betr.
Schüler sich der Disciplinarordnung der Schule vollkommen unterweife.
Unter diesen Voraussetzungen, welche in dem vorliegenden Falle zuzutreffen
scheinen, steht dem nichts entgegen, dafs der pp. N. auf das Gymn. in U. auf-
genommen werde, unter event. Beschränkung seiner Vei-pfiichtung des Schul-
besuches auf die lateinischen, die griechischen und die geschichtl. Lehrstunden.
Wenn dieser Besuch des Gymn. bis zu der seitens des LehrercoUegiums an-
erkannten Beife fortgesetzt ist, so erwirbt dadurch der Bealschul-Abiturient den
Anspruch, als Schüler des betr. Gymn. zur Beifeprüfdng zugelassen zu werden,
ohne deshalb der nach § 18, 2 ihm event. zustehende Abkürzung der Prüfling
verlustig zu werden.
Hiemach wolle das K. Prov.Sch.C. den Director N. mit entsprechendem
Bescheide versehen.*' Der Minister etc. v. Gofsler.
Wiederholung der Maturitätsprüfung.
Ans C.Verf. v. 5. Mai 1846: „Da ich aus mehrfachen Gesuchen wegen
Wiederholung der Prüfung pro maturitate entnommen habe, dafs die in
8 35, liß und 39 des Keglm. für die Prüfung der zu den Universitäten übeigehen-
den Schüler vom 4. Juni 1834 enthaltenen Bestimmungen nicht gleichmäfsig auf-
fefafst und angewendet werden, so sehe ich mich veranlafst durch nachfolgende
IrläuteruDgen eine gleichmäfsige Anwendung der bezeichneten §§ herbeizuführen,
durch welche einesteils eine gründliche Vorbildung für die Universitätsstudien be-
fordert, andemteils der Besuch der Universitäten auch denen nicht unbedingt ver-
sagt sein sollte, welche sich ein Zeugnis der Beife nicht erworben haben.
.... 3. Diejenigen Gymnasiasten, welche die Universität mit dem Zeugnis
der Nichtreife bezogen haben, und nach den Bestimmungen des § 35 bei der
Philosoph. Facultät inscribirt worden sind, können nach § 39 während ihres Besuchs
der Universität die Maturitätsprüfung nur einmal, aber nicht öfter, wieder-
holen. 4. Alle, welche die Universität beziehen und bei derselben Vorlesungen
hören, ohne zuvor sich einer Maturitätsprüfung unterworfen zu haben, später aber
sich ein 2jeugnis der Beife erwerben wollen, können unter allen Umständen nur
2mal, aber nicht öfter, zur Prüfung pro maturitate zugelassen werden. Inso-
fern dieselben nach den in § 36 enthaltenen Bestimmungen bei der philosoph.
Facultät inscribii*t sind und darüber, dafs sie eine Anstellung im eigentlichen ge-
lehrton Staats- und Kirchendienst nicht beabsichtigen, eine schriftl. Erklärung ab-
gegeben haben, können dieselben zur Prüfung pro maturitate, durch welche sie der
abgegebenen Erklärung ungeachtet zur Anstellung im eigentlichen gelehrten Staats-
und Kirchendienst sich die Bahn eröffnen könnten, nur mit Genehmigung des Min.
der geistl. ete. Anglffh. zugelassen werden, welche sowohl der betr. Prüfungscomm.,
als auch später bei der Immatriculation als maturi und dem damit verknüpften
JBeginn eines akadem. Trienniums, resp. Quadrienniums, vorzulegen ist."
[C.Verf. V. 12. Jan. 1856: Denjenigen Abiturienten, welche ein Zeugnis
der Reife nicht haben erwerben können und die Schule verlassen, ist es, sie
435
mögen die Universität bezogen haben oder nicht, nur noch ein Mal gestattet, die
Fr^ong zu wiederholen; es kann dies jedoch nar in der Provinz geschehen, in
welcher sie das Zeugnis der Nichtreife erhalten haben.]
C.Verf. V. 30. Juni 1885. „Dxirch die Prüfdngsordnung v. 27. Mai
1882 ist in I. A. § 17, 1 Abs. 2 nnd IL A. § 17, 1 Abs. 2 bestimmt, dafs
junge Leute, welche nach bereits erfolgter Immatriculation an einer Hochschule
das Beifezeugnis von einem Gymn. oder einer Bealanstalt erwerben wollen, für
ihre Zulassung zu der betr. Prüfung die ministerielle Genehmigung nachzusuchen
haben, und dafs dieselben, wenn sie nach erhaltener Erlaubnis die Prüfung
nicht bestehen, nur noch einmal zur Prüfung zugelassen werden können.
Anf Aiüafs Öfters vorgetragener Gesuche um wiederholte Zulassung zur
Prüfung bemerke ich ausdrücklich, dafs eine Prüfung, welche ein Examinand,
nachdem er einmal in dieselbe eingetreten ist, an irgend einer Stelle im Ver-
laufe der Prüfung selbst aufgiebt, einer nicht bestandenen Prüfung gleich ge-
rechnet wird.
Um Irrtümern nnd Einwendungen vorzubengen, wollen die K. Prov.Schul-
collegien diese Bemerkung in die Erlasse, durch welche dieselben einen Prüf-
ling einer bestimmten Anstalt überweisen, aufnehmen.
Eine Ausnahme hiervon findet nur statt, wenn sofort bei dem Aufgeben
der Prüfung nachgewiesen und von dem E. Commissar anerkannt ist, dal^ die
Prüfung in Folge einer Erkrankung des Prüflings hat aufgegeben werden müssen.
Die Gleichstellung der aufgegebenen Prüfung mit der nicht
bestandenen hat ebenso Geltung für die nach I. A. § 18 und IL A. § 18 unter-
nommenen Prüfungen und für die Ausfuhrung der in § 16, 1 der drei Prüfungs-
ordnungen I. A. IL A. in. enthaltenen Bestimmung.*'
Prüfungstermin.
C.Verf. V. 18. Aug. 1873: „Von Seiten des K. Kriegsmin. ist mir mit-
geteilt worden, dafs beabsichtigt wird, für die Vorprüfung der Aspiranten zur
Aufnahme in die militär-ärztL Bildungsanstalten hier in Berlin eine
Centralcommission einzusetzen, deren Thfttigkeit im März 1874 beginnen soll.
Im Interesse der Aspiranten sollen die Vorprüfungen den Aufuahmeterminen
möglichst nahe gelegt werden, letztere aber künftig kurz vor dem 1. Apr. und
1. Oct. stattfinden.
Mit Bezng auf die denselben Gegenstand betr. C.Verf. v. 4. Dec. 1845
veranlasse ich deshalb die K. Prov.Schulcoll., die Gymn.Directoren Ihres resp.
Amtsbereichs zu beauftragen, diejenigen Abiturienten, welche sich zur Aufnahme
in die militär-ärztl. Bildungsanstalten melden wollen, rechtzeitig mit einer
beglanb. Abschrift des Maturitätszeugnisses zu versehen, falls etw9. die Ein-
händigung dieser Zeugnisse selbst nicht früh genug sollte erfolgen können.
Wünschenswerth ist, dafs die Zeugnisse oder eine beglaubigte Abschrift der-
selben bis zum 20. März resp. 20. Sept. an die Prüfungscomm. gelangen;
weshalb den Dir. zu empfehlen ist, dafs sie in dringenden Fällen dieselben der
Beschleunigung wegen ihrerseits direct an den General-Stabsarzt der Armee
und Chef der Militär-Medic.Abt. im K. Eriegsminist. einsenden."
C.Verf. V. 26. Oct. 1878. „Ans der in Folge meines Erlasses vom
31. Dec. V. J. von den E. Prov.SchulcoUegien erstatteten Berichten habe ich
ersehen, dafs es ohne wesentliche Schwierigkeiten möglich gewesen ist, in dem
Ansetzen der Termine für die Maturitätsprüfang zum Ostertermine d. J. dem
Interesse der Aspiranten anf Aufnahme in die militärärztlichen BilduBgs-
anstalten Bechnung zu tragen, und dafs einige Prov.SchulcoUegien teils
schon früher, teils in Folge des angeführten Erlasses die Directoren der Gymnasien
28»
436
aufgefordert halben, in dem an das E. ProY.Sch.G. einzureichenden YerzeichnisBe
der zur Präfang angemeldeten Ahitorienten jedesmal aosdracklich zu bemerken,
ob sich unter diesen Abiturienten Aspiranten auf die Aufnahme in die militärärztl.
Bildungsanstalten finden.
Diese Einrichtung ist allgemein einzuführen. Das E. Prov.Sch.C. wolle
demnach die Gymnasial-Directoren Seines Amtsbereiches mit der entsprechenden
Weisung versehen und dann auf Grund der event. Meldungen in Betreff jener
Aspiranten thunlichst darauf Bedacht nehmen, dafs an denjenigen Anstalten,
an welchen sich Aspiranten &iden, die Reifeprüfungen vor dem 20. März bezw.
20. September abgeschlossen seien.'' Vgl. C.Verf. v. 6. Oct. 1885, p. 249.
Vertretung des Eönigl. Commissarius. C.Verf. v. 8. Dec.
1880. „Die Berichte, welche in Folge meines Erlasses vom 5. Oct. d. J. von den
einzelnen Prov.Schulcoliegien über die im Jahre 1880 abgehaltenen Beifeprüfungen
bezüglich der für die mündlichen Prüfungen angesetzten Termine und der An-
wesenheit des betr. Departementsrathes bei denselben erstattet worden sind,
geben mir zu folgenden Bemerkungen Anlafs.
1) Es ist wie bisher, so auch fernerhin als Begel einzuhalten, dafs bei
der Abhaltung der mündlichen Beifeprüfung an den höheren Schulen (Gymnasien,
Bealschulen, Progymnasien, höh. Bürgerschulen) der betr. Departementsrath des
E. Prov.Sch.C. den Vorsitz. fahrt.
Dem gegen diese Einrichtung von einer. Seite erhobenen Einwände, dafs
die Anwesenheit des Departementsrathes bei der mündlichen Beifeprüfung nicht
einen dem Aufwände an Zeit und Eosten ensprechenden Erfolg habe, kann im
Hinblicke auf die Gründe, welche zu der Einrichtung ursprünglich bestimmt
haben, und auf die über, ihren Erfolg allgemein gemachten Erfahrungen eine
mafsgebende Bedeutung nicht zuerkannt werden. Indem der Vorsitz bei der
mündlichen Prüfung und die damit verbundene Eenntnisnahme von den schrifü.
Prüfungsarbeiten dem betr. Departementsrathe aufgetragen ist, wird der Zweck
verfolgt und thatsächlich erreicht, dalls in der BeUeprüfung an den einzelnen
Anstalten derselben Eategorie eine im Wesentlichen gleiche Höhe der Forderungen
eingehalten und willkürliche Steigerungen derselben ebenso wie ungebührliche
Minderungen vermieden werden. Die Anwesenheit des Prov.Schulra&es bei der
mündl. Beifeprüfung kann in ihrer Bedeutung für die betr. Schule einer ein-
gehenden Bevision allerdings nicht gleichgestellt werden oder dieselbe ersetzen;
aber es ist dennoch von einem nicht zu unterschätzenden Werthe, dafs der
Schulrath dadurch einen bestimmten regelmäfsig wiederkehrenden Anlafs hat,
mit den Schulen seines Amtsbereiches in persönlichem Zusammenhange zu
bleiben, üeberdies wird durch die im Jahre 1874 unter den deutschen Staats-
regierungen über die gegenseitige Anerkennung der Gymnasial-Beifezeugnisse
abgeschlossene Vereinbarung erfordert, dafs der Vorsitz des Departementsrathes
bei der mündlichen Prüfdng als Begel eingehalten werde; denn unter dem
„Begierungscommissarius'S dessen Anwesenheit bei der mündl. Prüfung unter
Nr. 7 der Vereinbarung vorausgesetzt wird, hat nicht eine für den einzelnen
Act der Prüfung beauftragte, sondern eine durch ihre amtliche Stellung in
der ünterrichtsverwaltung dazu berufene Persönlichkeit bezeichnet werden sollen.
2) Auf die vollständige Durchfahrung der Begel mufs insoweit verzichtet
werden, als der auf die Abhaltung der mündlichen Prüfungen höchstens zu ver-
wendende Zeitraum die Möglichkeit der. persönlichea Anwesenheit des Departe-
mentsrathes bei der mündlichen Prüfung beschränkt. Damit die ordnungs-
mfifsig für Prima bestimmte zweijährige Lehrdauer nicht ungebührlich verkürzt
werde, ist unbedingt einzuhalten, dafs die mündlichen Beifeprüfungen nicht
früher, als sechs Wochen vor dem Semesterschlusse begonnen werden. Wenn
von einigen Prov.Schulräthen dieses Maximum der Zeit überschritten in einem
437
Falle sogar erheblich überschritten ist, so verkenne ich keineswegs die volle
Hingebung an die Aufgaben des Bemfes, welche dadurch bekundet wird, aber
im Literes^e der Schüler muTs ich die Einhaltung der Zeitgrenze von sechs
Wochen fordern.
In. einzelnen Provinzen genügt dieser sechswOchentiiche Zeitraum, um
dem Departementsrathe die persöiüiche Anwesenheit bei den mündl. Beife-
prüfungen an allen höh. Schulen zu ermöglichen; dagegen mufs in dei^enigen
Provinzen, welche eine gröfsere Anzahl höh. Lehranstalten enthalten, dieser
Zeitraum als unzureichend anerkannt werden, zumal da auch während desselben
die Departementsrathe zeitweise an den Sitz des Prov.Sch.G. behufii Erledigung
dringender Angelegenheiten zurückzukehren haben. In dem Mafse, als die be-
stimmte Zeit för die Departementsrathe nicht ausreicht, ist auf Ersatz derselben
durch stellvertretende Königliche Gommissanen Bedacht zu nehmen.
3) Was die Auswahl derjenigen Anstalten betrifft, für welche
auf die persönliche Anwesenheit des Departementsrathes bei der mündlichen
Beifeprüfnng verzichtet werden soll, so ist in allen Berichten aus nahe liegen-
den Gründen als selbstverständlich betrachtet worden, dafs dies nicht etwa ein
für allemal dieselben Anstalten sein dürfen, sondern dafs vielmehr rechtzeitig
für jeden Prüftingstermin in Erwägung zu ziehen ist, für welche Anstalten dies-
mal im Interesse der Prüfong selbst oder wegen anderer, bei diesem Anlasse
mit dem Lehrercollegium oder ' mit städtischen Behörden zu fcihrender Ver-
handlungen die persönliche Anwesenheit des Prov. Schulrathes besonders wünschens-
werth ist, und bei welchen dagegen mit dem geringsten Nachteile von derselben
scheint abgesehen werden zu dürfen.
Die entfernte oder isolirte Lage einzelner Schulorte erschwert unver-
meidlich die persönliche Anwesenheit des Departementsrathes bei den Beife-
prüfungen dieser Schulen; doch ist auch bei diesen, wie überhaupt bei allen
Lehranstalten darauf Bedacht zu nehmen, dafs die Stdlvertretung des Schul-
rathes sich nicht öfters nach einander wiederhole.
Die persönliche Anwesenheit des Departementsrathes bei den Abgangs-
prüfungen an höh. Bürgerschulen und Progymnasien wird in einem Berichte
als überhaupt minder erforderlich bezeichnet, weü diese Prüfungen in dem nach-
herigen üebergange der Schüler auf vollständige Bealschulen und Gymnasien
eine gewisse Controle fänden. Diesem Gesichtspunkte kann eine entscheidende
Bedeutung nicht zuerkannt werden, weil erfahrungsgemäf^ nur ein kleiner Teil
der Abiturienten dieser Anstalten in die Prima eines Gymn. oder einer Beal-
schule 1. 0. übertritt. Vielmehr wird, wie in andern Berichten bemerkt ist, in
Anbetracht des beschränkteren Umfanges der LehrercoUegien und der durch-
schnittlichen Schwierigkeit, tüchtige Lehrkräfte far diese Kategorieen von Schulen
zu gewinnen und zu erhalten, gerade bei ihnen die wenigstens zeitweise An-
wesenheit des Prov. Schulrathes bei der Abgangsprüfung dahin mitzuwirken
haben, dafs die Zielleistungen der Sqhule die normalmäfsige Höhe bewahren,
und zugleich dem Schulra&e die wünschenswerthe Gelegenheit geben, sich in
Kenntnis von den Leistungen der Lehrer zu erhalten.
4) Bei denjenigen Schulen, für welche zu dem betr. Prüfangstermino
eine SteUvertretung des Prov. Schulrathes angeordnet wird, ist kein AnLafs vor-
handen, durch zeitige Vornahme der mündlichen -Ihrüfung die Dauer des Schul-
semestors zu kürzen. Ds^er ist bei der Anordnung der Stellvertretung zugleich
zu bestimmen, dafs die mündliche Prüfung nicht früher als 14 Tage vor dem
ordnuBgsmäTsigen SemesterscMusse gehalten werden darf. Unter diese Norm
fallen diejenigen Fälle nicht, in welchen die Stellvertretung nicht in dem
ursprünglichen Verteilungsplane der Prüfungen angeordnet, sondern erst nach-
trägli<iL in Folge einer Abhaltung des* Departementsrathes erfolgt ist«
438
5) Entsprechend der in den meisten Provinzen regelmässig beobachteten
Praxis ist allgemein als Grandsatz einzuhalten, dafs mit der Stellvertretung des
Departementsrathes in der Function eines Eönigl. Commissars der Director
(Bector) der Anstalt zn beauftragen ist. — Diese Bestimmung bezieht sich
selbstverständlich nnr anf öff entli che Schalen, nicht auf solche Privatanstalten,
deren Abgangszeugnissen Militärberechtigung zuerkannt ist Für diese An-
stalten kann der Dirigent nicht zum stellvertretenden Eönigl. Commissar er-
nannt werden, sondern ist erforderlichen Falles der Director einer öffentlichen
höh. Lehranstalt mit dieser Function zu betrauen, üebrigens ist für diese An-
stalten die Ansetzung des Termines der mündlichen Prüfung nicht auf die
letzten sechs Wochen des Semesters beschränkt, sondern die mündliche Prüfung
kann auch auf die folgenden Ferientage verschoben werden.
Gregen die Beauftragung der Directoren mit der Function eines stell-
vertretenden Eönigl. Commissars wird von einer Seite der Einwand erhoben,
dafs einzelne Directoren einer Controle bedürften und dafs, wenn man einigen
das Vertrauen bezeige, anderen nicht, die letzteren gedrückt würden. Dieser
Einwand würde nur dann zutreffen, wenn der Vorsitz des Directors bei der
Prüfung die Begel wäre, so dafs die Anwesenheit des Departementsrathes an
sich zu einem Ausdrucke des Mifstrauens würde; vielmehr ist aber die An-
wesenheit des Departementsrathes die Begel, von welcher bei Directoren, die zu
irgend einem Bedenken Anlafs geben, eine Ausnahme zu machen das Prov.Sch.C.
aUerdings, entsprechend den unter Nr. 3 bezeichneten Gesichtspunkten, vermeiden
wird. Da aber in ungleich zahlreicheren Fällen, ohne dafs gegen den Director
ein Bedenken vorliegt, der Schulrath den Vorsitz führt, so kann seine persön-
liche Anwesenheit nicht als ein Zeichen des Mifstrauens gedeutet werden.
Dagegen ist die in manchen Provinzen sich findende Einrichtung, den
Bürgermeister oder den ersten Geistlichen des Schulortes, einen höheren Beamten
der Verwaltung oder der Justiz mit der Stellvertretung des Scbulrathes zu be-
trauen, nicht frei von Bedenken. Die Aufgabe, den wichtigsten und ent-
scheidendsten Act des SchuUebens zu leiten, erfordert, um sacbgemäfs ausge-
führt zu werden, eine Vertrautheit mit dem Gange und den Zielen des Unter-
richtes auf allen Gebieten, welche anders als durch eigne Schulthätigkeit schwer
zu erwerben und bei Männern aus anderen Berufekreisen nur ausnahmsweise
zu erwarten ist. Die Hingebung, mit welcher diese Männer in der Begel dem
ihnen übertragenen Ehrenamte sich widmen, wird keineswegs verkannt, aber die
Natur der Sache bringt es mit sich, dafs bei einer derartigen Einrichtung die
wirkliche Leitung der Prüfung im Wesentlichen dem Director der Anstalt zu-
fällt, nur ohne die damit verbundene Verantwortlichkeit. Gerade das Bewufst-
sein dieser Verantwortlichkeit ist für den Director, der selbst mit den Functionen
eines Eönigl. Commissars betraut wird, erfahrungsmäfsig kein geringfügiges
Moment für die correcte Durchführung der Prüfung. Demnach ist die Beauf-
tragung des betr. Directors (Bectors) mit der Function eines EönigL Commissars
in den Fällen, wo eine Stellvertretung des Schulrathes erforderlich ist, fortan
auch in den Provinzen als Begel zu betrachten, in denen bisher eine andere
Einrichtung bestand.'* Der Minister etc. von Pütt kamer.
Vorstehende Verfügung hat einem einzelnen Prov. Seh. C. gegenüber
folgenden Zusatz erhalten:
„Die in dem Amtsbereiche des E. Prov.Sch.C. bestehende Einrichtung,
dafs die Eönigl. Compatronatscommissare zugleich als ständige stellvertretende
Prüfungscommissare fungiren, läfst sich aus der Allerh. Cabinets-Ordre v.
10. Jan. 1817 und den zu ihrer Ausführung erlassenen Ministerial-Verfügungen
(p. 29 f und CBl. 1873 p. 709 ff.) nicht, begründen und findet in keiner der
übrigen Provinzen eine Analogie. Von dieser Sitte ist fortan Abstand zu
439
nehmen und es werden in Erledigangsfällen die nen zu bestellenden Com-
patronatscommissare nicht mit der Function stellvertretender Prüfnngscommissare
betraut werden; dagegen sind die gegenwärtigen Oompatronatscommissare für
ihre Person in der Ausübung der ihnen ausdrücklich aufgetragenen Stellver-
tretung des Königl. Prüfungscommissars zu belassen."
Prüfungsgegenstände.
Aus einer G.Yerf. v. 6. Juli 1868: „Die Ergebnisse der mündl. Prüfungen
in der Geschichte und Geographie, soweit sie aus den Protokollen er-
kennbar sind, haben dem betr. Mitgliede einer der K. wiss. Prüfungscommissionen
Veranlassung zu den nachstehenden Bemerkungen gegeben. Dieselben verdienen
nach verschiedenen Wahrnehmungen allgemeine Beachtung — :
,Jn den Protokollen über die mündl. Prüfungen in der Geschichte und
Creographie vermisse ich Fragen, welche zu ermitteln suchen, ob der Abiturient
als Resultat einer vieljähr. Beschäftigung mit jenen Disciplinen eine allgm.
Uebersicht der Haupterscheinungen der gesamten Weltgeschichte gewonnen hat,
ob er den Entwickelungsgang der einzelnen Völker in seinen Hauptmomenten
im grofsen Ganzen zu verfolgen, oder die Wirkungen allgemeiner Zeitrichtungen
oder hervorragender Persönlichkeiten auf die einzelnen gleichzeitigen Staaten
und Völker, wenn auch nur in ganz allgemeinen Umrissen, nachzuweisen im
Stande ist, ob endlich sein histor. Wissen auf einer, wenn auch auf das Noth-
wendigste beschränkten, aber sicheren chronolog. und geograph. Grundlage ruht.
Viele der HH. Examinatoren beschränken sich darauf, einzelne Gebiete der
griech., röm., deutschen und preufs. Geschichte auszuwählen, und verlangen auf
diesen eine Kenntnis von Einzelheiten, die man doch bei den Abiturienten nur
dann vorauszusetzen berechtigt ist, wenn sie kurz vor der Prüfung sich mit
denselben genauer beschäfkigt haben. Dies ist doch aber etwas, was das
Prüfungsreglement seinem ganzen Geiste nach nicht verlangt. Die zahlreichen
Beweise mangelhafter histor. Vorbildung, welche mir in den letzten Jahren be-
kannt geworden sind, lassen mich fürchten, dafs nicht überall die Nothwendig-
keit, die Abiturienten mit dem oben angedeuteten Büstzeuge auszustatten, aner-
kannt wird." —
C.Verf. an die Üniversitäts-Curatorien v. 6. Sept. 1884. „Ew. H.
übersende ich anbei ergebenst Abschrift einer von dem Evang. Ober-Kirchen-
rathe unterm 8. Aug. d. J. an das E. Consistorium zu Koblenz erlassenen Ver-
fügung, betreffend die Maturitätsprüfung der Theologen in der hebräi-
schen Sprache, zur gefälligen Mitteilung an die theologische Facultät der
dortigen Universität.
Berlin, den 8. August 1884. „Dem E. Consistorium erwidern wir auf den
Bericht vom 18. v. M., dafs die für die Theologen auferlegte Maturitätsprüfung
in der hebräischen Sprache, nach welcher, wenn sie nachträglich erfolgt, das
theologische Studium noch mindestens 5 Semester fortzusetzen ist, ein auf einer
ausländischen Universität abgelegtes Examen als ausreichender Ersatz nach den
bestehenden Bestimmungen nicht angesehen werden kann. Auch, stehen dieser
Auffassung sachliche Bedenken entgegen.
In dem Gebiete des preufs. Staates sind mit den Nachprüfungen in der
hebräischen Sprache, wenn sie nicht nachträglich an dem Gymnasium, wo der
Betreffende sein Abiturienten-Examen absolvirt hat, abgelegt werden können, bei
den Universitäten wissenschaftliche Prüfungscommissionen beauftragt, welche
nach gleichmäfsiger Norm und unter der Verantwortlichkeit amtlichen Verfahrens
die rückständige Prüfung vornehmen, während es einzelnen Professoren auch an
preufs. Universitäten nicht zusteht, Prüfungen über die Qualification zum An-
440
boren alttestamenüicher Vorlesangen vorzunehmen und darftber Atteete ans*
zustellen.
Aehnliche Einrichtongen bestehen in den anderen deutschen Ländern
nicht überall. In dem Königreiche Sachsen wird unseres Wissens überhaupt
keine Maturitätsprüftmg in der hebräischen Sprache verlangt-. Jedenfalls felüt
bei einem vor einem Professor einer ausländischen Universität abgelegten
Examen die Garantie, dafs bei demselben der diesseits als erforderlich anerkannte
übliche Mafsstab als Norm dient.
Je zahlreicher gegenwärtig die Eälie sind, dafs angehende Theologen,
ohne die hebräische Maturitätsprüfung bestanden zu haben, also mangelhaft
vorbereitet die Universität beziehen, desto mehr mufs der Oefahr vorgebeugt
werden, dafs eine von einem Professor einer ausländischen Universität erbetene
Prüfting als Mittel diene, sich der vorschriftsmäfsigen Prüfung zu entziehen.
Deshalb müssen wir es als Begel festhalten, dafs die Nachprüfung im
Hebräischen entweder bei dem Oymnasium, welches das Zeugnis der Beife
erteilt hat, oder vor der wissenschaftl. Prüfnngscommission einer preufs. Uni-
versität abgelegt werde. Der Meldung zu einer solchen steht auch seitens der
auf einer nichtpreufsischen Universität Studirenden nichts entgegen.
Nur wenn ganz besondere persönliche Verhältnisse eine Ausnahme recht-
fertigen, kann es in einzelnen FäUen zugelassen werden; die Prüfung auf einer
ausländischen Universität zu absolviren. Dazu ist Jedoch jedes Mal unsere Dis-
pensation erforderlich. In dem Gesuche um dieselbe ist aufser den Verhält-
nissen, welche geeignet sind, eine Ausnahme zu begründen, die ausländische
Prüfungsbehörde, bezw. der Professor napihafb zu machen, vor welchem der
Petent sich der Nachprüfung im Hebräischen zu unterziehen wünscht.''
Feststellung des Urteils.
O.Verf. V. 16. Mai 1861: „Bei Gelegenheit eines Specialfalls ist mir von
der betr. E. Behörde die Wahrnehmung mitgeteilt worden, dafs die Leistungen
der Abiturienten, welche sich der militär. Laufbahn zu widmen beabsich-
tigen, von Seiten der Prüfungscommissionen dem Anschein nach oft mit ge-
ringerer Strenge beurteilt weiden, als es bei denen geschieht, die zu einem
Faodtätsstudium auf der Universität übergehen wollen. Dafs eine derartige
Verschiedenheit des Mafsstabes zweckwidrig sein und das Vertrauen gefährden
würde, welches auf die Urteile der öffentl. Lehranstalten über den Bildungsstand
der von ihnen Entlassenen gesetzt wird, bedarf keiner besonderen Ausführung.
Ich veranlasse daher die K. Prov.SchulcoU., die Abiturienten* Prüfungs-
commissionen daran zu erinnern, dafs nach der C.Verf. v. 12. Jan. 1856 von
lit. G. § 28 des Beglm. v. 4. Juni 1834 bei der Abiturientenprüfung keine
Anwendung gemacht werden darf, es müTste denn ausdrückliche Autorisation
dazu erteilt worden sein. Aus gleicher Veranlassung sind die Prüfiings-
commissionen der Bealschulen 1. 0. darauf aufmerksam zu machen, dafs nach
dem Beglm. v. 6. Oci 1859. das Prädicat der Beife durch die Bücksicht auf
den erwählten Beruf nicht motivirt werden darf.^'
Einreichung der Prüfungsverhandlungen.
Aus einer G.Verfl v. 12. Juni 1861: — ,J)afs aufser der Aufsicht,
welche die Schulverwaltung über die Einhaltung der über die Abiturienten-
prüfungen erlassenen Vorschriften fuhrt, an die Schlufsleistungen der höh. Schulen
von anderer Seite auch ein ausschliefsUch wissenschaftlicher Mafsstab gelegt
wird, hat sich als heilsam erwiesen. Der Zweck wird sich jedoch auch, und
vielleicht sicherer, erreichen lassen, wenn nicht immer die ganze Masse der
Arbeiten und anderer Schriftstücke von sämtl. Gymn. und Bealschulen der
441
ProYinz der betr. wis^. PrüftingBComm. zugesandt wird, sondern jedesmal nur
ein Teil derselben." —
C.Yerf. y. 6. Jan. 1862: — „Es ist nicht erforderlich, dafs das Ont-
achten sich anch auf die mündl. Prüfang erstrecke. Der Hanptgegenstand
desselben sind die schrifU. arbeiten sowohl bei den Gymn. wie bei den Real-
schulen. Die Protokolle über die mündl. Prüfang nebst den übrigen zu den
Verhandlungen gehörigen Schriftstücken sind wie bisher den schrifbl. Arbeiten
beizufügen. Es bleibt den K. wiss. Prüfungscommissionen überlassen, wieweit
sie bei ihrem Urteil darauf Bücksicht zu nehmen für angemessen halten. —
Die Outachten gelangen wie bisher durch die K. SchulcoU., eveni von den
Bemerkungen derselben begleitet, zur Mitteilung an die Prüfungscommissionen
der betr. Schulen. Die Mitglieder derselben haben durch ihre Unterschrift zu
bezeugen, dafs sie davon Kenntnis genommen. — In der mir einzureichenden Ab-
schrift derGutachten sind diejenigen Modifikationen derselben, zu denen sich dieAuf-
Sichtsbehörde nach ihrer näheren Kenntnis der Verhältnisse, vor Mitteilung an die
Dir. etwa veranlafst gefunden hat, besonders zu bezeichnen und zu motiviren."
C.Verf. V. 19. April 1883. „Die mittelst C.Verf. v. 27. Mai v. J.
erlassenen Prüfangsordnungen far die höh. Schulen beschränken sich darauf,
das Verfiüliren zu regeln, welches die höheren Schulen in der Ausführung der
Entlassungsprüfdngen einzuhalten haben.
Demgemäß sind in § 15 der Prüfungsordnungen for die Gymnasien
und für die Bealanstalten bezüglich der Einsendung der Prüfungsverhandlungen
an die K. Prov.-Schulcollegien behufs Mitteilung an die betr. Wissenschaft!.
Prüfungscommissionen nur diejenigen Bestimmungen aufgenommen, welche Vor-
schriften für die Schulen enthalten. Zum Ersätze der in den früheren Prüfungs-
ordnungen nämlich in §§ 45—47 des Reglements vom 4. Juli 1834 und im
§ 10 der Prüfungsordnung vom 6. Oct. 1859, noch enthaltenen anderweiten
Vorschriften ist mit Bezugnahme auf § 19 der Prüfungsordnungen für die
Gymnasien und für die Bealanstalten vom 27. Mai v. J. gleichzeitig den
WissenschafU. Prüfbngscommissionen mitgeteilt worden, dafti die ihnen früher
bezüglich der Bevision der Prüfdngsverhandlungen aufgetragenen Functionen
unverändert fortbestehen. Im Anschlüsse hieran setze ich zur Beseitigung etwa
möglicher Zweifel die K. Prov.-Schulcollegien in Kenntnis, dafs auch Ihre
Obliegenheiten bezüglich der Bevision der Prüfungsverhandlnngen durch die
WissenschafIL Prüfhngscommissionen, insbesondere die Ermächtigung zu event.
Modification der Bevisionsbemerkungen unter nachheriger motivirter Mitteilung
an das vorgeordnete Ministerium, in unveränderter Geltung bleiben.'*
Min.Verf. v. 15. Juli 1885 an die Herren Directoren der Wissensch.
Prüfungs-Commissionen. „Den Wissenschaftlichen Prüfungs-Gommissionen ist
sogleich nach ihrer durch die Allerh. Cabinets-Ordre vom 19. Dec. 1816 er-
folgten Einsetzung aufser der Prüfung der Candidaten for das höh. Schulamt
die Bevision der Verhandlungen der Beifeprüfungen aufgetragen worden, welche
ihnen von den Gymnasien halbjährlich durch Vermittelung der provinziellen
Verwaltungsbehörde far die höh. Schulen vorzulegen sind. Diese regelmäfsige
Bevisionsthätigkeit der Wiss. Prüfungs-Gommissionen ist, nachdem die Organi-
sation der Bealanstalten im Jahre 1859 erfolgt war, auf die Bealschulen
1. Ordnung (Bea^ymnasien) und auf die Ober-Bealschulen erstreckt worden
und hat bis jetzt unverändert fortbestanden, nur mit der Modification, dafs nach
der in den letzten Jahrzehnten eingetretenen grofsen Zunahme der Zahl der
höh. Lehranstalten die Prüfungs-Verhandlungen jedesmal nicht von der Gesamt-
heit der höh. Schulen, sondern nur ungefähr von der Hälfte der Gymnasien
oder der höheren Lehranstalten überhaupt den Wiss. Prüfungs-Commissionen
zur Bevision eingereicht wurden.
442
Die Wies. Früfangs-Gommissionen haben dnrch die mühevolle Aasfohmng
der ihnen überwiesenen Bevision wesentlich dazn beigetragen, dafs in den Reife-
prüfungen der höh. Schalen eine bestimmte und eine in den einzelnen Anstalten
derselben Kategorie möglichst gleichmäfsige Höhe der Schulbildung erfordert
und nachgewiesen wird; dieselben haben sich hierdurch um die Befestigung der
Einrichtungen unseres höh. Schulwesens ein hoch zu schätzendes Verdienst
erworben. Nachdem aber durch die fast siebzigjährige Thätigkeit der Wiss.
Commissionen in Prüfung der Gandidaten des höh. Schulamtes erreicht ist, dafs
die Lehrer dieser Anstalten, diejenigen wenigstens, welche mit dem Unterrichte
in der obersten Klasse betraut und Mitglieder der Beifeprüfungs-Gommissionen
sind, eine wissenschaftliche Ausrüstung von annähernd gleichem Mafse besitzen;
nachdem femer durch die vereinte Wirksamkeit der Prov. Schulräthe als K. Gom-
missare bei den Beifeprüfungen und den revidirenden Wiss. Prüfungs-Gom-
misslonen das Verfahren in den Beifeprüfungen eine feste Tradition zu an-
nähernder Gleichmäfsigkeit gewonnen hat: läfst sich die Frage nicht abweisen,
ob die regelmässige Bevision der Frnfungs- Verhandlungen von den gesamten
höh. Lehranstalten oder einem bestimmten Teile derselben durch die Wiss.
Früfungs-Gommissionen noch jetzt als ein Erfordernis im Interesse unserer höh.
Schulen zu betrachten ist. Ohne die Bedeutung zu unterschätzen, welche Bevisions-
bemerkungen fachmännischer Autoritäten bezüglich der Wahl der gestellten
Aufgaben, der Strenge und Genauigkeit der Gorrecturen auch jetzt noch für
den ünterrichtsbetrieb zu gewinnen vermögen, muf^ ich es doch für mehr als
zweifelhaft erachten, ob dieser Ertrag in richtigem Verhältnisse zu der Arbeit
stehe, welche hierdurch den ohnehin stark in Anspruch genommenen Wiss.
Früfungs-Gommissionen zugewiesen wird.
Aus diesen Erwägungen habe ich mich dahin entschieden, dafs von der
regelmäfsigen Vorlage der gesamten oder eines bestimmten Teiles der Verhand-
lungen von den Beifeprüfungen der höh. Schulen an die Wiss. Früfangs-Gom-
missionen bis auf Weiteres Abstand genommen wird.
Unverändert bleibt hierdurch die den Wiss. Früfungs-Gommissionen f&r
die Bevision der Verhandlungen der Beifeprüfungen an den höh. Schalen bis-
her zugewiesene Stellung. Einerseits ist Werth darauf zu legen, dafs in den
Wiss. Früfangs-Gommissionen ein von der eigentlichen Schalverwaltung unab-
hängiges Organ zu fachmännischer Beurteilung des in den Beifeprüfiingen an
den höh. Schulen thatsächlich eingeschlagenen Verfahrens und der in denselben
nachgewiesenen Zielloistungen ein für allemal besteht. Andererseits können
diejenigen Mitglieder der Wiss. Früfungs-Gommissionen, welche als Professoren
an der Universität die wissenschaftliche Ausbildung der zukünftigen Lehrer der
höh. Schulen als einen wesentlichen Teil ihres Berufes zu betrachten haben, in
der Kenntnisnahme von den thatsächlichen Schlufsleistungen der Schulen auf
den von ihren vertretenen wissenschaftlichen Gebieten einen Anlafs finden zu
erneuter Erwägung der Gesichtspunkte, welche far die wissenschaftl. Bildung
von Lehrern entscheidende Bedeutung haben.
Indem ich hiemach unter Abstandnahme von der regelmäfsigen Vorlage
der Beifeprüfungs -Verhandlungen an die Wiss. Früfungs-Gommissionen die
principielle Stellung dieser Gommissionen zu den Beifeprüfungen an den höh.
Schulen unverändert bestehen lasse, behalte ich mir vor, so oft ich dazu Anlafs
finde, über das Verfahren oder die thatsächlichen Leistungen in einem einzelnen
oder in allen Gegenständen der Beifeprüfungen, für den Bereich einer einzelnen
Provinz oder der gesamten Monarchie das fachmännische Gutachten der Wiss.
Früfungs-Gommissionen einzuziehen und darf voraussetzen, dafs dieselben diese
Arbeit einer ausdrücklich zugewiesenen Bevision mit derselben Hingebung aus-
führen werden, durch welche dieselben in der bisherigen regelmäfsigen Aus-
führang der Bevision mich zu Danke verpfiichtet haben.'*
443
C.Yerf. y. 8. Jan. 1880. ,,Die Nach Weisungen über die Ergebnisse
der an den höh. Schulen gelialtenen Abitnrientenprüfangen, * welche in Folge
des § 3 der mit der C.Verf. v. 31.- Dec. 1859 publicirten Vorschrift jahrlich
im Anfange des Monats Dec. einzureichen sind, haben die Ergebnisse der in
dem betr. Kalenderjahre stattgefundenen Prüfungen zusammenzufassen. Nach-
dem durch die C.Verf. v. 9. Dec. 1878 die Perioden für die Erstattung der
Verwaltungsberichte nicht mehr nach Kalenderjahren, sondern nach Schuljahren
abgegrenzt worden sind, empfiehlt es sich, die entsprechende Einrichtung auf
die genannten Nachweisungen zu erstrecken. Es sind daher die Nachweisungen
über die Ergebnisse der Abiturientenprüfungen von jetzt an jährlich im Monat
Mai einzureichen und haben die Ergebnisse der Abiturientenprüfungen zu um-
fassen, welche im nächst verflossenen, von Ostern zu Ostern reichenden Schul-
jahre gehalten sind. Die nächste, den üebergang zu der neuen Einrichtung
bildende Nachweisung ist im Mai 1881 einzureichen und hat die Ergebnisse
der Abiturientenprüfungen aus drei Semestern, dem Wintersemester 1879/80
und dem Schuljahre 1880/81 zu enthalten.^^
Extraneerprüfung.
Min.Verf. V. 12. April 1878. Auszug. „Die in der Verordnung des
K. ProY. Seh. C. Yom . . . enthaltene Bestimmung, dafs die als Extraneer
zur Maturitätsprüfung zugelassenen Aspiranten dieselben Clausurarbeiten
anzufertigen haben, wie die Abiturienten, darf, wie zu den deutschen Aufsätzen
Yon Neuem und mit Becht erinnert wird, nur auf die Zahl und die Art der
schrifH. Arbeiten, nicht auf die Identität der gestellten Aufgaben bezogen
werden. Es ist zweckmäfsig, dafs die Abiturienten einer Schule die Aufgaben,
insbes. zum latein. und zum deutschen Prüfungsaufsatze, ohne etwa ausdrücklich
vorbereitet zu werden, doch ebenso wie die Klassenaufgaben aus demjenigen
Gedankenkreise gewählt werden, in welchen die Schüler durch den Unterricht
eingeführt sind. Die Stellung desselben Themas far die fremden Aspiranten
wird diesen gegenüber gewöhnlich zu einer Unbilligkeit. Selbst dann, wenn
die Aufgabe keine Beziehung zu dem Inhalte des vorausgegangenen Unterrichts
hat, empfiehlt es sich, den Extraneem eine andere Aufgabe zu stellen, als den
Abiturienten, damit die Beurteilung der Leistungen der fremden Aspiranten
nicht durch die unvermeidliche Vergleichung mit den Arbeiten der jedenfalls
in günstigerer Lage befindlichen Abiturienten beeinfiufst werde. Das K. Prov.
Seh. C. wolle daher fortan darauf halten, dafs für die schrifü. Prüfungsarbeiten
die fremdem Aspiranten andere Aufgaben erhalten, als die Abiturienten. Dadurch
ist keineswegs ausgeschlossen, dafs sie, wenn es übrigens zweckmäfsig scheint,
gleichzeitig in demselben Prüfungsiocale die Clausurarbeiten anfertigen. ^^
Der Minister etc. Falk.
C.Verf. V. 9. Juli 1885. ,J)ie Gymnasial -Beifeprüfungen solcher
jungen Leute, welche das Beifezeugnis eines Beal-Gymnasiums oder einer Ober-
Be^chule erworben haben, sowie die Bealgymnasial-Beifeprüfungen solcher
jungen Leute, welche das Bieifezeugnis einer Ober-Bealschule erworben haben,
sind durch L A § 18, 1 und II. A § 18, 1 der Prüfungsordnung vom 27. Mai
1882 als Extraneerprüfungen (§ 17) bezeichnet und es ist a. a. 0. § 18, 2 an-
geordnet, welche Abkürzung in dem Prüfungsverfahren auf Grund der bereits
abgelegten Beifeprüfung unter bestimmten Voraussetzungen einzutreten hat.
Das bei Extraneer-Beifeprüfungen anzuwendende Formular ist in Anlage
A und B der Prüfungs-Ordnung vom 27. Mai 1882 vorgeschrieben, indem unter
I der Unterschied des Formulai*s von dem für Abiturienten anzuwendenden be-
zeichnet ist.
444
Pur diejenigen Extraneer-PrüAingen, welche nach dem in I. A § 18,
n. A § 18 der Praftingsordnimg angeordneten abgekürzten Verfahren aasgeführt
sind, ist ein Formular des Beifezengnisses nicht ausdrücklich vorge-
schrieben worden. Die hierdurch herbeigelöhrte Ungleichheit, in welcher das
Ergebnis der betr. Prüflingen und seine Bedentang bekandet worden ist, hat
den Behörden, welchen derartige Zeugnisse vorgelegt worden sind, zu einer
Unsicherheit in Auffassung ihrer Geltung Anlafs gegeben.
Dadurch finde ich mich bestimmt, bezüglich der Form, in welcher über
die nach I. A § 18, 11. A § 18 abgehaltenen Prüfungen das Beifezeugnis aus-
zustellen ist, zur Ergänzung der Prüfungsordnung vom 27. Mai 1882 Folgen-
des anzuordnen.
Die Beifezeugnisse der bezeichneten Kategorie sind im üebrigen, das
heifst bis auf den nachher besonders bezeichneten Zusatz nach demselben
Formular (A., bezw. B.) abzufassen, wie die Extraneer-Beifezeugnisse. Hiemach
ist nach der den Namen der Anstalt und die Bezeichnung des Zeugnisses ent-
haltenden Ueberschrift der Name des Prüflings nebst vollständigem Nationale
und der Angabe seines bisherigen Bildungsganges zu setzen.
Die Bubrik I. trägt die Ueberschrift „Sitüiches Verhalten^ und ist gemäfs
der Vorschrift von L A § 17, 6 (bezw. n. A § 17, 6) auszufallen.
In der Bubrik 11. ist unter die Ueberschrift „Kenntnisse und Fertig-
keiten" zunächst zu setzen:
„„Nachdem der N. N. an dem Beal-Gymnasium (bezw. der Ober-Bealschule)
zu N. unter dem 18 das beigeheftete Beifezeugnis erworben hat,
ist unter Bezugnahme auf den Inhalt desselben, welcher einen integrirenden Teil
des vorliegenden Zeugnisses bildet, auf Grund von I. A § 18, 2 bezw. II. A § 18, 2)
der Prüfungsordnung vom 27. Mai 1882 die Beifeprüfung auf beschränkt
worden, und hat folgendes Urteil über die Kenntnisse ^es N. N. begründet."".
Hierauf folgt das Urteil über die Gegenstände der Prüfung, sodann der
die Beife zuerkennende (bezw. nicht zuerkennende) Schlufssatz und die Unter*
Schrift der Prüfungs-Gommission (die letztere beschränkt auf den K. Commissar^
den Director und die an der Prüfung beteiligten Mitglieder), wie bei den Beife-
prüfungen von Extraneem."
•
Giltigkeit der Maturitätszeugnisse von Bealanstalten für
Universitäts Studien.
C.Verf. V. 7. Dec. 1870: „Zur Vorbereitung fär die Universitätsstudien
sind vorzugsweise die Gymnasien bestimmt Auf ein bei einer Bealschule er-
worbenes Maturitätszeugnis ist bis jetzt die Zulassung zu den Universitäts-
studien wie bei denjenigen, welche lediglich zur Erwerbung einer allgem. hüheren
Bildung die Universität zu besuchen wünschen, nur unter beschränkenden Formen
gestattet Die Immatriculation darf nur auf ein bestimmtes Zeitmafs erfolgen
und die Matrikel der betr. Studirenden mufs mit einer besonders vorgeschriebenen
Bemerkung versehen werden. Zu ihrer Inscription ist bei der philosoph. Fa-
cultät ein eigenes Album zu benutzen; sie werden nicht für ein bestimmtes
Facultätsfach inscribirt und haben die Erklärung abzugeben, dafs sie eine An-
stellung im eigentl. gelehrten Staats- und Kirchendienst nicht beabsichtigen.
Auf vielseitige in dieser Beziehung ausgesprochene Wünsche, sowie in Berück-
sichtigung der darüber von den Universitäts-Facultäten, abgegebenen Gutachten
will ich die gedachten Beschränkungen insoweit aufheben, dafs hinfort die Beal-
schulen 1. 0. berechtigt sein sollen, ihre Schüler, welche ordnungsmäfsig ein
Zeugnis der Beife erlangt haben, auch zur Universität zu entlassen, und dafs
ein solches Zeugnis in Beziehung auf die Immatriculation und auf die dem-
nächstige Inscription bei der philosoph. Facultät dieselbe Giltigkeit
445
hat, wie die Gymnasialzeugnisse der Beife. Dagegen ist die Inscription bei
den übrigen Facnltäten auf Grand eines solchen Zeugnisses nach wie vor nicht
gestattet
Was die späteren Staatsprüfungen betrifft, so werden von jetzt an
Schnlamtscandidaten, welche eine Bealschule 1. 0. besucht und nach Er-
langung eines von derselben erteilten Zeugnisses der Beife ein akadem. Triennium
absolvirt haben, zum Examen pro facultate docendi in den Fächern der Mathe-
matik, der Naturwissenschaften und der neueren Sprachen, jedoch
mit der Beschränkung der Anstellungsfähigkeit auf Beal- und höh. Bürgerschulen,
ohne Yorg&ngige besondere Genehmigung zugelassen werden. — Bei der Anstellung
Yon Lehrern der neueren Sprachen auch an Beal- und höh. Bürgerschulen wird
das K, ProT.Sch.C. indessen nicht unberücksichtigt lassen, daJGs die umfassendere
Sprachenkenntnis und besonders die gründlichere grammat Durchbildung, welche
das Gymn. gewährt, denjenigen einen Vorzug giebt, die ein Gymn. besucht haben.
Ich beauftrage, das K. Prov.ScLG., die Directoren der Bealschulen 1. 0.
Seines Bessorts von obiger Berechtigung als einer Modification und Ergänzung
des Beglm. ▼. 6. Oct. 1859 in Kenntnis zu setzen.*' Der Min. etc. v. Mühler.
Min. Verf. v. 11. März 1872: Zur Hebung der Zweifel, welche nach
Inhalt des Bericbis des H. Bectors und des Senats y. 17. Jan. über die Zu-
lassung von Bealschul-Abiturienten zur Honorarstundung entstanden sind, wird
die Verf. v. 7. Dec. 1870 dahin ergänzt, dalls die Maturitätszeugnisse von Beal-
schulen 1. 0. auch in Beziehung auf die Zulassung zur Stundung des Honorars
(§ 36 des Beglements v. 16. Mai 1844) den Maturitätszeugnissen von Gymn.
gleichgeachtet werden sollen. Damit, dafs för die Vergütung akademischer
Stipendien und Beneficien in jedem concreten Fall die betr. Stiftungsurkunde
mafsgebend ist und sich dafür eine allgem. Bestimmung überhaupt nicht treffen
läfkt, bin ich einverstanden.'* Der Min. etc. Falk.
Sonstige Zeugnisse und Prüfangen.
Min.Verordn. v. 5. Juni 1817: „Zeugnisse für Schüler der
Gymn., Bealschulen und aller solcher Erziehungs- und ünterrichtsanstalten, an
denen mehrere ordentL Lehrer arbeiten, können, wenn darauf irgend ein Urteil
zur Berücksichtigung bei Erteilung von Beneficien, bei Exemtionen vom Militär-
stande u. s. w. gegründet werden soll, nur von dem Collegio der Lehrer oder
von dem Dir. im Namen des LehrercolL ausgestellt werden, und müssen jedesmal
mit dem öffentl. Siegel der Anstalt, oder wenn diese ein solches nicht hat, mit
dem des Dir. oder Vorstehers und mit der Unterschrift noch zweier Lehrer ver-
sehen sein. Zeugnisse einzelner Lehrer können nur als Privatnotiz für die
Fortschritte in einzelnen von diesen Lehrern vorgetragenen Unterrichtsfächern
dienen, und müssen jenen allgm. Zeugnissen zum Grunde liegen, finden aber für
sich allein bei öffentl. Autoritäten, Verwaltungen etc. keine Anwendung."
Zeugnisgebühren s. p. 384, 448 und bei den betr. Prüfungsordnungen.
Für andere als Maturitätsprüfungen ist durch folgende C.Verf.
V. 23. März 1846 bei den Gymnasien und Bealschulen eine besondere Prüfungs-
commission bestellt worden:
„1. Zur Prüfang deijenigen Inländer, welche entweder auf auswärt. Lehr-
anstalten oder privatim ihren Unterricht empfangen haben und behu& der Be-
werbung um Anstellung im öffentl. Dienst, für welchen die Beibringung eines
MataritAtszeugnisses nicht erforderlich ist, des Zeugnisses einer diesseitigen höh.
446
Lehranstalt bedürfen, ist bei jedem Gymn., resp. bei jeder zu Entlassungsprüftingen
berechtigten Bealschole, eine besondere Prüfnngscommission anzuordnen. 2. Die
Commission besteht ans dem Dir. der Schalanstalt nnd 2 Oberlehrern, bei deren
Wahl darauf Bücksicht zu nehmen ist, dafs von den 3 Commissarien die Haupt-
gegenstände des öffentl. Unterrichts, nämlich alte, resp. neuere Sprachen, Mathe-
matik und Naturwissenschaften, Oeschichte und Geographie in der Prüfung gehö-
rig vertreten werden. 3. Die Prüfung hat auf den künftigen Beruf der Exami-
nanden nicht Bücksicht zu nehmen, sondern sich lediglich darauf zu beschränken,
den Stand der Bildung nach den Hauptgegenständen des öffentl. Schulunter-
richts, sowie die Klasse zu ermitteln, zu welcher der Geprüfte als Schüler eines
Gymn. oder einer Bealschule sich qualificiren würde. 4. In dem auf Grund der
Prüfting auszustellenden Zeugnis ist auf das Attest, welches die früheren Lehrer
über den Pleifs und das situ. Betragen des Geprüften abgegeben haben, Bezug
zu nehmen und nach bestimmter Angabe der Qualification in den Hauptgegen-
ständen des Unterrichts ausdrücklich die Klasse anzugeben, far welche der Ge-
prüfte als Zögling der Anstalt reif sein würde. 5. Die Zeugnisse sind von dem
Director auszufertigen und mit der Unterschrift der sämtl. Prüfiingscommissarien
und dem Siegel der Schulanstalt zu versehen. 6. Jünglinge, welche ein inländ.
Gymnasium oder eine inländ. Bealschule besucht haben, können das zum Eintritt
in irgend einen Zweig des öffentl. Dienstes erforderliche Zeugnis auch nur bei
dieser Anstalt erwerben und deshalb bei keiner anderen zur Prüfung zugelassen
werden, wenn nicht sie oder ihre Angehörigen inzwischen ihren Wohnort ver-
ändert haben und die Erlaubnis zur Zulassung von dem K. Prov.ScLG. beson-
ders erteilt wird. 7. Für die Prüfuig und die Ausfertigung des Zeugnisses ist
eine Gebühr von 4 Thlm. zu erlegen. (8. Die vorstehenden Bestimmungen
gelten für die Zukunft auch für die Prüfungen der Feldmesser und wird die
Verf. V. 24. Mai 1824 hiermit aufgehoben.)"
Aus Anlafs eines besonderen Falles erklärte es eine Min.Verf. v. 6. Oct
1853 für unzulässig, „solche junge Leute nach obigen Bestimmungen zu prüfen,
seit deren Abgang von der Schule eine so kurze Zeit verflossen, dafs sie in
derselben bei for^setztem Schulbesuch die höhere Klasse, um die es sich in
dem auszustellenden Zeugnis handelt, nicht würden haben erreichen können.**
C.Verf. V. 28. Oct. 1871: „Gemäfs einer AUerh. Ordre v. 5. Mai 1870
wird vom 1. April 1872 ab die Zulassung zur Portep6efähnrichs- Prüfung von
der Beibringung eines von einem Gymnasium oder einer Bealschule 1. 0. aus-
gestellten Zeugnisses der Beife für Prima abhängig sein.
Diejenigen jungen Leute, welche, ohne Schüler eines Gymnasiums oder
einer Bealschule 1. 0. zu sein, ein solches Zeugnis erwerben wollen, haben sich
an das K. SchulcoU. der Provinz zu wenden, wo sie sich aufhalten, und dabei
die Zeugnisse, welche sie etwa schon besitzen, sowie die erforderl. Auskunft
über ihre persönl. Verhältnisse einzureichen. Sie werden von demselben einem
Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. der Provinz zur Prüfung überwiesen.
Zur Abhaltung der letzteren treten an den von dem betr. K. Prov.Sch.C.
zu bestimmenden Terminen der Dir. der Anstalt und die Lehrer der Ober II,
welche in dieser Klasse in den Prüfungsgegenständen unterrichten, als besondere
Commission zusammen. — Es wird eine schrifU. und eine mündl. Prüfung ab-
gehalten. Zu der ersteren gehört bei den Gymnasien: ein deutscher Adfisatz,
ein latein. und ein französ. Exercitium und eine mathemat. Arbeit; mündlich
wird im Lateinischen und Griechischen, in der Geschichte und Geographie,
in der Mathematik und in den Elementen der Physik geprüft. — Bei den
Bealschulen 1. 0. besteht die schrifü. Prüfung in einem deutschen Aufsatz,
einem französischen und engl. Exercitium und einer mathemat. Arbeit; mündl.
447
wird bei denselben in der latein., französ. und engl. Sprache, in der Geschichte
nnd Geographie, in der Mathematik nnd den Naturwissenschaften geprüft
Das MaTs der Forderungen ist das für die Versetzung nach I vorgeschriebene.
Bücksicht auf den gewählten Lebensbemf darf dabei nicht genommen werden.
Die eigenen Schüler der Gymn. nnd Be^^cholen 1. 0. werden einer
Prüfung nur soweit unterzogen, als es an den einzelnen Anstalten zum Zweck
der Versetzung nach I herkömmlich ist.
Für die Ausfertigung der Zeugnisse gelten im Allgemeinen die für die
Maturitätszeugnisse bestehenden Vorschriften. Die Ueberschrift derselben ist:
Gymnasium (Realschule !• 0.) zu ... .
Zeugnis der Beife für Prima.
Die Beurteilung der in den einzelnen Gegenständen erreichten oder von
Externen in der Prüfung documentirten Kenntnisse schliefst jedesmal mit einem
der Prädicate „sehr gut, gut, genügend, ungenügend** ab. Dabei sind auch
die Gebiete, auf welche sich die Kenntnisse z. B. in der Mathematik erstrecken,
anzugeben; ebenso z. B. im Lateinischen und Griechischen die Schriftsteller,
deren Verständnis erreicht ist.
Vor Eintritt in die Prüfung ist von jedem Angemeldeten an den Dir*
der Anstalt eine Gebühr von 8 Thlr. zu entrichten.
Die mit Berechtigungen versehenen Progymnasien, sowie diejenigen
höh. Bürgerschulen, welche in den Kl. VI bis n den Lehrplan der Beal-
schulen 1. 0. befolgen und denselben als in diesen Klassen gleichstehend aner-
kannt sind, haben gleichfalls das Becht, ihren Schülern zu demselben Behuf
Zeugnisse auszustellen. Bei den Progymn. ist dazu nach Mafsgabe der obigen
Bestimmungen eine besondere Abgangsprüfung abzuhalten. Für die höh. Bürger-
schulen gelten die über die Entlassungsprüfungen in dem Bglm. v. 6. Oct. 1859
enthaltenen Vorschriften.*)
Es wird auch bei dieser Gelegenheit zur Nachachtung darauf aufmerksam
gemacht, dafs bei den Progymn. und den vorbezeichneten höh. Bürgerschulen
der Cursus der III ebenso wie bei den Gymn. und den Bealschulen 1. 0. eine
2jähr. Dauer hat, wovon nur seltene, durch vorzügliche Anlagen, Leistungen und
Fleifs motivirte Ausnahmen zulässig sind.
Die Ueberschrift der Zeugnisse ist bei den Progymnasien:
Progymnasium zu ... .
Zeugnis der Beife für die Prima eines Gymnasiums,
bei den höh. Bürgerschulen:
Höhere Bürgerschule zu ... .
Zeugnis der Beife für die Prima einer Bealschule 1. 0.
Hiernach wolle das K. Prov.Sch.C. die Dir. resp. Bectoren Seines Be-
reichs mit Nachricht und Anweisung versehen. Die Zahl der jungen Leute,
sowohl der eigenen Schüler wie der Externen, welche behufs der Zulassung zur
Portep6efähnrichs- Prüfung bei den einzelnen Anstalten ein Zeugnis erhalten
halten haben, ist in den djähr. Verwaltungsberichten anzugeben.**
C.Verf. V. 29. Oct. 1874: „Seitdem gemäfs der A. Ordre v. 5. Mai
1870 die Zulassung zur Portep6efähnrichs-Prüfung von der Beibringung
eines von einem Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. ausgestellten Zeugnisses der
Beife für I abhängig gemacht worden ist, in welcher Beziehung die K. Prov.
Schulcoll. durch die C.Verfügung v. 28. Oct. 1871 mit Anweisung versehen
sind, ist es in mehreren Provinzen wiederholt vorgekommen, dafs junge Leute
sich bei dem K. Prov.Sch.C. zu der vorgeschriebenen Prüfung meldeten, welche
*) S. Ordnung der Entlassungsprufangen v. 27. Mai 1882, p. 405, 416,
417.
448
nach erst halb- oder eii^ähr. Besuch der II einer Offenü. hOh. Lehranstalt, nur
Vs Jahr oder noch kürzere Zeit sich privatim weiter hatten vorbereiten lassen.
Eine derartige Beschleunigung ist nicht im Sinne der vorgedachten A. Ordre,
deren Absehen vielmehr anf eine gründliche Wissenschaft!. Yorbereitang gerichtet
ist Im Einverständnis mit dem H. Eriegsmin. ergänze ich deshalb die C.Veif.
Y. 28. Oct. 1871 durch die Bestimmung, dafs den früheren Schülern eines
Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. die Darlegung der B;eife for die I nur nach
Ablauf derjenigen Zeit zu gestatten ist, welche sie auf der Schule zu diesem
Zweck gebraucht haben würden. — Es ist also im Allgemeinen bei der Zu-
lassung zu den betr. Prüfungen nach Analogie der auf die Maturitätsprüfimgen
bezügl. C.Verf. v. 11. Dec. 1851 zu verfahren (s. p. 430).
Durch diese Bestimmung soll jedoch eine billige Berücksichtigung außer-
ordentlicher Fälle, in denen eine um ein halbes Jahr frühere Zulassung durch
das Alter der Aspiranten und andere persönl. Umstände oder durch die Art
seiner Vorbildung wohl motivirt erscheint, nicht ausgeschlossen werden. Die
jedesmalige Entschliefsung über eine solche Ausnahme bleibt der pflichtmäfsigen
Erwägung des K. Prov.Sch.C. überlassen."
Min. Verf. v. 10. Jan. 1872: — „Hinsichtl. der Gebühren, welche
für die auf Grund der C.Verf. v. 28. Oct 1871 (s. p. 446) an Gymn.- oder
Realschulen 1. 0. abgehaltenen Prüfungen gehoben werden, ist ebenso zu ver-
fahren, wie es bei den Prüfungen fremder Maturitäts-Aspiranten an den An-
stalten derselben Eategorieen geschieht." Vgl. p. 404 f. 415 f.
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Hannover v. 2. Nov. 1871: „Indem
wir Ihnen abschriftL die Verf. des H. Min. der geisü. etc. Anglgh. v. 28. Oci
d. J. übersenden, bestimmen wir zur Ausfühnmg derselben wie folgt:
1. Die Prüfnngsacten sind in derselben Weise anzulegen, wie dies durch
unsere Verf. v. 17. Apr. 1870 für die Maturitätsprüfungen angeordnet ist. 2. Der
Schlufspassus der Zeugnisse hat sich nach der in der ü. und PO. der Real-
schulen vorgeschriebenen Form zu gestalten. Die Zeugnisse werden in der Bein-
schrift wie in den Concepten von sämtl. Mitgliedern der Prüfiingscomm. unter-
zeichnet und in ersterer mit dem Schulsiegel versehen. 3. Sämtl. Prüfhngs-
verhandlungen nebst den Zeugnisentwürfen sind uns 14 Tage nach beendeter
Prüfung einzureichen. 4. Die nur von den Externen zu entrichtenden Prüfungs-
gebühren mit je 8 Thlr. werden unter die Mitglieder der Prüfhngscomm. gleich-
mäfsig verteilt."
Min. Verf. v. 4. Juni 1885. „Auf den Bericht vom 8. Mai d. J.,
betr. die besonderen Prüfungscommissionen for andere als Reife- und Abgangs-
prüfungen bei den Gymnasien und Realgymnasien, habe ich dem E. Prov.Sch.C.
Folgendes zu erwidern:
1) Durch die CircVerf. v. 28. Oct. 1871 (s. p. 446) ist eine be-
stimmte Vorschrift darüber gegeben worden, in welcher Weise an Gymnasien
und Realgymnasien die Prüfung deijenigen jungen Leute vorzunehmen ist,
welche, ohne Schüler dieser Anstalten zu sein, ein Zeugnis der Reife für Prima
erwerben wollen. Unter den formalen Bestimmungen dieser Cürc. Verfügung ist
besonders hervorzuheben, dafs die jungen Leute, welche ein solches Zeugnis
sich erwerben wollen, ihr Gesuch an das E. Prov. Sch.C. der Provinz, in welcher
sie sich aufhalten, zu richten haben, und von diesem einer bestimmten Anstalt
überwiesen werden; femer daf^ in Folge dieser Ueberweisung zu den von dem
betr. E. Prov.Sch.C. zu bestimmenden Terminen der Director der Anstalt und
die Lehrer der Obersecunda, welche in dieser Elasse in den PrüAingsgegen-
ständen unterrichten, als besondere Commission zusammenzutreten haben. Durch
449
die von dem K. ProT.Scli.C« in Bezug genommene Anmerkung zu I B. § 17,
n B. § 17 der Prüfungsordnung Yom 27. Mai 1882 ist an den formalen Vor-
schriften der C.Verf. v. 28. Oci 1871 keine Aenderung getroffen; nur in
den Bestimmungen über die Gegenstände der scbrifüiclien und der mündlichen
Prüfung sind einzelne Modificationen eingetreten.
2) Die Giro. Verf. vom 23. März 1846 (s. p. 445), durch welche für
andere als Maturitäts- und Ab^ngsprüfungen bei den Gymnasien und Eealgym-
nasien besondere Prüfongscommissionen bestellt worden sind, ist durch die 0. Verf.
y. 28. Oci 1871 (s. p. ^6), bezw. durch die angezogenen Stellen' der Prüfungs-
ordnung vom 27. Mai 1882 nicht auTser Erafb gesetzt, sondern es ist nur die
Competenz der durch dieselbe angeordneten Commissionen auf einen engeren
Bereich beschränkt, nämlich auf Prüfungen zum Beweise der Beife für niedrigere
Klassen als die Prima. Die wesentlichen formalen Unterschiede deijenigen
Prüfungen, welche den durch die C.Verf. v. 23. März 1846 eingesetzten Com-
missionen yerblieben sind, bestehen darin, dafs die Prüfungs-Aspiranten, abge-
sehen von dem unter Nr. 6 der Circ. Verfügung bezeichneten Falle, sich nicht
an das K. Prov. Seh. C. ihrer Provinz, sondern an den Director der betr. Lehr-
anstalt selbst zu wenden haben, und da£s die Commission nicht für den einzelnen
Fall eingesetzt wird, sondern eine ständige ist Bei der durch Nr. 2 der Verf.
V. 23. März 1846 bestimmten Wahl der Mitglieder der betr. Commission wird
es sich nach der eingetretenen Beschränkung ihrer Competenz empfehlen, vor-
zugsweise Lehrer der Hauptfächer in IJntersecunda zu berücksichtigen, da bei
diesen die gröfste erfahrungsmäfsige Vertrautheit mit den Erfordernissen für die
ausschliefslich in Frage kommenden Klassen vorauszusetzen ist.
Wenn in dem Bereiche des K. Prov. Seh. C. Fälle einer incorrecten Aus-
führung der vorbezeichneten Bestimmungen vorgekommen sind, so ist nichts
dagegen zu erinnern, dafs das K. Prov. Seh. C. durch eine dem Obigen ent-
sprechende Verfügung an die Anstalten Seines Aufsichtsbereiches die richtige
Ausfuhrung sicherstelle. Eine Controle über diese richtige Ausführung dürfte
4Bich, ohne die Schreibarbeit des K. Prov. Seh. C. oder der Directoren merklich
zu vermehren, dadurch herstellen lassen, dafs die Directoren zu der Jährlich zur
Genehmigung einzureichenden Nachweisung über die Verteilung der Lehrstunden
an die einzelnen Lehrer die Zusammensetzung der fraglichen Commission hin-
zuzufagen, femer in dem Begleitberichte anzugeben haben, ob, eveni in welchen
Fällen, die fragliche Commission während des vorausgegangenen Schuljahres in
Function gewesen ist
Den von dem K. Prov. Seh. C. gestellten Anträgen, dafs auch die unter
Nr. 2 bezeichneten Prüfungen, durch welche die Beife für niedrigere Klassen
als die Prima zu constatiren ist, nur in Folge der Ermächtigung und Zuweisung
des K. Prov. Seh. C. sollen vorgenommen werden dürfen, femer dafs die durch
die C.Verf. v. 23. März 1846 angeordneten ständigen Commissionen aufgehoben
und in jedem etwa vorkommenden Falle durch besonders ernannte Comnüssionea
ersetzt werden soUen, finde ich mich nicht veranlafst, Folge zu geben.'*
Wlete, YeroTdnongen. 29
l
450
vm.
Geltung der Schulzeugnisse in öffentlichen Verhältnissen.
Berechtigungen. Bedingungen der Zulassung zu Prüfungen, Bildungs-
instituten und verschiedenen Berufsarten.
A. Im CÜTllgeblet.
1. XJniversitätstudien und . Zulassung zu den Prüfungen
für den höheren Staats- und Kirchendienst.
a) Das Maturitätszeugnis eines Gymnasiums ist erforderlich.
Aus dem Reglement ▼. 4. Juni 1834 für die Prüfung der zu den Univer-
sitäten «hergehenden Schüler: § 33. liNxxr die mit dem Zeu^isse der Reife (von
Gymnasien) Versehenen sollen: 1) auf inländischen Universitäten als Studirende
der Theologe, Jurisprudenz und Cameral- Wissenschaften, der Medicin und Chirurgie
und der Philologie angenommen und als solche bei den betr. Faculülten inscribirt;
2) zu den Prüfungen behufs der Erlang[ung einer akademischen Würde bei einer
inländischen Facultät; 3) sowie späterhin zu den angeordneten Prüfungen behufs
der Anstellung in solchen Staats- und Elirchenämtem, zu welchen ein drei- oder
vierjährig Imiversitätsstudium nach den bestehenden gesetzlichen Vorschriften
erforderhch ist, zugelassen werden.''
Im Besonderen ist durch das Gesetz v. 11. Mai 1873 über die Vor-
bildung und Anstellung der Geistlichen in § 4 bestimmt, dafs zur Bekleidung
eines geistlichen Amts die Ablegung der Entlassungspräfung auf einem
deutschen Gymnasium erforderlich ist.
Das Begnlativ v. 1. Mai 1883, betr. die juristischen Prüfungen und die
Vorbereitung zum höh. Justizdienst fordert auf Grund des Gesetzes vom
6. Mai 1869 in § 3 bei dem Gesuche um Zulassung zur ersten Prüfung die
Beifügung eines Zeugnisses der Beife zur Universität. Dasselbe Gesetz wird
als mafsgebend bezeichnet in dem Gesetz v. 11. März 1879, betr. die Befähigung
für den höh. Verwaltungsdienst, § 2.
Die Bekanntmachung v. 25. Sept. 1869, betr. die Prüfung der Aerzte
u. 8. w. bestimmt ad I in den Vorschriften über die Prüfung der Aerzte, § 3,
dafs der Meldung das Gymnasialzeugnis der Beife beizufügen ist.
b) Giltigkeit der Maturitätszeugnisse von Bealanstalten für
Universitäts Studien.
S. die Bestimmungen der C.Vert v. 7* Dec 1870 p. 444 und der
Min. Verf. v. 11. März 1872 p. 445.
2. Die technischen Hochschulen.
Aus dem Verfassungsstatut der Kgl. technischen Hochschule zu Berlin
V. 28. Juli 1882: § 29. „Die Aufnahme eines Deutschen als Studirenden in
die technische Hochschule ist durch die Beibringung des Beifezeugnisses eines
deutschen Gymn. oder eines preufsischen Bealgymn. (Bealschule 1. Ordnung),
bezw. einer preufsischen Ober-Bealschule (Gewerbeschule mit neunjährigem
Cursus und zwei fremden Sprachen) bedingt. Ausnahmen hiervon sind nur mit
451
Genehmigong des Ministers zulässig/' Ebenso nach § 29 des Yerfassangs-
Statuts der Kgl. technischen Hochschule zu Hannover und zu Aachen vom
27. Aug. 1880. Indefs. erfolgt die Aufiiahme bis auf Weiteres auch noch auf
Grund des Beifezeugnisses einer preufsischen Realschule II. Ordnung oder der
obersten Klasse (Abi A.) einer nach dem Plane vom 21. März 1870 einge-
richteten Gewerbeschule oder einer solchen Schulen gleichstehenden Anst^t.
(S. das Programm der K. techn. Hochschule zu Aachen u. Hannover für das
Studienjahr 1885/86.)
3. Das Bau- nnd Maschinenfach.
Vorschriften des K. Min. für Handel, Gewerbe u« Off. Arbeiten v. 27. Juni
1876 § 1. „Die Anstellung als Bau- oder Maschinenbeamter im höh. Staats-
dienste setzt eine wissenschaftlich-technische Ausbildung voraus, welche nach
Ablegung der Beifeprüfiing auf einem Gymn. oder einer Bealschule I. Ordn.
durch ein vieijähriges akademisches Studium und zweijährige praktische Vor-
bereitung zu erwerben ist"
•
4. Der Staatseisenbahndienst.
A. Höhere Beamte. 1. Administrative: Nach § 32 der Organi-
sation der Staatseisenbahnverwaltung vom 24. Nov. 1879 ist akademische Vor-
bildung erforderlich (s. Eisenb.Verordn.Bl. 1880 S. 95). 2. Bautechnische
u. maschinentechnische: Nach Verf. des Min. f. Handel, Gewerbe u. öff.
Arb. V. 19. Febr. 1879 (s. Ministerialbl. für die inn. Verw. 1879 S. 78) wird
Ablegung der Beifeprüfung auf einem Gymn. oder einer Beal- bezw. Gewerbe-
schule mit neunjährigem Lehrgang und zwei fremden Sprachen, sowie vier-
jähriges Studium auf einer technischen Hochschule verlangt. Indefs wird for
die Maschinenbeamten die EntlassungsprüAing bei den nach dem Plane vom
21. Mäiz 1870 eingerichteten Gewerbeschulen, sowie bei den durch besondere
Verfügung hierzu bisher berechtigten Schulen, der Beifeprüfiang der vorgenannten
Lehranstadten bis auf Weiteres noch gleichgestellt.
B. Oberbeamte. Telegraphen-Inspectoren haben nachzuweisen
Beife für die Prima eines Gymn. oder einer Bealschule I. Ordn. oder einjährigen
erfolgreichen Besuch der Prima einer reorganisirten Gewerbeschule. Verf. d.
Min. für öffentl. Arb. v. 2. Oci 1878.
C. Subalternbeamte. 1. Civilsupernumerare: Nach § 1 des Begle-
ments über die Annahme, Ausbildung und Anstellung von Civilsupemumeraren
im Staatseisenbahndienst V. 19. Aug. 1874 (Min.Bl. f. d. inn. Verw. 1875
S. 127) ist erforderlich Beife für die erste Klasse eines Gymn. oder einer Beal-
schule I. Ordn., bezw. a) nach der Verf. d. Min. d. öffent. Arb. v. 29. April 1879
(Ei8enb.Verordn.Bl. 1879 S. 86) Zeugnis über die auf einer zu Abgangs-
prüfungen berechtigten höh. Bürgerschule bestandene Entlassungsprüfnng;
b) nafhVerf. d. Min. d. öff. Arb. v. 25. Jan. 1881 (Eisenb.Verordn.Bl. 1881
S. 26) Zeugnis der Beife für die Prima einer lateinlosen Bealschule (Gewerbe-
schule) mit neunjährigem Lehrcursus; c) nach Verf. d. Min. d. öff. Arb. v.
5 Oct 1881 (Eisenb.Verordn.Bl. 1881 S. 313) ein Beifezeugnis der Real-
schule II. Ordn. 2. Technische Eisenbahnsecretäre. Die etatsmäfsigen
Stellen sind entweder für Feldmessser (jetzt Landmesser), tat Bautechniker oder
Maschinentechniker bestimmt. Voraussetzung ist die Wissenschaft!. Befähigung
für den einjährig-freiw. Militärdienst, und a) für Landmesser die Ablegung der
Landmesserprüfung (s. u.); b) far Bautechniker die Erlangung des Beifezeugnisses
einer Baugewerkschule oder die Ablegung der Prüfung ads Maurer- oder Zimmer-
29*
452
meister; c) für Maschinentechniker Erlangang des Beifezengnisses einer tech-
nischen Lehranstalt zur Vorbildung von Maschinentechniken!. Verf. d. Min. d.
öff. Arb. V.-22. Dec. 1880 (Eisenb.Verordn.Bl. 1880 S. 546.) 3. Werk-
stätten-Vorsteher: Schulzeugnis mit der Berechtigung zum einjährig-frei-
willigen Militärdienst und Zeugnis der bestandenen Entlassungsprufung einer
mit einer Bealschule verbundenen maschinentechnischen Fachschule oder Nach-
weis einer als gleichwerthig anzuerkennenden maschinentechnischen Ausbildung,
welcher etwa durch Prüfungszeugnisse oder durch Ablegung einer besonderen
Vorprüfung beizubringen ist. Verf. d. Min. d. öff. Arb. v. 10. Oci 1884.
5. Das Bergfach.
Vorschriften v. 12. Sept. 1883 über die Befähigung zu den technischen
Aemtem bei 'den Bergbehörden des Staates: § 2. „Wer zur Ausbildung für den
Staatsdienst im Bergfache zugelassen werden will, mufs auf einem Gymnasium
oder Bealgymnasium die Abiturienten- (Abgangs-) Prüfung bestanden und das
Zeugnis der Beife erworben haben.*^
Für das Markscheiderfach ist nach Verf. v. 31. Oct. 1865 erforder-
lich a) Zeugnis der Beife für die erste Klasse eines Oymn. oder einer Beal-
schule 1. 0., oder b) die Bescheinigung der Beife zum Abgange aus der ersten
Kl. einer Bealschule 2. 0., welcher die Befugnis, Abiturientenzeugnisse auszu-
stellen, beigelegt ist
Für das Givilsupernumerariat beim Bergfache ist durch A.O. y.
5. Oct. 1859 und den Erlafs v. 22. Nov. 1859 die Beibringung eines Zeug-
nisses der Beife für Prima eines 6ymn. oder einer Bealschule 1. 0. zur Be-
dingung gemacht
. Zum Besuche der Bergakademie sind nach dem Statut t. 8. April
1875, §8, berechtigt: 1. Diejenigen Bergbaubeflissenen, welche sich für den
Staatsdienst im Bergfache ausbilden. 2. die immatriculirten Studirenden der
deutschen Universitäten, die Studirenden der Gewerbe-Akademie und der Bau-
akademie in Berlin (techn. Hochschule), sowie der polytechnischen Schule in
Aachen, der Hauptschule der polytechnischen Schiüe in Hannover und der
Bergakademie in Clausthal.
6. Die Landmesserprüfung.
Die früheren Vorschriften über die Prüfung der Feldmesser sind seit dem
1. Jan. 1885 im ganzen Umfange auiser Anwendung getreten. Nach den Vor-
schriften über die Prüfung der öffentlich anzustellenden Landmesser vom
4. Sept. 1882 (CB. 1882 p. 594 fg.) wird als Nachweis der allgemeinen wissen-
schafüichen Bildung gefordert: entweder a) ein Zeugnis über die erlangte Beife
zur Versetzung in die erste Klasse eines Gymn., einer Bealschule I. Ordnung
bezw. einer lateinlosen Bealschule (Gewerbeschule) mit neunjährigem Lehrgange
oder in die erste Klasse (Fachklasse) einer nach der Verordnung vom 2f . Mäiz
1870 reorganisirten Gewerbeschule, oder b) das Abgangszeugnis der Beife
einer Bealschule n. Ordnung oder einer höheren Bürgerschule mit siebenjährigem
Lehrgange.
■
7. Das Forstfach.
Nach den Bestimmungen des Min. lur Landw., Dom. u. Forsten vom
1. August 1883, § 3, und dem Begulativ vom 24. Jan. 1884 erfolgt die Zu-
lassung (auch zu den Studien auf den K. Forstakademien in Eberswalde und
453
Münden) nnr, wenn der Aspirant ein Zengnis der Beife von einem Gymn. des
deutschen Beichs oder von einem preufs. Bealgymn. erlangt nnd in diesem
Zeugnisse eine unbedingt genügende Cendur in der Mathematik erhalten, auch
das 22. Lebensjahr noch nicht überschritten hat.
8. Studium der Landwirthschaft.
Die landwirthschaftlichen Akademien zu Eldena, Proskau und Waldau
sind aufgehoben. Aufser der landwirthschafü. Akademie zu Poppeisdorf befinden
sich akademische landwirthschafbl. Lehrinstitute bei den Universitäten zu Bres-
lau, Göttingen, Halle a. S. und Königsberg. An der landwirthschafbl. Hoch-
schule zu Berlin ist nach den durch Erlafs des Min. für Landwirthsch. u. s. w.
vom 16. Oct. 1884 genehmigten Statuten die Aufiiahme als ordentlicher HOrer
für Deutsche durch den Nachweis mindestens desjenigen Bildungsgrades bedingt,
welcher zum einjähr.-freiwill. Dienst in der deutschen Armee berechtig^. Die
Zulassung zum culturtechnischen Oursus erfolgt auf Grund erfolgter
Ablegung des Landmesserexamens, für welches die oben angegebenen Nachweise
erforderlich sind. Zur Prüfung für das Lehramt an den Landwirthschafts-
schulen ist nach den Vorschriften vom 9. Mai 1877 das Beifezeugnis von einem
G3rmn. oder einer Bealschule I. Ordn. nothwendig.
Zur Aufhahme in die Landwirthschaftsschulen ist nach dem
Beglement v. 10. Aug. 1875 Vorbedingung die Beife für die Tertia eines Gymn.,
einer Bealschule I. Ordn. oder der entsprechenden Klasse einer anderen berech-
tigten Oifentl. Schule.
9. Gärtner -Lehranstalten.
«
Nach den Beiträgen zur landwirthschafbl. Statistik in Preufsen far das
Jahr 1884, bearb. im Ministerium f. Landw., Dom. u. Forsten (Berlin 1885)
ist erforderlich:'
für die K. Gärtner-Lehranstalt am Wildpark bei Potsdam Zeugnis der
Beife für Secunda eines deutschen Gymn. oder eines Bealgymn.;
für das K. pomologische Institut zu Proskau bei Oppeln Nachweis des
mindestens halbjähr. Besuches der Tertia eines Gymn. oder Bealgymn.;
für die K. Lehranstalt f. Obst- und Weinbau zu Geisenheim Beife für
Ober-Tertia eines Gymn. oder Bealgymn.; '
für die höh. Gartenbau-Lehiunstalt im Etablissement der Flora zu Biehl
bei Köln Berechtigung zum einjähr.-fireiw. Militärdienst.
10. Apotheker.
Aus der Bekanntm. des Beichskanzlers v. 5. März 1875 (zu § 29 der
Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869): (§4) — — Die Zulassung zur
pharmaceutischen Prüfong ist (u. a.) bedingt durch den Nachweis der erforderl.
wissenschaftl. Vorbildung. Dieser Nachweis ist zu führen durch das von einer
als berechtigt anerkannten Schule, auf welcher das Lateinische obligater.
Lehrgegenstand ist, ausgestellte wissenschaftl. Qualificationszeugnis für den
einj&r. Militärdienst Aufserdem wird zur Prüfung nur zugelassen, wer auf
einer anderen als berechtig^ anerkannten Schiüe dies Zeugnis erhalten
hat, wenn er bei einer der eratgedachten Anstalten sich noch einer Prüfung
im Lat. unterzogen hat und auf Grund derselben nachweist, dafs er auch in
diesem Gegenstande die Kenntnisse besitzt, welche behufs Erlangung der be-
zeichneten Qualification erfordert werden. Ausgeschlossen von der Zulassung
454
^^^^^ ■ g*
sind nach der C.Verf. v. 18. Febr. 1879 (Min. d. geisü. etc. Ang.) alle die-
jenigen, welche das Qnalificationszeügnis'znm einj. Dienste nur auf Gmnd der
bestandenen Prüfdng vor einer £gl. Prüfongs-Commission erhalten haben,
gleichgiltig, ob sie dabei im Lateinischen geprüft sind, oder wenn nicht, ob
sie etwa eine besondere Nachprüfling in diesem Fache bei einem Gymn. oder
einer Bealschnle I. Ordn. bestanden haben.
Für die Annahme als Lehrling and Apothekergehülfe gilt dieselbe Be-
stimmung; vgl. CBL 1871 p. 160. 1880 p. 250 f.
11. Zahnärzte.
Nach der Bekanntm. des Bandeskanzlers v. 25. Sept. 1869 (11 § 8)
zar Gewerbeordn. v. 21. Joni 1869 mass behafe der Approbation a. a. bei-
gebracht werden ein Zeagnis der Beife für die I eines Gymn. oder einer Real-
schale 1. Ot, d. h. eines Bealgymn. nach der Declaration v. 28. Nov. 1884 (CBl.
1885 p. 328 f.).
12. Thieräzte.
Za den Erfordernissen der Aafiiahme als Eleve in eine £. Thierarznei-
schole, sowie demnächst der Prüfimg als Thierarzt, gehört (nach der Bekanntm.
des Beichskanzlers v. 27. März 1878) der Nachweis der Beife für die Prima
eines Gymn. oder einer Bealschale 1. 0., bei welcher das Latein obligatorischer
Unterrichtsgegenstand ist (Bealgymn.), oder einer darch die zuständige Central-
behOrde als gleichstehend anerkannten höh. Lehranstalt
13. Der Post- und Tel^egraphendienst.
Nach den Vorschriften vom 1. Oct. 1882 erfolgt die Annahme von
Givilanwärtem für den Post- und Telegraphendienst als Posteleve oder als
Postgehülfe.*)
Die Posteleven haben die Anwartschaft, nach Ablegung der vorge-
schriebenen Fachprüfungen (Secretärprüfdng und h6h. Yerwaltungsprüfung) in
*) Zuschrift des Eaiserl. Ober-Postdirectors zu Berlin v. 24. Sept 1885.
„Der Eintritt von Anwärtern für den Beichs-Post- und Telegraphen-Dienst hält mit
der Steigerung des durch die Yerkehrszunahme und die Erweiterung der Betriebs-
einrichtungen bedingten Bedarfs an Beamtenkräften nicht gleichen Schritt. Mit
Rücksicht darauf, daXs die aus der Klasse der Posteleven hervorgehenden Beamten
dazu bestimmt sind, die höheren Dienststellen der Verwaltung einzunehmen und
dafs die Zahl dieser Stellen nur eine beschränkte ist, kann zur Zeit auch nur eine
geringe Anzahl junger Leute, welche das Abiturientenexamen bestanden haben, als
Posteleven angenommen werden. Dagegen hat sich die Lage der übrigen in unbe-
schränkter Anzahl anzunehmenden Beamten (Postassistenten, Ober-Postassistenten
etc.), deren Eintritt als Postgehülfe erfolgt, in letzter Zeit wesentlich gebessert
Beispielsweise erhalten in Berlin Postgehülten, welche der Verwaltung ungefähr
9 Monate dienen, bei erwiesener Brauchbarkeit, bereits Tagegelder zum Satze von
M. 2,00. Nach zurückgelegter zweijähriger Dienstzeit werden denjenigen Post-
gehülfen, welche sich bis dahin dauernd tüchtig erwiesen haben und deren Führung
befriedigt hat, Tagegelder von M. 2,50 zugebilligt. Nach bestandener Post-
assistenten-Prüfung, welche frühestens nach einer vierjährigen Dienstzeit abgelegt
werden darf, werden die Postge hülfen zu Postassistenten ernannt und beziehen
als solche Tagegelder von IL 3,00. Die Anstellung der Postassistenten erfolgt
ungefähr 5 Jahre nach Ablegung der Assistenten-rrüfung mit einem Anfangs-
gehalte von M. 1350,0U und dem gesetzmäfsigen Wohnungsgeldzuschufs, welcher
für Postassistenten in Berlin M. 540,00 jährlich beträgt. Nach Mafsgabe ihres
465
die höheren Postverwaltongsstellen einzuräcken. In schnlwiBseDBchafOicher Be-
ziehung werden folgende Anforderangen gestellt: 1. Der Bewerber nrnfs in der
Begel a) anf einem Gymn. das Zengnis der Beife zur UniYersit&t erlangt haben,
oder b) in Prenfsen von einem Bealgymn., in anderen Bnndesstaten von einer
6ffentl. Schule, welche in Bezug auf £e Höhe der Anforderongen den in Prenfsen
vorhandenen Bealgymnasien gleichsteht» mit dem Zeugnisse der Beife entlassen
sein. — 2. Ausnahmsweise können aber auch, unter Anrechnung der für den
vollen Primacursus fehlenden Zeit, solche Bewerber zugelassen werden, welche
c) mindestens ein halbes Jahr lang an dem Unterrichte in allen Lehrgegen-
ständen der Prima einer der vorbezeichneten Schiüanstalten mit Erfolg Teil
genommen haben, oder d) in Preufsen von einem anerkannten Progymn. oder
von einem Bealprogymn., in einem andern Bundesstaate von einer 6ffentl. 8chule,
welche in Bezug auf die Höhe der Anforderungen den genannten preufs. An-
stalten gleichsteht, mit dem Zeugnisse der bestandenen Entlassungsprüfling
abgegangen sind. Voraussetzung ist dabei, daih der Bewerber in der bezügl.
Lehnuistalt das in Preufsen für die Entlassungsprüftmgen bei den Bealgymnasien
vorgeschriebene Mafs von Kenntnissen der latein. Sprache erworben hat. Der
Bewerber mufs das 16. Lebensjahr vollendet haben und darf nicht <er als
25 Jahre sein.
Personen, welche als Gehülfen in den Postdienst eintreten wollen,
haben mindestens folgenden Anforderungen zu genügen: Sie müssen richtig
und zusammenhängend Deutsch schreiben und sprechen, mit den gewOhnl.
Bechnungsarten bis einschliefsl. zur Decimalbruch- und Verhältnisrechnung
vollständig vertraut sein, eine deutliche Handsclurift besitzen, die Lage der
wichtigsten Orte kennen und französische Adressen, Länder- und Ortsnamen
zu verstehen und verständlich auszusprechen im Stande sein.. Wird der Besitz
dieser Vorbildung durch Schulzeu^isse dargethan, so bedarf es eines weiteren
l^achweises nicht. Können genügende Schulzeugnisse nicht beigebracht werden,
so hat der Bewerber in einer Prüfung, welche in der Begel bei der OPost-
direction oder nach Bestimmung derselben von einem Postamtsvorsteher oder
von einem Aufsichtsbeamten des Bezirks abgehalten wird, den Nachweis der
vorbezeichneten Vorbildung zu führen. Der Anzunehmende darf nicht jünger
als 17 Jahre sein.
14. Civil-Supernumerariat.
CO. V. 10. Nov. 1855: „Auf den Antrag des Staatsministeriums v.
7. d. M. setze ich hinsichtlich des Mafses der Schulbildung derjenigen Personen,
Dienstalters als Postassistenten rücken diese Beamten in höhere Gehaltsstufen und
in die zor Erledigong kommenden Stellen für Ober-Postassistenten ein, deren
Meistgehalt neben dem gesetzh'chen Wohnungseeldzasohafs jährlich M. 2400,00
betragt. Für Postassistenten bietet sich auch oie Gelegenheit, 3 Jahre nach be-
standener Profong als Vorsteher von Postämtern III. Klasse (Postverwalter) an-
gestellt zn werden, deren Besoldungen, welche sich nach den ortlichen Verhält-
nissen richten, allmählich Aufbesserungen erfahren. Da der Eintritt in den Post-
dienst erfolgen kann, sobald die Bewerber das eidesmündige Alter erlang^^ haben,
so ist dens^ben hier in einem Lebensalter von ungefähr 25 — 26 Jahren die Mög-
lichkeit des Bezuges eines Gehaltes von 1350,00 und des gesetzlichen Wohnungs-,
ffeldzuschnsses geboten. Ew. beehre ich mich hiervon mit dem Anheimstellen
m Kenntnis zu setzen, Schüler in der Ober-Tertia und in der Secunda der Ihnen
unterstellten Lehranstalt, welche nicht die Absicht haben, mit dem Zeugnis der
Reife aus der Prima der Anstalt abzugehen, sondern sich mit einer bescheidenen
Beamtenlaufbahn begnügen wollen, ttet. hiermit bekannt zu machen und n. U. die
Aufmerksamkeit derselben wiederholt auf diese LaufbiJm hinzulenken.'' An den
Director u. s« w.
456
welche zum Giyil-Snpernnmerariat bei den Prov. YerwaltongsbehOrden zuge-
lassen werden sollen, hierdurch fest, dafs diese Personen das Zengnis der Beife
entweder for die 1. El. eines Gymn. oder ans der 1. El. einer Bealschole beizu-
bringen haben. Ausnahmen hiervon können nnr dann gemacht werden, wenn
der Anzustellende seine prakt. Brauchbarkeit und Ausbildung durch mehrjähr.
Beschäftigung bei anderen Behörden in vorzüglichem Grade nachgewiesen hat.
Bei Erfüllung dieser Bedingungen können die Präsidien der Prov. Verwaltungs-
behörden die Civil -Supemumerarien selbständig, ohne Genehmigung der
Ministerien, annehmen, während letzteren vorbehalten bleibt, für jede Prov. Ver-
waltungsbehörde eine gewisse Anzahl von Supemumerarien zu bestimmen, welche
ohne ihre Genehmigung von den Präsidien nicht überschritten werden darf.
Andere Personen, sJs Civil-Supemumeranen, Militär-Anwärter und solche Indi-
viduen, welchen etwa im Wege der Gnade Anstellungsfähigkeit verliehen ist,
dürfen zur Beschäftigung in den Subaltem -Bureaux der Prov. Verwaltungs-
behörden, auch behufe der Probe, ob sie zur Annahme als Civil-Supemumerarien
sich eignen, nicht zugelassen werden.^'
Durch CO. V. 5. Oci 1859 sind sodann die Bealschulen 1. 0. in der
betr. Beziehung den Gymn. gleichgestellt worden.
a) C.Verf. des Min. d. Inn. u. d. Finanzmin. v. 25. Nov. 1880 an
die Begierungspräsidenten. „Nach den C.Verfügungen v. 4. Febr. 1856 und
22. Dec. 1859 (CBl. 1860 p. 72) haben diejenigen Personen, welche zum Civil-
Supemumerariate bei den Prov. Verwaltungsbehörden zugelassen werden
wollen, zum Nachweise ihrer Schiüreife das Zeugnis der Beife für die Prima
eines Gymnasiums oder einer Realschule erster Ordnung oder aus der ersten
Klasse einer Realschule zweiter Ordnung beizubringen.
Im Anschlüsse hieran bestimmen wir, dafs fortan för die Zulassung zum
Civil-Supemumerariate bei den Prov.-Verwaltungsgehörden dem Zeugnisse der
Beife for die Prima einer lateinlosen Realschule von neunjährigem Cursus dieselbe
Geltung beigemessen werde, wie dem gleichartigen Zeugnisse der Realschulen
erster Ordnung und der Gymnasien und den Maturitätszeugnissen der Real-
schulen zweiter Ordnung.^'
b) die Bewerber um Annahme bei der Verwaltung der indirecten
Steuern dagegen haben sich (C.Verf. des Finanzmin. v. 14. Nov. 1859
und V. 22. Mai 1877) darüber auszuweisen, dafs sie die I entweder eines Gymn.
oder einer Realschule 1. 0. mindestens ein Jahr lang mit gutem Erfolg besucht
oder bei einer Realschule 2. 0. ein Zeugnis der Reife erworben haben. (Die
unter dem 18. März und 15. Juni 1874 nachgegebenen Erleichterungen sind
aufgehoben.) C.Verf. des Finanzmin. an die f^ov.Steuerdirectorenv. 15. Nov.
18^. ,J)ie Bestimmung unter I. 1 a. der Circular- Verfügung v. 22. Mai 1877
(CBl. 1877 p. 308 f.), betr. die Annahme von Steuer-Supemumeraren, wird hier-
durch den gegenwältigen Verhältnissen der höh. Lehranstalten entsprechend
dahin erweitert, dafs das für den Eintritt in das Steuer - Supemumerariat
erforderliche MaJTs wissenschaftlicher Vorbildung auch dann als vorhanden ange-
sehen werden soll, wenn die betr. Bewerber die erste Klasse einer latein-
losen Realschule von neunjährigem Lehrcursus mindestens ein Jahr
lang mit gutem Erfolge besucht haben.'*
c) der gerichtliche Subalterndiensi Allgemeine Verf. des Justiz-
min. V. 5. Sept. 1879, betr. den Vorbereitungsdienst, die PrüAmgund die An-
stellung der Gerichtsschreiber. § 1. „Zu dem Vorbereitungsdienste, welcher
der Gerichtsschreiberprüfhng vorangehen mufs, soll aufser den Militäranwärtera
und aul^er denjenigen Personen, welchen durch A.O. die Anstellungsberechtigung
beigelegt ist, nur zugelassen werden, wer 1) das 18. Lebensjahr vollendet hat;
2) die für den einjährig -freiwilligen Dienst erforderl. wissenschaftl. Bildung
457
besitzt; 3) sich mindestens drei Jahre ans eigenen Mitteln oder durch Unter-
statzung seiner Angehörigen ohne Beihülfe des Staates zu unterhalten im
Stande ist."
d) Der Eintritt in den Dienst der Beichsbank wird,n. A. davon
abhftng^g gemacht, dafs der Betreffende nicht über 26 Jahre alt nnd nnver-
heirathet ist, ein Gymn. oder eine Bealschnle 1. Ordn. besucht hat, in derselben
wenigstens ein volles Jahr Schüler der zweiten Klasse gewesen ist nnd sich die
Berechtigung als Einjährig-Freiwilliger erworben hat
15. Akademische Hochschule für bildende Künste
und' für Musik.
Zur Aufnahme ist nach § 53 und § 90 des Statuts der Kgl. Akademie
der Künste zu Berlin vom 19. Juni 1882 eine allgemeine Bildung erforderlich,
welche zum einjährigen freiwilligen Militärdienste berechtigt.
Bei dem akademischen Institute für Kirchenmusik wird nach § 117
obigen Statuts die Beibringung eines Zeugnisses verlangt über die Absolvirung
eines Gymn., eines Bealgymn. oder einer Ober-Bealschule oder des Zeugnisses
über die nach dreijährigem Seminarcursas bestandene Lehrerprüfung.
B. Im militärischen Gebiet.
1. Die akademischen militärärztlichen Bildungsanstalten.
Das K. medicinisch-chirurgische Friedrich-Wilhelms-Institut und
die K. medicinisch-chirurgische Akademie für das Militär zu Berlin. Be-
stimmungen V. 7. Juli 1876. (CBl. 1878 p. 10 fg.) Zu den Bedingungen
der Aufnahme gehört u. a. ein Alter nicht über 21 Jahre und der Besitz eines
Zeugnisses der Beife for das Studium der Universität von einem deutscheu
(humanistischen) Gymnasium. Die Anmeldung darf erst erfoFgen, wenn
der Angemeldete 1 Jahr lang die oberste Klasse eines Gymn. besucht hat, mufs
aber spätestens ein halbes Jahr vor Ablegung des Abiturientenexamens geschehen.
(Nach demselben oder nach begonnenem Studium auf einer Universität erfolgende
Anmeldungen können zunächst nur für die Akademie berücksichtig^ werden.)
Unter den zur Meldung beizufügenden Attesten mufs ein Schulzeugnis sich über
Anlagen, Führung, Fleifs, die Dauer des Besuches der Prima und den wahr-
scheinlichen Termin der Universitätareife aussprechen, worauf die Bescheidung
erfolgt, ob der Angemeldete zur Concurrenz um Aufnahme zugelassen ist
2. Dienst auf Avancement in der Armee.
Verordnung v. 11. März 1880 über die Ergänzung der Officiere
des Friedensstandes. § 3. „Der wissenschaftliche Bildungsgrad ist entweder
durch Vorlegung eines voUgiltigen Abitorienten-Zeugpaisses eines deutschen Gymn.
oder einer deutschen Realschule I. Ordn. oder durch Ablegung der Portepeefähnrichs-
Prüfung vor der Ober-Militär-Examinations-Commisrfion nachzuweisen. Die Zu-
lassung zur Portepeefähnrichs-Prüfung ist abhängig von der Beibringang eines
von dem betr. Lehrercollegium einer der vorbezeichneten Lehranstalten ausdrück-
lich zu diesem Behufe ausgestellten Zeugnisses der Beife for die Prima, oder des
Entlassungszeugnisses von einem derjenigen Progymnasien, Bealschulen 2. Ordn.
und »höheren Bürgerschulen, welche durch Veröffentlichung im Armee-Ver-
ordnungsblatte als hierzu berechtigt anerkannt sind. Zur Anerkennung einer
aufserdeutschen Lehranstalt im Sinne des Vorstehenden bedarf es in jedem
458
einzelnen Falle einer besonderen Entscheidung, welche vom bezüglichen Trappen-
teil beim Eriegsministerinm zu beantragen ist." (Nach § 1 mofs der Nach-
weis ffir die erforderliche dienstliche Qaalification nnd den vorgeschriebenen
wissenschaftlichen Bildungsgrad, sowie die Erwerbung des Zeugnisses der Reife
zum Portepeefähnrich nach vollendetem 17. und vor vollendetem 23. Lebens-
jahre stattfinden.)
üeber die Prüfdng derjenigen Jungen Leute, welche ein Zeugnis der
Beife for Prima erwerben wollen, ohne Schüler eines Gymn. oder einer Beal-
anstalt zu sein, s. S. 446, C.Verf. v. 28. Oct. 1871.
3. Der Marinedienst.
Aus der Allerhöchsten Verordnung über die Ergänzung des See-
offiziercorps V. 24. März 1885 (besonderer Abdruck: Berlin, K. Hofbuchandlung
E. S. Mittler u. S.), unter Aufhebung aller entgegenstehenden Bestimmungen,
insbesondere der Verordnung v. 10. März 1874:
„§ 1. Das Seeofßziercorps ergänzt sich aus jungen Leuten, welche nach
Prüfung ihrer personlichen und wissenschaftlichen Geeignetheit und nach Mafs-
gabe des vorhandenen Bedarfs als Cadetten eingestellt werden. In Ausnahme-
fällen auch andere Ergänzungsweisen eintreten zu lassen, bleibt der Allerhöchsten
Entscheidung vorbehalten. § 3. Die Einstellung als Gadett erfolgt einmal
im Jahre, in der Begel im Monat April. Die Anmeldung geschieht schriftlich
bei der Kaiserl. Admiralität in den Monaten August und September des der
Einstellung vorhergehenden Jahres. § 4. Der für den Eintritt als Oadett
erforderliche wissenschaftliche Bildungsgrad ist nachzuweisen entweder: a) durch
Vorlegung eines voUgiltigen Abiturientenzeugnisses eines deutschen Gymn. oder
eines deutschen Bealgymn., oder b) durch Beibringung des Zeugnisses der Beife
far die Prima einer solchen Lehranstalt und gleichzeitiges Ablegen der Gadetfcen-
Eintrittsprüfung, oder c) durch Vorlage eines Zeugnisses über die bestandene
Portep4efähnrichs-Prüfung der Armee. § 5. Junge Leute, welche als Cadetten
eingestellt zu werden wünschen, dürfen nicht überschritten haben : a) wenn sie
die Abiturientenprüfung bestanden haben, ein Lebensalter von 19 Jahren,
b) wenn sie diese Prüfung nicht bestanden haben, ein Lebensalter von
18 Jahren. Der Chef der Admiralität ist befuget, in besonderen Fällen hin-
sichtlich des Lebensalters einzelne Ausnahmen eintreten zu lassen.^'
CDie Cadetten-Eintrittsprüfung wird in Kiel abgehalten und erstreckt
sich auf Mathematik, Physik, Französisch, Englisch und Zeichnen. Derselben
folgt unmittelbar die Einschiffung an Bord des Cadetten-Schulschiffes auf die
Dauer von etwa sechs Monaten und im Anschlufs daran die Commandirung
zum CadettencOtus der Marineschule für etwa sechs Monate, worauf die .Cadetten-
prüfung abgelegt wird.)
Nach den Ausführungsbestimmungen des Chefs der Admiralität vom
20. April 1885 sind bei der Anmeldung zur Einstellung als Cadett die nach-
folgenden Papiere einzureichen: 1. Geburtsurkunde und Taufschein, 2. ein
Nationale (nach vorgeschriebenem Formular), 3. . der von dem Angemeldeten
unter Aufsicht eines Offiziers oder Lehrers angefertigte und dahin bescheinigte
Lebenslauf (nach vorgeschriebener Form), 4. eine üebersicht des genossenen
Unterrichts nebst dem zugehörigen Schulzeugnisse (nach vorgeschriebener Form),
5. entweder a) ein vollgiltiges Abiturientenzeugnis eines deutschen Gymn. oder
eines deutschen Bealgymn., oder b) das Zeugnis der Beife für die Prima einer
solchen Lehranstalt, oder c) das Zeugnis über die bestandene Portep^efähnrichs-
prüfang der Armee. Ist der Betreffende zur Zeit der Anmeldung noch nicht
im Besitz eines solchen Zeugnisses, so ist dasselbe spätestens zu dem Eintritts-
459
tennine Yorznlegen. 6. Die Bescheinignng eines Schwimmlehrers darüher, dafs
der Angemeldete schwimmen kann nnd eine Schwimmprobe von mindestens
30 Minuten Dauer befriedigend abgelegt hat 7. Das Attest eines Marine-
oder Militär-Oberarztes (nach besonderer Vorschrift). 8. Ein Bevers über die
Gewähmng der Mittel zur Eqnipirang nnd der erforderlichen Zulage (nach be-
sonderer Vorschrift). (Die Formulare für die Beilagen sind in dem oben be-
zeichneten Abdruck der gesamten Verordnung enthalten; vgl. auch Die Lauf-
bahnen der deutschen Kriegs-Marine. Berlin 1885, B. v. Deckers Verlag.)
4. Das E. Cadettencorps. '
Bestimmungen für die Aufriahme y. 18. Oct. 1878 auf Grund der
durch CO. v. 18. Jan. 1877 genehmigten Beorganisation (GBl. 1878 p. 668 f.).
Das Corps besteht aus den 6 Voranstalten (Cadettenhäusem) zu Kulm, Potsdam,
Wahlstatt, Bensberg, Plön und Oranienstein mit den Klassen Sexta, Quinta,
Quarta, Unter- und Ober-Tertia für Zöglinge von 10 bis 15 Jahren und aus
der Haupt-Cadettenanstalt zu Lichterfelde (bei Berlin) mit den Klassen ünter-
Secunda bis Ober-Prima und einer Selecta. In letzterer beginnt die unmittelbare
Berufsbildung. Die Klassen von Sexta bis Ober-Prima correspondiren mit den
entsprechenden Klassen einer Bealschule 1. Ordn. (Bealgymn.). Insofern es
die Baumverhältnisse gestatten, können die Ober-Tertianer zum Teil der Haupt-
Cadettenanstalt überwiesen werden. Diejenigen Zöglinge, welche die Ober-
Secunda absolvirt haben, legen entweder die Portep^fähnrichs- Prüfung ab
oder sie treten in die Prima über. Diejenigen, welche die Ober-Prima absolvirt
haben, werden zu einer Abiturienten-Ptüfung zugelassen. Das Cadettencorps
enthält etatsmäfsige „Königliche" Stellen und gewährt aufserdem „Pensionären"
Aufnahme. Zu den etatsmäfsigen Stellen erfolgt die Anmeldung zwischen dem
8. und 9. Lebensjahre, für Pensionäre dagegen erst von dem vollendeten
9. Lebensjahre ab. Die aufzunehmenden Zöglinge müssen bei der Aufriahme
das 10. Lebensjahr vollendet und dürfen das 15. noch nicht überschritten haben.
Dem Eintritt geht eine Prüfung der Wissenschaft. Beife voran. Die Anforderungen
sind aus dem Lehrplane zu ersehen, welcher bei Benachrichtigung von der er-
folgten Notirung in der Exspectantenliste mitgeteilt wird.
5. Der einjährige Militärdienst.
Aus der deutschen Wehrordnung v. 28. Sept 1875:
Erster Teil. Ersatz-Ordnung. §2. Ersatz-Behörden. 3. In den
einzelnen Ersatz-Bezirken steht der commandirende General des Armee-Corps in
Oemeinschaft mit dem Chef der Provinzial- oder Landes-Yerwaltungs-Behörde,
sofern nicht hierfür in einzelnen Bundesstaaten besondere Behörden bestellt
sind, den Ersatz-Angelegenheiten als „Ersatz-Behörde dritter Instanz" vor.
In der dritten Instanz fungiren für Preufsen, sowie für Waldeck und
Pyrmont die betr. K. preufsischen Ober-Präsidenten.
§ 8. Active Dienstpflicht der Einjährig-Freiwilligen. 1. Junge
Leute von Bildung, welche sich während ihrer Dienstzeit selbst bekleiden, aus-
rüsten und verpflegen, und welche die gewonnenen Kenntnisse in dem vorge-
schriebenen umfange dargelegt haben, werden schon nach einer einjährigen
activen Dienstzeit i^l stehenden Heere — vom Tage des Diensteintritts an ge-
rechnet — zur Beserve beurlaubt
§ 20. Bedeutung der Militärpflicht 1. Die MUitärpflicht ist die
Pflicht, sich der Aushebung far das stehende Heer oder die Flotte zu unterwerfen.
2. Die Militärpflicht beginnt mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem
der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet, und dauert so lange, bis über
die Dienstpflicht der Wehrpflicl)tigen endgiltig entschieden ist.
460
§ 22. Freiwilliger Eintritt vor Beginn der Militärpflicht.
1. Um im Allgemeinen Wissenschaft, and gewerbl. Anshildnng so wenig wie
möglich durch die Dienstpflicht, zn stören, ist es jedem jnngen Mann überlassen,
schon nach vollendetem 17. Lebensjahre (d. i. nach Beginn der Wehrpflicht),
wenn er die nOthige moralische nnd körperliche Befähigang hat, freiwiUig znm
activen Dienst im stehenden Heere oder in der Flotte einzutreten. 2. Wehr>
Pflichtige, welche freiwillig in das stehende Heer oder die Flotte eintreten, sind
der Anshebnng nicht mebr unterworfen.
§88. 1. Die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Dienst
(§ 8) wird durch Erteilung eines Berechtigungs-Scheins zuerkannt. 2. Die
Berechtigungs-Scheine werden von den Prüfungs-Gommissionen für Einjährig-
Freiwillige erteilt
§ 89. Nachsuchung der Berechtigung. 1. Die Berechtigung
zum einj.-freiw. Dienst darf nicht vor vollendetem 17. Lebensjahre nachgesucht
werden. Der Nachweis derselben ist bei Verlust des Anrechts spätestens bis
zum 1. April des ersten Militärpflichtjahres (§ 20, 2) zu erbringen.
2. Die Berechtigung wird bei derjenigen Prufongs-Gommission nachge-
sucht, in deren Bezirk der Wehrpflichtige gestellungspflichtig ist. 3. Wer die
Berechtigung nachsuchen will, hat sich bei der unter Nr. 2 bezeichneten
Prüfungs-Gommission spätestens bis zum 1. Februar des ersten Militärpflicht-
jahres schriftlich zu melden. Dieser Meldung sind beizufügen: a) ein Goburts-
Zeugnis, b) ein Einwilligungs-Attest des Vaters oder Vormundes mit der Er-
klärung*) über die Bereitwilligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während
einer einjährigen activen Dienstzeit zu bekleiden, auszurüsten und zu ver-
pflegen, c) ein Unbescholtenheits-Zeugnis, welches für Zöglinge von höheren
Schulen (Gymnasien, Realschulen, Progymnasien und höh. Bürgerschulen) durch
den Director der Lehranstalt, far alle übrigen jungen Leute durch die Polizei-
Obrigkeit oder ihre vorgesetzjte Dienstbehörde auszustellen ist.
Sämtliche Papiere sind im Original einzureichen.
4. Aufserdem bleibt die wissenschaftliche Befähigung für den
einjährig-freiwilligen Dienst noch nachzuweisen. Dies kann entweder durch
Beibringung von Schulzeugnissen oder durch Ablegung einer Prüfung vor der
Prüfungs-Gommission geschehen.
5. Der Meldung bei der Prüfrings-Gommission sind daher entweder die
Schulzeugnisse, durch welche die wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen
werden kann (§ 90), beizufügen, oder es ist in der Meldung das Gesuch um
Zulassung, zur Prüfung auszusprechen. Die Einreichung der Zeugnisse darf
bis zu dem unter Nr. 1 genannten äufsersten Termin ausgesetzt werden. In
dem Gesuche um Zulassung zur Prüfung ist anzugeben, in welchen zwei fremden
Sprachen der sich Meldende geprüft sein will (Anlage 2, § 1). Auch hat der
sich Meldende einen selbst geschriebenen Lebenslauf beizufügen.
6. Von dem Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung dürfen ent-
bunden werden: a) junge Leute, welche sich in einem Zweige der Wissenschaft
oder Kunst oder in einer anderen dem Gemeinwesen zu gute kommenden Thätig-
keit besonders auszeichnen, b) kunstverständige oder mechanische Arbeiter,
welche in der Art ihrer Thätigkeit Hervorragendes leisten, c) zu Kunstleistungen
angestellte Mitglieder landesherrlicher B^nen. Personen, welche auf eine
derartige Berücksichtigung Anspruch machen, haben ihrer Meldung die erforder-
lichen amtlich beglaubigten Zeugnisse beizufagen. Dieselben sind nur einer
Prüfung in den Elementar-Kennüiissen zu unterwerfen, nach deren Ausfall die
*) Bei Freiwilligen der seemännisohen Bevölkerung, sofern sie in der Flotte
dienen wollen, bedarf es dieser Erklärung nicht.
461
Ersatz-Behörde dritter Instanz entscheidet, ob der Berechtigongsschein zu er-
teilen ist oder nicht.
7. Militärpflichtige, welche anf Grand der Bestimmung des § 30, 2 f.
znrnckgestellt worden sind, dürfen — mit Genehmigung der Ersatz-Behörden
dritter Instanz — während der Dauer der Zurückstellung (§ 27, 4 b) die
Berechtigung zum einjährigen Dienst nachträglich nachsuchen. Weitere Aus-
nahmen können nur in vereinzelten Fällen in der Ministerial-Instanz genehmig^
werden.
§ 90. Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung durch
Schulzeugnisse. 1. Diejenigen Lehranstalten, welche giltige Zeugnisse über
die wiss. Befähigung für den einj.-freiw. Dienst ausstellen dürfen, werden durch
den Beichskanzler anerkannt und klassificirt.
2. Dabei sind folgende Lehranstalten zu unterscheiden: a) solche, bei
welchen der einjährige erfolgreiche Besuch der zweiten Klasse zur Darlegung
der wiss. Befähigung genügt, b) solche, bei welchen der einjährige erfolgreiche
Besuch der ersten äasse nöthig ist» c) solche, bei welchen das Bestehen der
Entlassungs-Prüfong gefordert wird, d) solche, fäi- welche besondere Bedingungen
festgestellt werden.
3. Die erfolgte Anerkennung ist durch das Centralblatt for das Deutsche
Beich zu veröffentlichen.
4. Beife-Zeugnisse für die Universität und die derselben gleichgestellten
Hochschulen und Beife-Zeugnisse för die erste Klasse der unter Nr. 2, a ge-
nannten Anstalten machen die Beibringung der nach Schema 17*) auszustellen-
den Zeugnisse entbehrlich.
5. Der einjährige Besuch der zweiten Klasse des Cadettencoips genügt
zum Nachweis der wiss. Befähigung.
6. Die Prüfungscommission prüft die Giltigkeit der Zeugnisse und er-
teilt» sofern gegen dieselben nichts einzuwenden, den Berechtigungs-Schein.
§ 91. Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung durch
Prüfung. 1. Wer die wiss. Befähigung far den einj.-freiw. Dienst durch
eine Prüfung nachweisen will, hat sich auf Vorladung der Prüfungscommission
persönlich im Prüfungstermin einzufinden.
2. Alljährlich finden zwei Prüfungen statt, die eine im Frülgahr, die
andere im Herbst. Das Gesuch um Zulassung zur Prüfung mufs für die
Frülgahrsprüfung spätestens bis zum 1. Februar, für die Herbstprüfung spätestens
bis zum I. August angebracht werden.
3.. üeber die Prüfung selbst und deren Wiederholung s. Anlage 2.
§ 92. Geschäftsordnung der Prüfungscommission. 1. Die
Prüfungscommissionen bestehen aus ordentlichen und aufserordenüichen Mit-
gliedern. 2. Ordentliche Mitglieder sind: a) zwei Stabsoffiziere oder Haupt-
leute, b) der Civil- Vorsitzende der Ober-Er^atz-Commission, in deren Bezirk die
Prüfdngscommission ihren Sitz hat, und ein zweites Mitglied aus dem Bessert
der Civil-Verwaltung. Aufserordentliche Mitglieder sind die zur Abhaltung
der Prüfongen heranzuziehenden Lehrer einer höheren Lehranstalt. 3. Die
Ernennung der unter 2 a. genannten ordentlichen Mitglieder erfolgt durch das
General-CommandQ'*"*'), der unter 2 b. genannten durch die in der dritten Instanz
fongirende Civilbehörde.***) Letztere hat auch über die Berufung der aufser-
ordenüichen Mitglieder, sowie über die Zuweisung eines Büreaubeamten die
erforderlichen Anordnungen zu treffen. Der Civil-Vorsitzende der Ober-Ersatz-
*) Siehe nachstehend Anlage 1.
**) Li Sachsen durch das ^riegs-Ministerium.
••♦) In Sachsen durch die Ober-Bekrattrongs-Behorde, in Württemberg durch
den Ober-BekrutiniDgsrath, in Baden und Hessen durch das Ministerium des Innern.
462
Commission fahrt den Vorsitz der Profangscommission und regelt die Geschäfte.
4. Die Festsetzungen über Entscheidungen der Prüfnngscommission sind in der
Anlage 2 enthalten. 5. Znr Ansfertigong der Berechtigangsscheine bedarf
es nur der Unterschrift des Vorsitzenden und eines militärischen Mitgliedes.
§ 93. Pflichten der zum einj.-freiw. Dienst Berechtigten.
1. Die zum einj.-freiw. Dienst Berechtigten können sich anf Gmnd ihres Be-
rechtigungsscheines den Tmppenteil, bei welchem sie ihrer activen Dienstpflicht
genügen wollen, wählen. Ausnahmen s. § 94, 3.
2. Beim Eintritt in das militärpflichtige Alter haben sich die zum
einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten, sofern sie nicht bereits yorher zum
acüven Dienst eingetreten sind, bei der Ersatz-Commission ihres Gestellungsortes
schriftlich oder mündlich zu melden und unter Vorlegung ihres Berechtigungs-
scheines ihre Zurückstellung von der Aushebung zu beantragen.
Anlage 1. Schema 17 zu § 90.
Zeugnis
über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-frei-
willigen Dienst
(Vor- und Zuname) , geboren am . . ten
18 . . zu (Ort» Kreis, Begierungs-Bezirk, Bundesstaat), (Beligion), Sohn des
(Name und Stand des Vaters) zu (Ort, Kreis, Begierungs-Bezirk, Bundesstaat),
hat die hiesige Anstalt von der Elasse (Nummer der Klasse) an besucht und
der Klasse (1 oder 2) . . . Jahr(e) angehört. Er hat in den von ihm besuchten
Klassen an allen Unterrichts-Gegenständen teilgenommen.
1. Schulbesuch und Betragen:
2. Aufmerksamkeit und Fleifs:
3. Mafs der erreichten Kenntnisse:
(Ob der Besuch der betreffenden Klasse erfolgreich gewesen, ob
die Entlassungsprüfung bestanden ist).
(Ort, Datum.)
Director und Lehrer-GoUegium
. . . (Bezeichnung der Anstalt) zu . . (Ort) . . .
N. N. (Schulsiegel.) N. N.
Director. Oberlehrer.
Original kostenfrei. Duplicat 50 Pfennig.
Anlage 2. Prüfungsordnung zum einjährig -freiwilligen
Dienst. I. Gegenstände der Prüfung. § 1. Die zur Prüfung Zuge-
lassenen werden in Sprachen und in Wissenschaften geprüft. Die sprach-
liche Prüfung erstreckt sich, neben der deutschen, auf zwei fremde Sprachen,
wobei dem Examinanden die Wahl «gelassen wird zwischen dem Lateinischen,
Griechischen, Französischen und Englischen. Die wissenschaftliche Prüfung
umfafst Geographie, Geschichte, deutsche Litteratur, Mathematik und Natur-
wissenschaften.
§ 2. Hinsichtlich der einzelnen Prüfungsgegenstände werden nachstehende
Anforderungen gestellt.
a^ Sprachen. In der deutschen Sprache mufs der Examinand die
erforderliche Uebung und Gewandtheit besitzen, um sich, mündlich und schrift-
lich, ohne grammatikalische oder logische Fehler, so auszudrücken, wie man es
von einem jungen Manne seines Alters, der auf Bildung Anspruch macht, ver-
langen kann. In den beiden alten Sprachen genügt, insofern in den-
selben nach § 1 geprüft wird, die Kenntnis der Hauptregeln aus der Casus-,
Tempus- und Moduslehre, die Fähigkeit, einen leichteren Abschnitt aus einem
463
Prosaiker (Jnlins Cfisar, Cicero, Livins, Xenophon), sowie leichtere Dichterstellen
im epischen Yersmafs, mit Aushülfe für einzelne seltener vorkommende Yocabeln,
sonst aber mit Sicherheit und Geläufigkeit zu übersetzen» auch über die vor-
kommenden Formen nnd die einschlagenden grammatikalischen Begeln Auskunft
zu geben. Daneben wird für das Lateinische die Uebersetzung eines leichten
deutsches Dictates ohne wesentliche YerstöfBe gegen die grammatikalischen Begeln
verlangt In den beiden neueren Sprachen wird erfordert: neben richtiger
Aussprache und Kenntnis der wichtigeren grammatikalischen Begeln die Fähig-
keit, prosaische Schriften von mittlerer Schwierigkeit (im Französischen bei-
spielsweise Yoltaire's Charles XII., Barth616my's vojage du jeune Anacharsis,
F6n61on's Töl^maque, Michaud's histoire des croisades, Si^gur's histoire universelle,
Ploetz' ChrestomaÜiie u. .dergl., im Englischen beispielsweise Goldsmith's Yicar
of Wakefield, Walter Scott's tales of a grandfather, W. Irving's sketch-book
u. dergl.) mit einiger Leichtigkeit und Sicherheit in gebildeter Sprache zu über-
setzen, auch ein deutsches, leichtes Thema ohne erhebliche Yerstöfse gegen die
Orthographie, Wortstellung und Satzbildung in das Englische oder Französische
zu übertragen.
b) In der Geographie: Kenntnis der Hauptsachen aus der mathe-
matischen Geographie (Stellung und Bewegung der Himmelskörper, Planeten-
system, Fixsterne, Kometen, Mond- und Sonnenfinsternisse, Erklärung der Jahres-
and Tageszeiten, Einteilung der Erde, Aequator, Längen- und Breitengrade,
Wendekreise, Zonen, Pole u. s. w.). In der physischen and politischen
Geographie: allgemeine Kenntnis der einzelnen Weltteile, der gröfseren Meere,
Gebirge und Flüsse, sowie der Hauptländer und deren Hauptstädte. Für Europa
nnd vornehmlich far Deutschland speciellere Kenntnis der Meere, Meerbusen
und Meerengen, der Gebirgs- und Flufssysteme, der Hauptflüsse, ihrer Quellen,
ihrer Nebenflüsse und ihres Laufes durch verschiedene Länder, der an denselben
belegenen gröfseren Städte, sowie der bedeutenderen Eisenbahnen und Kanäle.
Temer Kenntnis der einzelnen Staaten, ihrer gröfseren Städte und ihrer Lage
nach der Himmelsgegend.
c) In der Geschichte: Bekanntschafb mit den wesentlichsten That-
sachen aus der Geschichte der Hauptculturvölker, vornehmlich der Griechen und
Bömer. Genauere Kenntnis der deutschen Greschichte, namentlich der ' Ent-
stehung des deutschen Kaiserreichs, der deutschen Kaisergeschlechter, der
gröfseren Kriege seit Karl dem Grofsen und der Entwickelung der einzelnen
deutschen Staaten, mit Berücksichtigung der Geschichte des Landes, dem der
Examinand angehört. Bei der Prüfung in der Geschichte kommt es weniger
auf Jahreszahlen an, in welcher Beziehung die Kenntnis der hauptsächlichsten
Data hinreicht, als auf die Bekanntschaft mit dem Zusammenhange, in welchem
die einzelnen Ereignisse mit einander stehen.
d) In der deutschen Litteratur: Bekanntschafb mit den Grund-
zügen der Geschichte der deutschen Litteratur, sowie mit ihren Classikem und
mit einigen Werken der letzteren.
e) Mathematik: In der Arithmetik Fertigkeit in dem Gebrauch der
bürgerlichen Bechnungsarten, einschliefslich der Zins- und Gresellschaftsrechnung,
imBechnen mit positiven und negativen Zahlen, sowie in der Decimalrechnung;
Lösung von Gleichungen des ersten Grades mit einer und mehreren unbekannten
Gröfsen; Potenziren und Badiciren bis zum zweiten Grade mit bestimmten
Zahlen und mit Buchstaben. Inder Geometrie: Kenntnis der Planimetrie
bis einschliefslich der Lehre vom Kreise und aus der Stereometrie — der
wichtigsten Formeln für die Körperberechnung.
0 In der Physik: Bekanntschaft mit der Lehre von den allgemeinen
,
464
«
Eigenschafben der Körper (Ansdehnang, Undorchdringlichkeit, Teilbarkeit, Poro-
silit, Schwere, Dichte und specifisches Gewicht, laftfbrmige and feste Körper),
von der Wärme (Thermometer), yom Magnetismus (Magnetnadel und Gompafs)
nnd von der Elektricität (Blitzableiter).
g) In der Chemie, sowie in den bei f nicht genannten Teilen der
• Physik werden nnr diejenigen Examinanden geprüft, welche solches verlangen,
um dnrch Kenntnisse in der Chemie* mangelnde Kenntnis in anderen Zweigen
zu ersetzen.
n. Verfahren bei der Prüfung. § 3. Die Leitung des gesamten
Prüfdngsgeschäfte steht dem Civil-Yorsitzenden der Ober-Ersatz- Commission zu.
§ 4. Die Prüfung erfolgt teils schriftlich teils mündlich. Die schrift-
liche Prüfung besteht: a) in der Anfertigung eines \ieutschen Aufsatzes über
ein Thema sdlgemeinen und naheliegenden Inhalts (beispielsweise ein Sprnch-
wort, eine Sentenz, eine Erzählung aus der Geschichte), oder über Gegenstände
des öffentlichen Verkehrs (z. B. Eisenbahnen, Post), der Landwirthschafb, des
Handels, der Industrie u. dergl.; b) in zwei schriftlichen Uebersetzungen
in fremde Sprachen nach Wahl des Examinanden (§1)^ c) in der Lösung
einer Aufgabe aus der Arithmetik.
Für den deutschen Aufsatz erhält der Examinand 3 Aufgaben verschieden-
artigen Inhalts, unter denen ihm die Auswahl überlassen bleibt.
§ 5. Die Aufgaben für die schriftliche Prüfung werden durch den Civil-
Vorsitzenden gestellt, der bei Auswahl der Aufgaben die Mitwirkung der übrigen
Commissionsmitglieder in Anspruch zu nehmen und ihre Vorschläge zu berück-
sichtigen hat Sofern der Vorsitzende die Aufgaben der Examinanden nicht
selbst, sondern durch den die Ausarbeitung derselben controlirenden OfQzier
oder Lehrer mitteilt, hat er sie diesem versiegelt zu übergeben. Das Siegel
darf erst beim Beginn der schriftlichen Prüfung geöffnet werden.
§ 6. Die schriftliche Prüfung findet unter Clausur statt. Zur Anfertigung
des deutschen Aufsatzes sind den Examinanden vier Stunden, für die im § 4
unter b und c gedachten drei Arbeiten je eine Stunde zu gewähren. Die Be-
nutzung von HüHsmitteln und Versuche zu Täuschungen haben die Ausschliefsung
von der Prüfang zur Folge.
§ 7. Die bei der schriftl. Prüfung gelieferten Arbeiten werden durch
den Civil-Vorsitzenden zur Beurteilung an die einzelnen Commissionsmitglieder
verteilt, und zwar vorzugsweise an diejenigen, denen die mündliche Prüfung
in den betr. Gegenständen obliegt. Das Besultat ist unter Vorlegung der ge-
lieferten Prüfungsarbeiten der Commission vorzutragen. Die den einzelnen
Arbeiten zu erteilenden Censuren werden nöthigenfalls durch Majoritätsbeschlufs
festgestellt. Es steht jedem Commissionsmi^liede zu, die Einsicht sämtlicher
Prüfungsarbeiten zu verlangen.
§ 8. Die mündliche Prüfung, welche spätestens am Tage nach der
schriftl. Prüfung stattzufinden hat, wird vor der versammelten Commission ab-
gehalten. Die Prüfung in den einzelnen Gregenständen erfolgt durch die
aufserordenüichen Mitglieder der Commission nach deren unter Zustimmung des .
Civil-Vorsitzenden getroffener Vereinbarung. Daneben steht auch den ordent-
lichen Mitgliedern der Commission das Becht zu, Fragen an die Examinanden
zu stellen.
§ 9. Die mündliche Prüfung erfolgt in Abteilungen von jedesmal
höchstens zehn Esaminanden. Auf die Prüfung jeder Abteilung, welche voll-
zählig ist, sind — ausschliefslich der für die Feststellung des Ergebnisses er-
forderlichen Zeit (§11) — 4 Standen zu verwenden. Besteht die Abteilung
aus weniger als 10 Examinanden, so ist eine entsprechende Ermäfsigung der
Prüfungsdauer zulässig.
465
lU. Entscheidung über den Ausfall der Prüfung. § 10. Wenn
der Ausfall der schrifü. Prüfung durchaus ungenügend ist, so werden die betr.
Examinanden zurückgewiesen und nicht zur mündl. Prüfling zugelassen. — Es
findet dies namentlich statt, wenn der deutsche Aufisatz grobe orthographische
oder grammatikalische Fehler enthält oder durch auffollenden Mangel an Zu-
sammenhang und an Angemessenheit des Ausdrucks von vornherein darthut,
dafs der Examinand den erforderlichen Grad wissenschaftlicher Bildung
nicht besitzt.
§ 11. Die Feststellung des Ausfalles der schrifü. und mündl. Prüfung
erfolgt für jede Abteilung besonders, unmittelbar nachdem die mündliche PrüAing
derselben stattgefunden hat.
§ 12. Bei der Entscheidung der Gommission ist vor AUem der Grund-
satz mafsgebebend, dafs die Berechtigung zum eii^.-freiw« Dienst nur jungen
Leuten von Bildung zusteht Bei gänzlicher Unwissenheit in einem der
obenbezeichneten Prüfungsgegenstände ist der Berechtigungsschein also unbedingt
zu versagen; er darf aber, selbst wenn die Prüfung in einzelnen Gegenständen
ungenügend ausgefallen ist, erteilt werden, sofern der betr. Examinand in
anderen Gegenständen mehr als genügend bestanden hat und sofern die Com-
mission nach dem Gesamtresultat der Prüfung der üeberzeugnng ist, dafs der
Examinand nach seinen Kenntnissen und seiner Intelligenz den erforderlichen
Grad allgemeiner Bildung besitzt. Ist die Prüfung jedoch in drei Prüfungs-
gegenständen (jede Sprache als besonderer Prüfungsgegenstand berechnet)
ungenügend ausgefallen, so darf der Berechtigungsschein nicht erteilt werden.
§ 13. Die Prüfimgscommission trifft ihre Entscheidung durch Majoritäts-
beschlufs. An demselben dürfen nur diejenigen Mitglieder teilnehmen, welche
der mündlichen Prüftmg ohne Unterbrechung beigewohnt haben. Bei Stimmen-
gleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
§ 14. Den Examinanden ist sofort nach Beschlufsfassung der Gommission
zu erOffiien, ob sie bestanden haben oder nicht. Die Entscheidung der
Prüfungscommission ist eine endgilüge; ein Becurs gegen dieselbe findet
nicht statt
§ 15. Die Berechtigungsscheine sind den Examinanden, welche bestanden
haben, möglichst bald zuzufertigen.
§ 16. Examinanden, welche nicht bestanden haben, dürfen sich wieder-
holt zur Prüfung melden, vorausgesetzt, dafs dieselbe noch vor dem 1. April
des Kalendeijahres, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, abgehalten
werden kann. Mit dieser Mafsgabe darf die Prüfung mehrmals wiederholt
werden. Sie erstreckt sich in jedem Falle nicht blos auf diejenigen Gegenstände,
in denen der Examinand bei der vorhergehenden Prüfung hinter den Anfor-
derungen zurückgeblieben ist, sondern auf sämtliche Prüftmgsgegenstände der
§§ 1 und 2.
§ 17. Bei jeder Prüfung wird ein von sämtlichen Mitgliedern der Gom-
mission zu unterzeichnendes Protokoll aufgenommen, aus welchem namentlich
hervorgehen mufs: 1. welche Mitglieder der Gommission mitgewirkt haben;
2. welche (nach ihrem vollständigen Namen, Wohnort und Geburtstag zu be-
zeichnende) Examinanden geprüft worden sind; ' 3. welche derselben die
Prüfung bestanden und welche sie nicht bestanden haben.
CYerf. V. 12. Nov. 1868: „Es sind Zweifel darüber entstanden, ob das für
die Meldung zum ein jähr. Freiwüligendienst vorgeschriebene Zeugnis-Formular
auch bei solchen Schülern in ^wendung zu bringen ist, welche nach dem
vorschriftsmäfs. Aufenthalt in der U ein Zeugnis zu dem angegebenen Zweck be-
gehren, über die aber die Lehrerconferenz in wesentlichen Beziehungen das be-
friedigende Urteil nicht aassprechen zu können meint, welches die iSrsatzinstr. v.
26. lUrz d. J. zur Bedingung der betr. Berechtigung macht loh bemerke in
Wiese, Vexordanngen. 80
466
dieser Hinsicht, dafs die Intention gewesen ist, nur für diejenigen Fälle eine be-
stimmte Zeugnisform vorzaschreiben, in welchen die Schule von ihrem Standpunkte
aus die erfonlerliche Qualification als vorhanden attestiren kann. Den £. Ersatz-
commissionen, verbleibt dabei ^ach § 154, 6 der Instr. das Hecht, ihrerseits die vor-
gelegten Zeugnisse zu prüfen und über die Anerkennung derselben zu entscheiden,
^emgemäfs veranlasse ich das K. Prov. Seh. C, die Dir. der höh. Schulen Seines
Kessorts anzuweisen, dafs sie in Zukunft ein Zeugnis mit der nach dem obigen
Formular darüber vermerkten ausdrückl. Bestimmung: „behufs der Meldung zum
einjähr, freiwilligen Militärdienst** nur dann auszustellen haben, wenn die Lehrer-
conferenz der Ansicht ist, dafs die vorschriftsmäfs. Bedingungen dazu erfüllt sind.
In allen anderen Fällen ist dem Schüler, wenn er die Anstalt verlassen will, ein
gewöhnliches Abgangszeugnis zu erteilen, welches über seine Qualification für den
einjähr. Freiwilligendienst kein Urteil enthält. Bei der auf solche Weise präci-
sirten Bestimmung des mehrerwähnten Zeugnisformulars haben sich aber die Dir.
zu enthalten, der Anerkennung des von dem Schüler Erreichten und seines Be-
tragens durch ein gedrucktes Frädicat ein für allemal einen stereotypen Ausdruck
zu geben."
Verfahren bei der durch Gonferenzbeschlnfs erfolgende'a
Ansstellang der Zeugnisse über die wiss. Bef. f. d. einj. freiw. Mll. O.Yerf.
y. 29. Mai 1877. ,JDa8 Beichskanzleramt hat unter dem 22. y. M. allgemeine
Anordnungen empfohlen, durch welche bei den in die Kategorie a und b des
§ 90, 2 der deutschen Wehrordnnng v. 28. Sept. 1875 eingelegten Lehranstalten
ohne Beeinträchtigung der ihnen verliehenen Berechtigung, das Zengnis der
wiss. Befähigung f. d. einj. freiw. Mil. auf Grund eines Conferenzbeschlusses
zu erteilen, die Strenge in der Ausübung dieses Hechtes möglichst gesichert
werde. In Anerkennung des hohen Werthes, der darauf zu legen ist, dafs die
Ansäbnng jenes wichtigen Rechtes von jedem Scheine einer ungerechtfertigten
Nachsicht frei bleibe, finde ich in dieser Hinsicht Folgendes zu verordnen.
Die Gefahr ungerechtfertigter Nachsicht tritt aus leicht erklärlichen
Gründen bei den Schülern ein, welche an derjenigen SteUe, an welcher das
fragliche Qualificationszeugnis überhaupt eiteichbar ist, die Schule zu verlassen
beabsichtigen. Manche Schulen haben, zur Abwehr der Gefahr oder des Scheines
einer ungerechtfertigten Nachsicht, aus eigenem Antriebe die Einrichtung ge-
troffen, die Bewerber um das fragliche Zeugnis jedenfalls einer schriftlichen und
mündlichen Prüfung zu unterziehen. Es ist empfehlenswerth, dal^ diese als
zweckmäfsig anzuerkennende Einrichtung da, wo sie besteht, erhalten bleibe;
indessen kann dieselbe von Lehranstalten, welche den Klassen a und b a. a. 0*
angehören, nicht ausdrücklich gefordert werden.
Dagegen ist zu fordern, dafs die Zuerkennung des militärischen Befähi-
gungs-Zeugnisses mit derselben Strenge und nach denselben Grundsätzen erfolge,
nach welchen über die Versetzung der Schüler in die höhere Klasse, bezw. Ab-
teilung einer Klasse entschieden wird. Es sind dabei fortan folgende Be-
stimmungen einzuhalten:
1. Der Beschlufs über Zuerkennung des militärischen Qualifications-
Zeugnisses darf nicht früher gefafst werden, als in dem Monate, in welchem
der einjährige Besuch der zweiten bezw. der ersten Klasse der betr. Schule ab-
geschlossen wird.
2. In der Conferenzberathung über die Zuerkennung des Qualifications-
Zeugnisses haben alle beim Unterrichte des Bewerbers um das Zeugnis be-
teiligten Lehret ihr Votum abzugeben. Für die daraus zu ziehende Entscheidung
über die Zuerkennung sind dieselben Grundsätze einzuhalten, welche für die
Versetzung in eine höhere Klasse in Geltung sind. Das Protokoll mufs die
Begründung der Zuerkennung vollständig ersichtlich machen, und zwar unter
ausdrücklicher Bezugnahme auf den vollständigen Inhalt der Schulzeugnisse
467
L
des letsten Jahres, bezw. nnter Beilegung einer Abschrift dieser Zeugnisse. Wo
das Letztere geschieht, sind die Zeugnisse zwei Jahre lang als Beilage des
Protokolles an&nbewahren und dann zu cassiren.
3. Das Protokoll über die Verleihung des militärischen Befähigungs-
Zeugnisses in den vorbeaeichneten Fällen, d.h. an diejenigen Schüler, welche
nach Erwerbung des Zeugnisses die 8chule zu verlassen beabsiditigen, ist
abgesondert Ton dem allgemeinen ConferenzprotokoU zu führen; in dem
letzteren ist an der entsprechenden Stelle eine Verweisung auf das Protokoll
über Zuerkennung der Militäizeugnisse zu geben.
Bei denjenigen Schülern, welche die Schule bis zu ihrem Abschlüsse
oder jedenfalls über die Stelle hinaus, an welcher das Militäizeugnis erreichbar
ist» besuchen, tritt die Ge&hr nicht ein, dafs die Bücksicht auf das Gesuch um
das Qualiflcationszeugnis zu einer Nachsicht in der Beurteilung veranlasse. Da-
durch, dafs einem Schüler in der Versetznngsconferenz die Versetzung in die
über den Zeitpunkt des Militärzeugnisses nächst höhere Klasse, bezw. Klassen«
abteilung, bedingungslos zuerkannt ist, wird demselben, ohne dafs es dazu noch
eines besonderen Beschlusses bedürfte, zugleich das militärische Quaüfications-
Zeugnis zuerkannt Dasselbe ist von jetzt an den auf der Schule verbleibenden
Schülern zugleich mit dem Schulzeugnisse auszustellen und einzuhändigen. In
dem Schlufssatze des Zeugnisses ist in diesem Fiüle statt Ck^nferenz zu schrei-
ben: Versetzungs-Conferenz.*) Die Inhaber eines solchen Qualifications-Zeugnisses
bedürfen bei einer erst später eintretenden Anwendung dieses Zeugnisses nur
noch einer Bescheinigung des Directors über ihre sittliche Führung in der da-
zwischen liegenden Zeit
Die bisherige Bestimmung, dafs die Goncepte aller militärischen Be-
fähigungszeugnisse in einem besonderen gehefteten und paginirten Bande auf-
zubewahren sind, bleibt in unveränderter Geltung. Wenn die Ausstellung eines
Duplicates far ein verloren gegangenes Militärzeugnis nachgesucht wird, so ist
die Schule ermächtigt» dafür eine Gebühr von Drei Mark*) zu fordern; dieselbe
fliefst dem Fonds Ar die Bibliothek der Schule zu. Die Abschrift ist aus-
drücklich als Duplicat zu bezeichnen.
Das K. Prov. Sch.C. wolle von den vorstehenden Bestimmungen die betr.
Schulen Seines Amtsbezirkes in Kenntnis setzen und ihnen deren genaue Be-
folgung zur Pflicht machen. Durch die unter No. 3 gegebene Vorschrift über
das Protokoll ist es den technischen Käthen des K. Prov. Sch.C. erleichtert, bei
personlicher Anwesenheit an einer Schule von dem Verfahren bei Erteilung d&r
militärischen Qualiflcations-Zeugnisse Kenntnis zu nehmen. Die blofse Thalsache
dieser Kenntnisnahme wird dazu beitragen, in das Verfahren der Schule bei
Erteilung des fraglichen Zeugnisses die wünschenswerthe gleichmäfsige Strenge
zu bringen." Der Minister etc. Falk.
C. Verf. V. G.August 1877. ,Jn Folge der von einigen Seiten er-
gangenen Anfragen sehe ich mich zu folgenden Erläuterungen bezw. Abänderungen
der C.Verf. v. 29. Mai d. J. veranlafsi
1, Der Bestimmung in § 90 a und b der deutschen Wehrordnung vom
28. Sepi 1875, wonach der eii^ährige erfolgreiche Besuch der betr. Klasse
zur Darlegung der wiss. Befähigung für den einj. Militärdienst genügt, ist bis-
her in vielen Fällen eine unstatthafte Auslegung gegeben worden, indem bei
der Zuerkennung der Zeugnisse wesentlich geringere Anforderungen gestellt
worden sind, ids far die Versetzbarkeit in die nächst höhere Klasse bezw.
Klassenordnung, um dieser durchaus ungerechtfertigten Milde der Beurteilung
für die Zukunft vorzubeugen, ist unter No. 2 der G. Verf. angeordnet worden,
*) Vergl die hier abgedruckte Verfügung v. 9. Aug. 1877 Nr. 3 S. 468.
30*
468
< • ■
dafs über die Znerkennung des Qnalifications-Zeagnisses dieselben Grundsätze
einzuhalten sind, welche för die Versetzung in eine höhere Klasse in. Geltung
sind. Dabei wird als Begel angenommen, dafs die Entscheidung über Erteilnng
des Qaalifications-Zengnisses in der Yersetznngsconferenz am Schlafs des Schnl-
jaJires bezw. Halbjahres getroffen wird. Da indessen Fälle eintreten können,
in welchen die Yerschiebnng der Entscheidung bis zu dem bezeichneten Zeit-
punkte eine Härte mit sich fuhren würde, so ist unter No. 1 a. a. 0. den Direc-
toren die Ermächtigung gegeben, die BeschluDsfassung in solchen Fällen bereits
vor dem völligen Ablaufe des einjährigen Besuches der Klasse herbeizuführen.
Aber bei der engen Begrenzung dieser Frist ist es auch dann der Gonferenz noch
möglich, sich ein Urteil darüber zu bilden, ob der betr. Schüler bis zum Schlufs
des einjährigen Besuches der Klasse voraussichtlich die Versetzung in die
nächst höhere Klasse erreichen wird oder nicht, und es ist darum auch in
diesem Falle die unter No. 2 gegebene Anordnung unbedingt als Mafsstab der
Beurteilung festzuhalten.
Durch die Bestimmung des zweiten Absatzes in No. 3 der G. Verf. soU
andererseits der in einzelnen Fällen vorgekommenen Unbilligkeit entgegen-
getreten werden, dafs Schülern, welche in die nächst höhere Klasse bezw.
Klassenordnung versetzt worden sind, wegen geringerer Leistungen in dieser
Klasse die Erteilung des Qualifications-Zeugnisse versagt worden ist.
2. Da in dem Schema 17 zu § 90 der deutschen Wehrordnung, ab-
weichend von den früher geltenden Bestimmungen, die Bemerkung weggelassen
ist, dafs das Zeugnis in der Gonferenz festgestellt worden ist, so ist im zweiten
Absatz von Nr. 3 der G. Yerf. v. 29. Mai er. der Satz: „In dem Schlufssatze
des Zeugnisses ist in diesem FaUe statt Gonferenz zu schreiben: Yersetzungs-
conferenz" zu streichen. Selbstverständlich wird durch diese Weglassung an
den Yorschriften, welche bei Erteilung des Qualifications-Zeugnisses zu beobachten
sind, im Uebrigen nichts geändert
3. Um mit dem bezeichneten Schema 17 des § 90 völlige Ueberein-
stimmung herbeizuföhren, ist im dritten Absatz von No. 3 a. a. 0. die Gebühr
für ein Duplicat des Zeugnisses in jedem Falle von drei Mark auf 50 Pfennige
herabsetzen."
Min. Yerf. v. 31. Jan. 1878. „Bei Erlafs des G.Verf. v. 9. Aug. v.J.,
betr. die zum Erweise der wiss. Bef. f. d. einj. freiw. MiL auszustellenden Schul-
zeugnisse, ist als die Begel vorausgesetzt, dafs über die Erteilung dieser Zeug-
nisse der Beschlufs in der am Schlüsse des Schuljahrs, bezw. Schulsemesters
zu haltenden Yersetznngsconferenz gefafst werde. In Bücksicht darauf aber,
dafs die unbedingte Einhaltung dieser Regel in manchen Fällen eine Härte
gegen einzelne Schüler herbeifuhren würde, ist zugestanden, dafs die Er-
teilung des fraglichen Zeugnisses der vollständigen Absolvirung des dafür er-
forderen Schulbesuches um einen mäfsigen Zeitrauäi vorausgehe. In
diesem Sinne ist unter No. 1 der Yerf. v. 29. Mai v. J. bestimmt: ,J)er Be-
schlufs über Zuerkennung des militärischen Qualifications-Zeugnisses darf nicht
früher gefafst werden, als in dem Monate, in welchem der eii^ährige Be-
such der zweiten, bezw. der ersten Klasse der betr. Schule abgeschlossen wird.''
Zur Erledigung der von dem K. Prov. Sch.G. in dem Berichte v. — gestellten
Anfrage erkläre ich ausdrücklich, dafs hierdurch nicht der Kalendermonat, son-
dern die Zeitdauer eines Monats bezeichnet ist. Bei Erteilung des militärischen
Qualifications-Zeugnisses darf an der Zeitdauer des von dem betr. Schüler zu er-
fordernden Schulbesuches nicht mehr, als höchstens der Zeitraum eines Monats
(30 Tage) fehlen.«
Min. Yerf. v. 26. Juni 1882. „Die von dem K. Prov. Sch.G. in dem
Berichte vom — vorgetragene Frage, ob an den unter § 90, 2a. der deutschen
469
Wehrordnong Tom 38. Sepi 1875, Teil I. fallendeB höh. Schulen (Gymnasien,
Bealgymnasien, Oberndschtilen) auch nach Durchfohrong der Jahrescurse das
Zeugnis der wiss. Befähigong für den einj. freiw. Militärdienst solchen Schülern
erteüt werden dürfe, welche sich das Pensnm der ünterseconda in anderthalb-
jährigem Besuche dieser Klasse mit Erfolg angeeignet haben, findet in dem
Wortlaute der angezogenen Stelle der deutschen Wehrordnung selbst ihre Er-
ledigung. Die Unterscheidung Ton Untersecunda und Obersecunda ist in der
deutschen Wehrordnung überhaupt nicht gemacht, sondern „der erfolgreiche
Besuch der zweiten Klasse" ist ohne Bezugnahme auf eine weitere Abstufung
als Bedingung zur Erwerbung des sogen, li^tärzeugnisses festgestellt.
Zur Beseitigung etwaiger Unsicherheit des Urteiles darüber, was unter
„erfolgreichem" Besuche der zweiten Klasse zu verstehen sei, ist durch
C. Verf. V. 29. Mai 1877, bezw. v. 9. August 1877, 31. Januar 1878 erklärt
worden, dafs hierfür kein anderer Mafsstab, als der far die Versetzung nach
Obersecunda geltende anzulegen und nur derjenige einjährige Besuch der
zweiten Klasse für erfolgreich zu erachten sei, welcher zur Beife für die Ober-
secunda geführt habe. Bei semestralen Versetzungen fällt das Erlangen der
Beife for Obersecunda zusammen mit der wirklichen Versetzung nach Ober-
secunda. Dagegen ist bei ausnahmsloser Durchführung der Jahresversetzungen
der Fall nicht ausgeschlossen, dafs ein Schüler nach anderthalbjährigem Be-
suche der Untersecunda zwar die Beife für Obersecunda zweifellos erreicht habe,
aber in Folge der bezeichneten Einrichtung nicht könne gleichzeitig nach Ober-
secunda versetzt werden. Eine etwaige derartige Einrichtung der Schule ist
nach dem Sinne und dem Wortlaute von § 90, 2 a der deutschen Wehrordnung
Teil 1. ohne Einflufs auf die Erteilung des Militärzeugnisses, und es unterliegt
keinem Bedenken, dafs solchen Schülern, welche die Lehraufgabe des ersten
Jahres der Secunda in anderthalbjährigem Besuche sich angeeignet, also die
Beife für die event. Versetzung nach Obersecunda erreicht haben, das Zeugnis
der wiss. Befähigung für den einj. freiw. Militärdienst auch in dem Falle aus-
gestellt werde, wenn ihre wirkliche sofortige Versetzung nach Obersecunda durch
die erwähnte Einrichtung der Schule gehindert wird."
Eine nur auf Aufnahmeprüfung beruhende AngehOrigkeit
zur Obersecunda gewährt nicht die Berechtigung zum einj. freiw.
Militärdienste. Min. Verf. (an den K.Ober-Präsidenten etc.) v. 17. Juni
1879. ,Jn Erwiderung des gefälligen Berichtes vom 6. d. M. kann ich Ew.
Exe. darin nur beipflichten, dafs weder in dem Wortlaute der Ersatz-Ordnung
§ 90, 2, noch in der Fassung meiner G.Verf. v. 29. Mai 1877 eine Begründung
dafür zu finden ist, dafs das dem Obersecundaner N. erteilte Schulzeugnis
als ausreichend zum wissenschaftlichen Nachweise far den einj. freiw.
Militärdienst anzuerkennen sei. Der in Frage kommende Abschnitt 3 der an-
gezogenen G.Verf. handelt in deutlicher Ausschliefslichkeit von solchen Schülern,
welche, indem sie bereits vorher derselben Schule angehorten, bedingungslos in
die Obersecunda eines Gymn. oder einer Bealschule I. Ordnung versetzt, nicht
von solchen, welche etwa auf Grund einer Aufnahmeprüfung in die Obersecunda
einer derartigen Schule aufgenommen worden sind. Dieser FaU ist dadurch,
dafis er nicht erwähnt worden ist, absichtlich ausgeschlossen worden. Es er-
scheint nicht unbedenklich, einer blofisen Aufnahmeprüfung, welche unvermeid-
lich der GefiEihr einer Unsicherheit verfällt, die wichtige Geltung für den eii\j.
freiw. Militärdienst zuzuerkennen; auch würde zu besorgen sein, dafs die Auf-
najimeprüfung nach Obersecunda, selbst phne die ernstliche Absicht eines wei-
teren Schulbesuches, zu dem Zwecke versucht würde, um dadurch der Prüfung
vor der zuständigen Ersatz-Prüfdngs-Gommidsion auszuweichen.
Aus den angedeuteten Gesichtspunkten glaube ich, wie dies durch meine
470
C.Yerf. Y. 29. Mai 1877 geschehen ist, Werth darauf legen za müssen, dafe
eine auf blofser Anfiiahmeprüfang beruhende Angehörigkeit zur Oberseconda
eines Gymn. oder einer Bealschiile I. 0. der dnrch die ordnnngsmäfsige Ver-
setzung erreichten Angehörigkeit zu dieser Klasse in der Geltang for den eiqj.
fireiw. Militärdienst nicht gleichgestellt werde. Dnrch die Anfrechthaltang dieser
Begel ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen, dafs Ew. £xc. in Würdigong
der besonderen Umstände eines einzelnen Falles von der Hochderselben zu-
stehenden Ermächtigung Gebrauch machen, dem fraglichen Schulzeugnisse die
Geltung in militärischer Beziehung ausnahmsweise zuzuerkennen, auf welche
dasselbe einen rechtlichen Anspruch nicht hat" Falk.
Min. Verf. v. 9. Febr. 1881. „Die von dem K. Prov. Sch.C. in dem
Berichte v. — vorgetragene Frage „ob der in der Wehrordnung § 90, 2 a u. b
vorgeschriebene einjährige Besuch der zweiten bezw. der ersten Klasse auf zwei
Anstalten gleicher Kategorie sich verteilen oder aber nur eine und dieselbe Anstalt
umfassen dürfe'S findet ihre Erledigung durch die analoge Anwendung derjenigen
Bestimmungen, welche bezüglich der Anrechnung der an verschiedenen Gymna-
sien zugebrachten Semester auf den für die Zulassung zur Abiturientenprüfung
erforderten zweijährigen Besuch der Prima durch die G.Verf. v. 11. Dec. 1851
(s. p. 430) getroffen sind. Hiemach ist der an der angezogenen Stelle der
Wehrordnung erforderte eiiyährige Besuch der zweiten bezw. ersten Klasse der
Lehranstalt auch dann als erfüllt zu erachten, wenn sich derselbe auf zwei
gleichartige Anstalten verteilt, unter Voraussetzung, dafs der Wechsel
der Anstalt nicht durch disciplinare Anlässe, z. B. Verweisung, Vermeidung einer
Schulstiafe, sondern durch Wohnungsveränderung der Angehörigen, Bücksichten
auf die Gesundheit des SchiQers oder andere den Verdacht einer ungerecht-
fertigten Willkür ausschliefsende Gründe erfolgt ist. Sollte nach diesen Gesichts-
punkten über die Berechnung der an verschiedenen Anstalten zugebrachte Besuchs-
zeit ein Zweifel entstehen, so ist die Entscheidung des K. Prov. Sch.C. einzuholen.'*
G. Verf. V. 8. Juli 1885. „Das Verfahren, welches die dazu berechtigten
höh. Lehranstalten bei der AussteUung von Zeugnissen der wiss. Befähigung
für den eiiy. freiw. Dienst einzuhalten haben, ist durch § 90, 2 der deutschen
Wehrordnung Teil L und das beigefügte Schema 17 vorgeschrieben.. Für die
richtige Ausführung dieser VorschrSt sind durch die diesseitigen C. Verfügungen
V. 29. Mai und 9. August 1877, v. 17. Juni 1879, v. 9. Februar 1881 die er-
forderlichen Weisungen gegeben worden. Einzelne Fälle, in welchen derartige
Zeugnisse der wiss. Befähigung for den einj. freiw. Dienst von den zuständigen
Ersatzbehörden als ungiltig zurückgewiesen worden sind, geben mir Anlafs,
auf einen Punkt der betr. Bestimmungen ausdrücklich hinzuweisen.
Diejenigen Lehranstalten, welche in der Klasse a oder b des angezog^
nen § 90, 2 zur Ausstellung der Befähig^ngszeugnisse berechtigt sind, haben
diese Zeugnisse auszustellen auf Grund des „einjährigen erfolgreichen
Besuches'* ihrer zweiten, bezw.* ersten Klasse. Der Mafsstab, nach welchem
zu beurteilen ist, ob ein Besuch erfolgreich gewesen, ist durch die C.Verf.
V. 29. Mai 1877 festgesetzt. Die einjährige Dauer des Besuches braucht,
wie in der C. Verf. v. 9. Februar 1881 erklärt ist, nicht nothwendig derselben
Lehranstalt anzugehören, sondern kann unter den in der angezogenen C.Verf.
bezeichneten näheren Bestimmungen auf zwei Anstalten gleicher Kategorie ver-
teilt sein, unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dafs dieselben über-
haupt zur Ausstellung von Beföhigungszeugnissen in der Klasse a oder b des
§ 90, 2 a. a. 0. berechtigt sind. Aber unbedingte Voraussetzung für die Aus-
stellung eines Befähig^ngszeugnisses auf Grund von § 90, 2 a oder b ist der
«injährige Besuch der betr. Klasse. Es ist daher nicht nur ausgeschlossen,
471
dafs das fragliche Zeugnis auf Grund des Bestehens einer Aufoahmeprüfang
in die Obersecunda bewilligt werde, worüber in der C.Verf. v. 17. Juni 1879
das Erforderliche bestimmt ist, sondern auch , dafs dasselbe auf Grund irgend
einer kürzer als einjährigen Dauer des Besuches der betr. Klasse ausgestellt
werde, selbst wenn die besonderen Umstände zu der Annahme Anlafs geben
können, dafs das erforderliche MaTs der Schulbildung erreicht sei, z. B. wenn
bezeugt wird, dafs ein Schüler nach halbjährigem Besuche der Untersecunda
bedingungslos nach Obersecunda versetzt worden ist, oder dafs derselbe, in die
Obersecunda auf Grund des Bestehens einer Aufofihmeprüfuug aufgenommen,
ein halbes Jahr der Obersecunda mit befriedigenden Leistungen angehört hat
n. a. m. Der mindestens einjährige Besuch der betr. Klasse ist för die auf
Grand des § 90, 2 a oder b nach Schema 17 auszustellenden Befähigungs-
zengnisse unbedingte Voraussetzung, von welcher eine Ausnahme überhaupt
nicht stattfindet; nur Beifezeugnisse für die Universität und die denselben
gleichgestellten Hochschulen, sowie Beifezeugnisse für die erste Klasse der
nnter 90, 2 a bezeichneten Anstalten machen nach § 90, 4 die Beibringung
eines nach Schema 17 auszustellenden, den mindestens einjährigen Besuch der
betr. Klasse voraussetzenden Zeugnisses entbehrlich.'*
Ausstellung des Unbescholtenheitszeugnisses abge-
sondert von dem Zeugnisse der wissenschaftlichen Befähigung.
0. Verf. V. 9. Mai 1881. „Für das Nachsuchen um die Berechtigung zum
einj. freiw. Militärdienste wird durch die Deutsche Wehrordnung vom 28. Sept.
1875 Teill. § 89 erstens unter No. 3, c erfordert, dafs aufser dem Geburts-
zengnisse und dem Einwilligungs-Atteste des Vaters oder Vormundes beige-
bracht werde
„ein Unbescholtenheitszeugnis, welches für Zöglinge von höh. Schulen
(Gymnasien, Bealschulen, Progymnasien und höh. Bürgerschulen) durch
den Director der Lehranstalt, för alle übrigen jungen Leute durch die
* Polizei-Obrigkeit oder ihre vorgesetzte Dienstbehörde auszustellen ist;*^
zweitens unter No. 4 a.a.O. der Nachweis der wissenschaftlichen Be-
fähigung, welcher von Schülern an militärbererechtigten höh. Schulen nach
Mafsgabe von § 90, 1 und 2 der Deutschen Wehrordnung durch ein nach
Schema 17 auszustellendes Zeugnis zu führen ist. Ueber das Verfahren
welches bei Ausstellung der Zeugnisse der wissensch. Befähigung einzuhalten
ist, sind auf Grundlage der Deutschen Wehrordnung die erforderlichen Bestim-
mungen durch die diesseitige C. Verf. v. 29. Mai 1877 getroffen und dadurch
die auf die vorherigen Militär-Ersatz-Ordnungen bezüglichen Verfügungen vom
21. Dec. 1861, 31. Oct 1861 (Wiese, Verordnungen I^ S. 239) ersetzt und aufser
Geltung gesetzt worden.
Bezüglich des Unbescholtenheitszeugnisses ist nicht überall das gleiche
Verfahren eingehalten worden, indem in denjenigen Fällen, wenn ein Schüler
unmittelbar nach Erlangung des Zeugnisses der wiss. Befähigung um die Be-
rechtigung zum einj. freiw. Militärdienste nachsucht, die in dem Zeugnisse unter
Rubrik 1 „Schulbesuch und Betragen" enthaltene Note als Ersatz des Unbe-
scholtenheitszeugnisses betrachtet und nicht abgesondert davon ein selbständiges
Unbescholtenheitszeugnis ausgestellt worden ist.
Dieses Verfahren entspricht nicht dem Wortlaute und der Absicht der
Deutschen Wehrordnung; ich verordne daher im Einverständnisse mit den Herren
Ministem des Krieges und des Innern, dafs fortan das für das Nachsuchen
um die Berechtigung zum einj. freiw. Dienste erforderte Unbescholtenheitszeugnis
in jedem Falle selbständig und abgesondert von dem Zeugnisse der wiss. Be-
fähigung ausgestellt werde.
472
Die Eubrik „Betragen" in dem Zeugnisse der wiss. Befähigung bildet
einen intergrirenden Teil des' Schulzeugnisses und ist in derselben Weise aus-
zufallen, wie dies sonst bei Schulzeugnissen geschieht.
Für die Ausstellung des Unbescholtenheitszeugnisses sind dieselben
Grundsätze mafsgebend, welche seitens der Polizei-Obrigkeit, welcher die Aus-
stellung in den übrigen Fällen zukommt, für Zuerkennung des fraglichen Attestes
eingehalten werden. Dies gilt ebenso wohl, wenn das ünbescholtenheitszeugnis
gleichzeitig mit dem wissensch. Zeugnisse, als wenn es erst später einem Schüler
behufs seines Nachsuchens um die Berechtigung zum einj. freiw. Militärdienste
oder seines Eintrittes in denselben auszustellen ist/'
C.Yerf. y. 9. Oci 1885. „Durch Allerhöchsten Erlafs Seiner Majestät
des Kaisers vom 27. Aug. d. J. (Deutscher Beichsanzeiger vom 14. September
d. J. No. 215) ist bezüglich der Ausstellung der Zeugnisse der wissensch. Be-
fähigung f. d. einj. freiw. Militärdienst Folgendes angeordnet worden:
Das Schema 17 zu § 90 erhält am FuTse nachstehenden Zusatz :
Auf Grund dieses Zeugnisses und der nachstehenden, gemäfs § 89, 3
Teil I. der Wehrordnung beizufügenden Beläge:
a) eines Geburtszeugnisses,
b) eines Einwilligungs-Attestes des Vaters oder Vormundes mit der Erklärung
über die BereitwUligkeit und Fähigkeit, den Freiwilligen während einer
einjährigen activen Dienstzeit zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen,
— zu b: bei Freiwilligen der seemännischen Bevölkerung, sofern sie
in der Flotte dienen wollen, nicht erforderlich; —
c) eines Unbescholtenheits- Zeugnisses, welches für Zöglinge von höheren
Schulen (Gymnasien, Realgymnasien, Ober -Realschulen, Progymnasien,
Realschulen, Beal-Progymnasien, höheren Bürgerschulen und den übrigen
militärberechtigten Lehranstalten) durch den Director der I^^hranstalt, far
alle übrigen jungen Leute durch die Polizei-Obrigkeit oder ihre vorgesetzte
Dienstbehörde auszustellen ist,
muTs die Erteilung des Berechtigungsscheines zum einjährig freiwilligen Militär-
dienst bei derjenigen Prüfungs-Commission für Einjährig-Freiwillige, in deren
Bezirk der Wehrpflichtige gestellungspflichtig ist, schriftlich nachgesucht werden.
Wer sich behufs Erlangung der Berechtigung zum einj. freiwilligen Dienste
nicht spätestens bis zum 1. Februar seines ersten Militärpfiichtjahres, d. h. desr
jenigen Jahres, in welchem er das 20. Lebensjahr vollendet, bei der betr.Prüftings-
Oommission anmeldet und den Nachweis der Berechtigung nicht bis zum 1. April
desselben Jahres bei der Ersatz -Commission seines GesteUungsortes erbringt,
verliedi das Anrecht auf Zulassung zum einjährig freiwilligen Militärdienste.
Lidem ich dlQ K. Prov. SchulcoUegien veranlasse, die Directoren (Bectoren)
Dires Amtsbereiches zur Ausführung dieses Allerhöchsten Erlasses anzuweisen,
finde ich mich veranlafst, behufe Gleichmäfsigkeit in der äufseren Form der
Ausführung Folgendes zu bemerken:
Der Abdruck des vorgeschriebenen, keinerlei Verkürzung oder Aenderung
gestattenden Zusatzes auf der Vorderseite des Militärzeugnisses, far welches
ebenso, wie bezüglich der Reifezeugnisse durch die C. Verf. v. 27. Mai 1882
(s. p.425f.) angeordnet worden, das Reichsformat einzuhalten ist, läfst sich mit
Rücksicht auf den verfügbaren Raum nicht wohl ausführen. Die Verweisung des-
selben auf die Rückseite würde weder dem Wortlaute des Allerh. Erlasses ent-
sprechen, noch die Erreichung des durch denselben verfolgten Zweckes hin-
länglich sicher stellen. Hiemach ist auf die Vorderseite des Zeugnis-Scheines,
unter dem für die Unterschriften bestimmten Räume, als üeberschrift in ent-
sprechenden Lettern zu drucken „Zur Beachtung^ und darunter die erste Zeile
des vorgeschriebenen Zusatzes ; das Uebrige ist auf der Rückseite des Zeugnisses
473
zum Abdrucke zn bringen. Nach 4dm Schlosse des Zusatzes ist in Klammem
hinzuzufügen :
„(Allerhöchster Erlafs Tom 27. August 1885. Deutscher Beichs-Anzeiger
vom 14. September 1885 No. 215)."
In Betreff des unter Titel c des Zusatzes erwähnten ünbescholtenheitszeug-
nisses bringe ich bei diesem Anlasse die diesseitige G. Verf. v. 9. Mai 1881
(s. p. 471) in Erinnerung."
Bei den höh. Bürgerschulen ist» sofern dieselben vom Beichskanzler-
amt als berechtigte anerkannt sind, das Bestehen der Entlassungsprüfung am
Schlufs des ganzen Schulcursus erforderlich.
Dasselbe gilt Ton den Priyatanstalten, welche vom Beichskanzleramt
die Berechtigung erhalten haben, giltige Qualificationszeugnisse für den eii^'ähr.
Dienst auszusteUen. Für die Berücksichtigung solcher Anstalten sind folgende
Grundsätze mafsgebend (vgL Hisi Statist Darst. III p. 86):
„1. Die Inhaber solcher Anstalten haben sich wegen Erlangung des Rechts
zor Ausstellung giltiger Qualificationsatteste für den einj'ahr. Militärdienst an die
Regierung ihres Landes zu wenden. 2. Die Regierung läfst eine Revision
der äufseren und inneren Einrichtungen des Instituts abhalten, und prüfen, ob das
Bestehen desselben im öffentl. Interesse ist. 3. Die Lebensfähigkeit solcher
Anstalten mufs auch äufserlich auf solider Basis ruhen. 4. Der Vorsteher,
resp. Leiter der Anstalt darf nicht blofser Entrepreneur, er mufs vielmehr päda-
gogisch und wissenschaftl. qualificirt sein. 5. Das Lehrercoll. mufs nach dem
Bedürfnis einer höheren Lehranstalt zusammengesetzt sein und darf in der Regel
nar geprüfte Lehrer enthalten. 6. Der Lehrplan darf von dem einer öffentl.
Schme nicht wesentlich, auch hinsiditl. der Gursusdauer und des Alters der Zog*
linge, verschieden sein. 7. Die Berechtigungsatteste werden nicht auf Ghmnd
des Zeugnisses, dafs eine Klassenstufe erreicht sei, ausgestellt, sondern nur auf
Ghrund emer bestandenen Abgangsprüfung. Für die FriSung ist ein von der betr.
Regierang entworfenes oder begutachtetes Reglement dem Reichskanzleramt zur
Genehnoigung miteinzusenden. 8. Die betr. Regierung mulj sich bereit er-
klären, zu der Prüfung jedesmal einen sachkundigen Commissarius (eventl. Gym-
nasial- oder Realschul-Dir.) abzuordnen. Es bleibt ihr selbstverständlich über-
lassen, aufserdem diejenigen Anordnungen zu treffen, welche sie zu ordnungs-
mäCnger Ausführong der Prüfung für erforderlich hält. Sie verpflichtet sich femer,
die Anstalt in näluMre Aufsicht zu nehmen. Die Annahme sämtlicher Lehrer be-
darf ihrer Genehmigung. 9. Die Anerkennung resp. Berechtigung wird immer
nur dem Vorsteher, nidit der Anstalt, erteilt und ist jederzeit widerruflich.**
Ausschlufs einer Dispensation von der mundlichen Abgangs*
Prüfung an den militärberechtigten Privat - Lehranstalten.
C. Verf. V. 16. Januar 1884. yfier Heir Reichskanzler (Reichsamt des Innern)
hat unter dem 2. October y. J. aus Anlafs eines SpecialfaUes sämtlichen
deutschen Staatsregierungen die Mitteilung gemacht, dafs denjenigen Frivat-
Lehranstalten, deren Abgangszeugnisse den Nachweis der wiss. Befähigung
zum einj.-freiw. Militärdienste zu führen fmr geeignet erklärt sind, die Befugnis,
besonders ausgezeichnete Schüler nach einem vorzüglichen Ausfalle des schrift-
lichen Examens von der mündlichen Prüfung zu dispensiren, nach seiner Auf-
fassung nicht zugestanden werden könne.
Ich setze voraus, dafs die E. Prov.SchulcoUegien bei der ihnen obliegen-
den Leitung der Abgangsprüfungen an den militärberechtigten Privatanstaiten
ihres Amtsbereiches die von dem Herrn Reichskanzler im Obigen bezeichnete
Bestimmung bisher bereits eingehalten und dafs sonach die von Denselben be-
stellten EönigL Gommissare eine Dispensation von der mündlichen Prüfung,
nach Analogie des bei öffentlichen,- bereits anerkannten Anstalten zulässigen
Verfahrens, nicht zugestanden haben. Sollte jedoch in einzelnen Fällen eine
solche Dispensation bewilligt worden sein, so ist jedenfalls fortan davon Ab-
stand zu nehmen.*'
474
C. Verl des Proy.Soh.C. zu Hannover v. 2. Apr. 1873: Da einzelne
Fälle zu unserer Kenntnis gekommen sind, in welchen für die Zeugnisse behufs
der Meldung zum eiigähr.-freiwill. Militärdienst eine Gebühr erhoben ist, so machen
wir darauf aufmerksam, daTs derartige Zeugnisse kostenfrei auszustellen sind/'
6. K. Militär- Bofsarztschule zu Berlin.
CO. y. 8. Ang. 1878. „Jnnge Lente, welche sich dem rofsärztlichen
Berufe widmen wollen nnd zn ihrer Aasbildnng die Aufnahme in die Militär-
Bofsarztschnle nachsnchen, müssen: 1. die erforderliche wissenschaftliche Yor-
bildnng besitzen. Dieselbe ist nachzuweisen durch das Zeugnis der Reife für
die Prima eines Gymn. oder einer Bealscihule 1. 0., bei welcher das Latein
obligatorischer Unterrichtsgegenstand ist, oder einer durch die zuständige Central-
behOrde als gleichstehend anerkannten höheren Lehranstalt."
7. Militär Verwaltungsdienst.
Zur Ausbildung für den Intendantur-Subalterndienst werden nach
Verf. des Eriegs-Min. v. 4. April 1860 nur Zahlmeister-Aspiranten zugelassen,
welche die Prüfung zum Zahlmeister zur vollständigen Zufriedenheit abgelegt
haben, das Zeugnis einer tadellosen Pührung besitzen, unverheirathet und nicht
über 28 Jahre alt sind, sich auch nicht etwa in derangirten Privatverhältnissen
befinden. Der Oandidat hat das Zeugnis der Keife f^ die erste Klasse eines
Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. (Verf. d. Kr. Min. v. 6. April 1878) beizu-
bringen. Mit Bücksicht auf den grofsen Zudrang zur Intendantar-Secretariats-
Garriere soll nach Yerf. d. Kr. Min. v. 2. März 1881 in gesteigertem Mafse
daran festgehalten werden, dafs nur solche Zahlmeister-Aspirant^ zugelassen
werden, von welchen die vorgeschriebenen Bedingungen vollständig^rfüllt sind
und welche die bestimmte Aussicht gewähren, dafs sie in jeder Bezieh^g einen
Gewinn für die Partie abgeben werden.
Die Zahlmeister gehören nach CO. v. 16. Febr. 1854 zu den\ oberen
Militärbeamten mit Offiziersrang. Die Verf. d.' Kr. Min. v. 19. Juli 18^ be-
stimmt ad 5, dafs auf die möglichst ausgedehnte Heranziehung der Einjakrig-
FreiwiUigen zur Zahlmeister-Carriere Bedacht genommen werde. Diesellien
haben nach abgeleisteter Dienstpflicht noch ein Jahr als Unteroffiziere mit d^
Waffe Dienste zu leisten, und diese Dienstzeit wird bei ihrer etwaigen üeber-
nahme in den Intendantor-Secretariatsdienst als ausreichend angesehen.
8. Marineverwaltungsdienst.
Nach Verf. des Chefs der Admiralität v. 11. Sept. 1880 sollen Marine-
Intendantur-Ap.plicanten für das Secretariat a) Zahlmeister-Aspiran-
ten sein, welche nicht über 28 Jahr alt sind, ein Zeugnis der Beife für die
erste Klasse eines Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. vorlegen können und
Kenntnis der englischen und französischen Sprache besitzen; oder b) als
Einjährig-Freiwillige gedient und die erste Klasse eines Gymn. oder einer Beal-
schule 1. 0. mindestens ein Jahr mit gutem Erfolge besucht haben und Kenntnis
der englischen und französischen Sprache besitzen.
Applicanten für das Zahlmeisterpersonal sollen nach Verf.
des Chefis der Admiralität v. 22. Febr. 1880 das Beifezeugnis für die Secunda
eines Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. vorlegen.
Marine-Ingenieur-Aspiranten haben nach § 2 der Vorschriften
V. 7. Dec. 1879 diejenige Schulbildung nachzuweisen, welche zum Studium auf
einer deutschen technischen Hochschule oder auf einem dieser gleichgestellten
475
deutschen Polytechnicmn berechtig^ nnd sollen den voUen Cnrsas der betr. Fach-
abteilnng einer solchen Anstalt, bezw. auf der K. technischen Hochschule zn
Berlin den Lehrgang der Section für Schiffbau absolvirt haben.
Für das Verwaltnngs-Secretariat bei den Kaiserlichen Werften
wird durch Verf. des Chefs der Admiralität v. 29. Febr. 1880 gefordert, daft
die Aspiranten nicht über 28 Jahr alt seien, die erste Elasse eines Gymn. oder
einer Bealschnle 1. 0. bezw. einer gleichstehenden Offentl. Schnlanstalt mindestens
ein Jahr mit gatem Erfolge besucht haben und Kenntnis der englischen und
französischen Sprache besitzen.
8. Das reitende Feldjägercorps.
Wer die Laufbahn für den K. Forstverwaltungsdienst durch den Eintritt
in das reit. Feldjägercorps oder in ein Jägerbataillon zum Dienst auf Forst-
yersorgung verfolgt, hat auTser den aus dem militär. Dienstverhältnis von selbst
folgenden Bedingungen hinsichiL der schulwissenschafü. Vorbildung dieselben Er-
fordernisse wie die Oivil-Aspiranten zur Anstellung als Oberförster zu erfaUen
(8. vorher p. 452, Forstfach). i
Nachträge.
Zn p. 52.
Benutzung der Aulen höherer Lehranstalten zu anderen als
Anstaltszwecken. Min.Verf. v. 8. Juli 1885. Auf den Bericht vom
8. Juni d. J. beauftrage ich das K. Prov.Sch.C, dafür Vorsorge zn treffen, dafs
durch die Ueberlassung der Aulen der höheren Lehranstalten Seines Bezirkes
zu anderen als Anstaltszwecken den Gewerbetreibenden der betreffenden Städte
nicht eine schädigende Concurrenz bereitet wird. Es sind daher musikalische
nnd andere ähnliche Aufführungen in den Aulen in der Begel nur dann zu
gestatten, wenn ein Entree nicht oder nur zu einem wohlthätigen Zwecke er-
hoben wird, so dafs namentlich dem Unternehmer und den hauptsächlich Mit-
wirkenden kein pecuniärer Vorteil daraus erwächst. In etwaigen Ausnahme-
fällen wird die Benutzung der Aulen nur gegen Zahlung einer Entschädigung
zu gestatten sein, welche nicht unerheblich über die für die theuersten Localitäten
der Stadt zu Zahlende Miethe hinausgeht Für solche Fälle ist die Genehmigung
zur Benutzung der Aulen von dem K. Prov.Sch.G. Selbst zu erteilen *^
Der Minister etc. von Gofsler.
Zu p. 151.
Einrichtung der Wechselcöten bei den höheren Unterichts-
anstalten. Min.Verf. v. 27. Nov. 1885. (Auszug.) „Auf den Bericht
des K. Prov.Sch.G., betr. die Durchführung der Wechselcöten-Einrichtung an
dem dortigen Bealgymnasium, habe ich Folgendes zu erwidern.
Die Berufung des dortigen Magistrats auf die Giro. Verf. v. 31. März 1882
(p. 110), dafs durch dieselbe die Einfuhrung der Jahrescurse und der Wechsel-
476
cOten bei grofsen Anstalten verlangt sei, ist nach Form nnd Inhalt unrichtig.
Durch die angezogene CircYerf. ist die strenge Einhaltung der Jahrescnrse
nnd der Jahresversetznngen als anerläfsliche Voranssetzang far eine zweck-
mäfsige Ansfohrong der mit derselben veröffentlichten revidirten Lehrpläne vor-
geschrieben, üeber Wechselcöten enthält die angezogene CircVerf. keinerlei
Vorschrift, vielmehr sind dieselben nur als eine üiatsächliche Einrichtung in
dem Sinne erwähnt, dafs im Falle ihres Bestehens die Jahrescnrse nicht ans-
schliefslich von Ostern zu Ostern reichen. Aach durch keine andere Verfügung
ist die Einrichtung von Wechselcöten bei gröfseren Anstalten erfordert oder
auch nur dringend empfohlen worden; vielmehr ist diese seit längerer Zeit an
manchen umfassenden Anstalten der östlichen Provinzen bestehende Einrichtung
seit der unter dem 31. März 1882 erfolgten strengen Durchfuhrung der Jahres-
cnrse und Jahresversetzungen nur unter der Bedingung zugelassen und ge-
nehmigt worden, dafs durch dieselben dem Grundsatze der Jahrescnrse und
Jahresversetzungen kein erheblicher Eintrag geschehe. Zur Erfüllung dieser
Bedingung ist erforderlich, wie unter anderem in der Verf. v. 23. Sept. 1882
dargelegt ist, dafs die Teilung der Klassen in Wechselcöten wenigstens bis
Untersecunda einschliefslich aufwärts reiche. Die Einrichtung der Wechselcöten
ist daher nur zulässig bei Anstalten, deren dauernde Frequenz die Teilung bis
untersecunda einschliefslich nothwendig oder wunschenswerth macht; Anstalten,
deren Frequenz nicht so weit aufwärts oder nicht dauernd die Klassenteilungen
erfordert, haben auf die Einrichtung von Wechselcöten zu verzichten, und mit
der Einrichtung von Wechselcöten in den unteren Klassen wird als unabweis-
liche Gonsequenz die Verpflichtung übernommen, dieselbe bis zur Untersecunda
einschlieMich zu erstrecken. Demgemäfs ist durch den Erlafs vom 28. Dec.
1882 der Fortbestand der an dem fraglichen Bealgymnasium far die drei
untersten Klassen bestehenden Einrichtung der Wechselcöten nur unter der
seitens des dortigen Magistrats zu übernehmenden Verpflichtung genehmigt
worden, dafs die gleiche Einrichtung je mit dem folgenden Schuljahre auf die
nächst höheren drei Jahrescnrse ausgedehnt werde.*'
Der Minister etc. In Vertretung: Lucanus.
Zu p. 473.
Erlöschen der Berechtigung zur Ausstellung von wissen-
schaftlichen Befähigungszeugnissen für den Militärdienst beim
Wechsel in der Leitung der Privatanstalten. C.Verf. v. 28. Dec.
1885. „Aus Anlafs eines Specialfalles bestimme ich hiermit, dafs in Zukunft
von jeder Aenderung in der Leitung der zur Ausstellung von wissenschaft-
lichen Befähigungszeugnissen für den Militärdienst berechtigten Privatanstalten
sofort Anzeige zu machen ist, da mit einer solchen Aenderung die Berech-
tigung erlischt." Der Minister etc. von Gofsler.
» • ■
Chronologisches Register.
Dia Zahlen am Bande beieichnen die Seiten.
Abkür
AG«: Allerhöchste Ordre.
CO«: Cabinets-Ordre.
CY«t Circnlar-Verfagung.
Fin*M«: Finanz^Ministeriiiin.
Instr«: Instmctioii.
Just*!!«: Jastizministeriom.
K«: Königlich.
Lil]idt.Ab9oh. : Landtags- Abschied.
X*dJLui*: Ministerium des Innern.
l[«d»9ff»A« : Ministeriom der öffentliohen
Arbeiten.
Zungen:
MY.: Ministerial- Verfügung.
Med^C* 8 Medicinal-GoUegium.
DP.: Ober-Präsidium«
Begl«: Reglement
Begnl«: Regulativ.
Reser.: Eescript.
SC»: Schul-Coll^um.
StM«: Staats-liinisterialbeschluss.
U«n«PO«: Unterrichts- und Fnifungs-
OrdjQung.
1794.
AUgem. Landrecht . 1
1811.
26. Janif Instr. . . 24
1817.
5. Juni, MV. . . 445
23. Oci, Listr. . .9. 23
1824.
a Jnli, OP. Breslan 337
31. „ CV. . . . 347
16. Aug., CV. . . 370
23. „ CV. . . 376
1825.
23. Märe, CV. . . 346
8. April, Polizei. . 344
IL
14.
»
CV.
. 262
„ MV. . . 175
25. „ CV. . . 343
14. Mai, AO. . . . 358
26. „ CV. . . . 175
1826.
18. März, CV. . . 205
9. Mai, CV. . . . 320
28. Juni, CV. . . 161
1828.
11. Dec, CV. . . . 185
1829.
29. März, MV. . . 253
14. Mai, Instr. . . 22
1830.
30. April, SC. Berlin 163
2. Juni, Patent . 3
1831.
30.Dec.JjandtAb8ch. 154
1833.
25. Jan., SC. Koblenz 348
24. Dec, CV. . . 205
1834.
8. März, CV. . . 193
4. Juni, Begl. . . 450
13. Sept., CV. . . 206
13. Dec, MV. . . 206
1835.
8. Aug., Begul. . 270
1836.
22. Jan., SC. Koblenz 359
1837.
24. Oct, CV. . 53. 277
1838.
17. Apr., MV. . . 384
1839.
9. Nov., SC. Berlin. 320
31. Dec, Instr. . . 31
1840.
7. Jan., MV. . . 28
1. Mai, MV. . . .349
12.
»»
MV..
. 350
21. Oct, MV.. . . 207
1841.
7. Apr., SC. Koblenz 207
16. Juli, CV. . . . 379
12. Dec, SC. Koblenz 220
1842.
6. Juni, CO. . . 222
2. Oct, MV. . . 29
9. Dec, K.Verordng. 12
1843.
8. März, MV. . .171
9. „ CV. . . 347
9. „ SC. Berlin 359
9. Apr., CV. . . 15
14. Juni, CV. . . 365
16. „ SCKoblenz 172
1844.
7. Febr., CV. . . 223
22. Apr., CV. . . 225
7. Juli, CV. . . 164
1845.
24. Apr., CV. . . 186
5. Dec, CV. . . 240
1846.
24. Jan., MV. . . 241
23. März, CV. . . 445
28. Apr., CV. . . 186
5. Mai, CV. . . 434
21. „ SCKoblenz 241
1848.
19. Sept, AO. . . 104
25. Nov., MV. . . 343
1850.
30. Jan., Verfassung 2
12. Apr., JustM. . 251
1851.
1. Apr., CV. . . 220
11. Dec, CV. 100. 430
478
1852.
4. Dec, MV. . .
229
3. Juli, CV. . .
. 102
19. ,, CV.
201
1853.
30. „ SC. Stettin 202
28. Dec, SC. Münster 313
1862.
1854.
6. Jan., CV. . .
441
17. Febr., CV. .
. 26
4. März, CV. . .
319
20. Mai, CV. . .
. 254
8. „ M.(i.Tnn. .
32
9. Juni, CV. . .
. 51
5. Mai, CV.
166
30. Oct., MV. . .
. 23
17. Juli, M.d.Inn. .
32
1. Dec, CV. . .
. 208
iB«7. ,, CV. .
219
22. „ CV.. .
. 431
8. Aug., MV. . .
37
1855.
10. Nov., CO. . .
12
25. Sepi, MV. .
. 164
13. Dec, CV. . .
177
10. Nov., CO. .
. 455
22. „ MV. . .
187
1856.
1863.
7. Jan., CV. .
. 66
2. Jan., MV. . .
13
12. „ CV. .
. 434
20. „ SC.Königsberg
321
19. Febr., CV. .
. 346
11. Mai, CO. . . .
13
10. Apr., CV. .
. 188
13. „ MV. . •
33
24. „ SC. Breslau 351
11. Juni, SC. BerUn 250 1
13. Oct., SC. Posen
i. 348
20. Aug., MV. . .
40
6. Dec, MV. .
. 175
24. Sept., MV. . .
155
1857.
2. Oct., Lehrplan .
213
26. Apr., CV. .
. 204
20. „ CV. . .
217
28. „ CV. .
. 194
1864.
2o. „ CV.
. 366
13. Mai, SC. Berlin.
321
23. Nov., CV. .
. 384
lo. „ CV. .
218
1858.
20. Juni, CV. . .
366
28. Jan., MV. .
. 352
24. „ CV. . .
160
22. Apr., SC. Posen 352
7. Juli, CV. . .
192
22. Oct., CV.
. 264
7. Oct., MV. . .
326
6. Nov., CV. .
. 246
13. „ SC. Berlin.
388
1859.
21. „ MV. . .
32
6. Apr., CV. .
. 169
21. Dec, MV. . .
26
6. Mai, MV. .
. 328
1865.
23. „ CV.
. 221
4. Apr., CV. . .
230
1. Juni, SC. Breslau 221
28. Juli, SC. Berlin.
388
26. Aug., CO. .
. 12
11. Oct., MV. . .
245
22. Sept., Tnstr. .
. 195
30. „MV. . .
329
6. Oct., U.U.PO.
. 70
10. Nov., SC. Koblenz 255
23. Nov., SC. Breslau 151
14. Dec, SC. Berlin.
389
1860.
23. „ MedCEoblenz 267
26. Mai, CV. . .
. 226
1866.
■
16. Aug., MV. .
. 208
17. Jan., CV. . .
380
17. „ MV. .
. 34
10. März, MV. . .
208
10. Sept., CV. .
. 227
14. Apr., MV. . .
230
16. Oct, CV.
. 166
28. „ SC. Berlin 361 1
3. Nov., CV. .
. 322
12. Mai, MV. . .
15
1861.
9. Oct., CV. . .
193
16. Mai, CV. . .
. 440
15. „ SC. Berlin
193
21. „ MV.. .
. 361
26. „ Gutachten .
271
12. Juni, CV. .
. 440
3. Dec, SC. Stettin
155
3. Juli, MV. .
. 319
19. „ CV. .
271
1867.
7. Jan., SC. Berlin 273
15. Febr., MV. . . 263
28. „ CV. . . 154
13. März, Bescr. . . 13
17. Apr., MV. . . 14
2. Mai,SC.Magdeburg 357
6. „ Gutachten . 267
13. „ K.Verordnung 6
20. Juni,SCJCönig8berg 391
22.SeptKyerordnung 9
30.
»>
MV.
10
. 27
. 346
. 15
11. Dec, MV.. ,
13. „ MV. . .
24. „ MV. . .
1868.
24. Sept., MV. . . 37
9. Nov., CV. . . 22
12. „ CV. . . 465
1869.
30. Jan., MV. . . 328
27. März,SC£ömgBb6rg 336
22. Apr., SC. Posen. 388
30. „ SC. Berlin. 269
6. Mai, Gesetz . . 450
21. Juni, Gewerbe-
ordng. 32. 49. 453
25. Sept., Bekanntm. 450
11. Nov., SC. Berlin. 51
12. „ SC. Kiel . 189
7. Dec, SC. Kiel . 337
1870.
15. Mära, MV. . . 36
23. Apr., MV. . . 252
4. Juli, SC. Kiel . 387
9. „ MV. . . 386
23. Sept., Gesetz . . 40
15. Nov., SC. Kiel . 231
7 Dec, CV. . . .444
1871.
6. Febr., SC. Stettin 165
13. Juni,SC.Hannover 191
25. Aug.,SCJiannover 273
2. Sept., MV. . . 40
18. „ SC. Berlin 180
5. Oct., MV. . . 28
2a „ CV. . . . 446
31. „ CV. . . . 275
2. Nov.,SCaannover 464
16. „ OP. Breslau 337
1872.
3. Jan., CO. . . . 8
14. Febr., SC. Brealan 154
479
29. Febr., CV. . . . 167
11. März, (besetz. . 3
11. . MV. . . 445
14.
n
CV.
8
3. Mai, SC. Xiel . 363
18. „ CV. . . . 260
8. Jnli, MV.: . . 34
16. Sept., SC. Kiel . 50
15. Oct, CV. . . . 6
4. Nov., SC. Berlin 51
14. Dec, SC. Kassel 362
1873.
2. Apr.,SCHaiii)oyer 474
5. „ Gesetz . . 2
6. , SCHannover 362
11. Mai, Gesetz . . 450
25. Jam,SC.HaiinoTer 358
18. Aug., CV. . . .435
6. Dec, SC. Posen. 218
22. „ SC£0nig8berg 210
24. „ CV. . , . 369
1874.
7. Jan., CV. . . . 276
23. „ SC. Kiel . 251
9. Febr. Polizei . . 338
11. MV. . . 344
17. März, SC. Stettin 322
8. Apr., Gresetz . . 276
24. „ SC. Stettin 338
28. „MV. . . 384
21. Mai, MV. 384. 386
11. Juni, CV. ... 392
25. Juli, SC. Münster 252
17. Aug., SC. Kiel . 252
11. Sept., SC. Koblenz 389
26. „ SC. Breslau. 253
22. Oci, MV. . . . 327
29. „ CV. . . . 447
2. Nov., MV. . . 168
12. „ SC. Kiel . 152
20. „ CV 373
1875.
12. Jan., SC. Kiel . 365
26.
n
MV.
. 167
29. „ SCKönigsberg 356
3. Febr., SC. Kiel . 270
11. „ SCMagdeburg 332
24. „ MV. • . . ., l55
5. Apr., SC. Breslau 156
19. „ SC. Berlin. 361
26. „ CV. . . . 381
30. „ MV. . . 170
12.Mai, CV. . . .344
18. Juni, Gesetz • . 2
5. Juli, Vormundsch.
Verordn. 2
28. Sepi,Wehrordnung 459
14. Oct., CV. 255. 277
25. „ SC. Koblenz 257
30. „ SC. Kiel . 202
3. Nov., MV. . . 327
8. „ SC.Koblenz 369
23. „ MV. . . 258
2. Dec, SC. Koblenz 36
22.
n
SCHannover 345
1876.
3. Jan.,SC.König8berg 337
11.
19.
w
n
50
7
327
220
38
322
373
330
386
386
35
MV.
MV. .
19. „ MV. .
14. Febr., MV.
29. Juni, Gesetz
30. „ CV. .
14. Aug., CV. .
29. Nov., MV. .
7. Dec, MV. .
lo. „ MY. .
30. „ CV. .
1877.
7. Apr., MV. .
29. Mai, CV. .
14. Juni, MV. .
30. „ CV. .
9. Aug., CV. .
6. Oci, CV. .
13. Dec, CV. .
20. „ SC.Koblenz 347
1878.
19. Jan., CV. . . .211
31. „ MV. . . . 468
9. Febr., MV. . . 248
4. Apr., Gutachten. 232
U.Mai, SC. Kiel . 52
20. „ SCMagdeburg 314
22. „ Fin.-M. . . 39
18. Juni, CV. . . . 231
8. Juli, MV. . . . 34
l.Aug., SC. Kassel 191
38
466
169
231
467
381
211
o. „ CO. .
21. Sept., MV.
14. Oct, AO. .
26. „ CV. .
6. Dec, MV. .
1879.
30. Jan., Fin.M.
474
156
6
435
168
42
30.
»
SC. Kassel. 210
8. März, CV. . . 232
11. „ Gesetz . . 450
19. Apr., Schulordn. . 333
2. Mai, MV. . . . 248
17. Juni, MV. . . . 469
24. Juli, SC. Münster 325
30. „ MV. . 431. 432
9. Aug., CV. . . . 16
13. Oct, MV. ... 44
23. „ CV. . . . 43
17. Nov.,Min.f.Handel 43
1880.
S.Jan., CV. . . . 443
12. „ CV. . . . 366
21. „ CV. . . . 181
23. „ MV.. . . 210
30. „ SC.Schleswig 326
3. März, CV. . . 182
3. „ MV. . . 183
11. „ Verordnung 457
6. Apr., CV. . . . 39
29. Mai, CV. . . . 339
17. Juü, CV. . . . 19
26. „ Gesetz . . 7. 9
31. „ CV. . . . 251
30. Nov., MV. . . . 21
1881.
9. Febr., MV. . . 470
13. „ SC.Schleswig 354
24. „ MV. ... 41
28. „ MV. . . . 21
8. März, StM. . .212
9. Mai, CV. . . . 471
8. Juni, M.d.Off.A. . 390
21. „ CV- . . . 50
13. Juli, CV. . . . 40
12. Oct, CV. . . . 368
24. „ MV. . . . 151
26. „ SC. Berlin. 314
28. Nov., CO. . . 9
1882.
9. Jan., AO. . . 6
17. März, CV. . . 164
31. „ CV. . 5. HO
5. Apr., MV. . . 11
17. „ SC. Berlin. 150
27. Mai, CV. . . . 393
26. Juni, MV. . . . 468
27. Oct, CV. . . . 232
14. Nov., SC. Koblenz 218
16. „ CV. . . . 433
7. Dec, MV. . . 158
480
1883.
1884.
30. Jan., MV.
. . 44
11. Jan.,SC.Sch1eBwig 311
8. Jan., CV. . . . 21
4. Febr., MV.
. . 430
28. Febr., CV. . . 139
16. „ CV. . . . 473
18. März, MV.
. . 276
15. März, CV. . . 324
18. März, CV. . . . 270
24. „ AO.
. . 458
19. Apr., CV. . . 441
30. „ M.d.öff.A.. 389
4. Juni, MV.
. . 448
23. „ CV. . . 144
29. Apr., M.d.öff.A. . 389
30. „ CV.
. . 435
30. „ MV. . . 434
27. Jimi,SC.Schleswig 325
30. „ SC.Schleswig 313
1. Mai, Begnl. . . 450
30. „ SC.Schleswig 311
8. Juli, CV. .
. . 470
8. „ SC.Schleswig 52
14. Juli, CV. . . . 273
o. „ MY. .
. . 475
1. Jiili,Gewerbeordn.
1. Aug., CV. . . . 150
y. „ V/V. .
. . 443
32. 49
8. „ OEirchenrath 439
15. „ MV. .
. . 441
19. „ MV. . . . 236
3. Sept., AO. . . 6
6. Aug., CV. .
. . 275
26. „ MV. . . . 7
6. „ CV. . . 439
27. „ AO. .
. . 472
30. „ Gesetz . . 7. 9
10. Nov., CV. 243. 258
6.0ct., CV. .
. . 249
30. „ CV. . . . 237
10. „ SC. Berlin 353
9. „ CV.
. . 472
4. SepiSCSchleswig 312
24. Dec, CV. . . 427
12. Nov., CV. .
. . 264
23. Nov., CV. . . . 32
1885.
27. „ MV. .
. . 475
12. Dec, MV. ... 47
7. Jan., CV. . . . 376
28. Dec, CV. .
. . 476
19. „ Gutachten . 289
17. „ CV. . . . 371
1886.
2. Febr., MV.
. . 251
Sachregister.
Die Zahlen bezeichnen die Seiten.
Abkürzungen:
G. = Gymnasiniu, R. ;== Realanttalten, h. B. = höhere Bürgerschule.
Abendmahhfeier 162. 326.
Abgang aus Tertia 71 (Il.)> ^^ unteren
Klassen 336.
Abgangszeugnis 317, 32a 323. 356. 392.
Nothwendigkeit 2, bei Verweisung 342.
364, bei Bestrafungen 361.
Abiturientenprüfung s. Maturitätsprü-
fung.
Abmeldung 336* »
Abteilungen des Min. für Unterr. 6.
Abtritte 268.
Adversarien 263.
Aerztliche Beaufsichtigung 304. 310.
Alter, schulpflichtiges, für Vorschule 146,
für Sexta 54. 71. 146.
Alt- u. mittelhochdeutsch 90 (R.) 175.
Alumnate, confessionell, 37.
Amtsverschwiegenheit 395. 407. 429.
Andachten 23. 329.
Androhung der Entfernung 335.
Anrechnung der Dienstjahre bei An-
stellung 102, der Schulzeit für Ma-
turitätsprüfung 430, für Prüfung zur
Prima 448.
Anschauungsmittel 102.
Anstellung 12.
Apotheker 453.
Arbeitspläne 260.
Arbeitszeit, Dauer, 261. 307.
Arrest 335, 357. 363 f.
Arreststunde 364; s. Nachsitzen.
Ascension 12 f.
Astronomie 96 (E.)
Atlas 201.
Aufenthalt in den Klassen 319. Vgl.
Anrechnung.
Auffallende Kleidung 333.
Aufnahme 149. 305 (ärztlich). 334. Alter
54. 71. 146. 315. 334, in die unterste
Klasse 54 (ö.) 71 (R.), in höhere
Klassen 320, 322, in die Vorschule
146 f., bei verwiesenen Schülern 320 f.,
von Bealabiturienten inl (G.) 434 ; Zeit
247 f. 315.
Wiese, Yerordnungen.
Aufnahmeprüfung 313. 321. 323, für
0 n 468.
Aufsätze, deutsche in VI u. V ausge-
schlossen 178, lateinische 122, Zahl
258. 311, Themata 59. 69. 92 (R.) 179,
Nachweisung im Progr, 377. Üeber-
schätzung' des deutschen Aufsatzes 92
(R.)
Aufsicht, häusliche, 347.
Aufsichtsbehörden, 4. 6. 330.
Aufsichtspflicht 330.
Aufzüge, öfifentliche, 346.
Augen schwäche 264; s. Kurzsichtigkext,
Sehkraft.
Aula, Mafsbestimmung, 44. fremde Be-
nutzung 475.
Ausfall des Unterrichts 247.
Ausgaben, unvorhergesehene 39, Mehr-
ausfiraben 17 39.
Ausschliefsung* 336. 342. 357. 360. 363;
s. Krankheiten.
Auswärtige Schüler, Aufnahme 155, Be-
aufsichtigung 331. 341. 347.
Ausweisung aus der Schule 362, aus dem
Lehrzimmer 363,
Ballvergnügungen 331.
Bänke 44, Aufstellung 311.
Barrentumen 230.
Baufach 451, Anforderung in Math. u.
im Zeichnen 209.
Beaufsichtigung s. Aufsicht; geistliche 22.
Bedürfniszuschnfs 16.
Begrififserklärungen 90.
Beherbergung 335.
Beichtzettel 327.
Beleuchtung 49. 301. 312.
Berechtigte Schulen 4.
Berechtigrungen 450, für einj. freiw. Mi-
litärdienst 459, statistisch 292: bei
höh. Bürgerschulen 150, bei Iteal-
klassen 158.
Bergfach 452.
Berichterstattung 15.
31
483
Berlin als Verwaltangsbezirk (Stadt-
kreis) 7.
Bemfswahl 242. 391.
Beurlaubung der Schüler 334.
Beurteilung der Schülerleistungen 114.
260| Haustab in den Censuren 355.
Bibelsprüche 163. 165.
Bibliotneoa pauperum 371.
Bibliothek s. Schulbibliotheken.
Bibliothekordnung 374.
Bibliothekrevision 371 f.
Bibliothekverwaltung 371.
Bifurcationssystem 159.
BUdung, allgemeine, 280, classische 121.
Biographische Erzählungen 124.
Biscnöfe, kath., 23.
Blasse 302.
Blaues Buch 53.
Blitzableiter 50.
Botanik 119 (G.) 129 (R.) 142.
Brillen 264. 299.
Cadettenanstalten 293. 298 (Kurzsichtig-
keit).
Cadettenoorps 459.
Carcer 335. 358. 361. 364.
Censuren 315. 335. 349, Formulare 350 ff.
Nummern 316. 352 f. 355, Prädicate
316. 351 ff. (vom Director nicht abzu-
ändern 351, MaTsstab 355) Wahlen 350.
Censurordnung 354.
Censurverteilung 356, Feierlichkeit 161.
350.
Centralblatt f. d. ges. Unterrichtsver^
waltung 7.
Centralverwaltung 6.
Chemie 74. 77. 100. 126 (G.) 129 (R.)
133 (R.) 142. 144.
Cholera 271 f.
Choralgesang 221.
Chrestomathien 107. 131, französische 142.
Chronologie 95 f. (K.) 124 (G.)
Civilsupemumerariat 455.
Clausurarbeiten 174. 311.
CoUaturrecht 30.
Combination im Rel.-Unterr. 89. 162.
Combinirte Anstalten 158.
Commissarius bei d. Maturitätsprüfung
392. 395. 407.
Compatronat 28 f.
Compensation bei Maturitätsprüfung 78
CR). 84 (h. B.) 100 (R.) 208 (G.) 281.
392 (G.) 401 (G.) 412 (R.), bei Ver-
setzungen 318.
Concentration 68. (56). 106. 161.
Conferenz 59, beim Semesteranfang 256.
Confessionellee Verhältnis 36.
Confirmandenunterrioht 166. 22.
Congestionen. 302.
Consilium abeundi 341. 357. 362.
Consistorien 7.
Controle des Schulbesuchs 325.
Conversationsf ertigkeit für Franz. u. Engl.
94. 123. 131.
Corporationsrechte 1.
Correctur 59. 256. 258. s. Beurteilung.
Corridore, Lüftung, 273.
Culturgeschichte 197.
Curatorium 27. 30. 105. 275.
Cursusdauer 150. 282. 392.
Darwin 144.
Declamationen 120.
Deficit 40.
Denkschrift zur Ueberbürdungsfrage 277.
Desinfection 273. 275.
Deutsdi als Unterrichtsgegenstand 171.
118 ff. (G.), 90. 128. 130 (R.), 136 t
(h. B.), grammatisch 171, Formenlehre
u. Syntax 119 (G.), Leetüre 90 f. (EL)
Litteraturgeschiohte 120 (G.) 91 (R.),
178. mündliche Darstellung 172. 179,
Aufwtze 178, (s. o.), Orthographie 178.
180, Literpunction 178. — Nicht ver-
einzelt einem Candidaten zu übertragen
177.
Deutsch und Latein in VI u. V. 66.
Dictate, französisch 123 (G.), und eng-
lisch 136 f. ^)
Disciplin 329, Strafen 362.
Disciplinarordnung, Bedeutung 329, west-
fälische 333.
Dispensation 245. 334; s. die Unterrichts-
gegenstände.
Dispositionslehre 179.
Disputirübungen 174.
Dissidenten 169.
Distanz bei Subsellien 45.
Doppellicht 44.
Dotation 102 f. (R.)
Eiersammlungen 346.
Einföhrunff der Directoren 31.
Einheitsschule 110.
Eisenbahndienst 451.
Eifenbahn-Fahrpreisermäfsigung 389.
Eislauf 235.
EngUsch 94. 128. 130. 136 f. (h. ß.) 193.
Entfernung, Androhung 335. 357, An-
wendung 359, stille 357. 360, Bekannlr
machung 360, Folgen für die Maturi-
tätsprüfung 430 f.
Entlassunjr nach dem vierten Semester
319. 33d, in Fensionsverhältmssen 331.
Entschuldigungszettel 334.
Ephorat, geistliches 23.
Epidemie 270. 273.
Epilepsie 267.
Erholungspausen 243. 305.
Erinnerung als Strafe 335.
Erinnerungsfeier, 25jähriffe, 252.
Erkrankungsfälle von Lehrern 39.
483
Ersatanmtenidit für Griechisoh 158.
Ersparnisse 15. 17. 21. 39.
Etat 8. Schiüetat.
Etatsjahr 38, Quartale 39.
Etatsübersckreitungen s. Ausgaben.
Ezerdtien 257. 311.
Extemporalien 114. 257. 311.
Eztraneer s. fremde Ifaturitatsaspiranten.
Fachconfsrenzen 68. 108.
Fachlehrersystem 113. 285.
Fachschulen 159.
Fachsystem 108.
Fackelzüge 346.
Fechtunterricht 229.
Feldjägercorps, reitendes, 475.
Feldmesserprüfung 452.
Fenster 44. 311 f, Oeffnen 268. 270.
Ferien 246, Beginn u. SchluTs 250.
Ferienarbeiten 255. 258.
Ferienbeschäftigung 247 f.
Festlichkeiten der Schüler 346.
Festtage, vaterländische 226 ; s. Geburts-
tag, Sedantag.
Feuerversicherung 50.
Flaggen 251.
Formen, Flexionsübungen 259.
Forstfaoh 452.
Französisch, Stellung im Gymn. Lehr-
plan 55. 58. 66. 111. 118. 123. 141
(Stunden- u. Stoffverteilung). 193; in
d. R. 94. 128. 130, in d. h, B. 136 f.
Freie Vorträge 90 tR-) 120 (G.) 172.
179.
Freige^bene Tage 248.
Freiheitsstrafen 363.
Freistellen 385, Ausschlufs in d. Vor-
schule 386.
Fremde Maturitätsaspiranten 393. 403.
433. (G.), 79 u. 414 (TEL), 424 (h. B.),
443.
Frequenz der höh. Schulen 284, der
Sllassen 154, der Vorschule 146.
Frequenztabelle 379.
Freya, Zeitschrift, 345.
Friedensgesellschaften 389.
Frohnleichnam 327.
CHirtnerlehranstalten 453.
Gaslicht 301.
Gebet 161.
Gtebetseinlagen, kath., 327.
Gebühren &S: s. Prüfungsgebühren.
Geburtstag, Allerhöchster 251, des Dir.
n. der Lehrer 247. 389.
Geisteskrankheit 294.
Geutliche Beaufsichtig^ung 22.
Geldgeschenke 388 f.
Geldsammlungen 335. 389.
Geldstrafen 357.
General-Superintendenten 22.
Geognosie 133.
Geographie 194. 199; im G. 119. 124;
in d. R. 96. 129. 132 ; in d. h. B. 136 ;
Methode 200; Leit&den 201.
Geometrie, darstellende, 130. 134. 139.
Gerichtlicher Subaltemdienst 456.
Gerichtsverhandlungen, Besuch, 335.
Gesangunterricht 58. 117 (G.), 99 u. 127
CR.), 135 (h. B.), in der Vorschule 146.
I>ispensation 220. Lebensalter f. d.
An&ng 221.
Geschenke der Schüler 388 f.
Geschichte, Lehrziel für G. 119. 123, f.
R. 129. 131, f. h. B. 136. 138, vater^
ländische 204.
Geschichte u. Gteog^phie 66. 193 Lehr-
bücher 194.
Geschichtsprüfung 281. 393 (Vorträge)
439.
Geschichtsunterricht 123 (G.), 95 (R.)
Methode 197, Nachschreiben u. Dictiren
193. 198, Lehrbuch u. Tabellen 194.
198, Wiederholungen 198.
Gesundheitspflege 264, Ghitachten 289.
Gesundheitslehre 143.
Gewerbeschulen 159, Ressort 8^
Glaubensbekenntnis 1.
Gottesdienst 162.
Grammatik der alten Sprachen 286. 113
(G.), 130 (R.); Terminologie in d. Vor-
schule 146: s. Deutsch.
Griechisch, Lehraufffabe 118. 122. 139.
185, Leetüre 160 f. 185, epischer Dia-
lect in 0 Hl 140, Üebersetzungen aus
d. Deutschen 186, Stundenverteilung
140, Verlegung auf Tertia 111, Dis-
pensirung 67. 158. 245.
Gymnasialimstalten 5.
Haltung des Körpers 264, Schlaffheit 302.
Handschrift 218.
Haus und Schule 329 f.
Hausbesuch 348.
Häusliche Beschäftigung 201 (Geogr.),
253, Zeitdauer 258. 261, in d. Vor-
schule 148, ärztlich 304. 307 f.
Hebräisch 55. 119. 123. 193, Prüfung
403. 439.
Hefte, Revision 59. 330, Zahlverminde-
mng 69. 97. 254., gegitterte 301.
Heizung 47, 268.
Herodot, Leetüre 140.
Hitze, übermäfsiore 247.
Hochschulen, technische 450, für Kunst
n. Musik 457.
Hodegetik 240.
Höhere Bürgerschule 5, 83 n. 105 v. J.
1859, 135 V. J. 1882, Maturitätsprü-
fung 417; Anerkennung 35, lateinlose
111 f., Militärberechtigung 156. 473.
Höherer Jnstizdienst 450.
484
Höhere Schulen, Begriff und Arten 4,
Auebreitang und Zalil 284, Errichtung
33, Verzeichnisse 5.
Hülfslehrer, zur Vertretung 39, wissen-
. schaftliche 287.
Hygiene s. G-esundheitspflege.
Jahrescurse 59 (G.), 71 (R.), 112. 282 f.,
Vorschule 147.
Impfung 275.
Individualisirendes Verfahren im Unter-
richt 109, bei Bestrafung 363, ärzt-
lich 303. 310.
Intendantursubalterndienst 474.
Inventar für Gebäude 41.
lUlienisch 79. 94. 193.
Jubiläum, 25jähr., 252.
Jüdische Schüler, Sonnabendunterricht
328.
Kälte, übermäfsige 247.
Karte der höh. Unterrichtsanstalten 5.
Kartenzeichnen 124. 200.
Kassenrevision 20.
Kassenverwaltung 40.
Katechumenunterricbt, Vorbereitung 22.
Katholisch, Feiertage 251, Gottesdienst-
ordnung 327, alt- und neukatholisch
36. Vgl. Religionsunterricht.
Kindergärten 301.
Kirche und Schule 23.
Kirchenbesuch 23. 326.
Klassenbuch, 59 (Aufgabebuch), 257.
350 (Tagebuch).
Klassen frequenz 154, UeberfuUung 304.
Klassengelder, Hebung 387.
Klassenordinarien s. Ordinariat.
Klassenprüfung 314.
Klassenräume, Mafsbestimmungen 43.
Klassensystem 56, 59, 153.
Kopfweh 302.
Körperhaltung 264, Schlaffheit 302.
Körperliche Uebungen 63; s. Turnen*
Körperliche Züchtigung 335.
Körperpflege 288.
Krankheiten, ansteckende 270 ff., Ver-
hütung 273.
Kunstgeschichte 95 (R.) 197. Altertum
192. 215.
Kurzsichtigkeit 264. 266. 293. 297. 305.
Ijaboratorium 134.
Landmesserprüfnng 452.
Landrath, Mitwirkung 273 ff.
Landwirthschaft 453.
Landwirthschaftsschulen 159.
Latein für G. 118. 121, für R 128. 130,
Bedeutung, Zweck und Erfolg für R.
87. 92 f. 112. 192; Leetüre 121 (G.)
130 (R.), Scripta! 22, Orthographie 192,
Sprachen 122. 189. 400.
Latein und Griechisch 185, Grammatiken
186, Leetüre 190.
Lebenslauf 329.
Leetüre, Kanon der classischen 160, Ans-
dehnung 262.
Lehrbücher 59. 109, Nachweisung 378.
Lehrer, Staatsbeamte 2 f., didaktische
Ausbildung 287, Bestellung 1. 12, Zahl
33. 101, Pflichtstunden 33 f., Vorschule
148.
Lehrerbibliothek 371.
Lehrertabelle 377.
Lehrgegenstände der G. 54, der R. 70;
110 ff.
Lehrmittel, Beschaffung 36. 102, Appa-
rate 97.
Lehrplan 155. 160; s. Stundenplan.
Lehrstunden, Zahl 57, in der Vorschule
148 f., Verteiluhg nach der Zeit, s.
Stundenplan, nach innerer Verbindung
56. 285, Deutsch und Latein 66, Ge-
schichte und Geographie 132. Vgl.
Fachsystem.
Lehrzimmer, Mafsbestimmungen 43, Hel-
ligkeit 264, Temperatur 268, Lüftung
273.
Leihbibliotheken 335. 343.
Litteraturgeschichte der . wichtigsten
Völker 197, Französisch und Englisch
94. 131. Vgl. Deutsch.
Localverwaltung 24.
Logarithmen 210.
Logik 176. 180.
Lorinser 53. 277.
Luftemeuerung 270. 275. 307.
Luftheizung 47.
•«
Marinedienst 458.
Marineverwaltungsdienst 474.
Maschinenfach 451.
Mafs- und Gewichtssystem, metrisches
211.
Mathematik im G. 67. 119. 124, in R.
97, 129, 132, in h. B. 136. 138; Stunden-
zahl 208, Lehrbuch 205. 208, Logarith-
men 210, Ueberschreitung des Lehr-
ziels 206, Minimum der Anforderungen
207 f., häusliche Aufgaben 259.
Mathematische Geographie im G. 119.
124, in R. 96. 126. 132. — 199.
Maturitätsaspiranten, Verzeichnis G. 396,
R. 408, h. ß. 419. Vgl. Fremde.
Maturitätsprüfung, Tendenz und Be-
deutung 60. — 280, Oebereinkanft der
deutschen Staatsregierungen 392 ; Ord-
nung f. G. 394, f. R. 405 (73 u. 99 fj,
f. h. B. 417 (83); Meldung G. 396, R.
407; Zulassung 392, G-. 395. 403, R.
407. 415, h. B. 418; — 427. 430; An-
rechnuDg der Semester 100 f., 322;
485
Zurückweisung G. 398 f. 403, SL 410;
Unterbrechung 435 ; Wiederholung G.
402 f., K. 414 f., — 434; Termin 249.
435 ff. ; Befreiung von d. mündl. Pr.
G. 400. 403, R. 411 (72. 84) Com-
pensation G. 392. 401, R. 412.-428;
Anwesenheit der Lehrercollegien 428 f. ;
Einreichung der Verhandlungen G.402,
Frog. 405, Ä. 413 (79), h. B. 424 (84).
— 440; Nachweisungen 443.
Maturitätszeugnis G. 393. 402, R. 413,
h. B. 423, für Extraneer 443 f. —
Geltung 450 ff.
Medicin, Studium 450. 457 (435).
Mehreinnahmen an Schulgeld 15. 17.
Memoriren aus Schriftstellern 122.
Messe 327.
Methode 62. 69. 108. 310 (ärztlich),
alte Sprachen 286, Geschichte 197,
Gkographie 200.
Metrik, deutsch 120. 178, Latein G.190.
304. 400, R. 100. 128. 130.
Militärärztliche Bildungsanstalten 457,
Aufnahmetermin 435.
Militärdienst, einjähriger 459, Nach-
weisung im Programm 378 ; auf Avance-
ment 457; Untauglichkeit 292.
Militär-Rofsarztschule 474.
Militär- Verwaltungsdienst 474.
Mineralogie 142, G. 119, R. SS. 97. 129.
133.
Ministerial Verfügung, Geltung 7.
Ministerium 6.
Missio canonica 24.
Mitttelhochdeutsch G. 120. 175, R. 90.
Mittellosigkeit 391.
Mittelschulen 5.
Myopie 300; s. Kurzsiehtigkeit.
Mythologie G. 66, R. 95.
Nachbarschaft, störende 49.
Nachmittagsunterricht 243 f., Verkürzung
312, Ausfall 247. 273, Wegfall 306.
Nachprüfung aufzunehmender Schüler
321, bei Versetzungen 318. 351.
Nachsitzen 357 f., gemeinsames 364.
Nachversetzung 318.
Nasenbluten 302.
Naturgeschichte 58. 66. 97 (R.) 213.
naturbeschreibender Unterricht 111 f.
132 (R.), Lehrziel -G. 1J9. 125. 142,
R. 129. 132 f. 142 f., h. B. 136 ff. 143 f.
Naturlehre h. B. 137 f.
Neuere Sprachen 193.
Nichtreife, Zeugnis 78 f.; vgl. 403. 414.
424.
Normalplan f. G. 53. 66. 117.
Notizen als Mafsstab des Urteils 114.
Oberlehrerstellen, Zahl 14. 101.
Obcrlehrertitel 57.
Ober-Prima s. Versetzung.
Ober-Realschule 5.127, Maturitätsprüfung
405.
Ober-Schulcollegium in Hannover 3. 10.
OeffentUche Prüfung, FeierHchkeit 162.
Ofenheizung 49. 268.
Ordinariat 56. 68. 329.
Orthographie, deutsche 178. 180 f., la-
teinische 192.
Oryktognosie 74. 133.
Osterferien 247. ^49.
Osterfest, sjMltes 249.
Papier, liniirt und gegittert 301.
Parität 36.
Patronatsrechte 30, Vertretung 24.
Pausen 57. 243. 305.
Pensennachweisung 377.
Pensentabelle 58 (Abgrenzug der Ziel-
leistungen).
Pensionirung 102, zu Ostern 250.
Pensionsorte 331 f. 334. 341. 348.
Personalverhältnisse der Schüler 329.
Pflichtstunden 33 f.
Philosophische Propädeutik 54. 56. 66.
121. 175 f. 179.
Physik G. 58. 119. 126, R. 97. 129.
Pissoir 269.
Platzveränderung als Strafe 357.
Poetik G. 120, R. 91.
Polizeibehörde 274 (sanitäiisch). 338.
342 f.
Polnisch 76. 79. 88. 94. 193. 395.
Postfach 454.
Präparation, Anleitung dazu 93. 188.
258 f.
Prima an Realanstalten 72. 99 ; Prüfung
133, zur Erwerbung eines Zeugnisses
für^ Prima 446.
Primus 316.
Privatarbeiten, freiwillige der Abi-
turienten 76. 262.
Privatlectüre 59. 262. 370, deutsche 90.
263, geschichtliche 198.
Privatschulwesen 31. 390, Entlassungs-
prüfung 438, einjähr. Berechtigung^S.
Privatunterricht, Concession 32, von
Schülern erteilt 332, an Schüler 332,
ärztlich 309.
Probejahr 63. 115. 287.
Processionen 327.
Programm 376. 103 (R), Format 383,
Titelblatt 379, Abhandlung 380 ff.,
Schulnachrichten 376, Austausch 381 f.,
Centralstelle 382, Einsendung 381.
Programmenwesen 381.
Progymnasium 5. 34, Anerkennung 35,
Lehrplan 126, Entlassungsprnfung 404,
Schulprogramm 381.
Prosodik 190.
486
Provizizialffewerbeflcbalen 159.
Provinzial-SohalcoUegiam 7, in den neaen
Landesteilen 9 f., Gesohäftskreis 9. 11,
Yonitz 9, Verh'sUtnis zu Sohuldeputap
tionen 27.
Provinzialverwaltong 7.
Frovinzialverwaltungsdienst 456.
Präfimff anfzanehmender Schüler 313,
fremaer Personen 445; Klassenpriifung
314, öffentliche 162, für Versetzung
314. 318. 351, nach Prima 282.
PrüfungBcommisBarius n. Stellvertretong
324. 392. 395. 407. 418. 436.
Prüfungscommission s. Maturitätsprü-
fung, für andere Zwecke 445.
Prüfungsgebühren f. Maturitätsprüfung
G. 404, Proff. 405, R. 415 ff^ h. B. 425 ;
sonstige 446 ff.
Prüfungsordnung f. Maturitätsaspiranten
392 ff. 280, f. andere Zwecke 445 ff.,
f. einjähr. Dienst 462.
Prüfunffsvorbereitung 282.
Psychologie 176.
Rangordnung der Schüler 316.
Bealanstalten 5. 70. 110 ff., Unterschei-
dung 80, Uebemahme durch die Schul-
coUeffien 12. 82, Berechtigungen 81.
444, Verbindung mit G. 81, lateinlose
110 ff., Maturitätsprüfung 405, Geltung
der Reifezeugnisse 444.
Realgymnasium 5. 126, Maturitätsprüfung
405.
Realklassen 103. 158. 246.
Realprogymnasium 5. 135. Maturitäts-
prüfung 415.
Realschule 5, 70; vom J. 1882 135, Maturi-
tätq>rüfung 416.
Realschüler als Maturitätsaspiranten an
G. 404. 433.
Rechnen *G. 67. 119. 125. 205, R 97.
129. 132, h. B. 136.
Rechtschreibung s. Deutsch.
Rectortitel 106.
Redeacte 173.
Reden der Lehrer 175.
Reformationsfest 250 f.
Reifeprüfung 60; s. Maturitätsprüfung.
Regierungen 8, Ressort 159.
Reichsbank 457.
Reinhaltung 273 ff.
Reisekosten in Patronatssachen 15.
Relegation 358. 361 £ 364
Religion des Staates 2, Erziehung 2. 325.
Religionslehrer, Anstellung 13 £, Be-
fihigung 164.
Religionsprüfung 281.
Religionsunterricht G. 118 f., R. 128,
h. B. 136 f., — 161, in VI u. V 66,
in I u. n 89, Verteilung 164, Berüök-
nchtigung des Confirmandenunterr.
163, Verhältnis dazu 166, Dispensation
167. 169. Nachweisung 377, Revision
22; katholischer 168, Einflufs der
Bischöfe 23, Lehrbücher 24 168. 367
f.; der Minderheit 37. 168; jüdischer
38. 170. 377.
Renommisterei 333.
Revaccination 231. 276.
Rhetorik G. 120. 179, R. 91.
Rofsarztschule 473.
Sachverständige bei Localbehorden 28.
Sagen 66. 95.
Schadenersatz 335.
Schaustellungen fremder Personen 347.
Schenkungen 40.
Schliefsung bei Epidemien 270 ff.
Schlittschuhlaufen 228. 235.
Scholarohat 27.
Schreiben 67. 99. 218, am Sonnabend
328
Schuländacht 23. 326. 329.
Schulanfang nach den Ferien 250, erste
Stunde 245.
Schularbeiten, Verteilung 260, schriftliche
311, Beurteilung 260.
Schulbank 44
Schulbibliotheken 370, Errichtung 36,
Feuerversicherung 50, alte Druäe u.
Handschriften 373.
Schulbücher, Einführung 365 ff., Ver-
zeichnis 366, Empfehlung nicht ein-
geführter 368, von Schiüräthen ver-
fafster 369, Abfassung durch Lehrer
369; in orthographischer Hinsicht 182.
Schulchronik 378.
Schulcommission 27 f.
Sohuldeputation *24
Schuldiener, Bestätigung 21, Geldge-
schenke 388.
Schuldisdplin 329.
Schülerbibliothek, Gründung u. Erhaltung
370; 372. .376; Inhalt 90. 96. 175. 179.
192. 194, Kanon 370.
Schülercuratel 349.
Schülerfestlichkeiten 346.
Schülerverbindungen 335. 339. 346.
Schülervereine 333. 344.
Sohülerzahl, Maximum 102 (s, Klassen-
frequenz). 304.
Schuletat 15. 38, Turnus 16.
Schulfahrtoi 390.
Schulfeier, religiöser Charakter 162, Tar-
nen 226.
Schulfeste 246. 253.
Schulgeld 383, Durchschnittsbetrag 384,
Vorschulen 384, Erhöhung 40, Erhebung
386 , Hebelisten 387 £ ; Befreiungen 384
für Lehrer 102, für Geistliche 386, fBr
dritte Brüder 385, nicht in Vorschulen
/
487
386; EtUTb fSr venaumien Unterr.
386.
Schultfesetze s. Schulordnung.
Sohulbaos 41.
Schalhofe, Reinigang 273.
Schalhygiene 310, b. Gesundheitspflege.
Schuljahr 150.
Schulkasse 387, s. Kasse.
Schullocal 41. 102, Benutzung zu fremden
Zwecken 51. 475.
SchuUuft 268. 303.
Sohulnachrichten 376.
Schulordnung 329. 346, rechtliche Be-
deutung 329 t
Schulprogranim s. Programm.
Schulversäumnisse bei den Sommerferien
250.
Schulwechsel 320 ff. 396. 407. 431.
Schulweg 335.
Schulzeit 8. Unterrichtszeit, Stundenplan.
Schulzucht 329.
Schulzwang, Aufhebung bei Epidemien
Schwächezustände 302.
Schwerhörigkeit 264.
Schwimmübungen 228. 235.
Secunda, Teilung 127.
Sedantag 252.
Sehkraft 311, s. Kurzsichtigkeit
Selbstmord 294.
Sexta Eintritt 54. 71, s. Aufnahme.
Simultananstalten 36;
Sitzstnnden 306.
Spaziergänge 235.
Spedalisirung des Unterr. 286.
Spiele 226. 233. 289.
Staatsaufsicht 1. 3. 26, in Etatssachen 20.
Staatsdienst 450 ff.
Staatshaushalt, Anträge dazu 39.
Städtische Behörden, disciplinarische Mit-
wirkung 343. VgL Patronat
Stadtschulrath 24.
Stadtverordnetenversammlung 24.
Statistik im Schulprogramm 378.
Staub 27a
Stellvertretungskosten 15.
Stenographie 219, 220.
Steuerfach 456.
Stiftungen, Etatsnachweisung 40.
Stilistik 120.
Stille Entfernung 357. 360.
Stimmwechsel 99. 220.
Strafarbeiten 255 ff. 301.
Strafen 335. 357.
Studienplane 241.
Studientage 263.
Stndiren, Abmahnung u. Ermunterung
2. 391.
Stundenplan 108 (Lectionsplan), 58. 161,
Beligionsstunden 167, Zeichenstunden
217.
Stundenzahl, wöchentliche 57, in d. Vor-
schule 148. 156; tabellarische Ueber-
sieht G. 65 (v. J. 1837) 67 (v. J. 1856).
117 (v. J. 1882), R. 70 (v. J. 1859).
126 f. (v. J. 1882), h. B. 135 (v. J.
1882); obligatorische for Lehrer 33 f.
Subaltenidienst 455.
Subsellien 45.
Superintendent in d. Schuldeputation 24.
Supemumerariat 455.
Tabakrauchen 333. 335.
Tagebuch 350.
Taufzeugnis 150.
Technischer Unterricht, Nachweisung
377.
Telegraphendienst 454.
Tertuk aüBealanstalten 71 ; Teilung 116. f.
127. 151.
Theaterbesuch 331. 335.
Theologie, Studium 450.
Thierärzte 454.
Trinkgelage 335 ff. 346.
Trinkwasser 269 f.
Turnanstalt 223, 230, Staub 270.
Tumfahrt 229. 235 f.
Turnfest 229.
Tumgeld 226.
Tumgeräthe 231.
Turnhalle 224. 230 f. 239 f., GWJfsenver-
hältnisse 232, Dielung 232.
Turnlehrer im Lehrercollegium 224. 230.
237, Bestand 288.
Tumlehrerbildungsanstalt 226. 237.
Turnplatz 224. 233. 235. 239.
Tumsaal 230.
Turnspiele 234. 236.
Turnunterricht den Schulklassen ent-
sprechend 230, Stundenzahl 232. 239.
309 (ärztlich), Freiübungen 228, Barren-
übungen 230, mangelhafte Beteiligung
227; Dispensirung G. 117, R.* 127,
h. B. 135, - 226. 231. 238. 288. —
Vorschule 146.
Turnus der Lehrer 69. 108.
Tutel 333. 349.
Ueberbürdung 106. 115. 130. 254. 256.
258 f., Denkschrift 277, ärztUches
Gutachten 290.
Uebereinkunft für d. Maturitätsprüfung
392 404.
Ueberfüllung 114. 154. 270. 272. 304.
Uebergaiu^ zum Qtymn. oder z. B. 322
ff!r; s. Schul Wechsel.
Uebersetzungen, schriftliche 172. 179.
190. 259.
Uebunffsbüöher t alte Sprachen 113. 189.
Unbesäoltenheitszeugms 471.
Universitätsstudien &0, (391).
Unterricht, Ausfall 247, SpeciaUsirung
286.
488
Unterrichtsg^etz 3.
Unterrichts- ti, Prüfungsordnung v. J.
1859 B. 70.
Unterrichtssystem des Qr, 55.
Unterrichtsverteilung 285, jäher "Wechsel
305.
Unterrichtszeit 243, Verschiebung 312,
Dauer 307.
Unterscheidung d. höh. Schulen 4 f.
Unterstützungen 15, für Schüler 389.
Väterliche Rechte 2. 330.
Ventüation 267. 307.
Vdntilationsöfen 49.
Verbindungen 335. 339, litterarische 346.
Vereine, Teilnahme 333. 343.
Versetzungen 60. 105. 112. 152» 317 f.
354, nach Ober-Prima 319, Strenge im
Rechnen 125.
Versetzungscensur 351. 354.
Versetzungsprüfung 314. 318. 351, nach
Prima 282.
Verslehre s. Metrik.
Vertretung 39.
Verwaltungsbericht 11. 15.
Verwaltungscommission 11. 12.
Verwaltungsdienst 456. 474.
Verwaltungseinteilung 7.-
Verweis 335. 357.
Verweisung 336. 342. 359. 362. 364.
Verzeichnisse der höh. Unterrichtsan-
stalten 5.
Visitation durch Generalsuperintenden-
ten 22.
Vocabellernen 121. 188. 190 f.
Vocationen 30, Bestimmungen über Stun-
denzahl 34.
Vorkenntnisse ftir die unterste Klasse
54. 71-
Vormittagsunterricht 243 f., 306 (ärzt-
lich).
Vorschule f. R. 88, Charakter u. Organi-
sation 144, Errichtung 36, Stunden-
zahl 148. 156, Ausschliefsung fremder
Sprachen 15, vgl. Frequenz. Schul-
geld.
Vortrag, mündlicher 90. 120.
Waldeck u. Pyrmont 8. 12.
Walhalla, Zeitschrift 344.
Wandkarten 201.
Wechseloöten 151. 283. 314. 475.
Wehrhaftmachung 226.
Wehrordnung 459.
Westfälische Disciplinarordnung 333, Fe-
rienordnung 248, Instruction f. gesch.
u. geogr. Unterr. 195.
Westpreufsische Ferienordnung 248.
Wirthshausbesuch 333. 335 ff.
Wissenschaftliche Prüfungscommission
22. 441.
Wortschatz, Aneignung 121. 259.
Zahlmeister 474.
Zahnärzte 454.
Zeichenunterricht O. 58. 117. 119. 126,
R. 98. 129. 134, h. B. J37; Lehrplan
213, Freihandzeichnen 134 f. 138, Li-
nearzeichnen 134 f. 139, Beachtung
durch die übrigen Lehrer 217, faculta-
tiv 309 (ärztlich), Reifeprüfung 394.
Zeichensaal, Hafsbestimmung 44, Aus-
stattung 217.
Zeichnen geographischer Skizzen 124.
200, mathematischer Figuren 125. 132;
Anforderungen f.- d. Baufach 209.
Zeitordnung 243. 333.
Zeitungen u. Zeitschriften, Halten 335,
Annoncen der Schüler 346.
Zeugnis für Beneficien u. a. 445, f. ein-
jähr. Dienst 462. 465. 473.
Zeugnisgebühren 384.
Zoologie a. 119, R. 129. — 142. .
Zucht, häusliche 342.
Züchtigung, körperliche 358. 335. 357.
363. 365.
Zuwendungen, letztwillige 40.
Druck TOD C. H. Sohulse & Co. in Gr&fenhaiuichen.
[äy
0
Geh.B. Dr. L. Wiese's Sammlung
der
Verordnungen und Gesetze
für
die höheren Schalen in Prenfsen.
Dritte Ausgabe,
bearbeitet und bis zam Jahre 18d7 fortgeführt
von
Prof. Dr. Otto Kubier,
*
DireotOT det KOnJgUohan Wilhelms-Ojmnaiiaias wa Berlin.
Zweite Abteilung.
Das Lehramt und die Lehrer.
Berlin.
Verlag von Wiegandt & Grieben.
1888
Verordnungen und Gesetze
für
die höheren Schalen in Freafsen.
ZWEITE ABTEIIiUNO.
Das Lehramt tmd die Lehrer.
;f
JJie Bearbeitang der zweiten Abteilang hat darch die hohe Gewogenheit
Sr. Excellenz des Staatsministers and Ministers der geistlichen, Unterrichts-
nnd Medicinal - Angelegenheiten Herrn D. Dr. von Gofsler die wesentlichste
FOrdernng erfahren, indem die Information ans den amtlichen Schriftwerken
des Ministeriams genehmigt wurde. Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Bath
und Ministerialdirector Herr Greiff hatte die grofse Güte, dieselbe in der ge-
neigtesten Weise za leiten. Aach gewährten die Herren Geheimen Ober-
Begierangs- und vortragenden Bäthe D. Dr. Bonitz and Dr. Stander sehr wohl-
wollende Unterstützung.
Nicht minder haben ans VerfSgangen der Königlichen Provinzial-Schol-
coUegien wichtige Ergänzungen stattfinden können. Die Herren Provinzial-
SchuLräthe und Geheimen Begierungsräthe Dr. Wehrmann, Dr. Sommerbrodt,
Dr. Klix, Dr. Todt, Dr. Kruse, sowie die Herren Provinzial - Schulräthe Dr.
Lahmeyer, Polte, Trosien, Dr. Köpke, Dr. Botbfuchs haben den freundlichsten
persönlichen Beistand geleistei
Bechtskundige Auskunft erteilte in FäUen des Bedürfnisses der Senats-
präsident am Kammergericht Herr Henschke ; der Director am hiesigen Kunst-
gewerbe-Museum Herr Professor Ewald und der Dirigent der Königlichen
Turnlehrer - Bildungsanstalt Herr Professor Dr. Euler gaben Beiträge zur Be-
richtigung der Abschnitte über die Ausbildung der Zeichen- und der Turnlehrer.
Aus der Begistratur und Bibliothek des Herrenhauses gewährten die Herren
Geheimer Begierungsrath Dr. Metzel, Geheimer Kanzleiraüi Krüger und Biblio-
thekar Luther Aushülfe. Endlich hat sachverständiger Bath und Beistand der
Herren Bechnungsräthe Herrfurth im Ministerium der geistl. etc. Ang. und
Meineke im hiesigen K. Provinzial-SchulcoUegium die Ausarbeitung erleichtert.
An der Sorge für die Correctur des Druckes beteiligte sich mein näherer Amts-
genosse, der ordentliche Gymnasiallehrer Herr Dr. Draheim.
Es ist mir im Bückblick auf so vielseitiges und ehrenvolles Entgegen-
kommen eine werthe und angelegentliche Pflicht, far alle Hilfe, deren ich mich
erfreut habe, aufrichtigen und ehrerbietigen Dank darzubringen.
Da besonders cUe zweite Ausgabe dieses Werkes vom Jahre 1875 noch
in allgemeiner Benutzung ist, so erschien für die vorliegende dritte Bearbeitung
die Wiederaufnahme einer gröfseren Anzahl von Specialinstructionen einzelner
Institute und Lehranstalten entbehrlich, aus denen Beispiele für Anstellungs-
und Schulordnungen, wohlthätige Stiftungen u. dgl. zu entnehmen sind. Auch
haben die Statuten von Universitäts-Seminarien, welche vor der Zeit der prak-
tischen Thätigkeit liegen, ausgelassen werden dürfen. Dagegen ist innerhalb
derselben die Berichtigung und Vervollständigung des Inhalts durch das erreich-
bare amtliche und informatorische Material bis einschliefslich zum September-
und Octoberhefte des diesjährigen Centralblattes der Unterrichtsverwaltung Gegen-
stand aller Aufmerksamkeit gewesen.
Berlin am 18. December 1887.
Ettbler.
INHALTSÜBERSICHT.
L Die Vorbereitung zum Lehramt.
Seit»
Dauer der Universitätsstadien ; das Triennium 1
Seminarien 3
Seminarien nach der Üniversitätszeit.
Das pädagogische Seminar für höhere Schalen zuKönigsberginPr. . . S
Das pädagogische Seminar in Dan zig 5
Das pädagogische Seminar für gelehrte Schulen in Berlin 7
Das Seminar für gelehrte Schalen in Stettin 9
Das pädagogische Seminar in Posen 12
Das pädagogische Seminar in Breslau 12
Das pädagogische Seminar und der mit dem Pädagogium des Klosters ü. L. Fr.
verbundene Candidatenconyict zu Magdeburg 15
Das pädagogische Seminar in Gassei 18
Anderweitige praktische Anleitung der Schulamtsoandidaten 18
Anleitung zum Unterricht in den neueren Sprachen 18
Didaktisches Seminar der französischen und englischen Sprache
zu Berlin 19
Anleitung zum Unterricht in der Mathematik und Physik 20
Gesangunterricht. K. Akadem. Hochschule für Musik zu Berlin . . 20
Das akademische Institut für Kirchenmusik zu Berlin 21
Unterricht im Zeichnen 21
Turnunterricht. Die K. Turnlehrer- Bildungsanstalt zu Berlin . . . . 24
Das französische Reisestipendium 26
Das archäologische Beisestipendium 27
Die Gharlottenstiftung für rhilologie 28
Die Schönhauser Stiftung 28
IL Die Prüfungen für das höhere Lehramt.
Die wissenschaftlichen Prüfungscommissionen 32
Ordnung der Prüfunsr für das Lehramt an höheren Schulen vom 5. Febr. 1887 33
§ 1. Prüfungsbehörde 3S
§ 2. Wer sich der Prüfung zu unterwerfen hat 33
g 3. Bedingungen der Zulassung 33
§§ 4. r>. Meldung zur Prüfung 33
§ 6. Zulassung zur Prüfung 34
7. Gegenstände der Prüfung 35
§§ 8. 9. Abstufung der Lehrbefähigung und der Gesamtzeugnisse . . .35
10. Prüfungsfächer 36,
VIII
§§ 11—26. Mafs der Prüfungsforderungen. gelte
1. Beligionsantemoht H7
2. DeaUohe Sprache 38
3. Lateinische und griechische Sprache ........ 39
4. Französische Sprache 40
5. Englische Sprache 41
6. Hebräische Sprache 41
7. Polnische Sprache 42
8. Dänische Sprache 42
9. Geschichte 42
10. Geographie 48
J 1 . Mathematik 43
12. Physik 43
13. Chemie 44
14. Mineralogie 44
15. Botanik und Zoologie 44
16. Philosophie und Pädagogik 45
§ 27. Allgemeine Bestimmungen über die Höhe der Forderungen . . 45
§ 28. Form der Prüfung 45
§ 29. Schriftliche Hausarbeiten 45
§ 30. Ersatz der schriftlichen Hausarbeiten 46
§ 31. Clausurarbeiten 46
§ 32. Zurückweisung von der mündlichen Prüfung 46
§§ 33. 34. Mündliche Prüfung 47
§ 35. Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung 47
§ 36. Zeugnis 47
§ 37. Wiederholungsprüfung 48
§ 38. Ergänzungsprüfung 48
§ 39. Erweiterungsprüfung 48
§ 40. Zeugnis 48
§ 41. Probejahr 48
§ 42. Gebühren 49
§ 43. Inkraftsetzung der Prüfungsordnung 49
Bemerkungen zu der Ordnung der Prüfung für das Lehramt an höh. Schulen 49
Jahresberichte der wissenschaftl. Prüfungscommissionen und andere ältere Be-
stimmungen . , i^6
Prüfung von Elementarlehrem in fremden Sprachen 60
Das Probejahr 60
Prüfung der Zeichenlehrer an Gymnasien und Realschulen 68
Prüfung der Turnlehrer 71
Das Colloquium pro rectoratu 73
III. Anstellung.
B^chtzeitige Absolvirung der Prüfungen 76
Pädagogische Anforderungen 77
Beligiöse Qualiücation 79
Nöthige Auskunft vor der Anstellung 81
Anstellungsordnung 82
Ungeprüfte Candidaten 89
Das Devolutionsrecht 91
B^ligionslehrer • 94
Elementarlehrer 95
Technische Lehrer 96
Anstellung von Ausländem 96
Diensteid 98
Allerh. Erlafs vom 4. Jan. 1882 100
Bestallungen und Vocationen 100
Rang und Titel 102
Bang^erhältnis im öffentlichen Leben 104
Der Titel Musikdirector 108
IX
IV. Amtspflichten.
Instmctionen für dieDirectoren der (Gymnasien und der Bealschulen 1. 0. galt»
Prov. Ost- und Westpreufsen. Instr. v. 1867 109
Prov. Brandenburg. Instr. v. 22. Jan. 1868 116
Prov. Pommern, fiistr. v. 17. Mai 1867 126
Prov. Posen. Instr. v. 30. Jan. 1868 141
Prov. Schlesien. Instr. v. 1. Oct 1867 146
Prov. Sachsen. Instr. v. 2. Mai 1867 152
Prov. Westfalen. Instr. v, 26. Juli 1856 159
Rheinprovinz. Instr. v. 15. Juli 1867 172
Prov. Schleswig-Holstein. Instr. v. 19. Aug. 1885 179
Prov. Hannover. Instr. v. 4. Mai 1873 191
Amtliche Berichterstattung 197
Die periodischen Verwaltungsberichte 206
Unterrichts- und Stundenpläne 211
Berichte über Unabkömmlichkeit 213
Zeugnisse für Lehrer und sonstige Bestimmungen 214
Directoren-Conferenzen 215
Lehrer-Conferenzen 218
Archivordnung 220
Ueberschreitungen sachlicher Ausgabetitel 223
Dienstliche Postsendungen 223
Telegramme in Staatsdieustangelegenheiten 225
Veröffentlichung von Bekanntmachungen 225
Die Classenordinarien und die Lehrer 226
Instructionen für dieselben:
Prov. Preussen. Instr. v. 1867 227
Prov. Brandenburff. Instr. v. 22. Jan. 1868 229
Prov. Pommern. hxsiT. v. 17. Mai 1867 232
Prov. Posen. Instf. v. 30. Jan. 1868 237
Prov. Schlesien. Instr. v. 1. Oct 1867 239
Prov. Sachsen. Instr. v. 2. Mai 1867 243
Prov. Westfalen. Instr. v. 23. Oct. 1863 und 15. Jan. 1868 ... 246
Rheinprovinz. Instr. v. 15. Juli 1867 251
Prov. Schleswig-Holstein. Instr. v. 19. Aug. 1885 253
Prov. Hannover. Instr. v. 4. Mai 1873 257
Katholische Religionslehrer 259
Verfahren beim Unterricht 259
Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden 260
Vicariatstunden 261
Privatstunden 263
Nebenämter 267
Bestimmungen über Gesuche 272
Urlaub 273
Stempelvorschriften 277
y. Militärverhältnisse der Schulamtscandidaten
und Lehrer.
Allgemeine Dienstpflicht 279
Eintritt bei Mobilmachangen 281
Unabkömmlichkeit 282
yi. Einkommensyerhältnisse der Lehrer.
Sohnletats • • . . 284
Der Normaletat v. 20. April 1872 284
Gehaltssätze für Directoren 286
X
Seit«
£e8oldiing88ätze für Bealschulen 2.0 289
dgl. für Progymnasien und höh. Bürgerschulen 291
dgl. für die technischen und Elementar- (Vorschul-) Lehrer 291
dgL für Turnlehrer 293
Zahlung der Gehälter 294
Berechnung für Teile eines Monats 29G
Wohnungsgeld. Dienstwohnungen.
Wohnungsgeldzuschüsse. Gesetz v. 12. Mai J873 297
Dienstwohnungen 30J
Äegulativ v. 26. Juli 1880 304
Tagegelder, Aeise- und Umzugskosteu 309
Tagegelder- und Beisekosten. Gesetz v. 24. März 1873 und 28. Juni 1875,
A. Verordn. v. 15. April 1876 312
Berechnung der Entfernungen 313
Erkrankung auf einer Heise 314
Form der Liquidation 315
Umzugskosten. Gesetz v. 24. Febr. 1877 316
Miethsentschädigung 320
Functionszulagen 323
Kostenfreie Zahlung der Dienstbezüge 324
Für Zeiten der Beurlaubung 325
Die für Zeiten des Militärdienstes geltenden Bestimmungen 325
Bestimmung für den Fall der Annahme einer Wahl zum Abgeordnetenhause 328
Unterstützungen im Allgemeinen 328
YII. Dienstdisciplin über die Lehrer.
Disciplinargesetz v. 21. Juli 1852 331
Vereinsrecht 339
Gesetz über die Conflicte bei gerichtl. Verfolgungen 342
Gehaltszahlung an suspendirte Beamte 347
Wartegeld 351
ym. Wechsel im Lehramt und Ausscheiden aus
demselben.
Die entlassende Behörde. Entlassungstermin und Kündigungsfrist .... 353
Das Pensionswesen. Gesetz v. 27. März 1872 356
Gesetz v. 31. März 1882 361
Aus der Pensionsverordnung vom 8. Mai 1846 363
Zur Berechnung der Pension 367
Anrechnung früherer Militärdienste 369
Vorbereitung der Pension (Anfangstermin, Aufbringung) 370
Ausführungsbestimmungen 375
Nachträgliche Pensionserhöhung 379
Berichterstattung 380
Aufenthaltsort der Pensionsempfänger 380
Bescheinigung der Quittungen 380
IX. Persönliche Verhältnisse der Lehrer.
Indigenat 382
Heranziehung der Staatsdiener zu den Gemeindelasten 383
Pfändung und Beschlagnahme des Dientteinkommens oder der Pension . . 385
Verheiratung 386
Dienstjubiläen und Ordensverleihungen 389
Fürsorge für die Hinterbliebenen der Lehrer 390
1. Gnadenqoartal und Gnadenmonat % 390
XI
Beita
H, Belictengesetz v. 20. Mai 1882 395
Aasführangsbestimmangen 398
Verrechnung der Beiträge 412
Verfahren bei Wobnortsverändeningen 413
3. Beitritt zur Allgem. Witwen-Verpflegungsanstalt . . . 418
Witwen- nnd W»iBenkMBen für BlemenUrlehrer 423
Zahlungsannahme der Beiträge 428
4. Carenzunterstützung, Gnadenpensionen und Erziehungsgelder . . . 429
5. Versicherungswesen 433
Lebensversicherungsgesellschaften 434
Der preufsische Beamtenverein 434
Kaiser Wilhelms-Spende 435
6. König Wilhelm-Stiftung für erwachsene Beamtentöchter .... 436
7. Luisen-Stiftung 440
8. Friedrich -Wilhelm -Stiftung für Marienbad 441
HoBpis des Klosters Locoam 441
Anhang L
Schuldiener 442
Anhang II.
Nachricht über das Alumnat und Pensionat des K. Joachimsthalschen
Gymnasiums zu Berlin 444
Bekanntmachung für die K. Landesschule f forta 447
Nachrichten über die Klosterschule Bofsleben 457
Bevidirtes Reglement für die K. Waisen- und Schulanstalt (Gtymnasium
und Mittelschule) zu Bunzlau 460
Nachträge
zu Abteilung I 464
zu Abteilung 11 494
I.
Die Vorbereitung zum Lehramt.
Die Daner der Uniyersitätsstndien ist auf drei Jahre bestimmt.
Ausdrücklich angeordnet wurde das Triennium durch die zunächst nur auf
die üniversitftt Halle bezügliche C. 0. v. 7. Apr. 1804: — ,»Ich genehmige
die Dauer des üniyersitätsstndii auf drei Jahre." Dieselbe Bestimmung wurde
später auf alle Landesuniyersitäten ausgedehnt.
C. Ordre y. 27. Noy. 1804 an die üniyersitäten: „Die kurze Dauer,
auf welche seit einiger Zeit das Studium auf den üniyersitäten eingeschränkt
zu werden pflegt, hat nicht allein einen nachteiligen Einflufs auf die Cultur
einer soliden Gelehrsamkeit überhaupt gehabt, sondern ist auch zum Teil die
Ursache gewäsen, dafs yiele Studirende sich eine nur oberflächliche Bildung mit
Vernachlässigung der philosoph., mathemat, histor. und übrigen zur allgemeinen
Bildung so nöthigen Fundamental- und Hülfs-, Sach- und Sprachkenntnisse, blofs
in Bücksicht auf ihre künftige Haupt -Berufswissenschaft erworben haben und
nachher in der bei ihrer nachmaligen Anstellung mit ihnen yorgenommenen
Prüfung oder doch bei ihrer Amtsyerwaltung untüchtig oder nicht gehörig yor-
bereitet befunden worden sind. Selbst die fähigeren Köpfe unter den studirenden
Jünglingen haben sich bei der den akadem. Studien gewidmeten, oft auf 1^/2
oder 2 Jahre beschränkten Zeit genöthigt gesehen, ihren Fleifs nur auf die
Vorlesungen der Amtswissenschaften zu richten, und sind eben daher wenigstens
yon dem Grade der Ausbildung entfernt geblieben, den sie nach ihren Fähig-
keiten hätten erreichen können und sollen, um nun diesem frühzeitigen Eilen
yon der Uniyersität, woraus sowohl für die einzelnen Subjecte, als auch für den
Staat selbst bedeutende Nachteile erwachsen, nach Möglichkeit zu steuern, haben
Wir in einer unter dem 7, Apr. d. J. an den Chef Unseres geistl., Uniyersitäts-
uud 0 Schuldepartements, bei Gelegenheit der neuen, für die Uniyersität zu Halle
gemachten Einrichtung erlassenen C. 0., dessen Vorschlage gemäfs, die Dauer
des Üniyersitätsstndii forthin für jeden studirenden In- oder Ausländer, der in
Unseren Staaten künftig ein öffentl. Amt, zu welchem Uniyersitätsstndien erfordert
werden, yerwalten will, auf drei Jahre festzusetzen geruhet." —
Gleichzeitig an die Schulbehörden: „Dafs so yiele Jünglinge die Uni-
yersität yerlassen, welche in dem nachmals mit ihnen yorgenommenen Prüfungen
entweder nur mittelm&fsig oder wohl gar unbrauchbar befunden werden, daran
ist gewifs der Grund in der kurzen Dauer zu suchen, auf welche seit einiger
Zeit, zum Nachteil alles soliden Wissens, das akadem. Studium beschränkt zu
werden pflegt Um nun diesem Mifsbrauche möglichst zu steuern, ist in dem
heutigen, an sämtliche Üniyersitäten erlassenen Circulare das 3jährige
Uniyersitätsstudium festgesetzt worden. — Nachdem nunmehr bereits die
übrigen Staatsbehörden angewiesen worden, keine Candidaten zum Examen
zuzulassen oder zur praktischen Bildung anzunehmen, die nicht dieser Ver-
ordnung nachgekommen sind, so geben Wir auch Euch hierdurch auf. Euch bei
den yon Euch anzusetzenden Predigern oder studirten Lehrern nach dieser
Vorschrift genau zu achten.*'
Min. Verf. y. 19. März 18 19 (an die E. Consistorien und Proy.Schulcoll.) :
„Durch einen Befehl Sr. MaJ. des Königs y. 7. Apr. 1804 ist die Dauer des
Uniyersitätsstudii auf 3 Jahre festgesetzt, die genaue Beobachtung dieser Frist
nächstdem allen Staats -Prüfungsbehörden zur Pflicht gemacht, denselben yor-
Wiese, yerordniuigen. II. 1
geschrieben, Keinen zn den ersten Staatsprüfungen znznlassen, der nicht ent-
weder das trienninm academ. ganz absolvirt oder den Erlafs eines Teils desselben
von dem Chef des Departements, bei welchem er sich prüfen lassen will, erlangt
hat; endlich ist zur Erwerbung dieses Erlasses eine bei der Facoltät, zn welcher
der Stüdirende gehört, wohlbestandene Prüfung und ein darüber erhaltenes
Zeugnis als wesentliche Bedingung gefordert worden. — Durch die Unruhen
der Kriegsjahre, welche so manche Störung des Studienwesens yeranlafst haben,
ist auch die genaue Beobachtung dieser Einrichtung unterbrochen worden. Ihre
Aufrechterhalüing ist aber um so nothwendiger, als ein 3 jähr, akadem. Studium
für manche Fächer kaum hinreicht, für andere eben genügt und noch dazu der
einjährige Dienst der Freiwilligen im stehenden Heere dabei in Anrechnung
kommt, so dafs die gewissenhafteste Benutzung der Zeit erfordert wird, wenn
selbst bei voller Absolution des triennii der Zweck des Universitätsstudii erreicht
werden soll; eine Abkürzung dieser Frist aber, da nur ein besonders angestrengter,
kaum zu erwartender Fleifs die Verminderung der ohnehin kurzen Zeit des
Studii zu ersetzen vermag, gewifs so selten gehörig begründet sein wird, dafs
sie bei der allgemeinen Bestimmung ganz aufser Betracht gelassen werden
kann. Das Minist, hat sich daher bewogen gesehen, die Verordnung wegen
des triennii academ. sämtlichen von ihm abhängenden Staats-Prüfnngsbehörden
wieder in Erinnerung zu bringen und denselben zugleich den Beschlulls zu
eröffnen, dafs künftig gar keine Dispensation von dem erwähnten triennio mehr
erteilt werden soll.''
Aufserdem ist die Bestimmung eines akadem. Trienniums implicite in den
Prüfungsvorschriften enthalten, s. den folgenden Abschn. ü.
Mindestens die Hälfte des Trienniums mufs auf einer inländischen Uni-
versität zugebracht sein:
G. 0. V. 30. Juni 1841 an das K. Staatsministerium (GS. 1841 p. 139):
„Nachdem bereits in der C. 0. v. 13. Oci 1838, durch welche der Besuch der
Universitäten in den deutschen Bundesstaaten den diesseitigen Unterthanen
allgemein wiederum gestattet worden, denselben zugleich die Verpflichtung auf-
erlegt ist, insofern sie sich nach vollendeten Studien um ein öffentl. Amt oder
um die Zulassung zur medicin. Praxis bewerben wollen, eine Zeitlang auf einer
Landesuniversität zu studiren, will Ich nunmehr nach dem Antrag des
Staatsmin. v. 17. d. M. diese Studienzeit auf einen Zeitraum von IV2 Jabren
hiermit festsetzen. Von dieser Verpflichtung Meiner Unterthanen, 3 Semester
ihrer Studienzeit auf einer inländ. Universität zuzubringen, soll der Chef^ in
dessen Departement ein Studirender künftig seine erste Anstellung zu suchen
beabsichtigtl in einzebien Fällen zu dispensiren befugt sein, wenn ein solches
Gesuch durch den Genufs von Stipendien oder durch besondere Familien-
verhältnisse begründet werden kann. Diese Dispensation soll sich aber der
Begel nach nicht auf das letzte Jahr der Studienzeit erstrecken."
Diese Bestimmung wurde auf die Universitäten zu Kiel, Göttingen und
Marburg, nach Aufhebung älterer entgegenstehender Anordnungen ausgedehnt;
vgl. CBl. 1867 p. 651. 653.
Aus einer Min. Vert v. 8. Juni 1878. „Die Candidaten N. und N.
haben von ihrer Studienzeit nur ein Jahr auf einer preufsischen Universität
zugebracht. Da durch die Cabinets -Ordre vom 30. Juni 1841 die Zulassung
zu Staatsprüfungen davon abhängig gemacht ist, dafs von der erforderlichen
Zeit des akademischen Studiums jedenfalls drei Semester an einer preufs.
Universität zugebracht seien, und da zur Gestattung von Ausnahmen in einzelnen
Fällen nur der Chef des betr. Bessorts ermächtigt ist, so hätten die genannten
Candidaten angewiesen werden sollen, behufs ihrer Zulassung zur Prüfung
meine Dispensation nachzusuchen. Die Zulassung zur Prüfung ohne diese
Dispensation steht mit der angefahrten Cabinets-Ordre in Widerspruch.'^
In näherem Zusammenhange mit den Erfordernissen des Lehramts an
höheren Schnlen stehen die mit den üniTersitäten verbundenen Seminarien,
sofern sie zu einer selbständigen Anwendnng der Wissenschaft Anleitung
geben. Der künftige Schalmann findet in ihnen Gelegenheit, sowohl mit der
Methode einer genauen, der Sache und der Form gerecht werdenden Interpretation,
sowie mit den Gesetzen wissenschaftlicher Forschung und Kritik bekannt zu
werden und durch eigene Uebung einen Wissenschaft!. Gegenstand correct.
methodisch und in angemessener Form behandeln zu lernen.
C. Verf. V. 8. Juli 1872: „Die Teilnahme an den bei den Universitäten
bestehenden Seminarien nimmt in dem Bildungsgange deijenigen, welche sich
später dem Lehramt widmen sollen, meistenteils eine wichtige Stelle ein. Um
dieser Bedeutung willen erachte ich für angemessen, dafs auch bei den Prüfungen
for das Lehramt davon Notiz genommen werde, und veranlasse deshalb die K.
wissensch. Prüfungscomm., künftig im Eingange der den betreff. Schulamts-
candidaten auszustellenden Zeugnisse dessen Erwähnung zu thun, bei welcher
Universität und wie lange sie ordentl. Mitglieder eines Seminars gewesen sind.^'
C. Verf. an die Universitäts-Curatorien v. 14. März 1884. „Gemäfs einer
Vereinbarung mit dem .Herrn Finanzminister habe ich beschlossen, alle semina-
ristischen Prämien und Preise, soweit sie aus Staatsfonds fiiefsen, vom 1. April d. J.
ab in Wegfall kommen zu lassen. Ew. Hochw. ersuche ich ergebenst, den
betreffenden Seminardirigenten bezw. den beteiligten Facultäten hiervon Mit-
teilung zu machen und mir anzuzeigen, welche Beträge in Folge dieser Mafs-
regel entbehrlich werden. Ich bemerke hierbei, dafs die Absicht vorliegt, die
ersparten Beträge der Ausbildung und Förderung des Seminarwesens bei den
Universitäten in anderer Weise zu Gute kommen zu lassen.** Der Minister etc.
von Gofsler.
Verschieden von den Seminarien, welche innerhalb der Universitätszeit
benutzt werden können, sind die zu unmittelbarer Vorbereitung auf die Schul-
praxis bestimmten pädagogischen Seminarien, zu denen der Zutritt in der
Regel erst nach absolvirter Prüfung pro facult docendi gestattet ist.
Seminarien nach der Universitätszeit.
Dafs ausnahmsweise auch in die für Studirende bestimmten fachwissen-
schaftlichen Seminarien Schiüamtscandidaten zur Teilnahme an den Uebungen
zugelassen werden, ist in mehreren der betreffenden (in den vorhergehenden
Ausgaben dieses Werkes abgedruckten") Statuten erwähnt. Das Seminar der
Akademie zu Münster ist ausdrücklich auch als pädagogisches bezeichnet.
In Göttingen liegt die 1. Abi des pädagog. Seminars innerhalb der Universitäts-
zeit, die zweite nach derselben. Alle übrigen so benannten liegen jenseits
der akadem. Studienzeit und haben die gemeinsame Aufgabe, Candidaten des
höh. Schulamts in die prakt. Erfordernisse des Lehrerberufs unter steter Ver-
bindung mit wissenschaftlichen Uebungen einzuführen.
Das K. pädagogische Seminar fOr höhere Schnlen In
Königsberg In Pr.
Statut V. 23. Dec. 1864.
„1. Der Zweck des pädagog. Seminars ist die pädagog. und Wissenschaft].
Ausbildung von Lehrern für die Gymnasien und Bealschulen des preufs. Staats.
2. Zur Erreichung dieses Zwecks dient die Unterrichtsthätigkeit der Mitglieder
an den höh. Lehranstalten zu Königsberg and die Beschäftigung derselben mit
pädagog. nnd fachwissenschafU. Gegenständen in regelmäfsigen Versammlnngen.
3. Die Leitung des Seminars geschieht durch die beiden Departements-
räthe des K. Frov.Sch.C. zn Königsberg, deren jeder die Seminaristen seiner
Confession beaufsichtigt ^)
4. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder wird einstweilen auf 6 festgesetzt,
von denen in der Begel 4 der evangeL und 2 der kathol. Confession angehören.
Die Wahl der Mitglieder erfolgt durch die beiden Dirigenten. Bedingung des
Eintritts ist die befriedigende Ableistung der Prüfung pro facult. docendi. Die
Dauer der Mitgliedschaft erstreckt sich auf höchstens 3 Jahre, von denen das
erste als das gesetzm. Probejahr gilt; sie erlischt jedoch durch die Anstellung
eines Mitgliedes an einer öffentl. Lehranstalt. Das Ausscheiden aus dem Seminar
darf in der Begel nur mit dem Schlufs eines Halbjahrs eintreten. 5. Neben
den ordentl. Mitgliedern darf eine angemessene Anzahl aufserordentlicher Mit-
glieder aufgenommen werden. Dieselben nehmen an den Seminarsitzungen gleich
den ordentl. Mitgliedern Teil, sind aber zu einer ünterrichtsthätigkeit nicht
verpflichtet und beziehen kein Seminarstipendium (§ 16). 6. Den ordentl.
Mitgliedern des Seminars werden 8 bis 10 wöchenü. Lehrstunden an einem
Gymn. oder einer Bealschule in Königsberg nach Anordnung des Dir. dieser
Anstalt übertragen. Die Ueberweisung der Mitglieder an die einzelnen Anstalten
geschieht durch den betr. Dirigenten mit Zustimmung des K. Prov.Sch.G. Bei
mehr als einjährigem Aufenthalt im Seminar ist den Mitgliedern womöglich
Gelegenheit zu geben, an verschiedenen Anstalten zu unterrichten.
7. In ihrer Ünterrichtsthätigkeit sind die Seminaristen den Anordnungen
des Dir. der betr. Lehranstalt gleich jedem anderen Lehrer unterworfen. Sie
sind verpflichtet, den Lehrerconferenzen beizuwohnen, nehmen aber an den Ab-
stimmungen nicht Teil. 8. Die Ünterrichtsthätigkeit der Seminaristen unter-
liegt zugleich der Aufsicht der Seminardirigenten. 9. Die ordentl. Mitglieder
des Seminars haben femer das Becht und die Pflicht, die Unterrichtsstunden der
übrigen Lehrer zu besuchen. Die Beihenfolge und der Umfang dieser Besuche
wird durch den betr. Dirigenten des Seminars im Einvernehmen mit dem Dir.
der Anstalt geordnet
10. Aufserdöm versammeln sich die Mitglieder des Seminars in wöchentL
2 ständigen Sitzungen zu pädagog. und fachwissenschafU. Beschäftigungen.
11. Diese Sitzungen flnden unter der Leitung des betr. Dirigenten statt. Der
erste Teil jeder Sitzung ist der pädagog. Ausbildung der Seminaristen gewidmet.
Zu derselben gehört die Beurteilung der* bisher. Lehrthätigkeit der Seminaristen
durch den Dirigenten, die Besprechung der von den Seminaristen während des
Besuchs anderer Lehrstunden gemachten Beobachtungen, die Kritik der von den
Mitgliedern eingelieferten pädagog. Abhandlungen, sowie die Einfuhrung in die
wichtigsten Systeme und Methoden der Erziehung und des Unterrichts. Die
letzte Beschäftigung gründet sich in der Begel auf das vorgängige Lesen der
betr. Werke, über welche die Seminaristen in der Sitzung Bericht zu erstatten
haben. 12. Der zweite Teil der Sitzung ist für die wissenschaftl. Fortbildung
der Mitglieder bestimmt. Dieselbe geschieht teils durch die Beurteilung der
von den Mitgliedern eingelieferten fachwissenschafU. Abhandlungen, teils durch
Berichte der Seminaristen über wissenschaftl. Werke, teils durch Erklärung eines
griech. oder röm. Schriftstellers nach Anordnung der Dirigenten. 13. Neben
den besonderen Sitzungen der evangel. und kathoL Seminaristen (§ 10, 1 1, 12)
finden gemeinschafkl. Sitzungen der vereinigten beiden Abteilungen, mindestens
eine in jedem Vierteljahr, statt, in welchen von einem oder mehreren Mit-
^} Seit Bildung der Provinz Westpreufsen (1877, s. Bd. I S. 7) Uegt die
Leitung in Einer Hand, da sich nur Ein Departementsrath in Königsberg befindet.
gliedern nach Torgängiger Festsetzang ein wissenschaftL oder pädagog. Vortarag
gehalten wird.
14. Jedes ordentl. Mitglied hat jährL 2 Abhandinngen zn liefern (§11
nnd 12), von denen die eine der Pädagogik und ihren Hülfewissenschaften, die
andere der besonderen Fachwissenschaft des Seminaristen zu entnehmen ist.
Die Wahl des Thepia's erfolgt nach Bäcksprache mit dem Dirigenten; die auf
das class. Altertum bezüglichen Abhandinngen sind in latein. Sprache abzufassen.
15. In besonderen Fällen ist es gestattet, Mitglieder des Seminars zu
zeitweiliger Aushülfe an ein auswärt. Gymn. hiesiger Provinz zu senden. Diese
Verwendung darf den Zeitraum eines halben Jahres nicht übersteigen. Das
entsendete Mitglied bezieht das Seminarstipendium inzwischen fort; für die
Kosten der Beise und eine angemessene Zulage hat die betr. Anstalt Sorge
zu tragen.
16. Das Stip. jedes Mitglieds beträgt 200 Thlr. jährlich, zahlbar nach
Ablauf jedes Vierteljahrs (jetzt praenumerando) auf die von dem Dirigenten
bescheinig^ Quittung. 17. Die Mitglieder haben das Becht, ohne besondere
Caution von der E. Bibliothek in Königsberg Bücher zu entleihen. Diese sind
jedoch nach den Vorschriften der Bibliotheksverwaltung und jedenfalls vor dem
Austritt aus dem Seminar zurückzugeben.
18. Die Mitglieder des Seminars übernehmen die Verpflichtung, bis zu
3 Jahren nach ihrem Austritt die ihnen von den E. Schulbehörden übertragenen
Lehrstellen anzutreten oder den Betrag der ihnen gewährten Seminarstipendien
herauszuzahlen.
19. Die Dirigenten des Seminars haben nach Ablauf eines jeden Jahres
einen eingehenden gemeinschafU. Bericht über die Fortschritte der Seminaristen,
über die von denselben gelieferten Abhandlungen und über ihre Thätigkeit in
den Sitzungen an den Minister zu erstatten. Dieser Bericht wird zugleich mit
der Jahresrechnung und dem Verzeichnis der für die Seminarbibliothek innerhalb
des Jahres angeschafften Bücher durch Vermittelung des K. Prov.Sch.CoU. ein-
gereicht, welches Abschrift behält. Desgleichen haben die Dirigenten zu Anfang
jedes Halbjahrs dem Prov.Schulcoll. eine übersichtliche Anzeige über den Bestand
des Seminars zu erstatten.^ Etat: 1650 Thlr.
Das pädagogische Seminar in Uanzig.
Statut V. 4. Juni 1884.
„§ 1. Das pädagogische Seminar hat die Aufgabe, Candidaten des höheren
Schulamtes nach dem Abschlüsse ihrer wissenschaftlichen Universitätsstudien
in ihrer didaktischen und pädagogischen Ausbildung zu fördern. § 2. Die
Leitung des Seminars geschieht durch den mit der Bearbeitung der An-
gelegenheiten der höheren Schulen betrauten Schulrath des E. Prov.Sch.Coll.
§ 3. Das Seminar hat sechs ordentliche Mitglieder. Die Aufnahme derselben
erfolgt durch die Seminardirection. § 4. Bedingung der Aufnahme in das
Seminar als ordentliches Mitglied ist, dafs der Aufnehmende die Lehramts-
prüfung in einer Weise bestanden habe, welche Vertrauen zu dem Ernste seines
Strebens und zu seiner Hingebung an den Lehrberuf begründet, und dafs derselbe
dem preuTsischen Staate angehöre. Die Bewilligung einer Ausnahme von
diesen Bedingungen kann die Seminardirection nur in dem Falle bei dem
Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten beantragen, wenn dadurch nicht
Bewerber ausgeschlossen werden, welche den Bedingungen entsprechen. § 5. Die
Aufnahme eines Candidaten in das Seminar erfolgt auf ein Jahr, in der Begel
zu Ostern. Die Verlängerung der ordentlichen Mitgliedschaft auf ein zweites
Jahr kann die Seminardirection nur unter der Voraussetzung bewilligen, dals
6
nicht andere geeignete Bewerber dadurch beeinträchtigt werden. § 6. Anfser
den ordentlichen Mitgliedern kann der jeweilige Director an fs erordentliche
Mitglieder zur Teiln^me an den Sitznngen des Seminars zulassen. Die Anzahl
derselben und das Mafe ihrer Beteiligung an den Verhandlungen zu bestimmen,
bleibt dem Director überlassen. § 7. In der Begel in jeder Woche, mit
AusschluTs der Schulferien, findet eine zweistündige Sitzung des Seminars
statt. Dieselbe wird nach specieller Anordnung des jeweiligen Directors zur
Kritik der von den Mitgliedern eingereichten Abhandlungen (§ 8, 3), zu
metiiodischen Bemerkungen in Bezug auf die yon den Mitgliedem erteilten
Lehrstunden (§ 8, 1 § 9), femer zu anderweiten didaktisch-pädagogischen und
faehwissenschafüichen Erörterungen yerwendei § 8. Jedes ordentliche Mit-
glied des Seminars ist verpflichtet: 1. an einer öffentlichen höh. Lehranstalt
in Danzig wenigstens 6 Lehrstunden wöchentlich zu erteilen (vergl. § 9 und g 13);
2. an den Sitzungen des Seminars regelmftfsig teilzunehmen und zur Bethätigung
in denselben sich in der von dem Director erforderten Weise vorzubereiten;
3. in jedem Halbjahre eine schriftliche Abhandlung einzureichen. Die Wahl
des Gegenstandes für die Abhandlung (Nr. 3) erfolgt auf Vorschlag oder unter
der vorher einzuholenden Billigung des jeweiligen Directors. Jedenfalls eine
der zwei Abhandlungen eines Jahres muTs didaktisch-pädagogischen, die andere
kann fachwissenschafUichen Inhaltes sein. In der Begel circulirt jede ein-
gelieferte Arbeit, soweit die verfügbare Zeit es erlaubt, bei allen ordentlichen
Mitgliedem des Seminars; eines derselben wird vom Director mit dem
beurteilenden Beferate über dieselbe beauftragt. Der Director kann Ab-
handlungen seiner ausschliefslichen Beurteilung vorbehalten. Keine eingereichte
Abhandlung bleibt unbeurteili § 9. Die Ueberweisung der Mitglieder an
bestimmte Schulen behufis Erteilung von Lehrstunden (§ 8, 1) geschieht durch
den jeweiligen Director mit Zustimmung des E. Prov.Sch.Coll. In Betreff
dieser Lehrthätigkeit, durch welche, sofern dies nicht bereits geschehen ist,
zugleich das Probejahr abgelegt wird, sind die Seminarmitglieder denjenigen
Bedingungen unterworfen, welche für Probecandidaten, bezw. for commissarische
Lehrer überhaupt in Kraft stehen. Aufser dem Director der betr. höh. Schule,
bezw. den von demselben damit beauftragten Lehrern, hat der Senünardirector
die Lehrstunden der Seminarmitgb'eder zu besuchen. § 10. Zu etwaniger
Erteilung von Unterricht an Privatanstalten bedürfen Seminarmitglieder die
Genehmigung des jeweiligen Directors. § 11. Die ordentlichen Mitglieder
des Seminars haben das Becht, ohne Erfordernis einer Caution die Seminar-
bibliothek zu benutzen. § 12. Die ordentlichen Seminarmitglieder erhalten
ein Stipendium im Jahresbetrage von 600 Mark, zahlbar in vierteljährlichen
Baien praenumerando. § 13. Durch die erfolgte Anstellung an einer
öffentlichen Schule, sowie durch die Uebemahme von mehr als 15 dauernd zu
erteilenden wöchentlichen Lehrstunden an öff. Schulen hört ein Candidat auf,
ordentliches Mitglied des Seminars zu sein. Sollte ein ordentliches Mitglied
des Seminars seine Verpflichtungen (§ 8, 1 — 3) vernachlässigen, so ist die
Seminardirection befugt, üin auszuschliefsen. § 14. Aufser dem seitens des
K. Prov.Sch.Goll. über das Probejahr auszufertigenden Zeugnisse wird bei dem
Anstritte aus dem Seminar den Mitgliedem auf ihr Verlangen von der Seminar-
direction ein Zeugnis über die Dauer ihrer Angehörigkeit zum Seminar und
ihre Bethätigung in demselben ausgestellt § 15. Am Schlüsse jedes Schul-
jahres bis spätestens zum 15. Mai erstattet der Seminardirector durch Ver-
mittelung des Ober -Präsidenten als Vorsitzenden des K. Prov.Sch.CoIL dem
Minister der geistl. etc. Ang. Bericht über den Personalbestand und die
Thätigkeit des Seminars während des abgelaufenen Jahres. § 16. Jedem
ordenüichen Mitgliede des Seminars wird bei seiner Aufiiahme ein Exemplar
dieses Statuts eingehändigt.** (Etat 4950 M.)
Bas K. pftdagogische Seminar für gelehrte Sehiden In Berlin.
Statut y. 18. Aug. 1869.
„§ 1. Das K. pädagog. Seminar hat die Aufgabe, Candidaten des h6h.
Lehramtes bei ihrem Uebergange zm: Lehrthätigkeit in ihrer prakt. nnd wissen-
schaftl. AosbUdang zn fördern.
§ 2. Um diesen Zweck zu erreichen, werden die Mitglieder des Seminars
mit Lehrstanden an einer höh. Lehranstalt Berlins beschäftigt (§ 5), nnd es
wird ihnen anfserdem Anlafs gegeben, die Methode des Unterrichts nnd der
Erziehung einem eindringenden Nachdenken zu unterwerfen (§§ 8. 10) und auf
dem Gebiet ihrer Fachwissenschaft weiter za aibeiten (§§ 8. 9).
§ 3. Das Seminar steht unter der unmittelbaren Aufsicht des K. Ministeriums
fOr geistliche, Unterrichts- und MedicAngelegenheiten. Dasselbe ernennt den
Director des Seminars und entscheidet über £e Anträge des Directors zur Auf-
nahme von Mitgliedern in das Seminar (§ 4); an dasselbe werden die regel-
mäfsig von dem Dir. zu erstattenden oder auüMrordentlich eingeforderten Berichte
eingereicht.
§ 4. Bedingung, der Aufnahme in das Seminar ist, dafs der Au&u-
nehmende die wissenschafU. PruÜDmg für das höh. Lehramt in einer Weise
bestanden habe, welche zu dem Ernst seines Strebens und zu der Gründlichkeit
seines Arbeitens Vertrauen einflöfst, dafs er das 20. Lebensjahr überschritten
und das 30. noch nicht erreicht habe, und dafs derselbe dem preuHs. Staat
angehöre. Angehörige anderer Staaten können nur dann ausnahmsweise als
Mitglieder in das Seminar aufgenommen werden, wenn ihre wissenschaftl.
Befähigung eine vorzügliche ist und sie erklären, dafs sie eine Anstellung im
preufs. Staate wünschen. Sie treten durch ihre Aufiiahme in das Seminar für
die 3 auf ihren Austritt aus demselben zunächst folgenden Jahre in dieselbe
Verpflichtung, welche für die dem preufs. Staate angehörigen Mitglieder des
Seminars besteht (§ 12).*
§ 5. Jedes Seminarmitglied ist yerpflichtet, 6 wöchentL Lehrstunden an
einer öffentl. höh. Lehranstalt Berlins ohne Anspruch auf Bemuneration zu
erteilen und durch Hospitiren in anderen Lectionen, insbesondere ihres Lehr-
gebiets, sich mit dem Gange und der Methode des Unterrichts bekannt zu
machen. Die Erteilung dieser 6 Lectionen während des ersten Jahres ihrer
Lehrthätigkeit wird ihnen als das gesetzliche Probejahr angerechnet In dieser
ihrer Lehrthätigkeit sind die Seminaristen dem Dir. derjenigen Anstalt, an welcher
sie unterrichten, in vollkommen derselben Weise untergeben, wie die Probe-
Candidaten (C.Verf. v. 30. März 1867) und weiterhin wie die an einer Lehr-
anstalt in zeitweiliger Verwendung stehenden wissenschaftl Hülfslehrer. Die
Seminaristen stehen aber noch anfserdem unter der Aufsicht des Seminar-
directors, welcher ihre Lehrstunden zu besuchen berechtigt und verpflichtet ist
und sich in Betreff der ihnen über ihr Hospitiren und über ihre eigne Lehr-
thätigkeit zu gebenden Weisungen mit den Directoren der betr. Anstalten in
Einvernehmen setzt
§ 6. Es ist den Mitgliedern des Seminars gestattet, auföer den ihnen
pflichtmäfsig zugewiesenen 6 Lectionen poch weitere Lehrstunden an derselben
öffentl. Lehranstalt oder Privatunterricht zu übernehmen. Doch darf dies nur
mit Bewilligung des Seminardir. geschehen, welcher darüber zu wachen hat,
dafs nicht durch ein Uebermafs solcher Arbeiten die Gründlichkeit der prakt
Ausbildung und der wissenschaftl. Fortschritt der Seminaristen gefährdet werde.
Die Gesamtzahl der an einer öffentl. Anstalt von einem Seminaristen über-
nommenen Lehrstunden darf 15 nicht übersteigen.
§ 7. Jeder Seminarist ist verpflichtet, an den regelmäfsigen Versammlungen
des Seminars teilzunehmen und die ihm für dieselben vom Seminardir. auf-
8
getragenen Arbeiten auszuführen. Diese Yersammlnngen finden unter Vorsitz
des Dir. aUe 14 Tage för die Daner von 2 Standen statt und sind der Kritik
der von den Seminarmitgliedem eingereichten Abhandlungen (§ 8) und, soweit
daneben Zeit übrig bleibt, wissenschaftlichen und didaktischen Erörterungen
nach der Bestimmung des Seminardir. gewidmet. In den Bereich dieser
Erörterungen gehören insbesondere Beferate über didaktisch-pädagogische Werke
und Abhandlungen sowie über Schulbücher auf den einzelnen ünterrichtsgebieten.
§ 8. Jedes Seminarmitglied ist verpflichtet, jährlich eine fachwissen-
schaftUche und eine didaktisch -pädagogische Abhandlung dem Seminardir.
einzureichen.
§ 9. Für die fachwissenschafti. Abhandlung ist zu erwarten, dafs jeder
Seminarist aus dem Bereiche seiner speciellen Studien sich ein angemessenes
Thema wählen wird. Doch hat er dasselbe Torher dem Seminardir« zur
Genehmigung vorzulegen und kann auch bei eigener Unsicherheit über die
Wahl eines Gegenstandes den Seminardir. um Vorschläge ersuchen. Die
fachwissenschafti. Abhandlungen aus dem Gebiete der class. Philologie sind,
insoweit nicht eine Ausnahme zu gestatten der Seminardir. iur zweckmäßig
erachtet, in lateinischer Sprache abzufassen.
§ 10. Für die aidaktisch-pädagog. Abhandlung steht es den Seminaristen
auch frei, sich den Gegenstand selbständig zu wählen und die Genehmigung
ihrer W^ seitens des Seminardir. einzuholen; häufiger jedoch als bei den
fachwissenschafti. Abhandlungen wird der Vorschlag von dem Seminardir. aus-
zugehen haben. Der Seminardir. wird darauf bedacht sein, nicht sowohl all-
gemeine Fragen der Pädagogik und Didaktik zur Bearbeitung zu bringen,
welche bei Anfängern im Unterrichten leicht zu leeren Abstractionen fahren,
sondern solche specielle Aufgaben über Stoff und Methode des Unterrichts auf
jedem einzelnen Lehrgebiete, zu denen die beginnende Lehrthätigkeit der
Seminaristen Anlafs giebt und in deren Bearbeitung sich die allgemeinen
didakt. Grundsätze zu bewähren haben. Die didakt pädagogischen Ab-
handlungen sind in deutscher Sprache abzufassen.
§ II. Jede Abhandlung eines Seminaristen wird einem anderen MitgLiede
zum Beferate und zur Kritik, den übrigen Mitgliedern zur Kenntnisnahme über-
geben und gelangt sodann zur mündl. Discussion in einer Versammlung des
Seminars. Die Discussion wird in derselben Sprache geführt, in welcher die
Abhandlung abgefafst ist. Ueber fachwissenschs^ Abhandlungen, welche
aufserhalb des Studienkreises des Seminardir. liegen, ist derselbe berechtigt,
einen competenten Fachmann um sein Urteil zu ersuchen und dieses in
geeigneter Weise für das Seminar oder doch für den Verfasser der Abhandlung
zu verwenden.
§ 12. Die Dauer der Mitgliedschaft am Seminar erstreckt sich in der
Begel auf höchstens drei Jahre; für Ausnahmen ist ein motivirter Antrag an
das vorgeordnete Ministerium zu richten. Die Mitgliedschaft erlischt schon vor
dem bezeichneten Zeitpunkte durch die wirkl. Anstellung eines Seminaristen an
einer öfifenti. Lehranstalt. Sollte bei einem Seminaristen durch die Beschaffenheit
seiner Abhandlungen oder seiner Lehrthätigkeit der Zweck des Seminars sich als
unenreichbar erweisen, so hat der Seminardir. den Antrag auf Ausschliefsung
aus dem Seminar an das vorgeordnete Ministerium zu richten. Jedes Seminar-
mitglied übernimmt die Verpflichtung, bis auf 3 Jahre nach dem Austritt aus
dem Seminar, falls es sich nicht bereits in einer festen Anstellung an einer
öffentl. Lehranstalt befindet, jede ihm von der K. Schulbehörde übertragene,
etatsmäfsig besoldete Lehrstelle anzunehmen, widrigenfalls den Betrag des
Seminarstipendiums zurückzuerstatten.
§ 13. Im Januar jedes Jahres hat der Seminardir. dem vorgeordneten
Ministerium über den Zustand des Seminars während des abgelaufenen Jahres
Bericht zu erstatten. Dieser Bericht hat über die Aenderungen im Personal-
Stande des Seminars, über die eingelieferten Abhandinngen, über die Ver-
handlungen in den Seminarsitznngen nnd über die Lehrthätigkeit der Seminaristen
genane Auskunft zn geben. Abschrift dieses Berichts ist dem K. Proy.Sch.Coll.
zur Kenntnisnahme einzureichen.
§ 14. Das Seminar hat 10 Mitglieder; die fünf dem Eintritt nach älteren
Mitglieder erhalten ein Stipendium für jetzt im Jahresbetrage von je 200 Thlm.
(jetzt 7 Stellen je 750 M.), die fünf übrigen im Jahresbetrage von je 150 Thlm.
(jetzt 600 M.). Die Stipendien werden von der K. Consistorialkasse in
monaü: Baten praenum. ausgezahlt. Die einzelnen Quittungen bedürfen, um
auszahlungsfähig zu sein, der Unterschrift des Seminardir. Dieser hat seine
Unterschrift vom vierten Monat an nach dem Eintritt eines Seminarmitgliedes
nur dann zu erteilen, wenn die eine der beiden Abhandlungen, und vom zehnten
Monat an nur wenn auch die zweite Abhandlung eingereicht ist Im 2. und
3. Jahre der Mitgliedschaft darf die Unterschrift der Quittungen nur dann
gewährt werden, wenn die Verpflichtungen des vorhergehenden Jahres erfallt
sind, und es treten dann im 4. und 10. Monat die gleichen Bedingungen ein,
wie im ersten Jahre. Etwanige Ersparnisse durch zeitweilig eingetretene
Vacanzen einer SteUe oder nicht erhobene Stipendienrateri fallen der Best-
verwaltung des Seminars anheim; über die Verwendung solcher Beträge hat
der Seminardir. motivirte Anträge dem vorgeordneten Ministerium vorzulegen.
Aufser den Stipendien sind järlich im Etat des Seminars 150 Thlr. zu
besonderen Kemunerationen bestimmt, über deren Verwendung der Seminardir.
seine Anträge an das vorgeordnete Min. zu richten hat
§ 15. Zur Erhaltung und Vermehrung der Bibliothek des Seminars sind
jährl. 40 Thlr. bestimmt. Die Wahl der anzuschaffenden Bücher ist Sache des
Seminardir. Die specielle Besorgung der Bibliothek, insbesondere die geordnete
Führung des Katalogs und die Ausleihung von Büchern an Seminaristen über-
trägt der Dir. einem Seminarmitgliede ; doch ist für die Erhaltung und Ordnung
der Bibliothek der Seminardir. verantwortlich und hat jährlich mindestens
einmal eine Revision der Bibliothek zu veranstalten und das darüber abgefafste
Protokoll der vorgesetzten Behörde abzuliefern.
§ 16. Jedes Seminarmitglied erhält bei seinem Eintritt ein Exemplar
des Seminarstatuts und hat schriftlich die Verpflichtung zur Einhaltung desselben
anzuerkennen." Der Min. u. s. w. In Vertr. Lehnert. — Etat 8520 M.
Das E. Seminar fär gelelirte Schulen in Stettin.
Statut V. 3. Juli 1B44.
§. J. Der Zweck des Seminars ist, Lehrer für Gymn. und höh. Bürger-
schulen, besonders der Prov. Pommern, zu bilden und daher den Mitgliedern
dieses Instituts Gelegenheit zu geben, sowohl theoret. als prakt. sich diejenigen
Einsichten, Kenntnisse und Geschicklichkeiten anzueignen, durch welche der
glückliche Erfolg ihrer künft. Wirksamkeit als ordentl. Lehrer an höh. Unter-
richtsanstalten begründet und gesichert wird. Das Seminar gewährt hiernach
eine üebergangsstufe von der wissenschaftl. in die amtl. Thätigkeit und stellt
sich als eine Anstalt zur unmittelbaren Vorübung und Einleitung in den künf-
tigen Beruf dar.
§ 2. Aus dieser Bestimmung des Seminars ergiebt sich: 1) dafs bei
jedem Seminaristen bereits die allgem. Sprach- und wissenschaftl. Kenntnisse
vorausgesetzt werden, welche erforderlich sind, um in irgend einem Lehrfache
nicht allein in den unteren, sondern auch in den mittl. oder oberen Kl. eines
Gymn. unterrichten zu können; 2) dafs er für den Beruf des Lehrers und
10
das Stadium der Pädagogik Neigung und Fähigkeit habe, sowie den Willen,
dafor immer tüchtiger zn werden; dafs er danach strebe, die von ihm erworbenen
Kenntnisse auch Anderen anf eine den Geist anregende nnd bildende Weise
mitzuteilen, einen gründlichen, strengen Unterricht mit einer festen, ernsten
. Disciplin zu verbinden, um so dereinst als wa^er Lehrer nnd Erzieher auf die
Entwickelnng der Geisteskraft nnd die Bildung einer in jeder Beziehung tüch-
tigen Gesinnung in seinen Schülern mit Erfolg einwirken und auf Gründlichkeit
des Wissens hinarbeiten zu können. Der Dir. hat sich Tor dem Anfnahme-
vorschlage in angemessener Weise von dem Vorhandensein dieser Eigenschafben
bei den Becipienden zu überzeugen.
§ 3. Der Dir. des Seminars ist dem K. Proy.Sch.G. der Prov. Pommern
untergeordnet, welchem er auf Erfordern über alle Angelegenheiten des Seminars
Bericht zu erstatten hat. Er hat sowohl das Ganze zn leiten, als über die
einzelnen Seminaristen die unmittelbare Aufsicht zu fahren. Dun liegt es ob,
sowohl ihre wissenschaitL und pädagog. Stadien, als auch ihre prakt. üebungen
im Unterrichten anzuordnen und zu regeln, und es bleibt ihm überlassen,
einzelne Seminarmitglieder für kurze Zeit einem geübten und gebildeten Lehrer
zuzugesellen, damit sie in dessen Lehrstunden hospitiren und auch durch seine
besondere Anleitung Grelegenheit gewinnen, in einen Gegenstand des Unterr.,
welchen sie als ihr Hauptfach betrachten, tiefer einzudringen.
§ 4. Die Zahl der Mitglieder des Seminars ist auf 4 festgestellt.
§ 5. Das Seminar steht mit dem Marienstifks-Gymn. zu Stettin in der
genauesten Verbindung. Die Seminaristen sind aber in Absicht auf ihre
Unterrichtsübungen weder an eine bestimmte Klasse der Lehranstalt, noch an
unabänderliche Gegenstände des Unterrichts gebunden, sondern werden nach der
Bestimmung des Dir. an die verschiedenen EL verteilt, damit sie die Art, ein
Lehrobject nach den verschiedenen Fähigkeiten und Vorkenntnissen der Schüler
zu behandeln, kennen lernen und in dem Fortrücken aus einer niederen in eine
höh. Kl. einen immer neuen Antrieb zu fortgesetztem Studium ihrer Wissen-
schaft und Kunst erhalten.
§ 6. Die Wahl der Mitglieder des Seminars hängt von dem Dir. unter
Genehmigung des K. Prov.Sch.C. ab, welche derselbe bei Einreichung und
Begutachtung sämtlicher Meldungen und vorgelegten Zeugnisse vor der Auf-
nahme nachzusuchen, auch etwanige Vorschläge der gedachten Behörde zu berück-
sichtigen hat. Die Aufnahme erfolgt unter nachstehenden Bedingungen:
1) dafs der Aufzunehmende sein Zeugnis der Beife für die Universität, ein
Zeugnis über das zurückgelegte Triennium und seine Universitätsstudien, sowie
sein Prüfungszeugnis über das vorschriftom. Examen pro facult. docendi zuvor
beibringe; 2) dafs er in Hinsicht des Alters nicht unter dem 20. und
nicht über, das 30. Lebensjahr hinaus sei; 3) dafs er schriftl. erkläre, un-
mittelbar aus dem Seminar in jedes ihm von dem K. Prov.Sch.C. zu übertragende
Lehramt an einer höh. Unterrichtsanstalt der Provinz übergehen zu wollen.
Tritt er in ein Schulamt, so mufs er sich verpflichten, wenigstens 3 Jahre sich
demselben zu widmen oder die Hälfte des bezogenen Seminargehalts zurück-
zuzahlen. Dasselbe findet statt, wenn ein Seminarist sich weigert, eine ihm
vom K. Prov.Sch.C. übertragene Lehrstelle anzunehmen oder vor Ablauf jener
3 Jahre, zu welchem Amt es auch sei, ins Ausland übergeht § 7. (Ist auf-
gehoben.) § 8. Die Seminaristen sind zugleich Hülfslehrer des Gymn. und als
solche verbunden, wöchentlich 10 Unterrichtsstunden in demselben zu erteilen.
Sie haben damit zugleich das Becht und die Pflicht, ihre Stimme über üure
Schüler bei Gensuren, bei Bangordnungen und Versetzungen abzugeben, bei den
allgem. Lehrerconferenzen zugegen zu sein, den Pfüfdngen beizuwohnen, die
Grundsätze der Methode und Disciplin kennen zu lernen und sich so für ihren
künftigen Beruf nach allen Seiten hin auszubilden.
11
§. 9, Di^ von den Seminarmitgliedern in einer von dem Dir. näher zu
bestimmenden Ordnung nnd Zeitfolge zn liefernden Ausarbeitangen beziehen
sich teils anf ünterrichtsgegenstände höherer Lehranstalten, teils auf die Theorie
der Pädagogik nnd die Methode des Unterrichts. Unter dem Vorsitze des Dir.
Tersammeln sich dieselben alle Monate ein- oder zweimal zur Prüfung einer
Abhandlung, nachdem diese Torher unter sämtl. Mitgliedern zur schriftl. Be-
urteilung circulirt hat. Diese Zusammenkünfte sind von dem Dir. auch dazu
anzuwenden, den Seminaristen über die bei ihren Studien zu verfolgenden Bich-
tnngen und ihre Lehrpraxis (§ 3) die nöthigen Winke und Anweisungen zu
geben, sie auf die neuesten Fortschritte der Wissenschaft überhaupt und ihres
Faches insbesondere aufmerksam zu machen, ihnen die neuesten dahin ein-
schlagenden Schriften zu nennen und von Zeit zu Zeit, wenn sie mit denselben
bekannt geworden, eine mündl. oder schrifkl. Belation darüber au&utragen, ein
und das andere Mitglied zur Beschreibung des Ganges seiner Studien und zur
Darlegung des bei den öffentl. Lehrstnnden von ihm befolgten Plans zu ver-
anlassen.
§ 10. Im Allgm. wird von den Seminarmitgliedem erwartet, dafs sie
sich dem Dir. völlig unterordnen, auf das Schulamt gründlich und plan-
mäfsig vorbilden, die schrifü. Abhandlungen und Aufsätze mit Sorgfalt
bearbeiten und pünktl. abliefern, auf die ihnen im Gymn. zu übertragenden
Lectionen sich gehörig vorbereiten und die Disciplin nach den bestehenden
Gesetzen und Einrichtungen der Schule mit Buhe und Besonnenheit handhaben,
zugewiesene Stellvertretungen bereitwillig übernehmen, eine nach Umständen
ihnen anzuvertrauende Specialaufsicht über verwahrloste Schüler, damit sie durch
Ermahnungen und Gewöhnung an Thätigkeit besseren Sinn in ihnen zu er-
wecken versuchen und sich selbst dadurch in der Erziehung üben, auf unbestimmte
Dauer fuhren, überhaupt jedes ihnen obliegende Geschäft, wohin auch für den
Zweck ihrer umfassenderen prakt. Ausbildung ein einstweiliges Ordinariat in
einer unteren oder mitü. El. gehören kann, mit Eifer und Fleifs verrichten
werden. Auffallende und zur Gewohnheit gewordene Pflichtversäumnisse, sowie
anstöfsiger Lebenswandel, . oder eine während des Aufenthats im Seminar hervor-
tretende Nichtbefähigung zum Lehramt können auf den bei dem K. Prov.Sch.C.
zu stellenden Antrag des Dir. Entlassung aus dem Seminar nach sich ziehen.
§ 11. Da für das Gymn. eine besondere Sammlung von Büchern und
anderen Lehrmitteln vorhanden ist, so steht es den Seminarmitgliedem, wie
den übrigen Lehrern der Anstalt frei, davon zu jeder Zeit, sowohl zur Be-
nutzung für üire Lehrstnnden, als auch für ihre Privatstudien Gebrauch zu
machen.
§. 12. Jedes SeminarmitgUed bezieht aus dem Seminarfonds ein jährl.
Stipendium von 150 Thlm., welches in vierteljährl. Baten gegen dessen Quittung
ausgezahlt wird. Aufserdem erhalten die Seminaristen freie Wohnung mit einem
Möbelinventarium in dem zu diesem Zwecke dem Seminar überwiesenen, dem
Mariensüfb zugehörigen Hause. Auch wird allen auf den deshalb jährl. bei dem
E. Prov.Sch.G. zu stellenden Antrag des Dir. eine Brennholzvergütigung von
9 Thlm. für jeden bewilligt werden, sofern die dem Seminar bestimmten Fonds
dazu ausreichen.
§ 13. Die Mitglieder des Seminars sind von der Abhaltung des vor-
schriftsm. Probejahrs befreit, statt dessen ihnen das 1. Jahr ihres Aufenthalts
im Seminar angerechnet wird. Als regelm. Dauer dieses Aufenthalts sind
3 Jahre bestimmt; doch kann diese Zeit auf den Antrag des Dir. bei Subjecten,
von welchen der Zweck des Seminars nachweislich früher erreicht ist, auf
2 Jahre herabgesetzt werden. Nach beendigtem Triennium resp. Biennium
scheiden sie aus der -Anstalt, haben jedoch von Seiten des E. Prov.Sch.G.
unter Voraussetzung gehöriger Qualification vorzugsweise Berücksichtigung bei
12
Besetznng Ton Stellen königl. Patronats an Gymnasien, sowie Torkommenden
Falls Empfehlung bei anderen Patronatsbehörden zn erwarten. Es steht Jedoch
jedem qaaliflcirten Seminaristen frei, nach einjähr. Aufenthalt im Seminar in
eine Schalstelle überzugehen. Von der genannten königl. Behörde können
auch far den Fall einer nothwendigen interimißt. Aushülfe bei einer anderen
Lehranstalt der Provinz geeignete Seminarmitglieder gegen billige Bemnneration
statt des inzwischen von ihnen aufzugebenden und ihren Stellvertretern als
Bemuneration zufallenden Seminargehalts in Anspruch genommen werden, jedoch
höchstens 2 derselben gleichzeitig; wie überhaupt dabei auf die etwa für das
Marienstifts-Gymn. zu Stettin erwachsenden Verlegenheiten billige Bäcksicht zu
nehmen ist. Da das Seminar aber nicht lediglich als ein Provinzialinstitut
zu betrachten ist (§ 1), so wird das E. Minist, die Seminaristen vorkommenden
Falls auch anderen K. Prov.Schulcollegien zu angemessener Beförderung em-
pfehlen.
§ 14. Der Dir. hat nach Ablauf jedes Jahres dem E. Prov.Sch.C. über
den inneren und äufseren Zustand des Seminars Bericht zu erstatten, welches
denselben, mit seinen gutachtl. Aeufserungen begleitet, dem E. Minist, einzusenden
hat. Dem Jahresbericht ist eine Tabelle über die äufseren Verhältnisse, die
Bildung und Fortschritte der Seminaristen beizulegen.
§. 15. Zur Unterhaltung des Seminars sind jährl. aus dem Fonds des
Marienstifts 1200 Thlr. bestimmt, wovon 600 Thlr. zu den Stipendien der
4 Seminarmitglieder, 50 Thlr. zur Vermehrung der Gymn.Bibliothek, deren un-
beschränkte Benutzung auch den Seminaristen zustehl^ 360 Thlr. zur Besoldung
eines beim Gymn. zu Stettin anzustellenden Hülfslehrers, verwandt werden. Die
übrigen 190 Thlr. will das E. Minist, teils zu der dem Dir. des Seminars jährl.
zu bewilligenden Bemuneration, teils zu den oben erwähnten Brennholzver-
gütigungen und Gratificationen, besonders far tüchtige Seminaristen, teils ad
extraordinaria bestimmen, und hat der Dir. alljährl. im Jahresbericht zu deren
Verwendung gutachtliche Vorschläge zu machen und die Entscheidung des
E. Minist, durch das E. Prov.Sch.C. zu erwarten. — Das Gehalt einer Seminar*
vacanz wird den dieselbe übertragenden Seminarmitgliedem wie das eigene
ausgezahlt, und das Curätorium des Marienstifts wird zu diesem Behuf am
Schlufs jedes Jahres dem Dir. durch seinen Bendanten einen Extract der Seminar-
rechnuDg mit Angabe des Eassenbestandes vorlegen lassen.'*
Das pädagogische Seminar in Posen.
Das Statut v. J. 1884 ist bezw. übereinstimmend mit denjenigen von
Danzig (s. S. 5).
Das K. pädagogische Seminar in Breslan.
Instruction v. 11. Apr. 1863.
„1. Der Zweck des Seminars ist die wissenschaftl. und prakt. Ausbildung
für das Lehramt an höh. Unterrichtsanstalten.
2. Die Direction des Seminars wird unter der unmittelbaren Aufsicht des
Ministeriums von den beiden Schulräthen des Prov.Sch.C. geführt Einer von
ihnen übernimmt, alle 2 Jahre mit dem anderen abwechselnd, als erster Dir.
die specielle Leitung des Seminars. Jeder leitet beständig die prakt ünter-
richtsübungen der Mitglieder seiner Confession. 3. Die specielle Leitung
des ersten Dir. besteht hauptsächlich in der Abhaltung der wöchentl. Ver-
sammlungen. Diesen beizuwohnen ist der zweite Dir. berechtigt; auch ist der-
selbe von den das Seminar im Allgem. betreffenden Anordnungen in Eenntnis
13
zn setzen. AnTserdem besorgt der erste Dir. die Correspoiidenz des Seminars,
ist Beferent bei Erstattung des Jahresberichts an das E. Ministerium, hat die
Bibliothek zu verwalten und über die Anschaffung von Büchern dem E. Mini-
sterium jährl. Bechnung zu legen.
4. Das Seminar nimmt 6 ordentliche Mitglieder auf, von denen 3 evangel.
und 3 kathol. Confession sind. Ausnahmsweise können, falls geeignete einheim.
Candidaten nicht vorhanden sind, auch Ausländer aufgenommen werden. Wenn
eine Stelle für die eine Confession erledigt ist, so kann dieselbe durch ein
Mitglied der anderen Confession auf so lange, jedenfalls auf ein Semester,
besetzt werden, bis sich ein geeigneter Bewerber der betr. Confession meldet.
Aufser diesen ordentl. Mitgliedern sind auch ausserordentliche zuzulassen, falls
sie den in § 5 vorgeschriebenen Anforderungen entsprechen. Dire Zahl ist
nicht beschränkt; an dem Stipendium nehmen sie nicht Teil.
5. Der als ordentl. Mitglied Aufzunehmende mufs unter 30 Jahre alt und
sittl. unbescholten sein, die Prüfung vor einer K. Wissenschaft. Prüfungs-
commission bestanden und in derselben mindestens die Befähigung nachgewiesen
haben, in den alten classischen Sprachen und im Deutschen oder in der Gre»
schichte und Geographie, oder in der Mathematik und den Naturwissenschafben
bis ni incl. unterrichten zu können. Vor bestandener Prüfung kann die Auf-
nahme nur in dem Falle gestattet werden, wenn der Aspirant auf einer inländ.
Universität rite promovirt ist, oder in einzelnen Ausnahmefällen, wenn der
Aspirant in einem auf Antrag der Direction von der E. Wissenschaft. Prüfungs-
commission angestellten Tentamen hat erkennen lassen, dafs er die Prüfung
pro facult. docendi zu bestehen mindestens in Jahresfrist befähigt sein wird.
Erwirbt er sich binnen Jahresfrist das Zeugnis der facultas docendi nicht, so
wird ihm das Stip. entzogen, und hat er das Ziel nach 2 Jahren nicht erreicht,
so wird er aus dem Seminar entlassen.
6. Ueber die Aufnahme der Mitglieder entscheiden die Directoren.
Eönnen sie sich über eine Aufnahme nicht einigen, so haben sie gemeinschaft-
lich die Entscheidung des E. Ministeriums einzuholen.
7. Voi^ den Mitgliedern des Seminars wird erwartet, dafs sie einen
Christi, sittlichen Lebenswandel fuhren, Treue und Eifer in dem ihnen an-
gewiesenen Wirkungskreise beweisen und angelegentlich an ihrer wissenschafQ.
Fortbildung arbeiten. Den Anordnungen und Anweisungen der Directoren
haben sie willig Folge zu leisten.
• 8. Die Mitglieder werden an einem Gymn. ihrer Confession oder an einer
Bealschule in Breslau praktisch beschäftigt. An welche Anstalt ein Mitglied
gewiesen werden, ob und wann es mit einer anderen Anstalt wechseln soll,
bleibt dem betr. Director zu bestimmen überlassen. 9. Die Vorsteher der
Anstalten werden es sich zur Pflicht machen, bei Ueberweisung von Lehrstunden
an die Seminaristen das Prüfungszeugnis derselben und die Wünsche des betr.
Seminardirectors zu berücksichtigen. Sie werden die Mitglieder als Probe-
candidaten betrachten, dieselben in den Gesamtorganismus der Anstalt in Bezug
auf Lehrverfassung, Methode und Zucht einführen, sie zu den Conferenzen ein-
laden, ihnen insbesondere das Besuchen anderer. Lehrstunden empfehlen und
ihnen far ihre prakt. Ausbildung in jeder Weise förderlich sein. Dem betr.
Dir. des Seminars ist von dem Vorsteher oder von den Lehrern der Anstalt auf
Verlangen Auskunft über die Leistungen und das Verhalten der Candidaten zu
geben. 10. Der Seminarist hat an der Anstalt, welcher er zugewiesen ist^
wöchentl. 4 bis 6 Stunden Unterricht zu übernehmen. Aufserdem können ihm
im Fall der Noth, jedoch nicht ohne Genehmigung des betr. Dir. des Seminars,
einige Vertretungsstunden, auch gegen Bemuneration, übertragen werden. Sonst
ist ihm die Zeit zum eigenen Studium möglichst frei zu lassen. Die Ueber-
nahme von Privatstunden ist von der Genehmigung des betr. Seminardir. ab-
14
hängig. Der Seminarist ist verpflichtet, den Lehrerconferenzen der Anstalt, an
welcher er beschäftigt wird, regehnäfsig beizuwohnen.
11. Da der Seminarist in den Lehrstunden den ordentl. Lehrer vertritt,
so hat er sich mit diesem in ein näheres Verhältnis zu setzen, znr besseren
Erreichung des gemeinsamen Zwecks dessen Lehrstanden öfters zn besuchen
and mit ihm das Pensam, den Lehrgang, die Schüleraafgaben za besprechen.
Der betr. Lehrer wird seinem Vertreter eine möglichst genaue Anweisung geben,
dessen Lehrstunden oft besuchen, darüber wachen, dafs er das Lehrziel erreiche,
und ihm mit Bath und That beistehen. 12. Der Seminarist hat femer,
behufis weiterer prakt Ausbildung, der Bereicherung seiner Erfahrung, der
Kenntnisnahme von verschiedenen Behandlungsweisen der Schäler und der
Lehrgegenstände auf den verschiedenen Stufen des Unterr. und behufis der Ein-
sicht in den Organismus und den gesamten Lehrbetrieb nicht nur die Lehr-
standen in den verschiedenen El. der Anstalt, welcher er zugewiesen ist, son-
dern auch nach Anordnung und nöthigenfalis durch Vermittelung des betr.
Dir. Lehrstunden in anderen Anstalten der Stadt zu besuchen. 13. In Bezug
auf Schulzucht und Schulordnung hat der Seminarist sich nach den besteh. Ein-
richtungen der betr. Anstalt zu richten und die deshalb von dem Vorsteher
derselben einzuholende Instruction und dessen besondere Anweisungen zu be-
folgen. 14; Die Erziehung der Schüler soll dem angehenden Lehrer nicht
minder als die Bildung der intellectuellen Geisteskräfte derselben am Herzen
liegen. Er hat an seinem Teil durch Beispiel und Unterricht mitzuwirken, dafs
ein Christi, sittlicher und ein patriotischer Sinn in der Jugend lebendig werde.
Wird ihm von dem Vorsteher der Anstalt ein verwahrloster und verkommener
Schüler seiner Kl. zu besonderer Aufsicht übergeben, so hat er sich desselben
mit Ernst und Sorgfalt anzunehmen und keine Mühe zu scheuen, dessen Bes-
serung zu bewirken, wobei er sich vornehmlich mit dem Klassenordinarius zu
berathen hat.
15. Den Versammlungen des Seminars haben die ordentl. Mitglieder des-
selben regelm. beizuwohnen. Diese werden mit Ausnahme der Ferienzeit in der
Begel wöchentlich unter dem Vorsitz des jedesmal, ersten Dir. gehalten. Vorträge
der Mitglieder und Erörterungen über pädagog. und didakt Gegenstände bilden
vorzugsweise den Stoff der Unterhaltung und dienen einerseits zur Besprechung
der Praxis, andererseits zu Belebung des wissenschafü. Strebens. 16. Die
ordentl. Mitglieder des Seminars haben in der Begel in jedem Semester eine
Wissenschaft!. Abhandlung zu liefern. Die Aufgaben für diese Abhandlungen
sind aus dem Kreise der Schulwissenschaften und aus dem Gebiet der theoret.
und prakt Pädagogik und Didaktik zu wählen. Der Seminarist erhält letztere
Aufgaben von dem ersten Dir., die ersteren von einem Mitgliede der K. wissen-
schaftl. Prüfongscommission durch den Dir. Es steht jedoch dem Seminaristen
auch irei, eine oder mehrere Aufgaben selbst vorzuschlagen und die Billigung
derselben von dem betr. Mitgliede der Prüfnngscomm., bezügl. dem Dir. ein-
zuholen.
17. Die Abhandlungen werden, wenn sie philolog. und antiquar. Gegen-
stände betreffen, lateinisch, sonst deutsch bearbeitet. Sie werden zunächst von
den Mitgliedern des Seminars, nachdem sie allen zur Kenntnis gekommen sind,
schriftl. kurz beurteilt. Die Arbeiten aus dem Gebiete der Pädagogik und
Didaktik werden mit den Bemerkungen der Mitglieder dem zweiten Dir. vor-
gelegt und dann in den gewöhnl. Versammlungen des Seminars einer eingehenden
Kritik unterworfen. Die philolog., antiquar., histor., mathemat. und natur-
wissenschafU. Arbeiten gehen mit den Bemerkungen der Seminaristen, nachdem
der. erste Dir. von ihnen Kenntnis genommen hat, an den zweiten Dir. und
demnächst an die K. wissenschaftl. Prüfungscomm., deren betr. Mitglieder die-
selben am Ende des Jahres in einer Versammlung aller Seminaristen und der
16
•
beiden Dir. mit ihren Verfassern durchgehen und dabei Winke nnd Andentangen
fär fernere Stadien geben.
18. Der einjähr. Aufenthalt im Seminar wird als Probejahr angerechnet.
Diejenigen Mitglieder, welche sich im Seminar als besonders befähigt erwiesen
haben, sollen bei Erledigang von Scholämtem vorzogsweise beracksichtigt nnd
zu Anstellungen aasdrückl. empfohlen werden. Jedes ordent. Mitglied erhält
als Stipendium jährl. 125 [jetzt 200] Thlr. in monaü. Baten. Allen Mitgliedern
werden auf das Zeugnis des betr. Dir. Bücher von allen 4 öffentl. Bibliotheken
in Breslau zum häusl. Gebrauch verabfolgt
19. Der Aufenthalt im Seminar dauert in der Begel 2 Jahre. Ob nach
Verlauf von 2 Jahren in einzelnen FäUen die Mitgliedschaft verlängert werden
kann, bleibt dem Ermessen der Direction überlassen. Länger als auf 4 Jahre
darf dieselbe indefs nicht ausgedehnt werden. Dem Ausscheidenden wird von
der Direction auf Verlangen ein Zeugnis über den Aufenthalt im Seminar und
seine darin bewiesene pädagog. und didakt. Thätigkeit ausgestellt. 20. Die
ordenü. Mitglieder müssen nach ihrem Ausscheiden aus dem Seminar mindestens
3 Jahre in Preufsen im Schulamt bleiben, oder, wenn sie Inländer sind, die
Hälfte, wenn sie Ausländer sind, das Ganze des genossenen Stip. zurückzahlen.
Diese Verpflichtung wird dem Seminaristen bei seiner Aufiiahme zu Protokoll
bekannt gemacht, ist aber durch diese Bekanntmachung nicht bedingt.
21. Für die Bibliothek sind gute in das Gebiet der Schulwissenschaften
und der Pädagogik gehörende Werke anzuschaffen. Die unmittelb. Aufsicht
über dieselbe wechselt unter den Seminaristen. Wörterbücher, Landkarten und
Kupferwerke dürfen in der Begel nur im Local der Bibliothek benutzt werden.
Die übrigen Bücher werden den Seminaristen gegen einen Empfangschein auf
4 Wochen und, wenn ihrer kein Anderer bedtuf, auch auf längere Zeit geliehen.
Die Bibliothek wird jährüch revidirt.
22. Zur Unterhaltung des Seminars sind aufser der Bemuneration der
Directoren Jährlich 800 [jetzt 1250] Thlr. bestimmt und auf den allgm. Schul-
fonds des Breslauer Begierungsdepartm. angewiesen. Hiemach werden 750
[jetzt 1200] Thlr. für die 6 ordentl. Mitglieder und 50 Thlr. zur Erweiterung
der Bibliothek und zu aufserordenü. Ausgaben verwandt. Zur Zahlung der
Stip. an die jedesmal, ordentl. Mitglieder wird die betr. Kasse auf Antrag des
ersten Dir. von dem K. Prov.Sch.C. angewiesen. Ueber Ersparnisse durch er-
ledigte Stipendien kann nur mit besonderer Genehmigung des K. Ministeriums
verfugt werden." Etat: 1650 Thlr.
Das pädagogische Seminar in Magdeburg.
Statut V. 11. März 1884.
Dasselbe ist bezw. übereinstimmend mit demjenigen von Danzig. § 2. „Die
Leitung des Seminars geschieht durch die beiden mit der Bearbeitung der An-
gelegenheiten der h6h. Schulen betrauten Schulräthe des K. Prov.Sch. Coli., und
zwar in der Weise, dafs in regelmäfsigem Wechsel je einer derselben für einen
bestimmten Zeitraum die Obliegenheiten der Leitung übernimmt^*
Der mit dem Pädagogium des Klosters U« L. Fr. verbundene
Gandidateneonvict in Magdeburg.
Bevidiertes Statut v. 4. Sept. 1880.
§ 1. Der mit dem Kloster Unser Lieben Frauen verbundene Gandidaten-
eonvict hat den Zweck, durch wissenschaftliche und praktische Anleitung
16
tüchtige Beligionslehrer fardie höheren evangelischen Schulen zu bilden, die
zugleich befähigt sind, ordentliche Mitglieder der Lehrer-Collegien zu werden
und sich bei dem übrigen wissenschaftl. unterrichte zu beteiligen. § 2. Der
Convict ist für Candidaten der Theologie bestimmt, welche das Zeugnis pro
licentia concionandi mit dem Prädicate gut erworben haben und Willens sind,
sich dem höheren Schulfache auf mehrere Jahre oder für immer zu widmen. Nur
ausnahmsweise findet bei einem geringeren Zeugnisgrade mit Genehmigung des
Herrn Ministers der geistl. u. s. w. Angel. Aufiiahme in den Convict statt
Auch Candidaten des höh. Schulamts, welche Neigung und inneren Beruf zur
Erteilung des Beligionsunterrichtes haben, finden Aufnahme, wenn sie in der
Prüfung pro facultate doc. mindestens ein Zeugnis zweiten Grades erworben
haben. Die Gesamtzahl der Candidaten wird aid sechs festgestellt. § 3. Der
Convict steht wegen seiner engen Verbindung mit dem Pädagogium U. L. Fr.
unter der allgemeinen Aufsicht des Propstes und Directors, hat aber in dem
geistlichen Inspector des Klosters seinen besonderen Vorsteher. § 4. Die
Bewerbung um Aufiiahme geschieht schriftlich und ist an den geistlichen
Inspector zu richten, unter Beifügung des Abiturienten- und üniversitäts-
zeügnisses, einer lateinisch oder deutsch geschriebenen. Skizze des Lebens- und
Bildungsganges des Bewerbers, endlich des Zeugnisses über die erste theologische
Prüfung, bezw. des Zeugnisses über die Prüfung pro facultate docendi. Den
Theologen gereicht es zu besonderer Empfehlung, wenn sie auf der Universität
philologischen oder historischen oder philosophischen Studien nicht fremd ge-
blieben sind, den Philologen, wenn sie auf der Universität schon theologische
Vorlesungen gehört haben. Wenn von der in der Kegel zu erfordernden per-
sönlichen Vorstellung des Bewerbers unter Umständen abgesehen wird, so ist
ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand des Bewerbers einzureichen.
Aufserdem müssen die Bewerber nachweisen, dafs die Ableistung des Militär-
jahres voraussichtlich nicht in die Zeit des Aufenthalts im Convict fällt. Die
Genehmigung der Aufnahme wird von dem geistl. Inspector in Gemeinschaft
mit dem Propste und Director des Pädagogiums, dem der erstere die Bewerbungs-
schreiben nebst Anlagen zur Kenntnisnahme vorzulegen hat, bei dem Prov.Sch.Coll.
beantragt. § 5. Die Candidaten erhalten im Kloster freie Wohnung (in
•der Regel je 2 auf ein Wohn- und ein Schlafzimmer angewiesen), freie Heizung,
freien Arzt, freie Bedienung, abgesehen von der besonders zu vergütenden
Beinigung der Stiefel und der Kleider; es steht ihnen Mittags- und Abend-
beköstigung am Alumnatstisch zu, wofür sie nach Wahl eine Geldentschädigung
von 90 Pifennig für jeden Tag, an welchem sie in Magdeburg anwesend sind,
empfangen können. Aufserdem erhält jeder ein Geld-Stipendium von monatlich
45 Mark praenumerando. Bedürftigen Candidaten kann in besonderen
Fällen auch eine aufserordentliche Unterstützung gewährt werden. § 6. Der
Aufenthalt im Convict wird auf 1^/2 bis 2 Jahre bestimmt; mindestens ein
volles Jahr demselben anzugehören, mufs sich jeder Candidat bei der Aufnahme
verpflichten. Besonders tüchtigen Candidaten kann ausnahmsweise schon nach
Ablauf des ersten Jahres von dem Convict -Vorstande Erlaubnis erteilt werden
sich zur Prüfung pro facultate docendi zu melden. Wenn ein Candidat sich
nicht mit willigem Geiste in die Ordnung des Convicts fügt oder es an Pflicht-
eifer und PleiTs fehlen läfst oder durch Wandel und Benehmen Anstofs giebt
oder sich sonst ungeeignet für den Lehrerberuf erweist, hat der geistl. Inspector
seine Ausschliefsung aus dem Convict bei dem Prov. Seh. Coli, in einem motivirten,
von dem Propste und Director des Klosters genehmigten und mitunterschriebenen
Berichte zu beantragen. § 7. Wenn ein theologisches Mitglied des Convicts
die Lehramtsprüfung bestanden hat und in einem von dem Director des Päda-
gogiums und dem geistlichen Inspector gemeinschaftlich auszustellenden Zeugnisse
über seine pädagogische und didaktische Befähigung ein günstiges Urteil ab-
17
gpegeben ist, so wird demselben das letzte Jahr seines Anfenthalts im Convicte
als Probejahr angerechnet nnd das ordnnngsmäfsige Zeugnis darüber von dem
Proy.Sch.Coll. ausgefertigt Diese Bestimmung findet analoge Anwendung auf
die nicht-theologischen Mitglieder des Convicts (§ 2.) Die Candidaten
verpflichten sich bei ihrem Eintritte in den Convict durch einen Bevers, sich
nach bestandener Prüfung wenigstens vier Jahre der praktischen Thätigkeit im
Lehramt an inländischen Gymnasien oder Bealschulen zu widmen. Wenn von
dieser Verpflichtung ein Candidat enthoben zu sein wünscht, so hat er für jedes
an dem Quadriennium fehlende Semester 200 Mark an das Kloster Unser Lieben
Frauen zurückzuzahlen, falls ihn nicht der Herr Minister der geistl. u. s. w.
Ang. ausnahmsweise von dieser Zahlung entbindet. § 8. Dem geistlichen
Inspector liegt es zunächst ob, die Beschäftigung der Candidaten nach ihrer
wissenschaftl. und praktischen Seite zu leiten und überhaupt denjenigen geistigen
Verkehr mit ihnen zu pflegen, der ihnen zu einer gedeihlichen und erfolgreichen
Benutzung ihres Aufenthdts im Convict förderlich sein kann. § 9. Die
Beschäftigungen der Candidaten bestehen in theologischen und solchen all-
gemeinen wissenschaftlichen Studien, die mit den Aufgaben des Unterrichtes
und der Erziehung einen unmittelbaren Zusammenhang haben, aufserdem in
praktischen Uebungen. § 10. Neben den vom geistlichen Inspector zn
leitenden theologischen, philosophischen und pädagogischen Studien erhalten
die Candidaten auch Anleitung zu Studien in der classischen und germanischen
Philologie durch besondere philologische Lehrer. § 11. a) In regelmäfsigem
V7echsel mit den Mitgliedern des Lehrer-Collegiums haben die Candidaten die
gemeinsame Morgenandacht der Schule am Montag und die Abendandacht im
Alumnat am Sonnabend zu halten. An der letzteren nehmen sie regelmäfsig
Teil. b) Während eines Semesters des Bienniums haben sie den Beligions-
unterricht in einer Klasse des Pädagogiums zu übernehmen. c) Auch
können sie zum Hospitiren, namentlich in den Beligionsstunden des geistlichen
Inspectors, sowie zur Abhaltung einzelner Probelectionen angewiesen werden.
Die speciellen Bestimmungen zu b und c trifft der geistliche Inspector im Ein-
Tornehmen mit dem Propste. § 12. Den Unterrichtsstunden und den
geistlichen Ansprachen hat der geistliche Inspector so oft wie möglich per-
sönlich beizuwohnen. In allen Fällen, wo der geistliche Inspector anderweitig
beschäftigt ist, haben die Candidaten sich den allgemeinen, für die Probe-
Candidaten geltenden Bestimmungen, sowie den besonderen Anordnungen des
Propstes und Directors in Betreff des Unterrichts und der Handhabung der
Disciplin unbedingt zu unterwerfen § 13. Die Convicts-Ferien dauern zu
Ostern und zu Michaelis je drei, zu Weihnachten zwei, zu Pfingsten eine, die
Sommerferien fünf Wochen. Alle Ferien beginnen mit dem jedesmaligen Schul-
fichlusse am Kloster. § 14. Es wird erwartet, dafs die Candidaten an den
sonntäglichen Gottesdiensten, sowie an den Schul-Communionen im Dom sich
regelmäfsig beteiligen. § 15. In dem Propste und Director des Klosters
haben sie den gemeinsamen Vorgesetzten aller am Pädagogium Lehrenden und
Lernenden zu erkennen und zu ehren. § 16. Dem Propste und Director
liegt ob, behufs des nach § 7 von ihm und dem geistlichen Inspector gemein-
schaftlich auszustellenden Zeugnisses nicht nur die Unterrichtsstunden, welche
die Candidaten erteilen, von Zeit zu Zeit zu besuchen und an diese Besuche
Bath und Belehrung zu knüpfen, sondern auch jeden einzelnen Candidaten vor
Ausstellung jenes Zeugnisses eine oder mehrere Probelectionen in seiner und
des geistlichen Inspectors Gegenwart halten zu lassen. § 17. Zu Beisen,
welche nicht in die Ferien fallen, bedürfen die Candidaten der Erlaubnis des
geistlichen Inspectors. Sofern dabei der Unterricht betroffen wird, hat sich der
geistliche Inspector zuvörderst der Zustimmung des Propstes zu versichern.
§ 18. Unter dem Vorsitz des Provinzial-Schulrathes findet vierteljahrlich eine
Wiese, Verordnungen. IL 2
18
Conferenz der sämtlichen am Convict beschäftigten Lehrer mit Zuziehung des
Propstes nnd Directors des Klosters statt, in welcher alle inneren nnd äofseren
Angelegenheiten des Convicts erörtert, die an den -Gandidaten gemachten Er-
fahrungen ausgetauscht und Ordnung und Regelung der weiteren Studien der-
selben besprochen werden. Aus besonderem Anlafs können auch aufserordentlich&
Gonferenzen beiiifen werden. § 19. Der geistliche Inspector erstattet jährlich
im April einen Bericht über den Gandidaten -Gonvict und die einzelnen Mit-,
glieder desselben, welcher durch den Propst und Director dem Prov.Sch.Coll.
und von diesem urschriftlich dem Herrn Minister der Unterrichts-Angelegenheiten
überreicht, aufserdem aber abschriftlich dem E. Gonsistorium zur Eennlaiisnahme
mitgeteilt wird.
Vorstehendes Statut wird auf Grund der durch das Bescript des Herrn
Ministers d. geistl. u. s. w. Ang. y. 9. August erteilten Genehmigung hierdurch
von uns voUzogen und ausgefertigt Magdeburg, den 4. September 1880.
Königliches Provinzial-Schul-Collegium. von Patow.
Das pädagogische Seminar der Universität Halle-Witten-
berg, dessen Statut unter dem 16. Sept. 1882 erneut war (s. GBl. 1882
S. 615 fg.)) ist im J. 1884 nach Magdeburg verlegt und entsprechend reorganislrt
worden (s. S. 15).
Das „Seminarium praeceptorum" bei den Franckeschen Stif-
tungen zu Halle ist eine private Veranstaltung. Die Begründung erfolgte durch
A. H. Francke seine Emeuung durch den jetzigen Director Dr. Otto Frick. Vgl.
dessen Schrift: Das Seminarium praeceptorum, Halle 1883, und die Mitteilungen
im 5. Heft der Lehrproben und Lehrgänge, ebenda 1885.
Das pädagogische Seminar in Gassei.
Das Statut ist bezw. übereinstimmend mit demjenigen von Danzig (s. S. 5)<
Anderweitige praktische Anleitung der Schulamtscandidaten.
Seit dem Jahre 1855 wurde vom Ministerium der Plan verfolgt, einzelnen
durch didakt. Wirksamkeit besonders bewährten Lehrern mehrere Schulamts^
candidaten (jedoch gleichzeitig nicht mehr als 3), die bei der Prüfung pro
facult. docendi eine genügende Befähigung gezeigt hatten, zu specieller Anleitung
zuzuweisen. Es wurde dabei im Allgm. das Verfahren befolgt;, dafs die Gandi-
daten zuerst mehrere Wochen dem Unterr. des Lehrers, der ihnen zum Vorbilde
dienen sollte, hospitirend beiwohnen, später in seiner Gegenwart selbst Versuche
im unterrichten in verschiedenen Klassen und Gegenständen machen, aufser der
Elassenzeit aber durch freie oder an die Lehrstunden des Tages anknüpfende
Besprechungen über Methode u. s. w. angeregt und geübt werden sollten. Bis
jetzt haben derartige Einrichtungen nur in Berlin stattgefunden. Es ist die
Absicht gewesen, ähnliche Einrichtungen auch in Provinzialstädten zu treffen,
wo die Schulen und die Lehrercoll. von mäfsigerem Umfang noch mehr ge-
eignet sind, die Gandidaten sogleich beim Eintritt in den Lehrerberuf daran
zu gewöhnen, sich als Glieder dem Ganzen anzuschliefsen.
Anleitung zum Unterricht in den neueren Sprachen.
Nachr. vom Jahre 1861: „Seit Ostern v.J. ist mit dem Friedrichs-
gymnasium hierselbst ein unter Leitung des Prof. Dr. Herr ig gestelltes Institut
19
zur AuBbildung von Lehrern far die neueren Sprachen verbunden. Die Zahl
der ordenü. Mitglieder ist fa( jetzt auf 3 festgesetzt. Als ordentL Mitglieder
werden nur solche Schnlamtscandid. aufgenommen, welche vor einer E. wissen-
BchafU. Prüfangscomm. das Examen pro facnlt. docendi bestanden haben.
Aofserdem werden Hospitanten zugelassen, die auch ans den Stndirenden gewählt
werden können, wenn sie mindestens 4 Semester bereits absolvirt haben.
Sämtl. Mitglieder des Instituts werden in schrifU. Ausarbeitungen und freien
Vorträgen in den betr. Sprachen geübt, und erhalten eine specielle Anleitung
für das prakt. Lehramt. Die ordentl. Mitgl. wohnen anfangs dem ünterr. des
Prof. H. in verschiedenen Klassen bei, um eine Anschauung seines Verfahrens
zu gewinnen, später erteilen sie selbst im Beisein des Prof. H. in ein-
zelnen Klassen Unterricht. Die Teilnahme an diesen 'Uebungen beschränkt
sich für die ordentl. MitgL in der Kegel auf ein Semester. Mittellosen wird,
wenn sie sich durch gute Leistungen hervorgethan haben, eine Unter-
stützung gewährt."
C.Verf. V. 19. Nov. 1878. „Das K. Prov.Sch.C. erhält in der Anlage zur
Kenntnisnahme und geeigneten weiteren Veranlassung eine amtliche Nachricht
über den Fortbestand und die gegenwärtige Direction des hiesigen Institutes
zur Ausbildung von Lehrern der AranzOschen und der englischen Sprache, welche
demnächst in dem Centralblatte für die Unterrichtsverwaltung zur Veröffent-
lichung gelangen wird.'* Der Minister etc. Im Auftrage: Greiff.
a) „Didaktis.ches Seminar zur Ausbildung von Lehrern
der französischen und der englischen Sprache.
Das Erfordernis tüchtiger Lehrer der französischen und der englischen
Sprache an den höh. Schulen hat im Jahre 1860 die Errichtung eines Instituts
zur Ausbildung von Lehrern der neueren Sprachen veranlafst, welches seit dieser
Zeit unter der Leitung des Professors Herr ig gestanden und dem neusprach-
lichen Unterrichte an unseren Schulen wesentliche Förderung gebracht hat.
Da zur Zeit der Errichtung dieses Institutes und noch während einer Beihe
von Jahren seines Bestehens an der hiesigen und an anderen Universitäten
das wissenschaftliche Studium der französischen und der englischen Sprache
noch nicht die ausreichende Vertretung gefunden hatte, so ist erklärlich, dafs
dieses Institut, obgleich aus dem praktischen Bedürfnisse des Unterrichts an
den höh. Schulen hervorgegangen, dennoch neben der didaktischen Anleitung
den wissenschaftlichen Erörterungen einen Erheblichen Baum gewährte. Durch
die Errichtung der Professuren für die modernen Sprachen an den Universitäten
und die Einrichtung der diesen Unterricht verwerthenden seminaristischen
Uebungen ist jetzt die Möglichkeit gegeben, dafs die Studirenden der neueren
Sprachen die wissenschaftliche Grundlage ihres Studiums auf der Universität
selbst sich aneignen, bevor sie ihre Unterrichtsversuche an den höh. Schulen
beginnen. Das Institut zur Ausbildung von Lehrern der neueren Sprachen wird
durch die inzwischen hergestellten Universitätseinrichtungen nicht überflüssig
gemacht, sondern vielmehr in die Lage gesetzt, seinen praktischen Zweck voll-
ständig zu verfolgen. Lehramtscandidaten, welche den Unterricht in den neueren
Sprachen zum Hauptgegenstande ihrer Lehrthätigkeit zu machen beabsichtigen,
soll durch die in dem Institute anzustellenden Uebungen Gelegenheit gegeben
werden, im schriftlichen und mündlichen Gebrauche dieser Sprachen Sicherheit
zu gewinnen und mit der schulmäfsigen Behandlung der Grammatik und der
Leetüre auf den verschiedenen Unterrichtsstufen sowie mit der SchuUitteratur
ihres Faches sich vertraut zu machen. Wissenschaftliche Abhandlungen der
Mitglieder sind von den Uebungen nicht ausgeschlossen, können aber nicht als
die nächste und eigentliche Aufgabe für eine Zeit angesehen werden, in welcher
2*
20
die Mitglieder vor aUem die Erfordernisse des Unterrichts sich zu vollem
Bewnfstsein zu bringen haben.
Die Lehrstanden derjenigen Mitglieder de^ Seminars, welche gleichzeitig
ihr Probejahr an einer Schule in Berlin ablegen, werden seitens des Vorstandes
des Seminars zu dem Zwecke besucht, um den Candidaten über ihr Lehrver-
fahren denjenigen in das Einzelnste eingehenden Bath auszusprechen, welcher
nur auf Grund der wissenschaftlichen und didaktischen Beherrschung des
Gegenstandes mit Sicherheit erteilt werden kann.
Nachdem Professor Herrig durch seine Berufung an die Cadettenanstalt
in Lichterfelde veranlafst worden ist, seine bisherige Thätigkeit an dem Institute
mit dem 1. October d. J. aufzugeben, ist die Direction desselben und die Lei-
tung der französischen Uebungen dem Director des hiesigen französischen
Gymnasiums Dr. Schnatter, die Leitung der englischen Uebungen dem Ober-
lehrer an der hiesigen Dorotheenstädtischen Bealschule Dr. Scholle über-
trs^en worden.
Lehramtscandidaten, welche in das Seminar für neuere Sprachen ein-
zutreten wünschen, haben ihr Gesuch schrifUich oder persönlich an den Director
Schnatter zu richten und können von demselben über die Einrichtung des In-
stitutes nähere Auskunft; erhalten."
Seit 1873 besteht in Berlin eine auf Anregung ebenfalls des Prof.
Dr. Herrig von der Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen daselbst
gegründete Akademie für moderne Philologie mit dem Zweck,
Studirenden, die sich in den neueren Sprachen wissenschaftl. und praktisch
ausbilden wollen, dazu Gelegenheit zu geben.
Anleitung zum Unterricht in der Mathematik und Physik.
Seit dem Jahre 1855 werden dem Prof. Dr. Schellbach am K. Friedr.
Wilhelmsgymn. zu Berlin alljährL einige Schulamtscand. zu specieller Anleitung
im mathemat. und physikal. Unterricht überwiesen. Dieselben lernen zunächst
den Unterricht und die Methode des genannten Lehrers durch Hospitiren in
seinen Lectionen kennen und suchen im persönl. Verkehr und in besonderen
Conferenzen mit demselben eine vollständige und klare Einsicht seines Ver-
fahrens und seiner Unterrichtsziele zu gewinnen, und behandeln sodann unter
seiner Aufsicht zuerst in einzelnen Stunden bestimmte Aufgaben, später ganze
Abschnitte und Disciplinen. Sämtliche Uebungen sind darauf berechnet, dafs
die Candidaten den Zusammenhang aller Teile des mathemai-physikal. Unter-
richts, seinen Organismus und seine Bedeutung far die Bildung der Jugend,
wie auch die wichtigsten Erscheinungen der Intteratur sich zu klarem Ver-
ständnis bringen.
Gesangonterrlcht.
Nach dem unter dem 19. Juni 1882 Allerhöchst vollzogenen Statut der
K. Akademie der Künste zu Berlin, Abschnitt VU § 75 bezweckt die aka-
demische Hochschule für Musik einesteils die allseitig höhere Aus-
bildung für sämtliche Gebiete der Musik, andemteils die Veranstaltung musika-
lischer Aufführungen unter Verwerthung der von ihr ausgebildeten Kräfte. Sie
zerfällt in vier Abteilungen, nämlich: far Cotnposition, für Gesang, für Orchester-
instrumente, für Klavier und OrgeL „§ 91. Zur Aufiiahme ist erforderlich:
1) das vollendete 16. Lebensjahr, 2) eine untadelhaft» sittliche Führung, 3) eine
genügende allgemeine Bildung, und zwar bei den männlichen Schülern eine
21
solche, welche zum einjkhr. freiw. Militärdienste berechtigt, 4) eine far die Aus-
bildung in der Hochschule genügende musikalische Begabung und Vorbildung.
.... § 97. Jedes Semester findet eine Reifeprüfung statt, zu welcher die Meldung,
den Schülern ohne Bücksicht auf die Dauer ihrer Studienzeit freisteht Die
Prüfung geschieht vor dem LehrercoUegium, welches durch Stimmenmehrheit
über den Ausfall entscheidet. Wer dieselbe besteht, erhält ein Zeugnis darüber,
dafs er zu einem Grade künstlerischer Beife gediehen ist, welcher ihn in den
Stand setzt, fremder Führung bei seiner Weiterbildung fortan zu entrathen.*'
Abschnitt IX desselben Statuts handelt von dem akademischen
Institute für Kirchenmusik. Dasselbe hat nach § 113 den Zweck,
Organisten, Cantoren, Chordirigenten wie auch Musiklehrer für höhere Lehr-
anstalten, insbesondere für Schullehrer-Seminare auszubilden. „§ 116. Die
Normalzs^l der Schüler beträgt zwanzig. An dem Unterrichte in der Theorie
ist aufserdem sechs Hospitanten die Teilnahme gestattet. § 117. Allgemeine
Aufnahme-Bedingungen sind: 1) ein Alter von mindestens 17 Jahren, 2) ge-
nügende musikalische Befähigung, 3) Beibringung eines Zeugnisses über die
Absolvimng eines Gymnasiums, eines Bealgymn. oder einer Ober-Bealschule,
oder des Zeugnisses über die nach dreijährigem Seminarcursus bestandene
Lehrerprüfung, 4) der Nachweis, dafs der Bewerber die Kosten seines Unter-
haltes anzubringen vermag, ohne dadurch an der regelm. Teilnahme am Unterr.
gestört zu werden. . § 122. Der Unterricht ist unentgeltlich. § 126.
Nach regelmäfsig absolvirtem Cursus erhält jeder ausscheidende Eleve ein vom
LehrercoUegium gemeinschaftlich ausgefertigtes Zeugnis, welches nach Mafsgabe
der Leistungen in den einzelnen Lehifächem ein Urteil über die amtliche Ver-
wendbarkeit desselben feststellt" VgL CB. 1882 S. 618—650.
Das obige K. Institut für Kirchenmusik ist im J. 1822 als selbständige
Anstalt gegründet und im J. 1875 mit der K. Akademie der Künste in Yer-
bindunfi: gesetzt worden.
Lehrgegenstände sind: Contrapnnkt, Harmonielehre, Chor- und Sologesang,
Orffei-, Klavier- and Violinspiel, Gregorianischer Gesang verbunden mit geschieht-'
liehen Vorträgen, Orgelstructur. Masik-Aufführungen,- eigentlich Probeleistangen
der Eleven, finden regelmäfsig an einem Nachmittage jeder Woche statt and um-
fassen Orgel-, Klavier-, Violin-, Chor- und Sologesang- Vorträge, wie auch Ensemble-
und wenn möglich Quartettspiel. Den Ghorgesang leitet abwechselnd stets ein
Eleve. Diese Probeleistungen haben zunächst den Zweck, den Director des Li-
stitutes über die Leistungen und Fortschritte der Eleven zu informiren, dann aber
auch, die Eleven an den ofifentl. Vortrag zu gewöhnen und besonders durch die
Ghorleitung im Einstudiren und Dirigiren zu üben. Der Unterricht teilt sich in
Abschnitte von halbjähriger Dauer, welche zu Ostern und zu Michaelis beginnen.
(Stipendien für Eleven sind nicht vorhanden.) Das Lehrpersonal besteht zur Zeit
aus dem Director Professor Haupt (Lehrer für Orgelspiel, Orgelstructur, Gontra-
punkt, Probeleistungen: 17 Stunden wöch.), dem Prof. Dr. Älalehen (für Ox^el-
spiel, Gesang, Harmonielehre: 6 St.), dem Prof. Loachhom (KlAYieTB^iel: 12 St.),
dem Lehrer Schröder (Violinspiel: 4 St.), dem Prof. Commer (Unterr. im
Gregorianischen Kirchen'gesange, verbunden mit darauf bezüglichen geschichtlichen
Vorträgen: 2 St.) Vgl. GBl. 1887 S. 477.
Unterricht im Zeichnen.
Anfser der Anleitung, welche n. a. die K. Kunstakademien zu Berlin,
Königsberg i. Pr., Cassel, Hanau, Düsseldorf gewähren, ist speciell dazu auch
das mit der Kunstschule der K. Akademie zu Berlin verbundene Seminar
für Zeichenlehrer bestimmt. Commissarischer Director der Kunstschule
ist Prof. E. Ewald.
Prospect der K. Kunstschule zu Berlin vom März 188 7.
1. Die K. Kunstschule, aus der Verschmelzung der ursprünglich mit der K. Aka-
23
demie der KünBte verbundenen Kunst- und Gewerkschale i/hd Allgemeinen Zeichen-
schule entstanden, ist sowohl zur Unterweisung von Kunsthandwerkern im Zeichnen,
Malen und Modelliren, wie auch zur Vorbereitung von Schülern für die Kunst-
akademie bestimmt. Sie hat aufserdem den Zweck, Zeichenlehrer und Zeichen-
lehrerinnen für höhere allgemeine Untc^rrichtsanstalten auszubilden. 2. Der
Unterricht erstreckt sich im Wesentlichen auf folgende Fächer: Zeichnen von
Ornamenten und Architekturformen nach flachen und plastischen Vorbildern,
Zeichnen von Köpfen und Figuren nach Gipsabgüssen, Zeichnen und Malen
nach lebenden Pflanzen, Modelliren von Ornamenten und figürlichen G|effen-
ständen , Projectionslehre, Anatomie, Kunstgeschichte und Methodik des Zeichen-
Unterrichts. Genauere Angaben über die einzelnen Klassen wie über den
Studiengang sind aus den speciellen Lehrplänen, welche alljährlich veröflentlicht
werden, zu entnehmen. 3. Die Anstalt besteht aus zwei Abteilungen: der
Tages- usi der Abendschule. Die Tagesschule ist für solche Schüler
bestimmt, welche ihre ganze Zeit dem Studium widmen. Der Unterricht findet
täglich Vor- und Nachmittags statt. Der Lehrgang ist in zwei aufeinanderfolgende
Jfmrescurse geteilt, deren Absolvirung die Handwerker zum Besuche der Fach-
klassen des Kunstgewerbe-Museums, die Uebrigen entweder zum Eintritt in eine
Kunstakademie oder zur Ablegung der Zeichenlehrer-Prüfung befähigen soll.
Die Abendschule ist für diejenigen berechnet, welche ihre künstlerische Ausbildung
nur neben einer anderweitigen Thätigkeit betreiben können. Der Unterricht wird
nach 5 Uhr Nachmittags erteilt und erstreckt sich für jede Klasse auf durch-
schnittlich 6 Stunden in der Woche. 4. In beiden Abteilungen werden so-
wohl Schüler wie Schülerinnen aufgenommen, aber in. getrennten Räumen
unterrichtet. Schüler wie Schülerinnen scheiden sich in Vollschüler und
Hospitanten« Vollschüler sind nur diejenigen , welche an dem Tagesunter-
richte in seinem vollen Umfange teilnehmen. Alle übrigen, also auch die Besucher
der Abendklassen, gelten als Hospitanten. Bei der Aufnahme in die Tagesklassen
stehen die Hospitanten den Vollschülern nach. ö. Das Schuljahr beginnt
mit Anfang October und schliefst mit Ende Juli. Es wird in ein Winter- und ein
Sommersemester eingeteilt, ohne dafs jedoch der Zusammenhang der Lehrcurse
durch diese Teilung unterbrochen würde. 6. Die Aufnahmen finden der
Aegel nach nur zu Anfang des Schuljahres statt. Der dazu bestimmte Termin ist die
letzte Woche des Monats September. Schriftliche Anmeldungen geben keine
Gewähr für die endgiltige Aufnahme 7 diese erfolgt vielmehr immer erst bei der
persönlichen Meldung. Schüler wie Schülerinnen sollen nicht vor dem voll-
endeten 14. Lebensjahre aufgenommen werden. Zum Eintritt in die untersten
Klassen wird eine Vorbildung im Zeichnen nicht gefordert. Das Mafs der all-
gemeinen Bildung ist von der Laufbahn und den Zielen, welche die Schüler ver-
folgen, abhängig. Handwerker brauchen nur die Elementarschule absolvirt zu
haben; — diejenigen, welche eine Kunstakademie besuchen wollen, haben die dort
geltenden Bestimmungen zu beachten ; — die Aspiranten des Lehramts finden die
bezüglichen Vorschriften in der Prüfungs-Ordnung vom 23. April 1885 (s. unter
Abt. n). Aufnahmen im Laufe des SchuljiSurs (also auch zu Ostern) sind
nur ausnahmsweise zulässig und nur wenn der sich Meldende den vollgilti?en
Nachweis liefert, dafs er hinreichend vorbereitet ist, um durch seinen Eintritt den
Portgang des Unterrichts nicht zu unterbrechen oder aufzuhalten. Wo dieser
Nachweis zweifelhaft erscheint, findet eine Prüfung statt. . 7. Welche Klassen
die neu eintretenden Schüler zu besuchen haben, bestimmt bei ihrer Aufnahme der
Director. Die Versetzungen erfolgen späterhin auf Grund der Beschlüsse des
Lehrer - GoUegiums. 8. Das Schulhonorar wird halbjährlich und im
Voraus entrichtet. Es beträgt für die' Vollschüler 72 Mark im Winter- und 48 Mark
im Sommersemester. Für die Hospitanten ist es je nach den von ihnen belegten
Klassen verschieden, 'also nur aus den speciellen Lehrplänen zu ersehen. — Wer
nach dem .1. Januar noch Aufnahme findet, zahlt nur die Hälfte des Semester-
betrages. Stundung des Honorars findet nicht statt. Jeder neu eintretende
Schüler hat aufser dem eigentlichen Honorar eine einmalige Einschreibe-
gebühr von 3 Mark zu entrichten. 9. Mittellosen Schülern kann ganz oder
teilweise freier Unterricht gewährt werden. Die Freistellen werden
jedoch immer nur für die Dauer eines Semesters und nur an solche Schüler ver-
geben, welche hinsichtlich ihres Fleifses und ihrer Begabung vorteilhaft bekannt
33
sind. Die Meldungen sind schriftlich, unter Beifügung amtlicher Zeugnisse über
die Mittellosigkeit, bis zum 15. Sept. resp. 15. März jedes Jahres im Bureau der
Schule einzureichen. 10. In auTserordentlichen und dringenden Fällen können
Schüler, welche die Anstalt bereits mit gutem Erfolge besucht haben, auch Unter-
stützungen erhalten. Die Gesuche sind dem Director persönlich vorzutragen.
11. Alljährlich findet eine Ausstellung der Schülerarbeiten statt. Jeder
Schüler ist verpflichtet, seine Arbeiten der Anstalt hierzu auf mindestens ein
Vierteljahr zu überlassen. 12. Zeugnisse werden den Schülern nur auf Ver-
langen ausgestellt.
Anhang auszuprs weise. Die Aufgaben des Unterrichts. Der Taffes-
unterricht ist auf einen mindestens 2janrigen Schulbesuch berechnet und dem-
gemäfs in 2 aufeinanderfolgende Curse eingeteilt, deren erster (oder elementarer)
keine praktischen oder theoretischen Kenntnisse bei den Schülern voraussetzt,
während in den zweiten nur solche aufgenommen werden können, welche die Vor-
bildung des ersten bereits erlangt haben. Die beiden Curse entsprechen einander
fast vollständig sowohl hinsichtlich der Lehrfächer wie auch der Lehrzeit der
einzelnen Klassen, derart, dafs jeder Schüler stets seinen Fähigkeiten entsprechend
beschäftigt werden kann, Einzelnen also auch die Möglichkeit geboten wird, wenn
sie die erforderlichen Vorkenntnisse besitzen, schon im ersten Studienjahre gewisse
Klassen des 2. Cursus zu besuchen. Die Seminarschüler, d. h. diejenigen,
welche sich zur Ablegung der Zeichenlehrer -(resp. Lehrerinnen-) Prüfung vor-
bereiten, haben neben den allgemeinen noch besondere Studien zu betreiben, von
denen die übrigen Schüler entbunden sind.
L Cursus. Omamentzeichnen (14 Stunden wöch.), Projectionslehre (ß, St.),
Oips-Zeichnen (12 St.), Omamentale Farben-Studien und gebundenes Omament-
zeichnen (4 St.), Modelliren (6 St).
Methodik des Zeichenunterrichts (6 St.). Winter-Semester. Das
Zeichnen flacher Gebilde: Gerade Linien und Winkel. Die regelnüfsigen geome-
trischen Figuren und der Kreis. Die gekrümmten Linien und ihre Anwendung
auf Stembifdungen. Wellenfriese und andere verwandte Formen. Symmetrische
Figuren. Das Oval, die Ellipse, Spirale und Schneckenlinie. Die wichtigsten
Bliktt- und Blüthenformen. Die Uebunffen werden sowohl im Zeichenheft wie
an der Schultafel ausgeführt und zwar alle freihändig, ohne Anwendung iro^end
welcher Hülfsmittel oder Listrumente. Während des Zeichnens an der Schultafel
müssen die Schüler zugleich kurze, gemeinfafsliche Erläuterungen über die Bedeu-
tung und Entstehung der darzustellenden Formen abgeben. Sommer-
Semester. Das Zeichnen körperlicher Gebilde : Die Körper mit ebenen Flächen :
Würfel, Kreuz, Prismen und Pyramiden in frontalen und in schrägen Stellungen.
Der verkürzte Kreis. Die Körper mit gebogenen Flächen: Cylinder, Halb- und
Viertelskehle, halbe Walze und Viertelsstab, Welle, einfache Geiäfsformen. Die
Zeichnungen werden alle nur im Umrifs hergestellt und in Heften, resp. auf dem
fleifsbrett ausgeführt. Die Klasse ist ausschliefslich für die Seminaristen, d. h.
diejenigen Schiller und Schülerinnen bestimmt, welche sich für das Lehramt vor-
bereiten, und hat den Zweck, diesen, neben der allgemeinen künstlerischen Aus-
bildung, welche die Anstalt überhaupt anstrebt, noch eine besondere Anleitung
für die Handhabung des Zeichenunterrichts an Gymnasien und Realschulen, resp.
Mädchenschulen, zu erteilen.
II. Cursus. Architektonisches Zeichnen und Ornament -Zeichnen (10 St.),
Projectionslehre (6 St.), GHps-Zeichnen (12 St), farbige Naturstudien (8 St.), Mo-
delliren (6 St.), Kunstgeschichte (4 St.).
Der Abendunterricht erstreckt sich im Wesentlichen auf dieselben Gegen-
stände wie der Tagesunterricht, doch läfst sich der Zusammenhang zwischen den
verschiedenen Lehmehern nicht in derselben Weise regeln wie dort, da nicht darauf
gerechnet werden kann, dafs die Abendschüler mehr als höchstens 2 Klassen neben
einander besuchen. Auch bedingt die kürzere Arbeitszeit der Klassen, welche
immer nur je 6 Stunden in derWoche beträgt, in vielen Fällen eine veränderte
Einteilung des Lehrstoffs. (Elementarzeichnen, Omamentzeichnen, Projectionslehre,
architektonisches Zeichnen, Gips-Zeichnen [Ornamente, Figürliches und Modelliren],
Anatomie, Methodik.)
24
Das j.Statnt der E. Akademie der Künste zn Berlin" v. 19. Juni
1882 macht (§ 53) die Znlassnng zn den ünterrichtscnrsen der Hochschnle far
die bildende Künste abhängig von dem Nachweis der allgemeinen Bildung,
welche zum einjähr, freiwill. Militärdienst berechtigt, femer einer nntadl. sitt-
lichen Fühmng, sowie einer für das erfolgreiche Studium der Kunst genügenden
Begabung und der für dasselbe nöthigen Fertigkeiten und Vorkenntnisse.
Turnunterricht/)
Die K. Turnlehrer-Bildungsanstalt zu Berlin.
C.Verf. V. 4. Apr. 1878. „Nach der diesseitigen CVerf. v. 18. Aug. 1851
trat an SteUe der damaligen Central-Bildungsanstalt für Lehrer in den Leibes-
übungen zu Anfang October 1851 eine für die Bessorts des K. Kriegsministeriums
und des K. Ministeriums der geistl. etc. Ang. gemeinschaftlich eingerichtete
Gentral-Turnanstalt in Wirksamkeit. Nachdem diese gemeinschaftliche Anstalt
26 Jahre hindurch bestanden hat, ist im Herbste y. J. eine Trennung der
beiden Abteilungen erfolgt, die bisherige Civilabteilung zu einer selbständigen
Anstalt umgebildet und derselben die Bezeichnung „Königliche Turnlehrer-
Bildungsanstalt beigelegt worden ^
C.Verf. V. 6. Juni 1884. ,Jn der K. Turnlehrer-Bildungsanstalt hierselbst
wird zu Anfang October d. J. wiederum ein sechsmonatlicher Cursus zur Aus-
bildung von Turnlehrern eröffnet werden. Für die Anmeldung und Auf-
nahme sind die beifolgenden Bestimmungen vom heutigen Tage mafsgebend.
Jedem Bewerber, resp. seitens der K. Regierung etc. Vorgeschlagenen ist ein
Exemplar zur Kenntnisnahme mitzuteilen. . . .
a) Bestimmungen, den Eintritt in die K. Turnlehrer-Bildungsanstalt
zu Berlin betreffend.
Für den Eintritt in die K. Turnlehrer-Bildungsanstalt zu Berlin gelten
folgende Bestimmungen: 1. Die Anstalt ist zur Ausbildung von Turnlehrern
für öffentliche Unterrichts -Anstalten aller Art — zunächst im Bessort des
Ministeriums der geistl. etc. Ang. — bestimmt 2. Bedingung für den
Eintritt als Eleve ist, dafs der Aufzunehmende bereits Lehrer einer öffentlichen
Unterrichts-Anstalt, oder dafs er Candidat des höh. Schulamtes ist. Hinsichtlich
der Volksschullehrer wird Werth darauf gelegt, dafs sie die zweite Lehrerprüfdng
bereits bestanden haben und dafs sie nach ihrer Stellung geeignet erscheinen,
neben Erlangung einer gröfseren Befähigung zur Erteilung des Turnunterrichtes
an ihrer Schule zugleich für die Ausbreitung dieses Unterrichtes in weiteren
Kreisen des Schulwesens thätig zu sein. 3. Andere Bewerber können,
soweit es die Verhältnisse der Anstalt gestatten, auf bestimmte Zeit als
Hospitanten in die Anstalt eintreten, wenn sie einen genügenden Grad wissen-
schaftlicher Bildung und turnerischer Fertigkeit nachweisen und die Verpflichtung
eingehen, sich der nächsten gemäfs der Pruiungs-Ordnung vom 10. September 1880
(s. unten Abschn. 11) stattfindenden Tumlehrer-Prüfiing zu unterziehen. 4. Die
definitive Aufnahme wird durch eine Prüfung bestimmt^ in welcher eine gewisse
körperliche Kraft und einige turnerische Fertigkeit nachzuweisen ist (Armbeugen
und -strecken im Hang und im Stütz, Hangeln, Felgaufschwung, Wende, Kehre,
ein mäfsig hoher Sprung u. s. w.). 5. Mit der Anmeldung ist ein Lebenslauf,
das Prüfongszeugnis bezw. das Zeugnis über das abgelegte Probejahr und ein
*) Vgl. Verordnungen und amtl. Bekanntmachungen über das Tumwesen in
Preufsen; von Dr. C. Euler und G. E ekler. 2. Aufl. Berlin 1884.
26
ärztliches Zeagnis darüber einzureichen, dafs der Körperzastand und die Gesundheit
des Bewerbers die mit grofser Anstrengang verbundene Ausbildung zum Turn-
lehrer gestatten. — Bei dem Eintritte in die Anstalt werden die Aufeunehmenden
hinsichtlith ihres Gesundheitszustandes durch den Anstaltsarzt noch einer Super-
revision unterworfen, von deren Ausfall die definitive Aufnahme ebenfalls ab-
hängig ist 6. Nur Lehrern in noch nicht vorgerücktem Lebensalter, vorzugs-
weise unverheiratheten, ist die Meldung zu empfehlen. Verheiratheten Lehrern
ist jedenfalls ernstlich abzurathen, ihre Familie mit hierher zu bringen. 7. Der
Unterricht in der Anstalt ist unentgeltlich. Die durch den Aufenthalt in
Berlin etc. entstehenden Kosten sind von den Lehrern selbst aufzubringen. In
dazu geeigneten Fällen können jedoch den Eleven Unterstützungen aus Gentral-
fonds gewährt werden, indes lediglich für den Unterhalt hier, während Beihülfen
zu den Kosten der Her- und Bückroise, der Vertretung im Amte, für den Unterhalt
der zurückbleibenden Familien u. s. w. nicht bewiUigt werden. Die hier
gewährten Unterstützungen werden erst am Ende jedes Monates gezahlt
8. Ein Eleve braucht zu seinam Unterhalte hierselbst erfahrungsmäfsig —
namentlich mit Bücksicht auf das gesteigerte Bedürfnis einer kräftigen Nahrung
— etwa 120 Mk. monatlich. Um meinerseits sogleich bei der Entschliefsung
über die Aufnahme einen zuverlässigen Ueberblick über die aus Gentralfonds
zu gewährenden Unterstützungen gewinnen zu können, mufs jeder Bewerber bei
der Anmeldung nach sorgfältiger Prüfung seiner Verhältnisse bestimmt nach-
weisen und bezw. amtlich beglaubigen lassen, dafs ihm für seinen Unterhalt
hier der erwähnte Betrag zur Verfügung steht, oder welcher Beihilfe er dazu
bedarf. Jeder Bewerber hat demnach anzugeben, wie viel ihm während seines
hiesigen Aufenthaltes von dem Einkommen seiner Stelle verbleibt, ob und
welche Unterstützungen ihm aus der Schulkasse oder sonst gewährt werden,
und wie viel er aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Wenn ein verheiratheter
Lehrer die Aufnahme nachsucht, sind die Unterhaltungskosten für seine Familie
in Anrechnung zu bringen, und wenn einem Bewerber nachweisbar die Unter-
stützung naher Verwandten obliegt und solche bisher von ihm gewährt worden
ist, so kann auch dieser Umstand bei Feststellung, seiner Unterstützungs-
bedürftigkeit nicht aufser Acht bleiben. Den Cursisten müssen während ihres
Aufenthaltes hierselbst pecuniäre Verlegenheiten, welche nachteilig auf ihre
Ausbildung im Turnen und auf die Benutzung der gleichzeitig gebotenen
Gelegenheiten zu anderweiter Fortbildung einwirken, nach Möglichkeit erspart
werden. Unterstützungsgesuche, welche während des Cursus an das Ministerium
gerichtet werden, können nur dann eine Berücksichtigung erfahren, wenn in
Folge unvorhergesehener Zwischenfälle das Bedürfnis einer aufserordenüichen
Beihülfe eingetreten ist." Berlin, den 6. Juni 1884. Der Minister der
geistL etc. Ang. In Vertr.: Lucanus.
Die Eleven der K. Turnlehrer -Bildungsanstalt erhalten wöchentl. 23 bis
24 Unterrichtsstunden, welche, auf die Vormittage von 8 bis 12 bezw. 1 Uhr
fallen. Dazu kommen 2 Stunden Schwin^monterricht Mittwochs und Sonnabends
Nachmittag. Anfserdem hat jeder Eleve vom November ab wöchentl. eine Turn-
lection anter Anleitung und Aufsicht der Lehrer zu erteilen. Die übrige Zeit,
soweit dieselbe nicht zur häuslichen Repetition und zur Ausarbeitung aufgegebener
schriftl. Arbeiten bezw. zur Anfertig^npf von Zeichnungen für Tumgeräthe benutzt
wird, können die Eleven zu ihrer sonstigen Fortbildung verwenden. Um in dieser
Beziehung den Aufenthalt in Berlin nützlich zu machen, sind seitens des Directors
der Anstalt (jetzt Geh. Ober^Begierungsrath Waetzoldt) Curse im Zeichnen, in der
Chemie und ein Stimmbildungsoursus eingerichtet, wofür die Kosten aus Staats-
mitteln bestritten werden. Auch ist den Eleven die Teilnahme an den Uebungen
und Aufführungen der Singakademie, sowie der freie Besuch der £. Theater bei
Vorstellungen classischer Dramen ermöglicht. Femer werden die Eleven unter
Yermittelung des Unterrichtsdirigenten (Prof. Dr, Euler) zur K. Sternwarte, zum
26
Museam für Völkerkunde, event. auch zum botanischen Gkurten, zum KaiserL
Telegraphenamt u. s. w. geleitet, um unter instructiver Führung genauere Kenntnis
von der Einrichtung und dem Inhalt dieser Institute zu erhalten. Ferner wird
ihnen Gelegenheit geboten, in Gemeinschaft mit den Eleven der K» Militär-
Turnanstalt den Exercitien der städtischen Feuerwehr beizuwohnen und ihre
Organisation kennen zu lernen. Der Eintritt in das Aquarium ist zu ermäfsigten
Preisen gestattet.
Die Zahl der Eleven beträgt 60 bis 70. Dieselben werden zur Zeit
unterrichtet von dem Unterrichtsdirigenten- als erstem, dem Oberlehrer Eckler als
zweitem Lehrer und dem Dr. Brösuce als vortragendem Arzte, welcher zugleich
in Krankheitsfällen unentgeltliche Behandlung gewährt. Fünf Hülfslehrer werden-
jährlich aus der Zahl der früheren Eleven einberufen, welche den praktischen
Unterricht im Turnen, Fechten und Schwimmen, jeder an eine ihm untergebene
Abteilung, erteilen und den applicatorischen Unterricht mitbeaufsichtigen.
Den Unterrichtsstoff bilden 1. Vorträge über die geschichtliche Ent-
wickelung der Leibesübungen, Systematik, Methodik, Didaktik des Turnens;
2. Geräthkunde ; 3. Vorträge über Anatomie, Physiologie, Anleitung zu den ersten
Hülfsleistungen für Unglücksfälle, welche während 'des Turnens eintreten können.
Der praktische Unterricht im Turnen erstreckt sich auf a) Frei- u. Ordnungs-
übungen, b) Uebungen mit Handgeräthen (Holz- u. Eisenstab, Hantel, Gewichte,
Wurfgeräthe), c) Uebungen an den Gerüsten und Geräthen, d) Ringen, e) Fechten
(auf Stofs und Hieb), f) Gesangreigen, Tumspiele u. s. w.
Lehrmittel sind reichlich vorhanden. Die Bibliothek ist eine der voll-
stöndigsten Fachbibliotheken und wird durch Schriften der Fachlitteratur jährlich
ergänzt. Modelle von Turnhallen, eines Turnplatzes« einer Schwimmanstalt, einzelner
Tumgeräthe und Geräthteile sind aufgestellt.
Der applicatorische Unterricht ist mit dem Turnunterricht der n^ttleren
und oberen l^lassen des K. Wilhelms- Gjrmnasiums, sowie mit demjenigen des
K. Seminars für Stadtschulen, der Seminarschule und der Präparandenans^alt in
Verbindung gesetzt. ^
Um eine Anschauung des Mädchentumens zu gewinnen, wohnen die Ijleven
eintnal im Winter dem von Lehrerinnen erteilten Turnunterricht in der K. AuÄusta-
schule bei; auch dürfen sie bei dem vom Unterrichtsdirigenten geleiteten Fort-
bildungscursus für Tumlehrerinnen einmal in der Gesamtheit, einzeln auch öfter
hospitiren. \
Der Schwimmunterricht wird in einer zu dem Zweck gemietheten Winter-
Schwimmanstalt erteilt. Die Erlangung einer Qualification für denselben ist Von
einer praktischen und theoretischen Prüfung abhängig. \
Denjenigen Eleven, welche die Prüfung für den Unterricht an höheren
Bildungsanstalten abgeleistet haben, steht der Zutritt zu den Versammlungen der
Berliner Gymnasiallehrergesellschaft gastweise offen, wenn sie sich bei ihrer
persönlichen Erscheinen dem Vorsitzenden derselben vorstellen und ihre Name
aufschreiben.
Zu den Veranstaltungen, welche teils unmittelbar teils entfernter dein
Lehramt an höheren Schulen zu gute kommen, gehören auch das französische!
und die archäologischen Beisestipendien ; ebenso' diejenigen Stipendien, welche
der Unterrichtsmin. aus seinem Fonds „für Wissenschaft und Kunst" zu wissen-
sohaftl. Reisen verleiht, und die vom Fürsten v. Bismarck gegründete Schön-
hauser Stiftung.
Das französische Beisestipendiiim.
Zur Ausbildung von Lehrern für den Unterricht in der französischen
Sprache ist von Friedrich Wilhelm III. durch C. 0. v. 2. Dec. 1838 ein Stipen-
dium von 400 Thlm. gestiftet worden. Dasselbe wird auf den Vorschlag des
ünterrichtsministers vom Könige an solche junge Männer verliehen, welche sich
durch grammatische und litterarische Studien genügend vorbereitet und auch
27
im Schreiben nnd Sprechen des Französischen eine solche Fertigkeit bereits
erworben haben, dafs zu erwarten ist, sie werden sich dnrch einen einjähr. Auf-
enthalt in Frankreich diejenige feinere Ausbildung im Gebrauch der Sprache
aneignen können, welche nur dort zu erlangen ist.
Bis zum Jahre 1857 wurde das Stipendium alljährlich verliehen. Um
jedoch den betr. jungen Männern für einen einjähr. Aufenthalt in Frankreich
ausreichendere Mittel zu gewähren, als es nach den veränderten Zeitumständen
400 Thlr. waren, wurde durch C. 0. v. 26. Oct. 1857 bestimmt, daf^ das
Stipendium hinfort innerhalb 3 Jahre nicht mehr 3 mal, sondern 2mal mit je
600 Thlm. auf die Dauer eines Jahres bewilligt werde. Die Anträge auf Ver-
leihung des Stip. bei des Königs Maj. bedürfen der Zustimmung des Finanz-
ministers. ^)
Das archäologische Beisestipendlam.
Aus dem Statut für das Institut für archäoL Correspondenz
V. 18. Mai 1874 (s. den Deutschen Beichs- und E. preuüs. Staatsanzeiger
V. 24. Oct. 1878 Nr. 251).
„§ 19. um die archäolog. Studien zu beleben und die anschauliche
Kenntnis des class. Altertums möglichst zu verbreiten, insbesondere um für,
das röm. Institut für archäolog. Correspondenz leitende Kräfte und für die
Vaterland. Universitäten Lehrer der Archäologie heranzubilden, werden mit dem
genannten Institut 5 jährl. Beisestipendien, ein jedes im Belauf von 3000 Mark
verbunden, welche den nachstehenden Bestimmungen gemäfs vergeben wer-
den sollen. ^
§ 20. Zur Bewerbung um vier der gedachten Stipendien wird der Nach-
weis erfordert, dafs der Bewerber entweder an einer Universität des deutschen
Beichs, resp. an der Akademie zu Münster die philosoph. Doctorwürde erlangt
oder das Examen pro facult. docendi bestanden und in demselben für den
Unterr. in den alten Sprachen in der obersten Gymnasialkl. die Befähigung
nachgewiesen hat. Der Bewerber hat femer nachzuweisen, dafs zwischen dem
Tage, an welchem er promovirt worden ist oder das Oberlehrerexamen absolvirt
ha^ event wo beides stattgefunden, dem späteren von beiden, und dem Tage,
an welchem das nachgesuchte Stip. für ihn fällig werden würde, höchstens ein
3jähr. Zwischenraum liegt. Für das fünfte der jährL zu vergebenden Stipp.,
welches in erster Beihe bestimmt ist, die Erforschung der christl. Altertümer
der röm. Eaiserzeit zu fördern, wird erfordert, dafs der Bewerber an der theol.
Facultät einer Universität des deutschen Beichs den Cursus der Protestant oder
der kathol. Theologie absolvirt, d. h. nach Ablauf mindestens des akadem.
Trienniums in ordnungsmäfsiger Weise die Exmatriculation bewirkt hat, und
dafs er an dem Tage wo das Stip. fällig wird, das 30. Lebensjahr noch nicht
überschritten hat.
§ 21. Der Bewerber hat femer die gutachtl. Aeufsemng der philosoph.
resp. theoL Facultät einer Universität des deutschen Beichs oder der Akademie
zu Münster oder auch einzelner bei einer solchen Facultät angestellter Profes-
soren der einschlagenden Wissenschaft!. Fächer über seine bisherigen Leistungen
und seine Befähigung zu erwirken und seinem Gesuch beizufügen, auch, falls
er schon litterar. Leistungen aufzuweisen hat, womöglich dieselben mit einzu-
senden. Femer sind in dem Gesuch die besonderen Beisezwecke kurz zu be-
zeichnen. Dafs unter den Beisezielen in der Begel Bom mitinbegriffen sei,
liegt im Geiste der Stiftung.
* .. .
^) Aus den noch in der 2. Aufl. erwähnten französischen Stipen-
diatenstellen amK. franz. Gymn. 2u Berlin ist seit 1. April 1870 eine ordent-
liche Lehrerstelle gebildet worden.
28
Bei Gesuchen um Verlängermig des Stip. finden diese Bestimmungen
keine Anwendung. Dagegen ist hier eine übersichti. Darstellung der bisher.
Beiseergebnisse in das Gesnch aufzunehmen und wird, falls der Stipendiat bereits
in Bom oder Athen sich aufgehalten hat oder noch aufhält, über seine Leistungen
und seine Befähigung das Gutachten des Secretariats des Instituts erfordert
§ 22. Die Gesuche um Erteilung des Stip. sind in jedem Jahre Tor dem
1. Febr. desselben an die Centraldirection des archäolog. Instituts nach Berlin
einzusenden, welche die Wahl nach vorgenommener Prüfung der Qualification
des Bewerbers in der Gesamtsitzung vornimmt. Bei gleicher wissenschaftl.
Tüchtigkeit wird die Direction denjenigen Bewerbern den Vorzug geben, di»
neben der unerläfsl. philolog. Bildung sich bereits einen gewissen Grad kunst-
geschichtiicher Kenntnisse und monumentaler Anschauungen zu eigen gemacht
haben und welche dem archäol. Institut oder den deutschen Lehranstalten oder
Museen dereinst nützlich zu werden versprechen.
§ 23. Die Stipendien können nicht cumulirt, noch auf länger als 1 Jahr
vergeben werden ; doch ist die Verlängerung des Genusses auf ein zweites Jahr
zulässig. * Die Wiedergewährung des im § 20 bezeichneten fänftien Stipendium»
auf ein zweites Jahr kann auch erfolgen, wenn der Stipendiat bei eintretender
Fälligkeit des zweiten Stip. das 30. Lebensjahr bereits überschritten haben sollte.
§ 24. Dispensation von den in den §§ 20, 21, 23 aufgestellten Vor-
schriften erteilt in besonderen Fällen das Auswärtige Amt nach Anhörung der
Centraldirection.
§ 25 Die schliefsl. Entscheidung wird in der Begel vor Ablauf des-
Julimonats den Empfängern mitgeteilt, deren Namen in dem „Beichsanzeiger^*
veröffenüicht werden.
§ 26. Das Stip. wird jährl. am 1. Oct. fällig und der ganze Jahresbetrag^
auf einmal dem Bewerber oder seinem gehörig legitimirten Bevollmächtigten
durch die Legationskasse gegen Quittung ausgezahlt.
§ 28. Der Stipendiat ist verpflichtet, so lange er in Bom oder Athen
Terweilt, an den Sitzungen des Instituts regelm. Anteil zu nehmen. Er hat
überdies während seiner Beise die Zwecke des Instituts nach Möglichkeit zu
fördern und nach Beendigung derselben über deren Ergebnis einen summarischen
Bericht an die Centraldirection einzusenden."
Die Charlottenstiftung für Philologie (errichtet von Charlotte Stiepel
geb. Freiin v. Hopffgarten) gewährt als Stipendium auf die Dauer von 4 Jahren
die Zinsen eines Kap. von 10,000 Thlm. Aufserdem hat die Stifterin ein Stip.
von 2000 Thlm. ausgesetzt zum Zweck eines Aufenthalts in Italien behufs
archäologischer Studien. In beiden Fällen mufs der Bewerber ein dem deutschen
Beich angehöriger Philologe sein, welcher die Universitätsstudien vollendet und
den Philosoph. Doctorgrad erlangt oder die Prüfung für das höh. Schul^mt
bestanden hat, aber zur Zeit der Bewerbung noch ohne feste Anstellung ist —
Curator der Stiftung ist der jedesmalige Kanzler des deutschen Beichs. Mit
der wissenschaftl. Leitung derselben ist die K. preufs. Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin beauftragt. Die Gewährung des Stip. ist von der Lösung
einer Preisaufgabe abhängig, deren Thema in jedem vierten Jahre am Leibniz-
tage in der öff. Sitzung der Akademie und dann durch die Zeitungen bekannt
gemacht wird. Die weiteren statutar. Bestimmungen s. im CBl. 1874 p. 644.
Die Schönhauser Stiftung.
„Auf Ihren Bericht vom 6. August d. J., will Ich die vom Beichskanzler
Fürsten von Bismarck mit der aus Anlafs seines 70. Geburtstages ge-
sammelten und ihm zur freien Verfügung gestellten Summe gegründete „Schön-
29
haaser Stiftung*' auf Grnnd des anliegenden Statuts d. d. Schönhausen, den
21. Mai d. J. unter Verleihung der Bechte 'einer juristischen Person hierdurch
genehmigen." Bad Gastein, den 8. August 1885. gez. Wilhelm.
Für den Minister des Innern, den Justizminister und den Minister der
geistl. etc. Ang. ggz. von Scholz.
•
Statut der Schönhauser Stiftung. „Aus Anlafs meines am
1. April 1885 Tollendeten siebenzigsten Lebensjahres und meines Dienst-
jubiläums sind mir Ton Deutschen innerhalb und aufserhalb des Reiches
gesammelte Geldbeträge behufs Begründung einer Stiftung, deren Bestimmung
mir überlassen wurde, zur Verfügung gestellt worden.
Mit Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers und Königs bestimme ich
diese mir übergebenen Geldspenden und die Mittel, welche ich sonst zu diesem
Zwecke überweisen werde, zu einer Stiftung für den höheren Lehrerstand im
Deutschen Beiche, die den Namen „Schönhauser Stiftung" führen wird, und
für welche die folgenden Vorschriften mafsgebend sein sollen.
§ 1. Zweck der Stiftung ist, deutschen jungen Männern, welche sich
dem höheren Lehrfache an deutschen höheren Lehranstalten widmen, vor ihrer
besoldeten Anstellung Unterstützungen zu gewähren, auch im Inlande wohnenden
Wittwen von Lehrern des höheren Lehrfaches Beihülfe für ihreb Lebensunterhalt
nnd für die Erziehung ihrer Kinder zu leisten. § 2. Der Sitz der Stiftung
ist zu Schönhausen, wo ich die für ihre Verwaltung erforderlichen Bäume an-
weisen werde. § 3. Die dem Zwecke der Stiftung gewidmeten Mittel sind
die durch die bezeichneten Sammlungen zusammengebrachten Geldspenden,
welche sich auf die Summe von 1200000 M. belaufen, sowie diejenigen
Spenden, welche mir bis nach vollständiger Feststellung der Eingänge noch
werden zur Verfügung gestellt oder von mir und Anderen der Stiftung femer
zugewandt werden. § 4. Die Stiftung wird, so lange ich lebe, von mir
als ihrem Vorsteher verwaltet und in allen ihren Angelegenheiten nach Aufsen
vertreten. Für die Zukunft und nach meinem Tode gebührt als ihrem
Vorsteher die Verwaltung und Vertretung der Stiftung demjenigen Mitgliede
meiner Familie, welches nach den von mir getroffenen Bestimmungen über das
Fürstlich Bismarckscho Familienfideicommifs zum Besitze des Stammgutes
Schönhausen gelangt Wird das Fideicommifs aufgehoben, so soll die
Verwaltung und Vertretung der Stiftung demjenigen Mitgliede meiner Familie
zustehen, welches nach der von mir für das vorstehende Familienfideicommifs
angeordneten Linealgradualerbfolge zu dem Besitze meines Stammgutes Schön-
hausen, wenn dieses die Fideicommifseigenschaft beibehalten hätte, berechtigt
gewesen wäre. So lange der Vorsteher der Stiftung an der selbständigen
Verwaltung seines Vermögens verhindert ist, steht die Verwaltung und Ver-
tretung der Stiftung seinem Vormunde nach Mafsgabe dieses Statuts zu.
§ 5. Der Vorsteher der Stiftung (§ 4) ist befugt, an seiner Stelle die Ver-
waltung und Vertretung der Stiftung mit den von ihm zu bestimmenden Be-
schränkungen durch eine notariell beglaubigte Erklärung zu übertragen. Der
im § 4 erwähnte Vormund ist zu einer solchen Uebertragung nicht berechtigt
§ 6. Das Kapitalsvermögen der Stiftung ist von dem Vorsteher nach freiem
Ermessen in Schuldverschreibungen, welche von dem Deutschen Beiche oder von
einem deutschen Bundesstaate mit gesetzlicher Ermächtigung ausgestellt sind,
oder in Schuldverschreibungen, deren Veninsung von dem Deutschen Beiche
oder von einem deutschen Bundesstaate gesetzlich gewährleistet ist, oder in
Bentenbriefen der zur Vermittelung der Ablösung von Beuten bestehenden
Bentenbanken oder in Schuldverschreibungen, welche von deutschen communalen
Corporationen (Provinzen, Kreisen, Gemeinden u. s. w.) oder von deren Credit-
anstalten ausgestellt und entweder seitens der Inhaber kündbar sind oder einer
30
Tegelmäfsigen Amortisation unterliegen, oder anf solche Hypotheken oder Gnind-
schnlden, welche nach Yormnndschaftsrecht als sicher gelten, zinsbar anzu-
legen. Sollten Grundstöcke aus dem Vermögen der Stiftung angekauft
werden, so kann der Vorsteher dieselben durch Beamte der Stiftung verwalten
oder verpachten und wieder veräufsern. § 7. Zu den Unterstützungen sind,
abzüglich der Verwaltungskosten, die jährlichen Einkünfte zu verwenden. • Das
Geschäftsjahr beginnt am 1. October. § 8. Die Unterstützungen werden
an Candidaten des höheren Lehramts in der Begel im Betrage von
1000 M. jährlich nach erfolgter Ablegung der zu einer Anstellung als Lehrer
des höheren Lehrfachs berechtigenden Staatsprüfung bis zu dem Zeitpunkte, an
welchem der Empfänger eine besoldete Anstellung als Lehrer erhält, jedoch auf
nicht länger als auf die Dauer von im Ganzen höchstens 6 Jahren gewährt.
Ingleichen soll der Vorsteher der Stiftung berechtigt sein, solchen Lehrern,
welche die Staatsprüfung far das höhere Lehrfach abgelegt haben, ohne Bücksicht
darauf, ob sie sich bereits in dem Genufs einer besoldeten Stelle befinden oder
nicht, aus den Einkünften der Stiftung Stipendien zu Studien im Auslande
oder in Deutschland aufserhalb ihrer Heimath zu gewähren. An Söhne von
Lehrern höherer Schulen können auch schon während ihrer Studienzeit Unter-
stützungen in dem vorgedachten oder in einem geringeren Betrage gewährt
werden, wenn sie sich dem höheren Lehrfache widmen. Die Zeit der auf der
Universität gewährten Unterstützungen ist auf den im ersten Absatz bezeichneten
höchsten Zeitraum nicht einzurechnen. § 9. Die Aaswahl der zu Unter-
stützenden aus den Angehörigen des Deutschen Beiches steht ausschliefslich
dem Vorsteher der Stiftung zu. Derselbe soll darauf bedacht sein, dafs die
Verteilung der Unterstützungsbeträge auf die Angehörigen der einzelnen deutschen
Staaten in einem der Bevölkerung oder der Zahl der höheren Lehranstalten in
jedem derselben ungefähr entsprechenden Verhältnis entfällt. Auch sollen unter
den Bewerbern die Söhne von Lehrern des höheren Lehrfachs den Vorzug haben.
Welcher der vorstehend bezeichneten Kategorien die Mittel der Stiftung
vorzugsweise zugewendet werden sollen; hat der Vorsteher nach Mafsgabe
der Erfahrungen über das vorwiegende Bedürfnis zu ermessen. Ein festes
Verhältnis f&r die Verteilung unter die verschiedenen Kategorien wird nicht
vorgeschrieben. §. 10. Die Zuweisung der Unterstützungen soll nach dem
Ermessen des Vorstehers der Stiftung in der Begel auf die gesamte im § 8
bestimmte Dauer erfolgen, ist jedoch jederzeit widerruflich, so dafs aus der
Bewilligungszusage ein Becht auf den Fortbezug der Unterstntzungen Niemand
erlangt. Es mufs jedoch die einmal zugewiesene Unterstützung mindestens
während zweier Semester gezahlt werden. Auch ist ein Widerruf nur dann
giltig, wenn er spätestens vor Beginn desjenigen Semesters erklärt wird, bis
zu dessen Ende die Unterstützung noch gewährt wird. Die Widerrufserklärung
kann mittels eingeschriebenen Briefes mit notariell bescheinigter Unterschrift
an diö letzte bekannte Adresse des Empfängers erfolgen. Die Art, in welcher
der zugewiesene Betrag an die zu Unterstützenden verteilt wird, insbesondere
ob die Zuteilung auf einmal oder in terminlichen Leistungen erfolgt, hängt
lediglich von dem Ermessen des Vorstehers der Stifbung ab.
§ 11. Soweit in einem Jahre die Einkünfte des Stiftungsvermögens
Mangels geeigneter Empfänger nach Mafsgabe des § 8 nicht erschöpft werden,
soll der Vorsteher der Stiftung die nicht zur Verwendung gelangten Beträge
der Jahreseinnahme Wittwen von Lehrern des höheren Lehrfachs für ihren
Lebensunterhalt oder für die Erziehung ihrer Kinder zuwenden. In der
Auswahl der zu unterstützenden Wittwen, auf welche die Vorschrift des § 9
entsprechende Anwendung zu finden hat, und in der Höhe der Zuwendung ist
der Vorsteher d^ Stiftung keinen Beschränkungen unterworfen. Für das
Jahr vom 1. October 1885 bis dahin 1886 bleibt der Zuschlag der nicht zur
31
t
Yerwendnng gelangten Einnahmen der Stiftung zn dem Kapital derselben ge>
stattet In späteren Jahren soll die volle Einnahme nach Abzng der Yerwal-
tnngskosten in jedem Jahre znr stifknngsmäfsigen Verwendung gebracht werden.
So weit dies gelingt, sind die Beste im Laufe des nächsten Jahres stiftungs-
mäfsig auszugeben, so dafs Ersparungen zur Erhöhung des Stifkmgskapit^s
nur zur Deckung von Verlusten, die an demselben stattgefunden hätten, zu-
lässig sind. Hiervon abgesehen soll nicht thesaurisirt, sondern alles verwendet
werden.
§ 12. Der Vorsteher der Stiftung bedient sich zur Hülfeleistung bei der
Geschäftefnhrung eines Stiftungssecretärs und sonstiger Beamten, welche er
nach seinem Ermessen für erforderlich hält. Die Stiftungsbeamten werden
auf Kündigung von dem Vorsteher ernannt und entlassen; sie haben lediglich
nach Mafsgabe der ihnen von diesem gegebenen Anweisung zu handeln.
Die Besoldung der Stiftungsbeamten, eine etwaige Pension derselben, sowie
die sonstigen Kosten der Stiftungsverwaltung werden lediglich von dem Vor-
steher der Stiftung festgestellt und aus den Einkünften derselben bestritten.
§ 13. Die Verleihung des Bezugs der Unterstützugen findet alljährlich
am 1. October statt; das erste Mal erfolgt sie am 1. October 1885. Mel-
dungen zum Bezug der ünterstüzungen sind in der Begel nur zu berück-
sichtigen, wenn sie spätestens bis zu dem 1. Juli, welcher dem Zuweisungstage
voraufgeht, an den Stiftungssecretär in SchOnhausen gelangt sind.
§ 14. Die landeshenliche Aufsicht über die Stiftung wird durch den
jedesmaligen ersten Präsidenten des Preufsischen Herrenhauses ausgeübt.
§ 15. Abänderungen des Statuts können von dem Vorsteher der Stiftung vor-
genommen werden. Sofern dieselben den Zweck, den Sitz und die äufsere
Vertretung der Stiftung betreffen, bedürfen sie der landesherrlichen Genehmigung.
Sonstige Aenderungen bedürfen der Genehmigung des ersten Präsidenten des
Preufsischen Herrenhauses."
Schönhausen, 21. Mai 1885. gez. v. Bismarck.
An den ersten Präsidenten des Herrenhauses, Se. Durchl. Victor^
Herzog von Ratibor etc. « Varzin, den 81 . August 1 885. Durchlauchtigster
Herzog! Aus den Spenden, welche Ew. Durchlaucht im Auftrage eines Comite's
aus Anlafs meines 70 jährigen Geburtstages und meines Dienstjubiläums behufs
Begründung einer Stiftung mir zur Verfügung gestellt, habe ich in Anknüpfung
an das andere mir gewährte Nationalgeschenk die „Schönhauser Stiftung" begründet,
deren in der Anlage ergebenst beigefügtes Statut durch die abschriftlich eben-
mäfsig beigeschlossene Allerhöchste Cflibinets - Ordre vom 8. August d. Js. die
landesherrliche Genehmigung und die Rechte einer juristischen rerson erhalten
hat. Wie Ew. Durchlaucht geneigtest dem Inhalte dieses Statutes entnehmen
wollen, sind die Einkünfte der Stiftung zur Unterstützung für Beflissene des
höheren Lehrfachs bestimmt. Mafsgebend für diese Bestimmung war für mich der
Gedanke, dafs die Stiftung, deren Mittel im ganzen Reiche aufgebracht sind, auch
in ihrer Wirkung im gleichen Umfange sichtbar gemacht werden müfste. Aua
dieser Erwägung verbot sich eine Zuwendung 'zu Gunsten der Arbeiter, weil eine
solche nur einzelnen Landesteilen zu Gute hätte kommen können. Eine Ver-
wendung zu Gufisten der Theologen fand in der Verschiedenheit der Confessionen
ein Hindernis. Dagegen bedarf das höhere Lehrfach auch noch deshalb einer
besonderen Unterstützung, weil es die Pflegstätte des nationalen Gedankens bildet
und in seiner idealen Gesinnung, ohne welche der Lehrerstand seinem mühevollen
und selten einträglichen Berufe nicht würde treu bleiben können, ein sittliches
Gegengewicht zu dem Materialismus der Zeit darstellt. Die Erhaltung und Pflege
dieser Gesinnung bei der Jugend liegt in den Händen der Lehrer und ist für
unsere nationalelßntwickelung von hoher Bedeutung. Von besonderer Wichtigkeit
ist es für mich, die staatliche Aufsicht über die Stiftung einer Stelle anvertraut
zu wissen, an welcher ich einen festen Anhalt für die Pflege nationaler Gesinnung,
unabhängig von dem wechselnden Einflufs der Parteien, für die Zukunft erhoffen
darf. Ohne nähere Bestimmung würde diese staatliche Aufsicht Behörden zufallen.
32
welche in ihrer politischen Zusammensetzung und Gesinnung dem Wechsel unter-
worfen sind und von Aenderungen im Systeme der Regierung beeinflufst werden.
Bei dem jeweiligen Präsidenten des PreuTsischen Herrenhauses darf ich mehr als
bei anderen Stellen Unabhängigkeit von wechselnden politischen Strömungen
voraussetzen. Die Berechtigung Seiner Majestät zur Bestellung desselben als
Aufsichtsorgan hat in der Allerhöchsten Gabinets-OrdrCf welche das Statut bestätiget
hat, ihren bestimmten Ausdruck gefunden. Wenn ich mich der HoÖhung hin-
geben darf, dafs Ew. Durchlaucht meiner Auffassung im Wesentlichen beipflichten,
so bin ich sicher, dafs bei Hochden selben meine Bitte, die durch das Statut über-
tragene Aufsicht als derzeitiger erster Präsident des Herrenhauses übernehmen zu
woneD, eine geneigte Zustimmung finden wird. Ich bitte zugleich, meinen
Vorschlag als ein Zeichen meiner ganz besonderen Verehrung aufzufusen, mit
welcher ich bin £w. Durchlaucht ergebenster Diener v. Bismarck."
An Se. Durchlaucht den Fürsten v. Bismarck, Kanzler etc.
„Bauden, am 3. Sept. 1885. Durchlauchtigster Fürst ! Eure Durchlaucht haben die
Geneigtheit gehabt, mittelst des sehr geehrten Schreibens vom 31. v. Mts. das
Statut der Schönhauser Stiftung, hervorgegangen aus der Sammlung aus Anlafs
Ihres 70jährigen Geburtstages und Ihres Dienstjubiläums, und die Abschrift der
Allerhöchsten Cabinets- Ordre vom 8. August er. betreffend die Landesherrliche
Gtenehmigung dieses Statuts zu übersenden und sage ich Ihnen dafür meinen ganz
ergebensten Dank. Gleichzeitig erkläre ich mich sehr gern bereit, die in diesem
Statut (S 14) übertragene Pflicht zu übernehmen und als erster Präsident des
Herrenhauses die Landesherrliche Aufsicht über dieses Statut auszuüben und sehe
darin einen besonderen Beweis Ihres Vertrauens zu dem jeweiligen Inhaber dieser
Stelle. Was mich betrifft, so darf ich wohl versichern, dafs ich mich dieser
Aufgabe mit Freuden unterziehen und dieselbe unabhängig von dem wechselnden
Einflüsse der Parteien auszuüben mich bemühen werde. Auch bin ich überzeugt,
dafs jeder meiner Nachfolp^er in dieser Stellung diese Auffassung teilen und in
gleichem Sinne, wie ich, die Aufgabe zu erfüllen bestrebt sein wird. Ich darf
wohl noch hinzufügen, dafs es mich, der ich mit Freuden zum Zustandekommen
dieses Fonds nach meinen schwachen Kräften mich bemüht habe, mit besonderer
Genugthuung erfüllt, auch ferner in Verbindung mit demselben bleiben zu
dürfen. Ich ergreife diese Gelegenheit, Eurer Durchlaucht die Versicherung
meiner unbegrenzten Verehrung auszusprechen, mit welcher ich verbleibe Eurer
Durchlaucht ergebenster Diener V. Herzog von Ratibor."
IL
Die Prüfungen für das höhere Schulamt.
Die WiBsensohaftliohen Früfüngsoommissionen.^)
Nach der Instr. v. 23. Dec. 1816, deren Fassung in vielen einzelnen
BeBtimmnngen den jetzt bestehenden Verhältnissen der Schnlverwaltang nicht
mehr entspricht, haben die Wissenschaftl. Prüfungscomm. im Auftrage der
E. Prov.Sch.CG. die Prüfdngen der Candidaten des höh. Schnlamts abzuhalten
und die Verhandlungen der Abiturientenprnfdngen zu revidiren.^) Aufserdem
*) Dieselben sind im Jahre 1816 an die Stelle der 1810 errichteten „Wissen-
schaftl. Deputationen" getreten. Ueber das Historische vgl. Histstatist. Darat.
I p. 6, 703. n p. 610, wo auch Mitteilungen über das bisher. Prüfungsverfahren
in den neupreufs. Provinzen.
■) S. Abt. I p. 402. 413. 440.
33
flind die K. Prov.Sch.CC. befugt, ihnen Einrichtungs- nnd Lejirpläne der Gym-
nasien, ebenso Lehrbücher und andere in das gelehrte Schulwesen einschlagende
Gegenstände zu gutachtl. Aeufserung mitzuteilen. — Die Mitglieder der Com-
missionen werden vom Minister auf ein Jahr ernannt. Der Dir. der Commission
erstattet in Angelegenheiten der Candidatenprüfungen dem Minister nnmittelbar
Bericht.
Ordnung der Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen
vom 5. Februar 1887.
„§ 1. Prüfungsbehörde. Die Prüfung für das Lehramt an höheren
Schulen wird vor einer der Königlichen Wissenschartlichen Prafungscommissionen
abgelegt.
Der Minister der geistl., ünt.- nnd Med.-Angelegenheiten bestimmt den
Sitz nnd den Prüfungsbezirk der einzelnen Commlssionen und ernennt ihre
Mitglieder.
§ 2. Wer sich der Prüfung zu unterwerfen hat. Der Prüfung
für das höhere Lehramt haben sich alle diejenigen Gandidaten zu unterziehen,
welche die Befähigung erwerben wollen, als wissenschaftliche Lehrer an einer
von den im Sinne der Circ.Verf v. 31. März 1882 (s. I S. HO fg.) als höhere
Schulen bezeichneten Lehranstalten angestellt zu werden.
§ 3. Bedingungen der Zulassung. 1. Für die Zulassung zur
Prüfung ist erforderlich, dafs der Candidat das Beifezeugnis an einem deutschen
Gymnasium erworben und darauf drei Jahre an einer deutschen Staats-Universität
fitudirt hat.
Zu den Staats -Universitäten im Sinne dieser Prüfnngs- Ordnung gehört
auch die Akademie zu Münster.
In Betreff des Erfordernisses des anderthalbjährigen Besuches einer preufsi-
schen Universität wird auf die Cabinets - Ordre vom 30. Juni 1841 (s. S. 2)
Bezug genommen.
2. Wenn die Mathematik oder die Naturwissenschaften oder die fremden
neueren Sprachen die Hauptfächer der Prüfung sind (§§ 9. 10), so steht behufs
der Zulassung zur Prüfung das Beifezeugnis eines preufsischen Bealgymnasiums
dem eines deutschen Gymnasiums gleich.
3. Ausnahmsweise Entbindung von der vollständigen Erfüllung dieser
Bedingungen kann der Minister gewähren. Insbesondere kann bei der Bewerbung
um die Lehrbefahigung im Französischen oder im Englischen eine derartige
Bewilligung zu Gunsten derjenigen Gandidaten eintreten, welche aufser einem
mindestens zweijährigen Studium an einer deutschen Staate^Universität eine Zeit
lang an einer Hochschule studirt haben, an welcher in französicher oder eng-
lischer Sprache vorgetragen wird, oder in den betr. Ländern sich behufs ihrer
sprachlichen Ausbildung aufgehalten und darüber einen beglaubigenden Nach-
weis beigebracht haben.
§ 4. Meldung zur Prüfung, a) Zuständige Commission.
1. Die Meldung zur Prüfung hat der Candidat an eine für ihn zuständige
Commission schriftlich zu richten.
2. Zuständig ist jede der Commissionen in deren Prüfungsbezirk
a) der Candidat seinen Geburtsort oder seinen Wohnsitz hat; oder
b) die Universität belegen ist, an welcher der Candidat das letzte
und mindestens noch ein früheres Semester seiner Studienzeit zuge-
bracht hat; jedoch mufs die Meldung innerhalb eines Jahres nach
dem Abgange von der Universität erfolgen oder der Candidat in
derselben Provinz bis zur Meldung seinen dauernden Aufenthalt
gehabt haben; oder
Wiese, Verordnangen. IL 3
34
c) die Verwendung des Candidaten im öffentlichen Dienste bereits *
stattfindet oder in bestimmte Aussicht genommen ist.
Dem Minister bleibt vorbehalten, die Erledigang von Meldungen, welche
Yon einer Commission angenommen sind, im Falle ihrer zeitweiligen .üeberlastang
oder ans sonstigen besonderen Gründen einer anderen Commission zn überweisen.
3. Zar Meldung bei einer nicht zuständigen Prüfdngscommission ist
seitens des betr. Candidaten unter Darlegung der Gründe die Genehmigung
des Ministers nachzusuchen.
4. Zur Annahme der Meldung eines dem deutschen Beiche nicht ange-
hörigen Candidaten ist in jedem Falle die Genehmigung des Ministers erforderlich.
•
§ 5. b) Inhalt der Meldung. 1. In der Meldung zur Prüfung hat
der Candidat anzugeben, in welchen Hauptfächern (§ 10) und für welche Stufe
derselben (§ 8. § 9, 1) er die Lehrbefähigung erwerben will, femer, insoweit
für die Nebenfächer zu den gewählten Hauptfächern eine Wahl gelassen ist
(§ 10, vergl. § 9, 2, 3), in welchen derselben er sich der Prüfung zu unter-
ziehen beabsichtigt, event. ob er noch aufserdem in einem Gegenstande die Lehr-
befähigung zu erweisen gedenkt (§ 9, 4).
2. Beizufügen sind der Meldung im Original oder in amtlich beglaubigter
Abschrift die Zeugnisse, welche die Erfüllung der in § 3 bezeichneten Be-
dingungen erweisen, und, falls die Meldung um mehr als Jahresfrist nach dem
Abgange von der Universität erfolgt, ein amtliches, event. ortsobrigkeitliches
Zeugnis über den Lebenswandel, femer ein von dem Candidaten abzufassender
Lebenslauf. Dieser hat, auTser der vollständigen Angabe vom Namen, Stand
des Vaters, Tag und Ort der Geburt und von der Confession (bezw, Religion)
des Candidaten, die genossene Schulbildung zu bezeichnen und den Gang und
umfang der üniversitätsstudien darzulegen; insbesondere ist bei der Bewerbung
des Candidaten um die Lehrbefähigung auf einem sprachlichen Gebiete über
den bereits erreichten Umfang der Leetüre Auskunft zu geben. Femer ist
anzugeben und event. durch Zeugnisse zu beglaubigen, ob der Candidat Assistent
an einem Üniversitäts-Institnt oder Mitglied eines Universitäts-Seminars gewesen
ist oder an Uebungen Teil genommen hat, welche denen der Seminare ver-
gleichbar sind. Wenn der Candidat bereits die philosophische Doctorwürde
erworben hat, so ist dies unter Beifügung eines Exemplars der Doctordissertation
und des Doctordiploms zu erwähnen.
3. Candidaten, deren Hauptfächer die alten Sprachen sind, haben den
Lebenslauf in lateinischer Sprache, Candidaten der fremden neueren Sprachen
in einer derselben abzufassen. In den übrigen Fällen steht es den Candidaten
frei, ob sie für Abfassung des Lebenslaufes eine der genannten Sprachen oder
die deutsche Sprache wählen wollen.
4. Wenn ein Candidat bereits Schriften veröffentlicht hat, deren Be-
rücksichtigung seitens der Commission er wünscht, so hat er ein Exemplar
derselben seiner Meldung beizulegen.
5. Bei der Meldung zu einer Wiederholungs-, Ergänzungs- oder Er-
weiterungs-Prüfang (§§ 37-— 39) ist über die früher bereits abgelegten oder
begonnenen Prüfungen und Meldungen zur Prüfdng vollständig Bechenschaft
zu geben. Sollte sich nachträglich herausstellen, dafs der Candidat ein wesent-
liches Moment in dieser Beziehung verschwiegen hat, so ist die Commission
ermächtigt, die bereits erfolgte Annahme der Meldung zurückzunehmen.
§ 6. Zulassung zur Prüfung. 1. Auf Gmnd der Meldung entscheidet
die Commission, ob der Candidat zur Prüfung zuzulassen ist oder nicht, und
stellt in dem ersteren Falle demselben die Aufgaben für die häuslichen
Prüfungsarbeiten zu.
35
2. Wenn ungeachtet der Erfällung' der formalen Bedingangen der Zu-
lassung (§ 3) die Commission zu erheblichen Zweifeln an der ausreichenden
wissenschaftlichen Vorbereitung des Candidaten sich bestimmt findet, so ist
dieselbe ermächtigt, dem Candidaten von dem Eintritte in die Prüfung abzu-
rathen. Dem Candidaten bleibt überlassen, ob er dem Eathe glaubt Folge
geben zu sollen oder nicht.
3. {Irhebliche Zweifel gegen die sittliche Unbescholtenheit eines Candidaten
begründen die Verweigerung der Zulassung.
4. Gegen die Verweigerung der Zulassung zur Prüfung kann seitens des
Candidaten die Entscheidung des Ministers nachgesucht werden.
§ 7. Gegenstände der Prüfung. Durch die Prüfung ist 'fest-
zustellen erstens, ob ein Candidat durch sein .Studium der Philosophie und
Pädagogik, durch seine Beschäftigung mit der deutchen Sprache und Litteratur
und, sofern er einer der christlichen Eirchen angehört, durch seine Kenntnis
der Keligionslehre seiner Confession den an Lehrer höherer Schulen allgemein
zu stellenden Forderungen entspricht, zweitens, welches Mafs der Lehrbeföhigung
ihm in den Fächern seiner speciellen Studien zuzuerkennen ist.
§ 8. Abstufung der Lehrbefähigung. 1, Die Lehrbefähigung
in den einzelnen Fächern hat drei Stufen, für die unteren, die mittleren, die
oberen Klassen, im Folgenden durch 3, 2, 1 bezeichnet.
Unter den unteren Klassen sind verstanden die drei untersten Jahrescurse,
Sexta, Quinta, Quarta eines Gymnasiums oder einer Bealanstalt von neun-
jährigem Lehrcursus, unter den mittleren die nächsten drei Jahrescurse, Unter-
Tertia, Ober-Tertia, Unter-Secunda, unter den oberen die drei letzten Jahres-
curse, Ober-Secunda, Unter-Prima, Ober-Prima derselben Anstalten. Für jedes
einzelne Fach sind die Forderungen in Betreff der Höhe der Leistungen nach
derjenigen Kategorie der Schulen bemessen, für welche die höheren Forderungen
zu stellen sind.
2. Für folgende Lehrgegenstände: Griechisch, Englisch, Hebräisch,
Physik, Chemie, Mineralogie werden mit Bücksicht auf die Stelle im Lehrcursus,
an welcher der Unterricht in denselben begonnen wird, nur zwei Stufen der
Lehrbefähigung, die mittlere und die obere (2, 1) unterschieden. — Aus dem
gleichen Gesichtspunkte findet für die Lehrbefähigung in der philosophischen
Propädeutik eine Unterscheidung verschiedener Stufen nicht statt
Durch Zoologie 1, Botanik 1 ist, obgleich diese Fächer nicht einen
selbständigen Uaterrichtsgegenstand in den oberen Klassen bilden, diejenige
Höhe der Prüfungsforderungen bezeichnet, welcher behufs Erwerbung eines Ober-
lehrerzeugnisses (§ 9, 2) zu entsprechen ist.
§ 9. Abstufung der Gesamtzeugnisse. 1. Das Gesamtergebnis
der Prüfung, sofern dieselbe bestanden ist, hat zwei Stufen: entweder wird die
wissenschaftliche Befähigung zu einer Oberlehi-erstelle an einem Gymnasium
und einer Bealanstalt von neunjährigem Lehrcursus erworben, Oberlehrer-
zeugnis, oder die wissenschafUiche Befähigung zu einer ordentlichen Lehrer-
stelle an diesen Anstalten, Lehrerzeugnis.
2. Zur Erwerbung eines Oberlehrerzeugnisses ist erforderlich, dafs ein
Candidat aufser der Erfüllung der allgemeinen Anforderungen (§ 7) in zwei
als selbständig zu rechnenden (§ 10, la, 2a) Lehrfächern (Hauptfächern) die
Befähigung zum Unterrichte in allen Klassen und in zwei anderen Fächern
(Nebenfächern) die Befähigung zum Unterrichte in den mittleren Klassen
erwiesen hat.
Zur Erwerbung eines Lehrerzeugnisses ist erforderlich, dafs ein Candidat
aufser der Erfüllung der allgemeinen Anforderungen (§ 7) in zwei als selbständig
zu rechnenden (§ 10, la, 2a) Lehrfächern (Hauptfächern) die Befähigung zum
3*
36
Unterrichte in den mittleren Klassen nnd in zwei anderen Fächern (Neben-
fächern) eine Lehrbefähigung und zwar in einem derselben ebenfalls für die
mittleren Klassen nachgewiesen hat; in dem anderen Nebenfache reicht der
Nachweis der Lehrbefähigung far die unteren Klassen ans.
Inwiefern die Wahl der zur Erwerbung eines Oberlehrer- (bezw. Lehrer-)
Zeugnisses zu verbindenden zwei Hauptfächer und der ihnen hinzuzufügenden
zwei Nebenfächer bestimmten Beschränkungen unterliegt, ist durch § 10
festgesetzt.
3. Für die Erwerbung eines Ob^rlehrerzeugnisses kann an die Stelle des
Nachweises der Lehrbefähigung in zwei Nebenfächern für die mittleren Klassen
der Nachweis der Lehrbefähigung in einem Nebenfache für die oberen Klassen
treten. Jedoch bleiben hierbei die in § 10, Ib. getroffenen Bestimmungen über
die obligatorische Verbindung gewisser Nebenfächer in (Geltung.
4. Es ist den Candidaten unbenommen, aufser den durch die Prüfungs-
ordnung vorgeschriebenen Haupt- und Nebenfächern sich noch in irgend welchen
wissenschaftlichen Fächern, welche ünterrichtsgegenstand an einer höh. Lehr-
anstalt sind, einer Prüfung zu unterziehen.
5. Wenn die Prü^gsleistungen über die für ein Lehrerzeugnis gestellten
Forderungen hinausgehen, ohne den für das Oberlehrerzeugnis geltenden
Forderungen zu entsprechen, so gereicht die Mehrleistung zwar dem betreffenden
Candidaten zur Empfehlung, ändert aber nicht den allgemeinen Charakter des
Zeugnisses als eines Lehrerzeugnisses.
§ 10. Prüfungsfächer, la) Auf dem sprachlich-geschicht-
lichen Gebiete des Unterrichtes sind folgende sechs Fächer im Sinne von
§ 9, 2 als selbständige zu rechnen: Deutsch, Latein, Griechisch, Fran-
zösisch, Englisch, Geschichte. Den Candidaten bleibt überlassen, zwei
derselben als Hauptfächer (§ 9, 2) zu verbinden.
Auf dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Gebiete des
Unterrichtes sind folgende vier Fächer im Sinne von § 9, 2 als selbständige
zu rechnen: Mathematik, Physik, Chemie und Mineralogie, Botanik
und Zoologie. Den Candidaten bleibt überlassen, zwei derselben als Haupt-
fächer (§ 9, 2) zu verbinden.
Die Geographie ist ein selbständiges Fach im Sinne von § 9, 2 und
kann als zweites Hauptfach sowohl mit einem der Fächer des mathematisch-
naturwissenschaftlichen Gebietes, als mit einem der sprachlich-geschichtlichen
Fächer verbunden werden.
b) Die Freiheit der Wahl der zu einer Combination von zwei Haupt-
fächern hinzuzunehmenden zwei Nebenfächer ist durch folgende zwei Be-
stimmungen beschränkt.
Erstens. Mit der Lehrbefähigung Lateinisch 1 ist nothwendig zu ver-
binden Griechisch 2, mit Griechisch 1 Lateinisch 2, mit Mathematik 1 Physik 2;
mit jeder Stufe der Lehrbefähigung im Französischen oder Englischen ist
Lateinisch 3, mit jeder Stufe der Lehrbefähigung in der Geschichte ist Geo-
graphie 3 zu verbinden.
Zweitens. Das eine der beiden Nebenfächer mufs, insoweit dies nicht
schon durch die vorbezeichnete Bestimmung vorgeschrieben ist, demselben Gebiete
angehören, wie die Hauptfächer, das heifst dem sprachlich-geschichtlichen oder
dem mathematisch-naturwissenschaftlichen. In dieser Beziehung wird Geographie
als Hauptfach demjenigen dieser beiden Gebiete zugerechnet, welchem das andere
Hauptfach angehört.
2a) Mit der Erwerbung der Lehrbefähigung in der christlichen
Beligionslehre für die oberen Klassen als Hauptfach ist als zweites Hauptfach
Hebräisch für die oberen Klassen verbunden. Um auf Grund dieser Lehr-
37
befähigung ein Oberlehrerzeugnis zu erwerben, hat der Candiclat entweder in
zwei Fächern des sprachlich-historischen Gebietes die Lehrbefähigung für die
mittleren Klassen, oder in einem Fache dieses Gebietes die Lehrbefähigung
far alle Klassen nachzuweisen. (Vergl. § 9, 2, 3.)
b) Zur Erwerbung der Lehrbefähigung in der christlichen Religionslehre
für die mittleren Klassen ist das Bestehen einer Prüfung im Hebräischen nicht
erforderlich. Wenn Religionslehre für die mittleren Klassen als eins der beiden
Hauptfächer behufs Erwerbung eines Lehrerzeugnisses gewählt wird, so hat als
zweites Hauptfach, sofern dies nicht die hebräische Sprache ist, eins der unter
Nr. 1 verzeichneten Fächer des sprachlich -geschichtlichen Gebietes hinzu-
zutreten; bezüglich der Nebenfächer gelten die Bestimmungen von Nr. 1, b.
c) Wenn die christliche Religionslehre als Nebenfach zu einer der Gruppen
von Hauptfächern des sprachlich-geschichtlichen Gebietes gewählt wird, so findet
auf dieselbe für den Fall der Erwerbung der Lehrbefähigung für die oberen
Klassen die Bestimmung von § 9, 3 Anwendung und wird die Verbindung mit
der Lehrbefähigung im Hebräischen nicht erfordert.
d) Candidaten des geistlichen Amtes und Geistliche einer der christlichen
Kirchen, welche die zur Bekleidung eines geistlichen Amtes erforderliche wissen-
schaftliche Vorbildung besitzen, erwerben ein Oberlehrerzeugnis durch die Er-
füllung folgender Bedingungen. Sie haben in einer nur mündlich abzuhaltenden,
die Bedürfhisse der Schule betrefTenden Prüfung ihre Befähigung für den
Religionsunterricht in den oberen Klassen und die gleiche Befähigung für den
hebräischen Unterricht durch eine schriftliche Clausurarbeit und mündliche
Prüfung darzuthun; ferner haben sie in einem ihrer Wahl überlassenen Fache
des sprachlich-geschichtlichen Gebietes die Lehrbefähigung für die mittleren
Klassen zu erweisen.
Die hebräische Sprache hat die Geltung eines Hauptfaches (§ 9, 2)
nur in der Verbindung mit der christlichen Religionslehre. Als Nebenfach
kann dieselbe zu jeder Combination von zwei Hauptfächern des sprachlich-
geschichtlichen Gebietes hinzutreten; hierbei wird bezüglich der für ein Ober-
lehrer- (bezw. Lehrer-) Zeugnis in § 9, 2 gestellten Bedingungen die volle
Lehrbefähignng im Hebräischen einer anderweiten Lehrbefähigung für die mitt-
leren Klassen gleich gerechnet.
Die philosophische Propädeutik kann zu jeder Combination von
zwei Hauptfächern als Nebenfach hinzutreten; bezüglich der für ein Oberlehrer-
(bezw. Lehrer-) Zeugnis in § 9, 2 gestellten Bedingungen wird die Lehrbefähigung
in der philosophischen Propädeutik einer anderweiten Lehrbefähigung für die
mittleren Klassen gleich gerechnet.
4. An einigen höh. Lehranstalten wird Unterricht in der polnischen,
bezw. der dänischen Sprache erteilt. Mit Rücksicht hierauf sind in den
§§ 17 und 18 die auf die Erwerbung der Lehrbefähigung in diesen Sprachen
bezüglichen Bestimmungen getroffen. Diese Lehrgegenstände können als
Nebenfach zu jeder Prüfung aus dem sprachlich-geschichtlichen Gebiete hinzu-
treten, und es findet auf dieselben die in § 9, 3 getroffene Bestimmung An-
wendung. *)
§ 11. Mafs der Prüfungsforderungen. 1. Religionsunter-
richt. A. Von allen Candidaten, welche einer der christlichen Kirchen ange-
*) C.Verf. V, 14. April 1882. „Auf Anlafs eines besonderen Falles ist
Vorsorge getroffen, dafs zur Erwerbung der Lehrbefähigung für den Unterricht in
der spanischen Sprache die Prüfung vor der Wiss. Prüfungs-Comm. in Münster
abgelegt werden kann« An diese Gommission wollen daher Ew. Hochw. etwa bei
Ihnen eingehende Meldungen für die fragliche Lehrbefähigung weisen' ^ An die
Directoren der Wiss. Prüf.-Commissionen. Der Minister etc. I. A. Barkhausen,
40
3. Zar Befähigung far den lateinischen und den griechiBcheii
Unterricht in den oberen Klassen wird erfordert Belesenheit in den römischen
und den griechischen Classikern, besonders den zum Bereiche der Gymnasial-
Leetüre gehörigen, gründliche Strenge in der Methode der Erklärung, Fertigkeit
im schriftlichen und mündlichen Gebrauche der lateinischen Sprache, grammatische^
Correctheit in schriftlicher Anwendung der griechischen Sprache. Die Kenntnis
der lateinischen und der giiechischen Grammatik muTs in wissenschaftlichen
Zusammenhang gebracht sein. In den Disciplinen der Litteraturgeschichte, der
Metrik und der Altertümer ist zu erfordern, dafs der Candidat eine Grundlage
sicherer Kenntnisse sich mit Verständnis angeeignet hat, durch welche eine
spätere methodische Erweiterung dieses Wissens gesichert ist; bezüglich der
auf den Gymnasien gelesenen Classiker sind speciellere litterarhistorische und
metrische Kenntnisse zu verlangen. Auf dem Gebiete der Mythologie und Kunst-
archäologie mufs der Candidat soweit orientirt sein, um in vorkommenden Fällen
gute Hülfsmitt«l mit Verständnis verwertheu, auch den Unterricht durch Ge-
währung entsprechender Anschauungen unterstützen zu können.
4. Aufserdem ist zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die mittleren
und die oberen Klassen im Lateinischen oder im Griechischen Bekanntschaft
mit der römischen Geschichte bis in das erste Jahrhundert der Kaiserzeit, bezw.
der griechischen bis in das Zeitalter der Diadbchen nachzuweisen.
Zur Erwerbung der Lehrbefähigung in den alten Sprachen für die oberen
Klassen ist in der philosophischen Prüfung (vergl. § 26) die zur Erklärung
der Classiker notwendige Bekanntschaft mit der Geschichte der griechisch-
römischen Philosophie zu erfordern.
§14. 4. Französische Sprache. 1. Die Befähigung, das Französische
in den unteren Klassen zu lehren, ist als nachgewiesen zu erachten, wenn
der Candidat eine im Ganzen correcte Uebersetzung eines nicht besonders
schwierigen deutschen Textes in das Französische als schriftliche Clausurarbeit.
geliefert und in der mündlichen Prüfiang dargethan hat, dafs er mit richtiger,
zu sicherer Gewöhnung gebrachter Aussprache Kenntnis der wichtigeren gram-
matiscHen Begeln und einige üebung im Uebersetzen und Erklären der zur Schul-
lectüre geeigneten Schriftsteller verbindet, auch im mündlichen Gebrauche der
Sprache einige Fertigkeit erworben hat.
2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die mittleren Klassen ist
erforderlich, dafs der Candidat seine grammatischen, insbesondere syntaktischen
Kenntnisse in wissenschaftlichen Zusammenhang gebracht hat, dafs er von den
für den Unterricht unentbehrlichen feststehenden Thatsachen der Synonymik
sichere Kenntnis besitzt, und dafs er von dem Entwickelungsgange der neueren
französischen Litteratur eine Uebersicht gewonnen und einige Werke der hervor-
ragendsten Schriftsteller, namentlich der classischen Periode, soweit sie im
Bereiche der Schullectüre liegen, mit eingehendem Verständnisse gelesen hat..
Mit den wesentlichsten Begeln des neufranzösischen Versbaues und Keimes mufs
der Candidat bekannt sein. Im mündlichen Gebrauche der Sprache mufs derselbe
bereits eine gewisse Geläufigkeit erlangt haben.
3. Um sich für den Unterricht in den oberen Klassen zu befähigen,
mufs der Candidat in dem schriftlichen (§ 29, 2, bezw. § 31) und dem münd-
lichen (§ 34, 2) Gebrauche der Sprache nicht blofs grammatische Correctheit,
sondern auch Vertrautheit mit dem Sprachschatze und der Eigentümlichkeit des
Ausdruckes erweisen. Von den Hauptthatsachen der geschichtlichen Entwickelung
der Sprache mufs der Candidat sich in dem Mafse Kenjitnis erworben haben,
dafs ihm die Einsicht in den Zusammenhang zwischen den lateinischen und
den französischen Lauten, Formen und Wortbildungen ermöglicht wird. Seine
Bekanntschaft mit dem Altiranzösischen mufs so weit gehen, dafs er nicht zu
schwierige Stellen eines von ihm gelesenen altfranzösischen Werkes mit richtiger
41
Auffassung der darin vorkommenden Wortformen und im Wesentlichen zutreffender
Deutung des Sinnes zu übersetzen versteht. Auch soll er mit den Gesetzen des-
französischen Versbaues älterer und neuerer Zeit sich bekannt gemacht haben.
Ferner ist zu verlangen, dafs der Candidat von der Entwickelung der Litteratur
nach ihren Hauptepochen und Hauptträgern ein deutliches, zum Teil durch
eigene Leetüre belebtes Bild gewonnen und von hervorragenden Schriftstellern
seit dem 17. Jahrhundert wenigstens ein und das andere Werk mit sicherem
Verständnisse gelesen habe.
§15. 5. Englische Sprache. 1. Die Befähigung, das Englische in
den mittleren Klassen zu lehren, ist als nachgewiesen zu erächten, wenn der
Candidat eine im Ganzen correcte Uebersetzung eines nicht zu schwierigen
deutschen Textes in das Englische als schriftliche Clausurarbeit geliefert und
in der mündlichen Prüfung dargethan hat, dafs er mit richtiger, zu fester
Gewöhnung gebrachter Aussprache eine sichere Kenntnis der grammatischen
Kegeln und des für den Unterricht unentbehrlichen Wortschatzes, auch der
wichtigeren feststehenden Thatsachen der Synonymik, verbindet. Von dorn
Entwickelungsgange der neueren englischen Litteratur mufs er eine Uebersicht
gewonnen und einige Werke hervorragender Schriftsteller, soweit sie im Bereiche
der SchuUectüre liegen, mit eingehendem Verständnisse gelesen haben. Mit
den • wesentlichen Regeln des neuenglischen Versbaues und Reimes mufs der
Candidat bekannt sein, auch im mündlichen Gebrauche der Sprache einig»
Fertigkeit erworben haben.
2. Um sich für den Unterricht in den oberen Klassen zu befähigen,
hat der Candidat in dem schriftlichen (§ 29, 2, bezw. § 3J) und in dem
Qiündlichen (§ 34, 2) Gebrauche der Sprache nicht blofs -grammatische Correct-
heit, sondern auch Vertrautheit mit dem Sprachschatze und der Eigentümlichkeit
des Ausdruckes zu erweisen. Seine grammatischen, insbesondere syntaktischen
Kenntnisse mufs er in wissenschaftlichen Zusammenhang gebracht haben. Von
den Hauptthatsachen der, geschichtlichen Entwickelung der Sprache mufs der
Candidat sich in dem Mafse Kenntnis erworben haben, dafs ihm das Ver-
ständnis der neuenglischen Laute, Formen und Wortbildungen ermöglicht wird.
Seine Bekanntschaft mit dem Altenglischen (Angelsächsischen) und dem Mittel-
englischen hat soweit zu reichen, dafs er nicht zu schwierige Stellen eines von
ihm gelesenen ^Itenglischen oder mittelenglischen Werkes mit richtiger Auf-
fassung der darin vorkommenden Wortformen und im Wesentlichen zutreffender
Deutung des Sinnes zu übersetzen versteht Auch soll der Candidat mit den
Gesetzen des englischen Versbaues älterer und neuerer Zeit sich bekannt gemacht
haben. Femer ist zu verlangen, dafs er von der Entwickelung der Litteratur
nach ihren Hauptepochen und Hauptträgern ein deutliches, zum Teil durch
Leetüre belebtes Bild gewonnen und von hervorragenden Schriftstellern seit
dem Ende des 16. Jahrhunderts wenigstens ein oder das andere Werk mit
sicherem Verständnisse gelesen hat.
§ 16. 6. Hebräische Sprache. 1. Für den hebräischen Unter-
richt in der Gymnasial- Secun da wird erfordert, dafs der Candidat sichere
Kenntnis der hebräischen Formenlehre und Syntax erworben, einige historische
Schriften des Alton Testamentes gelesen hat und die Fähigkeit besitzt, Stellen
der historischen Bücher, welche keine besonderen Schwierigkeiten enthalten,
mit grammatischer und lexikalischer Genauigkeit zu verstehen.
•2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die Prima ist überdies zu
erfordern, dafs die grammatischen Kenntnisse des Candidaten in wissenschaft-
lichem Zusammenhange stehen und dafs seine Leetüre historischer, poetischer
und prophetischer Schriften des Alten Testamentes einigen Umfang gewonnen hat.
'40
3. Zar Befähigung far den lateinischen nnd den griechischeir
Unterricht in den oberen Klassen wird erfordert Belesenheit in den römischen
nnd den griechischen Classikem, besonders den zum Bereiche der Gymnasial-
Leetüre gehörigen, gründliche Strenge in der Methode der Erklärung, Fertigkeit
im schriftlichen und mündlichen Gebrauche der lateinischen Sprache, grammatische-
Correctheit in schriftlicher Anwendung der griechischen Sprache. Die Kenntnis
der lateinischen und der giiechischen Grammatik mufs in wissenschaftlichen
Zusammenhang gebracht sein. In den Disciplinen der Litteraturgeschichte, der
Metrik und der Altertümer ist zu erfordern, dafs der Candidat eine • Grundlage
sicherer Kenntnisse sich mit Verständnis angeeignet hat, durch welche eine
spätere methodische Erweiterung dieses Wissens gesichert ist; bezüglich der
auf den Gymnasien gelesenen Classiker sind speciellere litterarhistorische und
metrische Kenntnisse zu verlangen. Auf dem Gebiete der Mythologie und Kunst-
archäologie mufs der Candidat soweit orientirt sein, um in vorkommenden Fällen
gute Hülfsmittel mit Verständnis verwertheu, auch den Unterricht durch Ge-
währung entsprechender Anschauungen unterstützen zu können.
4. Aufserdem ist zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die mittleren
und die oberen Klassen im Lateinischen oder im Griechischen Bekanntschaft
mit der römischen Geschichte bis in das erste Jahrhundert der Kaiserzeit, bezw*
der griechischen bis in das Zeitalter der Diadbchen nachzuweisen.
Zur Erwerbung der Lehrbefähigung in den alten Sprachen für die oberen
Klassen ist in der philosophischen Prüfung (vergl. § 26) die zur Erklärung
der Classiket noÖiwendige Bekanntschaft mit der Geschichte der griechisch-
römischen Philosophie zu erfordern.
§14. 4. Französische Sprache. 1. Die Befähigung, das Französische
in den unteren Klassen zu lehren, ist als nachgewiesen zu erachten, wenn
der Candidat eine im Ganzen correcte Uebersetzung eines nicht besonders
schwierigen deutschen Textes in das Französische als schriftliche Clausurarbeit-
geliefert und in der mündlichen Prüfung dargethan hat, dafs er mit richtiger,
zu sicherer Gewöhnung gebrachter Aussprache Kenntnis der wichtigeren gram-
matischen Regeln und einige üebung im Uebersetzen und Erklären der zur Schul-
lectüre geeigneten Schriftsteller verbindet, auch im mündlichen Gebrauche der
Sprache einige Fertigkeit erworben hat.
2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die mittleren Klassen ist
erforderlich, dafs der Candidat seine grammatischen, insbesondere syntaktischen
Kenntnisse in wissenschaftlichen Zusammenhang gebracht hat, dafs er von den
für den Unterricht unentbehrlichen feststehenden Thatsachen der Synonymik
sichere Kenntnis besitzt, und dafs er von dem Entwickelungsgange der neueren
französischen Litteratur eine Uebersicht gewonnen und einige Werke der hervor-
ragendeten Schriftsteller, namentlich der classischen Periode, soweit sie im
Bereiche der Schullectüre liegen, mit eingehendem Verständnisse gelesen hat..
Mit den wesentlichsten Begeln des neufranzösischen Versbaues und Heimes mufs
der Candidat bekannt sein. Im mündlichen Gebrauche der Sprache mufs derselbe
bereits eine gewisse Geläufigkeit erlangt haben.
3. Um sich für den Unterricht in den oberen Klassen zu befähigen,
mufs der Candidat in dem schriftlichen (§ 29, 2, bezw. § 31) und dem münd-
lichen (§ 34, 2) Gebrauche der Sprache nicht blofs grammatische Correctheit,
sondern auch Vertrautheit mit dem Sprachschatze und der Eigentümlichkeit des
Ausdruckes erweisen. Von den Hauptthatsachen der geschichtlichen Entwickelung
der Sprache mufs der Candidat sich in dem Mafse Ken^itnis erworben haben,
dafs ihm die Einsicht in den Zusammenhang zwischen den lateinischen und
den französischen Lauten, Formen und Wortbildungen ermöglicht wird. Seine
Bekanntschaft mit dem Altfranzösischen mufs so weit gehen, dafs er nicht zu
schwierige Stellen eines von ihm gelesenen altfranzösischen W^erkes mit richtiger
41
Auffassung der darin vorkommenden Wortformen und im Wesentlichen zutreffender
Deutung des Sinnes zu übersetzen versteht. Auch soll er mit den Gesetzen de&
französischen Versbaues älterer und neuerer Zeit sich bekannt gemacht haben.
Femer ist zu verlangen, dafs der Candidat von der Entwickelung der Littoratur
nach ihren Hauptepochen und Hauptträgern ein deutliches, zum Teil durch
eigene Leetüre belebtes Bild gewonnen und von hervorragenden Schriftstellern
seit dem 17. Jahrhundert wenigstens ein und das andere Werk mit sicherem
Verständnisse gelesen habe.
§ 15. 5. Englische Sprache. 1. Die Befähigung, das Englische in
den mittleren Klassen zu lehren, ist als nachgewiesen zu erächten, wenn der
Candidat eine im Ganzen correcte Uebersetzung eines nicht zu schwierigen
deutschen Textes in das Englische als schriftliche Clausurarbeit geliefert und
in der mündlichen Prüfung dargethan hat, dafs er mit richtiger, zu fester
Gewöhnung gebrachter Aussprache eine sichere Kenntnis der grammatischen
Kegeln und des für den Unterricht unentbehrlichen Wortschatzes, auch der
wichtigeren feststehenden Thatsachen der Synonymik, verbindet. Von dem
Entwickelungsgange der neueren englischen Litteratur mufs er eine Uebersicht
gewonnen und einige Werke hervorragender Schriftsteller, soweit sie im Bereiche
der Schullectüre liegen, mit eingehendem Verständnisse gelesen haben. Mit
den 'wesentlichen Regeln des neuenglischen Versbaues und Reimes mufs der
Candidat bekannt sein, auch im mündlichen Gebrauche der Sprache einig»
Fertigkeit envorben haben.
2. Um sich für den Unterricht in den oberen Klassen zu befähigen,
hat der Candidat in detii schriftlichen (§ 29, 2, bezw. § 3J) und in dem
mündlichen (§ 34, 2) Gebrauche der Sprache nicht blofs -grammatische Correct-
heit, sondern auch Vertrautheit mit dem Sprachschatze und der Eigentümlichkeit
des Ausdruckes zu erweisen. Seine grammatischen, insbesondere syntaktischen
Kenntnisse mufs er in wissenschaftlichen Zusammenhang gebracht haben. Von
den Hauptthatsachen der. geschichtlichen Entwickelung der Sprache mufs der
Candidat sich in dem Mafse Kenntnis erworben haben, dafs ihm das Ver-
ständnis der neuenglischen Laute, Formen und Wortbildungen ermöglicht wird.
Seine Bekanntschaft mit dem Altenglischen (Angelsächsischen) und dem Mittel-
englischen hat soweit zu reichen, dals er nicht zu schwierige Stellen eines von
ihm gelesenen ^Itenglischen oder mittelenglischen Werkes mit richtiger Auf-
fassung der darin vorkommenden Wortformen und im Wesentlichen zutreffender
Deutung des Sinnes zu übersetzen versteht. Auch soll der Candidat mit den
Gesetzen des englischen Versbaues älterer und neuerer Zeit sich bekannt gemacht
haben. Femer ist zu verlangen, dafs er von der Entwickelung der Litteratur
nach ihren Hauptepochen und Hauptträgern ein deutliches, zum Teil durch
Leetüre belebtes Bild gewonnen und von hervorragenden Schriftstellern seit
dem Ende des 16. Jahrhunderts wenigstens ein oder das andere Werk mit
sicherem Verständnisse gelesen hat.
§ 16. 6. Hebräische Sprache. 1. Für den hebräischen Unter-
richt in der Gymnasial-Secunda wird erfordert, dal's der Candidat sichere
Kenntnis der hebräischen Formenlehre und Syntax erworben, einige historische
Schriften des Alten Testamentes gelesen hat und die Fähigkeit besitzt, Stellen
der historischen Bücher, welche keine besonderen Schwierigkeiten enthalten,
mit grammatischer und lexikalischer Genauigkeit zu verstehen.
•2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung für die Prima ist überdies zu
erfordern, dafs die grammatischen Kenntnisse des Candidaten in wissenschaft-
lichem Zusammenhange stehen und dafs seine Lectüre historischer, poetischer
und prophetischer Schriften des Alten Testamentes einigen Umfang gewonnen hat.
42
§ 17. 7. Polnische Sprache. 1. Für den polnischen Sprach-
unterricht in den unteren Klassen hat der Candidat sichere grammatische
Kenntnis der heutigen polnischen Sprache, femer eine auf Grund eigener
Leetüre erworbene Bekanntschaft mit den wichtigsten Werken der polnischen
Litteratnr von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an zu erweisen. Ein
freier Aufsatz in polnischer Sprache mufs grammatisch und stilistisch correct
abgefafst sein.
2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung far die mittleren Klassen ist
auTserdem erforderlich eingehendere Bekanntschaft mit den hervorragenderen
Werken der polnischen Litteratur überhaupt, Kenntnis des Entwickelungsganges
derselben, Orientirung auf dem Gebiete der Rhetorik, Poetik und Metrik.
3. Candidaten, welche die Lehrbefähigung für die oberen Klassen
erwerben wollen, haben überdies eine solche Kenntnis der polnischen Sprache
nachzuweisen, dafs sie im Stande sind, einen älteren Text (14. bis 16. Jahr-
hundert) grammatisch und lexikalisch zu analjsiren und über den Gang der
Laut- und Formen-Entwickelung der Sprache Eechenschaft zu geben, wozu sie
sich die wichtigsten Thatsachen der alt -slowenischen Laut- und Formenlehre
angeeignet haben müssen.
§ 18. 8. Dänische Sprache. 1. Für den dänischen Sprach-
unterricht in den unteren Klassen hat der Candidat Kenntnis und grammatisches
Verständnis derjenigen Form der dänischen Sprache, deren die gebildeten Dänen
sich gegenwärtig in Bede und Schrift bedienen, durch seinen im Wesentlichen
richtigen schrifÖichen und mündlichen Gebrauch dieser Sprache zu erweisen.
2. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung in den mittleren Klassen wird
aufserdem erfordert, dal^ der Candidat von der neueren dänischen Litteratur
seit Holberg eine eingehendere, auf eigener Leetüre beruhende Kenntnis gewonnen
hat und dafs ihm bezüglich der älteren Zeit die sogenannten Provindslove und
Kaempeviser (Folkeviser) nicht unbekannt sind.
3. um die Lehrbefähigung in den oberen Klassen zu erwerben, mufs
der Candidat überdies mit dem Verhältnisse der däniscben Sprache zur deutschen
(hoch- und niederdeutschen) soweit bekannt sein, dafs er dadurch in den Stand
gesetzt wird, sein Verständnis der gegenwärtigen Form der dänischen Sprache
wissenschaftlich zu vertiefen.
§ 19. 9. Geschichte. 1. Zur Befähigung für den geschichtlichen
Unterricht in den unteren Klassen wird erfordert* eine auf geographischen und
chronologischen Kenntnissen beruhende sichere üebersicht der welthistorischen
Begebenheiten, besonders der deutschen und preufsischen Geschichte.
2. Hierzu hat behufs der Erwerbung der Lehrbefähigung in den mitt-
leren Klassen hinzuzukommen eine genauere, die Entwickelung der Verfassung
einschliefsende Kenntnis der griechischen und römischen, sowie der deutschen
und preufsischen Geschichte und Bekanntschaft mit den bedeutendsten neueren
historischen Werken.
3. Wer die Befähigung für den Geschichtsunterricht in den oberen
Klassen erwerben will, hat zu erweisen, dafs er mit dem Entwickelungsgange
der allgemeinen Weltgeschichte sich bekannt gemacht und dem pragmatischen
Zusammenhange derselben seine Aufmerksamkeit mit Erfolg zugewendet hat
Specielle, die Entwickelung der Verfassung und der Cultur nach ihren Haupt-
richtungen einschliefsende Kenntnisse sind bezüglich des Altertums in der
griechischen und römischen Geschichte, bezüglich des Mittelalters und der
neueren Zeit in der Geschichte des Vaterlandes zu verlangen. Für diese Ge-
biete hat der Candidat überdies zu erweisen, dafs er mit den Quellen, aus
denen unsere Geschichtskenntnis geschöpft ist, und mit den bei ihrer Verwerthung
einzuhaltenden Grundsätzen sich bekannt gemacht hat. Mit der allgemeinen
43
Orientirung über die litterarischen Hülfsmittel der Geschichte mms die aus
eigenem Studium geschöpfte Bekanntschaft einiger bedeutenderen neueren
Geschichtswerke verbunden sein.
4. Für jede Stufe der historischen Lehrbefähigung ist klare Anschauung
des Schauplatzes der Begebenheiten zu erfordern.
§20. 10. Geographie. 1. Um die Lehrbefähigung in der Geographie
für die unteren Klassen zu erwerben, ist der Nachweis elementarer, aber
sicherer Kenntnisse auf dem Gebiete der mathematischen, der physischen, ins-
besondere topischen und der politischen Geographie zu föhren; auch mufs der
Candidat im Stande sein, die wichtigsten l^hatsachen der mathematischen
Geographie an einfachen Apparaten zur Anschauung zu bringen.
2. Behufs Erwerbung der Lehrbefähigung für die mittleren Klassen
mufs der Candidat auf den genannten Gebieten der Geographie eine eingehendere
Kenntnis, sowie eine Orientirung über die Geschichte der Entdeckungen und
über die historisch wichtigsten Richtungen des Welthandels sich erworben haben.
3. Wer die Befähigung für den Unterricht in den oberen Klassen
erlangen will, hat nachzuweisen, dafs er mit den Lehren der mathematischen
Geographie und, soweit dieselben mit Hülfe der Elementarmathematik sich
begründen lassen, auch mit deren Beweisen vollständig vertraut und von den
physikalischen und den wichtigeren geologischen Verhältnissen der Erdoberfläche
Bechenschaft zu geben im Stande ist. Aufserdem mufs der Candidat erweisen,
dafs er von der politischen Geographie der Gegenwart eine zusammenhängende
Kenntnis und von der historisch-politischen Geographie der wichtigsten Cultur-
völker eine Uebersicht gewonnen, sowie mit den Hauptthatsachen der Ethnographie
sich bekannt gemacht hat.
4. Für jede Unterrichtsstufe ist aufserdem einige Fertigkeit im Entwerfen
von Kartenskizzen zu erfordern.
§ 21. IL Mathematik. L Für den mathematischen und
Bechenunterricht in den unteren Klassen ist zu verlangen Kenntnis der
ebenen und körperlichen Geometrie, der ebenen Trigonometrie, der allgemeinen
Arithmetik mit Einschlufs der logarithmischen Rechnung und der Algebra bis
zu den Gleichungen 2. Grades einschliefslich, sowie die für zweckmäfsige
Erteilung des Bechenunterrichtes erforderliche Bekanntschaft mit den Eigen-
schaften des dekadischen Zahlensystems.
2. Für den Unterricht in den mittleren Klassen wird aufserdem
Kenntnis der Gleichungen 3. und 4. Grades, der sphärischen Trigonometrie
nebst ihren hauptsächlichen Anwendungen auf die mathematische Geographie,
der analytischen Geometrie der Ebene, besonders der Haupteigenschaften der
Kegelschnitte und der Grundbegriffe der Differential- und Integralrechnung
gefordert.
3. Für den Unterricht in den oberen Klassen mufs der Candidat aufser-
dem mit den wichtigsten Lehren der höheren Geometrie, der höheren Analysis
und der analytischen Mechanik soweit bekannt sein, dafs er eine nicht zu
schwierige Aufgabe aus einem dieser Gebiete selbständig zu bearbeiten im
Stande ist.
§ 22. 12. Physik. 1. Für den physikalischen Unterricht in den
mittleren Klassen ist erforderlich Kenntnis der wichtigeren Erscheinungen
und Gesetze aus dem ganzen Gebiete dieser Wissenschaft sowie die Befähigung
diese Gesetze mathematisch zu begründen, soweit es ohne Anwendung der höheren
Mathematik möglich ist; Bekanntschaft mit den wichtigsten physikalischen
Instrumenten und ihrer Handhabung.
2. Für den Unterricht in den oberen Klassen ist aufserdem zu fordern
eine allgemeine Uebersicht über die mathematische Physik und eine genauere
■
Kenntnis von den grundlegenden mathematischen Untersuchungen auf einem
der wichtigeren Gebiete der theoretischen Physik; ferner einige üebung in dem
Gebrauche der für den Schulunterricht erforderlichen physikalischen Instrumente.
§ 23. 13. Chemie. 1. Für den chemischen Unterricht in den
mittleren Klassen wird gefordert Kenntnis der Gesetze der chemischen Ver-
bindungen und der wichtigsten Theorien über ihre Constitution, Bekanntschaft
mit der Darstellung und den Eigenschaften der wichtigeren Elemente und ihrer
anorganischen Verbindungen, sowie des Wichtigsten aus der chemischen
Technologie; femer einige Uebung im Experimentiren.
2. Für die oberen Klassen wird gefordert eingehendere Bekanntschaft
mit der anorganischen Chemie und mit denjenigen Verbindungen auf dem
Gebiete der organischen Chemie, welche für die Physiologie oder für die Technik
von hervorragender Bedeutung sind, sowie Kenntnis der wichtigsten chemischen
Theorien, Fertigkeit in der qualitativen und einige Uebung in der quantitativen
Analyse.
§ 24. 14. Mineralogie. 1. Für den mineralogischen Unterricht
in den mittleren Klassen ist erforderlich, dafs der Candidat sich mit den am
häufigsten vorkommenden Mineralien hinsichtlich der Krystallformen, der physi-
kalischen Eigenschäften und der chemischen Zusammensetzung, sowie mit den
wichtigsten Gebirgsarten bekannt gemacht hat..
2. Für die oberen Klassen wird eine eingehendere Kenntnis der Grund-
lehren der Krystallographie, aufserdem Bekanntschaft mit den Hauptlehren der
Geognosie und Petrefactenkunde und mit den wichtigsten geologischen Hypo-
thesen erfordert.
*
§ 25. 15. Botanik und Zoologie. 1. Für den botanischen
Unterricht in den unteren Klassen ist erforderlich eine auf eigene Anschauung
gegründete Kenntnis der häufiger vorkommenden Blüthenpflanzen aus der Heimat
und besonders charakteristischer Formen aus den fremden Erdteilen und Bekannt-
schaft mit den Grundlehren der Morphologie und der systematischen Anordnung
der Pflanzen.
Für den zoologischen Unterricht in den unteren Klassen ist erforderlich
eine auf eigene Anschauung gegründete Kenntnis der häufiger vorkommenden
Wirbeltiere aus der Heimat und besonders charakteristischer Formen aus den
fremden Erdteilen, sowie übersichtliche Bekanntschaft mit der systematischen
Anordnung der Tiere.
2. Für den botanischen Unterricht in den mittleren Klassen wird
eine eingehendere Bekanntschaft «lit den wichtigsten natürlichen Familiep und
ihrer geographischen Verbreitung, sowie Kenntnis einzelner Vertreter der niederen
Pflanzenwelt verlangt; aufserdem mufs der Candidat einen Einblick in den Bau
und das Leben der Pflanzen gewonnen haben.
Für den zoologischen Unterricht in den mittleren Klassen wird
eine eingehendere Bekanntschaft mit den wichtigsten Ordnungen der Wirbel-
und Gliedertiere und ihrer geographischen Verbreitung, sowie Kenntnis einzelner
Vertreter der übrigen Tierwelt verlangt; aufserdem mufs der Candidat einen
Einblick in den Bau und das Leben der Tiere gewonnen haben.
3. Zur vollen Lehrbefäjiigung (vergl. § 8, 2) in der Botanik
wird eine eingehendere Bekanntschaft mit den Grundlehren der Morphologie,
Anatomie und Physiologie der Pflanzen sowie mit den Principien der Systematik
erfordert.
«
Zur vollen Lehrbefähigung (vergL § 8, 2) in der Zoologie wird
eine genauere Bekanntschaft mit den Grundlehren der Anatomie und Physiologie
der Tiere sowie mit den Principien der Systematik erfordert.
45
4. Für jede Stufe der Lehrbefähigung in der Botanik und Zoologie ist
aufserdem einige Uebung im Zeichnen von Pflanzen- und Tierformen nachzuweisen.
§26. 16. Philosophie und Pädagogik. 1. Von jedem Candidaten
ohne Unterscheidung des Studiengebietes wird erfordert Kenntnis der wichtigsten
logischen Gesetze, der Hauptthatsachen der empirischen Psychologie und der
wesentlichsten zu ihrer philosophischen Erklärung eingeschlagenen Richtungen,
Bekanntschaft mit den philosophischen Grundlagen der Pädagogik und Didaktik
und mit den wichtigsten Thatsachen ihrer Entwickelung seit dem. 16. Jahr-
hundert. Femer hat sich jeder Candidat darüber auszuweisen, dafs er eine
bedeutendere philosophische Schrift mit Verständnis gelesen habe. In der
Geschichte der Philosophie mufs jeder Candidat über die Hauptmomente
bestimmt orientirt sein.
SpecieUe, die Lehrbefähigung im Deutschen und in den alten Sprachen
betreffende Bestimmungen vergl. §§ 12, 5. 13, 4.
2. Die Befähigung zum Unterrichte in der philosophischen Propä-
deutik ist nur denjenigen Candidaten zuzuerkennen, welche nicht allein den
in Nr. 1 aufgeführten Anforderungen an ihre philosophische Bildung in durchaus
befriedigender Weise genügen, sondern auch mit Interesse und Verständnis
irgend eines der bedeutenderen philosophischen Systeme studirt haben und in
der Entwickelung philosophischer Probleme solche Klarheit und Bestimmtheit
beweisen, dafs sich davon gute Erfolge eines einleitenden philosophischen
ünterrich|.es erwarten lassen.
§ 27. Allgemeine Bestimmungen über die Höhe der For-
derungen. 1. Zur Erwerbung der Lehrbefähigung für eine höhere Klassen-
stufe ist auf jedem Gebiete, auch wenn es in den §§ 11—25 nicht ausdrücklich
bezeichnet ist, erforderlich, däfs den für die niedere Klassenstufe zu stellenden
Forderungen vollkommen entsprochen sei.
2. Auf jedem Gebiete ist nach dem Mafse der Ansprüche an die wissen-
schaftliche Ausbildung des Candidaten von demselben Bekanntschaft mit den
wichtigeren littierarischen Hülfsmitteln des Faches zu verlangen.
§ 28. Form der Prüfung. Die Prüfting ist eine schriftliche und
eine mündliche. Die schriftliche geht der mündlichen voraus.
§ 29. Schriftliche Hausarbeiten. 1. Zu häuslicher Bearbeitung
erhält jeder Candidat erstens eine Aufgabe aus dem philosophischen oder
pädagogischen Gebiete, zweitens eine Aufgabe aus jedem der Hauptfächer, in
welchen er die Lehrbefähigung erwerben will (§ 9, 2), event. aus demjenigen
Nebenfache, in welchem er die Lehrbefähigung für die oberen Klassen erstrebt
(§ 9, 3). Wenn zwei von dem Candidaten gewählte Hauptfächer in solcher
Beziehung stehen, dafs die Prüfungscommission die Gründlichkeit des Studiums
derselben durch eine Aufgabe erachtet ermitteln zu können, so ist es zulässig,
für dieselben nur eine Aufgabe zu stellen. Mehr als drei Aufgaben zu
schriftlicher häuslicher Bearbeitung mit Einrechnung der Aufgabe aus dem
philosophischen oder pädagogischen Gebiete dürfen keinem Candidaten gestellt
werden.
2. Die auf die classische Philologie bezüglichen Arbeiten sind in
lateinischer, die auf moderne fremde Sprachen bezüglichen in den beti*. Sprachen,
die Arbeiten aus dem philosophischen oder pädagogischen Gebiete in der
deutschen Sprache abzufassen; alle übrigen sind ebenfalls in deutscher Sprache
abzufassen, sofern nicht der Candidat für Abfassung in einer anderen Sprache
die Genehmigung der Prüfungscommission nachgesucht und erhalten hat.
3. Zur Bearbeitung jeder der gestellten Aufgaben ¥rird eine Zeitdauer
von sechs Wochen bewilligt. Spätestens beim Ablaufe der hiemach sich
46
ergebenden Gesamtfrist sind die schriftlichen Arbeiten zusammen an die
Prüfongscommission einzureichen. Anf ein rechtzeitig, das heifst mindestens
acht Tage vor dem Ablaufe der Zeit eingereichtes begründetes Gesuch ist die
betr. Prüfungscommission etmächtigt, eine Fristerstreckung bis zu der gleichen
Dauer zu gewähren. Etwaige weitere Fristerstreckung ist rechtzeitig durch
Yermittelung der betr. Prüfungscommission bei dem Minister nachzusuchen.
Wenn eine gestellte Frist überschritten wird, ohne dafs der Prüfungscommission
rechtzeitig vor ihrem Ablaufe ein Erstreckungsgesuch zugegangen ist, so hat
die Commission, wenn nicht besondere entscheidende Gründe der Verhinderung
nachgewiesen sind, die Aufgaben far erloschen zu erklären und ist ermächtigt,
zugleich einen Zeitraum bis zu sechs Monaten zu bestimmen, innerhalb dessen
das Prüfungsgesuch nicht erneuerlMvaz;den darf.
4. Die benutzten Hülfsmittel ha>^der Candidat vollständig und genau
anzugeben, und hat zu versichern, dafs er di«. Arbeiten selbständig ohne fbemde
Hülfe angefertigt habe. Wenn sich zeigt, dafs diese Versicherung unwahr ist,
so ist dem betr. Candldaten die Fortsetzung der Pfülimg und^ sofern die Ent-
deckung der Unwahrheit nach dem Abschlüsse der Prüra^g, aber vor der üeber-
gabe des Zeugnisses erfolgt, die Aushändigung des Zeugimsses zu versagen.
Bei etwaniger späterer Entdeckung tritt disciplinarische VerflW^ung ein.
§ 30. Ersatz der schriftlichen Hausarbeiten. 1\ Wenn ein
Candidat bei seiner Meldung eine von ihm verfafste Druckschriftx vorlegt, so
bleibt es der Erwägung der^ Commission überlassen, ob dieselbe d^ch ihrem
wissenschafkl. Gehalte und nach ihrem Gegenstande als Ersatz einer "^er fach-
wissenschaftl. Prüfungsarbeiten anzusehen und der Candidat in Folge\hiervon
von der betr. Prüfungsarbeit zu entbinden ist. Sofern die vorgelegte 'Druck-
schrift von einer preufsischen philosophischen Facultät als ausreichend zur
Verleihung der Doctorwürde anerkannt worden ist, so richtet sich die Erwägung
der Commission nur auf den Gegenstand der vorgelegten Abhandlung.
Als Ersatz der Prüfungsarbeit aus dem philosophischen oder pädagogischen
Gebiete kann eine vorgelegte Druckschrift nur in dem Falle angesehen werden,
wenn sie in deutscher Sprache abgefafst ist.
2. Eine schriftliche Prüfungssarbeit darf anderweit, z. B. zur Erwerbuiüg
der Doctorwürde oder zur Veröffentlichung, nicht verwandt werden, bevor die
Prüfung abgeschlossen und das Zeugnis über dieselbe ausgestellt ist.
■
§ 31. Clausurarbeiten. 1. Die Prüfungscommissionen sind befugk
in allen Fällen, in welchen sie es zur Ermittlung des sicheren Besitzes deia
Wissens für zweckmäfsig erachten, Clausurarbeiten von mäfsiger Zeitdauer an4
fertigen zu lassen. (
Die Bekanntschaft mit den wichtigsten physikalischen Instrumenten und>
ihrer Handhabung (§ 22, 1, 2) ist durch die Ausführung einiger leichterer'.
Experimente im physikalischen Cabinet, die Uebung in praktisch chemischen
Arbeiten (§ 23, 1, 2) durch die Ausführung einer Analyse oder einiger chemischer
Experimente im Laboratorium nachzuweisen, sofern nicht durch amtliche Zeugnisse
der ausreichende Nachweis hierüber geführt ist.
2. Auch diese schriftlichen oder praktischen Prüfungsleistungen haben
der mündlichen Prüfung vorauszugehen (§ 28).
§ 32. Zurückweisung von der mündlichen Prüfung. 1. Wenn
durch die schriftlichen Arbeiten (§ 29 bezw. 31) eines Candidaten bereits fest-
gestellt ist, dafs demselben in den von ihm nachgesuchten Fächern auch nicht
auf Grund eines etwa günstigeren Ergebnisses der mündlichen Prüfung ein
Lehrerzeugnis zuerkannt werden kann, so ist die Commission ermächtigt, ihn
vor der mündlichen Prüfung zurückzuweisen.
/
47
2. Die PrüftingscominisBion ist ermächtigt, anch dann einen Candidaten
von der mündlichen Prüfung zurückzuweisen, wenn gegen seine sittliche Un-
bescholtenheit sich nachträglich fvergl. § 6, 3) erhebliche Zweifel ergeben
haben. In diesem Falle steht dem Candidaten frei, die Entscheidung des
Ministers nachzusuchen (§ 6, 4).
§ 33. Mündliche Prüfung. 1. Einberufung. 1. Sofern kein
Anlafs zur Zurückweisung des Candidaten (§ 32, 1, 2) vorgelegen hat, wird
derselbe von der Commission zur mündlichen Prüifung, bezw. zu der derselben
vorausgehenden Clausurarbeit, schriftlich einberufen.
2. Wenn ein Candidat dieser EinberufQng nicht Folge geleistet hat,
ohne entweder sofort beim Empfange der Vorladung um Aenderung des Termines
nachgesucht oder sein Ausbleiben in einer von der Commission als begründet
anerkannten Weise gerechtfertigt zu haben, so ist die Commission ermächtigt,
die gestellten Aufgaben für erloschen und die eingelieferten Bearbeitungen
für ungiltig zu erklären und für eine erneute Meldung eine Frist bis zu sechs
Monaten zu stellen (§ 29, 3).
§ 34. 2. Ausführung. 1. Die mündliche Prüfung hat sich sowohl
auf die an alle Candidaten zu stellenden wissenschaftlichen Anforderungen
(§ 7), als auch auf die von den einzelnen Candidaten gewählten Haupt- und
Nebenfächer in dem Umfange und der Höhe der Forderungen zu beziehen,
welche durch § 9, 2—4, §§ 10—27 bestimmt sind.
2. Die Prüfung derjenigen Candidaten, welche im Lateinischen oder im
Englischen für die oberen Klassen, im Französischen für die oberen oder die
mittleren Klassen die Lehrbefähigung erwerben wollen, ist insoweit in diesen
Sprachen selbst zu führen, dafs dadurch die Fertigkeit der Candidaten im
mündlichen Gebrauche dieser Sprachen ermittelt wird.
§ 35. Entscheidung über das Ergebnis der Prüfung. 1. Nach
dem Abschlüsse der gesamten Prüfung entscheidet die Commission auf Grund
der Bestimmungen von § 9, 2—4, ob die Prüfung bestanden und ob dem
Candidaten ein Oberlehrer- oder ein Lehrerzeugnis auszustellen ist.
2. Wenn ein Candidat in seinen Hauptfächern (§ 9, 2, 3) die Lehr-
befUhigung für die oberen oder für die mittleren Klassen erwiesen, dagegen
entweder in den Nebenfächern (§ 9, 2, § 10, 1—3) oder in der allgemeinen
Prüfang (§ 7) den Forderungen der Prüfungs- Ordnung nicht entsprochen hat,
so wird ihm zwar das Oberlehrer-, bezw. Lehrerzeugnis nicht versagt, dasselbe
aber nur bedingt ausgestellt in dem Sinne, dafs der Candidat zwar zur Ab-
legung des Probejahres (§ 41) zugelassen wird, zu einer definitiven Anstellung
aber erst dann befähigt ist, wenn die Mängel durch eine Ergänzungsprüfung
(§ 38) beseitigt sind.
Ein bedingt ausgestelltes Zeugnis verliert seine Giltigkeit, wenn nicht in
einer Frist von längstens drei Jahren die Ergänzungsprüfung bestanden ist.
3. Wenn ein Candidat nicht einmal den für die bedingte Ausstellung
eines Lehrerzeugnisses (Nr. 2) geltenden Forderungen entsprochen hat, so ist
die Prüfung für nicht bestanden zu erklären.
4. Die Zurückweisung eines Candidaten auf Grund der ungenügenden
Beschaffenheit der schriftlichen Arbeiten (§ 32, 1) ist dem Nichtbestehen der
Prüfung gleichzustellen.
Das Zurücktreten eines Candidaten vor oder während der mündlichen
Prüfung ist die Commission berechtigt, dem Nichtbestehen der Prüfung gleich-
zustellen.
§ 36. Zeugnis. 1. Ueber das Ergebnis der Prüfung ist dem Can-
didaten in jedem Falle, dieselbe mag bestanden (§ 35, 1 und 2) oder nicht
48
'bestanden (§ 35, 3) oder einer nicht bestandenen gleich gesetzt sein (§ 35, 4),
ein Zeugnis auszustellen.
2. Das Zeugnis mufs enthalten den vollständigen Namen, Stand des
Vaters, Geburts-Ort und -Tag und die Confession (bezw. Religion) des Candi-
daten, die Angabe über seinen Bildungsgang, die Auskunft über die Gegen-
stände der schriftlichen und der mündlichen Prüfung und über die Leistungen
in jedem derselben, sowie die Erklärung, für welche einzelnen Lehrfächer und
in welcher Höhe der Candidat die wissenschaftliche Befähigung zum Unterrichten
nachgewiesen hat
3. Wenn die Prüfung bestanden ist, so ist zu erklären, ob dem Candidaten
die wissenschaftliche Befähigung für Oberlehrerstellen oder nur für Lehrerstellen
zuerkannt ist.
4. Wenn die Prüfung nicht bestanden ist, so ist dies durch das Zeugnis
.ausdrücklich zu erklären, unter Bezeichnung der Zeit, nach deren Verlauf
frühestens die Prüfung wiederholt werden darf. Diese Zeit zu bestimmen ist
die Commission befugt, doch darf dieselbe nicht weniger als sechs Monate
betragen.
§ 37. Wiederholungsprüfung. 1. Nach nicht bestandener Prüfung
kann eine Wiederholungsprüfung nur vor derselben Commission abgelegt werden,
vor welcher die erste Prüfung abgelegt wurde. Die ausnahmsweise Zulassung
zur Prüfung vor einer anderen Commission bedarf der Genehmigung des Ministers.
2. Die Wiederholungsprüfung kann nur einmal abgelegt werden.
§38. Ergänzungsprüfung. 1. Zuständig für das Abhalten einer
Ergänzungsprüfung (§ 35, 2) ist diejenige Commission, vor welcher die erste
Prüfung abgelegt wurde, aufserdem auch die Commission derjenigen Provinz, in
welcher der Candidat im Schuldienste beschäftigt ist.
2. Bezüglich der Nebenfächer steht es dem Candidaten zu, von der durch
§ 9, 3 getroffenen Bestimmung für die Ergänzungsprüfung auch in dem Falle
Gebrauch zu machen, wenn dies für die erste Prüfung nicht geschehen ist.
Hierüber hat der Candidat bei seiner Meldung das Erforderliche zu bemerken.
3. Die Ergänzungsprüfung kann nur einmal abgelegt werden.
§39. Erweiterungsprüfung. 1. Candidaten, welche ein bedingungs-
loses (vorgl. § 35, 2) Oberlehrer- oder Lehrerzeugnis bereits erworben haben,
ist es gestattet, durch eine Erweiterungsprüfung die für einzelne Fächer ihnen
zuerkannte Lehrbefähigung bezüglich der Klassenstufe (§ 8) zu erhöhen und für
andere Fächer die Lehrbefähigung hinzu zu erwerben.
Es ist statthaft, dafs auf diesem Wege ein Lehrerzeugnis zu einem Ober-
iehrerzeugnis erhöht wird.
2. Bezüglich der Zuständigkeit der Commissionen gelten die Bestim-
tnungen von § 38, L
3. Zu einer Erweiterungsprüfnng kann ein Candidat nur zweimal zuge-
lassen werden.
§ 40. Zeugnis. 1. üeber jede Wiederholungs-, Ergänzungs- oder
Erweiterungs-Prüfung ist, dieselbe mag bestanden sein oder nicht, ein Zeugnis
auszustellen.
2. Das Zeugnis hat nach Angabe des Nationale des Candidaten auf die
bereits vorausgegangene Prüfung, bezw. die vorausgegangenen Prüfungen, Bezug
zu nehmen und den zusammenfassenden SchluTssatz daraus zu wiederholen.
§ 41. Probejahr. Das Zeugnis über die bestandene Prüfung bekundet
die wissenschaftliche Befähigung des Candidaten zum Unterrichte in bestimmten
•Fächern; zum Erweise der Anstellungsfähigkeit ist dasselbe durch Ablegung
49
•
4e8 Probejahres zn ergänzen. Behufs Zuweisung an eine bestimmte Lehranstalt
hat der Candidat sich bei dem Prov.-Sch.C. derjenigen Provinz, in welcher er
verwendet zu werden wünscht, unter Einreichung seines Zeugnisses schriftlich
zu melden und wo möglich dem betr. Depart^mentsrathe persönlich vorzustellen.
§ 42. Gebühren. 1. Die Prüfungsgebühren sind sofort nach erfolgter
Annahme der Meldung an die von der Commission bezeichnete Kasse zu zahlen.
Wenn ein Candidat durch giltige Zeugnisse nachweist, dafs er durch
Krankheit genöthigt ist, eine begonnene Prüfung au&ugeben, so werden die
«ingezahlten Gebühren zurückgegeben. In allen übrigen Fällen bleiben dieselben
der betr. Gebührenkasse verfallen; es macht in dieser Hinsicht keinen unter-
schied, ob die Prüfung zu Ende geführt ist oder nicht (§29,3; §32, 1,2; §33,2;
§ 35, 4) und im ersteren Falle, ob sie bestanden ist oder nicht.
2. Die Gebühren betragen mit Ausschlufs der Kosten des für das
Zeugnis anzuwendenden Stempels far eine Prüfung 30 Mark, für eine Wieder-
holungsprüfung ebenfalls 30 Mark, far eine Ergänzungs- oder Erweiterungs-
prüfung 15 Mark.
§ 43. Inkraftsetzung der Prüfungs-Ordnung. Die vorstehende
Prüfungs-Ordnung tritt unter Aufhebung des „Reglements für die Prüfungen
der Candidaten des höheren Schulamt^s vom 12. December 1866" sowie der
zu seiner Erläuterung oder Ergänzung ergangenen Verfügungen mit dem
1. October 1887 allgemein in Geltung. Für die vor dem 1. October 1887 ein-
gehenden Meldungen kommt die vorstehende Prüfungs-Ordnung nur dann zur
Anwendung, wenn der Candidat bei seiner Meldung eine dahin gerichtete
Erklärung abgiebt."
Berlin, den 5. Februar 1887. Der Minister etc. von Gofsler.
Bemerkungen zu der Ordnung der Prüfung für das Lehramt
an höheren Schulen. .
,.Das Reglement für die Prüfungen der Candidaten des höh. Schulamts v.
12. Dec. 1866" hat im Verlaufe der zwei Jahrzehnte seitier Anwendung vornehm-
lich in dreifacher Beziehung AnlaCs zu Einwendungen und Aenderunga -Vorschlägen
gegeben: erstens erfährt die Zulassung eines dritten Zeugnisgrades eine
nahezu einstimmige Mifsbilligung; zweitens wird gegen die angeordnete Prüfung über
die „allgemeine Bildung" geltend gemacht, dafs sie sachlich nicht erforderlich
sei und durch die Zahl und Mannigfaltigkeit ihrer Ge&renstände einen nachteiligen
Einflufs ausübe; drittens wird gegen den in dem Prümngs-Reglement § 21 unter-
nommenen Versuch, alle Oombinationen von Hauptfachern und von den damit zu
verbindenden Nebenfächern festzustellen, welche zur Erwerbung einer Lehrbefähigung
erforderlich oder zulässig sind, der Einwand erhoben, dafs er zu einer beengenden
Oasuistik geführt habe, welche die Uebersicht erschwere und doch die Mannig-
faltigkeit der Fälle nicht zu erschöpfen vermöge.
Diese Einwendungen, denen man ein gewisses Mafs der Berechtigung nicht
absprechen kann, haben die hauptsächlichen Gesichtspunkte bestimmt, welche für
eine Revision der Prüfungs-Ordnung in Betracht zu ziehen sind. In der seit längerer
Zeit vorbereiteten Revision hat das Ministerium durch die eingehenden Gutachten
der bei der Ausführung der Lehramts-Prüfung und bei ihren Ergebnissen in erster
Linie beteiligten Wissensch, Prüfungs-Gommissionen und Provinzial-SchulcoUegien
wesentliche Unterstützung erhalten; auch ist einzelnen aufserhalb dieser Kreise
stehenden herrorragenden Schulmännern Gelegenheit gegeben worden, über die
beabsichtigten Aenderungen sich zu äufsern. Die jetzt zur Einführung gelangende
Prüfungs-Ordnung ist hiemach als das Ergebnis der gemeinsamen Erwägung der
bei dieser Frage beteiligten Factoren zu betrachten.
1. Für die Beseitigung des dritten Zeugnisgrades ist allgemeine
Zustimmung zu erwarten. Es widerspricht dem Interesse der höh. Schulen, dafs
der Zutritt zur Lehrthätigkeit an denselben durch ein so dürftiges Mafs wissen-
achaftücher Bildung eröffnet werde, wie es zum Erwerben des dritten Zengnisgradea
Wiese, Verordnungen. IL 4
60
■ •
für ausreichend erachtet ist; auch lieg^ eine so weit reichende Nachgiebigkeit nicht
in dem Interesse des gesamten höh. Lehrstandes.
Es fehlt nicht an Stimmen, welche empfehlen, in der Minderung der Ab-
stufungen noch einen entscheidenden Schritt weiter zu gehen, so dafs unter voll-
ständiger Beseitigung jedes Gradunterschiedes das Prüfungszeugnis nur zu bekunden
habe, ob die Prüfung bestanden sei oder nicht. Diesem V orschlage, der nicht aus
dem Bereiche der Schulverwaltung oder der Prüfungs-Commissionen, sondern ans
Lehrerkreisen hervorge^ngen ist, häufig unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die
Frage der Gehaltsregulirung, ist in der vorliegenden Prüfungs-Ordnung nicht Folge
gegeben worden. Li dem Zeiträume von einem halben Jiäirhunderte, seitdem in
rreufsen eine besondere Prüfung für das höh. Lehramt besteht, ist bei allen
sonstigen Veränderungen in der Prüfungs-Ordnunff eine bestimmte Abstufung der
Zeugnisse stets aufrecht gehalten worden; es würde übereilt sein, in der Beständig-
keit dieser Einrichtung nur eine Zufälligkeit der Sitte vorauszusetzen und die
Erwägungen zu übersehen, welche die Beibehaltung einer Abstufung empfehlen.
Hau Kann die Unterschiede der wissensch. Befälugung und der emdringenden
Energie des Arbeitens weder leugnen noch beseitigen. Es läfst sich femer nicht
verkennen, dafs dasjenige Mafs wissensch. Leistungen, durch weicheis nach der
vorliegenden Prüfungs-Ordnung ein Lehrerzeugnis begründet wird, verbunden
mit gewissenhafter Treue der Pflichterfüllung, Erspriefsliches im Unterrichte
zu erreichen vermag und ein nicht zu entbehrendes noch zu unterschätzendes
Element des Lehrstandes der höh. Schulen bildet. Endlich ist es nicht möglich,
die geringere Begabung zu der Höhe des glücklicheren Talentes hinaufzuschrauben ;
dagegen ist es sehr wohl möglich, dafs bei vollständiger Aufhebung des Unter-
schiedes der Zeugnisse der glücklicheren Begebung der Antrieb zu energischer
Entwickelung verkümmert w^ürde. Die Folge einer vollständigen Nivellinmg der
Zeugnisse über die wissenschaftliche Lehramts-Prüfung würde voraussichtlich sein,
dafs in der Prüfungs-Ordnung selbst oder doch jeden&Us in ihrer Ausführung die
Forderungen im Allgemeinen herabgestimmt und damit bald auch der Durchschnitt
der Leistungen herabgedrückt würde; wahrscheinlich ergäbe sich als weitere, das
Ansehen des Lehrstandes gefährdende Folge, dafs gerade die auf Grund
schwächerer Leistungen erworbene gleiche Berechtigung sich am zuversichtlichsten
geltend machen würde.
Indem das Gesamtergebnis der Lehramts-Prüfung auf zwei Stufen beschränkt
wird, ist es von manchen Seiten als selbstverständliche Folge betrachtet und auch sonst
empfohlen worden, dafs auch die für die einzelnen Lehrgegenstände zuzuerkennende
Lehrbefähigung nur zwei Stufen (2, 1) habe. Ein nothwendiger Zusammenhang be-
steht zwischen diesen zwei Fragen nicht. Damit die Lehramts-Prüfung überhaupt
bestanden und das zulässig mindeste Mafs der Lehrbefäfaigung erreicht werde, ist
in einer bestimmten Zahl von Lehrgegenständen eines bestimmten Gebietes die
Nachweisung der mittleren Lehrbefahigung (2) erforderlich; dadurch wird keines-
wegs ausgeschlossen, dafs in anderen Gegenständen das mindeste Mafs der Lehr-
befähigung (3) erworben werde, und der Nachweis auch nur dieses Mafses sicherer
Kenntnisse ist sowohl für die Gesamtbildung des betreffenden Gandidaten, als
insbesondere für seine etwaige Verwendung in der Lehrthätigkeit nicht zu
unterschätzen.
2. Die in dem Prüfungs-Reglement von 1866 (§ 10) enthaltene Forderung
des Nachweises der „allgemeinen Bildung'* geht von einem an sich als
zutreffend anzuerkennenden Gesichtspunkte aus; es soll dadurch sicher gestellt
werden, dafs jeder Lehrer, bewahrt vor der AusschHefslichkeit der Schätzung seines
eigenen Gebietes, zu dem Gesamtzwecke der Schule an seinem Teüe mitzuwirken
fahiff und geneigt sei. Aber zur Erreidiung dieses Zweckes kann die angeordnete
Prüfung über „allgemeine Bildung*' nicht als nothwendig betrachtet werden, und
die bezüglich dieser Prüfung gemachten langjährigen Nahrungen sprechen nicht
für ihre Beibehaltung. Um sicher zu stellen, dafs das Interesse des zukünftigen
Lehrers sich nicht vorzeitig auf ein einzelnes Wissensgebiet beschränke, wird
unbedingt gefordert, dafs er vor seinem Eintritte in ein Fachstudium den Lehr-
cursus an einer höh. Schule allgemeiner Bildung abgeschlossen und den Erfolg
dieser Schulzeit durch das Bestehen der Reifepr^ung erwiesen habe. Der in den
Lehrplänen und in der Reifeprüfung der höh. Schiden, sowohl gymnasialen als
realistischen Charakters, umfafste Kreis von Lehrgegenstüiden hat ein Anrecht
61
darauf, mit dem Namen der allgemeinen Bildung bezeichnet zu werden, da für die
Hauptrichtnngen menschlichen Wissens sowohl in dem sprachlich-geschichtlichen
als in dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereiche die Aneignung sicherer
Elementarkenntnisse und ein verständnisvolles Interesse erstrebt wird, auf welcher
Grundlage weiter gebaut werden kann; von dem in dem Früfungs-Beglement von
1866 festgesetzten Kreise der „allgemeinen Bildung*' läfst sich das Gleiche nicht
sagen. Denn indem es als unausmhrbar erachtet worden ist, an Gandidaten des
sprachlich-geschichtlichen Gebietes irgend welche Ansprüche aus dem mathematisch-
naturwissenschaftlichen Bereiche zu erheben, und doch die Ermittelung der „allge-
meinen Bildung*' als Aufgabe dieses Teiles der Prüfung bezeichnet ist, wird die
sachlich unhaltbare Auffassung veranlafst, als ob das mathematisch-naturwissen-
schaftliche Gebiet nur den Werth eines speciellen Fachstudiums habe und nicht
ein unerläfsliches und gleichwerthiges Element der allgemeinen Bildung sei Aber
selbst 'in dieser nicht gerechtfertigten Beschränkung der allgemeinen Bildung hat
^e für ihren Nachweis erforderte Prüfung eine zerstreuende Mannigfaltigkeit von
■Gegenständen in dieselbe eingeführt, welche weder der ruhigen Ausfiilmmg der
Prüfung noch der Vertiefung der üniversitätsstudien zum Vorteile gereicht hat.
TJeberdies haben die Bestinunungen des Prüfungs - Reglements selbst zu einer
erheblichen Ungleichheit in seiner Ausführung Anlafs gegeben, indem von der im
§ 10 des Prüfungs-Reglements von 1866 den Prüfungs-Commissionen gegebenen
Ermächtigung, von einer fhrforschung der allgemeinen BUdung soweit abzusehen,
als sie durch ein vorzܣrlicheB Abiturientenzeugnis aufser Frage gestellt ist, begreif-
licherweise ein ungleicher Gebrauch gemacht worden ist. Der Prüfnngs-Gommission
in Marburg ist überdies bei ihrem üebergange in die diesseitige Unterrichts- Ver-
waltung aiiF ihren Antrag ausdrücklich gestattet worden, die durch das Reglement
erforderte Prüfung über allgemeine Bildunj? nur in den Fällen vorzunehmen, in
welchen der Commission bestimmte Zwei&l an der ausreichenden allgemeinen
Bildung des Gandidaten entstünden, und es läfst sich nicht constatiren, dafs aus
dieser weitest reichenden Ermächtigung und dem dadurch bestimmten Verfahren
der Commission nachteilige Folgen enUtanden seien.
Aus diesen Erwägungen ist in der vorliegenden Prüfungs-Ordnung von dem
Nachweise der „allgemeinen Bildung" überhaupt Abstand genommen worden ;
dagegen sind in derselben allerdings Forderungen bezeichnet, welchen alle Gan-
didaten ohne Unterschied ihres Lehrgebietes zu entsprechen haben. (§ 7 vergl.
§ IIA, § 12, 1, § 26, 1.) Dafs zu diesen an alle Gandidaten zu stellenden
Forderungen das Studium der Philosophie und der Pädagogik gehört, bedarf als
fielbstversUlndlich und allgemein anerkannt keiner besonderen Begründung. Durch
die dazu tretende Anordnung einer Prüfung in der christlichen fteligionslehre und
im Deutschen wird zu entscheidendem Ausdrucke gebracht, dafs zu diesen beiden
dementen der Jugendbildung die Gesamtheit der Lehrer in einem anderen Ver-
hältnisse steht, als zu anderen Lehrgegenständen. Der Unterricht in der christ-
lichen Religionslehre, ebenso der Unterricht im Deutschen, sind allerdings bestimmten
Lehrern anzuvertrauen, welche ihre specielle wissensch. Vorbildung hierzu nach-
gewiesen haben; aber die hohe Aufgabe dieser Momente der Jugendbildung kann
nur in dem Mafse erfüllt werden, als dazu mitzuwirken die Gesamtheit der ^Lehrer,
ohne Unterschied ihrer speciellen Unterrichtsfächer, sich durch ihren Lehrberuf
selbst verpflichtet erachtet. Die aus diesem Gesichtspunkte allgemein angeordnete
Prüfung in der christlichen Religionslehre braucht nicht und soll nicht eine
Wiederholung der Reifeprüfung sein. Zu einer solchen controUirenden Wieder-
holnzig würde im Allgemeinen um so weniger Anlafs sein, als über die Höhe und
den Imifang der in der Reifeprüfung über die Bestimmungen der Prüfungs-Ordnung
hinaus erforderten und nachgewiesenen Kenntnisse in der christlichen Religionslehre
mehrfach und nicht ohne Grund Bedenken erhoben worden sind. Es ist nicht die
Absicht, diesen Umfang speoieller Forderungfen in der Lehramtsprüfung zu erneuern
oder gar zu steigern, sondern es wird den jungen Männern, welche sich dem Lehrer-
bemfe bestimmen, Anlafs gegeben zu zeigen, dafs sie der Kenntnis und dem Ver-
ständnisse der Religionslehre ihrer christlichen Gonfession ihr gereifteres Nach-
'thKnken zugewendet haben. — Auf die Beherrschung der deutschen Sprache für
schriftlichen und mündlichen Gebrauch und auf Erweckung des Interesses für die
-IfSSffEerwerke der deutschen Litteratur und der Achtung vor ihnen hinzuwirken,
ist an deutschen höh. Schulen Aufgabe nicht blofs der wenigen, diesem Unterichte-
4*
1^
52
gegenstände besonders zugewiesenen Lehrstanden, sondern ist nur dorch das Zu-
sammenwirken des gesamten Unterrichtes zu erreichen. Die Erfüllung dieser Auf-
gabe zu unterstützen ist die in der vorliegenden Prüfungs-Ordnung bezüglich des
Deutschen getroffene Einrichtung bestimmt. Durch den an alle Gandidaten gerichteten
Anspruch wird nicht der Nachweis von Kenntnissen in der Litteraturge schichte
erfordert/ — eine solche Forderung würde überdies unvermeidlich zu einer flüchtigen
Einprägung gedächtnismäfsigen Stoffes führen — vielmehr ist der Gandidat veranlalst
zu zeigen, dafs er nicht ein Fremdling in den Schöpfungen der classischen deutschen
Litteratur ist. Die aufserdem allgemein gestellte Forderung, dafs der Gandidat
mit den Bedingungen des correcten Gebrauches der deutschen Sprache sich vertraut
gemacht habe (§ 12, 1), ist im Wesentlichen durch die schriftliche Arbeit aus dem
philosophischen oder pädagogischen Gebiete nach ihrer formalen Seite zu erfüllen.
Nicht ausgeschlossen aber ist, dafs etwaige in der schriftlichen Arbeit bemerkbare
Yerstöfse Anlafs geben, Rechenschaft über die erforderliche Berichtigung und über
ihre Gründe zu verlangen. Nach manchen Anzeichen wird es nicht als überflüssig
zu betrachten sein, die zukünftigen Lehrer unserer höh. Schulen thatsächlich daran
zu erinnern, welche Ansprüche sie als Lehrer an deutschen Schulen nothwendig
an ihre eigene Bildung im Deutschen zu stellen haben.
3. In dem Prüfungs-Reglement von 1866 ist durch § 21 versucht worden,
die Gombinationen von Hauptfächern und ihre Verbindung mit bestimmten Neben-
fächern festzustellen, welche zur Erreichung eines Lehrerzeugnisses der verschiedenen
Grade einzuhalten seien. Diese mühsame, die Entscheidungen der Prüfungs-
Gommissionen erschwerende, im Einzelnen aus sachlichen oder didaktischen Gesichts-
punkten schwerlich ausreichend zu begründende Gasuistik wird im Wesentlichen
wieder aufgehoben durch die in der Ausführungs- Verordnung zu demselben Para-
fraphen enthaltene Bemerkung, dafs es unmöglich sei, alle Gombinationen der
«ehrbefähigungen aufzuzählen, welche sich in Folge besonderer Neigungen oder
Studien darbieten könnten. Demgemäfs ist in der vorliegenden Prüf ungs- Ordnung
von einer Aufzählung der einzelnen Gombinationen überhaupt Abstand genommen,
vielmehr sind die Gebiete bezeichnet, aus welchen behufs Erwerbung der Lehr-
befähigung zwei selbständige Gegenstände zu wählen und mit Nebenfächern zu
verbinden sind. Durch die Bestimmung, dafs die beiden Hauptfächer demselben
Gebiete angehören müssen, ist der Gefahr vorgebeugt, dafs die Lehrbefähigung
auf dem Nachweise von Kenntnissen beruhe, welche als Ganzes nicht in einem
inneren Zusammenhange stehen.
Die Unterscheidung der einzelnen Gebiete stimmt mit der des Prüfungs-
Keglements von 1866 in soweit überein, als dies für sachlich begründet erachtet
werden kann. Es ist demnach das sprachlich -geschichtliche Gebiet von dem
mathematisch-naturwissenschaftlichen unterschieden und von beiden als wesentlich
verschieden die Religionslehre abgetrennt, mit welcher das Hebräische in aner-
kannter Verbiifdung steht. Von dem sprachlich-geschichtlichen Gebiete die modernen
fremden Sprachen als etwas Verschiedenes abzutrennen, wie dies in dem Prüfungs-
Reglement von 1866 geschieht, ist weder sachlich begründet noch durch die Aufgabe
zu rechtfertigen, welche dem fraglichen Unterrichte an unseren höh. Schulen gestellt
ist, — Die Geographie hat nach der inzwischen eingetretenen Entwickelung nicht
in der bisherigen Unselbständigkeit und Untrenubarkeit von der Geschichte belassen
werden können. Durch die § 10, la Abs. 3 getroffene Bestimmung ist den zwei
Hauptrichtungen in der Entwickelung der Geographie Rechnung getragen ; zugleich
ist durch -die Bestimmungen von § 10, Ib und § 19, 4 dafür gesorgt worden, dafs
unter der veränderten Stellung der Geographie der geschichtliche Unterricht nicht
zu leiden habe.
Durch die in den §§ 9. 10 (vgl. § 3, 2, § 35) angewendeten Ausdrücke
Hauptfächer und Nebenfächer ist nicht ein verschiedener Werth der Prüfungs-
fächer an sich bezeichnet, sondern ein Unterschied, welcher erst aus der von dem
Gandidaten gemäfs § 9 getroffenen Wahl hervorgeht und nur für diesen Gandidaten
Geltung hat Demnach haben dieselben Prüfungsfächer, z. B. die lateinische und
die griechische Sprache, welche für den einen Gandidaten Hauptfächer sind, für
einen anderen, welcher z. B. die deutsche Sprache und die Geschichte zu seinen
Hauptfächern gewählt hat, die Geltung von Nebenfächern.
Zu einem selbständigen Fache waren in dem Prüfungs-Reglement von 1866
die sämtlichen Fächer der Naturbeschreibung vereinigt. Dies scneint weder dem
63
wissensch. Charakter der fragflichen Fächer vollkommen zu entsprechen, noch
durch die Stellung erfordert zu werden, welche dieselben in der Aufeinanderfolge
des Unterrichtes an unseren höh. Schulen einnehmen. In Beachtung beider Gesichte-
punkte Bind in der vorliegenden Prüfungs-Ordnung einerseits Botanik und Zoologie,
andererseite Chemie und Mineralogie je zu einem selbständigen Fache verbunden
worden. Es bedarf nicht der ausdrücklichen Erklärung, dafs hierdurch nicht die
wissensch. Bedeutung der genannten Fächer herabgesetzt wird, sondern dafs den
didaktischen Forderungen Rechnung getraffen werden soll, da in den beiden frag-
lieben Fallen die Lehrbefähigfuug in dem einen Fache ohne die in dem anderen
nach der Lehreinrichtung unserer höh. Schulen kaum verwendbar ist. Als Folge
fergiebt sich hieraus, dafs eine Lehrbefähigung nicht für Chemie oder für Mineralogie,
sondern nur für die Combiiiation von beiden und zwar für beide in gleicher Höhe
zuerkannt werden kann; ebenso in BetreiGF der Botenik und Zoologie. Die
Schwierigkeit der Ausführung, zumal da in der Regel jeder dieser vier Gegen-
stände einem besonderen Prüfongs-Commissar zugewiesen ist, wird kaum wesentlich
gröfser sein, als bei der Geschichte, in welcher öfters die alte Geschichte durch
einen anderen Examinator vertreten ist, als die mittlere und neue, und dennoch
nur für Geschichte überhaupt, nicht für einzelne Gebiete derselben eine didaktisch
verwerthbare Lehrbeföhigung zuerkannt werden kann.
In Betreff der Nebenfächer ist als Grundsatz aufgestellt, dafs jedenfalls eines
derselben dem gleichen Gebiete angehöre, wie die Hauptfächer; es wird hierdurch
bezweckt, dafs jede Lehrbefähigrung auf einer ausreichend breiten, der Art nach in
sich zusammenhängenden Unterlage beruhe. Die oblijratorische Verbindung eines
bestimmten Nebenfaches mit einem Hauptfache ist auf diejenigen Fälle beschränkt
worden, in welchen die Forderung sachlich unerläfslich oder, wie dies von der
Hinzufügung der Physik zur Mathematik gilt, didaktisch unvermeidlich ist.
Durch die vorstehenden Bemerkungen werden die Gründe bezeichnet sein,
welche zu den sachlichen Aenderungen in der Revision der Prüfungs- Ordnung
Söführt haben. In formaler Hinsicht unterscheidet sich die vorstehende Prüfungs-
rdnung von dem bisher giltigen Reglement dadurch, cUtfs alles ausgeschieden
worden ist, was nicht zur Information der Candidaten erforderlich, sondern das
geschäftliche Vorgehen der Prüfungs- Commission zu regeln bestimmt ist. Dieser
unterschied ist neuerdings in allen analogen Fällen grundsätzlich eingehalten
worden.
Mit den bezeichneten principiellen Aenderungen der Prüfungs - Ordnung ist
zugleich eine erneute Erwägung der für die einzelnen Lehrfächer festzusetzenden
Forderungen verbunden worden. Dem hie und da ausgesprochenen Wunsche
nach einer möglichst allgemein gehaltenen Bezeichnung der Prüfungs-Forderungen
ist im Interesse ebensosehr der Prüfungs - Commissionen als der Candidaten nicht
Folge gegeben worden; die eingehendere Bezeichnung der Prüfungs -Forderungen
kann zwar die Unterschiede in der persönlichen Auffassung und Ueberzeugung der
Examinatoren nicht ganz beseitigen, ist aber doch geeignet, den daraus sich
ergebenden Folgen engere Schranken zu setzen. Die leitenden Gesichtepunkte ftir
die Festetellung der einzelnen Forderungen sind aus den Erläuterungen zu den
Lehrplänen vom 31. März 1882 zu entnehmen; indem auf diese ausdrücklich Bezug
genommen wird, sind nur wenige Bemerkungen hinzuzufügen.
Zu § 12. Deutsche Sprache. Zu § 12, 3. 4. Für das Erwerben der
Lehrbefähigung in den unteren und mittleren Klassen ist die Forderung, insoweit
sie das grammatische Gebiet betrifit, auf die Kenntnis der neuhochdeutechen
Formenlehre und Syntax beschränkt. Aus den grofsartigen Erfolgen, welche
gerade die deutsche Grammatik der historischen Sprachforschung verdankt, ist der
neuhochdeutechen Gk^mmatik in dieser ihrer Beschränkung eine gewisse Mifs-
achtung erwachsen; als ein äufseres Zeichen davon darf man wohl den Umstand
ansehen, dafs im Vergleiche mit der zahllosen Menge der kenntnislos einander
ausschreibenden Compilationen für neuhochdeutsche Sprachlehre die auf ernster
wissenschaftlicher Forschung beruhenden Bücher eine seltene Ausnahme bilden.
Aber die Bücher des letzteren Charakters lassen erkennen, dafs in der durch die
Prüfungs - Ordnung bezeichneten Kenntnis der neuhochdeutschen Grammatik eine
an sich nicht zu unterschäteende und jedenfalls für die Aufgaben des Unterrichtes
unerläfsliche Forderung gestellt ist; die Erfüllung derselben und die davon zu
erwartende Einvrirkung auf den Schulunterricht kann dazu beitragen, der in
64
bedenklicher Aosbreitang begriffenen Nachflicht gegen Incorrectheiten des deutschen
Schreibgebraaches Schranken zu setzen.
Za § 12, 4. 5. Rhetorik, Poetik, Metrik sind nicht als selbständige Lehr-
Segenstände an den höh. Schalen za behandeln; aber durch Verwerthang der
IkMsenlectüre and im Anschlüsse an dieselbe sind ^e Schüler mit den haapt-
sächlichsten Kanstformen der Prosa and Poesie bekannt za machen, and die
Gesichtspunkte, welche für die Vorbereitung der Aufsätze und für ihre Gorrectur
bestimmend sind, gehören zu grofsem Teile dem Gebiete der Bhetorik an. Der
deutsche Unterricht würde gefährdet werden, wenn der Lehrer erst im Falle des
Unterrichtsbedarfes versuchen wollte, das Erforderliche sich anzueignen, und nicht
vielmehr während des Verlaufes seiner Studien die Grundlage hierzu gewonnen
hätte. Deshalb sind Ehetoxik, Poetik, Metrik als Disciplinen bezeichnet, mit denen
der zukünftige Lehrer des Deutschen, namentlich auf der obersten Stufe, sich
bekannt erweisen solL Ueber das Mafs der zu stellenden Forderungen ist ab-
sichtlich unterlassen eine s^enaue Formulürunff zu geben ; insbesondere für Poetik
and Rhetorik wird auf Klarheit der Grundbegriffe ein weit höherer Werth zu
legen sein, als auf etwaigen Umfang des stofflichen Wissens, welches auf jenen
G^rundlagen später leicht erworben wird.
Zu ^ 13. Lateinische und griechische Sprache. Zu § 13, 2. 3.
Für die Lehrbefähigung in den mittleren und oberen Klassen ist der Schwerpunkt
der Forderungen gelegt in ausreichenden Umfang der Belesenheit, strenge Methode
der Hermeneutik und in die hieraus sich ergebende Herrschaft über die betreffende
Sprache nach Form und Stoff. Wenn zuweilen über den Mangel an Literesse der
Schüler für den Unterricht in den alten Sprachen und über die ungenügenden
Erfolge des Unterrichtes geklagt wird, so lafst sich der Zweifel nicht abwehren,
ob die Lehrer in der Sprache und der Litteratur, in welche einzuführen ihre
Aufgabe ist, sich selbst ausreichend einheimisch gemacht haben. Deshalb ist, selbst
abgesehen von der Bedeutung, welche umfassende Belesenheit für das wissensoh.
Studium hat, aus dem bezeichneten praktischen Gesichtspunkte ihr ein wesentliches
Gewicht in der Prüfung beigemessen. — Die Aneignung strenger Methode der
Hermeneutik, durch welche die Leetüre -Stunden erst ihren Werth und ihren
bildenden Einflufs gewinnen, läfst sich durch das blofse, in Vorlesungen und
Büchern darffebotene Vorbild nicht leicht erreichen, vielmehr ist es von ent-
scheidendem Werthe, dafs der Studirende die in den philologischen Seminaren
gebotene Gelegenheit benutzt habe, seine eigenen Versuche der belehrenden Elritik
zu unterwerfen. — Dafs ein Gandidat schon auf der Universität irgend einer
einzelnen Partie der Altertumskunde ein specielles, zu selbständiger Forschung
fortschreitendes Studium zugewendet habe, ist durch die gestellten Forderungen
keineswegs ausgeschlossen; mit Recht geben die Universitäts - Seminare Anlafs
dazu. Aber die Erfüllung der Aufgaben des altclassischen Unterrichtes würde
gefährdet werden, wenn eine derartige Specialität als Ersatz für den unerläfslichen
Umfang der Belesenheit sollte betrachtet werden.
Zu § 13, 3. Der im § 23 des Reglements von 1866 gewählte Ausdruck,
dafs für den philologischen Unterricht in den obersten Klassen eine „wissen-
schaftlich bekundete*' Kenntnis der lateinischen und griechischen Grammatik zu
erfordern sei, ist absichtlich vermieden worden. Nach der gegenwärtig über-
wiegenden Richtung der Sprachforschung kann derselbe die Auffassung erfahren,
dafs darunter die historische Begründung der griechischen und der lateinischen
Formenlehre, vielleicht selbst Anfänge zu einer historischen Begründung der
Syntax zu verstehen seien und in Folge hiervon ein umfassendes sprachvergleichendes
Studium von den Lehramtscandidaten erfordert werde. Eine solche Forderung
allgemein zu stellen, giebt das thatsächliche Bedürfnis des Gymnasialunterrichtes
kein Recht; auch ist die Besorgnis begründet, dafs durch eine so umfassende
Forderung und durch die darin liegende Begünstigunfir der Betrachtung des
Zusammenhanges der Sprachen die nir den Gymnasialunterricht entscheidend
wichtige Vertiefung in die beiden classischen Sprachen selbst und in ihre Litteratur
eine bedenkliche Beeinträchtigung erfahre. Dagegen ist von dem philologrischen
Lehrer auf der obersten Stufe jedenfalls zu venangen, dafs die Ghrtusimatik jeder
einzelnen der alten Sprachen, der griechischen und der lateinischen, sowohl in
ihrer Formenlehre als namentlich in ihrer Syntax ihm nicht eine blofse zusammen-
hangslose Sammlung von Regeln bleibe, sondern dafs das Einzelne in bestimmte
65
^imppen verbanden und unterschieden in einen durchsichtigen Zusammenhang'
gebracht sei. Diese für den Erfolg des grammatischen Schulunterrichtes ent-
scheidende und das Mafs der allgemeinen Möglichkeit nicht überschreitende
Forderung ist daher durch die Prüfungs-Ordnung bezeichnet worden.
Zu §§ 14, 15. Französische und englische Sprache. Zu § 14,
3. 15, 3. In dem bisherigen Reglement (§ 25, Absatz 2) ist „Kenntnis der Haupt-
ergebnisse der romanischen Sprachforschung und der geschichtlichen Entwickelung
beider Sprachen** nur als „wünschenswerth** bezeichnet Diese Bestimmung kann
der in dem wissenschaftlichen Studium dieser beiden Sprachen gegenwärtig ein-
gehaltenen Richtung, welche auch in der Vertretung an den Universitäten ihren
gebührenden Ausdruck gefunden hat, nicht mehr als entsprechend angesehen
werden; daher ist für die vollständige Lehrbefähijjung die fragliche Kenntnis aus-
drücklich erfordert worden. Hierbei ist jedoch Folgendes zu beachten :
Erstens. Die entscheidende Bedeutung für das Erwerben der vollständigen
Lehrbefähigung ist der gründlichen Kenntnis der gegenwärtigen Sprache, üurer
sicheren Beherrschung für den schriftlichen und mündlichen Gebrauch und einem
gewissen Umfange der Belesenheit in ihrer Litteratur beizumessen. Durch die
strenge Einhaltung dieser Forderung ist der Erfolg des neusprachlichen Unterrichtes
bedingt, aber auch im Wesentlichen gesichert; dagegen würde der Erfolg des
Unterrichtes auf das schwerste geschädigt werden, wenn der Nachweis von
Kenntnissen über die historische Entwickelung der Sprache irgend wie als Ersatz
von Mängeln in der Beherrschung der gegenwärtigen Sprache gelten dürfte.
Zweitens. Für den in der Prüfung zu erfordernden Nachweis historischer
Sprachkenntnis ist ein bestimmtes Mafs bezeichnet. Der wissensch. Forschung und
ihrer Mitteilung durch den UniversilÄts- Unterricht hierdurch eine Grenze setzen
zu wollen, liegt auTserhalb der Aufgabe einer Prüfungs - Ordnung ; wohl aber hat
diese darauf Bedacht zu nehmen, dafs nicht etwa durch eine weitere Ausdehnung
der Prüfungsforderungen in Betreff der historischen Sprachkenntnisse das Interesse
für die gegenwärtige Sprache gelähmt und in Folge davon der in dieser Hinsicht
unbedingt zu stellende Anspruch thatsächlich unerfüllbar werde.
Zu § 21. Mathematik. Zu §21, 1. Durch das Reglement von 1866
(§ 29, Absatz 1) ist mit Recht darauf Bedacht genommen, dafs behufs Erwerbung
der untersten Stufe der mathematischen Lehrbefähigung jedenfalls die Befähigung
zu zweckmäfsiger Erteilung des Rechenunterrichtes erwiesen werde. Da die zu
diesem Zwecke ffewählte Formulirung „Kenntnis der Methoden des Rechen-
unterrichtes" in den Rahmen der Prüfungs - Ordnung kaum pafst und nicht frei
von der Gefahr der Mifsdeutung ist, so ist statt dessen die bestimmtere Forderung
ausgesprochen worden, dafs der Oandidat die für zweckmäfsige Erteilung des
Rechenunterrichtes erforderliche Bekanntschaft mit den Eigenschaften des dekadächen
-Zahlensystems nachzuweisen hat.
Zu § 21, 3. Durch das bisherige Reglement ist für die Lehrbeföhigung in
den obersten Klassen erfordert, dafs der Oandidat sich als „ausgebildeten Mathe-
matiker" zeige und in den Gebieten der höheren Geometrie, der höheren Analysis
und der analytischen Mechanik „eigene Untersuchungen mit Erfolff anstellen
könne." In der thatsächlichen Ausführung dieser Forderung wird jedenfalls der
Umstand nicht unerwogen gelassen sein, dafs die zu prüfenden Oandidaten eben
erst am Schlüsse ihrer Universitätsjahre stehen ; es schien jedoch angemessen, dieser
Erwägung schon durch den Wortlaut der Priüungs-Ordnung Rechnung zu tragen.
Es liegt in dem Wesen der Mathematik, dafs von dem Lehrer in den obersten
Klassen klare Einsicht und sichere Bewegung auf Gebieten erfordert werden mufs,
welche für den Unterricht weniger unmittelbare Verwendung finden, als dies im
Wesentlichen von denjenigen Kenntnissen gilt, welche auf den sprachlichen und
historischen Gebieten von den Gandidaten erfordert werden. Die Ansprüche in
dieser Hinsicht sind in der Höhe zu stellen, dafs dadurch dem mathematischen
und dem mathematisch-physikalischen Unterrichte auf der obersten Stufe lichtvolle
und selbst zu weiterem Studium anregende Behandlung gesichert werde, und dafs
der Oandidat die Befähigung gewonnen habe, auf seinem Gebiete mit Freudigkeit
und mit Erfolg weiter zu arbeiten. Aus diesen Gesichtspunkten wird die jetzt
gewählte Formulirung ihre Erklärung finden, sowohl in Betreff dessen, was aus-
drücklich erwähnt, als dessen, was unerwähnt gelassen ist. So kann die für die
oberste Stufe der physikalischen Lehrbefähigung erforderte Kenntnis von den
66
f randlegenden mathematischen Untersuchungen zu der Anwendung elliptischer
unctionen führen; aber es hat vermieden werden sollen, durch Erwähnung
derselben an dieser Stelle zu dem Ansprüche auf Bekanntschaft mit diesen Unter*
suchungen in ihrem ganzen Umfange einen Anlafs zu geben. Dagegen bietet die
erforderte Bekanntschaft mit den Grundgesetzen der analytischen Mechanik ein
vorzügliches liittel, die Vertrautheit des Candidaten mit der Differential- und
Inte^alrechnung zu ermitteln, und ist zugleich von hoher Bedeutung für die-
Einsicht in die Grundgesetze der Physik.
Der erwähnte Lmstand, dafs das Verhältnis des in der Prüfung geforderten
Wissens zu seiner unmittelbaren Verwendung im Unterrichte auf dem mathe-
matischen Gebiete ein merklich anderes ist, als für die meisten anderen Lehr-
gegenstände, giebt besonderen Anlafs an die AUgemeingiltigkeit der in §27, 1 ' der
Prüfungs - Ordnung enthaltenen Bestimmung zu erinnern, dafs behufs Erwerbung
der Lehrbefähigunff auch für die obersten Klassen von der Ermittelung der für
die niederen Stu^n erforderlichen Kenntnisse keinesfalls Abstand genommen
werden darf. Durch die strenge Einhaltung dieses Verfahrens werden übrigens
die Candidaten darauf hingewiesen, dafs für die vom Lehrer zu erfordernde
Kenntnis der elementaren Ilathematik die aus dem Schulunterrichte bewahrte
Erinnerung und feste Grundlage nicht ausreicht, dafs sie es vielmehr als einen
wesentlichen leil ihrer mathematischen Bildung betrachten müssen, die elementaren
Grundbegriffe und den Znsammenhang des gesamten Lehrstoffes der elementaren
Mathematik sich durch erneutes Nachdenken zu voller Klarheit gebracht zu haben.*'
C.Verf. V. 13. De 0.1867 (an die K. Wiss. PrüfdngscommisBionen) : „Die*
Bestimmungen des Beglm. für die Prüfdngen der Can£daten des höh. Schul-
amts V. 12. Dec. 1866 machen eine nene Anordnung für die Jahresberichte der
K. Wiss. Prüfangscommissionen nöthig. Unter Aufhebung:
1. Der Verfügung, durch welche im Jahre 1821 ein detaillirter Nachweis
der Ergebnisse in jedem einzelnen Prüfungsgegenstande bei jedem Gand. an-
geordnet und 2. der Verf., durch welche im Jahre 1855 die Hinzufügung^
einer statist. Uebersicht der abgehaltenen Prüfungen vorgeschrieben ist,
bestimme ich daher, dafs, von diesem Jahre an, der von dem Dir. an mich
zu erstattende Jahresbericht über die Thätigkeit der Comm. sich auf die Aus-
follung der anliegenden Uebersichtstabelle beschränkt. Dieselbe entspricht in
Bezug auf Art und Grad des Prüfungsergebnisses den Unterscheidungen, welche^
§ 21 des Beglm. darüber festgesetzt.
I Wenn auf solche Weise die Berichterstattung wesentlich vereinfacht worden
st, 80 hat doch ein Eingehen auf die geistigen Eigentümlichkeiten der geprüften
Kandidaten dabei nicht ganz ausgescMossen werden sollen. Die letzte Bubrik
"AUgm. Bemerkungen" ist besonders dazu bestimmt, ein Urteil über den ge-
samten Eindruck aufzunehmen, welchen die Persönlichkeit des Candidaten und
^ie Erweisung seines geistigen Vermögens gegenüber den Aufgaben des Lehrer-
Berufs bei der Prüfung gemacht hat. Es ist um so mehr zu wünschen, dafs
^ieser Eindruck gleich nach beendigter Prüfung von der Comm. möglichst fixirt
werde, als die Probelectionen, welche der Comm. früher Gelegenheit gaben, den
Cand. auch nach Seiten seiner Lehrgabe einigermafsen kennen zu lernen und
zu- beurteilen, jetzt in der Begel wegfallen.
Zieht es die Comm. vor, diese Bemerkungen, statt sie mittels kurzer
Prädicate in die letzte Bubrik der Tabelle einzutragen, abgesondert davon aus-
führlicher zusammenzustellen, so ist ihr dies unbenommen."
C. Verf. V. 24. Dec. 1866: „Das K. Prov.Sch.C. empfängt hiermit eine
Abschrift der an die K. Wiss. Prüfungscommissionen unter dem heutigen Datum
zu dem neuen Beglm. für die Prüfungen der Candd. des höh. Schulamts erlassenen
Verfügung nebst . . Exemplaren des Beglements zur Kenntnisnahme.
In Betreff der Abhaltung des CoUoquii pro rectoratu wird demnächst
besondere Verfügung ergehen (s. S. 73). Ebenso werden die für das Probejahr jetzt
67
geltenden Bestimmungen dem E. ProT.Scb.G. in einer nenen Znsammenstellnng
mitgeteilt werden (s. S. 60).
DaTs geprüfte Candd. der Theologie, ohne das Examen pro fac. doc.
gemacht zu haben, auch ferner geeigneten Falls anf einige Zeit als Lehrer der
unteren nnd mittl. El. angenommen werden, wird durch das neue Beglm. nicht
verhindert Ebenso können nach wie vor in den unteren El. der höh. Schulen
auch tüchtige Elementarlehrer beschäftigt, eventl. in einzelnen Fällen mit
meiner Genehmigung (vgl. C. Verf. v. 2. Jan. 1863) [s. Abschn. III] angestellt
werden.
Die Bewerbung um Anstellung für die unteren El. höherer Schulen wird
künftig auch auf das Zeugnis einer wohlbestandenen Prüfung pro schola zuge-
lassen und dabei auf den Nachweis der Befähigung für die besonderen pädagog.
und didakt. Anforderungen dieser Elassen vorzugsweise Bücksicht genommen
werden. [An die Stelle der Prüfung pro schola et rectoratu ist durch die
Allgm. Bestimmungen v. 15. Oct 1872 die Prüfung der Lehrer an
Mittelschulen getreten. Das Prüfungsreglm. s. CBl. 1872 S. 640 fg. Vgl.
Abt I S. 13 Anm.]
Schliefslich nehme ich Veranlassung, hinsichtlich der Gymnasialschüler,
welche den Lehrerberuf erwählen, aus der C. Verordo. v. 4. Febr. 1838
dasjenige, was auch unter den heutigen Verhältnissen der höh. Lehranstalten
seine unveränderte Wahrheit und Wichtigkeit hat, hiermit wie folgt in Erinnerung
zu bringen und der Nachachtung zu empfehlen:
„Die Dir. der Gymnasien, welche den ganzen Entwickelungsgang der ihrer
Leitung anvertrauten Jugend zu übersehen vermögen, scheinen dem Minist, vor-
züglich geeignet, um die Schüler in den oberen El., welche sich späterhin dem
höh. Schulamt zu widmen gedenken, näher zu beobachten, und diejenigen unter
ihnen, deren ganze Persönlichkeit sich wegen Mangels an den erforderl. Anlagen
des Geistes und Gemüths, sowie an dem eben so nöthigen beharrl. und frucht-
bringenden Fleifse zum Lehrstando untauglich erscheint, auf jede schickliche
Weise mit der ganzen Macht ihres Einflusses von der Wahl eines Standes ab-
znrathen, in welchem für Eeinen, der ihn ohne wahrhaften inneren Beruf
ergreift, Gedeihen und Befriedigung zu hoffen ist. Diejenigen Schüler der
oberen El. aber, welche sich für das höhere Lehrfach bestimmen und nach
ihrer ganzen Persönlichkeit gegründete Hoffnung erwecken, dafs sie dereinst in
demselben etwas Tüchtiges oder gar Ausgezeichnetes leisten werden, sind von
den Dir. der Gymn. frühzeitig nicht nur auf die Bedeutung, den Umfang und
die Schwierigkeiten der Aufgabe, die sie sich gestellt und mit der Zeit zu lösei»
haben, bei jeder passenden Gelegenheit im Allgm. aufmerksam zu machen, sondern
auch insbesondere nach Anleitung des Prüfungsreglm. in nähere Eenntnis aller
der Anforderungen zu setzen, welche späterhin die Prüfung pro fac. doc. an sie
machen wird. Da femer nach den bisher. Erfahrungen diejenigen, welche sich
dem höh. Lehrfache widmen, selten auf der Universität ihre vorbereitenden
Studien planmäfsig einrichten und deshalb in vielen Fällen das ihnen vor-
gesteckte Ziel verfehlen, so wünscht das Minist, recht dringend, dafs die Dir.
oder auch geeignete Lehrer der Gymn. ihnen im letzten Semester vor ihrem
Abgange eine gehörige Anleitung geben, bei welcher eben sowohl auf die
Forderungen des Beglm. und auf die wesentl. Bedürfnisse der gelehrten Schulen,
als auf die Hauptrichtung, welche der Einzelne vermöge seiner eigentümlichen
Anlagen und Fähigkeiten in seinen Universitätsstudien zu verfolgen willens ist,
die nöthige Bücksicht zu nehmen ist.
Das Minist hegt zu den Dir. und Lehrern der Gymn. das wohlbegründete
Vertrauen, dafs sie auf eine desfallsige angemessene Aufforderung des E. Prov.
Sch.C. sich zum Heile der Schulen den im Obigen angedeuteten Sorgen und
aufserordentl. Bemühungen bereitwillig unterziehen und mit ihrer gereiften Ein-
S8
«icht und ihren väterlichen Bathschlägen gern denen anch noch auf ihrem
weiteren Entwickelongsgange förderlich sein werden, welche schon anf der Schule
die ermnthigende Ueherzengnng gewonnen hahen, dafs der Unterricht nnd die
Erziehung der Jagend der Beruf ihres Lehens isf —
Min. Verf. V. 19. Oct. 1878. Auszug, »^erUmstand, dafs die Religio ns -
lehre derjenigen christl. Confession, welcher ein Candidat angehört, in einer
Wiss. Prüfungscommission nicht vertreten ist, giebt unter der Voraussetzung,
dafs die Bedingungen für die Zulassung erfüllt sind, keinen Anlafs denselben
zurückzuweisen, sofern nicht etwa der Beligionsunterricht den Hauptgegenstand
bildet, für welchen der Candidat die Lehrbefähigung zu erwerben wünscht;
vielmehr ist in derartigen Fällen nur in dem Prü^gszeugnisse zu bemerken,
dafs der Candidat den Nachweis über die zur allgemeinen Bildung erforderten
Kenntnisse der Beligionslehre seiner Confession vor der betr. Commission zu
erbringen nicht Gelegenheit gehabt hat und ihm überlassen bleibt, durch eine
Nachprüfung vor irgend einer dazu geeigneten Commission diesen Mangel zu
ersetzen." Der Minister etc. Falk.
C. Verf. V. 14. Oct. 1868 (an die Wiss. Prüfungscommissionen). „Mit
Bezug auf die C. Verf. v. 28. Aug. d. J. (s. Abschn. III), nach welcher nicht-
preufs. Angehörige des Norddeutschen Bundes unter denselben Voraussetzungen
wie Einheimische zu den öff. Aemtem in Preufsen zugelassen werden, will ich
die in das Reglement für die Prüfungen fär Candidaten des höh. Schulamts
vom 12. Dec. 1866 (§ 6; s. die 2. Ausg.J übergegangene Bestimmung, nach welcher
die Zulassung nichtpreufsischer Candidaten zur Prüfung meiner Genehmi-
gung bedarf, hiermit entsprechend abändern. Demgemäfs sind hinfort die aus einem
andern Staat des Norddeutschen Bundes gebürtigen Candidaten des höh. Schul-
amts, wenn sie im Uebrigen den Bedingungen genügen, auch hinsichtlich der
Prüfung wie preufsische zu behandeln. In die Prüfungszeugnisse solcher Can-
didaten wird die in § 34 des Reglements am Schlufs vorgeschriebene Bemerkung
nicht aufgenommen.'* Der Minister etc. von Müh 1er.
C.Verf. V. 28. April 1875: „Dem K. Prov.Sch.C. habe ich unter dem
11. Juni V. J. von der Vereinbarung Kenntnis gegeben, welche behufs gegen-
seitiger Anerkennung der Gymnasiaizeugnisse zwischen den deutschen Staats-
regierungen geschlossen worden ist. Li den vorbereitenden Verhandlungen
darüber ist eine entsprechende Einigung in Betreff der Zeugnisse über die
Prüfung für das Lehramt an höh. Schulen for jetzt noch nicht erreicht
•worden. Es finden zur Zeit wesentl. Verschiedenheiten in dem Prüfungsverfahren
statt, welche eine unbedingte Gleichstellung der Zeugnisse nicht zulassen. Da-
durch wird jedoch nicht verhindert, dafs nach wie vor die in einem Staate
geprüften und tüchtig befundenen Lehrer und Candidaten auch in einem anderen
Anstellung finden, wobei jedem einzelnen Staat überlassen bleibt, welchen Vor-
behalt er in solchen Fällen anzuwenden für nöthig erachtet Da indefs von
den Wiss. Prüfungscomm. zu Leipzig, Rostock und Strafsburg ein mit
dem preufsischen im Wesentl. übereinstimmendes Verfahren beobachtet wird, so
habe ich der K. Sachs. Regierung in Dresden, der Grofsherzogl. Mecklenb. in
Schwerin und dem OPräsidium in Strafsburg mitgeteilt, dafs die von den ge-
nannten resp. Commissionen ausgestellten Qualificationszeugnisse bis auf Weiteres
den preufsischen werden gleichgestellt werden.
Hinsichtlich des Probejahrs habe ich mich gegen die deutschen Staats-
regierungen dahin ausgesprochen, dafs dasselbe meines Dafürhaltens unbedenk-
lich auch in anderen Staaten als demjenigen, in welchem der Candidat die
Prüfung für das Lehramt bestanden hat, abgehalten werden kann, und dafs
den darüber von den betr. Schulaufsichtsbehörden ausgesteUten Zeugnissen
allgemeine Giltigkeit zuerkannt wird. Es mufs aber aus den Zeugnissen jeden-
69
*
falls eisichüicli sein, ob and in welchem Grade der Candidat sich sowohl in
didakt. Beziehung wie in Handhabung der Disciplin für das Lehramt an höh.
Schulen geeignet erwiesen hat.
Indem ich das K. Proy.Sch.C. hiervon benachrichtige, veranlasse ich Das-
selbe, sich vorkommenden F^s bei Präsentation von Prüfnngs- und Probejahrs-
Zengnissen danach zu richten."
Min. Verf. v. 30. Nov. 1876. „Der von Ew. Hochw. dem Adjuncten N.
am Pftdagoginm in N. anter dem 11. d. M. erteilte and durch Bericht von
demselben Datam mir mitgeteilte Bescheid, die Uebersetzung eines Leipziger
Lehramtsprüfungszeugnisses in die Ausdrucksform eines preufsischen betreffend,
giebt mir, indem ich denselben in den wesentlichsten Punkten billige, zu fol-
genden Bemerkungen Anlafs.
Li Anbetracht, dafs von den Wissensch. Prüfungs-Commissionen zu Leipzig,
Bestock und Strafsburg ein mit dem preufsischen im Wesentlichen überein-
stimmendes Verfahren beobachtet wird, sind, wie durch meine C.Verf. v. 28. April
1875 bekannt gemacht worden ist, die von den genannten Oommissionen aus-
gestellten Qualllcationszeugnisse bis iCnf Weiteres den preufsischen gleichgestellt
worden. Darin liegt in Anwendung auf den vorliegenden Fall, dafs die dem
N. durch das Leipziger Zeugnis zuerkannte QuaUfication im Lateinischen,
Griechischen, Deutschen für alle Klassen, in der Geschichte für die unteren
und mittleren Klassen von den preufsischen Behörden in gleicher Weise aner-
kannt wird, als wenn dieselbe von einer preufsischen Gommission ausgesprochen
wäre. Der Unterschied, dafs die preufsischen Prüfungszeugnisse Grade unter-
scheiden, die Leipziger nach einem etwas anderen Gesichtspunkte allgemeine
Zeugnisnummem geben, ist nicht als wesentlich betrachtet worden und von der
Vereinbarung über die Gleichstellung nicht berührt. Indem ein Candidat sich
der Prüfung vor der Leipziger Gommission unterzieht, verzichtet er auf die
eigentümliche Ausdrucksform der preufsischen Zeugnisse in Betreff der Grade,
und ebenso umgekehrt durch Ablegung der Prüfung vor einer preufsischen
Gommission auf die Nummembezeichnung der Leipziger Zeugnisse, und es ist
nicht zulässig, dafs durch irgend welches nachträgliches Verfahren die eine
Ausdrucksform in die andere umgesetzt werde. Dem Inhaber des Zeugnisses
kann daraus keinerlei Nachteil erwachsen, da in allen Fällen, in welchen das
Prüfungszeugnis einwirkt, nicht in der Unterscheidung der Grade, sondern in
der Höhe und dem Umfang der zuerkannten Qualification für die einzelnen
Lehrfächer die entscheidende Bedeutung liegt. Es ist dem N. unbenommen,
in Gegenständen, in welchen er die Lehrbefähigung noch nicht oder nicht für
aUe Klassen besitzt, dieselbe durch eine Nachtragsprüfung zu erwerben oder
zu vervollständigen, ohne dafs übrigens daraus sich die Zuerkennung eines
Grades des Zeugnisses ergäbe. In denjenigen Fächern, in welchen N. die
Lehrbefähigung für alle Klassen erworben hat, kann eine preufsische Prüfungs-
Gommission denselben nicht mehr einer Prüfung unterziehen, da dieselbe die
zuerkannte und zu Becht bestehende Lehrbefähigung nicht als eine erst durch
ihre Prüfung zu entscheidende Frage betrachten kann. Hiemach wird der letzte
Satz des Bescheides vom 11. d. M., in welchem dem N. anheimgestellt wird,
sich vor einer preufsischen Gommission einer neuen vollständigen Prüfung zu
unterziehen, der Berichtigung bedürfen.*' Der Minister etc. Falk.
Min. Verf. v. 27. Oct. 1886. „Auf die Eingabe vom 11. Oct. d, J.
erwidere ich Ihnen, dafs die Frage der Giltigkeit des Ihnen von der Grofsherz.
Sächsischen Gommission für Prüfung der Candidaten des höh. Schulamts in
Jena unterm 21. Juli d. J. erteilten Prüfungszeugnisses für Preuisen erst dann
in Erwägung genommen werden kann, wenn Ihre Anstellung an einer dies-
seitigen höh. Lehranstalt seitens der zuständigen Behörden beantragt ist. Für
60
•
die Ableistimg des Probejahres kommt dagegen Dach der Circnlarverfagnng
vom 28. April 1875 die Anerkennung des Prüfiingszengnisses nicht in Betracht,
nnd bleibt Ihnen daher überlassen, Sich bei einem E. Prov.Sch.C. nm Zulassung
zum Probejahre zu bewerben. Was des Weiteren den Antrag betrifft, znr
Prüfung vor einer Preufsischen Wiss. Prüfnngscommission behufs Erweiterung
der in Jena erworbenen Lehrbefähigung zugelassen zu werden, so vermag ich
Ihnen die Gewährung desselben nicht in Aussicht zu stellen; es wird vielleicht,
entsprechend der Bestimmung in § 37 des Prüfungsreglem. v. 12. Dec. 1866
(Wiese, Verordn. 11' S. 78) als Grundsatz eingehalten, dafs.eine Nachprüfung-
zur Erwerbung erweiterter oder neuer Lehrbefähigung vor derselben Commission
abzulegen ist, vor welcher die ursprüngliche Prüinng stattgefunden hai"* Der
Minister etc. Im Auftr. Greiff.
Prüfung von Elementarlehrem in fremden Sprachen.
Aus einer Min. Verf. V. 2. Mai 1871: — „Die in §25 des Prüfungsreglm.
V. 12.Dec. 1866 [s. die 2. Ausg.] enthaltene Bestimmung über Fachlehrer in den
neueren Sprachen findet in .der Begdl nur auf solche Schulamtscandd. An-
wendung, die, ohne eine höh. Lehranstalt besucht oder ohne üniversitä^tsstudien
getrieben zu haben, sich durch längeren Aufenthalt in England oder Frankreich
eine genaue Kenntnis der betr. Sprache erworben haben. Ist dies nicht der
Fall, so' können Elementarlehrer nur dann ausnahmsweise zu dem
Examen zugelassen werden, wenn anzunehmen ist, dafs sie mit einer für alle
Klassen einer Bealschule ausreichenden Kenntnis beider neueren Sprachen eine
vollkommen genügende allgemeine Bildung einschliefsl. des Lateinischen ver-
binden, und wenigstens in den unteren und mittleren Kl. von Beal- oder höh.
Bürgerschulen auch anderweitig als Lehrer zu verwenden sind.**
Min. Verf.'v. 24. Juli 1876. Auszug. „Die Häufigkeit, mit welcher seit
Jahresfrist von solchen jungen Männern, welche keine ausreichende Schulbildung
nachweisen können, das Gesuch gestellt wird, zur Lehramtsprüfung zugelassen
zu werden behufs Erlangung der Lehrbefähigung in neueren Sprachen (seltener
in Naturwissenschaften) an Bealschulen macht die gröfste Strenge in Prüfung der
Gesuche zur Pflicht Je bedeutender die Stellung is^ welche die neueren Sprachen
und die Naturwissenschaften für die auf Bealschiüen zu erlangende höhere Gesamt-
bildung einnehmen, desto mehr mufs ich darauf bedacht sein, dafs die Lehrer
dieser Fächer durch die sichere Grundlage allgemeiner Bildung befähigt seien,
ihren Unterricht in den richtigen Zusammenhang zu der allgemeinen Aufgabe
der Schule zu setzen; selbst die zeitweise Schwierigkeit, geeignete Lehrer für
die fraglichen Schulen zu finden, ist ein geringeres Uebel, als wenn durch
nachsichtige Zulassung zur Lehramtsprüfung auf ein Lebensalter hinaus die
Bildungshöhe der dadurch betroffenen Schulen gefährdet wird." Der Minister etc.
In Vertr.: Sydow.
Das Probejahr.
C. Verf. V. 30. März 1867: „Das unter dem 12. Dec. v. J. erlassene
Beglm. für die Prüfung der Gandidaten des höh. Schulamts ^) macht eine
Zusammenstellung der jetzt für das Probejahr giltigen Bestimmungen noth-
wendig. Es sind folgende:
1. Alle pro facultate docendi geprüfte Schulamtscandidaten müssen,
bevor sie sich zu einer Anstellung im gelehrten Schulfach melden dürfen,
mindestens ein Jahr lang bei einem Gjmn. oder einer Bealschule in praktischer
Unterrichtsübung gestanden haben. Das Probejahr soll dem Cand. Gelegenheit
*) An die Stelle desselben ist die Ordnung der Prüfung u. s. w. vom
5. Febr. 1887 (s. S. 33) getreten.
61
geben, seinen künftigen Beruf in seinem ganzen Umfange kennen zu lernen
nnd seine Kräfte für denselben zu üben, der Anfsichtsbehörde aber ein Urteil
über seine prakt. Befähigung ermöglichen.
Die K. ProY. SchulcoUegien erhalten alljährl. von der K. Wiss. Prüf.-
Oommission der betr. Provinz ein Verzeichnis der Candidaten, welche bei der
letzteren die Prüfung pro fac. doc. bestanden haben, mit Angabe des Umfangs
und Mafses, in welchem denselben die Unterrichtsbefähigung zuerkannt worden
ist. Die Schulamtscandidaten ihrerseits werden durch eine in das Prüfungs-
zeugnis aufgenommene Bemerkung aufgefordert, sich unter Einreichung desselben
bei dem E. Schulcoll. der Provinz, in welcher sie beschäftigt zu werden wünschen
und ihren Aufenthalt zu nehmen gedenken, schriftl. zu melden, besonders auch
um wegen des Probejahrs Auskunft und Anweisung zu erhalten.
2. Das Probejahr kann in der Regel nur an einem Gymn. oder einer
vollständigen Bealschule, nicht an einem Progymn. oder einer höh. Bürgerschule
abgehalten werden.
Die Wahl des Gymn. oder der Realschule steht dem Cand. zwar frei, doch
bedarf die Annahme eines Probanden in jedem Falle der Genehmigung des betr.
E. Prov.Sch.C. Diese Behörden sind nach der ihnen beiwohnenden näheren
Eenntnis der Verhältnisse auch befugt, einen Cand. einer bestimmten Anstalt
zu überweisen. Soweit es das Interesse der Schulen zuläfst, wird auf die
besonders auch durch die Sorge für ihre Subsistenz bedingten Wünsche der
Oandd. Rücksicht genommen.
Das Probejsär mufs, wenn zu einem Wechsel nicht dringende Gründe
vorliegen, an einer und derselben Anstalt absolvirt werden. Ist der Wechsel
zugleich der Uebergang in eine andere Provinz, so hat sich der Cand. daselbst
dem betr. E. Prov. Schulrath wiederum womöglich persönlich vorzustellen.
In der Regel dürfen die evangel. Candidaten nur an einer evangelischen,
die kathoL nur an einer katholischen Anstalt behufs ihrer prakt. Ausbildung
zugelassen werden ^).
An keiner Anstalt dürfen zugleich mehr als 2 Probanden beschäftigt
werden.
Den Mitgliedern der pädagog. und didakt. Seminarien werden gemäfs der
für dieselben geltenden besonderen Bestimmungen, die von ihnen in öffentl.
Schulen instructionsmäfsig erteilten Unterrichtsstunden als Probejahr angerechnet.
3. Die Zahl der dem Candidaten zu überweisenden Stunden beträgt 6 bis 8
wöchentlich. Nur in dem Fall, dafs durch Erkrankung eines Lehrers oder
durch andere Ursachen das Bedürfriis einer Aushülfe entsteht, sollen die Probanden
verpflichtet sein, die Anstalt nach Anordnung des Dir. durch Uebemahme von
Vicariatstunden zu unterstützen.
Die ihnen als Probanden übertragenen Lectionen haben die Cand. während
des ersten Jahres in der Regel unentgeltich zu erteilen; doch kann ihnen, wenn
die Mittel der Anstalt es zulassen, eine angemessene Remuneration gewährt werden.
*) C.Verf. v. 4. Jan. 1864: »Auf den Bericht v. 3. v. M., das Probejahr
der Schulamtscand. betreffend, erwidere ich, dafs die Bestimmung der C.Verf.
V. 26. März 1827, wonach evangel. Candidaten nur an einer evangel., katholische
nur an einer kathoL Unterrichtsanstalt als Probanden zugelassen werden sollen,
nach wie vor als Regel festzuhalten ist. Ausnahmen von derselben sind in einzelnen
Fällen aus billiger Rücksicht auf besondere Umstände wie an evang. so auch an
kathol. Anstalten genehmigt worden, und bei den Verhältnissen der Hauptstadt
der Monarchie, wo viele junge Männer sich zu wissenschaftL Zwecken und zur
Benutzung von Centralinstituten aufhalten, wird es auch künftig nicht vermieden
werden können, dafs kathol. Schulamtscand. bei den hies. evangel. Anstalten zum
Probejahr zugelassen werden. Allgemeines ist darüber nicht festzusetzen; die
£ntschliefsung mufs vielmehr für jeden einzelnen Fall vorbehalten bleiben."
62
Wo die Verhältnisse einer Anstalt dazn nöthigen, die noch nnerprobten
Candidaten sofort in die Zahl der vollbeschäftigten Lehrer einzureihen, wo sie
deshalb nicht sowohl Probanden als Hülfslehrer sind, werden sie für die ganze
ihnen zugewiesene Stundenzahl remunerirt Eine Ausnahme hiervon wird nur
bei denjenigen Cand., die als Mitglieder eines Seminars und im Genufs eines
Stipendiums eine bestimmte Zahl wöchentl. Stunden unentgeltlich zu geben
verpflichtet sind, insofern gemacht, als diesen nur der aufser den Pflichtstunden
übertragene Unterricht zu remuneriren ist.
4. Die erste Aufgabe der Probanden besteht darin, dafs sie sich bemühen,
durch Hospitiren in den Lehrstunden und durch Bücksprache mit dem Dir., den
Klassenordinarien und einzelnen Lehrern eine Anschauung des ganzen Organismus
der Schule zu gewinnen. Nicht minder liegt ihnen ob, sich mit der bei derselben
geltenden Disciplinarordnung baldigst vertraut zu machen.
Der Candidat hospitirt zuerst vornehmlich bei demjenigen Lehrer, den er
demnächst in einem Teil seiner Lehrstunden vertreten soll und sucht sich mit
dem Standpunkt der betr. Schüler genau bekannt zu machen.
Die Klassen und die Gregenstände, in welchen der Cand. unterrichten
soU, werden vom Dir. der Anstalt mit Berücksichtigung des Prüflingszeugnisses
bestimmt und zwar so, dafs die Thätigkeit desselben soviel wie möglich
concentrirt wird.
Der Cand. darf jedoch nicht das ganze Jahr hindurch in einer und
derselben Klasse beschäftigt werden, sondern es ist ihm wenigstens im zweiten
Semester Gelegenheit zu geben, seine Kräfte auch in anderen und höheren Kl.,
wenn auch nur in der Behandlung kürzerer Lehrabschnitte, zu versuchen.
Die Lehrer, welche der Cand. vertritt, haben sich fortwährend als die
eigentlichen Lehrer des betr. Fachs und der betr. Klasse zu betrachten und
daher anfangs allen Lectionen des Cand. beizuwohnen, ihm nach den Stunden
die etwa nöÖiigen Bemerkungen zu machen und, sobald ihm eine selbständigere
Leitung der Klasse anvertraut werden kann, von Zeit zu Zeit noch die Lectionen
zu besuchen. Hauptsächlich haben aber die Dir. selbst, sowie die betr. Klassen-
ordinarien die Thätigkeit der Probanden zu beobachten, sich über Inhalt und
Form ihres Unterr. mit ihnen zu besprechen, sie auf methodische und disciplinar.
Mifsgriffe aufmerksam zu machen und ihnen überall mit ihrer gereiften Er-
fahrung und ihrem sachkundigen Bathe zu Hülfe zu kommen.
Dies geschieht auch durch die Hinweisung auf Schriften, welche für die
Orientirung über das Schulwesen überhaupt, sowie über einzelne pädagog. und
didakt. Fragen von Wichtigkeit sind; ebenso durch die Mitteilung von all-
gemeinen die Schulorganisation betreffenden amtl. Verfügungen.
5. Die Probanden sind als wirkliche Lehrer der Anstalt zu betrachten,
an welcher sie beschäftigt werden, und haben deshalb auch das Becht und die
Pflicht, bei den Censuren der von ihnen unterrichteten Schüler, jedoch unter
Bevision des Klassenordinarius, ihre Stimme abzugeben. Ebenso wohnen sie
den allgm. Lehrerconferenzen der Anstalt bei und haben, wenn sie eine ganze
Lehrerstelle vertreten, auch volles Stimmrecht; andernfalls steht es ihnen nur
for die' Gegenstände ihres Unterrichts zu.
6. Ueber das Ergebnis des Probejahrs wird den Cand. durch das betr.
K. Prov.Sch.C. ein Zeugnis ausgestellt Die Grundlage desselben bildet das von
dem Dir. der Anstalt, an welcher der Cand. sein Probejahr gehalten hat, über
ihn abgegebene und von den betreff. Klassenordinarien mitunterschriebene
Zeugnis. Dasselbe enthält ein Urteil über die von dem Cand. an den Tag
gelegte prakt. Befähigung und seine gesamte Thätigkeit, über sein Verhalten
gegen die Schüler, seinen Fleifs, seine Strebsamkeit, Pünktlichkeit und situ.
Führung.
63
Das K. ProY Sch.C. kann, znmal wenn der Departementsrath bereits Gre«-
legenheit gehabt hat, von der Wirksamkeit des Gand. unmittelbar Kenntnis zn
nehmen, sich dies Zeugnis vollständig aneignen nnd ohne Weiteres mit seiner
Zustimmenden Unterschrift versehen. Dasselbe ist aber in allen Fällen aach
befugt, nach Befinden Anordnung zu treffen, dafs ein Gand. zuvörderst in
Gegenwart und nach näherer Bestimmung des Departementsraths eine oder
mehrere Probelectionen halte, in welchem Fall das E. Prov.Sch.G. das
Zeugnis erst nach dem darüber erstatteten Bericht des Departementsraths
ausstellt
Die den Mitgliedern von Seminarien (s. § 2) über das Probejahr zu
erteilenden und ebenfalls zunächst an das £• Prov.Sch.G. einzusendenden
Zeugnisse müssen auch von dem Dir* des Seminars unterzeichnet sein.
Wenn das Probejahr an einer zum Bessert einer K. Begierung gehörenden
höh. Schule abgehalten ist, so sendet diese Behörde das von dem betr. Director
darüber ausgestellte und von dem Departementsrath mitunterzeichnete Zeugnis^
an das E. Schulcollegium der Provinz zur Eenntnisnahme und weiteren Yer-^
anlassung.
Es macht hinsichtlich des Zeugnisses keinen Unterschied, ob der Probandu»
nur 6 bis 8 St. wöchentl. erteilt hat, oder ob er ausnahmsweise gleich mit der
vollen Stundenzahl eines angestellten Lehrers beschäftigt gewesen ist
Das Zeugnis über den Ausfall des Probejahrs bildet eine wesentl. Er-
gänzung des dem Gand* über das Ergebnis der wissenschaftL Prüfung erteilten
Zeugnisses und ist bei Bewerbungen um eine Lehrerstelle jedesmal mitvorzulegen.
7. Tritt der Fall ein, dafs es an Gelegenheit fehlt, einen Schulamtscand.
alsbald nach der Prüfung einer höh. Lehranstalt zur Ableistung des Probejahrs
zuzuweisen, oder ihn nach dem Probejahr an einer öffentL Schule anzustellen,
resp. zu beschäfdgen, so dafs derselbe z. B. in die Stellung eines Hauslehrers
eintritt oder sich einstweilen auf Privatbeschäftdgung beschränkt, so ist ein
solcher Gand. bei seiner Meldung aufzufordern, den etwanigen Wechsel seines
Aufenthaltsorts dem betr. E. Prov.Sch.G. anzuzeigen. Die Departementsräthe
werden ihrerseits soweit thunlich von den persönl. Verhältnissen und den
Studien solcher Gandd. Notiz nehmen und sie mit ihrem Bath unterstützen, oder
sie in dieser Beziehung an den Dir. der dem Gandidaten nächsten höh. Lehr-
anstalt weisen.
8. Ungeprüfte Gandidaten dürfen nur mit Grenehmigung des Min. als
Lehrer an höh. Schulen beschäftigt werden. Die Anträge für derartige Aus-
nahmen sind auf höchstens 2 Semester zu stellen. Die in solcher Weise vor
der Prüfung pro fac. doc. im Lehramt zugebrachte Zeit wird dem Gand. nur in
besonderen Fällen, über die zu berichten ist, als Probejahr angerechnet.
9. Von den E. Schulcoll. wird über das von Gand. des höh. Schulamts
an Gymn., resp. Bealschulen, der Provinz absolvirte Probejahr nach Ostern und
nach Michaelis jedes Jahres ein GoUectivbericht nach Mafisgabe der Gircular-
verfogungen v. 11. Apr. 1863 u. v. 25. Oct 1864 ^ erstattet
In denselben GoUectivbericht werden auch diejenigen Gandd. aufgenommen,,
welche das Probejahr an einer unter der Aufsicht einer E. Begierung der
Provinz stehenden höh. Schule (§ 6) abgehalten haben.^
Min. Verf. v. 14. Jan. 1878. J)ie von dem E. Prov.Sch.G. ein-
gereichte Uebersicht der Gandidaten, welche von Mich. 1876 bis 1877 in dem
dortseitigen Bessert ihr Probejahr abgelegt haben, giebt mir zu folgenden
Bemerkungen Anlafs.
^) Durch dieselben ist die tabellariBche Form der betr. CoUectivberichte
angeordnet
64
Es wird als ein grofser Uebelstand anerkannt, dafs an den höh. Schalen
Candidaten während des Probejahres häufig mit der vollen Lectionenzahl
eines ordentlichen Lehrers nnd noch über diese hinaus beschäftigt werden und
dafs dadurch die Erreichung des dem Probejahr gestellten Zweckes erschwert
oder vereitelt wird. Dieser in Folge des Mangels an Lehrkräften öfters nicht
zu beseitigende Uebelstand wird noch erheblich gesteigert, wenn Probecandidaten
solche Lehrgegenstande zugewiesen werden, für welche sie keinerlei auch noch
80 beschränkte Lehrbefähigung erworben haben. Der etwaigen Berufung darauf,
dafs für diejenigen Klassen, um welche es sich handle, die in der Prüfung über
die allgemeine Bildung nachzuweisenden Kenntnisse als Ersatz einer teilweisen
Lehrbefähigung können angesehen werden, ist nur mit grofser Vorsicht bei Probe-
candidaten Geltung zuzuerkennen, bei denen es darauf ankommt, dafs der Auf-
gabe des Unterrichtens, nicht der Erwerbung, oder doch Ergänzung und Sicherung
der mitzuteilenden Kenntnisse, ihre ganze Aufmerksamkeit zugewendet sei.
Die eingereichte Uebersicht giebt besonders in zwei Klassen von Fällen
Anlafs zu der vorstehenden Bemerkung. Der französische Unterricht in
Quinta, Quarta, Untertertia, Obertertia findet sich öfters Candidaten übertragen,
welche darin keine Lehrbefähigung nachgewiesen haben. Man wird die Besorgnis
schwerlich beseitigen können, dafs an den häufig gerügten geringen Erfolgen
des franz. Unterrichts solche gewagte Versuche einen erheblichen Teil der
Schuld tragen. Was femer den Unterricht im Deutschen betrifft, so ist
zwar dagegen kein Bedenken zu erheben, dafs einem nur für die alten Sprachen,
nicht für die deutsche Sprache lehrbefähigten Probecandidaten der deutsche
Unterricht in der Sexta zugleich mit dem lateinischen übertragen wird; der
deutsche Unterricht ist in diesem Falle mit dem lateinischen Unterrichte in
enge Verbindung zu setzen und für denselben zu verwerthen. Wenn dagegen
ohne solchen Zusammenhang an Probecandidaten, welche nicht für den deutsch-
sprachlichen Unterricht oder überhaupt nicht för sprachlichen Unterricht Lehr-
befähigung erworben haben, der deutsche Unterricht in den Klassen von Quinta
bis Obertertia übertragen wird, so kann ein solches Verfahren nicht durch die
Annahme gerechtfertigt werden, dafs für diesen UnteiTicht in den genannten
Klassen nur das bei jedem Grebildeten vorauszusetzende Mafs von Kenntnissen
erforderlich sei. Diese Annahme selbst ist nicht zutreffend, und es tritt der
gewichtige Umstand hinzu, dafs für keinen Lehrgegenstand weniger als far
den deutschen Unterricht über Inhalt, Folge und Methode des Unterrichts
eine einheitliche didaktische Ueberzeugung oder eine sicher leitende Tradition
erreicht ist.
Ich verkenne keineswegs, dafs die Nothwendigkeit, mit den vorhandenen
Lehrkräften den Forderungen des Lehrplans zu entsprechen, manchmal Directoren
zu einerZuweisung von Lehrgegenständen an Probecandidaten undda8K.Prov.Sch.C.
zu deren Genehmigung bestimmen kann, welcher sie selbst grundsätzlich nicht
beistimmen. Aber die ernstliche Erwägung, • welche Verantwortlichkeit für den
Unterrichtserfolg der Schule und für die didaktische Ausbildung der Probe-
candidaten sie übernehmen, mufs die Directoren dazu fahren, solche Ausnahmen
auf das Aeufserste und insbesondere nur auf die Fälle der unbedingten Noth-
wendigkcit zu beschränken." Der Minister etc. Falk.^)
*) Min. Verf. V. 27. Sept. 1883. Auszug. „In der Entgegnung gegen die
von dem K. Prov.Sch.C. unter dem 31. Aug. d. J. verfügte Zuweisung eines philo-
logischen Probecandidaten an das Gymnasium zu N. scheint der p. N. zu ver-
kennen, dafs das Probejahr zur didaktischen' und pädagogischen Ausbildung der
Candidaten bestimmt ist, nicht zum Ersätze zeitweiliger Bedürfnisse des Unter-
richtes an [einer Anstalt; diese letztere Verwendung eines Probecandidaten mag
ausnahmsweise in einem Nothstande Entschuldigung finden, aber darf nicht zum
mafsgebenden Gesichtspunkte für das Probejalir gemacht werden. Der p. N.
65
Circ.Verf. v. 25. Jnni 1884. „Durch eine specielle Anfrage finde ich
mich veranlafst, zar Erläuterung, bezw. zur Modification der unter dem 30. März 1867
bezüglich des Probejahres der Lehramtscandidaten erlassenen CircVerf. folgende
Bestimmungen zu treffen. 1. Indem unter Nr. 9 der angezogenen CircVerf.
die Erstattung der CoUectivberichte über die Ergebnisse des Probejahres für
den Ostern- und Michaelistermin erfordert wird, ist stillschweigend vorausgesetzt,
dafs nur an diesen Terminen, nicht an irgend beliebigen anderen Zeitpunkten
des Schuljahres, das Probejahr zu beginnen und zu scUiefsen sei. Da in dieser
Hinsicht nicht überall gleichmäfsig verfahren wird, so bestimme ich, dafs das
Probejahr ausschliefslich von Ostern zu Ostern oder von Michaelis
zu Michaelis zu rechnen und nur an diesen Terminen das Zeugnis über das
Probejahr auszustellen ist. Sollte ausnahmsweise aus besonderem Anlasse ein Cand.
schon einige Wochen vor Ostern, bezw. Michaelis an einer Schule als Probandus
zugelassen sein, so kommt diese vorausliegende Zeit für das Probejahr nicht in
Anrechnung. 2. Bedingung far die Ablegung des Probejahres ist, dafs
die Lehramtsprüfung bereits bestanden sei; etwanige Ausnahmen hiervon zu
bewilligen, dafs eine dem Bestehen der Lehramtsprüfung vorausgegangene Zeit
auf das Probejahr angerechnet werde, ist demgemäfs unter Nr. 8 der angezogenen
CircVerf. dem Ministerium vorbehalten. Diese grundsätzlich unerläfsliche Voraus-
setzung für die Ablegung des Probejahres zusammen mit der Bestimmung, dafs
Ostern und Michaelis die ausschliefslichen Anfangs- und Schlufstermine des
Probejahres sind, führt zu einer gewissen Unbilligkeit gegen diejenigen Candidaten,
welche im Laufe eines Semesters ihre schriftlichen Prüfungsarbeiten eingereicht
haben, aber in Folge der der Wiss. Prüfongscomm. obliegenden grofsen Zahl
der Prüfungen zur mündlichen Prüfung vor dem Schlüsse des betr. Semesters
nicht einberufen sind. Im Hinblicke hierauf ermächtige ich die E. Prov.Sch.C,
Ihrerseits, ohne dafs es eines vorgängigen Berichtes bedarf, ausnahmsweise zu
bewilligen, dafs, wenn Candidaten vor Ablegung der mündlichen Prüfung, aber
nach jedenfalls bereits erfolgter Einreichung der schriftlichen Arbeiten, zu
Ostern oder Michaelis an einer Lehranstalt zur Ableistung des Probejahres zu-
gelassen worden sind, denselben das betr. Semester von Ostern, bezw. Michaelis
an auf das Probejahr angerechnet werde, sofern sie innerhalb der ersten drei
Monate des fraglichen Semesters die Lehramtsprüfung bestanden haben. In
den halbjährlichen Nachweisungen über die Ergebnisse des Probejahres sind
diejenigen Fälle bestimmt zu bezeichnen, in welchen das K. Prov.Sch.C. von
dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht hat."
C. Verf. V. 31. März 1869: „Durch die das Probejahr der Schulamtscand.
betreff. Circ. Verf. v; 30. März 1867. ist u. a. angeordnet worden, dafs das
spricht die Ansicht aas, dafs nur bei den Probecandidaten der Bereich ihrer Be-
schäftigung durch die erworbene Lehrbefähigung begrenzt sei, dafs hingegen bei
der Beschäftigung von Lehrkräften nach abgelegtem Probejahre einer Ueber-
schreitung der nachgewiesenen Lehrbefähigung kein gesetzliches Hindernis ent-
fegenstehe. Allerdings ist besonders dringender Anlafs gewesen, bezi^lich der
*robecandidaten eine Beschäftigung aufserhalb der Grenzen der durch ihr rrüfungs-
zeugnis constatirten Lehrbefahigung entschieden zu untersagen. Auch ist nicht zu
verkennen, dafs Lehrer im Verlaufe ihrer Berufsthätigkeit durch weitere wissen-
schaftliche Studien die Stufe der ihnen durch das Prüfungszeugnis zuerkannten
Lehrbefähigung erhöhen oder deren Umfang erweitem können, und es braucht
nicht ausgeschlossen zu werden, dafs Directoren für eine ausnahmsweise Ver-
werthung einer solchen thatsächlichen, nicht durch das Zeugnis zuerkannten Lehr-
befähigung unter ausdrücklicher Motivirung die Genehmigung des K. Prov.Sch.C.
nachsuchen. Aber der p. N. verkennt die Absicht und die Bedeutung der Lehr-
amtsprüfung, indem er die Nichtachtung der durch das Prüfungszeugnis gezogenen
Grenzen wie etwas beliebig zulässiges betrachtet." Der Minister etc. I. A. Greiffm,
Wiese, Verordnungen. IL 5
66
Probejahr, wenn zu einem Wechsel nicht dringende Grande vorliegen, an einer
nnd derselben Anstalt absolvirt werden moTs. Da gleichwohl, wie sich ergeben
hat, seitdem nicht wenige Cand. anch ohne dringende Yeranlassnng von einer
Anstalt zn einer anderen während der Probezeit übergegangen sind, was anfser
den ünzatrftglichkeiten, welche daraus für .die betr. Anstalten nnd die Cand.
selbst entstehen, anch das Urteil der Behörde über das Ergebnis erschweit, so
bestimme ich hierdurch, dafs ein Wechsel der Anstalt innerhalb des Probejahrs
in Jedem Fall der Genehmigung der Aufsichtsbehörde derjenigen Anstalt bedarf,
bei welcher der Cand. dasselbe begonnen hat, und dafs diese Genehmigung nur
ansnahmweise aus besonderen Gründen erteilt werden darf.
Ich beauftrage das E. Prov.Sch.C. von dieser Anordnung die Dir. 4er
höh. Schulen Seines Bessorts zur weiteren Veranlassung in Kenntnis zu setzen.*^
Min.yerf.Y.l.Dec.l871: „Dafs bei denjen. höh. Bürgerschulen dortiger
Provinz, welche mit Gymn. verbunden sind, Schulamtscand. zum Probejahr zuge-
lassen werden, ist unbedenklich. An selbständigen höh. BS. dagegen ist die
Zulassung zu vermeiden. In einzelnen besonderen Fällen hiervon eine Aus-
nahme zu gestatten, kann sich das E. Prov.Sch.C. jedoch dann für befugt
erachten, wenn nach Beschaffenheit der Leitung der Schule sicher anzunehmen
ist, dafs der Zweck des Probejahrs auch an einer solchen beschränkteren Anstalt
erreicht und für das darüber auszustellende Zeugnis dem E. Prov.Sch.C. eine
genügende Grundlage nicht fehlen wird.^
C. Verf. V. 18. Oci 1875. „Nach pos. 2 der Circular-Verfagung vom
30. März 1867 — (s. oben S. 61) kann zwar das Probejahr in der Kegel
nur an einem Gymnasium oder an einer vollständigen Realschule, nicht an
einem Progymnasium oder einer höheren Bürgerschule abgehalten werden. Wie
indessen der Zusatz „in der Kegel" beweist, sollte die Möglichkeit einer aus-
nahmsweisen Anrechnung des an Progymasien oder höheren Bürgerschulen
abgehaltenen Probejahrs in besonders motivirten Fällen vorbehalten bleiben
und meine Genehmigung dazu nachzusuchen sein. Letztere Beschränkung auf-
zuheben, liegt auch nach dem Uebergang aller höheren Bürgerschulen in das
Kessort der Prov.Sch.C. um so weniger Veranlassung vor, als diese Bestimmung
für die denselben Behörden schon längst unterstellten Progymnasien bisher
gleichmäfsig in Geltung war. Wenn demnach die Gymnasien und vollständigen
Kealschulen nach ihrem Gesamtorganismus, der Persönlichkeit der Directoren
und der Zusammensetzung der LehrercoUegien im Allgemeinen die geeignetsten
Vorbereitqngsschulen für angehende praktische Schulmänner sind, so bleibt es
doch den Prov-Sch.CC. unbenommen, für besonders motivirte Ausnahmefälle wie
bisher meine Genehmigung einzuholen.
Dagegen ist die Bestimmung (Wiese 1. Aufl. Bd. L S 244), wonach die
Prüfungsverhandlungen höherer Bürgerschulen durch die betreffenden Kegierungen
an die E. Prov.Sch.CC. einzusenden sind, in Folge der Ueberweisung jener An-
stalten an diese Behörde selbstredend hinfällig geworden. Einer Einsendung
der Prüfungsarbeiten und -Protokolle Seitens der Kectoren der höh. Bürger-
schulen soll es fernerhin nur in dem Falle bedürfen, in welchem die Prüfong
nicht unter dem Vorsitz des Departementsraths des Prov.Sch.G. stattgefunden
hat. Letzteres hat, wie seither die Kegierungen es gethan haben, mir al](jährlich
zum 1. December über die Ergebnisse- der betreffenden Prüfungen Bericht zu
erstatten. Von einer Einreichung der Prüfnngsverhandlungen an die wissen-
schaftlichen Prüfungs-Commissionen ist abzusehen." Der Minister etc. Falk.
Min. Verf. v. 10. Dec. 1875. „In Betreff der Zulassung von Probe-
candidaten an Progymnasien und höh. Bürgerschulen hat bisher in den ver-
schiedenen Provinzen der Monarchie eine verschiedene Praxis bestanden, insofern
67
ein Teil der ProY£ch.CC: die Special-Verfagang Yom 1. Dec. 1871 als allgemeine
Norm betrachtet, ein anderer nicht.
Wenn demnach das E. Proy.Sch.C. bisher in correcter Weise bei der
Behandlung dieser Angelegenheit verfahren ist, so mnfste doch die Erwägung,
dafs ein grofser Teil unserer Progymnasien und höh. Bürgerschulen nicht die
Gewähr für eine ausreichende Vorbildung bietet, zumal mit Bücksicht auf die
Circular- Verfägung vom 28. April 1875 (S. 58), dahin fahren, för alle Provinzen des
Staates ein gleiches Verfahren für die Zuweisung von Probecandidaten an höhere
Lehranstalten anzuordnen. Dies ist in meiner Verfügung vom 18. October c.
geschehen und mu& es dabei bis auf weitere Erfahrungen sein Bewenden behalten.
Dafs die Grenehmigung zur Abhaltung resp. Anrechnung des Probejahrs
an einer höh. Bürgerschule oder einem Progymn. vorher eingeholt werde, liegt
nur im Interesse der Gandidaten, schliefst aber nicht aus, dafs im Nothfalle-
ein Probecandidat vorbehaltlich meiner Genehmigung aushülfsweise an solche
Anstalten gewiesen wird. Den in diesem Jahre bereits zugelassenen Gandidaten
kann die an einem Progymn. oder an einer höh. Bürgerschule verbrachte
Probezeit angerechnet werden." Der Minister etc. Falk.
Min. Verf. v. 16. Juni 1883. „In Erwiderung des Berichtes vom
6. Juni d. J., betreffend das Gesuch des Lehramtscandidaten Dr. N., dafs ihm
seine einjährige Lehrthätigkeit an der Landwirthschaftsschule zu N. als Probejahr
angerechnet werde, mache ich das £. Prov.Sch.G. daradf aufmerksam, dafs der
in Bezug genommene § 4 des Beglements far die Landwirthschaftsschulen vom
10. August 1875 auf die vorliegende Frage keine Anwendung findet In dem
angezogenen Abschnitte des § 4 handelt es sich um die Bedingungen, durch
deren Erfüllung die Anstellungsfähigkeit an Landwirthschaftsschulen
erworben wird; zu dieser gehört die Ableistung des Probejahres an einer öffent-
lichen höh. Lehranstalt (d. h. Gymnasium, Bealgymnasium etc.), welche nur
ausnahmsweise durch die Lehrthätigkeit an einer berechtigten Landwirthschafts-
schule ersetzt werden kann. Auf die Bedingungen, von deren Erfallung die
Anstellungsfähigkeit an öffentlichen Schulen allgemeiner Bildung
(Gyihnasien, Bealgymnasien etc.) abhängig ist, — und um die B!^erbung
dieser Anstellungsfähigkeit handelt es sich für den etc. N. — bezieht sich
der fragliche Abschnitt des Beglements überhaupt nicht, und es können daher
aus demselben in dieser Hinsicht keine Folgerungen gezogen werden.'* Der
Minister etc. I. A. Greiff.
G. Verf. V. 14. Aug. 1867: „Zu § 6 der das Probejahr der Schul-
amtscand. betreffenden G. Verf. v. 30. März d. J. bemerke ich hinsichti. der
Unterschrift, dafs, wenn der Dir. einer Anstalt und der betr. Ordinarius
dasjenige Fach, in welchem der PrObandus seinem Prüfungszeugnis gemäfs
ausschliefsl. oder voTzugsweise beschäftigt worden ist, nicht auch ihrerseits bei
.der Anstalt vertreten oder vertreten können, das Zeugnis auch von dem betr.
Fachlehrer mitzuunterzeichnen ist, beispielsweise also von dem Mathematikus,
falls nicht der Dir. oder der Ordinarius die Stelle eines solchen bekleidet. Diese
Bemerkung weist selbstverständlich zugleich auf die Verpflichtung hin, dafs in
solchen Fällen der Fachlehrer die Thätigkeit der betr. Gandidaten auch seiner-
seits zu beobachten hat.
Was die Stemp elpflichtigkeit der Zeugnisse über das Probejahr betrifft,
so können dieselben nur in denjenigen Fällen ohne besonderen Stempel aus-
gefertigt werden, wenn sie unmittelbar unter das Zeugnis pro fac. doc. zur
Ergänzung desselben gesetzt werden. Geschieht dies nicht, sondern erfolgt die
Ausfertigung in der Form eines selbständigen Zeugnisses auf besonderem Bogen,
so bedaif es dazu, den bestehenden Vorschriften gemäfs, auch der Verwendung
eines besonderen Stempels.'*
68
C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Kiel v. 29. Jan. 1874. „Wir ersuchen
die Herren Directoren bezw. Bectoren, in Betreff der über das Probejahr der
Candidaten des höh. Schulamts auszustellenden Zeugnisse hinfort auch folgende
Bestimmungen zu beachten:
1. Die betr. Zeugnisse sind unmittelbar nach Ableistung des Probejahrs
%n uns einzusenden. Auch wenn ein Candidat innerhalb des Probejahrs die
Anstalt verläfst) ist für die Zeit, während welcher er dort als Lehrer thätig
gewesen ist, sofort einen Zeugnis-Bericht zu erstatten. 2. Es ist wünschens-
werth, dais die Zeugnisse nicht allzu ausführlich angelegt werden; vielmehr
möglichst so, dafs sie ganz oder doch gröfstenteils zu den von uns auszu-
stellenden Zeugnissen verwandt werden können. 3. In jedem Zeugnisse
mufs das Datum der Verfügung angeführt werden, durch welche der betr. Probe-
oandidat der Anstalt zugewiesen ist. 4. Es ist genau anzugeben, in welchen
Unterrichtsfächern und in welchen Klassen der Candidat unterrichtet hat; auch
wie viele wöchentliche Stunden auf die einzelnen Unterrichtsfächer einer jeden
Klasse gekommen sind. Ist in dieser Beziehung im Laufe des Probejahres eine
Veränderung eingetreten, so ist über die verschiedenen Perioden gesonderte
Angabe zu machen. 5. Wenn der Candidat sein Probejahr absolvirt hat,
80 ist mit dem Zeugnisse des Dir. zugleich auch das von der betr. Wissensch.
Prüfungscommission seiner Zeit dem Candidaten ausgestellte Zeugnis im Original
an uns einzusenden." ^
Ueber Ableistung des Probejahrs an einer aufserpreufs. Anstalt
s. oben p. 58 die C. Verf. v. 28. April 1875.
Vgf. in Betreff der Militärverhältnisse der Schulamtscandidaten
Abschn. V.
Früfang der Zeichenlehrer.
C.Verf. V. 23. April 1885. „An Stelle der bisherigen Instructionen
über die Prüfungen von Zeichenlehrern an höh. Schulen (und von Zeicben-
lehrerinnen an mehrklassigen Volks- und mittleren sowie an höh. Mädchen-
schulen) treten die beifolgenden Prüfungsordnungen vom heutigen Tage zunächst
für Berlin und Breslau, wo die in den Prüfungsordnungen vorgesehenen
Prüfnngs-Commissionen zu bilden sind, in Kraft. Es bleibt vorbehalten, die
Bildung solcher Commissionen auch auf andere Orte zu erstrecken. Bis dahin
bleiben in denjenigen Städten, in welchen sonst noch Zeichenlehrer- (und
Zeichenlehrerinnen-) Prüfungen stattgefunden haben, für diese die bisherigen
Bestimmungen bestehen.
Der Termin, der in diesem Sommer in Berlin und Breslau abzuhaltenden
Prüfungen wird durch das Centralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung
sowie durch die Amtsblätter der Provinzen bekannt gemacht werden. Die
Meldungen zu diesen Prüfungen müssen bis zum 15. Juni bei den K. Prov.Sch.CC.*
in Berlin und Breslau erfolgt sein." Der Minister etc. von Gofsler.
Prüfungs-Ordnung für Zeichenlehrer an höheren Schulen.
§ 1. Wer als Zeichenlehrer an einer höh. Schule angestellt zu werden
wünscht, hat sich zuvor einer Prüfung vor einer der zu diesem Zwecke gebil-
deten besonderen Prüfungs-Commissionen zu unterziehen. Solche Prüfungen
finden jedes Jahr einmal und zwar am Schlüsse des Sommersemesters statt
Die Termine der Prüfungen werden durch das CBl. f. d. Unterrichtsverw. sowie
die Amtsblätter der Provinz bekannt gemacht.
§ 2. Die Meldungen sind schriftlich und bis spätestens den 15. Juni
jedes Jahres bei demjenigen K. Prov.Sch.C. einzureichen, in dessen Bereich die
69
Prüfangs-Gommission, vor welcher der Bewerber das Examen ablegen will, ihren
Sitz hat. Der schriftlichen Meldung ist beizufügen: 1. eine kurze Darstellung
des bisherigen Lebens- und Bildungsganges ; 2. ein Zeugnis, dafs der Bewerber
eine höhere Schule im Sinne der C.Verf. v. 31. März 1882 (s. Abt. L, S. 110 fg.)
bis zum 6. Jahres-Cursus einschliefslich besucht, oder eine dem entsprechende
schulwissenschaftliche Bildung anderweit erworben hat, oder dafs er aus einem
Schullehrer-Seminar mit der Qualification für das Lehramt entlassen ist. Solche
Bewerber, welche keine den obigen Anforderungen entsprechende Vorbildung
nachzuweisen vermögen, können nur mit Genehmigung des Ministers der geistl.
etc. Ang. zur Prüfung zugelassen werden und haben sich in der Begel einer
besonderen Vorprüfung in Betreff ihrer allgemeinen Bildung zu unterziehen;
3. der Nachweis, dafs er seine Studien im Zeichnen an einer geeigneten Lehr-
anstalt oder sonst in ausreichender Weise gemacht hat. Zu diesem Zwecke
sind Studienblätter aus den verschiedenen Gebieten des Zeichnens, aufweiche sich
die Prüfung erstreckt» vorzulegen ; 4. ein Zeugnis über seine sittliche Führung.
§ 3. In der Prüfung haben die Bewerber nachzuweisen : 1. hinreichende
Fähigkeit im Zeichnen von Flach-Ornamenten im Umrisse nach Vorbildern und
aus dem Gedächtnisse (auch im Ergänzen, Verändern, Combiniren solcher
Ornamente); 2. desgleichen im Zeichnen einfacher Körper nach Modellen;
3. ebenso im Zeichnen einfacher Ornamente oder verzierter Architecturteile in
schattirter Ausführung nach plastischen Vorbildern; 4. ebenso im Zeichnen
(bezw. Malen) nach lebenden Pflanzen oder einfachen kunstgewerblichen Gegen-
ständen (Stillleben); 5. ebenso im Zeichnen an der Schultafel, verbunden mit
methodischen Erläuterungen. [Siehe Anmerkung.] Ferner haben sie darzuthun:
6. Bekanntschaft mit den wichtigsten Hülfs- und Lehrmitteln des Zeichenunter-
richtes, mit den Elementen der omamentalen und architectonischen Formenlehre
und mit der allgemeinen Kunstgeschichte in ihren Hauptzügen; 7. Fertigkeit
im Gebundenen Zeichnen (auch unter Anwendung von Ziehfeder und Tusche)
sowie gründliche Vertrautheit mit der Lehre von der Parallel-Projection, Schatten-
Construction und Perspective.
§ 4. Je nach dem Ausfalle der Prüfung wird die Berechtigung zur
Erteilung des Unterrichts in 3 verschiedenen Formen erteilt: entweder a) für
das Freihand-Zeichnen und das Gebundene Zeichnen zugleich, oder b) für das
Freihand-Zeichnen allein, oder c) für das Gebundene Zeichnen allein.
§ 5. Beansprucht ein Bewerber selbst nur die beschränkte Qualification,
sei es für das Freihand -Zeichnen, sei es für das Gebundene Zeichnen allein,
so braucht er auch nur einer dem entsprechenden beschränkten Prüfung unter-
worfen zu werden. Im ersten Falle sind die in § 3 unter 7 bezeichneten
Forderungen auf die unentbehrlichen Kenntnisse in der Schatten -Construction
und Perspective zu ermäfsigen, im zweiten Falle die unter 5, 6 und 7 genannten
Aufgaben allein zu stellen. Auch über das Mafs der im § 3 festgesetzten
Anforderungen hinaus kann sich ein. Bewerber auf seinen eigenen Wunsch
einer Nachprüfung a) im figürlichen Zeichnen (nach Gipsabgüssen oder* nach
der Natur) und in der Anatomie, b) im Landschafts-Zeichnen, oder c) im
Modelliren unterziehen und ihm ein darauf bezüglicher Zusatz in seinem
Zeugnisse erteilt werden.
§ 6. Die Einteilung der Prüfung bleibt dem Ermessen der Commission
anheimgestellt. Im Allgemeinen ist dahin zu wirken, dafs wenigstens einer
der oben in § 3 unter 6 bezeichneten Lehrgegenstände in einem schriftlichen
Aufsatze behandelt und dafs die Clausur-Arbeiten innerhalb 4 Tagen erledigt
werden. Die Commission ist ermächtigt, einerseits als Ergänzung der in
§ 3 unter 5 aufgeführten Forderungen von den Bewerbern die Abhaltung einer
Probelection zu verlangen, andererseits solchen Bewerbern, welche ihr vorteil-
haft und zur Genüge bekannt sind, die Probe -Arbeiten teilweise zu erlassen.
70
§ 7. Anf Grand der bestandenen Prüfimg werden die Zeugnisse in
folgender f^assong ausgestellt:
N. N. geb. zn am , Confession, hat nach
Beibringung der Yorschriftsmäfsigen Zeugnisse über seine allgemeine Bildung,
Yor der unterzeichneten Commission eine Prüfung nach Mafsgabe der Prüfongs-
Oidnung vom 23. April 1885 bestanden und hierbei folgende Gensuren erhalten:
1. Zeichnen von Flach -Ornamenten in UmriTs nach Vorbildern und aus
dem Gedächtnisse:
2. Zeichnen einfacher Körper nach Modellen:
3. Zeichnen von Ornamenten und verzierten Architecturteilen, schattirt
nach plastischen Vorbildern:
4. Zeichnen (bezw. Malen) nach lebenden Pflanzen u. s. w. (StiUleben) :
5. Zeichnen an der Schultafel verbunden mit methodischen Erläuterungen:
6. Lehrmittelkunde,
omamentale und architectonische Formenlehre:
Allgemeine Kunstgeschichte:
7. Gebundenes Zeichen,
Projectionslehre:
(event. Aufserdem hat er sich einer freiwilligen Prüfung im figürlichen Zeichnen etc.
mit Erfolg unterzogen.) Hiemach wird N. N. für befähigt erklärt, an
höheren Schulen Unterricht ,
entweder a) im Freihand-Zeichnen und im Gebundenen Zeichnen
oder b) im Freihand-Zeichnen
oder c) im Gebundenen Zeichnen
zu erteilen.
Die Zeugnisse sind durch das Siegel der Commission und die Unter-
schrifken des Vorsitzenden und eines zweiten Mitgliedes derselben zu beglaubigen.^
Das Zeugnis berechtigt an und für sich noch nicht zu einer de&utiven
Anstellung. Vielmehr haben die durch Unterricht an höh. Schulen noch nicht
bewährten Lehrer an der Anstalt, an welche sie berufen werden, zuvörderst gegen
eine entsprechende Remuneration ein Probejahr zu bestehen. Nach Ablauf
des Probejahres wird ihnen über ihre pädagogische und didaktische Befähigung
von dem Director der Anstalt ein Zeugnis ausgestellt, welches bei anderweitigen
Bewerbungen vorzulegen ist.
§ 8. Beim Eintritte in die Prüfung hat der Bewerber 12 Mk. an Gre-
bühren zu erlegen. Für die Ausstellung des Zeugnisses tritt hierzu noch ein
Stempel im Betrage von 1 Mk. 50 Pfg.
§ 9. Hat ein Bewerber die Prüfung nicht bestanden, so darf er sich bei
dem nächsten Termine derselben nochm^s unterziehen. Je nach Befinden
darf die Commission ihn hierbei von einzelnen Fächern, falls er in denselben
bei der ersten Prüfung entsprechende Befähigung nachgewiesen hat» dispensiren.
Anmerkung zu § 3. Nr. 5.
Biese Prüfungsaufgabe ist dazu bestimmt, die eigentliche Lehrbefähigung
der Bewerber zu erweisen und soweit als möglich eine wirkliche Lehrprobe vor
einer Schulklasse zu ersetzen.
Die Zeichnungen an der Schultafel sollen sich im Gebiete des Frei-
handzeichnens auf die einfachsten Formen von Flachomamenten, im Gebiete des
Gebundenen Zeichnens auf Constractionen elementarer Natur beschränken (wie
sie vorzugsweise in den unteren Klassen mit obligatorischem Zeichenunteirichte
zur Anwendung kommen), sie müssen jedoch stete in der Art und Weise ent-
wickelt und mit derjenigen Correctheit ausgefahrt werden, welche bei Vor-
zeichnungen des Lehrers vor den Augen der Schüler erforderlich sind.
71
Unter „methodischen Erlänternngen'' ist zu verstehen, dafs der zu
Prüfende einerseits eine vollständige nnd schnlgerechte Anleitung zur Lösung
einer bestimmten (einfachen) Zeichenaufgabe der oben bemerkten Art zu erteilen,
andererseits die Stelle deutlich zu kennzeichnen wisse, welche die ihm vorgelegte
Aufgabe im Stufengange des Unterrichtes überhaupt einnimmt.
Berlin, den 23. April 1883. Der Minister etc. von Gofsler.
Frflfnng der Turnlehrer.
C.Verf. V. 11. Sept. 1880. „Nachdem ich die beigefügte Prüfungs-
Ordnung for Turnlehrer unter dem 10. d. M. erlassen habe, tritt dieselbe sogleich
an die Stelle der für die Prüfung der Turnlehrer bisher mafsgebenden Be-
stimmungen — somit des Reglements vom 29. März 1866 und der Ergänzungen
zu demselben, insbesondere der C.Yerf. v. 18. Juni 1870 (s. 2. Aufl. IL S. 92 fg.) — ,
welche hiermit aufgehoben werden. Die £. Begierung veranlasse ich, die neue
Prüfungs-Ordnung nebst deren Anlagen a und b in Direm Amtsblatte baldigst
zu veröffentlichen. Die erste Prüfung nach Mafsgabe dieser Prüfungs-
Ordnung wird im Monate Februar k. Jahres hierselbst stattfinden und wegen
des Termins zeitig Verfügung ergehen. Die Einrichtung von Prüfungs-
Oommissionen in den Provinzen bleibt vorbehalten.*' An sämtliche K. Begierungen.
„Abschrift vorstehender Verfügung nebst Anlagen erhält das E. Prov.Sch.G.
zur Nachricht.*' Der Minister der geistl. etc. Ang. von Puttkamer.
Prüfungs-Ordnung für Turnlehrer.
§ 1. Zur Abhaltung von Prüfungen für Turnlehrer wird zu Berlin eine
Oommission gebildet. Dieselbe besteht: 1. aus dem Director der E. Tum-
lehrer-Bildungsanstalt als Vorsitzendem, 2. dem Unterrrichts-Dirigenten, 3. dem
ordentlichen Lehrer sowie 4. dem Lehrer der Anatomie dieser Anstalt, und
5. einem anderen, von dem Minister der geistl. etc. Ang. zu ernennenden
Mitgliede.
§ 2. Zu der Prfifong werden zugelassen: a) Bewerber, welche bereits
die Befähigung zur Erteilung von Schulunterricht vorschriftsmäfsig erworben
haben; b) Studirende, jedoch nicht vor vollendetem fuaftem Semester;
c) ausnahmsweise auch andere Bewerber, wenn sie eine gute Schulbildung
nachweisen und das 20. Lebensjahr überschritten haben. Diejenigen, welche
dem preufsischen Staatsverbande nicht angehören, können nur durch Vermittelung
ihrer Landesbehörden, bezw. deren diesseitiger Vertreter zugelassen werden.
§ 3. Die Prüfhng findet in der Kegel im Monat Februar und zwar in
den Bäumen der E. Tumlehrer-Bildungsanstalt hierselbst statt. Der Termin
wird durch den Staatsanzeiger und durch die Amtsblätter, sowie durch das
^,CBL f.* d. gesamte Unterrichtsverw. in Preufsen'* bekannt gemacht.
§ 4. Die Anmeldung mufs bis zum 1. Januar jedes Jahres bei dem
Minister der geistl. etc. Ang. erfolgen und zwar bei den im Lehramte stehenden
Bewerbern durch die vorgesetzte Dienstbehörde, bei den anderen direct. Der
Meldung sind beizufügen: 1. der Geburtsschein, 2. der Lebenslauf, 3. ein
ärztliches Gesundheitsattest, 4. ein Zeugnis über die erworbene Lehrerbildung
und über die seitherige Wirksamkeit als Lehrer, 5. ein Zeugnis über die
erlangte turnerische Ausbildung. Diejenigen Bewerber, welche kein Lehramt
bekleiden, haben ausreichende Zeugnisse über ihre Schulbildung, sowie ein
amtliches Führungsattest beizubringen.
§ 5. Die Prüfung ist eine theoretische — schriftliche und mündliche —
und eine praktische.
§ 6. Die schriftliche Prüfung besteht in Anfertigung einer Clausurarbeit
aus dem Bereiche des Schulturnens uad je nach dem Ermessen der Commission
72
anch in Beantwortang einzelner Fragen aus dem Gesamtgebiete der Prüfangs-
gegenstände.
§ 7. Die mündliche Prüfung erstreckt sich 1. anf die Kenntnis der
wichtigsten Erscheinungen ans der Geschichte des Tomwesens, namentlich der
neueren Zeit, anf die Aufgabe und Methode des Turnunterrichtes, auf die Be-
schreibung und Entwickelung von Turnübungen, auf Bestimmung und Begrenzung
des Uebungsstoffes für die verschiedenen Altersstufen bezw. Schulklassen, auf
die Kenntnis der Tumlitteratnr und der Tumsprache; 2. auf die Be-
schreibung der für das Schulturnen geeigneten Uebungsgeräthe und die Art
ihrer Verwendung, auf die Anlage und Einrichtung der Tumräume; 3. auf
die Kenntnis des menschlichen Körpers nach seinem Bau und nach seinen
Lebensäufsemngen (s. Anlage a), auf die bei dem Turnen zu beobachtenden
Gesundheitsregeln, sowie auf die ersten nothwendigen Hülfsleistungen bei vor-
kommenden Unfällen; 4. bei denjenigen Bewerbern, welche keine Lehrer-
prüfung abgelegt haben, event. auf die Kenntnis der wichtigsten Erziehungs-
und Unterrichtsgmndsätze.
§ 8. Die praktische Prüfung erstreckt sich 1. auf die Darlegung der
körperlichen Fertigkeit in den Uebungen des Schulturnens, 2. auf die
Ablegung von Probelectionen zum Nachweis des erforderlichen Lehrgeschickes-
§ 9. Diejenigen Bewerber, welche zugleich Fecht- oder Schwimmunterricht
(s. Anlage b) erteUen wollen, werden in diesen Fächern besonders geprüft
§ 10. Jeder Bewerber hat vor dem Eintritte in die Prüfung eine Grebühr
von zehn Mark zu entrichten.
§ 11. Die Bewerber, welche die Prüfung bestanden haben, erhalten ein
Befähigungs- Zeugnis. Die Stempelgebühr für das Zeugnis beträgt IMk. 50Pf.
Berlin, den 10. September 1880. Der Minister etc. von Puttkamer.
Anlage a. Kenntnis desmenschlichen Körpers. Uebersicht
über die Organe des menschlichen Körpers, über ihre Lage und ihre Funcüonen
(Thätigkeiten). Das Knochengerüst als Grundlage des Bewegungs-
apparates: die Schädelknochen nur im Allgemeinen, die Wirbelsäule nach Form
und Zusammensetzung, der Brustkorb, der Schulter- und Beckengürtel, die Glied-
mafsen. — Von einer ins Specielle gehenden Beschreibung der einzelnen Knochen
wird abgesehen. — Die Yerbindungsweisen der Knochen, namentlich die Gelenk-
verbindungen. Die Muskeln des Knochengerüstes: Bau und Thätigkeit
der Muskeln im Allgemeinen, die wichtigeren oberflächlichen Muskeln bezw.
Muskelgruppen, ihre Lage und die Bewegungen, welche sie zu Stande bringen.
Die äufsere Haut, ihr Bau und ihre Functionen. Das Herz und der
Blutkreislauf, die verschiedenen Arten der BlutgefäTse, der Verlauf der gröfseren
Gefäfse und Kenntnis der Stellen, wo gröfsere Pulsadern äuTserlich zu fühlen
sind. Das Blut als Emährungsflüssigkeit Die Lymphgefäüse (Saugadem) und
die Lymphe. Die Lunge und die Athmungsmuskeln, der Athmungsvorgang,
die Bedeutung des Athmens für die Blutbildung. Das Nervensystem im
Allgemeinen: Gehirn, Eückenmark, Nervenknoten (Ganglien). Bewegungs-
und Empfindungsnerven. Verlauf der gröfseren Nervenstränge. Die Ver-
dauungsorgane: die einzelnen Teile derselben nach Form, Lage und Thätigkeit.
Anlage b. Die Schwimmlehrer-Prüfung erstreckt sich: 1. auf
die praktische Prüfung, umfassend das Schulschwimmen als Dauerschwimmen,
die Wassersprünge (Fufs- und Kopfsprünge), einige Schwimmkünste, besondere
solche, welche bei Bettungsversuchen ihre Anwendung finden, wie Tauchen und
Wassertreten, — sowie eine Probelection; 2. auf die theoretische Prüfung:
Beschreibung und Zergliederung der Schwimmbewegungen, Methode des Schwimm-
unterrichtes, Einrichtung, Ausstattung und Leitung von Schwimmanstalten.
Behandlung der im Wasser Verunglückten bis zur Ankunft des Arztes.
73
Ans CVerf. y. 29. Apr. 1876. „Durch die CVerf. v. 4. Apr. 1866
-wnrden bei Mitteilang des Beglements far die Tarnlehrer - Prüfung yom
29. März dess. J. Verhandlangen zu dem Zweck eingeleitet, dafs aUe höh.
TInterrichtsanstalten, soweit an denselben nicht bereits vollständig befähigte
Turnlehrer fdngirten, diese erhielten. Inzwischen sind viele Veränderungen ein-
getreten, auch zahlreiche neue Anstalten errichtet worden, und es liegt Grund
zu der Annahme vor, dafs gegenwärtig wieder an einer gröfseren Zahl von
Anstalten gehörig quEdificirte Turnlehrer nicht vorhanden sind. ..... Es ist
nicht blofs abzuwarten, ob Meldungen eingehen, vielmehr mufs von Aufsichts-
wegen verlangt werden, dafs bei denjenigen Anstalten, an welchen für den
Tumbetrieb nicht genügend gesorgt ist, einer der jüngeren Lehrer zur Ab-
solvirung des Gursus veranlafst werde. Bei staatlichen Anstalten wird dieses
YorgeheUj sofern ein nach seiner Persönlichkeit geeigneter Lehrer vorhanden
ist, nennenswerthe Schwierigkeiten nicht bieten, und ich hege das Vertrauen,
dafs auch die Patronate der städtischen etc. Anstalten dem Verlangen gern
entgegenkommen. Erheblich erleichtert wird der Eintritt in die E. Central-
Tumanstalt durch die Möglichkeit, dafs in Fällen des Bedürfiiisses Unter-
stützungen für die Eleven aus Centralfonds gewährt werden können. Besonders
lege ich darauf Gewicht, dafs auch akademisch gebildete Lehrer die Beföhigung
zur Leitung des Tuinunterrichtes sich verschaffen. Namentlich wird bei gröfseren
Gymnasien und Bealschulen, an welchen zwei und mehr Turnlehrer in Thätigkeit
sind, unbedingt darauf zu halten sein, dafs der erste derselben die Qualification
für das .l}öhere Lehramt nachgewiesen habe...." Der Minister etc. Im
Auftr.: Greiff.
* Das Golloqninm pro rectoratn.
CVerf. V. 21. Febr. 1867.
Die Colloquia pro rectoratu werden in Zukunft gemäfs meiner Verf.
V. 24. Dec. V. J. (s. p. 56) nicht mehr von den K. Wissensch. Prüfnngs-
commissionen, sondern von den E. Prov.Schulcollegien abgehalten werden. Ob ein
CoUoquium und bei welchem Prov.Sch.C. dasselbe stattfinden soll, darüber bleibt
die Bestimmung für jeden einzelnen Fall vorbehalten. Die Einberufung dazu
kann sowohl bei den zu Directoren von Gymn. oder Bealschulen, wie bei den
zu Bectoren von Progymn. oder höh. Bürgerschulen Designirten erfolgen. Zur
Abhaltung des Golloquiums tritt jedesmal unter dem Vorsitz des Chefs des
betr. K. Prov.Sch.C. oder des von ihm dazu bestimmten Vertreters, eine
Commission zusammen, deren Mitglieder die techn. Departementsräthe für das
höh. Schulwesen sind. Aufserdem wird je nach dem vorliegenden Fall der
Dir. eines Gymn. oder einer Bealschule zur Teilnahme an dem CoUoquium
eingeladen.
üeber die allgem. Gesichtspunkte, welche bei der Designation zu einer
Directorstelle überhaupt und event. sodann bei Abhaltung eines Golloquiums
mafsgebend sind, bemerke ich Folgendes:
In den Berichten über die Besetzung von Diroctorstellen sprechen sich,
gemäfs der CVerf. v. 3. Febr. 1843 und vom 6. Febr. 1847 (s. unten Abschn. III),
die Provinzialbehörden entweder nach eigener längerer Beobachtung oder auf
Grund sorgfältiger Erkundigung darüber aus, ob und wie weit sie den Vor-
geschlagenen, resp. Gewählten, zur Schulleitung befähigt halten. Sie haben
sich darüber ein bestimmtes Urteil gebildet, ob es ein Mann ist, der nach
seinem bisherigen Wirken und Verhalten far einen redlichen und selbständigen
Charakter gelten mufs, beseelt von edler und wohlwollender Gesinnung, von
aufrichtiger Liebe zu seinem Beruf, zu König und Vaterland, von Achtung vor
74
'Oesetz and Ordnung, von klarer und ungefärbter Beligiosität; ob er in seinem
Lehramt mastergebende Treae and Geschicklichkeit sowohl in der wissenschafiL
Belehrung, Anregung und Leitung, wie auch in der situ. Bewahrung, Besserung
und Förderung seiner Schüler bewiesen hat, und ob sich von ihm erwarten
läfst, däfs er die zur Leitung einer h5h. Lehranstalt im Innern und zu ihrer
Vertretung nach auTsen nöthige Menschenkenntnis, gesellige Bildung, Umsicht,
Besonnenheit und taktvolle Energie beweisen werde, sowie dafs es ihm an Sinn
und Befähigung für die administrative Seite des Amts nicht fehle. Litterarische
Thätigkeit und schriftstellerischer Buf sind schätzbare Eigenschaften; ent-
scheidend können sie für die Empfehlung zu einer DirectorsteUe nicht sein.
Die wissenschaffcl. Qualification mufs vollständig documentirt, also die Fähigkeit,
in den oberen Kl. zu unterrichten, durch Zeugnisse über die abgelegte Prüfung
und über die prakt. Lehrerwirksamkeit nachgewiesen, event. vorher eine Dis-
pensation von diesem Erfordernis ausnahmsweise erteilt worden sein.
Es ist zu erwarten, dafs es nach einer derartigen eingehenden Bericht-
erstattung in der Begel eines Colloquiums weiter nicht bedürfen wird. Wenn
ein solches gleichwohl angeordnet wird, so hat dasselbe zwar neben den allen
höh. Schulen gemeinsamen (resichtspunkten vorzugsweise diejenige Schulkategorie
ins Auge zu fassen, um welche es sich in dem besonderen FsJl handelt, kann
sich aber auf dieselbe nicht beschränken, weil z. B. das dem Bealschulgebiet
Eigentümliche sich durch den Gegensatz des Gymnasialen am bestimmtesten
nachweisen läfst.
Zwischen der Designation zu einer Gymnasialdirector- und dej.zu einer
Progymnasialrector-Stelle ist ein wesentl. Unterschied um so weniger zu machen,
als die meisten Progymn. die Tendenz, sich zu einem Gymnasium zu vervoll-
ständigen, in sich tragen. Es wird nur zu beachten bleiben, dafs zu Progymnasial-
rectoren auch jüngere Männer designirt werden, bei denen der Grad von Beife
der Amtserfahrung und des pädagog. Urteils, welchen ein designirter Gymnasial-
director schon erreicht haben mufs, noch nicht in Anspruch genommen werden
kann. Dasselbe gilt von den zu Bectoren höherer Bürgerschulen designirten
Lehrern, bei denen aufserdem zu berücksichtigen ist, dafs zur Leitung dieser
mehr dem prakt. Leben der mittleren Stände zugewandten Unterrichtsanstalten
nicht dieselbe Weite des wissenschaftl. Gesichtskreises erforderlich ist, welche
z. B. der Dir. einer Beals^hule 1. 0. besitzen mufs.
, Das Colloquium ist keine Prüfung, wird auch nicht in lateinischer, sondern
in deutscher Sprache geführt; es müfsto denn sein, dafs besondere Veranlassung
vorläge, die bei Directoren von Gymn, und Bectoren von Progymn. voraus-
zusetzende Fertigkeit im mündl. Gebrauch des Lateinischen durch den techn.
Departementsrath constatiren zu lassen.
Die Unterredung bezieht sich vornehmlich auf pädagog. und didaki Gegen-
stände. Sie giebt dem Designirten Gelegenheit, seine Ansichten über den
Begriff der Erziehung, über die höchsten Gesichtspunkte für Unterricht und
Disciplln, über den Einflufs derselben auf die Bildung des Willens und des
Charakters, über den Zweck und die relative Wichtigkeit der einzelnen Unterrichts-
gegenstände, über ihr gegenseitiges Verhältnis innerhalb des besonderen Schul-
organismus, sowie über die Geschichte derselben darzulegen. Zum Gegenstand
der Unterredung eignet sich femer die Art und Weise, wie das religiöse und
das sittliche Gefühl, der Sinn für das Schöne, das Verstandes- und das gedächtnis-
mäfsige Auffassen durch einzelne Lehrobjecte zu fördern sind; ebenso die beim
Unterr. allgemein und nach besonderen Anforderungen anzuwendende Methode,
die Einrichtung von Lehr- und Lectionsplänen, die Abgrenzung der Curse nach
«iner gegebenen Elassenzahl, die Wahl der Lehrmittel, Lehrbücher, Schriftsteller,
Art, Ordnung und Mafs der schrifU. Arbeiten. Nicht minder verdient zur
Sprache gebracht zu werden der Werth einzelner Disciplinareinrichtungen, die
76
Einwirkang der Schale anf hänsl. and Volkserziehang and die Bückwirkang
dieser aaf die Schale; endlich aach das Verhältnis des Directors za Amts-
genossen, Vorgesetzten, Schalem, ihren Eltern and dem Pahükam üherhaapi
Bei allen diesen Gregenständen wird es far den Zweck des CoUoqaiams
mehr aaf Bestimmtheit and Klarheit der Antworten, Sicherheit der üeberzeagang,
Leichtigkeit in andere Vorstellangen einzagehen, aaf Wärme far die den Aiä^
gaben der Schale za Grande liegenden höheren Ideen ankommen, als aaf genaae
Uebereinstimmang mil den in der Gommission vertretenen Ansichten oder mit
den Lehrsätzen eines besonderen philosoph. Systems.
* Das Golloqaiam bietet yielfache Veranlas^ang dar, die jedem Dir. anent-
behrliche Bekanntschaft mit den far das höh. Schalwesen bestehenden gesetzl.
Bestimmangen bei den Designirten in Ansprach za nehmen. Das Geschäftliche
ihres künftigen Berufs kann ihnen zwar erst durch die Praxis selbst geläufig
werden; doch wird es ihnen dazu förderlich sein, wenn der betr. Departements-
rath ihnen bei ihrem Aufenthalt am Sitz des K. ProT.Sch.C. Grelegenheit giebt,
sich mit den Normen, für die Verwaltung der Externa, z. B. hinsichtlich des
Etats- und Rechnangswesens, darch unmittelbare Anschauung bekannt za machen.
üeber das Ergebnis des Colloquiums wird kein Zeugnis ausgestellt, sondern
mit Einsendung -des Protokolls ein kurzer gutachtl. Bericht erstattet.
• Mit den unter den Verhältnissen der gegenwärtigen Zeit wachsenden
Schwierigkeiten und Aufgaben der Schulleitung und des Lehrerbemfö überhaupt
steigert sich auch für aUe an der Schulverwaltung Beteiligten die Pflicht, dafür
Sorge zu tragen, dafs es an tüchtigen Kräften dazu nicht fehle. Wie deshalb
unlängst gelegentl. des neuen Lehrer -Prüfungsreglements den Directoren die
Teilnahme in Erinnerung gebracht ist, mit welcher sie dem Streben deijenigen
unter ihren Schülern, die sich dem Dienst der Schule widmen wollen, zu Hülfe
kommen können (s. S. 57), und wie es von ihnen erwartet wird, dafs sie es
an Wissenschaft, and sonstiger Anregung der jüngeren Lehrer, sich für die
höheren Aufgaben des Unterrichts zu befähigen, nicht fehlen lassen: ebenso
wird, wie ich vertraue, die Aufinerksamkeit der Schulräthe und Directoren mehr
and mehr darauf gerichtet sein, Lehrern, bei denen sich das Talent der Schpl-
leitung ankündigt, in geeigneter Weise zur Ausbildung desselben behülflich zu
sein. Es ist für die Wohlfahrt des Staats auch auf diesem Gebiet alles daran
gelegen, dafs der rechte Mann die rechte Stelle finde." — Vgl. p. 78.
Min. Verf.' v. 27. Febr. 1877. „Auf den Bericht des K. Prov.Sch.C. vom
10. d. M. erkläre iqh mich damit einverstanden, dafs die Bestätigung des zum
Director des Gymnasiums zu N. gewählten Bectors Dr. N. von dem Bestehen
eines Colloquiums abhängig gemacht wird. Dagegen vermag ich dem weiteren
Antrage des £. Prov.Sch.C., dies CoUoqaium bei dem hiesigen Prov.Sch.C. abhalten
zn lassen, nicht beizutreten. Es mufs im Allgemeinen als Kegel gelten, dafs
das CoUoqnium bei den\jenigen Prov.Sch.C. stattfindet, in dessen Verwaltungs-
bezirk der Grewählte eveni demnächst eintreten wird; denn es liegt im Interesse
dieser Behörde, bei der Unterredung einen Eindruck von der .ganzen Persönlich-
keit des Mannes und einen Einblick in seine Ansichten über pädagogische und
didaktische Fragen zu gewinnen, aaf Grund deren sie sich ein eigenes Urteil
über seine Befähigung zor Leitung einer höh. Lehranstalt zu bilden vermag.
Von dieser Begel im vorliegenden Falle abzugehen, liegt ein ausreichender
Orund nicht vor, da von dem pp. N. bei der Leichtigkeit des Verkehrs die
Beise nach N. zu diesem Zweck ohne Unbilligkeit gefordert werden darf. Ich
beanftrage daher das K.Prov.Sch.C., das Colloquium mit demBectorN. abzuhalten.*^
Der Minister etc. Falk.
76
III.
Anstellung.
üeber die wissenschaftlichen resp. technischen Anforderungen
für den Eintritt in das Lehramt s. Abschn. IV).
Einige VerfQgnngen erinnern an rechtzeitige Absolvirnng der
Prüfungen:
Min. Verf. V. 19. D 60. 1863: „Nach dem Bericht — ist die Zahl der
Schulamtscandd., welche auch im gegenwärtigen Schalsemester ohne eine Prüfung
bestanden zu haben an höh. Lehranshtlten der Provinz unterrichten, sehr beträcht-
lich. Die Zulassung ungeprüfter Candidaten zum ünterr. wird sich unter den ob-
waltenden Umständen nidit ganz vermeiden lassen ; es ist aber nicht zu dulden, dafs
wenn sie es ungebührlich lange verschieben, sich der vorschriftsm. Prüfung zu
unterziehen, sie dennoch von einem Jahre zum anderen in ihrer Stellung belassen
werden. — Es ist im eigenen Interesse der Candd., daf» sie auf jede Weise ange-
halten werden, ihrer Verpflichtung hinsichtlich des Examens nachzukommen. Nach
der C. Verf. v. 2. Jan. d. J. darf der Antrag auf Zulassung ungeprüfter Candd. zum
Lehramt auf höchstens 2 Semester gestellt werden. Ich veranlasse das K.Prov.Sch.C.7
künftig in jedem Fall, wo eine solche Zulassung nicht zu umgehen ist, dem b^tr.
Gand. zu erklären, sie geschehe nur ausnahmsweise und unter der Bedingung, dafs
er spätestens in Jahresfrist das Examen pro facult. doc. absolvirt habe, und er
werde unfehlbar wieder entlassen werden, wenn er diese Bedingung unerfüllt lasse.''
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Coblenz v. 27. Juni 1851 (vom K.
Minist, den übrigen K. Prov.Sch.CC. mitgeteilt): „Obwohl zur Besetzung der in
unserem Verwaltungsbezirk zur Erledigung kommenden Lehrstellen eine ausreichende
Anzahl von Schulmännern vorhanden ist, so sehen wir uns doch mehrfach aufser
Stande, den an uns gerichteten Gesuchen um definitive Anstellung zu entsprechen,
weil die betr. namentl. jüngeren Schulmänner sich oft nicht nur unmittelbar nach
der Beendigung ihrer akadem. Studienzeit nicht die Lehrbefähigung in einem oder
mehreren Unterrichtsfächern für alle Klassen eines Gymn. oder einer Realschule
erworben haben, sondern es auch später versäumen, ihre wissenschaftl. Fortbildung
durch Privatstudien soweit zu fördern, dafs sie bei der Besetzung höherer und besser
dotirter Lehrstellen füglich Berücksichtigung finden können. Sowohl in teilnehmendem
Interesse an dem Gedeihen des Lehrstandes als der Schule müssen wir es daher
als sehr wünschenswerth erachten, dafs die Gymnasialdirectoren bei den vielfachen
Beziehungen, in welche dieselben zu den Mitgliedern des Lehrstandes treten, den
betr. Schulmännern bei jeder zweckdienl. Veranlassung in geeigneter Weise einen
mahnenden Antrieb geben, dafs sie mit Eifer an ihrer weiteren wissenschaftl. Aus-
bildung fortarbeiten und den Erfolg ihres Strebens auch durch Zeugnisse einer
K. Wissensch. Prüfungscomm. förmlich und vorschriftsmäfsig nachweisen.
Indem wir die Direction veranlassen, in diesem Sinne zur Förderung der
gedachten wichtigen Angelegenheit nach Kräften mitzuwirken, nehmen wir zugleich
Gelegenheit, auf ein der vorerwähnten Absicht entgegentretendes Hindernis auf-
merksam zu machen, welches durch die oft vorkommende Verheiratung junger,
wenig bemittelter und noch nicht angestellter Schulmänner hervorgerufen wird."
[Im Folgenden wird nicht nur auf die, später durch die CO. v. 21. Oct.
1863 aufgehobene, Verpflichtung, bei definitiver Anstellung nach der Ver-
heiratung die Frau bei der AUgm. Wittwenversorgungsanstalt einzukaufen und
auf die m diesem Falle vorgeschriebene, durch das Gesetz v. 17. Mai 1856 eben-
falls beseitigte, Bestimmung sowohl für die Zukunft ein Kapital einzulegen, resp.
ein solches zu verzinsen, wie für die Vergangenheit die Retardatzinsen zu zahlen,
— sondern auch auf die vielen Sorgen und Hemmungen hingewiesen, welche bei
zu früher Verheiratung einer gründlichen nnd unbefangenen Beschäftigung mit
wissenschaftl. Studien leicht entgegentreten.]
*) Anstellung und Prüfung von Lehrern an Mittelschulen ist nach der
C. Verf. V. 1 5. Oct. 1872 geordnet, s. Abt. I, S. 5, Anm.
77
,,Daher veranlassen wir die Direction namentlich im Interesse der jüngeren
Schulmänner, diese bei passender Gelegenheit auf die vorgedachten Verhältnisse
und deren Folgen aufmerksam zu machen und sie nöthigenfalls durch wohl-
wollenden Rath in geeigneter Weise zu belehren."
Pädagogische Anforderungen.
^ C.Verf. V. 20. Dec. 1848: — „Der Schule, von der Elementar- und Volks-
schule an bis zq den Gymnasien, ist die Aufgabe gestellt, die ihr anvertrauten
Zöglinge nicht allein mit Kenntnissen, welche durch spätere wissenschaftl.
Studien oder im prakt. Leben erweitert und ergänzt werden können, auszurüsten,
sondern auch, was das Wesentlichste ist, sie zu Staatsbürgern zu erziehen
welche die Religion, die Sitte und das Gesetz achten, ihr Vaterland und ihren
Fürsten lieben, welche den Willen und die Kraft besitzen, ihr eigenes Haus-
wesen zu leiten und mit edler Hingebung sich dem Wohl der Gemeinde und
des Staats zu widmen. Dafs die Schulen dieser Aufgabe genügen, verlangen
mit Becht die Eltern, die Gemeinden und Bezirke, für deren Kinder sie er-
richtet sind. Die Staatsregierung hat dafür zn sorgen, dafs ihre Institutionen
dem Zweck, und die Organe, denen der Unterricht und die Erziehung anver-
traut wird, ihrem Beruf entsprechen.
Das Gelingen der Bemühungen, ein nach allen Seiten hin befriedigendes
Schulwesen zu erhalten oder zu schaffen, * hängt wesentlich von Denen ab,
welchen die Leitung, der Unterricht und die Erziehung der Jugend anvertraut
ist. Der Lehrer an einer offen tl. Schule mtifs neben der wissenschaftl. auch
die sittliche Bildung besitzen, die ihn befähigt, seinen Zöglingen in jeder
Beziehung zum Vorbild zu dienen. Er darf keine höhere Aufgabe für sich
anerkennen, als, seinem selbsterwählten Berufe treu, im Unterricht und im
Umgang mit seinen Schülern alles zu vermeiden, was die naturgemäfse und
gesunde Entwickelung der Jugend irgendwie stören, von ihr nicht begriffen
und richtig gewürdigt werden, oder gar auf die Innigkeit des religiösen Ge-
fühls, zu welchem Glauben es sich auch neigen möge, auf die Achtung vor
allem Edlen und Guten von nachteiligem Einffufs sein kann. Wer diese Eigen-
schaften nicht besitzt und sich anzueignen nicht bemüht ist, hat seinen Beruf
als Lehrer verfehlt."
C.Verf. V. 12. Juli 1824: — „Bei Anstellungen im Lehrfach ist von dem
unabänderlichen Grundsatz auszugehen, dafs öffentL Lehranstalten weder durch
blofse wissenschaftl. Bildung der Zöglinge, noch dadurch, dafs auf ihnen nur
keine schädlichen und verderbl. Gesinnungen und Richtungen erzeugt und be-
fördert werden, ihren Zweck erreichen, sondern dafs der letztere neben der
wissenschaftl. Bildung auch darin besteht, in den Zöglingen Gesinnungen der
Anhänglichkeit, der Treue und des Gehorsams gegen den Landesherm und den»
Staat zu erwecken und zu befestigen, und dafs daher Lehrstellen nur denjenigen,
die auch in dieser letztgedachten Beziehung volles Vertrauen verdienen, über-
tragen werden sollen."
C.Verf. V. 6. Febr. 1847: „Aus den von den K. Prov.Sch.CC. erstatteten
Verwaltungsberichten sowohl als auch auf anderen Wegen habe ich gern die
Ueberzeugung gewonnen, dafs die Lehrercollegien an den Gymn. im AUgem. die
wissenschaftl. Aufgabe dieser Anstalten in pflichttreuer Erfüllung ihres Berufs
zu lösen bemüht sind und die K. Prov.Sch.CC. sich ebenso angelegen sein
lassen, durch angemessene Leitung und Beaufsichtigung dieser Anstalten,
sowie durch zweckmäfsige Einwirkung auf die Thätigkeit der LehrercoU. die
Gymnasien auf dem anerkannt befriedigenden Standpunkt, welchen sie in
wissenschaftl. Beziehung erreicht haben, zu erhalten odeir durch Beseitigung
entgegenstehender Hindernisse demselben zuzuführen. Es wird mir stets zu
besonderer Genugthuung gereichen, diese Thätigkeit der Provinzialbehörden
78
überall zn nnterstütee^, durch Berücksichtigmig der zur fortschreitenden Hebnn^
der Gymn. entweder schon ausgesprochenen oder noch näher vorzabereitenden
Vorschläge in Beziehung auf deren innere Organisation zn erleichtem nnd ihr
zugleich den wünschenswerthen Erfolg dadurch immer mehr zu sichern.
Mit nicht gleicher Beruhigung kann ich mich über die Resultate der
erziehenden Thätigkeit der Gymnasien aussprechen, da die Aeufserungen
über den Fleifs und die unbefangene Hingebung der Schüler an ihre Au^be
und deren Erfollung, über bescheidenes und die Grenzen angemessener jugend-
licher Bestrebungen und Beschäftigungen nicht überschreitendes Verhalten der-
selben, keineswegs überall günstig lauten. Weit entfernt, die Ursachen der
hierher gehörigen Erscheinungen in einer minder pflichttreuen Wirksamkeit der
Lehrer hinsichtl. der Erziehung der Jugend zu suchen, da der häufig aufserhalb
der Lehrercoll. liegende EinfluTs auf die Schüler der Gymnasien Vieles hinreichend
erklärt, habe ich mich doch dringend veranlafst gefEinden, den EI.Prov.Sch.CC.
in Erinnerung zu bringen, dafs neben der Wissenschaft!. Beföhigung der Lehrer
besonders in unserer Zeit die pädagogische Tüchtigkeit derselben die
gröljste Aufmerksamkeit erfordert, um durch deren entschiedenen EinfluTs die
nachteiligen Einwirkungen, welchen die Schüler häufig anfserhalb der Schule
ausgesetzt sind, durch ein stärkeres Gregengewicht innerhalb derselben zu
schwächen, wenn nicht völlig aji&uheben. Ich muTs daher angelegentlich
wünschen, dafs überall, besonders aber bei der Anstellung oder Beförderung
der Lehrer in die oberen £1. der pädagogischen Tüchtigkeit derselben mindestens
eine gleiche Berücksichtigung zu Teil werde, wie der wissenschaftl. Befähigung,
und dafs die K. Prov.Sch.CC. sich besonders bei ihren Anträgen auf Ernennung
oder Beförderung von Lehrern in die oberen Kl. auf den Grund eigener fester
Ueberzeugung darüber bestimmt aussprechen, ob von dem Anzustellenden
auch eine entschiedene und erfolgreiche Einwirkung auf die sittliche Eich-
tung und die ganze Anschauungs- nnd Auf assungsweise der Jugend erwartet
werden darf.
Die Wichtigkeit der pädagog. Kraft eines Mannes tritt aber in ihrer
ganzen Bedeutung hervor, wenn es darauf ankommt,, die Leitung des Gym-
nasiums dem rechten Manne zu übertragen. Die wissenschaftl. Befähigung
ist auch in diesem Fall leichter zu ermitteln; schwieriger aber ist es, sich die
Ueberzeugung zu verschaffen, dafs der künftige Dirigent nicht nur selbst eine
richtige Anschauung der Lebensverhältnisse besitze, sondern auch mit der
erforderl. Gesinnungs- und Charaktertüchtigkeit ausgestattet sei, und durch
eine Vertrauen und Achtung einfiöfsende Persönlichkeit im Wege liebevollen
Ernstes derselben innerhalb des Lehrercoll. Geltung zu verschaffen und duröh
dieses sowohl als durch eigene consequente und kr^ge Einwirkung die Jugend
*fur dieselbe zu gewinnen, in ihr zu befestigen und dadurch för Beligion,
Vaterlandsliebe und gewissenhafte Treue in allen Verhältnissen des Lebens zu
erziehen. Je bestimmter sich des Königs Maj. dahin ausgesprochen haben, dafs
nur solchen Männern die Leitung der höh. Unterrichtsanstalten übertragen
werden soll, desto nachdrücklicher mufs ich die K. Prov.Sch.CC. veranlassen,
sich bei allen ihren Vorschlägen zu Directorstellen, sie mögen von
Ihnen selbst oder von den zur Berufting berechtigten Patronatsbehörden aus*
gehen, die möglicht sichere Ueberzeugung von der Tüchtigkeit der Berufenen
oder Vorzuschlagenden in Beziehung anf die hier näher hervorgehobene Seite
zu verschaffen, und in den an mich zu erstattenden Berichten darüber aus-
fuhrlich und bestimmt auszusprechen, damit ich in den Stand gesetzt werde,
meine desfallsigen Anträge bei des Königs Maj. gehörig zu motiviren. Die
Schwierigkeit, sich in dieser Beziehung eine vollständige Ueberzeugung zu ver-
schaffen, habe ich bereits anerkannt; es kommt aber darauf an, nichts unver-
79
sacht ZQ lassen, um diese Uebeizeugnng sich in dem Mafse zn verschaffen, al»
die jedesmaligen Verhältnisse es gestatten.''
Im Uebrigen s. Abschn. IV von den Amtspflichten.
Religiöse Qoalifioation.
Ueber die allgem. Prüfling der Schnlamts-Candidaten in der Beligions-
lehre s. p. 37 fg.
Separ. Lutheraner. C. Verf. v. 24. Juli 1847 (an die K. Re-
gierungen): — „Die Verhältnisse der Ton der Landeskirche sich getrennt
haltenden Lutheraner sind durch die denselben erteilte Generalconcession
geordnet und festgestellt Der Lehrbegiiff derselben befindet sich in Ueber-
einstimmung mit dem Lehrbegriff deijenigen Angehörigen der evangel. Landes-
kirche, welche das luther. Bekenntnis festhalten; es läfst sich daher der Fall
wohl denken, dalk ein zu ihnen übergetretener Lehrer den ihm obliegenden
Beligionsunterr. so erteilt und zugleich zu der evangel. Kirche eine solche
Stellung einnimmt, dafs^ er der ihm vorgesetzten Schulbehörde keinen Grund
zur Beschwerde und der *Gremeinde in seinem Unterricht und ganzem Verhalten
keinen Anstofs giebt. Für diesen Fall liegt keine Veranlassung vor, einen
solchen Lehrer aus seinem Amte zu entfernen, üebt dagegen sein Verhältnis
zu den sich getrennt haltenden Lutheranern auf seine Wirksamkeit als Lehrer
einer evangel. Gemeinde einen nachteiligen Einflufs und erhebt namentl. die
letztere gegen ihn Beschwerde, so gestaltet sich die Sache anders; es wird
alsdann die event. Forderung der Gremeinde, dafs er aus seinem Amte entfernt
werde, nicht unberücksichtigt bleiben dürfen.
Ist nämlich ein Lehrer als evangelischer SchuUehrer einer Gemeinde
angestellt worden, so hat er damit auch die Verpflichtung übernommen, die
Sinder der Gemeinde nicht nur in den eigenü. Beligionsstnnden, sondern auch
in den übrigen Unteirichtsgegenständen, welche mehr oder minder an den-
Beligionsunterr. sich anschliefsen und auf dessen Grundlagen sich zurück-
beziehen, in dem Glauben und in der Confession zu unterrichten, welcher die
Gemeinde, als deren Schullehrer er berufen worden, zugethan ist Insofern er
die kirchl. Gemeinschaft mit dieser Gemeinde aufhebt,, kann der letzteren nicht
zugemuthet werden, ihm ihre Kinder femer anzuvertrauen, und ist, wenn der
vorausgegangene Versuch freundlicher Verständigung fruchüos bleibt, auf dem
Wege der förml. Disciplinamntersuchung über seine fernere Befähigung oder
Nichtbefähigung zurVerwaltung des Schulamts in der betr. Gemeinde zu entscheiden.
, In solchen Fällen kann es sich indessen, wie sich von selbst versteht,
nicht um die Entsetzung eines Lehrers als Strafe für eine unerlaubte Handlung
oder ein Amtsvergehen, sondern nur um dessen event Entlassung auf Grund
einer durch seine eigenen Handlungen eingetretenen Unfähigkeit 2ur ferneren
Verwaltung des von ihm unter anderen Voraussetzungen übernommenen be-
sonderen Schulamts handeln.
Nach Mafsgabe dieser Grundsätze wolle die K. Begiernng in den vor-
liegenden und femer etwa eintretenden FäUen verfahren.''
CVerf. V. 15. März 1851 (an .die K. Regierungen und die K. Prov.Sch.CC.):
„Auf Grund der CVerf. v. 24. Juli 1847 ist im vor. Jahre von einer der
K. Begierungen die Disciplinarontersuchung in den durch die Verordn. v.
11. Jiüi 1849 vorgeschriebenen Formen gegen einen, an einer confessionell
evangeL Schule angestellten Lehrer aus dem Grunde eingeleitet, weil derselbe
in die Gomeinschsä der von der evangel. Kirche sich getrennt haltenden
Lutheraner eingetreten war. Das Plenum der gedachten Begierung hat jedoch
die angeführte Verordnung auf diesen Fall nicht für anwendbar erachtet, da
der Confessionswechsel an sich ein stridfbares Amtsvergehen nicht in sich
schüefse, und demgemäfs dahin entschieden, dafs der Angeschuldigte wegea
80
Teränderang der ConfessioD mit einer Disciplinarstrafe nicht zu belegen sei.
Diese Entscheidung ist von dem K. Staatsministerimn bestätigt worden. Dasselbe
hat aber zugleich beschlossen, dafs mir vorzubehalten und zu überlassen sei:
im Verwaltungswege darüber Entscheidung zu treffen, ob durch das
Ausscheiden des Angeschuldigten aus der evangel. Landeskirche seine Ernennung
zum Lehrer bei einer evangel. Schule und die Bestätigung seiner Yocation zu
dieser Stelle unglltig geworden, mithin sein Ausscheiden aus diesem Lehramt
zu bewirken sei.
Demgemäfs habe ich die betr. K. Regierung veranlailst, über diese Frage
unter Berücksichtigung des Sachverhältnisses Entscheidung zu treffen und die
Entlassung des betr. Lehrers zu verfugen.
Die E. Begierung setze ich hiervon mit der Veranlassung in Kenntnis,
vorkommenden Falls nach Mafsgabe des Beschlusses des K. Staatsministeriums
hinsichtl. der Lehrer an confessionell-evangel. oder kathol. Schulen, welche aus
der betr. Confession ausscheiden, zu verfahren." •
Dissidenten. C.Verf. v. 8. Mai 1847: „Nachdem durch das Allerh.
Patent v. 30. März d. J. die Freiheit des Austrittes aus den in der Monarchie
bestehenden anerkannten Kirchen in bestimmte gesetzl. Formen gebracht worden
ist) wird es zur Erfüllung der gleichzeitig in dem Patent den öffentL aufge-
nommenen Kirchen gemachten Zusage des Schutzes ihrer Gerechtsame erforderlich,
Mafsregeln zu treffen, durch welche diese Kirchen gegen das Eindringen fremder
Elemente in ihren eigenen Dienst und namentlich in die ihnen zugehörigen
Schulen gesichert werden.
1. (Von Elementarschulen.)
2. Was das Verhältnis der übrigen Lehranstalten, welche mit einer oder
der anderen Kirchengemeinde in keinem unmittelbaren äuTseren Zusammenhange
stehen, den sich bildenden Dissidentenvereinen gegenüber betrifft, so ist zur
richtigen Würdigung dieses Verhältnisses zunächst festzuhalten, dafs diese An-
stalten wegen des von ihnen zu erwartenden erziehenden Einflusses auf die
ihnen anvertraute Jugend hinsichtl. ihres inneren Zusammenhanges mit einer
der anerkannten Kirchen, und dieserhalb besonders in Betreff der Stellung ihrer
Lehrer zu einer oder der anderen dieser Kirchen einen bestimmten kirchl.
Charakter an sich tragen und daher auch nicht umhin können, eine bestimmte
kirchl. Bichtung zu verfolgen. Wenn daher solche Anstalten auch aus Fonds
der bürgerl. Gemeinden gegründet worden sind und unterhalten werden, und
jedem Schüler ohne Bücksicht auf sein Glaubensbekenntnis Aufnahme gewähren,,
so ist doch immer nach der bestehenden Landesverfassung, oder Statuten- und
observanzmäfsig hinsichtl. der Anstellung der an ihnen fungirenden Lehrer deren
Bekenntnis 'zu einer der anerkannten Landeskirchen als unerläfsliche Bedingung
bisher festgehalten worden.
In diesem herkömml. Verhältnis, dafs alle öffentlichen Unterrichts-
anstalten der Monarchie entweder evangelische oder katholische oder statuten-
mäfsig Simultananstalten sind und dafs daher nur Lehrer, welche sich zur evangel.
oder kathol. Kirche bekennen, an ihnen angestellt werden können, ist auch
fernerhin nichts zu ändern. Wie daher den in Folge des A. Patents v. 30. März
sich bildenden Dissidentenvereinen neben der Freiheit, besondere Schuleinrichtung
für ihre Angehörigen nach Mafsgabe der bestehenden Gesetze zu treffen, eine
andere Beteiligung an den bestehenden öffentl. höh. Unterrichtsanstalten nicht
zu gestatten ist, als dafs es ihnen unbenommen bleibt, ihre Kinder denselben
femer anzuvertrauen, — ebenso kann weder ein aus den anerkannten Landes-
kirchen ausgeti'etener Lehrer in seiner Stellung an einer öffentl. Schule ver-
bleiben, noch femer ein solches Individuum an bestehenden öffentl. Schulen
als Lehrer angestellt werden." —
i
81
Zusätzliche Bemerkung aus der 2. Ausg. Die Praxis der späteren
Zeit hat den Standpunkt der Unterrichtsverwaltung, welcher aus vorstehenden
Verfügungen erkennbar ist, nicht festgehalten. Die Abweichung davon hängt mit
den veränderten Anschauungen über die Confessionalität der höh. Schulen zusammen.
Ueber die betreff. Verhandlungen und thatsächl. Verhältnisse 8. die Histstatist
Darst. II, p. 19. III, p. 18. — Ueber die Veränderungen, welche in Folge der
vatican. Decrete vom Jahre 1870 bei den überwiegend kathol. Anstalten einge-
treten sind, s. ebendaselbst III, p. 9.
Juden. Gesetz v. 23. Juli 1847: — „Von der Leitung und Beauf-
sichtigung christlicher Cultus- und ünterrichtsangelegenheiten bleiben die Juden
allgm. ausgeschlossen. An Universitäten können Juden, soweit die Statuten
nicht entgegenstehen, als Privatdocenten, auTserordentl. und ordentl. Professoren
der medicin., mathemat., naturwissenschafU., geographischen und Sprach-
wissenschaft!. Lehrfächer zugelassen werden. Von allen übrigen Lehrfächern
an Universitäten, sowie von dem akadem. Senat und von den Aemtem des
Decans, Prorectors und Bectors bleiben sie ausgeschlossen. • An Kunst-, Ge-
werbe-, Handels- und Navigationsschulen können Juden als Lehrer zugelassen
werden. AuTserdem bleibt die Anstellung der Juden als Lehrer auf Jüd. Unterrichts-
anstalten beschränkt"
Min. Verf. v. 19. Nov. 1867: — „Die über den Bereich der Elementar-
schulen hinausgehenden Lehranstalten sind zweifacher Art. Sie haben 1. neben
der Bestimmung, Kenntnisse uud Fertigkeiten mitzuteilen, auch einen päda-
gogischen Zweck; oder 2. sie sind lediglich auf die Mitteilung von Kenntnissen
und Fertigkeiten beschränkte Fachschulen.
Zu der ersteren Art gehören die Gymnasien, die Beal- und höh. Bürger-
schulen; zu der zweiten die technischen Anstalten, Gewerbeschulen, polytechn.
Schulen u. dgl. m.
Den Schulen ersterer Art ist zur Erreichung ihres pädagog. Zwecks ein
religiöser Charakter unentbehrlich. Die wichtigsten Erziehungsmittel sind von
demselben abhängig und können nur wirksam werden, wenn die Lehrer einer
solchen Anstalt den Schülern gegenüber im Wesentlichen eine Einheit bilden.
Demgemäfs sind die Gymnasien, Beal- und höh. Bürgerschulen in den
altpreufs. Provinzen alle entweder evangelisch oder katholisch, oder in einzelnen
Fällen simultan, wobei dann über dem Unterschied der beiden Confessionen
die Einheit doch in dem christlichen Charakter der Schule vorhanden ist.
In den neuerworbenen Landesteilen finden sich auch 2 unlängst von mir
anerkannte Jüdische Bealschulen, welche entsprechend für ihren pädagogischen
Zweck die Grundlage in der jüdischen Beligion haben.
Von den hieraus erkennbaren, aus der Natur der Sache hervorgehenden
Grundsätzen der Organisation höherer Schulen kann nicht abgegangen werden." —
Zusätzliche Bemerkung aus der 2. Ausg. Die vorstehenden beiden
Bestimmungen, gesetzl. nnd administrativ, haben gegenwärtig nur noch historischen
Werth. In Betreff der allmählich mehr und mehr gestatteten Anstellung jüdischer
Lehrer an öffentl. höh. Schulen s. CBl. 1868 p. 85. Hist.statist. Darst. II, p. 27.
in, p. 21. 185.
Ueber die Qualification hinsichtl. der allgm. Militärdienstpflicht
s. Abschn. V.
Nöthige Auskunft vor der Anstelluiig.
C.Verf. V. 12. Juni 1851: — „Die K. Prov.Sch.CC. und K. Regierungen
werden wiederholt veranlafst, sich bei allen Anstellungen, Beförderungen, Be-
stätigungen etc. über die betr. Person zuverlässige Kenntnis zu verschaffen.
Zeugnisse, namentl. aus älterer Zeit, welche von den Bewerbern producirt werden,
sind in der Eegel nicht für genügend anzusehen; vielmehr wird zur vollständigen
Wiese, VeTordnangen. IL 6
82
Feststellnng des Sachverhältnisses eine amtl. Rückfrage bei der betr. Behörde
nothwendig sein." Vgl. in Abschn. IV die C.Verf. v. 22. Jan. 1851.
C.Verf. des K. ProY.Sch.C. zu Berlin y. 19. Apr. 1864: „Wir finden
uns veranlafst anzuordnen, dafs, mn Bückfragen bei den Dir. überflüssig zu
machen, bei Anträgen der Fatronatsbehörden auf Anstellung von Lehrern und
auf Beschäftigung von Hülfslehrem, das Gutachten der Dir. über die Bedürfhisse
der Anstalt an Lehrkräften und in wie weit durch die Anträge den Bedürfnissen
entsprochen wird, den übrigen Schriftstücken beigefügt werde."
CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 13. Juli 1865: „Bei dem in
neuerer Zeit häufig vorkommenden Lehrerwechsel ereignet es sich nicht selten,
dafs Lehrer zur Anstellung gelangen, über deren persönl. und bisherige amtl.
Verhältnisse die in den vorgelegten Zeugnissen enthaltenen meist nur kurzen
Angaben oft nicht die erforderl. Auskunft geben. Wir finden uns daher ver-
anlafst, hiermit anzuordnen, dafs von jetzt an bei Anträgen auf Anstellungen
den übrigen Anlagen jedesmal auch eine von dem Vorgeschlagenen verfafste
kurze Selbstbiographie beigefügt werde, welche nicht nur über die äufseren
Verhältnisse des Gand. als über Name, Ort, Tag und Jahr der Geburt, Herkunft,
Glaubensbekenntnis, frühere Bildung u. s. w. die nOthigen Angaben enthalten,
sondern auch über den Gang seiner Studien, etwanige schriftstellerische Thätigkeit,
bisherige amtl. Stellung .u. s. w. nähere Mitteilungen enthalten mufs. Dasselbe
hat stattzufinden, wenn ein bereits angestellter Lehrer von einer diesseit. Anstalt
an eine andere diesseitige übergeht, damit diese Notizen den Acten der neuen
Anstalt einverleibt werden können."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Königsberg in Pr. v. 6. Mai 1871.
„Da der hies. Universitätsquästur die Anzeigen darüber, ob und wann ein ehe-
mal. Studirender mit festem Gehalt angestellt wird, der nach Ausweis des
Universitäts- Abgangszeugnisses noch mit der Abzahlung von Gollegien-
honoraren im Bückstande ist, bisher« nur unregelmäfsig zugegangen sind, so
veranlassen wir die HH. Dir. der Gymn., Eealschulen und SchuUehrer-Seminare
der Prov. Preufsen, bei jeder Anstellung eines Lehrers an der ihrer Leitung
anvertrauten Anstalt sich durch Einsicht in das Üniversitäts-Abgangszeugnis
davon Kenntnis zu verschaffen, ob derselbe noch früher gestundete Collegien-
gelder zu zahlen hat, und im zutreffenden Falle von seiner Anstellung unter
Angabe seines Gehalts der hiesigen universitätsquästur sofort Nachricht zu geben."
Anstellungsordnung.
C.Verf. V. 3. Febr. 1843: „Die Dienstinstruction der Prov.Gonsistorien
V. 23. Oct 1817 übertrug dieser Behörde in § 7 die Anstellung und Beförderung
der Lehrer bei den gelehrten zur Universität entlassenden Schulen und bei den
Schullehrer -Seminarien, machte ihr jedoch in Rücksicht der Bectoren und
oberen Lehrer bei den gelehrten Schulen, imgleichen der Dir. der Schullehrer-
Seminarien zur Pflicht, die Genehmigung des vorgesetzten Minist der geistl. etc.
Ang. einzuholen. Diese den Prov.Gonsistorien beigelegte Befugnis wurde durch
die A. 0. V. 20. Sepi 1819 suspendirt und die Besetzung aller Lehrstellen bei
den genannten Anstalten unmittelbar von dem Minist, abhängig gemacht. Die
A. 0. V. 31. Dec. 1825, betreffend eine Abänderung in der bisher. Oi^anisation
der Provinzial -Verwaltungsbehörden stellte zwar das Anstellungsrecht der
Provinzialbehörde wieder her, allein die A. 0. v. 8. März 1826 erachtete die bis-
her. Einwirkung des Minist, auf die Anstellung und Beförderung des gesamten
Lehrerpersonals an den Gymn. und Schullehrer-Seminarien auch fernerhin fax
rathsam, und so verblieb wesentlich dem Minist, die ihm seit dem Jahre 1819
übertragene Ausübung jenes Anstellungsrechts, welches die A.O. v.lO. Jan. 1836
nur insofern modificirte, als sie das Erfordernis der unmittelbaren Allerh. Be-
83
stätignng der Gymnasialdirectoren in Gemäfsheit des Gesetzes vom 27. Oct. 1810
wieder herstellte.
Da indessen die Gründe nicht mehr bestehen, durch welche die Snspen-
dirang der angefahrten gesetzl. Bestimmungen yeranlafst worden, so habe ich
mich für verpflichtet gehalten, bei des Königs Maj. darauf anzntragen, dafs
das Becht zur Anstellung und BefÖrdemng, resp. Bestätigung der Lehrer an
den Gymn. und SchuUehrer-Seminarien nnter Erhaltung einer angemessenen,
in der Einheit der Monarchie begründeten und bereits in den früheren Be-
stimmungen vorgesehenen Einwirkung des Ministeriums auf die Beförderung
des gesamten Lehrerpersonals, den Provinzialbehörden durch eine gesetzl. Ver-
ordnung zurückgegeben, dafs femer die in den letzten Deeennien zu voll-
ständigerer Organisation entwickelten und auf den Grund eines ausreichenden
Elassensystems und Lehrplans zu Entlassungsprüfungen berechtigten Bealschulen
in Betreff der Anstellung ihrer Lehrer den Gymnasien gleichgesteUt und den
Directoren der Gymn., Bealschulen und SchuUehrer-Seminarien die der Wichtig-
keit ihrer Aufgabe und Stellung entsprechende Auszeichnung der Allerhöchsten
Ernennung oder Bestätigung für die Zukunft zugestanden werden möge. Auf
den Antrag des Staatsministeriums haben des Königs Maj. nunmehr unter dem
9. Dec. V. J. allergnädigst diejenige Verordnung zu erlassen geruht, welche in
der Gesetzsammlung für 1843 in Nr. 1 zur öffentl. Kenntnis gebracht worden
ist. [Die C. 0. v. 9. Dec. 1842 s. Abi I p. 12.]
Indem ich zu den K. Prov.Sch.CC. und zu den K. Begierungen das wohl-
begründete Vertrauen hege, dafs Sie das Ihnen verliehene Anstellungrecht stets
mit deijenigen Umsicht und Gewissenhaftigkeit ausüben werden, welche die so
wichtige, das Gedeihen der höh. ünterrichteanstalten so wesentlich bedingende
Besetzung der Lehrstellen erfordert, veranlasse ich dieselben zugleich zur
Beachtung nachfolgender Bestimmungen:
1. Die Erledigung einer Directorstelle oder einer solchen Lehrstelle, zu
deren Verleihung es meiner Genehmigung bedarf, ist unmittelbar nach dem
Eintritte der Erledigung anzuzeigen.
2. Wegen Wiederbesetzung einer Directorstelle sind sobald als möglich
und spätestens 6 Wochen nach Erledigung derselben unter genauer Erörterung
aller in Betracht kommenden Verhältnisse und Bezeichnung derjenigen Eigen-
schaften, welche aufser den allgemeinen, eine erfolgreiche Direction bedingenden
Erfordernissen dem neuen Dir. in seiner besonderen Stellung nicht fehlen
dürfen, Vorschläge einzureichen, die etwanigen Bewerber um die Stelle nauüiaft
zu machen und die Gründe anzugeben, welche die Frovinzialbehörde veranlassen,
den Vorgeschlagenen vor den übrigen zu empfehlen. Die Einberufung zum
Oolloquium pro rectoratu darf niemals ohne meine Genehmigung erfolgen.
3. Die zur Ernennung eines Lehrers erforderl. Genehmigung ist ebenfalls
spätestens 6 Wochen nach der Erledigung der Stelle einzuholen. Sämtliche
Bewerber um eine solche Stelle sind unter Beifügung der Zeugnisse derselben
namentlich anzuführen und ist die getroffene Wahl vollständig zu motiviren.
[s. jedoch die fgde. Vferf.]
4. Wenn es sich um Bestätigung eines Dir. oder Lehrers handelt, welcher
Ton dem berechtigten Patron der Anstalt erwählt ist, so mufs die in Antrag
zu bringende Genehmigung oder Verwerfung der getroffenen Wahl von der
Provinzialbehörde vollständig motivirt werden.
5. In den Anstellungsurkunden ist die von mir erteilte Genehmigung
zur Anstellung oder Bestätigung zu erwähnen.
6. Etatsmäfsige Hülfslehrer und solche technische Lehrer, welche auf
Kündigung angenommen werden, sind ohne meine vorherige Genehmigung an-
zustellen oder anzunehmen ; jedoch ist nach eingetretener Veränderung jedesmal
anzuzeigen, wer angestellt oder angenommen worden ist.
6*
84
7. Insofern das etatsm. Gehalt einer Stelle, welches in den nnter 2, 3
und 4 sngefnhrten Fällen jedesmal anzugeben ist, verändert werden soll, bedarf
es dazu des besonderen Antrags und meiner Genehmigang."
C.Verf. V. 2. Jan. 1863 (an die K. Prov.Sch.CC.) : „Des Königs Maj.
haben auf den Antrag des Staatsministeriums in Bezug auf die Ausführung der
Verordnung v. 9. Dec. 1842, die Anstellung der Dir. und Lehrer an den höh.
ünterrichtsanstalten betreffend, durch A.Ordre v. 10. Nov. v. J. mich zu ermäch-
tigen geruht, die Modification des bisher. Verfahrens eintreten zu lassen, dafs
die den K. Prov.Sch.CC, resp. den K. Regierungen, obliegende Verpflichtung,
für die Anstellung, Beförderung oder Bestätigung sämtlicher ordentl. Lehrer an
Gymn., Beal- und höh. Bürgerschulen meine Genehmigung einzuholen, bis auf
Weiteres dahin beschränkt werde, dafs diese Genehmigung von den Prov.Sch.CC.
nur für die Oberlehrer an den Gymnasien, den Bealschulen 1. 0. und den mit
Berechtigungen versehenen Progymnasien, sowie für die Bectoren der letzteren,
und eben so von den Begierungen nur für die Oberlehrer an den Bealschulen
2. 0. und an den als höh. Bürgerschulen nach der Unterrichts- und Prüüings-
ordnung v. 6. Oct. 1859 anerkannten Lehranstalten, sowie für die Bectoren
der leteteren, einzuholen sei, die Anstellung, Beförderung oder Bestätigung
aller übrigen Lehrer an den Schulen der genannten Kategorien aber den betr.
Provinzialbehörden überlassen werde. Li Bezug auf die Directorstellen an
den Gymnasien und Bealschulen, sowie in Bezug auf die Director- und Lehrer-
stellen an den SchuUehrer-Seminarien, soll es bei der Verordnung v. 9. Dec.
1842 verbleiben.
Die A.Ordre hat den Zweck, den die Anstellung und Bestätigung der
Lehrer an den höh. Unterrichtsanstalten betreffenden Geschäftsgang zu verein-
fachen und zu diesem Ende die Befugnisse der Provinzialbehörden angemessen
zu erweitem. Indem ich von der mir darin erteilten AUerh. Ermächtigung
Gebrauch mache und dem K. Prov.Sch.G. die Anstellung, resp. Bestätigung, der
Lehrer an den Gymn., den Bealschulen 1. 0. und den mit Berechtigungen ver-
sehenen Progymn., vorbehaltlich der im Folgenden näher bezeichneten Aus-
nahmen, zur selbständigen Ausübung hierdurch übertrage, darf ich erwarten,
dafs das K. Prov.Sch.G. hierin eben so sehr einen Ausdruck des Ihm gevridmeten
Vertrauens erkennen, als sich der auf dasselbe übergehenden gesteigerten Ver-
antwortlichkeit in vollem Mafse bewufst sein werde.
Das K. Prov.Sch.G. hat bei den nunmehr Seiner selbständigen Entschliefsung
überlassenen Anstellungen und Bestätigungen von Lehrern jedesmal das gesamt»
bisherige amtl. und aufseramtl. Verhalten der in Betracht kommenden Personen
sorgfältig zu prüfen, und sich die Ueberzeugung zu verschaffen, dafs dieselben
nicht aUein die zu dem Amt erforderliche wissenschafU. oder techn. Qualiflcation
besitzen, sondern auch in pädagogischer Hinsicht den Aufgaben ihres Berufs
gewachsen sind, und dafs an ihrem Privat- und öffentl. Leben kein Vorwurf
haftet. Personen, welche diesen an jeden Lehrer zu machenden Forderungen
nicht genügen, sind von der Anstellung als Lehrer an Gymn., Progymn., Beal-
und höh. Bürgerschulen fem zu halten.
In welcher Weise das K. Prov.Sch.G. sich hierüber die nöthige zuverlässige
Kenntnis zu verschaffen hat, bleibt dem gewissenhaften Ermessen desselben
überlassen. Jedenfalls ist aber darauf zu halten, dafs die Anzustellenden nicht
nur ihre Prüfungszeugnisse vorlegen, sondem auch über ihr Probejahr und event
über die der neuen Anstellung vorhergehende prakt. Thätigkeit sich vollständig
ausweisen. Die den Gandd. und Lehrem selbst eingehändigten Zeugnisse der
Dir. können in dieser Beziehung als ausreichend nicht angesehen werden. Er-
forderl. FaUs ist die frühere Dienstbehörde des Lehrers um nähere Auskunft
über ihn zu ersuchen. Auch bleibt es dem K. Prov.Sch.G. unbenommen, wie
überhaupt, so auch in besonderen Fällen, bei entstehenden Bedenken, und wenn
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bei der Centralbehörde eine nähere Kenntnis der Personen und Verhältnisse
vorausgesetzt werden kann, eine Anfrage hierher zu richten.
Eine regelmäfsige Berichterstattung an mich findet in Zukunft nur noch
in folgenden Fällen statt:
1. üeber die Besetzung der Director-, Eector- und etatsm. Oberlehrer-
stellen an Gymn., Progymn. und Bealschulen 1. 0. Die Yocationen sind
nur für die an städt. Gymn. oder Realschulen berufenen Dir. zur Bestätigung
einzusenden.
Die Zahl der etatsm. Oberlehrerstellen ist bei den einzelnen Gym-
nasien in Folge der C.Verf. v. 27. März 1845 [s. weiterhin] festgestellt worden.
Insofern es jetzt einer Abänderung des seitdem bestehenden Zahlenverhältnisses
der Oberlehrerstellen zu den übrigen Stellen, oder in derselben Beziehung bei
einzelnen Gymn. und Realschulen, sowie bei den Progymn., überhaupt noch
einer Festsetzung bedarf, erwarte ich darüber gutachtl. Bericht.
Von der Erledigung einer Director- oder einer Oberlehrerstelle ist sofort
bierher Anzeige zu machen.
Für vacante Oberlehrerstellen sind nur solche Lehrer in Vorschlag zu
bringen, welche die Qualification erworben haben, in einem Hauptfach, resp.
in den Fächern, in welchen ihnen in den obersten El. Unterricht übertragen
werden soll, bis incl. I zu unterrichten. Die nach ihrer allgm. geistigen Be-
fähigung zum Unterricht in den oberen El. geeigneten Lehrer sind, wenn sie
eine so weit gehende formelle Qualification noch nicht besitzen, dazu anzuhalten,
dafs sie sich rechtzeitig einer Nachprüfung unterziehen. [Modificirt durch die
Bestimmung des Prüfungsreglem., p. 35].
2. Ueber die Anstellung der Religionslehrer ist nach vorgängigem
Benehmen mit den betr. geistlichen Behörden jedesmal zu berichten.
3. Einer Berichterstattung bedarf es femer nicht nur bei Gründung neuer
Stellen, sondern auch in allen den Fällen, wo mit Anstellungen oder Ascen-
sionen Etatsveränderungen verbunden sind; desgleichen wenn bei königl. An-
stalten oder bei solchen, die einen Zuschufs aus Staatsfonds beziehen, durch die
Pensionirung eines Lehrers der Etat berührt wird ; ebenso wenn die Remuneration
eines stellvertretenden Lehrers sich nicht innerhalb des Besoldungsetats der
Anstalt hält. Die commissarische Verwaltung einer etatsm. Lehrerstelle ist
nicht über 2 Jahre hinaus zu gestatten.
Ueber Zulagen, die den Lehrern, auch dem Dir. und den Oberlehrern einer
städt., aus Staatsmitteln nicht subventionirten Anstalt vom Patronat gewährt
werden, bedarf es keines Berichts.
4. In Betreff der Beschäftigung oder Anstellung ausländischer Gand.
tind Lehrer verbleibt es bei den darüber erlassenen Bestimmungen.
5. Elementarlehrer sind bei Gymn. als ordentl. Lehrer mit dem
Recht der Ascension nicht anzustellen. Sofern das E. Pfov.Sch.C. es in ein-
zelnen Fällen gleichwohl im Interesse eines Gymn. hält, dafs die Anstellung
eines Elementarlehrers für andere als die techn. Fächer ausnahmsweise erfolge,
ist dazu meine Grenehmigung einzuholen. [Vgl. dazu p. 57].
6. Ungeprüfte Candidaten dürfen nur mit meiner Genehmigung als
Lehrer an höh. Schulen beschäftigt werden. Die Anträge für derartige Aus-
nahmen sind auf höchstens 2 Semester zu stellen. Die in solcher Weise vor
der Prüfung pro facult. doc. im Lehramt zugebrachte Zeit wird dem Candidaten
nur in besonderen Fällen, über die zu berichten ist, als Probejahr angerechnet.
Wie lange den Schulamtscand., die wegen unzulänglicher Prüfungszeug-
nisse nur provisorisch angestellt werden können, Frist zur Nachprüfung behufs
Erwerbung einer ausgedehnteren Qualification zu geben ist, wird dem pflicht-
mäfsigen Ermessen des E. Prov.Sch.C. überlassen. [Vgl. dazu p. 63 und 76].
86
Es bleibt vorbehalten, die dem K. Proy.Sch.C. durch gegenwärtige Ver-
fngang erteilten Befugnisse je nach den sich ergebenden Bedürfnissen und
Eriahmngen zu erweitem oder zu beschränken. Dafs in allen den Fällen, wo
aus besonderen Gründen wegen Anstellung, Beförderung oder Versetzung eines
Lehrers meinerseits eine Anweisung ergeht, diese zu befolgen ist, entepricht
der E. Verordn. v. 9. Dec. 1842 [s. Abt I p. 12]. Es behält dabei sein Bewenden,
ohne dafs jedoch von Erledigung der Stellen, deren Besetzung nunmehr dem E.
Prov.Sch.C. zusteht, jedesmal Anzeige zu machen ist.
Die nach der bisher. Ordnung über das von den einzelnen Schulamtscand.
abgeleistete Probejahr hierher zu erstattenden Berichte fallen jetzt weg. Ich
behalte mir vor, wegen eines jährl. Collectivberichts über die betr. Candd., sowie
über die von dem E. Prov.Sch.C. verfügten,' resp. bestätigten Anstellungen dem-
nächst Anordnung zu treffen (s. p. 63).
Wegen Veröffentlichung solcher Anstellungen hat das E. Prov.Sch.C.
Seinerseits das Nöthige zn veranlassen." —
C.Verf. V. 11. März 1871. „Durch die C.Verf. v. 2. Jan. 1863 habe
ich bestimmt, dafs es über Zulagen, welche dem Director oder Lehrern einer
vom Staat nicht subventionirten Anstalt vom Patronat derselben gewährt werden,
eines besonderen Berichts an mich nicht bedarf. Ich finde mich veranlafst,
die Bestimmung dahin zu erweitem, dafs solche Gehalts Verbesserungen
auch nicht von der Genehmigung des E. Prov.Sch.C. abhängig zu machen sind,
dafs vielmehr den betr. Patronaten nur au&ugeben ist, von der geschehenen
Bewilligung Anzeige zu erstatten. Dem Ermessen des E. Prov.Sch.C. bleibt
überlassen, aufserordentliche Fälle der Art in die Verwaltungsberichte aufzu-
nehmen. Von einigen der betr. Anstalten sind bisher die Etats regelmäfsig zu
meiner Eenntnis gebracht, von anderen nicht. Ich bestimme hierdurch, dafs
es in Zukunft von denjenigen höh. Schulen, welche aus öff. Fonds nicht sub-
ventionirt werden, einer Einreichung der Etats hierher nicht bedarf; es genügt,
dafs das E. Prov.Sch.C. sich von dem Stande der Etats und den Veränderungen
in denselben in fortdauernder Eenntnis erhält, auch um erforderlichen Falls
jederzeit darüber Auskunft erteilen zu können.*' Der Min. etc. v. Mühler.
Min. Verf. v. 25. Juli 1874: „Auf den Bericht v. — erwidere ich dem
E. Prov.Sch.C, dafs es einer besonderen Ernennung des Dir. Dr. N. in N. zum
königlichen Director nicht bedarf, weil in allen solchen Fällen durch die Allerh.
Vollziehung des St^atshaushalts-Gesetzes, welches die Uebemahme der betr.
früher städtischen Anstalten auf den Staat enthält, auch die veränderte Stellung
der Directoren und Lehrer ausgesprochen und sanctionirt ist."
Min.Verf. v. 15. Dec. 1882. „Nachdem der eine thatsächliche Punkt der
Beschwerde des Oberbürgermeisters N. zu N. vom 14. Juni d. J., die diesseitige
Verf. vom 25. April d. J. betreffend, durch meinen Erlafs vom 30. Aug. d. J.
seine Erledigung gefunden hat, ermächtige ich das E. Prov.Sch.C. im Verfolge
dieses letzteren Erlasses, dem pp. N. auf die in seiner Beschwerde nieder-
gelegte principielle Verwahrung gegen das in dem vorliegenden Falle diesseits
geübte Becht der Genehmigung der Ascension zweier Oberlehrer an dem
städt. Gymn. zu N. und der bedingungsweisen Beförderung eines anderen
Lehrers derselben Anstalt in eine bestimmte Oberlehrerstelle nunmehr Folgendes
zu eröffnen:
Nach § 7, 10 der Instruction für die Provinzial-Consistorien v. 23. Oct
1817 (s. Abt. I S. 9) erstreckt sich die Wirksamkeit der Consistorien in Ab-
sicht des Unterrichts- und Erziehungswesens hinsichtUch der gelehrten Schulen
der betr. Provinz
„auf die Anstellung, Befbrderung, Disciplin, Suspension und Entlassung
der Lehrer bei den gedachten Schulen."
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Diese Wirksamkeit ist durch Allerhöchste Cabinetsordre v. 31. Dec. 1825
(s. Abt. I S. 7) ungeschmälert auf die Prov.-SchulcoUegien übertragen worden.
In Ausfahrung der Dienstinstruction far die Consistorien ist durch Allerhöchste
Cabinetsordre y. 9. Dec. 1842 (s. Abt. I S. 12) demnächst verordnet worden:
„§ 1. Das Becht zur Anstellung und Beförderung der Lehrer an Gymn. und
SchuUehrer-Seminarien, und, wo diese Anstalten dem Patronate einer Stadt oder
einer anderen Corporation unterworfen sind, das Becht zur Bestätigung der
Lehrer steht den ProY.-Schulcollegien zu; diese müssen jedoch zur Anstellung,
Beförderung oder Bestätigung, sofern eine solche nicht blofs einen Hülfslehrer
oder einen auf Kündigung angestellten technischen Lehrer betrifft, die Geneh-
migung des Ministers der geistl. u. s w. Ang. einholen." Die Verpflichtung
zur Einholung dieser Genehmigung hat durch die Allerhöchste C. 0. v. 10. Nov.
1862 (s. Abt. I S. 12) eine lediglich die Bessortverhältnisse der staatlichen
Aufsichtsbehörden unter einander betr. Abänderung erfahren, welche für die
Beurteilung der Yorliegenden Frage ohne Belang ist.
Aus vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen ergiebt sich, dafs den staat-
lichen Aufsichtsbehörden das Becht zusteht, auch an städtischen oder stiftischen
Anstalten, ohne Bücksicht darauf, ob dieselben eine staatliche Subvention be-
ziehen oder nicht, in jedem einzelnen Falle der Anstellung oder Beförderung
eines Lehrers die Bestätigung zu erteilen oder zu versagen. Dabei macht es
keinen Unterschied, ob die Besetzung einer bereits in dem Anstaltsetat vorhan-
denen oder einer neu in denselben aufgenommenen SteUe in Frage steht, und
ob diese Besetzung durch Berufung von auswärts oder durch Ascension innerhalb
des betr. Lehrercollegiums erfolgen soll. Dieses Becht ist seitens der zustän-
digen Schulaufsichtsbehörden bezüglich der Lehrer an städtischen und stiftischen
höh. Lehranstalten, wenn auch unter weitgehender Berücksichtigung der von
den Patronen gestellten Anträge, bisher zur Geltung gebracht worden, ohne dafs
die betr. Patrone in der Ausübung der ihnen zustehenden Befugnisse sich be-
einträchtigt erachten durften.
Unberührt von dem vorstehend erörterten Bechte der Schulaufsichtsbehörden
bleibt die den städtischen oder stiftischen Patronaten seit 1871 in mehreren
Erlassen meiner Herren Amtsvorgänger, insbesondere v. 11. März 1871 (S. 86),
18. Mai 1874, 4. Aug. und 20. Sept. 1876 (s. Abschn.VI) zugestandene Befugnis, die
Normalbesoldungssumme far alle etatsmäfsigen Ober- und ordentlichen Lehrerstellen
einer Anstalt nach einer in dem Anstaltsetat zu fixirenden Scala innerhalb des
Normal-, Maximal- und Mlnimal-Satzes nach vorheriger Anzeige bei dem Prov.Sch.C.
auf die einzelnen Stellen unbeschadet wohl erworbener Bechte Dritter zu verteilen.
Diese Befugnis ist durch diesseitigen Erlafs vom 18. April 1877 auch
dem Magistrate zu N. gewahrt und durch meinen Erlafs v. 25. April d. J. in
keiner Weise verschränkt worden, so dafs die seitens des Oberbürgermeisters N.
in dieser Beziehung erhobene Bechtsverwahrung gegenstandslos erscheint.
Dabei mache ich darauf aufmerksam, dafs auch in dem oben allegirten
diesseitigen Erlasse v. 20. Sept. 1876, welcher den städtischen Patronaten in
Bezug auf die Dotirung der einzelnen Stellen die weitgehendsten Zugeständnisse
macht, ein Einschreiten der Schulaufsichtsbehörde a^ Grund der allgemeinen
Staatsaufsicht für den Fall der concreten Schädigung der betr. Anstalt durch
den Patron bei Ausübung des dem letzteren zugestandenen Bechtes vor-
gesehen ist.
Nach diesen Grundsätzen wird das K. Prov.Sch.C. auch fernerhin in allen
Fällen, wo es sich um Anstellung oder Beförderung von Lehrern an städtischen
oder stiftischen höh. Lehranstalten handelt, zu verfahren haben, selbstredend
vorbehaltlich aller der Schulaufsichtsbehörde statutarisch oder stiftungsmäfsig
zustehenden weiteren speciellen Bechte hinsichtlich der Besetzung von Lehrer-
stellen an einzelnen Anstalten.'^ Der Minister etc. von Gofsler.
88
Gegen provinzielle Absonderung. (Vgl. S. 93.) C.Verf.v. 23. Dec.
1850: „In den letzten Jahren haben sich wiederholt einzelne Candd. des höh. Schal-
amts mit der Bitte um baldige Anstellung in irgend einer Provinz des Staats hierher
gewendet, da in derjenigen Provinz, welcher sie durch Geburt angehören, oder
in welcher sie das Probejahr abgehalten, eine nahe Aussicht auf Anstellung
sich ihnen nicht eröffne. Solche Candd. sind bei gegebener Veranlassung dem
einen oder anderen K. Prov.Sch.C. zur Berücksichtigung, jedoch ohne Erfolg
namhaft gemacht, in einem einzelnen Fall aber ist dem Cand. geantwortet
worden, die K. Prov.Sch.C. hätten nur ihre eigenen Candidaten anzustellen,
als bilde jede einzelne Provinz ein in sich abgeschlossenes, mit den übrigen
Teilen der Monarchie in keiner Verbindung stehendes Ganze." [Behufs
weiterer Veranlassung wird ein Verzeichnis der noch disponibeln Candidaten
eingefordert.] —
Aus einer Min.Verf. v. 6. Mai 1867: — „Gemäfs der C. Verf. v.2. Jan. 1863
steht jetzt zwar die Besetzung der ordentl. Lehrerstellen an den königlichen
höh. Schulen den K. Prov. SchulcoU. ohne vorgängige Berichterstattung hierher
zu; dabei muis aber die Einheit der Verwaltung soviel wie möglich gewahrt
werden und darf die Trennung nach Provinzen nicht so weit gehen, dafs ein
Lehrer dafür belohnt wird, wenn er sich bestimmen läfst, nicht von einer königl.
Anstalt einer Provinz an eine königl. Anstalt einer anderen Provinz überzugehen."
C.Verf. V. 14., Oct. 1884. „Die Anzahl der Candidaten, welche durch
das Bestehen der Prüfung für das höhere Schulamt und durch befriedigende
Ablegung des Probejahres die Anstellungsfähigkeit an höheren Schulen erwiesen
haben, ist, wie schon die zahlreichen an die Centralstelle gerichteten Gesuche
erweisen, gegenwärtig auf den meisten ünterrichtsgebieten erheblich gröfser,
als die Anzahl der verfügbaren Stellen unter Einschlufs der Gelegenheit zu
widerruflicher remunerirter Beschäftigung. Es ist selbstverständlich unmöglich,
den Nothstand zu beseitigen, welcher für die grofsenteils unbemittelten Candidaten
aus diesem thatsächlichen Verhältnisse hervorgeht; jedenfalls aber wird es bei
dieser Sachlage für die ünterrichtsverwaltung zu besonders dringender Pflicht,
in der remuneratorischen Verwendung von Candidaten, bezw. ihrer wirklichen
Anstellung, den Gründen der Billigkeit soweit als möglich Bechnung zu tragen.
Ich darf mit Zuversicht voraussetzen, dafs ohne eine besondere Weisung meiner-
seits die .Departementsräthe der K. Prov.Sch.CC. durch ihr warmes Interesse für
den gesamten Lehrstand sich zur Einhaltung dieses Grundsatzes bestimmt finden;
einzelne zu meiner Kenntnis gelangte Fälle geben mir jedoch Anlafs, auf bestimmte
Punkte die sämtlichen K. Prov.Sch.CC. ausdrücklich aufmerksam 5fu machen.
1. Bei der gegenwärtigen Sachlage ist es nicht zulässig, Probecandidaten
sogleich bei dem Antritte ihres Probejahres über ihre Pflichtstunden hinaus
Lehrstunden zuzuweisen, für welche eine Remuneration verfügbar ist, sofern in
dem Bereiche des betr. K. Prov.Sch.C. Candidaten desselben Lehrgebietes vor-
handen sind, welche nach . bereits abgelegtem Probejahre irgend eine remunerirte
Beschäftigung an öffentlichen höh. Schulen suchen.
2. Bei Erledigung einer Lehrstelle oder einer Gelegenheit zu remunerirter
Beschäftigung an einer höh. Schule kommt es vor, dafs Candidaten, welche
soeben an derselben Schule ihr Probejahr mit erfreulichem Erfolge abgeschlossen
haben, zunächst in Betracht gezogen werden. So erklärlich ein solches Ver-
fahren aus dem Gesichtspunkte der einzelnen Lehranstalt ist, so wird dasselbe
doch für die provinzielle Unterrichtsverwaltung zu einer Unbilligkeit, sofern
dadurch solche Candidaten desselben Lehrgebietes in ihrem Bereiche unberück-
sichtigt bleiben, welche das Probejahr schon früher abgeschlossen haben. Die
K. Prov. Seh. CC. haben daher in den bezeichneten Fällen auf das sorgfältigste
89
darauf Bedacht zu nehmen, dafs die Candidaten, welche sich ihnen zur Verfügung
gestellt haben, nach Ma&gabe einerseits der seit dem Abschlüsse des Probe-
jahres verflossenen Zeit, andererseits der Qualität des Prüfungszeugnisses zur
Verwendung gelangen.
Wenn als unvermeidliche Folge dieses Verfahrens nicht selten der Fall
eintreten wird, dafs Candidaten unmittelbar nach Abschlufs des Probejahres an
derselben oder einer anderen Lehranstalt eine remunerirte Beschäftigung nicht
kann zugewiesen werden, so ist dadurch nicht ausgeschlossen, dafs ihnen auf
ihren Wunsch an einer Lehranstalt, soweit es mit deren ünterrichtsbetrieb
vereinbar ist, unremunerirte Lectionen übertragen werden, um ihnen hierdurch
den Zusammenhang mit den öffentlichen Lehranstalten zu ermöglichen.
3. Die unter Nr. 1 bezeichnete Bestimmung hat für städtische und
stiftische Lehranstalten in gleicher Weise Geltung, wie für staatliche. Dagegen
können die unter Nr. 2 für die remunerirte Beschäftigung und die Anstellung
der Candidaten aufgestellten Grundsätze nur an den Anstalten staatlichen
Patronates zur Durchführung gebracht werden; den städtischen Patronaten
gegenüber kann nur bei geeigneten Anlässen der Wunsch geltend gemacht
werden, dafs sie in ihrem Bereiche den gleichen Grundsätzen der Billigkeit
Bechnung tragen möchten.
Bis zum 1. Mai 1886 wolle das K. Prov.Sch.C. berichten, welche Candidaten
von jetzt bis einschliefslich zum Ostertermin 1886 in Seinem Amtsbereiche zu
remuneratorischer Beschäftigung oder zu fester Anstellung gelangt sind, unter
Bezeichnung des Lehrgebietes und der seit dem Abschlüsse des Probejahres
verflossenen Zeit, ferner welche von den Candidaten, die sich ihm zur Verfügung
gestellt haben, nach bereits abgelegtem Probejahre und für welche Lehrfächer
noch nicht Verwendung gefunden haben. Es ist mir von Werth, auf diesem
Wege über die Sachlage, insbesondere über die Zeit, welche durchschnittlich
zwischen den Abschlufs des Probejahres und den Beginn der Verwendung, bezw.
der Anstellung an den Anstalten staatlichen und an denen nicht staatlichen
Patronates fällt, sichere Kenntnis zu erlangen, und dies um so mehr, da aus
der Z^hl der jährlich vor den Wiss. Prüfungs-Commissionen abgelegten Lehr-
amtsprüfungen zu erschliefsen ist, dafs das Mifsverhältnis zwischen der Anzahl
der Candidaten und der der verfügbaren Lehrstellen sich noch keinesfalls in
Abnahme befindet." Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr.: Greiff.
Ungeprüfte Candidaten. C.Verf. v. 30. Dec. 1876. „Die im
§ 6 der Circularverfngung vom 2. Januar 1863 enthaltene und in den § 8 der
Circularverfügung vom 30. März 1867 (s. p. 60) aufgenommene Bestimmung,
wonach die Beschäftigung ungeprüfter Schulamtscandidaten nur mit
meiner Genehmigung erfolgen darf, ist in den letzten Jahren nicht immer in
vollem Umfange aufrecht erhalten worden, sondern es ist von den K, Prov.Sch.CC.
wiederholt für die bereits getroffene Anordnung erst nachträglich die Genehmigung
eingeholt worden. Wenn ich nun auch nicht verkenne, dafs die Verspätung
der Berichterstattung in solchen Fällen durch die besonderen Umstände verursacht
worden und namenüich auch aus dem Bestreben hervorgegangen ist, von der
im Interesse der Schulen wie der Candidaten nicht erwünschten Mafsregel
möglichst selten Gebrauch zu machen, so mufs ich doch Bedenken tragen, dem
an mich gerichteten Antrage auf völlige Aufhebung der fraglichen Bestimmung
Folge zu geben, da es von Wichtigkeit ist zu wissen, in welchem Umfang von
der Aushülfe ungeprüfter Candidaten in den einzelnen Provinzen Gebrauch
gemacht werden mufs. Um jedoch den Geschäftsgang den bestehenden Ver-
hältnissen anzupassen und möglichst zu vereinfachen, sehe ich mich veranlafst,
das bisher vorgeschriebene Verfahren in folgender Weise abzuändern. Es ist
90
künftig nicht mehr die Genehmigang für jeden einzelnen Fall vorher nachzn-
enchen, sondern am Schlafs jedes Schulhalbjahres ein Verzeichnis der ungeprüften
Schnlamtscandidaten einznreichen, welche im Verlauf desselben den einzelnen
Anstalten der Provinz zur Aushülfe überwiesen worden sind. Die weitere Be-
stimmung desselben §, dafs eine solche Beschäftigung sich auf höchstens zwei
Semester ausdehnen darf, behält auch für die Zukunft ihre Giltigkeit, und eine
Abweichung von derselben darf nur mit meiner besonderen, vorher einzuholenden
Genehmigung erfolgen.^ Der Minister etc. Falk.
C.Verf. V, 29. Sept. 1877. „Durch die C.Verf. v. 30. Dec. v. J. habe
ich das Verfahren in Betreff der Beschäftigung ungeprüfter Candidaten an
höh. Lehranstalten dahin vereinfacht, dafs nicht mehr vorher meine Erlaubnis
dazu einzuholen, sondern am Schlüsse jedes Schuljahres ein Verzeichnis der
ungeprüften Candidaten einzureichen ist, welche während desselben den einzelnen
Anstalten der Provinz zur Aushülfe überwiesen worden sind. Der ausdrücklich
bezeichnete Zweck dieser Nachweisungen, dafs daraus ersichtlich werde, in
welchem Mafse von der Aushülfe ungeprüfter Candidaten hat Gebrauch gemacht
werden müssen, ist nicht sicher zu erreichen, wenigstens eine ControUe über
den Umfang dieser Aushülfe fast unausführbar, sofern nicht von denjenigen
Prov. Schulcollegien, welche der fraglichen Aushülfe nicht bedurft haben, eine
Vacatanzeige erfolgt. Ich veranlasse daher das K. Prov.Sch.C, meiner C.Verf.
V. 30. Dec. V. J. durch Einreichung der bezeichneten Nachweisung oder eine
Vacatanzeige schleunigst zu entsprechen." Im Auftr.: Greif f.
C.Verf. V. 19. Nov. 1877. „Durch die C.Verf. v. 30. Dec. v. J. habe
ich das von dem K. Prov.Sch.C. bei der Beschäftigung ungeprüfter
Candidaten an höh. Lehranstalten einzuhaltende Verfahren dahin vereinfacht,
dafs, abgesehen von dem Falle einer die Dauer eines Jahres überschreitenden
Beschäftigung, nicht för den einzelnen Fall meine Genehmigung vorher einzu-
holen, sondern am Schlüsse jedes Semesters eine summarische Nachweisung,
bezw. eine Vacatanzeige einzureichen ist. Der in meiner Verf. ausdrücklich
bezeichneten Absicht, einen Ueberblick über das durch geprüfte Candidaten
noch nich't gedeckte Bedürfnis des Unterrichts zu erlangen, haben die bisher
von den K. Prov.SchulcoUegien eingereichten Nachweisungen nicht gleichmäfsig
entsprochen. Damit keines der erforderlichen Daten übergangen und zugleich
jedes unnöthige Schreibwerk vermieden werde, sind von jetzt an die Nach-
weisungen in tabellarischer Form nach dem beifolgenden Schema a) zu
geben. Die Rubrik 6 der Tabelle, Angabe der Zeitpunkte, von welchen und
bis zu welchen die Beschäftigung gedauert hat, ist deshalb erforderlich, weil
eine nur far kurze Zeit, z. B. auf Anlafs der Erkrankung eines Lehrers oder
seiner Beurlaubung zu militärischen Uebungen, eingetretene Verwendung weder
für den betreffenden Cand. noch für Beurteilung des noch vorhandenen Mangels
an Lehrkräften die gleiche Bedeutung hat, wie eine das ganze Semester
umfassende Beschäftigung; aber aufzunehmen in die Tabelle ist jede, auch nur
für kurze Dauer vorgekommene Beschäftigung eines ungeprüften Candidaten.
Aus analogem Gesichtspunkte ist die Rubrik 8 erforderlich, indem diejenigen
Candidaten, welche noch im Laufe des betr. Semesters die Lehramtsprüfung
bestehen, dadurch aus der Zahl der ungeprüften Candidaten ausscheiden; die
Thatsache, dafs ein Cand. die Prüfung bestanden hat, ist in den üblichen Ab-
kürzungen zu bezeichnen. Durch die Rubrik 9 ist den K. Prov.Sch.CC. erforderlichen
Falles die Möglichkeit zu weiteren Bemerkungen, nicht Anlafs zu regelmäfsiger
Ausfüllung gegeben. Zur Erläuterung sind in das Schema zwei Beispiele ein-
getragen. Die tabellarischen Nachweisungen sind jedesmal für das Wintersein,
bis zum 1. Mai, für das Sommersem. bis zum 1. Nov. einzureichen. Die
Bestimmung meiner C.Verf. v. 30. Dec. v. J., dafs die Beschäftigung ungeprüfter
91
Candidaten aber die Dauer von zwei Semestern darch das Erfordernis meiner
Yorher einzuholenden Genehmigung erschwert wird, ist im Interesse der Schulen
und insbesondere der Candidaten streng auszufahren. Eine blofs vorübergehende
Verwendung,, wie solche vorher zur Erklärung von Bubrik 5 erwähnt wurde, ist,
wenn sie die Dauer von acht Lectionswochen nicht erreicht, in die ohne meine
vorherige Genehmigung zugelassene Jahresdauer der Beschäftigung nicht einzu-
rechnen." Der Minister etc. Falk.
a) VeraeiclmiB
der noch nicht pro facultate docendi geprüften Schulamtscandidaten , welche
an höheren Lehranstalten der Provinz während des
18 beschäftigt worden sind.
1.
2.
3.
4.
6.
6.
7.
8.
9.
•
•
1
•
llamen
(amtliche)
1
Ja
ihr
Höhere
Lehranstalten,
bei welchen die
Besohiftignng
stattfand.
Daner
der
Besch&ftignng
t
Qegenstflade
der Be-
sehiftignng.
Ob, event. wann
und wo, der Be-
schäftigte die
Prftfong pro fa-
cultate docendi
inzwischen abge-
legt hat?
ta
1
der Candidaten.
Ton 1 bis
1
1.
Karl Heinrich
N. N.
1856.
1874.
0.
Gynnasinm
zn N. N.
10.Jnni
SLection
10.Ang.
swoohen.
')
2.
Ernst Friedrich
N.N.
1854.
1873.
H.
Bealsohnle l. 0.
SU N. N.
1. April
l.Oct.
Berlinl7.Jnni.2.
arad.FranzOsioh,
Englisch I.
Deutsch 11.
^) z, B. HNatnrbesohreibung und Mathematik**, „Neuere Sprachen und Deutsch" u. &.
C.Verf. V. 15. Juni 1881, „Für die Beschäftigung ungeprüfter
Candidaten an höh. ScLulen ist durch die C.Verf. v. 30. Dec. 1876 das
Erfordernis der vorher einzuholenden ministeriellen Genehmigung aufgehoben
und an dessen Stelle die nachträglich einzureichende Nachweisung der in jeder
Provinz während eines Halbjahres vorgekommenen Fälle dieser ausnahmsweisen
Beschäftigung gesetzt worden. Diesen Nachweisungen ist durch die C.Verf.
V. 19. Nov. 1877 eine bestimmte tabellarische Form gegeben und es ist hierdurch
ermöglicht worden, eine ungefähre Schätzung darüber zu gewinnen, in welchem
Mafse der Bedarf an Lehrkräften für die höh. Schulen noch nicht ordnungs-
mäfsig durch geprüfte Candidaten gedeckt sein dürfte. Einige der haupt-
sächlichsten Ergebnisse aus der Zusammenfassung der Nachweisungen während
der letzten acht Semester bringe ich zur Kenntnis der K. Prov.Sch.CC., weil in
denselben Directiven für das von diesen Behörden einzuhaltende Verfahren zu
finden sind.
1. Zahl der thatsächlich beschäftigten ungeprüften
Candidaten:
92
Semester.
a.
b.
c.
S. 1877
52
10
42
W. 1877/78
71
28
43
S. 1878
64
24
40
W. 1878/79
55
41
19
9
36
32
S. 1879
W. 1879/80
42
10
32
S, 1880
46
12
33
W, 1880/81
32
9
23
Die Bubrik a enthält die Zahl der ungeprüften Candidaten, welche in
dem betf. Semester in ^&ntlichen Provinzen beschäftigt worden sind ; die
einzelnen Prov.Sch.CC. werden durch Vergleichung ihrer speciellen Nachweisungen
ersehen, ob die auf ihre Provinz fallende Zahl den für dieselbe durchschnittlich
zu erwartenden Anteil constant überschreitet oder hinter demselben zurück-
bleibt. — Durch die Rubrik b ist die Anzahl derjenigen Candidaten bezeichnet,
welche während des betr. Semesters die Lehramtsprüfung vollständig abgelegt
und bestanden haben. Da die Bestimmung der Zeit für die Ablegung der
mündlichen Prüfung nicht in der Hand der Candidaten liegt, so hat der
Aufschub der mündl. Prüfung in das erste Semester der Beschäftigung eine
minder entscheidende Bedeutung, und erst der in der Bubrik c bezeichnete
üeberschuTs der Bubrik a über die Bubrik b bezeichnet den Bedarf an
ungeprüften Candidaten im strengeren Sinne. Aus dieser Bubrik läfst sich eine
allmählich eingetretene, aber erhebliche Minderung des Bedarfes mit hinlänglicher
Sicherheit erschliefsen.
2. Hauptgebiete der Beschäftigung ungeprüfter Candidaten.
Bei einem Teile der vor Ablegung der Prüfung beschäfkigten Candidaten zeigt
die Mannigfaltigkeit ihrer Verwendung, dafs nur der Bedarf an Lehrstunden
überhaupt nicht durch ordnungsmäfsig geprüfte Lehrkräfte zu decken war; bei
einem anderen Teile ist aus ihrer ausschliefslichen oder vorzugsweisen Ver-
wendung für ein bestimmtes einzelnes Fach ersichtlich, dafs eben für dieses
(rebiet die geprüften Lehrkräfte nicht ausreichten. In der letzteren Hinsicht
treten vornehmlich drei Gebiete hervor, der Beligionsunterricht, der Unterricht
in den modernen fremden Sprachen, der mathematisch-naturkundJiche Unterricht,
und die in dieser Beziehung während der vierjährigen Periode eingehender
Beobachtung eingetretene Aendemng erscheint jedenfalls der Beachtung werth.
Für die ersten Semester der bezeichneten Beobachtungszeit läfst die Verwen-
dung der ungeprüften Candidaten mit Sicherheit auf einen Mangel an geprüften
Lehrern für das Fach der neueren fremden Sprachen schliefsen. Dies Verhältnis
hat sich vollständig geändert; unter den 32 Candidaten, welche im Winter-
semester 1880/81 ohne vorherige Ablegung der Prüfung beschäftigt worden
sind, haben nur 3 Verwendung für die neueren Sprachen gefunden, von denen
einer die Prüfung während des Semesters abgeschlossen und bestanden hat
Die gleiche Veränderung ist auf dem mathematisch-naturkundlichen Unter-
richte ersichtlich; während zu Anfange der fraglichen Periode auf diesem Gebiete
in hervortretendem Mafse sich die Aushülfe durch ungeprüfte Candidaten zeigte,
sind im letzten Semester nur 3 ungeprüfte Candidaten für dasselbe verwendet
worden, von denen 2 im Laufe des Semesters selbst die Prüfung bestanden
haben. Verbindet man mit diesen Daten die Jahresnachweisungen der
93
"Wissensch. Prüfungscommissionen über die Ergebnisse ihrer Thätigkeit und die
NacHweisungen der Universitäten über die Verteilung der Studirenden der
philos. Facultät auf die verschiedenen Gebiete; zieht man femer in Erwägung,
dafs die in den letzten zwei Jahrzehnten von städtischen Behörden mit schätzbarer
Opferwilligkeit, aber zugleich nicht selten mit weit gehender Zuversicht betriebene
Errichtung neuer höh. Lehranstalten oder Erhebung bestehender Schulen in eine
höhere Kategorie in Folge der gemachten Erfahrungen und der von der ünterrichts-
verwaltung in dieser Frage eingenommenen Haltung einer gröfseren Vorsicht
Platz macht und sonach der aus der Errichtung neuer Lehranstalten sich ergebende
Mehrbedarf an Lehrkräften sehr abnehmen wird: so läfst sich als gesichert
erachten, dafs bei Ausgleich unter den einzelnen Provinzen der Unterricht in
den neuen fremden Sprachen und der mathera. Unterricht schon jetzt vollständig
durch geprüfte Lehrkräfte bestritten werden kann, und es läfst sich mit gröfster
Wahrscheinlichkeit voraussehen, dafs einem zeitweisen Mangel auf diesen Gebieten
bereits in der nächsten Zeit ein erheblicher Ueberschufs der geprüfteft Lehr-
kräfte über die Fälle ihrer Verwendbarkeit an öffentlichen Schulen folgen wird.
Nicht mit gleicher Sicherheit läfst sich dasselbe bereits für das Gebiet der
Naturbeschreibung aussprechen. Dagegen läfst sich für den Beligions-
unterricht nicht allein keine Abnahme in der Verwendung ungeprüfter Candidaten
constatiren, sondern es ist ersichtlich, dafs der Mangel an geprüften Lehrkräften
entweder noch in der Zunahme begriffen ist oder doch unverändert fortbesteht.
Unter den 32 Candidaten, welche im letzten Semester ohne Ablegung der
Lehramtsprüfung beschäftigt worden sind, ist bei 14 unverkennbar die Erteilung
des Beligionsunterrichtes der Anlafs zu ihrer Verwendung gewesen. Diese auf-
fallende, übrigens mit den vorausgehenden drei Semestern nahezu überein-
stimmende Zahl verliert allerdings etwas von ihrer Bedeutung dadurch,
dafs unter den 14 für das Lehramt noch nicht geprüften Candidaten 8
durch das Bestehen wenigstens der ersten, zum Teil beider theologischen
Prüfungen ihre wissensch. Befähigung für den fraglichen Unterricht erwiesen
hatten und 3 andere im Laufe des Semesters die Lehramtsprüfung bestanden
haben.
3. Die Beschäftigung ungeprüfter Candidaten ist als ein Ausnahmefall
zu betrachten, dessen Bewilligung nur durch die unbedingte Nothwendigkeit
zu rechtfertigen ist; durch Bewilligung der Ausnahme werden häufig nicht
nur die Lehranstalten, sondern die betr. Candidaten selbst benachteiligt. Aus
den im Vorstehenden angefahrten Thatsachen ergiebt sich, dafs für die übrigen
Lehrgegenstände aufser dem Beligionsunterrichte ein die Ausnahme recht-
fertigender Nothstand im Allgemeinen, das heifst bei hergestelltem Ausgleiche
unter den verschiedenen Provinzen, nicht vorhanden ist Das K. Prov.Sch.C.
wolle daher, wenn in einem einzelnen Falle für das zu bestreitende Unterrichts-
bedürfnis sich in Seinem Bereiche eine geprüfte Lehrkraft nicht findet, nicht
unterlassen, an andere Prov.Sch.CC. — bezw. Prüfungscommissionen — deshalb
Anfrage zu richten; das Unterlassen einer derartigen Anfrage kann selbst zu
einer Unbilligkeit gegen die etwa anderwärts Verwendung suchenden geprüften
Candidaten werden. Auf diesem Wege wird in der Kegel der Anlafs zur Ver-
wendung ungeprüfter Candidaten beseitigt werden. Uebrigens wird das Prov.
Sch.C. einen erheblichen Unterschied zwischen den Fällen machen, dafs Can-
didaten die schriftlichen Prüfungsarbeiten bereits abgegeben haben und dafs
selbst dies noch nicht geschehen ist; in den Fällen der ersteren Art unterliegt
offenbar die Beschäftigung ungeprüfter Candidaten viel geringeren Bedenken
als in den Fällen der letzteren Art^) Für den Religionsunterricht wird es
voraussichtlich in der nächsten Zeit noch nicht möglich sein, den Unterrichts-
*) Vgl. die ähnliche Vorausaetzung in der C.Verf. v. 25. Juni 1884, S. 65.
94
bedarf sofort in jedem Erledigangsfalle darch Lehrkräfte zu decken, welche
ihre Befähigung durch die betr. Lehramtsprüfung nachgewiesen haben. Ich
darf voraussetzen, dafs das K. Prov.Sch.C. in Würdigung der hohen Bedeutung
des fraglichen Unterrichtes in jedem derartigen Nothfalle über die wissensch.
Vorbereitung des in Erwägung kommenden Mannes und über seine persönliche
Befähigung zur Erteilung des Unterrichtes die sorgfältigsten Ermittelungen an-
stellen wird.
4. Die C.Verf. v. 30. Dec. 1876 und v. 19. Nov. 1877 bleiben in Geltung,
und ich sehe der regelmäfsigen Berichterstattung auch fernerhin entgegen."
Der Minister etc. von Puttkamer.
Das Devolutionsrecht.
Die kirchenrechü. Yorschrifken des A. LB. über das ius devolutionis finden
analoge Anwendung auch bei den Schulen:
T. U. Tit 11, § 398: „Kommt die Präsentation innerhalb sechs Monaten
nicht ein, und ist auch vor Ablauf dieser Frist eine Verlängerung nicht gesucht
oder nicht zugestanden worden, so fällt die Besetzung der Pfarre für diesen
Fall den geistl. Oberen anheim." — Vgl. die in Abschn. VII mitgeteilte
landrechtl. Bestimmung über Entlassung aus dem Amt.
Beligionslehrer.
1. Evangelische. C.Verf. v. 7. Juli 1844 (republicirt unter dem
16. Oct. 1854 zu entsprechender Anwendung auf die Beal- und höh. Bürger-
schulen) s. Abt. I S. 164.
Min. Verf. v. 12. Oct. 1863: „Nach dem Bericht — wird an mehreren
Gymn. der Provinz der Beligionsunterr. noch von Lehrern erteilt, die ihre Be-
fähigung dazu nicht nachgewiesen haben. Unter Bezugnahme auf die Verf. v. —
spreche ich dem K. Prov.Sch.C. die ^Erwartung aus, dafs es diese ünregel- .
mäfsigkeit thunlich bald beseitigen wird. — Es ist jedoch darauf zu halten,
dafs keinem Lehrer zur Pflicht gemacht werde, sich nachträglich die formelle
Qualification für den Beligionsunterr. zu erwerben, wenn er dazu nicht durch
eigene Neigung und inneren Beruf bestimmt wird.
Ich bin mit dem E. Prov.Sch.C. einverstanden, dafs es vorzuziehen ist,
wenn ordentl. Lehrer einer Anstalt den Beligionsunterr. erteilen, als wenn er
einzelnen Geistlichen übertragen wird, die zu der Schule in einem näheren Ver-
hältnis nicht stehen und an anderem Unterricht nicht beteiligt sind, und wünsche
deshalb, dafs bei der Besetzung erledigter Lehrerstellen hierauf überall gebührende
Bücksicht genommen werde. Andererseits wird für jetzt noch an vielen höh.
Schulen beim Beligionsunterr. die Hülfe der Ortsgeistlichen nicht entbehrt
werden können, auch einstweilen dem Herkommen gemäfs in ihrer geistl. Amts-
qualification ein Ersatz für den formellen Nachweis, den Unterricht an höh.
Schulen erteilen zu können, gefunden werden müssen. Eine Begelung dieses
Verhältnisses kann nur im Zusammenhange allgemeiner Anordnungen über den
Beligionsunterr. erfolgen und mufs denselben vorbehalten werden." —
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 15. April 1887. „Wir
bestimmen hiermit, dafs in den Fällen, in welchen beabsichtigt wird, evan-
gelischen Beligionsunterricht an einer höh. Lehranstalt einem Lehrer oder
Geistlichen zu übertragen, welcher bisher noch keinen Beligionsunterricht an
der betr. Anstalt erteilt hat, unsere Genehmigung zur gedachten Uebertragnng
8 Wochen vor dem Anstellungstermine seitens der Curatorien oder der Anstelts-
Vorsteher einzuholen ist."
95
2. In Betreff der Anstellang katholischer Beligionslehrer s. Abt. I
p. 23; über die Missio canonica s. Eist. Statist. Darsi III p. 12.
Min. Verf. v. 21. Dec. 1874: „Der K. Regierung eröffne ich auf den
Bericht y. — , dafs das Amt eines Beligionslehrers an einer öffenü. Schule weder
«in geistliches Amt noch ein Amt in einer der chrisü. Kirchen, sondern ein
Staatsamt ist, sei es ein unmittelbares, sei es ein mittelbares. Ebensowenig
ist die Erteilung des Beligionspnterrichts in den Offentl. Schulen als ein AusfluTs
des geistl. Amts aufzufassen; denn die Berechtigung zur Erteilung des Beligions-
unterr. entspringt lediglich aus der Uebertragung des Amts seitens des Staates.
In letzterer Beziehung mache ich auf das Erkenntnis des K. OTribunals vom
12. Oct. d. J. (s. CBl. 1875 p. 12) aufmerksam, in welchem dargethan ist,
dafs die Erteilung des Beligionsunterr. in den öffenü. Schulen sich als Ausflufs
«ines staatl. Auftrags und damit eines öffentl. Amts im Sinne von § 132 des
Strafgesetzb. ^) darstellt. Hierdurch ist die- Anwendbarkeit sowohl des Gesetzes
y. 11. Mai y. J. als auch des Ergänzungsgesetzes y. 21. Mai d. J. auf die
Beligionslehrer an den öffentl. Schulen ausgeschlossen.^'
3. Jüdische Beligionslehrer. Min. Verf. y. 7. Dec. 1875: ,4)en
K. Proy.Sch.CC. erwidere ich auf den Bericht — , dafs der israelitische Beligions-
nnterricht auf den unteren Klassen höh. Lehranstalten unbedenklich einem
seminaristisch gebildeten Lehrer übertragen werden kann, für die oberen Stufen
abef überall nur ordnungsmäfsig qualiücirte und yon den betr. Cultusgemeinden
als solche anerkannte jüdische Gesetz- oder Beligionslehrer (Babbiner, Priester)
zuzulassen sein werden. Ein weiterer Nachweis zur Erteilung des Beligionsunterr.
ist yon den Genannten nicht zu erfordern." . . . Der Minister etc. Falk.
Elementarlehrer.
Min.V«erf. y. 30 Noy. 1878. Auszug. „Im üebrigen yeranlasse ich das
K. Proy.Sch.C, in Zukunft; dayon abzusehen, seminaristisch gebildete
Lehrer als ordentliche Lehrer an Gymn. und Bealschulen I. 0. anzustellen
bezw. zu bestätigen. Dieselben sind yielmehr entweder als Elementar- oder
technische Lehrer zu bezeichnen, jedenfalls yon den wissensch. Lehrern zu
trennen. Damit erledigt sich auch die Frage des Gehaltes für diese Gattung
yon Lehrern, da dieselben nur wie die übrigen Elementarlehrer an höh. Schulen
yon 1200 bis 2400 Mark ascendiren können." Der Min. etc. I. A.: Greif f.
Verf. des K. Proy.Sch.C. zu Kiel y. 27. Noy. 1875. „In dem § 26
der Prüfungsordnung f&r Volksschullehrer y. 15. Oct 1872 heifst es : „ „Solchen
Examinanden, welche in der ersten Prüfung bei guten Leistungen in Beligion,
Bechnen und Deutsch, aufserdem noch in den Bealien oder in einer der fremden
Sprachen das Prädicat gut bestanden erlangt oder in der zweiten Prüfung
sich dasselbe nachträglich erworben haben und in allen Teilen der letzteren
gut bestanden sind, kann die Befähigung zum Unterr. in den Unterklassen yon
Mittelschulen und höh. Töchterschulen yerliehen werden."" Da unsers Erachtens
in Betreff der Vorbildung derjenigen seminarisch ausgebildeten Lehrer, welche
an den unteren Klassen höherer Lehranstalten oder an den mit letzteren yer-
bundenen Vorschulen zu wirken haben, jedenfalls nicht geringere Anforderungen
zu machen sind, als für die Lehrer an den Unterklassen yon Mittelschulen in
*) Strafgesetzb. y. 31. Mai 1870: „§ 132: Wer unbefugt sich mit Aua-
übung eines öffentl. Amts befafst oder eine Handlang yomimmt, welche nur kraft
eines öffentL Amts yorgenommen werden darf, wird mit Gefängnis bis zu einem
Jahre oder mit Geldstz^afe bis zu 100 Thlr. bestraft"
96
Geltang stehen, so werden wir in Zukunft an den höh. Unterrichtsanstalten
unseres Aufsichtsbezirkes oder an den Vorschulen derselben regelmäfsig nur
solche seminarisch gebildete Lehrer anstellen, bezw. die Anstellung der betr.
Lehrer genehmigen oder bestätigen, welche den im Eingange namhaft gemachten
Bedingungen entsprechen."
Technisohe Lehrer.
C.Verf. V. 13. Aug. 1824: „Das Minist, sieht sich veranlafst, hierdurch
anzuordnen: 1. dafs die Gesang-, Zeichen- und Schreiblehrer bei
den Gymn. von jetzt an nicht weiter, wie es wohl bisher der Fall gewesen,
fbrmlich angestellt, sondern nur auf gegenseitige halbjährl. Kündigung ange-
nommen werden; 2. die gedachten Hülfslehrer sollen bei ihrer Annahme
nicht gleich den ordenü. bestellten Lehrern vereidigt, vielmehr soll ihnen nur
ein dem Inhalt der gesetzl. vorgeschriebenen Eidesformel gleiches Versprechen
abgenommen, ihnen die Bedingung der augenblickl. Entfernung, falls sie im
mindesten gegen ihr an Eides Statt gegebenes Versprechen handeln sollten,
ausdrücklich gemacht und ein hierüber abzufassendes Protokoll von ihnen unter-
zeichnet werden."
C. Verf. V. April 1827: „Um zu bewirken, dafs zu den Zeichenlehrer-
steilen an den Gymn. und höh. Bürger- (Real-) Schulen nur solche Subjecte
gewählt und in Vorschlag gebracht werden, welche nicht nur die erfordert.
Kunstfertigkeit, sondern auch • die nicht weniger nöthige Lehrgeschicklichkeit
besitzen, will das Minist, hierdurch festsetzen, dafs in der Begel von jetzt an
bei Besetzung der gedachten Stellen nur solche Candd., die mit einem genügenden
Qualificationsattest der hies. K. Akademie der Künste (vgl. p. 70) versehen
sind, berücksichtigt werden, und dafs solche in Concurrenz mit anderen, die
ihre Tüchtigkeit als Lehrer nicht sonst nachweisen können, den Vorzug haben
sollen. Das Minist, beauftragt die K. Prov.Sch.CC, dieser Bestimmung nicht
nur selbst in vorkommenden Fällen bei Schulen königl. Patronats gewissenhaft
nachzukommen, sondern dieselbe auch den Stadt. Patronaten zur Nachachtung
bekannt zu machen."
C.Verf. V. 10. Nov. 1830: — „Es sind keine Musiklehrer von. K-
Behörden anzustellen, welche nicht auch in Ansehung ihrer Tüchtigkeit zum
Gesangunterricht bei einem Schullehrer-Seminar oder einem hierzu beauftragten
Sachverständigen geprüft worden sind und darüber ein genügendes Zeugnis
beigebracht haben, oder, im Fall das vorgelegte Zeugnis für das ihnen zu über-
tragende Amt nicht ausreicht, sich zu einer zweiten Prüfung nach einer bestimmten
Frist anheischig machen."
Anstellung von Ausländem.
Gegenwärtig ist hierbei zu unterscheiden zwischen nichtpreufsischen Ange*
hörigen des deutschen Reichs und Ausländem im weiteren Sinne. Nach dem
Beichsgesetze v. 1. Juni 1870 §§ 2 und 7 wird die Staatsangehörigkeit in
einem Bundesstaate für Angehörige anderer Bundesstaaten durch Aufnahme,
für Ausländer durch Naturalisation begründet. Für erstere gilt die
C. Verf. V. 28. Aug. 1868: „Nachdem durch Art. 3 der Verfassung des
Norddeutschen Bundes für den ganzen Umfang des Bundesgebiets ein gemein-
sames Indigenat mit der Wirkung eingeführt ist, dafs der Angehörige (TJnterthan,
Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaat als
Inländer behandelt und demgemäfs u. a. auch zu den öffentl. Aemtem unter
denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zugelassen werden soll, hat
das K. Staatsminist, beschlossen, dafs es der fdr Ausländer vorgeschriebenen
97
höheren Oenehmigung hehnfs ihrer Zulassang za öffenü. Aemtern femer nicht
hedarf, insoweit es sich nm Angehörige der znm Nordd. Bande gehörigen Staaten
handelt." '
Auf nichtprenfsische Angehörige des deutschen Beichs finden demnach
nicht alle nachfolgenden Bestimmungen Anwendung. *
Durch Anstellung erhalten Ausländer die Eigenschaft als preufs. Unterthanen:
Gesetz v. 31. Dec. 1842. § 6 (GS. v. 1843 p. 15): „Eine von uns
unmittelbar oder von Unseren Central- oder Provinzialbehörden vollzogene oder
bestätigte Bestallung für einen in den preufs. Staatsdienst aufgenommenen Aus-
länder vertritt zugleich die Stelle der Naturalisationsurkunde." —
C. Verf. V. 5. Jan. 1848: „Nachdem durch das Gesetz über die Er-
werbung und den Verlust der Eigenschaft als preufs. Unterthan v. 31. Dec. 1842
die Erwerbung dieser Eigenschaft für Ausländer wesentlich erleichtert worden
und der Naturalisirte durch Empfang der Naturalisationsurkunde alle Rechte
und Pflichten eines Preufsen erwirbt, ist es schon mehrfach vorgekommen, dafs
die Naturalisation vorzugsweise zum Zweck des Eintritts in den preufs. Staats-
dienst nachgesucht und auf diese Weise das den Ausländem bei einer Be-
werbung um Anstellung im preufs. Staatsdienst entgegenstehende Hindernis
umgangen wird. Dafs hierdurch unter Umständen Ausländer, welche naturalisirt
worden, günstiger gestellt sind, als geborene Preufsen, läfst sich nicht ver-
kennen, da letztere vor der Anstellung im Staatsdienst nachzuweisen haben,
dafs sie in Preufsen der allgem. Militärpflicht Genüge geleistet, resp. die Be-
freiung von derselben in den vorgeschriebenen Formen erlangt haben, während
in beiden Beziehungen in den meisten deutschen Bundesstaaten und sonst im
Auslände bei weitem weniger strenge Bestimmungen bestehen als in Preufsen,
und die zu Naturalisirenden nur nachweisen müssen, dafs sie der Militärpflicht
in ihrem bisher. Vaterland genügt oder dort davon befreit sind. Um diesem
UebeLstande abzuhelfen, haben des Königs Maj. auf den Antrag des E. Staats-
ministeriums mittels A. 0. v. 17. Oct. v. J. zu bestimmen geruht,
dafs Personen, welche die Eigenschaft als preufs. Unterthanen erst durch
Erteilung einer Naturalisationsurkunde erworben haben, im Staats-, sowie im
Xirchen- und Schuldienst ohne vorgängige ausdrückliche Genehmigung des
Departementschefs nicht angestellt werden soUen.
Dem ferneren Allerh. Befehl gemäfs soll diese Genehmigung nur dann
erteilt werden,
wenn von der Anstellung besonderer Nutzen für den Staats-, Kirchen-
oder Schuldienst zu erwarten ist und der Anzustellende, vorausgesetzt, dafs er
noch im militärpflicht. Alter sich befindet, der Militärpflicht durch persönlichen
Dienst in seiner früheren Heimat oder im preufs. Heere genügt oder durch ein
Zeugnis der preufs. Ersatzbehörde seine Untauglichkeit zum Militärdienst nach-
gewiesen hat.
Die K. Begiemng veranlasse ich, hiemach bei der Anstellung naturalisirter
Ausländer im Ressort der Kirchen- und Schulverwaltung vorkommenden Falls
zu verfahren. Da übrigens Ausländer, welche noch nicht die Eigenschaft als
preuljs. Unterthanen erworben haben, selbstredend nicht günstiger gestellt werden
können, als die naturalisirten Ausländer, so ist, insoweit die Zulassung von Aus-
ländem zum preufs. Staatsdienst nach den bestehenden Bestimmungen überhaupt
zulässig erscheint, hierbei ebenfalls nach den in der A. 0. v. 17. Oct. v. J.
vorgeschrieb. Grundsätzen zu verfahren."
C. Verf. V. 23. Mai 1862: „Nach Vorschrift der A. Ordre v. 17. Oct.
1847 sollen Personen, welche die Eigenschaft preufsisch^r Unterthanen erst
durch Erteilung einer Naturalisationsurkunde empfangen haben, im Staats-
sowie im Kirchen- und Schuldienst ohne vorgängige ausdrückl. Genehmigung
Wie Bei, Yerordnongen. II. 7
98
des Departementschefs nicht angestellt werden. Diese Genehmigung war nnr
dann zn erteilen, wenn von der Anstellung besonderer Nntzen för den Staats-,
Kirchen- oder Schuldienst zn erwarten war und wenn der Anzustellende, voraus-
geselzt» dafs er sich noch im militärpflicht. Alter befand, der Militärpflicht durch
persönl. Dienst in seiner früheren Heimat oder im preufs. Heer genügt oder
durch ein Zeugnis der preufs. Ersatzbehörde seine üntauglichkeit zum Militär-
dienst nachgewiesen hatte. In der neueren Zeit ist jedoch mehrfach das Be-
denken entstanden, ob die Bestimmungen des erwähnten AUerh. Erlasses, insoweit
derselbe für die Anstellung naturalisirter Ausländer das Erfordernis einer vor-
gängigen ausdrückl. Genehmigung des Departementschefs vorgeschrieben und
die Erteilung dieser Genehmigung an die Bedingung geknüpft hat, dafs von
der Anstellung besonderer Nutzen für den Dienst zu erwarten sei, noch in Kraft
bestehen, oder ob dieselben durch Art 4 der Verfassungsurk., wonach die öffentl.
Aemter unter Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen für
alle dazu Befähigten gleich zugänglich sein sollten, ihre Giltigkeit verloren
haben.
Zur Erledigung dieser Zweifel und um den unterschied zwischen Denen,
welche die Eigenschaft preufsischer ünterthanen durch Abstammung oder
Legitimation, und solchen Personen, welche diese Qualität durch Naturalisation
erworben, aufeuheben, haben des Königs Maj. das Staatsminist, mittels A. 0.
V. 27. Jan. d. J. zu ermächtigen geruht, von der Anwendung der Bestimmungen
des Erlasses v. 17. Oct. 1847, soweit dieselben nicht auf die Militärverhältnisse
der Anzustellenden Bezug haben, künftighin abzusehen.
Die K. Regierung etc. setze ich hiervon mit Bezhg auf das Bescr. v. 5. Jan»
1848 zur Nachachtung in vorkommenden Fällen mit dem Bemerken in Kenntnis,
dafs es hinsichtlich der nicht naturalisirten Ausländer bei den bisherigen Gnyd-
sfttzen sein Bewenden behält."
BiensteicL
YerfasBungs-Urkunde v. 31. Jan. 1850. Art. 108. „Die Mitglieder
der beiden Kammern und alle Staatsbeamten leisten dem Konige den Eid der
Treue und des Gehorsams und beschwören die gewissenhafte Beobachtung der
Verfassung,"
Durch C. Verf. v. 24. April 1815 wurde den K. Begierungen eine Eides-
formel mitgeteilt,
„wonach sämtliche Lehrer an öffentl. Erziehungs- und Schulanstalten aller
Grade, an protestantischen sowohl als katholischen, wenn sie das erste Mal ein
öffentl. Schulamt antreten, nachdem ihnen die Pflichten desselben bekannt
gemacht worden, den Amtseid leisten sollen. Bei weiterer Beförderung ist ihnen
mit Zurückweisung auf ihren ersten Eid das feierliche Versprechen treuer Er-
füllung der Pflichten des neuen Amts abzunehmen."
CO. V. 10. Febr. 1835: „Auf die Anfrage des Staatsminist v. — , die
Diensteide betreffend, setze Ich fest: dafs der Beamte, der entweder in seinem
bisherigen Bessert eine anderweitige Amtswirksamkeit erhält oder zu einem
anderen Verwaltungszweige übergeht, auf den früher von ihm geleisteten Diensteid
zu verweisen ist, dabei aber schriftlich oder zum Protokoll zu erklären hat,
dafs er sich bei üebemahme des neuen, speciell zu benennenden Amtes durch
den zuvor abgeleisteten Eid für alle seine neuen Amtsverhältnisse eidlich ver-
pflichtet erachte.'*
A.Verordnung v. 6. Mai 1867. § 1: „Die Form des Dienst-
eides, welcher von. den im unmittelbaren oder im mittelbaren Staatsdienste
stehenden Beamten fortan zu leisten ist, wird dahin festgestellt:
99
„Ich N. N. schwöre zn Gott dem Allmächtigen und Allwissendeo,
dafs Seiner Eönigl. Maj. von Prenfsen, meinem Allergnädigsten Herrn,
ich nnterthänig, trea und gehorsam sein xmd alle mir vermöge meines
Amtes obliegenden Pflichten nach meinem besten Wissen nnd Gewissen
genau erfüllen, auch die Verfassung gewissenhaft beobachten will, so wahr
mir Gott helfe.« 0
„Dem Schwörenden bleibt es überlassen, den vorstehend festgestellten Eides-
worten die seinem religiösen Bekenntnis entsprechende Bekräftigungsformel hin*
zuzufügen.«
,yBei den im mittelbaren Staatsdienste stehenden Beamten tritt denselben
diejenige Eidesnorm hinzu, mittels deren diese Beamten sich, den bestehenden
Bestimmungen und den besonderen Verhältnissen gemäfs, dem unmittelbaren
Dienstherm zu verpflichten haben.« *
§ 2. ,4)er im § 1 gedachte Eid verpflichtet den Schwörenden nicht nur
für die zur Zeit der Eidesleistung von ihm bekleideten, sondern auch für alle
ihm etwa später zu übertragenden Aemter." . (CBl. 1873 S. 670.)
Min. Verf. v. 16. Juni 1873. (CBl. 1873 S. 385.) „Nach der mit
dem Bericht v. 24. v. Mts. in Abschrifk überreichten Verhandlung v. 21. dess. M&.
ist der Consistorialrath N. mittels Handschlags an Eidesstatt zur Erfüllung
seiner Obliegenheiten verpflichtet. Diese Verpflichtungsform ist nicht üblich. Hat
schon eine frühere Vereidigung stattgefunden, so bedarf es, wenn dieselbe nach
den Vorschriften der Verordnung v. 6. Mai 1867 geschehen ist, keiner besonderen
Hinweisung auf den geleisteten Eid, andernfalls mufs die Verweisung auf den
früher geleisteten Diensteid erfolgen. Wenn aber eine förmliche Vereidigung
noch nicht stattgefunden hat, so mufs sie nach der Verordnung v. 6. Mai 1867
geschehen.« Der Minister etc. Falk.
Aus der C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Cassel v. 31. Jan. 1883.
„1) .... Soll bei den Lehrern an den nicht staatlichen Anstalten noch die-
jenige Eidesform hinzutreten, mittels deren sie den bestehenden Bestimmungen
und den besonderen Verhältnissen gemäfs dem unmittelbaren Dienstherm sich
verpflichten, so bedarf der desfallsige Zusatz zu der Eidesformel unserer Ge-
nehmigung .... 3) Bei Lehrern, welche nur versuchsweise oder für eine
bestimmte Zeit bestellt oder angenommen werden, bedarf es der förmlichen
Eidesleistung nicht. Dieselben sind zur gewissenhaften Erfüllung der über-
nommenen Pflichten und Obliegenheiten und zur Treue und Gehorsam gegen
des Königs Majestät durch Handschlag zu verpflichten . . . .«^)
C.Verf. des Prov.ScLC. zu Hannover v. 13. Nov. 1873: ,J)a es
häuflg vorgekommen ist, dafs neben den Bescheinigungen über die Vereidigung
von Lehrern auch die betr. Vereidigungsprotok, zu unseren Acten eingesandt
werden, so bestimmen wir hierdurch, dafs bei vorkommenden Vereidigungen von
Lehrern an den höheren ünterrichtsanstalten und Seminaren der hies. Prov. das
Vereidigungsprotok. bei den Acten derjenigen Behörde verbleibt, welche die
Vereidigung vorzunehmen hat, dafs dagegen zu unseren Acten nur eine (nach
gegebenem Schema) auszustellende Bescheinigung darüber einzusenden ist.*'
») C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 21. Aug. 1882. „Bei der
Vereidigung von Lehrern miBeres Verwaltungsbezirke« hat sich der Fall wiederholt,
dafs rücksichtlich der Eidesformel nur auf Wiese, Verordnungen p. H" S. 109,
Bezug genommen ist Es entspricht aber der Vorschrift, dafs * die Eidesformel
selbst 'wörtlich in das Vereidigungsprotokoll aufgenommen werde; wobei wir
bemerken, dafs bei Wiese a. a. 0. durch ein Versehen gedruckt ist „die Verfassung
g e n a u beobachten" anstatt des richtigen „die Verfassung g e w i s 8 e n h a ft beobachten."
«) C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 7. Jan. 1879, betr.
Eidesleistung von wiss. Hülfolehrem und Verpflichtung von zeitweise angestellten
Lehrern s. zu C.Verf. desselben v. 28. Oct. 1884, Anmerkung, Abschn. VlIL
7»
100
Allerh. Erlafs v. 4. Jan. 1882 an das StaatsminiBterinm. „Das Becht
des Königs, die Begierang und die PoUtik Prenfsens nach Eigenem Ermessen
zu leiten, ist dnrch die Verfassang eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Die
Begiernngsacte des Königs bedüifen der Gegenzeichnung eines Ministers und
sind, wie dies auch vor Erlafs der Verfassung geschah, von den Ministem des
Königs zu vertreten, aber sie bleiben Begiernngsacte des Königs, aus Dessen
Entschliefsungen sie hervorgehen und der Seine 'Willensmeinung durch sie ver-
fassungsmäfsig ausdrückt. Es ist deshalb nicht zulässig und fahrt zur Ver-
dunkelung der verfassungsmäfsigen Königsrechte, wenn deren Ausübung so
dargestellt wird, als ob sie von den dafar verantwortlichen jedesmaligen Ministem,
und nicht von dem Könige Selbst ausginge. Die Verfassung Preufsens ist der
Ausdruck der monarchischen Tradition dieses Landes, dessen Entwickelung auf
den lebendigen Beziehungen seiner Könige zum Volke bemhi Diese Be-
ziehungen lassen sich auf die vom Könige ernannten Minister nicht übertragen,
denn sie knüpfen sich an die Person des Königs. Ihre Erhaltung ist eine
staatliche Nothwendigkeit für Preufsen. Es ist deshalb Mein Wille, dafs sowohl
in !£*reufsen, wie in gesetzgebenden Körpern des Beichs über Mein und Meiner
Nadhfolger verfassungsmäfsiges Becht zur persönlichen Leitung der Politik
Meiner Begierung kein Zweifel gelassen und der Meinung stets widersprochen
werde, als ob die in Preufsen jederzeit bestandene und durch Artikel 43 der
Verfassung ausgesprochene Unverletzlichkeit der Person des Königs oder die
Nothwendigkeit verantwortlicher Gegenzeichnung Meinen Begiemngsacten die
Natur selbständiger Königlicher Entschliefsungen benommen hätte. Es ist die
Aufgabe Meiner Minister, Meine verfassungsmäfsigen Bechte durch Verwahmngen
gegen Zweifel und Verdunkelung zu vertreten; das Gleiche erwarte ich von allen
Beamten, welche Mir den Amtseid geleistet haben. Mir liegt es fem, die
Freiheit der Wahlen zu beeinträchtigen; aber far diejenigen Beamten, welche
mit der Ausführung Meiner Begiernngsacte betraut sind und deshalb ihres
Dienstes nach dem Disciplinargesetze enthoben werden können, erstreckt sich
die durch den Diensteid beschworene Pflicht auf Vertretung der
Politik Meiner Begierung auch bei den Wahlen Die treue Erfüllung dieser
Pflicht werde Ich mit Danke anerkennen und von aUen Beamten erwarten,
dafs sie sich im Hinblick auf ihren Eid der Treue von jeder Agitation gegen
Meine Begierung auch bei den Wahlen fernhalten." gez. Wilhelm. ggez.
von Bismarck. (Deutscher Beichs -Anzeiger und Königlich Preufsischer
Staats-Anzeiger vom 7. Jan. 1882.)
Bestalliingen und Vocationen.
Die Directoren der Gymnasien und der Bealschulen landesherrl. Patronats
erhalten eine vom Könige vollzogene Bestallung. Den nach erfolgter königl.
Genehmigang der Wahl den Directoren der Gymn. und Bealschulen anderer
Patronate zu erteilenden Vocationen wird durch den Unterrichtsmin. eine
beglaubigte Abschrift der K. Genehmigungsordre beigefügt.
Die Bectoren der königl. Progymnasien und höh. Bürgerschulen, sowie
die Oberlehrer der königl. höh. Lehranstalten aller Kategorien erhalten im
Namen und Auftrage des Min. eine Bestallung durch die Provinzial - Aufsichts-
behörden, welche ihrerseits kraft eigener Befugnis allen übrigen Lehrern königlicher
Schulen eine Bestallung ausfertigen. (Vgl. p. 84 f.).
Die Vocationen aller Lehrer an önentl. Schulen nicht landesherrl. Patronats
bedürfen der Bestätigung durch die betr. Provinzialbehörden, zu welcher diese
bei den Oberlehrerstellen zuvor die Genehmigung des Ministers einzuholen haben.
Vgl. Abt. I p. 30.
101
« *
Staatsmin. Beschlnfs y. 18. Juni 1833: 1. ,Jn allen Bestallongen,
welche ein bestimmtes Dienstverhältnis andeuten, in welchem der Beamte zn
einer gewissen Behörde etc. stehen soll, wenn also Jemand zmn Vorstand einer
Behörde oder eines einzelnen Dienstzweigs ernannt wird, mofs die Behörde
genannt werden, bei welcher die Anstellung erfolgt In allen anderen Fällen
aber kommt die nähere Bezeichnung der Behörde, der Anstalt, des Orts, wo die
Anstellung erfolgt, nicht in die Bestallung, sondern in die Yerfägung, mit
welcher die Bestallung zugefertigt wird.
2. Der Betrag des Grehalts oder Einkommens soll gleichfalls nicht in die
Bestallungen aufgenommen, sondern dem betr. Individuo durch das Zufertigungs-
rescript oder durch abschrifU. Mitteilung der an die betr. Kassen oder Behörden
ergangenen Anweisungen eröffnet werden, wieviel derselbe nach dem Etat oder,
falls Abweichungen von demselben eintreten, nach den deshalb besonders
ergangenen Bestimmungen an Gehalt und Emolumenten zu beziehen haf
Vom K. SchulcoU. der Frov. Westfalen wird zu den Lehrervocationen
folgendes Formalar angewendet (1874):
,,Der — wird hierdurch zum — in der Erwartung von uns ernannt, dafs
Sr. Maj. dem Könige er unterthänig, treu und gehorsam sein, die Pflichten seines
Amtes, den bestehenden und noch zu erlassenden Vorschriften gemäfs, mit gewissen-
haftem Eifer und Fleifs erfüllen, den Anordnungen der vorgesetzten Behörden
willig Folge leisten, der Jugend überall mit ffutem Beispiel vorangehen und
überhaupt so viel an ilmi liegt, durch Wort und That dazu beitragen werde, dafs
ein den 'Gesetzen und Zwecken des Staats entsprechender Geist die Schüler
beseele. Dafür soll derselbe das ihm bewilligte Diensteinkommen zu beziehen
und sich aller sonstigen mit seinem Amte verbundenen Rechte und Befugnisse zu
erfreuen haben.*'
C. Verf. V. 11. Mai 1874: „Es ist neuerdings wiederholt vorgekommen,
dafs Lehrer auf den Wortlaut ihrer Berufungsurkunden den Anspruch gründeten,
in der Beihenfolge der Lehrer der betr. Anstalt immer eine bestimmte Stelle
einzunehmen. Dadurch kann, wie die Erfahrung gezeigt hat, die wahlberechtigte
Behörde bei einer Vermehrung der Lehrerzahl verhindert werden, in der Be-
setzung der Stellen das Interesse der Anstalt ausreichend zu berücksichtigen.
Ich bestimme deshalb, dafs hinfort in den Vocationen für Lehrer an königl.
Anstalten keine bestimmte Stelle bezeichnet, sondern aufser dem Betrage des
Einkommens nur angegeben wird, dafs der Betreffende als Oberlehrer, ordenü.
Lehrer, Hülfslehrer, techn. oder Elementarlehrer berufen wird, um auf solche
Weise den Anspruch des Lehrers auf den in der bezeichneten Lehrerkategorie
liegenden Bang und die ihm zugesicherte Gehaltscompetenz zu beschränken.
Dafs bei denjenigen Vocationen welche von den K. Prov.Sch.CC. zu be-
stätigen sind, nach demselben Grundsatz verfahren werde, wird den Schulpatro-
naten zu empfehlen sein." .
Min.Verf. v. 20. Juli 1874. „Die C.Verf. v. 11. Mai d. J. beabsichtigt
nicht, die bisherige Unterscheidung zwischen der Bestallung der Lehrer und dem
Zufertigungsrescript au&uheben. Demgemäfs bleibt bei der Berufdng von
Lehrern an königliche Anstalten die Angabe des mit der betr. Stelle verbundenen
Einkommens nach wie vor dem Zufertigungsrescript vorbehalten.^'
Bezüffl. der Bechtsverbindlichkeit einer Vocation ist in einem
besonderen Fall (s. GBl. 1874 p. 344) darauf aufmerksam gemacht worden, dafs
mit der Ausfertigung der Vocation allein die Anstellung in einem Lehramt noch
nicht perfect wird, die Rechtsverbindlichk. der Berafung vielmehr ihren Absohlufs
erst in der ohnehin zwangsweise nicht erreichbaren Annahme der Vocation von
Seiten des Lehrers, resp. mit dem factischen Antritt des Lehramts erhält. So lange
weder das Eine noch das Andere erfolgt ist, ist der Lehrer einerseits selbst
berechtigt» vor Annahme der Urkunde von seinen früheren Erk^rungen zurück-
zutreten, andererseits aber auch die berufende Behörde befugt, die von ihr aus-
gehende Ernennung für wirkungslos zu erklären und zurückzuziehen.
lOS
• -
Bei Versetzung eines Directors, Oberlehrers oder Lehrers von einer konig^l.
an eine andere königliche Anstalt wird eine neae ßestaliung oder besondere
Berafungsurkunde nieht ausgefertigt. Die Versetzung geschieht einfach durch
Verfügung der betr. Behörde. Vgl. p. 86. lieber Versetzungstermine s. G.Verf.
V. 15. März 1881 Abschn. VI.
Im Uebrigen, auch wegen Einführung der Directoren, s. Abt. I p. 31. —
Die Einführung der Lehrer geschieht in der IRegel durch den Director.
Wegen der Stempelvorschriften vgl. Abschn. IV.
Bang und Titel.
Die Bangordnung in den Lehrercollegien höh. Schulen ist: Director
(Bector), etatsmäfs. Oberlehrer, etatsmäfs. ordentliche Lehrer, wissensch.
Hülfslehrer, technische und Elementarlehrer.
C.Verf. des Z. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 4. Juli 1865: „Es hat
sich herausgestellt, dafs von einzelnen Dir. in der den Programmen beigefügten
Uebersichtstabelle der Lehrer und der Lectionen sämtliche Hülfslehrer mit
der einfachen Bezeichnung „Lehrer*' aufgeführt werden. Dadurch wird der Irrtum
veranlafst, als ob an der betr. Anstalt eben so viel etatsmäfsige ordentl. Lehrer-
stellen vorhanden wären, was doch nicht der Fall ist. Jedes Gymnasium und
jede Realschule hat aufser dem Dir. eine bestimmte Anzahl etatsmäfsiger Ober-
und ordentlicher Lehrerstellen. Dazu kommen an einzelnen Anstalten, teils
dauernd, teils auf die Zeit des Bedürfnisses in der Regel nur für ein Semester
genehmigte wissenschaftl. Hülfslehrer, endlich die technischen Lehrer für, Schreiben,
Zeichnen, Singen und Trumen. Letztere Gegenstände werden an kleineren Anstalten
meist von einem Lehrer mit Seminarbildung vertreten, der auch noch einigen
Wissenschaft]. Unterricht in den untersten &\, erteilen kann und darum auch
vocationsmäfisig als ordentlicher Gymnasial-, resp. Eealschul - Elementarlehrer an-
gestellt ist. Als wissenschaftl. Hülfslehrer fung^n an einigen Anstalten Orts-
ffeistliche, Predigt- und Schulamtscandidaten, Schulamtscandidaten, Probanden und
liitglieder des iL pädagog. Seminars, selbst noch nicht pro facult docendi
geprüfte Candidaten.
Da die Programme in gewissem Sinne einen officiellen Charakter haben,
80 ist es zweckmäfsig, dafs aus ihnen bei der Aufzählung der Lehrer das wirkliche
Verhältnis derselben an der Anstalt sofort erkannt werden kann. Damm sind
auch die verschiedenen Kategorieen der Lehrer nach dem Etat bemerklich zu
machen. Dies läfst sich ermöglichen, wenn eine doppelte Zifiercolonne angewendet
wird, in deren erster die Ziffern durchlaufen von 1 (Director) bis x (letzter
Hülfs- resp. technischer Lehrer), deren zweite aber bei jeder Kategorie inmier
wieder von 1 beginnt; wobei unbesetzte Stellen durch vacat kenntlich zu machen
sind. Solche Kategorieen sind:
1. (etatsmäfsige zum Unterschiede von Titular-) Oberlehrer (Prorector,
Professor). 2. (etatsmäfsige) ordentl. Lehrer (Professor, Oberlehrer). 3. wissen-
schaftl. Hülfslehrer; wobei die für die Dauer genehmigten mit ihrem sonstigen
Charakter zuerst genannt werden, denen die für ein Semester genehmigten folgen
und je nach ihrer Qualifieation als Predigt- und Schulamtscandd., wenn sie pro
licentia concionandi und pro facult. docendi, als Schulamtscandd., wenn sie pro
facult. docendi geprüft worden, zu bezeichnen sind. Die Mitglieder des K. pädagog.
Seminars, sowie die Probanden sind als solche kenntlich zu machen, endlich die
noch nicht pro facult. docendi geprüften sind einfach als Candidaten zu benennen.
Wenn ein ordentl. Lehrer zugleich ein technisches Fach vertritt, so ist das in
Parenthese (zugleich z. B. Turnlehrer) anzugeben. 4. Technische Lehrer, die
nicht als ordentliche Lehrer vocationsmäfsig angestellt sind. Die festangestellten
Lehrer mit Seminarbildung, die entweder ausschliefsl. oder nur neben anderem
auch noch techn. Unterricht geben, sind in der Reihe der ordentl. Lehrer als
Gymnasial- resp. Realschul-Elementarlehrer aufzuführen.
Die Lehrer an den Vorschulen sind hinter sämtlichen Lehrern der Haupt-
anstalt als „Elementarlehrer" zu erwähnen und etwanige Hülfslehrer an derselben
als solche zu bezeichnen.
Zugleich machen wir darauf aufmerksam, dafs in Berichten, in Lections-
plänen, in Programmen nicht selten Lehrer und Schulamtscandd. als Doctoren
103
der Philosophie bezeichnet werden, von denen nach den diesseitiffen Acten
nicht bekannt ist, dafs sie diese Würde erworben haben. Bei dem MiTsbrauch,
der in neuerer Zeit mit dem Doctortitel getrieben wird, empfehlen wir den
Directoren, diesen Titel in amtl. Schriftstücken keinem Lehrer oder Gandidaten
beizulegen, der zur Führung desselben nicht berechtigt ist. Wenn ein Lehrer
oder während seiner Beschäftigung an der Anstalt ein Candidat diese akadem.
Würde erlangt, so ist dies unter Einreichung eines Abdrucks des Diploms anzuzeigen.*'
D«r Doctor-Titel. C.Verf. v. 7. März 1877. „Während gegenwärtig
die philosophischen Facoltäten der preofsischen Universitäten, einschliefslich der
Akademie zu Münster, die philosophische Doctorwürde durchweg nur nach vor-
gängigem mündlichem Examen und anf Gmnd einer gedruckten Dissertation
erteÜen, wird an einzelnen nichtprenfsischen Universitäten die Erfüllung der
genannten Vorbedingungen für die Promotion zum Doctor philosophiae nicht
gefordert. Es beruht hierin ein so wesentlicher Unterschied in der Bedeutung
der Würde, dafs es mir geboten erscheint, ihn im Bereich der diesseitigen Ver-
waltung künftig dadurch zur amtlichen Geltung zu bringen, dafs die Unterrichts-
behörden nur diejenigen dem Unterrichtswesen angehörenden Personen im amtlichen
Verkehr mit der Doctorwürde bezeichnen, welche sie auf die in Preufsen vorge-
schriebene Art erwerben. . Ich weise deshalb das K. Prov.Sch.C. etc. an, den an
öffentlichen oder privaten Lehranstalten Seines etc. Verwaltungsbezirks angestellten
oder künftig anzustellenden Lehrern, welche nicht gegenwärtig bereits im recht-
mäfsigen Besitz der Würde eines Doctor philosophiae sind, sondern sie erst künftig
erwerben sollten, im amtlichen Verkehr den Doctortitel nur dann beizulegen, wenn er
ihnen von einer preufsischen Universität oder von der Akademie zu Münster erteilt
ist, oder wenn der von einer nichtprenfsischen Universität Promovirte dem K.
Prov.Sch.C. etc. nachweist, dafs er auf Grund mündlichen Examens und ge-
druckter Dissertation die Würde erlangt habe. Wird letzterer Nachweis nicht
erbracht, so ist der auswärts erworbene Doctortitel amtlich nicht zu berück-
sichtigen. Eine Ausnahme ist in letzterer Hinsicht nur bei Lehrern zu machen,
welche aus fremdem Staats- oder Schuldienst in den diesseitigen übertreten und
bei diesem Uebertritt bereits den. Doctortitel einer nichtprenfsischen philoso-
phischen Facultät besitzen sollten. Die von einer deutschen Facultät aus eigener
Bewegung honoris causa zur Belohnung besonderer wissenschaftlicher Verdienste
erfolgenden Promotionen werden von dem gegenwärtigen Erlafs selbstredend
nicht beruhrt.^^ Der Minister etc. Falk.
Der Directortitel. C.Verf. v. 10. Jan. 1842 (an die K. Regierungen):
„Ans den von den K. Begierungen über die Verleihung des Titels* Director an
Vorsteher öffentlicher Schulen erstatteten Berichten hat sich ergeben, dafs bisher
dieser Titel in der Begel nur Vorstehern höherer Unterrichtsanstalten und zwar
meist auf den Antrag der betr. K. Regierung vom Ministerium der geistl. etc.
Ang. beigelegt worden ist Nur in wenigen Fällen ist die Beilegung desselben
von Provinzialbehörden oder mit deren Genehmigung von Magistraten als
Patronen ausgegangen, auch nur in seltenen Ausnahmen an Dirigenten solcher
Institute erfolgt, deren Bestimmung zwar über den gewöhnl. Elementarunterricht
hinausgeht, aber doch das den höh. Schulanstalten vorgesteckte Ziel nicht
erreicht. Mitunter hat die Verleihung des Directortitels eine Auszeichnung für
Männer von ungewöhnlichem Diensteifer und erprobter Amtsthätigkeit bezweckt,
oder es ist dieser Titel Vorstehern höh. Schulanstalten blofs darum beigelegt
worden, um, namentl. bei neu errichteten Schulen dieser Art, die Wirksamkeit
der Vorsteher von der der Vorsteher der allg. Stadt- und gröfseren Volksschulen,
welche gewöhnlich Rectoren heifsen, zu unterscheiden.^)
^) Die Hauptlehrer der Gemeindeschulen, sowie der Vorsteher der städt.
Taubstummenanstalt zu Berlin führen vom 15. April 1878 ab den Titel: Rector.
Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 29. Dec. 1877.
I
104
Damit fortan eine feste Begel in dem Gebrauch des Titels Director
l)eobachtet werde, insofern damit nicht lediglich eine factische Bezeichnung' des
Yorsteheramts ansgedräckt, sondern ein amü. Ehrentitel beigelegt nnd in öffenü.
Yerhandlnngen davon Grebranch gemacht werden soll, ist künftig darauf zu
sehen, dafs nnr die Dirigenten der höh. Schulanstalten,* nämlich: der vollstän-
digen Gymnasien, der öffenÜ. Schnllehrer-Seminare nnd der voUständigen, zu
Entlassungsprüfxingen berechtigten Bealschnlen, den Titel Directoren derselben
fcQiren und auch in officiellen Schreiben so benannt werden. Die jetzigen Vor-
steher an Anstalten, welche zn den vorerwähnten nicht gehören, sollen, insofern
sie sich mit Genehmigung der betr. Staatsbehörde im Besitz nnd Gebrauch
dieses Titels befinden, darin belassen werden; auf ihre l^achfolger aber soll er
nicht übergehen.
Indem ich noch bemerke, dafs vorstehende Verfügung nur die Dirigenten
derjenigen Schul- und ünterrichtsanstalten betrifft, welche zu dem Bessort des
mir anvertrauten Ministerii gehören, fordere ich die E. Begiemng auf, sich
hiemach zu achten und gelegentlich an die betr. Patronatsbehörden das Erfor-
derliche zu verfagen.^' Der Minister etc.
Der Prorectortitel. Min. Verf. v. 9. Oct. 1876. „Wenn das K.
Prov.Sch.C. in seinem Berichte vom 16. v. M. bei Motivirung des Antrags, dem
ersten Oberlehrer an jedem Gymnasium und jeder Bealschule der dortigen Pro-
vinz den Prorectortitel beizulegen, von der Voraussetzung ausgeht, dafs bei
Verhinderung des Directors oder bei Erledigung des Directorats stets derjenige
Oberlehrer, welcher die höchst dotirte SteUe inne hat, mit der interimistischen
Leitung der Anstalt zu beauftragen sei, so mujTs ich darauf hinweisen, dafs diese
früher allgemein übliche Praxis jetzt nicht mehr in vollem Umfange aufrecht
erhalten werden kann. Die nothwendige Folge davon würde sein, dafs einem
Oberlehrer das Aufrücken in die höchste Gehaltsstufe zu versagen wäre, sobald
er zur zeitweiligen Verwaltung der Directoratsgeschäfte nicht geeignet ist. Da
in einem derartigen Verfahren eine Unbilligkeit gegenüber solchen Lehrern
liegen würde, welche abgesehen von diesem Mangel wegen ihrer sonstigen
Leistungen und wegen ihres gesamten dienstlichen Verhaltens einer Beförderung
durchaus würdig erscheinen, so ist in anderen Provinzen bereits in mehreren
Fällen das Aufrücken solcher Lehrer in die höchste Gehaltsstufe genehmigt uftd
die Vertretung des Directors einem der übrigen Oberlehrer übertragen worden.
Dem entsprechend wird auch in der dortigen Provinz bei Besetzung der höchst-
dotirten Oberlehrerstellen in besondere Erwägung zu nehmen sein, ob der nächst-
folgende Oberlehrer, auch wenn ihm die Befähigung zur vorübergehenden Ver-
waltung der Directoratsgeschäfte abgeht, doch ohne Schädigung der Anstalt in
die SteUe mit höherer Besoldung auMcken kann. Da demnach der Prorectortitel
nicht mehr die zutreffende Bezeichnung einer bestimmten Oberlehrerstelle bildet,
mufs ich Bedenken tragen, denselben an den höh. Lehranstalten der dortigen
Provinz, in welcher er bisher nicht gebräuchlich gewesen ist, unter den ver-
änderten Verhältnissen neu einzufahren." Der Minister etc. Falk.
Bangyerhftltnis ün öffentlichen Leben.
Verfassungs-Urkunde v. 31. Jan. 1850. §23 . . . ,J)ie öffentlichen
Lehrer haben die Bechte und Pflichten der Staatsdiener.*^
A. LB. T. n Tit. 12 § 65. „Die Lehrer bei den Gymnasien und anderen
höh. Schulen werden als Beamte des Staates angesehen." ....
Die Allerh. Verordnung v. 7. Febr. 1817 (über den Bang der Civil-
beamten) und die Ergänzungen derselben gehen auf das Lehramt nicht ein.
Die Directoren und Lehrer gehörten noch zu denjenigen Beamten, denen ein
bestimmter Bang nicht beigelegt ist.
,-«1
105
* _
Dieselbe Yerordnnng bestimmt § 5 für die auf die activen Staatsminister
folgenden Beamten 5 Bangklassen, in deren 4ter die Kammergerichts- und
OLandesgehchts-Bäihe, sowie die Regiemngsräthe stehen, in der 5ten die
Assessoren.
C. 0. V. 23. D e c. 1842 (an den Min. der geistl. etc. Ang.) : „Ich bestimme
auf Ihi*en Bericht v. 3. Oct. d. J,, dafs
1. dieordentl. Professoren derjenigen ünterrichtsanstalten, welche
einzelne Facultäten einer Universität umfassen, ebenso wie nach der Ordre v.
13. Nov. 1817 die ordentl. Professoren der Universitäten den Bang eines
Begierungs- nnd OLandesgerichtsraths, und die aufserordentl. Professoren jener
Ünterrichtsanstalten gleich den aufserordentl. Professoren der Universi-
täten den Bang eines Begierungs- und OLandesgerichts-Assessors haben;
2. dafs die Directoren der Kunstakademien, der Gymnasien und der
vollständigen, zu Entlassungsprüfangen berechtigen höh. Bürger- [Beal-] Schulen
den ordentl. Professoren der Universitäten im Bange gleich stehen, und
3. dafs alle übrigen Professoren bei denselben, sowie die Directoren
der SchuUehrer-Seminarien den Bang der aufserordentl. Professoren der Uni-
versitäten erhalten sollen. Jedoch behalte Ich Mir vor, besonders ausgezeich-
neten Seminardirectoren auf Ihren Vorschlag auch den Bang der ordentl.
Professoren an den Universitäten zu verleihen. —
Die Verleihung des Prädicats als Professor an Lehrer, welche nicht zu
den ordentl. Professoren der Universitäten und den zu 1. erwähnten Unter-
richtsanstalten gehören, bleibt Ihnen künftig überlassen. Denjenigen unter den
zu 3. erwähnten Professoren, welchen dieser Titel durch ein landesherrl. Patent
beigelegt worden ist, verbleibt far ihre Person der Bang eines Titularraths
2. Klasse. Ich überlasse Ihnen, diese Bestimmungen zur Kenntnis der Behörden
zu bringen."
Diese AUerh. Bestimmung ist von Seiten des Ministers unter dem 26. Febr.
1843 publicirt worden.
Allerh. Erlafs v. 23. Juli 1886. „Auf Ihren Bericht vom 17. Juli
d. J. verleihe Ich hierdurch den Bectoren (Directoren) der staatlichen und
der sonstigen unter alleiniger Verwaltung des Staates stehenden Progymnasien,
Bealprogymnasien, Beal- und höh. Bürgerschulen, sowie den Oberlehrern und
ordentlichen Lehrern an den staatlichen und den sonstigen unter alleiniger
Verwaltung des Staates stehenden höheren Unterrichtsanstalten den Bang der
fünften Klasse der höh. Beamten der Provinzialbehörden und wiU Sie ferner
ermächtigen, den Dirigenten und wissenschaftlichen Lehrern der unter alleiniger
Verwaltung des Staates stehenden nichtstaatlichen höH. Lehranstalten den
tarifmäfsigen Wohnungsgeldzuschufs der Beamten der fünften Bangklasse zahlen
zu lassen, sofern die etwa erforderlichen Mittel bei den bezüglichen Anstalten
voraussichtlich dauernd vorhanden sind." gez. Wilhelm, ggez. von Gofsler.
üeber die Classification der Lehrer aus Anlafs der Wohnungsgeld.
Zuschüsse s. hier weiterhin in Abschn. VI; vgl. über die Rangfrage die Mit.
teilungen in der Hist. statist. Darsi III p. 27.
Zusätzliche Bemerkung aus der 2. Aufl. Bei verschiedenen Ge-
legenheiten ist vom Ministerium ausgesprochen worden, dafs bei den höh. Lehr-
anstalten der Professortitel eine sparsam gewährte Auszeichnang Deijeniffen
bleiben soll, welche in Hauptlehrfächem die Qualification für die obersten Kl.
besitzen und sich nicht nur als Lehrer vorzüglich bewährt, sondern auch in
wissenschaftl. Beziehung von vorteilhafter Seite bekannt gemacht haben.
An einigen G^ymn. in Westpreufsen, sowie in den Provinzen Brandenburg,
Schlesien nnd Sachsen ist der Professortitel mit einer bestimmten Zahl von Ober-
lehrerstellen stiftungsmäfsig oder durch besondere Verleihung oder nach altem,
anerkanntem Herkommen verbunden. Den K. Prov. SchulcoU. ist zur Pflicht
106
gemacht darauf zu sehen, dafs in solche Stellen nur Lehrer ascendiren oder
berufen werden, welche den für Erteilung des Professortitels vorgeschriebenßn
wissenschaftl. Anforderungen völlig entsprechen und der in demselben liegenden
Auszeichnung in jeder Beziehung würdig sind.
Directoren erhalten in der Begel nicht mehr den Professortitel.
Min.yerf. v. 20. März 1839: ,,E8 scheint dem Ministerium nicht räthli^ih,
den Dir. der Gymn. den Professortitel zu verleihen, teils weil derselbe für sie
nach der Ansicht des Ministers keine Auszeichnung mehr ist, teils weil das
Prädicat Director das Amt, welches die Vorsteher der Gymn. verwalten, zweck -
mäfsig bezeichnet und somit passender ist als der Professortitel, welcher seither
und mit wenigen Ausnahmen nur an Gymnasiallehrer, die sich durch eine
lange Dienstzeit oder durch Wissenschaft. Leistungen Ansprüche auf ein öffentl.
Anerkenntnis erworben hatten, verliehen worden ist Das Ministerium erachtet
überdies für nöthig, dafs bei den Dir. und Lehrern der Titelsucht in keinerlei
Weise Vorschub geleistet, vielmehr einem solchen Streben überall entgegen-
gearbeitet werde." —
Bei dem Titel Oberlehrer findet die Unterscheidung von etatsmäfsigen
und Titular- Oberlehrern Statt. Letztere gehören zu den in der Ordnung der
LehrercoU. auf die etatsm. Oberlehrer folgenden ordentl. Lehrern. (Vgl. S. 102.)
C.Verf. V. 27. März 1845: „Bei den Anträgen auf Verleihung des Ober-
lehrertitels an ordentl. Lehrer der Gymn. resp. der zu Entlassungsprüfungen
berechtigten Real- und höh. Bürgerschulen sind die K. Prov.Schulcoll. in neuerer
Zeit nicht immer von gleichen Grundsätzen ausgegangen. Ich sehe mich daher
veranlafst, für künftige Fälle Folgendes zu bestimmen:
Der Titel Oberlehrer ist entweder mit der Stelle, welche der Lehrer
einnimmt, von selbst verbunden [etatsmäfsige Oberl.], oder wird als persönl.
Auszeichnung für besonders erworbene Verdienste, abgesehen von der besonderen
Natur der Stelle, verliehen [Titular-Oberl.].
Zu denjenigen Lehrstellen, mit welchen der Titel Oberlehrer verbunden ist,
dürfen nur solche Schulmänner gewählt und vorgeschlagen werden, die nach
der Vorschrift des Reglm. für die Prüfting pro fac. doc. ihre Befähigung für
den Unterr. in den beiden oberen El. dargethan haben.
Bücksichtl. der Verleihung des Titels Oberlehrer als persönl. Aus-
zeichnung der nicht in den gedachten oberen Lehrstellen stehenden ordentl.
Lehrer bleibt es bei der Bestimmung der C.Verf. v. 24. Oct. 1837 [s. Abt. I
S. 57] , wonach dazu nur diejenigen ordentl. Lehrer vorgeschlagen werden dürfen,
welche durch längere Verwaltung des Ordinariats einer Klasse sich als besonders
tüchtige Lehrer und ^Erzieher bewährt und sich um die Schule ein bedeutendes
Verdienst erworben haben.
Für jedes Gymn. resp. jede zu Entlassungsprüfungen berechtigte Real-
und höh. Bürgerschule sind diejenigen Lehrstellen, deren Inhabern das Prädicat
Oberlehrer als mit dem Amt verbunden beizulegen ist, fest zu bestimmen. Es
ist dabei als Begel anzunehmen, dafs bei einem Gymn. resp. einer Realschule
mit 7 ordentl. Lehrern (mit Ausschlufs des Dir.) 3 Stellen als Oberlehrerstellen
zu bezeichnen sind. Bei umfangreicheren und mit einer gröfseren Zahl von
ordentl. Lehrern versehenen Anstalten, deren I und 11 etwa in 2 von einander
getrennte Abt. zerfallen, kann die* Zahl der Oberlehrerstellen den Verhältnissen
nach angemessen vermehrt werden. Wo den Inhabern der Oberlehrerstellen
besondere Titel, wie Professor, Prorector, Conrector etc. stiftungsmäfsig beigelegt
sind, soll in diesen Titulaturen auch für- die Zukunft nichts geändert werden.
Die Unterscheidung der Lehrer durch Bezeichnung als Ober- und ünterlehrer
bleibt jedoch abgeschafft Es sind vielmehr die Inhaber der Oberlehrerstellen
als Oberlehrer resp. mit ddn ihnen stiftungsmäfsig zukommenden Titeln, alle
übrigen ordentl. Lehrer dagegen, insofern ihnen für ihre Person das Prädicat
107
Oberlehrer oder ein anderer Titel stiftangsmäfsig nicht beigelegt ist, als
ordentliche Lehrer zu bezeichnen und so auch in den Etats der betr.
Anstalten aufzufuhren." (Vgl. Abt. I S. 1^ und 101.)
MinisiVerf. v. 6. Apr. 1857: — ,Jn eine Lehrerstelle, mit welcher
der Oberlehrertitel verbunden ist, d. h. in eine etatsm. Oberlehrerstelle können
nur solche Lehrer eintreten, welche die facult. docendi for die oberen El. in
YorschriftsmäXsiger Weise erworben haben. Davon hängt aber die Verleihung
des Titels eines Oberlehrers nicht ab, welcher auch solchen Lehrern verliehen
werden kann, die sich eine Beihe von Jahren hindurch als Ordinarien der
mittl. und unteren KL didaktisch und pädagogisch vorzüglich bewährt haben.
Dieser l^itel berechtigt jedoch keineswegs zum Eintritt in eine etatsm. Ober-'
lehrerstell«, und würde eine desfallsige irrige Meinung, bei der Verleihung
desselben zu berichtigen oder der Entstehung derselben vorzubeugen sein.'* —
Ueber die für den Eintritt in eine etatsmäfs. Oberlehrerstelle erforderliche
wissenBchafÜ. Qualification 8. p. 35 (und 2. Ausg. p. 71).
Bei Berechnung des Verhältnisses, in welchem die Zahl der Oberlehrerstellen
in einem LehrercolL zu der Zahl der anderen Lehrer in demselben steht, werden
die Hülfslehrer, ebenso die technischen und Elementarlehrer, nicht mitgezählt.
Min, Verf. v. 20. Dec, 1872: — „Im Uebrigen bemerke ich, dafs bei Fest-
stellung des numerischen Verhältnisses der Oberlehrer -r zu den anderen Lehrer-
stellen einer Anstalt nur die definitiv angestellten wissenschaftl. Lehrer in
Betracht kommen, dafs aber die Zahl dieser Lehrer keineswegs das allein Mafs-
gebende ist, dafs vielmehr aufser den Qualificationszeugnissen auch zu berück-
sichtigen ist, wie sich die Zahl der oberen Elassen zu der der mittl. und
unteren verhält. Das üeberwiegen der letzteren mufs nothwendig auch eine
angemessene Beschränkung der Oberlehrerstellen zur Folge haben.'*
Bei den Verhandlangen über die Wohnungsgeldzuschüsse sind für die
Staatsanstalten diese Grundsätze aufgegeben worden (vgl. Hist. statist. Darst. III
p. 25), indem für dieselben bestimmt worden ist, dafs hinfort die Zahl der Ober-
lehrerstellen, einschliefsl. der Stelle des Dir., die Öälfte der Gesamtzahl der
ordentl. Lehrerstellen, einschliefsl. der Stelle des Dir., betragen soll.
Ascensionen innerhalb der etatsm. Oberlehrerstellen bedürfen der Ge-
nehmigung des Ministers.
C.Verf. V. 17. Juni 1886. „Dem K. Prov.Sch.C. erwidere ich auf den
Bericht vom 6. Mai d. J., die Stellung der Mittelschullehrer an den
höheren Bürgerschulen betreffend, hiermit Folgendes:
Durch die Verfügung vom 21. September 1878 (Abt. I S. 157) ist
bestimmt worden, dafs an höh. Bürgerschulen der Dirigent und mindestens die
Hälfte der Lehrer akademische Büdung besitzen und die Prüfung für das
höhere Lehramt abgelegt haben müssen und dafs für die übrigen der Nachweis
der Lehrbefähigung auf Grund seminaristischer Vorbildung genügt. In dieser
Bestimmung ist durch die Lehrpläne far höh. Schulen vom 27. Mai 1882 eine
Aenderung nicht eingetreten. Daraus ergiebt sich, . dafs an höh. Bürger-
schulen, abgesehen von den Lehrern im Nebenamt, nur zwei Elassen von
Lehrern zugelassen sind, nämlich solciie, welche die Prüfung pro facultate
docendi abgelegt, und solche, welche auf Grund seminaristischer Vorbildung die
betr. ihnen zugänglichen Prüfungen bestanden haben. Dabei macht es keinen
unterschied, ob die seminaristisch gebildeten Lehrer auch die Qualification als
MittelschuUehrer erworben haben und pro rectoratu geprüft sind. Dieser
ihrer Vorbildung entsprechend werden die Lehrer an höh. Bürgerschulen auch
bezüglich der Gehälter in zwei Abteilungen zu scheiden sein, so zwar, dafs die
etatsmäfsig angestellten wissenschaftl. Lehrer einerseits und die seminaristisch
vorgebildeten Lehrer anderseits in der Regel unter einander rangiren. Für eine
dritte Abteilung von Lehrern, die der Mitlelschullehrer, ist nach der Organisation
108
dieser Anstalten kein Banm. In den Programmen derselben sind nach dem
Bector diese beiden Abteiinngen von Lehrern nacheinander and innerhalb jeder
Abteilang die einzelnen in der Beihenfolge, welche sie im Etat einnehmen,
anfznfahren. Was die Beschäftigung der seminaristisch gebildeten Lehrer
betrifft, so werden dieselben in den meisten Fällen über IV hinaus nicht zu
verwenden sein. Das zulässige Maximum der wöchentlichen Stundenzahl beträgt
für sie 28. Wo bisher an einzelnen höh. Bürgerschulen Elementar- oder
MittelschuUehrem besondere von Vorstehendem abweichende Vergünstigungen
hinsichtlich des Gehaltes, der Stellung innerhalb des LehrercoUegiums und der
wöch. Stundenzahl seitens der Patrone zugesichert sind, muTs es selbstredend
dabei sein Bewenden behalten. Für die Zukunft aber sind bei der Begelung
der äufseren Verhältnisse der Lehrer an höh. Bürgerschulen die angedeuteten
Gesichtspunkte zu beachten. Sollte im concreten Fall aus triftigen Gründen
eine Abweichung davon geboten erscheinen, so ist vorher meine Genehmigung
dazu einzuholen.^^ In Vertr.: Lucanus.
Beim Ausscheiden ans dem Lehramt wird der Professor- oder Oberlehrer-
Titel nicht erteilt:
Min. Verf. v. 15. Febr. 1865: „Der Dir. N. hat für den Lehrer N.,
dessen Pensionirung zu Ostern d. J. bevorsteht, die Verleihung des Oberlehrer-
titels erbeten. Ich beauftrage das K. Prov. Seh. C, den Dir. N. dahin zu
bescheiden, dafs einem Lehrer bei seiner Emeriturung eine derartige Aus-
zeichnung durch einen höheren Titel nach den bestehenden Verwaltungsgrund-
sätzen nicht gewährt werden kann."
Der Titel Musikdirector. Minist. Bekanntm. v. 9. Juli 1850: „Es
haben in neuerer Zeit so häufig Bewerbungen um Bewilligung des Prädicata
Musikdirector, dessen Erteilung von mir ausgeht, stattgefonden, dafs ich mich,
um die Würde der durch diese Auszeichnung angedeuteten künstlerischen
Stellung aufrecht zu erhalten, veranlafst gesehen habe, die Bedingungen, unter
welchen das genannte ^Prädicat erteilt wird, einer Bevision zu unterziehen.
Nachdem ich darüber das Gutachten der musikal. Section der K. Akademie der
Künste entgegengenommen, habe ich gegenwärtig die Bestimmung getroffen,
dafs bei der ohnehin möglichst zu beschränkenden Erteilung des Prädicats
Musikdirector in Zukunft nur solche Musiker berücksichtigt werden sollen,
welche eine allgm. wissenschaftl. und gründliche musikal. Bildung besitzen, sich
durch gröfsere musikal. Compositionswerke, die Anerkennung geftinden, bekannt
gemacht und sich vornehmlich auch durch die Direction bedeutender, aus fest-
stehenden musikal. Einrichtungen hervorgegangener Musikaufführungen mit
Erfolg bewährt haben. Zugleich behalte ich mir vor, in den einzelnen Fällen
das Gutachten der durch die musikal. Section der K. Akademie der Künste
vertretenen Sachverständigen einzuholen.
Ich bringe das Vorstehende zur öffentl. Kenntnis, damit zur Vermeidung
unbegründeter Gesuche und zurückweisender Bescheide bei künftigen Be-
werbungen um das genannte Prädicat auf die von mir gestellten unerläfslichen
Bedingungen und auf die nach den Umständen erforderl. Beibringung der
Zeugnisse über die vollständige Erfüllung der letzteren die nöthige Bücksicht
genommen werde."
Strafgesetzb. v. 31. Mai 1870 bezw. 26. Febr. 1876. § 360, 8: „Mit
Geldstrafe bis zu 50 Thlrn. oder mit Haft wird bestraft — wer unbefugt eine
Uniform, eine Amtskleidung, ein Amtszeichen, einen Orden oder ein Ehren-
zeichen trägt, oder Titel, Würden oder Adelsprädicate annimmt; ingleichen
wer sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zuständigen Beamten
gegenüber bedient."
109
IV.
Amtspflichten.
* Die allgm. Bestimmangeii der Instructionen für die Dir., die Elassen-
ordinarien und die Lehrer finden nicht nur auf die Gymn.und Bealschulen 1. 0.,
sondern auch auf die übrigen höh. Lehranstalten je nach Verhältnis analoge
Anwendung. C.Verf. v. 11. Juni 1868. CBl. p. 332.
Instruetionen fOr die Directoren der Gymnasien and der Beal-
sehnlen 1. 0.
Provinz Ost- und Westpreufsen.
Instr. vom Jahre J867.
„L Allgm. Stellung des Directors. § 1. Der Dir. ist der Vorsteher
des Gymnasiums (der Bealschule) und hat als solcher die Leitung sämtlicher
Angelegenheiten, welche das Wohl der Anstalt betreffen.
U. Verhältnis zu den Behörden. § 2. Das K. Prov.Schulcollegium
ist die dem Dir. zunächst vorgesetzte Staatsbehörde. In diesem Verhältnis der
Unterordnung ist er einerseits das Organ, durch welches das K. Prov.Sch.C. alle
die Anstalt betreffenden Verfagungen zur Ausfuhrung bringt und andererseits
Ton allen das Gedeihen der Anstalt fördernden oder hemmenden Zuständen
Kenntnis erhält. § 3. Demnach hat der Dir. alle an die Anstalt gerichteten
Schreiben zu eröffnen und die von derselben ausgehenden Schreiben und
Zeugnisse anzufertigen, zu vollziehen und erforderl. Falls mit dem Amtsiegel zu
beglaubigen. § 4. Er hat die an ihn gerichteten Verfügungen des K. Prov.Sch.C.
unverzüglich in Ausführung zu bringen oder, falls besondere Umstände diese
Ausführung bedenklich machen, darüber sofort zu berichten. § 5.^) Er hat
•
*) YerzeichniB der in feststehenden Terminen zu erstattenden
Geschäftsberichte an das K.Prov.Sch.C. (für Ostpreufsen): 1. biszum
2. Jan. Anipeldungen zu den Abiturientenprüfungen für Ostern, ev. Vacatanzeige,
(nach Vf. 28. Juni 1882 bezw. C.Vf. 27. Mai 1882 S 5 Nr. 6, s. Abt. I S. 396)
2. 1. Febr. Anzeige betr. bauliche Veränderungen (Zu- und Abgänge) in den
Dienstwohnungen an Staatsanstalten (Vf. v. 20. Dec. 1880, Vacatanzeige nicht
erforderlich). 3. . Dgl. Erhebungsliste der Wittwen- und Waisengeldbeiträge
(Vf. 30. Jan. 1884). 4. 1. April Lections- und Stundenverteilungsplan für das
beginnende Schuljahr (Vf. 20. April 1874). 5. Dffl. Nachweisung der von
Ostern des vergangenen bis 0. des laufenden Jahres beschäftigten Probecandidaten,
ev. Vacatanzeige (Vf. 1. Mai 1872; vgl. Nr. 17). 6. Dgl. Bericht über
den Ausfall des Probejahres der den Anstalten überwiesenen Candidaten (Vf.
1. Mai 1867; vgl. Nr. 19). 7. DgL Anmeldung nothwendiger Reparaturen an
K. Dienstgebäuden (Vf. 24. Jan. 1870 u. 25. Aug. 1880; Vacatanzeige nicht er-
forderlich). 8. 15. April Tabelle über die zu Ostern geprüften Abiturienten
(Vf. wie zu Nr. 1 ; vergl. Nr. 21. Die Prüfungsveiiiandlungen werden nur auf
bes. Anordnung eingereicht, Vf. 11. Aug. 1885). 9. Dgl. Uebersicht der im
vergangenen Säuljahr abgehaltenen Reifeprüfungen (Vf. 4. April 1885). 10. Dgl.
Einreichung der Schulproff ramme (Vf. 8. Mai 1875; vgl. Nr. 20. Wegen directer
Einsendung von 6 Exempl. an d. Geh. Registratur des Min. Vf. 12. Oct. 1877,
bezw. 6. Oct 1877, s. Abt. I S. 381). 11. 1. Mai. Schlufsfrequenzliste des
vergang. Wintw- und Anfangsfrequenzliste des beginnenden Sommersem. (Vt
31. Mu 1860 und 16. Mai 1874; vgl. Nr. 22). 12. Dgl. Veränderungen ge^en
die Anträge v. 1. Nov. (Nr. 23) auf Zurückstellung wehrpflichtiger Lehrer (Vf.
13. Juni 1859, Schema A zu S 21 der Wehrordnun» v. 28. Sept 1875; Vacat-
anzeige nicht erforderlich). 13. 15. Mai. Personal-Veränderung^-Nachweisung
110-
die ihm obliegenden Berichte ungesäumt nnd mit gewissenhafter Trene zu
erstatten nnd aach ohne besondere Äoffordernng über aUe wichtigeren An-
ev. Vacatanzeige und alle 3 Jahre (beginnend von 1882 für die Bealanstalten, von
1883 für die (^rmn. und Progymn.) vollBtändige Nachweisung des LehrercoUegittms
(Vf. 10. Juli 1876 u. 13. Juni 1881; Personal-Notizblätter sind nur für die in-
zwischen definitiv angestellten Lehrer beizufügen). 14. Dgl. Uebersicht über
die Zu- und Abgänge in den Lehrercollegien für das abgelaufene Schuljahr (Vf.
13. Sept. 1886). 15. Dgl. alle drei Jahre Jahres- u. Disciplinarberichte (Vf.
28. Juli 1883 ; an den Qymn. und Progymn. 1889, 92, 95 etc., an den Bealanstalten
1888, 92 etc. für 3jähr. Zeitraum von Ostern zu Ostern. 16. 1. Juli Anmeldungen
zu den Abiturientenprüfungen fijr Michaelis (wie Nr. j). 17. 1. Oct. Ni^-
weisung der Probecandidaten von Michaelis zu Michaelis (wie Nr. 5). 18. Dgl.
Stundenverteilungsplan für das Wintersem. (wie Nr. 4). 19. DgL Berichte
aber den Ausfall des Probejahres (wie Nr.. 6). 20. Dgl. Anmeldung der Ab-
handlung für das Osterprogramm, ev. Vacatanzeige (Yf. 8. Mai 1875). 21. 15. Oct.
Tabelle über die zu Michaelis geprüften Abiturienten (wie Nr. 8). 22. 1. Nov.
SchluTsfrequenzliste des vergangenen Sommer- und Anfangsfrequenzlisto des be-
. ginnenden Wintersem. (wie Nr. 11). 23. Dgl. Anträge aui Zurückstellung wehr-
pflichtiger Lehrer für den Fall einer Mobilmachung unter ausführlicher Begrün-
dung ihrer Unabkömmlichkeit (wie Nr. 12). 24. 15. Nov. Personalveränderungs-
Nachweisung, ev. Vacatanzeiffe (wie Nr. 13). 25. Dgl. Anträge auf Gewährung
von Vorschüssen für König!. Anstalten (Vf. 9. März 1882; Vacatenzeige nicht
erforderlich). 26. 1. Dec. Bericht über etwaige Kunstsammlungen und deren
Ergänzung (Vf. v. 20. Juli 1887). 27. Dffl. Anzeige über die im Laufe des
Jahres stat^efundene Zulassung zu Portepeenlhnrichs-Prüfungen, ev. Vacatanzeige
(Vf. 6. Nov. 1871). 28. Dgl. Anträge für Einführung neuer Lehrbücher (Vf.
i^. Febr. 1880; Vacatanzeige nicht erforderlich). 29. Ende Dec. Anträge auf
Bewilligung von Geldmitteln für auTserordentliche Mehrbedürfnisse bei Könifl.
Ajistelten zu Klassenteilungen, Bauten ete. durch den Staatshaushaltsetat (Vf. 19. Mai
1880; Vacatanzeige nicht eriforderlich). 30. Dgl. Anträge auf Erstattung
etwaiger Rechnungs-Deficits bei Königl. Anstelten (V£ 19. Mai 1880; Vacatanzeige
nicht erforderlich).
•
(Für Westpreufsen). 1. Alle drei Jahre zum 15. Mai Verwaltungs-
berichte. a) der Gyminasien und Progymnasien 1886, 1889 u. s. f. b) der Beal-
anstalten 1885, 1888 u. s. f. (Vf. 17. Dec. 1878). 2. In der ersten Schu^-
w o c h e des Sem. Nachweisung der Anfangsfrequenz fVf. 31. März 1860). 3. Dgl.
Nachweisung der Schlufsfrequenz (Vf. 16. Apr. 1885). 4. Bis zum 15. Apr.
Einsendung der Abiturientenprüfungs-Tabellen (Vf. 16. Apr. 1885). 5. 15. Mai
und 15. Nov. Personalveränderungs-Nachweisung (Vf. 10. Juli 1876 u. 1. Apr. 1881).
6. Vier Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres Einreichung des Lehr-
und Stundenplanes (Dir. Instr.; Vf. 4. Febr. 1850). 7. Drei Wochen vor
dem Schlufs des vorhergehenden Schuljahres Anträge auf Einfuhrung
neuer Lehrbücher (C.Vf. 12. Jan. 1880, s. Abt. I S. 366; Vacatanzeige nicl^
erforderlich). 8. 1. Mai und 1. Nov. Anträge auf Zurückstellung militär
pflichtiffer Lehrer (Vf. 13. Juli 1859; Vacatenzeige nicht erforderlich). 9. 1. Oct'
Sünsenaung des Themas der Programmabhandlung, ev. Vacatenzeige (Vf. 8. Mai 1875).*
10. Sofort nach dem Erscheinen Einsendung von drei Prognuoamexemplaren
. (Vf. wie Nr. 9). 11. Sofort nach Ablauf Bericht über das von Gandidaten
abgelegte Probejahr rVf. 13. Dec. 1858 und für Bealanstalten 20. Oct 1860; Vacat-
anzeige nicht erforderlich). 12. Spätestens 2Va Monat vor Semesterschlufs
Anmeldung der Abiturientenprüfung, ev. Vacatanzeige (Prüfungsordnung § 5 ; An*
meldungsbericht an das £. Prov.Sch.C., Prüfungsaufgaben an den £. Gommissarias).
13. 1. Apr. und 1. Oct Tabellarische Nachweisung der Probecandidaten, ev. Vacat-
anzeige (Vf. 1. Mai 1872). 14 1. Oct Tabellarische Uebersicht der vor-
gekommenen Dispensationen vom Beligionsunterr. (Vf. 20. Aug. 1875 ; Vacatanzeige
nicht erforderlich). 15. 1. Mai Anträge auf Bewilligung von Geldmitteln
durch den Staatehaushaltsetet (Vf. 5. Jan. 1874). 16. 1. Dec. Anzeige über
die im Laufe des Jahres angestellten Lehrer, welche mit GoUeflrien • Honoraren
. rückständig sind (VI 27. Oct 1879).
• 111
gelegenheiten der Anstalt an das K. ProY.Sch.C. zu berichten. § 6. Namentl.
hat er die Erledigang eines Lehramts sofort anzuzeigen nnd das hierdurch
entstehende Bedürfois der Anstalt dem Prov.Sch.C, bei Anstalten nicht königl.
Fatronats anch dem Patron, näher zn bezeichnen; er ist zugleich befi^, für
die' Wiederbesetznng der erledigten Stelle bestimmte Vorschläge zu machen.
§ 7.. Der Dir. ist verpflichtet, dem Commissarios des Prov.Sch.C. jegliche
Ansknnft; bereitwillig and rückhaltlos za erteilen, welche derselbe in Bezug auf
die Anstalt von ihm fordert. § 8. Bei Anstalten nicht königl. Patronats ist
der Dir. verpflichtet, auch dem Patron halbjährL Frequenzlisten und Abschrift
des von dem E. Prov.Sch.C. bestätigten Lectionsplans einzureichen.
§ 9. Der Dir. ist befugt, aufserhalb der Ferien in dringenden Fällen sich
selbst auf 4 Tage zu beurlauben und sich einen Stellver&eter zu bestellen;
für einen längeren Urlaub hat er die Genehmigung des E. Prov.Sch.C. einzu-
holen und wegen seiner Stellvertretung geeignete Vorschläge zu machen. Bei
nicht königl. Anstalten hat er zugleich dem Patronat von seiner Beurlaubung
Anzeige zu erstatten und aufserde^ die Genehmigung desselben nachzusuchen,
falls der von ihm erbetene* Urlaub dife Dauer von 14 Tagen überschreitet oder
besondere Stellvertretungskosten verursacht. Verreist der Dir. innerhalb der
Ferienzeit, so hat er vorher dem E. Prov.Sch.C. seinen Stellvertreter namhaft zu
machen. § 10. Falls der Dir. aus seinem Amt auszuscheiden beabsichtigt,
80 ist er verpflichtet, seine Eündigung mindestens 3 Monate vor dem Schlufs
des Halbjahrs dem E. Prov.Sch.C. und bezüglich auch dem Patronat der Anstalt
einzureichen, falls nicht seitens des Patronats eine 6monatl. Eündigungsfrist
festgesetzt ist.
III. Verhältnis zu der Anstalt. A. Im Allgemeinen. § 11. Wie
der Dir. für die gedeihl. Verwaltung der ganzen Anstalt verantwortlich ist, so
darf auch seiner Eenntnis nichts entzogen werden, was auf das Wohl, derselben
Von Einflufs ist. Demnach gebührt ihm die Beteiligung am Bau-, Etats- und
Eassenwesen insoweit, dafs er über alle baul. Veränderungen, über die Etats-
entwürfe und über die Verwendung etwaniger Eassenüberschüsse zuvor gutacML
zu hören ist. Desgleichen hat er bei den königl. Anstalten Eenntnis von den
Quartalsabschlüssen und der Jahresrechnung zu nehmen und dieselben vor
Einreichung an die Behörde mitzuvoUziehen. Aufserdem ist er an den königl.
Anstalten bei allen Eassenrevisionen zuzuziehen.
§ 12. Dem Dir. liegt die Aufsicht über das Schulgebäude, die Schul-
utensüien, die Bibliotheken und sonstigen Sammlungen dter Anstalt ob. Ist
einer der Lehrer mit der besonderen Verwaltung einer solchen Sammlung
beauftragt, so verbleibt doch dem Dir. das Recht und die Pflicht der Ober-
aufsicht. § 13. Die nach einer bestimmten leicht übersichtl. Ordnung zu
veranstaltende Anlegung und Verwaltung des Schularchivs, zu welchem, aufser
den amtL Verfügungen auch die Entwürfe der zu erstattenden Berichte, die Bau-
und Bechnungsacten, das Schulalbum, die Censurbücher und Entwürfe der
Abgangszeugnisse, die Abiturientenprüftings- Verhandlungen nnd die Protokolle
über die Lehrerconferenzen gehören, steht lediglich dem Dir. zu. Desgleichen
gebührt ihm, bezügl. seinem Stellvertreter, der ausschliefsliche Gebrauch des
Schulsiegels.
§ 14. Der Dir. entscheidet nach vorgängiger * Prüfung und auf Grund
der vorgelegten Zeugnisse über die Aufnahme eines Schülers. Er ist befioLgt,
die Aufoahme solcher Zöglinge zu verweigern, von denen er nach Ausweis ihrer
Zeugnisse einen Nachteil für die Zucht der Anstalt zu befürchten hat.
§ 15. Obwohl der Dir. die Wünsche der Lehrer rücksichtL der Stunden-
verteilung anzuhören hat, so steht doch ihm aUein vorbehaltlich der Ge-
nehmigung des E. Prov. Seh. C. die Festsetzung des Lehr- und Stundenplans
ohne vorgängige Berathung in der Conferenz zu.
112
§ 16. Der Dir. hat unter eigener Verantwortlichkeit den amtl. Teil der
jährl. Schalprogramme selbständig abzufassen und fcir die Abfassung der
denselben beizufügenden wissenschafü. Abhandlung zu sorgen. Diese Abhandlung
ist in der Begel in bestimmter Beihenfolge von dem Dir. und den ordenH.
Lehrern der Anstalt zu liefern. § 17. Der Dir. hat die öffentl. Schul-
prüfungen oder Bedeacte zu ordnen und die Einladungen zu denselben za
erlassen. § 18. Die Maturitätsprüfungen erfolgen nach Anordnung des
K. Commissarlus in Gemäfsheit der dafür besonders erlassenen Bestimmungen.
§ 19. Der Dir. hat darüber zu wachen, dafs der Schuldiener, welcher
ihm nach Mafsgabe seiner Instruction zu pünktl. Gehorsam verpflichtet ist, seine
Amtsobliegenheiten treu und gewissenhaft erfülle.
B. Zu den Lehrern. §20. Der Dir. ist einerseits vorsitzendes
Mitglied des LehrercoU. und andererseits Vorgesetzter jedes einzelnen Lehrers.
§ 21. Demnach hat derselbe im Auftrage des E. Prov.Sch.C. jeden neu an-
gestellten Lehrer zu vereidigen, bezügl. wenn dieser Eid schon früher geleistet
ist, zu verpflichten und in sein Amt einzufühfen. •
§ 22. Der Dir. hat den Vorsitz und die Leitung der Lehrerconferenzen;
er beruft dieselben mindestens einmal ijn Monat und aufserdem so oft als Be-
rathungsgegenstände vorliegen. Volles Stimmrecht in der Conferenz besitzen
sämtliche ordenü. Lehrer, die Wissenschaft. Hülfslehrer und die Probecandd^
letztere jedoch nur, falls sie eine volle Lehrerstelle vertreten; andernfalls nur
für die Gegenstände ihres Unterrichts. Die techn. Lehrer nehmen nur dann
regelmäfsig an der Conferenz Teil, wenn sie als ordentl. Lehrer fest angestellt
sind; aufserdem bleibt ihre Teilnahme und ihr Stimmrecht auf Gegenstände
ihres Unterrichts beschränkt. Ebenso steht denjenigen Geistlichen, welche nicht
an der Anstalt fest angestellt sind, sondern nur den Beligionsunterr. als aufser-
ordentl. Lehrer erteilen, das Stimmrecht nur über die Zöglinge ihrer Confession
zu. § 23. Ueber die Verhandlungen in den Conferenzen ist ein Protokoll
zu führen, wozu der jüngste ordentl. Lehrer verpflichtet ist, falls nicht ein
anderer Lehrer freiwillig und unter Zustimmung des Dir. d\e Führung desselben
übernimmt. Das Protokoll wird am Schlufs der Sitzung vorgelesen und von
sämtl. anwesenden Lehrern unterschrieben. §24. Bei Abstimmungen stimmt
der dem Bange nach jüngste Lehrer zuerst, der älteste zuletzt; bei Stimmen-
gleichheit entscheidet die Stimme des Directors. Falls der Dir. von einem
Beschlufs der Mehrheit einen wesentl. Nachteil für die Anstalt besorgt, so ist
er befugt, die Ausführung dieses Entschlusses bis nach eingegangener Ent-
scheidung des K. Prov.Sch.C. auszusetzen, an welches er sofort unter Ein-
reichung des Protokolls zu berichten hat. § 25. In der Conferenz sind die
Verfügungen des K. Prov.Sch.C, bezüglich die Schreiben des Patronats, soweit
beide nicht besonders für den Dir. bestimmt sind, mitzuteilen. Aufserdem
sind Gegenstände der Berathung alle allgem. Anordnungen didaktischer und
disciplinarischer Art, das Verhalten der Schaler in beiden Beziehungen, die Aus-
führung des Lehrplans, die method. Behandlung einzelner Unterrichtsfächer, die
Censuren und Versetzungen, die Ergänzung der wissenschaftl. und techn.
Sammlungen der Anstalt und sonstige Angelegenheiten, welche zu dem Zweck
der Anstalt in unmittelbarer Beziehung stehen. Beschwerden eines Lehrers
über den Dir. können nie, Streitigkeiten unter Lehrern nur dann Berathungs-
gegenstand sein, wenn die betr. Lehrer damit einverstanden sind. § 26. Der
Dir. ist berechtigt, zur Berathung über die Behandlung einzelner Lehrfächer
besondere Fach conferenzen zu berufen, in welchen nur die beteiligten Lehrer
zu erscheinen haben. § 27. In den Versetzungsconferenzen stimmen
über die Versetzung der Schüler nur die Lehrer der betr. Klasse, der Ordinarius
der nächst höheren Klasse und der Dir. ab. Ueber die Versetzung entscheidet
die S.timmdnmehrheit, jedoch mit der Mafsgabe, dafs der Dir. gegen die Ver-
113
«etzang eines Schälers, dessen Beife er Ursache hat za bezweifeln, ein ent-
scheidendes Veto einzulegen befügt ist § 28. Die Verhandlungen und
Beschlüsse der Conferenz sind, insoweit sie nicht ausdrücklich zur Mitteilung
an Andere bestimmt sind, als Amtsgeheimnis zu behandeln.
§ 29. Der Dir. hat die Lehrer anzuhalten, dafs sie durch würdiges Ver-
halten und treue Erfüllung ilu-er Pflichten ihren Stand ehren und alles meiden,
was ihnen in der Achtung der Schüler und der Eltern nachteilig sein könnte.
S 30. Wenn ein Lehrer sich Nachlässigkeiten im Dienst, Verwendung seiner
Kräfte für Privatzwecke zum Nachteil seiner amtl. Obliegenheiten, Uebertretung
der Schulordnung oder ein der Würde des Lehrstandes unangemessenes Be-
nehmen, sei es in oder aufser der Schule, zu Schulden kommen läfst, so hat
der Dir. ihm darüber emsü. Vorstellung zu machen, und wenn diese nicht
fruchten soUte, desgl. bei eigentlichen Vergehungen und starken MiTsgriffen
sofort an das K. ProY.Sch.C. zu berichten. Privatunterricht in denjenigen
Gegenständen, welche in der Schule gelehrt werden, dürfen die Lehrer Schülern
der Anstalt nur mit Genehmigung des Dir. und nur in aufserordenü. Fällen
erteilen. § 31. Ebenso hat der Dir. diejenigen Lehrer, welche in disciplinar.
oder didaki Beziehung die allgem. Vorschriften unbeachtet lassen, in einseitiger
Selbstüberschätzung ihre eigenen Wege gehen und die zur Erreichung des
ganzen Zwecks der Anstalt erforderl. Harmonie des Zusammenwirkens sämüicher
Lehrer stören, mit coUegialischer Schonung und, wo es nöthig ist, auch mit
Ernst und Nachdruck zurechtzuweisen.
§ 32. Insbesondere hat der Dir. die Probecandidaten mit den allgem.
Bestimmungen über die Schulverwaltung bekannt zu machen und denselben die
erforderL pädagog. und didakt. Anleitung zu gewähren. § 33. Der Dir. hat
Axxf den pünkti. Beginn der Schulstunden streng zu halten und jede ungebührL
Ausdehnung der Zwischenpausen zu verhüten. Er darf femer nicht zulassen,
•dafs ein Lehrer ohne gegründete Ursache und ohne seine vorgängige Genehmigung
•eine Lehrstunde aussetze oder mit einem anderen Lehrer tausche.
§ 34. Bei Erkrankung eines Lehrers steht lediglich dem Dir. die An-
ordnung der Vertretung zu, wobei derselbe jedoch auf die sonstige Belastung
der übrigen Lehrer die gebührende Bücksicht nehmen wird. § 35. Der Dir.
ist befugt, bei dringenden Veranlassungen einzelnen darum nachsuchenden Lehrern
einen Urlaub von höchstens 8 Tagen zu erteilen.
§ 36. Alle Eingaben ^er Lehrer an die vorgesetzten Staatsbehörden,
bezügl. an das Patronaty sind nur durch Vermittelung de^ Dir. und erforderL
Falls von seinem Gutachten begleitet einzureichen.
C. Zu dem ünterrichtszweck der Anstalt. § 37. Dem Dir. ist die
Leitung des gesamten Unterrichts übertragen, an welchem er sich selbst in
angemessener Weise, in der Begel durch Uebemahme von 10—12 wöchentL
Lehrstunden, zu beteiligen hat. Er hat diesen Unterr, in Gemäfsheit der allgem.
Bestimmungen so zu ordnen, dafs einerseits das der ganzen Anstalt wie den
einzelnen Klassen gesteckte Wissenschaft!. Ziel möglichst vollständig erreicht,
andererseits die Einheit der gesamten Geistesbildung mit verständiger Berück-
sichtigung der jugendl. Kräfte der Zöglinge gewahrt werde. § 38. Demnach
hat er bei der Anordnung des Lehrplans (§ 15) neben der Wissenschaft!.
Bildung der Lehrer auch üire pädagog. und didakt. Befähigung für bestimmte
Unterrichts- und Alterstufen in der Weise zu berücksichtigen, dafs die Wirkungs-
kreise der einzelnen Lehrer in einander greifen und zur Erreichung des Gesamt-
zwecks sich gegenseitig unterstützen. § 39. Zu diesem Behuf hat er durch
Abhaltung von Fachconferenzen (§ 26) dahin zu wirken, dafs die didakt. Grund-
sätze und Lehrweisen der verschiedenen Lehrer in den einzelnen Unterrichts-
zweigen sich nicht widerstreiten, sondern in Einklang und in gemeinschaftl.
Beziehung zu dem allgem. Bildungsziel gesetzt werden. § 40. Ebenso hat er
Wiete, VerordnoBgen. IL 8
114
darauf zn achten, dafs bei Anordnung der hänsl. Aufgaben und namentlich
der schrifU. Arbeiten seitens der einzelnen Lehrer ebenso die Bücksicht anf die
übrigen Unterrichtsfächer wie auf die Leistungsfähigkeit des jugendl. Alters
streng beobachtet werde.
§ 41. Zu seinen wesenü. Obliegenheiten gehört, daCs er die Unterrichts-
stunden der einzelnen Lehrer fleifsig besuche, die etwanigen Abwege und Nach-
lässigkeiten derselben ins Auge fasse, die schriftl. Arbeiten sämtlicher Klassen
von Zeit zu Zeit durchsehe und seine Bemerkungen demnächst in der Conferenz,
oder falls er dies angemessener findet, dem betr. Lehrer besonders mitteile.
§ 42. Zur einheitl. Durchfahrung des Lehrplans, wie zur gegenseitigen Anregung
der Lehrer ist er befugt^ in regehn. Wechsel Lectionen anzuordnen, welche von
den betr. Lehrern for die verschiedenen Fächer und Klassen im Beisein der
übrigen Fachlehrer abgehalten werden und bei genügendem Anlafs nach Methode
und Ergebnis demnächst in der Conferenz zur coUegialischen Erörterung kommen.
§ 43. Desgleichen ist der Dir. befugt, zu genauer Feststellung des Unterrichts-
ergebnisses Versetzungsprüfungen im Beisein der nächstbeteiligten Lehrer
abhalten zu lassen.
§ 44. Die OffentL Prüfungen am Schlufs des Schuljahrs haben den
Zweck, unter Femhaltung jeder gefiissentl. Schaustellung den Eltern von den
Leistungen der Anstalt Kenntnis zu geben und dadurch das Vertrauen und die
wohlwollende Teilnahme derselben zu erregen und zu erhalten. Der Dir. hat
daher die Pflicht, die Einladungsprogramme, die Vorträge der Schüler sowie die
Prüfungen selbst so einzurichten, dafs diesem Zweck in würdiger Weise enl^
sprechen werde.
D. Zu der sittlichen Aufgabe der Anstalt. § 45. Die Schule
hat es als ihre wesentlichste Aufgabe zu betrachten, mit der wissenschaftl. Aus-
bildung der Zöglinge auch eine christliche Gesinnung in ihnen zu wecken und
sie zu einem derselben entsprechenden Wandel anzuleiten. Der Dir. wird deshalb
die Pflege eines christl. Geistes und Wandels als seine heiligste Pflicht be-
trachten, zu dem Ende den Religionslehrer aufs kräftigste unterstützen, die
Teilnahme der Schüler an dem Offentl. oder dem besonderen Gymnasialgottes-
dienste, soweit dies ausfuhrbar ist, durch die Lehrer beauüsichtigen und dahin
wirken, dafs ein religiöser Charakter das ganze Leben der Anstalt durchdringe
und den Schülern in den Lehrern das Vorbild eines christl. Lebens vorlenchte.
§ 46. Die disciplinarische Wirksamkeit des Dir. erstreckt sich
über die Schulzucht in allen ihren Richtungen und mufs jederzeit mit deijenigen
Kraft und Umsicht verbunden sein, welche die Aufrechterhaltung der Schul-
ordnung und die Handhabung der Zucht sichert. § 47. Demnach hat der
Dir., da das Zusammenwirken der Lehrer in sittlicher und disciplin. Beziehung
von besonderer Wichtigkeit ^t, dieselben in den Gonferenzen zu ausführlichen
Mitteilungen über den Fleifs und das Betragen ihrer Schüler zu veranlassen
und die Mafisregeln mit ihnen zu berathen, welche geeignet sind, tadelnswerthen
oder gar verderblichen Richtungen einzelner ZOglinge oder ganzer Klassen mit
Erfolg entgegenzuwirken.
§ 48. Da auf die sittliche Entwickelung der Schüler das häusL Leben
derselben von entschiedenstem Einflufs ist, so gebührt der Schule auch die
Aufsicht über dasselbe bei den auswärtigen Schülern. Demnach steht
dem Dir. die Entscheidung über die Zulässigkeit der einzelnen Pensionate für
die auswärtigen Schüler zu, wobei jede Pension, in welcher der ZOgling der
Verführung oder dem schlechten Beispiel ausgesetzt sein konnte, namentlich
auch aUe Wirthshäuser, falls nicht verwandtschaftliche Verhältnisse eine Aus-
nahme rechtfertigen, zurückzuweisen sind. § 49. Um von dem Leben der
auswärt. Schüler die erforderl. Kenntnis zu gewinnen, hat der Dir. nicht nur
seinerseits dieselben von Zeit zu Zeit auf ihren Stuben zu besuchen, sondern
115
auch andere Lehrer, insbesondere die Klassenordinarien zn solchen Besuchen
anzuhalten. Die bei diesen Besuchen gemachten Beobachtungen sind in der
Conferenz mitzuteilen.
§ 50. Der Dir. hat den Grundsatz zur Geltung zu bringen, dais das
wesentlichste Disciplinarmittel das lobende oder tadelnde Wort des Lehrers
sei, und dafs eigentliche Strafen mögUchst selten, erforderl. FaUs aber recht-
zeitig und mit Entschiedenheit verhängt werden müssen. § 5L Die sogenannten
Strafarbeiten, sowie die Strafe des Nachsitzens sind möglichst zu beschränken,
da sie durch Häufung sowohl an Nachdruck verlieren, ids auch diejenige Zeit
ungebührlich schmälern, deren der Schüler zu seinen sonstigen Arbeiten, wie
zur Erholung bedarf; die Strafe des Nachbleibens darf nie ohne Aufsicht eines
Lehrers ausgeführt werden. § 52. Wenn far gröbere Vergehen eine mäfsige
und zweckentsprechende Körperstrafe nicht entbehrt werden kann, so ist
dieselbe doch möglichst selten anzuwenden. Dieselbe ist in der Begel nur
in den 3 unteren Kl., in der in. nur nach vorgängigem Conferenzbeschlufs
zu verhängen und stets von dem Lehrer zu vollziehen. Der Dir. ist befugt,
einem Lehrer, welcher von der Körperstrafe einen zu ausgedehnten Gebrauch
macht oder bei Vollziehung derselben mit Heftigkeit und ohne die erforderl.
Schonung der Gesundheit verfährt, die Verhängung dieser Strafe zeitweilig zu
untersagen. § 53. In den beiden oberen Kl. tritt für gröbere Vergehen die
Strafe des Einschliefsens (Arrest) ein, jedoch stets nur mit Genehmigung
des Dir.; dieselbe darf aber, um den Charakter einer Ehrenstrafe zu bewahren
und nicht in eine förmliche Haft auszuarten, nie über 4 Stunden ausgedehnt
werden.
§ 54. Ist das LehrercoU. der gewissenhaften üeberzeugung, dafs die
Anstalt die ihr zustehenden Erziehungsmittel an einem Schüler ohne Erfolg
erschöpft habe, oder dafs von dem ferneren Verbleiben desselben auf der Anstalt
Gefahr far die Aufrechthaltung der Zucht oder für die Sitten seiner Mitschüler
erwachse, so ist dieser Schüler, jedoch nur nach vorgängigem Conferenzbeschlufs,
welcher möglichst bald herbeizuführen ist, von der AnsMt zu verweisen. Die
Verweisung ist entweder einfach oder geschärft: im ersten Fall ist dem
Schüler unbenommen, sich sofort bei einer anderen Anstalt zur Aufnahme zu
melden ; im zweiten wird derselbe zugleich auf die Dauer eines Vierteljahrs von
jeder anderen öffentl. Schulanstalt ausgeschlossen. Zu der geschärften Ver-
weisung ist die Zustimmung des K. Prov.Sch.C. erforderlich. In beiden Fällen
sind die Eltern, bezügl. die Pensionshalter und die Ortspolizeibehörde, von der
Verweisung sofort in Kenntnis zu setzen und ist in dem Abgangszeugnis die
Strafe und der Anlafs derselben ausdrückl. zu erwähnen. Falls die Conferenz
wider die Ansicht des Dir. die Beibehaltung des Schülers beschliefst, so steht
auch hier dem Dir. die ihm im § 25 vorbehaltene Befugnis zu, die Entscheidung
des K. Prov.Sch.C. einzuholen.
§ 55. Die Censuren werden von den Ordinarien auf Grund der von
den Lehrern abgegebenen Urteile entworfen; die Feststellung der Gesamt-
prädicate erfolgt in der Conferenz, wobei jedoch nur dem Dir. und den
beteiligten Lehrern ein Stimmrecht zusteht. Sämtliche Censuren sind von dem
Dir. und dem Ordinarius der betr. Kl. zu vollziehen. § 56. Die Ausfertigung
der Maturitätszeugnisse, sowie derjenigen Abgangszeugnisse, an welche sich
Berechtigungen für den Civil- oder Militärdienst knüpfen, erfolgt nach Mafsgabe
der dafür besonders erlassenen Bestimmungen. Die Ausstellung der übrigen
Abgangszeugnisse steht dem Dir. auf Grund der von den betr. Lehrern ab-
gegebenen urteile zu.
IV. Verhältnis zu den Eltern. § 57. Da die Eltern, welche ihre
Söhne der Anstalt übergeben, hierdurch einen bedeutenden Teil ihrer Befugnis
an die Anstalt abtreten, so hat sich der Dir. mit ihnen oder ihren Vertretern,
8»
116
wo irgend nöthig, mündl. oder schrifU. in Verbindung zn setzen, sie anf die
zur sittlichen und geistigen Entwickelung der Zöglinge erforderl. Mafsregeln
aufmerksam zu machen, auf den rechtzeitigen Abgang unbefähigter oder zucht-
loser Schüler hinzuwirken und hierdurch förmlichen Verweisungen möglichst
vorzubeugen. § 58. Während der Dir. berechtigten Wünschen der Eltern die
erforderl. Bücksicht zuwenden wird, hat er andererseits mit Entschiedenheit
darauf zu halten, dafs dieselben ihre Söhne der Schulordnung junbedingt unter-
werfen. Namentlich hat er Urlaubsgesuche nur in anfserordenÜ. Fällen zu
bewilligen, und der etwanigen Neigung, die gesetzl. Ferienzeit nicht einzuhalten,
mit Nachdruck zu begegnen.
V. Allgemeine Verpflichtung des Directors. §59. Schliefslich
wird dem Dir. zur Pflicht gemacht, allen, dem Frieden der chrisü. Oonfessionen,
den Gesetzen des Staats und der Ehrerbietung gegen Se. Maj. den König nach-
teiligen Bichtungen und Bestrebungen innerh^b des LehrercoU. und der Anstalt
entschieden entgegenzutreten und von dem etwanigen Vorkommen derselben der
Behörde sofort Kenntnis zu geben. Königsberg. K. ProY.Schulcolleginm.
Frovins Brande-nburg.
Instr. V. 22. Jan, 1868.
„Nachstehende Instruction bezeichnet die Pflichten und Befugnisse, welche
den Directoren (Bectoren) der höh. ünterrichtsanstalten innerhalb des Bessorts
des K. ProY.Schulcoll. der Prov. Brandenburg obliegen und zustehen.
§ 1. Amtliche Stellung und Aufgabe des Directors im All-
gemeinen. Der Dir. hat als Vorsteher und Leiter der ihm anvertrauten
ünterrichtsanstalt sowohl für ihre äufseren Angelegenheiten Sorge zu tragen,
als auch besonders dahin zu wirken, dafs in ihren) Inneren der Geist eines
wahrhaft einheitlichen Wirkens herrsche, damit der Zweck der Erziehung und
des Unterrichts an der Jugend erreicht werde. Im Allgm. mufs von ihm nicht
allein das Mafs der für sein Amt erforderlichen Kenntnisse und das Bestreben
nach steter Erweiterung und Vertiefung derselben erwartet, sondern auch voraus-
gesetzt werden, dafs er durch das Vorbild musterhafter Amtstrene, aufrichtiger
Vaterlandsliebe und christlicher Gesinnung auf Ijehrer und Schüler einwirke
und namentl. dahin sein Streben richte, dafs die aus der Schule in das Leben
tretenden Jünglinge mit guten Kenntnissen ausgerüstet und von einem chrisÜ.
frommen Sinn erfüUt seien.
§ 2. Verhältnis zu den Behörden. Der Dir. ist das Organ der vor-
gesetzten Staatsbehörden, als deren nächste er das unterzeichnete K. Prov.Sch.C.
zu erkennen hat. Alle ihm von diesem zugehenden Anordnungen und Ver-
fügungen hat er auszuführen oder etwa sich ergebende Bedenken sofort zur
Anzeige zu bringen, die periodischen oder sonst von ihm erforderten Berichte *)
pünkti^ch zu erstatten, über alle wichtigeren Ereignisse und Angelegenheiten
der Anstalt, sie mögen die Personen des LehrercoU., den Gesundheitszustand
der Lehrer und Schüler, oder die didakt und disciplinar. Einrichtungen und
Zustände betreffen, auch unaufgefordert zu berichten, auch den Commissarien
desselben jede amtl. Auskunft bereitwillig zu erteilen.
Wo besondere Curatorien, Ephorate oder Patronate bestehen, unterliegt
das Verhältnis des Dir. zu denselben besonderen Bestimmungen.
[In Betreff der Pori»freiheit s. weiterhin Regulativ v. 28. Nov. 1869.]
§ 3. Verhalten zu den Lehrern der Anstalt Der Dir. ist der
nächste Vorgesetzte aller an der Anstalt fungirenden Lehrer, Probecandidaten und
ünterbeamten. Er wird indefs in Betreff dieser seiner Stellung nicht aufser Acht
^) Die regelmäfsig zu eretattenden Berichte s. weiterhin unter Bericht-
erstattung.
117
lassen, dafs die von den Lehrern zu erwartende Willfährigkeit nur in dem
änfsersten Falle aus dem Snbordinationsverhältnis hervorgehen darf, ihre Hanpt-
qnelle aber in einer auf seinen musterhaften Wandel, sein umsichtiges Benehmen,
seine Gelehrsamkeit und Lehrgeschicklichkeit, seine strenge Pflichterfüllung und
Berufstreue gegründeten Autorität haben mufs. Wenn er hiernach jedem Lehrer
mit Teilnahme und Achtung begegnet und überall pflichtgemäfs das Interesse
seiner Amtsgenossen wahraunehmen sich bemüht, so wird er nur in seltenen
Fällen gendthigt sein, die Form des Befehls zu wählen. Der Dir. ist das
vermittelnde Organ zwischen der vorgesetzten Behörde und den Lehrern und
Beamten der Anstalt; er hat daher aUe ihr Amt und ihre Stellung betreffenden,
an die AuMchtsbehörden gerichteten Eingaben mit seinem Gutachten zu begleiten.
§4. Anstellung und Einführung der Lehrer. Dem Dir. liegt
ob, die neu angestellten Lehrer in das ihnen übertragene Amt förmlich einzu-
weisen, ihnen hierbei die Pflichten, welche ihnen dasselbe auferlegt, unter Ein-
weisung auf ihre Instruction, ausführlich und eindringlich bekannt zu machen
und sie bei den höh. Lehranstalten königl. Patronats in vorschriftsm. Weise
eidlich zu verpflichten oder die Verpflichtung £^uf den etwa schon früher
geleisteten Eid zu bewirken. Ebenso hat er, wenn ein Lehrer seine Stellung
aufzugeben beabsichtigt, die Anzeige davon entgegenzunehmen, in dem darüber
an uns zu erstattenden Berichte die dadurch zur Erledigung kommenden Lehr-
fächer, für welche bei der Anstellung eines Nachfolgers gesorgt werden mufs,
genau zu bezeichnen und, wenn ihm ein geeigneter Mann bekannt ist, die
Aufinerksamkeit der wahlberechtigten Behörde auf denselben hinzulenken. Bei
einem eingetretenen Todesfalle oder bei dem plötzl. Abgange eines Lehrers ist
uns aufserdem noch anzuzeigen, in welcher Weise für die einstweil. Vertretung
der erledigten Stelle gesorgt worden ist.
§ 5. Beaufsichtigung und Leitung der Lehrer. Wie es die
Aufgabe des Dir. ist, jedem Lehrer diejenige Thätigkeit anzuweisen, für welche
er am meisten geeignet ist, und in allen den Geist wahrer Collegialität zu
pflegen, so ist es auch seine Pflicht, darüber zu wachen, dafs die Lehrer alle
ihre amtl. Obliegenheiten nach ihrer Instruction genau erfüllen. Eintretende
Zwistigkeiten unter ihnen hat er nach Möglichkeit zu schlichten, vorkommende
Mifsgriffe und Ungehörigkeiten auch in ihrem aufseramtl. Auftreten, insbesondere
in polit. und kirchl. Beziehung (vgl Ministerial - Bescript v. 19. Apr. 1850;
s. Abschn. VII) zunächst mit hamaner Schonung zu rügen, aber bei Nicht-
beachtung solcher Winke und Mahnungen ihnen mit Ernst und Nachdruck zu
steuern. Er ist befugt, den ihm untergebenen Lehrern und Unterbeamten
Warnungen und Verweise zu erteilen, mufs aber grobe Pflichtverletzungen
derselben der vorgesetzten Aufsichtsbehörde anzeigen. Wenn Gefahr im Verzuge
ist, kann der Dir. einem seiner Untergebenen die Ausübung der Amtsverrichtungen
vorläufig untersagen, hat aber darüber sofort an uns zu berichten (Disciplinar-
gesetz V. 21. Juli 1852 §§ 18 u. 54, s. Abschn. VII.)
§ 6. Beurlaubung und Vertretung der Lehrer. Wenn ein
Lehrer durch Krankheit oder sonst durch unabwendbare Hindernisse von der
Abwartung seiner Lectionen abgehalten wird, so hat der Dir. das Nöthige zur
Vertretung desselben durch die anderen Lehrer und nur in den dringendsten
Fällen durch Combination einzelner Klassen anzuordnen. Urlaub ist er befugt
den darum nachsuchenden Lehrern in begründeten Fällen bis zur Dauer von
8 Tagen zu erteilen, wenn für eine angemessene, in jedem Fall von der Ge-
nehmigung des Dir. abhängige Vertretung gesorgt werden kann. Längere
Beurlaubungen sind bei uns nachzusuchen, und ist dabei jedesmal anzuzeigen^
wie die Vertretung angeordnet werden soll.
§ 7. Probecandidaten. Die der Anstalt zur Abhaltung des vorschrifts-
mäfsigen Probejahrs überwiesenen Schulamtscandd. hat der Dir. nach den
118
bestehenden Vorschriften (Min. Bescr. y. 30. MArz 1867, s. oben 8. 60) in
angemessener Weise zn beschäftigen nnd teils selbst, teils dnrch die betr.
Klassenordinarien und Lehrer zn leiten nnd zn nnterstützen. Er hat zugleich
dahin zn wirken, dafs dieselben anch anfserhalb ihres Unterrichts den ganzen
Organismus der Schule kennen lernen, und insbesondere, dafe sie an den
Conferenzen und allen Schulacten regelm&fsig teilnehmen.
§ 8. Schuldiener. Alla in nächster Beziehung zu der Anstalt stehenden
Personen als Schuldiener, Aufv^ärter u. s. w. sind der unmittelb. Aufsicht des
Dir. unterworfen. Derselbe hat darauf zu sehen, dafs sie nach ihrer Instruction
ihre Pflichten genau erfüllen, sich keine Ungehörigkeiten erlauben und durch
ihr oder der Dingen Betragen den Schülern kein böses Beispiel geben. Wird
dergleichen bemerkt, so hat der Dir. zunächst selbst in geeigneter Weise Abhülfe
zu schaffen und, wenn dieselbe nicht erreicht wird, den betr. Fall zu unserer
Kenntnis zu bringen. Insbesondere wird die strengste Wachsamkeit in dieser
Beziehung den Directoren derjenigen Anstalten anempfohlen, mit welchen
Alumnate oder Pensionate verbunden sind.
§9. Lehrerconferenzen. Die Lehrerconferenzen sollen dazu dienen,
das Interesse jedes Lehrers an der Anstalt zu wecken und in allen die Ueber-
Zeugung lebendig zu erhalten, dafs sie, in welcher Klasse auch beschäftigt,
dennoch wesenü. Glieder eines organischen Ganzen sind. Dieselben werden
unter dem Vorsitz des Dir. regelmäfsig alle 14 Tage zu bestimmten, anfserhalb
der gewöhnl. Schulzeit fallenden Stunden und aufserdem so oft es dem Dir.
nöthig erscheint, abgehalten. Es wird in ihnen alles zur Berathung gebracht,
was zur Erhaltung guter Zucht, zur Beförderung des Fleifses und der Fort-
schritte der Schwer, überhaupt zur zweckm. Ausführung des aufgestellten
Lectionsplans eine gemeinsame Besprechung wünschenswerth macht; femer was
in Betreff der Versetzungen, Censuren und solcher einzelnen Vergehen, bei denen
es sich um strengere Sdiulstrafen oder unfreiwilL Entfernung eines Schulen
handelt, festzustellen ist, endlich alles, wobei gemeinsame Berathung angemessen
oder nothwendig erscheint Auch hat der Dir. in den Conferenzen die amtl.
Erlasse der Behörden mitzuteilen, falls ihr Inhalt nicht eine sofortige Bekanntr
machung auf dem Wege des Umlaufs erfordert Seiner Beurteilung ist dabei
anheimgestellt, zwischen den Verfügungen, welche die Gesamtheit der Lehrer
angehen, und denjenigen, welche nur seine Stellung als Dir. betreffen oder eine
persönl. Beziehung haben, zu unterscheiden. Der Dir. stellt die zur Besprechung
kommenden Gegenstände sowie ihre Reihenfolge fest und leitet die Verhandlungen.
Er hat dahin zu wirken, dafs in ihnen der Geist der Eintracht, Mälhigong
und Offenheit herrsche, und dafs durch sie die einzelnen Lehrer eine lebendige
Anregung und genaue Kenntnis der Anstalt' erhalten. Stimmrecht haben
bei denselben die Lehrer der Anstalt nach Mafsgabe der Bestimmungen im § 8
der Lehrerinstmetion. Abstimmungen finden bei allen Disciplinarfallen
sowie bei Versetzungen und der Erteilung von Zeugnissen statt; aufserdem da,
wo sie der Dir. für angemessen hält Bei Abstimmungen hat der Dir. die
Fragen zu stellen und die Stimmen zu fordern, dergestalt dafs die Mitglieder
der Conferenz in einer bei dem nach dem Dienstiedter jüngsten stimmberechtigten
Lehrer beginnenden, aufwärts steigenden Reihenfolge Yotiren und er selbst seine
Stimme zuletzt abgiebt, welche bei Stimmengleichheit entscheidet. In dem
Falle, wenn die Mehrzahl der stimmberechtigten Lehrer mit. seiner Ansicht nicht
übereinstimmt, soll der Dir. das Becht haben, dasjenige, was seiner gewissen-
haften Ueberzeugung nach für das Wohl des Ganzen das Beste ist, festzuhalten
und, wenn die Sache Eile hat, unmittelbar zur Ausführung zu bringen, mit der
Bedingung dafs der eingetretene Dissensus und die Gründe für denselben zn
Protokoll gebracht werden und unter Einreichung desselben unsere Entscheidung
einzuholen ist Ueber die Ausführung der Gonferenzbeschlüsse hat der Dir.
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zu wachen nnd darf keine willkürl. Abweichung von denselben seitens der
Lehrer gestatten. Für Jede Gonferenzverhandlnng ist in einem vom Dir. an&a-
bewahrenden Bnch ein Protokoll aufzunehmen und von den anwesenden Mit-
gliedern zu unterschreiben. Auf die durch die Min.yerf. y. 7. Jan. 1856 an-
geordneten Fachconferenzen (s. Abt. I S. 68) wird besonders hingewiesen.
§10. Aufnahme und Beaufsichtigung der Schüler. Dem Dir.
liegt es ob, die neu ankommenden Schüler allein oder unter Zuziehung anderer
Lehrer zu prüfen und ihnen die Klasse, in welche sie nach dem Mafs ihrer
Kenntnisse und Fertigkeiten und dem ganzen Standpunkt ihrer Entwickelung
gehören, resp. auch ihren Platz in derselben, zu bestimmen. Die Aufiiahme
in die Vorschule darf in der Begel nicht vor dem vollendeten 6., in die VI
nicht Yor dem vollendeten 9. Lebensjahre geschehen. Eine Mhere Aufnahme
ist bei körperlich und geistig besonders entwickelten Knaben ausnahmsweise
zulässig, wenn an dem yorschriftsm. Alter nicht über 6 Monate fehlen; bei
noch gröfserer Abweichung von der obigen Begel ist in jedem einzelnen Falle
unsere Genehmigung erforderlich. Von jedem neu aufzunehmenden Schüler,
welcher bereits eine öffentl. Schule besucht hat, hat der Dir. ein ordnungsmäfsig
ausgestelltes Abgangszeugnis zu fordern, dasselbe dem Ordinarius der Klasse,
in welche er gesetzt wird, mitzuteilen und im Archiv aufzubewahren. Schüler,
welche von Anstalten gleicher Kategorie kommen, dürfen nicht in eine höhere
Kl. gesetzt werden, wenn nicht zwischen dem Abgange von der früheren und
der Aufiiahme in die neue Schule eine Zeit der Privatvorbereitung von mindestens
Vj Jahr liegt (Vgl. unsere Verf. v. 13. Mai 1864 und Min. Verf. v. 30. Nov. 1860.)
(Abt 1 S. 321 fg.) Die Aufnahme eines verwiesenen Schülers darf nicht eher
erfolgen, als bis der Dir. mit dem Vorsteher der Anstalt, aus welcher er entlassen
worden ist, über die Ursachen der Entfernung und über die Mittel zu seiner
Besserung sich in Vernehmen gesetzt hat Er ist bei dem ersten auffallenden
Beweise der Wiederkehr seiner Fehler zu entlassen; die Lehrer der Klasse, in
welche er gesetzt worden ist, sind besonders zu beauftragen, ihn mit strenger
Aufmerksamkeit zu beobachten. (Vgl. die Verf. v. 9. Nov. 1839, Abt 1 S. 320.)
Primanern, welche im Disciplinarwege von einer Anstalt entfernt worden sind,
oder dieselbe willkürlich, um einer Schulstrafe zu entgehen, oder aus anderen
ungerechtfertigten Gründen verlassen haben, ist bei der Aufnahme auf eine
andere Anstalt das Ser:iester, in welchem die Entfernung erfolgt, auf den 2 jähr.
Primacursus nicht anzurechnen. (Min. Verf. v. 11. Dec. 1851, Abt. I S. 430.)
Der Dir. hat jeden neu aufgenommenen Schüler in das Album der Schule, resp.
der Vorschule, mit Vor- und Zunamen, Angabe des Tages und Ortes der Geburt,
der Oonfession, der früher etwa besuchten Schule, der Klasse, in welche er
gesetzt wird, sowie des Standes und Wohnorts des Vaters oder Vormunds einzu-
tragen. Auswärtige Schüler müssen zur besonderen Fürsorge einem
geeigneten Aufseher übergeben werden, welcher über ihren Privatfleii's und ihr
sittl. Betragen aufser der Schule eine ernste und gewissenhafte Aufsicht zu
fuhren hat Die Wahl desselben bedarf der Genehmigung des Dir.; ein Wechsel
der Wohnung und des Aufsehers darf nicht ohne vorherige Anzeige beim Dir.
und ausdrückliche Einwilligang desselben erfolgen. (Min. Verf. v. 31. Juli 1824
und 9. März 1843, Abt I S. 347.) Der Dir. verpflichtet die neu eintretenden
Schüler zu- genauer Beobachtung der Schulordnung und überweist sie den
Ordinarien ihrer Klassen zur n^eren Beaufsichtigung. Doch wird er selbst
sich in möglichst genauer Kenntnis von den Sitten, dem Fleifse und den Fort-
schritten jedes einzelnen Schülers zq erhalten suchen, so dafs er im Stande ist»
den Eltern auf Erfordern Bath und Auskunft in Betreff derselben zu erteilen
und in der Gonferenz über Gegenstände der Disciplin aus eigener Ueberzeugung
seine mitrathende und entscheidende Stimme abzugeben. Der Dir. und die
Lehrer haben auch auf das Betragen der Schüler aufser der Schule,
120
soweit es nur immer möglich ist, ihre Anfmerksamkeit and Sorgfalt zu richten^
nnd sind befugt, dieselben wegen unsittl. und anstöfsigen Benehmens auiser
der Schule zur Verantwortung zu ziehen. (Min.Verf. v. 9. März 1843, Abt. I, S. 347.)
§ 11. Schulordnung und Klassenordinarien. Jede Anstalt mufs
eine Schulordnung haben, welche die allgm. Bedingungen, unter denen sie
die Erziehung und den ünterr. der ihr anzuvertrauenden Schüler übernimmt,
und die nöthigen Vorschriften für das Verhalten der Schüler enthält. Der Dir.
hat dieselbe nach Berathung mit dem Lehrercoll. zu entwerfen oder zeitgem&fs
zu ändern und uns zur Prüfung und Bestätigung einzusenden. Er hat Ver-
anstaltungen zu treffen, dafs sie den Eltern und Pflegern der Schüler al»
Grundlage der gegenseitigen Verpflichtung zur Kenntnis mitgeteilt und dafs ihr
Inhalt den Schülern von Zeit zu Zeit eingeschärfb werde. Die nächste Unter-
stützung zur DurchfQhrung der Schulordnung hat der Dir. an den Klassen-
ordinarien. Er hat dieselben bei jedesmaliger Einreichung des Lectionsplans
uns zur Genehmigung namhaft zu machen und dazu diejenigen Lehrer auszu-
wählen, welche einerseits mit eigener Lehrtüchtigkeit und richtiger Erkenntnis
des Zusammenhangs und Zwecks der Unterrichtsgegenstande den erforderl. Ernst
des Charakters verbinden, andererseits aber auch durch die Zahl und die Be-
schaffenheit der von ihnen zu erteilenden Lectionen in den betr. Klassen eine
solche Stellung einnehmen, dafs sie auf die Haltung und gedeihliche Ent-
wickelung derselben einen überwiegenden Einflufs auszuüben im Stande sind.
Es erscheint darum wünschenswerth, dafs die Ordinarien auch den Beligions-
Unterricht in ihrer Klasse erteilen können. Die den Ordinarien übertragenen
Befugnisse und Pflichten sind durch eine besondere Instruction geordnet, über
deren genaue Beobachtung der Dir. zu wachen hat. Insbesondere hat der Dir.
die von ihnen zu führenden Klassenbücher, welche aufser einem Verzeichnis
der Schüler die erforderl. Bubrikeu zur Eintragung der abwesenden und zu spät
gekommenen Schüler, der in den Lehrstunden durchgenommenen Lehrpensa und
der häusl. Aufgaben, der Bemerkungen der Lehrer über Fleifs und Betragen
der Schüler und der über sie verhängten Strafen enthalten müssen, mindestens
einmal im Monat seiner Durchsicht zu unterwerfen. Für Alumnate oder
Pensionate, welche mit einer Anstalt verbunden sind und stets wenigstens der
Mitaufsicht des Dir. untergeben sein müssen, sind die besonderen Eeglements
mafsgebend.
§ 12. Grundsätze und Hauptmittel der Disciplin. Vor Allem ist
es die heilige Pflicht des Dir., über den gesamten in Unterricht und Zucht
herrschenden Geist der seiner Leitung anveribrauten Anstalt zu wachen. Er mufs
auf das emstlichste bemüht sein, reinen und kindlichen Sinn bei den Schülern
zu erhalten und durch Gewöhnung an strengen Gehorsam und pflichttreue Gesetz-
mäfsigkeit und durch Erziehung zu aufrichtiger Gottesfurcht Vergehungen unter
ihnen möglichst vorzubeugen. Ebenso wird er jeder verderbl. Bichtung der
Schüler, möge sie sich in Verkehrtheit und Unlauterkeit der Gesinnung und
Bestrebungen, in unstatthaftem Besuch öffentl. Vergnügungsorte, in unziemender
Kleidung, in anmafsendem Hervortreten nach aufsen oder wie irgend sonst
äufsem, piit Ernst und Nachdruck entgegentreten. Nächst einem gründlichen
und anregenden Unterricht sind die Hauptmittel zur Erhaltung einer guten
Schulzucht die Erweckung, Pflege und Erhaltung des religiös-sittlichen Gefühls
der Schüler und das übereinstimmende Verfahren sämüicher Lehrer in der
Behandlung derselben. Es ist daher die Pflicht des Dir., nicht allein dem
Religionsunterr. besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ihn stets nach
Möglichkeit den bewährtesten Lehrern anzuvertrauen, sondern auch den Besuch
des öffentl. Gottesdienstes, wo er nicht als eine gemeinsame Pflicht unter
Aufsicht der Lehrer eingerichtet werden kann, durch Ermahnung und ■ eigenes
Beispiel zu fördern und, wo es ausführbar ist, durch gemeinsame Abendmahls-
121
feier der Lehrer und Schäler eine christlich fromme Gesinnung zu beleben.
Ebenso hat er darauf zu sehen, dal's jedenfalls der Anfang des tägl. ünterr.
mit *6ebet oder Schrifkvorlesung geschehe, und dafs die angeordneten oder
herkömml. gemeinsamen Schulandachten und die Schulfeierlichkeiten, wie zum
Anfang und zum Schlufs des Schuljahres, am Geburtstage Sr. Maj. des Königs,
an besonderen Erinnerungstagen und bei den Entlassungen der Abiturienten,
in würdiger Weise abgehalten werden. Nicht minder ist es die Pflicht des
Dir., das sittl. Verhalten sowohl einzelner Schüler als ganzer Klassen zum
Gegenstand der Conferenzberathung zu machen und ebenso durch Besprechungen
mit den Lehrern die unumgänglich nothwendige Einheit in der Handhabung
der Disciplin von Seiten des gesamten Lehrercoll. zu begründen und zu erhalten.
§ 13. Beaufsichtigung der Schüler innerhalb der Schule.
Zur Verhütung von UngehOrigkeiten hat der Dir. insbesondere darüber zu wachen,
nicht allein, dafs die Lehrer ihre Unterrichtstunden zu rechter Zeit anfangen
und schliefsen, sondern auch, dafs vor dem Anfange der Lectionen und in den
Pausen zwischen denselben eine ausreichende regelm. Beaufsichtigung der Schüler
durch die Lehrer stattfindet, und dafs jeder die letzte Vor- und Nachmittag-
stande erteilende Lehrer das Klassenzimmer erst nach der Entfernung aller
Schüler verläfst. Nicht minder hat er für ausreichende Beaufsichtigung der
Schüler während der Turnübungen Sorge zu tragen. Was zur Schonung der
Gesundheit der Schüler beim Ünterr., insbesondere zur Verhütung der
Kurzsichügkeit von Seiten der Schule geschehen kann, mufs der Dir. sorgfältig
in Anwendung bringen lassen. (Vgl. Min. Verf. v. 24. Oci 1837 und 22. Oci
1858, Abt. 1 S. 53 u. 264.) Beim Auftreten ansteckender Krankheiten ist
nach dem Regulativ v. 8. Aug. 1835 zu verfahren, und beim Ausbruch der
Cholera insbesondere das Min. Rescr. v. 16. Dec. 1866 und die C. Verf. v.
7. Jan. 1867 zu beachten. (S. Abt. I S. 270 fg.)
§ 14. Die Censuren der Schüler. Ein wichtiges Mittel, um auf das
Streben und Benehmen der Schüler einzuwirken und zugleich das Zusammen-
wirken der hänsl. Erziehung mit der Schule zu befördern, sind die Censuren.
Sie sind jährlich 4 oder mindestens 3 mal zu bestimmten Zeiten auszufertigen,
und sollen eine möglichst vollständige Beurteilung jedes Schülers, sowohl nach
seinem Verhalten im Allgm. als auch nach seinen Fortschritten und Leistun gen
in den einzelnen Unterrichtsgegenständen enthalten. Der Dir. hat darauf zu
sehen, dafs sowohl in den speciellen Urteilen der einzelnen Lehrer, als in den
allgem Urteilen über Betragen und Fleifs, welche stets in einer Conferenz zu
berathen sind, unbeschadet der nothwendigen Strenge und Unparteilichkeit der
Ton väterlicher Milde vorwalte, sowie dafs die durch Unterschrift des Dir. und
der betr. Ordinarien vollzogenen Censuren den Schülern in angemessener Weise
übergeben werden. Unter Umständen sind sie den Eltern oder Pflegern der
Schüler unmittelbar zu übersenden; jedenfalls ist die Unterschrift derselben zur
Bestätigung, dafs sie von ihnen gelesen worden sind, zu verlangen. (VgL
Min. Verf. v. 28. Jan. 1858, Abt. I S. 352 u. fg.)
§ 15. Schulstrafen. Sofern bei Unfleifs oder tadelhafbem Verhalten
der Schüler Ermahnungen und Bügen seitens der Lehrer erfolglos bleiben, mufs
zu Strafen geschritten werden. Ueber Art und Mafs, sowie über die Ausfahrung
derselben hat der Dir. nach Berathung mit dem Lehrercoll. innerhalb der durch
die allgm. Vorschriftien gegebenen Schranken das Erforderliche festzusetzen,
um eine gleichmäfsige Anwendung derselben durch alle Lehrer herbeizufahren.
Er ist unter Umst^den befugt, einzelnen Lehrern den Gebrauch gewisser
Strafen ganz zu untersagen. Inwieweit die einzelnen Lehrer Schulstrafen
anzuordnen befugt sind und wie hierbei zu verfahren, ist in der Dienstinstruction
für die Lehrer § 6 bestimmt. Dem Dir. liegt es ob, die genaue Befolgung
dieser Vorschriften zu überwachen. In Betreff der körperL Züchtigung wird
122
noch besonders -auf nnsere Verf. v. 9. März 1843 hingewiesen. (S. Abt. L S. 359.)
Die Carcerstrafe kann nur von dem Dir. oder anf ConferenzbeschlniB verhängt
werden. Sind aber die gewöhnlichen Mittel der Zucht ohne Erfolg geblieben,
und ist der UnfleiTs oder die Boheit in dem Betragen eines Schülers so groDs
geworden, dafs der Zweck des Unterrichts an demselben ganz verfehlt wird,
oder hat ein Schüler sich ein so grobes Vergehen zu Schulden kommen lassen,
dafs die Disciplin durch das von ihm gegebene böse Beispiel gefährdet würde,
so bleibt nur übrig, einen solchen Schüler von der Anstalt zu entfernen. Der
Dir. soll dazu die Befagnis haben, jedoch unter der Beschränkung, dafs die
Mehrheit der ordentl. Lehrer des CoUegiums über die Nothwendigkeit der Ent-
fernung mit ihm einverstanden ist, und unter der Bedingung, dafs der Fall mit
den Beweggründen der Entfernung den Eltern und Pflegern des betr. Schülers
zur rechten Zeit zur Kenntnis gebracht und unter Vorlegung des Conferenz-
protokolls uns sofort Bericht erstattet werde. (Vgl. Verf. v. 28. April 1866,
Abt. I S. 361.) Wenn ein Schüler eine Anstalt verläfst, um sich einer Strafe
zu entziehen, so ist dies ausdrücklich im Abgangszeugnisse zu bemerken. (Min.Verf.
V. 21. Mai 1861; Abt. I S. 361.) Ueber die Entfernung unfähiger Schüler aus
den unteren Kl. ist die Min. Verf. v. 4. März 1862 (Abt. I S. 319) zu beachten.
§ 16. Grundlehrplan. Schulbücher. Es ist die Aufgabe des Dir.,
auf Grund der geltenden allgm. Bestimmuncpen, der Min. Verordnungen v. 24. Oct.
1837 und 7. Jan. 1856 für Gymnasien, der Unterrichts- und Prüfungsordnung
für Bealschulen v. 6. Oct. 1859 ^) den eigentümlichen Verhältnissen der seiner
Leitung anvertrauten Anstalt gemäfs den Grundlehrplan derselben nach vorher-
gegangener Berathung mit den Fachlehrern zu entwerfen und in geeigneten
Zeiträumen zu revidlren. Derselbe ist in den Conferenzen zur Besprechung zu
bringen, damit die Lehrer mit der Uebersicht über den gesamten Unterrichtsstoff
ein deutliches Bewufstsein über die Pensa und Klassenziele und über ihr gegen- •
seitiges Verhältnis zur Erreichung derselben erlangen. Daneben sind in den
Fachconferenzen, in welchen die Lehrer der besonderen Fächer zu Be-
rathungen über Stoff, Methode und Hül&mittel derselben zusammentreten,
Fachlehrpläne auszuarbeiten und von Zeit zu Zeit zu revidiren: sie bilden die
Ausführung des Grundlehrplans, geben den Anhalt zu seiner Verbesserung und
sind zugleich die Specialinstructionen für jeden neu eintretenden Lehrer. Zur
Einfahrung neuer Schulbücher und sonstiger Unterrichtsmittel, für welche in
jedem einzelnen Falle die Fachlehrer zu hören sind, bedarf der Dir. unsere
Genehmigung. Für die in dieser Beziehung zu stellenden Anträge ist nach den
Min.Verff. v. 28. April 1857 und 20. Juni 1864 (s. Abt I S. 366) und unserer Verf.
V. 1. Juli 1864 zu verfahren.
§ 17. Jährliche Lectionspläne. Für jedes Schuljahr hat der Dir.
einen Lectionsplan nach vorangegangener Berathung mit dem Lehrercoll. zu
entwerfen und 4 Wochen vor dem Beginn desselben zur Prüfang und Genehmigung
uns einzureichen. Derselbe mufs enthalten: 1. Die Pensentabelle, in
welcher die Lehrgegenstände nach den Klassen übersichtlich aufgeführt, die Lehr-
stoffe für das betr. Schu^ahr möglichst bestimmt angedeutet, die Stundenzahl, die
Lehrbücher und die häusl. Arbeiten angegeben werden. Abweichungen von dem
Grundlehrplan sind in dem Begleitbericht zu erwähnen und zu motiviren; 2. die
Lehrertabelle, in welcher die Namen der Lehrer und die ihnen übertragenen
Stunden in der Form der in den Schulprogrammen üblichen Tabelle über die Ver-
teilung der Lehrstunden aufzuführen sind. Derselben ist ein Verzeichnis der
Ordinarien und der Beligionslehrer beizufügen; 3. die Stundentabelle, in
welcher die Verteilung der Lectionen auf die einzelnen Stunden und Tage der
Woche anzugeben ist.
*) Jetzt 0. Verf. v. 31. März 1882, Abt. IS. MO fg.
123
Da die umstände mitanter die gleichzeitige AnfstelluDg der 3 Tabellen
nicht gestatten, so ist es zulässig, die Lehrer- und die Standentabelle später
als die Pensentabelle einzusenden; doch mufs die Einsendung jedenfalLs so
zeitig erfolgen, dafs die PrüAmg und Genehmigung noch vor dem Beginn des
Schiüjahrs möglich ist. Für jede während des Schuljahrs nOthig werdende
dauernde Abänderung ist unsere Genehmigung erforderlich. Für das 2. Semester
bedarf es der Einsendung der Lehrer- und der Stundentabelle nur dann, wenn
durch den Eintritt neuer Lehrer oder sonstige Verhältnisse Abänderungen in
der Verteilung der Lectionen nothwendig sind. Für die Feststellung des
Lectionsplans ist das Bedürfnis der Anstalt mafsgebend. Der Dir. wird zwar
die billigen Wünsche der Lehrer hinsichtlich der Zeit und der Gegenstände,
soweit es ohne Nachteil möglich ist, berücksichtigen; doch ist er befugt zu
yerlangen, dafs jeder Lehrer den ihm überwiesenen Unterricht übernehme. In
welchen Lehrobjecten und Klassen ein Lehrer mit Erfolg unterrichten kann,
giebt teils das Prüfungszeugnis, teils die nachmalige Erfahrung über die pädagog.
und didaki Befähigung und die Wissenschaft!. Weiterbildung desselben an. Zu
Abweichungen yon den Bestimmungen des Prüfungszeugnisses ist unsere Ge-
nehmigung erforderlich. Bei der Verteilung der Lectionen an die Lehrer hat
der Dir. auch auf die yon ihnen zu besorgenden Correcturen Bücksicht zu nehmen
und diese Arbeit auf geeignete Weise und nach Möglichkeit auszugleichen. Eine
ähnliche Berücksichtigung wird er, soweit es ausfährbar ist, auch den Elassen-
ordinarien zu Teil werden lassen.
§ 18. Durchführung des Lectionsplans. Es ist die Pflicht des
Dir., darüber zu wachen, dafs der für das Schuljahr genehmigte Lehrplan in
sämtl. Klassen »durchgeführt werde und dafs kein Lehrer eigenmächtig yon
demselben abweiche oder ein anderes Lehrbuch als das yorgeschridbene zu
Grunde lege. Er hat zu dem Ende die einzelnen Klassen oftmsds zu besuchen
und, sofern einige Lehrstunden gleichzeitig mit den seinigen fallen, sich lieber
zuweilen durch einen der anderen Lehrer yertreten zu lassen, als diese wichtige
Pflicht zu yersäumen. Er hat darauf zu sehen, dafs in den yon ihm zu
genehmigenden Arbeitsplänen (Instruction für die Ordinarien § 6) ein angemessenes
Verhältnis der häusl. Arbeiten hergestellt und alles unnütze Schreibwesen yer-
mieden werde. (Vgl. die Min. Verfif. v. 24. Oct. 1837 u. 20. Mai 1854 [Abt. I
S. 254] u. die Bealschulordnung, Erläuterungen z. E. [Abi I S. 109].) Deshalb
hat er yon Zeit zu Zeit und mindestens einmal im Jahre die schriftl. Arbeiten
der Schüler in abwechselnder Ordnung je aus einer Klasse nach der anderen
zu reyidiren. Seinem Ermessen bleibt es überlassen, ob er, um die Durchführung^
des Lectionsplans zusichern, regelmäfsig wiederkehrende Klassenprüfungen
in einzelnen Gegenständen in seiner und anderer Lehrer Gegenwart anordnen
wiU. Kein Lehrer darf ohne die Genehmigung des ' Dir. eine Lehrstunde
ausfallen lassen. Der Dir. selbst ist befugt, unter besonderen Umständen den
Unten*, in einzelnen Klassen oder in der ganzen Anstalt für einzelne Stunden
auszusetzen; für die Dauer eines Tages bedarf er, aufser bei herkömml. Ge-
legenheiten oder ganz aufserordentl. Anlässen, unserer yorherigen Genehmigung:
doch ist in dem letzteren Fall uns dayon soJPort Anzeige zu machen. Ueber
die Zulässigkeit der Dispensationen einzelner Schüler yom Zeichnen, Gksang
und Turnen wird auf den Lehrplan für den Unterr. im Zeichnen yom 2. Oct.
1863, Bem. 9 (Abi I S. 216) und die Min. Verff. y. 1. April 1851, y. 22. April
1844 und 10. Sept 1860 (Abt. I S. 220, 225, 227), sowie hinsichtlich des
Griechischen auf Gymnasien auf die Min. Verf. y. 11. Oct. 1865 (Abt. I S. 245)
besonders hingewiesen.
§ 19. Versetzung der Schüler. Jeder Versetzung der Schüler aus
einer niederen in die nächst höhere Kl. geht ein schriftl. und mündl. Trans-
locationsexamen yoran, über dessen Einrichtung der Dir. nach yorgängiger
^ 1
124
Berathnng in der Conferenz das Nähere anzuordnen hat. Die Versetzung selbst
wird in der Conferenz festgestellt, nnd steht far dieselbe jedem stimmberechtigten
Lehrer der Klasse ein Votum zu, welches sich auf die Gesamtleistungen der
Schüler zu gründen hat; jedoch gebührt dem Dir. in zweifelhaften Fällen auf
seine Verantwortlichkeit die Entscheidung.
§ 20. Prüfungen und Schulfeierlichkeiten. Hinsichtlich der
Prüfung der Abiturienten wird auf die besonderen darüber erlassenen Reglements
und die erläuternden Verfügungen verwiesen. Bei Anordnung der am Schlufs
des Schuljahrs in den meisten Anstalten üblichen öffentl. Prüfungen ist
von dem Dir. Sorge zu tragen, dafs der Zweck derselben durch einfache Dar-
legung des wirklich Geleisteten erreicht werde und hinsichtlich der Gegenstände
wie der auftretenden Lehrer und Klassen die geeignete Abwechselung stattfinde.
Die zweckm. Einrichtung und Abhaltung aller auf Grund allgemeiner Bestimmungen
oder besonderen Herkommens zu veranstaltenden Schulfeierlichkeiten sowie der
Abiturientenentlassungen liegt dem Dir. ob. Er ist befugt, für dieselben die
Mitwirkung der Lehrer in Anspruch zu nehmen.
§ 21. Abgangs- und sonstige Zeugnisse. Die Abgangszeugnisse
sind von dem Dir. oder, wenn er es anordnet, von dem betr. Ordinarius abzu-
fassen. Es ist in ihnen auf Grund der Urteile der Lehrer die sittl. Führung
und der FleiTs der abgehenden Schüler, sowie ihre in den einzelnen Fächern
des Unterrichts erlangen Kenntnisse und Fertigkeiten mit gewissenhafter
Genauigkeit zu beurteilen. Jedes Abgangszeugnis und jedes andere von der
Schule auszustellende Zeugnis ist von dem Dir. zu unterschreiben und mit dem
Schulsiegel zu untersiegeln, das Concept aber im Archiv zu bewahren. Die
Zeugnisse behufs der Zulassung zum einjähr, freiwill. Militärdienst sind nach
Mafsgabe.der Min. Verff. v. 31. Oct 1861 und 21. Dec. 1863 festzustellen.*)
§ 22. Schulprogramme. Der Dir. hat für die vorschriftsm. Abfassung
des am Ende jedes Schuljahres zu veröffentlichenden Programms, für den
Drock und die Verteilung desselben, sowie für die Einsendung der vorge-
schriebenen Exemplare, welche spätestens 14 Tage nach dem Schlufs des
Schuljahres erfolgen mufs, zu sorgen. Einige Exemplare desselben müssen in
der Bibliothek und im Archiv der Schule aufbewahrt werden. Die Abfassung
der wissenschaftl. Abhandlung, welche in der Begel dem Dir. und den Ober-
lehrern der Anstalt zukommt, kann er auch einem geeigneten ordentl. Lehrer
übertragen. Er hat darauf zu sehen, dafs für dieselbe passende Gegenstände
gewählt werden und ist befugt, ungeeignete Aufsätze zurückzuweisen. In Betreff
der Anordnung und des Inhalts der stets von dem Dir. zu verfassenden Schul-
rfachrichten wird auf die Min. Verff. v. 23. Aug. 1824 (Abt. 1 S. 376), 16. Juli
1841 (dgl. S. 379) und 17. Aug. 1863, sowie auf die Erläuterungen zur Eeal-
schulordnung und die Min. Verf. v. 17. Jan. 1866 (Abt. I S. 380) verwiesen.^)
§ 23. Lehrapparat. Dem Dir. steht die Oberaufsicht über die zum
allgm. Gebrauch stehenden Lehrmittel, über die Lehrer- und Schülerbibliothek,
über den physikal. Apparat und andere Sammlungen der Anstalt zu. Die
besondere Aufsicht über einzelne Sammlungen hat der Dir. in der Begel einzelnen
Lehrern mit unserer (renehmigung zu übertragen ; doch hat er alljährlich dieselben
einer Bevision zu unterwerfen , die Verzeichnisse und hierher gehörigen Inventarien
durchzugehen und auf deren stete Vollständigkeit zu halten.
§24. Archiv'der Schule. Dem Dir. liegt die Anlegung, Erhaltung
und Anordnung des Schularchivs ob. Er hat die Verfügungen der Behörden
oder was sonst in Betreff der Schule ihm Bemerkenswerthes zugeht, gehörig
aufzubewahren und planmäfsig in besondere Actenstücke also zu verteilen, dafs
») Jetzt nach C.Verf. v. 29. Mai 1877, Abt. I S. 466 u. fg.
«) S. jetzt 0. Verf. v. 7. Jan. 1885. Abt. I S. 376.
125
nach seinem Abgänge sein Nachfolger oder während einer Abwesenheit sein
Stellvertreter sich gehörig orientiren und sich mit leichter Mühe aus den vor-
handenen Materialien über die Lage der Anstalt unterrichten kann. Zu diesem
Zwecke hat er auch die Concepte der von ihm zu erstattenden Berichte oder
wenigstens eine Notiz von ihrem Hauptinhalt und was von seiner anderweiten
amtl. Correspondenz von bleibendem Interesse ist, au&ubewahren und gehörigen
Orts einzuordnen, sowie über den schrifd. Verkehr ein Dienstjoumal mit
Pünktlichkeit zu fuhren. Aufserdem gehören das Album der neu aufge-
nommenen Schüler, die Concepte der Censuren und Abgangszeugnisse, die
Prüfungsverhandlungen, Lehrpläne, ConferenzprotokoUe u. s. w. in das Archiv,
welches vom Pir. unter besonderem Verschlnfs gehalten werden mufs.
§ 26. Vermögensverwaltung. Die Verwaltung des Vermögens be-
rührt zwar in der Regel den Dir. nicht unmittelbar, doch wird er bei dem nahen
Zusammenhange der Geldmittel und der durch diese zu erreichenden Zwecke
auch den finanziellen Verhältnissen der Anstalt seine Aufmerksamkeit nicht
entziehen, vielmehr überall nach Möglichkeit auf deren Verbesserung hinzuwirken
bemüht sein. Insbesondere wird dem Dir. die Sorge für die Erhaltung, Ver-
mehrung und statutenmäfsige Verwendung der etwa vorhandenen, für wohlthätige
Zwecke bestimmten Nebenfonds der Anstalt (Lehrerwitwenkassen, ünterstützungs-
und Stipendienfonds u. s. w.), sowie, wo dergl. bis jetzt nicht vorhanden sind,
deren Begründung dringend ans Herz gelegt.
§ 26. Gebäude und Utensilien. Unter allen Umständen liegt dem
Dir. die Aufsicht über das Schulgebäude, den Turnplatz und das gesamte
Utensilieninventarium ob. Er hat darauf zu achten, dafs sie sich stets in einem
solchen Zustande befinden, welcher den regelm. und ungestörten Fortgang des
Unterrichts gestattet und für die Gesundheit, Ruhe, Sicherheit und Bequemlichkeit
der Lehrer und Schüler erforderlich ist, und deshalb die verschiedenen Räume
der Anstalt, sowie die Utensilien und Geräthe der Klassenzimmer von Zeit zu
Zeit einer besonderen Besichtigung zu unterwerfen. Bei allen Anstalten,
welche nicht königL Patronats sind oder besondere Curatorien haben, hat der
Dir. seine Anträge, welche etwa nothwendige Reparaturen, Abstellung von Mifii-
ständen oder Anschaffungen betreffen, zunächst dem Patronat resp. dem Cur.
einzureichen und erst dann, wenn sie an dieser Stelle keine oder seines Er-
achtens keine genügende Erlediguug gefunden haben, der königl. Behörde
vonsulegen. Die Locale der Schule dürfen zu anderen als den Zwecken der
Anstalt nur mit Genehmigung der vorgesetzten Aufsichtsbehörde nach dem
Bericht des Dir. benutzt werden. (C.Verf. v. 9. Juni 1854, Abt. I S. 51.) Pur
die Anstalten der Stadt Berlin bleiben die Bestimmungen unserer Verf. v. 19. April
1855 mafsgebend. 1)
§ 27. Beurlaubung, Vertretung und Abgang des Directors.
Vbn jeder Abwesenheit, welche den Dir. länger als 3 Tage von seinem Wohnorte,
auch während der Ferien entfernt, hat derselbe uns vorher Anzeige zu machen
und zugleich den mit seiner Stellvertretung beauftragten Lehrer namhaft zu
machen, damit der amtl. Verkehr zwischen uns und der Anstalt keine Störung
erleidet Für jede Abwesenheit während der Schulzeit, welche die Dauer von
einer Woche übersehreitet, hat er Urlaub nachzusuchen, auch für die zweckm.
Vertretung seiner Lectionen selbst zu sorgen. Von dem erhaltenen Urlaub ist
dem Patronat, resp. Curatorium Anzeige zu macheh. Bei plötzl. Verhinderungen
des Dir. oder bei seinem Ableben tritt, sofern nicht etwas anderes angeordnet
worden ist, der erste Oberlehrer der Anstalt sofort bis auf Weiteres in die
Wahrnehmung der Amtsgeschäfte ein.*' Berlin. E. Prov.Sch.C. gez. Bei c h e n au.
^) Vgl. Verf. V. 11. Nov. 1869, Abt. I S. 51.
126
ProvicLE Pommern.
. Instr. V.. 17. Mai 1867.
§ 1. Amtliche Stellang und Pflichten eines Directors im
Allgemeinen. Der Director eines Gymn. oder einer Bealschule ist be-
rufen, eine solche Anstalt, nebst der etwa mit ihr verbundenen Vorschule zn
beaufsichtigen, zu leiten und nach aufsen zu vertreten. Er mufs slets das Wohl
derselben im Auge haben und ihr inneres und äufseres Gedeihen so zu fördern
suchen, dafs sie ihren in der geistigen und zum Teil auch leihlichen Erziehung
der Schüler, insbesondere in der christlich-religiösen, sittl. und wissenschaftl.
Ausbildung derselben bestehenden Zweck durch Unterricht und Disciplin mehr
und mehr erfülle. Zu diesem Zweck soll er alle Lehrer und Schüler der Anstalt mit
Einsicht, Kraft und Festigkeit, mit herzlichem Wohlwollen und strenger Ge-
rechtigkeit leiten und ihnen mit dem Beispiel chrisU. Wandels, treuer Pflicht-
erfüllung, wissenschafU. Strebens und eifriger Lehrthätigkeit allezeit vorangehen.
Er vornehmlich ist für das Gedeihen der ihm anvertrauten Anstalt und den
Geist, der in ihr waltet, verantwortlich, und wird dahin zu streben haben, dafs
sowohl die Lehrenden als die Lernenden Ein Geist durchdringe und belebe, der
Christi. Geist der Demuth, der Liebe und Eintracht, dafs unter ihnen emsiger
Fleifs und reine Sitte herrsche und dafs so die Schule, was sie im evangelischen
Sinne sein soll, eine Werkstätte des heiligen Geistes werde.
§ 2. Verhalten gegen die Staatsbehörden und die evange-
lische Kirche. Als Staatsbeamter ist der Dir. seinem Diensteide gemäfs
verpflichtet, „Sr. Maj. dem Könige unterthänig, treu und gehorsam zu sein, und
alle ihm vermöge seines Amts obliegenden Pflichten nach seinem bestem
Wissen und Gewissen genau zu erfüllen, auch die Verfassung gewissenhaft zu
beobachten." Er hat in Achtung des Bekenntnisses und der Ordnungen der
evangel. Kirche zu leben und zu lehren. Teilnahme an Vereinen und Versamm-
lungen, welche statutenmäfsig oder factisch eine der Staatsregierung oder der
evangel. Kirche feindselige Tendenz haben, wie auch an derartigen Agitationen
und öffentl. Demonstrationen ist ihm untersagt
Die ihm zunächst vorgesetzte Staatsbehörde ist das unterzeichn. l^vinzial-
Schulcollegium. Er hat alle ihm von diesem zugehenden Verfügui^en genau
zu beachten und auszuführen, oder etwa sich ergebende Bedenken sofort zur
Anzeige zu bringen, die periodischen oder sonst von ihm erforderten Berichte
[s. am Schlufs der Instr.] zur rechten Zeit treu und vollständig zu erstatten,
über alle wichtigeren Angelegenheiten der Anstalt, sie mögen die Personen des
Lehrercoll. oder die didact. oder disciplinar. Einrichtungen und Zustände be-
treffen, auch unaufgefordert zu berichten und den Commissarien jederzeit über
die Verhältnisse der Anstalt die von ihnen verlangte Auskunft zu erteilen.
Insbesondere wird der Dir. zu dem Bath, welchem das Departement der Gymn.
und Bealschulen der Provinz zur Verwaltung übergeben ist, als seinem Vor-
gesetzten, in nähere amtl. Beziehung treten. Dem Gen.Superintendenten der
Provinz steht es zu, den Beligionsunterr. und die sonst zur Pflege des religiösen
Lebens der Schule getroffenen Einrichtungen zu revidiren und durch Be-
lehrung und Ermahnung darauf einzuwirken. — Die von seinen Unter-
gebenen an die Aufsichtsbehörde gerichteten und ihm eingehändigten Ein-
galbon hat der Dir. bei der * Einreichung sogleich mit seinem Gutachten zu
begleiten.
Zur Uebemahme eines Nebenamts, auch einer Vormundschaft und des
Amts eines Stadtverordneten, bedarf der Dir. unserer Genehmigung.
§ 3. Directorenconferenzen. Die zur Erörterung pädagogischer
Fragen seit dem Jahr 1861 von uns angeordneten Directorenconferenzen hat
der Dir. ala ein Mittel zur Anregung und Belehrung für ihn und die übrigen
127
Teilnehmer und zur Forderung der Lehrer zu benutzen, und zu diesem Zweck
durch Leitung der Vorberathungen in dem Lehrercoll., durch Berichterstattung
über ihre Ergebnisse, Abgabe von Gutachten, Ausarbeitung von Beferaten,
durch Beteiligung an den Conferenzberathungen selbst und an der Abfassung
der darüber zu föhrenden Protokolle mitzuwirken.
§ 4. Verhalten gegen die Ortsbehörden. Wo eine Schule ein
besonderes Scholarchat oder Curatorium hat, da ist solches innerhalb der durch
seine Geschäfteinstr. bestimmten Grenzen als die nächstvorgesetzte Behörde der
Schule anzusehen und zu respectiren. Es gehört zu den Aufgaben des Dir.,
der in der Begel Mitglied dieser Local-Schulbehörde ist, ihr Interesse, wie auch
das Interesse des Patronats, für das Gedeihen der Schule rege zu erhalten, auf
Verbesserung derselben bei ihnen nach Möglichkeit hinzuwirken und zur Be-
seitigung vorhandener Mängel und Uebelstände ihre Mitwirkung zu gewinnen.
Mit den Ortsbehörden überhaupt und ihren Mitgliedern hat der Dir. sich zum
Heil der Anstalt eines guten Vernehmens zu befleifsigen und ihnen die ge-
bührende Achtung zu erweisen.
§ 5. Verhalten gegen die Eltern und Pfleger der Schüler.
Da die Eltern, welche ihre Söhne der Anstalt übergeben und dadurch die Ver-
bindlichkeit ihrer Gesetze und Ordnungen für dieselben anerkennen, vorzüglich
dem Dir. einen bedeutenden Teil ihrer elterL Autorität abtreten, so hat dieser
das hierin sich kundgebende Vertrauen bei sorgfältigem Festhalten an den
nothwendigen Forderungen der Schule durch freundliches Entgegenkommen in
allen das Gedeihen ihrer Kinder betreffenden Anglgh. zu ehren. Er hat das
Zusammenwirken der häusl. Erziehung mit der Schule durch mündl. und schriftl.
Verkehr mit den Eltern und Pflegern der Schüler möglichst zu fördern und
darauf auch besonders bei Ausfertigung der Censuren Bedacht nehmen zu
lassen. S. § 19. Von gröberen Vergehungen der Schüler und den ihnen dafür
zuerkannten Strafen sind die Angehörigen ungesäumt zu unterrichten. Bei
hartnäckigem Unfleifs oder entschiedener Unfähigkeit eines Schülers mufs dem
Vater oder dem Vormund rechtzeitig der Bath gegeben werden, ihn zurück-
zunehmen. Etwaige Beschwerden der Eltern und Pfleger über das Verfahren
einzelner Lehrer mufs der Dir. mit Buhe und Aufmerksamkeit anhören, ihnen,
wo sie gegründet sind, abhelfen und alles der Billigkeit wie der Würde seines
Amts gemäfs vermitteln, oder, wo unser Einschreiten nöthig scheint, sofort be-
richten und unserer Entscheidung die Sache anheimstellen.
Falls er selbst oder einer der Lehrer in ihrer Dienstverwaltung persön-
lich beleidigt und ihr amtliches Ansehn gekränkt oder gefährdet worden, hat
der Dir. nach Umständen entweder unmittelbar oder durch das Scholarchat,
resp. Curatorium, oder durch Berichterstattung an uns die angemessene Genug-
thuung auf gesetzlichem Wege zu suchen.'
Das Interesse der Angehörigen der Schüler an der Lehranstalt und ihr
Vertrauen zu derselben ist auf jede geeignete Weise zu erhalten und zu stärken.
Dazu dienen auch Einladungen zur Teilnahme an öffentl. Prüfungen und
Schulfeiern.
§ 6. Einführung und Instruction der Lehrer. Der Dir. ist
der nächste Vorgesetzte der an der Anstalt fnngirenden Lehrer, Candidaten und
Unterbeamten, welche ihn in allen ihren amtl. Beziehungen als solchen zu er-
kennen und seinen Anordnungen Folge zu leisten haben. Es liegt ihm ob,
wo es nicht durch ein Mitglied einer vorgesetzten Behörde geschieht, jeden neu
angestellten Lehrer in das CoUegium einzufuhren und dem Schülercötus vorzu-
stellen, ihn in das ihm übertragene Amt unter Mitteilung der für dasselbe
geltenden Instruction einzuweisen und die Vereidigung, resp. Verpflichtung durch
Handschlag an Eidesstatt, vorschriftsmäfsig vorzunehmen. In der Begel werden
nur die ordentl. Lehrer und wissenscha^l. Hülfslehrer bei ihrer festen An-
128
«
Stellung feierlich eingeföhrt und vereidigt und, wenn sie den Diensteid bereits
früher geleistet haben, auf denselben von neuem dnrch Handschlag verpflichtet.
Der Dir. hat den nea eingetretenen Lehrer mit dem Umfange seiner Obliegen-
heiten genau bekannt zu machen und ihm in der Erfüllung derselben nach
bestem Wissen mit Bath und That beizustehen. Immer mufs er darauf denken,
jedem Lehrer, soweit als möglich, diejenige Thätigheit zu übertragen, für welche
er am meisten geeignet ist, und jeden an den Platz stellen, wo er am besten
wirken und der Anstalt am meisten nützen kann.
§ 7. Beaufsichtigung und Leitung der Lehrer. Wie der
Dir. den geltenden Vorschriften und Ordnungen gemäfs jedem Lehrer den
Kreis seiner Amtsthätigkeit anzuweisen hat, so liegt ihm auch ob, darüber zu
wachen, dals die Lehrer alle Pflichten, die ihnen ihr Amt auferlegt, genau er-
füllen und sich durch ihr Verhalten sowohl in als auTser dem Amt der Achtung,
des Ansehens und des Vertrauens, die ihr Beruf eifordert, würdig zeigen.
ODisciplinargesetz v. 21. Juli 1852, § 2).^) Er wird ihnen nicht blos als
Vorgesetzter, sondern zugleich als Mitarbeiter an einem gemeinsamen Werk mit
der jedem gebührenden Achtung begegnen, sie mit Liebe zur Anstalt und
freudigem Eifer für ihren Beruf zu eifüllen suchen, Zwistigkeiten unter ihnen
nach Möglichkeit schlichten, einen von edler Sitte durchdrungenen Verkehr und
<len Aufgaben ihres Berufs entsprechenden Geist unter ihnen zu fördern und
ein einträchtiges Zusammenwirken aller zu dem rechten Ziel herbeizuführen und
zu erhalten sich bemühen. Vorkommende Mifsgriffe und üngehörigkeiten, aueh
in dem aufseramtl. Verhalten der Lehrer, hat der Dir. zunächst mit humaner
Schonung zu rügen, bei Nichtbeachtung solcher Winke und Mahnungen ihnen
aber mit Ernst und Nachdruck zu steuern. Er ist befugt, den ihm untergebe-
nen Lehrern und Unterbeamten Warnungen und Verweise zu erteilen (Disciplinar-
gesetz V. 21. Juli 1852, § 18), mufs aber grobe Pflichtverletzungen der Lehrer
uns anzeigen. Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann der Dir. einem seiner
Untergebenen die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagen, hat
aber darüber sofort an uns zu berichten. (Ebenda § 54.)
§ 8. Probecandidaten und provisor. Lehrer Vorzugsweise be-
-dürfen der aufmerksamen Beaufsichtigung und Leitung des Dir. die an der
Anstalt ihr Probejahr abhaltenden Candidaten und alle an derselben provisorisch
beschäftigten Lehrer. Er hat ihnen für ihr didakt. und pädagog. Verfahren
eowohl durch prakt. Anleitung und mündl. Besprechung als auch durch Hin-
weisung auf das Studium geeigneter Schriften und durch Mitteilung wichtiger
das Schulwesen betreffender sülgm. Verfügungen Förderung zu gewähren und
fiie vor MiTsgriffen und ungehörigem Verhalten in und aufser der Schule durch
Eath und geeignete Anweisung zu bewahren.
§ 9. Schuldiener. Der Dir. mufs darauf halten, dafs jeder an der
Schule angestellte Diener seiner Instruction gemäfs seine Pflichten, besonders
in Beziehung auf die Reinlichkeit der Locale und das Heizen der Oefen, genau
erfülle und dafs er sowohl wie die Seinigen sich geziemend betrage und den
Schülern kein böses Beispiel gebe. Ein ungehöriges Verhalten hat der Dir.
zu rügen und nach Umständen der Behörde, welche den Schuldiener angestellt
hat, zur weiteren Veranlassung anzuzeigen.
§ 10. Lehrerconferenzen. Der Dir. beruft und leitet als Vorsitzen-
der die Conferenzen des LehrercoU., welche zur Förderung der richtigen Ein-
eicht von der Aufgabe der Schule und des willigen Zusammenwirkens aller
ihrer Lehrer, sowie zur Berathung und Beschlufsnahme über Angelegenheiten
•der Schule gehalten werden sollen. Gegenstände der Besprechung in den
Conferenzen sind besonders: Stoff und Methode des Unterrichts, die Lehr- und
0 8. Abschn. VIL
129
Lectibnspläne, die einztifahrenden Lehrbücher und Ausgaben, Anschaffung von
Büchern für die Bibliothek und von Lehrmitteln; FleiTs, Fortschritte und Be-
tragen der Schüler, worüber die Elassenordinarien regelmäfsige Mitteilungen zu
machen haben, die Anordnung der Prüfungen und der Schulfeierlichkeiten, die
Censuren und Versetzungen der Schüler, die Erteilung von Prämien und Bene-
ficien, wichtige DisciplinarvorfSJle und deren Bestrafung u. a. ; nach Umständen
auch allgm. wissenschaftliche, besonders pädagog. Fragen. Auch hat der Dir.
hier die v^n uns oder anderen Behörden eingegangenen, die Schule betreffenden
Verfügungen, welche zur Kenntnisnahme des CoUegiums geeignet sind, mitzu-
teilen, falls ihr Lahalt nicht eine sofortige Mitteilung auf dem Wege des Umlaufs
nöthig macht. FersOnl. Angelegenheiten einzelner Lehrer, welche mit der Auf-
gabe der Schule nicht unmittelbar zusammenhängen, gehören nicht in die Conferenz.
Im Einzelnen bestimmen wir noch Folgendes: a. die Conferenzen des
CoUegiums sind alle 14 Tage zu bestimmten aufserhalb der gewöhnlichen Schul-
zeit fallenden Stunden und aufserdem, so oft es dem Dir. nothwendig scheint,
abzuhalten. Nach seinem Ermessen kann der Dir. über gewisse Gegenstände
auch einen Teil des Lehrercoll., namentlich die Lehrer einzelner Fächer oder
einzelner Klassen, zu besonderen Berathungen (Fachconferenzen, Klassen-
conferenzen) berufen. b. Volles Stimmrecht in der Conferenz haben
aufser dem Dir. nur die ordenü. Lehrer und die pro fac. doc. oder pro schola
geprüftien Wissenschaft!. Hülfslehrer des Gymu., resp. der Bealschule, auch
Probecandd., wenn sie eine ganze Lehrerstelle yeitreten. Andere Probanden, die
dort angestellten Elementarlehrer und ungeprüfte, zur Aushülfe beschäftigte
Candd. müssen den allgm. Lehrerconferenzen der Anstalt beiwohnen, wenn der
Dir. sie nicht bei besonderen zu ihrer Teilnahme nicht geeigneten Berathungen
ausschliefst; ein Stimmrecht steht ihnen nur über die von ihnen unterrichteten
Schüler und für die Gegenstände ihres Unterrichts zu. Die techn. Lehrer und
die Lehrer der Vorschule wohnen den Conferenzen in der Begel nicht bei, kön-
nen aber von dem Dir., so oft es ihm angemessen erscheint, zu den Berathungen
des LehrercoU. hinzugezogen werden. c. Der Dir. leitet die Verhandlungen.
Er hat dabei die Fragen zu stellen, die verschiedenen Meinungen der Collegen
mit Buhe und Wohlwollen anzuhören, auf die Erörterung ihrer Ansichten und
Vorschläge angemessen einzugehen, die Ergebnisse der Berathung zusammen-
zufassen. Beim Abstimmen giebt im Fall der Stimmengleichheit sein Votum
den Ausschlag. d. Die von der Conferenz ordnungsm. und innerhalb ihrer
Befugnis gefafsten Beschlüsse sind für jeden Lehrer bindend, und steht keinem
die Befugnis zu, davon willkürl. abzuweichen. Der Dir. hat sein Augenmerk
darauf zu richten, dafs die gefafsten Beschlüsse auch wirklich zur Ausfahrung
gelangen, darf aber, wenn ein Beschluss gegen sein Votum durch Stimmen-
mehrheit gefafst ist, dessen Ausführung suspendiren, indem er sogleich an uns
berichtet und unsere Entscheidung nachsucht. e. Die Verhandlungen und
Beschlüsse der Conferenz sind als Amtsgeheimnis zu behandeln. Insoweit
sie ausdrückl. zur Mitteilung an Andere bestimmt sind, darf diese nur auf dem
jedesmal bezeichneten oder durch das Herkommen geordneten Wege geschehen,
f. Ueber jede Conferenz wird in einem von dem Dir. aufzubewahrenden Buche
ein Protokoll aufgenommen, in welchem wenigstens die Hauptgegenstände der
Verhandlungen und Mitteilungen, alle zur Kenntnis gebrachten Verfögungen, die
gestellten Anträge und die gefafsten Beschlüsse au&uzeichnen sind. Zu dessen
Führung ist der dem Dienstalter nach jüngste unter den anwesenden ordenü»
Lehrern verpflichtet; jedoch kann dieselbe vom Dir. for einzelne Verhandlungen
oder für ein ganzes Semester auch einem anderen Lehrer mit Zustimmung des
letzteren übertragen werden.
§ 11. Beurlaubung und Vertretung der Lehrer. Zu Beisen inner-
halb der durch allgemeine (v. 8. Juni 1857 und 16. Nov. 1858) oder be-
Wieee, Verordnnng^n. IL 9
130
«
sondere Vorschriften festgesetzten Ferienzeit bedürfen die Lehrer, soweit ihnen
nicht in derselben Amtsgeschäfte obliegen, keines Urlanbs. Doch müssen sie
dem Dir. die Zeit ihrer Abwesenheit nnd wohin sie reisen, vorher anzeigen.
Zn nothwendigen Beisen anfserhalb der Ferien oder znr nothwendigen Aus-
dehnung einer Ferienreise über die Ferienzeit hinaas ist der Dir. befagt, den
Lehrern bis znr Daner einer Woche Urlaub zn erteilen. Er kann die Erteilnng
desselben an die Bedingung knüpfen, dafs der den Urlanb nachsnchepde Lehrer
selbst far seine zweckm. Vertretong sorge, welche aber jedenfalls def Genehmi-
gung des Dir. unterliegt Ist ein Lehrer durch sonstige unabwendbare EQnder-
nisse, namentlich durch Krankheit, .von der Abwartung seiner Lectionen abge-
halten, so liegt dem Dir. ob, die nOthige Vertretung durch andere Lehrer
anzuordnen, wob^i Klassencombinationen möglichst zn yermeiden sind. Ge-
suche der Lehrer um Beurlaubung auf länger als eine Woche mufs der Dir.
mit seinem Gutachten und der Angabe, ob und wie für die Vertretung gesorgt
werden könne, uns einreichen.
§ 12. Beurlaubung, Abgang und Vertretung des Directors.
Wenn der Dir. selbst zu verreisen beabsichtigt, — wozu er für Beisen inner-
halb der Schulzeit, sobald seine Abwesenheit die Dauer von 3 Tagen über-
schreitet, bei uns Urlaub nachsuchen mufs, für kleinere Beisen aber in der
Schulzeit und für Beisen in den Ferien keines Urlaubs bedarf, — so hat er
einem der Lehrer, der dazu geeignet und auf sein Ersuchen bereit ist, in der
Begel dem ihm zunächst stehenden Oberlehrer, die stellvertretende Leitung der
Anstalt und die ihm obliegende Aufsicht über die LocaUen und Sammlungen
derselben zu übertragen, auch selbst für die zweckm. Verteilung seiner Lectionen
zu sorgen. Ist kein geeigneter Vertreter zu finden, so mufs die Beise unter-
bleiben. Von jeder Abwesenheit, welche den Dir. auf eine Nacht oder länger
von seinem Wohnort entfernt, ihrer Dauer und dem Ziel der Beise ist, auch
wenn kein Urlaub erforderlich, also auch in den Ferien, uns vorher Anze^
zu machen, und zugleich der mit der Stellvertretung beauftragte Lehrer zu be-
zeichnen, damit der amtl. Verkehr zwischen uns und der Anstalt keine Störung
erleide. Bei plötzl. Verhinderungen des Dir., sowie bei Erledigung seiner
Stelle durch Abgang oder Ableben desselben, tritt» sofern nicht etwas anderes
von uns vorgesehen worden, der erste Oberlehrer als commissarischer Dirigent
sofort in die Wahrnehmung der Amtsgeschäfte ein, bis von uns Weiteres dar-
über verf> worden ist
Wenn der Dir. die Absicht hat, die Anstalt zu verlassen, so mufs er seine
Entlassung bei der Behörde,* welche ihn angestellt hat, nachsuchen. Er darf sie,
falls durch die Vocation oder ein besonderes Abkommen nicht anderes fest-
gesetzt ist, nur auf Michaelis oder Ostern und zwar nach mindestens 6 Monate
vorhergegangener Kündigung fordern. In keinem Fall darf er seine Stellung
eher verlassen, als er von uns oder mit unserer Genehmigung seine Entlassung
erhalten hat.
§ 13. Erledigung einer Lehrerstelle. Wenn die Erledigung einer
Lehrerstelle durch den beabsichtigten Abgang eines Lehrers bevorsteht, so hat
der Dir. uns und der wahlberechtigten Behörde die Lehrfächeir anzuzeigen, für
welche bei der Bestellung eines Nachfolgers gesorgt werden mufs, und, wenn
ihm ein zum Nachfolger geeigneter Mann bekannt ist, die Aufinerksamkeit der
wählenden Behörde atuf denselben hinzulenken. Derselben Behörde und uns ist
die durch den Tod oder den plötzl. Abgang eines Lehrers eingetretene Erledi-
gung einer Stelle unverzüglich anzuzeigen und in diesem Fall uns aufserdem zu
berichten, in welcher Weise für die einstweil. Vertretung der erledigten Stelle
gesorgt oder zu sorgen sei.
§ 14. Aufnahme der Schüler. Dem Dir. liegt ob, die zur Auftiahme
in die Schule Angemeldeten entweder allein oder, wenn er will, unter Zuziehung
131
«eines nnd des anderen Lehrers, namentlich des betr. Ordinarius, za prüfen und
nach dem Mafs ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten die Klasse, in welche sie
eintreten sollen,* und, wenn er nicht dies dem Ordinarius überlassen will,
auch ihren Platz in derselben zu bestimmen. Die Zeit der Aufnahme ist zTjrar
in der Begel Ostern und Michaelis; indefs darf der Dir. auch zu jeder anderen
Zeit Auftiahmeföhigen den Eintritt nicht verweigern, wenn die Frequenz der
Klasse, in welche der Angemeldete pafst» es gestattet. Die Aufnahme darf
in die Vorschule nicht vor Vollendung des 6., in das Gymn. oder die Beal-
schule nicht vor Vollendung des 9. Lebensjahres geschehen; nur bei körperlich
und geistig besonders kräftigen Knaben ausnahmsweise schon einige Monate
früher.
Unerläfslich ist vor der Aufnahme schon Unterrichteter die Vorlegung
eines Zeugnisses über den bis dahin genossenen Unterricht und das sittl. Ver-
halten und, wenn der Angemeldete bereits eine öffentl. Schule besucht hat, eines
vom Vorsteher amtl. ansgefertig^ten Entlassungszeugnisses aus derselben, welches *
dann im Schularchiv bis zum künfb. Abgang des Schülers aufzubewahren ist.
Jeder neu aufgenommene Schüler ist in das Album der Schule, resp. in das
getrennt davon zu haltende Album der Vorschule, mit Vor- und Zuname, An-
gabe des Tages und Ortes der Geburt, der Confession, der etwa früher besuchten
Schule, der Zeit der Aufnahme, der Klasse, in welche er gesetzt wird, des
Namens, Standes und Wohnorts des Vaters, resp. auch des Vormunds und des
Aufsehers einzutragen. In diesem sorgfältig aufzubewahrenden Album ist später
bei dem Namen jedes Schülers die Zeit, wann, und die Klasse, aus welcher er
abgegangen, seine fernere Bestimmung u. dergl. zu notiren. Der Dir. verpflichtet
die neu eintretenden Schüler zu genauer Beobachtung der Schulordnung und
überweist sie den Ordinarien ihrer Kl. zu weiterer Leitung.
§ 15. Beaufsichtigung der Schüler. Eine Bedingung der Auf-
nahme mufs sein, dafs jeder Schüler, der nicht unter Aufsicht von Eltern oder
nahen Angehörigen im Orte wohnt, einem geeigneten Aufseher übergeben se i
der über seinen Fleifs und sein situ. Betragen aufser der Schule zu wachen
hat. Die Wahl desselben bedarf der Genehmigung des Directors. Ebenso ist
zur Veränderung des Aufsehers und der Wohnung auswärtiger Schüler, welche
der Dir. unter Umständen fordern darf, jedesmal die Genehmigung des Dir.
im voraus einzuholen. Da dieser darauf achten mufs, dafs die auswärtigen
Schüler passend untergebracht werden, wird er auch auf die Einrichtung und
Beschaffenheit der am Orte befindlichen Pensionate sein Augenmerk richten.
Mit der Anstalt verbundene Alumnate von öffentl. Charakter müssen der Ober-
aufsicht oder wenigstens der Mitaufsicht des Dir. untergeben sein. Der Dir.
und alle Lehrer haben die Pflicht, dahin zu sehen, daüTs kein Schüler ohne
zwingende, jedesmal als solche nachzuweisende Veranlassung den Unterr. ver-
säume, und dafs sowohl innerhalb der Schule, als auch aufserhalb derselben
unter den Schülern die gehörige Ordnung, Zucht und Sitte herrsche; wo sie
Ton ihnen etwas Tadelnswerthes hören oder sehen, haben sie zu dessen Büge
und Abstellung das Angemessene zu thuü. Sie sind befugt, wegen unsittl. und
anstöfsigen Benehmens auch aufser der Schule ihre Schüler zur Verantwortung
zu ziehen. (Min. Verf. v. 31. Juli 1824, s. Abt I S. 347.)
Vornehmlich aber liegt die disciplinar. Leistung und Beaufsichtigung der
Schüler dem Dir., den Ordinarien und denjenigen Lehrern ob, welchen sie jener
im Besonderen überträgt. — Der Dir. hat sich fortlaufend, soweit als möglich,
in genauer Kenntnis von dem Betragen, dem Fleifs und den Fortschritten jedes
Schülers zu erhalten, um nöthigenfi^ls selbst auf ihn einwirken und seinen
Angehörigen die erforderl. Ausruft erteilen zu können.
§ 16. Grundsätze und Hauptmittel der Disciplin. Der Dir.
^nd aUe Lehrer nehmen zu ihren Schülern eine väterliche Stellung ein. Darin
132
liegt, dafs sie nicht blofs als Aufseher nnd Richter auf die änfsere Beobachtang^
der gesetzl. Ordnung zu halten haben, sondern yomehmlich bemuht sein müssen^
Yon innen heraus das rechte Verhalten der Schuler hervorzurufen, also die Ge-
sinnung, auf welcher dies beruhen soll, in ihnen zu erwecken und lebendig zu
erhalten. Sie werden es als eine heilige Pflicht ansehen, dies durch das eigene
Beispiel eines pflichttreuen, sittlich ernsten und frommen Wandels, durch sorg-
fältige und übereinstimmende Anleitung und Gewöhnung der Schüler, durch
liebeyolle Belehrung und Zurechtweisung und, wo es nöthig ist, durch strenge,
aber gerechte Strafen zu erreichen.
Jeder verderblichen Richtung der Zöglinge, möge sie sich in Unfleifs,
unsittlichen oder verkehrten Neigungen, unpassendem Umgang, störenden Ver-
bindungen und Vergnügungen, in unstatthaftem Besuch öffenü. Vergnügungs-
örter und Gasthäuser, ungeziemender Kleidung, anmafsendem Auftreten oder
irgendwie sonst äufsem, hat der Dir. sowohl allein als in Gemeinschaft mit den
Lehrern kräftig entgegenzuwirken, und durch Weckung und Belebung eines
edlen Wetteifers in den Studien, durch Gewöhnung an strengen Gehorsam und
feste Ordnung und durch Erziehung zu aufrichtiger Gottes^rcht Vergehungen
möglichst vorzubeugen. Der ganze in Unterricht und Zucht waltende Geist der
Schule, dessen Träger und Pfleger vorzugsweise der Dir. sein soll, mufs dem
Willen der Schüler eine Richtung geben, welche sich bei ihnen später in echt
wissenschaftl. Streben, in pflichtmäfsiger Berufserfullung, in Achtung vor Gesetz
und Recht, in üebung guter Sitte, in warmer Vaterlandsliebe und treuer Anhänglich-
keit an Se Maj. den König und in einer würdigen kirchl. Haltung bethätigi
Zur Belebung patriotischen Sinnes wird aufser anderen Schulfesten die von dem
Dir. alljährl. zu veranstaltende Feier des Geburtstages Sr. Maj. des Königs dienen.
Zur Pflege des religiösen Sinnes und Geistes* der Jugend empfehlen wir
den Directoren femer, nicht allein auf die zweckmäfsigste, far Verstand und
Gemüth der Jugend gleich heilsame Erteilung des Religionsunterr. besonders zu
achten, sondern auch auf einen regelm. Kirchenbesuch der Schüler und durch
Veranstaltung von Schulcommunionen auf einen gemeinschafkl. Gennfs des heil.
Abendmahls hinzuwirken. Sie haben darauf zu sehen, dafs der Anfang und,
soweit es ihnen angemessen erscheint, auch der Schlufs des tägl. Unterrichts
mit G«bet geschehe, dafs die Morgen- und Wochenschlufs-Andachten der Schule,
welchen sie in der Regel beiwohnen müssen, erbaulich abgehalten nnd dadurch
sowohl, wie durch den religiösen Charakter, der das ganze Leben der Schule
und besonders die Schulfeierlichkeiten durchdringen mufs, auf das Eilige, was
Noth ist und was dem Wissen und Wollen der Menschen die höhere 'Weihe
giebt, das Gemüth der Jugend hingeführt werde. S. die Min. Verf. v. 28). Juni
1826 (Abt. I p. 162).
Auch das leibliche Wohl der Schüler wird dem Dir. am Herzen l&egen,
und was dazu durch zweckm. Veranstaltung der Turnübungen, gemeinscnaftl.
Spaziergänge u. dgl., durch Schonung der Gesundheit beim Unterricht, besonViers
durch Verhütung der Kurzsichtigkeit von Seiten der Schule geschehen k2|jin,
mufs der Dir. sorgsam in Anwendung bringen lassen.
§17. Schulordnung. Eine Schulordnung, welche die Bedingunflieii,
zu deren Erfüllung die Eltern der Schüler gegen die Schule verpflichtet sind,
bezeichnet und Vorschriften für das Verhalten der Schüler giebt, mufs, wo ef
solche nicht vorhanden ist oder der Revision bedarf, von dem Dir. nach
rathung mit dem LehrercoUegium entworfen oder verbessert, darauf dem Schol-
archat oder Curatorium, wo ein solches vorhanden ist, zur Beurteilung vorgelegt
und demnächst uns zur Prüfung und Bestätigung eingesandt werden. Dasselbe
gilt auch in Bezug auf die far Alumnate oder Pensionsanstalten, wo solche mit
einer Schule verbunden sind, entweder schon vorhandenen oder noch zu ent-
werfenden Statuten und besonderen Disciplinarverordnungen.
133
§ 18. Klassenbücher. Zur ControUe über den regelm. Fortgang-
des Unterrichts nnd das Verhalten der Schüler dienen die Klassenbücher, deren
eins in jeder Klasse unter Aufsicht des Ordinarius geführt wird. Es mufs aufser
einem Verzeichnis der Schüler die erforderl. Bubriken zur Eintragung der ab-
wesenden und zu spät gekommenen, der zu jeder Lehrstunde gegebenen Auf-
gaben und von Bemerkungen der Lehrer über Fleifs und Betragen der Schüler
enthalten. Der Dir. hat diese Bücher allwöchentL durchzusehen.
§19. Censuren. Mit Beachtung der Notizen des Klassenbuchs
werden yierteljährl. oder mindestens halbjährl. allen Schülern Censuren erteilt,
in denen sich die Anstalt über den Standpunkt des einzelnen Schülers in Be-
ziehung auf seine Leistungen in jedem einzelnen Lehrgegenstande und über
Führung, Fleifs und Aufmerksamkeit desselben seinen Angehörigen gegenüber
ausspricht. Auf die sorgfältige und hinreichend ausführliche Abfassung der
Gensuren durch die einzelnen Fachlehrer und vornehmlich durch den Ordinarius
hat der Dir. umsomehr zu halten, je mehr darauf für die Handhabung der
Disciplin in der Schule und for das Zusammenwirken derselben mit der Zucht
des elterlichen Hauses zur Förderung der Schüler ankommt S. oben § 5.
Die Censuren sind, nachdem die einzelnen Lehrer schriftlich ihre Urteile ab-
gegeben haben, hinsichtlich der zusammenzufassenden Urteile unter Leitung
des Dir. von allen Lehrern der Klasse zu berathen, vom Ordinarius auszu-
fertigen, mindestens von diesem und dem Dir. zu unterschreiben und von
dem letzteren oder vom Ordinarius an die Schüler mit angemessener Feier-
lichkeit auszuteilen; unter Umständen sind sie den Angehörigen unmittelbar
zuzuschicken.
§ 20. Schul strafen. Ueberall, wo die Erhaltung einer guten Dis-
ciplin unter den Schülern Bestrafung nothwendig macht, haben die Dir. dahin
zu sehen, dafs die Strafe selbst zweckmäfsig sei und bei aller Strenge deu
Charakter ruhigen Ernstes und yäterlichen Wohlwollens an sich trage. Niemals
darf der Dir. eine Strafe über einen Schüler verhängen, ohne denselben vorher
selbst gehört zu haben. Ueber Art und Mafs der Strafen, die an jeder Schule
zur Anwendung kommen sollen, hat das Lehrercoll. innerhalb der durch allgm.
Vorschriften gegebenen Schranken das Erforderliche zu verabreden und'fes^u-
setzen. Der Dir. ist unter Umständen befugt, einzelnen Lehrern den Gebrauch
gewisser Strafen ganz zu untersagen, auch anzuordnen, dafs ihm der Lehrer
entweder vorher oder sogleich nachher Anzeige mache oder dieselben im Klassen-
buch notire.
Als allgm. Grundsätze sind folgende zu beobachten: a) Strafarbeiten
dürfen in der Begel nur, wenn Aufgegebenes nachlässig gearbeitet oder gelernt
ist, zur Verbesserung oder Wiederholung desselben, oder zur Beschädigung
während der Verbüfsung einer Freiheitsstrafe aufgegeben werden. b) Das
Nachsitzen in den Klassen darf nicht ohne gehörige Aufsicht und ControUe
der jedesmal aufzugebenden Arbeit stattfinden. Wenigstens, wenn diese Strafe
fmr länger als eine Stunde verhängt wird, mufs der Lehrer dem Dir. und den
Eltern oder Aufsehern davon sogleich Anzeige machen. c) Körperliche
Strafen dürfen nur da, wo die übrigen pädagog. Strafmittel nicht ausreichen,
und nur bei jüngeren Schülern bis IV hinauf mit Mäfsigung und Vorsicht in
Anwendung kommen; in auTserordentl. Fällen, jedoch immer nur auf Beschlufs
des Lehrercoll. auch in III. „Die Schulzucht darf niemals bis zu Mifs-
handlungen, welche der Gesundheit der Kinder auch nur auf ^ entfernte Art
schädlich werden könnten, ausgedehnt werden." (A. LB. T. II Tit. 12 § 50).
d) In allen wichtigeren Disciplinarfällen mufs der Dir. zugezogen werden, der
dann nach Befinden der Umstände entweder allein oder in Verbindung mit dem
Ordinarius oder anderen Lehrern die Sache untersucht und erledigt oder sie
4er Lehrerconferenz zur BeschluTsfassung über die Strafe vorträgt. e) Auf
134
Garcerstrafe kann nur der Dir. selbst, in der Begel nach Besprechnng mit
dem Ordinarius der betreff. Klasse, oder die Lehrerconferenz erkennen. Sie darf
nur bei Schülern der 4 oberen KL angewandt nnd in der Begel nicht über
6 Stunden ausgedehnt werden.
f) Zeigt sich die Zncht der Schule mit ihren gewöhnlichen Mitteln an
einem Schüler nicht wirksam, oder hat ein Schüler durch ein grobes Vergehen
sich der Gemeinschaft mit seinen Mitschülern unwürdig gemacht und ist von
seinem weiteren Bleiben an deY Anstalt ein verderblicher Einflufs auf andere
Schüler und ein erhebl. Nachteil für den Buf der Anstalt zu erwarten, so ist
derselbe von ihr zu entfernen. Im Besonderen ist vorgeschrieben, dafs solche
Schüler der VI, V und IV, welche nach 2 jähr. Aufenthalt in derselben Klasse
noch nicht haben versetzt werden können und welchen nach dem einstimm.
Urteil ihrer Lehrer ein längeres Verweilen auf der Schule nutzlos, sein würde,
aus derselben entfernt werden sollen, nachdem dem Vater oder Vormund
mindestens ein Vierteljahr zuvor Nachricht davon gegeben sei. (Min. Verf.
V. 4. März 1862, s. Abt. I S. 319.) Die Entfernung darf immer nur von der
Lehrerconferenz nach reifl. Erwägung aller Umstände verhängt werden. Sie
unterscheidet sich wesentlich von dem Bath zur Wegnahme eines Schülers, den
auch der Dir. allein zu erteilen befugt ist, dessen Befolgung aber zu erzwingen
ihm allein nicht zusteht. Die Entfernung geschieht entweder in der schonenderen
Form der stillen Entfernung, nämlich so, dafs an den Vater oder Vormund
die Aufforderung gerichtet wird, den Schüler sogleich (unter Umständen • mit
dem Schlufs des laufenden Vierteljahrs) von der Anstalt zurückzunehmen, oder,
bei Nichtbefolgung einer solchen Aufforderung oder bei Vergehungen, durch
welche ein gröfseres Aergemis gegeben ist, in der Form der Belegation,
durch welche der Schüler von der Anstalt sofort verwiesen wird. Von jeder
Belegation muTs der Dir. dem Vater oder dem Vormund des Schülers sogleich
Nachricht geben und uns unter Anzeige der Veranlassung Bericht erstatten.
Ein von einer Anstalt relegirter Schüler, dessen Entfernung im Abgangszeugnis
jedesmal mit diesem Ausdruck bezeichnet, werden mufs, darf an einer anderen
Lehranstalt unseres Bessorts nur mit unserer Genehmigung aufgenommen werden.
§ 21. Abgangs- und sonstige Schulzeugnisse, Wenn der Vater
oder Vormund für einen Schüler ein Abgangs- oder ein anderes Zeugnis
verlangt, so ist ein solches gegen die durch den Etat der Anstalt festgesetzte
Gebühr von dem Dir. oder, falls er das anordnet, von dem Ordinarius der betreff.
Klasse nach den Censuren des Schülers und den einzuholenden Urteilen der
Lehrer seiner Klasse abzufassen, darin die Klasse und die Stufe derselben, aus
welcher er anstritt, anzugeben und die sittl. Führung, die Teilnahme am
Unterricht und der Fleifs, sowie. die in den einzelnen Fächern des Unterr.
erlangten Kenntnisse und Fertigkeiten mit gewissenhafter Genauigkeit zu
beurteilen.
Für die aus 11 eines Gymn. oder einer Bealschule 1. 0. nach mindestens
halbjähr. Aufenthalt in dieser Kl. Abgehenden müssen in Bücksicht auf die
Berechtigung zum einjähr, freiwill. Militärdienst die Abgangszeugnisse jedesmal
von der Lehrerconferenz festgestellt und darin ausdrückl. bemerkt werden, ob
der betr. Schüler sich das bezügl. Pensum der n gut angeeignet und sich g^t
betragen habe. (Min. Verf. v. 31. Oct. 1861 und 21. Dec. 1863.) ^) Diese Zeugnisse
und die gleicher Bestimmung far die aus I abgehenden Schüler sind nach einem
vorgeschrieb. Schema auszustellen und die Concepte in ein besonderes Buch
einzutragen. (Min. Verf. v. 11. Oct. 1865.)^) Damit die rechtzeitige Meldung
zum einjähr. Militärdienst nicht versäumt werde, mufs der Dir. am Schlufs jedes
*) 8. jetzt C. Verf. v. 29. Mai 1877 etc., Abt. I S. 466 fg.
8) 8. 2. Ausg. Abt. I S. 239.
,136
Jahres die Schüler der oberen £1. anf die betr. Bestimmnng der Mil.Ersatzinstr.
aufmerksam ibachen, nach welcher die Berechtigung znm einjähr. freiwiÜ. Militär-
dienst spätestens bis znm 1. Febr. desjenigen Kalenderjahrs bei der betr.
Departm. Präf^ngscomm. nachzusuchen ist, in welchem das 20. Lebensjahr
ToUendet wird, und wer diesen Termin versäumt, den Anspruch auf die Ver-
günstigung zum einjähr. Dienst verliert.
Die Beife für eine höhere Kl. darf abgehenden Schülern nicht mit milderer
Beurteilung zugesprochen werden, als den an der Anstalt bleibenden. Jedes
Abgangszeugnis und jedes andere von der Schule auszustellende Zeugnis ist
von dem Dir. zu unterschreiben und mit dem Schulsiegel zu untersiegeln, das
Concept aber oder eine Abschrift; im Archiv aufzubewahren. — Die „Zeugnisse
der Beife^ sind den Abiturienten bei der Entlassung von dem Dir. mit an-
gemessener Feierlichkeit einzuhändigen.
§ 22. Lehrplan. Die Gestaltung des Unterrichts wird durch die
geltenden allgm. Vorschriften (Normallehrplan), für die Gymnasien namentlich
durch die Min.Verordn. v. 24. Oct. 1837 und 7. Jan. 1856, für die Bealschulen
durch die ü. und PO. v. 6. Oct. 1859, und aufserdem durch besondere An-
ordnungen, welche für die einzelnen Anstalten getroffen sind, bestimmt^). Zu
beachten ist besonders auch der Min. Erlafs v. 26. April 1867 ^), durch den ein
specieller Lehrplan der Gymnasien und der. Bealschulen 1. 0. als ein Beispiel
für die Weise mitgeteilt wird, auf welche die Bestimmungen des allgm. Lehr-
plans im Einzelnen zweckmäfsig zur Ausführung gebracht werden können. Die
Aufgabe des Dir. ist, auf dieser Grundlage den Lehrplan der ganzen Anstalt
ihren eigentümlichen Verhältnissen gemäfs im Einzelnen möglichst zweckmäfsig
zu gestalten und dahin zu wirken, dafs er von allen Lehrern recht erfafst und
genau ausgeführt werde. Zu dem Ende empfiehlt es sich, ihn im Ganzen, wie
in seinen einzelnen Teilen, in den Lehrerconferenzen zum Gegenstande wieder-
holter sorgfältiger und gifndlicher Erörterungen zu machen, die gedeihlichste
Weise seiner Ausföhrung zu erwägen und dadurch in jedem Lehrer ein lebendiges
Interesse aii dem geistigen Leben der ganzen Anstalt und dessen Förderung
und bei allen ein möglichst harmonisches Zusammenwirken hervorzurufen und
zu erhalten.
Aus solchen Berathungen sowohl des ganzen LehrercoU. als auch der
Lehrer der besonderen Fächer gehen die Fachlehrpläne hervor, in denen jeder
einzelne Lehrgegenstand nach Stoff, Methode und Hülfsmitteln durch alle Kl.
der Schule unter scharfer und bestimmter Abgrenzung des einer jeden zugedachten.
Pensums verfolgt wird. Dieselben sind von dem Dir. oder einem von ihm damit
beauftragten Lehrer auszuarbeiten und bilden, wie sie in der Conferenz berathen
und von uns mit etwa verfügten Abänderungen genehmigt sind, die Special-
Instruction für die Behandlung der einzelnen Lehrgegenstände, durch welche
jeder neu eintretende Lehrer in den ganzen Gang derselben eingeführt wird.
Sie sind bei jeder Anstalt von Zeit zu Zeit einer Bevision zu unterwerfen, damit
das LehrercoU. sich stets wissenschaftl. und didakt mit der Sache .vertraut
erhalte und keine auf dem betr. Gebiet hervortretende neue und bedeutsame
Erscheinung unbeachtet vorübergehe.
In den Schulbüchern und sonstigen Unterrichtsmitteln ist um der den
Eltern dadurch erwächsenden Kosten und anderer Nachteile willen ein zu häufiger
Wechsel sorgfältig zu vermeiden. Zur Einführung neuer, bei welcher so weit
als möglich auf ihre Vereinfachung und Uebereinstimmung innerhalb der Provinz
gesehen werden mufs, bedarf es jedesmal eines besonderen Antrags an uns, in
welchem unter Beifügung eines Exemplars anzugeben ist, wie lange das durch
n 8. jetzt C.Verf. v. 31. März 1882, Abt. I S. 110 fg.
^) i. 2. Ausg. Abt. I S. 317 fg.
136
ein neues zn ersetzende Bnch in Gebrauch gewesen sei, ans welchen Gründen
die Abscbaffong gewünscht werde, welche Vorzüge das nene habe, in welchen
Klassen es gebraucht werden solle, welches die Preise des neuen and des alten
seien. Solche Anträge der Art» für welche wir die Genehmigong des H. Min.
nachzusuchen haben, müssen vor dem Beginn des Schuljahrs, spätestens resp.
bis zum 1. Febr. oder 1. Aug. bei uns eingehen.
§ 23. Lectionsplan. Durch Anwendung des Lehrplans auf ein
bestimmtes Schuljahr und die in demselben bei der Anstalt obwaltenden Ver-
hältnisse entsteht der Lectionsplan für das Schuljahr. Der Dir. hat denselben
in 3 Tabellen zu entwerfen, sowohl für das Gymn., resp. die Eealschule, als
auch für die etwa vorhandene Vorschule, deren Klassen aber nicht als Septima,
Octaya zu bezeichnen sind. L In der Lections- oder Pensentabelle sind alle
Lehrgegenstände nach einander aufzuführen und für jeden folgende Rubriken
neben einander auszufüllen: 1. Klassen und Lehrer, 2. Zahl der w6ch.
Lehrstunden, 3. Lehrbücher, 4. Pensa, 5. ob und wie ofk schriftliche,
vom Lehrer zu corrigirende Arbeiten angefertigt werden sollen. Die Pensa für
das betr. Schuljahr sind möglichst genau zu bestimmen und für die Klassen,
welche einen 2 jähr. Cursus haben, ist zugleich anzugeben, welcher Teil des
ganzen Pensums der Klasse etwa für das andere Schi^jahr aufbehalten bleibt.
n. Die Lehrertabelle enthält in der ersten Rubrik die Namen und Titel der
Lehrer nach ihrer Rangfolge, in den folgenden die Lehrstunden der einzelnen
Kl. nach Gegenstand und wöchentl. Zahl, so geordnet, dafs ersichtl. ist, von
welchem Lehrer sie gegeben werden sollen. Aufserdem mufs in dieser Tabelle,
deren Form der in den Schulprogrammen allgm. gebräuchl. tabellarischen
Nachweisung über die geschehene Verwendung der Lehrkräfte entspricht, die
beabsichtigte Verteilung der Ordinariate bemerlrt werden. III. Die Zeittabelle
oder der Stundenplan giebt die Verteilung der Lectionen und der Lehrer
jeder* Kl. auf die einzelnen Tage der Woche und die Tagestunden an.
üeber die Länge der Unterrichtsstunden und der Pausen zwischen ihnen
s. unsere Verf. v. 16. Sept 1865.^) — Die Abfassung des Lectionsplans steht
dem Dir. allein zu; jedoch mufs derselben in der Regel eine sorgfältige Be-
rathung mit den Lehrern vorangehen, in welcher namentlich auch Anzsüil und
Mafs der von den Schülern zu liefernden und von dem Lehrer zu corrigirenden
Bchrlftl. Arbeiten und regelm. Lemaufgaben zu erwägen ist, damit bei den
Schülern ein gleichmäfsig angestrengtes gründliches Arbeiten und sicheres Fort-
schreiten ohne Ueberbürdung bewirkt werde.
üeber die Rücksichtnahme auf den Confirmandenunterricht siehe die
Min.Verf. v. 16. Oct. 1860 (Abt. I S. 166). — Bei der Verteilung der Fächer,
Stunden und Ordinariate unter die einzelnen Lehrer, für welche immer an erster
Stelle das Bedürfnis der Anstalt mafsgebend ist, mufs der Dir. nach Möglichkeit
auf die Neigungen und billigen Wünsche eines jeden Lehrers und vorzüglich
auch auf das richtige Verhältnis der Zahl der Lehrstunden zu den mit ihnen
verknüpften Vorbereitungen und Correcturen Rücksicht nehmen. Durch Ascension
in eine höhere Stelle wird kein Lehrer aller Verpflichtung zum Unterricht in
den unteren Kl. überhoben, und keinem kann die Befugnis eingeräumt werden,
das Ordinariat einer bestimmten Klasse in Anspruch zu nehmen oder abzulehnen.
Die Zahl der wöchentl. Unterrichtsstunden eines jeden Lehrers ist gewöhnlich
durch die Vocation oder das Herkommen bestimmt; im AUgem. gilt aber als
Regel, dafs der Dir. 12 bis 16, ein etatsmäfsiger Oberiehrer 20 bis 22, ein
ordentl. Lehrer 22 bis 24, ein wissenschaftl. Hülfslehrer 24, ein techn. Lehrer
und ein Elementarlehrer 26 bis 28 wöchentl. Lehrstunden zu erteilen hat.
^) 8. 2. Ausg. Abt. I S. 123; jetzt C.Verf. v. 10. Nov. 1884, Abt. I S. 243-
137
Die Lehificher und die Klassen, in welchen jeder Lehrer mit Erfolg
nnterrichten kann, sind nach seinem Prüfangszengnis nnd seinem prakt dar-
g^thanen Geschick zu bestimmen. Wenn der Dir.' einem Lehrer Unterricht in
einem Lehrgegenstande übertragen will, in welchem er entweder gar nicht geprüft
oder in der Prüfung pro fac. doc. zu unterrichten nicht fähig befunden worden
ist, 60 mufs dazu in jedem einzelnen Falle unsere Genehn^ignng ausdrücklich
nachg^ucht werden.
Der Lectionsplan for das Schuljahr ist jedesmal 4 Wochen vor dem Beginn
desselben in den Tabellen I und n zur Genehmigung bei uns einzureichen,
und sollten die Umstände dann eiuQ Aufstellung desselben noch nicht in allen
Teilen gestatten, wenigstens so vollständig als m6glich mit Vorbehalt späterer
Ergänzung. Zu jeder im Laufe des Schi^jahrs nöthig werdenden Abänderung
des eingereichten Plans ist ebenfalls unsere Genehmigung rechtzeitig nach-
zusuchen; namentlich vor Beginn des 2. Semesters, wo nicht selten die Tabelle II
neu aufzustellen und wenigstens 14 Tage vorher vorzulegen sein wird. —
Etwanige Abweichungen von dem Normallehrplan müssen in dem Begleitbericht
ausdrücklich erwähnt und motivirt werden. Der genehmigte Lectionsplan mufs
mit den dazu von uns etwa gemachten Bemerkungen zu Anfang des Schuljahrs
sämtlichen Lehrern zur Kenntnisnahme und Nachachtung mitgeteilt werden und
in einer Abschrift im Conferenzzimmer stets ausliegen.
§24. Klassenrevisionen. Dafs jeder Lehrer den Lectionsplan mit
den dazu getroffenen Bestimmungen genau befolge, die ihm überwiesenen Lehr-
gegenstände ohne eigenmächtige Aenderung in Lehrstoff, Lehrbüchern und
anderen Lehrmitteln in einer dem Standpunkt seiner Schüler entsprechenden,
Aufmerksamkeit und Fleifs derselben anregenden Weise behandle, die ihm über-
tragenen Lehrstunden pünktlich anfange und abwarte, die mit denselben ver-
bundenen Gorrecturen regelmäfsig und sorgfältig ausführe, hat der Dir. aufmerksam
zu überwachen. Er mufs zu dem Zweck die einzelnen Lehrstunden fleifsig
biBsuclien und um auch solche besuchen zu können, welche mit seinen eigenen
gleichzeitig fallen, sich lieber zuweilen in letzteren durch einen der anderen
Lehrer vertreten lassen, als dies wichtige Geschäft versäumen. Er mufs, um
sich auch mit dem . Standpunkt der einzelnen Klassen, mit dem Fleifs und den
Fortschritten der einzelnen Schüler bekannt zu erhalten, dieselben zuweilen selbst
mündlich oder schriftlich prüfen und jährlich wenigstens in jeder Klasse einmal
die Hefte der Schüler seiner besonderen Durchsicht unterwerfen, wodurch er
zugleich von der Zweckmäfsigkeit und der Zahl der gestellten Aufgaben Kenntnis
erhalten wird. (S. d. Min. Verf. v. 20. Mai 1854 [Abt. I S. 254]. ßealschul-
ordnung, Erläuter. gegen Ende [dgl. S. 109].) Aufserdem empfiehlt sich die
Einrichtung, dafs dem Dir. von allen oder gewissen schriftl. Arbeiten jedesmal
die besten und schlechtesten nebst einem Verzeichnis der Fehlerzahl aller
Arbeiten vorgelegt werden.
§25. Versetzung. Gegen den Schlufs eines Halbjahrs, wo eine
Versetzung von Schülern einer Klasse in die höhere stattfinden soll, wird in
jener eine schrifU. und mündl. Versetzungsprüfung von dem Dir. und den betr.
Lehrern angestellt Bei der mündl. ist die Anwesenheit des entsprechenden
Fachlehrers der höheren Kl. in der Begel zu fordern, und die schriftl. Prüfungs-
arbeiten sind demselben nach vollzogener Conectur mitzuteilen. Ein Ver-
zeichnis aller Schüler der Klasse, welche das Pensum derselben absolvirt haben,
ist mit Bemerkungen über den von jedem erlangten Grad der Beife vom
Ordinarius nach Bücksprache mit den übrigen Lehrern der Kl. . aufzustellen und
dem Dir. vor der mündl. Prüfung vorzulegen, deren Ergebnisse dieser notirt.
Unter Mitteilung derselben ist die Versetzung * in der Conferenz zu berathen,
wobei der Ordinarius zuerst seine Vorschläge zu machen und jeder Lehrer der
Kl. sein Votum abzugeben, jedoch der Dir. auf seine Verantworlichkeit, nach
138
seiner gewissenhaften Ueberzengnng von der Beife des Schülers, allein zn ent-
scheiden hat Für reif kann ein Schüler nur erachtet werden, wenn seine
Ausbildung im Wesentlichen dem Ziel der Klasse entspricht Bei entschiedener
Unreife ist die Versetzung immer zu versagen; ist aber die Beife zweifelhaft,
so darf die Versetzung gesdiehen, wenn anzunehmen ist, dafs der Schüler dem
Unterricht in der ]iöheren Kl. mit Nutzen folgen und zugleich das Fehlende
nachholen kann, und wenn mit Büchsicht darauf die Versetzung dem Dir. nach
Berathung mit den Lehrern ohne Nachteil für die Anstalt und zur eigenen
wissenschafkl. und sittl. Fördeining des Schülers rathsam erscheint.
Im Hinblick auf die Berechtigung .zum einjähr, freiwill. Militärdienst,
welcher für die Schüler der Gymn. und der Bealschulen 1. 0. von einem
mindestens halbjähr. Aufenthalt in der 11 abhängt, ist besonder Yorgeschrieben
(Min.Verf. v. 31. Oct. 1861)^), dafs die Versetzung nach II mit Strenge und ohne
alle Bücksicht auf den gewählten künftigen Beruf des Schülers vorzunehmen sei.
§ 26. Abiturientenprüfung. Die Prüfung der Schüler, welche aus
der obersten Kl. mit dem Zeugnis der Beife abgehen wollen, ist nach den
deshalb ergangenen Verordnungen, bei den Gymn. vornehmlich nach dem Beglm.
V. 4. Juni 1834 und den Min.Frlassen v. 15. Juli 1841, 12. Jan. 1856 und
5. Dec. 1861, bei den Bealschulen nach dem Beglm. v. 6. Oct. 1859, bei beiden
unter Beachtung unserer Verff. v. 16. Dec. 1857 und 15. Aug. 1860 von dem
Dir. zu veranstalten. 2)
§ 27. Oeffentliche Prüfungen Und Bedeactus. Bei Anordnung
der am SchluTs des Schuljahrs in den meisten Anstalten stattfindenden öffentL
Prüfung hat der Dir. dahin zu sehen, dafs der Zweck derselb^p, das Publikum
in Berührung mit dem inneren Schulleben zu setzen und sein Interesse far die
Anstalt wach zu erhalten, durch einfache und angemessen wechselnde Darlegung
des von der Schule wirklich Geleisteten erreicht werde. Ob öffenü. Bedeübungen
und Decl£unationen der Schüler mit diesen Prüfungen oder mit der Geburtstags-
feier Sr. Maj. des Königs oder mit der feierl. Entlassung der Abiturienten
verbunden oder in besonderen Actus angestellt werden sollen, bleibt dem Er-
messen des Dir. überlassen, der für ihre schickl. .Veranstaltung zu sorgen hat.
§ 28. Schulprogramm. Dem Dir. liegt ob, für die vorschriftsm.
Abfassung des gegen Ende jedes Schuljahrs herauszugebenden Schulprogramms,
far dessen Druck, Verteilung und die von uns angeordnete Einsendung von
Exemplaren zu sorgen, auch dafür, dafs in der Bibliothek und in dem Archiv
der Schule je ein Exemplar für immer aufbewahrt werde. Vornehmlich erinnern
wir hierbei an die Min.Verordn. v. 23. Aug. 1824 und 17. Aug. 1863 und in
Bejtreff der Bealschulen besonders an die Erläuterungen zu der Bealschul-
ordnung A. HI. §§ 1—4, g. E. und die 'Min.Verf. v. 17. Jan. 1866.») Bei
den Schulnachrichten darf eine tabellar. Uebersicht der Lectionenverteilung
unter die Lehrer nicht fehlen, aus der ersichtlich ist, welche Lehrer im letzten
Semester des Schuljahrs an der Anstalt und der etwa damit verbundenen Vor-
schule unterrichtet, in welchen Gegenständen und Kfassen, und wie viel wöchentl.
Stunden in jedem sie gegeben haben.- Mitzuteilen sind femer alljährl. : die von
den Abiturienten bei der Prüfung in den deutschen und lateinischen, bezw.
englischen und französischen, Aufsätzen behandelten Themata, wie auch die von
ihnen bearbeiteten mathemai, bezw. physikal. und ehem., Prüfungsaufgaben,
die an der Schule eingeführten Lehrbücher, die Zahl der Schüler in den
einzelnen 3 oberen Gymnasialklassen, welche während des abgelaufenen Schul-
jahrs freiwillig am Zeichenunterricht teilgenommen haben. Welche Beträge
einzelne Lehrer als Unterstützungen erhalten haben, ist nicht anzugeben und
*) 8. 2. Ausg. Abt, I S. 239; jetzt vgl. Abt. I S. 459 fg. »)
r. 27. Mai 1882, Abt. I 8. 393 fg. ') s. Abt. IS. 376 fg.
Jetzt C.Verf.
139
überhaupt aus den Verfagungen der vorgesetzten Behörden nnr das far die öffentl.
Mitteilung Geeignete au&unehmen.
Die den Schnlnachrichten voranzaschickende Abhandlung hat der Dir.
entweder selbst zu verfassen oder mit ihrer 'jedesmal ein Vierteljahr vor dem
Ende des Schuljahrs zu fordernden Lieferung einen der 'Lehrer in einer gewissen
Eeihenfolge der Begel nach zu Anfang des Schuljahrs zu beauftragen. Der
Dir., welchem die Abfassung der Schulnachrichten allein obliegt, ist auch in
Bezug auf den übrigen Teil des Programms dafür verantwortlich, dafs er von
passendem Inhalt sei. — Die Einsendung der vorgeschriebenen Zahl von
Exemplaren des Programms an die Geh. Begistratur des E. Minist, und an uns
mufs spätestens 14 Tage nach dem Schlufs des Schuljahrs geschehen.
§ 29. Archiv. Die Verfügungen der Behörden und was sonst von
bemerkenswerthen, die Anstalt betreffenden Schriftstücken dem Dir. zugeht, .mufs
dieser gehörig aufbewahren, planmäfsig nach dem Inhalt in bestimmte Acten-
stücke verteilen und so ordnen, dafs beim Abgange oder auch nur bei Ab-
, Wesenheit des Dir. sein Nachfolger oder Stellvertreter leicht die zur Fortführung
der Directionsgeschäfte nöthigen Schriftstücke finden und sich sogleich von
den för jede Sache vorhandenen Vorschriften und Verhandlungen Kenntnis
verschaffen kann. Zu dem Ende müssen auch die Concepte der von dem Dir.
erstatteten Berichte oder wenigstens eine Notiz von ihrem Hauptinhalt und was
von seiner anderweitigen amtl. Correspondenz von bleibendem Interesse ist,
aufbewahrt und gehörigen Orts eingeordnet werden. Aus diesen Actenstücken,
dem Album der Aufgenommenen, den Conferenzprotokollen, Lehrplänen, Prüfangs-
verhandlungen, den Zeugnis- und Censurbüchem, den Inventarien der Lehr-
mittel, dem Amtsblatt der K. Begierung, einer Sammlung der Programme der
Anstalt u. dgl. besteht das Archiv derselben, welches allein unter der Aufsicht
des Dir. steht und von diesem unter besonderem Verschlufs gehalten werden
mufs. Sollte es von ihm beim Antritt seines Amts nicht in gehöriger Ordnung
vorgefunden sein, so liegt ihm ob, für ihre baldige Herstellung zu sorgen.
§ 30. Vermögensverwaltung. Wenn auch der Dir., wie in der
Begel, mit der Verwaltung des Vermögens der Anstalt nicht unmittelbar zu
thun hat, so wird er doch bei dem nahen Zusammenhange der Geldmittel' und
der durch diese zu erreichenden Zwecke auch den finanziellen Verhältnissen der
Schule seine Aufmerksamkeit nicht entziehen, vielmehr überall nach Möglichkeit
auf deren Verbesserung hinzuwirken bemüht sein. Insbesondere aber wird dem
Dir. die Sorge für die Erhaltung und Vermehrung der etwa vorhandenen, für
wohlthätige Zwecke bestimmten Nebenfonds der Anstalt (Lehrerwitwenkassen,
Stipendienfonds, Prämienstiftungen u. dgl.) sowie, wo solche bis jetzt nicht
vorhanden sind, für deren Begründung ans Herz gelegt. Er führt darüber die
Aufsicht, soweit diese der Schule selbst und nicht einer anderen Corporation
oder Behörde stiftungsmäfsig zusteht. Jedenfalls hat aber der Dir. in Betreff
der far Schüler der Anstalt bestimmten Beneficien' und Stipendien darauf zu
achten, dafs sie nicht Unwürdigen gegeben werden.
§ 31. Gebäude und Geräthe. Unter allen Umständen liegt dem
Dir. die Aufsicht über die zur Anstalt gehörenden Gebäude, den Schulhof, den
Turnplatz und die dort be.findl. Mobilien, Geräthe und Lehrmittel ob. Er hat
darauf zu achten, dafs sie unbeschädigt erhalten bleiben und sich stets in
einem Zustande befinden, welcher den regelm. und ungestörten Fortgang des
Unterrichts gestattet und für die Gesundheit, Sicherheit und Bequemlichkeit
der Lehrer und Lernenden zu fordern ist. Etwa nothwendige Beparaturen und
Anschaffungen hat der Dir. deshalb rechtzeitig entweder selbst ausführen zu
lassen oder, soweit er dazu nicht befngt ist, sie bei der competenton Behörde
zu beantragen. — Alle Bäume der Anstalt, die Tische und Bänke der Klassen-
zimmer, die Utensilien und Lehrmittel sind von dem Dir. häufig besonders zu
140
besichtigen und anter Yergleichong der vorhandenen nnd stets sorgfältig zu
fahrenden Inventarien mindestens alle Jahr einmal förmlich zu revidiren. Die
Benutzung von Localen der Anstalt zn anderen als unmittelbaren Zwecken der-
selben darf nur mit unserer Genehmigung nach dem Bericht des Dir. geschehen
(Min.Verf. v. 9. Juni 1854, s. Abt. I S. 51).
§ 32. Bibliothek und andere Sammlungen. Die Lehrer- und
die Schülerbibliothek, der phjsikal. Apparat und alle anderen der Anstalt ge-
hörigen Sammlungen stehen unter der Aufsicht des Dir., welcher auf ihre
sorg^tige Erhaltung, gute Ordnung, angemessene Vermehrung und zweckm.
Benutzung fortwährend zu achten hat. Die besondere Aufsicht über einzelne
Sammlungen hat der Dir. in der Kegel einzelnen Lehrern mit unserer Ge-
nehmigung zu übertragen; jedoch bleibt er für die Verwaltung derselben, be-
sonders auch ihre vollständige Eatalogisinmg, verantwortlich und mufs daher
bei ihnen mindestens jährlich einmal in Verbindung mit den Specialaufeehem
eine genaue Bevision vornehmen. Stettin. K. Prov.Sch.C.
Anhang. A. Periodisch einzureichende Berichte: 1. Der Ver-
waltungsbericht von 3 zu 3 Jahren, für die Gymn. in den Jahren 1880, 1883,
1886 u. s. f.; für die Bealanstalten 1879, 1882, 1885 u. s. f.; jedesmal in der
ersten Hälfte des Mai (Vf. v. 23. Dec. 1878). 2. Nachweisung von den
Personal- und Einkommensveränderungen im Lehrercollegium ; am 1. Mai und
1. Nov. jährlich (Vf. 20. Juni 1876). 3. Nachweisung der Probecandd.
jährl. im April und Nov. (Vf. 1. Mai' 1863 u. 16. Nov. 1864). 4. Haupt-
nachweisung der bei einer Mobilmachung der Armee unabkömml. Lehrer, jährl.
in der ersten Hälfte des Oct.; eveni Verändemngsnachweisung im April (Vf.
25. Aug. 1862 u. 25. Sept 1876). 5. Der Lectionsplan 4 Wochen vor
dem Beginn des Schuljahrs; eveni eine neue Lehrertabelle wenigstens 14 Tage
vor dem Anfang des 2. Semesters. S. oben § 23. 6. Anzeige der Zahl
der angemeldeten Abiturienten an den Departementsrath, event. eine Vacat-
anzeige, vor dem 7. Jan. und 7. Juli jedes Jahres (Vf. v. 21. Dec. 1882).
7. l}ie Abiturientenprüfnngs -Verhandlungen binnen 14 Tagen nach beendigter
Prüfong von den Gymnasien und Realgymn., in welchen der Vorsitz bei der
mündlichen Prüfung nicht durch den Departementsrath geführt worden ist
(Vf. 6. Aug. 1885). 8. Nachweisung der geprüften Abiturienten, jährl.
am 15. April. (Vf. 20. Jan. 1880). 9. Frequenzlisten, jährlich am
15. April und 15. Oct. (Vf. 2. April 1885). 10. Das Programm der
Anstalt in der vorgeschriebenen Zahl von Exemplaren, spätestens 14 Tage
nach dem Schlufs des Schuljahrs. S. oben § 28. 11. Am Schlufs des
Jahres sind die Schüler der oberen Klasse an die rechtzeitige Meldung zum
einjähr. Militärdienst zu erinnern. S. oben § 21. 12! Anzeige über den
Titel der Abhandlung, deren Veröffentlichung durch das Schulprogramm des
nächsten Jahres beabsichtigt wird, zum 1. October jedes Jahres (Vf.
20. Juli 1875).
Uebersicht nach den Monaten: Januar 6. März 5. 7. April 3«
4, 7. 8. 9. 10. Mai 1. 2. Juli 6. September 5. October 4. 7.
9. 10. 12. November 2. 3. December 11.
B. Begeln für die Form der Berichte. Die Berichte sind auf halb-
gebrochenen ganzen Bogen zu schreiben, — rechts : oben das Datum, dann der
Text des Berichts, endlich die Namensunterschrift, — links oben: eine kurze
Angabe des Inhalts, eine Bezeichnung der etwan. veranlassenden Verfügung
nach Datum und Nummer, und die Adresse. Wenn der Bericht aus mehreren
Bogen besteht, müssen diese vor der Einreichung gehörig zusammengeheftet
werden. Packete und andere Einsendungen sind immer mit Begleitberichten
141
zu versehen. Unter Umständen ist es znJässig, diese brevi manu auf das ein-
zusendende Schriftstück zu schreiben. Verschiedenartige Gegenstände dürfen
nicht in Einen Bericht zusammengefafst oder mit Einem Begleitbericht ver-
bunden werden.
Provinz Posen. '
In Str. V. 30. Jan. 1868.
§ 1. Der Director ist Vorsteher der Anstalt und hat als solcher die
Leitung sämtlicher Anglgh., welche das Interesse derselben im AUgm. und im
Einzelnen betreffen. Er wird daher bedacht sein, d^s Gedeihen der ihm anver-
trauten Anstalt in Jeder Beziehung und mit allen seinen Kräften zu fördern.
Insbesondere hat er sein Streben darauf zu richten, die seiner Leitung anver-
traute Jugend zu wahrer Frömmigkeit und zu einem sittlichen Wandel zu er-
ziehen, den Geist echter Vaterlandsliebe, aufrichtiger Liebe und Treue gegen
den König und willigen Gehorsams gegen die Gesetze in ihre Herzen zu pflan-
zen und zu pflegen, allen einer solchen Gesinnung widerstreitenden Bichtungen
und Bestrebungen, falls sie sich innerhalb der Anstalt wahrnehmbar machen
sollten, mit Ernst und Entschiedenheit entgegenzutreten und erforderlichen
Falls dem K. Prov.Sch.C. davon Anzeige zu machen.
Für seine verschiedenen Dienstverhältnisse, welche sich aus den verschie-
denen Verhältnissen der Anstalt ergeben, wird ihm folgende, seine amtl. Be-
fugnisse und Verpflichtungen näher bestimmende Instruction gegeben.
§ 2. Dienstverhältnis des Directors zu dem K. Prov.Schul-
collegium. Das K. Prov.SchnlcoU. ist die dem Dir. zunächst vorgesetzte
Staatsbehörde. In diesem Verhältnis der Unterordnung ist er einerseits das
Organ, durch welches das K. Prov.Sch.C. alle die Anstalt betreffenden Anordn.
und Verfügungen zur Ausfahrung bringt, andererseits das Organ, durch welchea
diese Behörde sich von dem Zustande der Anstalt in beständiger Kenntnis er-
hält. Demnach hat der Director:
a. alle an die Lehranstalt gerichteten Schreiben zu eröffnen, die von
derselben ausgehenden Schreiben anzufertigen und zu vollziehen. \ind die von
ihm allein oder gemeinschafU. mit den Lehrern auszustellenden Zeugnisse mit
dem Amtsstempel zu beglaubigen; b. die an ihn gerichteten Verfügungen
des K. Prov.Sch.C. pünktlich in Ausführung zu bringen, oder, wenn Umstände
obwalten, 'welche ihm die Ausführung bedenklich erscheinen lassen, darüber
sofort zu berichten und weitere Bescheidung abzuwarten; c. über alle
wichtigeren Angelegenheiten der Anstalt, sie mögen die Personen des Lehrer-
coU. oder die Einrichtungen und Zustände derselben betreffen, an das K. Prov.
Sch.C. zu berichten; d. die von ihm geforderten Berichte rechtzeitig und
mit gewissenhafter Treue zu erstatten;* e. dem Commissarius des K. Prov.
Sch.C. jegliche Auskunft bereitwillig zu erteilen, welche derselbe in Bezug auf
die Anstalt von ihm fordert; f. die auf besonderen Verfugungen des
K. Prov.Sch.C. beruhenden period. Berichte, Listen etc.*) zu den dafür festge-
^) Die regelmäfsig zu erstattenden Berichte sind: 1. Lectionsplan nnd
insbesondere Angabe der wechselnden Pensa vor Beginn jedes Semesters, bezw.
des Schuljahres (Stundenplan an den Prov.Scholrath persönlich), 2. über Pro-
banden nach Ablauf des Probejahrs, 3. Anmeldung der Abiturienten halbjährlich,
4. dgl. Nachricht über die Anzahl der in die Prüfung eingetretenen Maturitäts-
Aspiranten, 5. Mitteilung der Themata der Programmabhandlungen, 6. die
dreijährigen Verwaltungsberichte, 7. Anträge auf Bewillijfung von Schnlstipendien
14 Tage nach Beginn jedes Schuljahres, 8. 15. März Nachweisung der eingezo-
genen Witwen- u. Waisengeldbeiträge, 9. 2. April Anmeldungen von Deficits
142
setzten Terminen pünktlich und yorschriftsm. einzureichen; g. für jede die
Daner von 24 Stunden überschreitende, nicht durch Krankheit bedingte, Ab-
wesenheit vom Amt während der Schulzeit bei dem K. Prov.Sch.G. um Urlaub
zu bitten, für den Fall einer Ferienreise aber und bei andauernder Krankheit
der Behörde Anzeige zu machen und einen Stellvertreter in Vorschlag zu brin-
gen, sowie die Genehmigung .desselben abzuwarten.
§ 3. Verhältnis des Dir. zu den Lehrern der Anstalt. Der
Dir. ist einerseits vorsitzendes Mitglied des Lehrercoll. und andererseits Vor-
gesetzter jedes einzelnen Lehrers. In ersterer Beziehung hat er wenigstens alle
4 Wochen sämtl. Lehrer, mit Ausnahme der techn. Hülfslehrer, zu einer Conferenz
zu versammeln, die Berathungen über alle diesem CoUegio überwiesenen An-
gelegenheiten zu leiten, und durch Abstimmung die Entscheidung aller der
Fragen zu bewirken, über welche nach den bestehenden besonderen Vorschriften
nicht ihm allein, sondern dem Lehrercoll. die Entscheidung zusteht Bei
Stimmengleichheit giebt die seinige den Ausschlag. In Fällen, in denen er
ohne Nachteil für die Anstalt dem seiner Ansicht widerstreitenden Beschlufs
der Mehrzahl der Lehrer sich nicht unterwerfen zu dürfen glaubt, ist er berechtigt,
die Ausführung des Beschlusses vorläufig zu suspendiren und unter Einreichung
des Conferenzprotok. die Entscheidung des K. Prov.Sch.G. nachzusuchen, üeber
die Verhandlungen in den Conferenzen ist ein Protokoll zu führen und von
sämü. in- der Conferenz anwesenden Lehrern zu unterschreiben. Zur Führung
des Protok. ist der jüngste unter den ordentl. Lehrern verpflichtet, wenn nicht
ein anderer Lehrer freiwillig und mit Zustimmung des Dir. dieselbe übernimmt.
Als Vorgesetzter der Lehrer hat er folgende nähere Pflichten und Be-
fugnisse:
a. liegt ihm im AUgm. ob, mit gewissenhafter Sorgfalt darauf zu achten,
dafs alle Lehrer durch würdiges Verhalten innerhalb wie aufserhalb des Amts
und durch treue Erfüllung ihrer Pflichten ihren Stand ehren und alles meiden,
was ihnen in der Achtung der Schüler und des Publikums nachteilig sein
könnte; b. hat er nicht nur selbst alles sorgfältig zu vermeiden, was das
Ansehen eines Lehrers bei der Jugend schmälern könnte, sondern auch, falls
etwa Mitglieder des Lehrercoll. sich in dieser Beziehung etwas zu Schulden
kommen lassen Sollten, sie auf ihre, das Vertrauen des Publikums schwächenden
und die Wirksamkeit der Anstalt beeinträchtigenden üngehörigkeiten aufmerksam
zu machen, nöthigenfalls ernstlich zu verwarnen, und wenn dies nicht fruchten
sollte, desgl. bei eigentlichen Vergehen und starken Mifsgriffen, sofort an das
K. Prov.Sch.C. zu berichten; c. hat er diejenigen Lehrer, welche in discipli-
narischer oder didakt. Beziehung die allgm. Vorschriften unbeachtet lassen,
in einseitiger Selbstüberschätzung ihre eigenen Wege gehen und die zur Er-
reichung des ganzen Zwecks der Anstalt erforderl. Harmonie des Zusammen-
wirkens sämtlicher Lehrer stören, zwar, mit collegialischer Schonung, aber, wo
es nöthig ist, auch mit Ernst und Nachdruck zurechtzuweisen.
d. Auf regelm. Abhaltung, sowie auf pünktlichen Beginn und Schlufs
der Lehrstunden hat er mit Entschiedenheit zu halten und etwan. Nachlässig-
bei den Kassen der höh. Unterrichts-Anstalten, 10. 2. April Einreichung der
Liquidationen über verauslagtes Post -Porto etc., 11. 3. Mai Einreichung der
Finalabschlüflse, 12. 1. Mai Freqaenzübersiohten, J3. 1. Mai Personal -Ver-
änderungen bei den Lehrercollegien, 14. 1. Mai Uebersicht der abgehaltenen
Beifeprüfangen, 15. 1. Juli« Uebersicht über die Bewegungen unter den an-
gestellten Lehrern bei den höheren Schul -Anstalten, 16. 1. November Personal-
Veränderungen der Lehrercollegien, 17. Frequenzübersichten, 18. l.Deoember
Verzeichnis der zur Anstellung gelaxi^en Lehrer, welchen Universitäts - Honorare
gestundet worden sind, 19. 10. fiecember Bericht über vorhandene Kunst-
sammlungen.
143
•
keiten einzelner Lehrer mit Ernst entgegenzutreten. e. Bei dringenden Yer-
anlassangen ist er befagt, einzelnen Lehrern einen Urlanb von höchstens 8 Tagen
zu erteilen. In solchen Fällen, sowie wenn ein Lehrer durch Krankheit oder
durch andere unabwendbare Hindernisse seine Lectionen zu halten aufser Stande
ist, hat er für die Stellvertretung desselben durch die anderen Lehrer mit mög-
lichster Vermeidung von Elassencombinationen zu sorgen, solcher Vorkomm-
nisse aber in den zu erstattenden Schulberichten zu erwähnen:
f. Für die punktl. Einlieferung der denjährl. Programmen beizufügen-
den wissenschaftl. Abhandlung hat er durch rechtzeitige Erinnerung desjenigen
Lehrers, der nach der festgesetzten Reihenfolge oder nach Torgängiger, mit seiner
Zustimmung erfolgter Verabredung unter den Lehrern dieselbe abzufassen hat,
Sorge zu tragen.
g. Jeden neu eintretenden Lehrer hat er mit angemessener Feierlichkeit
in sein Amt einzufahren, die vorschriftsm. Vereidigung desselben oder die Ver-
pflichtung auf den etwa schon geleisteten Staatseid vorzunehmen, ihn mit dem
ganzen Umfange seiner Pflichten ausführlich bekannt zu machen, endlich ihn
sowohl in Bezug auf die Handhabung der Disciplin als auf die Hülfsmittel des
Unterrichts nach Möglichkeit in schonender und liebevoller Weise zu unter-
stützen, h. Die Schulamtscandd., welche von dem K. Prov.Sch.C. zur Ab-
haltung des vorgeschrieb. Probejahrs der Anstalt überwiesen werden, hat er nach
den bestehenden Vorschriften in angemessener Weise zu beschäftigen und teils
selbst, teils durch die betreff: Elassenordinarien zu leiten und zu unterstützen,
und mit gewissenhafter Sorgfalt dahin zu wirken, dafs ihnen ihre Beschäftigung
bei der Anstalt far ihre wissenschaftl. und prakt. Ausbildung nützlich und
förderlich werde.
§ 4. Verhältnis des Dir. zu den Eltern un<\ Pflegern der
Zöglinge. Als nächster Stellvertreter der Eltern in der Schule hat der
Dir. das Vertrauen, das dieselben, indem sie ihre Söhne der Anstalt übergeben,
den Lehrern derselben und vorzugsweise ihm erweisen, durch freundliche Zuvor-
kommenheit in allen das wissenschaftl. und sittlich-religiöse Gedeihen ihrer
Kinder betreffenden Anglgh. zu ehren und zu rechtfertigen, ihnen und namentl.
auch den auswärt. Eltern auf deren Verlangen und, wenn es erforderlich ist,
freiwillig entgegenkommend, jede denselben wünschenswerthe Auskunft. zu er-
teilen und dahin zu wirken, dafs Schule und Haus möglichst in Ueberein-
stimmung mit einander handeln.
§ 5. Dienstverrichtungen des Dir. in Beziehung auf den
wissenschaftlichen Zweck der Ansiteli Da dem Dir. die Leitung
des gesamten Unterrichts übertragen ist, so hat er die zu seiner VerfQgung
gestellten Lehrkräfte im AUgm. so zu ordnen und in Thätigkeit zu setzen, dafs
die in dem Abiturientenreglm. bezeichnete wissenschaftl. Bildung und folglich
auch der für die einzelnen Bildungsstufen vorgezeichnete Grad von Kenntnissen
und Fertigkeiten auf dem im allgm. Lehrplan verzeichneten Wege möglichst
vollständig erreicht werde. Demgemäfs hat er:
a. die Lectionen für jedes Jahr so zu verteilen, dafs jedem Lehrer der
für seine Kräfte und seine Qualiflcation angemessene Wirkungskreis angewiesen
werde. b. Den Unterricht in jeder Kl. bei den verschiedenen Lehrern so zu
regeln und zu beaufsichtigen, dafs ein zweckmäfsiges, mit verständiger Berück-
sichtigung der Gesundheit und der Kräfte der Schüler stufenweise geordnetes
Fortschreiten stets gesichert bleibt und die ganze Anstalt durchdringt; c. da-
hin zu wirken, dafs die didaki Grundsätze und Lehrweisen der verschiedenen
Lehrer in den einzelnen Unterrichtszweigen sich nicht widerstreiten, sondern,
soweit die Lidividualität eines jeden Lehrers es nur immer zuläfst, in Einklang
gebracht werden. d. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er in den Conferenzen
pädagogische und didakt. Fragen zum Gegenstande allseitiger gemeinsamer
144
Besprechung zu machen, nnd so bei sämü. Lehrern ein lebendiges Verständnis
des Organ. Zusammenhanges der Schule, klare Einsicht in die Nothwendigkeit
williger Unterordnung und Einordnung des Einzelnen, endlich ein reges Interesse
an dem Gedeihen der ganzen Anstalt wie an den Fortschritten der einzelnen
Schuler zu vermitteln, auch die von Zeit zu Zeit erforderl. Fachconferenzen
nicht zu versäumen.
e. Zu seihen wesentl. Obliegenheiten gehört es femer, die Lehrstunden
der einzelnen Lehrer so oft wie möglich zu besuchen. Hefte und Arbeiten der
Schüler von Zeit zu Zeit sich vorlegen zu lassen, die Zweckmäfsigkeit der
Aufgaben zu prüfen, auf Pünktlichkeit in der Ablieferung und Gewissenhaftigkeit
der Correctur zu sehen und namentl. unter Einweisung auf die bestehenden
Vorschriften (Eescr. v. 24. Oct. 1837, 20. Mai 1854,0 nnd 7. Jan. 1856) darauf
zu halten,, dafs durch Beobachtung eines für die häusl. Arbeiten der Schüler
festzustellenden Zeitmafses jede üeberladung der Schüler im Ganzen zum Schaden
der Gesundheit, wie jeder Uebergriff des einzelnen Lehrers zum Nachteil anderer
Lehrgebiete verhütet werde.
f. Je wichtiger das Versetzungsgeschäft für das Wissenschaft. Gedeihen
der Anstalt ist, desto gröfsere Sorgfalt hat er darauf zu verwenden, dafs die be-
stehenden Vorschriften gewissenhaft beobachtet werden. Die durch häufigen Be-
such der Klassen, sowie durch mündl. und schrifbl. Prüfung gewonnene Kenntnis
der Leistungen jedes einzelnen Schülers wird ihn am sichersten in den Stand
setzen, in allen Fällen auf Grund seines eigenen selbständigen Urteils die etwan.
Meinungsverschiedenheit auszugleichen. Gleicher Vorsicht und Gewissenhaftigkeit
bedarf es bei der ?Lufhahme neuer Schüler, deren Prüfung entweder von dem Dir.
allein oder unter Zuziehung eines oder mehrerer ordentl. Lehrer vorzunehmen ist
§ 6. Dieqstverrichtungen des Dir. in Bezug auf Zucht und
Sitte. Die Schule hat es als ihre wesentlichste Aufgabe zu betrachten, neben
der Wissenschaft!. Ausbildung der Zöglinge auch eine christliche Gesinnung in
ihnen zu wecken und zu pflegen, und sie zu einem derselben entsprechenden
frommen Wandel anzuleiten. Der Dir. wird daher die Pflege eines christL
Geistes und Wandels als seine heiligste Pflicht betrachten und dahin wirken,
dafs ein religiöser Charakter das ganze Leben der Anstalt durchdringe und den
Schülern in den Lehrern das Vorbild eines christlich frommen Lebens vorleuchte.
Er wird durch Veranstaltung gemeinsamen Gebets am Anfang und am Schlufs
der Lectionen jedes Tages, sei es mit der Gesamtheit der Schüler, sei es in
den einzelnen Klassen, durch würdige Einrichtung der Schulfeierlichkeiten, durch
Mahnung zum Kirchenbesuch, sowil durch Anordnung einer angemessenen Beauf-
sichtigung der Teilnahme der Schüler an dem öffentl. oder dem besonderen
GymnasisJgottesdienst durch die Lehrer auf Weckung, Belebung und Erhaltung
des religiösen Sinnes zu wirken bestrebt sein. Er wird seine Aufinerksamkeit
unausgesetzt auf den sittlich-religiösen Zustand der ganzen Anstalt richten und,
um ein möglichst übereinstimmendes Verfahren in der Schulzucht herbeizuführen»
die Conferenzen zur Verständigung über die Hauptgrundsätze christlicher Er-
ziehung, so wie zu ausführl. Mitteilungen über das Betragen der Schüler benutzen
und in denselben mit den Lehrern die Mafsregeln berathen, welche geeignet
sind, unlöblichen oder gar verderbl. Bichtungen einzelner Zöglinge oder ganzer
Klassen mit kräftiger Entschiedenheit entgegen zu wirken.
Auch auf das, was aufserhalb der Schule auf die sittl. Führung der Zög-
linge einen nachteiligen Einflufs haben könnte, hat er gewissenhaft zu achten,
die auswärt. Schüler nicht nur selbst so oft als möglich in ihren Wohnungen
zu besuchen, sondern auch insbesondere den Klassenordinarien und Beligions-
1) 8, Abt. I. S. 254. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Posen v. 13. Oct 1875.
(s. Nachträge zu Abt I S. 258.)
146
lehrem die Fürsorge für sie znr Pflicht zu machen imd die Erfollimg dieser
Pflicht zn controllu^n. Wo Hans und Schule nicht in Uebereinstimmnng mit
einander wirken oder gar einander entgegenarbeiten, hat er dnrch mündL
oder schrifü. Yerkeb: mit den Eltern oder Pflegern der Zöglinge eine Yer-
st&ndignng zn erstreben. — Er hat daranf zn halten, daCa die auswärt. Schüler
nur bei solchen Pensionshaltem oder in solchen Familien untergebracht werden,
die geeignet sind, einen wohlthätigen Einflnfs anf ihre sittl. Haltung auszuüben,
und allen Schülern den Besuch von Wirthshfiusem und öffentl, Gastlocalen nur
in der Begleitung und unter Aufsicht ihrer Eltern oder deren Stellvertreter zu
gestatten.
Zucht und Ordnung hat er mit Festigkeit, Ernst und Würde aufrecht zu
erhalten und darauf zu sehen, dafs dies auch von allen Lehrem der Anstalt ge-
schehe, namentl. aber vor leidenschaftlichen Ausbrüchen des Zorns sie auf das
nachdrücklichste zu warnen. Sollten Lehrer wider Erwarten in dieser Beziehung
fehlen oder gewohnheitsmäfsig körperl. Züchtigung als Strafe anwenden, so ist
er befugt, ihnen jede körperl. Züchtigung auf eine gewisse Zeit zu untersagen.
Wenn Lehrer Beweise Ton roher Gesinnung und somit auch von pädagog. Un-
fähigkeit dadurch geben, dafs sie Schimpfwörter gegen ihre Schüler ausstofsen
oder ihnen unangemessene, auf ihre Verhältnisse oder ihre Eigentümlichkeiten
sich beziehende Namen beilegen, so hat er, wenn seine Erinnerungen erfolglos
sind, das E. Proy.Sch.C. davon zu benachrichtigen.
Li Betreff der am SchluTs eines jeden Quartals oder Semesters den sämtl.
Schülern der betreff. Klassen zu erteilenden Gensuren hat er das Erforderliche
anzuordnen und die vorschriftsm. Ausführung zu überwachen, auf ordnungs-
mäßige Führung der Klassenbücher zu halten und die den abgehenden Schülern
zn erteilenden Zeugnisse den bestehenden Vorschriften gemäfs entweder allein
oder in Gemeinschaft mit den dazu bestimmten Lehrem auszustellen.
Bei der Au&ahme solcher Schüler, die vorher andere Anstalten besucht
haben, hat er deren Sittenzeugnisse sorgfältig zu prüfen und, wenn es erforder-
lich erscheint, genauere Ermittelungen anzustellen. In Bedenken erregenden
Fällen ist er befugt, ihnen die Aufiiahme nur versuchsweise zu gestatten und
sie ohne Weiteres zu entlassen, wenn nach dem Urteil des Klassenordinarius
und der übrigen Lehrer der betreff. Klasse die Disciplin und die Sittlichkeit
dnrch das Betragen derselben gefährdet wird.
§ 7. Dienstverrichtungen des Dir. in Beziehung auf das
körperliche Wohl der Zöglinge. Der Dir. hat auch auf das körperL
Wohl der Schüler, soweit innerhalb der Schulr&ume dafür gesorgt werden kann,
unausgesetzt zu achten. Es liegt ihm zu diesem Behuf ob, dem Schuldiener
die gröfste Beinlichkeit in allen Schulräumen, sowie die regelm. Lüftung der
Unterrichtsiocale zur Pflicht zu machen und darauf zu halten, dafs er den ihm
erteilten Anweisungen nachkomme. Er hat für zweckm. Einrichtung der Schul-
tische und Bänke Sorge zu tragen. Er hat wiederholt auf die Verfügungen
hinzuweisen, welche über die Haltung des Körpers, über die Schonung der Augen
und der Stimme von den K. Behörden erlassen worden sind, und die Aufmerk-
samkeit der Lehrer auf diesen Gegenstand hinzulenken. — In Betreff der Be-
aufsichtigung der Schüler während der Pausen, in welchen dieselben auf dem
Schulhof, Spiel- oder Tumplatz sich aufhalten, hat er das Erforderliche anzu-
ordnen. — Wenn eine Ueberfüllung einzelner Klassen in Aussicht steht, hat
er dem K. Prov.Sch.C. rechtzeitig Anzeige zu machen und die erforderl. Anträge
zn stellen.
§ 8. Dienstverrichtungen des Dir. in Bezug auf die äufseren
Hülfsmittel der Schule. a. Die Schulbibliothek und sämtl. dem Gymn.
gehörige Sammlungen stehen unter der Aufsicht des Dir. Die besondere Auf-
sicht über einzelne Sammlungen kann er einzelnen Lehrem übertragen; jedoch
Wiese, Veiordnnngen. IL 10
146
1)l6ibt er l&r die genaue Fälinmg des Inventariums nach den bestehenden Vor-
Schriften stets Tqrantworiüch. b. Für die Ergänzung und Vermehrung des
Lehrapparats und der Schulutensilien, sowie für die Erhaltung und Ausbesserung
der Gebäulichkeiten hat er Sorge zu tragen und, soweit £[es nöthig ist, das
Erforderliche rechtzeitig bei der zuständigen Behörde zu beantragen, auch, wenn
die unter seiner Leitung stehende Anstalt städt. Patronats ist, erforderlichen
Falls die Vermittelung des E. Prov.Sch.C. in Anspruch zu nehmen. c. Er
fuhrt die Aufsicht über die Verwaltung der Schulbibliothek und hat gegenüber
dem Bibliothekar alle Bechte und Befugnisse, die aus diesem Verh^tnis und
der damit verbundenen Verantwortlichkeit entspringen. d. Das Archiv hat
er zu verwalten und stets in Ordnung zu halten, namentl. aber dafSr Sorge zu
tragen, dal^ die eingehenden Nummern pünktlich in das Journal eingetragen
und die Acten geheftet werden.
Den Schuldiener, der unter des Dir. specieller Aufsicht steht und allen
Anordnungen desselben Folge zu leisten hat, hat er zur pünktl. und ordnungs-
mäfsigen Erfüllung aller ihm übertragenen Verrichtungen, namentl. in Beziehung
auf die Beinhaltung der Locale und das Heizen der Oefen anzuhalten. Posen.
£. Prov.SchulcoUegtum.
Provinz SohlesiexL
I.nstr. V. 1. Oct. 1867.
§ 1. Die gegenwärtige Instruction betrifft die Pflichten und Beiugnisse,
welche den Directoren der Gymn. und der Bealschulen 1. 0. in der Prov. Schle-
sien hinsichtl. der inneren und äufseren* Verhältnisse der ihnen anvertrauten
Anstalten obliegen und zustehen.
§ 2. Allgemeine Pflichten des Directors. Der Dir. ist der
nächste Vorstand der Anstalt und dafür verantwortlich, dafs der Zweck derselben,
wissenschaftL Bildung und Erziehung der Jugend zu wahrer Gottesfurcht, edler
Sitte und aufopfernder Vaterlandsliebe, erreicht werde, sowie er hinsichtl. der
äufseren Verhältnisse verpflichtet ist, allen Schaden von der Anstalt abzuwenden
und fär ihren Vorteil zu sorgen.
§ 3. Vorgesetzte des Directors. Die nächste staati. Behörde
far den Dir. ist das unterzeichn. K. Prov.Sch.C. Wenn eine Anstalt ein be-
sonderes Ephorat oder Guratorium hat, dann ist der Dir. verpflichtet, die Befugnis
desselben in den zutreffenden Fällen zunächst zu beachten und sich an dasselbe
zu wenden; auch wird er es sich angelegen sein lassen, sich mit dem bestellten
Ephorus oder Gurator überall in gutem Vernehmen zu halten und ihm die ge-
bührende Achtung zu erweisen.
§ 4. Geschäftsverkehr. Als Organ der Staatsbehörde hat der Dir.
alle bestehenden Anordnungen und ihm zugehenden, die Anstalt betreff. Ver-
fagungen auszuführen oder etwanige Bedenken dagegen sofort zur Anzeige zu
bringen, die periodischen oder von ihm erforderton Berichte pünktlich zu er-
statten, über alle wichtigen Angelegenheiten zu berichten und den Gommissarien
der Behörde jede verlangte Auskunft über die Verhältnisse der Anstalt zu
geben.
§ 5. Stellung des Directors zu den Lehrern. Der Dir. ist
erstes und vorsitzendes Mitglied des LehrercoUegiums. Wie das Interesse der
ganzen Anstalt, hat er auch das der Lehrer überall wahrzunehmen. Amtl. Ein-
gaben der Lehrer an eine der Behörden werden, wenn nicht besondere Gründe
eine Ausnahme rechtfertigen, durch ihn unter Beifügung seines Gutachtens ein-
gereicht. Eine besondere Sorge wird es für ihn sein, auf die Weckung und
Erhaltung eines wissenschaftl. strebsamen und zugleich coUegialischen Geisten
147
der Lehrer, auf eine würdige, atus dem lebendigen Bewofstsein ihrer Bemfeanfgabe
entspringende Haltung derselben und auf ein möglichst übereinstimmendes Ver-
fahren in Methode und Zucht hinzuwirken und das gesamte Lehrerpersonal
dnreh Wort und Beispiel auf treue und gewissenhafte Pflichterfüllung in allen
Obliegenheiten des Amts hinzuweisen. Auf etwan. Versäumnisse, Mifsgriffe und
ünzulfissigkeiten in dem amtL wie in dem aufseramtl. Verhalten der Lehrer wird
er zuerst mit milder Schonung aufmerksam machen, ihnen aber bei Nichtbeach-
tung seiner Vorstellungen und Weisungen mit Ernst und Entschiedenheit ent-
gegentreten. Der Dir. ist befugt, Lehrer za einer amtl. Besprechung im Con-
ferenz- oder in seinem Arbeitszimmer aufeufordem.' Dieselben Pflichten wie
gegen die Lehrer hat der Dir. gegen die wissenschaftl. Hülfslehrer, Probecandd.
und technischen Lehrer; namentlich hat er die Beaufsichtigung und prakt An-
leitung der Probecandd. als eine der Hauptpflichten seines Amt« zu betrachten
und dafür Sorge zu tragen, dalb die Vorschriften, welche in dem Min. Erlafs v.
30. M&iz 1867 (s. oben S. 60) enthalten sind, genau zur Ausfährung gebracht
werden. •
§ 6. Besondere Pflichten gegen die Lehrer. Dem Dir. liegt es
ob, den neu angestellten Lehrer förmlich in sein Amt einzufahren, ihn mit allen
seinen Pflichten und mit gegenwärtiger Instruction bekannt zu machen und
ihn, wenn die Anstalt königl. Patronate ist, yorschriftemäfsig zu vereiden, wie
er auch frühzeitig von dem beabsichtigten Abgange eines Lehrers und von einem
Todesfall im Lehrercoll. unverzüglich Anzeige zu machen und, wenn ihm ein
zum Nachfolger geeigneter Mann bekannt ist, die Aufmerksamkeit des Patronats
auf denselben zu lenken hat Für die Klassenordinariate hat er die dazu ge*
eigneten Lehrer vorzuschlagen.
§ 7. Vertretung des Directors und der Lehrer. Bei Ver-
hinderungen durch andauernde Krankheit oder durch Beisen, auch während der
Ferien, hat der Dir. uns upter Bezeichnung seiner Vertretung Anzeige zu machen.
Mufs er während der Schulzeit länger als 8 Tage verreisen, dann ist bei uns
ein Urlaub nachzusuchen. Bei plötzl. Verhinderungen des Dir., sowie bei Er-
ledigung der Directorstelle hat, insofern nicht von uns etwas anderes vorgesehen
ist, der erste Oberlehrer die Directionsgeschäfte bis auf Weiteres wahrzunehmen.
Für nothwendige Beisen der Lehrer aufserhalb der Ferienzeit kann der
Dir. auf 4 Tage Urlaub erteilen und die Vertretung anordnen; für längere Zeit
ist ein Urlaubsgesuch durch den Dir. an uns zu richten, in welchem zugleich
Vorschläge far die Vertretung zu machen sind. In Krankheitsfällen der Lehrer
ordnet der Dir. die Vertretung an und macht uns darüber bei voraussichtlich
längerer Dauer der Krankheit Anzeige.
§ 8. Verhalten gegen die Unterbedienten der Anstalt Die
Haushälter, Aufwärter, Schiüdiener, wie alle die in nächst^ Beziehung zu der
Anstalt stehenden dienenden Personen sind der unmittelb. Aufsicht des Dir.
unterworfen, welcher darüber zu wachen hat, dafs sie nicht allein- ihre Pflichten
nach den ihnen erteilten Dienstinstructionen genau erfüllen, sondern auch, dafs
weder sie noch ihre Angehörigen durch ihr Betragen die Würde der Anstalt
beeinträchtigen oder den Schülern Anstofs geben. — Den Dir. derjenigen An-
stalten, mit welchen Gonvicte, Alumnate oder Pensionats verbunden sind, wird
in dieser Beziehung die strengste Wachsamkeit anempfohlen.
§ 9. Beaufsichtigung der Anstaltsgebäude und des Inven-
tars. Unter der Oberaufsicht des Dir. stehen alle zu der Anstalt gehörenden
Schul-, Kirchen-, Wohnungs- und Convictsgebäude und Pertinenzstücke mit dem
der Anstalt gehörenden Inventar, und hat derselbe dafür zu sorgen, dafs Ge-
bäude und Pertinenzstücke mit Inbegriff des Turnplatzes nicht ohne unsere
Erlaubnis zu einem anderen Zweck als wozu sie für die Anstalt bestimmt sind,
verwandt werden. — Nothwendige Beparaturen an den Gebäuden oder dem In-
10*
148
ventar sowie Nenbeschaff^gen sind der betr. Behörde rechtzeitig zur Anzeige
zn bringen.
§ 10. Beaufsichtigung des Lehrapparats. Ebenso stehen unter
der Oberau&icht des Dir. alle zum allgm. Gebrauch bestimmten Lehrmittel der
Anstalt — Für den mathematisch-physikal. Apparat, für das ehem. Laboratorium,
die naturhistor. Sammlungen, die Lehrer- und Schülerbibliothek, die Musikalien,
Zeichenapparate und Vorschriften sind in der Beg^ aus der Zahl der Lehrer
' besondere Aufseher zu wählen. — Die Wahl des Aufsehers der Bibliothek bedarf
unserer Bestätigung. Der Dir. hat das sämtl. Inventar und die Lehrmittel min-
destens einmal im Jahr zu reyidiren und über die Bevision ein der Jahres-
rechnung beizufügendes und abschriftlich aufzubewahrendes Protokoll auf-
nehmen.
§ 11. Archiv der Schule. Das Schularchiv steht unter alleiniger
Aufsicht des Dir. In demselben sind, nach bestimmten Bubriken geordnet, die
Verfügungen der Behörden, die Concepte der erstatteten Berichte, die sonstige
amtl. Oorrespondenz und andere amtl. Schriftstücke, die Censurbücher der Schüler
und das Album der Anstalt au&ubewahren. Von den Verfcigungen der Behörden
ist ein nach den Gregenständen und der Zeitfolge geordnetes Verzeichnis anzu-
fertigen resp. fortzuföhren, damit Jeder, den es angeht, mit Leichtigkeit die
einen bestimmten Gegenstaiid betreffenden Anordnungen auffinden kann.
§ 12. Eassenyerwaltung. Hai die Anstalt eine besondere Eassen-
verwaltung, dann ist der Dir. vorsitzendes Mitglied derselben und hat in Bezug
auf sie alle die Befugnisse und Pflichten, welche in den besonderen Eassen-
instructionen aufgeführt sind. Wo eine besondere Eassenyerwaltung nicht an-
geordnet ist, hat doch der Dir. nach Möglichkeit auf die Verbesserung der
finanziellen Verhältnisse, besonders auf die Erhaltung und Vermehrung der etwa
yorhandenen, für wohlthätige Zwecke bestimmten Nebenfonds der Anstalt hin-
zuwirken.
§ 13. Sorge für das Innere der Schule. Ganz yorzügüch ist
«BS Aufgabe des Dir., die inneren Angelegenheiten der Anstalt, die intellectuelle
Ausbildung und die Erziehung der Schüler zu leiten. Zu den Pflichten des Dir.
gehören demnach die Entwerfung des Lectionsplans und die 'Ausführung des-
selben, die Aufnahme und Translocation der Schüler, die Einrichtung der Prü-
fungen und Schnlfeierlichkeiten, die Anordnung der Censuren, die Ueberwachung
der Disciplin und die Leitung der Oonferenzen.
§ 14. Lehryerfassung überhaupt. Der yon dem Dir. nach den
bestehenden Vorschriften, namentlich nach dem Oircularerlafs des Cultusmini-
steriums y. 7. Jan. 1856 ^) entworfene Lectionsplan ist gegen das Ende des
Schuljahrs dem LehrercoU. zur Beratbung yorzulegen. Bei derselben sind billige
Wünsche der Lehrer, nach Möglichkeit zu berücksichtigen.
Die Zahl yon 24 wöchtl. Lehrstunden für Lehrer der unteren und mitt-
leren und yon 20 für die der oberen Elassen ist ohne dringender Veranlassung
nicht zu überschreiten. Mafsgebend für die Stundenzahl sind indefs die mit
den Lectionen yerbundenen Gorrecturen, die Lehrgegenstände, Frequenz der
Elassen, Ordinariatsgeschäfte und sonstige billige Bücksichten. Ueber die jedem
Lehrer zu übertragenden Lehrgegenstände, sowie über das yon ihm zu yerwal-
tende Elassenordinariat entscheidet aufser der Qualification des Lehrers nicht
sein Bangyerbältnis im Oollegium, sondern lediglich das Bedürfnis der Anstalt.
So yiel als möglich ist darauf zu sehen, dafs der ünterr. in einer Elasse nicht
unter zu yiele Lehrer yerteilt werde und dafs der Ordinarius seine meisten Lec-
tionen in seiner Elasse erhalte, namentl. den deutschen und lateinischen und
0 Jetzt C.Verf. v. 31. März 1882, Abt, I S. 110 fg.
149
in den eyangelischen Anstalten womöglich den Beligionsnnterr. in derselben
erteile, und dafs die erste Morgenstande, wenn nicht der Beligionsimterr. in sie
fällt, dnrch den Ordinarius abgehalten werde.
Der Lectionsplan ist uns spätestens 4 Wochen vor dem Anfange des neuen
Schuljahrs zur Genehmigung einzureichen. Wird die Einfuhrung eines neuen
Schulbuchs beabsichtigt, dann ist unter Anlage eines Exemplars desselben ein
besonderer motivirter Antrag rechtzeitig und unter Beachtung der von dem K.
Minist, erlassenen Verordnungen zu stellen.
§ 15. Einteilung und Ueberwachung des Unterrichts. Der
genehmigte Lectionsplan bildet für das Schuljahr die 2SoTm des Unterrichts,
und hat der Dir. far eine dem Zweck der Anstalt entsprechende Ausfahmng des-
selben zu sorgen. Zu dem Ende sind: a. sogleich im Anfange des Schul-
jahrs in einer Conferenz die Lehrabschnitte in den einzelnen Unterrichtsföchem
far die beiden Semester oder auch far die Quartale des Schuljahrs festzustellen,
sowie im Verlauf des Jahres, wenn es nöthig scheint, besondere Fachconferenzen
zu veranlassen; b. die Anzahl, das Mafs und die Ablieferungszeit der schriftl.
häusl. Arbeiten mit Bücksicht auf ein gründliches sicheres Fortschreiten der
geistigen Bildung der Schüler und auf ihre körperl. Entwickelung und Gesund-
heit zu bestimmen ; c. die Lehrstunden in allen Klassen von dem Dir. ohne
irgend eine persönl. Bücksicht öfters zu besuchen, und hat derselbe, sofern
einige Lehrstunden gleichzeitig mit seinen eigenen fallen, sich lieber zuweilen
durch einen anderen Lehrer vertreten zu lassen, als die gedachte Pflicht zu ver-
säumen; d. innerhalb jedes Semesters die schriftl. Arbeiten der Schüler in
abwechselnder Beihenfolge der einzelnen Klassen dem Dir. vorzulegen, welcher
sie nach genommener Einsicht mit seinem Bevisionsvermerk versehen wird;
e. in den Conferenzen Besprechungen über den Stand der Ausführung des
Lehrplans* in den verschiedenen Klassen mit den Lehrern anzustellen, damit
jeder nicht allein durch den im Conferenzzimmer stets vorliegenden Lectionsplan,
sondern auch durch die Mitteilungen seiner Collegen in den Stand gesetzt
werde, seine Stellung zu dem ganzen Unterricht zu übersehen und um so mehr
zur Erreichung des Gesamtziels beizutragen.
§ 16. Dauer der Unterrichtszeit. Anfang und Ende des Schul-
jahrs, Ferien und die tägl. Schulzeit sind durch besondere Anordnungen fest-
gesetzt. Ueber genaue Beachtung dieser Anordnungen hat der Dir. zu wachen
und insbesondere darauf zu sehen, dafs die Lectionen pünktlich angefangen
und abgewartet werden. Die Bespirien zwischen den Lehrstunden sind nicht
über 5 Minuten, die Hauptrespirien um 10 Uhr Vorm., wenn von 8 bis 12 Uhr
unterrichtet wird, nicht über 15 Minuten auszudehnen. Während der Bespirien
dürfen die Schüler nicht ohne Aufsicht gelassen werden.
§ 17. Aufnahme neuer Schüler.. Die Aufnahme neuer Schüler in
die Anstalt ist Sache des Dir. Sie geschieht zur leichteren Durchfahrung des
Lehrplans in der Begel nur am Anfange des Schuljahrs. Neu aufzunehmende
Schüler, welche den publicirten Anmeldungstermin ohne begründete Entschuldigung
versäumen, sind zurückzuweisen. Vor dem vollendeten 9. Lebensjahr ist in der
Begel kein Schüler aufzunehmen. — Ueber die Klasse, für welche der auf-
zunehmende zu bestimmen ist, entscheidet das Ergebnis einer sorgfältigen
Prüfung, wobei das vorzulegende Abgangszeugnis der von ihm bis dahin be-
suchten Schule berücksichtigt werden kann und insofern berücksichtigt werden
mufs, als kein Schüler in eine höhere Kl. zu setzen ist, als wofür das Zeugnis
ihn befähigt erklärt. Zu der Prüfung kann der Dir. diejenigen Lehrer heran-
ziehen, welche 'in der Klasse, für welche der Schüler nach seinem Zeugnis
geeignet erscheint, unterrichten; schliefslich entscheidet er über die dem Schüler
anzuweisende Klasse. Die aufgenommenen Schüler macht der Dir. mit der
Disciplinarordnung bekannt, trägt sie nach Vor- und Zunamen, Alter, Confession,
150
Geburtsort, Stand and Wohnort des Vaters in das Albnm der Anstalt ein und
überweist sie den Ordinarien ihrer Klassen.
§ 18. Begelmäfsige Elassenprüfnngen. Ein Mittel, die genaae
Dnrchföhnmg des Lehrplans za sichern m^d den Dir. sowohl als die Lehrer in
steter Bekanntschaft mit den Leistungen der einzelnen Klassen zu erhalten,
sind auch die regelm. Klassenprüfimgen. Sie werden jährlich wenigstens einmal
in jeder Klasse von den in ihr unterrichtenden Lehrern in Gegenwart des Dir.
und der übrigen Lehrer abgehalten; wo ein Curatorium besteht, können anch
die Mitglieder desselben zu diesen Klassenprüfungen eingeladen werden. Der
Dir. bestimmt die Gegenstände und Abschnitte derselben, in welchen geprüft
werden soll. La der auf die Prüfung folgenden Oonferenz wird das Eigebnis
derselben gründlich erörtert und nach seinen Hauptzügen in das Protokoll
aufgenommen.
§ 19. Oeffentliche Prüfungen und Schulfeierlichkeiten.
Die Anordnung der am Schlufs des Schuljahres stattfindenden öffentL Prüfun-
gen, der besonderen Schulfeste und der Feier des (Geburtstags Sr. MaJ. des
Königs wird unter* Berücksichtigung der an jeder Anstalt herkömml. Einrich-
tungen nach vorhergegangener Berathung mit dem LehrercoU. der schliefslichen
Bestimmung des Dir. anheimgegeben. Auch die Wahl der bei den Schulfeier-
lichkeiten vorzutragenden Beden und Gedichte bedarf der Genehmigung des
Directors.
§ 20. Versetzungen. Versetzungen in höhere Kl. werden in der
Begel am Schlüsse des Schuljahrs vorgenommen. Sie erfolgen nach einer ein-
gehenden Berathung in der Gonferenz, welche auf die Besultate der Klassen-
leistungen und der Versetzungsprüfung, wenn eine solche stattgefunden hat,
Bücksicht nehmen wird. Schüler, welche in den Sprachen oder Wissenschaften
nach der Ueberzeugung der betr. Lehrer die erforderl. Beife nicht erlangt haben,
dürfen nicht verse^ werden. . In zweifelhaften Fällen ist eine specielle schriftl.
und mündl. Prüfung vorzunehmen, nach welcher der Dir., der entlassende und
der aufnehmende Ordinarius über die Versetzung entscheiden. Nach bekannt
gemachter Versetzung dürfen keine Schüler mehr nachträgL versetzt werden.
— HinsichtL der Prüfung der zur Universität abgehenden Schüler ist das Er-
forderliche für die Gymnasien in dem Bglm. v. 4. Juni 1834 und in anderen
höheren Verordnungen, namentl. in dem Min. Erlafs v. 12. Jan. 1856, und for
die Bealschulen in der U. und PO. v. 6. Oct. 1859 angeordnet^)
§ 21. Abgangszeugnisse. Wie die zur Universität abgehenden
Schüler erhalten alle anderen, auf Anordnung ihrer Eltern die Anstalt verlassen-
den Schüler ein Abgangszeugnis. Letzteres ist von dem Dir. unter Zuziehung
des Ordinarius und der übr. beteiligten Lehrer auszufertigen. Es enthält aufser
der Angabe der Klasse und deren Abteilung, aus welcher der Schüler .austritt,
eine vollständige Charakteristik desselben nach seinem sittl. Standpunkt und
seiner wissenschaftl. Befähigung, welche letztere unter Anwendung der in der
Verf. V. 24. Apr. 1856 (s. Abi I S. 351) vorgeschrieb. Prädicate zu bezeich-
nen ist. Aufserdem ist der Grund des Austritts und, wenn dieser am Schlafs
des Schuljahrs erfolgt, auch bestimmt anzugeben, ob der Schüler in die höhere
KL aufzusteigen befähigt ist Die Abgangszeugnisse, sowie die einem Schüler
während des Aufenthalts auf der Anstalt fär die Anmeldung zum einjähr.
Militärdienst, zu Stipendien etc. von dem Dir. auszustellenden Zeugnisse
werden von ihm und dem Ordinarius unterschrieben und mit dem Schal-
siegel versehen. Die Goncepte der Zeugnisse werden im Schularchiv aufbewahrt
% 22. Erteilung von Gensuren. Amü. Zeugnisse über den Fleifs
und die Leistongen der Schüler in jedem einzelnen Lehrgegenstande sowie über
») Jetzt C.Verf. v. 27. Mai 1882, Abt. I S. 393 fg.
IBl
ihre Fühnrng sind auch die GensiireiL — Sie werden for die unteren and mitt}.
Elasseft am Ende des Quartals, für die oberen am Ende des Semesters nach
Anordnung der Verf. y. 24. Apr. 1856 (s. § 21) angefertigt und ausgeteilt
Für die rechtzeitige Eintragung der vorgesclurieb. Pr&dicate in die im Archiv
au&nbewahrenden Oensurbücher haben die Ordinarien zu sorgen. Der Dir. hat
dahin zu wirken, daJb bei der Bestimmung der Prädicate von allen Lehrern
gleichmäisig verfahren werde. Die Bekanntmachung der Gensuren erfolgt in
«inem Censuract dm:ch den Dir. in Gegenwart der Lehrer. Die den Schülern
eingehändigten Gensuizettel sind von den Eltern oder Vonnündem unterschrie-
ben beim Anfang des neuen Quartals oder Semesters dem Elassenordinarius
wieder vorzulegen. t
§ 23. Beligiöse Erziehung der Schüler. Ebensosehr als die
intellectuelle Ausbildung der Schüler durch den Unterricht muHs ihre religiOs-
sittliche Bildung dem Dir. und allen Lehrern am Herzen liegen. üeber die
Wichtigkeit des Beligionsunterr. sind die Schüler bei passenden Gelegenheiten
in angemessener Weise zu belehren. Wo sich ein gemeinsamer Gottesdienst
für die Anstalt unter Aufsicht der Lehrer wegen Ortiioher Hindemisse nicht
•einrichten l&lst, sind doch die Schüler zum Besuch des öffentl. Gottesdienstes
Einzuhalten, und werden sowohl der Dir. als die Lehrer durch Mahnung und
Beispiel, sowie insbesondere auch durch Teilnahme an öffentL, gemeinsamen
kirchL Feierlichkeiten, namenü. der Abendmahlafeier, den religiösen Sinn zu
beleben suchen. Der von der Anstalt angeordaeten Morgenandacht haben
wenigstens die in der ersten Stunde des Tages unteirichtenden Lehrer beizu-
wohnen.
§ 24. Schulgesetze. Die Disciplinarordnung ist im Anfange eines
jeden Semesters den versammelten Schülern in Anwesenheit der Lehrer voizu-
• lesen, üeber Beobachtung der Schulgesetze hat der Dir. zu wachen und mit
den Lehrern, namentl. mit den Ordinarien, dahin zu wirken, dafis die Schüler
an strengen, auf Gottesfurcht gegründeten Gehorsam gewöhnt und mit Liebe
zu edler Sitte und zur Wahrheit erföllt werden. Je mehr es dem Lehrercoll.
gelingt, den rechten Geist in der Anstalt zu wecken und zu erhalten, desto
mehr wird den Yergehungen der Schüler vorgebeugt, und desto sdHener werden
Bestrafungen werden.
§ 25. Strafen. Erscheint die* Anwendung höherer Schulstrafen, nfim-
lich des Garcers, körperlicher Züchtigung oder Verweisung von der Anstalt
durchaus geboten, dann entscheidet darüber das LehrercoUegium. — EörperL
Züchtigungen sind nur in den unteren El. und auch dort nur iQit M&bigung
zulässig, nie aber durch den Schuldieher auszufahren. — Ueber eine Yer^
Weisung hat der Dir. unter abschrifbl. Mitteilung des betr. Passus aus dem
Gouferenzprotokoll dem E. Prov.Sch.G. alsbald nachträglich zu berichten. Den
Eltern eines verwiesenen Schülers und, wenn derselbe ein auswärtiger ist, auch
der Polizeibehörde des Gymnasialorts ist sofort von dem gefafsten Gonferenz-
beschlufs Anzeige zu machen.
§ 26. Lehrerconferenzen. ZurBegelung des ganzen Schulwesens
in Unterricht und Erziehung dienen hauptsächl. die Lehrerconferenzen. Sie
sind teils allgemeine, teils besondere, för bestimmte Zwecke berufene Fach-
eonferenzen. Beide hat der Dir. zu leiten. Sie werden aufser den Schulstun-
den, und zwar die ersteren regelm. zweimal im Monat gehalten. AuDaerdem
kann bei besonderen Veranlassungen der Dir. auch aufserordentl. Gonferenzen
berufen. Gegenstand der Beratung in den Gonferenzen ist alles, was den
Lehrplan, Mittel und Methode des Unterr., Fleifs und Fortschritte der Schüler,
Früfdngen, Schulfeierlichkeiten, Gensuren, Elassenversetzungen, die Disciplin,
kurz das ganze Schulleben betrifft In ihnen wird auch Mitteilung gemacht
von den <üe ganze Anstalt betr. Verfügungen der Behörden, falls ihr Inhalt
162
nicht eine sofortige Mitteilung im Wege des Umlaufs nöthig macht Welche
Yerfagongen mehr den Dir. allein als das gesamte Lehrercoll. angehen,' hat der
Dir. in jedem einzelnen Falle zu beurteilen.
§ 27. Stimmrecht in den Oonferenzen. Sitz nnd Stimme in
der Conferenz haben die ordentL Lehrer nnd die etatsm. wissenschaftL Hälfis-
lehrer. Zeitweilig an der Anstalt znr Aushülfe beschäftigte Candidaten und
Probecandd., sowie techn. Hülfslehrer nehmen an den Confererenzen ohne
Stimmrecht Teil, können indefs auch in einzelnen Fällen von dem Dir. unter
eigener Verantwortung von einer zu ihrer Teilnahme nicht geeigneten Berathung
ausgeschlossen werden. — Diejenigen christl. Beligionslehrer, welche nicht zum
Lehrercoll. gehören, haben bei Berathung der Censtren, der Versetzungen und
schwerer Disciplinarvergehen, soweit es Schüler ihrer Confession betrifi^^ yoUes
Stimmrecht.
§ 28. Abstimmung. Der Vorsitzende Dir. hat bei der Abstimmung
über Fragen, welche nach den betr. Anordnungen von dem Lehrercoll. entschie-
den werden müssen, im Fall der Stimmengleichheit die entscheidende Stimme.
Ist die Mehrheit der Stimmberechtigten gegen seine Ansicht, dann hat er wegen
seiner Verantwortlichkeit fnr das Ganze das Becht, seine Ansicht aufrecht zu
erhalten und, wenn die Sache Eile hat, zur Ausführung zu bringen. Im letzte*
ren Falle hat er sofort unter Einreichung des Conferenzprotok. unsere Entschei-
dung einzuholen, bis zu deren Eingang die Lehrer seinen Anordnungen Folge
zu leisten verpflichtet sind.* In allen Fällen sind die Lehrer berechtigt, £e
Aufnahme ihrer Ansicht, wenn sie von der des Dir. abweicht, in das Protok.
zu verlangen, wie ihnen auch eveni der Becurs an uns freisteht
§ 29. Beschlufsfassung und Protokolliruug. Die nach den
bestehenden Anordnungen von der Conferenz gefafsten Beschlüsse sind für
jedes Mitglied des Lehrercoll. bindend, und hat der Dir. für die Ausführung
derselben Sorge zu tragen. Die Verhandl. und Beschlüsse der Oonferenzen
sind, insofern sie nicht ausdrückl. zur Mitteilung an Andere bestimmt sind,
als Amtsgeheimnisse zu behandeln. Das über jede Conferenz aufgenommene
Protokoll "wird vor dem Schlufs derselben verlesen und von dem Dir. und dem
Protokollführer unterzeichnet Protokollführer ist der jüngste ordenü. Lehrer.
Unter Zustimmung des Dir. kann aber auch ein anderer Lehrer die Führung^
des Protok. freiwillig übernehmen.
§ 30. Programmabfassung. Am Ende des Schu^ahrs hat die
Anstalt ein nach den bestehenden Vorschriften eingerichtetes Programm zu
veröffentlichen. Die Zusammenstellung der Schulnachr. liegt dem Dir. allein
ob. Die Abfassung der voranzustelTenden Abhandlung wechselt in der Begel
zwischen ihm und den etatsm. Oberlehrern. Die übrigen Mitglieder des CoHe-
giums sind zur Lieferung von Abhandlungen für das Programm nicht ver-
pflichtet, wohl aber berechtigt Breslau. E. Prov.SchulcoUegium.
Frovinz Sachsen.
Instr. V. 2. Mai 1867.
§ 1. Allgemeine Verpflichtung. Der Dir. ist für die Ge-
samtwohlfahrt der seiner Leitung anvertrauten Schule verantwortlich. Sein»
Befugnisse und Pflichten erstrecken sich über die äufseren und inneren Ange-
legenheiten derselben nach Mafsgabe der nachfolgenden allgm. Dienst-
instruction.
§ 2. Dienstverhältnis zu der vorgesetzten E. Aufsichtsbe-
hörde. Die dem Dir. zunächst vorgesetzte E. Behörde, deren Aufiiicht der-
selbe hinsichte der ganzen Verwaltung seines Amts untergeben ist, ist daa
163
unterzeichnete E. JProv.SchnlcoUeg^nm. Wie er von uns alle auf die Schnle
bezügl. Yerfugnngen erhfilt, so hat er anch an nns die vorgeschriebenen
regelm. und die anfserordenü. geforderten oder nOthig werdenden Berichte zn
erstatten.
§ 3. Dienstverhältnis zu Privatpatronaten oder Curatrorien.
Wo ein Privatpatronat oder Curatorium besteht, gelten die verfassungsm. Be-
stimmungen über das Verhältnis desselben zu der Anstalt und dem Dir.; die
Bechte und Pfliditen des letzteren hinsichü. der inneren Leitung der Anstalt
bleiben auch hier nach Mafsgabe der gegenwärtigen Dienstanweisung dieselben,
ftls ob er unmittelbar unter unserer Aufsicht stände.
§ 4. Amtliche Stellung zum Lehrercollegium. Als Leiter
der Schule ist der Dir. der nächste Vorgesetzte des Lehrercollegiums. Alle
Lehrer haben sich in jeder amtl. Anglgh. zunächst an ihn zu wenden, seine
Anordnungen in Betreff des unterrichte und der Disciplin zu befolgen und
seine darauf sich beziehenden Aufträge auszurichten. Dagegen ist er seiner-
seits verbünden, ihnen, dem Ernst und der Pünktlichkeit der Geschäfte unbe-
schadet^ überall mit Vertrauen und Freundlichkeit ermunternd zu begegnen,
ihren billigen Wünschen, ihren Erfahrungen, ihren Vorschlägen alle Rücksicht
zu widmen und sich ihrer überall mit £ith und That anzunehmen. Gesuche
der Lehrer, die auf ihr Amt nnd ihre Stellung sich beziehen, gelangen durch
den Dir. mit seinem Gutachten begleitet an uns.
§ 5. Einheitlicher Geist im Lehrercollegium. Lehrer-
conferenzen. Wissenschaftliche Vereinigungen. Als eine be-
sonders wichtige Aufgabe wird es der Dir. ansehen, in dem LehrercoU. einen
lebendigen Gemeinsinn, heilsame Uebereinstimmung in Ansichten und Grund-
sätzen und reges Streben nach wissenschaftl. und pädagog. Fortbildung zu
wecken und zu pflegen. Hierzu bieten namentl. die Conferenzen Gelegenheit,
welche unter dem Vorsitz des Dir. aufserhalb der Lectionszeit mindestens alle
14 Tage abzuhalten sind; aufserdem so oft dazu aufserordenü. Fälle, auch auf
Antrag einzelner Mitglieder des LehrercoU., Veranlassung geben.
Die Conferenzverhandlungen müssen daher nicht nur die gewöhnlichen
regelm. wiederkehrenden Berathungen über Lehr- und Lectionsplan, Censur der
Schüler, Disciplinarfälle, Schulprüfungen, Versetzungen, Vorschläge zu Beneficien
und Prämien u. s. w. umfassen, sondern es mufs aufserdem in denselben auch
öfters der Geist und der Zustand einzelner Klassen, der Fleifs, die Fortschritte
und das sittl. Leben einzelner Schüler gewürdigt, die Methodik einzelner Lehr-
fächer erörtert, die Zweckmäfsigkeit einzelner Lehrbücher beurteilt und nach
Zeit und Umständen auch in allgm. pädagogische Fragen eingegangen werden.
Dem Ermessen des Dir. ist es überlassen, in Fällen, die ihm geeignet erschei-
nen, auch besondere Conferenzen der Fachlehrer zu berufen. In den Confe-
renzen werden alle die Anstalt betreffenden Verfügungen der Behörden zur
Kenntnis und Nachachtung des LehrercoU. gebracht, insofern nicht ihr Inhalt
eine schneUere Mitteilung durch Umlauf fordert oder eine Mitteilung unnöthig
oder ungeeignet ist, was zu erwägen dem gewissenhaften Urteil des Dir. anheim
gegeben wird. Wenn in der Conferenz zur Herbeiführung von Beschlüssen zur
Abstimmung geschritten wird, so hat in FäUen der Stimmengleichheit der Dir.
die entscheidende Stimme zu geben. Wenn ein durch Stimmenmehrheit gefafster
Beschlufs der gewissenhaften amtl. Ueberzeugung des Dir. entschieden wider-
streiten soUte, so steht demselben das Becht zu, der Ausfährung dieses Be-
schlusses Anstand zu geben, bis auf schleunig erstatteten Bericht unsere Ent-
scheidung erfolgt ist. Ueber jede Conferenzverhandl. ist ein amtl. Protokoll
aufeunehmen, das bei den Schulacten aufbewahrt wird. Die Führong des
Protok. geschieht durch einen der Lehrer, die, mit Ausschlufs des Dir., in der
Begel in diesem Geschäft abwechseln.
164
Um einen Vereinignngspimkt for die Nahrung des wifsensdiafiL Strebens
der Lehrer m bilden, wird der Dir. bemüht sein, auch sonstige Znsammenkünfte
der Lehrer zur Verhandlung wissenschafUicher Fragen einzurichten.
§ 6. Lehr- und Lectionsplan. Bei der Organisation des Unter-
richts hat der Dir. die für die Lehrverfassung bestehenden allgm. und besonderen
Vorschriften genau zu beachten und den in Gemäfsheit derselben bei dw Anstalt
eingeführten Lehrplan von Zeit zu Zeit in allgemeinen und Fachconferenzen
einer Bevision zu untei*werfen. Zu den nOthigen oder wünschenswerthen Ab-
änderungen desselben, sowie zu der Einfuhrung neuer Lehr- und üebungsbücher
hat er unsere (Genehmigung einzuholen. Die Verteilung der Lectionen unter
die Lehrer steht dem Dir. allein zu; doch hat er dabei sowohl die Individualität,
Kenntnisse, Erfahrungen, Neigung und Wünsche jedes Lehrers, soviel als thunlich
und soweit es mit dem Bedürfnis der Schule vereinbar ist, zu berücksichtigen,
als auch- besonders darauf Bedacht zu nehmen, dafs die innerlich am nächsten
verwandten Lehrobjecte möglichst in Einer Hand liegen. Auch hat er dafür
Sorge zu tragen, dafs die auf einander folgenden, wie die neben einander in
derselben Klasse unterrichtenden Lehrer alle ein deutliches Bewufstsein über die
ünterrichtspensa und Klassenziele und über ihr gegenseitiges Verhältnis zur
Erreichung derselben haben. Zur Führung von Ordinariaten wird er möglichst
nur bewährte Lehrer in Vorschlag bringen und darauf bedacht sein, dafs die-
selben schon nach den Lectionen, die sie in der betr. Klasse erteilen, einen
entscheidenden Einflufs auf die Schüler ausüben können.
Den jährl. Lehr- und Lectionsplan, bestehend in übersichtl. Zusammen-
stellung der den einzelnen Lehrern zugewiesenen Lectionen, Bezeichnung der
Klasgenordinarien und genauer Angabe der in den einzelnen KL zu behandelnden
Lehrabschnitte hat der Dir. an dem festgesetzten Termine bei uns zur Bestätigung
pünkü. einzureichen. Ebenso hat derselbe über die später etwa nöthig werden-
den Modificationen zu berichten.
§ 7. Klassenbesuch. Erregung des wissenschaftL Geistes.
Bevision der schriftl. Arbeiten. Durch fleifsiges Besuchen der Klassen
hat der Dir. sich die Ueberzeugung zu verschaffen, dafs der genehmigte Lections-
plan auf eine zweckmäfsige Weise von den Lehrern, sowohl in Absicht auf
pünktL und sorgfältige Abwartung der Lehrstunden und der damit verbundenen
Arbeiten, als auch in Absicht auf Methode des Unterr. und Anregung des
Fleifses der Schüler ausgeführt und eine angemessene, dem pädagog. Zweck
entsprechende Disciplin gehandhabt wird. In dieser mit grofsem Ernst zu
führenden Aufsicht wird der Dir. stets ein wohlwollendes aufmunterndes Ver-
trauen, die freundliche Gesinnung, mit bedächtigem Bathe zu Hülfe zu kommen,
und ^e Achtung bewähren, welche der Einsicht» der Lehrfreiheit und dem
Fleifs jedes Lehrers gebührt Dabei wird der. Dir. stets eingedenk sein, dafs
er in seiner eigenen Lehrthätigkeit ein vorbildl. Beispiel zu geben berufen ist,
und dafs die tiefere Anregung des Wissenschaft. Geistes der Schüler, wie er
sich namentL auch in fleifsigen Privatstudien kundgiebt, vor allem von ihm
selbst ausgehen mufs.
Insbesondere hat der Dir. dafür Sorge zu tragen, dafs hinsichtL der häosl.,
namentl. schriftl. Arbeiten der Schüler das rechte Mafs und eine angemessene
Verteilung stattfindet Auch hat er von der Beschaffenheit der Themata zu den
Au&ätzen fleifsig Kenntnis zu nehmen und jeder ünangemessenheit dabei vor-
zubeugen. Er mufs daher monatlich wenigstens in Einer Klasse die Schulhefte
seiner besonderen Durchsicht unterwerfen, um dadurch sich nicht blofs von dem
Fleifs und den Fortschritten der Schüler, sondern auch von der Zweckmäfsigkeit
und der Zahl der Aufgaben, sowie von der Sorgfalt der Correcturen Kenntnis
zu verschaffen. Um ermitteln zu können, ob die Fristen der häusl. Correcturen
innegehalten sind, hat der Dir. dafür zu sorgen, dafs jeder Schüler unter seiner
166
»
Arbeit den Monatstag der Abliefenmg und jeder Lehrer das Datnm der Büok-
gabe bemeike.
§ 8. Aufsicht über das Verhalten der Lehrer. Auch auf das
Verhalten der Lehrer aulserhalb ihrer Berufstii&tigkeit hat der Dir. seine Auf-
merksamkeit zu richten» Wenn ein Lehrer in dieser oder jener Beziehung auf
Aergemis gebende Abwege gerathen und sich eines seine erzieherische Wirk-
samkeit gefährdenden Verhaltens schuldig machen sollte, hat der Dir. an uns
zu berichten.
§ 9. Einführung und Vereidigung der Lehrer. Die feierl.
Einfahrung jedes neu angestellten Lehrers in das Gollegium der Lehrer und in
sein Amt erfolgt durch den Dir., die Vereidigung dagegen wird commissarisch
nach besonderer Bestimmung bewirkt Der Dir. hat bei der Einführung den
Lehrer mit seinen Geschäften und Obliegenheiten bekannt zu machen, mit den
nöthigen Hül&mitteln zum Unterr., seinem Bath und seinen Belehrungen lieb-
reich zu unterstützen und alles anzuwenden, ihn in den rechten Weg zu leiten.
Hit besonderer Aufmerksamkeit hat er sich in (>em&fsheit der darüber besteh.
Verordnungen der Ausbildung der seiner Lehranstalt überwiesenen Probecandd.
anzunehmen. •
§10. Vertretung der Lehrer. Urlaub. Wenn ein Lehrer durch
Xrankheit oder andere auTserordentL Umstände verhindert ist, seine Amtsge-
schäfte zu versehen, so hat der Dir. die Vertretung zu ordnen. Urlaub zu noth-
wendigen Beisen der Lehrer kann derselbe bis zu 3 Tagen erteilen, einen län-
geren Urlaub aber hat er bei uns zu beantragen. Wenn der Dir. selbst seine
Amtsthätigkeit zu unterbrechen genöthigt ist, so hat er nicht nur.far ange-
messene Vertretung seiner Lectionen zu sorgen, sondern zugleich die Directions-
geschäfte dem nächstfolgenden Lehrer nach ihm zu übertragen. Zu einer noth-
wendigen Beise auf nicht mehr als 3 Tage bedarf derselbe keines Urlaubs, zu
einer längeren Beise hat er Urlaub bei uns nachzusuchen. Ueber jeden Fall
eines durch uns entweder für einen Lehrer oder für ihn selbst erteilten Urlaubs
hat der Dir. da, wo ein Privatpatronat oder Curatorium besteht, dasselbe davon
in Kenntnis zu setzen. Will der Dir. während der Ferien verreisen, so hat er
davon uns, resp. auch dem Privatpatronat oder Cur., Anzeige zu machen unter
Angabe zugleich, welcher Lehrer an seiner Statt die laufenden Geschäfte be-
sorgen und die Aufsicht über die Localitäten und Sammlungen der Anstalt
führen wird.
§ 11. Erledigung von Lehrerstellen. Wird eine Lehrerstelle
erledigt, so hat der Dir. hierüber schleunig unter Angabe des Einkommens
derselben sowie der Vertretung während der Vacanz, an uns zu berichten und
nach Befinden sein Gutachten wegen Wiederbesetzung der Stelle abzugeben.
Steht die Anstalt unter einem Privatpatronat, so hat der Dir. sich zunächst
an diese Behörde zu wenden, welche alsdann die weitere Berichterstattung zu
bewirken hat
§ 12. Disciplin. Für die Handhabung und Aufrechterhaltung der
Disciplin, welche sich die Erziehung der Schüler zur Gottesfurcht und Frömmig-
keit, zur Wahrhafliigkeit und Lauterkeit, zu treuem Fleiiis in der Wissenschs^
und zu willigem Gehorsam zur Angabe macht und aus deren Beschaffenheit
sich der Geist einer Lehranstalt am deutlichsten kundgiebt, ist der Dir. un-
mittelbar verantwortlich. Wie er dabei sich stets bewuTst sein wird, dafs das
Verhältnis von Erziehern zu den ihnen anvertrauten Zöglingen ein väterliches
sein soll, bei welchem ernste Zucht und umsichtige Milde einander durch»
dringen, so wird er vor allem eingedenk bleiben, dafs seine und der Lehrer
vorbildl. Haltung am meisten geeignet ist, die Schüler vor verderbL Bichtungen
und verkehrten Bestrebungen zu bewahren und in ihnen diejenige Gesinnung
iu erzeugen, von der sich erwarten läfst, dafs sie dereinst als Männer in ge-
156
«
wissenhafter BerofserfQllnng, in Ehrfnrcht far göttliche nnd menscbliche Ord-
nung, in Liebe nnd Treue gegen EOnig nnd Vaterland sich bewäuren.
§ 13. Pflege religiös- sittlicher nnd vaterländischer Ge-
sinnung. Jenen guten Geist christlicher Zucht zu pflegen ist der Beligions-
unterricht, welchem der Dir. die sorgsamste Autoerksamkeit zu widmen hat,
unmittelbar bestimmt. Aber nicht minder wird der Dir. darauf halten, dafs
auch der übrige Unterricht in stetem Hinblick auf die Aufgaben der Erziehung
erteilt wird, und dafs der in den Schülern erregte Wissenschaft. Geist eine
Hauptstütze des sittlichen Geistes wird.
Unmittelbar auf den guten G^ist der Gesamtheit der Schüler einzuwirken,
hat der Dir. besondere Gelegenheit bei den Schulversammlungen, bei Eröffnung
und Schlufs der Schulhalbjahre, bei Entlassung der Abiturienten und bei
sonstigen Schulfeierlichkeiten, die alle mehr oder weniger einen religiösen
Charakter tragen werden. Ueberhaupt wird der Dir. die Pflege des religiösen
Lebens durch zweckmäfsige Einrichtung gemeinsamer Morgenandachten, gemein-
samer Feier des heil. Abendmahls, sowie durch Förderung des sonntägl. Eirchen-
besuchs sich eifrigst angelegen sein lassen. Auf dem tiefen und sicheren
Grunde christlicher GottesfBircht wird allein auch die Aufgabe der Vaterland.
Erziehung der Jugend gedeihlich gelöst werden können. Insbesondere wird
der Dir. hierbei die Feier der vaterländ. Feste und wichtiger Gedenktage unserer
Geschichte benutzen, frühzeitig in der Jugend ehrfarchtsvoUe Treue gegen den
Eönig, hingebende Liebe zum Vaterlande und dankbare Würdigung der grofsen
Vorzüge zu gründen, deren sich unser Staatswesen durch das königliche Re-
giment erfreut.
§ 14. Sorge für die leibliche Ausbildung der Jugend. Da
die Schule auch die leibliche Ausbildung der Jugend zu pflegen und zu leiten
hat, so wird der Dir. dem gymnasi Unterricht seine sorgsamste Aufmerksam-
keit widmen und bemüht sein, denselben auch für die geistige und sittl.
Eräftigung der Jugend fruchtbar zu machen. Ueberhaupt wird derselbe sich
angelegen sein lassen, in der Schule sowie aufserhalb derselben alles der Ge-
sundheit der Jugend Nachteilige fem zu halten, sowie alle Einrichtungen zu
treffen, durch welche das leibl. Gedeihen der Schüler gefordert wird.
§ 15. Uebereinstimmung der häusl. Erziehung mit der Schul-
erziehung. Verhältnis zu den Eltern der Schüler. Um die noth-
wendige und heilsame Uebereinstimmung der häusl. Erziehung und Aufsicht
mit der Schulerziehung möglichst zu fordern, ist der Dir.. verpflichtet, mit den
Eltern der Zöglinge, sowie mit denjenigen, deren Pflege und Aufsicht sie sonst
übergeben sind, so oft es der Fleifs und die Aufführung der Schüler rathsam
macht, über deren Wissenschaft, und situ. Gedeihen berathende Bücksprache
zu halten und ihre Mitwirkung in Anspruch zu nehmen. Er wird dies insbe-
sondere dann bei Zeiten thun, wenn ein Schüler aus Mangel an Fähigkeit,
Fleifs und Fortschritten sich für die wissenschaftl. Studien entschieden nicht
eignet, oder wenn seine Aufführung zu erhebl. Elagen Veranlassung giebt und
ernstliches Einschreiten nothwendig macht. Dabei mufs von dem Dir. erwartet
werden, dafs er durch gebührende Achtung der Rechte der Eltern, sowie durch
freundliches Eingehen auf die Eigentümlichkeit jedes einzelnen Zöglings es
versteht, sich das Vertrauen der Eltern und des Publikums überhaupt für das
Eltern und Lehrern gemeinsam obliegende Werk der Jugenderziehung zu ge-
gewinnen.
§ 16. Aufsicht über das Verhalten der Schüler aufserhalb
der Schule. '.Da sich die Leitung und Ueberwachung des Verhaltens der
Schüler auch auf das Leben derselben aufserhalb der Schule zu erstrecken hat,
hat der Dir. im Verein mit den übrigen Lehrern, insbesondere den Tutoren
und Ordinarien, in geeigneter Weise, auch durch Besuchen der Schüler in ihren
167
Wohnungen, dafür zu sorgen, dafs dieselben in ernster hänsL Zucht angehalten
werden, zur rechten Zeit zu arbeiten, und eben so sehr vor zerstreuender Ge-
sellschaft als unzeitigen Vergnügungen bewahrt werden.
§ 17. Schulgesetze. Die sogenannten Schulgesetze, in welchen die
Vorschriften für das gesamte Verhalten der Schüler kurz zusammenzufassen
sind, hat der Dir. in Berathung mit dem LehrercoU. zu entwerfen und von Zeit
zu Zeit einer Bevision zu unterziehen. Dieselben bedürfen unserer Bestätigung.
Dabei wird der Dir. nicht aus dem Auge verlieren, dafs der Hauptzweck aller
für die Disciplin getroffenen äufserl. Veranstaltungen nur darin bestehen kann,
dafs den Vergehungen der Schüler möglichst vorgebeugt und dadurch die Strafe
möglichst selten werde.
§ 18. Strafen. Wenn zur Aufrechthaltung der Disciplin positive
Strafen nOthig sind, so hat der Dir. darauf zu achten, dafs dieselben mit
ruhiger Besonnenheit^ väterlichem Wohlmeinen und unparteiischer Gerechtigkeit,
vollzogen werden. Die dabei dem Dir. und dem LehrercoU. zustehenden Befug-*
niese sind durch besondere Bestimmungen festgesetzt.
§ 19. Censuren. Als ein wichtiges Erziehungsmittel sind die Cen-
suren zu behandeln, welche den Schülern am Schlufs eines jeden Halbjahrs,
in den unteren und mittL Klassen viertelJährL zu erteilen sind. Die Censuren
sind auf Grund der von sämtL, in jeder Klasse unterrichtenden Lehrern abge-
gebenen Urteile von dem Klassenordinarius abzufassen und mindestens von
diesem und dem Dir. zu unterschreiben. Wie der Dir. darauf zu achten hat,
dafs die Gensuren ein gewissenhaftes Urteil über Betragen, Fleifs und Leistun-
gen der Schüler enthalten, sowie in einer besonderen Bubrik die etwa für nOthig
befundenen speciellen Bemerkungen, so wird er sich auch angelegen sein
lassen, den Act der Censurausteilung an die Schüler möglichst fruchtbar zu
machen.
§ 20. Versetzungen. Bei den Versetzungen hat der Dir. darauf zu
sehen, dafs die einzelnen Schüler in Sprachen und Wissenschaften die erforderL
Beife für die nächst höhere Kl. erreicht haben; ganz vorzüglich aber mufis er
darauf halten, dafs die Versetzungen in die obere Bildungsstc^e mit Strenge und
ohne alle Bücksicht auf den gewählten künftigen Beruf des Schülers vorge-
nonmien werden. - Seinem Ermessen bleibt es überlassen, besondere Versetzungs-
prüfongen in Gegenwart der zunächst beteiligten Lehrer anzuordnen.
§ 21. Abiturientenprüfung. Die Pflichten des Dir. bei der
Abiturientenprüfung sind durch besondere Vorschriften bestimmt.
§ 22. Abgangs- und sonstige Zeugnisse. SchulsiegeL Für
die ohne Abiturientenprüfung abgehenden Schüler fertigt der Dir. die Zeugnisse
aus. Diese Zeugnisse müssen die vollständige, gewissenhafte Charakteristik des
Schülers nach seinem wisssenschaftl. und sittl. Standpunkt enthalten. Ebenso
stellt der Dir. alle übrigen etwa geforderten Zeugnisse aus. Zur Führung des
Schulsiegels ist er allein berechtigt.
§ 23. Aufnahme neuer Schüler. Hinsichtlich der Aufnahme neuer
Schüler liegt dem Dir. die Prüfung, die Verpflichtung und die Einführung in
den Schülerkreis ob. Die Prüfung, durch welche die Klasse für den Aufru-
nehmenden bestimmt wird, findet in. der Begel unter Mitwirkung der zunächst
beteiligten Lehrer Statt. Pflicht des Dir. ist es, die aufgenommenen in das
amü. Schülerverzeichnis (Inscriptionsbuch oder Album) einzutragen nach Vor-
nnd Zunamen nebst Geburtsort, Jahr und Tag der Geburt, Stand und Wohnort
des Vaters (resp. des Vormunds), Tag der Aufriahmc und Klasse, in welche
der Schüler zunächst gesetzt worden. Beim Abgange ist später zu vermerken,
wann, aus welcher Klasse und zu welcher Bestimmung der Schüler abgegangen
ist Der Dir. darf keinen Schüler, der schon eine andere Lehranstalt besucht
hat, ohne Zeugnis von derselben aufriehmen. Die bei der Aufriahme neuer
168
Schüler vorzulegenden Impfscheine hat der Dir. nach genommener Einsicht
zurückzugeben. Ein Schüler, welcher von einer anderen Lehranstalt entfernt
worden ist, darf^ wofern nicht seine Anfnahme höheren Orts ausdrücklich untersagt
worden ist^ bedingungsweise aufgenommen werden; aber es ist dem gewissen-
haften Ermessen des Dir. überlassen, die Aufhahme zu versagen, wenn dieselbe
den Schülern der eigenen Anstalt, zumal bei dem gerade in der betr. Klasse
herrschenden Geist, ernstlich Gref&hr zu bringen droht
In Betreff der Wahl eines besonderen Tutors aus der Zahl der Lehrer
für die auswärt. Schüler ist der Dir. verpflichtet» die Eltern zu berathen. Die
Wahl des Fensionswirths sowie jeder Wechsel der Pension unterliegt seiner
Genehmigung. Auch ist er berechtigt sobald sich herausstellt, dai^ die Pension
nicht geeignet ist, sofort eine Aenderung herbeizufuhren.
§24. Schulfeierlichkeiten. Die Schulfeierlichkeiten hat det Dir.
:iu ordnen und dazu die betr. Behörden, Eltern der Zöglinge, Gönner und
Freunde der Jugendbildung einzuladen. Aufser den aUjährl. öffentlich zu
haltenden Schulprüfungen hält der Dir. auch besondere Elassenprüfungen in
Gegenwart der Lehrer ab.
§ 25. Programm. Hinsichtlich des jährl. einmal, zu Ostern oder zu
Michaelis, auszugebenden Programms ist nach den bestehenden Vorschriften zu
verfahren.
§ 26. Aufsicht über die wissenschaftL Institute und Samm-
lungen u. s. w. Ueber alle mit der Anstalt verbundenen wissenschaftl.
Institute, namentlich die Schulbibliothek, die Lesebibliothek, die physikal. und
mathemai Apparate, die Kunstsammlungen u. s. w., sowie über die Tumanstalt,
hat der Dir. die Oberaufsicht zu fahren und daför zu sorgen, dafs die Inventarien
ordnungsmäfsig geführt, die gehörig geprüften Zugänge darin nachgetragen, die
Abgänge als unvermeidlich nachgewiesen und die als vorhanden verzeichneten
Stücke richtig vorgefunden werden.
§ 27. Archiv. Dem Dir. liegt es ob, alle die Anstalt betreffenden
Yerfagnngen der vorgesetzten Behörden oder was sonst Bemerkensweri;hes der
Anst^t zugeht, gehörig aufzubewahren und so zu ordnen, dafs bei seinem Ab-
gange oder bei seiner Abwesenheit sein Nachfolger oder sein. Stellvertreter sich
sogleich die nöthigen Kenntnisse über alles Vorkommende verschaffen kann.
Zu dem Ende mufs der Dir. alle Concepte der von ihm erstatteten Berichte und
seine anderweitige Coirespondenz aufbewahren. Aus diesen Actenstücken, den
Verzeichnissen der Schüler, den Conferenzprotokollen, den Concepten der ausge-
stellten Zeugnisse, den Oensurbüchem und allen sonstigen die Anstalt be-
treffenden Papieren besteht das Archiv der Schule, welches unter Aufsicht und
Verschlufs des Dir. allein steht.
§ 28. Aufsicht über die Localitäten und Utensilien. In
Betreff der Localitäten der Schule und aller dazu gehörigen Utensilien hat der
Dir. dafür zu sorgen, dafs dieselben in gutem Stande und in Ordnung und
Sauberkeit erhalten werden. Im Innern der Anstalt wird er sich angelegen
sein lassen, alles, was die Gesundheit, Buhe, Sicherheit und Bequemlichkeit
fordert, sorgfältig zu beachten.
§ 29. Beneficien. In Ansehung der bei der Anstalt vorhandenen
Stiftungen von Stipendien und Beneficien sind deren bestehende Verfassungen,
zu befolgen. Wenn die Verleihungsvorschläge von der Anstalt ausgehen, so
hat der Dir. dieselben nach vorausgegangener Berathung mit den übrigen Lehrern
abzugeben und sorgsam dahin zu sehen, dafs die Beneficien ihrem ursprüngl.
Zweck gemäfs verliehen und bei gleicher Bedürftigkeit vorzüglich die fähigen,
fleifsigen und sitüich würdigen Schüler bedacht werden.
§ 30. Schulkasse. Bei Verwaltung der Schulkasse, sei es, dafs
dieselbe von dem Dir. oder dm'ch einen anderen Beauftragten gefohrt wird, hat
169
, , •
der Dir. die darüber bestehenden Vorschriflien, namentL anch in Betreff des
Schnlgelderlasses, gewissenhaft zn beobachten. '
§ 31. Schnldiener nnd sonstige Unterbeamte. Die SchTil'-
diener and die etwan. anderen ünterbeamten der Anstalt» inwiefern letztere
nicht nnmittelbar unter der Verwaltungsbehörde stehen, sind der Anfeicht nnd
Controlle des Dir. unterworfen nnd haben sich in allen ihren Dienst betreffenden
Dingen nach seinen Bestimmongen genan zu richten.
§ 32. Verhältnis der allgemeinen Dienstinstrnction zn der
besonderen. Bei allen denjenigen Institnten, deren eigentüml. Verhältnisse
es bedingen, daf^ dem Dir. noch eine besondere Instruction erteilt wird, gelten
die Bestimmungen der gegenwärtigen ' allgm. Dienstinstruction nur in so weit,
als dieselben durch jene besondere nicht abgeändert sind. Magdeburg. E.
Pwwr.Schul C.
ProTixLB Westfalen.
Instr. V. 26-. Juli 1856.
§ 1. Die gegenwärtige Instruction begreift die Pflichten und Befugnisse,
welche den Dir. der Gymnasien der Provinz Westfalen hinsichtlich der inneren
und äußeren Verhältnisse der ihnen anvertrauten Anstalten obliegen und zustehen.
§. 2. Der Dir. ist för die Gesamtwohlfahrt der ihm anvertrauten Anstalt
veranwortlich. Er hat daher die Verpflichtung, allen Schaden von derselben
abzuwenden, Vorteil derselben zuzuwenden, oder doch die Aufmerksamkeit der
Behörden darauf zu. richten. Seiner unmittelbaren und ausschliefsl. Leitung
sind die inneren Angelegenheiten, die Sorge für den gesamten Unterricht und
die Disciplin der Anstalt überwiesen, und in dieser Beziehung ist der Director
§ 3. zuvörderst das Organ der vorgesetzten Staatsbehörden, als
deren nächste er das unterzeichnete E. Prov.Sch.C. zu erkennen hat. Alle ihm
zugehenden, die Anstalt betr. Anordnungen und Verfügungen hat er daher
auszufahren oder etwa sich ergebende Bedenken sofort zur Anzeige zu bringen,
die periodischen^) oder von ihm erforderten Berichte pünktlich zu erstatten,
über alle wichtigeren Angelegenheiten der Anstalt, sie mögen die Personen des
Lehrercoll. oder die didaktischen und dlsciplinar. Einrichtungen und Zustände
betreffen, zu berichten, den Commissarien jederaeit über die Verhältnisse der
Anstalt Auskunft zu erteilen und am Schlufs des Schuljahrs einen erschöpfenden .
Bericht über die gesamte äulBere und innere Lage der Anstalt einzureichen.
^^ Am 1. Januar Anmeldung der Matoritäts- Aspiranten für Ostern oder
Vacatanzeige (gemäfs Vf. 22. Juni 1854, 6. Juli 1876, 21. Jan. 1885). 15. Jan.
AmtUohe Drucksachen für die K. BibUothek zu Berlin (Vf. 24. Mai 1882). 14 Tage
vor Beginn des SchuljiJires die Lehrpläne für dasselbe (Vf. 22. Juni 1854, 8. März
1887). 15. April. Verzeichnis der beschäftigten ungeprüften Schulamts-
candidaten oder Vacatanzeige (Vf. 17. Oct. und 26. Nov. 1877). Dgl. üebersicht
für die im vergangenen Schuljahre an Gymnasien und Bealgymn. abgehaltenen
Reifepräfungen (Vf. 26. Jan. 1880). DgL Bericht über die Ergebnisse der Ent-
lassungsprürangen bei den Realprogymn. , Realschulen und höh. Bürgerschulen
(Vf. 6. Nov. 1875). 8 Tage nach den Osterferien Frequenzübersicht für das
abgelaufene Wintersem. (Vf. 21. Dec. 1872 und 2. April 1885). Dgl. Stunden-
tafoelle für das nächste Schuljahr. Dgl. Frequenzbericht für den Semesteranfang
rVf. 28. Oct. 1876). 14 Tage nach Anfang des Sommersem. Protokolle über
aie Feststellung der Arbeitspläne für die emzelnen El, (Vf. 27. Nov. 1884).
30. April. Einsendung von 10 Exemplaren des Sohulprogramms (Vf. 25. März
1876). 1. Mai. Bericht über das Probejahr der zu Ostern .des Vorjahres ein-
getretenen Candidaten (Vf. 6. Sept. 1872). Dgl. Anzeige über gestundete Honorare
für üniversitätscollegien (Vf. 16. Juni 1883^ 15. Mai. Personal- und Ein-
kommensveränderungen im Lehrercoll. oder vacatanzeige (Vf. 7. Juli 1876 und
160
§ 4. Der Dir. ist femer erstes und versitzendes Mitglied des
Lehrercoll. Als solches leitet er die Conferenzen des Coli., welche, weil
nirgends mehr als im Schalwesen von der richtigen Einsicht, der Ueberein-
stimmong und dem guten Willen der Zusammenarbeitenden das Gelingen des
ganzen Werkes abhängt, regelmäfsig gehalten werden sollen, und in denen
alles zur Berathung gebracht werden wird, was das Material und die Methode
des Unterrichts, den Fleifs und die Fortschritte der Schüler, die öffentL und die
Elassenprüfungen, die Schulfeierlichkeiten, Censuren und Translocationen, die
Disciplin etc. belaifft, überhaupt alles dasjenige, worüber eine Berathung mit
mehreren nothwendig, angemessen oder wünschenswerth ist. In diesen Konfe-
renzen werden von dem Dir. auch die von uns oder anderen Behörden einge-
gangenen, das Ganze betreffenden Verfügungen dem Lehrercoll. mitgeteilt, falls
nicht deren Inhalt' eine sofortige Mitteilung im Wege des Umlaufs nöthig macht
Welche Verfügungen vielmehr vor den Dir. allein, als vor die Gesamüieit der
Lehrer gehören, wird in jedem einzelnen Falle leicht zu erkennen sein und ist
natürlich der Beurteilung des Dir. anheim gestellt. Im Einzelnen fügen wir
noch folgende Bestimmungen hinzu:
a. Die Conferenzen werden mindestens zweimal in jedem Monat zu
bestimmten aufserhalb der gewöhnl. Schulzeit fallenden Stunden gehalten. Bei
aufserordenü. Veranlassungen beruft der Dir. auch aufserdem die Conferenz.
b. Sitz und Stimme in der Conferenz hat jeder ordentL Lehrer mit Einschlufs
der etatsm. Wissenschaft. Hülfslehrer, jedoch mit der Verpflichtung, sich der-
selben zu begeben, wenn ein ihn persönlich betreffender Gegenstand zur Sprache
kommt Blofs techn. auf Kündigung angenommene Hülfslehrer gehören nicht
als stimmende MitgL in die Conferenz, können jedoch in geeigneten Fällen zu
den Berathungen des Lehrercoll. hinzugezogen werden. Die an der Anstalt
etwa beschäftigten Probecandd. haben in den Conferenzen Sitz, aber kein Stimm-
recht. In einzelnen besonderen Fällen ist dem Dir. gestattet, unter eigener
Verantwortung Probecandd. von den zu ihrer Teilnahme nicht geeigneten Be-
rathungen auszuschlieüsen. Wo nach unserem Erlafs v. 17. Juni 1852 Beligions-
lehrer, welche nicht dem Lehrercoll. angehören, bei der Berathung schwieriger
Disclplinarfälle zu den Conferenzen hinzugezogen werden, haben dieselben bei
deren Beurteilung auch ein volles Stimmrecht c. Der Dir. führt den Vor-
sitz in der Conferenz, regelt den Gang der Verhandlungen und hat bei der
«Abstimmung über diejenigen Fragen, über welche nach den betr. besonderen
Verordnungen die Entscheidung nicht ihm allein, sondern dem ganzen Lehrercoll.
zusteht, im Fall der Gleichheit die den Ausschlag gebende Stimmme. Jedoch
auch dann, wenn die Mehrheit der Lehrer mit seiner Ansicht nicht überein-
stimmt, soll er wegen der ihm obliegenden Verantworüichkeit für das Ganze
das Becht haben, dasjenige, was^nach seiner gewissenhaften Ueberzeugung für
das Wohl des Ganzen das Bessere ist, festzuhalten und, wenn die Sache Eile
hat, unmittelbar zur Ausführung zu bringen: er ist jedoch in solchem Falle ver-
1. April 1881). Dgl. in jedem dritten Jahre Verwaltungsbericht (zunächst am
15. Mai 1888 für die Realanstalten und 1889 für Gymn. und Progymn,, (Vf. 18. Dec
1878). Dgl. im AnBchlufs hieran Nachweisuug über den Personalstand des
Lehrercoll. (Vf. 25. April J881). 1. Juni. Anmeldung der Maturitäts-Aspiranten
für den Herbsttermin (vgl. Vff. beim 1. Jan.). 10. Juli. Tabelle über die Be-
wegungen unter den angestellten Lehrern im abgelaufenen Schuljahre (Vf. 15. Sept.
1886). 1. Oct. Anzeige des Titels der Abhandlung für das Schulprogramm
oder Vacatanzeige (Vf. 19. Mai 1875). 15. Oct. Ueber ungeprüfte Schulamts-
candidaten wie zum. 15. April. Dgl. über abgeleistetes Probejahr wie zum 1. Mai.
Bgl. Frequenzbericht für das Sommersem. (Vf. wie oben). Dgl. für den Semester-
anfang (wie obenl Feststellung der Arbeitspläne (wie oben). 15. Nov.
Personal- und Einkommensveränderungen wie am 15. Mai.
161
pflichtet, unter Einreichung des Conferenzprotok. unsere Entscheidung sofort
-einzuholen, his zu deren Eingang die Lehrer seinen Anordnungen Folge zu leisten
verpflichtet sind. d. Die von der Conferenz ordnungsm. und innerhalb ihrer
Bei^gnisse gefafsten Beschlüsse sind für jedes Mitglied des Lehrercoll. bindend,
und steht keinem Lehrer die Befugnis zu, davon willkürlich und unter dem
Verwände abzuweichen, dafs er selbst die Verantwortlichkeit für solche Ab-
weichungen übernehme. Der Dir. hat daher sein Augenmerk darauf zu richten,
dafs die gefafsten Beschlüsse auch wirklich zur Ausführung gelangen. Die Ver-
handlungen und Beschlüsse der Conferenz sind, insoweit sie nicht ausdrücklich
zur Mitteilung an Andere bestimmt sind, als Amtsgeheimnisse zu behandeln.
«. Ueber jede Conferenz wird ein in ein besonderes Buch einzutragendes
Protokoll aufgenommen und von allen Anwesenden unterzeichnet. Das Ge-
schäft des Protokollfahrers liegt in der Begel dem jüngsten Mitgliede des
Coli, ob, kann jedoch unter Zustimmung des Dir. auch von einem anderen
Lehrer freiwillig — dann aber mindestens auf ein Semester — übernommen werden.
§ 5. Ingleichen hat der Dir. alle von dem ganzen Lehrercoll. ausgehen-
den schrlfQ. Acte, Documente etc. auszufertigen, oder wenn (wie bei Zeugnissen,
Censuren etc.) diese Ausfertigung von den Elassenordinarien geschieht, dieselben
mitzuvoUziehen und, wo nöthig, mit dem von ihm allein geföhrten Dienstsiegel
zu beglaubigen. § 6. Auch hat der Dir. dafür Sorge zu tragen, dafs alles,
was in Bezug auf die 'Anstalt von den Behörden verfügt wird oder sonst von
Schriftstücken Bemerkenswerthes derselben zugeht, gehörig joumalislrt, plan-
mäfsig in bestimmte Actenstücke verteilt und so geordtiet werde, dafs beim
Abgange oder auch nur bei Abwesenheit des Dir. sein Nachfolger oder Stell-
ver&eter sich sogleich die nöthlge Kenntnis über alles Vorkommende verschaffen
könne. Zu dem Ende müssen auch die Concepte der von dem Dir. erstatteten
Berichte und seine anderweitige amtl. Correspondenz aufbewahrt und gehörigen
Orts eingeordnet werden. Ebenso ist ein nach den Gegenständen und der
Zeitfolge übersichü. geordnetes Verzeichnis der von den vorgesetzten Behörden
erlassenen Verfügungen erforderlich, welches jeden, besonders auch die neu
eintretenden Lehrer in den Stand setzt, sich über das in einer bestimmten
Beziehung Angeordnete zu unterrichten. Aus diesen Actenstücken, dem Album
der Aufgenommenen, den ConferenzprotokoUen , Prüfungsverhandlungen und
Fachlehrerberichten, den Zeugnis- und Censurbüchem, den Katalogen der Lehr-
mittel und allen übrigen, die ganze Anstalt wie deren Lehrer und Schüler
betr. Papieren besteht das Archiv des Gymn., welches unter Aufsicht des Dir.
allein steht, und zu dessen sicherer Aufbewahrung ein verschliefsbarer Schrank
erforderlich ist
§ 7. Der Dir. ist drittens der nächste Vorgesetzte der an der Anstalt
fungirenden Lehrer, Probecandd. und Unterbedienten, welche ihn in allen ihren
amtl. Beziehungen als solchen zu erkennen und seinen Anordnungen Folge zu
leisten haben. In dieser Beziehung hat er zunächst jeden neu angestellten
Lehrer in das Collegium einzufahren, in das ihm übertragene Amt einzuweisen,
die vorschrifbsm. Vereidigung, Verpflichtungen auf den bereits geleisteten Dienst-
eid, vorzunehmen und ihm in der Erfallnng seiner Obliegenheiten nach bestem
Wissen mit Bath und That beizustehen. Ebenso hat er, wenn ein Lehrer seine
Stellung au&ugeben beabsichtigt, die stets bei ihm zuerst anzubringende An-
zeige davon entgegenzunehmen, in dem darüber zu erstattenden Berichte die
dadurch zur Erledigung kommenden Lehrfächer, far welche bei der Bestellung
eines Nachfolgers gesorgt werden mufs, genau zu bezeichnen und, wenn ihm
ein dafür geeigneter Mann bekannt ist, die Aufmerksamkeit der Behörde auf
denselben hinzulenken. Bei einem eingetretenen Todesfalle ist auiserdem noch
anzuzeigen, in welcher Weise für die einstweil. Vertretung der erledigten Stelle
gesorgt worden ist.
Wiese, Verordanngen. II. \\^
162
§ 8. Wenn der Dir. selbst zn verreisen beabsichtigt — wozu bei Seisen
innerhalb der Schulzeit unsere Grenehmigang erforderlich ist, sobald seine Ab-
wesenheit die Daner einer Woche überschreitet, — so hat er einem der Ober-
lehrer, in der Regel dem ihm zunächst stehenden, die stellvertretende Leitong
der Anstalt zn übertragen, anch selbst für die zweckm. Verteilnng seiner
Lectionen Sorge zn tragen. Von jeder Abwesenheit, welche den Dir. auf mehr
als 3 Tage von der Anstalt entfernt, ist, anch wenn kein eigentlicher Urlaub
erforderlich, uns rechtzeitige Anzeige zn machen nnd der mit der Stellvertretong'
beauftragte Lehrer zn bezeichnen, damit der amtl. Verkehr zwischen nns und
der Anstalt in keiner Weise eine Stömng erleide. Bei plötid. Yerhinderangen
des Dir., sowie bei Erledigung seiner Stelle durch Abgang oder Ableben des-
selben, tritt, sofern nicht etwas anderes von uns vorgesehen worden, der 1.
Oberlehrer als commissarischer Dirigent sofort in die Wahrnehmung der Amts-
geschäfte ein, bis von uns Weiteres darüber verfügt worden ist.^)
§ 9. Ist ein Lehrer erkrankt oder durch sonstige unabwendbare Hinder-
nisse von der Abwartung seiner Lection abgehalten, so liegt dem Dir. ob, auf
die ihm zu rechter Zeit zu machende Anzeige die nöthige Vertretung durch
andere Lehrer anzuordnen, wobei schädliche Combinationen möglichst zu ver-
meiden sind. Lehrer, welche aufserhalb der gesetzl. Ferienzeit oder über die-
selbe hinaus Beisen zu machen beabsichtigen, bleiben — anch abgesehen von
dem erfordert. Urlaub, den sie, wenn ihre Abwesenheit die Dau/sr einer Woche
nicht überschreitet, bei dem Dir., und für eine längere Abwesenheit durch den
Dir. bei uns nachzusuchen haben — von der GefSüligkeit ihrer Amtsgenossen
hinsichü. der nöthigen Vertretung abhängig und haben selbst, unter Au£sicht
und Mitwirkung des Dir. f&r die vorteilhaftidste Bewerkstelligung derselbe zu
sorgen. Dagegen tritt für die Lehrer eine Verpflichtung zur üebemahme
erledigter Stunden aufser in Krankheitsfällen ihrer Amtsgenossen auch dann
ein, wenn ein Lehrer durch gesetzl. gerechtfertigte Gründe von der Abwartung
seiner Functionen abgehalten ist, oder wenn nach dem Abgange eines Lehrers
dessen Stelle nicht gleich wieder besetzt werden k(^nnte. Inwiefern in geeigneten
Patten den stellvertretenden Lehrern nach Mafsgabe der übernommenen Blehr-
arbeit aus dem Einkommen der erledigten Stelle, soweit es nicht etwa den
Hinterbliebenen eines verstorbenen Lehrers för die Gnadenzeit verwilligt worden
ist, eine Remuneration zu gewähren, wozu die bezügl. Anträge durch den Dir.
an das Curatorium, resp. an uns selbst, zu richten sind, bleibt nach den Um-
ständen besonderer Entecheidung vorbehalten.
§ 10. Für diejenigen Lehrer, welche sich zu verheiraten beabsichtigen,
hat d^r Dir. den vorschriftsm. Heiratsconsens bei dem Präsidenten unseres
OoU. nachzusuchen und dabei anzuzeigen, bis zu welchem Betrage der betr.
Lehrer seiner künftigen Ehegattin eine Pension bei der allgem. Witwenkasse
zu versichern beabsichtige, anch denselben zu pünktl. Einhaitang des in dem
Consens festzusetzenden Versicherungstermins anzuhalten. ^3 —
§ 11. Wie der Dir. überall das Interesse seiner Amtsgenossen wahrzu-
nehmen hat, weshalb auch alle ihr Amt und ihre Stellung betreffenden, an die
») O.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 7. Oct. 1882. „Unter
Bezugahme auf § 8 der Dienstinstr. f. d. Dir. der höh. Unterrichteanstalten der
Provinz v. 26. Juli 1856, nach welchem von jeder Abwesenheit, welche den Dir.
auf mehr als drei Ta^^e von der Anstalt entfernt, auch wenn kein eigentlicher
Urlaub erforderlich ist, wie z. B. während der Ferien, uns rechtzeitig Ajizeige zu
inachen und der mit der Stellvertretunj^ beauftragte Lehrer zu bezeichnen ist,
damit der amtliche Verkehr zwischen uns und der Anstalt in keiner Weise eine
Störung erleide, ordnen wir hierdurch an, dafs, wenn kein Lehrer am Schulorte
anwesend sein sollte, auch der Vorsitzende oder ein Mitglied des Curatorium»
mit der Steilvertretung betraut werden kann und jedenfalls der Dir, nicht ver-
reisen darf, ohne uns einen Stellvertreter namhaft gemacht zu haben."
*) Vgl. Abschn. IX (Verheiratung).
163
•
Aufsichtsbehörden gerichteten Eingaben desselben, wo nickt dnrch besondere
Gründe eine Ausnahme gerechtfertigt erscheint, zunächst an ihn zu richten und
Ton ihm sogleich mit seinem Gutachten zu begleiten sind: so liegt ihm anderer-
seits auch die Veipflichtung ob, mit Sorgfalt und Grewissanhaltigkeit darauf zu
achten, dafs sie durch würdiges Verhalten und treue Erfüllung ihrer Pflichten
ihren Stand ehren, sich das Yertrauen ihrer Schüler und die Achtung des Pu-
blikums sichern und dadurch ihrer unterrichü. und erziehenden Thätigkeit einen
gedeihl. Boden bereiten. Besonders wird der Dir. sich um das Lefarercoll. ver-
dient macheu. wenn es ihm gelingt, die Mitglieder desselben zu edler Gesellig-
keity namentlich in privaten Vereinigungen za wissenschaftlichen Zwecken an^
zuregen. Auch werden alle seine Anordnungen und Bathschlftge noi* dann die
rechte Wirksamkeit haben können, wenn er dieselben durch sein Beispiel unter-
stützt und in jeder Beziehung Vorbild der Treue und Gewissenhaftigkeit ist.
— Vorkommende Mifsgriffe und Ungehörigkeiten, auch in dem aufseramü Ver-
halten der Lehrer, hat er zunächst mit hnmaner Schonung zu rügen, bei Nicht-
beachtung solcher Winke und Mahnungen ihnen aber mit Ernst und Nachdruck
zu steuern, auch nicht zu gestatten, dafs ein Lehrer ohne unsere Genehmigung
Nebenämter übernehme.
§ 12, Die der Anstalt zur vorschriftsm. Probezeit überwiesenen Schul-
amtscandd., sowie diejenigen Candd., welche etwa nach Vollendung derselben
zu ihrer ferneren Ausbildung an der Anstalt als f^eiw. Hnlfsarbeiter besdiäf-
tigt werden, stehen während dieser Dienstzeit zu dem Dir. in dem Unterord-
nungsverhältnis wirklicher Lehrer; weshalb ihm, abgesehen von der durch be-
sondere Vorschriften geregelten Anleitung solcher Candidaten zu einer künftigen
selbständigen fruchtbringenden Amtsführung, für deren Beau&ichtigung alle
diejenigen Pflichten obliegen, welche er nach § 11 gegen die wirklichen
Lehrer der Anstalt selbst wahrzunehmen hat § 13. Endlich sind aber auch
aUe in nächster Beziehung zu der Schule stehenden dienenden Personen, als
die Aufwärter, Pedelle u. s. w. der unmittelb. Aufsicht des Dir. unterworfen,
und hat der letztere daher alles Fleifses sein Augenmerk darauf zu richten,
dafs dieselben nicht nur nach den ihnen speciell erteilten Instructionen ihre
Pflichten genau erfüllen, sondern auch den Schülern durch ihr und der Dingen
Betragen kein böses Beispiel geben. Wird dergleichen oder eine sonst unan-
gemessene oder gar verbotene Beziehung zu tinem Schüler bemerkt, so hat der
Dir. dagegen sofort emstl. einzuschreiten und nach Umständen dem Gymnasial-
curatorium. wenn ein solches vorhanden, sonst aber uns selbst zu weiterer
Veranlassung Anzeige zu machen.
§ 14. Der Dir. ist viertens Dirigent des gesamten inneren Getriebes
der Anstalt in Hinsicht sowohl des Unterrichts ala der Erziehung der ihr zur
Bildung anvertrauten Jugend.
Die Grundlage des Unterrichts bildet der allgm., unter dem 26. Nov. 1835
für die Gymn. der Prov. festgestellte Lehrplan mit den Modificationen, welche
unter dem U. Dec. 1837 und dem 7. Jan. 1856^) für alle, und aui'serdem
durch specielle Anordnungen für einzelne Anstalten getroffen worden sind.
Die Aufgabe des Dir. ist nun, vor allem dahin zu wirken, dafs dieser Lehrplan
von dem LehrercoU. als ein organisches Ganze erfafst und verstanden, dafs er
im Ganzen wie in seinen einzelnen Teilen in den Conferenzen zum Gegenstande
wiederholter sorgfältiger und gründlicher Erörterungen gemacht, die gedeihlichste
Weise seiner Ausführung erwogen und dadurch in jedem einzelnen Mitgl. des
LehrercoU ein lebendiges Interesse für eine fruchtbringende Fortentwickelung
der glänzen Anstalt hervorgerufen und erhalten werde. Die bei dieser Durch-
arbeitung des Lehrsystems leitenden Gesichtspunkte stehen zwar im Allgm.
0 C.Verf. y. 31. März 1882, s. Abt. I S. HO fg.
11
164
•
teils durch höhere Verordmmgen, teils durch die zum Gemeingut gewordene und
sich immer schärfer entwickelnde Idee des höheren deutschen Unterrichtswesens
schon fest; allein im Einzelnen ist noch vieles durchzubilden, sowohl was den
umfang, als besonders die Methode und die Hulfsmittel der verschiedenen
ünterrichtszweige betrifft; und wiederum hat jede Anstalt nach der Eigentüm-
lichkeit ihrer Mittel, ihrer Lehrer, ihrer Oerüichkeit und ihres ganz besonderen
Standpunkts recht sorgfältig zu überlegen, wie gerade sie auf dem angemesse-
nen Wege sich dem Ziel nähern könne und müsse. Ein günstiger Erfolg
solcher Erörterungen ist jpdoch nur dann zu erreichen, wenn durch eine fort-
gesetzte, von dem Dir. mit Einsicht geleitete Verständigung innerhalb des
LehrercoU. die Einheit des ganzen Strebens der Schule in sdlen Lehrzweigen
und Klassen aufrecht erhalten wird.
Ein wesentl. Förderungsmittel far die Erreichung dieses Zwecks bietet
das Institut der Fachlehrer dar, dessen allmähliche Durchfuhrung daher auch
an denjenigen Anstalten, wo es wegen eigentüml. Schwierigkeiten bis jetzt
keinen Eingang hat finden können, dringend zu wünschen ist. Obwohl näm-
lich der Dir. die höhere Uebersicht des Ganzen haben und den Mittelpunkt
bilden mufs, in welchem Erkenntnis und Praxis ihre Einheit finden, so kann
er doch nicht alles allein thun, und eine Teilung der umfassenden Arbeit wird
in jeder Hinsicht zweckmäfsig sein. Zu dem Ende verteilen die Mitglieder des
Coli, die Hauptfächer des Unterrichts in der Art unter einander, daXs der ein-
zelne ein einzelnes Fach für einige Zeit zu specieller Bearbeitung und Beauf-
sichtigung übernimmt, sich mit dem Stoff, den Hülfsmitteln, der Methode, den
wissenschaftl. Fortschritten dieses Fachs, den dasselbe betreffenden Verordnun-
gen u. s. w. gründlich bekannt macht und die method. Durchfahrnng durch die
ganze Anstalt oder eine ihrer Bildungstnfen als seine besondere Aufgabe be-
trachtet. Einem jeden wird natürlich dasjenige Fach zufallen, in welchem er
selbst am meisten beschäftigt ist; allein seine Sorge erstreckt sich auch über
seine eigene Lehrthätigkeit hinaus auf die übrigen Lehrer, welche in demselben
Zweige unterrichten. Mit ihm als dem Hauptfachlehrer haben sie zunächst das
Ineinandergreifen des Unterrichts zu überlegen und ihn in der Entwerfuug des
Lehrplans (s. unten) zu unterstützen; zugleich wird er selbst wohlthun, wenn
er sich eine kurze Chronik über sein Fach anlegt, in welche er sowohl litterar.
Notizen, eigene Bemerkungen, Beobachtungen und Erfahrungen, Verordnungen
u. s. w., als auch den genehmigten Fachlehrplan nach seinen Hauptumrissen
einträgt. Ebenso ist er es, von welchem hauptsächlich die Vorschläge zu An-
schaffungen von Büchern und anderen Lehrmitteln far das von ihm vertretene
Lehrfach erwartet werden. Für einige Fächer, z. B. das mathemaiphysikalische,
das histor.geogfaphische, häufig auch für die deutsche Sprache, wird sich die Be-
stimmung der Hauptfachlehrer leicht treffen lassen, da dieselben schon meisten-
teils eigenen Hauptlehrem zugeteilt sind. Aber auch für die alten Sprachen
ist es sehr erspriefslich, die oben angedeutete Verteilung vorzunehmen und,
wenn nicht alle Lehrer gleichzeitig ein Hauptfach bekommen können, mit den
Fächern von Zeit zu Zeit zu wechseln oder jüngere Lehrer älteren als
Correferenten zuzuordnen; damit die Teilnahme aller an dem lebendigen Fort-
schreiten des Ganzen erhalten werde. Bei kleineren Anstalten wird die Aus-
führung freilich leichter sein; aber auch die gröfseren LehrercoU. können sie
sich dadurch erleichtern, dafs sie die Sorge für die unteren Kl. von der für die
oberen trennen und die Fachlehrer in beiden Hälften wieder auf angemessene
Weise in Verbindung bringen.
Aus diesen Vorarbeiten der Hauptfachlehrer und der mit ihnen in den-
selben Fächern beschäftigten Amtsgenossen gehen alsdann die method. oder
Fachlehrpläne hervor, in denen jeder einzelne Lehrgegenstand nach Lehr-
stoff, Methode und Hülfsmitteln durch alle Klassen der Schule, unter scharfer
165
nnd bestimmter Abgrenzung des einer jeden zugeteilten Lehrabschnitts, verfolgt
wird. Dieselben bilden, nachdem sie in der Conferenz berathen nnd von uns
unter den event. nothwendigen Modificationen genehmigt worden sind, die
Specialinstructionen für die Behandlung der einzelnen Unterrichtsgegenstände,
durch welche jeder neu eintretende Lehrer in den ganzen Gang derselben ein-
geführt wird : sie sind übrigens von Zeit zu Zeit einer Revision zu unterwerfen,
damit das LehrercoU. sich stets Wissenschaft!, und didaktisch in Vertrautheit
mit der Sache erhalte und keine auf dem betr. Gebiet hervortretende neue und
bedeutsame Erscheinung unbeachtet vorübergehe.
§ 15. Die geordnete Durchfahrung des allgm. Lehrplans und der den-
selben nach den besonderen Verhältnissen jeder Anstalt näher bestimmenden
und erläuternden Specialinstructionen setzt nun noch eine Beihe von Anord-
nungen voraus, die wir im Folgenden kurz zusammenfassen und deren genaueste
Aufrechthaltung wir den Dir. zur Pflicht machen:
a. Damit der Cursus der einzelnen Klassen ganz regelmäfsig abgehalten
und jeder einzelne Lehrer mit Becht verpflichtet werden könne, ihn för seine
Lehrgegenstände bis zu dem der Klasse vorgesteckten Ziele durchzufahren, ist
es nothwendig, dafs nur einmal im Jahre, und zwar zu Anfang des Schuljahrs
die Aufnahme solcher Schüler stattfinde, welche den Gymnasialcursus von
vom beginnen. Wer zu einer anderen Zeit aufgenommen sein will, mufs schon
so viele Kenntnisse besitzen, dafs er in irgend eine Klasse pafst. Die den
aufzunehmenden Schülern, welche das 9. Lebensjahr vollendet haben müssen,
anzuweisende Klasse wird nach einer sorgfältigen Prüfung ihres Bildungstandes
bestimmt, in Beziehung auf welche wir auf unsere C.Verf. v. 28. Dec. 1853
fs. Abt. I S. 813) Bezug nehmen. Für diese Prüfungen erscheint ein ähnl.
Verfahren, wie bei den Versetzungen (s. unten c) angemessen, so dafs dieselben
in Gegenwart des ganzen LehrercoU. durch die von dem Dir. damit beauftragten
Lehrer vorgenommen werden, und über das Ergebnis eine gemeinsame Be-
rathung entscheide. Ist dies Verfahren wegen der grofsen Anzahl und der
Verschiedenartigkeit der Examinanden überhaupt oder aus besonderen Gründen
in einzelnen Fällen nicht anwendbar, so müssen aufser dem Dir. oder einem
von letzterem zu ernennenden Vorsitzenden mindestens noch 2 Lehrer an der
Prüfung teilnehmen. Die zur Aufnahme geeignet befundenen trägt der Dir.
nach Vor- und Zunamen, Alter, Geburtsort, Confession, Stand und Wohnort des
Vaters in das sorgfältig zu fahrende und aufzubewahrende Album der Anstalt
ein und überweist sie, nachdem sie auf die Disciplinarordnung verpflichtet wor-
den, in angemessener Weise den Ordinarien ihrer Klassen zu weiterer Leitung.
Alle Aufzunehmenden haben zuvor ein Zeugnis über den bis dahin genossenen
Unterricht und ihr sittl. Verhalten und, wenn sie bereits eine öffentl. Schule
besucht, ein Entlassungszeugnis aus der letzteren vorzulegen.
b. Ebenso mufs es Kegel sein, dafs nur Eine Versetzung im Schul-
jahr, und zwar zu Anfang desselben, stattfinde. Es wird angemessen sein,
wenn das LehrercoU. schon längere Zeit vor deren Eintritt sich über den
Standpunkt der einzelnen Klassen und ihrer Schüler verständigt, um in der
noch übrigen Zeit des Schuljahrs besonders diejenigen Schüler ins Auge fassen
zu können, welche in einzelnen Zweigen des Unterr. zurückgeblieben, aber unter
strenger Beaufsichtigung und Leitung das Versäumte nachzuholen noch im
Stande sind c. Die Berathung über die Versetzung selbst geschieht in
der Conferenz (§ 4), und hat dabei jeder Ordinarius über seine Klasse den
Vortrag. Auf die Ueberzeugung, welche er und die übr. in der Klasse unter-
richtenden Lehrer von den Gesamtfortschritten eines Schülers in den Sprachen
und Wissenschaften und von seiner Beife überhaupt erlangt haben, sowie bei
denjenigen Schülern, über welche eine Einstimmigkeit des ürteüs nicht hat er-
zielt werden können, auf vorhergegangene mündl. und schriftl. Prüfung, mufs
166
der VerBetznngfsbeschMs begründet werden, ohne dafs irgend einer anderen
Bäcksiebt ein Einflnfs anf denselben gestattet würde. Insbesondere darf weder
das Lebens- noch das Klassenalter eines Schülers, noch der Umstand, dafs er
bei einem seiner Lehrer Privatnnterr. genossen habe oder dafs ihm in der
höheren Kl. durch solchen Privatanterr. fortgeholfen werden solle, noch endlich
der auf das Privatinteresse gegründete Antrag der Eltern oder sonstigen An-
gehörigen auf die Beschlnfsnahme Einflufs gewinnen : vielmehr hat das Lehrercdl.
dabei lediglich seiner gewissenhaften Ueberzeugung zu folgen, ohne dem Ge-
danken Baum zu geben, dafs ein Schüler, der wegen mangelhafter Bildung
nicht far verseizungsfähig erachtet worden, deshalb die Anstalt verlassen werde.
Bei etwa eintretenden Zweifeln über die Verset/iUngsfdhigkeit eines Schülers
entscheiden der Dir., der versetzende und der aufnehmende Ordinarius. Nach-
trägl. Versetzungen einzelner Schüler nach bereits bekanntgemachter Trans-
location, wie sie nach dem Wunsch mancher Bltem, welche mehr um schnelle
Beförderung, als um wahre und gediegene Ausbildung ihrer Söhne besorgt sind,
hie und da vorzukommen pflegen, sind ebensowohl unzulässig, als es zu mifs-
billigen ist, Schülern für einen gewissen Termin die Versetzung im voraus
zuzusichern.
§ 16. Die Anwendung des allgm. Lehrplans und der aus ihm hervor-
gegangenen method. Lehrpläne auf die gegebenen Verhältnisse jeder einzelnen
Anstalt für ein bestimmtes Schuljahr regelt der jedesmalige Lectionsplan
für dieses Schuljahr. Der Dir. hat denselben 4 Wochen vor dem Schlufs des
vorhergehenden Schuljahrs nach Vorgang. Conferenzberathung mit dem ganzen
LehrercoU. nach der Form der vorgeschriebenen Schemata zu entwerfen, mit
allen zur leichteren Uebersicht erforderl. Notizen zu versehen und alsdann zur
Genehmigung bei uns einzureichen. In welchen Lehrobjecten und Klassen
jeder einzelne Lehrer beschäftigt werden darf, ist in seinem Prüfungszeugnis
angegeben. Aufser in Fällen augenblickl. Bedürfnisses darf nur ipit unserer
Genehmigung und unter dem >y orbehalt einer Nachprüfung über die Bestimmun-
gen desselben hinausgegangen, werden.
Die Verteilung der Fächer und Stunden unter die einzelnen Lehrer, für
welche lediglich das Bedürfnis der Anstalt mafsgebend und entscheidend ist,
steht mit Vorbehalt unserer Genehmigung dem Dir. allein zu, und darf dabei
der Ansicht mancher Lehrer, als seien sie durch die Ascension in eine höhere
Stelle aller Verpflichtung zum ünterr. in den unteren Kl. überhoben, eine Gel-
tung nicht eingeräumt werden. Uebrigens wird hierbei der Dir., so viel thun-
lich, auf die Neigung und Wünsche seiner Amtsgenossen und vorzüglich auch
auf das richtige Verhältnis der Lehrstunden zu den mit ihnen verknüpften
anderweiten Arbeiten, besonders den Vorbereitungen und der sorgfältigen
Coirectur der schriftl. Arbeiten, billige Bücksicht nehmen und nicht weniger
selbst bereit sein, von Zeit zu Zeit eine Lection in einer unteren Kl. zu über-
nehmen, um seinen Amtsgenossen zu zeigen, wie der Unterr. in den Elementen
in fruchtbringender Weise erteilt werden müsse. Andererseits aber wird der
Dir. dabei nicht übersehen, dafs jüngere zu höheren Erwartungen berechtigende
Lehrer nicht zu lange bei ausschliefslicher Einübung der Elemente in den
unteren Kl. festgehalten und dadurch frühzeitig abgemüdet werden dürfbn; er
wird vielmehr solchen Lehrern Gelegenheit geben, sich auch in höheren Kl. zu
versuchen und dadurch auch für wissenschaftl. Bestrebungen lebendig zu er-
halten, damit die Schule zugleich eine Schule für ihre Lehrer sei. Bis zu
welcher Zahl wöchentl. Lehrstunden die Thätigkeit jedes Lehrers in Anspruch
genommen werden könne, läfst sieb zwar nicht durch allgm. giltige Vor-
schriften festsetzen, da hierbei Gegenstand der Lectionen, Frequenz der Klassen,
etwan. Ordinariatsgeschäfte und andere Bücksichten mit entscheidend sein
müssen; es bleibt jedoch eine nähere Bestimmung über das Maximum der von
167
•
den einzelnen Lehrern zu erteilenden Lehrstunden vorbehalten. Wie der
Lectionsplan selbst, so ist auch die mit ihm zusammenhangende Besetzung der
Klassenordinariate (s. unten) stet« nur auf ein Jahr giltig, dabei lediglich
durch das obwaltende Bedürfiiis bedingt, und steht daher keinem Lehrer die
Befugnis zu, auf Grund seines Eangverhältnisses im LehrercoU. ein Ordinariat
überhaupt oder das Ordinariat einer bestimmten El. in Anspruch zu nehmen
oder abzulehnen.
§ 17. Der Lectionsplan bildet, sobald er von uns für ein bestimmtes
Schuljahr genehmigt worden, die feste Norm des Unterrichts für diese Zeit, und
liegt daher dem Dir. die Verpflichtung ob, dafür Sorge zu tragen, dafs derselbe
nun auch in einer dem Zweck der Anstalt entsprechenden Weise zur Aus-
führung gebracht werde und sich kein Lehrer von ihm in einseitiger und will-
kürl. Weise abzuweichen gestatte. Insbesondere müssen gleich zu Anfang des
Schuljahrs nach gemeinsamer collegialischer Berathung die Lehrabschnitte in
den einzelnen DiscipMnen für die beiden Semester, nach Umständen auch für
noch kürzere Abschnitte des Schu^ahrs, festgestellt, sowie Anzahl und Mafs
der häusl. schriffcl. Arbeiten bestimmt werden, welche jeder Lehrer von den
Schülern der einzelnen Kl. einzufordern, resp. zu verbessern hat Bei dieser
letzteren Bestimmung ist voraüglich auf Gründlichkeit und sicheres Portschreiten
zu sehen und jedenfalls mit Rücksicht auf die geistige und körperl. Ent-
Wickelung und Gesundheit der Jugend ein vemünfkiges Mafs zu halten, auch
wohl darauf zu achten, dafs die Schüler in d»n unteren und mittl. Klassen
ebensowohl einer sorgfältigen Anleitung zu Präparation, als einer fortdauernden
Controlle derselben bedürfen. Dafs jeder Lehrer die getroffenen Bestimmungen
genau einhalte, die ihm überwiesenen Lehrobjecte ohne eigenmächtige Aenderung
in Lehrstoff, Lehrbüchern und anderen Lehrmitteln in einer dem Standpunkt
seiner Schüler entsprechenden, Pleifs und Thätigkeit derselben anregenden
Weise behandle, die ihm übertragenen Lehrstunden pünktlich anfange und ab-
warte, die mit denselben verbundenen Correctnren regelm&fsig und sorgfältig
erledige, hat der Dir. durch fleifsigen Besuch der einzelnen Lehrstun-
den ohne irgend eine persönliche Rücksicht zu überwachen und, sofern einzelne
derselben mit seinen eigenen gleichzeitig fallen, sich zur Erreichung des fragl.
Zwecks lieber jezuweilen in letzteren durch einen der anderen Lehrer vertreten
zu lassen, als jenes wichtige Geschäft zu versäumen. Ueber etwa bemerkte Ab-
weichungen von dem Lectionsplan, Mängel in der Methode, der Disciplin etc.
wird er den betr. Lehrern freundliche und, wenn es erforderlich ist, ernste Er-
innerungen machen, diejenigen aber, welche in solcher Beziehung die allgm.
oder seine speciellen Anordnungen unbeachtet lassen und in einseitiger Selbst-
überschätzung ihre eigenen Wege gehen, mit Nachdruck zum Befolgen jener
Vorschriften anhalten. Zugleich hat der Dir., um mit dem Standpunkt der ein-
zelnen Kl., sowie mit dem Pleifs und den Leistungen ihrer Schüler stets in
Kenntnis zu bleiben, sich öfters (an den gröfseren Gymn. wenigstens alle
Semester, an den kleineren alle Quartale) die Ausarbeitungshefte der Schüler
Torlegen zu lassen und mit seinem Revisionsvermerk zu versehen, auch in ge-
nauer Befolgung unserer Verf. v. 23. Juni 1854 mit unausgesetzter Sorgfalt
darauf zu achten, dafs das ungeachtet wiederholter Verbote immer .von neuem
sich einschleichende Dictiren in den KL nirgends Platz greife und ebenso jede
.mechanische, die Schüler besonders in den unteren Kl. geistig mifohaadehide
* Heft- und Tabellenschreiberei gänzlich unterbleibe; wodurch aber das Anfertigen
sorgfältiger schriftl. Uebersetzungen aus den fremden Sprachen in die eigene
(in Prosa und Versen) keineswegs verworfen werden soll.
§ 18. Neben den vorbezeichneten Revisionen der Klassen und der
schriftl. Schularbeiten findet sich ein wesentliches Mittel, die geregelte Durch-
führung des Lectionsplans zu sichern und den Dir. in einer steten Bekannt-
168
Schaft mit den Leistangen der einzelnen Kl. zu erhalten, in der Abhaltung^
regelm. iiviederkehrender Elassenprü fangen, bei denen in bestimmte^ Zeit-
ränmen eine Klasse nach der anderen, und zwar so, dafs jede mindestens ein-
mal im Schuljahr an die Beihe kommt, von den in ihr unterrichtenden Lehrern
in Gegenwart des Dir. und der übrigen Lehrer in einem Teil ihrer ünterrichts-
gegenstände gründlich geprüft werden mufs. Diese Prüfungen sind zugleich
vorzüglich geeignet, auch in den übrigen Lehrern eine dem Gedeihen der An-
stalt fördersame Anschauung des Ganzen derselben zu bilden, das Vorzügliche,
welches ein jeder Lehrer durch seine Methode in einem einzelnen Unterrichts-
zweige leistet, zum Gemeingut aller und überhaupt das Vorbild der älteren und
geübteren Lehrer für die jüngeren bildend zu machen, endlich unter den
Schülern ein lebendiges Emporstreben nach tüchtigen Leistungen zu erwecken;
weshalb bei ihnen viel mehr als bei öffentl. Prüfungen aller Klassen vor einem
gemischten Publicum, in das Einzelne einzugehen, und in einer auf jede
Prüfung folgenden Conferenz deren Ergebnis gründlich zu erörtern, auch nach
seinen Hauptzügen in das Protokoll aufzunehmen ist. Die Mitglieder des
Curatoriums sind, wo ein solches vorhanden, zum Besuch dieser Klassen-
prüfungen berechtigt, und deshalb von den Terminen derselben in Kenntnis
zu setzen.*)
§ 19. Hinsichtl. der am Schlufs des Schuljahrs stattfindenden öffentl.
Prüfung verbleibt es bei dem für jede einzelne Anstalt durch die örtl. Ver-
hältnisse begründeten Herkommen. Jedenfalls aber ist daran festzuhalten, dafs
derartige Prüfungen sich stel» auf eine einfache Darlegung des wirkl. Geleiste-
ten, mit Vermeidung alles unnützen, bei verständigen Zuhörern nur Mifstrauen
erregenden Prunks beschränken. Ob die öffentlichen Hedeübungen mit den
Schulprüfdngen oder mit den eigentl. Schulfesten, insbesondere mit der Geburts-
tagsfeier Sr. Maj. des Königs, verbunden werden sollen, bleibt dem Ermessen
der einzelnen Anstalten überlassen. Die Wahl der Gedichte und Vortragsgegen-
stände für diese Bedeübungen bedarf stets der Genehmigung des Directors.
§ 20. Die Prüfung der zur Universität abgehenden Schüler ist
durch das Beglro. v. 4. Juni 1834 und die auf dessen Ausführung bezüglichen
höh. Verordnungen vollständig geregelt worden, weshalb es hier hinreicht, auf
dieselben Bezug zu nehmen. «) Wir weisen jedoch darauf hin, dafs, wenngleich
der Departementsrath unsers Colleg^ums als K. Gommissarius in der K. Abitur.
Prüfungscomm. den Vorsitz zu führen und deren Verhandlungen bis zu ihrem
Abschlufs zu leiten hat, dem Dir. als dem an Ort und Stelle befindl. Geschäfts-
führer der gedachten Commission die Einleitung der Prüfungsverhandlungen,
die Beaufsichtigung der schriftl. Prüfung, die Herbeiführung der etwa erfordert.
M C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 29. Sept. 1876. „Die auf
unsere Verf. v. 11. März c. eingeganpfenen Berichte der Directoren über die
Klassen- und öffentlichen Prüfungen bei den höh. Lehranstalten weichen in den vor-
getragenen Ansichten mehrfach von einander ab. Wir bestimmen daher im Au-
Hchlufs an die Anordnung der Dienst-Instruction für die Directoren v. 26. Juli 1856.
dafs die Klassenprüfungen überall in der dort vorgeschriebenen Weise beizube-
halten und zur Teilnahme an denselben nicht blofs die Mitglieder des Schulvor-
standes, sondern auch die Eltern der betr. Schüler berechtigt sein sollen. Erstere
sind durch ein Schreiben des Dir., letztere durch ihre Söhne von den Prüfungs-
Terminen rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Hinsichtlich der öffentlichen Schlufs-
prüfungen, welche bei einigen Anstalten üblich gewesen sind, bei anderen nicht,
stellen wir es den einzelnen Anstalten anheim, unter Berücksichtigung der ört-
lichen Verhältnisse und des Herkommens dieselben entweder fallen zu lassen oder
mit den öffentlichen Schlufs feierlichkeiten, welche in der bisherigen Weise beizu-
behalten sind, in Verbindung zu setzen. Im Uebrigen bleiben die betr. Bestim-
mungen der Directoren-Instruction in Geltung."
«) C.Verf. V. 27. Mai 1882 s. Abt. I S. 393 fg.
169
*
ConnDissionBberathnngen, die Aushändigung der Prüfangszengnisse nnd die
rechtzeitige Einsendung der Prüfungsacten bei persönl. Verantwortlichkeit über-
tragen ist.
§ 21. Die Ausfertigung der Abgangszeugnisse für die ohne Abi-
turientenprnfung abgehenden Schüler geschieht im Auftiage des Dir. durch die
betr. Klassenordinarien (§ 22), welclie jedoch zuvor auch das Urteil der übrigen
beteiligten Lehrer einzuholen haben. Diese Zeugnisse, deren Fassung in schwie-
rigeren Fällen stets zuvor in der Conferenz zu berathen ist, müssen zufolge der
Miu.Bescr. v. 9. Mai^) und 12. Juni 1826 die vollständige und gewissenhafte
Charakteristik des Schülers nach seinem wissenschaftl. und sittl. Standpunkt,
die Klasse und deren Stufe, aus welcher er austritt, und namentl. auch den
Umstand enthalten, ob er etwa die Anstalt verlasse, weil ihn seine Lehrer noch
nicht reif zur Versetzung oder zur Abiturientenprüfung erachten. Diese, sowie
die einem Schüler etwa während seines Aufenthalts in der Anstalt erforder-
lichen, gleichfalls von den Ordinarien auszustellenden Zeugnisse (zur Anmeldung
zum Militärdienst, zu Stipendien etc.) werden von dem Dir. mitvollzogen und
mit dem Schulsiegel beglaubigt.
§ 22. Hinsichtlich der erziehenden Thätigkeit der Schule bildet die
Pflege des religiösen Sinnes und Geistes der Jugend den Mittel-
punkt, von welchem alle ihre Bestrebungen ihren Ausgang nehmen müssen.
Die Dir. werden es daher als ihre wichtigste Pflicht ansehen, auf diesen Punkt
mit allen Mitteln, welche der Schule zu Gebote stehen, hinzuwirken; sie werden
den Keligionsunterr., wenn nicht far denselben ein besonderer Lehrer bestimmt
ist, den bewährtesten und gereifbesten unter den Lehrern auftragen, auch den
Besuch des öffenü. Gottesdienstes, wenn er sich örtlicher Hindernisse wegen
nicht als eine gemeinsame Pflicht unter Aufsicht der Lehrer einrichten lassen
sollte, wenigstens durch Beispiel, Mahnung und zweckm. Nachfrage von Seiten
der Ordinarien und Religionslehrer in der ersten Beligionsstunde der Woche zu
befördern, durch geraeinsame Abendmahlsfeier der 'Lehrer und Schüler eine
christlich-fromme Gesinnung zu beleben suchen, und so durch den religiösen
Charakter, der das ganze Leben der Schule durchdringen mufs, durch die
tägliche, dem Unterr. vorhergehende gemeinsame Morgenandacht, welcher
wenigstens die während der nächstfolgenden Lehrstunde unterrichtenden Lehrer
beizuwohnen haben, auf das Eine, was Noth thut und was dem Wissen und
Wollen des Menschen erst die höhere Weihe giebt, das Gemnth der Jugend
hinfuhren. Endlich ist es für diesen Zweck wichtig, die von Zeit zu Zeit ein-
tretenden Schulfeste, wie das Geburtsfest Sr. Maj. des Königs und andere
periodisch wiederkehrende mit der Geschichte der einzelnen Anstalten zusammen-
hangende Erinnerungstage, und nicht minder die Schulversammlungen zum
Anfang und zum Schlufs des Schuljahrs, bei Abiturientenentlassungen etc., zu
benutzen und hier von Seiten der Directoren belehrend, ermahnend, warnend
und ermunternd alles dasjenige zur Sprache zu bringen, was zur Belebung
frommes Sinnes und zur Erhaltung guter Sitte beitragen kann.
§ 23. Eine ebenso heilige Pflicht des Dir. ist es, jeder verderbl. Sichtung
der Schüler, möge sie sich in Verkehrtheit und Unlauterkeit der Gesinnungen
und Bestrebungen, in unerlaubtem Besuch öffentlicher Vergnügungsörter, unge-
ziemender Kleidung, Anmafsung im Betragen, oder wie irgend sonst äuTsem,
entgegenzuarbeiten, ganz besonders aber einen frommen und kindlichen Sinn
in ihnen zu erhalten, sie dabei an strengen Gehorsem zu gewöhnen und so ihr
ganzes Wesen früh mit dem Geist der Wahrhaftigkeit und dos auf Gottesfurcht
gegründeten Gehorsams zu erfüllen. Wenn nun auch die untrüglichste Quelle
eines solchen Geistes unter den Schülern in dem Geist der Lehrer liegt und
*) 8. Abi I S 320.
170
ihre Tüchtigkeit im Wissen, in der Gesinnung nnd im Leben die sicherste
Stütze der guten Zucht und Ordnung in der Schule ist, so sind doch auch
äufsere Veranstaltungen für die Disciplin erforderlich. Bei ihnen ist es Haupt-
sache, dafs durch die feste Ordnung sowohl der ganzen Schule, wie einer jeden
Klasse den Vergehungen der Schüler möglichst vorgebeugt und dadurch die
Strafe möglichst selten werde; wenn diese aber dennoch nOthig geworden, dafs
sie mehr den Charakter einer unabänderlichen Handhabung der allgemeinen
Schulordnung, als den einer Willkür des einzelnen Lehrers oder des Directors
an sich trage. Zu jenen äufseren Anordnungen gehören: a. die bei allen
Anstalten eingefahrte Bestellung von Klassenordinarien, als der nächsten
Vorsteher einer Klasse oder einer Abteilung derselben, denen aufser dem Haupt-
Unterricht (§ 16) vorzüglich auch die Sorge far die sittliche Haltung derselben
obliegt. Wir haben, ohne jedoch die übrigen in der betr. Klasse unterrichtenden
Lehrer von der Mitwirkung für den vorgedachten Zweck zu entbinden, die
wichtigsten Pflichten der Ordinarien in einer besonderen Instruction zusammen-
gefalki b. die geregelte und ununterbrochene Aufsicht der Schulgebäude
vor dem Anfang und nach dem SchluTs der Lectionen sowie während des
Stundenwechsels, als in denjenigen Zeitpunkten, während welcher die meisten
Unordnungen von Seiten der Schüler vorzukommen pflegen. Wir setzen deshalb
fest, dafs das Schullocal Vor- und Nachmittags längstens 15 Minuten vor dem
Beginn des Unterrichts geöffnet und nach dem SchluTs desselben sogleich wieder
geschlossen werde, auch dafs jeder die letzte Vor- und Nachmittagsstunde er-
teilende Lehrer das Klassenzimmer erst nach der Entfernung aller Schüler zu
verlassen habe. Für die Pausen muls es Begel sein, dafs wenigstens die jüngeren
Schüler nie oder doch nur im Nothfall, und auch dann nur wenige Minuten,
im Schulzimmer ohne Aufsicht allein sind. c. Die regelm. Führung der
Klassenbücher, deren sich eins in jeder Kl. unter Aufsicht und Verschlufs
des Ordinarius befindet, jind welches aufser den Namen der Schüler auch die
erforderl. Rubriken enthalten mufs, damit in diesen von jedem in der KL unter-
richtenden Lehrer jede rügenswerthe Vergehung oder Versäumnis des einzelnen
Schülers möglichst kurz und einfach bemerkt werden könne. Dieses Buch wird
in den Conferenzen bei der Berathung über den Zustand der Klassen und ihrer
Schüler und bei der Anfertigung der Censuren zum Grunde gelegt, und ein
Auszug daraus kann in einzelnen FäUen der Censur hinzugefügt werden, zur
Notiz für die Eltern und zum Beleg eines härteren Tadels. d. Die periodisch
wiederkehrende Erteilung der Censuren, in denen sich die Anstalt über den
Standpunkt des einzelnen Schülers in Beziehung auf seine Leistungen in jedem
einzelnen Lehrgegenstande wie anf seine Führung seinen Angehörigen gegenüber
in amtl. Weise ausspricht. Die für diesen wichtigen Act der Schulordnung
leitenden Gesichtspunkte haben wir in unserer C.Verf. v. 29. Dec. 1834 zu-
sammengefafst und auf deren Grund successiv für die einzelnen Anstalten die
erforderl. Anordnungen getroffen, auf welche deshalb hier Bezug genommen
werden kann.
§ 24. In gleicher Weise ist die Handhabung der Disciplin im engeren
Sinne inzwischen durch die unter unserer Mitwirkung von der Directorenconferenz
entworfene, von dem K. vorgesetzten Minist, genehmigte Disciplinarordnung vom
1. April 1883 geregelt worden, so dafs diese überaU die Grundlage bildet^),
nach welcher mit Berücksichtigung der für jede einzelne Anstalt noch er-
gangenen Specia\|bestimmungen in vorkommenden Fällen verfahren wird.
§ 25. An der Leitung der äufseren Angelegenheiten der Anstalt
nimmt der Dir., wenn derselben kein Curatorium vorgesetzt ist, in der Weise
und dem Umfange Teil, wie dies von uns in jedem einzelnen Falle angeordnet
0 Jetzt Disciplinarordnung v. 19. April 1879, s. Abt I S. 333 fg.
171
•
worden ist. Besitzt die Anstalt ein Cor., so ist der Dir. ständiges, Mitglied
desselben mit Sitz und Stimme in allen Anglgh. derselben, soweit sie nicht
ihn persönl. betreffen. Es wird hier seine Hauptaufgabe sein, das Interesse
des Cor. für das Gedeihen der Schale stets rege und lebendig zu erhalten, hierzu
von Zeit zu Zeit deren gesamten Zustand dem Cur. offen darzulegen, zur Be-
seitigung vorhandener Mängel und Uebelstände dessen Mitwh*kung zu gewinnen,
etwanige Differenzen mit dem Lehrercoll. in wohlwollend umsichtiger Weise
auszugleichen und billige Wunsche seiner Amtsgenossen, soweit sie mit dem
höheren Zweck der Anstalt und deren Mitteln vereinbar sind, nach Möglichkeit
zu fördern. Wenn ihm nun auch der Natur der Sache nach als Mitgliede des
Cur. vorzugsweise die Bearbeitung der auf das Innere der Anstalt bezüglichen
Fragen zufallen, die Lage ihres Haushalts dagegen ihn nicht unmittelbar be-
rühren wird, so wird er doch bei dem nahen Zusammenhange der Geldmittel
und der durch diese zu erreichenden Zwecke auch den finanziellen Verhältnissen
der Anstalt seine Aufmerksamkeit nicht entziehen, vielmehr überall nach
Möglichkeit auf deren Verbesserung hinzuwirken bemüht sein. Insbesondere^
aber wird dem Dir. die Sorge für die Erhaltung und Vermehrung der etwa vor-
handenen, far wohlthätige Zwecke «bestimmten Nebenfonds der Anstalt (Lehrer-
witwenkassen, Stipeudienfonds etc.), sowie, wo dergl. bis jetzt nicht vorhanden
sind, für deren Begründung dringend ans Herz gelegt.
§ 26. unter allen Umständen liegt dem Dir. die Aufsicht über 4as
Schulgebäude einschliefslich des Turnplatzes ob; er hat hier nicht blofs dafür
Sorge zu tragen, dafs dasselbe ohne unsere Erlaubnis zu keinen der unmittelb.
Bestimmung der Anstalt fern liegenden Zwecken verwandt werde, sondern auch
darüber zu wachen, dafs das Gebäude nebst Oefen und Feuerungsgeräthschaffcen
sich stets in einem Zustande befinde, welcher den regelm. und ungestörten
Fortgang des Unterrichts gestattet. Etwa nothwendige Reparaturen hat er deshalb
rechtzeitig bei uns, resp. dem Cur.,' zur Anzeige zu bringen und auf deren Aus-
führung zu dringen, wobei er zur Ersparnis von Zeit und Vermeidung des
Schreibwerks ermächtigt sein soll, kleinere Reparaturen bis zum Betrage von
2 Thlm., und, wenn Gefahr im Verzuge, auch gröfsere bis zum Betrage von
5 Thlm., sofort und ohne vorhergegangene Anfrage ausfahren zu lassen, sofern nur
nachträglich deren Nothweifdigkeit in überzeugender Weise von ihm dargethan wird.
§ 27. Endlich gehört zu den Pflichten des Dir. noch die Aufsicht über
das gesamte Utensilien in ventarium der Anstalt und die derselben gehörigen
Lehrmittel. Die besondere Sorge für einzelne Abteilungen des Inventars ist
in der Begvl einzelnen Lehrern zu übertragen, welche die Kataloge führen, für
die Erhaltung und Vermehrung des Vorhandenen sorgen, das Neuangeschaffte
nachtragen und etwa entstandene Schäden sofort zur Anzeige bringen. Der
Dir. führt jedoch die Oberaufsicht und hat von Zeit zu Zeit die Kataloge durch-
zusehen und mit dem vorhandenen Bestände zu vergleichen, auch die von den
Specialaufsehem ausgestellten Inventarisationsatteste mitzuvollziehen. Gegen das
Ende eines jeden Schuljahrs ist eine allgm. Revision des Schulinventariums
durch den Dir. unter Zuziehung der für die einzelnen Teile desselben bestellten
Specialaufseher vorzunehmen, an welcher, wenn die Anstalt ein Cur. besitzt,
dasselbe durch einen Deputirten aus seiner Mitte sich zu beteiligen befugt ist
nnd zu welcher alle etwa ausgeliehenen Bücher etc. ohne Ausnahme zurück-
geliefert werden müssen. Das Original des darüber aufgenommenen Protok. wird
der Jahresrechnung beigefügt, eine beglaubigte Abschrift desselben aber im
Oymnasialarchiv zurückbehalten. Dabei ist aus pädagog. Gründen unerläfslich,
dafs, abgesehen von der vorerwähnten allgm. Revision, der Dir. die verschiedenen'
Räume der Schule, auch den Carcer, die Appartements u. s. w. ebenso wie die
Tische und Bänke der Klassenzimmer von Zeit zu Zeit einer besonderen Be-
dsichtigung unterwerfe.
172
Für die Verwaltung der Bibliothek verweieen wir auf die von uns unter
d. 5. Juli d. J. erlassene Instr. ^), und bemerken hierbei, dafs, wenngleich die
Wahl der obengedachten Specialaufseher über einzelne Zweige des Schulinventars
der Kegel nach der Lehrerconferenz überlassen ist, doch die für die beiden
wichtigsten Teile derselben, die Gymnasialbibliothek und die naturwissenschafkl.
Apparate und Sammlungen, in Vorschlag gebrachten Custoden unserer Be>
stätignng und, sobald mit diesen Functionen etat«m. Bemunerationen verbunden
sind, auch der Zustimmung des Cur., wo ein solches vorhanden, bedürfen.
§ 28. Die Einrichtung des am Schlufs jedes Schuljahrs von der Anstalt
zu veröffentlichenden Programms ist durch den Min.Erlafs vom 23. Aug. lB24*j
genauer bestimmt worden. Die Zusammenstellung der Schulnachrichten, in
denen jedoch die Berührung alles dessen, was nicht vor eiu gröfseres Publikum
gehört, mit Umsicht zu vermeiden ist, liegt dem Dir. allein ob; die Abfassung
der vorausgeschickten Abhandlung wechselt der Regel nach zwischen ihm und
den etatsm. Oberlehrern; er wird jedoch nicht unterlassen, auch die jüngeren
zur Lieferung der Programmabhandlnng berechtigten, wenngleich nicht ver-
pflichteten Lehrer auf die Gelegenheit, durch solche Arbeiten von ihren Studien,
wie von dem Gange ihrer pädagog. Fortbildung Proben abzulegen, hinzuweisen
und sie bei der Auswahl der für solche Bearbeitung geeigneten Stoffe mit
seinem Rath zu unterstützen. Münster. K. Prov.Sch.C.
Provinz Hessen-Nassaa.
Die für die Provinz Hannover erlassene Directoren-Instruction wird auch
in dieser Provinz angewendet
Bheinprovinz.
Instr. V. J5. Juli 1867.
§ 1. Der Dir. ist Vorsteher der Anstalt qnd hat als solcher die
Leitung sämtlicher Angelegenheiten, welche das Interesse derselben im AUgm.
und im Einzelnen betreffen.
§ 2. Das K. Prov.Sch.C. ist die ihm zunächst vorgesetzte Staatsbehörde.
Durch ihn werden alle die Anstalt betreffenden Anordnungen und Verfügungen
dieser Behörde zur Ausfahrung gebracht, und wird dieselbe von allen den Zweck
der Anstalt fördernden oder hemmenden Zuständen in Kenntnis gesetzt. Demnach
hat er a. alle an die Lehranstalt gerichteten Schreiben zu eröffnen und die
von der Lehranstalt ausgehenden Schreiben anzufertigen oder anfertigen zu
lassen, zu vollziehen und, wo es nöthig ist, mit dem Amtssiegel zu beglaubigen ;
b. die an ihn gerichteten Verfügungen des K. Prov.Sch.C. unverzüglich in Aus-
fohrung zu bringen, oder, wenn Umstände obwalten, welche die Ausführung
bedenklich machen könnten, darüber sofort zu berichten und weiteren Beschlufs
abzuwarten; c. über alle wichtigeren Angelegenheiten der Anstalt an das
K. Prov.Sch.C. zu berichten; d. die von ihm geforderten Berichte ungesäumt
und mit gewissenhafter Treue zu erstatten; e. den Commissarien des K.
Prov.Sch.C. jegliche Auskunft bereitwillig zu erteilen, welche dieselben in Bezug
auf die Anstalt von ihm fordern.
Endlich hat er f. zu den durch besondere Verfügungen festgesetzten
Terminen: einen ausführl. und vollständigen Bericht über den ganzen inneren
und äuTseren Zustand der Anstalt, nebst Vorschlägen zu etwan. Verbesserungen etc.
zu erstatten, die Statist, üebersicht des Lehrerpersonals nach den vorgeschrieb.
• Bestimmungen genau aufzustellen, den für das folgende Schuljahr entworfenen
Lectionsplan, eine Frequenzliste, eine Angabe der Freischüler und eine
») C.Verf. V. J7. Jan. i^y s. Abt. I S. 371 fg. «) s. Abt. I S. 376 fg.
173
Liste der einer Matnritätsprafang unterzogenen Schüler nach den darüber
besonders erteilten Vorschriften einzureichen.
§ 3. Er ist Vorsteher des Lehrercollegiums und Vorgesetzter jedes
einzelnen Lehrers. In ersterer Beziehung hat er, wenigstens alle 4 Wochen,
sämtliche Lehrer, mit Ausnahme derer, denen ünterr. bei der Anstalt nur als
eiD Nebenamt übertragen ist, und der techn. Hülfslehrer, zu einer allgm. Conferenz
zu Tersammeln. In geeigneten Fällen kann er auch di^ nicht regelm. teil-
nehmenden Lehrer zuziehen. Die Gonferenzen eröffnet, leitet und schliefst
der Dir. ; ^r bringt in denselben aUes, dessen gemeinsame Berathung das Wohl
der Anstalt fördern kann, selbst zur Sprache oder beauftragt einzelne Lehrer,
über derartige Gegenstände der Conferenz Vortrag zu halten, und gestattet den
Lehrern, Angelegenheiten, die er für die Conferenz geeignet findet, zur Be-
sprechung zu bringen. Verfügungen der höh. Behörden, welche zur Kenntnis-
nahme durch sämtliche Lehrer bestimmt sind, teilt der Dir. in den Conferenzen
mit Allgemein method. Fragen, das gegenseitige Verhältnis der einzelnen
Unterrichtsfächer, das Mafs der häusl. Arbeit der Schüler, die Grundsätze der
Schulzucht und Disciplinarfälle, welche schwerere Strafen nothwendig machen,
die Anordnung der Prüfungen und Schulfeierlichkeiten sind Gegenstände der
allgm. Conferen/.en. Zu Berathungen über den Fleifs, die Fortschritte und die
Sitten der einzelnen Schüler sind sämtl. Conferenzmitglieder einzuladen ; es sind
indefs nur die Lehrer der betr. Klasse oder des betr. Cötus einer Klasse ge-
halten, denselben beizuwohnen. Ueber den Lehrgang und die Unterrichtsmittel
für die verschiedenen Unterrichtsgegenstände veranlafst der Dir., so oft er es
nöthig findet, Fachconferenzen, an welchen sämtl. Lehrer des Fachs sich
zu beteiligen haben und denen die übrigen ordentlichen Lehrer beizuwohnen
berechtigt sind. Die Versetzungen der Schüler werden unter Vorsitz des Dir.
in einer Conferenz der Lehrer der Klasse oder des Klassoncötus, in welcher der
Schüler sitzt, und der KL, in die er aufsteigen soll, berathen, nachdem vor
diesen Lehrern die erforderl. Versetzungsprüfungen Yon dem Dir. oder den von
dem Dir. dazu beauftragten Lehrern angestellt sind. Bei der Aufnahme eines
neuen Schülers kann der Dir. eine Berathung der Lehrer derjenigen Klassen,
in deren eine der Schüler aufnehmen sein wird, veranlassen. Die Aufiiahme
von Schülern, die aus anderen Anstalten verwiesen sind, läfst er von der Ge-
samtconferenz berathen. Zu den Klassenprüfungen im Lauf des Schuljahrs
hat er die Lehrer der betr. und der nächstfolg. Klasse zuzuziehen. Ueber die
Verhandlungen in den allgm. und den Specialconferenzen ist ein Protokoll zu
führen. Den Protokollführer bestimmt der Dir., sofern er nicht vorzieht, dasselbe
ganz oder teilweise dem jüngsten Lehrer zu dictiren. Das Protokoll wird von
sämtl. in der Conferenz anwesenden Lehrern unterschrieben. Die Entscheidung
über die nach Berathung in den Conferenzen zu treffenden Anordnungen steht
dem Dir. zu, welcher die Conferenz von derselben in Kenntnis setzt Ist die
Mehrheit der ordenü. Lehrer wegen einer solchen Anordnung anderer Ansicht
als der Dir., so hat er ihr zu gestatten, diese Ansicht im Protokoll auszusprechen
und zu begründen, und wenn die Mehrheit es verlangt, den betr. Teil des
Protokolls mit seinem Bericht dem K. Prov.Sch.C. vorzulegen und bis zu dessen
Entscheidung der zu treffenden Anordnung Anstand zu geben. Diese Ent-
scheidung hat er jedesmal einzuholen, wenn er wegen Ausschliefsung eines
Schülers entgegengesetzter Ansicht mit der Mehrheit der ordenÜ. Lehrer ist.
§ 4. Als Vorgesetzter der einzelnen Lehrer hat der Dir. folgende
nähere Pflichten und Befugnisse: a. Es liegt ihm im Allgm. ob, mit gewissen-
hafter Sorgfalt darauf zu achten, dafs sie durch würdiges Verhalten und treue
Erfüllung ihrer Pflichten ihren Stand ehren und alles meiden, was ihnen in der
Achtung der Schüler und des Publikums nachteilig sein könnte. b. Er hat
nicht nur selbst alles sorgfältig zu vermeiden, was das Ansehn eines Lehrers
174
bei der Jagend schmälern könnte, sondern auch diejeni^n Lehrer, die sich in
dieser Beziehung etwa Mifsgriffe zu Schulden kommen lassen, auf solche, dem
Vertranen des Pnbliknms nnd der Wirksamkeit der Anstalt nachteilige Unge-
höri^keiten aafinerksam zu machen und sie nöthigenfalls ernstlich zn yerwamen.
c. Ebenso hat er diejenigen Lehrer, welche in disciplinar. oder didakt. Be-
Ziehung die allgm. Vorschriften unbeachtet lassen, in einseitiger Selbstüber-
schätzung ihre eigenes Wege gehen und die zur Erreichung des ganzen Zwecks
der Anstalt erforderliche Harmonie des Zusammenwirkens sämtlicher Lehrer
stören, mit Schonung, aber, wo es nöthig ist, auch mit Ernst und Nachdruck
zurechtzuweisen. d. Wenn ein Lehrer sich Nachlässigkeiten im Dienst,
Verwendung seiner Kräfte zu Privatzwecken zum Nachteil seiner amtl. Obliegen-
heiten, üebertretung der Schulordnung und ein der Würde des Lehrerstandes
unangemessenes Benehmen, sei es in der Schule oder aufserhalb derselben, zn
Schulden kommen läfst, so hat er ihm darüber ernstl. VorsteUungen zu machen
und, wenn diese nicht fruchten sollten, sowie bei eigentl. Vergehungen und
starken Miiagriffen, sofort an das K. Prov.Sch.C. zu berichten. Privat-
unterricht in denjenigen Gegenständen, welche in der Schule gelehrt werde«,
dürfen die Lehrer Schülern der Anstalt nur mit seiner Grenehmigung erteilen,
welche indefs nur in aufserordentl Fällen gegeben werden darf. Zur Ueber-
nähme von Nebenämtern, sowohl seitens des Dir. als der Lehrer, ist die
Genehmigung des K. Prov.Sch.C. einzuholen.
e. Er darf nicht zulassen, dafs ein Lehrer ohne gegründete Ursache und
ohne ihm Anzeige davon gemacht zu haben, eine Lehrstunde aassetzt Sollte
ein L^rer die Lehrstunden nicht pünktlich anfangen oder schliefsen, so hat er
diesem Mifsbrauch entschieden zu begegnen. f. Bei dringenden Veran-
lassungen ist er befugt, einzelnen darum nachsuchenden Lehrern einen Urlaub,
jedoch von nicht mehr als 8' Tagen, zu erteilen. Solche FäUe sind in dem
jährl. Schulbericht speoieU anzuführen. Wenn ein Lehrer durch Krankheit oder
andere unabwendb. Hindernisse seine Lectionen zu halten aufser Stande ist,
so hat er für die Stellvertretung desselben durch die anderen Lehrer mit
möglichster Vermeidung von KlasseniDomblnationen zu sorgen. Ist er selbst
aufser dm- Ferienzeit zu verreisen genöthigt, so hat er für eine mehr als 4tägige
Abwesenheit die Genehmigung des K. Prov.Sch.C. einzuholen und wegen seiner
Stellvertretung geeignete Vorschläge zu machen. Seine Abwesenheiten während
der Ferienzeit hat er dem K. Prov.Sch.C. unter Angabe seines Vertreters im
voraus anzuzeigen.
g. Für die rechtzeitige Abfassung der den Programmen beizufügenden
wissenschaftl. Abhandlung, welche ihm und den sämU. definitiv angestellten
wissenschafU. Lehrern nach einer bestinunten Beihenfolge zukommt, hat er zu
seiigen und die Abhandlungen vor dem Druck sich vorlegen zu lassen.
h. Jeden neu eintretenden Lehrer hat er mit angemessener Feier^
liühkeit in sein Amt einzuführen, die vorschrift»m. Vereidigung desselb^ oder
die Verpflichtung auf den etwa schon geleisteten St-aatseid vorzunehmen, ihn
mit dem ganzen Umfange seiner Pflichten ausführlich bekannt zu machen,
endlich ihn sowohl in Bezug auf die Handhabung der Disciplin als auf die
Hnkismittel des Unterr. nach Möglichkeit zu unterstützen. i. Die Schul-
amtscandd., welche bei der Anstalt das Probejahr abhalten, hat er nach den
bestehenden Vorschriften in angemessener Weise zu beschäftigen und teils
selbst, teils durch die betr. Klassenordinarien zu leiten und zu unterstützen und
mit gewissenhafter Sorgfalt dahin zu wirken, dafs den Candd. ihre Beschäftigung
bei der Anstalt für ihre wissenschaftl. und prakt Ausbildung nützlich und
f^»rderlich werde. k. Die Erledigung einer Lehrerstelle hat er dem
K. Prov.Sch.C. ungesäumt anzuzeigen und dabei sich über die bei Wieder-
besetzung derselben in Betracht kommenden Erfordernisse gutachtlich zu
176
änfsem. Erfolg die Wiederbeseizung einer Stelle dutch die Staatsbehörden,
so kann er bei dem K. Prov.Sch.C. geeignete Personen in Vorschlag bringen.
Steht die Wahl der Lehrer einer Localbehörde zu, so finden die Wahlverhand-
longen unter seiner Mitwirkung statt; Bedenken, die er etwa gegen eine von
der Localbehörde getroffene Lehrerwahl hegt, hat er sofort dem £. ProY.Sch.C.
TOizutragen.
§ 5. Da ihm anfser den von ihm als Lehrer zn erteilenden Unterrichts-
standen die Leitung des gesamten Unterrichts übertragen ist, so hat er
die zu seiner Yerfcigang gestellten Lehrkräfte im Allgm. so zu ordnen und in
Thätigkeit zu setzen, dafs die in dem Abiturientenreglm. bezeichnete wissenschafU.
Bildung und der für die einzelnen Bildungsstufen vorgezeichnete Grad von
Kenntnissen und Fertigkeiten auf dem im allgm. Lehrplan verzeichneten Wege
möglichst vollständig erreicht werde.
Demgemäfs hat er: a. den Lectionsplan für jedes Schuljahr nach
vorhergegangener Anhörung der Lehrer in der Art zu ordnen, dafs Jedem Lehrer
der seinen Kräften und seiner Qualification angemessene Wirkungskreis ange-
wiesen werde und samtl. Wirkungskreise der einzelnen Lehrer so zusammen-
stimmen und ineinandergreifen, dafs sie dem allgm. Zweck der Anstalt bestens
entsprechen. Die Zahl der jedem Lehrer zu übertragenden Lehrstanden be-
stimmt er unter Berücksichtigung der auf Correcturen, Verwaltung der
Bibliothek oder Apparate etc. von dem einzelnen zu verwendenden Zeit nach
Mafsgabe der vocationsmäfsigen Verpflichtung eines jeden. Zugleich mit der
Aufstellung des Lectionsplans weist er die Klassenordinäriate den geeigneten
Lehrern zu, wobei er dafür zu sorgen hat, dafs jedem Ordinarius in der EL
oder dem Klassencötus seines Ordinariats eine möglichst grofse Zahl von Lehr-
stunden zufallt.
b. Ferner hat er den Unterricht in jeder Kl. bei den verschiedenen
Lehrern so zu regeln und zu beaufsichtigen, dafs ein zweckm., mit verstän-
diger Berücksichtigung der Gesundheit und der Kräfte der Schüler geord-
netes stufenweises Fortschreiten stets gesichert bleibe; c. dahin zu wirken,
dafs die didakt. Grundsätze und Lehrweise'n der verschiedenen Lehrer in den
einzelnen Unterrichtszweigen sich nicht widerstreiten, sondern in Einklang
gebracht werden.
d. Um diese Zwecke möglichst vollständig zu erreichen und zugleich bei
sämtl. Lehrern ein gemeinsames lebendiges Interesse an dem Gedeihen der
Anstalt zu erregen und zu erhalten, hat er vor dem Anfange der Lehrstanden
eines jeden Schuljahrs eine besondere Conferenz zu halten, in welcher, in jeder
Disciplin und für jede Klasse die Jahrespensa im Allgm. berathen und sodann
von dem Dir. festgestellt werden und besonders auch durch ihn bestimmt wird,
wie viele häusl. und schriftl. Arbeiten jeder Lehrer von den Schülern der
einzelnen Kl. wöchentl. einzufordern hat Bei dieser letzteren Bestimmung
ist vorzügl. auf Gründlichkeit und sicheres Fortschreiten zu sehen und jeden-
falls, mit Bücksicht auf die körperl. Entwickelung und Gesundheit der Jugend,
ein vernünftiges Mafs zu halten. Von dem desfalls. Protok. hat er spätestens
14 Tage nach dem Anfange des Schuljahrs Abschrift mit dem erforderl. £r-
läuterungsbericht an das K. Prov.Sch.C. einzureichen.
e. Zu seinen wesentl. Obliegenheiten gehört, dafs er die Lehrstunden der
einzelnen Lehrer möglichst fleifsig besucht, die etwan. Abwege und Nachlässig-
keiten scharf ins Auge fafst, die schriftl. Arbeiten sämtlicher Kl. von Zeit zu
Zeit durchsieht und seine Bemerkungen demnächst den betr. Lehrern mitteilt
f.. Aufser den gewöhnl. Besuchen der Lehrstunden hat er wenigstens einmal im
Schuljahr eine Bevisi on der einzelnen Kl. anzustellen. Bei diesen Revisionen
ist besonders darauf zu sehen, inwiefern den im Anfang des Schuljahrs ge-
gebenen Bestimmungen über die Pensa und die schriftl. Arbeiten der Schüler
176
von den einzelnen Lehrern genügt worden ist. Die bei diesen Beyisionen
gemachten Bemerkungen sind in der Conferenz zur Kenntnis und zur Nach-
achtung mitzuteilen. ^
g. Ein Wechsel in den von den Schülern zu gebrauchenden Lehr- und
Lesebüchern ist von dem ^ir. nur im Fall entschiedenen Bedürfhisses nach
Berathung mit den betr. Lehrern in einem motivirten Bericht, welchem schrifU.
Gutachten der betr. Lehrer beizufügen sind, bei dem K. Prov.Sch.C. zu dem
dafür vorgeschriebenen Termine zu beantragen.
h. Er hat mit Sorgfalt darüber zu wachen, dafs bei den Versetzungen
der Schüler nach den bestehenden Vorschriften verfahren werde, und einem
etwan. unprakt Optimismus einzelner Lehrer nicht nachzugeben. i. Die neu
aufgenommenen Schüler sind von dem Dir. in* das Album der Schule einzu-
tragen und den Klassenordinarien zuzuweisen, welche sie in die ihnen ange-
wiesene Kl. einführen und sie mit der Schulordnung bekannt zu machen haben.
Aufnahme von Schülern im Laufe des Schuljahrs oder im Anfange des 2. Sem.
findet nur ausnahmsweise und in aufserordentl. Fällen statt
k. Am SchluTs eines jeden Schuljahrs wird eine öffentliche Schul-
prüfung gehalten, welche den Zweck hat, dem Publikum von den Leistungen
der Anstalt Kenntnis zu geben und dadurch das Vertrauen und die wohl-
wollende Teilnahme desselben zu erregen und zu erhalten. Der Dir. hat daher
die Pflicht, die Einladungsprogramme, die öffentl. Reden, sowie die Prüfungen
selbst so einzurichten und zu ordnen, dafs diesem Zweck in würdiger Weise
entsprochen werde.
§ 6. Die Schule hat als ihre wesentliche Aufgabe zu betrachten, mit
der wissenschaftl. Ausbildung ihrer Zöglinge auch eine christliche Gesinnung
in ihnen zu wecken und sie zu einem derselben entsprechenden Wandel
anzuleiten.
Der Dir. wird deshalb a. die Pflege eines christl. Geistes und Wandels
als seine heiligste Pflicht betrachten, zu dem Ende auch den oder die Religions-
lehrer mit allen der Schule zu Gebote stehenden Mitteln aufs kräftigste unter-
stützen, die Teilnahme der Schüler an dem öffentl. oder an dem besonderen
Anstaltsgottesdienst durch die Lehrer der Anstalt beaufsichtigen und dahin
wirken, dafs ein religiöser Charakter das ganze Leben der Anstalt durchdringe
und den Schülern in den Lehrern das Vorbild eines christl. Lebens vorleuchte,
b. Seine disciplinarische Wirksamkeit erstreckt sich über die Schul zucht
in allen ihren Richtungen und mufs jederzeit mit derjenigen Kraft verbunden
sein, welche die Aufrechterhaltung der Schulordnung und die Handhabung der
Zucht sichert. c. Zu diesem Zweck hat der Dir. seine Aufmerksamkeit
unausgesetzt auf den sittlich-religiösen Zustand der einzelnen Schüler sowohl
als der verschiedenen Kl. zu richten. d. Sowie er selbst die Zucht im AUgm.
überwacht und für die genauere Ausführung der für die Anstalt mit Ge-
nehmigung des K. Prov.Sch.C. getroffenen Disciplinarbestimmungen sorgt, hat
er den Lehrern, besonders den Klassenordinarien, die erforderl. Instruction über
den ihnen zukommenden Teil der Disciplin zu erteilen und auf die pünkü.
Ausführung dieser Instruction zu halten.
e. Um sich des Zwecks möglichst vollkommen zu versichern, dafs im
Inneren der Schule Fleifs, Ordnung und christl. Sitte stets vorherrschen und
einzelne Bestimmungen der Schulordnung weder durch unzeitige Nachsicht oder
Schlaffheit der Lehrer, noch durch üble Gewohnheiten der Schüler ihre Geltung
verlieren, hat er die Lehrer in den Conferenzen zu ausftihrl. Mitteilungen über
den Fleifs und das Betragen ihrer Schüler zu veranlassen und nach Berathung
mit ihnen die Mafsregeln anzuordnen, welche geeignet sind, unlöblichen Rich-
tungen einzelner Zöglinge oder ganzer Klassen entschieden entgegen zu wirken,
f. Ebenso hat er auf sdles genau mit aller Berücksichtigung der elterlichen
177
Gewalt und Autorität zu achten, was anfser der Schule auf die sittl. Führung
und den Fleifs der Schüler einen nachteiligen Einfiufs hahen könnte, namenü.
auch dafor zu sorgen, dafs die auswärtigen Schüler hei ordentl. Bürgern und
auf keinen Fall in Wirthshäusem, wenn nicht etwa yerwandtschaftl. Verhältnisse
eine Ausnahme rechtfertigen, untergebracht werden. g. Der Besuch von
Wirthshäusem, gleichyiel ob dieselben sich innerhalb der Stadt oder in der
Nähe der Stadt befinden, ist den Schülern streng zu untersagen, und die Er-
laubnis dazu ihnen nur in besonderen Fällen und stets unter der Bedingung
zu erteilen, dafs sie gehörig beaufsichtigt sind. h. Um das Leben der
Schüler aufserhalb der Schule vor üblen Gewohnheiten möglichst zu schützen und
den häusL Fleifs derselben gehörig zu beaufsichtigen, hat der Dir. nicht nur selbst
einzelne Schüler, besonders die auswärtigen, von Zeit zu Zeit in ihren Woh-
nungen zu besuchen, sondern auch darauf zu halten, dafs die Klassenordinarien
die ihrer Klasse angehörigen Schüler auf ihren Stuben fleifsig besuchen.
Er hat sich dabei gegenwärtig zu erhalten, dafs die Wirksamkeit der Haus-
besuche wesentlich darauf beruht, dafs sie als ein Erweis Yäterl. Wohlwollens
Yon den Schülern erkannt werden. Da diese Seite der disciplinar. Aufsicht
Yon grofser Wichtigkeit ist, so hat er, um hierin keine Nachläfsigkeit ein-
schleichen zu lassen, in den monatl. Conferenzen die Klassenordinarien der
Beihe nach zu befragen, ob und welche Schüler sie seit der letzten C!onferenz
besucht und welche Wahrnehmungen sie dabei gemacht haben, und die Ant-
worten zu Protok. zu yermerken.
i. Da es zu den wesentl. Eigenschaften eines guten Lehrers gehört, ge-
wöhnliche jugendliche Unarten mit Buhe und Milde zu behandeln, so hat der
Dir. eine besondere Aufmerksamkeit darauf zu richten, dafs die Lehrer in dieser
Beziehung die Yorschriffceu einer yemünf tigen Pädagogik gehörig beachten und
sich durch drgl. Unarten nicht zu ungeeigneten Strafen oder gar leidenschaftL
Ausbrüchen hinreifsen lassen. k. Sind einzelne Lehrer wider Erwarten
zu solchen Mifsgriffen geneigt und yerfallen sie widerholter Mahnung unge-
achtet in denselben pädagög. Fehler, so ist er befugt, ihnen jede körperliche
Züchtigung und sonstige strengere Strafen auf eine bestimmte, die Dauer
eines Schuljahrs nicht überschreitende Zeit zu untersagen. Solche Fälle sind
in dem J^resbericht besonders anzuführen. 1. Sollten Lehrer Beweise
Yon roher Gesinnung und somit auch von pädagogischer Unfähigkeit dadurch
* geben, dafs sie zu wiederholten Malen Schimpfwörter und Spitznamen gegen
ihre Schüler gebrauchen, so hat er davon dem K. Prov.Sch.C. Anzeige
zu machen.
m. Da die Strafe des Nachsitzens ohne Aufsicht in den Klassen
durch die Erfahrung als unzweckmäfsig und für die Sitten der Schüler sogar
als bedenklich erwiesen ist, so hat der Dir. darauf zu halten, dafs jene Strafe
nur unter der Bedingung verfagt werde, dafs der betr. Lehrer persöiü. die Auf-
sicht während der Zeit des Nachsitzens führt und ihm und den Eltern oder
Pflegeeltern sofort Anzeige macht. Garcers träfe bedarf jedesmal der Ge-
nehmigung des Directors. n. Die Strafen für gröbere Unarten und Vei^hen,
wie muthwUlige Beschädigung der Lehrzimmer oder der Utensilien, wiederholte
gröbere Uebertretung der Schulordnung, Mifshandlung der Mitschüler, freches
Lügen, Widersetzlichkeit und Trotz gegen Lehrer, Diebstahl, Strafsenunfug und
sonstige gröbL Verletzungen der Sittlichkeit, werden in der Lehrerconferenz be-
rathen und von dem Dir. bestimmt, sofern nicht gemäfs § 3 die Entscheidung
des K. ProY.Sch.C. einzuholen ist
0. Zu den allgm. Disciplinarmitteln gehören die am Schlufs eines jeden
Viertel- oder Halbjahrs den sämtl. Schülern der betr. Klassen zu erteilenden
Censur Zeugnis sei welche überdem noch den Zweck haben, den Eltern oder
Vormündern zuYerlässige Auskunft über Sitte, Fleifs und Fortschritte ihrer Söhne
Wie 86, Yerordaungta. IL 12
178
oder Pflegebefohlenen za erteilen. Der Dir. hat dafar zn sorgen, dafis die dar-
über bestehenden besonderen Vorschriften pünkü. beobachtet und namenü. die
diesen Oensuren zn Grande zu legenden Klassenbücher mit gewissenhafter Soiig-
faJt geführt werden. Die Censaren läfst er anter Mitwirkang der übrigen
Lehrer der betr. Klasse von den Ordinarien entwerfen, stellt sie fest and voll-
zieht sie mit denselben. p. AaTser den regelm. Censaren ist den abgehen-
den Schülern, welche sich einer Mataritätsprä]^ng nicht unterziehen, ein aos-
fahrl. Zeagnis aaszastellen, in welchem die sittl. Führang derselben, sowie ihre
in den einzelnen Fächern des ünterr. erlangten Kenntnisse and Fähigkeiten
mit gewissenhafter Genaaigkeit bearteilt sind. Diese Zeagnisse läfst der Dir.
darch den Ordinarias der Klasse, in welcher der za entlassende Schüler zaletzt
anterrichtet worden ist, aaf Grand der in das Klassenbach eingetragenen Ur-
teile and der Censaren entwerfen, stellt sie fest and vollzieht sie mit dem
Ordinarias im Concept and in der Beinschrifb. q. Ueber die Mataritäts-
prüfangen and die aaf Grand derselben zu erteilenden Zeagnisse geben die
Abitarientenreglements die erforderl. Vorschriften.
r. Bei solchen nea aafzanehmenden Schülern, die vorher andere Anstalten
besacht haben, hat der Dir. die Sittenzeagnisse sorgfaltig za prüfen. Ergeben
sich dabei Gründe zam Verdacht, so ist er befagt, ihnen die Aaftiahme nur
versuchsweise za gestatten and sie ohne Weiteres wieder za entlassen, wenn er
nach dem Urteil des Klassenordinarias and der wlssenschaftl. Lehrer der betr.
Klasse und durch seine eigenen Wahrnehmungen sich überzeugt hat, dafs die
Disciplin durch das Betragen derselben gefährdet wird.
s. Soweit der Dir. bei Verleihung von Freistellen, Stipendien und anderen
Beneficien an Schüler mitzuwirken hat, hat er deren Würdigkeit und Bedürftig-
keit genau zu berücksichtigen, nachdem er den Ordinarius und die übrigen
Lehrer befragt hat
§ 7. Als Mitglied der für die Anstalt bestehenden örtl. Behörde hat der
Dir. die für dieselbe ergangene Instruction zu beachten und die ihm in dersel-
ben zugewiesene Stellung und Aufgabe in Vertretung der Schul- und Lehr-
interessen mit Umsicht wahrzunehmen.
§ 8. Die Schulbibliothek und sämtL der Anstalt gehörige Sammlungen
und Lehrapparate stehen unter der Aufsicht des Dir. Ueber deren Ver-
mehrung aus den im Etat der Anstalt dafür ausgeworfenen Mitteln vernimmt
er die Wünsche der Lehrer und entscheidet über die Anschaffungen. a. Die*
besondere Aufsicht über einzelne Sammlungen kann er, vorbehalü. der Geneh-
migung des K. Prov.Sch.C, einzelnen Lehrern übertragen; jedoch bleibt er für
die genaue Führung des Inventariums und Katalogs, für die Ordnung und
Sicherheit, für die conservator. Behandlung der Sammlungen stets verantwort-
lich. Er führt dann die Oberaufsicht über die Verwaltung der Schulbibliothek
und der anderen Sammlungen und hat gegen den Bibliothekar, resp. Au&eher,
alle Bechte und Befugnisse, die aus diesem Verhältnis und der damit verbun-
denen Verantwortlichkeit entspringen. b. Ueber die Ergänzung und Ver-
mehrung der Schulutensilien, sowie über Erhaltung und Ausbesserung der
Gebäulichkeiten hat er das Erforderliche zur gehörigen Zeit bei den betr. Be-
hörden zur Sprache zu bringen; es steht ihm jedoch frei, über wichtigere An-
gelegenheiten dieser Art auch noch besonders an das K. Prov.Sch.C. zu be-
richten, c. Die Schulacten, die ConferenzprotokoUe und das Album
nimmt er unter seine besondere Verwahrung und sorgt dafär, dafs sie nach
bestimmten Bubriken in einer Ordnung gehalten werden, welche eine das Auf-
finden des Einzelnen erleichternde Uebersicht gewährt. Ein geordnetes Dienst-
journal über den schrifü. Verkehr hat er pünktlich zu fahren. Wichtigere
Schreiben und Berichte, die vom ihm ausgehen, sowie die von der Anstalt aus-
gestellten Zeugnisse hat er im Concept zu den Acten zu bringen. Er hat
179
d. darüber zu wachen, dafs der Schnldiener, der zunächst an seinen Befehl
gewiesen ist, seiner Instroction, vorzügl. in Beziehung auf die Reinlichkeit
der Locale, das Heizen der Oefen nnd auf sittliche Aofifühning, pünktlich nach-
komme.
§ 9. a. Da die Eltern, welche ihre Söhne der Anstalt übergeben nnd
der Ordnung derselben unterwerfen, ihr Vertrauen vorzüglich dem Dir. schenken,
indem sie vorzüglich ihm einen bedeutenden Teil ihrer väterlichen Autorität
abtreten, so hat der Dir. dieses Vertrauen durch freundliches Zuvorkommen In
allen, das Wissenschaft!, und sittlich-religiöse Gedeihen ihrer Kinder betreffen-
den Angelegenheiten zu ehren und zu rechtfertigen, und ihnen bereitwillig jede
Auskunft zu erteilen, welche elterliche Liebe und Sorge von ihm begehren
möchte. Namentl. wird er auswärtigen Eltern auf ihren Wunsch schriftl. Nach-
richten von dem sittl. und Wissenschaft! Leben ihrer Söhne selbst geben oder,
durch den betr. Ordinarius geben lassen. b. Den Ortsbehörden hat er
gebührende Achtung zu beweisen und hierin den Lehrern wie den Schülern mit
einem guten Beispiel voranzugehen. c. In allen Fällen, wo Schüler wegen
polizeil. Vergehungen oder sonst von den Ortsbehörden amtl. in Anspruch ge-
nommen werden, oder wo dieser Behörden Mitwirkung zur Verhütung solcher
Vergehungen und zur Aufrechthaltung der Sitte und Zucht der Schüler aufser-
halb der Schule wünschenswerth oder nothwendig ist, hat er sich in angemesse-
ner Weise mit ihnen zu benehmen.
§ 10. Es wird dem Dir. zur besonderen Pflicht gemacht, allen dem
Frieden der christl. Confessionen, den Gesetzen des Staats und der Tteue und
Ergebenheit gegen Se Maj. den König nachteil. Sichtungen und Bestrebungen
entschieden entgegen zu lareten und der vorgesetzten Behörde davon zeitig Kennt-
nis zu geben.
§ 11. Sollte der Dir. willens sein, seine Stelle zu verändern oder aufzu-
geben, so ist er verpflichtet, ein halbes Jahr vorher, und zwar entweder zu
Ostern oder zu Michaelis, keineswegs aber in der Mitte > eines Schulsemesters,
dem K. Frov.Sch.C. davon schriftl. Anzeige zu machen und resp. seine Entlassung
nachzusuchen. Goblenz. K. Frov.Sch.C.
Provinz Schleswig-Holstein.
Instr. V. 19. August 1885.
L Amtliche Stellung und Aufgabe des Directors (Rectors)
im Allgemeinen. 1. Der Director (Bector) ist der verantwortliche Vor-
steher der Anstalt; als solcher hat er sowohl für eine gedeihliche Verwaltung
ihrer äufseren Angelegenheiten Sorge zu tragen, als auch besonders durch die
Leitung der in ihr Lehrenden und Lernenden dahin zu wirken, dafs der Zweck
der Schule — wissenschaftliche Bildung der Jugend und Erziehung derselben
zu aufrichtiger Gottesfurcht, edler Sitte, pflichttreuer Arbeit und thatkräftiger
Vaterlandsliebe — durch erfolgreiche Förderung des leiblichen, geistigen und
sittlichen Gedeihens ihrer Zöglinge erreicht werde.
11. Verhältnis zu den Behörden. 2. Der Dir., in seiner Stellung
als Staatsbeamter durch seinen Amtseid verpflichtet, hat als die zunächst vor-
gesetzte Behörde das unterzeichnete K. Provinzial-Schulcollegium zu er-
kennen; demnach ist er verpflichtet, einerseits dessen Anordnungen auszuführen
oder etwa sich ergebende Bedenken sofort zur Anzeige zu bringen, andrerseits
dorthin die periodischen oder sonst von ihm geforderten Berichte rechtzeitig
zu erstatten bezw. unter Angabe der Behinderungsgründe die Gewährung einer
Nachfrist zu beantragen, über alle wichtigen Angelegenheiten der Anstalt, sie
mögen die Personen der Lehrer und Beamten oder Zustände und Einrichtungen
hinsichtlich des Unterrichts, der Schnlzucht und der Gesundheitspflege betreffen,
12^
180
unaufgefordert zn berichten, auch den Commissarien des E. ProY.Sch.C. jede
amtliche Auskunft rückhalüos zu erteilen. 3. Bei den nicht königlichen
Anstalten unterliegt das Verhältnis des Dir. zum Patronate besonderen, vom
K. Prov.Sch.C. genehmigten Bestimmungen; wie bei Befolgung derselben, so
ist es auch in allen nicht besonders vorgesehenen Fällen Pflicht des Dir , sich
die Pflege eines guten Einvernehmens mit dem Patronate angelegen sein zu
lassen. 4. Der Dir. ist stimmberechtigtes Mitglied der Directoren-
conferenz der Provinz, an deren Verhandlungen und Arbeiten er sich nach
Mafsgabe der erlassenen Bestimmungen zu beteiligen hat 5. Der Dir. ist
befugt, während der Schulzeit in dringenden Fällen sich unter Anordnung
seiner Vertretung bis auf 4 Tage selbst zu beurlauben; für einen längeren Ur-
laub während der Schulzeit hat er die Genehmigung des K. Prov.Sch.C. einzu-
)iolen, dabei aber auch gleichzeitig wegen seiner Vertretung Vorschläge zu
machen. Verreist derselbe innerhalb der Ferienzeit, so hat er dem E. Prov.
Sch.C. nur den mit seiner Vertretung beauftragten Lehrer zu bezeichnen. —
Sofern nichts anderes angeordnet wurde, fällt die Vertretung des Dir. in der
Leitung der Anstalt zunächst dem ersten Oberlehrer zu. 6. Zur Ueberriahme
eines mit Gehalt oder fortlaufender Bemuneration verbundenen Nebenamtes,
einer Vormundschaft, sowie von Functionen bei der städtischen Gemeinde-
verwaltung bedarf der Dir. der Genehmigung des E. Prov.Sch.O. 7. Beab-
sichtigt der Dir. aus seinem Amte auszuscheiden, so hat er davon mindestens
drei Monate vor dem Semesterschlusse dem E. Prov.Sch.G. Anzeige zu machen.
Für Directoren nicht staatlicher Anstalten sind event. die besonderen bei der
Anstellung getroffenen Vereinbarungen mafsgebend.
III. Verhältnis zur Anstalt. A. Bezüglich der äufseren Ver-
waltung. 8. Der Dir. hat als Vertreter der Schule alle an dieselbe ge-
richteten Schreiben, auch diejenigen Zusendungen zu eröffnen, welche an ein-
zelne nicht namhaft gemachte Schuler oder an eine ganze Elasse gerichtet
sind, andrerseits die von der Schule ausgehenden Schreiben, Documente und
Zeugnisse anzufertigen bezw. anfertigen zu lassen, zu vollziehen und erforder-
lichen Falls mit dem Amfssiegel zu beglaubigen. 9. Dem Dir. gebührt
überall die Beteiligung am Etats- und Eassenwesen insoweit, dal's er über
die Etatsentwürfe und die Verwendung etwaiger Eassenüberschüsse zu Anstalts-
bedürfhissen zuvor gutachtlich zu hören ist An den königl. Anstalten hat er
als Curator der Gymuasialkasse darüber zu wachen, dafs der Bendant dieselbe
nach Mafsgabe aller in dieser Beziehung vom E. Prov.Sch.C. erlassenen Be-
stimmungen ordnungsmäfsig verwaltet; seine Bechte und Pflichten hinsichtlich
der Eassen- und Bechnungsführung sind durch ein besonderes Begulativ fest-
gestellt Auch ist es Pflicht des Dir., for die Erhaltung, Vermehrung und
statutenmäfsige Verwendung der für wohlthätige Zwecke bestimmten Keben-
fonds der Anstalt Sorge zu tragen. 10. Dem Dir. liegt die Aufsicht über
die verschiedenen Gebäude und Bäumlichkeiten der Anstalt, einschliefs-
lich der TurnhaUe und des Turnplatzes, sowie über sämtliche Schuluten-
silien ob; er hat darauf zu sehen, dafs alles Genannte sich stets in einem
dem Unterrichts- und Erziehungszwecke der Schule entsprechenden Zustande
beflndet Etwaige Mängel hat derselbe, soweit er zu deren sofortiger Beseiti-
gung selbst nicht befugt ist, bei den zuständigen Behörden ungesäumt zur
Sprache zu bringen. Andrerseits ist er zu verlangen berechtigt dafs in Bezug
auf die Baulichkeiten und Utensilien keine Veränderungen oder Neuanschaffun-
gen vorgenommen werden, ohne dafs darüber vorher sein Gutachten gehört ist
Der Dir. ist befugt, die Erlaubnis zur Benutzung von Schulräumen zu anderen
als unmittelbaren Schulzwecken nach Mafsgabe der besonderen Verfügungen^)
') Verf. y. 11. Mai 187Ö und y. S. Mai 1883 8. Abt I S. 52.
181
Belbst&ndig zu erteilen. «11. Der Dir. führt anf Grund der darüber erlassenen
allgm. Bestimmongen ^) and der für die Anstalt bestehenden besonderen
Ordnungen die Anfeicht über die Yerwaltang der Bibliotheken und Samm-
lungen und ist hinsichtlich derselben befiigt, die besondere Verwaltung
einzelnen fest angestellten Lehrern anzuvertrauen.
12. Dem Dir. steht die Anlegung und Verwaltung des Schularchivs
zu, welches von ihm unter besonderem Verschlufs zu halten ist Er hat dafür
Sorge zu tragen, dafs s&mtliche zu den Schulacten gehörenden Schriftstücke
ihrem Inhalte nach planmäfsig und übersichtlich geordnet 2) und die Zugänge
den einzelnen Actenstücken ordnungsmäfsig angeheftet werden.
a. Zu den Acten zu bringen sind insbesondere von den Eingängen alle
amtlichen Schriftstücke und was sonst für die Geschichte der Schule
irgendwie von bleibendem Wert ist, femer die Entwürfe sämtlicher
von der Schule ausgestellten Zeugnisse, sowie die Entwürfe der amt-
• liehen Berichte und Schreiben bezw., falls es hinsichtlich der letzteren
zur Orientirung ausreicht, eine Notiz über den Hauptinhalt derselben.
b. Der Dir. ist verpflichtet, ein Journal über seine amtliche Correspon-
denz zu fuhren.
13. Dem Dir. liegt es ob, für die jährlichen Schulprogramme, deren
Einrichtung 3) und Einlieferung^) durch besondere Bestimmungen geregelt ist,
den die Schulnachrichten enthaltenden Teil in vorgeschriebener Formi^} selbst
zu verfassen. Die wissenschaftliche Abhandlung ist in der Begel von dem Dir.
oder einem der festangestellten wissenschaftl. Lehrer zu liefern. Der Dir. ist
berechtigt und verpflichtet, sich die beti-. Arbeit vor dem Drucke vorlegen zu
lassen und etwa dem Zwecke des Programmes nicht entsprechende Aufsätze
zurückzuweisen. 14. Der Dir. hat für eine angemessene Veranstaltung der
Schulfeierlichkeiten und -feste zu sorgen, dabei insbesondere von
allem, was von Schülern vorgetragen werden soll, Kenntnis zu nehmen und die
Einladungen zu erlassen. 15. Der Dir. hat darüber zu wachen, dafs die
IJnterbeamten der Anstalt, insbesondere der Schuldiener, der ihm zu pünkt-
lichem Gehorsam verpflichtet ist» ihre Amtsobliegenheiten gewissenhaft erfüllen,
auch nicht etwa durch ihre eigene Führung oder diejenige der Mitglieder ihres
Hausstandes die Würde der Anstalt verletzen. Ein ungehöriges Verhalten hat
der Dir. zu rügen und nach Umständen der Behörde, welche den Unterbeamten
angestellt hat, zu weiterer Veranlassung zu berichten.
B. Bezüglich der Lehrer. 16. Der Dir. ist vorsitzendes Mitglied
des Lehrercollegiums und nächster Vorgesetzter jedes einzelnen Lehrers der
Anstalt 17. Dem Dir. liegt es ob, die neu eintretenden Lehrer in ihr
Amt einzuführen, unter Hinweisung auf die Dienstinstruction mit ihren
speciellen Amtsobliegenheiten bekannt zu machen, auch, falls die Schule könig-
Die eingeklqmmerten Verfügungen in den folgenden Anmerkungen sind in dieser
Sammlung nicht abgedruckt,
») (Verf V. 8. März 1876.) Min.Brl. v. 17. Januar 1885 s. Abt. I
8. 371 fg.
^ S. weiterhin den Entwarf eines Archivrepertoriums.
»J Min. Verf. v. 26. April 1875 s. Abt. I 8. 381 (nebst Verf. v. 13. Novem-
ber 1876 Nr. 23(m.
*) 7 Exempl. an das K. Prov.Sch.C. (Verf. v. 24. Mai 1875 Nr. 1094),
6 Exempl. an die Geh.-Registr. des Min. der geistl. etc. Angeleg. (Verf. v. 15. Oct.
1877 No. 2090); von Programmabhandlungen, welche auf deutsche oder prenfsische
Geschichte Bezug haben, 1 Exempl. an das Direotorium der Königl. Stikatsarohive
in BerUn (Verf. v. 1. Juli 1873 Nr. 1159).
•) (Verf. V. 16. October 1883 Nr. 2710.) Min. Verf. v, 7. Januar 1885
8. Abt I S. 376.
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liehen Patronates ist, bei den festangestellten Lehiern und Hnlfslehrern die
Vereidigung^) bezw. die Yerpflichtnng durch Handschlag an Eides statt vor-
schriftsmäfsig vorzunehmen; bei Schulen nicht königlichen Patronats ist in
dieser Hinsicht nach den bestehenden Einrichtungen zu verfahren. 18. Es
ist Pflicht des Dir., die Mitglieder des CoUegiums in der Erfüllung ihrer Dienst-
obliegenheiten sowie in ihrer wissenschaftl. und pädagogischen Weiterbildung
nach bestem Wissen in coUegialischer Gesinnung zu unterstützen,* andrerseits
aber auch darüber zu wachen, dafs dieselben in der durch ihre Berufnngs-
Urkunden und die betr. Dienstinstructionen bezeichneten Weise ihre Amts-
pflichten pünktlich erfüllen und alles vermeiden, was dem Zweck des Unterrichts
und der Erziehung oder der Würde des Lehrstandes zuwiderläuft. Dabei wird
der Dir. nicht aufser Acht lassen dürfen, dafs die von den Lehrern zu erwar-
tende Willfährigkeit nur in dem äufsersten Falle aus dem Subordinations-
Verhältnis hervorgehen darf, ihre Haupt^uelle vielmehr in der Achtung vor
seiner persönlichen Autorität und in der Gewifsheit haben muf^, dafs demselben,
wie das Gedeihen der Schule überhaupt, so auch das Wohl seiner Amtsgenossen
stets am Herzen liegt. 19. Auf etwsL vorkommende Versäumnisse und TJnge-
höiigkeiten auch in dem aufseramtlichen Verhalten der Lehrer hat der Dir.
zunächst in schonender Weise auünerksam zu machen; wo indessen seine Er-
innerung nicht ausreicht, ist er verpflichtet, mit Entschiedenheit einzuschreiten.
Er ist berechtigt, seinen Untergebenen protokollarische Warnungen und Ver-
weise zu erteilen, mufs aber schwerere Pflichtverletzungen derselben zur Kennt-
nis des K. Prov.Sch.C. bringen. Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann der Dir.
die Ausübung der Amtsverrichtnngen vorläufig untersagen^), hat aber darüber
sofort an die Behörde zu berichten.
• 20. Wird es einem Lehrer infolge von Krankheit oder sonstiger Um-
stände unmöglich, seinen Dienst zu thun, so hat der Dir. die Stellvertretung
desselben durch die übrigen Mitglieder des CoUegiums und nur in NothfiELllen
durch Elassencombinationen anzuordnen, dabei aber auf möglichst gleichmäfsige
Verteilung der Arbeit und die sonstige Belastung der übrigen Lehrer gebührende
Rücksicht zu nehmen. 21. Der Dir. ist befugt, in begründeten Fällen ein-
zelne Lehrer während der Schulzeit bis zur Dauer von acht Tagen zu
beurlauben, sobald die von ihnen zu stellende Vertretung seine Genehmigung
findet. 22. Bei voraussichtlich längerer Abwesenheit eines Lehrers oder bei
Erledigung einer Lehrerstelle hat der Dir. an das J[. Prov.Sch.C. über
die einstweilen angeordnete Vertretung zu berichten; im letzteren Falle ist es
ihm überlassen, unter Angabe des zu deckenden Unterrichtsbedürfnisses für die
Wiederbesetzung der Stelle bestimmte Vorschläge zu machen.
23. Der Dir. ist verpflichtet, daför zu sorgen, dafs die Lehrer nicht
durch zu ausgedehnten Privatunterricht ihre Kraft der Schule entziehen.
Seine Befugnisse in dieser Beziehung ergeben sich 'aus § 7a der Instruction
für die Lehrer; erteilt er einem Lehrer die Genehmigung zur Uebemahme von
Unterricht an einer Privatanstalt, so ist dem K. Prov.Sch.C. daVon Anzeige zu
machen. 24. Erfolgt seitens eines Lehrers auf Grund des. § 7b der In-
struction für die Lehrer die Anzeige einer an ihn ergangenen gerichtlichen
Vorladung, so hat der Dir., falls ihm etwaige Vernehmungen der a. a. 0.
vorgesehenen Art im Dienstinteresse als unzulässig oder nachteilig erscheinen
sollten, darüber sofort an das K. Prov.Sch.C. behufs etwaiger Wahrung d^s
Einspruchsrechtes eingehend zu berichten.')
») (Verf. V. 31. October 1873 Nr. 2052.)
') Gesetz betr. die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten u. s. w.
vom 31. Juli 1852 $ 18 u. 54.
•) Min. Verf. v. 25. Mai 1883 (s. weiterhin).
183
25. Auf Anfragen, welche in Bezng auf die Lehrer der Anstalt von be-
rechtigter Stelle ausgehen, wird der Dir., falls er es nicht vorzieht, die An-
fragenden an das E. Prov.Sch.C. za verweisen, directe Auskunft geben; selb-
ständig aber den Lehrern Zeugnisse liber ihre amtliche Thätigkeit auszustellen,
ist er nicht berechtigt. Das bei der Beglaubigung von Abschriften stempel-
pflichtiger Zeugnisse zu beobachtende Verfahren unterliegt besonderen Vor-
schriften. ^) 26. Die von den Lehrern und Beamten der Anstalt ihm zur
üebermittelung an das E. Prov.Sch.C. oder an das Fatronat eingehändigten
Eingaben hat der Dir. bei der Einreichung mit seinem Gutachten zu be-
gleiten.
27. Gkmz besondere Fürsorge wird der Dir. den Schul amtscan-
didaten zuwenden, welche der Anstalt zur Ableistung des Probejahres
überwiesen werden oder etwa nach Vollendung desselben zu ihrer weiteren
Ausbildung an der Anstalt verbleiben. Er hat dieselben auf Grund der be-
stehenden Vorschriften^) der ihnen in den Prüfrtngszeugnissen zugesprochenen
Lehrbefähigung entsprechend zu beschäftigen und, sei es selbst, sei es mit
Hülfe der betr. Elassenordinarien und Fachlehrer, mit dem Schulorganismos
bekannt zu machen, sowie hinsichtlich ihres didaktischen und pädagogischen
Verfahrens durch praktische und theoretische Anleitung thunlichst zu fördern.
Zur Mitunterzeichnung des über den Ausfall des Probejahres zu erstattenden
Berichtes^) sind gegebenen Falls nur festangestellte wissenschaftliche Lehrer
zuzuziehen.
28. Der Dir. beruft und leitet als Vorsitzender die Lehrerconferenzen,
welche den Zweck haben, einerseits durch Entgegennahme von Anordnungen
und Verfagungen, die zur Mitteilung an das gesamte Collegium von den Be-
hörden bestimmt oder nach dem Urteil des Dir. geeignet sind, andrerseits durch
coUegialische Berathung allgemein didakt. und pädagog. Fragen sowie besonderer
dahin gehöriger Beobachtungen und Mafsnahmen, eine einheitliche und immer
zweckmäfsigere Gestaltung der Arbeit des CoUegiums an dem gemeinsamen
Werke des Unterrichts und der Erziehung zu sichern. a. Die Gonferenzen
sind entweder allgemeine oder Fach- oder Elassenconferenzen. Die Bechte und
Pflichten der Lehrer hinsichtl. der Beteiligung an denselben ergeben sich aus
§ 6 der Listruction für die Lehrer. b. Abgesehen von den regelmäfsigen,
mindestens alle vier Wochen abzuhaltenden aUgm. Gonferenzen ist es dem Er-
messen des Dir. überlassen, welche Art von Conferenz zur Berathung der ver-
schiedenen Angelegenheiten zu berufen, insbesondere ob die Feststellung der
Zeugnisse und Versetzungen in allgemeinen oder in Elassenconferenzen vorzu-
nehmen sei; über schwere DisciplinarMle jedoch, namentlich über die förmliche
Verweisung eines Schülers, kann nur in einer allgemeinen Conferenz entschieden
werden. c. Der Dir. ist berechtigt und verpflichtet^), Anträge, welche nicht
zur Zuständigkeit der Conferenz gehören, oder welche ihm aus sachlichen
Gründen zu einer Erörterung in der Conferenz nicht geeignet scheinen, von
derselben zurückzuweisen. Persönliche Angelegenheiten der Lehrer, namentlich
etwaige persönliche Differenzen derselben, dürfen in der Conferenz nie zur Ver-
handlung kommen. d. Zur Gültigkeit eines Conferenzbeschlusses ist einfache
Stimmenmehrheit erforderlich. Die Abstimmung, welche in allen zweifel-
haften Fällen einzutreten hat, leitet der Dir. in der Weise, dafi9 die stimm-
berechtigten Lehrer in einer ihren Rangverhältnissen nach aufwärts steigenden
Reihenfolge votiren und er selbst seine bei Stimmengleichheit entscheidende
1) Verf. V. 17. Mai 1879 s. weiterhin,
») Min.. Verf. v. 30. März 1867 s. 8. 60 (nebst Verf. v. 4. Juni 1880 Nr. 1171>
») Verf. V. 29. Jan. 1874 s. S. 68.
*) Min.- Verf. v. 5. Oct 1877 s. weiterhin.
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Stimme zuletzt abg^ebi e. Der Dir. hat dafür Sorge zn tragen, dafs über die
Yerhandlangen und Beschlüsse der Gönferenzen ein ordiinngsmäfsiges Protokoll
aufgenommen wird. Er ist befugt, mit der Protokollführung ein festangestelltes
Mitglied des CoUegiums zu beauftragen. Das Protokoll ist in der Begel noch
in derselben Sitzung festzustellen, von allen anwesenden Mitgliedern zu unter-
zeichnen und im Schularchiv aufeubewahren. f. Der Dir. hat die Ausfühning
der Conferenzbesclilüsse zu überwachen und willkürliche Abweichungen von
denselben seitens der Lehrer nicht zu dulden. Befürchtet er selbst von einem
Gonferenzbeschlufs irgend welchen Nachteil für die Anstalt, so hat er das Becht^
die Ausführung desselben bis zur Entscheidung des E. Prov.Sch.C. auszusetzen,
an welches er in solchem Falle binnen 24 Stunden zu berichten verpflichtet ist
g. Der Dir. hat erforderlichen Falls darauf hinzuweisen, dafs für die Verhand-
lungen der Cohferenz die Bestimmungen über Amtsverschwiegenheit gelten.
C. Bezüglich des ünterrichtszweckes. 29. Dem Dir. liegt die
Leitung und Beaufsichtigung des gesamten Unterrichts ob, an
welchem er sich selbst, je nach der Gröfse der Anstalt, durch die Uebemahme
von wöchentlich bis zu 16 Lehrstunden beteiligen wird; und zwar hat er als
erster Lehrer der Anstalt wenigstens in einem Fache den Unterricht in der
obersten Klasse, womöglich aber auch Stunden in anderen Kl. zu übernehmen.
' 30. Es ist die Aufgabe des Dir., in Gremäfsheit der allgm. Bestimmungen ^
das allmähliche Fortschreiten des Unterrichts zu dem der Anstalt gesteckten
wissenschaftl. Ziele in der Weise zu regeln, dafs auf jeder Stufe die Einheit
der gesamten Geistesbildung den jugendlichen Kräften der Schüler entsprechend
gewtdirt werde. Zu dem Zwecke hat er a. auf Grund von Conferenz-
berathungen den allgemeinen Lehrplan (Grundlehrplan) für die An-
stalt, in welchem die in den verschiedenen Lehrfächern den einzelnen Klassen
und Semestern zufallenden Pensen, Wiederholungen und Uebungsarbeiten')
genau zu bestimmen sind, aufzustellen und zeitgemäfs zu verbessern, auch dafür
Sorge zu tragen, dafs derselbe sowie die dazu gehörigen Normalexemplare der
Grammatiken und betreffs des Memorirstoffs vereinbarten Bestimmungen allen
Lehrern zu jeder Zeit leicht zugänglich sind und es ihnen dadurch möglich
wird, mit der Uebersicht über den gesamten Unterrichtsstoff ein deutliches Be-
wui^tsein über ihre eigene specielle Lehraufgabe zu gewinnen; b. dahin zu
wirken, dafs die didaktischen Grundsätze und die Lehrweisen der
verschiedenen Lehrer sich nicht widerstreiten, sondern unter aUer Wahrung
einer berechtigten Eigenart soweit in Einklang gesetzt werden, als es für die
sichere Erreichung des festgesetzten Lehrzieles noth wendig ist; c. darüber
zu wachen, dafs die Aufgaben für die häuslichen Arbeiten der Schüler für
die einzelnen Klassen und Altersstufen nach Art und Umfang zweckentsprechend
angeordnet werden.')
31. Insbesondere hat der Dir. die jährlichen Lehrpläne unter Be-
achtung der betreffs ihrer Einrichtung und Einsendung erlassenen Verfügungen^)
^) „Lehrpläne für die höheren Schalen nebst der darauf bez. Gircolarver-
fügung V. 31. Mürz 1882*^ and „Allgemeine Bestimmungen betr. Abänderung in
der Abgrenzung der Lehrpensa infolge der Lehrpläne v. 31. März 1882', s. Abt. 1
S. 110 fg. „Ordnung der Entlassangsprüfungen an den höheren Schalen nebst
der darauf bez. Gircularverfügung vom 27. Mai 1882'', s. Abt I S. 393 fg. —
Hinsichtlich der Vorschulen : Min. Verf. v. 23. April 1883, s. Abt. I S. 144 fg.
») Verf. V. 30. Juni 1884 s. Abt. I S. 3J1.
•) Min.-Verff. v. 14. Oot. 1875 s. Abt. I S. 255 f. und v. 10. Nov. 1884
8. Abt. I S. 258 f. (Vgl. Verf. v. 10. April 1885.) — S. Verhandlungen der
2. Direotorenversammlung in der Provinz Schleswig-Holstein.
*) (Verff. V. 25. August 1869 Nr. 1135, v. 29. Jan. 1874 Nr. 193, v. 12. Dec.
1878 Nr. 2607, v. 1. Deo. 1881 Nr. 2844.)
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zu entwerfen und dem £. Prov.Sch.C. zur Grenehmigung vorzulegen, welche dann
auch für jede während des Schuljahres etwa nöthig werdende dauernde Abänderung
derselben erforderlich ist a. Die Pensen-Tabelle (üebersicht der
Pensen u. s. w. far die einzelnen Klassen in allen Lehrgegenständen) ist auf
Grund des allgm. Lehrplanes (s. § 30a) nach Anhörung der Fachlehrer und
mit ihrer Beihülfe zu* entwerfen. Betreffs der Einführung neuer Schul-
bucher sind die besonderen Anordnungen ^) mafsgebend. b. Bei Aufstellung
der Lehrertabelle (üebersicht der Verteilung des Unterrichts und der Ordi-
nariate unter die Lehrer) wird darauf zu achten sein, dafs die Ordinarien
eine gröfsere Zahl von Stunden in ihren Klassen geben, dafs in den ein-
zelnen Klassen der Unterricht in einem Lehrgegenstande in der Regel unge-
trennt in einer Hand bleibt, überhaupt einem Lehrer möglichst selten nur ein
paar Stunden in einer Klasse gegeben, vielmehr innerlich verwandte Lehrfächer
auch durch die Person des Lehrers verbunden ^) werden, femer dafs die Lehrer
in den mit nur wenig Stunden bedachten Fächern, besonders in dem Beligions-
unterricht^), in den aufeinander folgenden Klassen nicht ohne Noth zu ofb
wechseln. Indessen mufs bei den diesbezüglichen Anordnungen die genaue
Kenntnis der einzelnen Persönlichkeiten und ihrer Befähigung bestimmend sein.
c. Für die Gestaltung des Stundenplans sind hinsichtlich der Anordnung
von Unterrichtszeit und Pausen, bei welcher aufser den allgemeinen Forderungen
der Gesundheitspflege auch die localen Verhältnisse nicht unberücksichtigt
bleiben können, die besonderen Bestimmungen^) mafsgebend; im Allgemeinen
ist aber überall* darauf zu achten, dafs der obligatorische Unterricht in der
Stundenlage vor dem facultativen bevorzugt und dafs die Morgenstunden mög-
lichst den wissenschafU. Lehrgegenständen vorbehalten werden. Hinsichtlich
der Bücksichtnahme auf den Confirmandenunterricht sind die besonderen mit
dem K. Consistorium vereinbarten Bestimmungen^) genau inne zu halten.
Wird auch der Dir. bei Aufstellung der Lehrertabelle und des Stundenplanes,
falls es ohne Nachteil geschehen kann, auf die Neigungen und billigen Wünsche
der Lehrer sowie auf eine angemessene Arbeitsveiieilung Bücksicht nehmen, so
steht doch die Entscheidung in dieser Beziehung ihm allein zu; nur für die
Uebertragung einer von den Bestimmungen des Prüiungszeugnisses abweichen-
den Lehrthätigkeit ist die Zustimmung des betr. Lehrers erforderlich.
32. Es ist Pflicht des Dir., eine pünktliche und zweckmäfsige Durch-
führung des genehmigten Lehrplanes in allen seinen Teilen zu sichern.
Demgemäfs gehört es zu seinen wesentlichsten Obliegenheiten, die Unterrichts-
stunden besonders der jüngeren Lehrer wiederholt zu besuchen, die Hefte einzelner
Schüler und ganzer Klassen zu revidiren, die Klassenbücher*) einer regelmäfsigen
ControUe zu unterziehen, auch in geeigneten Fällen Wiederholungen und Prüj^ngen
selbst abzuhalten oder in seiner Gegenwart abhalten zu lassen.
33. Der Dir. hat unter Einhaltung der in Betreff des erforderlichen Lebens-
alters bestehenden Verordnungen '') und unter Berücksichtigung der bezüglich der
Frequenz und der Baumverhältnisse einzuhaltenden Grenzen über die Aufnahme
neuer Schüler zu entscheiden. Er ist befugt, die Aufnahme zu verweigern,
0 Min.- Verf. v. 12. Jan. 1880 b. Abt. I S. 366 f. (und Verf. v. 2. Nov.
1881 Nr. 2613.)
') VgL Erlänterangen zu den Lehrplänen v. 31. liärz 1882 zu 7 und 8 c.
») Min.-Verf. v. 17. März 1882 8. Abt. I S. 164.
*) Verf. (V. 28. März 1876 Nr. 786) v. 4. Sept. 1883 s. Abt. I S. 312. Min.- Verf.
V. 10. Nov. 1884 8. Abt. I S. 243.
») (Verf. V. 18. Sept 1875 Nr. 1903.)
•) (Verf. V. 28. Oct. 1869 Nr. 1442.)
') Min.- Verf. v. 23. April 1883 8. Abt. I S. 144. Vgl. Verf. v. 7. JuU 1869
8. Nachträge zu Abt I S. 313.
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sobald das Betragen des angemeldeten Schülers in der Mher von ihm besuch-
ten Anstalt zu Ausstellungen Anlafs gegeben hat oder der Gnind fnr einen
Wechsel der Schnle nicht klar nachgewiesen ist; in ZweifelföUen ist an das E.
Prov.Sch.G. zn berichten.^) Andrerseits ist für die Aufnahme von Schülern, die
anderswo förmlich verwiesen worden sind ^), oder die in der Entlassnngsprüfang
nicht bestanden haben ^), die besondere Genehmignng cles E. ProY.Sch.G. er-
forderlich, a. Der Dir. hat sich bei der Aufnahme neuer Schüler den
Tanf- bezw. Geburtsschein derselben sowie den Impf- bezw. Wiederimpfungs-
schein^) vorlegen zu lassen und, falls der Angemeldete schon eine öffentl. Schule
besucht hat, ein ordnungsmäfsig ausgestelltes Abgangszeugnis derselben zu
fordern. b. Eommt ein Schüler unmittelbar oder nach kurzer Unterbrechung
des Schulbesuches von einer preufsischen höh. Lehranstalt, so ist hinsichtlich
der Anweisung der Elasse das Verfahren durch allgemeine Bestimmungen^)
vorgeschrieben. In allen anderen Fällen ist zu diesem Zwecke eine Auftiahme-
prüfung vorzunehmen. Ueber den Ausfall derselben wird ein Zeugnis nicht
ausgestellt; dagegen hat der Dir., falls die Meldung zurückgezogen werden
sollte, auf das vorgelegte Abgangszeugnis der zuletzt besuchten Schule einen
Vermerk über den Tag und das Ergebnis der Prüfting zu setzen. c. Die
aufgenommenen Schüler hat der Dir. ordnungsmäfsig in das Album der Schule
einzuschreiben, zu genauer Befolgung der Schulordnung zu verpflichten und dem
betr. Ordinarius zu überweisen.
34. Dispensationen von einzelnen Unterrichtsfächern, soweit
solche überhaupt zulässig sind*), hat allein der Dir. zu erteilen. Ebenso ist
er allein befugt, unter besonderen Umständen auch aufserhalb der allgemeinen
Festtage und Ferienzeiten den Ausfall des Unterrichts anzuordnen, und
zwar för die ganze Anstalt auf einige Stunden, für einzelne Elassen bis zur
Dauer eines Tages; über eine dieses Mafs überschreitende Unterbrechung des
Unterrichts ist an das E. Prov.Sch.G. zu berichten.
35. Bei den Versetzungen sind die Elassenleistungen der Schüler
entscheidend. Dem Ermessen des Dir. ist es anheimgestellt, ob und in welcher
Weise durch die Einrichtung besonderer mündlicher und schriftlicher Prüfungen
am Schlüsse des Gursus die Gewähr für ein sicheres Urteil über die Leistungen
der Schüler zu gewinnen ist; er ist befugt, zu solchen Prüfungen die übrigen
Lehrer der Elasse bezw. des betr. Faches zuzuziehen. Hinsichüich der in der
Gonferenz unter Berücksichtigung der Gensur festzustellenden Versetzung der
einzelnen steht jedem stimmberechtigten Lehrer der Elasse ein Votum zu, für
welches jedoch immer die Gesamtheit der Prädicate mafsgebend sein mufs; die
schliefsliche Entscheidung aber hat der Dir. Derselbe ist auch ermächtigt''),
solche Schüler der drei unteren EL, für welche, nachdem ihnen auch nach zwei-
jährigem Aufenthalt in derselben El. die Verseilung noch nicht hat zugestanden
werden können, nach dem einstimmigen Urteil ihrer sämtlichen Lehrer ein
längeres Verweilen auf der Schule nutdos sein würde, aus der Anstalt zu ent-
fernen; doch ist es für ein derartiges, nicht als Strafe anzusehendes Verfahren
erforderlich, dafs den Angehörigen solcher Schüler mindestens ein Vierteljahr
zuvor eine darauf bezügliche Nachricht gegeben worden ist.
*J [Min.- Verf. v. 31. März 1884 U. H 679 (mitget. am 12. Mai 1884).]
») Verf. V. 8. Mai 1872 s. Abt. I S. 363.
») (Verf. V. 2. Jan. 1883 Nr. 3249.)
*) Min.- Verf. v. 7. Jan. 1874 s. Abt. I S. 276 (Verf. v. 12. Aug. 1876 Nr. 1617).
») Min.- Verf. v. 30. Juni 1876 und v. 15. März 1883; Verf. v. 27. Juni
1884 8. Abt I S. 322 fg.
^ VgL in den Lehrplänen v. 31. März 1882 die Bemerk, zu I A. 1 u. Abt. I S. 245.
') Mm.- Verf. v. 4. März 1862 s. Abt I S. 319. Vgl. Verf. v. 7. Juli 1869,
S. 185 Anm. 7.
187
36. Das bei der Erteilang derZeagnisee über die wissenschaftliche
Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst zn beob-
achtende Verfahren ist dorch besondere Bestimmungen ^) geregelt; ebenso sind
die Obliegenheiten des Dir. bei den Reifeprüfungen besonders festgestellt^)
37. Yerläfst ein Schüler die Anstalt vor Beendigung der Schulpflicht, so hat
der Dir. nach Mafsgabe der besonderen Bestimmungen^) der betr. Ortsschul-
behörde davon Mitteilung zu machen.
D. Bezüglich des Erziehungszweckes. 38. Es ist Pflicht des
Dir. darauf hinzuwirken, dafs die Schule ihrer religiös-sittlichen Aufgabe,
an deren Lösung sie neben und mit der Familie und Kirche zu arbeiten hat,
nicht blofs mittelbar durch Art und Geist des Unterrichts, sondern auch un-
mittelbar durch eine ihr Ziel mit gleichbleibender Festigkeit und doch mit
umsichtiger Milde yerfolgende erziehliche Einwirkung auf die ihr anvertraute
Jugend an ihrem Teile in vollem Mafse gerecht werde. 39. Zu dem Zwecke
hat der Dir. vor allen Dingen darüber zu wachen, dafs die Lehrer in pflichtr
treuer Arbeit und sittlicher Selbstbeherrschung den Schülern als Vorbild und
Beispiel voranleuchten und bei aller individuellen Verschiedenheit einmüthig
dahin wirken, in den Herzen der Schüler eine ide^Je Lebensauffassung und
diejenige pietätsvolle Gesinnung zu wecken und zu kräfügen, welche sich dereinst
im Mannesalter in gewissenhafter Pflichterfüllung, in edler Sitte, in Achtung
vor göttlicher und menschlicher Ordnung, in Liebe und Treue gegen König und
Vaterland zu bewähren und zu bethätigen hat 40. Im Besonderen hat der
Dir. innerhalb der Schule dafür Sorge zu tragen, dal^ durch einen Herz
und Gemüth ergreifenden Religionsunterricht, durch die Sitte gemeinsamer Schul-
andachten, überhaupt durch angemessene Förderung der Beziehung zwischen
Schule und Kirche^) ein gottesfurchtiger Sinn geweckt und das Bewul^tsein der
Glaubensgemeinschaft in den Schülern gestärkt werde; dafs durch eine aus-
reichende und geregelte Beaufsichtigung der Schüler auch aufserhalb der Lehr-
stunden zu jeder Zeit in den Schulräumen bei Gewährung aller statthaften Freiheit
der Bewegung doch Ordnung und Anstand gewahrt und jeder Zuchtlosigkeit
vorgebeugt werde; dafs endlich auch die Art der Feier an den vaterländischen
oder sonstigen Festtagen geeignet sei, die Herzen der Schüler zu ergreifen und
zu erwärmen. 41. Auch auf die Führung der Schüler aufserhalb der
Schule hat der Dir. sein Augenmerk zu richten und dahin zu wirken, dafs
durch sie das Unterrichts- und Erziehungswerk der Schule keine Schädigung
erfahre. Er ist verpflichtet, etwa Bedenken erregende Beobachtungen hinsichtlich
des Auftretens, des Verkehrs und Umganges, der Leotüre u. s. w. der Schüler
deren Angehörigen mitzuteilen, aber auch unter allen Umständen befugt, gegebenen
Falles die Zöglinge der Anstalt für aufserhalb der Schule begangene Unge-
bührlichkeiten zur Verantwortung zu ziehen. Seine besondere persönliche Für-
sorge wird er den von dem Eltemhause getrennten Schülern zuzuwenden haben;
er hat das Recht und die Pflicht, nöthigenfalls das häusliche Leben solcher
Schüler zu überwachen bezw. eine besondere Beaufsichtigung derselben anzu-
ordnen. Wie ihm allein die Entscheidung über die Zulässigkeit der einzelnen
») Min.Verff. v. 29. Mai 1877, v. 9. Aug. 1877, v. 31. Jan. 1878, v. 17. Juni
1879, V. 9. Febr. 1881, v. 9. Mai 1881, v. 26. Juni 1882, v. 8. Juli 1885 s. Abt. I
S> 466 fg. — (Verf. v. 20. Dec. 1883 Nr. 3224.)
^ „Ordnung der Entlassungsprüfungen an den höheren Schulen v. 27. Mai
1882" 8. Abt I 8. 393 nebst Min.Verff. v. 24. Dec. 1884 dgl. S. 427, v. 30. Juni
1885 dgl. S. 435, v. 9. Juli 1885 dgl. S. 443. — [Ferner Min. Verf. v. 31. Dec.
1877 ü. ra. n. 17554 fmitget. am 12. Jan. bezw. 8. Nov. 1878); VerflF. v. 22, Nov,
1878 Nr. 2426, v. 23. Juni 1882 Nr. 1590, v. 17. Oot. 1882 Nr. 2743.1
») (Verf. V. 24. April 1884 Nr. 883.)
*) Verf. V. 30. Jan. 1880 s. Abt. I S. 326.
188
Fensionate zusteht, so ist er auch befhgt^, die fernere fienntznng einer Pension,
in welcher die Leitang der Schüler sich als unzureichend erwiesen hat, zu unter-
sagen. Im Uebrigen wird er aber auch durch geeignete Mafsnahmen zu verhüten
suchen, dafs sich die Schuler die ihnen nach der Arbeit nothwendige Erholung
und die Gelegenheit zu geselligem Verkehr unter einander im Gegensatz zur
Schule bereiten zu müssen glauben.^)
42. Der Dir. wird die Lehrer zu ausfuhrlichen Mitteilungen über den
Fleifs und das Betragen ihrer Schüler veranlassen und das sittliche Verhalten
sowohl einzelner Zöglinge als auch ganzer Klassen zum Gegenstände der
Conferenzberathung machen, um auf Grund derselben eine gleichmäfsige und
consequente Behandlung der Schüler zu sichern. Im Uebrigen hat er behufs
einheitlicher Handhabung der Zuchtmittel seitens des gesamten Collegiums
die hinsichtlich des Strafverfahrens vom £. Prov.Sch.C. festgestellte Ordnung 3)
jedem Lehrer vor Antritt des Amtes mitzuteilen und von ihm unterschreiben zu
lassen, femer auch auf eine mafsvolle Ausübung des Strafrechts im Sinne des
§ 5 der Instruction für die Lehrer zu halten. . 43. Der Dir. hat darüber zu
wachen, dafs die regelmäfsigen Censuren sowie die Abgangszeugnisse
den Vorschriften der bestehenden Censurordnung^) entsprechend ausgestellt
werden und in allen Urteilen, unbeschadet der nothwendigen Strenge und Un-
parteilichkeit, der von aller Erbitterung freie Ton einer väterlichen Gesinnung
herrsche. 44. Die Strafe der Entfernung oder Verweisung eines
Schülers von der Anstalt ist dann zur Anwendung zu bringen, wenn die ge-
wöhnlichen Zuchtmittel der Schule sich als nicht wirksam erwiesen haben, oder
wenn ein Schüler sich ein so grobes Vergehen hat zu Schulden kommen lassen,
dafs von seinem längeren Verbleiben auf der Anstalt schädliche Folgen für die
übrigen Schüler oder die Schulzucht zu befürchten sind; sie wird deshalb der
Begel nach hinsichtlich, der Schüler der unteren El. ausgeschlossen sein. Von
der Entfernung oder Verweisung eines auswärtigen Schülers hat der Dir. unter
Umständen der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen.
45. Pflicht des Dir. ist es, auch auf das leibliche Wohl der Schülejr,
soweit von der Schule dafar gesorgt werden kann, unausgesetzt Bedacht zu
nehmen. a. Er hat einerseits den Turnunterricht und die Veranstaltung
gemeinschaftlicher Tumspiele und Ausflüge zu fördern'^), andrerseits durch ge-
eignete Anordnungen für die gröfste Sauberkeit in allen Räumlichkeiten der
Schule*), periodische Reinigung der Luftheizungseinrichtungen'') und regel-
mäfsige Lüftung der Unterrichtsräume auch in den gröfseren Pausen, während
welcher die Schüler in üer Begel die Klassen zu verlassen haben, sowie für
zweckmäfsige Einrichtung und Aufstellung der Subsellien®) Sorge
zu tragen, auch die Lehrer anzuhalten, dafs sie während des Unteirichts dauernd
auf richtige Körperhaltung und die Schonung der Sehkraft bei den
Schülern achten, auf welchen letzteren Punkt schon bei der Aufstellung des
Stundenplanes ebenso Bücksicht zu nehmen ist, wie auf die Vermeidung geistiger
Ueberanstrengung der Schüler (s. § 31c). b. Die Obliegenheiten des Dir.
») Min.VerfF. v. 29. Mai 1880 s. Abt. I S. 339 [und v. r. Juli 1880 U. H *
2018 (mitget. am 2. Aug. 1880)1.
») VerfF. V. 7. Dec. 1869 s. Abt. I S. 337 (v. 28. März 1876 Nr. 753).
») Verf. V. 3. Mai 1872 nebet Verf. v. 12. Jan. 1875 s. Abt. I S. 363 fgJ»
*) Verf. v. 13. Febr. 1881 s. Abt I S. 354.
») Verff. V. 15. Nov. 1870 s. Abt. I 8. 231 fund 18. Juni 1881 Nr. 1207).
— Min.VerflF. v. 27. Cot. und v. 30. Juli 1883 s. Abt. I 8. 232 fg.
•) Verf. V. 3. Febr. 1875 s. Abt. I S. 270.
A Verf. V. 9. März 1882 8. Nachträge: Verf. des Min. der ö£fentl. Arb.
V. 28. Jan. 1882.
•) Verf. V. 11. Jan. 1883 fl. Abt I 8. 311.
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bei der Wiederimpfung der Schüler sind durch besondere Vorschriften^)
festgestellt; nach derselben sind die betr. Schüler anf 14 Tage vom Tnm-
nnterricht zu dispensiren. ^) c. Dem Ermessen des Dir. ist die Entscheidung
darüber anheimgestellt, inwieweit (nach Mafsgabe von § 34) bei grofser Hitze
der Unterricht auszusetzen ist d. Bei dem Auftreten ansteckender
Krankheiten ist nach den Anordnungen zu verfahren, welche zur Verhütung
der Uebertragung durch die Schulen erlassen worden sind.')
IV. Verhältnis zu den Eltern u. s. w. der Schüler. 46. Der
Dir. hat, soweit es thunlich ist, ein Zusammenwirken der Schule und Familie
anzustreben. Die Angehörigen der Schüler erhalten durch die Schulordnung,
die Correctnrprädikate, die Censuren und sonstige directe Mitteilungen fort-
gesetzt Kenntnis von den Forderungen der Schule hinsichtlich der Schulzucht
bezw. von dem Urteile der Lehrer über die Führung und die Leistungen der
betr. Zöglinge; aufserdem ist der Dir. verpflichtet, den Eltern bezw. Vormündern
und Pensionsgebem der Schüler auf ihre Anfrage jede Auskunft über dieselben
zu erteilen, auch nnau^efordert, wo er Bath, Mahnung und Warnung far an-
gezeigt hält, rückhaltlose Mitteilungen zu machen, um möglichst in vollem Ein-
vernehmen mit jenen die zum Wohle der gemeinsamen Pflegebefohlenen etwa
nothwendigen Mafsregeln ergreifen zu können. Andrerseits hat aber der Dir.
auch das Becht, von der Familie für die Schule und die Forderungen ihrer
Ordnung rücksichtsvolles Entgegenkommen und die zu einer gedeihlichen
Förderung des Unterr. und der Erziehung unentbehrliche thätige Mitwirkung zu
verlangen. Er hat Eingriffe in die Bechte des Hauses vorsichtig zu meiden,
unberechtigten Forderungen aber mit Nachdruck entgegenzutreten.
Bei denjenigen Anstalten, deren eigentümliche Verhältnisse es bedingen,
dafs dem Dir. noch eine besondere Instruction erteilt wird, gelten die Be-
stimmungen der allgm. Dienstinstruction nur insoweit, als dieselben durch jene
besondere nicht abgeändert werden. Schleswig. K. SchulcoUegium. gez.
Steinmann.
Anhang. A. Periodisch zu erstattende Berichte.^) Januar: zum
10. Anmeldung der Abiturienten des Ostertermines und Vorschläge far die Auf-
gaben, oder Vacatanzeige (§ 36). * Zum 20. Vorläuflge Uebersicht über die
Einnahmen und Ausgaben des laufenden Etatsjahres (Verff. v. 17. Nov. 1871
und V. 23. Jan. 1872). Februar: zum 1. Pensentabelle far das nächste
Schuljahr (§ 31a). März: zum 1. Lehrertabelle far das nächste Schuljahr
(§ 31b). Sofort nach Erscheinen des Programmes Einsendung desselben
(§ 13). * Zum 31. Nachweisung über Witwen- und Waisengeldbeiträge
(Verf. V. 5. Jan. 1883). April: sofort nach Schlufs des Wintersem. Bericht
über das Probejahr der zu Ostern des Vorjahres eingetretenen Candidaten (§ 27).
Spätestens vier Wochen nach Abschlufs der BeifeprüAing Einsendung der dieselbe
betreffenden Acten (§ 36). Zum 16. Nachtrag zu den Anträgen auf Unab-
kömmlichkeit von Lehrern für das laufende Kalenderjahr (Verff. v. 15. Dec.
1870 und V. 5. Febr. 1876). Vierzehn Tage nach Beginn des Sommersem.
Einsendung des Stundenplanes für dasselbe (§ 31c), * dazu Bericht über die
Hülfsunterrichtskosten (Verf. v. 21. Oct. 1868). Desgl. Uebersichten über die
Frequenz des Winter- und zu Anfang des Sommersem. (Verff. v. 7. Mai 1878
bezw. V. 9. April 1885 und v. 21. Aug. 1885). Mai: zum 1. Nachweisung
*) (Verf. V. 24. Mai 1875 Nr. 1186.)
«) Min. Verf. v. 18. Juni 1878 8. Abt. I S. 231.
*) Min.Erll. v. 14. JaU 1884 und v. 6. Aug. 1885 8. Abt. I S. 273 fg.
^) Mit * sind diejenigen bezeichnet, welche nur für die Anstalten königlichen
f atronates zu erstatten sind.
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der im Terflossenen Schnljalir geprüften MataritfttBaspiranten (Yerff. v. 14. Jan.
1880 und T. 9. April 1885. Znm 15. Nachweisnng der Yerändeningen in den
Personal- and Einkommensverhältnissen der Lehrer (Verf. v. 25. März 1881).
* Desgl. Finalabschlofs far das abgelaufene Etatsjahr (Yerf. v. 1. Not. 1876).
Jali: * znm 1. Einreichnng der Anstaltsrechnongen (Begnlativ v. 4. Mai 1869
§ 13). Znm 10. Anmeldung der Abiturienten des Michaelistermines und Vor-
schläge für die Aufgaben, oder Yacatanzeige (§36). September: zum 1. Etwaige
Anträge auf Aenderungen in der Lehrer- und Fensentabelle für das Wintersem.
(§ 31). Sofort nach SchluTs des Sommersem. Bericht über das Probejahr der zu
Mich, des Vorjahres eingetretenen Candidaten (§ 27). [Spätestens vier Wochen
nach Abschlufs der fieifeprüfong Einsendung der dieselbe betreffenden Acten
(§ 36).] October: zum 1. Bericht über den Inhalt des nächsten Programmes
(§ ' 13). Zum 16. Anträge auf ünabkömmlichkeit von Lehrern für das nächste
Kalenderjahr (Verff. v. 15. Dec. 1875 und v. 5. Febr. 1876). Vierzehn Tage
nach Beginn des Wintersem. Einsendung des Stundenplanes für dasselbe
(§ 31c), * dazu Bericht über die Hülfsunterrichtskosten (Verf. v. 21. Oci 1868).
Desgl. Uebersichten über die Frequenz des Sommer- und zu Anfang des Winter-
sem. (Verff. V. 7. Mai 1878 bezw. y. 9. April 1885 und y. 21. August 1885).
Noyember: zum 15. Nachweisung der Veränderungen in den Personal- und
Einkommensyerhältnissen der Lehrer (Verf. y. 25. März 1881). December:
zun 1. etwaige Anträge auf Einführung neuer Schulbücher für das nächste
Schuljahr (§ 31a). Zum 31. Zu- und Abgangsliste zu dem Verzeichnis über
gestundete Studienhonorare der Lehrer, oder Vacatanzeige (Verf. y. 22. Noy.
1879). Die dreijährigen Verwaltungsberichte nebst Personalbestands-
nachweisung sind für dSe Gymnasien in den Jahren 1886, 1889 u. s. w., für
die Bealanstalten in den Jahren 1888, 1891 u. s. w. fällig und zwar stets zum
1. Juni einzureichen (Verff*. y. 4. Mai 1870 und y. 18. December 1878).
B. Form der Berichte. 1. Die Berichte sind auf ganzen, halb-
gebrochenen Bogen yon yorgeschriebenem Format (Min.-Verf. y. 15. März
1877) zu schreiben; links: oben der Name der Schulanstalt, darunter eine
kurze Angabe des Inhalts (betrifft . . . .) bezw. die Bezeichnung der yer-
anlassenden Verfügung nach Datum und Nummer (zur Verf. yom Nr. . .)
und die Zahl der Anlagen (. . Anlagen), ganz unten die innere Adresse; rechts:
oben Ort und Datum, darunter mit Freilassung eines etwa yier Finger breiten
Baumes der Text des Berichtes. 2. Verfügungen, auf welche Bezug genommen
wird, sind nach Datum und Nummer genau zu bezeichnen. Auf Anlagen ist
an der AnführungsstoUe durch einen Bandstrich links yom Bruche hinzuweisen;
sind mehrere Anlagen dem Berichte beigegeben, so sind dieselben zu numeriren
und die entsprechende Zahl über den betr. Bandstrich zu setzen. 3. Umfafst
ein Bericht mehrere Bogen so sind dieselben zu hefben. 4. Bezüglich der
Curialien ist die Verfügung yom 27. Sepi 1883 ^) mafsgebend. 5. Pakete und
sonstige Einsendungen sind mit besonderem Begleitbericht zu yersehen. Der-
*) C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 27. Sept. 1883. „Nach
den für die Schreibweise in der Preufs. Monarchie bestehenden Vorschriften ist
in den Berichten an yorgesetzte Instanzen als Anrede jederzeit nur die Firma
dieser letzteren untrer Weglassang aller Curialien zu gebrauchen. Die Anrede an
das unterzeichnete Kollegium lautot demgemäfs einfach „Das Königliche Proyinzial-
Schulkollegium", wogegen jede andere Bezeichnung („Die hohe Behörde**, „Das
hohe Kollegium** eto.) zu unterbleiben hat. Ebenso wird darauf aufmerksam
gemacht, dafs, wenn im Texte des Berichtes zwar in Bezug auf die gestellten
Anträge, Anfragen oder Gesuche die Bezeichnung „gehorsamst'* zu gebrauchen ist,
die Unterzeichnung lediglich mit der Firma des berichtenden Beamten ohne diesen
Zusatz stettzufinden hat.** Königliches Proyinzial-Schulkollegium für Schleswig-
Holstein, gez, ßteifumann.
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selbe kann in yielen Fällen z. B. bei Tabellen nnd Plänen in der Fonn ge-
geben werden, dafs das begleitende Anschreiben direct auf die erste Seite des
betr. Schriftstückes gesetzt wird. 6. Verschiedenartige Gegenstände dürfen
weder in einem und demselben Bericht behandelt noch mit nur einem Begleit-
bericht eingesandt werden. 7. Zur Yermeidiing nnnöthiger Portoaofv^endong
sind Berichte ohne Anlagen, welche nicht mehr als die beiden ersten Seiten
eines Bogens füllen, ohne besonderen Umschlag zu schliefsen; ans demselben
Grunde sind zn derselben Zeit fällige Berichte za einem Poststück zn vereinigen.
Provinz Hannover.
Instr. V. 4. Mai 1873.
Gegenwärtige Instruction bezeichnet die Pflichten und Befugnisse, welche
den Dir. resp. Bectoren der höh. Lehranstalten im Ressort des unterzeichn. E.
ProT.Sch.O. der Prov. Hannover hinsichü. der inneren und äufseren Anglgh. der
ihnen anvertrauten Schulen obliegen und zustehen.
I. Amtl. Stellung und Aufgabe desDirectors im Allgemeinen.
§ 1. Der Dir. ist als Vorsteher und Leiter der ihm anvertrauten Anstalt für
die Gesamtwohlfahrt derseloen verantwortlich. Wie er daher zu sorgen hat,
dafs der Zweck der Schule, Wissenschaft!. Bildung der Jugend und Erziehung
derselben zu wahrer Gottesfurcht, edler Sitte und aufopfernder Vaterlandsliebe
i^rreicht werde, so ist er auch hinsichü. der äufseren Verhältnisse verpflichtet,
allen Schaden von der Anstalt nach Kräften abzuwenden und ihr Gedeihen und
ihren Vorteil gewissenhaft wahrzunehmen.
n. Verhältnis zu den Behörden. § 2. Die dem Dir. zunächst
voigesetzte Staatsbehörde ist das unterzeichn. E. Provinzial-Schulcollegium.
§ 3. Die Befugnisse des Patronats, resp. der für die Anstalt etwa eingesetzten
Localschulbehörde, hat der Dir. zu respectiren, in den zutreffenden FäUen sich
an dieselben zu wenden, ihre Vermittelung zu beanspruchen und amtl. Auskunft
über die Zustände der Anstalt auf Erfordern ihnen bereitwillig zu erteilen. Es
gehört zu der. Aufgabe des Dir., welcher in der Begel Mitglied dieser Local-
schulbehörde ist, das Interesse derselben, sowie das Interesse des Patronats an
dem Gedeihen der Schule rege zu halten und sich eines guten Vernehmens
mit denselben wie mit den Ortsbehörden zu befleifsigen. § 4. In seinem
Verhältnis zur Staatsbehörde ist der Dir. das Organ, durch welches dieselbe
einerseits Verfügungen, welche die Anstalt betreffen, zur Ausführung bringt,
andererseits von den Zuständen derselben Eenntnis erhält § 5. Demnach
hat der Dir. die an die Anstalt gerichteten Schreiben zu eröffnen und die
von derselben ausgehenden Schriftstücke, Documente und Zeugnisse zu ent-
werfen, resp. zu vollziehen und erforderlichen Falls mit dem Amtssiegel zu
beglaubigen.
§ 6. Die bestehenden Anordnungen« sowie die an ihn ergehenden Ver-
fügungen des E. ProvSch.C. hat derselbe auszuführen oder etwan. Bedenken
dagegen zur Anzeige zu bringen, die periodischen'") oder sonst von ihm er-
•) 1; Verwaltungsbericht (Verff. v. 30. April 1872 u. 17. Dec. 1878), 2. Personal-
veränderungg-Nachweis (Verff. v. 25. Nov. 1871, 9. Juli 1872, 8. Febr. 1882, 1. Oct.
1886), 3. Anträge auf Zuriickstellung militärpflicht. Lehrer (Verf. v. 22. April 1871),
4. Bericht über das von Probeoandd. absolvirte Probejahr (Verff. v. 25. Jan. 1870
u. 1. Aug. 1872), 5. Einreichong des Lehrplans (Verff. v. 30. April 1872 o. 13. Dec.
1875), 6. Frequenzlisten (Verf. v. 5. Mai u J6. Juni 1868 u. 14. Jan. 1885),
7. Ajimeldung der Abitorientenpriifungen, Einsendung der Abittirientenarbeiten,
der Ueberftiöht der Ergebnisse der Abiturientenprüfangen (Verff. v. 17. April 1870,
20. Jan. 1875, 1'3. Jan. 1885), 8. Antrag auf Genehmigung der Einfahrung neuer
Lehrbücher (Verf. v. 20. Jan. 1880), 9. Nachweisong über die den Lehrern etc.
192
;
forderten Berichte rechtzeitig zn erstatten, üher alle for die Anstalt wichtigen
Ereignisse anch unaufgefordert und ungesäumt dem K. ProT.Sch.C. zu berichten
und den Gommissarien der Behörde jede amü. Auskunft bereitwillig und rück-
haltlos zu erteilen. § 7. Namenü. hat er die Erledigung einer Lehr-
stelle dem E. Proy.Sch.C. und bei Anstalten nicht königL Patronats auch
dem Patron unter Angabe des zu deckenden ünterrichtsbedürfiiisses ungesäumt
anzuzeigen und ist befugt, far die Wiederbesetzung der Stelle bestimmte Vor-
schläge SU machen.
§ 8. Innerhalb der Schulzeit ist der Dir. befugt, in dringenden Fällen
sich auf 4 Tage selbst zu beurlauben und sich einen Stellvertreter zu be-
stellen, wovon uns jedoch Anzeige zu machen ist; for einen längeren Urlaub
hat er unter gleichzeit. Einreichung geeigneter Vorschläge zu seiner Stell-
vertretung, welche in der Begel durch den ersten Lehrer der Anstalt bewirkt
werden wird, unsere Genehmigung einzuholen und bei Anstalten nicht königl.
Patronats sich, wo dies herkömmlich, zuvor der Zustimmung des Patronats zu
versichern. Wünscht derselbe während der Ferien zu verreisen, so bedarf er
keines Urlaubs, hat jedoch uns, resp. auch der localen Schulbehörde eine Anzeige
davon unter Bezeichnung seines Stellvertreters während seiner Abwesenheit
-rechtzeitig zugehen zu lassen. § 9. Beabsichtigt der Dir. aus seinem Amt
auszuscheiden, so hat er mindestens 3 Monate vor Schlufs des Halbjahrs dem
E. Prov.Sch.C. sein Entlassungsgesuch und bei Anstalten nicht königl. Patronats
aufserdem dem Patronat seine Eündigung unter Beachtung der etwa vocations-
mäfsig festgestellten Eündigungsfnst einzureichen.
ni. Verhältnis zu der Anstalt a. Im Allgemeinen. § 10. Ob-
gleich die Leitung des Eassen- und Bechnungswesens in der* Begel dem Dir.
nicht obliegt, so muTs demselben doch eine vollständ. Einsicht in die äufseren
Anglgh. der Schule gewährt werden, und wird er namentlich über bauliche
Veränderungen, über Etatsentwürfe und über die Verwendung, etwan. Eassen-
überschüsse zu Anstaltsbedürfhissen gutachtlich zu hören sein. Dagegen unter-
liegen seiner speciellen Aufsicht die Schulgebäude, der Turnplatz, die Schnl-
utensilien, Bibliotheken und die für den Unterr. bestimmten Sammlungen. Er
hat darauf zu achten, dafs dieselben nch in einem Zustande befinden, welcher
den regelm. Gang des Unterr. sichert» und dafs dieselben zu keinem dem Unterr.
oder den Interessen der Schule fremdartigen oder zuwiderlaufenden Zwecke
benutzt werden. — Wie über das gesamte Schulinventar, so hat er auch über
die Bibliotheken und Sammlungen der Anstalt, obwohl in der Begel einzelne
Lehrer mit deren Verwaltung betraut sein werden, eine Aufsicht zu führen, die
Erhaltung und Vermehrung derselben zu leiten, alljährlich eine Bevision der-
selben anzustellen, deren Ergebnisse in einem Protok. niederzulegen und er-
forderlichen Falls, namentlich sobald sich Defecte herausstellen, ungesäumt an
das E. Prov.Sch.C., bei Anstalten nicht königl. Patronats aber an das Patronat
zu berichten. Für die rechtzeitige Abfassung der den Programmen bei-
zugebenden Wissenschaft!. Abhandlung, Welche ihm und den sämtl. definitiv
angestellten wissenschaftl. Lehrern nach einer bestimmten Beihenfolge obliegt,
hat er zu sorgen und den amü. Teil der Programme unter persönl. Ver-
antwortung selbständig abzufassen. Femer liegt ihm die Anlegung und
Verwaltung des Schularchivs ob, sowie ihm auch, resp. seinem SteUvertreter,
während ihrer Universitätsstudien für gehörte Collegien gestundeten Honorare
(Verf. v. 11. Sept. 1879), 10. Uebersicht der vorauBiichtiich im Laufe des
nächsten Beohnungsjahres erforderlichen ordentlichen Unterhaltungs- und sonstigen
baulichen Arbeiten (Verf. v. 3. Febr. 1885), 11. Vorschläge zu Schulgelderlassen
(Verf. V. 26. Aug. 1875), 12. Uebersicht betr. die während des Verflossenen
Semesters beschäftigten ungeprüften Schulamtscandidaten (Verf. V. 4. Dec. 18771
13. Anzeige des Titels der nächsten Programm- Abhandlung (Verf. v. 31. Mai 1875).
193
•
der aasBchliefsl. Gebrauch des Schulsiegels zusteht. Endlich hat er darauf
zu achten, dafs der Schuldiener und sonstige Unterbeamte der Anstalt die
durch ihre Instr. vorgezeichneten Pflichten genau erfüllen, und etwan. Unge-
hörigkeiten zu rügen, erfordert. Falls der Anstellungsbehörde zu weiterer Ver-
anlassung anzuzeigen.
b. Zu den Lehrern. § 11. Der Dir. ist vorsitzendes Mitglied des
Lehrercoll. und der nächste Dienstvorgesetzte sämtlicher an der Anstalt unter-
richtender Lehrer. § 12. Demzufolge hat er die neu eintretenden Lehrer
in ihr Amt förmlich einzuführen, sie mit ihren Pflichten und Obliegenheiten
genau bekannt zu machen, auch auf etwan. besonderen Auftrag des E. Prov.Sch.C.
dieselben in vorschriftsm. Weise eidlich zu yerpflichten. § 13. Wie der Dir.
den Lehrern ihre amtl. Aufgabe zuweist, so hat er auch die Pflicht, darüber
zu wachen, dafs dieselben ihre amtl. Obliegenheiten genau erfüllen und alles
yermeiden, was dem Zweck .des Unterrichts und der Erziehung, sowie der Würde
des Lehrs^ndes zuwider läuft. Findet er in diesen Beziehungen ein amtl. Ein-
schreiten nöthig, so wird er zwar in den meisten Fällen mit freundlichen Er-
innerungen ausreichen und dies um so sicherer, je mehr er selbst collegialische
Gesinnung seinen Amtsgenossen entgegenbringt und unter denselben pflegt und
je fester seine Autorität sich liuf die Achtung vor seiner Lehrgeschicklichkeit
und Gelehrsamkeit, seinem musterhaften Wandel und seiner Berufstreue gründet.
W^o indessen seine Erinnerungen nicht ausreichen, ist er befugt ui^d verpflichtet,
ernstlich und nachdrücklich einzuschreiten, in besonders geeigneten Fällen aber
ungesäumt an das K. Prov.Sch.C. zu benchten. § 14. Die der Anstalt
zugewiesenen Probe c and idaten hat der Dir. angemessen zu beschäftigen,
ihre didakt. Ausbildung teils selbst, teils durch die Mitwirkung der betr. Elassen-
ardinarien und Fachlehrer zu fördern, zu Conferenzen und Schulacten sie heran-
zuziehen, überhaupt ihnen Gelegenheit zu geben, den gesamten Organismus der
Schule möglichst genau kennen zu lernen, über das Ergebnis des Probejahrs aber
in streng sachgemäfser Weis& dem K. Prov.Sch.C. 2u berichten. § 15. Wenn
ein Lehrer durch Krankheit oder andere unabwendbare Hindemisse genöthigt
ist, seinen Unterricht auszusetzen, so hat der Dir. das Nöthige wegen der SteU-
vertretung durch die Mitgl. des Coli, und nur in Nothfällen durch Combination
von Klassen oder Wegfall einzelner Lectionen anzuordnen, dabei aber auf die
möglichst gleichmäfsige Verteilung der Vertretungsstunden unter die Lehrer
und die sonstige Belastung derselben gebührende Bücksicht zu nehmen.
Urlaub zu Beisen in der Schulzeit darf er den darum nachsuchenden Lehrern
in besonders dringenden Fällen und, wenn ihre Vertretung kostenfrei und ohne
Schwierigkeit bewirkt werden kann, bis zur Dauer von höchstens 8 Tagen
erteilen, mufs indessen, wo dies bisher üblich war, davon der localen Schul-
behörde Anzeige machen und sich von deren Zustimmung versichern. Bei
längerer Erkrankung eines Lehrers hat er an das E. Prov.Sch.C. zu berichten
and hinsichtlich der Vertretung die nöthigen Anträge zu stellen.
§ 16. Lehrerconferenzen. Weil nirgends mehr als im Schulwesen
von der richtigen Einsicht, der Uebereinstimmung und dem guten Willen der
Zusammenwirkenden das Gelingen des ganzen Werkes abhängt, so sind die
wichtigeren Anglgh. der Schule in den Lehrerconferenzen zu berathen und zn
ordnen. Dieselben müssen den Charakter der collegialischen Berathung an sich
tragen und nicht blofs die äufseren Verhältnisse der Disciplin, Prüfungen,
Censuren, Zeugnisse, Versetzungen, Schulfeiern berühren, sondern es wird in
ihnen auch der Geist und Zustand der ganzen Schule und der einzelnen Klassen,
der Fleifs, die Fortschritte und das sitü. Leben der Schüler, das Material und
die Methode des Unterrichts, überhaupt alle amü. Angaben der Schule, deren
gemeinsame Berathung angemessen oder wünschenswerth ist, zu erörtern sein.
§ 17. Der Dir. beruft und leitet als Vorsitzender des LehrercoU. die mindestens
Wiese, Verordnungen. IL ^3
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•
allmonatlich und aufserdem, so oft es erforderlich erscheint, abzuhaltenden Lehrer-
conferenzen; er bestimmt die zu behandelnden Gegenstände und die Reihenfolge
derselben, er leitet den Gang der Verhandlungen und der Abstimmung, welche
in allen zweifelhaften Fällen einzutreten hat, endlich teilt er in den Conferenzen
diejenigen Verfügungen der Behörde mit, welche das Ganze der Anstalt betreffen,
oder deren Kenntnis ihm für alle Lehrer von Interesse und Wichtigkeit erscheint
§ 18. Sitz und Stimme in der Lehrerconferenz Kat jeder ordentl. Lehrer, sowie
diejenigen wissenschaftlichen Hülfslehrer, welche eine volle Lehrstelle versehen,
andernfalls nur für die Gegenstände ihres Unterrichts. Die techn. und Elementar-
lehrer nehmen nur dann regelm. an der Conferenz Teil, wenn sie definitiv
angestellt sind und nicht blofs in den etwa mit der Anstalt verbundenen Vorkl.
fungiren; anderenfalls beschränkt sich ihre Teilnahme und ihr Stimmrecht auf
Gegenstände ihres Unterrichts. Den Geistlichen, welche an der Anstalt nicht
fest angestellt sind, sondern nur den Religionsunterricht als aufserordentl. Lehrer
erteilen, steht ein Stimmrecht nur in Betreff der Zöglinge ihrer Confession zu,
und es wird sich dem entsprechend auch ihre Teilnahme an den Conferenzen
beschränken. § 19. In der R«gel stimmt der dem Range nach jüngste
Lehrer zuerst, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Dir. Letzterer
ist befugt, die Ausfühiiing eines Beschlusses der Mehrheit, von welchem er
wesentl. Nachteile für die Anstalt besorgt, einstweilen und bis zur Entscheidung
des K. Prov.Sch.C. auszusetzen, an welches in solchen Fällen sofort von ihm
zu berichten ist. § 20. Ueber die Verhandlungen in den Conferenzen ist
ein den Gang derselben klar wiedergebendes Frotok. zu führen, wozu der
jüngste ordenÜ. Lehrer verpflichtet ist, falls nicht ein anderer Lehrer unter Zu-
stimmung des Dir. die Führung des Protok. übernimmt. Das Protok. wird am
Schlufs der Sitzung vorgelesen, genehmigt, von dem Dir. und Protokollführer
vollzogen und im Schularchiv aufbewahrt § 21. In den Versetzungs-
Conferenzen stimmen über die Versetzung der Schüler nur die Lehrer der betr.
Klasse, der Ordinarius der nächsthöheren Kl. und der Dir. ab. üeber die Ver-
setzung entscheidet Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit giebt auch hier
die Stimme des Dir. den Ausschlag, und ist er aufserdem befugt, gegen die
Versetzung eines Schülers, dessen Reife er zu bezweifeln Ursache hat, ein ent-
scheidendes Veto einzulegen. § 22. Der Dir. ist befugt, zur Berathung
einzelner Unterrichtszweige Fachconferenzen zu berufen, in welchen zu
erscheinen die Lehrer des betr. Fachs verpflichtet sind. § 23. Die Verhandl.
und Beschlüsse der Conferenz müssen, sofern sie nicht ausdrücklich zur Mit-
teilung an Andere bestimmt sind, als Amtsgeheimnis behandelt werden.
c. Zu dem Unterrichtszweck der Anstalt § 24. Dem Dir. ist
die Leitung und Beaufsichtigung des gesamten Unterrichts übertragen, an welchem
er sich selbst in hervorragender Weise beteiligen wird. § 25. Demgemäfs
hat er die Aufstellung eines in Fachconferenzen zu berathenden und von Zeit
zu Zeit zu revidirenden allgm. Unterrichtsplans für die Anstalt zu bewirken und
somit dem gesamten Unterricht seine Einheit und Uebereinstimmung zu sichern.
Auf Grund desselben sind die jährl. Lehrpläne unter Beachtung der für ihre
Einrichtung und Einsendung erlassenen Verfügungen zu entwerfen und dem
K. Prov.Sch.C. rechtzeitig zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. § 26. Die
Verteilung der Lectionen und Ordinariate auf die einzelnen Lehrer steht dabei,
vorbehaltlich unserer Genehmigung, dem Dir allein zu: jedoch wird er be-
rechtigten Wünschen der Lehrer dabei thunl. Rechnung tragen und die
Individualität sowie die wissenschafü. Neigungen derselben möglichst berück-
sichtigen, die innerlich verwandten Fächer thunl. in Eine Hand legen, för die
Ordinariate die bewährtesten Lehrer in Vorschlag bringen und denselben ihren
Einflufs in den betr. Kl. durch Zuteilung von Hauptunterrichtsfachem sichern.
§ 27. Durch fleifsiges Besuchen der Klassen hat der Dir. sich die Ueber/eugung
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zu verschaffen, daXs der genehmigte Lectionsplan zweckm. durchgeföhrt, die Lehr-
fitnnden pünktl. hegonnen und geschlossen, der wissenschaftl. Sinn der Jugend
erweckt und gefördert, und eine ernste jedoch wohlwollende Disciplin gehandhabt
werde. Hinsichtlich der häusl. Arbeiten der Schüler wird er die angemessene
Verteilung auf die einzelnen Tage, die richtige Wahl der Themata, die Pünktlichkeit
und Sorgfalt der Correcturen genau zu beachten haben und zu diesem Zweck
alljährlich die Hefte der Schüler einer Revision unterziehen. § 28. Dispensation
von einzelnen Unterrichtsfächern, soweit dieselbe nach den bestehenden Yerordn.
überhaupt zulässig ist, zu erteilen, steht dem Dir. allein zu: § 29. Ebenso
ist derselbe zur Ansetzung von Klassen- und Versetzungsprüftingen befugt, wie
ihm auch die Ansetzung und Ordnung der öffentl. Schlufsprüfungen, der Schulacte,,
Schulfeiern und Schulandachten zukommt
d. Zu den Schülern der Anstalt. §. 30. Da die wissenschaftl.
und die sittl. Bildung der Schüler sich gegenseitig bedingen und ergänzen, so
hat der Dir. danach zu streben, dafs Fleifs, Gehorsam, ehrbare Sitte und
Frömmigkeit unter den Schülern herrschen. In dieser Beziehung werden Dir.
and Lehrer zwar zunächst durch das eigene Beispiel eines pflichttrej^en, sittlich
ernsten und frommen Wandels auf die Jugend einwirken, aufserdem aber auch
durch sorgfaltige und übereinstimmende Anleitung und Gewöhnung, durch liebe-
volle Belehrung und Zurechtweisung und nöthigenfalls durch strenge aber gerechte
Strafen die sittl. Bildung ihrer Schüler fördern. § 31. Dem Dir. liegt es
ob, die neu aufzunehmenden Schüler entweder allein zu prüfen oder die Prüfung
derselben anderen Lehrern zu übertragen, die Klasse zu bestimmen, in welche
sie nach dem Mafs ihrer gesamten Entwickelung gehören, und sie auf die Schul-
ordnung zu verpflichten. Die Aufnahme in die Vorschule darf nicht vor voll-
endetem 6. Lebensjahre, diejenige in die VI nicht vor vollendetem 9. Lebens-
jahre und nur bei körperlich und geistig, besonders kräftigen Knaben einige
Monate früher erfolgen. Jeder neu aufzunehmende Schüler, welcher schon
eine öffentl. Lehranstalt besucht hat, mufs ein ordnungsm. ausgestelltes Abgangs-
zeugnis vorweisen, welches der Dir. dem betr. Ordinarius zur Kenntnisnahme
mitzuteilen und alsdann im Archiv au&ubewahren hat
Schüler, welche von Anstalten gleicher Kategorie kommen, dürfen in eine
höhere Kl. nur in dem Fall aufgenommen werden, wenn das Abgangszeugnis
sie ausdrücklich für dieselbe reif erklärt. Bei der Aufnahme eines verwiesenen
Schülers ist besondere Vorsicht zu üben. Namentlich hat der Dir. sich zuvor
mit dem Vorstande der betr. Schule über die Gründe zur Entfernung und über
die Mittel zur Besserung des Schülers in Verbindung zu setzen und als Be-
dingung der Aufnahme von seinen Angehörigen zu fordern, dafs derselbe unter
eine durchaus zuverlässige Aufsicht gestellt werde. Primanern, welche im
Disciplinarwege von einer Anstalt entfernt worden sind oder dieselbe willkürlich,
tun einer Schulstrafe zu entgehen, oder aus anderen ungerechtfertigten Gründen
verlassen haben, ist bei der Aufnahme in eine andere Anstalt das Semester, in
welchem die Entfernung erfolgt ist, auf den 2Jähr. Primacursus nicht anzu-
rechnen. § 32. Eine Bedingung der Aufifiahme ist, dafs jeder auswärt.
Schüler einer geeigneten Aufsicht übergeben werde, welche über seinen Fleifs
und sein sittl. Betragen aufserhalb der Schule wache. Daher bedarf die Wahl
derselben der Genehmigung des Dir., und der letztere ist nebst den Ordinarien
und Lehrern ebenso berechtigt als verpflichtet, durch Hausbesuche das Thnn
und Treiben dieser Schüler zu überwachen und Aenderung herbeizuführen, sobald
sich herausstellt, dafs die Aufsicht eine ungenügende sei.
§ 33. üeberhaupt wird der Dir. bestrebt sein, sich in fortwährender
Kenntnis von dem Wandel und dem wissenschaftl. Fortschreiten der Schüler
zu erhalten. Zu diesem Zweck wird er nicht blofs die Klassenbücher,
deren sich eines in jeder Kl. unter Aufsicht des Ordinarius befinden und aufser
13*
196
den Namen der Schüler auch die erforderl. Bnbriken zur Eintragung der durch-
genommenen Lehrpensa, der häusL Aufgaben, der Versäumnisse und Ver-
spätungen und etwan. rügender Bemerkungen über das Verhalten der Schüler
enthalten mufs, sich regelm. vorlegen lassen und in den Gonferenzen Be-
sprechungen über die einzelnen El. anordnen, sondern auch zn den Schülern
selbst in persönl. Verkehr treten und sich mit den Eltern und Aufsehern
derselben thunl. in Verbindung setzen. < § 34. Um die Angehörigen der
Schüler sowie die letzteren selbst mit den Forderungen der Schule hinsichü. de»
Gesamtverhaltens ihrer Zöglinge bekannt zu machen, hat der Dir. mit dem
Lehrercoll. eine Schulordnung zu entwerfen, welche, nachdem sie von uns be-
stätigt ist, die gesamte Disciplin der Anstalt zu regeln hat. Ein Exemplar der-
'selben ist jedem Schüler bei seiner Aufifiahme, resp. seinen Eltern zu übergeben.
§ 35. Wenn zur Aufrechterhaltung der Disciplin Strafen nöthig
werden, so hat der Dir. darauf zu achten, dafs dieselben mit ruhiger Besonnen-
heit, Yäterl. Wohlmeinen und unparteiischer Gerechtigkeit vollzogen werden.
Insbesondere wird derselbe dem Mifsbrauch der sogenannten Strafarbeiten
entgegentreten, die Strafe des Nachsitzens nicht ohne Controlle eine»
Lehrers vollziehen lassen und die nur von ihm oder der Lehrerconferenz zu
verhängende Carcers träfe nicht über die DaueV von 6 Stunden hinter ein-
ander ausdehnen. § 36. Die Strafe der Ausschi iefsung eines Schüler»
darf nur auf Beschlufs der Lehrerconferenz und nur dann eintreten, wenn von
Seiten der Schule aUe übrigen Mittel der Zucht vergeblich angewendet sind,,
oder wenn von dem längeren Verbleiben des Schülers auf der Anstalt ein»
verderbl. Einwirkung auf seine Mitschüler zu besorgen steht. § 37. Schüler
der 3 unteren Kl. (VI, V, IV), welche nach dem reifl. und gewissenhaften
Urteil ihrer sämtl. Lehrer aller Bemühungen ungeachtet sich zu den Gymnasial-,,
resp. Eeal- Studien nicht eignen und wegen Mangels an Fähigkeiten und FlelTs,.
nachdem sie 2 Jahre in einer £1. gesessen haben, doch zur Versetzung in die
nächst höhere £1. nicht für reif erklärt werden können, sind aus der Anstalt
zn entfernen, nachdem den Eltern, Vormündern oder Angehörigen derselben
mindestens ein Vierteljahr zuvor Nachricht gegeben ist, ohne dafs jedoch eine-
derartige Entfernung als Strafe angesehen werden soll. § 38. Die am
Schlufs jedes Halbjahrs, in den unteren und mittl. Kl. in der Begel viertel-
jährl., den Schülern zu erteilenden Censuren sind auf Grund der Urteile
sämtlicher, in jeder Kl. unterrichtender Lehrer abzufassen und von dem Din^nnd
Ordinarius zu unterschreiben. Der Dir. hat darauf zu achten, dafs dieselb«
ein gewissenhaftes Urteil über Betragen, Aufinerksamkeit, Eleifs und Leistungen,
der Schüler in angemessener und verständl. Form enthalten, und dafs der Act der ^^ ^
Gensurausteilung selbst die sittl. Einwirkung auf die Schüler nicht verfehle..
§ 39. Dem Dir. liegt die Ausstellung der Abgangszeugnisse auf Gmnd
der von den Ordinarien und den Lehrern der Kl. zu erfordernden Vorlagen obr
IV. Verhältnis zu den Eltern und dem Publikum. §40. Wie
der Dir. einerseits die Mitwirkung des elterl. Hauses und der Familien für
die Schulzucht zu erwarten und zu erstreben hat, so wird er andererseits mit
Entschiedenheit darauf halten, dafs dieselben ihre Kinder der Schulordnung
nicht entziehen. In gleicher Weise wird er zwar bestrebt sein, der Anstalt
die Achtung und die Teilnahme des gebildeten Publikums zu sichern, anderer-
seits unberechtigten Forderungen mit Ernst und Nachdruck entgegentreten.
V. Allgemeine Verpflichtung des Directors. §41. Schliefs-
lich wird demselben zur Pflicht gemacht, allen der Würde der Anstalt, dem
Frieden der religiösen Bekenntnisse, den Staatsgesetzen und der Ehrerbietung
gegen Se. Maj. den König nachteiligen Sichtungen und Bestrebungen inner-
halb des Lehrercoll. und der Schule nachdrückl. entgegen zu treten und von
dem etwan. Vorkommen derselben die Behörde sofort in Kenntnis zu setzen.
197
In den vorstehenden Instructionen sind alle Gegenstände anfgefahrt, auf
welche die amtl. Pflicht der Directoren sich bezieht; darunter anch die Bericht-
«rstattangen, das Zengniswesen, die Gonferenzen, das Schnlarchiy, die finanzielle
Seite der Scbnlen. Die E. ProT.Sch.CO. haben gleichwohl hin und wieder Ver-
anlassung genommen, über diese und andere Punkte der Dir.Instr. Specialver-
fngungen zu erlassen.
Einige derselben sind nebst anderen Ergänzungen nachstehend zusammen-
gestellt :
Amtliche Berichterstattung.
C.Verf. T. 15. März 1877. „Zufolge Vereinbarung der sämtlichen hohen
Bundesregierungen ist fortan für alle Behörden des Beichs und der Bundes-
staaten ein einheitliches Papier format von 33 Centimeter Höhe und
21 Centimeter Breite in Gebrauch zu nebmen, unbeschadet der für Briefpapier,
Tabellen und in etwaigen sonstigen Ausnahmefällen üblichen anderen Formate.'*
Der Min. etc. In V. Sydow.
C.Verf. V. 24. März 1885. „Nachdem in Folge Beschlusses des Bundes-
rathes di« Eeichsbehörden veranlafst worden sind, in Zukunft das für den
Amtsgebrauch erforderliche Papier, soweit die Interessen des Dienstes es ge-
statten, in den auf der Generalversammlung des Vereins deutscher Papier-
fabrikanten zu München am 13. Juni 1883 festgestellten, auf der Anlage
ersichtlich gemachten Normalformaten zu verwenden, hat auch das E. Staats«
ministerium es für zweckmäfsig erachtet, dafs ein gleiches Verfahren für die
Prßufsischen Behörden angeordnet werde. Die Behörden meines Bessorts
werden hiervon zur Beachtung und weiteren Veranlassung mit dem Bemerken
in Kenntnis gesetzt, dafs durch diese Anordnung die Bestimmungen, welche
mittels Verf. v. 15. März 1877 in Betreff des amtlichen Actenpapier-Formates
getroffen worden sind , nicht berührt werden." Der Min. etc. In V. Lucanus.
Nr. 1 von 33 cm Höhe und 42 cm ganzer Bogenbreite.
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C.Verf. V. 25. Juni 1883. „Die Behörden und Beamten meines Bessorts
erhalten hierneben Abschrifb der C. Verf. der Herren Minister des Innern und
der Finanzen vom 2. Juni er., betreffend die Bestellung des Papierbedarfes
nach dem Einheitssatze von 1000 Bogen pro Bies, zur Kenntnisnahme und
gleichmäfsigen Nachachtung." Der Min. etc. In V. Lucanus.
C.Verf. des Min. desInn. und derFin. v. 2. Juni 1883. ,Jn Folge
eines Beschlusses des Bundesrathes vom 14. Dec. v. J. sind die Beichsbehörden
veranlafst worden, in Zukunft der Bestellung von Papier für ihren Bedarf das
Bies zu 1000 Bogen als Einheit zu Grunde zu legen, und empfiehlt es sich,
, dafs seitens der pr#ufsischen Behörden gleichartig verfahren werde. Die
£. Begierung veranlassen wir, nach diesem Grundsatze künftig zu verfahren und
die Ihr untergeordneten Behörden und Beamten mit entsprechender Anweisung
zu versehen. Die Papierlieferungen werden demgemäfs fortan nach dem Bies
2u 1000 Bogen bezw. decimalen Teilen desselben (Zehnteln und nach Be-
dürfnis Hundertsteln) zu verrechnen sein, und zwar sowohl bei Bestellungen,
198
Oontracten etc. als auch in der Büchfähnuig aber die Papiervorräthe und deren
Yerwendung. Als Anfangstermin der neuen Berechnnngsart ist der Beginn des
laufenden Etatsjahres anzunehmen. Die bereits geschehenen Buchungen können
belassen werden, doch ist in diesem Falle die Summe derselben umzurechnen.*'
G.Yerf. y. 29. Juli 1879. ,J)as E. Consistorium etc. erhält hiemeben
Abschrift eines von dem Herrn Minister für Handel und Grewerbe mir mitge-
teilten Berichtes der Eönigl. technischen Deputation für Gewerbe hierselbst
Yom 25. V. M., betreffend die Vergänglichkeit gewisser Schreibtinten, zur
Kenntnisnahme mit der Veranlassung, bei Herstellung von urkundlichen Schrift-
stücken nach dem Schlufssatze des Berichtes verfahren zu lassen." Der Minister
der geistl. Ang. etc. In V. Sydow.
Betrifft die Vergänglichkeit gewisser Schreibtinten. Berlin,
den 25. Juni 1879. Der Professor Eoester in Bonn weist in dem an den
Herrn Reichskanzler unter dem 12. April er. gerichteten Schreiben auf di&
Gefahren hin, welche in der leichten Vergänglichkeit resp. VerlOschbarkeit der
Anilin-, Alizarin und ähnlicher Tinten seien, insofern dieselben zur Herstellung
urkundlicher Schriftstücke dienen.
In Erledigung des Auftrages, uns über diesen Gregenstand zu äuTsem,
berichten wir bei Remission der Vorlagen ganz gehorsamst Folgendes:
Es ist Thatsache, dafs die aus den verschiedenen Anilinpigmenten be-
reiteten rothen, violetten, blauen Tinten leicht durch Waschen, namentlich mit
Ghlorwasser entfernt werden können, auch meistens stark ausblassen. Ihre Ver-
wendung zur Anfertigung von Documenten ist um deswillen unzweckmäfsig,
dürfte indessen nicht vielfach stattfinden, da die Vergänglichkeit der Anilin-,
färben in den weiteren Kreisen bekannt ist. — Die sog. AUzarintinte betreffend,
so enthält dieselbe kein Alizarin, wird nach verschiedenen Vorschriften, vielfach
aus Lösungen von Blauholzextract unter Zusatz von chromsaurem Kali bereitet.
Die nach dieser Vorschrift bereitete Tinte giebt stark dunkelnde Schriftzüge, die
sich gut mit der Papierfaser vereinigen, auch nicht sonderlich leicht verlöschbar
sind, obschon sie, wie denn schliefslich jede Tinte, durch geeignete chemische
Mittel zerstört werden können. — Zu den solidesten Tinten gehört die seit alter
Zeit gebräuchliche Eisen- Gallustinte. Auch sie ist indessen nicht unzerstörbar.
Obschon die gröfsere und geringere Verlöschbarkeit und Haltbarkeit der
Tinten sehr vielfach Gegenstand litterarischer Erörterung gewesen ist, wir ver-
weisen beispielsweise auf den Aufsatz von Dullo im polytechnischen Central-
blatte von 1862 S. 1308, in Wagner's Jahresbericht B. 8 S. 610, auch im
gröfseren Publikum nicht unbekannt ist, so halten wir es doch für zweckmäfsig,
dafs die Behörden auf diesen Gegenstand aufmerksam gemacht und namentlich
darauf hingewiesen werden, dafs zur Herstellung von documentarischen Schrift-
stücken eine Gallustinte das geeignetste Material ist, die Anilintinten für diesen
Zweck dagegen unzuläfsig erscheinen." Die Königliche technische Deputation
für Gewerbe. An das K. Ministerium für Handel und Gewerbe.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 27. Dec. 1882. „Vielfach vorge-
kommene Unregelmäfsigkeiten und Ungleichmäfsigkeiten in der äufseren Form und
geschäftlichen Behandlung der von den uns unterstellten Amtsstellen eingehenden
Berichterstattungen, sowie die Bücksicht auf möglichste Beschränkung des
Schreibwerks veranlassen uns, den Herren Directoren resp. Rectoren unter Auf-
hebung der bezüglichen vorgängigen Bestimmungen folgende Anweisung zu
erteilen.^)
^) Entsprechende Bestimmungen sind u. a. ergangen durch C.Verf. des
K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 25. April J8d5, femer im Anhang zur Dir.-
Instr. für Pommern, 8. 140, und für Schleswig-Holstein, S. 190.
199
1. Zu jedem Bericht ist gutes weifses Schreibpapier, Folio-Format, zu
verwenden, das zu beschreibende Blatt ist in der Mitte, der Länge nach zu
falten. Anf der linken Hälfte des Blattes ist oben dnrch Yordmck oder
Handschrift; die Schnlanstalt zu bezeichnen nnd darunter in angemessenen Ab-
ständen a) der Hauptinhalt des Berichts kurz anzugeben, b) die innere
Adresse zn setzen. Auf der rechten Hälfte gegenüber und in gleicher
Höhe der Angabe der Anstalt ist der Ort and das Datum anzuführen und
darunter mit Freilassung eines etwa 3 bis 4 Finger breiten Baumes mit dem
Text des Berichtes zu beginnen. Derselbe ist in nicht zu kleiner Schrift leicht
leserlich und ohne Abkürzungen zu schreiben und bei Verwendung von 2 oder
mehr Bogen ordnungsmäfsig zu heften.
2. Wird der Bericht auf eine von uns erlassene Verfügung erstattet, so
ist oben links, direct unter der Inhaltsangabe, die betr. Verfügung nach Datum
und Journal-Nummer, welche letztere sich auf den Verfügungen oben unter der
vorgedruckten Firma befindet, in folgender Weise anzuführen:
Zur Verfügung (Circular-Verfngung) vom Nr. . . .
Ebenso ist, wenn im Text auf diesseitige Verfügungen Bezug genommen
wird, von diesen stets das Datum und die Joumalnummer anzugeben.
3. Jede Beilage des Berichts ist in demselben zu bezeichnen und an
der Anfuhrungsstelle, auf der linken Seite des Bruches, durch einen Anlage-
(Band-) Strich ersichtlich zu machen. Werden dem Berichte mehrere Anlagen
beigegeben, so sind dieselben mit fortlaufenden Nummern zu versehen und
letztere, den Anlagen entsprechend, auch auf die betreffenden Bandstriche zu
setzen. 4. Wird mittels „Rand- Verfügung** zu einer Sache Aeufserung er-
fordert, so ist zur Vermeidung unnöthigen Schreibwerks in der Regel in der-
selben Form unter der Verfügung zu berichten. 5. Bezüglich der Curialien
ist nicht, wie es jetzt vielfach geschieht, über die vorschriftsmäfsigen Ausdrücke
„gehorsamst** und „hochgeneigtest** hinauszugehen; andererseits können wir, ohne
den Werth dieser Formen zu überschätzen, nicht zugeben, dafs solange höheren
Orts die diesbezüglichen Vorschriften nicht aufgehoben werden, einzelne Bericht-
erstatter sich von denselben einfach dispensiren zu können glauben. 6. Gegen-
stände verschiedener Art dürfen nicht in einem Berichte behandelt
werden ; es ist vielmehr über jeden einzelnen Gegenstand ein besonderer Bericht
zu erstatten. Namentlich gilt dies für die Berichte über den Lehrplan, Be-
schäftigung von Hülfslehrem, Anmeldung von Probanden u. drgl. Ebenso
sind sowohl die regelmäfsig als aufserord entlich einzureichenden Tabellen,
Schulprogramme u. s. w. jeder Gegenstand für sich mit einem besonderen
Begleitbericht zu versehen, soweit letzterer durch einen auf die Tabelle etc.
direct zu setzenden kurzen Hand-Bericht nicht erspart werden kann. Unter
allen Umständen ist es überflüssig, Vacat-Anzeigen noch einen besonderen
,-,Vacat-Schein" beizulegen. 7. Die erforderten Berichte müssen in den be-
stimmten, nach VerhältiÄs der Umstände bemessenen resp. durch generelle
Verfügung ein für allemal festgesetzten Fristen erstattet werden. Indem wir
die Beachtung dieser Bestimmung unter Beischlufs eines Verzeichnisses der z. Z.
regelmäfsig erforderlichen Berichte etc. mit Angabe ihrer Fälligkeitstermine,
den Herren Directoren etc. zur besonderen Pflicht machen, bemerken wir, dafs,
falls ein Termin aus besonderen Gründen nicht eingehalten werden kann, jedes-
mal und zwar innerhalb der festgesetzten Frist unter Angabe der Behinderungs-
gründe Anzeige zu machen und die Gewährung einer Nachfrist zu erbitten ist.
Wird eine Erinnerungs- Verfügung nothwendig, so fallt nach den bestehenden
Bestimmungen das entstehende Porto in jedem Falle den Säumigen zur Last.
8. Für die Absendung der Correspondenz sind die zu einem Berichte ge-
hörenden Anlagen in denselben hineinzulegen; umfangreiche Beilagen aber
müssen den Berichten untergelegt werden. Gelangen mehrere Berichte gleich-
200
zeitig zur Absendung, so dürfen dieselben nicht ineinander gefügt werden, sie
sind vielmehr mit den eyent. dazu gehörigen Beilagen .jeder für sich zu ordnen
und unter Beachtung der Bestimmung ad 10 abzusenden. Zu den Briejfiam-
schlägen ist nur gutes haltbares Papier zu verwenden, da nicht selten Sen-
dungen des mangelhaften Verpackungsmaterials wegen seitens der Post haben
mit Nachverschlufs versehen werden müssen. 9. Jede an uns abzulassende
Postsendung ist auf der äufseren Adresse oben links mit der Aufschrift
„Portopflichtige Dienstsache" zu versehen und mit dem Amtssiegel zu
verschlielben. Ist das Amtssiegel nicht zur Hand, so mufs dem Yerschlufs
folgender Vermerk beigesetzt werden: „In Ermangelung eines Dienstsiegels"
N. N. (Namensunterschrift) (Amtscharakter). 10. Zur Vermeidung un-
nöthiger Porto-Aufwendungen sind Berichte, welche nur auf den ersten
beiden Seiten beschrieben und zu denen Anlagen nicht gehören, ohne be-
sonderen Briefumschlag abzusenden, weil bei Verwendung eines solchen, das
Gewicht eines einfachen Briefes (15 gr) überschritten wird und das Porto dem-
zufolge sich auf den doppelten Betrag erhöht. Aus demselben Grunde sind
mehrere gleichzeitig zur Absendung gelangende Berichte nicht, wie vielfach
vorgekommen, jeder für sich, sondern in einem gemeinschaftlichen Post-
stück zu versenden, welches, sofern dasselbe das Brief-Maximalgewicht (250 gr)
übersteigt, als Packetsendung abzulassen ist. Da indessen erfahrungsmäfsig Packet-
sendungen eine längere Bestellfrist erfordern, so sind die einer Beschleunigung
bedürfenden Berichte stets als Briefsendung aufzugeben. 11. Alle durch Nicht-
beachtung dieser Vorschriften zur Ungebühr entetehenden Porto-Aufwendungen
dürfen nach den bestehenden Bestimmungen der Staatskasse nicht zur Last fallen
und es wird deshalb deren Wiedereinziehung von den Betreffenden unter Zusendung
der qu. Beläge ohne Weiteres „portopflichtig" durch das diesseitige Bureau erfolgen.
Schliefslich machen wir den Herren Directoren etc. noch zur Pflicht, der
ordnungsmäfsigen Führung des Archivs der Anötalt die erforderliche Sorg-
falt zuzuwenden, wozu aufser der als selbstverständlich vorauszusetzenden Führung
eines Journals gehört, dafs alle einlaufenden Verfügungen etc. in nach der
Materie gesichteten und gehörig gehefteten Acten aufbewahrt werden. Nur
dadurch können die beim Amtswechsel bezw. bei Vertretungen im Directorat
häufig im Geschäftsgange vorkommenden Störungen und Schwierigkeiten ver-
mieden werden."
a) Verzeichnis der regelmä'fsig zu erstattenden Berichte.
1. 14 Tage vor dem Beginn jedes Schulsemesters: Lectionsplan nebst
Stunden- und Lehrertabelle für das kommende Semester nach Mafsgab» der
Bestimmungen, in § 17 der Dienst-Instruction vom 22. Jan. 1868 (s. S. 122).
2.* 14 Tage nach dem Beginn jedes Schulsemesters: Frequenzliste über das
abgelaufene Semester, auf dem vorgeschriebenen Formular. (Verf. v. 27. Oct.
1882. Nr. 10017.) 3. Desgl. Uebersicht über die Frequenz des laufenden
Semesters. (Desgl.) 4. Desgl. Einreichung der Abiturienten-Arbeiten nebst
den Prüfungs-Protokollen und Zeugnis- Abschriften. *) 5; * Desgl. Verzeich-
nis der Candidaten, welche ihr Probejahr 'an der Anstalt vollendet haben,
auf dem vorgeschriebenen Formulare, event. Vacat-Anzeige. (Verf. v. 17. Nov.
1864. Nr. 6997.) 6. Desgl. Bericht über die Candidaten, welche ihr
Probejahr an der Anstalt vollendet haben, behufs Ausstellung der Zeugnisse.
(Getrennt von dem Verzeichnis ad 5 einzureichen.) 7.* Desgl. Verzeich-
nis der im abgelaufenen Semester beschäftigt gewesenen, noch nicht pro fac.
doc. geprüften Candidaten auf dem vorgeschriebenen Formular, event Vacat-
Anzeige. (Verf. V. 11. April 1878. Nr. 2905.) 8. bis zum 15. Jan. jedes
Jahres: Verzeichnis der für den Oster-Termin anzumeldenden Abiturienten.
0 8. jedoch jetzt auch C.Verf. v. 15. Juli 1885, Abt. I S. 441 fg. .
201
•
(Verf. V. 3. Nov. 1882. Nr. 10347.) 9. bis znm 1. März jeies Jalires:
Nachtragsliste der far den Fall einer Mobilmachnng als unabkömmlich zu
reclamirenden Lehrer. (Keine Vacat-Anzeige.) cf. ad 14. (Verflf. v. 4. Nov. 1869.
Nr. 5867 u. v. 24. Febr. 1877. Nr. 1911.) 10.* bis zum 1. Mai jedes Jahres:
Uebersicht der im abgelaufenen Schuljahre geprüften Abiturienten und Extraneer,
auf dem vorgeschriebenen Formular; event. Vacat- Anzeige. (Verff. v. 20. Jan.
1880. Nr. 255 und v. 9. Juni 1882. Nr. 5614.) 11. bis zum 1. Mai des
betr. Jahres. Der dreijährige Verwaltungsbericht (für die Gymnasien und
Frogymnasien zunächst 1883, für die Bealgymn., Obenealsch. und Bealprogymn.
zunächst 1885 u. s. f). Verf. v. 19. Dec. 1.878. Nr. 10678.) 12. Desgl.
Nachweisung über den Personalbestand des Lehrer-Collegiums, auf dem vorge-
schriebenen Formular (mit dem dreijährigen Verwaltungsbericht — ad 11 —
fällig.) (Verf. v. 17. Mai 1881. Nr. 2485.) 0 13. bis zum Schulschlufs
vor den Sommer ferien jedes Jahres: Verzeichnis der für den Michaelis-
Termin anzumeldenden Abiturienten, cf. die Verf. wie ad 8. 14. bis zum
1. Aug. jedes Jahres: Verzeichnis der für den Fall einer Mobilmachung im
kommenden Jahre als i;inabkömmlich zu reclamirenden Lehrer, auf dem vorge-
schriebenen Formular, event. Vacat-Anzeige. cf. die Verf. wie ad 9. 15. bis
zum 20. Oct. jedes Jahres: Anzeige über das Oster-Programm, event Angabe
des Titels und des Verfassers (Vor- und Zuname) der abzudruckenden Abhand-
lung. (Verf. V. 13. Mai 1875. Nr. 4234.) 16. unmittelbar nach, dem Er-
scheinen des Oster-Programms : Einreichung von 5 Exemplaren des bezüglichen
Programms. (Desgl.)
'^ Anmerku.ng. Zu ad 2, 5, 7 und 10 werden auf Antrag die bezüg-
lichen Formulare von der diesseitigen Begistratur verabreicht.
C.Verf. V. 6. Juni 1876 an die Prov.Sch.CC. „In den Registraturen der
Prov.Sch.CC. werden, wie dies für die Verwaltungs- Aufgaben dieser Behörden
unerlässlich ist, Nachweisungen über den Personalbestand der höh. Lehr-
anstalten gehalten, aus welchen für jede derselben der jeweilige Bestand der
sämtlichen Lehrkräfte (Namen der Lehrer, Lebens- und Dienstalter, Confession,
wissenschaftl. Qualification, dienstliche Stellung, etwanige litterarische Publi-
kationen) ersichtlich ist. In manchen Nebenpunkten bei den einzelnen Prov.-
Sch.CC. verschieden, stimmt diese Einrichtung doch in dem wesentlichen Punkte
überein, dafs bei der periodischen, in der Kegel jährlichen Erneuerung dieser
Nach Weisungen nicht blofs die seitdem eingetretenen Veränderungen, sondern
auch die ungleich gröfsere Menge der unverändert gebliebenen Data von Neuem
geschrieben werden mufs. Andererseits findet sich, seitdem in Folge der Allerh.
C.O. V. 10. Nov. 1862 nur die Ernennung, bezw. Bestätigung, der Oberlehrer
und Directoren an den höh. Lehranstalten dem Unterrichts-Ministerium vorbe-
halten und seitdem durch den Circ.-Erlafs v. 31. Dec. 1859 die Einsendung
jährlicher Personalstands-Nachweisungen aufgegeben ist, in der Begistratur de?
Ünterrichts-Ministeriums keinerlei Nachweisung über den jeweiligen Personal-
stand der höh. Lehranstalten und läfst sich auch aus den jährlich eingereichten
Uebersichten über die Personal-Veränderungen nicht sicher herstellen. Indem
nun für die diesseitige Entscheidung über Anträge der E. Prov.Sch.CC. auf Be-
setzung von Oberlehrerstellen, bezw. deren Bestätigung, mögen diese Anträge
auf Ascension oder aufEinschub gerichtet sein, die Kenntnis der thatsächlichen
Zusammensetzung des Lehrpersonals der fraglichen Anstalt erforderlich ist, so
') Ferner jetzt bis zum 15.f Juni jedes Jahres: die durch Verff. v. 2. April
1885 (Nr. 2971) u. 5. üct. 1886 (Nr. 9659) angeordnete Tabelle zur Uebersicht über
die Bewegungen unter den angestellten Lehrern. S. GBl. Ergänzungsheft 1886
S. 41. Vgl. 0. Verff. v. 18. März 1885 am Schlufs u. v. 4. Sept. 1886, S. 204 f.
202
fnhrt dieser Mangel der diesseitigen Begistratnr häufig zn weitläufigen, den Ge-
schäftsgang verzögernden Eückfragen an die Provinzial-Behörden.
Diesen beiderseitigen Uebelständen, der annöthigen Yermehrang des
Schreibwerks bei den K. Prov.Sch.CC. und der Verzögerung in dem diesseitigen
Geschäftsgange, abzuhelfen ist die im Nachfolgenden bezeichnete Einrichtung
bestimmt, welche den K. Prov.Sch.CC. und den Directoren der höh. Lehranstalten
zwar eine einmalige Arbeit auferlegt, für die Zukunft aber die Sache erheblich
vereinfacht. Zur Vermeidung etwanigen Mifsverständnisses bemerke ich, dafs
es sich ausschliefslich um Vereinfachung und Vervollständigung einer Regi-
stratur-Einrichtung handelt, und weder die Absicht ist, die durch die AUerh.
CO. V. 10. Nov. 1862 den Prov.Schulbehörden übertragene Competenz zu be-
schränken, noch in den Personalnotizen andere als die bei Besetzungsfragen
nothwendig in Betracht kommenden, urkundlich documentirten Data zu erfordern.
I. Die einmalige Aufnahme des gegenwärtigen Personal
Standes.
1. Aus den beiliegenden vorbereiteten Actentecturen und den Formularen
ersieht das E% Prov.Sch.C, dafs fortan in der Registratur des Ministeriums für
jede höh. Unterrichtsanstalt ein den jeweiligen Personalstand derselben con-
statirendes Actenstück wird gehalten werden, bestehend aus 'einzelnen Polio-
blättem, deren erstes den Namen der Lehranstalt mit Angabe der etatsmäfsigen
Anzahl der Lehrer der einzelnen Kategorieen, die übrigen die Personalnotizen über
die einzelnen Lehrer enthalten. Weder geheftet noch in die Form einer gemein-
samen Tabelle zusammengefafst sind die Personalnotizblätter deshalb, damit
nicht eine Aenderung in der Stellung eines Lehrers *ein erneutes Schreiben der
Personalnotizen erforderlich mache; fü; jeden Lehrer verbleibt während des
ganzen Verlaufs seiner amtlichen Dienstzeit dasselbe Personalnotizblatt und es
wird nur bei jeder Aenderung in seiner Stellung der erforderliche Vermerk zu
Nr. 7 hinzugefügt und das Blatt selbst an diejenige Stelle in dem bezeichneten,
für das Collegium derselben oder einer anderen Lehranstalt angelegten Acten-
stück eingereiht, an welche es nach der eingetretenen Aenderung gehört. Die
Personalnotizblätter derjenigen Männer, welche aus dem activen Schuldienst
ausscheiden, werden in alphabetischer Ordnung reponirt. Das K. Prov.Sch.C.
fordere ich hiemach auf, für jede der höh. Lehranstalten, deren Actentectur
überschrieben beigefügt ist, das Titelblatt des Actenstücks selbst auszufüDen,
die Personalnotizblätter aber den Directoren (Rectoren) der betr. Anstalten zur
Ausfüllung zugehen zu lassen.
In Betreff richtiger und gleichmäfsiger Ausfüllung der Formulare ist
Folgendes zu beachten und den Directoren zur Beachtung zu empfehlen: Auf
dem Titelblatte sind aufser dem Dir. nur die drei Kategorieen von Lehrern be-
zeichnet: Oberlehrer, ordentliche Lehrer, Elementar- und technische Lehrer,
d. h. die in den etatsmäfsigen, ^durch Tit. I des Etats bezeichneten Stellen
fest angestellten Personen. Alle *diejenigen Lehrer, welche als wissenschaft-
liche Hülfslehrer oder als Religionslehrer im Nebenamte u. a. m., ohne definitiv
angestellt zu sein, aus Tit. II Remunerationen empfangen oder eine Stelle
nur provisorisch verwalten, sind in die Personalblätter nicht aufzunehmen. In-
dem das K. Prov.Sch.C. auf dem Titelblatte die Zahlen für die einzelnen Lehrer-
kategorien ausfüllt, vielleicht auch der Sicherheit wegen auf einem beigelegten
Blatte die Namen der gegenwärtigen Inhaber der Stellen verzeichnet, giebt das-
selbe zugleich an, für welche Personen der betr. Dir. die Personalnotizblätter
auszufüllen habe. Für Lehranstalten, welche unter einheitlicher Direction stehend
zwei Kategorieen von Schulen in sich vereinigen, wird nur e i n Personal-Acten-
stück gehalten und es wird die Anstalt nach ihrem Hauptcharakter bezeichnet,
z. B. Gymnasium verbunden mit Realschule 1. 0., Gymnasium verbunden mit
höh. Bürgerschule, höh. Bürgerschule mit Progymnasial-Klassen u. a. m.
203
Auf den Personalnotizblättern ist es tmter Nr. 5 „Lehrbefähignng etc/'
zwar nicht erforderlich, da[^ der Wortlaut des betr. Passus des PräArngszeng-
nisses aufgenommen, wohl aber, dafs die Gegenstände und die Höhe der Lehr-
befähigung genau dem Zeugnisse entsprechend bezeichnet, auch kenntlich
gemacht werde, wenn eine bestimmte Höhe z. B. die oberste Klasse nur be-
dingungsweise (unter der Voraussetzung fortgesetzter Studien u. a.) zuerkannt
ist — Bei den technischen und den seminaristisch gebildeten Lehrern tritt an
die Stelle von Nr. 3 — 6 die Angabe ihres Bildungsganges, ihrer Qualification
und früheren Beschäftigung.
Unter Nr. 6 ist nach dem Probejahr noch „event. Beschäftigung als
Hülfslehrer*' hinzugefügt, weil nicht immer an das Probejahr sich unmittelbar
die definitive Anstellung anschliefst und nur diese unter Nr. 7 zu yerzeichnen
ist. Unter Nr. 7 ist nur für die zuletzt, also gegenwärtig, von dem betr.
Lehrer eingenommene Stellung die Angabe des Diensteinkommens (event. Dienst-
wohnung,'Wohnungsgeldzuschufs, ständige Bemunerationen aus einem andern
Etatstitel, z. B. als Bibliothekar, Turnlehrer u. a.) hinzuzufügen. Als „litte-
rarische Publicationen'* unter Nr. 8 sind jedenfalls die selbständig erschienenen
Schriften und Abhandlungen zu veizeichnen ; es ist nicht ausgeschlossen, aber nicht
erforderlich, Aufsätze, welche in Zeitschriften publicirt sind, mit aufzunehmen.
Unter Nr. 9 „Bemerkungen" ist event. das Programm nach Ort, Jahr und Seite
zu citiren, in welchem sich Lebensnachrichten über die betr. Lehrer finden.
Es wird zweckmäfsig sein, die Dir. etc. wissen zu lassen, dafs es sich "
nur um eine einmalige vollständige Aufnahme des Personalstandes auf Grund
der Actenvermerke oder der ihnen von den Lehrern vorzulegenden Urkunden
handelt und eine periodische Wiederholung nicht beabsichtigt ist Da es
wünschenswerth ist, dafs Blätter, welche lange Zeit in Gebrauch bleiben sollen, nicht
gebrochen werden, so wolle das K. Prov.Sch.C. die Formulare in den Actentecturen
den Dir. zugehen lassen und zu der entsprechenden Schonung der Formulare
dieselben auffordern. Der Einsendung der Actenstücke mit den genau aus-
gefüllten Personalnotizblättern will ich bis 15. August d. J. entgegensehen.
2. Ein gleichlautendes zweites Exemplar der unter 1 bezeichneten Acten-
stücke über das Personal der höh. Lehranstalten hat das K. Prov.Sch.C. für
Seine Registratur herzustellen, bezw. herstellen zu lassen und in der oben be-
schriebenen Weise in Uebereinstimmung mit dem jeweiligen Person alstande zu
erhalten. Das betr. Actenstück des Prov.Sch.C. hat sich aber nicht auf die in
den etatsmäfsigen, durch Tit. I des Etats bezeichneten Stellen fest angestellten
Personen zu beschränken, sondern auf alle jeweilig an der fraglichen Anstalt
beschäftigten Lehrer (aus Tit. II remunerirte Hülfslehrer, provisorisch oder auf
Kündigung angestellte Lehrer, Probecandidaten) zu erstrecken; jedem Lehrer
dieser Kategorie ist ebenfalls ein Personalnotizblatt zu bestimmen, aber diese
Blätter, welche in die der Registratur des Ministeriums angehörigen Actenstücke
nicht gelangen, sind oben über dem Striche als „Anhang** etc. zu bezeichnen.*'
(gez.) Falk.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 19. Juni 1876. „Abschrift
erhalten Ew. etc. unter Beifügung der Ministerial-Acten-Tectur mit einer ent-
sprechenden Anzahl Schemas der Personal-Notizblätter, deren überzählige zurück-
zureichen sind, während die Nachsendung etwa mehr erforderlicher nachzu-
suchen ist, zur Kenntnisnahme und mit der Veranlassung, dieselben in der
vorgeschriebenen Art auszufüllen und zwar: a) für die Ministerial-Registratur
in Betreff des fest angestellten Directors, resp. Eectors, sowie der fest ange-
stellten Oberlehrer, ordentlichen Lehrer, Elementar- und technischen Lehrer;
b) für die diesseitige Registratur ebenfalls in Betreff der ad a vorbezeichneten
Personen und aufserdem, unter der Bezeichnung als „Anhang** in Betreff aller
' jeweilig nur provisorisch oder auf Kündigung angestellten, resp. nur provisorisch
204
beschäftigten Lehrer, als wissenschaftlicher Hülfslehrer, Beligionslehrer, tech-
nischer Lehrer etc., sowie der Probe-Candidaten. Nach erfolgter, den höheren
Orts getroffenen Anordnungen entsprechender, genauer Ausfüllung der Personal-
Notizblätter, welche möglichst schonend behandelt und insbesondere nicht
gebrochen werden sollen, sehen wir deren Rückgabe in der Acten-Tectur
bis zum 10. Aug. d. Js. entgegen. Wir bemerken noch, dafs in die Blätter
nicht die sämtlichen Vornamen, sonder nnur die Bufnamen einzutragen sind.
Die bisherigen Personalstands-Üebersichten und Personal-Verändenings-
Nachweisungen kommen fortan in Wegfall**
•
C.Verf. V. 18, März 1885. „Bei der Bearbeitung der Ton dem K,
Prov»Sch.C. einzureichenden Frequenztabellen und der üebersichten
der Reifeprüfungen an den höh. Lehranstalten haben sich üebelstände er-
geben, welche es nothwendig gemacht haben, andere Schemata zu entwerfen.
Dem £. Prov.Sch.C. übersende ich solche zur künftigen Benutzung* und zwar
ein Schema für die Frequenztabellen 1. der Gymnasien, 2. der Real-
gymnasien, welches unter entsprechender Aenderung des Kopfes ad lfd. Nr. 3,
4, 5a, 6, 7 und 8a auch für die Ober-Realschulen anzuwenden ist, 3. der
Progymnasien, in gleicher Weise auch für die Realprogymnasien bestimmt,
4. der höheren Bürgerschulen, desgleichen für die Realschulen giltig, sowie
Üebersichten von den Reifeprüfungen bei den Gymnasien, Realgym-
nasien, Ober-Realschulen.
Zu den Frequenztabellen bemerke ich, dafs in den Fällen, in denen die
Schüler der Ober- und Unter-Abteilung einer der ersten drei Klassen ungetrennt
unterrichtet werden, dies durch das Zeichen *— s^-' kenntlich zu machen ist.
Andererseits sind die Trennungen der einzelnen Klassen in Goten durch farbige
Dinte über der Gesamtzahl anzugeben und zwar bei Wechselcöten mit der Be-
zeichnung 0. und M., dagegen bei Parallelcöten mit a und b. Die Zahl der
Schüler in Colonne 5 ist- den Nachrichten in den Schulprogrammen zu ent--
nehmen und zwar mufs dieselbe übereinstimmen mit den Angaben unter
lfd. Nr. 4 bezw. 8 des der Verfügung vom 7. Januar er. (s. Abt. I S. 379)
beigeschlossenen Schemas A.
Aufser den oben bezeichneten Frequenztabellen ist ferner eine besondere
Tabelle (Schema D.) über diejenigen Privatschulen einzureichen, welchen
die Berechtigung zur Ausstellung von Zeugnissen für den einjährigen Militär-
dienst zuerkannt ist.
Die neuen Schemata sind schon für die Nachrichten über das Winter-
Semester 1884/85 bezw. das Jahr 1. April 1884/85 zu benutzen.
Da durch die jetzt angeordnete Aenderung eine Verzögerung entstehen
kann, so bestimme ich, dafs die Einreichung der gedachten Tabellen, jedoch
nur für das laufende Jahr, vier Wochen später als bisher vorgelegt werden
können. Uebrigens sind die Tabellen in dem Formate der beiliegenden
Schemata einzureichen. Mit den nächsten Anzeigen über die Personal -Ver-
änderungen in den Lehrer-Collegien der Provinz iöt ferner eine Tabelle
vorzulegen, in welche aufzunehmen ist: 1. Gesamtzahl der Stellen, a) für
wissenschaftliche Lehrer incl. Directoren, b) für Elementar- und technische
Lehrer, c) für wissenschaftliche Hülfslehrer, welche ihre Besoldung aus Titel I
des betr. Anstalts-Etats erhalten, d) für Vorschullehrer. 2. Zugang bei diesen
Lehrer-Kategorien während des Jahres 1.. April 1884/85, a) durch erste An-
stellung, b) durch Berufung von preufsischen Anstalten anderer Provinzen,
c) durch Berufung von aufserpreufsischen Anstalten. 3. Abgang in gleicher
Weise, a) durch Berui^ng an Anstalten in anderen Provinzen, b) durch Be-
rufung an aufserpreufsische Anstalten, c) durch üebemahme eines anderen
Amtes im Inlande, d) durch Austritt, e) durch Pensionirung, f) durch Tod." *
205
C.Verf. V. 4. Sept. 1886. „Wie im Vorjahre so soll auch im laufenden
und in den folgenden Jahren eine Uebersicht über die Bewegungen untei:
den angestellten Lehrern an den höh. Untenichts-Anstalten Preufsens —
cfr. S. 44/45 des Ergänzungshefta zum C.B1. far die gesamte Unterr.-Verw. prc
1885 — veröffentlicht werden. Bezugnehmend auf die C.Verf. v. 18. März pr.
veranlasse ich das K. Prov.Sch.Coll., nach den darin enthaltenen Angaben
eine bezügliche Tabelle für das Schuljahr 1885/86 aufzustellen und dem-
nächst vorzulegen. Für die Zukunft wird der Einreichung gleicher Tabellen
über das abgelaufene Schuljahr bis Anfangs Aagust jedes Jahres entgegen
gesehen.'^
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zuCoblenzv. 15. Nov. 1874: „In Betreff
der periodisch uns zu erstattenden Berichte finden wir uns veranlafst,
folgende Bestimmungen zu treffen:
1. Die Dir. und Kectoren unseres Verwaltungsbezirks sind bisher gehalten
gewesen, alljährlich in umfassender Weise über die gesamte innere und äufsere
Entwickelung der von ihnen geleiteten Lehranstalten an uns zu berichten.
Indem wir es bei den bisher. Vorschriften hinsichtlich des Inhalts dieser Berichte
belassen, wollen wir dieselben jedoch fernerhin, statt in einjähr., in 3jähr.
Zwischenräumen entgegennehmen. Diese Veränderung kann indessen nicht
sofort ins Leben treten. [Es folgen üebergangsbestimmungen.]
Wir bemerken, dafs uns bei dieser Anordnung nicht so sehr die Absicht,
den Dir. die Pflicht der Berichterstattung zu erleichtem, als vielmehr die Er-
wartung leitet, es werdo bei dem Bückblick auf einen längeren Zeitraum von
den Berichterstattern mit erhöhet^m Interesse ans Werk gegangen und dem zu
entwerfenden Bericht in jedem Fall die Unterlage einer ausgedehnteren Erfahrung
und eines sicheren Urteils gewonnen werden. Wir bringen dabei ein tieferes
Eingehen, als in den Jahresberichten zur Zeit gewöhnlich begegnet, auf Er-
fahrungen an dem besonderen Schulleben der Anstalt, die sich allgm. fruchtbar
machen lassen, femer auf die Charakteristik der an der Anstalt wirkenden
Persönlichkeiten und deren durch Ab- und Zugang häufigen Modificationen
unterworfenes Zusammen- und Gegeneinanderwirken in Unterricht und Erziehung,
und überhaupt auf den wesentl. Zweck jener Berichte in Erinnerung, der darin
besteht, uns in genauer Kenntnis von dem Zustande der uns unterstellten
Schulen zu erhalten. Uebrigens setzen wir als selbstverständlich voraus, dafs,
wenn die besondere Einberichtung bedeutsamer Vorgänge an den von ihnen
geleiteten Lehranstalten den Dir. schon neben dem alljährlich zu erstattenden
Berichte zur Pflicht gemacht war, diese Verpflichtung von denselben hinfort in
erhöhetem Mafse anerkannt und beachtet werden wird.
2. In Betreff der Reclamation militärpflichtiger Lehrer ist bisher
aJJtjährlich von allen Anstalten unseres Bezirks berichtet worden. Für den Fall,
dafs an einer Anstalt kein Lehrer als unabkömmlich zu bezeichnen ist, bedarf
es hinfort der Vacatanzeige nicht mehr. Desto erforderlicher ist es, dafs die
bezügL Beclamationen, welche von uns vertreten werden sollen, bis zum 30. Sept.
jedes Jahres an uns gelangen.
3. In den Berichten über die Lehrpen sa, welche alljährlich vor dem
Beginn des Schuljahrs auf Grund einer Conferenzberathung festgestellt werden,
läfst sich unter wirksamer Verfolgung ihres Zwecks eine Vereinfachung erzielen.
Wenn der allgm. Lehrplan einer Anstalt, welcher sich an den für dieselbe ver-
bindlichen Normal-Lehrplan aufs engste anzuschliefsen hat, erläutert durch die
speciellen Lehrpläne für die einzelnen Unterrichtsgebiete, deren Ausarbeitung,
wo es daran noch fehlen sollte, wir als unerläfslich bezeichnen müssen, uns
einmal vorgelegt und von uns genehmigt worden ist, so wird in dem Bericht
über die Lehrpensa, unter Bezugnahme auf diese Vorlagen,, lediglich auf ab-
203
weichende Abgienzungen der Lehrstoffe und auf die von Jahr zu Jahr wechselnde
Leetüre einzugehen sein. Wir empfehlen dabei, auch die speciellen Lehrpläne
je nach Bedürfnis und Möglichkeit in den Programmen zum Abdruck zu
bringen, wie dies von den BSS. 1. 0. zu Düsseldorf und zu Cöln bereits ge-
schehen ist
4. Die nach unserer C.Verf. v. 21. Nov. 1861 am Schlufs jede^ Sem.
einzureichenden Anzeigen aber die Frequenz und die Zahl der Freistellen können
künftig unterbleiben. Dagegen sind die entsprechenden Uebersichten in die
allgm. Yerwaltungsberichte au&unehmen. Auch ist in Zukunft bei Aufstellung
der Schulgeld-Hebelisten am Schlufs derselben zu berechnen und anzu-
geben: a) die Solleinnahme an Schulgeld von allen die Anstalt besuchenden
Schülern; b) der zulässige Maximalbetrag der Schulgeld-Befreiungen, welcher
für die aus Staatsfonds subventionirten Anstalten auf 10 proc. der in a ge-
dachten Solleinnahme beschränkt werden mufs; c) der Ausfall an Schulgeld,
welcher durch Freistellen in Folge vorschriftsm. Berechtigung, in Folge
besonderer Verleihung wegen Bedürftigkeit und Würdigkeit und im Ganzen
entsteht. Die etwa vorhandenen Vorschulklassen dürfen weder bei der Fest-
stellung der bei a und b gedachten Beträge noch bei der Verleihung von Frei-
stellen in Betracht gezogen werden."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Coblenz v. 19. Mai 1873: „Die Directi.on
veranlassen wir, in dem am 1. Dec. jährlich einzureichenden Jahres-Nachweise
der persönl. und dienstl. Verhältnisse der Lehrer in der Bubrik „Confession"
auch die besondere confess. Stellung der Lehrer, z. B. Altkatholik u. dgl., wenn
dazu Veranlassung geboten ist, anzugeben/'
Die periodischen Verwaltungsberichte (von 3 zu 3 Jahren)
(vgl. Abt. I p. 11).
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 6. Aug. 1863: »Der H.Hin.
hat aas den Jahresberichten der C^mnasialdireotoren über die Jahre das
sehr verschiedene Verfahren kennen gelem^ welches dabei beobachtet worden ist.
Während nämlich einige Berichte in zweckm. Weise alles wesentlich in Betracht
Kommende eingehend besprächen, auch mit Angabe dessen, was für eine gedeihL
Weiterentwickelung der betr. Anstalten besonders zu wünschen wäre, beniügten
sich andere mit einigen Notizen über die Externa der Schule, so dafs iu>er das
innere Leben derselben, sowohl in wissenschaftl. wie in pädagog. Beziehung, über
die Erfolge in den verschiedenen Unterrichtsgegenständen, über den in den
LehrercoU. herrschenden Geist und die Wirksani^eit der einzelnen Lehrer aus
solchen Berichten nichts entnommen werden könne. Der H.Min. hat deshalb zu
erwäffen gegeben, ob nicht den Dir. unter Wegfall der bisher, jährlichen Berichte,
von denen eine sofortige Besprechung aller wichtigen Punkte nicht jedesmal er-
wartet werden könne, für die Berichterstattung über eine Sjähr. Verwaltungs-
periode, ohne die Freiheit der individuellen Behandlung unnöthig zu beschränken,
bestimmte von jedem zu beachtende Gesichtspunkte anzugeben wären. In dieser
Beziehung wird auf die neuerdings von dem Ki Prov.Sch.C. zu Stettin erlassene
allgm. Vorschrift hingewiesen.
Demnach modificiren wir unsere Verf. v. 10. März 1860 dahin, dafs unter
Wegfall der bisher. Jahresberichte periodisch von 3 zu 3 Jahren von den Directoren,
resp. Dirigenten, Verwaltangsberichte an uns erstattet werden.
Damit aber das Wesentliche und Wichtige jederzeit wirklioh zur Sprache
gebracht werde, bezeichnen wir im Folgenden die Gegenstände, über welche sich
der Verwaltungsbericht stets zu verbreiten hat, und die Reihenfolge, in welcher
dieselben zu behandeln sind.
1. Lehre rcollegium. Hinsichtlich der Nachweisungen über die persönL
Verhältnisse der definitiv angestellten Lehrer bewendet es bei unserer Verf. v.
10. März 1860. Dagegen sind hier zu erwähnen die Probecandidaten und sonstigen
provisorisch beschäftigten wissenschaftl. und techn. Hülfslehrer mit Angabe ihrer
wöchentl. Stundenzahl, ob die Zahl der etatsm. Lehrer zur Besorgung des wissen-
207
schaftl. Unterr. hinreichend, event. für welche Disciplinen eine Verstärkung er-
forderlich ist, ob, resp. welche von den ordentl Lehrern sogenannte Extrastunden
geben und bis zu welcher Zahl wöchentlich. lieber die von den vorhandenen
Lehrern geübte amtl. Thätigkeit, über ihr Verhältnis unter einander, zu dem Dir.
und zu den Schülern wird sich der Yerwaltungsbericht im Allgm. auszusprechen
haben, wobei besondere Begabung und besonders erfolgreicher Eifer einzelner
Lehrer für die sittl. und intellectuelle Ausbildung der Schüler hervorzuheben, aber
auch nicht zu verschweigen ist, .wenn ein Lehrer einen erhebl. Mangel an Lehr-
geschick oder Pflichttreue zeigen oder sich die erforderl. Autorität bei den Schülern
und Achtung des Publikums nicht zu erwerben oder zu erhalten vermocht haben
sollte. Es ist zu bemerken, ob durch längere Krankheit einzelne Lehrer in ihrer
Wirksamkeit gehemmt, ob in den Conferenzen allg^. didakt. und pädagog. Fragen,
das Zusammenwirken der Lehrer für den Unterr., die Brauchbarkeit der ein-
geführten Lehrbücher erörtert, in Fachconferenzen Teile dös Lehrplans der Schule
und welche besprochen sind, ob Wissenschaft!. Vereine unter den Lehrern bestehen,
ob durch öffentl. Vorträge der Lehrer eine intellectuelle Einwirkung auf das
Publikum stattfindet u. s. w.
2. Frequenz der Anstalt. In dieser Beziehung erwarten wir im Ver-
waltungsbericht eine übersichtl. Zusammenstellung der Frequenz, welche die Anstalt
in den einzelnen Kl. und im Ganzen zu Anfang jedes der betr. Jahre und zum
Schlufs des letzten gehabt hat, mit Angabe des Abgangs und Zugangs in den
einzelnen Kl., der Confessionsverhältnisse, der Berufskreise, aus denen die Schüler
kommen, und wie sich die Zahl der einheim. Schüler zu der der auswärtigen
verhält. Zeigt diese Uebersicht ein bedeutendes Steigen oder Sinken der Gesamt-
frequenz und der Frequenz einzelner KL, eine über die Zahl von 50 Schülern in
den unteren und mittl., 40 in den oberen hinausgehende UeberfüUung einzelner KL,
resp. Götus, so sind die Ursachen solcher Erscheinungen zu erörtern, und die Mittel
anzugeben, welche zur Abhülfe der in dieser Beziehung etwa vorhandenen Uebel-
stände ergrifi'en sind oder desiderirt werden. Auffallende Erscheinungen in Betreff
der Altersverhältnisse der Schüler und der Zeit, welche sie in den einzelnen Kl.
zubringen, werden bei dieser Bubrik zu berühren sein. Hierher gehört ferner, was
etwa in Beziehung auf die Aufnahme der. Schüler und ihre allgm. Vorbildung, die
Anstalten, aus denen sie zu kommen, das Alter, mit welchem sie einzutreten pflegen,
bemerkenswerth ist, namentlich die Angabe, ob die .Begel, dafs in die unterste KL
kein Schüler vor dem Beginn des 10. Lebensjahrs aufgenommen werden soll, streng
festgehalten wird oder in wie vielen Fällen etwa eine Ausnahme gemacht worden
ist. Endlich ist hier die Zahl und das durchschnittl. Alter der Abiturienten
anzugeben, welche in jedem der betr. Jahre die Anstalt mit dem Zeugnis der Beife
verlassen haben, und was in Beziehung auf Steigerung oder Verminderung dieser
Zahl, auf die Facultäten oder Berufsi^ten, zu denen die Abiturienten und sonst
Abgegangene sich gewandt haben, etwa der Hervorhebung werth erscheint, ins-
besondere ob auf den Abgang aus der Uli die Berechtigung zum einjähr. freiwilL
Militärdienst einen ersicbtl. Einflufs ausübt.
8. Disciplin. Bei der Beschreibung des sittlichen Zustandes der Anstalt
wird es hauptsächlich darauf ankommen, ob Gottesfurcht und gesunde christl.
Frömmigkeit, Lemlnst und wissenschaftl. Streben, Pietät gegen die Lehrer, willige
Unterordnung unter die Zucht der Schule, Wahrhaftigkeit und Offenheit, Züchtigkeit,
frische jugendliche Munterkeit vorwaltet, oder ob die entgegengesetzten Bichtungen
in bedenklicher Weise sich geltend machen. Ueber die etwa notwendig gewordenen
schweren Strafen ist mit kurzer Angabe der Vergehungen zu berichten, und ins-
besondere genau anzugeben, wie viele Schüler in jedem der betr. Jahre verwiesen
und wie viele still entfernt worden sind. Etwan. Excesse ganzer Klassen oder
sonst einer gröfseren Anzahl gemeinsam beteiligter Schüler sind zu erwähnen.
Desgleichen, ob aus dem Besuch von Wirthshäusem und anderen öffentl. Orten,
ob durch Schulversäumnisse, namentlich vor und nach den Ferien, Nachteile für
die Lösung der Aufgabe der Schule erwachsen sind, und welches der Erfolg der
dagegen ergriffenen Zuchtmittel gewesen ist.
Die etwa vorhandenen unter dem Einflufs der Direction stehenden Alumnate
und deren Erfolge, sowie die sonst wegen angemessener Unterbringung und Ueber-
wachung auswärtiger Schüler bestehenden Einrichtungen, Festsetzung der häusl.
Arbeitszeit, Hausbesuche u. dgl. sind ihrer Wirksamkeit nach zu erörtern.
208
4. Unterricht und Lehreinrichtungen. Hier ist anzugeben, ob
der Normallehrplan, wie er .für die Gymn, in den Min,Verff. v. 24. Oct. 1837 und
7. Jan. 1856, für die Kealschulen in der ÜO. v. 6. Oct. 1859 aufgestellt worden,
genau durchgeführt ist, oder welche Abweichungen von demselben bestehen, resp.
noch bestehen, und aus welchen Gründen.
Es sind über das durchschnittl. Verhältnis der Leistungen der einzelnen El.
in den verschiedenen Lehrgegenständen und damit über den Erfolg, den der Unterr.
der Anstalt nach dem Urteil des Dir. bei der Mehrzahl der Schüler erzielt hat,
Bemerkungen zu machen und wenn sich hierin auffallende Erscheinungen, Vorliebe
oder Vernachlässigung einzelner Disciplinen im Allgm. oder in besonderen KL
zeigen sollten, sind die Gründe zu erörtern und die Mittel zur Herbeiführung
normaler Zustände zu bezeichnen. ' Es ist auch darüber zu berichten, in wie weit
der häusl. Fleifs der Schüler den Anforderungen entsprochen habe, ob das rechte
. Mafs in der Aufgabe häuslicher Schularbeiten überall beobachtet sei, was zur An-
regung von Frivatstudien und Erweckung freier Selbstthätigkeit unter den Schülern
geschehen und mit welchem Erfolge, ob, resp. in welcher Weise, Ferienbe-
schäftigungen Eingang gefunden haben.
Fem er ist die Einrichtung der Turnübungen und wie sich die Schüler daran
beteiligen, zu besprechen, sowie was sonst etwa von Seiten der Schule zur Kräftigung
der körperl. Gesundheit der Schüler, z. B. durch Veranstaltung gemeinschaftlicher
Spaziei^änge, geschehen ist.
Die vorerwähnten Rubriken werden in jedem Verwaltungsbericht zu beachten
sein; aber wie weit und wie erschöpfend über alle unter denselben erwähnten
Punkte sich auszusprechen die Dir. Veranlassung haben werden, bleibt ihrem Er-
messen überlassen ; nur mufs aus dem Bericht nach diesen angegebenen Eichtungen
hin der Zustand der Anstalt klar erkannt werden können.
Bei einzelnen Anstalten wird Veranlassung sein, auch noch manches Andere
zu berühren. Dahin ist zu rechnen:
5. Der Zustand der Schullocalien, des Lehrapparats, sofern in dieser Hinsicht
erhebl. Verbesserungen, resp Vermehrungen, stattgefunden haben oder desiderirt
werden. 6. Das Verhältnis der Anstalt zum Patronat, resp. Curatorium, zur
Kirche, zum Publikum, soweit darin etwas Ungewöhnliches hervorgetreten ist.
7. Schulfeierlichkeiten zur Pflege und Belebung des religiösen, patriotischen und
ästhetischen Sinnes der Schüler, die Einrichtung der Schnlandachten, die gehaltenen
Schuicommunionen, die Einwirkung der Schule auf den Earchenbesuch der Schüler.
8. Finanzielle Verhältnisse, Lehrerbesoldungen, Beneficien, Stipendien, mit der
Anstalt verbundene Witwenkassen, milde Stiftungen, Vereine zur Unterstützung
hülfsbedürftiger Schüler u. s. w.
Angelegenheiten, die im Vorstehenden nicht erwähnt worden, sind selbst-
redend von dem Verwaltungsbericht nicht ausgeschlossen, wenn sie von Erheblichkeit
sind, wie es auch keiner besonderen Erinnerung bedarf, dafs auch in der Zwischenzeit
alle wichtigen Ereignisse zur Kenntnis der Aufsichtsbehörde zu bringen sind. Da-
gegen sind Anträge in Bezug auf Abänderungen oder neue Einrichtungen nicht
mit den Verwaltungsberichten zu verbinden, sondern in besonderen Berichten zu
stellen«
Schliefslich erinnern wir die Dir. nochmals an die pünktl. Innehaltung des
Termins zur Einreichung dieser Berichte, wonach dieselben noch vor Ablauf jedes
3. Jahres bei uns eingehen müssen."
C.Verf. V. 9. Dec. 1878 an die Präsidien der Schulcollegien. „Nach-
dem ich über die in meinem Erlasse vom 16. Oct. d. J. in Anssicht genommene
anderweite Regelung des Termins für die Erstattung der periodischen Ver-
waltungsberichte über die Gymnasial- und Reallehranstalten die sämtlichen
Prov.Sch.CC. gehört habe, bestimme ich in Abänderung d^r mittels Verfügung
vom 31. Dec. 1859^) übersandten diesbezüglichen Vorschriften (§ 1. Abs. l.
Schlnfspassns), beziehungsweise des Erlasses vom 31. Jnli 1868 (s. Abt. I S. 11)
hiermit generell, dafs die erwähnten Berichte in Zukunft nicht wie bisher im
Laufe des ersten Quartals, sondern am 15. Aug. desjenigen Jahres zu erstatten
») Vgl. Centrbl. pro 1860 S. 199.
209
sind, in welchem, die dreijährige, för jedes einzelne Jahr von Ostern zn Ostern
laufende Yerwaltnngsperiode abschliefst. DemgemäTs erwarte ich die nächsten
Yerwaltongsberichte über die Beal- und höheren Bürgerschulen aller Provinzen
seitens der einzelnen Prov.Sch.CC. znm 15. Aug. 1879, die über die Gymnasien
und Progymnasien zum 15. Aug. 1880. Als Termin für die desfaUsigen
Berichterstattungen der Dirigenten der höheren Lehranstalten an die Prov.Sch.CC.
dürfte am zweckmäfsigsten der 15. Mai festzuhalten sein;, indessen überlasse
ich es den Prov.Sch.CC, nach Bedürfnis der besonderen provinziellen Ver-
hältnisse diesen Termin auf den 1. Juni zu erstrecken. Indem durch die
getroffene Anordnung es ermöglicht wird, dafs die periodischen Verwaltungs-
herichte für die grofse Mehrzahl der höh. Lehranstalten in Zukunft sich über
drei volle Schuljahre verbreiten, kann diesem erheblichen Vorteile gegenüber
nicht in Betracht kommen, dafs nunmehr far die Minderzahl von höh. Schulen,
welche das Schuljahr noch mit Herbst abschliefsen, die gedachte Verwaltungs-
periode nur 5 Semester umschllefst" Der Minister etc. Falk.
Aus der C.Verf. v. 23. März 1887 an die Präsidien der K. Prov.-
Sch.CC: „Um für die Zukunft den Verwaltuugsberichten den beabsichtigten
Erfolg zu sichern, bestimme ich hiermit Folgendes:
1. Die Verwaltungsberichte zerfallen auch femer in einen allgemeinen
und in einen besonderen Teil.
2. Der allgemeine Teil, in welchem es sich nur um solche Beobachtungen
handeln kann, welche die ganze Provinz oder einen erheblichen Teil derselben be-
treffen, gliedert sich am zweckmäfsigsten in nachstehende fünf Unterabteilungen:
a. Statistisches, b. Unterricht, Lehrpläne und Lehrmittel, c. Disciplin, d. Lehr-
personal, e. Aeufserungen über besondere Gegenstände, deren Behandlung in
den Verwaltungsberichten von der Centralinstanz angeordnet ist oder die das
Prov.Sch.C. seinerseits zum Vortrag zu bringen für nothwendig erachtet.
Was die Rubrik a betrifft, so sind darunter nothwendiger Weise zu be-
fassen das Mafs der Beteiligung der Bevölkerung an dem Besuche höherer
Schulen überhaupt und einzelner Kategorieen derselben insbesondere, event. auch
nach der Eigentümlichkeit der Provinz, das Mafs der Beteiligung einzelner
Berufsstände, Confessionen und Nationalitäten (Procentsatz der männlichen Be-
völkerung); ferner der Procentsatz der Versetzungen und des Bestehens der
Keifeprüfungen, event. in einzelnen Provinzen auch nach Verschiedenheit der
Confessionen und Nationalitäten. In beiden Fällen ist eine Vergleichung mit
dem Zustand der vorigen Periode beizufügen. Aufser diesem nothwendigen
Inhalt des statistischen Abschnitts ist es den Prov.Sch.CC unbenommen, unter
AuBschlafs dessen, was in den statistischen Heften bereits enthalten ist, be-
sonders wichtige Beobachtungen in Zahlenbildern zur Darstellung zu
bringen. Unter d) Lehrpersonal werden insbesondere^ die wissenschaftiiche
Bethätigung der Directoren und Lehrer, ihre Teilnahme an Vereinen und Ver-
sammlungen und die Qaalification von Oberlehrern für Directorstellen zu er-
wähnen sein. Ist in einer einzelnen Periode unter einer der Rubriken b. bis
e. nichts zu bemerken, so ist dies kurz zu erwähnen.
3. Der besondere Teil umfafst alle der jedesmaligen Berichterstattung
unterliegenden höh. Lehranstalten (gymnasiale einerseits und realistische An-
stalten andererseits) nach Schularten und innerhalb derselben nach dem Alphabet
geordnet. Hinter dem Namen jeder einzelnen Anstalt ist die Namenschiffre
des betr. Beferenten in Klammern beizufügen. Um die Berichterstattung zu
vereinfachen und den Prov.Schulräthen eine auf eigener Wahrnehmung be-
gründete Aeufserung zu erleichtern, erwarte ich in Zukunft einen eingehenderen
Bericht nur über diejenigen Anstalten, die im Laufe der verflossenen Ver-
waltungsperiode von den Prov.Schulräthen revidirt worden sind, unter Angabe
Wiese, Verordnungen. II. j[4
210
des Datums der Bevision. Bei allen übrigen Anstalten genügt es, wenn nnr
dasjenige erwähnt wird, was in Bezng anf änfsere und innere Verhältnisse für
die Entwickelnng der einzelnen Schale als besonders fördernd oder hemmend
sich erwiesen hai Ansznschliefsen ist alles, wofür ohne besondere Bericht-
erstattung Abhülfe nicht zu erwarten ist.
Werden die vorstehend bezeichneten Gesichtspunkte festgehalten und wird
aufserdem nicht aufser Acht gelassen, dafs Knappheit und Bestimmtheit der Dar-
stellung ein wesentl. Erfordernis derartiger Berichte ist, so darf erwartet werden,
dafs auch diese Arbeit immer mehr sich als eine fruchtbringende erweisen werde/'^
Eine der vorstehenden Min. Verf. entsprechende C.Verf. hat das K. Prov.-
Sch.G. zu Münster unter dem 4. Mai 1887 erlassen.
Aus einer vom K. Frov.Sch.G. zu Hannover unter dem 30. April
1872 erlassenen C.Verf. : — „üeber den Zweck und den Inhalt dieser Berichte
beschränken wir uns auf allgm. Andeutungen. Es wird nicht nöthig' sein,
in die Verwaltungsberichte dasjenige Statist. Material aufzunehmen, welches
durch die Frequenzübersichten, die Abituriententabellen, die Nachweisungen über
die Fersonalveränderungen, die Berichte über das Frobejahr u. s. w. ohnehin zu
unserer Kenntnis gelangt; es handelt sich vielmehr vornehmlich um eine präcise
Darlegung des inneren Lebens der Anstalt, aus welcher sich erkennen läfst, in
wiefern die Lösung ihrer Wissenschaft, und pädagog. Aufgaben gelungen ist und
welche Verhältnisse auf dieselben fördernd oder hemmend eingewirkt haben.
Zur Erreichung der wünschenswerthen Uebersichtlichkeit wird dieser Inhalt nach
bestimmten Kategorieen zu ordnen sein. Ohne hierin beschränkende Vorschriften
zu erlassen, wünschen wir, dafs die Verwaltungsberichte im Allgm. sich der vom
Minist, seiner Zeit empfohlenen Anordnung anschliefsen [die obige C.Verf. v.
6. Aug. 1863] ; wobei wir ausdrücklich bemerken, dafs weder sämtl. dort hervor-
gehobene Funkte und mit gleicher Ausführlichkeit zu besprechen, noch dafs an-
dere, der Erörterung bedürltige damit ausgeschlossen sein werden. Schliefs-
lich erinnern wir, dafs auch in der Zwischenzeit alle für die Anstalten wichtigen
Ereignisse durch die Dir. und Bectoren ungesäumt zu unserer Kenntnis zu
bringen sind."
üeber die den Verwaltungsberichten hinzuzufügenden Protokolle der
Bibliotheksrevisionen vgl. C.Verf. v. 17. Jan. 1885 I, 7. (s. Abt. I S. 372.)
ViTegen Aufnahme der Berichterstattung über den von Lehrern erteilten Privat-
unterricht s. weiterhin C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Cassel v. 13. Febr. 1884.
(Berichterstattung bezüglich des Erfolges der Directive für das Stimmrecht
der Zeichenlehrer nach C.Verf. v. 10. Febr. 1887 s. S. 219.) Betreffend
Selbstmord und Geisteskrankheiten, sowie Schülerverbindungen s. das Folgende.
C.Verf. V. 30. Juni 1884. „In der Erörterung der Frage über die
üeberbürdung der Jugend an unseren höh. Schulen ist unter anderem die Be-
hauptung aufgestellt worden, die betrübenden Fälle des Selbstmordes seien
bei den Schülern ^er höh. Lehranstalten jetzt zahlreicher als früher und eben-
so mehrten sich bei denselben die bedauerlichen Fälle von Geisteskrank-
heit; hieraus als aus festgestellten Thatsachen ist auf die verderbliche Ein-
wirkung geschlössen worden, welche die höh. Lehranstalten auf ihre Schüler
ausüben. Aus dem vorhandenen statistischen Material hat sich eine auch
nur annäherungsweise Bestätigung für die gedachten Behauptungen in keiner
ViTeise ergeben ; dieses Material ist aber dem Einwände ausgesetzt, dafs es, als
nicht ursprünglich für die fraglichen Gesichtspunkte angelegt, zur Widerlegung
der aufgestellten Behauptungen nicht vollständig ausreiche. Da es von
hohem Werthe ist, dafs der Thatbestand in einer jedem Zweifel enthobenen
211
Sicherheit festgestellt werde, so finde ich mich bestimmt Folgendes anzuordnen:
1. Wenn ein Selbstmord oder ein Selbstmordversuch seitens eines Schnlers
einer höh. Lehranstalt stattgefunden hat, so hat der Director (Eector) sofort
die geeigneten Wege einznschagen, nm über die Motive der That, insbesondere
über den etwanigen Zusammenhang derselben mit Vorgängen der Schule, glaub-
würdige Information zu erhalten, und hat schleunigst die Thatsache, sowie die
Ergebnisse der Ermittelungen über ihre Motive an das K. Prov.Sch.G. zu be-
richten. Abschrift dieses Berichtes, eveni mit einer A^ufserung des K. Frov.
Sch.G. zur Sache, ist mir sodann ohne Aufischub einzureichen. 2. Wenn
der Director (Rector) einer höh. Schule zu der sicheren Kenntnis gelangt, dafs
ein Schüler der Anstalt in eine Geisteskrankheit verfallen ist, so hat er darüber
vertrauliche Anzeige an den Vorsitzenden des E. Frov.Sch.G. zu machep.
Eine Angabe über die wahrscheinlichen Ursachen oder Anlässe der Erkrankung
ist erwünscht, kann aber pach der Natur der Sache nicht erfordert werden.
Das E. Pro^.Sch.C. hat in dem allgemeinen Teile des dreijährigen Ver-
waltungs-Berichtes jedesmal anzugeben, ob, eveni welche Fälle von Geistes-
krankheit in der dreijährigen Berichtsperiode bei Schülern höherer Lehranstalten
vorgekommen sind." v. Gofsler.
C.Verf. des Frov.Sch.G. zu Cassel v. 4. Jan. 1887. „Mit Beziehung
auf den an den höheren Schulen unseres Amtsbereichs noch immer hier und
da hervortretenden Unfug verbotener Schülerverbindifngen hat der Herr
Unterrichtsminister durch Erlafs vom 21. v. Mts. aufs neue darauf hingemesen,
dafs durch sorgfältige Ueberwachung aller Schüler, besonders der mittleren und
oberen Elassen, durch fleifsige Hausbesuche bei den auswärtigen, durch recht-
zeitige Warnung der Eltern oder deren Stellvertreter bei einheimischen und
auswärtigen Zöglingen und durch sonstige geeignete Einwirkung seitens der
Lehrer der höh. Schulen dem gedachten verderblichen Unwesen zu steuern sei.
der Herr Minister warnt zugleich die LehrercoUegien davor, sich, wenn es ihnen
gelungen sei, betreffende Entdeckungen zu machen, bezüglich der vollständigen
Beseitigung des in Bede stehenden Uebels in trügerische Sicherheit einwiegen
zu laösen, una bemerkt, dafs die an manchen Anstalten bestehende Praxis, wo-
nach die Lehrer in jeder Monats-Gonferenz des Gollegiums über die von
ihnen vorgenommenen Hausbesuche und ihre dabei gemachten Wahrnehmungen
referiren, sich auch in der hiesigen Provinz für die höheren Schulen empfehle.
Demgemäfs beauftragen wir die Herren Directoren (Eectoren), nach der vorer-
wähnten, von dem Herrn Minister gegebenen Weisung zu verMren und die
betr. LehrercoUegien mit entsprechender Mitteilung und Anordnung zu versehen.
In den periodischen Verwaltungsberichten sehen wir eiper übersichtlichen Zu-
sammenstellung der in der gedachten Hinsicht inzwischen gemachten Beob-
achtungen und Erfahrungen entgegen.^^
Unterrichts- und Stundenpläne.
C.Verf. des E. Frov. Seh. G. zu Hannover vom 30. Apr. 1872: „Die
Beaufsichtigung und die allgm. Leitung des Unterrichts an den uns unter-
stellten höh. Schulen ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Verwaltung.
Um dieselbe mit Erfolg lösen zu können, bedürfen wir eine möglichst genaue
Einsicht in den Gang und Plan des Unterrichts an jeder einzelnen Anstalt,
und dies um so mehr, als ein vollständig bindender Normallehrplan nich,
existirt, vielmehr jeder höh. Schule in dieser Beziehung diejenige Freiheit der
Bewegung gewährt ist, welche durch die Rücksicht auf die jeweil. Schüler-
generation, die Zusammensetzung des LehrercoU. und andere individuelle Ver-
hältnisse bedingt wird. Als ein wesentl. Hülfsmittel hierzu betrachten wir
die — entsprechend der Bestimmung des vormal. hannöv. OSchulcoll. v.
14*
212
21. Juni 1830 uod der [preufs.] Verordn. v. 24. Oct 1837 [s. Abt. I S. 53 fg.]
alljährl. festzustellenden Lectionspläne, welchen eine genaue Ab-
grenzung der Zielleistungen für jede Kl. und jedes Fach beizufügen ist.
Während uns nun von der Mehrzahl der Anstalten übersichtl. und den
Yorbezeichn. Bestimmungen entsprechende Lehrpläne zur Genehmigung recht-
zeitig eingereicht werden, begnügen sich andere, die den einzelnen Lehrobjecten
eingeräumte Stundenzahl und die Verteilung der Lectionen auf Klassen und
Lehrer anzuzeigen. Abgesehen davon, dafs der erste Punkt für die gymnasialen
Anstalten durch die C.Verf, v. 7. Jan. 1856 [s. I S. 66 fg.], und für die Beal-
und höh. BSS. durch die ü. und PO. v. 6. Oct 1859 [s. I S. 70 fg.] im AUgm.
schon geregelt ist, vermögen wir aus derartig bemessenen Angaben keinen Ein-
blick in den von der einzelnen Anstalt befolgten Plan des Unterr. selbst zu
gewinnen. Wir haben deshalb beschlossen diesen Gegenstand in allgemein
verbindl. Weise zu ordnen, und bestimmen: Alljährlich ist für jede höh.
Lehranstalt ein Lehrplan für das ganze Schuljahr festzustellen und uns wenig-
stens 4 Wochen vor Beginn desselben zur Genehmigung einzifreichen, und
zwar je nach dem örtl. Herkommen entweder direct oder durch Vermittelung
des Patronats, resp. der localen Commissionen. Dieser Lehrplan ist in 2 Tabellen
zu entwerfen, sowohl für das Gymn. resp. die Beal- oder höh. BSS. als auch
für die etwa mit der Hauptanstalt verbundenen Beal- resp. Gymnasial-Abteilungen
und die Vorklassen. ^ In der Lectionstabelle sind für jeden Gegenstand, resp.
jede Kl. die Lehrpensa kurz und genau, die Zahl der wöchentl. Unterrichts-
stunden, die Correcturen und die unterrichtenden Lehrer anzugeben. Die
Lehrertabelle enthält in der 1. Bubrik die Namen und Titel der Lehrer in
ihrer Bangfolge, in der 2. die Verteilung der Ordinariate, in der folgenden die
Lehrstunden der einzelnen Kl. nach Gegenstand und wöchentl. Zahl, so geordnet,
dafs es ersichtlich wird, von welchem Lehrer sie gegeben werden sollen;
in der 4. und 5. die jedem Lehrer zufallenden Correcturen und wöchentl.
Stundenzahl. Die zuletzt genannte Tabelle ist zur Aufnahme in die jährl.
Schulnachrichten geeignet. —
Um indessen die Schreibarbeit möglichst zu verringern, auch unnöthige
Wiederholungen in den aufeinanderfolgenden Schuljahren zu beseitigen, setzen
wir folgendes fest: Wofern eine höh. Lehranstalt einen allgm. Unterrichts-
plan besitzt, in welchem jedes einzelne Fach unter Berücksichtigung der für
die Gymn. und Bealschulen erlassenen oben erwähnten Vorschriften nach Stoff,
Methode und Hülfsmitteln durch alle Kl. der Schule unter genauer Abgrenzung
der Klassenpensa verfolgt wird, tritt an die Stelle der ersten Tabellen unter
Bezugnahme auf diesen allgm. Unterrichtsplan lediglich die Angabe der Pensa
für die Leetüre in den. Autoren (wobei das muthmafsliche Quantum derselben
anzugeben ist) und' eine Bezeichnung der nicht ohne Weiteres aus jenem Plan
zu ersehenden Lehrpensa, z. B. des deutschen und des Religionsunterr. Dürfen
wir nun auch voraussetzen, dafs derartige Unterrichtspläne bei allen unseren
höh. Schulen vorhanden sind, so müssen wir doch eine Vorlegung derselben,
resp. nach einer in Fachconferenzen angestellten Revision erwarten, um darnach
dieselben zu genehmigen und hierdurch die HH. Dir. und Bectoren ermächtigen
zu können, von der angedeuteten Erleichterung Gebrauch zu machen. — Von
der Einreichung eines Stundenplans sehen wir bis auf Weiteres ab, da wir zu
der Einsicht unserer Dir. und Bectoren das Vertrauen hegen, dafs sie die
nöthige Bücksicht bei der Verteilung der einzelnen Lehrstunden auf die ver-
schiedenen Wochentage und Tageszeiten, wobei auch vielfache örtl. und persönl.
Verhältnisse in Anschlag kommen, nicht unterlassen werden." —
C.Verf. des Prov.Sch.C. zu Cassel v. 30. Jan. 1885. „Wiederholte
Erfahrungen veranlassen uns, hinsichtlich der unserem Amtsbereich angehörenden
höh. Schulen die Herren Directoren und Bectoren darauf hinzuweisen, dafs
213
«
sowohl der Unterrichtsverteilnngsplan, als der Stundenplan far die
einzelnen Anstalten stets in der Weise anßmstellen ist, dafs die lehrplan-
mäfsigen Unterrichtsstnnden insgesamt auf die an der betr. Schule fest ange-
stellten Lehrer oder gegen Bemnneration beschäftigten Hnlfslehrer verteilt
werden. Die der betr. Schale etwa anfser den gedachten Lehrern zeitweilig
zugewiesenen Frobanden oder nicht remnnerirten Hnlfslehrer sind bei der Ver-
teUnng der Unterrichtsstnnden zunächst nicht in Betracht zu ziehen. Ist ein
Proband in seiner Ausbildung so weit fortgeschritten, dafs es zulässig erscheint,
ihm einige Unterrichtsstunden anzuvertrauen, so hat derjenige Lehrer der An-
stalt, welchem die Erteilung dieses Unterrichts eigentlich obliegt, den Stunden
des Frobanden regelmäfsig beizuwohnen, ihm im Einvernehmen mit dem Director
der Anstalt in geeigneter Weise Bath und Anleitung zu geben, die etwaigen
Correcturen schriftlicher Arbeiten einzusehen und, so oft es angezeigt erscheint,
seinerseits den Unterricht odör die Correctur in die Hand zu nehmen (vgl. die
Min.Verf. v. 30. März 1867, S. 60). Für den methodischen Fortgang und den
zu erzielenden Erfolg des Unterrichts, sowie für die Aufrechterhaltung der Zucht
in den betr. Stunden bleibt der eigentliche Fachlehrer verantwortlich. Wenn
ein Candidat, welcher das Probejahr bereits abgeleistet hat, auf seinen Wunsch
mit der Erteilung einiger Lehrstunden an einer Anstalt ohne Bemnneration
betraut wird, so hat auch in diesem Falle der eigentliche Fachlehrer darauf zu
achten und dahin zu wirken, dafs die Interessen des betr. Unterrichts keine
Einbufse erleiden. Soll die zeitweilige Uebertragung von lehrplanmäfsigen
Unterrichtsstunden an Probanden oder an nicht remunerirte Hülfslehrer auf
dem tabellarischen Unt^rrichtsverteilungsplane oder dem Stundenplane zum Aus-
druck gebracht werden, so ist die betr. Notiz in Klammem zu setzen. Da
der Lehrthätigkeit der Probanden und der nicht remnnerirten Hülfslehrer nach
Lage der Umstände jederzeit, auch mitten in einem Schulhalbjahre, ein Ende
gemacht werden kann, so ist, namentlich auch hinsichtlich der Anordnung des
Stundenplans, von vornherein vorzusehen, dafs in Folge einer Aenderung der
gedachten Art der Betrieb des Unterrichts an der Anstalt keine bedenkliche
Störung in seiner Continuität erfahre."
Berichte über Unabkömmlichkeit
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 30. Mai 1887. „Zu den
alljährlich einzureichenden Nachweisungen der im militärischen Verbände
stehenden als unabkömmlich far den Fall einer Mobilmachung zu be-
zeichnenden Lehrer ist seither das unserer Generalverfügung vom 28. Nov.
1883 beigegebene Formular verwendet worden. An dessen Stelle treten fortan
die anliegenden Probeschemata und veranlassen wir Euer etc., die letzteren
bei Aufstellung der vorbezeichneten Nachweisungen in Zukunft zur An-
wendung zu bringen, wobei bemerkt wird, dafs das Schema A zu der zum
1. August j. J. und das Schema B zu der zum 1. März j. J. fälligen Nachweisung
zu benutzen ist. Die sonstigen einschlägigen Bestimmungen werden hierdurch
nicht berührt.
Die Thatsache, dafs diese Ycmächrifben bisher verschiedentlich nicht in
umfassender Weise befolgt worden sind, giebt uns Veranlassung, Euer etc. die
sorgfaltigste Erfüllung derselben hiermit zur Pflicht zu machen. Namentlich
sind nachstehende Punkte zu berücksichtigen: 1. Es können nur solche
Lehrer reclamirt werden, deren Militärdienstpflicht noch nicht erloschen ist
Dieselbe erlischt, sobald der Uebertritt zum Landsturm erfolgt. Ob dies der
Fall, bleibt vor Stellung der einzelnen Anträge genau festzustellen.
2. Diese Anträge haben aber nur dann Aussicht auf Berücksichtigung, wenn
ein unabweisliches Bedürfnis vorliegt Ob letzteres stattfindet, läfst sich in
dem einzelnen Falle nur unter Erwägung sämtlicher obwaltender Verhältnisse
au
•
prüfen nnd benrieilen. Wenn deshalb von der Anfstellnng allgemeiner Gesichts-
punkte nach dieser Bichtong hin abgesehen werden mnfs, so ist doch jeden-
falls daran festzuhalten, dafs Lehrer nnr inisofem far unabkömmlich zn erachten
sein werden, als es thatsächlich an Lehrkräften mangelt, ^eichen die Erteilung
des Unterrichts in den wichtigeren Gegenständen für die Dauer der Mobil-
machung vertretungsweise übertragen werden kann. Die die Unabkömmlichkeit
bedingenden Verhältnisse sind in den Nachweisungen unter Spalte „Bemer-
kungen" näher anzugeben; auch bedarf es .... der Angabe, wie viele Lehrer
an der betr. Anstalt voUbeschäfidgt sind und wie grofs die Zahl derjenigen
unter ihnen ist, welche als Offiziere nicht reclamirt werden können und welche
aufserdem militärpflichtig sind. 3. Die gegen die vorhergehenden Nach-
weisungen eingetretenen Abgänge sind zu erläutern, wie solches in den beige-
fügten Formularen beispielsweise angedeutet worden ist"
Formular A: Liste der im Bezirke des (III) Armeecorps für den Fall
einer Mobilmachung als unabkömmlich bezeichneten Lehrer enthält folgende
Bubriken: Nr., Civilstellung, Vor- und Zunamen, Militärcharge und Truppen-
gattung, Wann und bei welchem Truppenteil in das stehende Heer eingetreten?
Wohnort (Ort, Kreis, Bezirk des Landwehr-Bataillons), als unabkömmlich aner-
kannt (für), Bemerkungen („Er erteilt den neusprachlichen Unterricht bis in
die ob. El. und könnte von keinem der an der Anstalt beschäftigten Lehrer
vollständig vertreten werden, da dieselben die volle Lehrbefähigung für den
gedachten Unterricht nicht besitzen. Letzterer würde demnach wenigstens in den
ob. El. bis auf Weiteres eingestellt werden müssen. Die Zahl der voU-
beschäfbigten Lehrer beträgt insgesamt 23; von denselben können als Offiziere
nicht reclamirt werden 2; aufser diesen letzteren sind militärpflichtig im
Mobilmachungsfalle 3.") — Erläuterungen: „Von den pro (1886) als unab-
kömmlich bezeichneten Mannschaften sind abkömmlich und deshalb in die
vorliegende Liste nicht aufgenommen (folgt die Bezeichnung nach denselben
Bubriken).
Formular B: Nachtragsliste zu den unterm 1. Mäiz 18 . . im Bezirk
des (in) Armeecorps für den Fall einer Mobilmachung als unabkömmlich be-
zeichneten Lehrern, mit denselben Bubriken für Abgang und Zugang.
Zeugnisse für Lehrer und sonstige Bestimmungen.
C.Verf. des E. Prov.Sch.C. zu Coblenz v. 10. Dec. 1870: „Wir
finden uns veranlafst, darauf aufmerksam zu machen, dafs Zeugnisse, welche
von dem Vorsteher einer Lehranstalt Lehrern derselben ausgestellt werden, in
einer der ursprüngl. Veranlassung wenig entsprechenden Weise gebraucht werden
oder auch mit späteren Erfahrungen über denselben Lehrer wesentlich con-
trastiren können, und dafs es sich deshalb empfiehlt, falls ein solches Zeugnis
begehrt wird, dessen Ausstellung abzulehnen, dagegen zuzusagen, auf Anfrage,
welche von geeigneter Stelle ausgeht, über den betr. Lehrer an diese Stelle
directe Auskunft zu geben, oder, falls dies geeigneter erscheinen möchte, die
Anfragenden an uns zu verweisen.'^
Die gleiche Anordnung ist durch C.Verf. des E. Prov.Sch.C. zu Berlin
V. 6. Jan. 1885 erfolgt.
C.Verf. des E. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 4. Nov. 1886. „Nach-
dem es zur Eenntnis des Herrn Ministers gekommen ist, dafs wiederholt Schul-
männer aus aufserpreufsischen Staaten sich mit Anfragen über Ver-
hältnisse und Einrichtungen diesseitiger Lehranstalten unmittelbar an die
Directoren oder an Lehrer dieser Anstalten gewendet haben, hat uns derselbe
beauftragt, darauf aufmerksam zu machen, dafs es den Directoren resp. Lehrern
216
nicht zusteht, derartige Anfragen selbständig zu beantworten. Dieselben sind
uns zu weiterer Veranlassung einzureichen.'*
Erhebung statistischer Nachrichten über den Besuch der
höh. Lehranstalten. Min.yerf. v. 2. April 1887. „Mit den Ausführungen
in dem Berichte vom 24. Jan. d. J., die statistischen Nachrichten über den
Besuch der höheren Lehranstalten betreffend, erkläre ich mich bezüglich der
Auffassung einverstanden, dafs alle Nichtpreufsen, auch wenn sie im Schulorte
ihren Wohnsitz haben, als Ausländer au&ufahren sind. In Bezug auf die
Trennung der Inländer „aus dem Schulorte" und „von auswärts" be-
stimme ich, dafs hierfar der Wohnort der Eltern, bezw. des Vaters und nach
dessen Tode der Mutter oder bei einem pflegeelterlichen Verhältnisse der Wohnort
der Pflegeeltern mafsgebend ist Bei geschiedenen Eheleuten ist derjenige Teil
als bestimmend anzunehmen, dem der in Frage kommende Sohn bei der Scheidung
gerichtlich zugesprochen ist Eine weiter spezialisirte Definition erscheint
für den vorliegenden statistischen Zweck nicht erforderlich.*' An das K.
Prov.Sch.C. zu N., den übrigen Sch.GC. mitgeteilt.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 24. Juli 1885. „Da eine
üebereinstimmung der in den halbjährlich einzureichenden Heb er sichten der
Schlufs-Frequenz aufzunehmenden Gesamtzahl der Schüler während des
Schulsemesters mit der unter Nr. 4 bezw. 8 der Frequenz-Angaben in den
Schulprogrammen ausgeworfenen Schülerzahl sich in den seltenen Fällen nicht
erzielen läfst, in welchen Neuaufnahmen im Laufe des Semesters stattgefunden
haben, so ist in solchen Fällen zu der Colonne 4 bezw. 8 die Colonne Nr. 5
bezw. 9 der Frequenz-Angaben in den Schulprogrammen zuzuzählen und die
sich ergebende Summe in die Freque;iz-Üebersicht als Schülerzahl des Semesters
au&unehmen.**
■
C.Verf. des K. Prov.Sch/C. zu Breslau v. 21^ April 1886. „Euer etc.
veranlassen wir, künftighin und zwar von Beginn des neuen Schuljahres ab die
Berichte über die Anfangsfrequenz der Direr Leitung unterstellten Anstalt
unter Anwendung des nachstehenden Schemas zu erstatten und dabei bei
Teilung der Klassen die einzelnen Cöten besonders auf^führen."
Anfangsfrequenz.
Ostern (Michaelis) 18
•
p.l
Ü.I
O.Il
ü.n
O.ITI
U.TTT
IV
etc.
Sa.
Zurückgeblieben in
Versetzt nach
Neu aufgenominen
Ueberhaupt:
•
Direotoren-Conferenzen.
üeber die Directoren-Gonferenzen, zu denen sich von 3 zu 3 Jahren
sämtl. Gymnasial- und Bealschul-Dir. einer Provinz versammeln, s. die Hisista-
tist. Darst. UI p. 58 und W. Erler „Die Directoren-Gonferenzen des Preufsischen
Staates. Sämtliche auf ihnen gepflogene Verhandlungen geordnet, excerpirt und
eingeleitet durch eine Darstellung der geschichtlichen Entwickelubg dieser Gon-
ferenzen." Berlin 1876 nebst 2 Nachträgen 1879 u. 1882.
\
216
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 27. Jan. 1875: ,4)ie
HH. Dir. und Bectoren der höh. Lehranstalten setzen wir hierdurch in Kenntnis,
dafs der H. Min. unserem Antrage auf Einrichtung amtl. zu berufender, perio-
discher Dir. Conferenzen entisprochen und uns zur Regelung dieser Ange-
legenheit ermächtigt hat.
Der Zweck dieser Conferenzen wird auch hier die gemeinsame Berathung
solcher Fragen aus dem Bereich des Unterrichts und der Disciplin auf den hOh.
Schulen sein, deren Lösung in der jeweiligen Periode von besonderem Interesse
ist Demgemäfs werden von jedem Lehrercoll. Themata far diese Berathung vor-
geschlagen und unter diesen sodann von uns eine Auswahl nach ihrer Wichtig-
keit getroffen, um darnach zur Vorlauf. Berathung in den einzelnen Lehrercoll.
an die Dirigenten zurückzugehen, welche für jedes Thema einen Beferenten und
Correferenten ernennen und auf Grundlage der von diesen abgegebenen Beferate
und Correferate die einzelnen Gegenstände in Conferenzen zur Erörterung bringen.
Die so gewonnenen Beferate und Correferate, in welchen die einschlägige päda-
gog. Litteratur zu berücksichtigen sein wird, sowie die Protokolle über die De-
batten der Lehrer-Conferenzen werden von den Dirigenten an uns eingesendet
und zu weiterer Behandlung an die für jedes Thema von uns zu bezeichnenden
Beferenten und Correff. verteilt Die Dauer der Dir.Conferenzen wird auf 3 Tage,,
excl. zweier Beisetage für die nicht am Ort der Versammlung wohnenden Mitgl.,
anzunehmen sein; sie werden in der Begel in der 2. Hälfte der Pflngstwoche
jedes dritten Jahres entweder in der Hauptstadt oder einer der gröfseren Städte
der Provinz abgehalten, und zwar soll die nächste Versammlung, wofern die
umfassenden Vorbereitungen bis dahin erledigt werden können, am Donnerst.,
Freitag und Sonnab. in der Pfingstwoche 1876 stattfinden.
Die Kosten dieser Conff. müssen in unserem Verwaltungsbezirk in derselben
Weise wie in den übr. Provinzen aufgebracht werden. Aufser den allgm. Aus-
gaben, namentl. far den Druck der Verhandl., stehen den Dir. und Bectoren
Beisekosten und Tagegelder nach den im Gesetz v. 24. März 1873 gegebenen
Sätzen zu, und werden diese Kosten überall auf die Schulkassen zu legen sein,
da die Conf. einem unmittelbaren Interesse der Schule dient. Für die
königl. Anstalten werden wir das Geeignete in dieser Beziehung verfagen und
den Patronaten der übr. beteiligten Anstalten die Einladung zugehen lassen,
sich ihrerseits unserem Vorgange anzuschliefsen. Indem wir an der Bereit-
willigkeit derselben nach den in anderen Provinzen gemachten Erfahrungen
nicht zweifeln, veranlassen wir die sämtl. Dir. und Bectoren der höh. Lehran-
stalten der Provinz nach Anhörung der betr. Lehrercoll. uns bis zum 1. Apr. d. J.
je 5 Themata für die Verhandlungen der ersten Dir.Conferenz der Provinz
Hannover einzusenden."
C.Verf V. 28. Dec. 1878. ,,Aus den von den K. Prov.Sch.CC. der-
jenigen Provinzen, in welchen die Einrichtung der Directoren-Conferenzen be-
steht, auf meine Verf. v. 15. April d. J. erstatteten Berichten und aus den als
Ergänzung dazu in einzelnen Fällen, wo es erforderlich schien, von den be-
treffenden Departementsräthen eingezogenen Informationen hat sich ergeben, dafs
der durch die angezogene Verfügung in Aussicht gestellten einheitlichen Publi-
cation und buchhändlerischen Verbreitung der Protokolle «der genannten Con-
ferenzen ein wesentliches Hindernis in keinem Falle entgegensteht und dafs
die Nützlichkeit der in Erwägung gezogenen Einrichtung allseitig anerkannt
wird. Hiemach trage ich kein Bedenken, in der Publication der Protokolle
die bezeichnete Aenderung vom Jahre 1879 an eintreten zu lassen und ordne
behufs ihrer Ausführung Folgendes an:
1. Jedes Prov.Sch.C, in dessen Amtsbereich in dem betr. Jahre eine
Directorenconferenz stattfindet, sendet rechtzeitig vor der Conferenz das druck-
217
fertige Manuscript der Referate (bezw. mit den betreffenden Correferaten) und
mögliebst bald nacb Abbaltnng der Conferenz das dmckfertige Mannscript der
Protokolle und des einleitenden Vorworts an die hiesige Weidmann sehe
Buchhandlung, und bezeichnet zugleich, ob dasselbe eine Druckrevision erfordert
und durch wen dieselbe auszufuhren ist, femer wie viele Exemplare der Referate
und wie viele Exemplare der vollständigen Publication zu unentgeltlicher Ver-
teilung seitens des Prov.Sch.C. erfordert werden (vergl. Nr. 2). Die Weid-
mann sehe Buchhandlung schickt portofrei die etwa erforderten Revisions-
abdrücke an die von dem betr. Prov.Sch.C. bezeichneten Adressen und ebenso
nach beendigter Herstellung portofrei die verlangte Anzahl der Referate und
der vollständigen Publication an das betr. Prov.Sch.C.
2. Die Anzahl der zu erfordernden Exemplare der Referate ergiebt sich
einfach daraus, dafs die Zahl der Mitglieder der Conferenz nur um weniges zu
überschreiten ist, um nöthigenfalls noch ein paar Exemplare zur Verfügung zu
haben. In Betreff der unentgeltlich verteilten Exemplare der Protokolle ist
die Ungleichheit der Anzahl bei den verschiedenen Prov.Sch.CC. gröfser, als aus
der Verschiedenheit der Zahl der höh. Lehranstalten der betr. Provinzen Er-
klärung findet. Da aus der buchhändlerisehen Verbreitung der Protokolle eine
Ermäfsigung der aus ihrer Publication erwachsenden Kosten zu erwarten ist
(vergl. Nr. 4), so empfiehlt es sich, entsprechend der von den meisten
Prov.Sch.CC. bisher eingehaltenen Praxis, die unentgeltliche Verteilung auf die
nothwendigen und sachgemäfsen Grenzen zu beschränken. Als jedenfalls er-
forderlich sind folgende Zuweisungen zu erachten : 8 Exemplare an das Unter-
richtsministerium, 1 Exemplar an das Ober-Präsidium der betr. Provinz, je
3 Exemplare an jedes Prov.Sch.C, je 1 Exemplar für die Bibliotheken der höh.
Lehranstalten der betr. Provinz, je 1 Exemplar für die Mitglieder der Con-
ferenz. In einzelnen Provinzen ist den städtischen Patronaten je ein Exem-
plar zugestellt worden; ob dies da, wo es bisher nicht der Fall war, einzu-
führen ist, bleibt der Erwägung der Prov.Sch.CC. überlassen. Aufserdem ist
eine nicht zu hoch bemessene Zahl zur Verfügung des betr. Prov.Sch.C. zu
reserviren (z. B. für die Universitätsbibliothek der Provinz, oder für Mitglieder
der Wissenseh. Prüfungscommission u. a. m.). Nach diesen Gesichtspunkten
wolle jedes Prov.Sch.C. unter Berücksichtigung der bisher eingehaltenen Praxis
die Zahl der zu unentgeltlicher Verteilung erforderlichen Exemplare feststellen.
An das Unterrichtsministerium sind die Exemplare, wie bisher, mittelst Berichtes
einzureichen. Die Zustellung an die anderen (d. b. bei der Conferenz nicht be-
teiligten) Prov.Sch.CC. kann, wenn der Wunsch ausgesprochen wird, unmittelbar
durch die Verlagsbuchhandlung ausgeführt werden.
3. In der Anordnung der Publication der Conferenzverhandlungen wird
die bisher von den meisten Prov.Sch.CC. getroffene Einrichtung eingehalten
werden, nämlich folgende: Nach einem zuletzt zum Drucke zu gebenden und
abgesondert zu paginirenden Vorworte, welches den äufseren Vorgang der Con-
ferenz darzulegen hat, folgen in eontinuirlichor Paginirung zuerst die sämtlichen
Referate, bezw. mit den zugehörigen Correferaten, sodann die Protokolle über die
Sitzungen der Conferenz. Die von einem Prov.Sch.C. eingehaltene Anordnung,
dafs auf jedes Referat (bezw. Referat und Correferat) das Protokoll der darauf
bezüglichen Conferenzverhandlung folgt, macht in Betreff der Paginirung und
des Anschliefsens und Ausführens des Druckes Schwierigkeiten, welche be-
deutender sind, als der mehr scheinbare, dadurch zu erreichende Vorteil; denn
auch bei dieser Einrichtung macht die Vergleichung der Verhandlungen mit
den Referaten ein Zurückblättern erforderlich. Für die gleichartige äufsere
Ausstattung in Format und Lettern wird die Verlagsbuchhandlung mir eine
Probe zur Genehmigung vorlegen. In Aussicht genommen ist ausserdem, dafs
in angemessenen Zwischenräumen, etwa nach je zwei Cyklen der Conferenzen,
218
ein von der Yerlagsbachhandlong abgesondert heraoszagebendes Begister den
Gebrauch der Pnblicationen erleichtere. Das erste derartige Begister würde bis
Zürn Jahre 1876 in der Weise zurückzugehen haben, dafs es sich an die vom
Professor Erler über die Directorenconferenzen veröffentlichte Zusammenstellang
unmittelbar anschlösse, (s. S. 215.)
4. Für die ersten drei Jahre, 1879 bis 1881, also fur«je eine Gonferenz
der beteiligten Provinzen, werden von der Yerlagshandlung verbfiltnismäfsig
(d. h. nach dem Umfange der Publicationen, nach fachmännischer Umrechnung
auf die geänderte Druckeinrichtung) Jedem Prov.Sch.C. dieselben Kosten be-
rechnet, welche demselben die Publication der letzten Gonferenz verursacht hat
Pur die Bheinprovinz, in welcher für das Jahr 1880 die Abhaltung der ersten
Directorenconferenz beabsichtigt ist, wird für die Kosten ein Durchschnittssatz
gerechnet werden. Im Verlauf dieser drei Jahre wird sich ergeben, welche
ErmäTsigung in den von den Prov.Sch.GG. zu bestreitenden Kosten in Folge des
erreichten buchhändlerischen Vertriebes eintreten kann, und es wird, event. unter
Berücksichtigung der inzwischen bemerklich gewordenen Bedurfnisse, eine neue
Vereinbarung mit der Verlagsbuchhandlung geschlossen werden. Eine Erhöhung
der Kosten für die Prov.Sch.GG. ist bei der in Aussicht genommenen neuen Ver-
einbarung ausgeschlossen." Der Minister etc. Falk.
Aus Min. Verf. v. 17. Juni 1886. (GBl. 1886, S. 477 f.) „Bei diesem
Anlasse mache ich zugleich darauf aufmerksam, wie sehr es im Interesse der
Sache liegt, dafs die durch den Druck veröffentlichten Gesamtreferate unter
Beseitigung jeder unnöthigen Weitläufigkeit sich auf Hervorhebung des Wesent-
lichen beschränken und auf diese Weise sich innerhalb eines mäfsigen Um-
fanges halten. Die Verhandlungen der preufsischen Directorenconferenzen haben
insbesondere, seit im Jahre 1879 eine einheitliche Form ihrer Veröffentlichung
eingerichtet worden ist, ein nicht zu unterschätzendes Interesse in weiteren
Kreisen gefunden. Durch einen ermüdenden Umfang der Beferate wird dieses
Interesse gelähmt und in weiterer Folge selbst die Verbreitung der Pnblicationen
gefährdet. Auf diese Gesichtspunkte wolle das K. Prov.Sch.G. die Directoren,
welche dasselbe mit der Abfassung von Beferaten oder Gorreferaten für die
Gonferenzen betraut, nachdrücklichst hinweisen." Der Minister etc. (gez.)
von Gofsler.
Lehrer-Conferenzen.
Ueber die Lehrer- Gonferenzen, sowohl die regelmäfsigen, wie die be-
sonderen Fachconfenzen, enthalten die vorstehenden Dinlnstructionen nähere
Bestimmungen; vgl. Abtl S. 68 u. 108.
Min. Verf. v. 5. Oct. 1877 an den Bealschullehrer etc. „Die preufsische
Unterrichtsverwaltung hat von jeher einen hohen Werth darauf gelegt, die
Thätigkeit der Lehrer an den höh. Schulen nicht auf das Erteilen des ihnen
aufgetragenen Unterrichts zu beschränken, sondern ihnen für alle wichtigen
Fragen des Schullebens eine wesentliche Mitwirkung anzuvertrauen, und ver-
dankt dieser dem Lehrstande gegebenen Stellung einen grofsen Teil der an den
höh. Schulen erreichten Erfolge. Dabei ist aber nie aufser Acht gelassen
worden und darf nicht aufser Acht gelassen werden, dafs der Dir. zugleich der
nächste Vorgesetzte der übrigen Mitglieder des Lehrercollegiums ist Aus diesen
allgemeinen Gesichtspunkten findet die Frage ihre Erledigung, für welche Sie
meine Entscheidung nachsuchen,
„ob der Director das Becht habe, der Berechtigung von Anträgen
eines Lehrers, welche im Sinne des § 8 der Lehrerinstruction vom
22. Januar 1868 erfolgen, zu präjudiciren.*'
219
Der § 8 der angezogenen Lehrerinstniction für die Provinz Brandenburg
lautet in dem betreffenden Satze:
„Anträge anf Berathnng eines Gegenstandes zu stellen, ist jeder Lehrer
berechtigt, hat Jedoch dieselben vorher anzumelden und die Beihenfolge
sowie die Art der Behandlung dem Dir. zu überlassen/^
Wenngleich nun weder durch den Wortlaut dieses Satzes noch durch
andere Vorschriften der Lehrer- oder der Directoren-Instmction für die Prov.
Brandenburg eine ausdrückliche Entscheidung der von Ihnen gestellten Frage
gegeben wird, so kann doch nach den oben angegebenen Gesichtspunkten
deren Bejahung nicht zweifelhaft sein. Der Dir. ist nicht nur berechtigt, sondern
auf das entschiedenste verpflichtet, Anträge, welche nicht zur Zuständigkeit der
Oonferenz gehören, oder welche ihm aus sachlichen Gründen zu einer Erörterung
in der Conferenz nicht geeignet scheinen, von derselben zurückzuweisen, wo-
gegen dem Antragsteller das Becht der Beschwerde an die höheren Instanzen
unbenommen bleibt. Dieser Stellung des Direcctors ist in einigen der für
andere Provinzen erlassenen und in Wieses Sammlung der Verordnungen und
(resetze für die höh. Schulen in Preufsen abgedruckten Lehrer- und Directoren-
Instructionen ein bestimmter Ausdruck gegeben. So heifst es: der Director
„gestattet den Lehrern, Angelegenheiten, die er für die Conferenz
geeignet findet, zur Besprechung zu bringen" (Directoren-Instruction für die
Bheinprovinz v. 15. Juli 1867 § 3). Der Dir. „bestimmt die zu behandeln-
den Gegenstände und die Reihenfolge derselben" (Directoren-Instr. für die Prov.
Hannover v. 4. Mai 1873 § 17). . . . Der Min. etc. Falk.
C.Verf. V. 10. Febr. 1887. Die Stellung, welche an den höh. Schulen
die Zeichenlehrer in den betr. Lehrercollegien, insbesondere bezüglich ihrer
Beteiligung an den allgemeinen Conferenzen des Collegiums einzunehmen haben,
ist durch die Directoren-Instructionen bestimmt, welche für die altländischen
Provinzen in den Jahren 1867 und 1868, später für die neu hinzugetretenen
Provinzen erlassen sind. Da diese Instructionen nicht durch eine allgemeine
Verfügung seitens der Centralinstanz, sondern von den einzelnen K. Prov.Sch.CC.
unter einzuholender ministerieller Genehmigung vorgeschrieben worden sind, so
haben sich daraus zwar für die Normirung des fraglichen Verhältnisses einzelne
Verschiedenheiten des Ausdruckes ergeben; wie ich jedoch aus den auf meine
G.Verf. V. 26. März v. J. erstatteten Berichten der K. Prov.Sch.CC. erseiJie, hat
bei der Ausführung jener Instructionen die Natur der Sache selbst zu einem
im Wesentlichen gleichen und zweckmäfsigen Verfahren geführt. Diese Gleich-
mäfsigkeit ist auch durch den Umstand befördert worden, dafs in der weit
überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Zeichenunterricht an den höheren Schulen
von etatsmäfsig definitiv angestellten Lehrern der Anstalten erteilt wird, wenn-
gleich bei den meisten derselben die Stellung als etatsmäfsiger Lehrer nicht
ausschliefslich durch die Erteilung des Zeichenunterrichts begründet ist ; in den
Fällen, in welchen der Zeichenunterricht nicht durch einen ordentlichen Lehrer erteilt
wird, liegt der AnlaTs meistens darin, dafs durch den an einer einzelnen Schule
zu erteilenden Zeichenunterricht nicht kann eine Lehrkraft, etwa unter Hinzu-
nahme anderer wissenschaftlicher Lehrgegenstände, vollständig beschäftigt
werden. Der yersuch, unter Nichtbeachtung dieser Thatsachen die Erteilung
des Zeichenunterrichts durch einen etatsmäfsig definitiv angestellten Lehrer zur
allgemeinen Vorschrift zu machen, würde unvermeidlich zu einem sachlichen
Nachteile für die Entwickelung des Zeichenunterrichtes führen. Bei dieser
Sachlage finde ich für jetzt keinen Anlafs, abgetrennt von einer etwa iü Aus-
sicht zu nehmenden allgemeinen und zugleich abkürzenden Bedaction der
Directoren-Instructionen, die Stellung der Zeichenlehrer zum Gegenstande einer
besonderen Verfügung zu machen, sondern erachte es für ausreichend, das nach
dem Inhalte der eingereichten Berichte im Wesentlichen bereits gleichartige
220
Verfahren im Nachstehenden znsammenfassend als Directive für die K. Prov.Sch.GC.
zu bezeichnen.
Diejenigen Zeichenlehrer, welche mit der vollen Zahl der Pflichtstanden
eines ordentlichen, bezw. Elementarlehrers, an einer Schnle beschäftigt nnd an
derselben definitiv angestellt sind, mag nnn die Gesamtheit ihrer Pflichtstnnden-
zahl dem Zeichenunterrichte oder ein Teil derselben einem anderen Wissenschaft!.
Lehrgegenstande zugewiesen sein, sind verpflichtet, an den allgm. Conferenzen
des Lehrercollegiums teilzunehmen.
Stimmberechtigt in denselben sind sie för alle .Fragen der Disciplin;
bezuglich der Beurteilung der Schuler sind sie stimmberechtigt für die von ihnen
vertretenen Lehrgegenstände.
Auf die Entscheidung der Frage über die Versetzung eines Schülers in
die nächst höhere Klasse ist an den Gymnasien schon mit Bücksicht darauf^
dafs der obligatorische Unterricht im Zeichnen nur bis zur Quarta reicht, dem
Urteile über die Leistungen im Zeichnen ein Einflufs nicht beizumessen. Da-
gegen kann an realistischen Anstalten und an den höh. Bürgerschulen diesem
Urteile eine bestimmte Bedeutung für die Frage der Vereetzung zugewiesen
werden; da das Mafs dieser Bedeutung nicht allein durch die Verschiedenheit
der Anstalten und den in ihnen dem Zeichenunterrichte gesetzten Aufgaben, son-
dern öfters auTserdem noch durch besondere Umstände bedingt ist, so hat in
jedem einzelnen Falle das betr. K. Prov.Sch.C. nach Anhörung des Dirigenten
der Anstalt das Erforderliche anzuordnen, event. wenn sich Bedenken ergeben
sollten, an mich zu berichten.
Diejenigen Zeichenlehrer, welche nur remuneratorisch, bezw. commissarisch,
provisorisch oder nebenamtlich in Verwendung stehen, sind von dem Dirigenten in
den Fällen, in welchen er es für geeignet erachtet, zur Conferenz einzuladen ; durch
den Zweck der Einladung bestimmt sich zugleich das Mafs ihrer Stimmberechtigung.
In den Verwaltungsberichten, welche im Jahre 1889 über die gymnasialen,
im Jahre 1891 über die realistischen Anstalten zu erstatten sind, will ich einer
Erklärung darüber entgegensehen, ob diese Directiven sich in der Durchführung
bewährt haben oder einzelne Bedenken übriggeblieben sind." Der Minister etc.
von Gofsler. (Vgl. C.Verf. v. 12. Mai 1887- GBl. p. 505.)
Arohivordnung.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Coblenzv. 11. Juni 1859: „Obgleich
in der für die Gymnasialdir. der Bheinprovinz bestimmten Dienstinstruction
angeordnet ist, dafs der Dir. eines Gymn. die Schulacten unter seine besondere
Verwahrung zu nehmen und dafür zu sorgen habe, dafs sie in gehöriger
Ordnung gehalten werden, so hat sich doch in einzelnen Fällen ergeben, dafs
dieser Bestimmung nicht in der Weise entsprochen worden ist, wie es ein
geregelter Geschäftsgang erheischt. Wir nehmen daher Veranlassung, die
Dir. noch besonders daran zu erinnern, dafs alles, was in Bezug auf die An-
stalt von den Behörden verfügt wird oder sonst wie von Schriftstücken Be-
merkenswerthes Denselben zugeht, joumalisirt, planmäfsig in bestimmte Acten-
stücke verteilt und so geordnet werden mufs, dafs beim Abgange oder auch nur
bei Abwesenheit des Dir. sein Nachfolger oder Stellvertreter sich die nöthige
Kenntnis über alles Vorkommende verschaffen könne, und bemerken noch aus-
drückl., dafs auch die Concepte der erstatteten Berichte und die anderweitige
amtl. Oorrespondenz aufbewahrt und an geeigneter Stelle den Acten einverleibt
werden müssen."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Stettin v. 1. Juli 1867: „Aus den
auf unsere Verfügung v. — erstatteten Berichten geht hervor, dafs die Nothwen-
digkeit einer besseren Ordnung der Archive bei den höh. Schulen unseres Bessorts
221
und des Erlasses einer in dieser Anglgh. durchgreifenden Verordnung noch
dringender ist, als wir anzunehmen Veranlassung hatten. Unter Berücksich-
tigung des Inhalts der Berichte haben wir nun ein Archivrepertorium
(a) entwerfen lassen, welches wir den Dir. hierbei mit folgenden Vorschriften
zufertigen:
Die in demselben mit Nummern angegebenen Actenstücke müssen, soweit
nicht besondere Umstände eine Abweichung gerechtfertigt erscheinen lassen,
in dem Archiv gesondert, und soweit das nicht nach der Natur der Schrift-
stücke unzweckmäfsig ist, in Pappdeckel ordnungsmäfsig geheftet vorhanden
sein. Einzelne Actenstücke in noch speciellere zu teilen, ist zulässig und
unter • Umständen empfehlenswerth. Dafs aufser den in unserem Entwurf
angegebenen Actenstücken je nach den besonderen Verhältnissen der einzelnen
Anstalten auch noch andere vorhanden seien, ist nicht ausgeschlossen und
zuweilen nothwendig. Wenn ein Schriftstück nach seinem Inhalt in ver-
schiedene Actenstücke gehört, ist es zu Einem zu bringen und den anderen
entweder eine Abschrift oder ein Extract oder eine Notiz einzufügen. Die
Concepte der zu erstattenden Berichte sind nicht etwa in ein Buch, sondern
auf besondere Blätter zu schreiben, und diese zu den betr. Actenstücken zu
bringen.
Die Ordnung der Actenstücke unter allgemeine Titel kann eine andere
sein, als die in dem beiliegenden Entwurf nach A. bis L. vorgeschlagene. Doch
wird sich bei den meisten Archiven, namentlich denen jüngerer Anstalten,
diese Ordnung ohne grofse Schwierigkeit durchführen lassen. — Ein Geschäfts-
Joumal zu führen empfehlen wir und zwar nach dem in der Beilage mitge-
teilten Schema.
Die Herstellung einer diesen . Vorschriften entsprechenden Ordnung in
dem Schularchiv raufs bis zum Ende dieses Jahres erfolgen. Wir haben
unseren DepartemQntsrai^ beauftragt, im nächsten Jahre die Archive sämtl.
zu revidiren und solche Kevisionen periodisch zu wiederholen. Ueber den
Befund bei jeder Bevision soll ein Protokoll aufgenommen und eingereicht
werden."
(a) Entwurf eines Archivrepertoriums für die höheren Lehranstalten
in Pommern.
A. Die Anstalt im Ganzen. i. Allgemeine, die höh. Schulen im
Ganzen betreffende Verordnungen. 2. Das Amtsblatt der K. Regierung. 3. Acta
specialia betr. die Errichtung der Anstalt und die Bildung neuer Klassen. 4. Die
Errichtung der Vorschule. 5. Die K. Aufsichtsbehörden und Revisionen der
Anstalt. 6. Das Scholarchat resp. Curatorium. 7. Die Portofreiheit in
Dienstangelegenheiten. 8. Allgm. Verordnungen, betr. die Einreichung von
Verwaltungsberichten und Statist. Nach Weisungen. 9. Concepte der Verwaltungs-
berichte und der mit ihnen einzureichenden Nachweisungen der Lehrer. 10. Allgm.
Vorschriften über Abfassung und Einsendung der Programme. #11. Acta spec.
betr. die Abfassung und Einreichung des Progr. der Anstalt. 12. Eine Sammlung
der Programme der Anstalt. 13. Acta betr. die Geschichte der Anstalt.
14. Acta betr. die Beziehung zu anderen Schulen, Glückwunschschreiben zu
Jubiläen u. dgl. m.
B. DerDirector. 1. Allgm. Verordnungen über die Anstellung und
die Instruction der Directoren. 2, Acta betr. die Diretorenconferenzen. 3. Acta
spec. betr. die Anstellung des Dir. der Anstalt
C. Die Lehrer. 1. Allgm. Verordnungen betr. die Anstellung und
die Pflichten der Lehrer, auch die Instr. der Klassenordinarien. 2. Ein Ver-
zeichnis aller an der Anstalt beschäftigten Lehrer und Candidaten mit den Be-
scheinigungen über den Empfang der Lehrer- und der Ordinarien - Instruction.
3. Verordnungen betr. die rrüfung pro facultate docendi und die Zusammen-
setzung der wissenschaftl. Prüfungscommission. 4. Acta spec. betr. die An-
222
Stellung, Vereidiffung, Titel, das Einkommen und den Abgang der Lehrer der
Anstalt. 5. Zeugnisse der Lehrer. 6. Acta spec. be^. die Naohweisungen
von den Veränderungen im LehrercolL 7. Aota spec. betr. das Verhalten der
Lehrer, Urlaubsgesuche, Vertretung, Nebenämter u. dgL 8. Acta betr. den Ein-
kauf in die £. allgm. Witwenverpflegungsanstalt. 9. Allgm. Verordnungen
betr. die Militärpflicht der Lehrer. 10. Acta spec. betr. die Militärpflicht der
Lehrer, Reclamationen u. dgl. 11. Allgm. Verordnungen betr. die Probecandd.
12. Acta spec. betr. die Probecandd. der Anstalt. 13. Acta betr. die Lehrer
an der Vorschule. 14. Acta betr. die Lehrerconferenzen (Protokollbuch).
D. Die Unterbeamten. 1. Acta betr. den Rendanten. 2. Aota
betr. den Sjhuldiener.
E. Aufnahme, Abgang und Disciplin der Schüler. 1. ^llgm«
Verordnung betr. die Aufnahme, die sittl. Leitung und die Entfernung der
Schüler. 2. Acta betr. die Gesundheitspflege der Schüler. 3. Acta spec.
betr. die Schulordnung der Anstalt. 4. Acta spec. betr. die Aufnahme der
Schüler (dabei die von den Schülern bei der Aufnahme vorgelegten Zeugnisse).
5. Album der Schule. 6. Album der Vorschule. 7. Acta spec. betr. die
Frequenzlisten. 8. Acta spec. betr. die Disciplinarfälle. 9. Acta betr. die
Gensuren. 10. Acta betr. die Militärpflicht der Schüler. 11. Concepte der
Zeugnisse behufs der Meldung zum einjähr. Militärdienst. 12. Concepte sonstiger
Abgangs- und anderer Zeugnisse für Schüler. 13« Allgemeine Verordnungen
betr. das Verhältnis zu gewissen Berufsarten. 14. Ac^ betr. Alunmate oder
Pensionate,
F. Der Unterricht. 1. Allffm. Verordnungen betr. den Unterr. und
die wissenschaftl. Beschäftigung der Schüler überhaupt (darin die Verfl". über den
Anfang der Unterrichtszeit und die Dauer der Pausen). 2. Acta betr. die Ein-
führung von Schulbüchern. 3. Acta spec. betr. den Lectionsplan. 4. Acta
betr. die religiöse Unterweisung (auch die Schulandachteu, Eirchenbesuch, Schul-
communionen, Confirmandenunterr. , Aufsicht des Gen. Superindenten u. dgl.).
5. Acta betr. den Unterr. im Deutschen und in der philosoph.. Propädeutik.
6. Acta betr. den Unterr. im Lateinischen und Griechischen. 7. Allgm. Ver-
ordnungen betr. die Dispensation vom Griechischen. 8. Acta spec. betr. die
Dispensation vom Griechischen. 9. Acta betr. den Unterr. im Hebräischen,
10. im Französischen, 11. im Englischen, 12. in der Geschichte und
Geographie, 13. in der Mathematik und im Rechnen, 14. in der Physik,
Chemie und Naturbeschreibung, 15. im Zeichnen und Schreiben, 16. im
Gesang, 17. im Turnen, 18. die Dispensation vom Turnunterricht, 19. den
Privatunterr. der Lehrer.
G. Schulprüfuiigen. 1. Acta betreffend: die Versetzungsprüfungen,
Klassenrevisionen des Dir. und Versetzungen, 2. die öffentl. Prüfungen, 3. die
Einsetzung der Prüfungscomm. für Auswärtige nach dem Beglm. v. 23. März 1846.
4. Die Verhandl. der hiemach abgehaltenen Prüfungen. 5. -^l^^- Ver-
ordnungen betr. die Maturitätsprüfung. 6. Urteile der wissenschaftl. Prüfungs-
commission. 7. Acta specialia betr. die jährlichen Nachweisungen der ge-
prüften Maturitätsaspiranten, 8. die Verhandlungen der einzelnen Maturitäts-
prüfungen.
H. Ferien und Schulfeste. 1. Acta betr. die Ferien, 2. die
ordentl. Schulfeierlichkeiten, 3. aufserordentl. Schulfeste, . 4. diie Jubiläen
der einzelnen Lehrer.
- L Vermögensverwaltung. 1. Acta betr. den Etat der Anstalt.
2. Kechnungssachen, 3. die Hebungen von den Schülern, 4. die Schul-
geldbefreiungen, 5. die Lehrerwitwenkasse der Anstalt und so für jede mit
der Anstalt verbundene Stiftung ein besonderes Actenstück.
E. Gebäude und Geräthe. 1. Allgm. Verordnungen (z. B. über
Benutzung der SchuUocale zu anderen Zwecken, über die Instandhaltung der
Dienstwohnungen etc.). 2. Acta spec. betr. Reparaturen, 3. betr. die Be-
nutzung der SchuUocale.
L. Bibliothek und andere Sammlungen. 1. Acta betr. die Ver-
waltung und die Revisionen der Bibliothek und der anderen Sammlungen. 2. Acta
spec. betr. die Vermehrung der Hauptbibliothek durch Ankauf oder Geschenke.
3. Acta betr. die Schülerbibliothek, 4. die zur Anschaffung empfohlenen
223
Bücher, 5. das physikal. Gabinet (Inventar), 6. die naturgeschichtl. Samm-
Inngen (Inventar), 7. die der Anstalt gehörenden Kunstwerke und Apparate
für den Zeichenunterricht (Inventar], 8. die geograph. und geschichtl. Lehr-
mittel (Inventar), 9. die Musikalien (Inventar), 10. das Archiv der Anstalt
nebst JRepertorium desselben und Journal.
Das zum Geschäftsjournal empfohlene Schema hat die Rubriken:
1. Laufende Nummer. 2. Datum der Sache und der Präsentation. 3. Name
und Wohnort des Absenders. 4. Kurzer Inhalt der Sache. 5. Kurze Angabe
dessen, was zur Erledigung der Sache geschehen ist. 6. Bezeichnung der Acten,
zu welchen die Sachen gebracht sind.
CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Kiel v. 20. Febr. 1870: „In gegebener
Veranlassung machen wir die HH. Dir. besonders darauf aufmerksam, dafs nach
dem Rescript des H. Min. etc. vom 21. Aug. v. J., welches wir Ihnen durch
Circulare mitgeteilt haben, nur solche üeberschreitungen der sächlichen
Ausgabetitel, welche an sich gerechtfertigt sind, durch die Schlufsvermer&e in
den Etats ohne Weiteres für zulässig erkl^ sind. Wir empfehlen deshalb den
HH. Dir., in solchen Fällen, wo dieselben gröfsere Anschaffungen für die Bibliothek
und Sammlungen oder für Utensilien, durch deren Kosten eine namhafte üeber-
schreitung der betr. Etatstitel herbeigeführt werden würde, zu machen gedenken,
dazu vorgängig unsere Genehmigung nachzusuchen, damit drgl. Uebersclu*eitungen
nicht nachträglich als „ungerechtfertigte' zu Rechnungsnotaten Veranlassung geben
können.^
In Betreff der Schulgeld-Hebelisten s. Abt. I S. 387 fg. 11, S. 206.
Die für die Einführung neuer Lehrbücher mafsgebende C.Verff. v.
20. Juni 1864 und 12. Jan. 1880 s. in Abt. I S. 363 fg.
Die Verpflichtung zum Halten der Gesetzsammlung und des Amtsblatts
ist aufgehoben; s. GBl. 1873 p. 449.
Bienstliohe Postsendungen.
Aus dem Regulativ v. 28. Nov. 1869:
„Nachdem durch das Bundesgesetz v. 5. Juni d. J. die bisher bestandenen
Portofreiheiten und Portoermäfsigungen für Postsendungen in Staatsdienst- Anglgh.
vom 1. Jan. 1870 ab aufgehoben worden sind, treten mit diesem Tage folgende
Bestimmungen über die geschäftliche Behandlung der gedachten Sendungen
in Kraft:
1. Alle Postsendungen zwischen königl. Behörden, einschlief such der einzeln
stehenden, eine Behörde repräsentirenden königl. Beamten, sind bei der Absendung
zu frankiren. Ebenso ist hinsichtlich der von königl. Behörden abzulassenden Post-
sendungen an andere Empfänger zu verfahren, wenn dieselben entweder a. nicht
im Interesse der Empfänger, sondern ausschliefslich im Staatsinteresse erfolgen
oder b. an eine Partei gerichtet sind, welche nach den bisher geltenden Vor-
schriften auf portofreie Zustellung einen Rechtsanspruch hat, oder c. in einer
Procefs- oder Vormundschaftsache ergehen, für welche einer Partei das Armenrecht
bewilligt ist Alle sonstigen, von königl. Behörden ausgehenden Postsendungen
sind unfrankirt abzulassen. — Postanweisungen unterliegen jedoch dem Frankirungs-
zwange. —
2. Die Frankiruug der gewöhnl. Briefe und der Postanweisungen, welche
nach einem Orte innerhalb des Norddeutschen Postbezirks bestimmt sind, erfolgt
seitens d^r absendenden Behörden durch Aufkleben von Dienst-Freimarken im
Betrage des tarifmäfsigen Portos. :-
5. Die nach § 1 frankirt oder unfrankirt abzulassenden, der Portozahlung
unterworfenen Sendungen sind auf der Adresse als „portopflichtige Dienstsache^
zu bezeichnen und mit dem Dienstsiegel der absendenden Behörde zu versehen.
Einzeln stehende Beamte, welche ein solches nicht führen, haben unter dem Ver-
merk „portopflichtige Dienstsache'' die „Ermangelung eines Dienstsiegels" mit
Unterschrift des Namens und Beisetzung des Amtscharakters zu bescheinigen.
224
6. Die königl. Behörden haben in ihrem Geschäftsverkehr auf thunl. Be-
Fohränkung der Fortoausgaben Bedacht zu nehmen und insbesondere folgende Be-
stimmungen sorgfältig zu beachten : a. Sollen mehrere Briefe gleichzeitig an
eine Adresse abgesandt werden, so sind dieselben in ein gemeinschaftl. Couvert zu
verschliefsen. b. Packete ohne Werthsdeclaration , deren Gewicht mehr als
20 Pfund beträgt, sind da, wo Eisenbahnverbindungen bestehen, soweit es ohne
unverhältnism. Verzögerung: ihrer Beförderung oder einen sonstigen Nachteil- ge-
schehen kann, als Frachtgut mit der Eisenbahn zu versenden. Dagegen sind Geld-
und andere Werthsendungen stets zur Post zu geben. c. Zu den Eeinschriften
der Verfügungen an Privatpersonen ist Papier von solcher Beschaffenheit zu ver-
wenden, dafä das Gewicht desselben einschliefslich des Gouverts das zulässige
Maximalgewicht eines einfachen Briefs nicht übersteigt.
7. Bei jeder königl. Behörde hat deren * Vorstand diejenigen Anordnungen
zu treffen, welche erforderlich sind, um eine ausreichende Controlle der Verwendung
der Dienst-Freimarken sicher zu stellen, wobei jedoch darauf zu sehen 'ist, dafs die
Controlle möglichst einfach geführt und dafs dadurch keine grofse Schreiberei
veruf sacht wird. 8. Denjenigen königl. Behörden und einzeln stehenden
königl. Beamten, bei welchen eine selbständig Rechnung legende Kasse nicht vor-
handen, ist seitens der vorgesetzten Prov. Behörden die Kasse zu bezeichnen, von
welcher die Portoauslagen zu erstatten und zu verrechnen sind." —
Staats-Min.Beschlufs v. 24. Juli 1878. „Der § 8 Absatz 1 des
Begulativs über die geschäftl. Behandlung der Postsendungen In Staatsdienst-
Angelegenheiten vom 28. Nov. 1869, wonach die Verrechnung der gezahlten
Portobeträge im Bessert der Justizverwaltung nach Anleitung des Etats bei den
darin ausgebrachten betr. Titeln, in den übrigen Ressorts dagegen unter einem
neu zu bildenden, nach dem Titel „zu sächlichen Ausgaben'* einzuschaltenden
Titel mit der Bezeichnung : „Porto und sonstige Frachtgebähren für dienstliche
Sendungen*' und zwar als Mehr-Ausgabe über den Etat erfolgen soll, wird
hierdurch dahin declarirt, dafs unter diesem letzteren Titel aufser den auf den-
selben nach § 4 des Begulativs über die geschäftl. Behandlung der Telegramme
in Staatsdienst-Angelegenheiten vom 30. Juni 1877 zu übernehmenden, von K.
Behörden und einzeln stehenden K. Beamten für Telegramme in Staatsdienst-
Angelegenheiten zu entrichtenden Geldbeträgen fortan nur noch 1. das Post-
porto, und zwar dieses ohne Ausnahme, soweit es von der Verwaltung baar oder
in angekauften Marken direct bezahlt wird, und 2. die Frachtgebühren für
solche nicht mit der Post bewirkte Packetsendungen, welche durch Zusammen-
legung der dienstlichen Correspondenz oder durch Versendung von Acten,
Drucksachen und Formularpapier zwischen Behörden und Beamten in Anwendung
der Vorschriften im § 6 des Begulativs vom 28. Nov. 1869 entstehen, zu ver-
rechnen, dafs dagegen die Ausgaben an sonstigen Fracht- und Transportkosten
denjenigen Ausgabetiteln jeder Verwaltung, welche die Beschaffungskosten der
transportirten Gegenstände zu tragen haben, zuzuweisen sind."
Min.Verf. v. 17. Oct. 1885. „Zuständigen Ortes ist festgestellt worden,
dafs für alle von Staatsbeamten zu erstattenden Berichte, Anzeigen und Mel-
dungen, welche ihre Person betreffen und von der vorgesetzten Dienstbehörde
zugleich aus dienstlichen Bücksichten angeordnet sind, das Porto von der Staats-
kasse zu tragen ist " Der Min. etc. im A. Barkhausen.
Bescheid der Ober-Postdirection zu Berlin v. 11. März 1885.
„Ew. beehre ich mich auf das geehrte Schreiben v. 9. d. M. erg. zu -erwidern,
dafs nach einer Entscheidung des Beichspostamts die Abkürzung des Vermerks
„Portopflichtige Dienstsache" durch die Bezeichnung P. D. S. nicht zulässig ist,
da diese Buchstaben leicht für P. S. (die im Postdienstbetrieb übliche Abkürzung
für Postsache) gelesen werden könnte. Dagegen sind Abkürzungen, wie
Portopfl. D. S., Ptpfl. Diensts. u. dgl. als zulässig anzusehen." Der KaiserL
Ober-Postdirector gez. Schiffmann.
l
ä2&
Telegramme in Staatsdienstangelegenheiten.
Aus dem Regulativ v. 30. Juni 1877. „Nachdem durch die Kaiserliche
Verordnung vom 2. Juni d. J. die bisher bestandene Gebührenfreiheit für
Telegramme in Staadsdienstangelegenheiten vom 1. Juli d. J. ab aufgehoben
worden ist, treten mit diesem' Tage folgende Bestimmungen über die ge-
schäftliche Behandlung der gedachten Telegramme in Kraft.
§ 1. Den Telegrammen in Staatsdienstangelegenheiten verbleibt, in der
Beförderung, der bisherige Vorrang vor Privattelegrammen. Sie sind daher von
der absehenden . Behörde wie bisher als Staatstelegramme zu bezeichnen und
als solcW durch Siegel oder Stempel zu beglaubigen. § 2. Die Königl. Be-
hörden, mit Einschluis der einzeln stehenden, eine Behörde repräsentirenden K.
Beamten haben die Telegraphirungsgebühren für die von ihnen in Staatsdienst-
angtilegenheiten abzusendenden Telegramme: a) wenn die Aufgabe bei einem
Beichstelegraphenamte erfolgt, entweder im Wege der Contirung oder in jedem
einzelnen Falle haar, und zwar durch Verwendung von Post- oder Telegraphen-
freimarken, oder durch Einzahlung beim Telegraphenamte, dagegen b) wenn
die Aufgabe bei einer Eisenbahn- Telegraphenstation erfolgt, in allen
Fällen durch baare Einzahlung bei der betreffenden Station zu entrichten.
§ 4. Die Verrechnung der von K. Behörden und einzeln stehenden K. Beamten
für Telegramme in Staatsdienst-Ang. zu entrichtenden Geldbeträge bei den Staats-
kassen und die Erstattung der von den bezeichneten Behörden und Beamten
verauslagten Geldbeträge für Telegramme der gedachten Art erfolgt in derselben
Weise, wie es hinsichtlich der Portobeträge für Postsendungen in Staatsdienst-
sachen nach den bestehenden Vorschriften zu geschehen hat. § 5. Die
Wiedereinziehung derjenigen für Telegramme in Staatsdienst-Ang. verauslagten
Beträge, zu deren Erstattung eii^ Beteiligter verpflichtet ist, hat nach den,
hinsichtlich der Wiedereinziehung von Post-Portobeträgen für Postsendungen in
Staatsdienstsachen mafsgebenden Bestimmungen zu erfolgen. § 6. Telegramme
in Staatsdienst-Ang. ßind nur in den wichtigsten und dringendsten Fällen, oder
wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist, abzusenden und in gedrängtester
Kürze, mit Weglassung aller Curialien und mit Vermeidung aller für das Ver-
ständnis nicht unbedingt nothwendigen Titulaturen u. s. w. abzufassen." ....
Veröffentlichung v. kostenpflich-tigen Bekanntmachungen.
C.Verf. V. 15. März 1886. „Im Jahre 1872 hat sich unter dem Namen
„Invalidendan k'^ hierselbst ein Verein gebildet, welcher den Zweck verfolgt,
invaliden Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten der letzten Kriege Mittel und
Gelegenheit zu verschaffen, durch. Selbstthätigkeit eine gesicherte Existenz zu
begründen. Dieser Verein hat hierselbst ein deutsches Zeitungsbureau
errichtet, welches sich mit der Annahme von Inseraten f ür Z eitungen u. s. w.
und mit der Vermittelung des Abonnements auf dieselben, sowie mit dem
Stellennachweis für Invaliden der deutschen Armee und Marine beschäftigt.
Das Bureau berechnet für die ihm zur Besorgung übertragenen Inserate nur
die Original-Insertionspreise ohne Porto und sonstige Spesen, besorgt die Ver-
vielfältigung der Manuscripte kostenfrei selbst und erteilt über den Auftrag
eine Gesamtrechnung. Da ein solches Unternehmen auch nach den bei
anderen Ressorts bereits gemachten Erfahrungen alle Unterstützung verdient,
80 setze ich die nachgeordneten Behörden meines Bessorts hiervon in Kenntnis,
um Sich eintretenden und geeigneten Falles, namentlich bei Veröffentlichung
von kostenpflichtigen Bekanntmachungen der Vermittelung des gedachten
Bureaus zu bedienen, für die Ihnen etwa unterstellten staatlichen und die unter
Staatsverwaltung stehenden stiftischen Anstalten ein gleiches zu veranlassen,
den übrigen Anstalten Ihres Bessorts dagegen die Benutzung dieses Bureaus
Wiese, Verordnimgeii. IL ^5
226
gleiclifalls anznempfehleii. Dem Verbände des Institats habe ich anheim-
gestellt, zu näherer Information über dessen Zwecke und Geschäftsbedingringen
je ein Exemplar der hierauf bezüglichen Anzeigen dorthin mitzuteilen.'^ ^) Der
Min. d. g. etc. A. v. Gofsler.
Die Elassenordinarien und die Lehrer.
Vgl. C.Veri V. 24. Oct. 1837 Abt I S. 56 fg. 68. 329.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 20. März 187^: Es ist
bei manchen höh. Lehranstalten üblich, dafs die Ordinarien mit ihren
Schülern in die nächstfolgende Klasse aufsteigen. Ein solches Aufsteigen kann
selbstverständlich nur unter der Voraussetzung stattfinden, dafs die betr.
Lehrer hinsichtl. ihres Lehrgeschicks und ihrer Leistungen wesentlich sich
gleich stehen. Wo dies nicht der Fall ist, würden durch den in Bede stehen-
den regelm. Ordinariatswechsel einzelne Scbülergenerationen in erheblicher und
nicht verantwortlicher Weise benachteiligt werden. Am ersten dürfte dieser
Ordinariatswechsel far die VI und V zu empfehlen sein; denselben über den
Zeitraum von 3 Jahren hinaus auszudehnen, wird in der Begel aus mehr als
Einem Grunde nicht zulässig sein. Die Entscheidung der Frage, ob ein Ordi-
narius mit seiner Kl. aufsteigen soll, hängt auch wesentlich davon ab, ob
derselbe ein angehender oder bereits geübter und erfahrener Lehrer ist Für
die Ausbildung eines jungen Lehrers,, dem das Ordinariat einer Kl. zum ersten
Mal übertragen wird, ist es unstreitig zweckmäfsiger, wenn er in dem darauf
folgenden Jahre, sofern es im übrigen möglich, dieses Ordinariat behält, damit
er sofort die Erfahrungen des ersten Jahres benutze und verwerthe. Wir
erwarten, dafs Ew. — von^ jetzt an bei Einrichtung des Lectionsplans in dem
Begleitschreiben bemerken,* ob ein solches Aufsteigen des Ordinarius mit seiner
^) Berlin, den 23. Juli 1886. W., Markgrafenstr. 51a. Invalidendank,
Verein zur Förderung der Erwerbsthätigkeit Deutscher Invaliden.
Dem K. Frov.Sch.C. zu Breslau gestatten wir uns im Anschlufs an die seitens des
Herrn Ministers der geistl. etc. Ang. erlassene Verf. v. 15. März er. zur gütigen
Information Folgendes über die Tendenz unseres Instituts und unser damit ver-
bundenes geschäftliches Wirken ganz ergebenst mitzuteilen:
Der 1872 gegründete Verein Invalidendank verfolgt den Zweck, allen
Invaliden der deutschen Armee nicht nur in Bezug auf ihre Erwerbsthätigkeit Hülfe
angedeihen zu lassen, sondern sie auch pecuniär zu unterstützen, um ihnen hierdurch
in allen Lebenslagen weiter zu helfen. Die Unterstützung derselben erfolgt
durch Ueberweisung der Baarmittel an das K. Kriegsministerium, welches die
Beträge an die Petenten zur Auszahlung gelangen läfst, und bemerken ¥rir hierbei,
dafs sich solche nicht nur auf Invaliden, welche direct vom Militär ausscheiden,
sondern auch auf alle pensionirten Königlichen, wie Communal-Beamten, welche
ehemalige civilversorgungsberechtigte Militärs waren, erstreckt. Die Mittel für
unsere Zwecke werden durch geschäftliche Unternehmungen erreicht, und bestehen
dieselben in erster Linie in Fülming einer Annoncen-Expedition ; die aus dieser resul-
tirenden Einnahmen bilden die Haupterwerbsquelle. Bezüglich des Annoncenwesens
bemerken wir ergebenst, dafs wir nur Originalzeilenpreise berechnen, nur eines
Manuscripts bedürfen, die Vervielfältigung kostenfrei selbst besorgen und die Gre-
samtabrechnung je nach Wunsch der Behörde sofort, monatlich, quartaliter etc.
vornehmen. Bei Insertionen, deren schleunige Beförderung durch Kürze der Zeit
bedingt wird, haben wir mit den Behörden, insbesondere denjenigen, deren Domicil
entfernt gelegen ist, die Vereinbarung getroffen, die Inserate den Zeitungen mit
dem Vermerk „durch den Invalidendank Berlin zu verrechnen'*, zu übersenden.
Wir erhalten alsdann von der Behörde kurze Notiz über Inhalt des Inserats sowie
Angabe der Zeitungen und sind dadurch immer in der Lage, G-esamtrechnung mit
Belägen zu erteilen** etc. Der Vorstand des „Invalidendank.*'
•
Klasse stattfindet, resp. durch welche Klassen derselbe seine Schüler bereite
geführt hat."
Für die Ordinarien und die Lehrer sind von den K. Prov.Sch.CC. die nach-
stehenden Instructionen erlassen worden.
Instructionen fttr die Klassenordinarien und die Lehrer der
Gymnasien und der Realschulen 1. 0.
Provinz Preursen.
*
Instr. vom «][ahre 1867.
A. Ordinarien« „1. Der Klassenordinarius hat die Aufgabe, die Einheit
des sittl. und wissenschaftl. Bildungszwecks, deren Durchführung für die gesamte
Anstalt dem Dir. obliegt, für die Zöglinge seiner Klasse wahrzunehmen. £r ist
demnach in der Erfüllung dieser Aufgabe wesentlich zur Unterstützung des Dir.
bestimmt, dem er durch die genauere Kenntnis der Schüler seiner Kl. zu Hülfe
zu kommen und dessen Anordnungen betreffs der allgem. Verwaltung der Kl. und
betreffs der Schulzucht er in Vollzug zu setzen verpflichtet ist. 2. Demnach
mufs er bestrebt sein, wie über den Zustand der Klasse im Allgm., so auch über
jeden Schüler derselben nach Anlagen, Fleifs, Fortschritten und sittl. Verhalten
die genaueste Rechenschaft geben zu können. 3. Er ist mithin von Allem in
Kenntnis zu setzen, was rücksichtlich des geistigen und sittl. Lebens der Kl. von
den übrigen Lehrern teils angeordnet, teils in Erfahrung gebracht wird.
4. Zur genaueren Kenntnis seiner Zöglinge hat er sich, soweit es seine
Zeit und die Umstände gestatten, mit den Eltern derselben oder mit deren Stell-
vertretern in nähere Verbindung zu setzen und auf diesem Wege eine gegen-
seitige Beziehung und Uebereinstimmung der häusl. und der Schulerziehung zu
begründen. 5. Zu diesem Behuf ist er besonders verpflichtet, die in § 49 der
Directoreninstr. angeordneten Hausbesuche bei den auswärt. Schülern auszuführen,
soweit dieselben seiner Kl. angehören. 6. Er hat sämtl. Arbeitshefte seiner
Kl. mindestens einmal im Halbjahr einer Revision zu unterziehen und über das
Ergebnis dieser Revision an den Dir. zu berichten.
7. Dem Ordinarius gebührt die allgm. disciplinar. Verwaltung der KL, die
Bestimmung der sogenanten Klassenoustoden, und die besondere Führung der
Censur- uud Klassentagebücher. Aus den letzteren hat er mittels wöchentl.
Durchsicht der von den übrigen Lehrern eingetragenen Bemerkungen sich über
das Verhalten der Kl. in dem bezeichneten Zeiträume zu unterrichten und die
etwan. disciplinar. Mafsregeln rücksichtlich der einzelnen Schüler anzuordnen.
8. Bei den Conferenzberathungen über den sittl. und wissenschaftl. Zustand der
Anstalt, desgl. bei den Censur- und Yersetzungsconferenzen, übemimmt.der Ordinarius
den Vortr^ hinsichtlich seiner Kl.
9. Der Ordinarius ist verpflichtet, die Lehrstunden der in seiner Kl. unter-
richtenden Probecandd. öfters zu besuchen und dieselben erforderl. Falls durch
seinen Rath und thatsächlich zu unterstützen.
10. Wenngleich die Strafgewalt der übrigen Lehrer durch den Ordinarius
nicht beschränkt werden soll, so ist derselbe doch jedesmal in Kenntnis zu setzen,
sobald die Strafe des Nachbleibens, des Arrests oder der körperl. Züchtigung über
einen Schüler verhängt wird. Hierdurch, wie durch die in § 7 erwähnte Durchsicht
des Klassenbuchs, hat der Ordinarius sich in den Stand zu setzen, rücksichtlich
der einzelnen Schüler ein übereinstimmendes Verfahren der Lehrer zu vermitteln
und etwan. schädliche Strafanhäufungen abzuwenden. 11. Beschwerden eines
Schülers über einen Lehrer anzunehmen, ist der Ordinarius niemals berechtigt;
ebensowenigr darf er irgend eine Anordnung eines anderen Lehrers selbständig
abändern. In beiden Fällen ist der Dir. die zuständige Behörde.
12. Die Bestimmung der Ordinarien für die einzelnen Klassen erfolgt durch
den Dir. bei Einreichung des Lectionsplans an das K. Prov.Sch.C. Kein Lehrer
darf zum Ordinarius von mehr als Einer Klasse bestimmt werden.
13. Der Rang im Coli, giebt keinen Anspruch auf ein bestimmtes Ordinariat ;
vielmehr hat der Dir. bei der Wahl der Ordinarien lediglich auf die Befähigung
ä^8 •
der Lehrer zu diesem wichtigen Amte, wie auf die denselben in den einzelnen
Klassen überwiesenen Unterrichtsfacher Rücksicht za nehmen." Königsbei^. K.
Prov.Sch.O.
B. Lehrer« „1. Jeder an einem Gymn. oder einer Realschule fest
angestellte Lehrer hat die Rechte und Pflichten eines Staatsdieners. 2. Zur
festen Anstellung eines Lehrers ist aufser dem Nachweis der abgeleisteten Militär-
pflicht die Ablegung der vorschrifbsm. Prüfungen und die Vollendung des Probe-
jahrs erforderlich.
3. Alle G^ymnasial- oder RealschuUehreri seien sie fest angestellt, provisorisch
beschäftigt oder Probecandd., sind verpflichtet, die Anordnungen des Dir. in Bezug
auf ihr amtl. Verhalten und in GemäTsheit der allgm. Bestimmungen genau zu
befolgen. Wie demnach die älteren und\rfahmeren Lehrer den Dir. auch darin zu
unterstützen haben, dafs sie um die Pflege einer coUegialischen Gesinnung und um
eine .einheitl. und ideale Auffassung des Lehrerberufs innerhalb des Collegiums sich
bemühen, so haben besonders die jüngeren Lehrer den Rath und die Weisungen
des Dir. unbefangen und mit Vertrauen aufzunehmen und in Ausführung zu bringen.
4. Insbesondere sind die Lehrer verpflichtet, den von der K. Aufsichtsbehörde
genehmigten Lehrplan genau auszuführen und hierbei neben der gewissenhaften
Verwaltung der eigenen Lehrstunden überall den allgm. Bildungszweck der Anstalt
im Auge zu behalten. Sie haben sich demnach einerseits sorgfältig zu hüten,
unter übermäfsiger Bevorzugung der von ihnen selbst versehenen Lehrfacher die
Arbeitskraft der Schüler zu überschätzen; andererseits haben sie durch genaue
sachl. wie method. Vorbereitung auf ihre Lehrstunden den erforderl. Zusammenhang
des ganzen Unterrichtsganges herbeizuführen und sich Klarheit in der Wahl der
einfachsten und zweckmäfsigsten Bildungsmittel zu erwerben.
5. Die etatsm. Oberlehrer sind zu 20, die ordentL Lehrer zu 22, die wissen-
schaftl. Hülfslehrer zu 24 wöchentL Lehrstunden verpflichtet, falls nicht das liafs
der häusl. Vorbereitung und der Correcturen eine BeschnUikung dieser Zahlen
bedingt. Den techn. Lehrern dürfen 26 wöehentl. Lehrstünden zuerteilt werden.
6. Kein Lehrer hat ein Recht auf bestimmte Unterrichtsstunden, falls er nicht
für dieselben ausdrücklich angestellt ist.
7. Die Lehrer sind verpflichtet, ihre Stunden pünktlich abzuhalten und die
ihnen obliegenden Correcturen regelm. und sorgfältig zu vollziehen. Desgleichen
haben sie die Aufsicht in den Zwischenpausen und bei den etwa mit der Strafe
des Nachbleibens belegten Schülern nach dem dafür festgestellten allgm. Plane
wahrzunehmen. Kein Lehrer darf ohne Genehmigung des Dir. eine Stunde aus-
setzen oder mit einem anderen Lehrer tauschen.
8. Für die Verhängung und Vollziehung der Strafen dienen die §§ 50—54
der Dir. Instruction zur Richtschnur. Die Verhängung des Nachbleibens hat der
Lehrer dem Klassenordinarius, diejenige der Körperstrafe dem Ordinarius und dem
Dir. anzuzeigen, falls zur Verhängung derselben nicht ein GonferenzbeschluTs er-
forderlich ist. (§ 52 der Dir. Instr.J. Für die Strafe des (linschliefsens (den Arrest)
ist die Genehmigung des Dir. erforderlich. Jede Strafe mufs in das Klassenbuch
eingetragen werden. Im Allgm. haben sich die Lehrer stets gegenwärtig zu
halten, dafs die Anwendung eigentlicher Strafen nur dann gerechtfertigt ist, wenn
zuvor die übrigen Erziehungsmittel erschöpft sind. Ueber die Befugnis des Dir.,
einem Lehrer zeitweilig die Anwendung der Körperstrafe zu untersagen, siehe
§ 52 der Dir.Listruction. 9. Jeder Lehrer ist verpflichtet, alle wichtigeren
Disciplinarfälle dem Ordinarius und dem Dir. anzuzeigen. Ebenso ist er gehalten,
dem Dir. Mitteilung zu machen, falls er bei den Schülern, sei es innemalb der
Schule oder in ihrem häusl. Leben, sittlich bedenkliche Erscheinungen und
Neigungen beobachtet hat.
10. Betreffs der Berathung und des Stimmrechts in der Gonferenz gelten
die Bestimmungen in §§ 22 — 28 der Dir. Instruction. 11. Jede Eingabe eines
Lehrers an die Behörden mufs durch Vermittelung des Dir. eingereicht werden.
12. Jeder fest angestellte Lehrer hat zu seiner Verheiratung den Gonsens des
K. Prov.Sch.G. einzuholen und sogleich nach der Verheiratung seinen Beitritt zu
der Allgm. Witwenverpflegungs^Anstalt zu ordnen.
18. Nebenämter duf ein Lehrer nur mit Genehmigung der Staatsbehörde
übernehmen; zur Erteilung von Privatunterr. in den Schulgegenständen an Schüler
329
•
der Anstalt ist die G'enehmigung des Dir. erforderlich. 14. Reisen, welche ,ein
Lehrer innerhalb* der Ferienzeit unternehmen will, hat derselbe dem Dir. anzuzeigen.
15. Falls ein Lehrer aus seinem Amt auszuscheiden beabsichtigt, so ist er
verpflichtet, seine Kündigung mindestens 3 Monate vor dem SchluTs des Halbjahrs
dem K. Prov.Sch.C. und bezüglich auch' dem Patronat der Anstalt einzureichen,
falls nicht seitens des Patronats eine 6monatl. Kündigungsfrist festgesetzt ist."
Königsberg. K. Prov.Sch.C.
Provinz Brandenburg.
Instr. V. 22. Januar 1868.
A. Ordinarien« ^1. Die Aufgabe der Klassenordinarien ist es, den
inneren Zusammenhang und die erforderl. Einheit in der Disciplin, den wissen-
schaftlichen Anforderungen und dem didaktischen Verfahren in den einzelnen Kl.
zu vermitteln und herzustellen. 2. Demgemäfs ist es die besondere Pflicht des
Ordinarius, den Geist der Ordnung, des Gehorsams, des Fleifses und Wissenschaftl.
Strebens in der seiner Leitung unterstellten Kl. zu fördern und zu wahren, und
hat er zu diesem Ende in stetem coUegialischem Verkehr mit den übrigen an
seiner Kl. unterrichtenden Lehrern über alle einschlagenden Verhältnisse Rück-
sprache zu* nehmen und sich stets in voller Kenntnis von dem Gesamtzustande
der Kl. zu erhalten. Von den Lehrern ist er berechtigt, nicht blofs in besonderen
Fällen die Anzeige von Ungehörigkeiten im Benehmen der Schüler, und wo er
Nachfrage für nöthig hält, ofi'ene und vollständige Mitteilung zu erwarten, sondern
auch über das gesamte Verhalten der Schüler Auskunft einzuholen. Es steht
zu erwarten, dafs der Ordinarius sein Ansehen in der Kl. nicht dazu mifsbrauchen
werde, der Autorität seiner CoUegen entgegenzutreten oder dieselbe abzuschwächen
oder sich einen Eingriff in ihr Strafrecht zu erlauben. Namentlich mufs er Be-
schwerden von Schülern über einen Lehrer jedesmal an. den Dir. verweisen.
3. Der Ordinarius hat alle zur Aufrechthaltung der äufsex^n Ordnung in
der Anstalt geltenden Bestimmungen im Bereich seiner Kl. zur Ausführung zu
bringen und über ihre Ausführung zu wachen. Er hat daher zuvörderst zu achten
auf das AeuTsere des Klassenlocals und seine Sauberkeit, auf gehörige Lüftung
und Heizung, ^uf die Utensilien und Lehrmittel in denselben und ihre Bewahrung
vor Beschädigungen. Die Abstellung wahrgenommener Uebelstände ist bei dem
Dir. zu beantragen. 4. Dem OMinarius liegt ferner ob, ein Verzeichnis der
Schüler seiner Kl. zu unterhalten, sich über ihre Wohnung resp. Pension und
sonstigen Verhältnisse zu unterrichten; er hat den Schulbesuch und wo er ange-
ordnet ist. den Kirchenbesuch zu controlliren und die schriftl. Entschuldigungen
der Versäumnisse entgegenzunehmen und zu prüfen; er hat beim Beginn des
Semesters den Stundenplan der Kl. mitzuteilen und sich zu überzeugen, dafs jeder
Schüler im Besitz des nöthigen Unterrichtsmaterials an Büchern, Heften u. s. w.
ist; er hat mindestens einmal im Semester die sämtl. Arbeitsbücher der Schüler
rücksichtlich ihrer Ordnung und Sauberkeit zu prüfen; er hat die Führung des
Klassenbuchs zu übernehmen und diejenigen Schüler, welche mit besonderem Dienst
für die Kl. betraut werden sollen, der Gonferenz vorzuschlagen, sowie nach ihrer
Ernennung in den Dienst einzuweisen.
5. Er hat, soweit dies irgend erreichbar ist, durch seine Vermittelung eine
Uebereinstimmung unter den in seiner Kl. unterrichtenden Lehrern in Bezug auf
die Handhabung der Disciplin und die Behandlung der einzelnen Schüler, den
darüber bestehenden Bestimmungen gemäfs, herbeizufuhren. Insbesondere hat er
die Pflicht, bei dem Unterr. der Probanden zu höspitiren und sie mit seinem Bath
und seiner Autorität zu unterstützen. Erheblichere Strafen dürfen sie nicht ohne
seine Zustimmung verfügen.
6. Um Ueberbürdungen der Schüler durch häusl. Aufgaben oder eine un-
gleichmäfsige Verteilung derselben zu verhüten, hat der Ordinarius im Verein mit
den übrigen Lehrern der Kl. zu Anfang eines jeden Sem. einen Arbeitsplan zu
entwerfen, in welchem die Zahl der wöchentl. Arbeiten und Aufgaben, ihr zulässiger
Umfang und die regelm. wiederkehrenden Termine der Albgabe enthalten sein
müssen, und den Entwurf dem Dir. zur Prüfung und Feststellung vorzulegen. Der
also festgestellte Arbeitsplan ist von dem Ordinarius den Klassenlehrern und
Schülern zur Kenntnis und Nachachtung mitzuteilen.
230
7. Da die Förderung der gesamten geistigen und sittl. Entwickelung eines
jeden Schülers der Kl. die höchste Pflicht des Ordinarius ist, 'so wird er sich
überall als den väterlichen Freund der Einzelnen betrachten und nicht minder
durch Gewissenhaftigkeit im Unterr., als durch milden Ernst und strenge Un-
parteilichkeit ihr Vertrauen zu gewinnen wissen, so dafs sie aus eigenem Antriebe
sich seinen Rath und seine Hülfe erbitten. Insbesondere hat er sich über die
Eigentümlichkeit eines jeden Schülers genau zu unterrichten und über das gesamte
Verhalten desselben sich in ununterbrochener Kenntnis zu erhalten, so dafs er
dem Dir. oder den Angehörigen jederzeit Auskunft zu erteilen im Stande ist.
8. Es ist von den Ordinarien zu erwarten, dafs sie sich, soweit Zeit und Um-
stände es gestatten, mit deh Eltern oder Pflegern ihrer Schüler in nähere Be-
ziehung setzen und auf diesem Wege eine Uebereinstimmung der häusl. und Schul-
erziehung zu begründen und zu erhalten suchen. Ihr besonderes Augenmerk
haben sie auf die Schüler zu richten, deren Eltern nicht an dem Schulort wohnen,
sie von Zeit zu Zeit und mindestens einmal im Quartal in ihren Pensionen zu
besuchen und auf ihr Leben aufserhalb der Schule sorgsam zu achten. Die
Ordinarien sind ebenso berechtigt wie verpflichtet, nöthigenfalls die Arbeitszeit
solcher Schüler zu regeln, sowie auch die Teilnahme der letzteren an öffentl. Ver-
gnügungen und kleine Keisen während schulfreier Zeit ihrer Genehmigimg bedürfen.
9. Die Vorbereitung der Censuren und die l^orge für deren vorschriftsm.
Abfassung liegt dem Ordinarius ob ; er hat zu der betr. Zeit die speciellen Urteile
der übrigen Lehrer einzufordern, die allgm. Urteile selbst abzufassen und in der
Conferenz zur Berathung vorzutragen. Die festgestellten Censuren hat, aufser dem
Dir>, der Ordinarius zu vollziehen und sie, wenn die Schulordnung nicht anders
bestimmt, den Schülern auszuhändigen, sowie darauf zu achten, dafs sie den Eltern
oder Pflegern derselben ordnungsmäfsig zur Kenntnis gebracht werden. 10. In
den Gonferenzen hat der Ordinarius nicht nur von Zeit zu Zeit Bericht über den
Gesamtzustand seiner Klasse zu erstatten, sondern auch alle Vorkomi&nisse und
Angelegenheiten zur Sprache zu bringen, die er nicht aus eigener Befugnis oder
durch persönl. Rücksprache mit den anderen Lehrern oder endlich durch Anzeige
an den Dir. zu erledigen vermag. Insbesondere sind von ihm in denselben für
Gensuren uud Versetzungen die geeigneten Anträge zu stellen.
11. Bei dem Abgange eines Schülers hat der Ordinarius desselben, falls
der Dir. sich dies nicht selbst vorbehält, das Abgangszeugnis in der vorschriftsm.
Weise abzufassen und dem Dir. zur Genehmigung und weiteren Veranlassung zu
übergeben." Berlin. K. Prov.Sch.C.
B. Lehrer. „Nachstehende Instruction hat für alle Lehrer, welche an
den zum Ressort des unterzeichn. Prov.Sch.C. gehörenden höh. Unterrichtsanstalten
angestellt sind oder beschäftigt werden, Giltigkeit:
1. Es mufs von jedem Lehrer erwartet werden, dafs er, von dem Bewufst-
sein der Wichtigkeit und Verantwortlichkeit seines Amts erJfüUt, im Gehorsam
gegen seine Vorgesetzten und in Eintracht mit seinen Amtsgenossen bemüht sein
werde, zur Erreichung des Gesamtzwecks der Schule an seiner Stelle nach besten
Kräften mitzuwirken und sich durch sein Verhalten sowohl in als aufser dem
Amt der Achtung, des Ansehens und des Vertrauens, die sein Beruf erfordert,
würdig zu zeigen.
2. Jeder Lehrer ist verbunden, den Anordnungen und Verfugungen der
vorgesetzten Behörde unbedingte Folge zu leisten und die ihm etwa erteilten be-
sonderen Aufträge sorgföltig auszufuhren. Als seinen nächsten Vorgesetzten in
allen sein Lehramt betr. Anglgh. hat er den Dir. der Anstalt zu betrachten und
ihm demgemäfs mit gebührender Achtung zu begegnen. Bei etwan. Differenzen
mit seinen Amtsgenossen hat er die Vermittelung desselben nachzusuchen und
anzunehmen. Seinen Weisungen hat er sich zu fügen, seine Erinnerungen zu
beachten und in zweifelhaften Fällen seinen Rath oder seine Entscheidung einzu-
holen. Glaubt ein Lehrer sich bei der Bestimmung des Dir. nicht beruhigen zu
können, so steht ih^n der Weg der Beschwerde an das unterzeichn. Prov.Sch.C.
offen; doch bleibt er verpflichtet, bis zur erfolgten Entscheidung den Anordnungen
des Dir. zu genügen. Alle persönl. Gesuche der Lehrer an die vorgesetzten
Behörden sind, erforderlichen Falls unter Verwendung des tarifmäfsigen Stempel-
betrags, dem Dir. zur weiteren Veranlassung zu übergeben.
231
3. Jeder Lehrer empfängt Dach MaCsgabe des von uns genehmigten Lections-
plans vom Dir. Anweisung, in welchen Kl., Lehrgegenständen und Stunden er zu
unterrichteDf ob und welches Ordinariat er zu übernehmen hat. Ein Anrecht auf
bestimmte Lectionen, auf ein Ordinariat oder auf das Ordinariat einer bestimmten
Kl. hat in der Regel kein Lehrer. Ein ihm • übertragenes Ordinariat hat jeder
Lehrer zu übernehmen und nach der über das Ordinariat erlassenen besonderen
Instr. zu führen.
4. Die Zahl der Pflichtstunden betragt, sofern in den Vocationen oder sonst
in rechtsverbindlicher Weise nichts anderes festgesetzt ist, für einen Oberlehrer 20
bis 22| für einen ordentl. Lehrer 22 bis 24, für einen wissenschaftl. Hülfslehrer
24, fvbr einen techn. Hülfslehrer und einen Elementarlehrer 26 bis 28 wöchentlich.
Aufserdem ist jeder Lehrer verpflichtet, soweit es das Bedürfnis der Anstalt
erfordert, vorübergehend auch mehr Stunden zu übernehmen. Lisbesondere ist
er verbunden, nach Anweisung des Dir., sowohl bei Vacanzen in Folge von Todes-
fallen ohne Anspruch auf Remuneration aushelfend einzutreten, als auch seine
Amtsgenossen unentgeltl. zu vertreten, wenn dieselben durch Erkrankungen oder
durch Einziehung zu Diensten in der Armee oder als Qeschworene oder durch
Beurlaubung zur Wiederherstellung der Gesundheit ihre amtliche Wirksamkeit zu
erfüllen behindert sind. In anderen Fällen der Beurlaubung hat der Lehrer
zunächst selbst für eine angemessene Vertretung, die jedoch der vorgängigen Ge-
nehmigung des Dir. bedarf, Sorge zu tragen ; erforderlichen Falls wira von Amts-
wegen sowohl die Art der Stellvertretung als auch die Höhe einer etwan. Ent-
schädigung durch das K. Prov.Sch.C. festgesetzt werden.
5. Jeder Lehrer ist verbunden, nicht bloCs den ihm übertragenen Unterricht
gewissenhaft und unter strenger Beobachtung der Lehrverfassung und des Leotions-
Slans zu erteilen und aufser den Schulstunden die ihm hiemach obliegenden
brrecturen sorgfältig und regelmäfsig auszuführen, sondern auch alle anderen
Leistungen, welche die Ordnung des Schullebens von ihm fordert, wie die Teil-
nahme und Mitwirkung an den gemeinsamen Anditchten und Feierlichkeiten, an den
öffentl., den Aufnahme- und Klassen- Prüfungen, an der Beaufsichtigung der Schüler
während der Turnübungen und beim Nachbleiben in der Schule, die Ausfertigung
von Gensuren und Zeugnissen, die Bearbeitung des wissenschaftl. Teils der Pro-
gramme u. dgl, nach der Bestimmung des Dir. bereitwillig zu übernehmen. Ganz be-
sonders wird er als seine Pflicht erachten, durch eigene Fortbildung seine wissenschaftl.
Tüchtigkeit und pädagog. Geschicklichkeit sich zu bewahren und zu erweitem.
6. Zur Erweckung eines guten Sinnes und zur Aufrechthaltun^ von Zucht
und Ordnung unter den Schülern soll jeder Lehrer durch sein persönl. Beispiel,
durch eigene Vermeidung alles Ungehörigen sowie durch pflichtm. Einwirkung
nach Kräften beitragen. Es liegt ihm ob, die Lectionen pünktlich anzufangen
und zu schliefsen, vor und zwischen denselben die Aufsicht über die Schüler zu
übernehmen und am Schlufs des Uiiterr. sich nicht eher zu entfernen, als bis er
die Schüler sämtlich entlassen hat. Die Disciplin hat er mit Ernst und Festigkeit,
aber auch mit der nöthigen Milde und Ruhe zu handhaben. Die ihm vorschrifbsm.
zustehenden Strafmittel hat er mit pädagog. Umsicht anzuwenden und alle wich-
tigen Disciplinarfölle sogleich dem Dir. anzuzeigen. Bei Erteilung von Rügen und
Verweisen sind unzieml. Scheltworte, sowie spöttische Bemerkungen durchaus zu
vermeiden. Die Bestrafung mittels Nachbleibens in einem Lehrzimmer, welche
in der Regel nur in den unteren und mittl. Kl. anzuwenden ist, darf nicht ohne
gehörige Beaufsichtigung stattfinden, und ist darüber eine Anzeige an den Dir.
sowie eine Benachrichtigung der Eltern oder der Pfleger erforderlich. Für körperl.
Strafen, welche niemals die Grenzen einer vernünftigen väterlichen Zucht über-
sehreiten dürfen, bedarf der Lehrer der Genehmigping des Dir. Wegen jeder
Ueberschreitung des Züchtigungsrechts macht sich der Lehrer verantwortlich, und
strafrechtl. Verfolgung kann nicht abgewendet werden, wenn eine MiTshandlung
oder wirkl. Verletzung des Schülers stattgefunden hat Carcerstrafe ist ein
einzelner Lehrer zu verhängen nicht befugt; er hat vielmehr hierauf gerichtete
Anträge bei dem Dir. anzubringen.
7. Jeder Lehrer hat in dem Falle, dafs er durch Krankheit oder eine
andere dringende Veranlassung an Erteilung des Unterr. verhindert ist, dafür zu
sorgen, dafs dies mittels einer persönl. oder schriftl. Anzeige dem Dir. so zeitig
zur Kenntnis gelange, dafs die nothwendigen Vertretungen angeordnet werden
332
können. Wenn ein Lehrer innerhalb der Ferien verreist, so hat er dies dem
Dir. unter Mitteilutig des Orts, wohin Nachrichten an ihn gelangen können, anzu-
zeigen. Aufser den Ferien darf sich ein Lehrer ohne den vbrschriftsm. Urlaub
nicht von seinem Amt entfernt halten. Urlaub bis zu 8 Tagen zu erteilen ist
der Dir. befugt. Gesuche um £ri^ilung eines Urlaubs auf längere Dauer sind an
das K. Frov.Sch.C. zu richten.
8. Den ordentl. und aufserordentl., den allgm. und Fachconferenzen hat
jeder Lehrer beizuwohnen und eine etwa eintretende Verhinderung dem Dir. vor-
her anzuzeigen. In den Conferenzen hat jeder ordentl. Lehrer, mit EinschluTs
der etatsm. wissenschaftl. Hülfslehrer, Sitz und Stimme, jedoch mit der Verpflich-
tung, sich derselben zu begeben, wenn ein ihn persönlich betreffender Gegenstand
zur Sprache kommt. AuTserordentliche wissenscnaftl. Hülfslehrer und Frobecandd.
wohnen den Conferenzen bei, wenn sie nicht der Dir. in besonderen Fällen aus-
zuschliefsen für gut befindet. Ein Stimmrecht haben sie jedoch nur bei Ver-
setzungen, Gensuren, Zeugnisfassun^en u. dgl. in Bezug auf die ihnen selbständig
übertragenen Unterrichtsgegenstände. Die techn. Lehrer werden zu den Be-
rathungen, jedoch ohne Stimmrecht in geeigneten Fällen vom Dir. hinzugezogen.
Anträge auf Berathung eines Gegenstandes zu stellen ist jeder Lehrer berechtigt,
hat jedoch dieselben vorher anzumelden und die Reihenfolge sowie die Art der
Berathung dem Dir. zu überlassen.^) Alle von der Conferenz ordnungsmäfsig
und innerhalb ihrer Befugnis gefafsten Beschlüsse sind für jeden Lehrer bindend,
und soweit sie nicht ausdrückl. zur Mitteilung an Andere bestimmt sind und jeden-
falls bis zu ihrer Publication, ebenso wie die Verhandlungen als Amtsgeheimnis
zu behandeln. Das über die Verhandlungen aufzunehmende Protokoll ist jeder
Lehrer nach Mafsgabe der eingeführten Ordnung oder nach dem Auftrage des
Dir. zu führen verpflichtet.
9. Nebenämter sowie Unterrichtsstunden an anderen Lehranstalten oder
Frivatschulen darf kein fest angestellter Lehrer ohne Genehmigung der vorge-
setzten Aufsichtsbehörde übernehmen. Zur Erteilung von Privatunterricht an
Schüler derselben Anstalt und zur Einrichtung von Arbeitsstunden für dieselben ist
in jeden einzelnen Falle die Genehmigung des Dir. erforderlich, welche für Privat-
unterricht an Abiturienten durch Mitglieder der Prüfungscomm. nur unter ganz
besonderen Umständen erteilt werden darf. Zur Uebemahme von Functionen bei
der städt. Gemeindeverwaltung ist unsere Genehmigung erforderlich ; nicht minder,
wenn Lehrer solche Vormundschaften- übernehmen wollen, zu deren Uebemahme
sie gesetzlich nicht verpflichtet sind.
10. Wenn ein fest angestellter Lehrer sich verheiraten will, so hat er dazu
bei dem E. OPräsidium der Provinz die Erteilung des Gonsenses nachzusuchen und
dabei anzuzeigen, dafs und mit welcher Summe er der K. Allg. Witwenverpflegungs-
Anstalt beizutreten beabsichtigt.
11. Die Entlassung eines Lehrers aus seiner Stellung darf nur zu Ostern
oder Michaelis und zwar, wenn nicht durch die Vocation oder einen besonderen
Vertrag etwas anderes festgesetzt ist, nach mindestens 3 Monate vorher ergangener
Kündigung erfolgen. Sie ist durch Vermittelung des Dir. bei der Behörde, welche
ihn angestellt hat, zu beantragen. In keinem Falle darf ein Lehrer seine Stellung
eher verlassen, als bis er seine Entlassung erhalten hat.
12. Für Lehrer, welche an Alumnaten Inspector- und Adjunctenstellen
bekleiden, sind besondere Instructionen geltend« Sie sind verpflichtet, den Bestim-
mungen derselben, auch soweit sie von den Vorschriften der vorliegenden Instruction
abweichen, Folge zu leisten.
13. Hinsichtl. der Dienstvergehen der Lehrer finden die Bestimmungen des
Disciplinargesetzes v. 21. Juli 1852 (G. S. p. 465) Anwendung." Berlin. K.
Prov.Schulcollegium.
Provinz Pommern.
Instr. v. 17. Mai 1867.
A. Ordinarien. „1. Zur Bewahrung der nöthigen Einheit in dem Unter-
richt und in der Disciplin jeder Klasse wird aus denjenigen Lehrern, welche
in ihr durch die Natur und Zahl ihrer Lehrstunden einen entscheidenden Einflufs
')'s. hierzu die Min. Verf. v. 5. Oct. 1877 S. 218.
233
auf die Schüler und bei diesen Achtung und Liebe haben oder geeignet sind,
sich solche zu erwerben, einer zum Ordinarius der Klasse von dem unterzeichneten
Prov.Sch.C. auf Vorschlag des Dir. in der Regel jedesmal für ein Schuljahr
ernannt. '
2. Zu Klassenordinarien sollen nach der Min. Verordnung v. 24. Oct 1837
soweit als möglich, ,.tüchtige Lehrer von allgemeiner wissenschaftl. Bildung, von
treuer Liebe und Hingebung für ihren Beruf und von gereifter Erfahrung'* er-
nannt werden, „welche die ihnen anvertrauten Lehrföcher wahrhaft durchdrungen
haben und beherrschen, in klarer und stets wacher Einsicht von dem Zusammen-
hange derselben mit den übrigen Lehrobjecten und mit dem gemeinsamen Zwecke
des Gymnasialunterrichts in allen Fächern das zur allgm. Entwickelun? und zur
intensiven Bildung ihrer Schüler dienende Material auszuwählen, das Wesentliche
vom unwesentlichen zu sondern wissen und endlich durch die Reinheit und Würde
ihres Charakters wie durch den milden Ernst ihrer ganzen Haltung eine unaus-
löschliche Ehrfurcht vor der sittlichen Macht, welche das Leben der Menschen
regiert, in der ihrer väterlichen Obhut und Pflege übergebenen Klasse zu er-
wecken vermögen.'* Aufser den hierin angedeuteten Aufgaben der Ordinarien
werden dieselben durch diese Instr, noch auf folgende Pflichten und Befugnisse
besonders hingewiesen:
3. Unter der Oberleitung des Dir. soll die Leitung der von der Schule zu
gewährenden, religiös-sittl., wissenschaftl. und auch leibl. Ausbildung und Erziehung
der Schüler vorzugsweise in der Hand des Ordinarius ihrer Kl. liegen. 4. Dieser
hat daher nicht blofs durch die Wahrnehmungen in seinen eigenen Lehrstunden,
sondern auch durch tägl. Einsicht des Klassenbuchs und durch öftere Erkundigungen
bei den übrigen Lehrern der Kl., durch Aufmerksamkeit auf das Verhalten der
Schüler aufs^alb der Schule und durch Rücksprache mit den £lt«m oder Auf-
sehern sich in genaue Kenntnis von dem Fleifs, den Fortschritten und dem sittl.
Betragen aller Schüler seiner Klasse und von den zweckmäfsigsten Mitteln zu
ihrer wissenschaftl. und sittl. Förderung zu setzen und darin zu erhalten, auch
auf die Schonung ihrer Gesundheit und ihre körperliche Kräftigung sein Augen-
merk zu richten. 5. Die der Schule zustehenden Erziehungsmittel hat der
Ordinarius in väterlicher Sorge für das Wohl jedes Schülers seiner Kl. anzuwenden,
und soweit erforderl. seine Collegen und die Eltern oder Aufseher zur Mitwirkung
anzuregen.
6. Insbesondere mufs derselbe bemüht sein, das Vertrauen seiner Schüler
in dem Grade zu gewinnen und sich zu erhalten, dafs sie gern in allen Anglgh.
ihres Schullebens seinen Rath suchen und seinen Weisungen folgen. Er soll als
Seelsorger seiner Schüler „wachen über ihre Seelen, als der da Rechenschaft dafür
geben soll* (Hebr. 13, 17j; er mufs den irrenden nachgehen und auf den rechten
Weg helfen, die verzagten aufrichten, die trotzigen beugen. Deshalb wird er auch
auf das religiöse Leben seiner Zöglinge Acht haben und so viel wie möglich bei
ihnen auf einen regelm. Besuch des öffentl. Gottesdienstes und Teilnahme am
heil. Abendmahl hinwirken. 7. Für den sittl. Göist der ganzen Kl. ist vorzugs-
weise der Ordinarius verantwortlich, der deshalb von allen in derselben vor-
kommenden erheb!. Disciplinarfällen in Kenntnis gesetzt werden mufs und, wo
nicht von dem betr. Lehrer die Sache schon erledigt ist oder der Dir. selbst ein-
schreitet, die geeigneten Rügen, Vermahnungen oder Strafen anzuwenden hat«
(S. die Lehrer-lnstr. § 12.)
8. Dem Ordinarius liegt es ob, die Führung der Klassenbücher zu über-
wachen, den Schulbesuch aller Schüler seiner Kl. zu controlliren und dafür zu
sorgen, dafs die rechte Ordnung und das rechte Mafs in den häusl. Aufgaben inne
gehalten werden. S. die Min. Verordn. v. 24. Oct. 1837 und v. 20. Mai 1854
(Realschulordn. v. 6. Oct. 1859. Erläut. g. E.). 9. Er mufs seinen Schülern,
besonders den neu in die Klasse eingetretenen, die nöthige Anweisung zur An-
schaffung der Lehrbücher und Einrichtung ihrer Hefte geben, den Lectionsplan
mitteilen, auf die zur Anwendung kommenden Bestimmungen der Schulordnung
hinweisen und darauf halten, dafs sie beobachtet werden. Ordnung und Reinlichkeit
in den Büchern, Heften und in der Kleidung, Pünktlichteit im Kommen zur
Schule, schickl. Betragen in der Kl. vor dem Beginn und nach dem Schlufs der
einzelnen Lehrstunden, wie auch auf dem Schulwege und Schulhofe, müssen Gegen- \
stände seiner besonderen Aufmerksamkeit sein. 10. Zur Aufrechthaltung der
234
Ordnung in Abwesenheit der Lehrer und zur Besorgung mancher Geschäfte in
der Kl. sind von dem Ordinarius unter Berücksichtigung der darüber etwa vor-
handenen Bestimmungen der Schulordnung und des Herkommens gewiss^ Schüler
zu ernennen. 11. Die würdige Ausstattung und Erhaltung des Klassenzimmers,
die Schonung der in ihm befindlichen GeräÜischaften und Lehrmittel, auch die
Verwaltung der Elassenbibliothek, wo eine solche vorhanden ist, sind der besonderen
Fürsorge des Ordinarius anvertraut.
12. Vor jeder Versetzungsprüfung hat der Ordinarius ein Verzeichnis aller
derjenigen Schüler der Kl., welche das Fensum derselben absolvirt haben, mit Be-
merkungen über den von jedem erlangten Grad der Reife nach Besprechung mit
den übrigen Lehrern der Kl. aufzustellen nnd dem Dir. zu übergeben. In der
Versetzungsconferenz hat der Ordinarius diejenigen Schüler, welche er nach sorg-
fältiger Erwägung des von jedem bei ihm und bei den übrigen Lehrern Geleisteten
als reif für die höhere Kl. erkennt, zur Versetzung vorzuschlagen.
13. Die zur bestimmten Zeit zu erteilenden Gensuren der Schüler werden
mit Beachtung der Notizen des Klassenbuchs nach Einholung der Urteile der
übrigen Lehrer der Kl. von dem Ordinarius entworfen, nach erfolgter Genehmigung
des Dir. ausgefertigt und in der Reinschrift mindestens von diesem und dem
Ordinarius vollzogen. Der letztere hat zu controlliren, daCs die Censur von dem
Vater oder Vormund gelesen worden ist. Auch die Abgangszeugnisse von Schülern
seiner Kl. hat der Ordinarius, soweit ihm das von dem Dir. übertragen wird, zu
entwerfen und dem Dir. zur Vollziehung vorzulegen. 14. Dem Dir. und der
Lehrerconferenz sollen die Ordinarien sowohl von dem Geist ihrer Kl. überhaupt,
als auch von dem Fleifs, den Fortschritten und dem Betragen der einzelnen
Schüler öfters Mitteilungen machen. •
15. Die Ordinarien der Klassen, in welchen Gandidaten unterrichten, die
noch nicht pro facult. docendi geprüft sind oder ihr Probejahr abhalten, sollen
die Lehrstunden derselben oft besuchen, sich über Inhalt und Form ihres Unterrichts
mit ihnen besprechen, sie auf method. und disciplinar. Mifsgriffe aufmerksam
machen und ihnen überall mit ihrer gereiften Erfahrung und ihrem sachkundigen
Rathe zu Hülfe kommen. S. die Min. Verf. v. 30. März 1867.
16. Bei sorgfältiger Erfüllung aller seiner Pflichten wird der Ordinarius
nicht auTser Acht lassen, sich im Gebiete seiner Wirksamkeit alles dessen zu ent-
halten, wodurch er den Befugnissen des Dir. zur oberen Aufsicht und Leitung
oder dem Ansehen der übrigen Lehrer der Kl. zu nahe treten würde. Er mufs
sich bemühen, durch einträchtiges Zusammenwirken mit diesen und mit dem Dir.
das Wohl und Gedeihen der Schüler und der ganzen Anstalt möglichst zu fördern.*'
Stettin. K. Prov. Schulcollegium.
B. Lehrer« „Nachfolgende Instruction ist für alle Lehrer giltig, welche
an höh. Schulen oder deren Vorschulen angestellt sind oder beschäftigt werden,
die zum Ressort des unterzeichn. Prov.Sch.C. gehören:
1. Dem Zweck der Schule, welcher in der geistigen und zum Teil auch
leibl. Erziehung der Schüler, insbesondere in ihrer christlich - religiösen, sittl. und
wissenschaftl. Ausbildung besteht, müssen alle ihre Lehrer, jeder an seinem Ort,
dienen und zu seiner Erfüllung in dem christl. Geiste der Demuth, der Liebe und
Eintracht, in der Beförderung emsigen Fleifses und reiner Sitte helfen, auf dafs
die Schule, was sie in evangel. Sinn sein soll, eine Werkstätte des heiligen Geistes
werde. Nicht blofs die Förderung der von ihpi zu unterrichtenden Schüler, sondern
das Gedeihen der ganzen Schule soll jedem Lehrer am Herzen liegen. Alles
aber, was dem Wohl und dem guten Ruf der Schule schaden könnte, soll er sorg-
fältig meiden.
2. Jeder Lehrer mufs, wie bei der festen Anstellung eidlich gelobt wird,
^Sr. Maj. dem Könige unterthänig, treu und gehorsam sein und alle ihm vermöge
seines Amts obliegenden Pflichten nach seinem besten Wissen und Gewissen genau
erfüllen, auch die Verfassung gewissefihaft beobachten.^ Er soll sich durch sein
Verhalten sowohl in als aiS'ser dem Amte der Achtung, des Ansehens und des
Vertrauens, die sein Bferuf erfordert, würdig zeigen (Disciplinargesetz v. 21. Juli 1852
§ 2), in Achtung des Bekenntnisses und der Ordnungen der evangel. Kirche leben
und lehren, und in regem Streben nach eigener wissenschaftl. und prakt. Fort-
bildung sich die Unterweisung und Erziehung der ihm anvertrauten Jugend zu
235
gründl., sicherem Wissen und Können^ zn gottesfurchtiger, sittlich reiner and echt
patriot. Gesinnung eifrig angelegen sein lassen. Die ihn und sein Amt betreff.
Anordnungen und Verfügungen der der Schule vorgesetzten Staats- und Local-
behörden hat jeder Lehrer sorgfältig zu beachten und den Mitgliedern und
Commissarien desselben schuldige Achtung zu erweisen. Teilnahme an Vereinen
oder Versammlungen, welche statutenmäfsig oder factisch eine der Staatsregierung
oder der evanffel. Kirche feindselige Tendenz haben, wie auch an derartigen
Agitationen und öffentl. Demonstrationen, ist den Lehrern untersagt.
3. Den Dir., welchem die nächste Aufsicht und Leitung der Schule zusteht,
hat jeder Lehrer als seinen nächsten Vorgesetzten zu betrachten, allen seinen
amtl. Anordnungen Folge zu leisten, ihmpersonl. mit Ehrerbietung zu begegnen,
und die Bemerkungen und Erinnerungen, zu welchen sich derselbe im Interesse
der Schule veranlafst sieht, willig anzunehmen und zu befolgen. Glaubt ein
Lehrer, ifiSn ihm von dem Dir. Unrecht widerfährt, so ist er berechtigt, diesem
in bescheidener Weise seine Beschwerde vorzutragen und, wenn derselbe ihr nicht
abhilft, sie uns schriftl. einzureichen.
4. Eingaben, welche Lehrer an eine Aufsichtsbehörde der Schule richten
wollen, haben sie, wo nicht durch besondere Gründe eine Ausnahme gerechtfertigt
erscheint, zunächst dem Dir. offen zu übergeben und ihn um ihre Beförderung zu
bitten. — Gesuche um den Heirats eonsens sind an das Präsidium unseres Gollegiums
zu richten und dabei anzuzeigen, zu welchem Betrag der Lehrer seiner künft
Ehegattin eine Pension bei der K. AUgm. Witwenverpflegung^ - Anstalt zu ver-
sichern beabsichtige.
5. Die ZsSil der wöchentl. Unterrichtsstunden eines jeden Lehrers ist
gewöhnlich durch die Vocation oder das Herkommen bestinunt; im AUgm. gilt
aber als Re|rel, dafs ein etatmäfsiger Oberlehrer 20 bis 22, ein ordentl. Lehrer
22 bis 24, ein wissenschaftl. Hülfslehrer 24, ein techn. Lehrer und ein Elementar-
lehrer 26 bis 28 wöchentl. Lehrstunden zu erteilen hat. Fordert es das Bedürfnis
der Anstalt, so mufs jeder Lehrer vorübergehend auch mehr übernehmen.
6. Ein ausBchliefsl. Recht auf bestimmte Lectionen und jias Ordinariat
einer bestimmten Klasse hat kein Lehrer ; vielmehr hat jeder nach dem obwaltenden
Bedürfnis diejenigen Lehrstunden und dasjenige Ordinariat zu übernehmen, welche
ihm dem genehmigten Lectionsplan gemäfs, oder erforderlichen Falls zur Vertretung
anderer Lehrer der Anstalt, von dem Dir. übertragen werden. 7. Auch andere
Amtsaufträge, welche der Dir. erteilt, als: Beteiligung an der Aufnahmeprüfung
imd anderen Schulprüfungen, Halten von Schulandachten und von Reden bei
Schulfeierlichkeiten, Abfassung der wissenschaftl. Abhandlung für das Programm,
Ausarbeitung von Gutachten über Gegenstände der Gonferenzberathungen und von
Fachlehrplänen, Einübung von Schülern zu Vorträgen bei Schulfeiern, die Aufsichts-
führung vor dem Beginn der Lectionen und in den Pausen zwischen ihnen, besondere
Inspectionen der Schüler, die Aufsicht über die Bibliothek oder andere Sammlungen
der Schule und ihre Verwaltung u. dgl., dürfen die Lehrer anzunehmen und zu
vollziehen sich nicht weigern; doch bleibt ihnen, falls sie sich mit Unrecht
beschwert oder zur Vollziehung aufser Stande fühlen, unbenommen, den Dir. um
Zurücknahme des Auftrags zu bitten und, wenn die Bitte nicht erfüllt wird, unsere
Entscheidung nachzusuchen.
8. Wie für alle seine Amtsgeschäfte, so wird dem Lehrer besonders für
das Abhalten seiner Unterrichtstunden, deren jede er zur festgesetzten Zeit an-
fangen und schliefsen mufs, Sorgfalt und Pünktlichkeit zur Pflicht gemacht —
Alle ersten vormittag. Lehrstunden müssen mit einem Gebet begonnen werden,
und wo dies in der Versammlung aller oder mehrerer Klassen gehalten wird, alle
betr. Lehrer der ersten Stunde derselben beiwohnen.
9. Bei seinem Unterr. hat der Lehrer den allgm. Lehrplan und den für
jedes Schuljahr besonders vorgeschriebenen Lectionsplan mit den dazu getroffenen
Bestimmungen genau zu befolgen, die ihm überwiesenen Lehrgegenstände, ohne
eigenmächtige Aenderung in Lehrstoff. Lehrbüchern und and.ren Lehrmitteln, in
einer dem Standpunkt seiner Schüler entsprechenden, Aufmerksamkeit und Fleifs
derselben anregenden Weise zu behandeln und die mit seinem Unterr. verbundenen
Oorrecturen regelmäfsig und sorgfältig auszuführen. Auf Ordnung, Sauberkeit,
gute Handschrift, eine die Gesundheit, namentl. der Augen und der Brust,
schonende körperl. Haltung ist bei den Schülern in den Lenrstunden unablässig
336
ZU halten, — Für die häusl. Aufgaben ist von jedem Lehrer in Vereinigfung
mit den übrigen Lehrern der Kl. die rechte Ordnung und das rechte Mafs sorg-
föltig zu bewahren, so dafs die Schüler nicht mit zu vielen oder unnöthigen
Arbeiten belastet und nicht zu wenig beschäftigt werden. Keine schriftl. Arbeit
darf der Lehrer aufgeben, die er nicht selbst nachsieht. S. die lün. Yerordn.
V. 24. Oct. 1837 und v. 20. Mai 1854 (Realschulordn. v. 6. Oct. 1859. Erläut. g. E.).
10. Ohne Vorwissen und Einwilligung des Dir. darf der Lehrer keine Lehr-
stunde ausfallen lassen. Er hat, wenn eine unabwendbare Behinderung, namentlich
durch Krankheit eintreten sollte, jenem rechtzeitig Anzeige, wo mögl. in schriftl.
Form, zu machen und um Anordnung seiner Veiiretung zu bitten. — Zu Reisen
innerhalb der Ferienzeit bedürfen 6de Lehrer^ soweit ihnen nicht in derselben
Amtsgeschäfte obhegen, keines Urlaubs. Doch müssen sie dem Dir. die Zeit ihrer
Abwesenheit und wohin sie reisen,- vorher anzeigen. Aufser den Ferien dürfen sie
ohne Urlaub keine Reise machen. Zu nothwendigen Reisen aufsevhalb der
Ferien oder zur nothwendigen Ausdehnung einer Ferienreise über die Ferienzeit
hinaus ist der Dir. befugt, den Lehrern bis zur Dauer einer Woche Urlaub zu
erteilen. Er kann die Erteilung desselben an die Bedingung knüpfen, dafs der
den Urlaub nachsuchende Lehrer selbst für seine zweckm. Vertretung sorge,
welche aber jedenfalls der Genehmigung des Dir. unterliegt. Gesuche um Be-
urlaubung auf länger als eine Woche haben die Lehrer schriftl. an uns zu richten
und dem Dir. mit der Bitte um Befürwortung und Einreichung ofien zu übergeben.
11. Privatunterr. an Schüler seiner Kl. gegen Honorar darf der Lehrer nur
mit Genehmigung des Dir. erteilen. (Min. Verf. v. 27. Apr. 1854.) Zur Ueber-
nahme eines Nebenamts, auch einer Vormundschaft und des Amts eines Stadt-
verordneten, ist unsere Genehmigung erforderlich.
12. Jeder Lehrer ist zugleich Erzieher seiner Schüler und hat als solcher
eine väterliche Stellung zu ihnen einzunehmen. Er hat die Pflicht, dahin zu
sehen, daCs seine Schüler nicht ohne zwingende, jedesmal als solche nachzuweisende
Veranlassung den Unterr. versäumen. In* der Schule hat er überall auf ein
bescheidenes und wohlanständi{;res Betragen derselben zu halten und die Disciplin
vor allem durch den Ernst und die Würde seiner Haltung, durch ermahnende und
rügende Worte, ohne Schimpfreden und lieblosen Spott, und, wo es nöthig ist,
durch Anwendung der ihm zustehenden und von der Schule als zweckmäfsig
anerkannten Strafen zu üben. Strafarbeiten dürfen in der Regel nur, wenn
Aufgegebenes nachlässig gearbeitet oder gelernt ist, zur Verbesserung oder Wieder-
holung desselben oder zur Beschäftigung während der Verbüfsung einer Freiheits-
strafe aufgegeben werden. Das Nachisitzen in den Klassen darf nicht ohne
gehörige Aufsicht und ControUe der jedesmal aufzugebenden Arbeit stattfinden.
Wenigstens wenn diese Strafe für länger als eine Stunde verhängt wird, mufs der
Lehrer dem Dir. und den Eltern oder Aufsehern davon sogleich Anzeige machen.
Körperl. Strafen dürfen nur da, wo die übrigen pädagog. Strafmittel nicht aus-
reichen und nur bei jüngeren Schülern bis IV hinauf, mit Mäfsigung und Vorsicht
zur Anwendung kommen; in aufserordentl. Fällen jedoch immer nur auf Beschlufs
des LehrercoU., auch in III. „Die Schulzucht darf niemals bis zu Mifshandlungen,
welche der Gesundheit der Kinder auch nur auf entfernte Art schädlich werden
könnten, ausgedehnt werden." (A. LR. T. 11. Tit. 12. § 50 ) Alle wichtigeren
Disciplinarfälle sind nicht ohne Mitwirkung des Dir. und des Ordinarius der Kl.
zu erledigen. Der Dir. ist unter Umständen befugt, einzelnen Lehrern den
Gebrauch gewisser Strafen ganz zu untersagen, auch anzuordnen, dafs gewisse
Strafen nie verhängt werden, ohne dafs ihm der Lehrer entweder vorher oder
sogleich nachher Anzeige mache oder dieselben im Klassenbuch notire.
'13. Auf das sittl. Verhalten der Schüler auch aufserhalb der Schulzeit
haben die Lehrer zu achten und, wo sie von ihnen etwas Tadelnswerthes hören
oder sehen, zu dessen Rüge und Abstellung das Angemessene zu thun, alle
erheblicheren Verstöfse aber sogleich zur Kenntnis des Dir. zu bringen. An Haus-
besuchen der Schüler hat sich jeder Lehrer nach Anordnung des Dir. zu beteiligen
und sich derjenigen Schüler, welche ihm zur besonderen Aufsicht überwiesen
werden, zur Förderung sowohl ihrer Studien als auch ihrer sittl. Bildung liebevoll
mit Rath und That anzunehmen.
14. Den Schulconferenzen haben die Lehrer der vorgeschriebenen Ordnung
gemäfs beizuwohnen. Wer von ihnen zur regelm. Teilnahme verpflichtet ist, darf
keine ohne Erlaubnis des Dir. versäumen. Die von aer Conferenz ordnungsiii.
und innerhalb ihrer Befugnis gefafsten Beschlüsse sind für jeden Lehrer bindend,
und steht keinem die Befugnis zu, so lange sie nicht aufgehoben sind, davon
wülkürL abzuweichen. Wer die Aufhebung oder eine Abänderung wünscht, kann
in der Conferenz darauf antragen. Die Verhandlungen und Beschlüsse der Conferenz
sind als Amtsgeheimnisse zu behandeln. Insoweit sie ausdrückL zur Mitteilung
an Andere bestin^mt sind, darf diese nur auf dem jedesmal bezeichneten oder
durch das Herkommen geordneten Wege geschehen.
15. Mit allen seinen Amtsgenossen mufs jeder Lehrer ein freundliches
Vernehmen zu unterhalten und mit ihnen in Eintracht zum Besten der Anstalt
zusammenzuwirken suchen. Bei Zwistigkeiten ist vomehmL die Vermittelung und
Entscheidung des Dir. nachzusuchen. Dem betr. Klassenordinarius muTs jeder
Lehrer über seine Schüler bereitwillig die von jenem gewünschte Auskunft
geben.
16. Falls ein besoldeter oder remunerirter Lehrer die Absicht hat, die
Anstalt zu verlassen, so mufs er seine Entlassung bei der Behörde, welche ihn
angestellt hat, nachsuchen. Er darf sie, wenn durch die Vocation oder ein
besonderes Abkommen nichts anderes festgesetzt ist, nur auf Michaelis oder
Ostern, und zwar nach mindestens 3 Monate vorhergegangener Kündigung fordern.
In keinem Falle darf ein Lehrer seine Stellung eher verlassen, als er seine Ent-
lassung erhalten hat.« (A. LR. T. 11. Tit. 10. §§ 94—97.) Stettin. K. Prov.
SchnlcoUegium.
Provinz Posen.
Instr. V. 30. Jan. 1868.
• A. Ordinaiien. n^^ cler Director für die ganze Anstalt, soll der
Ordinarius für die seiner besonderen Obhut und Leitung anvertraute Klasse sein.
Wie es des Directors Bestreben sein mufs, alle Schüler möglichst genau zu kennen
und ihre körperl., geistige und sittL Entwickelung zu überwachen, so ist der
Ordinarius verpflichtet, das Leben und Gedeihen jedes einzelnen in seiner Kl. wie
der Klasse als eines Ganzen in allen Beziehungen zum Gegenstand seiner unab-
lässigen Fürsorge zu machen. Er wird deshalb mit den anderen Lehrern seiner
Kl. m möglichst enge Verbindung treten, über die einzelnen Schüler sich mit
ihnen zu verständigen und in Beurteilung und Behandlung derselben Ueber-
einstimmune herbeizuführen suchen und dadurch auf die Beseitigung etwaniger
Lücken in den Kenntnissen seiner Schüler hinwirken, sowie bösen Angewöhnungen
und sittl. Fehlem rechtzeitig entgegentreten.
Es liegt ihm ob, auf Ordnung und Sauberkeit im Klassenraum zu sehen, und
was etwa der Gesundheit nachteilig scheint, zur Kenntnis des Dir. zu bringen. Er
ist für die Aufrechthaltung von Zucht und Sitte in seiner blasse verantwortlich.
Er hat auf Begelmäfsigkeit und Pünktlichkeit des Schulbesuchs zu achten. Er
hat auf Reinlichkeit der gedruckten Bücher wie der geschriebenen Hefte zu halten
und zu diesem Behuf von Zeit zu Zeit (mindestens halbjährl.) alle Bücher und
Hefte seiner Durchsicht zu unterziehen. Zu seinen wichtigsten Verpflichtungen
gehört es, den Aufgaben für die häusl. Arh|iten seine Aufmerksamkeit zuzuwenden,
iür angemessene Verteilung' derselben zu sorgen und jede Ueberlastung der Schüler
zu verhüten.
Sein Streben soll in Gemeinschaft mit den übrigen Lehrern der Kl. darauf
gerichtet sein, dafs jeder Schüler nach Abli^uf des Cursus sein Klassenziel erreiche.
Er wird über die Lehrstunden hinaus auch auf das häusl. Leben seiner Schüler,
namentl. der auswärtigen, achten, von der Beschaffenheit der Pension Kenntnis
nehmen, Elterii und Pflegern ebenso wie dem Dir. seine Erfahrungen und Wahr-
nehmungen mitteilen und ein Zusammenwirken der Familie mit der Schule zu
vermitteln bedacht sein.
Er bestimmt in besonderen Fällen, die sein Einschreiten nothwendig machen,
auf Gbrund der Rücksprache mit dem beteiligten Lehrer die Strafen und das Straf-
mafs, macht die erforderl. Anzeigen an Eltern oder Pfleger, fafst vierteljährL auf
Grund der Angaben aller Klassenlehrer ein allgm. Urteil über Fleifs, sittl.
Betragen und Leistungen der Schüler ab und bringt an den halbjähr, oder ganz-
jähr. Terminen die zu versetzenden in Vorschlag.
2ä8
Probecandidaten, die in seiner Kl. beschäftigt werden, hat er in Gemafsheit
des Bescr. v. 30. März 1867 in Handhabung der Disciplin wie der Lehrmethode
mit Bath und That zu unterstützen und nach Ablauf deg vorgeschriebenen Jahres
auf Verlangen des Dir. über sie schriftl. zu berichten." Poscin. E. Prov.Sch.C.
B. Lehrer. «Es ist die Aufgabe jedes Lehrers, für die religiös - sittl.,
wie die wissenschaftl. Bildung seiner Schüler zu sorgen und in • Ghemeinschaf t mit
dem Dir. und dem gesamten LehrercoU., dem er angehört, das Wohl der ganzen
Anstalt mit allen seinen Kräften zu fördern. Wenn er diese Aufgabe ernstlich
zu erfüllen strebt und es sich stets vergegenwärtigt, dafs er nicht nur der ihm
vorgesetzten Behörde für die gewissenhafte Führung seines Amts verantwortlich
ist, sondern auch Qott für die treue Erfüllung seiner Pflichten Bechenschaft zu
geben hat, so wird er es sich jederzeit angelegen sein lassen, einerseits durch
gründl. Studien seine Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen, andererseits in
der Methode des Unterrichts und der Erziehung sich zu vervollkommnen. Namentl.
aber wird er darauf Bedacht nehmen, durch ein angemessenes und der Würde
seines Berufs entsprechendes Verhalten innerhalb und aufserhalb der Anstalt seinen
Schülern ein leuchtendes Vorbild zu sein. Ueber seine Stellung und seine amtl.
Pflichten werden ihm folgende specielle Vorschriften erteilt:
1. Das K. Prov.Sch.C. ist die den Lehrern zunächst vorgesetzte Behörde.
Die Verbindung mit derselben wird indessen durch den Dir. der Anstalt vermittelt,
dem sie alle ihre Eingaben, falls dieselben nicht etwa Beschwerden gegen ihn
selbst enthalten, zu übergeben haben, damit er sich bei Ueberreichung derselben
zur Sache zu äufsern Gelegenheit erhält. 2. Der Dir. der Anstalt ist der
nächste unmittelb. Vorgesetzte der Lehrer. An ihn haben sie sich daher in allen
amtl. Anglgh. zu wenden, um Auskunft, Bath und Anweisimg zu erbitten. Den
allgm. und besonderen Anordnungen des Dir. haben alle Lehrer pünktL Folge zu
leisten, auch dann, wenn sie sich in ihren Bechten für beeinträchtigt halten. In
diesem Fall steht ihnen zwar der Weg der Beschwerde bei dem K. Prov.Sch.C.
offen; sie haben jedoch die Entscheidung desselben abzuwarten. — Jede mündl.
oder schriftl. Auskunft, welche der Dir. von ihnen erfordert, haben sie ihm bereit-
willig zu erteilen.
3. Die von dem Dir. ihnen überwiesenen Lectionen haben sie pünktl. abzu-
halten und das ihnen von demselben übertragene Ordinariat vorschriftsm. zu ver-
walten. Die von dem Dir. angeordnete Schulinspection vor dem Beginn des
Unterr. und während der Pausen zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden sowie
die Kircheninspection, wo eine solche stattfindet, haben sie mit Gewissenhaftigkeit
zu führen. 4. Auf die Lehrstunden hat jeder Lehrer sich sorgfältig vorzu-
bereiten, damit dieselben für die Schüler möglichst fruchtbar werden, und dabei
zu beherzigen, dafs der Zweck des Unterr. hauptsächl. durch die Lehrstunden
erreicht werden soll,- die häusl. Arbeiten dagegen den Schüler nur in den Stand
setzen sollen, durch Vorbereitung und Wiederholung den möglichst gi'ofsen Nutzen
aus dem lebendigen Wort des Unterr. zu ziehen. 5. Er hat darauf zu halten,
dafs die Schüler die aufgegebenen schriftl. Arbeiten pünktl. abliefern, der recht-
zeitigen Gorrectur sich mit Sorgfalt zu unterziehen und darauf zu sehen, dafs die
SchiUer die angestrichenen Fehler veroessem.
6. Er ist verpflichtet, die Lehrstunden pünktlich anzufangen und zu
schliefsen, und nicht nur während des Unterr. auf Zucht und Ordnung zu halten,
sondern auch aufserhalb desselben auf das Thun und Treiben derselben, namentl.
der auswärt. Schüler, ein wachsames *Auge zu haben. Die Disciplin hat er mit
Buhe und Besonnenheit zu handhaben, körperl. Züchtigung auch in den unteren
Kl. womöglich gänzlich zu vermeiden oder doch von jedem derartigen Falle noch
an demselben Tage dem Dir. Anzeige zu machen und in besonderen Fällen,
namentl. bei gröberen Vergehen der Schüler, mit dem Ordinarius der Kl. Bück-
sprache zu nehmen oder sich selbst an den Dir. zu wenden, überall aber sich
nach den Grundsätzen zu richten, welche über die ELandhabung der Disciplin in
den Lehrerconferenzen festgestellt worden sind.
7. Wenn ein Lehrer durch Krankheit verhindert ist, seine Lectionen zu
erteilen, so hat er dies rechtzeitig dem Dir. anzuzeigen, damit dieser in den Stand
gesetzt wird, für seine Stellvertretung durch einen anderen Lehrer zu sorgen.
23Ö
8. Kein Lehrer darf ohne Genehmigung ^des 'Dir. Schülern seiner Kl«
Privatunterricht erteilen. Alle Privatbeschäftigungen der Lehrer und alle Neben-
ämter, welche dieselben etwa übernehmen, müssen sich den Anforderungen der
Anstalt unterordnen und sind deswegen nur nach Zustimmung des Dir. zu über*
nehmen. Oefifentl. Nebenämter, Vormundschaften etc. dürfen dieselben nur mit
Genehmigung^ des K. Prov.Sch.C. übernehmen.
9. Die Dispensation von einzelnen Unterrichtsstunden hat der Lehrer in
dringenden Fällen bei dem Dir. nachzusuchen, zugleich aber denjenigen Lehrer
namhaft zu machen, der die Vertretung freiwillig übernommen hat, und die
Genehmigung zu derselben zu erbitten. — £inen Urlaub für den Zeitraum von
höchstens einer. Woche ist der Dir. zu erteilen berechtigt und ein solcher deshalb
gleichfalls bei ihm nachzusuchen. Ein Urlaub für längere Zeit ist bei dem
£. Prov.Sch.C. zu beantragen.
10. Jeder Oberlehrer ist zu 18 bis 20, jeder ordentl. Lehrer zu 20 bis 22,
jeder wissenschaftl. Hülfslehrer oder interimistisch beschäftigte Schulamtscand.
zu 22, jeder ordentl Elementarlehrer oder techn. Lehrer zu 24 bis 26 Unterrichts-
stunden verpflichtet. Bei zahlreichen Correcturen, namentl. für gefüllte Klassen,
wird der Dir. die Zahl der dem betr. Lehrer zu übertragenden Unterrichtsstunden
angemessen ermäfsigen. Aufserdem hat jeder Lehrer, wenn das Bedürfnis der
Anstalt es erfordert, auch eine gröfsere Anzahl von Unterrichtsstunden unweigerlich
zu übernehmen. Doch wird die Behörde diese aufserordentlich honoriren. Die
in Vertretung eines erkrankten, beurlaubten oder verstorbenen Lehrers während
des Sterbequartals zu besetzenden Unterrichtsstunden haben die übrigen Lehrer
nach Anordnung des Dir. unentgeltlich zu übernehmen. 11. Jeder Lehrer ist
verpflichtet, sowohl zu den regelmäfsigen als auch zu den aufserordenÜ. Gonferenzen,
welche der Dir. anordnet, ferner zu den Censuren, den öffentl. Prüfungen und
allen feierl. Schulacten zu erscheinen.
12. Die bei den Schulfeierlichkeiten namentlich am Geburtstage Sr. Haj.
des Königs zu haltenden Reden haben die Lehrer nach einer bestimmten Keihen-
folge zu übernehmen und die den jährL Programmen beizugebenden wissenschaftL
Abhandlungen nach den hierüber bestehenden Vorschriften abzufassen und recht-
zeitig dem Dir. zu übergeben.
13. Es darf von den Lehrern erwartet werden, dafs sie es sich angelegen
sein lassen werden, ein freundliches und coUegialisches Verhältnis unter einander
zu erstreben und zu pflegen. Je wichtiger ein einmüthiges Zusammenwirken
sämtlicher Lehrer füi* das Gedeihen der Anstalt ist, desto mehr werden sie dies
als ihre Pflicht erachten. Sollten dennoch MiTsheUigkeiten unter ihnen vorkommen,
80 haben sie zu deren Ausgleichung die Vermittelung des Dir. in Anspruch zu
nehmen." Posen. K. Prov.Sch.C.
Provinz Schlesien.
Instr. V. 1. Oct 1867.
A. Ordinarien. „1. Die Instruction für die Dir. der Gymn. und der
Itealschulen 1. 0. in der Provinz vom heutigen Datum enthält zwar schon mehrere
Andeutungen über die Obliegenheiten der Klassenordinarien ; die besondere Aufgabe
derselben in der Anstalt macht jedoch eine Zusammenstellung ihrer Pflichten
erforderlich, wie die nachfolgenden Paragraphen sie enthalten:
2. Allgemeine Pflichten der Ordinarien. Dem Ordinarius ist
vorzugsweise die Leitung der ihm überwiesenen Klasse oder Klasseuabteüung
anvertraut, und flndet die wissenschaftl. Ausbildung und besonders die religiös-sittl.
Erziehung seiner Schüler in ihm ihren Mittelpunkt. — Seine wichtige Aufgabe
wird er am sichersten lösen, wenn er, von wahrer Liebe zum Lehramt beseelt, in
seinem gesamten Verhalten und Auftreten väterliche Liebe zu seinen Schülern zu
erkennen giebt und sich deren Vertrauen, Achtung und Zuneigung ohne Härte,
aber auch ohne Schwäche zu erwerben sucht Durch eigene Geradheit, Offenheit
und Wahrhaftigkeit wird der Ordinarius die Liebe zu diesen Tugenden in der Kl.
allgemein wachrufen und in ihr einen Geist verbreiten, der fem von knechtischer
Furcht und niedriger Augendienerei willig und gern Gehorsam leistet und, aufser
dem Beifall des Gewissens und dem Bewufstsein treu erfüllter Pflicht, in der
Zufriedenheit und Billigung des Lehrers einen sicheren Mafsstab flndet für sittl.
340
und wiflsenBchaftl. Streben. Die Pflege des kirchlich-religiösen Sinnes durch
Mahnung und Beispiel wird der Ordinarius nach Andeutung des § 23 der Dir. Instr.
sich angelegen sein lassen.
3. Hauptbeschäftigung der Ordinarien. Seine Hauptbeschäfügong
im Unterrichten hat der Ordinarius der Kegel nach in seiner KL, damit er durch
öfteren Verkehr mit seinen Schülern jeden einzelnen genau kennen zu lernen Ge-
legenheit habe, um so überall mit Rath und That eingreifen zu können, wo das
Bedürfnis es fordert. Wie die Schüler in allen ihren Anglgh. zunächst auf ihn
angewiesen sind, so hat er andererseits ihr ganzes Schulleben zu überwachen and
vor den anderen Lehrern mit dem Keligionslehrer auch auf ihr Verhalten auüser
der Schule seine Aufmerksamkeit- zu richten. Der öftere Besuch des Turnplatzes
ist ihm aus pädagog. Bücksichten besonders zu empfehlen. — Wenn auf Anordnung
des Dir. die Schüler der Anstalt aufser der Schule versammelt sind, z. B. bei
öflentL Aufzügen, dann hat der Ordinarius seine Klasse zu führen.
<i. Pflichten gegen dieSchüler. Der Ordinarius vermittelt haupt-
sächlich die Verbindung der Schule mit der Familie. Er hat seine Schüler von
Zeit zu Zeit in ihren Wohnungen zu besuchen und sich mit ihren Eltern in Ein-
vernehmen zu setzen. Besonders wird er sich auch über die Privatbeschäftigungen
der Schüler unterrichten und der Ueberladung derselben mit Privatstunden in<
Musik, im Tanzen, im Zeichnen und in neueren, auf der Schule nicht gelehrten
Sprachen in geeigneter Weise entgegenwirken, wie er auch, wo es erforderlich ist,
die Eltern darauf aufmerksam machen wird, dafs das frühzeitige Zulassen der
Schüler zu den Genüssen, und Erholungen der Erwachsenen und zu zerstreuenden (Ge-
sellschaften' und Vergnügungen auf die geistige Entwickelung nur nachteilig einwirkt.
5. Besondere Fürsorge für auswärtige Schüler. Der Obhut
des Ordinarius sind vorzüglich diejenigen Schüler anvertraut, deren Eltern nicht
am Schulort wohnen. Wo diese nicht bei Verwandten öder als Pensionäre bei
einem der anderen Lehrer untergebracht werden können,, wird er den Eltern zur
Auffindung einer passenden Wohnung seinen Rath erteilen, die Schüler in der-
selben öfter besuchen, sich von ihrem Fleifs und ihrer sittl. Lebensweise über-
zeugen, Kenntnis davon nehmen, wie für ihr geistiges und leibl. Wohl gesorgt ist,
ihren Umgang überwachen und, wo er wahrnehmen sollte, dafs Wohnung oder
Umgang sittl. Gefahren mit. sich bringen, so viel an ihm liegt, selbst geeignete
Abhülfe leisten oder den Eltern und dem Dir. die nöthigen Mitteilungen machen.
6. Anleitung der Schüler. Der Ordinarius hat, sobald ihm im An-
fange des Schuljahrs seine Kl. überwiesen ist, dieselbe durch bestimmte Weisungen
n^t allem bekannt zu machen, was sie zu beobachten hat. — Den Schülern sind
ihre Plätze anzuweisen, die sie ohne Veranlassung des Lehrers nicht wechseln
dürfen, der Lectionsplan ist zu dictiren, es sind ihnen die Lehrbücher (Ausgaben
der Classiker), Lehrmittel und Hefte anzugeben, welche sie anzuschaffen haben,
und die Zeit zu bezeichnen, wann die verschiedenen schriftl. Arbeiten abzuliefern
sind. — Sehr wichtig ist es, die Schüler gleich vom Anfang an zu einer richtigen
Einteilung der Zeit aufser den Schulstunden anzuhalten und sie zu der rechten
Weise des Studirens zu bringen. Um sie vor einem zeitraubenden und ermüdenden
Umhertappen zu bewahren, hat der Ordinarius ihnen specielle Anleitung zu geben,
wie sie bei der Präparation, bei der Bepetition und bei der Anfertigung der
schriftl. Arbeiten zu verfahren und worauf sie ihr besonderes Augenmerk zu
richten haben.
7. Die schriftl. Arbeiten der Schüler. Die Anzahl und das
Mafs der schriftl Arbeiten werden im Anfange des Schuljahrs in der Oonferenz
festgestellt (§ 15 b. der Dir.Listr.). Die Tage, an welchen die einzelnen Arbeiten
abzuliefern sind, hat der Ordinarius nach Rücksprache mit den übrigen in der Kl.
unterrichtenden Lehrern festzustellen und dem Dir. zur Genehmigung vorzulegen;
auch die Art und Weise der Einsammlung der Arbeiten hat er anzuordnen. —
Sollte sich im Verlauf des Jahres finden, dafs die Schüler seiner Kl. von einem
der übrigen Lehrer durch zu viel Arbeit in Anspruch genommen werden, dami
hat er durch coUegialische Rücksprache oder nöthigen Falls durch Vortrag in der
Conferenz Abhülfe zu bewirken. Zur Förderung des Fleifses und der Ordnung
wird er zeitweilig sich sämtl. Arbeits-, Schreib- und Zeichenbücher seiner Kl. vor-
legen lassen, und daraus die zur Charakteristik jedes Schülers dienenden Notizen
entnehmen.
.^(
241
8. Die Fährang von Censur bogen. Wo eine Anstalt für jeden
Schüler einen besonderen Censurbogen anlegt, in welchen vom Anfang seines Schul-
lebens Notizen über seinen wissenschaftl. und sittL Standpunkt eingetragen werden,
um bei Anfertigung der Censuren und Abgangszeugnisse eine Art von Curriculum
vitae als Anhalt zu haben, da ist der Censurbogen von dem Ordinarius zu führen
und von ihm, wenn er die Kl. verläfst, dem folgenden Ordinarius zur Fortsetzung
zu übergeben. — Die Censurbogen haben nur Wesentliches, zur nothwendigen
Charakteristik der Schüler Dienendes aufzunehmen, sind nach dem Ab|^ng der-
selben 5 Jahre im Archiv der Anstalt aufzubewahren und dann zu vernichten.
9. Erteilung derCensuren. Für die viertel- und halbjahrl. Censuren
(§ 22 der Dir.Instr.) hat der Ordinarius das Censurbuch seiner Kl. zur Eintragung
der Prädicate rechtzeitig bei den übrigen in der Kl. unterrichtenden Lehrern in
Umlauf zu setzen, dann die Prädicate für die. Leistungen in seinen ünterrichts-
gegenständen und für das sittl. Verhalten, die von ihm zu notirenden Versäumnisse
im Schul- oder Kirchenbesuch, so wie sonstige zur Kenntnis der Eltern zu bringende
Bemerkungen über Fleifs und Aufmerksamkeit der Schüler einzutragen und da,
wo Censumummem eingeführt sind, für jede Censur die verdiente Nummer in
Vorschlag zu bringen. In der Censurconferenz hält der Ordinarius den Vortrag
über die Censuren seiner Kl., sorgt für Abschrift der Censuren auf Censurzettel,
versieht diese mit seiner Unterschrift, legt sie dem Dir. zur Vollziehung vor,
welcher sie an die Schüler verteilt, und läfst sie, nachdem die Eltern oder
Vormünder ihre Kenntnisnahme durch Unterschrift bezeugt haben, sich wieder
vorlegen.
Wie in der Censurconferenz hält der Ordinarius überhaupt in den Con-
ferenzen, so oft eine Veranlassung gegeben ist, Vortrag über den Standpunkt
seiner Kl. in wissenschaftl. und sittl. Beziehung. — Bei der Aufnahme und Ver-
setzung der Schüler ($ 17 und 20 der Dir.Instr.) ist seine Stimme, wenn auch die
des Ihrectors die endl. Entscheidung giebt, besonders zu beachten. Bei Ausstellung
der den Schülern nothwendigen Zeugnisse ($ 21 der Dir.Listr.) hat er mitzuwirken
und dieselben mitzuunterschreiben.
10. Etwanige besondere Pflichten der Ordinarien. Wodurch
Herkommen an einer Anstalt dem Ordinarius aufser den in Vorstehendem aufge-
führten noch andere Pflichten o1i)liegen oder der Dir. ihm als dem Vorsteher der
Kl. besondere Aufträge erteilt, sind dieselben unweigerlich zu übernehmen. Selbst-
verständlich sind die allgro. Pflichten aller Lehrer, wie dieselben in der Directoren-
und in der Lehrerinstruction enthalten sind, auch für die Klassenlehrer verbindlich.'^
Breslau« K. Prov.Sch.C.
B. Lidhrer. „1. Wenn auch in der Instruction für die Directoren
der Gymn. und Realschulen der Provinz die Pflichten der Lehrer an diesen An-
stalten mehrfach berührt sind, so bedarf es doch einer übersichtl. Zusammenstellung
der wichtigsten Obliegenheiten derselben, wie sie in den folgenden Paragraphen
gegeben ist:
2. Allgemeine Pflichten der Lehrer. Das Bewufstsein, dem
Lehrercoll. einer höh. Schule anzugehören und vor Gott mit verantwortlich zu
sein für die wissenschaftl. und sittl. Bildung der Jugend, mufs für den Lehrer
mafsgebend und leitend sein in allen seinen Bestrebungen. — Genaue Bekannt-
schaft mit der ganzen (Jnterrichtsordnung der Anstalt (Dir.Instr. € 15), richtige
Erkenntnis seiner Stellung zu dem Ganzen, Liebe zum Beruf und freundliches,
collegialisches Einvernehmen mit den übrigen Lehrern sind nothwendige Be-
dingungen eines gedeihl. Wirkens. Den Schülern gegenüber wird der Lehrer
nicht allein die ihm für den Unterricht obliegenden Pflichten treu erfüllen, sondern
auch, da das Beispiel für die Erziehung mehr wirkt, als die Lehre, durch sein
ganzes Verhalten in und aufser der Schule ihnen ein Vorbild edlen Anstandes,
guter Sitte und eines religiösen Wandels zu sein sich angelegen sein lassen.
Das würdige Verhalten des einzelnen Lehrers ehrt zugleich den ganzen Lehrstand,
erwirbt ihm die Achtung des Publikums und bereitet ihm einen gedeihl. Boden
für seine Wirksamkeit.
3. Die Handhabung der Disoiplin. Wenn auch die Ordinarien die
Erziehung der Schüler in ihren Kl. hauptsächl. zu leiten haben, so sind doch die
übrigen Lehrer verpflichtet, sie in dieser Thätigkeit nach Kräften zu unterstützen,
Wiese, Yerordnungen. IL j^Q
242
was schon in nicht geringem Mafs durch Befolgung des Ghrundsatzes, daf« aller
Unterricht ein erziehlicher sein müsse, erreicht wird. Ganz besonders hat jeder
für Buhe und Ordnung in seinen Lehrstunden zu sorgen. Das beste Mittel zur
Aufrechterhaltung guter Zucht und Weckung der Aufmerksamkeit ist die wissen-
schaftl. Tüchtigkeit des Lehrers, ein anregender Vortrag und die in den Schülern
sich bildende Ueberzeugung, dafs er seiner Aufgabe nicht blofs gewachsen, sondern
ihr auch mit Vorliebe zugethan sei, dafs er in der Mitte der Schüler gern weile,
dafs er ein Herz für sie habe und dafs er die Förderung jedes einzelnen Schülers
nach dessen Individualität im Auge behalte. Wenn ein rauher, barscher Ton und
ein kaltes, herrisches und abstofsendes Benehmen einschüchtert und Abneigung
erzengt, unzeitige Milde und mifsverstandene Nachsicht die sittl. Haltung der Kl.
untergräbt und den G«ist entnervt, süfsliche Freundlichkeit und unmännliche
Ziererei um Ansehen bringt und lächerlich macht, hämischer Spott und Hohn bei
Versehen und Fehlem der Schüler entfremdet und Erbitterung bewirkt, dann wird
dagegen ein Lehrer, welcher Ernst und Milde mit einander zu verbinden weife
und den Schülern offen, gerade und wahr gegenübersteht, selten verfehlen, ihre
Achtung und Liebe zu gewinnen, und sich dadurch in den Stand Setzen, nicht nur
die Zucht in seinen Lelu«tunden zu erhalten, sondern auch forderlich auf Kopf
und Herz zu wirken.
4. Verhalten der Lehrer. Jeder Lehrer hat die ihm in dem Lec-
tionsplan zugelegten Lehrstunden unweigerlich zu übernehmen (Dir.Instr. $ 14),
sie pünktlich abzuhalten, nach den vorgeschriebenen Lehrbüchern unter Beachtung
der in der Gonferenz festgestellten Lehrabschnitte (Dir.Instr. $ 15) zu unterrichten
und die ihm aufgetragenen Correcturen der schriftl. Arbeiten gewissenhaft zu
besorgen. — Den Weisungen des Dir. in Bezug auf die Methode des Unterr. ist
Folge zu leisten — Frivatunterrichtsstunden sind nicht ohne Genehmigung des
Dir., Nebenämter oder Nebengeschäfte nicht ohne unsere Genehmigung zu über-
nehmen. — Kein Lehrer darf von Schülern Geburtstags- oder Namenstags-
Seschenke annehmen, wie die Achtung des Standes und die Wahrung des Kufes
er Unparteilichkeit es auch gebiete^ Geschenke der Eltern an Lehrer zurück-
zuweisen.
5. Teilnahme an den Gonferenzen.. Zum Besuch der Gonferenzen,
Schulfeierlichkeiten, Gensuracte, Klassen-, öffentlichen und Abiturientenprüfungen
ist jeder Lehrer verbunden, wie er auch verpflichtet ist, der Einladung des Dir.
zu einer besonderen amtl. Besprechui^ im Gonferenz- oder dessen Arbeitszimmer
nachzukommen. (Dir.Instr. $ 5.) Die Fachconferenzen (Dir.Instr. $ 26)
erfordern hauptsächl. die Thätigkeit der Fachlehrer. Einer derselben übernimmt
für eine bestimmte Zeit die specielle Bearbeitung seines Fachs, um sich mit dem
Stoff, den Hülfsmitteln, der Methode, den wissenschaftL Fortschritten desselben
imd den betr. Verordnungen genau bekannt zu machen und einen Plan zu einer
method. Durchführung in einer Kl. oder in der ganzen Anstalt zu entwerfen oder
den schon vorhandenen allseitig zu prüfen imd nach Befinden Ergänzungen und
Abänderungen vorzuschlagen. — In der Eegel fällt dieses Geschäft dem Haupt-
fachlehrer zu; indefs kann es auch anderen, nicht ausschliefsl. in einem Fach
arbeitenden Lehrern übertragen werden, üeber das Resultat der Forschungen
und Prüfungen ist in der von dem Dir. anzuordnenden Fachconferenz Vortrat zu
halten. Aus den Berathungen der Fachconferenzen gehen die Fachlehrpläne
und die Vorschläge zur Einführung neuer Lehrbücher und Lehrmittel hervor.
Die erster en enthalten eine Feststellung für ieden einzelnen Lehrgegenstand nach
Lehrstoff, Methode und Hülfsmitteln durch alle Kl. unter bestimmter Abgrenzung
der Lehrabschnitte.
6. Wissenschaftl. Fortbildung der Lehrer. Wenn auch jeder
Fachlehrer zunächst auf die Förderung der Schüler in seinem Fach angewiesen ist,
so kann er doch, sowie er in ethischer Beziehung auf den G^ist der Anstalt zu.
¥rirken und die Bestrebungen der Ordinarien zu unterstützen hat, auch in intellectneller
Beziehung innerhalb der Grenzen seines Fachs durch Andeutungen und Hinweisungen,
durch Entlehnung von Beispielen u. s. w. die von den Schülern in anderen Fächern
schon erworbenen Kenntnisse wieder auffrischen, ergänzen, erweitem oder sie durch
Betrachtungen von anderen Gesichtspunkten beleben. — Für einen richtigen, ent-
sprechenden und genauen mündl. und schriftl. Ausdruck in der deutschen Sprache
müssen alle Lehrer wirksam sein.
243
7. Pflioliten der mit Beaufsichtigung der Lehrmittel be-
trtfnten Lehrer. Diejenigen Lehrer, welchen die specielle Aufsicht über
•einzelne Abteilungen der zum allgm. Gebrauch bestimmten Lehrmittel der Anstalt
anvertraut ist (DirJnstr. $ 10)^ haben die Kataloge zu fuhren, fi^ die Erhaltung
und zweckm. Vermehrung der Lehrmittel entsprechende Anträge zu stellen, neue
Anschaffungen einzutragen und etwa entstandene Schäden sofort zur Anzeige zu
bringen. Die besonderen Instructionen für die Verwaltung der Bibliotheken u. s. w.,
Bowie für neue Anschaffunsen bleiben in Geltung.
8. Urlaub und Vertretung der Lehrer. In Krankheits- oder Be-
hinderungsfällen ist der Lehrer verpflichtet (Dir.Instr. § 7), dem Dir. rechtzeitig
Anzeige zu machen. Für einen Urlaub bis zu 4 Tagen ist die Genehmigung des
Dir., für eine längere Dauer durch den Dir. unsere Genehmigung nachzusuchen.
Lehrer, welche anfser der Ferienzeit Reisen zu ihrer Belehrung oder Erholung
machen wollen (wozu in den meisten Fällen auch Badereisen zu rechnen sein
werden), bleiben, auch abgesehen von dem erforderl. Urlaub, hinsichtl. ihrer Ver-
tretung von der Gefälligkeit ihrer Amtsgenossen abhängig und haben selbst,
unter Zustimmung des Dir., für eine zweckm. Wahrnehmung ihrer Geschäfte zu
sorgen. In Krankheitsfällen der Gollegen, bei gesetzlich gerechtfertigten Ab-
haltungen derselben, und im Fall nicht sofortiger Wiederbesetzung einer erledigten
Stelle sind die Lehrer zur Uebemahme der zur Erledigung gekommenen Geschäfte
verpflichtet.
9. Heiraten der Lehrer. Diejenigen Lehrer, welche sich zu ver-
heiraten beabsichtigen, haben den erforderl. Heiratsconsens bei dem Präsidenten
unseres GoUegiums durch den Dir. nachzusuchen und dabei anzuzeigen, bis zu
welchem Betrage sie ihrer künftigen Ehegattin eine Pension bei der Allgm. Witwen-
kasse zu versicnem beabsichtigen.
10. Auf serordentliche Pflichten. Aufser den vorstehend aufge-
führten Pflichten haben die Lehrer auch den besonderen Anordnungen nachzu-
kommen, welche der Dir. im Interesse der Anstalt zu treffen sich veranlafst sieht,
wie auch durch diese Instruction bewährte Einrichtungen an einzelnen Anstalten,
welche in derselben nicht besonders beführt werden konnten, nicht als aufgehoben
anzusehen sind.*' Breslau. K. Prov.Sch.C.
Bei den kathol. h5h. Schulen in Schlesien bestand bisher der Brauch, dafs
der Tod eines Lehrers durch den betr. Dir. zur Kenntnis der übrigen Lehrer-
collegien der Provinz gebracht und dann bei jeder Anstalt jedesmal ein kirchl.
Totenamt unter Beteiligung der Lehrer und Schüler von dem Religions-
lehrer abgehalten wurde. Diese gegenseitige Mitteilung der Todesfälle hat 1871
aufgehört. Man beschränkt sich seitdem auf eine von dem Dir. der betr. An-
stalt abzuhaltende Ansprache an die versammelten Lehrer und Schüler derselben und
überläfst die Besorgung kirchlicher Funeralien der Familie des verstorbenen Lehrers.
Provinz SachBen.
Instr. V. 2. Mai 1867.
A. Ordinarien. „U Der Ordinarius ist der Hauptlehrer seiner Klasse
und führt über die Schüler derselben die nächste Aufsicht. Er hat sich im Allgm.
als deigenigen zu betrachten, der für den sittl. Geist und den wissenschaftl. Stand-
punkt seiner Kl. zunächst verantwortlich ist. 2. Die Schüler jeder Kl. sind
demnach in allen Schulanglgh. zunächst an ihren Ordinarius gewiesen und em-
pfohlen. 3. Bei der Aufnahme eines Schülers in seine Kl. li^gt es dem
Ordinarius ob, denselben in Anschaffung der nöthigen Unterrichtsmittel zu berathen,
mit den für die Klasse getroffenen Einrichtungen und Anordnungen bekannt zu
machen und zu genauer Beobachtung derselben zu verpflichten.
4. Abgesehen von den Fächern, in denen er selbst unterrichtet und worin
er also für die Fortschritte der Schüler unmittelbar zu sorgen verpflichtet ist,
wird der Ordinarius durch fleifsige Rücksprache mit seinen CoUegen von den
wissenschaftl. Leistungen der einzelnen Schüler auch in den übrigen Fächern sich
eine klare Kenntnis verschaffen müssen, um danach die betreffenden innerhalb und
aufserhalb der Schule in geeigneter Weise anregen, sowie den Angehörigen die
nöthigen Mitteilungen machen zu können. In den oberen Kl. wird er sich die
16*
\
244
Anregung und zweckm. Leitung der Privatstudien der Schüler besonders angelegen
sein lassen. 5. Durch die von Zeit zu Zeit vorzunehmende Revision der
schrifÜ. Arbeiten der Schüler wird er sich nicht nur von der äufseren Ordnung
und Sauberkeit derselben, sondern auch von dem FleiTs und der Sorgfalt in Aus-
arbeitung der gestellten sohriftl. Aufgaben, sowie in der Vorbereitung zu den
Lectionen überzeugen.
6. Um einer üeberbürdung der Schüler durch Concurrenz zu vieler gleich-
seitiger Arbeiten vorzubeugen, wird er durch Besprechung mit seinen GoUegen
eine zweckm. Verteilung derselben bewirken. Dabei wird er besonders darauf
halten, dafs von jedem Schüler unter seiner zur Correctur übergebenen Arbeit der
Monatstag der Ablieferung und von dem betr. Lehrer das Datum der Rückgabe
bemerkt werde.
7. Ob ein Schüler private Nachhülfe haben soll und wie dieselbe einzu-
richten ist, wird hauptsächl. der Ordinarius nach vorher genommener Rücksprache
mit den betr. Lehrern bestimmen. Schüler der oberen El., welche jüngeren Schülern
Privatunterr. erteilen oder dieselben bei ihren häusl. Arbeiten beaufsichtigen sollen,
bedürfen dazu der Zustimmung ihres Ordinarius, der verpflichtet ist, darüber zu
wachen, dafs ein Schüler nicht zu viele Nebenarbeiten übernimmt und sich so die
Zeit und Kraft zum eigenen Studiren raubt.
8. Als eine Hauptaufgabe seiner Thätigkeit hat der Ordinarius die Aufsicht
über das sittl. Verhalten der Schüler sowie £e erzieherische Einwirkung auf die-
selben überhaupt zu betrachten. Hierbei wird sich derselbe recht eigentlich als
einen väterlichen Freund und Führer zu erweisen haben und bemüht sein, ebenso
durch liebevolle Teilnahme die ihm anvertrauten Schüler in allen Verhältnissen
ihres Lebens zu berathen, wie durch ernste Strenge verkehrten Bestrebungen und
verderbl. Neigungen derselben rechtzeitig vorzubeugen und sie vor Uebertretungen
und Fehltritten zu behüten. Um seine Einwirkung erfolgreicher zu machen, ist er
verpflichtet, sich nicht nur mit den Tutoren, sondern auch mit den Eltern und
Angehörigen seiner Schüler in fortdauernder Verbindung zu erhalten, um die
möffUchste Uebereinstimmung der häusl. »mit der Schulerziehung herbeizuführen.
9. vorzügliche Sorgfalt und Teilnahme wird der Ordinarius denjenigen Schülern
widmen, deren Eltern und Angehörige nicht am Schulort wohnen. Insbesondere
wird er dieselben, soweit es seine Zeit gestattet, in ihren Wohnungen besuchen,
ihren Umgang überwachen und dafür sorgen, dafs sie zu regelm. Arbeiten ange-
halten werden. 10. Um diese Pflichten gewissenhaft erfüllen zu können, hat
sich der Ordinarius über die Wahl der Wohnung und der Pension, sowie über
jede Veränderung derselben, behufs der durch den Dir. zu erteilenden Genehmigung
gutachtlich zu äufsem.
11. Li jeder El. liegt dem Ordinarius die GontroUe über das Sllassenbuch
ob, in welches die in der El. unterrichtenden Lehrer alle wesentl. Bemerkungen
über Fleifs, Fortschritte, sittl. Verhalten innerhalb und aufserhalb der Schule ein-
tragen. Die in dem Elassenbuch gemachten Vermerke werden zugleich als wesentl.
Anhalt für die Aufstellung der halb- und resp. vierteljährl. schriftL Gensuren
dienen, zu deren Abfassung der Ordinarius verpflichtet ist. Die GontroUe der
durch den Primus der El. zu führenden Absentenliste wird seiner besonderen Auf-
merksamkeit empfohlen. 12. Ueberhaupt soll der Ordinarius sich von jedem
seiner Schüler rücksichtlich seiner Fähigkeiten, seines sittl. Verhaltens, seiner
Leistungen und seiner häusl. Verhältnisse ein möglichst getreues Gesamtbild ver-
schaffen, um zu jeder Zeit auf Befragen von Seiten des Dir. diesem die nöthige
Auskunft geben zu können.
13.* Die äufsere Elassenordnung, wozu namentlich die Art und Weise der
Beaufsichtigung der Schüler in den Pausen, die Bestimmungen der Termine über
die abzugebenden Arbeiten, über das Hinausgehen der Schüler während der
Unterrichtsstunden u. s. w. gehören, hat der Ordinarius, soweit dieselbe nicht durch
bestehende Verordnungen und Schulgesetze für die ganze Schule vorgeschrieben
ist, nach vorausgegangener Berathung mit den übrigen Lehrern seiner El. fest-
zusetzen. Seiner Beaufsichtigung unterliegen auch die Localitäten der El., die ihr
zugehörigen Schränke und Utensilien, für deren Instandhaltung, Sauberkeit und
Ordnung er zunächst verantwortlich ist.
14. Das Verhältnis der Ordinarien zu ihren Schülern hebt weder die
Aufsicht der übrigen Lehrer über die Schüler, noch die Oberaufsicht und Ober-
246
leitung des Dir. auf; vielmehr bleiben demselben alle amtl. Befugnisse unge-
schmälert Insbesondere darf der Ordinarius Klagen und Beschwerden über einen
Mitlehrer in amtl. Eigenschaft nicht annehmen, sondern hat die Betreffenden
dieserhalb an den Dir. zu verweisen.
15. Auf Schulanstalten, mit denen ein Pensionat oder Alumnat verfassungs-
mäfsig verbunden ist, können die obigen Bestimmungen nach den Verhältnissen
solcher Anstalten nur teilweise Anwendung finden. IHe gegenwärtige Instr. kann
daher die Absicht, in der Verfassung solcher Anstalten etwas zu ändern, nicht
haben." Magdeburg. K. Prov.Sch.O.
B. Lehrer. „1. Dem Dir., als seinem nächsten Vorgesetzten, hat der
Lehrer in allen den Anordnungen, welche dieser kraft seines Amts zu treffen
berechtigt ist, genaue Folge zu leisten. Etwan. Beschwerden, Anträge und Ein-
gaben hat er durch den Dir. an die vorgesetzte Behörde gelangen zu lassen.
2. Ansschliefslich werden ihm eine bestimmte Klasse und bestimmte
Lectionen nicht übertragen, vielmehr übernimmt er nach dem jedesmal. Bedürfnis
und dem genehmigten Lectionsplan diejenigen Lehrstunden in denjenigen KL,
welche ihm der Dir. mit Rücksicht auf Kenntnisse, Neigung und das Verhältnis
des Umfangs der Arbeit überträgt. Auf des Dir. motivirten Antrag kann ihm
aber auch ein Klassenordinariat anvertraut werden. 3. Die wöchentl. Anzahl
seiner Lehrstunden wird zwar auf 22 festgesetzt; sollte aber das Bedürfnis der
Schule erfordern, ihm die eine oder die andere Lehrstunde mehr zu übertragen,
so mufs er sie übernehmen. Üeberhaupt ist er der Anstalt mit seiner ganzen
Kraft und Zeit verpflichtet und darf sich daher nicht weigern, wenn er damit
beauftragt wird, auch solche Q-eschäfte zu übernehmen, die zu dem Unterr. zwar
nicht in unmittelb. Beziehung stehen, für das Gedeihen der Schule aber nothwendig
sind und nur von Lehrern derselben in angemessener Weise ausgeführt werden
können.
4. Alle seine Lehrstunden hat er mit Sorgfalt und Pünktlichkeit abzu-
warten und jede derselben zur bestimmten Zeit anzufangen und zu schliefsen.
5. Bei seinem ganzen ünterr. und den mit demselben verbundenen Gorrecturen
hat er sich einer anregenden und bildenden Methode zu befleifsigen und dahin
sein ganzes Bestreben zu richten, dafs unter den Schülern ein ernster, durch Fremd-
artiges nicht gestörter Fleifs walte und eine gründl. Bildung derselben gefördert
werde. 6. Die Bemerkungen und Erinnerungen, welche ihm der Dir. über
Form und Materie des Unterr. zu machen für nöthig findet, hat er nicht allein
willig anzunehmen und zu beachten, sondern auch durch fleifsiges Fortstudiren
für sein Lehramt immer tüchtiger zu werden sich zu bestreben.
7. Wie er ohne des Dir. Vorwissen und Einwilligimg keine Lehrstunde
and damit verbundene Arbeiten ausfallen lassen darf, ebenso wenig darf er von
dem bestätigten Lectionsplan (§ 2) abweichen. 8. In dringenden und unvermeidL
Abhaltungsfkllen hat er dem Dir. sofort Anzeige davon zu machen, damit dieser
die Lehrstunden und die mit ihnen verbundenen Geschäfte zeitig unterbringen
kann, wie er denn auch ohne Erlaubnis des Dir. nicht verreisen darf. Ebenso hat
er in dem Fall, dafs er einem anderweiten Ruf zu folgen gesonnen sein sollte,
ein halbes Jahr vorher, und zwar entweder zu Ostern oder zu Michaelis, der vor-
gesetzten Behörde durch den Dir. Anzeige zu machen und die Entlassung nach-
zusuchen. 9. In AbhaltungsföUen seiner CoUegen oder in eigetretenen Vacanz-
fällen ist er verpflichtet. Lehrstunden und damit verbundene Arbeiten verhältnis-
mäfsig nach des Dir. Anordnung stellvertretend zu übernehmen.
10. Er ist femer verpflichtet, bei den öffentl. Prüfungen der Schüler, auch
wenn er nicht als Examinator in Anspruch genommen wird, zu erscheinen, der
bestehenden Einrichtung gemäfs die Morgenandaoht mit der versammelten Schule
zu leiten und die Schüler in der Kirche zu beaufsichtigen; auch, so oft ihn die
Reihe trifit, die Wissenschaft! . Abhandlung zum Programm zu schreiben und bei
Schulfeierlichkeiten die Festrede zu halten. 11. Zur Uebemahme von Neben-
ämtern bedarf er unserer Genehmigung. Privatunterr. an Schüler, die er selbst
unterrichtet, darf er ohne Zustimmung des Dir. nicht erteilen.
12. Mit seinem Lehramt wird ihm zugleich die erziehende Thätigkeit über-
tragen. Wie er allen seinen Unterr. im steten Hinblick auf die Aifgaben der
Erziehung erteilen wird, so wird er alle durch die Disciplin der Schule unmittelbar
I
246
geforderten Pflichten mit homanem Sinn, ruhiger Umnoht und mfser Sorg<
erfüllen, damit auch durch seine Bemühongen ernste und bildende Zucht und gute
Sitte gefordert werde. Wichtige Disciplinarfalle darf er nicht ohne des Dir. oder
der Lehrerconferenz Mitwirkung eigenmächtig schlichten. Eine Haupttendenz der
ganzen vom LehrercoU. in steter üeDereinstimmung zu behandelnden Disciplin und
Aufsicht wird vor allem die Verbütunff von Unordnungen und Fehltritten sein
müssen. Der umfang der ihm zustehenden Strafbefugnis ist durch besondere
Bestimmungen festgesetzt. IJ. Seine Aufmerksamkeit mufs auf den Fleifs und
das sittl. Verhalten der Schüler nicht nur während der tägl. Schulzeit, sondern
auch aufser derselben gerichtet sein. £ine Anzahl Schüler, £e ihm von dem Dir.
besonders überwiesen werden, hat er der für die einzelnen Anstalten bestehenden
Einrichtung ffemäfs in besondere Tutel zu nehmen.
14. iülen Schulconferenzen wohnt er als Sitz und Stinune habendes MitgL
des Lehrerooll. bei und kann keine derselben ohne Erlaubnis des versitzenden
Dir. und ohne mit dem, was er vielleicht zur Sprache zu bringen hätte, einen
seiner GoUegen beauftragt zu haben, verabsäumen. Er ist verpflichtet, die gefeJsten
Ck)nferenzbe8chlÜ8se genau zu befolgen, und darf von denselben nicht abgehen,
sondern hat, wenn ihm im Laufe der Zeit etwa eine Abänderung nöthig scheinen
sollte, sein Bedenken in der nächsten Lehrerconferenz vorzutragen. .
15. Hit allen seinen Mitarbeitern hat er ein freundliches Vernehmen zu
unterhalten und mit ihnen in Einheit und Eintracht zum Besten der Anstalt und
zu ihrem Gedeihen zusammenzuwirken. 16. Als Lehrer und Erzieher wird er
stets eingedenk bleiben, dafs die Erfolge seiner Wirksamkeit hauptsächlich durch
seine vorbildl. Persönlichkeit, durch seine Tüchtigkeit im Wissen, in der Gesinnung
und im Leben bedingt sind, und dafs er daher verpflichtet ist, sich in allen Ver-
hältnissen des offenÜ. und privaten Lebens eines auf christl. Gottesfurcht ge-
gründeten, in sittlicher Unbesoholtenheit sich bewährenden, ihm und der Schule
Achtung und Vertrauen sichernden Verhaltens zu befleifsigen.
17. Bei allen denjenigen Instituten, deren eigentüml. Verhältnisse es be-
dingen, dafs dem Lehrer no(m eine besondere Listruction erteilt wird, gelten die
Bestimmungen der gegenwärtigen allgm. Dienstinstruction nur in soweit, als die-
selben durch jene besondere nicht abgeändert sind.*' Magdeburg. K. Prov.Sch.G.
Frovins Westfleden.
A. Instr. V. 23. Oct. 1863.
B. Instr. V. 15. Jan. 1868.
A. Ordinarien« rJ^ Bedürfnis einer tüchtigen ommischen Ausbildung
der höh. Unterrichtsanstalten in allen ihren Teilen und Stu&n hat auch die An-
ordnung von Klassenordinarien herbeigeführt, welche den Einheitspunkt sowohl
für die wissenschaftl. als besonders für die sittl. Ordnung einer Kl. oder Klasaen-
abteilung bilden sollen. Damit auch in dieser Mafsregel die möglichste üeberein-
Btimmung bei den höh. Schulen der Provinz stattfinde, haben wir die Bechte und
Pflichten der Ordinarien in folgende Bestimmungen zusammengefafst :
1. In der Hegel ist das Ordinariat einer Kl. demjenigen Lehrer übertragen,
der schon durch die Natur und die Zahl seiner Lehrstunden in derselben einen
entscheidenden Einflufs auf die Schüler bat. Li den unteren Kl. eignet sich dazu
vorzugsweise der lateinische und deutsche Sprachunterr., in den oberen bei den
G^ymn. der lateinische und griechische, oder doch ein bedeutender Teil desselben;
bei den Bealschulen der Unterr. in den neueren Sprachen einschliefslich der
deutschen, oder der mathemat. und naturwissenschaftl. Unterricht; und ist es
zugleich möglich, dem Ordinarius auch den Beligionsunterr. zu übertragen, so wird
er in diesem das kräftigste Mittel zu einer segensreichen Einwirkung auf das
Gemüth seiner Schüler besitzen.
2. Er wird, wie es wesentlich in seiner Bestimmung liegt, das Vertrauen
eines jeden seiner Zöglinge zu erwerben suchen, damit sie sich getrieben fühleD,
vor allen zu ihm ihre Zuflucht zu nehmen, wo sie nur immer seiner Hülfe durch
Bath und That bedürfen. Doch wird er diesen seinen Einflufs keineswegs benutzen,
um durch Versprechungen, Drohungen, Zudringlichkeit u. s. w. einzelne zu heim-
lichen Angebereien über ihre Mitschüler zu verleiten und sich so gleichsam eine
247
begünstigte Partei in seiner Kl. zn bilden, wodurch das gerade nnd offene sittl«
Verhältnis zu der ganzen £1. notiiwendig gestört würde. Am wenigsten aber
darf er Klagen der Schüler gegen andere L^urer annehmei^ sondern hat sie mit
diesen immer an den Dir. zu verweisen.
3. Um sich ein voUständigee nnd sicheres Urteil über Aaffohrang, Fleifs
und Fortschritte jedes Schülers bilden nnd sowohl in den jedesmal. Censuren, als
besonders auch bei dessen Abgang von der Schule und auf Erfordern auch noch
später aussprechen zu können, hat der Ordinarius der Kl. in der Kürze alle zur
Charakteristik des Schülers in wissenschaftl. und sittl. Beziehung dienende Notizen
zu sammeln und dieselben bei der Versetzung des Schülers in eine andere Kl.
dem Ordinarius derselben zur Fortsetzung zuzustellen. Dafs diese Aufzeichnungen
mit dem gehörigen Zartgefühl ffeschehen, das mehr Zufällige und schnell Vorüber-
gehende nicht aufnehmen, sondern sich nur an das Wesentliche halten müssen,
bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung. 4. Auf Grund des Gensurbuchs der
Kl. und obiger Notizen werden die viertel- und halbjährl. Gensuren der Schüler
auf den Vortrag des Ordinarius in einer Lehrerconferenz festgestellt.
Der Ordinarius hat dafür zu sorgen, dafs die Gensuren mit der Unter-
schrift der Eltern oder sonstigen Pfleger der Schüler versehen ihm wieder vor-
gelegt werden.
5. Die Aufmerksamkeit des Ordinarius auf seine Schüler erstreckt sich
auch über den Kreis der Schule hinaus. Insbesondere wird ihm die Aufsicht auf
die religiöse Führung und den Kirchenbesuch der Schüler empfohlen. Femer liegt
ihm die Verpflichtung ob, sich auch von ihren Privatbeschäftigungen Kunde zu
verschaffen, besonders aber diejenigen Schüler, deren Eltern nicht am Ort wohnen
und die auch nicht Pensionäre eines der übrigen Lehrer sind, von 2ieit zu Zeit
in ihren Wohnungen zu besuchen, sich von ihrem Fleifs und ihrer sittL Lebens-
weise zu überzeugen und, sollte er wahrnehmen, dafs sie in ungünstiffen oder gar
gefährlichen Verhältnissen leben, hiervon sogleich ihren nächsten Angehörigen,
sowie dem Dir. Kenntnis zu geben. 6. Die Verständigung mit den Eltern nnd
Angehörigen seiner Zöglinge wird überhaupt, soweit seine Zeit und die Umstände
es gestatten, zu den kräftigsten Mitteln gehören, wodurch der Ordinarius wohl-
thätig auf seine Schüler wirken kann. In Fällen, wo er sich von der Mit-
wirkung des Dir. einen noch grÖfseren Erfolg versprechen darf, wird er diesen
darum angehen.
7. Auf Fleifs und Ordnung in der Schule hat der Ordinarius bei seinen
Schülern auch dadurch zu wirken, dafs er sich die Arbeits-, Schreib- und Zeichen-
bücher derselben mindestens einmal in jedem Viertcljshr sämtlich vorlegen läfst,
und daraus didenigen Notizen entnimmt, die zur Charakteristik des Schülers dienen
und zu einer Zurechtweisung desselben oder Rücksprache mit den übrigen Lehrern
in der Conferenz Veranlassung geben. Letzteres wird besonders der Fall sein,
wenn er bemerken sollte, dafs die Schüler durch zu viele Aufgaben der verschiedenen
Lehrer überhaupt oder an gewissen Wochentagen überladen werden.
8. Ueber den Standpunkt der Kl. in wissenschafÜ. und sittl. Beziehung,
wie derselbe namentl. für die Versetzungen in Erwägung kommen mufs, halt der
Ordinarius in der Conferenz des LehrercoU. den Vortrag und bringt diejenigen
Punkte zur Sprache, über welche eine allgm. Entscheidung erforderlich ist. — Er
ist berechtigt, von den übrigen Lehrern zu erwarten, dafs sie ihm, der den Ein-
heitspunkt für seine Kl. bilden soll, alles mitteilen, was sie in derselben bemerkt
oder verfügt oder über dieselbe in Erfahrung gebracht haben.
10. Auch die Aufsicht über das Local und die Utensilien der Kl. und alles
übrige in derselben befindliche Eigentum der Anstalt hat vorzugsi^reise der Ordi-
narius zu führen. Beschädiffunffen, welche andere Lehrer bemerken, haben ihm
diese zur Veranlassung des Weiteren mitzuteilen.
11. Die Ordinarien haben auber den im Obigen genannten Verpflichtungen
auch noch diejenigen besonders zu erfüllen, welche der Dir. ihnen als Klassen-
vorstehem auflegen wird, z. B. bei Prüfungen neu aufzunehmender Schüler, Ab-
fassung des Abgangszeugnisses für solche, die aus dieser Kl. die Schule ver-
lassen n. s. w.; wie denn überhaupt bei jeder Schule, ihren besonderen Ver-
hältnissen gemäfs, der obigen Instruction noch besondere einzelne Bestimmungen
mit unserer Genehmigung zugesetzt werden können." Münster. K. Prov.-
Schulcollegium.
248
B. Lehren „L Allgemeine Stellung des Lehrers. 1. Jeder
Lehrer einer öffentl. höh. Unterrichtsanstalt ist Staatsheamter und hat als solcher
alle Hechte und Pfliclften eines Staatsbeamten überhaupt. 2. Er ist daher, wie
durch sein Gewissen, so auch durch das ausdrüokl. Gelöbnis seines Amts-
eides verbunden, Sr. JÜaj. dem Könige unterthanig, treu und gehorsam su sein
und alle ihm vermöge seines Amts obliegenden Pflichten nach seinem besten
Wissen und Gewissen genau zu erfüllen, auch die Verfassung gewissenhaft zu
beobachten.
3. Der Lehrer ist überall zugleich Jugenderzieher und nimmt hierdurch
auch an der Aufgabe der Kirche Teil. £s ist daher seine Pflicht, die Zwecke
des Staates und der Kirche durch sein gesamtes Verhalten, durch Lehre und
Leben, in seinem Kreise nach Kräften zu iördem. Er muTs sich überall, in und
aufser seinem Amt, der Achtung, des Ansehens und des Vertrauens, die sein
Beruf in staatlicher und kirchlicher Beziehung erfordert, würdig zeigen und durch
vdssenschaftL Streben, sittlichen Ernst, vaterländische Gesinnungstreue, in seinem
ganzen Denken und Sein als ein Vorbild und Muster wahrhafter Bildung sich
bewähren.
n. Verhältnis zu Vorgesetzten. 4. Jeder Lehrer hat die ihn
und sein Amt betreffenden Anordnungen und Verfügungen der vorgesetzten Be-
hörden sorgfaltig zu beobachten und den Mitgliedern und Gommissarien derselben
die schuldige Achtung und Folgsamkeit zu beweisen. 5. Den Dir. hat jeder
Lehrer als seinen nächsten Vorgesetzten zu betrachten, seinen amtl. Anordnungen
Folge zu leisten und die Erinnerungen und Weisungen, zu welchen derselbe im
Interesse der Schule sich veranlafst sieht, mit gebührender Ehrerbietung anzu-
nehmen und zu befolgen. Sollte ein Lehrer sich zum Widerspruch gegen eine
Anordnung des Dir. verpflichtet erachten, so hat er demselben die Gründe seines
Widerspruchs in angemessener Weise vorzutragen und eine Ausgleichung der
Ansichten zu erstreben. Wird eine solche nicht erreicht, so mufs der Anordnung
des Dir. vorläufig Folge geleistet werden; jedoch steht dem Lehrer der Weg der
Beschwerde an das unterzeichn. CoUegium oÖen.
6. Eingaben der Lehrer an die Aufsichtsbehörde, welche ihr Amt und
ihre Stellung betreffen, sind dem Dir. offen zu übergeben und durch den letzteren
an ihre Adresse zu befördern. Nur besondere Gründe können eine Abweichung
von dieser Vorschrift rechtfertigen. In gleicher Weise sind Gesuche um den
Heiratsconsens an das Präsidium des unterzeichneten CoUegiums zu richten und
dabei anzuzeigen, welche Pension der Lehrer für seine künftige Ehegattin bei der
K. AUgm. Wittwenverpflegungsanstalt zu versichern beabsichtigt.
ITT. Aeufsere Amtsverwaltung. 7. Jeder Lehrer ist verpflichtet:
a. die im Lectionsplan ihm übertragenen Lehrstunden unweigerlich und pünktlich
wahrzunehmen; b. nach den vorgeschriebenen Lehrbüchern zu unterrichten,
nicht aber eigene Hefte, Dictate oder fremde Lehrmittel dem Unterr. zu Ghrunde
zu legen; c. In Betreff der vorzutragenden Lehrabschnitte und der aufzu-
gebenden schriftl. Arbeiten die Bestimmungen des Lectionsplans und etwanige
Beschlüsse der Lehrerconferenz, welche Ordnung, Mafs und Methode der Arbeiten
näher feststellen, auszuführen; d. die ihm aufgetragenen Correcturen der
schriftl. Arbeiten gewissenhaft zu besorgen; e. an den Gesamt- und Fach-
conferenzen, den Prüfungen und allen Schulacten, wie auch an allen Acten aufser-
halb der Schule, bei welchem die letztere selbst oder das LehrercoU. als Körper-
schaft erscheint, auf Anzeige des Dir. teilzunehmen; f. die von der Lehrer-
conferenz ordnttngsm. und innerhalb ihrer Befugnisse gefafsten Beschlüsse für sich
als bindend zu betrachten und zu befolgen; g. die Verhandlungen und Be-
schlüsse der Lehrerconf., insofern sie nicht ausdi^ckl. zur Mitteilung an Andere
bestimmt sind, als Amtsgeheimnisse zu behandeln; h. zur Uebemahme von
Privatunterrichtsstunden und Aufnahme von Pensionären die Genehmigung des
Dir , zur Uebemahme eines Nebenamts oder Nebengeschäfts unsere Genehmigung
vorher einzuholen.
8. Der Lehrer hat amtl. Aufträge, welche der Dir. in angemessenem Wechsel
unter die Mitglieder des Coli, zu verteilen hat, unweigerlich zu vollziehen; als:
Halten von Beden bei Schulfeierlichkeiten, Einübung der Schüler zu Vorträgen,
Abfassung von Programmabhandlungen, Ausarbeitung von Gutachten über Gegen*
249
stände der Conferenzberathongen, Leitung von Schulandaohten, Aufsichtsfdhranff'
beim G-ottesdienst oder vor und zwischen den Lehrstunden, und andere. Im Fall
einer vermeintl. Ueberbürdung bleibt auch hier jedem Lehrer das Eecht, unsere
Entscheidung nachzusuchen.
9. Kein Lehrer hat ein Anrecht auf bestimmte Lectionen oder auf ein
bestimmtes Ordinariat. Bei Verteilung derselben kann nicht das Rangverhältnis
im GoUegium, sondern ledigi. das Interesse der Sache mafsgebend sein. 10. Die
Zahl der wöchentl. Unterrichtsstunden, welche zu übernehmen ein Lehrer ver-
pflichtet ist, wird in der Regel bei den Oberlehrern 20, bei den ordentl. Lehrern
und den wissenschaftl. Hülfslehrem 24, bei den techn. Lehrern 26 bis 28 nicht
überschreiten dürfen. In Berücksichtigung des Gegenstandes der Lectionen, der
damit verbundenen Vorbereitungen und Gorrecturen, der Klassenfrequenz, der
Ordinariatsgeschäfte und anderer Umstände wird die Zahl teils geringer, teils auch
noch gröfser sein können.^)
11. Kein Lehrer darf ohne vorherige Zustimmung des Dir. eine Lehrstunde
oder eine andere ihm übertragene Arbeit ausfallen lassen. Im Fall einer unab-
wendbaren Verhinderung hat er dem Dir. rechtzeitig Anzeige zu machen, damit
dieser erforderlichen Falls eine Stellvertretung .anordnen kann. 12. Aufserhalb
der gesetzl. Ferienzeit darf kein Lehrer ohne Urlaub verreisen. Für einen Urlaub
bis zur Dauer einer Woche ist die Genehmigung des Dir., für einen längeren
Urlaub durch den Dir. die Genehmigung des unterzeichn. Collegiums nachzusuchen.
Der Dir. kann die Erteilung des Urlaubs an die Bedingung knüpfen, dafs der betr.
Lehrer selbst für eine angemessene Vertretung sorge, welche alsdann der Zu-
stimmung des Dir. bedarf. Die Uebernahme dieser Vertretung seitens der Amts-
genossen ist als eine Gefälligkeit derselben zu betrachten. Dagegen ist jeder
Lehrer vorübergehend zur Uebernahme der von dem Dir. anzuordnenden Ver-
tretung eines Amtsgenossen verpflichtet, wenn der letztere durch Krankheit oder
andere "resetzlich gerechtfertigte Gründe an der Wahrnehmung seines Amts
gehindert ist, oder wenn eine erledigte Stelle nicht sogleich wieder besetzt
werden kann.
IV. Erziehung und Unterricht. 13. Alle Erziehung, die Erfolg
haben soll, mufs der Erziehende zunächst an sich selbst üben; alle Bildung, die
der Lehrer in seinen Schülern erwecken will, mufs er zunächst selbst besitzen
und in seinem ganzen Wesen bewähren. 14. Der einheitliche Zweck der
Schule macht dem LehrercoU. Einmüthigkeit in Erstrebung desselben zur Pflicht.
Wenn der einzelne Lehrer von liebevoller Hingabe für seinen Beruf durchdrungen
ist, seine Stellung zum Ganzen richtig erkennt und sich demselben willig einordnet,
mit seinen Amtsgenossen stets in freundlichem Einvernehmen lebt: nur dann läfst
sich ein gedeihl. Wirken des Collegiums als Gesamtheit hoflen.
15. Jeder Lehrer ist verpflichtet, die sittl. und wissenschaftl. Entwickelung
seiner Schüler möglichst genau zu beobachten und die Ergebnisse dieser Beob-
achtung geeigneten Falls sogleich, sonst aber auf Ersuchen dem Klassenordinarius
mitzuteilen.
j 6. Jeder Lehrer hat sich über die wissenschaftl. und method. Fortschritte
des Unterrichts- und Erziehungswesens sowohl im AUgm., als auch in Rücksicht
auf seinen besonderen Beruf, nach Möglichkeit in Kenntnis zu erhalten. Be-
deutende Erscheinungen auf diesen Gebieten sind zur Besprechung an die Lehrer-
conf. zu bringen. i
M O.Verf. des K. Sch.C. zu Münster v. 31. Mai 1879. „Durch einen
Specialiall veranlafst, declariren wir den $ 10 der instr. f. d. Lehrer d. höh.
Lehranstalten v. 15. Jan. 1868 dahin, dafs jeder Lehrer ohne Anspruch auf eine
blondere Remuneration verpflichtet ist, erforderlichen Falles auch mehr als die
dort für „in der Regel*' geltende Maximalzahl wöchentlicher Unlerrichtsstunden
zu übernehmen. Es ergiebt sich die Richtigkeit dieser Auffassung aus dem
Wortlaut des betr. Paragraphen der Instr. von selbst, kann aber zudem auch
rücksichtlich der Oberlehrer gar nicht mehr in Zweifel gezogen werden, seit durch
Min.-Rescript v. 8. Juli pr. (s. Abt. I S. 34) ausdrücklich festgesetzt worden ist,
dafs die Oberlehrer bis zu 22 wöchentlichen Lehrstunden herangezogen werden
können.*'
350
17. Alle Lehrstanden^ ganz abgesehen von ihrem besonderen Q-egenstande,
haben den gemeinsamen Zweck, durch den Unterricht eu erziehen nnd zu bilden.
Jeder Unterr. mufs demgemäfs in einer anschaulichen, dem Standpunkt der Schiller
angemessenen« Aufmerksamkeit und Fleifs derselben anregenden Weise erteilt
werden. Wie der Ldbrer selbst in Wort und Haltung sich als ein liusier echter
Bildung bewähren soll, so hat er auch in allen Lehrstunden darüber zu wachen,
dafs seine Schüler eine wohlanständige, auch die Gesundheit, namentlich Augen
und Brust schonende Haltung des Körpers einnehmen; dafs sie auf seine Fragen
in vollständigen Sätzen, nicht in abgerissenen Wörtern antworten; dafs sie sidi
überall eines richtigen, reinen und gebildeten Ausdrucks ihrer Muttersprache be-
fleifsigen, und zwar sowohl mündl. als schriftlich.
18. Alle scbriftl. Arbeiten der Schüler müssen von dem Lehrer mit einer
Bevisionsbemerkung versehen werden, und zwar nicht durch Ziffern oder Buch-
staben, sondern allemal wenigstens durch ein anerkennendes oder tadelndes Wort,
am besten (namentl. in den oberen El. und bei freien Arbeiten) durch ein voll-
ständiges, die Beschaffenheit der Arbeit nach Inhalt und Form genau, aber wohl-
wollend kennzeichnendes Urteil.
19. Die verständige und sichere Handhabung der Disciplin ist eine weseuÜ.
Bedingung sowohl für das Gedeihen des Unterrichts als der Erziehung. Hier ist
es die erste Pflicht des Lehrers durch Wachsamkeit über seine Schüler jede Ver-
kehrtheit möglichst zu verhüten; die nächste, sie in der rechten Weise für die
Zukunft unmöglich zu machen. 20. Der Lehrer hat darüber zu wachen, dafs
seine Schüler nicht blofs in der Schule, sondern auch aufserhalb derselben den
Vorschriften der Schule pünktlich nachkommen ; dafs sie ihre häusl. Vorbereitungen
rechtzeitig vollenden und die schriftl, Arbeiten ordnungsmäfsi^ in sauberer und
reiner Handschrift abliefern; wie er auch seinerseits sie in gleicher Weise revidirt
zurückgeben wird.
21. Wo es für die richtige Behan dlung eines Schülers förderlich erscheint,
wird jeder Lehrer, nicht blofs der Ordinarius, mit den Eltern desselben in Ver-
bindung treten und einen einheitlichen Einflufs des Hauses und der Schule auf
die Leitung des gemeinsamen Zöglings vermitteln helfen. Im Fall eines Gegen-
satzes zwischen beiden Erziehungsfactoren mufs es bei der Vielgestaltigkeit des
Familienlebens vorzugsweise Aufgabe der Schule und der Lehrer bleiben, durch
richtigen Tact eine Ausgleichung herbeizuführen, namentlich aber jede Verletzung
des Familienansehens in den Augen der Schüler sorgfältig zu vermeiden.
22. Der Lehrer hat überall, namentl. in der Schule, auf ein bescheidenes
und wohlanständiges Betragen seiner Schüler zu halten. Er hat die Disciplin
vorzugsweise durch stele Aufmerksamkeit auf seine Schüler, durch Ernst und
Würde seiner persönl. Haltung, durch die bildende und anregende Kraft seines
Unterrichts, durch gleiches Wohlwollen und gleiche Gerechtigkeit gegen alle zu
sichern. Die Schüler müssen es durchfühlen, dafs er sie alle mit warmer Liebe
umfafst, gern in ihrer Mitte weilt und unablässig und wirksam bemüht ist, sie in
Wissenschaft und Tugend zu fördern.
23. Wenn trotz aller Sorgfalt des Lehrers Nachlässigkeiten und Vergeben
der Schüler vorkommen, so mufs Tadel und Strafe eintreten. Richtig tadeln und
strafen ist eine Kunst. Diese Kunst versteht derjenige nicht, der durch rauhen
und barschen Ton in Schrecken setzt, durch kaltes und herrisches Wesen ent-
fr^det, durch Spott und Hohn kränkt, durch Schimpfwörter und Schimpfreden
sicn sellist vor seinen Schülern erniedrigt. Der beste Pädagog ist derjenige, der
durch die gelindesten Strafmittel, durch einen Blick, einen Wink, ein Wort, eine
kurze Erinnerung zur Beue und Besserung zurückzuführen versteht. Sind eigent-
liche Strafen erforderlich, so hat der Lehrer nach den Bestimmungen der Dis-
oiplinarordnung, resp. der Lehrerconferenz und des Dir. zu verfahren. Wer die
häufigsten und strengsten Strafen verhängt, wird selten als ein guter Lehrer
gelten können.
24. Ein wesentl. Teil des Wohls oder Wehes der Zukunft liegt in der Hand
des Lehrers. Darum hat der Lehrer vielleicht mehr als ii^end ein anderer Be-
amter alle Kraft seines Geistes und Herzens aufzubieten, damit er sein Amt in der
Weise verwalte, wie er es hier auf Erden vor seinen Mitbürgern, seinen Vorge-
setzten und seinem Gewissen, dermaleinst aber vor dem göttlichen Bichterstnbl
verantworten zu können hoffen darf." Münster. K. Prov.SchulcoUegium.
261
Rheinproviius.
Instr. V. 15. Juli 1867.
A. Ordinarien« „Dem mit dem Ordinariat einer Klasse oder eines
Klassencötus durch den Dir. beauftragten Lehrer wird damit die specielle Sorge
für den Fleifs, die Sitte and die Ordnung der Kl. anvertraut.
1. Er wacht über die Ordnung und Sauberkeit des Klassenzimmers, worin
er sich durch Ordner, die er aus der Mitte der Schüler wählt, unterstützen lassen
Icann, und sorgt dafür, dafs die erforderl. Utensilien, Lehr- und Anschauungsmittel
und das Klassenbuch vorhanden sind und in guter Ordnung erhalten werden. Die
auTser ihm in der Kl. unterrichtenden Lehrer haben ihre Wünsche in dieser
Beziehung zunächst ihm mitzuteilen. Findet er neue Anschaffungen oder Her-
stellungen nothwendig, so hat er dies dem Dir. anzuzeigen.
2. Die Aufnahme von Schülern in die Kl. seines Ordinariats und die Ver-
setzung aus derselben in eine höhere Kl., sowie die Klassenprüfungen und
, Revisionen seiner Klasse bedürfen seiner Mitwirkung. 3. Er macht die neu
in die Kl. eintretenden Schüler mit der Ordnung der Schule und Kl. bekannt und
hält dieselbe den Schülern seiner Kl. gegenwärtig. In allen Fällen, wo dieselben
des Raths und der Weisung für ihr Schulleben bedürfen, haben sie sich zunächst
an ihn zu wenden. Er wacht in jeder )<eeigneten Weise über ihre Sitten und
ihren Fleifs ; die Ordnung und Sauberkeit ihres Aeulsern, sowie ihrer sämtl. Schul-
bücher und Schulhefte, unterliegen zunächst seiner Aufsicht. Er ist berechtigt
ihre sämtl. Hefte einzusehen. Die übrigen Lehrer der Kl. haben ihm wesentliche
Wahrnehmungen über das Verhalten der Schüler mitzuteilen und, wenn sie zu
erheblicheren Strafen sich genöthigt gefunden haben, ihm davon Kenntnis zu geben.
Strafen, welche in der Lehrerconf. berathen sind, werden, wenn der Dir. sie nicht
selbst vollzieht, durch ihn bei den Schülern seiner Kl. zur Ausführung gebracht.
Er kann Schülern seiner Kl. bis zu einem eanzen Schulta^^ Urlaub geben, hat
dies aber im Klassenbuch zu vermerken und dem Dir. anzuzeigen. Bei Erwirkung
von Beneficien für Schüler seiner KL hat der Dir. zuvörderst ihn zu hören.
4. Er sorgt durch Rücksprache mit den übrigen Lehrern der Kl. und dem
Dir. für angemessene Verteilung der häusl. schrifÜ. Arbeiten, Repetitionen und
Memorirnbungen auf die verschiedenen Schultage. Findet er das richtige Mafs
im Aufgeben solcher Arbeiten für die ganze Kl. oder einzelne Schüler nach den
darüber in das Klassenbuch niederzulegenden Vermerken verletzt, so hat er sich
darüber gegen den betr. Lehrer auszusprechen und nöthigen Falls dem Dir. davon
Anzeige zu machen.
5. Er hat die Schüler seiner Kl., besonders die auswärtigen, in ihren
Wohnungen von Zeit zu Zeit in einer Weise zu besuchen, dafs die Schüler und
ihre Angehörigen darin einen Erweis wohlwollender Fürsorge erkennen können.
6. Mit den Eltern und Pflegern der Schüler hat er sich in allen ^eeicrneten
Fällen in freundlicher Weise und gebührender Rücksicht auf die elterliche Gewalt
und Autorität in Benehmen zu setzen, auch den auswärtigen unter denselben auf
ihren Wunsch schriftL Auskunft über das Verhalten ihrer Angehörigen zu geben.
7. Die Censuren und Abgangszeugnisse für seine Kl. hat er auf Ghrund des
Klassenbuchs und der Mitteilungen der anderen Lehrer der Kl. zu entwerfen, dem
Dir. zur Revision und Vollziehung vorzulegen und mit demselben in Goncept und
Reinschrift zu unterschreiben.** Goblenz. K. Prov.Schulcollegium.
B. Lehrer. „1. Den Dir. der Anstalt hat der Lehrer in allen sein
Lehramt angehenden Verhältnissen als .seinen nächsten Vorgesetzten zu betrachten,
sich an denselben in allen sein Amt betreffenden Angelegenheiten zunächst zu
wenden, demselben zu jeder Zeit die gebührende Achtung zu erweisen und dessen
Erinnerungen, Anordnungen und Anweisungen in jeder amtl. Beziehung Folge zu
leisten, etwanige Gegenvorstellungen aber mit bescheidener Achtung seiner Stellung
zu demselben vorzutragen und auch, wenn er gegen eine Anordnung des Dir. bei
dem K. Prov.Sch.G. einkommen zu müssen glaubt, der Anordnung Folge zu leisten,
bis die höhere Entscheidung erfolgt ist Eingaben an die Staats- und Local-
behörden, zu denen er in seinen amtl. Verhältnissen Anlafs findet, hat er dem
Dir. zur Beförderung zu übergeben.
I
362
2. Er hat die ihm nach seiner Vocation wöchentl. obliegenden ünterrichta-
stunden nach der vom Dir. beim Anfange eines jeden Cursus zu gebenden Be-
stimmung, in den ihm zugewiesenen Klassen und Fächern zu erteilen und, wenn
er seine Stunden zu halten verhindert ist, den Dir. zeitig davon zu benachriohti|^D,
auch falls einer der übrigen Lehrer erkrankt oder anderweitig verhindert ist, nach
Anordnung des Dir. über seine vocationsmäfsige Stundenzahl hinaus Aushälfe
zu leisten.
An den Schulandachten und Gottesdiensten seiner Gonfession, welche for
die Anstalt in Uebung sind, und an der Aufsicht über die Schüler bei denselben,
wie auch an der Beaufsichtigung der Turn- und Schwimmübungen und an der
Schulaufsicht vor dem Unten*, und während der Pausen, hat er nach Anweisung
des Dir. teilzunehmen. Lj eberträgt ihm der Dir. die Aufsicht über die Bibliothek
oder eine Sammlung der Anstalt, so hat er dieselben nach Anweisung und unter
Oberaufsicht des Dir. zu verwalten, auch den Katalog oder das Inventar weiter-
zuführen. Den Conferenzen, zu denen ihn der Dir. einladet, hat er pünktlich
beizuwohnen, auch in denselben auf Aufforderung des Dir. ein Referat für dieselben
zu übernehmen oder das Protokoll zu fuhren. Wenn nach dem festgesetzten
Wechsel zwischen den wissensohaftl. Lehrern der Anstalt ihn die B.eihe trifft, die
dem Programm beizugebende Abhandlung zu liefern, so hat er dieselbe rechtzeitig
dem Dir. druckfertig zu übergeben. In Abwechslung mit den übrigen wissenschaftl.
Lehrern hat er nach Bestimmung des Dir. die Festrede bei Schulfeierlichkeiten
zu halten. Wenn ihm der Dir. das Ordinariat einer Klasse anvertraut, so hat er
dasselbe nach den dafür bestehenden Vorschriften zu führen.
3. Das Wohl und den Ruf der Anstalt hat er in jeder Beziehung nach
Kräften zu fördern, sich eines achtungsvollen, einträchtigen und freundschanlichen
Verhaltens gegen alle seine Mitarbeiter zu befleifsigen, die individuellen Verhältnisse
der Anstalt gebührend zu berücksichtigen und jedes eigenmächtige Eingreifen in
dieselben zu meiden.
4. Was die Methode und Ziele des IJnterr. und die Lehrmittel anbetrifft,
so hat er die von dem Dir. ihm hierüber zu erteilenden Weisungen genau zu
befolgen und allen Fieifs anzuwenden, dafs das ihm für die einzelnen Unterrichts-
fächer in jedem Schuljahr gesetzte Ziel auf dem bezeichneten Wege wirklich
erreicht werde. 5. Auf die regelm. und pünktl. Anfertigung der häusL
schriftlichen Arbeiten der Schüler, soviel deren bei jedem einzelnen ihm über-
tragenen Unterrichtszweige für nöthig erachtet werden, hat er mit Strenge zu
halten, diese Arbeiten sämtlich sorgfältig durchzusehen und zu verbessern und
sein hauptsächl. Augenmerk darauf zu richten, dafs die Schüler durch dieselben
zum Machdenken, zum Fieifs, zur Ordnung und zur Reinlichkeit gewöhnt werden.
Die voQ ihm allen oder einzelnen Schülern seiner Kl. aufgegebenen schriftl.
Arbeiten, Memorirübungen und Repetitionen vermerkt er in dem Klassenbuch mit
Angabe des Termins der Arbeit.
6. Li seinen Lehrstunden hat er besonders auf die Erhaltung einer guten
Zucht und Ordnung zu sehen, dabei mit Ernst und Milde zu verfahren, nötmgen-
lalls die ihm gesetzmäfsig zu Gebote stehenden Strafmittel mit pädagog. Umsicht
anzuwenden und alle wichtigeren Disciplinarfälle , sowie alles, was fortgesetzte
erziehende Einwirkung erforderlich macht, sogleich dem Dir. und dem Ordinarius
der Kl. anzuzeigen. 7. Auch aufser den Lehrstunden hat er auf das Betragen
und den Fieifs der Schüler sein Augenmerk zu richten und ihnen bei ihrer Aus-
bildunpf mit Rath und That an die Hand zu gehen. Privatunterr. darf er Schülern
nur mit Erlaubnis des Dir. erteilen.
5. Sowie es sich von selbst versteht, dafs er Religion, gute Sitte, Gesetz
und Ordnung im Staate heilig hält, so ist es auch seine besondere Pflicht, diese
Gesinnungen in der ihm anvertrauten Jugend zu nähren und denselben in der
Ehrfurcht gegen die Kirche, der er angehört, sowie in Friedfertigkeit gegen die
Genossen einer anderen Gonfession, in der Liebe zum Vaterlande und in der
Treue und Ergebenheit für Se. Maj. den König ein Beispiel zu geben. 9. Sein
Betragen aufser der Schule mufs deijenigen Würde und strengen Sittlichkeit,
welche nicht nur der Staat, sondern auch die Eltern der der Anstalt anvertrauten
Jugend von einem öffentl. Lehrer mit Recht verlangen, durchaus angemessen sein.
Von leidenschaftl. Parteibestrebungen hat er sich fem zu halten. Zur Ueber-
nahme irgend eines Nebenamts bedarf er der Genehmigung des K. Prov,Sch.C
J
253
10. Wenn er in Zukunft willens sein sollte, seine gegenwärtige Stellung zu
verändern oder aufzugeben, so wird ihm hierdurch ausdrückl. zur Pflicht gemacht,
dieses ein halbes Jahr vorher, und zwar entweder zu Michaelis oder zu Ostern,
keineswegs aber in der Mitte eines Schulsemesters, bei dem E.. Proy.Sch.C. an-
zuzeigen und seine Entlassung nachzusuchen.
11. AuCserdem wird er zu allen Obliegenheiten, welche für die übrigen E.
Staatsdiener als solche gesetzlich bestehen, ausdrückl. verpflichtet und zugleich
angewiesen, sich mit denselben genau bekannt zu machen und sich deren gewissen-
hafte Erfüllung angelegen sein zu lassen.'' Coblenz. E. Frov.SchulcoUegium.
Provinz Sohleswig-Holstein.
Instr. V. 19. August 1885.
A. Ordinarien. „i. Der Ordinarius hat die Schüler der vom Director
(Rector) unter Zustimmung des E. Frov.Sch.G. seiner Leitung anvertrauten Elasse
behufs Förderung einer einheitlichen Ausbildung und Erziehung in seine besondere
Obhut zu nehmen. 2. Demnach ist er nicht nur dafür verantwortlich, dafs in
seiner El. in allen Beziehungen nach den für die gesamte Anstalt geltenden Be-
stimmungen und Anordnungen verfahren wird, auch die für die Schüler bestimmten
Mitteilungen des Dir. in derselben rechtzeitig bekannt gemacht werden, sondern
er hat auch die Fflicht, für die gedeihliche Entwicklung seiner Zöglinge in
wissenschaftlicher wie ganz besonders in sittlicher Beziehung in selbständiger Für-
sorge zu wirken und darauf zu achten, dafs behufs einer möglichst allseitig rich-
tigen Beurteilung und gleichartigen Behandlung derselben seitens der zu ihrem
Unterricht und mrer Erziehung neben einander Berufenen die erforderliche Ein-
heitlichkeit hergestellt bezw. gewahrt werde. 3. Zu dem Zwecke wird der
Ordinarius zunächst sich angelegen sein lassen, einen jeden seiner Zöglinge, deren
volles Vertrauen er besitzen soll, rücksichtlich seiner durch Anlagen und häusliche
Verhältnisse bedingten Eigenart durch Beobachtung auch auCserhalb der Lehr-
stunden, z. B. in den Fausen, bei den Tumspielen und auf gemeinschaftlichen
Spaziergängen, genau kennen zu lernen und sich stets in voller Eenntnis von dem
G^samtzustande seiner El. zu erhalten. lieber die Fersonalien der einzelnen
Schüler hat er eine genaue Ordinariatsliste zu führen und mufs über dieselben
Auskunft zu erteilen jederzeit im stände sein. Bei der Uebermittelung von Ge-
suchen der Schüler an den Dir., z. B. um Urlaub oder um die Erlaubnis, Frivat-
unterricht oder sogenannte Arbeitsstunden geben zu dürfen, hat er sich in jedem
einzelnen Falle auf Grund seiner genauen Eenntnis aller Verhältnisse über die
Zulässigkeit der Gewährung gutachtlich zu äufsem. 4. Die für eine erfolg-
reiche Einwirkung auf die Zöglinge von Seiten der Schule selbst zu gewährende
Unterstützung wird der Ordinarius durch collegialische Rücksprache mit den
übrigen Lehrern seiner EL, durch Mitteilung seiner Beobachtungen an den Dir.,
bezw. durch Vortrag in der Gonferenz zu gewinnen suchen. Dabei ist er ver-
pflichtet und berechtigt, von den Gollegen Auskunft einzuholen über alles, was
rücksichtlich der Schüler seiner El. von ihnen in Erfahrung gebracht und ange-
ordnet worden ist. Er hat die Fflicht, die Lehrstunden der ip ihr unterrichtenden
Candidaten zu besuchen und die letzteren in Handhabung der Schulzuoht wie der
Lehrmethode mit seiner Erfahrung und Autorität zu unterstützen. Mit besonderer
Aufmerksamkeit soll er auf die Anwendung der Zuchtmittel innerhalb seiner El.
und auf genaue Befolgung der in dieser Beziehung bestehenden Vorschriften (vergl.
B. S 5 a) achten. Bei allen seinen Mafsnahmen aber wird der Ordinarius sich
alles dessen zu enthalten haben, wodurch er den Befugnissen des Dir. zur Ober-
aufsicht und -leitung oder dem Ansehen und der Strafgewalt seiner Gollegen zu
nahe treten könnte; insbesondere hat er etwaige Elagen oder Beschwerden über
diese an den Dir. zu verweisen, dem allein das Kecht zusteht, seitens eines Lehrers
getroffene Anordnungen abzuändern.
5. Dem Ordinarius hauptsächlich liegt es femer ob, die nothwendige Be-
ziehung und Uebereinstimmung der häuslichen und der Sohulerziehung zu ver-
mitteln bezw. über die beiderseitig zu stellenden Forderungen und gegenseitig zu
nehmenden Rücksichten, soweit es die Umstände gestatten, zwischen Schule und
Haus eine Verständigung in freundlicher Weise herbeizuführen. Zu dem Zwecke
hat sich der Ordinarius in geeigneten Fällen mit den Eltern bezw. Fflegem der
254
ffemeinsamen Zöglinge in Einvemebinen zu setzen, auch den aoBwärtigen auf
ihren Wunsch schriftliche Auskunft zu erteilen; insbesondere aber hat er sie in
Bezug auf Frivatunterr. oder Beaufsichtigung der Pflegebefohlenen bei den häus-
lichen Arbeiten zu berathen. Diejenigen Schüler, welche nicht im Eltemhause
oder in solchen Familien wohnen, welche geeignet scheinen, das Elternhaus in der
Erziehung zu vertreten, hat er von Zeit zu Zeit in ihren Wohnungen zu besuchen
und in wohlwollender Fürsorge von ihrer Frivatbeschäftigung, ihrem häuslichen
Leben und der Beschaffenheit der Fensionen Kenntnis zu nehmen. Er ist be-
rechtigt, im Einverständnis mit dem Dir. nöthigenfalls die Arbeitszeit solcher
Schüler zu regeln sowie auch ihre Teilnahme an irgend welchen Vergnügungen und
ihre E.eisen aufserhalb der Ferienzeit von seiner Genehmigung abhängig zu machen.
Wo er wahrnehmen sollte, dafs Wohnung, Umgang oder sonstige häusliche Ver-
hältnisse für das Wohl eines auswärtigen Schülers Gefahren mit sich bringen,
welche er aus eigener Befugnis nicht zu beseitigen vermag, hat er dem Dir. davon
sofort Mitteilung zn machen.
6. Hinsichtlich der äufseren Verwaltung der K\, gehört zu den besonderen
Dienstobliegenheiten des Ordinarius, dafs er a. auf einen ordnungsmäTsigen
Zustand des Klassenzimmers sowie auf Instandhaltung der Utensilien und des in
ihm befindlichen Eigentums der Anstalt sorgsam achtet bezw. die Abstellung von
Uebelständen, sobald dabei nicht blofs die Schüler seiner Kl. in Betracht kommen,
bei dem Dir. beantragt; b. die Schüler seiner Kl., besonders die neu einge-
tretenen, mit den für dieselbe bestehenden Anordnungen bekannt macht, ihnen
hinsichtlich der Anschaffung der erforderlichen Lehrmittel, der Einrichtung der
Hefte und sonstiger Formalien die nöthige Anweisung giebt, auch im Einverständnis
mit den übrigen Lehrern diejenigen Schüler auswählt, welche mit besonderem
Dienste für die Kl. betraut werden sollen; c. zu Anfang eines jeden Semesters
nach Kücksprache mit den übrigen Lehrern den Arbeitsplan für seine Kl. entwirft,
in welchem das Mafa der für jeden Lehrgegenstand zu erfordernden häusl. Be-
schäftigung und die Verteilung der regelm. Arbeiten festzusetzen ist, über den-
selben in der ersten Conferenz berichtet und auf seine genaue Durchführung
achtet, indem er sich in steter Kenntnis der auf die Anfertigung der Schularbeiten
verwendeten Zeit hält und etwaigen Ueberschreitungen der normalen Grenze durch
Verständigung mit den Collegen bezw. durch Mitteilung an den Dir. oder durch
Vortrag in der nächsten Conferenz entgegenarbeitet; d. auf ein schickliches
Betragen der Schüler seiner Kl. vor Beginn der Lehrstunden und in den Pausen
wie auf dem Schulwege achtet, auch sich von ihrer Teilnahme an dem facultetiven
Unterr. und ihrem Verhalten bei demselben Kenntnis verschafft: e. die Ein-
tragungen in den Klassenbüchern, für deren ordnungsmäfsige Führung er ver-
antwortlich ist, täglich durchsieht, sowie die schriftlichen Entschuldigungen der
Versäumnisse sich vorlegen läfst und prüft; f. auf Ordnung und Beinlichkeit
in den Büchern und Heften sowie in dem Aeufsem der Schüler hält, insbesondere
aber in den unteren und mittleren Kl. sämtliche Hefte derselben, vorzugsweise
diejenigen, welche in der Begel nicht zur Gorrectur eingeliefert werden, mindestens
vor jeder Censur rücksichtlich ihres äufseren Zustandes einer Durchsicht unter-
zieht; g. bei den Gensuren bezw. Abgangszeugnissen für die Beobachtung des
(durch die Verfügung vom 13. Februar 1881, s. Abt. I S. 354 fg.) angeordneten
Verfahrens, insbesondere auch für ihre Vollständigkeit und rechtzeitige Fertig-
stellung Sorge trägt; und endlich h. bei allen Schulfeierlichkeiten und -festen
die Leitung und Beaufsichtigung seiner Kl. sich angelegen sein läfst.*'
B. Lehrer. „1. Jeder Lehrer einer höh. Schule ist gehalten, für die
Erreichung des Zweckes derselben — wissenschaftlicher Bildung und Erziehung
der Jugend zu aufrichtiger Gottesfurcht, edler Sitte, pflichttreuer Arbeit und
thatkräftiger Vaterlandsliebe — an seinem Teile nach bestem Wissen und mit
allen seinen Kräften zu wirken. 2. Alle Lehrer, sowohl die festengestellten
als auch die Hülfslehrer und Frobanden, haben in dem Directer (^Becter) der betr.
Anstelt ihren nächsten Vorgesetzten zu erkennen und dessen amtl. Weisungen
und Anordnungen in Gemäfsheit der all^. Vorschriften zu befolgen. Glaubt ein
Lehrer, gegen die Bestimmung seines Dir. Einspruch erheben zu sollen, so hat er
das Recht, die Entecheidung der vorgeordneten Aufsichtsbehörde, des unter-
zeichneten K. Frov.Sch.G., nachzusuchen, ist aber verpflichtet, bis zum Eintreffen
256
dieser Entscheidung^ den Anordnonffen des Dir. unbedingt Folge zu leisten. Ein-
gaben an die Behörden beew. das ratronat, zu denen ein Lehrer in seinen amtl.
Verhältnissen Anlafs findet, hat derselbe seinem Dir. zur Uebermittelung einzu-
händigen« 3. Falls die Berufungsurkunde des einzelnen nicht andere Bestim-
mungen enthält, sind die etatsmäfsigen Oberlehrer bis 22, die ordentlichen Lehrer
und wissenschaftl. Bülfslehrer bis 24, die Elementar- und technischen Lehrer bis
28 wöchentliche Lehrstunden zu übernehmen verpflichtet. Jedoch können
die Lehrer, wenn es das Bedürfnis der Schule erfordert, insbesondere zur Ver-
tretung ihrer durch Erkrankung, Einberufung u. s. w. verhinderten Gollegen,
vorübergdiend auch zu mehr Stunden herangezogen werden. Kein Lehrer hat
ein Anrecht auf bestimmte Unterrichtsstunden, falls er nicht für dieselben aus-
drücklich angestellt ist, oder auf das Ordinariat einer Klasse.
4. Zu den Dienstpflichten, welche den Lehrern vermöge ihres Amtes
obliegen, gehört insbesondere, dafs ein jeder an seiner Stelle a. nicht bloCs
die ihm übertragenen Lehrstunden nach Mafsgabe des Stundenplanes mit Pünkt-
lichkeit und gewissenhafter Benutzung der Zeit erteilt, den festgestellten Lehrplan
hinsichtlich des Lehrstoffs, der Lehraiittel und der von den Schülern zu verlangen-
den häusl. Arbeiten genau durchführt, dabei auch unter steter Rücksichtnahme
auf den allgm. Bildungszweck der Schule und die übrigen Lehrfächer jede Ueber-
lastung der Schüler umsichtig meidet, sondern auch durch sorgfältige Vorbereitung
hinsichtlich des Lehrstoffs und der Lehrmethode den Unterricht immer zweck-
mäfsiger zu gestalten sich angelegen sein läfst, sowie durch eigene Weiterbildung
seine wissenschaftliche Tüchtigkeit und pädagogische Geschicklichkeit bewahrt und
erweitert; b. bei den Schülern auf Ordnung und Sauberkeit, gutes Sprechen
und deutliche Schrift, sowie auf eine den Forderungen der Gesundheitspflege ent-
sprechende, anständige Haltung unablässig achtet; c. die ihm zufallenden
Gorrecturen, die Eintragungen in die Klassenbücher, die Ausfertigung der Censuren
und Zeugnisse und, was inm sonst nach der Ordnung des Schullebens obliegt,
rechtzeitig und in vorgeschriebener Weise besorgt; d. jede ihm übertragene
Beaufsichtigung von Schülern, insbesondere die Inspectionen vor Beginn des Unterr.
und während der Pausen, rechtzeitig übernimmt und wirksam führt, auch wenigstens
in den unteren und mittleren Kl. beim Schlufs derjenigen Lehrstunden, nach
welchen die Schüler das Klassenzimmer verlassen, bis dies geschehen ist, in dem-
selben verweilt, überhaupt auf die Durchführung der Schulordnung, auch hinsichtl.
des Betragens der Schüler auCserhalb der Schule, mit Entschiedenheit hält;
e. von allen wichtigeren Vorkommnissen des Schullebens, insbesondere von der
irgendwie nothwendig gewordenen Entlassung eines Schülers aus dem Unterrichte,
von Disciplinarfällen und anstöfsigem oder Bedenken erregendem Verhalten der
Schüler in und aufserhalb der Schule den betr. Klassenordinarien und geeigneten
Falles dem Dir. auch unaufgefordert baldigst Mitteilung macht; auch, falls ihm
etwa bekannt wird, dafs in der Familie oder Pension eines Schülers eine ansteckende
Krankheit ausgebrochen ist, dem Dir. den Fall sofort anzeigt; f. an den ver-
schiedenen Prüfungen ordnungsmäCsig teilnimmt, auch den Schulfesten und -feier-
lichkeiten, insbesondere den Schulandachten, welche unmittelbar vor oder nach
seinen Lehrstunden stattfinden, regelmäCsig beiwohnt, bezw. bei denselben nach
Mafsgabe der festgestellten Ordnung mitwirkt; g. die seiner Obhut anvertrauten
Bibliotheken und Sammlungen der Anstalt, vorschriftsmäfsig und sorgsam verwaltet ;
h. wenn er damit beauftragt wird, das Conferenzprotokoll ordnungsmäfsig führt,
die von ihm übernommene wissenschaftliche Arbeit für das Programm rechtzeitig
liefert, auch erforderlichen Falles die Ausarbeitung von Gutachten und Referaten
sowie von Fachlehrplänen übernimmt bezw. an derselben sich beteiligt; endlich
i. überall collegialische Gesinnung bewährt und in wie aufser dem Amt in Wort
und Haltung das Ansehen des GoTlegiums und die Würde des Lehrstandes wahrt.
5. Hinsichtlich der Handhabung der Disciplin ist es die erste Pflicht des
Lehrers, bei den Schülern dahin zu wirken, dafs jeder Verkehrtheit oder Aus-
schreitung vorgebeugt werde bezw. das ermahnende Wort genüge, die irrenden
auf den rechten Weg zu führen. Das Hauptmittel zur Erweckung eines guten
Sinnes und zur Aufrechthaltung der Zucht und Ordnung bei den Schülern ist
ein straffer, die Aufmerksamkeit derselben fesselnder, die Geister beschäftigender
Unterricht und die vorbildliche Haltung des Lehrers. a. Werden Strafen
nothwendig, so sind dieselben unter genauer Befolgung der betr. Vorschriften
266
(Verfügungen vom 3. Mai 1872 und vom 12. Januar 1875, 8. Abt. T S. 363 fg.
u. 365), welche jedem Lehrer vor Antritt seines Amtes von dem Dir. mitgeteilt
werden und die er zum Zeichen der Kenntnisnahme zu unterschreiben hat, mit
Ernst und Festigkeit unter Meidung aller unziemlichen Scheltworte oder erbitternder
Bemerkunßfen zu verhängen. b. Wo es für die richtige Behandlung eines
Schülers förderlich erscheint, hat jeder Lehrer das Recht, mit dessen AnsrebÖngen
in Verbindung zu treten, um nöthi<renfalls diesen gegenüber seine pflichtmätsig'e
Bereitwilligkeit za gemeinsamen Mafsnahmen zu constatiren. Im Ealle eines
Gegensatzes zwischen Sc^iule und Haus hat er es als seine Aufgabe anzusehen,
selbst oder durch Vermittelung des Klassenordinarius bezw. des Dir. eine Aus-
§leichun^ herbeizuführen, namentlich aber die elterliche Autorität in den Augen
er Schüler in keiner Weise zu verletzen. Den Abgang eines Schülers von der
Anstalt auf eigene Hand officiell anzurathen, ist kein Lehrer befiigt.
6. a. Zur Teilnahme an den allgm. Conferenzen sind alle Lehrer der
Anstalt verpflichtet, auch die technischen und die Lehrer der Vorschule, falls in
Bezug auf diese der Dir. nicht ausdrücklich andere Anordnungen trifft; zur Teil-
nahme an den Klassen- bezw. Eachconferenzen alle in der betr. Klasse bezw. dem
betr. Fache unterrichtenden Lehrer. Andererseits haben alle wissenschaftl. Lehrer
das Recht, jeder Klassen- nnd Fachconferenz beizuwohnen. b. Stimm-
berechtigt sind in den allgm. Conferenzen (mit Ausschlufs der Oensur- und
Versetzungsconferenzen, falls diese in Gegenwart des gesamten CoUegiums statt-
finden) alle festangestellten Lehrer der Hauptanstalt und diejenigen wissensch.
Hülfslehrer, welche an derselben nach Ableistung des Probejahrs mit der Stunden-
zahl eines ordentlichen Lehrers beschäftigt sind ; in den Klassenconferenzen sowie
in den Censur- und Versetzungsconferenzen alle Lehrer, welche in den betr. Kl.
selbständig wissenschaftl. Unten*, erteilen ; in den Fachconferenzen sämtliche Lehrer
des betr. Faches. c. Jeder Lehrer ist berechtigt, etwaige Anträge auf Be-
rathung eines bestinmiten Gegenstandes in der Oonferenz bezw. auf Berufung einer
Gonfer6nz behufs solcher Berathung bei dem Dir. einzubringen, dem die Ent-
scheidung ebensowohl über die Zulässigkeit als auch über die Art der Berathung
zusteht. d. Jeder Lehrer hat bezügl. der Verhandlungen der Gonferenz die
Bestimmungen über Amtsverschwiegenheit zu beobachten.
7. a. Zur Uebemahme eines mit Gehalt oder fortlaufender Remuneration
verbundenen Nebenamtes oder einer solchen Nebenbeschäftigung, einer Vor-
mundschaft sowie von Functionen bei der städtischen Gemeindeverwaltung bedürfen
die fest angestellten Lehrer der Genehmigung des K. Frov.Sch.G., bezw. durch
dessen Vermittelung^ des K. Ministeriums. Zur Uebemahme von Unterricht an
Privatanstalten sowie zur Erteilung von Privatunterricht an Schüler der eigenen
Klasse ist die Genehmigung des Dir. erforderlich. b. Erhalten Lehrer eine
gerichtliche Vorladung als Sachverständige, als aufserhalb des Wohnorts
zu vernehmende Zeugen oder als Zeugen über Umstönde, auf welche sich ihre
Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht, so haben sie ihrem Dir. behufs etwaiger
Wahrung des Einspruchsrechtes davon sofort Anzeige zu machen. *
8. a. In Krankheits- oder anderen gesetzlich gerechtfertigten Behinderungs-
fällen ist unter Angabe des Ghnindes die Vertretung bei dem Dir., wenn irgend
möglich, so zeitig nachzusuchen, daCs dieselbe noch in geregelter Weise bewerk-
stelligt werden kann. b. Zu Reisen in den Ferien bedürfen die Lehrer
keines Urlaubes, jedoch haben dieselben vor Antritt der Reise ihrem Dir. anzu-
zeigen, wohin etwanige für sie bestimmte Mitteilungen zu richten sind und, falls sie
mit der Verwaltung von Bibliotheken oder Sammlungen der Anstalt betraut sind,
mit dem Dir. bezüglich ihrer Vertretung das Nöthige zu verabreden. c. Aufser-
halb der Ferien darf sich ein Lehrer ohne vorschriftsmäfsigen Urlaub nicht voti
seinem Amte entfernt halten. Zu jeder auch nur zeitweUigen Verlegung des
Wohnsitzes aufserhalb des Schulortes ist die Genehmigung des Dir. erforderlich.
Urlaub bis zu acht Tagen haben die Lehrer von dem Dir. zu erbitten, dabei
aber in der Regel für eine angemessene Vertretung, welche der vorgängigen
Genehmigung des Dir. bedarf, selbst Sorge zu tragen. Längerer Urlaub ist bei
dem K. Prov.Sch.O. nachzusuchen, und zwar bei nicht königl. Anstalten, nachdem
das Patronat zur Sache gehört worden ist.
9. Beabsichtigt ein Lehrer aus seinem Amte auszuscheiden, was regelmäfsig
nur beim Schlüsse eines Semesters geschehen kann, so hat derselbe, falls er
257
festangestellt war, anter Einhaltung der in der Berufungsorkunde für ihn fest-
gesetzten Frist, falls er nicht festangestellt war, mindestens drei Monate zuvor
sein Entlassungsgesuch bezw. seine Kündigung an das K. Frov.Sch.G.
bezw. das Patronat gelangen zu lassen. Die zu Ostern oder Michaelis aus-
scheidenden Lehrer sind verpflichtet, ihren Dienst bis zum Schlufs des Semesters,
falls derselbe nach dem 1. April oder 1. Oct. erfolgen sollte, ohne Anspruch auf
B,emuneration für diese Zeit ordnungsmäfsig zu thun.
Bei denjenigen .Anstalten, deren eigentümliche Verhältnisse es bedingen,
dafs den Lehrern oder Ordinarien noch eine besondere Instruction erteilt wird,
gelten die Bestimmungen der allgm. Dienstinstruction nur insoweit, als dieselben
durch jene besondere nicht abgeändert werden.*' K. Proy.Sch.G. gez. Steinmann.
Provinz Hannover.
In Str. V. 4. Mai 1873.
A. Ordinarien. „1. Da zur Führung der Klassenordinariate nach der
Min.yerordn. v. 24. Oct. 1837 soweit als möglich „tüchtige Lehrer von allgm.
wissenschaftl. Bildung, von treuer Liebe und Hingebung für ihren Beruf und von
gereifter Erfahrung ernannt werden sollen, welche die ihnen anvertrauten Lehr-
fächer wahrhaft durchdrungen haben und beherrschen, in klarer und stets wacher
Einsicht von dem Zasammenhange derselben mit den übrigen Lehrobjecten und
mit dem gemeinsamen Zweck des Gymnasialunterr. in allen Fächern das zur allgm.
Entwickelung und zur intensiven Bildung ihrer Schüler dienende Material aus-
zuwählen, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu sondern wissen und endlich
durch die Reinheit und Würde ihres Charakters wie durch den milden Ernst ihrer
ganzen Haltung eine unauslöschliche Ehrfurcht vor der sittlichen Macht, welche
das Leben der Menschen regiert, in der ihrer väterlichen Obhut und Pflege über-
gebenen Klasse zu erwerben vermögen,** so ist hiermit die allgm. Aufgabe und
Stellung der Klassenordinarien klar bezeichnet. 2. Der Rang im Collegium
Siebt keinen Anspruch auf ein bestimmtes Ordinariat; vielmehr hat der Dir. die
rdinariate bei Einreichung des jährl. Lehrplans auf die einzelnen Lehrer je nach
ihrer Befähigung zu diesem wichtigen Amte vorbehaltlich unserer Genehmigung
zu verteilen. 3. Demnach wird zum Ordinarius der Kl. einer aus denjenigen
Lehrern derselben, welche durch die Natur und Zahl der Lehrstunden sowohl als
besonders durch ihre pädagog. Tüchtigkeit Einfiufs auf die Schüler haben und
deren Liebe und Achtung zu erwerben geeignet sind, auf den Vorschlag des Dir.
von dem unterzeichn. Prov.Sch.C. in der Regel auf die Dauer eines Jahres emannlj,
4. Unter der Oberleitung des Dir. ist ihm vornehmlich die Leitung seiner
Kl. der Art übergeben, dafs die wissenschaftl. wie die religiös-sittl. Erziehung
seiner Schüler in ihm ihren Mittelpunkt findet. 5. Daher hat der Ordinarius
das wissenschaftl. Fortschreiten seiner Schüler wie ihre sittl. Entwickelung allseitig
zu überwachen und sich zu dem Zweck mit den übrigen Lehrern sowie mit den
Eltern der Schüler, resp. den zur Aufticht derselben bestellten Personen in
lebendigen Verkehr zu setzen. 6. In ersterer Beziehung soll er seinen Schülern
mit den nöthigen Anweisungen und Anleitungen zur Hand gehen, das MaCs der
häusl. Arbeiten beachten, Ueberbürdungen der Schüler durch collegialische Rück-
sprache, erforderl. Falls durch Vortrag in der Gonferenz abstellen, durch Be-
sprechung mit seinen Gollegen, durch die Gontrolle des Klassenbuchs und die
period. Durchsicht sämtlicher schriftl. Arbeiten der Kl. sich einen Ueberblick über
den wissenschaftl. Standpunkt jedes Schülers verschaffen. Dem entsprechend hat
er auf Anordnung des Dir. in der Lehrerconferenz Vortrag über den Zustand
seiner Kl. zu halten, sowie ihm bei der Abfassung und Aushändigung der Gensuren
und der Entwerfung der Abgangszeugnisse ein hervorragender Anteil gebührt.
7. Von allen disciplinar. Voi'gängen in der Kl. soll der Ordinarius Kenntnis
erhalten und hat daher zu beanspruchen, dafs die übrigen Lehrer der Kl. von
ihren betr. Wahrnehmungen ihm Mitteilung machen und ihm namentlich von den
verhängten oder noch zu verhängenden Strafen entweder durch Rücksprache oder
durch Bemerkungen im Klassenbuch rechtzeitige Kenntnis geben, wie er auch die
Schulversäumnisse und die Verspätungen der Schüler zu controUiren hat.
Wiese, Verordniugeii. n. 17
258
8. Die Sorge für das Aeufsere der Kl , die Schonung der Utensilient die
saubere Haltung der Hefte und Schulbücher sowie die Ruhe in den Pausen wird
vorzugsweise ihm obliegen. 9. Die Schüler seiner Klasse soll er gewöhnen,
sich in allen mit der Schule in Verbindung stehenden Anglgh. vertrauensvoll an
ihn um Kath und Beistand zu wenden. Er wird zu diesem Zweck auch den
Verkehr zwischen Schule und Haus zu vermitteln, die besonderen Neigungen und
Nebenbeschäftigungen der Schüler zu beachten und zu regeln haben, auch die
Pflege des kirchlich-religiösen Sinnes durch Mahnung und Beispiel sich angelegen
sein lassen. 10. Wenngleich die Autorität und die Strafgewalt der übrigen
Lehrer durch den Ordinarius nicht beschränkt werden darf, so hat derselbe doch
zu beanspruchen, dafs die strengeren Strafen und namentlich die des Nachbleibens
nicht ohne sein "Wissen verhängt werden, resp. ihre Ausführung ihm überlassen
bleibe. Beschwerden der Schüler über die Lehrer hat er an den Dir. zu verweisen.
11. Zu den besonderen Pflichten des Ordinarius gehört die Anweisung und An-
leitung der in seiner Kl. etwa beschäftigten Probecandd., welche er auch in ihren
Lehrstunden zu besuchen verpflichtet ist/'
B. Lehrer« ,,Nachf olgende Instruction ist für alle Lehrer giltig, welche
an höh. Schulen oder deren Vorschulen angestellt sind oder beschäftigt werden,
die zum Ressort des unterzeichn. Prov.Sch.O. gehören:
1. Zur festen Anstellung eines Lehrers an einer höh. Schule (Gymn., Real-
schule, vollberechtigten Progymn., höh. Bürgerschule) ist aufser dem Nachweise
der abgeleisteten Militärpflicht die Ableistung der vorschriftsm. Prüfungen und
die Vollendung des Probejahrs erforderlich. 2. Von sämtl. Lehrern wird ge-
fordert, dafs sie nicht blofs die Pflichten erfüllen, welche ihr Amt ihnen auferlegt,
sondern sich auch durch ihr Verhalten in und aufser dem Amte der Achtung, des
Ansehens oder des Vertrauens, die ihr Beruf erfordert, würdig zeigen, fcf. § 2
des Disciplinargesetzes v. 21. Juli 1852.)
3. Die Lehrer an den höh. Schulen, seien sie fest angestellt, provisorisch
beschäftigt oder Probecandidaten, haben in dem Dir. (Rector) ihren Dienstvor-
gesetzten zu erkennen und dessen amtl. Anordnungen in Gemäfsheit der allg^n.
Vorschriften genau zu befolgen. Insbesondere sind die in der Instr. für die Dir.
und die Klassenordinarien enthaltenen allgm. Bestimmungen auch für sie verbindlich.
4. Als Mitglieder eines Collegiums haben die Lehrer die Pflicht, nicht nur an
ihrem Teile den festgestellten Lehrplan genau durchzuführen, ihre eigenen Lehr-
stunden pünktlich und gewissenhaft zu erteilen, die ihnen obliegenden Correcturen
regelm. zu besorgen, die Aufsicht über die Schüler, soweit dies als nöthig befunden
wird, achtsam zu führen, Vertretungen erkrankter oder beurlaubter Collegen willig
zu übernehmen, an Schulprüfungen und Schulfeiern sich ordnungsm. zu beteiligen,
sondern auch stets den allgm. ßildungszweck der Anstalt im Auge zu behalten,
nicht durch Hervordrängung der eigenen Fächer die Schüler übermäfsig zu be-
lasten, von allen wichtigen Vorkommnissen des Schullebens ihren Amtsgenossen
oder dem Dir. rechtzeitige Mitteilung zu machen, endlich überall collegialische
Gesinnung zu zeigen und in Wort und That das Ansehen ihres Collegiums und die
Würde des Lehrerstandes zu wahren.
5. Hinsichtlich ihrer Stellung zu den Schülern werden die Vorschriften in
der Instr. für die Klassen Ordinarien mit den in der Sache liegenden Beschränkungen
auch für sie mafsgebend sein, 6 Kein Lehrer hat ein Recht auf bestimmte
Unterrichtsstunden, falls er nicht für dieselben ausdrücklich angestellt ist. 7. Ohne
(Tcnehmigung des Dir. darf er keine Lehrstunden aussetzen oder sich vertreten
lassen; in Krankheitsfällen bat er dem Dir. rechtzeitig, womöglich schriftl., Anzeige
zu machen und seine Vertretung nachzusuchen. 8. Zu Reisen in den Ferien
bedarf der Lehrer keines Urlaubs ; jedoch hat er dem Dir. vor Antritt der Reise
eine Mitteilung zu machen und, falls er Vorsteher der Schulbibliothek oder anderer
Sammlungen zu Unterrichtszwecken ist, mit dem Dir. das Nöthige zu seiner Ver-
tretung zu verabreden. Aufserhalb der Ferien darf der Lehrer sich nicht ohne den
vorschriftsm. Urlaub von seinem Amte entfernt halten. Urlaub bis zu 8 Tagen hat er
von seinem Dir. zu erbitten; längerer Urlaub ist bei uns durch den Dir. nachzusuchen,
und bei Anstalten nicht staatl. Patronats die Zustimmung des letzteren einzuholen.
9. Nebenämter und dauernde Nebenbeschäftigungen darf der Lehrer nur
mit unserer Genehmigung übernehmen; zur Erteilung von Privatunterr. an Schüler
269
der betr. Anstalt ist die Genehmigung des Dir. erforderlich. 10. Alle Eingaben
an die vorgesetzten Behörden sind dem Dir. zur Vermittelung zu übergeben.
11. Wünscht ein festangestellter Lehrer sich zu verheiraten, so hat-er den Heirate-
oonsens bei dem Präsidium unseres GoUegiums unter Bezeichnung der Summe,
mit welcher er der K. Allgm. Witwenverpflegungs- Anstalt beitreten will, vor-
schriftsm. nachzusuchen. 12. Falls ein besoldeter oder remunerirter Lehrer
seine Stellung aufgeben will, was regelm. nur zu Ostern oder Michaelis stattfinden
kann, so hat er sein Entlassungsgesuch dem K. Frov.Sch.C. mindestens 8 Monate
vor dem SchluTs des Halbjahrs und aufserdem bei Anstalten nicht staatl. Patronats
dem Patronat seine Kündigung unter Linehaltung der etwa vocationsmäfsig für
ihn festgestellten Kündigungsfrist durch den Dir. einzureichen. ''
Katholische Beligionslehrer.
C.Verf. v. 18. März 1871: ,^uf die Berichte v. — erkläre ich mich
aü8 Anlafs der Verfügung, welche der H. Erzbischof unter dem 10. Dec. v. J.
an die kath. Beligionslehrer bei den Gymn. erlassen hat, mit der Absicht des
K. ProY.Sch.C. einverstanden, die kathol. Beligionslehrer durch die Dir. der höh.
ünterr.- Anstalten dahin mit Anweisung zu versehen, dafs sie Erlasse oder
Bekanntmachungen ihrer kirchl. Oberbehörde in den Schulklassen nur nach
Yorgängiger Genehmigung des Vorstehers der Anstalt mitteilen dürfen. — Ich
veranlasse das K. Prov.Sch.C, demgemäfs das Weitere zu verfügen.^
C.Verf. V. 9. März 1875: „Auf den Bericht v. — erkläre ich mich
damit einverstanden, dafs die Verf. v. 18. März 1871, nach welcher Erlasse
oder Bekanntmachungen der kath. kirchl. Oberbehörden den Schülern der höh.
Unterr.-Anstalten ohne Vorgang. Genehmigung des Anstaltsvorstehers in den
Schulklassen nicht mitgeteilt werden dürfen, auf die Mitteilung solcher Erlasse
auch in den mit XJnterr.-Anstalfen — Gymn., Schullehrer-Seminarien — ver-
bundenen Kirchen ausgedehnt werde. Das K. Prov.Sch.C. wolle die betr.
Eoligionsl. mit entsprechender Anweisung versehen. Uebertretungen sind
disciplinarisch zu ahnden. Sollte der Inhalt der fragl. Erlasse den ungehorsam
gegen die Staatsgesetze verteidigen, so wird selbstredend sofort mit den schärfsten
Disciplinar-Mafsregeln vorzugehen sein. Zuwiderhandelnde sind in solchen
Fällen sofort zu entlassen, resp. soweit definitive Anstellung vorliegt, vom Amt
zu suspendiren und in Disciplinaruntersuchung auf Amtsentsetzung zu nehmen." —
Vgl. p. 95.
Verfahren beim Unterricht.
Es liegt in der Natur der Sache, dafs in Betreff des methodischen Ver-
fahrens allgemein bindende Vorschriften für die Lehrer höherer ünterrichts-
Anstalten nicht erlassen sind. Was in dieser Hinsicht teils allgemein, teils
bei einzelnen Gegenständen zu beachten empfohlen wird, enthalten die obigen
Lehrerinstructionen und die in Abt. 1 mitgeteilten Bemerkungen über die Aus-
führung des allgm. Lehrplans p. 62, 69, 106, 113 ff., sowie die Verfügungen
über einzelne ünterrichtsgegenstände p. 161 ff.
Erwähnenswerth ist auch folgende Verfügung gegen Einmischung von
Politik beim Unterricht:
C.Verf. V. 2. Mai 1831: „Es ist zur Kenntnis des Ministeriums ge-
kommen, dafs einzelne Lehrer beim Unterricht der Jugend, statt die durch die
Lehrgegenstände der verschiedenen Schulen selbst hinreichend bezeichnete Grenze
zu beachten, als Beispiele, Vorschriften, Dictate u. dgL Tagesbegebenheiten
oder Gegenstände der Politik gewählt haben. Das Unangemessene dieses
17*
260
Verfahrens bedarf keiner Erläntening. Wenn aber auch angenommen werden
kann, dafs geübtere Lehrer solche Mifsgriffe von selbst vermeiden werden, so *
ist doch bei 'Anfängern nnd minder fähigen Snbjecten dies nicht überall zn
erwarten. Das Minist, hält deshalb für angemessen, die Aufseher der Schnl-
anstalten darauf besonders aufmerksam zu machen, dafs ihnen obliegt, hierüber
zu wachen und vorkommende Mifsbräuche zu rügen und abzustellen, und trägt
den K. Prov. SchulcoU. und Begierungen auf, die erforderl. Verfügung zu diesem
Zweck zu erlassen."
In Betreff der freien Vereinigungen zu wissenschaftl. Zwecken,
worauf in einigen Instructionen hingewiesen wird (vgl. p. 154, 163), hat das
Prov.Sch.C. zu Coblenz unter dem 9. Dec. 1842 folgende C.Verf. erlassen,
welche vom Min. den anderen Prov. SchulcoU. mitgeteilt ist:
„An einigen Lehranstalten unseres Verwaltungsbezirks haben sich die
meisten Lehrer zu regelmäfsigen Zusammenkünften für bestimmte gemeinsame
streng Wissenschaft. Beschäftigung z. B. mit gemeinsamem Lesen eines Classikers
oder mit sonst irgend welchen dem geistigen Kreise wissenschaftl. gebildeter
Männer angehörenden Gegenständen geeinigt Für eine wahrhafte geistige
Gemeinschi^ unter den Gliedern eines LehrercoU., wovon die Erreichung des
gemeinsamen Zwecks so wesentlich bedingt ist, haben solche Vereinigungen die
vorteilhaftesten Wirkungen gehabt, wie es nicht anders sein konnte. Wir
wünschen sehr, dafs auch bei den übrigen LehrercoU. eine solche mögUchst
umfassende freie Vereinigung zu Stande kommen möge, wofern sie nicht schon
besteht, und empfehlen diese Angelegenheit den Dir. und dem Eifer der sämtl.
Lehrer. Aus den Jahresberichten wünschen wir künftig zu ersehen, ob solche
Vereinigungen bei den einzelnen Anstalten bestehen oder nicht"
Zahl der wöohentlichen UHterrlohtsstunden.
Dieselbe darf, unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse jeder
Anstalt, bei den Directoren bis zu 16, bei den etatsmäfsigen Oberlehrern
bis zu 22, bei den ordentl. Lehrern bis zu 24, bei den techn. und den
Elementarlehrern bis zu 28 gehen, und eine dem entsprechende Bestimmung
in die Vocationen aufgenommen werden. In der Begel werden die Directoren
und Lehrer bis zu dem in diesen Zahlen liegenden Maximum nicht in Anspruch
genommen. S. Abt I p. 33. fg.
An den unter städtischem Patronat stehenden Gymnasien, Bealgymnasien,
Ober-Bealschulen und höheren Bürgerschulen der Stadt Berlin ist durch
Magistratsverfügnng v. 1. Juli 1887 die Zahl der Pflichtstunden für die pro
fac. doc. geprüften ordentlichen Lehrer von 22 auf 24 erhöht worden mit der
Verpflichtung, Vertretungen auch über diese Zahl, von 24 wöchentlichen Lehr-
stunden hinaus nach Mafsgabe des § 4 der Instruction für die Lehrer der höh.
Lehranstalten der Provinz Brandenburg v. 27. Jan. 1868 zu übernehmen. Die
Directoren sind durch Magistratsverf. v. 5. März 1887 angewiesen, diese bei
Erhöhung des Wohnungsgeldzuschusses v. 1. April 1887 an in Wirksamkeit
getretene Bestimmung in den aufzustellenden Lectionsplänen „dergestalt zu
berücksichtigen, dafs von dem Lehrerpersonal an Pflichtstunden zwar wie bisher
für den Dir. 12, sodann 20 mal die Zahl der Oberlehrer und 22 mal die Zahl
der ordentliehen Lehrer anzusetzen sind, dafs jedoch von dieser Summe die als
Ausgleichungsstunden bezeichneten Stunden nicht mehr abgerechnet werden.^
Diese Anordnung bezieht sich darauf, dafs vorher jede über 22 hinaus an-
gesetzte Stundenzahl den betr. ordentl. Lehrern remunerirt wurde. Es ist daher
in obiger Verf. v. 5. März 1887 femer hervorgehoben, dafs die Dir. „die för
die angemessene VerteUung der Lehrgegenstände erforderliche Freiheit der
Bewegung, sowie die MögUchkeit, älteren und durch die Art ihres Unterrichts
261
beBonders angespannten Lehrern eine Erleichterung zn verschaffen, durch die
Berechtigung, den ordenü. Lehrern bis zn 34 wöchenü. Lehrstnnden zn über-
tragen, gewinnen werden." Hinzugefügt ist, „dafs die etwa anzusetzenden
Inspectionsstanden nicht in jene Summe der anfisubringenden Pflichtstanden
fallen, sondern durch Heranziehen der ordenü. Lehrer über 32 Standen hinaas
aafzabringen sind/'
Vgl. die obigen Directoreninstractionen , a. a. aoph p. 148; ebenso die
Lehrerinstructionen, z. B. p. 249.
Min. Verf. v. 8. Jali 1878. ,J>ie VerfQgnngen y. 13. Mai 1863
(s. Abt. I S. 33) and v. 17. Jnli 1873 (s. CB. 1873 S. 457) bezüglich der
Maximalzahlen der den Lehrern an höh. Schalen aa&atragenden wöchentl.
Lectionen sind, wie ich dem K. Prov.Sch.C. auf Seinen Bericht vom 4. v. M.
eröffne, nachdem dieselben auf besonderen Anlafs an einzelne Prov.SchalcoUegien
erlassen waren, za dem Zwecke amtlich pablicirt worden, damit diese Be-
stimmungen, beziehungsweise insofern es sich um Bealschulen handelt, ^nter
Aufhebung der Bestimmung in den Erläuterungen zur Unterr.- und Prüfungs-
ordnung V, 6. Oct. 1859 III. Absatz 3 (s. Abi I S. 101), allgemein zur Aus-
führung gebracht werden, und es ist seitdem nach diesen Normen überall,
namentlich in den Verhandlungen zur Herstellung des Normal -Etats verfahren
worden.
Hiemach ist es nicht zulässig, dafs in Vocationen eine Verpflichtung zu
einer höheren, als der in jenen Veifügungen bezeichneten Zahl von Lehrstunden
aufgenommen werde; es ist den städtischen Behörden unbenommen, die Ver-
pflichtung der Lehrer an den von ihnen unterhaltenen höheren Schulen durch
die Vocationen ausdrücklich auf eine geringere Stundenzahl zu beschränken;
sofern aber die Vocationen über die Anzahl der Pflichtstunden nichts enthalten,
so treten selbstverständlich die allgemein geltenden Bestimmungen in Kraft.
Wenn es sich daher auch empfehlen mag, dafs, um jedem Zweifel vorzubeugen,
entsprechend dem Erlasse des E. Prov.Sch.C. vom — an den Magistrat der
Stadt N., in die Vocationen der an der dortigen Realschule 1. 0. neu anzu-
stellenden Lehrer die Maximalzahl der Pflichtstunden tiufgenommen werde, so
bedarf es doch seitens der bereits angestellten Lehrer nicht einer ausdrücklichen
Erklärung, dafs der Director bis zu 16, die Oberlehrer bis zu 22, die ordentlichen
und wissenschaftl. Hülfs-Lehrer bis zu 24, die Elementarlehrer bis zu 28 wöch.
Lehrstunden können herangezogen werden, sondern diese ihre Verpflichtung
ergiebt sich, eben weil die Vocationen keine ausdrückliche Bestimmung ent-
halten, aus den allgemein giltigen Normen. Darauf Bedacht zu nehmen,
dafs von der Maximalgrenze der Verpflichtung nicht in solchen Fällen Grebrauch
gemacht werde, wo dies in Folge grofser Frequenz der betr. Klassen oder
umfangreicher Correctnren oder des Gesundheitszustandes eines Lehrers zu
einem Nachteile für die Schule und die betr. Lehrer führen würde, ist, faUs
von der Unterhaltungspflichtigen Behörde dieser Gesichtspunkt übersehen werden
soUte, Sache der Königlichen Aufsichtsbehörde." . • . Der Minister etc. Falk.
Vioariatstunden.
Das coUegialische Verhältnis der Lehrer jeder Schule bringt es mit sich,
dafs in plötzlichen Verhinderungsfällen, besonders bei Erkrankungen, der eine
für den andern, nach Anordnung oder mit Zustimmung des Directors und ohne
Anspruch auf Bezahlung, zur Aushülfe eintritt VgL die Dienstinstructionen,
z. B. p. 113, 117, 129, 143, 231, 249.
Min. Verf. v. 22. Juni 1859: „Was die Vertretung abwesender
Lehrer betrifft, so hat jedes Mitglied des LehrercoU. die Pflicht, nach Anweisung
des Dir. einzelne Vioariatstunden zu übernehmen, ohne damit auch einen An-
262
sprach auf Bemonerining einer derartigen Aushülfe zn erwerhen. Werden aber
Lehrer entweder auf längere Zeit oder zn einer gröfseren Zahl solcher Standen
herangezogen, so kann ihnen ohne Unbilligkeit eine angemessene Bemaneration
dafar nicht vorenthalten werden; am wenigsten daif dies in den Fällen
geschehen, wo die Vertretung durch eine Vacanz veranlafst ist, in welcher
Gehalt erspart wird und daher Mittel zur Entschädigung der betr. Lehrer vor-
handen sind/^
Min. Verf. v. 28. Febr. 1868: „Die Gründe, welche die K. Begierung in
dem Bericht v. — dafar geltend macht, dafs bei Bemunerirung der Lehrer an
der höh. BS. zu N., welche im vergangenen Jahre während einer SteUenvacanz
vicarirt haben, auch die Ferienzeit mitgerechnet werden soU, kann ich als zu-
treffend nicht anerkennen. Ein Ansprach darauf, dafs das in der Vacanz der
betr. Stelle ersparte Gehalt vollständig unter sie geteilt werde, ist den Lehrern
nicht, zuzugestehen, da ein Abkommen der Art vorher mit ihnen nicht getroffen
war. Die Aufsichtsbehörde hat in dgl. Fällen ihrerseits nur darauf zu sehen,
dafs die Bemuneration für die einzelne Vicariatstunde nicht zu niedrig bemessen,
und dafs der etwa ersparte Gehaltsteil zum Besten der Schule verwandt werde,
sowie sie auch dafür Sorge zu tragen hat, dafs die Vacanz nicht willkürlich
ausgedehnt werde." —
Min. Verf. v. 30. Mai 1874: „Auf den Bericht v. — erwidere ich dem
K. Prov.Sch.C., dafs die darin für einige Lehrer des Gymn. zu N. beantragten
Gratificationen aus der Schulkasse denselben nicht bewilligt werden können,
weil nach einem allgm. Verwaltungsgrundsatz die Vertretung eines verstorbenen
OoUegen während des seiner Witwe zustehenden Gnadenquartals von den
Lehrern derselben Anstalt unentgeltlich zu leisten ist." — (S. in Abschn. IX
vom Gnadenquartal).
„Min. Verf. v. 24. Juli 1877. „Die von dem K. Prov.Sch.C. in dem
Bericht vom 8. März d. J. gestellten Anträge auf Bemunerationen fär Lehrer
der höh. Bürgerschale zu N. beruhen auf Voraussetzungen, welche ich nicht
als zutreffend anerkennen kann. Vollbeschäftigte, festangestellte Lehrer gehören
mit ihrer ganzen Kraft der Lehranstalt an, an welcher sie angestellt sind;
damit sie dieser Verpflichtung genügen können, sind sie durch den Normaletat
den entsprechenden Kategorien der Beamten in andern Gebieten in ökonomischer
Hinsicht gleichgestellt. Dieselben haben zugleich die Verpflichtung, wie die
Beamten jedes anderen Gebietes, bei vorübergehenden Lücken in dem Collegium
Stellvertretungen auf Anordnung des Vorstehers und nach dem Mafse ihrer
Kraft zu übernehmen, ohne dafs sich daran ein Anspruch auf Bemuneration
anknüpft. Es ist dadurch nicht ausgeschlossen, dafs, sofern Mittel verfügbar
sind, für erhebliche Mehrleistungen eine Bemuneration bewilligt werde; dieselbe
aber als Bezahlung der einzelnen Lehrstunden zu berechnen, entspricht nicht
dem bezeichneten Verhältnis der festangestellten Lehrer zu der Anstalt und
ist schon deshalb Zu vermeiden, weil dadurch die etwa bewilligte Bemuneration
den Schein eines Bechtsanspruches gewinnen kann. Anders ist der Fall
bei dem nur im Nebenamte beschäftigten Pfarrer N., welcher über die von ihm
übernommenen Lehrstunden hinaus der Anstalt gegenüber keine weiteren
amtlichen Verpflichtungen hat; in diesem Falle ist nichts dagegen einzuwenden,
dafs für die Mehrleistungen die Bemuneration nach demselben Mafsstabe
bemessen werde, wie für die regelmäfsig von ihm übernommenen Leistungen."
Der Minister etc. Falk.
Min. Verf. v. 30. Sept 1882. „In Erwiderung des Berichtes v. 15. Sept. d. J.
will ich hiermit genehmigen, dafs der dem Oberlehrer Dr. N. an der Bealschole
zu N. gewährte Urlaub auf weitere 6 Monate verlängert wird. Indem ich
263
dem K. Prov.Sch.C. bezüglich der Stellvertretang desselben das Weitere anzn-
ordnen überlasse, bemerke ich unter Bezugnahme auf die desfallsige Ansfahning
des Ooratoriums der Anstalt, dafs ans der C.Verf. v. 6. Apr. 1880 (s. Abt. I
S. 39) die Verpflichtung der übrigen Lehrer der Anstalt zur Vertretung eines
erkrankten Collegen über die Maximalzahl der wöch. Fflichtstunden hinaus
selbstredend nur insoweit begründet werden kann, als das unterrichtliche
Interesse der Schule dadurch nicht gefährdet wird. Dafs eine solche Vertretung
in der Begel nur auf eine verhältnismäfsige kurze Zeit bemessen werden kOnne,
ist in dem eben allegirten Erlasse durch den Zusatz „vorübergehend" an-
gedeutet . . ." Der Min. etc. Im Auftr. : Greiff.
Verf. des K. Prov.Sch. C. zu Breslau v. 2. Dec. 1886. „Zur
Beseitigung einiger Bedenken, welche hinsichtlich des Unterrichts an an-
erkannten katholischen Feiertagen von Seiten der Simultananstalten
erhoben worden sind, ordnen wir hiermit im Einverständnis mit dem Herrn
Minister der geistl. etc. Ang. an, dafs auch bei Simultananstalten mit über-
wiegend evangelischen Schülern die katholischen Lehrer nicht verpflichtet sind,
an den bezeichneten Tagen Unterricht zu erteilen. Dies schliefst aber nicht
aus, dafs katholische Lehrer an solchen Anstalten nach Erfüllung ihrer kirchlichen
Pflichten an den bezeichneten Tagen aus freien Stücken und zur Entlastung
ihrer evangelischen Collegen einen Teil ihrer Stunden übernehmen. Soweit dies
nicht der Fall ist, gestatten wir, dafs Euer Hochw. die evangelischen Lehrer
zur Vertretung ihrer katholischen Collegen heranziehen. Wo an einer Simultan-
anstalt das richtige Verhältnis zwischen evangelischen und katholischen Lehrern
besteht, darf erwartet werden, dafs vorkommenden Falls der eine Teil zur Ver-
tretung des andern sich gern . bereitfinden läfst, ja, dafs mancher Lehrer die
ihm dadurch zu Gebot gestellten wenigen Mehrstunden für sein Fach gern
benutzt. Auch ist durch Austausch von Stunden zwischen evangelischen und
katholischen Collegen leicht eine Ausgleichung herbeizuführen.'^
Das K. Prov.Sch.C. zu Hannover hat unter dem 9. Febr. 1875 den
Dir. und Bectoren folgende Verf. des Justizmin. an die Appellationsgerichte etc.
zur Nachachtung mitgeteilt: ,Jn Folge der Vorladung öffentlicher
Beamten als Zeugen und Sachverständige zu gerichtlichen Terminen
können Uebelstände und Nachteile für den öffentl« Dienst herbeigeführt werden,
wenn die Vorladung nicht so zeitig erfolgt, dafs für die Vertretung des vor-
geladenen Beamten genügend gesorgt werden kann. Im Interesse des öffenü.
Dienstes ist es daher wünschenswerth, dafs solche Vorladungen, soweit es
irgend thunl. ist, so zeitig erfolgen, dai's die Beamten oder deren vorgesetzte
Behörden rechtzeitig in den Stand gesetzt werden, für die während der Ab-
wesenheit des Vorgeladenen erforderlich werdende Vertretung Sorge zu tragen.
Das Präsidium und die K. Eronanwaltschaffc werden veranlafst, dieses den
Gerichten und Kronanwaltschaften sowie den Anwaltskammem des dortigen Bezirks
zur thunl. Beachtung zu empfehlen." (Vgl. übrigens C.Verf. v. 25. Mai 1883, S. 271.)
Privatstunden.
Nach allgemeinen Verwaltungsgrundsätzen soll, wie auch aus dem über
die Vicariatstunden Bemerkten hervorgeht, darauf gehalten werden, dafs namentl.
die fest angestellten Lehrer ihre freie Zeit mit anderweitiger UnterrichtserteUung
nicht in der Art besetzen, dafs sie zur Stellvertretung innerhalb der Schulzeit
nicht herangezogen werden können oder überhaupt an der von ihnen in Anspruch
zu nehmenden Mitwirkung für die Zwecke der Schule verhindert werden.
Gegen Honorar an Schüler ihrer Klasse Privatunterr. zu erteilen ist den
Lehrern nur mit Genehmigung des Dir. der Schule gestattet (Vgl. die Lehrer-
instructionen.)
364
CVeif. V. 14. Mai 1867: — ,^ach den Äng&ben des E. FrOT.Sch.C.
haben einzelne Lehrer biesiger Gymnasien and Bealschnlen sich teils mit
Unterrichtsstunden an anderen Anstalten, teils mit PrivatstandeD
dennaf^n überbordet, d&ts sie bei der Schule, an welcher sie angestellt
sind, ZOT Vertretung in Nothf&llen nicht herangezogen werden können nnd dar»
sie durch eine derartige Anstrengung nnansbl ei blich ihrer Leistnngsfähigkeit
för das Hauptamt Abbruch thnn. Ich hin mit dem E. Prov. Sch.O. ein-
verstanden, dalä hierin ein üebelstand Legt, der Abhälfe verlangt, glaube indes
nicht, dafa es dazu neuer allgemeiner Anordunngen bedarf, znm^ da in jedem
einzelnen Falle die individuellen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen.
V?ie Nebenämter von Lehrern nur mit Genehmigung der Aufeichtsbehörde
übernommen werden dürfen, eo können sie sich auch zur Uebemahme von
Privatthätigkeit nur so weit für befugt erachten, wie es mit ihrer Pflicht für
ihr eigentliches Amt verträglich ist. Zn beurteilen, o^ die Grenze eingehalten
oder nberBchritten wird, ist zunächst Sache des Dir., der u. a. auch, wie es bei
mehreren Anstalten geschieht, eine Bestimmung darüber treffen kann, für wieviel
Standen wi5chentl. während der Schulzeit jeder Lehrer zn etwa erforderL Stell-
vertretnng bereit sein mufs. Jeder Dir. weifs, dafs er hierin wie in allem, was
er, um das Interesse der ihm anvertranten Schule zn wahren, anordnen zu
mfiSBen glaubt, nöthigenfalls die Unterstützung des vorgeordneten K. Prov^ch.C.
in Anspruch nehmen kann, sowie dieses «nach Befinden bei Directoren, denen
es Bchwer wird, zwischen dem persönl. Interesse der Lehrer und dem der Sdiule
immer die richtige Ausgleichung zu treffen, verlangen kann, von dem Umfange
der Privatthätigkeit jedes Lehrers unterrichtet zu werden, um die Genehmigung
dazu zu erteilen oder zn veisagen.
Hiernach bleibt dem K. Prov.Scfa.C. überlassen, Sein Ver&hren in dieser
Angelegenheit, um die Schalen wie die Lehrer vor Nachteil zu schützen, nach
eigenem pflichtm. Ermessen einzurichten."
CVerf. T. 37. Apr. 1854: ,Jn Betreff der Erteilung von Prival-
nnt er rieht durch Lehrer höherer Lehranstalten an Schüler derjenigen
Klassen, in welchen sie unterrichten, finde ich mich veranlafst. Folgend««
festzusetzen: Wird bei der Au&iahme und Versetzung der Schüler mit gewissen-
hafter Strenge verfahren, und ist der Unterricht überhaupt wohlgeordnet, so
kann das Bedürfnis der Privatnachhülfe nur in auTserordentL F&llen vorkommen.
Ob solche vorhanden sind, ist nicht ohne Mitwirkung des Dir. der Anstalt zu
entscheiden, da er ebensowohl darauf zn sehen hat, dafä der Elassenunterr.
seinen Zweck an den Schülern erreiche, wie darauf, dafs diese die rechte
für denselben behalten. Andererseits wird die Privatnachhälfe,
nd einem Grande nOthig erscheint, in der Begel am zweck-
lemjenigen Lehrer übernommen werden, welcher in dem betr.
tlasse unterrichtet Demnach sind die Dir. mit Anweisung
n, dalä hinfort jeder Lehrer, welcher gegen Honorar an Schüler
ratunterr. zu geben veranlafst wird, dazu vorher die Genehmigimg
ichen hat. Dieser hat die Fille, in welchen er dieselbe erteil^
be der jedesmaligen Gründe, zu notiren and eine Uebeisicht
Departementsrath bei der nächsten Anwesenheit desselben zur
rorznl^en. Dafs Schüler der unteren und mittL Klassen,
geschieht, ihre Schalarbeiten unter der Aufsicht eines Klaasen-
1, soll nicht gehindert werden; doch wird den Dir. znr Pflicht
, daranf in achten, dafs dgL bezahlte Arheitsatonden keine
Behandlung und Beurteilung der Schüler zur Folge haben."
Min. Verf. v. 30. Apr. 1875: „Hie und da hat die Prar.
den üniuträglicbkeiton, welche ans der Aufnahme von
265
Pensionären und dnrch Priyatnnterr. seitens der Dir. und Lehrer entstehen
können, dadurch vorgebeugt, dafs sie sich regelmäfsig an bestimmten Terminen
eine tabellar. Uebersicht aUer solcher Nebenbeschäftigungen der Dir. und Lehrer
einreichen läTst nnd es sich vorbehält, ein Verbot da eintreten zn lassen, wo
thatsächl. Uebelstände wahrgenommen worden sind. Ein solches Verfahren ist
geeignet, ebensowohl das Interesse der Schnle, wie das persönliche der Lehrer
selbst zu wahren." —
Aus einer Min. Verf. v. 6. Oct. 1882 (CB. 1882 S. 716 f.). „Die auf
Erwerb gerichtete auTseramtliche Beschäftigung eines öffentl. Lehrers mit der
Erteilung von Privatunterrichtsstunden charakterisirt sich als Betrieb eines
Gewerbes, zu welchem öffentliche Lehrer als Beamte gemäfs § 19 der Preufs.
AUgem. Gewerbeordnung vom 17. Jan. 1845 die Erlaubnis ihrer vorgesetzten
Dienstbehörde bedürfen. . . .
Die Erteilung von Privatunterr. seitens des Klassenlehrers an Schüler
seiner eigenen EL, wenn derselbe dafür Bezahlung nimmt, ist zwar im Allgem.
nicht für zulässig zu erachten wegen der damit in der Begel verbundenen
XJnzuträglichkeiten. Es giebt aber Ausnahmefälle, in welchen, wie z. B. nach
längerer Versäumnis der Unterrichtsstunden wegen Krankheit, Nachhülfestunden
durch den Klassenlehrer, auch wenn sie gegen Bezahlung erteilt werden, nicht
blofs für statthaft zu erachten sind, sondern unter Umständen selbst erwünscht
und erspriefslich erscheinen können." Der Min. etc. v. Gofsler.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 12. Mai 1882. „Wir
sehen uns veranlafst, an die Bestimmungen der C.Verf. v. 27. Apr. 1854
betreffend die Erteilurfg von Privatunterricht durch Lehrer höh. Lehranstalten
an Schüler derjenigen Klassen, in welchen sie unterrichten, zu erinnern und
machen es den Directoren (Bectoren) zur Pflicht, auf die genaue Beachtung
dieser Bestimmungen ihrerseits und von Seiten der Lehrer ihr besonderes
Augenmerk zu richten und die Befolgung derselben in der ersten Lehrerconferenz
jedes Schulsemesters einzuschärfen, auch, dafs dieses geschehen, in dem bezüglichen
Protokolle zu bemerken. Vor Allem ist festzuhalten, dafs die Erlaubnis zu
Privatunterricht der bezeichneten Art gegen Honorar nur „in aufserordentlichen
Fällen" zu erteilen ist und der Dir. „die Fälle, in welchen er dieselbe erteilt,
mit kurzer Angabe der jedesmaligen Gründe, zu notiren und eine Uebersicht
davon deui betr. Departementsrath bei der nächsten Anwesenheit desselben zur
Kenntnisnahme vorzulegen" hat. Ebenso sind die Lehrer an die Bestimmung
der Instr. für Lehrer v. 15. Jan. 1868, HI, 7, h (s. S. 248) zu erinnern, nach
welcher sie überhaupt zur Uebemahme von Privatstunden und Aufnahme von
Pensionären die Genehmigung des Dir. vorher einzuholen haben."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 13. Febr. 1884. „Nach
den im vorigen Jahre erstatteten Berichten, betreffend den von Lehrern an den
dortigen höh. Schulen erteilten Privatunterricht, haben sich entschieden tadelns-
werthe Mifsbräuche in dieser Beziehung dort nicht herausgestellt. Indessen
läfst sich doch andererseits nicht verkennen, dafs die Uebemahme von Privat-
unterrichts- und Arbeitsbeaufsichidgungs-Stunden seitens einiger der gedachten
Lehrer eine Ausdehnung gewonnen hat, welche nach verschiedenen Seiten hin
Bedenken erregen kann. Wir machen die Herren Dirigenten zu eigener
Beachtung, sowie zu geeigneter Mitteilung an die betr. Lehrercollegien hierdurch
auf Folgendes aufmerksam.
Zunächst ist es an jeder Schule die gewiesene Pflicht des Directors und
der Lehrer, ernstlich und anhaltend dafür Sorge zu tragen, dafs der Lehrstoff
in der Weise vorgetragen und in den Unterrichtsstunden durch mannigfache
Uebungen zu freiem Eigentum der Schüler gemacht, sowie dafs sämtliche
266
häusliche Arbeiten, nicht allein die schriftlichen, sondern auch die Präparationen,
Bepetitionen, Memoriraufgaben n. s. w. dnrch die betr. Lehrer in der Schule
80 vorbereitet werden, dafs auch diejenigen Schäler, welche ihrer Begabung
nach zum gewöhnlichen Mittelschlage gehören, im Stande sind, ohne anfser'
ordentliche Hülfe seitens ihrer Angehörigen oder durch Frivatlehrer dem
Schulunterricht zu folgen und die häuslichen Arbeiten ordnungsmäisig an-
zufertigen.
Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe wird allerdings in erheblicher Weise
erschwert, wenn die Schülerzahl in einzelnen Klassen eine aufsergewöhnlich
grofse ist, sowie wenn die LebensverhältDisse einer Stadt so geartet sind, dafs
die Schüler zu Hause nicht durchweg zu fester Ordnung angehalten und in
ihren Beschäftigungen überwacht werden können, oder dafs von aufsen vielfache
Gelegenheit zu Vergnügungen und Zerstreuungen an sie herantritt. — Aber
auch unter solchen Umständen mufs die Schule der vorgedachten Pflicht stets
eingedenk sein; darf sich nicht von vornherein mit der bequemen Ausrede
beruhigen, dafs angesichts der im Obigen angedeuteten Schwierigkeiten die
Schale das ihr vorgesteckte Ziel mit eigenen Mitteln allein zu erreichen nicht
im Stande sei; mufs es vielmehr trotz der ungünstigen Verhältnisse durch
liebevolle, rastlose Hingebung der Lehrer an ihren Beruf, sowie durch die an-
regende Kraft eines methodisch geordneten, klar und anschaulich gehaltenen
Klassenunterrichts thunlichst dahin zu bringen suchen, dafs die Schüler, sofern
nicht durch Erkrankung oder anderweitige aufserordentliche Störung Ausnahms-
zustände eintreten, zu einem regelmäfsigen Fortschreiten auf den Gebieten des.
Schulunterrichts keiner fremden Hülfe bedürfen. Jedenfalls hat es das Lehrer-
collegium als eine Ehrensache anzusehen, etwaigen in .Schüler- oder Eltern-
kreisen auftauchenden Meinungen, wie sie auch in dortiger Stadt laut geworden
sind, dafs die Schule. im Allgemeinen auf Unterstützung durch Privatunterricht
rechne, auf das bestimmteste entgegen zu treten und dieselben durch die That
zu widerlegen.
Auch in anderer Beziehung ist es dem Bufe der Schule nicht zuträglich,
wenn Ansichten der gedachten Art im Schwange sind, da es grofsenteils gerade
Lehrer der betr. Anstalten sind, welr^e sich mit der Erteilung jener Privat-
stunden befassen.
Wir hegen allerdings zu der Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue der
Lehrer unseres Amtsbereichs das zuversichtliche Vertrauen, dafs sie sich in
keiner Weise eine Bevorzugung derjenigen Schüler, zu Welchen sie durch
Erteilung von Privatunterricht in nähere Beziehung getreten sind, zu schulden
kommen lassen werden. Aber wir können es nicht hindern, dafs das Publikum
vielfach ungünstig urteilt; und diese Gefahr wird um so gröfser, je mehr das
Honorar, welches Lehrer der höh. Schulen für den an Schüler derselben erteilten
Privatunterricht nehmen, dasjenige Honorar übersteigt, welches für Privatlehrer
ortsüblich ist. Wir brauchen nicht erst darauf hinzuweisen, welch verderblichen
Einflufs solche Ansichten, welche, wenn sie auch keinen thatsächlichen Grund
haben, doch nach Lage der Umstände nut selten mit aller Bestimmtheit als
unrichtig erwiesen werden können, auf weite Kreise auszuüben vermögen.
Die Lehrer werden, nm die ihnen zukommende Vertrauensstellung unbedingt
2U wahren, alles, was auch nur den Schein parteilichen Wesens hervorrufen
könnte, thunlichst zu meiden haben. Es ist daher, namentlich in gröfseren
Städten, in welchen es an geeigneteren Lehrern für die verschiedenen Unterrichts-
fächer nicht fehlt, den Dirigenten höherer Schulen besondere Vorsicht und
sorgsame Prüfung jedes vorliegenden Falles anzuempfehlen, wenn es sich darum
handelt, ob sie einem Lehrer der Anstalt gestatten sollen, Schülern aus einer
Klasse, in welcher er selbst unterrichtet, gegen Honorar irgend welchen Privat-
unterricht zu erteilen.
267
Mit BeziehQDg auf das Vorstehende, sowie unter Einweisung auf die
Ministerial-Erlasse vom 27. April 1854 und vom 30. April 1875 sprechen wir
den Herren Dirigenten der dortigen höh. Schulen hierdurch unsere Erwartung
ans, dafs Sie unausgesetzt dem von Lehrern der unter Ihrer Leitung stehenden
Anstalten erteilten Privatnnterricht, sowie auch dem Halten von Pensionären
seitens derselben Ihre volle Aufmerksamkeit widmen und dafür Sorge tragen
werden, dafs die Interessen der Schäler und der Buf der Anstalt darunter
nicht leiden.
Damit auch wir aber in die in Betracht kommenden Verhältnisse einen
Einblick gewinnen und dem Herrn ünterrichtsminister darüber berichten können,
so ordnen wir hierdurch zugleich bis auf Weiteres an, dafs die Herren Dirigenten
alljährlich Tier Wochen nach Ostern, — und zwar zum ersten Male im Jahre 1885 —
eine tabellarische Uebersicht aller der Fälle, für welche Sie während des vorher-
gegangenen Schuljahrs den Lehrern Erlaubnis gegeben haben, ihren Schülern
gegen Honorar Privatunterricht oder Arbeitsstunden zu erteilen,, unter Beifügung
der wöch. Stundenzahl bei uns einreichen. Etwaige weitere Bemerkungen,
zu welchen die Erfahrungen Anlafs geben, welche in dem vorhergehenden
Schuljahre hinsichtlich des Privatunterr. der Lehrer oder des Haltens' von
Pensionären seitens derselben sich dargeboten haben, sind in den Begleitbericht
aufzunehmen. Auch in den periodischen Verwaltungsberichten ist dieser
wichtige Gegenstand regelmäfsig zu erörtem.^^
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 29. Jan. 1878. „Es
ist in jüngster Zeit häufiger bemerkt worden, dafs von Mitgliedern der Beife-
prüfungscommission Privatunterricht an Prüfungsaspiranten, seien es
Schüler der Anstalt oder Extraneer, erteilt wird. Einen derartigen Privat-
unterricht gänzlich zu untersagen, liegt nicht in unserer Absicht, da es Fälle
geben kann, in welchen derselbe als gerechtfertigt erscheinen darf. Andrer-
seits läfst sich nicht verkennen, dafs dieser Unterricht in der Mehrzahl der
Fälle etwas Bedenkliches hat und die Prüfungscommission leicht in den Verdacht
einer ungerechtfertigten Nachsicht bringen kann. Den Directoren, welche von
dem an Schüler der Anstalt erteilten Privatunterr. Kenntnis zu nehmen haben,
wird daher wiederholt empfohlen, etwa vorkommende FäUe der bezeichneten
Art genau zu prüfen und bei irgend welchem Bedenken ihre Genehmigung zu
versagen, von den genehmigten Fällen aber dem E. Prüfungs - Commissarius
rechtzeitige Kenntnis zu geben. Hinsichtlich des an Extraneer von Mitgliedern
der Prüfungscommission erteilten Unterrichtes läfst sich ein ähnliches Verfahren
zwar nicht vorschreiben, da die Zuweisung der Extraneer durch uns und in der
ßegel erst kurz vor der schriftlichen Prüfung erfolgt. Die Directoren wollen
indessen den Mitgliedern der Prüfungscommission mitteilen, dafs wir in der
Begel keinen Extraneer zur Maturitätsprüfung einer Schule zuweisen werden,
durch deren Lehrer er sich hat vorbereiten lassen. . ."
Vrgl. aufserdem das in den Directoren- und in den Lehrer-Instructionen
über Privatunterricht und Nebenämter Bemerkte.
Nebenämter.
Aufser der Bibliotbeksverwaltung und der Aufsicht über andere wissensoh.
Sammlungen und Lehrmittel kommt an den Schulen selbst die V er ein-
nah mung des Schulgeldes als Nebenamt der Lehrer vor. Vgl. Abt 1 S. 386.
Ueber das dabei zu befolgende Verfahren, die Höhe der Remuneration und
Oaution u. s. w. sind allgm. Bestimmungen nicht erlassen.
Die Uebemahme von Nebenämtern aufserhalb der Schule kann den
Lehrern nicht unbedingt untersagt werden. Sie bedürfen aber dazu der Zustim-
mung jedenfalls des Dir. der Schule, welcher meistens auch noch die Genehmigung
268
der vorgesetzten Aufsichtsbehörde einzuholen hat; vgl. die obigen DienstinstructioneD.
Letztere erteilt die Erlaubnis zur Annahme eines Nebenamts nur auf Widerruf ^
oder nur auf eine bestimmte Zeit, oder für ein bestimmtes, nach Ablauf einer ge^
wissen Zeit von selbst endendes Geschäft, ohne dafs wegen des unter veränderten
Umständen erfolgenden Widerrufs ein Anspruch auf Entschädigung für die ver-
lorenen Emolumente des Nebenamts anerkannt werden kann.
Allerh. Erlafs- v. 27. Jnni 1884 an das Staatsministerinm. „Auf den
Bericht vom 25. d. M. bestimme Ich hierdarch, dafs fortan Beamte, welche von
Mir resp. mit Meiner Genehmigung angestellt worden sind, ohne Meine Erlanbms
ein Nebenamt in einem anderen Staate nicht annehmen dürfen.'* gez. Wilhelm.
CO. V. 13. Juli 1839 (GS. p. 235): „1. Kein Staatsbeamter darf ein
Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit welcher eine fortlaufende Bemnn^
ration verbunden ist, ohne vorgängige ausdrückl. Genehmigung derjenigen Central-
behörden übernehmen, welchen das Haupt- und das Nebenamt untergeben sind.
3. Die üebertragung von Nebenämtern oder Nebenbeschäftigungen darf in der
Eegel nur auf Widerruf stattfinden. Die Centralbehörden des Haupt- wie des
Nebenamts sind gleich befugt, diesen Widerruf eintreten zu lassen, ohne dafs
eine Beschwerde darüber zulässig ist oder eine Entschädigung für den Verlust
der mit dem Nebenamte oder Geschäfte verbundenen Einnahmen oder Vorteile
in Anspruch genommen werden kann. 5. Alle Einnahmen und Emolumente,
welche ein Beamter auTser dem mit seinem Hauptamt verbundenen Einkommen
aus Staats-, Instituten-, Gorporations- oder anderen Kassen und Fonds bezieht,
müssen in demjenigen Etat, worin das Hauptamt aufgeführt ist, genau vor der
Linie vermerkt werden."
Nach der CO. v. 25. Juli 1840 findet die CO. v. 13. Juli 1839 directe An-
wendung zwar nur auf unmittelbare Staatsbeamte^), mithin auf Dir. und
Lehrer an allen Unterrichtsanstalten königl. Fatronats. Jedoch sind die darin
enthaltenen Vorschriften, insbesondere über die Nothwendigkeit der Zustimmung
der Aufsichtsbehörde für das Hauptamt, über die Widerruflicbkeit dieser Zustim-
mung und über die Etatisirung der Nebeneinnahme auch für die Üebernahme von
Nebenämtern seitens der Dir. und Lehrer an den Schulen nicht königl. Fatronats
mafsgebend.
C. Verf. V. 19. Juli 1875. „Mit Bezug auf die Bestimmungen im § 1
des Gesetzes v. 10. Juni v. J. (GS. p. 244) veranlasse ich die K. Regierung etc.,
Fürsorge zu treffen, dafs vom 1. Jan. 1876 ab von den zum Ressort derselben
gehörigen unmittelbaren Staatsbeamten keiner mehr eine mittelbar oder unmittelbar
mit einer Remuneration oder einem Vermögensvorteile verbundene Stellung als
Mitglied des Vorstandes, Aufsichts- oder Verwaltungsrathes einer Actien-
Gommandit- oder Bergworks-Gesellschaft oder in einem Comit^ zur
Gründung solcher Gesellschaften einnimmt .'* Der Min. etc. Falk.
C.Verf. V. 31. Oct. 1841: „Es sind Allerh. Orts durch Befehle v.
14. Jan. 1833 und 25. Aug. 1841 nähere Bestimmungen darüber erlassen
worden, unter welchen Bedingungen die üebertragung eines Staatsamts oder
eines anderen Nebenamts auf einen Geistlichen zu gestatten, und in welcher
^) Unmittelbare und mittelbare l^taatsdiener: A.LR. T. II Tit 10
§ 68. „Alle Beamte des Staats, welche zum Militirstande nicht gehören, sind
unter der allgm. Benennung von Civilbedienten begriffen. 69. Dergleichen Beamte
stehen entweder in unmittelbaren Diensten des Staats, oder gewisser demselben unter-
geordneter OoUegien, Corporationen und Gemeinden." Vgl. oben S. 104 and
trafgesetzbuch für das deutsche Reich § 359. „Unter Beamten im Sinne dieses
Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reichs oder in unmittelbarem
oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur
vorläufig angestellte Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet
haben oder nicht."
26,9
Weise das Interesse der Eirchenpatrone und der Pfarrgemeinden dabei zu
berücksichtigen ist. Gleichzeitig ist Allerh. Orts anbefohlen, dafs eben diese
Bestimmungen auch auf Lehrer an öffentl. Schulen, die einem Privat-
patronat unterworfen sind, Anwendung finden sollen.
Die K. Begierung erhält anliegend (a) Abschrift eines an die E. Consistorien
erlassenen Circulars, in welchem die in solchen Fällen zu berücksichtigenden
Funkte näher entwickelt sind, mit dem Auftrage, nach den daselbst vor-
geschriebenen Grandsätzen und den Vorschriften der CO. v. IB. Juli 1839
(s. S. 268), auch in Ansehung der ihrer Aufsicht unterworfenen öffentl. Lehrer
zn verfahren. Die Befugnisse, welche in Ansehung der Geistlichen den
E. Consistorien übertragen sind, werden in Ansehung der öffentl. Lehrer nach
Yerschiedenheit der Fälle von den E. Prov.Sch.CC. und Kegierungen ausgeübt."
(a) C.Verf. an die E. Consistorien v. 31. Oct. 1841: „Auf Veranlassung
einer städt. Patronatsbehörde ist bereits in den Jahren 1833 und 1839 die Frage
in Anregung gebracht worden:
Ob ein Geistlicher zur Annahme eines, neben seinem Seelsorgeramt ihm
übertragenen Staatsamts oder eines anderen Nebenamts der vorgängigen Ge-
nehmigung des Eirchenpatrons bedürfe und ob letzterer befugt sei, diese Genehmigung
in der Vocation des Geistlichen für künftige Falle ausdrückl. vorzubehalten ; sowie,
welche Vorkehrungen zu treffen seien, um zu verhüten, dafs ein Geistlicher durch
dgl. anderweitige Aemter seinem nächdten Beruf entfremdet werde und das Interesse
seiner kirchl Gemeinde darunter leide.
Des Eönigs Maj. haben auf einen Bericht meines Amtsvorgängers durch
CO. V. 14. J.an. 1833 zu bestimmen geruht:
Dafs der Eirchenpatron nicht befugt sei, den Vocatiönen der Geistlichen
die Nichtannahme von Staatsämtem als Bedingung beizufügen oder die Geist-
lichen durch besondere Reverse vor Antritt des Pfarramts dazu zu verpflichten.
Dagegen könne das Recht und die Obliegenheit desselben nicht bezweifelt werden,
dahin zu sehen, dafs die Seelsorge und die Aufsicht auf das Schulwesen in den
Pfarrgemeinden von den -Geistlichen nicht vernachlässigt werde. Wenif er eine
Versäumnis hierin wahrnehme, so habe er solche auf dem gesetzl. vorgeschriebenen
Wege bei der vorgesetzten Behörde anzuzeigen und Remedur nachzusuchen, welche
nach vorgängiger Ermittelung der Thatsachen zu veranlassen seL Ergebe sich
bei dieser Untersuchung, dafs die Beschwerde durch die Beschäftigung des
Geistlichen in der Staatsverwalt^unff verursacht werde, und lasse sie sich auf
andere TV eise, etwa durch einen Personenwechsel oder durch Erleichterung in
den Arbeiten nicht erledigen, so sei es eben so billig als gerecht, dafs für die
Seelsorge und Schulaufsicht in den Pfarr^emeinden eine Aushülfe auf Eosten des
Staats geschafft werde. Hiernach sei m vorkommenden Fällen zu verfahren,
und sofern es einer Anweisung des erforderl. Eostenaufwands bedürfe, darüber
zu berichten.
Auf einen späteren Bericht des E. Staatsministeriums haben des Eönigs
Maj. durch CO. v. 25. Aug. d. J. zu entscheiden geruht:
Dafs den Eirchenpatronen überhaupt nicht gestattet werden könne, in die
Vocatiönen der von ihnen berufenen Geistlichen beschränkende Bedingungen in
Betreff der Uebemahme von Nebenämtern und Beschäftigungen einzurücken,
.und in Folge der in der Ordre v. 14. Jan. 1833 wegen der Uebemahme von
Staatsämtem seitens der Geistlichen getroffenen Bestimmungen ferner festzusetzen:
Dafs ein Geistlicher ein anderes Nebenamt als ein königl. Amt nur mit
Genehmigung des Prov.Consistoriums übernehmen dürfe, welches darüber zuvor
den Patron und den Eirchenvorstand der Gemeinde mit ihren Gutachten zu hören
habe. Auch sollten die Consistorien, mit Vorbehalt des Recurses an den Min.
der geistl. etc. Angl., darüber entscheiden, ob der mit einem Nebenamt zu beauf-
tragende Geistliche einer Hülfe oder Stellvertretung in seinem Hauptamt bedürfe,
und welche Vergeltung dafür, und aus welchen Mitteln dieselbe zu gewähren sei;
wobei jedoch aus der Uebertragung eines Nebenamts an einen Geistlichen dem
Patron niemals eröfsere Leistungen als die bisherigen wider seinen Willen zuge-
muthet werden dürften.
il70
Des Königs Maj. haben mich zugleich beauftragt, die Consistorien von dieser^
Bestimmungen in Kenntnis zu setzen und dieselben über die bei Genehmigung der
TJebernahme von Nebenämtern seitens der Geistlichen anzuwendenden Grundsätze,
wie solche in dem Sr. Maj. erstatteten Vortrag angedeutet waren, mit näherer
Belehrung zu versehen.
Aus diesen mitgeteilten Allerh. Bestimmungen ergiebt sich zunächst, dafs
die Aufnahme einer beschränkenden Klausel wegen der TJebernahme von Neben-
ämtern irgend einer Art in die Vocationen der Geistlichen oder die Aus-
stellung besonderer Reverse hierüber bei deren Amtsantritt unzulässig und
wirkungslos ist.
Die Uebertragung eines Amts des Kirchenregiments auf einen Geistlichen,
wie z. B. der Superintendentur, des Amts als Consistorialrath u. s. w. geht in
gleicher Weise wie bisher von den dazu ermächtigten Behörden aus, und sind
dieselben in der Auswahl der ausgezeichnetsten und verdientesten Geistlichen nicht
beschränkt. Dem Patron oder der Gemeinde steht ein Widerspruchsrecht gegen
die Ernennung ihres Pfarrers zu einem solchen Amt nicht zu. Ergiebt sich aber,,
dafs ein solcher Geistlicher durch die Pflichten seines kirchenregimentl. Amts zu
sehr in Anspruch genommen« den Angl. seiner Pfarrgemeinde nicht mehr die erforderl.
Sorgfalt zu widmen im Staude ist, so hat das K. Consistorium auf Anrufen des
Patrons oder der Gemeinde, zunächst zu prüfen, ob auf irgend eine Weise eine
Geschäftserleichterung für den Geistlichen bewirkt werden kann, und wenn dieses
nicht der Fall ist, zu bestimmen:
1. in welchem Umfange eine Aushülfe oder eine Stellvertretung für den
Geistlichen erforderlich, 2. welche Remuneration dafür zu gewähren ist. Den
Beteiligten bleibt wegen dieser Entscheidung der Recurs an mich vorbehalten.
Wegen der Beschaffung der erforderl. Remuneration aus Staatsfonds ist, sofern
nicht darüber etwa ein freiwilliges Abkommen mit dem zu vertretenden Geistlichen
selbst geschlossen werden kann, an mich zu berichten.
Was die Uebemahme von anderen Aemtem durch einen Geistlichen anbetrifft^
so steht den Patronen und Gemeinden auch in dieser Beziehung ein unbedingtes
Recht des Widerspruchs nicht zu. Der Geistliche aber, welchem ein solches Neben-
amt aufgetragen wird und welcher zu dessen üebernahme geneigt ist, hat zu
diesem Behuf zuvor die Erlaubnis des ihm vorgesetzten Consistoriums nachzusuchen.
Das Consistorium hat sodann den Patron und die Vorsteher der Pfarrgemeinde
darüber zu hören, und die von denselben etwa vorzubringenden Gründe des Wider-
spruchs näher zu prüfen. Nach Befund derselben ist diese Erlaubnis zu erteilen
oder zu vei*sagen.
Es versteht sich von selbst, dafs den 'Geistlichen nur die üebernahme
solcher Nebenämter gestattet werden kann, deren Ausrichtung dem Amt und der
Würde eines Geistlichen keinen Eintrag thut. Als angemessene Beschäftigungen
werden hier beispielsweise erwähnt: die Erteilung von Religionsunter-
richt in Öffentl. oder Privatschulen, die Teilnahme an der Verwaltung
von Armenkassen und milden Stiftungen u. s. w.
Es wird ferner festzuhalten sein, dafs die Beschäftigung in einem Nebenamt
den Geistlichen seinem nächsten Beruf, als Seelsorger für das geistige Wohl seiner
Gemeinde zu wirken, nicht entfremden darf. Zeitraubende Nebenbeschäftigungen
können daher in der Regel solchen Geistlichen nicht gestattet werden, welche
entweder in ihrer Gemeinde allein stehen, oder denen doch die Pflicht der Seel-
sorge vorzugsweise obliegt, üeberhaupt wird um der Beschäftigung eines Geist-
lichen in einem Nebenamt willen, aufser den oben bezeichneten Aemtern, die sich
auf eine Ausübung des Kirchenregiments beziehen, eine Vertretung oder Aushülfe
in seinem eigentlichen, kirchl. Beruf nicht leicht zu gestatten sein. Sollte durch
besondere örtl. Verhältnisse ausnahmsweise eine Abweichung von dieser Regel
motivirt werden, so liegt es dem K. Consistorien ob, gleichzeitig für die Anordnung
einer ausreichenden Beihülfe oder Stellvertretung zu sorgen, deren Kosten jedoch
in diesem Fall weder aus Staatsfonds zu entnehmen sind, noch auch dem Patron
oder den Gemeinden angemuthet werden dürfen. Vielmehr wird es dem Geistlichen
selbst oder der Anstalt, welche seine Hülfe erbittet, obliegen, die Mittel zur Be-
soldung eines Stellvertreters aufzubringen.
Endlich ist bereits durch das Gesetz v. 13. Juli 1839 (s. p. 268) vorge-
schrieben, dafs die vorgesetzte Behörde die Erlaubnis zur Annahme eines Nebenamts
271
nur auf Widerruf oder doch nur auf eine bestimmte Zeit oder für ein bestimmtes,
nach Ablauf einer gewissen Zeit von selbst endendes Geschäft, zu erteilen hat,
ohne dafs wegen des unter veränderten Umständen erfolgenden Widerrufs ein
Apspruch auf Entschädigung für die verlorenen Emolumente des Nebenamts aner-
kannt werden kann. Ist mit dem Amt des Oeistlichen unmittelbar noch eine
andere Beschäftigung, als was zunächst dazu gehört, z. B. die Verwaltung: kirchl.
Armenkassen, verbunden, so iällt die Nothwendigkeit einer besonderen Erlaubnis
hierzu von selbst fort.
Nach diesen Grundsätzen hat das^K. Consistorium in vorkommenden Pällen
zu verfahren.**
Zur üebernahme von Functionen bei der städi Gemeindeverwaltung:
C.Verf. V. 24. Febr. 1851. „Die HH. Minister des Innern und der
Finanzen haben sich in dem im 10. Stück des Min. Blatts für 1850 abge-
druckten Erlafs an den H. OPräsidenten der Rheinprovinz v. 7. Nov. v. J.
dahin ausgesprochen, dafs für Staatsbeamte zur Üebernahme von Functionen bei
der neuen Gemeindeverwaltung die Genehmigung der vorgesetzten DienstbehördjB
erforderlich sei. Ich erkläre mich hiermit einverstanden und veranlasse die E.
Begierung demgemäi's auch hinsichtl. der Beamten meines Bessorts zu verfahren.'*
Min.Verf. v. 23. April J864: — „Lehrer an städt. Gymn. können für
Gemeindebeamte im Sinne der Städteordnung v. 30. März 1853 nicht gehalten
werden, eine Auffassung, welche auch durch § 56 Nr. 6 der Städteordnung
unterstützt wird, und mit welcher auch das K. Minist, des Innern sich wiederholt
einverstanden erklärt hat Wenn hiemach solche Gymnasiallehrer an sich zu
Stadtverordneten wählbar sind, so ist doch ihr Eintritt in die Stadtverord-
neten-Versammlung immer von dem Dafürhalten der Aufsichtsbehörde
abhängig, welche ihre Genehmigung dazu verweigern oder, wenn sich aus der
Teilnahme eines Lehrers an den Geschäften der Stadtverordneten-Versammlung
ünzuträglichkeiten ergeben, zurücknehmen kann.'*
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 14. Juni 1864: „Nach
einem uns von dem Herrn Minister unter dem 23. April d. J. zugefertigten Rescript
ist besonders darauf hingewiesen worden, dafs die Lehrer Sämtlicher zu unserem
Bessort gehörenden höh. ünterrichtsanstalten zu ihrem Eintritt in die Stadt-
verordneten-Versammlungen der besonderen diesseitigen Genehmigung bedürfen.
Obgleich dieser Grundsatz keineswegs neu ist, vielmehr aus den längst
bestehenden gesetzl. Bestimmungen fliefst, sind doch auch jetzt wieder Fälle
vorgekommen, in denen die Einholung der Genehmigung unterblieben ist. Wir
veranlassen Sie deshalb bei etwan. Wahlen von Lehrern an der Ihnen unter-
gebenen Anstalt zu Stadtverordneten, dieselben zu veranlassen, uns das von
Ihnen mit einer gutachtl. Aeufsening zu versehende Gesuch wegen Erteilung
der Genehmigung unverzügl. einzureichen. Für den Fall aber, dal's Ihrer Auf-
forderung zu diesem Ende nicht sofort Folge geleistet werden sollte, sehen wir
Ihrer besonderen Anzeige von der Wahl entgegen."
Mitglieder des Magistrats können nach § 30, 3 der Städteordnung
V. 30. Mai 1853 Lehrer an öffentlichen Schulen nicht sein.
Vormundschaften brauchen die Lehrer gemäfs der Bestimmung des
A. LB. II. Tit. 18. § 213 nur über Kinder von Verwandten und Amtsgenossen
zu übernehmen, üeber die erforderliche Genehmigung vgl. die Lehrerinstructionen
S. 232, 236, 239, 256.
C.Verf V. 25. Mai 1883. „Die Frage, ob öffentl. Beamte nach der bestehenden
Gesetzgebung verpflichtet seien, sich in Civilprozefs- u. Strafsachen als gerichtl.
Sachverständige vernehmen zu lassen, ist zwischen den Herren Ministern des
Innern, der öff. Arbeiten, für Landwirthsch. Dom. und Forsten, für Handel und
272
Gew., der Finanzen und mir einer eingehenden Erörterung unterzogen worden.
Nachdem die bez. Verhundlungen zum Abschlufs gekommen sind, mache ich es
allen unmittelbaren Staatsbeamten meines Bessorts hierdurch zur Pflicht, in
allen Fällen einer an sie ergehenden gerichtlichen Vorladung aj als Sach-
verständige, b) als aufserhalb des Wohnorts zu vernehmende Zeugen, c) als
Zeugen über Umstände, auf welche sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit
bezieht, ihrer nächsten vorgesetzten Dienstbehörde unter Angabe des Sach-
verhältnisses, in welchem die Vernehmung erfolgen soll, und unter näherer
Darlegung der Grunde, welche etwa im Dienstinteresse die Vernehmung als
unzulässig oder nachteilig erscheinen lassen, sofortige Anzeige zu machen, damit
die vorgesetzte Behörde rechtzeitig, d. h. vor dem Termine, das ilir gesetzlich zu-
stehende Einspruchsrecht wahren und event. für die gehörige Vertretung während
der Terminsdauer sorgen kann. Diese Anordnung erstreckt sich euch auf die
Fälle, in welchen die gedachten Beamten durch einen Angeklagten unmittelbar
vorgeladen werden sollten. (§ 219 der Straf-Procefs-Ordnung.)*' I.V.. gez. Lucanus.
Teilnahme an den Prufungscommissionen für einjährig
Freiwillige.
C.Verf. des Finanzmin. und de^ Min. des Innern v. 7. Mai
1860 (an die K. OPräsidenten) : „Als aufserordentliche von den HH. OPräsi-
denten zu ernennende Mitglieder der Prüftingscommissionen für einjähr. Frei-
willige sind in § 26 der Instr. v. 9. Dec. 1858 (vgl. Wehrordn. v. 28. Sept.
1875 § 92, Abt. I S. 461) der Dir. und ein Lehrer oder 2 Lehrer eines Gymn.
oder einer Bealschule bestimmt worden; wogegen die durch § 4 der Instr. v.
21. Jan. 1822 getroffene Anordnung der Zuziehung von sachverständigen
Männern des Kaufmanns- und Fabrikantenstandes, der Landwirthschaft, sowie
des Standes der Künstler und kunstgerechten Arbeiter aufgehoben ist
Da den bei der Prüfung der zum einjähr, ireiwill. Militärdienst sich
meldenden jungen Leute als Examinatoren zuzuziehenden Lehrern eine gesetz-
liche Verpflichtung zur Mitwirkung bei dieser Prüfung nicht obliegt, so geneh-
migen wir hierdurch,, dafs den gedachten Lehrern für jeden einzelnen Tag, an
welchem dieselben bei der Prüfung zugegen gewesen sind, 3 Thlr. Prüfungs-
gebühren aus dem Extraordinarium der betr. Begierungs-Hauptkasse gewslbrt
werden. [Durch Verf. des Finanzmin. und des Min. des Innern v. 22. Jan. 1875
ist der Betrag auf 4 Thlr. tägl. erhöht worden.]
Ew. pp. ersuchen wir ergebenst, das Weitere hiemach gefälligst zu ver-
anlassen und im Interesse der Staatskasse dahin zu wirken, dafs bei den
Prüfungscomm. Ihres Verwaltungsbezirks die Dauer der Prüfung auf das ohne
Beeinträchtigung des Zwecks der Prüfung zulässige Minimum der Tagezahl
beschränkt werde."
Ueber die Stellvertretungskosten bei Annahme einer Wahl z.um
Abgeordnetenhause s. Abschn. VI.
BeBtünmungen über Gesuche.
Dafs die Lehrer für ihre Gesache an die vorgesetzte Behörde die Yer-
mittelong des Dir. in Ansprach zn nehmen haben, ist in den Lehrerinstructionen
erinnert, ünterstützungsgesnche sind nicht unmittelbar an den Min., sondern
an die AuÜBichtsbehörde der Schule zu richten.
C.Verf. V. 22. Jan. 1851: „Die K. Regierungen und Prov.Sch.CC. sind
wiederholt veranlafst worden, den Lehrern und sämtlichen den E. Prov.Sch.CC.
untergeordneten zum Bessert des diesseii Min. gehörigen Beamten etc. bemerk-
lich zu machen, dafs Gesuche um Unterstützungen etc. nicht direct an mich.
273
sondern jedesmal zunächst an die vorgesetzte Provinzialbehörde
gerichtet werden sollen, welcher dann überlassen bleibt^ das Gesuch zu prüfen
und nach Befinden der Umstände darauf zu yerfagen, eine Unterstützung aus
den ihr zur Verfügung stehenden Fonds zu bewilligen oder aus Centralfonds
bei mir zu beantragen etc. Gleichwohl gehen noch immer zahlreiche Gesuche
der gedachten Art hier unmittelbar ein, welche dann der betr. Provinzialbehörde
zugefertigt werden müssen. Zur Vermeidung dieses Uebelstandes veranlasse ich
das K. ProY.Sch.C, die Lehrer und die betr. Beamten ihres Departements auf
die Eingangs erwähnten Bestimmungen zu verweisen und ihnen die Beachtung
derselben mit dem Bemerken zur Pflicht zu machen, dafs ich keine Unter-
stützung bewilligen werde, ohne das E. Prov.Sch.C. mit Seinem Gutachten über
die Bedürftigkeit und Würdigkeit des Bittstellers vorher gehört zu haben.
Bei dieser Veranlassung empfehle ich die gewissenhafteste und sorg-
fältigste Prüfung der Unterstützungsgesuche, welche sowohl durch die Be-
schränktheit der Fonds, als auch durch die Rücksicht auf eine gerechte Ver-
teilung derselben unabweisbar geboten ist Nur solchen Lehrern, Beamten etc.
können Unterstützungen gewährt werden, welche bei tadelfreier amtlicher Füh-
rung und anerkennenswerthen Leistungen sich durch ein musterhaftes Verhalten
in moralischer und polit. Beziehung, durch Treue gegen den König und Ge-
horsam gegen die Gesetze auszeichnen, eine ordenü. und sparsame Wirthschaft
führen und ohne eigene Schuld in Noth gerathen sind. Dafs die Festhaltung
dieses Grundsatzes die bestimmte Absicht der Behörde ist, wird das K. Prov.Sch.C.
den Beteiligten in geeigneter Weise zur Kenntnis bringen.
Nach gleichen Grundsätzen ist in allen Fällen zu verfahren, wo es sich
um eine Anstellung im Staatsdienst, Beförderung zu höherem Eange, Verleihung
von Orden oder Titeln, Versetzung in eine besser dotirte Stelle, Verleihung
von Gnadenpensionen, Stipendien etc. handelt. Alle solche Bewilligungen
können nur solchen Personen zu Teil werden, welche sich neben der geschäft-
lichen etc. Qualification durch tadellose, moralische und polit. Haltung, durch
Treue gegen den König und Gehorsam gegen die Gesetze auszeichnen.
Vor jeder Bewilligung etc. der gedachten Art hat das K. Prov.Sch.C. auf
zuverlässigem Wege über die Würdigkeit des Beteiligten in allen jenen Be-
ziehungen Nachricht einzuziehen und das Resultat zu den Acten zu vermerken,
damit bei künftig entstehender Nachfrage genaue Auskunft von dem K. Prov.-
Sch.C. erteilt werden kann.
In allen Anglgh. der gedachten Art, in welchen zu meiner Entscheidung
zu berichten ist, hat das K. Prov.Sch.C. das Erforderliche in jenen Beziehungen
zu vermerken, da der Bericht sonst zur Ergänzung zurückgehen würde. Bei
allen Nachweisungen, welche das K. Prov.Sch.C. über die von demselben ver-
fugten Anstellungen, verteilten Unterstützungen etc. einreicht, ist in dem Be-
gleitungsbericht zu bescheinigen, dafs gegen die Würdigkeit der Beteiligten in
allen oben gedachten Beziehungen nichts zu erinnern ist Etwanige Aus-
nahmen, die nur unter besonders dringenden Umständen vorkommen können,
sind für jeden einzelnen Fall speciell zu erläutern.
Die consequente Anwendung dieses Verfahrens wird, wie ich hoffe, eine
heilsame Einwirkung auf die Lehrer, Beamten etc. üben, die Guten ermuthigen,
Leichtsinnige aber, welche in Selbsttäuschung über ihre Leistungen und ihren
Wandel befangen sind oder sich nicht sorgfältig beobachtet glauben, vor
schlimmeren Folgen einer nicht tadelfreien Führung bewahren.''
Urlaub.
A. LB. T. IL Tit 10. § 92. „Kein Beamter darf den zur Ausübung seines
Amts ihm angewiesenen Wohnort ohne Vorwissen und (}enehmigung seiner
Vorgesetzten verlassen.
Wiei6, Vesordnnngen« II. 13
364
•
C.Verf. V. 14. Mai 1867: — „Nach den Angaben des K. Prov.Sch.C.
haben einzehie Lehrer hiesiger Gymnasien and Bealschnlen eich teils mit
Unterrichtsstunden an anderen Anstalten, teils mit Priyatstnnden
dermafsen überbürdet, dafs sie bei der Schnle, an welcher sie angestellt
sind, zur Vertretung in Nothfällen nicht herangezogen werden können und dafs
sie durch eine derartige Anstrengung unausbleibUch ihrer Leistungsfähigkeit
für das Hauptamt Abbruch thun. Ich bin mit dem K. Prov. Sch.C. ein-
verstanden, dafs hierin ein üebelstand lieg^ der Abhülfe verlangt glaube indes
nicht, dafs es dazu neuer allgemeiner Anordnungen bedarf, zumal da in jedem
einzelnen Falle die individuellen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen.
Wie Nebenämter von Lehrern nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde
übernommen werden dürfen, so können sie sich auch zur üebemahme von
Privatthätigkeit nur so weit für befugt erachten, wie es mit ihrer Pflicht far
ihr eigentliches Amt verträglich ist. Zu beurteilen, ob die Grenze eingehalten
oder überschritten wird, ist zunächst Sache des Dir., der u. a. auch, wie es bei
mehreren Anstalten geschieht, eine Bestimmung darüber treffen kann, für wieviel
Stunden wöchentL während der Schulzeit jeder Lehrer zu etwa erforderl. Stell-
vertretung bereit sein mufs. Jeder Dir. weifs, dafs er hierin wie in allem, was.
er, um das Interesse der ihm anvertrauten Schule zu wahren, anordnen zu
müssen glaubt, nöthigenfalls die Unterstützung des vorgeordneten K. Prov.Sch.C.
in Anspruch nehmen kann, sowie dieses «nach Befinden bei Directoren, denen
es schwer wird, zwischen dem persönl. Interesse der Lehrer und dem der Schule
immer die richtige Ausgleichung zu treffen, verlangen kann, von dem Umfange
der Privatthätigkeit jedes Lehrers unterrichtet zu werden, um die Genehmigung^
dazu zu erteilen oder zu versagen.
Hiernach bleibt dem E. Prov. Seh. C. überlassen, Sein Verfahren in dieser
Angelegenheit, um die Schulen wie die Lehrer vor Nachteil zu schützen, nach
eigenem pflichtm. Ermessen einzurichten.''
C.Verf. V. 27. Apr. 1854: „In Betreff der Erteilung von Privat-
unterricht durch Lehrer höherer Lehranstalten an Schüler derjenigen
Klassen, in welchen sie unterrichten, finde ich mich veranlafst. Folgendes
festzusetzen: Wird bei der Aufnahme und Versetzung der Schüler mit gewissen-
hafter Strenge verfahren, und ist der Unterricht überhaupt wohlgeordnet, so
kann das fiedürfois der Privatnachhülfe nur in aufserordenü. Fällen vorkommen.
Ob solche vorhanden sind, ist nicht ohne Mitwirkung des Dir. der Anstalt zu
entscheiden, da er ebensowohl darauf zu sehen hat, dafs der Klassenunterr.
seinen Zweck an den Schülern erreiche, wie darauf, dafs diese die rechte
Empfänglichkeit far denselben behalten. Andererseits wird die Privatnachhülfe,
wo sie aus irgend einem Grunde nöthig erscheint, in der Begel am zweck-
mäfsigsten von demjenigen Lehrer übernommen werden, welcher in dem betr.
Object in der Klasse unterrichtet. Demnach sind die Dir. mit Anweisung
dahin zu versehen, dafs hinfort jeder Lehrer, welcher gegen Honorar an Schüler
seiner Klasse Privatunterr. zu geben veranlafst wird, dazu vorher die Genehmigung
des Dir. nachzusuchen hat Dieser hat die Fälle, in welchen er dieselbe erteilt,
mit kurzer Angabe der jedesmaligen Gründe, zu notiren und eine Uebersicht
davon dem beb-. Departementsrath bei der nächsten Anwesenheit desselben zur
Kenntnisnahme vorzulegen. Dafs Schüler der unteren und mittl. Klassen,
wie es mehrfach geschieht, ihre Schularbeiten unter der Aufsicht eines Klassen-
lehrers anfertigen, soll nicht gehindert werden; doch wird den Dir. zur Pflicht
zu machen sein, darauf zu achten, dafs dgl. bezahlte Arbeitsstunden keine
Ungleichheit in Behandlung und Beurteilung der. Schüler zur Folge haben.^
Aus einer Min. Verf. v. 30. Apr. 1875: „Hie und da hat die Prov.
Aufsichtsbehörde den Unzuträglichkeiten, welche aus der Aufnahme von
265
Pensionären und dnrch Privatunterr. seitens der Dir. und Lehrer entstehen
können, dadurch vorgeheugt, dafs sie sich regelmäfsig an hestimmten Terminen
eine tahellar. üehersicht aller solcher Nebenbeschäftigangen der Dir. und Lehrer
einreichen läfst und es sich vorbehält, ein Verbot da eintreten zu lassen, wo
thatsächl. IJebelstände wahrgenommen worden sind. Ein solches Verfahren ist
geeignet, ebensowohl das Interesse der Schule, wie das persönliche der Lehrer
selbst zu wahren." —
Aus einer Min. Verf. v. 6. Oct. 1882 (CB. 1882 S. 716 f.). „Die auf
Erwerb gerichtete aufseramtliche Beschäftigung eines öffentl. Lehrers mit der
Erteilung von Privatunterrichtsstunden charakterisirt sich als Betrieb eines
Gewerbes, zu welchem öffentliche Lehrer als Beamte gemäfs § 19 der Preufs.
Allgem. Gewerbeordnung vom 17. Jan. 1845 die Erlaubnis ihrer vorgesetzten
Dienstbehörde bedürfen. ...
Die Erteilung von Privatunterr. seitens des Klassenlehrers an Schüler
seiner eigenen Kl., wenn derselbe dafür Bezahlung nimmt, ist zwar im Allgem.
nicht für zulässig zu erachten wegen der damit in der Begel verbundenen
Unzuträglichkeiten. Es giebt aber Ausnahmefälle, in welchen, wie z. B. nach
längerer Versäumnis der Unterrichtsstunden wegen Krankheit, Nachhülfestunden
durch den Klassenlehrer, auch wenn sie gegen Bezahlung erteilt werden, nicht
blofs für statthaft zu erachten sind, sondern unter Umständen selbst erwünscht
und erspriefslich erscheinen können.** Der Min. etc. v. Gofsler.
CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 12. Mai 1882. „Wir
sehen uns veranlafst, an die Bestimmungen der C.Verf. v. 27. Apr. 1854
betreffend die Erteiluifg von Privatunterricht durch Lehrer höh. Lehranstalten
an Schüler derjenigen Klassen, in welchen sie unterrichten, zu erinnern und
machen es den Directoren (Bectoren) zur Pflicht, auf die genaue Beachtung
dieser Bestimmungen ihrerseits und von Seiten der Lehrer ihr besonderes
Augenmerk zu richten und die Befolgung derselben in der ersten Lehrerconferenz
jedes Schulsemesters einzuschärfen, auch, dafs dieses geschehen, in dem bezüglichen
Protokolle zu bemerken. Vor Allem ist festzuhalten, dafs die Erlaubnis zu
Privatunterricht der bezeichneten Art gegen Honorar nur „in aufserordentlichen
FäUen" zu erteilen ist und der Dir. „die Fälle, in welchen er dieselbe erteilt,
mit kurzer Angabe der jedesmaligen Gründe, zu notiren und eine Uebersicht
davon dem betr. Departementsrath bei der nächsten Anwesenheit desselben zur
Kenntnisnahme vorzulegen" hat. Ebenso sind die Lehrer an die Bestimmung
der Instr. für Lehrer v. 15. Jan. 1868, HI, 7, h (s. S. 248) zu erinnern, nach
welcher sie überhaupt zur Uebemahme von Privatstunden und Aufnahme von
Pensionären die Genehmigung des Dir. vorher einzuholen haben.**
C.Verf des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 13. Febr. 1884. „Nach
den im vorigen Jahre erstatteten Berichten, betreffend den von Lehrern an den
dortigen höh. Schulen erteilten Privatunterricht, haben sich entschieden tadelns-
werthe Mifsbräuche in dieser Beziehung dort nicht herausgestellt. Indessen
läfst sich doch andererseits nicht verkennen, dafs die Uebemahme von Privat-
unterrichts- und Arbeitsbeaufsichtigungs-Stnnden seitens einiger der gedachten
Lehrer eine Ausdehnung gewonnen hat, welche nach verschiedenen Seiten hin
Bedenken erregen kann. Wir machen die Herren Dirigenten zu eigener
Beachtung, sowie zu geeigneter Mitteilung an die betr. LehrercoUegien hierdurch
auf Folgendes aufinerksam.
Zunächst ist es an jeder Schule die gewiesene Pflicht des Directors und
der Lehrer, ernstlich und anhaltend dafür Sorge zu tragen, dafs der Lehrstoff
in der Weise vorgetragen und in den Unterrichtsstunden durch mannigfache
Uebungen zu freiem Eigentum der Schüler gemacht, sowie dafs sämtliche
266
häusliche Arbeiten, nicht allein die schriftlichen, sondern auch die Präparationen,
Repetitionen, Memoriraufgaben u. s. w. durch die betr. Lehrer in der Schule
so vorbereitet werden, dafs auch diejenigen Schuler, welche ihrer Begabung
nach zum gewöhnlichen Mittelschlage gehören, im Stande sind, ohne aufser-
ordentliche Hülfe seitens ihrer Angehörigen oder durch Privatlehrer dem
Schulunterricht zu folgen und die häuslichen Arbeiten ordnungsmäfsig an-
zufertigen.
Die Lösung dieser wichtigen Aufgabe wird allerdings in erheblicher Weise
erschwert, wenn die Schülerzahl in einzelnen Klassen eine aufsergewöhnlich
grnfse ist, sowie wenn die Lebensverhältnisse einer Stadt so geartet sind, dafs
die Schüler zu Hause nicht durchweg zu fester Ordnung angehalten und in
ihren Beschäftigungen überwacht werden können, oder dafs von aufsen vielfache
Gelegenheit zu Vergnügungen und Zerstreuungen an sie herantritt — Aber
auch unter solchen Umständen mufs die Schule der vorgedachten Pflicht stets
eingedenk sein; darf sich nicht von vornherein mit der bequemen Ausrede
beruhigen, dafs angesichts der im Obigen angedeuteten Schwierigkeiten die
Schule das ihr vorgesteckte Ziel mit eigenen Mitteln allein zu erreichen nicht
im Stande sei; mufs es vielmehr trotz der ungünstigen Verhältnisse durch
liebevolle, rastlose Hingebung der Lehrer an ihren Beruf, sowie durch die an-
regende Kraft eines methodisch geordneten, klar und anschaulich gehaltenen
Klassenunterrichts thunlichst dahin zu bringen suchen, dafs die Schüler, sofern
nicht durch Erkrankung oder anderweitige aufserordenüiche Störung Ausnahms-
zustände eintreten, zu einem regelmäfsigen Fortschreiten auf den Gebieten des.
Schulunterrichts keiner fremden Hülfe bedürfen. Jedenfalls hat es das Lehrer-
coUegium als eine Ehrensache anzusehen, etwaigen in .Schüler- oder Eltern-
kreisen auftauchenden Meinungen, wie sie auch in dortiger Stadt laut geworden
sind, dafs die Schule. im Allgemeinen auf Unterstützung durch Privatunterricht
rechne, auf das bestimmteste entgegen zu treten und dieselben durch die That
zu widerlegen.
Auch in anderer Beziehung ist es dem Kufe der Schule nicht zuträglich,
wenn Ansichten der gedachten Art im Schwange sind, da es grofsenteils gerade
Lehrer der betr. Anstalten sind, welche sich mit der Erteilung jener Privat-
stunden befassen.
Wir hegen allerdings zu der Gewissenhaftigkeit und Pflichttreue der
Lehrer unseres Amtsbereichs das zuversichtliche Vertrauen, dafs sie sich in
keiner Weise eine Bevorzugung derjenigen Schüler, zu Welchen sie durph
Erteilung von Privatunterricht in nähere Beziehung getreten sind, zu schulden
kommen lassen werden. Aber wir können es nicht hindern, dafs das Publikum
vielfach ungünstig urteilt; und diese Gefahr wird um so gröfser, je mehr das
Honorar, welches Lehrer der höh. Schulen für den an Schüler derselben erteilten
Privatunterricht nehmen, dasjenige Honorar übersteigt, welches für Privatlehrer
ortsüblich ist. Wir brauchen nicht erst darauf hinzuweisen, welch verderblichen
Einflufs solche Ansichten, welche, wenn sie auch keinen thatsächlichen Grund
haben, doch nach Lage der Umstände nu^ selten mit aller Bestimmtheit als
unrichtig erwiesen werden können, auf weite Kreise auszuüben vermögen.
Die Lehrer werden, um die ihnen zukommende Vertrauensstellung unbedingt
2ü wahren, alles, was auch nur den Schein parteilichen Wesens hervorrufen
könnte, thunlichst zu meiden haben. Es ist daher, namentlich in gröfeeren
Städten, in welchen es an geeigneteren Lehrern für die verschiedenen Unterrichts-
fächer nicht fehlt, den Dirigenten höherer Schulen besondere Vorsicht und
sorgsame Prüfung jedes vorliegenden Falles anzuempfehlen, wenn es sich darum
handelt, ob sie einem Lehrer der Anstatt gestatten sollen, Schülern aus einer
Klasse, in welcher er selbst unterrichtet, gegen Honorar irgend welchen Privat-
unterricht zu erteilen.
267
Mit Beziehung auf das Vorstehende, sowie unter Hinweisung auf die
Ministerial-Erlasse yom 27. April 1854 und vom 30. April 1875 sprechen wir
den Herren Dirigenten der dortigen höh. Schulen hierdurch unsere Erwartung
aus» dafs Sie unausgesetzt dem von Lehrern der unter Ihrer Leitung stehenden
Anstalten erteilten Privatunterricht^ sowie auch dem Halten von Pensionären
seitens derselben Ihre volle Aufmerksamkeit widmen und dafür Sorge tragen
werden, dafs die Interessen der Schuler und der Buf der Anstalt darunter
nicht leiden.
Damit auch wir aber in die in Betracht kommenden Verhältnisse einen
Einblick gewinnen und dem Herrn ünterrichtsminister darüber berichten können,
so ordnen wir hierdurch zugleich bis auf Weiteres an, dafs die Herren Dirigenten
alljährlich vier Wochen nach Ostern, — und zwar zum ersten Male im Jahre 1885 —
eine tabellarische Uebersicht aller der Fälle, für welche Sie während des vorher-
gegangenen Schuljahrs den Lehrern Erlaubnis gegeben haben, ihren Schülern
gegen Honorar Privatunterricht oder Arbeitsstunden zu erteilen,^ unter Beifügung
der wöch. Stundenzahl bei uns einreichen. Etwaige weitere Bemerkungen,
zu welchen die Erfahrungen Anlafs geben, welche in dem vorhergehenden
Schuljahre hinsichtlich des Privatunterr. der Lehrer oder des Haltens' von
Pensionären seitens derselben sich dargeboten haben, sind in den Begleitbericht
aufzunehmen. Auch in den periodischen Verwaltungsberichten ist dieser
wichtige Gegenstand regelmäfsig zu erörtern.**
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 29. Jan. 1878. „Es
ist in jüngster Zeit häufiger bemerkt worden, dafs von Mitgliedern der Beife-
prüfungscommission Privatunterricht an Prüfungsaspiranten, seien es
Schüler der Anstalt oder Extraneer, erteilt wird. Einen derartigen Privat-
unterricht gänzlich zu untersagen, liegt nicht in unserer Absicht, da es Fälle
geben kann, in welchen derselbe als gerechtfertigt erscheinen darf. Andrer-
seits läfst sich nicht verkennen, dafs dieser Unterricht in der Mehrzahl der
Fälle etwas Bedenkliches hat und die Prüfungscommission leicht in den Verdacht
einer ungerechtfertigten Nachsicht bringen kann. Den Directoren, welche von
dem an Schüler der Anstalt erteilten Privatunterr. Kenntnis zu nehmen haben,
wird daher wiederholt empfohlen, etwa vorkommende Fälle der bezeichneten
Art genau zu prüfen und bei irgend welchem Bedenken ihre Genehmigung zu
versagen, von den genehmigten Fällen aber dem £. Prüfungs - Commissarius
rechtzeitige Kenntnis zu geben. Hinsichtlich des an Extraneer von Mitgliedern
der Prüfungscommission erteilten Unterrichtes läfst sich ein ähnliches Verfahren
zwar nicht vorschreiben, da die Zuweisung der Extraneer durch uns und in der
Begel erst kurz vor der schriftlichen Prüfung erfolgt. Die Directoren wollen
indessen den Mitgliedern der Prüfangscommission mitteilen, dafs wir in der
Begel keinen Extraneer zur Maturitätsprüfung einer Schule zuweisen werden,
durch deren Lehrer er sich hat vorbereiten lassen. . ."
Vrgl. aufserdem das in den Directoren- und in den Lehrer-Instructionen
über Privatunterricht und Nebenämter Bemerkte.
Nebenämter.
Aufser der Bibliotheksverwaltun^ und der Aufsicht über andere wissensch.
Sammlungen und Lehrmittel kommt an den Schulen selbst die Ver ein-
nah mung des Schulgeldes als Nebenamt der Lehrer vor. Vgl. Abi 1 S. 386.
Ueber das dabei zu befolgende Verfahren, die Höbe der Bemuneration und
Oaution u. s. w. sind allgm. Bestimmungen nicht erlassen.
Die Uebemahme von Nebenämtern aufserhalb der Schule kann den
liChrern nicht unbedingt untersagt werden. Sie bedürfen aber dazu der Zustim-
mung jedenfalls des Dir. der Schule, welcher meistens auch noch die Genehmigung
268
der vorgesetzten Aufsichtsbehörde einzuholen hat; vgl. die obigen Dienstinstructionen»
Letztere erteilt die Erlaubnis zur Annahme eines Nebenamts nur auf Widerruf,
oder nur auf eine bestimmte Zeit, oder für ein bestimmtes, nach Ablauf einer ge-
wissen Zeit von selbst endendes Geschäft, ohne dafs wegen des unter veränderten
Umständen erfolgenden Widerrufs ein Anspruch auf Entschädigung für die ver-
lorenen Emolumente des Nebenamts anerkannt werden kann.
Allerh. Erlafs'v. 27. Jan! 1884 an das Staatsministerinm. „Auf den
Bericht vom 25. d. M. bestimme Ich hierdurch, dafs fortan Beamte, welche von
Mir resp. mit Meiner Genehmigung angestellt worden sind, ohne Meine Erlaubnis
ein Nebenamt in einem anderen Staate nicht annehmen dürfen.^' gez. Wilhelm.
CO. V. 13. Juli 1839 (GS. p. 235): „1. Kein Staatsbeamter darf ein
Nebenamt oder eine Nebenbeschäffcignng, mit welcher eine fortlaufende Bemune-
ration verbunden ist, ohne vorgängige ausdrückl. Genehmigung derjenigen Central-
behörden übernehmen, welchen das Haupt- und das Nebenamt untergeben sind.
3. Die Uebertragung von Nebenämtern oder Nebenbeschäftigungen darf in der
Eegel nur auf Widerruf stattfinden. Die Centralbehörden des Haupt- wie des
Nebenamts sind gleich befngt, diesen Widerruf eintreten zu lassen, ohne dafs
eine Beschwerde darüber zulässig ist oder eine Entschädigung für den Verlust
der mit dem Nebenamte oder Geschäfte verbundenen Einnahmen oder Vorteile
in Anspruch genommen werden kann. 5. Alle Einnahmen und Emolumente,
welche ein Beamter aufser dem mit seinem Hauptamt verbundenen Einkommen
aus Staats-, Instituten-, Corporations- oder anderen Kassen und Fonds bezieht^
müssen in demjenigen Etat, worin das Hauptamt aufgeführt ist, genau vor der
Linie vermerkt werden."
Nach der CO. v. 25. Juli 1840 findet die CO. v. 13. Juli 1839 directe An-
Wendung zwar nur auf unmittelbare Staatsbeamte^), mithin auf Dir. und
Lehrer an allen Unterrichtsanstalten königl. Fatronats. Jedoch sind die darin
enthaltenen Vorschriften, insbesondere über die Nothwendigkeit der Zustimmung
der Aufsichtsbehörde für das Hauptamt, über die Widerruflichkeit dieser Zustim-
mung und über die Etatisirung der Nebeneinnahme auch für die Uebernahme von
Nebenämtern seitens der Dir. und Lehrer an den Schulen nicht königl. Fatronats
mafsgebend.
C. Verf. V. 19. Juli 1875. „Mit Bezug auf die Bestimmungen im § 1
des Gesetzes v. 10. Juni v. J. (GS. p. 244) veranlasse ich die K. Begierung etc.,
Fürsorge zu treffen, dafs vom 1. Jan. 1876 ab von den zum Bessert derselben
gehörigen unmittelbaren Staatsbeamten keiner mehr eine mittelbar oder nnmittelbar
mit einer Eemuneration oder einem Vermögensvorteile verbundene Stellung als
Mitglied des Vorstandes , Aufsichts- oder Verwaltungsrathes einer Actien-
Gommandit- oder Bergwerks-Gesellschaft oder in einem Comit6 zur
Gründung solcher Gesellschaften einnimmt. ....** Der Min. etc. Falk.
C.Verf. V. 31. Oct. 1841: „Es sind Allerh. Orts durch Befehle v.
14. Jan. 1833 und 25. Aag. 1841 nähere Bestimmungen darüber erlassen
worden, unter welchen Bedingungen die Uebertragang eines Staatsamts oder
eines anderen Nebenamts auf einen Geistlichen zu gestatten, und in welcher
^) Unmittelbare und mittelbare Sftaatsdiener: A.LR. T. II Tit 10
§ 68. „Alle Beamte des Staats, welche zum Militirstande nicht gehören, sind
unter der allgm. Benennung von Civilbedient^n begriffen. 69. Dergleichen Beamte
stehen entweder in unmittelbaren Diensten des Staats, oder gewisser demselben unter-
geordneter Oollegien, Corporationen und Gemeinden.** Vgl. oben S. 104 und
trafgesetzbuch für das deutsche Reich § 359. „Unter Beamten im Sinne dieses
Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reichs oder in unmittelbarem
oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur
vorläufig angestellte Fersonen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet
haben oder nicht."
2^9
Weise das Interesse der Kirchenpatrone und der Pfarrgemeinden dabei zu
berücksichtigen ist. Gleichzeitig ist Allerh. Orts anbefohlen, dafs eben diese
Bestimmungen auch anf Lehrer an öffentl. Schulen, die einem Privat-
patronat unterworfen sind, Anwendung finden sollen.
Die K. fiegierung erhält anliegend (a) Abschrift eines an die K. Consistorien
erlassenen Circulars, in welchem die in solchen Fällen zu berücksichtigenden
Funkte näher entwickelt sind, mit dem Auftrage, nach den daselbst vor-
geschriebenen Grundsätzen und den Vorschrifben der CO. v. IB. Juli 1839
^s. S. 268), auch in Ansehung der ihrer Aufsicht unterworfenen öffentl. Lehrer
zu verfahren. Die Be^gnisse, welche in Ansehung der Geistlichen den
K. Consistorien übertragen sind, werden in Ansehung der öffentl. Lehrer nach
Yerschiedenheit der Fälle von den K. Prov.Sch.CC. und Regierungen ausgeübt/'
(a) G.Verf. an die E. Consistorien v. 31. Oct. 1841: „Auf Veranlassung
einer städt. Patronatsbehörde ist bereits in den Jahren 1833 und 1839 die Frage
in Anregung gebracht worden:
Ob ein Geistlicher zur Annahme eines, neben seinem Seelsorgeramt ihm
übertragenen Staatsamts oder eines anderen Nebenamts der vorgängieen Ge-
nehmigung des Kirchenpatrons bedürfe und ob letzterer befugt sei, diese Genämigung
in der Vocation des Geistlichen für künftige Fälle ausdrückl. vorzubehalten ; sowie,
welche Vorkehrungen zu treffen seien, um zu verhüten, dafs ein Geistlicher durch
dgl. anderweitige Aemter seinem nächsten Beruf entfremdet werde und das Interesse
seiner kirchl Gemeinde darunter leide.
Des Königs Maj. haben auf einen Bericht meines Amtsvorgängers durch
CO. V. 14. J,an. 1833 zu bestimmen geruht:
Dafs der Kirchenpatron nicht befugt sei, den Vocatiönen der Geistlichen
die Nichtannahme von Staatsämtem als Bedin^ng beizufügen oder die Geist-
lichen durch besondere Reverse vor Antritt des Pfarramts dazu zu verpflichten.
Dagegen könne das Becht und die Obliegenheit desselben nicht bezweifelt werden,
dahin zu sehen, dafs die Seelsorge und die Aufsicht auf das Schulwesen in den
Pfarrgemeinden von den -Geistlichen nicht vernachlässigt werde. Wenif er eine
Versäumnis hierin wahrnehme, so habe er solche auf dem gesetzl. vorgeschriebenen
Wege bei der vorgesetzten Behörde anzuzeigen und Remedur nachzusuchen, welche
nach vorgängiger Ermittelung der Thatsachen zu veranlassen sei. Ergebe sich
bei dieser Untersuchung, dafs die Beschwerde durch die Beschäftigung des
Geistlichen in der Staatsverwa^unff verursacht werde, und lasse sie sich auf
andere TV eise, etwa durch einen Personenwechsel oder durch Erieichterung in
den Arbeiten nicht erledigen, so sei es eben so billig als gerecht, dafs für die
Seelsorge und Schulaufsicht in den Pfarr^emeinden eine Aushülfe auf Kosten des
Staats geschafft werde. Hiernach sei m vorkommenden Fällen zu verfahren,
und sofern es einer Anweisung des erforderl. Kostenaufwands bedürfe, darüber
zu berichten.
Auf einen späteren Bericht des K. Staatsministeriums haben des Königs
Maj. durch CO. v. 25. Aug. d. J. zu entscheiden geruht:
Dafs den Kirchenpatronen überhaupt nicht gestattet werden könne, in die
Vocatiönen der von ihnen berufenen Geistlichen beschränkende Bedingungen in
Betreff der Uebemahme von Nebenämtern und Beschäftigungen einzurücken,
.und in Folge der in der Ordre v. 14. Jan. 1833 wegen der Uebemahme von
Staatsämtem seitens der Geistlichen getroffenen Bestinmiungen femer festzusetzen:
Dafs ein Geistlicher ein anderes Nebenamt als ein königl. Amt nur mit
Genehmigung des Prov.Consistoriums übernehmen dürfe, welches darüber zuvor
den Patron und den Kirchenvorstand der Gemeinde mit ihren Gutachten zu hören
habe. Auch sollten die Consistorien, mit Vorbehalt des Recurses an den Min.
der geistl. etc. Angl., darüber entscheiden, ob der mit einem Nebenamt zu beauf-
tragende Geistliche einer Hülfe oder Stellvertretung in seinem Hauptamt bedürfe,
und welche Vergeltung dafür, und aus welchen Mitteln dieselbe zu gewähren sei;
wobei jedoch aus der Uebertragung eines Nebenamts an einen Geistlichen dem
Patron niemals eröfsere Leistungen als die bisherigen wider seinen Willen zuge-
muthet werden dürften.
280
zu üebnngen in besonderen Compagnien oder Bataillonen einberufen werden.
Die Landwehrmannschaften der Jäger und Schätzen, der Artillerie, der Pioniere
und des Trains üben zwar in demselben Umfange wie die Infanterie, jedoch
im Anschlüsse an die betr. Linientruppenteile. Die Landwehr-CaYallerie wird
im Frieden zu Uebungen nicht einberufen. § 12. Die Offiziere der Reser^^e
können während der Dauer des Beserveyerhältnisses dreimal zu vier- bis acht-
wöchentlichen Uebungen herangezogen werden. Die Offiziere der Landwehr
sind zu Uebungen bei Linientruppenteilen allein behufs Darlegung ihrer
Qualification zur Weiterbeförderung, im Uebrigen aber nur zu den gewöhnlichen
Uebungen der Landwehr heranzuziehen. § 13, 4) Die Seeoffiziere der Beserve
und Seewehr können nach Mafsgabe des Bedürfnisses dreimal zu den Uebungen
der activen Marine herangezogen werden/'
Aus dem Beichs-Militär-Gesetz y. 2. Mai 1874. „§ 65. Beicht-,
Staats- und Communalbeamte, welche der Beserve oder Landwehr angehören,
dürfen far den Fall einer Mobilmachung oder nothwendigen Verstärkung des
Heeres hinter den ältesten Jahrgang der Landwehr zurückgestellt werden, wenn
ihre Stellen selbst vorübergehend nicht offen gelassen werden können und eine
geeignete Vertretung nicht zu ermöglichen ist. § 66. Beichs-, Staats- und
Communalbeamte sollen durch ihre Einberufung zum Militärdienst in ihren
bürgerlichen Dienstverhältnissen keinen Nachteil erleiden. Ihre Stellen, ihr
persönliches Diensteinkommen aus denselben und ihre Anciennetät, sowie alle
sich daraus ergebenden Ansprüche bleiben ihnen in der Zeit der Einberufung
zum Militärdienste gewahrt. Erhalten dieselben Offizierbesoldung, so kann
ihnen der reine Betrag derselben auf die Civilbesoldung angerechnet werden;
denjenigen, welche einen eigenen Hausstand mit Frau und Kind haben, beim
Verlassen ihres Wohnortes jedoch nur, wenn und soweit das reine Civilein-
kommen und Militärgehalt zusammen den Betrag von 3600 Mark jährlich über-
steigen. Nach denselben Grundsätzen sind pensionirte oder auf Wartegeld
stehende Civilbeamte hinsichtlich ihrer Pensionen oder Wartegelder zu behandeln,
wenn sie bei einer Mobilmachung in den Kriegsdienst eintreten." Vgl. Abschn. VI.
Aus dem Gesetz v. 15. Febr. 1875, betr. die Ausübung der militärischen
Controlle über die Personen des Beurlaubtenstandes etc. (Controllgesetz).
„§ 1. Die Mannschaften der Landwehr können alljährlich einmal, die übrigen
Personen des Beurlaubtenstandes zweimal zu GontroUversammlungen zusammen-
berufen werden. Letztere sind mit Bezug auf Zeit und Ort so einzurichten,
dafs die beteiligten Mannschaften nicht länger als einen Tag, einschliefslich
des Hinweges zum Versammlungsorte und des Bückweges, ihren bürgerlichen
Geschäften entzogen werden."
Min.Verf. v. 10. Oct. 1859: „Auf den Bericht v. — erwidere ich dem
K. Prov.Sch.C., dafs die einzelnen Candidaten des höh. Schulamts, ins-
besondere auch Mitgliedern der Seminare für gelehrte Schulen, Mher aus-
nahmsweise bewilligte Vergünstigung, ihrer Militärpflicht .durch eine 6wöchentl.
Uebung bei einem Truppenteil zu genügen, nach einer Mitteilung der HH. Minister
des Kriegs und des Innern dergleichen Schulamtscandd. und Seminaristen grund-
sätzlich ferner nicht mehr gewährt werden kann."
C.Verf. V. 25. Juni 1862: „Es ist neuerdings wiederholt vorgekommen,
dafs Schulamtscandd., welche, ohne ihrer ordentlichen Militärdienstpflicht
genügt zu haben, zur Verwaltung von Lehrerstellen an höh. Unterrichtsanstalten
mit voller Stundenzahl provisorisch angenommen waren, inmitten dieser Be-
schäftigung zur Ableistung jener Militärpflicht entlassen, resp. auf längere Zeit
beurlaubt werden mufsten.
Um den durch derartige Abberufung von commissar. Lehrern fär die be-
teiligten Anstalten entstehenden Verlegenheiten vorzubeugen, empfehle ich den
281
E. Proy.Scb.CC., solche Oandidaten des höh. Schnlamts, welche nicht zuvor die
Erfüllnng ihrer ordentl. Militärdienstpflicht oder die Befreiung von derselben
nachgewiesen haben, fortan in der Regel auch zu einer interimisi Anstellung
nicht zuzulassen."
CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 4. Juli 1864: „Das Reglm.
für die Prüfung der Candidaten des höh. Schulamts v. 20. April 1831
schreibt vor, dafs nur solche Candidaten, die sich durch ein Zeugnis über das
abgeleistete Probejahr ausweisen können, zu einer Anstellung vorgeschlagen
werden dürfen. Eine ähnl. Bestimmung enthält der Min.Erlafs v. 27. Nov. 1858,
nach welchem bei den Anträgen auf Genehmigung der Anstellung von Schul-
amtscandd. jedesmal anzugeben ist, wo der betr. Candidat sein Probejahr ab-
geleistet hat. Diese Bestimmungen sind in der letzten Zeit wiederholentlich
unbeachtet geblieben. Ebenso wird es nicht selten verabsäumt, bei den An-
trägen auf Anstellung von Schulamtscandd. über die militärischen Ver-
hältnisse derselben die erforderl. Auskunft zu geben.
Wir finden uns deshalb veranlafst, anzuordnen, dafs jedesmal bei der
Präsentation eines Schulamtscand. zur Anstellung d(n übrigen Zeugnissen auch
das Zeugnis über das Probejahr und mit Bezug auf die C.Verf. v. 25. Juni 1862
das Zeugnis über die militär. Verhältnisse des Candidaten beigefügt werde.**
Eintritt bei Mobilmaohmigen.
Aus dem Staatsministerialbeschlufs v. 22. Jan. 1831: — „Durch
die CO. V. 18. d. M. ist nachstehenden Bestimmungen die Allerh. Geneh-
migung erteilt:
1. Die Verpflichtung der Civilbeamten zum Militärdienst bleibt gänzlich
von den bestehenden allgm. Vorschriften über die Ergänzung der verschiedenen
Heeresabteilungen abhängig.
2. Als Begel gilt, dafs jeder Civilbeamte, welcher schon in der Land-
wehr steht oder nach Mafsgabe seines Alters und der Beihenfolge noch dazu
aufgerufen werden möchte, im Fall einer Mobilmachung des Bataillons, bei
welchem er steht, seiner militärdienstl. Bestimmung folgen und eintreten mufs.
6. Civilbeamte anderer Kategorien [anderer als Militär- und Kassen-
beamter, sowie einzeln stehender Schullehrer] sind beim Eintritt einer Mobil-
machung nur dann als von dem künftigen Eintritt zum Kriegsdienst im Felde
befreit anzusehen, wenn die Unentbehrlichkeit derselben durch das vorgesetzte
Ministerium oder Centraldepartement speciell festgestellt worden ist.
7. Die Civilbeamten, welche für den Fall einer Mobilmachung der
Armee als unentbehrlich für den Civildienst ihrer militärdienstl. Bestimmung
nicht möchten folgen können, sind zur Vermeidung künftiger Verlegenheiten schon
im Frieden zu bezeichen und sogleich der Landwehr 2. Aufgebots zu überweisen.
9. Wenn ein als unentbehrlich bezeichneter Civilbeamter gleichwohl im
Fall einer Mobilmachung freiwillig eintreten will, so soll dies zwar, jedoch
nicht eher gestattet werden, bis der Beamte unter vorgängiger Zustimmung der
ihm vorgesetzten Civildienstbehörde für seine Stellvertretung in seinem Civilamt
gesorgt haben wird.
10. Die nicht etatsm. angestellten, sondern nur gegen Diäten oder
unentgeltl. beschäftigten Beamten können unter keinen Umständen als unent-
behrlich im Civildienst angesehen werden.^)
12. Jedem Civilbeamten, welcher im Fall einer Mobilmachung der Armee
seiner militärdienstl. Bestimmung folgt, verbleibt sein Civilposten und er kehrt
nach beendigtem Kriegsdienst in denselben zurück.
«) Vgl. Min. Verf. v. 12. Juni 1878, GBl, 1878 p. 341.
283
13. War der Civilbeamte nur gegen Di&ten oder nnentgeltl. beschäftigt,
80 soll nach vollendetem Kriegsdienst für seine anderweit mit Diäten zn er-
wirkende oder fixirte Ansteliong möglichst gesorgt werden.^
(Jeher die Besoldungsverhältnisse der zur Armee einbenifenen
Lehrer s. Abschn. VI.
Beschlnfs des Staatsministeriams v. 19. Juli 1850: „Auf den
Antrag des Eriegsministers y. 16. Oct. 1849 beschliefst das Staatsministerium:
1. dafs die Bestimmungen im § 22 des Staatsministerialbeschlusses über
die Behandlung der militärpflichtigen Civilbeamten bei einer Mobilmachung der
Armee v. 22. Jan. 1831 auf alle nach Ableistung der Staatsprüfungen ohne
Gehalt angestellten Beamten gleichmäfsig anzuwenden;
2. dafs nach den in den §§ 23 und 24 jenes Beschlusses enthaltenen
Grundsätzen nicht blofs die ßeferendarien, sondern auch alle anderen Beamten
und Aspiranten, welche durch die Einberuj^ng zum Kriegsdienst zur Yerzögenmg
der ihnen noch obliegenden Prüfungen und Yorbereitungsarbeiten
genöthigt werden, zu behandeln und demgemäfs
a. wenn zur Zeit ihrer Einberufang ein Termin zu ihrer Prüfung bereits
anberaumt ist, ihnen noch, sofern die Militärverhältnisse es gestatten, die hieran
erforderl. Frist zu bewilligen, b. andernfalls aber ihnen nach später abge-
legter Prüfung vor denjenigen, welche später als sie in das betr. Verhältnis
eingetreten, ihnen aber während des Kriegsdienstes durch Ablegung der Prüfung
zuvorgekommen sind, die Anciennetät beizulegen.*'
Unabkömmliohkeit.
Ueber Berichterstattung far Fälle der Unabkömmlichkeit s. S. 213.
C.Verf. y. 28. Nov. 1850 (an die K. OPräsidenten) 0: «Nach mehrfachen
mir erstatteten Berichten sind in Folge der angeordneten Mobilmachung des
Heeres und der Landwehr auch sehr viele Sch^ehrer zum Kriegsheer einbe-
rufen worden. Wo ein Schullehrer in seinem Amte irgendwo, sei es durch
benachbarte Lehrer oder GoUegen am Orte oder durch Combinirung seiner Kl.
mit anderen Kl. derselben Schule oder durch interimistische Berufung eines
Schulamtscand. vertreten werden kann, mufs es bei der Einberufang des betr.
Lehrers zum Heere unabänderlich bewenden. Wo aber eine der bezeichneten
Aushülfen nicht angeordnet werden kann, was indessen voraussichtl. nur bei
alleinstehenden Lehrern der Fall sein dür^e, und wo also die Schule geschlossen
werden müfste und die Jugend ohne allen Unterr. bleiben würde, da wird der
betr. Lehrer, so lange noch andere Gombattanten vorhanden sind, als unentbehrlich
anzusehen und demgemäfs bei der betr. Kreisersatz- und Militärbehörde zu
reclamiren sein.
Ew. etc. ersuche ich, hiernach das Erforderliche an die K. Begierungen
verfügen, dabei aber ausdrückl. bemerken zu wollen, dafs jeder einzelne Fall
nach den angegebenen Gesichtspunkten besonders zu beurteilen und zu behandeln,
dabei der Grundsatz festzuhalten ist, dafs in zweifelhaften Fällen für die Er-
füllung der Militärpflicht entschieden werden mufs.^
') Der obige Erlafs ist, obwohl er zunächst nur die Lehrer an Elementar-
und Bürgerschulen im Auge hat, doch aufgenommen worden, weil die auch für die
höh. Lehranstalten in der Sache mafsgebenden Gesichtspunkte bestimmt darin
hervortreten. Ein Gymnasiallehrer wird besonders dann für unabkömmlich erklart
werden müssen, wenn nach seiner Abberufung der Lehrplan in einem wesentL
Teile nicht mehr durchgeführt werden kann.
283
G.Yerf. der Minister des Innern und des Kriegs v. 24. Nov.
1854, Tom XTnterrichtsmin. unter dem 5. Dec. 1854 den K. Prov.Sch.CO. mit-
geteilt: „Wir müssen der directen Mitteilung der Unentbehrlich-
keitsatteste an die K. General-Commandos den Vorzog geben und
ordnen dieselbe hiermit allgm. an, weil einerseits dadurch die sämtL Militär-
instanzen eine üebersicht von den Beclamationen erhalten und in den Stand
gesetzt werden, erforderl. Falls in Bezug auf die Offiziere Ausgleichungen ein-
treten zu lassen, andererseits weil dadurch auch dem Interesse der Civilbehörden
am meisten gedient wird, indem nur hierdurch die Sicherheit erlangt werden
kann, dafs die bezügl. Mitteilungen auch den richtigen Landwehrbehörden zugehen.
Beclamationen im Augenblick der Mobilmachung können
principiell keine Berücksichtigung finden. Zur möglichsten Ver-
meidung derselben haben die Civilbehörden halbjährl. Nachträge hinsichtl. der
vorgekommenen Veränderungen den General-Commandos mitzuteilen und diese
die aufgestellten Beclamationslisten darnach zu yervollständigen , resp. zu
berichtigen.
Im Fall aber dennoch die Beclamation eines Civilbeamten im Augen-
blick der Mobilmachung durch besonders dringende Umstände geboten sein
sollte, so ist, wenn davon ein Landwehr- Artillerie- oder Landwehr-Pionier-
offizier betroffen wird, aufser dem betr. X. General-Commando, auch der K.
Generalinspection der Artillerie, resp. der des Ingenieurcorps, directe Mitteilung
zu machen." —
CVerf. V. 26. Aug. 1867: „Das K. Prov.Sch.C. hat mittels Berichts
V. — far 38 Lehrer die Ausstellung eines Unabkömmlichkeitsattestes far den
Fall einer Mobilmachung der Armee beantragt. In diesem Umfange können
die Anträge nicht genehmigt werden; ich veranlasse das K. Prov.Sch.C, die-
selben angemessen zu reduciren, wobei ich im AUgm. Folgendes bemerke:
Die zu Offizieren ernannten Lehrer sind in Zukunft; in diese Verzeichnisse
gar nicht mehr aufzunehmen, da hinsichtl. ihrer für den Fall eines Krieges
ansschl. das militär. Interesse in Betracht kommen mufs und diesem gegenüber
ihre Freilassung vom Kriegsdienst nicht verlangt werden darf.
Ueberhaupt aber ist bei Aufstellung der Verzeichnisse nicht zu ausschl.
das Interesse der Schule, sondern immer auch das der anderen Seite des
öffentl. Dienstes in Betracht zu ziehen. Die Schulaufsichtsbehörden und die
Dir. dürfen keine zu grofse Scheu vor den Schwierigkeiten haben, welche in
einzelnen Fällen durch die Nothwendigkeit, eine geeignete Vertretung für einen
einberufenen Lehrer zu beschaffen, entstehen können. Ich empfehle dem K.
Prov.Sch.C. darauf zu halten, dafs mehr und mehr in diesem Sinn verfahren
werde, und die betr. Anträge mehr als bisher geschehen auf die dringendsten
Fälle zu beschränken: nur dadurch werden die Unabkömmlichkeitsatteste bei der
Militärbehörde femer die Anerkennung finden, welche die Schulverwaltung ihnen
zu erhalten wünschen mufs.*'
CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Hannover v. 22. April 1871: „Die
Zahl der im militärdienstL Verhältnis stehenden Lehrer an den höh. Lehranstalten
unseres Verwaltungsbezirks hat sich durch die Einführung der allgm. Wehrpflicht
erheblich vermehrt, und es mufs demnach auch die Zahl der uns zugehenden
Gesuche um Ausstellung von Unabkömmlichkeitsattesten für den Fall
einer Mobilmachung der Armee zunehmen. Um indes diesen Ersuchen denjenigen
Erfolg zu sichern, welchen das Interesse der Schule wünschenswerth macht,
veranlassen wir die Dir. und Bectoren zu genauer Beachtung der nachfolgenden
Bestimmungen:
1. Da Beclamationen im Augenblick der Mobilmachung principiell keine
Berücksichtigung finden, so sind die Anträge auf Zurückstellung der im Reserve-
284
oder Landwehr-Verhältnis stehenden Lehrer alljfihrl. und zwar spätestens zmn
1. Nov. jedes Jahres nns einzureichen. 2. In den Reclamationen mnfs das
militärdienstL Verhältnis der betr. Lehrer genan bezeichnet nnd anfserdem
nachgewiesen werden, dafs nach Einberafhng derselben der Lehrplan in wesentL
Teilen nicht mehr durchgeführt werden kann. 3. Die zn Offizieren er-
nannten Lehrer sind in der Regel nicht zn reclamiren, da hinsichtL ihrer fnr
den Fall eines Krieges aosschliefsl. das militär. Interesse in Betracht kommt
4. üeberhaupt sind die betr. Anträge auf die dringendsten Fälle zn beschränken
und jedenfalls zu unterlassen, wenn die Möglichkeit, eine geeignete Vertretung
für einen einberufenen Lehrer zu beschaffen, noch vorhanden isf
VI.
Einkommensverhältnisse der Lehrer.
Schuletats.
Jede höhere Lehranstalt hat ihren eigenen Besoldungsetat; s. Abt. I p. 38.
— Das Schulgeld wird unter den Einnahmen im Etat verrechnet, und eine
besondere Verteilung desselben unter die Lehrer findet nicht mehr Statt. Die
letzte allgm. Begulirung der Lehrerbesoldungen bei denjenigen Schulen, welche
aus unmittelbaren oder mittelbaren Staatsfonds ünterhaltungszuschüsse beziehen,
ist durch einen von den Ministem der Finanzen und des Unterrichts vor-
gelegten und vom Könige unter dem 20. April 1872 vollzogenen Normaletat
erfo^ Vgl. Eist, statist. Darsi III p. 22.
Normaletat v. 20. April 1872 nebst Ausfährungsbestimmungen,
betreffend die Besoldungen der Directoren und Lehrer an den Gymnasien
und an den denselben gleichstehenden höh. ünterrichtsanstalten, sowie den
Realschulen 1. 0., welche aus unmittelbaren oder mittelbaren Staatsfonds
Unterhaltungszuschüsse beziehen.
„§ 1. Die Besoldungen betragen jährlich:
A. für die Directoren: 1) in Berlin ä 2200 Thlr; 2) in
den Städten mit mehr als 50,000 Civileinwohnem ä 1700 Thlr bis 2000 Thlr,
im Durchschnitt 1850 Thlr; 3) in allen übrigen Orten ä 1500 Thlr bis
1800 Thlr, im Durchschnitt 1650 Thlr.
B. für die definitiv angesteUten ordentl. Lehrer, mit Ausschlufs der etwa
gleichfalls definitiv angestellten Hülfslehrer und der techn. Lehrer, mithin far
die definitiv angestellten Inhaber sowohl der Professoren- und Oberlehrerstellen,
als auch derjenigen Stellen, welche in den Etats als ordentl. Lehrer-, Oollaborator-
u. s. w. Stellen bezeichnet sind: 1) in Berlin ä 700 Thlr bis 1700 Thlr,
im Durchschnitt 1200 Thlr; 2) in allen übrigen Orten ä 600 Thlr bis
1500 Thlr, im Durchschnitt 1050 Thlr.
Der Durchschnittsgehaltssatz der Director- resp. der ordentl. Lehrerstellen
so oft mal genommen, als dgl. Stellen vorhanden sind, ergiebt für diese SteUen
die zulässige Gesamtsumme — Normaletatssumme — an Besoldungen.
§ 2. Die Besoldungen der Stellen § 1 A, Nr. 2 unter sich, und der
Stellen § 1 A, Nr. 3 unter sich, sind innerhalb der Grenzen der Minimal- und
Maximal -Besoldungssätze, sowie der Besoldungssumme jeder Abteilung fiir
sämtliche zu der betr. Abt. gehörige Stellen übertragbar. Bei den ordentl.
285
Lehrerstellen § 1 6, Nr. 1 and 2 beschränkt sich die Uebertragbarkeit aof die
Normal-Besoldnngssamme jeder Anstalt für sich, so dafs Uebertragangen der
Lehrerbesoldnngen von einer Anstalt auf andere nicht stattfinden.
§ 3. Durch diesen Normaletat wird nicht beabsichtigt, zor Erreichung der
Besoldnngssätze desselben in der Fürsorge des Staats für die beteiligten An-
stalten über die ihm obliegenden rechtl. Yerpflichtongen hinauszugehen.
§ 4. Die Bewilligung der einzelnen Besoldungen innerhalb der Normal-
etatssätze steht, im Fall es dazu der üeberweisung neuer Zuschüsse aus Staats-
fonds nicht bedarf, dem Min. der geisü. etc. Anglgh. mit der Mafsgabe zu,
dafs dabei das Maximum des Normalgehalts für den Dir. und den einzelnen
Lehrer nicht überschritten werden darf.
§ 5. Vorhandene Besoldungen, welche über die in § 1 festgestellten
Normidgrenzen hinausgehen, sind bei eintretender Erledigung der betr. Stellen
um den überschiefsenden Betrag zu vermindern.
§ 6. Emolumente mit AusschluTs der Dienstwohnungen, sowie unfixirte,
in Form von Schulgeld- und Gebühren- etc. Anteilen bewilligte Gehaltsteile,
sollen, sofern nicht stiftungsmäfsige Bestimmungen oder andere besondere Rechts-
verhältnisse entgegenstehen, bei Nenanstellungen, Ascensionen und Bewilligung
von Gehaltszulagen etc. zu den Anstaltskassen eingezogen werden.
Für Dienstwohnungen ist den Inhabern aus ihren Besoldungen von
dem Zeitpunkt ab, wo letztere mit Bücksicht hierauf anderweit regulirt sein
werden, eine Miethe, welche nach den für die unmittelb. Staatsbeamten im AUgm.
angenommenen Sätzen festzustellen ist, in Abzug zu bringen und zu den Anstalts-
kassen besonders zu vereinnahmen. Müssen Dienstwohnungen zu Anstalts-
zwecken zurückgezogen werden, so haben die Inhaber derselben für die Aufgabe
nur den Erlafs der Miethe, sonst aber keinerlei Entschädigung zu beanspruchen.
Andere Naturalemolumente, deren Einziehung zu den Anstaltskassen nach Vor-
stehendem etwa unthunlich ist, werden zu ihrem wirkl. Werth statt Geld als
Teile der Besoldung überwiesen.
§ 7. Die Besoldungen der Hülfslehrer, der technischen und der Elementar-
lehrer, auf welche die vorstehenden Festsetzungen sich nicht beziehen, werden
innerhalb der bei jedem Gymn. für diese Besoldungen bereits etatsmäfsigen Ge-
samt-Ausgabesumme von dem Min. der geistl. etc. Ang. bewilligt Zur Er-
höhung der Gksamt-Ausgabesumme für Hülfs-, technische- und Elementarlehrer
ist, auch wenn die Mittel dazu ohne neue Belastung der allgm. Staatsfonds ge-
wonnen werden können, die Zustimmung des Finanzmin. erforderlich. Bedarf
es zu diesem Zweck der Bewilligung neuer Mittel aus aUgm. Staatsfonds, oder
kommt es auf eine Vermehrung der etatsm. Stellen an, so ist die Bewilligung
resp. Genehmigung durch entsprechende Aufnahme in den Staatshaushaltsetat
herbeizuführen.** gez. Wilhelm. ggez. Camphausen, Falk.
Aus den CVerff. v. 10. Mai 1872, mit welchen vorstehender Etat den E.
Prov.Schulcollegien mitgeteilt wurde :
a) — „Der neue Normaletat schliefst sich im Allgm. dem Etat v. 10. Jan.
1863 an. Als wesentl. Abweichungen sind nur hervorzuheben, dafs die Be-
soldungen der Dir. bei den aus Staatsfonds zu unterhaltenden Anstalten künftig
nach der Anciennetät der Beteiligten regulirt werden, sowie dafs für die Lehrer
das Dreiklassensystem beseitigt ist.
Es liegt in der Absicht, den neuen Normal-Besoldungsetat bei allen Gymn.
und Realschulen ]. 0., also auch bei denjenigen, welche von Communen oder
Stiftungen zu unterhalten sind, zur Ausführung zu bringen. Für Anstalten
der Communen und Stiftungen wird, soweit dies nöthig ist und die finanziellen
Verhältnisse es gestatten, der Staat mit Bedürfiniszuschüssen aushelfend hin-
zutreten. —
386
— Zu den Summen, welche den einzelnen Anstalten überwiesen werden
sollen, kommen diejenigen Beträge hinzu, welche aus den eigenen Hülfsquellen
der Anstalten, z. B. durch Erhöhung der Schulgeldsfttze, durch stärkere Heran-
ziehung der interessirenden Oommunen und der etwa vorhandenen Proyinzlal-
und sonstigen Subventionsfonds, aus Schulgeld-Mehreinnahmen in Folge ge-
stiegener Frequenz, aus den disponibeln Mitteln des Dispositionsfonds der An-
stalteetats u. s. w. gewonnen werden können. —
b) — Dafs bei nachgewiesenem Unvermögen den zur Unterhaltung der
Anstalten verpflichteten Communen und Stiftungen mit Bedürfhiszuschüssen, so-
weit die finanziellen Verhältnisse es gestatten, werde zu Hülfe gekommen werden,
gilt auch in Betreff der Progymnasien, Bealschulen 2. 0., höh. Bürgerschulen
und höh. Töchterschulen. Bei diesen Anstalten sowie bei den techn., Hnlfs-
und Elementarlehrem der Gymn. und Realschulen 1. 0. ist die Verbesserung-
unter angemessener Abrundung der zahlbaren Beträge auf etwa 20 proc. der
bisherigen Gehälter und Bemunerationen anzunehmen. Der Staat kann und
wird jedoch selbstverständl. nur bei solchen Anstalten helfend eintreten, deren
Fortbestehen im öffentl. Interesse geboten erscheint. Soweit der Mehrbedarf
sich bei solchen Anstalten nicht aus deren eigenen Hülfsquellen beschaffen läfst,
sind die nöthigen Zuschüsse von den zur Unterhaltung der Anstalten ver-
pflichteten Oommunen oder Stiftungen zu fordern. Erklären sich diese aufser
Stande die vollen Zuschüsse zu übernehmen, so mufs eine eingehende Unter-
suchung der Leistungsfähigkeit eintreten und in dieser Beziehung schliefslich
auch die betr. £. Begierung gehört werden. Die Aufbringung der Zuschüsse
bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit mufs von den Communen und Stiftungen
verlangt werden. Was über diese Grenze hinausgeht, wird event die Staatskasse
zu gewähren haben." Der Minister etc. Falk.
C.Verf. V. 3. Juni 1872: „Im Verfolg der Verf. v. 10. v. M. eröffne ich
dem £. Prov.Sch.C, dafs nach den thatsächl. Besultaten der Anciennetätslisteo
der vom Staate unmittelbar und allein zu unterhaltenden Gymnasien etc. und
Bealschulen 1. 0. bei Berechnung der zur Erfüllung des neuen Normaletats bei
den nicht vom Staate allein, sowie bei den von Communen, von Stiftungen u. s. w.
zu unterhaltenden Gymn. etc. und Bealschulen 1. 0. erforderlichen Besoldungs-
summen für die Directoren dieser Anstalten folgende Gehaltssätze aus-
zubringen sind:
A. in Städten mit mehr als 50 000 Civileinwohnem 1) bei einer
Dienstzeit von weniger als 5 Jahren 1700 Thlr; 2) bei einer Dienstzeit von
5 und mehr, aber weniger als 10 Jahren 1800 Thlr; 3) bei einer Dienstzeit
von 10 und mehr, aber weniger als 15 Dienstjahren 1900 Thlr; 4) bei
einer Dienstzeit von 15 Jahren und darüber 2000 Thlr.
B. in allen Orten mit 50 000 und weniger Civileinwohnem 1) bei
einer Dienstzeit von weniger als 5 Jahren 1500 Thlr; 2) bei einer Dienst-
zeit von 5 und mehr, aber weniger als 10 Jahren 1600 Thlr; 3) bei einer
Dienstzeit von 10 und mehr, aber weniger als 15 Jahren 1700 Thlr; 4) bei
15 Dienstjahren und darüber 1800 Thlr.
Die hier in Betracht kommende Dienstzeit rechnet vom Datum des AUerh.
Erlasses oder des Min.Bescript8 ab, wodurch die Beförderung des Beteiligten
zum Dir. eines Gymn. oder einer den Gymn. gleichstehenden höh. Unterridits-
anstalt, resp. einer Bealschule 1. 0. genehmigt worden ist. Bei ehemaligen
Progymn., höh. Bürgerschulen, Bealschulen 2. 0., welche inzwischen zu Gymn.
oder Bealschulen 1. 0. sich fortentwickelt haben und deren Jetzige Directoren
aus Bectoren oder Dirigenten etc. der ehemaligen Progymn., höh. Bürgerschulen,
Bealschulen 2. 0. mit der Entwickelung dieser Anstalten ohne specielle Er-
nennung oder Bestätigung Directoren von Gymn. oder Bealschulen 1. 0. geworden
287
sind, beginnt die hier znr Berechnung kommende Dienstzeit vom Datnm des
Min.Bescript8 ab, durch welches die betr. Anstalt als Gymnasium oder Real-
schule 1. 0. anerkannt worden ist.
In den Berichten ist das Datum der resp. AUerh. Erlasse oder MinisiBe-
scripte jedesmal anzugeben, und wenn etwa der Beteiligte nach seiner ersten
Beförderung zum Director eines Gymn. oder einer Realschule 1. 0. versetzt
worden ist oder die SteUung freiwillig gewechselt hat, auch hierüber das Nöthige
kurz anzuführen." Der Min. etc. In Yertr. Dr. Achenbach.
Min.Verf. v. 5. Oct. 1872: „Dem K. Prov.Sch.C. erwidere ich auf den
Bericht y. — , dafs bei Begulirung der Gehälter des Dir. und der Lehrer am
Gymn. zu N. nach dem Normaletat v. 20. Apr. d. J. dem Dir., da die Anstalt
einen BedürfhiszuschuTs erh<, kein höheres Gehalt gewährt werden darf, als
ihm nach den Bestimmungen des Normaletats und seiner Anciennetät zusteht. Der
ersten Oberlehrerstelle mufs ein Gehalt von 1500 Thlr, der letzten ordentl. Lehrer-
stelle darf kein höheres als 600 Thlr beigelegt werden, wie dies auch seitens
des Magistrats in Aussicht genommen ist Die Besoldungen der dazwischen
liegenden LehrersteUen müssen sich innerhalb dieser Grenzen und der Normal-
Besoldungssumme halten ; bei Festsetzung des Gehaltssatzes für jede Stelle kann
sonach den örtl. Verhältnissen Rechnung getragen werden. Neue Stellen können
bei Berechnung der Bedarfssumme nicht in Betracht gezogen werden ; vielmehr
mufs, wenn das Bedürfnis zur Gründung derselben vorliegt, die Angelegenheit
besonders vorbereitet werden, und werden die dazu erforderl. Mittel anderweit
flüssig zu machen sein. Die Besoldungen und Remunerationen der Hülfs-,
techn. und Elementarlehrer dürfen die Besoldungs-Minima der ordentl. Lehrer
ebenfalls nicht übersteigen. Behufs Beschaffung der zur Erfallung des Nor-
maletats erforderl. Mittel ist in erster Linie auf eine Steigerung der eigenen
Einnahmen der Anstalt durch angemessene Erhöhung der sehr niedrigen und
einer weiteren Steigerung unbedenklich föhigen Schulgeldsätze Bedacht zu
nehmen. . . ." Der Min. etc. In Verl Achenbach.
Min.Verf. v. 10. Oci 1872: „Auf den Bericht v. — erwidere ich dem
K. Prov.Sch.G., dafs bei Regulirung der Gehälter des Dir. und der Lehrer am
Gymn. zu N. nach dem Normaletat v. 20. Apr. d. J. dem Dir. nur ein Gehalt
von 1600 Thlr beizulegen sein wird, da die Verf. v. 3. Juni d. J. lediglich die
in Betreif der Besoldungssätze der Dir. an den vom Staat zu unterhaltenden
Gymn. etc. bestehenden Verhältnisse als Anhalt nimmt, aber keineswegs
ein Aufsteigen der Gehälter der Directoren von 5 zu 5 Jahren
hat anordnen sollen. [Vgl. Hist. statist. Darst. III p. 421.] Ebensowenig
kann das Einkommen eines Schuldieners aus den zur Erföllung des Normaletats
flüssig zu machenden Mitteln verbessert werden." — Der Min. etc. I. V. Achenbach.
Min.Verf. v. 29. Nov. 1876 (an den Magistrat in N.). „Auf die Ein-
gabe des Magistrats v. 13. v. M., welche mir durch Bericht des K. Prov.Sch.G.
zu N. V. 16. d. M. übermittelt worden ist, eröffne ich dem Magistrat, dafs nach
den bei Einführung des Normaletats festgestellten Grundsätzen an allen aus
Staatsmitteln unterstützten höh. Lehranstalten dem ersten Oberlehrer nicht
weniger als der Maximalbetrag, dem letzten ordentlichen Lehrer nicht mehr als
der Minimalbetrag der Lehrergehalte der betr. Schulart gewährt werden darf.
Dies ist noch ausdrücklich in meiner Verfügung vom 5. Oct. 1872 ausgesprochen.
Hiemach bin ich, bei aller Anerkennung der Lehrthätigkeit des ord. Lehrers N.
am Progymn. zu N. nicht in der Lage, meine Genehmigung dazu geben zu
können, dafs aus den Mitteln der Schulkasse, selbst unter dem eveni Hinzutritt
der Stadthauptkasse, dem pp. N. eine Zulage zu dem far die letzte ord. Lehrstelle
nicht überschreitbaren Minimalgehalte von jährlich 1800 M. gewährt werde.
Selbstverständlich ist es dem Magistrate unbenommen, aus den Mitteln der
288
Stadt dem pp. N. irgend welche Zulage zn gewähren, voraosgesetzt, dafs die Er-
füllung der etatsmäfsigen Yerpflichtnngen der Stadt gegenüber der Schnlkasse
nicht beeinträchtigt wird/'
Min.Verf. v. 18. Mai 1874. „Auf den Bericht v. 20. d. M., den Lehrer-
besoldungsetat an der Realschule zu N. betreffend, eröffne ich dem E. Prov.Sch.C,
dafs bei den aus Staatsfonds subventionirten Gymnasien und Realschulen 1. O.
im Falle der Gründung neuer Lehrerstellen die Gesamtsumme der Besoldungen
jedesmal um das Durchschnittsgehalt von 1050 Thlm erhöht werden mnfs und
die Besetzung einer neuen Lehrerstelle erst dann genehmigt werden kann, wenn
die gedachte Erhöhung statt^funden und die Vermehrung der Lehrkräfte die
Zustimmung der Landesvertretung durch die Genehmigung des in den Anlagen
zum Staatshaushalts-Etat ersichti^ch gemachten erhöhten Besoldungstitels er-
halten hat.
Dagegen mufs bei denjenigen höh. Unterrichts-Anstalten, welche aus Staats-
fonds keinen Bedürfhiszuschufs beziehen, von besonderen MaTsnahmen zur Er-
füllung und Innehaltung des Normaletats in Ermangelung einer gesetzlichen
Unterlage abgesehen werden, da es sich nicht um Erfüllung einer streng gesetz-
lichen, mittels Execution unmittelbar durchfahrbaren Verpflichtung der Fatro-
nate handelt.
Die fortgesetzte Weigerung der Privatpatronate, bei den von ihnen zu
unterhaltenden höh. Unterrichts-Anstalten den Normaletat vom 20. April 1872
dauernd innezuhalten, wird selbstverständlich zur Folge haben, dafs die besseren
Lehrkräfte die Anstalt verlassen und letztere selbst verkümmert, Verhältnisse,
welche eine besonders sorgfältige Ueberwachung derartiger Anstalten bedingen,
weil, wenn in Folge des fortw^renden Lehrerwechsels die Leistungen der An-
stalt in erheblichem Mafse nachlassen sollten, eveni eine Minderung ihrer Be-
rechtigungen in nähere Erwägung zu ziehen sein würde. Es kann daher den
städtischen Behörden nur auf das Angelegentlichste empfohlen werden, den
Normaletat vom 20. April 1872 in vollem Umfange einzuführen und bei
Gründung neuer Stellen den Besoldungsetat um das Durchschnittsgehalt von
1050 Thlrn zu erhöhen, da die Bereitstellung der erforderlichen Miftel, soweit
es die Kräfte der Commune gestatten, im Verhältnis zu den Vorteilen, welche
der Stadt aus dem Fortbestehen und der Integrität der Anstalt fortdauernd er-
wachsen, ein immerhin geringfügiges und der Stadt ohne jede Unbilligkeit an-
zusinnendes Opfer ist.
Was nun dieBesoldungs-Scala selbst betrifft, so ist eine angemessene
Abstufung der Grehälter der Lehrer an den vom Staat zu unterhaltenden resp.
subventionirten Gymnasien etc. zwar üblich und durch innere wie äulbere
Gründe auch durchaus gerechtfertigt; indes wird dieselbe durch den Nonnaletat
vom 20. April 1872 keineswegs vorgeschrieben, vielmehr kann jeder Oberlehrer-
und ordentlichen Lehrerstelle das Durchschnittsgehalt von 1050 Thlm beigelegt
werden, weil der Normaletat nur fordert, dafs die Besoldungen der Oberlehrer
und der ordentlichen Lehrer der NormalbesoldungssummQ entsprechen sollen,
d. h. der Summe, welche sich ergiebt, wenn man die Zahl der in Betracht
kommenden Stellen multiplicirt mit dem Durchschnittsgehalt von 1050 Thlm.
Eine Abstufung der Besoldungen, wie solche bei den aus Staatsfonds subven-
tionirten Gymnasien üblich ist, liegt aber nicht nur im Interesse der Lehrer
selbst^ sondern auch der Anstalten, da bei einer Normirung der Besoldungen,
wie sie die städtischen Behörden in N. in Aussicht nehmen, den Stellen-In-
habern nur ganz unwesentliche Verbesserungen für die Zukunft in Aussicht ge-
stellt werden können, mithin ein fortwährender Wechsel in sämtlichen Lehrer-
stellen sich erwarten läfst
Unter Festhaltung dieser Gresichtspunkte wolle das K. Prov.Sch.C. mit den
städtischen Behörden in N. nochmals ins Benehmen treten und einen ander-
289
weiten Beschlnfs derselben im Wege der gütlichen Yorstellnng herbeizuführen
suchen, von dem Erfolg dieser Yerhandlnngen aber seiner Zeit Anzeige machen.'^
Der Minister etc. Falk.
Min.Yerf. v. 21. Jan. 1874: „Das K. Frov.Sch.G. hierselbst hat bei mir
um die Ermächtigung gebeten; für die Realschulen 2. 0. dieselben Besoldnngs-
Sätze in Aussicht nehmen zu dürfen, wie solche für das Lehrerpersonal der zur
Kategorie des § 154, 2. d der Mil. Ersatzinstr. gehörigen Progymn. und höh.
BSS. und zwar in dem Durchschnittssatze von 950 Thlr für die Dirigenten- und
ordentl. wissenschaftl. Lehrerstellen in Aussicht genommen resp. teilweise be-
reits eingeführt sind (s. die Verf. v. 28. März 1874. S. 291).
Bealschulen 2. 0. königl. Patronats existiren nicht, und städtische An-
stalten solcher Art sind auch nur in geringer Anzahl vorhanden, so dafs es
namentl. auch mit Bücksicht auf die Yerschiedenartigkeit der Organisation und
Ziele der zur Kategorie der Realschulen 2. 0. gehörigen Anstalten fraglich er-
scheint, ob eine Festsetzung von Normal-Besoldungssätzen für dieselben aus-
. führbar und zweckdienlich ist. Es läfst sich indes nicht verkennt, dais
eine Verbesserung um 20 proc. der bisherigen Besoldungen in einzelnen Fällen
und besonders für die Dirigenten- und Oberlehrerstellen an diesen Anstalten als
ausreichend nicht wird gelten können, wenn mit Rücksicht auf die Sätze des
Normaletats für die Gymn. und Realschulen, sowie die Sätze für die zur Kate-
gorie des § 154, 2. d gehörigen Anstalten, für jene Stellen und überhaupt für
die wissenschaftl. Lehrerstellen geeignete Lehrkräfte gewonnen resp. erhalten
werden sollen.
Was die Besoldungen der Elementar- und techn. Lehrer an diesen
Anstalten anlangt, so halte ich es unter den jetzigen Preisverhältnissen für
durchaus geboten, für diese Stellen ein Besoldungs-Minimum von 400 Thlm
anzustreben und den betr. Patronaten eine allmähliche weitere Aufbesserung
der einzelnen Stelleninhaber unter Berücksichtigung der Besoldungsverhältnisse
der Elementarlehrer an den njederen Schulen desselben Orts anzuempfehlen.
Wegen Beschaffung der zu den qu. Verbesserungen erforderl. Mittel wird
nach Mafsgabe der C.Verf. v. 10. Mai 1872 zu verfahren sein, sofern seitens
der betr. Patronate der Antrag auf Gewährung einer Staatsbeihülfe sollte ge-
stellt werden." —
C.Verf. V. 21. Mai 1874: „Auf den Bericht v. 59. Nov. v. J. — eröffne
ich dem K. Prov.Sch.C. mit Bezug auf meine Verf. v. 28. März d. J. (S. 291), dafs
es nicht thunlich erscheint, für die Regelung der Besoldungsverhältnisse der Diri-
genten- und wissenschaftl. Lehrerstellen bei den Realschulen 2. 0. eine allgm.
Norm festzustellen, da diese Anstalten ganz abgesehen von ihrer geringen An-
zahl unter sich nach ihren Aufgaben, Einrichtungen und Bedürfnisseli der
Gleichartigkeit entbehren. Soweit einzelne dieser Schulen wirklich höher
stehen als die vollberechtigten Progymnasien und höh. Bürgerschulen oder auch
nur als solchen Anstalten gleichstehende anzusehen sind und nach ihrer Or-
ganisation eine bestimmte gröfsere Anzahl wissenschaftlicher Lehrerstellen stets
haben müssen, werden die Besoldungen der letzteren auch allerdings nach dem
Dorchschnittssatz von 950 Thlm zu reguliren sein. Soweit bei den Real-
schulen 2. 0. jene Bedingungen aber nicht zutreffen, muTs es dagegen auch
fernerhin der besonderen Prüi^ng jedes einzelnen Falls vorbehalten bleiben, ob
nnd welche Besoldungsverbesserungen für einzelne oder alle Lehrerstellen her-
beizuführen sind.
Aus den von den K. Prov.Sch.OC. zu Stettin, Magdeburg, Kiel, Cassel und
Coblenz nnd der K. Regierung in Düsseldorf in dieser Anglgh. erstatteten Be-
richten habe ich ersehen, dafs bei einem nicht unerhebl. Teil dieser Realschulen
der Dnrchschnittssatz von 950 Thlr teils überschritten, teils nahezu erfüllt ist,
Wie 16, Verordnungen. IL 19*
290
so dafs es sich nur um eine sehr geringe Anzahl von Fällen handeln wird, in
denen aus Staatsfonds suhventionirte oder dieserhalb noch zu subventionirende
Bealscbulen 2. 0. einer Aufbesserung der Lehrerbesoldungen bedürfen möchten.
Dafs behufs Herbeiführung dieser Aufbesserungen die eigenen Einnahmen der
Anstalten entsprechend gesteigert werden müssen und namentl. die Erfüllung
des Durchschnitt-Schulgeldsatzes von 24 Thlrn zu verlangen ist, wenn die Be-
willigung von Bedürfniszuschüssen aus allgm. Staatsfonds in Aussicht genommen
werden soU, auch der Nachweis erbracht werden mufs, dafs das Eingehen der
Anstalt das öffentl. Interesse schädigen würde, bedarf nach dem Vorgange bei
der Begulirung der Lehrerbesoldungen an den Gymn. und Realschulen 1. O.
keiner weiteren Erörterung." — Der Min. etc. Falk.
Min. Verf. v. 4. Aug. 1876. „Auf den Bericht vom 15. v. M. erwidere
ich dem X. Prov.Sch.C, dafs ich die Beschwerde des dortigen Magistrats vom
21. V. M. wegen verweigerter Genehmigung der an der städi Bealschule 2. O.
beabsichtigten anderweiten Begulirung mehrerer Lehrerbesoldungen nicht für
unbegrupdet erachten kann, da eine angemessene Abstufting der Lehrergehälter
an deirvom Staat zu unterhaltenden oder subventionirten Gymnasien ete. zwar*
üblich ist, indefs durch den Normaletat vom 20. Apr. 1872 keineswegs vorge-
schrieben wird. Der Normaletat fordert nur, dafs die Besoldungen der Ober-
ünd der ord. Lehrer der Normalbesoldungssumme, d. h. der Summe entsprechen
sollen, welche sich ergiebt, wenn man die Zahl der in Betracht kommenden
Stellen multiplicirt mit dem Durchschnittsgehalt von 3150 Mark, und kann
hiernach unter Abstandnahme von einer Abstufting der Gehälter jeder Ober-
und ord. Lehrerstelle das Durchschnittsgehalt von 3150 Mark beigelegt werden.
Dafs eine derartige Feststellung der Lehrergehälter weder im Interesse der
Lehrer, noch der Anstalt liegt, ist richtig, und es kann eine Abstufung der Be-
soldungen, wie solche bei den aus Staatefonds subventionirten Gymnasien etc.
üblich ist, nur wiederholt den städt. Behörden anempfohlen werden ; ein Zwang
aber darf nach dieser Bichtnng hin nicht ausgeübt werden, wie dies schon aus
meiner Verfügung vom 18. Mai 1874 ersichüic}^ ist ^ Der Min. etc.
Im Auftr. GreifF.
Min.Verf. v. 20. Sepi 1876. „Dem K. Prov.Sch.C. erwidere ich auf den
Bericht vom 29. v. M., betreffend den Besoldungsetat an der dortigen städt
Bealschule 2. 0., dafs ich auch nach nochmaliger Erwägung der in Betracht
kommenden Verhältnisse mich zu meinem Bedauern nicht in der Lage befinde,
meinen Erlafs vom 4. v. M. wesentlich zu modlficiren. Wenn das K. Prov.Sch.C.
Bedenken trägt, mit der von dem dortigen Magistrate angeordneten anderweiten
Begulirung einiger Lehrerbesoldungen an der gedachten Anstalt bezw. mit der
Verteilung der durch den Abgang des Dr. N. disponibel gewordenen 600 Mark
sich einverstanden zu erklären, so verkenne ich nicht, dafs möglicherweise durch
die von dem Magistrate angeordnete Gehaltsverbesserung zweier jüngerer Lehrer
Inconvenienzen herbeigefohrt werden können. Es fehlt jedoch, sofern nur die
Gesamtsumme der Besoldungen der Ober- und ord. Lehrer dem normalen Durcb-
schnittsgehalte entspricht, an jeder positiven Handhabe, um den Magistrat zu
einer bestimmten, wenn auch materiell zweckmäfsigen Abstufung der Lehrerge-
hälter zu nöthigen, und dies um so mehr, als die in Bede stehende Ans^t
ausschliefslich aus städtischen Mitteln unterhalten wird und als die von dem
Magistrate aus freien Stücken vorgenommene Erhöhung der Lehrergehälter bis
zum Betrage der Normaletatsätze bei einer Bealschule 2. 0., für welche der
Normaletat von 1872 überhaupt keine Geltung hat, als ein Act besonderer
Liberalität erscheint. Dazu kommt, dafs das K. Prov.Sch.C. seine Weigerung,
die vom Magistrate in Aussicht genommenen Gehaltserhöhungen gutzuheifsen,
lediglich auf Erwägungen allgemeiner Natur und auf die Besorgnis künftigen
Mifsbrauches der von dem Magistrate in Anspruch genommenen freieren 6e-
291
ireg^ng stützt, ohne die materielle Begründung, durch welche der Magistrat die
von ihm für angemessen erachtete Verteilung der in Bede stehenden 600 Mark
auf die Lehrer A. und Dr. B. zu rechtfertigen sucht, zu bemängeln. Ich ver-
mag unter diesen umständen eine concrete Schädigung der Anstalt, welche ein
Einschreiten auf Grund der allgemeinen Staatsaufsicht rechtfertigen könnte, im
vorliegenden Falle nicht zu erkennen. Dagegen pflichte ich dem E. Prov.Sch.C.
darin bei, dafs die von dem Magistrate in seinem Erwiderungsberichte vom
7. Mai d. J. gebrauchte Bezeichnung der beabsichtigten Gehaltserhöhungen als
„persönliche Zulagen'^ den Verhältnissen nicht entspricht, und dafs die Zulage
von je 300 Mark für die Lehrer A. und Dr. B. wie in der Beschwerdevor-
stellung des Magistrats vom 21. J^i c. richtig geschehen, als Gehalts-Zulage
zu bezeichnen ist. . . /' Der Minister etc. Falk.
Aus einer Min.Verf. v. 1. Aug. 1873: — „Ein vollberechtigtes Fro-
gymnasium bedarf eines Bectors, eines Oberlehrers, 4 akadem. gebildeter
Lehrer und eines Elementarlehrers, und far diese sind Lehrerbesoldungen von
resp. 1500, 1200, 900, 800, 700, 600 und 400 Thlm erforderlich, wenn mit
Bücksicht auf die Sätze des Normaletats für die Gymn. und die Bealschulen 1. 0.
geeignete Lehrkräfte gewonnen resp. erhalten werden sollen. Die angegebene
Zahl der Lehrer und die ausgeworfenen Besoldungen mufs ich daher in Zukunft
als Vorbedingung der Anerkennung einer Anstalt als eines vollberechtigten
Progymn. aufsteUen.^' — Der Min. etc. Im Aufbr. Greiff.
Aus einer O.Verf. v. 28. März 1874: — „Es liegt fSr jetzt nicht in
Absicht, einen Normal-Besoldungsetat für die Lehrer an den Pro gymn asien
und höh. Bürgerschulen zu publiciren;- es erscheint aber wünschenswerth,
für die Dirigenten und ord. wissenschaftL LehrersteUen an den vollberechtigten
Progymn. und höh. BSS., d. h. den zur Kategorie des § 154, 2. d der Mil. Er-
satzinstr. v. 26. März 1868 gehörigen Anstalten einen Durchschnitts-Gehaltssatz
von 950 Thlm anzustreben und die Besoldung des Bectors auf 1500, des ersten
ord. L. auf 1200, des zweiten bis fünften resp. auf 900, 800, 700, 600 Thlr.,
zusammen 5700 Thlr zu bemessen, während die Besoldungen der Elementar-
und techn. Lehrer an diesen Anstalten unter den jetzigen Verhältnissen auf
ein Minimum von 400 Thlm zu bringen sein werden und den betr. Patronaten
eine allmähliche weitere Aufbesserang der einzelnen Stelleninhaber unter Be-
rücksichtigung der Besoldungsverhältnisse der Elementarlehrer an den niederen
Schulen des Orts anzuempfehlen sein möchte.
In den Fällen aber, wo die Bedeutung und die Schülerzahl der zur Kate-
gorie des § 154, 2. d der Mil. Ersatzinstr. gehörigen Anstalten zu gering er-
scheint, . sowie bei allen übrigen höh. Unterrichtsanstalten ist eine Verbesserang
um ungefähr 20 proc. der bisherigen Besoldungen im Allgemeinen als aus-
reichend anzusehen.
Für Dienstwohnungen sind je nach der Einwohnerzahl des Orts 5,
7^2 und 10 proc. zu entrichten. Nach den mit dem H. Finanzmin. getroffenen
Vereinbarangen mufs aber bei allen Anstalten, für welche ein Zuschufs aus ft
Staatsfonds in Aussicht genommen werden soll, das Schulgeld auf den Durch-
schnittssatz von 24 Thlm erhöht werden, wobei es dem £. Prov.Sch.C. unbe-
nommen bleibt, in den einzelnen Klassen eine den localen Verhältnissen ent-
sprechende Abstufung der Schulgeldsätze beizubehalten; doch müssen in der
Vorschule der betr. Anstalt dieselben Sätze wie in VI zur Hebung gelangen.'*
C.Verf. V. 14. Juli 1873: „Es ist bisher als Grundsatz festgehalten wor-
den, die Besoldungen der vollbeschäftigten techn. und Elementar-(Vor-
8chul-)Lehrer an den höh. ünterrichtsanstalten nicht über die Besoldungs-
Minima der ordentl. Lehrer hinaus zu bemessen. Dieses Princip, unter welchem
namentl. ältere tüchtige und gewandte Lehrer dieser Kategorie nicht die zur
19*
292
Erhaltung nnd Förderung ihrer Bemfsfrendigkeit erforderliche, ihren Leistangen
angemessene Besoldung erwarten durften, soll im Interesse der Beteiligten, so-
wie mit Bücksicht auf die gegenwärtigen Preisverhältnisse aufgegeben werden.
In üebereinstimmung mit dem H. Finanzmin. bin ich geneigt, zunächst
bei allen vom Staat zu unterhaltenden höh. Unterrichtsanstalten, d. h. bei allen
den Anstalten, für deren Lehrerpersonal seitens des Staats in neuester Zeit die
Wohnungsgeld-Zuschüsse aus allgm. Staatsfonds bewilligt sind, die Be-
soldungen der Stellen vollbeschäfkigter Elementar- und technischer Lehrer
a) in Berlin auf 500 bis 1000, durchschnittl. 750 Thlr; b) in allen anderen
Orten auf 400 bis 800, durchschnittl. 600 Thlr, mit der Mafsgabe zu' bemessen,
dafs die Besoldungen dieser Lehrer künftig ^ür Berlin und für jede Provinz be-
sonders in den Grenzen der vorbemerkten Minimal- und Maximal-Besoldungssätze
unter sich übertragbar sein sollen. Die Zahl dieser Lehrerstellen an den sämtl.
staatl. höh. Unterrichtsanstalten von Berlin resp. einer jeden Provinz multiplicirt
im ersteren Fall mit dem Durchschnittssatz von 750 Thlm, im letzteren mit
dem Durchschnittssatz von 600 Thlm, giebt sonach die Gesamtbesoldungssnnune
der qu. Stellen far Berlin resp. jede Provinz, aus welcher nach MalBgabe der
Tüchtigkeit, Würdigkeit, Bedürftigkeit der einzelnen Lehrer unter Berücksich-
tigung ihres Dienstalters und nach Mafsgabe der Bedürftiisse und der besonderen
Verhältnisse der einzelnen Anstalten — wobei auch die Besoldungsverhältnisse
der Elementarlehrer an den niederen Schulen desselben Orts in Betracht zu
ziehen sind — die Besoldungen der einzelnen Stelleninhaber in der Weise fest-
gesetzt werden sollen, dafs für jede Stelle im Etat die Minimalbesoldung von
500 Thlm in Berlin, resp. 400 Thlm in allen andern Orten, ausgeworfen wird,
das dem einzelnen Lehrer über diesen Minimalbetn^; zu gewährende Mehr aber
eine persönL pensionsberechtigte Zulage ist, auf welche der Nachfolger im Amt
keinen Ansprach hat" —
C.Verf.v. 2. Mai 1874: „Auf Grand der Verf. v. 14. Juli v.J. sind die
Besoldungen der vollbeschäftigten Elementar- und techn. Lehrer an den
vom Staat zu unterhaltenden höh. Unterrichtsanstalten a) in Berlin auf 500
bis 1000, durchschnittl. 750 Thlr; b) in allen anderen Ort^n auf 400 bis
800, durchschnittl. 600 Thlr mit der Mafsgabe bemessen worden, dafs die
Zahl dieser Lehrerstellen an den sämtl. staatl. höh. Unterrichtsanstalten von
Berlin resp. einer jeden Provinz multiplicirt im ersteren Fall mit dem Durch-
schnittssats von 750 Thlm, im letzteren mit dem Durchschnittssatz von 600 Thlm
die Gesamt-Besoldungssumme für Berlin resp. jede Provinz ergiebt. Aus
diesem Anlafs sind nun von einzelnen Elementarlehrem nicht staatlicher höh.
Unterrichtsanstalten an mich Gesuche um Aufbesserang ihrer Besoldungen nach
den vorbemerkten Normen gerichtet worden.
So sehr ich es im Interesse des Unterrichtswesens wünschen mufs, dafs
den Elementar- und techn. Lehrern an den höh. Unterrichtsanstalten privaten
Patronats die zur Erhaltung und Förderung ihrer Berafsfreudigkeit unter den
gegenwärtigen Preisverhältnissen erforderliche, ihren Leistungen angemessene
Besoldung gewährt werde, so kann doch von Seiten des Staats, nachdem bei
Durchführang des Normaletats v. 20. Apr. 1872 den an höh. Schulen städi
Patronats befindl. Elementarlehrem bereits eine Besoldungsverbesserang in der
Begel erwirkt worden ist, die von den Bittstellern gewünschte Begelung ihrer
Besoldungen schon deshalb nicht wohl durchgeführt werden, weil bei sehr vielen
höh. Schulen städt. Patronats die an diesen angestellten Elementar- und techn.
Lehrer mit den Lehrern derselben Kategorie an den mittl. und niederen Schulen
des Orts rangiren und von den betr. Patronaten die Lösung dieses durchaus
im Interesse der gesamten Elementar- etc. Lehrer des bezügl. Orts liegenden
Verhältnisses nicht verlangt werden kann, ohne entweder die Commune oder die
hetelligten Lehrer zu schädigen. Dagegen hsdte ich es far durchaus geboten,
293
far die Elementar- nnd techn. Lehrerstellen an den höh. ünterrichtsanstalten
•einschliefsl. der Progymn. und höh. 6SS., wenn and soweit etwa nicht die im
Vorstehenden erörterten Yeriiältnisse entgegenstehen, ein Besoldungs-Minimnm
von 400 Thlm anzustreben nnd den be^. Fatronaten eine weitere allmähliche
Aufbessemng der einzelnen Stelleninhaber unter Berücksichtigung der Besoldungs-
Terhältnisse der Elementarlehrer an den niederen Schulen desselben Orts in der
Weise anzuempfehlen, dafs das dem einzelnen Lehrer über diesen Minimalbe-
trag von 400 Thlm aus städt. Fonds zu gewährende Mehr eine persönl. pen-
flionsberechtigte Zulage ist, auf welche der Nachfolger im Amt keinen Anspruch
hat und welche bei dem Abgange des betr. Stelleninhabers den städt. etc. Fonds
wieder zufliefst, und dürfte es sich empfehlen, die Höhe der dem einzelnen
Lehrer zu gewährenden Besoldungszulage so zu bestimmen, dafs seitens des
K. ProY.Sch G. dem betr. Fatronat diejenige Besoldungssumme angegeben wird,
welche der Lehrer nach seiner Anciennetät haben würde, wenn er an einer höh.
Unterrichtsanstalt staatl. Fatronats der Provinz angestellt wäre. Soweit zur Ver-
besserung derartiger Stellen über den Betrag von 400 Thlrn hinaus aber Mittel
AUS Staatsfonds bereits überwiesen sind, werden diese Mittel bei Erledigung
solcher Stellen den Staatsfonds wieder zuzuführen sein.'' Falk.
Min.Verf. v. 30. Apr. 1877. „Durch den Bericht des K. Prov.Sch.C. y.
9. d. .Mts. ist der Antrag, in dem Etat des Gymnasiums zu N. den für den
Turnunterricht ausgebrachten Betrag, Titel IL 9. der Ausgabe, von 300 M.
auf 800 M. und zu diesem Behufe den Staatszuschufs um 50^ M. zu erhöhen,
nicht als begründet zu erachten. Das K. FroY.Sch.G. ist durch einen Erlaik
Tom'30. Nov. 1875 angewiesen worden, dafür Sorge zu tragen, dails der Turnunter-
richt Yon einem der angestellten Lehrer innerhalb der Zaühl seiner Pflichtstunden
erteilt werde; dieselbe Weisung ist ids Vermerk in den Etat pro 1875/7 zu der
betr. Position angenommen. Dem gegenüber kann die in dem Berichte ent-
haltene Erklärung, dafs zur Ausführung dieses Vermerkes zur Zeit keine Aus-
sicht sei, nicht als genügend angesehen werden; Yielmebr ist anzuzeigen, ob
keiner der jetzt angestellten Lehrer die gesetzliche Befähigung zur Erteilung
des Turnunterrichts besitzt, und wenn ein Lehrer- diese Befähigung hat, so ist
nachzuweisen, aus welchen Gründen diesem nicht innerhalb seiner Pflichtstun-
-denzahl, erforderlichen Falls unter Befreiung you einigen seiner Lehrstunden
durch anderweite Verteilung, der Turnunterricht oder wenigstens ein Teil des-
selben zugewiesen ist Erst wenn auf diese Weise die Nothwendigkeit nach-
gewiesen ist, dafs der Turnunterricht oder ein Teil desselben durch eine be-
sonders zu remunerirende Lehrkraft erteilt werde, kann die Frage über die Höhe
der Bemuneration und über die Weise', wie der etwa erforderliche Mehrbedarf
zu beschaffen ist, zur Erwägung kommen. Doch mache ich schon Jetzt das
K. FroY.Sch.G. ai^ folgende Punkte aufmerksam: Die Etatsposition Titel 11. 9.
giebt insofern keinen berechtigten Anhalt, um daraus das Erfordernis für die
Leistung einer gröfseren Zahl Yon Turnstunden zu berechnen, weil in keiner
Weise ersichtlich gemacht war, dafs dieser Betrag für blofs Yier Turnstunden
:sollte aufgebracht werden. Jedenfalls würden 75 Mark als Jahresbetrag
für eine wo eben tL Turnstunde als das Maximum zu betrachten sein,
welches nöthigenfalls zugebilligt werden könnte. Was die Beschaffung des
«Yeni als erforderlich nachgewiesenen Mehrbedarfs betrifft, so ist dafür zunächst
im Hinblick auf die jetzigen Schulgeldsätze eine Erhöhung derselben in Aus-
sicht zu nehmen und das K. FroY.Sch.G. wird in dieser Hinsicht die entsprechen-
den Anträge Yorzulegen haben." Der Min. etc. Im Auffcr. Greiff.
Zusätzliohe Bemerkung aus der 2. Aufl. Entsprechend der Unter-
scheidung, welche zwischen Berlin und den anderen Städten für die Besoldung der
Yollbescyiftigten techn.- und Elementarlehrer angenommen worden ist, können auch
die Remunerationen der nicht Yollbeschäftigten teohn., Elementar- und
294
Hülfslehrer höherer Schalen in Berlin höher als an anderen Orten, und zwar
bis zn dem Maximalsatz von 40 Thlm für die Wochenstunde, bemessen werden^
sofern die Nothwendigkeit der Erhöhung durch die besonderen Leistungen der
betr. Lehrer und die Unzulänglichkeit der bisher. Bemunerationen in jedem ein-
zelnen Fall sich begründen läfst, auch die Kassen der einzelnen Anstalten die
Mittel zur Uebemahme der entstehenden Mehrausgabe darbieten.
Gesetz v. 6. Febr. 1881 (GS. p. 17), betr. die Zahlung der Beamten-
gehaltet nnd Bestimmungen über das Gnadenqnartal. „§ 1. Die nnmittelbaren
Staatsbeamten, welche eine etatsmäfsige Stelle bekleiden, erhalten ihre Besoldang
aus der Staatskasse vierteljährlich im Yorans. § 2. Die Hinterbliebenen der
im § 1 bezeichneten Beamten erhalten für das auf den Sterbemonat folgende
Vierteljahr noch die volle Besoldung des Verstorbenen (Gnadenqnartal,
s. Abschn. IX) nach MaTsgabe der CO. v. 15. Nov. 1819, anch wenn derselbe
nicht In coUegialischen Verhältnissen gestanden hat. § 3. Hat ein ver-
storbener Beamter (§ 2) eine Witwe oder eheliche Nachkommen nicht hinter-
lassen, so kann mit Genehmigung des Verwaltnngschefs das Gnadenqnartal anfser
den in der CO. v. 15. Nov. 1819 erwähnten anch solchen Personen, welche die
Kosten der letzten Krankheit nnd der Beerdigung bestritten haben, für den Fall
gewährt werden, dafs der Nachlafs zn deren Deckung nicht ausreicht. § 4. Die
Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch auf die zur Disposition gestellten
Beamten und Wartegeldempfänger sowie auf deren Hinterbliebene Anwendung.
§ 5. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1881 in Kraft." Wilhelm.
CVerf. V. 27. Juni 1881. „Se. Maj. der Kaiser und König haben
mittels A.O. v. 25. v. M. zu genehmigen geruht, dafs das Gesetz v. 6. Febr.
d. J. auch auf die Beamten, bezw. die Hinterbliebenen der Beamten der unter
staatlicher Verwaltung stehenden Stiftungsanstalten und Stifbungsfonds des dies-
seitigen Bessorts zur Anwendung gebracht werden darf *^ . . . Der Min. etc.
V, Gofsler.
CVerf. V. 15. März 1881. „Nachdem die durch meinen Circular-Erlafs
vom 15. Juli 1879 erforderten Berichte bezüglich der Zahlung der Gehälter
bei Versetzungen von Lehrern höherer Unterri^hts-Anstalten sämtlich ein-
gegangen sind und das Bedürfnis nach Herstellung eines möglichst einheit-
lichen Verfahrens ersichtlich gemacht haben, sehe ich mich veranlafst, hierdurch
Folgendes zu bestimmen :
1. Bei Versetzungen von Lehrern von einer höh. ünterrichtsanstalt an
eine andere, welche in den weitaus meisten FäUen am Schlüsse eines Schul-
semesters stattfinden, erscheint es zweckmäfsig, grundsätzlich als Versetzungs-
termin den 1. April bezw. den 1. Oct. festzuhalten, ohne Rücksicht darauf, ob
der Schlufs des voraufgehenden bezw. der Beginn des neuen Schulsemesters
einige Tage oder Wochen vor oder nach diesen Terminen eintritt. Dies Ver-
fahren empfiehlt sich, weil zu den genannten Terminen der Wohnungswechsel
zu geschehen pflegt, weil femer das Gehalt der etwa einzuziehenden Stelle nur
bis zum 31. März, als dem Schlüsse des Etatsjahres, das einer neu gegründeten
Stelle erst von diesem Zeitpunkte ab disponibel ist, weil endlich bei allgemeiner
Geltung dieser Regel vermieden würde, dafs der versetzte Lehrer das Gehalt
für einen wenn auch nur kurzen Zeitraum entweder verliert, oder umgekehrt
doppelt bezieht, wie es bei der Bestimmung verschiedener Termine för den
Dienstaustritt und den Diensteintritt bezüglich der betr. beiden Anstalten sich
leicht ereignen kann. Hiemach ist es angemessen, darauf Bedacht zu nehmen,
dafs die durch die Versetzung bedingten Aenderungen in der Gehaltszahlung
von den vorbezeichneten Terminen ab eintreten.
295
•
2. Analog ist zweckmäfsig aach za verfahren bei Neaanstellungen
von Lehrern, bei Versetzungen in den Bnhe stand und bei Versetzungen
zu andern als den vorgenannten beiden Terminen. Für diese Fälle wird in
der Begel der SchlnTs bezw. Anfang eines Monates für den Wechsel in den
Dienstverhältnissen bestimmend sein. Bezüglich der Versetzung in den Bnhe-
stand ist dies bereits in dem Circolar- Erlasse vom 18. Dec. 1875 an-
geordnet
3. Für die Zahlung von Bemnnerationen ist der Begel nach die Daner
der Beschäftigung, far welche die Bemnneration gewährt wird, entscheidend;
nur bei fixirten Bemnnerationen kann die Zahlung in vollen Monatsbeträgen
als zulässig erachtet werden, wenn die erforderlichen Mittel in den An-
staltskassen bezw. bei dem Gehalte der SteUe, welche von dem Bemunerirten
interimistisch versehen wird, vorbanden sind.
4. Was die Uebemahme der Functionen der neuen Stelle seitens des
versetzten Lehrers anlangt, so ist möglichst daran festzuhalten, dafs der ab-
gehende Lehrer den von ihm bisher erteilten Onterricht bis zum Schlüsse des
Schulsemesters fortsetzt upd erst demnächst an die neue Anstalt übertritt; wenn
hierdurch der Schlufs des Etatsquartales überschritten wird, so ist der Lehrer
als bei der neuen Anstalt beurlaubt anzusehen.
5. Bei den staatlichen und bei den unter staatlicher Verwaltung stehenden
stiftischen Anstalten ist künftig nach obigen Gesichtspunkten in der Begel zu
verfahren. Ausnahmen sind nur zuzulassen, wenn sie in den besonderen Ver-
hältnissen des Falles begründet sind, z. B. wenn bei dem bereits vor dem Schul-
schlusse zu bewirkenden Umzüge die Beteiligung des Lehrers selbst unerläfs-
lich erscheint, wenn bei Alumnaten die Forderung der unentgeltlichen Fort-
führung der amtlichen Functionen durch den abgehenden Lehrer über den 1. April
hinaus als unbillig anzusehen ist, wenn das Gehalt der neu zu besetzenden
Stelle noch über den zuletzt genannten Termin hinaus für Vertretungskosten
in Anspruch genommen werden mufs u. s. w. In solchen Ausnahmefällen ist
aber durch geeignete Anordnungen dafür Vorsorge zu treffen, dafs der Schul-
unterricht an den beiden Anstalten keine wesenüiche Schädigung erfährt und
der versetzte Lehrer das Gehalt nicht für einen kürzeren oder längeren Zeit-
raum entbehrt oder doppelt erhält.
6. Bezüglich der Lehrer an städtischen Anstalten können die
Patronate durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beobachtung der
vorstehenden Begeln nicht angehalten werden. Wohl aber empfiehlt es sich
bei der Häufigkeit der Versetzungen von bezw. zu solchen Anstalten, dafs durch
Verhandlung mit den städtischen Patronaten die möglichste Uebereinstimmung
herbeigeführt wird. Indem ich das E. Prov.SchO. beauftrage, den sämtlichen
Vertretungen der städtischen höh. Lehranstalten Seines Bezirkes von den oben
dargelegten, für die staatlichen Anstalten fortan geltenden Normen Kenntnis
zu geben, veranlasse ich Dasselbe dahin zu wirken, dafs diese Normen auch
für die städtischen Anstalten grundsätzlich zur Anwendung gelangen, so dafs
fernerhin nur abnorme Einzelfälle einer besonderen Erörterung bedürfen.
Von dem Ergebnisse dieser Verhandlungen erwarte ich Anzeige nach Jahres-
frist Sollten wider Erwarten einzelne der städtischen Patronate zu einer
generellen Vereinbarung in der gedachten Bichtung sich nicht bereit finden
lassen, so ist doch die Anwendung jener Begeln in den einzelnen Fällen mög-
lichst herbeizuführen und sicherzustellen, dafs ein Lehrer das Gehalt nicht ent-
behrt oder doppelt erhält; jedenfalls ist darauf zu halten, dafs in den Voca-
tionen ein bestimmter Tag für den Eintritt des Lehrers bei der städtischen
Anstalt bezeichnet und unbestimmte Ausdrücke, wie Ostern oder Michaelis, ver-
mieden werden; auch ist dem Lehrer thunlichst vor der Annahme der neuen
Stelle Gelegenheit zu geben, die mit seinem üebertritte an die neue Anstalt
296
bezüglich der Gehaltszahlnngen verbundenen Folgen genau zu übersehen.'' Der
Min. d. geisü. etc. Ang. von Puttkamer.
G.Yerf. v. 11. Mai 1882. „Nach § 734 der Civilprozefsordnnng vom
30. Jan. 1877 (RGBl. 1877. S. 83) wird durch die Pföndong des Dienst-
einkommens auch dasjenige Einkommen betroffen, welches der Schuldner in
Folge der Versetzung in ein anderes Amt oder der Uebertragung eines neuen
Amtes zu beziehen hat, sofern eine Aenderung des Diensi£erm damit nicht
verbunden ist. Diese Voraussetzung trifft mithin zu, wenn die Versetzung von
einer staatlichen Anstalt zu einer anderen staatlichen Anstalt, bezw. in ein
anderes staatliches Amt, oder von einer städtischen Anstalt zu einer anderen
städtischen Anstalt derselben Stadt erfolgt
Mit Bezug hierauf veranlasse ich daher das Königliche Provinzial-Schnl-
coUegium, die unterstellten Localschulverwaltungen anzuweisen, in den vorge-
dach^n Fällen der Versetzung eines Lehrers, dessen Diensteinkommen in Folge
einer Pfändung noch einem Abzüge unterliegt, die Kasse der Anstalt, bezw. die
Behörde, an welche die Versetzung erfolgt, von der stattgehabten Pföndnng
unter Angabe der in deren Verfolg bereits abgeführten Beträge in Kenntnis zu
setzen." Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftir. Greiff.
Min. Verf. v. 23. Sepi 1881. „Dem K. Prov.Sch.C. erwidere ich
auf den Bericht v. 5. v. M., dafs der früher am Gymnasium zu S. angestellte
Lehrer N., welcher vom 1. Oci bis Ende Dec. 1880 eine vacante Elementar-
lehrerstelle am Gymn. zu N. commissarisch versehen hat, zu Unrecht sein Ge-
halt nebst Wohnungsgeldzuschufs für dieses Quartal . . . noch aus der Kasse
des erstgenannten Gymn. bezogen hat. Nach den bestehenden Verwaltungs-
Grundsätzen ist das volle Diensteinkommen commissarisch beschäf-
tigter Beamten einschl. des Wohnungsgeldzuschusses jedesmal bei dem
Fonds desjenigen Yerwaltungszweiges zu verrechnen, in welchem die commissa-
rische Beschäftigung stattfindet . . J^ Der Min. etc. Im Auftr. Greiff.
C.Verf. V. 17. Dec. 1886. Durch Erlafs des H. Finanzmin. v. 22. Dec
1880 sind die K. Begierungen etc. ermächtigt worden, die Gehälter, Wohnungs-
geldzuschüsse und sonstigen pränum. fälligen fixirten Competenzen der Beamten
in Fällen, wo der 1. u. 2. Quartalstag Sonn- und Festtage sind, schon am letzten
Tage des vorhergehenden Quartals zahlen zu lassen. Die K. Begierung ver-
anlasse ich, künftig, soweit es nicht bereits geschieht, auch für das diesseitige
Bessert hiemach zu verfahren.'' Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auf&.
Barkhausen.
C.Verf. V. 2. Mai 1871: „In Bezug auf die Berechnung von Ge-
hältern, Diäten, Dienstaufwands-Entschädigungen ujfid ähnlichen Competenzen
für Teile eines Monats ist bisher nicht gleichmäfsig verfahren worden.
Als Monatsrate ist in der Begel ohne Bücksicht auf die verschiedene Länge
der Monate der 12. Teil des Jahresbetrages angenommen. Bei Berechnung der
Beträge für einzelne Tage aber sind verschiedene Grundsätze zur Anwendung
gebracht. Bei Zahlungen aus Dispositionsfonds ist der Monatsbetrag ohne
Bücksicht auf die wirkl. Zahl der Tage des betr. Monats durch 30 dividirt, der
sich so ergebende Betrag als Betrag für einen Tag angesehen und danach die
Competenz für mehrere Tage festgestellt worden, so dafs z. B. wenn der Monats-
betrag für einen Monat von 31 Tagen sich an 2 Beamte verteilte und der eine
etwa für 15 Tage ^^/go der andere für 16 Tage ^'/so erhielt, im ganzen ^%
des Monatsbetrags, also V30 ^ ^^^^ verausgabt würde. Dagegen ist bei Zah-
lungen für Bechnung von Ausgabepositionen, welche etatsmäfsig für einzelne
SteUen zu Besoldungen, Dienstaufwands-Entschädigungen ausgesetzt worden,
2ur Vermeidung von Etatsüberschreitungen die Verteilung von Monatsraten nach
297
Verhältnis der zu vergütigenden Tagezahl zur wirkL Tagezahl des betr. Mo-
nats erfolgt
Im Einverständnis mit dem H. Finanzmin. nnd der K. OBechnnngs-
kammer bestimme ich, dafs fortan überall, also a^ch bei Zahlungen ans Dispo-
sitionsfonds, nach letzterem Grundsatz zu verfahren ist/' —
Wohnungsgeld, Dienstwohnungen.
Gesetz v. 13. Mai 1873 (GS. p. 209), betreffend die Gewährung von
Wohnungsgeldzuschussen an die unmittelbaren Staatsbeamten.
„§ 1. Den unmittelbaren Staatsbeamten, welche eine etatsmafsige Stelle
bekleiden und ihre Besoldung aus der Staatskasse beziehen, femer den Lehrern
und Beamten der Universitäten und derjenigen Unterrichts- und sonstigen An-
stalten, bei welchen die Gewährung der eiforderl. Unterhaltnngszuschüsse aus-
schliefslich dem Staate obliegt, wird vom 1. Jan. 1873 ab ein Wohnungsgeld-
zuschufs nach Mafsgabe des diesem Gesetz beiliegenden Tarifs gewäbrt. Der •
WohnnngsgeldzuschuTs wird auch denjenigen unmittelbaren Staatsbeamten ge-
währt, welche bei der Umgestaltung der Behörden in den neuen Provinzen etats-
mafsige Stellen verloren haben und zur Zeit noch aufseretatsmäfsig im un-
mittelbaren Staatsdienst beschäftigt werden.
§ 2. Für den zu gewährenden Wohnungsgeldzuschuss ist der mit der
Amtsstellung verbundene Dienstrang, nicht der einem Beamten etwa persön-
lich beigelegte höhere Bang, mafsgebend. Beamte, welche nach ihrer Dienst-
stellung zwischen den Abteilungen des Tarifs rangiren, werden der entsprechenden
niederen Abteilnng zugerechnet Für solche Beamte und Lehrer, welchen
ein bestimmter Dienstrang nicht beigelegt ist, wird durch den Bessortchef im
Einvernehmen mit dem Finanzminister festgesetzt, welcher der im Tarif be-
stimmten Beamtenklassen dieselben beizuzählen sind. Die Stellung der Orte
in den verschiedenen Servisklassen bestimmt Bich nach der Klasseneinteilung,
wie sie in Gemäfsheit des § 3 des Beichsgesetzes v. 25. Juni 1868, betreffend
die Quartierloistung far die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes
(Bundesgesetzbl. p. 523), jeweilig in Geltung ist. Bei Veränderungen in
der Klasseneinteilung kommt, von dem auf die Publication der Veränderung
folgenden Kalenderquartal an, der danach sich ergebende veränderte Satz des
Wohnungsgeldzuschusses in Anwendung.
§ 3. Bei Versetzungen erlischt der Anspruch auf den dem bisherigen
amtlichen Wohnorte entsprechenden Satz des Wohnungsgeldzuschusses mit dem
Zeitpunkte, zu welchem der Bezug der Besoldung {lus der bisherigen Dienst-
stelle aufhört. Die bei einer Versetzung an einen Ort einer geringeren Servis-
klasse eintretende Verminderung des Wohnungsgeldzuschusses wird als eine
Verkürzung des Diensteinkommens (§ 53 des Gesetzes, betreffend die Dienst-
vergehen der Richter und die unfreiwillige Versetzung derselben auf eine andere
Stelle oder in den Buhestand, v. 7. Mai 1851, GS. p. 218, und § 87 des Ge-
setzes, betreffend die Dienstvergehen der.nicht richterl. Beamten, v. 21. Juli 1852,
GS. p. 465) nicht angesehen.
§ 4. Der Wohnungsgeldzuschufs wird nicht gewährt an Beamte, welche
Dienstwohnungen innehaben, oder anstatt derselben Miethsentschädigungen be-
ziehen. Die Miethsvergütigungen, welche Beamte für die ihnen uberlassenen
Dienstwohnungen zu entrichten haben, werden von dem im § 1 bestimmten
Zeitpunkte ab um den Betrag des Wohnungsgeldzuschusses gekürzt.
§ 5. Beamte, welche mehrere Aemter bekleiden, erhalten den Wohnungs-
geldzuschufs nur Ein Mal, und zwar für dasjenige Amt, welches auf den
höchsten Satz Anspruch giebt.
298
§ 6. Bei der Feststellang der Umzügskostenvergütangen (§ 4 des A. Er-
lasses y. 26. März 1855, GS. p. 190) bleibt der WohBüngsgeldznschafs aufser
Ansatz. Bei Bemessung der Pension (§10 des Gesetzes, bekeffend die Pensio-
nimng der unmittelb. Staatsbeamten etc., v. 27. März 1872 GS. p. 268) wird
der DnrchschnittssatsL des Wohnnngsgeldznschnsses fnr die Servisklassen I bis
y in Anrechnung gebracht Dieser Satz gilt auch für diejenigen Beamten,
welche eine Dienstwohnung 'resp. eine Miethsentschädignng erhalten. Im
Uebrigen gilt der Wohnnngsgeldznschnfs in allen Beziehungen mit der im § 3
bestimmten Mafsgabe als ein Teil der Besoldung.
§ 7. Dieses Gresetz findet keine Anwendung auf die- gesandtschafü.
Beamten, sowie auf Beamte in Dienststellungen, wie sie im § 5 des allegirten
Gesetzes v. 27. März 1872 bezeichnet sind.** Wilhelm.
Tarif.
Jahresbetrag des Wohnungsgeld-
Bezeichnung der Beamten.
•
Zuschusses in den Orten der Servisklasse.
Berlin.
I
II
ni
IV
V
Thlr
Thhr
Thlr
Thlr
Thlr
Thlr
I. Beamte der 1. Kanffklasse . . .
II. Beamte der 2. und 3. Rangklasse
500
400
300
240
200
200
400
300
240
200
180
180
III. Beamte der 4. und 5. Rangklasse
300
220
180
160
140
120
IV. Beamte, welche zwischen den Be-
amten der 5. Rangklasse und den
Subalternen der Provinzialbebörden
rangiren, Subaltembeamte 2. Klasse
•
bei den Centralbehörden, Subaltem-
beamte bei den Provinzial: und
Localbehörden
160
144
120
100
72
60
V. Unterhißamte
80
60
48
36
24
20
Ein Verzeichnis für die Klasseneinteilung der Orte nach den verschiedenen
Servisklassen ist enthalten in: „Das gesamte Preufsische Etats-, Kassen- und
Rechnungswesen einschliefslich der Rechts-Verhältnisse der Staatsbeamten, zu-
sammengestellt und erläutert von G. Herrfurth, Rechnungs-Rath im K. Min.
der geistl. u. s. w. Ang. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin
1887." S. 663 fg.
Die Auszahlung der Wohnungsgeldzuschüsse erfolgt pränum. in vierte][jährl.
oder monatl. Raten, Je nachdem der Empfänger seine Besoldung bezieht. —
Die Quittung ist mit der Gehaltsquittung zu verbinden, in derselben jedoch der
WohnungsgeldzuschuTs besonders ersichtlich zu machen. — Der Anspruch auf
den Zuschufs beginnt mit der definitiven Anstellung des Beamten für die betr.
Stelle. Dauernde Anstellung, w^nn auch mit Vorbehalt .der Kündigung, gilt in
diesem Sinne als definitiv. CBl. 1873 p. 325.
WohnungsgeldzuschuTs für die aufserhalb ihres Wohnorts
commissarisch beschäftigten Lehrer.
Nach der Min. Verf. v. 23. Febr. 1875 erhalten Lehrer, welche an den
vom Staat zu unterhaltenden Gymnasien, Progymnasien, Real- und höh. Bürger-
schulen oder an den staatl. SchuUehrer-Seminarien in etatsm. Stellen definitiv
angestellt sind, wenn sie behufs commissarischer Beschäftigung als Krels-Schul-
inspectoren beurlaubt werden, für die Dauer . der Beurlaubung den Wöhnungs-
299
geldznschnls tiach den Sätzen nicht des commissar. Aufenthaltsorts, sondern
ihfes amtl. Domicils. CBl. 1875 p. 385.
Gnind dieser Bestimmnng ist, dafs der Wohnnngsgeldzuschnfs als ein
Teil des Diensteinkommens der Etatstelle anzusehen und für die Höhe des
Bezüi^s daher der Ort mafsgebend ist, an welchem der Beamte eine etatsm.
Stelle bekleidet. Es sind jedoch hierzu folgende Bestimmungen erlassen
worden :
Min. Verf. v.*21. Sepi 1877. „Auf den Bericht v. 14. Juli d. J. eröffne
ich dem E. Prov.Sch.C, wie ich Demselben darin nicht beizustimmen vermag,
dafs dem früheren ordentlichen Lehrer N. an der Realschule zu N. für die
Dauer seiner Beschäftigung als Ereis-Schulinspector der ihm in seiner bis-
herigen Stellung tarifmäfsig zustehende Wohnungsgeldzuschufs aus den Mitteln
der Anstalt gezahlt werde, da nach den bestehenden Verwaltungsgrundsätzen
auch der Wohnungsgeldzuschufs für etatsmäfsig angestellte, aber zur Versehung
einer andern Stelle commissarisch herangezogene Beamte bei den Fonds des-
jenigen Verwaltungszweiges zu verrechnen ist, in welchem die commissarische
Beschäftigung stattfindet.
Die auf der entgegengesetzten Annahme beruhenden Verfügungen vom
27. Mai 0 und 31. Dec. 1875 — ü. IL 2662. und 5604. — werden, soweit sie
diese Präge berü&en, hierdurch aufgehoben.'*
C.Verf. V. 23. April 1878. „Es ist mehrfach vorgekommen, anscheinend
in Eolge mifsverständlicher Auffassung meines Erlasses v. 21. Sept. 1877, dafs
Lehrer, welche an Königl. Gymnasien, Progymnasien, Realschulen etc. oder an
Königl. Schullehrer-Seminaren in etatsm. Stellen definitiv angestellt sind, wenn
sie behufs commissar. Verwaltung einer ständigen ' Kreis-Schulinspectorstelle
beurlaubt, bezw. von ihren eigentlichen amtl. Obliegenheiten einstweilen ent-
bunden worden sind, auch für die Dauer dieser Beurlaubung neben der
diätarischen Remuneration, welche ihnen für die commissarische Beschäftigung
als Kreis-Schulinspector gewährt wird, auch auf den Wohnungsgeldzuschufs der
Stelle, aus welcher sie beurlaubt sind, Anspruch erhoben haben.
Dies giebt mir Anlafs zu der Eröffnung, dafs die vorgedachten Königl.
Gymnasial- etc. und Seminarlehrer für die Dauer ihrer commissarischen Be-
schäftigung als Ereis-Schulinspectoren, während deren sie aus ihren Lehrer-
stellen beurlaubt werden, sowenig auf den Wohnungsgeldzuschufs, wie auf das
Gehalt dieser Stellen, sondern lediglich auf die von mir in jedem Einzelfalle
festzusetzende diätarische Remuneration für commissarische Verwaltung dep
Ereis-Schulinspection Anspruch haben, welche bei den gedachten Lehrern jeder-
zeit so bemessen wird, dal's sie denselben für den Betrag des Gehalts und des
Wohnungsgeldzuschusses ihrer Lehrerstelle vollen Ersatz gewährt*
Damit iph in den Stand gesetzt werde, bei Festsetzung der zu gewährenden
Remunerationen den Betrag des Gehalts und des' Wohnungsgeldzuschusses zu
berücksichtigen, bedarf es bei den Vorschlägen wegen Berufung von Lehrern
der vorgedachten Eategorieen jederzeit einer zuverlässigen Angabe darüber,
welchen Betrag an Gehalt und an Wohnungsgeldzuschufs der betreffende in
seiner seitherigen Amtsstellung zu beziehen hat.
Im üebrigen ist fortan jedem für die commissarische Verwaltung einer
Kreis-Schulinspectorstelle in Aussicht genommenen Bewerber aus der Zahl der
vorgedachten an Eönigl. Lehranstalten angestellten Lehrer vorweg zu eröffnen,
dafs er für die Dauer des Commissoriums sowenig den Wohnungsgeldzuschufs,
wie das Gehalt seiner Lehrerstelle, vielmehr lediglich die von mir festzusetzende
Remuneration zu beziehen habe."
») Centralblatt pro 1875 S. 444.
300
Durch die C.Verf. v. 7. Juli 1873 (vgl CBL 1873 p. 409) wurde
folgende Classification der Lehrer bezügL des Wohnungsgeldzuschuases
bekannt gemacht:
Es gehören A. Zu Abt. III des Tarifs: aufser den Directoren der
Gymnasien und der Bealschulen 1. 0. 1. die Bectoren der vollberechtigten
höh. Bürgerschulen, Progymnasien und Bealschulen 2. 0.-, 2. die In-
haber der etatsmäfsigen Oberlehrer st eilen bei den Gymnasien und Beal-
schulen 1. Ö.
B. Zu Abt. ly des Tarifs: 1. die Bectoren der nicht ToUberech-
tigten höh. Bürgerschulen, Progymn. und Bealschulen; 2. Die Inhaber der
ordentl. Lehrerstellen an den Gymn. und Bealschulen 1. 0.; 3. die Inhaber
der Ober- und ordentl. Lehrerstellen an den höh. Bürgerschulen, Progymn.
und Bealschulen: 4. die vollbeschäftigten Lehrer in etatsmäfsigen Ele-
mentar-, techn. und Yorschullehrer- Stellen an den bei B. 2 und 3 genannten
Anstalten.
C. Zu Abt. V des Tarifs: die Schuldiener und ähnliche Unterbeamte.
Min.Verf. v. 1. Dec. 1886. „Se. Maj. der Kaiser und König haben
durch den A. £. v. 23. Juli d. J. (s. S. 105) ^en Bectoren (Directoren)
der staatlichen und der sonstigen unter alleiniger Verw^tung des Staats
stehenden Progymn., Bealprogymn., Beal- und hob. Bürgerschulen, sowie den
Oberlehrern und ordentl. Lehrern an den staatlichen und den sonstigen unter
alleiniger Verwaltung des Staats stehenden höh. Unterhchtsanstalten den
Bang der fcinften Klasse der höheren Beamten der Provinzialbehörden zu ver-
leihen geruht
Indem ich das K. Prov.Sch.C. hiervon in Kenntnis setze, veranlasse ich
dasselbe zugleich, die mit dieser Bangfeststellung verbundene Zahlung des
höheren Wohnungsgeldzuschusses der Tarifklasse III an die betr. etatsmäfsigen
ordentlichen (wissenschaftlichen) Lehrer, welche keine Dienstwohnung inne
haben, zu veranlassen. Ausgeschlossen bleiben bis auf Weiteres die nur
seminaristisch gebildeten Inhaber solcher Lehrerstellen, wie deren einige vor-
handen sind.
Mit Bücksicht darauf, dafs der A. E. aim 23. Juli d. J. ergangen ist,
kann nach den bestehenden allgm. Grundsätzen die Zahlung erst von Beginn
des dritten Vierteljahres d. J. ab erfolgen " v. Gofsler.
C.Verf. V. 20. Dec. 1886. „Mit Bäcksicht auf den Vorbehalt im zweiten
Absatz des Erlasses vom 1. Dec. d. J. setze ich das K. Prov.Sch.C. davon in
Kenntnis, dafs in der Angelegenheit, betr. die Bangfeststellnng der Lehrer an den
höh. ünterrichtsanstalten und die Zahlung des Wohnungsgeldzuschusses der Tarif-
klasse III an die ordentlichen Lehrer, die seminaristisch gebildeten Inhaber
ordentlicher Lehrerstellen an den staatlichen höheren Unterrichtsanstalten mit
den akademisch gebildeten ordentlichen Lebrem auf gleicher Stufe zu behandeb
sind." V. Gofsler.
Min.Verf. an das K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 13. März 1874:
„Auf den Bericht v. — erwidere ich im Einverständnis mit dem H. Finanzmin.,
dafs bei Festsetzung des Wohnungsgeldzuschusses für die Lehrer an den höh.
Unterrichtsanstalten des ehemal. Herzog^tums Nassau in Gemäfsheit des Gesetzes
V. 12. Mai V, J. nicht die zu nassauischer Zeit bestandenen Verhältnisse mafs-
gebend sind. Dem Tarif zu dem allegirten Gesetz liegen ausschliefsl. die
preufsischen Bangverhältnisse zu Grunde, und ist überall da, wo nach Mafsgabe
der Verordn. v. 7. Febr. 1817 und den sie ergänzenden Bestimmungen einem
Beamten eine bestimmte Bangstellung nicht beiwohnt, nach § 2 des Gesetzes
V. 12. Mai. V. J. zu verfahren."
301
Dienstwohnungen.
CO. V. 6. Juni 1868: „Auf den Bericht des Staatsministeriums y. 3. d. M.
bestimme Ich, dafs für die Ueberlassung von Dienstwohnungen an
Beamte in den Fällen, wo dieselbe nicht ohne Entgelt stattzufinden hat, in
Städten mit mehr als 50,000 Einw. 10 proc, in Städten mit 10,000 bis 50,000
Einw. 7^/2 proc, in anderen Ortschaften 5 proc. des Diensteinkommens der
Wohnungsinhaber als Vergütung in Abzug gebracht werden. Bei einer Ver-
mehrung oder Verminderung der Einwohnerzahl treten die davon abhängenden
Veränderungen erst dann ein, wenn die Wohnung an einen anderen Beamten
übergeht. Auf diejenigen Beamten, welchen zur Zeit bereits Dienstwohnungen
überlassen sind, findet ein höherer Abzug nach Mafsgabe der gegenwärtigen
Bestimmungen erst in dem Falle, wenn dem Wohnungsinhaber eine Vermehrung
seines Diensteinkommens zu Teil wird, und nut insoweit Anwendung, dafs die
dem Wohnungsinhaber obliegende Mehrleistung den Betrag der Erhöhung seines
Diensteinkommens nicht übersteigen darf." Wilhelm.
Min. Verf. v. 24. Mai 1869: — „Es sind Zweifel erhoben, ob bei An-
wendung der A. Ordre, v. 6. Juni v. J. die Militärbevölkerung mitzurechnen
sei, und habe ich hieraus Veranlassung genommen, mich behufs Herbeiführung
eines übereinstimmenden Verfahrens mit den HH. Min. der .Finanzen und des
Innern in Verbindung zu setzen. Im Einvernehmen mit denselben bestimme ich
nunmehr, dai's die Militärbevölkerung des betr. Orts aufser Ansatz zu lassen ist."
Min. Verf. v. 21. Dec. 1872: — „Bei Veränderungen in den Be-
soldungen der Directorstellen der Gymn. und der Realschulen 1. 0. kommen nur
die betr. Bruttobeträge in Betracht. Die unerhebl. Differenzen, welche dabei
hinsichtl. der Miethsabzüge für Dienstwohnungen entstehen, sind von den An-
staltskassen zu tragen, resp. gehen denselben zu gute. Sie können bei den
Veränderungen nicht berücksichtigt und ausgeglichen werden, weil die Procent-
sätze des Miethsabzugs verE(thieden sind und manche Stellen Dienstwohnung
überhaupt nicht haben."
Min.V.erf. v. 29. Oct. 1868: „Auf den Bericht v. — billigeich es, dafs
das K. Prov.Sch.C. sich angelegen sein läfst, die Grundsätze der A. Ordre v.
6. Juni d. J., betr. die Vergütung für die Ueberlassung von Dienstwohnungen
an Beamte, auch bei den nicht königl. Unterrichtsanstalten zur Geltung zu
bringen. Ein directer Zwang ist jedoch in dieser Beziehung nicht statthaft.
Wo daher die Privatpatronate der Festsetzung der Vergütung nach Mafsgabe
des A. Erlasses v. 6. Juni d. J. widersprechen, mufs es bei den bisherigen
etatsm. Sätzen sein Bewenden behalten."
Die Miethsvergütungen werden seit Einführung des Wohnungsgeld-
zuschusses um den Betrag desselben gekürzt. S. § 4 des Gesetzes v. 12. Mai
1873 (oben S. 297).
Beamten, welche für Dienstwohnungen Miethe zahlen, wird letztere soweit
erlassen, als der betr. Wohnungsgeldzuschufs reicht. Ist also die Miethe höher,
als der Wohnungsgeldzuschufs, welchen der Beamte erhalten würde, wenn er
keine Dienstwohnung hätte, so hat derselbe den Miethsbetrag weiter zu zahlen.
GBl. 1873 S. 325 f. Etwaige Mehrbeträge werden demnach weiter erhoben, wenn
der Betrag des Wohnungsgeldzuschusses geringer ist, sie werden aber nicht
gewährt, wenn derselbe den Betrag der Miethsvergütung übersteigt Vgl.
G. Herrfurth, das preufs. Etats-, Kassen- und Bechnungswesen. Berlin 1887
(2. Aufl.) S. 660 fg. •
S. auch Begdativ v. 26. Juli 1880 § 18 fg. Vgl. S. 303, 6.
Verf. des Min. der Finanzen und des Innern v. 16. März 1881
2ur Kenntnisnahme und gleichmäfsigen Beachtung mitgeteilt durch C.Verf. t.
302
4. April 1881. „B^i der Berechnung des neuen Diensteiukommens eines
wieder beschäftigten Pensionärs zum Zwecke der Ausfuhrung der Vorschriften
des § 27 Nr. 2 u. des § 29- des Pensionsgesetzes y. 27. März 1872 (s. Abschn. VIII)
ist bisher der Werth der demselben in seiner neuen Stellung gewährten Dienst-
wohnung nach den Procentsätzen bestimmt worden, welche gemäfs der A. 0.
V. 6. Juni 1868 far die üeberlassung von Dienstwohnungen an Staatsbeamte
zu entrichten sind. Nach einer mit dem Herrn Reichskanzler stattgehabten
Verständigung ist dagegen in Zukunft;, in Uebereinstimmung mit einer for die
pensionirten Givilbeamten des Reiches, die früheren 'Offiziere und die Ange-
hörigen der Unterklassen der Armee getroffenen Anordnung der Berechnung dos
neuen Diensteinkommens eines im preufs. Staatsdienste oder im Beichsdienste
wieder beschäftigten preufs. Pensionärs, welchem in irgend einer Form, sei es
als tarifmäfsiger WohnungsgeldzuschuTs, als Dienstwohnung oder Miethsent-
schädigung eine Wohnungscompetenz eingeräumt ist, allgemein der tarifmäfsige
Satz des Wohnungsgeldzuschusses der ihm verliehenen neuen Stelle als der
dieser Gompetenz im Sinne der obengedachten gesetzl. Bestimmungen ent-
sprechende Werth zum Grunde zu legen. Bekleidet der Beamte eine etats-
mäfsige Stelle nicht, so ist der Betrag des tarifm. Wohnungsgeldzuschusses
der entsprechenden etatsm. Beamtenstelle zur Berechnung zu ziehen. In
denjenigen Fällen indes, in denen eine Regelung des anzurechnenden Betrages
bereits stattgefunden hat, soll eine anderweitige Normirung des Werthes der
Dienstwohnung nach vorstehenden Grundsätzen nur eintreten, wenn und insoweit
dem Inhaber eine Diensteinkommens-Verbesserung zu Teil wird.*'
C.Verf. V. 24. Nov. 1880. „Daß K. Prov.Sch.C. erhält anbei — Druck-
exemplare des unterm 26. Juli d. J. Allerhöchst genehmigten, mit dem 1. April
k. J. in Kraft tretenden Regulatives über die Dienstwohnungen der
Staatsbeamten, zum dienstlichen Gebrauch für Seine Mitglieder und Be-
amten, für Seine Acten und behufs Zufertigung je eines Exemplares an die
Verwaltungen der von Demselben ressortirenden staatlichen Gymnasien u. s. w.
Für die Ausführung dieses Regulatives, durch welches alle seither hin-
sichtlich der Dienstwohnungen erlassenen allgemeinen und besonderen Vor-
schriften aufgehoben sind, bemerke ich Folgendes:
1) Zur Sicherung einer ordnungsmäfsigen Führung der Inventarien (§ 4
bis 6 des Regulatives) ist es erforderlich, dafs zwischen den beiden durch die
Aufsichtsbehörde und durch den Wohnungsinhaber aufzubewahrenden Exemplaren
des Inventariums stets vollständige Uebereinstimmung in Form und Inhalt
stattfindet. Neben der im § 3 des Regulatives erwähnten allgem. Prüfung
des Zustandes der Dienstwohnungen sind die Inventarien sowohl bei der Ueber-
gabe und Rückgewähr der Dienstwohnungen, als auch während der Benutzung
seitens des Inhabers, der Regel nach alljährlich einmal einer Revision zu unter-
ziehen. Dieselbe hat sich auf die Prüfung der im Inventarium nachgetragenen
Zugänge, der nachgewiesenen Abgänge, und auf das Vorhandensein der sonach
verbleibenden Gegenstände zu erstrecken. Ueber das Ergebnis einer jeden
Revision ist eine Verhandlung aufzunehmen und zu den Acten zu bringen.
2) Da die Üeberlassung von Dienstwohnungen nur nach Mafsgabe des
Etats zu erfolgen hat (§ 7 des Regulatives), so müssen sämtliche den Beamten
überwiesene Dienstwohnungen in den betr. Special-Etats aufgeführt werden.
Ist für die Dienstwohnung eine Vergütung nicht zu entrichten, so ist dieselbe
als ,4rei*' zu bezeichnen. (§ 18 des Regulatives.) Mit Rücksicht auf die
Bestimmung im § 7 des Regulatives ist die Tfeberweisung neuer Dienst-
wohnungen fortan erst nach erfolgter Aufnahme der betr. Vermerke in die Etats
zulässig und hierüber in jedem Fall eine vorherige Verständigung zwischen dem
Herrn Finanz-Minister und mir erforderlich. Gestatten es die besonderen Ver-
303
hältnisse des einzelnen Falles, dem Beamten ansnabmsweise innerhalb eines
Etatsjahres eine neu eingerichtete Dienstwohnung vor Auftiahme derselben in
den Etat zur Benutzung zu überlassen, so wird dies inzwischen nur miethsweise
gegen ein entsprechendes Entgelt zu geschehen haben, für dessen Bemessung
die regulatlvmäfsige Vergütung zum Anhalt dienen kann.
3) Bei der Uebergabe der Dienstwohnung ist dem neu einziehenden Be-
amten die im § 10 des Begulatives bezeichnete ausdrückliche Eröffnung zu
machen, dafs für die Ueberweisung und Benutzung der Dienstwohnung die Be-
stimmungen dieses Begulatives mafsgebend sind. Dafs dies geschehen, ist in
die Uebergabe-Verhandlung aufzunehmen.
4) Die erleichterte Unterhaltungspflicht des Wohnungsinhabers bedingt
eine strenge und unausgesetzte Aufisicht über den Zustand der Dienstwohnung
und über die dem Inhaber obliegenden Leistungen, wie solches im § 3 des
Begulatives vorgeschrieben ist , Da abweichend von den bisherigen Vor-
schriften nach den Bestimmungen in § 14 litt, g und § 15 litt, c des Begu-
latives die Kosten der Tapezirungen, der Erneuerung des Anstriches der Wände,
Decken, Thüren, Penster u. s. w. die Staatskasse treffen, sofern es sich um
eine Wiederherstellung der Gresamtfläche handelt, so ist in der Begel zunächst
das Bedürfnis sorgfältig festzustellen, namentlich darauf zu sehen, ob eine den
besonderen Verhältnissen entsprechende Abnutzungszeit vergangen ist und ob
nicht die Nothwendigkeit der Wiederherstellung durch Muthwillen oder Fahr-
lässigkeit des Inhabers, seiner Angehörigen oder seines Gresindes veranlafst ist,
so dafs der Inhaber nach der Bestimmung im § 14 litt i für die Wiederher-
stellung des früheren Zustandes in Anspruch zu' nehmen ist.
5) Nach § 17 des Begulatives gelten als Unterbeamte, denen eine erheb-
liche Erleichterung in der Unt^rhaltungspflicht der Dienstwohnungen zu Teil
wird, die in Gemäfsheit des Gesetzes vom 24. Febr. 1877, .betr. die Umzugs-
kosten der Staatsbeamten § 1 Nr. VIII, zu den Unterbeamten zu zählenden
Staatsbeamten. Ausgeschlossen hiervon bleiben diejenigen Beamten, welche nach
§ 1 ad VII im Artikel I des Gesetzes vom 28. Juni 1875, betreffend die Abänderung
des Gesetzes vom 24. März 1873 über die Tagegelder und Reisekosten der Staatsbe-
amten zu einem Tagegeldersatze von 4 M. 50 Pf. berechtigt sind und dementsprechend
zu der Klasse VII im § 1 des gedachten Umzugskosten-Gesetzes gezählt werden.
6) Nachdem die bisherigen Sätze der für die Benutzung der Dienst-
wohnungen zu entrichtenden Vergütung anderweit festgesetzt sind (cf. §§ 18
bis-21 des Begulatives), soll die Berechnung der danach zu entrichenden höheren
Vergütung, falls Beamten die Benutzung von Dienstwohnungen zur Zeit des
Inkrafttretens des Begulatives gegen eine geringere Vergütung gestattet ist, nach
der Bestimmung im, § 24 erst in dem Falle eintreten, wenn dem Wohnungsin-
haber eine das Mehr der Vergütung übersteigende Erhöhung seines Dienstein-
kommens zu Teil wird. Ist dagegen die zur Zeit zu entrichtende Vergütung
höher als der regnlativmäfsige Satz, so hat die anderweite Normirung der Ver-
gütun^f schon vom 1. April k. J. ab zu erfolgen.
7) Für die Benutzung von Gärten, welche als Zubehör der Dienstwohnung
anzusehen sind, ist eine Vergütung an die Staatskasse nicht zu entrichten (§ 2,
3 des Begulatives). Es wird dies in der Begel zutreffen, wenn die Gärten
nur für die Erholung des Inhabers oder für die Erzielung von Gemüsen oder
Gartenfrüchten seines Haushaltsbedarfes bestimmt sind und ihre Lage eine
andere Verwerthung nicht thunlich erscheinen läfst. Sind die Gärten jedoch
nach dem Umfange ihres Areales für eine ländwirthschaftliche Nutzung oder
vermöge ihrer abgesonderten Lage zur Einzelverpachtung geeignet, so ist für
den Genufs einer derartigen Nutzung von dem Wohnungsinhaber eine derselben
entsprechende, durch sachverständige Schätzung zu eonittelnde Vergütung zu
zahlen. Walten in Fällen vorstehender Art Zweifel ob, so ist meine Entschei-
304
dang einzuholen. Insoweit von den Wohnnngsinhabern für die Benutzung von
Oärten bisher eine Vergütung entrichtet ist, behält es hierbei bis auf Weiteres
sein Bewenden. Bezüglich jedoch der bei den Gymnasien etc. aufkommenden
Gartenmiethen, welche nach den mit den obigen Grundsätzen nicht im Einklang
stehenden, strengeren Bestimmungen der betr. Normaletats regulirt sind, hat
das E. Froy.Sch.G. zu prüfen und event. darüber motivirt zu berichten, welche
von diesen Gartenmiethen vom 1. April k. J. ab in Wegfall zu bringen sein
werden." Der Minister etc. Im Auftr.: Lucanus.
A.E. V. 26. Juli 1880. „Auf den Bericht des Staatsministeriums vom
31. Mai d. J. will Ich dem hierbei wieder zurückerfolgenden Begulative über die
Dienstwohnungen der Staatsbeamten hierdurch Meine Genehmigung erteilen."
gez. Wilhelm.
Regulativ über die Dienstwohnungen der Staatsbeamten.
Vom 26. Juli 1880.
„Geltungsbereich. § 1. Dieses Regulativ findet Anwendung auf alle
Dienstwohnungen der Staatsbeamten, der Beamten und Lehrer staatlicher oder
vom Staate zu unterhaltender Unterrichtsanstalten, sowie derjenigen Geistlichen
und Schullehrer, welchen der Staat in ihrer Eigenschaft als solche Dienst-
wohnungen überläfst, unbeschadet der ihnen etwa zustehenden Befreiung von
Communallasten und Abgaben. § 2. Ausgeschlossen bleiben die Localbe-
amten der Domänen- und Forstverwaltung, sowie die zum Bessert der Berg-
werks-, Hütten- und Salinenverwaltung gehörigen Werks-Unterbeamten mit Bück-
sicht auf die besonderen dieserhalb bestehenden Vorschriften. Auch findet das
Regulativ auf Geistliche, Kirchenbeamte und Schullehrer, denen Dienstwohnungen
von Communen und fiscalischen oder Privatpatronen überwiesen sind, keine An-
wendung.
Ober-Aufsicht. §3. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat die Be-
folgung der den Inhabern obliegenden Verpflichtungen zu überwachen, von dem
Zustande der Dienstwohnungen sowohl wäbrend 'der Benutzung seitens der In-
haber, als auch während der Uebergangsfrist zwischen Rückgewähr und Ueber-
gabe durch ihre Verwaltungsorgane oder Techniker Ednntnis zu nehmen uAd
bei Wahrnehmung von Verstößen und Mängeln die ehteprechende Abhülfe
anzuordnen. ^^
Inventarium. § 4. üeber jede Dienstwohnung nebet Zubehör mufs
ein vollständiges und übersichtliches, geeigneten Falles mit einem Grundplane
oder doch mit einer Handzeichnung zu versehendes Inventariunrin zwei gleich-
lautenden Exemplaren, von denen das eine durch die Aufsichtsbehörde (§ 3),
das andere durch den Wohnungsinhaber aufbewahrt wird, angele^ und durch
Nachtragung aller während der Benutzungszeit genehmigten Abänderungen ver-
vollständigt . werden, so dafs das Inventarium stets den zeitigen Stand der
Wohnungen erkennen läfst und eine ausreichende Grundlage für die Rück-
gewähr bildet. ^
§ 5. Das Inventarium mufs enthalten: a) Zahl, Mafs und Ausstattung
der Räume, b) die Bezeichnung der etwaigen Repräsentationsräume und ihrer
Ausstattung, c) die auf der Wohnung oder dem Dienstgrundstücke haftenden
Lasten und Besitzeinschränkungen, d) bei Dienstwohnungen mit Garten oder
Ackemutzung die Angabe des Flächeninhaltes und die Beschreibung der Grenzen,
beziehentlich der Bewehrungen u. s. w. gegen die Nachbargrandstücke, sowie
einen Vermerk darüber, ob und welche Vergütung der Wohnungsinhabeir für die
Nutzung der Ländereien zu entrichten hat Im Uebrigen bestimmt sich
die Einrichtung des Inventariums in Form und Inhalt nach den besonderen
Verhältnissen der Dienstwohnung.
306
§ 6. Der Wohirangsinhaber darf in dem von ihm an£Eabewahrenden
Exemplar des InTentariams eigenmächtig keine Eintragong vornehmen. Die
Nachtragung der Abftndeningen erfolgt in beiden Exemplaren des Inventarioms
gleichlautend, anf Anordnung der Anfsichtsbehörde. Etwaige Mängel des In-
yentarinms sind bei den im § 3 erwähnten Beyisionen beziehnngsweise bei der
Abnahme oder Uebergabe der Dienstwohnnngen zu berichtigen.
Znweisnng and Entziehung. § 7. Die Ueberlassung von Dienst-
wohnungen erfolgt nach Mafsgabe des Etats. Die Annahme einer vom Staate
angewiesenen Dienstwohnung kann nicht verweigert werden. Wird dem Be-
amten auf seinen Antrag ans besonderen Gründen die Benutzung der Dienst-
wohnung erlassen, so erfolgt die Festsetzung der näheren Bedingungen durch
den Beesortchef im Einvernehmen mit dem Finanz-Minister.
§ 8. Der Inhaber einer Dienstwohnung darf dieselbe oder einen Teil oder
ein Zubehör derselben ohne Genehmigung der Au&ichtsbehörde weder abtreten
noch vermiethen.
§ 9. Aus der Zuweisung einer Dienstwohnung erwhrbt der Beamte keinen
Anspruch anf dauernde Belassung derselben, vielmehr hat die Bückgewähr auch
dann, wenn letztere bei der Ueberweisung nicht ausdrücklich vorbehalten ist,
auf Verlangen der voi^setzien Behörde binnen einer von der letzteren zu be-
stimmenden angemessenen Bäumungsfrist, zu erfolgen, ohne dafs dem Beamten
hierdurch ein Anspruch auf besondere Entschädigung erwächst
§ 10. Die Uebergabe und die Bückgewähr einer Dienstwohnung wird in
allen FäUen durch einen von der Au&ichtsbehörde ernannten Commissar be-
wirkt, welcher hierbei den neu einziehenden Beamten ausdrücklich zu eröffiien
hat, dafs für die Ueberweisung und Benutzung der Dienstwohnung die Be-
stimmungen dieses Begolatives mafsgebend sind. In der über den Hergang
aufzunehmenden von den Beteiligten zu vollziehenden Verhandlung sind alle
Mängel, welche sich bei der Besichtigung unter Zugrundelegung des Inventars
ergeben, zu verzeichnen. Gleichzeitig ist anzugeben, ob die für die Abhülfe
aufmwendenden Kosten der Staatskasse oder dem bisherigen Inhaber, beziehent-
lich dessen Erben zur Last fallen. Die Abschätzung der Herstellungskosten
hat durch den Commissar und bei höheren Beträgen durch den zuzuziehenden
Techniker zu erfolgen.
§ 11. Kommt wegen der Abhülfe solcher Mängel und Schäden, die nicht
für Bechnung der Verwaltung zu beseitigen sind, zwischen dem bisherigen In-
haber, beziehentlich dessen Erben und dem neu anziehenden Inhaber ein Ver-
gleich zu Stande, so ist dessen Inhalt in die Verhandlung au£cunehmen. Das-
selbe gilt, wenn die Mängel und die erfolgte Abschätzung als richtig anerkannt
imd die Kosten der erforderlichen Herstellung von dem abziehenden Beamten,
bezw. dessen Erben, übemonmien werden. Andernfalls ist der Sach- und Streit-
stand genau zu verzeichnen und durch den Gommissarius der Au&ichtsb^örde
zur Entscheidung vorbehaltlich des Bechtsweges voizulegen.
§ 13. Der Wohnungsinhaber oder dessen Erben sind verpflichtet, den im
gütlichen Wege ermittelten oder von der Au&ichtsbehörde festgestellten Kosten-
betrag (§ 11) zur Staatskasse einzuzahlen. Dieselben bleiben aufserdem zur
Nachzahlung eines demnächst etwa verausgabten, gehörig belegten Mehrkosten-
betrages veipflichtei Ein etwaiger Mehrbetrag der Einzahlung über die wirk-
lich erwachsenen Kosten ist ihnen dagegen znrückzuerstatten.
§ 13. Können Bückgewähr und Uebergabe der Dienstwohnung nicht
gleichzeitig vorgenommen werden, so ist dieselbe an einen Beamten oder eine
sonst geeignete Person zur Beaufsichtigung und Erhaltung zu übei^ben. Hier-
über, sowie über die dem Aufseher etwa zu gewährende Entschädigong hat der
Commissar das Nähere in das Protokoll aufzunehmen. Die Uebergabe und Rück-
gewähr der Dienstwohnung ist ihunlichst durch denselben Commissar zu bewirken«
Wi«i«, V«Toxdaiiag«n. IL 20
306
ünterhaltangTspflicht des Wohnangsinhabers. § 14. Dem
Wohnongsinbaber liegen — anfser der Ffiisorge für die Beinignng and Lüftung
— die nachstehenden Leistungen ob : a) die Erhaltung der Terglasnng in
den Fenstern, Glasthüren, Glaswänden and Oberlichtem, letztere soweit sie nicht
als ein Teil des Daches anzusehen sind; b) das Fegen der Schornsteine nebst
der Beinigning der Heizkörper und ihrer Feuerzüge von Bufs, Asche und
Schlacken; c) die Unterhaltung der Oefen, Kochheerde, BratOfen, Kessel-
feuerungen, Koch- und Backapparte bezüglich der durch den fortgesetzten Ge-
brauch nöthig gewordenen Beparaturen, jedoch unter AusschluTs ihrer Erneuerung
und ihres Umsetzens (§ 15 litt b.); d) die Unterhaltung der Beschläge und
Schlosser an Thüren und Fenstern, sofern das Bedürfiiis nur einzelne Teile
derselben betrifft und nicht eine Erneuerung des Gesamtbeschlages oder des
ganzen Schlosses erforderlich ist, ingleichen die Unterhaltung vorhandener
Glockenzüge oder ähnlicher Vorrichtungen zum Herbeirufen des Gesindes;
e) der Anstrich der inneren Thüren und Fenster, der Paneele, hölzernen Ver-
schlage und Wandschränke, soweit einzelne durch den (Gebrauch abgenutzte
Stellen eine Wiederherstellung der Farbendecke erfordern und das Bedürfhis
eines neuen Anstriches des gesamten Objectes nicht anzuerkennen ist (§ 15
litt c); f) das Bohnen und Frottiren der Dielungen und Fufsleisten in den
durch den Gebrauch und das Erhaltungsbedürfhis bedingten f^ten, sowie
kleine Beparaturen des Anstriches derFufsbodendielung; g) die Unterhaltung
der inneren Wände und der Decken in Betreff ihrer Tünche, Färbung und Malerei,
oder Tapezierung, das hierbei etwa erforderliche Abreiben des Abputzes, sowie
die Beseitigung unwesentlicher Verletzungen des Putzes und das Abreiben un-
rein gewordener Tapetenwände und Decken, insofern es sich nicht um eine Er-
neuerung der Gesamtflächen handelt; h) die Unterhaltung deijenigen Teile
der Wasser- und Gasleitungen, welche mit dem Gebäude nicht in fester Ver-
bindung stehen, sowie die Beschaffung und Unterhaltung der zu diesen Anlagen
etwa erforderlichen, unter den Begriff der Mobilien fallenden Gregenstände, wie
z. B. der nicht befestigten Wannen, Gartenspritzen, Schläuche, Kronleuchter,
tragbaren Lampen und dergleichen, femer die Aufwendung der Kosten für den
Verbrauch des durch die Leitungen zugefahrten Wassers und Gases und die
Vorkehrang zum Schutze der Leitungen gegen das Erfrieren; i) die Wieder-
herstellung des früheren Zustandes im Fsdle yon Beschädigungen, welche durch
Muthwillen oder Fahrlässigkeit des Inhabers, seiner Angehörigen und seines
Gesindes veranlafst sind; k) die Uebemahme solcher Abgaben und Lasten,
welche der Miether gesetelich oder ortsüblich zu den CommunalbedürfhiBBen zu
leisten hat, sowie: äe Uebemahme der Einquartierungslast, wenn dieselbe durch
die Gemeindebehörden beziehentlich durch Ortsstatut auf die Wohnungsinhaber
lediglich nach MaTsgabe des entbehrlichen Baumes yerteilt ist, mag dieselbe in
natura oder in Geld zu leisten sein; 1) die Anschaffung und Unterhaltung
Yon Gegenständen des Luxus, der Neigung oder Bequemlichkeit, sowie der
Pflanzungen und der Verbesserungen, welche der Inhaber in dem mit der Dienst-
wohnung etwa yerbundenen Garten oder Ackerlande bewirkt hat, dei^gestalt, dafs
der Inhaber hierfür weder eine Entschädigung aus der Staatskasse noch auch
die Uebemahme jener Gegenstände oder Anlagen seitens des Dienstnachfolgeis
yerlangen darf; m) die Unterhaltung der zur Dienstwohnung gehörigen Gärten,
soweit nicht besondere Festsetzungen getroffen sind. Bei einem gemeinsamen
Gebrauche von Bäumen und Anlagen zu mehreren Dienstwohnungen werden die
den Wohnungsinhaber treffenden Kosten nach Bestimmung der Au&ichtsbehörde
anteilig von jedem Inhaber getragen.
Unterhaltung durch den Staat § 15. Soweit die Kosten der
Unterhaltung Ton Dienstwohnungen nicht dem Inhaber auferlegt sind, Men
dieselben der Staatskasse zur Last, insbesondere treffen die letztere: a) die
307
Herstellimg alier Schäden, welche Ton Naturereignissen, Gewittern, Orkanen,
Hagelschlag, Erdhehen n. s. w. angerichtet werden; b) die nothwendige Er-
nenening Ton Hauptbestandteilen der Feneningen nnd Heizungen, namentlich
Yon Heizthüren, Banchröhren, Kochplatten, Kacheln und metallenen Muffeln oder
Einsätzen der Bratöfen, insofern die Nothwendigkeit der Erneuerung nicht durch
fahrlässigen Gebrauch Toranlafst ist (§ 14 litt c.);*) c) die Unterhaltung
und Erneuerung von plastischen Ausstattungen, sowie des Anstriches der äufseren
Thuren, Doppelthüren, Thore, Fenster, Doppelfenster, Fensterbretter und inneren
und äufseren Fensterläden auf beiden Seiten, desgleichen der Anstrich der inneren
Thuren und Fenster, der Paneele, hölzernen Verschlage und Wandschränke,
wenn das Bedürfnis sich nicht auf einzelne schadhafte Stellen beschränkt, end-
lich das Verkitten der Scheiben au&er dem im § 14 litt. a. Torgesehenen Falle;
d) die Erneuerung Ton Hauptbestandteilen der Glockenzuge oder ähnlicher Vor-
richtungen zum Herbeirufen des Gesindes; e) die Unterhaltung nnd Erneuerung
von Gs^n- und Hofbewehmngen, einschliefslich der Pforten, Thorwege und
Thore; f) die Unterhaltung und Erneuerung des zur Erhaltung der Dielungen
dienenden Anstriches und das damit verbundene Verkitten der Fugen; g) die
sonst nach § 14 dem Wohnungsinhaber obliegende Unterhaltung der davon be-
troffenen Gegenstände in allen den Fällen, in welchen die Ursachen des Re-
paratur- und Emeuerungsbedürfidisses erweislich aus Mängeln der ersten Anlage
oder aus Veränderungen in der technischen Structur des Gebäudes, wie Bissen
und Lösungen der Mauern oder Decken u. s. w. hervorgehen ; h) die Ueber-
nahme der Einquartierungslast, wenn dieselbe durch die Gemeindebehörden be-
ziehentlich durch Ortsstatut auf die Hauseigentümer verteilt ist.
§ 16. Bei gemeinsamer Benutzung von Gebäuden zu Dienstwohnungen
und Geschäftsräumen gelten folgende Bestimmungen: 1) In den zu beiden
Zwecken gemeinschaftlich benutzten Bäumen wie Fluren, Corridoren, Treppen
u. 8. w. trägt der Staat auch die dem Wohnungsinhaber obliegenden Leistungen;
2) zu den im § 14 b. bezeichneten Kosten leistet der Wohnungsinhaber einen
von der Aufsichtsbehörde festzusetzenden angemessenen Beitrag; 3j von den
im § 14 k. bezeichneten Gommunal-Abgaben und Lasten trägt der Staat fär
die Geschäftsräume, soweit an sich keine Befreiung desselben begründet ist,
einen angemesssenen Anteil.
Ausnahme zu Gunsten der Unterbeamten. § 17. Unterbeamte
haben nur die in dem § 14 sub litt, a, h, i, k und 1 aufgefohrten Leistungen
zu erfüllen. Als Unterbeamte im Sinne dieses Begulatives gelten die in Ge-
mäilsheit des Gesetzes vom 24. Febr. 1S77, betreffend die Umzugskosten der
Staatsbeamten § 1 Nr. VIII zu den Unterbeamten zu zählenden S^tsbeamten.
Vergütung. § 18. Für die Benutzung der Dienstwohnung ist, wenn
dieselbe nicht als eine freie bewilligt ist, vorbehaltlich der Bestimmung im
§ 4 Abs. 2 des Gresetzes vom 12. Mai 1873 über die Gewährung von Wohnungs-
geldzuschüssen eine jährliche Vergütung (§ 19 ff.) an die Staatskasse zu zahlen.
Freie Dienstwohnungen sind als solche im Etat zu bezeichnen.
§ 19. Die Vergütung «för Dienstwohnungen bestimmt sich in den ver-
schiedenen Orten nach der Klasseneinteilung, wie sie in Gemäfsheit des Gesetzes
vom 25. Juni 1868, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht
während des Friedenszustandes (Bundes-Ges. Bl. S. 523) nach dem jeweiligen
Servistarif in Geltung ist. Die Vergütung beträgt: in Orten der Servisklasse
A und I 10 % in Orten der Servisklasse II und III 7% %, in Orten
der Servisklasse IV und V 5 % des Diensteinkommens. Bei Veränderungen
*) Anmerkung. — Die Beschaffung und Unterhaltung von Heizgeräthschaften
und anderer zum Heizen, Kochen, Backen, Waschen u. s. w. erforderlichen Mobilien
trifft ausBchliefslich den Wc^ungsinhaber.
20*
308
in der KlasBenemteilnxig kommt, von dem auf die Verkfindnng der Terfiadening
folgenden Ealenderqnartal an, der danach sich ergebende Terftnderte SatE der
Veigütnng in Anwendung.
§ 20. Besteht das DieDsteinkommen ganz oder teilweise in Tantieme, so
wird cUe Tergfitang (§ 19) von der im Etat veranschlagten Sunme des Eän-
kommens za einem anf rolle Mark abgemndet«i Betrage deigestalt berechnet^
dafe Pfennigbetrftge Aber eine halbe Mark als eine ganze Mark zom Ansatz
kommen, geringere Betrage aber nnberficksichtigt bleiben. Der so ermittelte
Betrag der Vergütung bleibt während der Giltigkeitsdaner des Etats und bis
zu einer anderweiten Normimng des Diensteinkommens maikgebend.
§ 21. Wenn der Inhaber einer Dienstwohnung mehrere Aemter verwaltet
und verschiedene Besoldungen bezieht, so ist die Tergütong nur von dem Ein-
kommen deijenigen Etatsstelle zu berechnen, welche für die Bemessung des bei
Entziehung der Dienstwohnung dem Beamten zu gewährenden Wohnungsgeldzu-
schusses maTsgebend sein wüple.
§ 22. Aufseretatsmäi^ige Beamte, welche Tagegelder empfangen, haben
jfor die ihnen zur Benutzung eingeräumten Dienstwohnungen eine Vergütung
nicht zu entrichten. Wenn derartige Beamte dagegen monatliche, im Voraus
zahlbare Benumerationen oder ein anderweites fortkufendes Diensteinkommen
beziehen, so haben sie die entsprechende Vergütung zu zahlen.
§ 23. Für die Benutzung von Gärten, welche nach der von dem Ver-
waltungschef zu treffenden Entscheidung als Zubehör der Dienstwohnung anzu-
sehen sind, ist eine Vergütung an die Staatskasse nicht zu entrichten.
§ 24. Insoweit Beamten die Benutzung von Dienstwohnungen zur Zeit
des Inkrafttretens dieses Begulatives gegen eine geringere Vergütung verstattet
ist, tritt die Berechnung der höheren Vergütung erst in dem Falle ein, wenn
dem Wohnungsinhaber eine das Mehr der Vergütung übersteigende Erhöhung
seines Diensteinkommens zu Teil wird.
Dienstwohnungen mit Bepräsentation. % 25. In BetreflP der
Dienstwohnungen, die einer Ausstattung mit Mobiliar, Taiel-, Haus- und Wirth-
schaftsgeräth bedürfen, bleiben die Vorschriften des A.E. v. 24. Juni 1861, in
Betreff der Dienstwohnungen der Minister diejenigen des A.E. v. 12. Febr. 1866
und bezüglich der Gärten diejenigen des AJ!. v. 19. Nov. 1862 maßgebend.
§ 26. Mobilien und Ausstattongsgegenstände, welche auf Kosten des
Staates for die Bepräsentationsräume einer Dienstwohnung beschafft und bei
diesen im Inventarinm (§ 5 litt b.) verzeichnet sind, dürfen von dem Wohnungs-
inhaber in anderen Bäumen nicht verwendet werden.
§ 27. Bei Dienstwohnungen mit Bepräsentationsräumen werden in letz-
teren sämtliche für Wiederherstellung oder Erneuerung der Wand- und Decken-
flächen, mögen sie getüncht, gefärbt, gemalt, tapeziert oder mit plastischer Be-
kleidung ausgestattet sein, erforderlichen Ausgaben, ingleichen die Kosten för
Unterhidtung und Erneuerung des Anstriches der inneren Thüren und Fenster,
der Paneele, hölzernen Versdiläge und Wandschränke, sowie für Beschaffiong
und Unterhaltung von Glockenzügen oder ähnlicher Vorrichtungen zum Herbei-
rufen des Gesindes, von der Staatskasse getragen.
§ 28. Gehört zu Dienstwohnungen, deren Inhabern eine Bepräsentation
obliegt) ein Garten, so föUt die Unterhaltung desselben der Staatskasse zur
Last. Welche Dienstwohnungen hierher zu rechnen sind, wird durch den Ver-
waltu[&g8chef im Einvernehmen mit dem Finanzminister bestimmi Die Unter-
haltungskosten der Gärten sind zu veranschlagen und in den Eassenetats als
Unterfonds zu vermerken.
Verfahren bei Veränderungen in den Dienstwohnungen.
$ 29. Veränderungen in der Anordnung und Ausstattung der Dienstwohnungen
809
*
liebst Znbdiör sind nur unter ZnBtunmnng der Anfeichtsbeh&rde nnd Beriehtdgang
des Inventan (§ 4 £P.) statQiaft
§ 30. Die AnfeichtBbehdrde hat bei Oenehmignng des Oesnches za be-
stimmen: a) ob bei der Bück^wfihr der fiühere Zostuid wieder herznsteUen
oder die Abftndemng beizubehalten ist; b) ob letzteren Falles der für die
Staatskasse sidi ergebende Vorteil dazu angeUian erscheint, einen Beitrag ans
Staatsmitteln zn den Herstellnngskosten entweder sofort oder bei der Bückge-
wfthr bM dem Verwaltangschef in Antrag za bringen.
Dienstwohnungen in gemietheten Gebfinden. % 81. Anf
Dienstwohnungen, welche vom Staate angemiethet sind, findet dieses Begnlatiy
nur insoweit Anwendung, als es die besonderen Verhältnisse des einzelnen
Falles, insbesondere der abgeschlossene Miethsyertrag gestatten. Sind von der
Behörde in dem Miethsvertrage besondere Verpflichtungen in Betreff der Unter-
haltung der Bfiume oder ihrer ZubehOrungen übernommen, so hat der Wohnungs-
inhaber für Erfüllung solcher Verabredungen in der Begel nur insoweit au&u-
kommen, als Verpflichtungen gleicher Art den Inhaber einer Dienstwohnung in
einem Staategebäude treffen w£den, während idle weitergehenden Verpflichtungen
dem Staate zur Last fallen. Die nähere Festsetzung hierüber bleibt im Einzel-
falle dem Verwaltangschef vorbehalten.
§ 32. Bei Dienstwohnungen in angemietheten Bäumen darf die Auf-
nahme eines Inventares (§ 4) unterbleiben, sofern der Miethsvertrag die er-
forderlichen Angaben in ausreichender üebersichtlichkeit enthält.
Schlussbestimmungen. § 33. Das vorstehende Begulativ tritt für
den ganzen Umfang der Monarchie mit dem 1. April 1881 in Kraft. Die
entgegenstehenden Vorschriften, namentiüch das Begulativ vom 18. Oci 1822
und die dasselbe ergänzenden und abändernden Bestimmungen sind aufgehoben.
Das Begulativ findet auch auf die Beamten Anwendung, welche sich am
1. Apr. 1881 im Genüsse einer Dienstwohnung befinden. Nur f&r diejenigen
dieser Beamten, denen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Begulatives ein Bechts-
anspruch auf eine besondere Behandlung hinsichtlich der Unterhaltungspfiicht
ihrer Dienstwohnungen zusteht, bewendet es auf deren Verlangen lediglich bei
den jenen Anspruch begrflndenden Vorschriften.
§ 34. In zweifeUiaften Fällen bei Anwendung dieses Begulatives ent-
scheidet der Verwaltnngschef im Einvernehmen mit dem Finanzminister.
Tagegelder, Beise- und Unuragskosteiu
Die Hohe der von Beamten zu berechnenden Diäten, Beise- und Umzugs-
kosten richtet sich nach der BangUasse. ^) Nach der CO. v. 23. Dec. 1842
und dem A.E. v. 23. Juli 1886 (s. oben p. 105) geh6ren die Directoren der
Gymn. nnd Bealgymnasien zur vierten, die Bectoren etc., sowie die Ober- und
ordentl. Lehrer zur f&nften Bangklasse.
C.Verf. V. 10. Sepi 1874: — „Die Inhaber der etatsm. Oberlehrer-
stellen an den Oymn. und denselben gleichstehenden hOh. Unterrichtsanstalten,
sowie die Bectoren der vollberechtigten Progym, hOh. Bflrgersohulen und
Bealschulen 2. 0. haben bei Dienstreisen die Daten und Beisekosten nach den
Sätzen ad IV des § I des Gesetzes v. 24. März v. J. zu liquidiren.'*
C.Verf. V. 13. Juni 1884. ,J)a8 K. Staats-Ministerium hat unterm
13. Mai d. J. beschlossen, dafs die Bestimmungen, welche in der beifolgenden
^) Vgl. J. Alb recht, Verordnungen Über die Bangverh<niBse, DiSten,
Beise- und Umzugskosten. Bd. 3. Meserits 1874, nnd jetzt besonders G. Herrf urth,
Btoti-, Kassen« und Bedhnungswesen, 2. AufL, Berlin 1837 (S. 830).
310
ifZnsammensteUnng einiger Gnmdsftize, nach welchen bei Beiechnnng der Beise-
nnd Umzagskosten der Beicbsbeamten zu verfahren ist^ enfhaltrai sind, in
Bücksicht auf die Gleichartigkeit der in Betracht kommenden FrenlüBischen und
reichsgesetzlichen Vorschriften and zur Herbeifohrong eines gleichmäfsigen Ver-
fahrens zwischen den Beichsverwaltongen und den Preo&ischen Bessorts för
die Berechnung der Beisekosten der I^ufsischen Staatsbeamten nach § 6 der
Verordnung vom 15. April 1876 (S. 312) und der Umzugskosten bei Versetzungen
nach dem Gesetze vom 24. Febr. 1877 (S. 316) in gleichm&feiger Weise zur
Anwendung zu bringen sind.^' Der Minister etc. von GoMer.
Zusammenstellung einiger Grundsätze, nach welchen bei Be-
rechnung der Beise- und Umzugskosten der Beicbsbeamten zu
verfahren ist
A. Bewegt sich die Dienstreise eines Beamten, welchem für die Zeit
seines Aufenthaltes im Auslande höhere Tagegelder, als far das Inland bewilligt
sind, an einem Tage innerhalb und aufserhaJb des Beichsgebietes, so wird för
den Tag des Ueberganges in das Ausland der höhere, für den Tag der Backkehr
in das Inland der niedrigere Tagegeldersatz gewährt.
B. 1. Bei Geschäften aufserhalb des Wohnortes etc. wird die dienstlich
zurückgelegte Wegestrecke von der Ortsgrenze ab berechnet.
Anmerkung. Zu vergleichen § 6 des Preufsischen Gesetzes vom 24. Mäiz
1873 in der Passung der Verordnung vom 15. April 1876 (S. 312).
2. Als Endpunkt der dienstlich zurückgelegten Wegestrecke gilt die Mitte
des Bestimmungsortes oder, falls die Dienstreise mittelst Eisenbahn oder Dampf-
schiffes gemacht werden kann, der betr. Bahnhof oder Anlegeplatz, vorbehaltlich
der Bestimmung zu D). Handelt es sich um die Erledigning eines Dienstgeschäftes
an einer bestimmten Stelle aufserhalb eines Ortes, so ist diese Stelle als End-
punkt der Dienstreise anzunehmen.
3. Als Ort gilt der hauptsächlich von Gebäuden oder eingefriedigten
Grundstücken eingenommene Teil eines Gemeindebezirkes, so dafs die Ortsgrenze
ohne Bücksicht auf vereinzelte Ausbauten oder Anlagen durch die Aufsenlinie
jenes Bezirksteües gebildet wird. Besteht ein Gemeindebezirk aus mehreren
Ortschaften, so ist als Ort im Sinne dieser Bestimmung nicht die einzelne
Ortschaft, sondern der Gemeindebezirk anzusehen.
4. Für die Feststellung der Entfernungen sind die Angaben des Curs-
buches der Beichs-Postverwaltung, event. der amtlichen Postkarten, mafsgebend.
Fehlen solche Angaben oder handelt es sich um die Entscheidung der Frage,
ob ein Beamter die für den Anspruch auf Vergütung von Beisekosten maß-
gebende Entfernung von der Grenze seines Wohnortes etc. hat zurücklegen
müssen, so sind zur Feststellung der Entfernungen Bescheinigungen sach-
kundiger Behörden und bezüglich der im Auslande gemachten Dienstreisen
Bescheinigungen der Kaiserlichen Gesandtschaften oder Consulate beizubringen.
C. 1. Bei Dienstreisen, welche mittelst Eisenbahn oder Dampüschiffes
gemacht werden können, kommt die Gebühr für Zu- und Abgang in der Begel
nur einmal zum Ansätze.
2. Ein mehrfacher Ansatz dieser Gebühr findet statt: a. wenn an
Zwischenorten übernachtet werden mufs; b. wenn die Eisenbahn oder das
Dampftchiff an Zwischenorten Dienstgeschäfte halber verlassen werden mufs;
c. wenn an einem Zwischenorte ein Bahnhof oder Anlegeplatz verlassen und
die Beise von einem andern Biüinhofe oder Anlegeplatze aus, welcher mit dem
ersteren nicht in unmittelbarem Zusammenhange steht, fortgesetzt werden mufs,
sofern der üebergang von dem einen zum anderen Bahnhofe nicht mittelst
durchgehender oder unmittelbar anschliefsender Züge über eine Verbindungsbahn
311
erfolgt Der mehrfache Ansatz der Gebühr ist ausgeschlossen, wenn an einem
Zwischenorte ein üebergang von einer Bahn auf die andere oder Ton einem
Dampfschiffe anf das andere stattfindet, ohne dafe dazn der Bahnhof oder
Anlegeplatz zn verlassen ist Die mit Uebergängen der letzteren Art etwa
verbundenen Kosten werden aosschlieMch den mit Freikarten reisenden Beamten
der Eisenbahnverwaltangen anf Gnind specieller Angaben erstattet, deren Be-
legung nicht erforderlich ist Eine alphabetisch geordnete Nachweisiing der-
jenigen Orte Deutschlands, an welchen mehrere räumlich von einander getrennte
Personen-Bahnhöfe oder Anlegeplfitze von Dampfschiffen sich befinden, wird
unter Angabe der zwischen den einzelnen Bahnhöfen vorhandenen, f&r den
Personenverkehr benutzbaren Yeicbindungsbahnen durch das Cursbuch der Beichs-
Postverwaltnng veröffentlicht
3. Beamte, welche bei Unterbrechung einer zum Zwecke der Bereisung
einer Bahnlinie, zur Besichtigung oder Revision von Betriebsanlagen etc. unter-
nommenen Dienstreise oder am Endpunkte einer solchen den betr. Bahnhof
oder das Bahngebiet Dienstgeschäfte halber zu verlassen nicht genöthigt sind,
haben keinen Anspruch auf die Zu- und Abgangsgebfihr. Den mit Eisenbahn-
Freikarten reisenden Beamten werden in solchen Fälen die haaren Nebenkosten
nach Mafsgabe der Bestimmungen unter Ziffer 2 c erstattet
4. Die Gebühr far Zu- und Abgang wird je zur Hälfte nicht gewährt,
wenn die Beförderung des Beamten nach oder von dem Bahnhofe oder Anlege-
platze seitens einer Reichsverwaltnng durch Grestdlung eines Fiüirwerkes erfolgt
D. 1. Neben der Gebühr fnr Zu- und Abgang werden die sonstigen
verordnungsmäfsigen Fuhrkosten gewährt, wenn die Entfernung zwischen der
Ortsgrenze des Anfangs- oder Endpunktes der Heise und dem Bahnhofe oder
Anlegeplatze 2 Kilometer oder mehr beträgt. Hat während einer Beise ein
Wechsel zwischen der Beförderung mittelst Eisenbahn oder Damp&chiffes und
einer anderen Beförderungsart einzutreten, so sind die Fuhrkosten far die
Wegestrecke zwischen dem nach bezw. vor Üebergang auf die Eisenbahn oder
das Dampfschiff zunächst bezw. zuletzt zu berührenden Orte und dem Bahnhofe
oder Anlegeplatze nur dann zu verguten, wenn die Entfernung 2 Kilometer
oder mehr beträgt
2. In den Fällen zu 1 sind far den Begriff des Ortes und der Ortsgrenze
die Bestimmungen zu B. 3, für die Feststellung der Entfernungen die Angaben
des Gursbuches der Beichs-Postverwaltang mafsgebend. Fehlen letztere, so sind
sie durch Bescheinigungen sachkundiger Behörden und f&r das Ausland durch
Bescheinigungen der Kaiserlichen Gesandtschaften oder Consulate zu ersetzen.
E. 1. ümzugskosten sind nur dann zu verguten, wenn der Ort, von
welchem, und der Ort nach welchem die Versetzung stattfindet, zu verschiedenen
Gemeindebezirken gehören.
2. Im Sinne des § 13 der Verordnung vom 21. Juni 1875 ist als kürzeste
fahrbare Strafsenverbindung der kürzeste fahrbare Landweg anzusehen.
Anmerkung. Zu vergleichen § 2 des Preufs. Gesetzes v. 24. Febr. 1877 (8. 316).
Wenn jedoch der Ort, von welchem, und der Ort, nach welchem die Ver-
setzung des Beamten stattfindet, durch ununterbrochenen Schienenweg oder durch
eine ununterbrochene, zur Beförderung von Gütern benutzbare Wasserstrafse in
kürzerer Entfernung, als auf dem Landwege, verbunden sind, so gilt die kürzeste
derartige Verbindung als kürzeste fahrbare Strafsenverbindung.
Behufii Ermittelung der mafsgebenden kürzesten fahrbaren Straisenver-
bindung sind die 2 Kilometer oder mehr betragenden Entfernungen zwischen
dem Anfangs- oder Endorte des Umzuges und dem zugehörigen gleichnamigen
Bahnhofe als Schienenweg, solche Teilstrecken, auf welchen beladene Wagen
mittelst Schiffes, Trajectes, Fähre etc. zu Wasser befördert werden, als fahrbarer
Landweg in Anrechnung zu bringen.
312
Tagegelder and Beisekosten.
Gesetz v. 24. Mär« 1873 (GS. p. 122), be«w. v. 28. Juni 1875 (GS. p. 370)
u. A.Verordn. v. 15. April 1876 (GS. p. 107):
§ „1. Die Staatsbeamten erhalten bei Dienstreisen Tagegelder nach
den folgenden S&tzen:
L Active Staatsminister 30 M.
II. Beamte der 1. Bangklasse 24 IL
IIL Beamte der 2. nnd 3. Bangklasse 18 IL
ly. Beamte der 4. nnd 5. Bangklasse 12 IL
V. Beamte, welche nicht zn obigen Klassen gehören, soweit sie bisher
zu dem Difttensatz von 1^/3 resp. 2 Tldm berechtigt waren, 9 IL
VL Snbaltembeamte der Froyinzial-, Kreis- nnd LocalbehOrden nnd andere
Beamte gleiches Banges 6 IL
YIL Andere Beamte, welche nicht zu den ünterbeamten zu zählen sind,
4 M. 50 Pf.
yni. Unterbeamte 3 M.
§ 2. Erfordert eine Dienstreise einen anfiseigewOhnl. Kostenaofvrand« so
kann der Tagegeldersatz (§ 1) von dem Verwaltangschef angemessen erhöht
werden.
§ 3. Etatem&fiftig angestellte Beamte, welche Torübergehend anfserhalb ihres
Wohnortes bei einer Behörde beschäftigt werden, erhalten far die Daner dieser
Beschfiftigang neben ihrer Besoldung die im § 1 festgesetzten Tagegelder.
Nicht etatsmftfsig angestellte Beamte haben im gleichen Fall anf die im § 1
festgesetzten Tagegelder nur far die Daner der Hin- nnd Bückreise Ansprach.
Für die Daner der Beschäfügning werden die denselben zn gewährenden Tage-
gelder dnrch die vorgesetzte Behörde bestimmt
§ 4. An Beisekosten, einschliefslich der Kosten der GepäckbefÖrderong
erhalten:
I. bei Dienstreisen, welche anf Eisenbahnen oder Damp&chiffen gemacht
werden können:
1. die im § 1 nnter I bis Y bezeichneten Beamten far das Eilometar
13 F£ nnd für Jeden Zn- nnd Abgang 3 M. Hat einer dieser Beamten
einen Diener anf die Beise mi^nommen, so kann er far denselben 7 Pf. far
das Kilometer beanspruchen;
2. die im § 1 unter VI und YII genannten Beamten fcLr das Kilometer
10 Ff. und far jeden Zu- und Abgang 2 M.;
3. die im § 1 unter TUI genannten Beamten für das Kilometer 7 Ff.
und für jeden Zu- nnd Abgang 1 IL
n. Bei Dienstreisen, welche nicht auf Dampfischiffen oder Eisenbahnen
zurückgelegt werden können, erhalten:
1. die im § 1 unter I bis lY genannten Beamten 60 Ff.,
2. die im § 1 unter Y und YI genannten Beamten 40 Ff.,
3. die im § 1 unter YII und YIQ genannten Beamten 30 F£ für das
Kilometer.
Haben erweislich höhere Beisekosten als die unter I und II festjgesetzten
aufgewendet werden müssen, so werden diese erstattet
§ 5. Die Beisekosten werden tat die Hin- und Bückreise besonders be-
rechnet. Hat jedoch ein Beamter Dienstgeschäfte an yerschiedenen Orten
munittelbar nach einander ansgeriditet, so ist der von Ort zu Ort wirklich
zurückgelegte Weg ungeteilt der Berechnung der Beisekosten zu Grunde zu legen.
§ 6. Fär G^chäfte am Wohnort des Beamten werden weder Tagogddor
noch Beisekosten gezahlt; dasselbe gilt von Geschäften anfsethalb des Wohnorts
in geringerer Entfernung als 2 Kilometer yon demselben. War der Beamte
313
durch anüseigewOhnl. UmBt&nde g^nöthigt, sich eines Fuhrwerks za bedienen,
oder waren sonstige Qothwendige Unkosten, wie Brücken- oder Ffihigelder aof-
zuwenden, so sind die Auslagen zu erstatten. Für einzelne Ortschaften kaim
durch den Yerwaltangschef in Qemeinschaft mit dem Finanzminister bestimmt
werden, dafs den Beamten bei den anfeerhalb des Dienstgeb&ndes voizonehmenden
Oeschäften die yeranslagten Fnhrkosten zn erstatten sind.
§ 7. Bei Berechnung der Entfernnngen wird jedes angefangene Kilo-
meter für ein Yolles Sjlometer gerechnet Bei Beisen von nicht weniger als
2 Xilometer, aber unter 8 Kilometer, sind die Fahrkosten für 8 Kilometer zu
gewähren.
§ 8. Beamte, welche zum Zweck von Beisen innerhalb ihres Amtsbezirks
neben oder in ihrem Einkommen eine Pauschalsumme für Beisekosten oder
Unterhaitang von Fuhrwerk oder Pferden beziehen, erhalten Tagegelder und
Beisekosten nach Mafsgabe dieses Gesetzes nur dann, wenn sie Dieimtgeschftfte
anfserhalb ihres Amtsbezirks ausgeführt haben. Werden Beamte, welche eine
solche Pauschalsumme beziehen, wegen Urlaubs oder sonstiger Verhinderung
vertreten, so haben dieselben ihren Stellvertreter angemessen zu entschädigen.
Diese Entschädigung und die unter besonderen Umständen zulässigen Ausnahmen
bestimmt die vorgesetzte Behörde.
§ 9. Für Dienstreisen von Beamten, welche sich im Vorbereitungsdienst
befinden, werden Tagegelder und Beisekosten dann nicht gewährt, wenn die
Beisen lediglich zum Zwecke der Ausbildung dieser Beamten erfolgen. Ob
letzteres der Fall ist, entscheidet die vorgesetete Dienstbehörde.
§ 10. Ist der persönl. Bang eines Beamten ein höherer, als der mit dem
Amte verbundene, so ist der letztere für die Feststellung der Tagegelder- und
Beisekostensätze mafsgebend. Beamte, welche im Bange zwischen zwei Klassen
stehen, erhalten die för die niedrigere Klasse bestimmten Sätze. Für Beamte,
denen ein bestimmter Bang nicht verliehen ist, entscheidet der Verwaltungschef
in Gemeinschaft mit dem Finanzminister über die denselben nach Ha&gabe
dieses Gesetzes zu gewährenden Sätze
Diese Verordnung tritt mit dem 1. Mai 1876 in Kraft." (Alle dem betr.
Gesetz entgegenstehenden (älteren) Bestimmungen sind aufgehoben.)
(Für Beisen, welche ein Beamter ohne Vorwissen und Auftrag seiner vor-
gesetzten Dienstbehörde (bei Dir. und Lehrern also des betr. K. ProvJSch.G.)
macht, wird eine Entschädigong nicht gewährt)
Verf. der Min. für Handel etc., des Innern und der Finanzen
V. 24. Mai 1856: „Der K. Begierung erwidern wir auf den Bericht vom
28. April d. J., dafe das nach den Materialien des K. Post-Gursbureaus hier-
selbst bearbeitete und von Zeit zu Zeit in einer neuen Auflage erscheinende
Eisenbahn-, Post- und Dampfschiff- Cursbuch die Entfernung zwischen den
einzelnen Stationsorten der vorhandenen inländischen Eisenbahnen nachweist
und nach demselben bei Aufstellung der Beisekosten-Liquidationen die
Ortsentfemungen angegeben werden können.**
Min.Verf. v. 5. Juli 1879. Auszug. „Die Frage, inwieweit bei Dienst^
reisen ffir die Zorücklegong der Strecke von einem Bahnhofe nach dem
zugehörigen Stationsorte oder umgekehrt aufoer der gesetzm. Vergütnng för den
Ab- oder Zugang noch besondere Beisekosten liquidirt werden dürfen, ist im
Bereiche der Finanzverwaltung unter entsprechender Anwendung derjenigen
Vorschriften entschieden worden, welche durch g 6 des Gesetzes v. 24. März
1873 und § 6 der Verordnung v. 15. April 1876, sowie durch die im Min.BL
f. d. inn. Verw. 1876 8. 67 abgedruckte Verf. v. 5. März 1876 for die Be-
stimmung des Ausgangspunktes der Dienstreisen aufgestellt worden sind.
314
Darnach sind für die Strecke zwischen einem Orte and dem gleichnamigen oder
anders benannten Bahnhofe Fahrkosten nor dann za gew&hren, wenn nach dem
Postcarsbache des General-Postamts oder, sofern dieses keine Anskanft giebt»
▼on der Grenze des Ortes aas berechnet, die Entfemang bis za dem Bahnhofe
nicht weniger als 2 Kilometer beträgt/'
C.Verf. y. 12. Mai 1866: „Die Verordnang wegen Yergütong der Diftten
and Beisekosten fär commissarische Geschäfte in königl. Dienstangelegenheiten
Y. 28. Joni 1825 bestimmt im § 3, dafs, wenn Beamten in königl. Gebäaden
aof Grand contractmäfsiger Yerpflichtangen freie Wohnang, Heizang and Licht
gewährt werden mafs, eine Kürzang der reglementsm. Diäten eintreten solL
Darch die A.O. v. 29. April 1826 ist diese Bestimmang dahin präcisirt worden,
dafs der Abzag ein Drittel der Diäten za betragen hat
Zar Beseitigang der bei dem Wortlaat der gedachten Bestimmang aber
die Tragweite derselben entstandenen Zweifel eröffne ich dem K. Prov.Sch.C.,
im Einverständnis mit der K. OBechnangskammer and dem H. Finanzmin.,
dafs die Kürzang der reglementsm. Diäten am ein Drittel aach in denjenigen
Fällen eintreten mafs, wo die Commissarien, gleichviel ob eine bezügl. contract-
mäfsige Terpflichtang besteht oder nicht, in (jebäaden, welche sich in der an-
mittelbaren Benatzang des Staats oder in der Benatzang der dem Staat an-
mittelbar oder mittelbar gehörigen Institate and Stiftangen befinden, also z. B,
in Gymnasien, Schallehrerseminarien etc., während der Daner des commissarischen
Geschäfts freie Wohnang, Heizang and Licht erhalten.*'
Für die Liqaidirang der Tagegelder and Beisekosten ist nebenstehendes von
der E. Ober-Bechnangskammer anter dem 31. März 1851 vorgeschriebene
Schema za benatzen.
Darch G.Y. des Finanzmin. and des Min. des Innern v. 23. Febr.
1851 wird im Einverständnis mit der E. OBechnangskammer bestimmt, dafs
nar dann bei Beisen far einen mehrmaligen Za- and Abgang za liqaidiren,
and die dafar zalässigen Entschädigungen za bewilligen sind, wenn a. der
reisende Beamte sich zar Fortsetzang der Beise nach einem anderen Eisen-
bahnhof hat begeben müssen oder wenn b. von ihm aaf einer längeren
Dienstreise an einem Zwischenort die Eisenbahn verlassen werden mafs, am an
diesem Orte ein Dienstgeschäft za verrichten, sowie c. wenn der
reisende Beamte, am aaf der Beise za übernachten and erst am folgenden
Tag dieselbe fortzasetzen, die Eisenbahn za verlassen genöthigt gewesen ist;
wogegen in allen übrigen Fällen, selbst wenn ein Beamter aof einer Dienst-
reise aas anderen Yeranlassangen an einem Zwischenort mehrere Standen za
verweilen genöthigt gewesen ist and deshalb den Eisenbahnhof verlassen hat,
nar eine einfache Liqaidirang der Nebenkosten als zalässig erachtet
werden kann.
Erkrankung aaf einer Dienstreise. Der Min. des Innern an
die OBechn.Eammer, 12. Febr. 1841 (Min.Bl. f. d. inn. Verw. 1844 p. 229):
— „Ist der Commissarias Mitgl. der betr. Behörde oder sonst ein fixirt ange-
stellter Beamter, so gründet sich sein Ansprach (dafs ihm für die Zeit der
Erankheit Diäten zagebilligt werden) aaf das Begalativ v. 28. Jani 1825. In
diesem Fall werden die Diäten nicht als Bemaneration für geleistete Arbeiten
betrachtet, sondern sie nehmen die Natar einer Yerg^tang für den Mehranfwand
aof der Beise an, welche dem betr. Beamten aach in ErankeitsftUen nicht
entzogen werden darf. Es mafs indessen der Behörde bei Festsetzang der
Diäten-Liqaidation vorbehalten bleiben, za prüfen, ob nach der Erkrankung
nicht die sofortige Bäckreise aasfahrbar and zweckmäJOsiger gewesen wäre, als das
Abwarten der Herstellang an dem firemden Orte."* — Event kann aach (S. 316)
316
Liquidation
über BeisekoBten und Tagegelder fär nachbenannte, behnfs (sxunmarische An-
gabe des Zwecks) in der Zeit vom . . ten bis . . ten (Monat) auf Grand der
YerfQgang der (königl. Behörde) vom (Datum) von dem Unterzeichneten ans-
geföhrte Dienstreise.
Zeit
d«r
AusfUuniBg.
Monat
Tag.
ZftU
der
Baiseweg und Angabe
der
dienstl. Verriohtimg.
Kilometer
SU
ElseBb.
oder
Dampf-
soliiir.
DMh
dem
Lead-
wege.
Zu- und
Abgftnge bei
der Be-
ButBung der
Sifenbehnen
oder Dampf-
BehUTe.
Geld-
betrag.
Jk 4
März
5.
6.7.
8.
1
2
(Beiapielaweiae.)
Beise von Berlin nach St. . .
in St. (snmmar. Angabe der Amts-
Verrichtung)
Bückreise von St
130
130
10
10
Zusammen
Berechnung der Beise-
kosten und Tagegelder:
A. 260 Kilom. zu Eisenbahn k
13 Pf.
120 Kilom. nach dem Land-
weffe ä 60 Pf.
Nebenkosten 2 mal 3 M. . .
260
20
33
80
12
6
Summa der Beisekosten:
B. Tagegelder för 3 Tage ä 12 M.
Zusammen :
51
36
80
87
80
Berlin, den . . ten 18 . .
(Name und Charakter des Liquidanten.)
Nach den Entfernungen, den Sätzen und in calculo geprüft und richtig befunden
(oder berichtigt).
(Charakter des Caloulaturbeamten.)
Die Biohtigkeit bescheiniget ....
Anmerkung: Unmittelbar unter diese Liquidation mit den dazu gehörigen
Bescheinigungen, kann die Zahlungsanweisung an die betr. Kasse und die
Quittung des Liquidanten über den Empfang der Beichskosten- und Tage-
geldervergütung gesetzt werden, z. B. in folgender Art:
„Vorstehende siebenundachtzig Mark 80 Pf. hat die Kasse an den
N. N. auszuzahlen und in der Bechnung pro 18 . • beim Tii
zu veraasgaben.
N., den . . ten 18 . .
Königliche (Behörde).
Unterschrift
Vorstehende siebenundachtzig Mark 80 Pf. sind mir aus der Kasse
baar und richtig gezahlt worden, worüber ich hleimit quittire.
N., den . . ten 1850.
Name des Liqnidanten.
316
ein mäfsiges Panschqnantnm f&r die Erankheiiszeit festgesetzt werden. Die
reglementsmftfe. Reisekosten stehen aber dem Beamten unbedingt -zv, der Zwed:
der Beise mag nun erreicht oder in Folge der eingetretenen Krankheit veifUilt
worden sein. —
ümzngskosten.
Gesetz, betr. die ümzngskosten der Staatsbeamten.
Vom 24. Febr. 1877 (GS. p. 15).
„% 1. Die Staatsbeamten erhalten bei Versetzongen eine Yergütimg for
Umzugskosten nach folgenden Sätzen:
auf auf Transport-
allgemeine kosten för je
fosten 10 Kilometer
I. Beamte der ersten Bangklasse 1800 Mark 24 Mark
n. „ „ zweiten und dritten Bangklasse 1000 „ ^0 „
HL „ „ vierten Bangklasse 500 „ 10 n
IV. „ „ fünften „ 300 „ 8 „
y. Beamte, welche nicht zu den obigen Klassen
gehören, soweit sie gesetzlich zn einem Tage-
geldersatze Yon 9 Mark berechtigt sind . . . 240 „ 7 „
VI. Subaltembeamte der Provinzial-, Kreis- nnd
Localbehörden und andere Beamte gleichen
Banges, welche nicht zn den Beamten der
Klasse Y. gehören 180 „ 6 „
YU. Andere Beamte, welche nicht zn den ünter-
beamten zn zählen sind 150 „ 5 „
YXn. Unterbeamte 100 „ 4 „
% 2. Bei Berechnung der Entfernung ist die kürzeste fahrbare Strafoen-
yerbindnng zn Grande zn legen. Jede angefangene Strecke von 10 Kilometern
wird for volle 10 Kilometer gerechnet
§ 3. Die nicht etatsmifsig angesteUten Beamten erhalten bei Yer-
seizongen nur Tagegelder nnd Beisekosten. Jedoch sind den im höheren
Staatsdienste anfseretatsmäfsig beschäftigten Assessoren nnd Bäthen Umzugs-
kosten alsdann zu gewähren, wenn sie vor der Yersetzung bereits gegen eine
fixirte Bemuneration dauernd beschäftigt waren. Ob diese Yorausset^gen zur
Gewährung von Umzugskosten vorhanden sind, entscheidet der Bessortchef im
Binvemehmen mit dem Finanzminister.
§ 4. Die zu Umzugskosten berechtigten Beamten erhalten au&er den-
selben für ihre Person Tagegelder und Beisekosten.
Auch ist diesen Beamten der Miethszins zu vergüten, welchen dieselben
für die Wohnung an ihrem bisherigen Aufenthaltsoite auf die Zeit von dem
Yerlassen des letzteren bis zu dem Zeitpunkte haben aufwenden müssen, mit
welchem die Auflösung des MiethsverhSitnisses möglich war. Diese Yergütong
darf längstens für einen neunmonatlichen Zeitraum gewährt werden. Hat der
Beamte im eigenen Hause gewohnt, so kann demselben eine Entschädigung blfl
höchstens zum halbjährigen Betrage des ortsüblichen Miethswerths &r inne-
gehabten Wohnung gewährt werden.
§ 5. Beamte ohne Familie erhalten nur die Hälfte der im § 1 fest-
gesetzten Yergütung.
317
§ 6. Von den YergüinngSBätzeii (§ I) kommt derjenige in Anwendnngy
welchen die Stellung bedingt, aas welcher — nicht in weldie — der Beamte
yersetzt wird.
§ 7. Personen, welche, ohne yorher im Staatsdienste gestanden zu haben,
in denselben übernommen werden, kann eine durch den Yerwaltangschef im
Einyemehmen mit dem Finanzmin. festznsetzende Yeigütong far Umzngskosten
gewährt werden.
§ 8. Auf Wartegeldempffinger, welche wieder in den activen Staatsdienst
angenommen werden, &idet dieses Gesetz mit der Ma&gabe Anwendung, dafe
for die ümzngskostenvergütang die Entfernung zwischen dem Wohnorte des
Wartegeldempfängers nnd dem neuen Amtssitze desselben zu Grunde zu legen ist
§ 9. Die Bestimmungen im § 10 des G^etzes, betr. die Tagegelder und
Reisekosten der Staatsbeamten y. 24. März 1873 (s. S. 313) finden bei Fest-
setzung der Vergütung far Umzugskosten entsprechende Anwendung.
§ 10. Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 1877 in Kraft Alle dem-
selben entgegenstehenden Bestimmungen sind angehoben, insbesondere der
Erlafs y. 26. März 1855, betr. die Vergütung der den Beamten bei Versetzungen
erwachsenden ümzugskosten und das Ümzugskosten-Beglement für Steuerbeamte
yom Ober-Inspector abwärts y. 11. Apr. 1856. Wo in besonderen Vorschriften
auf die hiemach aufgehobenen Bestimmungen Bezug genommen wird, treten die
entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes an deren Stelle.
§ 11. Die besonderen Vorschriften, welche für einzelne Dienstzweige
bezügL der den Beamten aus der Staatskasse zu gewährenden ümzugskosten
ergangen sind, bleiben — mit Ausnahme der nach § 10 au^hobenen — yor-
läufig in Kraft. Eine Abänderung derselben kann im Wege Königl. Verordnung
erfolgen. Die in diesem Gesetze bestimmten Sätze dürfen jedoch nicht überschritten
werden. Die Sätze für Gesandtschaftsbeamte können jedoch nach Maftigabe
derjenigen Beträge festgesetzt werden, welche fSr die entsprechenden Beamten-
klassen in der auf Grund des § 18 des Beichsgesetzes yom 31. März 1873
(Beichs-Gesetzbl. S. 61) zu erlassenden Kaiserl. Verordnung bestimmt werden."
C.Verf. y. 24. Aug. 1877. „Der Hinweis im § 9 des Gesetzes y. 24. Febr.
d. J., betreffend die ümzugskosten der Staatsbeamten auf § 10 des Gesetzes y.
24. März 1873, betreffend die Tagegelder und Beisekosten der Staatsbeamten,
bedingte eine Verständigung zwischen dem Herrn Finanzminister und mir über
die Umzugskostensätze, cUe eintretenden Falls denjenigen Beamten des diesseitigen
Bessorts zu gewähren sind, welchen ein bestimmter Dienstantrag nicht beigelegt ist
Idi habe hierüber hinsichü. derjenigen Beamtenklassen des cUesseitigen Bessorts,
in welchen häufiger Versetzungen yorzukommen pfiegen, mit dem H. Finanzmin.
diejenige Vereinbarung getroffen, welche die beigefügte üebersicht (s. die
folgende Seite^ ergiebi
In die üebersicht sind, zur Erleichterung der Handhabung, auch solche dies-
seitige Beamtenklasseu aufgenommen worden, deren Mitgliedern ein bestimmter
Dienstrang beigelegt ist, sofern bei ihnen Versetzungen häufiger yorkommen.
Indem ich die K. Begierung etc. yeranlasse, die beiliegende üebersicht bei
Aufstellung yon Umzugs- und Eeisekosten-Liquidationen för Beamte des dies-
seitigen Biessorts fortan zum Anhalt zu nehmen, bemerke ich ausdrücklich, dafe
die üebersicht nur den Zweck hat, die beteiligten Beamten far den Fall, dafs
sie in die Lage kommen, Umzugs- und Beisekosten liquidiren zu dürfen, nach
den aUegirten G^esetzen zu classificiren, dads ihnen dadurch ein entsprechender
Dienstrang jedoch nicht beigelegt wird, in dieser Beziehung yielmehr die
bisherigen Verhältnisse unyerändert bleiben.*' Der Min. etc. In V.: Sydow.
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319
Erl&nternde Bestimmnngen zum Gesetze ober ümzngskosten
der Staatsbeamten. C.Verf. des Finanzmin. n. des Min. d. Inn. y.
4. Hai 1877. „Nachdem das Gesetz v. 24. Febr. d. J., betreffend die ümzngs-
kosten der Staatebeamten, durch die G.S. S. 15 pnblicirt worden ist, wird in
Bezug auf die Anwendung dieses Gesetzes hierdurch Folgendes bestimmt:
1) Für die Feststellung des Dienstranges der Beamten behu£9 Zuzählung
derselben in die im $ 1. des Gesetzes angeführten Klassen finden die far das
Gesetz vom 12. Mai 1873, betreffend die Wohnungsgeldzuschüsse der Beamten
(s. S. 297), sowie die für das Gesetz v. 24. Mftrz 1873, betreffend die Tage-
gelder und die Reisekosten der Staatsbeamten (s. S. 312) getroffenen Fest-
setzungen entsprechende Anwendung. Es wird dabei bemerkt, dafs die Klasse
VI. im S 1 des Umzugskostengesetzes der Kl. lY des Tarife zum Gesetze y.
12. Mai 1873 entspricht, dafs jedoch aus der letztgenannten Klasse diejenigen
Beamten ausscheiden und zu der Kl. V im § 1 des ümzugskostengesetzes zu
rechnen sind, welche zu den im § 1 Nr. Y des Tagegeldergesetzes bezeichneten
Beamten gezfthlt werden.
Zu der Klasse YU im § 1 des ümzugskostengesetzes gehören diejenigen
Beamten, welche nach $ 1 ad YU im Artikel 1 des Gesetzes y. 28. Juni 1875,
betreffend die Abänderung des Gesetzes yom 24. März 1873 über die Tage-
gelder und Reisekosten der Staatsbeamten zu einem Tagegeldersatze yon 4 Mark
50 Pf. berechtigt sind. Es kommen dabei namentlich die Förster sowie die
Grenz- und Steueraufseher in Betracht.
2) Der Anspruch auf Umzugskosten steht nur den etatsmäfsig ange-
stellten Beamten und den im hohem Staatsdienste aufseretatsmftfsig be-
schäftigten Assessoren und B&then in dem Falle zu, wenn sie yor der Yer-
setzung bereits gegen eine fixirte Benumeration dauernd beschäftigt waren (§ 3
des Gesetzes). Werden Beamte aus einem andern Bessert in die allgem. Yer-
waltung als auTseretatsmäfsige Assessoren oder Bäthe übernommen, so ist hin-
sichtlich der Gewährung yon ümzugskosten in jedem Falle die diesseitige Ent-
scheidung einzuholen.
3) Nachdem die bisherige Bestimmung aufgehoben ist, wonach eine Yer-
gütigung für ümzugskosten nicht stattfand, wenn die Yersetznng lediglich auf
den Antrag des Beamten erfolgte, ist es Pflicht der über die Yersetzung be-
schliefsenden Behörde, die hierauf gerichteten Anträge der Beamten yom allge-
meinen dienstlichen Standpunkte einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen.
Anträge auf Yersetzung untef Bewilligung der Umzugskosten werden in dei
Begel nur alsdann zu berücksichtigen sein, wenn dadurch neben den persön-
lichen Wünschen der Antragsteller auch gleichzeitig dem dienstlichen Interesse
entsprochen wird. Ob letzteres der Fall ist, bleibt jedesmal genau zu erwägen
und ist im Zweifelsfalle die diesseitige Entscheidung einzuholen.
4) Die Erstattung der Miethe f § 4), welche der yersetzte Beamte for seine
an dem bisherigen Aufenthaltsorte innegehabte Wohnung yom Tage des Yer-
lassens der letzteren ab noch zu entrichten yerpflichtet gewesen ist, hat erst
nach yollständiger Auflösung des Miethsyerhältnisses zu erfolgen. Die Er-
stattung erfolgt unter der Yoraussetzung, dafs der Beamte nach dem Contracte
bezw. nachweisbar zu einer früheren Yermiethung nicht in der Lage war, das
Leerstehen der Wohnung obrigkeitlich bescheinigt und die Zahlung der Miethe
glaubhaft nachgewiesen wird.
War der Beamte durch die yorliegenden Umstände gezwungen, seine Fa-
milie noch eine Zeit lang in der früheren Wohnung zurückzulassen, so kann
ihm die Miethsentschädigung gleichwohl gewährt weiden. Im Uebrigen bleiben
alle seither in Bezug auf die Erstattung yon Wohnungsmiethe ergangenen
allgm. Yerwaltungsyorschriften in Kraft.
320
5) Unter Familie'' im Sinne des § 5 des GesetEes sind niclit nur Ehe-
frau, Emder oder Eltern, sondern auch andere nahe Verwandte nnd Pflegekinder
zn verstehen, sofern der Beamte denselben in seinem Haasstande Wohnung nnd
Unterhalt ai^ Gnmd einer gesetzlichen oder moralischen Unterstfitningsveihind-
lichkeit gewährt Jedenfalls mofs ein eigener Haasstand von dem Beamten ge-
führt werden. (Vgl. onten CTerl y. 16. Aog. 1881.)
6) Die den Beamten bei Yersetzongen zustehenden persönlichen Tagegelder
and Beisekosten werden nicht» wie die Umzagskosten, nadi dem Dienstrange
der Stelle, aas welcher, sondern in welche die Yenetznng erfolgt, liqnidiri
Die den anfseretatsm&feigen verheirateten Beamten bisher nachgelassene
Begdnstigang, die persönlichen Beisekosten und Tagegelder auch bei Benatzong
von Eisenbahnen oder Dampfschiffen nach dem Landwege liqoidiren zn dürfen,
ist aufgehoben.
7) Der diesseitigen Ermfichtigang zar Zahlung von Umzagskosten, Mieths-
entschädigangen, persönlichen Beisekosten und Tagegeldern bedarf es fortan nur
noch in den vorstehend zu 2) und 3) bezeichneten Ffillen. Die IL Begierung
wird ermächtigt, für die Folge derartige Zahlungen in andern, als den vorbe-
zeichneten Fällen, auf die hierzu bestimmten etatsmäfeigen Fonds selbständig
anzuweisen. Sollten sich hierbei in dem einen oder anderen Punkte Zweifel
ergeben, so mag Dieselbe darüber berichten.''
G.Verf. V. 4. Nov. 1882. „Zu § 4 des Gesetzes, betreffend die Umzags-
kosten der Staatsbeamten v. 24. Febr. 1877 ist von dem H. Finanzmin. und
dem H. Min. d. Inn. durch einen gemeinschaftlichen früheren CircErlafe be-
stimmt worden, dafe, falls der Beamte durch die vorliegenden Umstände ge-
zwungen war, seine Familie noch eine Zeit lang in der früheren Wohnung
zurückzulassen, ihm die Miethsentschädigung gleichwohl gewährt werden kann.
Um einer irrtümlichen Auffassung vorzubeugen, ist diese Bestimmung von den
genannten HH. Ministem neuerdings dahin declarirt worden, dafs die gesetK-
üche Vergütung des Miethszinses in den vorausgesetzten Fällen stets zu
gewähren ist, ausgenommen wenn durch das Verbleiben der Familie des Beamten
in der Wohnung die Auflösung des Miethsverhältnisses, bezw. die anderweite
Vermiethung der Wohnung unmöglich gemacht worden ist Ob derartige Um-
stände, welche die Bewilligung der Miethsentschädigung ausschliefsen würden,
vorhanden sind, ist deshalb in jedem einzelnen Falle unter Würdigung der
thatsächlichen Umstände einer sorgfältigen Prüfrmg zu unterziehen.'' Der
Min. etc. Im Auftr. Barkhausen.
CVerf. V. 16. Aug. 1881. „Unter dem Worte „Familie" sind im § 5
des Umzugskosten-Gesetzes vom 24. Febr. 1877 nach einer vom E. Staats-
ministerium angenommenen Interpretation nicht nur Ehefrau, Kinder und Eltein,
sondern auch andere nahe Verwandte und Pflegekinder zn verstehen, sofern der
Beamte denselben in seinem Hausstande Wohnung und Unterhalt auf Grund
einer gesetzlichen oder moralischen Unterstützungsverbindlichkeit gewährt Jeden-
falls mufs ein eigener Hausstand von dem Beamten geführt werden.
Femer soll die Bewilligung des vollen Satzes der Umzugskosten nicht
von dem Umstände, dails die Uebersiedelung thatsächlich mit Familie bewirkt
worden ist, sondern davon abhängen, dafs der Beamte zur Zeit des Umzuges
Familie gehabt hat
Die Umzugskosten-Liquidationen sind daher in Zukunft zutreffenden Falles
dahin zu bescheinigen, dafs der Beamte zur Zeit des Umzuges Familie im vor-
gedachten Sinne (fJ. 1) gehabt hat" Der Min. d. geisti. etc. Ang. v. Go&ler.
Staatsmin. Beschlufs v. 18. Apr. 1867: „Wenn ein etatsmälkig
angestellter Beamter im Interesse des Dienstes und nicht lediglich auf seinen
Antrag versetzt worden ist, so kann demselben, fliUs er an seinem frühtten
321
dienstlichen Wohnort im eigenen Hause oder in einem Hanse, dessen Nielli-
brauch ihm zustand, gewohnt hat, eine Entschädigung in Höhe des ortsübl.
Miethswerths der Wohnung für die Dauer eines halben Jahres, vom Ablauf des
Ealenderquartals ab, in welchem die Versetzung stattgefunden hat, gewährt
werden, insofern der Beamte die pflichtmäfsige Versicherung abgiebt, dafs
aller angewendeten Mühe ungeachtet es ihm nicht möglich gewesen ist, die
innegehabte Wohnung far jenen Zeitraum anderweit zu vermiethen." VgL
CBl. 18H7 p. 331.
Bescript des Finanzmin. y 15. Mai 1855: „Der Vermiether, welcher
die Wohnung eines versetzten Beamten innerhalb der Zeit, für welche letzterer
nach § 376 Tit. 21 T. I. A. LB. zur Zahlung der Miethe, vorbehaltl. des § 377
daselbst gedachten Falles der Stellung eines geeigneten Untermiethers ver-
pflichtet ist, anderweit vermiethet, hat die ffir jene Zeit oder einen Teil derselben
von dem neuen Miether erhaltene Miethe auf den von dem versetzten Beamten
zu zahlenden Mietbszins in Anrechnung zu bringen oder, falls der Miethszins
bereits bezahlt ist, zu erstatten.
Zur Aufrechterhaltung dieses Grundsatzes ist in der Steuerverwaltung mit
Bücksicht auf die daselbst vorkommenden zahlreichen Versetzungen zur Zahlung
von Miethsentschädigungen nicht blofs die Quittung des Vermiethers und nach
Umständen der Miethscontract, sondern auch eine Bescheinigung darüber
erfordert worden, dafs die Wohnung auf den Zeitraum, für welchen Miethsent-
Schädigung liquidirt wird, nicht wieder vermiethet worden sei.
Nachdem in dieser Beziehung die E. OBechnungskammer neuerlich an-
geordnet hat, dafs es der Beibringung der gedachten Bescheinigungen zur
Bechnungsjustification nicht femer bedürfe, haben einige Provinzialbehörden
diese Anordnung so verstanden, als ob es überhaupt auf den fragl. Nachweis
nicht femer ankomme. Da jedoch dahin die Absicht der K. OBechnungs-
kammer nicht gegangen ist, so werden im Einverständnis mit derselben, Ew. —
angewiesen, das dort bei Liquidationen für Miethsentschädigungen bestehende
Verfahren auch für die Zukunft zu beobachten und solches nur insoweit abzu-
ändern, als die gedachten Bescheinigungen den Bechnungsbelägen nicht femer
beigefögt werden.
Mit Bücksicht auf einen vorgekommenen Fall wird zugleich bemerkt, dafs
versetzte Beamte ohne Genehmigung der vorgesetzten Behörde nicht befugt sind,
über die Zahlung der hiemächst gegen die Staatskasse zu liquidirenden
Miethsentschädigung sich mit dem Vermiether zu vergleichen, und dafs der
versetzte Beamte auf Miethsentschädigung aus der Staatskasse nur insoweit
Ansprach hat, als der Vermiether nicht durch den mit dem Miethsnachfolger
abgeschlossenen Vertrag Ersatz findet.^'
Staatsmin. Beschlufs v. 5. Dec. 1863: ,J)ie Gewährang der in Fällen
der Versetzung eines etatsm. angestellten Beamten zulässigen Vergütigung
derjenigen Wohnungsraiethe, welche der Beamte an seinem früheren diensü.
Wohnort fortzuentrichten genöthigt ist, kann auch erfolgen, wenn nach der
Versetzung noch eine Benutzung der Wohnung durch die Familie des Beamten
oder zur Aufbewahrang der Effecten desselben stattgefunden hat.''
Min.Verf. v. 27. Febr. 1872: — ,J)em K. Prov. Seh. C. eröffne ich, dafs
den Dir. und Lehrern, welche von einer unter Communal-, Privat-, oder ge-
mischtem Patronat stehenden höh. Unterrichtsanstalt an eine Anstalt königl.
Patronats versetzt werden, auf Grand des .A. Erlasses v. 26. März 1855 Um-
zugskosten nicht gewährt werden können, da derselbe lediglich auf die Versetzung
solcher Beamten Anwendung findet, welche bereits im unmittelb. Staatsdienst
angestellt sind, während die gedachten Directoren und Lehrer in den letzteren
durch die Versetzung erst neu aufgenommen werden. Diesen Personen können
Wleie, Vftrordnangen. II. 21
322
Umzugs- nnd Seisekosten nur in Gemäfsheit der A. 0. v. 24. Sept 1839,
welche noch in Kraft ist, mithin nnr in dem Falle bewilligt werden, wenn die
Anstalt, an welche die Versetzung erfolgt, dazu disponibk Fonds besitzt Wo
dies nicht der Fall ist, kann den Beteiligten, sofern die Verhältnisse dazu
angethan sind, nur aus den mir zur Verfügung stehenden Fonds eine Unter-
stützung als Beihülfe zur Deckung der Umzugs- und Reisekosten gewährt werden.
Bei der Unzulänglichkeit dieser Fonds kann ich eine derartige UnterstutzoDg
nicht in allen Fällen eintreten lassen. Das K. Prov.Sch.C. wolle daher in
Zukunft bei beabsichtigter Versetzung eines Lehrers aus dem mittel-
baren in den unmittelbaren Staatsdienst, wenn es sich um eine
Anstalt handelt, welche zur Gewährung der Umzugs- und Reisekosten keine
disponiblen Fonds besitzt, sich vorher vergewissern, dafs der betr. Lehrer keinen
Anspruch auf Umzugs- und Reisekosten macht, oder dafs ich geneigt bin, zur
Deckung der Umzugs- und Reisekosten eine Beihälfe aus dazu geeigneten Fonds
zu bewilligen." —
Min. Verf. v. 3. Aug. 1878. „Auf den Bericht ?. 6. v. M. erwidereich
dem E. Prov.Sch.C., dafs Umzugs- und Reisekosten für Lehrer höh. Unterrichts-
anstalten nur dann auf Centralfonds angewiesen werden können, wenn die beti]
Anstalten aufser Stande sind, die Ausgaben aus ihren Mitteln zu decken^
Min. Verf. v. 31. Juli 1879. „Auf den Bericht v 29. v. M. eröffne ich
dem K. Prov.Sch.C, dafs die Umzugs- und Versetzungskosten-Liquidationen der
Gymn. etc. Lehrer zur Festsetzung und Anweisung hierher einzureichen sind,
ohne Unterschied, ob die betr. Anstaltskassen zur Berichtigung der Liquidationen
im Stande sind oder nicht. Die Zahlung dieser Kosten aus den Anstaltskosten
wird voraussichtlich Regel werden, weil fortan die Anstalten ihre Ersparnisse
einschliefslich der Besoldungserspamisse behalten. Hiemach erkläre ich mich
damit einverstanden, dafs die in dem Bericht bezeichneten Umzugs- etc. Kosten
auf die betr. Anstaltskassen zur Zahlung angewiesen werden. Sollten einige
der letzteren in Folge dessen mit Deficits abschliefsen, so ist darauf Bedacht
zu nehmen, dafs diese durch künftige Einsparungen gedeckt werden." Der Min.
der geistl. etc. Ang. Im Auftr. Greiff. ^)
Min. Verf. v. 25. Nov. 1881. Auszug: „Im AnschluTs an die General-
Verfügung V. 27 Febr. 1872 ordne ich zur Beachtung in künftigen Fällen
hiermit an, dafs, wenn die Kassen der höh. Lehranstalten nicht die Mittel
zur Tragung der Umzugskosten bieten, auch bei Versetzungen von einer
staatlichen höh. Lehranstalt an eine andere staatliche Anstalt
unter eingehender Motivirung der beabsichtigten Vt^rsetzung vor der Vornahme
der letzteren wegen Bereitstellung der aus Centralfonds zu gewährenden Um-
zugskosten zu berichten ist Dafs in allen Fällen, auch wenn die Anstalts-
kassen zur Zahlung der erforderlichen Kosten in der Lage sind, Versetzungen
nur vorgenommen werden düifen, wenn das Aufsichtsinteresse die Versetzung
durchaus nothwendig erscheinen läfst, bedarf keines besonderen Hinweises.
Unter der Voraussetzung, dass das K. Prov.Sch.C. in jedem einzelnen Falle eine
genaue Prüfung der Sachlage nach dieser Richtung hin vornimmt, will ich unter
Modification des Circular-Erlasses v. 31. Juli 1879 das K. Prov.Sch.C. hierdurch
ermächtigen, die Liquidationen von Umzugs- und Reisekosten versetzter Lehrer
auf die die erforderlichen Mittel bietenden Anstaltskassen selbständig anzu-
weisen, so dafs es in Fällen dieser Art einer Berichterstattung an mich femer
nicht bedarf. Bei der Festsetzung der Liquidationen ist der Circ.Erlafs vom
24. Aug. 1877 genau zu beachten." Der Min. der geistl. etc. Ang. Im Aufbr. Greiff.
') S. jedoch die folgenden Verff.
323
Min. Verf. v. 12. Febr. 1883. ,^uf den Bericht y. 15. Jan. d. J.
erwidere ich dem K. Prov.Sch.C. unter Hinweis auf den Erlafs v. 27. Febr.
1872 und den Circ. Erlafs v. 25. Nov. 1881, dafs Dasselbe ermächtigt ist, ver-
setzten Lehrern die reglementsmäfsigen Umzugs- und Reisekosten selbständig
ohne Berichterstattung an mich aus den Anstaltskassen zahlen zu lassen, sofern
die letzteren die erforderlichen Mittel dazu bieten. Dies gilt nach der in
dem ersterwähnten Erlasse allegirten A. Ordre v. 24. Sepi 1839 auch dann,
wenn ein Lehrer aus dem mittelbaren in den unmittelbaren Staatsdienst über-
nommen wird. Der § 7 des Gesetzes v. 24. Febr. 1877 findet bei Zahlungen
ans der allgemeinen Staatskasse Anwendung. Der Min. der geistl. etc. Ang.
Im Aufkr. Greiff.
Min. Verf. v. 4. Jan. 1873: — „Die Reise des Oberl. N. von A. nach
B. zum Antritt seiner nenen Stelle kann im Sinne der bezügl. Vorschriften als
eine Dienstreise nicht angesehen werden. Denn erst mit dem Antritt der
Stelle, nicht mit der Berufung far dieselbe ist der N. unmittelbarer Staats-
diener geworden. Bei der ersten Berufung oder Anstellung im unmittelbaren
Staatsdienst hat grundsätzlich jeder Beamte, wenn etwas Anderes nicht
vorher ausdrücklich vereinbart worden ist, auf eigene Kosten nach dem Amtsort
sich zu begeben.'*
Min. Verf. v. 27. Mai 1871: — „Die A. Ordre v. 26. März 1855 (die
Erstattung von Beise- und Umzugskosten an ordentl. Lehrer betr.) findet nur auf
das Inland Anwendung. Den aus dem Auslande berufenen Lehrern
kann nur ausnahmsweise aus den Mitteln der betr. Anstalt eine Beihülfe zu
den Reisekosten gewährt werden.'*
Nach Min. Verf. v. 8. Mai 1878 ist ein Lehrer, welcher im Beichs-
dienste gestanden hat, „nicht berechtigt, die nur den Preufsischen Beamten
zustehenden Sätze an Umzugs- und Reisekosten auf Grund des Umzugskosten-
Gesetze» v. 24. Febr. 1877 zu liquidiren. Eine Vergütung für Reisekosten
wird demselben hiemach überhaupt nicht, für Umzugskosten aber nur auf
Grund des § 7 a. a. 0. gewährt werden können." CBl. 1878 p. 281.
Zu den zufälligen Diensteinkünfben gehören Functionszulagen, welche
für besondere amtliche Verrichtungen über das Dien steinkommen gewährt werden
und mit dem Aufhören dieser besonderen Verrichtungen wieder in Wegfall
kommen.
C.Verf. V. 30. April 1887. „Bei einer näheren Prüfung der im Staats-
haushaltsetat vorkommenden Functions- und sonstigen Zulagen ist unter den
beteiligten Herrn Ressortchefts ein Einvernehmen darüber erzielt worden, dafs
die vierteljährliche Vorausbezahlung und die Gewährung des Gnadenquartals
von diesen Zulagen nicht davon abhängig zu machen ist, ob dieselben in einem
Besoldungstitel ausgebracht sind, dafs vielmehr — wie dies im Wesentlichen
schon nach der gegenwärtigen Praxis der Fall ist — auch die unter anderen
Ausgabetiteln etatisirten Zulagen, insoweit dieselben nicht etwa nur als Ersatz
für haare Auslagen anzusehen sind oder als Vergütung für nur widerruflich
übertragene Nebenämter gewährt werden, als zum Gnadenquartal berechtigend
anzuerkennen und vierteljährlich im Voraus zu zahlen seien. Es gilt dies
aber nur für solche Fälle, in denen der Empfänger der betr.- Zulage ein etats-
mäfsig angestellter Beamter ist und mithin auch hinsichtlich seines Gehaltes
nach dem Gesetze vom 6. Febr. 1881 vierteljährliche Vorausbezahlung und Go-
währung des Gnadenquartals für seine Hinterbliebenen zu beanspruchen hat;
wogegen in dem Falle, dafs etwa ausnahmsweise ein nur diätarisch oder
remuneratorisch beschäftigter Beamter eine solche Zulage bezieht, die letztere
21*
324
in gleicher Weise wie die Diäten bezw. Renmnerationen in Monatsraten zu
zahlen und auch immer nur far denselben Zoitranm, wie Jene Hanptbezüge, als
Gnadencompetenz zn gewähren ist. Diejenigen Zulagen, welche nur als Ersatz
för haare Auslagen oder als Vergütung für widerruflich übertragene Nebenämter
gewährt werden, sollen dagegen für die Folge monatlich postnumerando gezahlt
und Gnadencompetenzen von denselben nicht gewährt werden.
Den nachgeordneten Behörden meines Ressorts wird dies zur Kenntnis-
nahme und gegebenen Falles zur Beachtung bezw. weiteren Veranlassung hier-
durch mitgeteilt/' Der Min. etc. In Vertr. Lucanus.
C.Verf. des Fin.Min v. 13. Dec. 1882. „Die Frage, ob denjenigen
Beamten,, an deren amtlichem Wohnsitze eine Eönigl. Kasse sich nicht befindet,
die Dienstbezüge kostenfrei auszuzahlen seien, ist nicht für alle Lande&-
teile, bezw. für die Beamten aller Bessorts einheitlich geregelt. Während namentlich
im Geltungsbereiche des Allgem. Landrechtes gemäfs § 53, T. I Tit. 16 des-
selben der Grundsatz befolgt wird, dafs die Beamten ihr Gehalt und ihre
sonstigen Competenzen von den Königl. Kassen abzuholen haben und dem-
zufolge in den Fällen der oben bezeichneten Art die Zusendung des Gehaltes etc.
portopflichtig erfolgt, werden den Jnstizbeamten in der Provinz Hannover und
zwar auch in demjenigen Teile derselben, in welchem das Allgem Landrecht
gilt, falls sich an ihrem amtlichen Wohnsitze eine Königl. Kasse nicht befindet,
die gedachten Gelder nach diesem Orte portofrei übermittelt. Für eine allgemeine
Einführung der Anordnung, dafs die Portokosten für derartige Zusendungen von
der Staatskasse zu tragen sind, spricht die Erwägung, dafs hinsichtlich der
Gehaltszahlungen an Beamte die allgemeinen Grundsätze über die Stellung
derselben, sowie Bücksichten auf das dienstliche Interesse in erster R^^ihe ent-
scheidend sind und dafs demzufolge der Beamte, dem ein bestimmter Ort als
Amtssitz zugewiesen ist und der an demselben seinen Dienst zu leisten hat,
auch die kostenlose Zahlung der für diesen Dienst ausgesetzten Competenzen
an dem nämlichen Orte zu beanspruchen berechtigt erscheint. Im Ein-
verständnisse mit der K. Ober-Rechnungskammer bestimme ich deshalb, dafs,
wenn Beamten, welche ihr Gehalt und ihre sonstigen Competenzen aus der
dortigen Regierungs-Hauptkasse oder einer Specialkasse derselben beziehen und
nicht am Sitze der zahlenden Kasse ihren amtlichen Wohnort haben, diese
Diensteinkommensbezüge mittelst der Post zu übersenden sind — worüber nach
wie vor die vorgesetzte Dienstbehörde der Beamten entscheidet — , diese Zu-
sendung auf Kosten der Staatskasse portofrei zu erfolgen hat.** . . .
Nach C.Verf. d. Min. d. Inn. u. d. Fin. v. 27. Juni 1884 ist unter
„Dienstbezüge'' eines Beamten im Allgemeinen alles — auch Reisekosten
und Tagegelder — zu begreifen, was demselben mit Rücksicht auf seinen Dienst
gewährt wird. CBl. 1885 S. 302.
Nach C.Verf. d. Min. d. geistl. etc. Ang. u. d. Fin. v. 22. Sept.
1884 greift die obige C.Verf. v. 13. Dec. 1882 „nur für die unmittelbaren
Staatsbeamten, nicht auch für andere Personen, insbesondere auch auf Geistliche
und Lehrer, Platz. Daher sind auch die letztgenannten Beamten bewilligten
Unterstützungen, Remunerationen etc. in der bisherigen Weise zu zahlen/'
CBL 1885 S. 308.
Verf. d. Min. d. geistL etc. Ang. u. d, Pin. v. 23. Aug. 1887. ,4)er
K. Regierung erwidern wir auf den Bericht v. 31. Juli d. J., dafs die An-
ordnung, welche von mir, dem mitunterzeichneten Finanzminister, in dem
CJErlasse v. 13. Dec. 1882 bezüglich der kostenfreien Auszahlung der Dienst-
bezüge, an deren amtlichem Wohnsitze eine Königl. Kasse sich nicht befindet^
325
getroffen ist, nicht auf die mittelbaren Staatsbeamten Anwendung findet Dem
Antrage, den gedachten CJlrlafs anch auf die Geistlichen nnd Lehrer aus-
zudehnen, kann daher nicht entsprochen werden.*'
Für Zeiten der Beurlaubung.
CO. V. 15. Juni 1863: „Auf den Bericht des Staatsministeriums vom
31. V. M. will Ich hiermit genehmigen — , dafs bei Beurlaubungen von Civil-
beamten und nicht Servis beziehenden Militärbeamten fortan folgende Grund-
sätze befolgt werden:
1. Bei der Beurlaubung eines Beamten wird auf die ersten 1^/2 Monate
des Urlaubs das Gehalt unverkürzt gezahlt, für weitere 4^2 Monate tritt ein
Gehaltsabzug zum Betrage der Hälfte des Gehalts der betr. Beamten ein, während
bei fernerem Urlaub kein Gehalt zu gewähren ist. 3. Bei Beurlaubungen wegen
Krankheit und zur Herstellung der Gesundheit findet auch far die über IV2
Monate hinausgehende Zeit der unumgänglich nothwendigen Abwesenheit des
Beamten kein Abzug vom Gehalt statt'*
Vorstehende auf Antrag der E. OBechnungskammer erlassene CO. ist
zwar zunächst nur fcir die königl. Behörden und Kassen, nicht ebenso für die
Vermögensverwaltung der Communen und anderer Corporationen von ver-
pfiichtender Kraft. „Es unterliegt indes, da die Motive der CO. far Lehrer
städtischer Anstalten in gleicher Weise zutreffen, keinem Bedenken, auch in
Beziehung auf diese die zur Cognition der Aufsichtsbehörden gelangenden Fälle
im Sinne des Allerh. Erlasses v. 15. Juni 1863 zu entscheiden; es mnfsten
denn im einzelnen Falle mit Zustimmung der berufenen Au&ichtsbehörde ab-
weichende YereinbaruDgen über den Gegenstand zwischen der anstellenden
Behörde und dem angestellten Beamten getroffen sein/' Min.Verf. vom
18. Sept. 1866.
CVerf. V. 12. Mai 1863: „Die Gesuche von Lehrern an Gymnasien
und Bealschulen um Beisennterstützungen behufs einer Bade- oder
Brunnencur haben sich in neuerer Zeit in auffallender Weise vermehrt.
Im Interesse des öffentl. Dienstes veranlasse ich das K. Prov.Sch.C,
Gesuche der Art jedesmal genau zu prüfen, ob in den betr. Fällen auf Grund
ärztlicher Zeugnisse eine unabweisbare Nothwendigkeit der Reise anzuerkennen
und ob eventuell die erforderl. Beihülfe aus den eigenen Mitteln der Anstalt
entnommen werden kann.
Gehen die Gesuche von Lehrern städtischer Anstalten aus, so ist, wie bei
aUen Unterstützungsgesuchen der Lehrer solcher Schulen, jedesmal darauf zu
achten, ob die betr. Lehrer es nicht versäumt haben, sich zuvörderst an ihre
Patronatsbehörde zu wenden, und ob diese es ihrerseits an der pfiichtmäfsigen,
resp. ihren Kräften angemessenen wohlwollenden Fürsorge für die von ihr
berufenen Lehrer nicht hat fehlen lassen. Nur wenn dies nachgewiesen ist,
kann in dringenden Fällen, so weit die Verhältnisse es gestatten, auf eine Bei-
hülfe ans Staatsfonds gerechnet werden.
Das K. Prov.Sch.C wird hiemach ermessen, welche Unterstützungsgesuche
zurückzuweisen und welche geeignet sind, von einem befürwortenden Gutachten
des E. Prov.Sch.C begleitet, mir vorgelegt zu werden.*^
Die für Zeiten des Militärdienstes geltenden Bestimmungen.
Staatsmin. Beschlufs v. 22. Jan. 1831 (vgl. oben S.281): „14. Jeder
Civilbeamte, welcher bei einer Mobilmachung zum Militärdienst eintritt, behält
seine fixirte Besoldung.
326
15. Erhält er aber Ofifizierbesoldnng, so wird ihm der Betrag derselben
auf seine Ciyilbesoldnng gerechnet — Ist die Offizierbesoldong höher als die
Civilbesoldung, so hört die Zahlnng der letzteren während der Dauer der ersteren
ganz auf. Hierbei wird die Vergütung, welche ein Landwehroffizier für die
Verwaltung der Stelle als interimistischer Compagniefuhrer erhält, auf die Civil-
besoldung nicht in Anrechnung gebracht (Stsuitsmin. 6. v. 28. Sept 1831.^
16. Auf die Entschädigungsgelder, welche ein Civilbeamter zur Be-
streitung dienstlicher Bedürfnisse erhält, hat er von dem Eintritt in den Militär-
dienst ab keinen weiteren Anspruch. Dagegen verbleibt ihm auch die seiner
Militärcharge etwa zustehende Feldzulage neben seiner Civilbesoldungsquote.''
Staats min. B. v. 23. Jan. 1850: Erhält ein Civilbeamter, welcher
als Offizier zur Landwehr einberufen wird, keine Feldzulage, so wird ihm, aufser
der nach Abrechnung der Offizierbesoldung verbleibenden Civilbesoldungsqnote,
von seiner Civilbesoldung so viel belassen, als die im Fall der vollständigen
Mobilmachung ihm reglementsm. zu gewährende Feldzulage betragen würde.
Staatsmin. B. v. 22. Jan. 1831 und 23. Jan. 1850: „17. Die obigen
Bestimmungen finden auch auf solche Beamte Anwendung, die mit fixirten
Diäten angestellt sind. Den blofs vorübergehend gegen Diäten beschäftigten
Individuen können aber diese Ansprüche nicht zugestanden werden.
Staatsmin. B. v. 22. Jan. 1831. 18. Pensionirte oder auf Wartegeld
stehende Civilbeamte sind, wenn sie bei einer Mobilmachung in den Kriegs-
dienst eintreten möchten, hinsichts ihrer Pensionen oder Wartegelder ebenfsJls
nach obigen Bestimmungen zu behandeln. Nach beendigtem Kriegsdienst
treten sie in den vollen Genufs ihrer früheren Pension oder ihres früheren
Wartegeldes wieder ein.
11. Beamte, die in einem Verwaltungszweige zwar etatsmäfsig besoldet
werden, diese Besoldung aber nicht aus der Staatskasse beziehen, sollen ebenso
behandelt werden, wie diejenigen Beamten, welche ihre Besoldungen aus der
Staatskasse zu erheben haben.
19. Communal- und Patrimonialbeamte sind wie die Staatsdiener zu
behandeln. — Keine Commune wird sich bei der Wichtigkeit des Zwecks ent-
ziehen, die etwa erforderl. Zuschüsse aufzubringen. Insofern dabei die Un-
möglichkeit eintritt, wird die Staatskasse zu Hülfe kommen. — Wo Privat-
behörden interessiren, soll nur freie Entschliefsung zu etwaniger Unterstützung
stattfinden.
20. Die Beamten, welche bei einer Mobilmachung durch die Provinzial-
verwaltnngsbehörden den Militärintendanturen zur Anstellung überwiesen werden,
oder auch sonst bei letzteren eine Anstellung erhalten, sind ebenso zu behandeln,
wie diejenigen Beamten, welche in den activen Dienst bei dem stehenden Heer
oder der Landwehr eintreten. Das Beamtenpersonal der Armee kann auch
aus den schon in der Landwehr stehenden Civilbeamten entnommen werden.
21. Den Civilbeamten, welche bei einer Mobilmachung in die Armee
oder in das Beamtenpersonal der Armee eintreten, soll dieser Eintritt hinsichts
ihres Verhältnisses im Civildienst in keiner Beziehung zum Nachteil gereichen,
ihnen mithin auch die höhere Besoldung, welche im Wege der Ascension der
Stelle ihrer Dienstkategorie, in welcher sie sich befinden, zufallen möchte,
gewährt werden.
22. Demzufolge sollen auch die Assessoren bei den LandescoUegien,
während der Zeit, wo sie bei der Armee, oder bei der Armeeverwaltung etc.
dienen, ebenso nach ihrer Beihefolge ascendiren, als wenn sie noch in ihrem
Civilverhältnis sich befönden.
Dasselbe gilt von allen anderen nach Ableistung der Staatsprüfungen
ohne Gehalt angestellten Civilbeamten (Staatsmin. B. v. 19. Jan. 1850).*'
327
Staatsm. Beschlufs v. 9. März 1864: „Das E. Staatsmin beschliefst:
1. zn den §§ 15 nnd 20 des Staatsmin. B. v. 22. Jan. 1831 über die
Gehaltsbeziige der bei einer Mobilmacbung in die Armee eintretenden Givil-
beamten folgende Znsatzbestimmnng:
Die durch jene Vorschriften angeordnete Kürzung der Ciyilbesoldnng
findet bei denjenigen Beamten, welche einen eigenen Hansstand mit Frau oder
Kind haben, von dem Beginn desjenigen Monats an, in welchem sie ihren
Wohnort zn verlassen genOthigt sind, nur insoweit statt, als das reine Civil-
einkommen nnd das Militärgehalt zusammen den Betrag von 800 Thlm Jährlich
übersteigen.
2. In der Vorschrift wegen Gewährung der Feldzulage wird hierdurch
nichts geändert 3. Nach Mafsgabe dieses Beschlusses ist auch hinsichtlich
der unter den Staatsmin. B. v. 3. Febr. d. J. fallenden Civilbeamten zu ver-
fahren.*'
C.Verf. V. 22. Juni 1876. „Nach einer Vereinbarung zwischen dem
H. Finanzmin., dem H. Minister d. Inn., dem H. Justizmin. und dem
H. Kriegsmin. soll die Bewilligung der Feldzulage aus dem Civilgehalte an
solche Givilbeamte, welche bei einer Mobilmachung einberufen und über die
Daner des mobilen Verhältnisses hinaus von der Militärbehörde zurückbehalten
werden, in Zukunft nach nachstehenden Grundsätzen erfolgen: 1. Geschieht
die Zurückbehaltung wegen Erkrankung oder behufs der Bechnungslegung, so
wird dem Beamten, so lange er noch nach §§ 77, 78, Teil 1 und §§ 16, 10,
Teil II des Geldverpflegungs-Beglements vom 29. Aug. 1868 das Gehalt aus
Mitteln der Militärverwaltung bezieht, anstatt der Feldzulage das Aequivalent
derselben bis zum Tage der definitiven Entlassung tageweise aus dem Civil-
gehalte gewährt. 2. Wird die Zurückbehaltung behufs Abwickelung der
mit der Demobilmachung im Zusammenhang stehenden Geschäfte angeordnet,
80 werden die Tagegelder, welche dem Beamten nach dem Aufhören des Gehalts
in Gemäfsheit des § 81 I und § 16 II a. a. 0. noch aus Mitteln der Militär-
verwaltung zu zahlen sind, a,uf das Civilgehalt nicht in Anrechnung gebracht.
3. Erfolgt die Zurückbehaltung zur Erledigung der bei der Demobilmachung
sich ergebenden Bechnungsrückstände, so ist der Beamte als Hülfsarbeiter der
Militärverwaltung zu beurteilen; er kann neben der Bemuneration, die ihm nach
§ 82 I a. a. 0. aus Mitteln der Militärverwaltung anzuweisen ist, sein Civil-
gehalt weder ganz noch teilweise beanspruchen. 4. Ist die Zurückbehaltung
ohne innem Zusammenhang mit dem vorangegangenen mobilen Zustande lediglich
im zeitlichen Anschlüsse an denselben im dienstlichen Interesse bei den Fahnen
erfolgt, so liegt eine gewöhnliche vorübergehende Dienstleistung in Friedens-
zeiten vor, welche nach den hierfür geltenden Vorschriften zu beurteilen ist.
Das K. Consistorium etc. setze ich hiervon mit der Veranlassung in
Kenntnis, in vorkommenden Fällen nach diesen Grundsätzen zu verfahren.'*
Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr.: Förster.
C.Verf. V. 13. Juli 1887. „Auf den Bericht v erwidere ich dem
E. Prov.Sch.C, dafs die in der C.Verf. der Herren Min. d. Inn. und d. Fin.
V. 20. Ang. 1886 (Anlage a) getroffenen Bestimmungen wegen Fortgewährung
des Civil-Diensteinkommens an auTseretatsmäfsige Beamte während ihrer Ein-
berufting zu den gewöhnlichen militärischen Friedensübungen künftig auch
auf die wissenschaftlichen Hülfslehrer an höh. Lehranstalten in Anwendung zu
bringen ist. Es ist jedoch thunlichst für eine kostenfreie Vertretung jener
Lehrer Sorge zu tragen." Der Min. der geistl. etc. Ang. Im Auftr. Greiff.
a. C.Verf. des Min. d. Inn. u. d. Fin. v. 20. Aug. 1886 an die
Oberpräsidenten etc. „Zur Herbeiführung eines gleichmäfisigen Verfahrens seitens
aller Verwaltungen hinsichtlich der Fortgewährung des Civildiensteinkommens
328
an anfseretatsmäfsige Beamte während ihrer EinberoAmg zn den gewöhnlichen
militärischen Friedensübnngen bestimmen wir Folgendes:
1. den gegen fizirte Remnneration dauernd oder auf unbestimmte Zeit
angenommenen Beamten, ohne Unterschied, ob sie Offiziersrang haben oder nicht,
ist ebenso wie den etatsmäfsig angestellten Beamten während der gewöhnlichen
Friedensübnngen einschl. der Dienstleistungen zur Darlegung der Qnalification
zum Beserve- und Landwehr-Offiziere, bezw. zur weiteren Beförderung das Civil-
diensteinkommen ohne Anrechnung der aus Militärfonds zahlbaren Competenzen
zu belassen;
2. denjenigen Beamten, welchen ohne dauernde Anstellung nur für be-
stimmte Dienstleistungen eine jederzeit widerrufliche Remuneration bewilligt
worden, ist der Begel nach die letztere neben den Militärcompetenzen nicht
fortzuzahlen. Ausnahmen von dieser Begel sind nur unter besonderen Unoiständen
nach dem pflichtmäfsigen Ermessen Ew. etc. zuzulassen;
3. die diätarisch beschäftigten Beamten, welche als Ersatz-Besenristen
I. Klasse auf Grund des Reichsgesetzes v. 6. Mai 1880 (RGBl. S. 103) zu mili-
tärischen üebungen einberufen werden, sind hinsichtlich des Fortbeznges des
Civildiensteinkommens für die Dauer der beregten Üebungen den zn den ge-
wöhnlichen Friedensübungen einberufenen Angehörigen der Reserve und Land-
wehr gleichzustellen.*'
Bestimmung für den Fall der Annahme einer Wahl Eum
Abgeordnetenhause.
[Staatsmin. Beschlufs v. 22. Sept. 1863: „Die Kosten der Stellver-
tretung für die auB StaatsfondB besoldeten Beamten während ihrer durch die An-
nahme einer Wahl zum Hause der Abgeordneten herbeigeführten Verhinderung in
Verrichtung ihrer Amtsgeschäfte werden fortan nicht mehr aus Staatsfonds be-
stritten; es sind vielmehr die Behörden von den Ressortministem anzuweisen, von
den zunächst fälligen Raten der Besoldung der vertretenen Beamten die erforderl.
Beträge zur Deckung der Vertretungskosten zurückzubehalten und zu verwenden.*]
Unter dem 2. März 1869 beschlofs das Staatsministerium, dafs die Kosten
der etwaigen Hin- und Bückreise des Stellvertreters eines Beamten, der ein
Mandat zum Abgeordnetenhause angenommen hat, nicht mehr von dem zu ver-
tretenden Beamten gefordert, sondern auf die Staatskasse übernommen werden
sollten. Durch Staatsmin. Beschlufs v. 24. Oct. 1869 wurde der obige
Staatsmin. Beschlufs v. 22. Sept. 1863 überhaupt bis auf Weiteres aufser Geltung
gesetzt und bestimmt, dafs die Kosten der Stellvertretung der Staatsbeamten auf
Staatsfonds zu übernehmen seien. Vgl. Min.Bl. für d. inn. Verw. 1869 S. 189 u. 276
Min.Verf. v. 15. Jan. 1875: — „Der Staatsminist. Beschlufs v. 24. Oct
1869 wegen üebemahme der Stellvertretungskosten für diejenigen unmittelb.
Staatsbeamten, welche ein Mandat zum Abgeordnetenhause angenommen haben,
findet nur auf die Lehrer und Beamten solcher Unterrichtsanstalten Anwendung,
welche vom Staat ausschliefslich zu unterhalten sind und über deren Fonds
der Staat also allein zu verfugen hat. Ich bin dagegen nicht berechtigt, der-
artige Stellvertretungskosten, auf die Kasse der Anstalten anzuweisen, welche
ganz oder zum Teil von Communen zu unterhalten sind, falls diese hierzu nicht
ihre ausdrückliche Zustimmung erklären.*' —
Unterstützungen im Allgemeinen.
(vgl. p. 272 u. 324.)
Staatsmin. Beschlufs v. 10. Juli 1852: „Die Kammern haben bei
Gelegenheit der Berathung des diesjähr. Staatshaushaltsetats in Betreff der
Bewilligung von Gratificationen, Bemunerationen und Unter-
stützungen an Beamte folgende allgemeine Grundsätze aufgestellt, als:
L
329
a. in den Etats sind besondere Fonds zu Gratificationen und Bemnnerationen,
soweit letztere nicht für nngewöhnl. Leistungen gegeben werden, nicht weiter
auszubringen; vielmehr ist, soweit ein Bedürfnis dazu hervortritt, jfür anskOmml.
Besoldnngssätze za sorgen; b. von dieser allgemeinen Kegel sind Aus-
nahmen nur da zuzulassen, wo dieselben durch die Eigentümlichkeit der Dienst-
verrichtung und der sonstigen Lebensverhältnisse der betr. Beamten besonders
begründet werden; c. dagegen sind besondere Unterstützungsfonds auch
fernerhin auszubringen und diese Fonds für bedürftige Beamten zu bestimmen,
deren jährl. Diensteinkommen den Betrag von 1000 Thlrn (3000 M.) nicht
übersteigt, höher besoldeten Beamten aber Unterstützungen aus diesem Fonds
nur ausnahmsweise in aufsergewöhnl. Bedarfsfällen zu gewähren.
Das Staatsmin. ist mit diesen Grundsätzen, welche im Wesentl. mit den
in dem Beschlufs v. 17. Juni v. J. ausgesprochenen Ansichten übereinstimmen,
einverstanden und hat deshalb beschlossen, dafs diese Grundsätze vom laufenden
Jahre ab in Anwendung zu bringen sind."
Durch Staatsmin. Beschlufs v. I.April 1874 ist obige Bestimmung
dahin abgeändert,
„dafs die darin festgesetzte Diensteinkommensgrenze fortan durch die
Summe von 1500 Thlrn (4500 M.) gebildet wird."
Min. Verf. v. 9. Febr. 1872: — „Die Fonds der Anstalten, welche Be-
dürfniszuschüsse aus Staatsfonds erhalten, dürfen unter keinen Umständen zu
Gnadenbewilligungen verwendet werden." — C.Bl. 1872 p. 160.
Min.Verf v. 7. Dec. 1872. „Auf don Bericht v , die Gewährung
von Unterstützungen aus der Gjmnasialkasse in N. an das Lehrerpersonsd
betreflFend, erwidere ich dem K. Prov.Sch.C, dafs die Fonds ddr Anstalten,
welche Bedürfniszuschüsse aus Staatsfonds erhalten, unter keinen Umständen,
zu derartigen Bewilligungen verwendet werden dürfen, wenn nicht im Etat aus-
drücklich bemerkt ist, dafs der betr. Fonds resp. Dispositionsfonds auch zu
Unterstützungen für die Lehrer verwendbar sei " Der Min. d. g. A. In
Vertr. Achenbach.
Min.Verf. v. 4. Jan. 1873: „Auf den Bericht v. — , Bewilligung von
Unterstützungen an Gymnasiallehrer aus Anstaltsmitteln betreffend, eröffne ich
dem K. Prov.Sch.C, dafs der § 15 der Instr. für die ORechn. Kammer vom
18. Dec. 1824 ^) auf alle Anstalten, welche Bedürfniszuschüsse aus Staatsfonds
beziehen, Anwendung findet und dafs es für die Beurteilung der Zulässigkeit
einer Bewilligung nicht entscheidend ist, ob die Rechnung der betr. Anstalt
der Revision durch die ORechn.Kammer zur Zeit unterliegt oder nicht. Tritt
bei einem Lehrer an einer derartigen Anstalt ein Unterstützungsbedürfnis ein
und finden die städt. Behörden sich nicht bereit, demselben aus Kämmerei-
mitteln zu genügen, so ist darüber an mich behufs Bewilligung der Unter-
stützung aus den dazu bestimmten Centralfonds zu berichten."
Min.Verf v. 13. Dec. 1877. „Das K. Prov.Sch.C. erhält die Anlagen
des Berichts v. 9. Mai d. J. mit dem Eröffnen zurück, dafs nach der Vor-
schrift ad b. im Siaatsministerial-Beschlufs v. 10. Juli 1852 die Bewilligung
aufserordentlicher Remunerationen und Unterstützungen an Beamte nur aus-
nahmsweise und auch nur dann eintreten kann, wenn dieselbe durch die
Eigentümlichkeit der Dienstverrichtungen und der sonstigen Lebensverhältnisse
der betr. Beamten besonders begründet wird. Da für die besondere Remunerirung
der beiden Vorschullehrer am Gymn. zu N. nur allgemeine Gründe angeführt
worden sind und die hervorgehobenen Leistungen nur innerhalb ihrer dienstl.
Verpflichtungen liegen, so befinde ich mich nicht in der Lage, die beantragten
») S. G. Herrfurth, Etatswesen S. 92.
330
Bemnnerationen oder Unterstützungen bewilligen za können. Ebenso kann
dem Antrage auf Gewähmng einer Gratification an den Bendanten der Anstalts-
kasse nicht entsprochen werden. Der Bendant hat nach den Angaben des
Oymnasial-Caratoriams circa ein Procent der Gesamteinnahme als Bemnneration,
also das zulässige Maximum, bezogen, und liegt keine genügende Veranlassung
Yor, über dasselbe hinauszugehen, jedenfalls aber kann die Bezugnahme auf die
Bewilligungen an den Vorgänger des Bendanten N. eine Erhöhnng der
Bemuneration für den letzteren nicht begründen.
Im Uebrigen bemerke ich, dafs die bei der Vorschule vorhandenen Ueber-
schüsse zur Verwendung als Bemnnerationen an Lehrer und Beamte nicht
geeignet sind. Nach § 15 der Insir. für die E. Oberrechnungskammer Tom
18. Dec. 1824 ^) dürfen derartige Zuwendungen nur aus den in den Etats hierzu
ausdrücklich bestimmten Fonds gemacht werden. Die Bestände, bezw. Ein-
nahmen der Vorschule sind aber zur Unterhaltung der letzteren bestimmt und,
soweit solche hierzu nicht erforderlich sind, müssen dieselben auf die Ansg^ben
des Gymnasiums in Anrechnung kommen. Die Verwendung der Anstaltsfonds
zu Gnadenbewilligungen ist aber nach den Bestimmungen im Mlnisterial-Erlasse
vom 9. Febr. 1872 (S. 329) unstatthaft.
Dem E. Prov.Sch.C. überlasse ich, hiemach' das Weitere zu verfügen und
im Bedürfnisfalle unter besonderer Begründun^^ für die beiden Vorschnllehrer
Unterstützungen aus Centralfonds bei mir zu beantragen." Der Min d. g. etc.
Ang. Im Auffcr.: Greiff.
C.Verf. V. 16. März 1887. „Im Einverständnisse mit dem H. Finanz-
Min. ermächtige ich hierdurch das E. Prov.Sch.C, den activen Subaltern-
nnd Unterbeamten an den höh. Unterrichtsanstalten für die Folge selbständig
einmalige Unterstützungen bis in Höhe von 50 Mark aus dem Titel „Insgemein**
der resp. Anstaltsetats zahlen zu lassen, während dasselbe zur Bewilligung
höherer Beträge meine Genehmigung nach wie vor einzuholen hat Hierbei
veranlasse ich das E. Prov.Sch.C. zugleich, den vorbezeichneten Ausgabetitel in
den im laufenden Jahre und später hierher einzureichenden Etatsentwürfen fol-
genden Wortlaut zu Grunde zu legen: „pp. und zu Unterstützungen an active
Subaltem- und Unterbeamte der Anstalt bis in Höhe von 50 Mark durch das
Prov.Sch.C. zu N., darüber hinaus aber nur mit Genehmigung des Ministers
der geisü. etc. Angelegenheiten.*' v. Gofsler.
Ueber Fälle der Einbehaltung oder Verkürzung (bezw. Beschlag-
nahme) des Gehalts von Lehrern s. Abschn. VII und UL
VII.
Dienstdisciplin über die Lehrer.
Die unter diese Kategorie fallenden Bestimmungen sind teils in den Dienst-
Instructionen der K. Prov.&h GC. und der K. Kegierungen als der Schulaofsichts-
behörden enthalten, teils höheren Orts einzeln erlassen worden. Aufserdem fand
die K. Verordnung v. 11. Juli 1849 (GS. p. 271), die Dienstvergehen der nicht
richterlichen Beamten betreffend, auch auf alle öffentliche Lehrer Anwendung. An
ihre Stelle trat 3 Jahre spater das Gesetz v. 21. Juli 1852.
0 S. G. Herrfurth, Etatswesen S. 92.
331
Aus der durch die K. Verordn. v. 11. Juli 1849 veranlaisten C.Verf.
V. 26. Juli 1849: — — „Die fruchtbringende Wirksamkeit des Lehramts
beruht nicht allein auf der wissenschaftl. Befähigung und der Lehrgabe, welche
der einzelne besitzt und in den eigentl. Lehrstunden an den Tag legt, sondern
sie beruht wesentlich auch auf der ganzen geistigen und sittl. Haltung des
Lehrers und auf der Achtung, welche er dadurch seinen Schülern sowohl, als
auch den Eltern und Pflegern derselben einzuflOfsen vermag. Je wichtiger nun
bei der Bildung der Jugend für ihr künftiges Leben und ihren künftigen Beruf
gerade das erziehende Element erscheint, und je entschiednerer Nachdruck von
Seiten der Eltern und Pfleger eben anf diese Wirksamkeit der Schule und der
Lehrer mit Recht gelegt wird, um so ernster mufs auch die verordnete Aufsichts-
gewalt dieses Verhältnis ins Auge fassen, und um so weniger darf sie Anstand
nehmen, ein hierauf sich beziehendes Verhalten aufser der Schule, eben
wegen seiner unverkennbaren Rückwirkung auf die Schule, geeigneten Falls für
ein Dienstvergehen zu erachten und es in den Kreis der Disciplinargewalt
zu ziehen und denjenigen Lehrer, der durch sein Verhalten Achtung und Ver-
trauen verscherzt hat, für unfähig zu dem Beruf als Lehrer und Erzieher der
Jugend zu erklären.
Es versteht sich von selbst, dafs ein solches Urteil stets auf bestimmte,
klar erwiesene Thatsachen zurückgeführt werden mufs, und dafs, um die Stellung
des einzelnen Lehrers nicht der Intrigue oder der Partelleidenschafk preis-
zugeben, eine gründliche Untersuchung dieser Thatsachen und die Verteidigung
des Beschuldigten eine wesentl. Nothwendigkeit bleibt. Dagegen erscheint es
als gleichgiltig, ob diese Thatsachen, welche eine derartige zerstörende Rück-
wirkui g auf die amtl. Wirksamkeit des Lehrers ausüben, im Amt oder aufserhalb
des Amts begangen sind, und ob sie den Charakter eines bürgerlich strafbaren
Verbrechens an sich tragen oder mehr nur der sittlichen Sphäre angehören,
sofern nur die Thatsachen selbst bestimmt hingestellt, die in der Amtswirksauikeit
des Lehrers eingetretene Lähmung erweislich und der Causalzusammenhang
zwischen diesen Thatsachen und der gestörten Amtswirksamkeit des Lehrers
evident ist.
Die Beurteilung und Entscheidung dieser Fragen gehört gleichfalls in
das Gebiet der Dienstdisciplin, und es wird die Pflicht derselben sein, den
einzelnen Lehrer ebensosehr gegen ungerechte und feindselige Angriffe zu
schützen, als den gerechten Beschwerden Derer, deren heiligste Güter, das
geistige und sittliche Wohl ihrer Kinder der Hand des Lehrstandes anvertraut
ist, Abhülfe zu verschaffen.
Ich mache es daher den K. Regierungen und Prov.Sch.CG. zur ernstesten
Pflicht, bei Handhabung der ihnen übergebenen Dienstdisciplin über die Lehrer
diesen Gesichtspunkt mit aller Strenge und aller Gewissenhaftigkeit ins Auge zu
fassen und durch unnachsichtliches Einschreiten da, wo ein gewissenloses, die
Amtswirksamkeit der einzelnen Lehrer gefährdendes Verhalten derselben zu
ihrer Kenntnis kommt, die Ehre des ganzen Standes und das Vertrauen, das
er in so hohem Mafse verdient, vor jeder Mifsachtung im Volk zu schützen."
Bisoiplinargeaets v. 21. Juli 1862.
(Gesetz, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen
Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in
den Ruhestand. GS. p. 465.)
Die für den vorliegenden Zweck wichtigen Bestimmungen desselben sind
folgende:
„§ 1. Das gegenwärtige Gesetz findet ... auf alle in unmittelbarem oder
mittelbarem Staatsdienst stehenden Beamten . . . Anwendung. . .
332
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Dienst-
vergehen nnd deren Bestrafung, g 2* ^^^ Beamter, welcher 1. die
Pflichten verletzt, die ihm sein Amt auferlegt, oder 2. sich durch sein
Verhalten in oder aufser dem Amt der Achtung, des Ansehens oder des Ver-
trauens, die sein Beruf erfordert, unwürdig zeigt, unterliegt den Vorschriften
dieses Gesetzes.
§ 4. Im Lauf einer gerichtlichen Untersuchung darf gegen den Ange-
schuldigten ein Disciplinarverfahren wegen der nämlichen Thatsachen nicht
eingeleitet werden. Wenn im Laufe eines Disciplinarverfahrens wegen der
nämlichen Thatsachen eine gerichtl. Untersuchung gegen den Angeschuldigten
eröffnet wird, so mufs das Disciplinarverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung
des gerichtl. Verfahrens ausgesetzt werden.
§ 5. Wenn von den gewöhnl. Strafgerichten auf Freisprechung erkannt
ist, so findet wegen derjenigen Thatsachen, welche in der gerichtL Untersuchung
zur Erörterung gekommen sind, ein Disciplinarverfahren nur noch insofern
statt, als dieselben an sich und ohne ihre Beziehung zu dem gesetzlichen
Thatbestande der üebertretung, des Vergehens oder des Verbrechens, welche
den Gegenstand der Untersuchung bildeten, ein Dienstvergehen enthalten. Ist
in einer gerichtl. Untersuchung eine Verurteilung ergangen, welche den Verlust
des Amtes nicht zur Folge gehabt hat, so bleibt derjenigen Behörde, welche
über die Einleitung des Disciplinarverfahrens zu verfQgen hat, die Entscheidung
darüber vorbehalten, ob aufserdem ein Disciplinarverfahren einzuleiten oder
fortzusetzen sei.
§ 7. Ist von dem gewöhnl. Strafrichter auf eine Freiheitsstrafe von
längerer als einjähriger Dauer, auf eine schwere Strafe, auf Verlust der bürgert.
Ehre, auf zeitige Untersagung der Ausübung der bürgert Ehrenrechte, auf
immerwährende oder zeitige Unfähigkeit zu öffentl. Aemtern oder auf Stellung
unter Polizeiaufsicht erkannt, so zieht das Straferkenntnis den Verlust des
Amtes von selbst nach sich, ohne dafs darauf besonders erkannt wird.
§ 8. Ein Beamter, welcher sich ohne den vorschriftsm. Urlaub von
seinem Amte entfernt hält oder den erteilten Urlaub überschreitet, ist, wenn
ihm nicht besondere Entschuldignngsgründe zur Seite stehen, för die Zeit der
unerlaubten Entfernung seines Diensteinkommens verlustig.
§ 9. Dauert die unerlaubte Entfernung länger als 8 Wochen, so
hat der Beamte die Dienstentlassung verwirkt. Ist der Beamte dienstlich
aufgefordert worden, sein Amt anzubeten oder zu demselben zurückzukehren,
so tritt die Strafe der Dienstentlassung schon nach fruchtlosem Ablauf von
4 Wochen seit der ergangenen Aufforderung ein.
§ 10. Die Entziehung des Diensteinkommens (§ 8) wird von
derjenigen Behörde verfügt, welche den Urlaub zu erteilen hat. Im Fall des
Widerspruchs findet das förml. Disciplinarverfahren statt
§ II. Die Dienstentlassung kann nur im Wege des fÖrmL Dis-
ciplinarverfahrens ausgesprochen werden. Sie wird nicht verhängt, wenn sich
ergiebt, dafs der Beamte ohne seine Schuld von seinem Amte fern gewesen ist
§ 12. Die Einleitung eines Disciplinarverfahrens wegen unerlaubter Ent-
fernung vom Amte und die Dienstentlassung vor Ablauf der Fnsten (§ 9) ist
nicht ausgeschlossen, wenn sie durch besonders erschwerende Umstände als ge-
rechtfertigt erscheint.
§ 14. Die Disciplinarstrafen bestehen in : Ordnungsstrafen, Entfernung
aus dem Amte.
§ 15- Ordnungsstrafen sind: a. Warnung, b. Verweis, c. Geld-
bufse, d. gegen untere Beamte [Boten, Kastellane, Diener] auch Arreststrafe
auf die Dauer von höchstens 8 Tagen
333
§ 16. Die Entfernung ans dem Amte kann bestehen:
a. In Versetzung in ein anderes Amt von gleichem Bange, jedoch mit
Yerminderang des Diensteinkommens and Verlast des Anspruchs auf Umzugs-
kosten, oder mit einem von beiden Nachteilen. Diese Strafe findet nur auf
Beamte im unmittelbaren Staatsdienst Anwendung.
b. In Dienstentlassung. Diese Strafe zieht den Verlust des Titels und
Pensionsanspruches von selbst nach sich; es wird darauf nicht besonders er-
kannt, es sei denn, dafs vor Beendigung des Disciplinarverfahrens aus irgend
einem von dessen Ergebnis unabhängigen Grunde das Amtsverhältnis bereits
aufgehört hat und daher auf Dienstentlassung nicht mehr zu erkennen ist.
Gehört der Angeschuldigte zu den Beamten, welche einen Anspruch auf Pension
haben und lassen besondere Umstände eine mildere Beurteilung zu, so ist die
Discipllnarbehörde ermächtigt, in ihrer Entscheidung zugleich festzusetzen, dafs
dem Angeschuldigten ein Teil des reglementsmäfsigen Pensionsbetrages auf
Lebenszeit oder auf gewisse Jahre als Unterstützung zu verabreichen sei.
Zweiter Abschnitt. Von dem Disciplinarverfahren. § 18.
Jeder Dienstvorgesetzte ist zu Warnungen und Verweisen gegen seine
Untergebenen befugt
§ 19. . . . Die Provinzialbehörden sind ermächtigt, die ihnen untergeord-
neten Beamten mit Geldbufse bis zu 30 Thlrn zu belegen, besoldete Beamte
jedoch nicht über den Betrag des einmonatl. Diensteinkommens hinaus. Gleiche
Befugnis haben die Vorsteher der Provinzialbehörden in Ansehung der bei
letzteren angestellten unteren Beamtr^n. Die Minister haben die Befugnis
allen ihnen unmittelbar untergebenen Beamten Geldbufsen bis zum Betrag des
monatl. Diensteinkommens, unbesoldeten Beamten aber bis zur Summe von
30 Thlrn aufi^uerlegen
§ 20. Nur diejenigen Dienstvorgesetzten, welche gegen die in § 15 d
bezeichneten Beamten Geldbufse verhängen können, sind ermächtigt, gegen die-
selben Arreststrafen zu verfügen
§ 21. Gegen die Verfügung von Ordnungsstrafen findet nur Beschwerde
im vorgeschriebenen Instanzenzuge statt.
§ 22. Der Entfernung aus dem Amt mufs ein förmliches Disciplinar-
verfahren vorhergehen. Dasselbe besteht in der von einem Commlssar zu
führenden schrifUlchen Untersuchung und in einer mündlichen Verhandlung. . . .
§ 24. Die entscheidenden Disciplinarbehörden erster Instanz sind:
a. der Disciplinarhof zu Berlin (§ 29) in Ansehung derjenigen Beamten, zu
deren Anstellung nach den Bestimmungen, welche zur Zeit der verfügten Ein-
leitung der Untersuchung gelten, eine vom Könige oder von den Ministem
ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist; b. die
Provinzialbehörden, als: die Regierungen, die Prov.Sch CG. ... in Ansehung aller
Beamten, die bei ihnen angesteUt oder ihnen untergeordnet und nicht vorstehend
unter a begriffen sind. . . .
§ 29. Der Disciplinarhof besteht aus einem Präsidenten und 10 anderen
Mitgliedern, von denen wenigstens 4 zu den Mitgliedern des Obertribunals
gehören müssen
§ 30. Zur Erledigung der Disciplinarsachen ist bei dem Disciplinarhofe
die Teilnahme von wenigstens 7 Mitgliedern mit Einschlufs des Vorsitzenden
erforderlich, von denen wenigstens 2 zu den Mitgliedern de^ Obertribunals
gehören müssen.
§ 31. Bei den Provinzialbehörden werden die Disciplinarsachen in be-
sonderen Plenarsitzungen erledigt, an welchen mindestens 3 stimmberechtigte
Mitglieder teilnehmen müssen. . . .
§ 32. In der Voruntersuchung wird der Angeschuldigte unter Mit-
teilung der Anschuldigungspunkte vorgeladen und, wenn er erscheint, gehört;
334
es werden die Zengen eidlich yernommen und die zur Aofklärnng der Sache
dienenden sonstigen Beweise herbeigeschafft. . . . Bei der Yemehmnng des
Angeschuldigten und dem Verhör der Zengen ist ein vereideter ProtokoUfohrer
zuzuziehen.
§ 33. Der dem Angeschuldigten vorgesetzte Minister ist ermächtigt, mit
Bücksicht auf den Ausfall der Voruntersuchung das fernere Verfahren einza-
stellen und geeigneten Falls nur eine Ordnungsstrafe zu verhängen. Ist eine
sonstige Behörde, welche die Einleitung der Untersuchung verfügt hat, der
Ansicht, dafs das fernere Verfahren einzustellen sei, so mufs sie darüber an
den Minister zu dessen Beschlufsnahme berichten. In beiden Fällen erhält
der Angeschuldigte Ausfertigung des darauf bezüglichen, mit Gründen zn unter-
stützenden Beschlusses.^)
§ 34. Wird das Verfahren nicht eingestellt, so wird nach Eingang einer
von dem Beamten der Staatsanwaltschaft; anzufertigenden Anschuldigungsschrift
der Angeschuldigte unter abschriftl. Mitteilung dieser Anschuldigungsschrift zu
einer von dem Vorsitzenden der Disciplinarbehörde zu bestimmenden Sitzung
zur mündl. Verhandlung vorgeladen.
§ 35. Bei der mündlichen Verhandlung, welche in nicht öffentlicher
Sitzung stattfindet, giebt zuerst ein von dem Vorsitzenden der Behörde ans der
Zahl der Mitglieder ernannter Beferent eine Darstellung der Sache, wie sie aus
den bisherigen Verhandlungen hervorgeht. Der Angeschuldigte wird ver-
nommen. Es wird darauf der Beamte der Staatsanwaltschaft mit seinem Vor-
und Antrage und der Angeschuldigte in seiner Verteidigung gehört Dem
Angeschuldigten steht das letzte Wort zu.
§ 36. Wenn die Behörde auf den Antrag des Angeschuldigten oder des
Beamten der Staatsanwaltschaft oder auch von Amtswegen die Vernehmung eines
oder mehrerer Zeugen, sei es durch einen Commissar oder mündlich vor der
Behörde selbst, oder die Herbeischaffung anderer Mittel zur Aufklärung der
Sache für angemessen erachtet, so erläfst sie die erforderliche Verfügung und
verlegt nöthigenfalls die Fortsetzung der Sache auf einen anderen Tag, welcher
dem Angeschuldigton bekannt zu machen ist.
§ 37. Der Angeschuldigte, welcher erscheint, kann sich des Beistandes
eines Advocaten oder Bechtsanwalts als Verteidigers bedienen. Der nicht er-
scheinende Angeschuldigte kann sich durch einen Advocaten oder Rechtsanwalt
vertreten lassen. Der Disciplinarbehörde steht es jedoch jederzeit zu, das
persönl. Erscheinen des Angeschuldigten unter der Warnung zu verordnen, dafs
bei seinem Ausbleiben ein Verteidiger zu seiner Vertretung nicht werde zuge-
lassen werden.
§. 38. Bei der Entscheidung hat die Disciplinarbehörde, ohne an positive
Beweisregeln gebunden zu sein, nach ihrer freien, aus dem ganzen Inbegriff der
Verhandlungen und Beweise geschöpften Ueberzeugung zu beurteilen, inwieweit
die Anschuldigung für begründet zu erachten. Die Entscheidung kann auch
*) iM in. Verf. v. 6. Dec. 1870. „Auf die Vorstellung v. . . . erwidereich
Ihnen, dafs nach dem Beschlufs des K. Staatsministeriams eine Berufung gegen
eine von dem Ressortcbef auf Grund des $ 3') des Gesetzes v. 21. Juli 1852 unter
Einstellung des Disciplinarverfahrens verhängte Ordnungsstrafe nicht zulässig ist.*^
An den Lehrer etc. (GBl. 1871 S. 4.)
Min. Verf. v. 16. März 1867.... „In den Fällen, wo der Angeschuldigte,
bevor das auf Amtsentlassnng lautende Resolut der Disciplinarbehörde die Rechts-
kraft beschritten hat, also noch während der Untersuchung stirbt, sind die ünter-
suchungsacten zu reponiren und die entstandenen Kosten niederzuschlagen. Einer
Berichterstattung an mich bedarf es in diesen Fällen nicht" Der Min. d. g. etc. A..
In Vertr. Lehnert. (GBl. 1867 S. 266.)
Vgl. noch Min.Verf. v. 23. Aug. 1887: GBl. 1887 S. 660.
335
auf eine blofse Ordnungsstrafe lauten. Die Entscheidung, welche mit Gründen
versehen sein mufs, wird in der Sitzung, in welcher die mündl. Verhandlung
beendigt worden ist, oder in einer der nächsten Sitzungen verkündigt und eine
Ausfertigung derselben dem Angeschuldigten auf sein Verlangen erteilt.
§ 39. üeber die mündliche Verhandlung wird ein Protokoll aufgenommen
welches die Namen der Anwesenden und die wesentlichen Momente der Ver-
handlung enthalten mufs. Das Protokoll wird von dem Vorsitzenden und dem
Protokollführer unterzeichnet.
§ 40. Das Bechtsmittel des Einspruches (Restitution oder Opposition)
findet nicht statt.
§ 41. Gegen die Entscheidung steht die Berufung an das Staats-
ministerium sowohl dem Beamten der Staatsanwaltschaft als den Ange-
schuldigten offen.
§ 42. Die Anmeldung der Berufung geschieht zu Protokoll oder schrift-
lich hei der Behörde, welche die anzugreifende Entscheidung erlassen hat
Von Seiten des Angeschuldigten kann sie auch durch einen Bevollmächtigten
geschehen. Die Frist zu dieser Anmeldung ist eine vierwöchentliche, welche
mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Entscheidung verkündigt worden
ist, und far den Angeschuldigten, welcher hierbei nicht zugegen war, mit
dem Ablaufe des Tages beginnt, an welchem ihm die Entscheidung zugestellt
worden ist.
§ 43. Zur schriftl. Rechtfertigung der Berufung steht demjenigen, der
dieselbe rechtzeitig angemeldet hat, eine fernere Utägige Frist offen. Diese
Frist kann auf den Antrag des Appellanten angemeäsen verlängert werden.
Neue Thatsachen, welche die Grundlage einer anderen Beschuldigung
bilden, dürfen in zweiter Instanz nicht vorgebracht werden.
§ 44. Die Anmeldung der Berufung und die etwa eingegangene
Appellationsschrift wird dem Appellaten in Abschrift zugestellt oder dem Be-
amten der Staatsanwaltschaft, falls er Appellat ist, in Urschrift vorgelegt
Innerhalb 14 Tagen nach erfolgter Zustellung oder Vorlegung kann der
Appellat eine Gegenschrift einreichen. Diese Frist kann auf den Antrag des
Appellaten angemessen verlängert werden.
§ 45. Nach Ablauf der in dem § 44 bestimmten Frist werden die Acten
an das Staatsministerium eingesandt. Das Staatsministerium beschliefst auf
den Vortrag eines von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, in Sachen
jedoch, in .welchen der Disciplinarhof in erster Instanz geurteilt hat, auf den
Vortrag zweier von dem Vorsitzenden ernannten Referenten, von denen einer
dem Justizministerium angehören mufs. Ist die Berufung von der Entschei-
dung einer Provinzialbehörde eingelegt, so kann das Staatsminist keinen
Beschlufs fassen, bevor das Gutachten des Disciplinarhofes eingeholt worden
ist Der Disciplinarhof kann die zur Aufklärung der Sache etwa erforder-
lichen Verfügungen erlassen. Er kann auch eine mündl. Verhandlung anordnen,
zu welcher der Angeschuldigte vorzuladen und ein Beamter der Staatsanwalt-
schaft zuzuziehen ist. Der letztere wird in diesem Falle vom Minister des
Ressorts bezeichnet.
§ 46. Lautet die Entscheidung oder das Gutachten des Disciplinarhofes
auf Freisprechung des Angeschuldigten oder nur auf Warnung oder Verweis,
80 kann das Staatsministerium, wenn es den Angeschuldigten strafbar findet,
nicht die Strafe der Dienstentlassung, sondern nur eine geringere Disciplinar-
strafe verhängen oder die einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Warte-
geld verfugen.
§ 47. Eine jede Entscheidung der Disciplinarbehörde, gegen die kein
Rechtsmittel mehr stattfindet und durch welche die Dienstenüasssung ausge-
336
eprochen ist, bedarf der Bestätigung des Königs, wenn der Beamte vom König
ernannt oder bestätigt worden ist ^)
Dritter Abschnitt. Vorläufige Dienstenthebung. § 48. Die
Suspension eines Beamten vom Amt tritt kraft des Gesetzes ein: a. wenn
in dem gerichtlichen Strafverfahren seine Verhafkung beschlossen oder gegen
ihn ein noch nicht rechtskräftig gewordenes Urteil erlassen ist, welches auf den
Verlust des Amts lautet oder diesen kraft des Gesetzes nach sich zieht; b. wenn
im Disciplinarverfahren eine noch nicht rechtskräftige Entscheidung ergang^
ist, welche auf Dienstentlassung lautet. ^J
§ 50. Die zur Einleitung der Disciplinaruntersuchung ermächtigte Be-
hörde kann die Suspension, sobald gegen den Beamten ein gerichtliches Straf-
verfahren eingeleitet oder die Einleiitung einer Disciplinaruntersuchung yerfögt
mrd, oder auch demnächst im ganzen Laufe des Verfahrens bis zur rech^
kräftigen Entscheidung verfagen.
§ 51. Der suspendirte Beamte behält während der Suspension die Hälfte
seines Diensteinkommens. . . . (Vgl. S. 347 fg,)
§ 53. Wird der Beamte freigesprochen, so mufs ihm der innebehaltene
Teil des Diensteinkommens vollständig nachgezahlt werden. Wird er nur mit
einer Ordnungsstrafe belegt, so ist ihm der innebehaltene Teil ohne Abzug der
Stellvertretungskosten nachzuzahlen, soweit derselbe nicht zur Deckung der
Untersuchungskosten und der Ordnungsstrafe erforderlich ist
§ 54. Wenn Gefahr im Verzuge ist, kann einem Beamten auch von
solchen Vorgesetzten, die seine Suspension zu verfagen nicht ermächtigt sind,
die Ausübung der Amtsverrichtungen vorläufig untersagt werden; es ist aber
darüber sofort an die höhere Behörde zu berichten.
Siebenter Abschnitt Besondere Bestimmungen in Betreff
der Entlassung von Beamten, welche auf Widerruf angestellt
sind. § 83. Beamte, welche auf Probe, auf Kündigung oder sonst auf Wider-
ruf angestellt sind, können ohne ein förml. Disciplinarveifahren von der Behörde,
welche ihre Anstellung verfugt hat, entlassen werden. Dem auf Grund der
Kündigung entlassenen Beamten ist in allen Fällen bis zum Ablauf der Kün-
digung sein volles Diensteinkommen zu gewähren.
Achter Abschnitt Verfügungen im Interesse des Dienstes,
welche nicht Gegenstand eines Disciplinar-Verfahrens sind.
§ 87. Die nachbenannten Verfugungen, welche im Interesse des Dienstes ge-
troffen werden können, sind nicht Gegenstand des Disciplinarverfahrens, vor-
behaltlich des im § 46 vorgesehenen Falles:
a. Versetzung in ein anderes Amt von nicht geringerem Bange und
etatsmäfsigem Diensteinkommen, mit Vergütung der reglementsmäfsigen Um-
zugskosten. Als eine Verkürzung im Einkommen ist es nicht anzusehen,
wenn die Gelegenheit zur Verwaltung von Nebenämtern entzogen wird oder die
Beziehung der für die Dienstunkosten besonders ausgesetzten Einnahmen mit
diesen Unkosten selbst fortfällt
b. Einstweilige Versetzung in den Ruhestand mit Gewährung von Warte-
geld nach Mafsgabe der Vorschriften der Verordnungen vom 14. Juni und
24. Oct 1848. . . .
c. Gänzliche Versetzung in den Buhestand mit Gewährung der vorschrifts-
mäfsigen Pension, nach Mafsgabe der §§ 88 ff. dieses Gesetzes.
») Nach C.Verf. V. 3. Dec. 1885 (GBl. 1886 S. 174) findet § 47 auf solche
Beamte keine Anwendung, welche einen vom Könige verliehenen Titel führen,
nicht aber für ihr Amt vom Konige ernannt sind.
») Vgl. Min.Verf. v. 15. Aug. 1887: GBl. 1887 8. 660.
337
§ 88. Ein Beamter, welcher durch Blindheit, Taubheit oder ein sonstiges
körperliches Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperl, oder geistigen
Kräfte zu der Erfüllung seiner Amtspflichten dauernd unfähig ist, soll in den
Buhestand versetzt werden.
§ 89. Sucht der Beamte in einem solchen Fall seine Versetzung in
den Buhestand nicht nach, so wird ihm oder seinem nöthigen falls hierzu be-
sonders zu bestellenden Curator von der vorgesetzten Dienstbehörde unter Angabe
des zu gewährenden Pensionsbetrages und der Gründe der Pensionirung er-
öffnet, dass der Fall seiner Versetzung in den Buhestand vorliege.
§ 90. Innerhalb 6 Wochen nach einer solchen Eröffnung (§ 89) kann
der Beamte seine Einwendungen bei der vorgesetzten Dienstbehörde anbringen.
Ißt dies geschehen, so werden die Verhandlungen an den vorgesetzten Minister
eingereicht, welcher, sofern nicht der Beamte vom Könige ernannt ist, über die
Pensionirung entscheidet. Gegen diese Entscheidung steht dem Beamten der
Becurs an das Staatsminist, binnen einer Frist von 4 Wochen nach Empfang
der Entscheidung zu. Des Becursrechtes ungeachtet kann der Beamte von
dem Minister sofort der weiteren Amtsverwaltung vorläufig enthoben werden.
Ist der Beamte vom Könige ernannt, so erfolgt die Entscheidung vom Könige
auf den Antrag des Staatsministeriums.
§ 91. Dem Beamten, dessen Versetzung in den Buhestand verfagt ist,
wird das volle Grehalt noch bis zum Ablauf desjenigen Vierteljahres fortgezahlt^
vfelches auf den Monat folgt, in dem ihm die schliefsl. Verfügung über die er-
folgte Versetzung in den Buhestand mitgeteilt worden ist.
§ 92. Wenn der Beamte gegen die ihm gemachte Eröffnung (§ 89) inner-
halb 6 Wochen keine Einwendungen erhoben hat, so wird in derselben Weise
verfugt, als wenn er seine Pensionirung selbst nachgesucht hätte. Die Zahlung
des vollen Gehalts dauert bis zu dem im § 91 bestimmten Zeitpunkte.
§ 93. Ist ein Beamter vor dem Zeitpunkte, mit welchem die Pensions-
berechtigung für ihn eingetreten sein würde, dienstunfähig geworden, so kann
er gegen seinen Willen nur unter Beobachtung deijenigen Formen, welche für
die Disciplinaruntersuchung vorgeschrieben sind, in den Buhestand versetzt
vferden. Wird es jedoch for angemessen befunden, dem Beamten eine Pension
zu dem Betrage zu bewilligen, welcher ihm bei Erreichung des vorgedachten
Zeitpunktes zustehen würde, so kann die Pensionirung desselben nach den Vor-
schriften der §§ 88 bis 92 erfolgen.
§ 94. Die vorstehenden Bestimmungen über einstweilige und gänzliche
Versetzung in den Bnhestand finden nur auf Beamte in unmittelbarem Staats-
dienste Anwendung.
§ 95. In Bezug auf die mittelbaren Staatsdiener bleiben die wegen
Pensionirung derselben bestehenden Vorschrifiien in Kraft. Wenn jedoch
mittelbare Staatsdiener vor dem Zeitpunkte, mit welchem eine Pensionsberechti-
gung für sie eingetreten sein würde, dienstunfähig geworden, so können auch
sie gegen ihren Willen nur unter den far Beamte im unmittelbaren Staats-
dienste vorgeschriebenen Formen (§ 93) in den Buhestand versetzt werden.
Neunter Abschnitt. Allgem. und üebergangsbestimmungen.
§ 100. Alle diesem Gesetz entgegenstehenden Bestimmungen sind aufge-
hoben. Dagegen wird durch dasselbe in der Befugnis der Aufsichtsbehörden,
im Aufsichtswege Beschwerden Abhülfe zu verschaffen oder Beamte zur
Erfüllung ihrer Pflichten in einzelnen Sachen anzuhalten und dabei alles
zu thun, wozu sie nach den bestehenden Gesetzen ermächtigt sind, nichts
geändert
§ 102. Dieses Gesetz tritt an die Stelle der vorläufigen Verordnung
V. 11. Juli 1849."
Wieae« Verordnungen. IL 22
338
Vorstehendes Disciplinargesetz ist durch K. Verordnung ▼. 23. SepL
1867 (GS. p. 1613) auch in den neupreuTsischen Landesteilen in Wirksamkeit
gesetzt
üeber die einzelnen Vergehen, durch welche ein Beamter als des Ansehens
und Vertrauens, welches sein Beruf erfordert (§ 2 des vorstehenden Disciplinar-
gesetzes), verlustig angesehen werden kann, galten vorher Specialverordnungen,
beispielsweise über Trunkenheit, leichtsinniges Schuldenmachen, Verletzung des
Amtsgeheimnisses und der Amtspflicht, Ueberschreitung der Amtsbefugnis,
Ehrenkränkung, Beteiligung an öffentl. Demonstrationen und Agitationen gegen
die bestehende Begierung, Unterlassung der Stempelverwendung, unwürdigen
und unsittlichen Lebenswandel, Annahme von Geschenken u. dgL
CO. V. 24. Dec. 1836: „Auf den Bericht und nach dem Antrage des
Staatsministeriums v. — setze ich in Folge der landrechtl. Bestimmung § 363
Tit 20, T. 11 1), sowie in Bezug auf die Begierungsinstr. v. 23. Oct 1817
§ 38 2) hierdurch fest, dafs jeder Staatsbeamte, der sich des Lasters der
Trunkenheit schuldig macht, im Wege der Disciplinaruntersuchung seines
Dienstes ohne Pension entlassen werden soll, wenn ein Vorgesetzter desselben
und seine Mitarbeiter auf ihren Amtseid versichern, dafs er sich zu wiederholten
Malen betrunken im Dienst habe betreten lassen, sowie auch, wenn durch die
Aussage des Vorgesetzten auf seine Amtspflicht oder durch die eidl. Versicherung
zweier unverwerflicher Zeugen dargethan wird, dafs der Beamte zu wiederholten
Malen auf der Strafse oder an einem ö£fentl. Ort im Zustand der Trunkenheit
gesehen worden. Das Staatsmin. hat Sorge zu tragen, dafs jeder Departements-
chef diese Bestimmung zur Kenntnis der Beamten seines Bessorts bringe und
dafs auf die Ausführung derselben gehalten werde.**
Ebenso war durch eine CO. v. 12. Mai 1841 angeordnet, dafs Beamte,
die ihren Credit durch unverhäitnism. Aufwand, unmotivirtes und liederliches
Schuldenmachen mifsbrauchen, ohne dafs gerade eine betrügerische Ver-
leitung der Gläubiger, im strengen Sinne des Worts, dabei vorwaltet, AUerh.
Orts zur Entlassung angezeigt werden sollen.
CO. V. 21. Nov. 1835 (GS. p. 237): „Obgleich Gesetze und Dienst-
instructionen den öffentlichen Beamten Verschwiegenheit über Gegen-
stände ihres Amts zur Pflicht machen, so habe Ich doch mifsfällig in Er-
fahrung gebracht, dafs diese Pflicht aus den Augen gesetzt, über dgl. Gegen-
stände ohne amtliche Veranlassung mündl. und schriM. Mitteilungen gemacht,
und solche selbst zur Publicität gebracht worden. Eine solche Verletzung der
gesetzl. Vorschriften ist nicht länger zu dulden. Das Staatsmin. hat daher
diese MiDsbräuche abzustellen und zu veranlassen, dafs die Departementscheft
nicht nur ihren untergeordneten Behörden und Beamten die im Interesse des
Dienstes unerläfsliche Verschwiegenheit wiederholt und ernstlich einschärfeu,
sondern auch die geeigneten Anordnungen tre£fen, um die genaue Beobachtung
derselben zu sichern und die Propalation amtl. Verhandlungen zu verhindern.
Die Departementschefs haben auf die Befolgung dieser für die Beamten aller
Kategorien geltenden Vorschrift mit Ernst und Sorgfalt zu halten, die Beamten,
^) „Beamte, die sich durch unregelmärsige Lebensart, Spiel oder Verschwendong
in Schulden stürzen oder sich durch niederträchtige Aüfiühmng veriUshtlioh machen,
sollen ihres Amtes entsetzt werden.** (Tit 20 ist aufgehoben seit 1851.)
*) „Eben so wenig müssen Sabjecte in Öffentl. Bedienungen gelitten werden,
die durch ihr Privatleben Oleichgiltigkeit gegen Religion und Moralität an den
Tag legen oder sich sonsten durch ihren Wandel verächtlich machen, woza auch
Trunkenheit und Spiel gehört.**
339
welche dieselben verletzen, unnachsichtlich znr Verantwortung and Bestrafung
zn ziehen und Mir anzuzeigen, damit sie, dem Befinden nach, neben der ver-
wirkten Strafe, ohne Pension aus dem Dienst entfernt werden. Ich beauftrage
das Staatsmin., die gegenwärtige Ordre durch die Gesetzsammlung zur allge-
meinen Kenntnis zu bringen."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Coblenz v. 10. Dec. 1877. „Es ist
in unserem Kessort in neuerer Zeit der Fall Yorgekommen, dafs von dem Aus-
einandergehen der innerhalb der zuständigen Prüfungs - Commission über die
schriftlichen und mündlichen Leistungen eines Abiturienten abgegebenen Urteile
diesem Abiturienten und seinen Angehörigen Mitteilungen durch Lehrer gemacht
worden sind, welche bei der betr. Prüfung aus amtlicher Veranlassung, zum
Teil alsCommissionsmitglieder, zugegen gewesen waren. Solche Mitteilungen haben
wir nicht blofs, weil sie Mifsyerständnisse und Täuschungen und im Zusammen-
hange hiermit eine unerspriefsliche Belästigung für den Dienst der beteiligten
Schule, wie für uns selbst herbidifahrten, sondern namentlich auch deshalb rügen
müssen, weil sie mit den Forderungen der Allerh. CO. v. 21. Nov. 1835, die
Amtsverschwiegenheit der öffentlichen Beamten betr., sich nicht vertragen. Wir
nehmen hiervon Anlafs, die uns unterstellten Beamten an die Pflicht der Amts-
verschwiegenheit zu erinnern. Letztere erstreckt sich zunächst auf das gesamte
Material der Schulacten, aus welchen Mitteilungen nur von Seiten des Directors
(Bectors) erfolgen dürfen, falls derselbe sich hierzu befugt erachtet. Femer
ist der bihalt der Commissionsberathungen bei der Maturitätsprüfting und der
besondere Ausfall der sie beschliefsenden Abstimmungen als strenges Amts-
geheimnis zu behandeln, weil nur unter dieser Voraussetzung eine unbeeinflufste
Ausfohrung des Prüfnngd-Beglements in allen Fällen gesichert erscheint. Das-
selbe gilt von den Lehrerconferenzen, insoweit in denselben Fälle verhandelt
werden, welche den Charakter und das gesamte Verhalten der Schüler und die
Beziehungen der Schule zu den Angehörigen der letzteren betreffen. Ueberhaupt
aber werden wir von den an unseren höh. Lehranstalten wirkenden Männern
erwarten dürfen, dafs sie Mitteilungen über Verhältnisse und Vorgänge inner-
halb ihrer Schule und ihres CoUegiums, deren Besprechung durch das Publikum
die Gefahr einseitiger und mifsverstehender Deutung mit sich führen würde,
auch ohne hierfür auf die Pflicht der Verschwiegenheit hingewiesen zu sein,
aus eigenem Tact unterlassen werden."
„Von höherer Stelle (Min. Verf. v. 28. Nov. 1877) hierzu ermächtigt,
lassen wir dem Curatorium Abschrift der vorstehenden Verfügung zugehen.
Wir dürfen das Vertrauen hegen, dafs diejenigen Curatorial - Mitglieder,
welche an den Abiturienten -Prüfungen einer höh. Lehranstalt, sei es um an
den Arbeiten der Prüfungscommission mit Stimmberechtigung mitzuwirken, sei
es aus Interesse für das Schulwesen teilnehmen, bezüglich der Verhandlungen
bei diesen Prüfungen dieselbe Verschwiegenheit beobachten werden, wie sie von
den Lehrern gefordert wird." K. Prov.Sch.C.
C.Verf. V. 19. April 1850. „Eine nicht geringe Anzahl von Staats-
beamten glaubt noch immer, das Vereinsrecht in demselben umfange, wie
es den übrigen Staatsbürgern freisteht, ausüben zu können und darin keiner
anderen Beschränkung unterworfen zu sein, als dafs sie sich der Teilnahme
an solchen Vereinen enthalten müssen, deren Zwecke den allgemeinen Straf-
gesetzen nicht zuwiderlaufen. Diese Auffassung entspricht in keiner Weise der
jetzigen gesetzlichen Stellung und den besonderen Pflichten der Staatsbeamten
Nach dem Allgemeinen Landrecht T. U. Tit. 10 sind die Staatsbeamten vor-
züglich bestimmt, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des
Staates unterhalten und befördern zu helfen (§ 1). Sie sind, aufser zur Er-
22*
340
fallüng der allgemeinen ünterthanenpflicbten, dem Oberhaupt des Staats be-
sondere Trene, besonderen Gehorsam schuldig und dem Staate zu besonderen
Diensten durch Eid und Pflicht zugethan (§§ 2 u. 3). Diesen allgemeinen
Grundsätzen entsprechend, zählt die Verordnung vom 11. Juli v. J. die Pflicht
der Treue und das Fernhalten von feindseliger Parteinahme gegen die Staats-
regierung zu den Dienstpflichten der Beamten und bedroht deren Verletzung
unbedingt mit Entfernung aus dem Amte (§ 20 a. a. 0.). In die Kategorie
einer feindseligen Parteinahme gegen die Staatsregierung fällt aber unzweifelhaft
die Teilnahme an Vereinen, welche statutenmäfsig oder factisch eine der Staats-
regierung feindselige Tendenz verfolgen, eine systematische Opposition gegen
dieselbe unterhalten und betreiben, den bestehenden verfassungsmäfsigen Zustand
zu untergraben suchen, die Pflicht der Treue gegen das Oberhaupt des Staats,
den König, gering achten und, anstatt die Regierung zu unterstützen, ihr in allen
Mafsnahmen hemmend entgegen zu treten bemüht sind. Von Beamten, die
an solchen Bestrebungen sich beteiligen, resp^ durch Teilnahme an solche
Bestrebungen unterstützenden Vereinen ihre Zustimmung zu den Tendenzen
derselben zu erkennen geben, läfst sich nicht erwarten, dafs sie ihrer vorzugs-
weisen Bestimmung, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des
Staates unterhalten und befördern zu helfen, irgend wie genügen werden. Mit
solchen Beamten kann aber auch die Verantwortlichkeit der Minister nicht
bestehen. Dies gilt nicht blofs von den eigentlich vollziehenden Begierungs^
Organen im engeren Sinne, sondern auch von allen Staatsbeamten, da dieselben
bald in gröfserem, bald in geringerem Mafse als Organe der Begierung betrachtet
werden müssen. Insbesondere sind hiervon die öffentlichen Lehrer nicht aus-
geschlossen, da sie, insoweit sie nicht direct Anordnungen der Kegierungen
auszuführen haben, doch dazu berufen sind, die künftige Generation zu bilden
und vor Allem die Pflicht haben, der Jugend Ehrfurcht gegen Gott, Treue gegen
den König, Achtung vor dem Gesetz einzuprägen und in ihr den Sinn für
Ordnung und Becht zu wecken. Dafs eine diesem Zwecke entsprechende
Wirksamkeit von Lehrern nicht erwartet werden kann, welche Vereinen der
oben erwähnten Art angehören, bedarf keiner Ausführung.
In Erwägung der angeführten gesetzlichen Bestimmungen und der daraus
sich ergebenden besonderen Stellung der Staatsbeamten, hat daher auch das
K. Staatsministerium einstimmig als unzweifelhaft anerkannt, dafs die Teil-
nahme an Vereinen der vorerwähnten Kategorie mit den Pflichten der Staats-
beamten nicht vereinbar sei und dafs Beamte, welche gleichwohl an solchen
Vereinen sich beteiligen, nach § 20 der Verordnung vom 11. Juli v. J. die
Dienstentlassung treffen könne, ohne dass es einer vorhergegangenen Auf-
forderung zum Austritt aus dem Vereine resp. eines Verbots der Teilnahme an
demselben bedürfe. Da jedoch seither in dieser Beziehung eine weitgehende
Connivenz Seitens der meisten Behörden geübt worden und da femer die Ver-
eine der erwähnten Art nicht selten mit grofsem Geschick ihre wahre Tendenz
verbergen, so dafs selbst ein Teil der Mitglieder darüber im Unklaren sich be-
findet, so ist es für angemessen erachtet, den betr. Beamten zunächst durch
eine allgemeine Mafsregel zum Bewufstsein zu bringen, dafs sie durch Be-
teiligung an den mehrerwähnten Vereinen sich einer mit der Dienstentlassung
zu bestrafenden feindseligen Parteinahme gegen die Staatsregierung schuldig
machen. Demgemäfs soll die Teilnahme an solchen Vereinen allen Beamten
bei Vermeidung der Dienstentlassung untersagt, dann aber auch gegen die un-
gehorsamen mit Entschiedenheit vorgegangen werden.
In Folge dessen veranlasse ich die K. Begierungen, diesen Beschlufs des
K. Staatsministeriums unter Darlegung der Motive durch die Amtsblätter und
in sonst geeignet erscheinender Weise zur öffentlichen Kenntnis zu bringen
und insbesondere allen öffentlichen Lehrern sowie den übrigen Beamten meines
341
Bessorts zur gewissenhaften Beachtung einzuschärfen. AoTserdem hat die K.
Begiemng für die genaue Ausführung dieses Beschlusses nicht nur seihst zu
sorgen, sondern auch die ihr untergeordneten Behörden, Landräthe, Schul-
inspectoren, Magistrate etc. demgemäfs mit entsprechender Anweisung zu ver-
sehen, ihnen die üeberwachung der Lehrer in der gedachten Beziehung zur
Pflicht zu machen und zu einer sofortigen Anzeige anzuhalten, wenn ihnen die
Teilnahme von Lehrern an Vereinen, welche einer feindseligen Parteinahme
gegen die Staatsregierung nberföhrt oder verdächtig erscheinen, bekannt wird.
Ob alsdann gegen den betr. Lehrer sogleich die Disciplinar-Untersuchung be-
hufs der Entfernung aus dem Amte einzuleiten oder zunächst ein besonderes
Verbot der ferneren Teilnahme unter Androhung der Dienstentlassung zu er-
lassen sei, wird teils von der statutenmäfsigen oder thatsächlichen liichtung
und Thätigkeit des Vereins, teils von der besonderen Wirksamkeit des be-
teiligten Lehrers in demselben und dessen sonstiger Führung abhängen und
bleibt dem pflichtmäfsigen Ermessen der K. Regierung überlassen. Ich erwarte
aber in allen derartigen Fällen ein festes und entschiedenes Auftreten der Be-
hörden und besonders der K. Regierung, da es im Interesse der öffentl. Ord-
nung von der gröl'sten Wichtigkeit ist, dafs dem Mifsbrauch, welcher bisher
von nicht wenigen Beamten mit dem Vereinsrecht getrieben worden und der
ganz geeignet ist, nicht allein die Bande der Disciplin zu lösen, sondern auch
die Wohlfahrt des Staates zu gefährden, bald und für immer ein Ende ge-
macht werde. Von jeder Einleitung einer Untersuchung gegen einen Beamten
meines Bessorts wegen Teilnahme an einem Verein der oben erwähnti^n Kategorie
erwarte ich eine Anzeige, indem ich zugleich die K. Regierung ermächtige, an
solche Beamte, gegen welche nach den Vorschriften der Verordnung vom
11. Juli V. J. die Einleitung der Untersuchung von mir zu verfügen ist, in
vorkommenden Fällen ohne Rückfrage ein Verbot der ferneren Teilnahme an
solchen Vereinen zu erlassen. Hält die K. Regierung ein solches Verbot nicht
erst für erforderlich oder wird demselben nicht Gehorsam geleistet, so sehe ich
dem motivirten Antrage auf Einleitung der Untersuchung behufs weiterer Be-
schlufsnahme entgegen."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau ▼. 12. April 1872: „Es ist
in letzter Zeit vorgekommen, dafs einzelne Lehrer der uns untergeordneten An-
stalten an mit ihrem Berufe in keiner directen Beziehung stehenden Vereinen
in einer Weise sich beteiligt haben, welche der K. Staatsanwaltschaft Veran-
lassung gegeben hat, gegen die betreffenden amtlich einzuschreiten. In Folge
desson sehen wir uns bewogen, zu den Directoren und Mitgliedern der LehrercoU.
die vertrauensvolle Erwartung auszusprechen, dieselben werden in ihrer aufser-
amtlichen, insbesondere aber der Vereinsthätigkeit ein solches tactvolles Be-
nehmen innezuhalten verstehen, dafs sie vor dem Gonflicte zwischen Amtspflicht
und Ueberzeugung bewahrt bleiben. Auch bringen wir die Bestimmungen der
Instr. für Lehrer an Gymnasien und Realschulen §§ 2 und 4 und der Instr.
für die Seminardir. und Seminarlehrer § 3, wonach unter Anderem zur Ueber-
nahme eines Ehren- oder Vorstandsamtes bei Vereinen, sie mögen einen Namen
haben, welchen sie wollen, unsere Genehmigung erforderlich ist, mit dem Be«
merken hierdurch in Erinnerung, dafs wir Zuwiderhandlungen unfehlbar zur
Verantwortung ziehen werden."
Aehnliche G.Verfügungen sind aus gleichem Anlafs auch von anderen
Schulaufsichtsbehörden erlassen worden; u. a. von der K. Regierung zu Cöln
unter dem 10. Sept. 1872.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 18. Mai 1887. „Im
Auftrage des Herrn Ministers der geistl. etc. Angelegenheiten wird hiermit den
Lehrern die Teilnahme an polnischen Vereinen, welchen Namen diese Verein«
343
anch fähren mögen, unbedingt untersagt. Euer Hochw. etc. wollen diese An-
ordnung zur Kenntnis des Lehrer-Collegiums bringen.**
üeber Agitation gegen die Regierung s. besonders auch den Allerh.
Erlafs V. 4. Jan. 1882, oben S. 100.
C.Verf. V. 6. Sept. 1849: — „Auch gegen solche Lehrer, welche
zugleich ein Kirchenamt bekleiden, mufs, wenn sie gegen die Vor-
schriften der Verordnung v. 14. Juli d. J. sich ▼ergehen, ohne Verzug ein-
geschritten und in Beziehung auf ihr Lehramt festgesetzt werden, was das
Literesse der Dienstdisciplin erheischt Welche Folgen ein solches Einschreiten
und die demselben zu Grunde liegenden Thatsachen auf das kirchliche Amt
üben, hat die zustAndige kirchl. OberbehOrde festzusetzen. Die K. Begierungen
haben daher in dgl. Fällen von Ihrem Einschreiten und von dessen Ergebnis
jedesmal dem Consistorium der Provinz eine kurze Benachrichtigung zukommen
zu lassen.^ —
Gesetz über die Conflicte bei gerichtl. Verfolgungen wegen
Amts- und Diensthandlungen, v. 13. Febr. 1854 (GS. p. 867): —
„1. Wenn gegen einen Civil- oder Militärbeamten wegen einer in Ausübung
oder in Veranlassung der Ausübung seines Amts vorgenommenen Handlung,
oder wegen Unterlassung einer Amtshandlung, eine gerichtl. Verfolgung im
Wege des Civil- oder Strafprozesses eingeleitet worden ist, so steht der vor-
gesetzten Provinzial- oder CentralbehOrde des Beamten, falls sie glaubt, dafis
demselben eine zur gerichtl. Verfolgung geeignete Ueberschreitung seiner Amts-
befugnisse oder Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung nicht zur
Last fällt, die Befugnis zu, den Conflict zu erheben. Auf einen solchen Confiict
finden die Vorschriften des Gesetzes v. 8. April 1847 (GS. p. 170) Anwendung.
2. Erachtet der Gerichtshof zur Entscheidung der Competenzcouflicte
noch thatsächliche Ermittelungen für erforderlich, so ist er befugt, solche durch
die Verwaltungs- oder durch die Gerichtsbehörden zu veranlassen, insbesondere
die Fortsetzung der gerichtl. Instruction oder Untersuchung bis zu einem zu
bestimmenden Ziele anzuordnen. Ueber das Ergebnis dieser Ermittelungen sind
vor Fällung des Urteils die an der Sache beteüigten Privatpersonen zu hören.
Denselben ist zu diesem Zweck zu erö£fnen, dafs ihnen frei stehe, sich über
die Verhandlungen, deren Einsicht ihnen bei dem Gericht, bei welchem die
Verfolgung eingeleitet ist, gestattet werde, binnen einer Präclusivfrist von
4 Wochen zu erklären. Im Uebrigen kommen auch hierbei die Bestimmungen
der §§ 5 ff. des Gesetzes v* 8. April 1847 zur Anwendung.
3. Befindet der Gerichtshof (§ 2), dafs dem Beamten eine zur gerichtl
Verfolgung geeignete Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse oder Unterlassung
einer ihm obliegenden Amtshandlung nicht zur Last fällt, so entscheidet er,
dafs der Bechtsweg gegen den Beamten unzulässig sei. Ein Urteil der letzteren
Art präjudicirt weder dem Beamten in seiner weiteren Verteidigung vor dem
Gericht, noch dem Gericht in seiner rechtlichen Entscheidung der Sache.
4. Vorstehende Bestimmungen sind auch anwendbar, wenn eine gerichtl.
Verfolgung wegen Amtshandlungen (§ 1) gegen einen aus dem Dienst aus-
geschiedenen Beamten oder gegen die Erben eines Beamten anhängig wird.
5. Unter den Beamten sind auch diejenigen, welche im mittelbaren
Staatsdienst stehen, einbegriffen.** —
Das vorstehende Gesetz ist durch die Verordn. v. 16. Sept. 1867 Art m
u. IV (GS. p. 1515) auf die neuerworbenen Landesteile ausgedehnt worden.
Für die Entscheidung der bezeichneten Confiicte ist jetzt das Ober-
verwaltungsgericht in Berlin zuständig. In dieser Sichtung verordnet das
Einführungsgesetz zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetze
343
▼. 27. Jan. 1877 § 11: ,J)ie landes^setzlichen Bestimmnngen, dnrch welch«
die strafrechtliche oder civilrechtliche Verfolgnng öffentlicher Beamten wegen
der in Ansübnng oder in Veranlassung der Ansübnng ihres Amts vorgenommenen
Handinngen an besondere Yoraassetenngen gebunden ist, treten anfser Kraft,
unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften^ durch welche die Ver-
folgung der Beamten entweder im Falle des Verlangens einer vorgesetzten Be-
hörde oder unbedingt an die Vorentscheidung einer besonderen Behörde ge-
bunden ist, mit der Mafsgabe 1. dafs die Vorentscheidung auf die Fest-
stellung beschränkt ist, ob der Beamte sich einer üeberschreitung oder der
Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung schuldig gemacht habe;
2. dafs in den Bundesstaaten, in welchen ein oberster Verwaltungsgerichtshof
besteht, die Vorentscheidung diesem, in den anderen Bundesstaaten dem Reichs-
gerichte zusteht.**
In Ausführung dieser Bestimmung schreibt das Gesetz über die all-
gemeine Landesverwaltung v. 30. Juli 1883 (GS. p. 195 ff.) vor, im
letzten Absatz des § 113: „Haben sich in derselben Sache die zur Entscheidung
im Verwaltungsstreitverfahren berufene Behörde und eine andere Verwaltungs-
behörde für zuständig erklärt, so entscheidet auf Grund der schriftlichen Er-
klärungen der über ihre Gompetenz streitenden Behörden und nach Anhörung
der Parteien in mündlicher Verhandlung das Oberverwaltungsgericht. Das
Gleiche gilt in dem Falle, wenn beide Teile sich in der Sache für unzuständig
erklärt haben. In beiden Fällen werden weder ein Eostenpauschqnantum noch
baare Auslagen erhoben. Ebensowenig findet eine Erstattung der den Parteien
erwachsenden Kosten statt. § 114. Die gemäfs § 11 des Einführungsgesetzes
zum Gerichtsverfassungsgesetze v. 27. Jan. 1877 dem Oberverwaltunprsgerichte
zustehenden Vorentscheidungen erfolgen in dem durch § 113 vorgeächriebenen
Verfahren, für welches im üebrigen die Vorschriften über das Verwaltungs-
streitverfahren entsprechende Anwendung finden.**
Min.Verf. v. 11. Febr. 1841: — „Zur Entfernung blos interimi-
stisch angestellter Lehrer von ihrem Amt ist die vorgängige Ein-
leitung einer förmlichen Disciplinaruntersuchnng zwar nicht erforderlich, wohl
aber eine gründliche Ermittelung des Sachverh^tnisses, woraus sich die Noth-
wendigkeit der Entlassung ergiebt. Dem betr. Lehrer mufs jedoch dabei nach
den umständen und in der Begel eine billige Frist, um sieh ein anderes Unter-
kommen zu suchen, gestattet werden.** —
C.Verf. V. 29. Febr. 1884, betr. die Bewilligung eines Teiles der
Pension als Unterstützung an aus dem Dienste entlassene, pensions-
berechtigte Beamte, zur Kenntnisnahme und Beachtung nachfolgender C.Vf.
C.Verf. des Min. d. Innern und des Finanzmin. v. 23. Dec. 1883.
„Nach der Bestimmung im § 16 des Gesetzes vom 21. Juli 1852, betr. die
Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten etc., sind die Disciplinarbehörden
ermächtig in der Entscheidung, durch welche ein Beamter zur Dienstentlassung
verurteilt wird, sofern der Beamte an sich pensionsberechtigt ist und besondere
umstände eine mildere Beurteilung zulassen, zugleich festzusetzen, dafs dem-
selben ein Teil des reglementsmäfsigen Pensionsbetrages auf Lebenszeit oder
auf gewisse Jahre als Unterstützung zu verabreichen sei. Es ist wahrge-
nommen worden, dafs die Disciplinarbehörden von der ihnen hiemach beigelegten
Ermächtigung mehrfach einen der Absicht des Gesetzes nicht entsprechenden
Gebrauch gemacht haben, indem Unterstützungen der fraglichen Art entweder
überhaupt ohne einen genügenden Anlafs oder in einem höheren Betrage, bezw.
für einen längeren Zeitraum, als nach Lage des Falles gerechtfertigt gewesen
wäre, bewillig worden sind. Wir nehmen hieraus Veranlassung, darauf auf-
344
•
merksam zu machen, dafs nach der ansdrücklichen Festsetzung in der ange-
fahrten Gesetzesbestimmung derartige Unterstützungen nur dann bewilligt werden
sollen, wenn besondere Umstände für eine mildere Beurteilung geltend
zu machen sind, dafs also die fragliche Bewilligung als eine vom Gesetze nur
ausnahmsweise zugelassene Erleichterung der Lage des zur Dienstentlassung
verurteilten Beamten zu betrachten und daher namentlich überall da nicht fur
gerechtfertigt zu erachten ist, wo der letztere sich einer solchen ausnahmsweisen
Bücksichtnahme unwürdig gezeigt hat. Dies wird insbesondere dann anzunehmen
sein, wenn der Verurteilte durch die ihm zur Last fallenden Vergebungen einen
Mangel an ehrliebender Gesinnung an den Tag gelegt hat. Es bleibt aber
ferner auch zu beachten, dafs durch die angeführte Gesetzesbestimmung die
Disciplinarbehörde nur hat in den Stand gesetzt werden sollen, einer etwaigen
durch die dauernde oder vorläufige Unfähigkeit des entlassenen Beamten zu
anderweitigem Erwerbe seines Lebensunterhaltes verursachten dringenden Hülfs-
bedürftigkeit Rechnung zu tragen. Hiervon ausgehend kann es beispielsweise
nicht für gerechtfertigt erachtet werden, wenn, wie es vorgekommen ist, ver-
hältnismäfsig jungen und völlig erwerbsfähigen Beamten erhebliche Bruchteile
der gesetzlichen Pension, mitunter sogar auf eine längere Reihe von Jahren
bewilligt worden sind. Festsetzungen dieser Art schädigen nicht blos die
Staatskasse, sondern sind in ihren Folgen auch geeignet, die Bedeutung und
die Wirkung der Dienstentlassung als des schwersten Disciplinarmittels illusorisch
zu machen und einem unwürdigen Beamten die Vorteile der Fensionirung
mittels Dienstvergehens erreichbar erscheinen zu lassen unter Umständen, unter
denen dieselben einem würdigen und zum Bücktritte vom activen Dienste
geneigten Beamten versagt bleiben müssen. Die Disciplinarbehörden werden
veranlafst, eintretenden Falles Sich die vorstehend dargelegten Gesichtspunkte
gegenwärtig zu halten."
Staatsministerialbeschlufs v. 2. März 1850: „Da die Verordnung
V. 11. Juli 1849 die persönliche Haft nicht unter die Disciplinarstrafen
aufgenommen hat, da ferner diese Haft nicht den Beamten als solchen, sondern
zugleich auch den Staatsbürger treffen würde und dies dem Wesen der Disciplinar-
strafen im Sinne jener Verordnung widerspricht, welche ihrem Grundgedanken
nach die Disciplinarstrafe nur gegen den Beamten als solchen richten will, da
überdies die persönl. Haft den Beamten seinem Beruf entzieht und da endlich
der Zweck der Disciplinarstrafen auch ohne Verhängung der Haft zu erreichen
ist, so dürfen Geldbufsen, welche auf Grund der gedachten Verordnung einem
Beamten als Ordnungsstrafen auferlegt werden, im Fall des Unvermögens in
Gefängnisstrafen nicht verwandelt werden." —
C.Verf. V. 13. Mai 1850: „Der H. Justizminister hat durch Verf. vom
28. V. M. bestimmt, dafs die Staatsanwälte von jeder gegen einen Staatsbeamten
eingeleiteten Griminaluntersuchung sofort nach erfolgter Einleitung, unter
kuraer Angabe der Veranlassung oder unter Mitteilung der Anklageschrift, der
vorgesetzten Dienstbehörde des Angeklagten Nachricht zu geben haben.
Es liegt mir daran, von den gegen Beamte meines Ressorts, insbesondere
gegen öffentliche Lehrer anhängig gemachten gerichtl. Untersuchungen ebenfalls
fortdauernd in Kenntnis gesetzt zu werden. Die E. Prov.Sch.CC. veranlasse
ich daher, unter Bezugnahme auf meinen Oircularerlafs v. 26. Juli 1849 von
den Oriminaluntersuchungen gegen Lehrer und andere Beamte meines Bessorts,
von deren Einleitung dieselben durch die Staatsanwaltschaft Kenntnis erhalten,
hierher Anzeige zu machen." Der Min.
Verf. der OStaatsanwaltschaft zu Kiel v. 2. April 1872: „Nach
4er im Justizmin.Bl. 1868 p. 46 veröffentlichten Verf. des H. Justizmin. vom
345
31. Jan. 1868, betreffend die von den Beamten der Staatsanwaltschaft in den
Landesteilen, für welche die Strafprozefs-Orduang v. 25. Juni 1867 erlassen ist,
zu machenden Mitteilungen soll, wenn ein im unmittelb. oder mittelbaren Staats-
dienst stehender Beamter zur Untersuchung gezogen wird, sofort nach Er-
öffnung des Hauptverfahrens unter kurzer Angabe der Veranlassung oder unter
Mitteilung der Anklageschrift der vorgesetzten Dienstbehörde des An-
geschuldigten Nachricht gegeben und derselben demnächst der Tenor der
ergangenen Entscheidungen unmittelbar nach deren Yerkündung mitgeteilt
werden. Ferner soll, wenn in der Untersuchung die Verhaftung des Beamten
erfolgt, hiervon und von der etwa erfolgenden Entlassung aus der Haft, der
Dienstbehörde gleichfalls sofort Mitteilung gemacht werden. Endlich soll auch
in üebertretungssachen, jedoch nur, wenn rechtskräftig auf Strafe erkannt worden
ist, der Tenor der Entscheidung mitgeteilt werden." —
C.Verf. der Min. d. Inn. u. d. Ein v. 17. Aug. 1885, mitgeteilt
durch C.Verf. v. 20. Juni 1887 an die Präsidenten der K. Prov.Sch.CC. „In
der C.Verf. v. 2.8. Febr. 1858 — M. d. J. I. A. 11248, F. M. I, 473 — ist
bestimmt worden, dafs bei allen gegen Beamte unseres Ressorts zu verfugenden
Disciplinar-Untersuchungen dem mit der Function des Staatsanwaltes betrauten
Beamten von vornherein für die Fälle, wo der mittelst des Disciplinar -Verfahrens
bezweckte Erfolg in erster Instanz nicht erreicht und von dem Staatsanwälte
eine weitere Verfolgung der Sache nicht für gerechtfertigt gehalten wird, eine
wenigstens vorläufige Anmeldung des Bechtsmittels und eine Berichterstattung
an den betr. Departementschef zur Pflicht zu machen sei. Wir haben an-
läfslich eines Specialfalles die hierdurch berührte Frage, von wem die mit den
staatsanwaltlichen Functionen betrauten Beamten Anweisungen, namentlich auch
hinsichtlich der Einlegung der Berufung, entgegenzunehmen haben, einer erneuten
Erwägung unterzogen und halten eine Unterordnung derselben unter diejenigen
Beamten, welche sie mit diesen Functionen beauftragt haben, nicht nur für
gesetzlich zulässig, sondern aus disciplinären Gründen für geboten. Demzufolge
ermächtigen wir Ew. Hochwohlgeboren, dii' in Rede stehenden Beamten in den-
jenigen Fällen, in welchen die Disciplinar-Untersuchung Ihrerseits bezw. seitens
der Regierung gegen Beamte unserer Ressorts verfügt worden ist, mit den Ihnen
geeignet erscheinenden Anweisungen, auch wegen Einlegung der Berufung
selbstständig zu versehen, so dafs es in diesen Fällen der in dem Erlasse v.
28. Febr. 1858 angeordneteu Berichterstattung an den betr. Departementschef
far die Folge nicht mehr bedarf.
Wir geben übrigens der Erwartung Ausdruck, dafs die Herren Regierungs-
Präsidenten es sich hierbei angelegen sein lassen werden, auch die in unserem
Erlasse vom 23. Dec. 1883 -- M. d. J. I. A. 9193, F. M. I. 15138, IL 13172,
ni. 14793 — aufgestellten Grundsätze nachdrücklich zur Geltung zu bringen."
Ueber Berufungsfristen bei Disciplinamntersuchungen s. auch CBl.
1875 p. 72.
Aus einer Min.Verf. v. 9 April 1875 (s. CBl. 1875 p. 300). — „Nach
§ 38 des Gesetzes v. 21. Juli 1852 mufs die Entscheidung des Disciplinar-
richters mit Gründen versehen sein. Es kann daher die Entscheidung, die ohne
Gründe verkündet worden, nicht als vollständig und gehörig verkündet erachtet
werden. Es mufs daher auch, wie dies wiederholt von dem E. Disciplinarhof
ausgeführt und von dem K. Staaatsministerium stets anerkannt worden ist, die
Frist zur Anmeldung der Berufung nicht von dem Tage der Verkündung der
nicht mit Gründen versehenen Entscheidung, sondern erst von dem Tage an
berechnet werden, an welchem dem Angeschuldigten die vollständige Ausfertigung
der Entscheidung mitgeteilt worden ist." —
346
C.Verf. V. 10. Juni 1850 an die K. Begiernngen (den K. Prov.Sch.CC.
mitgeteilt) : „um zu Yerhüten, dafs ein im Wege einer geTichtMchen oder einer
Disciplinarnntersncfanng abgesetzter Lehrer nicht ohne vorgängige Kenntnis-
nahme Ton den Gründen der Absetzung in einem anderen Regierungsbezirk
wieder angestellt werde, ist vorgeschlagen worden, dafs sämtliche K. Regierungen
die auf Absetzung eines Lehrers lautenden gerichtl. oder Disciplinarentscheidungen
sich jedesmal unter einander mitteilen. Ich habe jedoch Bedenken getragen,
hierauf einzugehen, weil eine solche Mitteilung teils das Schreibwerk erheblich
vermehren, teils eine Schärfung der Strafe der Dienstentlassung enthalten würde.
Dagegen bestimme ich, dafs, im Fall der Entlassung eines Lehrers oder eines
anderen Beamten meines Ressorts im Wege einer gerichtl. oder einer Disciplinar-
Untersuchung, die erfolgte Entlassung und deren Gründe nach Mafsgabe des
Tenor der betr. Entscheidung auf denjenigen amtl. Zeugnissen oder sonstigen
Urkunden, welche zu der Bewerbung des Entlassenen um ein anderes Amt
erforderlich sind, vermerkt werden.
Da aber mitunter die gedachten Zeugnisse abhanden^ gekommen sind
oder der betr. Beamte sie vorzulegen sich weigern könnte 'und deshalb ein
unbedingt wirksamer Zwang gegen ihn nicht zulässig erscheint, so hat jede
E. Regierung, welche einen in einem anderen Regierungsbezirk angestellten,
resp. angestellt gewesenen Lehrer oder anderen Beamten meines Ressorts in
Ihrem Bezirk anstellen, resp. seine Anstellung bestätigen oder bei mir beantragen
wiU, vorher über sein Verhalten bei derjenigen K. Behörde, in deren Ressort
der betr. Lehrer oder Beamte zur Zeit angestellt, resp. zuletzt angestellt gewesen
ist, Erkundigung einzuziehen. Dabei bemerke ich, dafs die Wiederanstellung
eines unfreiwillig entlassenen Lehrers im Schulamt in der Regel niemals erfolgen
darf. Glaubt die K. Regierung in besonderen Fällen hiervon eine Ausnahme
zulassen zu können, so ist dazu mittels motivirten Berichts meine Genehmigung
einzuholen.*'
C.Verf. V. 6. Juni 1862: „Dem K. Prov.Sch.C. übersende ich in der
Anlage (a) Abschrift der in Betreff der Form der Immediatberichte über
Begnadigungsgesuche von Beamten, welche in Folge des Gesetzes v.
21. Juli 1852 im Wege des förml. Disciplinarverfabrens bestraft und namenü.
aus dem Amt entlassen sind, an sämtliche E. Regierungen [von dem Ge-
samtmin. ausschl. des Justizministers] erlassenen Verlegung zur Nachricht und
Nachachtung.'*
(a) „S. Maj. der Eönig haben es für angemessen gefunden, dafs bei den
zu erstattenden Immediatberichten über Begnadigungsgesuche, welche von den
in Folge des Gesetzes v. 21. Juli 1852 im Wege des förml. Disciplinarver-
fahrens bestraften und namentl. aus dem Amt entfernten Beamten Allerhöchsten
Orts angebracht sind, in derselben Weise verfahren werde, in welcher bei den-
jenigen Immediatberichten verfahren wird, welche bezügl. der durch gericht-
liche Erkenntnisse im gewöhnl. Strafverfahren wegen gemeiner Verbrechen,
Vergehen und üebertretungen festgesetzten Strafen über Gnadengesuche zu
erstatten sind.
Es sind hiemach in Zukunft diesen Berichten in analoger Anwendung
der von dem H. Justizminister unterm 17. Nov. 1835 erlassenen Verfügung
ein die Geschichtserzählung enthaltender Actenauszug und die ergangenen Ent-
scheidungen im Original oder in Reinschrift beizufügen.
Die E. Regierung wird daher veranlafst, mit den von Ihr über die Ein-
gangs erwähnten Gnadengesuche zu erstattenden Berichten, aufser den Unter-
Buchungsacten und deren adhibendis einen solchen Actenauszug und die
ergangenen Entscheidungen einzureichen, wobei sowohl, was den Inhalt dieser
Berichte und des Actenauszugs, als was die Form des letzteren anlangt, nach
347
der gedachten Verf. v. 17. Nov. 1835 und den ferneren auf sie bezüglichen
Bestimmungen zu verfahren ist, soweit die Natur der Sache nicht von selbst
Modificationen bedingt/'
C.Verf. des Pinanzmin. V. 27. Febr. 1865 (den K. Prov.Sch.CC. mit-
geteilt durch C.Verf. v. 5. Aug. 1865): „Hinsichtlich der Zahlung der
den suspendirten Beamten zustehenden Hälfte des Gehalts wird
Folgendes angeordnet:
1. Die den suspendirten Beamten gesetzlich zu gewährende Hälfte des
Gehalts ist ihnen von dem auf den Zeitpunkt der Suspension folgenden Zah-
lungstermin ab in monatl. Baten pränum. zu zahlen.
2. Wenn die Suspension im Laufe einc^s Monats eintritt, so ist der Zeit-
punkt, von welchem ab die Hälfte des Diensteinkommens des suspendirten Be-
amten einbehalten wird, auf den ersten Tag des nächstfolgenden Monats zu
bestimmen. Hat der Beamte vor dem Eintritt der Suspension bereits das volle
Gehalt für die folgenden Monate erhoben, so ist er zwar zur Erstattung des
überhobenen GehaJtsteils verpflichtet ; jedoch ist die Wiedereinziehung desselben
nicht durch Anrechnung auf die dem Beamten zu seinem nothdürftigen unter*
halt ausgesetzte Hälfte des Gehalts zu bewirken, sondern unabhängig davon zu
betreiben. Hiemach ist auch dann zu verfahren, wenn die Suspension als
Folge eines gegen den Beamten ergangenen, noch nicht rechtskräftig gewordenen
Urteils eingetreten ist, welches auf den Verlust des Amts lautet oder diesen
kraft des Gesetzes nach sich zieht.
3. Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt dem suspendirten Beamten ein
Anspruch auf den zu seinem Unterhalt bestimmten Gehaltsteil zusteht, wenn
demnächst auf Verlust des Amts rechtskräftig gegen ihn erkannt wird, beant-
wortet sich dahin, dafs von dem Ablauf des Monats ab, in welchem das Er-
kenntnis die Bechtskraft erlangt, eine fernere Gehaltszahlung nicht zu leisten ist.
Den vorstehenden Bestimmungen gemäfs ist in vorkommenden Fällen das
Erforderliche zu veranlassen.^
Min.Verf v. 20. Nov. 1882. „Der £. Regierung erwidere ich auf den
Bericht v. 11. Oct. er., dafs der Erlafs v. 5. Aug. 1865 (s. vorher), betr. die
den suspendirten Beamten zustehende Besoldung, über den Zeitpunkt des Ein-
trittes der Suspension bezüglich der Bechtskraft des Erkenntnisses überhaupt
keine Bestimmung trifft. Als solcher ist aber der Tag der Zustellung der
Suspensions-Verfagung, bezw. der in letzter Instanz die Dienstentlassung aus-
sprechenden Entscheidung anzusehen. Der Lehrer N., welchem die Amts-
Buspension vom 23. April 1881 am 10. Mai 1881 eröffnet und das letzte Er-
kenntnis vom 18. April 1882 am 16. Juni 1882 behändigt ist, hat daher
einen Anspruch auf das volle Gehalt noch bis zum 31. Mai 1881, auf die
Hälfte bis zum 30. Juni 1882." Der Min. etc. von Gofsler.
Min. Verf. v. 19. Jan. 1874. „Auf den Bericht v. 2. d. M., betr. das
Becursgesuch des SchulcoUegiums von N. gegen die angeordnet« Zahlung des
Suspensionsgehalts an den in Disciplinaruntersuchung befindlichen Lehrer N.,
eröffne ich der E. Begierung, dafs ich die Beschwerde nicht für unbegründet
erachten kann. Auch die suspendirten Beamten bleiben nach wie vor der
disciplinarischen Aufsicht der vorgesetzten Behörden unterworfen und dürfen
sich insbesondere ohne Genehmigung weder von dem bisherigen Amtssitze ent-
fernen, noch andere Stellungen übernehmen. Geschieht letzteres, so berechtigt
der § 8 des Disciplinargesetzes vom 21. Juli 1852 auch dem suspendirten
Beamten die ihm belassene Hälfte des Gehaltes zu entziehen. Indem dem
Lehrer N. die Genehmigung zur Uebernahme seiner jetzigen Stellung in B. nicht
erteilt ist und sich derselbe eigenmächtig von seinem Amtssitze entfernt hat»
kann ich es somit nicht far gerechtfertigt erachten, dafs die Schulgemeinde N.
348
im Wege der administrativen Execntion zur Zahlung der Grehaltshälfte an pp. K.
auch für die Zeit seiner Entfernung vom Amtssitze angehalten wird, zomal
demselben besondere Entschnldignngsgründe nicht znr Seite stehen. Demgemäfs
veranlasse ich die E. Bfgiernng, die behufs zwangsweiser Beitreibung der Ge-
haltshälfte getroffenen Mafsnahmen zurückznnehuien und den Lehrer N., wie
auch das SchulcolL hiervon in Kenntnis zu setzen." Der Min. etc. Im Auflr. GreüT.
Min.Verf. v. 29. März 1883. „Auf den Bericht v. 16. März er., betr.
den Gemeindeschullehrer N., veranlasse ich das K. Prov.Sch.C, dem hiesigen
Magistrate sofort die Nachzahlang der während der Arotssuspension des etc. N.
innebehaltenen Gehaltshälfte aufzugehen und ihm dabei zu eröffnen, dafs die
Ausfuhrungen in dem beiliegenden Berichte der Stadtschuldeputation v. 16. Febr. er.
nicht zutreffend erscheinen.
Der etc. N. ist am 30. Dec. 1881 vom Amte suspendlrt, weil ein gerichü.
Strafverfahren gegen ihn eingeleitet war. Nachdem er in letzterem zu einer
vierzehntägigen Gefängnisstrafo verurteilt worden, ist die Amtssuspension auf-
gehoben und ohne Einleitung eines förmlichen Disciplinarverfahrens eine Ord-
nungsstrafe gegen ihn festgesetzt.
Bei dieser Sachlage erscheint die Forderung des Magistrates, die einbe-
haltene Hälfte des Diensteinkommens zur Deckung der Stellvertretungskosten
nach § 51 des Gesetzes vom 21. Juli 1852 zu verwenden, nicht begründet,
denn der Anspruch eines Beamten auf Nachzahlung desselben wird in den
§§ 52, 53 a. a. 0. lediglich von den disciplinaren Folgen des Verfahrens ohne
Bücksicht auf den Ausgang des Strafprozesses als solchen abhängig gemacht;
und zwar wird demselben bei der Dienstentlassung nichts gezahlt (§ 52), da-
gegen Alles, wo gar keine disciplinare Folge eingetreten ist (§ 53 Abs. 1);
endlich bei Yerhängung nur einer Ordnungsstrafe lediglich der für Untersuchungs-
kosten etc. nöthige Betrag einbehalten, nicht aber die für Stellvertretung erforder-
liche Summe (§ 53 Abs. 2).
Dieser Fall liegt hier vor und kommt es nicht weiter darauf an, ob
aufserdem gegen den etc. N. eine gerichtliche Strafe erkannt ist" Der Min. etc.
Im Auftr. de la Croix.
G.Verf. V. 8. April 1882. „Das E. Staatsministerium hat auf Anregung
der K. Ober-Bechnungskammer beschlossen, dafs bei Verrechnung der
durch Amtssusponsionen und Disciplinaruntersuchungen der
Staatskasse entstehenden Kosten für die Folge dergestalt zu verfahren
ist, dafs 1. die Kosten, welche durch die Stellvertretung eines suspendirten
Beamten und durch die Untersuchung entstehen, stets sofort auf die betr.
Etatsfonds definitiv zu übernehmen sind; 2. der innebehaltene Teil des
Diensteinkommens aber bis znr Beendigung des gegen den Beamten eingeleiteten
Verfahrens in Rest zu halten und dann je nach dem Ausfalle desselben zur
Befriedigung entweder des Beamten oder der Staatskasse, hinsichtl. der letzteren
in der Art zu verwenden ist, dafs der der Staatskasse zukommende Betrag,
sofern nicht aus besonderen Gründen, z. B. wegen einer festgesetzten Geldstrafe,
eine besondere Vereinnahmung geboten erscheint, als erspart bei der Bestans-
gäbe in Abgang gestellt wird. Die Behörden meines Bessorts werden zur
Nachricht und Nachachtnng hiervon in Kenntnis gesetzt." Der Min. d. g. etc.
Ang. In Vertr. Lucanus.
Min.Verf. v. 11. Jan. 1883. „Auf die Berichte v. . . . erwidere ich der
K. Regierung, dafs die G.Verf. v. 8. April v. J., betr. die Verrechnung der durch
Amtssuspensionen und Disciplinaruntersuchungen der Staatskasse entstehenden
Kosten, auch bei den mittelbaren Staatsbeamten, insbesondere bei den Lehrern,
anzuwenden ist. Selbstverständlich erleidet jedoch hierdurch der in der dies-
349
seitigen Verfügung v. 21. Oct. 1861 (CBl. 1861 S. 749) ausgesprochene Grund-
satz, wonach die Kosten der Stellvertretung eines vom Amte suspendirten
Lehrers, soweit sie aus der innebehaltenen Gehaltshälfte nicht gedeckt werden
können, lediglich den zur Unterhaltung der Schule Verpflichteten zur Last
fallen, keine Aenderung. Die Zeugengebühren etc. in Disciplinar-Üntersuchungs-
sachen gegen mittelbare Staatsbeamte, insbesondere Lehrer, sind nach Anleitung
des Reichsgesetzes v. 30. Juni 1878 (RGBl. 1878 S. 173) festzustellen und von
der Behörde, welche die Untersuchung eingeleitet hat, vorbehaltlich der Er-
stattung nach rechtskräftiger Verurteilung des Angeklagten, auf ihren Fonds zu
Prozelskosten zu übernehmen." Der Min. d. g. etc. Ang. In Vertr, Lucanus.
Staatsmin. Schreiben v. 8. Nov. 1873: „Der K. ORechnungskammer
beehren wir uns auf das gefall. Schreiben v. 6. März d. J. ganz ergebenst zu
erwidern, dafs wiif in Bezug auf die Feststellung des einem suspendirten
Beamten für die ihm überlassene Dienstwohnung zumachenden Mieths-
abzuges der Auffassung der E. ORechnungskammer dahin beitreten, dafs auch
von suspendirten Beamten der volle Miethsbetrag (Procentsatz des Dienstein-
koramens) aus der ihnen gemäfs § 48 des Gesetzes v. 7. Mai 1851 und § 51
des Gese^es v. 21. Juli 1852 zustehenden Hälfte ihres Diensteinkommens zu
entrichten ist. Die in Rede stehende Miethsvergütung ist als eine Mieths-
schuld anzusehen, welche das Besondere hat, dafs sie nach gewissen Procent-
sätzen des Gehalts bemessen wird. Als ein Teil des (xehalts selbst kann der
Betrag dieser Schuld nicht gelten. Er wird deshalb auch keiner Kürzung
unterliegen können, wenn der Beamte in Folge seiner Suspension vom Amte
nur die Hälfte seines Gehalts bezieht. Nachdem inzwischen das Gesetz v.
12. Mai d. J., betr. die Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen, in Kraft
getreten ist, gestaltet sich die Sache folgendermafsen :
Nach § 4, Absatz 2 I.e. werden die Miethsvergütigungen, welche Beamte
für die ihnen überlassenen Dienstwohnungen zu entrichten haben, um den
Betrag des Wohnungsgeldzuschusses gekürzt. Dieser Vorschrift ist nur die
Bedeutung beizulegen, dafs die Miethsforderung des Staats um denjenigen Betrag
sich ermäfsigt, welchen der Beamte an Wohnungsgeldzuschufs zu empfangen
haben würde, wenn er keine Dienstwohnung inne hätte. Da nach § 6, Abs. 2
des Gesetzes v. 12. Mai d. J. der Wohnungsgeldzuschufs, von gewissen, hier
nicht interessirenden Bezeichnungen abgesehen, als Teil der Besoldung gilt,
80 steht den Beamten während der Amtssuspension nach den Vorschriften
der Gesetze v. 7. Mai 1851 und v. 21. Juli 1852 nur die Hälfte des tarif-
mäfsigen Wohnungsgeldzuschusses zu. Die von einem suspendirten Beamten
während der Amtssuspension zu entrichtende Miethsvergütigung ist demgemäfs
nur um den halben Betrag des tarifmäfsigen Wohnungsgeldzuschusses zu kürzen;
wogegen der danach verbleibende Rest der Miethsvergütigung aus der dem
Beamten zustehenden Gehaltshälfte zu berichtigen ist. Nach diesem Grund-
sätze wird fortan in allen Ressorts verfahren werden/' Vgl. Verf. des
Pinanz-Min. u. des Min. des Inn. v. 30. Dec. 1873. CBl. 1874 S. 435.
G.Verf. des Min. d. Innern und des Finanzmin. v. 25. Juli 1883
mitgeteilt durch C.Verf des Min. d. geistl. etc. Ang. v. 4. Jan. 1884. „In Ueber-
einstimmung mit den für den Bereich der Justizverwaltung, sowie der land-
wirthschaftlichen, Domänen- und Forstverwaltung getroffenen Anordnungen be-
stimmen wir in Betreff der Berechnung der Hälfte des Diensteinkommens eines
vom Amte suspendirten Beamten in Beziehung auf das Emolument der freien
Dienstwohnung hierdurch Folgendes: Wenn suspendirte Beamte eine freie
Dienstwohnung inne haben oder eine Miethsentschädigung beziehen, so kommt
bei der Bestimmung des Betrages der ihnen nach § 51 des Disciplinargesetzes
V. 21. Juli 1852 während der Suspension zu gewährenden Hälfte ihres Dienst-
360
einkommens nicht allein ihre Besoldung, sondern anch das ihnen etatsmifslg
zustehende Emolament der freien Dienstwohnung, bezw. die statt derselben za
gewährende Miethsentschädignng in Betracht. In Bücksicht hierauf ist es er-
forderlich, dafs bei der Suspension eines Beamten, welcher eine freie Dienst-
wohnung inne hat, sogleich eine Entscheidung darüber getroffen wird, ob und
zu welchem Zeitpunkte derselbe die Wohnung räumen soll. Von dem Tage
der Räumung an ist dem suspendirten Beamten neben der Hälfte der Besoldung,
welche ihm für die Zeit der Suspension gebührt, die Hälfte des etatsmäfsigen
Betrages der Miethsentschädigung zu gewähren. Die baldige Entfernung
eines suspendirten Beamten aus der ihm überwiesenen freien Dienstwohnung
wird in der Regel durch das Interesse des Dienstes geboten sein, sie wird aber
auch im Interesse der Staatskasse liegen, sofern durch üeborlassung der Dienst-
wohnung an den Stellvertreter die dem letzteren zu gewährende Remuneration
vermindert werden kann. Ist ausnahmsweise die sofortige Räumung weder
durch das Interesse des Dienstes noch durch das der Staatskasse geboten, so
ist der snspendirte Beamte in der Dienstwohnung vorläufig zu belassen, hat
sich jedoch ausdrücklich der Verpflichtung zu unterwerfen, dieselbe jederzeit
auf Verlangen zu räumen. Der suspendirte Beamte hat in diesem Falle eine
besondere Entschädigung für die ihm gestattete weitere Benutzung der Wohnung
nicht zu entrichten. Für den Fall der Suspension eines Beamten, welcher
eine Dienstwohnung gegen Entrichtung einer Miethsvorgütigung inne hat, be-
wendet es bei der Bestimmung im Schlufssatze der G.Verf. v. 30. Dec. ISISJ*^
C.Verf. V. 5. Febr. 1867: „Es sind Zweifel darüber angeregt worden, ob
die BestiininaDg des § 169 des Anhangs zur Allgm. Gerichtsordnung, naoh welcher
„die in Absicht der Beschlagnahme von Besoldungen und Pensionen
vorgeschriebenen Einschränkungen bei solchen Schulden, welche aus unerlaubten
Handlungen entstanden sind, keine Anwendung finden**, auch dann Geltung habe^
wenn die unerlaubte Handlung lediglich in einem nur zu disciplinarischer Ahn-
dung geeigneten Dienstvergehen besteht. Zur Beseitififung dieser Zweifel hat das
K. Staatsmin. in Uebereinstimraung mit der in dem Erkenntnis des K. OTribunals
V. 2. April 1846 enthaltenen Rechtsausführung beschlossen, dafs von Seiten der
Verwaltungsbehörden die gedachte Bestimmung des gedachten § 169 des Anhangs
zur Allgm. Gerichtsordnung nur dann zur Anwendung gebracht werden soll, wenn
der gegen einen Beamten oder eine Militarperson zu verfolgende Anspruch auf
einer in den allgm. Strafgesetzen mit Strafe bedrohten Handlung oder Untere
lassung beruht.
Das K. Frov.Sch.G. wolle hiernach in vorkommenden Fällen verfahren.*
Die jetzt mafsgebenden Bestimmungen nach dieser Richtung sind: Reichs-
Givilprozefsordn. § 749. „Der Pfändung sind nicht unterworfen : 1. der Arbeits-
oder Dienstlohn nach den Bestimmungen des Reichsges. v. 21. Juni 1869
(RGBl. 1869 S. 242 u. 1871 S. 63); 7. die Pensionen der Witwen und Waisen
und die denselben aus Witwen- und Waisenkassen zukommenden Bezüge, die
Er/iehnngsgelder und die Stndienstipendien; 8. das Diensteinkommen der Be-
amten und der Lehrer an öffentl. ünterrichtsanstalten ; die Pension dieser
Personen nach deren Versetzung in den einstweiligen oder dauernden Ruhestand,
sowie der nach ihrem Tode den Hinterbliebenen zu gewährende Sterbe- oder
Gnadengehalt. üebersteigen in den Fällen Nr. 7 und 8 das Diensteinkommen,
die Pension oder die sonstigen Bezüge die Summe von 1500 M för das Jahr,
00 ist der dritte Teil des Mehrbetrags der Pfändung unterworfen. . . Die
Pfändung ist ohne Rücksicht auf den Betrag zulässig, wenn sie zur Befriedigung
der Ehefrau und der ehelichen Kinder des Schuldners wegen solcher Alimente
beantragt werden, welche für die Zeit nach Erhebung der Klage und für das
diesem Zeitpunkte vorausgehende letzte Vierteljahr zu entrichten sind. Die
Einkünfte, welche zur Bestreitung eines Dienstaufwandes bestimmt sind, . . .
sind weder der Pfändung unterworfen, noch bei der Ermittelung, ob und zn
351
welchem Betrage ein Diensteinkommen der Pfändnng unterliege, zu berechnen.
§ B08. Auf die YoUziehnng des Arrestes finden die Vorschriften über die
Zwangsvollstreckung entsprechende Anwendung n. s. w.*' Anhang § 163
zn § 108 der AUg. Gerichtsordn. T. I Tit. 24: ,,Eine Verzichtleistung auf die
festgesetzte Befreiung vom Arrestschlag ist, sowie jede Verpfändung und An-
weisung fixirter Besoldungen, Emolumente und Pensionen ohne alle rechtliche
Wirkung." Diese Bestimmung ist für den Geltungsbereich der AUg. Gerichts-
ordn. noch in Kraft und findet innerhalb derselben auf die Bestimmungen der
§§ 749, 808 der Civ.Proz.Ordn. Anwendung.
Wartegeld.
Allerh. Erlafs v. 14. Juni 1848 (GS. p. 153): „Auf den Bericht des
Staatsministerii v. 12. d. M. erkläre Ich Mich damit einverstanden, dafs den-
jenigen Beamten, welche schon bisher zur Disposition gestellt worden sind oder
mit Bücksicht auf die bevorstehende Umbildung der Staatsbehörden vorläufig
zur Disposition zu stellen sein werden, ein Wartegeld so lange bewilligt werden
soll, bis ihnen entweder ein anderes Off. Amt übertragen wird oder ihre Pen-
sionirung thunlich erscheint. Die Sätze dieses Wartegeldes sind im Anschlufs
an den Erlafs v. 25. Mai 1820 derartig zu bestimmen, dafs disponibel ge-
wordene Beamte, welche 1200 Thlr und mehr an jährl. Gehalte beziehen, die
Hälfte ihres Gehalts als Wartegeld, diejenigen aber, deren Gehalt 1100 Thlr
beträgt: 580 Thlr Wartegeld; bei 1000 Thlr: 560 ThlrW.; 900: 540 Thlr W.;
800: 500 Thhr W.; 720: 480 Thlr W.; 600: 400 Thlr W.; 480: 360 Thlr W.;
360: 270 Thlr W.; 336: 250 Thhr W.; 300: 225 Thlr W.; 276: 200 Thlr W.;
264: 200 Thlr W. ; 240: 180 Thlr W.; 204 und abwärts bis 150: 150 Thlr Warte-
geld erhalten. In Fällen, wo die Besoldungen von den vorstehenden Sätzen
abweichen, soll das Wartegeld nach dem Verhältnisse des nächst höheren Gehalts-
satzes ermittelt werden. . . . Auf Besoldungszuschüsse, welche einzelnen Beamten
behufs der Repräsentation in ihren Dienstverhältnissen gegeben sind, soll bei
der Wartegelderbestimmung nicht Bücksicht genommen werden, und das
Maximum des anrechnungsfähigen Gehalts 4000 Thlr, folglich das Wartegeld
den Betrag von 2000 Thlm nicht überschreiten. Die auf Wartegeld zu
setzenden Beamten sind in der Wahl ihres Wohnorts im Inlande nicht be-
schränkt. Jedoch verpflichtet, dort nach ihrer Befähigung mit möglichster
Berücksichtigung ihrer früheren Verhältnisse mäfsige Hülfe im Staatsdienste zu
leisten, wenn dies gefordert wird." ... Die CO. v. 24. Oct. 1848 (GS. p. 338)
enthält geringe Modificationen des Vorstehenden. Beide Erlasse sind durch
Verordnung v. 23. Sept. 1867 (GS. p. 1619) auch in den neuen Landesteilen
in Kraft getreten. Die Zahlungen erfolgen nach dem Gesetz v. 6. Febr. 1881
§ 4 (S. 294) vierteljährlich im Voraus; Umzugskostenvergütung im Falle der
Wiederanstellung nach dem Gesetz v. 24. Febr. 1877 § 8 (S. 316).
Min. Verf. v. 11. Nov. 1872. „Auf den Bericht etc. erwidere ich der
E. Begierung, dafs der Lehrer N. an der höh. Knabenschule zu N., welche
durch die Eröffnung des Gymn. bestandsunfähig geworden ist, bis zu seiner
Berufung in ein anderes Schulamt das volle Gehalt seiner Stelle zu beziehen
hat, weil nach dem Allerh. Erlafs v. 14. Juni 1848 und nach den §§ 87 u. 94
des Ges. v. 21. Juli 1852 (S. 336 f.) nur Beamte im unmittelbaren Staatsdienst»
welche bei Umbildung einer Staatsbehörde entbehrlich werden, mit Gewährung
von Wartegeld einstweilig in den Buhestand versetzt werden können.^' . . . GBl.
1872 p. 746.
Wegen der Entschädigung bei der Dispositionsstellung von Beamten ist eine
Snioht gedruckte) G.O. v. 31. Aug. 1824 eraansren. Dieselbe hat Vorschlägen bei
ler Gesetzesrevision zur Grundlage gedient. Der Gesetzesrevisor bemerkt zum A. LR.
362
T. II Tit. 10 Pensum 12 S. 68: „Aufser den Fällen der Unwürdigkeit oder Un-
fähigkeit kann das Ausscheiden eines Beamten dadurch herbeigeführt werden,
dafs die Stelle, welche derselbe bekleidete, in Folge veränderter Einrichtofigen ganz
eingeht. In dem Rescripte v. 16. März 1787 (Rabe Bd. I Abt. 7 S. 5^1) ist
auf Grund eines Conclusuras der Gesetzescommission bestimmt, dafs Beamte
wegen einer solchen Veränderung nicht schlechthin und ohne wegen des ver-
lorenen Postens vollständig schadlos gehalten zu werden, entlassen werden können.
Bei der Redaction des A. LR. ist diese Bestimmung nicht besonders berücksichtigt
worden, vermuthlich nur deshalb, weil sie aus den allgm. Rechtsgrundraltzen in
den §§ 74 und 75 der Einleitung von selbst folgt. . . . *) Das Princip ist in der
CO. V. 31. Aug. 1824 Nr. 7 (Geyralacten des Just.Min. I Abt. Justizfonds Nr. 37)
anerkannt worden. £s ist daselbst festgesetzt, dafs kein Beamter, welcher in Folge
der bei Revision des Staatshaushalts beschlossenen Veränderungen und Beechrän-
kungen überflüssig werden würde, falls er sich nicht als dienstunfähig zur Pen-
sionirung eignete, an seinem Diensteinkommen etwas verlieren, sondern mit seinem
vollen Gehalte, bis zur Wiederanstellung in einer etatsmäfsigen Stelle auf den
Aussterbeetat gebracht und auf eine seiner bisherigen Anstellungr angemessene Art
beschäftigt werden solle. ... Es versteht sich dabei von selbst, dafs das neue Amt,
in welchem der Beamte wieder angestellt wird, mit dem verlorenen nicht blofs im
Einkommen, sondern auch im Range gleichstehen müsse . . . Die vorstehend hin-
sichtlich der Entlassung der Beamten gemachten Vorschläge setzen eine lebens-
längliche Anstellung voraus und können auf Beamte, welche nicht auf lebenslang
angestellt sind, nicht bezogen werden. Bei diesen mufs aber wieder ein Unter-
schied gemacht werden, je nachdem sie auf Probe, Kündigung oder sonst auf
Widerruf oder auf eine festbestimmte Zeit — 3, 6, 12 Jahre — angestellt sind.
Die zur ersten Kategorie gehörenden Beamten können zu allen Zeiten beliebig
entlassen werden, ohne dafs ihnen ein Widerspruch dagegen oder ein Ansprach
auf Pension oder Entschädigung zukommt. . . . Die zur letzten Kategorie gehören-
den Beamten verlieren zwar mit dem Ablaufe der Zeit, auf welche ihre Anstellung
erfolgt ist, von selbst ihr Amt ; sie haben weiter kein Recht gegen den Staat und
insonderheit keinen Anspruch auf Pension; allein während der festgesetzten Amts-
periode können sie ebensowenig als die auf lebenslang angestellten nach Willkür
entlassen werden. Von einer r ensionsbewillig^ng kann aber hierbei, da die ge^
dachten Beamten übeihaupt keinen Anspruch auf Pension haben, nicht die Rede
sein; auch ist nach der Natur der Sache die . . . Verbindlichkeit des Staates hier
auf die noch nicht abgelaufene Zeit der Amtsperiode beschränkt."
Es sind femer folgende Bestimmungen ergangen:
Beschlufs des Staatsministeriums v. 16. Oot. 1848. „Sonstige Be-
amte, die durch andere Ursachen als in Folge einer Umbildung der Staat s.-
beh Orden ... vorübergehend entbehrlich werden, können nicht auf Wartegeld
gesetzt, sondern müssen, wenn ihre Pensionirung nicht zulässig ist, im Genüsse
ihres vollen Gehalts belassen werden."
G.Verf. des Ministeriums d. Inn. u. des Finanzministeriums
vom 21. Oct. 1848 (Min. Bl. f. d. inn, Verordnung S. 337). „Unter Bezug-
nahme auf den in der diesjährigen Gesetzsammlung S. 155 abgedruckten AUerh.
Erlafs vom 14. Juni d. J. (Min« Bl. S. 187), betr. die Bewilligung von Warte-
geld an disponible Beamte, wird wegen des bei Festsetzung and An-
weisung von Wartegeldern zu beobachtenden Verfahrens Folgen-
des bestimmt: Die Bewilligung von Wartegeld darf nur mit Genehmigung des
betr. Ministeriums geschehen und mufs dem Beamten nach Analogie der Bestim-
mung in § 5 der Verordnung v. 29. März 1844 (GS. S. 90), betr. das bei
Pensionirungen zu beobachtende Verfahren, mindestens drei Monate vor Eintritt
der Wartegelderzahlung, wobei der Monat, in welchem die Verfügung ergeht,
V A. LR. Einleitung § 74. „Einzelne Rechte und Vorteile der Mitglieder
des Staats müssen den Rechten und Pflichten zur Beförderung des gemeinschaftl.
Wohls, wenn zwischen beiden ein wirklicher Widerspruch (GoUision) eintritt»
nachstehen." § 75. „Dagegen ist der Staat denjenigen, welcher seine besonderen
Rechte und Vorteile dem Wohle des gemeinen Wesens aufzuopfern genÖthigt ¥nrd,
zu entschädigen gehalten.'*
353
nicht mitznreclinen ist, bekannt gemacht werden. Sobald daher feststeht, dafs eine
etatsmäfsige Stelle entbehrlich wird, muTs an den Inhaber derselben sofort die
nöthige Bekanntmachung von seiner Dienstbehörde erlassen und die Genehmigimg
der Kafsregel, sowie die Festsetzung des Wartegeldes unter Einreichung einer
rnaoh vorgeschriebenem Schema] aufzustellenden Nachweisung bei dem vorgesetzten
Uinisterium beantragt werden. Diese Anträge sind jedoch nicht für jeden einzel-
nen Fall erforderlich, sondern am 1. März, 1. Juni, 1. Sept. und 1. Dec. für alle
in den vorhergehenden drei Monaten vorgekommenen Fälle in Sinem Berichte zu
machen. Die Zahlung des Wartegeldes soll in der Regel bis zum Schlüsse des-
jenigen Jahres, in welchem sie beginnt, aus dem Gehalte der betr. Stelle, v. 1. Jan.
des folgenden Jahres ab aber für Rechnung des Pensions- Aussterbe-Fonds geleistet
werden. Die Anweisung auf das Gehalt der Stelle ist nach erfolgter Genehmig^ung
des Ministeriums von der vorgesetzten Dienstbehörde des betr. Beamten zu erteilen,
wogegen die Zahlung aus dem Pensions-Aussterbe-Fonds ohne weiteren Antrag
seitens des Finanzministeriums am Schlüsse des Jahres verfügt werden wird. Sollte
ein Wartegeld-Empfänger vor Ablauf des Jahres, in welchem das Wartegeld
bewilligt ist, wieder angestellt, oder die Anweisung eines Wartegeldes auf den
Pensions-Aussterbe-Fonds früher als vorstehend bestimmt worden, durch besondere
Umstände erforderlich werden, so ist davon Anzeige zu machen. Wegen der
Zahlungs-Modalitäten wird auf die C.Verf. v. 8. Aug. d. J. verwiesen. Das Gehalt
der Stellen der auf Wartegeld gesetzten Beamten ist von dem Tage ab, wo die
Zahlung des letzteren auf den Pensions-Aussterbe-Fonds übernommen wird, für
die allgemeinen Staatsfonds als erspart zu berechnen und seiner Zeit vom Etat
abzuse&en. Mit dem Tage der Wiederanstellung eines Wartegeld-Empföngers
hört die Zahlung des Wartegeldes auf. Erreicht das Einkommen der dem Warte-
geld-Empfänger verliehenen Stelle mindestens den Betrag seines früheren, der
Berechnung des Wartegeldes zum Grunde gelegten Gehalts, so fällt das Warte^eld
mit dem mnzen Betrage weg, andemfallB aber nur insoweit, als dasselbe nicht
dem betr. Beamten als Zuschms zur Erfüllung seines firüheren Einkommens belassen
werden mufs. Die Behörde, welche die Anstellung eines Wartegeld-Empföngers
verfüfft, ist verpflichtet, den Wegfall des Wartegeldes anzuordnen, resp. bei der
betr. Regierung, in deren Bezirk die Zahlung molgt ist, zu veranlassen. In
Betreff der Wiederanstellung der Wartegeld-Empfänger wird auf die C.Yerf. v.
21. Aug. d. J. Bezug genommen."
Diese Verfügung hat nach der Entscheidung des Obertribunals in Striethorsts
Archiv Bd« 98 S. 17 Gesetzeskraft.
Vgl. S 87 des Disdplinarges. y. 21. Juli 1852 (S. 336); Gesetz über die
Organisation der allgm. Landesverwaltung v. 26. Juni 1880, GS. p. 291, § 83 fg.
Für Reichsbeamte bestimmt das lUichsgesetz y. 31. Wkrz 1873 ^ 24: ^eder
Reichsbeamte kann unter Bewilligung des gesetzlichen Wartegeldes einstweüi^ in
den Ruhestand versetzt werden, wenn das von ihm verwaltete Amt in Folge einer
Umbildung der Reichsbehörden aufhört.''
VIII.
Wechsel im Lehramt und Ausscheiden aus
demselben.
Die entlassende Behörde. Entlassungstermin und
A. LB. T. II Tit 10 § 94. „B^i deijenigen Instanz, von welcher die
Besetzung eines Amtes abhängt, mnfs auch die Entlassimg davon nachgesncht
werden. § 95. Die Entlassnng soll nur alsdann, wenn daraas ein erheblicher
Nachteil f&r das gemeine Beste zu besorgen ist, versagt werden. § 96. Einem
Beamten, dem ans diesem Omnde die Entlassnng versagt wird, steht dagegen
Wiese, Verordniugen. D. 23
364
die Berafdng auf die anmittelbare landesherrl. Entscheidang offen. § 97. In
keinem Falle aber darf der abgehende Beamte seinen Posten eher yerlassen,
als bis wegen Wiederbesetznng oder einstweiliger Verwaltung desselben Yer-
fügong getroffen ist.
T. II Tit. 6 § 175. Beamte können ihr ohne Einschränkung übernom-
menes Amt niemals, und wenn eine Zeit bestimmt ist^ nicht vor Ablauf der-
selben eher niederlegen, als bis zu dessen Wiederbesetzung die nöthige Ver-
fügung getroffen ist. § 176. Wenn es aber an tauglichen Personen dazu
nicht ermangelt und die Corporation gleichwohl mit Vernehmung einer neuen
Wahl zögert, so kann der abgehende Beamte bei dem Staate darauf antragen,
dafs ihr die Anstellung einer solchen Wahl in einer zu bestimmenden Ftist
aufgegeben und, wenn diese fruchtlos verläuft, die Stelle for diesmal von dem
Staate unmittelbar besetzt werde.^ — Vgl. S. 94.
Wie hiemach die ernennende Behörde auch die entlassende ist, so erhalten
auch die AUerh. Orts ernannten Directoren ein vom Könige vollzogenes Di-
missoriale. Vgl. Pensionsgesetz v. 27. März 1872 § 21 (S. 359).
Als ordnungsmäfsige Kündigungsfrist wird jetzt nur noch bei einer
geringen Zahl von Anstalten weniger als ein halbes Jahr angenommen. Dafs
der Austritt aus dem Amt, ungewöhnliche Fälle ausgenommen, nur zu Ostern
oder zu Michaelis erfolgen darf, ist wiederholt in Erinnerung gebracht worden.
Demgemäfs wird in der Begel auch nur Ostern oder Michaelis als giltiger
terminus a quo für die Kündigung einer Lehrer- oder Directorstelle angesehen.
VgL die in Abschn. IV mitgeteilten Dienstinstructionen.
C.Verf. V. 7. Juli 1823: „um den mannigfaltigen Nachteilen vorzubeugen,
welche in dem Lehrgange und der ganzen Einrichtung der Gymn. häufig da-
durch entstanden sind, dafs bei denselben angestellte Lehrer nach einer kurzen
Kündigungsfrist die Erlaubnis zum Uebertritt in andere amtl. Verhältnisse
nachgesucht und erhalten haben, trägt das Minist, dem K. Consist hierdurch
auf, sämtlichen Lehrern an den Gymn. Seines Bezirks bekannt zu machen, daCs
sie von jetzt an, wenn sie ihre Stellung aufzugeben gedenken, ein halbes
Jahr vorher, und zwar jedesmal zu Ostern oder Michaelis, der vorge-
setzten Behörde schrifü. Anzeige davon zu machen und ihre Entlassung nach-
zusuchen haben. Diese Bestimmung ist von jetzt an in die Bestallungen der
bei den Gymnasien sowohl königlichen als Privatpatronats anzustellenden Lehrer
als Bedingung der Anstellung aufzunehmen, und es wird das K. Consist. auf-
gefordert, hiemach die zu Ausfertigung von Bestallungen für Lehrer an Gymn.
berechtigten Magistrate und Privatpa&one mit der erforderl. Anweisung und
Ermächtigung zu versehen."
Min.Verf. v. 18. Jan. 1862: „Die Verf. v. 7. Juli 1823, die Kündigungs-
frist für Lehrer an höheren Schulen betr., findet, wie ich dem K. Prov.Sch.C.
auf den Bericht v. — erwidere, nicht nur auf Gymnasien Anwendung, sondern
ebenso auf Progymnasien, Beal- und höh. Bürgerschulen. Eine neue Fest-
setzung über denselben Gegenstand jetzt zu treffen, mufs ich Bedenken tragei,
da, wie dem K. Prov.Sch.C. bekannt ist, in den Entwurf eines Unterrichts-
gesetzes für die höh. Schulen eine Bestimmung auch über die Kündigungsfrist
aufgenommen worden ist. Hiemach empfehle ich dem K. Prov.Sch.C., nach
wie vor und bis auf Weiteres, wo es in einzelnen Fällen erforderlich ist, Seine
Vermittelung in der Art eintreten zu lassen, dafs soviel wie möglich eben-
sowohl das Interesse der Lehrer wie der Anstalten gewahrt werde.** Der Min. etc.
V. Bethmann-Hollweg.
Für Hülfslehrer besteht nach Min.Verf. v. 29. Nov. 1871 (OB. 1872
S. 10) eine allgemeine Vorschrift wegen der Kündigungsfrist nicht Eine
355
solche ist daher bei üebertragnng der Stelle ansdrücklich zur Bedlngang zu
machen.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zn Coblenz v. 5. Mai 1874: „Es ist
uns wiederholt die Auffassung begegnet, als ob commissarische Lehrer beim
Semesterwechsel die Anstalt, an der sie bis dahin fungirt haben, ohne vor-
gängige Kündigung auch dann verlassen dürften, wenn durch ihren Austritt
eine nicht sofort wiederzubesetzende Lücke entsteht. Dieser Auffassung darf
nicht stattgegeben werden und haben commissarische Lehrer ein Becht des
Austritts zu Michaelis und zu Ostern nur dann in Anspruch zu nehmen, wenn
sie ihre Thätigkeit den 1. Juli resp. 1. Jan. der Direddon gekündigt haben,
während sonst ihre auf eigenen Wunsch eintretende Entlassung als Ver-
günstigung anzusehen ist und nur unter der Voraussetzung, dafs das Interesse
der betr. Anstalt es zuläfst, erfolgen darf. Die Direction wird veranlafst, fortan
den gedachten Lehrern bei Gelegenheit ihrer amtl. Verpflichtung hiervon aus-
drückl. Kenntnis zu geben."
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 28. Oct 1884. „Es
wird hierdurch angeordnet, dafs bei der Anstellung von Wissenschaftl. Hülfs-
lehrem aufser der durch unsere Verfügung v. 7. Jan. 1879 vergesehenen Ver-
eidigung dieser Hülfslehrer bezw. dem darüber einzureichenden Protokolle^)
noch eine Verpflichtungsverhandlung aufzunehmen und einzureichen ist, welche
eine beiderseitige dre i monatliche Kündigungsfrist zu enthalten hat. Die Termine
für die Kündigung werden hierdurch auf den 1. Juli und 1. Januar, die
Termine für den Austritt des betr. Hülfslehrers aus seiner Stellung auf den
Schlufs des jedesmaligen Schulhalbjahres festgesetzt, und ist in der Verpflich-
tungsverhandlung, welche der Director (Bector) der Anstalt und der Hülfslehrer
zu unterschreiben hat, zu bemerken, dafs dem betr. Hülfslehrer die Bestimmungen
dieser Verfügung zur Kenntnis gebracht worden sind.'*
*) C.Ver£ des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 7. Jan. 1879. „In Betreff
der Eidesleistung der nicht ordentliche Lehrerstellen bekleidenden Lehrer
sehen wir uns venmlafst, folgende Bestimmungen zu treffen: 1. Es haben
fortan auch die wissenschaftlichen Hülfslehrer bei ihrer Einführung den
Diensteid in der durch Staatsministerialbeschlufs [nach der A. Verordn.'] v. 6. Mai
1867 festgestellten Form [vgl. 8. 99] zu leisten: „„Ich N. N. schwöre zu Gott
dem Allmächtigen und Allwissenden, dafs, nachdem ich zum wissenschaftlichen
Hülfslehrer des (der) bestellt worden, Sr. Königlichen Majestät von Preufsen,
meinem Allergnadigsten Herrn, ich unterthänig, treu und gehorsam sein und alle
mir vermöge meines Amtes obliegenden Pflichten nach meinem besten Wissen
und Gewissen genau erfüllen, auch die Verfassung gewissenhaft beobachten will,
so wahr mir Gott helfe. "^ Der Diensteid muCs von dem Schwörenden voll-
ständig ausgesprochen werden, doch ist dabei Jedem freizustellen, den Eidesworten
am Schlufs die seinem religiösen Bekenntnis entsprechende Bekräftigungsformel
hinzuzufügen. 2. Bei denjenigen Lehrem, welche nur versuchsweise auf ein
Jahr oder auf eine andere bestimmte Zeit zur Vertretung etc. angestellt werden,
findet an Stelle der förmlichen Eidesleistung blofs eine Verpflichtung mittels
Handschlags zur Erfüllung der übernommenen Pflichten, zur Treue gegen des
Köniffs Majestät und zur Beobachtung der Verfassung statt. Die von dem Dir.
und dem Betreffenden zu unterschreibenden Protokolle über die Eidesleistung resp.
die Verpflichtung, in welche im ersten Falle die Eidesformel vollständig aufzu-
nehmen ist, sind uns jedesmal innerhalb 8 Tagen nach der Verhandlung einzu-
reichen. Die Directoren (Bectoren) der Anstalten, an welchen gegenwärtig
wissenschaftl. Hülfslehrer oder Lehrer auf Zeit in Thätigkeit sind, die noch keinen
Diensteid in der oben vorgeschriebenen Weise geleistet haben resp. nicht ver-
pflichtet worden sind, werden hierdurch beauftrag in Betreff dieser Lehrer die
vorstehenden Bestimmungen nachträglich zur Ausfuhrung zu bringen und uns die
bezüglichen Protokolle binnen 14 Tagen einzureichen."
23*
356
Das FenBionBwesexL
An die Stelle der früheren Pensionsreglements (Efflm. v. 30. April 1825,
Terordn. v. 28. Mai 1846) ist das Pensionsgesetz ▼. 27. März 1872 (QS.p. 268)
getreten. Bei einzelnen Punkten desselben mufs jedoch auf die älteren BesÜBi*
mnngen znrückgegang^ werden.
Vgl. Marcinowski, Die gesetzlichen Bestimmungen betr. die Pensioninmg
der unmittelbaren Staatsbeamten etc. 2. Aufl. Berlin 1884. (Hierin befindet sich
besonders auch eine Tabelle zur Berechnung der Beamten-Pension und des Witwen-
und Waisengeldes S. 77—93.) *
Gesetz v. 27. März 1872, betreffend die Pensionirang der nnmittel-
baren Staatsbeamten, sowie der Lehrer nnd Beamten an den
höh. Unterrichtsanstalten. ^)
§ 1. Jeder unmittelbare Staatsbeamte, welcher sein Diensteinkommen
ans der Staatskasse bezieht, erhält ans derselben eine lebenslängl. Pension,
wenn er nach einer Dienstzeit von wenigstens zehn Jahren in Folge eines
kOrperl. Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperl, oder geistigen Kräfte
zu der Erfollnng seiner Amtspflichten dauernd nnfthig ist, nnd deshalb in den
Bahestand versetzt wird.
Ist die Dienstunfähigkeit die Folge einer Krankheit, Yerwandong oder
sonstigen Beschädigung, welche der Beamte bei Ausübung des Dienstes oder
ans Veranlassung desselben ohne eigene Verschuldung sich zugezogen hat,
so tritt die Pensionsberechtigung auch bei kürzerer tSs zehi^ähriger Dienst-
zeit ein. . . .
§ 2. Die unter dem Vorbehalte des Widerrufe oder der Kündigung an-
gestellten Beamten haben einen Anspruch auf Pension nach Mafsgabe dieses
Gesetzes nnr dann, wenn sie eine in den Besoldungsetats aufgeführte Stelle
bekleiden. Es kann ihnen jedoch, wenn sie eine solche Stelle nicht bekleiden,
bei ihrer Versetzung in den Buhestand eine Pension bis auf Höhe der durch
dieses Gesetz bestimmten Sätze bewilligt werden.
§ 5, Beamte, deren Zeit und Kräfte durch die ihnen übertragenen Ge-
schäfte nnr nebenbei in Anspruch genommen, oder welche ausdrückl. nur auf
eine bestimmte Zeit oder für ein seiner Natur nach vorübergehendes (Geschäft
angenommen werden, erwerben keinen Anspruch auf Pension nach den Be-
stimmungen dieses Gesetzes. Darüber, ob eine Dienststellung eine solche Ist,
dafs sie die Zeit und Kräfte eines Beamten nnr nebenbei in Anspruch nimmt,
entscheidet mit Ansschluiüi des Bechtsweges die dem Beamten vorgesetzte
Dienstbehörde.
§ 6. Auf die Lehrer an den Universitäten ist dieses Gesetz nicht an-
wendbar. Dagegen sind die Bestimmungen desselben anzuwenden anf alle
Lehrer und Beamten an Gymnasien, Progymnasien, Bealschulen, Schullehrer-
Seminarien, Taubstummen- und Blindenanstalten, Kunst- nnd höh. Bürger-
schulen. Wegen Aufbringang der Pension für diejenigen unter ihnen, deren
Pension nicht aus allgemeinen Staatsfonds zu gewähren ist, kommen die Vor-
schriften der Verordnung v. 28. Mai 1846 (s. S. 363) zur Anwendung.
§ 7* Wird aufser dem im zweiten Absatz des § 1 bezeichneten Falle
ein Beamter vor Vollendung des 10. Dienstjahres dienstunfähig und deshalb
in den Buhestand versetzt, so kann demselben bei vorhandener Bedürftigkeit
mit KönigL Genehmigung eine Pension entweder auf bestimmte Zeit oder lebens-
länglich bewilligt werden.
J[§ 8. Die Pension betragt, wenn die Versetzung in den Ruhestand nach
etem 10., jedoch vor vollendetem 11. Dienstjahre eintritt, "^/so nnd steigt
^) Weggelassen ist dasjem'ge, wodurch das Interesse der Lehrer und Schal-
beamten nicht berührt wird.
i
357
Ton da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjalire um Vso des in den §§ 10
bis 12 bestimmten Diensteinkommens. Ueber den Betrag von *%o dieses Ein*
kommens hinaus findet eine Steigerung nioht statt. In dem § 1 Absatz 2 er-
wähnten Falle beträgt die Pension '%0f in dem Falle des § 7 höchstens ^/so des
Yorbezeichneten Diensteinkommens.] Vgl. Ges. v. 31. März 1882, S. 361.
§ 9. Bei jeder Pension werden überschiefsende Thalerbrüche auf volle
Thaler abgerundet.
§ 10. Der Berechnung der Pension wird das von dem Beamten zuletzt
bezogene gesamte Diensteinkommen, soweit es nicht zur Bestreitung von Be-
präsentations- oder Dienstaufwandskosten gewährt wird, nach Mafsgabe der
folgenden näheren Bestimmungen zu Grunde gelegt:
1. Feststehende Dienstemolumente, namentlich freie Dienstwohnung, sowie
die anstatt derselben gewährte Mietbsentschädigung, Feuerungs- und Erleuchtungs-
material, Naturalbezüge an Getreide, Winterfutter u. s. w., sowie der Ertrag
von Dienstgrundstücken kommen nur insoweit zur Anrechnung, als deren Werth
in den Besoldungsetats auf die Geldbesoldung des Beamten in Bechnung
gestellt oder zu einem bestimmten Geldbetrage als anrechnungsfähig be-
zeichnet ist.
2. Dienstemolumente, welche ihrer Natur nach steigend und fallend sind,
werden nach den in den Besoldungsetats oder sonst bei Verleihung des Rechtes
auf diese Emolumente deshalb getroffenen Festsetzungen und in Ermangelung
solcher Festsetzungen nach ihrem durchschnittlichen Betrage während der 3
letzten Kalenderjahre vor dem Jahre, in welchem die Pension festgesetzt wird,
zur Anrechnung gebracht ^). (Vgl. Ges. v. 30. April 1884 S. 362.)
3. Blofs zuföUige Diensteinkünfte, wie widerrufliche Tantieme, Commissions-
gebühren, auTserordentL Bemunerationon, Gratificationen und dgl. kommen nicht
zur Berechnung.
4. Das gesamte zur Berechnung zu ziehende Diensteinkommen einer Stelle
darf den Betrag des höchsten Normalgehalts derjenigen Dienstkategorie,
zu welcher die Stelle gehört, nicht übersteigen. Ohne diese Beschränkung
kommen jedoch solche Gehaltsteile oder Besoldungszulagen, welche zur Aus*;
gleichung eines von dem betr. Beamten in früherer Stellung bezogenen Dienstein-
kommens demselben mit Pensionsberechtigung gewährt sind, zur voUen Anrechnung.
5. Wenn das nach den Bestimmungen dieses Paragraphen ermittelte Ein-
kommen eines Beamten insgesamt mehr als 4000 Thlr beträgt^ wird von dem
überschiefsenden Betrage nur die Hälfte in Anrechnung gebracht.
^)C.Yerf des Fin.-Min. und des Min. d. Inn. v. 4. Juli 1881 (mit-
geteilt durch G.Yerf. des Min. d. geistl. etc. Ang. v. 28. Juli 1881X „Nach der
Vorschrift des § 10, 2 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 sind bei Berechnung
der Ruhegehälter der Beamten Dienstemolumente, welche ihrer Natur nach steigend
und fallend sind, in Ermangelung anderweitiger Bestimmungen nach ihrem durch-
schnittlichen Betrage während der drei letzten Kalenderjahre vor dem Jahre, in
welchem die Pension festgesetzt wird, zur Anrechnung zu bringen. Zur Zeit des
Erlasses des Pensionsgesetzes fiel das Kalenderjahr mit dem Etatsjahr zusammen,
thatsächlich war mithin durch die gedachte Vorschrift angeordnet, dafs das Etats-
jahr für die Berechnung der steigenden und fallenden Dienstemolumente bei der
Pensionirung mafsgebend sein solle, und ist auch anzunehmen, dafs dies die Ab-
sicht des Gesetzgebers gewesen ist. Wenngleich daher jetzt das Etatsjahr mit dem
Kalendeijahre mcht mehr übereinstimmt^ so wird doch nach sinngemäfser Auslegung
des Gesetzes die fragliche Vorschrift desselben in der Weise auszuführen sein,
dafs die ihrer Natur nach steigenden und fallenden Dienstemolumente unter
der oben bezeichneten Voraussetzung nach ihrem durchschnittlichen Betrage während
der drei letzten Etetsjahre vor dem Etatejahre, in welchem die Pension festgesetzt
wird, zur Anrechnung gebracht wird. Die K. Begierung ete. wird beauftragt,
hiemach namentlich auch bei Aufstellung der Pensions- VorscUags-Nachweisungen
zu verfahren."
358
§ 11. Ein Beamter, welcher früher ein mit einem höheren Dienstein-
Icommen yerbundenes Amt bekleidet nnd dieses Einkommen wenigstens Ein
Jahr lang bezogen hat, erhält, sofern der Eintritt oder die Yersetzong in ein
Amt von geringerem DieDsteinkommen nicht lediglich anf seinen im eigenen
Interesse gesteUten Antrag erfolgt oder als Strafe anf Gnmd des § 16 des
Gresetzes, betr. die DioDstvergehen der nicht richterl. Beamten etc., y. 21. Juli
1852 (s. S. 333), oder des § 1 des Gesetzes, betr. einige Ab&nderongen des
Gesetzes über die Dienstvergehen der Bichter y. 7. Mai 1851 etc., y. 22. März
1856 (GS. p. 201) gegeD ihn verhängt ist, bei seiner YersetzüDg in den Bnhe-
stand eine nach Mafsgabe des früheren höheren Diensteinkommens nnter Be-
rücksichtigung der gesamten Dienstzeit berechnete Pension; jedoch soll die
gesamte Pension das letzte pensionsberechtigte Diensteinkommen nicht über-
steigen.
§ 12. Das mit Nebenämtern oder Nebengeschäfben verbundene Ein-
kommen begründet nnr dann einen Ansprach auf Pension, wenn eine etats-
mäfsige Stelle als Nebenamt bleibend verliehen ist.
§ 13. Die Dienstzeit wird vom Tage der Ableistung des Diensteides
gerechnet. Kann jedoch ein Beamter nachweisen, dafs seine Vereidigung erst
nach dem Zeitpunkte seines Eintritts in den Staatsdienst stattgefunden hat, so
wird die Dienstzeit von diesem Zeitpunkte an gerechnet.
§ 14. Bei Berechnung der Dienstzeit kommt auch die Zeit in Anrechnung,
während welcher ein Beamter: 1. unter Bezug von Wartegeld im einst-
weiligen Buhestand nach Mafsgabe der Yorschrifben des Gesetzes v. 21. Juli
1852 § 87 Nr. 2 (s. S. 336), der Erlasse v. 14. Juni 1848 (S. 351) und
24. Oct 1848 (S. 351) und der Verordn. vom 23. Sept. 1867 § 1 Nr. 4
(S. 351), oder
2. im Dienste des Norddeutscheu Bundes oder des Deustchen Beichs sich
befunden hat, oder 3. als anstellungsberechtigte ehemalige Militärperson
nur vorläufig oder auf Probe im Civildienste des Staat«, des Norddeutschen
Bundes oder des Deutschen Beichs beschäftigt worden ist, oder 4. eine prakt.
Beschäftigung aufserhalb des Staatsdienstes ausübte, insofern und insoweit diese
Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem unmittelb. Staatsamte
behufs der techn. Ausbildung in den Prüftingsvorschriften ausdrückl. ange-
ordnet ist, oder
5. als Lehrer (§ 6) das vorgeschriebene Probejahr abhielt ^)
§ 15. Der Civildienstzeit wird die Zeit des activen Militärdienstes hinzu-
gerechnei
§ 16. [Die Dienstzeit, welche vor den Beginn des 18. Lebensjahrs fallt.,
bleibt aurser Berechnung.J Vgl. Ges. v. 31. März 1882, S. 362. Nur die in
die Dauer eines Krieges fallende und bei einem mobilen oder Ersatztrappen-
teile abgeleistete Militärdienstzeit kommt ohne Bücksicht auf das Lebens-
alter zur Anrechnung. Als Kriegszeit gilt in dieser Beziehung die Zeit vom
Tage einer angeordneten Mobilmachung, auf welche ein Krieg folgt, bis zum
Tage der Demobilmachung.
§ 17. Für jeden Feldzug, an welchem ein Beamter im preufs. oder im
Beichsheer oder in der preufs. oder kaiserl. Marine derart teilgenommen hat,
dafs er wirklich vor den Feind gekommen oder in dienstlicher Stellung den mobilen
Trappen in das Feld gefolgt ist, wird demselben zu der wirkl. Dauer der Dienst-
zeit Ein Jahr zugerechnet. Ob eine militär. Unternehmung in dieser Be-
ziehung als ein Feldzug anzusehen ist, und inwiefern bei Kriegen von
längerer Dauer mehrere Kriegsjahre in Anrechnung kommen sollen, dafür ist
^) Daher auch als Mitglied eines Seminars für höh. Schulen. Vgl. Schreiben
des Fin. Min. v. 13. Jan. 1875 (8. 367).
369
die nach § 23 des Beichsgesetzes y. 27. Jnni 1871 (BeichsG-Bl. p. 275) in
jedem Falle ergehende Bestimmung des Kaisers mafsgebend. Für die Ver-
gangenheit bewendet es bei den hierüber durch königl. Erlasse gegebenen
Vorschriften.
§ 18. Die Zeit a. eines Festungsarrestes von einjähriger und längerer
Dauer, sowie b. der Kriegsgefangenschaft kann unter besonderen um-
ständen mit kOnigl. Genehmigung angerechnet werden.
§ 19. Mit kOnigL Genehmigung kann zukünftig bei der An-
stellung nach Mafsgabe der Bestimmungen in den §§ 13 bis 18 zugesichert
und bei den jetzt bereits Angestellten angerechnet werden:
1. die Zeit, während welcher ein Beamter a. sei es im In- oder Aus-
lande als Sachwalter oder Notar fdngirt, im Gemeinde-, Kirchen- oder Schul-'
dienste, im ständischen Dienste, oder im Dienste einer landesherrl. Haus-
oder Hof^erwaltung sich befanden ^), oder b. im Dienste eines fremden
Staates gestanden hat^);
2. die Zeit praktischer Beschäftigung auTserhalb des Staatsdienstes inso-
fern und insoweit diese Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem
unmittelbaren Staatsamte herkömmlich war.
Die Anrechnung der unter 1. erwähnten Beschäftigung mufs erfolgen bei
denjenigen Beamten, welche mit den im Jahre 1866 erworbenen Landesteilen
in den unmittelb. Staatsdienst übernommen worden sind, sofern dieselben auf
diese Anrechnung nach den bis dahin für sie mafsgebenden PensionsYorschriften
einen Rechtsanspruch hatten.
§ 20. Zum Erweise der Dienstunföhigkeit eines seine Versetzung in den
Buhestand nachsuchenden Beamten ist die Erklärung der demselben unmittel-
bar vorgesetzten Dienstbehörde erforderlich, dafs sie nach pflichtmäfsigem Er-
messen den Beamten für unfähig halte, seine Amtspflichten femer zu erfüllen.
Inwieweit noch andere Beweismittel zu erfordern oder der Erklärung der un-
mittelbar vorgesetzten Behörde entgegen für ausreichend zu erachten sind,
hängt von dem Ermessen der über die Versetzung in den Buhestand entscheiden-
den Behörde ab.^)
§ 21. Die Bestimmung darüber, ob und zu welchem Zeitpunkte
dem Antrage eines Beamten auf Versetzung in den Buhestand stattzugeben ist,
erfolgt durch den Departementschef. Bei dei^enigen Beamten, welche durch
den König zu ihren Aemtem ernannt worden sind, ist die Genehmigung des
Königs zur Versetzung in den Buhestand erforderlich. (Vgl. Ges. v. 30. April
1884 S. 362.)
§ 22. Die Entscheidung darüber, ob und welche Pension einem Beamten
bei seiner Versetzung in den Buhestand zusteht, erfolgt durch den Departements-
chef in Gemeinschaft mit dem Finanzminister. (Vgl. ebenda S. 363.)
§ 23. Gegen diese Entscheidung (§ 22) steht dem Beamten nur die
Beschreitung des Rechtsweges nach Mafsgabe des Gesetzes, betreffend die Er-
weiterung des Rechtsweges, v. 24. Mai 1861 (GS. p. 241) offen. (Vgl. ebenda
S. 363.)
§ 24. Die Versetzung in den Ruhestand tritt, sofern nicht auf den Antrag
oder mit ausdrückl. Zustimmung des Beamten ein früherer Zeitpunkt festgesetzt
wird, mit dem Ablauf des Vierteljahres ein, welches auf den Monat folgt, in
welchem dem Beamten die Entscheidung über seine Versetzung in den Ruhe-
stand und die Höhe der ihm etwa zustehenden Pension (§ 22) bekannt gemacht
worden ist.
§ 25. Die Pensionen werden monatlich im voraus gezahlt
») Vgl. Verf. V. 21. April 1873 S. 367. •) Verordn. v. 28. Mai 1846.
S 13 S. 364. ») Vgl. CVerf. v. 5. April 1878, GBl. 1878 S. 237.
360
§ 26. Das Recht anf den Bezag der Pension kann weder abgetreten
noch verpfändet werden. In Ansehung der Beschlagnahme der Pensionen
bleiben die bestehenden Bestimmungen in Kraft (Vgl. S. 350 o. Abscbn. IX.)
§ 27. Das Becht anf den Bezng der Pension ruht: I wenn ein
Pensionär das deutsche Indigenat verliert» bis zu etwaniger Wiedererlangung
desselben; 2. wenn und so lange ein Pensionär im Beichs- oder Staats-
dienste ein Diensteinkommen bezieht, insoweit als der Betrag dieses neuen
Diensteinkommens unter Hinzurechnung der Pension den Betrag des von dem
Beamten vor der Pensionirung bezogenen Diensteinkommens übersteigt (YgL
Verf. V. 16. März 1881 S. 301 fg.)
§ 28. Ein Pensionär, welcher in eine an sich zur Pension berechtigende
Stellung des unmittelbaren Staatsdienstes wieder eingetreten ist (§ 27 Nr. 2),
erwirbt für den Fall des Zurücktretens in den Buhestand den Anspruch auf
Gewährung einer nach Mafsgabe seiner nunmehrigen verlängerten Dienstzeit
und des in der neuen Stellung bezogenen Diensteinkommens berechneten Pension
nur dann, wenn die neu hinzutretende Dienstzeit wenigstens ein Jahr betragen
hat Mit der Gewährung einer hiemach neu berechneten Pension fällt bis auf
Höhe des Betrages derselben das Becht auf den Bezug der früher bezogenen
Pension hinweg. Dasselbe gilt, wenn ein Pensionär im deutschen Beichs-
dienste eine Pension erdient.
§ 29. Die Einziehung, Kürzung oder Wiedergewährung der Pension auf
Grund der Bestimmungen in den §§ 27 und 28 tritt mit dem Beginn desjenigen
Monats ein, welcher auf das, eine solche Veränderung nach sich ziehende
Ereignis folgt. Im Falle vorübergehender Beschäftigung im Beichs- oder im
Staatsdienste gegen Tagegelder oder eine anderweite Entschädigung wird die
Pension für die ersten 6 Monate dieser Beschäftigung unverkürzt, dagegen vom
7. Monate ab nur zu dem nach den vorstehenden Bestimmungen zulässigen
Betrage gewährt.
§ 30. ||In ADsehnng der unfreiwilligen Versetzung in den Buhestand
und des dabei stattfindenden Verfahrens behält es bei den Vorschriften in den
§§ 56 bis 64 des Gesetzes, betr. die Dienstvergehen der Bichter und die nnfrei-
willkfe Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Buhestand vom
7. Mai 1851 (GS. p. 218) und in den §§ 88 bis 93 des Gesetzes, betreffend die
Dienstvergehen der nicht richterl. Beamten, die Versetzung derselben auf eine
andere Stelle oder in den Buhestand, v. 21. Juli 1852 (S. 337) sein Bewenden.]
Vgl. Ges. V. 31. Mäiz 1882) S. 362.
Wird hiemach gemäfs § 90 des letzterwähnten Gesetzes (v. 21. Juli 1852)
von dem Bechtsmittel des Becurses an das Staatsministerium Ge-
brauch gemacht, so läuft die 6monatl. Frist zur Anstellung der Klage wegen
unrichtiger Festisetzung des Pensionsbetrages (§ 2 des Gesetzes, betr. die Er-
weiterung des Bechtsweges, v. 24. Mai 1861, GS. p. 241) erst von dem Tage, an
welchem dem Beamten die Entscheidung des Staatsminisi bekannt gemacht ist
§ 31. Hinterläfst ein Pensionär eine Witwe oder eheliche Nach-
kommen, so wird die Pension noch für den auf den Sterbemonat folgenden
Monat gezahlt. An wen die Zahlung erfolgt, bestimmt die Provinzialbehörde,
auf deren Etat die Pension übernommen war. Die Zahlung der Pension
für den auf den Sterbemonat folgenden Monat kann auf Verfügung dieser
Behörde auch dann stattfinden, wenn der Verstorbene Eltern, Geschwister, Ge-
schwisterkinder oder Pflegekinder, deren Ernährer er gewesen ist, in Be-
dürftigkeit hinterläfst, oder wenn der Nachlafs nicht ausreicht, um die Kosten
der letzten Krankheit und der Beerdigung zu decken. Der über den Sterbe-
monat hinaus gewährte einmonatl. Betrag der Pension kann nicht Gegenstand
einer Beschlagnahme sein.
§ 32. Ist die nach Mafsgabe dieses Gesetzes bemessene Pension geringer
als die Pension, welche dem Beamten hätte gewährt werden müssen, wenn er
361
am 31. M&iz 1872 nach den bis dahin fni ihn geltenden Bestimmnngen pensionirt
worden wäre, so wird diese letztere Pension an Stelle der ersteren bewilligt.
(Tgl. Ges. y. 31. M&rz 1882, Artikel U, S. 362.)
§ 33. Den in Folge der Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit aus
dem Priyatgerichtsdienst in den unmittelb. Staatsdienst übernommenen oder
bereits vor dieser Aufhebung in den unmittelb. Staatsdienst übergegangenen
Beamten wird die Zeit des Privatgerichtsdienstes nach Mafsgabe der Be-
stimmungen des gegenwärtigen Gesetzes angerechnet. Den vormals Schleswig-
Holst. Beamten wird die Zeit, welche sie als beeidigte Secretäre oder Volontäre
bei den Oberbeamten zugebracht haben, bei Feststellung ihrer Dienstzeit mit
angerechnet
§ 34. Die Zeit, während welcher ein Beamter in den neuerworbenen
Landesteilen oder ein mit einem solchen Landesteile übernommener Beamter
auch in einem anderen Teile des Landes, welchem seine Heimat vor der Ver-
einigung mit Preufsen angehört hat, im unmittelb. Dienste der damaligen
Landesherrschaft; gestanden hat, wird in allen Fällen bei der Pensionirung
nach Mafsgabe des gegenwärtigen Gesetzes in Anrechnung gebracht
§ 35. Hinsichtlich der HohenzoUemschen, in den Preufs. Staatsdienst
übernommenen Beamten bleiben die Bestimmungen unter Nr. 2 und 3 des
Erlasses v. 26. Aug. 1854 (GS. 1855 p. 33) in Kraft.
§ 36. Zusicherungen, welche in Bezug auf dereinstige Bewilligung von
Pensionen an einzelne Beamte oder Eategorieen von Beamten durch den König
oder einen der Minister gemacht worden sind, bleiben in Kraft. Doch finden
auf Beamte, hinsichtlich deren durch Staatsverträge die Bewilligung von Pensionen
nach den Grundsätzen fremdländischer Pensionsbestimmungen zugesichert worden
ist) die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes insoweit Anwendung, als sie
für die Beamten günstiger sind.
§ 37. Die im § 79 des Gesetzes, betr. die Verfassung und Verwaltung
der Städte und Flecken in der Provinz Schleswig-Holstein, v. 14. April 1869
(GS. p. 589) festgestellte Verpflichtung der Staatskasse zur anteiligen Ueber-
nahme der Pensionen städtischer Beamten wird durch das gegenwärtige Gesetz
nicht berührt
§ 38. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1872 in Kraft.
Mit diesem Zeitpunkte treten, soweit nicht durch § 32 Ausnahmen bedingt
werden, alle den Vorschriften dieses Gesetzes entgegenstehenden Bestimmungen,
insbesondere das Pensionsreglement far die Civil-Staatsdiener v. 30. April 1825
und die dasselbe ergänzenden, erläuternden und abändernden Bestimmungen
aufser Kraft. Wo in den bestehenden Gesetzen und Verordnungen auf die-
selben Bezug genommen wird, kommen die Bestimmungen des gegenwärtigen
Gesetzes zur Anwendung.'* Wilhelm.
Die nach § 22 dieses Gesetzes erforderl. Mitwirkung des Finanzmin.
bei Festsistzonff der Pensionen beschränkt sich auf diejenigen Fälle, wo eine
unmittelbare oder mittelbare Beteiligung der Staatskasse anzunehmen ist, sei es,
daCs die Pension ganz oder anteilig aas Staatsfonds oder mit Hülfe eines event.
sidi erhöhenden Staatszuschusses zu entrichten sein würde, oder dafs die Staats-
kasse auch nur künftig in die Lage kommen kann, bei eintretender Unzuläng-
lichkeit der sonstigen Mittel zu Leistungen für die betr. Anstalt herangezogen
zu werden.
Gesetz v. 31. März 1882, betr. die Abänderung des Pensions-
gesetzes vom 27. März 1872. (GS. 1882 S. 113.)
Artikel I. „An die Stelle des § 1 Absatz 3, des § 8, des § 16 Absatz 1
und des § 30 Absatz 1 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 treten folgende
Vorschriften: § 1. Bei Staats-Ministem, welche aus dem Staatsdienste aus-
362 ^
scheiden, ist eingetretene Dienstonföhigkeit nicht Vorbedingung des Anspnidies
anf Pension. Diese Bestimmung findet gleichfalls Anwendung auf diejenigen
Beamten, welche das f&nfundsechszigste Lebensjahr vollendet haben.
§ 8. Die Pension beträgt, wenn die Versetzung in den Buhestand nach
vollendetem zehnten, jedoch vor vollendetem elften Dienstjahre eintritt^ ^V^
und steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre um Veo ^^
in den §§ 10 bis 12 besimmten Diensteinkommens. üeber den Betrag von
^^/eo dieses Einkommens hinaus findet eine Steigerung nicht statt In dem
im § 1 Absatz 2 erwähnten Falle beträgt die Pension ^^/eoi in dem Falle des
§ 7 höchstens ^%q des vorbezeichneten Diensteinkommens.
§ 16. Die Dienstzeit, welche vor den Beginn des einundzwanzigsten
Lebensjahres fällt, bleibt aufser Berechnung.
§ 30. Sucht ein nicht richterlicher Beamter, welcher das fünfundsechszigBte
Lebensjahr vollendet hat, seine Versetzung in den Buhestand nicht nach, so
kann diese nach Anhörung des Beamten unter Beobachtung der Vorschiiiten
der §§ 20 ff. dieses Gesetzes in der nämlichen Weise verfugt werden, wie wenn
der Beamte seine Pensionirung selbst beantragt hätte. ^) Im Uebrigen behält
es in Ansehung der unfreiwilligen Versetzung in den Buhestand und des dabei
stattfindenden Verfahrens bei den Bestimmungen in den §§ 56 bis 64 des
Gesetzes, betr. die Dienstvergehen der Bichter und die unfreiw. Versetzung der-
selben auf eine andere Stelle oder in den Buhestand, vom 7. Mai 1851 (GS.
S. 218) und in den §§ 88 bis 93 des Gesetzes, betr. die Dienstvergehen der
nicht richterlichen Beamten, die Versetzung derselben auf eine andere Stelle
oder in den Buhestand, vom 21. Juli 1852 (s. S. 337) sein Bewenden.^)
Artikel n. Ist die nach Mafsgabe dieses Gesetzes bemessene Pension
geringer als die Pension, welche dem Beamten hätte gewährt werden müssen,
wenn er am 31. März 1882 nach den bis dahin für ihn geltenden Bestimmungen
pensionirt worden wäre, so wird diese letztere Pension an Stelle der ersteren
bewilligt
Artikel III. Die Vorschriften dieses Gesetzes finden ausschliefslich An-
wendung auf unmittelbare Staatsbeamte und die in dem zweiten Absätze des
§ 6 des Pensionsgesetzes vom 27. März 1872 genannten Lehrer und Beamten.
Artikel IV. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. April 1882 in
Kraft." Wilhelm.
Gesetz v. 30. April 1884, betr. Abänderungen des Pensions-
gesetzes V. 27. März 1872. (GS. 1884 S. 126.) Einziger ArtikeL „An
die Stelle des § 10 Nr. 2 und der §§21 bis 23 des Pensionsgesesetzes vom
27. März 1872 treten folgende Vorschriften:
§ 10 Nr. 2. Dienstemolumente, welche ihrer Natur nach steigend und
ÜEillend sind, werden nach den in den Besoldungs-Etats oder sonst bei Ver-
leihung des Bechtes auf diese Emolnmente deshalb getroffenen Festsetzungen
und in Ermangelung solcher Festsetzungen nach ihrem durchschnittQchen Be-
trage während der drei letzten Etatsjahre vor dem Etatsjahre, in welchem die
Pension festgesetzt wird, zur Anrechnung gebracht.
§ 21. Die Bestimmung darüber, ob und zu welchem Zeitpunkte dem
Antrage eines Beamten auf Versetzung in den Buhestand stattzugeben ist,
erfolgt durch den Departementschef.
Bei denjenigen Beamten, welche durch den König zu ihren Aemtem
ernannt worden sind, ist die Genehmigung des Königs zur Versetzung in den
») Vgl. weiterhin die Min. Verf. v. 9. März 1884.
') Der Becors an das Staatsministerium, welcher nach dem in der 2. Aus-
gabe aogedmckten Auszuge aus der K. Verordn. v. 29. März 1844 (GS. p. 90)
stattfinden konnte, ist nach obigem Gesetze ausgeschlossen.
363
Bnhestand erforderlich. Für die Beamten deijenigen Eategorieen, deren An-
Btellnng durch eine dem Departementschef nachgeordnete Behörde erfolgt, kann
der Departementschef letzterer oder der ihr vorgesetzten Behörde die Be-
stimmung üher den Antrag auf Yersetznng in den Buhestand übertragen.
§ 22. Die Entscheidung darüber, ob und welche Pension einem Beamten
bei seiner Versetzung in den Buhestand zusteht, erfolgt durch den Departementschef
in Gemeinschaft mit dem Finanz-Minister. Dieselben können die Befognis
zn dieser Entscheidung derjenigen dem Departementschef nachgeordneten Behörde
übertragen, welcher die Bestimmung über die Versetzung des Beamten in den
Buhestand zusteht (§21 Absatz 3).
§ 23. Die Beschreitung des Rechtsweges gegen die Entscheidung darüber,
ob und welche Pension einem Beamten bei seiner Versetzung in den Euhestand
zu gewähren ist, steht dem Beamten offen; doch mufs die Entscheidung des
Departementschefs und des Finanz-Ministers der Klage Yorhergehen und letztere
sodann bei Verlust des Elagerechtes innerhalb sechs Monaten, nachdem dem
Beamten diese Entscheidung bekannt gemacht ist, erhoben werden. Der Verlust
des Elagerechtes tritt auch dann ein, wenn nicht von dem Beamten, über dessen
Anspruch auf Pension die dem Departementschef nachgeordnete Behörde Ent-
scheidung getroffen hat (§ 22 Absatz 2), gegen diese Entscheidung binnen
gleicher Frist die Beschwerde an den Departementschef und den Finanz-Minister
erhoben ist" Wilhelm. [Vgl. C.Verf. v. 11. Oct. 1884, S. 375.]
Aus der Pensionsyerordn. v. 28. Mai 1846, betr. die Pensionirung
der Lehrer und Beamten an den höh. Unterrichtsanstalten, mit Ausschlufs der
Universitäten (ÖS. p. 2l4j:
„§ 5. Liegt die Verpflichtung (eine Anstalt zu unterhalten) Mehreren ob'
so haben sie zu den Pensionen in demselben Verhältnis wie zu den Unter-
haltungskosten der Anstalt beizutragen.
§ 6. Aus der blofsen Gewährung eines auf einen bestimmten Betrag
beschränkten oder zu einem bestimmten Zweck ausgesetzten Zuschusses zu den
Unterhaltungskosten einer Anstalt folgt keine Verpflichtung, die Pension mit-
zuübernehmen.
§ 7. Wer bei den einzelnen Anstalten, welche gar kein oder kein aus-
reichendes eigentümliches Vermögen besitzen, zur Zahlung oder Ergänzung
der Pensionen verpflichtet ist, wird, wenn Zweifel deshalb obwalten, nach
Mafsgabe der Verh^tnisse der einzelnen Anstalten, von Unseren OPräsidenten
festgesetzt
§ 8. Gegen diese Festsetzung ist der Becurs an Unseren Min. der
geistL etc. Angl. und die hierbei sonst noch beteiligten Departementschefs
zulässig. Der Bechtsweg findet nur dann statt, wenn auf Grund eines speciellen
Bechtstitels die Befreiung von Beiträgen zu Pensionen behauptet wird. In einem
solchen Falle gilt jedoch die im Verwaltungswege getroffene Bestimmung bis
zur rechtskräftigen Entscheidung als ein Interimisticum.
§ 9. Bei solchen Unterrichtsanstalten, zu deren Unterhaltung weder eine
Commune noch der Staat verpflichtet, die vielmehr nur aus ihrem eigenen
Vermögen oder von anderen Corporationen oder von Privatpersonen 7U unter-
halten sind, wird das Pensionswesen für die Lehrer und Beamten unter Zuziehung
der Beteiligten durch Unseren OPräsidenten nach Mafsgabe der obwaltenden
Verhältnisse far jede einzelne Anstalt besonders geordnet; die streitig bleibenden
Punkte werden von Unserem Minister der geistl. etc. Angl. unter Mitwirkung
der etwa sonst noch beteiligten Departementschefs und nach vorgängiger Ein-
holung Unserer Genehmigung entschieden; den Beteiligten sollen jedoch keine
gröfseren Leistungen zugemuthet werden, als bei den übrigen nicht vom Staat
zu unterhaltenden Anstalten derselben Art-. Ist ein Zuschufs oder eine Er-
364
höhnng der Dotation bei diesen Anstalten zur Aofbringang der Pensionen
erforderlich, so bedarf es hierzu jedenfalls der Zustimmung der beteiligrten
Corporationen oder Privatpersonen.
§ 13. Denjenigen Lehrern und Beamten, welche aus Staatsfonds za
pensioniren sind, werden auch die im Auslande geleisteten Dienste angerechnet,
wenn ihre Anstellung im Inland vorzugsweise im Interesse des öffentl. Unter-
richts erfolgt isi Auch werden denselben diejenigen Dienste angerechnet,
welche sie sonst im Staatsdienst oder an anderen öffentl. Unierrichtsanstalien
geleistet haben.
§ 14. Sind die Pensionen vom Staate und von Communen gemeinschaft-
lich oder blofs von Communen oder gröfseren Communalverbftnden zu zahlen,
so werden nur diejenigen Dienste angerechnet, welche der zu Pensionirende im
Militär und den zur Pensionszahlung verpflichteten Communen im Schul- oder
in einem anderen Amt geleistet hat, falls hierüber nicht andere Ver-
abredungen getroffen sind.
§ 15. Aufbringung der Pension. Die Lehrer und Beamten an
den aus Staatsfonds zu unterhaltenden Anstalten haben zum Allgm. Civil-
Pensionsfonds, aus welchem sie ihre Pensionen beziehen werden, nach denselben
Grundsätzen wie die übrigen pensionsberechtigten Civil-Staatsdiener beizutragen.
§ 16. Zur Deckung der Pensionen für Lehrer und Beamte an den
anderen Anstalten, namentlich auch an denjenigen, welche rom Staate und
von Communen gemeinschaftlich oder von einzelnen Communen oder gröfseren
Communalverbänden zu unterhalten sind, werden für jede Anstalt besondere
Fonds aus den Einkünften des Vermögens der Anstalt und aus jährlichen
Beiträgen sowohl der zur Zahlung der Pension Verpflichteten, als auch der
definitiv angestellten Lehrer und Beamten gebildet. Den letzteren dürfen jedoch
keine höheren Beiträge, als den pensionsberechtigten Civil-Staatsdienem auf-
erlegt werden.
§ 17. Der Betrag der zur Bildung dieser Pensionsfonds (§ 16) erforderL
Zuschüsse wird von Unseren OPräsidenten, unter Vorbehalt des Becurses an
Unseren Minister d. geistl. etc. Angl. und die sonsi beteiligten Departementschefis,
mit Ausschlufs des Bechtsweges, festgesetzt
§ 18. Ist hiernach der Zuschufs auf das Vermögen der Anstalt zu über-
nehmen und reichen die Einkünfte der letzteren nicht hin, um den Zuschuß,
ohne Beschränkung des zur Erreichung der Lehrzwecke erforderlichen Aufwands,
zu zahlen, so haben die subsidiarisch zur Unterhaltung der Anstalt Verpflich-
teten auch den laufenden Beitrag zum Pensionsfonds zu ergänzen. Dieselben
sind auch in allen Fällen verpflichtet, etwanige Ausfälle bei dem Pensionsfonds
zu decken."
Min.Verf. v. 1. Nov. 1864: „Auf den Bericht v. 7. v. M, erwidere ich
dem E. Prov.Sch.C, dafs ich Anstand nehmen mufs, auf eine Abänderung des
§ 14 der Verordn. v. 28. Mai 1846, die Pensionirung der Lehrer an den höh.
Unterrichtsanstalten betreffend, in dem von Demselben befürworteten Sinne hin-
zuwirken.
Abgesehen davon, dafs die Lehrer an städt höh. Unterrichtsanstalten, als
mittelbare Staatsdiener, in einem anderen Verhältnis stehen, als die Lehrer der
unmittelb. Staatsanstalten, und dafs schon aus diesem Grunde eine gesetzL
Gleichstellung beider Kategorieen hinsichtL der Anrechnung ihrer Dienstjahre
bei der Pensionirung einen nicht unberechtigten Widerstand finden würde, fehlt
es auch an einem praki Bedürfnis für ein Einschreiten der Gesetzgebung.
Die diesseitigen Acten ergeben keine Fälle, in denen die nach § 14 1. c. frei-
gelassene besondere Verabredung zwischen den Lehrern und den städt Patro-
naten sich als unzureichend erwiesen hat Noch ein weiterer Schritt in dieser
365
Bichtung ist in anderen Provinzen mit gutem Erfolg dadurch geschehen, dafs
man im Wege der Verhandlung mit den städt. Patronatshehörden der einzelnen
Anstalten ein för allemal eine statutar. Festsetzung herbeigeführt hat, wonach
den Lehrern der betr. Anstalt früher geleistete Dienste in dem bei den Staats-
anstalten gesetzlichen Umfange angerechnet werden.
Ich gebe dem E. ProY.Sch.C. anheim, auch Seinerseits auf das Zustande-
kommen solcher statutar. Festsetzungen hinzuwirken, und bemerke in Beziehung
auf die Vorstellung des Dir. N. vom dortigen Gymn., dafs der darin voraus-
gesetzte Fall einer vor Publication der Verordn. v. 28. Mai 1846 geschehenen
Versetzung eines Lehrers von einer königl. an eine städt. Anstalt um deswillen
kein Motiv für eine besondere Behandlung enthält, weil dem betr. Gymnasial-
lehrer ein gesetzl. Anspruch auf Pension vor Publication der gedachten Ver-
ordnung überhaupt nicht zustand."
Min. Verf. v. 20. Febr. 1873: — „Nach § 6 des Gesetzes v. 27. März
1872 kommen bei Aufbringung der Pension für diejenigen Bealschullehrer etc.,
welche nicht aus allgemeinen Staatsfonds zu pensioniren sind, die Vorschriften
der Verordn. v. 28. Mai 1846 zur Anwendung und ist nach § 14 derselben
nur diejenige Dienstzeit anzurechnen, welche der betr. Lehrer bei der Anstalt
selbst zugebracht hat, falls hierüber nicht andere Verabredungen getroffen sind.
Letzteres ist im vorliegenden Falle nicht geschehen; was indessen nicht aus-
schliefst, dafs der Magistrat nachträgL dem N. eine derartige Zusicherung erteilt.
Der Magistrat wird aber dann auch die Mehrbelastung, welche der Schule daraus
erwächst) seiner Zeit auf städt. Fonds übernehmen müssen.
Dafs zunächst die Schule die Pension leisten mufs, bestimmt § 4 der
obengedachten Verordnung. Wie zu verfahren, wenn die dafür zu verwen-
denden Fonds nicht ausreichen, bestimmen die folgenden 5 §§. Die Entschei-
dung gebührt hiemach in erster Instanz dem H. OPräsidenten.
Indem ich noch auf die §§ 16 — 18 derselben Verordnung, welche für die
Bildung besonderer Pensionsfonds mafsgebend sind, aufmerksam mache, ver-
anlasse ich das E. Prov.Sch.C., wegen Bildung solcher Fonds bei allen
beteiligten Anstalten Seines Ressorts baldigst das Erforderliche in die Wege
zu leiten.
Zugleich bemerke ich mit Bezug auf § 19 des Pensionsgesetzes v. 27. März
V. J., dafs derselbe weder in seiner ursprünglichen, noch in derjenigen Fassung,
in welcher er aus den Berathungen des Landtags hervorgegangen ist, eine
Regelung der besonderen Verhältnisse des Lehrerstandes, auf welche das Gesetz
erst in Folge eines zu § 6 eingebrachten Abänderungsvorschlages für anwend-
bar erklärt worden ist^ zum Ziele genommen hat» wie sich insbesondere daraus
ergiebt» dafs bei den von den Communen zu pensionirenden Lehrern das Er-
fordernis einer Allerh. Grenehmigung zur Anrechnung der im Dienste anderer
Communen oder auch im Königl. Schulamte zugebrachten Zeit selbstverständlich
keine Anwendung würde finden können. Mithin sind hinsichtlich der Lehrer
an den höh. Unterrichtsanstalten die §§ 13 und 14 der Verordn. v. 28. Mai
1846 in Kraft geblieben.'«
Min.Verf. v. 9. Oct 1874: „Nach § 19, la des Pensionsgesetzes v.
27. März 1872 kann es zweifelhaft erscheinen, ob einem Lehrer einer vom
Staat unterhaltenen höh. ünterrichtsanstalt bei seiner Pensionirung die von
ihm früher im städtischen Schuldienst zugebrachte Zeit angerechnet wird, wenn
dazu bei seiner Anstellung an ersterer nicht die Allerh. Genehmigung eingeholt
ist Mit Rücksicht auf § 6 desselben Gesetzes hat der H. Finanzmin. sich
jedoch damit einverstanden erklärt, dafs § 13 der in dem citirten § bezw.
für anwendbar erklärten Pensionsverordn. v. 28. Mai 1846 nicht in Wider-
spruch mit § 19, 1. a des Gesetzes v. 27. März 1872 stehe, also nicht zu den-
366
jenigen Bestimmungen m rechnen sei, welche nach § 38 dieses Gesetzes aniser
Kn^ getreten sind/' —
Min. Verf. y. 16. Mai 1876. ,,Aas Anl&fe des Berichtes v. 8. d. M.
mache ich das E. Prov.Sch.C. darauf aofinerksam, dafe nach § 13 der Yerordn.
T. 28. Mai 1816 den ans Staatsfonds zn pensionirenden^ Lehrern an den höh.
Unterrichtsanstalten die im Auslände geleisteten Dienste nur ang»«chnet
werden, wenn ihre Anstellung im Inlande vorzugsweise im Interesse
des öffentlichen Unterrichts erfolgt ist
Die Bemerkung in dem Werke: Wiese, Verordnungen etc. IP S. 302 (s. S. 368),
dafs in dem gegebenen Falle die Anrechnung der an anderen öffentlichen
Schulen zugebrachten Dienstzeit „unter gewissen Bedingungen*' erfolge, bezieht
sich auf diese Dienstzeit an ausländischen öffentl. Schulen.'' Falk.
Verfl des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 21. Jan. 1880 an die Patro-
nate etc. „Der § 14 der AUerh. Verordn. v. 28. Mai 1846, betr. die Pensionirung
der Lehrer und Beamten an den höh. Unterrichtsanstalten, schreibt vor, dafs,
wenn die Pensionen vom Staate und von Commnnen gemeinschaftlich oder
blofs von Communen oder gröfseren Communalverbänden zu zahlen sind, nur
diejenigen Dienste angerechnet werden, welche der zu Pensionirende im Militär
nnd den zur Pensionszahlung verpflichteten Communen im Schul- oder in einem
anderen Amte geleistet hat, falls hierüber nicht andere Verabredungen
getroffen sind. Diese Bestimmung ist, wie der Erlafs des H. Ministeis
V. 20. Febr. 1873 des Näheren begründet, durch den § 19 des Pensionsgesetzes
V. 27. März 1872 nicht aufgehoben. Demgemäfs bedarf es, wenn ein schon
anderweitig angestellt gewesener Lehrer an eine nicht lediglich aus Staatsfonds
zu unterhaltende höh. Unterrichtsanstalt berufen wird, einer Verständigung
darüber, ob demselben die bis dahin zurückgelegte Dienstzeit im Falle seiner
Pensionirung angerechnet werden soll oder nicht.
Das Unterlassen einer rechtzeitigen Ordnung dieser Angelegenheit hat
neuerdings in mehreren PensionirungsfäUen zu unangenehmen Weiterungen
geführt. Wir finden uns deshalb zu der Anordnung veranlafst, dafs in Fällen
der in Bede stehenden Art, sofern nicht seitens der Patronate die Berück-
sichtigung auch der in anderen Amtsstellen zurückgelegten Dienstzeit ein für
alle Mal in rechtsverbindlicher Weise beschlossen ist, eine bezügliche specielle
Bestimmung in den Vocationen enthalten sein mufs, und werden
Vocationen, in welchen diese Anforderung unbeachtet geblieben ist, als in einem
wesentlichen Punkte unklar ansehen und nicht femer bestätigen.
Die Stadt Berlin macht nach dem Vorgange des Staates (vgl. § 13
der Verordn. v. 28. Mai 1846) bei der Pensionirung von Lehrern an höh.
Unterrichtsanstalten zwischen den ihr selbst und den, anderen Communen oder
dem Staate im Schulfache geleisteten Diensten grundsätzlich keinen Unterschied.^)
Ein gleich liberales Verfahren können wir allen Schulpatronaten unseres Bessorts
nicht blofs der Lehrer wegen, sondern in erster Linie auch im wohlverstandenen
Interesse ihrer Anstalt nur auf das eindringlichste empfehlen. Die allgemeinere
Durchführung desselben würde die jetzt so oft obwaltende Schwierigkeit^ fär
^) In den Vocationen für die Lehrer an den höh. Unterrichtsanstalten
städtiBchen Patronats zn Berlin lautet der betr. Passus unter Nr. 7: .Wie alle
städtischen Lehrer hat auch Herr etc. nach Ck)mmunalbe8chlufB bei eintretender
Dienstunfähigkeit auf eine Pension Anspruch. Bei der Berechnung und Feststellung
der Pension bewendet es bei den bezügl. gesetzl. Bestimmungen, wie sie s. Z. des
Eintritts des Pensionirungsfalles bestehen werden, mit der MaCsgabe, dafs den
städtischen Lehrern auch diejenigen Dienstjahre angerechnet werden, wahrend
welcher sie vor ihrer Anstellung im städtischen Dienst, im Staatsdienste oder im
Dienste einer andern Gemeinde angestellt gewesen sind."
i
367
Anstalten privaten Patronats namentlich an kleineren Orten anderweitig bereits
bewährte Lehrkräfte zu gewinnen, wesentlich vermindern."
Min. Verf. y. 14. Juni 1883. „Dem K. ProY.Sch.C. erwidere ich ,
dafs die Bestimmung in § 13 der Pensionsverordnung v. 28. Mal 1846 mit der
Bestimmung in § 19, 1 a des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 nicht im
Widerspruche steht, also nicht zu denjenigen Bestimmungen zu rechnen ist,
welche nach § 38 dieses Gesetzes aufser Kraft getreten sind. — Yergl. u. a. die
im Einverständnisse mit dem H. Finanzminister erlassene Verf. v. 10. Oct.
1872 und die Min. Verf. v. 9. Oct. 1874 S. 365, bezw. GBL 1872 S. 687.«
V. Gofsler.
Zur Berechnung der Pension (§ 7 ff. des Gesetzes v. 27. März
1872). C.Verf. v. 16. Aug. 1872: „In Folge der vom 1. Jan. d. J. ab ein-
getretenen Erhöhung der Beamtenbesoldungen ist es vorgekommen, dafs Pro-
vinzialbehörden die in den Etats vorgesehenen Gehaltszulagen auch an solche
ihnen unterstellte Beamte bewilligt haben, deren Versetzung in den Buhestand
mit Pension bereits vor dem Termin, wo Zulagen auf Grund des Gesetzes über
den Staatshaushaltsetat zahlbar gemacht werden konnten, jedoch mit Bestimmung
eines späteren Zeitpunkts für den Amtsaustritt verfugt war.
Eine derartige Bewilligung kann als zulässig nicht erachtet werden.
Mit der Verfügung, welche die Versetzung eines Beamten in den Buhestand
ausspricht und seine Pension endgiltig festsetzt, hat die Dienstlaufbahn des-
selben ihren Abschlufs gefunden, wenn auch für den Dienstaustritt selbst ein
späterer Termin festgesetzt ist. Dadurch wird ausgeschlossen, dafs der aus-
scheidende Beamte als solcher weitere Vermögensrecht!. Ansprüche dem Staate
gegenüber erwerbe. Demgemäfs darf ihm eine Gehaltserhöhung, welche
gleichzeitig auch eine Erhöhung der festgesetzten Pension bedingen würde,
nicht mehr bewilligt werden. Hiemach ist in allen künftig vorkommenden
Fällen zu verfahren."
Lehrer an den mit den höh. Lehranstalten organisch verbundenen Vor-
bereitungsklassen sind pensionsberechtigt.
Min. Verf. v. 22. Aug. 1859: „Auf den über die Pensionsberechtigung
des Lehrers N. an der Vorbereitungsklasse des Gymn. zu N. erstatteten Bericht
V. — erwidere ich dem K. Prov.Sch.C, dafs, da die Vorbereitungsklasse einen
integrireiiden Teil des Gymn. bildet, der N. in Beziehung auf seine Pensions-
verhältnisse gleich den übrigen Lehrern der Anstalt zu behandeln ist Bei
näherer Erwägung wird sich derselbe überzeugen müssen, dafs diese Entschei-
dung seinem eigenen wohlverstandenen Interesse entspricht, da seine Voraus-
setzung, dafs er anderenfalls bei eintretender Dienstuntauglichkeit den 3. Teil
seines Einkommens als Emeritengehalt aus der Gymnasialkasse beanspruchen
dürfte, der gesetzlichen Begründung entbehrt."
Das Probejahr wird unterschiedslos angerechnet; mithin auch, wenn
dasselbe bei einer aus Communalmitteln unterhaltenen Lehranstalt abgeleistet
worden ist (Vgl. Ges. v. 27. März 1872 § 14, 5, s. S. 358.)
Schreiben des Finanzmin. v. 13. Jan. 1875: „Auf das gef. Schreiben
V. — erkläre ich mich damit einverstanden, dafs die einjähr. Uebungszeit der
Schulamtscandd. in den Semin arien für höh. Schulen in gleicher Weise wie
das regelm. Probejahr an den gelehrten Schulen bei Feststellung der nach dem
Gesetz v. 27. März 1872 zu gewährenden Pensionen auf Grund der Nr. 5 des
§ 14 dieses Gesetzes als Dienstzeit anzurechnen ist" —
Verf. des Finanzmin. und des Min. der geistl. etc. Angl. v.
21. April 1873: „Ew. — haben in dem gef. Bericht v. 11. v. M. die Geneh-
Biigung dafür beantragt» dafs den Begierungs- und Schulräthen N. und N. bei
Diesem Antrage TennOgen wir fnr jetzt keine Folge n geben.
GemäTB % 19 des Pensionsgeeetzes t. 27. lUn t. J. sind Zosiclieniiigen
der gedachten Art nor den seit ErUfs dieses Gesetzes AnzasteDeDden und zwar
znr Zeit der Anstellung za erteilen. Hinsiclitl. der froher im nnmlttdb.
Staatsdienst Angestellten kann die Frage, in wie weit die AUeih. Genduuigong
znr Anrechnung der im g 19, l.a) a. a. 0. bezeichneten, an ödk nicht an-
rechnnngsföhigen Dienstzeit nachznsnchen sein mochte, erst bei beToistebender
Pensionimng nachgesDcbt werden. Eine Abweichnng Ton diesem, der seither.
Praxis entsprechenden Gnuidsatz empfiehlt sich nm so weniger, als hei der
bezfigl. Entschliefsnng das Lebens- und Dienstalter, die Gesamtheit der persOnl.
nnd der VermJJgensrerhftltniBse, die Würdigkeit des in den Bnhestand tretenden
Beamten
nnmittellN
Momente
Den gl
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C.V
geeetzes ^
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teilen za
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besondere
dem Insti
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Lehrern i
brachte I
Anstalten
worden, 6
oder die !
stalinng
weiterhin
(8. oben S. 338 f.: §g 15—18 des OesefaeB t. 27. März 1872.)
Pensionsreglm. v. 30. April 1825: „g II. Wenn ein &nf Lebenszeit
angestellter CiTÜbeamter vorher im MilitAr ^eatanden bat, so kommt anch die
im activen Militärdienste angebrachte Zeit zur Berechnung. Der Bestimmung
im § 9 gemäTs, fcann jedoch aacb diese Dlensteeit erst vom Anfang des
21. Lebensjahres ab, zn gut gerechnet werden; aneschllefslich indefs der in
einem Kriege stattgefiindenen Dienstzeit, welche zur Berechnimg gezogen wird,
anch wenn der betr. Beamte das 20. Lebensjahr damals noch nicht voll-
endet hat
Die Zeit des vor dem Feinde geleisteten Hilitflrdienstes
wird doppelt gerechnet, jedoch nur in dem Falle, wenn solche sogleich
bei der Verabschiedung ans dem Hilit&r von der competenten UilitArbebörde
ansdrücklicb bescheinigt nnd die Daner derselben in dem Abschied angegeben
ist; anf deren nacbtrSglichen Nachweis soll nicht eingegangen werden. Wird
ein ehemaliger Militftr wShrend der feststehenden Probezeit wieder entlassen,
so bat er keinen Anspruch auf Civilpension, und es wird ihm nnr die ihm
dwa flüher bewilligte Hilitarpeneion ans dem Militär - Pensionfonds wieder
l{owährt"
CO. T. 10. Jan. 1828: „Anf Ihre Anfrage bestimme ich, dafs, sowie bei
Feststellung der Anspräche anf das Dien Btanszelchnungs kreuz und die Dienst-
. anszeichnnng, auch bei Pension iningen die Jahre der Gefangenschaft in
der Begel nicht als Dienstjahre gerechnet werden dürfen. Nur in solchen
Fällen, wo die Gefangenschaft Folge einer schweren Verwundung ist, oder wo
andere Umstände eine besondere Berücksichtigung begründen, behalte ich Mir
vor, über die Anrechnung jener Zeit besonders zu bescbliefsen. Damit aber
solche Fälle Mir znr Entscheidung vorgelegt werden können, mufs in den Ein-
gaben zur Pensionimng jedesmal nachgewiesen werden, ob, bei welcher Gelegen-
heit, durch welche speciellon Umstände und wie lange das betr. Individuum in
Kriegsgefangenschaft gerathen ist."
CO. V. 18. Dec. 1864: „Ich bestimme mit Bezug auf den g 8 des Militb--
Ponsionsreglra. v. 13. Juni 1825, dal^ der diesjährige Feldzng gegen
Dänemark den dabei Beteiligten hei Berechnung ihrer Dienstrzeit als ein
Kriegsjahr in Anrechnung kommen soll. Für die Beteiligung ist der statuten-
mäTsige Besitz der durch Meine Ordre v. 10. Nov. dieses Jahres gestifteten
Kriegs denkmnnze mal^bend. Das Staatsministerium hat hiemach das Weitere
za Teranlassen." Wilhelm.
CO. V. 6. Nov. 1866: ,Jch bestimme mit Bezug anf § 8 des Hil.-
Pensionsreglffl. v. 13. Juni 1825, daä der diesjähr. Feldzug den dabei Be-
teiligien bei Berechnung ihrer Dienstzeit als ein Kriegsjahr in Anrechnung
kommen soll. Für die Beteiligung ist der statutenmäfaige Besitz des durch
Meine Ordre v. 20, Sept. d. J. gestifteten Erinnerungskreuzes m&Tsgebend. Das
Staatamin. hat hiernach das Weitere zu veranlassen." Wilhelm.
CO. V. 11. Febr. 1875: „Anf Grund der Bestimmungen des § 23 des
Gesetzes, betr. die Pensionimng und Versorgung der Militär - Personen etc.
V. 27. Jnni 1871, genehmige ich, dafs der Feldzng des Jahres 1866 denjenigen
in den Civil- oder HUitärdienst des Beiches eingetretenen Offizieren, Beamten
nnd Mannschaften, welche bei Truppen der in jenem Jahre im Kriege befind-
lich gewesenen deutschen Staaten gestanden haben, als Krieg^ahr anzurechnen
ist, sofern dieselben an einem Gefecht teilgenommen oder behufs Ausführung
VI«*B> Vuradnangen. n. 24
370
Yon Operationen zn kriegerischen Zwecken die Grenzen ihrer damaligen Heimats-
Iftnder verlassen haben. Dieser mein Erlafs hat rackwirkende Kraft fnr alle
seit dem Jahre 1866 pensionirten Personen der genannten Eategorieen.^
Wilhelm.
CO. y. 16. Mai 1871: Jch bestimme mit Bezog auf § 8 des Militär-
Pensionsreglm. y. 13. Jnni 1825, dafs der Feldzng gegen Frankreich
von 1870/71 den an solchem Beteiligten bei Berechnnng ihrer Dienstzeit nach
folgenden Grundsätzen als Eriegsdienstzeit in Anrechnung zu bringen ist:
1. Denjenigen Beteiligten, welche in jedem der beiden vorbezeichneten
Jahre an einer Sdüacht» einem Gefecht resp. einer Belagerung teilgenommen,
oder welche je 2 Monate ans dienstl. Veranlassung in Fraulich zugebracht
haben, kommen 2 Kriegsjahre in Anrechnung. 2. Deigenigen dagegen,
welche diese Bedingungen nur in einem der Jahre 1870 oder 1871 erföllt»
sowie Denjenigen, welche ohne an einem Kampfe teilzunehmen, nur in beiden
Jahren zusammen 2 Monate fortlaufender Zeit aus dienstlicher Veranlassung in
Frankreich zugebracht haben, ist nur ein Kriegsjahr in Anrechnung zu bringen.
Die Anrechnung des Jahres 1871 als Kriegsjahr far Diejenigen, welche in
diesem Jahre nicht an einem Kampfe beteiligt gewesen, findet jedoch überhaupt
nur in dem Falle statt, wenn die Betreffenden bis zum 2. M&rz dieses Jahra
mindestens 2 Monate aus dienstl. Veranlassung in Frankreich anwesend waren.*'
Wilhelm.
Vorbereitung der Pension.
C.Verfl y. 9. Dec. 1852: „Bei der Pensionirung von Lehrern und Be-
amten an den höh. Unterrichtsanstalten müssen die Ansätze über die Dienst-
zeit des zu Pensionirenden in den Pensionsnachweisungen durch die Vocation
oder Bestallung oder sonstige die Anstellung darthuende Urkunden für jede
Dienststellung, welche der zu Pensionirende eingenommen hat, in Urschrift oder
in beglaubigter Abschrift belegt, auch mufs, wenn beim Dienstantritt die Ver-
eidigung stattgefunden hat, der Nachweis darüber geführt, und, wenn die Pen-
sionirung durch Krankheit oder körperl. Unfähigkeit zur Verwaltung des Dienstes
yeranlafst wird, ein ärztl. Attest darüber beigefügt werden. Ich mache das
K. ProY.8ch.C. auf diese Erfordernisse aufmerksam und erwarte, dafs denselben
künftig vollständig genügt werde.*'
C.Verf. der Minister des Innern, der Finanzen und des Kriegs
y. 24. Sept 1874: „Zur Sicherung eines gleichmäfsigen Verfahrens bei der
Vorbereitung der Pensionirung yon Civilbeamten und bei der Verrechnung der
Pensionen wird hierdurch Nachstehendes angeordnet:
1. Um der Bestimmung des Alinea 1 im § 20 des Pensionsgesetzes
y. 27. März 1872 zu genügen, sind die Berichte über Anträge von Beamten
auf Pensionirung stets mit einer ausdrückl. Erklärung der denselben unmittel-
bar vorgesetzten Dienstbehörde darüber zu versehen resp. zu begleiten, ob sie
nach pflichtmäfsigem Ermessen den Beamten far unMig hält, seine Amts-
pflichten femer zu erfüllen.
2. In allen Fällen ist thunlichst darauf zu halten, dafs mit dem in den
Buhestand zu versetzenden Beamten, sofern nicht in dem Antrage desselben auf
Pensionirung schon ein bestimmter Zeitpunkt für deren Eintritt nachgesucht
ist, über diesen Zeitpunkt eine ausdrückliche Vereinbarung vor der Bericht-
erstattung über den Pensionsantrag herbeigefahrt wird.
3. In die Vorschlags-Nachweisungen zur Bewilligung von Pensionen an
Beamte, welche auf Anrechnung einer Militärdienstzeit Anspruch haben, ist
eine Angabe darüber au&unehmen, ob eine und event. welche Invalidenpensien
371
ihnen vor dem Eintritt in den Givildienst bewilligt ist (§ 107 des Mil.Pen-
sionsgesetzes v. 27. Jnni 1871). 4. Im Lanfe des Jahres sind die nach
dem Alin. 2 des § 107 des Mil. Pensionsgesetzes y. 27. Jnni 1871 bei dem
Wiederansscheiden der im Givildienst angestellt gewesenen Milit&rpensionäre
denselben in Anrechnung anf die von ihnen erdienten höheren Givilpensionen
wieder anzuweisenden InvaUdenpensionen in gleicher Weise wie die Givil-
pensionen bei dem Givilbeamten- Pensionsfonds zn Teransgaben. Am Jahres-
schlafs ist dann aber dnrch eine specielle Nachweisnng festzustellen, welcher
Betrag an solchen Invalidenpensionen unter den bei dem Givilfonds veraus-
gabten Pensionen begriffen ist/'
C.Verf. V. 5. Apr. 1878. „In neuester Zeit ist wiederholt vorgekommen,
dafs Prov.Sch.GoUegien zu den Anträgen auf Pensionirung von Lehrern und
Beamten an höh. Lehranstalten nur angezeigt haben, der in den Buhestand
Tretende sei nach dem Ausspruche des Ans^tsdirectors unfähig, seifte Amts-
pflichten noch femer zu erfüllen. Diese Angabe genügt nicht; es ist viel-
mehr nach § 20 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 zum Erweise der Dienst-
unföhigkeit eines seine Versetzung in den Buhestand nachsuchenden Beamten
oder Lehrers von dem Prov.Sch.G. selbst als der unmittelbar vorgesetzten Dienst-
behörde die Erklärung abzugeben, dafs sie nach pflichtmäfsigem Ermessen den
Beamten resp. Lehrer für unfähig halte, seine Amtspflichten femer zu erfüllen.
Ich bringe die genaue Beachtung der mittels G.Verf. v. 2. Dec. 1874 ^) ge-
gebenen Vorschriften hiermit in Erinnerung."
Anfangstermin der Pensionirung. G.Verf.v. 29. Juni 1864: „Auf
den Bericht v. — will ich die von dem Guratorium des Gymn. zu N. beantragte
Pensionirang des Oberlehrers N. hiermit genehmigen. Da derselbe bereits
aufser Function getreten und nicht mehr dienstfähig ist, so finde ich nichts
dagegen zu erinnern, dafs als Termin seiner Pensionirang eine Zeit innerhalb
des Schuljahrs, der 1. Dec d. J., angenommen und er bis dahin beurlaubt
werde. Im AUgm. ist aber festzuhalten, dafs nur Ostem und Michaelis, als
die Zeit des Amtsantritts der Lehrer, auch die geeigneten Pensionirangstermine
sind. Auch da, wo jährige, mit Ostem beginnende Gurse eingeführt sind, bildet
Michaelis einen Abschnitt im Schuljahr.'*
Aufbringung der Pension (s. S. 356: § 6 des G^etzes v. 27. März
1872). Bei den Staatsanstalten werden von den Lehrem die früher nach den Be-
stimmungen des Beglm. v. 30. Apr. 1825 und der A. Verordn. v. 6. Mai 1867
(GS. p. 713) zu entrichtenden einmaligen und fortlaufenden Pensions-
beiträge seit 1868 nicht mehr gezahlt
G.Verf. V. 23. Juli 1868: „Nachdem durch den Staatshaushaltsetat für
1868 und die wegen dessen Ausführung ergangenen Verfügungen den Dir.,
Lehrem und Beamten an den höh. Unterrichtsanstalten königl. Patronats die
früher an den allgm. Givil-Pensionfonds zu entrichtenden einmaligen und laufen-
den Pensionsbeiträge v. 1. Jan. d. J. ab definitiv erlassen worden sind, er-
scheint es nothwendig, die Entlassung der Dir., Lehrer und Beamten an allen
Anstalten, auf welche das Gesetz v. 28. Mai 1846 Anwendung findet, von der
Verpflichtung zur Zahlung derartiger Beiträge herbeizufuhren. Für den Weg-
fall dieser Einnahmen kann jedoch den bek. Anstalten resp. Fonds ein Ersatz
aus Staatsmitteln nicht gewährt werden. Bei Begulirang dieser Verhältnisse
muf^ deshalb besonders darauf geachtet werden, dafs künftig eine Beein-
trächtigung der Rechte der Dir., Lehrer und Beamten auf die ihnen gesetzL
^J Durch dieselbe wurde obige C.Verf. v. 24. Sept. 1874 zur Kenntnis-
nahme und Nachachtong mitgeteilt. GBl. 1875 S. 4.
24»
372
Zustehende Pension nicht eintreten kann. Eine Abftndernng des (resetEes
y. 28. Mai 1846 erscheint ferner in Bäcksicht anf die Yerschiedenartigkeit, in
welcher das Pensionswesen an den einzelnen Anstalten geordnet ist, schwer
herbeizuführen nnd mit Bücksicht auf die Bestimmung im § 16 des Gesetzes,
wonach den Lehrern nnd Beamten keine höheren Beiträge, als den pensions-
berechtigten Civil-Staatsdienem auferlegt werden dürfen, nicht erforderlich. Ich
halte es demnach für angemessen, für jede der oben erwähnten Anstalten be*
sonders das Pensionswesen auf Grundlage des Wegfalls der bisher von Lehrera
und Beamten gezahlten Beiträge neu zu regeln.
1. Was hierbei zunächst die Anstalten kOnigl. Patronats betrifft, welche
entweder far sich oder mit anderen gemeinschaftlich besondere Pensionsfonds
gebildet haben, oder die aus Fonds YoUständig ausgestattet sind, welche zwar
nur far bestimmt begrenzte Zwecke verwendet werden dürfen und daher in ge-
wissem Sinne als Stifkungsfonds angesehen werden können, die Eigenschaft
von Staatsfonds, wenn auch nur mittelbarer, dadurch aber nicht verloren haben,
so erwarte ich die Anträge des K. Prov.Sch.C. wegen künftiger Freilassung
der Lehrer und Beamten von Pensionsbeiträgen, um darüber event nach Be-
nehmen mit dem H. Finanzmin. zu befinden. 2. Gleichen Anträgen sehe
ich entgegen in Betreff der Anstalten, welche sich aus eigenen Mitteln erhalten
und mit ihrem Vermögen unter unmittelbarer Aufsicht und Verwaltung des
E. Prov.Sch.C. stehen, und deren Vermögenslage den Wegfall der in Bede
stehenden Pensionsbeiträge unbedenklich erscheinen läfsi
3. Was diejenigen Anstalten betrifft, deren Vermögenslage hinsichtL der
Fähigkeit zur Zahlung künftig flüssig zu machender Pensionen zu Bedenken
Anlafs giebt, oder welche von Privatpersonen oder anderen Gorporationen, als
Gommunen zu unterhalten sind, so mufs bei diesen dafür Sorge getragen werden,
dafs der Pensionsfonds erhalten und ihm auch femer die jetzt von Lehrern
und Beamten gezahlten Beiträge zugeführt werden. Es wird dies dadurch zu
ermöglichen sein, dafs dem Pensionfonds an Stelle der Beiträge der Lehrer
und Beamten ein Teil des einkommenden Schulgeldes etc., dessen Erhöhung
event. in Aussicht genommen werden kann, zugewiesen wird. Event werden
die Beteiligten zu disponiren sein, die Beiträge nach Mafsgabe ihrer subsidiären
Verpflichtung für Zahlung der Pensionen auf sich zu nehmen. In gleicher
Weise ist bei den Anstalten zu verfahren, welche vom Staat und Gommunen
gemeinschaftl. zu unterhalten sind. —
4. Was die Anstalten betrifft, welche allein von Gommunen oder gröfseren
Gommunalverbänden unterhalten werden, so haben die gröfseren Stadtgemeinden
bereits vielfach den Lehrern und Beamten an ihren Unterrichtsanstalten die
Pensionsbeiträge erlassen. Diejenigen Stadtgemeinden, welche dies noch nicht
gethan haben und an deren Fähigkeit zur Zahlung der künftig au&ubringenden
Pensionen nach dem Urteil des E. Prov.Sch.G. und der zuständigen K. Be-
gierung nicht zu 'zweifeln ist, sind aufzufordern, dem gegebenen Beispiel zn
folgen. Das E. Prov.Sch.G. ermächtige ich, die desfallsigen Beschlüsse der
Stadtgemeinden Seinerseits resp. im Einvernehmen mit der zuständigen E. Be-
gierung zu bestätigen. Wo die Pensionsbeiträge der Lehrer bisher in eineu
allgm. Gommunal- Pensionsfonds geflossen sind, werden die Gommunen zur
Uebemabme dieser Beiträge auf die eigenen Einnahmen der Anstalt resp. andere
geeignete Fonds geneigt zu machen sein. 5. Dagegen kann solchen Gommuneu,
welche hinsichtL der qu. Pensionen nicht für völlig leistungsfähig zu erachten
sind, die Auflösung der gebildeten Pensionsfonds resp. die Minderung ihrer
Einnahmen nicht gestattet werden. In derartigen Fällen ist vielmehr nur darauf
hinzuwirken, dall3 die jetzt von den Lehrern und Beamten zu entrichtenden
Beiträge auf die Gonununalkasse übernommen und von dieser an den Pensions-
fonds abgeführt werden. —
373
In Zukunft ist die Genehmigung zur Gründung höherer Unterrichts-
anstalten resp. die Anerkennung bestehender Anstalten als höherer Unter-
richtsanstalten zu versagen , falls das Pensionswesen nicht der Ai-t geregelt
ist, dafs von den Dir., Lehrern und Beamten Pensionsbeiträge nicht erhoben
werden." v. Mühler.
Bei den Anstalten, welche nicht aus Staatsfonds unter-
halten werden, ist die Entrichtung besonderer Pensionsbeiträge meistenteils
auch aufgehoben. Zur Bestreitung der Pensionen sind bei ihnen meist eigene
Pensionsfonds errichtet Nur gröfsere Stadtgemeinden bleiben in der Segel
davon befreit (s. Abt. I. p. 33). Sobald der Pensionsfonds vollständig absorbirt
ist, werden die laufenden Lehrerpensionen von den zur Unterhaltung der Anstalt
subsidiarisch Verpflichteten aufgebracht. Die Vorschrift, dafs aus der blofsen
Gewährung von Bedürfniszuschüssen eine Verbindlichkeit des Staats zu Pensions-
beiträgen nicht hergeleitet werden kann (§ 6 der Verordn. v. 28. Mai 1846),
ist durch rechtskräftiges Erkenntnis des K. 0 Tribunals v. 10. Nov. 1860
interpretirt. —
CO. V. 13. März 1848: „Auf Ihren Antrag v. — ermächtige Ich Sie,
gröfsere Stadtgemeinden, denen die alleinige Unterhaltung einer, mit zu-
reichendem eigenem Vermögen nicht ausgestatteten höh. Unterrichtsanstalt ob-
liegt, von der im § 16 der Verordnung v. 28. Mai 1846 vorgeschriebenen
Bildung eines besonderen Pensionsfonds far die Lehrer und Beamten solcher
Unterrichtsanstalten zu entbinden und ihnen die Einziehung der Pensions-
beiträge der Lehrer und Beamten zur Stadtkasse zu gestatten. Dagegen behält
es auch in Fällen dieser Art bei der durch jene Verordnung bestimmten Ver-
bindlichkeit der Stadtgemeinden zur Gewährung der gesetzl. Pensionen an die
gedachten Lehrer und Beamten sein Bewenden."
Min. Verf. v. 9. Dec. 1882: „Dem K. Prov.Sch.C. erwidere ich auf
den Bericht v. 31. Oct. d. J., dafs das Gesetz v. 31. März d. J. (S. 361) nach
Artikel HI desselben und im Hinblicke auf § 6 des Pensionsgesetzes vom
27. März 1872 auch auf die Lehrer an städtischen höh. Unterrichtsanstalten
unzweifelhaft Anwendung findet. Selbstverständlich wird dadurch der bereits
bestehende Unterschied zwischen den Lehrern an staatlichen und städtischen
Anstalten bezüglich der Berechnung der an anderen Anstalten verbrachten
Dienstzeit (§§ 13 u. 14 der Pensions -Verordn. v. 28. Mai 1846, s. S. 364)
nicht beseitigt.
Die von dem K. Prov.-Sch.G. gegen die Anwendbarkeit der Novelle vom
31. März d. J. auf die Lehrer an städtischen höh. Unterrichtsanstalten ange-
führten Gründe sind nicht zutreffend. Dafs der Schlufssatz des § 6 des Pensions-
gesetzes V. 27. März 1872 eine besondere Bestimmung über die Aufbringung
der Pensionen enthält, rechtfertigt sich aus dem Umstände, dafs die Pensionen
der Lehrer an nicht staatlichen Anstalten nicht aus der Staatskasse zu zahlen
und Vorschriften für die Anbringung der aus anderen Kassen zu gewährenden
Pensionen nicht zu entbehren sind."
Min. Verf. v. 9. März 1884: „Auf den Bericht v. 8. Febr. d. J., betr.
die Pensionirung der am städtischen Bealgymn. zu N. angestellten Lehrer, des
Dir. N. und des Oberl. 0., erwidere ich dem E. Prov.Sch.C. Folgendes:
Es hat mich einigermafsen befremdet, dafs der Magistrat zu N. in dem
Berichte vom 22. Jan. d. J. die unbedingte Anwendbarkeit der Pensions-
novelle V. 31. März 1882 auf die beiden hier in Frage kommenden Lehrer des
Bealgjmnasiums in Abrede stellt, indem er mitteilt, dafs dies Gesetz von den
städtischen Behörden für die städtischen Lehrer und Beamten noch nicht an-
genommen sei.
374
Nach Art JH. des Gesetzes t. 31. M&rz 1883 kaan es nieht im Mindeeteo
zweifelhaft sein, dafs dies Gesetz genaa ebenso wie das Gesetz t. 27. Mte
1872, auf die Lehrer nnd Beamten an allen höh. Unterrichtsanstalten, also
auch an dem st&dtischen Bealgymn. za N. Anwendung findet^ ohne dab es
darauf ankommt, ob die städtischen Behörden dasselbe angenommen haben
oder nicht.
Einer Berichtignng bedarf auch die Ausföhmng des E. Proy.Sch.C., dafii
der Dir. N., obwohl er YoUkommen gesund ist und seine Leistongslähigkeit
nach den Revisionen der letzten Jahre evident dargethan hat, mit Rücksicht
auf sein Lebensalter von über 65 Jahren unfreiwillig in den Ruhestand versetzt
werden kOnne. Dies trifft nicht zn, weil nach dem Znsatze, den § 30 des
Pensionsgesetzes v. 27. Mftiz 1872 dnrch den Artikel I. der Novelle v. 31. März
1882 erhalten hat, die unfreiwillige Yersetzong eines über 65 Jahre alten Be-
amten in den Ruhestand nnr nach Anhörung desselben und unter Beobachtung
der Vorschriften des § 20 ff. des Gesetzes vom 27. Mäns 1872 erfolgen kann,
also nur auf Grund der Erklärung der unmittelbar vorgesetzten Dienstbehörde,
dafs sie den betr. Beamten nach pflichtmäfsigem Ermessen für unfähig halte,
seine Amtspflichten femer zu erfüllen. Nur bei Beamten, welche das 65. Lebens-
jahr überschritten haben und die Pensionirung nachsuchen, bedarf es
dieser Erklärung der vorgesetzten Dienstbehörde nach dem im citirten Artikel L
enthaltenen Schlufssatze des § 1 nicht mehr.
Auch die Annahme des E. Prov.Sch.C., dafs der N. vollkommen in seinem
Rechte sei, wenn er die Gehaltszulage von — Mk. (zu seinem Directorgehalte
von — Mk.) von dem Zeitpunkte an beansprucht, wo die Stadt N. mehr als
50 000 Civileinwohner zähl^ also vom 1. April 1882 an, ist nicht zutreffend.
Mit Ausnahme der richterlichen Beamten, für welche besondere Bestimmungen
gelten, steht keinem Beamten — von etwaigen Verabredungen abgesehen —
ein Rechtsanspruch auf Gehaltserhöhung zu. Solange also der Magistrat zu N.
dem N. die fragliche Gehaltszulage nicht ausdrücklich bewilligt, kann letzterer
ein Recht auf Gewährung derselben nicht in Anspruch nehmen. Anders steht
es bezüglich der Frage, ob das Verlangen des N. nicht in der Billigkeit be-
gründet ist, und femer, ob die städtischen Behörden nicht mit Rüclraicht auf
die dem Realgymn. gewährte Staatssubvention den Staatsbehörden gegen-
über verpflichtet sind, den Normaletat vom 20. April 1872 auch bezüglich der
Gehaltserhöhung far N. zur Ausführung zu bringen. Diese Frage mufs aller-
dings bejaht werden und es würde Sache des E. Prov.Sch.C. gewesen sein,
nachdem im August 1882 die Verhandlungen mit dem Magistrate bezüglich
dieses Punktes fhichüos verlaufen waren, darüber hierher zu berichten, damit
ich in die Lage kam, wegen der NichterfoUung des Normaletats seitens der
städtischen Behörden meine Entschliefsungen zu fassen. Nachdem dies leider
verabsäumt worden ist^ will ich davon absehen, die Nachzahlung der — Mk. an
N. far die Zeit vom 1. April 1882 bis dahin 1884 zu verlangen, und überiasse
es dem letzteren, diesen Teil seiner Forderung event. selbst zu verfolgen. Da-
gegen kann ich es nicht gestatten, dafs der Normaletat noch über die Zeit
vom 1. April 1884 hinaus unerfüllt bleibt, und veranlasse das E. Prov.Sch.C.,
den Magistrat zu einem Beschlüsse binnen 4 Wochen darüber aufrufordem, ob
er för den Fall, dafs die Versetzung des N. in den Ruhestand nicht definitiv
vereinbart wird, dem Director die Gehaltszulage von — Mk. vom 1. April 1884
ab zu gewähren bereit ist; demselben ist hierbei zu eröffnen, dafs, wenn die
Erhöhung des Directorgehaltes abgelehnt werden sollte, der dem Realgymnasium
gewährte Staatszuschufs von dem bezeichneten Termine ab zunächst um jährlich
— Mk. gekürzt werden würde.
Was die Pensionirung des Professors 0. betrifft, so kann nach den An-
führungen des E. Prov.Sch.C, namentlich mit Rücksicht auf die Schwerhörig-
375
keit des 0., sein längeres Verbleiben im Amte yod Anfsichtswegen nicht ge-
stattet werden.
Den Zeitpunkt für den Eintritt der Pensionining eines Lehrers zn be-
stimmen, steht nicht dem Patrone, dem Magistrate, sondern nach § 20 ff. des
Pensions-Gesetzes y. 27. Mftrz 1872 dem Departementsche^ also mir, zo. Im
Hinblicke auf § 24 ibid. nnd nnter der Yoranssetznng, dafs die erforderlichen
Vonrerhandlungen noch im Lanfe dieses Monats beendigt werden, bestimme
ich den 30. Juni d. J. als Endpunkt für die lehramtliche Thfttigkeit des 0.,
wenn dieser seine Pensionimng nicht zu einem früheren Zeitpunkte bean-
tragen sollte.
Für die Höhe der Pension desselben können nach § 14 der Pensions-
verordn. v. 28. Mai 1846 nur die 22 im Dienste der Commune N. geleisteten
Jahre und nach § 14e des Pensionsgesetzes y. 27. März 1872 das Probejahr,
zusammen also 23 Dienstjahre in Anrechnung kommen, da 0. anscheinend
eine Militärdienstzeit nicht abgeleistet und bindende Verabredungen mit dem
Magistrate über Anrechnung seiner bei auswärtigen Anstalten zugebrachten
Dienstjahre nicht getroffen hat.
Das E. Proy.Sch.C. berechnet daher die Pension, auf welche 0. einen ge-
setzlichen Anspruch hat, richtig auf — Mk.
Um nun die Pensionirung desselben spätestens zu dem oben bezeichneten
Zeitpunkte herbeizuführen, woUe das E. Proy.Sch.C. sofort nach Eintreffen
dieses Erlasses den 0. in GemäTsheit des § 30 im Artikel I des Gesetzes yom
31. März 1882 über seine Versetzung in den Buhestand anhören und demselben,
sofern es die im § 20 des Gesetzes y. 27. März 1872 erforderte Erklärung ab-
zugeben in der Lage ist, auch 0. seine Versetzung in den Buhestand zn einem
fieberen Termine nicht yerlangt, noch im Monate Mäiz in meinem Auftrage
eröffnen, dafs ich seine Verseteung in den Buhestand zum 1. Juli d. J. be-
stimme, dafs ihm nach den gesetzlichen Vorschriften eine Pension in Höhe yon
— Mk. zustehe und ihm überlassen bleiben müsse, seinen Anspruch auf Zahlung
dieser Pension gegen den Magistrat bezw. die Stadtgemeinde im Prozefswege
geltend zu machen, falls die städtischen Behörden sich nicht freiwillig zur
Pension yerständen.
Zugleich ist mit dem Magistrate in der Sichtung hin in Verhandlung zu
treten, dafs er sich zur Zahlung der Pension an 0. yom 1. Juli er. eyent.
yon dem früheren yon letzterem yerlangten Termine an bereit erklärt . . •
V. Gofsler.
C.Verf. y. 11. Oct 1884: „Den nachgeordneten Behörden meines Bessorts
lasse ich anbei Abschrift der unterm 29. Juli d. J. — yon dem H. Min. d.
Innern und dem H. Finanz-Min. den Proyinzialbehörden der allgemeinen Ver-
waltung erteilten Anweisung zur Ausführung des § 21 Absatz 3 und des § 22
Absatz 2 des Gesetzes y. 30. April d. J., betr. Abänderungen des Pensionsges.
y. 27. März 1872 (s. S. 363), zur Eenntnisnahme und gleichmäfsigen Beachtung
in yorkommenden Fällen zugehen." Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im
Auftr. Greiff.
C.Verf. des Min. d. Inn. und des Fin.Min. y. 29. Juli 1884.
„Auf Grund des § 21 Absatz 3 und des § 22 Absatz 2 des Gesetzes y. 30. April
1884, betr. Abänderungen des Pensionsgesetzes y. 27. März 1872, wird hierdurch
die Entscheidung darüber, ob und zu welchem Zeitpunkte dem auf Versetzung
in den Buhestand gerichteten Antrage eines bei dem E. Ober-Präsidium etc.
angestellten Beamten, für dessen Stelle Ew. etc. (Dem etc.) die Anstellungs-
beftignis zusteht^ stattzugeben ist, sowie ob und welche Pension demselben bei
einer yon ihm beantragten Versetzung in den Buhestand gebührt, dem Herrn
Ober-Präsidenten etc. übertragen.
376
Bei Ansfohrang dieses Auftrages sind die für die Handhabang der
PeDsionsgesetzgebnng -erlassenen Anweisungen ^) zu beachten, zu deren Er-
gänzung hier noch Folgendes bemerkt wird:
1. Dem Antrage eines Beamten, welcher das 65. Lebensjahr noch nicht
vollendet hat, auf Versetzung in den Buhestand unter (Bewährung von Pension
darf Yon Ew. etc. (Dem etc.) nur dann entsprochen werden, wenn Sie denselben
nach pflichtmäMgem Ermessen wegen Schwäche seiner geistigen oder körper-
lichen Kräfte für dauernd unfähig erachten, die Pflichten des ihm uberb'agenen
sowie eines anderen Amtes der allgemeinen Verwaltung Ton nicht geringerem
Bange und Diensteinkommen zu erfüllen, und der Beamte den Antrag be-
dingungslos gestellt hat.
2. Während der Dauer einer gegen einen Beamten eingeleiteten straf-
rechtlichen oder Disciplinar - Untersuchung ist dem Antrage desselben auf
Pensionirung nicht Folge zu geben.
3. Der Zeitpunkt für die Versetzung eines Beamten in den Bnhestand
ist, wenn nicht besondere dienstliche Bücksichten eine abweichende Anordnung
erfordern, immer auf das Ende eines Monates zu bestimmen (cf. §§ 24, 25
und 29 des Pensionsgesetzes y. 27. März 1872). Sofern dieser Termin nicht
mit dem Ende eines Ealender-Quartales zusammenfällt, ist zur Vermeidung
späterer Gehaltserstattuugen thunlichst die Zustimmung des Beamten dazD
herbeizuführen, dafs die letzte Gehaltezahlung nur für den Zeitraum bis zum
Ausscheiden des Beamten aus dem Dienste erfolgt. Die Vorschriften des
% 24 des Pensionsgesetzes finden auch auf die etatsmäfsig unter Vorbehalt der
Kündigung oder des Widerrufes angestellten Beamten (§ 2 Absatz 1 des
Pensionsgesetzes) Anwendung.
4. Wird nachträglich ein Bechteanspruch auf Erhöhung einer Pension
anerkannt, so findet eine Nachzahlung der Differenz zwischen der erhöhten und
der früher angewiesenen Pension nur in den durch die Vorschriften über die
Veijährung bestimmten Grenzen statt.
5. Die rechtlichen Folgen eines Disciplinar-Erkenntnisses des K. Staats-
Ministeriums, durch welches ein Beamter zur Dienstentlassung unter Bewilligung
eines Teiles der gesetzlichen Pension als Unterstützung verurteilt ist (§ 16
Nr. 2 des Disclplinargesetzes y. 21. Juli 1852), treten für die Einstellung der
Gehaltezahlung und die demnächstige Gewährung der Unterstützung mit dem
Beginne desjenigen Monate ein, welcher auf den Monat folgt, in welchem dem
Beamten das Urteil bekannt gemacht ist. (Vgl. C.Verf. y. 27. Febr. 1865
S. 347) Die Dienstzeit des Beamten ist nur bis zu dem Tage dieser Bekannt-
machung des Urteiles zu berechnen.
6. Nach § 1 Absatz 1 des Pensionsgesetzes ist ein Anspruch auf Pension
nur dann begründet, wenn der Beamte in Folge eines körperlichen Gebrechens
oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Krl^ zu der Erfüllung
seiner Amtepflichten dauernd unföhig ist und deshalb in den Buhestand Yer-
setzt wird. In jede Anweisung zur Zahlung einer Pension an einen Beamten,
welcher das 65. Lebensjahr noch nicht YoUendet hat, ist daher die ausdrück-
liche Erklärung aufzunehmen dafs der Beamte „wegen Dienstunfähigkeif* in
den Buhestand Yersetzt sei. Der Anweisung ist eine bis auf weitere Anordnung in
der bisher üblichen Weise aufgestellte, Yon Ew. ete. (Dem etc.) zu Yollziehende
Pensionsnachweisung beizufügen.
7. Auf Grund des § 1 Absatz 2 des Pensionsgesetzes tritt die Pensions-
berechtigung eines Beamten bei kürzerer als zehnjähriger Dienstdauer nur dann
ein, wenn derselbe die Krankheit^ Verwundung oder sonstige Beschädigung,
welche seine Dienstunfähigkeit herbeigeführt hat, sich bei Ausübung des
') S. weiterhin O.Vcrf. v. 10. Mai 1883. (Centralbl. 1883 S. 478.)
377
yyPreafsischdn Ciyil-StaatsdienBtes*' oder aus Yeranlassnng desselben zugezogen
hat. Ist dagegen z. B. die Dienstunfähigkeit die nachträglich hervorgetretene
Folge einer in Veranlassung früheren Militärdienstes ents^ndenen Krankheit,
so findet die Vorschrift keine Anwendung.
8. Ist einem im Disciplinarverfahren zur Dienstentlassung yerurteilten
Beamten nach der Entscheidung der Disciplinar - Behörde ein Teü des gesetz-
lichen Pensionsbetrages als Unterstützung zu gewähren (§ 16 Nr. 2 des Disciplinar-
gesetzes y. 21. Juli 1852), so findet die in dem § 9 des Pensionsgesetzes vor-
geschriebene Abrundung auf volle Thaler nur für den zahlbaren Teilbetrag der
gesetzlichen Pension, nicht dagegen für diejenige Pension, von welcher der
Teilbetrag zu berechnen ist, statt.
9. Die in die Besoldungsetats aufgenommenen Functionszulagen der
Kanzlei-Inspectoren und Botenmeister sind pensionsfähig, wenn sie den Beamten
ohne Vorbehalt des Widerrufes verliehen sind. Dieselben treten dem jeweiligen
Gehaltssatze, welchen der Beamte zur Zeit der Pensionirung bezieht, hinzu und
zwar auch dann, wenn dieser Gehaltssatz das höchste Normalgehalt der betr.
Beamten-Kategorie (§ 10 Nr. 4 des Pensionsgesetzes) bereits erreicht hat Der
Durchschnittssatz des Wohnungsgeldzuschusses (§ 6 des Gesetzes v. 12. Mai
1873, S. 298) gelangt allgemein bei der Berechnung der Pension auch insoweit
zur Anrechnung, als damit das höchste Normalgehalt der Dienstkategorie der
Beamten überschritten wird.
10. Die Vorschriften des § 11 des Pensionsgesetzes finden keine An-
wendung auf Beamte, welche vor ihrer Wiederanstellung definitiv aus dem
Staatsdienste ausgeschieden waren. Der Berechnung einer diesen Beamten zu
gewährenden Pension ist daher lediglich das von ihnen in der letzten neuen
Stellung bezogene Diensteinkommen zu Grunde zu legen (§§ 10 und 28 Absatz 1
des Pensionsgesetzes). Zu diesem Diensteinkommen gehört eine neben dem
neuen Stelleneinkommen an dieselben zahlbar gebliebene Pension nicht Der
Berechnung der Pension aus der letzten Dienstetellung wird die gesamte Dienst-
zeit zu Grande gelegt Beträgt die so berechnete Pension der letzten Dienst-
stellung weniger als eine in der früheren Dienststellung erdiente Pension, so
ist der Betrag der letzteren wieder anzuweisen. Im Uebrigen kann der § 11
des Pensionsgesetzes nur insofern und insoweit zur Anwendung gelangen, als
das frühere Diensteinkommen von dem Beamten mit Pensionsberechtigung be-
zogen ist
11. Die Anrechnung derjenigen Zeit, während welcher die Zelt und Kräfte
eines Beamten durch die ihm übertragenen Geschäfte nur nebenbei in Anspruch
genommen gewesen sind, darf bei der Pensionirung nur dann stattfinden, wenn
die Stelle, deren Pfiichten der Beamte erfüllt hat, in den Besoldungs - Etats
aufgenommen war.
12. Bei der Feststellung der Pension eines Beamten, welcher in Folge
strafgerichtlichen ürteiles oder eines Disciplinar -Erkenntnisses sein früheres
Amt verloren hatte, ist, wenn derselbe nach erfolgter Wiederanstellung im un-
mittelbaren Staatsdienste aus dem neuen Amte ausscheidet, die vor dem Ver-
luste des früheren Amtes im Civildienste zurückgelegte Dienstzeit nicht anzu-
rechnen, während die Anrechnung der Zeit eines Militärdienstes stattzufinden
hat Die Dienstentlassung auf Grund vorbehaltenen Kündigungsrechtes hat
den Verlust des Anspruches auf Anrechnung der früheren Civildienstzeit bei
Feststellung des Pensionsanspruches des Beamten, welcher aus einem ihm wieder
verliehenen Amte in den Buhestand versetzt wird, auch dann nicht zur Folge,
wenn die Dienstentlassung zur Strafe angeordnet war.
13. Fällt nach § 28 Absatz 2 des Pensionsgesetzes in Folge der Ge-
währung einer neuen Pension an einen wieder angestellten Pensionär die dem-
selben früher aus der Staatskasse bewilligte Pension fort, so ist bei Anweisung
•378
der Denen Pension zugleich eine entsprechende Anordnung wegen Wegfsdles
der früheren Pension zu treffen.
14. Die Vorschriften des § 107 des Militär-Pensionsgesetzes Tom 27. Juni
1871 (B. Ges. Bl. S. 275), nach denen die von Civilheainten früher erdienten
Militärpensionen hei dem Ausscheiden derselhen aus dem CiYildienste den
Militärfonds zur Last fallen, finden nur Anwendung auf die Pensionen der
Militärpersonen der Unterklassen (zweiter Teil des Gesetzes). Diese Vor-
schriften kommen auch dann zur Anwendung, wenn die von den Invaliden er-
diente Militärpension vor der Anstellung oder Beschäftigung im Civildienste
thatsächlich nicht zur Anweisung gelangt ist (Ausführungs-Bestimmungen des
Bundesrathes v. 22. Pehr. 1875 VII. 1 — CBl. 1875 S. 611 — )• Die desfalls
in die Golonne „Bemerkungen'^ der Pensions - Nachweisungen aufrunehmende
Bescheinigung ist daher immer dahin zu formuliren, ob und welche Invaliden-
pension der Beamte „erdient" hat Die Bescheinigung, dafs derselbe eine
solche Pension nicht bezogen habe, genügt nicht Dem Vermerke, dafs der
Beamte eine Invalidenpension erdient habe, ist in jedem Falle hinzuzufügen,
ob die Erstattung des Betrages derselben aus dem allgem. Pensionsfonds des
Deutschen Reiches oder aus dem Beichs-Invaüdenfonds (Beichsgesetz v. 23. Mai
1873 § 1 — BGBL S. 117 — und v. 11. Mai 1877 § 1 — BGBl. S. 495 — )
zu erfolgen hat. Zu den aus Militärfonds zu erstattenden Invalidenpensionen
gehören auch die Dienstzulagen, nicht dagegen die Eriegszulagen und die Ver-
stümmelungszulagen (Ausführungs-Bestimmungen des Bundesrathes a. a. O.Vn.6).
15. Erachten Ew. etc. (Das etc.) die Entscheidung über die Pensionirong
eines Beamten für zweifelhaft, oder die Gewährung eines Buhegehaltes auf
Grund des § 2, Absatz 2, bezw. des § 7 des Pensionsgesetzes, oder die An-
rechnung einer nicht bereits als pensionsfähig zugesicherten Dienstzeit auf
Grund der §§ 18 und 19 Nr. 1 und 2 für angezeigt, oder sind Bedingungen
an einen auf Versetzung in den Buhestand gerichteten Antrag von dem An-
tragsteller geknüpft, so ist an uns zu berichten und wird dann die Pension
durch uns festgesetzt In gleicher Weise ist zu verfahren, wenn eine Ver-
setzung in den Buhestand auf dem im § 89 sq. des Disciplinargesetzes vom
21. Juli 1852 vorgeschriebenen Wege eingeleitet und gemäfs § 92 a. a. 0. zu
verfugen ist
16. In die zu erstattenden Berichte über die Gewährung von Pension
auf Grund des § 2 Absatz 2 und des § 7 des Pensionsgesetzes sind allgemein
genaue Angaben über die Dienstführung des Beamten, seine Vermögens- und
Familien-Verhältnisse aufrunehmen, namentlich also auch über Alter und Zahl
der Familienmitglieder, sowie darüber, ob derselbe Verwandte hat, welche zu
seiner Unterstützung fähig und verpflichtet sind. Die Bewilligung eines
Buhegehaltes in der vollen Höhe der gesetzlichen zulässigen Pension bildet
hier die nur unter besonders dringenden Umständen statthafte Ausnahme.
17. Anträge auf Verleihung von Auszeichnungen an Beamte aus
Anlafs ihrer von Ihnen verfugten Pensionirung sind, soweit thunlich, spätestens
sechs Wochen vor dem bestimmt zu bezeichnenden Zeitpunkte des Ausscheidens
der Beamten aus dem Dienste einzureichen."
G.Verf. des Min. d. geistl. etc. .Ang. und des Finanz-Min. v.
11. Aug. 1885. „Auf Grund des § 21 Absatz 3 und des § 22 Absatz 2 des
Gesetzes v. 30. April 1884, betr. Abänderungen des Pensionsgesetzes v. 27. März
1872, wird hierdurch die Entscheidung darüber, ob und zu welchem Zeit-
punkte dem auf Versetzung in den Buhestand gerichteten Antrage eines im
Bessert des E. Ministeriums der geistl., Unt. u. Med. Ang. angestellten Be-
amten, für dessen Stelle der Königlichen Begierung etc. die Anstellungs-
befugnis zusteht, stattzugeben ist, sowie ob und welche Pension demselben
379
bei einer von ihm beantragten Versetzung in den Buhestand gebührt, der Königl.
Begierong etc. übertragen. Bei Ansführnng dieses Auftrages hat die E. Be-
gierung etc. die für die Handhabung der Pensionsgesetzgebung erlassenen An-
weisungen zu beachten, insbesondere auch die Anweisungen in dem Bescripte
des H. Min. des Innern und des mitunterzeichneten Finanz-Min. v. 29. Juli y. J.,
welche der £. Begierung etc. durch meinen, des Ministers der geistL etc. Ang.,
Erlafs y. 11. Oct. v. J. mitgeteilt worden sind. (s. S. 375.)
Wir bemerken hierbei ausdrücklich, dafs der yorstehend erteilte Auftrag
sich auch auf die an den staatlichen höheren Lehranstalten angestellten Lehrer
und Beamten bezieht, für deren Stellen den K. ProY.Sch.GG. die An-
stellungsbefugnis zusteht.**
Vgl. betr. Buhen des Peusionsr echtes §§ 27—29 des Gesetze Yom
27. März 1872 (S. 360).
Kaohträgliohe Fenaionserhöhimg.
C.Verf. y. 20. Mai 1874: „Es sind in neuerer Zeit zahlreiche Gesuche
um PensionserhOhung yon solchen früheren Staatsbeamten eingegangen, welche
Yor Erlafs des für die Pensionirung der Beamten in einigen Punkten günstigeren
Pensionsgesetzes y. 27. März 1872 und yor Eintritt der in den Jahren 1872
und 1873 erfolgten Verbesserung des Dien^teinkommens der actiyen Beamten
in den Buhestand yersetzt waren. Zu einer allgemeinen Erhöhung der Pensionen
ist bei dem Mangel an Bechtsgründen, welche far eine solche Mafsnahme geltend
gemacht werden konnten, kein Anlafs gelinden worden. Um jedoch pensionirten
Beamten in wirkl. Bedürfhisfällen auf nachhaltigere Weise als bisher zu Hülfe
zu kommen, sind [auf Grund einer CO. y. 16. März 1874] yom laufenden
Jahre ab Mittel in den Etats der yerschiedenen Verwaltungen yorgesehen worden,
damit solchen Pensionären, deren Gesamteinnahme durch die inzwischen ge-
stiegenen Preise yieler Lebensbedürfnisse unauskOmmlich geworden ist, unter
Vorbehalt des Widerrufs ein Zuschufs zur Pension als fortlaufende Unter-
stützung, zunächst für einige Jahre (etwa 3 oder 5 Jahre) und später wieder-
kehrend auf weitere Zeiträume yon äh^cher Dauer, bewilligt werden könne.
Die Pensionäre haben sich im Falle des Bedürfuieses mit einem entsprechenden
Unterbtützungsgesuch an diejenige Behörde zu wenden, welche ihre letzte yor-
gesetzte Dienstbehörde gewesen ist
Die E. Begierung etc. beauftrage ich, die hiemächst an Sie gelangenden
derartigen Gesuche yon ehemaligen Beamten aus dem Bessert der geisü. Unter-
richts- und Medic. Verwaltung einer der bezeichneten Absicht entsprechenden
Prüfung zu unterziehen und wenn nach dem Ergebnis derselben und der über
die persOnl. Verhältnisse der Bittsteller yeranlafsten Ermittelungen das Er-
fordernis einer Staatsbeihülfe besteht, solche bei mir, unter einem bestimmten
Vorschlage des zu bewilligenden Betrages, nachzusuchen. Den diesfälligen An-
trägen ist alsdann zugleich eine nach Art der yorgeschriebenen Pensionsyor-
schlags-Nachweisungen aufzustellende Berechnung beizufügen, welche Pension
dem betr. Beamten zu bewilligen gewesen wäre, wenn im Zeitpunkt seiner
Pensionirung das Pensionsgesetz y. 27. März 1872 sowie die in den Jahren
1872 und 1873 erfolgten Verbesserungen des Einkommens der actiyen Beamten,
einschliefsL des Wohnungsgeldzuschusses, schon bestanden hätten. Hierbei
bemerke ich jedoch, dafs in der Hauptsache nicht die Differenz zwischen dem
nach yorstehender Weisung ausgemittelten und dem wirklich gewährten Pensions-
betrage, sondern die Frage der Bedürftigkeit als mafsgebend far die Be-
schlufsfassung, ob und in welchem Umfange eine Unterstützung zu bewilligen
sei, festgehalten werden mufs, und dafs mit jener Differenz nur die äufserste
Grenze angedeutet sein soll, bis zu welcher unter besonderen, dafür etwa geltend
zu machenden Umständen die Bewilligung ausgedehnt werden kann. Auch
380
wird bei den bezäglicheu Unteretützangsvorschlfigen die Würdigkeit der Bitt-
steller nicht aufser Betracht zu lassen sein.
Gnadenmonatsbeträge sind von den Unterstützungen der in Bede stehenden
Art bei dem Ableben der Empfänger an deren Hinterbliebene oder zur Deckung
von Kosten der letzten Krankheit und der Beerdigung nicht zu gewähren. —
Gregen den Ablauf der Perioden, auf welche die für eine Mehrzahl von Jahren
erteilten Zahlungsanweisungen sich erstrecken, hat die E. Begierung etc., soweit
nicht inzwischen die Beteiligten verstorben sind oder deren Hülfebedürfhis auf-
gehört hat, nach vorangegangener näherer Feststellung über die fortdauernde
Hülfsbedürfkigkeit und Würdigkeit der betr. Personen fernerweite Zahlungs-
Ermächtigungen bei mir zu beantragen und die diesfälligen Anträge mit
motivirten und in den Geldbeträgen bestimmten Vorschlägen hinsichtlich der
far die folgenden Jahre zu bewilligenden Unterstützungen in eine nach dem
vorallegirten Schema anzufertigende Nachweisung zusammenzufassen."
Berichterstattung.
Aus einer Mi n.Y er f. v. 3. März 1865: — „Schliefslich erkläre ich mich
mit Bezug auf die Pensionirung des Prorectors N. damit einverstanden, dafs
in allen solchen Fällen, wo das Patronat einer vom Staat nicht subventionirten
Anstalt die Pensionirung eines Oberlehrers auf dessen Antrag oder ohne dals
von ihm Widerspruch erhoben wird, beschliefst, und das E. Prov.Sch.C. nichts
dagegen zu erinnern findet, es der Einholung meiner Genehmigung der Pensionirung
nicht bedarf, sondern dafs nur, gemäfs der C.Verf. v. 2. Jan. 1863, über die
Erledigung der betr. Stelle Bericht zu erstatten ist."
Eine Beschränkung des Pensionärs in Bezug auf die Wahl seines Auf-
enthaltes findet nicht mehr statt (vgl. Herrfurth, Etatswesen S. 949).
Pensionsempfänger, welehe sich im Auslande (aufserhalb des Beichsgebiets)
befinden, müssen die Abhebung ihrer Pension jedoch im Inlande — entweder
in eigener Person oder durch Bevollmächtigte — bewirken (s. GBl. 1875
S. 612). Vgl hierzu auch im Folgenden S. 381, Nr. 7.
CO. V. 26. April 1871: „Auf Ihren Bericht v. 13. März d. J. ge-
nehmige Ich, dafs den Empfängern von Pensionen und Unterstützungen aus
preufs. Staatsfonds, welche im Gebiot des deutschen Beichs sich auf-
halten, ihre Pensionen und Unterstützungen dorthin bis auf Weiteres, ohne in
Jedem einzelnen Falle Meine Erlaubnis einzuholen, unverküi'zt verabfolgt werden
dürfen, so lange dieselben nicht aus dem preufs. Staatsverbande ausscheiden.*"
Wilhelm.
Besoheinigung der Qtdttungen.
Vorschriften der Gber-Bechnungskammer zu Potsdam vom
29. Gct. 1885, betr. die Bescheinigung der Quittungen über die
aus preufsischen Staatsfonds zu beziehenden Pensionen, Warte-
gelder, Witwen- und Waisengelder, sowie Unterstützungen und
Erziehungsbeihilfen; mitgeteilt durch G.Verf. v. 9. März 1886.
„Unter Aufhebung der diesseitigen Bestimmungen vom 13. Nov. 1883 über
die Beibringung der sogen. Lebens -Atteste zu den Pensions- etc. Quittungen
werden die im § 15 der Anweisung zur Legnng der Givü-Pensions-Bechnungen
vom 31. Jan. 1873 sowie die unter 16 b, e und g und in den Anlagen B und
C unserer Vorschriften vom 7. Juli 1882 (Minist BL d. i. V. S. 171 und
Beilage zum 19. Stücke des C.Bl. der Abgabengesetzgebung) erlassenen An-
ordnungen, betr. die Bescheinigung der Quittungen über die aus preufsischen
Staatsfonds zu beziehenden Pensionen, Wartegelder, Unterstützungen und Er-
381
ziehnngsbeihilfen, sowie Witwen- und Waisengelder, im Einvernehmen mit den
Herren Departements-Chefs durch nachstehende Bestimmungen abgeändert:
1. Von denjenigen Bezugsberechtigten, welche die ihnen zustehenden
Pensionen, Wartegelder oder Unterstützungen an der Zahlungsstelle persönlich
erheben, ist zu ihren Special- (Interims-) Quittungen nber die einzelnen (monat-
lichen) Hebungen die Beibringung von Beseite inigungen darüber, dafs sie die
Quittungen eigenhändig unterschrieben haben und noch am Leben
sind, nicht zu erfordern.
2. Wenn Pensionen, Wartegelder, Unterstützungen oder Erziehungsbei-
hilfen nicht von den Bezugsberechtigten, sondern von anderen, hiervon
verschiedenen Empfangsberechtigten bezw. von Vormündern oder
Pflegern der Bezugsberechtigten an der Zahlungsstelle persönlich gegen
eigene Quittung erhoben werden, so ist auch zu den Special- (Interims-)
Quittungen dieser Empfangsberechtigten bezw. der Vormünder oder Pfleger die
Bescheinigung der eigenhändigen Unterschrift nicht erforderlich.
Dagegen ist in Fällen dieser Art glaubhaft nachzuweisen, dafs der Bezugs-
berechtigte am Tage der Fälligkeit des in Frage kommenden Bezuges noch
gelebt hat, wenn dies dem zahlenden Beamten nicht bekannt ist.
3. Die vorstehenden Vorschriften zu 1 und 2 finden entsprechende An-
wendung auch auf die durch unsere Bestimmungen vom 7. Juli 1882 (MinistBl.
der i. V. S. 171) angeordneten Bescheinigungen zu den Quittungen über die
nach dem Gesetze vom 20. Mai 1882, betr. die Fürsorge für die Witwen und
Waisen der unmittelbaren preufsischen Staatsbeamten, zu zahlenden Witwen-
und Waisengelder (s. Abschn. IX).
Bei Erhebung dieser Witwen- und Waisengelder ist in den zu 1 und 2
bezeichneten Fällen femer von Beibringung der Bescheinigungen darüber, dafs
die bezugsberechtigte Witwe nach dem Tode des Ehemannes, von welchem sie
ihr Eecht auf Witwengeld herleitet, nicht wieder geheiratet hat, und
dafs die mehr als 16 Jahre alten Töchter unverheiratet sind, abzu-
sehen, sofern dem zahlenden Beamten die in Betracht kommenden Verhältnisse hin-
länglich bekannt sind, so dafs Erhebungen zur Ungebühr nicht vorkommen können.
4. Unter der letzteren Voraussetzung ist in den Fällen zu 1 und 2 auch den
Empfängerinnen von Unterstützungen die Beibringung des Attestes über ihren
Witwen- resp. 1 edigen Stand zu den Special- (Interims-) Quittungen zu erlassen.
5. Die Beibringung derLebens-Atteste, sowie der Bescheinigungen
über die nicht erfolgte Wiederverheiratung der Witwengeldbe-
rechtigten und über den Witwen- resp. ledigen Stand der Em-
pfängerinnen von Unterstützungen wird für die Special- (Interims-)
Quittungen über die einzelnen (monatlichen) Hebungen femer denjenigen
Personen erlassen, welche die ihnen zukommenden Pensionen, Wartegelder,
Witwengelder und Unterstützungen durch Andere auf Grand solcher unbedenk-
lichen und vorschriftsmäfsigen Vollmachten erheben lassen, ausweichen sich
zweifellos ergiebt, dafs zur Zeit der Fälligkeit der einzelnen Bezüge die dazu
Berechtigten sich noch am Leben bezw. im Witwen- oder ledigen Stande be-
funden haben.
6. Dagegen ist die Beschaffung der Bescheinigungen über die Eigen-
händigkeit der Unterschrift, das Leben, bezw. den Witwen- oder
ledigen Stand künftighin erforderlich zu den Special- (Interims-) wie auch
zu den Jahres-Quittungen in allen vorstehend nicht ausgeschlossenen
Fällen, insbesondere bei Zahlungen, welche an dritte Personen ohne Bei-
bringung schriftlicher Vollmachten auf Grund der denselben von den Be-
rechtigten anvertrauten Quittungen geleistet werden.
7. Bescheinigungen über den Besitz des deutschen Indigenats
sind nur von denjenigen Bezugsberechtigten, welche aufs erhalb des
382
dentscheD Beiches wohnen, von solchen aber sowohl zn den Spedal-
(Interims-) wie auch zu den Jahres-Qnittungen beiznbring^n.
8. Vormünder und Pfleger der Bezugsberechtigten haben bei ihren
einzelnen (monatlichen) Hebungen för die Letzteren dem zahlenden Beamten
ihre Bestallungen vorzuzeigen, zu den Jahres-Quittungen dag^egen eine
Bescheinigung darüber beizubringen, dafs sie zur Zeit Vormünder oder
Pfleger der Bezugsberechtigten sind.
9. Bescheinigungen über Bedürftigkeit und Würdigkeit der Em-
pfänger Ton Unterstützungen sind fortan zu den Special- (Interims-) Quittongen
nicht mehr, sondern nur noch zu den General- (Jahres-) Quittungen zn erfordern.
10. Die nach den yorstehenden Bestimmungen angeordnete bezw. zu-
gelassene Vereinfachung der Quittungs-Bescheinigungen erskeckt sich überhaupt
nicht auf die Bescheinigungen der den Jahresrechnungen beizufugenden G^nenü-
Quittungen.
Auch verbleibt es bezüglich des Quittungswesens im üebrigen bei allen
vorstehend nicht abgeänderten Bestimmungen; unberührt bleibt namentlich die
Vorschrift, dafs die Identität des dem zahlenden Beamten unbekannten Em-
pfängers mit den Bezugs- resp. Empfangsberechtigten gehörig festznst^en ist,
da der zahlende Beamte dafür, dafs die Zahlung an den Berechtigten erfolgt,
verantwortlich ist."
IX.
Persönliche Verhältnisse der Lehrer.
Indigenat.
An die Stelle des Gesetzes v. 31. Dec. 1842 über die Erwerbung und
den Verlust der Eigenschaft als Preufsischer Unterthan ist das Beichsgesetz
V. 1. Juni 1870 über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staats-
angehörigkeit getreten. Nach demselben, § 1, wird die Bundesangehörigkeit
durch die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate erworben und erlischt mit
deren Verlust. „§ 2. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird
fortan nur begründet 1) durch Abstammung, 2) durch Legitimation, 3) durch
Verheiratung [far die Ehefrau], 4) für einen Norddeutschen durch Aufnahme,
5) far einen Ausländer durch Naturalisation. (Vgl. S. 96.) § 9. Eine
von der Begierung oder von einer Central- oder höheren Verwaltungsbehörde
eines Bundesstaates vollzogene oder bestätigte Bestallung für einen in den
unmittelbaren oder mittelbaren Staatsdienst oder in den Kirchen-, Schul- oder
Communaldienst aufgenommenen Ausländer oder Angehörigen eines anderen
Buiidesstaates vertritt die Stelle der Naturalisationsurkunde, bezw. Aufiiahme-
urkunde, sofern nicht ein entgegenstehender Vorbehalt in der Bestallung aus-
gedrückt wird. Ist die Anstellung eines Ausländers im Bundesdienst erfolgt,
so erwirbt der Angestellte die Staatsangehörigkeit in denjenigen Bundesstaate,
in welchem er seinen dienstlichen Wohnsitz hat § 14. Die Entlassung
(auf Antrag) wird durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde ausgefertigte
Entlassungsurkunde erteilt § 15. Die Entlassung wird jedem Staatsan-
gehörigen erteilt, welcher nachweist^ dafs er in einem anderen Bundesstaate die
Staatsangehörigkeit erworben hat. In Ermangelung dieses Nachweises diuf sie
nicht erteilt werden: 1) Wehrpflichtigen, welche sich in dem Alter vom voll-
endeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebensjahre befinden, bevor sie ein Zeugnis
383
der Kreis-Ersatzcommission darüber beigebracht haben, dafs sie die Enüassung
nicht blofs in ^er Absicht nachsnchen, nm sich der Dienstpflicht im stehenden
Heere oder in der Flotte zu entziehen; 2) Militärpersonen, welche zum stehenden
Heere oder znr Flotte gehören, Offizieren des Bearlaubtenstandes und Beamten,
beyor sie aus dem Dienste entlassen sind; 3) den zur Reserve des stehenden
Heeres und zur Landwehr, sowie den zur Reserve der Flotte und zur Seewehr
gehörigen und nicht als Offiziere angestellten Personen, nachdem sie zum
activen Dienste einberufen sind. § 21. Norddeutsche, welche das Bundes-
gebiet verlassen und sich zehn Jahre lang ununterbrochen im Auslande auf-
halten, verlieren dadurch ihre Staatsangehörigkeit. Die vorbezeichnete Frist
wird von dem Zeitpunkte des Austritts aus dem Bundesgebiete oder, wenn der
Austretende sich im Besitz eines Reisepapieres oder Heimatscheines befindet,
von dem Zeitpunkte des Ablaufs dieser Papiere an gerechnet Sie wird unter-
brochen durch die Eintragung in die Matrikel eines Bundesconsulats. Ihr Lauf
beginnt von Neuem mit dem auf die Löschung der Matrikel folgenden Tage.
Der hiemach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich
auf die Ehefrau und die noch unter väterlicher Gewalt stehenden Kinder, soweit
sie sich bei dem Ehemann bezw. Vater befinden .... § 22. Tritt ein Nord-
deutscher ohne Erlaubnis seiner Regierung in fremde Staatsdienste, so kann
die Gentralbehörde seines Heimatsstaates denselben durch Beschlufs seiner
Staatsangehörigkeit verlustig erklären, wenn er einer ausdrücklichen Aufforderung
zum Auskitte binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leistet. § 23. Wenn
ein Norddeutscher mit Erlaubnis seiner Regierung bei einer fremden Macht
dient, so verbleibt ihm seine Staatsangehörigkeit" ... 0
Zuständigkeitsgesetz v. 29. Juni 1875. § 161. „Die durch das
Reichsgesetz v. 1. Juni 1870 über die Erwerbung etc. der Staatsangehörigkeit
der höheren Verwaltungsbehörde beigelegten Befugnisse übt fortan der Regierungs-
präsident aus." . . .
Heranziehung der Staatsdiener su den Gtomeindelasten.
Gesetz v. 11. Juli 1822 (GS. p. 184): „Da diejenigen Bestimmungen,
welche in den §§ 2 und 3 der unterm 11. Dec. 1809 ergangenen Declaration
des § 44 der Städteordnung v. 19. Nov. 1808 enthalten sind, teils mehrfache
Zweifel veranlafst haben, teils nicht mehr überall zu den gegenwärtigen Ver-
hältnissen passen, so haben Wir auf den Antrag Unseres Staatsministeriums
und nach erfordertem Gutachten Unseres Staatsraths beschlossen, mit Auf-
hebung jener Bestimmungen Nachstehendes zu verordnen:
§ 1. Das Diensteinkommen der Beamten kann von den Gemeinden, zu
welchen dieselben gehören, überhaupt nur dann besteuert werden, wenn auch
der Beitrag der übrigen Einwohner des Orts in der Form einer allgemeinen
Einkommensteuer erhoben wird.
§ 2. Das Diensteinkommen soll bei einer solchen Beschatzung fortan
im Uebrigen zwar wie das Einkommen der Bürger behandelt, darf aber, weil
es einerseits seinem ganzen Dasein nach von dem Leben, der Gesundheit und
anderen zufälligen Verhältnissen der Person abhängig, und andererseits seinem
ganzen Betrage nach bestimmt ist, und dadurch auf der einen Seite gegen
Grund- und Gapitaleinkommen und auf der anderen gegen Gewerbseinkommen
^) Prenfsische Staatsangehörige mit einem Einkommen über 3000 Mark
bleiben der klassificirten Einkommensteaer unterworfen, auch wenn sie dauernd
im Aaslande sich aufhalten, so lange sie nicht das preuTsisohe Unterthanenrecht
(Entlassung aus dem Unterthanenverbande durch die zuständige Begierung) ver-
loren haben. (S. Winiker, SteuerkatechiBmus, Berlin 1882, S. 153.)
384
im Nachteil steht, immer nur mit einem Teile seines Betrages zur Qnotisirnng
gebracht werden, welcher hierdurch auf die Hälfte bestimmt wird.
§ 3. Da auch dem Staate daran liegen muTs, dafs den Beamten, welche
als solche ihr Einkommen durch die den übrigen Einwohnern vermittelst des
städtischen Vereins dargebotene Gelegenheit zum Erwerb nicht vermehren können«
ihr Unterhalt unter keinerlei Umständen zu sehr geschmälert werde, so verbleibt
es bei der Bestimmung, dafs im äuTsersten Falle an directen Beiträgen aller
Art und zu sämü. Gemeindebedürfnissen bei Gehalten unter 250 Thlr nicht
mehr als 1 proc, bei Gehalten von 250 bis zu 500 Thlr ausschliefslich nicht
mehr als 1^2 V^oc. und bei höheren Gehalten nicht mehr als 2 proc. des
gesamten Diensteinkommens gefordert werden können.
§ 4. Zu den sämtl. Gemeindebedürfnissen in diesem Sinne sind zwar,
wie sich von selbst versteht, die Staatssteuem und Staatslasten, t» eiche ge-
meindeweise erhoben und abgetragen werden, nicht zu zählen; die Beiträge der
Gemeinden zu provinziellen Institutionen und zur Abwickelung sowohl der
Provinzial- und Kreis- als ihrer besonderen Kriegs- und anderen Schulden,
Bückstände und Verpflichtungen sind aber darunter mitbegriffen. Es darf auch
derentwegen bei Besteuerung der Gehalte der Staatebeamten über das vor-
bestimmte Maximum nicht hinausgegangen werden.
§ 5. Das Diensteinkommen von zufälligen Emolumenten wird gleich den
fixen Gehalten besteuert. Zu diesem Behuf bestimmt den Betrag derselben
nach einer runden Summe die dem steuerpflichtigen Beamten vorgesetzte Behörde.
§ 6. Nach diesen Grundsätzen haben die steuerpflichtigen Individuen
alle diejenigen Gemeindesteuerbeiträge zu leisten, welche innerhalb der Zeit, da
sie der Gemeinde angehören, auf dieselben verteilt und zugleich fällig werden,
wenn auch das Bedürfnis vor ihrem Eintritt entstanden ist Dagegen werden
sie, wenn sie die Stadt verlassen, auch von jeder ferneren Beitragsverbindlichkeit
völlig befreit.
§ 7. Von ihrem etwanigen besonderen Vermögen und anderen Einkommen
haben auch die Staatsbeamten ihre Beiträge zu den Gemeindelasten ihres Wohn-
orts gleich anderen Bürgern oder Schutzverwandten, je nachdem sie das eine
oder das andere sind, zu entrichten.
§ 8. Alles Vorstehende gilt nur von Unseren besoldeten unmittelbaren
Staatsdienem, wohin also städt. Beamte . . . nicht zu zählen sind.^) Jeder Staats-
beamte aber, welcher einer Behörde angehört und bei derselben seinen be-
ständigen Wohnsitz haben mufs, ist unter allen Umständen als ein Einwohner
derjenigen Stadt zu betrachten, in welcher diese Behörde ihren Sitz hat.
§ 9. Civil- und Militärbeamte, nicht minder sämtl. Empfänger von Warte-
geldem und Pensionen, werden zwar übrigens nach gleichen Grundsätzen be-
handelt; § 10. jedoch bleiben von allen directen Beiträgen zu den Ge-
meindelasten befreit: a. die aus Staatskassen zahlbaren Pensionen der Witwen
und die Erziehungsgelder für Waisen ehemaliger Staatsdiener; b. ebendgl.
Pensionen, imgleichen Wartegelder der Staatsdiener selbst, sofern deren jährL
Betrag die Summe von 250 Thlm nicht erreicht; c. die Sterbe- und Gnaden-
monate; d. alle diejenigen Dienstemolumente, welche blofs als Ersatz baarer
Auslagen zu betrachten sind. . . .
§ 12. Zu den indirecten Gemeindeabgaben mufs aber ein Jeder und auch
die von den directen Gemeindebeiträgen befreiten Personen beitragen. Auch
sind die Staatsdiener nicht berechtigt, dasjenige, was sie hierauf entrichten,
bei den directen Beiträgen von den Besoldungen in Anrechnung zu bringen.
*) Abgeändert durch CO. v. 14. Mai 1832, wonach obige Bestimmung auf
alle nach der Bezeichnung des A.L. § 69 Tit. 10 T. II als mittelbare Staat«-
diene r zu betrachtende Beamte Anwendung findet.
386
§ 13. Die gegenwärtigen Bestimmungen gelten zunächst för diejenigen
Städte, woselbst die Städteordnnng vom 19. Nov. 1808 eingeführt ist. In den
übrigen Städten bleiben die jeden Orts bisher bestandenen gesetzl. Vorschriften
wegen Erhebung der Gemeindesteuern in Kraft; wo aber solche zweifelhaft sind
oder Lücken haben, sind dieselben dergestalt, wie sie den gegenwärtigen Be-
stimmungen am nächsten kommen, bezw. zu deuten und zu ergänzen.**
CO. Y. 21. Jan. 1829: „Durch die Bestimmung im § 10, a des
Gesetzes y. 11. Juli 1822 sind die aus Staatskassen zahlbaren Pensionen der
Witwen und die Erziehungsgelder für Waisen ehemaliger Staatsdiener von allen
directen Beiträgen zu den Gemeindelasten befreit Wir finden uns, auf den
Antrag unseres Staatflministeriums und nach erstattetem Gutachten unseres
Staatsraths bewogen, bei völliger Anwendbarkeit der Gründe, weshalb Wir die
aus Staatskassen zu erhebenden Witwenpensionen und Waisen-Erziehungsgelder
von solchen Beiträgen entbunden haben, mittels gegenwärtiger Declaration dieser
Vorschrift, die Befreiung von denselben auf diejenigen Pensionen und Unter-
stützungen auszudehnen, welche die Witwen und Waisen ehemaliger öffentlicher
Beamten und Diener aus einer der besonderen, mit Unserer Genehmigung er-
richteten Versorgungsanstalten empfangen, wohin namentlich die Allg. Witwen-
Verpflegungsanstalt und die Militär -Witwenkasse, sowie sämü. Anstalten gehören,
die zum Zweck der Witwen- und Waisenversorgnng fcir einzelne Klassen der öffentl.
Beamten und Diener, beispielsweise für die Professoren an den Universitäten,
für Geistliche und für Schullehrer gebildet sind."
Die Bestimmongen des vorstehenden Gesetzes, ursprünglich nur für die
6 ostl. Provinzen mafsgebend, nnd erneuert bei der Städteordn. v. 30. Hai 1853
(GS. p. 261), finden gleicherweise nach den Verordn. v. 19. März 1856 (GS. p. 237)
nnd 15. Mai 1856 (GS. p. 406) sowie v. 23. Febr. 1870 (GS. p. 133) resp. auf
Westfalen und die Bheinprovinz sowie auf Neu -Vorpommern und Bügen An-
wendunff! ebenso auf die neupreufs. Provinzen gemäfs der Verordn. v. 23. Sept.
1867 (GS. p. 1648), betreffend die Heranziehung der Staatsdiener daselbst zu den
Gommunalauflagen.
Ueber das Steuer domicil der Beamten bestimmt § 12 des Gesetzes vom
27. Juli 1885 (betreffend Ergänzung und Abänderung einiger Bestimmungen
der auf das Einkommen gelegten directen Communalabgaben): „Das nothwendige
Domicil der Beamten &)det bei der Communalbesteuerung keine Anwendung.
Der Schlufssatz des § 8 des Gesetzes v. 11. Juli 1822, sowie der auf diesen
Schlufssatz bezügliche Teil der A.G.O. v. 14. Mai 1832 (s. die Anmerkung zu
S. 384) und der § 8 der Verordnung v. 23. Sept. 1867 [s. die vorstehende
Bemerkung]^) treten aufker Kraft."
Pf&ndimg und Beschlagnahme des Diensteinkonunens oder der Pension.
S. die betr. Bestimmungen der Beichs-Givilprozefsordnung v. 30. Jan. 1877
nnd der Allg. Gerichtsordn. v. 4. Febr. 1815: S. 350 fg.
Verordn. v. 7. Sept 1879 (betr. das Verwaltungszwangsverfahren wegen
Beitreibung von Geldbeträgen). „§* 51. Der Pfändung sind nicht unterworfen
6) die Pensionen der Witwen und Waisen und die denselben aus Witwen- und
Waisenkassen zukommenden Bezüge, die Erziehungsgelder und die Studien-
stipendien, sowie die Pensionen invalider Arbeiter; 7) das Diensteinkommen
der Offiziere etc., der Beamten, der (Geistlichen und der Lehrer an öffentl.
ünterrichtsanstalten; die Pension dieser Personen nach deren Versetzung in
3 Der betr. $ lautet: „Jeder Beamte iit bezüglich der CJommunalbesteuerung
seines Diensteinkommens als Einwohner desjenigen Gemeindebezirks zu betrachten,
in welchem die Behörde, der er angehört, ihren Sitz hat.* Vgl. übrigens die
Min.Verf. v. 8. Dec. 1880, GBl. 1881 S. 239.
wie 16, Verordnongeii. IL 25
386
einstweiligen oder dauernden Bohestand, sowie der nach ihrem Tode den Hinter-
bliebenen za gewährende Sterbe- oder Gnadengehali
Uebersteigen in den Fällen 6 nnd 7 das Diensteinkommen, die Pension
oder die sonstigen Bezüge die Summe von 1500 Mark für das Jaiir, so ist der
dritte Teil des Mehrbetrages der Pfändung unterworfen.
Bei der Einziehung von currenten Offentl. Abgaben, Yon Disclplinaistrafen
und Yon solchen Zwangsstrafen, welche durch die vorgesetzte Dienstbehörde
festgesetzt sind, finden die Vorschriften der Nr. 7 rucksichtlich des Dienst-
einkommens und der Pension der Beamten, der Geistlichen und der Lehrer an
öffenü. Unterrichtsanstalten nicht Anwendung.
Die Einkünfte, welche zur Bestreitung eines Dienstaufwandes bestimmt
sind, .... sind weder der Pfändung unterworfen noch bei der Ermittelung, ob
und zu welchem Betrage ein Diensteinkommen der Pfändung miterliege, zu
berechnen." . . .
Die Bestimmungen des Pensions-Reglm. v. 30. April 1825, $$ 20, 2
und 3, dafs die Pension einzuziehen sei, wenn der Pensionär der vor orfolgfter
Pensionirung stattgefundenen Begehung eines Verbrechens überfuhrt wird, wegen
dessen, wenn es während seiner Dienstzeit zur Sprache gekommen wäre, aufser der
Criminalstrafe auch auf Dienstentsetzung erkannt worden wäre, . . . und daCs der
Pensionär, wenn er während des Pensionsgenusses ein gemeines Verbrechen begeht
wegen dessen der Bichter u. s. w. auf Dienstentlassung erkannt haben würde,
bestehen nicht mehr. Die hierauf bezügliche Bestimmung, welche in dem £nt^
würfe des Strafgesetzbuchs für den Nordd. Bund enthalten war, ist in das Beicbs-
fesetz V. 15. Mai 1871 nicht aufgenommen worden. Vgl. Bönne, Staatsrecht der
^reufs. Monarchie III ^ p. 542 Anm. 3, b.
CO. Y. 29. Mai 1834. „Auf den gemeinschaftlichen Bericht v. — ge-
nehmige Ich, dafs bei Berechnung der Gehalts- und Pensionsabzüge eines actireii
oder pensionirten Offiziers, sowie aller Militär- und Civilbeamten die zur Witwen-
kasse zu entrichtenden Beiträge von dem Gehalt oder der Pension yorweg in
Abzug gebracht und erst von dem Ueberrest derselben die gesetzlich zulässigen
Abzüge für die Gläubiger berechnet werden."
Durch C.Verf. des Pinanzmin. v. 6. Jan. 1883 (Min. BL f. die inn.
Verw. p. 144) ist darauf aufmerksam gemacht worden, dals Yorstehende CO,
durch die Vorschriften im § 749 der Civilprozefsordn. nicht aushoben ist
C.Verf. des Pinanzmin. y. 29, Juni 1883. fMin.BL f. inn. Verv.
p. 145.) ,^m Anschlufs an die C.Verf. y. 6. Jan. d. J. bestimme ich, dafs bei
einer auf Grund der Verordnung y. 7. Sept. 1879 Yorzunehmenden Pfändung
Yon dem Diensteinkommen oder der Pension der Beamten aufser den Witwen-
kassenbeiträgen auch die nach dem Gesetze y. 20. Mai y. J. zu entrichtenden
Witwen- und Waisengeldbeiträge Yorweg in Abzug zu bringen und erst Yon
dem alsdann Yerbleibenden Ueberreste die Teilbeträge zu berechnen sind, welche
gesetzlich gepfändet werden dürfen.''
Verheiratung.
DefinitiY angestellte Lehrer bedürfen zu ihrer Verheiratung die Erlanbns
der Yorgesetzten Behörde, Jedoch nur insoweit, als durch dieselbe der Nachweis
ihres Beitritts zur Allgm. Witwen-Verpflegungsanstalt zu fahren isV)
0.0. V. 17. Juli 1816: „Nach Ihrem Vorschlage in dem Bericht v. — will
Ich die Bestimmungen in Meiner Ordre y. 18. Oct. 1800 weffen des Beitritts der
CiYÜofficianten zur Allgm. Witwenkasse dahin abändern, dais künftig, ohne allen
») Vgl. C.Verf. des Justizmin. y. 13. April 1881 (Just. Min. Bl. p. 76);
„Der Einholung^ des Heiratsconsenses bedarf es nur für diejenigen Justizbeamtoa,
welche Yerpflichtet sind, der Allgm. Witwen -Verpflegungsanstalt beizutreten etc/
387
Untersohied der Fälle, jedem Civiloffioianten, welcher den Heiratsconsens nach-
fiucht, zar Pflicht gemacht werden soll, eine bestimmte Erklärung abzugeben, mit
welcher Summe er seine künftige Guttin in die Witwenkasse einlaufen wolle, und
dafs jedem Givilofficianten, welcher diese bestimmte Erklärung abzugeben unterUüTst,
der Heiratsconsens verweigert werden soll.
Ich überlasse Ihnen, diese anderweiten Bestimmungen in Ihren Departements
überall zur Kenntnis bringen zu lassen und auf deren genaueste Festhaltung, auch
besonders darauf zu sehen, dafs diejenigen Officianten, welche nach Abj^abe obiger
Erklärung den Heiratsconsens erhalten, auch wirklich derselben gemäfi sich nach
vollzogener Heirat bei der Allgm. Witwenkasse associiren."
Aus der 0.0. v. 9. Juli 1839: — — „In der Sache selbst bedarf es
keiner Verordnung zur Erläuterung des Anhangs § 70 (A. LR.), da Meine durch
die Oesetzsammlung gleichzeitig bekannt gemaditen Erlasse v. 18. Oct. 1800 und
17. Juli 1816, sowie Meine Ordre vom 17. Juli 1817 keinem Zweifel Baum geben,
dafs die Oivilbeamten des Staats zu ihren Ehen die Erlaubnis ihres Ohefs nur
deshalb nöthig haben, damit sie durch diese Erlaubnis die Nach Weisung ihres
Beitritts zur Witwen -Verpflegungsanstalt führen. Wenn daher eine praeventive
Beaufsichtigung der von Oivilbeamten zu schliefsenden Ehen nöthig gefunden würde,
80 wäre solches nicht durch eine Erläuterung des Anhangs § 70, sondern durch
ein neues Gesetz zu bestimmen, wozu jedoch keine Veranlassung vorhanden ist.
Ob und in welcher Art ein Vorgesetzter seinem Unteigebenen, den er im Begriff
sieht, eine dem Anschein nach unglückliche Ehe zu schlief sen, von diesem Schritt
glimpflich abrathen will, mufs allein seinem verständigen Urteile überlassen bleibe n.
Oanz unangemessen aber erscheint es, dem Vorgesetzten das Recht der Ver-
weigerung des Oonsenses einzuräumen. Den erhebl. Gründen, welche die Minister
der geistl. etc. Anglgh. und der Finanzen dagegen bereits angeführt haben, treten
die Weiterungen hinzu, welche im Geschäftsgange nach der Individualität des Vor-
gesetzten und den speciellen Verhältnissen des jedesmaligen Falles häufig herbei-
geführt werden würden, sowie die besorgl. Störungen des Familienfriedens zu be-
rücksichtigen sind, durch welche die Vorteile, die man für das Interesse des Staats-
dienstes aus solcher Mafsregel erwartet, zur Gefährde des öffentl. Wohls weit
überwogen werden, auch, wie im Bericht selbst bemerkt \vird, in einem granz
besonders bedenklichen Fälle durch Anwendung Meiner Ordre v. 16. Aug. 1826
mittels unfreiwilliger Fensionirung des Beamten im Interesse des Dienstes Remedur
zu erlangen ist. Es mufs hiemach bei dem früheren Gutachten des Staatsmin. vom
15. Jan. 1824, de^i Ich Meine Zustimmung erteilt habe, sein Bewenden behalten
und von allen praeventiven Mafsregeln bei den Ehen der Oivilbeamten abgestanden
werden.**
Staatsmin. Beschlufs y. 17. Aug. 1839: „Nach Einsicht der A. 0.0.
Y. 9. Juli 1839, worin jede praeventive Beaufsichtigung der von Oivilbeamten
des Staats zu schliefsenden Ehen für nnerlanbt erklärt und bestimmt wird, dafs
diese Beamten zu ihren Ehen die Erlaubnis ihres Ohefs nur deshalb nöthig
haben, damit sie durch diese Erlaubnis die Nachweisung ihres Beitritts zur
Witwenverpflegungs-Anstalt führen, beschliefst das Staatsmin. in Ausführung
dieses Grundsatzes und unter ausdrücklicher Aufhebung des Beschlusses v.
7. Nov. 1837:
dafs nur die bei der Witwenverpflegungsanstalt receptionsfähigen Oivil-
beamten zur Einholung des Eheconsenses von ihrem Ohef im Sinne des § 70
Anhangs zum A. Landrecht für verpflichtet zu erachten.'^
Nachzusuchen ist der Heiratsconsens von den Dir. und Lehrern höherer
Schulen bei dem K. OPräsidenten der betr. Provinz, als dem Ohef des K.
Prov.Sch.Ooll.
Min. Verf. v. 16. Mai 1833: „Es sind hin und wieder an Geistliche
nnd auch an Lehrer bei Gymn., Schullehrer-Seminarien, höh. und aUgm. Stadt-
schulen Heiratsconsense erteilt worden, ohne dafs die betr. Geistlichen und
Lehrer das nöthige Versprechen zur Erfüllung der ihnen nach den Bestimmungen
der A. 0.0. v. 10. Dec. 1816 und 17. April 1820 unbedingt obliegenden Ver-
25*
388
pflichtang züm Beitritt znr AUgm. WitweDverpflegnngs- Anstalt abgegeben haben*
Das Min. findet sich daher yeranlafst, die E. Begierangen hiermit an£nifordem,
hinfaro in keinem Fall den Heiratsconsens ohne jenes bindende Versprechen,
welches bei Nachsnchnng des Gonsenses jedesmal erforderlich ist, zn erteilen,
anch hiemächst gehörig darauf zn halten, dafs die Fensionsyersicherang wirk-
lich erfolge."
Ans einer Min. Verf. y. 13. Oci 1870: — „Der Lehrer N. zu N. ist
nach seiner jetzigen Stellang nicht receptionsfähig nnd demnach znr Einholnng
eines Heiratsconsenses nicht verpflichtet
Machen übrigens dienstliche Bücksichten eine Verheiratung bedenklich^
so mag die Behörde dem Beamten diese Bedenken zn erwfigen geben. Weiter
darf sie nicht gehen. Es ist dann Sache des Beamten, ob oder wie er den
sich ergebenden Bedenken begegnen, resp. ob er sich den Folgen eines mit
den Interessen des Dienstes nicht vereinbaren Verhaltens aassetzen wilL" —
G.Verf. V. 17. Mai 1881. „Es ist in nenerer Zeit wiederholt vorge-
kommen, dafs Candidaten des höh. Lehramtes, welche vor ihrer etatsmäfsigen
Anstellang sich verheiratet hatten, nach erfolgter definitiver Bestallung es ver-
sftamt haben, ihre Ehegattinnen bei der AUgm. Witwen-Verpflegangsanstalt
nachträglich einznkaafen. Diese Versäumnis hat in zweien anlängst zu meiner
Kenntnis gelangten Fällen die betrübende Folge gehabt, dafs nach dem Tode
der betr. Lehrer die hinterlassenen Witwen derselben ohne jegliche Versorgoi^
nnd lediglich auf Gnadenonterstützangen angewiesen blieben.
Um derartigen das Ansehen des höh. Lehrerstandes nnd die Interessen
seiner Angehörigen schwer schädigenden Vorkommnissen für die Zaknnft mög-
lichst vorznbeagen, veranlasse ich das K. Prov.Sch.O., in jedem einzelnen Falle,
in welchem ein vor seiner etatsmäfsigen Anstellang in den Ehestand getretener
Lehrer einer höh. Schale in ein definitives Lehramt berafen werden soll, Sich
darüber zn vergewissem, ob nnd in welcher Form derselbe seine Ehegattin fo
den Fall seines Todes gesichert hat Ist das letztere nicht geschehen, so wolle
das E. Prov.Sch.G., anter Beachtnng der Bestimmang der AUerh. G.O. v.
21. Oci 1863 (s. weiterhin) in geeigneter Weise daranf hinwirken, dafo der
Beteiligte das Versänmte in einer den concreten Verhältnissen angemessenen
Weise nachhole.
Sollte wider Erwarten ein Lehrer sich weigern, dieser Pflicht eines gnten
Familienvaters zn genügen, so ist anch in den Fällen der Emennnng oder der
Bestätigang, welche nach der G.Verf. v. 2. Jan. 1863 (s. S. 84) dem K. Prov.Sch.C.
überlassen sind, in Znkanfl; anter eingehender Darlegang der in Betracht
kommenden Verhältnisse vorher an mich za berichten nnd meine Entscheidnng
einzoholen . . ," Der Min. d. geistl. etc. Ang. v. Pnttkamer.
G.Verf. V. 16. Jani 1881. „Nach Analogie der in der G.Verf, v. 17. v. M.
getroffenen Bestimmnngen wolle das K. Prov.Sch.G. anch diejenigen Fälle be-
handeln, in welchen Elementarlehrer zn anderen Stellangen des Lehrerstandes,
z. B. zn dem Amte eines Seminarlehrers, wenn aach nnr provisorisch berufen
werden. In allen solchen Fällen ist stets anf die Fürsorge der Lehrer für ihre
dereinstigen Witwen zn halten; besonders ist daranf Bedacht za nehmen, dals
die der Begel nach bereits erworbene Mitgliedschaft bei den Elementarlehrer-
Witwen- nnd Waisenkassen, in irgend welcher Form so lange erhalten bleibt,
bis etwa der betr. Lehrer in anderer and nmfassenderer Weise far seine hinter-
lassene Familie Fürsorge getroffen hat. Die Stataten der beregten Kassen
gestatten fast ansnahmslos bei der in Bede stehenden Voranssetzang die Fort-
setznng der Mitgliedschaft bei den Kassen als einer persönlichen, nnd wird das
K Prov.Sch.G. mit den die letzteren verwaltenden Behörden in den geeigneten
Fällen ins Benehmen za treten haben."
389
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Coblenz v. 7. Mai 1867: „Wir
Teranlassen die Direction, wenn ein commissariBch beschäftigter und also eines
Heiratsconsenses nicht bedürfender Lehrer bei der Anstalt sich verheiraten will,
oder bereits verheiratet bei der Anstalt eintritt, nns von jetzt an sofort Anzeige
davon zu machen."
BienBljubilften und OrdensverleihungeiL
C.Yerf. V. 1. Dec. 1870: „Behufs gleichmäfsiger Berechnung der
Dienstzeit bei Pensionimngen oder Dienstjnbiläen mache ich daraof
anfinerksam, dafs die Zeit, während welcher ein Beamter znr Erfallang der
allgm. Dienstpflicht im Militär gedient hat, auch bei der Pensionimng als
Dienstzeit in Anrechnung kommt, wenn und insoweit der Militärdienst nach
dem vollendeten 20. Lebensjahre abgeleistet worden ist. Bei der Feststellung
des Zeitpunkts far das 50jähr. Dienstjubiläum eines Beamten ist die gesamte
active Militär- und Givildienstzeit desselben in Betracht zu ziehen, mithin der
einjähr, f^eiw. Militärdienst auch dann als Dienstzeit anzurechnen, wenn der-
selbe vor dem 20. Lebensjahre geleistet ist" Vgl. S. 358 u. 362 (Pensionsges.
V. 27. März 1872 § 16) und S. 369 (Pensions-Begl. v. 30. April 1825).
CVerf. V. 12. Aug. 1874: „Aus Anlafs eines Specialfalles wird die
Bestimmung, dafs ein 60jähr. Dienstjubiläum amtlich nicht gefeiert werden soll,
hierdurch in Erinnerung gebracht."
C.Yerf. V« 7. Juni 1876. „8e. Majestät der Kaiser und König haben
bei Gelegenheit eines Specialfalles monirt, wie es seit einiger Zeit wiederholt
vorgekommen, dafs seitens der Provinzialbehörden Anträge auf Verleihung von
Ordensauszeichnungen erst nach dem Eintritt des den äufseren Anlafs
dazu bietenden Ereignisses gestellt worden seien. Es gilt dies namentlich
von Pensionimngen oder Emeritirungen und von 5()}ähr. Dienstjubiläen. Behufs
Abstellung eines solchen von Sr. Majestät als nicht angemessen bezeichneten
Yerfiüirens bestimme ich, zufolge Allerhöchsten Auftrages, unter Bezugnahme
auf die C.Yerff. v. 5. Nov. 1867 und v. 16. Mai 1874 (CBl. 1867 S. 686 und
1874 S. 397) hierdurch, dafi9 innerhalb meines Bessorts Anträge auf Yerleihung
von Auszeiclmungen, wenn dieselben durch bestimmte Ereignisse veranlagst
werden, so zeitig anzubringen sind, daüs sie bei Dienstjubiläen, bei Versetzungen
in den Buhestand und bei sonst etwa sich ergebenden Yeranlassungen
spätestens vier Wochen vor dem entscheidenden Zeitpunkte sich in meinen
Händen befinden.
Später eingehende Anträge haben keine Aussicht auf Berücksich-
tigung." . . . Falk. (Vgl. jedoch hierzu S. 378.)
A.O. V. 4. Dec. 1871. (Min.Bl. f. inn. Verw. 1873 S. 2.) „Ich be-
stimme unter Modificirung der bisher hierüber bestehenden Festsetzungen, dafs
die im Knopfloch (an der Schnalle) zu tragenden Preufsischen Orden, Ehren-
zeichen und Denkmünzen in nachstehend aufgeführter Beihenfolge rangirt
werden sollen:
1) das eiserne Kreuz 2. Klasse,
2)
2) das Bitterkreuz vom Königl. HohenzoUemschen \ ^j^-^ Schwertern
Hausorden, I •
der rothe Adler-Orden 3. oder 4. Klasse, ( ««if« *^*T>«„^p
der Kronen-Orden 3. oder 4. Klasse, I ^^^^ ^*°^®'
5) das Militär-Verdienst-Kreuz, 6) das Militär -Ehrenzeichen 1. Kl.,
7) das Militär-Ehrenzeichen 2. Kl., 8) die Bettungs -Medaille, 9) die ad 2,
3 und 4 aufgeführten Orden am statutenmäfbigen Bande in der bezeichneten
Folge, 10) das Allgemeine Ehrenzeichen! 11) das 25jährige Dienstauszeich-
390
imngskrenz, 12) das Fürstlich Hohenzollernsche Ehrenkrenz 2. und 3« KL
mit and ohne Schwerter, 13) das Düppelkrenz, 14) das Alsenkrenz, 15) die
Kriegsdenkmünze von 1813/15, 16) die Erinnerongs-Medaille yon 1863,
17) die Kriegsdenkmünze pro 1870/71, 18) das Erinnemngskrenz pro 1866,
19) die Kriegsdenkmünze pro 1864, 20) die Hohenzollernsche Denkmünze,
21) die Krönnngs-Medaille.
Die noch im Besitz des eisernen Krenzes 2. KL aus den Jahren 1813
bis 1815 befindlichen Personen tragen die Kriegs-Denkmünze ans jenen Jahren,
sowie die Erinnernngs-Medaille von 1863 unmittelbar hinter dem eisernen
Kreuz." Wilhelm.
C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 29. April 1887. „üi
Modification unserer C.Verf. y. 5. Jan. 1878 bestimmen wir hiermit, dafe die
nach Anleitung dieser Verfügung aufzustellenden Nachweisungen über Ver-
änderungen in Bezug auf Lebensstellung und Wohnort der Decorirten in
Zukunft nicht mehr am 1. Juni, sondern am 1. Oct. al^fthrl. einzureichen sind.
Hinsichts der Bückgabe der durch Todesfälle erledigten Ordens-
Insignien, Ehrenzeichen und Denkmünzen etc. bemerken wir zur Begegnung
etwaiger Zweifel noch Folgendes: Nach den betr. Bestimmungen sind Ton
der Bückgabe ausgeschlossen: 1) die am Erinnerungsbande (weifses, sechsmal
schwarz gestreiftes Band mit rothem Vorstofs) yerliehenen Decorationen des
Kronen-Ordens 3. und 4. Kl. und des Allgemeinen Ehrenzeichens mit dem
rothen Kreuz resp. ohne dasselbe, aber am Erinnerungsbande, 2) das Bechts-
ritter-Kreuz des Johanniter-Ordens, 3) das Verdienstkreuz für Frauen und
Jungfrauen; aufserdem 4) die Krönungs-Medaille, 5) die Kriegsdenkmünze
für 1864, 6) die Kriegsdenkmünze für 1870/71 und 7) die Landwehr-Dienst-
auszeichnung 2. Klasse. Das Düppeler Sturm-Kreuz, sowie das Alsenkreuz und
das Erinnerungskreuz Ton 1866 werden bei dem Kirchspiel aufbewahrt, zu
welchem der Verstorbene gehört hat. Das Dienstauszeichnungs-Kreuz für
Offiziere und die 3 Klassen der Militär-Dienstauszeichnung werden an das
Montirungs-Depot in Breslau; die Landwehr -Dienstauszeichnung 1. Klasse
dagegen an das Haupt-Montirungs-Depot in Berlin zurückgesandt
Alle übrigen yorstehend nicht genannten K. Preufsischen Ordens-Insignien
und Ehrenzeichen sind nach dem Ableben der Bitter und Inhaber an die K.
General-Ordens-Gommission einzusenden, während sämtliche Ordens- Verleihungs-
Patente und Besitzzeugnisse den Hinterbliebenen als Andenken verbleiben.''
Fürsorge für die Hinterbliebenen der Lehrer.
1. Gnadenquartal und Gnadenmonat.
Gesetz y. 6. Febr. 1881 (GS. p. 17) betr. die Zahlung der Beamten-
gehälter und Bestimmungen über das Gemeindequartal nebst CVerU
Y. 27. Juni 1881 s. S. 294.
CO. Y. 27. April 1816 (GS. p. 134): „Auf den Yon dem Staatsmin.
wegen der Gnaden- uud Sterbequartale in dem Bericht y. 12. d. M. Mir ge-
machten Vortrag will Ich genehmigen, dalä
1. den Hinterbliebenen der Beamten, welche als Mitglieder und
Subalterne resp. zu einem CoUegium gehören oder bei demselben arbeiten, auiser
dem Sterbemonat jedesmal noch die YoUe Besoldung fär die zunächst folgenden
drei Monate;
2. den Hinterbliebenen deijenigen Ofücianten, welche nicht in colle-
gialischen Verhältnissen stehen, aufser dem Sterbemonat noch die Besoldung
für den nächsten Monat gezahlt werden kann; will auch gestatten, daf^ im
letzteren Falle auch dann ein zwei- oder dreimonaü. Gnadengehalt gezahlt
391
werden darf, wenn die Uebertragnng der Stelle des YerBtorbenen ohne besonderen
Kostenaufwand für die Staatskassen erfolgen kann.
Wegen der Dienstwohnungen bestimme Ich: 3. dafs nach dem
Absterben eines Officianten die Sessions- und Arbeitsstube ohne Verzug ge-
räumt, insofern die letztere aber so belegen ist, dafs sie nicht faglich von der
Familienwohnung abgesondert werden kann, eine andere Stube zum Arbeits-
zimmer eingeräumt werden soU und dafs die Familie des Verstorbenen dem-
nfichst auch für die Dauer der Gnadenmonate in der Dienstwohnung bleiben
darf. Sollte bei Ablauf des letzten Monats, wegen des damit nicht überein-
treffenden Miethsquartales, das anderweite Unterkommen der Familie Schwierig-
keiten finden, so soll solche entweder mit dem früher eintretenden Mieths-
qnartal die Wohnung räumen und durch den Dienstnachfolger für die Monate
entschädigt werden, für welche ihr eigentlich die freie Wohnung noch zukommt,
oder die Familie soU bis zum nächstfolgenden Miethsquartal darin belassen
werden und nur verpflichtet sein, dem Nachfolger im Dienste ein gewöhnl.
Absteigequartier für seine Person und einen oder mehrere Domestiken ein-
zuräumen.
Zugleich setze Ich fest, dafs ohne Bücksicht auf das bisher. Verfahren
nach den obigen Grundsätzen bei allen landesherrl. Collegien und CivilsteUen
verfahren werden soll, jedoch mit Ausschlufs der Geistlichen und Schullehrer ^
und der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften, für welche resp. die
Vorschriften des A. LB. und des Ostpreufs. Frovinzialrechts, sowie die am
24. Jan. 1812 von Mir vollzogenen Statuten nach wie vor zu befolgen sind.*'
(CBL 1881 p. 289.)
[Ans dem obigen § 1 der CO. v. 27. April 1816 ist zu folgern, dafs die
Lehrer während der Gnadenzeit die Vertretung ihres verstorbenen Collen unent-
geltlich zu übernehmen haben. Zusatz aas der 2. Ausg.] Vgl. S. 392 C.Verf.
V. 17. Febr. 1860.
G.G. V. 27. Mai 1816: „Unter dem am 18. d. M. von Ihnen angezeigten
Umständen genehmige Ich hierdurch im Allgemeinen: dafs den Hinter-
bliebenen der Fensionärs ohne Ausnahme aufser dem Sterbemonat noch ein
Gnadenmonat zu Teil werden soll."
CO. V. 15. Nov. 1819 (GS. 1820 p. 45): „Auf den Bericht des Staats-
ministerii v. 3. d. M. setze Ich zur Declaration meiner Ordre v. 27. April 1816
hierdurch fest: dafs nur dasjenige, was die Hinterbliebenen eines Beamten, der
bemerkten Ordre gemäfs, an Besoldung aufser dem Sterbequartal erhalten, für
dieselbe Gnadenbewilligung ist, — dafs auf letztere kein Gläubiger des Ver-
storbenen Anspruch hat, — dafs solche der Begel nach nur der Witwe, den
Kindern und Enkeln, ohne Bücksicht, ob sie dessen Erben sind oder nicht,
zusteht; dafs aber den Ministem, als Departementschefs, freigelassen ist, im
FaU der Erblasser der Ernährer armer Eltern, Geschwister, Geschwisterkinder
oder Pflegekinder gewesen ist, ausnahmsweise denselben das Gnadengehalt
anzuweisen, und die Minister jedenfalls befugt sein sollen, die Verteilung des-
selben unter die Hinterbliebenen zu reguluren und dessen Verwendung zu
bestimmen. Zugleich genehmige Ich, dafs diese Bestimmungen wegen des
Gnadengehalts auch auf den Gnadenmonat, welcher den Hinterbliebenen der
Pensionärs aufser dem Sterbemonat bewilligt ist, angewendet werden." GBL
1881 p. 288.)
CO. V. 30. März 1842; „Ich genehmige nach dem Antrage des Staats-
ministeriums v. — , dafs die Hinterbliebenen eines Beamten, dessen Pensionirung
von einem bestimmten Zeitpunkt an bereits verfugt war, der aber vor Eintritt
0 Vgl. Min. Verf. v. 31. März 1859, S. 392.
393
dieses Zeitpunkts verstorben ist, das Gnadengehalt, ohne Bücksicht, auf die
schon bestunmte Pensioninmg, nach den für die activen Beamten geltenden
Onmdsätzen gewährt werde. Eür den Fall, dafs die Stelle des zu Pensionirenden
vor seinem Ableben vom Zeitpunkt der verfugten Pensionirungen an schon
einem anderen Beamten verliehen sein sollte, kann der den Hinterbliebenen
noch zustehende Gnadengehaltsbetrag auf die extraordinären Fonds der betr.
Verwaltungen angewiesen werden/'
CO. V. 18. April 1855: „Auf den Bericht des Staatsministeriums v. —
genehmige Ich, dafs die Ordres v. 27. April 1816 und 15. Nov. 1819, wonach
den Hinterbliebenen verstorbener Beamten aufser dem Sterbemonat die volle
Besoldung eines, resp. zweier oder dreier Monate gezahlt werden darf, auch anf
die Hinterbliebenen deijenigen Beamten angewendet werden, welche nur zu den
dauernd beschäftigten Hülfsarbeitern oder Hül&schreibem gehören nnd
aus den dazu bestimmten Fonds flxirte Bemunerationen oder Diäten erhalten,
dergestalt, dafs den Hinterbliebenen solcher Beamten, je nachdem diese in
collegialischen Verhältnissen stehen oder nicht, die in der Ordre v. 27. April
1816 sub 1 oder die darin sub 2 genannte Gnadenbewilligung wie den Hinter-
bliebenen der in etatsmäfsigen SteUen fungirenden Beamten anzuweisen ist**
C.Verf. V. 17. Febr. 1860: „Auf den Bericht v. — , das Gnadengehalt
betr., welches den Hinterbliebenen von Lehrern an höh. Unterrichtsanstalten
zusteht, erwidere ich dem K. Prov.Sch.C. Folgendes:
Die CO. V. 27. April 1816 macht die Bewilligung des GnadengehsJts
nicht davon abhängig, ob der verstorbene Beamte definitiv oder nur interi-
mistisch oder auf Kündigung angestellt gewesen ist Es unterliegt mithin
keinem Bedenken, das Gnadengehalt auch den Hinterbliebenen solcher Lehrer,
welche nur auf Kündigung oder interimistisch angestellt gewesen sind, soweit
die A. 0. V. 27. April 1816 auf sie Anwendung findet, nach Ma&gabe der
darin gegebenen Bestimmungen zu gewähren.
Da femer die CO. v. 27. April 1816 sub 2 die Zahlung eines zwei- oder
dreimonatL Gnadengehalts an Hinterbliebene von Beamten, welche nicht in
collegialischen Verhältnissen stehen, dann gestattet, wenn die üebertragung der
Stelle des Verstorbenen ohne besonderen Kostenaufwand für die Staatskasse
erfolgen kann, so finde ich kein Bedenken, das K. Prov.Sch.C zu ermächtigen,
in Fällen, wo die Verhältnisse die unentgeltl. üebertragung einer durch den
Tod ihres Inhabers erledigten Lehrstelle nicht gestatten, dennoch den Hinter-
bliebenen ein zwei- oder dreimonatL Gnadengeh^t dann zu gewähren, wenn die
Anstalt hierzu hinreichende eigene Mittel besitzt/'
Min.Verf. v. 31. März 1859: „Auf den Bericht v. — erwidere ich dem
E. Prov.Sch.C, dafs es keinem Bedenken unterliegt, der Witwe des Seminar-
lehrers N. neben dem Sterbemonat das Gnadenquartal zu gewähren. Die CO.
V. 27. April 1816 ist eine allgm. Anordnung für alle Staatsdiener, und der
Schlu&satz derselben, welcher die Geistlichen und Schullehrer ausschliefet, hat
ledigl. den Zweck, diesen Kategorien von Beamten diejenigen grölheren Vorteile
zu erhalten, welche ihnen etwa bereits nach anderweiten geseM. oder statatar.
Normen zustanden. Wo diese Voraussetzung nicht zutrifft, finden die Be-
stimmungen der CO. v. 27. April 1816 Anwendung.
Da nach Inhalt des Berichts die Vertretung des Lehrers N. besondere
Kosten nicht verursacht hat, so ist gemäfs Nr. 1 der gedachten A. 0. der Witwe
derselben der auf — berechnete 2monatl. Gehaltsbetrag nachträglich zu zahlen.**
Min.Verf. v. 19. Aug. 1871: — „Nach der CO. v. 15. Nov. IS19
(S. 391) steht der Gnadenmonat niemals den Erben, sondern nur der Witwe,
den Kindern und Enkeln des Verstorbenen, ohne Bücksicht, ob sie dessen Erben
393
sind oder nicht, zu. Im Fall solche Personen nicht vorhanden, Wlt der Betrag
des Gnadenmonats an die Sterbekasse, falls der betr. Bessortchef sich nicht
ausnahmsweise veranlafst sieht, den Gnadenmonat Eltern, Geschwistern, Ge-
schwisterkindern resp. Pflegekindern zu bewilligen/^
Min. Verf. v. 18. Febr. 1879. „Dem K. Prov.Sch.C. lasse ich das
beiliegende Gesuch des Cnratoriums der höh. Bürgerschule zu N. v. 19. v. M.
nebst Anlage mit dem Bemerken zugehen, dafs nach den für Staatsbeamte
geltenden Normen das ganze Yierteljahrsgehalt derjenigen Beamten, welche, wie
der verstorbene Bector N. zu N., in coÜegialischen Verhältnissen stehen und
daher nach der AUerh. 0.0. v. 10. Mai 1828 ihr Gehalt in vierteljähr. Baten
zu beziehen haben, bereits als verdient anzusehen ist, wenn sie nur den ersten
Tag des Vierteljahrs, des sog. Sterbequartals, erlebt haben. Dies Gehalt gehört
zum Nachlasse, so dafs die Erben einen Bechtsanspruch auf dasselbe haben
und zur Bückzahlung eines Teiles desselben nicht verpflichtet sind, gleichgiltig
in welchem Monate der Beamte verstorben ist und ob das Gehalt demselben
noch bei seinen Lebzeiten oder erst den Erben nach seinem Tode gezahlt
worden.
Verschieden hiervon ist der Gnadenquartalsbetrag, auf welchen den Hinter-
bliebenen eines Beamten kein klagbares Becht zusteht und das nur gewissen
nahen Verwandten des verstorbenen Beamten gewährt wird. Dies Quartal wird
nach den bestehenden Bestimmungen von dem Ende desjenigen Monats, in
welchem das Ableben des Beamten erfolgt ist, dem sogenannten Sterbemonate,
ab gerechnet. Damach erhalten die zum Bezüge eines Gnadenquartalsbetrages
zugelassenen Verwandten des Verstorbenen einen dem Gehalte desselben ent-
sprechenden Betrag für einen ein- oder zwei- oder dreimonatlichen Zeitraum,
je nachdem der Beamte im ersten oder zweiten oder dritten Monate eines
Vierteljahres gestorben ist.
Aus dieser Art der Berechnung des Gnadenquartals folgt aber nicht, dafs
die auf dasselbe in Anrechnung kommenden Beträge des Sterbequartalsgehaltes
nur Gnadenbewilligungen seien und die Erben ein Becht darauf nicht haben.
Gnadengehalt ist nur dasjenige, was über das beim Tode eines Beamten fällige
Gehalt hinaus gezahlt wird.
Von diesen Gesichtspunkten aus kann ich der in der beiliegenden Verf.
des K. Prov.Sch.C. v. 15. v. M. vertretenen Auffassung, wonach nur der Sterbe-
monatsbetrag der Erbin des im Monate Juli pr. ohne Hinterlassung naher Ver-
wandten verstorbenen Bectors N. belassen werden soll, nicht beitreten und mufs
das Verlangen des Guratoriums, von der durch das K. Prov.Sch.C. angeordneten
Wiedereinziehung der Gehaltsbeträge für die Monate August und September pr.
Abstand zu nehmen, für begründet erachten, wenn nicht etwa besondere, mir
unbekannte, z. B. aus dem Verhältnisse des pp. N. als städtischen Beamten
herzuleitende Gründe eine andere Entscheidung bedingen." . . . Der Min. d.
geistl etc. Ang. Im Auffcr. Greiff.
C.Verf. V. 27. Juni 1881. „Se. Maj. der Kaiser und König haben
mittels Allerh. Ordre v. 25. v. M. zu genehmigen geruht, dafs das Gesetz v.
6. Febr. d. J., betr. die Zahlung der Beamtengehalte und Bestimmungen über
das Gnadenquartal, auch auf die Beamten, bezw. die Hinterbliebenen der Beamten
der unter staatlicher Verwaltung stehenden Stiftungs -Anstalten und
Stiftungsfonds des diesseitigen Bessorts zur Anwendung gebracht werden darf.**
von GoMer.
Nach der Verordn. v. 23. Sept. 1867 (GS. p. 1619) flndet in Betreff der
Onadeiizeit der Hinterbliebenen von G^istiichen und Lehrern die CO. v. 27. Apr.
1816 (S. 390) auch auf die neuen Landesteile Anwendung; vgl GBl. 1869 p. 769.
394
Die Hinterbliebenen eines während der Amtssnspension verstorbenen
Beamten erhalten während der Gnadenmonate das volle Einkommen der Stelle.
C.Verf. des Jnstizmin. (der sich der Min. des Innern dnrch C.Yerf.
V. 28. Juli 1841 anschliefst) v. 26. Mai 1841: „B^i Anslegong der in der
C.Verf V. 26. Nov. 1832, IV. 2 getroffenen Bestimmung ist der Zweifel ent-
standen, ob den Hinterbliebenen eines etatsmä&igen Beamten, welcher zur
Untersnchnng gezogen, vom Amt snspendirt und in erster Instanz zur Amts-
entsetznng verorteüt worden, jedoch vor Abfassung des Erkenntnisses zweiter
Instanz verstorben ist, das Gehalt des Sterbemonats oder Sterbeqnartals and das
Gnadengehalt aasgezahlt werden dürfe.
Da in der CO. v. 27. April 1816 das Gehalt fmr das Sterbe- and
Gnadenqaartal den Hinterbliebenen der Beamten ohne weitere Beschränkung
bewilligt ist, die Eigenschaft des Beamten aber nur durch die wlrkl. erfolgte
Entlassung oder durch die in einem rechtskräftig gewordenen Erkenntnis aus-
gesprochene Amtsentsetzung verloren geht, so wird, in Uebereinstimmung mit
der E. OBechnungskammer hierdurch bestimmt, dafs der Anspruch auf das
Gehalt des Sterbemonats oder Sterbequartals und auf das Gnadengehalt den
Hinterbliebenen eines suspendirten Beamten überhaupt in allen Fällen zusteht,
wenn nicht der Verstorbene durch ein schon während seines Lebens rechts-
kräftig gewordenes Erkenntnis seines Amts entsetzt worden war. Was die
Höhe des den Hinterbliebenen zustehenden Diensteinkommens betrifft) so ist
in Erwägung gezogen worden, dafs mit dem Tode des Beamten die Folgen
seiner Schuld aufhören, und dafs daher auch die einem suspendirten Beamten
zur Last fallenden Vertretungskosten den Hinterbliebenen desselben nicht
aufzuerlegen sind.
Demgemäfs wird, gleichfalls in Uebereinstimmung mit der K. OBechnungs-
kammer, die im Eingange dieser Verf. erwähnte C.Verf. v; 26. Nov. 1832 hier-
durch dahin modificirt, dafs die Hinterbliebenen eines während der Amtssuspension
verstorbenen Beamten:
1. fär den Sterbemonat nur dasjenige Einkommen erhalten, welches
der Verstorbene während der Suspension selbst bezogen hat; dafs ihnen aber
2. für die aufser dem Sterbemonat zulässigen Gnadenmonate und zwar ohne
Unterschied, ob letztere mit dem Sterbequartal ganz oder teilweise zusammen-
fallen oder nicht, das voUe Einkommen der Stelle, wie der Verstorbene solches
vor seiner Amtssuspension bezogen hatte, also in derselben Art wie die Hinter-
bliebenen anderer Beamten gleicher Kategorie, und ohne Abzug für etwan.
Vertretungskosten, zu gewähren ist.**
Min. Verf. v. 28. Febr. 1882. „Auf den Bericht vom 30. Jan. d. J.,
betr. die Gewährung eines Gnadenmonates an die Hinterbliebenen der Gymnasial-
lehrer-Witwe N. in N., erwidere ich der E. Regierung, dais das in dem Berichte
angezogene Gesetz v. 27. März 1872, betr. die Pensionirung der unmittelbaren
Staatsbeamten sowie der Lehrer und Beamten an den höh. Unterrichtsanstalten,
eine Bestimmung über die Gewährung der Witwenpension über den Tod der
Empfängerin hinaus nicht enthält, auch sonstige allgemeine Bestimmungen,
welche die Gewährung des sogenannten Gnadenmonates von Witwen- und
Waisenpensionen ermöglichen würden, nicht vorhanden sind, und daher eine
Pensionsrate fär einen Monat an den Kaufmann N. in N. nidit gezahlt werden
kann." Der Min. d. geisü. etc. Ang. Im Auftrage: Barkhausen.
Die nach dem Tode der Pensionäre und Wartegeldempfänger einzusenden-
den Totenscheine sind unentgeltlich auszustellen.
C.Verf. des Finanzmin. u. des Min. d. geistl. etc. Ang. v.
18. März 1862: J)ie K. OBechnungskammer hat im § 18 der Vorschriften zur
395
AnfertigüDg und Jnstification der Yon den Begierungs-Hauptkassen abzulegenden
Civil-Pensions- und Wartegelderrechnungen v. L März 1844 bestimmt, dafs die
Abgänge, wenn der Tod des Empfängers dieselben herbeigeführt hat, durch
die Totenscheine nebst den sonst noch erforderl. Justificatorien nachzuweisen
sind. Die Beibringung dieser Atteste ist lediglich im fiscal. Interesse und zu
dem Zweck erforderlich, den revidirenden Behörden die Ueberzeugung zu ver-
schaffen, dafs der Pensionär, resp. Wartegeldempfänger, wirklich bis zu dem
angegebenen Zeitpunkt gelebt hat. Die Pfarrer haben daher die qu. Toten-
scheine von Amtswegen unentgeltlich auszustellen, wie dies in Betreff der
Militär - Invalidenpensionen bereits im § 18 der unterm 8. Mai 1810 von der
4. Division des K. Mil. Oekonomiedepartements erlassenen Instruction, resp.
durch die Verff. der Section für den Cultus im E. Ministerium des Innern
V. 20. Nov. 1809, resp. 11. Juni 1811, vorgeschrieben ist Aus Veranlassung
eines Specialfalls ersuchen wir das K. OPräsidium ergebenst, hiemach das
Weitere an die K. Begierungen der Provinz gef. zu verfugen und soweit nöthig
auch mit den kathol. geistlichen Behörden in geeignete Communication zu treten."
2. Gesetz vom 20. Mai 1882 (GS. 298)
betr. die Fürsorge für die Witwen und Waisen der unmittelbaren
Staatsbeamten.
§ 1. „Unmittelbare Staatsbeamte, welche Diensteinkommen oder Wartegeld
aus der Staatskasse beziehen und welchen beim Eintritte der Voraussetzungen
der Versetzung in den Buhestand nach Erfüllung der erforderlichen Diensteeit
Pension aus der Staatskasse gebühren würde, sowie in den Bnhestand versetzte
unmittelbare Staatsbeamte, welche krafb gesetzlichen Anspruches oder auf Grund
des § 7 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 (S. 356) lebenslängliche Pension
aus der Staatskasse beziehen, sind verpflichtet, Witwen- und Waisengeldbeiträge
zur Staatskasse zu entrichten.
Diese Verpflichtung erstreckt sich auf 1) Beamte, denen ein Pensions-
anspruch nur auf Grund der Vorschrift in dem zweiten Absätze des § 3
der Verordnung v. 6. Mai 1867 [GS. S. 713 0] zQBteht; 2) Beamte, welche
nur nebenamtlich im Staatsdienste angestellt sind; 3) diejenigen Beamten,
welche nur auf Grund des § 79 des Gesetzes, betr. die Verfassung und Ver-
waltung der Städte und Flecken in der Provinz Schleswig-Holstein, v. 14. April
1869 (GS. S. 589) ein Einkommen aus der Staatskasse beziehen; 4) die
mit Bewilligung von Wartegeld oder Pension aus einer der unter Ziffer 1 bis 3
bezeichneten Stellungen ausgeschiedenen, sowie diejenigen Beamten, welche nur
auf Grund einer nach d(m ersten Absätze des § 36 des Pensionsgesetzes vom
27. März 1872 in Kraft gebliebenen Zusicherung eine Pension aus der Staats-
kasse beziehen.
§ 2. Von dem den Hinterbliebenen eines zur Entrichtung von Witwen-
und Waisengeldbeiträgen verpflichteten Beamten nach der CO. v. 27. April 1816
(S. 390), dem Gesetze v. 6. Febr. 1881, betr. die Zahlung der Beamtengehälter
und Bestimmungen über das Gnadenquartal (S. 294), sowie dem § 31 des
Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 (S. 360) gebührenden oder bewilligten Be-
trage des vierteljährlichen Gehaltes oder Wartegeldes bezw. der einmonatlichen
Pension des Verstorbenen sind die Witwen- und Waisengeldbeiträge gleichfallB
zu entrichten.
§ 3. Die Witwen- und Waisengeldbeiträge betragen Jährlich 3 Procent
des pensionsfähigen Diensteinkommens, des Wartegeldes oder der Pension mit
*^ Betrifft die Pensionsansprnche der in den neu erworbenen Landesteilen
angestellten und der mit diesen Gebieten übernommenen unmittelbaren Civil-
Staatsbeamten. Vgl. unten, Anlage 1, Begründung § 1.
396
der Mafsgabe, dafs der die Jahressamme von 9000 Mark des pensionsfAhigeii
Diensteinkommens oder Wartegeldes und von 5000 Mark der Pension übier-
steigende Betrag nicht beitragspflichtig ist
§ 4. Die Witwen- und Waisengeldbeiträge werden in denjenigen Teil-
beträgen erhoben, in welchen das Diensteinkommen, das Wartegeld oder die
Pension zahlbar ist Die Erhebnng erfolgt durch Einbehaltong eines ent-
sprechenden Teiles dieser Bezüge, wenn nnd insoweit dieselben znr Deckong
der Beiträge aasreichen. Anderenfalls sind letztere vierteljährlich im Vorans
an die Staatskasse einzuzahlen.
§ 5. Diese Yerpflichtnng zur Entrichtung der Witwen- und Waisengeld-
beiträge erlischt : 1) mit dem Tode des Beamten, vorbehaltlich der im § 2 ge-
troffenen Bestimmungen ; 2) wenn der Beamte ohne Pension aus dem Dienste
scheidet oder mit Belassung eines Teiles derselben aus dem Dienste entlassen
wird; 3) wenn der Beamte in den Buhestand versetzt und ihm auf Grund
des § 7 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 eine Pension auf bestimmte
Zeit bewilligt ist; 4) fär den Beamten, welcher weder verheiratet ist, noch
unverheiratete eheliche oder durch nachgefolgte Ehe legitirairte Kinder unter
18 Jahren besitzt, mit dem Zeitpunkte der Versetzung in den Buhestand;
d) far den pensionirten Beamten mit dem Ablaufe desjenigen Monates, in
welchem die unter Ziffer 4 bezeichnete Voraussetzung zutrifft. Durch eine nach
der Pensionirung geschlossene Ehe oder durch das Vorhandensein von Kindern
aus einer solchen wird das Erlöschen der Verpflichtung nicht gehindert
§ 6. Die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes pensionirten Beamten»
welche weder verheiratet sind noch unverheiratete eheliche oder durch nach-
gefolgte Ehe legitimirte Kinder unter 18 Jahren besitzen, sind von Entrichtung
der Witwen- und Waisengeldbeiträge befreit Eine nach der Pensionirung ge-
schlossene Ehe, sowie Kinder aus einer solchen kommen hierbei nicht in Beixacht
§ 7. Die Witwe und die hinterbliebenen ehelichen oder durch nach-
gefolgte Ehe legitimirten Kinder eines zur Zeit seines Todes zur Entrichtung
von Witwen- und Waisengeldbeiträgen verpflichteten Beamten erhalten aas
der Staatskasse Witwen- und Waisengeld nach Mafsgabe der nachfolgenden
Bestimmungen.
§ 8. Das Witwengeld besteht in dem dritten Teile derjenigen Pension,
zu welcher der Verstorbene berechtigt gewesen ist oder berechtigt gewesen sein
würde, wenn er am Todestage in den Buhestand versetzt wäre. Das Witwen-
geld soll jedoch, vorbehaltlich der im § 10 verordneten Beschränkung, mindestens
160 Mark betragen und 1600 Mark nicht übersteigen.
§ 9. Das Waisengeld beträgt: 1) für KlQder, deren Mutter lebt und
zur Zeit des Todes des Beamten zum Bezüge von Witwengeld berechtigt war,
ein Fünftel des Witwengeldes für jedes Kind; 2) für Kinder, deren Mutter
nicht mehr lebt oder zur Zeit des Todes des Beamten zum Bezüge von Witwen-
geld nicht berechtigt war, ein Drittel des Witwengeldes für jedes Kind.
§ 10. Witwen- und Waisengeld dürfen weder einzeln noch zusammen
den Betrag der Pension übersteigen, zu welcher der Verstorbene berechtigt ge-
wesen ist oder berechtigt gewesen sein würde, wenn er am Todestage in den
Buhestand versetzt wäre. Bei Anwendung dieser Beschränkung werden das
Witwen- und das Waisengeld verhältnismäfsig gekürzt
§ 11. Bei dem Ausscheiden eines Witwen- und Waisengeldberechtigten
erhöht sich das Witwen- oder Waisengeld der verbleibenden Berechtigten ron
dem nächstfolgenden Monate an insoweit, als sie sich noch nicht im vollen
Genüsse der ihnen nach den §§.8 bis 10 gebührenden Beträge befinden.
§ 12. War die Witwe mehr als 15 Jahre jünger als der Verstorbene, so
wird das nach Mafsgabe der §§ 8 bis 10 berechnete Witwengeld für jedes an-
gefangene Jahr des Altersunterschiedes über 15 bis einschliefslich 25 Jahre
897
tun V20 g^Mnst* Auf den nach § 9 zu berechnenden Betrag des Waisen-
geldes sind diese Kürzungen des Witwengeldes ohne Einflnfs.
§ 13. Keinen Anspruch auf Witwengeld hat die Witwe, wenn die Ehe
mit dem verstorbenen Beamten innerhalb dreier Monate vor seinem Ableben
geschlofsen nnd die Eheschliefsnng zn dem Zwecke erfolget ist, am der Witwe
den Bezug des Witwengeldes zn yerschaffen. Keinen Ansprach aaf Witwen-
nnd Waisengeld haben die Witwe and die hinterbliebenen Kinder eines
pensionirten Beamten aas solcher Ehe, welche erst nach der Yersetzang des
Beamten in den Bohestand geschlossen ist.
§ 14. Stirbt ein zar Entrichtung von Witwen- and Waisengeldbeiträgen
verpflichteter Beamter, welchem, wenn er am Todestage in den Bahestand ver-
setzt wäre, auf Grand des § 7 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 (S. 356)
eine Pension hätte bewilligt werden können, so kann der Witwe and den
Waisen desselben von dem Departementschef in Gemeinschaft mit dem Finanz-
minister Witwen- and Waisengeld bewilligt werden. Stirbt ein zar Ent-
richtung von Witwen- und Waisengeldbeiträgen verpflichteter Beamter, welchem
nach den §§ 18 und 19 des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 (S. 359) im
Falle seiner Versetzung in den Ruhestand die Anrechnung gewisser Zeiten auf
die in Betracht kommende Dienstzeit hätte bewilligt werden können, so ist
der Departementschef in Gemeinschaft mit dem Finanzminister befagt, eine
solche Anrechnung auch bei Festsetzung des Witwen- und Waisengeldes zu-
zulassen. 0
§ 15. Die Zahlung des Witwen- und Waisengeldes beginnt mit dem Ab-
laufe des Gnadenquartales oder des Gnadenmonates. ^)
§ 16. Das Witwen- und Waisengeld wird monatlich im Voraus gezahlt.
An wen die Zahlung giltig zu leisten ist, bestimmt der Departementschef,
welcher die Befugnis zu solcher Bestimmung auf die Provinzialbehörde fiber-
tragen kann. Nicht abgehobene Teilbeträge des Witwen- und Waisengeldes
verjähren binnen vier Jahren, vom Tage ihrer Fälligkeit an gerechnet, zum Vor-
teile der Staatskasse.
§ 17. Das Witwen- und Waisengeld kann mit rechtlicher Wirkung weder
abgetreten noch verpfändet oder sonst übertragen werden.
§ 18. Das Becht auf den Bezug des Witwen- und Waisengeldes erlischt:
1) far jeden Berechtigten mit Ablauf des Monates, in welchem er sich ver-
heiratet oder stirbt; 2) für jede Waise aufserdem mit dem Ablaufe des
Monates, in welchem sie das 18. Lebensjahr vollendet
§ 19. Das Becht auf den Bezug des Witwen- und Waisengeldes ruht,
wenn der Berechtigte das Deutsche Indigenat verliert, bis zur etwaigen Wieder-
erlangung desselben.
§ 20. Mit den aus § 14 sich ergebenden Mafsgaben erfolgt die Be-
stimmung darüber, ob und welches Witwen- und Waisengeld der Witwe und
den Waisen eines Beamten zusteht, durch den Departementschef, welcher die
Befugnis zu solcher Bestimmung auf die Provinzialbehörde übertragen kann.
Die Beschreitung des Bechtsweges steht den Beteiligten offen, doch mufs die
n Vgl. Min. Verf. v. 16. Febr. 1883 im C.Bl. 1883 8. 182 (Wiederholung
obiger Bestimmung).
*) G.Verf. V. 31. Aug. 1885: „Die nach dem Gesetse etc. ▼. 20. Mai 1882
zu zahlenden Waisengelder für dasjenige eheliche Kind eines zur Zeit seines Todes
zur Entrichtang von Witwen- und Waisengeldbeitriigen verpflichtet gewesenen
Beamten, welches erst nach dem Ablaafe des Gnadenquartales oder Gnadenmonates
geboren ist, sind nicht schon vom ersten Tage des Gebnrtsmonates, sondern erst
vom Tage der Geburt an zu gewähren." Der Min. d. geistl. etc. Aug. In Vertr.
Lucanus.
398
Entscheidung des Departementschefs der Klage vorhergehen nnd letztere so-
dann bei Verlast des Klagerechtes innerhalb sechs Monaten, nachdem den Be-
teiligten die Entscheidung des Departementschefs bekannt gemacht worden,
erhoben werden.
§ 21. Die Yorschriffcen 1) der §§ 10 nnd 13 des Dänischen Pensions-
gesetzes y. 24. Febr. 1858, 2) des dritten Teiles des Knrhessischen Staats-
dienstgeset&es v. 8. März 1831, 3) der §§ 28 ff. des Staatsdieneredictes
far das Fürstentum HohenzoUern - Sigmaringen v. 20. Aug. 1831 nnd der
§§ 26 ff. der Dienstpragmatik für das Fürstentum Hohenzollem-Hechingen y.
11. Oct. 1843 treten für die Hinterbliebenen derjenigen Beamten, welche
auf Grund des § 23 Absatz 1 dieses Gesetzes aus der Landesanstalt, der
sie seither angehörten, ausscheiden, mit der Mafsgabe aniser Kraft, d&fs
das denselben zu bewilligende Witwen- und Waisengeld nicht hinter dem-
jenigen Betrage zurückbleiben darf, welcher ihnen nach den vorstehend nnter
Ziffer 1 bis 3 bezeichneten Vorschriften aus der Staatskasse hätte bewilligt
werden müssen.
§ 22. Der Beitritt zu der Allgemeinen Witwenverpflegungs-
anstalt ist den nach § 1 zur Entrichtung von Witwen- und Waisengeld-
beiträgen verpflichteten Beamten, sowie den Beamten des Deutschen Beiches
nicht femer gestattet.
§ 23. Diejenigen nach § 1 zur Entrichtung von Witwen- und Waisen-
geldbeiträgen verpflichteten Beamten, welche Mitglieder einer Militär- oder
Staatsbeamten-Witwenkasse oder einer sonstigen Veranstaltung des Staates zur
Versorgung der Hinterbliebenen von Beamten und derselben nicht erst nach
der Verkündigung dieses Gesetzes beigetreten sind, bleiben, wenn sie binnen
drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine schriftliche
Erklärung für ihre etwaigen künftigen Hinterbliebenen auf das in den §§ 7 ff.
bestimmte Witwen- und Waisengeld verzichten, von Entrichtung der im § 3
bestimmten Witwen- und Waisengeldbeiträge befreit Anderenfalls sind sie
berechtigt, aus der Landesanstalt auszuscheiden.
Diese Bestimmungen finden sinngemäfse Anwendung auf die Mitglieder
der Beamtenpensionskassen bei den vom Staate erworbenen Privateisenbahnen
einschliefslich der Unterstützungskasse der Angestellten der Cöln- Mindener
Eisenbahn, femer der Berliner Allgemeinen Witwenpensions- und ünterstützungs-
kasse, sowie auf diejenigen Beamten, welche wegen ihrer Angehörigkeit zu
einer anderen Privatversicherungsgesellschaft von der ihnen sonst obliegenden
Verpflichtung zur Teilnahme an einer der im ersten Absätze bezeichneten An-
stalten entbunden oder nach Anordnung ihrer vorgesetzten Behörde zum Zwecke
der Versorgung ihrer Ehefrau für den Fall ihres Todes einer Privatversicherungs-
gesellschaft beigetreten und noch zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes
Mitglieder der Gesellschaft sind.
§ 24. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1882 in Kraft. Wilhelm.
Beetimmunffen v. &. Juni 1882 zur Ausführung des Gesetzes v. 20. Mai
1882, betr. die Fürsorge für die Witwen und Waisen der unmittel-
baren Staatsbeamten.
Allgemeine Bestimmnngen«
1. Die Ausführung des Gesetzes erfolgt, soweit nicht nachstehend ander-
weite Anordnungen getroffen sind, durch die Departementschefs und die von den-
selben zu bezeichnenden Behörden.
2. Die Witwen- und Waisengeldbeiträge (§§ 2 und 3 des Gesetzes), sowie
die Witwen- und Waisengelder (§§ 7 ff.) sind vom Bechnungsjahre 1. April 1883/84
ab nach Anleitung des Etats, auf die zeit bis Ende März 1883 aber aufseretats-
mäfsig nach Mafsgabe der Nummern 6 und 21 dieser Bestimmungen zu verrechnen.
399
Speeielle Bestimmuiigeii.
Beitragspflichtige und nicht beitragspflichtige Beamte.
3. Zur näheren Information über den Kreis der zur Entrichtung der in
dem § 3 des Gesetzes bestimmten Witwen- und Waisengeldbeitrage verpflichteten
Beamten wird die Begründung des § 1 des Entwurfes des Gesetzes hierbei (An-
lage 1) angeschlossen.
Hinzugefügt wird, dafs die Bestimmung des § 1, nach welcher auch solche
Beamte, die auf Grund des § 7 des Pensionsgesetzes lebenslängliche Pension be-
ziehen, beitragspflichtig sind, eine analoge Anwendung nicht gestattet auf diejenigen
Beamten, welchen in Gemäfsheit des Allerhöchsten Erlasses v. 9. Oct. 1848 (Min.-
Bl. f. d. i. V. S. 342) ein lebenslängliches Gnaden^ehalt oder in Gemäfsheit des
§ 6 des Pensions-Beglements von 30. April 1825 eine Pension auf Lebenszeit be-
willigt ist. ^)
Berechnung des pensionsfähigen Diensteinkommens und der
Witwen- und Waisengeldbeiträge.
4. Für die Berechnung der Höhe des pensionsfähigen Diensteinkommens
sind die bei der Pensionirung geltenden Grundsätze mafsgebend. Zu bemerken
ist dabei:
a) die Witwen- und Waisengeldbeiträge von Beamten, welche unter Einbehaltung
eines Teiles des Gehaltes beurlaubt sind, (Allerh. Erl. v. 15. Juni 1863 —
S. 325), von suspendirten Beamten, sowie von Beamten, deren Wartegeld oder
Pension wegen des Bezuges eines neuen Diensteinkommens aus einer zur
Pension aus der Staatskasse nicht berechtigenden Stellung gekürzt wird
(§ 27 Nr. 2 und 8 29 des Pensionsgesetzes, Allerh. Erl. v. 14. Juni 1848,
S. 351), sind mit dem durch den Etat bezw. die Erhebungsliste (Nr. 5) fest-
gestellten vollen Betrage in den im § 4 des Gesetzes bezeichneten Raten, und
zwar in den ersteren beiden Fällen aus dem Diensteinkommen, in letzterem
Falle aus dem Wartegelde oder der Pension vorweg zu entnehmen. Buht
das Recht eines Beamten auf den Bezug des Wartegeldes oder der Pension
aus dem letztgedachten Grunde oder der Besoldung wegen eines Urlaubes
von längerer Dauer als von 6 Monaten ganz oder doch insoweit, dafs der
*) O.Verf. V. 26. Jan. 1885. „Den nachgeordneten Behörden meines
Ressorts lasse ich anbei Abschrift einer von dem H. Minister des Innern und dem
H. Finanz-Minister gemeinschaftlich erlassenen G.Verf. an sämtliche K, Regierungen
sowie die K, Finanz - Direction in Hannover v. 30. Dec. v. J., betreffend die An-
wendung des Witwen-Pensionsgesetzes v. 20. Mai 1882 auf die in Gemäfsheit des
§ 6 des Civil-Pensions-Reglements v. 30. April 1825 im Gnadenwege bewilligten
Pensionen, zur Kenntnisnimme und Beachtung in vorkommenden Fallen zugehen."
Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Aufi: Barkhausen.
G.Verf. des Min. d. Inn. und des Fin.Min. v. 30. Dec. 1884. „In
den Ausführungsbestimmungen v. 5. Juni 1882 zum Witwen- etc. Pensionsges. v.
20. Mai d. J. ist unter Nr. 3 Absatz 2 angenommen worden, dafs die Bestimmung
des § 1 des Gesetzes, nadi welcher auch solche Beamte, die auf Grund des § 7
des Pensionsges. v. 27. März 1872 lebenslängliche Pension beziehen, zur Ent-
richtung von Witwen- und Waisengeldbeiträgen verpflichtet sind, eine analoge An-
wendung auf diejenigen Beamten nicht gestatte, denen auf Grund des 6 6 des
Civil- Pensions -Regl. v. 30. April 1825 eine Pension auf Lebenszeit bewilligt ist.
Diese Vorschrift der Ausführungsbestimmungen entspricht auch dem Wortlaute
des § 1, a. a. 0. Da indes nach den Motiven zum Pensionsges. v. 27. März 1872
der § 7 desselben nur das bestehende Recht nach § 6 des Civil - Pensions - Regl.
V. 30. April 1825 wiedergiebt und die gesetzgeberische Absicht trotz jenes ein-
schränkenden Wortlautes unzweifelhaft dahingeht, die Fälle beider Art gleich zu
behandeln, so finden wir uns veranlafst, die unter Nr. 3 Absatz 2 der Ausführungs-
Bestimmungen getroff'ene Anordnung dahin abzuändern, dafs die Vorschriften des
Witwen-Pensionsges. v. 20. Mai 1882 auch auf diejenigen Beamten anzuwenden
sind, welchen auf Ghnnd des § 6 des Civil - Pensions - Regl. eine lebenslängliche
Pension im Gnadenwege bewilugt isf
400
Restbetrag zur Deckung der Beitrage nicht ausreicht, so gelangt die Vorschrift
des letzten Satzes des § 4 zur Anwendung. ^)
b) Ist dem Wartegeldempfanger oder Pensionär ein zur Pension aas der
Staatskasse berechtigendes Amt wieder verliehen und derselbe demgemäb
zur Entrichtung von Witwen- und Waisengeldbeitriigen von dem Binkommoi
aus diesem Amte verpflichtet, so ruht die Verpflichtung zur !2ahlnng soldber
Beiträge von dem Wartegelde oder der Pension insoweit, als diese Competenzen
eingezogen oder gekürzt werden oder dieselbep unter Hinzurechnung des
neuen beitragspflichtigen Einkommens die Summe von 9000 Mark übersteigen.
c) Die Witwen- und Waisengeldbeiträge sind auch von demjenigen Teile der
Pension früherer Militärpensionäre, welcher in Gemäfsheit des § 107 des
Militär- Pensionsgesetzes v. 27. Juni 1871 den Civilfonds aus Militärfonds xu.
erstatten ist, für B«chnung der Staatskasse zu erheben. In den Ansprüchen
der Civilfonds auf solche Erstattung aus Militärfonds wird hierdurch eine
Veränderung nicht herbeigeführt.
Feststellung, Erhebung, Verrechnung und Justification der
Witwen- und Waisengeldbeiträge.
5. Die Feststellung der Witwen- und Waisengeldbeiträge erfolgt:
a) Bezüglich der activen Beamten und bezüglich denenigen Wartegeld-Emnfanger
bei der Justiz- Verwaltung, welche das Wartegeld aus Kapitel 76 Titel 2 des
Etats beziehen, durch die nach Kr. 1 zuständige Behörde.
b) Bezüglich der übrigen Wartegeld - Empfänger und der Pensionäre durch die-
jenige Behörde, welche der die betr. B[echnung aufstellenden Kasse vor-
gesetzt ist.
Noch vor dem 1. Juli d. J., als dem Zeitpunkte des Inkrafttretens des Ge-
setzes ist den Provinzial - Hauptkassen, bezw. den Specialkassen, für jede von
denselben für 1882/83 zu legende Jahresrechnung besonders, eine Nachweisung
der zu erhebenden Witwen- und Waisengeldbeiträge zuzufertigen. In dieser Nach-
weisung ist zugleich das pensiönsfähige Diensteinkommen der einzelnen Beamten
(cf. Nr. 4 der Ausführungs-Bestimmungen), bezw. das Wartegeld und die Pension,
soweit davon nach § 3 des Gesetzes Witwen- und Waiseng^dbeiträge zu erheben
sind, ersichtlich zu machen und, soweit nicht die Bezüge nach den Etats und
Aechnungen für den vorliegenden Zweck als zweifellos erscheinen, zu erläutern
und zu begründen.
In den Fällen, in welchen eine Einnahme aus einem Nebenamte pensions-
fähig ist, sind der Nachweisung die desfallsigen Beweisstücke in beglaubigter
Form beizuHigen. Sämtliche Pensionäre und Wartegeld - Empfänger sind in der
Nachweisung der zu zahlenden Beiträge in derselben Reihenfolge aufzuführen, wie
sie in den Rechnungen nachgewiesen sind. In den Fällen, in welchen ein Witwen-
und Waisengeldbeitrag nicht zum Ansätze gebracht sein sollte, ist dies näher
zu begründen.
^) CVerf. V. 31. Juli 1884. „Den nachgeordneten Behörden meines
Ressorts lasse ich anbei Abschrift des Beschlusses des K. Staats - Ministeriums v.
20. Juni d. J., betrefiend die Erläuterung der Nr. 4a. der Ausführungsbestimmungen
zum Gesetze über die Fürsorge für die Witwen und Waisen der unmittelbsreD
Staatsbeamten, zur Kenntnisnahme und gleichmäfsigen Beachtung zugehen.** Der
Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr. : Lucanus.
BeschluTs des K. Staatsministeriums v. 20. Juni 1884. „Bei
Feststellung des den suspendirten Beamten gemäfs § 51 des Gesetzes v. 21. Juli
1852 (S. 336) und gemäfs § 48 des Gesetzes v. 7. Mai 1851 (GS. S. 218) sowie
geeigneten Falles am Grund des § 15 Nr. 3 des zuletzt gedachten Gesetzes zu be-
hwsenden Teiles ihres Diensteinkommens sind die Witwen- und Waisengeldbeiträge
vor der Teilung des Diensteinkommens von dem letzteren in Abzug zu bringeu.
In gleicher Weise ist bei Feststellung der nach dem AUerh. Erl. v. 15. Juni 1863
rS. 325) bei der Beurlaubung eines Beamten auf mehr als l'/a Monate demselben
lür weitere 4Vs Monate des Urlaubes zu belassenden Hälfte seines Gehaltes zu
verfahren (§§ 3 und 4 des Ges. v. 20. Mai 1882, S. 395 f. — Ausführungsbestimmungen
zu demselben vom 5. Juni 1882 Nr. 4 a).
401
Kann wegen Kürze der Zeit die Fn^e, ob der Beamte überhaupt zur
Zahlung der Beiträge verpflichtet ist, rechtzeitig vor dem 1. Juli nicht mit Sicher-
heit festgestellt werden, so sind die Beiträge gleichwohl behufs vorläufiger Er-
hebung in die Nachweisung einzustellen.
Ist es wegen Kürze der Zeit nicht thunlich, die Höhe der zu erhebenden
Beitriige rechtzeitig vor dem 1. Juli zur definitiven Feststellung zu bringen, so
smd dieselben zu einem annähernd veranschlagten Betrage in die Nachweisung
einzustellen. Die definitive Festsetzung der Beitragspflicht, bezw. der Höhe der
Beiträge erfolgt thunlicbst in der Weise, dafs die er&rderliche Ausgleichung bei
dem nächsten Termine der Fälligkeit des weiteren Beitrages stattfinden kann.
Bei neu in den Ruhestand tretenden Beamten hat diejeniger Provinzial-
behörde, auf deren Anweisung die Zahlung der ersten Pensionsrate erfolgt (oben
5 b), auch die erforderliche Anordnung wegen der Erhebung oder, in den Fällen
des § 5 Absatz 4 und 5 des Gesetzes, der Befreiung von der Entrichtung der
"Witwen- und Waisengeldbeiträge zu treffen. Die dem Beamten zuletzt vorgesetzte
Dienstbehörde hat auf Erfordern der die vorgedachte Anweisung erlassenden Pro-
vinzialbehörde die nöthigen Mitteilungen zu machen«
6. In den nächsten Entwürfen zu den Kassenetats der einzelnen Ver-
waltungen sind in der Ausgabe hinter der letzten Kolonne folgende zwei Spalten
hinzuzufügen :
Die Witwen- und Waisengeldbeiträge sind zu entrichten
k.
von einem pensionsfahigen
Diensteinkommen
von
(bis 9000 Mark)
Mark Pf.
zu 3 %
desselben ($ 3 des QteB
20. Mai 1882
4
mit
Mark
etzes vom
)
Pf.
In den Fällen, in welchen in den Kassenetats ganze Beamten-Kategorieen
auf einer Linie nachgewiesen werden, ist das pensionsfähige Diensteinkommen
nebst den davon zu entrichtenden Witwen- und Waisengeldbeitxlgen nur summarisch
auszubringen. Der specielle Nachweis derselben hat alsdann in den den Etats-
Entwürfen beizufügenden besonderen Besoldungs - Nachweisungen bezw. in ent-
sprechenden SpeciflS- Verzeichnissen zu erfolgen. Etwaige bei der Etatsfeststellung
vorgenommene Aenderungen werden den Behörden bei der Zufertigung der be-
treffenden Kassenetats speciell mitgeteilt werden.
Was hinsichtlich der Justification der Erhebungslisten unter Nr. 5 vorge-
schrieben ist, gilt auch für die Etatsentwürfe. In denjenigen Etatsentwürfen, in
denen Fonds, wie z B. der Fonds zu Wartegeldem und Civilpensionen, nach-
gewiesen werden, über welche keine Special-Etats aufgestellt, sondern nur Rech-
nungen gelegt werden, sind bei diesen Fonds die ebenfalls summarisch anszu-
brinffenden Ansätze, insbesondere was die Witwen- und Waisengeldbeiträge anlangt,
durch die Angabe zu begründen, wie viel das Jahres - Soll an solchen nach den
ausgefertigten Erhebungslisten (Nr. 5) bezw. nach der letzten Jahres - Rechnung
beträgt.
Die Witwen- und Waisengeldbeiträge sind unter einem mit der Bezeichnung
„gesetzliche Witwen- und Waisengeldbeiträge** neu zu bildenden Titel zu ver-
rechnen, im Kessort:
(a. bis m. betr. andere Verwaltungen.) n. der geistl., ünterr.- u. Medicinal-
Verwaltung unter Kapitel 84 Titel 4 a und 5 a, (Titel 4a für die sämtlichen Ver-
waltungszweige mit Ausschlufs des Medicinalwesens, Titel 5 a für das Medicinal-
wesen).
Diejenigen Institute und Anstalten, welche wie die Universitäten und G^ym-
nasien nur Zuschüsse aus allgemeinen Staatsfonds beziehen, deren Einnahmen und
Ausgaben mithin nicht im Staatshaushalts - Etat nachgewiesen werden, haben die
Witwen- und Waisengeldbeiträge zur Verrechnung bei dem oben bezeichneten
Wieie, YerordniUBgeB. IL 26
403
Etatsfonds der betreffenden Verwaltung an diejenige Kasse abzuliefern, von welcher
die ihnen etatsmäfsig zu zahlenden Zusohüsse zu verrechnen sind. . . .
7. In die Kassenrechnungen sind die für die Etats vorgeschriebenen Spalten
ebenfalls und zwar schon für das laufende Rechnungsjahr zu übernehmen.
8. In den Kassenbüchern sind im Texte derselben die von den Beamten zu
entrichtenden Witwen- und Waisengeldbeiträge für das laufende Rechnung^ahr
an der Stelle ersichtlich zn machen, wo das Gehalt der Beamten in Ausgabe nach-
gewiesen wird, der Regel nach also bei den Besoldungsfonds und zwar auch dann,
wenn die Beamten aus denselben kein festes Diensteinkommen beziehen ; . . . in
denjeni^n Ausnahmefällen jedoch, in denen Beamten, welche aus Fonds zn anderen
persönlichen Ausgaben remunerirt werden, die Pensionsberechtigung zusteht^ wie
z. B. den aufseretatsmäfsigen Käthen und Assessoren (Kapitel 58 Titel 7 des
Staatshaushalts-Etats) . . . bei diesen Fonds.
9. Die Erhebung der Witwen- und Waisengeldbeiträge erfolgt mit der Mafs-
gabe des § 4 des Gesetzes durch Einbehaltung eines entsprechenden Teiles des
Diensteinkommens der verpflichteten Beamten und in den Fällen, in welchen dies
nicht ausführbar ist, durch Vorauserhebung in vierteljährlichen Raten.
Auf die Wartegeldempfänger und Pensionäre finden diese Bestimmungen
entsprechende Anwendung.
Ueber die aus dem Diensteinkommen, bezw. dem Wartegelde und der Pension
einbehaltenen Beiträge ist von den Kassen Quittung nicht zu erteilen.
Ein Formular zn den künftigen Besoldungs-Quittungen und ein solches
zu den künftigen Quittungen über Pensionen und Wartegelder werden bei-
gefügt ( Anl. 2 und 2 a). Danach sind in den Quittungen die einbehaltenen Witwen-
nnd Waisengeldbeiträge ersichtlich zu machen.
10. Erhöht sich das pdnsionsfähige Diensteinkommen eines Beamten, so ist
die Kasse in der desfallsigen Verfügung bezüglich der in erhöhtem Betrage zu
zahlenden Witwen- und Waisengeldbeiträge mit Weisung zu versehen. Bezüglich
der auf Emolumente gestellten Beamten ist dasjenige Diensteinkommen mafsgebend,
welches der Berechnung der Pension zn Grunde zu legen wäre, wenn der Beamte
im Laufe des Etatsjahres pensionirt worden wäre. Der hiernach festgestellte
Witwen- und Waisengeldbeitrag wird auch im ersten Quartale des folgenden Etats-
jahres einstweilen forterhoben. Nach Beginn eines neuen Etatsjahres und zwar
alsbald nach dem Rechnungsschlusse für das vergangene Etatsjahr wird das pen-
sionsfähige Diensteinkommen, soweit dies nach § 10 Nr. 2 des Pensionsgesetaes
erforderlich, neu festgestellt. Ergiebt diese Feststellung, dafs für das neue Etats-
jahr der früher gezahlte Beitrag eine Aenderung erleidet, so ist hinsichtlich des
für das erste Quartal zu viel oder zu wenig erhobenen Beitrages die Ausgleichong
in dem nächsten Termine der Fälligkeit eines weiteren Beitrt^es za bewirken.
• Erlöschen der Verpflichtung zur Entrichtung von Witwen- und
Waisengeldbeiträgen.
11. In den Fällen des § 5 Nr. 4 und 5, sowie des § 6 des Gesetzes haben
die Pensionäre durch Bescheinig^nng der Orts - Polizei - Behörde ihres Wohnortes
oder sonst in glaubhafter Weise den Nachweis zu erbringen, dafs sie weder in
einer vor ihrer Pensionirung geschlossenen Ehe leben noch unverheiratete eheliche
oder durch nachgefolgte Ehe legitimirte Kinder unter 18 Jahren aus einer solohai
Ehe besitzen. Die Eingabe, durch welche dieser Nachweis geführt wird, ist von
ihnen der die Pension zahlenden Kasse einzureichen, welche dieselbe unverzüffUch
der der rechnungsiegenden Kasse vorgesetzten Provinzialbehörde, welcher die Ent-
scheidung zusteht, vorzulegen hat^ Den Beamten bleibt jedoch überlassen, die
Eingabe der Provinzialbehörde direot einzureichen.
Befreiung von der Entrichtung der Witwen- und Waisengeld-
beiträge.
12. Versorgungsanstalten, deren Mitglieder auf Grund der Bestimmungen
im § 23 des Gesetzes unter den daselbst gedachten Voraussetzungen die Befreiung
von der Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge in Ansprach nehmen
können, sind namentlich:
a) die Allgemeine Witwen- Verpflegungs- Anstalt in Berlin und die Berliner all-
gemeine Witwen-Pensions- und ünterstützungskasae,
403
b) die Königlich Preufsische Militär- Witwen-Kasse in Berlin,
c) die "Witwen-Kasse für die Königliche Hof- und Civildienersohaft in dem vor-
malitren Königreiche Hannover,
d) die Witwen- und Waisenanstalt für die Givildiener der acht Rangklassen in
dem vormaligen Kurfnrstentume Hessen, -
«) die Civil- Witwen- und Waisengesellsohaft in dem vormaligen Kurfnrstentume
Hessen,
£) die Central- Witwen- und Waisenversorgungs- Anstalt für die zu einer Pension
nicht berechtigten Civil- und Hotdiener in dem vormaligen Herzogtum Nassau,
g) die Witwen- und Waisenkastfe der höheren Civil - Staatsdiener in dem vor-
maligen Herzogtume Nassau,
h) die allgemeine Versorgungsanstalt für Witwen und Waisen Landgräflicher
Diener in der vormaligen Landsfrafschaft Hessen- Homburg,
i) die Pensionsanstalt für die Witwen und Waisen von Staatsdienem in der
vormaligen freien Stadt Frankfurt a./M.,
k) die an die Stelle des Grofsherzoglich Hessischen Civildiener- Witwen-Institutes
getretenen Veranstaltungen,
1) die allgemeine Witwenkasse in Kopenhagen und die vormals Grofsfürstliche
Witwen- und Waisenkasse in Kiel,
m) die Leibrenten- und Versorgungsanstalt von 1842 in Kopenhagen, bezw. die
an deren Stelle getretene Lebensversicherungs- und Versorgungs-Anstalt von
1871 daselbst,
n) die Witwen- und Waisenkassen der Lehrer an den Universitäten,
o) „ vormals Kurhessische Militär- Witwen- und Waisen-Anstalt,
p) die vormals Nassauische Militär- Witwen- und Waisenkasse,
q) „ vormals Hannoversche Offizier- Witwenkasse,
r) , Eisenbahnbeamten- Witwenkassen und die Unterstützungskasse der Ange-
stellten der Cöln-Mindener Eisenbahn,
s) die Bau- Witwenkasse in Kassel.
Welche Mitglieder anderer Versicherungs- Anstalten die nämliche Befreiung
in Anspruch nehmen können, ergiebt sich aus dem zweiten Absätze des § 23. ^)
Zur näheren Information ist ein Auszug aus der Begründung des Gesetz-Entwurfes
beigefügt (Anl. 3.)-
Die Zulässigkeit der auf Grund des § 23 von den einzelnen Beamten zu
stellenden Anträge ist von dem durch Beibringung entsprechender Beläge zu
führenden Nachweise abhängig, dafs der Beamte zur Zeit des Inkrafttretens des
Gesetzes, also am 2. Juli d. J. noch Mitglied einer der in diesem Paragraphen
gedachten Versorgungsanatalten war und diese Mitgliedschaft nicht erst nach der
Verkündigung des Gesetzes erworben hat.
Die von dem Beamten dabei abzugebende Erklärung wird dahin zu lauten
haben:
dafs der Antragsteller auf Grund des Gesetzes vom 20. Mai 1882 seine Frei-
lassung von der Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge beantrage,
indem er für seine etwaigen künftigen Hinterbliebenen auf das in den §§ 7 ff.
des bezeichneten Gesetzes bestimmte Witwen- und Waisengeld ausdrücklich
verzichte, obwohl ihm bekannt sei, dafs, falls diesem Antrage stattgegeben
werden sollte, dieser Verzicht ein endgiltiger und unwiderruflicher sei ')
») Min. Verf. v. 30. Sept 1882. „Auf den Bericht v. 30. Sept d. J. er-
widere ich dem K. Prov. Sch.C., dafs die Elementarlehrer- Witwen- und
Waisen-Kassen der einzelnen Regierungsbezirke zu denjenigen Anstalten des
Staates zur Versorgung der Hinterbliebenen von Beamten gehören, deren Mitglieder
auf Grund der Bestimmungen des § 23 etc. unter den daselbst gedachten Voraus-
setzungen die Befreiung von der Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge
in Anspruch nehmen können.*' Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr. Barkhausen.
•) Min.Verf. v. 15. Sept. 1885. „Auf den Bericht vom 22. März d. J.
erwidern wir dem K. Prov.Sch.C, dafs der von einem Beamten gemäfs § 23 des
Gesetzes vom 20. Mai 1882 erklärte Verzicht auf das in den §§ 7 ff. dieses Ge-
setzes bestimmte Witwen- und Waisengeld nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen
als nicht widerruflich anzusehen ist. Im Hinblick darauf, dafs das bezeichnete
Specialgesetz keine Bestimmung enthält, welche eine Ausnahme von der Regel
26*
404
Ist der Fensionsanspruch einer gerichtlich geschiedenen oder bSswülig ver-
lassenen Frau in den Fällen des § 26 a und b des Reglements für die Allgm.
Witwenverpflegungsanstalt dadurch aufrecht erhalten, daJTs die Frau für die Fort-
zahlung der Beiträge gesorgt hat, so steht dem Manne nicht das Becht zu, auf
Grund des g 23 des Gesetzes die Befreiung von Entrichtung der Witwen- imd
Waisengeldbeiträge in Anspruch zu nehmen.
Die Entscheidung erfolgt durch die nämliche Behörde, welche nach Kr. 5 a
und b für die Feststellung der Witwen- und Waisengeldbeiträge zustandig ist.
Hinsichtlich der Anträge der Wartegeldempfönger und Fensionäre ^t das-
selbe, was bezüglich der unter Nr. 11 bezeichneten Eingaben bestimmt ist, mit
der Mafsgabe, dais die Eingaben der unter Nr. 5 a bezeichneten Wartegeldempfönger
der Justiz- Verwaltung von der zahlenden Kasse an die Yorstandsbeamten des
Ober - Landesgerichtes einzusenden sind. In zweifelhaften Fällen hat die für die
Entscheidung zuständige Behörde sich zunächst mit der letzten Dienstbehörde des
Wartegeldempfängers oder Pensionärs in Beziehung zu setzen. Ist nach dem Er-
achten der zuständigen Behörde dem Antrage stattzugeben, so hat dieselbe unter
Benachrichtigung des Beamten durch Verfiijning an die rechnungsiegende Kasse
die Befreiung des Beamten von der Entrichtung der Beiträge anzuordnen. In der
Verfügung ist näher anzugeben, in welcher Weise den gesetzlichen VorauBsetzimgen
genügt ist. . . .
Aussetzung der Erhebung von Beiträgen.
13. Die Witwen- und Waisengeldbeiträge sind von den nach § 1 des Ge-
setzes verpflichteten Beamten schon zum 1. tJuli 1882 zu entrichten. Von den-
jenigen Beamten, welche zur Zeit der Verkündigung des Gesetzes üitglieder einer
der im § 23 desselben bezeichneten Anstalten waren und vor dem 1. Juli 1882
— in der unter Nr. 12 vorgeschriebenen Form — der zuständigen Behörde schrift-
lich anzeigen, dafs sie auf das Witwen- und Waisencreld verzichten, sind die zu
dem fraglichen Termine fälligen Beiträge nicht zu erheben, vorbehaltlich der nach-
träglichen Entrichtung, wenn nicht rechtzeitig vor dem 1. October von den Be-
amten unter Bestätigung des früher ausgesprochenen Verzichtes der Nachweis ge-
führt wird, dafs sie noch am 1. Juli Mitglieder der Anstalt waren.
Ausscheiden aus den bestehendenP Witwen- und Waisen-
Versorgungs-Anstalten.
14. Diejenigen nach § 1 des Gesetzes zur Entrichtung von Witwen- und
Waisengeldbeiträgen verpflichteten Beamten, welche von der ihnen nach § 23 zu-
stehenden Befugnis, die Befreiung von dieser Verpflichtung in Anspruch zu nehmen,
keinen Gebrauch machen wollen, sind berechtigt, aus derjenigen Versorgungs-
Anstalt, welcher sie bisher als Mitglieder anzugehören verpflichtet gewesen sind,
auszuscheiden. Der Antrag auf em Ausscheiden aus solcher Anstalt ist an die
Direction der betr. Anstalt zu richten und mit einem begleitenden Schreiben an
die nämliche Behörde einzusenden, welche nach Nr. 12 der Ausfuhrungsbestimmun^^en
über eine Freilassung der Beamten von der Entrichtung der Witwen- und Waisen-
geldbeiträge zu entscheiden haben würde. — Bezüglich der Wartegeldempfang»
und Pensionäre gilt auch hier, was wegen der Vermittelung der das Wartegeld
oder die Pension zahlenden Kasse unter Nr. 11 und 12 bestimmt ist.
Von der Provinzialbehörde sind die bei ihr eingehenden gesetzlich be-
gründeten Anträge in Zwischenräumen von 8 zu 8 Tagen mit einer nach dem bei-
gefügten Formulare 4 (Anlage 4) aufzustellenden bescheinigten Nachweisung der
etr. Anstalt zur weiteren Veranlassung zu übersenden.
Die näheren Bestimmungen über das Ausscheiden der Beamten aus den Ver-
anstaltungen des Staates zur Versorgung der Hinterbliebenen der Beamten, nament-
lich auch darüber, ob den Beamten aufser dem vollständigen Ausscheiden auch
der Unwiderruflichkeit eines rechtsverbindlich erklärten Verzichtes zuläXst, kann
deshalb der Widerruf einer gemäfs § 23 cit. leg. abgegebenen Erklärung auch in
dem Falle nicht für statthaft erachtet werden, wenn ein Beamter nach dem Tode
seiner Ehefrau zu einer zweiten Ehe schreitet" Der Min. d. geistL etc. Ang.
In Vertr. Lucanus. Der Finanz-Min. In Vertr. Meinecke.
406
das Recht auf Ermäfsigung der Versicherungssumme zusteht, werden von den Yer-
^raltungen der Anstalten zur öffentlichen Kenntnis gebracht werden.
15. Ein Antrag des Beamten auf Ausscheiden aus der Versorgungs- Anstalt,
welcher er bisher als Mitglied angehört hat, oder auf Ermäfsigung des nach den
bisher mafsgebenden Vorschriften erforderlichen Versicherungsbetrages schliefst
die Berechtigung zu dem Antrage auf Befreiung von Entrichtung der Witwen- und
Waisengeldbeiträge aus, desgleichen ein Antra? auf Befreiung von Entrichtung
dieser Beiträge den Antrag auf Ausscheiden aus der Anstalt, bezw. auf Ermäfsigung
des Versicherungsbetrages.
Die mit der Ausführung des Gesetzes beauftragten Behörden haben daher
eine genaue GontroUe darüber zu führen, dafs hiemach verfahren werde.
Bestimmung der Witwen- und Waisengelder.
16. Ueber die Gewährung von Witwen- und Waisengeld an Hinterbliebene
im activen Dienste oder als Wartegeldempfanger verstorbener Beamten ist, unter
Berücksichtigung der Vorschrift im Schlufssatze des § 16 Absatz 1 an den De-
partementsohef zu berichten, soweit nicht auf Grund des § 20 Absatz 1 die Befugnis
znr Bestimmung des Witwen- und Waisengeldes der Provinzialbehörde über-
lassen wird.
Dem Berichte ist in den Fällen des § 14 Absatz 2 eine Vorschlags-Nach-
weisung nach dem beigefügten Formulare 5 TAnlage 5), in den anderweitigen
Fällen, abgesehen von § 14 Absatz 1 eine Vorschlags-Nachweisung in im Uebrigen
gleicher Form, jedoch unter Fortlassung der Spalten 17 bis 19 des Formulares,
anzuschliefsen. In den Fällen des § 14 Absatz 1 endlich ist den Spalten 15 und
16 die Ueberschrift : „Davon können gewährt werden,^ den Spalten 18 und 19 die
Ueberschrift: „Davon werden zur Gewährung vorgeschlagen*', zu geben.
17. Auf Grund des § 20 Absatz 1 wird die selbständige Bewilligung des
Witwen- und Waisengeldes für die Fälle, in denen dasselbe an Hinterbliebene
pensionirter Beamten zu gewähren ist, derjenigen Provinzialbehörde übertragen,
welche der die letzte Pensionsrate verrechnenden Kasse vorgesetzt ist. Die
Provinzialbehörde hat auf Grund des § 16 Absatz 1 zugleich zu bestimmen, an
wen die Zahlung giltig zu leisten ist. Dabei ist davon auszugehen, dafs die Zah-
lung von einer gerichtlichen Feststellung der Empfangsberechtigten der Regel
nach nicht abhängig gemacht werden soll. Sofern nicht besondere Bedenken vor-
liegen, sind also die Witwengelder an die Witwe, die Waisengelder, wenn die
Mutter noch lebt und für die Pflege und Erziehung der £inder sorgt, an die
Mutter, anderenfalls an den Vormund der Kinder, welcher durch gerichtliche Be-
stallung als solcher sich zu legitimiren hat, zu zahlen.
Die Provinzialbehörde hat von der nach den §§ 8 und 9 erfolgten Bewilligung
von Witwen- und Waisengeld der letzten Dienstbehörde des Pensionärs Mitteüung
zu machen.
Bezüglich der Vermittelung der Anträge auf Bewilligung des Witwen-
und Waisengeldes gilt auch hier, was unter Nr. 11 für die zahlende Kasse be-
stimmt ist.
Der Zahlungsanweisung des nach den §§ 8 und 9 neu bewilligten Witwen-
und Waisengeldes ist eine nach Analogie des Formulares 5, ohne die Spalten 12/13
und 17/19 desselben aufzustellende und entsprechend zu justificirende ifachweisung
beizufögen.
18. Femer wird auf Grund des § 20 Absatz 1 des Gesetzes die selbständige
Bestimmung der nach § 1 1 desselben eintretenden Erhöhungen bereits bewilligter
Witwen- und Waisengelder derjenigen Provinzialbehörde übertragen, welche der
diese Gompetenzen verrechnenden Kasse vorgesetzt ist.
Zur näheren Information über die Fälle der Erhöhung eines Witwen- und
Waisengeldes wird die Begründung des § 11 des Entwurfes des Gesetzes beige-
fügt (Anl. 6).
19. Eine Abrundung des Witwen- und Waisengeldes auf volle Mark findet
in keinem Falle statt.
20. Ist die Ehe eines Beamten durch Scheidung aufgelöst, so ist die vor-
malige Ehefrau nach dem Tode des Beamten als Witwe nicht anzusehen und hat
daher auch auf Witwengeld keinen Anspruch.
406
Verrechnung der Witwen- und Waisengelder.
21. Die gezahlten Witwen- und Waisengelder werden bezuglich der Hinter-
bliebenen der im activen Dienste oder als Wartegeldempfänger yerstorbenen Be-
amten bei derjenigen Verwaltung in Ausgabe verrechnet, welcher der Beamte in
seiner letzten dienstlichen Stellung angehört hat. Diese Verrechnung erfolg unter
einem mit der Bezeichnung „gesetzliche Witwen- und Waisengelder* neu zu
bildenden Titel im Ressort (a— m betrifft andere Venvaltungsttoeige) n. der geistig
Unten*.- u. Medicinal- Verwaltung unter Kapitel 124 Titel 13 a bezw. unter Kap. 125
Titel 12a. .. .
Hinsichtlich der Verrechnug derselben aus dem Geschäftabereiche Ton
Verwaltungsbehörden in Dienstzweigen, für welche keine Proyinzialbehörden be-
stehen, wird in jedem einzelnen Falle von dem betr. Departementschef Bestimmung
getroffen werden.
Die gezahlten Witwen- und Waisengelder für Hinterbliebene der penaionirten
Beamten werden im Ressort des Finanz-Ministeriums unter dem mit der Bezeich-
Touug „gesetzliche Witwen- und Waisengelder für Hinterbliebene pensionirter
Beamten'' neu zu bildenden Titel 5 a des &apitels 62 in den Civilpensiona- Rech-
nungen verrechnet. Ausgenommen hiervon sind nur die Witwen- und Waisen-
gelder für die Hinterbliebenen von Landgendarmerie-Offizieren, Oberwachtmeiatem
und Gendarmen, welche unter dem obengedachten neu zu bildenden Titel 5 a
des Kapitel 97 des Etats der Verwaltung des Innern in Ausgabe nachzu-
weisen sind.
Anlage 1.
BegrOndang.
Jl in Verbindung mit § 7 enthält die entscheidenden Grundsätze : a. Samt-
eamte, deren etwaigen künftigen Hinterbliebenen ein Rechtsanspruch auf
Witwen- und Waisengeld zu gewähren ist, aber auch nur diese Beamte sind zur
Entrichtung von Witwen- und Waisengeldbeiträgen verpflichtet.*) b. Ein Rechts-
anspruch auf Witwen- und Waisengeld ist den Hinterbliebenen nur derjenigen
Beamten einzuräumen, die ohne Veränderung ihrer zeitlichen dienstlichen Stellung
in die Lage kommen können, einen Rechtsanspruch auf Pension dem Staate gegen-
über zu erwerben.
Hiemach werden die unter dem Vorbehalte des Widerrufes oder der Kün-
digung angestellten Beamten, welche eine in den Besoldungsetats aufgeführte Stelle
nicht bekleiden (§2 Absatz 2 des Pensionsgesetzes) dem Gesetze nicht unterworfen
sein, weil sie einen Anspruch auf Pension nicht haben.
Die nämliche Voraussetzung trifft auf die nur nebenbei oder nur vorüber-
|[ehend im Staatsdienste beschäftigten Beamten nach $ 5 des Peusionsgesetzes zu,
insoweit nicht in Gemäfsheit des J 32 dieses die Vorschrift des zweiten Absatzes
des S 3 der Verordnung v. 6. Mai 1867 (GS. S. 713) Platz greift, nach welcher den
Beamten in den neu erworbenen Landesteüen Pensionsansprüche auch für den Fall
fewahrt sind, dafs sie zur Zeit der Versetzung in den Ruhestand sich in einer zur
'ension nicht berechtigenden Stelle befinden.
Durch letztere Ausnahmebestimmung soll lediglich ein bestehender Rechts-
zustand aufrecht erhalten werden. Dieselbe kann daher auf die Bewilligung der
nach dem vorliegenden Entwürfe den Beamten einzuräumenden neuen Ansprüche
auf Gewährung von Pensionen an ihre Witwen und Waisen nicht ausgedehnt
werden. Demgemäfs ist eine entsprechende Vorschrift in den zweiten Absatz des
S 1 unter Ziffer 1 aufgenommen.
Die Bestimmung unter Ziffer 2 dieses Absatzes, nach welcher die nar
nebenamtlich im unmittelbaren Staatsdienste angestellten Beamten überhaupt, also
auch dann, wenn sie eine pensions fähige Besoldung aus der Staatskasse beziehen
*) Min. Verf. v. 12. Sept. 1882. „Auf den Bericht v. 30. Aug. d. J.
erwidere ich dem K. Prov.Sch.C, dafs das Gesetz v. 20. Mai d. J. . . . auf den
Gymnasialdiener N. zu N. nicht Anwendung findet, da letzterer nach Lage des
Etats keinen Rechtsanspruch auf Pension hat, sondern zu denjenigfen Beamten
gehört, welchen nur auf Grund der Bestimmung in Absatz 2 des $ 2 des Givil-
Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 (S. 356) event. eine Pension bewilligt werden
kann.'' .. Der Min. d. qreistl. etc. Ans:. Im Auftr» de la Groix.
407
(S 12 des Pensionflgesetzes), zur Beitragsentrichtung nicht verpflichtet sein soUeD,
grandet sich auf die E *■* wägung, dafs die Fürsorge für die Hinterbliebenen solcher
Beamten demjenigen z^ überlassen sein wird, dessen Beamtenschaft sie durch ihr
Hauptamt angehören. Unter diese Vorschrift werden namentlich diejenigen Be-
amten fallen, welche in einem Hauptamte des Kirchendienstes und zugleich in
einem staatlichen Nebenamte als Oonsistorial- oder Schulrathe angestellt sind, des-
gleichen Reichsbeamte, welche zugleich ein dem unmittelbaren Staatsdienste ange-
nöriges Nebenamt bekleiden.
Zufolge S 79 des Gesetzes, betr. die Verfassung und Verwaltung der Städte
und Flecken in der Provinz Schleswig-Holstein v. 14. April 1869 (GS. S. ^9),
sind den bei Einführung dieses Gesetzes in den Gommunen bereits fest angestellten
Beamten die ihnen aus Staatsmitteln zugesicherten Besoldungsanteile und ander-
weit zustehenden Einkommensentschädigungen insoweit aus der Staatskasse fort-
zuzahlen, als nöthig ist, um den etwaigen UeberschuCs der gesamten, diesen
Beamten persönlich zustehenden Diensteinkünfte über den von der Commune zu
leistenden Besoldungsbetrag zu decken. Nach dem nämlichen Mafsstabe hat der
Staat zur Pensionirung der gedachten Beamten beizutragen. Femer ist vor Erlafs
des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872 in einzelnen Fällen die nach dem ersten
Absätze des $ 36 desselben in Kraft gebliebene Zusicherung erteilt, dafs der Staat
einen Beitrag zur Pension von solchen Beamten gewähren werde, welche aus dem
unmittelbaren Staatsdienste in ein demselben nicht angehöriges öffentliches Amt
übergetreten sind. Eine Veranlassung, den Hinterbliebenen der gedachten Be-
amten Witwen- und Waisengeld aus der Staatskasse zu bewilligen, ist nicht vor-
handen. Zur Beseitigung von Ansprüchen hierauf empfiehlt es sich, dieselben
durch die unter Ziffer 3 und 4 aufgenommenen Bestimmungen ausdrücklich
auszuschliefsen.
Die anderweitige Bestimmung unter Ziffer 4 ist eine Gonsequenz der Vor-
schriften unter Ziffer j bis 3.
Was im Uebrigen die in den Ruhestand versetzten Beamten anbelangt, so
ist es nach dem Vorgange des Reichsgesetzes als geboten erachtet, den zur Zeit
des Inkrafttretens des Gesetzes bereits pensionirten Beamten die Wohlthaten des-
selben in gleicher Weise zu Teil werden zu lassen, wie den erst später in den
Ruhestand tretenden. Nach der Fassung des J 1 wird daher der Zeitpunkt der
Pensionirung für die Beitragspflicht nicht mafsgebend sein.
Wenn im Allgemeinen nur solche in den Ruhestand versetzte Beamte
für beitragspflichtig erklärt worden sind, welche aus der Staatskasse kraft
gesetzlichen Anspruches Pension beziehen, so sollen damit diejenigen ehe-
maligen Beamten ausgeschlossen werden, welche im Disciplinarwege unter Be-
lassung eines Teiles des gesetzlichen Pensionsbetrages als Unterstützung aus dem
Dienste entlassen sind.
Nach S 7 des Pensionsgesetzes kann einem Beamten, welcher vor Voll-
endung des zehnten Dienstjahres wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt
wird, eine Pension zum Betrage von höchstens ^U seines Diensteinkommens ent-
weder auf bestimmte Zeit oder lebenslänglich bewilligt werden. Soweit eine solche
Bewilligung auf Lebenszeit erfolgt, wird der Beamte, obgleich er die Pension nicht
kraft gesetzlichen Anspruches bezieht, mit der aus ^ 7 des Entwurfes sich er-
gebenden Folge auch nach seiner Pensionirung zur Beitragsentrichtun^ verpflichtet
bezw. berechtigt bleiben müssen, weil er nicht nur während seiner Activität Beiträge
zu entrichten hatte, sondern weil er auch durch die Bewilligung einer lebens-
. länglichen Pension den pensions berechtigten Beamten gleichgestellt ist. Wenn
dagegen auf Grund des $ 7 des Pensions^esetzes eine Pension nur auf bestimmte
Zeit gewährt wird, so mufs mit der Pensionirung die Beitragspflicht des Beamten
und folgeweise die Anwartschaft seiner Angehörigen auf Witwen- und Waisen-
geld schon aus dem Ghrunde erlöschen, weil hier £e letztgedachte Voraussetzung
nicht zutrifft.
Ebensowenig erscheint es angängig, einen unter dem Vorbehalte des Wider-
rufes oder der jfündigung angestellt gewesenen Beamten, welcher eine in den
Besoldungsetats aufgeführte Stelle nicht bekleidet, bei seiner Versetzung in den
Ruhestand aber eine Pension bewilligt erhalten hat ($ 2 Abs. 2 des Pensionsgesetzes),
nach HaXsgabe dieser Pension zu Beiträgen heranzuziehen. Hiergegen spricht,
dafs den Angehörigen eines Beamteo, welcher während seiner Activität nicht bei-
408
tragspflichtig war, und dessen Belicten zum Bezage des Witwen- und Waisengeldes
nicht berechtigt gewesen sein würden, wenn er vor der Versetzung in den Kahe-
stand gestorben wäre, um so weniger ein Anrecht auf Versorgung mit dem B^inne
der Inactivität des Beamten zugestanden werden kann.
Wenn in dem Entwürfe die Verpflichtung zur Entrichtung von Witwen*
und Waisengeldbeiträgen davon abhängig gemacht ist, dafs der Beamte Dienst-
einkommen, Wartegeld oder Pension bezieht, so ist darunter verstanden, daCs den
Beamten das B^cht auf solchen Bezug zustehen mufs, während es, sofern diese
Voraussetzung vorliegt, ohne Bedeutung ist, ob der Beamte thatsächlich ein Ein-
kommen der gedachten Art aus der Staatskasse bezieht oder ob etwa das Becht
auf dessen Bezug zeitweilig ruht.
Demgemäis fallen namentlich auch diejenigen Beamten, welche auf Yorachlag
oder in Folge Ernennung seitens der Preufs, Staatsregierung . . . den Zoll- und
Steuer- Aemtem . . . beigeordnet worden . . ., unter die Vorschriften des ersten
Absatzes des $ 1. Denn diese Beamten beziehen zwar thatsächlich währoid der
Dauer ihrer Dienstleistung in einer der gedachten Stellungen ihr Einkommen nicht
direct aus der Staatskasse. Einerseits steht jedoch der Preufs. Staatsregiemng
das Becht zu, dieselben aus solcher Stellung zurück zu berufen, andererseits ist
der Preufs. Staat verpflichtet, die Beamten, wenn sie in derselben dienstunfähig
werden, zu pensioniren. Rechte und Verpflichtungen dieser Beamten dem Preuis.
Staate gegenüber ruhen daher nur einstweilen und treten in vollem Umfange in
Kraft, sobald das fragliche Verhältnis gelöst wird.
Anlage 2.
Mark Gehalt
Mark (Wohnungsgeldzuschufs)
Mark (anderweitige Bezüge)
zusammen Mark (buchstäblich etc.) habe ich für das . .
Quartal (Monat) des Etatsjahres . . . (für das Etatsjahr . . . ) und zwar:
Mark haar und
Mark durch Anrechnung der Witwen- und Waisen-
geldbeitrage
gezahlt erhalten, worüber ich hiermit quittire.
, den 188
(Name)
(Amtscharakter)
Anlage 2a.
Mark Pension (Wartegeld)
(buchstäblich) habe ich für (den Monat 18 . .) (das Etatsjahr 188 /8 )
und zwar:
Mark baar und
Mark durch Anrechnung der Witwen- und Waisen-
geldbeiträge
gezahlt erhalten, worüber ich hiermit quittire.
Zugleich versichere ich hierdurch, dafs ich in dem obigen Zeiträume an
weiterem Diensteinkommen in Folge einer Anstellung oder Beschäftigung im
Beichs- oder Staatsdienste, oder in einem sonstigen öffentl. Dienste
bezogen habe.
, den 188 .
Name
(früherer Amtscharakter)
Anmorkungt
1« In den Torgoiohriobonoii Qaittimgibeiebeinigangeii wird niehtt ga&Ddart.
2. Dia Worte: „oder in ainem aonatigen öffentlichen Dienete" können Ton den Pwirion&ren,
welohe eine CiTilpeneion lediglich ani Preafliieehen StMitsfonde beliehen •> (tob welcher
•leo nicht etwa ein Teil aae Beichafonde ma eratatten iat) — nicht aber Ton den Warl^^ld-
empAngem geatrichen werden.
3. Die im Schlafaaatse offen geUaaene Stelle iat von dam Penaionire oder Wartegeld-
empfinger mit dem Worte nnichta" anaanfUlen, wenn diea antrifft Senat iat an dieia
Stelle daa Wort „nor" an aetaen nnd dann die Art der neaen Anatellung oder Beachaftigaaf
aowie daa beaogene weitere Dienateinkommen näher anangeben, unter Beaeiehnimg dar
Kaaae, aaa welcher daaaelbe geaahlt iat
409
Anlage 3.
Begrfindang.
S 23. Nach dem ^ 24 des ReichsgesetzeB y. 20. April 1A81 sollen diejenigen
Beamten von der Verpflichtang zur Unterwerfung unter das Gesetz befreit sein,
welche Mitglieder einer Militär- oder Landesbeamten -Witwenkasse oder der
sonstigen Veranstaltung eines Bundesstaates zur Versorgung der Hinterbliebenen
▼on Beamten sind. Dieser Bestimmung folgt der vorliegende Entwurf, da anzu-
erkennen ist, dafs es der Billigkeit entspricht, die Beamten nicht zum Verzichte
auf ihre zum überwiegenden Teile durch eigene Leistungen an die Anstalten er-
w^orbenen Ansprüche zu nöthigen, nachdem ihnen vorher entweder die Verpflichtung
auferlegt war, denselben beizutreten oder doch von der Staatsverwaltung solcher
Beitritt als eine geeignete und genügende Art der Versorgung ihrer Hinterbliebenen
bezeichnet worden.
Im Sinne des Entwurfes ist dabei unter einer Witwenkasse oder einer Ver-
anstaltung zur Versorgung der Hinterbliebenen von Beamten nur eine Anstalt zu
verstehen, welche den Zweck zur Versorgung von Witwen in allen regelmäfsigen
Fällen erfüllt. Demgemäfs trifft die gedachte Bestimmung soweit nicht zu, als
die bei den Eisenbahnen bestehenden Feusionskassen den Witwen der Eassen-
mitpflieder eine Pension nur in dem Falle sichern, wenn der Tod des Ehemannes
in Folge einer bei Ausübung des Dienstes erlittenen Verletzung eingetreten ist. . . .
(das Folgende betrifft die EisenbahnvertDaltwng),
äiernach wird in Preufsen die Teilnahme an einer Privatver-
sicherungsgesellschaft der B^gel nach von der Unterwerfung unter das
Gesetz nicht befreien dürfen.
Insoweit jedoch wird eine Ausnahme von dieser Regel zugelassen sein, als
bereits bisher zugestanden ist, dafs die Mitgliedschaft einer solchen Gesellschaft
einen Beamten von der Verpflichtung zur Teilnahme an einer Staatsanstalt befreie.
Diese Voraussetzung trifft namentlich zu auf die Mitglieder der Berliner allgm.
Witwen-Pensions- und Unterstützungs-Easse, desgleichen auf eine gröfsere Anzahl
von Eisenbahnbeamten, denen mit Kücksicht auf eine nachgewiesene angemessene
Versicherung ihrer Ehefrau von ihrer vorgesetzten Behörde gestattet ist, an den
für die Eisenbahnbeamten errichteten Witwenkassen nicht Teü zu nehmen. Aufser-
dem sind viele Beamte der Eisenbahnverwaltimg, denen eine Verpflichtung zur
Teilnahme an einer solchen Easse nicht oblag, im Aufsichtswege angehalten, für
ihre Ehefrauen durch Versicherung einer Rente oder eines Kapitales bei einer
Privatgesellschaft zu sorgen. Eine Rücksichtnahme auch auf diese Versicherungen
wii*d nicht zu vermeiden sein.
.Anlage 4.
Naehweisanir
der Beamten im Bezirke , welche nach Mafsgabe des § 23 des
Gesetzes v. 20. Mai 1882, betr. die Fürsorge für die Witwen und Waisen der un-
mittelbaren Staatsbeamten TGS. S. 298) ihren Austritt aus der .... bezw. die
Ermäfsigung der bei derseloen versicherten Pensionen in Antrag gebracht haben.
o
I
's
es
Name, Stand
und
Wohnort des
Beamten.
Nr. des
anliegen-
den Re-
ceptions-
scheines
etc.
Bisher
ver-
sicherte
Summe.
ICark.
Zeitpunkt
des
Austrittes
aus der
Anstalt.
Termin,
von welchem
ab eine
Ermäfsigung
der
versicherten
Summe
eintreten soll.
Betrag
der
Ermäfsi-
gung.
Mark.
g
SS
I
Dafs die unter Nr. 1 bis . . aufgeführten Beamten zur Entrichtung von
Witwen- und Waisengeldbeitragen gemäfs des $ 1 des Gesetzes v. 20. Mai 1882
{GS. S. 298) verpflichtet sind, bescheinigt.
, den . . . 188 .
(Behörde.)
410
Tonishlügs-
behnfs Bewilligung von Witwen- und Waisengeld auf Ghund des Oesetses vom
za
(FinaDZ-Ministeriom,
Der Witwe
Alter
dee
Torstor-
benen
Ehe-
mannes
Zeit-
punkt
der
Ehe-
schUes-
sung
Name
der
Unterblie-
benen
Kinder
unter
Deren Alter
,»
Vor-, Zn-
nnd
Eltemname.
Ehemann
war
Wohn-
ort
Alter
Tag
Monat
Jahr
»
Nr.
18
Jahren
1
8
3
4
6
6
7
8
9 10 1
11
1.
(Beispiel.)
Karoüne
Angnete Mflller,
geb. Schneider,
geboren am
81. M&n 184«.
Begiemngs-
Se1cret4r,
geh am
31 October
1827,
gestorben am
1. ICai 1888.
Sehlea-
wig.
86 Jahre
1 Monat.
54 Jahre
6 Monat
16. Ja-
nuar
1870.
1
2
Mariel
Auguete,
Karl
Heinrioh
20.
U.
De-
cember
Mai
1872
1874.
An merk an g.
J) Die Geburts-^ Ehescbliefsungs- und Sterbe- Angaben in den Golonnen 2 bis
11 sind durch Beifügung standesamtlicher oder pfarramtlicher Atteste nach-
zuweisen, sofern nicht aus den Personal-Acten hierüber zweifellose Nach-
richt zu entnehmen ist.
2) In Spalte 21 sind auch die thatsächlichen Angaben zu machen, welche den
Vorschlag in Spalte 17 nach den §§18 und 19 des Pensionsgesetzes vom
27. März 1872 motiviren.
3) Femer ist in Spalte 21 die Rechnung zu bezeichnen, in welcher das von
dem Beamten bezogene Diensteinkommen zur Verrechnung gelangt.
411
Naehweigmig
20. Mai 1882 (QS. S. 298) für die Hinterbliebenen des am
verstorbenen
Ministerium des Innern.)
Letztes
Anreeh-
nnngsfähige
Dienstzeit
desselben
(speoielleAn-
gaben).
Betrag
der
(eren-
tnellen)
Pension
des Ehe-
mannes
ICark
Davon stehen
zn:
Die Pension
des Ehe-
mannes (14)
wftrde sich
dnroh die in
Ajitrag
gebraehte
Anrechnung
einer an sich
nicht anreoh-
nongsühigen
Dienstzeit
von . . Jahren
erhöhen auf
Hark
Davon wftrden
zustehen:
Zeit-
punkt
des
Begin-
nes der
Zah-
lung
pensionsfAhiges
Diensteinkommen
des
Ehemannes
ICark.
der Witwe
ICark
jedem
der
Sinder
bis
zum
vollen-
deten
18. Le-
bens-
jahre
Mark
der
Witwe
Mark
jedem
der
Kinder
bis
zum
vollen-
deten
18.
Jahre
Mark.
»4
1
12
18
U
16 16
17
18
19
20
21
1. Oehalt 2700
2. Woh-
nnngs-
geldzn-
schnss
aareoh-
nnngs-
fthig
mit 297«/,«
Tom 10. Fe-
brnar 1867
ab, als dem
Tage der
Tereidigung
als
Begiemngs-
Snper-
nnmerar,
mithin ftber
25 Dienst-
jahre.
1600
(600
Thaler).
Vs der Pen-
sion wftrde
betragen: 600
nach 1 18
des Qe-
setzes sind
indes hier-
von znkftr-
zen^mit 100
Terbleiben 400
•
V»von
600
= 100
bei
28 Dienst-
jahren auf
1060.
nach
Hafs-
gabe
des
S 12
= 440
Vi von
660
= 110
1. Sep-
tember
1882.
■
= 2W7%o
Die Richtigkeit vorstehender durch Atteste bezw. durch den Inhalt der
Acten zweifellos festgestellter Angaben bescheinigt.
Schleswig, den 188 .
Königliche Regierung.
412
Anlage 6.
BegrflndDDg.
$11. Nach $18 des Entwurfes sind folgende Fälle des Ausscheidens eines
Witwen- oder Waisengeldberechtigten möglich:
a. Tod der Witwe,
b. Wiederverheiratung der Witwe,
c. Ausscheiden einer Waise durch Heirat, Ueberschreitnng des 18. Lebens-
jahres oder Tod.
In diesen sämtlichen Fällen soll auf Grund der Bestimmung des C 11 das
den verbleibenden Berechtigten zustehende Witwen- und Waisengeld auf den in
den $$ 8 und 9 bestimmten Satz bezw. verhältniRmäfsig auf den Betrag der von
dem verstorbenen Beamten erdienten Pension erhöht werden, wenn es vorher in
Folge der im $ 10 getroffenen Bestimmung eine Herabsetzung erlitten hat. In
dem Falle zu a wird sich aufserdem das Waisengeld der etwa vorhandenen
pensionsfähigen Kinder von ^s auf ^/s de^ im $ 8 bestimmten Witwengeldes steigern.
C.Verf. V. 12. Juni 1882. „Das K. Prov.Sch.C. erhält hierneben —
Exemplare der Bestimmungen vom 5. Juni er. zur Ansfahmng des Gesetzes
vom 20. V. M., betr. die Fnrsorge far die Witwen und Waisen der nnmittelbaren
Staatsbeamten, zur Eenntnisn^me and weiteren Veranlassung mit dem Be-
merken, dafs ich Demselben bezüglich Seiner Mitglieder und Beamten,
der Tom Staate zu unterhaltenden Gymnasien, Progymnasien, Beal- und
höheren Bürgerschulen, Tit. 2 Cap. 120 des Staatshaushalts-Etat» . . .
die Ausfuhrung hiermit übertrage und hiervon die E. Begierungen, resp. die
E. Finanz-Direction zu Hannover, behufs Benachrichtigung der Begierungs- resp.
Bezirks-Haupt-Eassen in Eenntnis gesetzt habe. Den letzteren ist die un-
verzüglich au&ustellende Nachweisung der von den Mitgliedern und Beamten
des E. Prov.Sch.C. vom 1. Juli d. J. ab zu entrichtenden Witwen- und Waisen-
geld-Beiträge — Nr. 5 der Bestimmungen — jedenfalls rechtzeitig vor diesem
Termine zuzustellen. Für die Gymnasien etc. hat das E. Prov.Sch.C. ebenfalls
die Nachweisungen der von den Directoren, Lehrern und Beamten vom 1. Juli er.
ab zu entrichtenden Witwen- und Waisengeld-Beiträge sofort aufzustellen und
den Anstalts-Directoren rechtzeitig vor dem gpdachten Termine mit der Auflage
anzufertigen, danach und nach den in je einem Exemplare beizufugenden ^-
gemeinen Bestimmungen die Anstalts-Eassen mit Anweisung zu versehen und
die Beteiligen zu benachrichtigen.
Ergeben sich bei Berechnung des Jahres-Betrages der Witwen- und Waiseu-
geld-Bei&äge Pfennigbrüche, so sind dieselben, wenn sie ein halb und mehr be-
tragen, voll anzusetzen, unter ein halb aber wegzulassen. Pfennigbrüche, welche
bei Zerlegung des Jahresbetrages in Quartalraten entstehen, sind bei Erhebung der
letzten Quartalrate des Bechnungsjahres auszugleichen. In den Manualen und
Bechnungen der Gymnasien etc. sind die Witwen- und Waisengeld -Beiträge
nach Anleitung der Nummern 6 und 7 der allgemeinen Bestimmungen ersichtlich
zu machen. Die einbehaltenen Beiträge selbst sind bei den Besoldungs- Titeln
yierteljährlich in Ausgabe zu stellen und an die im vorletzten Absätze der Nr. 6
der Bestimmungen bezeichnete vorgeordnete Easse im Abrechnungswege abzu-
führen. Darüber, welche besonderen Kechnungs-Justificatorien den letzteren
Eassen zuzustellen sein werden, sind die weiteren Anordnungen der E. Ober-
Eechnungs-Eammer abzuwarten." Der Min. d. geistl. etc. Ang. In Yertr. Lucanus.
C.Verf. V. 25. Aug. 1882. „Auf den Bericht v. 16. Aug. er. erwidere
ich dem E. Prov.Sch.C, dafs nach weiteren Vereinbarungen mit dem H. Finanz-
Minister und der E. Ober-Bechnungskammer die Anordnung wegen|VerrechnuDg
der Witwen- und Waisengeldbeiträge im leteten Absätze der dies-
seitigen C.Verf. V. 12. Juni er. allerdings dahin modificirt werden wird, dafs,
wie übrigens auch bereits die Anweisungen der E. Ober-Bechnungskammer vom
413
7. Juli er. 0 und die diesseitige C.Verf. yom 4. Aug. er. (G. UI. 2524) er-
kennen lassen, sämtliche Kassen -Etats des diesseitigen Ressorts, soweit sie
nicht bei der Neufertigung schon geändert sind, yom laufenden Bechnungsjahre
ab entsprechend declarirt werden, woraus selbstverständlich folg^, dafs alle
nnmittelbarenVerwaltungen, insbesondere also die Seminare und Präparanden-
Anstalten, die Ton ihnen zu erhebenden Witwen- und Waisengeldbeiträge nicht
an die vorgeordneten Begierungs- und Bezirks-Hauptkassen abfuhren, sondern
bei den durch die Declaration hinzutretenden Etats-Titeln unmittelbar ver-
recbnen.
Bezüglich der Zuschufs-Verwaltungen, also insbesondere der Gymnasien etc.
bewendet es bei der angeordneten Abfuhrung der Witwen- und Waisengeld-
beiträge an die Begierungs- und Bezirks-Hauptkassen."
C.Verf. y. 3. März 1883. „Auf den Bericht v, 6. Febr. d. J. erwidere ich
dem K. Proy.Sch.C, dafs nach weiterer Verständigung mit dem H. Finanz-
Minister die wegen Verrechnung der Witwen- und Waisengeldbeiträge in der
G.Yerf. y. 25. August y. J. angedeuteten Etats -Declarationen sich auf die
unmittelbaren Verwaltungen beschränken werden, und zwar werden auch
die Etats der unmittelbaren Verwaltungen erst yom nächsten Bechnungsjahre^
also erst yom 1. April 1883/4 ab, declarirt werden. Für das laufende Bechnungs-
jahr ist nach den Bestimmungen unter 1 und 3 der Vorschriften der E. Ober-
Becbnnngskammer yom 7. Juli y. J. zu yerfahren."
C.Verf. y. 11. Sept. 1882. „Die nachgeordneten Behörden meines Bessorts
erhalten hiemeben zur Kenntnisnahme, Nachachtung und resp. weiteren Veran-
lassung ein Druckexemplar der Vorschriften für das Verfahren bei Ueberweisung
der Zahlung yon Witwen- und Waisengeldem in Folge yon Wohnorts-Ver-
ändernngen der Empfangsberechtigten.
Letztere sind yon den getroffenen Anordnungen, soweit diese für sie yon
Interesse sind, yieUeicht durch Auslegung der betreffenden Bestimmungen bei
den das Witwen- und Waisengeld zahlenden Kassen oder in sonst geeigneter
Weise, in Kenntnis zu setzen.** Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr. de la Croix.
Verfahren bei Ueberweisung der Zahlung yon Witwen- und
Waisengeldern in Folge yon Wohnortsyeränderungen der
Empfangsberechtigten.
Wenn Witwen- und Waisengeldberechtigte ihren Wohnort yerändem und
das Witwen- und Waisengeld aus einer anderen als der bisherigen Kasse zu
empfangen wünschen, so ist mit Bncksicht auf die Bestimmungen unter Nr. 12^
und 13 der Vorschriften der Königlichen Ober-Bechnungskanmier yom 7. Juli
1882, wie folgt, zu yerfahren:
In Bezug auf die Ueberweisung sind zu unterscheiden die Witwen- und
Waisengelder far Hinterbliebene
a) der actiyen Beamten und Wartegeldempfänger aus deiyenigen Bessorts^
für welche Proyinzial Verwaltungen bestehen;
b) der actiyen Beamten und Wartegeldempfänger, welche ihre Bezüge
erhalten aus dom Fonds einer Verwaltungsbehörde in einem Dienst-
zweige, für welchen keine PyoyinzialbehOrden bestehen;
c) der Pensionäre.
') VorBchriften der Ober-Rechnungskammer über die formelle Einrichtanff
der Jahresrechnungen and Justificatorien in Ansehung deijenigen Einnahmen und
Ausgraben, welche auf Grund des Gesetzes v. 20. Mai 188'i etc. zu erheben, bezw.
zu leisten sind. Vom 7. Juli 1882, llin.Bl. für d. inn. Verw. 8* 171 f^. ab-
Sedruckt bei G. Herrfurth, Etats-, Kassen- und Rechnungswesen 2. Aufl. (1887)-
. 1000 fg. und Marcinowski, die gesetzlichen Bestimmungen betr. die FenBionirong
etc. 2. Aufl. (1884) S. 98 fg.
414
Zq a. sind die Anträge der Empfangsberechtigten an die Sjisse zu richten,
welche ihnen bisher ihre Bezüge gezahlt hat, oder bis anf Weiteres auch direct
an die fnr den Bezirk des derzeitigen Wohnortes der Berechtigten nach den
Ansfahrangsbestimmnngen vom 5. Juni 1882 zuständige ProTinzialbehörde des-
jenigen ]^8Sorts (in der Justizverwaltung die Yorstandsbeamten des Ober-
Landesgerichtes), welchem der betr. Beamte oder Wartegeldempfänger während
seiner activen Dienstzeit zuletzt angehört hat. Die der Kasse zugehenden An-
träge sind Yon derselben sofort der zuständigen Provinzialbehörde vorzulegen.
Die ProvinzialbehOrde des betr. Bessorts weist, wenn der neue Wohnort inner-
halb ihres Bezirkes belegen ist, nach Nr. 12 der VorBchriften vom 7. Juli 1882
die zunächst belegene Kasse des Bessorts, event die Hauptkasse, zur weiteren
Zahlung und Verrechnung der Gompetenzen an und teilt Abschrift der bezügL
Anweisung der Kasse, welche bisher die Verrechnung bewirkt hat, als Bechnungs-
belag far den Abgang der Zahlung mit. Ist der neue Wohnort dagegen
nicht in ihrem Bezirke belegen, so überweist die Provinzialbehörde die Witwen-
und Waisengelder an die Provinzialbehörde desselben Ressorts für den neuen
Wohnort unter genauer Bezeichnung des Fonds, welchem die Beträge zor Last
fallen, zur weiteren Zahlung und Verrechnung. Die Provinzialbehörde für
den neuen Wohnort bestimmt nach Nr. 12 der Vorschriften vom 7. Juli 1882
die neue Verrechnungsstelle, erteilt derselben die erforderliche Anweisung und
sendet Abschrift der letzteren direct an die bisherige Verrechnungsstelle,
welche demnächst die Zahlung selbständig in Abgang zu steUen und den Ab-
gang in der Jahresrechnung durch die ihr in Abschrift mitgeteilte Verfügung
zu justificiren hat Die Verrechnungsstelle, welche die Zahlung bisher ge-
leistet hat, bezw. diejenige, welche die Zahlung neu übernommen hat^ sind in
den betr. Rechnungen ausdrücklich zu bezeichnen.
Zu b. sind die Ueberweisungsanträge der Berechtigten ausschliefslich an
die Kasse zu richten, aus welcher die Witwen- und Waisengelder bisher gezahlt
worden sind. Ist die Zahlung bisher direct durch die Kasse der betar. Ver-
waltungsbehörde erfolgt, so überweist diese Kasse nunmehr die Witwen- und
Waisengelder auf die Hauptkasse der für den neuen Wohnort zuständigen Be-
zirks-Begierung (in der Provinz Hannover auf die Bezirks-Hauptkassen) znr
weiteren Zahlung und zur demn&chstigen Aufrechnung der Quittungen im Wege
des gewöhnlichen Abrechnungsverkehres. Ist die Zahlung schon bisher
durch Vermittelung einer Beglerungs- (Bezirks-) Hauptkasse geleistet worden,
80 gehen die Ueberweisungsanträge, welche bei den Specialkassen eingereicht
werden, zunächst an die betr. Begiemngs- (Bezirks-) Hauptkasse, und von
dieser demnächst ebenso, wie die Ueberweisungsanträge fär die von ihr bisher
direct geleisteten Zahlungen, der Kasse zu, welche die Witwen- und Waisen-
gelder zu verrechnen hat. Die letztere Kasse überweist dann, wenn sie nicht
selbst die weitere Zahlung zu übernehmen hat, die Witwen- und WaisengeMer
4er far den neuen Wohnort zuständigen Begierungs- (Bezirks-) Hauptkasse znr
weiteren Zahlung und zur demnäcbstigen Aufrechnung der Quittungen im Wege
des Abrechnungsverkehres. Die Begierungs- (Bezirks-) Hauptkasse für den
neuen Wohnort benachrichtig^ die Empfangsberechtigten, dafs und aus welcher
Kasse sie ihre Bezüge weiter zu erheben haben. Die den Behörden in Dienst-
zweigen, für welche keine Provinzialbehörden bestehen, direct zugehenden Ueber-
weisungsanträge sind hiemach von denselben lediglich ihren Kassen zur weiteren
Veranlassung zuzustellen.
Zu c. sind die Ueberweisungsanträge der Berechtigen entweder an die
Kasse, aus welcher sie ihre Bezüge empfangen, oder direct an die Regiemng
(in Hannover an die Finanzdirection, in Berlin an die Ministerial-Militär- und
Baucommission) zu richten. Die Specialkassen überreichen die bei ihnen ein-
gehenden Anträge durch Vermittelung der Hauptkassen und diese gleichfalls
415
die bei ihnen eingehenden Anträge direct der Yorgesetzten Begiemng etc. Die
Letztere yeranlafst demnächst bezüglich sämtlicher ihr zugehenden Anträge
die Ueberweisong, wobei dasselbe Verfahren stattfindet, wie es bei Ueberweisiing
Yon Pensionszahlnngen vorgeschrieben nnd in Uebnng ist.
Im Uebrigen ist Werth darauf zn legen, dafs die Bezugsberechtigten die
Witwen- und Waisengelder ans einer Kasse erheben können, welche in ihrem
Wohnorte oder möglichst nahe bei demselben belegen ist. Hierzu werden die
Kassen der Special-Verwaltungen nicht in allen Fällen ausreichen. Eventuell
flind daher die bezüglichen Beträge zwar auf die Kassen der betr. Special-
Verwaltungen anzuweisen, gleichzeitig ist aber die betr. E. Begiemng (in
Hannover die K. Finanzdirection) zu ersuchen, die Zahlung durch ihre Hanpt-
kasse, bezw. durch eine Unterkasse derselben leisten und die gezahlten Be-
träge seitens der Hauptkasse unter Beifügung der Beläge in den üblichen
Abrechnungsterminen den betr. Kassen der Special-Verwaltung in Aufrechnung
bringen zn lassen.
C.Verf. V. 10. Mai 1883. „Die nachgeordneten Behörden nnd Beamten
meines Ressorts erhalten im Verfolg der General-Verfngung vom 12. Juni v. J.
hiemeben Abschrift der in Betreff der Zahlbarmachung der Witwen- und Waisen-
gelder an die Hinterbliebenen von im activen Dienste und als Wartegeld-
Empfänger verstorbenen Beamten seitens der Herren Disciplinar-Minister unterm
10. Apnl d. J. an die Behörden und Beamten der allgemeinen Verwaltung
erlassenen Circ.-Verfügung nebst Anlage zur Kenntnisnahme nnd gleichmäfsigen
Nachachtung.*' Der Min. d. geistl. etc. Angel. In Vertr. Lucanus.
CVerf. des Fin.-Min. und des Min. d. Innern v. 10. April 1883
(an die Oberpräsidenten). „Auf Grund der §§ 20 und 16 des Gesetzes v. 20.
Mai 1882 etc. wird hierdurch die selbständige Bewilligung der in diesem Ge-
setze bestimmten Witwen- nnd Waisengelder an die Hinterbliebenen der uns
nachgeordneten im activen Dienste verstorbenen Beamten des K. Ober-Präsidinms,
sowie deijenigen Wartegeld -Empfänger, welche in ihrer letzten dienstlichen
Stellung bei dieser Behörde fungirt haben, dem H. Ober-Präsidenten übertragen,
soweit desfalls nicht nnter Nr. 18 der Ansfnhmngsbestimronngen vom 5. Juni
1882 zu dem Gesetze anderweitige Anordnung getroffen ist oder die Bewilligung
nach den Vorschriften in dem § 14 des Gesetzes erfolgen soll.
Bei der Bestimmung der Witwen- und Waisengelder sind namentlich auch
die in der Anlage zusammengestellten Grundsätze über die Berechnung der
pensionsberechtigten Dienstzeit der Beamten zu beachten. In Betreff des pen-
sionsberechtigten Diensteinkommens der Beamten haben zwar die Etats (Aus-
fnhrungsbestimmungen vom 5. Juni v. J. Nr. 6) als Grundlage zu dienen; in
jedem Falle ist jedoch vor der Bewilligung gesetzlicher Oompetenzen an die
Witwen nnd Waisen wiederholt mit Genauigkeit zu prüfen, ob bei der Heran-
ziehung der Beamten zur Entrichtung von Witwen- nnd Waisengeldbeiträgen in
antreffender Weise verfahren ist.
Im Uebrigen wird auf die Bemerkungen verwiesen, welche in die im Ein-
verständnisse mit sämtlichen Herren Departements-Chefs von der Ober-Bechnungs-
kammer nnterm 7. Juli v. J. erlassenen Vorschriften wegen der formellen Ein-
richtung der Jahresrechnungen und Justificatorien über Einnahmen und Aus-
gaben in Anlafs des Witwen-Pensionsgesetzes wegen Anwendung des § 9 Nr. 2,
sowie der §§ 10 bis 12 des Gesetzes nnter Nr. 18 aufgenommen sind, nnd
Folgendes hinzugefügt:
1. Diejenigen Beamten, welche ans einem ihnen früher verliehenen zur
Pension berechtigenden Amte ausgeschieden sind, unterliegen auch dann den
Bestimmungen des Witwen-Pensionsgesetzes nicht, wenn sie anderweit, nnter
Uebertragnng eines seiner Natur nach zur Pension nicht berechtigenden Amtes
oder als commissarische Verwalter einer bei definitiver Verleihung zur Pension
416
berechtigenden Stelle gegen Gewähmng eines Einkommens ans der Staatskasse
beschäftigt werden, insofern und insoweit ihnen nicht vor dem Inkrafttreten
des Pensionsgesetzes Tom 27. März 1872 besondere Zosichernngen in Bezug
anf dereinstige Bewilligung von Pension gemacht sind (§ 86 des Pensions-
gesetzes). Wird dagegen während der Daner solcher anderweitigen Be-
schäftigung eines Beamten demselben das ihm früher yerliehene pensionsberech-
tigte Amt offen gehalten, scheidet er mithin ungeachtet der Uebertragong der
neuen dienstlichen Beschäftigung ans jenem Amte nicht aus, so bleibt der
Beamte zur Pension nach Mafsgabe des mit demselben verbundenen pensious-
fähigen Einkommens berechtigt, also auch zur Entrichtung der Witwen- und
Waisengeldbeiträge von diesem Einkommen verpflichtet, wenngleich er das
letztere thatsächlich nicht bezieht» sondern in anderer Weise remnnerirt wird.
2. Ein Beamter, dem bei eintretender Dienstunfähigkeit anf Grund des
§ 1 1 des Pensionsgesetzes Anspruch auf Pension nach Mafsgabe des pensions-
berechtigten Einkommens eines ihm früher verliehenen Amtes zustehen würde,
welches das pensionsberechtigte Einkommen des von ihm bekleideten Amtes
übersteigt, hat während der Dauer des Bezuges des letzteren Einkommens Witwen-
und Waisengeldbeiträge nur von diesem geringeren Einkommen zn entrichten.
Der Berechnung des seinen etwaigen demnächstigen Hinterbliebenen zu ge-
währenden Witwen- und Waisengeldes ist jedoch diejenige Pension zu Gnmde
zu legen, zu welcher derselbe berechtigt gewesen ist oder gewesen sein mrde^
wenn er am Todestage in den Buhestand versetzt wäre (§ 8 des Gesetzes vom
20. Mai 1882), mithin die in Gemäfsheit des § 11 des Pensionsgesetzes nach
Mafsgabe des früheren höheren Diensteinkommens zu berechnende Pension.
3. Wartegeldempfänger haben von einem ihnen in Folge der Wieder-
beschäftigung in einem zur Pension aus der Staatskasse nicht berechtigenden
Amte gewährten Diensteinkommen, Witwen- und Waisengeldbeiträge an die
Staatskasse nicht zu entrichten, solche Beiträge vielmehr nur von dem Warte-
gelde zu zahlen (vergl, Ausfnhrungs-Bestimmungen vom 5. Juni 1882 Kr. 4a).
Die Witwen- und Waisengelder ihrer Hinterbliebenen sind jedoch unter Za-
grundelegung des von ihnen zuletzt, bevor sie zur Disposition gestellt wurden,
bezogenen pensionsberechtigten Diensteinkommens zu bestimmen (§ 10 des
Pensionsgesetzes, § 8 des Witwen-Pensionsgesetzes).
4. Im Sinne des § 21 des Witwen-Pensionsgesetzes ist unter einer Landes-
anstalt nur eine zur Versorgung Hinterbliebener von Staatsbeamten derjenigen
einzelnen Landesteile, für welche die hier bezeichneten gesetzlichen Tor-
schriften erlassen sind, bestimmte Witwenkasse zu verstehen; namentlich also
wird die Anwendung der Vorschriften des § 21 durch ein Ausscheiden der
Beamten aus der hiesigen allgemeinen Witwen- Verpflegungsanstalt nicht herbei-
geführt. Desgleichen gelangen diese Vorschriften nur dann zur Anwendung,
wenn das Ausscheiden eines Beamten aus der Anstalt auf Grund des § 23
Abs. 1 des Gesetzes erfolgt, das Becht des Beamten auf solches Ausscheiden
mithin auf der dort getroffenen Anordnung beruht Eine Ermäfigung der ver-
sicherten Pension ist in der hier fraglichen Beziehung mit den nämlichen Bechte-
folgen verbunden, wie das vollständige Ausscheiden der Beamten aus der Anstalt
5. Ein Beamter, welcher in Gemäfsheit des § 23 des Witwen-Pensions-
gesetzes von der Zahlung von Witwen- und Waisengeldbeiträgen an die Staats-
kasse befreit worden ist, darf auch dann, wenn demnächst die Voranssetznng,
welche ihn zur Inanspruchnahme der Befreiung berechtigte: die Mitgliedschaft
einer Witwenkasse etc. fortfällt, zur Entrichtung solcher Beiträge nicht zuge-
lassen werden.
6. Denjenigen Beamten, welche in Gemäfsheit des § 23 des Witwen-
Pensionsgese^es von Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge befreit
bleiben, sind etwa bereits gezahlte Beiträge zurückzuerstatten.
417
7. In die zu erstattenden Berichte über eine beantragte Anwendung der
Vorschriften des § 14 des Witwen-Pensionsgesetzes sind eingehende Mitteilungen
über die Dienstführung des verstorbenen Beamten, sowie über die Würdigkeit
und Bedürftigkeit seiner Hinterbliebenen aufzunehmen; namentlich ist anzu-
zeigen, ob und event. welcher Anspruch den letzteren auf den Bezug einer Pension
oder eines Kapitals aus einer Yersorgungsanstalt zustehf
Min.Yerf. v. 30. Oct 1882. „In der mit dem Berichte des E. Proy.-
Sch.C. Y. 9. Oct. c. eingereichten, hiemeben einstweilen zurückfolgenden decla-
rirenden Nachweisung zum Besoldungstitel des Gymnasiums zu N. ist die
ordentliche Lehrerstelle Nr. 6 als erledigt bezeichnet; gleichwohl sind
Ton dem Einkommen derselben die Witwen- und Waisengeldbeiträge in Ansatz
gebracht. Da von erledigten Stellen, abgesehen Ton dem Falle der Gnaden-
zeit der Hinterbliebenen des letzten Inhabers, Witwen- und Waisengeldbeiträge
nicht zu erheben sind, so yeranlasse ich das K. Prov.Sch.C, den anscheinend
yorliegenden Irrtum aufzuklären.''
Min.Verf. v. 11. Jan. 1883. „Auf den Bericht vom 15. Dec. pr. er-
(^ffne ich der E. Begierung, dafs der Director N. und der Lehrer N. von der
aufgelösten Gewerbeschule in N. zur Entrichtung von Witwen- und Waisengeld-
beiträgen nicht herangezogen werden dürfen, da nach § 1 des Gesetzes vom
20. Mai V. J. nur diejenigen unmittelbaren Staatsbeamten den Vorschriften
desselben unterliegen, welchen beim Eintritte der Voraussetzungen der Versetzung
in den Buhestand Pension aus der Staatskasse gebühren würde, diese Voraus-
setzung aber nach §§ 15 und 16 der Verordn. v. 28. Mai 1846 (S. 364) nur
auf die Lehrer an denjenigen höh. Unterrichtsanstalten zutrifft, welche aus-
schliefslich aus Staatsfonds zu unterhalten sind, während die Pensionen der
Lehrer an anderen hOh. Unterrichtsanstalten, insbesondere also an der Gewerbe-
schule zu N., deren Unterhaltung vom Staate und von der Stadt N. ge-
meinschaftlich zu tragen war. aus den Fonds der Anstalten zu decken sind.
Die pp. N. und N. sind hiemach von Witwen- und Waisengeldbeiträgen fortan
frei zu lassen und es ist anzuordnen, dafs denselben die von ihnen bereits er-
hobenen Beiträge sofort zurückgezahlt werden."
Min.Verf. v. 24. Oct. 1882 an d. E. Gymn.-OberL N. (den Prov.Sch.CC.
mitgeteilt). ,JBw. Hochehrw. erwidere ich auf das Gesuch v. 21. Sept. d. J.,
dafs ich Sie von Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge nicht ent-
binden kann, da das Gesetz v. 20. Mai d. J., betr. die Fürsorge f. d. Witwen
und Waisen der unmittelb. Staatsbeamten, falls, wie bei Ihnen, dessen sonstige
Voraussetzungen vorliegen auch auf katholische Geistliche Anwendung findet.
Hierüber ist jeder Zweifel um so mehr ausgeschlossen, als bei der Berathung des
Gesetzes ein im Abgeordnetenhause gestellter Antrag, welcher die Ausnahmen
von dem Gesetze auch auf die römisch-katholischen Geistlichen zu erstrecken be-
zweckte, auf den Widerspruch des Vertreters der Staatsregierung nach Seite 1277
der stenographischen Berichte de 1881/82 abgelehnt worden isf v. Gofsler.
Min.Verf. v. 10. Mai 1886. „Auf den Bericht u. s. w. erwidere ich
dem E. Prov.Sch.C, dafs es nach Seinem Berichte u. s. w. keinem Zweifel unter-
liegen kann, dafs die Berufung des am 6. März d. J. verstorbenen G7mn.-Dir.
N. zu N. aus dem Fürstlich Lippeschen in den Preufsischen Schuldienst wesent-
lich im Interesse des letzteren erfolgt ist, und dafs demgemäfs nach § 13 der
Verordnung vom 28. Mai 1846 die Lippesche Schuldienstzeit bei der etwaigen
Pensionirung des pp. N. hätte in Anrechnung gebracht werden müssen. Da
nun die Belictengelder nach der Höhe der event. Pension zu berechnen sind,
so kommt auch bei ihnen die Lippesche Schuldienstzeit ohne Weiteres voll zur
Anrechnung.'' Der Min. etc. In Vertr. Lucanus.
Wioie, Verordnungen. II. 27
418
Min-Yerf. v. 16. Nov. 1882. „Unter Bückgabe des Bescheides der £.
Begiemng zu N. vom 12. Oci er. erwidere ich Ew. Wohlg. anf die Yorstelliuig
Yom 6. Nov. d. J., dafs ich aufser Stande bin, Ihre Entbindung von der Ent-
richtung der Witwen- und Waisengeldbeiträge nach MaCsgabe des Gesetzes vom
20. Mai d. J. anzuordnen oder herbeizufuhren , da Sie für Ihren diesMigen
Antrag nichts weiter anföhren können, als dafs Sie Ihr Leben bei der Lebens-
yersicherungs-Bank zu N. versichert haben. Die Motive zu § 23 des Gesetzes er-
geben, dafs eine solche Privat-Versicherung die Anwendbarkeit des Gesetzes
nicht auBschliessen soll, und ein das Gegenteil bezweckender Antrag ist bei der
dritten Berathung des Gesetzes im Hause der Abgeordneten in der Sitzung am
31. März d. J. nach Seite 1365 ff. der Stenograph. Beriehte abgelehnt worden.*'
3. Beitritt zur Allgemeinen Witwen-Yerpflegungsanstalt.
Bekanntmachung der Gkneraldirection der E. AUg. Witwen-Ver-
pfleg^ngsanstalt v. 9. Juni 1882. „Auf Anordnung des H. Fin.-Min. wird
behufs Ausfahmng des Gesetzes v. 20. Mai d. J., betr. die Fürsorge for die
Witwen und Waisen der unmittelbaren Staatsbeamten, für dip Interessenten
der E. AUg. Witwen -Verpflegungsanstalt Folgendes bekannt gemacht:
1. Mitglieder unserer Anstalt, welche auf Grund des neuen Gesetzes
Witwen- und Waisengeldbeiträge an die Staatskasse leisten, sind berechtigt,
nach ihrer Wahl aus der Anstalt auszuscheiden oder in derselben zu verbleiben.
Dieselben kOnnen auch in der Anstalt verbleiben und die bisherige Versicherungs-
summe herabsetzen. Anträge auf Ausscheiden oder auf Herabsetzung der
Versicherungssumme sind nur für den 1. April oder 1. Oci jedes Jahres zn-
l&Bsig. Dieselben sind unter Beilegung des Beceptionsscheines an unsere Adresse
zu richten und mit einem begleitenden Schreiben derjenigen Behörde (in der
Begel der vorgesetzten Provinzialbehörde) einzureichen, welcher von dem
Departementschef die Ausfährung des Gesetzes übertragen ist. Wartegeld-
empfänger und Pensionäre können diese Anträge der die Bezüge zahlenden
Easse zur Weiterbeförderung übergeben. Die zuständigen Behörden werden
die Anträge nach näherer Anweisung des H. Fin.-Ministers mit der nöthigea
Bescheinigung versehen an uns einreichen.
2. Die ursprünglich festgesetzten Beiträge müssen bis zum Ablaufe des-
jenigen mit dem 1. April oder 1. Oci beginnenden Halbjahres bezahlt werden,
in welchem der ad 1 erwähnte schriftliche Antrag über den Austritt oder die
Pensionsermäfsig^ng an uns gelangt Dagegen bleiben den betr. Mitgliedem
gegenüber auch die Verpflichtungen unserer Anstalt bis zu dem gedachten Zeit-
punkte in Eraft.
3. Eine Vergütung fär den erfolgten Austritt oder die erfolgte Pensions-
ermäfsigung ist nach § 22 unseres Reglements vom 28. Dea 1775 in keinem
Falle statthaft.
4. Beim Austritte aus der Anstalt wird nach Erfollnng der zu 1 und 2
gedachten Bedingungen die Pensionsversicherung in den diesseitigen Büehem
gelöscht
5. Bei einer Herabsetzung der Versicherungssumme unter denselben
Voraussetzungen wird selbstverständlich auch der halbjährliche Beitrag ver-
hältnismäfsig ermäfsigt. Bezüglich des verbleibenden Versicherungsbetrages,
der in Markbeträgen bestehen mufs, die durch 75 ohne Best teilbar sind, bleiben
die erworbenen Hechte gewahrt Der Herabsetzungsvermerk wird von uns an^
den Beceptionsschein gesetzt, der demnächst zurückgesandt wird."
In Betreff der ünzulässigkeit des Beitritts s. § 22 des Geselzes
V. 20. Mai 1882, S. 398.
419
Min.Verf. y. 29. Dec. 1885. „Die am Schlasse der dortseitigen C.Verf.
T. 29. Sept d. J. von dem E. Prov.Sch.C. geänfserte Absicht» dafs einem nach
dem Tode seiner Ehefrau zn einer weiteren Ehe schreitenden Beamten, dessen
Mitgliedschaft zur AUg. Witwen -Verpflegungsanstalt dnrch den Tod der bei
derselben versicherten Ehefrau aufgehoben worden, der Beitritt zn dieser Anstalt
zu gewähren sei, vermag ich im Einverständnisse mit dem Herrn Finanzminister
im Hinblicke auf die stricte Vorschrift des § 22 des Belictengesetzes vom
20. Mai 1882 nicht zu teilen. Das E. Prov.Sch.C. veranlasse ich daher,
die gedachte Circularverfagung entsprechend abzuändern, weil weder eine Be-
rechtigung noch eine Verpflichtung zum Beitritte zur AUg. Witwen -Verpflegungs-
anstalt für irgend einen Beamten anerkannt werden kann, welcher zur Eategorie
der vom Gesetze v. 20. Mai 1882 betroffenen Beamten gehört." Der Min. d.
geistl. etc. Ang. Im Aufbr. Barkhausen.
Demgemäfs beziehen sich die folgenden Bestimmungen nur auf diejenigen
Fälle, in denen eine Verpflichtung oder Berechtigung far den Beitritt oder die
Zugehörigkeit zur AUg. Witwen -Verpflegungsanstalt fortbesteht
C.Verf. des Finanzmin. y. 3. Nov. 1873: „Nach der von dem E.
Staatsministerium auf Grund der A.O. v. 31. Aug. 1824 erlassenen Bekannt-
machung V. 12. Nov. desselben J. (GS. p. 216) sind die CivUbeamten ver-
pflichtet, ihren Ehefrauen bei der AUg. Witwen -Verpflegungsanstalt eine Pension
mit mindestens Vs ^^^^ Besoldungsbetrags zu versichern. Da nach § 6 des
Gesetzes v. 12. Mai d. J., betr. die Gewährung von Wohnungsgeldzuschüssen
an die unmittelb. Staatsbeamten (S. 297), diese Zuschüsse als Bestandteil der
Besoldung gelten, so sind dieselben bei FeststeUung des 5. TeUs des Gehalts
in demjenigen vollen Betrage in Anrechnung zu bringen, welcher von dem
Beamten zur Zeit der Pensionsversicherung bezogen wird. Bei Beamten,
welche Dienstwohnungen inne haben oder Miethsentschädigung erhalten, ist der
WohnungsgeldzuschuTs in Anrechnung zu bringen, welchen der betr. Beamte
nach seinem Amtssitz zur Zeit der Pensionsversicherung tarifmäfsig erhalten
wurde, wenn ihm nicht Dienstwohnung oder Miethsentschädigung gewährt
worden wäre." —
Min. Verf. an einen OPräsidenten v. 16. Aug. 1871: „Ew. erwidere
ich auf den ^ef. Bericht v. — , dafs ich es bei der dem Oberlehrer N. auferlegten
Verpflichtung, seiner künftigen Ehegattin eine Witwenpension in vorschriftsmäfs.
Höhe bei der AUg. Witwen- Verpflegungsanstalt zu versichern, belassen mufs, da
die Bestimmungen des Patents v. 28. Dec. 1775 und die zu demselben ergangenen
abändernden, ergänzenden und erläuternden AUerh. Bestimmungen G^etzeskraft
haben und nur im Wege der Gesetzgebung in gleicher Weise, wie es in Betreff
einiger dieser Bestimmungen durch das G^etz v. 17. Mai 1856 (S. 420) geschehen
ist, aufgehoben oder modiflcirt werden können. Wenn Ew. — für eine entgegen-
stehende Ansicht auf die G.O. v. 21. Oct 1863 Bezug nehmen, so mache ich darauf
aufmerksam, dafs diese Ordre nur die Beseitigung einer früher geübten Verwaltungs-
praxis genehmifirt, welche in dem Patent v. 28. Dec. 1775 und den dazu ergangenen
Bestimmungen keine Begründung fand und den entg^^nstehenden Entscheidimgen
der Gerichte gegenüber nicht aufrecht erhalten werden konnte.^
Verf. des Finanzmin. u. des Min. der geistl etc. A ng. v. 11. März 1873
(an einen Gymn.-Lehrer): „Ew. etc. erwidern wir auf die Eingabe v. — , dafs es nach
den Vorschriften der CO. v. 17. Juli 1816 (GS. p. 214) und der CO. v. 31. Aug.
1824 (GS. p. 216) nicht zulässig ist, Sie von der Versicherung einer Pension für
Ihre Ehefrau bei der Allg. Witwenverpflegungs - Anstalt zu entbinden oder diese
Versicherung mit einem geringreren als dem bestimmungsmäfsigen Betrage nach-
zulassen. Auf die desföllige Ihnen obliegende Verpflichtung ist der von Ihnen
angeführte Umstand, dafs Sie Ihr Leben bei der Versicherungsbank zu N. mit
einer Summe v. — Thlrn versichert haben, von keinem Einflufs.*
27*
420
Durch CO. y. 6. Juli 1838 (GS. p. 378) ist die Anfnahme in die Allg.
Witwen -Verpflegangssmetalt aoTser den zum Beitritt verpflichteten aach allen
übrigen nach dem Beglement t. 30. April 1825 pensionsberechtigten nnmittelb.
Staatsbeamten gestattet worden.
Gesetz v. 17. Mai 1856 (GS. p. 477), betr. einige Abänderungen des
Patents über die Errichtung der Allg. Witwenverpflegungs - Anstalt vom
28. Dec, 1775:
§ 1. Von dem nächsten Beceptionstermine, dem 1. Oct. 1856, ab, und diesen
mit eingeschlossen, kommen bei der Aufnahme neuer Interessenten in die Allg.
Witwenverpflegungs-Anstalt in Ansehung der nach der CO v. 27. Febr. 1831
(GS. p. 3) und vom 6. Juli 1838 (GS. p. 378) zum Eintritt verpflichteten
resp. berechtigten Staatsbeamten folgende Bestimmungen zur Anwendung.
a. der von den neuen Interessenten zur Kasse der Anstalt zu entrichtende,
nach Verschiedenheit des Alters zur Zeit der Beception und nach dem Betrage
der künftig zu gewährenden Pension bestimmte jährl. Versicherungsbeitrag wird
nach Mafsgabe des angeschlossenen Tarifs festgestellt;
b. die Berechnung und Verzinsung eines besonderen Antrittsgeldes, die
Entrichtung von Betardatszinsen far den Fall des später als ein Jahr nach
Eingehung der Ehe erfolgenden Beitritts und die Einbehaltung der ersten beiden
halbjährl. Pensionsraten (Carenzjahr) findet nicht weiter statt;
c. die neuen Interessenten müssen 3 volle Jahre nach dem Beceptions-
termine leben, wenn ihre Witwen die ihnen versicherte ganze jährl. Pension er-
halten sollen, und erhält die Witwe gar keine Pension, wenn der Mann während
des ersten Jahres nach dem Beceptionstage stirbt, und resp. Va oder ^/j der
ihr versicherten jährl. Pension, wenn der Mann während des zweiten oder dritten
Jahres nach dem Beceptionstago stirbt;
d. die jährlichen Versicherungsbeiträge sowie demnächst die entsprechen-
den Pensionen werden in preufs. Silbergeld nach den Werthen, welche durch
das Gesetz über die Münzverfassung v. 30. Sept 1821 bestimmt worden sind,
berechnet und gezahlt;
e. die Bestimmungen der §§ 17—21 und der §§ 23 — 25 des Patents über
die Errichtung der Allg. Witwenverpflegnngsanstalt v. 28. Dec. 1775, das Publi-
candum der Generaldirection der Witwenverpflegungsanstalt v. 25. Mai 1796,
sowie die seitdem dazu ergangenen sonstigen ergänzenden und erläuternden Be-
stimmungen treten aufser Anwendung.
§ 2. Diejenigen Interessenten, welche eine bereits versicherte Witwen-
pension erhöhen, werden in Absicht diesei; Erhöhung als neu eintretende Mit-
glieder betrachtet t<«<
§ 3. Im Uebrigen verbleibt es auch hinsichü. der Bechte und Pflichten der
neuen vom 1. Oct. 1856 aufgenommenen Interessenten bei den Bestimmungen
des Patents vom 28. Dec. 1775 und bei den zu demselben seitdem ergangenen
abändernden, ergänzenden und erläuternden Bestimmungen. Auch sollen in
Ansehung der bereits recipirten Mitglieder die einmal eingegangenen, in ihren
Beceptionsscheinen ausgedrückten Bedingungen unverändert bleiben und unver-
brüchlich gehalten werden.
§ 4. Der Finanzminister ist mit der Ausfahrung dieses Gesetzes beauftragt'*
Bekanntmachung der Generaldirection, die Bedingungen zur
Aufnahme in die Allg. Witwenverpflegungsanstalt betr., vom 17. Sept. 1872:
„Die in Bezug auf den Beitritt zur E. Allg. Witwenverpflegungsanstalt
zu beobachtenden aUgem. Vorschriften werden nachstehend mit dem Bemerken
bekannt gemacht, dafs es im eigenen Interesse der beteiligten Personen 11^
sich zur Vermeidung von Verzögerungen der Aufinahme, Portokosten und sonstigen
Weiterungen genau nach diesen Vorschriften zu richten.
431
L Aufnahmeffthig sind: 1. alle im anmittelb. Staatsdienst an-
gestellten Civilbeamten» welche nach dem Gesetz v. 27. Mfirz 1872 pensions-
berechtigt sind. Die unter dem Vorbehalt des Widerrufs oder der Kündigung
angestellten Beamten haben keinen Anspruch auf Pension und folglich auf die
Aufnahme nur dann, wenn sie eine in den Besoldungsetats aufgefohrte Stelle
bekleiden. 2. Die Civilbeamten des Deutschen Beichs» welche preuTSf Unter-
thanen und vom Kaiser angestellt sind. . . . Diejenigen von den unter Nr. 1
nnd 2 bezeichneten Beamten, deren pensioneberechtigtes Diensteinkommen die
Summe von 250 Thlm nicht übersteigt, dürfen nur eine Witwenpension von
höchstens 50 Thlm versichern. 4. Die Professoren bei den Universitäten,
wenn sie mit einer fixirten Besoldung angestellt sind. 5. Die im eigentl.
Seelsorgeramt sowohl unter königl. ds unter Privatpatronaten angestellten Geist-
lichen, sowie die ordinirten und zu einem Seelsorgeramt berufenen Hülfsgeist-
lichen. 6. Die im unmittelb. Staatsdienst angestellten nach § 6 des Gesetzes
vom 27. März 1872 pensionsberechtigten Lehrer und Beamten an Gymn., Pro-
gymn., Bealschulen, Schullehrer-Seminarien, Taubstummen- und Blinden-Anstalten,
Kunst- und höh. Bürgerschulen, sowie auch 7. andere an Gymn. und diesen
gleichzuachtenden Anstalten, an Schullehrer-Seminarien, an hOh. und an allg.
Stadtschulen angestellte wirkliche Lehrer mit Ausschlufs der Hülfslehrer und
der Lehrer an solchen Klassen derselben, welche als eigentl. Elementarklassen
nur die Stelle einer mit jenen Anstalten verbundenen Elementarschule ersetzen.
In Betreff deijenigen Beamten und Hülfslehrer der unter Nr. 6 bezeichneten
Anstalten, sowie der Lehrer an den mit letzteren verbundenen Elementarklassen,
deren pensionsberechtigtes Diensteinkommen die Summe von 250 Thlm nicht
übersteigt, findet die Bestimmung zu Nr. 2 Anwendung. . . .
II. Wer der K. Allg. Witwenverpflegungsanstalt beitreten will, hat vorzulegen:
a. ein Attest seiner vorgesetzten Behörde, dafs er zu einer der genannten
Klassen gehöre, also zu 1,1 ausdrücklich darüber, dafs er ein pensionsfähiges
Gehalt und event. zu welchem jährL Betrag beziehe, zu 1,2 darüber, dafs
er . . preulB. ünterthan und durch Se. Maj. den Kaiser angestellt sei. . . .
und über das Gehalt; .... zu 1,6 und 7 ein Attest der Regierang oder des Prov.
Sch.C. darüber, dafs der Aufzunehmende sich in dem betr. zur Aufnahme be-
rechtigten Verhältnis befinde. . . .
Heiratsconsense können nur dann die Stelle solcher Atteste vertreten,
wenn in denselben das Verhältnis des Beamten oder Lehrers, welches ihn nach
den obigen Bestimmungen zur Aufnahme in unsere Anstalt berechtigt, besonders
und bestimmt ausgedrückt, auch event das pensionsfähige Diensteinkommen
des Beamten angegeben ist Versicherangen, welche die Becipienden selbst über
ihre Stellungen abgeben, oder einfache Bescheinigungen einzelner Behörden: „dafs
N. N. berechtigt oder verpfiichtet sei, der K. Allg. Witwenverpfiegungsanstalt
beizutreten*', genügen nicht.
b. Förmliche Geburtsatteste beider Gatten und einen Copulationsschein.
Die in diesen Documenten vorkommenden Zahlen müssen mit Buchstaben aus-
geschrieben sein und die Vor- und Zunamen beider Eheleute in den Geburts-
scheinen müssen mit den Angaben des Copulationsscheins genau überein-
stimmen. Blofse Taufscheine ohne bestimmte Angabe der Geburtszeit sind
ungenügend; sind solche Angaben im Copulationsschein vorhanden, so können
sie als Ersatz etwa fehlender besonderer Greburtsatteste nur dann gelten, wenn
die Trauung in derselben Kirche erfolgt ist, in welcher die Taäe vollzogen
wurde, und wenn die Gopulations- und Geburtsangaben ausdrücklich auf Grand
der Kirchenbücher einer und derselben Kirche gemacht werden. Der Unter-
schrift und der Oharakterbezeichnung des Ausstellers der Kirchenzeugnisse mufs
das Kirchensiegel deutlich beigedrackt sein. .. . Auch sind die Documente stempel-
frei; den Predigern aber ist es nachgelassen, fär Ausfertigung eines jeden
423
solcher Zeugnisse kirchliche Gebühren, jedoch höchstens im Betrage Ton 7 Sgr.
6 Pf . zu fordern. Da die Kirchenzengnisse bis nach Beendignng der Bfitgüed-
Schaft bei unseren Acten verbleiben müssen, so ist denjenigen Becipienden,
die sie etwa auf Stempelpapier einreichen nnd also später anch zn anderen
Zwecken als znm Einkanf in unsere Anstalt benutzen können, besonders anzu-
rathen* von vomherein und zu unseren Acten nidit die Originalien, sondern
stempelfreie beglaubigte Abschriften zugehen zu lassen, jedoch mit dem aus-
drücklichen Vermerk des Tidimirenden Beamten, dalb den Originalien die Kirchen-
Siegel beigedruckt seien.
c. Ein ärztliches, von einem approbirten prakt. Arzte ausgestelltes, eben-
falls stempelfreies Attest in folgender Fassung:
, Jch (der Arzt) versichere hierdurch auf meine Pflicht und an Eides-
statt, dass nach meiner besten Wissenschaft, H. N. weder mit der Schwind-
sucht, Wassersucht, noch einer anderen chronischen Krankheit, die ein
baldiges Absterben befürchten liefse, behaftet» anch überhaupt nicht krank,
noch bettlägerig, sondern gesund, nach Verhältnis seines Alters bei Kräften
und fähig ist, seine (Geschäfte zu verrichten."
Dieses Attest des Arztes muTs von 4 Mitgliedern unserer Anstalt oder, wenn
solche nicht vorhanden sind, von 4 anderen bekannten redlichen Männern dahin
bekräftigt werden:
„dafs ihnen der Aufrunehmende bekannt sei und sie das Gegenteil Ton
dem, was der Arzt attestirt habe, nicht wissen."
Wohnt der Becipiend aufserhalb Berlins, so ist noch aufserdem ein Certificat hinzu-
zufügen, dahin lautend,
„dafs sowohl der Arzt als die vier Zeugen das Attest eigenhändig unter-
schrieben haben, auch keiner von ihnen ein Vater, Bruder, Sohn, Schwieger-
sohn oder Schwager des Aufzunehmenden oder der Frau desselben sei.'*
Dieses Certificat darf nur von Notar und Zeugen, von einem Gericht oder von
der Ortspolizeibehörde erteilt werden. . . . Das Attest, die Zeugenaussagen
und das Certificat dürfen nie vor dem 16. Jan. oder 16. Joli datirt sein, je
nachdem die Aufnahme zum 1. April oder 1. Oci erfolgen soU, und die oben
vorgeschriebene Form mufs in allen Teilen, Wort für Wort, ganz genau beob-
achtet werden.
ni. Die Aufnahmetermine sind, wie oben angedeutet, der 1. April und
1. Oct. eines jeden Jahres. Wer also nach I zur Beception berechtigt ist
^nd diese durch eine K. Begierungs- resp. Bezirks-Haupt- oder Institutenkasse
oder durch einen unserer Commissarien bewirken will, hat an dieselben seinen
Antrag und die zu II genannten Documente vor dem 1. April oder 1. Oct. so
zeitig einzureichen, dafs sie spätestens bis zum 15. März oder 15. Sepi von dort
aus bei uns eingehen können. Anträge, welche nicht bis zu diesem Zeitpunkt
gemacht und bis dahin vollständig belegt worden sind, werden von den königl
Kassen und Commissarien zurückgewiesen und können nur noch bis zum Ablauf
der Monate März und Sept. in portofreien Briefen unmittelbar an uns selbst
eingesandt werden, dergestalt, dafs sie spätestens am 31. März oder 30. Sept
hier eingehen. In der Zwischenzeit der vorgeschriebenen Termine werden
keine Receptionsanträge angenommen und keine Aufnahmen vollzogen.
IV. Den zu II genannten Attesten sind womöglich gleich die ersten prä-
num. zu zahlenden halbjährl. Beiträge beizufügen, die nach dem Tarif zu dem
Gesetz v. 17. Mai 1856 sehr leicht berechnet werden können. Dieser Tarif ist
in der GS. für 1856 S. 479 fg. abgedruckt und Jedermann zugänglich. Bei
Berechnung des Alters ist jedoch der § 5 des Beglements zu beachten, wo-
nach einzelne Monate unter sechs gar nicht, vollendete sechs Monate und
darüber als ein ganzes Jahr gerechnet werden. Stundungen der ersten Bei-
träge oder einzelne Teilzahlungen zur Tilgung derselben sind unstatthaft, und
423
Tor vollständiger Einsendung der tarifinäfsigen Gelder nnd der vorgeschriebenen
Atteste kann unter keinen Umst&uden eine Beception bewirkt werden.
y. Was die Festsetzung des Betrages der zu versichernden Pension betrifft,
so haben hierüber nicht wir, sondern die den Recipienden vorgesetzten Dienst-
behörden zu bestimmen. Es kann daher hier nur im Allgemeinen bemerkt
werden, dafs nach den höheren Orts erlassenen Verordnungen die Pension
mindestens dem fanften Teile des Diensteinkommens gleich sein muTs, wobei
jedoch zu berücksichtigen ist, dafs die Versicherungen nur von 25 Thlr bis
500 Thlr inclus., immer mit 25 Thlm steigend, statländen können.
VL Bei späteren Pensionserhöhungen, die jedoch in Beziehung auf die
Beiträge, Probejahr u. s. w. als neue, nur von den älteren unabhängige Ver-
sicherungen und nur insofern mit diesen gemeinschaftlich betrachtet werden,
als ihr Gesamtbetrag die Summe von 50 resp. 100 Thlm und 500 Thlm nicht
übersteigen darf, ist die abermalige Beibringung der Eirchenzeugnisse nicht
erforderlich, sondern nur die Anzeige der älteren Beceptionsnummer, ein neues
vorschriftsm. (Gesundheitsattest und wenn die zu I, 1 — 3 bezeichneten Grenzen über-
schritten werden sollen, ein amtl. Attest über die veränderte Stellung und Be-
soldung, resp. über die etwa erlangte Pensionsberechtigung. Auch die Beträge der
Erhöhungen müssen wie die ersten Versicherangen durch 25 ohne Brach teilbar sein.
VII. Da wir im Schlufssatze der Beceptionsdocumente stets förmlich und
rechtsgiltig über die ersten halbjährL Beiträge quittiren, so werden besondere
Quittungen über dieselben, wie sie sehr häufig von uns verlangt werden, unter
keinen Umständen erteilt"
Schreiben des Finanzmln. v. 30. Juli 1875: „Ew. -^ beehre ich
mich auf zu erwidern, dafs ich nicht Anstand nehme, mich damit ein-
verstanden zu erklären, dafs die vollbeschäftigten technischen Lehrer an
den höheren Unterrichisanstalten, welche als solche definitiv angestellt und be-
rechtigt sind, den gesetzl. Wohnnngsgeldzuschufs zu beziehen, im Sinne der
A. 0. V. 17. April 1820 als wirkliche Lehrer anzusehen und demgemäfs ver-
pflichtet sind, im Fall ihrer Verheiratung der Allg. Witwen-Verpflegungsanstalt
beizutreten und resp. den Heiratsconsens ihrer vorgesetzten Behörde einzuholen.
Im Uebrigen gestatte ich mir, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dafs
die gedacht Verpflichtung seit Erlafs des Pensionsgesetzes v. 27. März 1872
auch die Hülfsieh rer und Beamten an den § 6, 2 ibid. bezeichneten königl.
Anstalten treffen würde, soweit sie ein die Summe von 250 Thlm jährl. über-
steigendes pensionsberechtigtes Diensteinkommen beziehen. Diesen gewährten
die A. C. 0. v. 10. Dec. 1816 und v. 17. April 1820 nicht die Beitrittsföhig-
keit, während sie dieselbe jetzt unter der Voraussetzung in Ansprach nehmen
können, resp. zum Beitritt verpflichtet sind, dafs sie eine in den Besoldungs-
etats aufgeföhrte Stelle bekleiden und demgemäfs zu den pensionsberechtigten
unmittelb. Staatsbeamten im Sinne der G. 0. v. 6. Juli 1838 gehören.*^
Min. Verf. v. 23. Jan. 1880. „Dem K. Prov.Sch.C, erwidere ich auf den
Bericht vom 23. Juli v. J., dafs ich im Einvernehmen mit dem H. Fin.-Min.
die Vorschullehrer an den städtischen Gymnasien, Progymnasien und
Realschulen in der Regel nicht für beitrittspflichtig und -berechtigt zur Allg.
Witwen -Verpflegungsanstalt hierselbst erachte. Diese Verpflichtung und Be-
rechtigung steht nach der A. G.O. v. 17. April 1820 und § 6 des Pensions-
gesetzes vom 27. März 1872 nur den im unmittelbaren Staatsdienste thätigen
Vorschul- resp. ElementarschuUehrem zu« Hieraus in Verbindung mit dem
Gesetze v. 22. Dec. 1869 0 wegen der Elementarlehrer- Witwen- und Waisen-
*) Gesetz v. 22. Dec. i869, betr. die Erweiterung, Umwandlung
und Neueinrichtung von Witwen- und Waise nk aasen für Elementar-
lehrer. „§ 1. Die SUtaten der unter Leitung der Staatsbehörden in den ver-
424
kassen folgt, dafs die Lehrerstellen an den Vorschulen der yorberegten städti-
schen Unterrichtsanstalten in den Wirkungskreis der obenerwähnten Kassen,
insoweit dies noch nicht geschehen ist, gezogen werden müssen, damit die
Familien auch dieser Kategorie von Lehrern der durch das Gesetz getroffenen
Fürsorge für Witwen und Waisen teilhaftig werden. Ich habe deshalb der
dortigen K. Regierung Abschrift dieser Verfögung erteilt und ihr die Ordnung
der hierher gehörigen Verhältnisse, soweit sJs nöthig, im Einvernehmen mit
dem K. ProY.Sch.C. aufgegeben. Der Min. d. geistL etc. Ang. von Pnttkamer.
C.Verf. V. 20. April 1880. J)er Bericht vom 31. März d- J., die Be-
willig^ng einer Unterstützung fär die Lehrer-Witwe N. betreffend, giebt mir
Veranlassung, darauf aufmerksam zu machen, dafs für die Familien aller öffent-
lichen Lehrer durch ihren Beitritt entweder zur Allg. Witwen- Verpflegungsanstalt
oder zur Elementarlehrer-Witwen- und Waisenkasse des Bezirks gesorgt werden
mufs. Die Annahme, dafs pp. N. zum Eintritt in die AUg. Witwen- Ver-
pflegungsanstalt nicht berechtigt gewesen sei, beruht auf Irrtum. Sämtliche im
unmittelbaren Staatsdienste angestellte Vorschul- und Elementarlehrer
schiedeDen Teilen des Landes bestehenden Witwen- und Waisenkassen fnr die
Hinterbliebenen der öffentlichen Elementarlehrer sind durch die bisherige Ver-
waltung anter Mitwirkung des beteiligten Lehrerstandes einer Revision zu unter-
werfen. § 2. Zweck dieser Ilevision ist die Erhöhung der den Hinterbliebenen
der Kassenmitglieder zu zahlenden Pension vom 1. Januar 1871 ab auf jährlich
mindestens fünfzig Thaler [«. das folgende Gesetz v, 24. Febr. 1881], ohne spater
mögliche Erhöhungen dieses Hinimalsatzes auszuBchliefsen. Ueber den Ansprach
der einzelnen Hinterbliebenen auf Pension, über Aufall und Ende des Pensions-
genusses bestimmen die zu revidirenden Statuten (§ 1).
§ 3. Um den angegebenen Zweck zu erreichen, können nach Anhörung der
in jedem Kreise zu bildenden Vorstände (§ 7) die jährlichen Beiträge von jeder
in dem Bereich der Kasse befindlichen öffentlichen Lehrerstelle, sowie von den-
jenigen Kassenmitgliedem, welche keine Lehrerstelle inne haben, bis auf den Be-
trag von 5 Thlm gesteigert, von allen Elementarlehrem bei ihrer ersten definitiven
Anstellung ein Antrittsgeld bis zum Betrage von 8 Thlm und von den Kassen-
mitgliedern bei Gehaltsverbesserungen, die ihnen zu Teil werden, ein einmaliger
Beitrag von 25 Procent des Jahresbetrages derselben gefordert werden.
§ 4. Die Gemeinden und selbständigen Guts- oder Domanialbezirke, sowie
diejenigen Institute, Kassen etc., welchen die Unterhaltun(|r einer Lehrerstelle ob-
liegt, sind verpflichtet, einen jährlichen Beitrag von 4 Thlm für jede ihrer Lehrer-
stellen zu der Lehrer- Witwen- und Waisenkasse des Bezirks zu zahlen, welchem
sie angehören § 5. Gelingt es auch mit Hinzunahme dieser Beiträge nicht,
die im § 2 festgesetzten Minimalsätze der Pension zu erreichen, so ist aus der
Staatskasse der erforderliche Zuschufs zu leisten.
§ 6. Die Verwaltunc; der Elementarlehrer- Witwen- und Waisenkasse ver-
bleibt der Regierang. Doch werden als Guratoren der Kasse von den Mit-
gliedern der Anstalt aus ihrer Mitte drei Vertreter erwählt § 7. In jedem der
zu einem Bezirk vereinigten Kreise resp. Aemter oder selbständigen Städte wird
ein Vorstand gebildet, zu welchem neben Vertretern des Kreises resp. des Amtes
oder der selbständigen Stadt der Landrath, Amtshauptmann oder Bürgermeister
als Vorsitzender und neben Vertretern der SchnUnspection drei von den Mitgliedem
der Kasse zu wählende Lehrer gehören müssen.
§ 8. Die Erhöhung der bisherigen Beiträge und Antrittsgelder, sowie die
Festsetzung der zu zahlenden Witwen- und Waisen - Pensionen erfolgt, letzteres
auf Grund sachverständigen Gutachtens, nach Anhörung der Vorstände (§ 7) durch
Beschlufs des Ministers der Unterrichts- Angelegenheiten.
[§ 9. Zum Kapital müssen geschlagen werden die Antritts-, die Gehalts-
verbesserungsgelder, die eingehenden Geschenke und Vermächtnisse, soweit nicht
ausdrücklich anders über sie bestimmt ist, und die Collecten.] S. Ges. v. 24. Febr. 1881.
§ 10. Die Aufhebung der unter Leitung der Staatsbehörden stehenden
Elementarlehrer- Witwen- und Waisenkassen zum Zweck einer Erweiterung der
Associationsbezirke, die Veränderung der Statuten, die Vereinigung mehrerer
425
sind berechtigt und verpflichtet, der ADg.. Witwen- Verpflegungsanstalt beizu-
treten, und nur die Lehrer der gleichen Kategorie an nicht staatlichen Anstalten
sind auf die Elementarlehrer-Witwen- und Waisenkassen angewiesen. . . ."
Min. Verf. v. 27. Oct. 1882. „Auf den Bericht v. 13. Sept. d. J er-
widere ich der E. Begierung, dafs die Stellen der Vorschullehrer an den nicht
staatlichen höh. Unterrichtsanstalten, wie dies bereits in dem C.Erl. v. 20. April
1880 und der Verf. y. 23. Jan. dess. J. ausgesprochen ist, ganz allgemein dem
Wirkungskreise der Elementarlehrer- Witwen- und Waisenkasse angehören. Dem-
nach hat die Stadt N. für die Vorschullehrerstelle an der dortigen höh. Bürger-
schule, welche zur Zeit der p. N. inne hat, die Gemeindebeiträge, soweit sie
nicht verjährt sind, zu zahlen, während die Stellenbeiträge, soweit sie inzwischen
nicht verjährt sind, aus dem Einkommen der gedachten Lehrerstelle zu ent-
richten sind. Auch die übrigen Vorschullehrerstellen an der höh. Bürger-
schule zu N., wie an den sonstigen Unterrichtsanstalten der gleichen Kategorie
im dortigen Bezirke sind in der hier in Bede stehenden Beziehung in gleicher
Weise zu behandeln; es sei denn, dafs ein Inhaber solcher Stellen Mitglied
solcher Kassen zu einer gemeiDSchaftlichen Kasse, die Zaschlagung einzelner
Landesteiie zu einem bereits bestehenden Kassenverbande, die Errichtung neuer
solcher Kassen mit juristischer Persönlichkeit, mit Beitragspflioht aller öffentlichen
Elementarlehrerstellen innerhalb eines gewissen Bezirks und mit Berechtigung zur
administrativen Beitreibung der jährlichen und einmaligen Beiträge, sowie der
Antrittsgelder der Teilnahmepflichtigen, wobei jedoch überall die in diesem
Gesetz enthaltenen Bestimmungen zur Geltung kommen und die bereits erworbenen
Rechte der einzelnen Teilnehmer gewahrt werden müssen , erfolgt durch Königl.
Verordnung, welche durch die Amtsblätter der beteiligten Bezirke zu verkündigen ist.
§ 11. Für diejenigen Landesteile, in welchen derartige Kassen unter der
Leitung von Staatsbehörden nicht bestehen, sind solche spätestens bis zu dem in
§ 2 angegebenen Zeitpunkte nach den in diesem Gesetze vorgeschriebenen Normen
gleichfalls durch KÖnigl. Verordnung ins Leben zu rufen, insofern nicht ander-
weitig in noch auskömmlicherer Weise daselbst für die Lehrer- Witwen und Waisen
eesorgt ist. § 12. Durch dieses Gesetz werden weder bestehende Gerechtsame
der Lehrer- Witwen und Waisen, noch besondere Leistungen zu deren Gunsten
aufgehoben. Diese Gerechtsame und Leistungen werden jedoch, soweit sie nicht
auf einem privatrechtlichen Titel beruhen , auf die nach den §§ 3 und 4 zu ge-
währenden Zuschüsse zu den Witwen- und Waisenkassen angerechnet. Wilhelm.
Gesetz v. 24. Febr. 1881. „Artikel 1. An die Stelle des im § 2 des
Gesetzes v. 22. Dec. 1869 bestimmten Hinimalsatzes für die Pensionen der Hinter-
bliebenen der öff. Elementarlehrer von 150 Mark tritt vom 1. April 1881 ab der
Minimalsatz von zweihundertfünfzig Mark. Art. 2. Der § 9 des Ges. v. 22. Dec.
1869 wird aufgehoben. Art. 3. Das Ges. v. 2'2. Dec. 1ö69 etc. wird auch auf
den Kreis Herzogtum Lauenburg ausgedehnt . . . Art. 4. Von dem Geltungs-
bereich dieses Gesetzes sind die Kassenbezirke der Grafschaften Wernigerode,
Stolberg-Stolberg und Stolberg-Rofsla, der Städte Berlin, Hannover, Frankfurt a. M.
und Greifswald ma auf Weiteres ausgeschlossen. Die Einführung des Gesetzes
in die vorbezeichneten Kassenbezirke bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten. '*
Wilhelm. (Für die Grafschaften Stelberg eto. erfolgt durch Ges. v. 17. Jan. 1887,
8. CBl. S. 235.)
Durch die C. Verf. v. 22. März 1881 (Instruction zur Ausführung des Ge-
setzes V. 24. Febr. 1881, GBl. S. 396 fg.) ist angeordnet, dafs aufser den nach § 4
des Gesetzes v. 22. Dec. 1869 zu erhebenden Gommunalbeiträgen, soweit dies nicht
ohnehin statuterisch vorgeschrieben ist: 1) von jeder in dem Bereiche der Kasse
befindlichen Lehrerstelle ein Jahresbeitrag von 15 Mark zur Kasse zu zahlen ist;
2) dafs alle Kassenmitglieder bei ihrer ersten definitiven Anstellung ein Antritts-
geld im Minimum von 24 Mark, .3) und dafs die öffentl. Elementarlehrer bei Ge-
haltsverbesserungen, die ihnen zu Teil werden, einen einmaligen Beitrag von 25%
des Jahresbetrages der Verbesserung zu entrichten haben.
Vgl. CBl. 1882 S. 720 fg.
436
der AUg. Witwen-Verpfleg^ngsanstalt bereits geworden ist. Im letzteren Falle
ist bis znr Aendemng dieses Verhältnisses die Neuordnung der Sache zo Tor-
schieben." Der Min. d. geistl. etc. Ang. Im Anftr. Barkhansen.
C.Verf. T. 30. Sept 1886. „Es sind bisher f&r eine Anzahl technisdier
Elementar- und Vorschnllehrer an staatlichen höh. Unterrichtsanstalten, sowie
far mehrere Schnllehrer-Seminar- und Präparandenanstalts- Lehrer anf C^rnnd
des § 4 des Gesetzes vom 22. Dec. 1869 die Gemeindebeiträge znr Elementar-
lehrer-Witwen- nnd Waisenkasse aus den Mitteln der betr. Anstalten bezw. ans
Staatsfonds geleistet worden. Anläfslich eines Specialfalles mache ich im
Einrerständnisse mit dem H. Fin.-Min. das E. ProY.Sch.C. darauf aufmerksam,
dafs den betr. Lehrern — nachdem sie auch an den Wohlthaten des Gesetze
vom 20. Mai 1882 Teil haben — die etwaige weitere Mitgliedschaft bei der
Elementarlehrer-Witwen- und Waisenkasse zwar unbenommen bleibt, sofern das
Statut der in Betracht kommenden Kasse das fernere Verbleiben in dieser zu-
läfst, dafs aber im Hinblick auf das zuletzt gedachte Gesetz die Zahlung der
in Hede stehenden Gemeindebeiträge aus der Anstaltskasse nicht mehr erfolgen
kann, vielmehr diesen Lehrern eveni selbst überlassen bleiben mufs. Da-
gegen sind für diejenigen Lehrer, welche auf die Wohlthaten des Gesetzes vom
20. Mai 1882 verzichtet haben, die vorbezeichneten Beiträge in der bisherigen
Weise fortzuentrichten, da es hinsichtlich derselben in Folge ihres Verzichtes
auf die Wohlthaten des neuen Gesetzes bei dem alten Bechtszustand geblieben
ist. Als Termin für die Einstellung der fraglichen Zahlungen ist — sofern
keine Bedenken obwalten — der 1. October d. J. anzunehmen.'' v. Gofsler.
Min. Verf. v. 7. Mai 1887. ,J)er E. Regierung eröffne ich auf den Be-
richt V. 23. April d. J., dafs die durch denselben mir vorgelegte Beschwerde
des Vorschullehrers N. daselbst vom 7. April d. J. nicht für gerechtfertigt er-
achtet werden kann. Dem N. ist durch seine Versetzung an die Vorschule
des städtischen Realgymnasiums daselbst im Verhältnisse zu dem bisher von
ihm bezogenen Gehalte eine dauernde Aufbesserung seines Dienstoinkommens
um jährlich 600 Mk. zu Teil geworden, und ist derselbe demgemäfs verpflichtet,
25% des genannten Betrages an die evangelische Elementarlehrer- Witwen- und
Waisenkasse für den dortigen Bezirk als einmalige Abgabe zu zahlen. Diese
Aufbesserung des Diensteinkommens kann auch nicht als eine solche Zulage
angesehen werden, welche zur Erfollung des Minimalgehaltes gewährt ist und
deshalb den Bestimmungen über die Zahlung von Gehaltsverbesserungsgeldem
nicht unterliegen wurde. Wird ein Elementarlehrer aus einer auf das Minimal-
gehalt beschränkten Stelle auf eine andere aus besonderen Rücksichten mit
einem höheren Anfangssatze unter übrigens gleichen örtlichen Verhältnissen
ausgestattete Elementarlehrerstelle versetzt, so findet auf ihn die Bestimmung
unter Nr. 2 des Circ.Erlasses vom 27. Mai 1882 (CBl. S. 725) Anwendung.
In diesem Falle befindet sich der N., welcher ungeachtet seiner Versetzung an
die Vorschule des städtischen Realgymnasiums zu N. nach wie vor Elementar-
lehrer geblieben, und welchem durch diese Versetzung in eine aus besonderer
Rücksichtnahme auf den Charakter der höh. Lehranstalten im Verhältnisse zu
den Lehrerstellen an den öffentl. Volksschulen zu N. besser ausgestattete Stelle
eine entsprechende Gehaltsverbesserung zu Teil geworden ist . . .*' Der Min.
d. geistl. etc. Ang. Im Auftr. Barkhausen.
C Verf. des K. Prov.Sch.G. zu Königsberg v. 3. Jan. 1868: „Bs
ist neuerdings der Fall vorgekommen, dafs die Witwe eines Gymnasial-Elementar-
lehrers eine Pension ans der Schullehrer - Witwen- und Waisen - [JnterstütKungs-
anstalt ihres Bezirks beansprucht hat, aber aus dem Grunde hat abgewiesen weraen
müssen, weil ihr Ehegatte es versäumt hatte, nach seiner Anstellung der qu. An-
stalt als Mitglied beizutreten. Um derartigen Fällen für die Folge vorzubeugen,
427
yeranlaasen wir Ew. — , darauf zu halten, dafs die bei der dortigen Anstalt ange-
stellten Elementarlehrer ihrer Verpflichtung in Bezug auf den Beitritt zur
Schullehrer-Witwen- und Waisen-Unterstützungsanstalt des Re-
gierungsbezirks rechtzeitig nachkommen, damit ihre Hinterbliebenen dereinst
vor drückendem Mangel geschützt werden."
Wer vor der deflnitiTen Anstellung sich verheiratet hat, ist znr nach-
trägl. Yersicherang einer Witwenpension nicht verpflichtet
C. 0. V. 21. Oct. 1863: „Auf den Bericht des Staatsministeriums v. ~
bestimme Ich hierdurch, dafs diejenigen Beamten, welche nach den betr. allg.
Verordnungen bei ihrer Verheiratung nicht verpflichtet waren, der Allg. Witwen-
Verpflegnngsanstalt beizutreten, später zur nachtrfigl. Versicherung einer Witwen-
pension Üur ihre Ehefrauen nicht gezwungen werden sollen.^
G. Verf. V. 25 Oct. 1858: „Denjeniffen Geistlichen und Lehrern höherer
Sdiulanstalten, deren Einkommen nicht 400 Thlr jährl. betnigt, und welche eigenes
Vermögen nicht besitzen, wurden bisher auf Grund des A. E. v. 10. Dec. 1816
und 17. April 1820 die Beiträge far eine ihren Ehefrauen zu versichernde Witwen-
pension von 100 Thlr jährl. aus Ceotralfonds erstattet; wogegen sie die Zinsen
für die statt des Antrittsgeldes einzulegenden Wechsel aus eigenen Mitteln be-
richtigen mufsten.
Durch das Gesetz v. 17. Mai 1856, betr. einige Abänderungen des Patents
V. 28. Dec. 1775 über die Errichtung der Allg. Witwen - Verpflegnngsanstalt^ ist
die Bestimmung wegen Einzahlung eines Antrittsgeldes, resp. Verzinsung desselben,
aufgehoben, und dagegen der zu entrichtende Jahresbeitzttg erhöht worden. Es
würde sonach eine ungleichmäfsige, der Billigkeit nicht entsprechende Behandlung
der beteiligten älteren und neueren Mitglieder der Witwenanstalt eintreten, wenn
den letzteren die nach dem eben erwähnten Gesetz zu entrichtenden refflements-
mafsigen Beiträge voll vergütet, von den ersteren aber, wie bisher, die Weohsel-
zinsen aus eigenen Mitteln gezahlt werden sollten. Zur Beseitigung dieser Un-
gleichheit habe ich beschlossen, bei der von jetzt ab eintretenden Feststellung der
zu erstattenden Beiträge an die nach dem Gesetz v. 17. Mai 1856 eingekauften
Mitglieder den Betrag der Wechselzinsen, welche bis zum 50. Jahr des Mannes
sich auf 8 Thlr belaufen und nur in den höheren Altersstufen etwas steigen, durch-
weg mit 8 Thlr in Abzug zu bringen, dagegen das Goldagio aufser Ansatz zu
lassen, weil Pensionen und Beiträge nach dem gedachten Gesetz nur in Silbergeld
gezahlt werden. Nach diesem Grundsatz würden daher, wenn der Beitrag 26 Thlr
jährlich beträgt, nach Abzug von 8 Thlrn noch 18 Thlr zu erstatten sein.**
Min. Verf. v. 1. Oct. 1867: nAuf den Bericht v. — eröfifne ich dem K.
Prov.Sch.C., dafs es nach den bestehenden Bestimmungen nicht zulässig ist,
Geistlichen und Lehrern, welche vor ihrer erfolgten Emeritirung einen Anspruch
auf die Erstattung der Witwenkassenbeiträge für die ihren Ehefrauen bei der
Allg. Witwen - Verpflegungsanstalt versicherte Pension nicht gehabt haben, diese
Beiträge» wenn sie mit einer Pension von weniger als 400 Thlm pensionirt werden,
später zu erstatten."
Min. Verf. v. 9. April 1873: „Auf den Bericht des K. Prov.Sch.C. v. —
genehmige ich im Einverständnis mit dem H. Finanzmin. allgemein, dafs, nachdem
durch die C.Verf. v, 28. Juni 1870 (s. CBl. 1870 p. 612) sämtlichen Elementar-
lehrern auch an den höh. Unterrichtsanstalten der Beitritt zu den in Gemäfsheit
des Gesetzes v. 22. Dec. 1869 errichteten Elementarlehrer - Witwen- und Waisen-
kassen gestattet worden ist, der Beitrag, welcher an diese Kassen nach § 4 1. c.
von den zur Unterhaltung einer Lehrer^lle Verpflichteten mit jährL 4 Thlm pro
Stelle zu entrichten ist, auf die Kassen derjenigen Anstalten königl. oder städtischen
Patronats, bei welchen die betr. Lehrer angestellt sind, auch dann übernommen
werde, wenn die Anstalt einen Staatszuschufs bezieht.''
CVerf. T. 20. Sepi 1835: Jim EinverstAndnis nnd mit Zustimmung
des unterzeichneten Ministerii wird die K. (}eneraIdirection der Allg. Witwen-
verpflegangs - Anstalt hinfaro in allen Fällen, wo Geistliche oder Lehrer mit
428
Witwenkassenbeiträgen im Bückstand Terbleiben, zum Zweck der Herbeifahrnng'
deren nngesäamter nachträglicher Berichtigung nicht mehr wie bisher an das
Ministerium sich wenden, sondern zur wnnschenswerthen möglichsten Abkürzimg
des Geschäftsganges und schnelleren Förderung der Sache unmittelbar mit der
betr. K. Begierung deshalb in Communication treten und derselben das Er-
forderliche hierüber mitteilen.
Indem das Min. die E. Begierung hiervon benachrichtigt, fordert es die-
selbe zugleich auf, demgemäfs die Erledigung diesfälliger Bequisitionen der K.
Generaldirection der AUgm. Witwenverpflegungs-Anstalt sobald als thanlich zu
bewirken."
C.Verf. Y. 12. Juni 1876. „Dem E. Gonsistorium etc. lasse ich hier-
neben Abschrift der von dem H. Finanz-Minister an die sämtlichen Königlichen
Begierungen und die Eönigliche Finanz-Direction zu Hannover unterm 5. y. M.
erlassenen Circular - Verfügung nebst Anlage, betr. die Annahme und Ver-
rechnung der Witwen - Eassenbeiträge sämtlicher Mitglieder der E. Allg.
Witwen-Yerpflegungsanstalt durch die Begierungs- resp. Bezirks-Haupt-Eassen etc.
und deren Unterkassen zur Eenntnisnahme und geeigneten weiteren Yeranlassung
zugehen.'' Der Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr.: Sydow.
C.Verf. des Fin.Min. v. 5. Mai 1876. „Im Verfolg der auf meinen
Circ-Erlafs v. 3. Oct. v. J. (I. 14,379) erstatteten Berichte habe ich beschlossen,
fortan die Annahme und Verrechnung der Witwen-Eassenbeiträge sämtlicher
Mitglieder der E. Allg. Witwen- Vorpfleg^ngsanstalt durch die Begierungs- resp.
Bezirks - Hauptkassen etc. und deren ünterkassen stattfinden zu lassen. Ich
habe dieserhalb die in 5 Exemplaren beigefügte Anweisung der Begiemngs-
Hauptkassen etc. entwerfen lassen, und beauftrage die E. Begierung, hiemach
das Erforderliche anzuordnen, auch eine bezügliche Bekanntmachung in dem
Amtsblatte Ihres Bezirks zu veröffentlichen, und ein Exemplar der betr. Nummer
des Blattes der General-Direction der Allg. Witwen- Verpfleg^ngsanstalt zugehen
zu lassen.'* Camphausen.
Anweisung
der E. Begierungs- bezw. Bezirks-Hauptkassen, der E. Institutenkasse zu Breslau
und der E. Landeskasse zu Sigmaringen wegen Annahme der für Bechnuug
der E. General- Witwenkasse zu Berlin ihnen anzubietenden Beiträge.
§ 1. Die genannten E. Eassen nehmen von sämtlichen in ihren Be-
zirken wohnenden Mitgliedern der E. AUgm. Witwen - Verpflegungsanstalt die
halbjährlich zu zahlenden Beiträge far Bechnung der General - Witwenkasse
kosten- und gebührenfrei an. Die bisherige Beschränkung der Annahme auf
die Beiträge derjenigen Mitglieder, welche aus Eöniglichen Eassen Gehalt oder
Pension beziehen, fällt demgemäfs weg.
§ 2. Zur Annahme aller Beiträge, welche nicht durch Gehalts- oder
Pensions-Abzüge zur Zahlung gelangen, ist erforderlich, dafs dieselben in den
Fälligkeitsterminen in vollen halbjährlichen Beiträgen, nicht in Teilzahlungen,
angeboten werden und dafs dabei in Bezug auf jeden einzelnen Beitrag die
Versicherungs-Nummer schriftlich genau und deutlich angegeben wird.
§ 3. Bei jedem gemäfs § 2 angenommenen Beitrage ist die Versicherungs-
Nummer zu notiren, also in denjenigen Fällen, in welchen auf mehrere Ver-
sicherungen eines einzigen Mitgliedes mehrere Beiträge gezahlt werden, jede
einzelne zugehörige Nummer. Demnächst ist über den Empfang eine diese
Nummer oder diese verschiedenen Nummern enthaltende Interims-Bescheinigung
zu erteilen.
§ 4. Die E. Begierungs - Hauptkassen u. s. w. nehmen die nicht durch
Gehalts- oder Pensions-Abzüge zur Bezahlung gelangenden Beiträge unmittelbar
oder mittelbar durch die ihnen unterstellten Specialkassen an.
429
§ 5. Die solcher Gestalt (§§ 2—4) angenommenen Beiträge werden von
den E. Begiemngs - Hanptkassen a. s. w. in die der General - Witwenkasse in
den vorgeschriebenen Terminen einzureichende instractionsmäfsige Beitragsliste
mit aufgenommen.
§ 6. Die von der K. General - Witwenkasse erteilten einzelnen Beitrags-
qaittungen lassen die E. Regierungs-Hauptkassen u. s. w. den Einzahlern auf
demselben Wege zugehen, auf welchem ihnen die Beiträge zugeführt worden sind.
§ 7. Hinsichtlich deijenigen Beiträge, die durch Gehalts- und Pensions-
Abzüge berichtigt werden, Terbleibt es bei den bisherigen Bestimmungen; den
E. E^gierungs - Hauptkassen u. s. w. wird jedoch gestattet, die Instructions-
mäfsigen Schlufsrechnungen an die General -Witwenkasse so einzureichen,
daüs sie spätestens am 15. Mai resp. 15. November, und einzelne N achtrag s-
Beitragslisten demnächst so, dafs sie bis zu Ende der Monate Mai und No-
vember bei derselben eingehen.
§ 8. Die Bestimmungen über die Entrichtung der ersten halbjährlichen
Beiträge der in die E. Allgemeine Witwen-Verpflegungsanstalt neu eintretenden
oder eine neue Versicherung nehmenden Mitglieder werden durch die gegen-
wärtige Anweisung nicht berührt
§ 9. Die E. Begierungs- Hauptkassen u. s. w. erteilen den Unterkassen
nach Mafsgabe dieser Anweisung die erforderlichen Vorschriften.
Die Pensionen der Witwen sowie die Sterbe- und Gnaden-
monate bleiben von allen directen Beiträgen zu den Gemeinde-
lasten befreit Vgl. Gesetz v. 11. Juli 1822 § 10 und CO. v. 21. Jan.
1829 (S. 383 u. 385).
4. Garenzunterstützung und Gewährung von fortlaufenden
Gnadenpensionen an Witwen und von Erziehungsgeldern für
verwaisete Einder.
Die nach dem Patent v. 1775 versicherten Pensionen werden bei allen
jetzt eintretenden Todesföllen ein Jahr nach dem Tode des Versicherten zur
Zahlung angewiesen. Für die Zeit der dadurch eintretenden Entbehrung der
Witwenpension (Garenzzeit) wird, vom Ablauf der Gnadenzeit an gerechnet»
bei vorhandener Bedürftigkeit eine entsprechende Unterstützung („Garenzunter-
stützung") aus Staatsfonds gewährt.
CO. V. 26. Juli 1823: „Ich bin auf den Bericht des Staatsministerii
V. — damit einverstanden, dafs denjenigen Witwen verstorbener Staatsbeamten,
deren bei der Witwenanstalt versicherte Pension erst ein Jahr nach dem Tode
der Männer zahlbar wird, für diesen Zeitraum im Fall der wirklichen Bedürftig-
keit, eine angemessene Unterstützung aus Staatskassen zu Teil und dabei nach
folgenden Grundsätzen verfahren werde:
1. In der Regel sollen zwar Witwen verstorbener Staatsbeamten auf
Unterstützungen aus Staatskassen keinen Anspruch haben, da ihre Männer ge-
setzlich verpflichtet waren, ihnen eine angemessene Pension bei der AUg.
Witwen-Verpflegungsanstalt versichern zu lassen.
2. Ist dies jedoch geschehen, das Eintrittsgeld aber nur durch einen
ausgestellten Wechsel berichtigt, wobei jedoch nachgewiesen sein mufs, dafs
diese Art der Berichtigung des Eintrittsgeldes nicht willkürlich, sondern in Er-
mangelung eigenen Vermögens gewählt worden ist, und dann die versicherte
Pension erst ein Jahr nach dem Tode des Mannes zahlbar, so soll der Witwe
fär diesen Zeitraum eine Unterstützung aus Staatskassen zu Teil werden, wenn
3. ihre Bedürftigkeit erwiesen ist, und dem Manne nicht solche Ver-
gehungen zum Vorwurf gereichen], welche eine Untersuchung veranlafst haben
430
4. diefie Untentfitzung kann bis zaoi Betrage der yersicherten Witwen-
pension bewilligt werden;
5. sie föngt aber erst nach Ablauf des Gnadenqnartals oder des Onaden-
monats, während welcher Zeit die Gehaltszahlung noch fortdauert^ an, und hOrt
mit dem Eintritt in die Witwenpension anf ;
6. die Anweisung auf den Allg. Pensionsfonds der General-StaatelaBse
in der Regel nach vierte]jfthrl. Nachweisungen, in dringenden FSUen lach
einzeln, kann das Finanzminisi deiigestalt erteilen, dafe a. die Zahinng
quartaliter prsenuro. erfolgt, und b. dgL Bewilligungen, da sie nur kam
Zeit dauern, immer aufser dem Etat verausgabt, jedoch in den Exfaracten und
Rechnungen besonders ersichtlich gemacht werden;
7. die Witwen verstorbener Wartegelder- Beamten werden denen der
activen Beamten gleich behandelt; dagegen findet
8. die Bewilligung fär Witwen solcher ehemaligen Beamten, welche im
Pensions- oder Ruhestande verstorben, in der Regel nicht statt
Das Staatsminist, wird autorisirt, hiemach zu verfahren und zu dem Ende
den Behörden das Erforderliche bekannt zu machen.^
CO. V. 25. April 1845: „Mit Rücksicht auf die in Ihrem Bericht v. -
angefahrten Gründe will Ich Sie ermächtigen, auch den bei der Allg. Witwen-
verpfleg^ngsanstalt versicherten Witwen pensionirt gewesener Beamten im Falle
der wirklichen Bedürftigkeit und Würdigkeit för die Carenzzeit eine Unter-
stützung nach den in der CO. v. 26. Juli 1823 aufgestellten Grundsätzen n
gewähren.**
CVeif. V. 28. Aug. 1862: „Die Prov. Behörden veranlasse ich, bei in-
trägen auf Bewilligung von Unterstützungen an Witwen von Oelstiicben nnd
Lehrern resp. von Beamten meines Geschäftsressorts für die Zeit der Ent-
behrung der bei der Allg. Witwen-Verpflegungsanstalt mittels Wechsels ver-
sicherten Pension jedesmal den bezüglichen Pensions-Versicherungsscbein mit
einzureichen.**
CO. V. 2. Nov. 1863: „Auf Ihren Bericht v. — genehmige Ich, difs
die Carenzunterstützungen, welche auf Grund der Erlasse v. 26. Juli 1823 nnd
25. April 1845 den Beamtenwitwen gewährt werden dürfen, fortan von den
Bezirks-Regiemngen, für die Witwen von Beamten in Berlin von dem Yorsteber
der Civilpensions- und Wartegelderkasse, bewilligt und angewiesen werden and
dafs nur die Bewilligung solcher T3nterstützungen für Witwen von Beamten der
GentndbehOrden femer dem Finanzminister vorbehalten bleibe.**
CYerf. des F in. Min. v. 28. Nov. 1863, wieder publicirt durch CYerf.
des Min. der geisti. etc. Ang. v. 22. April 1875 „1. Die Gnmdlage
für die Bewilligung von Carenzunterstützungen bleiben auch franer die Alleii
CO. V. 26. Juli 1823 ... und die AUerh. CO. v. 25. April 1845 ... 2. Diese
Allerh. Bestimmungen beziehen sich nur auf die Witwen unmittelbarer Staats-
beamten. 3. Die Bewilligung von Carenzunterstützungen findet nicht stits
an Witwen, welchen nach Eriafe des Gesetzes vom 17. Mai 1856 (S. 420) ein«
Pension bei der Allg. Witwen -Yerpflegnngsanstalt versichert worden ist, da bei
diesen, wenn auch der FaU eintreten kann, dafs vom Ablauf des Gnaden-
Quartals oder Monats Ms zum Eintritt in den Genufs der Witwenkassen-Pension
eine Zwischenzeit liegt, doch eine Carenzzeit in der in jenen Allerh. B^
Stimmungen vorausgesetzten Art nach der Yorschrift unter b) im § 1 <1^
allegirten (xesetzes nicht stattfindet 4. Nach der Yorschrift unter Kr. ^
der Allerh. Ordre v. 26. Juli 1823 ist die Bewilligung einer Carenzunterstätxoog
nur dann zulässig, wenn bei der Pensions- Yersicherung ein baares Eintritfcsgela
nicht erlegt, dasselbe viehnehr durch einen ausgestellten Wechsel berichtigt ist
431
Von dem daselbst erforderten Nachweis, dafs diese Art der Berichtigang des
Eintrittsgeldes nicht willkürlich, sondern in Ermangelang eigenen Vermögens
gewählt worden sei, ist jedoch nach der bestehenden Praxis in der Begel ab-
gesehen worden, da ein solcher Nachweis nach Yerlanf langer Zeit sich oft
nicht wohl mehr fahren l&fst. Die E. Eegierung wird daher über die Er-
bringung dieses Nachweises auch femer hinweg sehen können. 5. Unter
Nr. 3 ebendaselbst ist jede Bewilligung der hier in Bede stehenden Art an
die Bedingung der erwiesenen Bedürftigkeit geknüpft. Bei Prüfung dieses Er-
fordernisses ist bisher gerade nicht mit Strenge verfahren worden, da erfahrungs-
m&fsig der Witwe eines Beamten bei dem Ableben desselben durch den in der
Begel nöthigen üebergang in veränderte Lebensverhältnisse aufserordentliche
Kosten zu erwachsen pflegen, welche auTser dem Bereich und dem Mafs der
regelmäfsigen, zur Bestreitung der Subsistenz nöthigen Ausgaben liegen. Die
£. Regierung hat in diesem Sinne auch femer zu verfahren. Es wird daher
eine Unterstützung nur dann zu versagen sein, wenn eine Witwe in eigenem
Yermögen oder in der Subventionirang von Verwandten, welche zu ihrer Unter-
stützung verpflichtet sind, solche Hülfsmittel hat, dafs es, insbesondere auch
im Hinbliek auf andere Unterstützungsbedürftige, sich nicht rechtfertigen würde,
die Staatskasse in diesem Falle mit einer Zahlung zu belasten. 6. Die
Bewilligung einer Carenzunterstützung ist auch dann zulässig, wenn ein Be-
amter, auf Grand einer früher eingenommenen militärdiensüicben Stellung, seine
Ehefrau in die Militär-Witwenkasse eingekauft hat. 7. Die zu gewährende
Unterstützung darf in ihrer Höhe auch dann, wenn die Carenzzeit länger als
ein Jahr dauert, niemals den nominellen Jahresbetrag der demnächst zur
Zahlung kommenden Witwenkassen-Pension in Courant übersteigen. Wenn also
diese letztere z. B. sich auf 200 Thlr Gold jährlich beläuft, so darf in dem
Falle, dafs die Carenzzeit vom Ablauf des Gnaden-Quartals oder Gnaden-Monats
ab ein volles Jahr oder darüber beträgt, nie mehr als der Betrag von 200 Thlr
Courant an Carenzunterstützung bewilligt werden. Währt die Carenzzeit von
dem gedachten Termine ab nicht voll zwölf Monate, so ist die auf den Zeit-
raum ihrer Dauer von diesem Termine ab fallende Quote des nach Vorstehendem
zulässigen Jahresbetrages der Unterstützung das Maximum für die zulässige
Bewilligung. Bei einer Witwenkassen -Pension in der oben vorausgesetzten
Höhe würden daher z. B. bei einer zehn- oder resp. elfmonatlichen Dauer der
Carenzzeit nach Ablauf des Gnaden-Quartals oder Monats höchstens ^%2 oder
bezw. ^Vis ^^^ ^^^ ^^^^ Courant als Unterstützung bewilligt werden dürfen.
Der Tbider-Brachteil, welcher nach dieser Berechnung der Carenzunterstützung
über die volle Thalerzahl hinausgehend sich ergiebt» kommt nicht mit zur An-
weisung. 8. Wenn in einzelnen Fällen für Witwen Pensionen in einer far
die Dienststellung des verstorbenen Mannes ungewöhnlichen Höhe versichert
sind, oder wenn Witwen in nicht ganz ungünstigen Verhältnissen zurückbleiben,
die aber doch nicht so g^t sind, dafs die gänzliche Versagung einer Unter-
stützung gerechtfertigt erschiene, so ist die zu gewährende Unterstützung unter
Beschränkung des zulässigen Maximalbetrages auf eine angemessene Quote
derselben festzusetzen. 9. Die Unterstützungen sind in Quartal -Baten
praenumerando zu zahlen; die Zahlung erfolgt für Bechnung der General-
Staatskasse, welcher die gezahlten Beträge in bisheriger Art aufrechnen sind«
10. Von der für die Unterstützungsbewilligang mafsgebenden Höhe der nach
Ablauf der Carenzzeit statutenmäfsig zur Zahlung kommenden Witwenkassen-
Pension, sowie davon, dafs bei Versicherung derselben ein baares Antrittsgeld
nicht erlegt ist, wird die E. Begierung in der Begel durch Einsicht der
Beceptions- und Berechtigungsscheine Ueberzeugung zu nehmen haben.
11. Während diese Verfügung an sich nur die Witwen von Civilbeamten im
Auge hat) sind auf Grand einer Allerh. Ordre vom 1. Jan. 1856 in der hier
432
bestimmten Weise nnd nach den hier dargelegten Grundsätzen Carenznnter-
Stützungen bis auf Weiteres anch an die Witwen von Offizieren nnd Beamten
der E. Marine zu bewiUigen. 12. In solchen Fällen, in welchen die Carenz-
nnterstfitznngen nnr mit besonderer Allerh. Genehmigung bewilligt werden
können, ist anch femer zu berichten. 13. Die Bearbeitung dieser An-
gelegenheit ist dem Eassenrath zu übertragen.^
C.Verf. V. 11. Jan. 1864: „Se. MaJ. der Eönig haben mittels A.
y. 2. Nov. Y. J. zu genehmigen geruht, dafs die Garenzunterstötzungen, welche
auf Grund der A.E. v. 26. Juli 1823 und v. 25. April 1845 den Beamten-
witwen gewährt werden dürfen, fortan von den Bezirks-Begierungen (für die
Witwen von Beamten in Berlin von dem Vorsteher der Civilpensions- nnd
Wartegelderkasse) bewilligt und angewiesen werden.
Das E. Prov.Sch.C. setze ich hiervon in Eenntnis, um demgemäfs Sich
in Betreff der Garenzunterstützungen an Witwen von königl. Beamten nnd den
zu dieser Eategorie gehörenden Lehrern an königl. Unterrichtsanstalten (Gym-
nasien, Progymnasien, Bealschulon und Seminarien) fortan an die betr. E.
Begierung (für Berlin an den Vorsteher der Givilpensions- und Wartegelder-
kasse), zu wenden.*'
G.O. V. 6. April 1867: „Auf den Bericht des Staatsministeriums v. —
d. J. erkläre Ich Mich damit einverstanden, dafs es im Bereich der Civil-
verwaltung zur Bewilligung von Pensioneq, Pensionszuschüsssen, Eiziehungs-
geldem und sonstigen fortlaufenden Unterstützungen aus den in den Etats der
verschiedenen Bessorts ausgesetzten Witwen- und Waisenpensions- und ünter-
fltntzungsfonds, mit Ausschlufs des Gnadenpensions-, des Stiftpensions- und des
pommerschen und neumärk. Meliorationsgelder-Zinsen-Pensionsfonds, innerhalb
der nachstehend angegebenen Grenzen in der Folge Meiner Genehmigung nicht
mehr bedürfen soll, und bestimme hierdurch, dafs fortan derartige fortlaufende
Unterstützungen
1. an Witwen von Diätarien bis höchstens 60Thlr, 2. an Witwen
etatsmäfsiger Subaltembeamten bis höchstens 150 Thlr, 3. an Witwen
höherer Staatsbeamten bis höchstens 200 Thlr, 4. an Witwen der Unter-
beamten, wenn besondere Gründe zur ansnahmsweisen Gewährung einer fort-
laufenden Unterstützung vorhanden sind, bis höchstens 50 Thlr, 5. für die
Erziehung bedürftiger Ein der verstorbener Beamten Erziehungsgelder bis zum
gleichen Betrage, 6. für erwachsene Einder, welche durch fortdauernde
Erankheit und andere besondere Umstände dauernd verhindert sind, sich ihren
Lebensunterhalt selbst zu erwerben, fortlaufende Unterstützungen bis höchstens
50 Thlr jähriich,
von den betr. Verwaltungschefs angewiesen werden können, und nur in
denjenigen Fällen, in welchen die ausnahmsweise Gewährung höherer Beträge
für erforderlich erachtet wird. Meine Genehmigung einzuholen ist. Zugleich
will Ich gestatten, dafs die Garenzunterstützungen auch solchen Witwen, deren
Männer nicht zu den aus Staatskassen besoldeten unmittelbaren Staatsbeamten
gehört haben, fortan in derselben Weise, wie es hinsichü. der Beamtenwitwen
durch Meine Ordre v. 2. Nov. 1863 vorgeschrieben worden ist, von den Bezirks-
Begierungen, in Berlin von dem Vorgesetzten der Givilpensions- und Warte-
geldorkasse, bewilligt nnd angewiesen werden."
G.O. v. 28. Febr. 1874: „Auf Ihren Bericht v. 25. d. M. will Ich Sie
hierdurch unter Aufhebung Meiner Erlasse v. 25. Nov. 1865 und 6. Apr. 1872
ermächtigen, die A. Ordre v. 6. Apr. 1867 in der Art auf die Hinterbliebenen
Ton Geistlichen, Lehrern, Eirchen- und Medicinal-Beamten auszudehnen, dais
die Bestimmung
433
Nr. 1 auf die Witwen der VolksschiOlehrer, niederen Kirchenbeamten
und Kreis- Wundärzte, letztere, soweit sie nicht pro physicatn gepräfb gewesen
sind; Nr. 2 anf die Witwen der Bectoren gehobener Schalen, der Vorschnllehrer,
sowie der wissenschaftl. nnd techn* Holfslehrer an höh. Lehranstalten and der
ordentl. Lehrer vollständig organisirter Mittelschalen and höh. Mädchenscholeni
soweit sie nicht die Prüfang for das höh. Lehramt bestanden haben; Nr. 3
aaf die Witwen der (leistlichen, der Dir. and der Ober- and ordentl. Lehrer
an höh. Lehranstalten einschliefslich der Lehrer-Seminarien, der Vorsteher
K. Prftparanden-Anstalten, der Sectoren and der Oberlehrer an vollständig
organisirten Mittelschalen and höh. Mädchenschalen, sowie der litterarisch
gebildeten Medicinalbeamten ; Nr. 5 and 6 glelchmäfsig aaf die Kinder
verstorbener Geistlichen, Lehrer, Kirchen- and •Medicinalbeamten Anwendang
finden."
C.Verf. des Finanzmin. an die K. Begierangen v. 24. März 1875:
^ach der Bestimmang Nr. 7 des C.Erlasses v. 28. Nov. 1863 sollen die Carenz-
nnterstützangen an Witwen verstorbener Beamten bis zar Höhe des nomi-
nellen Jahresbetrags der in Gold versicherten Witwenkassen-Pension in Coarant
gewährt werden and dabei als Grandlage für die Festsetzang der za bewilligenden
tfnterstfitzangen nach Nr. 10 des gedachten Erlasses die von der Gen.-Direction
der K. Allg. Witwen- Verpflegangsanstalt aasgefertigten Empfangsberechtigangs*
Scheine dienen, in denen der Betrag der versicherten Witwenpensionen bisher
in Gold angegeben war. Da inzwischen nach Einfährang der Markrechnang
in den Berechtigangs-Scheinen die versicherte Witwenpension in Mark ein*
schliefsl. des Goldagios aasgeworfen ist, so will ich hierdarch genehmigen, dafs
die Carenzonterstüteangen fortan bis zar Höhe des in den Berechtigangsscheinen
in Mark angegebenen Betrags der versicherten Pension anverkärzt in Mark
gewährt werden.**
5. Vers icherangs Wesen.
CO. V. 29. Sept. 1833: „Aaf den Bericht des Staatsministerii v. — be»
stimme Ich nach dessen Antrage, dafs die landesherrL Genehmigang, welche
nach § 651 Tit 11 A. LR. zar Errichtang gemeinschaftlicher Witwen-,
Sterbe- and Aassteaerk aasen erforderlich ist, künftig von den OPräsi-
denten erteilt werden soll. Wenn sich Jedoch der Wirkangskreis einer solchen
Kasse über die Grenzen des OPräsidialbezirks hinaus erstreckt, oder wenn sich
gewisse Klassen von Beamten dazu vereinigen, so hat der Min. des Innern
and der Polizei, letztemfalls gemeinschaftlich mit dem vorgesetzten Minister
der Beamten, die Genehmigang za erteilen. Unter den Sterbekassen sind
übrigens alle Kassen za verstehen, aas welchen für den Sterbefaü eines Mit-
gliedes der Gesellschaft eine Zahlang za irgend einem Zweck za leisten ist
Das Staatsministeriam hat diese Ordre darch die Gesetzsammlong bekannt
za machen.'^
C.Verf. des Min. d. geistl. etc. Ang. and des Min. d. Inn. v.
28. Febr. 1879. „Aaf den Bericht v. 29. v. M. betr. das Statat der Lehrer-
l^twen- and Waisenkasse am Gymn. in N., erwidern wir dem K. Prov.Sch.C.,
dafs es bei der getroffenen Bestimmang, nach welcher die darch gerichtliches
Erkenntnis als der onschaldige Teil erklärte, geschiedene Ehe fr an eines
Mitgliedes die Pensionsrechte der nachfolgenden Ehefraa des letzteren aasschliefst,
sein Bewenden behalten mafs. Dieser Grandsatz ist seit längerer Zeit in allen
Fällen zar Geltang gebracht worden and kann darch etwaige Bücksichten aaf die
anderweite Yerheiratang des geschiedenen Ehemannes nicht beeinfiofst werden, da
die zweite Ehefraa die vorhergegangene, von ihrem Ehemann verscholdete Trennang
der vorigen Ehe and deren Folgen für sie selbst bei Eingang der Ehe kennen
Wioio, VerordnvafftB. IL 28
434
wird, und auch kennen mnlb. In welcher Form nnd Fassung^ aber die den
beregten Grundsatz enthaltenden Bestimmnngen in das Statat anftnnehmen
sind, bleibt den Beteiligten überlassen. Am meisten empfiehlt es sich, der
nnschnldig Geschiedenen das Becht yorznbehalten, die Beiträge an die Kasse
zur Erhaltung ihrer nnd ihrer etwaigen Kinder Ansprüche fortznzahlen, wobei
es ihr überlassen bleibt, vorkommenden Falls etwaige Begrelsansprücbe gegen
ihren früheren Ehemann vor Gericht geltend zn machen. Anf keinen Fall
aber darf dem für den schuldigen Teil Erklärten bei Eingehung einer zweiten
Ehe die Schmälerang der Bechte der nnscholdig geschiedenen Ehefiran er*
leichtert werden/'
C.Verf. V. 16. Febr. .1877. „In Verfolg meiner C.Verfl v. 13. Man
V. J. wegen Beteiligung der Lehrer bei den Lebensversicherungs-
gesellschaften im Interesse der Fürsorge für ihre nachzulassenden Familien
sind zahlreiche bezügliche Anerbietungen und Anträge sowohl von 'den Ver-
tretern der Gesellschaften als auch aus den Kreisen der Lehrer selbst bei mir
eingegangen. Eine praktische Folge konnte ich für jetzt diesen Vorstellnngen
weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung hin geben, da einerseits
jede Bevorzugung irgend welcher der in Betracht kommenden Versicbenings-
gnsellschaften zu vermeiden war, und andererseits die Verhältnisse eine vrirksame
Unterstützung der sich versichernden Lehrer bei Zahlung der Prämien jeden&lls
einstweilen noch ausschliefsen.
Gleichwohl wünsche ich, dafs dieser Angelegenheit sowohl aus allgemeine
Gesichtspunkten, als auch im vorkommenden Specialfall die möglichste Förde-
rung zugewendet werde. In ersterer Beziehung mache ich auf die erst kürzlich
in Hannover gebildete Versicherungsgesellschaft für Beamte, Geistliche nnd
Lehrer (s. nachfolgend) aufmerksam, weil die bei dieser Einrichtung beteiligten
Personen, sowie die jeden privativen Gewinn ausschliefsenden Bestimmungen
ihrer Statuten zu günstigen Erwartungen von der Wirksamkeit dieser GresellschaH
berechtigen. Hierher würde nicht minder der Hinweis der Communal- nnd
communalen Schulbehörden gröfserer Städte auf das Empfehlenswerthe der
Beteiligung der Lehrer bei den Versicherungsgesellschaften und auf die Mög-
lichkeit ähnlicher Einrichtungen fär diese Lehrer, wie sie von der Deutschen
Beichs-Postverwaltung für ihre Beamten getroffen sind, gehören. Das Amts-
blatt der Deutschen Beichs-Postverwaltung Nr. 23 aus dem Jahre 1875, sowie
das die vorliegende Angelegenheit betreffende Begnlativ des General-Postamts
V. 1. Febr. 1868 wird für etwaige Anfragen bei den Provinzial-Postbebörden
den erforderlichen Anhalt bieten. Das Wesentliche dieser Einrichtung besteht
in der Vermittelung des Versicherungsvertrages, der Prämienzahlung nnd der
Sicherung des eingekauften Kapitalanspruches für die Familie des Versicherten
durch die Behörde, sowie in gewissen Erleichterungen und Vorteilen, welche
von der Versicherungsgesellschaft dem gegenüber gewährt werden.
Das Vorstehende ist soweit als thunlich und soweit sich dazu Gelegenheit
bietet, auch auf die hier in Betracht kommenden Verhältnisse der höheren
Lehrer, der Geistlichen und der Beamten meines Bessorts anwendbar.'* Der
Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr. : Sydow.
Vgl. C.Verf. V. 13. März 1876, CBl. 1876 S. 186.
Der PreuffliBche Beamtenverein, zu dABsen Begründung die Bnreaa^
beamten der Landdrostei in Hannover die Anregung gegeben haben, hat seine
GeBcbäftsthäügkeit daselbst am 1. Juli 1876 eröffnet. Ueber seine Entwickelimg
ist seit 1879 im Gentralbl. der Unterrichtsverwaltung jährlich Nachricht gegeben
worden, zuletzt im Jahrgange 1887 S. 462 fg. Demselben sind die Bechte einer
juristischen Person verliehen. Er sucht auf der Grundlage der Gegenseitigkeit
und Selbsthülfe die wirthsohaftlichen Bedürfnisse des Beamtenstandes zu befriedigen«
Aufnahmefähig sind Beichs-, Staats- und Communalbeamte, Geistliche, Le£^,
435
Aerzte, Beohtsanwalte, sowie die im Yorbereitungsdienste zu diesen Bemfszweigen
stehenden Personen. Der Verein schliefst Lebens-, Kapital-, Leibrenten-, Kriegs-,
Marine- and Begräbnisgeld - Versicherangen ab und giebt an seine MitgHeder
Cantions- und andere Folicendarlehen. Der Yerdoherungsbestand betrag alt
1886 Sa. 16 555 Policen über 46 530610 Mk. Die eigenen Fonds des Vereins,
welchen Passiva nicht gegenüberstehen, beliefen sich nach statateninafsiger Ver-
teilang des Gewinnes pro 1886 auf 1 072 487 Mk. 80 Pf. Die den Vereinsmit-
gliedem auf die 10 ersten Geschäftsjahre ffezahlte Dividende bezifferte sich aaf
810 586 Mk. 48 Pf. An fallig gewordenen Lebensversicherangs-Sammen wurden
in diesem Zeiträume 1 044 989 Mk. 4 Pf. gezahlt. Der Verein hat eine Sterbe-
kasse errichtet, in welcher ein Begräbnisgeld bis zu 500 Mk. auch auf das Leben
der Frau und sonstiger Familienangehöriffer versichert werden ^kann, ohne dafs
es zur Aufnahme einer ärztlichen Untersuchung bedarf. Diese Sterbekasse gemhrt
auch solchen Beamten, welche bereits anderweitige Lebensversicherungen abge-
schlossen haben, die Möglichkeit, sich ohne nennenswerthe finanzielle Opter an den
Einrichtungen des Preufs. Beamtenvereins zu beteiligen.
Die Direction des Preursischen Beamtenvereins in Hannover erteilt Auskunft
und übersendet die Drucksachen kostenfrei.
Die Berliner Beamtenvereinigung ist am 1. März 1878 gegründet
und hat auf Grund ihres Statuts v. 31. Oct 1879 durch AUerh. Erlafs v. 81. Dec.
1879 die Rechte einer juristischen Person erlangt Zweck ist die Förderung der
wirthschaftlichen Interessen, sowie des geistigen und geselligen Lebens der Mit-
glieder, namentlich a) in Anlehnung an den Preufs. Beamtenverein die Förderung
der Zwecke desselben, b) die Errichtung einer Spar- und Darlehnskasse. Aufnahme-
fähig sind Beamte, welche in Berlin und Umgegend ihren Wohnsitz haben. ^)
C.Verf. V. 16. Aug. 1880. „Auf Grand des von Sr. Majestät dem
Kaiser und Könige am 22. März v. J. AUerh. genehmigten Statutes ist unter
dem Höchsten Protectorat Sr. Kaiserl. nnd König!. Hoheit des Kronprinzen des
Deutschen Reiches und von Prenfsen die Kaiser Wilhelms-Spende als
eine allgemeine Deutsche Stiftung für Alters-Renten- nnd Kapital-Versichernng
in Wirksamkeit getreten. Die Stiftung ist mit denjenigen von dem deutschen
Volke gesammelten 1 740 000 Mark ausgestattet, welche von den Gebern zur
Errichtang eines bleibenden Denkmals der Liebe nnd der Verehrung für ihren
Kaiser bestimmt waren. Die Anstalt wird unter der staatlichen Oberaufsicht
des K. Preufs. Ministers des Innern von einer Direction nnd einem Anfsichtsrathe
verwaltet. Der Präsident des Aufsichtsrathes wird von Sr. Kaiserl. nnd König!.
Hoheit dem Protector, seine zehn Mitglieder werden von den Regierungen
deutscher Bundesstaaten ernannt, während der so gebildete Anf^ichtsrath den
Director und die Snbdirectoren besteilt. Da hierdurch die Verwaltung der
Anstalt staatlich gesichert ist und da die Zinsen des vorerwähnten Grundkapitals
nur der Stiftung zu Gute kommen, so bietet dieselbe die vorteilhafteste Gelegen-
heit zur Versicherung von Kapital und Renten dar. Die Anstalt, welche nicht
den Erwerb zu Gunsten irgend welcher bei ihrer Einrichtung und Verwaltung
beteiligten Personen, sondern den Nutzen und die Wohlfahrt des ganzen deutschen
Volkes zum Zwecke hat, ist nicht allein für den Arbeiterstand im engeren
Sinne, sondern auch für andere Bemfestände, insbesondere auch für weniger
günstig g<^stellte Beamte, für Geistliche und Lehrer, für Gatsbesitzer und Bauern,
fäv Kauflente, Fabrikanten und Handwerker bestimmt. Auch die einer Ver-
>) G.Erlafs des Min. d. Inn. u. d. Fiu. v. 22. Juli 1885. „Es ist be-
schlossen, in Zukunft eine Mitwirkung der KÖnigl. Kassen bei der Annahme und
Abfuhrung von Mitffliederbeiträgen für Beamtenvereine, Versicherungsgesellschaften,
Sterbekassen und äinliche private Anstalten mit Ausnahme des Brandversicherungs-
vereins Preufsischer Forstbeamten und des Deutschen üfftziervereins nicht mehr
stattfinden zu lassen und die früher zu derffleichen Nebengeschäften etwa erteilte
Genehmigung zurückzunehmen. Die Behörden und Kassen sind hiernach mit ent-
sprechender Anweisung zu versehen." (Herrfurth, Etatswesen ', S. 342.)
28*
436
sorgang gerade wegen ihres anstrengenden Berufes dnrchaiiB
Krankenwärter sind hierher zu rechnen. — Ihnen allen steht es frei, far sidi
selbst oder far Dritte, z. B. die Corporationen, Vereine etc. far die an ihrem
Anstalten angestellten Krankenwärter Kapital oder Benten zn ym^ichem.
In Bücksicht anf diese Lage der Verhältnisse hege ich den lebhaften
Wunsch, da(k auch innerhalb des mir anvertrauten Bessorts Alles geschehen
möchte, was der Kaiser Wilhelms-Spende bei der Erreichung ihrer Zwecke
forderlich sein könnte. Ich beauftrage deshalb die K. Begierungen, die K.
Consistorien und die K. Proy.Sch.GC., die ihnen unterstellten Beamten, Geist-
lichen und Lehrer in geeigneter Weise nicht nur auf die von der Anstalt den
Versicherem gebotenen Vorteile aufinerksam zu machen, sondern zugleich auch
sie zur Förderung der Stiftungszwecke innerhalb der Kreise ihrer besonderen
Berufsthätigkeit zu veranlassen. Zu einer solchen Förderung würde auch die
Uebemahme von Agenturen und Sammelstellen f&r die Stiftung seitens der
Beamten, Kirchendiener und Lehrer zu rechnen sein. Es versteht sich, dafs
dabei in jedem einzelnen Falle der Antrag auf Genehmigung zur uebemahme
bei der vorgesetzten Dienstbehörde zu stellen ist, welche ihrerseits darüber nach
MafBgabe der localen und persönlichen Verhältnisse zu befinden hat
Von dem vorstehenden Erlasse habe ich der Direction der Kaiser Wil-
helms-Spende — hierselbst W. Mauerstrasse 85 — Kenntnis gegeben, und ihr
anheimgestellt, durch directe Uebersendung von Prospecten, Statuten a. s. w.
an die Behörden meines Bessorts, sowie an Beamte desselben, an (leistliche,
Lehrer und Vorsteher von Krankenanstalten die Ausführung der gestellten Auf-
gabe zu erleichtern.^ Der Min. d. geistL etc. Ang. Ld Vertr.: von Groüsler.
C.Verf. V. 12. April 1869: „Es sind Fälle vorgekommen, dafs Directoren
und Lehrer von Seminarien, die ihr Mobiliar nicht versichert gehabt, dnrdi
Brandschaden sehr erhebliche Verluste erlitten haben. Eine ausreichende Ver-
sicherung des Mobiliars gegen Feuerschaden ist gegenwärtig nicht mit irgend
erheblichen Kosten verbunden. Unterstützungen aus Staatsfonds in solchen
Fällen können, wenn überhaupt, nur in sehr unzureichendem Mafse gewählt
werden. Das K. Prov.Sch.C. veranlasse ich, die Beamten Seines Bessorts darauf
aufinerksam zu machen, wie es sich in ihrem eigenen Interesse empfiehlt^ ihr
Mobiliar angemessen zu versichern."
6. König Wilhelm-Stiftung für erwachsene Beamtentöchter.
Allerh. Erlafs v. 28. März 1881 an das Comitö zur Gründung der
König Wilhelm-Stiftung. „Es ist ein glücklicher Gedanke gewesen, eine Stiftang
zur Unterstützung unverheirateter und unversorgter Töchter verstorbener Staats-
beamten ins Leben zu rufen; Mir gereicht es zur lebhaften Freude, dafe
Meinen aus Anlafs Meiner goldenen Hochzeit geäufserten Intentionen auch in
dieser Bichtung Folge gegeben worden ist, und mit Wohlgefidlen erkenne Ich
die eifrigen Bemühungen des Comit6& an, welche ein für den Beginn des Unter-
nehmens immerhin erhebliches Besultat in verhältnismäfsig kurzer Zeit eizielt
haben. Unbeschadet der im geordneten Wege zu beantragenden staaüichen
Genehmigung der Stiftung will Ich der Bitte des Comitös in dem Gesuche t.
33. d. M. gern willfahren: Unter Annahme des Protectorates über die Stiftäng
genehmige Ich, dafs dieselbe den Namen „König Wilhelm-Stiftung für
erwachsene Beamtentöchter'' führe, mit dem Wunsche, dafs die Mittel
der Stiftung kräftig wachsen mögen, um den Kreis ihrer segensreichen Wirk-
samkeit thunlichst bald zu erweitem. Zur Bethätigung Meines biteresses an
der gedeihlichen Förderung der Stiftungszwecke wül Ich dem Comit6 zur Ab-
rundung des vorhandenen Grundkapitales ein Gnadengeschenk von 7000 Mark
gewähren, welches Ich dem Aufruf entsprechend an die Hauptkasse der See-
handlung abfuhren lasse.'* Wilhelm.
437
Allerh. Erlafs y. 31. Oci 1881 an die Min. d. Inn., d. Fin. n. d.
Jnstiz. ,^nf den Bericht v. 18. Oci d. J. will Ich die „König Wilhelm-
Stiftong fär erwachsene Beamtentöchter*' hiermit landeshenlich genehmigen
und derselben auf Grund des zoräckfolgenden Statutes y. 22. M&rz d. J. die
Bechte einer juristischen Person mit der Mafsgabe verleihen, dafs an Stelle des
im § 17 gedachten Termines der 1. Nov. er. tritt
Zugleich ernenne Ich zu Mitgliedern des Stiftungscuratoriums für die
nächsten fünf Jahre: 1. den Präsidenten der Seehandlung BOtger als Vor-
sitzenden, 2. den Geh. Hofrath Miefsner als Stellvertreter des Vorsitzenden,
3. den LandgerichtsprSsidenten Bardeleben." Wilhelm.
Statut y. 22. Mftrz 1881.
„Mit einem Kapital von 160 457,40 Mark, welches in Folge eines im April
1880 erlassenen öffentl. Aufrufes unter den Civilbeamten des preufs. Staates
gesammelt worden ist, wird zu Gunsten erwachsener Beamtentöchter eine
milde Stiftung begründet, deren Verwaltung nach Mafsgabe des nachstehenden
Statutes erfolgt:
Protectorat. Name. Sitz. § 1. Die Stiftung steht unter dem
Protectorate Sr. Majestät des Kaisers und Königs und führt den Namen : König
Wilhelm-Stiftung för erwachsene Beamtentöchter. Sie hat ihren Sitz in Berlin.
Zweck. § 2. Zweck der Stiftung ist, den im § 3 näher bezeichneten
erwachsenen Beamtentöchtem zur Förderung ihres wirthschafOichen Wohles,
sowie zu ihrer Ausbildung Unterstützungen zu gewähren.
§ 3. Die Wohlthaien dieser Stiftung sind bestimmt für die nach dem
Tode ihres Vaters unverheiratet und unversorgt zurückgebliebenen Töchter der-
jenigen preufs. unmittelbaren Staatsbeamten, welche im Bereiche der Civil-
Verwaltung eine höhere oder Subaltemstelle bekleidet haben. Den unmittelbaren
Staatsbeamten werden gleichgeachtet die Lehrer und Beamten der Universitäten
sowie derjenigen Unterrichts- und sonstigen Anstalten, bei welchen die Gewäh-
rung der erforderlichen Unterhaltungszuschüsse ansschliefslich dem Staate obliegt
An Beamtentöchter, welche das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und
an solche, welche ihren Wohnsitz aufserhalb des deutschen Beiches haben, werden
Unterstützungen in der Begel nicht gezahlt
Stiftungsvermögen. § 4. Das Stiftungsvermögen wird aus dem im
Eingange bezeichneten Kapitale gebildet Demselben treten hinzu: 1. 10 Proc.
der jährlich aufkommenden Zinsen und zwar so lange, bis das Stiftungsvermögen
die Summe von 500 000 Mark erreicht hat; 2. Zuwendungen und Geschenke,
welche der Stiftung gemacht werden, sofern von den Gebern nicht ausdrücklich
eine andere Verwendung angeordnet ist; 3. fortlaufende jährliche Beiträge;
4. Stiftungseinkünfte, welche dem Stiftungsvermögen aufser dem sub 1 aufge-
führten Zinsenanteile überwiesen werden (§ 9 Abs. 1) ; 5. für den Fall wieder-
holter Geldsammlungen, der Ertrag derselben.
§ 5. Das Stiftungsvermögen ist in Werthpapieren oder Hypotheken unter
Beobachtung der Vorschriften des § 39 der Vormundschaftsordnung v. 5. Juli
1875 zinsbar zu belegen.
§ 6. Das Stif^ngsvermögen darf zur Erreichung der Stiftungszwecke in
seinem Kapitalbestande nicht angegriffen werden.
Zinsen. § 7. Zur Verwendung für die Zwecke der Stift^ung sind die
gesamten Zinsen des Stiftnngsvermögens mit der im § 4 Nr. 1 festgesetzten
Mafsgabe bestimmt
Oberaufsicht § 8. Die staatliche Oberaufsicht über die Stiftung wird
von dem Minister des Innern geführt
Verwaltung. Die Verwaltung der Stiftung erfolgt unentgeltlich durch
ein Curatorium von drei in oder bei Berlin wohnhaften Mitgliedern, von denen
438
das erste als YorsitzeDder, das zweite als dessen Stellvertreter fimgiri Dieselben
werden ans der Zahl der activen oder pensionirten Civilstaatsbeamten aof den
Vorschlag des Ministers des Innern von dem Protector der Stiftong, Sr. Majestät
dem Kaiser nnd Könige, jedesmal anf die Daner von fonf Jahren ernannt.
Scheidet ein Mitglied vor Ablanf dieses Zeitraumes ans, so geschieht die Er-
nennung des Nachfolgers anf die noch übrige Daner der fnnQfihrigen Periode
durch den Minister des Innern. Bis zu dieser Ernennung wird die Verwaltung
der Stiftung von den beiden anderen verbliebenen Mitgliedern allein geföhrl
Das Guratorium hat, geeignetenfalls mit Substitutionsbeftignis, die Stiftung nach
aulsen hin in allen Angelegenheiten, einschlieislich deijenigen zu vertreten, in
welchen nach den Gesehen Bevollmächtigte einer Specialvollmacht bedürfen.
Dasselbe fuhrt seine Legitimation durch ein vom Minister des Innern zn
erteilendes Attest. Zur Ausstellung von Urkunden, durch welche die Stiftung
vermögensrechtlich verpachtet werden soll, ist die Unterschrift von zwei Mit-
gliedern des Curatoriums erforderlich. Sonstige Schriftstücke werden vom Vor-
sitzenden allein oder dessen Stellvertreter volkogen.
Guratorium. § 9. Ueber allgemeine Anordnungen im Interesse der
Stiftung hat das Guratorium nach Stimmenmehrheit zu beschliefsen. Insbesondere
hat dasselbe über die zinsbare Belegung des Stiftungsvermögens sowie darüber
zu entscheiden, ob und inwieweit Stiftungseinkünfte, welche im Laufe des Jahres
nicht zur Verwendung gelangt sind, als solche auf das nftchste Jahr übertragen
oder dem Stiftungsvermögen überwiesen werden sollen. Zur Verstärkung des
Stiftungsvermögens kann das Guratorium mit Zustimmung der betr. Beissort-
chefs dde Geldsammlungen unter den beteiligten Staatsbeamten von Zeit zn
Zeit wiederholen.
Der Vorsitzende hat die allgemeine Aufsicht über die Stiftung zn
führen, die Verwaltung des Stiftungsvermögens und die bestimmungsmäfsige
Verwendung der Stiftungseinkünfte zu überwachen, sowie for die Erledigung
der ünterstützungsgesuche und aller sonst eingehenden Schreiben zu sorgen.
Kasse und Bureau. Die der Stiftung gehörigen Effecten und geld-
werthen Documente sowie die nicht zur Leistung der laufenden Ausgaben
erforderlichen Baarbeträge werden bei der K. Haupt-Seehandlungskasse nieder-
gelegt Für die laufenden Einnahmen und Ausgaben wird eine besondere Kasse
gebildet, deren Verwalter das Guratorium bestellt Zur Fertigung der Expeditions-,
Begistratnr- und Kanzleiarbeiten können die nöthigen Ejräfte gegen Vergütung
angenommen werden.
Provinzial-Gommissionen. § 10. um die Interessen der hinter-
bUebenen Töchter von Beamten in den Provinzen zu wahren, wird in jeder
Provinz als Beirath des Guratoriums eine Provinzial-Gommission eingesetzt,
bestehend aus drei Staatsbeamten, von denen jedenfalls einer dem Justizressort
und einer dem Subaltemfache angehören muTs. Das Amt ist ein Ehrenamt
Die Mitglieder werden, nachdem sie sich zur Annahme desselben bereit erklärt
haben, jedesmal auf die Dauer von fünf Jahren von dem Oberpräsidenten der
betr. Provinz ernannt und demnächst dem Guratorium namhaft gemacht Für
Berlin wird eine besondere Gommission bestellt Der Oberpräsident ist befugt,
die Gommission im Falle des Bedürfhisses durch eine entsprechende Anziüil
von Mitgliedern zu verstärken. Die Provinzial-Gommissionen bilden die
Organe des Guratoriums. Sie haben die ihnen vom Guratorium zu diesem
Zwecke überwiesenen Unterstützungsgesuche in Bezug auf Dürftigkeit und
Würdigkeit der Bittsteller zu prüfen, über das Ergebnis zu berichten und über
die Höhe der zu gewährenden Beihülfen Vorschläge zu machen; auch können
sie selbständig Anträge auf Unterstützung stellen. Den Gommissionen liegt es
femer ob, das allgemeine Interesse für die Stiftung in der Provinz wach zu
halten und zu beleben, sowie überhaupt die Interessen der Stiftung und deren
439
Oedeihen nach Möglichkeit zn fördern. Za diesem Behofe sind ihnen vom
Gnratorinm von Zeit zu Zeit geeignete Mitteilungen über den Stand nnd die
Wirksamkeit der Stiftung zu machen.
Bevisions-Commission. § 11. Für die jährliche Bechnungsabnahme
wird eine Bevisions-Commission aus drei im Staatsdienste stehenden und ver-
schiedenen Bessorts der Givilverwaltung angehörigen Mitgliedern gebildet Unter
denselben muü» sich wenigstens ein in Bechnungssachen erfahrener Subaltem-
beamter befinden. Die Commission wird vom Minister des Innern jedesmal auf
die Daner von fünf Jahren ernannt
Bewilligung von Unterstützungen. § 12. Die Bewilligung der
Unterstützungen, sowohl was die Auswahl der Empfäugerinnen als was die
Höhe der Beträge anlangt, erfolgt auf den Vorschlag des Vorsitzenden durch
das Curatorium, welches bei Meinungsverschiedenheiten nach Stimmenmehrheit
beschliefst In dringenden Fällen kann der Vorsitzende selbständig einmalige
Unterstützungen bis zur Höhe von 100 Mark gewähren, hat aber idsdann dem
Curatorium davon Mitteilung zu machen.
Verleihung von Stipendien. § 13. In besonders dazu geeigneten
Fällen können Beamtentöchter, wenn sie würdig und befähigt sind, aus den
Stiftungseinkünften zu ihrer Ausbildung und Vorbereitung for einen künftigen
Erwerbszweig auf wissenschaftlichen, technischen oder artistischen Lehranstalten
durch Stipendien unterstützt werden. Solche Stipendien sind jedoch im Allge-
meinen nur auf die Dauer von zwei Jahren, und nur ausnahmsweise auf die
Dauer von höchstens drei Jahren zu verleihen. Auch zur Aufnahme von Be-
amtentöchtem in Kranken- und Altersversorgungs-Anstalten können Beihülfen
bewilligt werden.
Bechnungslegung und Berichterstattung. § 14. Ueber die
Verwaltung des Stiftungsvermögens und die Verwendung der Stiftungseinkünfte
wird alljährlich am Schlüsse des Etatsjahres Bechnung gelegt. Die Entlastung
wird nach erfolgter Bevision der Bechnung durch die Bevisions-Commission vom
Minister des Innern erteilt. Ueber die Wirksamkeit der Stiftung ist Sr. Majestät
dem Kaiser und Könige als Protector in angemessenen Zeiträumen vom Cura-
torium Bericht zu ers&tten. Abschrift dieses Berichtes erhalten die Provinzial-
Commissionen.
Kosten. § 15. Porto, Schreibgebühren und sonstige unvermeidliche
Ausgaben sind aus den Stiftungseinküäten zu bestreiten.
Statutänderungen. § 16. Aenderungen des Statutes werden von
dem Curatorium unter Genehmigung des Ministers des Innern beschlossen.
Aenderungen, welche den Sitz, den Zweck nnd die äufsere Vertretung der Stiftung
betreffen, bedürfen der landesherrlichen Genehmigung.
§ 17. Die Stiftung tritt mit dem 1. Nov. 1881 ins Leben."
C.Verf. V. 8. April 1885. „Das Curatorium der durch AUerh. Erlafs
V. 31. Oct 1881 mit Corporationsrechten ausgestatteten „König Wilhelm-
Stiftung für erwachsene Beamtentöchter** hierselbst beabsichtigt, eine der im
§ 4 Nr. 5 des Stiftungsstatutes v. 22. März 1881 zur Verstärkung des Stiftungs-
vermögens bezw. der laufenden Verwendungsfonds vorgesehenen wiederholten
Beitragsammlungen abzuhalten und sich zu diesem Zwecke demnächst mit
einem Aufrufe an sämtliche beteiligte Staatsbeamte (§ 3 a. a. 0.) zu wenden.
Indem ich Abschrift der von den Herren Ministem des Innern und der
Finanzen an die Herren Oberpräsidenten etc. dieserhalb erlassenen C.Verf. vom
4. März d. J. zur Kenntnisnahme hier beifüge, spreche ich den Wunsch aus,
dafs das Unternehmen auch seitens der Behörden meines Bessorts in geeigneter
Weise gefördert werde." v. Gofsler.
C.Verf. der Min. d. Inn. u. d. Fin. v. 4. März 1885. J)as Curatorium
der durch AUerh. Erlafs v. 31. Oct 1881 mit Corporationsrechten ausgestatteten
440
^EOnig Wilhelm-Stiftaiig for erwachsene Beamtentöchter^ hieraelbst beabsichtigt
eine der in § 4 Nr. 5 des Stütongsetatates T. 22. Mflrz 1881 zar YeistSrining
des SüftungsvermOgens bezw. der laufenden Verwendongsfonds yorgeaehenen
wiederholten Beitragssammlnngen abzuhalten und sich za diesem Zwecke dem-
nächst mit einem Aufrufe an sämtliche beteiligte Staatsbeamte (§ 3 a. a. 0.)
zu wenden. Die hierzu gemäUs § 9 Absatz 1 des Statutes erforderUche Zustimmung
der betr. Herren Bessortchefs ist bereits erfolgt. Den Herren Vorstehern
der Provinzialbehörden geben wir ergebenst anheim, die ihnen unterstellten
Kassen, insoweit als dienstliche Interessen nicht entgegenstehen, zur Annahme
und zur Weiterbeförderung der zu erwartenden Sammelgelder an die Haupt-
Seehandlungskasse zu ermächtigen." (S. jedoch Änmerhing zu S. 435.)
7. Luisen- Stiftung.
Die zrmi Andenken an die Königin Luise von einem Verein durch ge-
sammelte milde Beiträge im Jahre 1810 gegründete und am 19. Juli 1811
eröffnete Luisen-Stiftung zu Berlin hat zur Aufgabe: 1. die Erziehung
von Töchtern aus gebildeten Ständen, welche in dem Alter von 12 bis 15 Jahren als
Pensionäre in das Institut eintreten können, 2. die unentgeltl. theoret. Ansbildung
Ton Erzieherinnen im Alter von 18 bis 22 Jahren. Der Lehrerinnen-Bildungs-
anstalt ist von dem H. Minister der geistl. etc. Ang. durch Verf. v. 16. April
1877 die in den §§ 2 und 3 der Prnfiingsordnung far Lehrerinnen v. 34. April
1874 vorgesehene Berechtigung zur Abhaltung von Eiftlassungsprnfnngen auf
Widerruf erteilt worden und haben seitdem bis zum Jahre 1885 im ganzen
25 Zöglinge die Befähigung als Lehrerinnen for Volks-, mittlere und höhere
Mädchenschulen erlangt. CBl. 1886 S. 207.
Für die Aufnahme ist Voraussetzung die Zugehörigkeit zum evangelischen
Bekenntnis. Die Pensionäre haben ein Jahrgeld von 1200 Mk. in vierteljärlichen
Baten praenum. zu zahlen. Der Unterricht wird in drei aufsteigenden Klassen
nach dem Lehrplane der drei oberen Klassen einer höh. Mädchenschule erteilt
Anmeldungen sind an den Verein für die Luisenstiftnng (jetzt zu Händen des
K. Provinzial-Schulratiies Gruhl) zu richten.
Zum Eintritt als Erzieherin ist erforderlich, dafs die Aufzunehmende das
18. Lebensjahr vollendet, das 21. noch nicht überschritten hat. Der Nachweis
über den Besitz der eribrderlichen (durch besondere Mitteilung zu erfahrenden)
Vorkenntnisse ist durch das Zeugnis eines mit dem höh. Mädchenschulwesen ver-
trauten Schulmannes oder durch Ablegung einer Prüfung zu führen. Der Auf-
nahme geht eine Probezeit von 2 bis 3 Monaten voraus. Die Erzieherinnen bleiben
drei Jahre in der Anstalt; sie erhalten Unterricht, Wohnung und Unterhalt unent-
geltlich. Wenn sie durch ihre Leistungen befriedigen, so wird ihnen anfserdem
alljährlich eine Remuneration bewilligt.
Verschieden hiervon ist die Luisenstiftnng 1776 — 1876, welche am
10. März 1876 aus Anlafs des 100 jährigen Geburtstages der Königin Luise von
einem Vereine gegründet worden ist, um begabten würdigen und bedürftigen
Kindern beiderlei Geschlechts, ohne Unterschied des religiösen Bekenntnisses, bis
zu ihrer Selbständigkeit zu Erziehungs- und Ausbildungszwecken Unterstützungen
zu gewähren. In der Sitzung des Curat oriums am 10. März 1886 konnten 114
Empfänger mit einer Summe von 7424 Mk. bedacht werden, wozu StudenteOf
Gymnasiasten, Seminaristen, Lehrlinge, Mädchen, welche sich in Musik und Malerei
oder zu Kindergärtnerinnen ausbildeten, sowie Elementarschüler gehörten. 72 waren
bereits vorher unterstützt, 42 neu hinzugetreten.
Der Stiftung wurden durch CO. v. 11. Juli 1883 Gorporationsrechte ver-
liehen. Sie wird von einem Curatorium geleitet und vertreten, dessen Vorsitzender
jetzt der Generallieutenant und Generalquartiermeister, General - Adjutant Sr.
Majestät des Kaisers und Königs Graf Waldersee ist Die Mitglieder und Ehren-
mitglieder des Vereins können sich zu Localvereinen verbinden. Zur Mitffliedschsft
berechtigt (aufser Unbescholtenheit) ein Jahresbeitrag von mindestens emer Mark.
Das Gesamtvermögen betrug am Jahresschlufs 1885: 61172 Mk. 32 Pf.
•i
441
8. Friedrich Wilhelm-Stiftung für Marienhad»
Auf Anregung des Fräuleins Elfriede von Mühlenfels ist vor fast
15 Jahren zu Berlin ein Gomite zur Begründung eines Krankenpensionats in
dem Gnrorte Marienbad in Böhmen zusammengetreten. Nachdem durch Zu-
wendungen, durch Veranstaltung einer Lotterie und durch Verzinsung im Laufe
der Zeit die Geldmittel bis auf ein Kapital von 39 000 Thlm angewachsen, haben
Se. Majestöt der König durch Allerh. Ordre y. 31. Juli 1876 der Stiftung die
landesherrliche Genehmigung zu erteilen und derselben auf Grund der Statuten
y. 11. Jan. dess. J. die Becbte einer juristischen Person zu yerleihen geruht.
Aus den Statuten wird Folgendes mitgeteilt:
§ 1. ,^ie auf diese Weise ins Leben gerufene Stiftung führt im An-
denken an den in Gott ruhenden König Friedrich Wilhelm IV. Ton Preul'sen
den Namen
Friedrich Wilhelm-Stiftang fär Marienbad.
§ 3. Zweck der Stiftung ist, unbemittelten Deutschen der gebildeten
Stände (Civil- und Militärpersonen, Künsüem, Gelehrten, Dichtem, Litteraten^
Journalisten u. s. w.) sowohl männlichen wie weiblichen Geschlechts den Ge-
brauch der Marienbader Heilquellen und Bäder an Ort und Stelle zu ermög-
lichen oder zu erleichtem. Es handelt sich hier nicht um die Unterstützung
eigentlicher Armen im rechtlichen Sinne, sondem um solche Personen aus den
gebildeten Ständen, denen die Mittel fehlen, die Kosten zu einer Badereise
ganz oder auch teilweise zu bestreiten.
§ 3. Die Beihülfe kann bestehen entweder in Gewährung einer freien
Wohnung in gemietheten oder eigenen Bäumen, auf deren Erwerb Bedacht ge-
nommen werden soll, oder einer Geldunterstützung oder beider zugleich.
§ 4. Zunächst sind zur Präsentation von Unterstützungsbedürftigen zur
Gewährung der im § 3 erwähnten Beihülfen aus den Stiftungsmitteln berechtigt:
1. alle diejenigen, welche durch Zahlung einer Summe von 250 Thlm oder
750 Mk. oder mehr zu dem Stiftungs-Kapital beigetragen haben, nämlich: . . .
d) das Königl. Preufsische Ministerium der geistlichen etc. Angelegenheiten
2 Stellen. 3. Von dem Stiftungs- Kapitale sind 2000 Thlr oder 6000 Mk.
zur Stiftung von Stellen für Litteraten in Marienbad und Karlsbad be-
stimmt; es sollen daher die Zinsen von diesen 6000 Mk. ä 4% in der Art
verwandt werden, dafs daraus an zwei von diesen^ und zwar jedem die Hälfte
zum Besuche von Karlsbad oder Marienbad gezahlt werde. Je nach dem
Wachstum des Kapitals bleibt es Torbehalten, diese Unterstützung zu erhöhen
oder auch mehrere Stellen zu gründen. AuÜBer diesen Berechtigungen
(Nr. 1—3) soUen fortan keine weiteren verliehen werden, als gegen eine Ein-
ka^ssumme von 4500 Mk.
§ 5. Für die von den Berechtigten (§ 4 Nr. 1 und 2) Präsentirten sollt
faiS\a statt der Wohnung eine Geldunterstützung gewährt wird, letztere nicht
unter 100 Mk. betragen. Ist von denselben vor dem 1. April des betr.
Jahres nicht die Präsentation erfolgt, so fällt der Betrag für dasselbe dem
Vorstande zur eventuellen anderweiten Verwendung zu Stiftungszwecken anheim.
Eine üebertragung auf das folgende Jahr seitens der Berechtigten ist unzulässig.
§ 6. Die Stiftung hat ihren Sitz in Berlin."
Nach wiederholter Bekanntmachung im GBl., zuletzt 1886 S. 781, findet
für Marienbad aufserdem Erlafs der GuriAxe etc. statt. Es ist nothwendig, dafs
die Gesuche dem Herrn Minister spätestens bis Anfang März eingereicht und voll-
ständig begründet worden, damit es keiner Bückfrage bedar£
Ueber das Hospiz des Klosters Loocum auf der ostfriesischen Insel
Langeoog s. GBl. 1885 S. 406 fg. und 1886 S. 416 %.
442
Anhang L
Sehnldiener.
G.Verf. y. 23. Sept. 1885 (OBl. 1886 S. 141) teilt ein durch AilerLErlaTs
V. 30. Juni 1885 geiiehinigtes aVerzeichniB der den Militäranwärtem im Preuk
Staatsdienste vorbenaltenen Stellen** zur Kenntnisnahme und Beachtung mit, wonich
ÖdI)Militäranw'ärter auf die Stellen von Sohnldienem (G^ärtnem, Kasteilaoen,
ausinspectoren, Hauswarten, Hausverwaltern, Hausmeistern, Ofenheizem, Portien,
Pedellen, Wächtern) Anspruch haben.
Die stadtischen Ck)mmunen sind nach $ 11 des Reglern, über die Civil-
Versorgung und Givilanstellung der Militarpersonen etc. v. 20. Juni 1867 gleich&Ui
verpflichtet, zu den besoldeten städtischen Unterbedientenstellen keine anderen als
versorgungsberechtigte Militärinvaliden zu wählen, sofern nicht eine höhere oder
eigentümliche Geschäftsbildung erforderlich ist
G.Verf. V. 23. Febr. 1883 (GBl. S. 347) ordnet Kenntnisnahme und Be-
folgung an für die mittels Allerh. Erlasses v. 10. Sept. 1882 genehmigten „Gmiid-
sätee för die Besetzung der Subaltern- und Unterbeamtenstellen bei den BeichB-
und Staatsbehörden mit Militäranwärtem*, woraus hier folgende Bestimmungen
hervorzuheben sind :
,A 1. Militäranwärter ist jeder Inhaber des Givilversorgongsscheines.
^ 12. Die Militäranwärter haben sich um die von ihnen begehrten Stellen m
oewerben. Die Bewerbungen sind an die für die Anstellung zuständigen Behörden
zu richten, und zwar a) seitens der noch im activen Militärdienste befindlichen
MUitäranwärter durch Vermittelung der vorgesetzten Militärbehörde; b) seiteni
der A^ehörigen einer militärisch organisirten Ghendarmerie oder Sohutzmannschaft
durdi Vermittelung der vorgesetzten Dienstbehörde ; c) seitens der übrigen Militär-
anwärter entweder unmittelbar oder durch Vermittelung des heimatlichen Laod-
wehr-Bezirkscommandos. § 14. Die Bestallungsbehörden sind zur Annahme
von Bewerbungen nur dann verpflichtet, wenn die Bewerber eine genügende
e[örperliche, wie sonstige] Qualification für die fragliche Stelle nachweisen. [Die
eibringung dieses Nachweises kann von einer vorgängigen informatorischen Be-
schäftigung abhängig gemacht werden.] ^19. Die Anstellung eines einberufenen
Stellenanwärters kann zuerst auf Probe erfolgen oder von einer Probedienstleistong
abhängig gemacht werden. Die Probezeit soll, vorbehaltlich der Abkürzung bei
früher erwiesener Qualification, für den betr. Dienst (im vorliegenden Fftlle)
höchstens sechs Monate betragen. $ 21. Während der Anstellung auf Probe
ist das volle Stelleneinkommen, während der Probedienstleistung eine fortlaufende
Remuneration von nicht weniger als Dreivierteil des Stelleneinkommens zu gewähren.''
Aus den dem obenerwähnten „Verzeichnis etc.*' angehängten Bestimmungen
des Kriegsmin. v. 20. März 1885 in Betreff der noch im activen Militärdienste
befindlichen Militäranwärter ist hinzuzufügen: „A, 4. Zum Zwecke der vo^
erwähnten (§§ 14, 19) civildienstlichen Beschäftigungen werden die MiUtäranwärter
commandirt. 5. Die Einberufung hierzu soll seitens der Anstellungsbehörden
durch Vermittelung des zuständigen Truppenteils etc. erfolgen. 12. . . . Ein
Recht, eine informatorische Beschäftigung für sich in Anspruch zu nehmen, hst
der Militäranwärter nicht. ... 13. Während der informatorischen Beschsftignn^
kann der Militäranwärter von der Anstellungsbehörde jederzeit entlassen werden
oder seinerseits zurücktreten. 14. Die informatorische Beschäftigung ist nicht
über drei Monate auszudehnen. 15. In vielen Fällen wird die informatoriaciie
Beschäftigung der Anstellung auf Probe oder der Probedienstleistung unmittelbsr
vorangehen ; es ist dies aber keineswegs nothwendig, sondern kann zwischen beiden
ein längerer, selbst mehrere Jahre umfassender Zeitraum liegen. Ausnahmeweifle
wird auch, wenn die Anstellungsbehörde eine Probezeit nicht für nothwendig
erachtet, die endgiltige Uebernalune des Militäranwärters in den Givildienst schon
in Folge einer informatorischen Beschäftigung erfolgen können. 16. Die Troppen-
teile etc. haben die Anstellungsbehörden zu ersuchen, ihnen sofort mitzuteüen,
443
wann die informatorisohe Beschaftigang des Militaranwärten ihr Ende findet, nm,
falls an dieselbe sich eine Anstellung auf Probe oder Probedienstleistnng anschliefst,
mit Bäcksicht auf die dadurch veränderte Zeitausdehnung das Gommando um-
zuwandeln, bezw. das Ausscheiden des Militäranwärters aus dem activen Militär-
dienste veranlassen zu können, wenn dessen definitive Anstellung erfolgt. C, 23. Er-
krankt der lülitäranwärter während der Probezeit oder der informatorischen Be-
schäftigung, so kann derselbe entsprechend längere Zeit oommandirt werden.
24. Beim Eintritt einer Mobilmachung hat der lülitäranwärter in allen Fällen
nnverzufirlich zu seinem Truppenteile zurückzukehren.*'
Nach Min.yerf. v. 30. Nov. 1880 (s. Abt. I S. 21) ist an den vom Staate
nicht subventionirten städtischen höh. Lehranstalten für die Wahl des Schuldieners
und die Feststellung der Dienstinstruction für denselben die Genehmigung des
K. Prov.Sch.G. nicht erforderlich.
G.Yerf. v. 13. Juni 1881. ,^Ä.uf den Bericht v. 31. v. M. erwidere ich
dem K. Prov.Sch.G., dafs die Besoldungen der Pedelle an den unter staatliche
Verwaltung stehenden höh. Unterrichtsanstalten, soweit jene eine etatsmafsige
Stellung inne haben, vom 1. April d. J. ab in vierteljährl. Baten praenumerando
zu zahlen, die £osten der Vertretung der Pedellenstellen aber während des Gnaden-
quartals aus dem Titel „Insgemein" der betr. Anstalten zu decken sind."
Min.Verf. v. 30. Juli 1881. „Auf den Bericht v. 9. d. M. erwidere ich
dem K. Prov.Sch.G., dafs nach den Motiven zu $ 1 und 2 des Gesetzentwurfes,
betr. die Zahlung der Beamtengehalte und Bestimmungen über das Gnadenquartal
(Drucksachen Nr. 66 des Hauses der Abgeordneten) der $ 1 dieses Gesetzes auch
bei denjenigen etatsmäfsigen Beamten Anwendung findet, welche nur auf Kündigung
oder Widerruf angestellt sind. Das G.Ee8cript v. 13. v. M. isi daher auch bezüglich
der etatsmäfsigen Pedelle oder Schuldiener höherer Lehranstalten mafsgebend,
auch wenn die Kündigungsfrist auf einen geringeren als dreimonatlichen Zeitraum
ausgedehnt ist."
üeber Dienstwohnungen der Unterbeamten s. das B«gulativ v. 26. Juli
1880 § 17 (S. 307) und die G.Verf. v. 24. Nov. 1880 Nr. 5 (8. 303).
Aller h. Ordre v. 2. Mai 1853. „Ich bin mit den in dem Berichte des
Staatsministeriums v. 24. v. M. entwickelten Ansichten in Betreff der Auslegung
des 8 17 der Instr. für die ORechnungskammer v. 18. Dec. 1824 dahin einver-
stanaen, dafs keinem Staatsdiener ohne Meine specielle und ausdrückliche Ge-
nehmigung freies Feuerungs- oder Erleuchtungsmaterial bewilligt
werden darf, und bestimme zugleich, dafs es hierbei auch nir die Folge verbleiben
soll. Dagegen will ich nach dem Antrage des Staatsministeriums genehmigen,
dafs denjenigen Unterbeamten, welche in einem Diensthause wohnen und entweder
das Brennmaterial für die Behörde unter Verschlufs oder Aufsicht haben oder
die Heizung besorgen, für ihren eigenen Bedarf das erforderliche Feuerung^-
material aus den Vorräthen der Behörde gegen eine angemessene Entschädigung,
welche zu den allgemeinen Staatsfonds zu vereinnahmen ist, mit Vorbehalt des
jederzeitLren Widerrufs bewilligt werden kann. Diese Bewilligung ist in den Etats
bei der Besoldung der betr. Beamten zu bemerken, darf jedoch nur da, wo sie
durch die Umstände hinlänglich motivirt wird, sowie mit specieller Genehmigung
des betr. Departementschefs für jeden einzelnen Fall stattfinden und eine Er-
höhung der betr. Etatsfonds nicht zur Folge haben. Auch darf dieselbe auf andere,
als Unterbeamte, selbst wenn erstere das Brennmaterial unter Verschlufs oder den
Verbrauch zu überwachen haben sollten, nicht ausgedehnt werden.'* Friedrich
Wilhelm.
Allerh. Ordre v. 28. Jan. 1862. „Auf den Bericht des Staatsministeriums
V. 18. Jan. d. J. genehmige Ich, dafs die in der Ordre v. 2. Mai 1853 den
Departementschefs vorbehaltene Befugnis: die Verabfolgung des Brennmaterials
aus fiskalischen Vorräthen unter den cuselbst ausgesprochenen Voraussetzungen an
die dort bezeichneten Unterbeamten gegen eine bestimmte Entschädigung auf
Widerruf zu bewilligen, den Provinzialbehörden übertragen werde." Wilhelm.
Ueber Verbesserung des Einkommens s. Min. Verf. v. 10. Oct. 1872:
8. 287; Unterstützungen s. G.Verf. v. 16. März 1887: S. 330.
444
üeber Geldgeschenke seiteiiB der Schüler b. O.Verf. des K. ProT.8ch.C.
zu Berlin t. 13. Oct. 1864 and 28. Juli 1865 : Abt I S. 388.
Min. Verf. v. 12. Sept 1882. ,,Aaf den Bericht y. 30. Aug. d. J. erwidere
ich dem K. ProY.Sch.G., dafs das Gesetz y. 20. lud d. J., betr. die Fürsorge
für die Witwen und Waisen der anmittelbaren Staatsbeamten, nach Anlag« i
za den Ausföhrangsbestimmongen yom 5. Jani d. J. (S. 406) aaf den Gtymnasoal-
diener N. za N. nicht Anwendung findet, da letzterer nach Lage des Etats keinen
&e cht sansprach auf Pension ha^ sondern za demjenigen Beamten gehört, welchen
nur auf Grund der Bestimmung in Absatz 2 des $ 2 des Giyil-Pensionsgesetzes
y. 27. März 1872 (S. 356) eyent. eine Pension bewilligt werden kann." . . . Der
Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr. de la Ooix.
Min.Verf. y. 21. Aug. 1886. „Auf den Bericht y. 29. Juli d. J. erwidere
ich dem K. Proy.Sch.G., dafs die mit pensionsberechtigten Besoldungen angestellten
Schuldiener an den staatlichen höh. Lehranstalten mit dem Inkrafttreten des
Gesetzes y. 20. Mai 1882 (S. 395) zur Entrichtung der Witwen- und Waisengeld-
beitrage yerpflichtet sind, sofern sie nicht bereits yon jenem Zeitpunkte an einer
der im § 23 1. a angefiihrten Ver8or|rungsanstalten angehört oder auf Gnmd des
Gesetzes die Freilassung yon der Entnchtung der Witwen- und Waisenffeldbeitrage
beantragt haben. Alle nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes dennitiy ange-
stellten Beamten sind yon dem Tage ab, mit welchem sie zuerst zur Erhebung
des Gehaltes berechtigt waren, cUejenigen yon yerstaatlichten Anstalten mit dem
Tage der üebemahme der betr. Anstalten auf den Staat unter allen Umstanden
zur Entrichtung der Witwen- und Waisengeldbeitrage yerpflichtet. Hat das
K. Proy.Sch.G. yersehentlich derartige Beamte yon der Zahlung dieser Beitrage
freigelassen, so sind die rückständigen Betrage sofort nachtraglich einzuziehen.
Sollte im einzelnen Falle der Verpflichtete hierzu ganzlich aufser Stande sein, so
mag für denselben eyent. eine Unterstützung aus der betr. Anstaltskasse beantragt
werden.*' Der Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr.: Lucanus.
Anhang II.
Haehricht Aber das Alnmnat and Pensionat des K9ntgL JoaehimsthnlseheB
Gjmnasinms in Berlin.
Zur Nachricht für diejenigen Eltern und Vormünder, welche für ihre Sohne
oder Pflegebefohlenen die Aufnüime in das Alumnat des Joachimsthalschen Gym-
nasiums nachsuchen wollen, wird Folgendes hierdurch bekannt gemacht:
§ 1. Zur Aufnahme in das Alumnat des Joachimsthalsdien Gymnasiums,
in welchem stiftungsmäfsig 120 Stellen, und zwar 25 in der yierten Alumnats-
Klasse, 50 in der dritten, 25 in der zweiten, 20 in der ersten (ganz freie)
yorhanden sind, können nur die in der Kur- und Neumark geborenen Sohne
Königlicher Unterthanen, aus anderen Proyinzen des OTOufsischen Staates nur die
Söhne der geistlichen und weltlichen Militär- und Ciyil-Diener des Staates gelangen.
In beiden Fällen müssen die Aufzunehmenden eyangelischen Glaubens sein.
§ 2. Unter diesen 120 Stellen bestehen in dem Alumnate des Joachims-
thalschen Gymnasiums 6 Stellen für junge Leute eyangelischen Glaubens ans
dem ehemaligen Polen, welche sich dem Studium der Theologie widmen. Bei der
Auswahl derselben soll den Eingeborenen der Proyinz Westpreufsen und der
Proyinz Posen, als yormaliger Bestandteile des Königreichs Polen, yor den aus
dem österreichischen und russischen Polen gebürtigen der Vorzug gegeben, und
sollen dieselben resp. yon dem K. Proy.Soh.G. zu Posen und dem K. Proy.Sch.O.
zu Danzig angemeldet werden; im Uebrigen gelten für sie alle hinsichtlich der
Alumnen überhaupt bestehenden Vorschruten.
§ 3. Die Anmeldung zur Aufnahme erfolgt bei dem Director des Joachims-
thalschen Gymnasiums unter Einreichung folgender Zeugnisse: a) des Taufscheins
des Aufzunehmenden, aus welchem auch dessen Gonfession heryorgehen muTs;
446
h) eines ärztUohen ZeogniBses über dessen Ghesundheitszostand; c) eines aus-
führlichen Zeugnisses über die sittliche Führung, den bereits genossenen Unter-
richt, die Fähigkeiten und den Stand der Kenntnisse des Auminehmenden, ent-
weder von der Schule, welche er bisher besucht hat, oder von den bisherigen
Lehrern desselben: d) einer amtlichen Bescheinigung, dafs die Eltern oder die
Angehörigen die Kosten des Unterhaltes ihrer Kinder oder Pflegebefohlenen in
dem Alumnat des Joachimsthalschen Ghynmasiums zu bestreiten vermögend sind;
e) eines ärztlichen Attestes darüber, dafs die Yaccination oder Bevaccination
innerhalb der letzten zwei Jahre an dem Aufzunehmenden wirksam vollzogen
worden ist.
Die Anmeldungen sind für den Ostertermin der Aufiiahme bis spätestens
zum 1. März, und für den Michaelistermin bis zum 1. September einzureichen.
Jl 4. Die Au£aahme erfolgt nicht vor dem dreizehnten Lebensjahre
zunehmenden; auch muTs derselbe dann mindestens die erforderlichen Vor-
kenntnisse für die Unter-Tertia des Gymnasiums besitzen.
Das Mafs dieser Kenntnisse ist in folgender Weise bestimmt worden:
1. Li der Religion : Kenntnis der biblischen Geschichte, der Folee und Einteilung
und des Hauptinhalts der biblischen Bücher, sowie des lutherisdien Katechismus.
2. Im Deutschen: die Fertigkeit, einen gegebenen geschichtlichen Stoff wohl-
geordnet und ohne Fehler gegen Grammatik und OrÜiographie schriftlich nach-
zuerzählen, wobei auch eine gute Handschrift mit zur Bedingung gemacht wird.
3. Im Lateinischen: Sicherheit in der grammatischen Formenlehre, Bekanntschaft
mit den Hauptregeln der Syntaxis in einfachen Sätzen, und genügende Uebung,
dieselben auch ex tempore beim Uebersetzen aus dem Deutschen in das LateiniBche
■zur Anwendung zu bringen; femer einige Sicherheit im Verstehen des Cornelius
Nepos oder des Julius Cäsar. 4. Im Französischen : Kenntnis der Anfangsgründe
der Grammatik, Fertigkeit im Conjugiren der regelmäfsigen und unregelmusigen,
der reflexiven und unpersönlichen Zeitwörter, sowohl einzeln als mit Frage und
Verneinung; Bekanntschaft mit der Formenlehre des Substantiv, des Adjecüv und
des Adverb; Kenntnis der Zahlwörter und Präpositionen; Uebung im Lesen und
im Verstehen leichter französischer Sätze und im Uebersetzen leichter deutscher
Sätze in das Französische. 5. In der Geschichte: eine Uebersicht der denk-
würdigsten Beffebenheiten der allgemeinen Weltgeschichte. 6. In der Geographie:
Kenntnis der Erdoberfläche na(£ Naturgrenzen und nach ihrer poUtisdien Ein-
teilung, und genauere Bekanntschaft mit den europäischen Ländern. 7. Im
Hechnen: Fertigkeit in den vier einfachen Bechnungsarten und der Begeldetri in
benannten und unbenannten, sowohl ganzen als gebrochenen Zahlen, und genügende
Uebung, eine arithmetische Aufgabe im Kopf und auf der Tafel mit deutscher
Einsicht in die Gründe des Venahrens aufzulösen« 8. Im Griechischen wird
Kenntnis des Alphabets und Fertigkeit im Schreiben griechische Buchstaben
vorausgesetzt.
§ 5. Wer bereits das fünfzehnte Lebensjahr überschritten hat, kann nur in
dem Falle aufgenommen werden, wenn seine Vorkenntnisse und seine geistige Ent-
wickelung seinem Alter angemessen befunden werden.
§ 6. Die zur Aufnahme angemeldeten jungen Leute werden zu einer kurz
vor dem Aufnahme - Termine (Ostern und Michaelis) zu veranstaltenden Prüfung
einberufen und die tüchtigsten unter den Geprüften mit Vorbehalt unserer Ge-
nehmigung zur Aufnahme ausgewählt Wer bei der ersten Aufiiahme - Prüfung
nicht genügt, wird nicht Öfter, als noch einmal zu einer solchen zugelassen.
Den Eltern und Vormündern wird empfohlen, ehe sie ihre Söhne und Pflep^e-
befohlenen zur Aufnahme - Prüfung stellen, sich anderweit durch eine vorlaute
Prüfung derselben ^die Ueberzeugung zu schaffen, dafs sie den § 4 aufgestellten
Forderungen genügen. Sollte der Fall eintreten, dafs Anwärter, welche zur
Aufnahme geeignet erscheinen, hauptsächlich deshalb, weil nicht eine hinreichende
Zahl von Stellen erledigt ist, zurückgewiesen werden müTsten, so behalten wir
uns vor, diejenigen unter ihnen, welche Schüler der Anstalt werden oder bleiben,
in dem Falle, dafs sie in dieser Probezeit sich als völlig geeignet bewähren, später
«kne besondere Prüfang in eine der znnSohat nnat werdenden SteUen einrücken
an lassen.
§ 7. Sollte ein Zögling, welcher der Aufnahme würdig befunden worden,
späterlun den Erwartungen nidit entsprechen und sich cur Verfolgung einer wissen-
446
Bohaftlichen Lftufbahn, oder durch sein gaiuses Verhalten for den Anfentludt in
dem Alumnat nicht geeigfnet zeigen, so wird dessen Entlassung ans der Anstalt
vorbehalten.
§ 8. Das Alumnat steht unter der Leitung des Direotors, die einzelnen
Alumnen stehen unter der speciellen Aufsicht besonderer im Alumnat wohnender
Lehrer TAdjuncten), an welche, als ihre nächsten Vorgesetzten, sich die Alamnen
in allen ihren Angelegenheiten zuerst zu wenden haben, sowie auch die Ani^hörigen
der Alumnen gut thun werden, mit denselben in häufigen Briefwechsel zu treten.
§ 9. Die Alumnen des Joachimsthal sehen Gymnasiums erhalten Unterricht,
Wohnung, Heizung, Licht und vollständige Beköstigung (Frühstück, Mittag-,
Vesper- und Abendbrot) für Eechnung der Anstalt ; für Kleidung, Wäsche, Bücher
und andere Bedürfnisse hat jeder Alumnus aus eigenen Mitteln zu soreen.
Die Wäsche kann durch eine von der Anstalt bestellte Wäscherin besorgt werden;
ebenso hat diese besondere Handwerker, Buchhändler u. s. w., von denen, unter
der Controlle der Adjuncten, das Nöthige zu entnehmen ist.
§ 10. Haus- und Tischgeräthe liefert die Anstalt; alle für den personlichen
Gebrauch des Alumnus bestimmten Q^enstände, namentlich ein Bett, aus ein«?
Matratze von Seegras oder Pferdehaaren, einem Kopfkissen von gleicher Be-
schaffenheit, zwei wollenen Decken und den nöthigen, zu einem vierwöchentlichen
Wechsel ausreichenden Ueberzügen und Betttüchem bestehend, hat jeder Alumnus
mitzubringen und ein Verzeichnis aller mitgebrachten G^enstände dem Lehrer,
unter dessen Aufsicht er steht, zu übergeben. Alle für den persönlichen Gebrauch
des Alumnus bestimmten Gegenstände müssen gezeichnet sein.
§ 11. Jeder Alumnus hat: a) in der vierten Alumnats-Klasse 250 Mark,
b) in der dritten 150 Mark, c) in der zweiten 120 Mark Hausgeld in viertel-
jährlicher Vorausbezahlung zu entrichten. Die erste Alumnats-Klasse (ganz freies
Alumnat) ist von Zahlung des Hausgeldes entbunden.
§ 12. Zu dem Genufs des teilweise freien Alumnats sind vorzugsweise be-
rechtigt: 1. die § 2 erwähnten Alumnen aus dem ehemaligen Polen; 2. zehn
Neumärker von Adel, insofern sie ohne Vermögen sind; 3. die etwa in dem
Alumnat befindlichen Zöglinge von der hiesigen böhmischen Golonie, welche sich
dem Dienst der Kirche widmen; die Zahl derselben bleibt jedoch stets auf zwei
beschränkt; 4. die zur Aufnahme in das Alumnat geeigneten Zöglinge des
Waisenhauses zu Oranienburg.
Ln Allgemeinen wird die Wohlthat des teilweise freien Alunmats nur
solchen Alumnen gewährt, welche sich bei einem längeren Aufenthalte in dem
Alumnat dieser Begünstigung würdig erwiesen haben. Das ganz freie
Alumnat kann nur den würdigsten und bedürftigsten unter den Alumnen bei
vorzüglicher Qualification und in der "ELegel erst in den obersten Klassen ver-
liehen werden.
§ 13. Zur Bestreitung der vierteljährlich zu leistenden Zahlungen (§ 11)
und der sonstigen Bedürfnisse eines Alumnus ist bei dessen Aufnahme eine Summe
von wenigstens 100 Mark an die Alumnatskasse zu zahlen und vierteljährlich
durch Erstattung der für Rechnung des Alumnus geleisteten Zahlungen sofort zu
ergänzen. Alle für einen Alumnus bestimmten Gelder sind an die Alumnatskasse,
nicht an den Alumnus, einzusenden, wie überhaupt den Alumnen kein Geld, zu
welchem Zwecke es auch sei, ohne Vorwissen des nächsten Vorgesetzten zugestellt
werden darf. Der Eendant darf Zahlungen von den Alumnen nicht annehmen.
§ 14. Zahlungen für die besonderen Bedürfnisse eines Alumnus leistet der
Bendant der Alumnatskasse nur auf Anweisung desjenigen Lehrers, unter dessen
Aufsicht der Alumnus steht. Die Eltern oder Angehörigen haben demselben
wegen der für ihre Söhne oder Pflegebefohlenen zu bewilligenden Ausgaben schrift-
lich die erforderlichen Mitteilungen zu machen.
§ 15. Mit dem Ablauf eines jeden Vierteljahrs legt der Rendant die
Rechnung für jeden Alumnus und senaet die Rechnungen, nachdem dieselben von
dem seitens des unterzeichneten GoUegiums dazu bestimmten Galculaturbeamten
auf Ghimd der Beläge und in calculo als richtig bescheinigt sind, nach vorgangiger
Mitteilunj; an den die Aufsicht über den Alumnus führenden Lehrer und mit
dessen I^terschrift versehen an die Angehörigen des Alumnus ab.
§ 16. Haben die Eltern oder Angehörigen unterlassen, dem betreffenden
Lehrer die nötigen Mitteilungen über die zu bewilligenden Ausgaben zu machen.
i
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so können sie keine Beschwerden über die etwaige Hohe oder Unzweckmäfsigkeit
derselben fahren; etwaige Beschwerden über die Verwaltung der Alamnengelder
oder über versäamte Rechnnngslegang sind bei dem unterzeichneten FroT.Sch.C.
anzubringen. Auf Beschwerden, welche nicht innerhalb dreier Monate nach Ablauf
des Vierteljahres, für welches die Rechnung gel^ ist, angebracht werden, kann
keine Rücksicht genommen werden.
§ 17. Nach geschehener Einzahlung der jedesmaligen Eiganzungssumme
13) ist der Rendant verpflichtet, den Eltern oder Angehörigen £e Beläge über
le für ihre Sohne und Pflegebefohlenen geleisteten Zahlungen auf Erfordern mit«
zuteilen; sie sind aber gehalten, dieselben binnen vier Wochen postfrei an den
Rendanten zurückzusenden. Drei Monate nach dem Ablaufe eines jeden Viertel-
jahrs ist der Rendant befugt, die Beläge zu vernichten.
§ 18. Die Eltern oder Angehörigen der Alumnen sind verpflichtet, die zur
Erhaltung ihrer Kinder oder Pflegebefohlenen erforderlichen Gelder pünktlich ein«
zusenden. Sollten Eltern oder Angehörige sich hierbei säumig erweisen, so muft
der Rendant nach fruchtlos geschehener Erinnerung hiervon dem Prov.Sch.C. An«
zeige machen, die Anzeige jedoch dem Alumnatsmspector zur Beifügung seiner
etwaigen Bemerkungen vorlegen, worauf das Erforderliche veranlafst werden soll.
Alumnen, für welche die nötigen Zahlungen gänzlich ausbleiben sollten, würde
sich die Anstalt genötigt sehen, ihren Eltern oder Angehörigen zurückzusenden..
§ 19. Wenn der Alumnus die Anstalt verlassen soll, so ist hiervon dem
Director drei Monate vor dem Abgange Anzeige zu machen; in allen Fällen, wo-
diese Anzeige unterblieben ist, hat der Alumnus die Zahlung noch für das nächste-
Vierteljahr zu leisten.
§ 20. Aufser den Alumnen werden auch Pensionäre, höchstens 56, in
die Anstalt aufgenommen, welche für Unterricht, Wohnung, Heizung, Licht und
Beköstigung vollständige Zahlung leisten, in allen andern Beziehungen aber den
Alumnen gleich geachtet werden. Wegen der Aufnahme junger Leute als.
Pensionäre wendet man sich an den Director. Bei ihnen wird aufser den nöthigen
Vorkenntnissen für das Gymnasium ein gutes sittliches Verhalten zur Bedingung
gemacht, und es ist deshalb, wenn der Angemeldete schon eine andere Schule be«>
sucht haty ein darüber sprechendes Zeugnis der Meldung beizufügen. Die einge-
gangenen und geeigneten Meldungen werden in der Regel der Reihenfolge nach
berücksichtigt.
§ 21. Die jährliche Pension beträgt mit EinschluTs des Schulgeldes 1000 Mark,,
welche vierteljährlich mit 2.^0 Mark vorauszuzahlen ist. Bei ausbleibender Zahlung
mufs das Verhältnis als aufgelöst betrachtet werden.
§ 22. Zur Bestreitung der kleinen Ausgaben für einen Pensionär sind bei
dessen Aufnahme aufser der vierteljährlichen Pension von 250 Mark wenigstens
100 Mark an die Alumnatskasse einzuzahlen, üeber die Ergänzung und Ver«
rechnung dieser Gelder gelten die in den §§ 13— 18 enthaltenen Bestimmungen.
§ 23. Wenn Pensionäre die Anstalt verlassen sollen, so ist hiervon dem.
Director drei Monate vorher Anzeige zu machen; in allen Fällen, wo diese Anzeige
unterblieben ist, hat die Anstalt noch die Hälfte der Pension für dlis nächste
Vierteljahr zu fordern.
Berlin, den 30. September 1884. K. Provinzial-Sohul-Oollegium.
Bekannimaehiing für Eltern nnd Tormfinder, welehe ihre SQhse nnd Pflege-^
befohlenen der K9nigl Lnndesaehule Pforte flbergeben wollen*
§ 1. Die Landesschule Pforta, gegründet 1543 durch Moritz von Sachsen,
ist eine Erziehungs- und Unterrichtsansfaslt, in welcher eine bestimmte Anzahl
von Zöglingen evangelischer Gonfession von der Untertertia aufwärts in den.
gymnasialen Fächern unterwiesen und in fest geregeltem Wechsel zwischen Arbeit
nnd Erholung, fem von den Zerstreuungen des städtischen Lebens, für eine höhere-
Laufbahn, in erster Linie für das akfäemische Studium, vorbereitet wird. Es
können daher nur solche Knaben Aufnahme finden, an welchen neben sittUcher
Tüchtigkeit und ünverdorbenheit eine ernstliche Neigung und eine entschiedene
Fähigkeit zu den höheren Studien wahrnehmbar ist.
§ 2. Obwohl diese Schule insofern eine Wohlthätigkeitsanstalt ist, als nh^
nach der Absicht ihres Stifters die Kosten des Unterrichts und der Verpflegung;
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sam flTÖfoten Teile aas ihren Mitteln beitreitet, so darf sie doch keineswegs als
eine Yerpflegungsanstalt für Sohne unbemittelter Eltern angesehen werden. Ss
ist den staatlichen Behörden alles daran gelegen, dafs die Wohlthaten derselben
zwar bedürftigen, aber zugleich talentvollen und für die gelehrten Stadien be-
sonders geeigneten Knaben zu Teil werden, und nur bei gleichen Anlagen und
Vorkenntnissen der Aufzunehmenden soll die Dürftigkeit als ein Moment der Eni-
scheidunff zu Ghinsten der letzteren gelten. Ebenso unstatthaft ist die An-
nahme, die Landesschule sei dazu bestimmt, Schüler, welche durch ihr bisheriges
Betragen Anstofs gegeben oder gar ihre Ausschliefsunff von einer anderen Lehr-
anstalt nöthig gemacht haben, auf bessere Wege zu leiten. Es wird Tielmehr
ausdrücklich bemerkt, dafs die Aufnahme solcher Schüler mit der Bestimmung and
Verfassung der Landesschule unvereinbar und deshalb unzulässig ist.
§ 3. An der Landesschule bestehen L 180 Alu m neust eilen; von diesen
sind : A. 140 Freistellen, immlich 60 KÖniffliche, 7 neue Königliche, 6 evangeliscb-
kirchliche, 56 städtische, 5 Domstifts-, 5 Geschlechtsstellen und 1 Organistenstelle;
B. 20 alte und 20 neufundirte Koststellen. IL 20 Extraneerstellen.
Alumnen und Extraneer sind in Bezug auf die Teilnahme an dem Unter-
richte und die Unterwerfung unter die Gesetze und Anordnungen dei: Schule
S leichgestellt; die Alumnen erhalten Wohnung und vollständige Verpflegung durch
ie Anstalt selbst, die Extraneer in der Familie eines Lehrm derselben. Die
Alumnenstellen, mit Ausnahme der 5 Geschlechtsstellen (§ 9), sind nur Ange-
hörigen des Preufsischen Staates zugänglich, in Extraneerstellen können auch
Ausländer aufgenommen werden. Die Anzahl der Alumnenstellen in jeder der
vorbezeichneten Kategorie ist unbedingt bestimmt und kann nicht überschritten
werden; bezüglich der Anzahl der Extraneerstellen vergl. § 12.
§ 4. Die 60 Königlichen Freistellen bestehen aus a) 34 Königlichen Frä-
steilen im engeren Sinne, welche von den Herren Ministem der Justiz, des Innern
und der Finanzen verliehen werden und Knaben aus allen Provinzen der Monarchie
zugänglich sind. Gesuche um Stellen dieser Art sind an einen dieser drei Herren
Minister zu richten. b) 26 Freistellen (23 Gnaden- und ELapellstellen, 3 Famu-
laturstellen), welche das K. Prov.-Schul-Gollegium zu Magdebun^ verleiht und
zwar vorzugsweise an Söhne solcher Eltern, welche entweder zur ^eit der Geburt
derselben preuTsische Unterthanen im Herzogtum Sachsen waren und es zur Zeit
der Verleihung der Stelle noch sind, oder welche wenigstens der letzteren Be-
din|^g entsprechen. Bezürliohe Gesuche müssen an die unterzeichnete Behörde
eenchtet weisen. Für Sie Verleihung der 3 Famulaturstellen steht dem Bector
der Landesschale das Vorschlagsrecht zu.
§ 5. Von den in § 3 als „neue Königliche Freistellen*' bezeichneten Frei-
stellen werden drei von dem Herrn Minister der geistlichen etc. Angelegenheitea
verliehen. Diese Stellen sind vorzugsweise für ^hne höherer Beamten aus dem
Ressort dieses Ministeriums bestimmt. Bewerbungen um diese Stellen sind an den
Herrn Minister der geistl. etc. Angel, zu richten. Die anderen 4 Stellen stehen
zur freien Verfügung des Kriegsministeriums. Sie sind vorzugsweise den Söhnen
von Offizieren, Samtätsoffizieren und höheren Beamten aus dem Bereiche der
Preufsischen Heeresverwaltung vorbehalten. Bewerbungen um dieselben sind sn
das Allgemeine Kriegs - Departement, Infanterie - Abteilung im Preufs. Kriegs-
Ministerium zu richten.
§ 6. Die in § 3 als „evangelisch - kirchliche** bezeichneten 6 FreisteUen
werden an Söhne von Geistlichen der evangelischen Landeskirche verliehen. Be-
werbungen um diese Stellen sind durch Vermittelung des den betreffenden Geist-
lichen vorgeordneten Provinzial-Gonsistoriums an den Evangelischen Oberkirohen-
rath zu riäten.
§ 7. Das Patronatsrecht über die 56 städtischen Freistellen wird von einer
Beihe von Städten des Herzogtums Sachsen ausgeübt, auf die sie in folgender
Weise verteilt sind: 1 Beigem, 1 Beizig, 1 Bitterfeld, 1 Brehna, 1 Brück, 3 Deutssoh,
1 Düben, 1 Eckartsberga, 1 Eilenburg, 1 Freyburg, 1 GriLfenhainichen, 1 Herzberg,
1 Jessen, 1 Kemberg, 1 Kindelbrück, 4 LuägensaJza, 1 Idebenwerda, 2 Mühlbeig,
7 Naumburg, 1 Niemegk, 1 Ortrand, 1 Osterfeld, 1 Prettin, 2 Suigerhanseo,
1 Schlieben, 1 Schmiedeberg, 1 Schweinitz, 1 Senftenbm» 2 Tennstädt, 1 Thams-
brück, 1 Uebigau, 1 Wahrenbrück, 3 WeiTsenfels, 2 Weifsensee, 3 Wittenberg,
1 Zahna, 1 Zörbig. Bei der Verleihung dieser Stellen, weldie bei den lU-
449
ffistraten naohzosnohen ist, werden hauptsachUoh die in der betr. Stadt geborenen
Knaben berücksiohtigt. Die Stadtbehörden haben nach getroffener Wahl die Ge-
nehmigung derselben bei dem unterzeichneten Prov.Sch.C. nachzusuchen.
§ 8. Die 5 Domstiftstellen vergiebt das Domkapitel zu Naumburg a/S.
§ 9. Adeliche Oeschlechtsstellen stehen zu: 2 den Orafen yon Harschall,
2 der Familie yon Wolfersdorff, 1 dem Besitzer des Ritterguts Grorskmehlen.
§ 10. Die Organistenstelle, deren jedesmaliger Inhaber unter Aufsicht des
Musikdirectors in der Kirche und im Betsaale die Orgel zu spielen verpflichtet
ist, wird von dem Rector der Landessohule besetzt.
§ 11. Die 20 alten Koststellen und die 20 neufundirten Koststellen sind
Bewerbern aus allen Provinzen der Monarchie zugänglich. Bewerbungen um die-
selben sind an das unterzeichnete K. Prov.Sch.C. zu richten. Für jede der alten
Koststellen ist ein Kostgeld im Jahresbetrage von 65 Mk. 61 Pf., für jede der
neufundirten Koststellen ein Kostgeld im Jahresbetrage von 240 Mk. an die
Schulkasse zu zahlen.
§12. Extraneerbei sich aufzunehmen sind nur die ordentlichen Lehrer
der Anstalt berechtigt. Der Jahresbetrag der Pensionen ist auf 1050 Mk. fest-
gesetzt; derselbe ist an den betr. Lehrer in vierteljährlichen Teilbeträgen voraus-
zuzahlen. Wegen Aufnahme eines Extraneers mufs die Genehmigung der unter-
zeichneten Behöi^e entweder durch die Angehörigen oder durch denKector oder
durch denjenigen Lehrer, in dessen Familie der Knabe eintreten soll, eingeholt
werden; auch sind dem Gesuch die § 15 vorgeschriebenen Atteste beizufügen.
Die ordnungsmäfsige Zahl der Extraneerstellen ist auf 20 festgesetzt. Ein zeit-
weiliges üeberschreiten dieser 2iahl kann nur ausnahmsweise (vergl. § 21) durch
das unterzeichnete K. Prov.Sch.C. bewilligt werden. Söhne von Lehrern oder
Beamten der Anstalt, welche als Schüler auf dieselbe aufgenommen sind, werden
in die Zahl der Extraneer nicht eingerechnet.
§ 13. Auf die Landesschule können Zöglinge in Alunmen- oder Extraneer-
stellen überhaupt nur aufgenommen werden, wenn sie das zwölfte Lebens-
jahr zurückgelegt haben und in ihrem Wissen und Können die unbedingte Reife
für die gymnasiale Untertertia, die unterste an der Landesschule bestehende
Klasse, besitzen. Wer bereits das 15. Lebensjahr zurückgelegt hat, kann nur
aufgenommen werden, wenn er wenigstens die Reife für Obertertia nachweist;
wer über 16 Jahr alt ist, mufs, um aufgenommen zu werden, mindestens für ünter-
secunda reif sein. Ausnahmen von diesen Bestimmungen bedürfen der Bewilligung
des unterzeichneten K. Prov.Sch.C; dieselbe wird nur in besonderen Fällen ge-
wahrt, falls die bisherige Ausbildung des Aufzunehmenden durch aufserordentliche
Umstände, z. B. durch anhaltende Behinderung am Schulbesuch oder durch wieder-
holten, unverschuldeten Anstaltswechsel, verzögert worden ist. Die Reife
für eine bestimmte Klasse wird in jedem falle, auch wenn der Aufzu-
nehmende bisher ein Preufsisches Gymnasium besucht hat, durch eine vor
dem Lehrer - CoUegium abgelegte mündliche und schriftliche Aufnahmeprüfung
ermittelt.
§ 14. In der Aufnahmeprüfung hat der Aufzunehmende, um als reif
für Untertertia anerkannt zu werden, entsprechend dem allgemein giltigen Gym-
nasiallehrplali, folgende Kenntnisse und Fertigkeiten nachzuweisen : a) Religion.
Sicheres Auswendigwissen der Hauptstücke des lutherischen Katechismus, bezw.
der wichtigsten Stollen des Heidelberger Katechismus, und einer Anzahl von
geistlichen Liedern, Kenntnis der Hauptbeweisstellen der christl. Religionslehre
und Bekanntschaft mit der biblischen Geschichte und der Bedeutung der christl.
Feste. b) Deutsch. Richtiges Lesen; eine reine, deutliche, möglichst feste
Handschrift und Bekanntschaft mit den Regeln der Sprache in dem Grade, dafs
der Aufzunehmende im Stande sei, seine Geaanken schriftlich und mündlich ohne
grobe Verstöfse gegen die Rechtschreibung und die Gh'ammatik auszudrücken,
c) Lateinisch. Völlige Sicherheit in der regebnärsigen und nnregelmäfsigen Formen-
lehre, Kenntnis desjenigen Bereichs der wichtigsten syntaktischen Regeln, welcher
für den in Quarta gemachten Anfang der lateinischen Leetüre unentbehrlich ist,
eine angremessene Vocabelkenntnis, die Fähigkeit, ohne Hülfsmittel ein nach diesen
Gesichtspunkten ausgewähltes deutsches Uebungsstück richtig ins Lateinische und
den Cornelius ^epos und leichtere Abschnitte aus Caesar (bellum Gallicum) ins
Deutsche zu übersetzen, Bekanntschaft mit einigen vdchtigeren Regeln der Prosodie
Wiese, Verordnungen. IL 29
460
d) FranzösiBch. Geübtheit in der französischen Aassprache; sichere Kenntnis der
Formenlehre mit Einschlufs der sogenannten unrcttfeknäfsigen Yerba (etwa in dem
Umfange, wie sie in Ploetz' Elementargrammatik und in den §§ 1 bis 23 der
Schalgrammatik desselben Verfassers behuidelt ist), die Fähigkeit, ohne Hülfsmittel
ein bezügliches deatsches Dictat ohne grobe Fehler ins Französische za übersetzen
and leichtere französische Abschnitte ins Deatsche za übertragen. e) Rechnen
and Mathematik. Volle Fertigkeit and Sicherheit in den 4 Species mit benannten
and unbenannten Zahlen, Brachrechnang mit Einschlufs der Decimalbrüche,
Regel de tri; sichere Kenntnis der geltenden MaTse and Gewichte; Bekanntschaft
mit den Anfängen der Planimetrie bis zar Lehre von der Congruenz der Dreiecke.
f) Geschichte und Geographie. In jener Uebersicht der Hauptp^rioden und ihrer
wichtigsten Ereignisse; in dieser eine allgemeine Kenntnis der Erdoberfläche nach
ihrer physischen und politischen Einteilung und eine genauere Bekanntschaft mit
der Geographie Deutschlands und vorzüglich des preufsischen Staates.
Zum Erweise der Reife für eine höhere Klasse sind die Forderungen in
entsprechender Weise durch den allgemeinen Gymnasiallehrplan bestimmt.
Bei der mündlichen Prüfung und der Aufnahme können die Eltern und
sonstigen Angehörigen selbst gegenwärtig sein, jedoch müssen sie sich während
der Berathung des LehrercoUegiums über die Aufnahme ihrer Söhne und Pfl^e-
befohlenen entfernen.
§ 15. Gesuche um Verleihung von Alumnenstellen sind frühestens
sechs, spätestens drei Monate vor dem Aufnahmetermin an die zuständige Stelle
(§§ 4—11) zu richten. Dem Gesuche sind beizufügen: 1. Geburts- und Taufschein,
2. Wiederimpfungs- Attest, 3. Gesundheitsattest, zu dessen Aasstellung das im An-
hange abgedruckte Formular auszufüllen ist, 4. ein von der bisher besuchten Lehr-
anstalt, bezw. dem Privatlehrer, ausgestelltes Zeugnis, welches über Anlagen,
FleiCs, Leistungen und Betragen des Aufzunehmenden genaue Auskunft ^iebt.
§ 16. DieVerleihung jeder Alumnenstelle erfolgt durch den dazu Berechtigten
nicht auf einen beliebigen Zeitraum, sondern für diejenige Zahl von Jahren, welche
bei normalem Fortschreiten bis zum Abschlüsse des Gymnasialcursus erforderlich
ist, das heifst für die in Untertertia aufgenommenen Alumnen auf 6 Jahre, für die
in Obertertia aufgenommenen auf 5 Jahre u. s. f. Ueber das Mafs, bis zu welchem
eine Verlängerung der Verleihungsdauer eintreten kann, vergl. § 32.
§ 17. Die Verleihung jeder Alumnenstelle erfolgt unter der Voraussetzung,
dafs der Bewerber die Aufnahmeprüfung besteht. Demgemäfs wird nach erfolgter
Gewährung des Gesuches der aufzunehmende Schüler zu einer mündlichen und
schriftlichen Aufnahmeprüfung vorgeladen. Die Hauptaufnahmeprüfung wird zu
Ostern und zwar gemäfs der geltenden Ferienordnung (§ 31) je nach der Lage
des Osterfestes am Montag und am Dienstag, oder am Donnerstag und am Freitag
nach dem Sonntage Qnasimodogeniti oder am Donnerstage und am Freitage nach
dem Osterfeste abgehalten. Aasnahmsweise findet auch zu Michaelis, zu Anfang
der ersten, bezw. zweiten Octoberwoche eine Aufnahmeprüfung statt. Die eu dieser
vorgeladenen Knaben müssen sich darüber ausweisen, dafs sie auch den im voranf-
gegangenen Sommersemester behandelten Teil des Klassenpensums sich ange-
eignet haben.
§ 18. Die Verleihung der in den §§ 5, 6, 7, 8, 9 verzeichneten Stellen er-
folgt nur in dem Falle, wenn die betr. Stelle erledigt ist. Zu diesem Behuf werden
die Besetzungsberechtigten von der zu erwartenden oder erfolgten Erledigung
durch den Rector der Landesschule in Kenntnis gesetzt. Die Collatoren der in
den §§5 — 9 verzeichneten Stellen sind berechtigt, zugleich mit der Präsentation
eines Knaben für eine Alumnatsfreistelle einen zweiten zu bezeichnen, welchen sie
event. präsentiren für den Fall, dafs der erstgenannte die Aufnahmeprüfung nicht
bestehen sollte. In diesem Falle hängt es von einer brieflichen Vereinbarung des
Rectors der Landesschale und der Angehörigen des in zweiter Linie präsentirten
Examinanden ab, ob derselbe sich sogleich an der Haupt - Aufnahmeprüfung mit
beteiligt, oder ob einige Tage später ein zweiter Termin für eine nachträgliche
Prüfung anzusetzen ist* Wenn ein Gollator seiner prinzipalen Präsentation eine
eventuelle nicht beifügt, so verzichtet er dadurch, falls der präsentirte Knabe die
Aufnahmeprüfung nicht besteht, bis zu dem nächsten Aufnahmetermin (vgl. § 17)
auf die Ausübung seines Pnlsentationsrechtes, und dasselbe fällt für diese Zeit
</em K. Prov.ScLC. zu. Wenn der eventueÜ Präsentirte nicht ein Alumnus der
l
461
Anstalt, sondern ein erst neu Aufzunehmender ist und die naohtragliohe Auf-
nahmeprüfung nicht besteht, so ruht bis zu dem nächsten Aufnahmetermin (vgL
§17) das Fräsentationsrecht des betreffenden CoUators und wird für diese Zeit
von dem K. Prov.Sch.C. ausgeübt.
§ 19. Den Collatoren der in den §§ 5—9 yerzeichneten Alumnenstellen ist
unbenommen, wenn ihnen die Erledigung einer Stelle ihres Besetzungsbereiches
angezeigt ist, dem unterzeichneten K. Prov.Sch.C. die Erklärung abzugeben, dafs
sie für einen bestimmten Zeitraum, welcher nicht kürzer als ein Halbjahr sein
darf, auf ihr Besetzungsrecht verzichten. Dasselbe fällt hierdurch für den betr.
Zeitraum dem E. Prov.Sch.C. zu. Wenn einer der bezeichneten Collatoren auf
die Anzeige von der Erledigung einer Alumnenstelle innerhalb der ordnungs-
mäfsigen Zeit, das heifst bis spätestens 14 Tage vor dem nächsten Aufnahme-
termin, weder einen Schüler für die fragliche Stelle vorschlägt, noch die Erklärung
abgiebt, dafs er für einen bestimmten Zeitraum auf sein Besetzungsrecht verzichte^
so fällt dadurch das Besetzungsrecht dieser Stelle für eine volle Besetzungsperiode,
das heifst für 6 Jahre, dem unterzeichneten EL Prov.Sch.C. zu.
§ 20. Die Präsentation zu den 34 Königlichen Freistellen
4 a) erfolgt seitens der zuständigen Ministerien ohne ausdrückliche Rücksicht
arauf, ob die erforderliche Anzahl solcher Freistellen für den nächsten Aufnahme-
termin zur Erledigung kommt. Auch das K. Prov.Sch.O. beschränkt die Ge-
währung von Gesuchen um die seiner Verfügung angehörigen Stellen (§§ 4 b, 11)
nicht unbedingt auf die Zahl der bereits sicher gestellten Erledigungen. Es
wird hierdurch berücksichtiget, dafs öfters noch unmittelbar vor dem Aufhahme-
termin unvorhergesehene Erledigungen eintreten und dafs ein Teil der Aufnahme-
prüfungen zu mifslingen pflegt, und es wird zugleich Bedacht darauf genommen,
dafs die Wohltbat der Stiftung stets möglichst vollständig verwerthet werde.
Hierdurch kann für die fraglichen Stellen die Aufnahmeprüfung zugleich den
Charakter einer Concurrenzprüfung annehmen. Die Einladung zur Aufnahme-
prüfung wird auch an diejenigen seitens der zuständigen Ministerien zu Königl.
Freistellen (§ 4 a) Präsentirten gerichtet, für welche Freistellen zur Zeit noch
nicht erledigt sind. Die zu Königl. Freistellen Präsentirten treten, sofern die
Eltern auf Mitteilung dieses Sadiverhaltes ihre Söhne zur Aufnahmeprüfung
stellen, zugleich in die Mitbewerbung auch um eine Koststelle (§ 11) ein. Wenn
dieselben auf Grund des Bestehens der Aufnahmeprüfung zunächst eine neufundirte
oder eine alte Koststelle erhalten haben, so rücken sie sodann bei dem Eintritte
von Erledigungen Königlicher Freistellen entsprechend der Zeitfolge ihrer Präsen-
tation in dieselben ein. Da die Zahl der zu Königl. Freistellen Präsentirten in
der Regel gröfser ist, als die Zahl der erledigten Stellen, so ist es der übliche
Vorgang, dafs die Präsentation zu einer Königl. Freistelle nach erfolgtem Be-
stehen der Aufnahmeprüfung zunächst nur die Verleihung einer Koststelle und
erst im weiteren Verlaufe den Eintritt in eine Königl. Freistelle herbeiführt.
§ 21. Falls einzelne der geprüften Concurrenten die zur Aufnahme erforder-
liche Reife zwar bekundet haben, eine Alumnenstelle aber nicht empfangen können,
so ist es nicht ausgeschlossen, dafs dieselben auf besonderen Wunsch der Eltern
oder Vormünder fiir den Anfang als Extraneer eintreten, vorausgesetzt, dafs die
höchste überhaupt zulässige Schülerzahl nicht bereits erreicht ist. Diese so^.
Nothextraneer haben für ihr Einrücken in Alumnenstellen (Koststellen bezw. Frei-
stellen) das Vorrecht vor denjenigen Knaben, welche in die nächste Aufnahme-
prüfung eintreten.
§ 22. Um die Zöglinge aufser der allgemeinen beständigen Aufsicht, unter
der sie stehen, noch einer besonderen und näheren Leitung zu übergeben, ist die
Einrichtung getroffen, dafs jeder Schüler sogleich bei seiner Aufnahme einem
Lehrer der Anstalt als seinem Tutor überwiesen wird. Die Verteilung geschieht
durch den Rector, der jedoch auf begründete Wünsche der Eltern oder Vor-
münder, naraentlidi wenn diese zu einem bestimmten Lehrer eine nähere persön-
liche Beziehung haben, thunlichst Rücksicht nimmt. Durch den Tutor werden
den Angehörigen seiner Empfohlenen die halbjährlichen, bezw. vierteljährlichen
Censuren mit den erforderlichen brieflichen Erläuterungen zugesandt, den Schülern
die wöchentlichen oder monatlichen Taschengelder ausgezahlt, femer unterliegen
alle Anschaffungen seiner vorherigen Genehmigung (§6 26 bis 30). Der Tutor
ist bemüht, in freundschaftlicher und wohlmeinender Weise auf die gesamte geistige
29*
463
und sittliclie Entwickelnng seiner Empfohlenen einzawirken, ihnen in allen
schwierigen Fällen rathend and helfend znr Seite zu stehen und aswischen ihneii
und ihren Angehörigen wie zwischen diesen nnd der Schale vermittelnd and ver-
ständigend einzatreten. Die Einrichtung der Tutel kann sich nar dann fracht-
hringend gestalten and ihren wichtigen Zweck erfüllen, wenn die Eltern oder ihre
Stellvertreter dem Tator ein volles Vertrauen entgegenbringen und namentlich
vor allen wichtigen Entscheidungen sich brieflich mit ihm in Yerbindang setzen.
§ 23. Jeder Zögling der Landesschale mufs aufser mindestens doppelter
Elleidung und doppeltem Schuhwerk besitzen, bezw. sich sogleich nach seiner
Aufnahme anschaffen: a) Strohsack und Matratze (nicht über 1,73m lang und
0,70 m breit und nicht von übermäfsiger Dicke) nebst Keilkissen nnd einer wollenen
oder wattirten Decke. Im Winter ist auch der Gebrauch einer leichten Feder-
decke oder einer zweiten wollenen Decke gestattet; b) doppelte Betttücher ond
doppelte üeberzüge; c) hinlängliche Leibwäsche, und zwar mindestens 6 Hemden«
6 ^aar Strümpfe, 4 Servietten, die nöthigen Hand- und Taschentücher ; d) einen
Koffer; e) 1 Reifszeug; Kleidung und Wäsche mufs mit dem vollständig ausge-
schriebenen Familiennamen p;ezeichnet sein; f) die für den Unterricht erforder-
lichen Schulbücher, welche m dem alljährlich am 21. Mai erscheinenden Anstalts-
TOTOgramm verzeichnet sind und von einem Naumburger Buchhändler za ermäfsigtem
Preise bezogen werden können. Mobiliar, gröfsere musikalische Instmmente oder
Waffen mitzubringen ist nicht gestattet.
§ 24. Die neu eingetretraen Schüler haben an Aufnahmegebühren zn
zahlen: 32 Mk. zur Schulkasse und ein Eintrittsgesohenk von wenigstens 3 Mk.
(Extraneer zahlen gewöhnlich 9 Mk.) an die Bibliothek; beide Beträge worden für
die Alumnen durch den Bendanten der Alumnatskasse, für die Extraneer durch
die Tutoren an das Schul-Rentamt abgeführt.
§ 25. Die jährlichen Ausgaben, welche sich bestinomen lassen, sind:
a) 54 Mk. jährlicher Beitrag zur Schulkasse von jedem Inhaber einer neofondirten
Koststelle, 36 Mk. desgleichen von jedem Inhaber einer der übrigen Alnmnen-
stellen. Ganz Unbemittelten kann der Beitrag zur Schalkasse auf Qrund eines
beglaubigten Bedürftigkeitsattestes vom Bector erlassen werden. Extraneer
zahlen immer 108 Mk. für Teilnahme am Unterricht und an den sonstigen Ein-
richtungen der Anstalt. Die Zahlung selbst geschieht durch den Bendanten der
Alumnatskasse, bezw. durch den Tutor des &traneers an das Schul-Bentamt in
vierteljährlichen Teilbeträgen, die auch bei dem noch nicht vollendeten oder erst
angefangenen Vierteljahre oder auch in Fällen längerer Abwesenheit eines Zög-
lings zu entrichten sind. b) 6 Mk. für die iLassenführung der Alumnen;
c) 10 Mk. für Beinigen des Schuhwerks; d) etwa 30 Mk. für die Besorgung
der Wäsche. Es ist jedoch gestattet, bei den Eltern und Angehörigen waschen
EU lassen. e) 8 — 10 Mk. ungefähr zur Bestreitung kleiner Unkosten, Sonomerang
der Betten, Kegelgeld etc. An Taschengeld werden den Tertianern 0,25 — 0,50 Mk.,
den Secundanem 0,50—0,75 Mk., den IVimanem 0,75—1,00 Mk. wöchentlich je
nach der Bestimmung der Eltern oder Vormünder gezahlt. Eine Ueberschreitung
des letztgenannten Betrages ist nicht zulässig. Privatstunden im Klavierspiel nnd
in anderer Instrumentalmusik werden mit je 1,00 Mk. berechnet; für Privatstunden
im Zeichnen haben 1 — 3 Teilnehmer je 1,00 Mk., 4 — 6 Teilnehmer zusammen
3,00 Mk. für jede Stunde zu entrichten.
Die sonstigen Ausgaben können nicht genau angegeben werden und hängen
von dem freien Willen der Eltern oder Vormünder und von der zeitherigen Ge-
wöhnung der Zöglinge ab. Es wird indes den letzteren die gröfste Einfachheit
und möglichste Beschränkung in dieser Beziehung, besonders in Hinsicht der
Kleidung, zur strengen Pflicht gemacht, und haben die Eltern sich die Schuld
lediglich allein beizumessen, wenn ihnen hierin ein Mehraufwand zur Last fallt
§ 26. Zur Verhütung alles unnöthigen und zur möglichsten Erleiohtemng
des nöthigen Aufwandes ist die Einrichtung gretroffen, dafs alles zur Bekleidnng
der Zöglinge gehörige Material, welches in Pforta selbst angeschafft werden soll,
als Tüäer, Sommerzeuge, Halsbinden, Täschnerarbeit, nur von bestimmten Kaof-
leuten und Täschnern in Naumburg und anderswo, mit welchen die Tutoren (§ 22)
sich in Verbindung gesetzt haben, nach eingeholter schriftlicher Erlaubnis von
Seiten der letzteren durch die Schüler bezogen werden darf. In gleicher Absicht
ist ein Buchhändler verpflichtet worden, den Schülern durch Vermittelnng der
463
Tutoren die nothigen Bücher und Karten zu den billigsten Preisen zu liefern, sowie
auch in Pforta selbst Anstalten zur Beschaffung des erforderlichen Schreibmaterials
betroffen Sind. Endlich sind auch für die Anfertigung und Ausbesserung des Be-
darfs der Schüler an Kleidern, Schuhwerk, für Buchbinderarbeit u. s. w. bewährte
Handwerker aus der Nähe angestellt und verpflichtet und zwar in der Regel je
zwei jeder Art, zwischen denen dem Schüler die Wahl freisteht Alle Zahlungen
^^ gelieferte Kleidungsstücke, Bücher, Schreibmaterialien und sonstige An-
schaffungen dürfen nur durch die Tutoren, bezw. den Rendanten der Alumnats-
kasse an die Kaufleute, Lieferanten und Handwerker gehen. Eltern oder Vor-
münder, welche Zöglinge der Anstalt mit Geld zum eigenmächtigen Ankaufe von
Kleidern, Büchern u. dgl. versehen, haben sich allein £e Unannehmlichkeiten zu-
zuschreiben, die für ihre Söhne oder Pflegebefohlenen daraus erwachsen können
(▼rI« S 28). Dagegen bleibt es Eltern oder Vormündern unbenommen und wird
selbst dringend empfohlen, ihre Kinder und Pfleglinge während der Ferien mit
neuen Kleidungsstücken auszustatten oder ihnen auch nach Pforta selbst Tuch,
Sommerzeug u. dgl. sowohl verarbeitet wie unverarbeitet zu übersenden.
S 27. Für die Kassenführung der Alumnen ist ein Rendant angestellt,
welcher die Auszahlungen für und an die Alumnen, soweit sich nicht die Tutoren
dieselben vorbehalten, besorgt, darüber Rechnung führt und vierteljährlich, und
zwar immer in der ersten Hälfte des auf den AbschluCs des Vierteljahres folgenden
Monats, die Rechnung nebst Belägen an die Väter oder deren Stellvertreter ein-
sendet. Die Aufsicht über Einnahme und Ausgabe der Empfohlenen (§ 22) wird
jedoch nur von den Tutoren geführt, indem, abgesehen von den an die Schulkasse
zu leistenden, durch deren Quittung zu belegenden Zahlungen, keine Ausgabe ohne
einen von dem betr. Tutor unterschriebenen Zettel geschehen darf und die von
dem Kassenführer an die Väter oder deren Stellvertreter einzusendende Rechnung
von dem Tutor revidirt und durch seine Unterschrift als richtig anerkannt wird.
Es ist dem Rendanten durch die ihm von der unterzeichneten Behörde erteilte
Instruction streng untersagt, für irgend einen Alumnus aufser in Krankheitsfällen
Vorschüsse zu leisten, und ist deshalb, damit es nicht an den nöthigen Mitteln
fehle, angeordnet worden, dafs für jeden neu aufgenommenen Schüler bei seinem
Eintritte aufser dem EintrittSÄfelde und dem Beitrage zur Bibliothek ($ 24), je
nachdem ihm eine Freistelle oder eine alte KosUtelle oder eine neufundirte Kost-
stelle verliehen worden ist, ein Vorschufs von bezw. 75 Mk., 90 Mk. oder 180 Mk.
an den Rendanten eingezahlt und dieser Vorschufs von Vierteljahr zu Vierteljahr
durch weitere Einzahlung immer wieder ergänzt werden soll, wofern den Vätern
oder deren Stellvertretern nicht von dem Kassenführer mit Genehmifirong des
Rectors ein höherer oder niedrigerer Betrag bezeichnet wird. Zugleich ist von
uns bestimmt worden, dafs, wenn der Aufforderung zur Einzahlung auch nach
geschehener Erinnerung nicht Folge geleistet wird, dem Rector hiervon Anzeige
femacht werden soll, der, wenn die Beschaffung der Gelder nicht bewirkt werden
ann, ermächtigt ist, die Entlassung des Schülers bei uns zu beantragen.
Alle Geldsendungen an die Schüler sind zur Verhütung von Unregelmäfsigkeit
und zur Aufrechthaltung der Ordnung ein für alle Mal auf das strengste unteraagt.
Ebenso ist die Sendung von Nahrungsmitteln und Näschereien durchaus verboten;
nur an Geburtstagen mag eine Ausnahme in bescheidenem Umfange gestattet sein.
G^^ die Zeit des Abganges ist mit Rücksicht auf die bevorstehenden auTser-
ordentlichen Ausgaben ein erhöhter Vorschufs erforderlich; keinesfalls aber darf
den Schülern selbst, die wohl bei dieser Gelegenkeit unter mancherlei Vorwänden,
der Abgangsgebühren, des Reisegeldes, verschiedener Remunerationen etc., früher
gemachte heimliche Schulden bezahlen wollen und auf diese Hoffnung hin solche
chulden machen, Geld übersandt werden. Eltern oder Verwandte, die diesen
mit der Disciplin der Anstalt im genauesten Zusammenhange stehenden An-
ordnungen entgegen ihren Kindern oder Ajigehörigen ohne Wissen der Tutoren
Geld schicken oder bei der Rückkehr nach den Ferien mitgeben, müssen für die
nachteiligen Folgen, die daraus entstehen, selbst die Verantwortung tragen.
§ 29. Die noch nicht confirmirten Zöglinge erhalten von dem geist-
uchen Inspector der Anstalt den vorbereitenden Unterricht und werden in der
Kirche der Landesschule confirmirt Hinsichtlich der Entscheidung darüber, in
welchem Jahre die Gonfirmation erfolgen soll, haben sich die Eltern bezw. Vor-
münder mit den betr. Tutoren in Verbindung zu setzen. Die Einsegnung findet
464
bis auf Weiteres im Monat September statt, der Yorbereitongsunterricbt beginnt
im Laufe des Sommersemesters.
$ 30. In allen Erkrankungsfällen wird den Alumnen in einem besonderen
Krankenlooale die eigene Wartung und angemessene Speisung nebst ärztlicher
und wundärztlicher Pflege unentgeltlich zu ToiL Doch sind hierin die Kosten für
die nöthigen Heilmittel und Arzneien nicht mit inbegriffen, welche yon den Eltern
oder Vormündern getragen werden müssen. In schweren Krankheitsfallen, wo
der Dienst des bestellten Krankenwärters nicht ausreicht und es nach dem Ont-
achten des Arztes noch des aufserordentlichen Beistandes anderer Personen zur
Pflege, zu Nachtwachen u. s. f. bedarf, sind die Eltern oder Vormünder verpflichtet,
die anfserordentliche Hülfe besonders zu vergüten. Ebenso ist eine besondere Be-
zahlung erforderlich, wenn der Arzt etwa in einzelnen Fällen, wie nach über-
standener Krankheit, eine dauernde Zusatzkost oder den G-enufs stärkender Ge-
tränke anzuordnen für nöthig erachtet. Das Honorar für die zweimal jährlich
stattfindende zahnärztliche Untersuchung und für kleinere zahnärztliche MafsnahmeDf
die sich bei derselben als nothwendig ergeben, wie Ausziehen und Separiren von
Zähnen, bestreitet die Landesschule. Dagegen fallen die Kosten für gröfsere zahn-
technische Vornahmen (Plombiren, Einsetzen künstlicher Zähne u. a. m.) dem
Schüler zu.
$ 31. Die Ferienordnung der Landesschule ist folgendermafsen fest-
fesetzt: 1. Die Sommerferien dauern 5 Wochen. Die Schule wird nach den
lehrstunden desjenigen Sonnabends geschlossen, welcher dem ersten Montag im
Monat Juli vorausgeht, und beginnt wieder am Montag der sechsten Woche.
2. Die Herbstferien dauern 8 Tage und erstrecken sich auf diejenige Woche, in
welche der 1. Oct. fällt. 3. Die Weihnachtsferien dauern vom 22. Dec. bis zum
5. Jan. einschliefslich, beziehentlich vom 23. Dec. bis zum 6. Jan. einschliefslich.
i. Die Osterferien dauern 2 Wochen. Fällt Ostern in die Zeit vom 1. — 10. April ein-
schliefslich, so wird die Schule am Sonnabend vor Palmarum Mittags geschlossen and
beginnt am Montag nach Quasimodogeniti früh. Wenn Ostern vor dem 1. April fällt»
so wird die Schule am Mittwoch nach Palmarum Mittags geschlossen und b^innt
am Donnerstag nach Quasimodofi^eniti früh. Wenn Ostern nach dem 10. April
fällt, so wird die Schule am Mittwoch vor Palmarum Mittags geschlossen and
beginnt am Donnerstag nach dem Osterfeste früh. 5. Die Pfingstferien sind
auf die 3 Feiertage beschränkt.
Für die Dauer der Sommerferien sind sämtliche Schüler verpflichtet die
Anstalt zu verlassen. Auch für die Weihnachtsferien wird das Verreisen in die
Heimat auf das dringendste empfohlen. Während der kürzeren Ferien werden
in der Regel nur die Näherwohnenden für eine Heise zu den Eltern oder Ve^
wandten, die Femerwohnenden ausnahmsweise und nur auf Grund einer schrifll.
Einladung zu den Angehörigen ihrer Mitschüler beurlaubt Fufsreisen od&
sonstige Vergnügungsreisen von Pforta aus selbständig zu unternehmen, ist den
Schülern nicht gestattet Die Eltern bezw. Vormünder, besonders die entfernter
wohnenden, haben sich bei Zeiten gegen die Tutoren zu erklären, ob, wohin and
auf welche Art ihre Söhne bezw. Pflegebefohlenen reisen sollen, auch das nothige
Reisegeld mitzuschicken oder, sofern das letztere wegen bereits geleisteten Vo^
Schusses nicht nöthig ist, die dazu bestimmte Summe genau namhait zu machen.
Bedürftigen und zugleich würdigen Schülern kann für die Sommer- and
für die Weihnachtsferien, besonders wenn die weitere Entfernung ihres Heimats-
ortes einen gröfseren Aufwand an Reisekosten nöthig macht, eine J^seunterstütxang
aus Anstaltsmitteln gewährt werden. Diejenigen Eltern oder Vormünder, welche
eine solche Unterstützung in Anspruch nehmen wollen, haben ein bezügliches
Gesuch einige Wochen vor den Ferien und, wenn es Berücksichtigung findet, am
Schlüsse derselben Quittung über den bewilligten Betrag bei dem Rector ein-
zureichen.
Während der Ferien werden die Eltern und Vormünder darauf halten, dafs
die Zöglinge der durch die Schulordnung ihnen auferlegten Verpflichtungen dn-
gedenk bleiben und nicht etwa die gröfsere Freiheit zu Ungesetzlichkeiten nu^s-
brauchen oder sich an Unsitten gewöhnen, deren Fortfühning ihnen nach der
Rückkehr in die Anstalt Tadel und Strafen zuziehen könnte.
Endlich wird den Eltern und Vormündern zur besonderen Pflicht gemacht,
dafür Sorge zu tragen, dafs ihre Söhne und Pflegebefohlenen den Termin der
466
Eückkehr pünktlich innehalten. Sollte ein Zögling während der Ferien erkranken,
oder sollte in der Familie, in welcher er sich aufhält, eine ansteckende Sjrankheit
ausgebrochen sein, so ist davon der Kector oder der Tutor rechtzeitig zu benach-
richtigen und das längere Ausbleiben durch ärztliche Bescheinigung zu entschuldigen.
Bei dem Vorkommen ansteckender Krankheiten werden die Ver-
ordnungen zur Anwendung gebracht, welche von den Herren Ministem des Innern
und der geistl. etc. Angelegenheiten unter dem 14. Juli 1884 und dem 6. August
1885 (Abt. I S. 273 fg.) erlassen worden sind.
§ 32. Die Dauer des Lehrcursus ist für Alumnen, die in Untertertia
eintreten, auf 6 Jahre festgesetzt, indem auf jede der 6 Klassen ein Jahr gerechnet
wird und alljährlich zu Ostern die Versetzung stattfindet. Für Alumnen, die so-
gleich in Obertertia, üntersecuiida oder Obersecunda eintreten, ermäfsigt sich die
^esamtdauer ihres Aufenthalts auf 5 bezw. 4 oder 3 Jahre. Fleifsigen und wohl-
gesitteten Schülern kann die normale Zeit des Stellengenusses durch den Bector
auf Grund einer mit dem Lehrercollegium gepflogenen Berathung höchstens um
ein Jahr verlängert werden. Eine weitere Verlängerung ist nur in aufserordent-
lichen Fällen zulässiof und durch die Genehmigung der unterzeichneten Behörde
bedingt. Wer nach zweijährigem Aufenthalte in einer Klasse nicht versetzungs-
fähig ist, mufs die Anstalt verlasen.
§ 33. Wenn ein Schüler, ohne den Gursus zu beendigen, von der Anstalt
abgehen soll, so ist davon, schon damit in der ordnungsmäfsigen Besetzung der
erledigten Stelle keine Unterbrechung eintrete, dem Rector und dem Tutor sobald
als möglich Anzeige zu machen. Ein Austritt im Laufe des Quartals, mag er
freiwillig oder unfreiwillig erfolgen, verpflichtet zur Zahlung der Kostgelder und
Schulkassenbeiträge, sowie zu den $ 25 und $ 27 SchluTssatz aufgeführten Aus-
gaben für das begonnene VierteljiJir.
$ 34. Schüler, welche mit dem Beifezeugnisse oder vor der Zeit, freiwillig
oder gezwunj^en, die Anstalt verlassen, haben an Abgangsgebühren 31,25 Mk. an
die Schulkasse zu zahlen.
$35. Zöglingen der Anstalt, welche sich während des Aufenthalts auf der-
selben durch Fleifs, Leistungen und sittliche Führung ausgezeichnet haben und
der Unterstützung bedürftig sind, können folgende Universitäts Stipendien
verliehen werden: a) 4 Königliche Stipendien zu 150 Mk., bestimmt für Studirende
aller Facultäten auf preufsischen Universitäten ; b) 4 Kaiser- Wilhelm-Stipendien
zu 300 Mk., für Studirende an allen Universitäten des deutschen Beiches, vorzugs-
weise für Theologen; c) die Kurfürst-Moritz-Stipendien im Gesamtbetrage von
etwa 800 Mk., für Studirende aller Facultäten an der Universität Leipzig; d) das
11g en- Stipendium (84 Mk.), für Studirende aller Facultäten an der Universität
Leipzig, vorzugsweise für Thüringer; e) das Keil-Stipendium (192 Mk.), für
Studirende aller Facultäten an deutschen Universitäten; f) das Koberstein-
Stipendium (150 Mk.), für Studirende der deutschen Philologie oder der deutschen
Hechts Wissenschaft an deutschen Universitäten; g) das Steinhart -Stipendium
(1(K) Mk.), für Studirende der klassischen Philologie an deutschen Universitäten;
h) das GKitschow-Stipendium (120 Mk.)» zunächst für Angehörige der philosophischen,
dann auch für Angehörige anderer Facultäten an allen Universitäten.
Das Collaturrecht übt in Bezug auf a. und b. das K. Prov.Sch.O. auf Vorschlag
des Lehrer-Collegiums, in Bezug auf cue übrigen Stipendien das Lehrer-CoUegium aus.
Das Baldamus-Stipendium im Betrage von 600 Mk. wird in jedem Herbst
einem Schüler schon im letzten Jahre vor seinem Abgange zur Universität vom
Lehrer-CoUegium verliehen. Der Empfänger ist verpflichtet, am 13. Dec. eine
Gedächtnisrede auf den Stifter zu halten.
Die Peter- und die Hesse-Stiftung werden erst später ins Leben treten.
$ 36. Nach vorstehenden Bestimmungen, durch welche die unterm 20. Juni
1874 erlassene Bekanntmachung für Eltern und Vormünder, die ihre Kinder und
Pflegebefohlenen der Landesschule Pforta übergreben wollen, auTser Giltk^keit gesetzt
wird, haben diejenigen, welche ihre Söhne oder Pflegebefohlenen der Landesschule
Pforta anzuvertrauen gesonnen sind, sich überall zn richten.
Von dem, was die Schulgesetze und Schulordnung selbst vorschreiben, wird
jeder Zögling bei seinem Eintritt in die Anstalt vollständig in Kenntnis gesetzt.
Magdeburg, 23. Jan. 1887. K. Prov.-Schul-Collegium. von Wol£
466
Anbang sa f 15.
Frage- und Antwortbogen, sowie ärztliches Attest
über den
QesmidlieltgznsUBd des Solmes des
••••»••«••*«»•««••••••«••••«■••••■••••••■••••••••••'
Vor- und Zuname
Jalire alt, der nur eTentuelleii Auf nabme Ib die Königliclie Laiideifleh«le
Pforta angemeldet Ist«
1. Welches ist seine KörpergröIiBe?
2. Welches ist seine Brustweite über
den Brustwarzen gemessen:
a) bei Exspiration?
b) bei Inspiration?
3. Hat er Kinderkrankheiten, als
Bötein, Masern, Scharlach gehabt
und wann?
4. Leben beide Eltern noch? Wenn
nicht, in welchem Alter und an
welchen Krankheiten sind dieselben
gestorben?
5. Wie sind seine Sinnesorgane, beson-
ders Gesicht und Gehör, beschaffen ?
6. Bei Kurzsichtiffkeit, welche Brillen-
nummer wird benutzt?
7. Ist er frei von Stottern und soge-
nannter schwerer Zunge?
8. Ist er im Allgemeinen seinem Alter
angemessen kräftig entwickelt?
9. Leidet er an einem körperlichen Ge-
brechen?
10. Zeigt er eine besonders nachweisbare
Anlage zu chronischen Krankheiten?
11. Ist er gegenwärtig frei von anstecken-
den und anderen Krankheiten?
1 ^..cm.
2.a)
b)
3
.cm.
..cm.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
Ich bezeuge hiermit, dafs nach der am ten 188...
von mir vorgenommenen Untersuchung obige Fragen wahrheitsgemäfs und nach
bestem Wissen und Erfahren beantwortet sind.
, den ten 18.......
Dn j praktischer Arzt.
Zur Beaehtung«
Bf empfiehlt floh, dM obige Aiteit ron •Inaui Kreiiphysikni »affertigen ao laaieiL
Falle dMielbe ron dem HAUiAnte oder einem eonetigea pvftktieohen Ante aoegefertigt ist und bei
der Ankanft dee Aafiunehmenden iioh heraasetellen tollte, dafs letatarer wegen Krankheit oder
wegen körperlicher Oebreohen sor Anfhahme in die Anstalt nicht geeignet ist, so erfolgt seine Ab-
weisung ohne Weiteres und fallen die durch den Aufenthalt des Kranken im Gasthofe und seine
Bftokreise entstehenden Kosten demjenigen sur Last, welche die Aufkiabme nachgesucht h*ben.
Die mit dem Attest eines Krelsphysikus oder sonstigen beamteten Arates eisohienenea, sor
Aufnahme in die Landesschale nicht geeigneten Knaben werden rorllufig in den Anstaltsranmen
auf Kosten der Angehörigen, besw. deijenlgen, welche die AuftiAhme nachgesucht haban, unter-
gebmoht, und es wird den Letsteren Kachriebt snm Zweck weiterer Bestimmung gegeben.
467
Nachriehten Ober die Klostenchnle Bofsleben.
Die im Jahre 1554 von Heinrich von Witzleben gegründete Elosterschule
Brofsleben an der Unstrut in der goldenen Aue Thüringens ist eine geschlossene
Erziehungs- und den Preufsischen Gymnasien gleichgestellte Lehranstalt, welcher
zur Zeit der Eammerherr und Landschafts-Director Arthur von
Witzleben auf Kieslingswalde, Sjreis Görlitz, als Erb- Administrator, der Prof.
Neumann als Rector vorstehen.
Das ganz seiner Bestimmung gemäfs eingerichtete Anstalts- und Schulge-
bäude hat aufser den Wirthschaftsräumen, den Lehrerwohnungen, den Speise- und
Klassenlocalen und einer Kapelle hochgelegene und gesunde Wohnungen zur Auf-
nahme von 105 Alumnen, die für die Universität wissenschaftlich und sittlich
vorbereitet werden.
Aufserdem finden Zöglinge als aufserordentliche Kostgänger, sogenannte
Extraneer,in den Wohnungen des ersten Lehrers und des Predigers Aufnahme.
Von den Alumnen wohnen und schlafen in getrennten Wohn- und Schlaf-
stuben in der Regel 6 beisammen, und steht auf jeder Stube ein Schüler der ersten
Klasse an der Spitze, welcher als Senior auf Fleifs und gute Sitte der jüngeren
Genossen zu halten verpflichtet ist.
Die Lebensordnung der Alumnen und der Extraneer ist nach gleichen Ge-
setzen fest geregelt und die Disciplin eine solche, dafs sich die Anstalt die Gestalt
und den Ton eines grofsen Familienkreises bewahrt.
Für das körperliche Gedeihen dienen: ein grofser, schön gelegener Spielplatz,
ein grofser Laubwald, in der Badezeit ein Flufsbad in wohleingerichteter Schwimm-
und Badeanstalt, und im Winter eine Eisbahn auf mäfsigüberschwemmten Wiesen.
Für den Turn- und Fechtunterricht im Sommer und Winter sind die nöthigen
Einrichtungen in einer grofsen Turnhalle und davor angelegtem Turnplatz vor-
handen. Für Krankheitsfälle ist eine Sjrankenstation eingerichtet, ein Schularzt
angestellt, eine Apotheke im Orte.
Zur Erreichung der wissenschaftlichen Zwecke bestehen vier Klassen,
parallel den vier obersten Klassen der Gymnasien, welche excl. Quarta in je zwei
Abteilungen, eine obere und eine untere, getrennt sind. Der Unterricht wird von
zwölf Ldbrem erteilt.
Aufgenommen werden nur solche Schüler, welche a) evangelischer Confession
sind, b) wenigstens das elfte Lebensjahr zurückgelegt haben, c) sich nach-
weislich einer guten Gesundheit erfreuen, d) sittlich unverdorben sind. Für
Empfang von Privatunterricht in der englischen Sprache und in der Musik sind
geeignete Lehrkräfte gewonnen.
Schüler, welche über sechzehn Jahre alt sind, werden in der Kegel nur
aufgenommen, wenn sie die Reife für mindestens Ober-Secunda haben.
Die Aufnahme erfolgt zweimal jährlich, zu Ostern und zu Michaelis, in der
Regel am Dienstag in der Woche nach dem Osterfest und am zweiten Dienstag
nach dem Michaelistage, nur in ganz besonderen Fällen auch aufser diesen beiden
Terminen. Am Tage vorher müssen die Neuaufzunehmenden eintreffen.
Wird Aufnahme in die Expectantenliste der Alumnen und Extraneer ge-
wünscht, so ist die Meldung hierzu bei dem unterzeichneten Erb- Administrator
anzubringen. Dieselbe kann jeder Zeit unter Beifügung des Taufscheins des An-
zumeldenden erfolgen, mufs aber schon die Klasse und ungefähre Zeit, für welche
der Eintritt gewünscht wird, bezeichnen und angeben, ob als Alumne oder als
Extraneer. Die definitive Meldung zur Aufnahme in die Anstalt als Alumne
oder Extraneer ist beim Erb-Admimstrator oder dem Rector einzureichen. Diese
hat möglichst ein Vierteljahr vor dem gewünschten Eintritt zu erfoleen, und ihr
sind beizufügen: a) der Taufschein und event. Confirmationsschein, b) der Impf-
schein bezw. Revaccinationsschein, c) ein ausführliches ärztliches Gesundheits-
attest« d) ein Zeugnis von der bisher besuchten Anstalt oder den Privatlehrem,
welches sidi über Anlagen, Fleifs, Kenntnisse, sittliches Verhalten etc. näher aus-
spricht, und sofern der Aufzunehmende kein Gymnasium besuchte, e) die während
des letzten Quartals von dem Aufzunehmenden gefertigten deutschen, französischen,
lateinischen und, wenn solche vorhanden sind, griechischen schriftlichen Arbeiten
mit der Gorrectur im AUtagsge wände. Von den eingeschickten Arbeiten wird als
selbstverständlich vorausgesetzt, dafs sie ohne Hülfe angefertigt seien.
ZI
468
Mit allen Angemeldeten, denen die Aufnahme in Aussicht gestellt ist,
an den zur Aufnahme bestimmten und vorstehend genannten Tagen eine schriftliche
und mündliche wissenschaftliche Prüfung vorgenommen, und erst nachdem ihnen
die wissenschaftliche Qnalification zuerkannt ist, kann die Aufnahme definitiv erfolgen.
Die Forderungen für die Aufnahme in die unterste Klasse (Quarta)
sind zu Ostern folgende: a) Reine deutliche Handschrift (deutsch und lateinisch)
*sowie einige üebung in den Anfangsgründen des Zeichnens — b) in der Religion
Bekannt8<maft mit der bibUschen Geschichte, mit den Hauptstücken des lutherischen
Katechismus, mit den Hauptbeweisstellen der christlichen Keligionslehre und einigen
Kernliedem der Kirche — c) im Deutschen die Fähigkeit, sich ohne grobe Ver-
stöfse gegen Rechtschreibung und Grammatik mündlich und schriftlich auszudrücken
— d) im Lateinischen sichere Kenntnis der Formen, der wichtigsten syntaktischen
Regeln und der gewöhnlichen Wörter und Phrasen, sowie die Fähi^eit, demgemafs
aus dem Lateinischen ins Deutsche und umgekehrt ohne grobe Fehler zu über-
setzen — e) in der Geschichte und Geographie Kenntnis der wichtigsten welt-
historischen Begebenheiten und der allgemeinen geographischen Verhältnisse,
besonders Deutschlands — f) in der Mathematik Fertigkeit im gewöhnlichen
Rechnen und in der Bruchrechnung — g) im Französischen Uebung im Lesen
und Kenntnis der Anfangsgründe der Grammatik (Piötz, Elementarbuch, Lect. 1 — 60).
Für die Michaelis- Aufnahme steigern sich die Forderungen für alle Klassen
um das Pensum des Sommerhalbjahres.
Die noch nicht confirmirten Schüler empfangen den Confirmations-Unterricht
vom Geistlichen der Anstalt und sind von diesem zu confirmiren. Dem Geistlichen
ist hierfür ein besonderes Honorar zu entrichten, dessen Höhe dem Ermessen der
Eltern etc. der Confirmanden überlassen bleibt.
Die eingeführten Lehr- und Uebungsbücher, welche in dem jährlich zu Ostern
erscheinenden Programm der Anstalt besonders aufgeführt werden, sind von der
Anstalt gegen Bezahlung zu beziehen.
Von den Alumnen wie von den Extranecm sind mitzubringen: ein voll-
ständiges Tischbesteok, drei Bettüberzüge, eine Decke über das Bett zu breiten,
Handtücher, Servietten und ein Beutel zur Aufbewahrung der schmutzigen Wäsche
einer Woche.
Es sind femer selbst zu beschaffen, können aber auf Wunsch auch hier
käuflich erworben werden: eine Matratze, eine Fries- oder Steppdecke, eine Feder-
decke für den Winter, sofern der Schüler an solche gewöhnt ist, und vollständiges
Waschgeschirr.
Bei der Aufnahme sind der Anstalt 30 Mark zu zahlen und ebensoviel beim
Abgange.
Die Meldung zum Abgange der Alumnen und Extraneer mufs spätestens
an den Kalender - Quartaistagen und zwar ein Vierteljahr vorher beim Erb-
Administrator oder dem Rector schriftlich eingegangen sein; sonst fallen die der
Anstalt und resp. den Lehrern zu zahlenden Pensionen des Kalender -Vierteljahres,
welches demjenigen folgt, in welchem die Abmeldung einging, den Eltern un-
bedingt noch zur Last.
Desgleichen sind Meldungen zum Uebertritt aus dem Alumnat in das Externst
und umgekehrt spätestens ein Vierteljahr vorher beim Erb-Administrator oder dem
Rector schriftlich anzubringen.
An Pensionen haben jährlich in vierteljährlichen Raten pränumerando zu
entrichten für Unterricht, ärztliche Behandlung, vollständige Beköstigung, Wohnung,
Heizung, Beleuchtung, Aufwartung, Stiefel- und Kleiderreinigung a) die Alumnen
ohne Freistelle: 760 Mark, b) die Alumnen mit Freistelle: 390 Mark, welche
Summe in Fällen besonders dringenden Bedürfnisses auf Verfügung des £rb-
Administrators herabgesetzt werden kann, c) die Extraneer: der Anstalt 32d Mark,
dem Lehrer, bei welchem sie Aufnahme gefunden haben, 1172 Mark; in Summa
1500 Mark.
Wird einem Schüler gestattet, bei seinen im Dorfe sefshaften Eltern zu
wohnen, was nur ausnahmsweise mit besonderer Erlaubnis des Erb- Administrators
geschehen darf, so sind für denselben in vierteljährlichen Raten pränumerando
jährlich 120 Mark an die Anstaltskasse zu zahlen.
Von den vorhandenen 30 Freistellen vergiebt der Erb-Administrator: 8,
die Wolmirstädt-Blauenhöfische Linie, vertreten durch Dr. jur. Heinrich Graf von
459
Witzleben-Altdobeni auf Altdöbem im Kreise Kalaa: 6, die Wolmintädt-Bothen-
höfische Linie, vertreten durch den König). PreuTsiBchen Kittmeister Edmund von
Witzleben auf Schlofs Moys bei Görlitz: 6, die Wartenburffische Linie, vertreten
durch den Oberstlieutenant Oskar von Witzleben in Baden-Baden: 10.
Die Gesuche um Freistellen sind unmittelbar an die genannten Herren
Gollatoren bezw. an den Erb- Administrator einzureichen.
Der Betrag der Ausgaben für Bücher, Schreibmaterialien, Wäsche, Kleider-
und Stiefelreparaturen, Briefporto u. dgl., sowie für Taschengeld, welches in der
Beffel für den Quartaner und Tertianer nicht über 1 Mark, für den Secnndaner
nicht über 1,50 Mark, für den Unter-Primaner nicht über 2 Mark, für den Ober-
Primaner nicht über 3 Mark wöchentlich betragen soll, ist von der Bestimmung
der Eltern und der Sparsamkeit der Schüler abhängig. Nach den bisherigen Er-
fahrungen genügen zu diesen Nebenausgaben jährlich etwa 200 Mark.
Die besondere Aufsicht über jeden Schüler, sowie auch über seine Ausgaben
für die persönlichen Bedürfnisse, die Auszahlung des Taschen- und Reisegeldes
wird von den damit von der Anstalt beauftragten Lehrern — den Tutoren —
ausgeübt. Diese schicken den Eltern resp. Vormündern am Schlüsse jedes Quartals
die Nachrichten über die Haltung ihrer Empfohlenen.
Den Eltern und Vormündern wird emp&hlen, ihre Söhne und Pflegebefohlenen
während der Ferien mit den nöthigen Kleidungsstücken und mit Schuhwerk aus-
zustatten und diese nicht hier anfertigen zulassen. Soll dergleichen trotzdem
und ausnahmsweise am hiesigen Orte angefertigt werden, so ist hierzu stets die
specielle schriftliche Erlaubnis der Eltern resp. Vormünder erforderlich.
Dagegen wird empfohlen, die Wäsche von den dazu bestellten und unter
ControUe gestellten Wäscherinnen hier waschen zu lassen. Soll die Wäsche
aufserhalb gewaschen werden, so mufs alle schmutzige Wäsche jeden Montag ab-
geschickt werden.
Bei der Aufnahme, sowie nach jeder Ferienreise, hat jeder Schüler ein
Verzeichnis seiner sämtlichen Habe in duplo vorzulegen. Ein Exemplar erhält
der Tutor, das andere hat der Schüler zu bewahren und Ab- und Zugang auf
demselben zu verzeichnen.
Eigenmächtiges Verkaufen, Vertauschen oder Verschenken von der Habe ist
mit den schärfsten Schulstrafen belegt und hat unter erschwerenden Umständen
die Entfernung von der Anstalt zur Folge.
Kein Schüler darf seine Kasse selbst verwalten. Diese Verwaltung ist
bezüglich der Alumnen dem Rendanten der Anstalt, bezüglich der Extraneer den
betreffenden Pensionsvätem übertragen, an welche sowohl die zu zahlenden Pensionen,
als die zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse erforderlichen Gelder zu ent-
richten sind.
Einer geordneten Kassenführung wegen ist es erforderlich, dafs die Eltern
resp. Vormünder so zeitig das erforderliche Geld einsenden, dafs am Schlufs jedes
Quartals bereits das Bedürfnisquantum für das nächste Quartal in der Kasse jedes
Schülers bereit liegt. Es ist deshalb angeordnet, dafs bei dem Eintritt eines
Schülers, aufser der Aufnahmegebühr von 30 Mark, die Pension gleich für ein
halbes Jahr und zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse ein Vorschufs von
100 Mark an den Redanten resp. an die Pensionsväter gegen Quittung zu ent-
richten sind. Am Schlufs jedes Quartals empfangen die £ltem resp. Vormünder
vom Rendanten durch Vermittlung des Tutors resp. von den Pensionsvätem die
Abrechnung nebst Belägen, und sind alsdann gehalten, innerhalb 10 Tagen nach
Absendung der Abrechnung die aus der Kasse des Schülers gemachten Ausgaben
voll zu ersetzen, sodafs die ursprüngliche Höhe des Kassenbestandes immer
wieder hergestellt wird, bis der Abgang des Schülers erfolgt, nach welchem die
Schlufsabrechnung resp. die Auszahlung des Kassenbestandes stattfindet. Die
durch die Abrechnungen und Geldsendungen entstehenden Portokost«n sind von
den Eltern resp. Vormündern zu tragen. Der Rendant empfängt für die
Kassenführung von jedem Alumnen vierteljährlich postnumerando 1,50 Mark aus
dessen Kasse.
Den Schülern direct Geld zu schicken, oder ihnen bei der Rückkehr von
den Ferien mehr als zur Bestreitung der Reisekosten erforderlich ist mitzugeben,
oder ihnen bei anderer Gelegenheit zukommen zu lassen, ist bei Vermeidung der
Entfernung des Schülers von der Anstalt gänzlich untersagt.
460
Desgleichen ist jede ZustelluDg you Efswaaren und G-etranken aller Art
yöUig verboten, und haben Zuwiderhandelnde die Entfernung des betreffenden
Schiüers zu gev^ürtigen.
Auf besonderen Wunsch kann mit ausdrücklicher und schriftlicher Zu-
Stimmung des Bectors ausnahmsweise das Taschengeld erhöht werden, und können
auf ärztliche, auch vom Anstaltsarzt anerkannte Vorschrift, mit ausdrücklicher
schriftlicher Zustimmung des Rectors stärkende Genufsmittel zugeschickt werden.
Solche Sendungen, wie auch die von Kleidungsstücken, Wäsche etc. müssen unter
Declaration des Inhalts an den Herrn Rector adressirt sein. Alle an Schüler
adressirten Packete und beschwerten Briefe müssen als unbestellbar zurückgewiesen
werden.
Die Ferien sind bis auf Weiteres zu Ostern auf 15 Tage, im Sommer auf
31 Tage (vom Sonnabend vor dem Montage, welcher dem 7. Juli am nächsten
liegt, bis zum Montage der fünften Woche), zu Michaelis auf 15 Tage, zu Weih-
nachten auf 15 Tage festgesetzt Zu den Ferien müssen sämtliche Schüler die
Anstalt verlassen.
Alle weitere Auskunft zu erteilen sind sowohl der Rector Professor
Neu mann wie der Unterzeichnete gern bereit.
Klosterschule Rofsleben, im Juli 1887.
Der Erb-Administrator. Arthur von Witzleben.
Bevldirteg Reglement für die Königllclie Waisen- nnd Scbnluistalt
(GjmnaBinm nnd Mittelgehnle) in Bnnzlau.
Die K. Waisen- und Schulanstalt, deren jedesmaliger Leiter auch der
Director des in unterrichtlicher und erziehlicher Hinsicht mit ihr dauernd Ter-
einigten K. Gymnasiums zu Bunzlau ist, hat die stiftungsmärsige Aufgabe, ihren
Zöglingen christliche und patriotische Gesinnung einzupflanzen und ihnen eine
dementsprechende Erziehung im Sinne der evangelischen Kirche zu Teil werden
zu lassen. Der Unterricht und die Ordnungen des Hauses sind darnach gestaltet
§ 1. Das Alumnat der Anstalt ist nicht nur für Erziehung und Unterricht
von Waisenknaben bestimmt, sondern nimmt auch andere Zöglinge und zwar teils
als Fundatisten, teils als Alumnen (Freischüler), teils als Pensionäre, teils ab
Stadtschüler auf.
^ 2. Für ihre erziehliche Leitung sind die Zöglinge in Familien geteilt,
deren jeder ein Lehrer des Waisenhauses mit seinen Gehilfen, Aufsehern etc.,
vorsteht
§ 3. Die Zöglinge erhalten den Unterricht im Gymnasium oder in der
Mittelschule, welche die Vorbildung für den Eintritt in das gewerbliche Leben
giebt Eine Verschiedenheit der Stellung der Zöglinge in der Anstalt ist dadurch
nicht bedingt Knaben, welche im elterlichen Hanse oder bei Familien in der
Stadt wohnen, können als sogenannte Stadtschüler an dem Unterrichte in der
Mittelschule und an den Arbeitsstunden der Zöglinge der Waisen- und Schulanstalt
teilnehmen; letzteres auch dann, wenn sie das Gymnasium besuchen.
§ 4. Für die körperliche Pflege der Zöglinge wird durch eine ihrem Alter
angemessene Beköstigung und Lebensordnung gesorgt Für erkrankte ZogUnge
ist ein besonderer Anstaltsarzt, sowie eine Diakonissin angestellt Die Pflege der
Kranken geschieht in einem besonderen Anstalts-Krankenhause.
6 5. Sämtliche aufzunehmende Knaben sollen in der Regel nicht unter 9,
nicht ÜDer 12 Jahre alt, dabei körperlich und geistig gesund, sittlich unbescholten
nnd für eine über die Ziele der Volksschule hinausgehende Bildung befähigt und
voi^ebildet sein. Schüler, welche das 12. Lebensjam? überschritten haben, können
nur ausnahmsweise und in dem Falle Aufnahme finden, wenn sie die Reife für
eine ihrem Alter entsprechende Klasse des Gymnasiums nachweisen und ihre bis-
herige Führung tadellos gewesen ist.
§ 6. Die an die Vorbildung der aufzunehmenden Zöglinge zu stellende
Anforderung richtet sich unter Berücksichtigung des Lebensaltm hinsichtlich der
Mittelschule nach dem amtlichen Lehrplane vom 15. Oct. 1872, hinsichtlich des
Gynmasiums nach dem allgremeinen Lehrplane vom 31. März 1882.
§ 7. Bei der Zuweisung der Zöglinge an eine der oben genannten Unter-
richtsanstalten (Gymnasien o&r Mittebchule) ist der Wunsch der Angehörigen
461
nach Möglichkeit zn berücknichtigen. Die Entscheidung darüber bleibt aber so-
wohl beim Eintritte als auch während der Dauer des Aufenthaltes in der Anstalt
dem Director (nach Mafsgabe der für die einzelnen Anstalten geltenden höheren
Bestimmungen) yorbehalten.
§ 8. Die Zahl der Waisenstellen beträgt jetzt 73, darunter 10 aus den
Gollecten-Erträgen. Von denselben werden a) 58 durch das K. Prov.Sch.G. für
Schlesien mit solchen Knaben besetzt, welche wirkliche Waisen (vaterlos) und in
Schlesien (einschliefslich der preufsischen Ober-Lausitz) geboren oder mit ihren
Eltern einheimisch geworden sind. Eine dieser Stellen kann hin und wieder
auch einem Waisenknaben aus Kottbus verliehen werden. b) 10 Stellen besetzt
des Herrn Ministers der geistl. etc. Angelegenheiten Excellenz und zwar ge-
wöhnlich mit Nichtschlesiern. c) 2 Stellen sind für Waisenknaben schlesischer
Postbeamten bestimmt und werden vom Keichspostamte in Berlin besetzt.
d) 1 Stelle ist für einen Waisen aus der preufsischen Ober-Lausitz bestimmt und
wird vom Landeshauptmann der Ober-Lausitz besetzt. e) 2 Stellen gehören der
Schäfterschen Familienstiftung.
§ 9. Die Zahl der sonstigen Beneficiatenstellen beträgt jetzt 63. Von
diesen sind a) 34 Königliche Alumnen- (Freischüler) Stellen, worunter 9 Stellen
aus den Gollecten-Erträgen. b) 12 Königl. Extra-Alumnenstellen, worunter 10
Stellen aus den Gollecten-Erträgen. Diese 46 Stellen sind für Söhne weniger
bemittelter Eltern aus der Provinz Schlesien (einschliefslich der preufsischen Ober-
Lausitz) bestimmt und werden von dem K. Prov.Sch.G. für Schlesien besetzt,
c) 13 Hilsesche Fundatisten-Stellen. Diese werden von dem K. Prov.Sch.O. für
Schlesien verliehen. d) 1 Freiherrlich von Richthofensche Fnndatistenstelle.
e) 1 Henkesche Fnndatistenstelle. f) 1 Rödersche Fundatistenstelle. g) 1 Graf
Hermannsche Fundatistenstelle.
§ 10. Die Aufnahme von Pensionären und Stadtschülem und die Dauer
ihrer Belassung in der Anstalt hängt von der Entscheidung des Direotors ab.
^11. Die Waisenknaben, der Graf Hermannsche und die Hilseschen
Fundatisten werden ganz kostenfrei in der Anstalt unterhalten.
§ 12. Den sonstigen Beneficiaten (§ 9), yrie den Pensionären wird von
der Anstalt Wohnung nebst den nöthigen Utensilien, Heizung, Beleuchtung, Kost,
Unterricht, ärztliche Behandlung, erziehliche Aufsicht und die allgemeine Haus-
bedienung gewährt. Hierfür zahlen die Alumnen (Freischüler) jährlich 54 Mk.,
die Extrar Alumnen 198 Mk., der von Bichthofensche Fundatist 18 Mk., die
Pensionäre, welche das Gymnasium besuchen, 500 Mk., diejenigen, welche die
Mittelschule besuchen, 450 Mk. Aufserdem erlegt ein jeder dieser Zöglinge beim
Eintritte 6 Mk. für die Bibliothek, 3 Mk. für die Erhaltung des Tischinventars,
6 Mk. für Instandhaltung resp. Erneuerung der Wohnungs -Utensilien. Für
Wäsche, Bekleidung, Bücher, Schreibmaterialien, Medicamente, Taschengeld u. dergl.
haben die Angehörigen aller dieser Zöglinge zu sorgen und zu diesem Behufe den
betr. Lehrer, dessen besonderer Obhut der Knabe übervriesen ist, zu Beginn des
Quartales mit ausreichendem Geldvorschusse, dessen Verbrauch von demselben
den Angehörigen nachgewiesen wird, zu versehen. Erfahrungsmäfsig betragen die
sog. Nebenkosten bei der Mehrzahl jährlich c. 120 bis 150 Mk.; es wird Sorge
dafür getragen, dafs die Nebenkosten möglichst beschränkt werden.
§13. Stadtschüler, welche am Unterrichte in der Mittelschule teil-
nehmen, zahlen jährlich 54 Mk. Schulgeld und beim Eintritte 6 Mk. für die
Bibliothek. Für die Teilnahme an den Arbeitsstunden des Waisenhauses haben
alle Stadtschüler, sei es, dafs sie die Mittelschule oder das Gymnasium besuchen,
ebenfalls jährlich 54 Mk. zu entrichten. Ueber die Zulassung zu den Arbeits«
stunden entscheidet der Director.
§ J4. Die in § 12 und 13 al. 1 aufgeführten Beträge müssen an die K.
Waisen- und Schulanstaltskasse vierteljährlich vorausbezahlt werden.
§ 15. Privatunterricht in den eigentlichen Schuldisciplinen ist grundsätzlich
ausgeschlossen. Nur ausnahmsweise und unter ganz besonderen Verhältnissen,
welche störend auf die Entwickelung einzelner S^glinge eingewirkt haben, darf
derselbe genommen werden, und es ist dazu jedesmal die besondere Erlaubnis des
Directors nöthig Der Turnunterricht, an welchem alle Zöglinge teilzunehmen
verpflichtet sind, wird unentgeltlich erteilt. Auch in der Musik werden die in
§ 11 aufgeführten Beneficiatc^ event. von dazu qualificirten Seminaristen nnen1>
462
Seitlich tmterriohtet, sofern sie Beföhigung dazu zeigen. Von anderen Zöglingen
es Waisenhauses kann gegen vorher eingeholte Erlaubnis Privatunterricht in der
Musik genommen werden. — Für den Unterricht im Schwimmen, falls die Teil-
nahme daran von den Angehörigen gewünscht wird, zahlt jeder Zögling an den
Schwimmlehrer jährlich 3 Mk. Die im § 11 aufgeführten Beneficiaten werden
auch im Schwimmen unentgeltlich unterwiesen.
§ 16. AuTserordentliche Abgaben an die Anstalt oder an in derselben irgend-
wie wirkende Personen finden nicht statt. Auch Geschenke, zumal solche, welche
an G-eburtstagen der Lehrer, zu Weihnachten oder sonst regelmäfsig wiederkehren
möchten, werden verboten. Dagegen wird beim Abgange jeder Zögling, — mit
Ausnahme der Waisenknaben — für das Abgangszeugnis, welches er von der An-
stalt empfängt, einen Geldbetrag von beliebiger Höhe zu der Jubiliäumsstiftong
behufs Gründung neuer Waisenstellen beitragen.
§ 17. Die Meldungen zur Aufnahme in die Anstalt werden bei dem
Director gemacht, und zwar für die Beneficiatenstellen im September, für Pen-
sionäre und Stadtschüler im Januar. Hiervon sind ausgenommen die Bewerbungen
um die unter § 8 b angeführten 10 Waisenstellen, welche durch die vorgesetzte
K. Bezirksregierung an des Herrn Cultusministers Excellenz zu richten sind. Für
die unter § Sc angeführten 2 Post- Waisenstellen sind die Bewerbungen bei bem
Beichs - Postamte einzureichen , für die unter § 8 d angeführte Ober - Lausitzer
Waisenstelle bei dem Landeshauptmanne der Ober-Lausitz. Die Vorschläge zur
Besetzung für die unter § 8 e angeführten 2 Waisenstellen und für die unter § 9 d,
e, f, g angeführten Fundatisten - Stellen gehen von den testamentarisch zunächst
berechtigen Verwandten aus und werden durch den Director dem Prov.Sch.C. zur
Genehmigung unterbreitet Für die unter § 9 e angeführte Henkesche Fun-
datisten-Stelle sind die Bewerbungen an das Pfarramt zau Kotzenau zu richten.
§ 18. Der Aufnahme-Termin ist in der Regel Ostern jedes Jahres.
Doch können auch zu andern Zeiten innerhalb des Schuljahres, falls die Räumlich-
keiten es zulassen, ausnahmsweise Zöglinge aufgenommen werden.
il9. Bei der Meldung sind folgende Atteste einzureichen: 1. Für
nahen und solche Hilsesche Fundatisten, deren Väter nicht mehr leben:
a) der Totenschein des Vaters mit Angabe des Vormundes, b) die Geburts-
urkunde und das Taufzeugnis des betr. Knaben, c) dessen Schulzeugnis nebst
Probearbeiten in Deutsch (Abschrift, deutsch und lateinisch, Dictat event. Auf-
satz) und Rechnen, event. Latein und Französisch. Probearbeiten sind nicht ein-
zureichen, wenn der Knabe einer anerkannten höheren Lehranstalt angehört, d) der
Lnpfschein event. Wiederimpfschein, e) das Gtesundheits- f) das BedüHTtigkeits-
Attest. 2. Für Alumnen (Freischüler), Extra-Alumnen und solche Hilsesche
Fundatisten, die nicht Waisen sind, sind die vorstehend unter b — f, 3. für Pen-
sionäre und Stadtschüler die unter b~e angeführten Atteste erforderlich.
§ 20. Die Listen der angemeldeten Waisenknaben, Alumnen (Freischüler),
Extra-Alumnen und Hilseschen Fundatisten werden von dem Director im November
jedes Jahres dem K. Prov.Sch.C. mit seinen Vorschlägen eingereicht, welches die
für den nächsten Oster-Termin aufzunehmenden Beneficiaten der bezeichneten
Kategorien auswählt und den Dir. mit der Einberufung derselben beauftragt
Die Eltern und Vormünder dieser ausgewählten Knaben haben spätestens vier
Wochen nach Empfang der desfallsigen Benachrichtigung der Direction die schrift-
liche Erklärung abzugeben, dafs sie das verliehene Benencium für den betr. Knaben
annehmen und denselben zu der bestimmten Zeit der Anstalt zuführen wollen.
Wird dies unterlassen, so erlischt das Beneficium für den ausgewählten Knaben,
und an Stelle desselben wird ohne weitere Rückfrage einer der von der Behörde
ernannten Reservisten einberufen. Solchen Knaben, deren Sittlichkeit, Bildung
oder Gesundheitszustand bei der Ueberbringung den früher eingereichten Berichten,
Probearbeiten und Gesundheitsattesten nicht entspricht, kann nach Mafsgabe der
Verhältnisse die Aufnahme vom Dir. versagt werden.
§ 21. Falls die Mutter eines angemeldeten Waisenknaben sich wieder ver-
heiratet, so ist die Anzeige sofort dem Dir. zu machen, welcher solche Meldlinge,
da sie aufgehört haben, wirkliche vaterlose Waisen zu sein, der Behörde nicht
mehr zur Au&ahme in Waisenstellen vorschlagen darf. Erfolgt die Wiederver-
heiratung einer solchen Mutter während des Aufenthaltes ihres Sohnes in der
Anstalt, so ist auch hiervon sofort Anzeige zu machen, und es erlischt das gewahrte
463
Benefioium in der Regel je nach den besonderen Umständen entweder sofort oder
spätestens mit dem zunächst folgenden Ostertermine.
§ 22. Die Entscheidung über sämtliche in einem Jahre aufgesammelte
Gesuche gilt zunächst als abschliefsende Erledigung derselben. Im folgenden Jahre
müssen daher solche Knaben, für welche die Aufnahme noch femer gewünscht
wird, rechtzeitig aufs Neue wieder gemeldet werden.
§ 23. Jeder Waisenknabe, der Graf Hermannsche und jeder Hilsescfae
Fundatist hat mindestens mitzubringen: Einen vollständigen, guten, tuchnen
Anzug (nebst dazu gehörigen Zeugresten zu Ausbesserungen), eine Mütze, ein Paar
Stiefel, 4 gute Hemden, 3 Paar wollene und 3 Paar baumwollene oder zwimene
Strümpfe, 6 Taschentücher, einige Vorhemdchen oder Kragen, 2 Halstücher,
3 Servietten, ein Paar schwarzlederne Schlafschuhe, ein Taschenmesser, ein Feder-
kästchen, eine Zahnbürste, einen kleinen Spiegel, Kämme, eine Büchertasche, einen
Begenschirm und einiges an baarem Gelde, welches der Familien- Vorsteher auf-
bewahrt und bei besonderen Gelegenheiten zu kleinen Ausgaben verabreicht.
Für das üebrige und später Nöthige sorgt die Anstalt, welche auch beim Abgange
jeden der erwähnten Zöglinge mit fast allen oben angeführten Sachen in zum
gröfsten Teile neuem Zustande wieder ausstattet. Für die spätere Abholung und
Unterbringung der abgehenden Zöglinge haben die Angehörigen zu sorgen; auch
haben dieselben die Kosten der Ferienreisen zu tragen.
§24. Pensionäre, Alumnen (Freischüler), Extra - Alumnen und die in
§ ?3 nicht genannten Fundatisten müssen mitbringen und auf ihre Kosten
in gutem Stande halten oder erneuern: a) An Betten: Ein leichtes vollständiges
Gebett (womöglich eine Matratze statt des Unterbettes), eine wattirte Decke für
die Sommermonate und einen Strohsack. Stroh und Bettstelle gewährt die Anstalt,
b. An Wäsche: Aufser der nöthigen Bett- und Leibwäsche, zum Wechseln für
3—4 Wochen ausreichend, einige Servietten, 4—6 Handtücher, 6 Vorhemdchen
oder Kragen, 3 Paar wollene, ebensoviel zwimene oder baumwollene Strümpfe,
2 Schürzen zum Vorbinden beim Beinigen der Stiefel, 2 Abwischtücher und ein
Paar Badehosen. c) An Kleidern: Doppelte Sommer- und doppelte Winter-
kleidung (nebst dazu gehörigen Zeugresten zu Ausbesserungen), einfach und dauer-
haft, gefällig, ohne irgend etwas Auffallendes zu haben; Mantel oder Paletot oder
Ueberziehrock, eine Hausjacke fnicht Schlafrock), wenigstens 2 Paar g^te Stiefel,
eine Mütze, ein Paar schwarzleaeme Schlafschuhe und ein Paar Handschuhe für
den Winter. d) An verschiedenen Geräthen: Messer, Gabel und Löffel in
dauerhaftem Futterale, ein Trinkglas, eine Tasse mit Theelöffel, ein Taschen-
messer, eine Scheere, 3 Schuhbürsten, eine Zahnbürste, Kleiderbürste, einen kleinen
Spiegel, Kämme, Haarbürste, ein Seifenläppchen, ein Federkästchen, Mähnadeln,
Zwirn, ein Geldtäschchen, Büchertasche, Regenschirm. Die unter d angeführten
Gegenstände können, ebenso wie die zum Exerciren nöthige Militärmütze, hier
gekauft werden. Auch können die nothwendigen Schulbücher nach Mafsgabe der
Klasse, welcher die einzelnen Zöglinge zugewiesen worden, hier angeschafft werden.
Sämtliche Sachen müssen, soweit dies thunlich, mit dem Namen und . der Anstalts-
nummer des betr. Zöglings bezeichnet sein. Auch mufs ein genaues Verzeichnis
aller mitgebrachten Sachen sogleich beim Eintritte dem betr. Familien-Vorsteher
übergeben werden. An Geld ist zu den nöthig«n Auslagen beim Eintritte des
Knaben ein angemessener Vorschufs dem betr. Familien-Lehrer gegen Quittung
einzuhändigen. (§ 12.)
§ 25. Die Ferien der Anstalt fallen mit denen des Gymnasiums zusammen.
Alumnen (Freischüler), Extra-Alumnen, Fundatisten und Pensionäre dürfen wäh-
rend der Ferien nicht in der Anstalt verbleiben, auch für die Waisenknaben ist
das Verreisen Begel.
§ 26. Den Abgangstermin bestimmt der Director für sämtliche Bene-
ficiaten (§p 8 und 9) : doch sollen sie der Begel nach in der Anstalt verbleiben
können, bis sie das Ziel der Schule, welche sie besuchen, erreicht haben. Jedem
Benefioiaten kann, falls er sich durch tadelnswerthes Verhalten oder ünfleifs im-
würdig zeigt, das Beneficium durch Beschlufs des Lehrer-Colleg^ums des Waisen-
hauses sofort oder nach Ablauf einer bestimmten Zeit entzogen werden.
Die Confirmation der Zöglinge erfolgt in der Regel nach zurückgelegtem
15. Lebensjahre.
464
§ 27. Der freiwillige Abgang von Pensionären und StadtschfUem kann nur
am SchlnBse eines Schnlqnartals erfolgen und ist drei Monate vorher dem Dir.
anzuzeigen. Falls dies unterbleibt, müssen die Leistongen an die Kasse noch for
das nächste Schnlqnartal gezahlt werden.
Das vorstehend revidirte Reglement wird mit Genehmigung des Herrn
Ministers der geistl. etc. Ang. hierdurch von uns bestätigt.
Breslau, den 25. Juli 1887. K. Prov.Sch.C.
Nachträge.
Die rOroischen Zahlen beseichnen Abteilung (oder Band).
I S. XVI. Verbesserung. Dr. Falk vom 22. Jan. 1872 bis zum 13. Juli 1879.
I S. 8- 1* Se. Maj. der Kaiser und König haben mittels Allerh. 0. v. 21. Febr.
1887 zu genehmigen geruht, dsiTs der Provinzial - Schulrath Dr. Rothfuchs zu
Münster nebenamtUch die Beaufsichtigung der Fürstlich Lippeschen Gym-
nasien zu Detmold und Lemgo übernehme. Die gleiche Erlaubnis war auch dem
Amtsvorgänger des Dr. Rothfuchs, Provinzial - Schulrath Dr. Probst zu Munster
erteilt.
2. Ebenso ist seit dem Jahre 1876 dem Provinzial -Schulrath Dr. Todt zu
Magdeburg nebenamtlich die Beaufsichtigung der drei höheren Lehranstalten im
Herzogtume Sachsen-Altenburg, der Gymnasien zu Altenburg und Eisen-
berg sowie der höheren Bürgerschiüe zu Altenburg, übertragen.
I S. 0. C.Verf. v. 13. Mai 1886. „Durch den Erlafs v. 10. Aug. 1837
Nr. 19813 bezw. v. 11. Sept. 1843 Nr. J8434, sind die K. Prov.Sch.CC. aufgefordert,
von den Ihrerseits erlassenen Gircular- Verfügungen drei Exemplare an die
Geh. Registratur des Ihnen vorgeordneten Ministeriums einzusenden^ Diese
Aufforderung ist unter dem 6. Jan. 1859 B. 102 aus Anlafs der Herausgabe des
Centralblattes für die gesamte Unterrichts- Verwaltung erneuert und unter dem
13. Dec. 1875 ü. III. 1397 in Erinnerung gebracht worden. Die Ausföhrung
dieser Verordnungen ist gegenwärtig eine sehr ungleichmäfsige. Von einzelnen
K. Prov.Sch.CC. werden, ohne Einhaltung der schon ursprünglich bezeichneten Be-
schränkungen, alle dortseits erlassenen Circ-Verff. eingereicht, auch diejenigen,
welche nur die üebermittelung einer diesseitigen Circ.-Verf. an die Schulanstalten
ihres Bereiches sind ; andere Prov.Sch.CC. beschränken sich auf die Mitteilung der
Ferienordnung des betr. Jahres oder nehmen von der fraglichen Einsendung über-
haupt Abstand. Durch besondere Anlässe sehe ich mich bestimmt, die Verordnung
in der insbesondere durch den Erlafs vom 11. September 1843 bezeichneten Be-
^enzung in Erinnerung zu bringen. Hiemach sind diejenigen CircVerff. des
K. Prov.Sch.C. von der Einreichung ausgeschlossen, welche nur zur üebermittelung
der diesseitigen CircVerff. an die nachgeordneten Behörden dienen. Dagegen sind
von deigenigen CircVerff., welche aus der eigenen Liitiative und Competenz des
K. Prov.Sch.C. hervorgehen, unter anderen auch von deigenigen, durch welche
Lehrbücher, Lehrmittel und dgl. empfohlen werden, drei Exemplare unter Couvert
ohne Bericht an die Geh. Registratur meines Ministeriums einzureichen. Ich
sehe der vollständigen Ausfühning dieser Anordnung entgegen.*' von Gofsler.
I S. 16fg. CVerf. v. 9. Oct. 1880. „Das mit den Entwürfen
für die Etats höherer ünterrichtsanstalten hierher eingereichte Material ist
nicht in allen Fällen ohne Weiteres genügend gewesen, um eine eingehende Prfiftmg
der Etats nach der Richtung hin sni ermöglichen, ob, bezw. in welchem Umfange
die staatlichen Bedürfniszuschüsse fortzubewilligen sind. Für eine solche Prüfung
ist es mindestens erforderlich, dafs die Vorlagen ^enau ersehen lassen, in wie
vielen Klassen der Unterricht bei jeder Anstalt stattfindet, wie grofs die Frequenz
der einzelnen Klassen während der der Etatsaufstellung vorangegangenen 4 bis
6 Schulsemester gewesen ist und in welchem Mafse die Heranziehung von Hül&-
465
kräften neben dem etatsmäCsigen Lehrerpersonale als unbedingt nothwendig sich
ergiebt. Die K. Proy.Sch.CC. beauftrage ich, in Zukunft darauf zu achten, dafs
die Etatsentwürfe bezw. die Etatsbeläge die angegebenen Punkte berücksichtigen.'^
Der Min. d. geisti. etc. Ang. Im Auftr.: Greiff.
C.Verf. V. 21. Oct. 1880. „Auf den Bericht vom 13. d. M. erwidere ich
dem E. Prov.Sch.C, dafs die Final- Ab Schlüsse der staatlichen, und die Bech-
nungs-Becapitulationen der stiftischen und städtischen Gymnasien etc.,
nachdem jetzt die etatsmäfsigen Bedürfniszuschüsse den Anstalten unverkürzt ver-
bleiben, im Wesentlichen einen informatorischen Zweck insbesondere bezüglich des
etwa zu Mehrausgaben disponibeln Bestandes haben. Ich mufs deshalb wünschen,
die Final- Abschlüsse, resp. Rechnungs-Becapitulationen möglichst bald nach dem
Jahres-Eechnungsschlusse zu erhalten, da die Rechnungs-Resultate des abgelaufenen
durch die Veränderungen des neuen Rechnungsjahres stets mehr oder weniger
modificirt werden. Ich vermag daher die in der C.Verf. v. K». Juli c (U. II. 2040.)
vorgeschriebenen Einreichungs-Termine um so weniger weiter hinauszurücken, als
auch dazu bezüglich der stiftischen und städtischen Anstalten eine sachliche Noth-
wendigkeit nicht vorliegt.
In der Circ-Verf. v. 9. Aug. v. J. ist angeordnet, dafs Abschrift der Jahres-
Rechnung der stiftischen und städtischen Anstalten spätestens 3 Monate nach dem
Final- Abschlüsse, also bis 1. August jedes Jahres, dem K. Prov.Sch.C. eingereicht
werden soll. Wenn nun in der C.Verf. vom 10. Juli c. nachgelassen ist, dafs die
Abschriften der Recapitulationen der Rechnungen der stiftischen und städtischen
Anstalten erst zum 1. Oct. jedes Jahres hierher einzureichen sind, so liegt zwischen
diesem und dem vorerwähnten Termine eine Frist von 2 Monaten, welche zur
Fertigung und Abseudung der lediglich einen kurzen Auszug der Rechnungen dar-
stellenden Recapitulationen vollkommen ausreichend erscheint. Ich bemerke, dafs
nach dem Circ.Erlasse vom 4. April 1(S77 (G. III. 1289. M. 1678.) sogar diejenigen
Special-Rechnungen, welche zur Revision an die K. Ober- Reclmungskammer
gehen, bereits vorrevidirt snccessive bis 1. Oct. jedes Jahres an die genannte Be-
hörde einzureichen sind. Von der Erledigung etwaiger Erinnerungen und Er-
teilung der Decharge darf, wenn die Ordnung aufrecht erhalten werden soll, die
Einreichung der Abschrift der Rechnung an das K. Prov.Sch.C. nicht abhängig
gemacht werden, da erfahrungsmäCsig nicht selten Erinnerungen vorkommen, welche
nach Art. 'J'2 des Kassen-Regulatives vom 17. März 1828 erst durch die folgende
Rechnung erledigt werden können. Es wird sich empfehlen, wenn das E. Prov.Sch.C.
die stiftischen und städtischen Verwaltungen ersucht, mit der Abschrift der Rechnung
auch Abschrift des RevisionsprotokoUes einzureichen oder kurz sich darüber zu
äufsem, welche Erinnerungen bei Revision der Rechnung gezogen sind und was
zur Erledigung derselben voranlafst ist.'*
I S. 16. C.Verf. v. 8. Dec. 1874. „Ich wünsche, dafs in Zukunft in
den Entwürfen zu den Etats für die höh. Ünterrichtsanstalten bei dem Titel V
der Einnahme neben der Gesamtfrequenz stets auch die Zahl und die Frequenz
der einzelnen Klassen angegeben werde, um bei der Feststellung der Etats leichter
übersehen zu können, ob die in den letzteren vorgesehenen Lehrkräfte dem wirk-
lichen Bedürfnis entsprechen ..." Der Min. d. geist. etc. Ang. Im Auftr. Greiff.
I S. S9. Mit dem Wegfall eines staatlichen Bedürfniszuschusses fällt auch
die Veranlassung zur Ausübung staatlicher Compatronatsrechte fort. Vgl. Min. Verf.
V. 30. Dec. 1876. C.Bl. 1877 S. 19.
I S 80- Min. Verf. v. 19. Apr. 1886. „Dem Magistrate erwidern wir auf
das an mich, den Minister der geisti. etc. Ang., gerichtete Gesuch vom 7. Dec. v. J.,
dafs, wie in dem Bescheide des Herrn Oberpräsidenten vom 31. Oct, 1885 richtig
hervorgehoben ist, die höh. Schulen lediglich unter der unmittelbaren Aufsicht der
K. Prov.SchulcoUegien stehen und daher die das Patronat über eine solche ver-
tretenden Behörden, sowohl die etwa hierfür besonders eingesetzten Curatorien,
Commissionen, als auch die das Patronat in allen oder einzelnen Beziehungen un-
mittelbar verwaltenden städtischen Magistrate in diesen Angelegenheiten den K.
Prov.SchulcoUegien untergeordnet sind und letztere als die ihnen vorgesetzte Auf-
sichtsinstanz zu betrachten haben. Die Bestimmungen der Städte-Ordnung finden
auf die Verwaltung der städtischen höh. Schulen keine Anwendung, da diese nicht
Wieae, Verordnungen. 11. 30
466
wie sonstige communale Schulen oder andere Einrichtungen lediglich einen Tdl
der städtischen Verwaltung hilden, sondern für sich bestehende juristische Personen
unter dem Patronate der Stadt sind, wie denn auch die Lehrer an denselben nicht
zu den Communalbeamten zählen. (§ 54 11 12 Allg. Land-Rechts, Erlals Tom
23. April 1864.*) Das E. Proy.Sch.C. war daher berechtigt, nicht nur auf die
Abstellung der im vergangenen Jahre constatirten und zum Gegenstande wieder-
holter Verhandlungen gemachten baulichen Mifsstände an der Turnhalle des dor-
tigen Gymnasiums event. sogar unter Androhung disciplinarischer Mafsregeln zu
dringen (cf. ErL vom 30. December 1874 Centr.-Blatt f. d. gesamte Ünt.-Verw.
etc. 1875 S. ^8), sondern auch für die dem Patronate erstatteten Berichte die Beob-
achtung der für die Berichte nachgeordneter Behörden yorgeschriebenen Formen
zu verlangen/'
Der Min. d. Linem von Puttkamer. Der Min. d. geistl. etc. Ang. von Gofsler.
I. S. »2. Min. Verf. v. ^6. Oct. 1886. „Auf den Bericht vom
2. August d. J. erwidere ich der E. Begierung, dafs ich im Allgemeinen
mit dem von Ihr beobachteten Verfahren bezüglich der Erteilung von Con-
cessionen an Privat- und Hauslehrer bezw. Lehrerinnen, sowie an Erzieher und
Erzieherinnen einverstanden bin. Ich nehme jedoch Veranlassung, wegen der
Stempelpflichtigkeit der nach den Bestimmungen der Ministerial- Instruction t.
3J. Dec. J8;^9 zu erteilenden Erlaubnisscheine die K. Regierung zur Beachtung
in künftigen Fällen auf den Ministerial-Erlafs vom 30. April 1841 (Minist. Bl f.
d. i.V. 1811 S. 139-140) hinzuweisen, worin darauf aufmerksam gemacht ist, dafs
unter ünständen zu den fraglichen Erlaubnisscheinen auch die Verwendung des
niedrigeren Stempels von 5 Sgr. oder 50 Pf. statt des Stempels von 15 Sgr. oder
1 Mk. 50 Pf. genügt. Im Liebrigen wolle die E. Begierung in Erwägung nehmen,
ob es sich nicht empfiehlt, für die den Hauslehrern, Erziehern und Erzieherinnen
etc. zu erteilenden Erlaubnisscheine eine Form zu wählen, welche die Concession
zur Unterrichtserteilung allgemein für den ganzen Begierungs-Bezirk ausspricht,
so dafs die beteiligten Personen beim Uebergange von einer Stelle zur andern
innerhalb des Kegierungs-Bezirkes der jedesmaligen Nachsuchung eines neuen Er-
laubnisscheines und der damit verbundenen Entrichtung des Stempelbetrages über-
hoben sind." Der Min. d. g. etc. Ang. Im Auftr.: de la Croix.
I. S. 86. Min.Verf. v. 28. Febr. 1887. „Aus dem Berichte des K. Prov.
Sch.C. V. 17. Jan. d. J. habe ich mit Befriedigung ersehen, dafs auf dortseitige
Anregung die Gewerbekammer der Provinz Westpreufsen in den Sitzungen vom
23.-24. Nov. d. J. über die Frage der Errichtung von Bealschulen bezw. höheren
Bürgerschulen ohne Latein verhandelt und mit grofser Majorität die Resolution
gefafst hat : tiDie Gewerbekammer erkennt die Errichtung lateinloser höhe-
rer Schulen mit mindestens sechsjährigem Gursus als eindringendes
Bedürfnis an und erachtet es als wünschenswerth, dafs in gröfseren Städten mit
einem solchen Beispiele vorgegangen wird.**
Nicht ohne Zusammenhang mit diesen Verhandlungen werden, wie ich ans
dem Berichte des E. Prov.Sch.C. weiter entnehme, zur Zeit von den städtischen
Collegien dreier gröfserer Orte Berathungen über die Gründung einer höh. Bür-
gerschule gepflogen, und es sind mit Rücksicht hierauf Anfragen an das £. ProT.
Sch.C. ergangen, welche sich auf die Militärberechtigung solcher Anstalten und
auf die Sicherheit der ersten, ihren Cursus absolvirenden Schüler beziehen, dals
ihnen nach abgelegter Reifeprüfung die wissensch. Befähigung zum einj. freiw.
Militärdienste auch wirklich und rechtzeitig zuerkannt werde.
Es hat mich überrascht, dafs nach Publication des diesseitigen Erlasses
V. 21. Sept. 1878 (I S. 156), der seinerseits auf einem unter dem 31. März 1878 an
die deutschen Bundesregierungen gerichteten Schreiben des Beichskanzler-Amtes
beruht, Zweifel jener Art überhaupt noch auftauchen können. Denn in jenem Er-
lasse ist eingehend und unter Bezeichnung der zu erfüllenden Bedingungen dar-
gelegt worden, dafs den höh. Btlrgerschulen die Erlangung der Militärberechtigang
in äasse C des § 90 der deutschen Wehrordnnng grundsätzlich sichergestellt
sei. Die thatsächliche Zuerkennung an die einzelne Anstalt durch das Beichs-
amt des Innern erfolgt allerdings immer erst dann, wenn die Anstalt bis zu ihrem
*) 8. Abt. n. S. 271
467
Abschlösse entwickelt, und wenn dnrch amtliche Beyision und die Ergebnisse der
ersten Abgangsprüfung nachgewiesen ist, dafs sie ihrer Aufgabe entspricht. Erst
dann kann diesseits die Anzeige an das Beichsamt des Innern ergehen, dafs die
Schule als höh. Bürgerschule anerkannt sei, worauf die Einstellung derselben in
die Klasse C der rnÜitärberechtigten höh. Lehranstalten und zwar mit rückwir-
kender Kraft für diejenigen SchtUer, welche die erste Abgangsprüfung bestanden
haben, erfolgt. Dieser Hergang gilt in gleicher Weise wie für die höh. Bürger-
schulen auch für die unter Klasse A~B gehörigen Gymnasien, Progymnasien u. s. w.
Auch dieser Kategorie von Lehranstalten ist die Erlangung der Militärberechtigung
durch principiell festgestellte Norm gesichert. Die thatsächliche Zuerkennung an
die einzelne neu entstehende Anstalt aber kann erst erfolgen, wenn sie bis zu dem
Punkte entwickelt ist, wo die Militärberechtigung in Fn^e kommt, und wenn sie
dann den Torgeschriebenen Anforderungen entsprochen hat. Die Schüler einer
neugegründeten höh. Bürgerschule haben also für die Erreichung ihres Zieles die-
selbe Sicherheit, wie die Schüler eines neuentstehenden Gymnasiums oder Pro-
gymnasiums.
Der Yorgedachte Erlafs v. 21. Sept. 1878 teilt auch auf Grund des an die
deutschen Bundesregierungen gerichteten Schreibens des Beichskanzler- Amtes vom
.'U. März 1878 die bestimmten Bedingungen mit, welche zur Erlangung der Militär-
berechtigung Ton den höh. Bürgerschulen bezüglich der Lehrdauer, der Klassenzahl,
des Lehrplanes, des Lehrerpersonales u. s. w. zu erfüllen sind. Was die ersten
Punkte betrifft, so sind dieselben für Preufsen inzwischen dadurch ergänzt worden,
dafs mit den unter dem 31. März 1882 (I- S. 110) publicirten Lehrplänen für die
höh. Schulen auch ein Normalplan für solche Schulen festgestellt ist, welche in
sechsjähriger Lehrdauer — vom 9. Lebensjahre der Schüler gerechnet — unter
Ausschlufs des lateinischen Unterrichtes zu einer bestimmten und nicht auf die
Fortsetzung durch weiteren allgemeinen Unterricht hinweisenden Abschlüsse führen.
— In Betreff der Lehrer solcher Schulen ist in dem gedachten Erlasse bestimmt,
dafs der Dirigent der Anstalt und mindestens die Hälfte der Lehrer akademische
Bildung besitzen und die Prüfung für das höh. Lehramt abgelegt haben müssen;
während für die übrigen der Nachweis der Lehrbefähigung auf Grund seminarischer
Vorbildung genügt. Hiennit ist für die Verwendung seminarisch gebildeter Lehr-
kräfte ein gröfserer Spielraum gelassen, als dies bei den übrigen Kategorien höherer
Lehranstalten der Fall ist.
Bezüglich der Besoldungen der akademisch gebildeten Lehrer giebt der ge-
dachte Erlafs für preufsische höhere Bürgerschulen einen festen Anhalt, indem er
es für erstrebenswerth erklärt, dafs der Besoldungsetat für die Lehrer von Uni-
versitätsbildung demjenigen der Progymnasien (cf. Erlafs vom 1. August lö73
(IIS. 291) wenigstens annähernd gleichkomme. Diese Annäherung wird allerdings
eine möglichst vollständige sein müssen, wenn den höh. Bürgerschulen ein woM-
qualificirtes Lehrerpersonal gesichert werden solL In Betren der seminaristisch
vorgebildeten Lehrer füge ich hinzu, dafs es auch hier im Intesesse der Anstalten
liegt, sich aus dem Kreise der Elementarlehrer die tüchtigsten Lehrkräfte aussuchen
zu können, und dafs es sich daher empfiehlt, solche Lehrer günstiger zu stellen,
als sie durchschnittlich an den Volksschulen stehen.
In allen bisher erwähnten Beziehungen bestehen also Normen, auf Grund
deren eine Stadt, welche eine höh. Bürgerschule errichten will, die aufzuwendenden
Kosten im Voraus überschlagen kann. Gleich feste Normen lassen sich in Bezug
auf die Baulichkeiten und ihre Ausstattung der Natur der Sache nach nicht all-
gemein aufstellen. Es empfiehlt sich daher, dafs die Städte, um späteren Differenzen
vorzubeugen, noch vor der Eröffnung der betr. Schule sich über das, was sie in
dieser Hinsicht leisten können und wollen, gegenüber der Unterrichtsverwaltung
äufsem und eine Verständigung mit derselben suchen. Die Unterrichtsverwaltung,
weit entfernt, übertriebene AiSörderungen zu stellen, wird vielmehr wie bisher so
auch in Zukunft volles Entgegenkommen zeigen, wenn sie auch auf das nicht ver-
zichten kann, was im gesun^eitlichen Interesse der Schüler und zur Erreichung
der Unterrichtszwecke nnerläfslich ist. Findet aber die Verständigung mit der
Unterrichtsbehörde in dieser Hinsicht rechtzeitig statt, so fällt jeder Grund zu der
Besorgnis fort, dafs die Anerkennung der Schule und die Zuerkennung der Militär-
berechtigung an dieselbe irgendwie auf Hindemisse stefsen oder eine Verzögerung
erleiden könne.
30*
468
In dem amtÜchen Verzeichnisse der militärberechtigten höh. Lehranstalten
(CBl. 1886 S. 368) befinden sich in der Klasse C gegenwärtig 79 öffentliche höhere
Bürgerschulen ohne Latein, von welchen 33 auf Baiem und 19 auf das Königreich
Sachsen, auf Preufsen dagegen nur '^^0 fallen. In Westpreufsen giebt es überhaupt
noch keine solche Anstalt ; alle Schüler, welche eine über die Elementar- und Mittel-
schule hinausgehende Bildung suchen, müssen in ein Gymn. oder Realgymn. ein-
treten. Mit Becht hat der Commissar des K. Prov.Sch.C. in der Sitzung der (ie-
werbekammer auf den grofsen Mifsstand hingewiesen, der darin liegt, dafs nach
dortiger Erfahrung gegen 1000 solcher Schüler aus den dortigen Gymnasien oder
Realgymnasien bezw. Progymnasien und Realgymnasien ausscheiden, um in du
praktische Leben zu treten, ohne dafs sie — bei unvollendetem Lehrcnrsus — aas
den classischen Sprachen, denen sie bisher die meiste Zeit und Kraft gewidmet
hatten, die rechte Frucht gewinnen konnten. Sie würden eine in sich abge-
schlossene und für ihren Lebensberuf meist zweckmäfsigere Vorbildung erhngt
haben, wenn sie den Lehrgang einer höh. Bürgerschule absolvirt hätten. Hiemadi
bleibt es für die Unterrichtsverwaltung eine gegenüber weiten Kreisen des Bürger-
und Gewerbestandes zu erfüllende Pflicht, auf die Bedeutung dieser, in Prenleen
bisher immer noch viel zu wenig beachteten Schulen fort und fort hinzuweiien
und bei jeder sich darbietenden Gelegenheit ihre Errichtung zu fördern.
Indem ich auf die in der Sitzung des Abgeordnetenhauses v. 23. Febr. d. J.
abgegebene Erklärung verweise, bin ich gewifs, dafs auch das K. Prov. Seh. C.
fortfahren wird, in diesem Sinne thätlg zu sein, und beauftrage dasselbe, den Tor-
stehenden ErlaTs denjenigen städtischen Behörden mitzuteilen, welche sich mit An-
fragen in Betreff der höh. Bürgerschulen an das K. Prov.Sch.C. gewandt haben
oder noch wenden sollten.'* v. Gofsler.
I S. 86. Min.Verf. v. 15. Dec. 1876. (Auszug.) „Der staatliche Zn-
Behufs ist mit Rücksicht darauf . . . ermäfsigt, dafs zur Unterhaltung der Vor-
schule eine Staatsbeihülfe grundsätzlich nicht gewährt wird. Kann diese Schule
nicht aus eigenen Mitteln sich erhalten, so mufs dieselbe aufgelöst werden, sofern
die Stadt nicht etwa die volle ünterhaltungspflicht übernimmt." Falk.
Vgl. Min. Verf. v. 25. Sept. 1872: CBl. S. 6i*8.
I S. 40. Min. Verf. v. 6. Jan. 1886. „üeber den das Erfordernis landes-
herrlicher Genehmigung von Schenkungen an juristische Personen be-
gründenden Werthsbetrag entscheidet, wie ich dem K. Prov.Sch.C. auf den Bericht
V. 12. Nov. V. J. erwidere, wie bei jeder anderen Sache, so auch bei geschenkten
Inhaberpapieren der wirkliche Werth, welchen dieselben beim Zeitpunkte des
Ueberganges des Eigentumes an den Beschenkten gehabt haben. Als solcher wird
der Curswerth, welchen die Papiere an dem betr. Tage gehabt haben, gelten
müssen, da für denselben die Papiere verkäuflich waren; der Nominal werth, zu
dessen event. Rückzahlung sich die Aussteller derselben verpflichtet haben, kann
nicht in Betracht kommen. Derselbe Grundsatz gilt für Los- und Prämienpapiere."
Der Min. d geist. etc. Ang. In Vertr. Lucanus.
I S. 44. Durch Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 4. Juni 1883
ist die von dem K. Regierungs- und Baurath Beyer erfundene Schulbank zur Be-
achtung empfohlen worden.
I S. 49. Verf. des Min. der öffentl. Arbeiten v. 28 Jan. 1&^2.
„Bei den in den Tagen v. 14. bis 16. Sept. v. J. in Wien stattgehabten Verhand-
lungen des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Gemeinschaft
mit dem Verein für Gesundheitstechnik sind u. A. auch die Vorzüge und Nachteile
der Luftheizungen Gegenstand näherer Erörterungen gewesen. Es ist hierbei
constatirt worden , dafs das Reinhalten der LuftzufÜhrungscanäle sowie der Heiz-
kammem und der in ihnen befindlichen Caloriferen von Staubablagemngen für da^
Einführen einer gesunden Luft in die zu beheizenden Räume von höchster Wichtig-
keit ist, dafs aber gerade in dieser Beziehung die gröbsten Vernachlässigungen
stattfinden. Die von einigen Rednern in dieser Beziehung gemachten Mitteilungen
legten Zustände dar, welche die an die Anlage von Luftheizungen in sanitärer Hin-
sicht geknüpften Hoffnungen völlig illusorisch erscheinen lassen und zu gegründeten
Bedenken Anlafs geben müssen. Um ähnlichen Mifsständen bei Staatsdienst-
gebäuden vorzubeugen, veranlasse ich die K. Regierung dahin Anordnung zu treffen,
469
dafs in allen unterstellten Dienstgebäuden, in welchen sich Luftheizungen befinden,
das periodische Beinigen der Lu^zufÜhrungscanäle und Heizkammem, welches am
zweckmäfsigsten mit feuchten Tüchern zu geschehen hat, in Zeiträumen von nicht
über 4 Wochen während der Heizperiode Torgenommen und für die gewissen-
hafteste Controlle der Ausfährung Sorge getragen werde.*' Gez. Maybach.
I S. 186. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 14. Mai 1882.
„Es ist wiederholt beobachtet worden, dafs der philologische Unterricht auf den
Gymnasien durch die Einseitigkeit, mit welcher das grammatische Element
gegenüber einer wirklichen Aneignung der Sprache betont wird und nicht selten
80 sehr in den Vordergrund tritt, dafs die Leetüre nur als Mittel für die Aneignung
des grammatischen Regelwerkes erscheint, in seiner Wirksamkeit und seinen Er-
folgen bedenklich geschädigt wird. Die Folge hiervon ist, dafs bei dem Gel rauche
von Grammatiken, welche in der Specialisirung der Syntax und in der Vorzeichnung
der Unterschiede des Sprachgebrauches ziemlich weit gehen, nicht genügend er-
wogen wird, worauf der Lehrer im Unterrichte und in seinen Ansprüchen an die
Schüler sich zu beschränken habe, un l dafs mitunter syntaktische Schwierigkeiten
in Klassen behandelt werden, über deren geistige Fassungskraft sie hinausgehen.
Eine weitere Folge ist, dafs den Extemporalien eine ungebührliche Stelle in
dem Unterricht zu Teil geworden ist und die s. g. Exercitien mitunter ganz ver-
schwunden sind. Es wird mit dem Schreiben dieser Extemporalien nicht nur in
den Anfangsklassen zu früh begonnen, während sie doch hier nur einen beschei-
denen Baum einzunehmen haben, sondern es wird auch oft durch die Länge und
Schwierigkeit der Aufgabe den Schülern eine Leistung zugemuthet, der sie bei der
Hast des Arbeitens nicht gewachsen sind. Daher kommt es nicht selten, dafs ihre
Beschaffenheit fortgesetzt eine schlechte bleibt und die elementarsten Fehler auch
in den höhereu Klassen nicht verschwinden. Am bedenklichsten aber ist, dafs,
wenn, wie es leider häufig geschieht, von den Ergebnissen der Extemporalien
ausschliefslich das Urteil über die Reife zur Versetzung abhängig gemacht wird,
selbst fleifsige und strebsame Schüler entmuthigt und in dem Fortschreiten einer
ruhigen Durchbildung durch die Verminderung ihres Interesses erheblich gestört
werden Es ist die Pflicht der Herren Directoren, dieser den philologischen
Unterricht ernstlich gefährdenden Einseitigkeit mit allen ihnen zu Gebote stehen-
den Mitteln entgegenzutreten und den Unterricht in der Grammatik in das rechte
Verhältnis zu der Leetüre zu setzen. Insbesondere werden sie darauf zu achten
haben, dafs für die Beurteilung der Schüler ein das Ganze ihrer geistigen Ent-
wickelung und ihre Individualität berücksichtigender Mafsstab angelegt werde.
Die den revidirten Lehrplänen v. 31. März d J. beigefügten Erläuterungen be-
zeichnen die Gesichtspunkte, welche für das in Rede stehende Unterrichtsverfahren
bestimmend sind. Wir veranlassen die Herren Directoren, unter Beachtung derselben
den altsprachlichen Unterricht zu einem Gegenstand der Berathung in Fachconfe-
renzen zu machen und über die Ergebnisse derselben sowie darüber, ob und in-
wieweit die bezeichneten Uebelstände beseitigt worden sind, in dem nächsten Ver-
waltungsberichte sich eingehend zu äufsem.'*
I S. 185. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 17. Jan. J882.
„Bei Gelegenheit der im Laufe des Monats October er. durch einen Commissarius
des H. Ministers stattgehabten Revision mehrerer Gymnasien hat in Betreff des
lateinischen Aufsatzes „die Wahl der Themata und die formelhafte Aus-
führung derselben" bei manchen Anstcdten zur Rüge Veranlassung gegeben. Diesem
Uebelstände kann nur durch eine immer engere Verbindung des lateinischen Auf-
satzes mit der Leetüre abgeholfen werden, worin zugleich das einzige Mittel liegt,
dem Unwesen der Benutzung von Aufsatzsammlungen zu steuern und gegen den
EinfluTs bestimmter Uebungsbücher , die das Formel- und Floskel wesen in den
Vordergrund stellen, anzukämpfen. Indem wir den Herren Dir. hiervon zu ge-
eigneter weiterer Veranlassung Kenntnis geben, machen wir zugleich auf die Ver-
handlungen der Westfälischen Dir.- Versammlung v. 1881 aufmerksam, in welchen
S. 1 ff. bezw. S. 150 ff. der lateinische Aufsatz eine gründliche Behandlung erfahren
hat, und verweisen auf die darüber Seite 161 aufgestellten Thesen, namentiich auf
These 3, zur Nachachtung."
I S. 198. C.Verf. des K. Prov.SckC. zu Münster v. 5. April 1883.
Für diejenigen Anstalten, an welchen die Französische Schulgrammatik von Elnebel,
470
80 wie die Praktisclie Vonclmle der französischen Sprache nnd die üebnngsbücher
zum Uebersetzen ans dem Deutschen ins Französische T. I u. II von Probst ein-
geführt sind, treffen wir, in Berücksichtigung der den Herren Directoren und
Bectoren zugegangenen „Allgemeinen Bestimmungen betreffend Aenderung in der
Abgrenzung der Lehrpensa in Folge der Lehrpläne vom 31. März 1882'* folgende
Anordnungen: 1. Die in Quinta eingeführte Prakt. Vorschule von Probst ist in
dem 1. Semester der Quarta zu absolTiren. 2. In dem 2. Semester der Quarta
beginnt der systematische Unterr. in der Formenlehre nach der Gramm, von Knebel
und dem üebungsbuche Ton Probst T. I bezw. nach dem in dem letzteren vor-
gezelchneten Gange. Zur Leetüre dienen die Lehrstücke des Anhanges der Vor-
schule. 3. In dem 1. Semester der Ulli wird die Formenlehre nach Knebel
resp. üebungsbuch Ton Probst T. I abgeschlossen und ein geeignetes Lesebuch oder
besser ein leichterer Prosaiker zur Leetüre Torgelegt, die anfangs in der Stunde
gehörig vorzubereiten ist. 4. Mit dem 2. Sem. der ÜIII beginnt der systema-
tische ünterr. in der Syntax nach Knebel und Üebungsbuch von Probst T. IL
Es ist wünschenswerth , dafs an den Anstalten, an welchen die Grammatik
und die Uebungsbücher von Plötz eingeführt sind, die vorstehenden Bestimmungen
analoge Anwendung finden, d. h. die Elementargramm, resp. das Elementarbuch
von Plötz mit dem 1. Sem. der Quarta absolvirt und dann die Schul^^amm. des-
selben in Gebrauch genommen, in IFIII aber ein Lesebuch oder besser ein leichterer
Prosaiker (Charles XII p. Voltaire, Alexandre le Grand p. Rollin, Imi^re oder
3iöme croisade p. Michaud) zur Leetüre vorgelegt werde.'*
I 8. 198. C.Verf. des K.Prov.Sch.C. zu Münster v. 19. Jan. 1882.
„Der Herr Minister bemerkt in einem in Folge der letzten Revision mehrerer Real-
schulen der Provinz an uns gerichteten Erlafs, dafs in dem fremdsprachlichen
Unterricht die Sorge für eine gute deutsche Uebersetzung noch mehrfach
vermifst wurde und sich überdies bezüglich der französischen und der englischen
Leetüre immer noch die Neigung geltend machte, an dem Schriftsteller vorzugs-
weise Grammatik zu treiben; auch müsse auf die Gewöhnung der Realschüler an
den von Stufe zu Stufe freier zu gestaltenden Gebrauch des fremden Idioms im
Anschlufs an die Leetüre mehr als bisher gehalten werden. Da die bezeichneten
Mängel nach der Beobachtung unserer Conmiissarien auch an anderen als den
jüngst revidirten Anstalten hervorgetreten sind, so machen wir die Herren Dir.
ausdrücklich darauf aufmerksam und verweisei^ in Bezug auf das richtige Ver-
hältnis zwischen Grammatik und Leetüre im fremdsprachlichen Unterr. und die
dabei festzuhaltenden Gesichtspunkte auf die Verhandlungen der Westf. Dir. Ver-
sammlung 1881 S. 41 ff.. 60 ff. und 170 ff."
I S. 201. C.Verf. des K. Prov.SeLC. zu Münster v. 19. Jan. 1882.
„In einem in Folge der letzten Revision mehrerer höh. Unterrichtsanstalten durch
einen Commissarius des H. Ministers an uns gerichteten ErlsiTs des letzteren heilst
es in Betreff des Unterrichts in der Geographie: „Was von einzelnen Lehrern
in der Geographie durch eine verständige zeichnende Methode erreicht wurde, war
sehr erfreulich ; um so mehr ist es zu bedauern, dafs andere Lehrer, ohne sich um
die fortgeschrittene Methodik dieses Unterrichts zu kümmern, denselben gröfsten-
teils nach der althergebrachten Schablone, ohne jede Anregung und Veranschan-
lichung durch selbstentworfene Bilder etc. zu erteilen fortfahren.** Da nach den
Beobachtungen unserer Commissarien die gerügten Mängel iu der Erteilung des
geogr. Unterr. und eine gewisse Scheu vor dem Gebrauch von Tafel und Kreide
sich auch an anderen Anstalten gezeigt hat, so veranlassen wir die Herren Dir.,
auf diesen Uebelstand ihr besonderes Augenmerk zu richten und den betr. Lehrern
die etwa erforderliehen Weisungen behufs Verbesserung der Methodik des bezeich-
neten Unterrichtsgegenstandes zu erteilen."
I S. 204. C.Verf. v. 30. Apr. 1887. „Bei einem besonderen Anlasse ist
zu meiner Kenntnis gelangt, dafs an unseren höh. Schulen der Unterricht in
der neueren vaterländischen Geschichte häufig nicht weiter, als höchstens
bis zur Wiener Bundesacte vom Jahre 1815 geführt wird. In den nächsten Jahr-
zehnten nach der Herstellung des deutschen Bundes war es allerdings gerecht-
fertigt, dafs die höh. Schulen darauf verzichteten, durch eine Fortsetzung der
Gescnichtsdarstellung über den bezeichneten Zeitpunkt eine Reihe von Ereignissen
471
TOTzuführen, für deren Bedeutung und für deren Ziele ein Verständnis der Schüler
schwerlich zu erreichen war. Derartige damals begründete Erwägungen haben
gegenwärtig ihre Geltung yerloren; nach der Entscheidung, welche die Jahre 1866
bis J871 für die Neugestaltung unseres Vaterlandes gebracht haben, ist eine selbst-
yerständliche Forderung, dafs der Schulunterricht in der yaterländischen Geschichte
jedenfalls bis zur Aufrichtung des deutschen Reiches im Jahre 1871 sich zu er-
strecken hat. Die üeberzeugung von dieser Verpflichtung der Schule darf als eine
in dem Lehrerstande allgemein befestigte betrachtet werden. In den regelmäfsigen
Di i*ectoren -Versammlungen der meisten Provinzen hat während des letzten Jahr-
zehntes die zweckmäfsige Gestaltung des Geschichtsunterrichts einen Gegenstand
der Berathungen gebildet und ist dabei die Frage behandelt worden, bis zu welcher
Zeitgrenze dieser Unterricht fortzuführen ist (vergl. Verhandlungen der Dir.Ver-
sammL, Ost- und Westpreufsen Bd. XXIV. 1886. Pommern Bd. 1. 1879, Posen Bd.
XVIII. 1885, Schlesien Bd. XIII. 1882, Sachsen Bd. XXV. 1886, Schleswig-Holstein
Bd. XXIII. 1886, Hannover Bd. II. 1879, Rheinprovinz Bd. IX. 1881, Bd. XIX.
1884); in allen diesen Verhandlungen ist die üeberzeugung, dafs die Darstellung
der neuesten vaterländischen Geschichte bis zum Jahre lö71 ausgeführt werden
mufs, zu einstimmigem und entschiedenem Ausdrucke gebracht worden, und die
Erwägung der Schulmänner hat sich vornehmlich darauf gerichtet, wie innerhalb
des nicht zu überschreitenden, dem Geschichtsunterrichte zugewiesenen Maises der
Lehrstunden durch zweckmäfsige Auswahl und Anordnung des Stoffes der Raum
sm geordneter Behandlung der neuesten vaterländischen Geschichte sich gewinnen
lasse. Nach dieser Richtung sind in den angezogenen Verhandlungen von erfah-
renen Schulmännern Vorschläge entwickelt, welche jedenfalls Beachtung verdienen.
Bei diesem Gegensatze, in welchem gegen die allgemein anerkannte Ver-
pflichtung die thatsächliche Ausführung zur Zeit noch häufig steht, erachte ich es
weder für erforderlich, noch für zweckmäfsig, dafs die Aufgabe der Schule in der
fraglichen Beziehung durch eine C.Verfügung meinerseits oder seitens der einzelnen
K. Frov.Sch.CC. noch ausdrücklich hervorgehoben werde; vielmehr ist ein gröfserer
vdrklicher Erfolg davon zu erwarten, wenn einerseits die K. Frov.Sch.CC. bei Ge-
nehmigung der ihnen vorzulegenden Lehrpläne diesen Gesichtspunkt consequent
zum Ausdrucke bringen, andererseits die Departementsräthe der K. Prov.Sch CC.
bei ihren Revisionen der höh. Schulen ihre Aufmerksamkeit besonders darauf richten,
ob durch vorsichtige Ueberlegung der Lehraufgabe schon vom Beginn jedes Lehr-
ganges an die vollständige Erreichung des Zieles gesichert wird, und Rath und
Weisung im Einzelfalle nicht zurückhalten.
In den nächsten Verwaltungsberichten sehe ich einer auf die Beobachtungen
der Departementsräthe begründeten Mitteilung darüber entgegen, ob und inwieweit
der Geschichtsunterricht an den höh. Schulen der Erfüllung seiner Aufgaben sich
genähert hat.^* von Gofsler.
I S. 218. Min.Verf. v. 29. Febr. 1884. „Bei den von hier aus in den
letzten Jahren vorgenommenen Revisionen höh. Lehranstalten hat sich wiederholt
herausgestellt, dafs es namentlich den Gymnasien öfter an den für einen erfolg-
reichen Betrieb des botanischen und zoologischen Unterrichts unentbehrlichen A n-
schauungsmitteln fehlt. Ich darf erwarten, dafs das K. Prov.Sch C. bestrebt
sein wird, auf die allmähliche Beseitigung dieses üebelstandes dadurch hinzuwirken,
dafs die etatsmäfsigen Positionen für Anschaffung von Lehrmitteln namentlich auch
zur Ausfüllung dieser Lücke verwendet werden. An staatlichen Gymnasien, welche
ihre Jahresrechnung mit einem üeberschufs abschliefsen, wird es sich empfehlen,
einen angemessenen Betrag zur Beschaffung von Anschauungsmitteln für den natur-
beschreibenden Unterricht mit meiner Genehmigung auszusetzen.'* Im Auftr.gez.Greiff.
An das E. Prov.Sch.C. zu Cassel.
I S. 220. C.Verf. v. 31. Dec. 1885. „Aus den Verwaltungsberichten
der E. Prov.Sch CC. über die höh. Schulen und aus den von meinen Commissarien
nach dem Besuche dieser Anstalten mir erstatteten Vorträgen habe ich gern er-
sehen, dafs an einer grofsen Zahl der höh. Schulen der Gesangunterricht
durch die Tüchtigkeit der Lehrer und das zweckmäfsige Verfahren der Directoren
auch in denjenigen Klassen, für welche er facultativ ist, eifrige Teilnahme findet
und ^e Grundlagen musikalischer Ausbildung bei unserer studirenden Jugend aus-
breitet. In den zahlreichen, bei dem Gesangunterr. im Gebrauche befindlichen
472
Liedersammlungen ist in der Regel, und gewifs mit Bechti auch das Beste aus
unseren Vaterlands- und Volksliedern aufgenommen. Wenn bei der Ver-
wendung derselben im Gesangunterr. jedenfalls die musikalische Seite in erster
Linie zu stehen hat, so braucht doch daraus nicht gefolgert zu werden» dafs, wie
ich aus mehrfach mir mitgeteilten Beobachtungen schliefen mufs, von Vat«rlands-
und Volksliedern, auch wenn sie eine nur mäfsige Strophenzahl haben, häufig nur
die erste Strophe, höchstens die zwei ersten Strophen, aber nicht das ganze Lied
gesungen wird. Es hat einen unzweifelhaften Werth. wenn die Schüler der höh.
Schulen — und das gleiche gilt Ton den Schullehrer-Seminarien — ohne ausdrück-
liches Erfordernis eines Memorirens der Texte, welches vom Gesangunterricht«
jedenfalls fem zu halten ist, durch die blofsen Gesangübungen einen Schatz von
Vaterlands- und Volksliedern dauernd und nach ihrem ganzen umfange im Ge-
dächtnis bewahren. Ein zweckmäfsiges Verfahren bei den Gesangübungen kann
ohne irgend eine für die Schüler entstehende Belastung zu diesem Ziele führen.
Die Departementsräthe der £. Frov Seh. CG. wollen bei ihren Besuchen der höh.
Schulen dieser Seite des Gesangunterrichtes Ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden nicht
unterlassen und in den nächsten Verwaltungsberichten über die in dieser Hinsicht
gemachten Beobachtungen sich äuTsem. Von dem etwaigen Erlasse einer Circular-
Verfügung über diesen Gegenstand ist ausdrücklich Abstand zu nehmen." y. Gofsler.
I S. 221. Anschreiben des K. Consist. zu Breslau v. 28. Sept.
1885. „Dem K. Prov.Sch. C. erlauben wir uns eine Beobachtung mitzuteilen, welche
wir vor allem in dem unserer Aufsicht unterstellten Bereiche zu machen Gelegen-
heit haben, die aber jedenfalls von allgemeinerer Bedeutung ist und in ihren Wur-
zeln bis in das Gebiet der Schule, wenigstens der höheren, ja noch weiter
zurückgreift: es ist die, dafs unter den gebildeten Gliedern der evangelischen
Christenheit sich so wenig Sinn und Teilnahme für den kirchlichenGemeinde-
fesang findet. Es geht aus den Erfahrungen von Geistlichen, welche es mit Ck>n-
rmanden aus höheren Ständen zu thun haben und es versuchen, mit denselben,
ein geistliches Lied anzustimmen, hervor, es ist aber auch an anderen, jedem zu-
gänglichen Thatsachen zu spüren, dafs selbst da, wo es an anderweitiger Pflege
der Musik nicht fehlt, dies deren gottesdienstlicher Ausübung nur spärlich zu g^ute
kommt. Am bedauerlichsten ist es, dafs sogar unsere Geistlichen oft das für die
Leitung des Gottesdienstes unentbehrliche Mafs von Bekanntschaft mit den Choral-
melodien und von musikalischem Urteil überhaupt vermissen lassen. Die hiesige
Universität bietet in dem mit ihr verbundenen Institut für Kirchenmusik den Stu-
direnden eine vortreffliche BUdungsschule nach dieser Seite, jedoch leider eine von
den jungen Theologen nur äufserst selten benutzte. Fragt man aber nach den
Ursachen dieser Erscheinung, so wii*d man nur ausnahmsweise einen vollständigen
Mangel an musikalischer Anlage voraussetzen dürfen, in den meisten Fällen da-
gegen auf einen Mangel an musikalischer, namentlich kirchenmusikalischer Er-
ziehung in der Jugend schliessen müssen, der es dann verschuldet, dafs für die später
an den Studirenden in dieser Hinsicht herantretenden Anregungen und Fortbildnngs-
mittel die erforderlichen Anknüpfungspunkte fehlen. Gewifs fällt der allergröfst*
Teil der Schuld hieran auf das Haus, aus dem derselbe hervorgegangen ist Allein
es liegt die Besorgnis nahe, dafs auch die Pflege des Gesanges insonderheit des
kirchlichen, wie sie auf den Gymnasien betrieben wird, vielfach hinter der zurück-
bleibt, welche die Volksschule bei uns sich angelegen sein lälst, und dafs den ohne
Zweifel für diesen Unterrichtsgegenstand bestehenden Absichten der leitenden Be-
hörden nicht überall die Art der Ausführung entspricht. Als ein Zeichen der
geringen Achtung, welche demselben mitunter geschenkt wird, können wir z. B.
den Umstand erwähnen, dafs in den durch unsere Hände gehenden Maturitäts-
zeugnissen zuweilen gar kein Urteil über den Gesang, ja nicht einmal eine Bubrik
dafür zu finden ist etc."
CVerf des K. Prov.Sch. C. zu Breslau v. 24. Dec. 1885. „Indem wir
Abschrift vorstehenden Schreibens Euer Hochw etc. mitteilen, veranlassen wir Sie,
unter voller Anerkennung der von den höh. Anstalten bisher dem Gesangunterrichte
gewidmeten erfolgreichen Sorgfalt, der Pflege desselben nach der oben erwähnten
Bichtung auch femer Ihre gewissenhafte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Zu diesem
Behufe wird von der Schule namentlich darauf zu halten sein, dafs von den in den
einzelnen Klassen zum Auswendiglernen aufgegebenen (etwa '20) Choralliedern der
47 J
evangelischen Kirche stets zugleich auch die Melodieen eingeüht und bis in die
obersten Klassen hinauf durch Wiederholung zu unverlierbarem Besitz gemacht
werden."
I S. 286. C.Verf v. 17. Juni 1886. „Aus den eingehenden Nach-
weisungen, welche von den K. Prov.Sch,CC. in Folge meiner C.Verf. v. 16. Nov. v. J.
— 3083 — über die in den letzten drei Jahren unter der Führung von Lehrern
an höh. Schulen stattgehabten Ausflüge von Schülern dieser Anstalten gegeben
sind, habe ich mit Befriedigung ersehen, dafs der günstige Erfolg weit überwiegend
ist über die in einzelnen Fällen hervorgetretenen Mifsstände, und nehme ich gern
AnlaCs, denjenigen Directoren (Eectoren) und Lehrern höherer Schulen, welche
dieser Seite ihres erziehenden Verkehrs mit der ihnen anvertrauten Jugend Zeit
und Mühe erfolgreich zugewendet haben, meine Anerkennung auszusprechen.
Die K. Prov.Sch.CC. haben nicht unterlassen, mit der Nachweisung der that-
sächlichen Vorgänge Sich zugleich darüber zu äufsern, in welcher Weise Mifs-
ständen bei der Ausführung der fraglichen Ausflüge vorzubeugen sei. Das Ge-
samtergebnis dieser gutachtlichen Aeufserungen ist in den als Anlage beige-
schlossenen „Allgemeinen Bemerkungen etc.'' zusammengefafst. Indem ich die
K. Prov.Sch.CC. veranlasse, aus diesen „Allgemeinen Bemerkungen etc.", mit denen
ich im Wesentlichen einverstanden bin, bis auf Weiteres die Directiven für Ihr
Verfahren zu entnehmen, habe ich nur über einige Punkte bestimmte Anordnungen
zu treffen.
Insofern Ausflüge von Schülern höherer Lehranstalten nicht ausdrücklich
einer Aufgabe des lehrplanmäfsigen Unterrichtes dienen (z. B. botanische Excur-
sionen, technische Excursionen von gewerblichen Fachkassen) ist denselben sowohl
bezüglich der führenden Lehrer als der teilnehmenden Schüler, bezw. der die Teil-
nahme genehmigenden Eltern oder ihrer Stellvertreter, der Charakter der Frei-
willigkeit unbedingt zu bewahren. Sonn- oder Feiertage sind zu den unter der
Autorität der Schule veranstalteten Erholung s- Ausflügen von Schülern nicht zu
verwenden. Insofern zu der Ausführung eines Schülerausfluges die Enthebung der
betr. Klasse, bezw. Klassen, vom lehrplanmäfsigen Unterrichte erfordert wird, ist
der Dir. ermächtigt, für dieselbe Klasse innerhalb eines Schuljahres zweimal den
Nachmittagsunterricht oder einmal den Unterricht eines ganzen Schultages aus-
fallen zu lassen. Für eine etwaige ausnahmsweise Ausdehnung eines Ausfluges
von Schülern der oberen Klassen über die Dauer eines ganzen Tages ist sowohl
bezüglich des dadurch herbeigeführten teilweisen Aussetzens des Unterrichtes als
bezüglich des genau zu bezeichnenden Planes des Ausfluges die Genehmigung des
betr. K. Prov.Sch.C. vorher vom Dir. nachzusuchen.
Unter Einhaltung der vorstehenden Bestimmungen wollen die K. Prov.Sch.CC.
auch femer dem Gegenstande Ihre Aufmerksamkeit widmen und durch Ihren Ein-
flufs darauf hinwirken, dafs die günstigen Erfolge gesichert und Mifsstände ver-
mieden werden.*' Der Min. d. geistl. etc. Aug. In Vertr.: Lucanus.
Allgemeine Bemerkungen betreffend die unter der Führung von
Lehrern unternommenen Ausflüge von Schülern höherer
Lehranstalten.
(Zusammengestellt auf Grund der von den K. Prov.Sch.CC. zur Sache erstatteten
Berichte.)
1. Nicht in den Bereich der Schülerausflüge, welche hier in Betracht kommen,
sind solche Ferienreisen zu ziehen, bei welchen einzelne Directoren oder Lehrer
höherer Schulen die Führung einer Anzahl von Schülern übernommen haben. In
diesen Fällen handelt es sich nicht um eine Einrichtung der Schule, sondern um
ein auBschliefslich privates Uebereinkommen. Eine Anzahl von Eltern, welche in
der Lage und gewillt sind, ihren Söhnen für einen Teil der Ferien die Erfrischung
einer Heise zu gewähren, machen von der persönlichen Bereitwilligkeit eines Dir.
oder Lehrers zur Führung der jugendlichen Reisegesellschaft Gebrauch, in dem
Vertrauen, hierdurch ihren Söhnen den Genufs der Heise durch die Verbindung
mit Altersgenossen zu steigern und durch den Einflufs des Lehrers Ausschreitungen
und Gefahren möglichst abzuwehren. Eine derartige Bethätigung von Lehrern
und Directoren, welche geschickt und glücklich ausgeführt des Dankes der Eltern
sicher sein kann, gehört so vollständig dem aufseramtlichen Leben der betreffenden
474
Dir. und Lehrer an, dafs sie der Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörde nur dann
anheimfällt, wenn sie etwa, unternommen ohne die ausreichende Befähigung zu
der keineswegs leichten Aufgabe, für das Ansehen des betr. Lehrers oder für die
disciplinare Haltung der Schule zweifelhafte Folgen haben sollte. Ans den Be-
richten ist ein Anlafs zu solcher Besorgnis nicht zu entnehmen; die Ferienreisen
Ton Schülergruppen unter Führung von Lehrern werden an dieser Stelle überhaupt
nur deshalb erwähnt, weil dieselben in den Aeufserungen der öffentlichen Meinung
öfters unterschiedslos in den Bereich mit einbezogen sind, um welchen es sich hier
handelt, nämlich um Spaziergänge und Wanderungen, welche im Verlaufe der
Schulzeit auf Veranlassung der Schule selbst von einzelnen oder mehreren Mit-
gliedern des LehrercoUegiums mit einzelnen oder mehreren Klassen oder mit der
gesamten Schule unternommen werden. Auch innerhalb dieses bestimmt be-
grenzten Bereiches ist im Folgenden nur auf offene Schulen Bezug genommen,
nicht auf Alumnate; denn indem diese mit der Aufgabe der Schule die des elter-
lichen Hauses zu verbinden haben, bilden Ausflüge der Schüler unter Lehrerführung
einen integrirenden Teil ihrer gesamten Haus- und Lebensordnung und finden
überdies in der steten Vereinigung ihrer Zöglinge und in der ohnehin streng ge-
regelten Lebensordnung derselben eine Erleichterung, welche offenen Schulen
abgeht.
2. Die einfachste Art der in Frage kommenden Schülerausflüge sind Spazi er-
gänge, welche ein Lehrer mit der Klasse, deren Ordinarius er ist oder welche
ihm sonst genau bekannt ist, auch wohl nach Umständen ein paar Lehrer zusammen
mit Klassen, die einander nahestehen, an schulfreien Nachmittagen unternehmen.
Unverkennbar sind es vornehmlich derartige Spaziergänge, zu welchen durch die
Erwähnung der „gemeinschaftlich zu unternehmenden Spaziergänge und Ausflüge
in Feld und Wald" in dem Circ. Erlasse vom 27. October 18Ki hat Anregung ge-
geben werden sollen. Die Verhältnisse werden es nicht immer ermöglichen, zu
solchem Zwecke einen schon an sich schulfreien Nachmittag zu verwenden; den
Directoren wird es unbedenklich überlassen werden dürfen, dafs sie zum Behufe
des beabsichtigten Spazierganges den Nachmittagsunterricht für eine oder mehrere
Klassen aussetzen, nur wird ein solches Aussetzen von Lehrstunden für keine
Klasse mehr als zweimal innerhalb eines Schuljahres zu gestatten sein.
Selbst für die Spaziergänge dieser mäfsigsten Ausdehnung ist, wenn sie
ihrem Zwecke gemäfs gelingen sollen, eine möglichst genaue vorherige Feststellung
des Planes zu empfehlen, nämlich Bestimmung des Mafses der Wanderung nach dem
Mafse der Kräfte der Schüler, Ausfüllung der Zeit in einer Weise, welche die Teil-
nehmer an dem Spaziergange zusammenhält unter thunlicher Beschränkung der Dauer
einer etwa nothwendigen Erfrischung, Festsetzung der Zeit, zu welcher die EUtem
die Bückkehr ihrer Söhne zu erwarten haben — Forderungen, welche selbstver-
ständlich für Ausflüge von gröfserem Umfange dieselbe Geltung behalten und noch
höhere Bedeutung gewinnen. Nicht in der Weite der zu überwindenden Ent-
fernungen ist der Werth solcher Ausflüge zu suchen oder in einer bis zur Ab-
spannung führenden Anstrengung der Körperkräfte; die Bedeutung derselben liegt
überhaupt, zumal an kleineren Orten, weniger in der Richtung der Gesundheits-
pflege, als auf dem Gebiete der Erziehung. Für einen grofsen Teil der Schüler
ist es von hohem Werthe, dafs sie bei der im Vergleiche zu dem Aufenthalte in
den Schulräumen ihnen gestatteten Freiheit in ihrem kameradschaftlichen Verkehre,
in den Aeufserungen ihrer Heiterkeit und des jugendlichen Muthes und Ueber-
muthes sich unter dem Auge des Lehrers an die Grenzen guter Sitte gewöhnen;
und nicht minderen Werth hat es für den Lehrer, öfters an Schülern, welche in
den Lehrstunden ihm fast unzugänglich geblieben waren, in ihrer Teilnahme an
den Spielen und in ihrem sonstigen Verkehre Charakterzüge zu entdecken, welche
ihm dieselben dauernd näher bringen. — Die Lage mancher Schulorte macht es
wünschenswerth oder fast zur Noth wendigkeit, dafs eine Strecke Weges auf der
Eisenbahn oder auf Dampfschiffen zurückgelegt werde, und das entgegenkommende
Verfahren der betr. Directionen erleichtert diese Abkürzung in dankenswerthester
Weise. Es empfiehlt sich darauf zu halten, dafs hiervon nicht über das unbedingt
nothwendige Mafs Gebrauch gemacht werde, nicht nur mit Rücksicht auf die daraus
erwachsenden Kosten (vgl. unter Nr. 6), sondern auch, weil die auf die Fahrt und
auf das ihr vorausgehende Warten zu verwendende Zeit thatsächlich als eine für
die Zwecke des Ausfiuges mindestens verlorene Zeit zu betrachten ist.
475
3. Ungleich schwieriger ist die Leitung von Ausflügen, welche mit einer
Klasse oder mit der Verhindnng von ein paar Klassen auf die Dauer eines
ganzen Tages unternommen werden. Denn es ist nicht nur erforderlich, für
die nothwendige Verpflegung zweckmäfsig und unter thunlichster Beschränkung
der Kosten Vorsorge zu treffen, auch darauf Bedacht zu nehmen, dafs die Ver-
pflegung eine möglichst gemeinsame sei und nicht einzelnen Schülern verstattet
werde, sich auf ihre Kosten hesondere Genüsse zu verschaffen; sondern es handelt
sich vor allem darum, in richtiger Abwechselung die Zeit so auszufüllen, dafs die
körperliche und geistige Frische bis zum Schlüsse erhalten bleibe und nicht ein in
gemeinsamer Fröhlichkeit begonnener Tag in der Abspannung der Langweile endige.
Diese Aufgabe zu lösen ist nicht jedes Lehrers Sache, wie tüchtig er sonst in seiner
Berufsthätigkeit sein mag, und es empfiehlt sich, dafs sich derselben nur unterziehe,
wer schon an der gleichartigen Aufgabe von geringerer Zeitdauer seine Beföhigung
selbst erprobt hat. Da es nicht gebilligt werden kann, dafs zu einem von der
Schule veranlafsten Schülerausfluge Sonn- oder Feiertage verwendet werden, so
ist erforderlich, dafs an dem zu diesem Zwecke gewählten Tage für die betr. Klasse
oder Klassen der Unterricht ausgesetzt werde. Die Directoren werden auch zu
dieser Bewilligung ebenso ermächtigt werden können, wie zu der vorher (unter
Nr. 2) bezeichneten, mit der Beschränkung, dafs eine solche Enthebung von dem
Unterrichte eines ganzen Tages für keine Klasse innerhalb eines Schuljahres mehr
als einmal vorkommen darf und zwar entweder eine einmalige Enthebung von
dem Unterrichte eines ganzen Tages, oder (vgl, Nr. 2) die zweimalige Enthebung
von dem Nachmittagsunterrichte. —
Bei Ausflügen von Tagesdauer noch erheblich mehr, als bei den auf den
Nachmittag beschränkten giebt die durch die Verwaltungen der Eisenbahnen und
Dampfschiffe bewilligte Erleichterung, dazu etwa die besondere Anziehungskraft
eines entlegneren Punktes von historischem, patriotischem oder landschaftlichem
Werthe öfters den Anlafs, das Ziel weit zu stecken; aber die Gesichtspunkte,
welche vorher bezüglich der Ausflüge von halbtägiger Dauer bezeichnet sind, haben
in gleichem Mafse auch hier Geltung und mahnen zu vorsichtiger Beschränkung.
4. In dem Bisherigen ist vorausgesetzt, dafs der einzelne Schülerausflug sich
auf eine oder ein paar Klassen beschränke, wobei es selbstverständlich unbenommen
ist und unter Umständen sich empfehlen kann, dafs mehrere Ausflüge verschiedener
Klassen nach verschiedenen Zielen gleichzeitig angestellt werden. Die ganze
Schule zu einem Ausfluge zu vereinigen wird bei umfangreichen Anstalten schon
durch die grofse Zahl der Teilnehmer so sehr erschwert, dafs dadurch die früher
erwähnte, vornehmlich zu betonende erziehliche Bedeutung der Vereinigung von
Lehrern und Schülern auf ein äufserst geringes iMafs herabsinkt; selbst bei kleineren
Anstalten kommt als Hindernis solcher Ausdehnung das sehr verschiedene Mafs der
körperlichen Kräfte und die Verschiedenheit der Interessen zwischen Sextanern
und Abiturienten in Betracht. Die Vereinigung der ganzen Schule zu einem Aus-
fluge von halb- oder selbst ganztägiger Dauer erscheint kaum in einem anderen
Falle begründet, als wenn dieser Auszug den Charakter eines Schulfestes annimmt,
in welchem die Schule ihre eigene Zusammengehörigkeit als Ein Ganzes feiert,
vielleicht selbst unter Teilnahme der Eltern einiger Schüler. An mehreren Lehr-
anstalten besteht eine derartige Einrichtung als alte, in fester Ueberlieferung be-
wahrte Sitte. Wo dies der Fall, geziemt es sich, eine für die Erinnerung der
Schüler und für den Zusammenhalt der Anstalt werthvoUe Sitte durch zweck-
mäfsige Entwickelung und durch die entschiedene Abwehr von Ausschreitungen
zu erhalten. Die neue Einführung einer solchen Sitte kann nur gelingen, wenn
in einem über den Zweck vollständig einmüthigen Lehrercollegium die Begabung
für die Gestaltung eines Schülerfestes reichlich vertreten ist; die schwerwiegen-
den Folgen eines Mifslingens machen Vorsicht bei einem solchen Unternehmen zur
Pflicht
5. Es ist in den letzten Jahren, vorwiegend, aber nicht ausschliefslich in den
westlichen Provinzen, vorgekommen, dafs Ausflüge einer Klasse oder einer aus
mehreren Klassen hergestellten Vereinigung unter der Führung eines oder mehrerer
Lehrer öfters — wenngleich in verschwindend geringem Procentsatze gegenüber
der Gesamtheit der angestellten Schülerausflüge — über die Dauer eines Tages
auf 2, 2V2, 3 Tage ausgedehnt worden sind. Diese Fälle sind es insbesondere,
welche bei ernsten und wohlwollenden Beobachtern der Entwickelung unseres
476
Schullebens zn Bedenken Anlafs gegeben haben, und dies nicht ohne Grand.
Schon die zweckmäfsige Herstellung eines Nachtlagers für eine grofse Anzahl von
Schülern, welche nicht, wie dies bei Alumnaten der Fall ist, an ein vollständiges,
bestimmt geregeltes Zusammenleben schon gewöhnt sind, ist ein Gegenstand eigen-
tümlicher Verantwortlichkeit. Durch die einem solchen Ausfluge unter Aussetzen
des Unterrichtes zugewendete Zeitdauer wird weit über die Aufgabe der Schule
in den Bereich übergegriffen, welcher dem Eltemhause für die Ferienzeiten zu
überlassen ist; zugleich wird auf die Zustimmung der Eltern zu den erheblichen
Kosten, ungeachtet der ihnen formal zustehenden Freiheit der Entscheidung, da-
durch ein bedenklicher Druck ausgeübt, dafs die Veranstaltung von der Schule
ausgeht. Als Unterbrechung des Unterrichts und der Arbeit der Schüler sind
nicht blofs die auf den Ausflug selbst verwendeten Tage, sondern in gewissem Mafse
einige Tage vorher und nachher in Rechnung zu bnngen; und noch mifslicher ist
die Lage derjenigen Schüler der betr. Klassen, welche während der Zeit am Schal-
orte zurückbleiben. Auf diese Momente ist von denjenigen K. Prov.Sch.CC., in
deren Amtsbereiche Fälle dieser Art vorgekommen sind, zutreffend hingewiesen
worden. In Anbetracht jedoch der desungeachtet von mehreren derselben vor-
getragenen günstigen Beobachtungen wird es nicht erforderlich sein, dafs eine der-
artige Ausdehnimg von Schülerausflügen innerhalb der Schulzeit allgemein unter-
sagt werde; aber einerseits werden zur Teilnahme an denselben nur Schüler der
oberen Klassen zuzulassen sein, anderseits wird die Ermächtigung zur Bewilligung
partieller Schulferien von solcher Dauer nicht den Directoren zu erteilen, sondern
die Verantwortung dafür den K. ProvSch.CC. zu überlassen sein. Sofern daher
ein Dir. einen Schülerausflug innerhalb der Schulzeit von längerer als ein-
tägiger Dauer zu veranstalten oder einem Lehrer der Anstalt zu gestatten
beabsichtigt, so würde er dazu rechtzeitig unter specieller Angabe des gesamten
Planes, des in Aussicht genommenen Umfanges der Teilnehmer, der Kosten etc.
die Genehmigung des K. Prov.Sch.C. nachzusuchen haben, welchem es überlassen
bliebe, auf seine Verantwortung die Genehmigung zu erteilen oder zu versagen.
Ein lähmendes Hindernis würde durch das Erfordernis der höheren Genehmigung
den fraglichen Unternehmungen insofern nicht gesetzt sein, als dieselben, wenn sie
überhaupt sollen Bewilligung verdienen, von langer Hand in speciellster Erwägung
müssen vorbereitet werden.
6. Von den K. Prov.Sch.CC. haben mehrere, und gewifs mit Becht Werth
darauf gelegt, dafs den in Bede stehenden von den Schulen veranlafsten gemein-
samen Spaziergängen und Wanderungen der Charakter der Freiwilligkeit in
jeder Hinsicht bewahrt werde. Obgleich die fraglichen Ausflüge für Schüler
und Lehrer förderlich wirken können und eben deshalb in Anregung gebracht
worden sind, so sind sie doch nicht als eine Verpflichtung der Schule zu betrachten,
sondern als eine freiwillige Leistung. Kein Dir., der dieselben für die Verhält-
nisse der seiner Leitung anvertrauten Schule nicht geeignet erachtet, ist direct
oder indirect zu ihrer Einführung anzuhalten, und eben so wenig kann ein Dir.
ein Mitglied seines Lehrercollegiums ohne dessen eigene Geneigtheit oder Bereit-
willigkeit zur Führung eines Schülerausfluges direct, wie zu einem Teile seiner
Amtspflicht, oder indirect bestimmen. Ohnehin wird bei manchen Lehrern ein
etwaiges Zurückziehen von persönlicher Mitwirkung nicht einem Mangel an Opfer-
Willigkeit, sondern dem Umstände zuzuschreiben sein, dafs sie gerade dieser Art
der Bethätigung sich nicht gewachsen fühlen. Der Charakter der Freiwilligkeit
ist diesen Ausflügen eben so sehr auf Seiten der Schüler, bezw. ihrer Eltern oder
deren Vertreter, zu bewahren. Bei Klassenspaziergängen von der blofsen Dauer
eines Nachmittags, insbesondere wenn dieselben zu einem Kostenaufwande keinen
Anlafs geben, ist die Teilnahme aller Schüler gewifs wünschenswerth ; aber den-
noch hat die Schule, sofern nicht der Spaziergang durch seine Zweckbestimmung
als ein Teil des Unterrichtes, z. B. des botanischen, zu betrachten ist, von einer
Verpflichtung der Schüler zur Teilnahme, etwa gegen den erklärten Willen der
Eltern, Abstend zu nehmen. Die Schule kann einzelne Schüler aus disciplinaren
Gründen von der Teilnahme ausschliefsen und wird von diesem ihr nicht zu be-
streitenden Strafmittel den vorsichtigen Gebrauch machen, durch welchen seine
Wirkung bedingt ist; wird dagegen die Teilnahme den Schülern direct oder in-
direct zur Pflicht gemacht, so ist den Ausflügen im Voraas ihre rechte Bedeutung
verkümmert, welche sie nur zu erreichen vermögen, wenn sie von den Schülern
477
als eine ihnen seitens der Lehrer erwiesene besondere Freundlichkeit empfanden
und mit Dank aufgenommen werden.
In jedem Falle wird für die seitens der Schule yeranlafsten Ausflüge zu er-
fordern sein, dafs jeder Teilnehmer die Zustimmung seiner Eltern, bezw. ihrer
Stellvertreter, nachgewiesen habe; selbst bei kostenfreien Ausflügen von geringer
Zeitdauer müssen ja die Eltern über den Zeitpunkt der Bückkehr ihrer
Söhne in Kenntnis sein. Bei Ausflügen, welche Kosten verursachen, müssen die
Eltern über die Maximalhöhe des zu erwartenden Kostenbetrages vorher be-
stimmt benachrichtigt sein. Nicht von allen Lehrercollegien scheint ausreichend
in Erwägung gezogen zu sein, dafs durch das Mars der in Aussicht genommenen
Kosten öfters Eltern bei scheinbarer Freiheit der Entschliefsung in eine gewisse
Zwangslage versetzt werden. Nun wird zwar in mehreren Berichten erwähnt,
dafs an manchen Anstalten Legate, ünterstützungskassen u. a. m. bestehen, durch
welche Unbemittelten die kostenfreie Teilnahme ermöglicht wird. Hiermit wird
aber das Bedenkliche eines irgend höheren in Aussicht genommenen Kostenaufwandes
keineswegs beseitigt; denn jene Unterstützungen sind nur für Schüler, bezw. deren
Eltern verwendbar, welche als bedürftig anerkannt und Unterstützungen anzu-
nehmen gewöhnt sind, und Üben selbst auf diese öfters einen pädagogisch nicht
zu unterschätzenden Druck aus; dagegen haben sie keine Bedeutung für eine er-
hebliche Anzahl von Familien, welche ohnehin die äufsersten Anstrengungen auf-
bieten, um aus eigenen Mitteln ihren Söhnen den Besuch einer höh. Schule zu er-
möglichen, und welche daher eine willkürlich von der Schule noch herbeigeführte
Ausgabe ablehnen müssen. Das Mafs des für die Schülerausflüge in Aussicht ge-
nommenen Kostenaufwandes hat eine weittragende Bedeutung; wenn diese nicht
vorsichtigst in Betracht gezogen wird, so könnte es leicht geschehen, dafs Lehrer-
collegien durch eine Opferwilligkeit über ihre Berufspflichten hinaus statt des
Dankes Verstimmung in den Kreisen hervorrufen, aus welchen den höh. Schulen
ein Teil ihrer tüchtigsten Schüler zugeht, oder zu dem Vorwurfe einer bevor-
zugenden Berücksichtigung der Wohlhabenheit den Vorwand darböten.
7. Excursionen, welche von den mit Eealanstalten — verbundenen Fach-
klassen zur Besichtigung von Fabriken, Skizzirung der dort vorhandenen Ein-
richtungen und Maschinen etc. vorgenommen werden, sind von einzelnen K. Prov Sch.CC.
mit in den Bereich ihrer Berichterstattung gezogen worden; dieselben fallen
jedoch nicht unter die gleichen Gesichtspuiücte der Beurteilung, wie die bisher
behandelten Ausflüge, da sie die Bestimmung haben, den theoretischen Fach-
unterricht durch praktische Anschauung und Uebung zu ergänzen. Die Teilnahme
daran kann daher, soweit sie kostenfrei ist, für die Schüler obligatorisch sein, auch
wird zur Ausführung derjenigen für die Information der Schüler besonders wünschens-
werthen Excursionen, für welche die schulfreie Zeit nicht ausreicht, ein Aussetzen
von Nachmittagslectionen häufiger von dem Dir. bewilligt werden können, als vor-
her (Nr. 2) bezüglich der Erholungsausflüge bezeichnet ist. Das Ausfallen des
Unterrichtes eines ganzen Tages wird aber auch für solche Zwecke praktischer
Unterweisung möglichst zu vermeiden sein; und soll die Excursion die Dauer eines
Tages überschreiten, so würde dazu die Genehmigung der vorgesetzten Behörde
unter denselben speciellen Angaben, wie bei Erholungsausflügen (vgl. Nr. 5) recht-
zeitig nachzusuchen sein.
IS. 248. C.Verf. des K. Prov^Sch.C. zuMünsterv. 16.Junil875.
„Unter Bezugnahme auf die C.Verf. des H. Min. d. geistl. etc. Ang. v. 18. Oct.
1865 (Wiese, Verordn. 1.* S. 156 f.) veranlassen wir Ew. W., die dort mitgeteilte
Zeitordnung des Unterrichtes, soweit nicht durch spätere Bestimmungen eine
Abänderung getroffen ist, auch bei Ihrer Anstalt zur Ausführung zu bringen.
Namentlich aber erachten wir es für zweckentsprechend, dafs in den Sommer-
monaten bei allen Anstalten der Vormittags-Unterr. in den Stunden von 7 bis 11 Uhr
erteilt werde — bei den katholischen Anstalten jedoch nur an denjenigen Tagen,
an welchen eine h. Messe für die Schule nicht stattfindet — wie dies auch bisher
schon bei verschiedenen Anstalten der Provinz in Gebrauch ist. An den Tagen,
wo eine Schulmesse stattfindet, hat der Unterricht unmittelbar nach derselben,
also um 8 Uhr zu beginnen." . . .
I S. 245, C. Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 14. Febr. 18-^5.
„Nachdem wir in Gemäfsheit unserer Circular- Verfügung vom 22. November v. Js.
478
in Betreff der an den höheren Schulen unseres Amtsbereichs bei dem Wechsel der
Unterrichtsstunden einzurichtenden Erholungspausen die Vorschläge der Herren
Directoren und Bectoren erhalten haben, setzen wir, thunlichst im Anschlufs an
die vorgetragenen Wünsche, auf Grund der Bestimmung I, 2 des marsgebenden
Min.Erlasses y. 10. Nov. y. Js. hinsichtlich der innerhalb der regelmäfsigen yier
Vormittags- und zwei Nachmittags-Stunden eintretenden Lectionswechsel hierdurch
fest, dafs yon Ostern d. Js. ab folgende drei Ordnungen den gedachten Schulen
für die Erholungspausen zur Wahl gestellt sein sollen:
I. II. m.
{1. Pause . . 5 Minuten . . 5 Minuten . . 10 Minuten.
2. Pause . . 15 ., . . 20 „ . . 15 „
3. Pause. .10 „ . . JO „ . . JO „
B. Nachmittags-Pause . . 15 „ . . 10 „ . . 10 „
Sa. 45 Minuten . . 45 Minuten . . 45 Minuten.
Die Pausen sind so zu legen, dafs sich ihre Gesamtzeit möglichst gleich-
mäfsig auf die in Betracht kommenden sechs Lehrstunden verteilt; die bezüglichen
Glockensignale sind so anzuordnen, dafs nach Ablauf der für die einzelnen Pansen
bestimmten Zeit der Unterricht sofort beginnen kann. Vormittags sowohl, ab
Nachmittags sind die Anfang8Stunde9 fbezw. die gemeinschaftlichen Andachten)
mit dem Vollschlage zu beginnen, die Endstnnden — abgesehen yon der in dem
beregten Min.£rlaf8 I, 5 yorgesehenen Ausnahme — mit dem Vollschlage zu
schliefsen.
Tritt an einem oder dem anderem Tage zu den yier Vormittags- oder den
zwei Nachmittags-Lectionen noch eine weitere Unterrichtsstunde hinzu, so ist, wenn
dieselbe nicht Turnen oder Singen zum Gegenstande hat, nach Schlufs der yorher-
gehenden Stunde eine Pause yon 10 Minuten zu machen.
Die Herren Dir. und Bectoren wollen nach Berathung mit dem Lehrer-
collegium der Anstalt, sowie, falls mehrere höhere Schulen an demselben Orte sind,
nach Benehmung mit den Dirigenten der anderen Schulen daselbst. Sich nach
Mafsgabe der in Betracht kommenden Umstände für eine der vorbezeichneten
Pausen-Ordnungen entscheiden.'*
I S. 247. C.Verf. des K. Proy.Sch.C. zu Berlin y. 18. Juni iaS5.
„In der Instruction yom 2.?. Jan. 1868 ist in g. 18 (11 S. 123) den Directoren die
Befugnis beigelegt, unter besonderen Umständen den Unterricht in einzelnen Klassen
oder in der ganzen Anstalt für einzelne Stunden auszusetzen. Die Nöthigung
hierzu kann in den Sommermonaten zuweilen durch die Hitze eintreten, welche
entweder in den letzten Vormittagsstunden oder an den Nachmittagen dem Unter-
richte zu grofse Schwierigkeiten entgegenstellt. Es liegt in der Natur der Sache,
dafs die Bedingungen, unter welchen in solchen Fällen der Ausfall des Unterrichts,
geboten ist, sith nicht im Allgemeinen bestimmen lassen; es mufs yielmehr dem
pflichtmäf'sigen Ermessen der Herren Directoren überlassen bleiben, im gegebenen
Falle das Erforderliche anzuordnen. Wir machen dieselben daher auf diese ihre
Befugnis besonders aufmerksam, und erwarten, dafs sie auf die durch allzugrofse
Hitze entstehenden Unzuträglichkeiten die gebührende Bücksicht nehmen werien."
Bestimmung der städtischen Schuldeputation zu Berlin v.
1. April 1886. „Unter Abänderung unserer Verf. y. 19. März 1867 bestimmen
wir, dafs an heiCsen Sommertagen der Unterricht in den Gemeindeschulen dann
yon 11 Uhr Vormittags ab ausgesetzt werden darf, wenn das hundertteilige Ther-
mometer um 10 Uhr Vormittags und im Schatten 25® zeigt. Ob yon solcher Be-
fugnis Gebrauch zu machen sei, bestimmt an jedem einzelnen Tage der Bector.
Derselbe kann an ungewöhnlich schwülen Tagen nach seinem Ermessen auch eine
weitergehende Beschränkung des Unterrichts in einzelnen Klassen oder der ganzen
Schule eintreten lassen, mufs aber jeden einzelnen Fall dieser Art sofort an nns
berichten. Dagegen ist die Anzahl der Tage, an welchen der Unterricht yon
11 Uhr ab ausgesetzt ist, nur in dem Jahresberichte anzugeben."
I S. 248. Ferienordnung der Proyinz Schlesien. C.Verf. des
K. Proy.Sch.C. y. 15. Jan. 1883. „Der Herr Unterrichtsminister hat am 11. Jan.
d. J. auf unseren Antrag gestattet, für sämtliche höh. Lehranstalten der Proyinz
Schlesien die Ferien entsprechend den Beschlüssen der Directorenconferenz y. Js.
479
fortan so zu regeln, dafs sie 1. zu Ostern zwei Wochen, 2. zu Pfingsten
Yom Sonnabend bis Mittwoch einschliefslich, 3 im Sommer 4 V« Woche, 4. zu
Michaelis IV« Woche und 5. zu Weihnachten zwei Wochen dauern'* . . . .
I S. 248. Ferienordnung für die Provinz Hessen-Nassau nach
der Verf. d. K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 25. April 1884. A. Für die höh.
Schulen des Reg.-Bezirks Cassel fu. der Stadt Frankfurt a. M., Homburg v. d. H.) und
der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont: Osterferien 14 Tage vom Sonntag Pal-
marum, Pfingstferien 8 Tage vom Sonnabend vor Pfingsten bis Mittwoch nach
Pfingsten, Sommerferien 4 Wochen vom ersten Sonntag im Juli ab, J^Iichaelisferien
14 Tage vom Sonntag der Michaeliswoche ab, Weihnachtsferien 14 Tage vom 23. Dec.
mittags ab (fällt der 7. Jan. auf einen Sonnabend, so beginnt der Unterricht erst
am folgenden Montag) ; Gesamtdauer 10' 9 Woche. B. Für die höh. Schulen des
Regierungsbezirks Wiesbaden: Osterferien 2V« Woche; der Anfang wird jährlich
vom Prov.Sch.C. festgesetzt und zwar je nachdem Ostern früher oder später fällt,
auf Sonntaff Palmarum oder auf den Donnerstag vorher. Pfingstferien 1 Woche
vom Sonnabend vor Pfingsten bis zum Trinitatisfeste. Sommerferien 5 Wochen
vom 15. August ab. (Fällt der 19. Sept. auf einen Sonnabend, so beginnt der Unter-
richt erst am folgenden Montage.) Weichnachtsferien 14 Tage vom 23. Dec. ab
(wie oben). Gesamtdauer IOV2 Woche.
I S. 260. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 28. Aug. 1886.
„Wir sehen uns veranlafst hierdurch anzuordnen, daCs an dem Tage vor Be-
ginn der Ferien der Unterricht bis zur letzten Schulstunde fortdauert und der
Schlufs der Schule bezw. die Verteilung der Zeugnisse erst in der letzten Schul-
stunde stattzufinden hat, und nur für diejenigen Schulen, welche mehr als 8 Klassen
haben, eine zusätzliche etwaige Verwendung der vorletzten Schulstunde zu dem
fedachten Zwecke zulässig ist. «Sollten auswärtige Schüler an dem erwähnten
age nach Schulschlufs ihren Heimathsort nicht erreichen können, so sind die
Herren Directoren (Bectoren) ermächtigt, dieselben ausnahmsweise früher zu ent-
lassen.'^
I S. 261. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 3. Mai 1886.
„Im Anschlufs an unsere Verf. v. 30. April 1884, betreffend die Regelung des
Schulunterrichts am Aschermitttwoch und am Allerseelentage [durch
Freigebung der ersten Morgenstunde, bezw. Dispensirung von derselben] bestimmen
wir hierdurch, dafs auch an den gesetzlich anerkannten katholischen Feiertagen,
nämlich : a) am Feste der heiligen drei Könige, 6. Januar, b) am Feste Maria
Reinigung, 2. Februar, c) am Feste Maria Verkündigung, 25. März, d) am
Frohnleichnamsfeste, Donnerstag nach Trinitas, e) am Festtage Petri und Pauli,
29. Juni, f) am Festtage idlerheiligen, 1. November und g) am Festtage
Maria Empföngnis, 8. December bei den katholischen Lehranstalten der Schul-
unterricht wie bisher ganz ausfällt, bei den Simultananstalten aber nur dann
auszusetzen ist, wenn die Schüler überwiegend der katholischen Confession ange-
hören. Bei denjenigen Simultan- Anstalten, deren Schüler überwiegend evangelisch
sind, ist der Unterricht zwar nicht auszusetzen, aber die katholischen Schüler sind
vom Unterrichte zu entbinden, ohne dafs es des Nachsuchens einer besonderen Er-
laubnis in dem einzelnen Fall oder der nachträglichen Beibringung einer Beschei-
nigung bedarf. In gleicher Weise ist hinsichtlich der katholischen Schüler an
evangelischen Anstalten zu verfahren."
I S. 268, C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. 28. Nov. 1882.
„Es ist wiederholt die Wahrnehmung gemacht worden, dafs in der Bestimmung
der Aufgaben für die Schüler während der Ferien nicht überall mit der erforder-
lichen Umsicht verfahren wird. Es kommt vor, dafs besonders die Schüler der
unteren Klassen während der Ferien mit Arbeiten belastet werden, welche sich
wesentlich als Schreibwerk darstellen und nicht immer der Correctur unterzogen
werden. Wir finden uns daher veranlafst folgende Anordnungen zu treffen:
1. Eigentliche Ferienaufgaben sind nur während der Sommerferien und
zwar in möglichst beschränkter Weise und stets im Anschlufs an die laufenden
Arbeiten zu geben. 2. Die ELlassen-Ordinarien haben vor dem Beginn der Sommer-
ferien diese Aufgaben zusammenzustellen, im ELlassenbuch zu verzeichnen und den
Directoren zur Genehmigung vorzulegen. 3. Für alle übrigen Ferien fallen die
480
eigentlichen Ferienanfgaben fort. Es sind von den Schülern nnr die gewöhnlichen
fortlaufenden Arbeiten zu verlangen. A, In den mittleren und noch mehr in den
oberen Klassen sind die Schüler zu einer angemessenen Selbstbeschäftigong, ins-
besondere zur Privatlectüre anzuweisen und anzuhalten. 5. Im Falle, (^Lfs Schaler
während der Sommerferien verreisen, ist bei der ControUe der Ferienarbeiten ge-
bührende Rücksicht hierauf zu nehmen/'
I S. 268. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Posen v. 13. Oct. 1875.
„In der jüngsten Zeit ist das Mafs der Schularbeiten wiederholt zum Gegenstand
der öffentl. Besprechung gemacht und vielfach Klage über unverhältnismäfsige
Belastung der Schüler mit häuslichen Arbeiten geführt worden. Wenn-
gleich wir bei Mitteilung der auf das Mafs der häusl. Arbeiten bezüglichen und
bei Wiese Verordn. und Gesetze I^ p. 1138 fF. abgedruckten Ministerial-Erlasse
Gelegenheit genommen haben, die gewissenhafteste Ueberwachung der Lehrer nach
dieser Seite anzuordnen, so finden wir uns doch mit Bücksicht darauf, dafs der-
artige Klagen sich teilweise als begründet ergeben haben, von Neuem veranl&Cst,
die Herren Dir. resp. Eectoren unter Hinweis auf jene Erlasse zu verpflichten, da-
hin zu wirken, dafs die Ueberbürdung der Schüler mit häusl. Arbeiten möglichst
vermieden werde. Im Einzelnen bemerken wir noch Folgendes:
Als Ursache der erwähnten Ueberbürdung wird zuerst die Ueberfüllung ein-
zelner Anstalten oder Klassen angesehen. Es ist nicht in Abrede zu stellen, dafs
durch diesen Uebelstand eine ausreichende Einübung des Lernstoffes wlUirend der
Unterrichtsstunde erschwert und in Folge dessen eine gröfsere Belastung der
Schüler mit häusl. Arbeiten herbeigeführt wird. Wir werden deshalb eintretenden
Falls nicht unterlassen, für die erforderliche Abhülfe Sorge zu tragen.
Die Ursache der Ueberbürdung der Schüler mit häusl. Arbeiten wird indes
meistens in der mangelhaften Methode der Lehrer zu suchen sein.
Fehlerhafte Benutzung der Lehrbücher, namentlich der für den Gebrauch
auf den unteren Klassen bestimmten Uebersetzungsbücher aus dem Deutschen in
das Lateinische oder Griechische, Ungewandtheit bei Einübung der Elemente in
den verschiedenen Unterrichtsgebieten sind nicht geeignet, das Interesse der Schüler
an dem Lernstoffe zu erwecken und rege zu erhalten. Das Ergebnis der Unter-
richtsstunden ist deshalb teilweise ein ungenügendes, in Folge dessen versuchen
viele Lehrer, ihren Schülern durch eine die leibliche und geistige Gesundheit
schädigende Menge von schriftl. Arbeiten die erforderlichen Kenntnisse beizubringen.
Die sehr! ftl. Arbeiten bedürfen hiernach einer besonderen Beaufsichtigung.
Es wird deren Zahl und Ablieferungszeit behufs Vermeidung einer etwaigen Ueber-
bürdung am Anfange jedes Semesters zu bestimmen und die Einforderung über-
flüssiger Arbeiten, wozu auch die sog. Strafarbeiten gehören, zu untersagen
sein. Die Pflicht der Herren Dir. etc. aber ist es, mit Strenge darauf zu halten,
dafs demgemäfs verfahren und in den einzelnen Aufgaben, insbesondere auch in
den Ferienarbeiten, das zuläfsige Mafs nicht überschritten werde.
Auch in der Verteilung der zur mündlichen Wiederholung bestimmten
Abschnitte berücksichtigen einzelne Lehrer nicht selten zu wenig die Leistungs-
fähigkeit der Schüler. Namentlich gilt dies vom Geschichtsunterricht. Es wird
in keinem Falle zu dulden sein, dafs auf Wiederholung des Unterrichtsstoffes erst
gegen das Ende des Semesters Bedacht genommen werde. Das zu wiederholende
Pensum wird vielmehr in kürzere Abschnitte zu zerlegen und in angemessener
Weise auf das ganze Semester zu verteilen sein.
Endlich ist der Erteilung des Privatunterrichts eine besondere Auf-
merksamkeit zu widmen. Sobald der Lehrer seine Amtspflichten mit Sorgfalt und
Treue erfüllt, wird eine private Unterweisung der Schüler in der Regel nicht
nöthig sein. Erscheint indefs eine solche durch besondere Umstände gebot-en,
worüber die Herren Dir. etc. nach Anhörung der betr. Lehrer zu entscheiden haben,
so ist darauf zu halten, dafs dadurch das Mafs der häusl. Arbeiten nicht übermäfsig
vermehrt werde.
Die ControUe darüber, ob Lehrer durch Uebernahme von Privatthätigkeit
an der Erfüllung ihrer Amtspflichten behindert und in Folge dessen zur Ueber-
bürdung der Schüler mit häusl. Arbeiten gedrängt werden, haben die Herren
Dir. etc. nicht aufaer Acht zu lassen. Sollten in Bezug hierauf Uebelstände wahr-
genommen werden, so ist für deren Beseitigung in geeigneter Weise Sorge zn
tragen,"
481
I S. 818. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Kiel v. 7. Juli 1869. „Wir
finden uns veranlafst, sämtlichen LehrercoUegien sowohl bei der Aufnahme neuer
Schüler als auch bei der Versetzung in höhere Klassen die für das Gedeihen der
Anstalten erforderliche Strenge auf das dringendste ans Herz zu legen. Auch ist
darauf zu achten, dafs die nöthige Bücksicht auf die Altersstufe der eintretenden
Schüler genommen werde. Es wird daher von jetzt an nicht nur (1) vor dem
vollendeten neunten Lebensjahre die Aufnahme in die Gymnasialklassen (von VI an
aufwärts) zu versagen, sondern auch (2) nach dem vollendeten 12. in VI, nach
dem vollendeten iö. in V, nach dem vollendeten 15. in IV, die Aufnahme in
der Begel nicht zu gestatten sein. Wo jedoch diese letztere (2) Bestimmung in
die Sitte und Lebensgewohnheit des Landes tiefer eingreift, überlassen wir es dem
einsichtigen Ermessen der Herren Directoren, in Beachtung der bestehenden Ver-
hältnisse sie allmählich auszuführen und erst von Ostern 1872 an allgemein zur
Geltung zu bringen. Schüler, die zweimal an dem ganzen Cursus ihrer Erlasse
Teil genommen haben, ohne die Beife zur Versetzung in die nächst höhere Kl.
zu erlangen, d ürf en auf Grund eines Beschlusses des Dir. und der betr. Klassenlehrer
von der Anstalt entlassen werden.
I S. 814. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 6. Mai lö82.
„Die Herren Directoren (Bectoren) derjenigen Lehranstalten, in denen die ünter-
und Obertertia, Unter- und Obersecunda, Unter- und Oberprima in allen oder ein-
zelnen Lehrgegenständen getrennt unterrichtet werden, veranlassen wir hierdurch,
Versitzungen solcher Schüler, die nach Vollendung des Jahrescursus nicht für
reif zum Aufsteigen in die nächste Klasse erachtet worden sind, nur nach Ablauf
eines zweiten Jahrescursus vorzunehmen. Nur in dem Falle, dafs solche Schüler
nach anderthalbjährigem Besuche der betr. Klasse die Anstalt verlassen, um in das
praktische Leben überzugehen, worüber sich die Directoren in zuverlässiger Weise
zu vergewissem haben, kann ihnen die Beife für die nächste Kl. durch Conferenz-
beschlufs zuerkannt werden. Werden die obengenannten Klassen in allen Lehr-
gegenständen ungetrennt unterrichtet, so ist ausnahmsweise die Versetzung in die
obere Abteilung nach anderthalbjährigem Besuche der unteren gestattet."
I S. 818. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. Ü3. Oct. 1882.
„Ueber das bei den Versetzungen der Schüler zu beobachtende Verfahren enthält
§ 15, b und c der Direct. Instr. v. L^6. Juli J856 (Abt. II S. 165) die nöthigen Vor-
schriften, u. a. auch die, dafs bei etwa eintretenden Zweifeln über die Ver-
setzungsfähigkeit eines Schülers der Director, der versetzende und der auf-
nehmende Ordinarius entscheiden. Da nach uns gewordenen Mitteilungen nicht
überall nach den a. a. 0. gegebenen Vorschriften verfahren wird, so machen wir die
Directoren ausdrücklich darauf aufmerksam und verpflichten dieselben, sich bei
Feststellung der Versetzungen genau darnach zu richten."
I. S. 819. CVerf des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 11. Oct. 1884.
„Es ist zu unserer Kenntnis gekommen, dafs an mehreren Schulen unseres Amts-
bereichs bei der Versetzung der Schüler in höhere Klassen in der Weise ver-
fahren worden ist, dafs Schüler, deren Beife für die betr. höhere Klasse nicht ganz
zweifellos war, zunächst versuchsweise derselben zugewiesen sind mit der Mafs-
gabe, dafs nach kürzerer oder längerer Zeit, zum Teil auf Grund einer zu diesem
Behufe anzustellenden Prüfung nachträglich entschieden werden solle, ob sie als
der höheren Klasse angehörig anzusehen seien oder nicht. Besonders ist dieser
Weg dann eingeschlagen, wenn es sich um das Aufrücken vonSchülern der
Unterprima in die Oberprima handelte.
Wir können uns mit dem gedachten Verfahren nicht einverstanden erklären,
müssen vielmehr, wie wir den Herren Dirigenten hierdurch zur Nachachtung für
die Zukunft mitteilen, aus mehrfachen Gründen darauf halten, dafs über die Ver-
setzung der Schüler in den betr. Lehrerconferenzen in definitiver Weise entschieden
wird. Etwaige Zweifel und Bedenken, welche regelmäfsig hinsichtlich einzelner
Schüler obwalten können, müssen in der Versetzungsconferenz durch eingehende
Berathung zum Austrage gebracht werden.
Stellt sich heraus, dafs ein Schüler in einem oder dem anderen Fache oder
auch nach dem Grade seiner Gesamtbildung zwar z. Z. sich noch nicht die
volle Versetzungsreife erworben hat, dafs derselbe aber nach der Ansicht der Lehrer
Wiese, Yerordnongen. U. 31
4B2
in der Lage ist. bei angestrengtem Fleifse das Fehlende nachzuholen und an dem
Unterricht der höheren Klasse mit Nutzen teilzunehmen, so ist er der letzteren
definitiv zuzuweisen, in sein Zeugnis aber ein entsprechender Vermerk aufzunehmen.
Bechtfertigt der Schüler später die gedachten Erwartungen seiner Lehrer nicht,
so darf er auf ein weiteres Aufrücken nicht eher rechnen, als bis er die gerügten
Mängel in seinen Kenntnissen und Leistungen hinreichend ausgeglichen hat. Ge-
hört er deijenigen Abteilung der obersten Ellasse an, welche berechtigt ist, ach
zur Entlassungsprüfung zu melden, so ist in dem letztgedachten Falle mit Bücksicht
auf den Stand seiner Gesamtleistungen zu erwägen, ob nicht in Beziehung auf ihn
nach Mafsgabe von § 5, 5 und B (vergl. § 10, 3j der Prüfungsordnung vom 27. Mai
1882 zu verfahren sein möchte.
Wenn im Laufe des Schuljahres die Entwickelung eines Schülers zu Zweifeln
darüber Anlafs giebt, ob er innerhalb der ordnungsmäfsigen Zeit die Beife für die
Versetzung in die höhere Klasse erlangen werde, so ist dem Vater desselben, bezw.
dessen Vertreter, rechtzeitig seitens der Schale Mitteilung hierüber zumachen, event.
durch Aufnahme einer bezüglichen Bemerkung in das Zeugnis Jedenfalls ist ein
Vierteljahr vor der Zeit, in welcher die Abhaltung der Versetzungsconferenzen
bevorsteht, seitens der Schule dafür Sorge zu tragen, dafs die Eltern derjenigen
Schüler, deren demnächstige Versetzung als zweifelhaft angesehen wird, hiervon
in geeigneter Weise in Kenntnis gesetzt werden.'*
IS. 825. CVerf. des K. Pro v. Seh. C. zu Schleswig v. 30. Dec.l>6'3.
„Unter Bezugnahme auf unsere Verff. vom 27. Juni v. J. und 5. Nov. v. J. ver-
anlassen wir die Herren Birectoren und Bectoren, sofort nach dem Beginn des
nächsten Wintersemesters — spätestens bis zum IG. Oct. IHHü — darüber zu be-
richten, ob bezw. in welchen Fällen an der betr. Anstalt zu Ostern und zu
Michaelis Schüler, die bereits eine höh. Lehranstalt besucht hatten, nach halb-
jähriger Unterbrechung des Schulbesuches die Aufnahme in eine höhere Klasse
erlangten, als durch ihr Abgangszeugnis dargethan war. Dabei machen wir
wiederholt ausdrücklich darauf aufmerksam, dafs bei der Pi'üfung solcher Schüler,
welche nach halbjähriger Unterbrechung des Schulbesuches die Aufnahme in eine
höh. Kl. nachsuchen, nicht der anfängliche Standpunkt dieser Klasse, sondern das
in dem abgelaufenen Semester in ihr bereits absolvirte Pensum zum Mafsstab m
nehmen ist. In allen Fällen, in denen nicht versetzte und deshalb abgegangene
Schüler sich nach einem halben Jahre zur Aufnahme in eine höh. Kl. derselben
Anstalt melden, wollen die Herren Directoren überhaupt die Abhaltung der
Aufnahmeprüfung von unserer vorgängigen besonderen Genehmigung abhängig
machen.*'
I S. 885. CVerf. des K. Prov. Seh. C. zu Münster v. 24. März JöS3.
„Der Paragraph 22 der Disciplinar -Ordnung vom 19. Apr. 1879 hat eine ver-
schiedene Auffassung erfahren, indem einzehie Vorsteher der höh. Lehranstalten
von der Ansicht ausgegangen sind, dafs durch denselben unsere O.Verf. vom
21. Febr. 1846 in Wegfäl gekommen sei. Wir müssen diese Ansicht als imbe-
gründet bezeichnen; die genannte Verfügung bleibt vielmehr ihrem ganzen Um-
fange nach in Kraft bestehen. Namentlich weisen wir darauf hin, dal's nach wie
vor uns jeder einzelne Fall, in welchem die Ausschliefsung von der Schule
in Anwendung gebracht wird, unter Einsendung einer Abschrift der betr. Conferenz-
Verhandlung sofort anzuzeigen isf
CVerf. des K. Prov.Sch C zu Münster v. 21. Febr. 1846. „Durch
die höheren Orts bestätigte Disciplinar - Ordnung für die Gymnasien und Pro-
gymnasien dieser Provinz vom 24. Apr. 1833 ist im S 1^ das Verfahren bei
der unfreiwilligen Entfernung der Schüler von den Lehranstalten angeordnet
worden. Es ist dabei aber nicht bestimmt, ob und in wie weit bei der Anwendung
dieser Strafen unsere Genehmigung nachzusuchen sei. Wir haben auch bisher im
Vertrauen auf die Humanität und Unparteilichkeit der Lehrer-CoUegien und ihrer
Vorsteher eine nähere Bestimmung hierüber noch ausgesetzt und das nur darauf
beschränkt, zu den periodisch wiederkehrenden Directoren-Conferenzen eine Nach-
weisung der in der abgelaufenen Periode von den einzelnen Lehranstalten still
entfernten, ausgeschlossenen und öffentlich verwiesenen Schüler
nebst Angabe der Gründe einreichen zu lassen, teils um den Conferenzmitgliedeni
Gelegenheit zu geben, zu prüfen, ob diese höchsten Schulstrafen in allen einzelnen
483
F&llen hinreichend he^nündet erschienen» und so eine gegenseitige heilsame Con-
trolle auszuüben, teils um auch ihre Aufmerksamkeit und gemeinsame Berathung
auf die besonders hervortretenden Gründe und Umstände, aus denen die Noth-
wendigkeit der Entfernung einzelner Schüler sich bei einzelnen Anstalten ergeben
hatte, hinzulenken. Zugleich haben wir auf diesem Wege die für unsere Aufsicht
nOthige Kenntnis von den verschiedenen Disciplinarfällen, welche eine solche Strafe
nöthig gemacht hatten, erhalten. Unser Vertrauen zu den achtungswerthen Lehrer-
collegien, dafs sie nur in seltenen Fällen, nur nach erfolgloser Anwendung milderer
durch eine gesunde Pädagogik empfohlenen Schulstrafen, und erst nach sorgfältiger
und besonnener Erwägung äler Umstände zum Beschlüsse der Entfernung schreiten
würden, ist auch im Ganzen durch eine mehr als zwölfjährige Erfahrung bestärkt
worden, indem die Anwendung dieser höchsten Strafen im Verhältnisse zu der
grofsen Zahl der in den höh. Lehranstalten unterrichteten Schüler nach den uns
mit den Directoren-Conferenz-Protokolleu eingereichten Nach Weisungen nur selten
vorgekommen ist, die öffentliche Verweisung sich aber nur auf ein paar Fälle be-
schränkt hat und nur sehr wenige Beschwerden über derartige Beschlüsse der
Lehrercollegien bei uns eingegangen sind, welche auch nach sorgfältiger- Prüfang
als begründet nicht haben anerkannt werden können. Wenn wir daher auch den
Lehrercollegien für die Zukunft die Anwendung dieser Strafbestimmungen im
Wesentlichen vertrauensvoll überlassen können und wollen, so erachten wir es doch
für nöthig, dafs, da wir uns in den jährlichen Verwaltungsberichten an das vor-
gesetzte E. Ministerium auch über den disciplinarischen Zustand der unserer Auf-
sicht anvertrauten Anstalten äufsem müssen, uns jeder Fall, wo der zweite
Grad der Entfernung von der Schule in Anwendung gebracht wird, unter
Einsendung des Conferenzbeschlusses in Abschrift angezeigt werde. In Betreff
der öffentlichen Verweisung, die allerdings nur selten vorkommen wird,
liegt es aber bei der Wichtigkeit dieser Strafe selbst im Interesse der Lehrer-
collegien, dafs die Anwendung dieses Strafgrades nicht ohne unsere ausdrückliche
Bestätigung stattfinde. So wie die Strafe dadurch noch eine ^öfsere Bedeutung
erhält, so wird auch das betr. LehrercoUegium auf diese Weise vor jedem Vor-
wurfe einseitiger, parteiischer und leidenschaftlicher Beschlufsnahme gesichert, was
gerade in diesem Falle besonders wichtig und wünschenswerth ist. Da überdies
die anderen Lehranstalten, in besonders wichtigen Fällen so^ar die anderen Pro-
vinzialschulcoUegien von der Anwendung einer solchen Strafe m Kenntnis zu setzen
sind, so ist es angemessen, dafs dies von uns selbst geschehe, was aber unsererseits
nur dann mit aller Ueberzeugung geschehen kann, wenn der BeschluTs des Lehrer-
coUegiums von uns nach vorhergegangener Prüfung bestätigt ist. Wenn also
ein Lehrercolleginm eine solche Strafe für nothwendig erachten sollte, so ist
der Antrag der Bestätigung bei uns in einem motivirten Berichte unter Einsen-
dung des Conferenzbeschlusses und der Censurlisten des zu verweisenden Schülers
aus den beiden letzten Schuljahren zu machen.'*
I. S. 885. CVerf. des K. Pro v. Seh. zu Münster v. 28. Jan. 1882.
„In Betreff der Vollziehung des im S '^^ der Disciplinar-Ordnung für die höh.
Lehranstalten der Prov. Westfalen v. J9. Apr. 1879 unter die Strafmittel aufge-
nommenen Schularrestes unter Aufsicht sehen wir uns veranlalst,
folgende Weisungen zu geben, deren genaue Beachtung vom Beginn des neuen
Schuljahres ab wir den Herren Directoren (Rectoren) zur Pflicht machen: 1. Schul-
arrest unter Aufsicht ist als ein geeignetes Strafmittel blofs für die Schüler der
unteren und mittleren Klassen anzusehen und darf vom Eintritt in die Secunda
nur ganz ausnahmsweise zur Anwendung kommen. Es ist festzuhalten, dafs beim
Uebergang in diese erste der oberen Klassen das Bestreben der Lehrer, namentlich
aber das der Ordinarien, darauf gerichtet sein mufs, die sittliche Kraft der Schüler
in der Weise zu heben, dafs äufsere Strafen, wozu wir den Schularrest rechnen,
Überhaupt überflüfsig werden. Die moralische Einwirkung des Lehrers, im Noth-
fall Verweise vor der Klasse in Gegenwart des Dir. oder durch denselben, endlich
vor der Conferenz müssen hier genügen, um die gewöhnlichen Schüleruntugenden,
Unfleifs, Schlaffheit, Trägheit u. s. w. zu beseitigen oder die betr. Schüler Avif
bessere Wege zu leiten. Solche Untugenden werden in dem Mafse seltener her-
vortreten, als es dem Ordinarius gelingt, durch seine persönliche Einwirkung auf
das Gemüth und die gereiftere Einsicht der Schüler dieselben zum bewufsten Er-
31*
484
fassen der ihnen gestellten Aufgabe zu bringen and ein löbliches Streben znr
Erreichung des ihnen gesteckten Zieles hervorzurufen; Hinweisungen auf die noth-
wendigen Folgen fortgesetzten ünfleiTses werden dabei selten ihre Wirkung ver-
fehlen. Für Vergehen anderer Art, als die oben bezeichneten, wird für die oberen
Klassen Carcerstrafe eintreten müssen oder, wenn Milderungsgründe vorhanden
sind, Einzelarrest mit Einsperrung, beides natürlich nur nach BeschluTs der Con-
ferenz. 2. Die Aufsicht bei dem Arrest hat derjenige Lehrer zu führen, welcher
die Strafe verhängt hat, da nur auf diese Weise die pädagogische Wechselwirkung
zwischen dem strafenden Lehrer und dem zu bestrafenden Schüler verbürgt ist.
3. Combinirung von Schülern verschiedener Klassen zur Verbüfsung von Arrest-
strafen (Bildung einer sogenannten Strafklasse] ist untersagt, da der Charakter
der Strafe als solcher durch eine solche Combinirung gradezu aufgehoben wird
xmd diese Einrichtung, wegen des naheliegenden Milsbrauchs derselben zu einem
verwerflichen Mechanismus führen mufs und geführt hat. 4. Als geeignete
Strafzeit für die Abbüfsung von Arreststrafen sind die Stunden nach SchluTs
des Morgen- oder Nachmittagsunterrichts anzusehen, ausnahmsweise auch die freien
Nachmittage; doch geben wir in Betreff der letzteren den Herren Directoren zu
erwägen, ob es nicht wünschenswerth ist, diese zur Erholung bestimmten Nach-
mittage auch für straffällige Schüler frei zu halten.*'
I S. 885. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 3. Febr. 1887.
„Indem wir durch wiederholte Fälle von Nichtbefolgung des § 21 der DiscipL-
Ordn. f. d. höh. Lehranstalten der Provinz uns veranlafst sehen, daran zu erinnern,
dafs unter anderen als den hier angedeuteten Voraussetzungen und Beschränkungen
körperliche Züchtigung als Strafe zu vermeiden ist, halten wir es zugleich für
eine Pflicht der D&ectoren (Rectoren) und Lehrer, die Ursachen möglic^t zu ver-
hüten, aus welchen pädagogische MiTsgriffe dieser Art entstehen. Eine dieser
Ursachen ist die an manchen Schulen bestehende Unsitte, dafs es den Schülern
gestattet oder wenigstens nicht in geeu^eter Weise unmöglich gemacht vrird, sidi
gegen einen vermeintlich unverdienten Vorwurf, Tadel oder eine Bestrafung seitens
des Lehrers diesem gegenüber in der Lehrstunde vor den Schülern zu ver-
teidigen. Auch in demenigen Fällen, wo der Schüler sachlich in seinem Rechte
wäre, kann ihm eine Selbstverteidigung in der Regel nur nach der Stunde
in bescheidener Form erlaubt sein, nicht aber während derselben in Gegenwart
anderer Schüler. Die Gründe hierfür sind folgende: Wenn die Selbstvertei-
digung des Schülers unmittelbar nach der RiXge (Bestrafung) vor der Klasse erfolgt,
80 ist der Schüler gewöhnlich in^einer so erregten Stimmung, dafs ihm eine be-
scheidene Ausdrucksweise selten möglich ist. Mitunter werden auch gute Schüler
bei der noch unentwickelten Wahrheitsliebe und bei dem in diesem Punkte häufig
noch sehr der Stärkung bedürftigen Pflichtgefühl von einem unmittelbaren Drang
ihrer Natur verleitet, die ihnen vom Lehrer schuldgegebene Ungehörigheit zu
leugnen. Dieses oder unziemliche, unbescheidene Ausdrucksweise, welche sich mit
der vielleicht sachlich ganz begründeten Rechtfertigung des Schülers gern ver-
bindet, reizt dann wieder den Lehrer, welcher seine Autorität vor der Klasse an-
gegriffen oder gar gefährdet sieht, zu unpädagogischen Disciplinarmitteln, zu be-
leidigenden Ausdrücken, zu unerlaubter körperUcher Züchtigung, überhaupt zu
Worten und Thaten, welche er nicht gebrauchen würde, wenn er dem Schüler
nicht gerade vor seiner Klasse gegenüber stände, oder welche nicht so tief ver-
letzen und so schädlich wirken würden, wenn sie nicht gerade in solcher Ll^^e
erfolgten. In der Unterrichtsstunde und vor der Erlasse ist eben die Versuchung,
sich zu vergessen, för Lehrer und Schüler sehr grofs und ein ruhiges gegenseitiges
Sichverstehen sehr behindert. Dem Schüler fällt es schwer (mitunter infolge einer
der Jugend eigenen Scham) vor seinen Mitschülern die bessere Seite seiner Ge-
sinnung dem Lehrer zu zeigen, und dieser wiederum meint seiner Stellung etwas
zu vergeben, wenn er Gediüd, Nachsicht und Wohlwollen beweist. Auch kommt
noch hinzu, dafs es auf andere Schüler eine zu Ungehörigkeiten anreizende Wirkung
hat, wenn sie sehen und hören, wie sich ein Wortgefecht von Angriff und Ver-
teidigung zwischen Lehrer und Schüler abspielt. Eine derartige „Scene'' gar
nicht aufkommen zu lassen, mufs als eine weise Forderung der Pädagogik anerkannt
werden. Wie ganz anders können sich Lehrer und Schüler mit Vertrauen in die
Augen sehen, wenn nach der Unterrichtsstunde beide beruhigt und lülein den Fall
485
besprechen. Wie kann es da für den Lehrer eine Bemfspflicht and eine Berufs-
frende sein, zu erreichen und zn erfahren, dafs der Schüler sich für seine Worte
empfänglich zeigt, und wie kann da in diesem das für die Erziehung überaus
nöthige Vertrauen zu dem Lehrer besonders auch dadurch geweckt und gestärkt
werden, dafs der Lehrer alle guten Regungen wirklich in ihm herausfindet, aner-
kennt, fördert und je nach dem Ergebnis seiner gewissenhaften Prüfung der Ent-
schuldigung des Schülers eine gerechte Berücksichtigung schenkt. Alles dieses ist
vor der Klasse in der Lehrstunde, die ja wesentlich dem Unterricht und zwar
aller Schüler gilt, meist unmöglich. Wir machen es daher allen Lehrern, ins-
besondere aber den Directoren und den Ordinarien zur Pflicht, mit allen geeigneten
Mitteln dahin zu wirken, dafs die Selbstverteidigung des Schülers aus den Lehr-
Btunden verschwindet. Eine einheitliche Gewöhnung von den untersten Klassen
an und eine durch alle Klassen fortgehende consequente Einwirkung aller Lehrer
wird das üebel der Selbstverteidigung oder, was dasselbe ist, des Widerspruchs
vor der Klasse und die hieraus entstehenden Störungen des Unterrichts um so
sicherer beseitigen, je mehr der Schüler erfährt, dafs er jede Rechtfertigung wie
jedes begründete sonstige Anliegen aufs erhalb desselben in der rechten Weise
dem Lehrer vorbringen soll."
I S. 885. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zuMünsterv. J4. April 1886.
„Wir veranlassen hierdurch die Herren Directoren (Rectoren), den Lehrercollegien
bekannt zu machen, dafs zu den körperlichen Züchtigungsmitteln (Discipl.Ord. f.
d. höh. Lehranstalten d. Prov. Westfalen v. 19. April l«79 § 21) Ohrfeigen
und überhaupt Schläge an denKopf nicht gehören und unter allen Umständen
untersagt sind.*'
I S. 342. Declaration für das Alinea: „Wenn Schüler, welche wegen
Teilnahme an einer Verbindung'* u. s. w. aus C.Verf. v. 7. Juli 1880: ....
„Aus dem Zusammenhange und der Absicht der gesamten Verfügung ergiebt sich,
dafs bei den in dem fraglichen Alinea gegen eine Pension angeordneten Mafsnahmen
irgend eine, in Mangelhaftigkeit der Aufsicht liegende Schuld des Pensions-
halters vorausgesetzt ist. Diese Voraussetzung ist, als in der Regel zutreffend,
nicht zu besonderem Ausdrucke gebracht; auch ist die über eine Pension in dem
fraglichen Falle zu verfügende Strafe nicht als eine blofs eventuelle bezeichnet,
um nicht den Director, dem hiermit die Entscheidung zugewiesen würde, in jedem
Falle den Weiterungen der Remonstration und der Beschwerde auszusetzen. In
dem nur als Ausnahme zu betrachtenden Falle, dafs bei einer Beteiligung aus-
wärtiger Schüler an einer Verbindung dem Pensionshalter keinerlei Vorwurf treffen
sollte, hat der Dir. unter Nachweis dieser Sachlage die Abstandnahme von den
gegen die Pension sonst zu treffenden Mafsnahmen bei dem K. Prov.Sch.C. zu
beantragen, und das K. Prov.Sch C. wird, sofern es die Schuldlosippkeit des Pensions-
halters anerkennt, in Ausführung der Absicht der C.Verf. diese Abstandnahme
Seinerseits bewilligen.**
I S. 848. Min.Verf. v. 31. März 1884. „Obschon ich aus dem Bericht
des K. Prov.Sch.G. ersehen habe, dafs der Unfug des Verbindungswesens
unter den Schülern höh. Lehranstalten seit dem Jahre 1880 eine erhebliche Ab-
nahme erfahren hat, und dafs ein Zusammenhang der in dortiger Provinz bestan-
denen Verbindungen mit dem s. g. „deutschen Couleurverband** vom April 1877
überall nicht nachzuweisen ist, so sehe ich mich doch, im Hinblick auf die mehrfach
beobachtete Neigung, Schülerverbindungen einzelner Anstalten mit ähnlichen aus-
wärtigen Vereinigungen in ein gewisses Kartell-Verhältnis zu setzen, hier-
durch bestimmt, die Aufinerksamkeit des K. Prov.Sch. C, sowie der Ihm unter-
stellten Lehrercollegien auf diese bedenkliche Erscheinung ausdrücklich hinzulenken.
Da derartige Beziehungen von Anstalt zu Anstalt, von einer Provinz zur andern
erfahrungsmäfsig durch solche junge Leute vermittelt werden, welche aus ver-
schiedenen, meist unlauteren Gründen oft im Zeitraum von wenigen Jahren die
Anstalt mehrmals zu wechseln sich veranlafst sehen, so werden die Dirigenten ge-
rade auf diese Erlasse von Schülern ihr besonderes Augenmerk zu richten haben.
Demgemäfs wolle das K. Prov.Sch.C. im Anschlufs an die C.Verf. v. 29. Mai 1880
(8. Abt. I. S. 339) den Anstaltsleitern es wiederholt und dringend zur Pflicht
machen, dafs sie in allen Fällen des U ebergang 8 von Schülern einer Anstalt
486
znr anderen, in denen der Gmnd dieses üebergangs nicht klar nachgewiesen
ist oder das Betragen des znr Aufnahme angemeldeten Schülers an der filher von
ihm besuchten Anstalt zn Ausstellungen AnlaTs gegeben hat, sorgfältige Nach-
forschungen über das Vorleben des betr. Schülers eintreten lassen und in allen
ZweifelsnLlIen, insbesondere bei Schülern der ersterwähnten Kategorie, an das
K. ProY.Sch C. berichten, welches nöthigenfalls nicht versäumen wird, mit dem betr.
ProT.Sch.C. einer anderen Provinz in Verbindung zu treten. In der Regel werden
schon aus den Mitteilungen der Directoren unter einander die nOthigen Unterlagen
für die Beurteilung des Einzelfalles zu gewinnen sein« insbesondere gilt dies auch
meist dann, wenn ein derartiger Schüler von einer Anstalt eines anderen Boades-
staates kommt.*'
I 8. 848. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 9. Nov. 1886.
„An einzelnen Anstalten der Provinz sind wieder Schülerverbindungen auf-
fetaucht. Es ist deshalb erneute und verstärkte Wachsamkeit erforderlich. Wir
eauftragen daher Euer Hochw., von jetzt an jedesmal am Anfiange des Schul-
halbjahres vor sämtlichen Schülern oder vor einzelnen Klassen auf die grofse Ver-
derblichkeit dieses Unwesens hinzuweisen und ihnen wegen der damit verbundenen
Folgen den Schmerz und die Trauer ihrer Angehörigen eiDdringlich vor Augen
zu stellen und zu Gemüthe zu führen. Die Eltern selbst werden in ihrem
eigenen Interesse so viel als möglich zur Mitwirkung im Kampfe gegen diese Ver-
irrung zu gewinnen sein. Zu diesem Behufe ist in den Unterrichtsstunden auf
die unverkennbaren Zeichen der Abkehr von der Aufgabe der Schule: Zerstreutheit
und Zerfahrenheit, Schlaffheit und Verdrossenheit, abnehmende Arbeitsfreudigkeit
und verminderte Leistungsfähigkeit aufmerksam zu achten und wo diese bemerklich
werden, den Angehörigen Mitteilung zn machen, um so gemeinschaftlich den Ge-
fahren der Verführung rechtzeitig und wirksam Einhalt zu thun.''
IS.846. CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 29. Mai 1874 pp.
„Es ist uns berichtet worden, dafs der sogenannte Abschiedscommers der
Abiturienten hier allgemein üblich sei und seit Jahren unter Wissen und still-
schweigender Billigung einzelner Directoren und Lehrer stattgefunden habe, und
es hat sich für uns hieran die Erwägung geknüpft, in wie fem eine derartige an-
läTslich des stattgehabten Abiturienten- Examens sich vollziehende gesellige Ver-
einigung von Schülern für statthaft erachtet werden könne. Wir müssen uns in
der Sache hiemach dahin aussprechen, dafs eine solche Vereinigung nur in der-
jenigen Einschränkung und unter derjenigen ControUe stattfinden darf, welche
durch die Schuldisciplin geboten ist. Es bedarf daher hierzu jedenfalls der vor-
rangigen Erlaubnis des Directors, und es darf die bezeichnete Vereinigung nur
im Beisein wenigstens eines Lehrers der Anstalt statthaben und es dürfen an
derselben nur Schüler einer Anstalt und zwar nur Primaner Teil nehmen.*'
I S. 846. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 31. Jan. 1887.
„In Veranlassung der neuerdings wahrgenommenen Ausschreitungen in Abhaltung
von Abiturienten-Commersen erinnern wir an die Verf. des K. Prov.Sch.C. v.
29. Mai 1874, die auch femer mit allem Ernst aufrecht zu halten ist. Zur £r^
läuterung und Ergänzung derselben fügen wir hinzu: 1. dafs bei räumlich in zwei
Cötus geteilter Prima nur die Oberprimaner an dem Gommerse teilnehmen dürfen,
2. dafs von den Abiturienten alle Lehrer der Prima zum Commerse einzuladen
sind und dafs die Anwesenheit des Directors wünschenswerth, die Teilnahme min-
destens eines Lehrers der Prima unbedingt erforderlich ist, 3. dafs die so-
genannten „Bierzeitungen** in keiner Form zu dulden sind und jeder Versuch
zur Einführang derselben oder zur Beteiligung an denselben, sei es von Seiten
der Abiturienten oder der übrigen Schüler, strenger Strafe unterliegt. Der Inhalt
obenstehender Bestimmungen ist den Abiturienten jedesmal nach ei^olgter Zulassung
zur Reifeprüfung in geeigneter Weise durch den Director bekannt zu machen und
ihnen ausdrücklich einzuschärfen, dafs dieselben für sie bis zum letzten
Tage des betr.* Schulsemesters in Kraft stehen, an welchem die Ab-
gangszeugnisse auszuhändigen sind. Die zurückbleibenden Schüler sind, wie sich von
selbst versteht, auch nach dem Schlüsse des Semesters verantwortlich. Wir hegen
die Hoffnung, dafs wenn diese Vorschriften streng gehandhabt und die Lehier-
coUegien nachhaltig darauf bedacht sein werden, das Vertrauen der ihrer Fürsorge
487
Überwiesenen Schüler zu gewinnen, es allmählich gelingen werde, den Geist der
Pietätlosigkeit zu bewältigen, der vor Kurzem in einzelnen Fällen in beklagens-
werther Weise zu Tage getreten ist."
I S. 861. C.Verf des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 18. Jan. 1883.
„Um die Bestimmungen über die Einrichtung der Schulzeugnisse an den
höh. Lehranstalten mit den für die Abiturienten-Zeugnisse im Prüfungs-Beglement
von 1882 getroffenen Abänderungen und mit der neuen Ferienordnung vom 15. Ja-
nuar 188:j in Einklang zu bringen, ordnen wir das Folgende an:
1. Die Schüler aller Klassen erhalten jährlich viermal Zeugnisse und
zwar : a) vor den Sommerferien, b) vor den Michaelisferien, c) vor den Weihnachts-
ferien, d) vor den Osterferien. 2. Zu beurteilen sind in den Schulzeugnissen:
a) Betragen, b) Fleifs und Aufmerksamkeit, c) Leistungen. 3. Die Prädicate für
das Betragen sind: gut, im Ganzen gut, nicht ohne Tadel, tadelns-
wert (der Tadel ist zu begründen). 4. Die Prädicate für Fleifs und Auf-
merksamkeit so wie für die Leistungen sind: sehr gut, gut, genügend,
wenig genügend, nicht genügend. Alle anderen Prädicate, als die in
3 und 4 angeordneten, namentlich Zusätze wie „fasVS „kaum'*, ,.ziemlich*',
„zum Teil*' u. a sind unstatthaft. Auch dürfen statt der unter S und 4 auf-
geführten Prädicate weder im Concept noch in der Reinschrift des Zeugnisses
Zahlen (1, 'J, .M, 4, f)) gebraucht werden. Die Keihenfolge der Prädicate ist an
geeigneter Stelle auf jedem Zeugnis abzudrucken. 5. Betragen, Fleifs und Auf-
merksamkeit sind nicht für jeden Lehrgegenstand besonders, sondern im Ganzen
zu beurteilen. 6. Das allgemeine Urteil über Betragen, Fleifs und Aufmerk-
samkeit der einzelnen Schüler ist jedesmal in einer Conferenz aller Lehrer der zu
beurteilenden Klasse unter Vorsitz des Directors festzustellen. 7. Bei allen
Schülern ist eine Bemerkung über den Schulbesuch, bei den Schülern von Tertia
abwärts eine Bemerkung über die Beschaff^enheit der Bücher und Hefte in das
Zeugnis aufzunehmen. 8. In allen Klassen mit Ausnahme der Prima ist auf dem
Zeugnisse die Platznummer anzugeben, welche der Schüler auf Grund seiner Ge-
samtleistungen erhält, und die Gesamtschülerzahl der Klasse hinzuzufügen. 9. Jedes
Zeugnis ist von dem Director oder dessen Stellvertreter und dem Klassenordinarius
zu unterzeichnen. 10. Jedes Zeugnis mufs mit dem Vermerke versehen sein,
dafs es den Eltern oder Vormündern vorzulegen und demnächst mit der Unter-
schrift derselben dem Ordinarius der Klasse vorzuzeigen ist.
Vorstehende Anordnungen treten sofort in Kraft.'*
I S. 868. Min.Verf. v. 29. Juni 1876 an das K. Prov.Sch.C. zu
Münster. „Auf den Antrag des K. Prov.Sch.C. v. 30. v. M. genehmige ich unter
entsprechender Abänderung der auf Grund des Min.-Rescr. v. 1. April 1833 in
Kraft getretenen Disciplinar- Ordnung für die Gymnasien und Progymnasien der
dortigen Provinz, dafs bei den zum Bessert desselben gehörigen höh. Lehranstalten
fortan in jedem Jahre eine dreimalige Censur-Erteilung in allen Klassen, und
zwar zu Ostern, Michaelis und Weihnachten, stattfinde, und daneben aUen demjenigen
Schülern, die es in dem ersten Teile des Sommersem. an Fleifs und ausreichenden
Leistungen haben fehlen lassen, eine schriftliche Mahnung eingehändigt werde,
hinsichtlich deren nach Mafsgabe des Vorschlages des K Prov.SchC. zu verfahren
ist" gez. Falk. Mitgeteilt durch C Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Münster
V. 3. Juli l>s7(> „mit dem Bemerken, dafs künftighin aufser den dreimaligen Cen-
suren allen denjenigen Schülern, die es im ersten Teile des Sommer-Semesters an
Fleifs und Leistungen haben fehlen lassen, nach Lage der Sache entweder eine
kurze oder auch eine die verschiedenen Fächer mehr oder weniger hervorhebende
schriftliche Mahnung zu erteilen ist, weiche mit der Unterschrift der Eltern oder
ihrer Stellvertreter versehen vor den Sommer-Ferien dem Klassenlehrer resp. dem
Director wieder eingehändigt werden mufs. Der Zweck dieser Mahnung ist, die
Eltern rechtzeitig von dem Zurückbleiben ihrer Söhne in Kenntnis zu setzen und
durch ihre Mitwirkung die letzteren anzuregen, dafs sie die Sommer-Ferien und
die noch übrige Schulzeit zur Ergänzung der bemerkten Lücken und Mängel
ernstlich benutzen und sich für ein besseres Zeugnis zu Michaelis befähigen.'*
I S. 867. CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 3. Nov. 1884.
„Aus den in Folge unserer Verfügung vom 8. Juli 1884 eingereichten Berichten
488
haben wir ersehen, dafs in mehreren Anstalten ein zn weit gehender Gebrauch
von den Arreststrafen gemacht wird, während in anderen das rechte Mafs in
anerkennenswerther Weise gehalten wird. Um dem Uebennafse zn steuern, be-
gnügen wir nns zunächst, indem wir den Directoren, Bectoren und Ordinarien die
gröfste Wachsamkeit in diesem Punkte zur Pflicht machen , auf folgende, Ton der
4. Directoren-Conferenz (1876) einstimmig angenommene Grundsätze hinzuweisen:
1. Die Hauptaufgabe der Strafe ist die Besserung des Schülers. 2. Die
Strafe ist dem Vergehen und soweit es mit der Gerechtigkeit vereinbar, der
Individualität des Schülers anzupassen. X Da der Erfolg der Strafe von dem
Eindrucke abhängt, den sie auf das Gemüth macht, dieser Eindruck aber einer-
seits durch die Seltenheit der Anwendung, andererseits durch die Pei*sönlichkeit
des Lehrers bedingt ist, der sie verhängt, so ist dem Lehrer a) haushälterische
Sparsamkeit in Anwendung der zulässigen Strafmittel (vom strafenden Blick bis
zur Entziehung der Freiheit und zur Verweisung), b) unablässiges Streben nach
eigener sittlicher Vervollkommnung und wissenschaftlicher Ausbildung geboten.
4. Der Schule und dem Hause liegt das Erziehungswerk gemeinschaftlich ob;
deshalb ist Verbindung und Verständigung der Schule mit dem Hause noth wendig.
5. Je weniger Strafen stattfinden, ohne dafs die Förderung des Unterrichts und
der sittliche Geist der Anstalt darunter leitet, desto gröfser ist die Kunst der
Erziehung. 6. Innerhalb der vorstehenden Grundsätze gebührt der Individualität
der Lehrercollegien und der einzelnen Lehrer möglichst freie Bewegung.
Zugleich empfehlen wir die gesamten Verhandlungen der Directoren-
Conferenz vom 19.— 21. Juni 1876 über „die Regelung des Disciplinarverfahrens
gegen Schüler" S. 58—05 zum Gegenstande eingehender Erörterung und Berathung
in den Lehrerconferenzen zu machen und danach, wo es nöthig sein sollte, die zur
Verminderung der Strafen geeigneten Anordnungen zu treffen. Von dem Er-
folge Ihrer Bemühungen wollen Euer Hochw. alljährlich drei Wochen nach dem
Ende jedes Schuljahres, Talso nach Ostern lb'85, 1^80 etc.) Bericht erstatten und
die Uebersicht über die in diesem Zeitraum verhängten Arreststrafen beilegen.**
I S. 862. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Breslau v. 8. Dec. l,vS^.
„Um ein gleichmäfsiges Verfahren hei der Bestrafung von Schülern durch Ans-
schliefsung aus der Anstalt herbeizuführen, bestimmen wir Folgendes: Die
Strafe der Ausschliefsung aus der Anstalt darf nur durch Conferenzbeschlufs ver-
hängt werden. Sie geschieht entweder in der milden Form der stillen Ent-
fernung, oder in der strengeren, der Verweisung. In beiden Fällen ist unter
Einsendung einer Abschrift des Conferenzprotokolls Bericht an uns zu erstatten;
dasselbe gilt von der Androhung der Entfernung. Auf dem Abgangs-
zeugnisse des Schülers ist die Strafe der stillen Entfernung so wie die der Ver-
weisung ausdrücklich mit dieber Bezeichnung anzugeben; ebenso die Androhung
der Entfernung, falls der Abgang des Schülers unmittelbar nach derselben erfolgt.
Findet „Verweisung" statt, so darf ohne unsere Genehmigung keine andere Anstalt
den so Bestraften aufnehmen. Bei der „stillen Entfernung* genügt es, dafs der
Director, welcher den so Bestraften aufnimmt, uns davon Anzeige macht; in be-
sonderen Fällen behalten wir uns auch hierbei die Entscheidung vor/'
I S. 808. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 17. Aug. l88o\
„Unsere Verfügung vom 3. Mai 18/2 (Instruction S "^'^ Anm. 2) unterscheidet
unter Nr. 11 Sslt die Strafe der Ausschliefsung eines Schülers aus der Anstalt,
welche nur durch Conferenzbeschlufs verhängt werden kann, die mildere Form der
Entfernung und die strengere der Verweisung (Relegation), indem gleichzeitig
als erforderlich bezeichnet wird, dafs eine eingetretene Verweisung zu unserer
Kenntnis gelange. Wir sehen uns durch verschiedene Vorkommnisse veranlafst,
diese Bestimmung — auch in Ergänzung des $44 der Instruction — dahin zu er-
weitem, dafs über jeden Fall einer auf Grund eines Conferenzbeschlusses erfolgten
Ausschliefsung eines Schülers, mag dieselbe als Entfernung oder als Verweisung
anzusehen sein, sofort an uns zu berichten ist. Die Herren Directoren wollen
nicht verfehlen, in derartigen Berichten auch den Thatbestand bestimmt anzu-
geben, auf Grund dessen die Strafe der Ausschliefsung (Entfernung oder Ver-
weisung) verhängt worden ist."
IS. 865. Min.Verf. v. 14. Juni 1887. „Euer Wohlg. lasse ich die mit
der Eingabe vom 6. Juni d. J. eingereichten zwei Schriften befolgend wieder zu-
489
gehen mit dem Hinznfägen, dafs nach den mafsgeh enden Grundsätzen eine Prüfung
von Lehrbüchern oder sonstigen Lehrmitteln für höh. Schulen seitens des Mini-
steriums nur in dem Falle herbeigeführt wird, wenn dieselben von den durch die
C.Verf. V. 12. Jan. 1880 (I S. 36H) hierzu berufenen Behörden zur Einführung an
einer Schule beantragt worden sind.'' Der Min. d. g. etc. A. Im Auftr. Greiff.
I S. 872. C.Verf. v. 16. Oct. 1886. „Es gereicht mir zur Befriedigung,
dafs die eingehende Prüfung, welcher die K. Prov.Sch.CC. in Folge meines C.Erlasses
y. 15. Sept. y. J. ü. II. 240S die in den letzten zwei Jahren ausgeführten neuen
Anschaffungen für die Schülerbibliotheken der höheren Schulen unter-
zogen haben, im Wesentlichen yon dem sorgföltigen Verfahren der Lehrercollegien
bei der zu treffenden Auswahl Zeugnis giebt, und daCs in den höchst yereinzelten
Fällen, in welchen aus den in meinem Erlasse bezeichneten oder aus anderen be-
achtenswerthen Gesichtspunkten die Aufnahme eines Buches in die Schülerbibliothek
zu Bedenken Anlafs gegeben hat, die betr. K. Proy.Sch.CC. Abhülfe haben eintreten
lassen. Die K. Proy.Sch.CC. wollen die gleiche Sorgfalt der Prüfung diesem Gegen-
stande auch fernerhin zuwenden und jedesmal in dem Verwaltungsberichte Sich
ausdrücklich darüber äul'sem, ob, eyent. in welchen bestimmten Fällen, die Auf-
nahme eines Buches in die Schülerbibliothek zu Bedenken und zur Beseitigung
Anlafs gegeben hat.
Voraussetzung dieser den K. Proy.Sch.CC. obliegenden Prüfung ist, dafs
Dieselben über die Aufnahme yon Büchern in die Schülerbibliothek jährlich in
yollständige Kenntnis gesetzt werden. An den meisten höh. Lehranstalten wird
dieser Voraussetzung dadurch entsprochen, dafs in den Jahresprogrammen der
jedesmalige Zugang zu der Schülerbibliothek yoUständig yerzeichnet wird Dies
Verfahren ist in jeder Hinsicht als zweckmäfsig anzuerkennen ; auch zeigt dasselbe,
dafs die Lehrercollegien die Kritik der yon ihnen getroffenen Auswahl nicht
scheuen. Ein finanzielles Bedenken kann gegen dasselbe, sofern jede unnöthige
Baumyerschwendung bei dem Drucke yermieden wird, füglich nicht erhoben werden.
Die K. Proy.Sch.CC. haben daher darauf hinzuwirken, dafs dieses Verfahren zu
allgemeiner Anwendung gelange. Sollte dennoch an einzelnen Anstalten diese
Veröffentlichung durch das Programm unterbleiben, so haben jedenfalls die Diri-
genten der betr. Anstalten gleichzeitig mit der Einsendung des Jahresprogrammes
ein schriftliches yoUständiges Verzeichnis des Jahreszuganges zu den Schülerbiblio-
theken den betr. K. Proy.Sch.CC. einzureichen." y. Gofsler.
I S. 880 C.Verf. y. 21. April ISStJ. „In den yon den höh. Lehran-
stalten yeröffentlichten Programmen kommt es öfters yor, dafs der Verfasser der
den Schulnachrichten beigegebenen wissensch. Abhandlung nur mit seinem Familien-
namen bezeichnet ist, ohne dafs der Vorname (bezw. die Vornamen) hinzugefügt
oder durch die Anfangsbuchstaben kenntlich gemacht wird. Von Seiten einer
Bibliotheks-Verwaltung ist darauf hingewiesen worden, dafs diese ünyollständigkeit
der Bezeichnung zu einer Unsicherheit bei der Katalogisirung der betr. Abhandlung
führt, welche zu y ermeiden im Interesse der Verfasser selbst liegt. Ich ver-
anlasse daher die K. Proy.Sch.CC, auf Beseitigung dieses gelegentlich yorkommen-
den Mifsstandes Bedacht zu nehmen." Der Min. der geist. Ang. etc. In Vertr.:
Lucanus.
I S. »81. C. Verf. y. 17. Juni 1873. „Das K. Proy.Sch.C. yeranlasse
ich, die Directoren der höh. Lehranstalten Seines Bessorts anzuweisen, dafs sie
yon denjenigen Programmen, welche auf die deutsche oder die preufsische Geschichte
Bezug haben, bald nach dem Erscheinen ein Exemplar an das Directorium der
Kön. Staatsarchive hierselbst einsenden." Der Min. etc.
I S. 881. C. Verf. des K. Proy.Sch.C. zu Münster y. 6. Mai 1881.
„Durch einen Specialfall sehen wir uns yeranlafst, in Betreff des Abdrucks der
Programme und der denselben beigefügten Abhandlungen auf unsere C.Verf. y.
9. Dec. 1861 mit Nachdruck wieder aufmerksam zu machen. Durch die genannte
Verf. ist mit Genehmigung des Herrn Min. die Vorlage des Programmes bei uns
vor dem Abdrucke desselben nachgelassen und die Entscheidung darüber den Di-
rectoren und Bectoren übertragen, allein zugleich die Erwartung ausgesprochen,
dafs den Directoren etc. nicht entgehen werde, wie mit dieser Erweiterung ihrer
Befugnisse auch ihre Verantwortlichkeit eine gröfsere Ausdehnung erhalte, und
490
dafB sie bemüht sein werden, dem ihnen geschenkten Vertrauen auch in diesen
Punkten zu entsprechen/' Wir weisen daher die Directoren etc. wiederholentlich
daraufhin, sich das Manuscript der Programm- Abhandlungen vor dem Drucke
vorlegen zu lassen, indem sie für alle Veröffentlichungen, welche im Namen der
AnstiQt erfolgen, die yolle Verantwortlichkeit zu tragen haben.*'
I S. 886. C.Verf. y. 13. Mai 18»7. „Mit Bezug auf Nr. 4 der von dem K.
Prov.Sch.C. unterm 9. April d. J. an die Dirigenten' der staatlichen höh. Lehr-
anstalten dortigen Bezirkes erlassenen C.Verf., betreffend die Bewilligung von Schul-
geldbefireiungen, bemerke ich, dafs nach den mit dem H. Finanz-Minister vereinbarten
Grundsätzen die Lehrersöhne hinsichtlich der Befreiuun^ vom Schulgelde ^nau
ebenso zu behandeln sind, wie andere Schüler. Demgemäfs ist die Bewilligung
von Schulgeldbefreiungen an Lehrersöhne, sofern nicht ein besonderer Bechts-
anspruch auf diese Befreiung besteht, auf diejenigen P&Ue zu beschränken, in denen
die Bedürftigkeit und Würdigkeit des betr. Schülers nachgewiesen ist, und sind
die hiemach vom Schulgelde befreiten Lehrersöhne in den üblichen und reichlich
bemessenen Procentsatz der Freischüler von Zehn vom Hundert miteinzurechnen.
Das K. Prov.Sch.C. wolle dementsprechend den betr. Teil Seiner C.Verf. abändern
und von dem Geschehenen denmächst Anzeige machen.*' v. Gbfsler.
I S. 887. C.Verf. des K. Pro v. Seh. C. zu Breslau v. 28. Juli 1887
an die Kassen -Verwaltungen. „Aus Anlafs eines Specialfalles ordnen wir hiermit
an, dafs das bei sämtlichen höh. Unterrichtsanstalten staatlichen Patronats viertel-
jährlich praennmerando fällige Schulgeld für die Zukunft am ersten spätestens
aber am zweiten Schultage eines jeden Ealenderquartals und zwar von allen den-
jenigen Schülern einzuziehen ist, von denen nicht bereits vor dem Beginne des
bezüglichen Ealenderquartals der für den erst im Laufe des ersten Monats des-
selben stattfindenden Schlufs des Schulsemesters beabsichtigte Abgang vorschrifts-
mäfsig angezeigt worden ist."
I S. 889. Stipendienfonds für Studirende und für
Schüler höherer Lehranstalten. Durch den diesjährigen Staatshaus-
halts-Etat sind zu Stipendien I) für Studirende deutscher Herkunft zum Zwecke
späterer Verwendung derselben in den Provinzen Westpreufsen und Posen, sowie
für Studirende aus dem Regierungsbezirke Oppelu 100 000 Mk. 2) für Schüler
deutscher Herkunft auf höheren Lehranstalten in den Provinzen Westpreufsen und
Posen, sowie für Schüler höherer Lehranstalten im Begierungsbezirke Oppeln
50000 Mk. bewilligt worden.
Der Zweck der Fonds zu Schülerstipendien ist nicht, den Besuch der höh.
Lehranstalten zu vermehren, vielmehr soll der Fonds dazu dienen, der loyalen deutschen
Bevölkerung die Erziehung ihrer Söhne, insofern die letzteren sich durch Fleifs
und gute ^Ihrnng auszeichnen, angemessen zu erleichtem. In der Regel werden
die Stipendien im jährl. Betrage von je 150 bis 450 Mk. nur an Schüler der drei
oberen Elassen verliehen werden. Bewerbungsgesuche der Eitern oder der Vor-
münder sind an die Herren Oberpräsidenten der bezeichneten Landesteile zu richten.
Der Stipendienfonds für Studirende ist dazu bestimmt, für den Staats-,
Eirchen- und Gemeindedienst, für den ärztlichen Beruf und die sonstigen, eine
höhere Berufsbildung erfordernden Stellungen, wie die der Apotheker, Architekten,
Feldmesser, Zahnärzte etc., einen Stamm tüchtiger deutscher Beamten etc. zu ge-
winnen. Der Fonds ist daher nicht auf Angehörige Preufsischer Universitäten be-
schränkt, sondern auch für Studirende anderer höherer Preufsischer Unterrichts-
anstalten — technischer Hochschulen, Berg-, Forst- und landwirthschi^tlicher
Akademien — verwendbar. Bedingung der Verleihung ist, aufser dem Nachweise
des Fleifses und der sittlichen FtUirung, die von dem Stipendiaten reversmäfsig
übernommene Verpflichtung, nach Beendigung seiner Studien während der Vorbe-
reitungszeit zu dem künftigen Berufe bezw. bis zur definitiven Anstellung oder
bis zum Beginne der Ausübung des Berufes und nachdem diese erfolgt ist,
mindestens fünf Jahre in dem gewählten Berufe in den gedachten Bezirken zu
verbleiben. Bewerbungen um Stipendien, welche in der Regel im jährlichen Be-
trage von je 800 bis 900 Mk. werden verliehen werden, sind gleichfudls an die
betr. Herren Oberpräsidenten zu richten. Für einzelne besonders geeignete Fälle
hat sich der Herr Minister der geistlichen etc. Aug. die Bewilligung der Stipendien
vorbehalten.
491
I S, 484. CVerf. deaK. Prov.Sch C. zu Münster v. 22. Sept. 1885.
„In Veranlassung eines Specialfalles bemerken wir, daCs eine begonnene, aber auf-
gegebene Abi tnrientenp ruf nng in allen Fällen einer nicht bestandenen gleich-
zusteUen ist, mit der alleinigen Ausnahme, dafs sofort beim Aufgeben der PrüAing
nachgewiesen und von dem K Gommissar anerkannt wird, dafs die Prüfung in
Folge einer Erkrankung des Prüflings hat aufgegeben werden müssen. Euer
Hochw. haben daher in den Abgangszeugnissen der oben bezeichneten Schüler,
wenn sie auch nur eine schriftliche Arbeit mitgemacht haben, das ungenügende
Ergebnis der Abgangsprüfung im Eingange zu erwähnen."
I S. 489. C.Verf des K. Prov.Sch.C. zu Münster v. 27. April 1887.
„Aus Veranlassung eines besonderen Falles machen wir die Herren Directoren
(Rectoren) darauf aufmerksam, dafs durchaus alles zu vermeiden und zu verhüten
ist, was nach der schriftlichen Prüfung der Abiturienten diese dazu veranlassen
kann, auf eine Befreiung von der mündlichen Prüfung zu rechnen. Weil
von allen Abiturienten verlangt werden mufs, dafs sie auch denjenigen ünterrichts-
gegenständen, in welchen nur mündlich geprüft wird, die gebührende Wichtigkeit
beilegen und den erforderlichen Fleifs zuwenden, weil femer auch bei dem besten
Ausfall der schriftlichen Prüfung die Befreiung von der mündlichen nicht eintreten
mufs, sondern von jedem Mitglied der Prüfungscommission z. B. wegen ünfleifses,
oder einer nicht hinreichend befriedigenden sittlichen Führung des Abiturienten
oder aus sonstigen gerechtfertigten Gründen und pädagogischen Rücksichten, vom
E. Gommissar aber schon zu dem Zweck verssigt werden kann, um hin und wieder
auch von den besten Schülern einen Eindruck ihrer Leistungen in Religionslehre,
Geschichte. Geographie und manchen anderen nur mündlich zu prüfenden ünter-
richtszweigen zu bekommen, weil endlich die den schriftlichen Prüfungsarbeiten
erteilten Prädicate von dem K. Gommissar noch in der der mündlichen Prüfung
vorausgehenden Berathung abgeändert werden dürfen, wodurch der Dispensation
leicht die Unterlage entzogen wird, so kann es zu höchst nachteiligen Enttäuschungen
führen und sehr schädliche Folgen haben, wenn ein Abiturient sich darauf ver-
lassen hat» von der mündlichen Prüfung dispensirt zu werden und dann in diese
eintreten mufs. Es ist daher Pflicht der Directoren und Lehrer dahin zu wirken,
dafs die in den schriftlichen Prüfungsarbeiten zugedachten Prädicate nicht zur
Kenntnis der Schüler gelangen und jeder Abiturient mit der Möglichkeit rechnet
auch mündlich geprüft zu werden. — (Gompensation.) Aus gleicher Veran-
lassung weisen wir auf einen Irrtum hin, in welchem nicht selten Abiturienten
hinsichtlich des § IJj 3 der Prüfungsordnung befangen sind, als hätten sie einen
Anspruch darauf, dafs nicht genügende Leistungen in einem Lehrgegenstande
durch gute in eiiiem anderen obligatorischen Lehr^egenstande als ergänzt erachtet
würden. Die Prüfungsordnung stellt diesen Fall nicht als eine normale Erscheinung
und noch weniger als ein dem Prüfling gebührendes Recht, sondern nur als eine
zulässige Vergünstigung hin, deren Gewährung also nach sachlichen, die Wichtig-
keit der Unterrichtsgegenstände wie auch die Würdigkeit des Abiturienten be-
rücksichtigenden Motiven dem Ermessen der Prüfungscommission anheimgesteUt
ist. Nach dem Ministerialerlafs vom 'J4. Dec. \SöA (s. Abt. I p. 427) aber darf
diese Vergünstigung keinesfalls dann gewährt werden, wenn die nicht genügenden
Leistungen in einem Gegenstand unter dasjenige Mafs herabgehen, welches für
die Versetzung nach Prima erfordert wird. Es ist daher nothwendig solche Schüler
überhaupt nicht eher nach Oberprima zu versetzen, als bis sie in demjenigen Fach,
in welchem sie in der Prüfung voraussichtlich nicht genügen werden, sich wenigstens
die zur Versetzung nach Unterprima zu erfordernden Kenntnisse genügend ange-
eignet haben."
I S. 489. G. Verf. des K. Prov.Sch.G. zu Münster v. 27. April 1878.
„Die Protokolle über die mündliche Prüfung der Abiturienten sind bei
verachiedenen Anstalten nicht immer in zweckentsprechender Weise geführt worden.
Wir beauftragen daher Euer W., dieser Angelegenheit eine erhöhte Aufmerksam-
keit zuzuwenden und dieselbe in Gemeinschaft mit den übrigen Mitgliedern der
Abiturienten-Prüfnngs-Gommission in geeigneter Weise zu ordnen ; wobei folgende
Punkte vorzugsweise zu beachten sein werden: 1. Der Eingang des Protokolls
und die allgemeine Anlage desselben hat genau nach § 25 des Prüfungs-Reglements
zu erfolgen; Wiese I. S. 197 (2. Ausg.). 2. Der Dir. hat vor dem Beginn der
492
mtindl. Prüfung die ProtokoUfährer f&r die einzelnen Prüfongsgegenstände zn be-
stimmen. 3. Das Protokoll wird über jeden Prüfungsgegenstand anf einem be-
sonderen Bogen geführt. Diese Bogen sind nngeheftet mit den übrigen Acten
s. Z. an uns einzuschicken und erst nach der Rücksendung zu den Acten zu heften.
4. In dem ProtokoUe ist mit möglichster üebersichtlichkeit, aber doch mit Be-
stimmtheit und Genauigkeit bei dem Namen jedes Abiturienten zu vermerken,
worüber er geprüft worden und wie er darin bestanden hat. 5. Da von den
Gegenständen der mündlichen Prüfung nur die Geschichte keine besondere Er-
gänzung durch eine schriftliche Prüfungsarbeit findet, so ist das Protokoll über
die geschichtliche Prüfung mit besonderer Sorgfalt zu führen, so dafs aus dem-
selben der Gang der Prüfung überhaupt und die Leistungen der einzelnen Abi-
turienten in den verschiedenen Gebieten vollständig zu ersehen sind. Das Protokoll
wird daher bei den meisten Anstalten eingehender, als bisher, zu fuhren sein.
Eon dem freien Vortrage, den die Abiturienten zu halten haben, ist eine kurze
haltsangabe beizufügen.] Die Prüfung selbst hat sich in angemessener Auswahl
der bedeutendsten Abschnitte über das ganze Gebiet der Geschichte zu erstrecken
und namentlich auch eine angemessene Periodeneinteilung in der Geschichte der
Hauptculturvölker zu verlangen. Es ist bemerkt worden, dafs die Geschichte des
16. Jahrb. und die Geschichte Preufsens resp. Deutschlands seit 1806 bei vielen
Anstalten zu wenig berücksichtigt zu sein scheinen, während eher auf eine ein-
gehende Geschichte Brandenburgs vor der Zeit des grofsen Kurfürsten, die mehr-
fach verlangt worden, Verzicht zu leisten sei.**
I S. 489. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Cassel v. 16. Mai 1883: „In
Folge mehrfacher uns zur Kenntnis gekommener Anfragen und Bedenken sehen
wir uns veranlafst den HH. Directoren etc. hinsichtlich der durch die Entlassungs-
prüfuugsordnung vom vor. J. gegebenen Vorschriften nachfolgende declara-
torische Bestimmungen zugehen lassen: 1 Wenn durch § 8, 2 vorgeschrieben
ist, dafs der zum Uebersetzen in das Deutsche bestimmte griechische bezw.
lateinische Text den Abiturienten der Gymn. bezw. Bealgymn. zu dictiren sei, so
hat dabei nicht die Absicht obgewaltet, dafs der nachgeschriebene Text als solcher
eine Probe für die sprachlichen Kenntnisse der Examinanden abgeben soll. Viel-
mehr ist das Dictiren des Textes deswegen angeordnet, weil es, behufs der Fem-
haltung etwaiger Versuche ungehöriger Vorbereitung oder gar directer Täuschung
seitens der Abiturienten, als nicht zulässig erachtet wurde zu gestatten, dafs jedem
Examinanden ein gedrucktes Exemplar des betr. Textes vorgelegt würde. Es
bleibt aber, wie wir Ihnen hierdurch eröffnen, dem Lehrer, welcher die vorer-
wähnte Uebersetzung zu beurteilen hat, unbenommen, den dictirten Text für die
Examinanden im Arbeitszimmer aufzulegen. Auch ist eine mechanische Verviel-
föltlgung des Textes nicht ausgeschlossen, sofern der betr. Lehrer sie selbst an-
fertigt und die Verantwortlichkeit für ihre Geheimhaltung übernimmt. 2. In
§ 17, f) Absatz 8 der Prüfungsordnung ist für die bei der Gymnasial- bezw. Beal-
Beifeprüfung von Extraneern zu verlangende uebersetzung aus dem Deutschen in
das Griechische und in das Französische, bezw. in das Lateinische, die Angabe
eines bestimmten Zeitmafses nicht vorgesehen. Nach Mafsgabe der in § 8, 2 ent-
haltenen analogen Zeitbestimmungen sind für die gedachten üebersetznngen, aus-
schliefslich der für das Dictiren des deutschen Textes erforderlichen Zeit, je zwei
Stunden einzuräumen. 3. Auch an den Progymnasien, bezw. Bealgymnasien
sind für die durch § 6 vorgeschriebenen Üebersetznngen aus dem Deutschen in
das Griechische und in das Französische, bezw. in das Lateinische, ausschliefslich
der für das Dictiren des deutschen Textes erforderlichen Zeit, je zwei Stunden
anzusetzea." An die Herren Directoren u. s. w.
I S. W). CVerf. des K. Prov.Sch.C. zu Schleswig v. 17. Oct.
1882. „In Folge mehrfacher Anfragen, welche teils an uns, teils an unseren
Departementsrath ergangen sind, sehen wir uns veranlafst, über die Ausführung
der Bestimmungen, welche in den neuen Entlassungsprüfungsordnungen für die
Gymnasien, bezw. die Bealgymnasien, in Betreff der Uebersetzung aus dem
Griechischen, bezw. dem Lateinischen, gegeben sind, den Herren Directoren fol-
gende Mitteilungen zugehen zu lassen. 1 . Wenn in § 8, 2 der Prüfungsordnungen
das Dictiren der üebersetzungs- Vorlage vorgesehen ist, so hat damit nicht dem, was
von den Examinanden nach dem Dictate niedergeschrieben wird, an sich ein G«-
493
wicht bei der Prüfung beigelegt werden sollen; vielmehr ist deswegen von der
Vorlegung gedruckter Schriftstellerexemplare abgesehen, damit Täuschungsversuche
der Examinanden erschwert und die Auswahl der Texte nicht auf einen zu engen
Kreis geeigneter Werke beschränkt werde. Es bleibt daher dem die Aufsicht
bei der bezügl. Prüfung führenden Lehrer unbenommen, den dictirten Text zur
Einsicht für die Examinanden im Arbeitszimmer aufzulegen und so Gelegenheit
zu geben, die Versehen, welche beim Nachsclureiben untergelaufen sein sollten,
nachträglich zu beseitigen. Auch würde eine mechanische Vervielfältigung des
Textes nicht ausgeschlossen sein, sofern der betr. Fachlehrer sie selbst anfertigte
und die Verantwortlichkeit für deren Geheimhaltung übernähme. 2. Durch
§ 7, 5 ist vorgeschrieben, da(s für die Uebersetzung aus dem Griechischen bezw.
dem Lateinischen, drei Textesvorschläge dem K. Prüfungscommissar einzusenden
sind. Sofern nicht von dem Fachlehrer Aenderungen in dem Schriftstellertexte
als erforderlich angesehen werden, wird es genügen, wenn die in Vorschlag
kommenden Texte durch genaue Citirung der betr. SteUe (nach Ausgabe des Werks,
Buch, Kapitel, Paragraph u. s. w.) unter Hinzufügung der Anfangs- und der
Schlnfsworte bezeichnet werden. Erscheinen dagegen Aenderungen im Texte
als erforderlich, so ist dieser in derjenigen Form, welche der Uebersetzung zu
Grunde gelegt werden soll, geschrieben einzusenden. 3. Die nach § 9, 3 der
Prüfungsordnungen mit den schriftlichen Arbeiten zusammen einzureichende Ueber-
setzungsorlage mufs jedenfalls vollständig ausgeschrieben, bezw. gedruckt beige-
fügt werden."
I S. 440. C.Verf. des K. Prov.Sch.C. zu Berlin v. U. Aug. 1885.
„Der Herr IViinister hat unter dem 15. v. M. bestimmt, dafs die Verpflichtung der
Wiss. Prüfungscommission zu der Revision der Abiturientenarbeiten zwar
im Princip festgehalten werde, die regelmäfsige Revision derselben aber fortan in
Wegfall kommen und überhaupt eine Revision nur auf besondere Anordnung er-
folgen solle. Demgemäfs ordnen wir hierdurch an, dafs die Prüfungsverhand-
lungen in der bisherigen Weise in Zukunft nicht mehr an uns eingesendet werden.
Die Einsendung hat abgesehen von dem Falle besonderer Anordnung nur dann
stattzufinden, wenn unser Departementsrath die Prüfung nicht persönlich ge-
leitet hat.«
I S. 472. C.Verf. V. 13. Juli 1886. „Das Zeugnis der wissensch.
Befähigung für den einj. freiwilligen Militärdienst ist für die Schüler
aller höh. Lehranstalten, ohne dafs die Verschiedenheit ihres Lehrplanes einen
Unterschied herbeiführt, an derselben Stelle des Lehrcursus erreichbar, nämlich
am Abschlüsse des sechsten Jahrescursus.
Bei derjenigen Kategorie der höh. Schulen, welche die beschränkteste Lehr-
dauer hat, den höh. Bürgerschulen, fällt der Zeitpunkt der Erreichbarkeit des
Zeugnisses der wissensch. Befähigung für den einj.-freiw. Militärdienst zusammen
mit dem Abschlüsse des Lehrcursus selbst, an welchem, wie an allen Kategorien
der höh. Schulen, die Einhaltung der Lehrziele durch die Einrichtung einer staatlich
controlirten Abgangsprüfung sicher gestellt wird. Demnach wird von den höh.
Bürgerschulen die wissensch. Befähigung f. d. einj.-freiw. Militärdienst durch das
Bestehen der Abgangsprüfung erwiesen. (Klasse C des Verzeichnisses der militär-
berechtigten höh. Lehranstalten.)
Bei derjenigen Kategorie der höh. Schulen, deren Lehrdauer über den
sechsten Jahrescursus um eine oder um drei Jahresklassen hinausreicht, wird die
Höhe der für die Absolvirung des sechsten Jahrescursus — bezw. für die Ver-
setzung nach Obersecunda — zu stellenden Forderungen dadurch sicher gestellt,
dafs auf diesen Zeitpunkt noch eine oder drei aufsteigende Jahresklassen folgen
und in ihren Leistungen durch die unter Staatsaufsicht gehaltene Abgangsprüfung
controlirt werden. Das von dem Lehrercollegium auf Grund der darüber be-
stehenden Instructionen ausgestellte Zeugnis der erfolgreichen Absolvirung des
sechsten Jahrescursus, bezw. der Versetzung nach Obersecunda, hat daher, wie für
andere Berechtigungen zu gewissen Studien oder amtliche Stellungen, so für die
wichtige Berechtigung zum einj.-freiw. Militärdienste, Geltung ohne das Erfordernis
einer staatlich beaufsichtigten besonderen Prüfung (Klasse A und B des Ver-
zeichnisses der militärberechtigten höh. Lehranstalten). Für den Erweis der
wissensch. Befähigung zum einj.-freiw. Militärdienste ist die unbedingte Ein-
494
haltang der an das erfolgreiche Absolviren des sechsten Jahrescarsns zn stellenden
Forderungen noch durch besondere Anordnungen sicher gestellt (vgL C.Verl t.
29. Mai und 9. Aug. 1877, I S. 466 f.)
In Betreff der Lehranstalten von neunjährigem Lehrcursns (Gymnasium,
Realgymnasium, Ober-Realschulen) unterliegt der für die Geltung der durch blofse
Schulzeugnisse constatirten Versetzung nach Obersecunda bezeichnete Gesichtspunkt
keinem Zweifel, da an denselben die durch staatliche Aufsicht gesicherten Ab-
gangsprüfungen regelmäfsig statthaben. Dagegen finden sich, wie speciell durch
die auf meinen Circ.-Erlats vom 28 Jsn. d. J. ü. IL 3828 eingereichten Nacb-
weisungen ersichtlich wird, unter den höh. Schulen von siebenjährigem Lehrcnrsas
manche, bei denen unter äufserst schwacher Vertretung des siebenten (obersten)
Jahrescursus Abgangsprüfungen an einigen überhaupt noch nicht, an anderen
mehrere Jahre nach einander nicht stattgefunden haben. Bei einer derartigen
Sachlage wird die vorher bezeichnete, in der regelmäfsigen Abhaltung der Ab-
gangsprüfungen liegende Garantie für die Einhaltung der Lehrziele in Frage
§estelit, und die Lehranstalten von siebenjährigem Cnrsus treten dadurch den
chulen von sechsjährigem Cursus nahe. Mit Rücksicht auf die angegebene Un-
gleichheit, welche an den siebenjährigen Lehranstalten in Betreff der Fälle des
Aussetzens der Abgangsprüfungen sich findet, nehme ich für jetzt noch Abstand
davon, weiter reichende Aenderungen bezüglich der Erwerbung des wissensch.
Zeugnisses der Militärberechtigung an denselben in Erwägung zu ziehen, sondern
beschränke mich darauf Folgendes anzuordnen.
Wenn an einer Schule von siebenjährigem Cursus (Progymnasium, Real-
progymnasium, Realschule) für den Schlufs eines Schuljahres das Abhalten einer
staatlich controlirten Abgangsprüfung nicht in Aussicht steht, so ist den Schülern
nach erfolgreich absolvirtem sechstem Jahrescursus das Zeugnis der wissensch.
Befähigung für den einj.-freiw. Militärdienst nicht auf blofsen ConferenzbeschluTs
zu erteilen, sondern nur auf Grund einer unter der der Leitung und Verantwort-
lichkeit des Rectors (Directors) von den Lehrern der betr. Klasse abgehaltenen
schriftlichen und mündlichen Versetzungsprüfung. Sofern auf Grund der Ergeb-
nisse dieser schriftl. und mündl. Prüfung und der bisherigen Klassenleistungen
einem Schüler die Versetzung in den letzten Jahrescursus, bezw. Obersecunda, von
der Prüfungscommission nicht einstimmig zuerkannt wird, so sind die schriftlichen
Arbeiten des betr. Schülers nebst Angabe des CJrteiles über das Ergebnis der
mündl. Prüfung und über die Klassenleistungen an das K. Prov.Sch.C. einzureichen
und dessen Entscheidung einzuholen. Die schriftl. Arbeiten aus der bezeichneten
Prüfung und die kurze Zusammenstellung des ürteiles über die Ergebnisse der
mündl. Prüfung und über die Klassenleistungen sind bei den Acten der Anstalt
drei Jahre lang aufzubewahren.
Hiemach wolle das K. Prov.-Sch.-G. bei den Seinem Amtsbereiche angehönsren
Schulen von siebenjährigem Cursus das Erforderliche veranlassen.' von Gofsler.
I S. 171. G.Verf. des K. Pro v. Seh. G. zu Cassel empfiehlt den im
Programm des Friedrichs-Gymnasinrns zu Cassel 1887 abgedruckten Lehiplan für
den deutschen Unterricht.
n S. 2. Die G.G. v. 30. Jnni 1841 ist nnr noch für die evangelischen
Theologen, welche ihre erste Anstellung in den acht alten Provinzen suchen, nnd
für diejenigen Stndirenden der Philosophie, welche sich vor einer Prenfsischen
Wissenschaftl. Prüfan^fBCommission der Lehramtsprüfung unterziehen, in Kraft.
Für die Juristen ist sie auCser Kraft getreten durch § 2 des Reichs-Gerichtsver-
fassungsgesetzes v. 27. Jan. 1877 und für die Mediciner durch § 29 der Gewerbe-
ordnung V. 2i. Juni 1^69 (Fassung des Reichsgesetzes v. 1. Juli 1883) und § 4
alin. 4 No. 2 der Bekanntmachung, betr. die ärztliche Prüfung, v. 2. Juni 188.1
II S. 88* Min.Verf. v. 11. Juni 1887. «Auf die in dem Berichte vom
10, Mai d. J. gestellte Anfrage erwidere ich dem K. Prov.Sch.C, dafs der unter
dem 5. Febr. d. J. erlassenen Prüfungsordnung für das höhere Lehramt eine
rückwirkende Kraft nicht beigelegt ist und dafs demnach eine auf Grund
der bisherigen Prüfungsordnung bereits erworbene Befähigung zu event. Aufrücken
in eine Oberlehrerstelle auch nach dem Erlasse und nach der Inkraftsetzung der
neuen Prüfungsordnung in Geltung bleibt^ Der Min. d. geistl. etc. Ang. In
Vertr. Lucanus.
495
n S. 58. Die Giltigkeit der C.Verf. v. 28. Apr. J875, betreffend die
Anerkennung der Zeugnisse aus Leipzig, Rostock und Strafsburg erscheint nach
dem Erlafs der neuen Prüfungsordnung v. 5. Febr. 1887, insbesondere § 43,
zweifelhaft.
11 S. 66. Min.Verf. v. 11. Dec. 1878 betr. Unzulässigkeit der Abhaltung
des Probejahres an Mittelschulen, welche nach dem Reglement vom 15. Oct. 1672
(Abt. I S. 5) organisirt sind, s. CBl. J879 S. 277 fg.
II S. 86. Min. Verf. V. 6. Sept. 1875. . . . „Die Berufung einer Lehrkraft
in eine ordentl. LehrersteUe bedarf an sich, als meine Oenehmigung nicht erfordernd,
keiner weiteren Begründung. Da aber das K. Proy.SchC. die beabsichtigte Er-
nennung des pp. N. für die ord. Lehrerstelle am Gymn. in N. als eine Versetzung
im Interesse des Dienstes behandelt wissen und darauf den Anspruch auf
ümzugskosten, event. wenn die Mittel des Gymn. nicht ausreichen, aus Central-
fonds begründen will, so ist die Nachweisung der Nothwendigkeit des Einschubs
im Interesse des Unterrichts und der Gewinnung gerade dieser Lehrkraft erforder-
lich. . . ." Der Min d. g. Ajig. Im Auftr. Förster.
II S. 86. C.Verf. v. 31. März 1876. „Bei der Frage über die Er-
nennung eines ordentl. Lehrers an einer höh. Lehranstalt zum Oberlehrer
ist sowohl durch die C.Verf. v. 27. März 184.^ (11 S. 106) als durch die jetzt in
Kraft stehenden Verordnungen (Regl. für d. Prüf, etc.) der wissenschaftl. Qualifi-
cation des in Vorschlag gebrachten Lehrers eine entscheidende Bedeutung gegeben.
Nachdem in mehreren Fällen die UnvoUständigkeit des Berichtes, durch welchen
ein Proy.Sch.C. meine Genehmigung zur Ernennung eines ordeptl. Lehrers zum
Oberlehrer beantragte, erst noch eine Ergänzung erforderlich gemacht und dadurch
unnöthige Verzögerungen verursacht hat, yeranlasse ich die K. Prov.Sch CC. fortan
allgemein in den betr. FäUen folgendes Verfahren einzuhalten:
Wenn ein Prov.Sch C. die Ernennung eines ord. Lehrers zum Oberlehrer zu
beantragen beabsichtigt, so hat Dasselbe Sich von demselben das Zeugnis (oder
wenn Nachprüfangen stattgefanden haben, die sämtlichen Zeugnisse) üher seine
Lehramtsprüfung im Original vorlegen zu lassen. Dem zur Einholung meiner Ge-
nehmigung von dem Prov.Sch.C. zu erstattenden Berichte ist nicht das Original,
sondern beglaubigte Abschrift der Zeugnisse beizulegen, weil es von Wer& ist,
dieselben bei den diesseitigen Acten zu behalten. In Betreff der praktischen
Bewährung des Lehrers, dessen Ernennung zum Oberlehrer beantragt wird, ge-
nügt, wenn derselbe bisher dem Ressort des betr. Prov.Sch.C. angehörte. Sein in
den Bericht aufzunehmendes Urteil; gehörte er bisher dem Bereiche eines anderen
Prov.Sch.C. an, so ist dessen Urteil einzuholen und abschriftlich beizulegen.^ Falk.
n S. 90. C.Verf. v. 24. Juni 1887. .Durch die C.Verf. v. 25. Juni 1884
(11, S. 65) ist in Ergänzung des C.Verf. v. 30. März 1867 (II, S. 60) angeordnet
worden, dafs, wenn Lehramtscandidaten vor Abschlufs der mündl. Prüfung, aber
nach jedenfalls bereits erfolgter Einreichung der schriftl. Arbeiten, zu Ostern oder
Michaelis an einer Lehranstalt zur Ableistung des Probejahres zugelassen worden
sind, das betr. Semester von Ostern bezw. Michaelis auf das Probejahr angerechnet
werde, sofern sie innerhalb der ersten drei Monate des fraglichen Semesters die
Lehramtsprüfung bestanden haben. Behufs Herstellung eines gleichmäfsigen
Verfahrens in dem nach der C.Verf. v. 19. Nov. 1877 halbjährlich einzureichenden
Verzeichnisse der an höh. Schulen ohne vorausgegangene Lehramtsprüfung be-
schäftigten Candidaten bemerke ich, dafs die auf Grund der angezogenen C.Verf.
V. 25. Juni 1884 zum Probejahre mit dem Ansprüche auf dessen Anrechnung zu-
gelassenen Candidaten nicht unter die ungeprüften Candidaten einzurechnen sind."
^er Min. d. geistl. etc. Ang. Im Auftr. Greiff.
I S. 94. C.Verf. v. 21. Juni 1887. „Es ist zu meiner Kenntnis gelangt,
dafs die durch die C.Verf. v. 7. Juli 1844 bezw. v. 16. Oct. 1854 bezüglich des
evangelischen Religionsunterrichtes an den höheren Schulen getroffenen
Anordnungen in einzelnen, allerdings seltenen Fällen nicht zur Ausführung ge-
langt sind. Indem ich Abschrift der angezogenen C.Verff. dem E. Prov.Sch.C.
in der Anlage zu erneuter Kenntnisnahme zugehen lasse, erwarte ich, dafs fortan
496
in allen Fällen, in welchen ein Lehrer ausschliefslich oder yorzagsweise zur Er-
teilung des evang. Religionsunterrichtes berufen werden soll, das K. Prov.Sch.C.
meine Genehmigung nachsacht und zum Behufe des zu stellenden Antrages mit
der kirchlichen Oberbehörde der Provinz in Benehmen tritt. Da der General-
Superintendent Mitglied des E. Gonsistoriums der betr. Provinz und hierdurch
in der Lage ist, seine Auffassung zum Ausdrucke zu bringen, so will ich fernerhin
nur einer gutachtlichen Aeufserung, und zwar seitens den E. Gonsistoriums,
entgegensehen."
„ . . . . Was die Visitationen des evangelischen , sowohl lutherischen als
reformirten Religionsunterrichtes durch die betr. General-Superintendenten betrifft,
so ist die bezügliche nach Schleswig etc. gerichtete Verfügung v. 9. Nov. 1868
analog mafsgebend.** Der Min. d. geistl. etc. Ang. In Vertr.: Lucanus.
a) C.Verf. v. 7. Juli 1884 s. I S. 164.
b) C.Verf. v. 16. Oct. 1854. „Die hinsichtlich der evang. Reli^ionslehrer
an den Gymnasien unter dem 7. Juli 1844 erlassenen Bestimmungen finden ihre
Anwendung auch auf die Real- und höh. Bürgerschulen. . . ."
n S. 226. C.Verf. v. LS. Aug. 1886. „In Beziehung auf das Inseraten-
Wesen beim Reichs- und Staatsanzeiger hat das E. Staatsministerium
unterm 5. Juli d. Js. Folgendes beschlossen:
I. „Vom 1. April 1887 ab sind sämtliche in dem Liseratenteile des Reichs-
und Staatsanzeigers abgedruckten Inserate, insoweit nicht gesetzliche Bestimmungen
entgegenstehen, kostenpflichtig. Der Curator des Reichs- und Staats- Anzeigers
ist jedoch befugt, die JSIoBten auTser Ansatz zu lassen für nachstehende Eategorien
von Inseraten, nämlich : 1) Berichtigungen, 2) Tauschinserate, 3) für alle Inserate,
durch welche nach der pflichtmäfsigen Ueberzeugung des Curators das Interesse
des Reichs- und Staatsanzeigers gefördert wird, z. B. Theater- und Concert- An-
zeigen. Der Curator ist femer befugt, mit Genehmigung des Präsidenten des
Staatsministeriums Verträge über die Lieferung von Inseraten abschliefsen. Auch
ist derselbe nach näherer Anweisung des Präsidenten des Staatsministeriums be-
fugt, für Inserate, die Öfter als einmal abgedruckt werden, sowie für besonders
lange Inserate Rabatt zu gewähren.
IL Bekanntmachungen, welche lediglich für einzelne Ereise der Industrie
und des Gewerbestandes von Interesse sind, bedürfen der Insertion in den Reichs-
und Staatsanzeiger nicht, soweit nach dem Ermessen der zuständigen Behörden
zur möglichst vollständigen Erreichung des Zweckes derselben eine anderweite
Veröffentlichung, insbesondere durch Fachzeitschriften oder amtliche Organe des
betreffenden Verwaltungszweiges, geboten und ausreichend erscheint."
Den nachgeordneten Behörden meines Ressorts teile ich vorstehende Be-
stimmungen zur Eenntnisnahme und Beachtung hierdurch mit.*' Der Min. der
geistl. etc. Ang. In Vertr.: Lucanus.
n S. 264« Min. Verf. v. 5. Aug. 1887. „Der Magistrat hat in der unter
dem 4. März d. J. eingereichten Vorstellung den Antrag gestellt, dem hiesigen E.
Prov.Sch.C. solle unter Aufhebung seiner Erklärung vom 8. Oct. 1886 bemerklich
gemacht werden, dafs über Gewährung oder Versagung der Erlaubnis zur Ueber-
nahme remunerirter Nebenbeschäftigung, insbesondere der Erteilung von Unter-
richt an Privatschulen, gegenüber den Lehrern am städtischen Gymnasium
ausschliefslich der Magistrat auf Grund der von Demselben in den Bestallungs-
urkunden ausgesprochenen Bestimmungen befugt sei, zu befinden. Auf diese Vor-
stellung habe ich dem Magistrate Folgendes zu erwidern.
Die Disciplinarbehörde der Lehrer an den städtischen, das heifst aus den
Mitteln der Stadt erhaltenen Schulen, und zwar der Lehrer an den Volksschulen
ebenso wie an den höh. Schulen, ist nicht der Magistrat (bezw. das Patronat, das
Curatorium), sondern die staatliche Aufsichtsbehörde über die Schulen. Hieraus
folgt, dafs allein diese Behörde darüber zu befinden hat, ob einem Lehrer an einer
städtischen Schule die Erlaubnis zur Erteilung von Unterricht an Privatanstalten
zu geben oder zu verweigern ist; und diese Competenz der Staatsbehörde kann,
da es sich um die Ausübung eines staatlichen Hohei tsrechtes handelt, nicht mit
rechtlicher Wirkung von der Zustimmung des Magistrates oder Patronates ab-
hängig gemacht werden. Hiermit stehen die Bestimmungen der Preufs. Allgem.
Gewerbeordnung v. 17. Jan. 1845 im Einklänge; denn indem durch diese Erteilung
497
▼on PrivatanterrichUstanden gegen Bezahlone gesetzlich unter den Gesichtspunkt
der erwerbsm'äfsigen Beschäftigung mit dem Unterrichte gestellt ist, wird zu dem
Betriebe derselben nach $19 der angezogenen Gewerbeordnung für alle unmittel-
baren oder mittelbaren Staatsbeamten die Erlaubnis seitens ihrer vorgesetzten
Dienstbehörde erfordert, üeberdies ist durch die Allerh. Erlasse v. 14. «Jan. 1833
und 25. Aug. 1841 und deren Erläuterung in der C.Verf. v. 31. Oct 1841 (II,
S. 268 f.) bezüglich der Lehrer aufser Zweifel gestellt, dafs etwanige, seitens des
Patronats in die Vocation aufgenommene Glauseln oder von dem Betreffenden
ausgestellte Reverse bezüglich der event. nebenamtlichen Beschäftigung rechtlich
wirkungslos sind.
Indem hiemach in der Frage, ob einem Lehrer an einer städtischen Schule
die Erlaubnis zur Erteilung von Unterrichtsstunden an Privatschulen zu bewilligen
oder zu versagen ist, die Entscheidung der staatlichen Aufsichtsbehörde gebührt
und an dieser allgemein giltigen Ordnung eine Aenderung nicht kann in Erwägung
genommen werden, so wird darüber keineswegs verkannt, dafs der Magistrat be-
züglich der aus Mitteln der Commune erhaltenen Schulen ein wohlbegründetes
Interesse hat, zu erwägen, ob die einem Lehrer derselben etwa zu bewilligende
Beteiligung am Unterrichte in Privatschulen dem städtischen Schulwesen, bezw.
den städtischen Schulanstalten, in irgend einer Hinsicht Nachteil bringen könne.
Ehe daher über eine derartige Erlaubnis von der staatlichen Aufsichtsbehörde be-
funden wird, ist der Magistrat in die Lage zu setzen, Sich zur Sache zu äufsern.
Auf dieses vorgängige Benehmen mit dem Magistrate wird, soweit es unter-
blieben sein sollte, fortan gehalten werden. Hierdurch wird gesichert, dafs die
Auffassung des Magistrates in jedem einzelnen Falle zu vollem Ausdrucke und zur
Erwägrung seitens der Staatsbehörde gelangt; die Entscheidung aber zu treffen,
bleibt, wie ich ausdrücklich wiederhole, der stiuitlichen Aufsichtsbehörde vorbehalten "
— „Abschrift erhält das K. Prov.Sch.C. unter Bezugnahme auf die an den Gym-
nasialdirector in N. gerichtete Verfügung vom 8. Oct. 1886 zur Kenntnisnahme
und Nachaohtung mit folgendem Hinzufugen.
Die in der vorstehenden Verfügung enthaltenen Bestimmungen über das
Verhältnis, in welchem bei der von Lehrern an städtischen Schulen nachgesuchten
Erlaubnis zur Erteilung von Unterricht an Privatanstalten die Patronatsbehörde zu
der staatlichen Aufsichtsbehörde steht, stimmen in ihrem Grundsatze und ihrer
speciellen Ausführung genau überein mit der Verfügung, welche bezüglich der
Erteilung von Urlaub an Lehrer städtischer Schulen unter dem 17. April 1883
(ü, S. 274) ergangen ist. Der Grundsatz, dafs über die Gewährung oder Versagung
einer von Lehrern städtischer Schulen nachgesuchten Erlaubnis zur Erteilung von
Unterricht an Privatanstalten die staatliche Aufsichtsbehörde zu entscheiden hat,
ist jedenfalls aufrecht zu erhalten ; aber es liegt in dem Interesse der betr. Schulen
und ist in der Stellung des Patronates begründet, dafs vor einer in dieser Hinsicht
zu treffenden Entscheidung der Staatsbehörde die städtische Behörde ausdrücklich
zur Sache gehört werde.
Durch das ausnahmslose Einhalten dieses Verfahrens ist zu verhüten, dafs
der s.tädtischen Behörde nicht ein begründeter Anlafs zur Beschwerde gegeben werde."
n S. 272. Aus einer Min. Verf. V. 12. Jan. 1887. Mifsbilligung
von Collectiv -Vorstellungen. „Schliefslich kann ich nicht unbemerkt
lassen, dafs Collectiv- Vorstellungen, wie die von Ihnen und Ihren Amtsgenossen
eingereichte, nicht die geeignete Form für Wünsche bilden, welche Sie den Ihnen
vorgesetzten Behörden auszusprechen haben. Es ist dem einzelnen Beamten oder
Lehrer nicht verwehrt, Anträge und Wünsche, welche seine persönlichen oder
seine dienstlichen Verhältnisse angehen, der ihm übergeordneten Behörde vorzu-
tragen, und er darf der eingehendsten Prüfung derselben gewifs sein : aber es mufs
den Eindruck seiner Vorstellungen schwächen und den sachlichen Charakter der-
selben vermindern, wenn er durch Heranziehung einer gröfseren Zahl von Amts-
genossen den Weg der Agitation beschreitet." von Gofsler.
n S. 802. C.Verf. v. 18. Jan. 1886. „Inhalts des zweiten Absatzes
der Nr. 2 des C.-Erlasses v. 24. Nov. 1880 soll in den Fällen, wo einem Staats-
beamten ausnahmsweise innerhalb eines Etatsjahres eine neueingerichtete
Dienstwohnung vor Auf nähme derselben in den Etat zur Benutzung überlassen
wird, dies nur mietusweise g^en ein entsprechendes Entgelt gescbehen, für dessen
Wi«i«, YerordBiuiftn. IL 32
498
BemessQxig die regnlativiniLfsige Vergütunff zum Anhalte dienen kum. Im An-
BchluBse hieran teile ich den betr. naohgeor&eten Behörden des diesseitigen Ressorts
ZOT KenntniBnahme und event. Beachtung mit» dafs ich im ESinverst&idniBse mit
dem H« Finanzminister beschlossen habe, die in Fällen der gedachten Art zu ent-
richtende Wohnungsmiethe künf^ auf den Betrag der regnlativmäfsigen Yer-
ffutunff, mindestens aber auf den Betrag des WohnunngeldzuAohusses festzusetzen«
Der Modus der Yerrechnunff wird hierdurch nicht berührt. Vorstehende Be-
stimmung kommt auch auf die unter staatÜoher Verwaltung stehenden Stifbmgs-
Anstalten und Htiftungsfonds zur Anwendung/* Der Min. d. geistL etc. Aug.
In Vertr. Lucanus.
n S. 879. Zu CVerf. 20. Mai 1874. Der betr. Zusohufs zu Pensionen
war nach CBl. 1874 S. 264 in den StaaUausgaben Kap. 127 Titel 9 unter der
Bezeichnung ^^ensionen, Pensionszuschüsse und Unterstützungen für pensionizte
Gymnasial- und Seminarlehrer«' mit 5600 Mk. angesetzt Für das Etatsjdir 1887/88
ist nach CBl. 1887 S. 313 bei Kap. 124 Titel 12 „zu Unterstützungen für auwe-
schiedene Lehrer an höh. Unterricmtsanstalten und Schullehrerseminaren*' ein Se-
trag von 30000 Mk. ausgebracht.
J
Chronologisches Register.
Die römischen ZaUen am Bande beseiolmen die Abteilung oder den Band,
die arabisdhan die Seiten«
Abkürz
AO.t Allerhöchste Ordre.
AT*: AUerhSohate Verordnung.
€0.: Cabineis-Ordre.
CT.: Gircular-Verfü^rong.
Fln.lL: Finanz-Ministennm
Instr«: Instmction.
Jii8t«M«s Juatizministeriam«
JLmt Königlich.
Landt^Abseh«: Landta^-Abaohied.
M. d* g* A»: Miniatenom der geiatl.
etc. Angel.
M*Inii«: Miniaterium dea Innern.
ungen.
M«9ff«A«: Miniaterinm der o£fentliohen
Arbeiten.
KT»: Miniaterial- Verfügung.
Med«C»: Medioinal-Collegium.
DP.: Ober-Präaidium.
BegL; Beglement.
RegoL: KegnlatiT.
Reser»! Beacript.
SC: Sdiul-Gollegium.
SQL: Staata-Miniaterialbeaohluis.
Ü« n* PO. : ünterrichta- und
Ordnung.
1794.
Allgem. Landreoht I. 1.
n, 94. 104. 273. 338.
352. 353.
1804»
7. April, CO. . . n. 1
27. NoY., CO. . . n. 1
1808.
19.Noy.,Städteordn. 11. 383
1811.
26.r Juni, Inatr. . . L 24
1816.
4.Febr., AUg. Qeriohta-
ordn. ... IL 351
24. April, CV. . H. 98
30. April, Verord. I. 7
1816.
27. April, CO. . IL 390
27. ÄlaL CO. . . U. 391
17. Juli, CO. . . n. 386
1817.
7. Febr., AV. . . IL 104
5. Juni, MV. . . L 445
23. Oct, Inatr. L 9. 23
1819.
19. März, MV. . n. 1
15. Nov., CO. . • n. 391
1829.
7.MSrz, Stempelgea. U. 277
11. Juli,. Qeaetz . IL 383
1898.
7. Juli, CV. . . n. 354
26. „ CO. . . IL 429
1894.
8. Juli, OPV. Brealau L 337
12. „ CV. . . IL 77
31. „ CV. . . L 347
13. Aug., CV. . II. 96
16. „ CV. . L 370
23. „ CV. . L 376
31. „ CO. . n. 351
1896.
23. Mürz, CV. . L 346
8. Aprä, Polizei I. 344
11. „ CV. . L 262
14. „ MV. . L 175
25. „ CV. . L 343
30. „ Penriona-
Begl n. 369 (356). 386
14. Mai, AO. . . L 358
26. „ CV. . . L 175
1896
18. März, CV. . . L 205
9. Mai, CV. . . L 320
28. Juni, CV. . . L 161
1897.
26. Mäiz, CV. . . n. 61
2. April, CV. . . n. 96
1898
10. Jaih, CO. . . n. 369
11. Dea, CV. . L 185
1899
21. Jan., CO. . . IL 385
29. Mfirs, MV. . L 253
14. Mai,. Inatr. . L 22
1880.
30. April, SC. Berlin L 163
2. Juni, Patent . I. 3
10. Nov., CV. . . IL 96
1881.
22. Jan., StM. H. 281. 325
2. Mai, CV. . . n. 259
30.1>ec., Landt. Abaoh. 1. 154
1888
14. Jan., CO. . . n. 269
25. „ SC. Coblenz L 348
16. Mai, MV. . . IL 387
18. Juni, StM. . n. 101
29. Sept., CO. . n. 433
24. Dec., CV. . L 205
1884.
8. März, CV. . L 193
29. Mai, CO. . . IL 386
4. Juni, Begl. . I. 450
13. Sept., CV. . L 206
13. Dec., MV. . L 206
1885.
10. Febr., CO. . EL 98
8. Aug., BagnlatiT L 270
20. Sept., CV. . IL 427
21. Nov., CO. . n. 338
1886.
22. Jan., SC. Cobleoa L 359
24. Dec, CO. . . n. 338
1887.
24. Oct., C V. . L 53. 277
1888.
4. Febr., CV. . IL 57
32*
600
17. April, MV. . L 384
6. JuU, CO. . . IL 420
2. Dec., CO.. . n. 26
1889*
30. Mto, MV. . II. 106
9. Juli, CO. . . n. 387
13. „ CO. . . n. 268
17. Aug., StM. . n. 387
9. Nov., SC. Berlin I. 320
31. Dec, Instr. . I. 31
1840>
7. Jan., MV. . . I. 28
1. Mai, MV. . . L 349
12.
ti
MV.
I. 350
I. 207
21. Oct., MV. .
1841.
11. Pebr., MV. . IL 343
12. „ M.d.Inn. 11. 314
7. April, SC. Coblenz L 207
12. Mai, CO. . . IL 338
26. „ JustM. . IL 394
30. Juni, CO. . n. 2. 494
16. Juli, CV. . . L 379
25. Aug., CO. . IL 269
31. Oct, CV. n. 268. 269
12. Dec, SC. Coblenz L 220
1842.
10. Jan., CV. . . n. 103
30. März, CO. . n. 391
6. Juni, CO.. . L 222
2. Oct, MV. . L 29
9. Dec, K. Verordn. L 12
9. „ SC. Coblenz n. 260
23. „ CO.. . . n. 105
31. „ Gesetz. . H. 97
1848.
3. Febr., CV. . IL 82
3. März, MV. . L 171
9. „ CV. . L 347
9. „ SCBerlin L 359
9. April, CV. . L 15
14. Juni, CV. . I. 365
16. „ SC. Coblenz L 172
1844.
7. Febr., CV. . . L 223
29. März, K. Verordn. 11. 362
22. April, CV. . . L 225
3. Juli, Statut . n. 9
7. „ CV. . . L 164
1846.
27. März, CV. . H. 106
24. April, CV. . L 186
25. „ CO. . n. 430
5. Dec, CV. . L 240
1846«
24. Jan., MV. . I. 241
21.Febr.,SC.Mün8terIL482
23. Mars, OV. . . L 445
28. April, CV.. . L 186
5. Mai, CV. . . L 434
21. Mai, SC. Coblenz I, 241
28. „ Verordn. H. 363
1847*
6. Febr., CV. . IL 77
8. Mai, CV. . . n. 80
23. Juli, Gesetz . H. 81
24. „ CV. . . IL 79
17. Oct, AO. . . n. 97
1848*
5. Jan., CV. . . H. 97
13. März, CO. . 11. 373
14. Juni, A. Erlass II. 351
19. Sept, AO. . L 104
16. Oct., StM. . n. 352
21. „ Min. d. Inn.
u. Fin. . n. 352
24. „ CO. . . U. 351
25. Nov., MV. . L 343
20. Dec. CV. . . II. 77
1849.
26. Juli, CV. . . II. 331
6. Sept, CV. . n. 342
1860.
23. Jan., StM. . IL 326
31. Jan., Verfassung L 2.
IL 98. 104. 276. 279.
2. März, StM. . IL 344
12. April, JustM. I. 251
19. „ CV. . n. 339
13. Mai, OV. . . IL 344
10. JunL CV.. . n. 346
9. Juli, Bekanntm. IL 108
19. „ StM. . . U. 282
28. Nov., CV. . n. 282
23. Dec, CV. . H. 88
1861.
22. Jan., CV. . . 11. 272
23. Febr., Fin.M. u.
M.d.Inn.. . IL 314
24 Febr., CV. . DE. 271
15. März, CV. . n. 79
31. „ Schema IL 314
1. April, CV. . L 220
12. Juni, CV.. . n. 81
27. „ SC. Coblenz IL 76
11. Juli, M.d.Inn. u.
Fin. . . IL 275
11. Dec CV. L 100. 430
1862.
3. Juli, OV. . . L 102
10. „ StM. . n. 328
21. „ DiscipL-G^etz
n. 331
9. Dec, OV.. . n. 370
1868.
2. Mai, AO. . . n. 443
28. Dec, SCMünster L 313
1864.
13. Febr., Gesete IE. 342
17. „ CV. . L 26
27. April, CV. . n. 264
20. Mai, OV. . . L 254
9. Juni, CV. . L 51
16. Oct, MV. . . n. 94
30. „ MV. . L 23
24. Nov., Min.d.Inn.
u. Krieges IL 283
1. Dec, CV. . L 208
5. „ CV. . . IL 283
22. „ CV. . . L 431
1866.
18. April, 00. . n. 392
15. Mai, FinM. . IL 321
25. Sept, MV. . L 164
19. Nov., CO. . L 455
1868.
7. Jan., CV.. . L 66
12. „ CV. . . L 434
19. Febr., CV. . I. 346
10. April, CV. . 1. 188
24. „ SC. Breslau L 351
17. Mai, Gesetz H. 76. 420
24. „ M. f. Handel,
Inn., Fin. IL 313
26. Juli, Instr. . 11. 159
13. Oct, SC. Posen I. 348
6. Dec, MV. . L 175
1867.
6. April, MV. . n. 107
26. , CJV. . L 204
28. „ CV. . L 194
28. „ CV. . L 366
26. Oct, CO. . n. 27
23. Nov. CV. . . L 384
1868.
28. Jan., MV. . L 352
22. April, SCPosen L 352
22. Oct, CV. . . L 264
25. „ CV. . . IL 427
6. Nov., CV. . L 246
1869.
31. März, MV. . IL 392
6. April, CV. . I. 169
6. Mai, MV. . L 328
23. „ CV. . . L 221
l.Juni,SC.Breslaa L 221
11. „ SC. Coblenz n. 220
22. „ MV. . . IL 261
26. Aug., CO. . L 12
22. Sept, Instr. . L 195
6. Oct, U.U. PO. L 70
10. „ MV. . n. 280
23.Nov.,SO.Bi^laQ 1. 151
1860
17. Febr., OV. . IL 392
7. Mai, CV. . . n. 272
26. n OV. . . L 226
16. Aug., MV. . L 208
17. „ MV. . L 34
10. Sept, CV. . L 227
16. Oct, CV. . L 166
3. Nov., OV. . L 322
601
1861
16. Mai, CV. . .
I. 440
21, Mai, MV, . .
I. 361
12. Juni, CV. . .
I. 440
3. JuU, MV. . .
I. 319
4. Dea, MV. . .
I. 229
19. „ CV. . .
I. 201
30. „ SC. Stettin I. 202
1862.
6. Jan., CV., .
I. 441
18. „ MV. .
TT. 354
27, „ AO. . .
U. 98
28. „ AO. . .
TT. 443
4. März, CV. .
I. 319
8. „ M. d. Inn.
L 32
18.
Fin.M a. M.
d.g.A. . IL 394
5. Mai, CV. . . I. 166
23. „ CV. . . n. 97
6. Juni, CV. . n. 346
25. „ CV. . n. 280
17. Juli, M. d. Inn. I. 32
29. „ CV. . . I. 219
8. Aug., MV. . I. 37
28. „ CV. . II. 430
10. Nov., CO. . I. 12
13. Deo., CV. . I. 177
22. „ MV. . I. 187
1868.
2. Jan., CV. . . II. 84
MV..
I. 13
SCKgabg. L 321
2.
20.
11. April, CV.^ r n. 63
11. „ Inatr. . IL 12
11. Mai, CO. . . L 13
12. „ CV. . . n. 325
13. n MV. . L 33
11. Juni, SC. Berlin L 250
15. „ CO. . . n. 325
6. Aug., SC. Berlin IL 206
20.
MV..
L 40
22. Sept., StM. . n. 328
24 , MV. . L 155
2. Oci, Lehrplan L 213
12. „ MV. . n. 94
20. „ CV. . . I. 217
21. „ CO.. IL 76. 427
23. „ Instr. . n. 246
2. Nov., CO. . IL 430
28.
PinM. . n. 430
5. Deo., StM. . IL 321
19. „ MV. . IL 76
1864.
4. Jan., CV. . . IL 61
11. „ CV. . • n. 432
9. März, StM. . H. 327
19. April, SC. Berlin IL 82
23. „ MV.. . IL 271
13. Mai, SC. Berlin L 321
18. „ CV.. . L 218
14. Juni, SC. Berlin IL 271
20. Juni, CV. . I. 366
24. „ CV. . L 160
29. „ CV. . n. 371
4. Juli, SCBerlin 11, 281
7. „ CV. . • I. 192
7. Ooi, MV. . I. 326
13. „ SC. Berlin L 388
21. „ MV.. . L 32
25. , CV. . . n. 63
1. Nov., MV. . U. 364
18. Deo., CO. . . n. 369
21. „ MV. . L 26
23. „ Statut. IL 3
1865.
15. Febr., MV. . H. 108
27. „ Fin.M. n. 347
3. März, MV. . n. 380
4. April, CV. . L 230
4. Jiuli, SC. Berlin H. 102
13. „ SC. Berlin n. 82
28. „ SCBerlin L 388
5. Aug., CV. . . n. 347
11. Oot, MV. . L 245
30. „MV. . L 329
10. Nov., SC.Coblenz L 255
14. Deo., SC. Berlin L 389
23. „ Med.C. Coblenz
L 267
1866.
17. Jan., CV.. . L 380
10. März, MV. . L 208
14. April, MV. . I. 230
28. , SC. Berlin L 361
12. Mai, CV. . . n. 314
12. „ MV.. . L 15
18. Sept, MV. . n. 325
9. Oot., CV. . . L 193
15. , SC. Beriin L 193
26. „ Gutachten L 271
3. Deo., SC. Stettin L 155
19. „ CV. . . L 271
24. „ CV. . . IL 56
1867.
7. Jan., SC. Berlin I. 273
5. Febr., CV. . IL 350
15. „ MV. . I. 263
21. „ CV. . n. 73
28. „ CV. . L 154
13. März, Besor. L 13
la „ MV. . n. 334
30. „ CV. . . n. 60
6. April, CO. . IL 432
17. „ MV. . L 14
18. „ StM. . n. 320
2. Mai, SC. Mgdbg. L 357
2. „ Instr. IL 152. 243
6. n AVerordn. II. 98
6. „ MV. . . n. 88
6. „ (Gutachten L 267
7. „ SC. Coblenz n. 389
13. „ K.Verordn. L 6
14. Mai, CV. . . IL 264
17. „ Instr. IL 126. 232
20. Juni, SC. Königsberg
L 391
1. Juli, SC. Stettin II. 220
15. „ Instr. n. 172. 251
14. Aug., CV. . IL 67
26. „ CV. . n. 283
22. Sept, K. Verordn. L 9
3a „ MV. . L 10
1. Oot., MV. . n. 427
1. j, Instr. n. 146. 239
9. Nov., Gesetz II. 279
19. „ MV. . n. 81
11. Dec, MV. . L 27
13. „ CV. . . n. 56
13
n
MV.
I. 346
L 15
, Instr. n. 246 (248)
„ Instr. n. 116. 229
24. „ MV
1868.
3. Jan.. SC. Königsberg
U. 426
4. „ CV. . . IL 274
15.
22.
.SO. '„ Instr. n. 141. 237
28. Febr., MV. . IL 262
6. Juni, CO. . . n. 301
11. . CV. . . IL 109
23 Juli, CV. . . II. 371
28. Aug., CV. . n. 96
24. Sept., MV. . L 37
14. Oot., CV. . . n. 58
29. „ MV. . n. 301
9. Nov., CV. . L 22
12. „ CV. . L 465
1869
30. Jan., MV. . L 328
2. März, StM. . H. 328
27. „ SC. Königsberg
L 336
31. „ CV. . . n. 65
12. April, CV. . IL 436
22. „ SC.Posen I. 388
30. „ SCBerlin L 269
6. Mai, Gesetz . L 450
24. „ MV. . . IL 301
21. Juni, G^werbeordn.
L 32. 49. 453
7. Juli, SC. Kiel H. 481
18. Aug., Statut. U. 7
25. Sept., Bekanntm. I. 450
24. Oci, StM. . n. 328
11. Nov., SC. Berlin L 51
12. „ SC. Kiel . L 189
28. , Begulativ U. 223
7. Dec., SC. Kiel I. 337
22. „ Gesetz . IL 423
1870.
20. Febr., SC Kiel IL 223
15. März, MV. . L 36
23. Aprü, MV. . L 252
6oa
81. Mai, StnJgee. IL 108
1. Juni, Beiehsges. IL 382
4. JnU, SC. KiM . L 387
23. Sept., Oesets L 40
13. Oct., MV.. . IL 388
15. Nov., SC. Kiel L 231
1. Dec., CV. . . IL 389
6* n MV. ■ • IL 334
7. „ CV, . . L 444
10.
SCCoblens 11. 214
1871.
6. Febr., SG.Stettin L 165
11. März, CV. . n. 86
18. n CV. . n. 259
16. April, ReioiuyerfaBBiing
n. 279
22. » SC. Hannover
U. 283
26. 8 00. . . n. 380
2. Mai, MV. .. IL 60
6. ,, SC. KönigBberg
n. 82
16. „ 00. . . n. 370
27. , MV. . . n. 323
13. Juni, SO. Hannover
L 191
16. Ang., MV. . U. 419
19. , MV. . IL 392
25. „ SC.Hann. I. 273
2. Sept, MV. . L 40
18. „ SC. Berlin L 180
5. Oct., MV. . L 28
28. „ CV. . . L 446
31. . OV. . . L 275
2. itov., SC. Hannover
I. 448
16. n OP.Breslan L 337
29.
MV.
IL 354
n. 66
n. 389
1. Dec., MV. .
4. „ AO. . .
1878.
3. Jan., CO. . . L 8
9. Febr., MV. . n. 329
14. » SCBreslan 1. 154
27. „ MV. . . IL 321
29. - CV. . . L 167
11. IBrz, Gesetz L 3
11. „ MV. . L 445
14. „ CV. . L 8
27. „ Pennonsgesets
IL 356
2. April, OStaateanw.
Kiel . U. 344
12. • SC.Breslan n. 341
20. n Normaletot IL 284
30. m SC. Hannover
IL 210
30. n S^* Hannover
U. 211
3. Mai, SC. Kiel L 363
10. Mai, CV. . . n. 285
18. , CV. . . L 250
3. Juni, CV. . IL 286
8. Juli, CV. . . n. 3
8. „ MV. . . L 34
16. Aug., CV. . IL 367
18. Sept., SC. Kiel I. 50
17. , Bekanntm. II. 420
5. Oct, MV.. . n. 287
10. „ MV. . n. 287
15. „ OV. . . I. 5
4. Nov., SC. Berlin L 51
11. „ MV. . IL 351
7. Dec., MV. . n. 329
14. „ SC. Casael L 362
20. „ MV. . . IL 107
21. „ MV. . . IL 301
1878.
4. Jan., MV. . H. 323
4. „ MV, . IL 329
9. Febr., SC. Hannover
IL 263
20. , MV. . IL 365
11. März, M.Fin.n.
g.A. . n. 419
24. » Oesetc IL 312
26. , Gesetz 11. 277
31. „ Beiohsgesetz
n. 353
2. Aprü, SC. Hannover
L 474
5. „ Gesetz I. 2
6. „ SC. Hannover
L 362
9. n MV. . IL 427
21. n ^« ^^- u-
g.A. . IL 367
4. Mai, Instr. IL 191. 257
11.
Gesetz
L 450
12. „ Gesetz . n. 297
19. „ SC.Coblenz n. 206
16. Jnni, MV. . n. 99
17. „ CV. . . IL 489
25. „ SC. Königsberg
L 358
7. Juli, CV. . . IL 300
14. , CV. . . IL 291
25. „ M, Inn. u.
Fin. . IL 349
1. Aug.. MV. . IL 291
18. . CV. . . L 435
3. Nov., Fin.M. 11. 419
8. „ StM.. . U. 349
13. „ SC. Hannover
n. 99
24. „ MV. . . IL 276
6. Dec., SC. Posen L 218
22. „ SC. Königsberg
L 210
24. „ CV. . . I. 369
24. , CV. . . n. 368
1874.
7. Jan., 0 V. . . L 276
19. Jan., MV. . IL 347
21. „ MV. . - IL 289
23.
SO. Kiel L 251
11. , MV
29. . SO. Kiel IL 68
9. Febr., Polizei Stettin
L 338
28. „ CO. . '. IL 432
13. März, SO.Oaasel IL 300
16. „ CO. . . IL 379
17. „ SCStettin L 322
28. , CV. . . U. 291
1. April, StM. . n. 329
8.
GeseU
L 276
24. „ SCStettin L 338
28. „ MV. . . L 384
2. Mai, B.Mü.Gee. IL 280
2. „ OV. . . IL 292
3. „ SC.Coblenz IL 355
CV. . . DL 101
IL 288
n. 27
20. , CV. . . n. 379
20. „ CV. . . IL 498
21. „ CV. . . U. 289
IL „
18. „ MV. .
18. „ Stotut
2L
MV. L 384. 386
29. „ SCBreslau H. 48ü
30. „ MV. . . n. 262
11. Juni, CV. . L 392
20. Juli, MV.. . IL 101
25. , MV. . . LL 86
25.
SCMfinster L 252
12. Aug., CV. . n. 389
17. , SC. Kiel L 252
10. Sept. CV. . n. 309
11. „ SC.Coblenz L 389
24. „ M. Inn. Fin.
Krieg . IL 370
26, • SCBreslau L 253
9. Oct, MV. . IL 365
22. „ MV. . . L 327
29. - OV. . . L 447
2. Nov., MV. . L 168
SO. Kiel I. 152
SC. Coblenz IL 205
12. ,
18. ,
20. „ CV. . . L 373
8, Dec., CV. . IL 465
21. , MV. . . n. 95
1876.
12. Jan., SC Kiel L 365
13. „ Fin.M. . IL 367
15. „ MV. . . n. 328
26. „ MV. . . L 167
27. „ SC Hannover
IL 216
28. „ MV. . . IL 368
29. s SC. Köniffsbog
L 356
3. Febr. SC Kid L 270
60S
11. Febr., SO.Mgdbg. 1. 332
15. „ Gesetz . IL 280
23. „ MV. . . n. 298
24, „ MV. . . L 155
9. Man, GV. . U. 259
24.
Fin,M. . n. 433
5. April, SCBreslan 1.156
9. , MV. , . n. 345
19. „ SCBerUn L 361
22. „ CV. . . n. 430
26. „ OV. . . I. 381
28. „ CV. n 58. 495
30. , MV. . . I. 170
30. „ MV. . , n. 264
12. Mai, CV. . . L 344
16. Juni, SCMünster IL 477
18. „ Gesetz . L 2
28.
Gesetz . IL 312
29. n Gesetz . 11. 383
5. Jnli, Vormundsch.
Ordn. . I. 2
19. „ CV. . . 11. 268
30. „ Fiii.M.Schr. n. 423
6. Sept., MV. . IL 495
28. „ Wehrordnung
L 459. t^ 279
13. Oot., SC. Posen 11. 480
14.
CV. . L 255. 277
18. „ CV. . . IL 66
25. „ SC.Coblenz L 257
30. „ SC. Kiel L 202
3. Nov., MV. . L 327
8. „ SOICoblenz L 369
23. „ MV. . . L 258
27. „ SC. Ziel IL 95
2. Dec, SC.Coblenz L 36
7. , MV. . . IL 95
10. „ MV. . . n. 06
22.
SC. Hann. I. 345
1876.
3. Jan., SCKgsbg. L 337
11. „ MV, . L 50
19. „ MV. . L 7
19. „ MV. . L 327
14. Febr., MV. . L 220
26. „ Strafgesetz IL 108
31. März, CV. . H. 495
15. April, AV. . n. 312
29. „ CV. . n. 73
5. Mai, Fin.M. . IL 428
16. „ MV. . n. 366
6. Juni, OV. . n. 201
7. „ OV. . n. 389
12. „ CV. . n. 428
19. „ SC. Berlin n. 203
22. „ CV. . n. 327
29. „ Geseta L 38
29. „ MV. . IL 487
30, „ CV. . L 322
24. Juli, MV. . n. 60
4. Aug., MV. . n. 290
14. Aug., CV. . L 373
20. Sept, MV. . n. 290
29. „ SC.Mnn8terlL168
9. Oct, MV. . n. 104
29. Nov., MV. . L 330
29. „ MV. . n. 287
30. „ MV. . n. 59
7. Dec., MV. . L 386
13. „ MV. . L 386
15. „ MV.. . IL 468
30, „ CV. . L 35
30. „ CV. . n. 89
30. „ MV. . n. 465
1877.
27. Jan., Gesetz . 11. 343
30. „ RCiv.Pr.O. IL 350
16. Febr., CV. . IL 434
24. „ Gesetz IL 316
27. „ MV. . IL 75
7. März, CV. . H. 103
15. „ CV. . IL 197
7. April, M.V. . L 38
30. „ MV. . n. 293
4. Mai, M.Fin. n.
Inn. . . IL 319
29. „ CV. . . I. 465
14. Juni, MV. . L 169
30. „ CV. . L 231
30. ,, Regulativ IL 225
24. Juli, MV. . n. 262
9. Aug., CV. . L 467
24. „ CV. . IL 317
21. Sept, MV. . n. 299
29. „ CV. . n. 90
5. Oct., MV. . n. 218
6.
>f
CV..
L 381
19. Nov., CV. . n. 90
28. „ MV. . n. 339
10. Deo., SC. Coblenz n. 339
13. „ CV. . . L 211
13. „ MV. . . n. 329
20. „ SC. Coblenz L 347
29. „ SC. Berlin H. 103
1878.
14. Jan., MV. . U. 63
19. „ CV. . . L 211
31. „ M.V . L 468
9. Febr., MV. . L 248
4. April, OV. . n. 24
4. „ GKitacbten 1. 232
5. „ CV. . n. 359
5. „ CV. . n. 371
23. „ CV. . n. 299
27. „ SC. Münster IL 491
8. Mai, MV. . . IL 323
11. „ SC. Kiel L 52
20. „ SC. Magdeburg
L 314.
22. „ Fin.M. . L 39
8. Juni, MV. . IL 2
18. „ CV. . L 231
I 8. Juli, MV. . L 34
8. „ MV. . IL 261
24. „ StM. . IL 224
1. Aug., SC. Cassel L 191
3. „ MV. . n. 322
8. „ CO. . . L 474
21. Sept, MV. . L 156
14. Oot, A. Erlafs L 6
19. „ MV. . n. 58
26. „ CV. . . L 435
19. Nov., CV. . . IL 19
30. „ MV. . IL 95
6. Deo., MV. . L 168
9. „ CV. . IL 208
11. „ MV. . n. 495
28. „ .CV. . IL 216
1879.
7. Jan., SC. Münster
n. 99. 355
30. „ Fin.M. L 42
30. „ SC.Cassel L 210
18. Febr., MV. . n. 393
28. „ M. g. A. u. Inn.
n. 433
8. März, CV. . I. 232
11. „ Gesete L 450
19. April, Scbulordn. 1. 333
2. Mai, MV. . . L 248
17. „ SC. Kiel IL 278
31. „ SC. Munstern. 249
17. Juni, MV. . L 469
25. „ Gutachten n. 198
5. Juli, MV, . IL 313
24. „ SC. Münster L 325
29. „ CV. . . IL 198
30. „ MV. L 431. 432
31. „ MV. . n. 322
9. Aug., CV. . L 16
7. Sept, Verordn. IL 385
13. Oct, MV. . L 44
23. „ CV.. . L 43
17. Nov., M. f. Handel 1. 43
1880*
8. Jan., CV. . L 443
12. „ CV. . L 366
21. „ CV. . L 181
21. „ SaBerlinH. 366
23. „ MV. . I. 210
23. „ MV. . n. 423
30. „ SC. Sohlesw. L 326
3. März, CV. . L 182
3. „ MV. . L 183
11. „ Verordn. I. 457
6. April, CV. L39.il 263
20. „ CV. . IL 424
29. Mai, CV. . . I. 339
7. Juli, CV. . . IL 485
17. „ CV.. . L 19
26. „ Gesetz . L 7. 9
26. „ Heg^tiv IL 304
3L „ CV. . . L 251
604
1
16. Aug., CV. . n. 435
4. Sept., Statut U. 15
10. „ Prüf.Ordn.n. 71
11. Sept, CV. . U. 71
9. Oct, CV. . . IL 464
21. „ CV. . . n. 465
24. Nov., CV. . n. 302
30. „ MV. . I. 21
1881.
6. Febr., Gesetz n. 294
9. „ MV. . I. 470
13. „ SC. Schlesw. 1.354
24. „ Gesetz U. 425
24. „ MV. . L 41
28. „ MV. . L 21
8. März, StM. . L 212
15. „ CV. . n. 294
16. „ M.FiQ. u.
Inn. . n. 301
22. „ CV. . U. 425
22. „ Statut, n. 437
28. ,. A.Erlaf8n. 436
4. April, CV. . U. 302
13. „ Ju8t.M. n. 386
6. Mai, SC. Münster H. 489
9. „ CV. . . I. 471
17. „ CV. . . IL 388
8. Juni, M. off. A. L 390
9. „ Bekanntm. IL 418
13. „ CV. . . n. 443
15. „ CV. . . n. 91
16. „ CV. . . IL 388
21. „ CV. . . L 50
27. „ CV. IL 294. 393
4. Juli, M.Fin. u.
Inn. . . n. 357
13. „ CV. . . L 40
28. „ CV. . . IL 357
30. „ MV. . n. 443
16. Aug., CV. . II. 320
23. Sept., MV. . U. 296
12. Oct, CV.. . L 368
24. „ MV. . L 151
24. „ MV. . IL 417
26. „ SC. Berlin L 314
31. „ A. ErlaTs U. 437
25. Nov., MV. . IL 322
28. „ CO. . L 9
1882*
4. Jan!, A. Erlafs IL 100
9. „ A. Erlab L 6
17. „ SC. Münster IL469
19. „ SC. Münster U. 470
19. „ SC. Münster U. 470
28. „ M off. A. n. 468
28. Febr., MV. . n. 394
17. März, CV. . L 164
31. „ Gesetz IL 361
31. „ CV. L 5, 110
5. April, MV. . L 11
8. „ CV. . n. 348
14. April, CV. . n. .37
17. „ SC.BerlinL 150
6. Mai, SC. Münster IL 481
11. „ CV. . . n. 296
12. „ SC. Münster n. 265
14. „ SC. Berlin IL 469
20. „ Belictenges. IL 395
27. „ CV. . . I. 393
5. Juni, Ausführ.-Best.
IL 398
12. „ CV. . n. 412
19. „ Statut U. 20. 24
26. „ MV. . L 468
7. Juli, OReclm.K. 11. 413
21.Aug., SC. Münster U. 99
25. „ CV. . . IL 412
11. Sept, CV. . n. 413
12. „ MV. IL 406. 444.
16. „ Statut n. 18
30. „ MV. . n. 262
30. „ MV. . n. 403
6. Oct., MV. .11. 265
7. „ SC.MünsterIL162
17. „ SC.Solile8w.IL492
23. „ SC.MünsterIL481
27. „ CV. . . L 232
27. „ MV. . . IL 425
30. „ MV. . . IL 417
4. Nov., CV. . n. 320
14 „ SC.CoblenzL218
16. „ CV. . L 433
16. „ MV. . n. 418
20. „ MV. . n. 347
28. „ SCBerlinlL 479
7. Deo., MV. . L 158
9. „ MV. . n. 373
13. „ FinJU. IL 324
15. „ MV. . n. 86
27. „ SC.BerlinH. 198
1888.
6. Jan., FinJL . IL 386
10. „ SCBerlinlL 278
11. „ MV. . IL 348
11. „ MV. . n. 417
11. „ 'SC.Scblesw.I.311
15. „ SC.BreslauIL478
18. „ SC. Breslau IL 487
31. „ SCCassellL 99
12. Febr., MV. . IL 323
16. „ MV. . IL 397
23. „ CV. . n. 442
2«. „ CV. . L 139
3. März, CV. . IL 413
15. „ CV. . L 324
24. „ SC. Munstern. 482
29. „ MV. . IL 348
5. April, SCMünster U.469
10. „ M.Fin. u.
Inn. . n. 415
17. „ MV. . n. 274
f»
19. April, CV. . L 441
23. „ CV. . L 144
30. „ MV. . L 43^
1. Mai, BeguL . L 4M)
8. Mai, SC. Schlesw. 1 52
10. „ CV. . . IL 415
16. „ SC. Cassel IL 492
25. „ CV. . . IL 271
2. Juni, M.Inn. o.
Fin. . IL 197
4. „ SC. Breslau IL 468
14. „ MV. . n. 367
16. „ MV. . n. 67
25. „ CV. . IL 197
28. „ SC. Münster EL 276
29. „ FinJL IL 386
1. Juli, Gewerbeordn.
L 32. 49
19. „ MV. . L 236
26. „ MV. . L 7
30. „ Gesetz . L 7. 9.
n. 343
30. „ CV. . L 237
4. Sept., SC. Schlesw. L 312
15. „ MV. . . IL 403
27. „ MV.. . n. 64
27. „ SC. Schlesw. IL 190
23. Nov., CV. . L 32
12. Dec., MV. . L 47
19. „ Gutachten L 289
23. „ M.Inn. u.
Fin. . n. 34S
1884.
4. Jan.,CV. . . IL 349
8. „ CV. • . L 21
16. „ CV. . . L 473
13. Febr., SC. Cassel IL 265
29. „ CV. . . n. 343
29. „ MV. . . IL 471
9. Mär», MV. . IL 373
11. „ Statut IL 15
14. „ CV. . IL 3
18. „ CV. . L 270
30. „ M« ö£ A. L 389
31. „ MV. . IL 485
25. April, SC. Cassel IL 479
29. „ M.off.A. L 389
30. „ Gesetz . IL 362
4 Juni, Statut . IL 5
6. „ CV. . n. 24
13. „ CV. . IL 309
20. „ StM. . n. 400
25. „ CV. . n. 65
27. „ A. ErlaTs H. 268
27. „ MJnn. u.
Fin. . IL 324
27. „ SC.Sohle8w.L325
30. „ CV. . IL 210
30. „ SC. Schlesw. L311
14. Juli, CV. . . L 273
606
29. Julii M.Inn. u.
Fin. . . II. 375
81. „ CV. . . IL 400
1, Aug., CVT. . I. 150
8. „ O.KirohJl. 1. 439
17. „ M.Iim. 11.
Fin. . U. 345
3. Sept, A. ErlaTs L 6
6. „ CV, . I. 439
22. „ CV. . II. 324
30. ,, Nachricht U. 444
11. Oct., CV.. . n. 375
1 1. „ SC. Cassel U. 481
14. „ CV.. . IL 88
28. „ SC. Münster IL 355
3. Nov., SC. Breslau II. 487
10.
10.
CV. L 243. 258
SC. Berlin I. 353
8. Dec, S.C. Breslau IL 488
24. „ CV. . . I. 427
30.
n
]i.Inn. u.
Kn. . . n. 399
1885.
6. Jan., SC. Berlin IL 214
7. „ CV. . . L 376
17. „ CV. . . L 371
26. „ CV. . . U. 399
30. „ MV.. . L 44
30. „ SC. Cassel 11. 212
4. Febr., M.V. . L 430
14. ,, SC. Cassel IL 477
4. März, M.Inn. u.
Fin. . n. 439
11. „ Postbescheid
n. 224
18. „ CV. . IL 204
18. „ MV. . L 276
24. „ AV . L 459
24. „ CV. . n. 197
8. April, CV. . n. 439
23. „ CV. . IL 68
23. „ Prüf.Ordn.IL68
15. „ SC. Breslau n. 198
21. Mai, Statut . 11. 29
4. Juni, MV. . L 448
18. „ SC. Berlin IL 478
30. „ CV. . L 435
30. „ SC.Schlesw.L313
8. Juli, CV. . . L 470
8. „ MV. . L 475
«7. „ vy V . . . X. 44«)
15. „ MV. . I. 441
22. „ MInn. u.
Fin. . U. 435
24. Juli, SC.Bre8laun.2l5
27. „ Gesetz . II. 385
6. Aug., CV. . L 275
8. „ CO. . n. 29
11. „ M.g.A.u.
Fin. . n. 37«
11. „ SC.Berünn.493
19. „ Instr. n. 179. 253
27. „ A. Erlafs L 472
31. „ CV. . n. 397
22. Sept., SC. Münster U. 491
23. „ CV. . . n. 442
28. „ C. Breslau II. 472
6. Oct., CV. . . L 249
9. „ CV. . . L 472
17. „ MV. . n. 224
29. „ O.Rechn.K. 11. 380
12. Nov., CV. . L 264
27. „ MV. . L 475
3. Dec., CV. . IL 336
24. „ SCBreslau IL 472
28. „ CV. . L 476
29. „ MV. . IL 419
30. „ SC. Schlesw. n. 482
31. „ CV. . . IL 471
1886.
6. Jan., MV. . 11. 468
18. „ CV. . . n. 497
2. Febr.. MV. . I. 251
9. März, CV. . H. 380
15. „ CV. . II. 225
1. April, Sch.Dep. Berlin
n. 478
14. „ SC. Munstern. 485
19. „ MV. . n. 465
21. „ SC. Breslau 215
21. „ CV. . n. 489
28. „ MV. . n. 277
3. Mai, SC. Breslau U. 479
10. „ MV. . . n. 417
13. „ CV. . . IL 464
17. Juni, CV. . n. 107
17. „ CV. . U. 473
17. „ MV. . n. 218
13. Juli, CV. . . IL 493
23. „ A.Erlat8 U. 105
13. Aug., CV. . n. 496
17. „ SC. Schlesw. II. 488
20. „ M.Inn. u.
Fin, . n. 327
21. „ MV. . IL 444
28. „ 8C.Mün8tern.479
4. Sept, CV. . n. 205
30. Sept., CV. . IL 426
16. Oct., CV. . . n. 489
16. Oct., MV. . IL 466
2/. „ MV. . IL 59
4. Nov., SC. BerKn n. 214
9. „ SC. Breslau II. 486
1. Dec., MV. . n. 300
2. „ SC. Breslau IL 263
17. „ CV. . U. 296
20. „ CV. . II. 300
21. ,. MV. . n. 211
1887.
4. Jan., SC. Cassel 11. 211
12. „ MV. . . IL 497
17. „ Gesetz . U. 425
23. „ Bekanntm. 11. 447
31. „ SCBreslau II. 486
3. Febr., SC. Münster
IL 484
5. „ Priif.Ord. U. 33
10. „ CV. . IL 219
21. „ AO. . IL 464
28. „ MV. . n. 466
5. März, Magistr. Berlin
n. 260
16. „ CV. . U. 330
23. „ CV. . n. 209
2. April, M.V. . n. 215
15. „ SC. Münster II. 94
27. „ SC.Mün8terIL491
29. „ SC. Breslau IL 390
30. „ CV. . n. 323
30. „ CV. . IL 470
4. Mai, SC. Münster IL 210
7. „ MV. . . n. 426
10. „ SC. Cassel IL 275
13. „ CV. . , EL 490
18. „ SC. Breslau n. 341
30. „ SC. Berlin IL 213
11. Juni, MV. . IL 494
14. „ MV. . U. 484
20. „ CV. . n. 345
21. „ CV. . n. 495
24. „ CV. . IL 495
Juli, Rofsleben . IL 457
1. Juli, Magistr. Berlin
IL 260
13. „ OV. . . IL 327
28. „ SC. Breslau II. 490
5. Aug., MV. . IL 496
15. „ MV. . IL 336
23. „ MV. . n. 334
23. „ M. g. A. u. Fin.
n. 324
Sachregister.
Di0 römifldhto Zahlen beseiolmeii AbteilaDg (oder Band), die arabiaohen die Seiten.
A b k ii r z n n g e n.
0. = GyauiMiiim. B. = SealanitAUeB. h.B. = liÖheTe Bftfg«rselinle.
Abendmahlsfeier I. 162. 326. II. 120.
Abgang aas unteren Klassen I. 336.
aus Tertia (R.) I. 71.
Abgangszeugnis 1. 317. 320. 323. 356. 392.
^othwendigkeit 1. 2.
bei Bestratungen L 361,
bei Verweisung L 342. 364.
Abiturientenoommers II. 486.
Abiturientenprüfung s.Maturität8prüfung.
Abmeldung I. 336.
Abteilungen des Min. für Unterricht 1. 6.
Abtritte I. 268.
Adjuncten IL 446.
Adversarien I. 263.
AerzÜiche Atteste für besondere Be-
urlaubung n. 274. 276.
Beaufsichtigung d. Schulen 1. 304. 310.
Antation bei Wahlen IL 100. (342.)
Auium s. Directoren-Instruotion.
Alter, schulpflichtiges für Vorschule
L 146,
für SexU L 54. 71. 146.
Alt- u. mittelhochdeutsch 1. 90. (R.) 175.
Alumnate, confessionelle I. 37.
Joachimsthalsches Gymnasium II. 444.
Landesschule Pforta IL 447.
Klosterschule Bolsleben IL 457.
Amt- s. Dienst-.
AmUblatt IL 223.
Amtseid s. Diensteid.
Amtspflichten II. 109.
Amtsverschwiegenheit II. 338 ff.
bei MaturitäUprüfungen I. 395. 407«
429. IL 339.
bei Gonferenzen s. DirJnstr.
Andachten I. 23. 329.
Androhung der Entfernung I. 335. 488.
Anfragen aus aufserpreufsischen Staaten
n. 214.
Annoncen s. Zeitung, Inserate.
Expedition IL 226.
Anrechnung der Diensljahre
bei Anstellung I. 102. IL 368.
bei Pensionirung II. 358. 364.
aus Militärverhutnissen II. 369.
Anrechnung der Schulzeit
bd Maturitiitsprüfung I. 430.
bei Prüfung für Prima L 448.
beim Militärzeuffnis I. 468 f.
Anschauungsmittel L 102. IL 471.
Anstellung 11.76 f., vorherige Auskunft
n. 81.
Anstellungsordnung IL 82.
Anstellnngsrecht L 12. II. 83 f. 86.
Apotheker L 453.
Arbeitspläne I. 260. s. Dirjns^.
Arbeitsstunden IL 264 f.
ArbeiUzeit, Dauer I. 261. 307.
Archäologie s. Kunstgeschichte.
Reisestipendium IL 27.
Charlottenstiftung II. 28.
Archiv s. Schularchiv.
Archivordnung U. 220.
Arrest I. 335. 357. 363 f. IL 483. 488.
Arreststunde I. 364. 483. s. Nachsitzen.
Ascension L 12f s. Beförderung.
Astronomie I. 96. (R.)
Atlas I. 201.
Aufenthalt in den Klassen L 319. s.
Anrechnung.
Aufenthaltsort nach Pensionirung IL 380.
s. Domicil.
Auffallende Kleidung L 333.
Aufnahme von Schülern I. 149. 334.
(ärztlich) 305.
Alter L 54. 71. 146. 315. 334.
Zeit I. 247 f. 315.
in die Vorschule I 146 f.
in die unterste Klasse I. 54. (G.) 71. (R)
in höhere Klassen L 32a 322. IL 4811
von Realabiturienten inGJ^rima L 434.
von verwiesenen Schülern 1. 320 f.
vgl. Directoren-Instructionen.
Aufnahme f. Staatsangehörigkeit IL 382.
Aufiiahmeprüfung I. 313. 321. 323. 482.
für Ober-Secnnda L 469.
Aufsätze, Themata L 59. 69. 92. (R.) 179.
Nachweisun^ im Programm L 377.
deutsche, mcht in Sexta und Quinta
I. 92 (R.) 178.
507
lateimsohe I. 122. 11. 469.
Zahl I. 258. 311.
Uebenchätzang imDentsohen 1.92 (B.)
Aufsicht, häusliohe I. 347.
AufBichtsbehörden I. 6. 4. 330.
Aofaichtspflicht L 330.
Aufzüge, öffentliche I. 346.
Angenschwäche I. 264.
8. Kurzsiohti^keit, SehkrafL
Aula, Mafsbestiinmaiiff L 44.
firemde Benutzung I. 475.
Ausfall des Unterrichts L 247.
s. Dir.Instr.
Ausflüge und Spaziergänge 11. 473.
Ausgaben, unvorhergesehene I. 39.
Mehrausgaben L J7. 39.
Ausländer, Bezeichnung Ü. 215.
s. Nichtpreufsen.
Aussohliefsung I. 336. 342. 357. 360. 363.
482. 488. s. Krankheiten.
Aussteuerkassen IL 433.
Auswärtige Schüler
Bezeichnung ü. 215.
Aufiiahme I 155.
Beaufsichtigung I. 331. 341. 347.
Ausweisung ans der Schule I. 362,
aus dem Lehrzimmer L 363.
Auszeichnungen, Verleihung II. 378.
Ballvergnügungen 1. 331.
Bänke L 44. Aufstellung I. 311.
s. Schulbank.
Barrentumen L 230.
Baufach L 451.
Anforderung für Math, und Zeichnen
L 209.
Beamte s. Staatsbeamte ; eommissarisch.
Beamtentöchter, K. UVilhelmstiftung
n. 456.
Beamtenverein IL 434 f.
Beaufsichtigung s. Aufsicht.
geistliche L 22.
B^ürfniszuschüsse I, 16.
für pensionirte Beamte IL 379.
Bedürftigkeitsbescheinigung
zu Quittungen 11. 382.
Beförderung un Amt IL 83. 86. 495.
Beglaubigung von Abschriften 11. 278.
Begnadigungsgesuche U. 846.
Beffriffserklärungen I. 90.
Beherbergung I. 335.
Beichtzettel L 327.
Bekanntmachungen s. Inserate.
kirchliche in (kathol.) Schulklassen
TT, 259.
Beleuchtung L 49. 301. 312.
s. Erleuchtung.
Berechtigte Schulen L 4.
Berechtigungen I. 450.
für einj.miw. Militärdienst I. 459.
statistisch L 292.
an höh. Bürgersch. 1. 150. U. 466. 493.
an Realklassen L 158.
Bergfaoh L 452.
Berichterstattung I. 15.
Form II. 190. 198 f.
im FensionirungsSEille IL 380.
Einsendung von GircVerff. II. 464.
Berlin, Verwaltungsbezirk L 7.
Stadt, Lehrstunden IL 260.
Fensionswesen II. 366.
Berufswahl L 242. 391.
Berufung an das Staatsministerium II.
335 360.
gerichtliche IL 345.
B(ffufungsurJnmde s. Vocation.
Beschlagnahme für Besoldung II. 296. 350.
für Pension IL 360. 385.
Besetzung der Lehrstellen IL 83 f.
Besoldungen s. Normaletat, Q^halt,
Diensteinkommen.
Verteilung II. 87.
Veränderung II. 84 f.
Quittung IL 402. vgl. Gehaltszahlung,
Beschlagnahme IL 296. 350.
BesUUung IL 100 f. 354. s. Vocation.
Bestätigungsrecht f. Anstellung IL 83. 86.
Besteuerung d. Diensteinkommens IL 383.
Bestrafung, individualisirend L 363.
Betragen außerhalb der Schule I. 347.
n. 119.
Beurlaubung der Schüler I. 334.
der Lehrer s. Urlaub.
Beurteilung d. Schüler, Leistungen 1. 260.
Mafsstab in den Gensuren I. 355.
Bewegungen unter den angestellten
Lehrern, Uebersicht IL 205.
Bibelsprüche I. 163. 165.
Bibliothek s. Schul-, Sohnler-, Lehrer-
bibliothek.
Bibliotheca pauperum I. 371.
BibUoUiekordnung I. 374.
Bibliothekrevision L 371 f.
Bibliothekverwaltung L 371.
Bifurcationssystem L 159.
Bildung, allgemeine L 280. IL 50.
classische L 121.
Biographische Erzählungen I. 124.
Bischöfe (kath.) I. 23.
Bismarck s. Schönhauser Stiftung.
Blässe L 302.
Blaues Buch I. 53.
Blitzableiter I. 50.
Botanik, Lehrerprüfung IL 44 53.
Unterricht L 119. (Ö.) 129. (R.) 142.
Brillen L 264. 299.
Bunzlau IL 460.
Cadettenanstalten L 293.
Kurzsichtigkeit L 298.
Gadettencorps I. 459.
Candidaten s. Schulamtscandidaten.
608
Candidatenconvict, Magdeburg II. 15.
Carcer I. 835. 358. 361. 364.
Carenzjahr 11. 420. 429.
Carenzunterstütznngen 11. 429.
Censurbogen 11. 241. (247.)
Censuren I. 349. 315. 335. s, Dir.Instr.
Formulare I. 350 fg.
Prädicate I. 316. 351 fg. n. 487.
Mafsstab des Urteils L 355.
vom Dir. nicht abzuändern I. 351.
Zahlen I. 350.
Nummern I. 316. 352 f. 355.
Verteilung I. 356. II. 479.
Feierlichkeit L 161. 350.
Gensurordnung I. 354. 11. 487.
Centralblatt, Unterr. Verwaltung I. 7.
Gentralverwaltung I. 6.
Charlottenstiftung II. 2&
Chemie, Unterricht L 74. 77. 100. 142.
144. 126. (ö.) 129. 133. (R.)
Lehrerorüfung II. 44. 53.
Cholera I. 271 f.
Choralgesang I. 221. IL 472.
Chrestomathien I. 107. 131.
französische I. 142.
Chronologie I. 95 f. (R.) 124. (G.)
Ciyilsupemumerariat I. 455.
Clausurarbeiten im Unterr. I. 174. 311.
Prüfung für das Lehramt n. 46.
,1 der Zeichenlehrer II. 96.
Collaturrecht I. 30.
Collectiworstellungen IL 497.
CoUeg^enhonorare IL 82.
CoUoquium pro rectoratn II. 73.
Art der Abhaltung IL 75.
Einberufung IL 83.
Combination, ReLUnterr. I. 89. 162.
Combinirte Anstalten I. 158.
Commissarische Beamte
Diensteinkommen IL 296.
WohnungsgeldzuBohuSB II. 298.
Lehrer, Kündigungsfrist U. 355.
Commissarius s. Compatronat.
Maturitätsprüfung L 392. 395. 407.
Compatronat I. 28 f. IL 465.
Compensation, Maturitätsprüfung I. 281.
an Gymnasien I 208. 392. 401.
an Realanstalten I. 78. 100. 412.
an höh. Bürgerschulen I. 84. 422.
Compensation bei Versetzungen I. 318.
Compet«nzconflict 11. 342.
Concentration I. 68. (56.) 106. 161.
Conferenz s. Lehrerconferenz.
Confessionelles Verhältnis I. 36.
Confirmandenunterrioht I. 22. 166.
Oonflict s. Competenz.
Congestionen I. 302.
ConsiUum abeundi L 341. 357. 362.
Consistorien I. 7.
ControUe des Schulbesuchs I. 325.
Controllversammlung IL 280.
Conversation, franz. u. englisch IL 94.
123. 131.
Corporationsrechte I. 1.
Correctur I. 59. 256. 258. s. Beurteilung.
Corridore, Lüftung L 273.
Criminaluntersuchung II. 344.
Culturgesohichte I. 197.
Curatorium L 27. 30. 105. 275. 465.
bei Urlaubserteilung II. 274.
bei Privatunterricht II. 480.
CuriaUen IL 190. 199.
Cursbuch 11. 313.
Cursusdauer I. 150. 282. 392.
]>äni8ch, Lehrerprüfung II. 37. 42.
Darwin I. 144.
Declamationen I. 120.
Deficit I. 40.
Desinfection I. 273. 275.
Deutsch als Unterrichtsgegenstand L 171.
n. 494.
in Gymnasien L 118. 119.
in Realanstalten I. 90. 128. 130.
in der höh. Bürgerschule I. 136 f.
grammatisch I. 90. 171.
Formenlehre u. Syntax I. 119.
Rechtschreibung I. 178. 180.
Interpunction I. 178.
Aufsätze B. oben sub voce.
mündliche Darstellung I. 172. 179.
Leetüre I. 90. (R.)
Litteraturgeschichte L 91. (R.) 120.
(GO 178.
mit Latein in Sexta und Quinta L
66. n. 64.
nicht vereinzelt einem bezw. unge-
prüften Candidaten zu übertragen
L 177. IL 64.
Deutsche Sprache, Lehrerprüfung IL
38 f. 53.
Devolutionsrecht IL 94.
Diäten s. Tagegelder.
Dictate, französuch L 123.
französisch u. englisch L 136 f.
Dienstbezüge IL 324.
Dienstdisciplin II. 330 f.
Diensteid U. 98 f.
Diensteinkommen s. Besoldung, com-
missarisch.
Berechnung für Teile d. Monats IL 296.
portofreie Zusendung IL 324.
Verlust U. 332. Besteuerung IL 383.
Dienstentlassung 11. 332 f.
Dienstjoumal II. 200. 223. s. Dir.Instr.
Diensijubiläen II. 389.
Dienstrang 11. 297.
Dienstreisen IL 312.
Dienstnnfähigkeit, Naohweis II. 359. 376.
Dienstvergehen II. 331.
Dienstwohnungen IL 297 f. 301. 285. 291.
Regulativ n. 304 f. [497.
509
im Falle der Suspension II. 349 f.
im Gnadenquartal II. 391.
Dienstzeit, Berechnung II. 358. 376 f.
389. 417.
DimisBoriale U. 354.
Diute 8. Tinte.
Director, Bang, IL 105.
Ernennung zum Kön. Dir. IL 86.
Directorenconferenzen II. 215 f.
Directoren-Instructionen IL 109 f.
Brandenburg II. 116.
Hannover II. 191.
Pommern IL 126.
Posen IL 141.
Preufsen IL 109.
Kheinprovinz IL 172.
Sachsen IL 152.
Schlesien U. 146.
Schleswig-Holstein IL 179.
Westfalen IL 159.
Directorstelle, Besetzung II. 83.
Directortitel 11. 103.
Disciplin der Schüler L 329.
Strafen L 362.
Disciplinarbehörden II. 333.
Dlsciplinargesetz 11. 331 f.
Disciplinarordnang der Schule I. 329.
Westfalen I. 333.
Disciplinaruntersuohung, Kosten U. 348 f.
Dispensation I. 245. 334. s. die ünter-
richtsgegenstände.
Dispositionslehre I. 179.
Disputirübunffen I. 174.
Dissidenten, Schüler I. 169.
Lehrer II. 80.
Distanz bei Snbsellien I. 45.
Doctortitel IL 102 f.
Domicil H. 385.
Doppellicht I. 44.
Dotation L 102 f. (R.)
£he 8. Verheiratung, HeiratsconsenB.
Scheidung 11. 405.
Pensionsreohte II. 433.
Eiersammlungen I. 346.
Einführung der Directoren I. 31.
der Lehrer s. Dir.Instr.
Einheitsschule I. 110.
Einkommensverhältnissed. Lehrer IL 284.
Eisenbahndienst L 451.
Eisenbahn-FahrpreisermäCsigung L 389.
Eislauf L 235.
Elementarlehrer ygl. VorschuUehrer.
Anstellung an höh. Schulen IL 57.
85. 95.
Besoldung 11. 289. 291.
Belictenwesen IL 388.
Prüfung für neuere Sprachen 11. 60.
ElterlicheAutoritätn.256. VglJ'amilien-
ansehen.
Emolumente U. 285. 384. 402.
Anrechnung für Pensionirung IL 357.
362.
Englisch L 94. 128. 130. 136 f. (h. B.) 193.
Ersatz für Griechisch I. 158.
Lehrerprüfung IL 41. 55.
Entfernung von Schülern.
Androhung I. 335. 357. IL 488.
Ausführung I. 359.
stille L 357. 360. IL 488.
Bekanntmachung I. 360.
Folgen für d. Maturitätsprüfung 1. 430.
Entlassung von Schülern nach dem
4. Semester I. 319. 336.
in Pensionsverhältnissen I. 331.
von Lehrern 11. 353. 377.
von interimistischen Lehrern II. 343.
aus der Staatsangehörigkeit IL 382.
Entschuldigungszettel I. 334.
Ephorat, geistliches I. 23.
Epidemie 1. 270. 273.
Epilepsie I. 267.
Ergänzungsprüfung für Lehramt IL 48.
Erholungspausen I. 243. 305. II. 478.
Erinnerung als Strafe I. ^'Sb.
Erinnerungsfeier, 25jähriffe I. 252.
Erkrankungsfälle von Lehrern I. 39.
Gehaltszahlung IL 325.
Erledigung von Lehrerstellen U. 85 f.
s. Dir.Instr.
Erleuchtungsmaterial, frei II. 443.
Ersatzunterricht für Griechisch I. 158.
Ersparnisse L 15. 17. 21. 39.
Erweiterungsprüfunff für Lehramt II. 48.
Erziehungsgelder IL 429. 432.
Etat 8. Schuletat.
Etatsjahr L .38. Quartale L 39.
Etatsüberschreitung s. Ausgaben.
Etatsveränderung bei Besoldungen IL 85.
Exercitien L 257. 311.
Extemporalien L 114. 257. 311. IL 469.
Extraneer s. Maturitätsaspiranten. vgl.
Alumnate.
Fachconferenzen I. 68. 108. s. Dir.Instr.
Fachlehrer als Vertreter der Haupt-
fächer U. 164.
der neueren Sprachen II. 60.
Fachlehrersystem I. 113. 285.
Fachlehrpläne U. 122. 135. 164. 242.
Fachschulen I. 159. 11. 81.
Fachsystem I. 108.
Fackelzüge I. 346.
Familie im (Jmzugskostengesetz IL 320.
Familienansehen nicht zu verletzen II.
250. (vgl. 256.)
Fechtunterricht I. 229.
Feldjägercorps L 475.
Feldmesserprüfung L 452.
Feldzüge (1864, 1866, 1870/71) Anrech-
nung IL 369 f.
Fenster 44. 311 f.
610
Oeffnen I. 26d. 270.
Ferien, Beginn n. Schlafs 1. 250. IL 479.
Ferienarbeiten I. 255. 258. IL. 479 f.
Ferienbeschäftiffung L 247 t
Ferienordnang I- 246 f.
HeBsen-Nassau 11. 479.
Schlesien IL 478.
Westfalen L 248.
Westpreofsen L 248. IL 479.
Ferienreisen IL 473.
Festtage^ vaterländische I. 226.
S. Allerh. GebortstM^. Sedantag.
FeneruDgsmaterial, frei U. 443.
Feuerversicherong L 50.
Mobiliar H. 436.
Flaggen I. 251.
Formeni Flexionsübnngen I. 259.
Forstfach I. 452.
Französisch, Lehrerprüfung IL 40. 55.
Französisch, Unterricht:
in Gymnasien I. 55. 58. 66. 111. 118.
123 193.
Stunden ü. Stoffverteilg. L 14t. IL 469.
in Realschulen L 94. 128. 130.
in den höh. Bürgersch. I. 136 f.
▼on ungeprüften Candidaten IL 64.
Freie Vortrage L 90 (R.) 120 (00172,179.
Freigegebene Tage L 248. IL 4731
Freiheitsstrafen bei Schülern L 363.
Freistellen I. 385. s. Alumnaten.
AusschluTs in Vorschulen L 386.
Frequenz der höh. Schulen I. 284.
der Klassen I. 154.
der Vorschule I. 146.
Frequenztabellen I. 379. IL 204. 215.
Formular IL 201. 215.
Freya, Zeitschrift L 345.
Friedensgesellschaffcen I. 389.
Friedrich -Wilhelm -Stiftung Marienbad
U. 441.
Frohnleichnam I. 327.
Functionszulagen IL 323. 377.
Gartnerlehranstalten I. 453.
GasUcht L 301.
Gebet L 161.
Gebetseinlagen (kath.) I. 327.
Gebühren s. JEVüfanffs-, Zeugnis-
Geburtstagsfeier, Allerhöchator L 251.
des Dir. u. der Lehrer L 247. 389.
Gefangenschaft, Anrechnung II. 369.
Gefängnisstrafe II. 348. S. GeldboCse,
Haft
Gehalt s. Besoldung.
Gehaltsabzüge IL 296.
Gehaltsyeränderung IL 84 f.
Gehaltszahlung IL 294.
vor Sonn- u. Festtagen 11. 296.
im Falle der Suspension IL 347.
Geisteskrankheit L 294. IL 210.
Geistliche Beaufsichtigung I. 22.
Geldbufse IL 333. 344.
Geldgeschenke L 388 f .
Geldsammlungen L 335. 389.
Geldstrafen I. 357. ygl. Geldbufse.
Gemeindelasten 11. 383.
Gbeneralsuperintendenten L 22. IL 496.
Geognosie L 133.
Geographie ygl. Geschichte.
Lehrerprüfung IL 43.
Unterricht I. 194. 199.
im Gymnasium I. 119. 124.
in Bealanstalten I. 96. 129. 132.
in der höh. Bürgerschule L 136.
Methode I. 200 £ IL 470.
Kartenzeichnen L 124.
Leitfaden L 201.
Geometrie s. Mathematik.
darstellende L 130. 134. 139.
G^erichtliche Berufung IL 345.
Termine IL 263.
Zeugenschaft IL 272.
Subalterndienst I. 456.
Gerichtsverhandlun^n, Besuch I. 335.
Gesanglehrer, Ausbildung IL 20.
Anstellung IL 96.
Gesanguntenicht in Gymnasien L 58. 117.
in Kealanstalten I. 99. 127 ; höh. B.
L 135.
in der Vorschule I. 146.
Lebensalter für den Anfang L 221.
Dispensation L 220. 117. (G.) 127. ^L)
135. (h. B.)
Ghoralgesang I. 221. IL 472.
Volkslieder H. 472.
Geschaftsjoumal s. DienstjoumaL
Geschenke der Schüler L388£
der Eltern IL 242.
Geschichte, Lehrerprüfung IL 42.
Lehniel für Gymnasien L 119. 123.
„ „ Realanstalten L 129. 131.
9 „ höhere Bürgersohulen L
136. 138.
vaterländische L 204 : bis 1871 £L47a
Geschichte u. Geographie L 66. 193.
Lehrbücher L 194.
Geschiohtsprüfung in der Matnr Jknfimg
L 281. 439.
Vorträge aufgehoben L 393.
Gesohichtsnnterrioht L 123. (G.) 95 (B.).
Methode L 197.
Nachschreiben u. Dictiien L 193. 198.
Lehrbuch u. TabeUen L 194. 198.
Wiederholungen L 19&
Ghesetssaxnmlnng IL 223*
Gesuche II. 272 f.
Gesundheitslehre L 143.
Gesundheitspflege L 264. Gixtaohteii L
289.
Gewerbesohnlen L 159* Beasort L &
Glaubensbekenntnis L 1.
Gnadengehalt IL 393.
611
Ghiadenmonat n, Gbadenqnartal IL 360.
380. 390 f.
Btenerfrei IL 384.
GhuMlenpension II. 429.
Gottesdienst I. 163.
Ghrammatik der alten Sprachen L 286.
imGymn. 1. 113, inEealanstalten 1. 130.
Terminologie in der Yorschole I. 146.
Vgl. Deutsch.
Oratificationen 11. 328.
Griechisch, Lehrerprüfung IL 39. 54.
Unterricht, Verlegung auf Tertia 1. 111-
Lehraufgabe L 118. 122. 139. 185.
Stundenverteilung I. 140.
Leetüre L 160 f. 185.
epischer Dialeot in Olli. I. 140.
Uebersetzungen aus dem Deutsdien
L 186.
Dispensirung L 67. 158. 245.
Grundlehrplan U. 122.
Gymnasialanstalten L 5.
Haft, persönliche IL 344.
Haltung des Körpers I. 264.
Schlaffheit L 302.
Handschrift im Unterricht L 218.
Hauptfächer in der Prüfung für Lehramt
n. 52.
im Unterricht s. Fachlehrer.
Haus und Schule L 329 f.
Hausbesuch I. 343; vgl Dir.-o. Lehrer^
Instr.
HäusUche Beschäftigung L 253. n.480.
in Geographie I. 201.
Zeitdauer L 258. 261.
ärztliche Forderung L 304. 307 f.
in der Vorschule L 148.
Hebräisch, Lehrerprüfung IL 37. 41.
Unterricht L 55. 119. 123. 193.
Maturitätsprüfung I. 395. 397.
nachträgUche f. 403. 439.
Hefte, Kevision L 59. 350. S. Dir.- u.
Ordin.In8tr.
Zahlverminderung L 69. 97. 254. IL
167.
g;egitterte L 301.
Heiratsconsens IL 387.
Heizung L 47. 268; freie IL 443.
Herodot, Leetüre L 140.
Hinterbliebene, Fürsorge IL 390 f.
Hitze, übermaCsige L 247. IL 478.
Hochschule, akadem. fiir Kunst u. Mosik
L 457.
für büdende Künste IL 24.
für Musik U. 20.
technische L 450.
Hodegetik L 240; für Lehrerbenil IL 57.
Höhere Bürgerschule L 5. 111. IL 466.
Tom Jahre 1859: L 83. 105.
^ „ 1882: L 136.
Bntlas8ung8prüfimgL417. 11.466.493.
Militörberechtigung L 156. 472.
Lehrerzahl L 35.
Besoldungen IL 291. 467.
Höhere Schulen, Begriff u. Arten L 4.
Ausbreitung u. Zsihl L 284
Errichtung I. 33. II. 373.
Verzeichnisse I. 5.
Hülfsarbeiter, Gnadenmonat II. 392.
Hülfslehrer, Beschäftigung 1 .39. wissen-
schaftliche, 287. Anstellung II. 83.
Verpflichtung, eidliche 11. 99. 355.
Kündigungsxnst IL 354.
AUgem. Witwen- Verpfl.Anst. IL 423.
Hygiene s. Gesundheitspflege.
Jahrescorse L 112. 282 f.
Gymnasien I. 59. Realanst. L 71.
Vorschulen I. 147.
Immediatberichte, Begnadigungsgesuche
n. 346.
Impfung I. 275.
Indigenat IL 96. 382.
Bescheini^ngen II. 381.
Individualisirendes Verfahren
im Unterricht I. 109.
ärztliche Forderung I. 303. 310.
bei Bestrafungen L 363.
Inserate II. 225. s. Annoncen.
Staatsanzeiger IL 496.
Inspectionsstunden IL 261.
Institut, akad. für Kirchenmusik Q. 21.
Intendantur, Subaltemdienst L 474.
Interimistische Lehrer s. Hülfslehrer.
Gnadengehalt U. 392.
Invalidendank II. 225 f.
Inventar für Gebäude L 41. s. Dienst-
wohnung.
JoachimsthsJsches Gymnasium IL 444.
Journal s. DienstjoumaL
Italienisch, Unterricht L 79. 94. 193.
Jubiläum s. Dienstjub., Erinnerungsfeier.
Juden, Anstellung IL 81.
Religionslehrer IL 95.
Schüler, Sonnabendunterr. L 328.
Justizdienst, höherer L 450.
Subaltemdienst L 457.
Kaiser Wilhelms-Spende IL 435.
Kälte, übermäfsige L 247.
Karlsbad, Friedrich Wilhelm- Stiftung
IL 441.
Karte d. höh. Unterrichtsanstalten L 5.
Kartellverhältnis, Schüler IL 485.
Elartenzeichnen L 124. 200.
Elassenrevision I. 20.
Kassenyerwdtung L 40.
Katechumenen-Unterrioht, Vorbereitung
I. 22.
SlathoUsch, s. Beligionsunterrioht.
Feiertage L 251. IL 479.
Gotteemensiordnung L 327.
}
612
kirchliche Bekanntmachungen II. 259.
alt- u. neukatholiflch I. 36. II. 206.
Religionslehrer II. 259.
Geistliche bei Witwengeld -Beitragen
IL 417.
Kindergärten I. 301.
Kirche u. Schule I. 23.
Kirchenbesuch I. 23. 326. s. Dir.InBtr.
Kirchlicher Genieindegesang II. 472. s.
Gesangunterricht.
Klassenbuch I. 257. IL J20. 133.
Tagebuch L 350. Aufgabebnch I. 59.
Klassenfrequenz L 164. vgl. Frequenz.
UeberfüUnng I. 304.
Klassengelder, Hebung I. 387.
Klassenordinarien s. Ordinariat.
Klassenprüfung I. 314. U. 123. 168.
Klassenräume, Matsbestimmung I. 43.
Klassensystem I. 56. 59. 153.
König Wilhelm-Stiftunflr für erwachsene
Beamtentöchter IL 436.
Kopfweh I. 302.
Körperhaltung I. 264. Schlaffheit L 302.
Körperliche Uebungen 1. 63. s. Turnen.
„ Züchtigung L 335. 357 f.
Körperpflege 1. 28^.
Krankheiten, ansteckende I. 2701
Verhütung I. 273.
Kreistags-Mandat IL 276.
Kriegsgef angenschaft, Anreohnong 11.369.
Kriegszeit U. 358. 369.
Kündigungsfristen II. 354. s. Dir. u.
Lehrer-Instr.
Kunstgeschichte I. 95. (B.) 197.
Altertum I. 192. 215. s. Archäologie.
Kunstschule IL 21.
Kurzsichtigkeit 1. 264. 266. 293 297. 305.
Iiaboratorium L 134.
Landmesserprüfung I. 452.
Landratb, Mitwirkung I. 273 t
Landwirthschaft I. 453.
Landwirtschaftssohulen L 159»
Probejahru. Anstellungsfahigkeit 11.67.
Latein u. Griechisch
Lehrerprüfung U. 39. 54.
Unterricht L 185.
Gh'ammatik I. 186.
Leetüre I. 190. Kanon L 160.
Ausdehnung I. 262.
Vgl. Aufsätze, Exeroitien, Bztem-
poralien, Präparation. Vocabel-
lemen.
Lateinisch, Unterricht
in Gymnasien L 118. 121.
Leetüre L 121.
in Realanstalten I. 128. 130. 192.
Bedeutung u. Zweck (R.) I. 87. 92.
Erfolge (B.) L 112.
Lectüre I. 130.
Scripta I. 122. Vgl. AnfiMts, Bztemp.
Orthographie I. 192.
Sprechen I. 122. 189. 400.
Lebensatteste IL 380 f.
Lebensjahr, 65stes IL 362. 376.
Lebenslauf bei Schülern I. 3'.>9, IE.
241. 247.
bei Anstellungen IL 82.
Lebensversicherung gegenüber Witwen-
geld n, 418 f.
Lebensversicherungsgesellsch. 11. 434.
Lectionspläne 1. 212. vgl. Stundenplan.
Lehramt an höh. Schulen s. die Einzel-
heiten.
Prüfungsordnung IL 33.
Wechsel u. Ausscheiden IL 353.
Lehrbücher I. 59. 109. Nach Weisung I.
378. vgl. Schulbücher.
Lehrer, Staatsbeamte L 2 f . II. 104.
Ausbildung 11. 1 f. L 287.
Bestallung I. 1. 12. s. Anstellung.
Zahl L 33 f. 101. IL 291.
seminaristisch gebildeter II. 108.
an Vorschulen I. 148.
Pflichtstunden I. 33 f.
Rang u. Titel IL 102. 104 f.
Versetzung II. 86. 102.
disciplinarisch II. 333. ^36.
Entlassung interimistischer IL 343.
Wiederansteilung abgesetzter IL 346.
Zeugnisse für Lehrer 11. 214.
Instructionen II. 230 (Brandenburg).
258 (Hannover). 234 (Pommern).
238 (Posen). 228 (Preufsen). 251
(Blieinprovinz). 245 (Sachsen). 241
(Schlesien). 254 (Sohleswig-Holst.)
248 (Westfalen).
Vgl.Oberlehrer, ordentlichen. a.Lehrer.
Lehrerberuf, Wahl IL 57.
Bedingungen u. Aufgabe IL 77.
Lehrerbibliothek L 371.
Lehrerconferenzen IL 218. s. Dir.Instr.
beim Semesteranfang 1. 59. 256.
Lehrergehalt s. Besoldung.
LehrerUbelle L 377. IL 102.
Lehrerzeugnis 11. 35.
LehrgegenstÄnde der Gymn. 1. 54. 65.
67. 117.
der Realanstelten I. 70. 126 f.
der höh. Bürgerschulen I. 83. 135.
Lehrmittel, Beschaffung I. 36. 102.
Apparate L 97.
Lehrplan I. 155. 160. 8. Stundenplan.
Pensen.
Lehrstellen, Zahl s. Lehrer.
Besetzung IL 83 f.
commissarisohe Verwaltung IL 85.
Lehrstnnden, wöchentliche Zahl L 57.
in Vorschulen L 148 f,
Verteilang nach der Zeit s. Stundenplan,
nach innerer Verbindung L 56. 108.
285.
613
lateiniBch u. deutsch L 66. IL 64.
Geschichte o. Geog^phie 1. 132.
Lehrzimmer, Mafsbestimmangen I. 43.
Helligkeit I. 264.
Temperatur I. 268.
Lüftung L 270. 273.
LeihbibUotheken L 335. 343.
Lippe, Gymnasien 11. 464.
Litteraturgeschichte, allgemeine L 197.
Französisch u. Englisch I. 94. 131,
Vgl. Deutsch.
Localverwaltnng L 24.
Loocum, Hospiz IL 441.
Logarithmen 1. 210.
Logik I. 176. 180.
Lorinser I. 53. 277.
Lufterneuerung 11. 270. 275. 307.
Luftheizung L 47. II. 468.
Lnisenstiftung II. 440.
Lutheraner, separirte als Lehrer II. 79.
Magistrat, Lehrer ausgeschlossen 11.271.
Hanenbad, Friedrich Wilhelm - Stiftung
IL 441.
Harinedienst I. 458.
Karineverwaltungsdicnst I. 474.
Maschinenfach I. 45 t.
Mafs- und Gewichtssystem I. 211.
Mathematik, Lehrerprüfung 11. 43. 55.
Unterricht in Gymnasien 1. 67. 119. 124.
„ in Realanst. L 97. 129. 132.
„ in höh. Bürgerschulen 1. 136.
138.
Stundenzahl I. 208.
Lehrbücher I. 205. 208.
Logarithmen-Tafeln L 210.
Ueberschreitung des Lehrziels 1. 206.
Minimum der Anforderungen 1. 207 f.
häusliche Aufgaben I. 259.
Mathematische Geographie I. 199.
in Gymnasien I. 119. J24.
in Kealanstalten I. 96. 126. 132.
Maturitätsaspiranten
Verzeichnis.L 396. (G.) 408. (R.) 419.
(h. B.)
fremde oderExtraneer, Prüfung 1. 443;
G. I. 393. 403. 4.33. R. I. 79. 414.
h. B. I. 424.
Maturitätsprüfung
Tendenz und Bedeutung I. 60 f.
Belastung und üeberbürdung I. 480.
279 ff.
Uebereinkunft der deutschen Staatsreg.
L 392.
Prüfungsordnung für Gymn. I. 394 ff.
Prüfungsordnung für Realanst. I. 405.
(73. 99 f.).
Prüfungsordnung für höh. Bürg. I 417.
(83.)
Prufungscommissarius 1. 392.
Vertretung I. 436. 324.
Wieie, YeroidBiuigen. IL
Prüfungscommission I. 395. (G.) 407.
(R.). 418 (h. B.)
Termin I. 249. 435 ff.
Meldung, G. L 396, R. I. 407.
Zulassung L 427. 430. G. I. 395.
403.
Zulassung, R. L 407. 415. h. B. 1. 418.
Anrechnung der Semester L 100 f. 322.
Zurückweisung, G. I. 398 f. 403. R.
L 410.
Unterbrechung L 435. II. 491.
Wiederholung L 434. G. I. 402 f.
R. L 414.
Protokolle H. 491. G. L 401. R.
L 412. h. B. L 425.
Ergänzende Bestürmungen für Real-
abiturienten I. 433.
Ghriechische Arbeit II. 492.
Hebräisch I. 439. 395.
Geschichte und Geogr. I. 439.
Feststellung des Urteils I. 440..
Befreiung von der mündl.|Prüf. 11.491.
G. L 4U0. 403. R. I. 411. (72. 84.)
Gompensation I. 428. U. 492.
G. L 392. 401. R. L 412.
Anwesenheit der Lehrer I. 428 f.
Einreichung der Verhandlungen 1. 440.
n. 493.
G. I. 402. Progymn, L 405.
R. I. 413. (79.) h. B. I. 424. (84.)
IL 66.
Nachweisungen, Uebersichten I. 443.
II. 204.
Maturitätszeugnis, Geltung L 450 ff.
Ausfertigung für Ci. L 402. R. I 413.
für h. B. I. 423. fremde L 443 f.
Medicin, Studien L 450. IL 494.
Mehreinnahmen an Schulgeld I. 15. 17.
Memoriren aus Schriftstellern I 122.
Messe (kath.) I. 327.
Methode L 62. 69. 106. 108. 113 ff. IL
259.
alte Sprachen I. 286.
Geschichte I. 197. Geographie L 200.
ärztliche Forderung I. 310.
Metrik im deutschen Unterricht I. 120.
178. IL 54.
Latein G. 1. 190. 304. 400.
R. I. 100. 128. 130.
Miethsentschädigung s. Wohnungsgeld.
Miethszins, Vergütung II. 320 f.
Militäranwärter II. 442.
Militärärztliche Bildungsanstalten I. 458.
Aufnahmetermin u. Vorprüfung 1. 435.
Militärdienst in Lehrerverhältnissen
Nachweisung bei Anstellungen II. 281.
Dienstpflicht 11. 279 f.
Dienstleistung II. 277. 327.
Gehaltszahlungen U. 325 f.
Anrechnung zur Pension IE. 358 f. 369.
für Schülerverhältnisse s. folg. S.
33
514
einjähriger I. 459.
Zeugnis der wiss. Befäb. I. 462. 466 ff.
NachweisTing im Programm I. 378.
Prüfung I. 462 ff.
ünbeschoitenheitsattest I. 471.
auf Ayancement I. 457.
Prüfung für Prima I. 446.
Katuritätaprüfung I. 440.
Untauglichkeit I. 292.
lOlitär-RorBarztschule L 474.
Militär- Verwaldnngsdienst I. 474.
Mineralogie, Lehrerprüfung II. 44. 53.
Unterricht L 142.
G. I. 119. IL L 88. 97. 129. 133.
Ministerialverfügrung, Geltung L 7.
Ministerium I. 6.
Missio canonica L 24.
Mittelbochdeutoch, G. I 120. 175; IL 1. 90.
Mittellosigkeit, Abiturienten I. 391.
Mittelschulen I. 5. Probejahr U. 495.
Mittelschullehrer an höh. bürgersch. II.
107.
Mobiliarversicherung U. 436.
Mobilmachung s. Unabkömmlichkeit.
Einstellung der Lehrer IL 281.
Gehaltszahlung IL 325.
Musikdirector, Titel II. 108.
Myopie I. 300. S. Kurzsichtigkeit.
Mythologie, G. L 66. IL L 95.
IVachbarschaft, störende I. 49.
Nachmittagsunterricht I. 243.
Verlegung L 243 f. 306.
Verkm-zung an dunklen Tagen I. 312.
Ausfall bei hoher Temperatur 1. 247. IL
478. bei Epidemien L 273.
Nachprüfung bei Schüleraufnahme 1. 321.
323.
bei Versetzungen I. 318. 351. U. 482.
Nachsitzen 1. 357 f., gemeinsames 1. 364.
n. 484.
Nachversetzung I. 318. s. Dir.Instr.
Nasenbluten I. 302.
Naturalisation IL 96 f. 382.
Naturbeschreibender Unterricht L 213.
in Gymnasien L 111. 119. 125. 142.
58. 66.
in Eealanstalten 1. 97. 129. 132 f. 142 £
in höh. Bürg. L 136 ff. 143 f.
Anschauungsmittel II. 471.
Naturlehre, h. B. I. 137 f.
Nebenämter II. 232. 267 f. s. Lehrer-Instr.
Nebenbeschäftigungen, unterrichtliche
n. 496.
Nebenfächer in d. P.O. für Lehramt II. 52.
Neuere Sprachen 1. 193. s. Franz. u. s. w.
Uebersetzung ins Deutsche II. 470.
Neusprachlicher Unterricht, P.O. IL 55.
Fachlehrer 11. 60.
Nichtpreufsen, Anstellung U. 96.
Umzugskosten 11. 323.
Zulassung zur Lehrerprüfung II. 58.
Nichtreife, Zeugnis L 78 f. V^. L 403.
414. 424.
Normaletat II. 284 ff:
Verteilung im Besoldungstitel II. 87.
Norroalplan IL 53. 66. 117 ff.
Notizen als MaCsstab des Urteils I. 114.
Oberlehrer, Ernennung II. 495. Hang'
n. 105. Titel L 57. n. 106.
Bei Emeritirung nicht erteilt IL 108.
Diäten und Reisekosten IL 309.
Oberlehrerstellen, Besetzung II. 84 1
Zahl L 14. 101. n. 85. 106 f.
Oberlehrerzeugnis IL 35.
Ober-Prima s. Versetzung.
Ober-Realschule L 5. 127.
Maturitätsprüfung I. 405.
Ober-Schulcollegium, Hannover L 3. 10.
Oberyerwaltungsgericht IL 342.
Oeffentliche Prüfung s. Dir.Instr.
Feierlichkeit L 162.
Ofenheizung^ I. 49. 268.
Offiziere, nicht zu reclamiren II. 283.
Besoldung, Anrechnung IL 280.
Ohrfeigen II. 485.
Orden IL 389.
Ordentliche Lehrer, Rang- u Wohnnngs-
geld U. 105.
Bezeichnung II. 107.
Ordinariat L 56. 68. 329.
Instructionen: IL 229 (Brandenburg).
257 (Hannover). 232 (Pommern).
237 (Posen). 227 (Preufsen). 251
(Rheinprov.). 243 (Sachsen). 239
(Schlesien). 253 (Schleswig-Holst).
246 (Westfalen).
Ordnungsstrafen (Discipl.Ges.) IL 332.
348.
Orthographie, deutsche I. 178. 180 f.
Lateinische I. 192.
Oryktognosie L 74, 133. (R.)
Osterferien I. 247. 249.
Osterfest, spätes I. 249.
Pädagogik, Lehrerprüfung II. 45.
Papier, liniirt und gegittert L 301.
Keichsformat und Lieferung H. 197.
Parallelcöten, Bezeichnung IE. 204.
Parität L 36.
Patronat, Rechte I. 30. Vgl Curatorium.
Vertretung I. 24.
Pausen L 57. 243. 305. H. 478.
Pensennachweisung I. 377. Vgl. Lehr-
plan.
Pensentabelle L 58. Vgl. Dir.Instr.
Pension, Berechnung 11. 367.
Vorbereitung IL 370.
Aufbringung U. 371.
Zahlung II. 359.
Quittung n. 380.
615
Teübeträge IL 377.
nachträgUche Erhöhung IL 379. 432.
Beschlagnahme IL 350. 360.
Pensionäre bei Dir. n. Lehrern IL 265.
Pensionirung I. 102. (K.)
Anfangstermine IL 371. Ostern 11.250.
Ausführung IL 375.
Pensionsbeiträge U. 363 f. 371.
Pensionsempfänger, Aufenthalt II. 380.
Witwen- u. Waisengeldbeiträge IL 407.
Unterstützungen IL 329. 498. Vgl. Ca-
renzunterstützung , Unterstüteungs-
fonds.
Pensionsfonds II. 364 f. 372 t
Pensionsgesetz II. 356.
Pensionshalter II. 485.
Pensionsorte L 331 f. 334. 341. 348.
Pensionsrecht, Ruhen desselben IL 360.
Pensionswesen für unmitt. Staatsbeamte
IL 356 f. für mittelbare U. 363.
PensionszuschuTs II. 432. 489.
Periodische Berichte ü. 205. s. Dir.Instr.
Personalbestand der Lehrer, Nachweisung
IL 201.
Personabiotizblätter IL 202.
Personalveränderung, Anzeigen IL 204.
Ueberstcht der Bewegungen IL 205.
Nachweisung, Wegfall II. 204.
Personalverhältnisse der Lehrer II. 382.
der Schüler L 329.
Pfändung n. 385. 350.
für Fälle der Versetzung IL 296.
Pforta, Landesschule II. 447.
Philosophie, Lehrerprüfung 11. 45.
Propädeutik L 54. 56. 66, 121. 175 f.
179.
Physik, Lehrerprüfung II. 43.
Unterricht, Gymn. I. 58. 119. 126.
Eealanstalten I. 97. 129.
Pissoir I. 269.
Platzveränderung, Schülerstrafe I. 357.'
Poetik, Lehrerprüfung II. 54.
Unterricht 120. (G.) 91. (R.)
Politik, beim Unterricht II. 259.
Polizeibehörde L 338. 342 f.
sanitär L 274.
Pobiisch, Lehrerprüfung IL 37. 42.
Unterricht L 76. 79. 88. 94. 193.
Maturitätsprüfung I. 395.
Vereine IL 341.
Postfach L 454.
Postsendungen IL 223.
Präparation, Anleitung I. 93. 188 258 f.
IL 167.
Prima, R. L 72. 99. Prüfung L 133. 282.
Prüfung von Offizieraspiranten I. 446.
Primus I- 316.
Privatarbeiten der Abiturienten L 76. 262.
Privatlectüre L 59. 262. 370.
deutsche I. 90. 263.
geschichtliche I. 198.
Privatschulwesen, Goncession I. 31 f.
n. 466.
Entlassungsprüfung I. 438.
Bcureohtigung für einjähr. Dienst 1. 473.
Lehrer, Anrechnung der Dienztzeit U.
368.
Privatunterricht, Goncession I. 32.
für Schüler L 332. n. 480. s. Dir.Instr.
ärztliches Urteil I. 309.
von Schülern erteilt L 332.
von Lehrern anl öffentlichen Schulen
IL 263. 480. 496.
Probanden IL 61. Anleitung s. Dir.-
u. Ord.Instr.
ungeeignete Beschäftigung 11. 64.
remunerirte Beschäftigung II. 68.
Probejahr H. 48. 60. 1. 63. 115. 287.
Antangs- und Endtermin 11. 65.
Wechsel der Anstalt IL 61. 66.
an Progymn. und höh. Bürgersch. II.
61. 66.
an Hittelschulen 11.495.
Zeugnis II. 62. 67.
Unterschrift u. Stempelpflicht IL 68.
allgemeine Anerkennung II. 58.
Collectivbericht IL 63. 495.
Anrechnung f.Pen8ionirung IL 358. 367.
Zeichenlehrer II. 70.
Probelection 11. 63.
Prooessionen I. 327.
Professor, Rang IL 105.
Verleihung des Titels 11. 105 f.
nicht bei Emeritirung IL 108.
Programm 1. 376. — 103. (R.) s. Dir.Instr.
Format L 383.
Titelblatt L 379. IL 489.
Abhandlung L 380 ff. IL 489.
Schulnachrichten I. 376 f.
Lehrertabelle IL 102; an höh. B.
n. 108.
Austausch I. 381 f.
Gentralstelle I. 382.
Einsendung L 381. IL 489.
Progymnasium I. 5. 34.
Anerkennung I. 35.
Besoldungen IL 291.
Lehrplan I. 126.
Entlassungsprüfung I. 404. II. 494.
Schulprogramm I. 381«
Prorectortitel IL 104.
Prosodik L 190.
Protokollführung in Gonferenzen s. Dir.-
Instr. Vgl. Maturitätsprüfung, Ver-
eidigung.
Provinzialgewerbeschule I. 159.
Provinzial-SchulcoUegium I. 7.
in den neuen Landesteilen I. 9 f.
Geschäftskreis L 9. 11.
Einsendung von Gircularverff. H. 464.
Anstellungs- u. Bestätigungsrecht L
12. n. 83.
33*
616
Vorsitz I. 9.
Verhältnis zu Patronatsbehorden 1. 27.
U. 274. 465. 496.
Frovinzialverwaltong I. 7.
Schulbildanff für den Dienst I. 456.
Prfifong fremder Personen I. 446.
Klassenprüfong L 314.
öffentliche I. 162.
Vgl. Aufnahme- u. Versetzungs-
prüfung. Militärdienst.
Prüfnngscommissarius s. Maturitätsprüfg.
Prüfungscommission s. Maturitätsprüfg.
für andere Zwecke I. 445.
für einjähr. Dienst I. 461. II. 272.
wissenschaftliche 1. 22. 441. 11. 48. 56.
Prüfungsgebühren fremder Aspiranten.
Maturitätsprüfung I. 404 l (G.) 415 ff.
(R.) 425. (b. B.)
andere Prüfungen I. 446 ff.
Prüfungsordnung für das Lehramt 11. 33.
ohne rückwirkende Geltung II 494.
Psychologie I. 176. Vgl. Philosophie.
C|uittungen, Formular II. 402.
Bescheinigung IL 380.
Bangordnung der Schüler I. 316.
Kangyerhaltnis der Lehrer II. 102. 104.
Realabiturienten, Reifeprüfung am G. L
404. 433.
Realanstalten I. 5. 70. 1 10 ff.
Uebemahme durch die Sch.GG. 1. 12. 82.
Unterscheidung (1859) I. 80.
Verbindung mit Gymn. I. 81.
Lateinlose I. 110 ff.
Geltung der Reifezeugnisse I. 444.
Berechtigungen I. 81.
Realgymnasium I. 5.
Ldirplan L 126 ff.
Maturitätsprüfung L 405 ff. II. 494.
Realklassen I. 103. 158. 246.
Realprogymnasium I. 5.
Lenrplan L 135 f.
Maturitätsprüfung I. 415 f. 494.
Realschule I. 5. 70.
vom Jahre 1882, Lehrplan I. 135.
Maturitätsprüfung I. 416.
Errichtung II. 466.
Rechenunterricht, Lehrerprüfg. 11.43. 55.
Rechnen, Gymnasien L 67. 119. 125. 205.
Realanstalten I. 97. 129. 132.
höh. Bürgersoh. L 136.
Rechtschreibung s. Deutsch.
Rechtsweg s. Besoldg., Pensionswesen etc.
Reclamation im Militärverhältnis IL 283.
Reotoren, Rang IL 105. ( Wohnnngsgeld.)
Titel I. 106. n. 103.
Anstellung II. 84.
Diäten und Reisekosten II. 309.
Recurs s. Berufung.
Redeacte I. 173.
Reden der Lehrer L 175.
Reformationsfeet I. 250 f.
Regierungen L 8. Ressort L 159.
Reichs- und Staatsanzeiger II.
Reichsbank L 457.
Reichsyerfassung IL 279.
Reifeprüfung s. jlaturitätsprüfnng.
Reinhaltung I. 273 ff.; bei Heizung
n. 468.
Reisekosten IL 309 ff.
in Patronatssachen L 15.
Reisestipendien, archäologisches IL 27.
französisches IE. 26.
Relegation L 358. 361 1 364. n.488.
Relictengesetz 11. 395.
Relictenwesen 11. 390 fL
Religion des Staates L 2.
Erziehung I. 2. 325. II. 80.
Religionslehrer, Prüfung II. 37 f.
Anstellung I. 13. 14. U. 85. 94. 495.
Befähigung L 164. U. 94.
Lutheraner U. 79.
katholische II. 95. 259.
Beurlaubung II. 276.
Bedürfnis IL 93 f.
Religionsprüfnng I. 281. S. Maturitäts-
prüfung.
in der Prüfung für Lehramt U. 51. 58.
Religionsunterricht I. 161 ff.
Lehraufgabe in Gymnasien I. 118 f.
Lehraufgabe in Rroalanstalten L 128.
h. B. I. 138 f.
Sexta und Quinta I. 66.
Prima und Secunda I. 89.
Verteilung an Lehrer I. 164.
Beteiligung der Ordinarien IL 120.
Verhältnis zum Gonfirmandenunt. I.
163. 166.
Dispensation L 167. 169.
ifachweisung L 377.
• Revision L 22. IL 496.
katholischer I. 168.
Einvrirkung der Bischöfe I. 23.
Lehrbücher L 24. 168. 367 f.
der Minderheit L 37. 168.
jüdischer L 38. 170. 377.
Remuneration, für Stellvertretung 11. 262.
Zahlung 11. 295.
Staatshaushaltsetat H 328.
Rendant, Remuneration II. 330.
Renommisterei L 333.
Respirien s. Pausen.
Revaccination I. 231. 276.
Rhetorik, Lehrerprüfung IL 54.
Unterricht G. L 120. 179. R. L 91.
Romanische Sprachforschung, Lehrer-
prüfung II. 55.
RoCsarztschule I. 473.
Rofsleben, Nachricht II. 457.
Ruhestand, Eintritt IL 359.
unfreiwillig H. 337. 362.
517
Sachsen Altenbarg II. 464
Saobyentändige bei Looalbehorden L 28.
Lehrer als gerichtliche IL. 271.
Sagen L 66. 95.
Schadenersatz, Schnldisciplin L 335.
Schanstellongen fremder Personen I. 347.
Schenkungen L 40. IL 468.
Schläge an den Kopf L 363. 365. 11. 485.
Schliefsnng bei Epidemien L 270 ff. 273.
Söhlittschnhlaofen L 228. 235.
Scholarchat I. 27.
Schönhauser Stiftung 11. 28.
Schreiben I. 67. 99. 218.
am Sonnabend (jüd. Schüler) L 328.
Schreibtinte U. 198.
Schulamtscandidaten, Beschäftigung
remunerirt u. unremunerirt II. ^ f.
Verheiratung II. 388.
ungeprüfte IL 63. 76. 85. 89 f. 495.
Dauer der Beschäftigung U. 63. 90.
Schulandacht I. 23. 326. 329.
Schulanfang, nach den Ferien I. 250.
für die erste Stunde L 245. 11. 478.
Schularbeiten, Verteilung I. 260.
schriftliche L 311.
Beurteilung I. 260.
Schularchiv 11. 200. 220. s. Dir.In8tr.
Schulbank L 44. IL 468.
Aufstellung L 311.
Schulbibliotheken I. 370. s. Lehrerbibl.
Errichtung I. 36.
alte Drucke und Handschriften I. 373.
Feuerversicherung L 50.
Schulbücher, Verzeichnis 1. 366.
EinführuDg L 365 ff.
Prüfung n. 489.
Empfehlung nicht eingeführter I. 368.
von Schulräthen verfafster I. 369.
Abfassung durch Lehrer I. 369.
Orthographie I. 182.
Schulchronik L 378.
Schulcommission I. 27 f.
Schuldenmachen IL 338.
Schuldeputation I. 24.
Schuldiener H. 442 ff. Vgl. Dir.Instr.
Schnldisciplin L 329.
Schülerbibliothek
Gründung u. Erhaltung L 370. 372. 376.
Nachweisung II. 489.
Inhalt L 90. 96. 175. 179. 192. 194.
Kanon L 370.
Schülercuratel I. 349. Vgl. Tutel.
Schülerfestlichkeiten I. 346.
Schülerverbindungen I. 335. 339. 346.
n. 211. 485 f.
Schülervereine L 333. 344.
Schülerzahl, vgl. Klassenfrequenz.
Maximum I. 102.
üeberfüllung I. 304.
Schnletat L 15. 38. Turnus 1, 16.
Entwürfe II. 464.
Finalabschlüsse 11.
Titel für Witwengeldbeitrilge IL 401-
Schulfahrten L 390. Vgl. Tumfahrt.
Schulfeier, religiöser Charakter I. 162.
Turnen I. 22b.
Schulfeste 1. 246. 253. s. Erinnerungsfeier.
Schulgeld L 383.
Dnrchsohnittsbetrag I. 384 U. 290.
Vorschulen I. 384.
Erhöhung I. 40. H. 290.
Erhebung I. 386. IL 490.
Hebelisten L 387 f. II. 206.
Befreiungen L 384.
für Lelurer I. 386. H. 490. (L 102.)
für GeistHche L 386.
für dritte Brüder L 385.
nicht in Vorschulen I. 386.
Erlafs bei Versäumnis I. 386.
Schulffesetze s. Schulordnung.
Schulhaus I. 41.
Schulhöfe, Beinigunff I. 273.
Schulhygiene I. 310. s. Gesundheits-
pflege.
Schnlinspectoren s. commissarische Be-
amte.
Schuljahr L 150.
Schulkasse I. 387. Vgl. Kasse.
Schullocal L 41. 102.
fremde Benutzung L 51.
Schulluft 1. 268. 303.
Schulnaohrichten 1. 376. Vgl. Programm.
Schulordnung I. 329. 346. IL 120. 132.
rechtliche Bedeutung L 329 f.
Schulprogramm s.|^Programm.
Schulversäumnisse, Sommerferien I. 250
Vgl. Dir.Instr.
Schulwechsel L 320 ff. 396. 407. 431.
n. 485.
Schulweg L 335.
Schulzeit s. Unterrichtszeit, Stundenplan.
Schulzucht s. Disciplin.
Schulzwang, nicht bei Epidemien L 271.
Schwächezustände L 302.
Schwerhörigkeit L 264.
Schwimmlehrer, Ausbildung IL 26.
Schwimmübnngen I. 228. 235.
Secunda, Teilung in Realanst. I. 127.
Sedantag I. 252.
Sehkraft I. 311. s. Kurzsichtigkeit.
Selbstmord L 294. U. 210.
Selbstverteidigimg der Schüler IL 484.
Seminarien
didaktisches für Franz, u. Engl IL 19.
für Mathematik und Physik IL 20.
pädagogische: Berlin H. 7; Breslau
U. 12; Cassel 11. 18; Danziff U.
5; Königsberg IL 3; Magdeburg
n. 15; Posen II. 12; Stettin IL 9.
Verhältnis zum Probejahr IL 61. 63.
Anrechnung beiPensionirungll. 367.
Seminarium praeceptomm, BLalle U. 18.
618
Sexta, Eintritt I. 54. 71. s. Aofnahme.
SimultananBtalten I. 36.
yertretimfl[en II. 263;
Sitzstunden I. 306.
SpftiuBch, Lehrerprüfoiiff U. 37.
Spaziergänge I. 235. U. 473.
Specialiairang des Unterrichts I. 286.
Spiele I. 226. 233. 289.
Sprachvergleichung, Lehrerpriifg. IL 54.
Staatsangehörigkeit IL 382.
Verlust n. 383.
Staatsaufsicht I. 1. 3. 26.
Etatssachen L 20.
Staatsbeamte, Staatsdiener
unmittelbare u. )nittelbare U. 268.
Staatsdienst, Vorbereitung L 450 ff.
Staatshaushaltsetat, Antr^ I. 39.
Stadtische Behörden, discipL Mitwirkung
L 343. Vgl. Patronat
Stadtschukath I. 24.
Stadtverordnetenversammlung I. 24.
Mitgliedschaft von Lehrern IL 271.
Statistik im Schulprogramm L 378.
Staub, Verunreinigung I. 270.
Stellvertretung s. Vertretung.
Kosten L 15. H. 328.
bei Suspension IL 336. 348.
Stempelvorschriften IL 277;
Erlaubnisscheine IL 466.
Stenographie I. 219; Vereine 220.
Sterbekassen II. 433.
Sterbemonat U. 390. 393.
Steuerdomicil II. 385.
Steuerermäfsigung II. 383.
Steuerfach I. 456.
Stiftungen, Etatsnachweisung I. 40.
Stilistik, Unterricht I. 91. 120.
StiUe Enfemung L 357. 360. H. 482. 488.
Stimmwechsel I. 99. 220.
Stipendienfonds für Schüler IL 490.
Strafarbeiten L 255 ff. 301. II. 480.
Strafen I. 335. 357. s. Dir.- u. Lehrer-
Instr.
Abwendung von Anhäufungen U. 227.
Strafklasse u. Strafzeit II. 444.
Studienpläne I. 241.
Studientage I. 263.
Studiren, Abmahnung u. Ermunterung I.
2. 391.
Stundenplan L 58. 161. IL 211.
Lectionsplan I. 108.
Beligionsstunden I. 167.
Zeichenstunden I. 217.
s. auch Dir.Instr.
Stundenzahl für Lehrer
obligatorische I. 33. U. 260. in den
Lehrerinstr. U. 228. 231. 235. 239.
Seminarist-gebildete Lehrer IL 108.
Stundenzahl für Unterricht I. 57.
Tabellarische Uebersichten
für Gymn. vom J. 1837: L 65.
vom J. 1856: L 67.
vom J. 1882: L 117.
für Realanst vom J. 1856: I. 70.
vom J. 1882: L 126 f.
för höh. Bürgerschulen: L 135.
Vorschulen L 148. 156.
Subaltemdienst L 455.
Subsellien L 45. Vgl Schulbank.
Superintendent in d.Schuldeputation L 24.
Snpemumerariat I. 455.
Suspension 11. 336.
Gehaltszahlung U. 347.
Kostenberechnung IL 348.
Miethsabzug IL 349.
Qnadengehalt IL 394.
Witwengeldbeiträge IL 399.
Tabakrauchen, Schüler L 333. 335.
Tagebuch s. Klassenbuch.
Tagegelder II. 309.
Tagesbegebenheiten, Einmischung b. Unt.
n. 259.
Taschengeld s. bei Alumnaten.
Taufzeugnis für Schüler I. 150.
Technische Lehrer s. die betreffenden.
Anstellung IL 83. 96.
Besoldung IL 289. 291 f.
Allg. Witwen- Verpfl.Anst 11. 423.
Techmscher Unterricht, Nachweisung L
377.
Telegramme II. 225.
Telegraphendienst I. 454.
Tertia, Teilung L 116 f. 127. 151.
Realschulen I. 71.
Theaterbesuch, Schüler I. 331. 335.
Theologie, Studium L 450. IL 494.
Thierärzte I. 454.
Tinte H. 198.
Titularoberlehrer 11. 102. 106 f.
Totenamt für Lehrer (kath.) U. 243.
Totenschein II. 394.
Translocationsexamen II. 123.
s. Versetzungsprüfung.
Triennium IL 1.
Trinkgehige, Schüler I. 335 ff. 346.
Trinkwasser L 269 f.
Trunkenheit, Beamte IL 338.
Tumanstalt I. 223. 230. Vgl Turnhalle.
Staub L 270.
Tumfahrt L 229. 235 f.
Turnfest L 229.
Tumgeld I. 226.
Tumgeräthe I. 231.
Turnhalle L 224. 230 f. 239 f.
Ghröfsenverhältnisse I. 232.
Dielung I. 232.
Turnlehrer, Ausbildung U. 24. 73.
Prüfungsordnung 11. 71.
Besoldungen IL 293.
im LehrercoUegium I. 224. 230. 237.
Bestand L 288.
619
Tornlehrerbildangsanstalt L 226. 237.
IL 24 f.
Turnplatz I. 224. 233. 235. 239.
TarnBaal I. 230. i. Turnhalle.
Tarnspiele I. 234. 236.
Turnunterricht 1. 222 ff. 288.
Sohnlklassen entsprechend L 230. 239.
Vorschule I, 146.
Stundenzahl I. 232. 239.
ärztliches Urteil I. 309.
Freiübungen I. 228.
Barrenübungen L 230.
mangelhafte Beteiligung I. 227.
Dispensirung I. 226. 238. 288.
im G. 1. 117. R. 1. 127. h. B. I. 135.
bei Bevaccinining I. 231.
Bemunerirung U. 293.
Turnus der Lehrer im Unterr. I. 69. 108.
Tutel I. 333. 349. n. 246.
in Pforta U. 451.
reberbürdung L 115. 254 ff. EL 480.
Bealanstalten I. 106. 130.
Denkschrift I. 277.
ärztliches Gutachten I. 290.
Uebereinkonft der deutschen Staats-
regierungen:
Maturitätsprüt an Gymn. L 392. 404.
Ueberfüllung, Frequenz L 114. 154.
ärztliches Gbtachten 1. 304.
Schulzimmer bei Epidemien I. 270. 272.
Uebergang zum Gymn. od. R. L 322 fL
Vgl. Schulwechsel.
Ueberschreitung sachl. Ausgabetitel II.
223.
Uebersetzungen, schriftliche (II. 479.)
im deutschen Unterr. I. 172. 179.
im latein. Unterr. I. 190.
als häusliche Aufgabe I. 259.
üebungsbücher für alte Spr. L 113. 189.
Umzugskosten IL 309. 316 ff.
Unabkömmlichkeit , Mobilmachung IL
213. 282.
Unbescholtenheitszeugnis I. 471.
Ungeprüfte Gandidaten s. Schulamtscand.
Uniyersitätsstudien L 450. (391.)
Dauer und Art IL 1 f. 494.
Unterbeamte, Unterstützungen IL 330.
s. Schuldiener.
Unterricht
Ausfall L 247.
individualisirend L 109. 303. 310.
Specialisirung I. 286.
Einmischung von Politik IL 259.
Unterrichtsgesetz L 3.
Unterrichts- und Prüfungsordnung vom
J. 1859 für R. L 70.
Unterrichtspläne U. 211. VgL Stunden-
plan, und Dir.Instr.
Unterrichtssystem des Gymn. I. 55.
Unterrichtsverteilung I. 285.
jäher Wechsel L 305.
Unterrichtszeit L 243. IL 477.
Verschiebung I. 312.
Dauer, ärztl. Urteil L 307.
Unterscheidung d. höh. Schulen L 4 f .
Unterstützungen für Lehrer u. Beamte
Bewüligungen L 15. 11. 328.
pensionirte Beamte IL 379. 432. 498.
Witwen u. Waisen 11. 432. Vgl.
Carenzunterstützung.
Quittungen IL 380 ff.
Dnterstüt^mgen für Schüler I. 389. Vgl
Stipendienfonds.
Unterstützungsfonds U. 329. 432. 498.
Unterstützungsgesuche 11. 272.
Pensionsempfänger 11. 379.
Uriaub n. 273 ff. 332. Vgl. Dir.In8tr.
Gehaltszahlung 11. 325.
Witwen- u. Waisengeldbeiträge 11. 399.
Tacanz s. Erledigung.
Väterliche Rechte I. 2. 330.
, Stellung der Lehrer II. 131 f.
155.
Ventilation L 267. 307.
VenÜlationsöfen I. 49.
Verbindungen I. 335. 339. U. 485.
Htterarische I. 346.
Vereidigung IL 98 f. Protokoll IL 99.
wissenschaftL Hülfslehrer II. 355.
Vereine von Lehrern, Wissenschaft!. IL
260.
aufserhalb des Berufes IL 341 f.
Vgl. Schülervereine.
Vereinsrecht IL 339.
Verheiratung II. 386 ff.
vor der ^Stellung 11. 388.
Versäumnisse s. Schulversänmnis.
Versetzung von Lehrern IL 86. 102.
im Interesse des Dienstes IL 336. 495.
als Disciplinarstrafe 11. 333.
in den Ruhestand, nnfreiw. II. 337. 362.
Gehaltszahlung U. 294.
Versetzung von Schülern 1. 60. 112. 152 f.
317 f. 354.
nach dber-Prima I. 319. 11. 481.
Strenge im Rechnen (unt. Kl.) L 125.
bei getrennten Goten IL 481.
Verseteungscensur L 351. 354.
Versetzungsconferenzen s. Dir.Instr.
Versetzungsprüfung L 314. 318. 351.
Vgl. Dir.Instr.
für Prima R. L 133. 282.
Versicherungsgesellschaften
Landesanstalten II. 416.
private II. 409. 434.
Versicherungswesen IL 433.
Verslehre s. Metrik.
Vertretung im Amt L 39. IL 261.
Kosten bei Abflreordn.Wahl 11. 328.
Anordnung s. Dirjustr.
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Verwaltimgsbericht L 11. 15. IL 206 ff.
Termin för Entattang IL 208.
Art der Ausführang IL 209 f.
Verwaltangscommisrion L 11 f .
Yerwaltnngsdienst I. 456/474.
Yerwaltangseinteilung I. 7.
Verweis im DiBoiplinargesets IL 333.
Schülerstrafe L 335. 357.
Verweisang L 336. 342. 359. 362. 364.
n. 483. 486 Vgl. Dir-Instr.
VerzeicbniB d. h. Unterrichtsanst. L 5.
YicariaUtanden 11. 261.
ViritatioD, Generalanperint. I. 22. IL 596.
Vocabellemen L 121. 188. 190 f.
Vocationen I. 30. 11. 100.
Festsetzung d. Stundenzahl I. 34. IL
261.
Festsetzung des Antrittstages IL 295.
„ der Pensionirung U. 366.
Vorkenntnisse für Sexta 1. 54. (G.)71 (E.)
Vormittagsunterricht I. 243 f. IL 477.
ärztUches Urteil L 306.
Vormundschaften, Uebemahme IL 271.
Vorschule (R. 88)
Charakter u. Organisation I. 144.
Errichtung u. Bestehen I. 36. IL 468.
Stundenz^l I. 148. 156.
Ausschlufs fremder Sprachen I. 155.
Einnahme-Ueberschüsse 11. 330.
VffL Frequenz, Schulgeld.
VorschuUehrer, Unterstützungen IL 329.
Fensionsberechtifl^ng II. 367.
Relicteuwesen IL 423 ff.
Vortrag, mündlicher 1. 120. (G.) 90. (R.)
Wahlagitation II. 100.
Waldeck und Pyrmont I. 8. 12.
Walhalla, Zeitschrift L 344.
Wandkarten I. 201.
Warnung im Disciplinargesetz IE. 333.
Wartegeld 11. 351 ff.
Quittungen U. 380.
Besteuerung II. 384.
Wartegeldempfanger
Witwengeldbeiträge II. 395. 399.
Carenzunterstützung 11. 430.
Wechselcöten L 151. 283. 314. 475.
Bezeichnung IL 204.
Wehrgesetz II. 279.
Wehrhaftmachung I. 226.
Wehrordnung I. 459. IL 279.
Westfalen, Disciplinarordnung I. 333.
Ferienordnung I. 248.
geschichtl. und geogr. Unterr. 1. 195.
Directoren-Instruction IL 159.
Westpreufsen, Ferienordnung I. 248.
Widersprechen der Schüler IL 484 f.
Wiederanstellung 11. 346.
Wiederholungen als Aufg. U. 480.
Wiederholungsprüfung
für das Lehramt II. 48.
für das Reifezeugnis L 434.
G. L 402; R. L 414; h. B. I. 424.
Wirthshausbesuch L 333. 335 ff.
Wissenschafbl. Prüfungscommission L 22.
IL 32.
Jahresberichte 11. 56.
Revision der Maturitätsprüf. I. 441.
Wissenschaftliche Vereine IL 260.
Witwen- und Waisengeldbei trage IL 395.
bei katholischen Geistlichen IL 417.
Verrechnung U. 398. 400. 412.
Befreiung IL 402. 409.
Erlöschen IL 402. 412.
Witwen- luid Waisengelder II. 396.
Verrechnung 11. 406. 416.
bei Wohnungsveränderung IL 413.
Steuerfreiheit II. 384.
Verzichtleistung 11. 403.
Veijährung u. Verpfändung U. 397.
Quittungen IL 380 ff.
Witwenkassen, Genehmigung IL 433.
Landesanstalten 11. 416.
Witwen- und Waisenkassen für £le-
mentarlehrer IL 388. 403. 423 ff.
Gemeindebeiträge II. 426.
Gehaltsverbesserungsgelder IL 426 f.
Witwen- und Waisen- Verpfleg^ngsan-
stalt. Allgemeine IL 418.
Beitrittspflicht II. 386 f. 419 f.
Ausschlufs II. 398. 419.
Annahme der Beiträge II. 428.
Requisition der Rückstände II. 428.
Wohnungsgeldzuschufs II. 297 f.
für ordentl. Lehrer etc. IL 105.
Anrechnung bei Pensionirung U. 377.
für Witwengeld IL 419.
Wohnungsmiethe, Erstattung II. 321.
Wortschatz s. Vocabellemen.
Zahlmeister, Vorbildung I. 474.
Zahnärzte I. 454.
Zeichenlehrer, Ausbildung II. 21.
Prüfungsordnung IL 68.
Probejahr II. 70.
Anstellung IL 96.
Zeichensaal, Mafsbestimmung L 44.
Ausstattung I. 217.
Zeichenunterricht
in Gymn. L 58. 117. 119. 126;
R. L 98, 129. 134. h. B. L 137.
Lehrplan L 2 13.
Freihandzeichnen I. 134 f. 138.
Linearzeichnen L 134 f. 139.
Beachtung durch d. übr. Lehrer L 217.
facultativ (ärztliches Urteil) I. 309.
in der Reueprüfung I. 394.
Zeichnen, geoffr. Skizzen L 124. 200.
mathematiscSie Figuren L 125. 132.
für Baufach L 209.
Zeitordnung der Schule L 243. 333.
n. 477.
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Zeitungen und Zeitschriften
Schülerabonnement I. 335.
Schiilerannoncpn I. 346.
dienstliche Inserate II. 225. 496.
Zeugenschaft, gerichtliche U. 272.
Zeugnis für Beneficien u. a. 445.
stempelfrei II. 278. Vgl. Abgangs-,
Einjährigen- , Maturitäts - Zeugnis,
für das Lehramt II. 47. Vgl. Probejahr.
Anerkennung, nichtpreufsischer II.
58. 495.
für Lehrer H. 214.
Stempel 11. 278.
Zeugnisgebühren in der Schule I. 384.
ZiflFem für Urteile U. 250.
Zoologie, Lehrerprüfung IL 44. 53.
Unterricht L 142.
Gymnasien I. 119.
Realanstaiten I. 129.
Zucht, häusliche I. 342. Vgl. Disciplin.
Züchtigung, körperliche I. 358. f. 335.
357. 363. 365.
Vgl. Ohrfeigen, Schläge an den Kopf.
Zurückstellung, Militärdienst II, 279.
Zuwendungen, letztwillige S.Schenkungen.
Dnick ron G. 21 SoholB« A Co. In OrMfenhainlchen.
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