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Full text of "Verordnungen und Gesetze für die höheren Schulen in Preussen"

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CV 


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Geh.B.  Dr.  L.  Wiege's  Sammlung 


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der 


Verordnungen  und  Gesetze 


for' 


die  höheren  Schulen  in  Preufsen. 


Dritte  Ausgabe, 
bearbeitet  und  bis  zum  Anfang  des  Jahres  1886  fortgeführt 


von 


Prof.   Dr.   Otto   Kiibler, 

Direotor  dei  Königllohen  Wilhelmi-OjmAMiuma  la  BerUn. 


Erste  Abteilung. 

Die  Sehule. 


Berlin. 

Verlag  von  Wiegandt   &   Grieben. 

1886. 


I  ]\m 


1 


^/BRAK^ 


<J^<^ 


''li" 


Aus  der  Vorrede  zur  ersten  Auflage. 

(Erste  Abth.) 

Die  Herausgabe  dieses  Buchs  ist  zunächst  durch  die  aus  den  neu- 
preufsischen  Ländern  vielfach  kundgegebenen  Wünsche  veranlafst  wor- 
den^ über  das,  was  in  Preufsen  gegenwärtig  als  Ordnung  und  Vorschrift 
für  die  höheren  Schulen  besteht,  eine  Auskunft  von  amtlicher  Zuver- 
lässigkeit zu  erhalten.  Auf  die  von  dem  Unterzeichneten  im  Jahre 
1864  herausgegebene  Darstellung  des  höheren  Schulwese^s  in  Preufsen 
konnte  in  vielen  Fällen  nicht  verwiesen  werden,  weil  dieselbe  bei  ihrer 
überwiegend  „historisch-statistischen''  Aufgabe  nicht  die  Absicht  hat, 
zugleich  ein  Bepertorium  aller  Verordnungen  über  die  höheren  Schulen 
zu  sein.  Die  vorliegende  erste  Abtheilung  beschäftigt  sich  mit  der 
Schule  selbst;  die  zweite  wird  in  ähnlicher  Weise  Mittheilungen  über 
alles  dasjenige  enthalten,  was  die  Lehrer  als  solche  angeht.  Eine 
absolute  Scheidung  des  Inhalts  beider  Abtheilungen  liefs  sich  der  Natur 
der  Sache  nach  nicht  durchführen,  da  Schule  und  Lehrer  sich  immer 
gegenseitig  voraussetzen. 

Li  der  hier  gegebenen  üebersicht  normativer  Bestimmungen  ist 
die  G-rundlage  der  bisherigen  ünterrichtsverwaltung  des  preufsischen 
Staats  dargestellt.  Neuere  Anordnungen,  welche  die  Erweiterung  des 
Staats  nöthig  gemacht  hat,  sind  nicht  aufgenommen  worden;  sie  ge- 
hören einer  Zeit  des  Debergangs  an,  die  noch  nicht  zur  Buhe  ge- 
kommen ist,  die  aber,  wie  wir  hoffen,  die  Triebkraft  lebendiger  Weiter- 
entwickelung auch  auf  diesem  Gebiet  in  sich  trägt. 

Der  öffentliche  Unterricht  und  das  ganze  BUdungstreben  kann  in 
keinem  Staat  von  politischen  Neugestaltungen  unberührt  bleiben :  Schule 
und  öffentliches  Leben  stehen  in  ununterbrochener  Wechselwirkung; 
und  so  werden  die  Folgen  der  grofsen«  Ereignisse  des  vergangenen 
Jahres  auch  im  deutschen  Schulwesen  sichtbar  werden.  Des  Königs 
Froclamation  vom  6.  October  v.  J.  nannte  die  Lehranstalten  der  neu- 
preufsischen  Landestheile  vieljährige  Pflegerinnen  deutscher  Kunst  und 
Wissenschaft.  Was  sie  als  solche  sind  und  haben,  ihr  bewährtes  Eigene, 
wird  man  ihnen  nicht  meistern  wollen:  es  wird  ihnen  bleiben;  aber  die 
Gemeinschaft,  in  welche  sie  mit  den  altpreufsischen  Schulen  getreten  sind, 
enthält  das  natürliche  Wechselverhältnifs  des  Gebens  und  Empfangens 
und  wird  so  nach  beiden  Seiten  anregend  und  fruchtbar  werden. 

Die  Erweiterung  des  Staatsgebiets  begünstigt  von  selbst  eine 
freiere  Bewegung  auch  des  geistigen  Lebens  in  demselben :  andererseits 
hat  aber,  sobald  es  sich  im  Bereich  der  Schule  z.  B.  von  der  Wirkung 
der  Zeugnisse  in  öffentlichen  Verhältnissen  handelt,  die  Gleichheit  der 
Bedite  an   der   üebereinstimmung    der   Pflichten   ihr    nothwendiges 


IV 

Correlat.  Es  ist  Sache  der  Schulleitung,  den  Ansprüchen  beider  Seiten 
gerecht  zu  werden.  Worauf  es  dabei  ankommt,  wird  sich  in  den  meisten 
Fällen  aus  vorliegender  Sammlung  entnehmen  lassen.  —  — 

Obgleich  das  Buch  nicht  bestimmt  ist,  den  historischen  Fortgang 
auf  irgend  einem  Gebiet  der  preufsischen  Schulverwaltung  nachzu- 
weisen, sondern  nur  das  geben  will,  was  jetzt  gilt,  so  ist .  doch  das 
Nebeneinander  der  Verfügungen  oft  auch  ein  zusammenhangendes 
Nacheinander  und  zwar  so,  dafs  das  Frühere  durch  das  Spätere  nicht 
aufgehoben,  sondern  nur  theilweise  ergänzt  oder  modificirt  ist,  weshalb 
beides  aufgenommen  werden  mufste.  Scheinbare  Widersprüche  einzelner 
Bestimmungen  untereinander  werden  sich  durch  eine  Vergleichung  der 
80  zusammengehörigen,  aber  aus  verschiedenen  Zeiten  stammenden  Ver- 
fügungen leicht  von  selbst  lösen.  Aufserdem  ist  Historisches  hin  und 
wieder  soweit  mitgetheilt,  wie  es  zum  Verständnifs  des  gegenwärtig 
Geltenden  erforderlich  schien. 

Die  ganze  Zusammenstellung  in  den  ersten  8  Abschnitten  läfst 
deutlich  erkennen,  wie  auf  der  Grundlage  weniger  allgemeiner  Be- 
stimmungen die  preufsische  Schulgesetzgebung  im  Verwaltungswege  fort- 
geschritten ist,  nicht  fest  und  systematisch  einen  fertigen  Plan  ausbauend, 
sondern,  jedenfalls  auf  dem  Gebiet  des  Gymnasialunterrichts,  die  Ent- 
wickelung  begleitend,  welche  durch  die  inneren  Gesetze  des  deutschen 
Geisteslebens  bestimmt  wird.  Die  meisten  Verfügungen  haben  ihren 
Ursprung  in  Veranlassungen,  welche  der  Gang  dieser  Entwickelung  mit 
sich  führte,  sind  also  mehr  gelegentlicher  Art :  daher  auch  die  Ungleich- 
heit, in  welcher  die  verschiedenen  Seiten  sowohl  des  Unterrichts  wie 
der  Disciplin  mit  Verfügungen  bedacht  sind.  Die  Hauptlehrgegenstände 
des  Gymnasiums  z.  B.  haben  den  Vortheil  einer  bewährten  Tradition 
für  sich,  und  es  hat  sich  selten  ein  genügender  Anlafs  gefunden,  dieser 
durch  besondere  Vorschriften  zu  HfUfe  zu  kommen :  die  Bedeutung  des 
Turnens  in  der  Jugenderziehung  ist  dagegen  erst  in  neuerer  Zeit  recht 
gewürdigt  worden;  und  so  zeigt  die  Ai^einanderfolge  der  mitgetheilten, 
verhältnifsmäfsig  zahlreichen  Verfügungen  über  den  Turnunterricht,  wie 
sich  das  in  der  Cabinetsordre  v.  6.  Juni  1842  gegebene  Princip  in  der 
Wirklichkeit  allmählich  zu  bestimmten  Einrichtungen  gestaltet. 

Für  jede  Schulkategorie  besteht  ein  Normal  plan,  der  die  Lehr- 
gegenstände selbst,  das  succ^ssive  Eintreten  derselben  innerhalb  des 
Classensystems  und  die  jedem  zu  widmende  Stundenzahl  angiebt.  Ebenso 
ist  das  zu  erreichende  Ziel  in  den  Reglements  bestimmt,  welche  für 
die  Abgangsprüfungen  bestehen.  Zwischen  diesen  beiden  Fest- 
setzungen, die,  wi9  aus  dem  dazu  Bemerkten  hervorgeht,  im  einzelnen 
nicht  unabänderlich  sind,  ist  der  Freiheit  der  Anordnungen  und  des 
methodischen  Verfahrens  ein  weiter  Baum  gelassen.  Zu  richtiger  Auf- 
fassung der  allgemein  bindenden  Vorschriften  darf  dabei  die  Abhängig- 
keit nicht  übersehen  werden,  in  welcher  Abschn.  IV  von  Abschn.  VIII, 
die  Schulorganisation  von  den  an  Schulzeugnisse  geknüpften  Berech- 
tigungen, steht.  Besonders  für  das  Bealschulgebiet  ist  diese  Verbindung 
wichtig  geworden,  und  von  der  Art,  wie  die  daraus  entstehende  Auf- 
gabe erkannt  und  gelöst  wird,  hängt  die  Zukunft  desselben  ab.     Der 


Lehrplan  der  Realschule  bat  eine  andere  Entstehung  als  der  des  Gym- 
nasiums: es  ist  ihm  nicht  Zeit  gelassen,  sich  von  innen  heraus  zu  ent- 
wickeln. Das  Berechtigungswesen  ist  wie  ein  neuer  mitwirkender 
*  Factor  in  die  höheren  Schiüen  hereingekommen,  der  ihnen  ihre  Arbeit 
erschwert;  und  der  nächste  Nutzen  davon  kommt  weniger  der  Schule 
selbst  als. dem  Leben  zu  gut,  darf  aber  ebendeshalb  auch  nicht  gering 
angeschlagen  werden. 

Eine  imbefangene  Würdigung  unseres  höheren  Schulwesena  kann 
weder  die  im  Vorstehenden  angedeuteten  Umstände  übersehen,  noch 
auch  das  unberücksichtigt  lassen,  dafs  in  einem  Staat  von  der  Aus- 
dehnung des  preufsischen  in  der  öffentlichen  Verwaltung  die  mehr  ver- 
traulichen Verhältnisse  nicht  möglich  sind,  welche  in  mancher  Beziehung 
als  ein  beneidenswerther  Vorzug  kleinerer  Staaten  angesehen  werden 
können.  Erst  von  diesen  Gesichtspuncten  aus  erscheint  die  vermeint- 
liche Gresetzlichkeit  unserer  Schuleinrichtung  in  ihrem  rechten  Lichte, 
und  bei  einem  Einblick  in  das  thatsächliche  Verfahren  wird  sich  immer 
auch  die  Vorstellung  von  einer  gehinderten  Entwickelungsfreiheit  als 
unhaltbar  erweisen. 

Gewifs,  das  Beste  in  der  Schule  geschieht  ohne  gesetzliche  Vor- 
schrift; auch  weist  in  Wirklichkeit  die  Mehrzahl  der  erlassenen  Ver- 
fi^;ungen  vielmehr  auf  Ziele  und  Schranken  hin,  als  dafs  sie  das  Thun 
des  Lehrers  innerhalb  dieser  und  für  den  Weg  zum  Ziel  im  einzelnen 
zu  normiren  beabsichtigen.  Die  Tendenz  sämmtlicher  Anordnungen 
geht  unverkennbar  darauf  hin,  Gesetz  und  J^reiheit  nicht  als  Gregen- 
sätze,  sondern  als  nothwendige  Ergänzungen  einer  lebendigen  Ilinheit 
zu  fassen.  Darin  liegt  die  höchste  Anforderung  an  den  Lehrer  selbst 
und  der  Inhalt  seiner  pädagogischen  Aufgabe  an  den  Schülern.  Lehren 
bleibt  eine  freie  Kunst,  und  Erziehen  eine  Bethätigung  von  Liebe  und 
Weisheit:  für  das  eine  wie  für  das  andere  hat  Gott  dem  deutschen 
Volke  besondere  Gaben  verliehen.  Das  Schulregiment  kann  ihre  Ent- 
faltung zu  freier  Wirksamkeit  nicht  verkümmern  wollen.  Wer  näher 
zusieht,  wird  finden :  es  ist  kein  Director  in  Preufsen,  wenn  er  anders 
nach  pädagogischem  Beruf  und  wissenschaftlichem  Geist  wirklich  ein 
Director  ist,  der  durch  die  bestehenden  Anordnungen  und  Gesetze 
oder  durch  die  Aufsichtsbehörden  verhindert  wäre,  aus  der  ihm  anver- 
trauten Schule,  falls  sonst  alle  Bedingungen  vorhanden  sind,  das  zu 
machen,  was  sie  ihrer  Idee  nach  sein  soll. 

Schon  in  den  Abschnitten  11  bis  Vü  stehen  neben  den  allgemein 
verbindlichen  Vorschriften  der  Oberaufsichtsbehörde  auch  Anordnungen 
der  Provinzial-Scbulbehörden,  wie  deren  die  zweite  Abtheilung  des 
Buchs  noch  andere,  namentlich  in  den  verschiedenen  Directoren-  und 
Lehrer-Instructionen,  bringen  wird.  Diese  Mannigfaltigkeit  mit  den 
in  Abschn.  X  mitgetheilten  Beispielen  localer  Festsetzungen  zeigt  das 
Vorhandensein  eines  freien  organischen  Zusammenhanges,  nicht  einer 
lähmenden  CentraHsation :  die  Berechtigung  einer  provinziellen  Selb- 
ständigkeit und  eigenthümlichen  Lebensbethätigung  ist  von  der  preufsi- 
schen Schulverwaltung  niemals  verkannt  worden.  Der  Inhalt  des  zehn- 
ten Abschnitts  veranschaulicht  an  einigen  wichtigen  Seiten  des  Schul- 


VI 

lebens,  wie  sich  die  allgemeinen  Grundsätze  im  Besonderen  individnali- 
siren.  Die  Auswahl  ist  von  verschiedenen  Gesichtspuncten  aus  geschehen, 
ohne  dafs  sie  zugleich  ein  Urtheil  über  den  Werth  des 
Aufgenommenen  nach  Inhalt  oder  Fassung  enthielte  und 
nur  Mustergültiges  aufstellen  wollte.  Ob  z.  B.  in  den 
Schul-  und  Disciplinarordnungen  die  gedrängte  Kürze  oder,  die  Aus- 
führlichkeit vorzuziehen,  und  ob  alle  einzelnen  Bestimmungen  pädagogisch 
zweckmäfsig  sind,  kann  hier  dahingestellt  bleiben :  es  kam  nur  darauf 
an,  Beispiele  des  gegenwärtig,  und  zwar  ebenfalls  nur  an  altpreufsischen 
Schulen,  Bestehenden  zu  geben;  und  gerade  einige  der  gröfseren  unter 
den  mitgetheilten  Schulordnungen  können  darum  von  Interesse  sein, 
weil  sie  einen  allseitigen  Einblick  in  den  inneren  Haushalt  ausge- 
dehnter Anstalten  gestatten.  Unter  mehreren  der  Instructionen  und 
Schulordnungen  finden  sich  Uebereinstimmungen,  die  theils  auf  Be- 
nutzung desselben  Vorganges,  theils  auf  Abhängigkeit  der  einen  von 
der  anderen  hinweisen.  Eine  nähere  Yergleichung  wird  aber  immer  er- 
geben, dafs  das  Gemeinsame  unter  dem  Einflufs  örtlicher  Verhältnisse 
doch  wieder  ein  Besonderes  geworden  ist,  und  dafs  in  derselben  Rich- 
tung die  Bestimmungen  bei  der  einen  Schule  über  die  bei  der  anderen 
hinausgehen. 

Die  in  den  alten  Provinzen  vorhandenen  Alumnate  und  anderen 
Erziehungsinstitute  stehen  mit  ihren  Beneficien  gegenwärtig  auch  den 
Bewohnern  der  neupreufsischen  Landestheile  offen.  Die  über  die  Auf- 
nahmebedingungen solcher  Anstalten  oft  begehrte  Auskunft  wird  in 
Abschn.  IX  ausreichend  gegeben  sein.  —  — 

Berlin,  am  18.  JuU  1867. 

(Zweite  Abth.) 

Auch  diese  Abtheilung  enthält  nur  diejenigen  Bestimmungen, 

welche  für  die  altpreufsischen  Landestheile  erlassen  sind  und  daselbst 
noch  Geltung  haben.  Bei  ihrer  Uebertragung  auf  die  neuen  Provinzen 
der  Monarchie  ist  das  Absehen  der  Unterrichtsverwaltuug  immer  dar- 
auf gerichtet  gewesen,  sie  mit  dem,  was  sich  daselbst  vorfindet  und 
bewährt  hat,  in  Harmonie  zu  setzen,  soweit  dies  die  Noth wendigkeit 
principieller  Uebereinstimmung  irgend  gestattete.  Der  allmähliche  Ver- 
lauf dieses  Verfahrens  wird  auf  mehreren  wichtigen  Gebieten  Neues 
ergeben,  das  auch  den  alten  Provinzen  zu  gute  kommt,  z.  B.  (Abth.  I) 
in  der  Organisation  der  Realschulen,  in  den  Maturitäts-Prüfungsvor- 
schriften  für  die  höheren  Schulen  in  Hannover,  Hessen,  Nassau  und 
Schleswig-Holstein,  und  nicht  minder  (Abth.  II)  in  den  Instructionen 
für  die  K.  wissenschaftl.  Prüfungscommissionen  an  den  Universitäten 
zu  Göttingen,  Marburg,  Eiel.  Sobald  der  in  diesen  Beziehungen  jetzt 
noch  fortdauernde  provisorische  Zustand  in  definitive  Anordnungen 
übergegangen  ist,  wird  dasjenige,  wodurch  die  Verfügungen  gegen- 
wärtiger Sammlung  dabei  erweitert  oder  abgeändert  sind,  als  eine  Er- 
gänzung derselben  zusammengestellt  und  mitgetheilt  werden.  — 

Der  mannigfaltige  Inhalt  beider  Abtheilungen  des  Buchs  rührt  aus 
sehr  verschiedenen  Zeiten  her;  die  innere  Einheit  des  Geistes,  aus  dem 


vn 

das  preufsischse  höhere  Schulwesen  sich  bisher  fortentwickelt  hat,  ist 
gleichwohl  leicht  darin  erkennbar.  Dafs  zugleich  in  der  ganzen  Samm- 
lung der  Nächweis  des  Bemühens  um  ein  wohlgeordnetes  Schulwesen 
vorliegt,  würde  von  geringem  Werth  sein,  wenn  die  Ordnung  an  sich 
für  das  höchste  Ziel  genommen  wäre.  Dem  Blick  unbefangener  Prü- 
fung kann  es  nicht  entgehen,  dafs  dies  nicht  der  Fall  ist,  dafs  vielmehr 
innerhalb  der  zusammenhaltenden  Ordnung,  welche  die  Verhältnisse 
eines  grofsen  Staates  nöthig  machen,  das  Interesse  wahrhaft  wissen- 
schaftiicher  und  sittlicher  Bildung  und  die  darauf  gegründete  Wohlfahrt, 
Bjraft  und  Ehre  der  Nation  der  Ursprung  aller  getroffenen  Bestim- 
mungen ist,  und  dafs  in  ihrer  Aufeinanderfolge  das  consequente  Stre- 
ben der  Begierung  sich  kcmdgiebt,  das  dadurch  gegebene  Ziel  immer 
sicherer  zu  erreichen.  Die  gegenwärtige  zweite  Abtheilung  handelt  von 
dem,  worauf  es  dazu  vor  allem  ankommt. 

Dem  allseitigen  Begehren  nach '  erprobten  und  für  höhere  Schulen 
qualificirten  Lehrkräften  kann  jetzt  kaum  noch  genügt  werden:  die 
vorhandenen  Anstalten  dehnen  sich  aus,  zahlreiche  neue  entstehen, 
theüs  in  Folge  des  vermehrten  Bildungstriebes,  theils  unter  dem  Ein- 
flufs  des  Zusammenhanges,  in  welchen  die  allgemeine  Wehrpflicht  in 
Norddeutschland  mit  der  Schulbildung  gesetzt  ist ;  ebenso  werden  aka- 
demisch vorbereitete  Lehrer  häufig  da  verlangt,  wo  man  sich  früher 
ndt  Elementarlehrern  begnügte.  So  entsteht  eine  unverhältnifsmäfsig 
vermehrte  Nachfrage,  die  nicht  ohne  Gefahr  ist,  weil  sie  eine  Ver- 
suchung für  Unberufene  werden  kann.  Es  widerspricht  dem  Wesen  des 
Lehramts  und  der  hohen  Bedeutung,  welche  es  für  das  Gemeinwohl 
hat,  wenn  es  des  frühen  Erwerbs  wegen  als  Mittel  zum  Zweck,  und 
mehr  als  ein  Geschäft  denn  als  ein  Beruf  gewählt  und  getrieben  wird. 
Der  Schulverwaltung  ist  diese  Gefahr  nicht  verborgen,  imd  sie  sieht  in 
einer  unruhig  erregten  Zeit,  die  ohnehin  geistiger  Vertiefung  nicht  gün- 
stig ist,  keine  gröfsere  Aufgabe  vor  sich,  als  das  hervortretende  Bil- 
dungsbedürfnifs  durch  genügende  und  wohlbefahigte  Kräfte  in  die 
rechten  Bahnen  zu  leiten,  in  denen  mehr  als  eine  oberflächliche  Durch- 
schnittsbildung zu  erreichen  ist. 

Li  den  bestehenden  Prüfungsordnungen,  den  Instructionen  zur 
Führung  des  Lehramts  u.  s.  w.  kann  kein  Hindemifs,  sondern  nur  eine 
Hülfe  bei  dieser  Aufgabe  gefunden  werden,  sobald  man  den  Zusammen- 
hang und  die  Intention  der  betreffenden  Bestimmungen  beachten  will. 
Kenntnisse  sind  zum  Lehramt  eine  nothwendige  Voraussetzung:  aber 
es  verlangt  viel  mehr ;  denn  die  Wissenden  sind  darum  noch  keine  Leh- 
rer, und  die  Lehrer  noch  keine  Pädagogen.  An  diese  höchsten  Erfor- 
dernisse eines  mit  Geist  und  Liebe  erfafsten  Berufs  reicht  keine  Instruc- 
tion. Aber  die  gegebenen  Vorschriften  wollen  und  können  die  unent- 
behrliche Grundlage  eines  fruchtbaren  selbständigen  Strebens  sichern, 
und  dazu  helfen,  dafs  auch  hier  die  mannigfaltigen  Gaben  des  Geistes, 
sich  zu  gemeinem  Nutzen  erweisen. 

Berlin,  am  20.  April  1868.  L.  W. 


vm 

Vorrede  zur  zweiten  Auflage. 

Bei  der  vor  acht  Jahren  durch  die  Zeitumstände  veranlafsten 
ersten  Herausgabe  dieser  Sammlung  wurde  in  Aussicht  gestellt,  dafs 
die  in  Folge  der  Erweiterung  des  Staats  getroffenen  besonderen  An- 
ordnungen im  höheren  Schulwesen  demnächst  zusammengefafst  als 
.  Nachtrag  veröffentlicht  werden  würden.  Es  ist  unterblieben,  weil  bald 
eine  neue  Ausgabe  des  Ganzen  nöthig  erschien,  in  der  dann  zweck- 
mäfsiger  das  Neue  mit  den  älteren  Bestimmungen  gehörigen  Orts  ver- 
bunden werden  konnte.  Der  Herausgeber  hat  später  als  er  wünschte 
die  dazu  nöthige  Arbeit  aufnehmen  können.  Auch  war  zweifelhaft,  ob 
eine  neue  Ausgabe  eines  solchen  Buchs  jetzt  an  der  Zeit  sei.  Durch 
vielfache  amtliche  Verhandlungen,  sowie  durch  öffentliche  Discussionen 
und  die  dabei  kundgewordenen  Beform- Wünsche  und  Bestrebungen  war 
manches  Bestehende  in  Frage  gestellt,  und  die  Hoffnung  verbreitete 
sich  mehr  und  mehr,  dafs  tbeils  die  Schulverwaltung,  auch  in  Folge 
der  October-Oonferenzen  vom  Jahre  1873^)  theils  das  seit  Jahren  vor- 
bereitete ünterrichtsgesetz  in  mehreren  Beziehungen  neue  definitive 
Ordnungen  in  nicht  langer  Zeit  herbeiführen  werde. 

Vorzugsweise  für  das  Bealschulwesen  sind  sie  nach  den  seit 
Erlafs  der  Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  vom  6.  Oct.  1859  darin 
gemachten  Erfahrungen  Bedürfnifs  geworden,  üeber  Vorschläge')  zur 
Vereinfachung  und  zu  freierer  Einrichtung  des  Lehrplans  der  Beal- 
schulen  haben  die  Frov.  Schulcollegien  sich  gutachtlich  geäufsert. 
Ebenso  sind  Abänderungen  des  Prüfungsreglements  für  die  Candidaten 
des  höheren  Schulamts  vorbereitet;  wobei  es  sich  besonders  darum 
handelt,  für  die  Prüfungen  eine  freiere  Wahl  in  der  Verbindung  von 
Nebenfachern  mit  einem  Hauptfach  zu  gestatten.  Gleicherweise  wird 
beabsichtigt,  die  Maturitätsprüfung  bei  den  Gymnasien  zu  vereinfachen, 
und  darin  unter  den  verschiedenen  Provinzen  nach  dem  gegenwärtigen 
Umfange  des  Staats  eine  gröfsere  üebereinstimmung  herzustellen. 

Ladefs  noch  sind  diese  und  andere  für  unser  höheres  Schulwesen 
wichtige  Gegenstände  entweder  im  Flufs  der  Verhandlungen,  oder  ihre 
Feststellung  wartet  auf  eine  geeignete  Zeit.  Bis  dahin  und  bis  zum 
Abschlufs  der  eingeleiteten  Veränderungen  die  neue  Bearbeitung  des 
Buchs  zu  verschieben,  war  dem  Herausgeber,  wenn  er  die  Sache  nicht 
seinerseits  ganz  fallen  lassen,  sondern  vielfachen  Aufforderungen  nach- 
geben wollte,  nicht  gestattet. 

So  enthält  nun  die  neue  Ausgabe  manches  Provisorische;  sie 
wird  gleichwohl  insofern  für  zeitgemäfs  gelten  können,  als  sie  zur  Be- 
nutzung bei  den  ferneren  Verhandlungen  über  beabsichtigte  oder  ge- 
wünschte Beformen  und  über  das  Ünterrichtsgesetz,  das  an  gesetzlichen 
und  Verwaltungs-Normen  Vorhandene  und  Bestehende  übersichtlich  dar- 
legt. Und  steht  nun  die  Zeit  tiefgreifender  Umgestaltungen  für  dies 
Gebiet  bevor,  so  möge  das  Buch  ein  Denkmal  der  Verfassung  sein^ 
welche  das  preufsische  höhere  Schulwesen  bis  zum  Beginn  des  letzten 
Viertels  dieses  Jahrhunderts  allmählich  erhalten  hatte. 


^)  S.  Hiit.  statiit.  Dani.  in  p.  32.  «)  Vgl.  Pftdag.  ArohiT  1874  p.  573. 


IX 

Die  Anordnung  des  Ganzen  ist  im  wesentlichen  dieselbe  geblie- 
ben. Es  bat  sich  dabei  nicht  yermeiden  lassen,  denselben  Gegenstand 
je  nach  seinen  verschiedenen  Beziehungen  an  mehreren  Stellen  zur 
Sprache  zu  bringen.  Vom  Schuletat  z.  ß.  mufste  bei  der  Schulunter- 
haltung,  bei  der  Behördencompetenz  und  bei  den  Lehrerbesoldungen 
die  Bede  sein;  ebenso  von  den  Anstellungen  nicht  allein  in  dem  Ca^ 
pitel  von  den  Behörden,  sondern  auch  beim  Lehramt;  die  Obliegen- 
heiten der  Directoren  kommen  in  verschiedenem  Zusammenhange  in 
beiden  Abtheilungen  des  Buchs  vor.  Nach  den  Inhaltsübersichten  und 
dem  Begister  ist  aber  das  Zusammengehörige  leicht  aufzufinden. 

Einiges  früher  Aufgenommene  hat  beseitigt  werden  können;  da- 
hin gehören  auch  die  in  der  ersten  Ausgabe  anhangsweise  mitgetheil- 
ten  Bestimmungen  über  das  höhere  Mädchenschulwesen,  worüber  in- 
zwischen anderweitig  amtliche  Publicationen  erschienen  sind.  Im  gan- 
zen ist  aber,  wie  es  nicht  anders  sein  konnte,  eine  Vermehrung  einge« 
treten.  Sie  wird  nicht  überall  willkommen  geheifsen  werden,  weil  das 
Buch  dadurch  noch  weniger  das  geworden  ist,  was  Mancher  für  seine 
nächsten  Zwecke  verlangt:  ein  gedrängtes  Compendium  der  jetzt  gel- 
tenden Bestimmungen.  Ohne  Zweifel  wäre  eine  Art  Katechismus, 
der  auf  jede  die  höheren  Schulen  betreffende  Frage  kurz  und  präcis 
Antwort  gäbe,  etwas  Erwünschtes.  Allein  diesen  Zweck  hat  das  vor- 
liegende Buch  nicht;  es  will  vielmehr  ein  Bepertorium  aller  der  für 
die  höheren  Schulen  wichtigen  Bestimmungen  sein  und  dabei  nicht  aus- 
schliefslich  dem  Bedürfnifs  des  unmittelbar  betheiligten  Lehrerstandes 
dienen,  sondern  darüber  hinaus  auch  einem  weiteren  Interesse  genügen, 
das,'  wie  die  Erfahrung  gezeigt  hat,  vielfach  Von  anderen  Standpuncten 
aus  über  unsere  Schulverhältnisse  Auskunft  begehrt. 

Die  vorerwähnte  compendiarische  Beschränkung  wird  schon  durch 
die  Art  der  Entwickelung  des  höheren  Schulwesens  in  Preufsen  und 
durch  die  Ausdehnung  des  Staats  verhindert.  Neben  den  ministeriellen 
Verfügungen  mufsten  oft  die  entsprechenden  der  Provinzial-Schulbe- 
hörden  berücksichtigt,  und  ebenso  nicht  selten  das  gegenwärtig  in 
den  alten  imd  den  neuen  Provinzen  nebeneinander  zu  Becht  Be- 
stehende aufgeführt  werden.  Nicht  weniger  war  bisweilen  nothwendig, 
Aelteres,  das  theilweise  aufgehoben  ist,  doch  aufzunehmen,  weil  Einiges 
davon  noch  gültig  ist ;  und  weil  es  die  Grundsätze  enthält,  die  für  das 
Verständnifs  der  späteren  Bestimmungen  von  Wichtigkeit  sind.  Letz- 
teres gilt  z.  B.  von  dem  sogenannten  „blauen  Buch",  der  Oirc.  Verfügung 
vom  24.  October  1837.  Das  jetzt  mafsgebende  Pensionsgesetz  ist  vom 
Jahre  1872 :  für  einzelne  Bestimmungen  desselben  war  aber  unumgäng- 
lich, einige  Paragraphen  aus  drei  früheren  Pensionsverordnungen,  aus 
den  Jahren  1825^  1844. und  1846,  zur  Ergänzung  daneben  zu  stellen. 
Aehnliches  bei  anderen  Gegenständen. 

Da  die  Verfügungen  in  ihrer  authentischen  Form  mitgetheilt  wer- 
den mufsten,  so  sind  auch  solche  Bestimmungen  und  Bezeichnungen 
beibehalten  worden,  welche  sich  nach  verschiedenen  neuerdings  getroffe- 
nen Einrichtungen,  z.  B.  nach  den  Veränderungen  im  deutschen  Münz- 
wesen, nach  dem  Gesetz  über  die  Beurkundung  des  Personenstandes, 


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Aus  der  Vorrede  zur  ersten  Auflage. 

(Erste  Abth.) 

Die  Herausgabe  dieses  Buchs  ist  zunächst  durch  die  aus  den  neu- 
preufsischen  Ländern  vielfach  kundgegebenen  Wünsche  veranlafst  wor- 
den, über  das,  was  in  Preufsen  gegenwärtig  als  Ordnung  und  Vorschrift 
für  die  höheren  Schulen  besteht,  eine  Auskunft  von  amtlicher  Zuver- 
lässigkeit zu  erhalten.  Auf  die  von  dem  Unterzeichneten  im  Jahre 
1864  herausgegebene  Darstellung  des  höheren  Schulwesens  in  Preufsen 
konnte  in  vielen  Fällen  nicht  verwiesen  werden,  weil  dieselbe  bei  ihrer 
überwiegend  „historisch-statistischen'^  Aufgabe  nicht  die  Absicht  hat, 
zugleich  ein  Repertorium  aller  Verordnungen  über  die  höheren  Schulen 
zu  sein.  Die  vorliegende  erste  Abtheilung  beschäftigt  sich  mit  der 
Schule  selbst;  die  zweite  wird  in  ähnlicher  Weise  Mittheilungen  über 
alles  dasjenige  enthalten,  was  die  Lehrer  als  solche  angeht.  Eine 
absolute  Scheidung  des  Inhalts  beider  Abtheikingen  liefs  sich  der  Natur 
der  Sache  nach  nicht  durchführen,  da  Schule  und  Lehrer  sich  immer 
gegenseitig  voraussetzen. 

In  der  hier  gegebenen  Uebersicht  normativer  Bestimmungen  ist 
die  G-rundlage  der  bisherigen  Unterrichtsverwaltung  des  preufsischen 
Staats  dargestellt.  Neuere  Anordnungen,  welche  die  Erweiterung  des 
Staats  nöthig  gemacht  hat,  sind  nicht  aufgenommen  worden;  sie  ge- 
hören einer  Zeit  des  Uebergangs  an,  die  noch  nicht  zur  Iluhe  ge- 
kommen ist,  die  aber,  wie  wir  hoffen,  die  Triebkraft  lebendiger  Weiter- 
entwickelung auch  auf  diesem  Gebiet  in  sich  trägt. 

Der  öffentliche  Unterricht  und  das  ganze  Bildungstreben  kann  in 
keinem  Staat  von  politischen  Neugestaltungen  unberührt  bleiben:  Schule 
und  öffentliches  Leben  stehen  in  ununterbrochener  Wechselwirkung; 
und  so  werden  die  Folgen  der  grofsen*  Ereignisse  des  vergangenen 
Jahres  auch  im  deutschen  Schulwesen  sichtbar  werden.  Des  Königs 
Froclamation  vom  6.  October  v.  J.  nannte  die  Lehranstalten  der  neu- 
preufsischen  Landestheile  vieljährige  Pflegerinnen  deutscher  Kunst  und 
Wissenschaft.  Was  sie  als  solche  sind  und  haben,  ihr  bewährtes  Eigene, 
wird  man  ihnen  nicht  meistern  wollen:  es  wird  ihnen  bleiben;  aber  die 
Gemeinschaft,  in  welche  sie  mit  den  altpreufsischen  Schulen  getreten  sind, 
enthält  das  natürliche  Wechselverhältnifs  des  Gebens  und  Empfangens 
und  wird  so  nach  beiden  Seiten  anregend  und  fruchtbar  werden. 

Die  Erweiterung  des  Staatsgebiets  begünstigt  von  selbst  eine 
freiere  Bewegung  auch  des  geistigen  Lebens  in  demselben :  andererseits 
hat  aber,  sobald  es  sich  im  Bereich  der  Schule  z.  B.  von  der  Wirkung 
der  Zeugnisse  in  öffentlichen  Verhältnissen  handelt,  die  Gleichheit  der 
Bechte   an   der   Uebereinstimmung    der   Pflichten   ihr    nothwendiges 


INHALTSÜBEESIOHT. 


I.  Die  gesetzliche  Grundlage  des  höheren 

Schulwesens. 

Das  Allgemeine  Landrecht  von  1794 1 

Die  VeHasBiingsiirkunde  von  1850 2 

Das  Sohulaofsichtsgesetz  von  1872 , 3 

Das  hannövr.  Patent  von  1830  in  Betreff  des  OSchulcoUegiums    .    :    .    .    .  3 

IL    Die  verschiedenen  Arten 

der  höheren  Schulen.    Ihre  Aufsichtsbehörden  . 

und  deren  Obliegenheiten. 

Die  höhere  Schule  allgemein  und  ihre  Arten 4 

Die  Aufsichtsbehörden. 

1.  Die  Gentralverwaltung,  das  K.  Unterrichtsministerium 6 

2.  Die  Provinzialyerwaltun^ 7 

Die  K.  Prov.-Schulcollegien 7 

Einsetzung  von  Prov.-Schulcollegien  in  den  neuen  Landesteilen  9 

Bestimmungen  über  Anstellung  und  Etatsverhältnisse  ....  12 

Die  K.  wissenschaftl.  Prüfungscommissionen 22 

Die  geistl.  Beaufsichtigung  der  höheren  Schulen 22 

3.  Die  Localverwaltung 24 

Die  städt.  Schuldeputationen     .    .    .  • 24 

Schulcuratorien,  Schulcommissionen 27 

Das  K.  Oompatronat 28 

Das  Gollaturrecht  und  die  Vocationen 30 

Das  höhere  Privatschulwesen 31 

III.    Errichtung  und  Erhaltung  der  höheren 

Schulen. 

1.  Die  Anforderuncren  im  Allgemeinen  .    ., 33 

2.  Das  confessioneUe  Verhältnis 36 

3.  Der  Schuletat 38 

4.  Das  SchuUocal 41 

IV.    Der  Unterricht 

Das  Circidar-Rescript  vom  24.  October  1837 53 

Das  Gircular-B^script  vom  7.  Januar  1856 66 

Die  Unterrichts-  und  Prüfungs-Ordnung  der  Bealschulen  v.  6.  October  1859  70 

Die  revidirten  Lehrpläne  v.  31.  März  1882 HO 

Die  Vorschulen 144 


xm 

Besondere  Bestimmangen« 

A.  Torbemerkmiyeiu 

Pas« 

1.  üm&ng  der  verschiedenen  Anstalten 149 

2.  Bedingungen  für  die  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse,  Vorschule  und  Sexta  149 

3.  Schuljahr  und  Oursusdauer,  WechselooBten 150 

Unter-  und  Ober-Tertia 151 

Versetzungen 152. 

4.  Das  Klassensystem 153 

5.  Klassenfrequenz .  154 

B.    Der  Lehrplan. 

!•    Die  Gymnasien 155 

2,  Die  Reallehranstalten  und  höheren  Bürgerschulen 156 

3.  Combinirte  Anstalten 158 

Das  Bifnrcationssystem 159 

Gewerbeschulen  und  Landwirthschaftssohulen 159 

Allgemeine  Bemerkungen  über  Ausführung  des  Lehrplans 160 

Kanon  der  classischen  GymnasiaUectüre 160 

Umfang  der  Leetüre .  160 

C*  Bestfanmuiigeii  Aber  einielne  ünterriclitsgeit^iistftiide. 

1.  Eeligion 161 

2.  Deutsch 171 

Die  philosophische  Propädeutik 175 

Die  Orthographie 180 

3.  Lateinisch  und  Griechisch 185 

4.  Hebräisch 193 

5.  Die  neueren  Sprachen 193 

6.  Geschichte  und  Geographie 193 

Die  westfal.  Instruction  für  den  geograph.    und  den  Geschichts- 
unterricht V.  22.  September  1859 /    .    .    .  195 

7.  Mathematik 205 

Das  metrische  Mafs-  und  Gewichtssystem 211 

8.  Naturwissenschaften 213 

9.  Zeichnen 213 

Schreiben  und  Stenographie  • 218.  219 

10.  Gesang 220 

11.  Turnen 222 

Die  Jugendspiele 233 

12.  Hodegetik  für  die  zur  Universitöt  Uebergehenden 240 

y.    Zeitordnung  der  Schule,  häusliche  Beschäftigung. 
Pädagogische  und  disciplinarische  Einrichtungen. 

1.  Die  Unterrichtszeit     . 243 

2.  Dispensation  Ton  Unterrichtsgegenständen 245 

3.  Ferien  und  Schulfeste 246 

4.  Die  häusliche  Beschäftigung  der  Schüler.    Frivatstudium .  , 253 

5.  Sorge  für  die  Gesundheit  der  Schüler ' 264 

Die  ansteckenden  JS^nmkheiten 270 

Die  Lnpfung 275 

Anhang  zu  4  und  5. 

Die  Denkschrift  zur  Ueberbürdungsfrage 277 

Das  Gutachten   der   wissenschaftl.   Deputation  für  das 

Medioinalwesen  v.  19.  December  1883 289 

6.  Aufnahme  und  Versetzung  in  höhere  Klassen .  313 

7.  Beschränkung  des  Aufenthalts  in  den  Klassen '  319 


XIV 

8.  Uebergang  auf  eine  andere  Anstalt 320 

9.  Kirchenbesuch  und  Schulandachten 326 

10.  Anordnungen  zur  Schuldisciplin 329 

11.  Beaufsichtigung  auswärtiger  Schüler 347 

12.  Censuren    . 349 

13.  Strafen 357 


YI.    Verschiedene  Bestimmungen  über  die  höheren 

Schulen. 

1.  Schulbücher 365 

2.  Schulbibliotheken 370 

3.  Schulprogramme 376 

4.  Das  Schulgeld  und  sonstiffe  Zahlungen   der  Schüler.    Unterstützungen 

behufs  des  Schulbesuchs 383 

5.  Bedenken  wegen  Uebergangs  zur  Universität  bei  Mittellosigkeit    .    .    .    391 


VII.    Prüfungen  und  Prüfungszeugnisse. 

Die  Maturitätsprfifiuig. 

Die  Uebereinkunft  zwischen  den  deutschen  Staatsregierungen  in  Betreff  der 

Maturitätszeugnisse  der  G^ymnasien 392 

Gircularerlafs   v.  27.  Mai  1882  betr.  Ordnung  der  Entlassungsprüfungen  an 

den  höheren  Schulen 393 

I.  A.  Ordnung  der  Entlassungsprüfung  an  den  Gymnasien 394 

B.  Ordjiung  der  Entlassungsprüfung  an  den  Proffymnasien      ....  404 
IL  A.  Ordnung  der  Entlassungsprüfung  an  den  Keägymnasien  und    den 

Ober-Realschulen 405 

B.  Ordnung  der  Entlassungsprüfung  an  den  B^alprogymnasien      .    «415 

G.  Ordnung  der  Entlassungsprüfung  an  den  Realschiüen 416 

in.  Ordnung  der  Entlassungsprütung  a^  den  höheren  Bürgerschulen    .    .  417 
Besondere  Bestimmungen: 

Erläuterungen 427 

Zulassung ' .  430 

Früfunff  von  Realabiturienten  an  Gymnasien 433 

Wiedeniolung  der  Prüfung 434 

Prüfungstermin 435 

Vertretung  des  K.  Gommissarius .'......  436 

Ueber  Prüfungsgegenstände 439 

Feststellung  des  TJrteils 440 

Einreichung  der  Prüfungsverhandlungen 440 

Extraneerprüfung 443 

Gütigkeit  der  Maturitätszeugnisse  der  Realanstalten  für  Universitäts* 

Studien *  .    .  444 


Sonstige  Zeugnisse  und  Prfifangeii.' 

Bestimmungen  über  Abgangszeugnisse ; 445 

Prüfungscommissionen  mr  andere  sJs  Jfaturitäts  und  Abgangsprüfungen   445.  448 

Die  Prüfung  für  Prima 446 

Zeugnisgebühren 448 


■« 


XV 

Vül.     Greltting  der  Schulzeugnisse  in  öffent- 
lichen Verhältnissen. 

BerechtigungeiL    Bedingungen  der  Zalassnng  za  Präfangen,  Bildnngs- 

institaten  und  yenchiedenen  Berufsarien. 

A.    Im  ClTilgebiet 

1.  Universitätsstndien  und  Zulassung  zu  den  Prüfungen  für   den  höheren 

Staats-  und  Eirchendienst 450 

2.  Die  technischen  Hochschulen 450 

3.  Das  Bau-  und  Haschinenfach 451 

4.  Der  Staatseisenbahndienst 451 

5.  Das  Berfffach 452 

6.  Die  Lanomesserprüfung 452 

7.  Das  Forstfach 452 

8.  Studium  der  Landwirthschaft 453 

9.  Gärtner-Lehranstalten 453 

10.  Apotheker 453 

11.  Zahnärzte 454 

12.  Thierärzte 454 

13.  Der  Post-  und  Telegraphendienst 454 

14.  Civil-Supemumerariat 455 

a.  ProTinzial- Verwaltungsbehörden 456 

b.  Verwaltung  der  Steuern 456 

c  Qerichtssc&reiber 456 

d.  Beichsbank 457 

15.  Akademische  Hochschule  für  bildende  Künste  und  für  Musik  ....  457 

B.    Im  mllitärisclien  Gebiet« 

1.  Die  akadem.  militärärztlichen  Bildungsanstalten 457 

2.  Dienst  auf  Avancement  in  der  Armee 457 

3.  Der  Marinedienst 458 

4.  Das  E.  Gadettencorps 459 

5.  Der  einjährige  Militärdienst . 459 

6.  K.  Militär-Bofsarztschule  zu  Berlin 474 

7.  Militärverwaltungsdienst 474 

8.  Marineverwaltungsdienst 474 

9.  Das  reitende  Feldjägercorps 475 


Nachträge 475 

Chronologisches  Begister 477 

Sachregister i    •    •    481 


XVI 


Die  Abkürzungen  im  Druck. 


A.  LB. :  Das  allgeineine  Landrecht  für 
die  preufs.  Staaten. 

A.  GO. :  Die  allgm.  Gerichtsordnung  für 
die  preufs.  Staaten. 

A.  E.:  Allerh.  Erlafs. 

Abt.  I,  11:  Die  erste  oder  zweite  Ab- 
teilung des  Yorliegenden  Buchs. 

C.  0. :  Königliche  Cabinetsordre. 

CBl.:  Centralblatt  für  die  gesamte 
Unterrichtsverwaltung  in  Preiusen. 

Cand«:  Gandidat. 

Co  mm.:  Gommission. 

C  0  n  8  i  s  t. :  Gonsistorinm. 

c.  Tor  Zahlen:  circa. 

Dir.:  Director. 

GS.:  Die  Gesetzsammlung  für  die  £. 
preufs.  Staaten. 

g.  E.:  gegen  Ende. 

Histstatist.  Darst:  EEistorisch-sta- 
tistische  Darstellung  des  höh.  Schul- 
wesens in  Preufsen.    L  II.  HI. 

Höh.  BS.:  Höhere  Bürgerschule. 

In  Str.:  Instruction. 

Kamptz,  Ann.:  v.  Kamptz,  Annalen 
der  preufs.  inneren  Staatsverwaltung. 

K.:  königlich. 

£L:  Klasse. 

Min.:  Hinister,  Ministerium. 

Min.BL  f.  d.  inn.  Verw.:  Ministerial- 
blatt für  die  gesamte  innere  Ver- 
waltung der  preufs.  Staaten. 


M.  bei  Terminsbezeichnungen:  Michaelis 
(wie  0.  Ostern). 

0.  vor  Titeln  von  Personen  und  Behör- 
den: Ober. 

1.  0.,  2.  0. :  Erste,  zweite  Ordnung  der 
Bealschulen. 

p. :  pagina. 


proc:  procent. 


r  0  y .  S  c  h.  G. :    Provinzial  -  Schulcolle- 
gium. 

Be^.:  Regierung. 

Keichs-G.Bl.:  Beichs-Gesetzblatt. 

BS.:  Bealsohule. 

Sem.:  Semester. 
S.  bei  Semesterbezeichnung:  Sommer 
(wie  W.  Winter). 

S.  s.:  Siehe. 

St.:  Stunde. 

ü.  u.  PO.:  Die  Unterrichts-  und  Prü- 
fungsordnung der  Beal-  und  höh.  Bür- 
gerschulen Y.  6.  Oct  1859. 

Verf.:  Verfügung. 
G.  Verf.:  Gircularverfügung. 
M  i  n.  V  e  r  £ :  Ministerialvenügung*). 

UM  in.:  Unterrichtsministerium. 

vgl.:  vergleiche. 

VI,  V,  IV,  m,  II,  I:  Die  Klassenbe- 
Zeichnungen  Sexta  bis  Prima.  Dabei 
die  Abstufungen  sup.,  in  f.:  superior, 
inferior;  oder  U.  0.  Unter,  Ober. 


*)  Die  so  bexelohneten  Yorfflgongen  sind  nloht  Cironlarretoripte,  ■ondem  »n  «inxelne  Pxo- 
▼üisial-  oder  LocalbehOfden  oder  an  einselne  Penonen  gerichtete  Erlasse.  Ohne  ^weitere  BeifUgoag. 
ist  immer  das  Ministerium  der  geistlichen.  Unterrichte-  und  Medldnal- Angelegenheiten  gemeint 
Bis  som  Jahr  1648  hatten  die  Bescripte  die  Unterschrift  des  Minister!  a  m  s,  seitdem  haben  sie  die 
des  Ministers.  Bei  einigen  TerfOgungen  ist  der  Name  des  Ministers,  der  sie  erlassen,  beigefügt. 
Dies  flberall  xn  thon,  schien  annOthlg.  Um  Jedoch  ans  der  Zeit  der  Yerfagong  ersehen  zu  können, 
welcher  Minister  sie  erlassen,  wird  bemerkt,  daTs  die  Aufeinanderfolge  der  bisherigen  K.  preufs. 
Unterrichtaminister  folgende  ist:  Freih.  r.  Alten  Stein:  ron  1817  bis  sum  14.  Mai  1840;  Dr.  Kich- 
horn  bis  sum  18.  M&n  1848;  Gf.  r.  Schwerin  bis  sum  26.  Juni  1848;  Budbertus  bis  sum  3.  Juli 
1848;  T.  Ladenberg  bis  sum  19.  Dec.  1860;  t.  Baumer  bis  iam8.  Not.  1858;  Dr.  r.  Bethmann- 
Hollweg  bis  sum  10.  Mftn  1862;  Dr.  r.  Mflhler  bis  sum  17.  Jan.  1872;  Dr.  Falk  rom  22.  Jan. 
1872  bis  sum  13.  Juli  1875;  r.  Pntt  kamer  bis  sum  17.  Juni  1881;  seitdem  Dr.  r.  Gofsler. 


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314     „       2     „        „       „    „      p    gefafsten    „    veriafsten. 


ft 


Verordnungen  und  Gesetze 


für 


die  höheren  Schulen  in  Preufsen. 


EBSTE  ABTEILUNG. 
Die  Schule. 


I. 

Die  gesetzliche  Grundlage  des  höheren  Schulwesens. 

Die  allgemeinen  gesetzlichen  Yorechriften  far  das  höhere  Schulwesen  sind 
in  dem  Allgem.' Landrecht  für  die  E.  preofsischen  Staaten  y.  1794,  inrderYer- 
fassungsnrknnde  für  den  preofsischen  Staat  y.  31.  Jan.  1850  nnd  in  dem  Schnl- 
anftichts-Gresetz  v.  11.  M&rz  1872  enthalten. 

Aus  dem  Allgem.  Landrecht  gehören  hierher: 

T.  II  Tit.  12.  §  1.  Schulen  und  üniyersitäten  sind  Yeranstaltongen 
des  Staats,  welche  den  Unterricht  der  Jugend  in  nützlichen  Kenntnissen  nnd 
Wissenschaften  zor  Absicht  haben. 

§  2  Dergleichen  Anstalten  sollen  nnr  mit  Yorwissen  nnd  Genehmigung 
des  Staats  errichtet  werden. 

§  9.  Alle  öffentlichen  Schnl-  nnd  Erziehungsanstalten  stehen  unter  der 
Aufsicht  des  Staats  und  müssen  sich  den  Prüfungen  und  Yisitationen  desselben 
zu  allen  Zeiten  unterwerfen. 

§  10.  Niemandem  soll  wegen  Yerschiedenheit  des  Glaubensbekenntnisses 
der  Zutritt  in  öffentliche  Schulen  yersagt  werden. 

§  11.  Kinder,  die  in  einer  anderen  Religion,  als  welche  in  der  öffent- 
lichen Schule  gelehrt  wird,  nach  den  Gesetzen  des  Staats  erzogen  werden 
soUen,  können  dem  Religionsunterricht  in  derselben  beizuwohnen  nicht  an- 
gebalten werden. 

§  54  Schulen  und  Gymnasia,  in  welchen  die  Jugend  zu  höheren  Wissen- 
schaften, oder  auch  zu  Künsten  und  bürgerlichen  Gewerben  durch  Beibringung 
der  dabei  nöthigen  oder  nützlichen  wissenschaftlichen  Kenntnisse  vorbereitet 
werden  soll,  haben  die  äufseren  Rechte  der  Corporationen. 

§  55.  Diese  Rechte  werden  durch  die  SchulcoUegia,  nach  der  einge- 
führten Schulordnung  jedes  Orts,  ausgeübt. 

§  56.  Dergleichen  Schulen  stehen  unter  der  näheren  Direction  der  dem 
Schul-  und  Erziehungswesen  vom  Staate  vorgesetzten  Behörde,  welche  besonders 
darauf  sehen  mufs,  dafs  der  Unterricht  zweckmäfsig  eingerichtet  und  die  Schule 
unter  beständiger  Aufsicht  gehalten  werde. 

§  57.  Yon  den  Gebäuden,  Grundstücken  und  Yermögen  solcher  Anstal- 
ten gilt  alles,  was  in  Ansehung  der  Kirchen  und  deren  Yermögen  im  vorigen  Titel 
verordnet  ist. 

§  59.  Wo  die  Bestellung  der  Lehrer  und  Schulaufseher  nicht  etwa  ge- 
wissen Personen  oder  Corporationen,  vermöge  der  Stiftung  oder  eines  besonderen 
Privilegii,  zukommt»  da  gebührt  dieselbe  dem  Staate. 

§  60.  Auch  da,  wo  die  unmittelbare  Aufsicht  über  dergl.  Schulen,  oder 
die  Bestellung  der  Lehrer,  gewissen  Privatpersonen  oder  Corporationen  überlassen 
ist»  können  dennoch  ohne  Yorwissen  und  Genehmigung  der  dem  Schulwesen  in 
der  Provinz  vorgesetzten  Behörde  weder  neue  Lehrer  bestellt,  noch  wesentliche 
Yeränderungen  in  der  Einrichtung  des  Schulwesens  und  der  Art  des  ünterrichtB 
vorgenommen  werden. 

Wiese,  YerordnongeiL  1 


§  61.  Zu  Aufsehern  müssen  Lente  von  hinlänglichen  Kenntnissen,  gnten 
Sitten  nnd  richtiger  Benrteilungskraft  gewählt  werden. 

§  62.  Diese  müssen  junge  Leute,  welche  sich  einer  Lebensart,  die  ge- 
lehrte Kenntnisse  erfordert,  widmen  und  zu  dem  Ende  die  Universität  beziehen 
wollen,  gleichwohl  aber  sich  durch  Geistesfähigkeiten  und  Anlagen  zu  einer 
gründüchen  Gelehrsamkeit  nicht  auszeichnen,  vom  Studiren  ernstlich  abmahnen 
und  deren  Eltern  und  Vormünder  dahin  zu  vermögen  suchen,  dafs  sie  dergleichen 
mittelmäfsige  Subjecte  zu  anderen  nützlichen  Gewerben  in  Zeiten  anhalten; 

§  63.  Dagegen  sollen  junge  Leute,  welche  vorzügliche  Fähigkeiten  und 
Anlagen  zeigen,  zur  Fortsetzung  ihrer  Studien  aufgemuntert  und  unterstützt  werden. 

§  64.  Kein  Landeseingeborener,  welcher  eine  öffentliche  Schule  besucht 
hat,  soll  ohne  ein  von  den  Lehrern  und  Schulaufsehem  unterschriebenes  Zeugnis 
über  die  Beschaffenheit  der  erworbenen  Kenntnisse  und  seines  sittlichen  Ver- 
haltens von  der  Schule  entlassen  werden. 

§  65.  Die  Lehrer  bei  den  Gymnasien  und  anderen  höheren  Schulen 
werden  als  Beamte  des  Staats  angesehen. 

§  76.  Wer  sich  Studirens  halber  auf  eine  Universität  begiebt,  ist  schuldig, 
bei  dem  Vorsteher  des  akademischen  Senats  sich  zur  Einschreibung  zu  melden. 

§  77.  Der  Emzuschreibende  mufs  ein  mitgebrachtes  Schulzeugnis  (§  64) 
vorlegen. 

Anhang  §  133.  Wer  mit  dem  Zeugnis  der  Unreife  die  Universität  bezieht, 
kann  auf  keine  Beneficien  Anspruch  machen. 

T.  n.  Tit  2  §  74.  Die  Anordnung  der  Art,  wie  das  Kind  erzogen 
werden  soll,  kommt  hauptsächlich  dem  Vater  zu. 

§  76.  Dieser  mufs  vorzüglich  dafür  sorgen,  d&fe  das  Kind  in  der  Re- 
ligion und  nützlichen  Kenntnissen  den  nöthigen  Unterricht  nach  seinem  Stande 

und  Umständen  erhalte.  0 

.•-^■__^^_^  * 

Die  hier  in  Betracht  kommenden  Bestimmungen  der  Verfassungs- 
urkunde V.  31.  Jan.  1850  sind: 

Art  14.  Die  christliche  Beligion  wird  bei  dei^Jenigen  Einrichtungen 
des  Staats,  welche .  mit  der  Beligionsübung  im  Zusammenhange  stehen,  unbe* 
schadet  der  im  Art  12  gewährleisteten  Beligionsfreiheit,  zum  Grunde  gelegt. 

[Art  15.  Die  evangelische  und  die  römisch-katholische  Kirche,  so  wie  jede 
andere  BeUgionsgesellschi^  ordnet  und  verwaltet  ihre  Angelegenheiten  selbst- 
ständig und  bleibt  im  Besitz  und  Genufs  der  für  ihre  Cultus*,  Unterrichts-  und 
Wohl^ätigkeitszwecke  bestimmten  Anstalten,  Stiftungen  nnd  Fonds.] 

Dieser  Artikel  ist  durch  Gesetz  v.  5.  April  1873  in  folgender  Form: 
jyDie  evangelische  and  die  romisch*  katholiiche  Kirohe,  sowie  jede  andere 
BeUgioQSgeseilsohaft  ordnet  und  verwaltet  ihre  Angelegenheiten  selbstständig« 
bleibt  aber  den  Staatsgesetzen  und  der  gesetzlich  geordneten   Aufsicht  des 
Staates  unterworfen.    Mit  der  gleichen  ])&fsgabe  bleibt  jede  Beligionsgesell- 
schaft  im  Besitz  und  G^noTs  der  für  ihre  Gultus-,  Unterriohts-  und  Wohl- 
thätigSEwecke  bestimmten  Anstalten,  Stiftungen  und  Fonds.** 
abgeändert  nnd  durch  Gesetz  v.  18.  Juni  1875  vollständig  aufgehoben  worden. 
Art  21.    Für  die  Bildung  der  Jugend  soll  durch  öffentliche  Schulen 
genügend  gesorgt  werden. 

^)  Anmerkung.  Durch  die  Vormnndschaftsverordnung  v.  5.  Jnli  1875 
(S  102)  sind  die  nicht  ausdrücklich  in  derselben  aufrecht  erhaltenen  Bestimmungen 
des  A.  L.  über  das  Vormundschaftswesen  aufgehoben.  Zur  Ernlnzung  des  obigen 
dient  jedoch  V.O.  $  28:  „Der  Mutter  des  Mündels  steht  dessen  Erziehung  unter  der 
Aufsidit  des  Vormundes  zu.  Dieselbe  kann  ihr  aus  erheblichen  Gh*ünden  nach  An- 
hörung des  Vormundes  sowie  des  Waisenrathes  durch  das  Vormundschaftsgericht 
entzogen  werden.  Die  bestehenden  Vorschriften  über  die  religiöse  Erziehung  der 
Kinder  bleiben  in  Kraft.** 


Art  22.  Unterricht  zu  erteilen  nnd  ünterrichtsanstalten  zn  gründen 
und  aca  leiten,  steht  Jedem  frei,  wenn  er  seine  sittliche,  wissenschaftliche  und 
technische  Befähigung  den  hetreffenden  Staatsbehörden  nachgewiesen  hat 

Art  23.  Alle  Öffentlichen  nnd  Privat-Ünterrichts-  und  Eiziehungs-An- 
stalten  stehen  unter  der  Aufsicht  vom  Staate  ernannter  Behörden.  Die  öffentlichen 
Lehrer  haben  die  Bechte  und  Pflichten  der  Staatsdiener. 

Art  26.    Ein  besonderes  Gesetz  regelt  das  ganze  ünterrichtswesen. 

Art  112.  Bis  zum  Erlafs  des  im  Art  26  YOi^gesehenen  Gesetzes  be- 
wendet es  hinsichtlich. des  Schul*  und  ünterichtswesens  bei  den  jetzt  geltenden 
gesetzlichen  Bestimmungen. 

Aus  dem  Gesetz  v.  11.  März  1872,  betreffend  die  Beaufsichtigung 
des  Unterrichts-  und  Eiziehungswesens : 

1.  Unter  Aufhebung  iJler  in  einzelnen  Landesteilen  entgegenstehenden 
Bestimmungen  steht  die  Aufsicht  über  alle  öffentlichen  und  Privat-Unterrichts- 
und  Erziehungsanstalten  dem  Staate  zu. 

Demgemälb  handeln  alle  mit  dieser  Aufsicht  betrauten  Behörden  und 
Beamten  im  Auftrage  des  Staates. 

3.  Unberührt  durch  dieses  Gesetz  bleibt  die  den  Gemeinden  und  deren 
Organen  zustehende*  Teilnahme  an  der  Schulaufsicht. 


In  der  Proyinz  Hannover  sind  als  grundgesetadich  folgende  Bestimmun- 
gen des  Patents  y.  2.  Juni  1830,  die  Errichtung  eines  OSchulcollegiums 
betreffend  (TgL  Eist  statisi  Darst.  II.  p.  367),  noch  in  Gültigkeit: 

2.  „Wir  legen  dem  OSch.Coll.  alle  diejenigen  Befugnisse  bei,  welche 
der  Zweck  der  oberen  Leitung  der  höh.  Unterrichtsanstalten  in  sich  schliefst 
Dahin  gehört  namentlich:  1.  Die  Ausarbeitung,  Prüfung  und  Yoriegung  der 
Pläne  und  einzelnen  Anträge  zur  Verbesserung  der  gelehrten  Schulen,  um  sie 
nach  Erwägung  aller  Umstände  auf  den  einer  jeden  einzelnen  Anstalt  ange- 
messenen Standpunkt  zu  bringen;  2.  die  Prüfting  und  Feststellung  der 
Lehrpläne  und  Schulordnungen  dieser  Anstalten  und  überhaupt  die  obere  Leitung 
ihrer  inneren  Angelegenheiten  nach  Anleitung  und  in  den  Grenzen  der  bereite 
erlassenen  odei'  noch  zu  erlassenden  organ.  Verordnungen;  3.  die  Bearbeitung 
der  äufseren,  namentL  der  Ökonom.  Anglgh.  jener  Anstalten,  und  zwar  bei  den- 
jenigen, über  welche  Uns  das  Patronat  zusteht  mit  Zuziehung  Unserer  Proylnzial- 
und  Local-Behörden,  bei  denen  aber,  über  welche  Städte  oder  andere  Behörden 
das  Patronat  ausüben,  durch  Oommunication  mit  den  betreff,  städi  oder  anderen 
Behörden,  beides  unter  Vorbehalt  der  Bestätigung  und  Bestimmung  Unsere^ 
Cab.Mini8terii;  4.  die  Aufsicht  über  die  Ausführung  der  erforderlich  erachteten 
einzelnen  Mafsregeln  durch  die  den  Schulanstalten  unmittelbar  vorgesetzten  Be- 
hörden innerhalb  der  Grenzen  der  festgestellten  Einnahme-  und  Ausgabeetats 
und  nach  Anleitung  der  bestehenden  Verwaltungsregeln;  5.  die  Besetzung 
der  unteren  Lehrerstellen  bei  den  Eönigl.  Anstidten,  dagegen  die  Bestätigung 
derselben  bei  den  übrigen  gelehrten  Schulen.  Was  die  Besetzung  der  oberen 
Lehrer-  sowie  der  Directorstellen  betrifft,  so  hat  das  OSch.C.  für  diejenigen 
Schulen,  über  welche  Uns  das  Patronat  zusteht,  die  geeigneten  Personen  Un- 
serem Gab.Minist.  in  Vorschlag  zu  bringen.  Dagegen  communicirt  dasselbe 
über  die  Besetzung  der  oberen  Lehrer-  und  Directorstellen  in  den  übrigen  Schulen 
mit  den  diesen  vorstehenden  Patronen,  und  sind  die  Präsentationen  derselben 
Unserem  OabJilinist.  zur  Bestätigung  vorzulegen;  6.  die  Au&icht  über  die 
Lehrmethode  und  über  das  Benehmen  der  bei  den  gelehrten  Schulen  angestellten 
Lehrer.  7.  Wenn  endlich  zu  bestimmen  ist,  ob  eine  Schulanstalt  ein  Progymn. 
oder  ein  Gymn.  werden,  oder  ob  eine  gelehrte  Schule  als  solche  au%ehoben 

1* 


und  etwa  in  eine  höh.  Bürgerschule  verwandelt  werden  soll,  so  hat  das  OSch.C. 
die  desfalls  erforderl.  genaue  Untersuchung  vorzunehmen  und  die  Sache  zur 
Entscheidung  unseres  Gah.Minist  vorzuhereiten/^ 

An  die  Stelle  des  Oher-Schulcollegiums  ist  das  Provinzial-Schulcollegium 
zu  Hannover  getreten;  s.  p.  10. 

Die  für  das  höh.  Schulwesen  in  Schleswig-Holstein  und  ebenso  in 
Nassau  und  Kurhessen  in  älterer  Zeit  erlassenen  grundgesetzl.  Bestimmungen 
sind  durch  die  neueren  teils  aufgehoben,  teils  so  modificirt,  da&  ein  Abdruck 
derselben  nicht  mehr  von  praktischer  Bedeutung  erscheint 


n. 

Die  verschiedenen  Arten  der  höheren  Schulen. 
Ihre  Aufsichtsbehörden  und  deren  Obliegenheiten. 

Als  wesentliches  und  unterscheidendes  Kriterium  der  höheren  Schule  kann 
weder  der  Unterricht  in  fremden  Sprachen,  noch  die  Abhaltung  von  Abgangs- 
prüfungen, noch  der  Besitz  besonderer  Berechtigungen  angesehen  werden.  Nach 
der  bisherigen  Praxis  wird  von  den  zum  Bessert  des  K.  Unterrichtsmin.  gehörigen 
öffentl.  Lehranstalten  keine  zu  den  höheren  Schulen  gerechnet»  deren  Lehrplan 
nicht  jedenfalls  diejenige  Bildung  gewährt,  welche  zur  Erlangung  des  Bechts 
auf  den  einjähr.  Militärdienst  erforderlich  ist  und  deren  Director  resp.  Bector 
nicht  vom  Könige  oder  vom  Minister  ernannt  oder  bestätigt  wird.  Der  Begriff 
begrenzt  sich  gegen  die  Elementarschule  durch  einen  über  das  nächste  Bedürfhis 
hinausgehenden  Unterricht»  gegen  die  Fachschule  durch  die  Ziele  allgemeiner 
geistiger  Bildung,  gegen  die  Universität  durch  den  propädeutischen  Charakter 
des  Unterrichts  der  höheren  Schule. 

Die  wesentlichen  Unterscheidungsmerkmale  der  öffentlichen  höheren 
Schulen  im  Gegensatz  zu  Frivatschulen  sind:  Die  Zugehörigkeit  zu  einer  be- 
stimmten Kategorie  von  Schulen,  deren  Lehrplan  von  der  Unterrichtsverwaltnng 
des  Staats  fes^estellt  ist»  deren  Lehrer  von  derselben  bestätigt  und  als  Staats- 
diener vereidigt  und  die  durch  eine   feste  Dotation  fundirt  sind. 

Unter  berechtigten  Schulen  sind  solche  zu  verstehen,  denen  staat- 
liche Berechtigungen,  welche  sich  an  die  von  ihnen  ausgestellten  Qualifications- 
Zeugnisse  knüpfen,  ausdrücklich  verliehen  worden  sind.    VgL  Abschn.  VULl. 

Alle  höheren  Schulen,  welche  bei  der  vorliegenden  Zusammenstellung  in 
Betracht  kommen,  haben  aufser  der  ihnen  mit  der  allgemeinen  Volksschule 
gemeinsamen  Bestimmung,  bei  der  religiösen,  sittlichen  und  nationalen  Auf- 
erziehung der  Jugend  HMfe  zu  leisten,,  den  besonderen  Zweck,  die  Grundlagen 
der  wissenschattl.  Bildung  zu  gewähren,  welche  zur  Teilnahme  an  den 
höheren  Aufgaben  des  Lebens  im  Staat,  in  der  Kirche  und  in  der  bürgerl.  Ge- 
sellschaft befähigt. 

Dies  Gemeinsame  sondert  sich  nach  der  histor.  Entwickelung  des  höheren 
Schulwesens  in  zwei  Richtungen,  eine  gymnasiale  und  reale,  für  welche  bis  zum 
Erlafs  der  C.Verf.  v.  31.  März  1882,  betr.  die  Einführung  der  revidirten  Lehr- 
pläne for  die  höh.  Schulen,  folgende  Unterscheidung  bestand: 


1.  Gymnasialanstalten  {  ^^3en. 

IBealschnlen  erster  Ordnung, 
Realschulen  zweiter  Ordnung, 
höhere  Bürgerschulen. 

Durch  die  G.Yerf.  v.  31.  März  1882  besteht  dagegen  folgende  Unterscheidung : 

r  GYmnMialaTifitaltßn  f  ö^ymnasien  (mit  neunjähriger  Lehrdauer.) 
!•  uymnasiaianstaiten  ^  progymnasien  (mit  siebenjähriger  Lehrdäuer.) 

I  f  Realgymnasien  (neunjährige  Lehrdauer), 

mit  Latein  \  Eealprogymnasien  (siebenjähr  Lehrfaner); 
f  Oberrealschulen  (neunjährige  Lehrdauer), 
ohne  Latein  \  Realschulen  (siebenjährige  Lehrdauer). 
m.  Höhere  Bürgerschulen  ohne  Latein  (mit  sechsjähriger  Lehrdauer). 

Im  Ministerium  der  geistl.  etc.  Anglgh.  ist  eine  Karte  über  die 
Y-erteilung  der  höheren  ünterrichtsanstalten  im  Königreich  Preufsen 
für  das  Jahr  1882  herausgegeben  worden,  deren  Verlag  die  Hof-Landkarten- 
handlung Simon  Schropp  (J.  H.  Neumann)  zu  Berlin  übernommen  hat.  Y er- 
zeich nifse  der  genannten  Anstalten  werden  im  Centralblatt  für  die  gesamte 
ünterrichtsrerwaltung  in  Preufsen  veröffentlicht 

Die  Gymnasialanstalten  sind  vorzugsweise  und  nach  ihrer  ursprüng- 
lichen Bestimmung  die  eigentlichen  Yorbereitungsanstalten  for  das  Universität- 
Studium.  Yermöge  der  universellen  Bedeutung  ihrer  Mittel  zu  diesem  Zweck 
sind  sie  zugleich  am  meisten  geeignet,  die  Grundlagen  höherer  (reistesbildung 
überhaupt  zu  gewähren. 

Die  Reallehranstalten  haben  überwiegend  die  Bestimmung,  die  für 
prakt.  Berufsarten  sowie  far  den  Eintritt  in  höh.  techn.  Fachschulen  erforder- 
liche allgemeinwissenschafO.  Yorbereitung  zu  geben.  Die  Realprogymnasien  und 
bezw.  Realschulen  stehen  zu  den  Realgymnasien  und  bezw.  Oberrealschulen  in 
wesentlich  gleichem  Yerhältnisse,  wie  die  Progymnasien  zu  den  Gymnasien. 

Dabei  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs,  wie  das  Gymnasial-Maturitätszeugnis 
auch  den  Zugang  zu  technischen  Akademien  und  zu  höheren  prakt.  Beru&ajrten 
eröffnet^  so,  nach  der  gegenwärtigen  Einrichtung  der  Universitäten,  auch  von 
Realschulen  zuakadem.  Studien  übergegangen  werden  kann ;  s.  Absch.  YII  und  YIU. 

Die  höh.  Bürgerschulen  wurden  früher  hie  und  da  noch  als  Mittel- 
schulen bezeichnet^) 

Ueber  die  Yorschulen  s.  die  Abschn.  lU  und  lY. 

Ueber  confessionelle  Unterschiede  höherer  Schulen  s.  Abschn.  III. 

Ueber  höhere  Lehranstalten  anderer  Ministerial-Ressorts,  bei  denen  die 
Unterrichtsverwaltung  beteiligt  ist  (landwirthschaftliche  Unterrichtsanstalten)  s. 
Abschn.  lY. 


^)  Anmerkung.  Unter  diese  Benennung  gehören  jedoch  solche  Unterrichtsan- 
stalten, die  nach  der  G.Yerf.  v.  15.  Okt.  1872  organisirt  sind  und,  wie  die  Yolksschulen 
von  den  Königlichen  Regierungen  ressortiren.  Die  Mittelschulen  haben  mindestens 
fOnf  aofsteigende  Klassen,  gewähren  Unterricht  im  Französischen  und  Englischen, 
•owie  faonltativen  lateinischen  Unterricht  und  wollen  überhaupt  eine  höhere  Bildung 
geben,  als  dies  in  der  mehrklassigen  Yolksschule  geschieht,  indem  sie  die  Bedürfnisse 
des  gewerblichen  Lebens  und  des  sog.  Mittelstandes  in  grofserem- Umfange  berüok- 
sichti^n,  als  dies  in  höheren  Lehranstalten  re^lmäfsig  der  Fall  sein  kann.  Ygl. 
Schneider  Yolksschulwesen  und  Lehrerbildung  in  Preussen  (Berlin  1875)  S.  88—1^. 


Die  Anftlehtsbehorden. 

1.  Die  Centralverwaltung. 

Das  £.  Ministerium  der  geistlichen,  Unterrichts-  nnd  Medicinal-Ange- 
legenheiten  in  Berlin. 

Von  demselben  ressortirt  in  oberster  Instanz  das  gesamte  ünterrichts- 
wesen  ohne  Unterschied  der  Confession;  ebenso  alle  Anstiften  und  Vereine  für 
Wissenschaft  und  Knnst.  (Ygl.  Handbuch  über  d.  K.  Preufs.  Hof  nnd  Staat 
für  1884/85  p.  74  fg.) 

Durch  A.  E.  vom  14.  Okt.  1878  erfolgte  die  Ueberweisang  des  tech- 
nischen Unterrichtswesens,  soweit  dasselbe  znr  Zeit  mit  der  Handels-  und  Oe- 
werbeverwaltang  verbanden  war,  jedoch  mit  Ausnahme  des  Nayigationsschul- 
wesens.    (GS.  1879,  p.  26.) 

^Nachdem  Se.  Maj.  der  König  mittelst  A.  E.  vom  9.  Jan.  1882  zu 
genehmigen  geruht  hatten,  dafs  far  die  Bearbeitung  der  auf  das  niedere  Schul- 
wesen sich  beziehenden  und  anderen  verwandten  Angelegenheiten  in  dem 
Ministerium  der  geistL  u.  s.  w.  Angelegenheiten  eine  besondere  Abteilung  in 
dem  Verhältnisse  der  anderen  schon  vorhandenen  Abteilungen  gebildet  werde, 
sind  in  dem  Ministerium  zwei  Abteilungen  für  die  Unterrichts-Angelegenheiten 
eingerichtet  und  der  I.  Abteilung  die  Angelegenheiten  der  Universitäten  und 
wissenschaftlichen  Anstalten,  des  höheren  und  technischen  Unterrichtswesens, 
sowie  der  Kunst  und  des  Kunstgewerbes,  der  11.  Abteilung  die  Angelegenheiten 
des  niederen  Schulwesens  einschliefsl.  der  Seminare,  des  Unterrichts  der  Taub- 
stummen, Blinden  und  Idioten,  des  Mädchenschulwesens  und  des  Turnunter- 
richtes überwiesen  worden.''    (GBl.  1882,  p.  233  fg.) 

Durch  A.  E.  vom  3.  Sptb.  1884  wurde  die  Ueberweisung  der  gewerb- 
lichen und  kunstgewerblichen  Fachschulen  und  Zeichenschulen,  der  Pflege  des 
Kunstgewerbes,  einschliefsl.  der  Verwaltung  der  ForzellanmanufGictur,  sowie  des 
Eortbildungsschulwesens  an  den  Minister  für  Handel  und  Gewerbe  vollzogen. 
(GS.  1885,  p.  95.) 

Die  Competenz  des  Ministers  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medi- 
cinal-Angelegenheiten  in  den  neuen  Landesteilen  ist  durch  die  K.  Ver- 
ordnung V.  13.  Mai  1867  bestimmt  worden: 

„Wir  Wilhelm,  von  Gottes  Gnaden  König  von  Preufsen  etc.,  verordnen, 
auf  den  Antrag  Unseres  Staatsministeriums,  für  den  Umfang  der  durch  die 
Gesetze  vom  20.  Sptb.  und  24.  Dcb.  v.  J.  mit  der  Monarchie  vereinigten  Landes- 
teile, was  folgt: 

Unser  Minister  der  geistL,  Unterrichts-  und  Medic.  Anglgh.  wird  ermäch- 
tigt, innerhalb  der  durch  die  Gesetze  v.  20.  Sptb.  und  24.  Dcb.  v.  J.  (GS.  p. 
555,  875,  876)  mit  Unserer  Monarchie  vereinigten  Landesteile  in  Angelegen- 
heiten, welche  die  nachstehenden  Gegenstände  betreffen :  das  Prüfungswesen  an 
Schulen  jedes  Grades,  einschliefsl.  der  Universitäten,  die  Feststellung  der  an  die 
Prüfungen  geknüpften  Berechtigungen,  die  Normirung  der  Lehrerbesoldungen 
und  des  Schulgeldes,  die  Feststellung  der  Lehrpläne  für  Schulen  jedes  Grades, 
einschliefsl.  der  SchuUehrer-Seminarien,  die  Begulirung  des  Privatschulwesens, 
die  Pensionirung  und  Emeritinuig  der  Lehrer,  das  Prüfungswesen  sämtlicher 
Medicinalpersonen,  die  Niederlassung  derselben  und  die  Erwerbung  des  BechtB 
zur  Ausübung  der  ärzü.,  wundärzü.,  geburtehülfl.  und  zahnärztl.  Praxis,  die 
Bedingungen  für  die  Anlegung  und  den  Geschäftsbetrieb,  sowie  für  die  Visitation 
der  Apotheken,  die  Beaufsichtigung  des  Medicinalwesens,  die  Medicinal-,  Sani- 


Uta-  und  Yeterinärpolizei,  die  Feststellnng  der  Aizneitaxe,  den  Debit  der  Arznei- 
waaren,  sowie  die  Znlassnng  nnd  Beanfflichtigang  der  Privai-Erankenanstalten, 
in  demselben  Mafs  Verfügung  zu  treffen,  wie  ihm  solches  in  den  älteren  Landes- 
teilen der  Monarchie  ressorfamäfsig. zukommt. 

Die  Yorstehende  Verordnung  ist  durch  die  Gesetzsammlung  zu  veröffent- 
lichen.   Berlin.    Wilhelm." 

Oi^n  für  Veröffentlichung  amtlicher  Erlasse  ist  das  Central blatt 
für  die  gesammte  Unterrichtsverwaltung  in  Preufsen,  Verlag  von 
Wilh.  Hertz  (Bessersche  Buchhandlung)  in  Berlin. 

Min.  Verf.  v.  19.  Jan.  1876.  (GBl.  1876  p.  82.)  Die  Mitteilung  einer 
principielle  Fragen  betreffenden  diesseitigen  Special-Verfügung  hat  för  die 
Behörde,  welcher  letztere  zur  Kenntnisnahme  fibermittelt  wird,  in  jedem  Falle 
die  Bedeutung  einer  allgemeinen  normativen  Instruction,  deren  Grundsätze 
nach  Mafsgabe  der  individuellen  Verhältnisse  gleichmäfsig  zur  Anwendung  zu 
bringen  sind. 

Aus  Min.  Verf.  v.  26.  Juli  1883.  fCB.  1883,  p.  503.)  An  einzelne 
Behörden  etc.  gerichtete  allgemeine  Erlasse  erlangen  durch  ihre  Veröffentlichung 
im  Centralblatte  für  die  Unterrichts- Verwaltung  allgemeine  Geltung,  soweit  die 
thatsächlichen  und  rechtlichen  Verhältnisse  zutreffen.    (Vgl.  GB.  1883  p.  651.) 

« 

2.   Die  Provinzialverwaltung. 

Das  Gesetz  über  die  Organisation  der  allgemeinen  Landesverwaltung  vom 
26.  Juli  1880  bezw.  30.  Juli  1883  hat  die  Verwaltungseinteilung  des  Staatsgebietes 
in  Provinzen  u.  s.  w.  mit  der  Mafsgabe  aufrecht  gehalten,  daifs  die  Stadt  Berlin 
aus    der  Provinz  Brandenburg  ausschied  und  einen  Verwaltungsbezirk  für  sich 

büdei    C§  1.) 

Grundlage  der  Verwaltungseinteilung  ist  die  Verordnung  wegen  ver- 
besserter Einrichtung  der  Provinzialbehörden  v.  30.  April  1815.  (GS.  1815,  p.  85.) 

Es  bestanden  bis  zum  Jahre  1866  acht  Provinzen,  nämlich  die  sechs 
östlichen :  Preufsen,  Brandenburg,  Pommern,  Schlesien,  Posen,  Sachsen,  und  die 
zwei  westlichen :  Westfalen  und  die  Rheinprovinz.  Nach  1866  traten  hinzu  die 
Provinzen  Schleswig-Holstein  (VO.  v.  22.  Sptb.  1867)  einschliefsl.  Lauenburg 
(Gesetz  v.  23.  Juni  1876),  Hannover  (Gesetz  v.  20.  Sptb.  1866)  mit  dem  Jadegebiet 
(Gesetz  v.  23.  März  1873),  Hessen-Nassau  (Gesetz  v.  20.  Sptb.  u.  24.  Dec.  1866). 
Die  HohenzoUemschen  Lande  bilden  einen  Begierungsbezirk  für  sich  (VO. 
V.  7.  Jan.  1852.)  Aus  der  Provinz  Preufsen  wurden  durch  Gesetz  v.  19.  März  1877 
zwei  Provinzen,  Ost-  und  Westpreufsen,  gebildet.  Das  Staatsgebiet  besteht 
also  aus  12  Provinzen,  den  Hohenzollemschen  Landen  und  dem  Stadtkreis 
Berlin.  Vgl.  L.  v.  Bonne,  das  Staatsrecht  der  Preufs.  Monarchie.  1883  \ 
Bd.  III,  p.  5  fgde.  M.  v.  Brauchitsch,  die  neuen  Preufs.  Verwaltungsgesetze.,  1884*. 

Das  Schulwesen  war  durch  die  VO.  v.  30.  April  1815,  §  15,  den  Pro- 
vinzial  -  Gonsistorien  übertragen.  Dienstinstruction  f&r  die  Gonsistorien  v. 
23.  Oci  1817  (GS.  p.  229,  237,  240.)  Von  denselben  wurden  durch  die  GO. 
V.  3L  Dec.  1825  (GS.  1826,  p.  5  ff.)  die  Provinzial-Schulcollegien  als 
eine  ausschliefsl.  für  die  Verwaltung  des  höheren  Schulwesens  bestimmte  Be- 
hörde ausgesondert 

Die  E.  Provinzial-Schulcollegien  haben  ihren  Sitz  zu  Königsberg 
in  P.,  Danzig  (seit  13.  April  1878;  s.  GBl.  p.  193),  Berlin,  Stettin,  Breslau, 
Posen,  Magdeburg,  Schleswig  (seit  1.  Oct.  1879,  vorher  Kiel;  s.  GB.  p.  406, 
A£.  V.  19.  März  1879),  Hannover,  Münster,  EasseJ,  Koblenz.  Die  Hohenzollem- 
schen Lande  sind  dem  Prov.  Seh.  G.  zu  Koblenz  zugeteilt  Für  den  Stadtkreis 


8 

Berlin  ftingpirt  das  Schnl-GoUegpinm  der  Provinz  Brandenburg.  Das  ProY.  Seh.  0. 
m  Kasöel  bildet  nach  YO.  y.  2.  Nov.  1874  (CB.  p.  678)  zugleich  die  Dis- 
ciplinarbehOrde  für  die  Lehrer  in  den  Fürstentümern  Waldeck  und  Pyrmont 
und  verwaltet  nach  YO.  v.  25.  März  1885  (GB.  p.  260)  das  höhere  Schulwesen 
in  denselben  nach  den  hinsichtlich  des  Geschäftekreises  der  Provinzial-Schul- 
coUegien  in  Preufsen  bestehenden  Yorschriften. 

Die  frühere  Beteiligung  der  E.  Begierungen  an  der  Beaufisichtigung 
des  höheren  Schulwesens  ist  aufgehoben  worden: 

CO.  V.  3.  Jan.  1872:  »»Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v.  31.  v.  M. 
will  Ich  hierdurch  genehmigen,  dafs  in  der  Provinz  Pommern  auch  die  Beal- 
schulen  2.  Ordn.,  die  hOh.  Bürgerschulen  und  die  nicht  mit  Berechtigung  ver- 
sehenen Progymnasien  unter  die  Aufsicht  des  Prov.  SchulcoU.  gestellt  werden, 
und  zugleich  Sie,  den  Minister  der  geistl.  etc.  Anglgb.,  ermächtigen,  dieselbe 
üebertragung  aus  dem  Bessert  der  Begierungen  in  das  der  Prov.  SchulcoU. 
auch  in  den  übrigen  altpreufs.  Landesteilen  eintreten  zu  lassen,  soweit  nach 
den  besonderen  Yerhältnissen  der  einzelnen  Provinzen  die  Aenderung  ausfuhr- 
bar und  zweckmäfsig  erscheint  und  die  betreff.  OPräsidenten  damit  einver- 
standen sind."  Wilhelm. 

Yon  dieser  0.  Ordre  gab  der  ÜMinister  den  OPräsidenten  derjenigen 
Provinzen,  wo  die  Arbeitskräte  der  K.  SchulcoU.  zur  üebernahme  der  ent- 
stehenden Mehrarbeit  auszureichen  schienen,  durch  Yerf.  v.  14.  März  1872 
Kenntnis : 

„Nach  dem  durch  die  AUerh.  Yerordnungen  v.  9.  Dcb.  1842,  26.  Aug 
1859  und  10.  Novb.  1862  festgesteUtien  Bessortverhältnis  der  hOh.  Lehran- 
stalten steht  die  Aufsicht  über  die  Gymnasien,  die  Bealschulen  1.  0.  und  die 
mit  Berechtigungen  versehenen  Progymn.  den  K.  Prov.  SchuUcoUegien  zu, 
während  die  Bealschulen  2.  0.,  die  hOh.  Bürgerschulen  und  die  nicht  mit  Be- 
rechtigungen versehenen  Progymn.  zum  Bessert  der  K.  Begierungen  gehören. 

Die  Wahrnehmung,  dafs  die  letzteren,  da  ihre  Yerwaltung  hauptsächl. 
das  Elementarschulwesen  umfafst,  zu  wenig  im  Zusammenhange  mit  der  ganzen 
Entwickelung  des  hOh.  Schulwesens  und  mit  den  für  dasselbe  bestimmten  Ord- 
*  nungen  stehen,  hat  meinen  H.  Amtsvorgänger  vor  5  Jahren  veranlafst,  in  den 
neuerworbenen  LandesteUen,  um  daselbst  von  vornherein  die  wünschenswerte 
grOfsere  Einheit  in  der  Beaufsichtigung  des  hOh.  Schulwesens  herzustellen,  mit 
AUerh.  Genehmigung  das  Bessort  der  betreff.  K.  Prov.  SchulcoU.  auf  sämt- 
liche Offentl.  höh.  Lehranstalten  auszudehnen. 

Durch  A.  Ordre  v.  3.  Jan.  d.  J.  haben  des  Kaisers  und  des  KOnigs  Maj. 
auf  den  Antrag  des  K.  Staatsmin.  zu  genehmigen  geruhet,  dafs  dieselbe  Mals- 
regel, soweit  die  besonderen  Yerhältnisse  es  gestatten  und  die  betreff.  K.  OPrä- 
sidenten damit  einverstanden  sind,  auch  auf  die  anderen  Provinzen  ausgedehnt 
werde.  *  Ew.  ExceU.  ersuche  ich  ergebenst  den  Gegenstand  gefälligst  in  Erwä- 
gung zu  ziehen  und  mir  demnächst  anzuzeigen,  welche  Yeränderungen  in  dem 
in  der  dortigen  Provinz  bestehenden  Bessortverhältnis  auf  Grund  der  erwähnten 
A.  Ordre  ausführbar  und  wünschenswert  erscheinen.'^ 

Inzwischen  ist  die  Aenderung  aUgemein  durchgeführt,  so  dafs  jetzt  aUe 
OffentUche  höhere  Lehranstalten  in  Preufsen  zum  Bessort  der  K*  Prov.Schul- 
coUegien  geboren.  Die  Gewerbeschulen,  welche  vorher  ebenfaUs  zum  Bessort 
der  Begierungen  gehörten,  wurden  ihnen  nach  Min.  Yerf.  v.  10.  Juli  1879 
(CB.  p.  568)  überwiesen;  die  Provinzial-Gewerbeschulen  sind  jedoch  einge- 
gangen (s.  Abschn.  lY).  Femer  sind  ihnen  Privatanstalten  zugeteilt,  deren 
Einrichtung  dem  Lehrplan  der  Offentl.  hOh.  Schulen  folgt 


Der  Geschäftskreisder  E.  Proy.Schalcollegieniimfafstgemäfs  der 
Insiraction  y.  23.  Octb.  1817:  1.  aUe  sich  auf  den  pädagogischen  Zweck 
der  ünterrichtsanstalten  im  •  allgm.  beziehenden  Gegenstände.  2.  Prüfung 
der  Gmndpläne  oder  Statuten  der  Schalen  und  Erziehungsanstalten.  3.  die 
Prüfling  nener,  die  Revision  nnd  Berichtigung  schon  vorhandener  Schulordnungen 
und  Beglements;  inigleichen  die  Disciplinargesetze;  nicht  minder  die  Abgabe 
zweckmäfsiger  Vorschläge  behufs  Abstellung  der  beim  Erziehungs-  und  Unter- 
ricbtswesen  eingeschlichenen  Mifsbräuche  und  anzutreffenden  Mängel.  4.  Prüfung 
der  im  Gebrauch  befind!.  Schulbücher;  Bestimmung  deijenigen,  welche  abzu- 
schaffen oder  neu  einzuführen^  nach  vorheriger  Genehmigung  des  vorgesetzten 
Ministerii.  5.  Abfassung  neuer  Schulbücher,  welche  jedoch  nicht  ohne  Ge- 
nehmigung des  vorgesetzten  Ministerii  gedruckt  werden  dürfen.  8.  Anord- 
nung der  Abiturienten- Prüfüngscommissarien  und  Prüfung  der  Verhandlungen 
der  Abitürientenprüfnngen  bei  den  gelehrten  Schulen.  9.  Die  Aufsicht,  Lei- 
tung und  Bevision  der  gelehrten  Schulen,  welche  zur  Universität  entlassen. 
10.  Die  Anstellung,  Beförderung^),  Disciplin,  Suspension  und  Entlassung^)  der 
Lehrer  bei  diesen  Schulen. 

Auch  die  sämtl.  Externa,  die  Vermögensverwaltung,  sowie  das  Eassen- 
und  Bechnungswesen  der  höh.  Schulen,  nach  der  Instruction  vom  23.  Octb.  1817 
zum  Ressort  der  E.  Regierungen  gehörig,  sind,  mit  wenigen,  den  Grundbe- 
sitz einiger  Anstalten  betreffenden,  Ausnahmen  auf  die  E.  Prov.  SchulcoU. 
übergegangen. 

Vorsitzender  des  E.  Prov.  SchulcoU.  ist  der  betreffende  E.  OPräsident, 
Director  der  Vice-Präsident  derjenigen  E.  Regierung,  welche  am  Ort  des  E. 
OPräsidiums  ihren  Sitz  hat.  Zu  jedem  SchulcoU.  gehören  technische  Räthe, 
welche  mit  specieUer  Wahrnehmung  der  Interessen  des  höh.  Schulwesens  be- 
auftragt sind.  Als  Justitiarien  fungiren  bei  den  E.  Prov.  SchulcoU.,  auTser 
in  Berlin,  die  Justitiarien  der  betreff.  E.  Consistorien. 

Durch  CO.  V.  28.  Nov.  1881  ist  für  diejenigen  Provinzen,  in  welchen  das 
Gesetz  vom  26.  Juü  1880,  betreff,  die  Organisation  der  allgemeinen  Landes- 
verwaltung (vgl.  jetzt  Gesetz  v.  30.  Juli  1883)  bereits  eingeführt  ist  oder  dem- 
nächst eingeführt  wird,  bestimmt,  dafs  bei  den  Prov.  SchulcoUegien,  sofern  für 
dieselben  nicht  besondere  Dirigenten  bestellt  sind  oder  künftig  besteUt  werden, 
die  Präsidenten  der  am  Orte  befindlichen  Regierungen  die  Vertretung  des  Vor- 
sitzenden in  BehinderungsfäUen  zu  übernehmen  und  die  Geschäfte  ständiger 
Birectoren  zu  führen  haben.  Die  Stellvertretung  des  Regierungs-Präsidenten 
in  diesen  Functionen  erfolgt  der  Regel  nach  durch  das  jedesmal  anwesende 
dienstälteste  MitgUed  der  Behörde.  Der  Minister  der  geisü.  etc.  Angl.  ist  befugt, 
in  besonderen  F^en  eine  andere  SteUvertretung  anzuordnen.  (CB.  1882,  p.  321.) 

Die  Einsetzung  von  Prov.  Schulcollegien  in  den  neuen  Landes- 
teilen erfolgte  durch  die  E.  Verordn.  v.  22.  Sept.  1867: 

„Wir  Wilhelm,  von  Gottes  Gn.  Eönig  von  Preufsen  etc.,  verordnen,  auf 
den  Antrag  Unseres  Staatsministeriums,  wegen  Errichtung  von  Prov.  Schul- 
coUegien  und  von  MedicinalcoUegien  für  die  neu  erworbenen  LandesteUe, 
was  folgt: 

1.  Für  die  durch  die  Gesetze  v.  20.  Sptb.  und  24.  Dcb.  1866  (GS.  p. 
555,  875,  876)  mit  der  Monarchie  neu  vereinigten  Landesteüe  sind  unter  dem 
Vorsitz  der  betreffenden  OPräsidenten  3  Provinzial-SchulcoU.  und  3  Medicinal- 
coUegien mit  dem  Amtsitz  in  Eiel,  Hannover  und  Eassel  zu  errichten. 


^)  Ueber  das  Anstellungsrecht  etc.  s.  weiterhin  die  neueren  Verfügungen. 
*)  S.  Abteüung  II  das  DiscipHnafgesetz  v.  21.  JuU  1852. 


10 

2.  Der  amüiche  Wirkungskreis  der  neuen  Behörden  erstreckt  sich  für 
die  Gollegien  in  Kiel  auf  die  Herzogtümer  Holstein  und  Schleswig,  für  die 
Gollegien  in  Hannover  auf  die  Prov.  Hannover,  für  die  CoUegien  in  Kassel 
auf  die  Begierungsbezirke  Kassel  und  Wiesbaden. 

3.  Dieselben  stehen  unmittelbar  unter  Unserem  Minister  der  geist- 
lichen etc.  Angelegenheiten  und  haben  in  dem  ihnen  angewiesenen  Bezirk  die- 
jenigen amtl.  Aufgaben  zu  lOsen,  welche  den  gleichnam.  Behörden  in  den 
älteren  Teilen  der  Monarchie  nach  den  Instr.  v.  23.  Octb.  1817  (GS.  p.  237, 
245),  der  A.  CO.  v.  31.  Decb.  1825  (GS.  v.  1826  p.  5)  und  den  dieselben 
erläuternden,  ergänzenden  und  abändernden  Bestimmungen  gestellt  sind. 

4.  Unser  Minister  der  geistl.  etc.  Anglgh.  wird  mit  der  Ausführung 
dieser  Verordnung  und  dem  ErlaTs  der  dazu  erforderl.  Instructionen  beauftragt. 
Derselbe  hat  den  Zeitpunkt  zu  bestimmen,  mit  welchem  die  neuen  Behörden 
in  Wirksamkeit,  und  die  durch  sie  zu  ersetzenden  Behörden  auüser  Thätigkeit 
treten.    Baden-Baden.     Wilhelm." 

Die  wichtigsten  Ansfuhrungsverordnungen  sind  folgende: 

Min.  Verf.  v.  30.  Sptb.  1867.  An  den  K.  OPräsidenten  zu  Hannover: 
„Gemäfs  der  in  No.  99  der  diesjähr.  Gesetzsammlung  (p.  1570  und  1571) 
publicirten  AUerh.  Verord.  v.  22.  d.  M.  ist  für  die  Provinz  Hannover 
unter  dem  Vorsitz  des  OPräsidenten  ein  Provinzial-Schulcollegium  mit  dem 
Amtsitz  in  Hannover  einzurichten.  Zu  diesem  Behuf  bedarf  es  nur  der  Um- 
gestaltung der  dort  unter  dem  Namen  Ober-Schulcollegium  bereits  bestehenden 
Behörde  in  ein  den  altländischen  entsprechendes  Provinzial-Schulcollegium. 
Eine  solche  Umgestaltung  desselben  ist  ohne  weiteres  ausführbar,  und  bestimme 
ich  deshalb  auf  Grund  der  im  §  4  der  gedachten  A.  Verordnung  mir  erteilten 
Ermächtigung  den  Zeitpunkt,  mit  welchem  das  neue  Prov.  SchulcoU.  för  Han- 
nover in  Wirksamkeit  und  das  durch  dasselbe  zu  ersetzende  bisherige  Ober- 
Schulcollegium  als  solches  aufser  Thätigkeit  tritt,  auf  den  1.  Octb.  d.  J. 

Ew. — ersuche  ich  demzufolge  ganz  ergebenst,  unmittelbar  nach  Empfang 
dieses  Erlasses  den  Vorsitz  des  bisherigen  Ober-SchulcoUegiums,  welches  von 
jetzt  ab  Namen  und  Siegel  als  K.  Provinzial-Schulcollegium  anzunehmen  und 
zu  führen  hat,  gefälligst  Selbst  zu  übernehmen  und  gleichzeitig  Ihren  Vertreter 
im  OPräsidium  in  die  Function  als  Director  des  Prov.SchulcoU.  einzusetzen. 
Die  dermaligen  ordentl.  und  commissar.  Mitglieder,  Subaltem-  und  Unterbeamten 
des  bisher.  OSchulcoUegiums  bleiben  mit  Beibehaltung  ihres  Banges  und  ihrer 
Gehälter  resp.  Bemunerationen  Mitglieder,  Subaltern-  und  resp.  Unterbeamte  des 
Prov.SchulcoUegiums.  Ebenso  verbleiben  die  Locale,  Acten  und  sonstigen 
Gegenstände,  die  dem  OSchulcoU.  gehörten,  dem  an  seine  Stelle  tretenden 
Prov.Schulcollegium.  Das  letztere  hat  nach  §  3  der  gedachten  A.  Verordnung 
diejenigen  amü.  Aufgaben  zu  lösen,  welche  den  Prov.SchulcoU.  in  den  älteren 
Teilen  der  Monarchie  nach  den  ebenda  allegirten  Bestimmungen  gestellt  sind. 
Die  hieraus  folgende  Uebereinstimmung  der  Bessort-  und  Competenzverhältnisse 
mit  denen  der  altländ.  Prov.SchulcoU.  erfährt  nur  insofern  eine  bis  auf  weiteres 
noch  notwendige  Modification,  als  einerseits  die  Einwirkung  des  dortigen  Prov. 
SchulcoU.  auf  die  Anglgh.  der  Elementarschulen  und  Elementarlehrer-Büdungs- 
anstalten  (Seminare)  von  späterer  besonderer  Anordnung  abhängig  bleiben 
mufs,  und  als  andererseits  keine  der  bisher  dem  OSchulcoU.  untersteUten 
Schulen  um  der  gegenwärtigen  Umgestaltung  dieser  Behörde  willen  ohne  meine 
specielle  Genehmigung  dem  Ressort  des  K.  Prov.SchulcoU.  entzogen  werden 
darf.  —  V.  Mühler. 

In  Hannover  und  ebenso  in  Kiel  trat  das  K.  Prov.SchulcoU.  am 
1.  Octb.   1868  in  Wirksamkeit,  in  Kassel  bereits  am  15.  Juni  1868. 


11 

Min.Verf.  y.  31.  Jnli  1868  an  das  K.  ProY.SchulcoU.  zu  Kassel,  den 
Geschäftskreis  der  ProY.Schnlcoll.  betreffend: 

JDie  mafsgebenden  allgm.  Bestimmungen  über  die  Obliegenheiten  und 
Befugnisse  der  K.  ProY.Schulcoll.  sind,  wie  ich  auf  den  Bericht  vom er- 
widere, in  der  Dienstinstruction  für  die  K.  Consistorien  y.  23.  Octb.  1817  {GS. 
p.  229,  237,  240)  enthalten,  yon  denen  durch  die  A.  0.  y.  31.  Dcb.  1825 
(GS.  y.  1826  p.  5)  die  K.  Proy.SchulcoU.  getrennt  worden  sind.  Die  Anstel- 
lung der  Lehrer  an  den  höh.  Schulen  ist  durch  die  E.  Verordnungen  y.  9.  Dcb. 
1842,  y.  26.  Aug.  1859  und  10.  Noyb.  1862  (GS.  y.  1843  p.  1,  y.  1859  p. 
535)  und  durch  die  Circularyerfagungen  y.  3.  Febr.  1843  und  2.  Jan.  1863 
geregelt 

In  den  erwähnten  Instructionen  und  Verfügungen  ist  die  Basis  für  die 
Wirksamkeit  auch  des  dortigen  E.  Proy.SchulcoU.  bezeichnet.  Die  darin  an- 
geordnete Unterscheidung,  wonach  die  Bealschulen  2.  Ordn.,  die  hOh.  Bürger- 
schulen und  die  unyollständigen  Progymn.  dem  Bessort  der  E.  Regierungen 
zugeteilt  sind,  auf  die  neupreufs.  Landesteile  zu  übertragen,  erscheint  aber  aus 
yerschiedenen  Gründen  nicht  zweckmäfsig.  Indem  ich  mir  yorbehalte,  in  dieser 
Beziehung  AUerh.  Orts  die  erforderl.  Aenderungsanträge  zu  stellen,  bestimme 
ich,  dafs  einstweilen  sämtliche  der  Eategorie  der  höh.  Schulen  angehörende 
Lehranstalten  dortiger  Proyinz  der  Aufsicht  des  E.  Proy.SchulcoU.  unter- 
geben bleiben. 

Was  die  periodischen  Berichterstattungen  betrifft,  so  ist  ein  aUgm.  Ver- 
waltungsbericht yon  3  zu  3  Jahren  zu  erstatten,  und  zwar  gesondert  über  die 
gymnasialen  .  und  über  die  Beal-Lehranstalten.  Den  ersten  Verwaltungsbericht 
über  die  Gymn.  und  Progymn.  erwarte  ich  zu  Anfang  des  Jahres  1871,  über 
die  Real-  und  höh.  Bürgerschulen  1870.  Jährlich  sind  Collectiyberichte  zu 
erstatten  über  die  im  Laufe  des  Jahres  eingetretenen  Personalyeränderungen 
an  den  höh  Schulen,  nach  dem  beiliegenden  Schema;  ebenso  über  die  Abitu- 
rienten und  die  geprüften  Maturitätsaspiranten  mit  Benutzung  beifolgender 
Tabelle.  Ueber  die  halbjährl.  einzureichenden  Frequenzlisten  hat  das  K. 
Proy.Sch.C.  bereits  Anweisung  erhalten.  In  Betreff  der  Probecandidaten 
sind  die  Bestimmungen  der  Circ.Verf.  y.  30.  März  1867  zu  beachten  und  hin- 
sichtlich der  halbjährl.  Berichte  über  dieselben  die  Circ.Verff.  y.  11.  Apr.  1863 
und  y.  25.  Octb.  1864.  Die  Einfahrung  neuer  Lehrbücher  richtet  sich  nach 
den  CircVerff.  y.  28.  Apr.  1857  und  y.  20.  Juni  1864. 

Es  ist  nicht  die  Absicht,  in  gleicher  Weise  die  Befolgung  aller  übrigen 
for  die  Verwaltung  der  altländischen  höh.  Schulen  erlassenen  Bestimmungen 
far  die  dortige  Proyinz  yorzuschreiben ;  yielmehr  bleibt  es  dem  E.  Proy.Sch.C. 
überlassen,  die  sich  daselbst  yorfindenden  Einrichtungen  zu  prüfen,  und  wenn 
sie  sich  als  zweckmäfsig  bewährt  haben,  beizubehalten.  Andernfalls  wird  das 
E.  Proy.Sch.C.  dafor  Sorge  tragen,  dafs  die  altpreufs.  Verordnungen  und  Ge- 
setze allmählich,  je  nach  eintretendem  Bedürfnis,  soweit  nicht  über  einzelnes, 
wie  z.  B.  über  die  Maturitätsprüfungen,  bereits  Verfügung  ergangen  ist,  zu  ent- 
sprechender Anwendung  gelangen.  Das  Vorstehende  gilt  u.  a.  yon  der 
Ferienordnung,  den  Schulcensuren,  den  disciplinar.  Einrichtungen,  und  auch 
yon  den  jährl.  zu  yeröffentiichenden  Schulnachrichten  oder  Programmen.  Ueber 
letztere  bald  das  Erforderliche  anzuordnen,  stelle  ich  dem  E.  Proy.Sch.C.  an- 
heim;  jedenfalls  müssen  die  Programme  diejenige  Auskunft  über  den  Unterricht, 
die  Lehrer  und  die  Schüler  in  übersichtl.  Form  gewähren,  welche  für  das%e- 
teiligte  Publicum  yon  Interesse  ist.  In  Betreff  der  Aufstellung  einer  Direc- 
toreninstruction  behalte  ich  mir  die  Bestimmung  yor.    Der  Minister  etc." 

Min. Verf.  y.  5.  Apr.  1882  an  den  E.  OPräsidenten  u.  s.  w.  „Auf  den 
gef.  Bericht  yom  28.  Februar  d.  J.  genehmige  ich  die  Aufhebung  der  Ver- 


12 

waltangskommlssionen  bei  den  Btaatlichen  Gymnasien  des  Beg.Bez.  Kassel  mit 
Ueberweisnng  der  Functionen  derselben  an  die  Directoren  der  betreff.  (Grjmna- 
sien  mit  der  Mafsgabe,  dafs  die  recbtlicbe  Vertretung  der  Anstalten  nach 
Anfsen  dem  K.  Proy.Schnlcoll.  zufällt,  welches  die  Directoren  derselben  zur 
Ausübung  der  ihm  obliegenden  Vertretung  zu  beauftragen  befugt  ist. 

V.   G  0  r  s  1  e  r. 

Nach  Allerh.  Verordnung  vom  2.  Nov.  1874  (GS.  S.  353)  bildet  das 
Provinzial-SchulcoU.  zu  Kassel  das  Disciplinargericht  erster  Instanz  für  die 
Lehrer  und  Beamten  an  den  öffentl.  ünterrichtsanstalten  in  den  Fürstentümern 
Waldeck  und  Pyrmont,  insofern  der  Beschuldigte  nicht  vom  Könige  angestellt 
oder  bestätigt  ist.    Vgl.  Verordn.  v.  25.  März  1885.  CBl.  p.  259  fg.    (S.  p.  8.) 

Auf  das  Recht  der  Anstellung  der  Directoren  und  Lehrer  an  höh. 
Schulen  beziehen  sich: 

Die  K.  Verordn.  v.  9.  Dcb.  1842  (GS.  v.  1843  p.  1,  2):  1.  Das 
Becht  zur  Anstellung  und  Beförderung  der  Lehrer  an  den  Gymnasien  und 
SchuUehrerseminarien,  und  wo  diese  Anstalten  dem  Patronat  einer  Stadt  oder 
anderen  Corporation  unterworfen  sind,  das  Recht  zur  Bestätigung  der  Lehrer 
steht  den  Prov.Schulcoll.  zu;  diese  müssen  jedoch  zu  der  Anstellung,  Beförde- 
rung oder  Bestätigung,  insofern  solche  nicht  blofs  einen  Hülfslehrer,  oder  einen 
auf  Kündigung  angestellten  techn.  Lehrer  betrifft,  die  Genehmigung  des  Mini- 
steriums der  geistl.  etc.  Anglgh.  einholen.  Auch  sind  (dieselben  verpflichtet, 
wenn  das  Ministerium  sich  in  einzelnen  Fällen  veranlafst  findet,  wegen  der 
Anstellung,  Beförderung  oder  Versetzung  eines  Lehrers  besondere  Anweisung 
zu  erteilen,  diese  Anweisung  zu  befolgen.  Dem  Ministerium  ist  daher  von 
Jeder  Erledigung  einer  Lehrerstelle  sofort  Anzeige  zu  machen. 

(2.  Die  Bestimmungen  des  §  1  finden  auch  auf  die  Anstellung,  Be- 
förderung und  Versetzung,  imgleichen  auch  auf  die  Bestätigung  der  Lehrer  an 
den  zur  Entlassungsprüfung  berechtigten  höh.  Bürger-  und  Realschulen  mit  der 
Mafsgabe  Anwendung,  dafs  in  Beziehung  auf  diese  Anstalten  die  Regierung  in 
die  Stelle  der  Prov.Sch.C.  tritt)  s,  p.  8. 

3.  Die  Ernennung  der  Directoren  der  in  den  §§  1  und  2  erwähnten 
ünterrichtsanstalten,  imgleichen  die  Bestätigung  der  Dir.  in  den  Fällen,  wo 
jene  Anstalten  dem  Patronate  einer  Stadt  oder  Corporation  unterworfen  sind, 
behalten  Wir  Uns  Selbst  vor. 

4.  In  den  Rechten  der  Patrone  der  gedachten  ünterrichtsanstalten  zur 
Wahl  der  Dir.  und  Lehrer  wird  durch  die  Bestimmungen  der  §§  1—3  nichts 
geändert.  Friedrich   Wilhelm. 

CO.  V.  26.  Aug.  1859:  Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v.  23. 
Aug.  d.  J.  genehmige  Ich,  dafs  die  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Re- 
alschulen von  dem  Verwaltungsressort  der  ^gierungen  in  das  der  Prov. 
SchulcoUegien  übergehen,  mit  der  Mafsgabe,  dafs  diese  üebertragung  zuvörderst 
nur  die  Realschulen  erstet  Ordn.  betrifft,  demnächst  aber  auf  die  übrigen  Real- 
schulen Anwendung  findet,  je  nachdem  der  Minister  der  geistl.  etc.  Anglgh. 
sie  für  würdig  erklärt,  der  1.  Ordn.  von  Schulen  derselben  Kategorie  beigezlLhlt 
zu  werden.  Wilhelm. 

•  CO.  V.  10.  Novb.  1862:  Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v.  8. 
d.  M.  will  ich  Sie,  den  Minister  der  geistl.  etc.  Anglgh.,  hiedurch  ermächtigen, 
in  Bezug  auf  die  Ausführung  der  Verordnung  v.  9.  Dcb.  1842,  die  Anstellung 
der  Dir.  und  Lehrer  an  den  höh.  ünterichtsanstalten  betreffend,  die  Modifica- 
tion  eintreten  zu  lassen,  dafs  die  den  Prov.Schulcoll.,  resp.  den  Regierungen 
obliegende   Verpflichtung,   für  die  Anstellung,   Beförderung   oder   Bestätigung 


13 

sfimü.  ordentlicher  Lehrer  an  Gymnasien,  Beal-  und  h6h.  Büiig^rschnlen  Ihre 
Genehmigong  einzuholen,  his  auf  weiteres  dahin  beschränkt  wird,  dafs  diese 
Genehmignng  von  dem  ProY.Schnlcoll.  nur  for  die  Oberlehrer  an  den  Gymna- 
sien, den  Bealschnlen  1.  Ordn.  und  den  mit  Berechtigungen  versehenen  Pro* 
gymnasien,  sowie  far  die  Bectoren  der  letzteren,  and  ebenso  von  den  Begie- 
rangen  nur  für  die  Oberlehrer  an  den  Bealschnlen  2.  Ordn.  und  an  den  als 
höh.  Bürgerschulen  nach  der  U.  und  PO.  y.  6.  Octb.  1859  anerkannten  Lehr- 
anstalten, sowie  für  die  Bectoren  der  letzteren,  einzuholen  ist,  die  Anstellung, 
Beförderung  oder  Bestätigung  aller  übrigen  Lehrer  an  den  Schulen  der  ge- 
nannten Kategorien  aber  den  betreff.  ProyinzialbehOrden  überlassen  wird.  In 
Bezug  auf  die  Directorstellen  an  den  Gymnasien  und  Bealschnlen,  sowie  in 
Bezug  auf  die  Director-  und  Lehrerstellen  an  den  Schullehrerseminarien  yer- 
bleibt  es  bei  der  Verordnung  y.  9.  Dcb.  1B43.  Wilhelm. 

Die  dazu  gehörige  Ansfuhrungsyerordnung  des  Ministers  etc.  y.  2.  Jan* 
1863  (s.  in  Abteilung  11  dieses  Buchs)  enthält  u.  a.  die  Bestimmungen: 

„üeber  die  Anstellung  der  Beligionslehrer  ist  nach  yorg^ngigem 
Benehmen  mit  den  betreff,  geistl.  Behörden  jedesmal  (an  den  Minister)  zu 
berichten. 

Einer  Berichterstattung  bedarf  es  nicht  nur  bei  Gründung  neuer  Stel- 
len, sondern  auch  in  allen  Fällen,  wo  mit  Anstellungen  oder  Ascensionen 
Etatsyeränderungen  yerbunden  sind;  desgL  wenn  bei  königL  Anstalten  oder 
bei  solchen,  die  einen  Zuschufs  aus  Staatsfonds  beziehen,  durch  die  Pensio- 
nirung  eines  Lehrers  der  Etat  berührt  wird;  ebenso  wenn  die  Bemuneration 
eines  steUyertretenden  Lehrers  sich  nicht  innerhalb  des  Besoldungsetats  der 
Anstalt  hält'' 

Ascensionen  innerhalb  der  Oberlehrerstellen  bedürfen  der  Genehmigung 
des  Ministers.    (Min.Verf.  y.  1.  Febr.  1867). 

Die  CO.  y.  11.  Mai  1863:  In  Meiner,  die  Anstellung  oder  Beförderung 
der  Dir.  und  Lehrer  an  höh.  Unterichtsanstalten  betreff.  Ordbre  y.  10.  Noy.  y.  J. 
ist  bestimmt  worden,  dafs  die  Genehmigung  zur  Anstellung  oder  Bestätigung 
der  Bectoren  und  Oberlehrer  an  den  mit  besonderen  Berechtigungen  yersehenen 
Pro  gymnasien  yon  den  Proy.Schulcoll.  eingeholt  werden  soll.  Es  ist  Meine 
Absicht  gewesen,  die  bezeichneten  Progymnasien,  soweit  sie  nicht  bisher  schon 
in  das  Bessert  der  Proy.Schulcoll.  übergegangen  waren,  in  Gemäfsheit  Jener 
Bestimmung  dem  Bessert  dieser  ProyinziiJbehörden  zuzuweisen,  wie  Ich  zur 
Beseitigung  etwaiger  Zweifel  auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  y.  5.  d.  M. 
hierdurch  ausdrücklich  bestimme.  Wilhelm. 

Dieselbe  Anstellungsordnung  ist  auch  auf  die  neupreufs.  Landes- 
teile übertragen  worden: 

Bescr.  y.   13.  März  1867  an  das  E.  General-GouyernemeDt  zu  Hannoyer: 

„Nachdem  des  Königs  Maj.  durch  A.  Ordre  y.  7.  Jan.  d.  J.  dem  K, 
Staatsministerium  zu  eröffnen  geruht  haben,  dafs  über  die  Anstellung  und  Ent- 
lassung der  nicht  zum  Justiz-Bessort  gehörigen  Giyil-Staatsbeamten  in  den 
durch  die  Gesetze  y.  20.  Sptb.  und  24.  Decb.  y.  J.  der  preufs.  Monarchie  ein- 
yerleibten  Landesteilen  nur  in  denjenigen  Fällen  an  Allerhöchst  Denselben 
berichtet  werden  soll,  in  welchen  dies  nach  den  in  den  älteren  Prorinzen  geltenden 
Vorschriften  geschehen  mufs ;  nachdem  femer  die  den  Dienstzweigen  der  Verwal- 
tung yorgese^ten  Minister  durch  dieselbe  A.  Ordre  ermächtigt  worden  sind,  die 
Zuständigkeit  und  das  Verfahren  der  Behörden  und  der  Beamten  ihrer  Bessorts  be- 
züglich der  Anstellung,  Beurlaubung,  Entlassung  oder  Pensionirung  der  Beamten 
in  den  neupreufs.  Landesteilen  nach  Mafsgabe  der  in   den  älteren  Proyinzen 


14 

geltenden  Bestimmungen  anderweit  angemessen  zn  regeln,  teile  ich  dem  E. 
Gen.Goayemement  in  Bezug  auf  die  Anstellung  der  Dir.  nnd  Lehrer  höherer 
Unterrichtsanstalten  im  Folgenden  diejenigen  Allerh.  Orts  genehmigten  Bestim-  , 
mnngen  mit,  nach  denen  in  den  älteren  Provinzen  gegenwärtig  verfahren  wird: 
1.  Die  Directoren  der  königL  Gymnasien  nnd  Bealscholen  werden  auf 
Antrag  des  Ministers  der  geistl.  etc.  Anglgh.  von  Sr.  MaJ.  dem  Könige  er- 
nannt; die  Dir.  der  Gymnasien  nnd  Bealscholen  nicht  königL  Patronats  wer* 
den  von  Sr.  Majestät  bestätigt.  2.  Die  Bectoren  der  Progymn.  nnd  der 
höh.  Bürgerschulen  werden,  wenn  die  Anstalten  königl.  Patronats  sind,  von 
dem  Minister  der  geisü.  etc.  Anglgh.  ernannt,  wenn  sie  unter  anderem  Patrö- 
nat  stehen,  von  üim  bestätigt  3.  Von  den  ordenti.  Lehrerstellen  an  jeder 
höh.  Schule  werden  die  ersten  als  Oberlehrerstellen  bezeichnet,  und  zwar  in 
dem  Verhältnis,  dafs  bei  7  Stellen  in  der  Begel  die  3  ersten  etatsmäfsige 
Oberlehrerstellen  sind.  Zum  Eintritt  in  dieselben  ist  die  ünterrichtsbefähigung 
ffir  die  oberen  Klassen  erforderlich.  Bei  Schulen  königl.  Patronats  haben  die 
Provinzialbehörden  für  die  Besetzung  der  Oberlehrerstellen,  bei  den  Schulen  nicht 
königl  Patronats  for  die  Bestätigung  der  als  Oberlehrer  präsentirten  Lehrer 
die  Genehmigung  des  Ministers  einzuholen.  Dasselbe  gilt  von  den  Beligions- 
lehrem  der  höh.  Schulen.  4.  Die  Anstellung,  Bestätigung  oder  Beförderung 
aller  übrigen  Lehrer,  sowohl  der  ordenü.  wie  der  Hülfslehrer,  desgleichen  der 
Elementar-  und  techn.  Lehrer  an  den  höh.  Schulen  bleibt  den  betreff.  Provin- 
zialbehörden überlassen.  Dieselben  sind  aber  verpflichtet,  wenn  der  Minister 
sich  in  einzelnen  Fällen  veranlafst  findet,  wegen  der  Anstellung,  Beförderung 
oder  Versetzung  eines  Lehrers  besondere  Anweisung  zu  erteilen,  dieselbe  zu 
befolgen. 

Ich  ersuche  das  K.  Gen.Gouvemement  ergebenst,  das  dortige  OSchul- 
coUegium  mit  Anweisung  dahin  zu  versehen,  dafs  dasselbe  vorstehende  Ordnung 
nunmehr  auch  bei  den  hannövr.  Gymn.,  und  ebenso  bei  den  übrigen  höh.  Schu- 
len des  Landes,  je  nachdem  sie  als  einer  der  vorerwähnten  Kategorien  zuge- 
hörig von  mir  anerkannt  werden,  zur  Anwendung  bringe.  Demgemäfs  ist  mir 
von  jetzt  an  die  Erledigung  jeder  Gymnasial-Directorstelle  alsbald  anzuzeigen, 
und  sind  wegen  Wiederbesetzung  derselben  rechtzeitig  geeignete  und  motivirte 
Vorschläge  behufs  der  Berichterstattung  an  des  Königs  Maj.  bei  mir  einzu- 
reichen. Ebenso  ist  zu  verfahren  hinsichtlich  der  Dir.  anerkannter  Beal- 
schulen,  sowie  der  Bectoren  der  von  mir  anerkannten  Progymnasien  und  höh. 
Büi^gerschulen. 

Was  endlich  die  Oberlehrerstellen  betrifft,  die  unter  dieser  Benennung 
von  den  übrigen  Lehrerstellen  auszuzeichnen  in  den  neupreufb.  Ländern  bisher 
nicht  üblich  gewesen  ist,  so  bestimme  ich,  dafs  bis  auf  weiteres  an  jedem 
Gymnasium  die  3  ersten  Lehrerstellen  als  Oberlehrerstellen  angesehen  und  nach 
der  obigen  Festsetzung  in  §  3  behandelt  werden.  Ob  und  in  welcher  Zahl  an 
den  anderen  höh.  Schulen  Oberlehrerstellen  anzunehmen  sind,  bleibt  späterer 
Entschliel^ung  auf  die  gutachti.  Berichterstattung  der  betreff.  Auftichtsbehörden 
vorbehalten,    von  Mühler." 

Min.Verf.  v.  17.  Apr.  1867:  —  „Der  Berichterstattung  über  die  An- 
stellung von  Beligionslehrem  bedarf  es  nur  in  denjenigen  Fällen,  wo  an  einer 
Schule  eine  besondere  Beligionslehrerstelle  besteht  und  es  sich  um  deren  Be- 
setzung handelt,  oder  wo  ein  Lehrer  überwiegend  und  mit  dem  gröfsten  Teil 
seines  Unterrichts  als  Beligionslehrer  beschäftigt  werden  soll;  dagegen  ist 
die  diesseitige  Grenehmigung  nicht  einzuholen,  wenn  einem  Lehrer  neben  über- 
wiegend anderweitigem  Unterricht  auch  einige  Beligionsstunden  übertragen 
werden.    Der  Minister  etc. 


15 

Die  £.  ProY.Schalcollegien  erstatten  dem  Minister  von  3  zn  3  Jahren 
einen  Yerwaltangsbericht  über  die  höheren  Schulen  ihres  Ressorts,  einen  Bericht 
über  den  Freqnenzstand  derselben  halbjährlich.  Von  allen  wichtigeren  Oircnlar- 
y«:fagangen,  welche  sie  erlassen,  senden  sie  dem  Minister  Abschrift  ein. 

Die  Befugnis  der  Provinzialbehörden,  die  Ansfuhrnng  der  Schnletats 
zu  überwachen,  geht  schon  ans  demjenigen  hervor,  was  oben  (p.  13)  ans  der 
anf  die  Anstellnngen  bezüglichen  Min.Yerfügang  v.  3.  Jan.  1863  angefahrt  ist 
Ebendahin  gehören: 

C.  Verf.  V.  9.  Apr.  1843  an  die  K.  Prov.Schnlcollegien : „1.  Bei 

allen  Gymnasien  nnd  Schtülehrerseminarien,  sie  mögen  einen  Znschnfs  ans  Staats- 
kassen erhalten  oder  nicht,  kann  das  FroY.Sch.C.  über  die  etatsmäfsigen  Fonds 
zu  den  yorgeschriebenen  Zwecken  yerfügen.  2.  Ist  im  Etat  ein  besonderer 
Titel  zn  Unterstützungen  bestimmt,  so  kann  darüber,  sofern  alle  anderen  Aus- 
gaben dnrch  die  etatsmäfsigen  Fonds  gedeckt  sind,  am  Schlafs  des  Jahres  bis 
zum  Betrage  von  50  Thlr.  für  einen  einzelnen  Lehrer  ohne  Oenehmigang  des 
Ministerinms  yerfügt  werden.  [Staatsministerialbeschlafs  y.  10.  Joli  1852: 
Lehrern,  deren  Diensteinkommen  den  Betrag  von  1000  Thlr.  übersteigt,  dürfen 
nur  ansnahmsweise  in  aofsergewöhnl.  Fällen  Unterstützangen  gewährt  werden.] 
3.  Lasofem  bei  Erledigang  einer  Stelle  eine  Stellvertretang  noüiwendig  and  an- 
geordnet ist»  können  die  Kosten  der  Stellvertretang,  aber  keine  Unterstützangen 
ans  dem  vacanten  Gehalt  ohne  vorgängige  Genehmigung  des  Ministeriums  be- 
stritten werden.  4.  Ueber  Ersparnisse  bei  irgend  einem  Ausgabetitel  kann 
zn  anderen  Zwecken  nur  mit  Genehmigung  des  Ministeriums  bestimmt  werden. 
(In  allen  Fällen  ist  die  Genehmigung  der  Aufsichtsbehörde  erforderlich,  wenn 
Anstaltsmittel  zu  anderen  Zwecken  als  zu  denjenigen,  welchen  sie  im  Etat  zu- 
nächst gewidmet  sind,  verwandt  werden  sollen].  5.  Ueber  Mehreinnahmen  an 
Schulgeld  kann  bei  den  Gjmn.,  welche  Zuschüsse  aus  Staatskassen  beziehen, 
nur  mit  Genehmigung  des  Ministeriums,  bei  Gymn.,  welche  keine  solche  Zu- 
schüsse beziehen,  ohne  Grenehmigung  desselben  verfögt  werden.  Sollen  daraus 
Unterstützungen  an  Lehrer  bewiüigt  werden,  so  darf  der  Betrag  derselben  für 
einen  einzelnen  Lehrer  50  Thlr.  nicht  übersteigen ;  sonst  ist  höhere  Genehmigung 
erforderlich.  6.  Die  im  Etat  angenommenen  Gehälter  dürfen  ohne  Genehmigung 
des  Ministeriums  weder  erhöht  noch  vermindert  werden.  7.  Sofern  die  ange- 
stellten Lehrer  das  etatsm.  Einkommen  der  ihnen  übertragenen  Stellen  noch 
nicht  beziehen,  ist  zur  Verwendung  des  ersparten  Gehalts  die  Genehmigung 
des  Ministeriums  nur  dann  erforderlich,  wenn  die  Anstalt  Zuschüsse  aus  der 
Staatskasse  erhält.*^    [Vgl.  die  neueren  Bestimmungen  in  Abt.  II,  Abschn.  VI.) 

Min.Verf.  v.  24.  Dcb.  1867:  „Auf  die  Vorstellung  v.  —  eröffne  ich 
dem  Magistrat^  dafs  die  Kosten,  welche  Demselben  aus  der  Ausübung  des 
Patronakechts  erwachsen,  nicht  dem  dortigen  Gymn.,  sondern  der  Commune 
zur  Last  fallen.  Demnach  mufs  es  in  Betreff  der  Erstattung  der  von  dem  Pa- 
tronatsvertreter  Bürgermeister  N.  aus  der  Gymnasialkasse  gezahlten  Beisekosten 
und  Diäten  [behufs  Aufsuchung  geeigneter  Lehrkräfte]  bei  der  sachgemäfsen 
Entscheidung  des  E.  Prov.Sch.C.  [welches  die  Bückzahlung  an  die  Schulkasse 
angeordnet  hatte]  sein  Bewenden  behalten.''  Vgl.  den  ähnl.  FaU  im  C.BL  1S66 
p.  270,  wo  der  E.  Gompatronats-Gommissarius  eine  derartige  Benutzung  der 
Schulkasse  for  unzulässig  erklärt  hatte. 

Min.Verf.  v.  12.  Mai  1866:  Bei  Anstalten,  welche  aus  Staatsfonds 
nicht  subventionirt  werden,  bedarf  es  zur  Gründung  neuer  Lehrerstellen  und 
zu  Gehaltsverbesserungen  der  ministeriellen  Genehmigung  nicht;  es  ist  darüber  j 

nur,  sofern  das  Eine  oder  das  Andere  mit  Gutheifsung  des  E.  Prov.Sch.C.  erfolgt  '^ 

ist)  Anzeige  an  den  Minister  zu  erstatten. 


16 

Bedürfniszüschüsse  sind  alle  aus  Staatsfonds  zur  Unterstützung 
höherer  ünterrichtsanstalten  hewilligten  Zuschüsse,  so  weit  sie  nicht  aof  Grund 
rechtlicher  Verpflichtung  geleistet  werden.    (GB  1876  S.  32.) 

Geschäfts-  und  rechnungsmäfsige  Behandlung  der  Bedürf- 
niszuschüsse. CircYerf  y.  9.  Aug.  1879  an  die  K.  ProY.Sch.CC.  , Jn  den 
Staatshaushalts-Etat  pro  1.  April  1879/80  ist  ad  Kap.  124  Tit.  2.,  3.  u.  4.  he- 
züglich  der  Zuschüsse  für  die  Gymnasien,  Progymnasien,  Beal-  u.  höheren  Bürger- 
schulen folgender  Vermerk  aufgenommen  worden: 

„Die  einzelneu  Zuschüsse  können  während  der  Dauer  der  Bewillungsperiode 
„ohne  Bücksicht  auf  den  jedesmaligen  Jahresbedarf  voll  an  die  Anstalts- 
„kasse  gezahlt  werden.** 
Bei  der  Ausführung   dieses  Vermerks  ist  nach   folgenden  Grundsätzen 
zu  verfahren: 

I.  Von  der  Ermächtigung  ist  Gebrauch  zu  machen  in  Beziehung  auf  alle 
Anstalten,  für  welche  und  insoweit  ein  staatlicher  Bedürfhiszuschufs  in  die 
laufenden  Anstalts-Etats  eingestellt  ist,  also  auch  auf  die  vom  Staat  allein  zu 
unterhaltenden  Anstalten. 

II.  Die  Zahlung  des  Staatszuschusses  an  die  nicht  ausschliefslich  vom 
Staate  zu  unterhaltenden  Anstalten  geschieht  unter  der  Voraussetzung,  dafs 
a.  die  etwaigen  besonderen  Bewilligungs-Bedingungen  seitens  der  Anstalt  bezw. 
der  zur  Unterhaltung  der  letzteren  Verpflichteten,  eingehalten  werden;  b.  von 
den  Unterhaltungspflichtigen  mindestens  die  etatsmäfsigen  Zuschüsse  zum  vollen 
Betrage  in  die  Anstaltskasse  eingezahlt  werden  und  derselben  verbleiben, 
c.  für  die  Anstalt  ein  besonderer  Eiät  nach  den  für  die  Staatsanstalten  gelten- 
den Normen  aufgestellt,  eine  Abschrift  des  Etats  spätestens  3  Monate  vor  Be- 
ginn der  Etatsperiode,  u.  der  Jahresrechnungen  spätestens  3  Monate  nach  dem 
Finalabschlufs,  auf  Erfordern  auch  die  Beläge  dazu,  der  Au&ichtsbehörde  vor- 
gelegt werden;  d.  nach  den  Festsetzungen  der  letzteren  an  der  betr.  Anstalt 
die  erforderliche  Anzahl  hinreichend  befähigter  und  besoldeter  Lehrer  gehalten, 
die  Schullocale,  Lehrmittel  u.  gesundheitlichen  Einrichtungen  beschafft  werden. 

m.  Der  Zuschufs  kann  zurückgezogen  werden,  wenn  diesen  Voraus- 
setzungen nicht  binnen  einer  von  der  Aufsichtsbehörde  zu  bestimmenden  Frist 
genügt  wird. 

IV.  Nach  Ablauf  der  Bewilligungsperiode  werden  die  Verhältnisse  der 
Anstalt  und  der  Unterhaltungspflichtigen  von  neuem  geprüft  und  nach  dem  Re- 
sultat dieser  Prüfung  die  künftig  zu  gewährenden  Staatszuschüsse  und  die 
etwaigen  besonderen  Bewilligungs-Bedingungen  von  der  Staatsbehörde  ander- 
weitig festgesetzt. 

V.  Für  die  Bewilligung  der  Zuschüsse  kommt  neben  der  allgemeinen  Leistungs- 
fähigkeit der  Unterhaltungspflichtigen  insbesondere  das  Verhältnis  in  Betracht, 
in  welchem  die  Aufwendungen  derselben  für  Schulen  zu  ihren  sonstigen  Aus- 
gaben stehen. 

Ueber  die  hiemach  eintretende  anderweite  geschäfts-  und  rechnungsmäfsige 
Behandlung  der  staatlichen  Bedürfniszuschüsse  far  Gymn.,  Progymn.,  Beal-  und 
höh.  Bürgerschulen  eröffne  ich  dem  K.  Prov.Sch.G.  im  Einverständnis  mit  dem 
Herrn  Finanzminister  das  Nachstehende: 

A.  bezüglich  aller  beteiligten  Anstalten. 

1.  Die  gegenwärtig  zahlbaren  staatlichen  Bedürfniszüschüsse  werden  im 
Anschlufs  an  den  jetzt  geltenden  Etats-Turnus,  nämlich  a.  in  den  Provinzen 
Hannover,  Westfalen  und  Bheinprovinz,  sowie  in  den  HohenzoUemschen  Landen 
bis  Ende  März  1880,  b.  in  WestpreuTsen,  Pommern,  Sachsen  und  Schleswig- 
Holstein  bis  Ende  März  1881,  c.  in  Ostpreufsen,  Brandenburg,  Schlesien  und 
Hessen-Nassau  bis  Ende  März  1882      unverkürzt  weiter  gezahlt,  soweit  sie  nicht 


17 

etwa  im  Etat  als  künftig  wegfallend  bezeichnet,  bezw.  wie  bei  den  Gehältern 
der  Directoren  a.  Elementarlehrer  an  Staatsanstalten,  mit  Rücksicht  auf  andere 
Stellen  gleicher  Art  in  einem  grOfseren  Verwaltongsbezirke  normirt  sind,  in 
welchem  Falle  selbstverständlich  die  betr.  Festsetzungen  mafsgebend  bleiben  und 
die  Zuschüsse  eingezogen  werden  können. 

2.  Künftig  wird  die  Bewilligiingsperiode  für  die  staatlichen  Bedürfnis- 
zQschüBse  der  Gymn.  etc.  in  der  Begel  überall  sechs  hintereinander  folgende 
Beehnungsjahre  umfassen. 

3.  Die  bisherige  Vorschrift,  wonach  die  staatlichen  Bedürfniszuschüsse 
nur  soweit  erhoben  werden  durften,  als  zur  Deckung  der  Ausgaben  der  resp. 
Anstalten,  deren  übrige  Einnahmen  unzureichend  waren,  nicht  verwendete,  resp. 
nicht  zur  Deckung  von  Ausgaberesten  zu  reservirende  Bestände  aber  am  Jahres- 
Bedmungsschlufs  auf  die  erhobenen  staatlichen  Bedürfhiszuschüsse  als  überhoben 
an  die  Begierung8-(Bezirks-)Haupt-Easse  zurückgeliefert  werden  muTsten,  C^), 
wird  von  dem  1.  April  er.  ab  aufser  Kraft  gesetzt.  Diese  Bestimmung  findet 
auch  Anwendung  auf  die  aus  dem  Hannoverschen  Klosterfonds  und  anderen 
mittelbaren  Staatsfonds  bewilligten  Bedürfaiszuschüsse. 

4.  Vom  Beginn  des  laufenden  Bechnungsjahres  ab  verbleiben  mit  der 
unter  Nummer  1  erwähnten  Mafsgabe  unverwendete  Mittel,  insbesondere  auch 
disponible  Bestände  den  Anstaltskassen,  sind  in  die  folgenden  Bechnungen 
derselben  zu  übertragen  und  insoweit  sie  nicht  zu  den  laufenden,  sowie  zu 
Mehrausgaben  der  folgenden  Jahre  verwendet  werden,  unter  Berücksichtigung 
des  §  39  der  Vormundschaftsordnung  zinsbar  zu  belegen.  Die  diesföUigen 
Wertiipapiere  etc.  sind  in  der  Rechnung  u.  im  Finalabschlusse  unter  einem  be- 
sonderen Titel  mit  der  Bezeichnung:  „Kapitalien,  welche  aus  Ersparnissen  der 
laufenden  Verwaltung  herrühren"  naclmiweisen. 

ö.  Das  in  der  C.Verf.  vom  2.  Fbr.  1874  (FJtf.  I.  1680  u.  M.  d.  g.  A. 
U.  n.  3533  zur  Justificirung  der  Bechnungen  der  Begierungs-  u.  Bezirks-Haupt- 
Kassen  von  der  geisü.  und  Unterrichtsverwaltung  vorgeschriebene  Attest  ist 
fortan  wie  folgt  zu  fassen :  „Dafs  in  der  Rechnung  des  Gymnasiums  (Progymn. 
etc.)  zu  N.  pro  1.  April  18 . .  an  Bedürfniszuschufs  ....  Mark  .  .  Pf.,  ge- 
schrieben etc.  in  Einnahme  gestellt,  sowie  dafs  die  an  die  Bewilligung  desselben 
geknüpften  Bedingungen  erföllt  worden  sind,  bescheinigt: " 

B.  Bezüglich  der  vom  Staate,  und  der  vom  Staate  u.  Anderen  gemein- 
schaftlich zu  unterhaltenden  Anstalten,  Cap.  124  Tii  2  u.  3,  —  unter  Voraus- 
setzung des  Einverständnisses  der  beteiligten  Patronate  — : 

1.  Die  Etats  werden,  statt  auf  3,  fortan  auf  6  Jahre  ausgefertigt  For- 
mulare, sowie  Zahl  und  Bezeichung  der  Einnahme-  u.  Ausgabe-Titel  bleiben 
unverändert. 

2.  Mehreinnahmen  u.  Ausgabeerspamisse,  einschliefslich  der  Ersparnisse 
an  den  Ausgabetiteln  zu  Besoldungen  imd  zu  anderen  persönlichen  Ausgaben, 
jedoch  ausschliefslich  der  grundsälzlich  als  Ausgabereste  in  die  nächste  Rech- 
nung übergehenden  Ersparnisse  der  von  der  gegenseitigen  Uebertragbarkeit  mit 
anderen  Titeln  ausgeschlossenen  Ausgabetitel,  insbes.  des  Baufonds,  treten  mit 
der  unter  A.  1  erwähnten  Modification  fortan  dem  Titel  ,Jnsgemein"  der  Aus- 
gabe zu,  aus  welchem  die  Einnahmeausfälle,  sowie  die  Mehrausgaben  der 
übrigen  Ausgabetitel  zu  decken  sind.  Die  Etats  sind  demgemäfs  ad.  Tit.  „Ins- 
gemein*' der  Ausgabe  mit  einem  diesem  veränderten  Verhältnis  entsprechenden 
Vermerk  zu  versehen. 

3.  Im  üebrigen  erfolgt  die  Aufteilung  der  Entwürfe  zu  neuen  Etats, 
zu  deren  Einreichung  das  K.  Prov.Sch.C,  wie  bisher,  so  auch  künftig,  recht- 
zeitig von  mir  Anweisung  erhält,  auch  fernerhin  nach  den  bestehenden,  allge- 

Wi  •  ■  •,  VeroTdniing«!!.  2 


18 

meinen  Grundsätzen  n.  Vorschriften.  4.  Ebenso  ist,  soweit  vorstehend,  nicht 
etwas  Anderes  vorgeschrieben  worden,  die  Verwaltung  der  Anstalten  nach  den 
bisherigen  Grundsätzen  n.  Vorschriften  fortzuführen.  5.  Auch  bezüglich  der 
Revision  nnd  Dechargimng  der  Anstaltsrechnnngen  verbleibt  es  bei  den  be- 
stehenden Bestimmungen.  6.  Nicht  minder  sind  die  Finalabschlüsse  der  An- 
stalten mir  auch  künftig  einzureichen. 

C.  Bezüglich  der  von  Anderen  zu  unterhaltenden,  aber  vom  Staate  zu 
unterstützenden  Anstalten,  Cap.  124  Tit.  4: 

1.  Der  bisher  mafsgebend  gewesene  Grundsatz,  dafs  bei  diesen  Anstalten 
der  Staat  nur  aushülfsweise  soweit  hinzutritt,  als  die  eigenen  Hülfsquellen  der 
Anstalten  u.  die  finanziellen  Kräfte  der  zur  Unterhaltung  derselben  Verpflichteten 
zur  Bestreitung  der  nothwendigen  Ausgaben  der  Anseilten  unzureichend  sind, 
bleibt  an  sich  nach  den  Eingangs  angeföhrten  neuen  allgemeinen  Bestimmungen 
ad  4  u.  5  fortdauernd  in  Geltung. 

2.  Die  hiemach  vor  Fortbewilligung  der  bisherigen,  resp.  vor  Fortbewilligung 
erhöhter  oder  ermäfsigter  Bedürfniszuschüsse  von  der  Staatsbehörde  vorzunehmende 
Prüfung  hat  zur  selbstverständlichen  Voraussetzung,  dafs  die  Anträge  der  Ver- 
pflichteten durch  einen  Entwurf  zu  dem  neuen  Etat  der  betr.  Anstalt  be- 
gründet werden. 

3.  Die  hiemach  auch  fernerhin  rechtzeitig  vor  Ablauf  der  Bewilligungs- 
periode bezw.  bei  nothwendig  werdender  Erhöhung  des  Staatszuschusses  erheb- 
lich vor  Ablauf  der  AnmeldungsMst  für  die  Mehrforderangen  zum  Staatshaushalts- 
etat des  nächsten  Jahres  von  den  Verpflichteten  einzufordernden  Entwürfe  zu  neuen 
Etats  sind  von  dem  E.  Frov.Sch.C.  fortan  nicht  mehr  formell  zu  revidiren, 
sondem  bei  der  Einreichung  an  mich  nur  hinsichtl.  der  Bichtigkeit  und  Voll- 
ständigkeit, resp.  Angemessenheit  der  Ansätze  u.  Abänderungen  gegen  den 
vorigen  Etat  nach  Anleitung  der  C.Verf.  v.  10.  Mai  1872  (U.  15132,  2.  Ang.) 
eingehend  zu  begutachten.  Hierbei  ist  zugleich  anzugeben  und  zu  motiviren, 
ob  und  welche  besonderen  Bewilligungsbedingungen  für  die  Gewährang  des 
Staatszuschusses  etwa  zu  stellen  sind. 

4.  Den  Berichten  über  die  neuen  Etatsentwürfe  u.  über  die  für  die  neue 
Bewilligungsperiode  erforderlichen  staatlichen  Bedürfniszuschüsse  sind  die 
Aeufserungen  der  betr.  Egl.  Begierungen  (Landdrosteien)  über  die  Leistungs- 
fähigkeit der  Verpflichteten,  wie  bisher  auch  künftig,  beizufügen. 

5.  Nachdem  hiemächst  über  die  Höhe  des  für  die  neue  Bewilligungs- 
periode der  einzelnen  Anstalten  zu  gewährenden  staatlichen  Bedürfniszuschusses 
von  dem  Herrn  Finanzminister  und  mir  Beschlufs  gefafst  worden,  erhält  das 
E.  Frov.Sch.C.  mit  entsprechendem  Bescheide  den  Etatsentwurf  zurück,  um  seiner- 
seits die  Verpflichteten  davon  in  Eenntnis  zu  setzen,  dafs  für  die  Anstalt  unter 
Ausschlufs  einer  diesbezüglichen  privatrechtlichen  Verpflichtung  der  Staatskasse 
u.  unter  Vorbehalt  der  später  noch  mitzuteilenden  Bewilligungsbedingungen 
ein  Zuschufs  in  der  festgesetzten  Höhe  bewilligt  werden  solle,  und  dieselben  zu 
veranlassen,  unter  Beachtung  der  etwa  im  Schulaufsichts-Interesse  für  nöthig 
erachteten  Aenderangen  des  Entwurfs  nunmehr  nach  den  für  die  Staatsanstalten 
geltenden  Normen  den  eigentlichen  Etat  aufzustellen  bezw.  mit  dem  E.  Frov.- 
Sch.C. zu  vereinbaren  u.  in  Abschrift  demselben  einzureichen. 

6.  Das  E.  Frov.Sch.C.  legt  diese  Etatsabschrift  mir  vor,  worauf  ich, 
wenn  Anstände  nicht  weiter  obwalten,  den  neuen  Zuschufs  zahlbar  mache  und 
dem  E.  Frov.Sch.C.  überlasse,  die  Verpflichteten  hiervon,  sowie  von  den  Be- 
willigungsbedingungen  in  Eenntnis  zu  setzen,  auch  die  Genehmigung  des  neuen 
Etats  auszusprechen.  Eine  Vollziehung  des  Anstaltsetats  in  der  Centralinstanz 
oder  seitens  des  E.  Frov.Sch.C.  findet  nicht  statt.  In  dem  Eassenetfit  der 
Eubventionirten  Anstalt,  wie  in  dem  der  betr.  Frovinzialunterrichtsverwaltung 


19 

ist  za  yermerken,  unter  welchen  speciellen  Bedingungen  der  Staatsznschoik  be- 
willigt und  eyenÜ.  zur  Staatskasse  zurückzuziehen  ist 

7.  Die  Verwaltung  n.  Verwendung  der  etatsmäfsigen  Mittel  der  Anstalten 
wird  in  der  bisherigen  Weise  von  dem  E.  ProY.Sch.C.  künftig  nicht  mehr  con- 
trolirt.  Die  Verwaltung  der  Anstaltskasse  darf  selbstverständlich  nicht  im 
Widerspruch  mit  den  Festsetzungen  des  Etats  u.  den  derselben  zu  Grunde  liegen- 
den Absichten  geschehen*  Die  Verfugungen  derPatronate  dürfen  also  nur  zur 
Ergänzung  der  Festsetzungen  des  Etats  nach  den  jeweiligen  Bedürfnissen  der 
laufenden  Verwaltung  dienen.  8.  Die  Rechte  und  Pflichten  des  Staats  u.  der 
Unterrichtsverwaltung  als  Schulaufsichtsbehörde  bleiben  unberührt. 

9.  Die  Bechnungen  der  Anstaltskassen  werden  von  dem  E.  Prov.Sch.C. 
fortan  nicht  mehr  reyidirt  und  dechargirt,  vielmehr  demselben  nur  noch  zur 
Eenntnisnahme  vorgelegt.  Da  diese  Eenntnisnahme  den  Zweck  hat,  die  Er- 
füllung der  an  die  Bewilligung  der  staatlichen  Bedürfoiszuschüsse  geknüpften 
Bedingungen  u.  Voraussetzungen  zu  prüfen,  so  wird  stets  auch  die  Einforderung 
u.  Durchsicht  der  Rechnungsbeläge  erfolgen  müssen.  Bei  der  Prüfung  selbst 
ist  davon  auszugehen,  dafs  eine  Einmischung  in  die  Details  der  den  Verpflichteten 
überlassenen  Verwaltung  der  Anstaltsmittel,  soweit  sie  nicht  im  Widerspruche 
mit  den  oben  angegebenen  Grundsätzen  geschieht,  fortan  ausgeschlossen  ist 
Nach  bewirkter  Prüfung  der  l^chnungen  und  Rechnungsbeläge  hat  das  E.  Prov.- 
Sch.C. zu  erwägen:  a.  ob  die  an  die  Bewilligung  der  staatliehen  Bedürfhis- 
zuschüsse  geknüpften  Bedingungen  erfüllt  worden  sind,  oder  b.  ob  u.  welche 
Verstöfse  gegen  die  allgemeinen  Vorschriften  u.  Grundsätze  des  Etats-,  Eassen- 
u.  Rechnungswesens,  sowie  gegen  die  oben  zu  7  u.  8  angegebenen  Grundsätze 
etwa  vorgekommen  sind.  In  dem  Falle  ad  b.  erwarte  ich  unter  Vorlegung  der 
Rechnungen  u.  Rechnungsbeläge  Bericht.  In  dem  Falle  ad  a.  ist  das  Resultat 
der  Durchsicht  u.  Prüfung  der  Rechnungen  u.  Rechnungsbeläge  zu  den  Acten 
des  E.  Prov.Sch.C.  kurz  zu  registriren.  Die  Abschriften  der  Rechnungen  werden 
von  dem  E.  Prov.Sch.C.  bei  den  dortigen  Acten  zurückbehalten.  In  den  Be- 
richten, mit  welchen  Fortbewilligung  staatlicher  Bedürfhiszuschüsse  beantragt 
wird,  ist  künftig  ausdrücklich  anzuführen,  welche  Ergebnisse  in  der  angedeuteten 
Hinsicht  während  der  abgelaufenen  Bewilligungsperiode  die  Durchsicht  u.  Prüfung 
der  Rechnung  u.  Rechnungsbeläge  geliefert  hat 

10.  Finalabschlüsse  der  Anstaltskassen  sind  fortan  nicht  mehr  einzu- 
fordern, resp.  hierher  nicht  mehr  einzureichen.  Dagegen  sind  aus  den  Rech- 
nungen Abschriften  der  Recapitulation  der  Einnahme  u.  Ausgabe  und  des 
Rechnungsschlusses  zu  fertigen  u.  gleich  den  Finalabschlüssen  der  staatlichen 
Anstalten  (oben  B.  6)  mir  vorzulegen.  — 

Vorstehende  Anordnungen  finden  mit  den  aus  der  Natur  der  Sache  sich 
ergebenden  Modificationen  auch  auf  die  vom  Staate  subventionirten  Anstalten 
privaten  Patronats  Anwendung  u.  sind,  soweit  dies  noch  thunlich  ist,  schon  für 
die  Neufertigung  des  Etats  pro  1.  April  1880/86  zu  beachten**'  Der  Min.  d. 
geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr.  Sydow. 

CircVerf.  17.  Juli  1880.  An  die  E.  Prov.Sch.CC.  „Zur  Beseitigung 
einiger  bei  der  Anwendung  der  C.Verf.  vom  9.  Aug.  v.  J.  hervorgetretenen  Zweifel 
bemerke  ich  Folgendes: 

L  Etatsvermerke,  welche  die  üebertragung  unverwendet  gebliebener  Mittel 
in  die  folgenden  Jahre  gestatten,  haben  den  Zweck,  Ersparnisse  der  Vergangen- 
heit für  Mehr-  und  neue  Bedürfaisse  der  Zukunft  unmittelbar  bereit  zu  halten. 
Diesen  Sinn  hat  auch  der  zum  Staatshaushaltsetat  pro  1879/80  ad  Cap.  124 
Tit  2 — 4  aufgenommene  u.  der  demgemäfs  nach  Anleitung  der  C.Verf.  vom 
9.  Ang.  V.  J.  ad  B.  2  (C.  5)  aufeunehmende  Vermerk  zu  Titel  „Insgemein** 
sämtlicher  Anstaltsetats,  welcher  bezweckt,  eine  umsichtige  u.  sparsame  Verwaltung 

2* 


20 

der  den  Anstalten  zu  Gebote  stehenden  Mittel  durch  thnnlichste  Beschränkung 
der  laufenden  Ausgaben  herbeizufuhren'  und  dadurch  die  Möglichkeit  zur  Be- 
friedigung hervortretender  Bedürfnisse  der  Anstalten  aus  den  eigenen  Mitteln 
derselben  zu  gewähren.  Hiemach  sind  für  Mehr-  und  neue  Bedürfnisse  nicht 
allein  die  baar  in  der  Anstaltskasse  befindlichen,  sondern  auch  die  etwa  kapi- 
talisirten  Ersparnisse  zu  verwenden.  Dies  folgt  auch  daraus,  dafs  aufserordent- 
liche  Zuschüsse  der  Staatskasse,  resp.  der  zur  Unterhaltung  der  Anstalten  ver- 
pflichteten Communen  etc.,  grundsätzlich  nur  insofern  u.  nur  soweit  in  Anspruch 
zu  nehmen  sind,  als  die  Anstalten  nicht  selbst  die  nöthigen  Mittel  besitzen. 

Da  nach  B.  4  der  C.Verf.  vom  9.  Aug.  v.  J.  bei  den  staatlichen  An- 
stalten die  Verwaltung  nach  den  bisherigen  Grundsätzen  u.  Vorschriften  fort- 
zufuhren ist,  so  bedarf  es  bei  denselben  zur  Verwendung  von  Kapitalien,  auch 
wenn  solche  aus  Ersparnissen  herrühren,  stets  meiner  Genehmigung.  Bei  den 
städtischen  etc.  Ansäten  dagegen  ist  nach  C.  7  u.  9  der  allegirten  C.Verf. 
zur  Verwendung  der  baar  vorhandenen  oder  kapitalisirten  Ersparnisse  für  Mehr- 
u.  neue  Bedürfnisse  eine  Genehmigung  der  Aufsichtsbehörde  nicht  mehr  erforder- 
lich, vorausgesetzt,  dafs  es  sich  um  Befriedigung  wirklicher  Bedürfhisse  der 
Anstalt  handelt.  Dagegen  ist  zur  Bestreitung  von  im  Schulinteresse  nicht 
durchaus  gebotenen  Ausgaben  mit  Bücksicht  auf  C.  Nr.  8  der  gedachten  C.Verf. 
noch  vor  der  Eingehung  von  Verpflichtungen  Privaia^ersonen  gegenüber,  bezw.  vor 
Leistung  der  Ausgaben  meine  Genehmigung  einzuholen.  Das  E.  Prov.Sch.  0. 
hat  <)aher  bei  Durchsicht  der  Jahresrechnungen  zu  prüfen,  ob  eventl.  dergleichen 
Verwendungen  von  Ersparnissen  in  den  Grenzen  der  etatsmäfsigen  Zweck- 
bestimmung der  Mittel  gehalten  sind. 

n.  Es  ist  wiederholt  vorgekommen,  dafs  die  städtischen  Vertretungen 
geglaubt  haben,  die  von  der  Staatsbehörde  in  Gemäfsheit  ad  G.  5  der  C.Verf. 
geprüften  Etatsentwürfe  festsetzen  und  den  in  Aussicht  genommenen  Staatszu- 
schufs  einstellen  zu  können,  ohne  die  staatsseitig  für  erforderlich  erachteten 
Abänderungen  und  Ergänzungen  aufzunehmen.  Es  bedarf  keines  Hinweises, 
dafs  dieses  Verfahren  durchaus  unzulässig  ist.  Betreffen  die  qu.  Abänderungen  etc. 
das  Schulaufsichtsinteresse,  so  hat  das  E.  Prov.Sch.C.  unter  Hinweis  auf  C.  Nr.  8 
der  C.Verf.  von  Aufsichtswegen  die  erforderliche  Ergänzung  zu  erwirken  resp. 
die  betreff.  Etatsposition  fes^usetzen ;  handelt  es  sich  dabei  nur  um  das  finan- 
zielle Interesse  des  Staates,  so  sind  die  städtischen  Behörden  darauf  aufmerk- 
sam zu  machen,  dafs  die  Bewilligung  des  Staatszuschusses  nicht  auf  Grund 
einer  bestehenden  Verpflichtung  geschieht  und  die  bezügl.  Zusage  hinfällig 
wird,  wenn  die  Voraussetzungen,  unter  wAchen  die  Zusage  erfolgt  ist,  nicht 
erfüllt  werden.  Ueber  die  Weglassung  oder  Modification  der  staatsseitig  für 
erforderlich  erachteten  Ergänzungen  des  Etatsentwurfes,  resp.  über  die  nach- 
trägliche Aenderung  der  Ansätze  in  letzterem  haben  daher  stets  weitere  Ver- 
handlungen und  Vereinbarungen  mit  dem  Prov.Sch.C.  stattzufinden,  wie  ans 
den  Schlufsworten  der  Bestimmung  ad  C.  5  der  C.Verf.  hervorgeht 

III.  Aus  dem  daselbst  ausdrücklich  gewahrten  Oberau&ichtsinteresse 
des  Staates  und  der  Bestimmung  ad  B.  9  der  Allerh.  CO.  vom  31.  Dec.  1825 
—  GS.  1826  S.  5  —  und  §  18  d,  19  der  Begierungs-Instruction  vom  23.  Oci 
1817  —  GS.  S.  248  —  folgt  ferner  das  Controlrecht  des  Staates  über  das 
Vorhandensein  und  die  gehörige  Unterbringung  des  den  höh.  Lehranstalten  ge- 
hörigen Vermögens.  Die  Prov.Sch.CC.  haben  daher  nach  wie  vor  die  Befugnis, 
aufserordentliche  Bevisionen  der  Anstaltskassen  vorzunehmen.  Diese  Bevisionen 
sind  jedenfalls  bei  den  staatlichen  und  stifxischen  Anstalten  auszufahren,  zu 
welchem  Zwecke  in  den  jährl.  aufzustellenden  Beiseplänen  die  erforderlichen 
Mittel  anzusetzen  sind.  Hinsichtlich  der  städtischen  Lehranstalten  wird  von 
dieser  Befugnis  nur  ausnahmsweise  Gebrauch  zu  machen  und  der  Begel  nach 


21 

von  der  Beibringung  eines  Nachweises,  dafs  eine  anfserordentliche  Bevision 
der  Kasse  stattgefonden  and  zn  keinen  Erinnerungen  Anlafs  gegeben  hat,  ab- 
zusehen sein,  ümsomehr  ist  die  durch  C.  9  der  C.Verf.  vom  9.  Aug.  v.  J. 
angeordnete  Prüfung  der  Anstaltsrechnungen  bes.  darauf  zu  richten,  ob  die 
Anstaltskapitalien  vorhanden  und  gehörig  angelegt  sind,  üeber  die  in  dieser 
Beziehung  etwa  bemerkten,  unter  die  Vorschrift  C.  9  b  daselbst  fallenden 
Verstöfse  ist  mir  zu  berichten."  Der  Minist,  der  geistl.  etc.  Anglgh.  In  Ver- 
tret  von  Gofsler. 

Min. Verf.  30.  Nov.  1880.  JDem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  v.  —,  betr.  den  Etat  der  höh.  Bürgerschule  zu  N.,  dafs  es  einer  Ge- 
nehmigung der  Etats  der  vom  Staate  nicht  subventionirten  städtischen  höh. 
Lehranstalten  durch  das  K.  Prov.Sch.C.  nicht  bedarf ...  Zur  Wahrung  des 
staatlichen  AufsichtsrecHtes  genügt  es,  wenn  der  von  den  städtischen  Behörden 
festgestellte  Etat  vor  Eintritt  der  Gültigkeitsdauer  desselben  dem  E.  Prov.Sch.C. 
zur  Kenntnisnahme  mitgeteilt  u.  von  demselben  nach  erfolgter  eingehender 
Prüfung  hinsichtl.  der  im  Aufsichtsinteresse  zu  stellenden  Anforderungen  still- 
schweigend oder  ausdrücklich  als  zu  keinen  Erinnerungen  Anlafs  gebend  an- 
erkannt wird;  sind  Anstände  vorhanden,  so  hat  das  K.  Prov.Sch.C.  die  Be- 
seitigung derselben  im  Aufsichtswege  zu  erwirken,  wodurch  jedoch  die  formelle 
Gültigkeit  des  Etats  nicht  in  Frage  gestellt  wird.  Hieraus  ergiebt  sich,  dafs 
eine  einseitige  Abänderung  des  Etats  durch  das  K.  Prov.Sch.C.  nicht  zulässig 
ist^  sondern  erforderlichenfalls,  wie  auch  hinsichtl.  der  vom  Staate  subventionirten 
städtischen  Anstalten  in  der  C.Verf.  vom  9.  Aug.  v.  J.  ad  C.  Nr.  5  vorgeschrieben 
ist,  Verhandlungen  mit  den  städtischen  Behörden  zu  pflegen  sind;  ebenso  ist 
für  die  Wahl  des  Schuldieners,  die  Feststellung  der  Dienstinstruction  für  den- 
selben die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  nicht  erforderlich,  vielmehr  ist  auch 
hierbei  nur  darauf  zu  achten,  dafs  die  ergangenen  allgemeinen  Bestimmungen 
beobachtet  und  das  sonstige  Aufsichtsrecht  nicht  verletzt  werden  .  .  .  ."  Der  Min. 
d.  geistl.  Ang.    von  Puttkamer 

Min.Verf.  28.  Febr.  1881.  „Auf  den  Bericht  etc.  betr.  die  Erinnerungen 
gegen  die  Bcchnungen  der  städt.  Realschule  etc.  erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C. 
nach  Benehmen  mit  dem  Herrn  Finanzminister,  dafs,  da  die  unverkürzte  Aus- 
zahlung der  den  höh.  Unterrichtsanstalten  periodisch  bewilligten  staatlichen 
Bedürfiaiszuschüsso  nach  Mafsgabe  der  Erläuterungen  (sub  2  b.)  zu  dem  Ver- 
merk bei  Cap.  124  T.  2,  3  u.  4  des  Staatshaushaltsetats  pro  1.  Apr.  1879/80 
ausdrücklich  an  die  Voraussetzung  geknüpft  worden  ist,  dafs  von  den  tJnterhaltungs- 
pflichtigen  mindestens  die  etatsmäfsigen  Zuschüsse  zum  vollen  Betrage  in  die 
Anstaltskasse  eingezahlt  werden  u.  derselben  verbleiben,  von  der  Anordnung, 
wonach  die  Stadt  N.  die  im  Bechnungs jähre  1879/80  von  den  etatsmäfsigen 
städtischen  Zuschüssen  zu  wenig  an  die  dortige  Bealschule  gezahlten  .  .  Mark 
noch  nachträglich  an  die  Kasse  der  gen.  Anstalt  abzuführen  hat,  nicht  ab- 
gesehen werden  kann.*' 

CircVerf.  8.  Jan.  1884  an  die  K.  Prov.Sch.CC.  „Grundsätzlich  sind 
bei  denjenigen  Anstalten,  welche  ihre  Bedürfniszuschüsse  teils  aus  Provinzial- 
fonds,  teils  aus  allgemeinen  Staatsfonds  erhalten,  die  Ersparnisse  ungeteilt 
u.  im  vollen  Betrage  bis  auf  Höhe  des  aus  allgemeinen  Staatsfonds  bezogenen 
Zuschusses  an  die  letzteren  zurückzuliefem,  vorausgesetzt,  dafs  nicht,  wie  z.  B. 
bei  den  Gymnasien  etc.  die  Bücklieferung  von  Ersparnissen  durch  besondere 
Bestimmungen  ausgeschlossen  ist.  Dem  K.  Prov.Sch.C.  bringe  ich  die  Beachtung 
dieses  Grundsatzes  auch  bezüglich  derjenigen  Anstalten  des  diesseitigen  Bessorts 
in  Erinnerung,  bei  welchen  demselben  die  regelmäßige  Bevision  n.  Dechargirung 
der  Bechnungen  für  jetzt  noch  überlassen  ist." 


22 

DieK.wissenscliaftliclien  Prüflingscommissionen,  deren  je  eine 
sich  in  jeder  üniyersitätstadt  befindet,  sind  die  Prüfongsbehörden  für  die  Candi- 
daten  des  höheren  Schalamts  [s.  Abt.  11  dieses  Buchs].  Anfserdem  liegt  ihnen 
die  Snperrevision  der  Abitnrienten-Prüfnngsyerbandlangen  ans  den  be^ff.  Pro- 
Tinzen  ob.  Die  K.  wiss.  Prüfnngscommission  zu  Breslan  fongirt  für  die  Pro- 
vinzen Schlesien  nnd  Posen.  Der  Director  jeder  Commmission  erstattet  über  die 
Thätigkeit  derselben  alljährlich  an  den  Minister  einen  Geschäftsbericht. 


Die  geistliche  Beaufsichtigung  der  höheren  Schulen.  Die- 
selbe wird  bei  den  evangel.  höh.  Schulen  durch  die  K.  General-Superintendenten 
geübt  gemäfs  der  für  sie  bestehenden  Instruction  v.  14.  Mai  1829: 

„1.  Die  General-Superintendenten  sind  Geistliche,  welche  als  Vorgesetzte 
mehrerer  Superintendentursprengel  neben  den  Prov.  Consistorien  und  den  Be- 
gierungsabteilungen für  das  Kirchen-  und  Schulwesen  die  Angelegenheiten  der 
eyang.  Kirchen  ihres  Bezirks  persönlich  zu  beaufsichtigen  und  auf  sie  einzu- 
wirken beftigt  und  verpflichtet  sind.  3.  Sie  bilden  keine  Zwischeninstanz,  son- 
dern sind  den  geistL  Provinzialbehörden  beigeordnet  und  stehen  wie  diese  in 
ihrer  Qualität  als  Gen.Superintendenten  unmittelbar  unter  dem  Ministerium  der 
geistl.  etc.  Anglgh. 

6.  Die  Gegenstände,  auf  welche  sie  ihr  Augenmerk  vorzüglich  zu  richten 
haben,  sind:  —  g.  die  religiöse  und  kirchliche  Tendenz  der  ge- 
lehrten Schulen  und  höheren  Bürger-  (Real-)Schulen. 

10.  In  welcher  Reihenfolge  sie  die  Visitationen,  zu  welchen  sie  keineswegs 
erst  den  besonderen  Auftrag  des  vorgesetzten  Ministeriums  zu  erwarten  haben, 
vornehmen  wollen,  ist  ihnen  freigestellt;  doch  haben  sie  sich  so  einzurichten, 
dafs  der  Gyklus  derselben  in  ihrem  Bezirk  nach  Beschaffenheit  des  Umfangs 
künftig  längstens  in  einem  Zeitraum  von  4  bis  6  Jahren  vollendet  sei. 

Die  Gen.  Superintendenten  können  sich  bei  der  ihnen  hiemach  obliegenden 
Inspection  der  religiösen  Seite  des  höheren  Schulwesens  durch  Mitglieder  der 
K.  Consistorien  vertreten  lassen. 

Circ.Verf.  an  die  ev.  Bischöfe  und  Gen.Superintendenten  zu  Wies- 
baden, Schleswig  und  Altona  v.  9.  Novb.  1868:  „Zu  den  Pflichten  und 
Befugnissen  der  K.  Gen.  Superintendenten  gehört  nach  der  unter  dem  14.  Mai 
1829  für  den  Geschäftskreis  derselben  erlassenen  Instruction  in  den  8  alten 
Provinzen  des  Staats  auch  die  Beaufsichtigung  der  religiösen  Seite  des  höh. 
Schulwesens.  Die  bezügl.  Bestimmungen  gedachter  Instruction  sind  in  der 
Ew.  —  bereits  von  mir  mitgeteilten  Sammlung  preufsischer  Schulgesetze  von 
Wiese  abgedruckt.  Die  wichtigsten  hinsichtlich  des  evangel.  Religionsunterrichts 
nnd  der  Pflege  des  religiösen  Lebens  in  den  höheren  Schulen  getroffenen  Anord- 
nungen finden  sich  ebendaselbst  [2.  Aufi.],  desgleichen  ein  Plan  für  den  Religions- 
unterricht. Darüber,  dafs  dieser  Lehrplan  nicht  in  allem  einzelnen  far  ver- 
pflichtend anzusehen  ist,  nehme  ich  auf  p.  73  [1.  Aufl.]  desselben  Buches  Bezug. 

Die  vorerwähnten  Anordnungen  sind  nunmehr  ihrem  Geist  und  allge- 
meiner Intention  nach  auch  für  die  neupreuTs.  Landesteile  als  mafsgebend  an- 
zusehen. Es  folgt  aus  denselben  u.  a.,  dafs  die  Visitation  nicht  allein  den  Re- 
ligionsunterricht als  solchen  ins  Auge  zu  fassen  hat  und  bei  demselben  darauf 
gerichtet  ist,  ob  in  seiner  Aufeinanderfolge  durch  die  ganze  Anstalt  hin  Plan- 
mäfsigkeit  und  innere  Einheit  vorhanden,  ob  auf  den  verschiedenen  Klassen- 
stufen das  Erforderliche  erreicht  und  das  früher  Erlernte  weiterhin  gegenwärtig 
nnd  lebendig  erhalten  wird,  und  ob  die  Religionslehrer  ihre  Aufgabe  im  rechten 
Geiste  erfassen  und  lösen,  sondern  auch,  ob  die  Schule  in  der  Vorbereitung 
auf  den  Katechumenenunterricht  der  Kirche  die  nöthige  Hilfe  leistet;   ebenso 


23 

wie  es  mit  den  gemeinsamen  Andachten  des  Morgens  und  beim  Wochenanfang, 
mit  dem  Eirchenbesnch  und  mit  der  festen  Aneignung  von  Kirchenliedern  nnd 
Melodien  steht. 

Nach  der  Instruction  v.  4.  Mai  1829  soll  in  Berücksichtigung  des  weiten 
ümfangs  der  älteren  Provinzen  der  jedesmalige  Cyklus  solcher  Bevisionen  in 
einem  Zeitraum  von  4  bis  6  Jahren  vollendet  sein.  Das  ebendaselbst  hervor- 
gehobene unmittelbare  Verhältnis  der  Gen.Superintendenten  zu  dem  Minister  der 
geistl.  etc.  Anglgh.  bringt  es  mit  sich,  dafs  letzterem  über  das  Ergebnis  der 
Bevisionen  Mitteilung  gemacht,  jedenfalls  von  Zeit  zu  Zeit  ein  Gollectivbericht 
erstattet  werde.  Ich  bemerke  dabei,  dafs  die  Zeit  der  von  den  E.  Prov.Schulcoll. 
über  die  höh.  Schulen  zu  erstattenden  Yerwaltungsberichte  auf  3  Jahre  fest- 
gestellt worden  ist.  Die  erwähnten  Collectivberichte  können  füglich  denselben 
Zeitraum  umfassen.  Es  steht  den  Gen.Superintendenten  frei,  nach  geschehener 
Bevision  eine  Conferenz  mit  dem  Dir.  und  den  Beligionslehrem  abzuhalten  und 
dabei  auf  wahrgenommene  Mängel,  unzuträgl.  Elassencombinationen  u.  dgl.  m. 
aufinerksam  zu  machen.  Eigentliche  Anordnungen  darüber  können  aber  nur 
durch  die  K.  Prov.SchulcoUegien,  als  die  allgm.  Aufsichtsbehörden  der  höh. 
Schulen,  ergehen,  wozu  dieselben  auf  Grund  der  mir  von  den  Gen.Superinten- 
denten zugekommenen  Mitteilungen  ermächtigt  werden. 

Ew. ersuche  ich  ergebenst,  hienach  bei  den  höh.  Schulen  Ihres 

Aufeichtsbereichs  verfahren  zu  wollen."    Der  Minister  etc. 

Aus  der  Zeit  des  engeren  Zusammenhangs  der  Schule  mit  der  Kirche 
besteht  bei  einigen  evang.  höheren  Schulen  noch  ein  besonderes  geistliches 
Ephorat.  In  Berlin  z.  B.  hat  der  Probst  zu  Cöln  an  der  Spree  über  das 
Cölnische  Gymnasium  vocationsmäfsig  „gute  Aufsicht  zu  fuhren,  solches  fleifsig 
zu  besuchen,  den  Prüfungen  und  sonstigen  Schulfeierlichkeiten  soviel  als  möglieh 
beizuwohnen  und  sich  dessen  Verbesserung  angelegen  sein  zu  lassen". 

Min.Verf.  v.  30.  Octb.  1854:  „Auf  die  Vorstellung  v.  — ,  das  geistl. 
Ephorat  über  das  Gymn.  zu  N.  betreffend,  eröffne  ich  Ew.  —  Folgendes: 

So  wünschenswerth  es  ist,  dafs  die  enge  Verbindung  von  Kirche  und 
Schule  als  allgm.  Princip  wieder  zur  Geltung  komme,  so  kann  dies  doch  bei 
den  höh.  Lehranstalten  nicht  dadurch  erreicht  werden,  dafs  mit  dem  geistl.  Amt 
als  solchem  ein  unbeschränktes  Aufsichtsrecht  über  dieselben  verbunden  ist, 
und  für  die  Dir.  der  Ortsgeistliche  eine  amtl.  Instanz  bildet.  Die  Verhältnisse 
früherer  Zeiten,  wo  in  N.  das  Patronat  der  betreff.  Schule  ein  rein  städtisches 
und  die  Zusammensetzung  der  vorgeordneten  Behörde  eine  andere  war,  kann 
darin  jetzt  nicht  für  mafsgebend  gelten;  vielmehr  mufs  es  sich  die  Oberaufsichts- 
behörde vorbehalten,  Befugnisse  der  bezeichneten  Art  Je  nach  dem  BedürMs 
der  einzelnen  Lehranstalt  und  nach  der  Quaiifioation  der  in  Frage  kommenden 
Persönlichkeiten  in  jedem  besonderen  Fall  zu  erteilen.  Ew.  —  ist  durch  die 
Wahl  zum  K.  Compatronats-  und  stellvertret  Abiturienten-Prüfungscommissarius 
eben  so  sehr  ein  Beweis  des  Vertrauens  wie  die  Gelegenheit  gegeben,  auf  den 
Unterr.  und  die  Disciplin  der  gedachten  Anstalt  einen  wohlthätigen  Einflufs  aus- 
zuüben und  die  Verbindung  derselben  mit  der  Kirche  zu  erhalten  und  zu  fbrdem. 
Ich  kann  daher  die  von  Ew.  —  neben  den  Ihnen  hienach  zustehenden  Functionen 
in  Anspruch  genommene  Stellung  als  Ephorus  des  Gymn.  nur  insofern  aner- 
kennen, als  sie  mit  jenen  zusammenfällt." 

Durch  die  Consistorial-Instruction  v.  23.  Octb.  1817  (GS  p.  237  ff.)  ist 
auch  den  kathol.  Bischöfen  eine  entsprechende  Einwirkung  auf  das  Schul- 
wesen gewahrt: 

8.  Den  kathol.  Bischöfen  bleibt  ihr  Einflufs,  soweit  er  verfassungs-  und 
gesetzmäfsig  ist,  auf  den  Beligionsunterricht  in  den   öffenü.  Schulen  und  auf 


24 

die  Anstellnng  der  besonderen  Beligionslehrer,  wo  dergleichen  vorhanden  sind, 
vorbehalten. 

In  Betreff  der  Missio  canonica  s.  Hist.  statist.  Darst.  ni  p.  12. — 
Die  Lehrbücher  für  den  kathol.  Beligionsnnterricht  werden  von  der  SchnlbehOrde 
ans  der  Zahl  derer  gewählt,  welche  die  Approbation  der  geisÜ.  Behörde  er- 
halten haben. 

Die  in  Folge  von  Inspectionen  oder  ans  anderen  Veranlassungen  von 
geistL  Seite  in  Betreff  de8  Beligionsnnterrichts  und  der  Pflege  des  religiösen 
Lebens  der  Schule  gemachten  Bemerknngen  werden  zn  weiterer  Yermittelnng  an 
die  betreffende  K.  Schulbehörde  oder  anch  an  den  Minister  gerichtet. 


3.     Die    Localverwaltung. 

Bei  königlichen  oder  vom  Staat  unterhaltenen  Anstalten  be- 
steht zwischen  dem  Dir.  und  dem  Prov.SchulcoU.  in  der  Begel  keine  vermittelnde 
Localbehörde.  Wenn  der  Departementsrath  verhindert  ist,  den  Abiturienten- 
prüfungen selbst  beizuwohnen,  führt  dabei  statt  seiner  ein  am  Ort  oder  in  der 
Nähe  wohnender,  für  diesen  Fall  zum  stellvertretenden  Prüfungscommissarius 
ernannter  höherer  Beamter  den  Vorsitz,  oder  dieser  wird  dem  Dir.  übertragen. 
Die  bei  den  übrigen  Anstalten  den  Magistraten  oder  besonderen  Corporationen 
zustehenden  Patronatsrechte  haben  eine  sehr  verschiedene  Vertretung.  Bei  der 
Mehrzahl  der  städtischen  höh.  Schulen  werden  sie  unmittelbar  vom  Magistrat 
wahrgenommen.  In  mehreren  gröfseren  Städten  hat  derselbe  sich  behufs  der 
Vorberathung  aller  Schulangelegenheiten  durch  einen  S  ta d  t s  c  h u Ir  a th  als  techn. 
Decementen  verstärkt.  Die  Stadtverordneten-Versammlungen  als  solche 
sind  bei  der  Verwaltung  der  Schulen,  abgesehen  von  den  den  städt.  Haushalt 
berührenden  finanziellen  Angelegenheiten  derselben,  nicht  beteiligt;  und  so 
werden  auch  die  Vocationen  der  Lehrer  vom  Magistrat  ohne  Concurrenz  der 
Stadtverordneten  vollzogen. 

Als  aUgm.  städtische  Schulaufsichtsbehörde  wurden  durch  die  Städte- 
ordnung V.  19.  Novb.  1808  die  Schuldeputationen  eingesetzt.  Für  die 
Einrichtung  und  Geschäftsführung  derselben  ist  die  Instr.  v.  26.  Juni  1811  er- 
lassen. In  den  meisten  Städten  sind  die  Schuldeputationen  zu  den  höh.  Lehr- 
anstalten allmählich  aufser  Beziehung  getreten.  Da  dies  aber  noch  nicht  überall 
geschehen  ist,  so  können  die  wichtigsten  der  bezügl.  Bestimmungen  hier  nicht 
unerwähnt  bleiben.  Thatsächlich  beschränken  sich  die  Schuldeputationen  meistens 
darauf,  vom  Lectionsplan  der  höh.  Schulen  des  Orts  Kenntnis  zu  nehmen  und 
die  Gresuche  um  Erlafs  des  Schulgeldes  beim  Magistrat  zu  begutachten.  In 
einigen  Städten  werden  auch  alle  Kassen-,  Bau-  und  Anstellungssachen  einer 
Vorberathung  bei  ihnen  unterzogen,  auf  Grund  deren  der  Magistrat  alsdann 
seine  Entscheidung  trifft. 

Aus  der  Instr.  v.  26.  Juni  1811:  1.  Die  Schuldeputationen  sollen 
nach  Mafsgabe  der  Gröfse  der  Städte  und  des  ümfanges  ihres  Schulwesens  be- 
stehen :  a.  aus  1  bis  höchstens  3  Mitgliedern  des  Magistrats.  b.  aus  eben 
so  viel  Deputirten  der  Stadtverordneten,  c.  einer  gleichen  Zahl  des  Schul- 
und  Erziehungswesens  kundiger  Männer,  und  d.  aus  einem  besonderen  Ver- 
treter derjenigen  Schulen,  welche,  ungeachtet  sie  nicht  städt.  Patronats  sind, 
den  Schuldeputationen  werden  untergeordnet  werden.  2.  Der  jedesmalige  Super- 
intendent, wenn  die  Stadt  der  Sitz  einer  Superintendentur  ist,  oder  sonst  der 
erste  Prediger  des  Orts,  soU  schon  von  Amtswegen,  ohne  weitere  Wahl  als 
sachverständiges  Mitglied  eintreten.  Sollten  irgendwo  Gründe  vorhanden  sein, 
welche  eine  Abweichung  hiervon  nöthig  machen,  so  sind  diese  der  K.  Regierung 


25 

genau  nnd  bestimmt  anzuzeigen.^)  Die  Vertreter  der  Schulen,  welche  nicht 
Stadt.  Patronats  sind,  ernennt  die  Begierung  ohne  vorhergegangene  Wahl  der 
städt.  Behörden.  3.  In  den  Städten,  wo  es  Schulen  verschiedener  Confessionen 
giebt,  welche  städt.  Patronats  sind,  ist  bei  der  Zusammensetzung  der  Schuldep. 
hierauf  Bücksicht  zu  nehmen  und  das  gehörige  Verhältnis  zu  beobachten. 

4.  In  Städten,  wo  es  mit  der  Schuldep.  in  Verbindung  stehende  Ge- 
lehrtenschulen giebt,  wird  es  zweckmäfsig  sein,  dafs  unter  den  sachkundigen 
Mitgliedern  immer  ein  Bector  oder  einer  der  ersten  Lehrer  von  denselben  sich 
befinde. 

5.  Die  mit  sachverständigen  Mitgliedern  zu  besetzenden  Stellen  dürfen 
zwar  nicht  ausschliefsl.  Geistlichen,  sondern  können  auch  anderen  würdigen 
und  einsichtsvollen  Männern  übertragen,  müssen  Jedoch  so  viel  als  möglich 
mit  Geistlichen  besetzt  werden.  6.  Die  städt.  Behörden  haben  bei  der  Wahl 
der  Mitglieder  der  Schuldep.  dahin  zu  sehen,  dafs  nur  rechtschaffene,  verständige, 
für  die  gute  Sache  des  Schul-  und  Erziehungswesens  erwärmte  und  von  ihren 
Mitbürgern  geachtete  Männer  in  die  Schuldep.  gesetzt  werden.  —  8.  Die  Stellen 
in  den  Schiüdep.  werden  immer  auf  6  Jahre  besetzt.  !N[ach  Verlauf  dieser  Zeit 
werden  die  Deputationen  auf  dieselbe  Art  wie  zu  Anfang  erneuert  und  es  können 
zwar  die  vorigen  Mitglieder  wieder  deputirt  und  gewählt,  müssen  aber  sämtlich 
der  Begierung  aufs  neue  zur  Bestätigung  vorgescUagen  werden.  Es  steht  jedoch 
jedem  Mitgliede  frei,  nach  3  Jahren  abzutreten. 

9.  Die  Behörden  far  die  inneren  und  äufseren  Angelegenheiten  des 
Schulwesens  der  Städte  im  allgm.  sollen  nicht  abgesondert  von  einander  be- 
stehen, sondern  es  soll  die  städt.  Schuldep.,  um  das  Ganze  unter  eine  einfache 
und  harmonische  Leitung  zu  bringen,  nur  eine  einzige  Behörde  sowohl  für  die 
inneren  als  für  die  äufseren  Anglgh.  des  Schulwesens  ihrer  Stadt  bilden.  10. 
Der  Wirkungskreis  der  städt.  Schuldep.  dehnt  sich  zunächst  auf  sämtliche 
Lehr-  und  Erziehungsanstalten  innerhalb  der  Städte  und  deren  Vorstädte  aus, 
welche  städt.  Patronats  sind,  ohne  Unterschied  der  Confessionen  und  der  ver- 
schiedenen Arten  und  Grade  der  Schulen  —  11.  Das  den  Schuldep.  zuge- 
standene Becht  der  Aufsicht  erstreckt  sich  dahin,  dafs  sie  auf  genaue  Befolgung 
der  Gesetze  und  Anordnungen  des  Staats  in  Ansehung  des  ihnen  untergebenen 
Schulwesens  halten,  auf  die  zweckmäfsigste  und  den  Localverhältnissen  ange- 
messenste Art  sie  auszuführen  suchen,  darauf  sehen,  dafs  das  Personal  derer, 
die  am  Schulwesen  arbeiten,  seine  Pflicht  thut,  und  dasselbe  dazu  anhalten, 
dafs  sie  das  Streben  zum  Besseren  in  demselben  anzufachen  und  endlich  einen 
regelm.  und  ordentlichen  Schulbesuch  sämtlicher  schulfähigen  Kinder  des  Orts 
zu  bewirken  und  zu  befördern  suchen.  Sie  haben  deswegen  nicht  nur  die  Be- 
fugnis, den  Prüfungen  und  Censuren  der  Schulen  beizuwohnen,  sondern  sind 
auch  verpflichtet,  diese  von  Zeit  zu  Zeit  aurserordentlich  zu  besuchen  und  sich 
aufs  genaueste  in  ununterbrochener  Kenntnis  ihres  ganzen  inneren  und  äufseren 
Zustandes  zu  erhalten.  Vor/.üglich  liegt  dieses  den  sachkundigen  Mitgliedern 
der  Schuldep.  ob.  12.  In  Beziehung  auf  die  Bectoren  der  gröfseren  Schulen 
müssen  aber  die  Deputationen  den  Gesichtspunkt  fassen,  dafs  diesen  innerhalb 
des  durch  die  Gesetze  und  Vorschrifben  des  Staats  gezogenen  und  noch  zu  be- 
stimmenden Geschäftskreises  die  freieste  Wirksamkeit  zu  lassen  sei,  und  haben 
sich  daher  einer  positiven  Einmischung  in  deren  amtl.  Wirkungskreis  gänzlich 
zu  enthalten.  15.  Eben  so  sehr  aber,  wie  auf  Thätigkeit  der  Schuldep.  in  der 
Aufisicht  über  das  Schulwesen,  wird  auf  ihren  Eifer  in  der  Fürsorge  für  das- 


»)  Nach  Min.- Verf.  11.  Deo.  1876  (OBl.  1877  S.  69)  hat  der  Superintendent 
lediglich  in  seiner  Eigenschaft  als  Kreis-Schalinspector  an  der  Thätigkeit  der  Stadt- 
sohuldeputation  teilzunehmen. 


26 

selbe,  nm  es  in  gaten  Znstand  zn  bringen  nnd  darin  zn  erhalten,  gerechnet 
Sie  haben  daher  dafür  zn  sorgen,  dafs  jeder  Ort  die  seiner  Bevölkemng  nnd 
seiner  Bedentsamkeit  angemessene  Anzahl  nnd  Art  von  Schnlen  erhalte,  dafs 
das  Vermögen,  die  Gebände  nnd  die  sonstigen  Pertinenzien  der  Schnlen  nnge- 
schmälert,  in  gnter  Yerfassnng  nnd  in  Verlegenheiten  ihrer  Städte  möglichst 
geschont  bleiben,  anch  dafs  sie  nach  den  Bedürfnissen  vermehrt,  verbessert, 
zweckmäfsig  eingerichtet  nnd  verwaltet  werden.  Nach  den  Bedürfnissen  der 
Schnlen  in  Ansehnng  des  Unterrichts  nnd  seiner  Hnlfsmittel  haben  sie  sich 
sorgfältig  zn  erknndigen  nnd,  so  oft  sie  dergleichen  wahrnehmen  oder  sie  ihnen 
angezeigt  werden,  ihnen  nach  Möglichkeit  entweder  selbst  abzuhelfen  oder  den 
competenten  Behörden  darüber  Anträge  zn  machen.  16«  Das  Ansehen  der 
Schnlen  nnd  ihrer  Lehrer  haben  sie  aufrecht  zn  erhalten  nnd  dahin  zn  streben, 
dafs  diesen  dnrch  eine  sorgenfreie  Lage  die  znr  Erfüllung  der  Pflichten  ihres 
verdienstlichen  nnd  schweren  Bemfe  nöthige  Heiterkeit  nnd  Mnfse  erhalten 
werde.  Das  Interesse  ihrer  Mitbürger  für  das  Schulwesen  sollen  sie  zn  beleben 
nnd  dasselbe  zn  einem  der  wichtigsten  Gegenstände  ihrer  Aufmerksamkeit  nnd 
Pflege  zu  machen  sich,  bemühen.  19.  Jede  Schule  behält  ihr  eigenes  Vermögen 
nnd  nur  die  Etats  sämtlicher  Schnlen  werden  den  Depntirten  jährlich  vorgelegt 
nnd  von  ihnen  revidirt. 

C.Verf.  V.  17.  Febr.  1854: ,Jch  sehe  mich  veranlafst,  im  Ein- 

vertändnis  des  H.  Min.  des  Innern  die  E.  Begiemngen  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dafs  das  in  §  8  der  Verordnung  vom  26.  Juni  1811  den  Begiemngen 
vorbehsdtene  Becht  der  Bestätigung  der  zn  den  städt.  Schuldep.  gewählten  Mit- 
glieder anch  fernerhin  znr  Anwendung  zu  bringen  ist.  Wenn  es  in  einem  ein- 
zelnen Fall  zn  meiner  Kenntnis  gekommen  ist,  dafs  dieses  Becht  schon  früher 
nicht  überall  ausgeübt  worden,  so  benutze  ich  diese  Gelegenheit,  nm  die  E. 
Beg.  zn  erinnern,  dafs  eine  solche  Versäumnis  weiterhin  nicht  statthaft,  jene 
Befugnis  vielmehr  mit  Entschiedenheit  zn  dem  Zweck  in  Anwendung  zn  bringen 
ist,  damit  aus  den  städt.  Schuldep.  zur  Ausübung  der  wichtigen  diesen  über- 
tragenen Functionen  ungeeignete  Elemente  femgehalten  werden.  Ich  erwarte, 
dafs  die  E.  Beg.  in  dazu  angethan  erscheinenden  Fällen  das  etwa  Versäumte 
nachholt." 

Verf.  des  Min.  der  geistl.  Anglgh.  nnd  des  Min.  des  Innem  v.  21.  Dcb. 

1864 : „Die  Thätigkeit  der  städt.  Schuldep.  hat  sich  nicht  blofs  auf  dem 

Gebiet  der  eigentlichen  Gemeindeverwaltung  zn  bewegen,  sondern  erstreckt  sich 
anch  auf  wesentliche  Teile  des  Schnlanfsichtsrechts.  Stellen  sich  demnach  die 
städt  Schuldep.  in  einer  der  Hauptrichtungen  ihrer  Wirksamkeit  als  Organe 
der  staatlichen  Schnlanfsichtsbehörde  dar,  so  ergiebt  sich  die  vollständige  Be- 
gründung für  den  Anspmch  dieser  Behörde,  bei  der  Gonstituimng  der  städt. 
Schuldep.  dnrch  Bestätigung  der  Mitglieder  derselben  mitzuwirken.  Es  folgt 
daraus  aber  anch  femer,  dafs  dieses  Bestätigungsrecht  als  ein  Ansflufs  des  AiS- 
sichtsrechtes  des  Staat«  über  die  Schnlen,  nicht  aber  über  die  städt.  Commnnal- 
angelegenheiten  anzusehen  ist,  nnd  somit  durch  die  Ausübung  dieses  Be- 
stätigungsrechts  das  Solbstverwaltnngsrecht  der  Stadtgemeinden  in  dem  dnrch 
die  Städteordnung  v.  30.  Mai  1853  festgesetzten  umfang  nicht  beeinträchtigt  wird. 

Die  Instr.  v.  1811  hat  eine  besondere,  in  sich  geschlossene,  mit  der 
Commnnalverwaltnng  zwar  zusammenhängende,  ihren  Zwecken  nach  aber  der 
ünterrichtsverwaltung  angehörige  Institution  geschaffen,  nnd  daher  dnrch  Auf- 
hebung der  Städteordnung  von  1808  den  Boden  ebensowenig  verloren,  als  ihr 
Bestand  dnrch  die  Städteordnung  v.  30.  Mai  1853  alterirt  worden  ist,  da  die 
letztere  über  Schnlangelegenheiten  besondere  Bestimmungen  nicht  enthält,  nnd 
diejenigen  commnnalen  Einrichtungen,  auf  welche  die  Inst.  v.  1811  gestützt  ist, 
bei  der  Fortbildung  der  städtischen  Verfassung  im   wesentlichen   unverändert 


27 

oder  doch  mit  dem  Inhalt  der  Yerordnung  vom  26.  Jnni  1811  verträglich  ge- 
blieben sind. 

Anlangend  die  nnmerische  Znsammensetzang  der  städt.  Schnldep.,  so  be- 
stimmt die  Instr.  y.  26.  Jnni  1811  die  Mitgliederzahl  ans  beiden  Teilen  der 
Commnnalverwaltnng  und  ihr  Verhältnis  zu  einander  offenbar  deshalb,  damit 
die  technischen  Mi^lieder  von  den  Mitgliedern  des  Magistratscolleginms  nnd 
der  Stadtverordnetenversammlung  nicht  zu  sehr  überwogen  werden  nnd  ihre 
Stimme,  welche  für  die  inneren  Sphnlangelegenheiten  von  erheblicher  Bedeutung 
ist,  geltend  machen  können.  Gerade  dieses  gleiche  Zahlenverhältnis,  in  welchem 
die  Mitglieder  der  verwaltenden  Behörde,  femer  die  Mitglieder  der  Behörde, 
welcher  die  erforderlichen  Geldbewilligungen  zustehen,  und  endlich  die  sach- 
kundigen Mitglieder  zu  einander  stehen,  ist  ein  Vorzug  der  Instruction.'* 

Min. -Verf.  v.  11.  Dcb.  1867:  ,.Bei  Bücksendung  der  Anlagen  des  Be- 
richts V.  —  eröftee  ich  der  städt.  Schuldep.,  dafs  dieselbe  durch  die  specielle 
Untersuchung  des  gesammten  inneren  Zustandes  der  Bealschule  allerdings  ihre 
Amtsbefugnisse  überschritten  hat.  Es  erhellt  dies  klar  aus  dem  §  12  der  Instr. 
V.  26.  Juni  1811.  Da  nun  der  Wirkungskreis  der  Dirigenten  der  höh.  Schulen 
sich  auf  die  Leitung  der  gesamten  innren  Angelegenheiten  erstreckt,  ihnen 
insbesondere  die  Sorge  für  den  Unterricht  und  die  Disciplin  obliegt,  so  folgt 
hieraus,  dafs  die  Schuldeputationen  zur  Bevision  des  inneren  Zustandes  der  höh. 
Lehranstalten  überall  nicbt  berechtigt  sind.  Im  Einklang  hiermit  hat  dem- 
nächst auch  die  spätere  Gesetzgebung  (Dienst-Instruction  far  die  Prov.  Con- 
sistorien  v.  23.  Oct.  1817  §  6  und  7,  GS.  p.  237,  CO.  v.  31.  Dcb.  1825,  GS. 
1826  p.  5)  die  höh.  Schulen  der  „unmittelbaren"  Aufsicht  der  Prov.  Schul- 
collegien  unterstellt.  Es  unterliegt  hiemach  keinem  Zweifel,  dafs  die  Leitung 
der  inneren  Angelegenheiten  der  höh.  Lehranstalten  ausschliefslich  den  Diri- 
genten derselben  ohne  irgend  welche  Beteiligung  der  Schuldeputationen  ge- 
bührt und  die  unmittelbare  Aufsicht  hierüber  nicht  von  den  städt.  Schulde- 
putationen, sondern  von  den  E.  Prov.SchulcoUegien  zu  führen  ist.  Mit  Becht 
hat  daher  das  dortige  K.  Prov.SchulcoU.  in  der  Verf.  v.  10.  Apr.  1866  die  von 
der  städt.  Schuldep.  vorgenommene  Bevision  der  Bealschule  als  eine  Competenz- 
üeberschreitung  gerügt»  und  will  ich  demgemäfs  erwarten,  dafs  die  städt. 
Schuldep.  in  Zukunft  ihrer  Instruction  gemäfs  sich  jeder  Einmischung  in 
die  inneren  Angelegenheiten  der  höh.  Schulen  gänzlich  enthalten  werde."  Der 
Min.  etc. 

Die  Schuldeputation  zu  Berlin  hat  keine  Berührung  mehr  mit  den  höheren 
Unterrichtsanstalten.  Ihre  Verfassung  beraht  auf  einer  Verfügung  des  K.  Prov. 
SchulcoU.  V.  20.  Juni  1829,  die  bei  L.  v.  Bönne  (das  Unterrichtswesen  des 
PreuTs.  Staates,  1855)  Bd.  I.  p.  373  abgedruckt  ist.  Die  Ausübung  des  Pa- 
konats,  Wahlen  der  Lehrer  u.  dgL,  erfolgt  durch  den  Magistrat,  in  welchem 
ein  t-echnischer  Bath  (Stadtschulrath)  die  Angelegenheiten  der  höheren  Schulen 
bearbeitet. 

In  Westfalen  und  der  Bheinprovinz  werden  die  Patronatsrechte  bei  keiner 
höheren  Schule  von  den  Communalbehörden  unmittelbar  ausgeübt,  sind  vielmehr 
einer  Schulcommission  oder  einem  Curatorium  übertragen.  Die  Zu- 
sammensetzung solcher  von  den  Schuldeputationen  verschiedener  Guratorien, 
Scholarchate  etc.,  das  Verfahren  bei  ihrer  Ergänzung  und  die  Art  ihrer  Ab- 
hängigkeit von  den  städtischen  Behörden  sind  nicht  überall  gleich;  ebensowenig 
das  Mafs  ihrer  Befugnisse.  Die  Directoren  und  die  ersten  Ortsgeistlichen  sind 
fast  überall  instractionsmäfsig  Mitglieder  derselben;  aufserdem  Vertreter  der 
städtischen  Behörden.  Zu  den  wichtigsten  Befugnissen  der  Guratorien  gehört 
die  Lehrerwahl;  überwiegend  liegt  ihnen  aufserdem  die  Sorge  für  die  äufseren 
Angelegenheiten  der  betreff.  Schulen  ob. 


J 


28 

^^"'^— ^^^— ^-"      '  ■^"■^■^■" 

üeber  die  hannöTr.  Schnlcommissionen  s.  anch  Eist.  Statist.  Darst.  III 
p.  240.  Durch  Min  Verf.  21.  Jan.  1882  (CBl.  1883  S.  142  fg.)  ist  in  Be- 
treff  derselben  entschieden,  dafs  dieselben,  wie  in  den  älteren  Teilen  der 
Monarchie,  die  Lehranstalten  im  Wesentlichen  nur  nach  aofsen  n.  in  Bezug 
auf  die  äufseren  Verhältnisse  zu  vertreten  haben,  im  Uebrigen  aber,  soweit  ihnen 
nicht  besondere  Befugnisse  von  der  Aufsichtsbehörde  speciell  übertragen  sind, 
namentlich  bei  rein  staatlichen  Anstalten  nur  ausführende  und  begutachtende 
Organe  der  zuletzt  gedachten  Behörden  sind.. 

Alle  derartige  Instructionen  bedürfen  der  Bestätigung  durch  die  Provinzial- 
behörde.  Dasselbe  gilt  jetzt  auch  auf  Grund  des  Schulaufsichtsgesetzes  (s.  p.  3) 
Ton  der  Wahl  der  nicht  ständigen  Mitglieder  der  Curatorien  und  Schulcom- 
missionen. 

Min.-Verf.  t.  7.  Jan.  1840: „Es  kann  dem  Curatorium  nur  in 

corpore  oder  einem  als  dessen  Gommissarius  bestellten  Mitgliede,  nicht  aber 
den  einzelnen  Mitgliedern,  auch  nicht  willkürlich,  sondern  nur  bei  besonderen 
Veranlassungen,  gestattet  sein,  die  Klassen  zu  besuchen  und  an  den  Lehrer- 
conferenzen  theiizunehmen.*' 

Die  E.  Prov.SchulcoUegien  als  die  vorgesetzten  Behörden  der  Anstalts- 
Curatorien,  sind  far  befugt  anzusehen,  die  Befolgung  ihrer  Anordnungen  bei 
Mitgliedern  der  Curatorien  auch  durch  Androhung  von  Geldstrafen  zu  erzwingen ; 
vgl.  CBl.  1875  p.  88  ff. 

Bei  einigen  höheren  Schulen,  ebenfalls  in  den  westl.  Provinzen,  haben  die 
Kirchengemeinden  Anteil  am  Patronat  und  sind  dabei  durch  ihre  Pfarrer  und 
durch  Gemeindeglieder  vertreten. 

Die  amtl.  Verhandlungen  zwischen  der  Aufsichtsbehörde  und  dem  Cura- 
torium, Verwaltungsrath,  Localcommissarius  u.  s.  w.  sowie  auch  mit  den  Bec- 
toren  aller  zur  Kategorie  der  höheren  Schulen  gehörigen  Anstalten  geschehen 
direct,  ohne  Vermittelnng  des  Landraths  oder  Bürgermeisters. 

Die  Local-Schulbehörden  können  zu  ihren  Berathungen  Sachverständige 
zuziehen. 

Min.-Verf.  v.  5.  Octb.  1871:  „Es  ist  in  den  Befugnissen  und  Obliegen- 
heiten des  Vorsitzenden  eines  verwaltenden  CoUegiums  begründet,  diejenigen 
vorbereitenden  Mafsnahmen  zu  treffen^  welche  er  för  nothwendig  hält,  um  das 
CoUegium  für  die  Berathung  und  Beschlufsfassung  über  einen  Gegenstand  ge- 
nügend zu  informiren.  Dazu  gehört  auch  die  Zuziehung  von  Sachver- 
ständigen zu  den  Sitzungen,  um  ihre  Gutachten  zu  hören.  Andererseits  steht 
dem  Collegium  das  Becht  zu,  die  Anhörung  eines  Sachverständigen  zu  be- 
schliefsen.  In  beiden  Fällen  mufs  aber  der  zugezogene  Sachverständige,  sobald 
er  sein  Gutachten  abgegeben  hat,  die  Conferenz  verlassen,  sofern  auch  nur  Ein 
Mitglied  des  CoUegiums  dies  beantragt,  damit  in  keinem  Falle  die  Freiheit  und 
Objectivität  der  Discussion  und  Beschlufsfassung  beeinträchtigt  werde.  Diesen 
Grundsätzen  entspricht  es  nicht,  wenn  die  K.  Regierung  dem  Superintendenten 
N.  als  Vorsitzenden  des  Scholarchats  in  N.  untersagt  hat,  in  geeigneten  Fällen 
seinerseits  einen  Bector  der  städtischen  Schulen,  der  nicht  Mitglied  des  Schol- 
archats ist,  zu  den  Sitzungen  des  letzteren  zuzuziehen,  vielmehr  bestimmt  hat, 
dafs  hierüber  jedesmal  ein  Beschlufs  des  Scholarchats  zu  fassen  sei.  üeberdies 
hat  der  Superint.  N.  wiederholt  angeführt,  dafs  bisher  stets  von  dem  Vorsitzen- 
den des  Scholarchates,  ohne  Zuziehung  des  CoUegiums,  die  Einladung  von  Rec- 
toren  zu  den  Sitzungen  des  Scholarchats  erfolgt  sei.**  —  Der  Min.  etc. 

Die  am  häufigsten  vorkommende  Form  eines  gemischten  Patronats  ent- 
steht durch  die  Verbindung  des  königL  Compatronats  mit  dem  städt.  Pa- 


29 

tronat  einer  Schule  anf  Grand  der  ans  Staatsfonds  geleisteten  Zuschüsse  für 
die  ünterhaltang  derselben. 

Min.-Yerfl  v.  2.  Octb.  1842:  Die  Einführung  des  E.  Compatronats 
gründet  sich  auf  die  CO.  v.  10.  Jan.  1817*),  durch  welche  bestimmt  worden 
ist:  ,,dafs  in  allen  Fällen,  wo  der  Staat  geg&n  die  Schulen  die  Patronatsver- 
pfiichtnngen  durch  stehende  Beiträge  aus  seinen  Kassen  eHullt,  er  auch  an 
den  Kechten  des  Patronats  über  alle  diese  Schulen  und  Erziehungsanstalten 
teilnehmen,  und  dieses  Compatronat  zunächst  durch  Gommissarien,  welche  den 
Patronats-  und  Curatel-CoUegien,  mit  gehöriger  Instruction  versehen,  von  den 
Begieningen  zuzuordnen  seien,  in  höherer  Instanz  aber  von  den  Regierungen 
selbst  wahi^enommen  werden  solle,  ohne  jedoch  die  bisherige  Mitwirkung  jener 
Collegien  dadurch  aufzuheben  oder  zu  vermindern." 

Hieraus  ergiebt  sich  1.  dafs,  da  die  Bechte  der  Patrone  als  solcher  sich 
der  Begel  nach  auf  die  Verwaltung  der  äufseren  Schulangelegenheiten  be- 
schränken, auch  nur  bei  diesen  eine  geeignete  Mitwirkung  der  Compatronats- 
Commissarien,  eintreten  kann,  sowie  2.  dafs  durch  diese  Mitwirkung  die  Bechte 
der  Patrone  in  keiner  Weise  geschmälert  werden  dürfen. 

Hält  man  diesen  doppelten  Gesichtspunkt  fest  und  erwägt  zugleich,  dafli 
die  Allerh.  Intention  bei  Einführung  des  Compatronats  wohl  nur  die  war,  an 
Ort  und  Stelle  geeignete,  mit  den  Localverhältnissen  hinlänglich  vertraute  Männer 
zu  haben,  welche  sich  persönlich  von  der  bestimmungsmäfsigen  Verwendung 
der  gewährten  Staatszuschüsse  übeizeugen  und  durch  geeignete  Mitwirkung  bei 
Ausübung  der  Patronatsrechte  dazu  beitragen  können,  dafs  die  betreffenden 
Schulen  fortwährend  in  einem  Zustande  erhalten  werden,  welcher  die  Weiter- 
zahlung jener  Zuschüsse  rechtfertigt,  so  wird  es  keine  Schwierigkeiten  haben, 
die  Art  der  Wirksamkeit  der  Compatronats-Commissarien  festzustellen  und 
die  Grenzen  ihrer  Befugnisse  aufzufinden.  Denn  was  das  Becht  des 
Staats  zur  Einrichtung  des  Compatronats  überhaupt  anlangt,  so  folgt  dasselbe 
daraus,  dafs  mit  der  freien  Zuwendung  einer  Sache  zu  einem  bestimmten  Zweck 
zugleich  auch  das  Becht  bedungen  und  vorbehalten  werden  kann,  die  Erfallung 
dieses  Zwecks  zu  überwachen.  Qegen  das  Compatronat  an  sich  steht  daher 
den  Patronen  kein  Einspruch  zu.  Dasselbe  mufs  vielmehr  als  eine  an  die  Be- 
willigung des  Staatszuschusses  geknüpfte  Bedingung  betrachtet  werden,  und 
kommt  es  eben  deshalb  blofs  darauf  an,  den  Umfang  der  Compatronatsbefhg- 
nisse  auf  eine  den  Zweck  erfallende,  zugleich  aber  die  Bechte  des  Patrons  nicht 
verletzende  Weise  festzustellen. 

Hienach  wird  aber  die  Mitwirkung  der  K.  Compatronats-Commissarien 
eintreten  können  und  müssen:  a.  Bei  allen  das  Schulvermögen  betreffenden 
Anglgh.,  namentlich  also:  bei  der  Begulirung  des  Etats,  bei  Bauten  und  Be- 
paratoren,  bei  Anschaffung  von  Apparaten,  Bibliotheken  u.  s.  w.,  bei  Gehalts- 
bestimmungen,  bei  der  Abnahme  von  Bechnungen  und  in  anderen  ähnl.  Fällen» 
immer  jedoch  nur  soweit,  dafs  die  Bechte  des  Patrons  dadurch  nicht  aufgehoben 
oder  yermindert  werden.  Aus  diesem  Grunde  ist  z.  B.  der  Compatronats-Com- 
missarius  nicht  berechtigt,  den  Entwurf  des  Etats  selbst  mit  aufeustellen,  son- 
dern er  kann  nur  verluigen,  dafs  ihm  derselbe,  bevor  höheren  Orts  die  Be- 
stätigung nachgesucht  wird,  zur  Kenntnisnahme  mitgeteilt  werde,  damit  er 
seine  Zustimmung  dazu  erteile  oder  auch  seine  etwanigen  Bemerkungen  dagegen 
dem  Patron  zu  erkennen  geben,  und  wenn  ihnen  dort  keine  Berücksichtigung 
widerfährt»  dieselben  nöthigenfalls  beim  Prov.SchulcoU.  zur  Anzeige  bringen 
kann.         d.  Bei  der  Anstellung  der  Lehrer  in  der  Art,  dafs  ihnen  durch 


^)  Dieselbe  datirt  aus  einer  Zeit,   in  welcher  die  Externa  der  höh.  Schalen 
hauptsächlich  von  den  Begiemngen  ressortirten. 


30 

Namhaftmachung  der  Candldaten  Gelegenheit  gegeben  werden  mnfs,  ihre  etwan. 
Bedenken  gegen  die  Qualification  derselben  vorzubringen.  Ebenso  findet  bei 
der  Beförderang  oder  Emeritimng  der  Lehrer  eine  geeignete  Mitwirkung  Statt, 
c.  Bei  der  Aufsicht  über  die  Schule.  In  Beziehung  hierauf  steht  dem  Patron 
selbst  der  Regel  nach  keine  besondere  Befugnis  zu,  und  hiemit  fällt  auch  eine 
Einwirkung  der  Compatronats-Commissarien  von  selbst  weg. 

Das  Patronat  als  solches  erstreckt  sich,  wie  schon  bemerkt,  nur 
auf  die  Externa  und  kann  mithin  eine  Mitwirkung  der  Patrone  in  Beziehung 
auf  Interna  sich  nur  auf  einen  besonderen  Bechtstitel  gründen.  Wo  eine 
solche  Mitwirkung  der  Patrone  nicht  versagt  werden  darf,  bleibt  es  dem  Prov. 
Schulcoll.  überlassen,  durch  specielle  Autorisation  und  Anweisung  auch  eine 
Beihülfe  der  Compatronats-Commissarien,  wie  sie  denselben  geeignet  und  an- 
gemessen scheint,  anzuordnen.  Nicht  minder  können  die  Prov.SchulcoU.,  be- 
hufs der  von  ihnen  selbst  zu  übenden  Aufsicht  sich  der  Compatronats-Com- 
missarien  als  unmittelbarer  Organe  bedienen  und  dieselben  für  diesen  Zweck 
mit  besonderen  Aufträgen  versehen.  Halten  sich  die  Compatronats-Commissarien 
bei  Ausübung  der  Compatronatsrechte  in  den  vorstehend  bezeichneten  Grenzen, 
80  werden  sie  nicht  allein  ihre  Bestimmung  erfüllen,  sondern  es  steht  auch  zu 
erwarten,  dafs  alsdann  von  Seiten  der  Patrone  ihrer  Wirksamkeit  kein  Hinder- 
nis entgegen  gestellt  werden  wird.  .Für  die  Zukunft  ist  jedoch,  um  etwanigen 
Differenzen  soviel  als  möglich  im  Voraus  zu  begegnen,  den  Patronen  derjenigen 
Gymn.,  denen  Staatszuschüsse  von  neuem  bewilligt  werden,  die  Gestattung  der 
Teilnahme  der  Compatronats-Commissarien  bei  Ausübung  der  Patronatsrechte 
noch  ausdrücklich  zur  Bedingung  zu  machen.^* 

Wo  ein  besonderes  Schulcuratorium  besteht,  ist  der  K.  Compatronats- 
Commissarius  Mitglied  desselben.  Er  ist  dadurch  in  der  Lage,  bei  allen  Ver- 
handlungen der  Staatsbehörden  mit  der  städt.  Patronatsbehörde  eine  dem  Interesse 
der  Schule  förderliche  Vermittelung  eintreten  zu  lassen.  Seine  Ernennung  ge- 
schieht auf  Vorschlag  der  Provinzialbehörde  durch  den  Minister. 

Die  an  die  Zuschüsse  aus  Staatsfonds  geknüpfte  Errichtung  eines  K. 
Gompatronats  involvirt  keine  Verpflichtung  zu  weiteren  Leistungen  etwa  pro 
rata  des  schon  gewährten  jährl.  Beitrags  zu  den  Unterhaltungskosten. 

Im  Begriff  des  Patronats  entspricht  der  Verpflichtung,  die  Schule  zu  er- 
halten, das  Recht,  die  Lehrer  und  die  Beamten  der  Schule  zu  wählen,  das  Co  1- 
laturrecht.  Die  von  Privatpatronaten  ausgestellten  Vocationen  bedürfen 
der  Bestätigung  durch  die  Prov.Aufsichtsbehörde,  zu  welcher  sie  bei  den  Ober- 
lehrer- und  den  Religionslehrerstellen  die  Genehmigung  des  Ministers  einzu- 
holen hat;  bei  den  Directorstellen  erfolgt  die  Bestätigung  durch  den  König  auf 
Antrag  des  Ministers  (s.  p.  11). 

Min.Verf.  v.  28.  Novb.  1857:  „Die  Vocationen,  welche  den  Dir. 
und  Lehrern  höherer  Unterrichtsanstalten  ausgestellt  und  mir  zur  Bestätigung 
vorgelegt  werden,  sind  von  sehr  verschiedener  Fassung.  Obschon  an  denselben 
nicht  selten  die  angemessene  Kürze  und  Bestimmtheit  vermifst  wird,  so  beab- 
sichtige ich  doch  nicht,  in  dieser  Beziehung  eine  durchgängige  Gleichmäfsig- 
keit  vorzuschreiben.  Es  ist  aber  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  unter  den  Ver- 
pflichtungen, welche  der  zu  Berufende  übernimmt,  diejenigen  nicht  unerwähnt 
bleiben,  die  unter  allen  umständen  wesentlich  und  für  alle  Lehrer  in  gleicher 
Weise  verbindlich  sind.  In  dieser  Hinsicht  ist  nicht  selten  die  Unvollständig- 
keit  bemerkt  worden,  dafs  in  den  Vocationen  weder  von  der  Treue  gegen  den 
Landesherrn,  noch  von  dem  geziemenden  Verhalten  in  kirchlicher  Beziehung 
die  Rede  ist.  Die  Patronatsbehörden  werden  hierin  mit  der  erforderlichen 
Weisung  zu  versehen  sein.  Der  demgemäfs  in  alle  Vocationen  in  Zukunft  auf- 
zunehmende Passus  würde  etwa  des  Inhalts  sein,  dafs  der  betreff.  Lehrer  durch 


31 

die  Berofangsarkunde  ebenso  znr  Treue  und  Ergebenheit  gegen  S«  Maj.  den 
König  und  zürn  Gehorsam  gegen  die  Staatsgesetze  wie  zur  Ehrfurcht  vor  dem 
Bekenntnis  und  den  Ordnungen  seiner  Kirche  Terpflichtet  wird,  und  dafs  man 
▼on  ihm  erwartet,  er  werde  in  diesen  Beziehungen  sowie  durch  seinen  Wandel 
der  Jugend  zum  Vorbild  dienen/'  —  (Eine  bestimmte  Anordnung  ist  auf  die 
hierdurch  veranlafsten  verlauf.  Verhandlungen  nicht  erfolgt.) 

In  Betreff  der  event  in  den  Vocationen  aufzunehmenden  Verpflichtung 
der  Lehrer  zu  einer  bestimmten  Zahl  von  Lehrstunden  s.  Min.Verf.  v.  9.  Juni 
1878  p.  33. 

Die  Einfuhrung  der  Directoren  geschieht  auch  bei  städt.  Anstalten 
durch  ein  Mitglied  der  K.  Aufsichtsbehörde,  eventl.  durch  den  K.  Compatronats-^ 
Commissarius.  Das  städt.  Patrunat  ist  dabei  durch  Deputirte  vertreten.  S.  jedoch 
Hisi.  Statist  Darsi  III,  31  Anmrk. 


Für  das  Privatschulwesen  gilt  die  Instruction  v.  31.  Dcb.  1839. 
(VgL  A.LR  T.  n.  Tii  12.  §  3—8.)  Hierher  gehörige  allgm.  Bestimmungen 
daraus  sind: 

1.  Privatschulen  und  Privat-Erziehungsanstalten  sollen  nur 
da,  wo  sie  einem  wirkl.  Bedürfnis  entsprechen,  also  nur  an  solchen  Orten  ge- 
stattet werden,  wo  für  den  Unterricht  der  Schulpflicht.  Jugend  durch  die  öffentl. 
Schulen  nicht  ausreichend  gesorgt  ist 

4.  Die  Oesuche  um  Erlaubnis  znr  Anlegung  oder  Fortsetzung  einer 
Privatschule  oder  einer  Privat-Erziehungsanstalt  sind  unter  Einreichung  eines 
Lebenslaufs,  der  über  die  Bildung,  die  wissenschaftl.  und  sittl.  Befähigung  der 
Bewerber  sprechenden  Zeugnisse  und  des  Einrichtungsplanes  der  fragl.  Anstalt 
bei  der  Orts-Schulbehörde  anzubringen,  welche  die  etwa  noch  erforderl.  Er- 
mittelungen zu  veranlassen,  an  die  K.  Be gierung  über  das  Gesuch  zu  berichten 
und  wenn  demselben  kein  Bedenken  entgegensteht,  die  Ausfertigung  des  Er- 
laubnisscheins in  Antrag  zu  stellen  hat. 

5. Jede  Erlaubnis  zur  Anlegung  einer  Privatschule  und  Privat- 
Erziehungsanstalt  ist  widerrruflich.  Jeder  dazu  erteilte  Erlaubnisschein  ist  nur 
für  den  gültig,  auf  dessen  Namen  er  lautet. 

7.  Alle  Privatschulen  und  Privat-Erziehungsanstalten  sind  ganz  so  wie 
die  öffentl.  Schulen  derselben  Gattung  zunächst  der  Aufsicht  der  Orts-Schul- 
behörde  und  in  höherer  Instanz  der  Aufsicht  der  dem  Schulwesen  des  Kreises 
und  des  Begierungsbezirks  vorgesetzten  K.  Behörden  unterworfen.  Diese  Auf- 
sicht soll  sich  nicht  blofs  im  allgm.  auf  die  Handhabung  der  Schulzucht  und 
den  Gang  des  Unterrichts,  sondern  auch  im  besonderen  auf  die  Einrichtung 
des  Lehrplans,  die  Wahl  der  Lehrer,  der  Lehrbücher  und  Lehrmethode,  Schul- 
gesetze, die  Zahl  der  Schüler  und  selbst  auf  das  Local  der  Privatschulen  und 
Privat-Erziehungsanstalten  erstrecken.  —  Zeigen  sich  in  solchen  Anstalten  Ver- 
kehrtheiten und  Mifsbräuche,  welche  die  Jugend  verbilden  können  oder  ihrer 
Sittlichkeit  und  Beligiosität  Gefahr  drohen,  wird  die  Jugend  vernachlässigt, 
oder  ist  sie  unfähigen  und  schlechten  Lehrern  anvertraut,  und  wird  ein  solcher 
üebelstand  auf  die  Erinnerung  der  Orts- Schulbehörde  nicht  abgestellt,  so  ist 
dieselbe  verpflichtet  auf  eine  Untersuchung  bei  der  K.  Begierung  anzutragen, 
und  die  letsdere  ist  befagt,  nach  Befinden  der  Umstände  den  Erlaubnisschein 
zurückzunehmen  und  die  Privatschule  und  Privat-Eiziehungsanstalt  schliefsen 
zu  lassen. 

8.  Die  K.  Regierung  hat  am  Schlufs  eines  jeden  Jahres  über  den  Zustand 
der  in  ihrem  Bezirk  vorhandenen  Privatschulen  und  Privat-Erziehungsanstalten 
die  Wissenschaft!  und  sittl.  Qualification  ihrer  Vorsteher  und  Hülfslehrer  und  die 
Zahl  der  diesen  Privatanstalten  anvertrauten  Jugend  an  das  Ministerium  zu  berichten. 


32 

Circ.-Verf.  v.  23.  Nov.  1883.  „..  .Di*»Prüfdng  derConceftsionsgesuche 
nach  Mafsgabe  der  Instruction  vom  31.  Decbr.  1839,  die  Erteilung  der  stets 
widerruflichen  Concession  und  deren  Entziehung  und  die  Beaufsichtigung  der 
fraglichen  Privatanstalten  gehört,  abgesehen  von  dem  einen  Ausnahmefalle, 
dafs  das  gesamte  Privatschulwesen  der  Eesidenzstadt  Berlin  dem  Egl.  Prov.Sch.C. 
unterstellt  ist,  in  den  Amtsbereich  der  Kgl.  Regierungen.  Die  ausnahmsweise 
Unterstellung  einer  Privatanstalt  unter  das  betr.  Kgl.  Prov.Sch.C.  kommt  nur  in 
dem  Falle  in  Erwägung,  wenn  derselben  bestimmte  Berechtigungen  zuerkannt 
werden  sollen,  insbes.  das  Becht  zur  Ausstellung  von  Zeugnissen  der  wissensch. 
Befähigung  fär  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst. . .  .'* 

Min. -Verf.  v.  21.  Octb.  1864:  —  „Es  liegt  im  Interesse  des  Schutzes 
und  der  Erhaltung  der  bestehenden  öffentl.  Schulen,  auf  welche  die  Commune 
erhebliche  Geldmittel  verwendet,  dafs  auch  vor  Erteilung  von  Concessionen  far 
Privatschulen,  welche  über  die  Aufgabe  der  Elementarschulen 
hinausgehen,  das  vorhandene ^ Bedürfnis  sorgfältig  geprüft  und  festgestellt 
werde." 

Verf.  des  Min.  des  Innern  v.  8.  März  1862:  „Auf  den  Bericht  v« 
—  eröffne  ich  der  K.  Begiemng,  dafs  ich  Anstand  nehmen  mufs,  dem  Gesuch 
des  Schulamtscand.  N.  um  Verstattung  zur  Erteilung  von  Privatunterricht 
innerhalb  des  preufs.  Staats  Folge  zu  geben. 

In  Gemäfsheit  der  §§  14  und  15  der  Staatsmin.  Instruction  v«  31.  Dcb. 
1839  ist  der  Antrag  um  Erteilung  einer  solchen  Genehmigung  bei  der  Schul- 
behörde desjenigen  Orts,  in  welchem  der  Bittsteller  den  Unterricht  geben  will, 
anzubringen,  die  diesfällige  Erlaubnis  selbst  aber,  nachdem  bei  Ausländem  zuvor 
die  Genehmigung  des  Miuist  des  Innern  eingeholt  worden,  von  der  Orts-Schul- 
behörde  zu  erteilen.  Diese  Erlaubnis  beschränkt  sich  also  auf  den  Ort  des 
jeweiligen  Aufenthalts  des  Nachsuchenden,  und  es  ist  daher  das  Gesuch  des  N., 
ihm  für  den  ganzen  Umfang  der  Monarchie  eine  solche  Genehmigung  zu  er- 
teilen, zur  Berücksichtigung  nicht  geeignet.  Dem  Petenten  muiüs  vielmehr  über- 
lassen werden,  sich  an  die  Schulbehörde  des  Orts,  wo  er  den  Unterricht  zu 
geben  beabsichtigt,  zu  wenden,  wonächst  evenü.  die  diesseitige  Genehmigung 
in  dem  durch  den  §  15  1.  c.  vorgeschriebenen  Wege  anderweit  zu  beantragen 
sein  wird."  — 

Durch  eine  C.Verf.  des  Min.  des  Innern  v.  17.  Juli  1862  ist  die 
demselben  bis  dahin  vorbehaltene  Befugnis,  zur  Concessionirung  von  Ausländem 
für  Anlegung  oder  Fortfahrung  von  Privatschulen  seine  Genehmigung  zu  er- 
teilen, ebenso  wie  bei  Inländem  lediglich  den  betreff.  K.  Begierungen  über- 
tragen worden. 

Die  Instr.  v.  31.  Dcb.  1839  findet  auch  in  den  neupreufs.  Landestheilen 
Anwendung;  vgl.  CBl.  1867  p.  255. 

Gewerbeordn.  v.  21.  Juni  1869  (dgl.  1.  Juli  1883).  „1.  Der  Betrieb 
eines  Gewerbes  ist  Jedermann  gestattet,  soweit  nicht  durch  dieses  Gesetz  Aus- 
nahmen oder  Beschränkungen  vorgeschrieben   oder  zugelassen  sind.      6.  Das 

gegenwärtige  Gesetz  findet  keine  Anwendung  auf  das  Unterrichtswesen." 

(1.  Juli  1883,  §  35:  „Die  Erteilung  von  Tanz-,  Tum-  u.  Schwimmunterricht 
als  Gewerbe,  sowie  der  Betrieb  von  Badeanstalten  ist  zu  untersagen,  wenn 
Thatsachen  vorliegen,  welche  die  Unzuverlässigkeit  des  Gewerbetreibenden  in 
Bezug  auf  diesen  Gewerbebetrieb  darthun.") 


33 


m. 

Errichtung  und  Unterhaltung  der  höheren  Schulen. 

1.  Die  Anforderungen  im  allgemeinen.  Eine  gesetzliche  Nöthi- 
gong,  höhere  Schulen  zn  gründen  oder  zn  erhalten,  ist  nicht  vorhanden.  Znr 
Errichtong  einer  höheren  Schule  ist  die  Genehmigung  des  Ministers  erforderlich 
(s.  p.  1).  Dieselbe  wird  einer  städi  Commune  erst  dann  erteilt,  wenn  zuvor 
nachgewiesen  worden,  dafs  far  das  Elementarschulwesen  des  Orts  ausreichend 
gesorgt  ist,  und  dafs  dasselbe  durch  die  far  eine  höhere  Schule  nöthigen  Auf- 
wendungen in  keiner  Weise  beeinträchtigt  wird« 

Dem  Streben  der  kleineren  Städte,  eine  höhere  Schule  zu  besitzuu,  soll 
von  Seiten  der  zunächst  beteiligten  Behörden  mit  Vorsicht  entgegengekommen 
werden,  damit  die  Communen  sich  nicht  mit  zu  grofsen  Lasten  überbürden, 
und  damit  das  allen  dienende  Elementarschulwesen  nicht  allzusehr  zu  Gunsten 
höherer  Schulanstalten  und  der  begüterten  Klassen  herabgedrückt  oder  hint- 
angesetzt werde.  Auch  ist  zu  bedenken,  dafs  dürfkig  ausgestattete  höh.  Schulen 
auf  die  Daner  nur  schwer  mit  wirklich  tüchtigen  Lehrern  besetzt  bleiben. 

Des  erwähnten  Nachweises  hinsichtlich  der  Elementarschulen  bedarf  es 
der  Begel  nach  in  denjenigen  Städten  nicht,  wo  dieselben  von  confessionell 
getrennten  Schulsocietäten  unterhalten  werden,  und  wo  sie  deshalb  durch  die 
seitens  der  politischen  Gemeinde  für  die  höhere  Schule  gemachten  Aufwendungen 
eine  Beeinträchtigung  unmittelbar  nicht  erfahren  können. 

In  zweifelhaften  Fällen  wird  über  die  Prästationsfähigkeit  der  Stadt  zu- 
vörderst der  Bericht  der  E.  Begierung  erfordert  Demnächst  mufs  von  den 
Communalbehörden  eine  angemessene  Dotation  der  Schule  gewährleistet^  ein 
zweckmäfsig  eingerichtetes  Local  far  dieselbe  nachgewiesen  und  ein  Statut 
vorgelegt  werden,  worin  die  Anstalt  als  selbständige  juristische  Person  qualiücirt 
und  n.  a.  auch  ihr  confessioneller  Charakter  bestimmt  ist.  Das  städtische  Schul- 
patronat  übernimmt  femer  die  Verpflichtung,  jederzeit  nach  Mafsgabe  des  von 
der  Aufsichtsbehörde  zu  beurteilenden  Erfordernisses  für  Anstellung  qualificirter 
Lehrer  Sorge  zu  tragen,  und  die  Pensionsansprüche  derselben  gemäfs  den 
darüber  bestehenden  gesetzlichen  Bestimmungen  (s.  in  Abt.  II  Aschn.  Vni) 
sicher  zu  stellen. 

Die  Einrichtung  eines  besonderen  Pensionsfonds  kann  gröfseren 
Stadtgemeinden  erlassen  und  die  Einziehung  der  Pensionsbeiträge  der  Lehrer 
znr  Kämmereikasse  gestattet  werden,  wobei  hauptsächlich  der  Gresichtspunkt 
mafsgebend  ist,  ob  die  Stadt  durch  ihre  Vermögensverhältnisse  und  einen  ge- 
ordneten Haushalt  Sicherheit  dafür  gewährt,  dafs  sie  die  Verpflichtungen  der 
Pensionszahlung  aus  der  Communalkasse  jederzeit  zu  erfüllen  im  Stande  sein 
werde.    (A.  Erlafs  v.  13.  März  1848,  GS.  p.  118). 

Das  Schulstatut  und  der  Etat  bedürfen  ebenso  wie  evenü.  die  Instruction 
für  das  Schulcuratorium  (s.  p.  28)  der  Genehmigung  der  Prov.  Aufsichtsbehörde. 

Das  Erfordernis  an  Lehrkräften  wird  im  allgm.  danach  bemessen, 
dafs  für  je  2  Klassen  3  Lehrer  nöthig  sind.  Dem  Dir.  die  darf  üebemahme 
keiner  so  grofken  Zahl  von  Unterrichtsstunden  zugemuthet  werden,  dafs  er  da- 
durch verhindert  ist,  seinen  übrigen  Verpflichtungen  in  der  Leitung  der  Schule 
ordnungsmäfsig  nachzukommen.  Im  aUgm.  sind  hinsichtlich  der  wöchentl. 
Stundenzahl,  zu  welcher  die  Lehrer  höherer  Schulen  vocationsmäfsig  verpflichtet 
werden  können,  folgende  Bestimmungen  einer  Min.  Verf.  v.  13.  Mai  1863 
maßgebend : 

„Die  Verpflichtung  der  Wissenschaft!,  gebildeten  Lehrer  an  höheren  Unter- 
richtsanstalten  darf  bei  dem  Dir.  oder  Bector  über  14  bis  16,   bei  den  Ober- 

Wlete,  Yerozdiiviig«n.  3 


34 

lehrem  über  20  bis  22,  bei  den  ordenil.  Lehrern  über  22  bis  24  Simiden  nicht 
hinausgehen,  während  den  an  solchen  Anstalten  fangirenden  Elementarlehrem 
eine  wöchenü.  Stundenzahl  von  26  bis  28  auferlegt  werden  kann.  Auch  die 
üebemahme  der  höheren  Stundenzahl  von  22  bis  24  kann  nur  so  lange  als  zu- 
lässig erachtet  werden,  als  die  Frequenz  der  einzelnen  Klassen  eine  geringe  ist 
und  nicht  Correcturen  herbeifuhrt,  welche  viel  Zeit  in  Anspruch  nehmen." 

Diese  aUgm.  Festsetzung  kann  somit  nach  den  besonderen  Zuständen  der 
einzelnen  Anstalten,  aufserdem  aber  auch  nach  den  etwa  zu  berücksichtigenden 
persönl.  Verhältnissen  eine  Modification,  d.  h.  das  angegebene  Maximum  eine 
Ermäfsigung  erfahren. 

Nach  Min.  Verf.  v.  8.  Juli  1878  (C.Bl.  S.  487)  ist  es  nicht  zulässig, 
dafs  in  Vocationen  eine  Verpflichtung  zu  einer  höheren  als  der  bezeichneten 
Zahl  von  Lehrstunden  aufgenommen  werde.  Es  ist  den  städtischen  Behörden 
unbenommen,  die  Verpflichtung  der  Lehrer  an  den  von  ihnen  untemenhalte 
höh.  Schulen  durch  die  Vocationen  ausdrücklich  auf  eine  geringere  Stundenzahl 
zu  beschränken;  sofern  aber  die  Vocationen  über  die  Anzahl  der  Pflicht- 
stunden nichts  enthalten,  so  treten  selbstverständlich  die  allgemein  geltenden 
Bestimmungen  in  Kraft.  Darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  von  der  Maximal- 
grenze der  Verpflichtung  nicht  in  solchen  Fällen. Gebrauch  gemacht  werde,  wo 
dies  in  Folge  grofser  Frequenz  der  betr.  Klassen  oder  umängreicher  Correc- 
turen oder  des  Gesundheitszustandes  eines  Lehrers  zu  einem  Nachteile  für  die 
Schule  und  die  betr.  Lehrer  fuhren  würde,  ist,  falls  von  der  Unterhaltungs- 
pflichtigen Behörde  dieser  Gesichtspunkt  übersehen  sein  sollte,  Sache  der  Kgl. 
Aufsichtsbehörde. 

Min.  Verf.  v.  17.  Aug.  1860,  die  Errichtung  von  Progymnasien 
betreffend:  Die  Bedingungen,  welchen  gegenwärtig  von  dei^enigen  Progymnasien 
genügt  werden  mufs,  die  ihren  Zöglingen  das  Becht  auf  den  einjährigen  frei- 
willigen Militärdienst  durch  ein  Schulzeugnis  sichern  wollen,  sind: 

Es  müssen  die  5  Klassen  VI  bis  n  gesondert  vorhanden  sein  und  im 
wesentlichen  denselben  Klassen  eines  voUsttodigen  Gymn.  gleichstehen.  Für 
die  Aufnahme  der  Schüler  und  die  Cursusdauer  der  einzelnen  Klassen  müssen 
die  für  die  Gymn.  geltenden  Bestimmungen  zur  Anwendung  kommen.  Das 
LehrercoU.  mufs  aus  mindestens  7  Lehrem,  einschliefsl.  des  Bectors,  bestehen, 
und  von  diesen  müssen  aufser  dem  Bector  mindestens  4  durch  Wissenschaft!. 
Studien  vorgebildet  sein  und  sich  darüber  vor  einer  wissenschaftl.  Prüfungs- 
commission ausgewiesen  haben.  Ebenso  ist  ein  unerläfsliches  Erfordernis,  dafs 
aufser  dem  Bector  wenigstens  die  bezeichneten  4  wissenschaftl.  Lehrer  definitiv, 
mit  Besoldungen,  die  in  diesem  FaU  nicht  unter  400  Thlr.  (jetzt  600)  hinab- 
steigen dürfen,  und  mit  gesicherten  Pensionsansprüchen,  angestellt  sind.  In 
der  Ausstattung  der  Schule  dürfen  eine  Bibliothek  und  die  wichtigsten  mathemat, 
geograph.  und  naturwissenschaftl.  Lehrmittel  nicht  fehlen.  Die  betreff.  Prq- 
gymnasien  haben  alljährlich  Schulnachrichten  zu  veröffentlichen  und  darin  jeden- 
falls aufser  dem  Lehrplan  eine  tabellarische  Uebersicht  der  Lectionsverteilung 
und  die  wichtigsten  statistischen  Angaben,  mit  Bezeichnung  der  Confession  der 
Schüler  u.  s.  w.  mitzuteilen.  — 

Min.  Verf.  v.  8.  Juli  1872:  „Bei  deijenigen  Anerkennung  von  Pro- 
gymnasien, welche  denselben  die  ihrer  Kategorie  zustehenden  Berechtigungen 
gewährt,  wird  vorausgesetzt,  dafs  sie  sich  in  ihrer  Einrichtung  von  den  Gym- 
nasien nur  dadurch  unterscheiden,  dafs  ihnen  die  Prima  fehlt.  Da  dieser  Voraus- 
setzung in  Bezug  auf  die  verhältnismäfsige  Zahl  und  die  Qualification  der 
Lehrer  nicht  überall  entsprochen  wird,  so  bestimme  ich  behufs  Herstellung  einer 
gleichmäfsigeren  Ordnung  darin  hierdurch  Folgendes: 


35 

Wenn  ein  einfaches  Gymnadinm  von  6  Klassen,  nach  der  Kegel,  dafs  für 
je  2  KL  3  Lehrer  erforderlich  sind,  9  Lehrer  zfthlt,  und  zwar  anfser  dem  Director 
nnd  dem  Eiementarlehrer  3  Ober-  nnd  4  ordenü.  Lehrer,  so  bedarf  ein  vollbe- 
rechtigies  Ptogymnasiom  Ton  5  Klassen  jedenfalls  7  Lehrerstellen,  nnd  zwar 
an&er  der  des  Bectors  nnd  der  des  Elementarlehrers  eine  Ober-  nnd  4  ordent- 
liche Lehrerstellen.  Das  K.  ProT.Sch.C.  wolle  Sich  dies  bei  der  Errichtung 
neuer  Progymn.  hinsichtlich  des  Etats  nnd  der  Qoalification  der  Lehrer  zor 
Norm  dienen  lassen,  anch  bei  den  in  der  Provinz  bereits  vorhandenen  Progymn./ 
welche  dahinter  noch  zurückbleiben,  eine  dem  entsprechende  Zusammensetzung' 
des  Lehrercoll.  thunlich  bald  herbeifahren.''    Der  Min.  etc. 

C  i  r  c.  y  e  r  f.  v.  3  0.  D  e  c.  1876.  „Die  Anerkennung  einer  höh.  Lehranstalt 
als  höhere  Bürgerschule  oder  Progymnasium  ist  ausschliefslich  Sache 
der  obersten  Schulaufsichtsbehörde  und  kann  wie  die  eines  Gymnasiums  oder 
einer  Bealschule  erst  dann  erfolgen,  wenn  die  äufsere  Bestand-  und  innere 
Leistungsfähigkeit  nach  Mafsgabe  der  dafür  geltenden  Bestimmungen  vollkommen 
gesichert  ist  Die  letztere  insbesondere  soll  auf  Grund  einer  eingehenden  Be- 
vision  nnd  einer  demnächst  von  dem  Unterrichtsminister  anzuordnenden  Ent- 
lassnngsprüfung  derjenigen  Schüler  nachgewiesen  werden,  welche  nach  zwei- 
jährigem Besuche  der  Secunda  der  Anstalt  von  dem  Lehrercollegium  für  reif 
erachtet  werden.  Lidefsen  darf  nicht  unbeachtet  bleiben,  dafs  die  erste  Ab- 
gangsprüfung als  solche  und  das  einzelne  darin  erworbene  Zeugnis  als  solches 
nur  dann  Gültigkeit  erlangt,  wenn  in  der  Centralinstanz  die  gesamten  Ver- 
handlungen und  die  Arbeiten  der  Schüler  geprüft  und  die  Eeifezeugnisse  an- 
erkannt worden  sind.  Aus  diesem  Grunde  wird  auch  der  Gommissar  des  Kgl. 
Prov.Sch.C.  jeder  Beifeerklärung  der  Abiturienten  oder  jeder  Zuerkennung  des 
Beifezeugnisses  sich  zu  enthalten,  vielmehr  denjenigen  Schülern,  welche  nach 
dem  Beschluiüi  der  Commission  in  der  Prüfung  bestanden  sind,  zu  erklären 
haben,  dafs  der  tJnterrichtsminister  über  die  Zuerkennung  des  Beifezeugnisses 
zugleich  bei  der  Anerkennung  der  Anstalt  entscheiden  werde." 

U.  und  PO.  V.  6.  Octb.  1859:  „Sobald  bei  dem  Minister  der  Antrag 
auf  Erteilung  der  Befugnis  zu  gültigen  Abgangsprüfungen  an  einer  höh.  Bürger- 
schule von  Seiten  der  Prov.  Aufsichtsbehörde  gestellt  worden  ist,  wird  zuvörderst 
eine  Bevision  der  Anstalt  veranlafst  und  durch  eine  Prüfung  ilurer  Verhältnisse, 
hinsichtlich  der  Zahl,  'der  wissenschaftl.  Befähigung  und  der  Besoldung  der 
Lehrer,  der  Beschaftenbeit  ihrer  Vocationen,  der  Zusammensetzung  des  Curatoriums 
und  der  gesamten  Ausstattung  der  Schule  mit  Local,  Lehrmitteln  etc.  festge- 
stellt, ob  sie  den  Anforderongen  genügt"  — 

Die  entsprechenden  Anforderungen  für  die  Errichtung  von  Gymnasial- 
und  Beallehranstalten  ergeben  sich  leicht  aus  dem  weiteren  Umfange  und 
den  höheren  Lehrzielen  dieser  Anstalten.  S.  weiterhin  die  Mitteilungen  über 
die  Schuletats  etc. 

U.  und  PO.  V.  6.  Octb.  1859:' „Die  äufsere  Ausstattung  einer  Schule 
ist  nicht  das  MaCs  für  ihren  inneren  Werth;  auch  mit  dürftigen  Mitteln  versehene 
Anstalten  haben  durch  vorzügliche  Befähigung  einzelner  Lehrer  und  durch  die 
Anstrengung  einzelner  oder  vereinter  Kräfte  bisweilen  in  einzelnen  Klassen  und 
G^^nständen  Vorzügliches  geleistet  Aber  das  Eintreten  von  günstigen  Um- 
ständen der  Art  kann  nicht  in  Bechnung  gebracht  werden.  Es  mufs  vielmehr 
zu  den  Erfordernissen  einer  wohleingerichteten  Schule  gezählt  werden,  dafs  in 
der  Beschaffenheit  der  ihr  zu  Gebote  stehenden  Mittel  und  in  der  von  dem 
Pakonat  thatsächlich  ihr  gewidmeten  Fürsorge  eine  sichere  Garantie  dafür  ge- 
geben ist,  dafs  das  Bedürfais  an  Lehrkräften  immer  hinreichend  gedeckt  sei, 
die  einzelnen  Lehrer  nicht  überbürdet  werden  müssen,  einige  Sicherheit  gegen 
den  bei  niedrigen  Besoldungen  häufigen  Lehrerwechsel  vorhanden  sei,  und  für 

3* 


36 

alles  mm  Bestände  einer  höh.  Lehranstalt  und  zn  einem  gedeihlichen  Unter- 
richt Erforderliche  an  Localien,  Apparaten  u.  s.  w.  aasreichend  gesorgt  werde. 
Eine  höhere  wissenschaftl.  ünterrichtsanstalt  kann  als  mit  dem  Nothwendigen 
ausgerüstet  nicht  angesehen  werden,  wenn  deren  Lehrer  zum  Teil  einer  ge- 
sicherten Steünng  entbehren  nnd  auf  Nebenerwerb  so  weit  bedacht  zu  sein  ge- 
nöthigt  sind,  daJ^  sie  der  Schule  nur  einen  Teil  ihrer  Kraft  widmen  können, 
und  aus  demselben  Grunde«  yerhindert  sind,  näheren  persönl.  Verkehr  mit  ihren 
Schülern  zu  pflegen,  sich  den  allgemeinen  pädagogischen  Aufgaben  der  Schule 
zu  widmen  und  auf  ihre  eigene  Wissenschaft!.  Fortbildung  Zeit  zu  verwenden. 
Vom  Standpunkt  der  ünterrichtsverwaltung  kann  es  als  ein  Verlust  nicht 
betrachtet  werden,  wenn  Schulen,  welche  den  hierin  liegenden  Anforderungen  zu 
genügen  aufser  Stande  sind  und  nur  mit  Mühe  ihre  Existenz  als  höhere  Lehr- 
anst^ten  fristen,  in  die  Beihe  der  Mittelschulen  zurücktreten,  die,  bei  zweck- 
mäfsiger  Einrichtung  und  Ausstattung,  dem  ünterrichtsbedürfnis  eines  grofsen 
Teils  des  Bürgerstandes  besser  genügen,  als  unvollkommene  Realschulen.*' 

Vorschulklassen  dürfen  mit  den  vom  Staat  unterhaltenen  oder  sub- 
ventionirten  höh.  Schulen  nur  dann  verbunden  werden,  wenn  die  eigenen  Ein- 
nahmen der  Vorschule  zur  Deckung  ihrer  Ausgaben  ausreichen. 

Bei  neuen  Schulen  wird  zur  Begründung  einer  Bibliothek  (sowohl  der 
für  die  Lehrer  wie  der  für  die  Schüler  bestimmten)  eine  auTserordentL  Auf- 
wendung erfordert;  ebenso  for  die  Lehrmittel,  namentlich  für  den  physikaL 
Apparat;  der  Etat  aber  muijs  für  beides  eine  angemessene  Position  zu  jährl. 
Ausgaben  enthalten. 


2.  Das  confessionelle  Verhältnis.  Die  öffentlichen  höh.  Schulen 
in  Preuüsen  sind  nach  ihren  Statuten  oder  nach  der  überwiegenden  Mehrzahl 
ihrer  Schüler  entweder  evangelische  oder  katholische  oder  jüdische  oder 
den  beiden  chrisÜ.  Confessionen  angehörige  Simultananstalten.  Nach  diesem 
mehr  oder  weniger  bestimmt  hervortretenden  confessionellen  Charakter  der 
Schulen  richtet  sich  die  Wahl  des  Directors  und  der  Lehrer,  der  Mitglieder  des 
Schnlcuratorimns  u.  s.  w.     Vgl.  Abt  11.  über  Anstellung  der  Lehrer. 

Verf.  des  Prov.Sch.  Coli,  zu  Koblenz  v.  2.  Dec.  1875.  „Wie  wir 
der  Direction  auf  den  Bericht  —  eröffnen,  darf,  da  die  Kgl.  Staatsregierung 
einen  Unterschied  zwischen  Alt-  und  Neukatholiken  oder  Alt-  und  Bömisch- 
Katholiken  von  ihrem  Standpunkte  nicht  anerkennt,  eine  derartige  Unterscheidung 
in  der  Bezeichnung  der  katholischen  Schüler  rficksichtlich  der  Beligion  im 
Inscriptionsbuche  und  auf  Zeugnissen  nicht  stattfinden  und  sind  die  betr.  Schüler 
fernerhin  schlechtweg  als  katholisch  au&uführen.'* 

In  neuerer  Zeit  ist  die  Confessionalität  der  höheren  Schulen  gegen  die 
Parität  zurückgetreten,  und  letztere  ist  in  der  Regel  die  Bedingung  der  Gewährung 
von  Bedürfaiszuschüssen  aus  allgem.  Staatsfonds;  s.  Bist,  statisi  Darstlll,  p.  16ff. 

•  Min. Verf.  v.  15.  März  1870:  ,J)er  Begriff  einer  Simultapschule  ist^ 
wie  ich  der  K.  Begienmg  auf  den  Bericht  —  erwidere,  bisher  gesetzlich  nicht 
fijört  worden.  Im  allgm.  wird  darunter  eine  Schule  verstanden,  in  deren  LehrercolL 
grundsätzl.  sowohl  katholische  wie  evangelische  Lehrer  eintreten  können.  Dabei 
die  Parität  beider  Confessionen,  was  die  K.  Begienmg  für  erforderlich  hält,  der- 
gestalt zu  wahren,  dafs  immer  ebenso  viele  evangelische  wie  katholische  Lehrer 
bei  der  Anstalt  vorhanden  seien  und  das  Directorat  zwischen  beiden  Confessionen 
altemire,  kann  als  nothwendig  nicht  angesehen  werden  und  hat  sich,  wo  der  Ver- 
such gemacht  worden  ist,  demgemäfs  zu  verfahren,  nicht  bewährt  Dem  Wohl 
der  Anstalt  zuträglicher  ist  es  vielmehr,  bei  der  Wahl  der  Lehrer,  ohne  eine  der 
beiden  Confessionen  auszuschliefsen,  lediglich  das  vorliegende  Bedürfois  malB- 


37 

gebend  sein  za  lassen,  also  den  kathol.  Lehrer  zu  wählen,  wenn  er  for  die  zn 
besetzende  SteUe  sich  mehr  eignet  als  der  etwa  mit  ihm  zur  Wahl  stehende 
evangelische,  anch  wenn  dadurch  die  Zahl  der  kathol.  Lehrer  der  Anstalt  grOfser 
werden  sollte  als  die  der  evangelischen.  Bei  einer  anderen  Gelegenheit  kann 
das  umgekehrte  Verhältnis  eintreten. 

Wenn  daher  die  städt.  Behörden  zn  N.  ordnungsmäfsig  den  Beschlnfs 
gefafst  haben,  far  die  daselbst  zu  errichtende  höh.  Bürgerschule  einen  evangel. 
Bector,  die  übrigen  Lehrer  aber  so  zu  wählen,  dafs  dabei  das  Bedürfois  der 
Schule  und  die  den  beiden  Confessionen  angehörende  Schülerzahl  billige  Berück- 
sichtigung findet,  so  kann  ihnen  dies  mit  gesetzlichen  Gründen  nicht  gewehrt 
werden;  weshalb  ich  die  E.  Begierung  ermächtige,  diese  Einrichtung  und  damit 
zugleich  die  Errichtung  einer  höh.  Bürgerschule  überhaupt  zu  genehmigen.'' 
Der  Minister  etc.  v.  Müh  1er. 

Von  der  Kegel,  dafs  Schüler  ohne  Unterschied  der  Beligion  und  Confession 
am  Unterricht  teilnehmen  können  (s.  p.  1),  machen  nur  diejenigen  höheren 
Schulen  eine  Ausnahme,  welche  ausschliefslich  Alumnate  sind.  •—  Der  Beligions- 
unterricht  und  die  gemeinsamen  Andachten  richten  sich  nach  der  statutenmäfsigen 
oder  factisch  überwiegenden  Confession  der  Schule.  Es  wird  jedoch  auch  für 
den  Beligionsunterricht  der  anderen  Confession  durch  Bestellung  eines  aus  den 
Mitteln  der  Anstalt  zu  remunerirenden  Beligionslehrers  gesorgt,  ausgenommen 
da,  wo  die  Zahl  der  Schüler  der  anderen  Confession  zu  gerii^  ist,  in  welchem 
Fall  die  religiöse  Unterweisung  solcher  Schüler  dem  Privatabkommen  der  Eltern 
mit  dem  betreff.  Geistlichen  überlassen  wird;  s.  Abschn.  lY. 

Min.Verf.  v.  8.  Aug.  1862:  „Nach  den  der  Eingabe  des  Curatoriums 
der  höh.  Stadtschule  zu  N.  v.  16.  v.  M.  beigefügten  und  von  der  Stadtverordn. 
Versammlung  genehmigten  Statuten  derselben  soll  die  Anstalt  eine  katholische 
sein  und  kathol.  Lehrer  erhalten.  Dieser  von  der  Vertretung  der  Stadt  festge- 
setzte und  den  Bevölkemngsverhältnissen  entsprechende  confessionelle  Charakter 
der  Anstalt  schliefst  jedoch  nicht  aus,  dafs  auch  Schüler,  welche  der  kathoL 
Conf.  nicht  angehören,  dieselbe  besuchen,  und  dafs  von  Seiten  der  Anstalt  auch 
für  die  religiöse  Unterweisung  evangelischer  Schüler  gesorgt  werde,  sobald  die 
Zahl  derselben  nicht  mehr  dauernd  auf  einige  wenige  Schüler  beschränkt  bleibt 
Nach  diesem  Grundsätze,  welcher  auch  bei  städt.  evangel.  Anstalten  in  Be- 
ziehung auf  die  kathol.  Schüler  derselben  in  Anwendung  kommt,  kann  das  Cur. 
nicht  genöthigt  werden,  für  zwei  evangel.  Schüler  einen  evangel.  Beligionslehrer, 
gleichviel  ob  derselbe  auf  Bemuneration  Anspruch  mache  oder  nicht,  anzustellen 
und  denselben  in  das  Lehrercoll.  au&unehmen;  vielmehr  mufs  es  den  evangel. 
Eltern  dieser  beiden  Schuler  überlassen  bleiben,  far  deren  Beligionsunterricht 
in  anderer  Weise  zu  sorgen,  wozu  der  evangeL  Pfarrer  des  Orts  seine  Bereit- 
willigkeit zu  erkennen  gegeben  hat.  Sollte  die  Zahl  der  evangel.  Schüler  in 
dieser  Anstalt  sich  erheblich  und  dauernd  vermehren,  dann  wird  es  an  der  Zeit 
sein,  die  Anstellung  eines  evangeL  Beligionslehrers  herbeizufuhren.'' 

Min.  Verf.  v.  24.  Sptb.  1868:  ,J)a  der  Beligionsuntericht  zu  den 
obügator.  Lehrgegenständen  eines  Gymn.  gehört,  das  städtische  Gymn.  zu  N. 
in  den  eigentlichen  Gymnasial-  und  den  Vorbereitnngsklassen  von  einer  die 
Annahme  eines  Beligionslehrers  erfordernden  Zahl  katholischer  Schüler  besucht 
wird,  auch  dem  kathol.  Ortspfarrer  die  unentgeltl.  Erteilung  dieses  Unterrichts 
nicht  zugemuthet  werden  kann,  so  bleibt  bei  der  Weigerung  der  städt  Behörden» 
ihrerseits  für  den  Beligionsunterricht  der  kathoL  Zöglinge  des  Gymn.  in  N.  und 
seiner  Vorsdiule  zu  sorgen,  nur  übrig,  von  Oberaufkichtswegen  einzuschreiten 
und  behnfe  Durchführung  des  NormaUehrplans  für  die  Gymn.,  welche  die  Be- 
dingung f&r  die  Ausübung  des  Bechts  zur  Entlassung  auf  die  Universität  ist^ 
auf  Gnmd  der  Dienstinstruction  für  die  Prov.  Consistorien  v.  23.  Octb.  1817 


( 


38 

und  der  CO  y.  31.  Dcb.  1825  (GS.  v.  1826  p.  5)  die  Aofnalime  des  auf  —  Thlr. 
jährl.  festgesetzten  Bemnnerationsbetrags  in  den  Gremeinde-Hanshaltsetat  Ton  N. 
gemäfs  §  78  der  Städteordnnng  y.  30.  Mai  1853  von  Amtswegen  zn  bewirken. 
Das  E.  ProY.  Seh.  C.  beauftrage  ich  auf  den  Bericht  y.  — ,  zn  diesem  Zwecke 
mit  der  E.  Begiemng  zn  N.  in  Communication  zn  treten." 

üeber  die  Aufnahme  des  jüdischen  Beligionsnnterrichts  in  den 
Lehrplan  der  öffentL  höh.  Schulen  s.  Eist,  statist  Darst  HI  p.  20  und  hier 
Abt.  II  Abschn.  HI. 


3.  Schuletats  sind  Voranschläge  der  für  die  Schulen  innerhalb  eines 
bestimmten  Zeitabschnitts  zu  bestreitenden  muthmafsl.  Ausgaben  und  der  für 
dieselben  erforderl.  und  zu  erwartenden  Einnahmen.  Für  jede  höhere  Schule 
ist  ein  solcher  Etat  aufzustellen  und  der  Aufsichtsbehörde  zur  Genehmigung 
TOizulegen. 

über  die  der  Aufsichtsbehörde  dabei  zustehenden  Befugnisse  s.  oben  p.  15  ff. 

In  vollständigen  Etats  werden  die  Einnahmen  verzeichnet  unter  den 
Titeln:  1.  Vom  Grundeigentum;  2.  Zinsen  von  Eapitalien;  3.  An  Berechtigungen; 
4.  Hebungen  aus  Staats-  und  anderen  Eassen  und  Fonds;  5.  Hebungen  von  den 
Schülern;  6.  Pensionfonds;  7.  Insgemein.  Titel  der  Ausgaben:  1.  Besol- 
dungen; 2.  Wohnungsgeldzuschüsse;  3.  andere  persönliche  Ausgaben ;  4.  Unter- 
richtsmittel; 5.  Utensilien;  6.  Heizung  und  Beleuchtung;  7.  Bauten;  8.  Ab- 
gaben und  Lasten;  9.  Pensionsfonds;  10.  Insgemein. 

In  Betreff  der  Lehrerbesoldungen  s.  die  Normaletats  nach  den  ver- 
schiedenen Schul-Eategorien  in  Abt  II  Abschn.  VI;  ebendaselbst  die  Verf.  über 
Bedürfniszuschüsse  aus  allgm.  Staatsfonds,  weil  derartige  Zuschüsse  zunächst  auf 
die  Besoldungen  sich  beziehen. 

Das  durch  die  GS.  1876  S.  177  verkündete  Gesetz  vom  29.  Juni  1876 
betr.  die  Verlegung  des  Etatsjahres  u.  die  Feststellung  des  Staatshaushaltsetats 
für  das  Vierte^ahr  vom  1.  Jan.  bis  31.  März  1877  bestimmt  in  §  1:  ^as 
Etatsjahr  für  den  Staatshaushalt  beginnt  vom  1.  April  1877  ab  mit  dem 
1.  April  und  schliefst  mit  dem  31.  März  jedes  Jahres.  Den  communalen  u. 
allen  sonstigen  nicht  staaüichen  Verwaltungen  bleibt  überlassen,  auch  für  ihren 
Haushalt  das  veränderte  Etatsjahr  anzunehmen  u.  die  gegenwärtig  für  die  Auf- 
stellung ihres  Etats,  sowie  far  die  Bechnuugslegung  bestehenden  Termine  ent- 
sprechend abzuändern.  Alle  dem  entgegenstehenden  gesetzlichen  Bestimmungen 
werden  hierdurch  aufgehoben." 

Min.  Verf.  7.  Apr.  1877.  ,J)em  Egl.  Prov.Sch. Coli,  eröffneich,  nach 
Communication  mit  der  Egl.  Ober-Bechnungskammer  auf  den  Bericht  —  betr. 
die  Anwendung  des  staatlichen  Etatsjahres  auf  städtische  höh.  ünterrichtsan- 
stalten,  wie  ich  nicht  zu  genehmigen  vermag,  dafs  bezügl.  derjenigen  ünterrichts- 
anstalten,  welche  Bedürfiniszuschüsse  aus  Staatsfonds  beziehen, .  das  Ealender- 
jahr  als  Etatsjahr  beibehalten  und  in  den  Attesten  über  die  Anwendung  der 
staatlichen  Bedürfniszuschüsse  das  vorhergegangene  Ealendeijahr  als  Zeikaum 
der  Verwendung  bezeichnet  werde.  Die  Beibehaltung  des  Ealenderjahres  als 
Rechnungsperiode  für  diese  Anstalten  würde  die  Durchfuhrung  der  auf  die  Aus- 
führung des  Staatshaushaltsetats  bezüglichen  Grundsätze  u.  Vorschriften  für  diese 
Anstalten  unmöglich  machen.  Dagegen  sind  die  beteiligten  Städte  auch  in  dem 
Falle,  dafs  sie  für  diese  Anstalten  das  staatliche  Etatsjahr  einfahren,  in  der 
Lage,  für  den  städtischen  Haushalt  das  Ealenderjahr  als  Rechnungsjahr  beizu- 
behalten, und  jedenfalls  sind  die  aus  der  Anwendung  verschiedener  Rechnungs- 
perioden hervorgehenden  Nachteile  für  die  Städte  nicht  gröfser,  als  sie  durch 
einen  Beschlufs  auf  Nichteinfahrung  des  staatiichen  Etatsjahres  far  die  vom 
Staate  subventionirten  Anstalten   der  Staatsverwaltung  ohne  Rücksicht  darauf 


39 

aogesonnen  werden,  dafs  letztere  gerade  in  den  hierbei  in  Betracht  kommenden 
Beziehungen  an  die  Beachtung  bestehender  Gesetze  gebunden  ist,  während  den 
Städten  eine  freie  Entschliefsung  zusteht.  In  Betreff  der  in  dem  Bericht 
genannten  Gymnasien,  welche  nur  solche  Zuschüsse  aus  der  Staatskasse  be- 
ziehen, die  auf  Grund  rechtlicher  Verpflichtung  gewährt  werden,  unterliegt  die 
Beibehaltung  des  bisherigen  Etatsjahrs  keinem  Bedenken/' 

Finanz-Min.  Verf.  y.  22.  Mai  187  8.  „Die  Quartale  des  Bechnungs- 
jahres  werden  seit  der  Verlegung  desselben  auf  die  Zeit  vom  1.  April  bis 
31.  März  in  der  Beichsverwaltung  nach  dem  Etatsjahre,  in  der  Preufsischen 
Verwaltung  dagegen  in  Gemäfsheit  des  Circular-Erlasses  vom  12.  Nov.  y.  J. 
(s.  CBl.  1878  S.  66)  nach  den  Monaten  bezeichnet.  A^s  diesem  ungleich- 
m&fsigen  Verfahren  haben  sich  in  dem  zwischen  beiden  Verwaltungen  bestehen- 
den Abrechnungsverkehr  ünzuträglichkeiten  ergeben.  Zu  deren  Beseitigung  wird 
hiermit  unter  Aufhebung  jenes  Circular-Erlasses  bestimmt,  dafs  auch  in  der 
Preufsischen  Verwaltung  künftig  die  Bechnungsquartale  nach  dem  Etatsjahre 
zu  bezeichnen  sind,  also  z.  B.  das  die  Monate  April,  Mai  und  Juni  umfassende 
Quartal:  1.  Quartal  des  Etatsjahres  1878/79.'' 

Circ.  Verf.  V.  6.  April  1880.  „In  Folge  der  auf  Grund  meiner  Verfügung 
Tom  9.  Aug.  y.  J.  (s.  ob.  p.  16)  eingetretenen,  veränderten  Behandlung  der 
staatlichen  Bedürfhiszuschüsse  för  die  Gymnasien  etc.  verbleiben  die  unver- 
wendet  gebliebenen  Mittel  den  Anstaltskassen,  so  dafs  mir  in  Zukunfk  keine 
Ersparnisse  zur  Verfügung  stehen,  aus  denen  die  durch  Zulassung  von  Mehr- 
ansgaben über  die  etatsmäfsigen  Fonds  hieraus  entstehenden  Deficits  bei  den 
aus  Staatsfonds  zu  unterhaltenden  Gymnasien  gedeckt  werden  könnten.  Des- 
halb müssen  Etatsüberschreitungen  — d.h.  eigentliche  Mehrausgaben, 
welche  nicht  aus  den  eigenen  Mitteln  der  betr.  Anstalten  selbst  zu  decken  sind 
—  für  die  Folge  durchaus  vermieden  werden.  Wenn  aber  im  Laufe  eines  Jahres 
bei  der  einen  oder  anderen  Anstalt  unvorhergesehene  Umstände  eintreten,  welche 
dazu  nOthigen,  über  die  in  den  Etats  vorgesehenen  Summen  hinaus  Aufwendungen 
zu  machen,  z.  B.  zur  Bemunerirung  des  Vertreters  eines  erkrankten  Lehrers,  so  mufs 
befiEüglich  solcher  ihrer  Natur  nach  nicht  als  Mehrausgaben,  sondern  als  unvor- 
hergesehene Ausgaben  anzusehenden  Bedürfnisse,  sofern  und  soweit  letztere 
nicht  aus  den  der  Anstalt  verbleibenden  Ersparnissen  gedeckt  werden  können, 
meine  Genehmigung  vor  üebemahme  auf  die  Anstaltskasse  eingeholt  werden, 
um  die  Mittel  zu  jener  Ausgabe  sicher  zu  stellen.  Zur  Annahme  eines  Hülfs- 
lehrers  bei  Erkrankungsfällen  definitiv  angestellter  Lehrer  darf  unter 
diesen  Umständen  in  der  Begel  erst  geschritten  werden,  wenn  sämtliche  übrigen 
Lehrer  zur  vollen  Maximalzahl  der  Pflichtstunden  herangezogen  sind  und  es 
nach  Lage  der  Verhältnisse  durchaus  unthunlich  ist,  ihnen  noch  über  diese 
Zahl  hinaus  die  nicht  zu  deckenden  Unterrichtsstunden  des  Erkrankten  vorüber- 
gehend zuzuteilen.  Auf  die  Beobachtung  dieser  Vorschrift  ist  ein  genaues 
Angenmerk  zu  richten,  und  wenn  durch  die  vorübergehende  Annahme  eines 
Hülfslehrers  ein  Deflclt  voraussichtlich  nicht  zu  vermeiden  ist,  hat  das  EönigL 
ProY.Sch.C.  sich  zunächst  meiner  Bereitwilligkeit  zur  eventuellen  Überweisung 
der  Deckungsmittel  zu  vergewissem.  Wenn  aber  aus  anderen  Gründen  Mehr- 
ausgaben über  die  Etatspositionen  hinaus  erforderlich  werden,  wenn  also  wirk- 
liche Mehrbedürfiiisse,  wie  etwa  die  Erweiterung  einer  Anstalt  durch  Klassen- 
teilungen oder  sonst,  hervortreten,  so  müssen  solche,  wenn  sie  nicht  zweifellos 
ans  den  eigenen  Mehreinnahmen  oder  aus  den  Ausgabeerspamissen  der  betr. 
Anstalt  selbst  befriedigt  werden  können,  so  lange  ausgesetost  bleiben,  bis  die 
hieizu  erforderlichen  Mittel  durch  den  Staatshaushaltsetat  bewilligt  worden  sind. 
Die  dieserhalb  nöthigen  Anträge  sind  bis  spätestens  Mitte  Mai  jedes  Jahres  zu 
steUen;  sofern  nicht  besondere  Bedenken  entgegenstehen,  ist  zur  Deckung  der 


40 

in  Bede  stehenden,  erforderlich  werdenden  Mehrausgabe  zunächst  eine  Erhöhung 
des  Schulgeldes  bis  auf  90  Mark  pro  Kopf  in  Aussicht  zu  nehmen.  Kann 
hiemach  eine  Unzulänglichkeit  der  Mittel  einer  Anstalt  nur  durch  Einnahme- 
Ausfälle  oder  auTserordentliche  d.  h.  unvorhergesehene  Bedürfnisse  eintreten,'  so 
werden  diese  Deficits  nicht  erst  in  das  nächste  Bechnungsjahr  zu  übertragen 
sein,  sondern  das  Kgl.  Prov.  Seh.  Coli,  hat  die  üeberweisung  der  erforderlichen 
Mittel,  zu  deren  eventueller  Bereitstellung  bei  nothwendig  werdenden  Mehraus- 
gaben nach  dem  Vorstehenden  meine  Zustimmung  bereite  vorher  eingeholt  war, 
schon  vor  dem  Finalabschlusse  der  Anstaltekasse  unter  gehöriger  Motivirung  zu 
beantragen.'^ 

Circ.  Verf.  v.  13.  Juli  1881.  „Unter  Bezugnahme  auf  meine  Verf. 
V.  6.  April  V.  J.  mache  ich  das  E.  Prov.Sch.C.  darauf  aufmerksam,  dafs  die 
Deckung  etwaiger  Deficits  bei  den  staatlichen  höh.  Unterrichteanstalten  vor 
Abschlttfs  des  betr.  Bechnungsjahres  bei  mir  in  Antrag  zu  bringen  ist,  und 
empfehle  dem  K.  Prov.Sch.C.  dringend  dafür  zu  sorgen,  dafs  jene  Bestimmung 
für  die  Folge  beachtet  wird." 

Min. Verf.  v.  20.  Aug.  1863:  „Nach  der  Instruction  v.  8.  Sptb. 
1819  (s.  V.  Kamptz  Annalen  Ul  p.  733  ff.)  soll  in  den  Etats  der  Gymn.  und 
sonstigen  höh.  Schulen  das  gesamte  Vermögen  derselben  nachgewiesen  werden, 
so  dafs  daraus  alle  festetehenden  Einnahmen  und  Ausgaben  dieser  Anstalten 
ersehen  werden  können.  Diese  Vorschrift  ist  namentlich  in  Bezug  auf  die 
Stiftungen,  welche  an  den  einzelnen  Schulen  fundirt  sind,  von  erheblicher 
Bedeutung,  weil  sie  ein  geeignetes  Mittel  darbietet,  Verdunkelungen  und  Ver- 
lusten vorzubeugen.  Vollends  bei  Anstalten  landesherrl.  Patronate  oder  Gom- 
patronate  wird  auf  Erfüllung  derselben  besonders  zu  achten  sein.  —  — ^ 

Min.  Verf.  v.  2.  Sptb.  1871:  „Auf  den  Bericht  v.  — ,  das  Gyinn.  zu  N. 
betreffend,  erwidere  ich  dem  E.  Prov.Sch.C,  dafs  den  städt.  Behörden  die  Ver- 
einigung der  Eassenverwaltung  des  unter  ihrem  Patronat  stehenden  Gymn. 
mit  der  städt.  Haupt-Eassenverwaltung  nicht  versagt  werden  kann.  Selbstver- 
ständlich ist  jedoch  bei  einer  derartigen  Vereinigung  über  die  Gyuuiasialkasse 
besondere  Bechnung  zu  legen.  Für  diese  Bechnungslegung  sind  die  allgm.,  für 
die  vom  Staate  subventionirten  Unterrichteanstalten  ergangenen  Vorschriften 
mafsgebend,  so  lange  das  Gymn.  einen  Bedürfhiszuschuib  aus  Staatefonds  bezieht. 
Wollen  die  städt.  Behörden  sich  diesen  Vorschriften  nicht  fügen,  so  müssen  sie 
auf  den  Zuschufs  verzichten,  eventl.  mufs  die  Zahlung  desselben  eingestellt  werden. 

Was  die  Verwaltung  der  bei  dem  Gymn.  in  N.  bestehenden  Stiftungen 
betrifft,  so  hat  die  E.  Begiertlng  zu  N.  mir  i^igezeigt,  dafs  der  jedesmal.  Gymn. 
Director  die  Zinsen  der  unter  seine  Verwaltung  gestellten  Stifbungskapitalien 
lediglich  nach  eigenem  Ermessen  verteile,  die  Verwaltung  der  Eapitalien  indefs 
auf  Wunsch  des  zeitigen  Dir.  und  seiner  Amtevorgänger  durch  den  Magietrat 
erfolge,  dafs  aber  von  etwan.  Veränderungen  der  Eapitalien  dem  jedesmal.  Dir. 
Eenntnis  gegeben,  und  dafs  in  gleicher  Weise  bei  der  Verwaltung  des  Vermögens 
der  Lehrerwitwenkasse  verfahren  werde.  Es  scheint  hienach  irgend  neuer  An- 
ordnungen in  Betreff  dieser  Stiftungen  resp.  der  in  Bede  stehenden  Kasse  nicht 
zu  bedürfen.  Ich  überlasse  dem  E.  Prov.  Seh.  C.  hienach  die  vorliegende  Ange- 
legenheit zu  regeln.'' 

Gesetz  v.  23.  Febr.  1870,  betreffend  die  Genehmigung  zu  Schen- 
kungen und  letztwilligen  Zuwendungen,  sowie  zur  Uebertragung  von 
nnbewegl.  Gegenständen  an  Corporationen  und  andere  juristische  Personen. 

„1.  Schenkungen  und  letztwiU.  Zuwendungen  bedürfen  zu  ihrer  Gültigkeit 
der  Genehmigung  des  Eönigs :  a.  insoweit  dadurch  im  Inlande  eine  neue  Jurist 
Person  ins  Leben  gerufen  werden  soll;  b.  insoweit  sie  einer  im  Inlande  bereits 
bestehenden  Corporation  oder  anderen  Jurist  Person  zu  anderen  als  ihren  bisher 


41 

genehmigten  Zwecken  gewidmet  werden  sollen.  2.  Schenkungen  nnd  letztwill. 
Zuwendungen  an  inländ.  oder  ausländ.  Corporationen  und  andere  Jurist.  Personen 
bedürfen  zu  ihrer  Gültigkeit  ihrem  vollen  Betrage  nach  der  Genehmigung  des 
Königs  oder  der  durch  königl.  Verordnung  ein  für  alle  Mal  zu  bestimmenden 
Behörde,  wenn  ihr  Werth  die  Summe  von  1000  Thlr.  übersteigt  Fortlaufende 
Leistungen  werden  hiebei  mit  5  vom  100  zu  Kapital  berechnet.  3.  Die  Ge- 
nehmigung einer  Schenkung  oder  letztwill.  Zuwendung  in  den  Fällen  der  §§  1 
und  2  erfolgt  stets  unbeschadet  aller  Rechte  dritter  Personen.  Mit  dieser  Maifs- 
gäbe  ist,  wenn  die  Genehmigung  erteilt  wird,  die  Schenkung  oder  letztwiU.  Zu- 
wendung als  von  Anfang  an  gültig  zu  betrachten,  dergestalt,  dafs  mit  der  ge- 
schenkten oder  letztwill,  zugewendeten  Sache  auch  die  in  die  Zwischenzeit  fallen- 
den Zinsen  und  Früchte  zu  verabfolgen  sind.  Die  Genehmigung  kann  auf 
einen  Teil  der  Schenkung  oder  letztwül.  Zuwendung  beschränkt  werden.  4.  Die 
besonderen  gesetzl.  Vorschriften,  wonach  es  zur  Erwerbung  von  unbewegl.  Gegen- 
ständen durch  inländ.  oder  ausländ.  Corporationen  und  andere  Jurist.  Personen 
überhaupt  der  Genehmigung  des  Staates  bedarf,  werden  durch  die  vorstehenden 
Bestimmungen  nicht  berührt.  Soweit  es  jedoch  zu  einer  solchen  Erwerbung 
nach  gegenwärtig  geltenden  Vorschriften  der  Genehmigung  des  Königs  oder  der 
Ministerien  beda^,  können  statt  dessen  durch  königl.  Verordnung  die  Behörden, 
denen  die  Genehmigung  fortan  zustehen  soll,  anderweitig  bestimmt  werden. 
5.  Einer  Geldstrafe  bis  zu  300  Thlr.,  im  Unvermögensfalle  entsprechender  Ge- 
fängnistrafe  unterliegen:  a.  Vorsteher  von  inländ.  Corporationen  u.  anderen  Jurist. 
Personen,  welche  für  dieselben  Schenkungen  oder  letztwill.  Zuwendungen  in  Empfang 
nehmen,  ohne  die  dazu  erforderl.  Genehmigung  innerhalb  4  Wochen  nachzusuchen ; 
b.  diejenigen,  welche  einer  ausländ.  Corporation  oder  anderen  Jurist.  Personen 
Schenkungen  oder  letztwill.  Zuwendungen  verabfolgen,  bevor  die  dazu  erforderl. 
Genehmigung  erteilt  ist.  6.  Die  Bestimmungen  des  gegenwärtigen  Gesetzes  finden 
auf  FamUien-Stiftungen  und  Familien-Fideicommisse  keine  Anwendung.  7.  Die 
mit  dem  gegenwärt.  Gesetz  nicht  in  Einklang  stehenden  Bestimmungen,  insbe- 
sondere das  Gesetz  v.  13.  Mai  1833  (GS.  p.  49),  die  A.  Ordre  v.  22.  Mai  1836 
(G.S.  p.  195),  die  Verordn.  v.  21.  Juli  1843  (GS.  p.  322)  —  werden  aufgehoben." 
Das  Gesetz  v.  27.  Apr.  1872,  die  Ablösung  der  den  geisü.  und  Schul- 
Instituten  zustehenden  Bealberechtigungen  s.  im  CBl.  1872  p.  371  ff. 


4.  S  ch  u  1 1 0  c  a  1.  Dafs  das  Schulhaus  hinlängliche  Bäumlichkeiten,  helle, 
der  Klassenfrequenz  (s.  Abschn.  IV)  genügende  und  zweckmäTsig  eingerichtete 
Klassenzimmer,  einen  Versanimlungssaal  fär  die  gemeinsamen  Andachten,  die 
öffentl.  Schulprüfnngen  u.  s.  w.,  femer  angemessene  Bäume  für  die  Bibliothek 
und  die  anderen  wissenschaftl.  Sammlungen  habe,  gehört  zu  den  Erfordernissen 
jeder  höheren  Lehranstalt.  Ebenso  die  Ausstattung  der  Klassenzimmer  mit 
anschaul.  Unterrichtsmitteln.  Wenn  der  Dir.  keine  Dienstwohnung  im  Schul- 
hause hat,  mufs  aufser  dem  Conferenzzimmer  far  ihn  ein  besonderes  Geschäfts- 
zimmer in  demselben  vorhanden  sein. 

Min.  Verf.  v.  24.  Febr.  1881.  ,J)em  K.  Prov.Sch.C.  erwidern  wir  auf  den 
Bericht  v.  11.  Sptb.  v.  J.,  dafs  die  von  der  K.  Ober-Bechnungskammer  verlangte 
Aufstellung  eines  Inventars  für  das  Gebäude  der  höheren  Bürgerschule 
zu  N.  von  dem  betreffenden  Localbaubeamten  ohne  besondere  Vergütung  aus- 
zuführen ist,  zu  welchem  Zwecke  dem  letzteren  mit  Bücksicht  darauf,  dafs  diese 
Arbeit  neben  den  sonstigen  Dienstgeschäften  vorgenommen  werden  mufs,  eine 
ausreichend  geräumige  Frist  zu  gewähren  isi  Was  die  Form  des  Inventars 
betrifft,  so  bemerken  wir,  dafs  generelle  Vorschriften  über  die  Aufstellung  der 
Inventarien  der  in  Frage  stehenden  Gebäude  nicht  bestehen;  es  erscheint  für 
die  diesfiUligen  Zwecke  der  Unterrichtsverwaltung  ausreichend,  wenn  unter  Bei- 
fügung von  Handskiszen  eine  kurz  gefafste  Beschreibung  der  vorhandenen  Ge- 


\ 


42 

bände  angefertigt  wird,  ans  welcher  die  Constrnction  nnd  Benatzongsart  der 
letzteren  übersichtlich  hervorgeht,  wie  dies  in  ähnlicher  Weise  für  die  Gebände 
der  Eoretverwaltong  durch  den  Circ-Erl.  des  Hm.  Finanzministers  y.  30.  Jan. 
1879^)  vorgeschrieben  worden  ist  Für  die  Aufstellung  von  Inventarien  für 
Dienstwohnungen  ist  §  5  des  Regulativs  vom  26.  Juli  1880  (s.  unter  Dienst- 
wohnungen) mafsgebend.^    Min.  d.  Off.  Arb.    Min.  d.  geistl.  etc.  Ang. 

*)  Auszug.  —  Berlin,  30.  Jan.  1879.  Erforderlich  ist  es  ferner,  besug- 
lich  der  Aufst^lang  nnd  Fortfuhrang  resp.  Berichtigung  und  Bescheinigung  der 
Gebaude-Inventarien,  welche  z.  Z.  sär  verschieden  gehandhabt  wird,  ein  einheit- 
liches Verfahren  herbeizufuhren  und  wird  in  dieser  Beziehung  Nachstehendes  bestimmt. 

A.  Das  durch  den  Bezirksbaubeamten  aufzustellende  Gebäude- In ventarium 
mufs  enthalten:  a.  einen  im  Mafsstabe  von  1 :  500  aufzutragenden  Sitnationsplan, 
welcher  die  Lage  der  Gebäude  zu  einander,  die  Umwährungen,  Brunnen  etc.  und 
die  nächste  Umgebung  des  Gehöftes  ersichtlich  macht,  b.  eine  im  Mafsstabe 
von  1 :  100  aufzutragende  Skizze  von  jedem  einzelnen  Gebäude  unter  Angabe 
sämtlicher  Dimensionen  und  des  Mafsstabes.  Es  ist  dabei:  c.  jeder  Kaum  mit 
einem  Buchstaben  a,  b,  c  etc.  zu  bezeichnen,  d.  die  kurz  und  übersichtlich  zu 
haltende  Beschreibung  der  Baulichkeiten  bezüglich  ihrer  Bauart  und  Beschaffen- 
heit etc.  Dimensionen  sind  dabei  nicht  anzugeben,  ebenso  fällt  die  beschreibende 
Angabe,  wie  die  Räume  zu  einander  liegen,  fert,  —  da  sich  beides  aus  den  Zeich- 
nungen klar  ergeben  mufs.  —  Bei  der  Beschreibung  der  einzelnen  Räume  wird 
der  betreffende  Buchstabe  der  Zeichnung  angegeben. 

B.  Der  Situationsplan  und  die  &ichnungen  von  den  einzelnen  Gebäuden 
sind,  der  besseren  Uebersichtlichkeit  wegen,  in  einem  besonderen  Hefte  zu  vereinigen. 

C.  Der  beschreibende  Teil  des  Inventariums  ist  auf  halb  gebrochenem  Bogen 
zu  schreiben  und  durchgehends  mit  weifsem  Papier  zu  durchschiefsen.  D.  Das 
In  ventarium  ist  in  drei  Exemplaren  aufzustellen  und  fortzuführen  und  zwar: 
ein  Exemplar  für  die  Königliche  Regierung,  ein  desgl.  für  den  Bezirksbau- 
beamten, ein  desgl.  zur  Aufbewahrung  bei  der  Oberförsterei. 

£.  Das  Gebäude-Inventarium,  welches  vornehmlich  den  Zweck  hat,  die 
Gebäude  etc.  den  Nutzniefsem  gegenüber  vor  unbefugten  Veränderungen  etc.  zu 
schützen,  ist  —  um  die  Übersichtiichkeit  desselben  zu  wahren,  nur  für  den  ¥b\\ 
zu  berichtigen,  resp.  zu  ergänzen,  wenn  Veränderungen  in  der  Substanz  eintreten. 
Rej)araturen  bereits  vorhandener  Inventarienstücke,  sowie  Erneuerungen  einzelner 
Teile  derselben  sind  nicht  aufzunehmen.  F.  Die  vorgeschriebenen  Berich- 
tigungen werden  vorgenommen:  a.  vom  Revierverwalter  bei  Bauten  bis  zu  300  Mk. 
b.  vom  Bezirksbaubeamten  bei  Bauten  über  300  Mk.,  sowie  von  allen  Bau- 
lichkeiten auf  den  Oberförster-Etablissements.  Diese  Beamten  berichtigen  zu- 
vörderst das  eigene  Exemplar  und  übersenden  dasfelbe  demnächst  dem  andern 
Beamten  zur  Berichtigung.  Der  Kreisbaubeamte  hat  sein  berichtigtes  und  nach 
den  einzelnen  Oberförstereien  gesondertes  Exemplar  bis  spätestens  zum  1.  October 
jedes  Jahres  an  die  Königliche  Regierung  einzureichen,  woselbst  die  bei  derselben 
befindlichen  Gebäude-Inventarien  mit  möglichster  Beschleunigung  zu  vervollstän- 

Sen  und  demnächst  die  Exemplare  der  Kreisbaubeamten  denselben  wieder  zu- 
srtigen  sind.  G.  Die  erfolgte  Berichtigung  des  Gebäude  -  Inventariums  ist 
bei  Leffuug  der  betreffenden  Kostenrechnung  von  den  sub  F.  ^nannten  aus- 
führenden Beamten  besonders  zu  bescheinigen.  H.  Bei  jeder  Dienstübergabe 
oder  Berichtigung  des  Inventariums  hat  der  Nutzniefser  des  Etablissements  die 
Richtigkeit  durch  Namensunterschrift  anzuerkennen  und  zwar  auf  dem  Exemplar 
des  ]l&ubeamten  und  des  Oberförsters.  J.  Die  üeb^^instimmung  etc.  der 
drei  Exemplare  hat  die  K.  Regierung  bei  den  regelmäfsig  wiederkehrenden  Haupt- 
revisionen der  Forst-Dienst-Etoblissements  controliren  zu  lassen. 

Die  vorhandenen  älteren  Inventarien  sind  allmählich,  jedenfalls  bei  einem 
Dienstwechsel,  im  üebrigen  in  einem  von  der  K.  Regierung  selbständig  festzu- 
stellenden Zeiträume,  welcher  aber  nicht  länger  als  auf  4  Jahre,  den  periodisch 
wiederkehrenden  Hauptrevisionen  entsprechend,  zu  bemessen  ist,  nach  Vorstehendem 
neu  aufzustellen.  Bei  der  Neuaufstellung  hat  der  Kreisbaubeamte  die  Zeichnungen 
zu  sämtlichen  Exemplaren,  den  beschreibenden  Teil  jedoch  nur  zu  einem  Exemplare 
.anzufertigen  und  au  die  K.  Regierung  einzureichen,  woselbst  die  Abschrift  der 
Exemplare  für  die  K.  Regierung  und  die  Oberförster  zu  bewirken  ist. 


43 


üeber  zweckmäfsige  Einrichtung  der  Schnllocale  8.  in  der  Hist. 
Statist  Darst  H,  710  ff.  den  Aufsatz  über  Schnlbanten;  vgl.  GBL  1868  p. 
297  ff.      In  Betreff  der  Vorrichtungen  far  den  Turnunterricht  s.  hier  Abschn.  lY. 

Mafsbestimmungen  für  die  Klassenräume  der  Gymnasien  und 
Vorschulen.  Circ-Verü  v.  23.  October  1879.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  lasse 
ich  beifolgend  ein  Exemplar  der  von  dem  E.  Ministerium  für  Handel,  Gewerbe 
u.  öff.  Arbeiten  unter  d.  17.  Nov.  1870  zusammengestellten  Mafsbestimmungen 
für  die  Klassenräume  der  Gymnasien  und  Vorschulen  mit  dem  Bemerken  zu- 
gehen, dafs  diese  Bestimmungen  bei  Aufstellung  von  Neubauprojecten  für  höh. 
Schulen  und  deren  Vorklassen  in  der  Begel  als  Anhalt  zu  nehmen  sind;  in 
Fällen  jedoch,  wo  die  concreten  Verhältnisse  es  erfordern  oder  räthlich  erscheinen 
lassen,  ist  von  der  Anwendung  dieser  Bestimmung  abzusehen." 

Min. für  Handel  etc.  17.  Nov.  1879.  „Die  äufserste Entfernung,  in 
welcher  der  Schüler  die  Schrift  an  der  Schultafel  noch  deutlich  zu  lesen  vermag, 
beträgt  erfahrungsmäfsig  8,2  m.  Daher  wird  das  äufserste  Mafs  eines  Klassen- 
zimmers, in  der  Richtung  von  der  hintersten  Bank  nach  dem  Podium  des  Lehrers 
hin  nicht  über  9,5  m.,  von  Wand  zu  Wand  gemessen,  betragen  dürfen.  Die  Zimmer- 
breite wird  zwischen  5,7  und  7^  m.  variiren.  Die  Höhe  des  Klassenzimmers 
beträgt  4,|  bis  höchstens  4,4  m. 

Die  innere  Einrichtung  eines  Klassenzimmers  wird  bestimmt:  1)  durch 
den  Sitz  des  Lehrers  und  die  zunächst  demselben  befindliche  Schultafel  oder 
sonstige  Unterrichtsmittel,  2)  durch  Sitze  und  Tische  der  Schüler,  3)  durch  die 
freizulassenden  Gänge  im  Zimmer. 

ad  1.  Der  Sitz  des  Lehrers  nimmt  die  eine  Seite  eines  3,^  ™'  langen, 
1,3  m.  breiten  und  eine  Stufe  hohen  Podiums  ein.  Neben  dem  Sitze  (nicht 
hinter  demselben)  ist  die  Tafel  anzubringen.  Es  bleibt  dabei  auf  dem  Podium 
noch  der  erforderliche  Baum  für  die  declamatorischen  üebungen  der  Schüler, 
ad  2.  In  der  nachfolgenden  Tabelle  sind  die  Grundflächen,  welche  die  Sitze 
nebst  zugehörigen  Tischen  der  Schüler  im  Wilhelms-Gymnasium  zu  Berlin,  in 
den  städtischen  Schulen  zu  Berlin  und  in  denen  zu  Köln  erhalten  haben,  zu- 
sammengestellt. Hiemach  haben  die  Sitze  in  den  Beriiner  Stadtschulen  die 
geringste  Ausdehnung  erhalten;  gleichwohl  erweisen  sie  sich  für  den  praktischen 
Gebrauch  als  ausreichend  und  werden  ihre  Abmessungen  für  neue  Anlagen  bei- 
zubehalten sein. 


Alter  nnd  KUtte 

Wilhelms-Gymnatiam 
in  Berlin. 

Städtische  Schalen 
in  Berlin. 

Städtische  Schalen 
in  Köln.**) 

d«r 

Der  Sitae  nnd  Tiiohe 

Der  SiUe  and  Tische 

Der  Sitse  and  Tische 

8  0  li  fl  1  e  r. 

Breite. 

Tiefe. 

Flftohe. 

Breite. 

Tiefe. 

Fläche. 

Breite. 

Tiefe. 

Fläche. 

m. 

m. 

D«n. 

m. 

m. 

Qm, 

B. 

m. 

Qm. 

*)  L  Elementar-  u. 

Gemeindeschulen. 

Alter  Ton  6  bis  7  Jahraa 

It           »       ö     „  14         n 

Oh. 

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IL  Gymnasien. 

Sexta  und  Qaint« 

10  bii  13  Jahn 

13  bis  16  Jahre 
Sekoada  and  Prima 

16  bis  19  Jahre 
Yorbereitnngklaaten  fQr ' 
höhere  Lehraaetalten 

0,M 

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0.1. 
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*)  Beim  Wilhelms-Gymnasiom   beziehen   sich  die  Mafse  (ad  L)  auf  Vor- 
bereitongsklassen  für  das  Gymnasium. 

^)  In  Köln  die  höheren  Klassen  der  Realschulen. 


44 

ad  3  a.  Der  für  den  Eintritt  der  Schüler  nnd  Lehrer  hestimmte  Gang 
mofs  mindestens  1  m.  hreit  sein.  h.  Der  Baum  far  den  Sitz  des  Lehrers,  resp. 
die  das  Podinm  umgebende  Fläche  erhält  eine  Breite  von  1,9  bis  2  m.  von  der 
Wand  ab  gemessen,  c.  Der  Gang  längs  der  Fensterwand,  resp.  zwischen  dieser 
und  den  Kopfenden  der  Schülerbänke  wird  mit  Bücksicht  auf  die  vorhandenen 
Fensternischen  0,4  m.  breit,  d.  Der  Mittelgang  zwischen  den  Schülersitzen  in 
der  Bichtung  vom  Podinm  nach  der  Hinterwand  des  Zimmers  wird  0,5  m.  breit. 
Dieser  Gang  wird  nur  dann  erforderlich,  wenn  das  Klassenzimmer  so  breit  ist, 
dafs  mehr  als  6  Schüler  neben  einander  sitzen,  e.  Dieser  Gang  hinter  der 
hintersten  Bank,  resp.  zwischen  dieser  und  der  Abschlufsmauer  des  Zimmers 
wird  ebenfalls  0,5  m.  breit.  —  Zur  Bestimmung  der  GesammtgrOfse  des  Klassen- 
zimmers nach  der  Kopfzahl  der  darin  unterzubringenden  Schüler  ergiebt  sich 
nach  dem  «Vorstehenden  ein  pro  Schüler  zu  berechnendes  Flächenmafs  von 
a.  in  den  Unterklassen:  0,9  bis  l,o  Dvi*,  b.  in  den  Mittelklassen:  l,o  bis 
I11  Dm.,  c.  in  den  Oberklassen:  l,i  bis  1,2  Dm.;  und  es  kommen  hiemach, 
nachdem  je  die  ZimmerhOhe  zu  4,^  oder  zu  4^  m.  angenommen  wird,  an  Baum 
auf  den  einzelnen  Schüler:  d.  in  den  Unterklassen:  3,9  bis  4,3,  ei  in  den  Mittel- 
klassen: 4,3  bis  4,g,  f.  in  den  Oberklassen:  4,g  bis  6,2  Kubikmeter. 

Für  den  Unterricht  im  Zeichnen  ist  das  Doppelte  des  vorhin  angegebenen 
Flächenmafses,  far  den  Unterricht  in  der  Physik  und  Chemie  ist  0,2  ^^ 
0,25  Dm.  mehr  als  das  unter  a.  b.  c.  angegebene  Flächenmafs,  und  für  den 
Unterricht  im  Gesänge  ebenso  viel  weniger  pro  Schüler  erforderlich. 

Die  GrOfse  der  Aula  wird  in  der  Begel  nach  der  Anzahl  der  sämtlichen 
Schüler  der  Anstalt  zu  bestimmen  und  es  wird  dabei  das  Mafs  von  0,59  bis 
Oh}  Dm.  pro  Schüler  anzunehmen  sein.  Bei  Gymnasien  von  auf^ergewöhnlich 
bedeutender  Schülerzahl  jedoch  werden  hier  noch  Erwägungen  eintreten,  damit 
zu  exorbitante  Mafsverhältnisse  der  Aula  in  angemessener  Weise  auf  das  wirk- 
liche Bedür&is  beschränkt  werden.'* 

Anbringung  der  Fenster  im  Schulzimmer.  Min. -Verf.  an  die 
K.  Beg.  zu  N.,  13.  Octb.  1879.  „Bei  Bückanschlufs  der  Anlagen  des  Be- 
richtes vom  6.  V.  M.,  betreffend  den  Umbau  des  katholischen  Schul-  und  Küster- 
hauses in  N.,  erwidere  ich  der  K.  Begierung,  dafs  die  von  den  Interessenten 
far  die  Beibehaltung  der  Doppelbeleuchtung  in  den  Klassen  geltend  gemachten 
Gründe  nicht  ausreichend  sind,  um  die  von  dem  bautechnischen  Bureau  meines 
Ministeriums  dagegen  erhobenen  Bedenken  zu  entkräften.  Das  Doppellicht  ist 
unter  allen  Umständen  bei  Schulzimmem  unzulässig,  und  da  sich  hier  mit  vor- 
hältnismäfsig  geringen  Mitteln  eine  Abhülfe  schaffen  läfst,  so  liegt  kein  Anlafs 
vor,  eine  Anordnung,  die  vom  sanitären  Standpunkt  entschieden  zu  verwerfen 
ist)  noch  länger  zu  conserviren.  Es  empfiehlt  sich  deshalb,  die  Fenster  an  der 
Strafsenseite  ganz  zu  blenden  und  das  Licht  nur  von  der  Hofseite  her  durch 
Yermittelung  mehrerer  bis  an  die  Decke  hinaufeurückender  Fenster  einzufahren. 
Der  Einwand,  dafs  bei  hellem  Sonnenschein  die  Vorhänge  herabgelassen 
werden  müfsten  und  so  die  Beleuchtung  unzureichend  würde,  kommt  auf  eine  Ver- 
werfung der  südlichen  Lage  von  Schulzimmem  hinaus,  welche  anderwärts 
gerade  von  den  Interessenten  oft  gewünscht  und  auch  ärztlicherseits  nicht  selten 
empfohlen  wird.'' 

Zur  Schulbankfrage  enthält  das  C.BL  1877  p.  294  eine  Erörterung 
über  das  System  des  Kreisschulinspectors  Dr.  Hippauf  in  Ostrowo. 

Ueber  den  Stand  der  Schulbankfrage  orientirt  femer  folgender  Ministerial- 
erlass  an  die  K.  Prov.Sch.Coll.  v.  30.  Jan.  1885.  „Gelegentlich  der  im  J.  1883 
zu  Berlin  stattgehabten  Allgemeinen  Deutschen  Ausstellung  auf  dem  Gebiete 
der  Hygiene  u.  des  Bettungswesens  habe  ich  Veranlassung  genommen,  die  zu 
der  Ausstellung  eingesandten  Modelle   zu  Schulsubsellien  einer  Prüftmg  und 


45 

Begatachtang  durch  Commissare  meines  Ministeriums  unterziehen  zu  lassen,  am 
dadurch  eine  Unterlage  für  die  Beul^ilung  der  Frage  zn  gewinnen,  welche 
Arten  Ton  Schulbänken  den  in  unterrichtlicher  und  gesundheitlicher  Beziehung 
an  sie  zu  stellenden  Forderungen  am  meisten  entsprechen. 

Nach  den  obigen  Vorschlägen  wird  empfohlen,  für  diejenigen  Anstalten, 
deren  Ausstattung  mit  Subsellien  aus  fiscalischen  Fonds  bestritten  werden  muTs, 
Folgendes  vorzuschreiben:  1.  Die  Subsellien  jeder  Klasse  werden  in  zwei  bis 
drei  der  GrrOfse  und  körperlichen  Entwickelung  der  Schüler  angepafsten  Gröfsen 
gefertigt  2.  In  Volksschulen  sind  der  Kegel  nach  nicht  über  8  Schüler, 
in  den  Vorschulen  u.  den  beiden  unteren  Klassen  der  höh.  Lehranstalten  da- 
gegen 4  bis  höchstens  8  Schüler  auf  einem  Subsellium  unterzubringen.  Die 
sämtlichen  Sitze  eines  Subselliums  dieser  Schulanstalten  resp.  Klassen  werden 
in  einer  durchgehenden  Bank  vereinigt»  welche  mit  einer  einfachen,  sicheren 
und  dauerhaften  Einrichtung  zum  Verändern  der  Distanz  zwischen  Tisch  und 
Bank  zu  versehen  ist.  3.  Für  die  übrigen  Klassen  der  höheren  Lehranstalten 
sind  Subsellien  for  je  2  bis  6  Schüler  zu  beschaffen;  jeder  der  letzteren  erhält 
einen  besonderen  beweglichen  Sitz,  wenn  die  Subsellien  für  mehr  als  2  Schüler 
eingerichtet  sind.  Erlaubt  es  die  verfügbare  Bäumlichkeit  des  Scbnlzimmers, 
so  empfiehlt  sich  die  Beschaffung  von  zweisitzigen  Bänken  mit  Zwischengängen. 
Bei  dieser  Anordnung  ist  die  Anwendung  von  Bänken  ohne  veränderliche 
Distanz  zulässig,  weil  die  Schüler  alsdann  beim  Aufstehen  in  die  Zwischen- 
gänge hinaustreten  können. 

In  Betreff  deijenigen  Sehulanstalten,  zu  deren  Einrichtung  der  Staat  keinen 
Beitrag  leistet,  empfiehlt  es  sich,  durch  Vermittelung  der  Schuku&ichtsbehörden 
daranf  hinzuwirken,  dass  den  obigen  Anforderungen  ebenfalls  möglichst  ent- 
sprodien  werde. 

Ich  habe  inzwischen  dor  K.  Wissensch.  Deputation  für  d.  Medicinalwesen 
G^egenheit  gegeben,  sich  über  die  obigen  Vorschläge  in  sanitärer  Hinsicht  zu 
äufeem.  Dieselbe  ist  dem  Vorschlage  aid  1  im  Ganzen  beigetreten,  hat  jedoch 
den  Wnnsch  ausgesprochen,  dafs  die  zu  wählenden  SubseUiengröfsen  auf  Grund 
von  in  allen  Landesteilen  an  Schülern  vorzunehmenden  Messungen  der  Körper- 
gröfse  festgestellt  werden  mögen. 

Gegen  den  Vorschlag  ad  2  hat,  soweit  er  sich  auf  die  Veränderung  der 
Distanz  durch  Verschiebung  des  Sitzes  bezieht,  die  Wissensch.  Deputation  nichts 
einzQWMiden  und  als  Empfehlung  desselben  noch  besonders  hinzugefügt,  dafs 
dem  Schüler  durch  die  Beweglichkeit  der  für  mehrere  Schüler  gemeinsamen 
Bank  eine  durchaus  genügende  und  für  sein  körperliches  Befinden  gewifs  zn- 
kägliche  Abwechselung  in  dw  Körperhaltung  mehr  gewährleistet  werde,  als 
durch  bewegliehe  Tischplatten. 

Zu  dem  Vorschlag  ad  3  hat  die  Wissensch.  Deputation  den  Wunsch 
ausgesprochen,  es  möge  der  erste  Satz  desselben  lauten:  „Für  die  übrigen  Klassen 
der  höh.  Lehranstalten  sind  Subsellien  für  je  2  bis  4,  höchstens  6  Schüler  zu 
beschaffen." 

Im  Uebrigen  spricht  die  Wissensch.  Deputation  sich  entschieden  gegen 
die  Zulassung  von  Subsellien  mit  unveränderlicher  Distanz,  auch  nur  als  Aus- 
nahme und  in  dem  Falle  aus,  wo  die  Subsellien  nur  zweisitzig  sind,  weil  die 
Forderung  der  veränderlichen  Distanz  eine  principielle  Bedeutung  habe,  der  in  der 
gesamten  Schulhygiene  nur  die  Forderung  eines  genügenden  Lufb^umes  für 
jeden  einzelnen  Schüler  gleich  sei.  Die  Möglichkeit,  beim  Aufstehen  von  der 
acweisitzigen  Bank  aus  derselben  heraus  in  den  Zwischengang  zu  treten,  ändere 
aa  der  sanitären  Bedeutung  einer  variablen  Distanz  gar  nichts;  sie  betreffe 
nnr  die  ganz  technische  und  zum  Teil  pädagogische  Aufgabe,  ein  Subsellium 
herzustellen,  welches  dem  Schüler  das  Aufstehen  ohne  Zwang  gestatte. 


46 

Schliefslich  hat  die  WiBsensch.  Deputation  noch  bemerkt,  dass  sie  ffir 
die  Herstellnng  von  Einzelsitzen  auch  das  System  Yandenesch  ails  ein  bernck- 
sichtigenswerthes  erachte. 

Meine  Absicht  geht  dahin,  gewisse  allgemeine  Directiven  für  die  Wahl 
eines  zu  den  yerschiedenen  Schulzwecken  geeigneten  Banksystems  zu  bieten, 
ohne  weitgehende  Detailbostimmungen  zu  treffen  und  ohne  die  Anwendung 
anderweiter  guter  Systeme  auszuschliessen,  so  weit  sie  nicht  gegen  allgemein 
anerkannte  Grundsätze  hygienischer  oder  pädagogischer  Art  anstofsen.  Beyor 
ich  diese  Absicht  ausführe,  wflnsche  ich  eine  Aeuflierung  über  die  in  Frage 
stehende  Angelegenheit  von  den  beteiligten  Behörden  meines  Bessorts  zu  er- 
halten und  bemerke  erläuternd  dazu  noch  das  Folgende: 

Die  von  der  E.  Wissensch.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  angeregte  Aus- 
führung von  Körpermessungen  an  Schulkindern  in  allen  Teilen  des  Landes 
würde  sehr  vi^  Zeit  in  Anspruch  nehmen  und  doch  schwerlich  ein  for  alle 
Fälle  brauchbares  Durchschnittsergebnis  liefern.  Daher  wünsche  ich  nicht, 
den  Erlafs  bestimmter  Anordnungen  über  die  Gestaltung  der  Schulbänke  oder 
die  Wahl  der  entsprechendsten  Banksysteme  von  der  Durchführung  solcher 
Messungen  abhängig  zu  machen,  da  namentlich  die  zur  Zeit  beabsichtigen 
allgemeinen  Directiven  von  dieser  mehr  auf  dem  Grebiete  der  specielleren  Aus- 
führung liegenden  Frage  wenig  berührt  werden.  Gleichwohl  veraiüasse  ich  die 
beteiligten  Behörden  —  insbes.  die  mit  der  Leitung  von  Volksschulen  und 
Gymnasien  etc.  betrauten  —  sich  zu  dieser  Frage  zu  äufsem  und  anzu- 
geben, ob  sie  schon  etwa  Material  in  dieser  Hinsicht  innerhalb  ihres  Bezirkes  ge- 
sammelt haben,  resp.  ob  sie  die  Veranstaltung  solcher  systematischer  Messungen 
überhaupt  für  empfehlenswerth  und  durchführbar  halten. 

Obgleich  in  dem  Referat  v.  25.  Apr.  v.  J.  die  Anwendung  beweglicher 
Sitze  —  in  durchgehenden  Bänken  oder  vereinzelt  —  behufs  Veränderung  der 
Distanz  als  grundsätzliche  Regel  angenommen  ist,  wünsche  ich  doch  auch  die 
Frage  wegen  event.  Zulassung  von  Subsellien  mit  festen  Tischen  und  Sitzen 
erörtert  zu  sehen. 

Zunächst  ist  schon  im  vorgedachten  Referat  die  Herstellung  einer  ver- 
änderlichen Distanz  dann  als  nicht  „unbedingt  geboten**  bezeichne^  wenn  der 
verfügbare  Raum  im  Schulzimmer  die  Anor^ung  von  nur  zweisiteigen  Sub- 
sellien mit  angemessenen  breiten  Zwischengängen  gestattet,  in  welche  die 
Schüler  beim  Erheben  von  den  Sitzen  ordnungsmäfsig  einzeln  oder  insgesamt 
hinaustreten  können.  Da  die  Wissensch.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  sich 
entschieden  gegen  die  Zulassung  von  Subsellien  mit  unveränderlicher  Distanz, 
auch  nur  als  Ausnahme,  ausgesprochen  hat,  so  ist  es  mir  von  Diteresse  zu 
wissen,  welche  Erfahrungen  die  verschiedenen  Behörden  etwa  in  der  Anwendung 
fester  zweisitziger  Bänke  gemacht  haben  und  welche  Anschauungen  bei  den- 
selben in  Betreff  dieser  Anwendung  obwalten. 

Sodann  ist  bei  Prüfung  dieser  Frage  zu  berücksichtigen,  dafs  zur  Zeit 
noch  wohl  in  der  überwiegenden  Mehrzs^l  von  Unterrichtsanstalten  aller  Art 
feste  Bänke  alter  Construction  im  Gebrauch  sind  und  wahrscheinlich  noch  lange 
im  Gebrauch  bleiben  werden,  da  der  Uebergang  zu  besseren  Systemen  in  der 
Regel  nur  dann  in  Aussicht  genommen  wird,  wenn  die  bestehenden  Einrich- 
tungen abgenutzt  sind,  und  selbst  dann  die  gröfseren  Beschaffungskosten  von 
der  Wahl  des  Besseren  zurückschrecken. 

Dem  gegenüber  kann  nun  zwar  geltend  gemacht  werden,  dafs  die  Um- 
wandlung sonst  gut  construirter  fester  Subsellien  in  solche  mit  variabler  Distanz 
—  etwa  nach  dem  Hippaufschen  oder  Beyerschen  System  —  in  der  Regel  keine 
unerschwinglichen  Kosten  verursachen  würde  und  daher,  wo  irgend  möglich, 
anzustreben  sei.    Immerhin  bleiben  aber  doch  noch  viele  Fälle  übrig,  in  welchen 


47 

sofoitiger  oder  aach  nur  baldiger  üebergang  zn  Sabsellien  mit  unveränderlicher 
Distanz  anf  zn  grofse  finanzieUe  Schwierigkeiten  stOfst.  In  solchen  F&llen  wird 
daher  auch  zn  erwägen  sein,  wie  wenigstens  den  gröfsten  Fehlem  der  bestehen- 
den Einrichtongen  abgeholfen  werden  könne.  Als  den  am  meisten  hygienisch 
und  pädagogisch  ins  Gewicht  fallenden  Fehler,  der  auch  den  hier  vorliegenden 
Infonnationen  gemäfs  sich  am  häufigsten  findet,  mufs  man  eine  zu  grofs  be- 
messene feste  Distanz  —  oft  15  cm  und  darüber  —  bezeichnen.  Dieser  fOr 
das  Schreiben  viel  zu  grofse  Horizontal-Abstand  zwischen  den  Vorderkanten 
von  Tisch  und  Bank  zwingt  den  Schüler  zu  einer  ganz  unnatürlichen,  stark 
vorgebeugten  Haltung  des  Oberkörpers  beim  Schreiben,  während  der  Unter- 
körper den  Sitz  nur  in  seiner  Vorderkante  berührt  Erfahmngsmäfsig  darf  die 
Distanz  das  Mafs  von  5  cm  auf  keinen  Fall  überschreiten,  wenn  hygienisch 
noch  allenfalls  zulässige  Verhältnisse  far  die  Schreibstellung  herbeigefohrt 
weiden  sollen.  Da  nun  an  vielen  solcher  alten  Subsellien  mit  grofser  Distanz 
nch  aufserdem  eine  zu  geringe  Sitzbreite  der  Bänke  vorfindet,  so  empfiehlt  es 
sich,  durch  angemessene  Verbreiterung  der  Bank  nach  vom  die  zu  grofse 
Distanz  auf  ein  Mafs  von  4  bis  höchstens  5  cm  zu  verringern.  Allerdings  wird 
hierdurch  der  Nachteil  herbeigeführt,  dafs  das  Durchgehen  und  Stehen  zwischen 
Bank  und  Tisch  den  Schülem  sehr  erschwert  wird;  doch  mufs  dies  als  der 
verhältnismäfsig  geringere  (wenn  auch  immer  sehr  erhebliche)  Nachteil  be- 
trachtet werden.  Will  man  auch  diesen  vermeiden,  so  erübrigt,  wie  gesagt^  — 
abgesehen  von  den  zweisitzigen  Bänken  —  nur  eine  Anwendung  mit  wechselnder 
Distanz.  Daher  wird  in  jedem  einzelnen  Falle  zu  erwägen  sein,  ob  sich  nicht 
gegenüber  dem  doch  immer  nur  unvollkommenen  Erfolg  einer  gleichfalls  mit 
Kosten  verknüpften  Verbreiterung  der  Bank  der  etwas  gröfsere  Kostenaufwand 
gewinnen  lasse,  welchen  die  Einrichtung  des  Subsellium  mit  veränderlicher 
Distanz  bedingt '^  —  Der  Min.  etc.  v.  Gofsler. 

Heizsysteme  für  Gebäude  höherer  ünterrichtsanstalten. 
Min.- Verf.  v.  12.  Decbr.  1883.  ,J)em  K.  Prov.Sch.C.  sende  ich  die  Anlagen 
des  Berichtes  vom  27.  März  d.  J.,  betreffend  das  Project  zum  Neubau  des  Gym- 
nasiums in  N.  mit  dem  Bemerken  zurück,  dafs  ich  das  Project  der  Abteilung 
füi  das  Bauwesen  im  K.  Ministerium  der  öff.  Arbeiten  mit  dem  Ersuchen  um 
Herbeiführung  der  Superrevision  habe  vorlegen  lassen.  Das  hierauf  eingegangene 
Antwortschreiben  vom  21.  April  d.  J.  lasse  ich  dem  K.  Frov.Sch.C.  zur  Kennt- 
nisnahme und  Mitteilung  an  die  Königl.  Begierung  anbei  in  Abschrift  zugehen. 

Hinsichtlich  des  zu  wählenden  Heizsystems  bemerke  ich  zunächst  in 
üebereinstimmung  mit  dem  Gutachten  der  Bauabteilung  im  Ministerium  d.  öff. 
Arbeiten,  dafs  von  einer  Dampfheizanlage  Abstand  zu  nehmen  sein  wird.  Ob 
aber  eine  Central-Luftheizanlage  oder  Localheizung  mit  Ventilationsöfen  zu 
wählen  sei,  hängt  zum  guten  Teile  mit  von  örtlichen  Verhältnissen  ab,  weshalb 
diese  Frage  noch  näherer  Erörterang  bedarf. 

Es  ist  davon  auszugehen,  dafs  vom  hygienischen  Standpunkte  einprin- 
cipieller  Unterschied  zwischen  Ofenheizung  mit  ausgiebigen  Ventilationsein- 
richtungen und  einer  rationell  angelegten  Luftheizung  nicht  besteht  Es  kommt 
bei  beiderlei  Anlagen  nur  darauf  an,  durch  zweckmäfsige  Einrichtungen  ein 
richtiges  Functioniren  derselben  zu  sichern. 

Für  Luftheiz-Anlagen  ist  es  in  diesem  Sinne  vor  Allem  wichtig, 
dafs  Heizkörper  wie  Heizkammer  in  richtigem  Gröfsenverhältnisse  zu  den  zu 
heizenden  Räumlichkeiten  stehen,  namentlich  nicht  zu  klein  angenommen  werden, 
damit  die  Heizluft  nicht  überhitzt  zu  werden  braucht,  um  den  entsprechenden 
Heizeffect  zu  erzielen.  Die  Anordnung  einer  geräumigen  Heizkammer,  in  welche 
ein  erwachsener  Mensch  eintreten  und  so  den  Heizkörper  und  die  Wände  be- 
sichtigen und  reinigen  kann,  ist  auch  schon  im  Interesse  des  Reinhaltens   der 


48 

Heizluft  nnd  der  steten  Anfisicht  über  den  guten  Zustand  des  Heizkörpers  von 
grofsem  Werthe. 

Bei  den  Kanälen  nnd  Bohren,  welche  die  Verteilung  der  Heizlnft  nach 
den  einzelnen  zn  heizenden  Bäumen  yermitteln,  ist  gleichfalls  auf  genügenden 
Querschnitt,  glatte,  saubere  Wandungen  und  auf  die  Möglichkeit  periodischer 
Beinigung  —  etwa  mittels  eines  feuchten  Wischers  —  zu  achten.  Die  Ver- 
teilungskanäle, welche  die  Luft  in  horizontaler  Bichtung  zu  leiten  haben,  sollen, 
wo  irgend  mOglich,  wenigstens  in  ihrer  Decke  mit  einiger  Steigung  angelegt 
werden,  damit  ihnen  die  warme  Lufb  williger  folgt.  Man  nimmt  gewöhnlich 
an,  dafs  solche  Horizontalleitungen  von  mehr  als  etwa  10  Meter  Länge  nur 
unter  besonders  günstigen  Verhältnissen  eine  genügende  Sicherheit  för  die 
gleichmäfsige  Verteilung  der  Heizlufk  bieten.  Für  langgestreckte  Bauanlagen 
wird  man  daher  mit  einer  Heizstelle  nicht  auskommen.  Besondere  Bücksicht 
ist  auch  auf  die  angemessene  Dimensionirung  der  Zuleitungsröhren  in  dem 
Sinne  zu  nehmen,  dafs  die  Bohrquerschnitte  för  die  höheren  Geschosse  unter 
sonst  gleichen  Verhältnissen  kleiner  herzustellen  sind,  als  für  die  tiefer  gele- 
genen. Eine  genaue  Begulirung  des  gleichmäfsigen  Luftzuflusses  kann  jedoch 
nur  durch  Schieber  stattfinden,  welche  nach  Vollendung  der  Anlage  auf  Grund 
praktischer  Versuche  richtig  einzustellen  sind.  Da  die  Luft  bekanntlich  bei 
höherem  Temperaturgrade  mehr  Wasser  in  sich  aufnehmen  kann,  als  bei 
niedrigem,  so  bedarf  die  Heizluft  der  Anfeuchtung,  wenn  sie  nicht  die  sub- 
jective  Empfindung  der  Trockenheit  erregen  soll.  Geeignete  Anordnungen, 
welche  diese  Anfeuchtung  bewirken,  dürfen  daher  nicht  aufser  Acht  gelassen 
werden.  Ebenso  ist  auf  die  Beinigung  der  Luft,  welche  namentlich  in  grofsen 
Städten  oft  im  Freien  durch  Bufs  und  Staub  verunreinigt  wird,  vor  ihrem  Ein- 
tritte in  die  Heizkammer  durch  passende  Vorkehrungen  je  nach  Bedarf  zu 
sehen.  Viel  kann  oft  in  dieser  Hinsicht  schon  durch  richtige  Wahl  des  Platzes 
für  die  Luftbrunnen  geschehen,  wie  denn  überhaupt  die  Lage  der  Punkte,  an 
welchen  die  dem  Ofen  zuzufahrende  Luft  geschöpft  werden  soll,  auch  mit  Bück- 
sicht auf  die  wechselnden  Windrichtungen,  welche  der  Luftversorgung  teils 
förderlich,  teils  nachteilig  sind,  sorgfältiger  Ueberlegung  bedarf.  In  der  Begel 
bedarf  man  mehrerer  Eidtluftkanäle,  um  je  nach  der  Bichtung  des  Windes  den 
einen  oder  anderen  aufser  Function  zu  setzen,  da  sich  die  absaugende 
Wirkung  eines  starken  Windes  dadurch  in  nachteiliger  Weise  bemerkbar  machen 
kann,  daAi  er  nicht  nur  den  Auftrieb  der  Heizluft  stört,  sondern  auch  die 
Temperatur  der  beheizten  Bäume  herabsetzt.  Gerade  dadurch,  dafs  in  diesem 
Falle  die  Luftheizung  die  entsprechende  Erwärmung  der  zu  beheizenden  Bäume 
nicht  erzielt,  ist  nicht  selten  das  ganze  System  in  Mlfskredit  gekommen.  Eine 
richtige  Zuführung  der  kalten  Luft  gehört  daher  zu  den  Cardinalbedingungen 
der  Luftheizung.  Desgleichen  sind  die  Einlafsöffhungen  für  die  warme  Luft  in 
den  zu  heizenden  Bäumen  in  geeigneter  Höhe  anzubringen  —  ein  Umstand, 
dessen  Nichtbeachtung  häufig  zu  Mifsständen  Veranlassung  gegeben  hat.  Sie 
müssen  sich  mindestens  2,5  M.  über  dem  Erdboden  befinden  und  sind  thun- 
lichst  so  anzulegen,  dafs  sie  sich  bei  der  durch  die  sonstigen  Verhältnisse 
gebotenen  Benutzung  der  Bäume  nicht  unmittelbar  über  den  Sitzbänken  oder 
am  Lehrersitze  befinden. 

Die  regelrechte  Luftzuföhrung  ist  aber  mitbedingt  durch  entsprechende 
Einrichtungen  zum  Abfuhren  der  verbrauchten  Luft,  durch  welche  auch  die  Er- 
haltung einer  angemessenen  Luftreinheit  gesichert  werden  kann.  Sogenannte 
Circulationsheizungen,  bei  welchen  die  Zimmerluft  dem  Ofen  zum  nochmaligen 
Anwärmen  zugeführt  wird,  können  höchstens  beim  Anheizen  als  zulässig  be- 
zeichnet werden.  Fü>  den  regelmäfsigen  Betrieb  mufs  stets  dem  Zuströmen 
frischer  Heizluft  das  Abströmen   der  verdorbenen  Luft  entsprechen.    Die  für 


49 

diesen  letzteren  Zweck  dienenden  Bohren  werden  am  Besten  nach  einem  Saag- 
Bchlote  geleitet»  welcher,  dnrch  das  eiserne  Banchrohr  der  Heizanlage  ange- 
wärmti  die  Snction  der  verbrauchten  Luft  bewirkt. 

Besonders  hervorgehoben  mnfs  noch  werden,  was  zwar  fast  selbstver- 
ständlich erscheint,  aber  doch  nur  zu  häufig  aufser  Acht  bleibt,  dafs  eine  richtige 
Bedienung  der  Anlage  von  der  grOfsten  Wichtigkeit  ist.  Ein  sachkundiger 
Heizer,  dem  auch  die  Beg^irung  der  Temperatur,  das  Einstellen  aller  Klappen, 
kurz  der  ganze  Heizdienst  allein  zusteht,  ist  daher  unbedingtes  Erfordernis  für 
das  gute  Functionifen  selbst  einer  zweckmäfsig  eingerichteten  Centralluftheizung. 

Bei  Ofenheizung  mit  Ventilation  wird  man  zwar  die  Bedienung 
der  Oefen  nicht  von  den  Zimmern,  sondern  von  den  Fluren  aus  bewirken  und 
80  die  enteren  vor  der  Berührung  mit  Heizmaterial  und  Asche  bewahren;  jedoch 
wird  für  fieinhaltung  der  Flure  besonders  Sorge  getragen  werden  müssen,  und 
hieraus  so  wie  aus  der  Bedienung  zahlreicher  einzelner  Heizungen,  dem  Trans- 
porte des  Brennmaterials  und  der  Asche  etc.  erwächst  ein  erheblicher  Mehr- 
bedarf an  Arbeitskräften,  die  übrigens  bei  YentilationBöfen  auch  einer  gewissen 
Schulung  nicht  entbehren  können.  Unter  den  verschiedenen  zweckmä&igen 
Yentilationsöfen  kann  hier  der  Pfälzer  von  aufsen  heizbare  Zimmer-Schachtofen 
wegen  seiner  relativ  einfiichen  Gonstmction  erwähnt  werden.  Er  hat  mit  gutem 
Erfolge  Anwendung  im  neuen  Grebäude  der  Kunstakademie  zu  Düsseldorf  ge- 
funden. Die  hinsichtlich  der  Beschaffenheit  und  der  Zu-  und  Abführung  der 
VentilationBluft  zu  beobachtenden  Vorsichtsmafsregeln  gelten  bei  der  Local- 
heizung  im  Allgemeinen,  wie  bei  der  Centralheizung. 

Unter  Beachtung  vorstehender  Momente,  welche  der  Königlichen  Be- 
gienmg  gleichfalls  mitzuteilen  sind,  wird  dieselbe  zu  erwägen  haben,  welches 
Heizsystem  im  vorliegenden  Falle  zu  empfehlen  sei;  nach  dem  Besultate  dieser 
Erwägung  ist  von  derselben  die  Umarbeitung  bezw.  Ergänzung  der  bezüglichen 
Kostenanschläge  gemäfs  dem  Schreiben  der  Abteilung  für  das  Bauwesen  zu 
veranlassen  und  sind  diese,  denen  jeden&lls  ein  Kostenanschlag  für  die  er- 
wähnten Zimmer-Schachtöfen  und  eine  Berechnung  der  Heizungs-  und  Betriebs- 
kosten für  jedes  der  beiden  Systeme  beizufügen  sind,  nach  erfolgter  Yorrevision 
dem  K.  Prov.Sch.C.  mitzuteilen.  Das  letztere  wolle  sich  vom  Standpunkte  des 
Unterrichtsbetriebes  und  unter  Berücksichtigung  der  bei  den  Anstalten  Seines 
Bessorts  gesammelten  Erfahrungen  ebenfalls  eingehend  darüber  äufsem,  wel- 
chem Heizsysteme  for  den  vorliegenden  Fall  der  Yorzug  zu  geben  sein  würde, 
und  mit  dieser  Aeufserung  die  sämtlichen  technischen  Ausarbeitungen  mir  ein- 
reichen.   Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Zur  Aufklärung  und  Yerhütnng  wahrgenommener  Uebelstände,  so  wie 
zur  Erwägung  für  neue  Anlagen  dient  femer  ein  im  CJ31.  1885,  S.  610 — 6S4, 
abgedruckter  Bericht  des  Prof.  H.  Bietschel  über  die  an  den  Heiz- 
anlagen verschiedener  höh.  Lehranstalten  während  der  Winter 
1882/83  und  1883/84  gemachten  Beobachtungen  und  angestellten 
Untersuchungen. 

Ueber  Beleuchtung  der  .Wohn-,  Schlaf-  und  Unterrichtsräume  in 
Alumnaten  s.  das  Gutachten  der  K.  wissensch.  Deputation  für  das  Medicinal- 
Wesen  vom  27.  Juü  1877  im  C.B1.  1877  S.  332—336. 

Zum  Schutz  gegen  störende  Nachbarschaft  Aus  der  Gewerbe- 
ordnung V.  21.  Juni  1869  (1.  Juli  1883):  „Die  Errichtung  oder  Yerlegung 
solcher  Anlagen,  deren  Betrieb  mit  ungewöhnlichem  (Geräusch  verbunden  ist, 
mulis,  —  der  Ortspolizei-Behörde  angezeigt  werden.  Letztere  hat,  wenn  in 
der  Nähe  der  gewählten  Betriebsstätte  Kirchen,  Schulen  oder  andere  öffent- 
liche   Gebäude    —    vorhanden    sind,    deren    bestimmungsmäfsige    Benutzung 

Wiei«,  Yerordncuigeii.  4 


50 

durch  den  (Gewerbebetrieb  anf  dieser  Stelle  eine  erhebliche  StOrang  erleiden 
würde,  die  Entscheidung  der  höheren  Yerwaltnngsbehörde  darüber  einzuholen, 
ob  die  Ausübung  des  Gewerbes  zu  der  gewählten  Betriebsstätte  zu  untersagen 
oder  nur  unter  Bedingungen  zu  gestatten  sei." 

Anbringung  von  Blitzableitern.  Min.-Yerf.  11. Jan.  1876  an 
den  Hauptlehrer  N.:  „Auf  die  Eingabe  vom  etc.  betreffend  den  Schutz  sämt- 
licher Schulhäuser  gegen  Blitzschlag,  eröffne  ich  Ihnen,  dafs  Torbehaltlich  be- 
sonderer Ausnahmen,  welche  durch  die  eigentümliche  Lage  des  Gebäudes  be- 
gründet sind  u.  in  Absicht  welcher  der  E.  Regierung  die  geei^eten  Yerfögungen 
überlassen  werden,  im  Allgemeinen  die  Anlage  von  Blitzableitern  als  ein  Be- 
dürfnis nicht  angesehen  werden  kann.  Die  Ansichten  darüber,  in  wie  weit 
durch  die  Anlage  von  Blitzableitern  ein  wirksamer  Schutz  der  Gebäude  gegen 
Blitzschläge  erreicht  werden  kann,  sind  nach  dem  Gutachten  der  technischen 
Deputation  für  das  Bauwesen  noch  sehr  schwankend,  und  erst  unlängst  sind, von 
der  E.  Oberbaubehörde  selbst  für  die  neuen  Universitätsgebäude  in  N.  die  pro- 
jectirten  vier  Blitzableiter  entbehrlich  erachtet  worden." 

Versicherung  gegen  Feuersgefahr«  FiscaUsches  Eigentum  wird 
in  der  Regel  nicht,  und  nur  ausnahmsweise  in  dei^jenigen  Fällen  versichert, 
wo  ungewöhnl.  Umstände  dies  räthüch  erscheinen  lassen.  Die  Frage  bedarf 
daher  in  Jedem  einzelnen  Fall  besonderer  Prüfung  nach  Mafsgabe  der  concreten 
Verhältnisse.    Vgl.  CBl.  1864,  579.     1872,  208.     1873,  328. 

Circ-Verf.  v.  21.  Juni  1881.  „Nachdem  ich  im  Einverständnisse  mit 
dem  Herrn  Finanzminister  dahin  Entscheidung  getroffen  habe,  dafs  die  Samm- 
lungen und  Bibliotheken  höherer  staatlicher  Unterrichtsanstalten  gegen  Feuers- 
gefahr zu  versichern  sind,  veranlasse  ich  die  E.  Prov.  Schulcollegien,  zu  erörtern, 
bei  welchen  Anstalten  die  bisher  nicht  bestehende  Versicherung  fraglicher  Art 
sich  empfiehlt,  und  diese  Versicherung  herbeizuführen,  sofern  die  Anstaltskassen 
die  Mittel  dazu  unzweifelhaft  besitzen.  Zur  Vermeidung  unnöthigen  Aufwandes 
ist  die  Versicherung  eines  Affectionswerthes  bei  seltenen  Büchern  und  Hand- 
schriften zu  vermeiden.  Dieselben  sind  entweder  in  der  Versicherungs-Police 
ausdrücklich  als  von  der  Versicherung  ausgeschlossen  zu  bezeichnen  oder  be- 
sonders zu  einem  nicht  übermäfsigen  Betrage  au&uführen.  Ueber  das  Resultat 
•ist  binnen  Jahresfrist  zu  berichten.  Die  in  den  Etats  etwa  enthaltenen  Ver- 
merke wegen  künftiger  inabgangstellung  der  Versicherungsbeiträge  werden  hier- 
durch aufgehoben." 

C.-Verf.  des  Prov.  Seh.  C.  zu  Eiel  v.  16.  Sptb.  1872:  „Mit  Bezug 
auf  den  Bericht  — ,  betreffend  die  Versicherung  der  dortigen  Gymnasial- 
bibliothek, ermangeln  wir  nicht,  dem  Directorat  zu  erwidern,  dafs  von  der 
Anfertigung  einer  Abschrift  der  Bibliotheks-Eataloge  mit  Rücksicht  auf  die 
damit  verbundenen  unverhältnismäfsigen  Eosten  abgesehen  werden  mufs.  Wir 
ersuchen  deshalb  das  Directorat,  mit  der  München-Aachener  Feuerversicherungs- 
Gesellschaft  eine  Vereinbarung  in  dem  Sinne  herbeizuführen,  dafs,  falls  im 
Brandschadenfalle  ein  specieller  Eatalog  nicht  sollte  vorgelegt  werden  können, 
statt  dessen  eine  Vergütung  des  Schadens  nach  der  Zahl  der  Bände  auf  Grund 
eines  für  jeden  Band  festzusetzenden  Durchschnittspreises  stattfinden  solle. 
Wenn  die  München-Aachener  Gesellschaft  eine  solche  Vereinbarung  ablehnen 
sollte,  so  würde  die  Versicherung  bei  dieser  Gesellschaft  nicht  femer  zu  pro- 
longiren,  sondern  unter  den  obigen  Bedingungen  mit  einer  anderen  Gesellschaft 
z.  B.  der  Gothaer,  abzuschliefsen  sein.  Nachdem  die  Versicherungs- Angelegen- 
heit im  obigen  Sinne  geregelt  worden,  ist  die  Zahl  der  in  der  Bibliothek  vor- 
handenen Bände  festzustellen  und  eine  bezügl.  Notiz,  welche  von  Jahr  zu  Jahr 
nach  Mafsgabe  der  erfolgten  Anschaffungen  zu  berichtigen  ist,  aufserhalb  des 
Gymnasialgebäudes  niederzulegen." 


51 

C.Verf.  V.  9.  Juni  1854:  ,4)ie  Verantwortlichkeit,  welche  die  Gymnasial- 
directoren  far  die  Ordnung  und  Beinlichkeit  des  Schullocals  haben,  wird  den- 
selben, mehrfachen  Mitteilungen  zufolge,  besonders  bei  den  Anstalten  städtischen 
Patronats,  dadurch  erschwert,  dafs  Bäume  des  Schulhauses,  Klassenzimmer  etc. 
ohne  Zustimmung  des  Directors  anderweitig  benutzt  werden.  Ich  veranlasse  die 
E.  ProY.  Schulcoll.,  von  der  thatsächlichen  Verwendung  der  Gymnasialiocale 
Kenntnis  zu  nehmen,  und,  ndthigenfalls  unter  Mitwirkung  der  K.  Begierung, 
darauf  zu  halten,  dafs  nichts  dem  Schulzweck  Fremdartiges  in  den  Bäumen  der 
Gymn.  vorgenommen  werde.  Dem  Dir.  mufs  die  ihm  gebührende  Autorität  auch 
in  dieser  Beziehung  gewahrt  werden.  Dies  wird  am  zweckmäfsigsten  durch  die 
Anordnung  geschehen,  dafs  die  betreff.  Schuliocale  zu  anderen  als  Gym- 
nasialzwecken nur  mit  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.G.  nachdem 
Berichte  des  Dir.  benutzt  werden  dürfen." 

Verf.  des  Prov.Sch.G.  zu  Berlin  v.  11.  Novb.  1869:  „Durch  das 
Min^Bescr.  v.  9.  Juni  1854  ist  angeordnet,  dafs  die  Benutzung  der  Schullocale 
zu  anderen  als  Anstaltszwecken  nur  mit  Genehmigung  der  vorgesetzten  Aufsichts- 
behörde stattfinden  darf,  und  ist  von  uns  durch  die  Verf.  v.  19.  Apr.  1855  der 
hies.  Magistrat  ermächtigt  worden,  zur  Benutzung  der  Localitäten  der  Anstalten 
städt  Patronats  1.  für  Wahlverhandlungen,  welche  auf  Grund  der  Gesetze 
oder  der  Bestimmungen  der  vorgesetzten  Staatsbehörden  abgehalten  werden  und 
2.  für  Kunst-  und  wissenschaftl.  Vorträge,  sofern  weder  deren  Objecto,  noch  der 
Charakter  der  Vortragenden  zu  irgend  einem  Bedenken  Anlafs  giebt,  im  Ein- 
verständnis mit  den  betreff.  Directoren,  ohne  besondere  Anfrage  bei  uns  die 
€renehmigung  zu  erteilen,  so  dafs  also  in  allen  Fällen  der  Benutzung  der  An- 
staltsräume zu  anderen  als  Anstaltszwecken,  mit  alleiniger  Ausnahme  der  in 
der  Verf.  v.  19.  Apr.  1855  bezeichneten  Fälle,  unsere  vorgängige  Genehmigung 
einzuholen  ist. 

Obwohl  auf  diese  Bestimmungen  erst  kürzlich  durch  unsere  Instruction 
für  die  Directoren  der  höh.  Lehranstalten  vom  22.  Jan.  1868  §  26  hingewiesen 
ist,  sind  dieselben  doch  gegenwärtig  wiederholt  unbeachtet  geblieben.  Wir 
nehmen  daher  Veranlassung,  die  mitgeteilten  Vorschriften  von  neuem  zur 
pünktlichen  Befolgung  in  Erinnerung  zu  bringen.^ 

Bescr.  derselben  Behörde  an  den  Magistrat  zu  Berlin  v.  4.  Novb.  1872: 
,J)em  Magistrat  eröffnen  wir  auf  die  Vorstellung  v.  18.  v.  M.,  dafs  wir  nach 
den  gesetzlichen  Vorschriften  §  54  seq.  Tit.  12.  T.  11.  A.  LB.,  nach  welchen 
die  Gymnasien  als  besondere  Corporationen  unter  die  Aufsicht  der  betr.  Staats- 
behörde gestellt  sind,  und  nach  dem  den  umfang  und  die  Grenzen  der  Patronats- 
befugnisse  des  Magistrats  speciell  bezeichnenden  Magistrats-Erlasse  v.  3.  Juli 
1841,  sowie  endlich  nach  dem  mittels  unserer  Circ.Verf.  v.  22.  Juni  1854  mit- 
geteilten Min.  Bescr.  v.  9.  Juni  1854,  in  welchem  ausdrücklich  vorgeschrieben 
ist,  dafs  die  Gymnasiallocale  zu  anderen  als  Schulzwecken  nur  mit  Genehmigung 
des  betr.  Prov.  Sch.G.  benutzt  werden  dürfen,  uns  nicht  in  der  Lage  befinden, 
dem  Antrage  entsprechen  zu  können,  welcher  dahin  geht,  „die  Berechtigung  des 
Magistrats  anzuerkennen,  mit  Zustimmung  des  betr.  Directors  eine  einmalige 
Benutzung  eines  Schulsaales  auch  in  den  Fällen  zu  verstatten,  für  welche  dem 
Magistrat  diese  Befugnis  durch  unsere  Verfügung  v.  19.  April  1855  noch  nicht 
erteilt  ist"  um  indessen  dem  Wunsche  des  Magistrats  mit  Rücksicht  auf  die 
örtlichen  Verhältnisse  möglichst  entgegen  zu  kommen,  wollen  wir  unsere  Verf. 
V.  11.  Novb.  1869,  nach  welcher  die  Benutzung  von  Schulräumen  zu  Ver- 
sammlungen, in  welchen  öffentliche  Angelegenheiten  berathen  werden,  grund- 
sätzlich abgelehnt  werden  soll,  dahin  modificiren,  dafs  auch  in  solchen  Fällen 
nach  vorgängiger  Zustimmung  des  Anstaltsdirectors  unsere  Genehmigung  ein- 
geholt werden  kann,  welche,  wenn  nicht  begründete  Bedenken  entgegenstehen 


52^ 

nicht  versagt  werden  wird.  Anfserdem  sind  wir  gern  bereit,  wenn  die  Be- 
nutzung der  Schulräume  für  gewisse  Zwecke  unsererseits  bereits  far  zulässig 
erklärt  ist,  z.  B.  zu  den  Versammlungen  des  Gustav-Adolf- Vereins  und  der 
Kreis-Synoden,  die  Genehmigung  generell  zu  erteilen,  ohne  dafs  es  dann  der 
Wiederholung  des  Antrages  in  jedem  Benutzungsfalle  bedarf/' 

Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  11.  Mai  1878:  „Hinsichtlich  der 
Einräumung  von  Schullocalen  zu  anderen  als  unmittelbar  der  Anstalt  dienenden 
Zwecken  ist  bisher  nicht  an  allen  Schulen  unseres  Aufsichtsbezirkes  dasselbe 
Verfahren  beobachtet.  Um  die  wünschenswerthe  Gleichmäfsigkeit  in  dieser  Be- 
ziehung herzustellen,  ordnen  wir  unter  Hinweis  auf  die  Ministerial- Verfügung 
vom  9.  Juni  1854  far  die  Zukunft  Nachfolgendes  an:  Sobald  der  Dirigent 
'einer  höh.  Lehranstalt  die  zu  einem  anderweitigen  Zwecke  erbetene  Benutzung 
von  Schulräumlichkeiten  im  vorliegenden  Falle  far  nicht  geeignet  hält,  hat  er 
dieselbe  ohne  weiteres  zu  verweigern.  Erscheint  ihm  dieselbe  dagegen  ^^unbe- 
denklich, so  steht  es  ihm  frei,  seinerseits  die  erbetene  Erlaubnis  zu  erteilen. 
Er  hat  aber  in  diesem  Falle  uns  nachträglich  davon  in  Kenntnis  zu  setzen. 
Ist  es  dem  Dirigenten  zweifelhaft,  ob  die  Erlaubnis  zu  gewähren  sein  möchte 
oder  nicht,  oder  wünscht  er  aus  anderen  Gründen  den  Bescheid  uns  zu  über- 
lassen, 80  hat  er  uns  die  Sache  berichtlich  vorzutragen  und  unsere  Entscheidung 
abzuwarten.  Selbstverständlich  dürfen  aus  einer  solchen  Einräumung  von 
SchuUocalen  zu  Zwecken,  für  welche  dieselben  nicht  unmittelbar  bestimmt  sind, 
niemals  der  Schulkasse  Ausgaben  irgend  welcher  Art  erwachsen." 

Verf.  derselben  Behörde,  Schleswig  d.  8.  Mai  1883:  „Hinsichtlich  der 
Einräumung  von  Schullocalen  zu  anderen  ^s  unmittelbar  der  Anstalt  dienenden 
Zwecken  ist  durch  unsere  Verfügung  vom  11.  Mai  1878  angeordnet  worden, 
dafs  es  den  Dirigenten  der  höh.  Lehranstalten  unseres  Auüsichtsbezirks  frei- 
stehen soll,  zu  anderweitiger  Benutzung  von  Schulräumlichkeiten,  sobald  ihnen 
dieselbe  unbedenklich  erscheint,  die  erbetene  Erlaubnis  zu  erteilen.  Als  be- 
denklich müssen  wir  es  aber  bezeichnen,  wenn,  wie  es  neuerdings  vorgekommen 
ist,  Sectirem  die  Benutzung  der  Aula  eines  Gymnasiums  für  den  öffentlichen 
Vortrag  ihrer  religiösen  Anschauungen  und  Lehren  gestattet  wird.  Es  erscheint 
das  abgesehen  von  allem  anderen  schon  der  Schüler  wegen  unzulässig,  die  aus 
dem  Umstände,  dafs  derartige  Vorträge  in  der  Aula  ihrer  Schule  gehalten  werden 
dürfen,  leicht  den  irrigen  Schlufs  ziehen  könnten,  der  Inhalt  derselben  werde 
von  ihren  Lehrern  gebilligt.  Ew. . .  wollen  demnach,  sobald  um  die  Ein- 
räumung der  Aula  zu  religiösen  Vorträgen  irgend  welcher  Art  gebeten  wird, 
Sich  zunächst  Gewifsheit  darüber  zu  verschaffen  suchen,  ob  es  sich  auch  nicht 
um  die  Verbreitung  der  Lehren  einer  aufserhalb  der  Landeskirche  stehenden 
Secte  handelt.  Dazu  ist  die  Benutzung  der  ächullocale  nicht  zu  gestatten,  im 
übrigen  aber,  falls  irgend  welche  Zweifel  sich  darüber  erheben  sollten,  ob  die 
Erlaubnis  zur  Benutzmig  der  Schullocale  zu  gewähren  sei,  nach  Mafsgabe  un- 
serer Verfügung  vom  11.  Mai  1878  unsere  Entscheidung  einzuholen." 


\ 


53 
IV. 

ünterriclit. 

Circular-Rescript  v.  24.  October  1837, 
die  für  den  Unterricht  und  die  Zucht  auf  den  Gymnasien  getroffenen 

allgemeinen  Anordnungen  betreffend. 

Aus  den  gutachtlichen  Berichten  sämtlicher  K.  Prov.-Schnlcollegien  über 
den  im  ersten  Stücke  der  hiesigen  medicinisohen  Zeitung  v.  J.  enthaltenen  Auf- 
satz des  Kegrierungs-Medicinalraths  Dr.  Lorinser:  „Zum  Schutz  der  Gesund- 
heit in  den  Schulen^'  hat  das  Ministerium  die  erfreuliohe  Ueberzeugung  ge- 
wonnen, dafs  in  den  diesseitigen  Gymnasien  der  Gesundheitszustand  der  Jugend 
im  Allgemeinen  recht  befriedigend  und  in  der  bisherigen  Einrichtung  dieser  Lehr- 
anstalten kein  hinreichender  Grund  zu  der  beunruhigenden  Anklage  vorhanden  ist, 
welche  der  pp.  Lorinser  gegen  die  deutschen  Gymnasien  überhaupt  erhoben  hat. 
Wenn  die  krankhaften  Erscheinungen  des  Geistes  und  Körpers,  welche  der 
pp.  Lorinser  im  Widerspruche  mit  andern  Aerzten  bei  dem  jüngeren  Geschlechte 
bemerkt  zu  haben  behauptet,  wirklich  vorhanden  sind,  so  ist  es  wenigstens  durch 
die  bisherige  Erfahrung  in  keiner  Art  erwiesen,  dafs  durch  die  Gymnasien  und 
ihre  Verfassung  jene  krankhaften  Anlagen  hervoi^rufen  und  gesteigert  werden. 
Das  Ministerium  kann  sich  daher  auch  nicht  veranlafst  sehen,  auf  den  €h*und  jener 
Anklage  die  bisherige  Verfassung  der  Gymnasien  im  Wesentlichen  abzuändern, 
zumal  da  die  Sorge  w^en  Bescnützung  der  Gesundheit  in  den  Gymnasien  fort- 
während die  Aufmerksamkeit  der  E.  Prov.-Schulcollegien  in  Anspruch  genommen, 
die  Lehrer-CoUegien  in  ihren  vorschriftsmäfsigen  Conferenzen  und  die  Gymnasial- 
Directoren  in  ihren  aufserordentlichen  Zusammenkünften  immer  von  neuem  aufs 
Emstlichste  beschäftigt  und  in  den  einzelnen  Provinzen  der  Königl.  Staaten  zweck- 
dienliche Anordnungen  hervorgerufen  hat,  damit  die  körperliche  und  geistige  Ge- 
sundheit und  Eräftigkeit  der  Jugend,  so  weit  die  Gymnasien  auf  dieselben  ein- 
wirken können,  nicht  nur  nicht  gefährdet,  sondern  vielmehr  auf  jede  thunliche 
Weise  erhalten  und  gefördert  werde. 

Li  mehreren  Verfügungen  und  namentlich  in  der  ausführlichen  Gircuhu> 
Verfugung  vom  29.  März  1829  hat  das  Ministerium  diesen  hochwichtigen  Gegen- 
stand den  Königl.  Prov.-SchulcoUegien  zur  sorgfältigsten  Berücksichtigung  von 
neuem  dringend  empfohlen,  vor  jeder  Uebertreibung  nachdrücklichst  gewarnt  und 
sich  aufs  Entschiedenste  dahin  ausgesprochen,  dafs  zwar  den  Schülern  in  den 
Gymnasien  die  Beschwerden,  Mühseligkeiten  und  Aufopferungen,  welche  die  un- 
vermeidliche Bedingung  eines  der  Wissenschaft  und  dem  Dienste  des  Staats  und 
der  Kirche  gewidmeten  Lebens  sind,  mittelst  einer  stätig  und  naturgemäfs  sich 
entwickelnden  Bildung  vergegenwärtigt,  sie  früh  an  den  Ernst  ihres  Berufs  ge- 
wöhnt und  zum  muthigen  Vollbringen  der  mit  demselben  verbundenen  Arbeiten  ge- 
stählt, aber  alle  überspannte  und  dem  jedesmaligen  Standpunkte  ihrer  Kraft  nicht 
gehörig  angepafste  Forderungen  durchaus  vermieden  werden  sollen. 

Wenn  auch  hiemach  mit  Grund  anzunehmen  ist,  dafs  bei  einer  umsichtigen 
und  gewissenhaften  Ausfuhrung  der  in  Bezug  auf  die  (Gymnasien  bereits  erlassenen 
gesetzlichen  Vorschriften  die  geistige  und  körperliche  Gesundheit  der  Jugend  nicht 
gefährdet,  vielmehr  durch  den  Ernst  des  Unterrichts  und  die  Strenge  der  Zucht, 
wie  sie  in  den  Gymnasien  herrschen,  selbst  gegen  die  verderblichen  Einflüsse  der 
oft  verkehrten  häuslichen  Erziehung  und  der  materiellen  Bichtungen  der  Zeit  er- 
folgreich geschützt  wird:  so  glaubt  das  Ministerium  dennoch  die  erfreuliche  Auf- 
merksamkeit und  lebendige  Teilnahme,  welche  der  oben  gedachte  Aufsatz  des 
pp.  Lorinser  in  den  verschiedensten  Kreisen  der  Gesellschaft  gefunden  hat,  nicht 
unzweideutiger  ehren  zu  können,  als  indem  dasselbe  wesentliche  in  den  Gymnasien 


*)  Abdruck  nach:  Annalen  der  PreuTsischen  innem  Staats- Verwaltung, 
herausg.  von  K.  A.  v.  Kamptz.  21.  Bd.  Jahrgang  Berlin  1837.  —  Es  ist  üblidi 
gewesen,  obiges  Eeacript  nach  den  blauen  Umschlägen  der  amtlich  ausgegebenen 
nthographirten  Exemplare  als  das  blaue  Buch  zu  bezeichnen. 


54 

wahrgenommene  Gebrechen  und  Mängel,  welche  der  gedeihlichen  Wirksamkeit 
dieser  Anstalten  hemmend  entgegentreten,  so  viel  als  möglich  abzustellen  sucht 
und  zueleich  über  mehrere  den  Unterricht  und  die  Zucht  in  den  Gymnasien  be- 
treffende Funkte,  die  noch  einer  näheren  Bestimmung  zu  bedürfen  scheinen,  im 
Folgenden  das  Erforderliche  festsetzt. 

1)  Nach  der  bisherigen  Erfahrung  wird  den  Gymnasien  ihre  Aufgabe,  die 
ihnen  anvertraute  Jugend  formell  und  materiell  zu  einem  gründlichen  und  gedeih- 
lichen Studium  der  Wissenschaften  vorzubereiten  und  zu  befähigen,  ungemein 
dadurch  erschwert,  dafs  ihnen  zur  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  fort- 
während Knaben  zugeführt  werden,  welche  nicht  die  erforderlichen  Elementar- 
kenntnisse oder  wegen  ihres  noch  zu  zarten  Alters  nicht  das  gehörige  Mafs  von 
körperlicher  und  geistiger  Energie  besitzen.  Auf  diese  Weise  werden  die  Gym- 
nasien genÖthigt,  Gegenstände,  weiche  offenbar  noch  der  Elementarschule  angehören, 
in  den  Kreis  ihres  Unterrichts  zu  ziehen,  und  während  andere  Knaben  mit  den 
erforderlichen  Elementarkenntnissen  gleichfalls  in  die  unterste  Klasse  eintreten, 
wird  schon  hier  der  Grund  zu  der  ffrofsen,  das  Gedeihen  des  Unterrichts  vielfach 
hemmenden  Ungleichartigkeit  der  Sdiüler  gelegt,  mit  welcher  die  G^ymnasien  immer 
noch  kämpfen.  Wenn  früher  bei  dem  ungenügenden  Zustande  des  städtischen 
Elementarschulwesens  der  Mafsstab  für  die  A^enntnisse  der  in  die  unterste  Gym- 
nasialklasse aufzimehmenden  Knaben  auf  mechanisches  Lesen,  nothdürftiges  Schreiben 
und  die  ersten  Elemente  des  Rechnens  selbst  mit  Genehmigung  des  Ministeriums 
beschränkt  worden :  so  ist  jetzt,  nachdem  fast  überall  in  den  Städten  die  Elementar- 
schulen geregelt  und  verbessert  sind,  zur  ferneren  Beibehaltung  dieses  zu  beschränk- 
ten Mafsstabes  kein  dringender  Grund  vorhanden.  Im  Interesse  der  Elementar- 
schulen wie  der  Gymnasien  will  das  Ministerium  daher  anordnen,  dafs  von  jetzt 
an  die  Aufnahme  der  Knaben  in  die  unterste  Gymnasialklasse  nicht  vor  ihrem 
zehnten  Lebensjahr  erfolgen  und  von  ihnen  gefordert  werden  soll: 

a.  Geläufigkeit  nicht  aUein  im  mechanischen,  sondern  auch  im  logisch-richtigen 
Lesen  in  deutscher  und  lateinischer  Druckschrift;  Kenntnis  der  Kedeteile  und 
des  einfachen  Satzes  praktisch  eingeübt;  Fertigkeit  im  orthographischen 
Schreiben; 

b.  Einige  Fertigkeit,  etwas  Dictirtes  leserb'ch  und  reinlich  nachzuschreiben; 

c.  Praktische  Geläufigkeit  in  den  vier  Species  mit  unbenannten  Zahlen  und  in 
den  Elementen  der  Brüche; 

d.  Elementare  Kenntnis  der  Geographie  namentlich  Europas; 

6.  Bekanntschaft  mit  den  Geschichten  des  alten  Testaments  und  mit  dem 
Leben  Jesu; 

f.  Erste  Elemente  des  Zeichnens,  verbunden  mit  der  geometrischen  Formenlehre. 
Körperlich  schwachen  Knaben  und  Jünglingen  ist  zwar,  wenn  sie  die  er- 
forderlichen Vorkenntnisse  besitzen,  die  Aufnuime  in  die  Gymnasien  auch  ferner- 
hin nicht  zu  versagen.  Da  aber  die  Ghjrmnasial- Verfassung  nicht  auf  sieche  und 
kranke,  sondern  auf  gesunde  Knaben  und  Jünglinge  berechnet  ist,  so  sind  die 
Eltern,  welche  für  solche  körperlich  oder  auch  geistig  untüchtigen  Söhne  die 
Aufnahme  nachsuchen,  vor  den  Gefahren,  welchen  sie  dieselben  aussetzen,  um  so 
ernstlicher  zu  warnen,  je  häufiger  noch  immer  junge  Leute,  die  für  ein  Handwerk 
und  Gewerbe  zu  schwach  sind  oder  scheinen,  sich  ohne  allen  innem  Beruf  zu  den 
wissenschaftlichen  Studien  drängen  und  der  grofsen  in  dieser  Laufbahn  unvermeid- 
lichen Anstrengung  erliegen.  Auch  ist  den  Eltern  in  angemessener  Art  zu  empfeh- 
len, ihre  Söhne  weder  in  einem  zu  sehr  vorgerückten  Alter,  noch  ohne  die  nöthiffen 
Subsistenzmittel  den  Gymnasialcursus  beginnen  zu  lassen,  damit  sie  nicht  ohne 
alle  Schuld  der  Gymnasien  sich  gezwungen  sehen,  auf  Kosten  ihrer  Gesundheit  durch 
unnatürliche  Anstrengung  das  fniher  Versäumte  wieder  einzubringen,  oder  sich  am 
Taffe  durch  Frivatstunden  den  ihnen  fehlenden  Unterhalt  zu  verdienen  und  der 
noüiwendigen  Nachtruhe  die  zur  Anfertigung  der  Arbeiten  für  die  Schule  erforder- 
liche Zeit  zu  entziehen. 

2^  Die  Lehrgegenstände  in  den  Gymnasien,  namentlich  die  deutsche, 
lateiniscne  und  griechische  Sprache,  die  Beligion sichre,  die  philosophische  Propä- 
deutik, die  Mathematik  nebst  Physik  und  Naturbeschreibung,  die  Geschichte  und 
Geographie,  sowie  die  technischen  Fertigkeiten  des  Schreibens,  Zeichnens  und 
Singens,  und  zwar  in  der  ordnungsmäfsigen,  dem  jugendlichen  Alter  angemessenen 


55 

Stufenfolge  und  in  dem  Verhältnisse,  worin  sie  in  den  verschiedenen  Klassen  ge- 
\ehri  werden,  machen  die  Grandlage  jeder  höheren  Bildung  aus  nnd  stehen  zu 
dem  Zwecke  der  (Gymnasien  in  einem  eben  so  natürlichen  als  nothwendigen  Zu- 
sammenhange. Die  Erfahrung  von  Jahrhunderten  und  das  Urteil  der  Sachver- 
standigen, auf  deren  Stimme  ein  vorzügliches  Gewicht  gelegt  werden  mufs,  spricht 
dafür,  dafs  gerade  diese  Lehrgegenstände  vorzüglich  geeignet  sind,  um  durch  sie 
und  an  ihnen  alle  geistigen  Kräfte  zu  wecken,  zu  entwickeln,  zu  stärken  und  der 
Jugend,  wie  es  der  Zweck  der  Gymnasien  mit  sich  bringt,  zu  einem  gründlichen 
und  gedeihlichen  Studium  der  Wissenschaften  die  erforderliche,  nicht  blos  formelle, 
sondern  auch  materielle  Vorbereitung  und  Befähigung  zu  geben.  Ein  Gleiches 
^st  sich  nicht  von  dem  Unterrichte  in  der  hebräischen  Sprache,  welche  vorzugs- 
weise nur  für  die  künftigen  Theologen  bestimmt  und  als  Vorbereitung  zu  einem 
speciellen  Facultätsstudium  dem  allgemeinen  Zwecke  der  Gymnasien  fremd  ist, 
und  von  der  französischen  Sprache  behaupten,  welche  ihre  Erhebung  zu  einem 
Gegenstande  des  öffentlichen  Unterrichts  nicht  sowohl  ihrer  innem  Vortrefflichkeit 
und  der  bildenden  Kraft  ihres  Baues,  als  der  Rücksicht  auf  ihre  Nützlichkeit  für 
das  weitere  praktische  Leben  verdankt.  Wenn  indessen  äufsere  Gründe  rathen, 
den  Unterricht  in  der  hebräischen  und  französischen  Sprache  auch  noch  ferner  in 
den  Gymnasien  beizubehalten,  so  gehen  dagegen  jene  oben  gedachten  Lehrgegen- 
stände aus  dem  inneren  Wesen  der  Gymnasien  nothwendig  hervor.  Sie  sind  nicht 
willkürlich  zusammengehäuft ;  vielmehr  haben  sie  sich  im  Laufe  von  Jahrhunderten 
als  Glieder  eines  lebendigen  Organismus  entfaltet,  indem  sie,  mehr  oder  minder 
entwickelt,  in  den  Gymnasien  immer  vorhanden  waren.  Es  kann  daher  von 
diesen  Lehrgegenständen  auch  keiner  aus  dem  in  sich  abgeschlossenen  Kreise  des 
Gtymnasialunterrichts  ohne  wesentliche  Gefährdung  der  Jugendbildung  entfernt 
werden,  und  alle  dahin  zielenden  Vorschläge  sind  nach  näherer  Prüfung  unzweck- 
nuLfsig  und  unausführbar  erschienen.  Indem  folglich  diese  Lehrgegenstände,  mit 
Eins^lufs  der  hebräischen  und  französischen  Sprache,  ihre  bisherige  Stelle  im 
System  des  Gymnasialunterrichts  auch  femer  behaupten  sollen,  besorgt  das  Mi- 
nisterium aus  dieser  Mafsregel  in  keinerlei  Art  nachteilige  Folgen  für  £e  körper- 
liche und  geistige  Entwickelung  der  Jugend,  vorausgesetzt,  dsd^s  das  wahre  Ver- 
hältnis dieser  Lehrgegenstände  zu  der  den  Gymnasien  gestellten  Aufgabe  von  allen 
Lehrern  und  auf  jeder  Stufe  des  Unterrichts  richtig  gewürdigt  wird.  Kein  Lehr- 
gegenstand in  den  Gymnasien  ist  als  Zweck  für  sich,  sondern  jeder  nur  als  dienen- 
des nnterffeordnetes  Mittel  zur  Erreichung  des  gemeinsamen  Zwecks  zu  betrachten 
und  zu  bäandeln.  Aber  das  lebendige  Band,  welches  alle  Lehrfächer  umfassen 
und  zur  Einheit  verbinden  soll,  wird  gelöst,  das  unerläfsliche  Zusammenwirken 
aller  Lehrer  wird  gestört  und  die  Erreichung  ihres  gemeinsamen  Ziels  wird  er- 
schwert, selbst  in  vielen  fallen  unmöglich  gemacht,  wenn  ein  G^ymnasiallehrer 
einzelne  ihm  übertragene  Lehrfächer  auf  Kosten  der  übrigen  betreibt,  ihr  gegen- 
seitiges Verhältnis  wie  das  Bedürfnis  der  Klasse,  die  ihm  angewiesen  ist,  unbeachtet 
läfst  und  sowohl  in  dem,  was  er  seinen  Schülern  mitteilt,  als  in  dem,  was  er  von 
ihnen  fordert,  mafslos  über  die  Schranken  hinausgeht,  welche  dem  Gymnasial- 
nnterricht  für  jedes  Lehrfach  und  für  jede  Klasse  gezogen  sind.  Das  Ministerium 
mufs  auf  den  Grund  der  vorliegenden  Berichte  befürchten,  dafs  auch  in  den  dies- 
seitigen Gymnasien  manche  jüngere  und  weniger  erfahrene  Lehrer,  bald  bei  der 
Auswahl  des  mitzuteilenden  Lehrstoffes,  bald  bei  der  Art  der  Mitteilung  und  Be- 
handlung desselben,  die  Grenzen  des  Gymnasialunterrichts  überschritten  und,  anstatt 
jedes  ihnen  übertragene  Lehrfach  zur  harmonischen  Uebung  der  geistigen  Kraft 
ihrer  Schüler  zu  benutzen,  sie  mit  einer  zerstreuenden  Masse  materieller  Kennt- 
nisse überhäuft  und  durch  solche  nnd  ähnliche  Uebertreibungen  der  irrigen  Meinung, 
als  ob  die  Mannigfaltigkeit  der  Lehrgegenstände  in  den  Gymnasien  den  Geist  der 
Jugend  verwirre  und  abstumpfe,  selbst  Vorschub  geleistet  haben.  Die  Directoren 
der  G^ymnasien  waren  und  sind  eben  so  verpflichtet  als  berechtigt,  solchen  Mifs- 
griffen  einzelner  Lehrer  mit  aller  Entschiedenheit  entgegen  zu  treten,  gegen  deren 
einseitige  Richtun^^  den  gemeinsamen  Zweck  der  Gymnasialbildung  geltend  zu 
machen  und  rücksichtslos  darauf  zu  halten,  dafs  jeder  Lehrer  die  für  seine  Klasse 
und  sein  Fach  vorgeschriebenen  Lehr-Pensen  |fenau  beachte.  Die  K.  Prov.Schul- 
oollegien  haben  die  Gymnasialdirectoren  für  die  umsichtige  Erfüllung  dieser  ihnen 
obliegenden  Pflicht  aufs  neue  verantwortlich  zu  machen,  aber  auch  zugleich  denen 


56 

unter  ilmeD,  welche  mit  Lehrstanden,  Correctoren  und  anderen  Arbeiten  zu  sehr 
überhäuft  sind,  die  erforderliche  Erleichterung  zu  verschaffen,  damit  sie  dem  Unter- 
richte der  andern,  besonders  jüngeren  Lehrer  desto  öfter  beiwohnen  können. 

3)  Um  ungeachtet  der  Mannigfaltigkeit  der  Lehrgegenstände  in  den  Gym- 
nasien die  nöthige  Einheit  im  Untemchte  und  in  der  Meuiode  zu  bewirken,  eine 
möglichst  gleichmäfsige  Ausbildung  der  Schüler  herbeizuführen  und  auch  ihnen 
das  lebendige  Band,  welches  alle  Lehrgegenstände  vereint,  fühlbar  zu  machen  und 
zur  geistigen  Anschauung  zu  bringen,  hat  das  Ministerium  schon  längst  für  alle 
Gymnasien  das  Klassensystem  und  das  Klassen-Ordinariat  angeordnet. 
Bei  einer  sachgemäfsen  Durchführung  dieses  Systems  müssen  in  derselben  Klasse 
die  verwandten  Lehrgegenstände  nicht,  wie  bisher,  getrennt  neben  einander  in  ver- 
schiedenen Stunden,  sondern  können  in  denselben  Stunden  mit  und  nach  einander 
behandelt  werden.  Hiemach  scheint  es  räthlich  und  thunlich,  in  den  beiden  un- 
teren Klassen  das  Lateinische  und  Deutsche,  sowie  die  Geschichte,  Geographie 
und  Naturbeschreibung,  in  den  mittleren  und  oberen  Klassen  die  Geschichte  und 
Geographie,  sowie  die  Mathematik  und  Physik  zu  einander  auf  die  angedeutete 
Weise  in  ein  n^eres  Verhältnis  zu  bringen.  Femer  sind  zur  VermeiSing  der 
wesentlichen  Nachteile,  welche  für  die  Einheit  des  Unterrichts  aus  der  Teilung  der 
Lehrgegenstände  in  einer  und  derselben  Klasse  unter  zu  viele  Lehrer  erwachsen, 
nicht  nur  die  Zweige  eines  und  desselben  Lehrgegenstandes  und  die  verwandten 
Lehrfächer,  sondern  auch  die  einander  nahe  stehenden  Lehrobjecte  so  viel  als  nur 
irgend  möglich  Einem  Lehrer  anzuvertrauen.  Dieser  Bestimmung  gemäfs  sollen  in 
den  beiden  unteren  Klassen  jedenfalls  das  Lateinische  und  Deutsche,  in  den  beiden 
mittleren  Klassen  das  Lateinische,  Griechische  und  Französische,  und  in  den 
beiden  oberen  Klassen  das  Lateinische,  Griechische  und  Deutsche,  oder  auch  das 
Griechische,  Deutsche  und  Französische  in  der  Regel  nur  Einem  Lehrer  übertragen, 
femer  in  den  unteren  Klassen  die  Geschichte,  Geographie  und  Naturbeschreibung, 
in  den  mittleren  und  oberen  Klassen  die  Geschichte  und  Geographie,  und  in  der 
obersten  Klasse  die  Mathematik,  Physik  und  philosophische  Propädeutik  so  viel 
als  möglich  in  Eine  Hand  gelegt  werden.  Auf  diese  Weise  werden  für  die  Sprachen 
und  Wissenschaften  in  den  unteren  Klassen  zwei,  in  den  mittleren  drei  und  in 
den  oberen  höchstens  vier  Lehrer  überall  ausreichen.  Damit  die  Schüler  mehr 
und  mehr  den  wissenschaftlichen  Zusammenhang  ihrer  Lectionen  fassen  und  fest- 
halten, und  zum  Bewufstsein  von  der  Einheit  des  Unterrichts  gelangen,  scheint  es 
dem  Ministerium  räthlich  und  thunlich,  manche  Lehrgegenstände,  anstatt  sie  wie 
bisher  gleichzeitig  und  auf  die  verschiedenen  Wochentage  verteilt,  neben  einander 
herlaufen  zu  lassen,  von  jetzt  an  nach  einander  in  der  Art  zu  behandeln,  dafs  z. 
B.  in  demselben  Semester  und  in  derselben  Klasse  zwar  Geographie  und  Geschichte, 
aber  jene  in  den  ersten  Monaten  ausschflieslich,  diese  allein  in  den  letzten  Monaten 
gelehrt  werde.  Ein  ähnliches  Verfahren  kann  auch  in  Hinsicht  der  Arithmetik 
und  Geometrie,  sowie  der  lateinischen  und  griechischen  Schriftsteller  eintreten  und 
namentlich  in  Bezug  auf  diese  letzteren  die  Einrichtung  stattfinden,  dafs,  während 
es  bei  der  Vorschriu,  in  Einem  Semester  und  in  Einer  Klasse  nur  Einen  lateinischen 
und  griechischen  Prosaiker  und  Dichter  zu  erklären,  auch  femer  verbleibt,  die  erste 
Hälfte  des  Semesters  ausschliefslich  dem  Prosaiker,  und  die  übrige  Zeit  nur  dem 
Dichter  zugewandt  werde.  Diese  und  ähnliche  Veranstaltungen  werden  jedoch  nur 
in  dem  Mafse  ihrem  Zwecke  entsprechen,  als  es  je  länger  je  mehr  gelingen  wird, 
für  das  schwierige,  aber  einfluTsreiche  Geschäft  der  Klassen-Ordinarien  tüchtige 
Lehrer  von  allgemein  wissenschaftlicher  Bildung,  von  treuer  Liebe  und  Hingebung 
für  ihren  Beruf  und  von  gereifter  Erfahrung  zu  gewinnen,  welche  die  ihnen  an- 
vertrauten Lehrfächer  wahmaft  durchdrungen  haben  und  beherrschen,  in  klarer 
und  stets  wacher  Einsicht  von  dem  Zusammenhange  derselben  mit  den  übrigen 
Lehrobjecten  und  mit  dem  gemeinsamen  Zweck  des  Gymnasialunterrichts  in  allen 
Fächern  das  zur  allgemeinen  Entwicklung  und  zur  intensiven  Bildung  ihrer  Schüler 
dienende  Material  auszuwählen,  das  Wesentliche  vom  Unwesentlichen  zu  sondern 
wissen,  und  endlich  durch  die  Eeinheit  und  Würde  ihres  Charakters,  wie  durch 
den  nulden  Ernst  ihrer  ganzen  Haltung  eine  unauslöschliche  Ehrfurcht  vor  der 
sittlichen  Macht,  welche  das  Leben  der  Menschen  regiert,  in  der  ihrer  väterlichen 
Obhut  und  Pflege  übergebenen  Klasse  zu  erwecken  vermögen.  Im  Ganzen  erfreuen 
sich  die  diesseitigen  G^rmnasien  eines  Lehrstandes,  welchem  das  ehrenvolle  Zeug- 


57 

nis  ffebührt,  dafs  er  sich  eben  so  sehr  durch  gründliche  wissenschaftliche  Bildung 
als  durch  regen  pflichtmäfsigen  Eifer  für  seinen  Beruf  und  durch  willfähriges  Ein- 

§ehen  in  die  wohlverstandenen  Anordnungen  der  vorgesetzten  Behörden  auszeichnet 
omit  giebt  das  Ministerium  gern  der  Hofinung  Baum,  dafs  sich  in  diesem  Lehiv 
Stande  auch  eine  hinreichende  Anzahl  von  Männern  finden  werde,  welche  zur 
Führung  eines  Klassen-Ordinariats  tüchtig  und  geneigt,  und  insbesondere  im  Stande 
sind,  die  Hauptfacher  und  die  Mehrzahl  der  wöchentlichen  Lectionen,  wie  es  im 
Wesen  der  Klassen-Ordinarien  lieg^  in  der  ihnen  anzuvertrauenden  Klasse  mit 
glücklichem  Erfolge  zu  übernehmen.  Den  K.  Frov.SchulcoUegien  liegt  es  ob,  mit 
umsichtiger  Sorgfalt  unter  den  Lehrern  nicht  blofs  eines  Gymnasiums,  sondern 
sammtlicher  Gymnasien  der  Provinz  die  fähigsten  und  tüchtigsten  zum  Klassen- 
Ordinariate  auszuwählen,  ihre  Versetzung  von  einem  Gymnasium  zum  andern  nach 
dem  jedesmaligen  Bedüifnisse  der  betreffenden  Anstalt  in  angemessener  Art  herbei- 
zuführen, und  auf  ihre  Beförderung  sowie  auf  die  Verbesserung  ihrer  äufseren  Lage 
bei  jeder  schicklichen  Gelegenheit  Bedacht  zu  nehmen. 

Wie  es  dem  Ministerium  eine  angelegentliche  Pflicht  sein  wird,  zu  den  er- 
ledigten Stellen  der  Gymnasial-Directoren  und  der  Schulräthe  vorzugsweise  solche 
Lehrer,  welche  sich  als  Klassen-Ordinarien  während  längerer  Zeit  in  jeder  Be- 
ziehung bewährt  und  ausgezeichnet  haben,  Allerhöchsten  Orts  in  Vorschlag  zu 
bringen,  so  hat  dasselbe  zur  Aufmunterung  der  Klassen-Ordinarien  beschlossen, 
ihnen  von  jetzt  an  das  Prädikat:  „Oberlehrer'*  ausschiefslich  beizulegen,  da- 
gegen den  bisherigen  Unterschied  zwischen  Ober-  und  ünterlehrer  hiermit  um  so 
mehr  aufzuheben,  als  es  nöthig  scheint,  der  irrigen  Vorstellung  entgegen  zu  treten, 
dafs  die  Fähigkeit,  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  erteilen,  wie  achtungs- 
werth  übrigens  auch  das  hierzu  erforderliche  Mafs  von  Gelehrsamkeit  und  wissen- 
schaftlicher Bildung  ist  und  bleibt,  schon  an  sich  eine  höhere  Würde  verleihe  und 
dem  betreffenden  Lehrer  ohne  Weiteres  einen  so  bedeutenden  Vorzug  gebe  vor 
denen,  die  zu  Folge  des  ihnen  erteilten  Prüfun^zeugnisses  nur  zu  dem  Unterricht 
in  den  unteren  oder  mittleren  Klassen  befugt  sind. 

4)  Die  gesetzliche  und  herkömmliche  Zahl  wöchentlicher  Lehrst nnden 
ist,  wie  die  ganze  G^mnasialeinrichtung,  eben  so  wenig  auf  schwache,  als  auf  vor- 
züglich begabte,  vielmehr  auf  Schüler  von  gewöhnlichen  körperlichen  und  geistigen 
Kräften  berechnet.  Für  diese  sind  nach  vieljähriger  Erfahrung  und  nach  dem 
Urteile  von  Aerzten  täglich  vier  Lehrstunden .  des  Vormittags  und  an  vier  Tagen 
der  Woche  zwei  Stunden  des  Nachmittags  nicht  zu  viel,  zumal  da  in  allen  G^- 
nasien  nach  der  zweiten  Stunde  des  Vormittags  und  nach  der  ersten  Stunde  des 
Nachmittags  den  Schülern  eine  viertelstündige  Erholung  im  Freien  gegönnt  wird, 
zwischen  jeder  der  übrigen  Lehrstunden  eine  Pause  von  wenigstens  fünf  Minuten 
erlaubt  ist  und  zwischen  dem  vor-  und  nachmittäglichen  Unterricht  eine  gröfsere 
Pause  von  zwei  Stunden  eintritt,  welche  in  der  Regel  nicht  zu  Geistesarbeiten  ver- 
wandt wird.  Femer  gewähren  die  zwei  freien  Nachmittage,  die  Sonntage  und  die 
verschiedenen  Hauptferien,  welche  etwa  den  sechsten  Teil  des  Jahres  einnehmen, 
kleinere  und  gröfsere  Ruhepunkte  und  lassen  den  Schülern  zur  Abspannung  des 
Geistes  und  zur  Uebung  des  Körpers  Zeit  genug  übrig.  Bei  solchen  regelmäfsigen 
Unterbrechungen  der  Lehrstunden,  wie  bei  der  ganzen  mehr  oder  weniger  erote- 
matischen  Art  und  Weise  des  Schulunterrichts,  ist  ein  vier-  oder  sechsstündiger 
Aufenthalt  in  hellen,  luftigen,  geräumigen  und  mit  zweckmäfsigen  Tischen  und 
Subsellien  versehenen  Schulzimmem  der  naturgemäfsen  Entwickening  des  Körpers 
nicht  hinderlich  und  wird  überhaupt  für  die  (^sundheit  der  Jugend  keine  andere 
Gefahr  haben,  als  die,  welche  von  jeder  sitzenden  Lebensart  unzertrennlich  ist. 
Das  Ministerium  kann  daher  eine  Verminderung  der  gesetzlichen  Zahl  von  32 
wöchentlichen  Lehrstunden  nicht  für  begründet  erachten,  macht  aber  den  K.  Prov. 
ScholcoUegien  nochmals  aufs  Dringendste  zur  Pflicht,  eine  Ueberschreitung  dieser 
Zahl  in  keinem  Falle  und  unter  keinerlei  Verwände  weiter  zu  dulden. 

Um  bei  Verteilung  dieser  wöchentlichen  Stundenzahl  auf  die  einzelnen  Lehr- 
gM^enatände  nicht  sowohl  eine  durchgängige  Einförmigkeit,  als  vielmehr  nur  im 
Wesentlichen  der  Gymnasialeinrichtung  die  nöthige  Gleichheit  zu  erzielen,  wird  in 
der  Anlage  (a.)  eine  allgemeine  Uebersicht  der  für  die  Gymnasien  angeordneten 
Lehrgegenstände,  in  welcher  einem  jedem  derselben  nach  seiner  Bedeutung  für  den 
allgemeinen  Bildungszweck  der  Gymnasien  eine  passende  Stundenzahl  und  nach 


58 

seinem  VerhältniBse  zu  den  verschiedenen  Bildungsstufen  und  Klassen  eine  ange- 
messene Stellung  gegeben  ist,  zur  leitenden  Norm  mitgeteilt  Dieser  allgemeinen 
Uebersicht  eemäfs,  ist  für  jedes  Gfymnasium,  unter  Berücksichtigung  seiner  eigen- 
tümlichen Verhältnisse  und  des  wechselnden  Bedürfnisses  seiner  einzelnen  Klassen 
alljährlich  ein  Lectionsplan  festzustellen  und  demselben  eine  genaue  Abgrenzung 
der  Zielleistungen  für  jede  Klasse  und  jedes  Fach  beizufügen.  Wenn  hiemach  in 
Hinsicht  des  Lectionsplanes  der  einzelnen  Gymnasien  eine  freie  Bewegung  inner- 
halb der  allgemeinen  Vorschrift  ausdrücklich  gestattet  wird,  so  darf  andererseits 
für  die  Beligionslehre,  für  die  Sprachen  und  die  Werke  des  classischen  Altertums 
und  für  die  Mathematik,  welche  in  ihrer  lebendigen  Gemeinschaft  vorzüglich  geeig- 
net sind,  den  wesentlichen  Zweck  des  Gymnasialunterrichts  zu  verwirklichen,  die 
ihnen  bestimmte  wöchentliche  Stundenzahl  nicht  vermindert  und  die  Stelle,  welche 
ihnen  als  den  Hauptgliedem  des  Organismus  gebührt,  nicht  verrückt  werden.  Den 
Unterricht  in  der  französischen  Sprache  wegen  ihrer  Nützlichkeit  für  das  praktische 
Leben  schon  in  der  vierten  Klasse  beginnen  zu  lasssen,  scheint  dem  Ministerium 
nicht  angemessen,  weil  in  dieser  Klasse  ohnehin  schon  ein  neuer  Lehrgegenstand, 
die  griechische  Sprache,  hinzutritt,  auch  der  untergeordnete  Zweck  des  französi- 
schen Sprachunterrichts  während  des  sechsjährigen  Gursus  in  den  drei  oberen 
Klassen  durch  zwei  wöchentliche  Lehrstunden  ganz  füglich  zu  erreichen  ist.  An 
die  Stelle  der  Physik  in  der  zweiten  Klasse  kann  der  naturgeschichtliche  Unter- 
richt und  zwar  um  so  mehr  treten,  als  in  dieser  und  der  folgenden  Klasse  für  die 
Physik  die  unentbehrliche  Grundlage  mittelst  des  mathematischen  Unterrichts  noch 
fortwährend  gewonnen  wird,  in  dem  zweijährigen  Gursus  der  ersten  Klasse  in  zwei 
wöchentlichen  Stunden  Zeit  genug  für  den  Unterricht  in  der  Physik,  wie  ihn  der 
wissenschaftliche  Zweck  der  Gymnasien  erfordert,  gegeben  ist,  und  es  endlich  räth- 
lich  scheint,  das  Naturleben,  das  in  den  vier  unteren  Klassen  von  Stufe  zu  Stufe 
entwickelt  worden,  nochmals  in  seinen  wichtigsten  Gestaltungen  den  Schülern  der 
zweiten  Klasse  vorüber  zu  führen  und  ihnen  die  Idee  desselben  zum  BewuTstsein 
zu  brixigen. 

Der  Zeichen-  und  Gesane-Unterricht  ist  in  allen  Gtymnasien  so  zu  legen, 
dafs  an  demselben  auch  die  Scnüler  der  'oberen  Klassen,  welche  ihn  aus  Talent 
und  besonderer  Neigung  fortzusetzen  wünschen,  nach  freier  Wahl  Teil  nehmen 
können.  Um  dem  Uebelstande  zu  begegnen,  dafs  durch  Anhäufung  zu  vieler  ver- 
schiedener Lehrobjecte  in  Einem  Tage  die  Kraft  der  Schüler  zersplittert,  ihr  GeiBi 
durch  die  Verschiedenheit  des  Vorgetragenen  verwirrt  und  ungebührlich  angestrengt 
wird,  scheint  es  zweckdienlich  und  ausführbar,  bei  Anordnung  des  Lectionsplanes 
für  Einen  Gegenstand  zwei  Stunden  hinter  einander  zu  bestimmen.  Auf  diese 
Weise  wird  sich  bewirken  lassen,  dafs  die  Schüler  täglich  nur  für  drei,  höchstens 
vier  verschiedenartige  Lehrobjecte  in  Anspruch  genommen,  und  die  ersten  Morgen- 
stunden solchen  Le&gegenständen  zugewandt  werden,  für  deren  Auffassung  vor- 
zugsweise eine  gespannte  AufinerksaioJseit  von  Seiten  der  Schüler  erforderlich  ist. 
Ob  die  schon  in  einigen  Gymnasien  bestehende  Einrichtung,  dafs  während  des 
Sommer-Semesters  die  Lehrstunden  des  Vormittags  in  die  Zeit  von  7  bis  11  Uhr 
fallen,  überall  anwendbar  sein  möchte,  wird  den  K.  Prov.  SchulcoUegien  zur  näheren 
Beurteilung  und  endlichen  Entscheidung  anheimgestellt. 

5)  Die  häuslichen  Arbeiten  bilden  ein  nothwendiges  Glied  indemOr- 

fanismus  des  Gymnasialunterrichts.  Es  reicht  nicht  aus,  dafs  der  Schüler  in  der 
lehrstunde  den  ihm  dargebotenen  Stoff  in  sich  aufnehme,  sich  aneigne,  und  dem 
Lehrer  gegenüber  in  der  Schule  auf  geeignete  Weise  Zeugnis  ablege,  ob  und  in 
wie  weit  ihm  dieses  gelungen.  Vielmehr  mufs  er  die  in  der  Schule  begonnene 
Uebung  und  Thätigkeit  auch  aufserhalb  derselben  fortsetzen  und  in  zweckmafsiger 
Art  veranlafst  werden,  das  in  sich  Aufgenommene  auch  wieder  darzustellen  und 
seine  an  den  einzelnen  Leh^egenständen  gewonnene  Bildung  durch  freie  häusliche 
Arbeiten  zu  bethätigen.  A^n  Seiten  der  Gymnasien  ist  daher  eine  umsichtige 
Sorgfalt  von  Nöthen,  dafs  in  Hinsicht  der  Aufgaben  zu  diesen  Arbeiten  überall 
das  richtige  Mafs  beobachtet,  und  von  den  Schülern  nichts  verlangt  werde,  was 
ihrem  Bildungsstande  unangemessen  und  mit  der  pflichtmäfsigen  Rücksicht  auf 
die  Erhaltung  ihrer  körperlichen  Gesundheit  unverträglich  ist.  Um  möglichen 
MiTsgriffen  in  dieser  Hinsicht  vorzubeugen,  ist  von  jetzt  an  in  allen  G^ymnasien, 
wie  in  mehreren  bereits  seit  längerer  Zeit  geschieht,  zu  Anfange  jedes  Semesters 


59 

in  einer  Conferenz  für  alle  Lehrfacher  und  Klassen  Alles,  was  Gegenstand  des 
hauslichen  Fleifses  sein  soll,  nach  Reihefolge  und  Verteilung  der  Aufgaben  auf  die 
Tage,  Wochen  und  Monate  in  möglichster  Bestimmtheit  zu  verabreden  und  durch 
Conferenzbeschlufs  anzuordnen.  Hierbei  ist  als  Begel  festzuhalten,  dafs  keine 
schriftliche  Arbeit  von  den  Schülern  gefordert  werden  darf,  die  der  Lehrer  nicht 
selbst  nachsieht.  Ton  den  Aufgaben  der  Lehrer  für  die  öffentlichen  Lehrstunden 
darf  nicht  die  ganze  häusliche  Arbeitszeit  in  Anspruch  genommen  werden,  sondern 
ein  angemessener  Teil  derselben  mufs  der  Erholung  und  der  freien  Selbstbe- 
schaftigung  der  Schüler  verbleiben,  und  auch  hierin  eine  Abstufung  nach  der  Ver- 
schiedenheit der  Eiassen  stattfinden.  Die  für  die  Schüler  der  oberen  Klassen 
empfohlene  Frivatlectüre  der  griechischen,  lateinischen  und  deutschen  Classiker 
darf  in  keinerlei  Art  erzwungen,  sondern  muTs  mit  der  sorgfältigsten  Berück- 
sichtigung der  Persönlichkeit,  Anlagen  und  Verhältnisse  der  Schüler  geleitet  werden. 
Femer  ist  bei  allen  Gymnasien  für  jede  Klasse  ein  Aufgabebuch  einzuführen,  in 
welches  jeder  Lehrer  sogleich  beim  Unterrichte  seine  Aufgabe  einträgt  oder  durch 
den  Primus  der  Klasse  eintragen  läfst,  damit  jeder  Lehrer  derselben  Klasse  er- 
sehen könne,  wie  weit  der  häusliche  Fleifs  der  Schüler  für  eine  bestimmte  Zeit 
schon  von  den  übrigen  Lehrern  in  Anspruch  genommen  ist,  und  damit  dem  Direc- 
tor  bei  der  Bevision  der  Klassen  die  Uebersicht  der  häuslichen,  besonders  schrift- 
lichen Arbeiten  erleichtert,  und  er  in  den  Stand  gesetzt  werde,  zu  beurteilen,  ob, 
wie  weit  und  von  wem  etwa  gegen  den  Conferenzbeschlufs  gefehlt  ist.  Der  Klassen- 
Ordinarius  mufe  aufser  den  schriftlichen  Arbeiten,  deren  Gorrectur  ihm  nach  dem  Lec- 
tionsplane  obliegt,  sämtliche  Hefte  seiner  Schüler  monatlich  wenigstens  einmal  re- 
vidiren.  £ben  so  mufs  der  Director  monatlich  wenigstens  in  £liner  Erlasse  die 
Schulhefte  seiner  besonderen  Durchsicht  unterwerfen,  um  dadurch  sich  nicht  blofs 
von  dem  Fleifse  und  den  Fortschritten  der  Schüler,  sondern  auch  von  der  Zweck- 
mäfsigkeit  und  der  Zahl  der  Aufgaben  Kenntnis  zu  verschaffen.  Eine  vorzügliche 
Aufmerksamkeit  ist  den  Directoren  in  Hinsicht  der  Aufgaben  zu  den  freien  deut-schen 
und  lateinischen  Aufsätzen  um  so  mehr  zu  empfehlen,  je  gröfsere  Mifsgriffe  bei 
ihrer  Wahl  noch  immer  gemacht  werden.  Themata,  bei  welchen  der  Schüler  über 
ganz  abstracte  oder  ihm  unbekannte  Gegenstände  sogenannte  Gedanken  produciren 
soll,  überschreiten  die  Grenzen  des  Gynmasialunterrichts ,  sind  folglich  unzweck- 
mäfsig  und  gereichen  dem  Lehrer,  der  sie  stellt,  mit  Recht  zum  Vorwurfe  und 
dem  Schüler,  der  sie  bearbeiten  soll,  zur  Qual.  Vielmehr  müssen  diese  Aufgaben 
stets  so  gewählt  sein,  dafs  die  Schüler  den  Stoff,  den  sie  in  ihren  Aufsätzen  zu 
bearbeiten  haben,  bereits  kennen  und  einigermafsen  beherrschen;  überdies  mufs 
ihnen  der  Lehrer  bei  jeder  nach  der  Verschiedenheit  der  Klassen  zu  stellenden 
Aufgabe  den  Gesichtspunkt,  unter  und  nach  welchem  sie  den  bekannten  ihnen  ge- 
gebenen Stoff  behandeln  sollen,  aufs  Bestimmteste  bezeichnen  und  entwickeln. 
Wenn  obige  Bemerkungen  gehörig  beachtet,  wenn  in  allen  Klassen  und  in  allen 
Disciplinen  der  Vorschrift  gemäfs  zweckmäfsige  Lehrbücher  zum  Grunde  gelegt 
und  dadurch  die  häuslichen  Arbeiten  vermindert  werden,  wenn  endlich  eine  ernste 
häusliche  Zucht  die  Schüler  anhält,  stets  zur  rechten  Zeit  zu  arbeiten,  und  sie 
eben  so  sehr  vor  unnöthigem  Privatunterrichte,  als  vor  zerstreuender  Gesellschaft 
und  unzeitigen  Vergnügungen  bewahrt,  so  ist  von  den  häuslichen  Arbeiten,  welche 
das  G^ynmasium  von  seinen  Schülern  verlangen  mufs,  kein  Nachteil  für  ihre  körper- 
liche Entwickelung  zu  besorgen,  und  die  Schüler  werden  überall  zu  ihrer  Erholung, 
wie  zu  ihrer  freien  Privatbeschäftigung  hinreichende  Mufse  übrig  behalten. 

6)  Bei  Feststellung  des  von  den  Gymnasien  zu  erreichenden  Ziels  sind  sechs 
gesonderte,  einander  untergeordnete  Klassen  und  einjährige  Lehrcurse  für  die  drei 
untern,  zweijährige  für  die  drei  oberen  Klassen  in  Aussicht  genommen.  Wie  jede 
Klasse  zu  dem  Gbsamtzwecke  des  Gtymnasialunterrichts  in  einem  bestimmten 
Verhältnisse  steht,  so  ist  auch  jeder  ein  bestimmtes  Ziel  gesetzt,  zu  dessen  Er- 
reichung das  erforderliche  Zeitmafs  gegönnt  werden  mufs.  Für  die  drei  untern 
Klamen  darf  der  We?  zu  dem  ihnen  gestellten  Ziele  nicht  zu  lang  sein,  um  die 
noch  ungeübte  Kraft  der  Schüler  nicht  zu  ermüden,  aber  auch  nicht  zu  kurz,  um 
ihnen  die  Schwierigkeiten  des  Weges  in  seinem  weiteren  Verlaufe  wenigstens  fühl- 
bar zu  machen,-  und  um  das  Büdungsgeschäft  nicht  zu  übereilen.  Aus  diesem 
Grunde,  und  damit  die  Schüler  gleich  auf  der  untersten  Stufe  des  Gymnasial- 
unterrichts gewöhnt  werden,  mit  Interesse  und  Sammlung  bei  den  ihnen  darge- 


60 

botenen  Lefargegenständen  zu  verweilen  nnd  sie  nicht  blos  flach  nnd  einseitig, 
sondern  gründlich  nnd  von  allen  Seiten  aofzufassen,  zu  behandeln  und  sich  anzu- 
eignen, hat  das  Ministerium  für  jede  der  drei  untern  Klassen  einen  einjährigen 
Lehrcursus  räthlich  erachtet,  ^us  dieser  Bestimmung  folgt,  dafs  in  den  eben  ge- 
dachten Klassen  auch  die  Versetzung  nur  alljährlich  stattfinden  darf,  und 
das  Ministerium  will  diese  Mafsregel,  von  welcher  die  Beseitigung  wesentlicher, 
an  dem  Gymnasialunterricht  gerügter  Mängel  mit  Grund  zu  erwarten  ist,  für  alle 
Gymnasien,  die  nur  aus  sechs  einander  untergeordneten  Klassen  bestehen,  hierdurch 
anordnen.  Der  näheren  Beurteilung  der  f.  Prov.-SchulcoUegien  wird  hiebei  an- 
heim  gestellt,  nach  der  Verschiedenheit  der  provinziellen  Verhältnisse  und  dem 
Herkommen  gemäfs  den  jährlichen  Lehrcursus  von  Ostern  oder  von  Michaelis  ab 
beginnen  zu  lassen.  In  den  Gymnasien  der  gröfseren  Städte,  welche  wegen  ihrer 
Schülerzahl  mehr  als  sechs  einander  untergeordnete  Klassen  haben,  und  wo  in  den 
drei  untern  Klassen  die  halbjährliche  Aufnahme  und  Versetzung  herkömmlich  ist, 
mag  dieses  Verfahren  noch  einstweilen  fortbestehen,  wenn  die  LehrercoUegien  sich 
für  dessen  Beibehaltung  nach  reiflicher  Berathung  erklären,  und  wenn  sie  in  sich 
die  Kraft  und  die  Mittel  besitzen,  den  Uebelständen  und  Nachteilen,  welche  in  den 
drei  untern  Klassen  aus  der  halbjährlichen  Versetzung  und  aus  der  mit  ihr  zu- 
sammenhängenden zu  grofsen  Verschiedenartigkeit  der  Schüler  in  einer  und  der- 
selben Klasse  fast  unvermeidlich  erwachsen,  wirksam  und  mit  Erfolg  begegnen  zu 
können.  Auf  die  dritte  und  zweite  Klasse,  für  welche  ein  zweijähriger  Lehrcursus 
vorschriftsmäfsig  besteht,  ist  die  Bestimmung,  dafs  aus  ihnen  die  Schüler  jedesmal 
erst  nach  zwei  Jahren  versetzt  werden  dürfen,  nicht  anwendbar,  einerseits,  weil 
diesen  Klassen  in  Folge  der  Versetzung  aus  der  nächst  vorhergehenden  untern  all- 
jährlich neue  Schüler  zugeführt  werden,  welche  ohnehin  eine  Teilung  des  zwei- 
jährigen Cursus  nothwendig  machen,  andererseits,  weil  in  diesen  Klassen  die  kör- 
perliche und  geistige  Ehtwickelung  der  Schüler  schon  so  weit  gediehen  ist,  dafs 
ihnen  ohne  Gefahr  die  Möglichkeit  eröfi'net  werden  kann,  durch  erhöhten  Fleifs 
auch  in  einem  kurzem  Zeitraum  das  Bildungsziel  ihrer  Klasse  zu  erreichen. 

Dem  angeordneten  Klassensystem  gemäfs,  darf  die  Versetzung  aus  einer 
Klasse  in  die  andere  nicht  nach  einzelnen,  sondern  mufs  nach  allen  Lehrg&> 
genständen  erfolgen,  es  mufs  folglich  jeder,  welcher  auf  Versetzung  Ansprüche 
macht,  wenn  auch  nicht  in  allen  Lehrobjecten  durchaus  gleichmäfsig  fortgeschritten, 
doch  in  den  Hauptlehrgegenständen,  an  welchen  sich  seine  Gesamtbildung  am  füg- 
lichsten  prüfen  läfst,  zu  dem  für  die  zunächst  höhere  Klasse  unentbehrlichen  Ghrade 
der  Keife  gelangt  sein. 

7)  Ob  und  in  wie  weit  die  Schüler  der  ersten  Klasse  die  Gesamtbildung, 
welche  der  Zweck  des  ganzen  Gymnasialunterrichts  und  das  nothwendige  Erfor- 
dernis zu  einem  gedeihlichen  wissenschaftlichen  Studium  ist,  wirklich  erlangt  haben, 
wird  durch  die  Prüfung  der  zur  Universität  Abgehenden  ermittelt. 

Bei  dem  über  diese  Prüfung  unter  dem  4.  Juni  1834  erlassenen  Beglement 
waltete  die  Absicht  vor,  die  Zielleistungen  des  Gymnasiums  seinem  Zwecke  gemäfs 
und  zugleich  genauer,  als  in  der  Instruction  vom  25.  Juni  1812  geschehen  war, 
festzustellen,  jedem  Lehrgegenstande  die  ihm  im  Organismus  des  Gymnasialuuter- 
richts  gebührende  Geltung  zu  verschaffen,  in  einem  enger  gezogenen  Kreise  des 
positiv  zu  Lernenden  eine  gleichmäfsige  und  intensiv  gründliche  Durchbildung  der 
Schüler  herbeizuführen  und  die  einzelnen  Anforderungen  an  die  Abiturienten  so 
zu  ermäfsigen,  dafs  jeder  Schüler  von  hinreichenden  Anlagen  und  von  gehörigem 
Fleifse  der  letzten  Prüfung  mit  Ruhe  und  ohne  ängstliche  und  in  der  nächsten 
Folge  nach  der  Anstrengung  erschlaffende  Vorbereitungsarbeit  entgegen  sehen 
könnte.  Dieser  dem  Reglement  zum  Grunde  liegenden  Absicht  entsprechen  auch 
die  einzelnen  Bestimmungen  desselben.  Die  näheren  Momente,  welche  aus  dem 
Begriffe  der  von  den  Abiturienten  zu  fordernden  Gesamtbildung  hetvorgehen,  die 
Lehrgegenstände,  an  welchen  sie  sich  in  verschiedenen  Abstufungen  bethätigen, 
der  Mafsstab,  nach  welchem  sie  beurteilt  werden,  und  die  Gesichtspunkte,  denen 
die  Prüfungrscommission  bei  ihrem  ganzen  Geschäfte  folgen  soll,  sind  so  bestimmt 
angegeben,  dafs  Voraussetzungen  und  Folgerungen,  welche  mit  dem  Reglement  im 
grellsten  Widerspruche  stehen,  nicht  wohl  erwartet  werden  konnten.  Dennoch 
haben  sich  solche  Mifsverständnisse  geltend  zu  machen  gesucht  So  ist  behauptet 
worden,  dafs  das  Reglement,  indem  es  allen  Fächern  eine  entschiedene  und  nor* 


61 

mirte  Geltung  bei  der  BeurteiiTuig  der  Reife  einräume,  die  Schüler  der  obersten 
Klasse  das  letzte  Jahr  hindurch  zu  einem  polyhistorischen  Treiben  und  einem 
encyklopädischen  Gedächtnis wesen  verurteile,  von  ihnen  verlange,  über  alles  in 
zehn  Jahren  historisch  Erlernte  in  wenigen  Stunden  Bechenschaft  abzulegen,  und 
den  Nutzen,  den  der  Unterricht  in  den  einzelnen  Wissenszweigen  gewähre,  allein 
nach  dem  abmesse,  was  davon  nachweislich  behalten  worden.  Und  dennoch  wird 
in  dem  Reglement  weder  einzelnen  noch  vielen,  noch  allen  Lehrobjecten,  sondern 
nur  der  an  ihnen  gewonnenen  Gesamtbildung  des  Geprüften,  der  durch  längere 
Beobachtung  begründeten  Kenntnis  der  Lehrer  von  seinem  ganzen  wissenschaftr 
lichen  Standpunkte,  und  dem  Gesamteindrucke,  den  seine  Prüfung  gemacht  hat, 
in  Hinsicht  auf  die  Beurteilung  seiner  Reife  ein  entscheidendes  Gewicht  beigelegt. 
Durch  die  weitere  Bestimmung  des  Reglements,  nach  welcher  die  Zulassung  zur 
Prüfung  von  einem  zweijährigen  Aufenthalte  in  der  ersten  Klasse  abhängig  ge- 
macht ist,  soll  und  kann  bewirkt  werden,  dafs  der  Unterricht  in  der  ersten  Klasse 
nicht  in  ein  Abrichten  für  die  Prüfung  ausarte,  dafs  die  Schüler,  um  bei  einem 
stätigen  Eleifse  ohne  Uebereilung  in  ihrer  wissenschaftlichen  und  sittlichen  Aus- 
bildung langsam  reifen  zu  können,  die  erforderliche  Zeit  behalten,  dafs  sie  sich, 
statt  durch  ein  hastig  zusammengerafftes  Wissen  verwirrt  und  erdrückt  zu  werden, 
sicher  und  gründlich  vorgebildet,  mit  frischer  Kraft,  mit  freudigem  Muthe  und  mit 
freier  Umsicht  zur  letzten  Prüfung  stellen  können.  Während  das  Reglement,  wie 
es  sein  Zweck  erfordert,  die  aus  dem  Gymnasialunterricht  sich  ergebenden  Gegen- 
stände der  schriftlichen  und  mündlichen  Prüfung  aufzählt  und  für  ieden  das  mit- 
telst dieses  Unterrichts  zu  erreichende  ideelle  Ziel  feststellt,  unterscheidet  dasselbe 
diese  letzteren  Bestimmungen,  welche  ausdrücklich  den  Prüfenden  nur  bei  der 
Schlufsberathnng  zur  leitenden  Richtschnur  für  die  £rteilung  des  Zeugnisses  der 
Reife  dienen  sollen,  aufs  unzweideutigste  von  dem  Mafsstabe,  der  für  den  Act  der 
Prüfung  selbst  in  Anwendung  kommen  und  eben  kein  anderer  sein  soll,  als  der,  welcher 
dem  Unterrichte  in  der  ersten  Klasse  und  dem  Urteile  der  Lehrer  über  die  Leistun- 
gen der  Schüler  dieser  Klasse  zum  Grunde  liegt.  So  unmöglich  es  ist,  dafs  ein 
verstandiger  Lehrer  der  ersten  Klasse  von  seinen  Schülern  verlange,  über  alles, 
was  ihnen  in  dem  zweijährigen  Lehrcursus  gelehrt  und  vorgetragen  worden,  binnen 
einigen  Stunden  Rechenschaft  abzulegen,  und  so  wenig  es  ihm  einfallen  wird,  den 
Grad  ihrer  durch  die  einzelnen  Lehrgegenstände  errungenen  geistigen  Bildung 
nur  nach  dem,  was  sie  auswendig  gelernt  und  behalten  haben,  abzumessen,  eben 
so  entfernt  ist  auch  das  Reglement  von  solchen  verkehrten  Forderungen,  und  wenn 
sie  nichts  desto  weniger  gemacht  werden  sollten,  so  ist  es  Pflicht  des  Königl. 
Prüfungscommissarius,  einem  solchen  Unfuge  mit  Nachdruck  entgegen  zu  treten 
und  den  Geist  und  wesentlichen  Inhalt  des  Reglements  gegen  jegliche  Mifsdeutung 
und  falsche  Anwendung  seiner  einzelnen  Bestimmungen  geltend  zu  machen.  Dem 
Ministerium  gereicht  es  in  dieser  wichtigen  Angelegenheit  zur  Beruhigung,  dafs 
sämtliche  K.  Prov.-SchulooUegien,  im  Einverständnisse  mit  dem  Urteile  unbe- 
fangener und  einsichtiger  Schulmänner,  die  Forderungen  des  Reglements  an  den 
zur  Universität  zu  entlassenden  Schüler  nicht  für  zu  hoch  gestellt,  sondern  für  an- 
gemessen und  eine  Herabsetzung  derselben  für  nnräthlich  und  unthunlich  erachten. 
Besonders  erfreulich  ist  die  aus  mehreren  Provinzen  der  KönigL  Staaten  erfolgte 
Anzeige,  dafs  der  Hauptzweck  des  Reglements,  eine  lebendige  und  regelmäfsige 
Teilnahme  an  den  Unterrichtsgegenständen  zu  wecken,  der  tiunultuarischen  Vor- 
bereitung ein  Ziel  zu  setzen  und  durch  die  oonsequente  Richtung  der  Schüler  auf 
das  Wesentliche  und  Dauernde  dem  unruhigen  und  leidensohaftuchen  Streben  der 
Eitelkeit  und  des  Ehrgeizes  einen  Zügel  anzulegen,  schon  in  mehreren  Gymnasien 
glücklich  erreicht  wird.  Wenn  ungeachtet  dieser  wohlthätigen  Wirkung,  die  das 
neue  Reglement  auf  das  Schulleben  auszuüben  beginnt,  noch  immer  bemerkt  wird, 
dafs  die  Aussicht  auf  die  Prüfung,  weil  von  ihrem  Ergebnisse  eine  für  den  weitem 
Lebensgang  und  die  Ehre  der  Schüler  bedeutende  Entscheidung  abhängt,  bei 
manchem  unter  ihnen  Unruhe,  Angst  und  ein  erschlaffendes  Uebermafs  der  An- 
strengung veranlafst,  und  wenn  zur  Beseitigung  dieses  Uebelstandes,  der  mehr  oder 
weniger  mit  jeder  Prüfung  selbst  in  den  reifem  Lebensjahren  verbunden  ist,  eine 
Vereinfachung  besonders  der  mündlichen  Prüfung  gewünscht  wird,  so  ist  der  Er- 
füllung dieses  Wunsches  schon  durch  das  Reglement  selbst  vorgesehen,  welches 
der  plichtmäfsigen  Beurteilung  der  Prüfungscommission  anheimstellt,   die  münd-^ 


62 

liehe  Prüfung  in  gewissen  Fällen  zn  beschränken«  Das  Ministeriom  darf  erwarten, 
dafs  die  Früfungscommissionen  von  dieser  Bestimmung  des  Reglements  den  ange- 
messensten Gebrauch  zu  machen  fortwährend  bemüht  sein  werden.  —  Die  Beligions- 
lehre,  wie  von  mehreren  Seiten  in  Vorschlag  gebracht  ist,  ganz  von  der  Prüfung 
auszuschlief^en,  erscheint  um  so  weniger  thunlich,  je  unerläfsiicher  es  ist,  dafs  der 
abgehende  Schüler  gerade  in  dem  wesentlichsten  und  wichtigsten  Lehrgegenstande 
irgend  ein  Zeugnis  ablege,  in  wie  weit  er  die  ewigen  Wahrheiten  des  Christen- 
tums aufgefafst  und  sich  ihren  lebendigen  Zusammenhang  zum  fiewufstsein  ge- 
bracht habe. 

8)  Mehrere  sachverständige  Stimmen  äufsem,  dafs  die  verkehrte  Methode, 
in   welcher  die  Lehrgegenstände  nicht  selten  noch  behandelt  werden,  die  wunde 
Stelle   der  Gymnasien  sei.    Zwar  wird  in  aufrichtiger  Achtung  gegen  den  gegen- 
wärtigen Lehrstand  anerkannt,  dafs  die  Lehrstellen  an  den  Gymnasien  dem  größten 
Teile  nach  mit  Männern  besetzt  sind,   die  sich  durch  gründliche  gelehrte  Bildung, 
durch   reges  wissenschaftliches  Streben,  durch  echte  Keligiösität,  Sittlichkeit  und 
Unbescholtenheit  des  Wandels,  durch  edle  würdige  Haltung,   sowie  durch  Fleifs, 
Gewissenhaftigkeit  und  Treue  in  ihrem  Berufe  auszeichnen.    Aber  zugleich  erhebt 
sich  gegen  einen  Teil  dieser  Männer  die  Anklage,   dafs,   während  das  £lementar- 
schulwesen  in  den  letzten  Jahrzehnten  in  Hinsicht  auf  Didaktik  und   Methodik 
ungemein  verbessert  und  ein  Stand  von  Lehrern  gebildet  worden,  die  wegen  ihrer 
pädagogischen  Gewandtheit  und  wegen  ihres  Geschicks,  grofse  Massen  zu  beleben, 
in  ihrem  Kreise  sich   als  Meister  zeigen,  sehr  viele  und  besonders  die  jungem 
Gymnasiallehrer  das  Studium  der  Pädagogik  nicht  gehörig  beachten,   die  schwere 
SLunst  des  Unterrichtens  vernachlässigen,  die  erfreulichen  Fortschritte,  welche  die 
Elementarschule  in  dieser  Beziehung  gemacht  hat,  entweder  gar  nicht  kennen  oder 
doch  nicht  benutzen  und  sich  gerade  den  wichtigsten  Teil  ihres  Berufs,  die  ihnen 
anvertrauten  Lehrfächer  und  Klassen  in  der  rechten  Methode  zu  behandeln,  nicht 
gebührend   angelegen  sein  lassen.    Eben  diesen  Lehrern  wird  zum  Vorwurfe  ge- 
macht, dafs  sie  in  verkehrter  Methode  aus  falscher  Gründlichkeit  ihre  Schüler  mit 
einer  erdrückenden  Masse  materiellen  Wissens  überhäufen,  dafs  sie  in  Ueberschätzung 
des  ihnen  angewiesenen  Lehrfachs  sein  Verhältnis  zu  dem  Gesamtzwecke,  dem  es 
als  untergeordnetes  Mittel  dienen  soll,   aus  den  Augen  setzen,   dafs  ihnen  endlich, 
indem  sie  die  Lehrweise  der  Universitäts-Professoren  nachahmen,   in  ihrem  Vor- 
trage die  belebende  Frische  und  JElegsamkeit  sowie  das  Geschick  abgehe,  sich  dem 
jugendlichen  Geiste   anzuschliefsen,  seine  Bedürfnisse  und  Knlfte  richtig  zu  wür- 
digen und  eine  gröfsere  Masse  von  Schülern  zn  durchdringen  und  zu  beseelen. 
Nicht   weniger  wird   behauptet,   dafs   der  Erfolg   ihres  Unterrichts,    wie   es  bei 
einer   so  verkehrten  Methode   nicht  anders   sein   könne,   wenig   befriedigend  sei 
und   besonders    in   den   alten  Sprachen,   in   der   deutschen  Sprache  und   in  der 
Geschichte    zu    den    grofsen    Anstrengungen,     welche    sie    selbst    machen    und 
auch   ihren  Schülern  zumuthen,  in  keinem  Verhältnisse  stehe,   dafs  sie  aber  in 
grofser  Selbstverblendung  den  Grund  hiervon  ganz  und  gar  nicht  in  sich  selbst, 
n  ihrer  Unkenntnis  der  Methode,  in  ihrem  zweckwidrigen  Verfahren,    sondern 
lediglich  in  der  geistigen  Stumpfheit,  Gleichgültigkeit  und  Starrheit  ihrer  Schüler 
suchen  und  deshalb  auch  nicht  müde  werden,  über  die  Schlaffheit,   den  Unfleifs 
und  die  Regungslosigkeit  derselben  Beschwerde  zu  führen.    Solche  und  ähnliche 
Anklagen  sind  nicht  blos  gegen  diesen  oder  jenen,  sondern  gegen  eine  Mehrzahl 
der  Gymnasiallehrer  erhoben.    Das  Ministerium  kann  sie  nach  der  Natur  der  Sache 
aus  einer  durch  unmittelbare  Anschauung  gewonnenen  Erfahrung  im  Ganzen  weder 
widerlegen  noch  bestätigen.     Wenn  gleich  zur  Beruhigung  des  Ministeriums  durch 
einzelne   von  ihm    selbst  gemachte  Wahrnehmungen  und  durch  das  Ergebnis  der 
von  den  K.  Prov.  Schulcollegien  angestellten  Beobachtungen  das  Gewicht  jener 
Anklage  um  ein  Bedeutendes  vermindert  wird,  so  schien  es  doch  nothwendig,  die- 
selbe in  ihrer  ganzen  Strenge   und    Herbheit  den  Gymnasiallehrern  vorzuhalten, 
damit  jeder  unter  ihnen  sich  selbst  prüfe,   ob  und  in  wie  weit  auch  ihn  der  Vor- 
wurf trifft,    durch  blinden  Eifer  und  verkehrte  Methode  seine  Schüler  in  ihrer 
geistigen  Entwickelung  gehemmt  und  ihnen  die  segensreiche  Frucht  eines  zweck- 
mäfsigen  Gymnasialunterrichts  verkümmert  zu  haben.    Mit  der  Erkenntnis  von  der 
Natur  und  der  Quelle  des  Uebels,  an  welcher  nach  obiger  Anklage  die  Gymnasien 
kranken,  wird  auch  schon  der  erste  Schritt  zu  seiner  Heilung,  und  zwar  um  so 


63 

sicherer  gethan  sein,  als  die  Hülfe  gegen  die  Krankheit  von  den  Lehrern  selbst 
ausgehen  mufs.  Je  weniger  die  Methode  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  in 
den  Gymnasien  Gegenstand  einer  gesetzlichen  Vorschrift  sein  kann,  und  je  (rröfsere 
Schwierigkeiten  und  Hindemisse  sich  gegenwärtig  den  Gymnasien  in  der  Mannif^- 
faltigkeit  und  dem  Umfange  der  Lehrobjecte,  in  der  Ueberfiillung  der  Klassen,  in 
der  Verschiedenartigkeit  der  Schüler  einer  und  derselben  Klasse ,  in  der  oft  ver- 
kehrten häuslichen  Erziehung  und  in  der  materiellen  Richtung  der  Zeit  entgegen 
stellen,  um  desto  unerläfslicher  ist  es,  dafs  der  Lehrer  selbst  aus  freiem  Entschlüsse 
das  Wesen  der  Methode  und  ihre  der  Verschiedenheit  der  Lehrobjecte  und  der 
Klassen  entsprechende  Gestaltung  zu  einem  ernstlichen  Studium  mache,  um  desto 
dringender  ist  zu  wünschen,  dafs  er  durch  sorgfältiges  Achten  auf  sich  selbst  und 
auf  den  gröfsem  oder  geringem  Erfolg  seines  Unterrichts,  durch  sinniges  liebe- 
volles Eingehen  in  die  Lehrweise  Anderer,  die  für  Meister  im  Unterrichten  gelten, 
durch  rastlose  Uebung  und  durch  eine  Strenge,  die  sich  selbst  nimmer  genügt, 
seine  Methode  zu  verbessern  und  dem  Inhalte  seines  Unterrichts  die  angemessenste 
Porm  zu  geben  bestrebt  sei.  Eine  weitere  Hülfe  gegen  das  fragliche  Uebel  ist  von 
den  Directoren  zu  erwarten,  welche  nicht  nur  sich  selbst  in  ihrem  Unterrichte 
einer  zweckmäfsigen  Methode  befleifsigen  und  hierin  als  Muster  vorleuchten,  sondern 
auch  durch  häufigen  Besuch  der  einzelnen  Klassen  sich  von  der  in  ihnen  herrschen- 
den Lehrweise  in  vertrauter  Kenntnis  erhalten,  wahrgenommene  Mifsgriffe  rügen 
und  abstellen  und  jede  schickliche  Gelegenheit,  namentlich  die  vorschriftsmäfsigen 
Lehrercohferenzen  benutzen  müssen,  um  alles,  was  die  Methode  des  Unterrichts, 
und  dadurch  seinen  Erfolg  fördern  kann,  zur  Sprache  und  zur  Berathung  zu  bringen. 
Einen  wohlthätigen  Einflufs  wird  in  dieser  Beziehung  auch  die  folgerechte  Durch- 
fuhrung des  Klassen  Systems  haben,  teils  indem  dasselbe  die  Zahl  der  Lehrer  und 
dadurch  auch  die  bisherige  zu  grofse  Verschiedenheit  der  Methoden  in  den  unteren 
und  mittleren  Klassen  vermindert,  teils  indem  durch  dasselbe  die  Lehrer  veran- 
lafst  werden ,  das  jeder  Klasse  gestellte  Ziel  und  die  Individualität  des  einzelnen 
Schülers  schärfer  ins  Auge  zu  fassen  und  durch  Erforschung  und  Anwendung  der 
zweckdienlichsten  Mittel  ihrem  Unterrichte  einen  bessern  Erfolg  zu  sichern.  Nicht 
minder  wirksam  wird  sich  das  zu  diesem  Zwecke  angeordnete  Probejahr  bewähren, 
wenn  die  Directoren  und  Klassen-Ordinarien  die  Pflichten,  welche  ihnen  in  Bezug 
auf  die  zu  einem  gelehrten  Schulamte  sich  ausbildenden  Kandidaten  durch  die 
Circ.- Verfügung  vom  24.  Sept.  1826  auferlegt  sind,  mit  Liebe,  Treue  und  Hin- 
gebung erfüllen,  und  besonders  die  erstem  eine  Ehre  darin  suchen,  das  ihrer 
Leitung  anvertraute  Gymnasium  zu  einer  Pflanzschule  auch  für  Lehrer  zu  machen. 
Damit  eine  bessere  Methode  des  Unterrichts  je  länger  je  mehr  in  den  Gymnasien 
einheimisch  werde,  haben  die  K.  Prov.-SchulcoUegien  bei  ihren  Vorschlägen  zur 
Wiederbesetzung  erledigter  Lehrstellen  die  Candidaten,  welche  aufser  den  übrigen 
erforderlichen  Eigenschaften  auch  ein  ausgebildetes  Lehrtalent  und  Einsicht  in  das 
Wesen  der  Methode  besitzen,  vorzüglich  zu  berücksichtigen,  die  Abfassung  und 
Einführung  zweckmäfsiger  Lehrbücher  und  Sprachlehren  auf  alle  Weise  zu  fordern, 
für  die  richtige  Abgrenzung  der  Lehrpensa  in  jeder  Klasse  zu  sorgen  und  bei  der 
Revision  der  Gymnasien,  bei  der  Priifung  der  Abiturienten,  wie  bei  jeder  andern 
schicklichen  Gelegenheit,  Mifsgriffe  und  Ungeschicklichkeiten  einzelner  Lehrer  in 
der  Methode  nicht  unbemerkt  zu  lassen.  Zu  gleichem  Zwecke  und  damit  all- 
mählich in  hinreichender  Zahl  für  die  Gymnasien  Lehrer  herangebildet  werden, 
welche  sich  die  Kunst  des  Unterrichtens  theoretisch  und  praktisch  angeeignet 
haben,  wird  das  Ministerium  Bedacht  nehmen,  den  schon  bestehenden  pädagogischen 
Seminarien  so  bald  als  möglich  eine  noch  zweckmäfsigere  und  dem  allgemein  an- 
erkannten dringenden  Bedürfnisse  der  Gymnasien  immer  mehr  entsprechende  Ein- 
richtung zu  geben. 

9)  Endlich  will  das  Ministerium  noch  der  körperlichen  Uebungen  ge- 
denken, deren  allgemeine  Einführung  von  der  Mehrzahl  der  K.  Prov.  SchulcoUegien 
und  von  fast  allen  Directoren  und  Lehrern  der  Gymnasien  nicht  nur  lebhaft 
empfohlen,  sondern  auch  als  ein  unabweisbares  Bedürfnis  der  Gegenwart  dargestellt 
winl.  Gewifs  verkennt  das  Ministerium  den  vielfachen  Nutzen  regelmäfsiger,  ge- 
hörig geordneter  und  mit  Einsicht  geleiteter  Leibesübungen  nicht  und  teilt  die 
Ansicht  aller  unbefangenen  und  erfahrenen  Freunde  der  Jugend,  dafs  die  körper- 
liche Ausbildung  der  Schüler  in  den  Gymnasien  eben  so  wenig  als  die  geistige 


64 

dem  Zufall  zu  überlasBen  ist,  und  dafs,  wo  unvermeidlich  die  meiste  Zeit  geistigen 
üebungen  gewidmet  werden  mufs,  es  desto  nothwendiger  wird,  die  für  die  Körper- 
bildung erübrigten  Stunden  sorgfältig  auszukaufen.  Auch  kann  für  die  allgemeine 
Einführung  der  Leibesübungen  bei  den  Ghjrmnasien  geltend  gemacht  werden,  dafs 
der  Staat,  während  er  einerseits  durch  seine  gesteigerten  Anforderungen  bei  der 
Prüfung  seiner  künftigen  Beamten  die  Jugend  schon  in  den  Gymnasien  zur  Ge- 
wöhnung an  eine  erhöhte  geistige  Anstrengung  nöthigt,  andererseits  von  eben  dieser 
Jugend,  um  den  Beschwerden  während  des  pflichtmafsigen  Dienstes  im  Königl. 
Heere  gewachsen  zu  sein,  einen  gesunden,  rüstigen  und  wohl  ausgebildeten  Körper 
verlangt,  und  dafs  es  folglich  sehr  rathsam  ist,  diese  beiderseitigen  Forderungen 
durch  eine  passende  Mafsregel,  die  allgemeine  Einführung  geregelter  Leibesübungen, 
zu  vermitteln  und  auszugleichen.  Aber  nicht  ohne  Gbund  kann  gefragt  werden, 
ob  die  körperlichen  üebungen  ihrer  Natur  nach  in  den  Kreis  der  Gymnasialbildung 
gehören,  ob  nach  der  al^emeinen  bis  jetzt  bestehenden  gesetzlichen  Verfassung 
des  öffentlichen  Unterrichts  den  Gymnasien,  und  nur  ihnen  die  Verpflichtung  ob- 
liegt, wie  für  die  geistige,  eben  so  für  die  körperliche  Erziehung  und  Ausbildung 
ihrer  Schüler  zu  sorgen,  ob  sie  Vermögen  und  Mittel  besitzen,  die  Schwierigkeiten 
ihrer  ohnehin  verwidcelten  Aufgabe  noch  durch  diese  neue  Sorge  zu  steigern  und 
zu  vermehren,  und  endlich,  ob  die  Behauptung  sich  als  wahr  bestätigt,  dafs  die 
körperliche  Ausbildung  der  Jugend  in  den  Gymnasien  dem  Zufalle  überlassen  ist, 
wenn  sie  auch  künftig  wie  bisher  der  pflichtmafsigen  Sorge  der  Eltern  anheimge- 
stellt bleibt.  Das  Ministerium  nimmt  keinen  Anstand,  diese  Frage  im  Allgemeinen 
zu  verneinen  und  hiervon  nur  die  Gymnasien  auszunehmen,  welche  mit  einem 
Alumnate  verbunden  und  somit  verpflichtet  sind,  sich  statt  der  Eltern  der  Sorge 
auch  für  die  körperliche  Ausbilduug  ihrer  Zöglinge  zu  unterziehen.  Von  den  Gym- 
nasien kann  nur  verlanget  werden,  dafs  sie  die  körperliche  Gesundheit  ihrer  Schüler 
mhrend  der  Lehrstunden  möglichst  vor  jeglichem  nachteiligen  Einflüsse  schützen 
und  bei  den  Aufgaben  für  die  häuslichen  Arbeiten  ihnen  die  zur  Erholung  und  zu 
körperlichen  Üebungen  erforderliche  Mufse  übrig  lassen.  Dieser  Ansicht  unge- 
achtet ist  das  Ministerium  weit  entfernt,  dem  löblichen  Eäfer  aller  der  G^ymnasial- 
directoren  und  Lehrer  entgegen  treten  zu  wollen,  welche  ihre  treu  semeinte  Sorge 
für  das  Heil  der  ihrem  Unterrichte  anvertrauten  Jugend  auch  auf  die  körperliche 
Ausbildung  derselben  auszudehnen  besonders  deshalb  für  räthlich  und  nothwendig 
erachten,  damit  durch  zweckmäfsige  Einrichtung  körperlicher  Üebungen  dem  ver- 
derblichen Einflüsse  einer  verweichlichenden  häuslichen  Erziehung  gesteuert,  der 
rechte  Sinn  und  die  wahre  Achtung  auch  für  körperliche  Ausbildung  geweckt  und 
gewonnen,  und  die  Gymnasialjugend  sowohl  mit  den  Mitteln,  dieselbe  auf  eine 
vernünftige  Weise  zu  fördern,  bekannt  gemacht,  als  auch  durch  Warnung,  Be- 
lehrung und  Beispiel  von  alle  dem,  was  auf  die  Gesundheit  des  Körpers  schädlich 
einwirkt,  abgezogen  und  für  aufgegebene  unzeitife  Genüsse  durch  Freuden  und 
Erholungen,  die  dem  Jup^endalter  entsprechend  und  erspriefslich  sind,  entschädigt 
werde.  Es  ist  hierbei  nicht  zu  übersehen,  dafs  auch  ohne  künstlich  veranstaltete 
Leibesübungen  schon  durch  angemessene  Erholungen  der  Jugend  in  der  freien 
Natur  für  die  Entwickelung  ihrers  Körpers  und  selbst  zur  Erreichung  noch  anderer, 
die  ganze  Bildung  fördernder  Zwecke  sehr  viel  ^schehen  kann.  Indessen  bei  dem 
sehr  günstigen  längebnisse,  welches  die  schon  seit  längerer  Zeit  bei  mehreren  Gym- 
nasien wieder  eingeführten  körperlichen  Üebungen  nach  dem  Urteile  der  K.  Prov.- 
SchulcoUegien  gehabt  haben,  trägt  das  Ministerium  weiter  kein  Bedenken,  auch 
bei  den  übrigen  Gymnasien  die  Einführung  geregelter  körperlicher  Üebungen  unter 
Leitung  und  Aufsicht  eines  hierzu  geeigneten  Lebrers  und  unter  Verantwortlichkeit 
des  Gymnasialdirectors  hierdurch  ausdrücklich  zu  gestatten.  Jeden  Schüler,  der 
seine  Untauglichkeit  zu  solchen  Uebuxigen  nicht  durch  ein  ärztliches  Zeugnis  nach- 
weisen kann,  zur  Teilnahme  an  denselben  zu  verpflichten,  scheint  eben  so  wenig 
räthlich,  als  auf  den  Erfolg  dieses  Unterrichts  selbst  in  dem  Zeugnisse  der  zur 
Universität  abgehenden  Schüler  Büoksicht  zu  nehmen.  Vielmehr  genügt  es  für 
den  beabsichtigten  Zweck,  wenn  den  Schülern  bei  jedem  Gymnasium  Gelegenheit 
zu  regelmäfsigen  körperlichen  Üebungen  unter  Aufsicht  und  Leitung  eines  Lehrers 
gegeben  und  die  Teilname  von  der  freien  Wahl  der  Schüler  und  von  der  Zu- 
stimmung der  Eltern  abhängig  gemacht  wird.  Zur  Bestreitung  der  Kosten,  welche 
aus  einer  solchen  Einrichtung  erwachsen,  sowie  des  den  Lehrern  billiger  Weise  zu 
gewährenden  Honorars,  ist  entweder  ein  angemessener  auf  serordentlicher  Beitrag 


65 


Ton  den  an  diesen  Uebungen  teilnehnienden  Scbülem  m  erheben  oder  nach  Be- 
enden der  Ümttande  das  vierteljährliche  Schulgeld  iiir  alle  Schaler  etwas  za  ep- 
hohen,  wenn  sich  nicht  dorch  eine  freie  Uebereinkunft,  besonders  mit  den  stadtischen 
Behörden,  der  Aufwand  ganz  oder  grofsten  Teils  decken  läfst,  wie  solches  nach 
Torliegenden  Beispielen  bei  gehöri^r  Einleitung  and  mSglichster  Beschränkung 
der  Anforderung  wohl  zu  erwarten  ist.  Ueber  die  Art  und  Form,  in  welcher  diese 
körperlichen  Uebunj^en  zur  Erreichung  des  beabsichti^n  Zwecks  in  den  verschie» 
denen  Gymnasien  einzurichten  sein  werden,  enthält  sich  das  Ministerium  für  jetzt 
der  nahem  Vorschriften  und  überläfst  den  K.  FH)v.-Schulcollegien,  nach  dem 
noch  zu  erfordernden  Outachten  der  Direotoren  und  Lehrer  und  unter  Beräck- 
sichtigung  der  verschiedenen  ortlichen  Verhältnisse  die  weiter  nöthigen  Mafsregeln 
zu  ergreifen.  Nur  mufs  der  Zweck  dieser  Leibesübungen,  die  Gesundheit  der 
Jugend  zu  stärken  und  ihren  körperlichen  Anlagen  den  hinreichenden  Grad  der 
Entwickelnng  zu  verschaffen,  überall  mit  Strenge  als  wesentlichste  und  unerläfs- 
lichste  Bedingung  ins  Auge  gefafst  und  den  Directoren  und  Lehrern  der  Gym- 
nasien, bei  welchen  die  Einführung  solcher  körperlichen  üebungen  nÖthig  und  thu»- 
lieh  erscheint,  mit  der  Berechtigung  die  Verpflichtung  auferlegt  werden,  audi 
diesen  ZVreig  des  Unterrichts  zu  leiten  und  zu  beaufsichtigen  und  von  demselben 
alles  Ungehörige  und  Zweckwidrige  fem  zu  halten. 

Indem  dasE  Prov.-SchulcoUegium  beauftragt  wird,  von  demLihalte  dieser 
Verfügung  die  Directoren  und  Lehrer  der  Gymnasien  seines  Bereichs  inEenntnit 
zu  setzen  und  alles  weiter  Erforderliche  zu  veranlassen,  ^ebt  das  Ministerium  mar 
gleich  der  zuversichtlichen  Hoffnung  Baum,  dafs  die  umsichtige  Durchfuhrung  der 
im  Obigen  gegebenen  Bestimmungen  nicht  nur  manche  wesentliche  Gebrechen  in 
den  Gymnasien  beseitigen,  sondern  auch  in  Verbindung  mit  einem  Beligions- 
unterrichte,  welcher,  den  Vorschriften  des  Ministeriums  gemäfs,  den  eanzen  Inhalt 
des  christlichen  Glaubens  im  rechten  Geiste  und  in  angemessener  Methode  lehrt» 
neue  heilsame  Bewegung  und  frisches  Leben  in  diese  Anstalten  bringen,  und  so 
wenigstens  mittelbar  der  gegen  sie  aufgeregte  Eampf  dennoch  wohlthätige  FHiohte 
far  die  höhere  Jugendbildung  tragen  werde. 
Berlin,  den  24.  October  1837. 
Ministerium  der  Gastlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal-Angelegenheiten. 

V.  Altenstein. 
An 
samtliche   Eönigl.  Provinzial-Scbuloollegien  und 
Abschrift  an  sämtliche  Eönigl.  wissenschaftliche 
Prnfungscommissionen  und  Eönigl.  Regierungen. 

a.  Allgemeine  Übersicht 
der  für  die  Gymnasien  angeordneten  Lehrgegenstände  nnd  der  jedem  Lehr- 
gegenstande in  jeder  Elasse  zn  widmenden  wöchentlichen  Stundenzahl. 


Lehr  gegenstände. 


i 


i 


H 


i 


A 


Lateinisch     ....••••• 

Griechisch • 

Deutsch 

Franzosich 

Beligionslehre 

Mathematik 

Bechnen  und  geometrische  Anschauungslehre      .... 
X  nysiK      .......••••••••••• 

Philosophische  Propädeutik 

Geschichte  und  Geographie 

Naturbeschreibung 

Zeichnen 

Schönschreiben 

Gesang 

Zahl  der  wöchentlichen  Lehrstunden 

Hebi«isch  für  die  künftigen  Theologen 

Wleie,  Yerofdaimgeii. 


ö. 

6. 
2, 
2. 
2. 
4. 


2. 
2. 


lü. 
6. 
2. 
2. 
2, 
4. 


30. 
2. 


1. 
3. 


lü.|lu. 


6. 
2. 
2. 
2. 


6. 
2. 

2. 


30. 
2. 


3. 
2. 


2. 
32. 


2. 
2. 
2. 
1. 
2. 
32.' 


10. 
4. 
2. 
4. 


3. 
2. 
2. 
3. 
2. 
32. 


lU. 
4. 
2. 


3. 
2. 
2. 
3. 
2- 
32. 


66 

Circular-Bescript  y.  7.  Januar  1856« 
betreffend  Modificationen  im  Normalplan  für  den  Gymnasialunterricht. 

.  Der  in  der  G.Verf.  v.  24.  Octb.  1837  aufgestellte  Kormalplan  für  den 
Gymnasialunterricht  hat  sich  seitdem  im  Allgemeinen  als  zweckmafsig  be- 
wahrt. Diejenigen  Modificationen  desselben,  welche  nach  den  bisherigen  Erfahrun- 
gen und  auf  Grund  der  von  den  Prov.  SohulcoUegien  abgegebenen  Gutachten  an- 
gemessen erscheinen,  beschränken  sich  auf  Folgendes: 

Die  philosophische  Propädeutik  ist,  wie  es  bei  einer  grofsen  Zahl 
der  Gymn.  bereits  geschieht,  femer  nicht  als  ein  besonderes  Unterrichtsfach  anzu- 
setzen. Der  wesentliche  Inhalt  derselben,  namenÜ.  die  Grundlehren  der  Logik, 
kann  mit  dem  deutschen  Unterricht  verbunden  werden,  weshalb  in  dem  unten  bei- 
gefügten Uebersichtsplan'  statt  der  bisherigen  2  wöchentl.  Stunden  für  das  Deutsche 
in  Prima  3  St.  bestimmt  worden  sind.  Es  bleibt  indefs  den  K.  Prov.  SchulcoU. 
überlassen,  da,  wo  Sie  es  für  angemessener  erachten,  die  nothwendige  Berücksich- 
tigung des  Inhalts  der  philosoph.  Propädeutik  einem  philologischen  oder  dem 
mathematischen  Lehrer  zu  übei^ragen  und  in  solchem  Fall  die  Stundenzahl  des- 
selben um  eine  zu  vermehren;  wobei  es  dann  hinsichtlich  des  deutschen  Unter- 
richts in  Prima  bei  2  wöchentl.  Stunden  verbleibt. 

Die  Zahl  von  2  wöchentl.  Bei igions stunden  wird  in  Sexta  und  Quinta 
auf  3  erhöht,  um  für  das  Lesen  der  heil.  Schrift  und  die  bibL  Geschichte,  oder 
für  die  Verbindulig  des  katechet.  Unterrichts  mit  der  letzteren,  ausreichende  Zeit 
zuffe¥rinnen.  Nur  bei  einer  sehr  geringen  Klassenfrequenz  ist  es  gestattet,  die 
bisnerige  Stundenzahl  beizubehalten. 

Da  der  lateinische  und  deutsche  Unterricht  in  Sexta  und  Quinta  in 
der  Begel  Einem  Lehrer  zu  übertragen  ist  und  die  K.  Prov.  SchulcoU.  nur  in 
Fallen  der  Nothwendigkeit  Ausnahmen  hiervon  gestatten  werden,  so  genügt  es,  für 
beide  Sprachen  zusammen  wöchentl.  12  Stunden  anzusetzen.  Wo  £e  Verteilung 
dieses  tJntrr.  unter  2  verschiedene  Lehrer  nicht  vermieden  werden  kann  und  bei 

S'ofser  Klassenfrequenz  ist  es  jedoch  zulässig,  in  den  genannten  Klassen  für  das 
eutsche  3  Stunden  wöchentl.  zu  bestimmen. 

Der  Unterricht  im  Französischen  beginnt  in  Quinta  mit  3  wöchentl. 
Stunden;  in  jeder  folgenden  Klasse  sind  2  Stunden  auf  denselben  zu  verwenden. 

Für  die  Geschichte  und  Geographie  wird  in  Prima  und  in  Quarta  die 
wöchentl.  Stundenzahl  um  eine  erhöht,  so  dafs  diesen  Gegenständen  in  den  4 
oberen  Klassen  je  3  St.  wöchentl.  gewidmet  werden.  In  Sexta  und  Quinta  hat 
sich  der  historische  Unterricht  auf  die  in  den  Aeligionsstunden  durchzunehmende 
bibl.  Geschichte  und  diejenigen  Mitteilungen  zu  beschränken,  zu  denen  die  2 
wöchentl.  Stunden  des  geograph.  Unterrichts  Gelegenheit  geben.  Die  Sagen  des 
Altertums  werden  in  diesen  Klassen  zweckmäfsig  auch  bei  dem  deutschen  Unter- 
richt Berücksichtigung  finden. 

Der  Unterricht  in  der  Naturgeschichte  ist  in  Sexta  und  Quinta  nur  an 
denjenigen  Gymn.  beizubehalten,  welche  dafür  eine  völlig  geeignete  Lehrkraft  be- 
sitzen. Dazu  ist  nicht  allein  der  Nachweis  der  durch  die  Prüfung  pro  facultate 
docendi  erworbenen  Berechtiffuncr  erforderlich,  sondern  auch  die  Beiahigung,  diesen 
mntemeht,  der  Altorootufo  4er  betgeffeadan  Klassen  gemäCi,  in  ansfihanlichftr  und 
anregender  Weise  und  ohne  das  Streben  nach  systematischer  Form  und  Vollständig- 
keit zu  erteilen.  Wo  es  nach  dem  Urteil  der  K.  Prov.  SchulcoU.  an  einem  solchen 
Lehrer  fehlt,  fällt  dieser  *  Gegenstand  in  Sexta  und  Prima  aus,  und  ist  in  beiden 
Klassen  für  den  Untrr.  in  der  Geographie  und  aufserdem  in  Quinta  für  das  B^chnen 
eine  Stunde  mehr  zu  verwenden.  Dem  Lehrer  der  Geographie  ist  alsdann  umso- 
mehr  Gelegenheit  gegeben,  durch  Berücksichtigung  des  naturgeschichtl.  Stoffes 
den  Gegenstand  zu  beleben  ui^d  auch  nach  dieser  Seite  hin  den  Vorstellungskreis 
der  Schüler  zu  erweitem.  In  Quarta  sind  bei  dem  gleichzeitigen  Eintritt  der  Mathe- 
matik und  des  Griechischen  und  zur  Vermeidunfl^  einer  zu  grofsen  Stundenzahl  dem 
naturgeschichtl.  Unterricht  besondere  Stunden  nicht  zu  widmen.  In  den  2  für  die 
Naturkunde  bestimmten  Stunden  in  Tertia  ist  eine  zusammenhangende  Uebersicht 
der  beschreib.  Naturwissenschaften  zu  geben,  wofür  in  dieser  Klasse  das  Fassungs- 
vermögen hinreichend  entwickelt  zu  sein  pflegt.  Wo  eine  getrennte  Ober-  und 
Unter-Tertia  besteht,  reicht  dazu  eine  Stunde  wöchentlich  aus,  und  die  andere  ist 


67 


dem  G«8ohicbt8imterrioht  sozulegen,  umsomehr,  als  die  brandenborgisch-preaijiiBohe 
Gteschiohte  überall  in  das  Pensum  von  Tertia  aofzonehmen  ist.  Fehlt  es  an  einem 
eeeigneten  Ijehrer  der  Natorwissensohaften,  so  ist  von  den  2  angesetzten  Standen 
die  eine  anf  (beschichte,  die  andere  auf  das  Französisohe  zu  verwenden.  Wo  unter 
den  vorher  angegebenen  ßedi^pingen  in  Sexta  und  Quinta  ein  naturgesohichtl. 
Unterricht  erteilt  wird,  ist  die  Beschreibung  des  menschlichen  Leibes  auf  das  Noth- 
wendigste  zu  beschränken. 

In  Quarta  sind  in  den  för  den  mathematischen  (Jnterrioht  bestimm- 
ten 3  wöchentl.  Stunden  ausgedehnter,  als  bisher  meist  geschehen,  die  Qebungen 
im  fiechnen  fortzusetzen  und  der  Unterricht  im  Uebrigen  Sa£  geomeür.  Anschauungs- 
lehre und  die  Anfangsgründe  der  Planimetrie  zu  beschränken. 

Schreibunterricht  findet  wie  bisher  in  Sexta  und  Quinta  in  3  wöchentl. 
Stunden  Statt.  Da  von  Quarta  an  besondere  Schreibstunden  nicht  mehr  eintreten, 
80  ist  desto  melir  von  den  Lehrern  dieser  und  der  folgenden  Klassen  auf  eine  gute 
Handschrift  in  sämtlichen  Schülerarbeiten  mit  Strenge  zu  halten.  Damit  dies  mit 
sicherem  Erfolge  geschehen  kann,  sind  die  schriftl.  iürbeiten  auf  ihr  rechtes  llafs 
genau  einsnschriu&en. 

Hienach  regelt  sich  der  allgemeine  Lehrplan  für  die  Gymnasien  nunmehr  in 
folgender  Weise: 


Prima 

Secunda 

Tertia 

Quarta 

Quinta 

Sexta 

Religion,  wöchentl.  Stunden 

2 

2 

2 

2 

3 

3 

Deutsch 

3 

2 

2 

2 

4 

i) 

Lateinisch 

8 

10 

10 

.10 

Griechisch 

6 

6 

6 

6 

• 

• 

Franzosisch 

2 

2 

2 

2 

3 

• 

Geschichte  u.  Geographie 

3 

3 

3 

3 

2 

2 

Mathematik  u.  Rechnen    . 

4 

4 

3 

3 

3 

4 

Physik 

2 

1 

. 

• 

• 

» 

Naturkunde 

» 

• 

2 

• 

(2) 

(2) 

Zeichnen 

* 

. 

. 

2 

2 

2 

Schreiben 

• 

. 

• 

• 

3 

3 

30 

30 

30 

30 

30 

28(27) 

Da  der  Unterricht  im  Hebräischen,  im  Gesang^  und  im  Turnen  ganz 
oder  teilweise  aufser  der  gewöhnlichen  Schulzeit  erteilt  wird,  so  sind  die  in  dem 
bisherigen  Umfange  dafür  zu  verwendenden  Stunden  in  vorstehende  Uebersicht 
nicht  mit  aufgenommen  worden. 

Wie  weit  nach  localen  und  individuellen  Verhältnissen  der  einzelnen  Pro- 
vinzen und  Anstalten,  sowie  nach  stiftungsmäfsigen  für  einzelne  Gymnasien  be- 
stehenden Bestimmungen,  Abweichungen  von  dem  allgemeinen  Lefaiplan  gerecht- 
fertigt erscheinen,  haben  die  X.  Prov.  SchnlcoU.  genau  festzustellen  und  mir  dar- 
über Bericht  zu  erstatten. 

Aufser  den  sodann  mit  meiner  Genehmigung  far.die  betreff.  Anstalten  zu 
bestimmenden  Ausnahmen  sind  weitere  Abänderungen  des  für  sämtliche  Gymnasien 
verbindlichen  Lehrplans  nicht  zu  dulden. 

Eine  Dispensation  vom  Unterricht  in  der  griechischen  Sprache 
darf  in  demjenigen  Städten,  wo  neben  dem  Gymnasium  noch  eine  höh.  Büi^er- 
oder  Realschule  besteht,  vorausgesetzt,  dafs  in  der  letzter^  Latein  gelehrt  wird, 
nicht  mehr  stattfinden.  Wo  dagegen  in  kleineren  Städten  das  Gymnasium  auch 
das  Bedürfnis  derer  erfüllen  mufs,  welche  sich  nicht  für  ein  wissenschaftL  Studium 
oder  einen  Lebensberuf,  zu  welchem  eine  Gymnasialbildune  erfordert  wird,  vor- 
bereiten, sondern  die  für  einen  bürgerl.  Beruf  nöthige  allgm.  Bildung  auf  einer 
höheren  Lehranstalt  erwerben  wollen,  bleibt,  auch  wenn  mit  dem  Gymn.  besondere 
Realklassen  nicht  verbunden  sind,  die  Dispensation  von  der  Teilnahme  am  Unter- 
richt im  Griechischen,  mit  Genehmigung  der  K.  Prov.  SchulcoU.,  zulässig.    Ob  in 


68 

solchen  Fällen  an  die  Stelle  des  Griechischen  ein  anderer  Unterrichtsg^ranituid 
eintreten  kann,  wird  der  Erwagang  nnd  besonderen  Anordnnnff  der  £.  Proy. 
Schnlcoll.  anheimgegeb^i.  Bei  Gewährong  der  Dis]>ensation  ist  den  betreff.  Schülern 
bemerklich  zn  machen,  dafs  Unkenntnis  des  Griechischen  von  der  Teil- 
nahme am  Abitnrientenexamen  ausschliefst. 

Die  Befolgung  des  allgm.  Lehrplans  kann  erst  dann  die  beabdchtig^te  Wir- 
kung an  der  den  Gymn.  anvertrauten  Jugend  hervorbringen,  wenn  die  Lehrer 
einer  Anstalt  davon  durchdrungen  sind,  dafs  ihr  Werk  ein  gemeinsames  ist,  bei 
dem  die  Thatigkeit  des  einen  an  der  Thatigkeit  des  anderen  Lehrers  ihre  noth- 
wendige  Ibrg^nzung  findet  und  deshalb  in  Zusammenhang  mit  derselben  stehen 
mufs.  Das  den  Schüler  Zerstreuende,  seine  Kraft  Zersplitternde  und  sein  Interesse 
Lähmende  ist  nicht  sowohl  die  Vielheit  der  Gegenstände  an  sich,  als  der  Mang^el 
an  Einheit  in  der  Mannigfaltigkeit.  Eine  Verminderung  der  in  dem  oben  anfge- 
stellten  Lehrplan  angegebenen  ünterrichtsobjecte  und  des  denselben  zu  widmenden 
Zeitmafses  hat  sich  als  unzulässig  erwiesen.  Das  um  so  dringender  hervortretende 
Bedüifnis  gröfserer  Goncentration  des  gesamten  Unterriohtstoffs  ist  nur  durch  ein 
einmüth^es  Zusammenwirken  jedes  Lehrercollegiums  zu  erreichen,  wobei  der  Ein- 
zelne si^  willig  dem  Zweck  des  Ganzen  unterordnet,  kein  Lehrobject  sich  isolirt 
und  in  der  Lelu^eise  sowie  in  der  Auffassung  der  Gegenstände,  ohne  Beeintxäohti- 
gung  der  personl.  Eigentümlichkeit  des  einzelnen  Lehrers,  eine  principielle  üeber- 
einstimmung  herrscht.  An  dieser  fehlt  es,  wenn  z.  B.  die  verschiedenen  Lehrer 
der  verschiedenen  Sprachen,  welche  auf  den  Gymn.  gelehrt  werden,  in  der  gram- 
matischen Theorie  und  den  Grundregeln  wesentlich  von  einander  abweichen,  oder 
wenn  z.  B.  die  Aeufserungen  des  Geschichtslehrers  über  die  Geschichte  des  Alten 
und  Neuen  Testaments  und  über  die  Thatsachen  der  Eirchengeschichte  mit  dem- 
jenigen in  Widerspruch  stehen,  was  der  Religionslehrer  oder  auch  der  Lehrer  des 
Deutschen  bei  der  Besprechung  deutscher  Aufsätze  über  dieselben  Gegenstände 
vorträgt. 

Zur  Vermeidung  eines  derartigen  Zwiespalts,  welcher  den  Zweck  des  Unter- 
richts vereitelt  nnd  in  der  Seele  des  Schülers  die  Ghrundlage  eines  festen  Wissens 
und  sicherer  Ueberzeugung  sich  nicht  bilden  läfst,  sowie  zur  Beförderung  der  Gon- 
centration des  Unterrichts  selbst,  ist  einerseits  mehr  und  mehr  darauf  Bedacht 
zu  nehmen,  dafs  die  innerlich  am  nächsten  verwandten  Lehrobjecte  möglichst 
in  Einer  Hand  liegen  und  dafs  die  verschiedenen  Thätigkeiten  des  Schülers  auf 
demselben  Gebiet,  z.  B.  die  lateinische  Leetüre  und  die  schriftl.  Arbeiten  in  enge 
Beziehung  zu  einander  gesetzt  werden;  sodann  aber  ist  durch  Fachconferenzen, 
welche  sich  in  geeigneten  Zeiträumen  wiederholen,  dafür  zu  soriren,  dafs  sowohl 
die  auf  einander  folgenden,  wie  die  nebeneinander  in  derselben  Klasse  unterrich- 
tenden Lehrer  alle  ein  deutliches  Bewufstsein  über  die  Pensa  und  Klassenziele  und 
über  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  zur  Erreichung  derselben  haben.  Es  geschieht 
häufig,  diSiB  das  Unterrichtsmaterial,  abgesehen  von  dem  durchaus  nicht  zu  ge- 
stattenden Hinausgehen  über  das  Ziel  der  einzelnen  Klassen  in  den  verschiedenen 
Unterrichtsfächern,  teils  durch  einzelne  nach  möglichster  Vollständigkeit  strebende 
Lehrbücher,  teils  durch  die  wissenschaftlichen  Neigungen  der  Lehrer  unverhält- 
nismäfsi|^  angehäuft  wird  und  der  Standpunkt  der  Klasse  sowie  das  eigrentliche 
Bedürfnis  des  Schülers  unberücksichtigt  bleibt,  indem  das  Absehen  des  Lehrers 
mehr  auf  systematische  Ausdehnung  des  Stoffs,  als  auf  Fertigkeit  und  Sicherheit 
im  Nothwendigen  gerichtet  ist. 

Ist  es  zunächst  Sache  des  Directors,  auch  in  diesen  Beziehungen  die  erfor- 
derlichen Anordnungen  zu  treffen  und  nicht  in  Vergessenheit  geraten  zu  lassen, 
so  ist  andererseits  auch  von  den  Ordinarien  zu  verlangen,  dsus  sie  sich  mit  den 
übrigen  Lehrern  der  ihrer  Aufmerksamkeit  und  Fürsorge  vorzugsweise  anvertrauten 
Klasse  in  Einvernehmen  setzen  und  genau  davon  unterrichten,  wie  es  in  der  er- 
wähnten Beziehung  in  derselben  steht.  Die  über  die  Wirksamkeit  der  Ordinarien 
in  der  0.  Verf.  v.  24.  Octb.  1837  enthaltenen  Bestimmungen  werden  hierbei  wieder- 
holt zur  Nachachtung  in  Erinnerung  gebracht. 

Wenn  die  Ordinarien  der  Klassen  auch  durch  ein  bemerkbares  Uebergewicht 
an  Lehrstunden  in  denselben  als  Hauptlehrer  sich  darstellen,  so  mufs  der  Unter- 


69 

• 

rieht  dadurch  an  innerer  wie  an  Sofserer  Einheit  gewinnen  und  übermäfsige  An- 
forderungen an  die  Schüler  werden  ebenso  leicht  erkannt  als  vermieden  werden. 
Die  Vielheit  der  Lehrer  wirkt  besonders  nachteilig  auf  die  lungeren  Schaler,  die 
znr  Verarbeitung  dessen,  was  ihnen  von  verschiedenen  Lehrern  mitgeteilt  wird, 
noch  weniger  Geschick  und  Uebung  haben  als  ältere  Schüler.  Womöglich  sind 
deshalb  in  den  unteren  Klassen  nidit  mehr  als  3  Lehrer  neben  einander  zu  be- 
schäftigen nnd  ihre  Zahl  auch  in  den  oberen  mehr,  als  es  an  manchen  Gymn., 
gegen  die  Bestimmungen  der  gedachten  C.  Verf.,  geschieht,  zu  beschränken.  In 
solchen  Fallen,  wo  es  die  K.  Prov.  SchulcoU.  für  vorteilhaft  erachten,  ist  das 
Aufsteigen  der  Ordinarien  und  übrigen  Lehrer  einer  Klasse  mit  ihren  Schülern 
in  einem  Tomas,  der  jedoch  nur  die  Klassen  von  Sexta  bis  Tertia  oder  Sexta  und 
Quinta  oder  Quarta  und  Tertia  umfafst,  zulässig. 

Der  Director  nnd  die  Ordinarien  haben  femer  gemeinschaftlich  dafür  Sorge 
zu  tragen,  dafs  hinsichtlich  der  häuslichen,  insbesondere  der  schriftlichen, 
Arbeiten  das  rechte  MsSb  und  eine  angemessene  Verteilang  stattfindet  Ich  sehe 
mich  veranlafst,  die  K.  Prov  Schulcoll.  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  die 
G.  Verf.  V.  20.  Mai  1^4  im  AUgem.  noch  keineswegs  diejeuige  Beachtung  ge- 
funden hat,  deren  es  bedarf,  um  mehr  als  bisher  didaktische  Mifsgriffe  una  ein 
mechanisches  Verfahren  zu  verhindern  und  bei  der  Jugend  die  Lust  am  Lernen 
zu  erhalten.  Es  ist  den  Directoren  wiederholt  zur  Pflicht  zu  machen,  namentlich 
von  der  Beschaffenheit  der  Themata  zu  den  Aufsätzen,  sowie  von  den  schriftlichen 
Aufgaben  überhaupt  häufiger  Kenntnis  zu  nehmen  und  darin  jeder  Ueberladung 
und  ünangemessexüieit  vorzubeugen.  Die  Schüler  werden  an  mehreren  Anstalten 
noch  immer  mit  Heftschreiben  unverhältnismäfsig  in  Anspruch  genommen;  die 
Zahl  der  Hefte,  welche  sie,  besonders  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen, 
halten  müssen,  wird  sich  in  vielen  Fällen  ohne  Nachteil  noch  erheblich  ver- 
mindern lassen. 

Wie  dies  ausgedehnte  Schreibwesen  den  Lehrstunden  selbst  einen  grofsen 
Teil  der  Wirkung  entzieht,  welche  in  ihnen  geübt  werden  soll,  so  ist  auch  aufser- 
dem  die  Lehrweise  mancher  Lehrer  nicht  geeignet,  den  Schülern  eine  (Jebung 
ihrer  geistigen  Kräfte  zu  gewähren  und  deren  lUgfsamkeit  zu  fordern.  Dies  ist 
der  Fall,  wenn  der  Unterricht  ausschliefslich  in  einem  mechanischen  Abfragen  des 
Aufgegebenen  besteht,  die  Fragen  sich  immer  nur  an  das  Gedächtnis  richten  und 
keinerlei  Aufforderung  und  Anregung  zum  Nachdenken  und  zur  Selbstthätigkeit, 
sowie  zur  Anwendung  des  Erlernten  in  sich  schlief sen  und  eben  so  wenig  den 
Schülern  der  mittleren  und  oberen  Klassen  Gelegenheit  geben,  sich  im  Zusammen- 
hange auszusprechen.  Dafs  die  durchgenommenen  Pensa  und  das  auf  früheren 
Stufen  Erlernte  durch  rechtzeitige  Bepetitionen  in  lebendiger  Gegenwärtifl^keit  er- 
halten werde,  kann  nicht  genug  empfohlen  werden;  aber  auch  hierbei  wird  Fertig- 
keit und  selbständige  Aneignung  nur  dann  zu  erzielen  sein,  wenn  die  Schüler  durch 
eine  mannigfach  wechselnde  und  combinirende  Fra^eise  genöthigt  werden,  den 
zu  repetirenden  Stoff  nicht  immer  von  derselben  Seite,  sondern  von  verschiedenen 
Gesichtspunkten  aus  zu  betrachten. 

Ueber  die  Mängel  der  Lehrmethode,  welche  in  den  oberen  Klassen  nicht 
selten  wahrgenommen  werden,  enthält  die  Instruction  v.  24.  Octb.  1837  Erinnerungen, 
auf  welche  hinzuweisen  noch  immer  an  der  Zeit  ist.  Nur  der  Unterricht  kann 
auf  Erfolg  rechnen,  welcher  das  wissenschaftliche  Ifaterial  mit  stetem  Hinblick 
auf  seinen  pädagogischen  Zweck  behandelt;  dieser  wird  verfehlt,  wenn  z.  B.  die 
Interpretation  eines  Autors  nicht  sowohl  darauf  gerichtet  ist,  vermittelst  einer 
prammatisch  genauen  und  das  Nothwendige  gründlich  erörternden  Erklämngs weise 
m  die  Denk-  und  Anschauungsweise  desselben  lebendig  einzuführen  und  mit  dem 
Inhalt  nnd  Zusammenhang  seines  Werkes  bekannt  zu  machen,  sondern  vielmehr 
ihn  nur  als  einen  Stoff  benutzt,  an  welchem  die  grammatischen  und  lexikalischen 
Kenntnisse  der  Schüler  zu  üben  und  zu  erweitem  sind,  ein  Verfahren,  durch  wel- 
ches der  Jugend  keine  Liebe  zu  den  dassischen  Schriftstellern  des  Altertums, 
sondern  Abneigung  gegen  dieselben  in  dem  Mafse  eingeflöfst  wird,  dafs  die  Studiren- 
den  nach  beendigtem  Gymnasialcursus  immer  seltener  zu  ihrer  I«ctüre  und  tieferem 
Studium  zurückkehren.    Es  ist  darauf  zu  halten,  dafs  die  Schüler  häufiger,   als  es  1 

geschieht,  anhieltet  werden,  den  Inhalt  durchgenommener  grofserer  oder  kleinerer  r 

Abschnitte  mit  Bestimmtheit  und  in  richtiger  Folge  anzugeben;  bei  den  grieoh. 


70 


und  rom.  Olassikem  empfiehlt  es  sich,  dabei  auch  ron  der  lateiniBchen  Sprache 
G^braaoh  zu  machen. 

Ebensowenig  wie  Ezcnrse  der  angedeuteten  Art,  bei  welchen  der  gerade 
Yorliegende  Ghegenstand  ans  den  Augen  verloren  wird,  der  Aufgabe  des  Unter» 
richts  entsprechen,  kann  es  gebilligt  werden,  dafs  die  Lehrer  nicht  selten  bei 
ihrem  Vortrags*  und  UnterrichtspUn  auf  das  eingeführte  Lehrbuch,  Gbschichts- 
tabellen  u.  s.  w.  geringe  oder  keine  Rücksicht  nehmen,  sondern  sich  wesentliche 
üeberschreitungen  und  Abweichungen  von  demselben  erlauben,  so  dafs  es  den 
Schülern  den  beabsichtigten  Nutzen,  welcher  besonders  auch  in  der  Vertrautheit 
mit  einem  Stoff  von  benimmt  begrenztem  Umfang  besteht,  nicht  gewähren  kann. 
Es  wird  dabei  zum  Nachteil  der  Schüler  verkannt,  dafs  auf  diesem  Gebiet  die 
sicherste  Wirkung  in  weiser  Beschränkung  und  fester  Gewöhnung  liegt 

Ich  veranlasse  die  K.  Prov.SchulcoUegien,  die  betr.  Directoren  und  Lehrer- 
coUegien  mit  vorstehenden  Anordnungen  und  Hinweisungen  in  geeigneter  Weise 
bekannt  zu  machen,  und  vertraue,  dafs  Dieselben  der  Beachtung  und  Ausführung 
der  einzelnen  Bestimmungen  Ihre  unausgesetzte  Aufmerksamkeit  widmen  werden« 

Der  Minister  der  geisÜ.  etc.  Ang.  v.  Baum  er. 


Unterrichts-   und  Prüfnngs-Ordnung   der   Bealschulen 
und  der  höheren  Bürgerschulen  v.  6.  October  1859. 

Die  höheren  Lehranstalten,  deren  Unterrichts-  und  Prüfungs-Ordnui^  im 
Folgenden  festgesetzt  wird,  haben  den  gemeinsamen  Zweck,  eine  allgemein  wissen- 
schaftliche Vorbildung  zu  denjenigen  Berufsarten  zu  gewähren,  für  welche  Univer- 
sitätsstudien nicht   erforderlich    sind«       Zu  der  Kategorie    derselben    gehören: 

A.  Die  Bealschulen,  welche  ein  System  von  sechs  aufsteigenden  Klassen  haben, 

B.  Schulen  gleicher  Tendenz  und  Einrichtung,  die  von  derselben  Grundlage  aus 
zu  einer  geringeren  Zahl  von  Klassen  aufsteigen,  unter  dem  Namen:  Höhere 
Bürgerschulen. 

A.   Die  Bealschulen. 

Die  mit  diesem  Namen  bezeichneten  Lehranstalten,  welche  das  Becht  zu 
EntlasBungsprüfungen  besitzen,  werden  bis  auf  weiteres  in  eine  erste  und  zweite 
Ordnung  geteilt,  {u>er  deren  Unterscheidung  Abschn.  III.  näheren  Aufschlufs  giebt 
Die  in  Abschn.  I  und  11  enthaltenen  allgemeinen  Bestimmungen  finden  im  Wesent- 
lichen und  so  weit  über  die  Verschiedenheit  nichts  bemerkt  is^  auf  beide  Ordnungen 
gleichmäfsige  Anwendung. 

I.  Der  Lehrplan  und  die  innere  Gliederung  der  Bealschule. 
$  1.  Der  allgemeine  Lehrplan  der  Realschulen,  welchen  die  erste  Ordnung  der- 
selben voUst&dig  zur  Ausführung  bringt,  ist  folgender: 


Sexta 


Quinta 


Quarta 


Tertia 


Secunda 


Prima 


Religion 

Deutsch 

Lateinisch 

Französisch 

Englisch 

Geographie  und  Geschichte 
Naturwissenschaften    .    .    . 
Mathematik  und  Rechnen   . 

Schreiben 

Zeichnen    . 

Summe  derwöchentL  Stunden 


t) 


3 
2 
5 
3 
2 


t] 


3 
2 
4 
2 
2 


^30      I      31 


2 

1} 

5 

* 

4 

2 

6 

2 

2 


32 


2 

1} 

4 
4 
4 
2 
6 


2 

1} 

4 
3 
3 


2 

1} 

4 
3 
3 


K 


32      I     32 


32 


71 

Da  der  Unterricht  im  G>e8an|f  and  im  Turnen  ganz  oder  teilweise  anfser 
der  g^ewöhnlichen  Schulzeit  erteilt  wird,  so  sind  die  in  dem  bisherigen  Umfang 
dafür  zn  verwendenden  Standen  in  vorstehende  Uebersicht  nicht  mit  aufgenommen 
worden. 

Ueber  die  Einrichtung  des  LehrplanSi  die  Wahl  und  das  gegenseitige  Yerhlltnis  der 
ünterriehtsobjeote,  sowie  über  die  nach  looalen  Umst&nden,  den  Yerhältnissen  der  Lehrer- 
eoUegien  und  der  Sehülexfrequens  sullssigen  ModÜlcationen  des  Lehrplans  iat  in  den  Er- 
liatemngen  (s.  die  Beilage)  das  Köthige  bemerkt  worden. 

$  2.  Der  Eintritt  in  die  Sexta  erfolgt  in  der  Regel  nicht  vor  dem 
vollendeten  neunten  Lebensjahre.  Die  zur  Aufnahme  in  die  oexta  erforderlichen 
elementaren  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  sind:  Geläufigkeit  im  Lesen  deutscher 
nnd  lateinischer  Druckschrift;  eine  leserliche  und  reinliche  Handschrift;  Fertigkeit 
Dicürtes  ohne  grobe  orthographische  Fehler  nachzuschreiben;  Sicherheit  in  den 
vier  Grundrechnungsarten  mit  gleichbenannten  Zahlen.  In  der  Religion  wird  einige 
Bekanntschaft  mit  den  Geschichten  des  A.  und  N.  Testaments,  sowie  (bei  den 
evangelischen  Schülern)  mit  Bibelsprüchen  und  Liederversen  erfordert.  Bei  der 
Aufnahme  von  Schülern,  die  nach  Alter  und  Vorkenntnissen  in  eine  höhere  Klasse 
als  Sexta  eintreten  zu  können  erwarten,  ist  besonders  darauf  zu  achten,  dafs  sie 
im  Wesentlichen  das  Mafs  von  Kenntnissen  mitbringen,  'welches  sie  befähigt,  mit 
den  Uinger  auf  der  Schule  unterrichteten  Schülern  gleichen  Schritt  zu  halten. 

$  3.  Die  Klassen  Sexta,  Quinta  und  Quarta  haben  einen  je  einjährigen 
Cursos;  in  Tertia  wird  er  sich,  um  das  Pensum  der  Klasse  mit  Griindlichkeit  zu 
abeolviren,  in  der  Regel  auf  zwei  Jahre  ausdehnen.  Secunda  und  Prima  haben 
r^elnuLfsig  einen  je  zweijährigen  Cursus.  In  diesem  Klassensystem  liegt  der 
wichtigste  AbschniU  hinter  der  Tertia. 

$  4.  £s  gehört  zu  den  Kennzeichen  der  Realschule  erster  Ordnung,  dafs 
sie  von  del*  untersten  Klasse  an  auf  eine  selbständige  höhere  Lehranstalt  angelegt 
ist  und  deshalb  nicht  zugleich  noch  die  Aufgabe  der  allgemeinen  Elemraitarschule 
und  der  niederen  Bürger-  und  Stadtschule  zu  übernehmen  hat.  Demnach  sind 
solche  Schüler  vom  Eintritt  in  die  Sexta,  und  schon  in  die  Vorbereitungs-Klassen 
der  Realschule,  wo  deren  vorhanden  sind,  möglichst  fem  zu  halten,  welche  nur  die 
unteren  Klassen  durchmachen  sollen,  um,  sobald  sie  aus  dem  schulpflichtigen  Alter 

Betreten  sind,  die  Schule  wieder  zu  verlassen.  Dagegen  können  die  Klassen  von 
exta  bis  Tertia  incl.  sehr  wohl  zugleich  der  Aufgabe  genügen,  welche  eine  Mittel- 
schule zu  erfüllen  hat.  Die  Realschule  wird,  so  weit  es  ihr  höherer  Zweck  zu- 
^st,  Rücksicht  darauf  zu  nehmen  haben,  dafs  erfahrungsmäfsig  aus  Tertia  eine 
grofse  Anzahl  von  Schülern  abgeht,  um  in  einen  praktischen  Lebensberuf  einzu- 
treten. Demgemäfs  ist  bei  der  Verteilung  des  Unterrichtsstoffs  darauf  Bedacht 
zu  nehmen,  ^ifs  die  mit  der  absolvirten  Tertia  gewonnene  Schulbildung  das  unter 
allen  Umständen  Nothwendige  nicht  verabsäume  und  in  sich  einen  Abschlufs  er- 
reiche, der  zum  Eintritt  in  einen  praktischen  Beruf  der  mittleren  bürgerlichen 
Lebenskreise  beföhigt. 

Was  beim  Abgang  aus  der  Tertia  einer  Realschule  erreicht  sein  mufs, 
und  sich  bei  wohlgeordnetem  Unterricht  von  der  Mehrzahl  der  Schüler,  sofern  bei 
ihrer  Aufnahme  und  Versetzung  keine  unzulässige  Nachsicht  geübt  ist,  erreichen 
läfst,  ist  hauptsächlich  Folgendes:  Im  Deutschen:  grammatische  Sicherheit 
im  Gebrauch  der  Muttersprache,  nebst  angemessener  Fertigkeit  in  correcter  münd- 
licher und  schriftlicher  ^Wendung  derselben,  nach  den  Anforderungen  der  Ver- 
hältnisse des  gemeinen  Lebens.  Im  Lateinischen:  Sicherheit  in  der  Ele- 
mentargrammank  und  genügende  Vocabelkenntnis,  um  mit  Hülfe  von  beiden  den 
Cornelius  Nepos  und  leichtere  Abschnitte  des  Julius  Cäsar  oder  eine  für  diese 
Stufe  geeignete  Chrestomathie  verstehen  und  übersetzen  zu  können.  In  den 
beiden  neueren  Sprachen  mufs  der  zum  Fortstudium  nöthige  Grund  so  wäit  |^legt 
sein,  dafs  im  Französischen  die  Kenntnis  der  Formenlehre  und  die  angeeignete 
Vocabelkenntnis  den  Schüler  befähigt,  leichte  Stellen  historischen  Inhalts  ins 
Deutsche  zu  übersetzen  und  einfache  deutsche  Sätze  ins  Französische.  Im  Eng- 
lischen rouls  die  grammatische  Grundlage  und  einige  Vocabelkenntnis,  auch  Be- 
kanntschaft mit  den  wichtigsten  Regeln  der  Aussprache  und  einige  Uebung  im 
Lesen,  so  wie  im  Verstehen  leichter  Sätze,  vorhanden  sein.  In  der  Mathematik: 
Sicherheit  in  den  Rechnungen  des  gemeinen  Lebens  und  in  der  ebenen  Geometrie; 


72 

demgemäfs  Befähigung,  die  in  den  niederen  Gewerben  yorkommenden  mathematischen 
Gonatructionen  zu  verstehen  und  verständig  auszuführen.  In  der  Naturkunde: 
Kenntnis  der  wichtigeren  am  Ort  und  in  der  Umgegend  vorkommenden  Natur- 
producte,  so  wie  der  in  den  Gesichtskreis  des  Schülers  fallenden  Naturerscheinungen 
und  ihrer  Gründe,  verbunden  mit  einer  durch  vielfache  Uebung  erworbenen  Ge- 
schicklichkeit im  Beobachten,  so  wie  im  mündlichen  und  schriftlichen  Beferirea 
über  das  Beobachtete.  In  der  Geographie:  Die  Elemente  der  mathematischen 
Geographie,  so  weit  sie  nach  dem  Standpunkt  der  unteren  und  mittleren  Klassen 
bcdiandelt  werden  können;  Bekanntschaft  mit  den  allgemeinen  Verhältnissen  der 
Erdoberfläche  und  der  Erdteile,  insbesondere  Europas;  speciellere  Kenntnis  der 
topischen  und  politischen  Geographie  von  Deutschland.  in  der  Geschichte: 
Uebersichtliche  Bekanntschaft  mit  den  wichtigfsten  welthistorischen  Begebenheiten 
und  genauere  Kenntnis  der  vaterländischen  Geschichte,  d.  h.  der  brandenburgisch- 
preufsischen  im  Zusammenhange  mit  der  deutschen.  Wie  dieser  Unterricht  zweck- 
mäfsig  erteilt  auch  seinerseits  dazu  beitragen  mufs,  den  patriotischen  Sinn  der 
Juffend  anzuregen  und  zu  stärken,  so  mufs  der  Religionsunterricht  der 
Schule  die  kirchliche  Unterweisung  der  Katechumenen  und  (Konfirmanden  unter- 
stützen, nicht  nur  durch  Befestigung  und  Erweiterung  der  Bibelkenntnis,  sondern 
aach  durch  Erweckung  des  Bewufstseins  kirchlicher  Zugehörigkeit.  Im  Zeichnen 
mufs  eine  angemessene  Uebung  im  Freihandzeichnen  und  Bekanntschaft  mit  den 
Kiementen  des  perspectivischen  Zeichnens  vorhanden  sein. 

§  5.  Die  für  Bealschnlen  unerläfsliche  Bücksicht  auf  die  aus  Tertia  ab- 
gehenden Schüler  darf  nicht  hindern,  die  Unterrichtsgegenstände  in  den  unteren 
und  mittleren  Klassen  so  zu  behandeln,  dafs  die  in  die  oberen  Klassen  übergehen- 
den Schüler  auch  ihrerseits  dabei  die  erforderliche  Vorbereitung  erhalten.  Da  der 
Unterricht  in  Secunda  und  Prima  vielmehr  das  Urteil  und  das  Nachdenken,  als 
das  Gedächtnis  in  Anspruch  zu  nehmen  hat,  wird  es  darauf  ankommen,  dafs  die 
dabei  vorauszusetzende  elementare  Fertigkeit  imd  die  Sicherheit  in  allen  gedächtnis- 
mäfsigen  Grundlagen  zuvor  wirklich  erworben  sei.  Der  wissenschaftliche  Charakter 
der  den  beiden  oberen  Klassen  zugewiesenen  Lehrpensa,  die  Eioführung  in  den 
reichen  Inhalt  der  einzelnen  Disciplinen  und  die  Combination  verwandter  Wissen- 
schaften fordern  in.  demselben  Maise,  wie  dadurch  der  geistige  Gesichtskreis  des 
Schülers  erweitert  wird,  eine  selbstthätige  Teilnahme  von  ihm.  Es  ist  daher  bei 
der  Versetzung  nach  Secunda  mit  besonderer  Sorgfalt  darauf  zu  achten,  ob  die 
hierzu  erforderliche  Befähigung  und  Vorbildung  vorhanden  ist.  Das  Lehrziel ^ 
welches  in  den  beiden  oberen  Klassen  in  den  einzelnen  Qnterrichtsgegenständen 
m  erreichen  ist,  ergiebt  sich  teils  aus  den  Anforderungen  bei  der  Versetzung  nach 
Prima  (s.  den  folgenden  §),  teils  aus  den  Bestimmungen  des  Abiturienten-Kegle- 
ments  (s.  Abschn.  II.  §  2). 

Ueber  Inhalt,  Hafs  und  Behandlungsweise  der  Lehrobjecte  sprechen  sich  die 
erläuternden  Bemerkungen  näher  aus, 

S6.  Um  die  Abiturientenprüfung  zu  vereinfachen,  und  zu  erfolgreicher 
ung  des  Unterrichtspensums  der  ersten  Klasse  freieren  Raum  zu  gewinnen, 
ist  es  nothwendig,  dafs  ein  Teil  der  auf  der  Realschule  zu  lösenden  Gesamtaufgabe 
schon  beim  Uebergang  nach  Prima  als  erledigt  nachgewiesen  werde.  Dies  gilt 
von  der  topischen  und  politischen  (Geographie;  ferner  von  der  Naturbeschreibung, 
worin  eine  hinreichende  Systemkunde,  Uebung  im  Bestimmen  von  Pflanzen,  Thieren 
nnd  Mineralien,  Bekanntschaft  mit  der  geographischen  Verbreitung  wichtiger  Natur- 
producte,  sowie  Kenntnis  der  chemischen  Grundstoffe  erworben  sein  mufs.  In 
beiden  genannten  G^enständen  wird  vor  der  Versetzung  nach  Prima  eine  Prüfung 
abgehalten.  Ebenso  müssen  die  Schüler  im  Lateinischen  auf  dieser  Stufe  den 
grammatischen  Teil  der  Sprache  in  Regeln,  Paradigmen  etc.  als  einen  mit  Fertig- 
keit zu  verwendenden  Besitz  sicher  inne  haben,  was  durch  ein  Exercitium,  die 
Uebersetzung  eines  deutschen  Dictats  ins  Lateinische,  zu  documentiren  ist.  Gleicher- 
weise ist  von  den  Schülern,  welche  den  Cursus  der  Secunda  durclu^emacht  haben, 
vor  der  Versetzung  nach  firima  ein  französisches  und  ein  englisches  Exercitium, 
sowie  ein  deutscher  Aufsatz  im  SchuUocal  unter  Aufsicht  anzufertigen  und  eine 
angemessene  Zahl  mathematischer  Aufgaben  schriftlich  zu  lösen.  In  den  Fällen, 
wo  diese  schriftlichen  Probearbeiten  zum  gröfseren  Teil  ein  ungenügendes  Er- 
gebnis liefern,  ist  die  Ascension  nach  Prima  von  einem  vollständigen,  die  münd- 


73 

liehe  Prufang  in  sämtlichen  Lehrobjecten  umfasBenden  Translocationsexamen  ab- 
hängig zu  machen.  Die  Anfordeningen,  welche  dabei,  ebenso  wie  bei  den  Schülern, 
die  sich  ein  Abgangszeugnis  der  Reife  für  Prima  erwerben  wollen,  gestellt  werden 
müssen,  sind  dieselben,  welche  für  die  Abgangsprüfungen  der  höheren  Bürger- 
schulen, d.  h.  der  Realschulen,  deren  gesamter  Gursus  mit  Secunda  abschliefst, 
▼orgeschrieben  sind  (s.  unten  B).  Examinatoren  sind  die  Lehrer  der  Secupda, 
falls  es  der  Director  oder  die  vorgesetzte  Behörde  nicht  angemessen  findet,  darüber 
und  über  die  Wahl  der  Aufgaben  besondere  Bestimmungen  zu  treffen.  Die  vor- 
stehend erwähnten  schriftlichen  Arbeiten  sind,  mit  dem  urteil  der  Lehrer  ver- 
sehen, dem  betreffenden  Schulrath  bei  seiner  nächsten  Anwesenheit  von  dem  Director 
vorzulegen  oder  auf  Erfordern  vorher  zuzusenden. 

IL  Reglement  für  die  Abiturientenprüfung  der  Realschulen. 
§  i.  Die  Prüfung  bildet  den  Abschlufs  des  gesamten  Schulcursus  und  soll  ermitteln, 
ob  die  Abiturienten  diejenige  Reife  erlangt  haben,  welche  die  Bedingung  der  den  Real- 
schulen verliehenen  Berechtigungen  ist.  Für  die  dabei  zu  stellenden  Anforderungen 
ist  das  Bildungsziel  mafsgebend,  welches  überhaupt  auf  den  Realschulen  erreicht 
werden  soll.  Gegenstand  der  Prüfung  ist  daher  nicht  ausschliefslich  das  Pensum 
der  Prima,  sondern  alles  dasjenige,  was  in  dem  Lehrplan  der  Realschule  von  funda- 
mentaler Bedeutung  ist*) ,  so  jedoch ,  dafs  es  vorzüglich  auf  die  allgemeine  Aus- 
bildung des  wissenschaftlichen  Vermögens  zu  klarer  Erkenntnis  und  bewufstem 
Verfallen,  mehr  auf  selbständige  Verarbeitung  des  Stoffs,  als  auf  gedächtnismäfsige 
Aneignung,  und  nicht  sowohl  auf  die  Regel  selbst,  als  auf  die  Fertigkeit  in  ihrer 
Anwendung  ankommt.  Es  wird  eine  schriftliche  und  eine  mündUche  Prüfung 
abgehalten.  Für  die  einzelnen  Unterrichtsobjecte  wird  der  Umfang  der  Anfor- 
derungen folgendermafsen  bestimmt: 

§  2.  1.  Die  Prüiunfr  in  der  Religion  hat  hauptsächlich  nachzuweisen,  dafs 
die  Schüler  mit  der  positiven  Lehre  ihrer  kirchlichen  Confession  bekannt  sind  und 
eine  genügende  Bibelkenntnis  besitzen.  Demgemäfs  mufs  der  evangelische  Abi- 
turient die  Hauptstücke  des  Katechismus  und  biblische  Belegstellen  dazu  kennen 
und  verstehen,  mit  Anordnung,  Inhalt  und  Zusammenhang  der  heil.  Schrift  und 
besonders  mit  den  für  den  kirchlichen  Lehrbegriff  wichtigen  Büchern  des  Neuen 
Testaments  bekannt  sein.  Aus  der  allgemeinen  Kirchengeschichte  mufs  er  die 
wichtigsten  Begebenheiten  und  Personen,  genauer  das  apostolische  und  das  Refor- 
mationszeitalter und  das  Augsbnrgische  Bekenntnis,  und  im  Zusammenhange  damit 
die  wichtigsten  Confessionsunterschiede  kennen.  Einige  der  in  den  kirchlichen 
Gebrauch  aufgenommenen  Lieder  mufs  er  auswendig  wissen.  Der  katholische 
Abiturient  mufs  mit  der  kirchlichen  Glaubens-  und  Sittenlehre,  mit  den  Haupt- 
momenten der  Geschichte  der  christlichen  Kirche,  den  wichtigsten  Confessionsunter- 
schieden  und  mit  dem  Inhalte  der  heil.  Schrift  bekannt  sein. 

2.  Im  Deutschen  ist  Bedingung  der  Reife,  dafs  der  Abiturient  im  Stande 
sei,  ein  in  seinem  Gesichtskreise  liegendes  Thema  mit  eigenem  urteil  in  logischer 
Ordnung  und  in  correcter  und  gebildeter  Sprache  zu  bearbeiten.  Ebenso  mufs 
der  mündliche  Ausdruck  einige  Sicherheit  in  präciser,  zusammenhangender  und 
folgerichtigrer  Rede  erkennen  lassen.  Auf  dem  Gebiet  der  deutschen  Litteratur- 
geschichte  mufs  der  Abiturient  mit  den  wichtigsten  Epochen  ihres  Entwickelungs- 
eang^  und  mit  einigen  Hauptwerken  seit  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
durch  eigene  Leetüre  bekannt  und  davon  Rechenschfdft  zu  geben  im  Stande  sein. 

8.  Im  Lateinischen  mufs  der  Abiturient  befähigt  sein,  aus  Cäsar,  Sallust, 
Livius  früher  nicht  gelesene  Stellen,  die  in  sprachlicher  und  sachlicher  Hinsicht 
keine  besonderen  Schwierigkeiten  haben,  und  ebenso  aus  Ovid  und  Virgil  solche 
Stellen,  die  wenigstens  im  letzten  Semester  nicht  durohg^enommen  worden  sind, 
mit  grammatischer  Sicherheit  in  gutes  Deutsch  zu  übertragen;  das  epische  und 
elegische  Versmafs  mufs  ihm  bekannt  sein. 

4.  Im  Französischen  undEnglischen  mufs  grammatische  und  lexikalische 
Sicherheit  des  Verständnisses  und  eine  entsprechende  Fertigkeit  im  Uebersetzen 
ausgewählter  Stellen  aus  prosaischen  und  poetischen  Werken  der  classischen  Periode 
erreicht  sein.  Der  Abiturient  mufs  femer  des  schriftlichen  Ausdrucks  so  weit 
mächtig  sein,  dafs  er  über  ein  leichtes  historisches  Thema  einen  Aufsatz  zu  schreiben 

*)  Mit  der  in  Abschn.  I  §  6  angeordneten  Einfohrftnkiuig. 


74 

und  ein  Dictat  ans  dem  Deutschen  ohne  grobe  Germanismen  und  erhebliche  Ver- 
stofse  g^gen  die  Ghtimmatik  zu  übersetzen  im  Stande  ist.  Der  geschichtliche  Stoff 
des  Themas,  das  aus  der  Litteraturgeschichte  nicht  zu  wählen  ist,  mufs  dem 
Schüler  durch  den  Unterricht  hinlänglich  bekannt  geworden  sein.  Die  Fähigkeit 
im  mündlichen  Gebrauch  der  französischen  und  englischen  Sprache  mufs  wenigstens 
zur  Angabe  des  Inhalts  gelesener  Stellen,  zur  Erzählung  historischer  Vorgänge 
und  zu  zusammenhangender  Antwort  auf  französisch  oder  englisch  vorgelegte  und 
an  das  Gelesene  anknüpfende  Fragen  ausreichen.  —  Aus  der  Litteraturgeschichte 
ist  genauere  Bekanntschaft  mit  einigen  Epoche  machenden  Autoren  und  Werken 
beider  Litteraturen  aus  der  Zeit  seit  Ludwig  XIV.  und  der  Königin  Elisabeth 
erforderlich. 

5.  In  der  Geschichte  mufs  der  Abiturient  sich  eine  geordnete  Üebersicht 
über  das  ganze  Gebiet  der  Weltgeschichte  angeeignet  haben,  die  griechische  Ge- 
schichte genauer  bis  zum  Tode  Alexanders  des  Grofsen,  die  römische  bis  zum 
Kaiser  Marcus  Aurelius,  die  deutsche,  englische,  französische  besonders  von  den 
letzten  drei  Jahrhunderten  kennen,  und  die  brandenburgisch-preufsische  specieller 
seit  dem  dreifsigjährigen  Kriege,  so  dafs  von  der  Entwickelung  des  geg^enwärtigen 
europäischen  Staatensystems  eine  deutliche  Vorstellung  nachgewiesen  werden  kann. 
Dabei  mufs  eine  Bekanntschaft  mit  den  Hauptdaten  der  Chronologie  und  eine  klare 
Anschauung  vom  Schauplatz  der  Begebenheiten  vorhanden  sein. 

6.  In  der  Geographie  wird  eine  allgemeine  Kenntnis  der  physischen  Ver- 
hältnisse der  Erdoberfläche  und  der  politischen  Ländereinteilung  gefordert,  mit 
Berücksichtigung  des  für  die  überseeischen  Verbindungen  Europas  Bedeutenden; 

fenauere  Kenntnis  der  topischen  und  politischen  Geographie  von  Deutschland  und 
'reufsen,  auch  in  Beziehung  auf  Handel  und  internationalen  Verkehr.    Die  Ele- 
mente der  mathematischen  Geographie,  nach  wissenschaftlicher  Begründung. 

7.  Naturwissenschaften.  In  der  Physik  mufs  der  Abiturient  die- 
jenigen Begriffe  und  Sätze,  und  ebenso  in  Betreff  der  Versuche  die  Methoden 
kennen,  welche  auf  die  Entwickelung  der  physikalischen  Wissenschaft  von  wesent- 
lichem Einflufs  gewesen  sind.  Bei  der  auf  Experimente  gegründeteten  Kenntnis 
der  Naturgesetze  mufs  die  Befähigung  vorhanden  sein,  dieselben  mathematisch  zu 
entwickeln  und  zu  begründen;  die  Schüler  müssen  eine  Fertigkeit  darin  erworben 
haben,  das  in  der  populären  Sprache  als  Qualität  Gefafste  durch  Quantitäten  aus- 
zudrücken. Im  Einzelnen  ist  das  Ziel :  Bekanntschaft  mit  den  Gesetzen  des  Gleich- 
gewichts und  der  Bewegung,  der  Lehre  von  der  Wärme,  der  Elektricität,  dem 
Magnetismus,  vom  Schall  und  vom  Licht  In  der  Chemie  und  Oryktognosie 
wird  gefordert:  eine  auf  Experimente  gegründete  Kenntnis  der  stöchiometrischen 
und  Verwandtschaftsverhältnisse  der  gewöhnlichen  unorganischen  und  der  für  die 
Ernährung,  so  wie  für  die  Hauptgewerbe  wichtigsten  oi^anischen  Stoffe.  Der 
Abiturient  mufs  hierdurch  und  durch  seine  Kenntnis  der  einfachen  Mineralien  im 
Stande  sein,  nicht  blofs  die  zweckmäfsigsten  Methoden  zur  Darstellung  der  ge- 
bräuchlicheren rein  chemischen  Präparate  zu  beschreiben  und  zu  benutzen,  sondern 
auch  über  ihre  physikalischen  Kennzeichen  und  über  ihre  chemische  Verwendung 
Rechenschaft  zu  geben.  Sicherheit  im  Verständnis  und  Gebrauch  der  Terminologie 
ist  dabei  ein  Haupterfordemis.  Unklare  und  unbeholfene  Darstellung  in  den 
physikalischen  und  chemischen  Arbeiten  begründen  Zweifel  an  der  Beifo  des 
Abiturienten. 

8.  Mathematik.  Der  Abiturient  hat  den  Nachweis  zu  liefern,  dafs  er  auf 
dem  ganzen  Gebiet  der  Mathematik,  so  weit  sie  Pensum  der  oberen  Klassen  ist 
(Kenntnis  der  Beweisführungen  sowie  der  Auflösungsmethoden  einfacher  Aufgaben 
aus  der  Algebra,  die  Lehre  von  den  Potenzen,  Proportionen,  Gleichungen,  Pro- 
gressionen, der  binomische  Lehrsatz  imd  die  einfachen  Beihen,  die  Logarithmen, 
die  ebene  Trigonometrie,  Stereometrie,  die  Elemente  der  beschreibenden  Geometrie, 
analytische  Geometrie,  Kegelschnitte;  angewandte  Mathematik:  Statik,  Mechanik) 
sichere,  geordnete  und  wissenschaftlich  begründete  Kentnisse  besitzt,  und  dafs  ihm 
auch  die  elementaren  Teile  der  Wissenschaft  noch  wohl  bekannt  sind.  Ebenso 
mufs  Fertigkeit  in  allen  im  praktischen  Leben  vorkommenden  Rechnungsarten,  im 
Rechnen  mit  allgemeinen  Gröfsen  und  im  Gebrauch  der  mathematischen  Tafeln 
vorhanden  sein.  Auf  strenge  Beweisführung  und  auf  Fertigkeit  in  der  Lösung 
der  Aufgaben  ist  bei  der  Abiturientenprüfung  besonderer  Werth  zu  legen. 


76 

9.  Im  Zeichnen  müssen  die  von  den  Abiturienten  vorzulegenden  Leistungen 
Arbeiten  ans  den  letzten  zwei  Jahren  des  Schulbesuchs  sein  und  die  im  Ereihand- 
zeiohnen  und  im  geometrischen  Zeichnen  erlangte  Fertigkeit  darthun. 

$  B.  Die  Früfungscommission  besteht  aus  dem  dazu  bestellten  Königl. 
Commissarius,  als  Vorsitzendem,  einem  seitens  des  Königl.  Provinzial-Schulcol- 
legiums  bestimmten  Mitgliede  der  Localschulbehorde,  dem  Director  und  den  etats- 
zaaTsigen  Oberlehrern  der  Anstalt,  sofern  diese  in  Prima  wissenschaftlichen  Unter- 
richt erteilen.  Die  anfser  diesen  in  Prima  in  wissenschaftlichen  Gegenständen  unter- 
richtenden ordentlichen  Lehrer  sind  auf  die  Zeit  der  Dauer  dieser  i&schäftigung  Mit- 
glieder der  Commission.  Auch  die  nicht  zur  Prüfungscommission  gehörigen  Lehrer 
der  Anstalt  sind  verpflichtet,  der  müudlichen  Prüfung  beizuwohnen,  und  die  übrigen 
HitgHeder  der  Localschulbehörde  sind  jedesmal  dazu  einzuladen,  haben  jedoch  an 
der  Abstimmung  über  das  Ergebnis  der  Prüfung  keinen  Teil 

§  4.  Die  Zulassung  zur  Abiturientenprüfung  wird  von  einen  zweijährigen 
Aufenthalt  in  Prima  abhängig  gemacht.  Wo  in  der  ersten  Klasse  eine  Ober-  und 
Ünter-Prima  bestimmt  unterschieden  wird,  mufs  der  Abiturient  mindestens  ein 
Semester  der  Ober-Prima  angehört  haben.  Nach  erst  anderthalbjährigem  Besuch 
der  Prima  kann  die  Zulassung  zur  Prüfung  nur  ausnahmsweise  und  unter  beson- 
deren Umstanden,  auf  einstimmigen  Antrag  der  Prüfungscommission,  von  der  Auf- 
sichtsbehörde der  Anstalt  genehmigt  werden.  Diejenigen  Schüler,  welche  sich 
der  Prüfung  zu  unterziehen  wünschen,  haben  zwei  Honate  vor  Ablauf  des  Semesters, 
im  welchem  dieselbe  stattfinden  soll,  bei  dem  Director  schriftlich,  unter  Beifügung 
einer  von  ihnen  selbst  deutsch  verfassten  kurzen  Darstellung  ihrer  bisherigen 
Lebensverhältnisse  die  Zulassung  nachzusuchen.  Schüler,  welche  zwei  Jahre  lang 
die  erste  Klasse  besucht  haben  und  ein  befriedigendes  Ergebnis  des  Abiturienten- 
examens nicht  hoffen  lassen,  oder  denen  die  erforderliche  sittliche  Keife  noch  ab- 
geht, kann  von  Seiten  der  Lehrerconferenz  der  Rath  gegeben  werden,  davon  ab- 
zustehen; zurückgewiesen  werden  können  sie  nur  bei  Einstimmigkeit  der  Lehrer, 
welche  Mitglieder  der  Prüfungscommission  sind.  Verlassen  die  betreffenden  Schüler 
in  solchem  Fall  die  Anstalt,  so  erhalten  sie  ein  blofses  Abgangszeugnis,  in  welchem 
anzumerken  ist,  dafs  sie  nicht  hinlänglich  vorbereitet  gewesen,  um  mit  Erfolg  an 
der  Abiturientenprüfung  teilzunehmen. 

Nachdem  in  der  Lehrerconferenz  über  die  Zulassung  Beschlufs  gefafst  worden, 
reicht  der  Director  dem  Königl.  Commissarius  das  über  die  betreffende  Verhand- 
lung geführte  Protokoll  mit  dem  Verzeichnis  der  Abiturienten  und  gleichzeitig  die 
Vors^läge  zu  Aufgaben  für  die  schriftliche  Prüfung  ein.  Das  Verzeichnis  siebt 
in  tabellarischer  Znsammenstellung  den  Geburtstag  und  -ort  der  einzelnen  Aoitu- 
rienten,  ihre  Confession,  den  Stand  des  Vaters,  die  Dauer  des  Aufenthaltes  in 
Prima  und  auf  der  Schule,  so  wie  den  gewählten  Beruf  an  und  enthält  aufserdem 
in  einer  besonderen  Rubrik  eine  kurze  Charakteristik  des  Schülers,  aus  der  zu  ent- 
nehmen ist,  ob  nach  seiner  geistigen  und  sittlichen  Entwickelung  die  erforderliche 
Reife  bei  ihm  als  vorhanden  anzusehen  und  der  Zweck  der  Schule  bei  ihm  erreicht 
worden  ist 

§  5.  Die  Aufgaben  zu  den  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  werden 
von  den  betreffenden  Lehrern  gewählt  und  für  jede  Arbeit  zwei  vorgeschlagen, 
welche  von  den  Schülern  noch  nicht  behandelt  worden  sind.  Der  K.  Prüfungs- 
commissarius  trifft  die  Auswahl  unter  den  Vorschlägen,  ist  aber  auch  befugt,  nach 
Befinden  sämtliche  oder  einzelne  Aufgaben,  sowohl  für  einzelne  Anstalten,  >vie 
auch  dieselben  für  alle  Realschulen  des  ihm  zugewiesenen  Ressorts,  selbst  zu 
stellen.  Alle  gleichzeitig  zu  nrüfenden  Schüler  einer  Anstalt  erhalten  dieselben 
Aufgaben.  Die  schriftliche  Prüfung  wird  anberaumt,  sobald  die  Entscheidung 
des  1^.  Commissarius  über  die  in  derselben  zu  bearbeitenden  Aufgaben  eingetroffen 
ist.  Zu  der  schriftlichen  Prüfung  gehört:  1.  ein  deutscher  Aufsatz,  2.  ein 
französischer  oder  englischer  Aufsatz,  3.  ein  Exercitium  in  einer  der  neueren 
Sprachen,  ein  englisches,  wenn  ein  französischer  Aufsatz  zu  fertigen  ist,  und  um- 
gekehrt. Die  Bestimmungen  hierüber  trifft  der  K.  Commissarius,  welcher  auch 
befugt  ist,  in  beiden  Sprachen  statt  des  Aufsatzes  ein  Exercitium  eintreten  zu 
lassen,  4.  die  Lösung  von  vier  mathematischen  Aufgaben :  a)  aus  dem  Ge- 
biete der  Gleichungen  zweiten  Grades,  b)  aus  dem  Gebiete  der  Planimetrie  oder 
der  analytischen  Geometrie,  c)  aus  der  ebenen  Trigonometrie,  d)  aus  der  Stereo- 


76 

meine  oder  den  Kegelachnitten,  5.  die  Losung  einer  Aufgabe  aus  der  ange- 
gewandten Mathematik  (Statik  oder  llechanik)i  einer  physikalischen 
Aufgabe  (Optik  oder  Wärmelehre),  und  einer  Aufgabe  aus  der  Chemie.  Letctere 
darf  nicht  zu  einer  Relation  über  einen  Abschnitt  des  Systems  veranlassen,  sondern 
ist  so  zu  wählen,  dafs  sie  Gelegenheit  gibt,  Kenntnisse  aus  verschiedenen  Teilen 
der  Chemie  und  Sicherheit  in  stochiometrischen  Rechnungen  zu  zeigen. 

Bei  den  Realschulen,  welche  die  polnische  Sprache  in  ihren  Lehrplan 
aufnehmen  müssen,  kommt  für  die  betreffenden  Schüler  noch  ein  Aufsatz  in  pol- 
nischer Sprache  oder  die  Uebersetzung  eines  deutschen  Dictats  ins  Polnische  hinzu, 
je  nach  Bestimmung  des  K.  Commissarius. 

Die  Aufgaben  werden  den  Schülern  erst  unmittelbar  vor  Beginn  der  Arbeit 
bekannt  gemacht.  Bei  der  Aufgabe  aus  der  Chemie  (Nr.  5)  ist  der  Gebrauch 
der  chemischen  Tafeln  gestattet,  ebenso  bei  Nr.  4c  der  Logarithmentafeln.  Lexica 
dürfen  nur  bei  den  in  &emder  Sprache  abzufassenden  Aufsätzen  gebraucht  werden, 
auTserdem  weder  Grammatiken,  noch  Hefte,  Excerpte  oder  sonstige  Hülfsmittel. 
Für  jede  der  Arbeiten  Nr.  1,  2,  4,  5  sind  je  fünf  Vormittagsstunden  Zeit  zu  geben; 
für  Nr.  3  genügen  drei  Stunden,  wobei  die  auf  das  deutsche  Dictat  des  Exeroi- 
tiums  verwendete  Zeit  in  Abzug  zu  bringen  ist.  Wo  eine  polnische  Prüfungs- 
arbeit zu  machen  ist,  geschieht  dies  an  dem  noch  freien  Vormittag  der  Woche  und 
zwar  in  fünf  Stunden,  wenn  die  Aufgabe  in  einem  Aufsatze  besteht,  in  drei  Stunden, 
wenn  ein  Exercitium  gefordert  wird.  Eine  Uebersetzung  aus  dem  Lateinischen 
ins  Deutsche  wird  in  der  Regel  nicht  verlangt.  Findet  der  K.  Commissarius  es 
angemessen,  eine  solche  aufzugeben,  so  sind  dafür  drei  Stunde  n  anzusetzen.  Von 
der  Teilnahme  am  Nachmittf^unterricht  während  der  Woche  des  schriftlichen 
Examens  sind  die  Abiturienten  dispensirt. 

Die  Anfertigrung  der  Arbeiten  geschieht  in  der  Regel  in  einem  Klassen- 
zimmer, und  zwar  unter  der  ununterbrochenen,  nach  einer  zuvor  von  dem  Director 
bestimmten  Ordnung  wechselnden,  Aufsicht  eines  zur  Prüfungscommission  gehörigen 
Lehrers.  Derselbe  bemerkt  in  dem  über  die  schriftliche  Prüfung  aufzunehmenden 
Protokoll,  in  welcher  Zeit  und  bei  welchem  Gegenstande  er  die  Aufsicht  geführt, 
so  wie  auch,  wann  jeder  Examinand  die  aufgegebene  Arbeit  abgeliefert  hat.  Der 
beaufsichtigende  Lehrer  hat  darauf  zu  achten,  dafs  keinerlei  Communication  der 
Schüler  beim  Arbeiten  stattfinde  und  die  Arbeiten  von  jedem  selbständig  gemacht 
werden.  Unbeaufsichtigte  Pausen  während  einer  und  derselben  Arbeit  sind  unzu- 
lässig. Wer  sich  der  Benutzung  unerlaubter  Hülfsmittel  oder  eines  Betruges  beim 
Arbeiten  schuldig  macht  oder  anderen  dazu  behülflich  ist,  wird  mit  Zurückweisung 
von  der  Prüfung  bestraft,  was  den  Examinanden  vorher  bekannt  zu  machen  ist. 
Wo  die  Sache  nnerweislich  ist  oder  nur  ein  Verdacht  vorliegt,  und  in  den  Fällen, 
wo  überhaupt  eine  mildere  Beurteilung  zulässig  erscheint,  ist  die  Prüfungscom- 
mission der  Anstalt  befugt,  die  betreffenden  Abiturienten  neue  Aufgaben  separat 
bearbeiten  zu  lassen.  Eine  Bemerkung  über  Vorfälle  dieser  Art  ist  nicht  in  die 
Zeugnisse,  sondern  nur  in  die  Prüfungsprotokolle  aufzunehmen.  Wer  mit  seiner 
Arbeit  nach  Ablauf  der  vorgeschriebenen  Zeit  nicht  fertig  ist,  mufs  sie  unvollendet 
abgeben.  Die  abgelieferten  Arbeiten  hat  der  Inspicient  zuvörderst  dem  Director 
zu  übergeben,  der  sie  den  betreffenden  Fachlehrern  zur  Durchsicht  und  Beurteilung 
zustellt.  Die  Beurteilung  hat  Mifslungenes  von  Schlechtem  wohl  zu  unterscheiden 
und  nimmt,  zur  Bestätigung  oder  Ergänzung,  eine  Bemerkung  über  das  Verhältnis 
auf,  in  welchem  die  Prüfungsarbeit  zu  den  Klassenlei^tungen  des  Abiturienten  steht. 
Das  Verhältnis  der  Arbeit  zu  den  vorschriftsmäfsigen  Anforderungen  ist  zuletzt 
durch  eins  der  zusammenfassenden  vier  Prädicate  „niohtgenügend, genügend, 
gut,  vorzüglich*'  zu  bezeichnen.  Weitere  Modificationen  der  Werthbezeichnung 
sind  bei  diesen  zusammenfassenden  Prädicaten  zu  vermeiden.  Die  censirten  schrift- 
lichen Arbeiten  circuliren  demnächst  bei  sämtlichen  Mitgliedem  der  Prüfungscom- 
mission und  werden  sodann  von  dem  Director  nebst  dem  Protokoll  über  die  schrift- 
liche Prüfung  dem  K.  Commissarius  vorgelegt.  Den  Exercitien  wird  das  deutsche 
Dictat  beigefögt,  in  welchem  auch  die  von  dem  Lehrer  für  die  Uebersetzung  ge- 
gebenen Vocabeln  und  sonstigen  Winke  bemerkt  sein  müssen.  Freiwillige  Privat- 
arbeiten der  Abiturienten,  durch  welche  dieselben  documentiren  zu  können  ver- 
meinen, dafs  sie  in  einem  besonderen  Fach  höheren  als  den  allgemein  verbindlichen 
Anforderungen  zu  genügen  im  Stande  sind,  können  beigelegt  werden. 


77 

§  6.  Vor  Beginn  der  mündlichen  Prüfung  wird  in  einer  von  dem  E. 
Gommissarins  (oder  von  dessen  für  BehinderongsfäUe  bestelltem  Vertreter)  zu 
leitenden  Beratbnng  der  Prüfungscommission  fes^estelit,  ob  und  welche  Abitu- 
rienten Yon  der  mündlichen  Prüfung  entbunden,  und  ob  und  welche  von  derselben 
ansgeschloBsen  werden  sollen.  Die  Dispensation  von  der  ganzen  mündlichen 
Prüiunff  ist  in  dem  Fall  zulassig,  wenn  die  Mi^lieder  der  Prüfungscommission 
einenAbiturienten  auch  nach  ilurer  Kenntnis  seiner  bisherigen  Leistungen,  ein- 
stimmig für  reif  und  der  in  der  Dispensation  liegenden  Auszeichnung  für  würdig 
erklareoL  Dies  wird  namentlich  bei  den  Schülern  geschehen  können,  die  zum  Zweck 
der  Prüfung  besonderer  Anstrengungen  nicht  bedurft  haben,  und  deren  gesamtes 
Wissen  als  die  Frudit  einer  gewissenhaft  angewendeten  Schulzeit  anzusehen  und 
ein  sicherer,  mit  eigenem  Urteü  verbundener  Besitz  geworden  ist.  Ein  Abiturient, 
dessen  schriftliche  Arbeiten  sämtlich  oder  der  Mehrzahl  nach  als  „nicht  genügend" 
bezeichnet  worden  sind,  ist  von  der  mündlichen  Prüfung  auszusohlieuen,  wenn 
die  Prüfungsoommission  auch  nach  seinen  früheren  Leistungen  an  seiner  Beife 
zu  zweifeln  Ursache  hat.  Auch  in  diesem  Fall  ist  Einstimmigkeit  des  Be- 
schlusses nöthig. 

Die  Gegenstände  der  mündlichen  Prüfung  sind:  Religion,  Geschichte 
und  Geographie,  die  lateinische,  die  französische,  die  englische  Sprache, 
Mathematik,  Physik  und  Chemie.  Die  Prüfung  wird  im  Einzelnen  auf  die- 
jenigen Seiten  der  genannten  Objecto  beschränkt,  welche,  in  Verbindung  mit  den 
fiesultaten  der  schriftlichen  Prüfung,  den  sichersten  Anhalt  zu  einem  Urteü  über  die 
Gesamtbüdung  des  Examinanden  ffewähren.  Der  K.  Commissarius  kann  eine 
weitere  Reduction  der  mündlichen  Prüfung  eintreten  lassen ,  wenn  der  Examinandns 
in  einem  Fach  bereits  durch  die  schriftliche  Arbeit  seine  Keife  hinlänglich  darge- 
than  hat.  Derselbe  ist  befugt,  wenn  er  es  für  zweckdienlich  erachtet,  in  einzelnen 
Ghegenständen  die  Prülung  selbt  zu  übernehmen.  In  der  Geschichte  sind, 
anfser  einzelnen  Fragen  über  verschiedene  Teile  derselben,  von  dem  Lehrer  oder 
von  dem  E.  Commissarius  an  jeden  Abiturienten  zwei  Fragen,  eine  aus  der  vater- 
ländischen, die  andere  aus  der  englischen  oder  französischen  Geschichte  zu  richten, 
welche  demselben  Gelegenheit  geben,  über  einen  historischen  Charakter  oder  eine 
folgenreiche  Begebenheit  sich  im  Zusammenhange  auszusprechen.        In  der  Natur- 


Bestimmung  des  E.  Commissarius,  der  an  den  verschiedenen  Terminen  damit  an- 
gemessen zu  wechseln  hat.  In  dem  naturwissenschaftL  Fach,  worauf  sich  die  schrift- 
liche Prüfung  bezogen  hat,  kann  die  mündliche  unterbleiben,  wenn  nicht  der  Aus- 
&11  der  schrütlichen  Arbeiten  eine  weitere  Erforschung  des  Standes  der  darin  er- 
worbenen Eenntnisse  nöthig  macht.  In  der  englischen  und  französischen 
Litterat nr  wird  nicht  examinirt,  ebensowenig  in  der  deutschen.  Der  E.  Com- 
missarius wird  jedoch  Gelegenheit  nehmen,  von  einzelnen  Abiturienten  darüber 
Auskunft  zu  verlangen,  ob  sie  irgend  ein  gröfseres  Werk  der  deutschen  dassischen 
oder  auch  der  allgemein  wissenschaftlichen  Litteratur  mit  der  Aufmerksamkeit  ge- 
leaen  und  studirt  haben,  welche  sie  befähigt,  vom  Inhalte  und  Zusammenhange 
desselben  Bechenschaft  zu  geben.  Bei  den  einzelnen  Fragen  der  mündlichen 
l^rnfung  ist  jedem  Examinandus  so  viel  Zeit  einzurilumen,  dafs  er  im  Stande  ist, 
sich  klur  und  zusammenhangend  auszusprechen.  Ueber  den  Verlauf  des  ganzen 
mündlichen  Prüfungsacts  wurd  von  den  anwesenden  Lehrern  in  vorher  bestunmter 
Beihenfolge  ein  genaues  Protokoll  geführt. 

§  7.  Nach  Beendigung  der  mündlichen  Prüfung  treten  die  Examinirten  ab, 
und  die  Commission  vereinigt  sich  zur  Schlufsberathung»  Zu  dem  Ende  wird  zu- 
vörderst das  Protokoll  über  die  mündliche  Prüfung  vorgelesen  und  das  Ergebnis 
bei  den  einzelnen  Abiturienten  für  jeden  G^egenstand,  worin  sie  mündlich  geprüft 
worden,  ebenfalls  durch  eins  der  zusammenfassenden  Prädicate  (ungenügend, 
genügend,  gut,  vorzüglich^  festgestellt.  Bei  der  sodann  erfolgenden  Ab- 
stimmung über  den  in  den  einzelnen  Objecten  überhaupt  erreichten  Grad  wird  das 
Urteil  des  betreffenden  Fachlehrers  zum  Ghimde  ffelegt  und  das  Ergebnis  eben- 
falls durch  eins  der  vorerwähnten  Prädicate  ausgedrückt,  das  seine  Stelle  auch  in 
den  EnÜassungsseugnissen  am  Schlufs   der  einzelnen  Urteile  findet,   welche  über 


78 

das  in  den  verschiedenen  Fächern  vorhandene  Hafs  des  Wissens  nnd  Könnens  aus- 
ffesprochen  werden.  Das  Gesamtresnltat  eines  Zeugnisses  der  Reife  ist  am  Schlosse 
desselben  als  y,genü^end,  gut  oder  vorzüglich  bestanden''  zu  bezeichnen. 
Zeugnisse  der  Kichtreife  erhalten  am  Schlafs  die  Bezeichnung  „nicht  bestanden**. 
Die  Berathnng  der  Prüfungscommission  hat  sich  daher  schliefslioh  mit  der  Fest- 
stellimg  dieses  Gesamtpradicats  zu  beschäftigen,  wobei  Folgendes  zu  beachten  ist. 

Der  Lehrplan  der  Realschule  bildet  eine  Einheit,  deren  einzelne  Teile  gleioh- 
mäfsi^  den  Fleifs  und  die  Aufmerksamkeit  jedes  Schülers  in  Anspruch  nämen. 
Wie  jedoch  in  den  beiden  obersten  Klassen  schon  mehr  als  vorher  der  eigentüm- 
lichen Befähigung  und  Neigung  Raum  zu  lassen  ist,  sich  zu  bethätigen,  so  ist  es 
zulässig,  auch  beim  Abiturientenexamen  auf  besonders  hervortretende  Begabung 
und  ernste  Selbstthätigkeit  der  Schüler  soweit  Rücksicht  zu  nehmen,  dafs  vorzüg- 
liche Leistungen  in  einigen  Objecten  ein  geringeres  Mafs  des  Wissens  und  Könnens 
in  anderen  ausgleichen,  einen  völligen  Mangel  jedoch  nicht  ersetzen  dürfen.  Dem- 
gemäfs  können,  unbeschadet  der  von  allen  Schülern  bei  der  Abiturientenprüfnng 
nachzuweisenden  allgemeinen  wissenschaftlichen  Vorbildung,  namentlich  die  Mathe- 
matik und  die  Naturwissenschaften,  unter  Berücksichtigung  des  von  dem  Abitu- 
rienten erwählten  künftigen  Berufs,  mit  der  Geschichte,  Geographie  und  den 
Sprachen  in  angemessene  Gompensation  treten.  In  den  Abgangszeugnissen 
darf  das  Prädicat  der  Reife  durch  die  Rücksicht  auf  den  erwählten  Benu  nicht 
motivirt  werden. 

£ine  specielle  Anweisung,  in  welchen  Fällen  die  allgemeinen  Zeugnisprä - 
dicate  „genügend,  gut,  vorzüglich  bestanden*'  zu  erteilen  sind,  kann  nicht 
gegeben  werden.  Der  bei  den  Lehrern  vorauszusetzenden  Kenntnis  von  dem 
Bildungsstande  ihrer  Schüler  und  der  gewissenhaften  Erwägung  aller  in  Betracht 
zu  ziehenden  Umstände  seitens  der  Prüfungscommission  mufs  es  überlassen  werden, 
hierin  das  Rechte  zu  treffen.  Das  höchste  Prädicat  ist  nur  da  anwendbar,  wo 
aufser  einem  vorzüglichen  Grade  von  Kenntnissen  eine  von  selbständigem  wissen- 
schaftlichen Literesse  zeugende  freie  Aneignung  des  Wissensstoffes  bei  den  Abi- 
turienten anzuerkennen  ist.  Bei  tadelhaftem  sittlichen  Verhalten  ist  jedoch  auch 
in  diesem  Falle  das  Prädicat  „vorzüglich"  zu  versagen.  Bei  welchem  Stande 
der  Kenntnisse  die  Reife  als  nicht  vorhanden  anzusehen  ist,  kann  zumal  dann  nicht 
zweifelhaft  sein,  wenn  ein  unbefriedigendes  Ergebnis  der  schriftlichen  und  der 
mündlichen  Prüfung  mit  der  Beschaffenheit  der  bisherigen  Klassenleistungen  des 
Abiturienten  übereinstimmt.  Das  Resultat  der  Abstimmung  über  sämtliche  Ge- 
prüfte wird,  unter  specieller  Angabe  des  Stimmenverhältnisses,  in  das  Protokoll 
aufgenommen.  Dasselbe  wird  von  allen  Mitgliedern  der  Prüfungscommission  unter- 
zeichnet. Die  vorläufige  Mitteilung  über  den  Ausfall  der  Prüfung  an  die  Abi- 
turienten geschieht  durch  den  K.  Commissarius  oder  durch  den  Director  der  An- 
stalt. Der  K.  Commissarius  hat  die  Befugnis,  dem  Beschlufs  der  Mehrheit  der 
Prüfungscommission,  wenn  er  seiner  Ueberzeuffung  widerspricht,  die  Bestätigung 
zu  versagen  imd  die  Bekanntmachung  des  Beschlusses  zu  suspendiren.  In  solchem 
Fall  hat  er  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  schriftlichen  Arbeiten  nebst  dem  Prüfungs- 
protokoll, unter  Anführung  der  von  ihm  geltend  gemachten  Weigerungsgründe, 
dem  betreffenden  K.  Prov.  Schulcollegium  zur  Entscheidung  vorgelegt  werden. 

$  8.  Die  Zeugnisse  werden  von  dem  Director  ausgefertigt,  demnächst  im 
Entwurf  und  in  der  Reinschrift  von  dem  K.  Commissarius,  dem  Director  und  den 
übrigen  Mitgliedern  der  Prüfungscommission  unterzeichnet.  Der  K.  Commissarius 
und  der  Director  fugen  ihr  Dienstsiegel  hinzu.  Die  Ausfertigung  der  Zeugnisse 
geschieht  nach  folgendem  Schema:  Zeugnis  der  Reife  für  den  Zögling  der 
Realschule  zu  ....  N.  N.  (Vor-  u.  Zunamen)  aus  ....  (Geburtsort)  ....  Jahr 
alt,  ....  Confession ,  Sohn  des  ....  (Name  und  Stand  des  Vaters)  zu  ...  . 
(Wohnort  desselben)  fresp.  unter  Vormundschaft  des  ....  zu  ...  .],  war  .  .  Jahre 
auf  der  Schule,  .  .  Jahre  in  der  ersten  Klasse.  Sittliches  Verhalten:  .... 
Fleifs  und  wissenschaftliches  Interesse:  ....  Kenntnisse  und  Fertigkeiten:  .... 
In  der  Religionslehre:  ....  In  der  deutschen  Sprache:  ....  In  der  lateinischen 
Sprache:  ....  In  der  französischen  Sprache:  ....  In  der  englischen  Sprache .... 
In  der  Geschichte:  ....  In  der  Geographie:  ....  In  den  Naturwissenschaften: 
.  .  .  .  In  der  Mathematik:  ....  im  Zeichnen:  ....  Im  Gesang:  ....  Im 
Turnen:  ....        Die  unterzeichnete  Prüfungscommission  hat  ihm  demnach,   da 


79 

er  jetzt  die  hiesige  Bealschale  verläfst,  lun  sich  dem ....  zu  widmen,  das  Zeugnis 
der  Beife  mit  dem  Prädicat:  „vorzüglich  fresp.  gut,  genä|^end)  bestanden''  zuerkannt 
mid  entläfst  ihn  mit ....  (Ausdruck  guter  Wünsche,  Hoffnungen,  Empfehlungen)« 
....  den  .  •  ten  ....  18  •  .  Königliche  Prüfungscommission.  (Siegel  des 
Kraigl.  Gommissarius.)  N.  N.,  Königl.  Commissarius.  N.  N.,  Looal-Schuloom- 
missarius.    (SchulsiegeL)    N.  N.,  Director.    N  N.,  Oberlehrer  u.  s.  w. 

Wo  wegen  der  polnischen  Sprache  eine  Dispensation  vom  Englischen  hat 
eintreten  müssen,  ist  dies  an  der  betreffenden  Stelle  des  Zeu^^ses  zu  bemerken 
und  daselbst  ein  Urteil  über  den  Stand  der  Kenntnisse  im  Polnischen  aufzunehmen. 
Ebenso  wird  bei  Abiturienten,  welche  an  einem  facultativen  Unterricht  im  Ita- 
lienischen teilgenommen  haben,  die  darin  erlangte  Kenntnis  von  dem  Lehrer  im 
Abgangszeugnisse  berurteilt. 

Nach  dem  Examen  haben  die  Abiturienten  dem  Klassenunterricht  wieder 
beizuwohnen  und  sich  bis  zur  förmlichen  Entlassung  in  allen  Dingen  der  Schul- 
ordnung zu  unterwerfen.  Die  Einhändigung  der  Zeugnisse  an  die  Abiturienten 
geschieht  am  Schlüsse  des  Semesters  in  einem  besonderen  feierlichen  Schulact  oder 
bei  Gelegenheit  der  öffentlichen  Prüfung.  Das  Ergebnis  der  Entlassungsprüfungen 
ist  alljährlich  in  den  Programmen  zu  veröffentlichen ,  wobei  die  für  reif  erklärten 
Seböler  unter  Beifügung  des  ihnen  erteüten  ZengnUprädicaU  namhaft  zu 
machen  smd. 

Das  Zeugnis  der  Nichtreife  wird  nur  auf  ausdrückliches  Verlangen 
des  Geprüften  oder  seiner  Angehörigen  ausgefertigt,  nach  dem  obigen  Schema  mit 
Weglassung  des  Zusatzes  „der  Reife'^  in  der  Ueberschrift,  imd  mit  dem  Schlufs : 
,  J)emnach  hat  ihm  bei  der  Abiturientenprüfung  vom  ....  das  Zeugnis  der  Reife 
nicht  zuerkannt  werden  können. '*  Denjenigen  Abiturienten,  welche  ein  Zeugnis 
der  Reife  nicht  haben  erlangen  können,  aber  gleichwohl  die  Schule  verlassen,  ist 
es  nur  noch  einmal  gestattet,  die  Prüfung  zu  wiederholen;  es  kann  dies  jedoeh 
nur  in  der  Provinz,  resp.  dem  Regierungsbezirk,  geschehen,  wo  sie  zum  ersten 
Mal  geprüft  worden  sind.  Bei  der  zweiten  Prüfung  finden  die  für  fremde  Maturitäts- 
aspiranten  gegebenen  Bestimmungen  ($  9)  auf  sie  Anwendung. 

$  9.  «hinge  Leute,  die  ohne  vorher  eine  Realschule  besucht  zu  haben,  sich 
ein  Zeugnis  der  Reife  nach  der  für  deren  Abiturienten  geltenden  Prüfungsinstruction 
erwerben  wollen,  haben  sich  unter  Vorlegung  von  Zeugnissen  über  ihren  Bildungs- 
gang an  die  betreffende  Provinzial- Aufsichtsbehörde  zu  wenden,  welche  ermächtigt 
ist,  dergleichen  Maturitäts- Aspiranten  nach  Befinden  einer  bestimmten  Realschule 
zuzuweisen.  Bei  der  schriftlichen  Prüfung  ist  es  zulässig,  sie  mit  den  Abiturienten 
der  Anstalt  zu  vereinigen.  Die  mündliche  Prüfung  der  Fremden  wird  besonders 
ab^halten;  sie  richtet  sich  zwar  nach  der  allgemeinen  Prüfungsordnung,  ist  aber 
bei  allen  Gegenständen  ausgedehnter  und  geht  mehr  ins  Specielle,  als  bei  den 
eigenen  Schülern  einer  Anstalt,  nach  der  näheren  Bekanntschaft  der  Lehrer  mit 
diesen,  so  wie  nach  der  Translocationsprüfung  vor  dem  Eintritt  in  die  Prima, 
nothig  ist.  Es  kann  daher  den  fremden  Examinanden  auch  die  Anfertigung  eines 
lateinischen  Exercitiums  und  der  Nachweis  der  erforderlichen  geographischen  und 
naturgeschichtlichen  Kenntnisse  nicht  erlassen  werden.  Bestehen  sie  die  Prüfung 
nicht,  so  sind  die  Gommissionen  befugt,  sie  auf  eine  bestimmte  Zeit  zurückzuweisen, 
worüber  eine  Notiz  in  das  Zeugnis  aufzunehmen  ist.  Vor  der  Zulassung  solcher 
Maturitäts- Aspiranten,  welche  aus  den  oberen  Klassen  einer  Realschule  abgegangen 
sind,  ist  zu  prüfen,  ob  sie  sich  keine  willkürliche  Abweichung  von  der  vorschrifts- 
mäfsigen  Cnrsusdauer  erlaubt  haben.  Die  Verfügung  vom  11.  Decbr.  1851  gilt  in 
in   ikrem  ganzen  Umfange   auch  für  Realschulen. 

Die  von  jedem  fremden  Examinanden  zu  zahlenden  Prüfungsgebühren 
werden  auf  Zehn  Thaler  festgesetzt. 

$  10.  Der  Director  hat  innerhalb  vier  Wochen  nach  Beendigung  der  Prü- 
fong  samtliche  Prüfungsverhandlunffen  (|das  Verzeichnis  der  Abiturienten  nebst 
ihren  Anjraben  über  ilu'e  Lebensverhältnisse,  die  schriftlichen  Arbeiten,  das  über 
die  schriftliche  und  das  über  die  mündliche  Prüfung  geführte  Protokoll  und  den 
Entwurf  der  EnÜassuneszeugnisse)  dem  K.  Prov.-Schulcollegium  zu  übersenden, 
durch  welches  sie  der  betreffenden  K.  wissenschaftlichen  Prüfungscommission  zur 
gutachtlichen  Aenfserung  sowohl  über  die  schriftliche  wie  über  die  mündliche 
Prüfung  mitgeteilt  werden.    Das  Gutachten  derselben  gelangt  durch  das  K.  Prov. 


80 

Schulcollenum,  event.  von  den  Bemerkungen  desselben  begleitet,  an  den  Director 
zur  Hitteilung  an  die  Prufungscommission  der  Schule.  Die  Mitglieder  derselben 
haben  durch   ihre  Unterschrift   zu  bezeugen,    dafs  sie  davon  £enntnis  genommen. 

Bei  denjenigen  Realschulen,  welche  zum  Ressort  einer  Königl.  Regierung 
gehören,  geschieht  die  Vermittelung  zuvörderst  zwischen  dieser  Behörde  und  dem 
&.  Prov.-ochulcoUegium  in  gleicher  Weise  und  zu  gleicher  Veranlassung.  Ab- 
schrift des  Gutachtens  der  K.  wissenschaftlichen  Prufungscommission  und  *der 
etwaigen  Bemerkungen  des  K.  Prov.-Schulcollegiums  hat  die  betreffende  Königl. 
Aufsichtsbehörde  spätestens  im  März  jedes  Jahres  an  das  Königl.  Ministerium  ein* 
zureichen.  Die  Moaification  des  von  der  K.  wissenschaftlichen  Prufungscommission 
abgegebenen  Gutachtens,  zu  denen  die  Aufsichtsbehörde  sich  nach  mrer  näheren 
Kenntnis  der  Verhältnisse,  vor  Mitteilung  der  Urteile  an  den  Director,  veranlafst 
gefunden  hat,  sind  dabei  besonders  zu  verzeichnen  und  zu  motivieren.  Die  Ab- 
schrift enthält  nur  die  Urteile  selbst.  Ebenso  sind  die  begleitenden  Verfügungen 
an  den  Director  nur  dann  abschriftlich  beizufügen,  wenn  sie  auf  den  Inhalt  des 
Gutachtens  in  bestimmten  Beziehungen  näher  eingehen.  Die  Prüfungsverhand- 
lungen  und  Revisionsbescheide  werden  im  Archiv  der  Schule  aufbewahrt. 

Diejenigen  Abschnitte  des  vorstehenden  Prüfungsreglements,  welche  vorzugs- 
weise geeignet  sind,  die  Schüler  über  den  Zweck  und  die  Anforderungen  der  Abi- 
turientehprüfungen  zu  unterrichten,  sind  von  Zeit  zu  Zeit  den  beiden  oberen  Klassen 
durch  den  Director  auf  angemessene  Weise  bekannt  zu  machen,  resp.  in  Er- 
innerung zu  bringen. 

III.  Unterscheidung  der  Realschulen.  Berechtigungen.  $  1. 
Für  die  Unterscheidung  der  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Realschulen 
in  eine  erste  und  zweite  Ordnung  sind  die  Anforderungen  mafsgebend  gewesen, 
welche  zu  sicherer  Erreichung  der  in  Abschn.  I  und  II  angegebenen  Zwecke  der 
Realschulen  gestellt  werden  müssen.  Zu  dem  Ende  sind  nicht  nur  die  bisherigen 
Leistungen  und  der  gegenwärtige  Stand  der  Entwickelung,  sondern  vornehmlich 
auch  die  Beschaffenheit  des  Ijehrplans  und  die  gesamte  innere  und  äufsere  Aus- 
stattung der  bestehenden  Realschulen  in  Betracht  gezogen  worden. 

S  2.  Zur  Aufnahme  in  die  erste  Ordnung  ist  die  Selbstöndigkeit  der  Schule 
als  höhere  Lehranstelt  und  die  Vollständigkeit  des  Lehrcursus  und  des  Lehrplans 
erforderlich.  Es  können  demgemäfs  diejenigen  Realschulen  nicht  dazu  gerechnet 
werden,  welche  für  ihren  Ort  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  zugleich  das 
Bedürfnis  der  Elementar-  und  der  niederen  Bürgerschule  befriedigen  müssen  und 
danach  eingerichtet  sind;  so  wie  auch  diejenigen  Realschulen  nicht,  welche  noch 
kein  vollständiges  System  von  sechs  aufsteigenden  Klassen  haben,  mit  Ausnahme 
der  Fälle,  wo  eine  Realschule  mit  einem  Gymnasium  verbunden  ist  und  die  Klassen 
Sexta  und  Quinte  beiden  Anstelten  gemeinsam  sind  (s.  $  5  dieses  Abschnitts). 

Zur  ersten  Ordnung  können  femer  diejenigen  Realschulen  nicht  gezählt  werden, 
die  für  die  einzelnen  Klassen  eine  geringere  Cursusdauer  haben,  als  Abschn.  I  $  3 
bestimmt  ist,  und  deren  Lehrplan  von  dem  Abschn.  I  $  1  aufgestellten  so  weit 
abweicht,  dafs  z.  B.  ein  Unterricht  im  Lateinischen  gar  nicht  erteilt,  oder  dafs 
die  Teilnahme  daran  oder  an  anderen  wissenschaftlichen  Gegenständen  den  Schülern 
freigestellt  wird.  Insbesondere  gehört  sodann  zu  den  Erfordernissen  der  ersten 
Ordnung  eine  genügende  Ausrüstung  mit  Lehrkräften,  die  gesicherte  Stellung  der 
Lehrer  und  eine  Dotation,  durch  welche  den  Lehrern  eine  angemessene  Besoldung 
gesichert  und  für  die  Lehrmittel  und  Bedürfnisse  des  Schullocais  ausreichend  und 
so  gesorgt  ist,  wie  es  die  in  diesen  Beziehungen  an  eine  höhere  Lehranstalt  zu 
machenden  Ansprüche  mit  sich  bringen.  Die  Schülerzahl  darf  sich  in  den 
einzelnen  Klassen  nicht  über  das  zulässige  Mafs  zu  einer  Frequenz  ausdehnen,  bei 
welcher  die  Zwecke  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  nicht  mehr  erreicht 
werden  können. 

Ueber  die  einzelnen  vorerwähnten  Punkte  ist  das  Nähere  aus  den  erläutern- 
den Bemerkungen  in  der  Beilage  zu  entnehmen. 

S  3.  Der  allgemeine  Lehrplan  der  Realschulen  (Abschn.  1^1)  gilt  auch 
für  die  zweite  Ordnung.  Die  Abweichungen  von  demselben,  sowie  eine  Unter- 
scheidung obligatorischer  und  facnltetiver  Lehrgegenstände,  können,  so  weit  sie 
bei  den  einzelnen  Anstelten  mit  Genehmigung  der  l)etreffenden  Provinzialbehörden 
bisher  im  Gebrauch  gewesen  sind,  bis  auf  weiteres  beibehalten  werden.    Es  bleibt 


81 

s|Mlterer  Erwägung  vorbehalten,  ob  in  Bezug  auf  den  Lebrplan  der  Eealschulen 
zweiter  Ordnung  besondere  Festsetzungen  zu  treffen  sind. 

$  4.  Die  allgemeinen  Bestimmungen  des  Abiturientenprüfungs-Reglements 
rAbschn.  11)  finden  auch  auf  die  Realschulen  zweiter  Ordnung  Anwendung.  Im 
Einzelnen  haben  die  Anforderungen  für  dieselben  zum  Teil  einen  geringeren  Um- 
fang, in  Berücksichtigung  der  Erfahrung,  dafs  bei  unvollkommen  eingerichteten 
Realschulen  es  oft  einer  iibermäfsigen  und  unzuträglichen  Anstrengung  der  Schüler 
bedurft  hat,  um  die  Bedingungen  eines  Zeugnisses  der  Reife  zu  erfüllen.  Abge- 
sehen von  dem  höheren  Grade  der  gesamten  geistigen  Durchbildung,  welche  nur 
bei  der  den  Realschulen  erster  Ordnung  gegebenen  inneren  und  äifseren  Organi- 
sation erreichbar  imd  gesichert  ist,  treten  daher  bei  den  Abiturientenprüfunffen 
der  Realschulen  zweiter  Ordnung  im  Einzelnen  ErmäTsigungen  der  Art  ein,  dafs 
namentlich  in  der  Religionslehre  eine  speciellere  Kenntnis  der  Kirchen- 
geschichte und  der  Confessionsunterschiede  nicht  verlang  wird.  —  Im  Lateini- 
schen braucht,  wie  der  Unterricht,  so  die  Prüfung  nicht  über  Julius  Cäsar  und 
Ovid  hinauszugehen.  —  Im  Französischen  und  Englischen  kann  sich  die 
Prüfungsarbeit  auf  die  Uebersetzung  von  Dictaten  beschränken;  die  Anfertigung 
von  Aufsätzen  in  beiden  Sprachen  ist  nicht  erforderlich.  Für  den  mündlichen 
Gebrauch  derselben  ist  die  Anforderung  nicht  so  hoch  zu  stellen,  dafs  auch  die 
Fähigkeit,  historische  Vorgänge  frei  und  zusammenhängend  darzustellen,  vor- 
handen sei.  —  Bei  der  Prüfung  in  der  Geographie  kann  von  der  Beziehung 
auf  Handel  und  internationalen  Verkehr  abgesehen,  in  der  Mathematik  und  im 
Zeichnen  aber  die  für  die  Realschulen  erster  Ordnung  erforderliche  Berücksich- 
tigung der  beschreibenden  Geometrie  ausgeschlossen  werden. 

'  §  5.  Die  mit  einem  Gymnasium  unter  Einer  Direction  verbundenen  Real- 
schulen dürfen  mit  demselben  aufser  der  etwa  bestehenden  Vorschule  nur  die 
Klassen  Sexta  und  Quiuta  gemeinsam  haben,  müssen  also  von  Quarta  an  einem 
selbständigen  Lehrplan  folgen,  ohne  fernere  Combination  mit  Gymnasialklassen. 

§  6.  Die  dermalen  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Realschulen  sind : 
die  Königliche  Realschule,  die  Friedrichs-Realschule,  die  Königstädtische  Real- 
schule, die  Louisenstädtische  Realschule,  die  Städtische  Gewerbeschule  zu  Berlin; 
die  Realschule  zu  Potsdam,  die  Saldemsche  Realschule  zu  Brandenburg,  die  Real- 
schulen zu  Perleberg,  zu  Frankfurt,  zu  Lübben,  zu  Oüstrin,  die  Löbenichtsche  Real- 
schule und  die  Realschule  auf  der  Burg  zu  Königsberg  i.Pr.,  die  Realschulen  zu  Memel, 
zu  Wehlau,  zu  Tilsit,  zu  Insterburg,  zu  Ghraudenz,  zu  Culm,  St.  Petri  und  St.  Jo- 
hannis  zu  Danzig,  zu  Elbing,  zu  Posen,  zu  Meseritz,  zu  Fraustadt,  zu  Bromberff, 
zu  Stettin,  zu  Stralsund,  die  Realschule  am  Gymnasium  zu  Greifswald,  die  Real- 
schule am  Zwinger  und  zimi  heiligen  Geist  zu  Breslau,  die  Realschulen  zu  Neifse, 
zu  Görlitz,  zu  Landeshut,  zu  Grünberg,  die  Handels-  und  Gewerbeschule  zu 
Magdeburg,  die  Realschulen  zu  Burg,  zu  Halberstadt,  zu  Aschersleben,  der  Francke- 
schen  Stiftungen  zu  Halle,  am  Gymnasium  zu  Torgau,  zu  Erfurt,  zu  Nordhausen, 
zu  Münster,  am  Gymnasium  zu  Minden,  zu  Siegen,  zu  Lippstadt,  zu  Düsseldorf, 
am  Gymnasium  zu  Duisburg,  zu  Mühlheim  a.  d.  Ruhr,  zu  Orefeld,  zu  Elberfeld, 
zu  Barmen,  zu  Aachen,  zu  Cöln,  zu  Trier. 

Von  diesen  56  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Realschulen  bilden  für 
jetzt  die  erste  Ordnung  derselben  folgende  26  Anstalten:  die  Königliche  Real- 
schule, die  Friedrichs-Realschule,  die  KönigslÄdtische  Realschule  und  die  Louisen- 
städtische Realschule  zu  Berlin ;  die  Realschule  zu  Potsdam,  die  Saldemsche  Real- 
schule zu  Brandenburg,  die  Löbenichtsche  Realschule  und  die  Realschule  auf  der 
Burg  zu  Königsberg  i.  Pr.,  die  Realschulen  zu  Elbing,  zu  Posen,  zu  Meseritz,  zu 
Stettin  (Friedr.-Wi)h.-Schule) ,  am  Zwinger  und  zum  heil.  Geist  zu  Breslau,  zu 
Görlitz,  zu  Erfurt,  zu  Münster,  zu  Minden,  zu  Siegen,  zu  Lippstadt,  zu  Düsseldorf, 
zu  Mühlheim  a.  d.  Ruhr,  zu  Elberfeld,  zu  Barmen,  zu  Göln,  zu  Trier. 

Die  in  vorstehendem  Verzeichnis  nicht  aufgeführten  30  zu  Entlassungs- 
prnfungen  berechtigten  Realschulen  bilden  für  jetzt  die  zweite  Ordnung 
derselben. 

§7.  Die  Abiturientenzeugnisse  der  Reife,  welche  von  einer  zu  Ent- 
lassungsprüfungen berechtigten  Realschule  ausgestellt  sind,  gewähren  hauptsächlich  i 
folgende  Befugnisse:  Zulassung  zur  Elevenprüfung  für  die  technischen  Aemter  der  .  i 

Wiese,  Yerordnaogen.  6 


82 

Berg-,  Hütten-  und  Salinenverwaltang;  Zulassung  zur  Feldmesserprüfung,  desgl. 
zur  Harkscheiderprüfung ;  Eintritt  in  den  Postdienst  mit  Aussicht  auf  Beförderung 
in  die  höheren  Dienststellen;  Aufnahme  in  die  Eönigl.  Forstlehranstalt  zu  Neu- 
stadt-Eber swalde;  Aufnahme  in  das  reitende  Feldjägercorps;  Aufiiahme  in  das 
Eönigl.  Gewerbeinstitut;  Zulassung  zum  Supemumerariat  bei  der  Verwaltung  der 
indirecten  Steuern;  Zulassung  zum  Civilsupernumerariat  bei  den  Provinzial-Givil- 
verwaltungsbehörden;  Zulassung  als  Applicant  zum  Marine-Intendantur-  und  lülitär- 
und  Harine-Localverwaltungsdienst. 

Das  Zeugnis  über  einen  einjährigen  Aufenthalt  in  Prima  berechtigt 
zur  Zulassung  zur  Abiturientenprüfung  bei  einer  Provinzial-Gewerbeschule.  Die 
Zulassung  zum  einjährigen  freiwilligen  Militärdienst  wird,  vom  Jahre  1860  an,  auf 
ein  Zeugnis  über  einen  mindestens  halbjährigen  Besuch  der  Prima  gewährt. 
Ein  Zeugnis  aus  Prima  ist  erforderlich  zur  Zulassung  zum  Civilsupernumerariat  bei 
den  Gerichtsbehörden;  desgl.  zum  Studium  der  Oekonomie  auf  den  Eönigl.  land- 
wirthschsitlichen  Lehranstalten  zu  Poppeisdorf  und  Eldena.  Ein  Zeugnis  der 
Reife  für  Prima  ist  Bedingung  der  Zulassung  zum  Studium  der  Tierheilkunde 
als  Givileleve  der  Eönigl.  Thierarzeneischule  in  Berlin.  Ein  solches  befähigt  eben- 
falls zum  Büreaudienst  bei  der  Bergwerksverwaltung.  Ein  Secundanerzeugnis 
befähigt  zur  Aufnahme  in  die  obere  Abteilung  der  EönigL  Gärtnerlehranstalt  zu 
Potsdam;  desgl.  in  das  Eönigl.  Musikinstitut  zu  Berlin. 

In  den  für  die  Vorbildung  der  Apothekerlehrlinge  zu  erlassenden  Bestim- 
mungen werden  die  Realschulen,  auf  denen  das  Lateinische  ein  obligatorischer 
Lehrgegenstand  ist,  den  Gymnasien  gleichgestellt  werden. 

Aufserdem  befähigen  die  Zeugnisse  aus  den  mittleren  Elassen  zur 
Aufnahme  auf  die  Berg-  und  die  Provinzial-Gewerbeschulen,  zum  Subaltemdienst 
bei  verschiedenen  Unterbehörden  etc. 

Hiemach  wird  den  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Realschulen  von 
den  Rechten,  welche  sie  gegenwärtig  besitzen,  keins  entzogen. 

Den  Abiturientenzeugnissen  der  Reife  und  den  Abgangszeugnissen,  welche 
von  einer  Realschule  erster  Ordnung  ausgestellt  sind,  ist,  mit  Allerhöchster  Ge- 
nehmigung, eine  weiter  reichende  Wirkung  beigelegt  worden,  wodurch  die  betreffen- 
den Zöglinge  in  mehreren  Beziehungen  den  Gymnasialschülem  gleichgestellt  werden. 
Diese  Erweiterung  der  Rechte  der  Realschulen  besteht  in  Folgendem: 
Die  mit  dem  Zengms  der  Reife  versehenen  Abiturienten  der  Realschulen  erster 
Ordnung  werden  zu  den  höheren  Studien  für  den  Staatsbaudienst  und  das  Berg- 
fach zugelassen.  Dieselben  sind,  wenn  sie  mit  Aussicht  auf  Avancement  in  die 
Armee  eintreten  wollen,  von  Ablegung  der  Portepeefähnrichsprüfung  dispensirt. 
Zum  Supemumerariat  bei  der  Verwaltung  der  indirecten  Steuern,  und  ebenso  als 
Applicanten  für  den  Militär-Intendantur£enst  werden  sie  zugelassen,  wenn  sie  die 
Prima  mindestens  ein  Jahr  lang  mit  gutem  Erfolg  besucht  haben.  Ein  Zeugnis 
der  Reife  für  Prima  befähigt  sie  zum  Civilsupernumerariat  bei  den  Provinzial- 
Civilverwaltungsbehörden ;  desgl.  zur  Annahme  als  Civil- Aspiranten  bei  den  Pro- 
viant-Aemtem.  Zum  einjährigen  freiwilligen  Militärdienst  werden  sie,  vom 
Jahre  1860  an,  angenommen,  wenn  sie  mindestens  ein  halbes  Jahr  in  Secunda  ge- 
sessen und  an  dem  Unterricht  in  allen  Gegenständen  Teil  genommen  haben. 
Zur  Aufnahme  in  die  obere  Abteilung  der  E.  Gärtner-Lehranstalt  zu  Potsdam  be- 
dürfen sie  eines  Zeugnisses  der  absolvirten  Tertia. 

§  8.  Die  Realschulen  erster  Ordnung  gehören  gleich  den  Gymnasien  zu 
dem  Ressort  der  E.  Prov.-SchulcoUegien,  die  Realschulen  der  zweiten  Ordnung 
zu  dem  der  E.  Regierungen. 

§  9.  Die  Zahl  der  Realschulen  erster  Ordnung  ist  nicht  abgeschlossen; 
vielmehr  steht  die  Aufnahme  in  dieselbe  allen  den  Anstalten  offen,  welche  den 
oben  angegebenen  Bedingungen  entsprechen  (s.  §  1  und  2).  Die  Aufnahme  in  die 
erste  Oiänung  erfolgt  auf  den  Bericht  des  betreffenden  E.  Prov.-SchulcoUegiums, 
welchem  zu  dem  Zweck  die  E.  Regierung  als  unmittelbare  Aufsichtsbehörde  die 
erforderlichen  Nachweisungen  mitteilt,  und  welches  zuvörderst  eine  Revision  der 
Anstalt  abhalten  läfst.  Dieselbe  Behörde  ist  befugt,  wegeti  einer  etwa  zu  be- 
.willigenden  Uebergangsfrist  geeignete  Anträge  an  den  (Jnterrichtsminister  zu  richten. 


83 


B.  Die  höheren  Bürgersohulen. 

Mit  dem  Namen  höhereBürgerBchule  werden  solche  Beal-Lehranstaltea 
bezeichnet,  welche  die  Tendenz  der  yollständigen  Bealschule  verfolgen,  aber  eine 
geringere  Klassenzahl  haben.  Die  höheren  Bürgerschulen,  welche  die  Berech- 
tigung zu  giltigen  und  unter  der  Aufsicht  der  vorgesetzten  Provinzialbehörde  ab- 
zuhaltenden Abgangsprüfungen  erwerben  wollen,  müssen  die  fünf  Klassen  von  Sexta 
bis  Secnnda  einer  vollständigen  Bealschule  umfassen  und  im  Allgemeinen  nach  den- 
selben Grundsätzen  eingerichtet  sein,  welche  in  der  Instruction  für  die  Realschulen 
aufgestellt  worden  sind.  Der  Gursus  der  ersten  Klasse  solcher  höheren  Bürger- 
schulen hat  daher  die  Dauer  von  zwei  Jahren,  und  das  Lateinische  gehört  auch 
bei  ihnen  zu  den  obligatorischen  Gegenständen  des  Lehrplans. 

Das  Lehrziel  der  höheren  Bürgerschule  von  fünf  Klassen  stellt  sich  in 
folgenden  Anforderungen  der  Abgangsprüfung  derselben  dar:  In  der  Keligion 
haben  die  Examinanden  eine  zusammenhangende  Kenntnis  der  Glaubenslehre  der 
kirchlichen  Confession,  welcher  sie  angehören,  darzuthun,  femer  eine  Bekanntschaft 
mit  den  für  die  Glaubenslehre  und  die  Geschichte  des  Kelches  Gottes  wichtigsten 
Teilen  der  heil.  Schrift.  Im  Deutschen  wird  verlangt  ein  correcter  mündlicher 
und  schriftlicher  Ausdruck,  mit  der  Befähigung,  ein  dieser  Bildungsstufe  ange- 
messenes Thema  zu  disponiren  und  zusammenhangend,  in  klarer  Ordnung,  schrift- 
lich zu  behandeln.  Stilistische  Uebung  im  Uebersetzen  aus  den  fremden  Sprachen, 
die  auf  der  Schule  gelehrt  werden.  Gutes,  richtig  betonendes  Lesen  und  der  Nachweis, 
dafs  ein  und  das  andere  Schriftwerk  aus  unserer  classischen  Litteratur  mit  verständiger 
Au&ierksamkeit  gelesen  ist.  Im  Lateinischen:  Sicherheit  in  der  Formenlehre 
und  der  Syntax.  Verständnis  des  bellum  gallicum  von  Julius  Cäsar  und  des  Ovid. 
Metrische  Kenntnis  des  Hexameters.  Im  Französischen  und  Englischen: 
nichtige  Aussprache  und  sichere  Bekanntschaft  mit  den  Hauptteilen  der  Gh?am- 
matik«  Verständnis  von  Prosastücken,  besooders  historischen  Inhalts,  und  von 
leichten  Dichterstellen,  und  ein  dazu  ausreichender  Vocabelvorrath;  Fertigkeit  in 
correctem  Nachschreiben  eines  französischen  und  englischen  Dictats.  In  den 
vorgenannten  drei  fremden  Sprachen  müssen  die  Abiturienten  ein  dieser  Stufe  an- 
gemessenes Exercitium  ohne  grobe  Fehler  schreiben  können.  In  der  Geschichte: 
Allgemeine  Uebersicht  der  Weltgeschichte.  Die  wichtigsten  Thatsachen  der 
griechischen  Geschichte  bis  zum  Tode  Alexanders  des  Großen,  der  römischen  bis 
zum  Kaiser  Marcus  Aurelius.  Specielle  Kenntnis  der  deutschen  und  der  preufsischen 
G^eschichte  seit  dem  dreifsigjährigen  Kriege.  In  der  Geographie:  Anschau- 
liche Kenntnis  der  wichtigsten  Verlulltnisse  der  Erdoberfläche  und  der  Formation 
der  Erdteile.  Die  topische  und  politische  Geographie  von  Europa  und  specieller 
die  von  Deutschland  und  Preufsen.  Das  Wichtigste  aus  der  Staatenkunde,  mit  be- 
sonderer Rücksicht  auf  Colonisation.  Die  Elemente  der  mathematischen  Geographie. 
In  der  Naturkunde:  Eine  auf  Anschauung  gegründete  Kenntnis  der  georäuch- 
lichsten  botanischen,  zoologischen  und  mineralogischen  Systeme;  Bekanntschaft 
mit  den  physiologischen  und  anatomischen  Kennzeichen  der  Pflanzen  und  Tier- 
familien, welche  für  die  Flora  und  Fauna  der  Umgegend,  für  die  gewöhnlich  im 
Handel  und  in  der  Technik  vorkommenden  exotischen  Formen  und  für  die  Phy- 
siognomie der  botanischen  und  zoologischen  Provinzen  der  Erde  von  besonderer 
Wichtigkeit  sind.  Aus  der  Physik:  die  allgemeinen  Eigenschaften  der  Körper; 
Wärmelehre.  Die  für  die  Kenntnis  der  wichtigsten  Naturgesetze  in  Betracht  kom- 
menden Ghnindlehren  der  Chemie.  In  der  Mathematik  mufs  erreicht  sein: 
eine  gründliche  Kenntnis  der  ebenen  und  körperlichen  Geometrie,  der  ebenen  Trigono- 
metrie, der  Gleichungen  de»  1.  und  2.  Grades,  der  Potenzlehre.  Theorie  und  An- 
wendung der  Logarithmen  und  der  Progressionslehre.  Fertigkeit  in  den  vier 
Grundrechnungsarten,  sowohl  in  ganzen  Zahlen,  wie  in  gewöhnlichen  und  in  Decimal- 
brüchen;  Fähigkeit,  Aufgaben  aus  der  Gesellschafts-,  Mischungs-,  Münz-  und  Wechsel- 
rechnung mit  Sicherheit  des  "Verfahrens  zu  lösen.  Im  Zeichnen:  angemessene 
Hebung  im  Freihandzeichnen;  Kenntnis  der  Elemente  der  Perspective. 

Zum  Nachweis,  dafs  dies  Mafs  von  Kenntnissen  und  Fertigkeiten  nach  Ab- 
solvimng  des  Schulcursus  erreicht  ist,  findet  eine  schriftliche  und  eine 
mündliche  Prüfung  statt.        Dieselbe  wird  nach  vorgängiger  Genehmigung  der 

6* 


84 

betreffenden  K.  Begiemng  abgehalten  und  der  Termin  zu  der  mündlichen  Prüfung 
von  dem  Kector  der  Schule  im  Einvernehmen  mit  dem  Departementsrath  der  £.. 
Eegierung  angesetsst,  welcher  als  K.  Commissarius  den  Vorsitz  bei  der  Prüfung 
führt.  In  Bezug  auf  die  Zusammensetzung  der  Prüfungscommission,  die  Meldung 
und  Zulassung  zur  Prüfung,  die  Aufgaben  zu  den  schriftlichen  Arbeiten,  die  Anfer- 
tigung und  Beurteilung  derselben  finden  die  darüber  in  dem  Abiturienten-Prü- 
fungsreglement der  vollständigen  Bealschule  gegebenen  Bestimmungen  bei  der 
höheren  Bürgerschule  analoge  Anwendung.  Dasselbe  gilt  von  der  Compensation 
in  den  Leistungen  der  Abiturienten  und  von  der  Ausfertigung  und  Einrichtung  der 
Abgangszeugnisse. 

Zu  der  schriftlichen  Prüfung  gehört  ein  deutscher  Aufsatz,  zu 
dessen  Anfertigung  eine  Zeit  von  fünf  Stunden  verstattet  wird.  Der  Gegenstand 
des  Themas  muTs  dem  Schüler  durch  den  Unterricht  bekannt  oder  doch  im  Kreise 
seiner  Anschauung  und  seines  Nachdenkens  mit  Sicherheit  vorauszusetzen  sein. 
Ein  lateinisches,  französisches,  englisches  Exercitium,  dessen  Zweck 
hauptsächlich  die  Prüfung  der  in  diesen  Sprachen  erlangten  grammatischen  Sicher- 
heit ist;  es  sind  für  dasselbe  je  drei  Stunden  Zeit  zu  gewähren,  die  Zeit  des 
deutschen  Dictats  ungerechnet.  Der  Gebrauch  von  Lexicon  und  Grammatik  ist 
dabei  nicht  gestattet.  Die  Vocabeln,  deren  Kenntnis  der  Lehrer  bei  den  Schülern 
nicht  voraussetzen  zu  dürfen  vermeint,  sind  bei  dem  deutschen  Text  der  Au%abe 
hinzuzufügen.  Der  K.  Commissarius  kann  aufserdem,  wo  es  ihm  angemessen  er- 
scheint, eme  Uebersetzung  aus  der  fremden  Sprache  ins  Deutsche  anordnen.  In 
der  Mathematik:  Lösuxig  einer  geometrischen,  einer  trigonometrischen,  einer 
algebraischen  und  einer  Rechenaufgabe,  in  vier  Stunden.  Die  Fertigkeit  im 
Freihandzeichnen  wird  durch  vorgelegte  Zeichnungen  aus  der  Zeit  des  Unter- 
richts in  Secunda  dargethan. 

Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  Religionslehre,  das 
Uebersetzen  aus  dem  Lateinischen,  Fransösischen  und  Englischen,  die 
Geschichte  und  Geographie,  die  Naturkunde  und  die  Mathematik. 

Wenn  nach  den  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  das  erforderliche  Mafs  von 
Kenntnissen  bei  einem  Abiturienten  unzweifelhaft  vorhanden  ist,  so  kann  demselben, 
falls  die  Lehrer  nach  ihrer  Kenntnis  seiner  Klassenleistungen  und  des  von  ihm 
bewiesenen  Fleifses  und  Strebens  einstimmig  dafür  sind,  die  mündliche  Prüfung 
erlassen  werden,  was  als  eipe  besondere  Auszeichnung  in  dem  Abgangszeugnis  zu 
vermerken  ist. 

Die  Prüfungsverhandlungen  werden  dem  K.  SchulcoUegium  der  betreffenden 
Provinz  zur  Kenntnisnahme  durch  die  K.  Regierung  zugesandt  Ueber  das  Er- 
gebnis der  an  den  höheren  Bürgerschulen  ihres  Ressorts  während  eines  Jahres  ab- 
gehaltenen Abiturientenprüfungen  haben  die  K.  Regierungen  im  Januar  des  neuen 
Jahres  Bericht  zu  erstatten  und  die  etwanigen  Bemerkungen  des  K.  Prov.- Schul - 
coUeginms  über  die  Prüfungsverhandlungen  beizufügen. 

Das  auf  einer  zu  giltigen  Abgangsprüfungen  berechtigten  höheren  Bürger- 
schule erworbene  Zen^s  der  Reife  berecbtifft  zur  Aufnahme  in  die  Prima  einer 
vollständigen  Realschule  und  gewährt  aufser  den  an  den  Besuch  der  Secunda  einer 
Realschule  geknüpften  Befugnissen  das  Recht  auf  Zulassung  zum  einjährigen  frei- 
willigen Militärdienst. 

Der  Antrag  auf  Verleihung  des  Rechts  zur  Abhaltung  von  Abgangsprü- 
fungen der  vorbezeichneten  Art  ist  durch  die  betreffende  K.  Regierung  an  den 
Unterrichtsminister  zu  richten. 

Unter  Aufhebung  der  vorläufigen  Instruction  vom  8.  März  1832  tritt  gegen- 
wärtige Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  für  die  Real-  und  die  höheren  Bürger- 
schulen nunmehr  in  Kraft.  So  weit  die  über  das  Realschulwesen  früher  erlassenen 
Verfügungen  nicht  in  Widerspruch  stehen,  sind  sie  auch  femer  in  Anwendung  zu 
bringen.  Ueber  die  bei  Ausfuhrung  der  Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  zu  be- 
achtenden Gesichtspunkte  und  verschiedene  Detailbestimmungen  wird  auf  die  bei- 
gegebenen Erläuterungen  Bezug  genommen. 

Berlin,  den  6.  üctober  1859.  Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegen- 
heiten,   von  Bethmann-HoUweg. 


85 


Erläuternde  Bemerkungen  zu  der  Unterrichts-  und 
Prüfungs-Ordnung  der  Real-   und  der  höheren  Bürger- 
schulen vom  6.  October  1859. 

Unter  den  höheren  Lehranstalten,  deren  Ziel  allgemeine  geistige  Ausbildung 
ist,  haben  sich  die  Gymnasien  eine  im  wesentlichen  übereinstimmende  und  durch 
die  P^be  langer  Zeit  bewährte  feste  Einrichtung  erhalten.  Neben  ihnen  haben 
die  Real-  und  die  höheren  Bürgerschulen  in  neuerer  Zeit  eine  Bedeutung  für  das 
öfifentliche  Leben  und  die  nationale  Bildung  erlangt,  welche  die  Unterrichtsver- 
waltung  veranlassen  mufste,  nunmehr  auf  entsprechende  bestimmte  Anordnungen 
für  diese  Anstalten  Bedacht  zu  nehmen.  Nachdem  darüber  die  Gxitachten  der 
Provinzialbehörden  erfordert  und  die  weiter  nöthigen  Verhandlungen  gepflogen 
sind,  ist  unter  dem  heutigen  Datum  die  Unterrichts-  und  Prüfimgsordnung  der 
Real-  und  der  höheren  Bürgerschulen  erlassen  worden. 

In  der  freieren  Entwickelung,  welcher  dieselben  bisher  überlassen  gewesen 
sind,  haben  sich  sowohl  ihre  besonderen  Bedürfnisse  wie  ihre  Leistungsfähigkeit 
deutlich  erkennen  lassen.  Die  normativen  Bestimmungen  der  Unterrichts-  und 
Prüfungsordnung  nehmen  auf  beides  Rücksicht,  und  haben,  unter  Zu|frundelegung 
allgemeiner  und  fester  Principien,  diesem  ganzen  Unterrichtsgebiet  diejenige  Frei- 
heit der  Gestaltimg  gelassen,  auf  welche  es  nach  seiner  Geschichte  und  nach  seinem 
mannigfaltigen  Verhältnis  zum  öffentlichen  Leben  zu  fernerer  gedeihlicher  Ent- 
wickelung Anspruch  hat. 

Die  Real-  und  die  höheren  Bürgerschulen  haben  die  Aufgabe,  eine  wissen- 
schaftliche Vorbildung  für  die  höheren  Berufsarten  zu  geben,  zu  denen  akademische 
Facultätsstudien  nicht  erforderlich  sind.  Für  ihre  Einrichtungen  ist  daher  nicht 
das  nächste  Bedürfnis  des  praktischen  Lebens  mafsgebend,  sondern  der  Zweck, 
bei  der  diesen  Schulen  anvertrauten  Jugend  das  geistige  Vermögen  zu  derjenigen 
Entwickelung  zu  bringen,  welche  die  nothwendige  Voraussetzung  einer  freien  und 
selbständigen  Erfassung  des  späteren  Lebensberufs  bildet.  Sie  sind  keine  Fach- 
schulen, sondern  haben  es,  wie  das  G^ymnasium,  mit  allgemeinen  Bildungsmitteln 
und  grundlegenden  Kenntnissen  zu  thun.  Zwischen  Gymnasium  und  Realschule 
findet  daher  kein  principieller  Gegensatz,  sondern  ein  Verhältnis  gegenseitiger 
Ergänzung  statt.  Sie  teilen  sich  in  die  gemeinsame  Aufgabe,  die  Grundlagen  der 
gesamten  höheren  Bildung  für  die  Hauptrichtungen  der  verschiedenen  Berufsarten 
zu  gewähren.  Die  Teilung  ist  durch  die  Entwickelung  der  Wissenschaften  und 
der  öffentlichen  Lebensverhältnisse  nothwendig  geworden,  und  die  Realschulen 
haben  dabei  allmählich  eine  coordinirte  Stellung  zu  den  Gymnasien  eingenommen. 

Während  den  Gymnasien  zur  Erreichung  des  Zwecks  überwiegend  das 
Studium  der  Sprachen,  und  vorzugsweise  der  beiden  classischen  Sprachen  des 
Altertums,  und  demnächst  die  Mathematik  dient,  legen  die  Realschulen  nach  ihrer 
mehr  der  Gegenwart  zugewandten  Richtung  ein  grösseres  Gewicht  auf  eine  wissen- 
schaftliche Erkenntnis  der  objectiven  und  realen  Erscheinungswelt  und  auf  die 
Beschäftigung  mit  der  Muttersprache,  so  wie  mit  den  Sprachen  der  beiden  wich- 
tigsten neueren  europäischen  Gulturvölker.  Weil  aber  das  Gegenwärtige  nur  aus 
seiner  vorangehenden  Entwickelung,  deren  Resultat  es  ist,  begriffen  werden  kann, 
so  wird  der  Unterricht  der  Realschule  das  historische  Element  überall  zu  berück- 
sichtigen haben ;  und  weil  Kenntnisse  und  geistige  Bildung  nur  auf  der  Grund- 
lage religiöser  und  nationaler  Lebensbestimmtheit  zu  voller  Wirksamkeit  gelangen 
können,  so  wird  religiöse  und  volkstümliche  Unterweisung  und  Bildung  den 
Charakter  auch  der  Real-  und  der  höheren  Bürgerschulen  wesentlich  mitzube- 
stimmen haben.  Sie  sind  eben  so  wie  die  Gymnasien  vor  allem  deutsche  und 
christliche  Schulen. 

Nur  in  dem  Hafse,  in  welchem  die  Aufgabe  der  allgemeinen  und  der  ethischen 
Bildung  von  der  Real-  und  höheren  Bürgerschule  erkannt  und  gelöst  wird,  kann 
sie  die  irrige  Vorstellung,  sie  vermöge  und  wolle  rascher  und  leichter  als  das 
Gymnasium  für  den  praktischen  Lebensberuf  vorbereiten  und  Kenntnisse  mitteilen, 
die  sich  unmittelbar  verwerthen  lassen,  berichtigen  und  der  (Jeberzeugung  Eingang 
verschaffen,  dafs  gerade  dann  nicht  für  die  Schule,  sondern  für  das  Leben  gelernt 
und  ein  höherer  Grad  von  Brauchbarkeit  erreicht  wird,  wenn  die  für  die  Zwecke 


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des  Lebens  nöthigen  Kräfte,  ihrem  Wesen  und  ihrer  Bestimmung  nach,  an  und 
für  sich  selbst  ausgebildet  werden.  Die  Schule  dient  dem  Leben  und  achtet  auf 
seine  Anforderungen,  das  beweist  die  Existenz  gerade  der  Realschulen  und  die 
Einrichtung  ihres  Lehrplans:  aber  sie  hat  es  mit  der  Jugend  zu  thun  und  kann 
bei  ihr  zu  der  Bildung,  welche  die  einzelnen  Berufsarten  erfordern,  nur  den  allge- 
meinen und  dauernden  Grund  legen  wollen.  Alle  Berufsbildung  mufs  sich  auf 
freie  menschliche  Bildung  des  Geistes  und  des  Gemüths  gpründen. 

Zu  der  Besonderheit  des  Begriffs  der  Realschulbildung  gehört,  dals  sie 
vorzugsweise  auf  das  Objective  und  Positive  gerichtet  ist  und  dessen  Aneignung 
fordert.  Es  kommt  daher  für  das  Gedeihen  der  Reallehranstalten  alles  darauf 
an,  dafs  sie  dies  richtig  verstehen  und  der  Gefahr  ausweichen,  welche  in  der  Be- 
schäftigung mit  dem  Reichtum  des  realen  Lebens  und  mit  empirischem  Wissen 
liegt,  wenn  dabei  nicht  die  Erkenntnis  geschärft  wird,  dafs  der  [tiefere  Grund 
alles  Realen  in  dem  geistigen  Gehalt  und  Werth  der  Dinge  liegt,  und  dafs  die 
sichtbare  und  sinnliche  Welt  auf  der  unsichtbaren  und  geistigen  ruht.  Dafs  der 
Mensch  die  Herrschaft  über  die  Erde  sich  aneigne  und  die  Kräfte  der  Natur  sich 
unterthan  mache,  gehört  zu  seiner  gottgeordneten  Bestimmung  und  Ehre.  Der 
Unterricht  der  Realschule  soll  an  seinem  Teil  dazu  helfen,  dafs  in  dem  heran- 
wachsenden Geschlecht  die  Befähigung  dieser  Bestimmung  zu  entsprechen  aus- 
gebildet werde;  aber  er  soll  es  demselben  zugleich  zum  Bewufstsein  bringen,  dafs 
die  Aufgabe  des  Lebens  darin  nicht  beschlossen  ist,  und  durch  die  befreiende  Macht 
wahrer  Bildung  ihm  einen  Schutz  gegen  die  geistige  Unfreiheit  gewähren,  zu  welcher 
eine  falsche  Auffassung  der  grofsen  Aufgabe  führt. 

Der  eigentümliche  Vorzug,  den  die  Realschule  erstrebt,  besteht  darin,  dafs 
sie  bei  ihren  Zöglingen  den  Sinn  bildet  und  schärft,  die  Dinge  der  Anschauung 
richtig  zu  beobachten  und  aufzufassen  und  in  der  Mannigfaltigkeit  derselben  das 
Gesetz  zu  erkennen,  dafs  sie  daher  namentlich  in  den  mathematischen  und  Natur- 
wissenschaften und  im  Zeichnen  mehr  erreicht,  als  den  Gymnasien  vorgesetzt  ist, 
auch  mit  den  gegenwärtigen  Gulturzuständen  eine  nähere  Bekanntschaft  vermittelt. 
Dies  wird  aber  nur  dann  ein  wahrhafter  Vorzug  sein,  wenn  bei  den  Zöglingen 
der  Realschulen  zugleich  ein  wissenschaftlicher  Sinn  geweckt  und  ihre  Kenntnis 
des  Stoffs  begleitet  ist  von  Achtung  vor  der  Wissenschaft  und  von  der  Erkenntnis 
dessen,  was  alles  Leben  trägt  und  zusammenhält. 

Der  Lehrcursus  der  Realschule  schliefst  für  die  meisten  Schüler,  welche 
ilm  durchmachen,  die  wissenschaftliche  Vorbildung  ab :  das  Gymnasium  weist  über 
sich  hinaus  auf  die  Universität,  wo  die  Mehrzahl  der  Gymnasialabiturienten  die 
wissenschaftliche  Vorbereitung  für  den  künftigen  Beruf  fortsetzt.  Es  ergjiebt  sich 
hieraus  die  Nothwendigkeit,  dafs  in  dem  Realschüler,  weil  er  die  Universität  nicht 
vor  sich  hat,  vor  seinem  Eintritt  in  den  praktischen  Beruf  oder  in  eine  Fachschule, 
um  so  mehr  das  Interesse  und  die  Fähigkeit  zu  selbständiger  wissenschaftlicher 
Fortbildung  geweckt  werde,  z.  B.  für  den  künftigen  Architekten  in  der  Altertums- 
kunde, für  den  Bergmann  in  der  Geognosie  u.  s.  w.  Diese  Aufgabe  wird  die 
Schule  aber  nur  in  dem  Mafse  erfüllen  können,  als  sie  nicht  blos  Kenntnisse  für 
den  Gebrauch,  sondern  echt  wissenschaftliche  Bildung  mitteilt,  wodurch  auch  dem 
späteren  Berufsleben  eine  höhere  Weihe  gesichert  wird. 

Aus  demselben  Grunde  hat  die  Realschule,  je  früher  sie  ihre  Zöglinge  den 
Anforderungen  und  Bewegungen  des  öffentlichen  Lebens  übergeben  mufs,  desto 
ernstlicher  der  Pflicht  zu  genügen,  sie  mit  allem  dem  bekannt  und  vertraut  zu 
machen,  was  in  allem  Wechsel  der  Erscheinung  das  Bleibende  und  Unvergängliche 
ist,  und  mit  der  Wahrheit,  die  über  der  Wirklichkeit  steht.  Wird  diese  wahrhafte 
Realität  des  Lebens  von  den  Realschulen  übersehen,  so  wäre  von  ihnen  kein  Ge- 
winn für  das  Leben  der  Nation  zu  hoffen:  sie  würden  alsdann  eine  wissenschaft- 
liche und  sittliche  Geistesbildung  nicht  gewähren,  sondern  den  materiellen  Zeit- 
richtungen dienstbar  sein,  was  gegen  ihre  Bestimmung  ist. 

Die  Wahl  der  Lehrgegenstände  und  die  Bestimmung  des  Lehrziels  hat  sich 
nach  der  hierin  angedeuteten  Aufgabe  der  Realschulen  zu  richten,  und  wird  des- 
halb ebensowohl  durch  die  Natur  des  menschlichen  Geistes,  wie  durch  das  Ver- 
hältnis bestimmt,  in  welches  derselbe  zu  Gott,  zur  Menschenwelt  und  zur  Natur 
zu  treten  berufen  ist.  Diese  Beziehungen  bilden  die  allgemeinen  Grundlagen  des 
Lehrplans  auch  der  höheren  Realanstalten. 


87 

A.  Die  BealBOhulen.  Der  traditionelle  Name  Bealschule  wird  als 
unterscheidende  Bezeichnung,  unbeschadet  der  sonst  ortsüblichen  Benennungen  der 
betreffenden  Anstalten,  für  den  officiellen  Gebrauch  beibehalten;  er  erinnert  an  die 
Entstehung  dieser  Schulen,  ohne  dafs  sie  jedoch,  bei  ihrer  im  Laufe  der  Zeit 
wesentlich  geänderten  Bestimmung  und  Einrichtung,  dem  ursprünglichen  Begriff 
desselben  noch  völlig  entsprächen. 

L  Zu  $  1.  Es  ist  bei  Aufstellung  des  Lehrplans,  um  üeberladung  und 
Verwirrung  zu  vermeiden,  darauf  Bedacht  genommen,  dafs,  so  weit  wie  möglich, 
das  Eintreten  der  einzelnen  Lehrgegenstände  stufenweis  geschehe,  und  dafs,  um 
einen  guten  Grund  in  den  Elementen  zu  legen,  zuerst  für  jeden  neu  eintretenden 
(Gegenstand  eine  möglichst  grofse  Stundenzahl  verwandt  werde. 

Aufser  dem  Beligionsunterricht  bilden  die  Lehrgegenstände  wesentlich  zwei 
ünterrichtsgebiete:  1.  das  der  Sprachen  und  der  Geschichte,  2.  das  der  Mathe- 
matik und  der  Naturwissenschaften,  wozu  als  drittes  die  technischen  Fertigkeiten 
kommen. 

Li  den  unteren  Klassen  überwiegt  der  Sprachunterricht,  im  Interesse  des 
später  mit  gröfserer  Stundenzahl  eintretenden  realen,  weil  der  Schüler,  auch  für 
den  Zweck  scharfer  Auffassung  der  Sachen,  früh  gewöhnt  werden  mufs,  auf  das 
Wort,  als  Mittel  zur  Bezeichnung  der  Sache,  zu  merken,  und  weil  der  Sprach- 
unterricht die  Grundlage  der  formalen  und  allgemeinen  Geistesbildung  ist. 

Einen  wesentlichen  und  integnrenden  Teil  des  Lehrplans  der  Realschule 
bildet  das  Lateinische  als  allgemein  verbindliches  Lehrobject.  Diese  Stellung 
gebührt  der  lateinischen  Sprache  sowohl  wegen  der  Wichtigkeit,  welche  sie  für 
die  Kenntnis  des  Zusammenhanges  der  neueren  europäischen  Cultur  mit  dem 
Altertum  hat,  wie  als  grundlegende  Vorbereitung  des  grammatischen  Sprach - 
Stadiums  überhaupt  und  insbesondere  des  der  neueren  Sprachen,  welches  ohne 
Kenntnis  des  Lateinischen  immer  oberflächlich  bleibt  In  dieser  Beziehung  ist 
die  lateinische  Sprache  vorzüglich  geeignet,  zur  Bildung  des  Sinnes  für  scharfe 
Unterscheidung  der  Formen  beizutragen.  Wie  wichtig  dies  für  Realanstalten  ist, 
bedarf  keiner  Auseinandersetzung.  Auch  wird  bei  fast  allen,  den  Realschulen 
zustehenden  Berechtigungen  Kenntnis  des  Lateinischen  von  den  betreffenden  Be- 
hörden ausdrücklich  gefordert.  Es  ist  nicht  zweckmäfsig,  ein  Lehrobject  von  solcher 
Bedeutung  facultativ  zu  lassen,  sowohl  aus  allgemeinen  pädagogischen  Gründen, 
wie  auch  deshalb,  weil  dadurch  die  Gemeinsamkeit  des  Lehrplans  aufgehoben  und 
durch  die  alsdann  nothwendige  Rücksicht  auf  die  verschiedene  Vorbildung  der 
Schüler,  eine  gleichmäfsige  Behandlung,  namentlich  des  Deutschen  und  der 
neueren  Sprachen,  der  Geschichte  und  der  Naturwissenschaften,  vielfach  ge- 
hindert wird. 

Die  üebersicht  des  Lehrplans  stellt  das  Verhältnis  dar,  welches  für  die  Auf- 
nahme der  verschiedenen  ünterrichtsobjecte  als  mafsgebend  anzusehen  ist.  Es  soll 
jedoch  damit  nicht  eine  soweit  bindende  Norm  aufgestellt  sein,  dafs  nicht  die  Be- 
rücksichtigung localer  Umstände  und  besonderer  Verhältnisse  der  Lehrercollegien 
einzelne  Abweichungen  davon  zulässig  machte.  Ebensowenig  wird  beabsichtigt, 
für  jeden  Unterrichtsgegenstand  und  jede  Klasse  einen  detailiirten  Lehrplan  vor- 
zuschreiben oder  die  Pensa  der  einzelnen  Klassenstufen  genau  zu  begrenzen.  Da- 
gegen werden  in  den  folgenden  Paragraphen  zur  näheren  Bestimmung  des 
allgemeinen  Lehrplans  die  für  den  Organismus  der  Realschule  wichtigsten  Ent- 
wickelungsstufen  und  die  auf  denselben  erreichbaren  Unterrichtsziele  angegeben. 
Für  den  Weg,  zu  ihnen  zu  gelangen,  wird  den  einzelnen  Anstalten  die  Freiheit  ge- 
lassen, welche  in  der  inneren  Nothwendigkeit  der  Sache  selbst,  in  bewährtem  Her- 
kommen und  in  der  individuellen  Beschaffenheit  der  vorhandenen  Lehrkräfte  ihre 
Rechtfertigung  hat.  Die  in  der  Verteilung  und  Behandlimg  des  Unterrichtsstoffs, 
und  namentlich  in  der  Goncentration  einzelner  Lehrgegenstände  auf  kürzere  Ab- 
schnitte des  ganzen  Cursus,  von  den  Directoren  gemachten  Versuche  müssen  ihre 
Bewährung  am  Erfolge  haben  und  hierin  überhaupt  Manches  der  Erfahrung  noch 
vorbehalten  bleiben. 

Was  zuvörderst  die  Modif  icationen  des  Lehrplanes  betrifft,  welche  die 
Provinzial- Aufsichtsbehörden  zu  genehmigen  befugt  sind,  so  gehört  dahin  u.  a.  eine 
Vermehrung  der  für  das  Deutsche  angesetzten  Stundenzahl  in  den  unteren  und 
mittleren  Klassen,  wo  provinzielle  Verhältnisse  dazu  nöthigen. 


88 

Wo  der  Unterricht  in  der  polnischen  Sprache  in  den  Lehrplan  aufgenommen 
werden  mufs,  bleibt  es  der  Provinzialbehörde  tiberlassen,  zu  bestimmen,  wie  viel 
Stunden  darauf  verwendet  werden  sollen.  Den  betreffenden  Schülern  kann  in  den 
oberen  Klassen  die  Teilnahme  am  englischen  Unterricht  erlassen  werden. 

Der  Charakter  der  Industrie,  so  wie  die  Natur  und  Bodenbeschaffenheit 
einer  Gegend,  können  gegründeten  Anlafs  geben,  einzelne  naturwissenschaftliche 
Disciplinen  in  gröfserer  Ausdehnung  zu  behandeln,  als  es  anderswo  erforderlich 
ist.  So  hat  z.  B.  dAe  Mineralogie  an  Orten,  in  deren  Nachbarschaft  Bergbau  ge- 
trieben wird,  für  den  Lehrplan  einer  Realschule  gröfsere  Wichtigkeit,  als  da,  wo 
dies  nicht  der  Fall  ist. 

Es  ist  unbedenklich,  den  physikalischen  Unterrieht  auf  die  beiden  oberen 
Klassen,  den  in  der  Chemie  auf  Prima  zu  beschränken.  —  Mit  dem  naturgeschichtlichen 
Unterricht  schon  in  Sexta  zu  beginnen,  ist  ebensowenig  nothwendig,  als  mit  dem 
Zeichenunterricht.  Es  ist  auch  zulässig,  einzelne  Schüler,  die  in  die  oberen  Klassen 
aufrücken  sollen,  bis  in  die  mittleren  vom  Zeichnen  zu  dispensiren,  um  ihnen 
für  andere  G-egenstände  mehr  Zeit  zu  lassen,  und  um  bei  späterer  Anwendung 
einer  gröfseren  Stundenzahl  desto  bessere  Erfolge  zu  erzielen. 

Manche  Lehrobjecte  lassen  sich  mit  Erfolg  nicht  behandeln,  wenn  der 
Unterricht  jedesmal  auf  eine  Stunde  beschränkt  wird,  da  gewöhnlich,  z.  B.  in  der 
Chemie  und  im  Zeichnen,  ein  nicht  geringer  Teil  der  Zeit  zu  den  Vorbereitungen 
desselben  erforderlich  ist.  In  solchen  Fällen  kann  es  freigestellt  werden,  entweder 
auf  dem  Lectionsplan  zwei  Stunden  hinter  einander  für  denselben  Gegenstand  an- 
zusetzen oder  auch  den  Unterricht  aufser  der  eigentlichen  Schulzeit  zu  legen,  was 
im  Zeichnen,  wie  im  Gesang,  auch  deshalb  rathsam  ist,  weil  die  Verschiedenheit 
der  Befähigung  und  Entwickelung  der  Schüler  dazu  nöthigt,  für  diese  Gegenstände 
andere  Abteilungen  zu  bilden,  als  sie  in  den  Klassen  gegeben  sind.  Eine  Ver- 
mehrung der  für  den  Zeichenunterricht  als  Minimum  angesetzten  Stundenzahl  ist 
auch  darum  zulässig,  weil  die  geistige  Anstrengung  der  Schüler  dabei  geringer  ist, 
als  bei  wissenschaftlichen  Lehrobjecten. 

Der  Wunsch ,  die  eigenen  Arbeiten  der  Schüler  mehr  in  die  Schule  selbst 
zu  verlegen,  hat  bisweilen  Directoren  bewogen,  die  Zahl  der  für  einen  Lehrgegen- 
stand bestimmten  Stunden  zu  erhöhen  und  durch  ausgedehntere  Beschäftigung  der 
Schüler  in  den  zu  diesem  Zweck  vermehrten  Schulstunden  die  häuslichen  Arbeiten 
zu  ersparen.  Sofern  dieser  Zweck  wirklich  erreicht  wird  und  keine  pädagogischen 
Bedenken  entgegenstehen,  ist  ein  solches  Verfahren  auch  femer  gut  zu  heifsen 
und  verdient  Anerkennung. 

Bei  geringer  Schülerfrequenz  in  Sexta  kann  der  Bechenunterricht  daselbst 
auf  vier  Stunden  beschränkt  werden. 

Wie  weit  in  besonderen  Fällen  eine  grofse  Schülerfrequenz  dazu  nöthig^t, 
die  vorgeschriebene  Stundenzahl  für  einzelne  Objecte  zu  vermehren,  um  bei  den 
Uebungen  keinen  Schüler  zu  übergehen,  wird  dem  Ermessen  der  Aufsichtsbehörden 
überlassen.  Alle  erheblichen,  aus  den  erwähnten  und  anderen  Bücksichten  zugelassenen 
Abweichungen  von  dem  Normalplan  werden  von  denselben  in  den  Jahresberichten 
ansfegeben  und  motivirt,  mit  dem  Nachweis,  wo,  bei  Vermehrung  der  Stunden- 
zahl in  einem  Object,  die  entsprechende,  den  Verhältnissen  angemessene  Vermin- 
derung in  einem  anderen  Object  eingetreten  ist. 

Zu  $  2.  Es  ist  zu  wünschen,  dafs  mit  jeder  B.ealschule  eine  Vorschule  , 
womöglich  von  zwei  Klassen,  mit  je  eiinährigem  Lehrcursus,  verbunden  sei,  um 
zur  Erlernung  der  für  den  Eintritt  in  Sexta  erforderlichen  Elementarkenntnisse 
Gelegenheit  zu  geben.  Solche  Vorschulklassen  sind  nicht  als  Septima,  Octava  zu 
bezeichnen,  auch  in  den  Frequenzübersichten  abgesondert  zu  stellen  und  zu  be- 
rechnen« 

Zu  $  3.  Die  eigentliche  Realschule  besteht  aus  sechs  aufsteigenden  Klassen, 
Es  ist  nicht  rathsam,  durch  weitere  Teilungen  innerhalb  der  einzelnen  Klassen  die 
Zahl  der  Stufen  zu  vermehren.  Bei  grofser  Frequenz  sind  coordinirte  Cötus  einer 
und  derselben  Klasse  einzurichten. 

Die  Aufnahmebedingungen  für  Sexta  sämtlicher  anerkannten  Real-  und 
höheren  Bürgerschulen  sind  dieselben.  Es  ist  darauf  zu  halten,  dafs  auch  weiter- 
hin dieselben  Klassennamen   auf  den  verschiedenen  Anstalten   sich   entsprechen, 


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also  mit  Quinta,  Qaarta  etc.  dieselben  Stufen  aller  Anstalten  gleicher  Kategorie 
bezeichnet  werden. 

Sorgfältige  Erwägung,  welcher  Klasse  neue  Schüler  zuzuweisen  sind,  ist 
nicht  minder  wichtig,  als  Strenge  bei  den  Versetzungen.  Eine  zu  grofse  Ungleich- 
heit der  in  derselben  Klasse  vereinigten  Schüler  hat  nicht  selten  die  ordnungs- 
mäfsige  Entwickelung  einer  Eealschule  zurückgehalten. 

Zu  $  4.  Schüler,  die,  sobald  sie  aus  dem  schulpflichtigen  Alter  ffetreten 
sind,  die  Schule  wieder  verlassen  sollen,  lernen,  zumal  wenn  sie  wegen  schwacher 
Begabung  lange  auf  den  untersten  Stufen  bleiben,  z.  B.  vom  Lateinischen  und 
Fruizösischen  nur  die  ersten  Anfänge  kennen  und  können  vom  Besuch  einer  Eeal- 
schule den  Nutzen  nicht  haben,  welchen  ihnen  der  in  sich  abgeschlossene  Unter- 
richt einer  Bürger-  oder  Stadtschule  in  höherem  und  ihren  Verhältnissen  ent- 
sprechenderem Mafse  zu  gewähren  im  Stande  ist.  Bruchstücke  eines  höheren 
Unterrichts  sich  anzueignen  ist  der  Ausbildung  des  Geistes  nicht  förderlich  und 
hindert  die  Sicherheit  des  Wissens  und  Könnens  in  demjenigen,  was  in  Fällen 
der  bezeichneten  Art  das  eigentliche  Bildungsbedürfnis  ausmacht.  Wer  auf  einer 
Healschule  erster  Ordnung  nicht  mindestens  bis  Tertia  kommen  und  den  Cursus 
dieser  Klasse  durchmachen  soll,  dessen  Aufnahme  würde  hiemach  zu  widerrathen 
sein.  Befähigte  und  fleifsige  Schüler,  deren  Eltern  genöthigt  sind,  die  Zeit  des 
Schulbesuchs  ihrer  Söhne  mit  der  kirchlichen  Confirmation  oder  bald  danach  ab- 
zuschliefsen,  können  bis  zu  dieser  Zeit  die  Tertia  einer  Bealschule  durchgemacht 
haben. 

Zu  $  5.  Eine  ungehörige  Nachsicht  bei  der  Au&ahme  der  Schüler  in  die 
oberen  Klassen  hat  häufig  die  Folge  gehabt,  dafs  der  Unterricht  in  denselben 
sich  wieder  mit  den  Elementen  zu  beschäftigen  hatte,  die  er  voraussetzen  mufs, 
dafs  zwischen  der  Bedeutung  und  Behandlung  der  wissenschaftlichen  Objecte  und 
der  allgemeinen  Vorbereitung  und  Empfänglichkeit  der  Schüler  ein  zu  grofses 
Mifsverbältnis  stattfand,  dafs  femer  der  Standpunkt  der  in  dieselbe  Klasse  auf- 
genommenen Schüler  ein  zu  verschiedener  war,  um  ein  einigermafsen  gleich- 
mafsiges  Fortschreiten  zuzulassen,  und  dafs  somit  die  Realschulen  ihre  Haupt- 
aufgabe, die  den  beiden  oberen  Klassen  anheimfällt,  unter  solchen  Umständen  zu 
erfüllen  aufser  Stande  waren. 

In  Bezug  auf  den  Unterricht  in  den  beiden  oberen  Klassen  geben  die  an 
der  bisherigen  Entwickelung  des  Realschulwesens  gemachten  Enahrungen  zu 
folgenden  Bemerkungen  Anlafs. 

Was  den  evangelischen  Religionsunterricht  betrifft,  so  werden 
darüber  demnächst  allgemeine,  für  seine  Einteilung  und  Behandlung^  auf  den 
höheren  Lehranstalten  mafsgebende  Bestimmungen  erlassen  werden.  Worauf  im 
Einzelnen  schon  jetzt  aufmerksam  gemacht  weiden  mufs,  ist  namentlich,  dafs  die 
wegen  geringer  Schülerzahl  häufig  noch  stattfindende  Combination  von  Prima  und 
Secunda  aui^uheben  ist  Die  Gursusdauer  dieser  Klassen  von  zusammen  vier 
Jahren  umschliefst  eine  Zeit  des  sich  entwickelnden  Jünglingsalters  von  zu  ver- 
schiedenen Stufen,  als  dafs  der  Gegenstand  für  das  Bedürfnis  ebenso  des  unlängst 
aus  Tertia  versetzten,  wie  des  dem  Abiturientenexamen  nahe  stehenden  Schülers 
zweckmäfsig  behandelt  und  der  Stoff  angemessen  verteilt  werden  könnte.  Die 
höhere  Aufgabe  der  beiden  oberen  Klassen  darf  nicht  dazu  verleiten,  Theologie 
statt  der  Religion  zu  lehren.  Es  kommt  darauf  an,  den  Jünglingen,  die  in  diesen 
Klassen  über  Religion  zum  letzten  Mal  eine  eigentliche  Unterweisung  erhalten, 
die  rechte  Ausrüstung  für  das  Leben  mitzugeben.  Die  Behandlung  der  evange- 
h'schen  Heilslehre  mufs  ihren  Ausgang  und  ihre  Begründung  immer  im  Zusanmien- 
hange  der  heil.  Schrift  finden  und  den  ethischen  Gehalt  der  Lehre  in  Bezug  auf 
die  kirchliche  Gemeinschaft  und  das  innere  Leben  des  Einzelnen  fruchtbar  zu 
machen  sich  angelegen  sein  lassen.  Die  confessionellen  Unterscheidungslehren 
müssen  besprochen  werden,  aber  von  dem  Bewufstsein  aus,  dafs  in  denselben  die 
kirchliche  Grundlehre  und  der  protestantische  Lehrbegriff  so  wenig  wie  der  Inhalt 
des  göttlichen  Wortes  sich  erschöpft.  Für  das  Verständnis  der  heil.  Schrift  in 
ihrem  inneren  Zusammenhange,  welches  eine  Hauptaufgabe  der  Schule  bildet, 
haben  vereinzelte  Notizen  aus  der  sogenannten  Einleitung  in  das  A.  und  N.  Testa- 
ment nur  geringen  Werth  und  sind  auf  das  Nothwendigste  zu  beschränken.  Das- 
selbe mufs  bei  den  Mitteilungen  über  Secten  und  Lehrstreitigkeiten  geschehen. 


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weil  der  kirchengeschichtliche  Unterricht  hier  vielmehr  die  Aufgabe  hat,  die  Ge- 
schichte des  Reiches  Gottes  auf  Erden  in  grofsen  Zügen  darzustellen  und  biblisch 
zu  begründen.  Der  Zusammenhang  und  Fortg^ang  des  Kirchenjahres  ist  den 
Schülern  in  lebendiger  Erinnerung  zu  erhalten;  die  gemeinsamen  Andachten  zum 
Beginn  und  Schlufs  der  Woche  bieten  eine  geeignete  Gelegenheit  dar,  zu  dem- 
selben Zweck  die  Perikopen  zu  benutzen.  Für  den  E^ligionsunterricht  der 
katholischen  Schüler  bleibt  ebenfalls  eine  Instruction  vorbehalten. 

Der  Unterricht  im  Deutschen  hat  für  die  Realschule  eine  vorzügliche 
Wichtigkeit,  sowohl  nach  der  Seite  der  formalen  Geistesbildung  und  seiner  nahen 
Beziehung  zu  allen  übrigen  Lehrgegenständen,  als  nach  seiner  etibischen  Bedeutung, 
welche  durch  den  Gegensatz  der  den  Realschulen  obliegenden  Beschäftigung  mit 
der  französischen  und  englischen  Sprache  und  Litteratur  gesteigert  wird.  Er  soll 
die  Schüler  den  grammatischen  Bau  der  Muttersprache  sowie  die  wichtigsten 
Darstellungsformen  in  derselben  kennen  lehren  und  sie  in  die  Kenntnis  der  vater- 
ländischen Litteratur  einführen.  Die  mit  der  Lehre  verbundenen  praktischen 
Uebungen  haben  den  Zweck,  die  Schüler  zu  richtiger  Auffassung  prosaischer  und 
poetischer  Darstellungen  anzuleiten  und  bei  ihnen  die  Herrschaft  über  die  Sprache 
zu  Wege  zu  bringen,  welche  sich  derselben  mündlich  und  schriftlich  correct  und 
sicher  zu  bedienen  weifs.  Die  Beschaffenheit  des  Stoffs  und  der  Standpunkt 
geistiger  Entwickelung  bringt  es  mit  sich,  dafs  dieser  Unterricht  sich  am  meisten 
nir  die  unteren  und  oberen  Klassen  eignet  und  daselbst  am  fruchtbarsten  zu  sein 
pflegt.  Der  grammatische  Unterricht  wird  in  den  unteren  Klassen  am  zweck- 
mäfsigsten  mit  dem  lateinischen  verbunden.  Die  Lehre  vom  Satzbau  gehört  in 
die  mittleren  und  oberen  Klassen  und  kann  daselbst  besonders  anregend  und 
bildend  behandelt  werden,  wenn  dabei  die  Eigentümlichkeit  der  verschiedenen, 
dem  Schüler  zugänglichen  anderen  Sprachen  in  vergleichende  Betrachtung  gezogen 
wird.  Wie  dadurch  zugleich  der  logische  Gehalt  der  Sprache  aufgeschlossen  wird, 
so  dient  demselben  Zweck  aufserdem  die  Unterscheidung  von  Synonymen,  die 
Beachtung  der  ursprünglichen  und  der  abgeleiteten  Bedeutung  von  Wörtern  und 
Redeweisen  und  die  Uebung  im  Definiren.  In  der  ersten  Klasse  ist  ferner  Ge- 
legenheit zu  nehmen,  die  Schüler  mit  der  Lehre  vom  Begriff,  Urteil  und  Schlufs, 
von  der  Einteilung,  dem  Beweis  und  von  den  Gegensätzen,  in  der  für  die  Schule 
nothwendigen  Beschränkung,  bekannt  zu  machen;  ein  systematischer  Vortrag  der 
formalen  Logik  gehört  nicht  dahin.  Von  grofsem  Werth  für  geistige  Anregung 
und  für  die  Uebung  in  methodischem  Verfahren  ist  das  Durchsprechen  wichtiger 
Begriffe,  deren  deutliche  Erkenntnis  und  scharfe  Begrenzung  dem  jugendlichen 
Geiste  zugleich  ein  neues  Licht  über  ganze  Gebiete  verbreiten  kann.  Von  der 
Art  sind  Begriffe,  wie :  wissenschaftlich,  classisch,  Organismus,  Kunst  u.  dörgl.  m. 
In  den  Grenzen  des  Lehrplans  der  Realschule  und  Dei  der  Gefahr,  Wichtigeres 
darüber  zu  versäumen,  kann  die  historische  Seite  der  Sprache  nicht  so 
weit  berücksichtigt  werden,  dafs  ein  besonderer  Unterricht  im  Alt-  und  Mittel- 
hochdeutschen anzusetzen  wäre.  Der  kundige  und  von  Liebe  zu  dem  nationalen 
Gut  der  Sprache  beseelte  Lehrer  wird  jedoch  die  sich  darbietenden  Veranlassungen 
zu  benutzen  wissen,  aus  den  Ergebnissen  der  historischen  Sprachforschung  so  viel 
mitzuteilen,  dafs  der  tiefe  Gehalt  unserer  Sprache  und  ihre  reiche  Bedeutsamkeit 
in  Wortbildung,  Ableitung  und  Zusammensetzung  den  Schülern  daran  erkennbar 
wird.  Denjenigen,  welche  eigene  Neigung  treibt,  sich  hierin  für  sich  weiter  zu 
beschäftigen,  mufs  die  Schülerbibliothek  Gelegenheit  geben,  z.  B.  das  Nibelungen- 
lied in  der  ursprünglichen  Form  oder  gute  Sammlungen,  wie  Ph.  Wackemagels 
Edelstein,  kennen  zu  lernen.  Der  Privatlectüre  müssen  ebenso  auch  einige  muster- 
giltige  Uebersetzungen  griechischer  und  römischer  Classiker,  namentlich  des 
Homer,  aber  auch  des  Sophokles,  der  Biographien  des  Plutarch,  der  kleinen  Dialoge 
des  Plate,  des  Tacitus  u.  a.  zugänglich  sein.  Die  Klassen-Lectüre  steht  in 
den  unteren  und  mittleren  Klassen  mit  den  grammatischen  Uebungen  in  enger 
Verbindung,  in  den  beiden  oberen  aufserdem  mit  der  Litteraturgeschichte,  in  allen 
Klassen  aber  mit  Uebungen  in  freier  mündlicher  Reproduction  des  Gelesenen. 
Die  sogenannten  freien  Vorträge  bestehen  am  zweckmäfsigsten  in  derartigen 
Relationen  und  zusammenfassenden  Inhaltsangaben,  wobei  V^ersuche  in  der  Dar- 
stellung historischer  Thatsachen  und  Personen  nicht  ausgeschlossen  sind.  Wie 
die  Fähigkeit,  ein  gröfseres  Gunze  zu  überschauen,  nach  aeiner  iimeren  Gliederung 


91 

aufzufassen  and  davon,  auch  nach  bestimmten,  vom  Lehrer  vorher  angedeuteten 
Gesichtspunkten  Rechenschaft  zu  geben,  durch  Lesen  zu  üben  ist,  so  auch  beim 
Hören.  In  der  Weise  aufzumerken,  dafs  das  Gehörte  als  ein  Ganzes  aufgefafst 
wird,  mit  dem  Bewufstsein  vom  Verhältnis  seiner  Teile,  setzt  die  heilsame  An- 
strengung voraus,  sich  jeder  Zerstreuung  zu  erwehren.  Ein  zusammenhangender 
und  Vollständigkeit  anstrebender  Vortrag  der  d  e  u  t  s  c  h  e  n  L  i  1 1  e  r  a  t  u  r  g  e  8  c  h  i  c  h  t  e 
hat  keine  Stelle  im  Lehrplan  der  Kealschule;  die  dabei  immer  nur  erreichbare 
übersichtliche  Behandlung  beschränkt  sich  in  der  Regel  auf  Mitteilung  historischer 
Notizen  über  den  Lebens-  und  Entwickelungsgang  der  Schriftsteller  und  auf  Er- 
örterungen über  ihre  geistige  Richtung,  ihren  litterarischen  Charakter  und  ästheti- 
schen Werth,  während  die  Schüler  zur  Kenntnis  der  Werke  selbst  nicht  gelangen 
und  ihnen  dabei  der  Bildungsstofif  vorenthalten  wird,  der  ihren  Geschmack  läutern, 
ihrem  inneren  Leben  eine  edlere  und  höhere  Richtung  geben  und  auf  den  Gehalt 
wie  auf  den  Stil  ihrer  eigenen  freien  Arbeiten  bildend  einwirken  kann.  Es  ist 
vielmehr,  nach  kurzer  Darstellung  des  Entwickelungsganges  der  deutschen  Litteratur 
in  der  älteren  Zeit,  eine  Reihe  von  litterarischen  Werken  seit  der  Mitte  des  vorigen 
Jahrhunderts,  die  sich  durch  Inhalt  und  Form  auszeichnen  und  die  als  Proben 
der  Entwickelung  unserer  neueren  Litteratur  dienen  können,  so  durchzunehmen, 
dafs  die  Schüler  mit  den  Grundgedanken  derselben  und  der  Eigentümlichkeit  ihrer 
Barstellung  j^enau  bekannt  werden.  Zu  eingehenden  biographischen  Mitteilungen 
wird  der  Lehrer,  bei  der  Kürze  der  Zeit,  nur  da  Veranlassung  nehmen,  wo  der 
betreffende  Auter,  z.  B.  Herder,  dazu  besonders  geeignet  ist.  Zu  eigenem  weiteren 
Studium  sind  die  Schüler  auf  eine  gute  Litteraturgeschichte,  z.  B.  für  die  poetische 
Litteratur  auf  das  Buch  von  Vilmar,  zu  verweisen.  Das  vorerwähnte,  bei  der 
Litteraturgeschichte  auf  Schulen  häufig  befolgte  Verfahren,  nicht  die  Sache  selbst, 
sondern  fertige  Urteile  über  die  Sache  mitzuteilen,  hat  für  die  sittliche  und  intellec- 
tuelle  Bildung  der  Jugend  grofse  Nachteile,  indem  sie  dabei,  was  so  wichtig  für 
sie  ist,  nicht  lernen  kann,  die  Dinge  selbst  ruhig  auf  sich  wirken  zu  lassen  und 
von  ihrer  Einwirkung  unbefangen  Zeugnis  zu  geben.  So  wird  die  Fähigkeit  der 
Hingebung  zurückgedrängt,  die  Selbständigkeit  des  Urteils  gehindert  und  zu  einem 
oberflächlichen,  selbstzufriedenen  Absprechen  Anlafs  gegeben.  Mit  deutlichem 
Verständnis  und  richtigem  Ausdruck  laut  zu  lesen  gehört  zu  den  wichtigsten 
üebungen,  auch  der  obersten  Klassen.  Die  Wahl  des  nach  der  obigen  Bestimmung 
aus  der  classischen  deutschen  Litteratur  zu  entnehmenden  Lesestoffs  kann  keine 
abgeschlossene  sein,  sondern  sie  hat  sich  nach  dem  Stande  der  Bildung  und  des 
geistigen  Vermögens  der  Klasse  zu  richten:  man  wird  mit  einer  Generation  von 
Schülern  weiter  gehen  dürfen  als  mit  einer  anderen,  allen  aber  über  den  realistischen 
Kreis  der  nahen  Wirklichkeit  einen  Blick  in  eine  idealere  Welt  eröffnen  können. 
Die  Erklärung  eines  classischen  Werks  der  vaterländischen  Litteratur  hat  ein 
anderes  Mafs,  als  die  Interpretation  eines  antiken  Autors.  Sinn  und  Zusammen- 
hang mufs  verstanden,  auch  deutlich  erkannt  werden,  ob  ein  Gedanke  unverhüllt 
oder  im  Bilde  erscheint:  aber  zu  verhüten  ist,  dafs  die  Totalanschauung  durch 
minutiöse  Zergliederung  und  vorzeitige  Kritik  geschwächt  werde,  wobei  die  Poesie 
nicht  mehr  als  Poesie  auf  das  Gemüth  und  die  Phantasie  wirken  kann.  Mit  leichter, 
der  Erholung  und  Unterhaltung  dienender  Leetüre  eine  Lehrstunde  auszufüllen,  ent- 
spricht ihrer  Bestimmung  nicht,  die  immer  auch  für  den  Schüler  Anstrengunn:  ist  und 
geistige  Arbeit  zur  Bedingung  des  Genusses  macht.  Deshalb  sind  u.  a.  auch  ausge- 
wählte Oden  von  Klopstock  ein  besonders  geeigneter  Steff  für  die  oberen  Klassen,  weil 
ihr  Verständnis  eindringendes  Nachdenken  erfordert.  Auch  eignen  sie  sich  zur 
Uebung  im  rhythmischen  Vortrag,  sowohl  von  einzelnen  Schülern  wie  von  Klassen- 
abteilungen. Dafs  zum  Zweck  des  Vortrags,  wie  um  des  Inhalts  und  des  Vers- 
maTses  willen  ganze  Gedichte  und  vorzügliche  Stellen  dem  Gedächtnis  eingeprägt 
werden  müssen,  bedarf  keiner  Erinnerung;  auch  die  Prosa  ist  dabei  nicht  auszu- 
schliefsen.  Es  ist  die  Pflicht  der  Schule,  die  Beschäftigung  mit  der  sogenannten 
schonen  Litteratur  bei  den  Schülern  auf  dasjenige  Mafs  zu  beschränken,  welches 
mehr  Anregung  als  Sättigung  gewährt  und  weaer  den  Trieb  nach  geistigem  Er- 
werb, noch  die  Freude  an  unbefangenem  und  unreflectirtem  Genufs   erstickt. 

Poetik,  Rhetorik,  Stilistik  sind  nicht  als  besondere  Disciplinen  in  den 
Lehrplan  aufzunehmen,  sondern  das  daraus  Nöthige  ist  gelegentlich  und  kurz  bei 
der  Leetüre   zu   besprechen.     Demgemäfs   ist  z.  B.   über   das    Wesen   des   Lehr- 


92 

gedichts  keine  Theorie  vorzutragen,  sondern  das  Charakteristische  dieser  Dichtungs- 
art  kann  an  einigen  Stellen  bestimmter  Gedichte,  z.  B.  aus  Neubecks  Gesund- 
brunnen, leicht  nachgewiesen  werden.  Auf  manche  Unterschiede,  z.  fi.  zwischen 
Ballade  und  Bomanze,  wird  häufig  ein  unverhaltnismäfsiger  Werth  gelegt  und  der 
Besprechung  zu  viel  Zeit  gewidmet.  Die  Eigenschaften  eines  guten  Stils  zu 
besprechen  giebt  das  Durchnehmen  der  deutschen  Aufsätze  hinlängliche 
Q-elegenheit.  Die  Wahl  der  Themata  erfordert  eine  besondere  Sorgfalt:  sie  müssen 
zu  dem  Alter,  der  geistigen  Entwicklung  und  Lebenserfahrung  der  Schüler  in 
richtigem  Verhältnis  stehen  und  dürfen  nicht  zu  allgemein  gefaXst  sein,  sondern 
die  Aufmerksamkeit  auf  ein  bestimmt  begrenztes  Gebiet  lenken.  Es  ist  nothwendig, 
dafs  zwischen  den  Aufgaben  ein  angemessener  Wechsel  stattfinde,  namentlich  dafs 
Darstellungen  objectiver  und  realer  Gegenstände  mit  Aufsätzen  wechseln,  deren 
Bearbeitung  mehr  die  Thätigkeit  der  Phantasie  in  Anspruch  nimmt  und  eigenes 
Urteil  und  Nachdenken  erfordert.  Das  receptive  Vermögen  darf  nicht  ausschliefs- 
lich  und  auf  Kosten  des  productiven  cultivirt  werden.  Bisweilen  ist  den  Schülern 
eine  freie  Wahl  des  Themas  zu  gestatten,  und  von  Zeit  zu  Zeit  sind  auch  in  den 
obersten  Klassen  noch  Uebersetzungen  aus  fremden  Sprachen  als  Stilübungen  zu 
benutzen.  Es  genügt  nicht,  das  Thema  zu  geben,  den  Schülern  die  Bearbeitung 
zu  überlassen  und  dieselbe  nachher  zu  beurteilen.  Ebenso  wichtig  wie  die  nach- 
herige Kritik  ist  vorher  die  Anleitung  zu  einem  methodischen  Verfahren  und  die 
Uebung  in  sachgemäfsem  Disponiren.  Es  mufs  den  Schülern  gegenwärtig  erhalten 
werden,  dafs  es  vor  allem  auf  Klarheit  der  Auffassung  und  Folgerichtigkeit  des 
Denkens  und  demgemäfs  auf  Bestimmtheit,  natürliche  Einfachheit  und  Gleich- 
mäfsigkeit  des  Ausdrucks  ankommt,  also  auch  die  unklare  Vermischung  des  pro- 
saischen und  des  poetischen  Ausdrucks  sorgfältig  zu  vermeiden  ist.  Gntgeleitete 
Uebungen  im  Schreiben  geben  auf  solche  Weise  zugleich  die  beste  Anleitung  zum 
Sprechen.  Mit  besonderer  Strenge  ist  die  eitle  Neigung  zu  bekämpfen,  eigene 
Gedankenarmuth  durch  eine  erborgte  phrasenhafte  Diction  zu  verhüllen  oder  ange- 
lerntes ästhetisches  und  kritisches  Raisonnement  als  eigene  Ueberzeugung  auszu- 
sprechen; und  nicht  weniger  streng  ist  die  Unwahrheit  aufzudecken,  welche  so 
oft  in  dem  unjugendlichen,  den  Ernst  reiferer  Lebensjahre  afifectirenden  Moralisiren 
liegt.  Eine  sittliche  Scheu  mufs  die  Schüler  abhalten,  etwas  anderes  zu  schreiben, 
als  was  sie  wirklich  selbst  kennen,  denken  und  empfinden.  Es  handelt  sich  hier 
um  eine  Hauptaufgabe  der  Bealschulen :  es  mufs  mehr  als  bisher  dafür  geschehen, 
dafs  die  Schüler  derselben  zu  einer  aus  klarer  Auf&ssung  hervorgehenaen  freien 
und  angemessenen  Ausdrucksweise  gelangen  und  dafs  die  natürüdie  Unbeholfen- 
heit der  Spraciie  sich  nicht  durch  Anhäufung  des  blofsen  Gedächtniswissens  bis 
in  die  obersten  Klassen  erhalte.  Wenn  hiemach  der  schriftliche  Ausdruck  auf 
Bealschulen  die  aufmerksamste  Pflege  verdient  und  erfordert,  so  soll  doch  einer 
Ueberschätzung  der  deutschen  Aufsätze  nicht  das  Wort  geredet  werden.  Den 
ausschliefslichen  Jiafsstab  der  allgemeinen  geistigen  Ausbildung  können  sie  nicht 
abgeben;  und  bei  sonstiger  Gründlichkeit  wissenschaftlicher  Kenntnisse  und  bei 
dem  Vorhandensein  der  unerläfslichen  Correctheit  im  Schreiben  wird  bisweilen 
eine  Unfertigkeit  des  Stils  und  der  Darstellung  mit  Recht  eine  nachsichtige  Be- 
urteilung finden.  Es  ist  darauf  zu  rechnen,  dafs  nicht  selten  im  späteren  Leben 
die  natürlich  fortschreitende  innere  Entwicklung,  ernste  Studien,  gereifte  Er- 
fahrung und  praktische  Beschäftigung  den  auf  der  Schule  noch  mangelnden 
Gedankenreichtum  vermehren  und  aufschliefsen  und  zu  stilistischer  Sicherheit  und 
Eigentümlichkeit  führen.  An  der  Au%abe  des  deutsdien  Unterricht«  der  Real- 
schule hat  jede  andere  Lection  Anteil:  jede  mufs  zugleich  eine  deutsche  sein, 
d.  h.  jeder  Lehrer  hat  consequent  auf  präcises,  correctes,  zusammenhangendes 
Sprechen,  so  wie  auf  sinngemäfses,  die  Interpunotion  beachtendes  Lesen  zu  halten; 
ebenso  auf  richtiges  Schreiben,  damit  die  Unsicherheit  in  der  Orthographie,  in  der 
Schreibung  von  Fremdwörtern,  in  der  Interpunotion  u.  s.  w.  nicht  bis  in  die 
obersten  Klassen  reiche. 

Von  der  Bedeutung  der  lateinischen  Sprache  für  den  Lehrplan  der 
Realschule  ist  bereits  gelegentlich  der  Aufstellung  desselben  gesprochen  worden. 
Der  Zweck  des  darin  zu  erteilenden  Unterrichts  ist  nicht  nur,  dem  gesamten 
grammatischen  Unterricht  der  Realschule  Einheit  und  Halt  und  die  für  eine 
wissenschaftliche  Spracherlemung  in  Bezug  auf  Etymologie  und  Syntax  unentbehr- 


93 

liehe  Grundlage  zu  gebeUf  sondern  auch,  ein  an  sich  wichtiges  logisches  Bildungs- 
mittel  und  in  den  oberen  Klassen  durch  die  Leetüre  eine  Anschauung  des 
römischen  Geistes  und  Lebens  zu  gewähren.  Dafs  das  logische  Auffassungsver- 
mögen und  somit  auch  der  mathematische  Verstand  durch  gründliche  Betreibung 
der  lateinischen'  Grammatik  und  ein  streng  methodisches  Verfahren  beim  Ueber- 
setzen  aus  dem  Lateinischen  und  in  dasselbe  geschärft  wird,  liegt  in  der  Natur 
der  Sache  und  ist  eine  auch  von  den  Lehrern  der  Mathematik  oft  bezeufirte  Wahr- 
nehmung. Je  weniger  in  der  Begel  die  Schüler  selbst  von  diesem  Nutzen  der 
Beschäftigung  mit  dem  Lateinischen  volle  Einsicht  haben,  um  so  wichtiger  ist  es, 
dafs  sie  gewöhnt  werden,  neben  den  übrigen  Lehrgegenständen  der  Realschule, 
welche  einen  auch  für  sie  leichter  erkennbaren  praktischen  Vorteil  haben,  einem 
anderen  aus  Pflicht  und  um  des  allgemeinen  geistigen  Wachstums  willen,  ihren 
Fleifs  zuzuwenden.  So  kann  die  Betreibung  des  Lateinischen  aufser  der  Zucht, 
welche  sie  überhaupt  dem  jugendlichen  Geiste  gewährt,  auch  zur  Nährung  des 
wissenschaftlichen  Sinns  und  zur  Stärkung  der  Willenskraft  in  Anspruch  genommen 
werden.  Bei   zweckmäfsiger   Behandlungsweise   hat   es   an   gutem  Erfolg   des 

lateinischen  Unterrichts  auf  Kealschulen  bisher  nicht  gefehlt;  der  beabsichtigte 
Nutzen  kann  jedoch  nur  erreicht  werden,  wenn  der  Unterricht  mit  deutlichem  Be- 
wufstsein  der  Grenzen  erteilt  wird,  welche  ihm  auf  der  Realschule  gesteckt  sind. 
Jedem  philologischen  Lehrer  ist  darum  die  durch  den  besonderen  Zweck  der  Schule 
gebotene  Resignation  in  wissenschaftlicher  Mitteilung  zur  Pflicht  zu  machen.  Die 
grammatische  Unterweisung  und  Uebung  mufs  sich  in  den  unteren  und  mittleren 
Klassen  auf  dasjenige  beschränken,  was  für  die  höheren  eine  unentbehrliche  Voraus- 
setzung bildet.  In  diesem  beschränkteren  Gebiet  aber  ist  Sicherheit  der  Kenntnis 
und  (jhewandtheit  der  Anwendung  zu  erzielen;  die  Belastung  des  Gedächtnisses 
mit  vielen  Ausnahmen,  singulären  Formen,  Regeln,  Ausdrucksweisen  ist  fem  zu 
halteu.  Hiemach  können  z.  B.  beim  ersten  Unterricht  die  griechischen  Formen 
der  lateinischen  Declination  vorläufig  übergangen,  die  Genusregeln  sehr  abgekürzt 
werden  und  dgl.  m.  Das  Erlernen  von  Regeln,  ohne  dafs  sofort  Uebungen  hin- 
zatreten,  ist  zwecklos,  und  Uebungen,  die  sich  in  steter  Einförmigkeit  wiederholen 
und  ohne  die  Mannigfaltigkeit  sind,  welche  die  Aufmerksamkeit  rege  erhält  und 
zum  Combiniren  und  Denken  nöthigt,  können  keine  Lust  an  der  Sache  hervor- 
bringen. Die  wichtigsten  Regeln  sind  an  normalen,  dem  Gedächtnis  fest  einzu- 
prägenden Beispielen  zu  fixiren.  Die  Vocabelkenntnis  mufs  nach  bestimmten 
Gesichtspunkten  begründet  und  erweitert  werden,  so  dafs  die  Schüler  so  viel 
wie  möglich  überall  das  der  Bedeutung  nach  Zusammengehörige  merken,  das 
ähnlich  Klingende  unterscheiden  lernen  und  durch  diesen  Wortvorrath  bald  zu 
dem  Gefühl  eines  in  der  fremden  Sprache  erworbenen  Besitzes  kommen.  Der- 
selbe hat  jedoch  nur  soviel  Werth,  wie  er  verwendet  wird.  Die  Uebungen  im 
Ueber^etzen  ins  Lateinische  sind  für  die  grammatische  Sicherheit  des  Uebersetzens 
aus  dem  Lateinischen  unentbehrlich  und  dauern,  vorzüglich  in  der  Form  von 
Retrovertirübungen,  die  zugleich  zum  Yariiren  der  Sätze  Gelegenheit  geben,  bis 
zum  Eintritt  in  die  Prima  fort.  Der  Stoff  zu  den  Exercitien  und  Extemporalien 
ist  angemessen  auszuwählen ;  die  für  Gymnasien  bestimmten  Uebungsbücher  lassen 
sich  dazu  nur  teilweise  benutzen.  Zum  Uebersetzen  aus  dem  Lateinischen  be- 
dürfen die  Schüler  in  den  mittleren  Klassen  zuvörderst  einer  Anleitung  zur  Präpa- 
ration; und  für  die  erste  Zeit  ist  es  zweckmäfsig,  dafs  der  Lehrer  selbst  durch 
Lesen  des  lateinischen  Textes  und  genaues  Vorübersetzen  den  Schülern  das  nach- 
zuahmende Muster  gebe.  Auf  deutliche  Einsicht  in  die  Structur  und  Verbindung 
der  Sätze,  sowie  auf  Angemessenheit  des  deutschen  Ausdrucks  ist  beim  Ueber- 
setzen auch  deshalb  besonders  Gewicht  zu  legen,  weil  der  Bildung  im  Gebrauch 
der  Muttersprache  daraus  eine  wesentliche  Unterstützung  erwächst.  Es  mufs 
möglichst  viel  gelesen  werden,  weshalb  sich  die  Interpretation  nicht  in 
grammatische  und  lexicalische  Ercurse  verlieren  darf,  die  von  der  Sache  abführen. 
Die  bei  den  Schülern  vorhandene  Kenntnis  vom  Inhalt  der  Autoren  ist  beim 
historischen  und  deutschen  Unterricht  nicht  unbenutzt  zu  lassen.  Zum  Ziel  ist 
das  Verständnis  der  leichteren  historischen  Prosa  und  erzählenden  Poesie  zu 
nehmen.  Wie  demnach  Cäsar,  Sallust,  Livius,  Ovid,  Virgil,  nebst  leichteren 
Reden  des  Cicero  nach  wie  vor  in  den  Schulgebrauch  genommen  werden  können, 
so  empfiehlt   sich   für  denselben   eine   gute    Chrestomathie   aus  Livius,  mit  einem 


94 

Anhange  erlesener  Stellen  aus  anderen  prosaischen  und  poetischen  Autoren,  deren 
Nutzen  durch  sparsame  und  Nachdenken  erfordernde  Anmerkungen  und  Winke 
für  Verständnis  und  Uebersetzunfif  noch  erhöht  werden  kann.  Eine  solche,  für  den 
besonderen  Zweck  der  Kealschule  eingerichtete  Chrestomathie  würde  u.  a.  auch 
Stellen  aus  der  Germania  und  andere  auf  Deutschland  bezügliche  Abschnitte  aus 
den  Annalen  des  Tacitus  aufnehmen  können;  eben  so  einzelne  Oden  und  Stellen 
aus  Horaz;  beide  Autoren  selbst  sind  von  der  Einführung  in  Bealschulen  ausge- 
schlossen. Um  der  Besprechung  abweichender  Lesarten  u.  dergl.  überhoben  zu 
sein,  haben  die  Lehrer  darauf  hinzuwirken,  dafs  wo  möglich  alle  Schüler  einer 
Klasse  dieselbe  Ausgabe  des  eingeführten  Autors   beim  Unterricht   benutzen. 

Gelesene  Abschnitte  als  ein  Ganzes  zu  überschauen  und  sich  von  dem  Lihalte 
derselben  nach  seinen  Hauptteilen  Kechenschaft  zu  geben,  gehört  zu  den  noth- 
wendigen  Erfordernissen  auch  der  lateinischen  Leetüre  und  mufs  besonders  in 
den  oberen  Klassen  eine  stehende  Uebung  sein.  Einzelne  durch  Inhalt  und  Form 
bemerkenswerthe  poetische  und  prosaische  Stellen  müssen  auswendig  gelernt  und 
durch  gelegentliche  Repetition  fest  eingeprägt  werden.  —  Die  in  den  allgemeinen 
Gebrauch  übergegangenen  lateinischen  und  aus  dem  Lateinischen  und  Ghriechischen 
abgeleiteten  Bezeichnungen  und  Ausdrücke  der  wissenschaftlichen  und  amtlichen 
Sprache  sind  den  Schülern,  wo  sich  Gelegenheit  darbietet,  zu  erklären. 

Das  Französische  und  das  Englische  sind  für  die  Bealschule  nicht 
nur  als  moderne  Verkehrssprachen  wichtig,  sondern  auch  deshalb,  weil  beide 
Sprachen  im  Gebiete  der  Kealwissenschaften  eine  reiche  Litteratur  besitzen,  deren 
Verständnis  auf  der  Schule  vorbereitet  werden  mufs.  Aufserdem  kommt  auch 
der  für  die  betreffenden  Berufsarten  in  vielen  Fällen  wichtige  und  durch  die 
jetzigen  Communicationsmittel  erleichterte  Besuch  Englands  und  Frankreichs  in 
Betracht.  Das  Ziel  des  Unterrichts  ist  diejenige  Sicherheit  in  der  Grammatik 
und  eine  solche  Kenntnis  des  Wortvorraths  und  der  eigentümlichen  Ausdrucksweisen, 
welche  zum  Verstehen  der  prosaischen  und  poetischen  Litteratur  beider  Sprachen 
befähigt  und  den  Grund  zu  correctem  mündlichem  und  schriftlichem  Gebrauch 
derselben  legt.  Mufs  auch  das  Streben  der  Lehrer  von  Anfang  an  darauf  gerichtet 
sein,  den  Unterricht  in  den  neueren  Sprachen  praktisch  nutzbar  zu  machen,  so 
kann  doch  eine  Conversationsfertigkeit  zu  Wege  zubringen,  nicht  Aufgabe  der 
Schule  sein,  sondern  mufs  der  Privatübung  überlassen  werden.  Französische  Theater- 
stücke sind  nicht  unbedingt  vom  Schulgebrauch  auszuschliefsen;  doch  ist  alles  Un- 
passende fern  zu  halten.  Die  Schule  hat  es  am  meisten  mit  der  historischen,  be- 
schreibenden und  oratorischen  Prosa,  wobei  die  Auswahl  nach  ethisch-pädagogischen 
Gesichtspunkten  zu  treffen  ist,  und  ebenso  mit  der  für  das  Jugendalter  geeigneten 
Poesie,  besonders  mit  den  Erzeugnissen  der  sogenannten  classischen  Periode,  zu 
thun.  So  wenig  auf  Gymnasien  römische  und  griechische  Litteraturgeschichte 
gelehrt  wird,  ist  auf  den  Realschulen  französische  und  englische  Litteraturgeschichte 
als  besondere  Disciplin  zu  behandeln;  es  ist  dafür  weder  ein  Buch  einzuführen, 
noch  ein  Heft  zu  dictiren;  es  genügt,  die  erforderlichen  geschichtlichen  Mit- 
teilungen an  die  Leetüre  selbst  anzuschliefsen,  wie  sie  auch  in  den  Chrestomathieen 
mit  der  Auswahl  der  Stücke  verbunden  zu  sein  pflegen.  Ohne  diesen  Zusammen- 
hang verleitet  die  Aneignung  litterarhistorischer  Notizen  leicht  dazu,  mit  einge- 
bildeten Kenntnissen  zu  prunken.  Auf  Sicherheit  des  Lesens  und  Genauigkeit 
der  Aussprache  ist  bei  den  neueren  Sprachen  die  sorgfältigste  Aufmerksamkeit  zu 
verwenden.  Nicht  zu  versäumen  ist  die  bei  allem  Unterricht  in  fremden  Sprachen 
wichtige  Uebung,  auch  nach  dem  Gehör  übersetzen  zu  lassen.  Was  beim  Lateini- 
schen von  der  Anwendung  des  Retrovertirens,  der  Lihaltsangaben,  und  von  der 
Nothwendigkeit  gesagt  ist,  geeigneten  Stoff'  auch  in  das  Gedächtnis  aufzunehmen, 
gilt  ebenso  vom  Französischen  und  Englischen.  Das  Englische  ist  für  die  Real- 
schulen erster  Ordnung  kein  facultativer  Unterrichtsgegenstand,  sondern  für  alle 
Schüler  verbindlich,  wovon  Ausnahmen,  wie  schon  oben  erwähnt,  nur  bei  den 
Anstalten  zulässig  sind,  welche  auch  die  polnische  Spräche  zum  Unterrichts- 
gegenstande haben.  —  Das  Italienische  kann,  wo  locale  Verhältnisse  es 
wünschenswerth  machen,  als  facultative  Lection  auf  den  Lehrplan  gebracht  werden. 
Die  Lehrer  ^er  französischen  und  der  englischen  Sprache  müssen  sich  über 
ihre  allgemeine  wissenschaftliche  Ausbildung  in  vorschriftsmäfsiger  Art  ausgewiesen 
haben  und  den  Lehrercollegien  als  ordentliche  Lehrer  angehören. 


n 


95 

Nachdem  der  Geschichtsunterricht  in  den  beiden  unteren  Klassen 
zuerst  fast  ausschliefslich  die  biblische  Geschichte  behandelt,  sodann  Erzählungen 
aus  der  Sagenwelt  des  griechischen  und  römischen  Altertums  und  aus  der  ger- 
manischen V  orzeit,  sowie  aus  dem  Leben  hervorragender  Männer  der  alten  Ge- 
schichte gegeben,  in  Quarta  die  wichtigsten  Thatsachen  der  griechischen  und  der 
romischen  Geschichte  dargestellt,  in  Tertia  aber  die  brandenburgisch-preufsische 
mit  ihren  Beziehungen  zur  deutschen  Geschichte  zum  Gegenstand  gehabt  hat,  wird 
in  den  beiden  oberen  Klassen  die  Geschichte  der  drei  Hauptvölker  der  neueren 
Zeit,  der  Deutschen,  der  Engländer  und  der  Franzosen,  unter  angemessener  Be- 
rücksichtigung der  Culturgeschichte,  zusammenhangend  durchgenommen.  Es  ist 
zulässig,  die  in  Quinta  für  den  Geschichts-  und  geographischen  Unterricht  im  Lehr- 
plan angesetzte  Stundenzahl  um  eine  zu  erhöhen.  Die  antike  Mythologie  ist 
nicht  als  ein  besonderes  Pensum  des  vorbereitenden  Geschichtsunterrichts  zu  be- 
handeln, sondern  gelegentlich  auch  im  deutschen  Unterricht,  z.  B.  beim  Durch- 
nehmen von  Gedichten,  zu  berücksichtigen,  wobei  die  Hülfe  guter  anschaulicher 
Darstellungen  wünschenswerth  ist.  Die  Zusammenfassung  der  weltgeschichtlichen 
Thatsachen  unter  allgemeine  Gesichtspunkte  und  die  universalhistorische  Darstellung 
eignet  sich  nur  für  die  obersten  Klassen;  aber  auch  da  findet  der  Begriff  der 
Universalgeschichte  sein  Mafs  an  der  von  der  Keife  der  Erkenntnis  noch  weit 
entfernten  Entwickelung  des  jugendlichen  Geistes.  Die  Geschichte  der  beiden 
Hauptvölker  des  Altertums  gewinnt  in  Secunda  und  Prima  bei  den  Bepetitionen 
des  früher  darin  Erlernten  erweiterte  Beziehungen,  z.  B.  durch  genauere  Dar- 
steUung  der  Staatsverfassungen,  deren  Verhältnisse  sich  in  der  alten,  als  einer 
abgeschlossenen,  Geschichte  der  Jugend  leichter  klar  machen  lassen,  als  in  der 
neueren.  Je  näher  der  Ercalschule  eine  einseitige  Richtung  auf  die  Beschäftigung 
mit  dem  Leben  der  Gegenwart  liegt,  um  so  mehr  mufs  in  ihr  die  Erkenntnis  be- 
gründet werden,  dafs  zu  einem  richtigen  Urteil  über  das  Gegenwärtige  eine  Ver- 
gleichung  mit  dem  Vergangenen  und  bereits  der  Geschichte  Angehörenden  ein 
wesentliches  Erfordernis  ist.  Es  bietet  sich  hierin  der  Schule  ein  Mittel. dar, 
absprechendes  und  oberflächliches  Baisonnement  zu  verhindern  und  bei  der  ihr 
anvertrauten  Jugend  dem  verwirrenden  Einflufs  der  Tageslitteratur  entgegenzu- 
wirken. Das  Gesagte  leidet  zum  Teil  auch  auf  das  Gebiet  der  Kunst  Anwendung, 
deren  historisches  Studium  manchen  Zöglingen  der  Realschulen  bei  ihrem  späteren 
Lebensberuf  obliegt.  Die  Schule  kann  ihnen  dazu  ohne  Schwierigkeit,  zumal 
mit  Hülfe  anschaulicher  Lehrmittel,  wenigstens  die  Vorbereitung  geben,  dafs  sie 
durch  ihre  Kenntnis  vom  Leben  des  Altertums  befähigt  werden,  den  Einflufs  zu 
begreifen  und  zu  würdigen,  welchen  dasselbe  auf  die  künstlerische  Entwickelung 
aller  nachfolgenden  Geschlechter  gehabt  hat.  Das  reiche  historische  Material, 
namentlich  auch  das  chronologische,  ist  durchweg  mit  steter  Bücksicht  auf  den 
Zweck  der  Schule  angemessen  zu  begrenzen  und  das  zur  Mitteilung  und  Einprägung 
geeignete  mit  Vorsicht  auszuwählen,  was  auch  von  dem  Ertrag  der  neueren  wissen- 
schaftlichen Forschungen  gilt.  Namen  und  Zahlen  für  sich  lernen  zu  lassen,  ohne 
dafs  zuvor  der  geschichtliche  Zusammenhang,  in  welchem  sie  vorkommen,  darge- 
stellt worden,  ist  unzweckmäfsig.  Lidem  der  Geschichtsunterricht  die  wichtig- 
sten historischen  Persönlichkeiten  nach  ihrer  eigentümlichen  Charakterbestimmtheit 
besonders  hervorhebt,  sichert  er  sich  auch  seinerseits  eine  charakterbildende  Ein- 
wirkung auf  die  Jugend  und  leitet  zu  einer  pragmatischen  Auffassung  der  Be- 
gebenheiten an,  welche  im  Hinweis  auf  die  ewigen  Gesetze  der  göttlichen  Welt- 
ordnung ihre  tiefere  Grundlage  hat.  Der  Geschichtsunterricht  verfehlt  seinen 
Zweck,'  wenn  sein  Ergebnis  lediglich  eine  Bereicherung  des  Gedächtnisses  bleibt. 
Ein  freier,  lebendiger,  anschaulicher  Vortrag  des  Lehrers  regt  den  Geist  der 
Jugend  an,  und  die  Wärme  seiner  Teilnahme  weckt  die  ihrige,  womit  nicht  in 
Widerspruch  steht,  dafs  es  zugleich  für  eine  wesentliche  Aufgabe  auch  des  Geschichts- 
unterrichts anzusehen  ist,  eine  objective  Betrachtungsweise  zu  begründen  und  den 
historischen  Sinn,  als  den  Sinn  für  die  von  Reflexionen  und  vorgefafster  Meinung 
unabhängige  Wirklichkeit  der  Thatsachen,  zu  bilden.  Auf  lebendige  und  sichere 
Aneignung  der  vaterländischen  Geschichte  und  Geographie  im  engeren  und  weiteren 
Sinne  ist  vorzugsweise  Werth  zu  legen.  Mit  dem  provinziell-  und  localgeschichtlich 
Denkwürdigen  die  Schüler  bei  geeigneter  Gelegenheit  bekannt  zu  machen,  wird 
auch  das  pädagogische  Literesse  des  Geschichtslehrers  nicht  versäumen,  und  einzelne 


I 


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Partieen  der  Geschichte  werden  danach  eine  umfassendere  Berncksichtignng  finden, 
z.  B.  in  der  Provinz  Prenfsen  die  Geschichte  des  deutschen  Ordens.  Dem  £r- 
ziehongszweck  der  Schule  dient  in  gleicher  Beziehung  eine  dem  jugendlichen  Alter 
angemessene  Feier  der  patriotischen  Gedenktage.  Dafs  ein  gedruckter  Leit- 
faden oder  ein  Lehrbuch  dem  Unterricht  zu  Ghrunde  gelegt  werden  soll,  ist 
durch  die  Verfiigun^  vom  28.  April  1857  angeordnet  worden.  Die  Ausarbeitung 
des  gesamten  Geschichtsvortrages  ist  den  Schülern  nicht  aufzugeben,  auch  ein  fort- 
wahrendes Mitschreiben  nicht  zu  gestatten.  Dafs  sie  aber,  wo  der  Vortrag  des 
Lehrers  das  eingeführte  Lehrbuch  ergänzt  oder  modificirt,  durch  schriftliche  Notizen 
dem  Gedächtnis  zu  Hülfe  kommen,  ist  nicht  nur  zulässig,  sondern  zur  Erhaltung 
der  Aufmerksamkeit,  die  bei  wenigen  auf  längere  2ieit  in  gleichmäfsiger  Spannung 
bleibt,  zu  wünschen.  £s  ist  zweckmäfsig,  wenn  keine  übersichtlichen  chrono- 
logischen Tabellen  eingeführt  sind,  die  Schüler  selbst,  und  zwar  schon  in  den 
mittleren  Klassen,  solche  anlegen  zu  lassen,  damit  sie,  je  nachdem  einzelne  Perioden 
durchgenommen  sind,  die  hervortretenden  Pacta  selbst  einordnen  und  sich  jederzeit 
die  Aufeinanderfolge  der  Begebenheiten  leicht  vergegenwärtigen  können.  Die 
Repetitionen  dürfen  das  Pensum  des  Semesters  nicht  isoliren,  sondern  müssen, 
bei  geeigneter  Veranlassung,  immer  auch  auf  das  früher  Durchgenommene  zurück- 
gehen und  es  in  seinem  Zusammenhange  und  wichtigsten  Beziehungen  gegenwärtig 
zu  erhalten  suchen.  Beim  Hepetiren  überhaupt,  besonders  aber  in  den  oberen 
Klassen,  haben  die  Schüler  den  Vortrag  des  Lehrers  nicht  lediglich  zu  copiren, 
sondern  sich  bei  der  Reproduction  der  Selbständigkeit  zu  befleifsigen.  Ein  gut 
geleiteter  Geschichtsunterricht  wird  den  meisten  Schülern  auch  die  Anregung  geben, 
ihre  Kenntnis  durch  eigenes  Studium  zu  erweitem.  Die  Schülerbibliothek  mufs 
daher  im  Fach  der  Geschichte  wohl  versehen  sein  und  den  Schülern  Gelegenheit 
darbieten,  sich  namentlich  mit  den  Biographieen  ausgezeichneter  Männer  aus  den 
Gebieten  des  politischen  und  des  Culturlebens  aller  Zeiten,  so  wie  mit  einzelnen 
wichtigen  Begebenheiten  und  geistigen  Bestrebungen  ganzer  Zeiträume  genauer 
bekannt  zu  machen. 

Es  gehört  zum  Geschichtsunterricht,  dafs  überall  auch  den  geographischen 
Voraussetzungen  genügt  werde.  Dem  selbständigen  Unterricht  in  der  Geographie 
nöthigt  die  Bestimmung  der  B^alschulen  eine  weitere  Ausdehnung  zu  geben,  als 
es  auf  den  Gymnasien  geschieht.  Sein  Ziel  ist  im  allgemeinen  eine  klare  Einsicht 
in  die  physikalischen,  klimatischen  und  die  damit  zusammenhangenden  Productions- 
und  ethnographischen  Verhältnisse  der  wichtigsten  Länder  der  Erde.  Die  Mit- 
teilung und  Betrachtung  des  Einzelnen  hat  überall  die  Total  Vorstellung  zur  Voraus- 
setzung. Demgemäfs  geht  auch  schon  in  den  untersten  Klassen  der  sogenannten 
Heimathskunde  eine  Belehrung  über  die  allgemeinen  Verhältnisse  der  Erdgestalt 
und  Oberfläche  voraus.  Derselbe  Elementarunterricht  hat  sic^  am  wenigsten  mit 
den  nächsten  Anschauungen  zu  beschäftigen,  welche  die  Schüler  entweder  schon 
mitbringen  oder  deren  Sammlung  und  Erweiterung  dem  Teil  der  Erziehung  über- 
lassen werden  kann,  welchen  das  Leben  selbst  gewährt.  In  den  für  die  gegen- 
wärtige Zeit  weniger  bedeutenden  Ländern  ist  die  geographische  Nomenclatur 
zweckmäfsig  einzuschränken.  Dafs  dem  Gedächtnis  überall  eine  klare  Anschauunjg^ 
zu  Hülfe  komme  und  zur  Belebung  diene,  ist  eine  Grundbedingung  des  geographi- 
schen Unterrichts ;  er  verfehlt^  wie  der  geschichtliche,  seinen  Zweck,  wenn  er  sich 
auf  das  Auswendiglernen  von  Namen  und  Zahlen  beschränkt.  Die  naturwissen- 
schaftlichen Fächer  des  Lehrnlans  der  Realschule  bieten  dem  Lehrer  der  Geographie 
reiche  Gelegenheit,  seinen  Unterricht  auch  zu  weiteren  Anregungen  zu  benutzen 
und  die  Wechselbeziehung  verschiedener  Lehrobjecte  lebendig  hervortreten  zu 
lassen.  Insbesondere  sind  die  Eigenschaften  der  vier  geographischen  Elemente 
und  ihre  Einwirkung  auf  einander  zu  verdeutlichen:  des  Starren,  nach  dem 
mineralogischen  Charakter  der  Gebirgsarten,  des  Wassers,  nach  dem  Elreislauf 
seiner  Aggregatzustände,  der  atmosphärischen  Luft  und  der  Wärme.  —  In  der 
mathematischen  Geographie,  die  in  den  oberen  Klassen  in  der  Regel  dem  Lehrer 
der  Mathematik  zu  überweisen  sein  wird,  ist  auch  das  Wichtigste  aus  der  populären 
Astronomie  durchzunehmen.  Auch  in  der  Geographie  kann  auf  den  oberen 
Stufen  Manches  dem  eigenen  Studium  der  Schüler  überlassen  werden;  und  es  ist 
zu  wünschen,  dafs  die  Ausstattung  der  Schülerbibliothek  dies  berücksichtige  und 
dafs  diese  namentlich  auch  gute  Reisebeschreibungen  enthalte.     Gerade  auf  Real- 


97 

«chnlen  dürfen  die  Schüler  nicht  anbekannt  bleiben  mit  Entdeckungen  und  wissen- 
schaftlichen Erforschungen,  die  der  neueren  Zeit  angehören  und  durch  gröfsere 
Beiseuntemehmungen  veranlafst  worden  sind.  Der  Nützen  eigener  Versuche  im 
Rartenzeichpen  ist  nicht  zu  verkennen,  wird  aber  leicht  überschätzt  und  steht  oft 
in  keinem  Verhältnis  zu  der  den  Schülern  damit  auferlegten  Arbeit.  Die  un^ngst 
den  Glymnasien  und  Realschulen  mitgeteilte  neue  Bearbeitung  der  Westfälischen 
Instruction  für  den  geschichtlichen  und  geographischen  Unterricht  wird  im  allge- 
meinen zur  Beachtung  empfohlen. 

Der  naturffeschichtliche  Unterricht  bezweckt  eine  von  der  Anschauung 
des  individuellen  Naturlebens  ausgehende  übersichtliche  Kenntnis  der  drei  Natur- 
reiche und  soll  den  Schülern  der  oberen  Klassen  die  Befähigung  zu  selbständigem 
Studium  naturwissenschaftlicher  Werke  geben.  Auf  den  unteren  und  mittleren 
Stufen  ist  der  propädeutische  Charakter  dieses  Unterrichts  j^treng  festzuhalten 
und  ebenso  eine  zu  viel  umfassende,  zerstreuende  Mannigfaltigkeit,  wie  eine  un- 
fruchtbare wissenschaftliche  Systematik  zu  vermeiden  und  überall  auf  die  lebendige 
Wirklichkeit  zurückzugehen,  wie  sie  in  den  wichtigsten  Repräsentanten  der  einzelnen 
Naturkörper  zu  Tage  tritt.  Die  Naturbeschreibung  hat  nicht  weiter  zu  gehen, 
als  die  Anschauung  der  Objecte  bei  den  Schülern  reicht.  Denn  wissenschaftliche 
Vollständigkeit  kann  auch  auf  diesem  Gebiete  nicht  Aufgabe  der  Schule  sein, 
vielmehr  eine  solche  Beschäftigung  mit  den  Naturproducten,  bei  der  das  Sehen 
zum  Beobachten  gebildet,  d.  h«  der  Sinn  für  die  Erkenntnis  des  charakteristischen 
Naturlebens  geweckt  und  geschärft  wird.  Die  richtige  Beobachtung  führt  zur 
Vergleichung  und  lehrt  das  Verwandte  in  zusammenfassenden  Qruppirungen 
ordnen.  Zu  der  formal  bildenden,  den  Beobachtungrssinn  entwickelnden  und 
schärfenden  Kraft^  die  der  naturgeschichtliche  Unterricht  bei  richtiger  Behandlung 
hat,  kommt  noch  die  sittliche  Wirkung,  welche  er  schon  auf  das  erste  Jugend- 
alter übt,  wenn  den  Schülern  an  geeigneten  Beispielen  das  Verhältnis  klar  ge- 
macht wird,  in  das  der  Hensch  durch  die  Kraft  seines  Geistes  um  der  Erkenntiiis 
und  des  Nutzens  willen  sich  zu  den  Naturreichen  gesetzt  hat.  Es  ist  zulässig, 
die  Zoologie  vom  Unterricht  der  unteren  Klassen  auszuschliefsen.  —  Einen  vor- 
züglich bildenden  Gebrauch  wird  der  kundige  Lehrer  von  der  Mineralogie 
mMshen  können,  wegen  der  Uebung,  welche  die  Beschäftigung  mit  dieser  Wissen- 
schaft zugleich  dem  Auge  und  dem  Verstände  gewährt,  und  we^en  ihrer  nahen 
Beziehung  zu  anderen  Wissenschaften.  Es  ist  nothwendig,  dafs  die  Schüler  früh 
eine  deutliche  Vorstellung  davon  gewinnen,  wie  alle  naturwissenschaftlichen  Dis- 
ciplinen  in  einander  greifen. 

Von  der  Physik  kann  schon  in  Tertia  eine  populäre  Phänomenologie  ge- 
geben werden,  als  praktisch  wichtig  für  die  nach  Absolvirung  dieser  Klasse  aus- 
scheidenden Schüler.  In  den  beiden  oberen  Klassen  sind  nicht  vereinzelte  Mit- 
teilungen zu  geben,  sondern  die  physikalischen  Gesetze  darzustellen,  die  an  den 
einzelnen  Erscheinungen  erkennbar  sind.  Der  gröfste  Teil  der  Physik  wird,  in 
Betracht  der  Gründlichkeit  und  Schärfe  mathematischer  Erkenntnis,  welche  er  er- 
fordert, am  zweckmäfsiffsten  der  ersten  Klasse  vorbehalten.  So  wichtig  und  bildend 
eine  historische  Behandlung  der  Physik  ist,  so  sind  doch  alle  noch  unfertigen  und 
in  der  Entwickelung  begriffenen  Teile  derselben  und  dem^emäfs  auch  alle  Hypo- 
thesen über  die  Natubkräfte,  womit  die  wissenschaftliche  Forschung  sich  noch  be- 
schäftig vom  Schulunterricht  auszuschliefsen.  Wie  für  den  naturhistorischen 
Unterricht  Abbildungen  und  Sammlungen,  so  gehören  für  den  physikalischen  und 
chemischen  die  zu  den  Experimenten  nöthigen  Apparate  und  ein  geeignetes  Local 
zu  den  nothwendigen  Erfordernissen  jeder  Realschule.  Der  Lehrer  der  Natur- 
geschichte hat  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  auch  auf  den  jugendlichen 
Sammeltrieb  zu  merken,  der  in  den  meisten  Fällen,  um  nicht  nutzlos  zu  bleiben, 
der  Leitung  und  Einschränkung  bedarf. 

Mathematik.  In  den  beiden  unteren  Klassen  werden  behufs  der  An- 
flchaulichkeit  die  Elemente  der  geometrischen  Formenlehre  mit  dem  Zeichnen  ver- 
bunden. Es  ist  unzulässig,  den  Schülern  über  diesen  ersten  vorbereitenden  Unter- 
richt ein  Heft  zu  dictiren.  —  Die  Uebung  im  Kopfrechnen  darf,  besonders  in  den 
unteren  und  mittleren  Klassen,  hinter  der  im  schriftlichen  Rechnen  nicht  zurück- 
bleiben. Li  Tertia,  wo  die  Planimetrie  beendigt  wird,  kann  auch  das  Wichtigste 
aas  der  Körperberechnung  in  elementarischer  Weise  durchgenommen  werden,  um 

Wieie,  Yerordnangeii.  7 


98 

die  von  dort  abgehenden  Schüler  damit  nicht  ganz  unbekannt  zu  lassen  and  die 
übrigen  auf  die  später  eintretende  Stereometrie  vorzubereiten.  Es  ist  zweckmäfsig, 
in  den  mittleren  Klassen  mehr  die  geometrischen  Constructionsaufgaben,  als  die 
calculatorischen  zur  Anwendung  zu  bringen,  welche  für  diese  Stufe  weniger  bildende 
Wirkung  haben,  als  die  Beschäftigung  mit  der  Raumgröfsenlehre.  Dafs  in  den 
mittleren  Klassen  ein  fester  Grund  in  der  Mathematik  gelegt  und  bei  den  Schülern 
Selbstthätigkeit  und  Freude  an  der  Beschäftigung  von  vorn  herein  durch  ein 
heuristisches  Verfahren  angeregt  werde,  ist  die  Bedingung  des  Gedeihens  dieses 
Unterrichts  in  den  oberen  Klassen.  Für  die  oberen  Klassen  ist  das  allgemeine 
Ziel  des  mathematischen  Unterrichts  ein  auf  streng  wissenschaftlichem  Wege  ge- 
wonnenes Wissen  und  die  Fähigkeit  der  Anwendung  desselben  aufserhalb  des 
Gebiets  der  reinen  Mathematik,  namentlich  auf  Begründung  und  Entwickelung  der 
Naturgesetze  in  der  Mechanik  und  Optik.  Das  allgemein  verbindliche  Pensum 
der  einzelnen  Klassin,  und  so  der  Secunda  und  Prima,  mufs  nach  der  durchschnitt- 
lichen Befähigung  der  Schüler  bemessen  werden.  Es  geht  in  Prima  nicht  hinaus 
über  eine  klare  und  gründliche  Kenntnis  der  Beweisführungen,  so  wie  der  Auf- 
lösungsmethoden einfacher  Aufgaben  aus  der  Algebra,  die  Lehre  von  den  Potenzen, 
Proportionen,  Gleichungen,  Progressionen,  den  binomischen  Lehrsatz  und  die  ein- 
fachen fieihen,  die  Logarithmen,  die  ebene  Trigonometrie,  Stereometrie,  analytische 
Geometrie,  Kegelschnitte.  Die  Uebungen  im  praktischen  Rechnen  dürfen  auch  in 
Prima  nicht  vernachlässigt  werden.  Wie  das  Eingreifen  der  Mathematik  in  die 
Naturwissenschaften  den  Schülern  gegenwärtig  zu  erhalten  ist,  so  auch  ihr  Zu- 
sammenhang mit  einem  rationellen  Verfahren  beim  Zeichnen.  Auf  der  Realschule 
müssen  deshalb  auch  die  Hauptsätze  der  beschreibenden  Geometrie,  Schatten - 
oonstruction  und  Perspective,  im  Anschlufs  an  die  Stereometrie  durchgenommen 
werden.  —  Besonders  befähigte  Abteilungen  und  einzelne  talentvolle  Schüler  in 
Prima  wird  der  Lehrer  auch  in  die  höhere  Analysis,  die  Differential-  und  Integral- 
rechnung und  die  sphärische  Astronomie  einführen  können.  Der  mathematische 
Unterricht  ist  in  den  drei  oberen  Klassen  wo  möglich  von  Einem  Lehrer  zu  über- 
nehmen, jedenfalls  in  Secunda  und  Prima.  Die  Schüler  müssen  den  Ganff  des 
Unterrichts  an  einem  systematisch  geordneten  Lehrbuch  verfolgen  können  und  das- 
selbe für  die  Repetition  benutzen.  Dafs  in  dieser  Beziehung  das  individuelle  Be- 
lieben eingeschränkt  und  eine  gröfsere  Uebereinstimmung  im  Gebrauch  von  Lehr- 
büchern hergestellt  werde,  ist  unumgänglich  nothwendig.  Das  methodische  Verfahren 
hat  die  Form  akademischer  Vorlesungen  zu  vermeiden  und  festzuhalten,  dafs  die 
Sache  d^  Schule  auch  auf  diesem  Gebiet  vor  allem  Uebung  und  Weckun^  der 
wissenschaftlichen  Selbstthätigkeit  ist,  welche  sich  überall  die  Strenge  eines  folge- 
richtigen Denkens  und  scharfer  BesTiffsunterscheidung  zur  Pflicht  macht  und  es 
weifs,  dafs  auswendiggelemte  Matnematik  werthlos  ist  Es  kommt  für  den 
Charakter  einer  Realschule  und  für  die  Erfüllung  ihrer  allgemeinen  Aufgabe  wesent- 
lich darauf  an,  in  welcher  Weise  der  mathematische  Unterricht  gehandhabt  wird. 
Bildet  er  daselbst^  wie  er  soll,  wirklich  eine  Gymnastik  des  Geistes,  welche  die 
Denkkraft  weckt  und  übt  und,  indem  sie  die  Fruchtbarkeit  eines  streng  metho- 
dischen Verfahrens  zum  BewuTstsein  bringt,  das  Productionsvermögen  st&kt,  und 
bei  der  den  Schülern  eine  mechanische  Auffassung  unmöglich,  dagegen  die  Frei- 
heit und  Sicherheit  des  Blicks  und  Urteils  zu  eigen  gemacht  wird,  welche  die  Ent- 
wickelung eines  Satzes  nach  allen  Seiten  verfolgen  kann  und  durch  die  Ver- 
schiedenheit der  Form  und  Stellung,  worin  derselbe  Gegenstand  erseheinen  mag, 
sich  nicht  beirren  läfst,  nur  dann  ist  die  Mathematik  unter  den  ausschliefslich 
formalen  Bildungsmitteln  der  Realschule  das  wichtigste  und  wirksamste  und  kann 
derselben  nach  ihren  Zwecken  dasjenige  ersetzen,  was  die  Gymnasien  in  einer 
umfassenderen  und  gründlicheren  Betreibung  der  alten  Sprachen  voraus  haben. 

Dem  Unterricht  im  Zeichnen  mufs  die  Realschule  nach  der  ihr  eigen- 
tümlichen Bestimmung,  auch  zu  einer  gründlichen  Beschäftigung  mit  den  Gegen- 
ständen der  Natur,  der  Technik  und  der  Kunst  vorzubereiten,  durch  Bildung  des 
Auges  für  Mafs,  Form  und  Symmetrie  und  durch  Uebung  des  Handgeschicka 
frühzeitig  eine  besondere  Pflege  angedeihen  lassen.  Eingehendere  Bestimmungen 
über  eine  zweckmäfsige  Betreibung  dieser  Disciplin  und  über  die  an  die  Le^r 
derselben  zu  stellenden  Anforderungen,  werden  vorbehalten.*)    Bis  zum  Erlafs  der- 

*)  Dieselben  erfolgten  durch  den  Lehiplsn  vom  2.  Oct.  1863. 


99 

selben  bleibt  der  unter  dem  14.  März  1831  für  den  Zeiohenunterricht  vorgeschriebene 
Lehrplan  mafsgebend.  £&  genügt  nicht,  die  blofse  Copirmethode  nach  Yorlege- 
blättem  anzuwendeii,  wobei  häii%  der  Liebhaberei  der  Schüler  und  ihrem  Wohl- 
ffefallen  an  Spielereien  zu  viel  Kaum  gelassen  und  deshalb  die  Gewöhnung  an 
Ausdauer  bei  der  Arbeit  und  eine  sichere  Geschicklichkeit^  namentlich  die  Fertig- 
keit, irgend  einen  körperlichen  Gegenstand  richtig  zu  zeichnen,  nicht  erreicht 
wird«  für  die  oberste  Stufe  des  Zeichenunterrichts  mufs  sich  die  Eealschule  erster 
Ordnung  die  Aufgabe  stelleui  die  graphischen  Darstellungen  auf  geometrische  Grund- 
operationen zurückzuführen  und  deshalb  in  Prima  durch  praktische  Einübung  der 
geometrischen  Projections-  und  Schattenconstructionslehre,  durch  mathematisSi  be- 
gründete Perspective,  sowie  durch  fortgesetzte  Zeichenübungen  nach  Gypsmodellen 
den  Cursus  des  Zeichenunterrichts  zu  vervollständigen.  Die  Kenntnis  und  Uebung 
der  darstellenden  Geometrie  kommt  durch  die  Gewöhnung  an  Strenge  in  der 
Auffassung  räumlicher  Verhältnisse  auch  dem  Freihandzeichnen  zu  gut.  Richtig- 
keit der  Auffassung,  Schärfe  der  Gontoure,  Genauigkeit  und  Sauberkeit  der  Aus- 
führung müssen  das  Hauptaugenmerk  des  Lehrers  bilden;  die  Anwendung  von 
Farben  ist  nur  in  seltenen  Fällen  zu  gestatten.  So  weit  Vorlegeblätter  erforder- 
lich sind,  mufs  ihre  Wahl  mit  der  durch  den  Zweck  der  Schule  bedingten  Sorg- 
falt und  Vorsicht  und  nach  den  Anforderungen  ästhetischer  Sinnesbildung  ge- 
schehen. —  Ein  für  die  Aufgabe  des  Zeichenunterrichts  wohlgelegenes,  zweckmäfsig 
eingerichtetes  und  mit  plastischen  und  anderen  Vorbildern  ausgestattetes  Local 
gehört  zu  den  Erfordernissen  jeder  Kealsohule  1.  Ordnung.  Die  Anregung  zur 
Selbstthätigkeit»  welche  die  Realschule  ihren  Zöglingen  zu  geben  bemüht  sein  mufs, 
kann  sich  nicht,  wie  es  dem  Gymnasium  zusteht,  auf  Pnvatlectüre  beschränken, 
sondern  bestimmt  dieselben  und  leitet  sie  an,  sich  nach  freier  Wahl  und  mit 
ernstem  Sinn  in  einer  dem  Jugendalter  angemessenen  Weise  auch  mit  Gegenständen 
der  Natur  und  der  Kunst  zu  oesdiäftigen.  Li  der  Mannigfaltigkeit  von  Objecten, 
welche  sich  hierin  der  individuellen  Neigung  und  Befähigung  darbietet,  ist  nament- 
lich das  Naturzeichnen  eine  besonders  zu  empfehlende  und  in  mehrfacher  Be- 
ziehung bildende  Uebung. 

Der  Schreibunterricht  bedarf  keiner  gröfseren,  als  der  im  Lehrplan 
angesetzten  Zahl  von  Stunden.  Dieselbe  läfst  sich  noch  beschränken,  wenn  z.  B. 
auch  die  orthographischen  Uebunf  en  im  Deutschen  ebendazu  benutzt  werden  und  wenn 
jeder  Lehrer  bei  jeder  schriftlichen  Arbeit  auf  gute  und  reinliche  Handschrift  hält. 

Die  pädagogische  und  sittliche  Bedeutung  des  Gesangunterrichts  ist 
für  alle  Schulen  ohne  Unterschied  sehr  erheblich.  Der  einfache  Choral-  und 
Volksgesang  ist  auch  in  den  oberen  Klassen  neben  dem  mehr  künstlerischen  fort- 
dauernd zu  pflegen.  Zur  Zeit  des  Stimmwechsels  sind  die  Schüler  vom  Gesang- 
unterricht zu  dispensiren,  sie  haben  sich  aber  von  Zeit  zu  Zeit  zur  Prüfung 
ihrer  Befähigung  dem  G^sanglehrer  wieder  vorzustellen.  Es  ist  wünschenswerth, 
dafs  der  Gesanglehrer  und  ebenso  der  Turnlehrer,  auch  durch  anderweitigen 
Unterricht  dem  Lehrercollegium  der  Realschule  näher  angehören. 

Zu  $  6.  Bei  der  Mannis^altigkeit  der  Unterrichtsgegenstände,  mit  denen 
es  die  Realschule  zu  thun  hat,  kann  die  Abiturientenprüfung  nicht  auf  das  Detail 
sämtlicher  Disciplinen  eingehen.  Die  Anordnung  einer  abschlielsenden  Prüfung 
in  mehreren  Objecten  auf  der  Stufe  des  Uebergangs  nach  Prima  beabsichtigt  vor- 
nehmlich auch,  den  letzten  Teil  der  Schulzeit  von  aller  tumultuarischen  Vorbe- 
reitung zur  Abiturientenprufuiuf,  insbesondere  von  dem  eiligen  und  nutzlosen 
Repetiren  der  Namen,  Zahlen,  Formeln  und  dergl.,  worauf  der  Unterricht  in  den 
mittleren  Klassen  gröfseren  Werth  zu  legen  hatte,  frei  zu  machen.  Die  allgemeine 
Büdungsaufgabe  der  ersten  Klasse  und  die  Beschaffenheit  der  daselbst  zu  be- 
handelnden Gegenstände  stellt  an  die  wissenschaftliche  Befähigung  und  die  Selbst- 
thätigkeit  der  Schüler  höhere  Anforderungen,  als  dafs  auf  dieser  Stufe  das  Ge- 
dächtnis noch  in  derselben  Weise  wie  vorher  in  Anspruch  genommen  werden  dürfte. 
Dafs,  namentlich  in  einzelnen  Teilen  der  Geographie,  in  Prima  von  Zeit  zu 
Zeit  eine  Repetition  aufgegeben  werde,  ist  dadurch  nicht  ausgeschlossen.  Es  ist 
zu  erwarten,  dafs  eine  zweckmäfsige  Ausfuhrung  der  in  $  6  p^troffenen  Anordnung 
dazu  beitragen  werde,  die  oberste  Klasse  der  Realschulen  gleichmäfsiger  zu  machen, 
ihr  bestimmter  den  Charakter  einer  Prima  zu  geben  und  zu  verhüten,  dafs  in  diese 
Klasse  SchiUer  übergehen,  weldie  sich  nach  ihrer  ganzen  Entwickelung  für  die- 


lOQ 

selbe  nicht  ei^en.  Um  die  beabsichtigte  Vereinfachung  des  Abiturientenexamens 
auch  bei  denjenigen  Schülern  zur  Anwendung  zu  bringen,  welche  beim  Erlafs  der 
neuen  Prüfungsordnung  bereits  nach  Prima  versetzt  sind,  kann  die  im  $  8  ange- 
ordnete Prüfung  in  der  Naturgeschichte,  Geographie  und  im  Lateinischen  (Ezercitium) 
mit  denselben  während  ihres  Aufenthalts  in  Prima  beim  Abschlufs  eines  der 
nächsten  Semester  vorgenommen  und  über  das  Ergebnis,  zur  Kenntnisnahme  des 
betreffenden  Schulraths,  ein  Protokoll  aufgenommen  werden. 

IL  Zu  $  1.  Durch  die  Abiturientenprüfung  wird  die  innere  Ge- 
schlossenheit des  Schulcursus  ausgedrückt,  und  in  den  Anforderungen  derselben 
das  letzte  Ziel  bezeichnet,  welches  die  Schule  erreichen  soll.  Lehrer  und  Schüler 
bringen  durch  diese  Schlufsprüfung  sich  selber  und  allen  Beteiligten  zum  BewuTst- 
sein,  in  welchem  Grade  die  Aufgabe  der  Schule  erfüllt  worden  ist.  Die  in 
diesem  §  enthaltene  Andeutung  über  die  leitenden  Gesichtspunkte  der  Prüfung 
entspricht  dem  Charakter  der  Realschule  als  einer  höheren  wissenschaftlichen 
Lehranstalt  Es  ist,  sofern  die  Abiturienten  jederzeit  ernsten  Fleifs  bethätigt  haben, 
bei  dieser  Prüfung  wichtiger  nach  dem  zu  fragen,  was  sie  wissen,  um  zu  sehen, 
ob  sie  es  recht  wissen  und  ob  es  eine  fruchtbare  Entwickelung  und  sichere  An- 
wendung hoffen  läfst,  als  nach  allen  Seiten  zu  erforschen  und  genau  festzustellen, 
was  sie  nicht  wissen.  Vertraute  Bekanntschaft  mit  Wenigem  ist  unter  allen  Um- 
ständen einer  notizenhafben  Kenntnis  von  Vielem  vorzuziehen,  zumal,  wenn  diese, 
lediglich  zum  Examen  angeeignet,  nur  den  Schein  eines  gründlichen  Wissens  hat. 

Das  Reglement  weist  die  allgemein  giltigen  Anforderungen  nach,  wobei  die 
freie  Thätigkeit  strebsamer  und  l^sonders  begabter  Schüler  unverhindert  ist,  sich 
in  einzelnen  Gegenständen  höhere  Ziele  zu  setzen.  Den  Erfolgen  derartiger 
selbständiger  Studien  wird  bei  der  Abiturientenprüfung  die  Anerkennung,  welche 
sie  verdienen,  nicht  vorenthalten  werden. 

Zu  $  2.  Im  Lateinischen  fordert  das  Reglement  hinsichtlich  der 
Metrik  nur  die  Kenntnis  des  Hexameters  und  Pentameters.  Es  ist  zu  wünschen, 
dafs  auch  die  Bekanntschaft  mit  dem  jambischen  Versmafs  durch  Lesen  des  Phädros 
hinzukomme.  In  Betreff  der  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  im  Französischen 
und  Englischen  wird  bemerkt,  dafs  für  die  Mehrzahl  der  Schüler  ein  nicht  zu 
leichte»  Exercitium  eine  sichrere  Probe  der  erlangten  Kenntnis  und  Fertigkeit  zu 
sein  pflegt,  als  ein  freier  Aufsatz,  in  welchem  der  Abiturient  sich  möglicher  Weise 
nicht  über  den  oft  ziemlich  engen  Kreia  der  ihm  bekannten  Phrasen  hinauswagt. 

In  der  Naturgeschichte  fallt  die  Prüfung  weg,  sofern  die  Abiturienten 
beim  Uebergang  nach  Prima  die  darin  erforderlichen  Kenntnisse  dargethan  haben, 
s.  I.  §  6.  —  Es  ist  zulässig,  die  organische  Chemie  wie  vom  Unterricht,  so 
von  der  Abiturientenprüfung  auszuschliefsen. 

Zu  $  7.  Bei  der  Berathung  über  das  Ergebnis  des  Abiturientenexamens 
wird  es  unter  den  Lehrern  selbst  in  der  Regel  keiner  Debatte  bedürfen,  da  sie 
sich  durch  Vorberathungen  geeinigt  haben  müssen  und  für  sie  das  auf  längerer 
Kenntnis  des  Schülers  benüiende  Urteil  die  wesentliche  Grundlage  ihrer  Ent- 
Bcheidunff  über  Reife  oder  Nichtreife  bildet.  Die  ganze  Abiturientenprüfung  soll 
das  bei  den  Lehrern  der  Hauptsache  nach  schon  vorhandene  Urteil  vor  dem  Re- 

Eräsentanten  der  Aufsichtsbehörde  rechtfertigen  und  zu  öffentlicher  Anerkennung 
ringen,  so  wie  etwa  noch  vorhandene  Zweifel  lösen.  Die  in  $  7  in  Betreff  der 
Compensation  getroffene  Bestimmung  hat  sich  enthalten  müssen,  die  für  die 
Beurteilung  zulässigen  gegenseitigen  Ausgleichungen  aufzuzählen.  Der  Mannig- 
faltigkeit der  dabei  •  möglichen  Fälle  gegenüber  '  stellt  das  Reglement  den  allge- 
meinen Gesichtspunkt  für  das  Verfahren  auf  und  überläfst  die  Entscheidung  im 
Einzelnen  auch  hierin  der  gewissenhaften  Erwägung  der  Prüfungscommission. 

Zu  $  ö.  Die  Rubrik  „Lateinische  Sprache*'  mufs  auch  auf  den 
Abiturientenzeugnissen  derjenigen  Realschulen  zweiter  Ordnung  vorhanden  sein, 
welche  darin  keinen  oder  einen  facultativen  Unterricht  haben,  damit,  wenn  der 
Abiturient  ohne  Kenntnis  des  Lateinischen  ist,  dies  beim  amtlichen  Gebrauch  des 
Zeugnisses  sogleich  aus  der  darüber  aufzunehmenden  Notiz  an  der  betreffenden 
Stelle  ersehen  werden  kann. 

Zu  $  9.  Die  Verfügung  vom  11.  December  1851  bestimmt  namentlich: 
„Einem  Primaner,  welcher  im  Disciplinarwege  von  einem  Gymnasium  entfernt 
wird,  ist,  wenn  er  an  einem  anderen  Gymnasium   die  Zulassung  zur  Maturitäts- 


101 

Prüfung,  sei  es  als  Abiturient,  sei  es  als  Extraneer  nachsucht,  dasjenige  Semester, 
in  welchem  seine  Entfernung  von  der  Anstalt  erfolgt  ist,  auf  den  zweijährigen 
Frimacursus  nicht  anzurechnen.  Nach  demselben  Grundsatz  ist  zu  verfahren  oei 
der  Zulassung  solcher  Primaner  zur  Maturitätsprüfung,  welche  ein  Gymnasium 
willkürlich,  um  einer  Schulstrafe  zu  entgehen,  oder  aus  anderen  ungerechtfertigten 
Gründen  verlassen  haben.  Eine  Ausnahme  hiervon  und  die  Anrechnung  des  be- 
treffenden Semesters  ist  nur  mit  Genehmigung  des  E.  Prov.Sch.Coll.,  und  nur 
dann  gestattet,  wenn  der  Abgang  vom  Gymnasium  durch  Veränderung  des  Wohn- 
ortes der  Eltern  oder  durch  andere  Verhältnisse,  welche  den  Verdacht  eines  will- 
kürlichen, ungerechtfertigten  Wechsels  der  Schulanstalt  ausschliefsen,  veranlafst 
worden  ist." 

III.  Zu  $C  1 — 4.  Die  Anforderungen,  welche  in  dem  Lehrplan  und  dem 
Abiturienten-Prüiungsreglement  aufgestellt  worden  sind,  bilden  den  Hafsstab, 
welchem  die  Realschulen  erster  Ordnung  entsprechen  müssen,  und  für  die  Real- 
schulen zweiter  Ordnung  das  Ziel,  welchem  sie  zustreben,  das  sie  jedoch  zur  Zeit 
in  Folge  einer  UnvoUkommenheit  ihrer  Einrichtungen  oder  einer  unzulänglichen 
Ausstattung  noch  nicht  zu  erreichen  vermögen.  Es  ist  hierbei  von  besonderer 
Wichtigkeit,  dafs  die  Schule  als  ein  Ganzes  genommen  und  auf  das  richtige 
Verhältnis  der  Mittel  zum  Zweck  im  Zusammenhange  ihres  Organismus  geachtet 
werde«  Befriedigende  Leistungen  an  einer  einzelnen  Stelle,  z.  B.  bei  der  Schlufs- 
prüfung,  können  an  sich  nicht  zum  Beweise  dienen,  dafs  dieses  Verhältnis  vor- 
handen sei,  weil  sie  die  Wirkung  vereinzelter  Anstrengungen  und  die  Fol^e  vor- 
züglicher Begabung  einzelner  Schüler  sein  können.  Der  Verwaltungsbehörde  kann 
für  die  Unterscheidung  der  Realschulen  nicht  etwas  Vereinzeltes  und  Vorüber- 
gehendes, sondern  nur  dasjenige  als  mafsgebend  gelten,  was  als  eine  dauernde 
Eigenschaft  der  Schule  die  Gewähr  ihrer  ordnungsmäfsigen  Entwicklung  in  sich 
schliefst.  Die  in  $  2  und  in  den  hier  folgenden  Bemerkungen  für  wesentliche 
Erfordernisse  aufgestellte  Norm  ist  von  den  Realschulen  1.  Ordnung  entweder 
bereits  erreicht,  oder  es  ist  nach  BesduüBTenheit  der  obwaltenden  Verhältnisse 
mit  Sicherheit  zu  erwarten,  dafs  die  etwa  noch  vorhandenen  Mängel  in  Kurzem 
werden  beseitigt  werden.  Ein  entsprechender  Nachweis  bildet  für  die  Real- 
schulen 2.  Ordnung  die  Grundbedingung  zum  Eintritt  in  die  erste  Ordnung. 
(Abschn.  m  $  9  —  s.  S  82.  — ) 

Die  Zahl  der  Lehrer  einer  Realschule  1.  Ordnung  bestimmt  sich  im 
Allgemeinen  danach,  dafs  für  je  zwei  Klassen  drei  Lehrer  erforderlich  sind,  was 
mit  der  Zahl  der  wöchentl.  Unterrichtsstunden,  zu  welcher  die  Lehrer  vocations- 
mafsig  zu  verpflichten  sind,  übereinstimmt.  Diese  Zahl  darf  bei  dem  Director  in 
der  Regel  12  nicht  übersteigen,  damit  er  im  Stande  ist,  seinen  übrigen  Verpflich- 
tungen in  der  Leitung  der  Schule  ordnungsmäfsig  nachzukommen.  Bei  den  Ober- 
lehrern ist  die  Zahl  der  wöchentlichen  Unterrichtsstunden  in  der  Regel  auf  20, 
bei  den  ordentlichen  Lehrern  auf  22,  bei  den  wissenschaftlichen  Hülfslem^m  auf  24, 
bei  den  technischen  Hülfslehrem  auf  26  zu  bestimmen.  Diese  allgemeine  Fest- 
setzung kann  im  Einzelnen  nach  den  Umständen,  z.  B.  nach  der  Zahl  der  zu  über- 
nehmenden Gorrecturen  und  etwa  zu  berücksichtigenden  persönlichen  Verhältnissen, 
eine  Modification,  d.  h.  das  angegebene  Summum  eine   Ermäfsigung  erleiden. 

Die  ordentlichen  Lehrer  der  Realschulen  1.  Ordnung  müssen,  bis  auf  besonders 
zu  gestattende  Ausnahmen,  durch  Universitätsstudien  vorgebildet  sein.  Auch  für 
die  Lehrer  der  unteren  Klassen  mufs  dies  als  Regel  festgehalten  werden,  u.  a.  des- 
halb, weil  zweckmäfsig  der  erste  deutsche  und  lateinische  Unterricht  von  dem- 
selben Lehrer  erteilt  wird.  An  den  Realschulen  1.  Ordnung  ist  bei  sieben 
ordentlichen  Lehrern,  den  Director  nicht  eingerechnet,  mit  den  Stellen  der  drei 
ersten  von  ihnen  der  Oberlehrertitel  verbunden.  Bei  einer  gröfseren  Zahl  von 
ordentlichen  Lehrern  wird  auch  die  Zahl  der  Oberlehrerstellen  vermehrt.  Der 
bei  den  Realschulen  1.  Ordnung  gegenwärtig  giltige  Etat  ist  dem  K.  Prov.Soh.Coll. 
zur  Genehmigung  einzureichen  und  sodann  alle  drei  Jahre  zur  Kenntnisnahme  von 
den  inzwischen  eingetretenen  Veränderungen  abschriftlich  wieder  vorzulegen.  Die 
im  Etat  angenommenen  Besoldungen  dür^n  ohne  Genehmigung  des  Unterrichts- 
ministers  weder  erhöht  noch  vermindert  werden. 

In  Betreff  der  Besoldungen  ist  als  Norm  anzusehen,  dafs  bei  den  Real- 
schulen 1.  Ordnung  das  Gehalt  des  Directors  nicht  unter  1200  Thlr.,  einschliefs- 


102 

lieh  der  Wohnung,  betragen  und  dafs  die  Besoldungen  von  da  in  angemessener 
Abstufung  bis  zu  dem  letzten  ordentlichen  Lehrer  nicht  unter  400  Thlr.  herab- 
steigen dürfen.  Für  gröfsere  Städte  können  diese  Sätze  nur  als  das  Minimum 
angesehen  werden.  Sämtliche  Lehrer  der  Realschulen  1.  Ordnunsr  haben  für 
ihre  dieselbefi  besuchenden  Söhne  das  Recht  auf  Schulgelderlafs.  Diese  Schüler 
werden  in  der  Observanz-  oder  statutenmäfsigen  Zahl  von  Freischülern  der  An- 
stalt nicht  mitgerechnet.  Die  Verordnung  vom  28.  Hai  1846  (Gesetzsammlung 
von  1846,  S.  214ff.)  über  die  Pensionirung  der  Lehrer  an  höheren  ünterrichts- 
anstalten  findet  nach  $  1  auch  auf  die  Realsdiulen  Anwendung.  Nach  $  13  der- 
selben Verordnung  werden  den  Lehrern,  welche  aus  Staatsfonds  zu  pensioniren 
sind,  auch  diejenigen  Dienste  angerechnet,  welche  sie  sonst  im  Staatsdienst  oder  an 
anderen  öffentlichen  Unterrichtsanstalten  geleistet  haben.  Nach  $  14  ist  für  Schulen 
städtischen  Fatronats  ein  gleiches  nicht  vorgeschrieben;  den  Lehrern  bleibt  aber 
unbenommen,  über  die  Anrechnung  ihrer  Dienste  für  den  Fall  künftiger  Pensionirung 
ein  specielles  Abkommen  mit  dem  Schulpatronat  zu  treffen.  Bei  mehreren  siÄdtischen 
Anstalten  sind  bereits  zum  Vorteil  derselben  statutarische  Festsetzungen  darüber 
getroffen,  den  Lehrern  auch  die  früher  geleisteten  Dienste  in  dem  für  Königliche 
Anstalten  geltenden  Umfange  gleicherweise  anzurechnen.  Die  Etatspositionen 
für  die  wissenschaftlichen  Sammlungen,  Apparate,  Bibliotheken  und  Lehrmittel 
müssen  bei  den  Realschulen  1.  Ordnung  zu  der  Aufgabe  und  Bedeutung  der  An- 
stalt in  angemessenem  Verhältnis  stehen. 

Dafs  die  SchuUocale  hinlängliche  Räumlichkeit,  helle  und  zweckmäfsig 
eingerichtete  Klassenzimmer,  einen  Versammlungssaal  für  die  gemeinsamen  An- 
dachten, die  öffentlichen  Schulprüfungen  u.  s.  w.  haben,  gehört  selbstverständlich 
zu  den  Erfordernissen  einer  Realschule  1.  Ordnung.  Daran  schliefst  sich  die  Aus- 
stattung mit  anschaulichen  Unterrichtsmitteln.  Diese  sind  in  den  Klassenzimmern 
einer  Realschule  unentbehrlich  und  bei  zweckmäfsiger  Aufstellung  und  Benutzung, 
als  unmittelbare  Belehrung,  die  auch  über  die  Unterrichtsstunden  hinausreicht, 
von  grofsem  Nutzen.  Vorzüglich  geeignet  zur  Ausstattung  der  Klassenräume  in 
diesem  Sinne  sind,  aufser  guten  Karten,  Darstellungen  bedeutender  Werke  der 
Architektur,  naturhistorische  Abbildungen,  gröfsere  Portraits  bedeutender  Männer 
u.  dergl.  m.  Es  wird  siel)  leicht  die  Einrichtung  treffen  lassen,  mit  mehreren 
solcher  zum  Inventarium  gehörigen  bildlichen  Darstellungen  und  Karten  von  Zeit 
zu  Zeit  in  den  verschiedenen  Klassen  zu  wechseln.  Die  von  den  betreffenden 
Aufsichtsbehörden  an  den  Unterrichtsminister  zu  erstattenden  Berichte  werden  auch 
auf  diese  Seite  der  bei  den  einzelnen  Schulen  vorhandenen  Einrichtungen,  sowie  auf 
den  Stand  und  die  Vermehrung  der  Sammlungen  jedesmal  besondere  Rücksicht  nehmen. 

Als  Maximum  der  Schülerzahl  ist  auf  den  Realschulen  1.  Ordnung 
in  den  unteren  Klassen  50,  in  den  mittleren  40,  in  den  oberen  30  anzusehen. 
Dafs  die  Beschränkung  der  Klassen  auf  diese  Zahlen  festgehalten  werde,  ist,  aufser 
allgemeinen  pädagogischen  Gründen,  für  Realschulen  vorzugsweise  wichtig,  weil 
die  für  den  Unterricht  derselben  vielfach  zu  verwendenden  Anschauungsmittel  sonst 
für  einen  grofsen  Teil  der  Schüler  nutzlos  bleiben. 

Li  Bezug  auf  die  Noth wendigkeit  einer  ausreichenden  Dotation  der  Real- 
schulen wird  die  Circularverfügung  vom  3.  Juli  1852  in  Erinnerung  gebracht, 
worin  es  heifst:  „Ergiebt  sich  bei  einer  Revision  des  Etats,  dafs  die  Kittel  des- 
selben für  die  Bedürfnisse  der  betreffenden  Realschule,  insonderheit  für  die  ange- 
messene Besoldung  des  zur  Durchführung  des  Lehrplans  erforderlichen  Lehrer- 
personals nicht  ausreichen,  so  ist  darauf  zu  dringen,  dafs  die  Patronatsbehörde, 
insofern  ein  Zuschufs  durch  Erhöhung  des  Schulgeldes  nicht  zu  erzielen  ist,  das 
Nöthige  beschaffe,  widrigenfalls  die  Schule  auf  die  Aufgabe  einer  allgemeinen 
Stadtschule  beschränkt  werden  mufs  und  das  Recht  zu  Entlassungsprüfungen  ihr 
nicht  ferner  belassen  werden  kann.  Die  Errichtung  neuer  Realschulen  ist  nur 
dann  zu  gestatten,  wenn  ein  ausreichender  Etat  für  dieselben  von  der  betreffenden 
Stadt  garantirt  wird.  Bevor  zur  Ausführung  des  Projects  geschritten  wird,  ist  der 
Einrichtungs-  und  Lehrplan  und  der  Etat  der  zu  errichtenden  Schule  dem 
K.  Prov.Sch.CoU.  und  demnächst  mit  dem  Gutachten  desselben  dem  Unterrichts- 
minister zur  Genehmigung  einzureichen.  Ebenso  bleibt  die  Anstellung  der  Directoren 
und  Lehrer  der  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Realschulen  der  Genehmigung 
desselben  vorbehalten.*' 


103 

Die  äufsere  Aasstattung  einer  Schule  ist  allerdings  nicht  das  Mafs  fiir 
ihren  inneren  Werth ;  auch  mit  dürftigen  Kitteln  versehene  Anstalten  haben  durch 
vorzügliche  Befähigung  einzelner  Lehrer  und  durch  die  Anstrengung  einzelner  oder 
vereinter  Kräfte  bisweilen  in  einzelnen  Klassen  und  Gegenständen  Vorzügliches 
geleistet.  Aber  das  Eintreten  von  günstigen  Umständen  der  Art  kann  nicht  in 
Kechnung  gebracht  werden.  Es  muTs  vielmehr  zu  den  Erfordernissen  einer  wohl- 
eingerichteten Schule  gezählt  werden,  dafs  in  der  Beschaffenheit  der  ihr  zu  Gebote 
stehenden  Mittel  und  m  der  von  dem  Fatronat  thatsächliuh  ihr  gewidmeten  Für- 
sorge eine  sichere  Garantie  dafür  gegeben  ist,  dafs  das  Bedürfnis  an  Lehrkräften 
immer  hinreichend  gedeckt  sei,  die  einzelnen  Lehrer  nicht  überbürdet  werden  müssen , 
eine  Sicherheit  gegen  den  bei  niedrigen  Besoldungen  häufigen  Lehrerwechsel  vor- 
handen sei  und  für  alles  zum  Bestände  einer  höheren  Lehranstalt  und  zu  einem 
gedeihlichen  Unterricht  Erforderliche  an  Localien,  Apparaten  u.  s.  w.  ausreichend 
gesorgt  werde.  Eine  höhere  wissenschaftliche  Unterrichtsanstalt  kann  als  mit  dem 
Nothwendigen  ausgerüstet  nicht  augesehen  werden,  wenn  deren  Lehrer  zum  Teil 
einejT  gesicherten  Stellung  entbehren  und  auf  Nebenerwerb  so  weit  bedacht  zu 
sein  genöthigt  sind,  dafs  sie  der  Schule  nur  einen  Teil  ihrer  Kraft  widmen 
können,  und  ans  demselben  Grunde  verhindert  sind,  näheren  persönlichen  Verkehr 
mit  ihren  Schülern  zu  pflegen,  sich  den  allgemeinen  pädagogischen  Aufj^ben  der 
Schule  zu  widmen  und  auf  ihre  eigene  wissenschaftliche  Fortbildung  Zeit  zu  ver- 
wenden. Vom  Standpunkt  der  Unterrichtsverwaltung  kann  es  als  ein  Verlust 
nicht  betrachtet  werden,  wenn  Schulen,  welche  den  hierin  liegenden  Anforderungen 
zu  genügen  aufser  Stande  sind  und  nur  mit  Mühe  ihre  Existenz  als  höhere  Lehr- 
anstalten fristen,  in  die  Reihe  der  Mittelschulen  zurücktreten,  die  bei  zweck- 
mäfsiger  Einrichtung  und  Ausstattung  dem  Unterrichtsbedürfnis  eines  grofsen 
Teils  des  Bürgerstandes  besser  genügen  als  unvollkommene  Bealschulen.  In 
Betreff  derjenigen  Realschulen,  welche  in  den  angegebenen  Beziehungen  seit 
längerer  Zeit  völlig  unzureichend  versehen  sind,  und  bei  denen  auf  baldige  Be- 
seitigung der  erheblichsten  Mänfi^el  nicht  gerechnet  werden  kann,  wird  demnächst  in 
Erwägung  zu  ziehen  sein,  ob  sie  das  Recht  zu  Entlassungsprüfungen  behalten  können. 

Jede  Realschule  veröffentlicht  alljährlich  ein  eine  wissenschaftliche  Abhand- 
lung und  Schulnachrichten  enthaltendes  Programm.  Dasselbe  soll  von  den 
factischen  Verhältnissen  der  Schule  und  von  ihrem  inneren  Leben  Nachricht  und 
Zeugnis  geben,  weshalb  auch  der  Stoff  der  wissenschaftlichen  Beigaben  vorzugfs- 
weise  aus  den  der  Realschule  eigentümlichen  Unterrichtsgebieten  zu  entnehmen 
sein  wird.  So  wünschenswerth  es  ist,  dafs  aufserdem  unter  den  Gegenständen 
von  allgemeinem  Interesse,  welche  für  die  Abhandlungen  zu  wählen  sind,  von 
Zeit  zu  Zeit  auch  das  griechische  und  römische  Altertum  berücksichtigt  werde, 
um  Darstellungen  wichtiger  Seiten  des  öffentlichen  und  des  Privatlebens,  der 
wissenschaftlichen  Thätigkeit,  der  Poesie  und  der  Kunst  der  Alten  zu  geben  und 
dergleichen  Gegenstände  auch  dem  Verständnis  weiterer  Kreise  zugänglich  zu 
machen,  so  eignen  sich  doch  streng  philologische  Untersuchungen  über  griechische 
und  römische  Sprache  und  Litteratur  und  lateinisch  geschriebene  Abhandlungen 
nicht  für  ein  Realschulprogramm.  Ueber  die  Verwendung  der  Lehrkräfte  ist 
eine  Uebersichts-Tabelle  nach  Analogie  der  in  den  Gymnasialprogrammen  her- 
kömmlichen aufzunehmen.  Die  Schulnachrichten  sind  auf  das  für  die  öffentliche 
Mitteilung  Geeignete  zu  beschränken. 

Zu  S  3.  Die  Berichterstattungen  der  Aufsichtsbehörden  weisen  nach,  in 
welcher  Art  bei  den  Realschulen  2.  Ordnung,  -auf  denen  ein  Unterricht  in  der 
lateinischen  Sprache  nicht  stattfindet,  die  dafür  in  dem  Normalplan  angesetzte 
Zeit  verwandt  wird,  und  womit  bei  den  Anstalten,  die  einen  facultativen  Unter- 
richt im  Lateinischen  haben,  die  davon  dispensirten  Schüler  statt  dessen  beschäftigt 
werden.  Ueber  den  Erfolg  derartiger  Einrichtungen  sind  für  spätere  Beschlufs- 
nahmen  weitere  Erfahrungen  zu  sammeln.! 

Zu  S  5.  Die  mit  Gymnasien  verbund.enen  parallelen  Real- 
klassen bieten  den  Directoren  und  den  Eltern  eine  oft  erwünschte  Gelegenheit 
dar,  Schüler  aus  der  einen  in  die  andere  Abteilung  übergehen  zu  lassen,  jenach- 
dem  sich  eine  bestimmte  geistige  Richtung  bei  denselben  bemerkbar  macht.  Dem- 
gemäfs  wird  der  Uebergang  von  Gymnasialschülern  in  die  parallelen  Realklassen 


104 

in  allen  den  Fällen  gutzuheifsen  sein,  wo  Schüler  nach  ihrer  natürlichen  Begabung 
weniger  für  Sprachstadien  als  für  die  Beschäftigung  mit  Kealien  und  Gegenständen 
der  Anschauung  sich  geeignet  zeigen.  Ein  besonders  wichtiges  Augenmerk  für 
die  Bealklassen  ist  es,  dafs  sie  sich  die  Achtung  ihrer  den  gymnasialen  entsprechen- 
den wissenschaftlichen  Anforderungen  erhalten  und  dafs  bei  den  Aufnahmen  und 
Versetzungen  danach  verfahren  wird.  Andernfalls  wäre  zu  besorgen,  die  Beal- 
klassen dürften  als  eine  bereite  Ableitung  für  alles  das  angesehen  werden,  was  sich 
in  der  Frequenz  des  G^ymnasiums  von  Talentlosigkeit  und  Arbeitsscheu  findet:  eine 
Auffassung,  der,  wo  sie  sich  bemerklich  macht,  thatsächlich  und  entschieden  ent- 
gegenzuwirken ist.  Die  Gemeinsamkeit,  welche  die  beiden  Abteilungen  solcher 
Doppelanstalten  aufser  in  dem  Directorat,  den  Lehrern,  in  den  disciplinarischen 
Ordnungen,  dem  SchuUocal,  den  Gesang-  und  Turnübungen,  und  besonders  auch 
in  den  Schulandachten,  in  kirchlichen  und  andern  Feiern,  haben,  ist  für  beide 
Seiten  von  Wichtigkeit  und  sorgfältiger  Pflege  werth.  In  der  Begel  werden 
Anstalten  dieser  Art  mit  zusammenfassender  Benennung  ohne  weitere  Unter- 
scheidung als  Gymnasien  bezeichnet.  In  den  von  denselben  ausgestellten  Abgangs- 
zeugnissen sind  die  Schüler  der  Bealabteilungen,  auch  um  über  die  ihnen  zu- 
stehenden Berechtigungen  keinen  Zweifel  zu  lassen,  nicht  als  Gymnasiasten,  sondern 
als  Realschüler  zu  bezeichnen.  Wenn  eine  anerkannte  Realschule  in  ein  Gymnasium 
mit  parallelen  Bealklassen  verwandelt  wird,  so  geht  das  Becht  zu  Entlassungs- 
prüfungen und  die  übrigen  Befugnisse,  welche  die  selbständige  Realschule  besafs, 
nicht  ohne  weiteres  auf  die  Realklassen  über,  sondern  mufs  für  dieselben  aufs  neue 
in  der  vorschriftsmäfsigen  Weise  erworben  werden. 

Zu  §  7.  Die  Zulassung  zu  den  Facultätsstudien  auf  den  inländischen 
Universitäten  bleibt  von  der  Beibringung  eines  Gymnasialzeugnisses  der  Reife 
abhängig.  Dadurch  sind  die  Abiturient^  der  Realschulen  nicht  verhindert,  Vor- 
lesungen auf  den  Universitäten  zu  besuchen.  Es  findet  auf  diejenigen,  welche  dies 
beabsichtigen,  §  36  des  Abiturienten  -  Prüfungsreglements  der  Gymnasien  vom 
4.  Juni  1834,  mit  der  späteren  Modification  desselben,  Anwendung:  „Damit  denen, 
welche  keine  Maturitätsprüfang  (auf  einem  Gymnasium)  bestanden  und  beim  Besuch 
einer  inländischen  Universität  nur  die  Absicht  haben,  sich  eine  allgemeine  Bildung 
für  die  höheren  Lebenskreise  oder  eine  besondere  für  ein  gewisses  Berufsfach  zu 
geben,  ohne  dafs  sie  sich  für  den  gelehrten  Staats-  oder  Kirchendienst  bestimmen, 
nicht  die  Gelegenheit  vorenthalten  werde,  welche  die  Universität  für  ihren  Zweck 
darbietet,  so  können  solche,  auf  Grund  eines  von  ihnen  beizubringenden  Zeugnisses 
über  ihre  sittliche  Führung  und  über  die  erworbene  wissenschaftliche  AusbUdung, 
zur  Immatriculation  bei  den  inländischen  Universitäten,  sowie  zur  Inscription  bei 
den  philosophischen  Facul täten,  zugelassen  werden."  Die  betreffenden  Gesuche 
sind  schriftlich  an  die  König].  Universitätscaratorien  zu  richten.  Die  Immatri- 
culation erfolgt  immer  nur  auf  die  nächsten  drei  Semester.  Eine  Verlängerung 
dieser  Frist  in  einzelnen  Fällen  kann  nur  von  dem  Unterrichtsminister  erteilt  werden. 

Die  Eintrittsprüfung  Derjenigen,  welche  mit  Aussicht  auf  Avance- 
ment in  die  Armee  eintreten  wollen,  ist  aufgehoben.  Die  Allerh.  Ordre 
vom  19.  September  J848  bestimmt:  „Es  soll  fortan  keine  Eintrittsprüfimg  mehr 
stattfinden.  Wer  im  Heere  sich  eine  Stelle  als  Offizier  erwerben  will,  mufs  ebenso 
wie  jeder  Andere  entweder  als  einjähriger  oder  dreijähriger  Freiwilliger  in  einen 
Truppenteil  eintreten,  resp.  im  Wege  der  Aushebung  eingestellt  sein.  Jeder 
Unteroffizier  oder  Soldat,  der  nach  vollendetem  17.  Lebensjahre  mindestens  sechs 
lüonate  gedient  hat  und  nach  einem  Zeugnis,  welches  von  den  Offizieren  seiner 
Gompagnie  resp.  Escadron,  dem  Chef  derselben  und  dem  Bataillons-  oder  Ab- 
teilungs-  resp.  Regiments-Commandeur  ausgestellt  werden  mufs,  in  Bezug  auf  seine 
Führung,  Dienstapplication  und  erworbene  Dienstkenntnis,  sowie  rücksichtlich  seiner 
geistigen  und  körperlichen  Eigenschaften  sich  zur  Beförderung  eignet,  kann  sich 
zur  Able^ng  der  Portepeefähnrichsprüfung  melden.  Nach  bestandenem  Examen 
erfolgt  die  Beförderung  zum  Portepeefähnrich,  sobald  eine  Vakanz  in  der  etats- 
mäfsigen  Ziüil  der  Pori^peef^hnriche  vorhanden  ist.  —  Jeder  Portepeefähnrich, 
welcher  neun  Honate  in  dieser  Charge  gedient  hat,  kann  sich  zum  Offizierexamen 
melden.*' 

Hinsichtlich  der  Zulassung  zum  Post  dienst  mit  Aussicht  auf  Beförderung 
findet  zwischen  der  Berechtigung  der  Realschulen  und  der  Gymnasien  in  Zukunft 


105 

kein  Unterschied  statt,  sofern  der  Aspirant  von  einer  Realschule  abgegangen  ist^ 
bei  welcher  der  Unterricht  in  der  lateinischen  Sprache  als  allgemein  verbindlich 
zum  Lehrplan  gehört  und  ein  je  zweijähriger  Cursus  der  Secunda  und  der 
Prima  besteht 

Die  Gewährung  gröfserer  Berechtigungen  an  die  Realschulen  schliefst  eine 
Anerkennung  in  sich ;  andererseits  liegt  derselben  die  Voraussetzung  zum  Grunde, 
dafs  es  ihnen  mehr  und  mehr  gelingen  werde,  ihren  Schülern  eine  gleichmäfsige 
und  gründliche  Durchbildung  zu  geben.  Dieser  Voraussetzung  können  die  Direc- 
toren  und  LehrercoUegien  nur  dann  genügen,  wenn  sie  es  auch  mit  den  bei  der 
Aufnahme  und  Versetzung  zu  stellenden  Anforderungen  genau  nehmen.  Einer 
solchen  Strenge  bedarf  es  besonders  auch  in  den  Fällen,  wenn  bei  der  Anmel- 
dung junger  Leute  für  höhere  Klassen  anzunehmen  ist,  dafs  sie  nur  kurze  Zeit 
auf  der  Schule  zu  bleiben  gedenken  und  sich  lediglich  zum  Zweck  baldiger  Er- 
reichung einer  Berechtigung  aufnehmen  lassen,  z.  B.  wenn  sie  um  des  einjährigen 
Militärdienstes  willen  die  Aufnahme  in  die  Tertia  oder  die  Secunda  einer  Real- 
schule 1.  Ordnung  nachsuchen. 

Zu  §  8.  Die  Listructionen  fürdieCuratorien  der  Realschulen  1.  Ordnung 
werden  von  den  K.  Prov.  Schulcollegien  einer  Revision  unterzogen.  Der  Director 
einer  Realschule  1.  Ordnung  ist  als  solcher  Hitglied  des  Curatoriums  mit  vollem 
Stimmrecht.  In  allen  wesentlichen  und  allgemeinen  Vorschriften  dient  die  den 
Directoren  der  Gymnasien  erteilte  Instruction  auch  den  Realschul-Directoren 
derselben  Provinz  zur  Richtschnur.  Ebenso  die  Disciplinar-Ordnung,  wo  für 
die  Gymnasien  einer  Provinz  eine  allgemeingiltige  erlassen  ist. 

Zu  §  9.  Bei  denjenigen  Realschulen,  die  im  Allgemeinen  den  Erforder- 
nissen der  1.  Ordnung  entsprechen  und  die  zufolge  bindender  Erklärungen,  nach 
denen  u.  a.  der  Unterricht  im  Lateinischen  hinfort  ein  obligatorisches  Object  des 
Lehrplans  der  Anstalt  bilden  wird,  in  diese  Ordnung  aufgenommen  worden,  sind 
die  des  Lateinischen  unkundigen  Schüler  der  oberen  Klassen  in  Betracht,  dafs 
daselbst  das  Lateinische  erst  nach  längerer  Zeit  zu  einem  entsprechenden  Stand- 
punkt gebracht  sein  kann,  damit  bekannt  zu  machen,  dafs  sie  zwar  zu  seiner  Zeit 
zum  Abiturientenexamen  zugelassen  und  eventl.  ein  Zeugnis  der  Reife  erhalten 
können,  dafs  sie  aber  vor  dem  Eintritt  in  Berufsarten  oder  Studien,  welche  Kenntnis 
des  Lateinischen  voraussetzen,  z.  B.  in  die  Königl.  Bauakademie,  nachweisen  müssen, 
dals  sie  auch  in  der  genannten  Sprache  das  Fehlende  in  genügendem  Mafse  ein- 
gebracht haben.  Die  Aufnahme  in  die  erste  Ordnung  der  Realschulen  ist  nach 
sorgfaltiger  Prüfung  aller  Verhältnisse  der  betreffenden  Anstalten  erfolgt,  hat 
jedoch  bei  mehreren  derselben,  die  im  Allgemeinen  den  Anforderungen  genügen, 
nur  in  der  Erwartung  geschehen  können,  dafs  sie  nicht  allein  durch  ihre  Leistungen 
fernerhin  sich  des  ihnen  geschenkten  Vertrauens  würdig  erweisen,  sondern  auch 
^e  in  ihrem  äufseren  Bestände  noch  vorhandene  Unzulänglichkeit  bald  beseitigen 
werden.  Sollten  sie  dieser  Erwartung  nicht  entsprechen,  so  würde  die  Aufsichts- 
behörde sich  genöthigt  sehen,  ihnen  die  gewährten  Vorrechte  wieder  zu  entziehen. 

B.  Die  höheren  Bürgerschtilen.  Unter  diesem  Namen  sind  bis  jetzt  auch 
vollständige,  die  Klassen  von  Sexta  bis  Prima  umfassende,  Realschulen  hin  und 
wieder  inbegriffen  gewesen.  Der  officielle  Gebrauch  wird  ihn  in  Zukunft  nur  auf 
die  Realschulen  von  beschiankterem  Umfange  anwenden.  Die  in  der  (Jnterrichts- 
und  Prüfungsordnung  gegebene  Instruction  ist  nur  für  diejenigen  Anstalten  dieser 
Kategorie  bindend,  welchen  das  Recht  zu  giltigen  Abgangsprüfungen  verliehen 
worden  ist ;  die  übrigen  sind  unverhindert,  die  Einrichtungen  beizubehalten,  welche 
sie  bisher  mit  Genehmigung  ihrer  Aufsichtsbehörde  gehabt  haben.  Die  höheren 
Bürgerschulen  haben  sich- mit  ihren  CJnterrichtspensen  genau  innerhalb  der  Grenzen 
ihres  Klassensystems  zu  halten.  Besonders  in  der  Secunda  ist  die  nahe  liegende 
Versuchung  zu  vermeiden,  diese  Klasse,  weil  sie  factisch  die  erste  der  Anstalt  ist, 
in  manchen  Gegenständen,  z.  B.  in  litterarischen  Mitteilungen,  bei  den  Aufgaben 
zn  deutschen  Aufsätzen  u.  s.  w.,  als  eine  Prima  zu  behandeln.  Bei  der  münd- 
lichen Abgangsprüfung  kann  der  K.  Commissarius  Veranlassung  nehmen,  die 
Examinanden  nach  ihrer  Leetüre  zu  fragen,  zugleich  um  ihnen  Gelegenheit  zu 
einer  zusammenhangenden  Relation  über  den  Inhalt  einer  Schrift,  zur  Beschreibung 
einer  Thatsache  oder  einer  Persönlichkeit  zu  geben;  doch  ist  dies  weniger  nöthig. 


106 

wenn  dieselbe  Befähigang  in  andern  Objecten,  z.  B.  bei  der  Geschichte  oder  der 
Naturgeschichte,  hinlänglich  an  den  Tag  gelegt  worden  ist.  In  den  Abgangs- 
zeugnissen sind  die  Rubriken  zu  bezeichnen:  Sittliches  Verhalten,  Fleifs,  Kenntnisse 
und  Fertigkeiten  u.  s.  w.  wie  bei  den  B«alschulen.  Die  Vorsteher  der  höheren 
Bürgerschulen  heifsen  ßectoren»  Sobald  bei  dem  üntemchtsminister  der 
Antrag  auf  Erteilung  der  Befugnis  zu  giltigen  Abgangsprüfungen  an  einer  höheren 
Bürgerschule  von  Seiten  der  Provinzial-Aufsichtsbehörde  gestellt  worden  ist,  wird 
zuvörderst  eine  Revision  der  Anstalt  veranlafst  und  durch  eine  Prüfung  ihrer 
Verhältnisse,  hinsichtlich  der  Zahl,  der  wissenschaftlichen  Befähigung  und  der  Be- 
soldung der  Lehrer,  der  Beschaffenheit  ihrer  Vocationen,  der  Zusammensetzung 
des  Ouratoriums  und  der  gesamten  Ausstattung  der  Schule  mit  Local,  Lehr- 
mitteln u.  s.  w.  festgestellt,  ob  sie  den  Anforderungen  entspricht.  Das  Ver- 
zeichnis der  zu  giltigen  Abgangsprüfungen  berechtigten  höheren  Bürgerschulen 
wird  demilächst  veröffentlicht  werden. 

Durch  die  Bestimmungen  der  neuen  Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  sind 
die  Real-Lehranstalten  klassificirt,  ihre  Verhältnisse  geregelt  und  ihnen  im  Orga- 
nismus des  öffentlichen  Schulwesens  eine  ihrer  Bedeutung  entsprechende  Stelle 
angewiesen  worden,  ohne  dafs  dadurch  ihre  fernere  freie  Entwickelung  nach  irgend 
einer  Seite  gehemmt  wird.  Um  diese  Stelle  würdig  zu  behaupten,  und  die  ihnen 
zugewandte  Teilnahme  zu  erhalten  und  zu  allgemeiner  Anerkennung  wirklicher 
Leistungsfähigkeit  zu  steigern,  mufs  das  Bemühen  aller  Beteiligten  darauf  ge- 
richtet sein,  die  den  Realschulen  zu  Grunde  liegende  Idee  immer  bestimmter  zu 
verwirklichen.  Zur  Erreichung  dieses  Zwecks  ist  nothwendig,  dafs  bei  der  Aus- 
führung der  Instruction  genau  nach  den  Grundsätzen  verfahren  werde,  welche  für 
dieselbe  im  Einzelnen  mafsgebend  gewesen  sind.  In  dieser  Beziehung  wird,  mit 
Bezugnahme  auf  die  einleitenden  Bemerkungen,  schliefslich  auf  Folgendes  auf- 
merksam gemacht: 

Die  grofsen  Fortschritte  und  die  Ausdehnung  der  naturwissenschaftlichen 
und  realen  Disciplinen  haben  in  neuerer  Zeit  die  realistische  Schulbildung  ge- 
fördert, enthalten  aber  zugleich  für  dieselbe  eine  nicht  geringe  Gefahr,  wenn  in 
der  Masse  des  Stoffs,  welcher  sich  von  da  auch  der  Schule  aufdrängt,  nicht  eine 
strenge,  dem  eigentlichen  Schulzweck  entsprechende  Auswahl  getroffen  und  in 
seiner  Behandlung  ein  wahrhaft  bildendes  Verfahren  eingehalten,  wenn  über  dem 
Unterricht  die  Erziehung  und  über  dem  Schüler  3er  Mensch  vergessen   wird. 

Die  auch  neuerdings  oft  gehörte  Klage  von  einer  Ueberbürdung  der 
Jagend  durch  den  Schulunterricht,  wobei  ihre  geistige  Kraft  nicht  entwickelt, 
sondern  zurückgehalten  und  zersplittert  oder  gelähmt  werde,  wird  dann  für  be- 
gründet anzusehen  sein  und  gerade  auch  die  Realschulen  treffen,  wenn  sie  es  nicht 
zu  hindern  vermögen,  dafs  die  Mannigfaltigkeit  ihrer  Unterrichtsgegenstände  den 
Geist  beschwert  und  ihm  die  freie  Empfänglichkeit  raubt,  wenn  sie  ihre  Zöglinge 
zwar  mit  vielerlei  Kenntnissen,  aber  geringer  Schärfe  des  Urteilsvermögens  aus- 
statten, und  ihre  Freiheit  in  der  Anwendung  des  Erlernten  unausgebildet  lassen. 

Die  Gefahr  ist  vorhanden :  die  Zukunft  der  Realschule  hän^  davon  ab,  dafs 
sie  erkannt  und  vermieden  wird.  Dies  kann  nur  dadurch  geschehen,  dafs  alle 
Mitglieder  eines  Lehrercollegiums  eine  deutliche  Einsicht  von  dem  Ziel  der  Schule 
und  von  dem  gegenseitigen  Verhältnis  der  Mittel  haben,  welche  zur  Erreichung 
desselben  gegeben  sind,  und  dafs  diese  Einsicht  von  der  Kraft  der  Selbstver- 
leugnung begleitet  ist,  welche  im  Bewufstsein  davon,  dafs  es  sich  um  eine  hoch- 
wichtige gemeinsame  Sache  handelt,  die  persönlichen  Ansichten  und  Neigungen 
den  Bedingungen  des  allgemeinen  Zwecks  unterzuordnen  vermag. 

Eine  numerische  Beschränkung  der  Objecte  leidet  der  Lehrplan  der  Real- 
schule nicht;  dagegen  verlangt  er  eine  Concentration  seiner  Gegenstände,  bei 
welcher  die  Manmgfaltigkeit  als  Einheit  wirkt  und  empfunden  wird.  Dieser 
Aufgabe  gegenüber  ist  die  Frage  nach  einem  wissenschaftlichen  Mittelpunkt  des 
Lehrplans  der  Realschule  von  geringer  praktischer  Bedeutung. 

Die  Concentration  liegt  in  der  durch  den  Zweck  der  Schule  gebotenen 
bestimmten  Begrenzung  der  Lehrgegenstände  nach  Inhalt  und  Umfang,    in  ihrem 


107 

lebendigen  Ineinandergreifen,  in  der  richtigen  Aufeinanderfolge  der  Objecto  und 
Pensa,  und  in  der  von  wissenBchaftlichem  und  pädagogischem  Sinn  getragenen 
Methode  des  Unterrichts. 

Der  unruhigen  Bewegung  auf  den  Gebieten  wissenschaftlicher  und  technischer 
Forschung  und  Entdeckung  und  aller  Fülle  des  Stoffs  gegenüber  bleiben  die 
Grundbedingungen  der  menschlichen  Seele  und  das  Bedürfnis  geistiger  Diät  be- 
sonders im  Jugendalter  immer  dieselben:  nur  in  der  Beschränkung  ist 
Vertiefung  und  gründliche  Aneignung  möglich,  und  auch  die   Päda« 

Sogik  macht  immer  von  neuem  die  Erfahrung,  dafs  bei  zu  dichter  Saat  der  Ertrag 
es  Ackers  gering  ausfällt.  Weniges  gründlich  betrieben  weckt  bei  der  Mehrzahl 
der  Schüler  unfehlbar  ein  nachhaltiges  Interesse,  während  die  üeberschüttung  mit 
Vielem,  besonders  mit  vereinzelten  Notizen,  die  Empfänglichkeit  des  Geistes  ab- 
stumpft und  auch  bei  den  Fleifsigen  ein  todtes  Wissen  zur  Folge  hat.  Eine  Real- 
schule, bei  der  nicht  alle  Mitteilung  von  Kenntnissen  auf  deren  freie  und  sichere 
Verwendung  abzielt,  so  dafs  alles  Wissen  zum  Können  wird,  verkennt  oder  ver- 
säumt einen  wesentlichen  Teil  ihrer  eigentümlichen  Bestimmung. 

Die  Instruction  macht  wiederholt  auf  solche  Grundbedingungen  eines  ge- 
deihlichen Unterrichts  aufmerksam.  Wenn  sie  z.  B.  die  Mitteilung  litterarhisto- 
rischer  Notizen  beschränkt  und  von  den  Schülern  durch  eigene  Leetüre  so  viel 
wie  möglich  ein  Ganzes  aufgenommen  wissen  will,  so  ist  dies  gegen  den  zer- 
streuenden Encyklopädismus  und  die  flache,  eitle  Vielwisserei  gerichtet,  wovor 
die  Jugend  gegenwärtig  nicht  sorgfältig  genug  behütet  werden  kann,  und  der  u.  a. 
auch  viele  Chrestomathien  durch  ihre  bunte,  fragmentarische  und  überwiegend 
nach  dem  Gesichtspunkt  des  Interessanten  und  Unterhaltenden  gewählte  Leetüre 
Vorschub  leisten. 

Der  Lehrer  hat  sich  zu  hüten,  sein  persönliches  Interesse  an  Specialstudien, 
wie  sehr  es  im  allgemeinen  die  Bedingung  des  auch  in  den  Schülern  zu  erwecken- 
den Interesses  ist,  diesen  ohne  weiteres  zuzumuthen:  die  pädagogische  Berechtigung 
des  Gegenstandes,  der  Bildungsstand  der  Schüler  und  die  Aufgabe  der  Klasse 
setzen  ihm  bestimmte  Grenzen,  deren  Nichtachtung  die  Einheit  der  Schule  stört 
und  ihren  Zwecken  entgegenwirkt.  Wissenschaftliche  Einsicht  mufs  den  Lehrer 
beföhigen,  den  Schülern  zwar  den  Blick  zu  eröffnen  auf  Gebiete  des  Wissens  und 
Könnens,  welche  jenseits  der  nächsten  Aufgabe  und  vielleicht  des  Schulgebiets 
liegen,  um  ihnen  damit  höhere  Ziele  späteren  Weiterstrebens  zu  zeigen  und  den 
idealeren  Sinn  dafür  zu  wecken.  Nachteilig  aber  ist  ein  solches  Verfahren,  wenn 
er  es  nicht  zugleich  versteht,  sie  in  ernstem  Fleifs  bei  den  einfacheren  Uebungen 
festzuhalten,  welche  die  Voraussetzung  der  nachfolgenden  schwierigeren  Aufgaben 
sind  und  zu  ihrer  Lösung  geschickt  und  tüchtig  machen.  Nicht  selten  ist  das 
Mifsverhältnis  der  Mitteilungen  des  Lehrers  zu  der  vorhandenen  elementaren 
Ausbildung  der  Schüler  sehr  grofs;  dem  Schüler  fehlen  die  zur  Verarbeitung  des 
Objects  unerläfslichen  Vorbedingungen:  er  ist  noch  ungeübt  im  Denken,  unbeholfen 
und  incorrect  im  mündlichen  und  schriftlichen  Ausdruck,  und  soll  sich  doch  schon 
mit  Gegenständen  höherer  Wissenschaft  beschäftigen.  Sie  bleiben  ihm  äufserlich 
and  können  in  seinem  geistigen  Leben  keine  Wurzel  schlagen.  Vor  allen  Dingen 
ist  daher  für  ein  festes  Fundament  zum  Aufbau  des  Wissens  und  für  Sicherheit 
in  allen  elementarischen  Kenntnissen  zu  sorgen,  kein  Gegenstand  zu  früh  zu  be- 
ginnen und  keiner  eher  abzubrechen,  als  bis  ein  des  Anfangens  werthes  Ziel  in 
ihm  erreicht  ist. 

Die  innere  Einheit  des  Lehrplanes  mufs  in  der  steten  gegenseitigen  Beziehung 
der  verwandten  Gegenstände  hervortreten.  Auch  der  Schüler  erkennt  den  orga- 
nischen Zusammenhang,  wenn  z.  B.  der  Geschichtsunterricht  auf  die  historische 
Leetüre  im  Lateinischen  und  in  den  anderen  Sprachen  Rücksicht  nimmt,  wenn  der 
geographische  Unterricht  nicht  versäumt,  auch  die  Geschichte  und  die  Naturgeschichte 
in  Betracht  zu  ziehen,  wenn  dem  deutschen  Unterricht  alle  übrigen  Objecte  und 
insbesondere  die  Geschichte,  die  Religion  und  der  gesamte  ethische  Anschauungs- 
kreis des  Schülers  dient  und  zu  Hül^  kommt,  wenn  die  Uebereinstimmung  der 
grammatischen  Grundlehren  und  Bezeichnungen  ihm  in  allen  Sprachstunden  entgegen- 
tritt und  die  mathematischen  Voraussetzungen  des  Zeichnens  und  aller  Naturwissen- 


108 

Schaft  ihm  klar  werden.  Wird  dieser  Zusammenhang  nicht  benutzt  und  hervor- 
gehoben ^  isolirt  sich  jedes  Object,  nimmt  das,  was  nur  Teil  und  Seite  sein  soll, 
die  Selbständigkeit  einer  besonderen  Disciplin  in  Anspruch,  und  findet  so  wenig 
Verständigung  unter  den  Lehrern  statt,  dafs  z.  B.  der  historische  Inhalt  des  iL 
und  N.  Testaments  oder  die  Reformationsgeschichte  von  dem  Geschichtslehrer  in 
einer  der  Auffassung  des  Religionslehrers  principiell  entgegengesetzten  Weise  be- 
handelt wird,  so  ist  der  Lehrplan  ein  Aggregat  unverbundener  Gegenstände  und 
verliert  den  wesentlichsten  TeU  seiner  pädagogischen  Wirksamkeit.  Wieviel  hierin 
für  jeden  Einzelnen  zu  thun  ist,  muTs  durch  Fachconferenzen,  die  in  an- 
gemessenen Fristen  wiederkehren,  immer  aufs  neue  zum  Bewufstsein  gebracht 
werden. 

Nicht  minder  wichtig ,  als  der  Zusammenhang  und  die  Verständi^ng  der 
neben  einander  unterrichtenden  Lehrer,  ist  das  Verhältnis,  in  welchem  sie  in  der 
Klassenreihe  aufeinanderfolgen.  Der  früher  durchgearbeitete  Lehrstoff  mufs  für 
die  höhere  Stufe  als  ein  sicherer  Besitz  angesehen  und  so  in  mannigfaltiger  Ver- 
wendung benutzt  und  durch  rechtzeitige  Repetition  gegenwärtig  erhalten  werden. 
Wissen  die  verschiedenen  in  der  Folge  der  Klassen  in  demselben  Object  unter- 
richtenden Lehrer  von  einander  nicht,  so  kann  es  geschehen,  dafs  der  Gegenstand 
mehrmals  von  vom  angefangen  wird,  als  ob  in  der  höheren  Klasse  wenig  oder 
nichts  vorauszusetzen  wäre,  und  dafs  dabei  z.  B.  in  der  Gktunmatik  eine  Theorie, 
wie  in  der  Satzlehre,  die  andere  aufhebt. 

Um  Uebelständen  der  Art  auch  durch  die  Einrichtung  der  Schule  vorzu- 
beugen, ist  auf  eine  angemessene  Verbindung  des  Fachsystems  mit  dem  Klassen- 
system Bedacht  zu  nehmen.  Das  erstere  mufs  in  den  oberen  Ellassen  soweit  vor- 
herrschen, dafs  wo  möglich  in  Tertia,  Secunda  und  Prima  Ein  Lehrer  sämtliche 
Religionsstunden,  Einer  den  ganzen  mathematischen.  Einer  den  ganzen  französischen 
und  Einer  den  ganzen  englischen  Unterricht  erteile,  was  bei  den  neueren  Sprachen 
schon  wegen  der  sicheren  Gewöhnung  in  der  Aussprache  von  Wichtigkeit  ist. 

Die  Einrichtung  des  Lectionsplanes  mufs  es  zu  verhüten  suchen,  dafs 
an  demselben  Vor-  oder  Nachmittage  sehr  verschiedenartige  Unterrichtsgegenstände 
mit  einander  wechseln,  und  vielmehr  innerlich  verwandte  auf  einander  folgen  lassen ; 
in  den  unteren  Klassen  ist  der  Wechsel  zulässiger.  Andererseits  müssen  schwerere 
und  mehr  Anstrengung  fordernde  Lectionen  mit  leichteren  wechseln  und  auf  die 
passenden  Tagesstunden  gelegt  werden.  Ob  und  wie  weit  es  rathsam  ist,  dasselbe 
Object  mehrere  Stunden  hintereinander  oder  mit  vermehrter  Stundenzahl  einige 
Wochen  vor  anderen  zu  treiben  und  in  derselben  Weise  mit  anderen  zn  wechseln, 
z.  B.  mit  der  prosaischen  und  der  poetischen  Leetüre,  hängt  von  individuellen  Ver- 
hältnissen der  einzelnen  Anstalten  ab  und  ist  dem  Ermessen  der  Directoren  zu 
überlassen,  sofern  in  besonderen  Fällen  keine  Bedenken  dagegen  sprechen.  Ein 
rascher  Wechsel  sagt  der  jugendlichen  Natur  zu :  aber  es  ist  zu  sorgen,  dafs  daraus 
nicht  die  Unfähigkeit  entstehe,  längere  Zeit  gesammelt  bei  derselben  Sache  zu 
bleiben  und  Vertrautheit  mit  ihr  zu  gewinnen.  Aus  diesem  Grunde  mufs  möglichste 
Continuität  des  Unterrichts  für  eine  Hauptaufgabe  bei  der  Einrichtung  des  Lections- 
planes angesehen  werden. 

Das  Aufsteigen  der  Lehrer  mit  ihren  Schülern  in  die  höheren  Klassen,  nach 
einem  bestimmten  Turnus,  läfst  sich  ebenfalls  nicht  als  allgemeine  Mafsregel  an- 
ordnen; sie  würde  vorzugsweise  in  den  unteren  Klassen  Anwendung  finden  und 
kann  in  denselben,  so  lange  geeignete  Lehrkräfte  vorhanden  sind,  mit  Genehmigung 
der  nächsten  Aufsichtsbehörde  zur  Ausführung  gebracht  werden. 

Die  Methode  des  Lehrens  ist  nicht  Gegenstand  einer  Vorschrift,  weil  sie 
am  wirksamsten  wird  als  persönliche  Eigenschaft,  und  weil  sie,  so  weit  sie  durch 
das  Wesen  der  Sache  selbst  bedingt  ist,  dem  wissenschaftlichen  Fortschritt  des 
Lehrerstandes  überlassen  werden  mufs.  Die  Gymnasien  folgen  in  dem  methodischen 
Verfahren  zum  Teil  einer  in  althergebrachter  Praxis  bewährten  Tradition.  Eine 
solche  hat  sich  auf  den  Realschulen  durch  sorgfältige  Beachtung  der  Eigentümlich- 
keit ihrer  Anforderungen  noch  zu  bilden.  Es  ist  zu  erwarten,  dafs  dabei  der  in- 
ductive  Charakter  des  Realschulunterrichtes  sich  mehr  und  mehr  geltend  machen 
werde,  mit  angemessener  Beschränkung  der  synthetischen  Methode  einer  strengen 


109 

Systematik.  Der  Weg  Tom  Besonderen  zam  Allgemeinen  ist  der  naturgemäfse  für 
den  jugendlichen  Geist  und  entspricht  der  Entwickelung  der  Realwissenschaften. 
Das  umgekehrte  Verfahren,  welches  vom  Gesetz  zur  Erscheinung  kommt,  wird 
bei  vorzüglichen  Talenten  ebenfalls  mit  Nutzen  angewandt:  aber  sie  können  den 
Gang  des  Unterrichtes  nicht  bestimmen,  er  hat  sich  nach  der  durchschnittlichen 
Befähigung  zu  richten. 

Die  unerläfsliche  Forderung  eines  individualisirenden  Unterrichts  wird  in 
den  unteren  und  mittleren  Klassen  der  B«alschulen  durch  die  grofse  Schülerfrequenz 
erschwert;  es  entsteht  leicht  ein  mechanisirendes  Verfahren,  welches  den  Namen 
einer  Methode  nicht  verdient  und  sich  bisweilen  als  ein  MiTsbrauch  des  Gedächt- 
nisses bis  in  die  oberen  Klassen  fortsetzt,  indem,  statt  die  geistweckenden  und 
bildenden  Momente  der  Disciplinen  hervorzukehren  und  zu  benutzen  und  die 
Schüler  fähig  zu  machen,  an  den  Entwickelungen  sich  selbstthätig  zu  beteiligen, 
das  Hauptgewicht  auf  das  Auswendiglernen  des  Thatsächlichen  und  der  Theorie 
gelegt  wird,  so  dafs  nicht  selten  alle  Fragen  auch  in  Secunda  und  Prima  noch 
sich  ansschliefslich  an  das  Gedächtnis  richten,  das  combinirende  Vermögen  aber 
nicht  in  Bewegung  setzen  und  deshalb  eine  selbständige  Aneignung  des  Stoffes, 
eine  Erhebung  der  Kenntnis  zur  Erkenntnis,  nicht  bewirken  können« 

Gleicherweise  ist  immer  aufs  neue  vor  einer  Belastung  der  Schüler  mit 
mechanischem  Schreibwerk  zu  warnen  und  von  dem  Director  und  den  Ordinarien 
dafür  zu  sorgen,  dafs  das  zulässige  Mafs  häuslicher  Aufgaben  nicht  überschritten 
werde.  Der  denselben  Gegenstand  betreffenden,  ursprünglich  zunächst  auf  die 
G^ymnasien  bezüglichen,  Verfügung  vom  20.  Mai  1854  mufs  auch  auf  den  Real- 
schulen in  noch  gröfserem  Umfange  Genüge  geschehen  und  bei  der  Mehrzahl  der 
Gegenstände  ein  bestimmtes  Lehrbuch  zum  Grunde  gelegt  werden. 

Der  grofse  Nutzen,  welchen  zweckmäfsig  eingerichtete  Lehrbücher  und 
Leitfaden  gewähren  können,  indem  sie  dem  Sdiüler  für  seine  Thätigkeit  im  Prä- 
pariren, Durcharbeiten  des  »Stoffes  und  beim  Repetiren  einen  sicheren  Anhalt  ffeben, 
wird  oft  verkannt  und  die  Wirkung  der  Freiheit  des  Lehrers  höher  angeschlagen, 
bei  welcher  er  die  Aufmerksamkeit  der  Schüler  ungeteilt  für  sich  und  seinen  Vor- 
trag in  Anspruch  nimmt.  Gelingt  ihm  dies,  so  hat  das  Verfahren  in  den  oberen 
Klassen  für  manche  Schüler  unleugbare  Vorzüge.  Nach  häufiger  Wahrnehmung 
werden  aber  die  meisten  ohne  ein  gedrucktes  Buch,  welches  wenigstens  die  syste- 
matischen Uebersichten,  die  Terminologie,  Namen,  Zahlen  u.  s.  w.  enthält,  in  der 
A.uffassung  des  Zusammenhanges,  in  der  Namenschreibung  u  s.  w.  die  nöthige 
Sicherheit  nicht  erreichen.  Aus  diesen  Gründen  ist  auf  den  Real-  und  höheren 
Bürgerschulen  mehr,  als  bisher  geschehen,  auf  die  Einführung  solcher  Lehrbücher 
hinzuwirken,  welche  für  die  verschiedenen  Unterrichtsstufen  nach  einheitlichen 
Chrundanschauungen  abgefafst  den  anzueiraenden  Stoff  iu  einer  Weise  fiziren,  die 
ebensowohl  für  die  Vermittelung  des  Lehrers  Anknüpfungspunkte  darbietet  und 
seiner  individuellen  Behandlungsart  Freiheit  läfst,  als  dem  Schüler  eine  sichere 
Anleitung  und  die  nöthige  Hülfe  für  Auge  und  Gedächtnis  gewährt,  ihm  Schreib- 
arbeit erspart  und  ihn  zum  Selbstdenken  und  Selbstarbeiten  nöthigt.  Es  ist  zu 
hoffen,  dafs  der  Fortschritt  des  Realschulwesens  in  diesem  Sinn  auch  der  Schul- 
Utteratur  förderlich  sein  werde. 

Berlin,  den  6.  October  1859. 


110 


Circular-Verfügung  v.  31.  März  1882, 

betreffend  die  Einführung  der  revidirten  Lehrpläne  für  die  höheren 

Schulen. 

Die  Lehreinrichtang  unserer  Gymnasien  bemht  in  ihren  jetzt  geltenden 
Bestimmungen  anf  der  umfassenden  Bevision,  welche  in  den  f^bifziger  Jahren 
vorbereitet,  durch  die  Circular-Verfagung  vom  12.  Januar  1856  zur  Ausfahrung 
gebracht  worden  ist;  die  Lehreinrichtung  der  Realschulen  ist  durch  die  unter 
dem  6.  October  1859  erlassene  Unterrichts^  und  Pi-üfungs-Ordnung  festgestellt. 

In  den  Erfahrungen,  welche  während  des  seit  dieser  Zeit  verflossenen 
Vierteljahrhunderts  gesammelt  sind,  findet  sich  die  ausreichende  Grundlage  zu 
erneuter  Erwägung  der  Frage,  in  wie  weit  die  bestehenden  Einrichtungen  als 
bewährt  zu  erachten  sind  und  an  welchen  Stellen  sie  einer  Aenderung  bedürfen. 
Die  Conferenz  vom  October  1873,  zu  welcher  der  damalige  Unterrichtsminister 
mit  Männern,  welche  der  Unterrichtsverwaltung  oder  der  unmittelbaren  Lehr- 
thätigkeit  angehörten,  Vertreter  der  verschiedensten  Sichtungen  vereinigt  hatte, 
hat  sowohl  durch  ihre  eigenen,  der  Oeffentlichkeit  übergebenen  Verhandlungen,*) 
als  insbesondere  durch  deren  Verwerthung  in  den  weiten  Kreisen  der  an  dieser 
Frage  Beteiligten  wesentlich  dazu  beigetragen,  die  allgemein  giltigen  Erfahrungen 
von  den  zufälligen  Beobachtungen  beschränkter  Bedeutung  zu  unterscheiden 
und  die  Gesichtspunkte  herauszuheben,  welche  bei  einer  Bevision  der  in  Rede 
stehenden  Lehreinrichtung  einzuhalten  sind.  Der  Bevision  der  Lehrpläne  ist 
seitdem  von  der  Centralverwaltung  des  Unterrichts  unter  der  gutachtlichen  Be- 
teiligung der  ProvinzialbehOrden  unausgesetzte  Aufmerksamkeit  zugewendet 
worden;  diese  Erwägungen  haben  im  Wesentlichen  zu  folgenden  Ergebnissen 
geführt. 

1.  Die  Unterscheidung  der  Gymnasien  und  Bealschulen  ist 
als  sachlich  begründet  und  durch  die  Erfahrung  bewährt  aufrecht  zu  halten. 
Der  von  vereinzelten  Stimmen  befürwortete  Gedanke,  für  alle  diejenigen  jungen 
Leute,  deren  Lebensberuf  wissenschaftliche  Fachstudien  auf  einer  Universität 
oder  einer  technischen  Hochschule  erfordert,  eine  einheitliche,  die  Aufgabe  des 
Gymnasiums  und  der  Realschule  verschmelzende  höhere  Schule  herzustellen,  ist, 
wenigstens  unter  den  gegenwärtigen  Culturverhältnissen,  mit  denen  allein  ge- 
rechnet werden  darf,  nicht  ausföhrbar,  ohne  dafs  dadurch  die  geistige  Ent- 
wickelung  der  Jugend  auf  das  Schwerste  gefährdet  würde. 

Dagegen  hat  die  der  Unterrichtsordnung  von  1859  zu  Grunde  liegende 
Ueberzeugung,  dafs  Realschulen  ohne  Latein  nur  als  unvollständige,  einer 
niederen  Ordnung  angehörige  Lehranstalten  zu  betrachten  seien,  durch  dia 
weitere  Entwickelung  nicht  Bestätigung  gefunden ;  vielmehr  haben  Bealschulen, 
welche,  bei  gleicher  Dauer  des  Lehrcursus  wie  die  Bealschulen  1.  Ordnung,  die 
sprachliche  Bildung  ihrer  Schüler  ausschliefslich  auf  moderne  Cultursprachen 
begründen,  eine  steigende  Anerkennung  als  Schulen  allgemeiner  Bildung  sich 
erworben.  Diese  Erfahrung  ist  sowohl  an  preufsischen  als  an  aufserpreufsischen 
deutschen  Lehranstalten  dieser  Art  gemacht  worden. 

Nicht  bestätigt  hat  sich  femer  der  in  der  Unterrichtsordnung  von  1859 
zur  (Geltung  gelangte  Gesichtspunkt,  dafs  alle  realistischen  Lehranstalten  von 
geringerer  Cursusdauer,  als  die  der  Gymnasien  und  Bealschulen  1.  Ordnung  ist, 
im  Wesentlichen  nur  als  die  untere  Abteilung  von  Bealschulen  1.  Ordnung  be- 
trachtet werden,  denen  der  Abschlufs  durch  die  Prima  fehlt;  vielmehr  hat  es 

*)  S.  C.-61.  1874  p.  1  -179.  Besondere  Ausgabe  BerUn  1874  im  Verlage 
von  W.  Hertz. 


111 

sich  als  zweifelloses  Bedürfnis  erwiesen,  dafs  fär  eine  höhere  hfirgerliche  Bildung* 
Schulen  errichtet  werden,  welche  in  sechsjähriger  Lehrdaner  —  vom  9.  Lehens- 
jahre der  Schüler  gerechnet  —  unter  AusschluTs  des  lateinischen  Unterrichts 
zu  einem  bestimmten,  nicht  auf  die  Fortsetzung  durch  weiteren  allgemeinen 
Unterricht  hinweisenden  Abschlüsse  führen  und  den  als  reif  entlassenen  Schülern 
die  Erwerbung  des  Militärzeugnisses  vermitteln.  Lateinlose  höhere  Bürger- 
schulen der  bezeichneten  Art  bestehen  in  dem  aufserpreufsischen  Deutschland 
in  grofser  Zahl,  in  Preufsen  vorläufig  noch  in  geringer,  sind  aber  auf  Grund 
ihrer  Erfolge  in  Zunahme  begriffen. 

Aus  diesen  Gründen  ist  es  als  zweckmäfsig  erschienen,  mit  der  Bevision 
der  Lehrpläne  für  die  Gymnasien  und  Bealschulen  1.  Ordnung  zugleich  Normal- 
Lehrpläne  für  die  lateinlosen  Bealschulen  von  neunjähriger  Lehrdauer  und  für 
die  lateinlosen  höheren  Bürgerschulen  von  sechsjähriger  Lehrdauer  zu  entwerfen 
und  dadurch  die  gesamten  Verhältnisse  der  höheren  Schulen  zu  klarer  Ueber- 
sicht  zu  bringen. 

2.  An  den  Gymnasien  ist  es  seit  der  im  Jahre  1856  getroffenen 
Aenderung  des  Lehrplanes  als  ein  Uebelstand  empfunden  worden,  dafs  in  den 
drei  Jahrescursen  der  untersten  Klassen  je  eine  neue  fremde  Sprache  in  den 
Unterricht  eingeführt  wird,  in  Sexta  die  lateinische,  in  Quinta  die  französische, 
in  Quarta  die  griechische.  Da  überdies  in  Quarta  der  Beginn  des  mathematischen 
und  des  eigentlich  historischen  Unterrichts  hinzutritt,  so  erklärt  sich  daraus, 
dafs  ein  erheblicher  Teil  der  Schüler  einer  längeren  Dauer  des  Aufenthaltes 
in  Quarta  bedarf  oder  die  Quarta  überhaupt  nicht  überschreitet. 

Femer  läfst  sich  von  dem  natnrbeschreibenden  Unterricht  an  Gymnasien 
ein  befriedigender  Erfolg  nicht  erwarten,  nachdem  durch  die  Lehreinrichtung 
von  1856  derselbe  in  Quarta  unterbrochen  wird  und  selbst  far  Sexta  und  Quinta 
ein  gänzliches  Aufgeben  dieses  Unterrichts  den  Schulen  gestattet  ist.  Dazu 
kommt,  dafs  überdies  dem  physikalischen  Unterricht  in  Secunda  nur  eine 
wöchentliche  Lehrstunde  zugewiesen  ist.  Die  hieraus  sich  ergebende  Beeinträch- 
tigung der  naturwissenschaftlichen  Elementarbildung  trifft  diejenigen,  welche 
dem  naturwissenschaftlichen  oder  einem  damit  zusammenhängenden  Studium 
sich  später  widmen,  noch  nicht  einmal  so  nachteilig,  als  alle  die  anderen,  deren 
Beru&studium  keinen  Anlafs  giebt  zur  Ausfüllung  dieser  Lücken. 

Dem  an  erster  Stelle  bezeichneten  Uebelstande  läfst  sich  nicht  dadurch 
abhelfen,  dafs  der  Unterricht  im  Französischen,  wie  dies  vor  1856  der  Fall 
war,  auf  die  Klassen  von  Tertia  aufwärts  beschränkt  werde.  Das  Gymnasium 
ist  allen  seinen  Schülern,  nicht  blofs  denen,  welche  etwa  schon  aus  den  mitt- 
leren Klassen  abgehen,  die  zeitigere  Einführung  in  diese,  für  unsere  gesamten 
bürgerlichen  und  wissenschaftlichen  Verhältnisse  wichtige  Sprache  unbedingt 
schuldig.  Dagegen  läfst  sich  der  Beginn  des  griechischen  Unterrichts,  unter 
annähernder  Beibehaltung  der  Gesamtzahl  der  ihm  jetzt  am  Gymnasium  ge- 
widmeten Lehrstunden,  auf  Tertia  verlegen,  ohne  dadurch  den  Erfolg  desselben 
zu  beeinträchtigen,  sofern  dafür  gesorgt  wird,  dafs  in  der  grammatischen  Seite 
des  Unterrichtes  gegenüber  der  Leetüre  das  richtige  Mafs  eingehalten  wird. 
Durch  diese  Aenderung  wird  nicht  nur  für  die  Entwickelung  des  naturbeschrei- 
benden Unterrichts  der  erforderliche  Baum  beschafft,  sondern  es  werden  zugleich 
die  Lehrpläne  der  Gymnasien  und  Bealschulen  1.  Ordnung  für  die  drei  untersten 
Jahrescurse  einander  so  angenähert,  dafs  bis  zur  Versetzung  nach  Untertertia 
der  Uebergang  von  der  einen  Kategorie  der  Schulen  zu  der  anderen  unbehindert 
ist  Die  daraus  sich  ergebende  Folge,  dafs  erst  nach  dreijährigem  Schulbesuche 
die  Entscheidung  für  Gymnasium  oder  Bealschule  1.  Ordnung  erforderlich  ist» 
wird  um  so  beachtenswerther  erscheinen,  wenn  man  in  Betracht  zieht»  dafs  an 


112 

150  Orten  nnr  gymnasiale,  an  81  Orten  nnr  realistiBche  Anstalten  mit  lateini- 
schem Unterrichte  bestehen. 

3«  An  den  Bealschnlen  1.  Ordnnng  (Realgymnasien)  entsprechen 
in  der  weit  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  die  Erfolge  des  lateinischen 
Unterrichts  weder  dem  Mafse  der  anf  denselben  verwendeten  Zeit,  noch  ins- 
besondere der  Bedeutung,  welche  diesem  Unterrichte  in  der  gesamten  Lehrein- 
richtung dieser  Anstalten  zugewiesen  ist.  Der  Mangel  ausreichenden  Erfolges 
trifft  vorzugsweise  oder  ausschliefslich  die  obersten  Klassen  und  wird  nach  dem 
übereinstimmenden  Urteile  der  Fachkenner  dem  Umstände  zugeschrieben,  dafs 
in  diesen  Klassen  die  Zahl  der  lateinischen  Lehrstunden  auf  ein  zu  geringes 
Mafs  herabgesetzt  ist  Anderseits  hat  auf  dem  naturwissenschaftlichen  Oebiete 
die  Ausdehnung  des  naturbeschreibenden  Unterrichts  bis  in  die  obersten  Klassen 
den  kaum  zu  vermeidenden  Anlafs  gegeben,  die  der  Schule  gestellte  Aufgabe 
zu  überftchreiten  und  in  theoretische  Hypothesen  einzugehen,  deren  Erwägung 
dem  Fachstudium  auf  einer  Hochschule  überlassen  bleiben  mufs.  Die  hiermit 
verbundene  Zersplitterung  des  naturwissenschaftlichen  Interesses  in  den  obersten 
Klassen  auf  drei  Gebiete,  Naturbeschreibung,  Physik  und  Chemie,  ist  entschieden 
nachteilig,  so  dafs  der  Erfolg  nicht  dem  Aufwände  an  Zelt  entspricht.  Durch 
«ine  veränderte  Abgrenzung  und  Anordnung  wird  es  möglich,  dem  naturwissen- 
schaftlichen Unterrichte  bei  einer  nur  wenig  verminderten  Stundenzahl  die  ge- 
bührende Bedeutung  in  vollem  Mafse  zu  erhalten  und  zugleich  dem  lateinischen 
Unterrichte  die  unerläfsliche  Verstärkung  zu  verschaffen. 

4.  Die  lateinlosen  Bealschulen  v|on  neunjähriger  Lehrdauer 
(Ober-Bealschulen)  haben  sich  im  Wesentlichen  selbständig  entwickelt,  ohne 
dafs  im  Voraus  ein  Normalplan  für  die  Stundenzahl  und  für  die  in  den  einzelnen 
Gegenständen  zu  erreichenden  Lehrziele  vorgezeichnet  war.  In  Folge  hiervon 
sind  sie  nicht  frei  von  der  Gefahr  geblieben,  durch  eine  überwiegende  Hin- 
gebung an  die  mathematisch -naturwissenschaftliche  Seite  des  Unterrichts  den 
Charakter  von  Fachschulen  anzunehmen.  Dieser  Gefahr  vorzubeugen  liegt  im 
dringenden  Interesse  dieser  Schulen;  denn  nur  insoweit  dieselben  den  that- 
sächlichen  Beweis  liefern,  dafs  auch  unter  Beschränkung  auf  moderne  Sprachen 
der  Aufgabe  der  sprachlich  formalen  und  der  ethischen  Bildung  vollständig 
Genüge  geschieht,  sind  dieselben  fähig,  als  Schulen  allgemeiner  Bildung  neben 
den  Gymnasien  und  den  Bealschulen  1.  Ordnung  zu  gelten. 

5.  Bei  den  lateinlosen  höheren  Bürgerschulen  ist  hier  und  da 
das  Streben  nach  einer  Steigerung  der  Lehrziele  ersichtlich  geworden;  diesen 
an  sich  aus  schätzbaren  Motiven  hervorgegangenen  Bestrebungen  mufs  vor- 
gebeugt werden,  wenn  diesen  Schulen  die  segensreiche  Wirksamkeit  auf  weite 
Kreise  gesichert  werden  soll. 

Nach  diesen  Grundsätzen  sind  die  in  der  Anlage  beigeschlossenen  Lehr- 
pläne f&r  die  höheren  Schulen  ausgearbeitet.  Dieselben  sind,  unter  den  nach- 
her zu  bezeichnenden  Modalitäten,  mit  dem  Beginne  des  Schuljahres  1882/83 
zur  Ausfahrung  zu  bringen. 

Vorausgesetzt  ist  für  die  Ausführung  der  vorliegenden  Lehrpläne,  dafb 
die  an  der  weit  überwiegenden  Mehrheit  der  höheren  Schulen  geltende  Ein- 
richtung der  Jahrescurse  —  und  zwar,  sofern  nicht  Wechselcöten  bestehen, 
von  Ostern  zu  Ostern  —  und  der  Jahresversetzungen  überall  zu  strenger 
Durchführung  gelange  und  das  an  einzelnen  Anstalten  noch  zugelassene  Zu- 
sammendrängen der  für  Jahresdauer  bestimmten  Lehraufgabe  einer  Klasse  auf 
ein  Semester  ebenso  wie  die  Teilung  der  drei  unteren,  auf  Jahresdauer  be- 
stimmten Klassen  in  zwei  aufsteigende  Klassen  von  je  halbjähriger  Lehrdauer 
abgestellt  werde.   Im  Hinblick  darauf,  dafs  die  unvermeidliche  Hast  des  Unter- 


113 

richts  bei  semeBtralem  Zusammendrängen  des  Jahrespensnms  die  Freudigkeit 
der  Schüler  an  dem  Gelingen  ihrer  Arbeit  and  die  Sicherheit  der  Aneignung 
des  Lehrstoffes  gefährdet,  und  dafs  andererseits  die  Zerlegung  der  JahresCnrse 
in  semestrale  Abteilangen  die  Lehrzeit  der  Schüler  thatsächlich  za  verlängern 
pflegt,  ist  für  den  Erfolg  des  Unterrichts  and  im  Interesse  der  Jagend  ent- 
scheidender Werth  darauf  zu  legen,  daCs  die  bezeichneten  Abweichungen  von 
den  Jahrescursen  und  JahresTersetzongen,  wo  sie  noch  bestehen,  baldigst  ab- 
gestellt werden.  Nicht  als  Abweichung  ist  zu  betrachten,  wenn  in  Klassen  von 
zweijähriger  Lehrdauer,  welche  in  allen  Lehrgegenständen  ungetrennt  unterrichtet 
werden,  einzelnen  Schülern  die  Versetzung  in  die  obere  Abteilung,  welche  sie 
nach  einjährigem  Besuche  der  Klasse  noch  nicht  erreicht  haben,  nach  andert- 
halbjährigem Besuche  bewilligt  wird. 

Durch  die  den  Lehrplänen  beigefügten  Erläuterungen  ist  auf  einige 
wesentliche  Gesichtspunkte  hinge¥desen,  welche  für  das  Verfahren  beim  Unter- 
richte und  insbesondere  für  das  Mafs  der  an  die  Schüler  zu  stellenden  An- 
sprüche einzuhalten  sind.  Die  LehrercoUegien  und  deren  Vorsteher  werden 
darin  einen  Anlafs  zu  erneuten  didaktischen  Erwägungen  finden,  um  so  mehr, 
da  sie  sich  der  Ueberzeugung  nicht  verschliefsen  können,  dafs  durch  eine  Beihe 
thatsächlich  bestehender  und  nicht  zu  ändernder  Umstände  die  erspriefsliche 
Erteilung  des  Unterrichts   an  den   höheren  Schulen   erheblich  erschwert  wird. 

Die  Ansprüche,  welche  an  die  Lehrer  der  höheren  Schulen  bezüglich  der 
Höhe  und  des  Umfanges  ihrer  wissenschaftlichen  Studien  gestellt  werden  müssen, 
haben  zu  einem  Ueberwiegen  des  Fachlehrersystems  an  diesen  Anstalten 
geführt  Man  wird  diese  Entwickelung  nicht  an  sich  for  einen  Nachteil  an- 
zosehen  haben;  denn  ein  Lehrer,  welcher  seinen  Gegenstand  in*  YoUer  Sicher- 
heit beherrscht,  kann  Yorzugsweise  das  Interesse  für  denselben  wecken  und  Er- . 
folge  des  Unterrichts  mit  den  mäfsigsten  Ansprüchen  an  die  Arbeitskraft  der 
Schüler  erreichen.  Aber  die  Gefahr  ist  Yorhanden,  dafs  der  einzelne  Lehrer  in 
den  Anforderungen  für  sein  Gebiet  das  Mafs  aufser  Acht  lasse,  welches  dem- 
selben in  dem  ganzen  Organismus  des  Schulunterrichts  zugewiesen  ist,  und 
dafs  die  von  den  verschiedenen  Seiten  an  den  Schüler  gestellten  Forderungen 
drückend  auf  das  Gesamturteil  über  denselben  wirken. 

Schon  aus  diesem  Grunde  hat  an  mehreren  Stellen  der  Erläuterongen 
auf  das  Einhalten  des  richtigen  Mafses  hingewiesen  werden  müssen;  ein  be- 
sonderer Anla(i9  dazu  liegt  auberdem  in  der  Entwickelung,  welche  mehrere  mit 
ihren  Elementen  in  den  Schulunterricht  reichende  Wissenschaften  in  den  letzten 
Jahrzehnten  erfahren  haben.  Es  genügt,  an  ein  Beispiel  zu  erinnern.  Die 
grammatische  Wissenschaft  der  beiden  classischen  Sprachen  des  Altertums  hat 
in  den  letzten  vier  Jahrzehnten  eine  erheblich  veränderte  Gestalt  gewonnen. 
Die  Formenlehre  ist  auf  historische  Sprachvergleichung  begründet;  für  die 
Syntax  ist  eine  ungleich  specieller  eingehende  Beobachtung  zur  Grundlage  g^ 
macht  und  zugleich  die  historische  Entwickelung  als  mafsgebender  Gesichts- 
punkt anerkannt  Der  Lehrstand  unserer  höheren  Schulen  mufs  allerdings,  wie 
er  darin  bisher  seine  ehrenvolle  Aufgabe  erkannt  hat,  für  seine  Unterrichts- 
gebiete auf  der  Höhe  der  gegenwärtigen  wissenschaftlichen  Forschung  stehen, 
und  der  Unterricht  an  den  höheren  Schalen  darf  nicht  die  Tradition  eines  In- 
haltes bewahren,  welchen  die  wissenschaftliche  Forschung  beseitigt  hat  Aber 
gefihrdet  wird  der  Unterricht  an  unseren  höheren  Schulen,  wenn  das  fär  die 
wissenschaftliche  Forschung  erforderliche  Specialisiren  maßgebend  wird  für  den 
Umfang  der  an  die  Schüler  gestellten  Ansprüche.  Diese  Gefahr  ist  noch  ge- 
steigert durch  die  umsichtige,  aber  ihren  Zweck  verfehlende  Abfassung  nicht 
weniger  Uebungsbücher,  welche  wo  möglich  jedes  Wort  zu  einem  Anlasse  des 
Nachdenkens  för   den  Schüler  zu  machen  suchen  und  durch  die  jede  Zuver- 

Wlete,  Yeiordnuigtn.  8 


114 

sieht  des  Arbeitens  ansschliefsende  Hänfnng  Yon  Schwierigkeiten  eine  Freadig- 
keit  des  Gelingens  nicht  aufkommen  lassen.  Werden  dann  überdies  die  ex- 
tempo'rirten  Leistungen  der  Schüler  in  dieser  Bichtong  znm  Mafsstabe  des 
gesamten  über  sie  zu  fällenden  Urteils  gemacht,  so  wird  begreiflich,  dafs  dieser 
Unterricht,  obwohl  anf  anerkennenswerthen  wissenschaftlichen  Stadien  nnd  auf 
methodischer  Erwägung  beruhend,  dennoch  zu  einer  drückenden  Bürde  für  die 
Schüler  werden  kann.  An  diese  Gefahr  mulüB  durch  das  Beispiel  eines  Lehr- 
gebietes erinnert  werden,  weil  dieselbe  in  beachtenswerthem  Umfange  zur 
Wirklichkeit  geworden  ist. 

In  anderer  Weise  übt  der  namentlich  in  den  letzten  fünfzehn  Jahren  in 
reifsender  Schnelligkeit  gesteigerte  Zudrang  zu  den  höheren  Schulen,  insbesondere 
den  Gymnasien,  einen  erschwerenden  Einflufs  auf  die  erfolgreiche  Erteilung 
des  Unterrichtes  aus.'*^  Wenn  man  selbst  absieht  von  der  Frage,  ob  nicht  mit 
dieser  schnellen  Vermehrung  des  Besuchs  der  höheren  Schulen  der  Procentsatz 
derjenigen  Schüler  sich  gesteigert  hat,  welche  für  die  Aufgabe  derselben  minder 
geeignet,  eben  dadurch  zu  einer  Hemmung  des  Unterrichts  werden,  so  treten 
jedenfalls  zwei  Momente  von  zweifellos  erschwerendem  Einflüsse  hervor. 

Einerseits  hat  eine  ansehnliche  Anzahl  unserer  höheren  Schulen  eine 
Höhe  der  Gesamtjfrequenz  erreicht,  welche  ihre  gesunde  Entwickelung  gefährdet. 
An  mehr  als  einem  Viertel  der  Gymnasien  überschreitet  die  Gesamtzahl  der 
Schüler,  ungerechnet  die  etwa  bestehenden  Vorklassen,  die  Zahl  400  und  reicht 
bis  700  und  sogar  darüber.  In  der  Regel  sind  derartige  Schulen  zugleich  in 
allen  oder  den  meisten  einzelnen  Klassen  mit  der  als  äufserste  Grenze  zulässigen 
Schülerzahl  gefüllt  und  bereiten  dadurch  dem  Erfolge  des  Unterrichts  diejenige 
Erschwerung,  welche  mit  einer  hohen  Schülerzahl  unvermeidlich  verbunden  ist. 
Aber  selbst  wenn  dieser  letztere  Uebelstand  nicht  oder  in  nur  mäfsigem  Grade 
vorhanden  ist,  so  liegt  in  der  Höhe  der  Gksamtfrequenz  an  sich  ein  schwer 
wiegender  Nachteil.  Für  den  Director  ist  es  unter  solchen  Voraussetzungen 
kaum  erreichbar,  dafs  er  die  Gesamtheit  der  Schüler  nach  Betragen,  Fleifs  und 
Leistungen,  geschweige  denn  nach  ihrer  Individualität  kenne  und  durch  diese 
persönliche  Kenntnis  erforderlichen  Falles  zweckmäfsigen  Einflufs  ausübe.  Der 
grofse  Umfang  des  Lehrercollegiums  lockert  das  Band  unter  seinen  einzelnen 
Gliedern,  welches  die  unerläfsliche  und  unersetzliche  Bedingung  eines  einheit- 
lichen Zusammenwirkens  ist.  Die  ganze  Schule  kommt  in  die  Gefahr,  einer  Grofs- 
stadt  darin  ähnlich  zu  werden,  dafs  Lehrer  und  Schüler  fast  wie  fremd  an 
einander  vorübei^^^hen  und  die  persönliche  Teilnahme  der  Lehrer  für  die  Schüler 
auf  ein  verschwindendes  Mafs  herabsinkt.  Das  Urteil  über  jeden  Schüler  wird 
zu  einer  aus  den  einzelnen  Notizen,  hauptsächlich  über  das  Ergebnis  der  schrift- 
lichen Klassenarbeiten,  summirten  Angabe  über  das  Verhältnis  seiner  Leistungen 
zur  Aufgabe  der  Klasse,  ohne  die  belebende  Anerkennung  des  gelingenden 
Strebens  nnd  ohne  die  wohlwollende  Ermunterung  des  ernstlichen,  aber  noch 


*)  Zur  Erläaterang  dieseB  Satzes  können  folgende  Zahlen  beitragen.  Im 
Jahre  1868  bestanden  im  preofsischen  Staate  197  Gymnasien,  höhere  Schulen  der 
verschiedenen  Kategorien  zusammen  369 ;  im  Jahre  1880  war  die  Zahl  der  Gymnasien 
auf  249,  die  der  höheren  Schulen  überhaupt  auf  489  gestiegen.  •—  Im  Jahre  1868 
kam  ein  Gymnasialschüler  in  Freufsen  auf  427,  ein  Schüler  der  höheren  Schulen 
überhaupt  auf  266  Köpfe  der  Bevölkerung;  im  Jahre  1880  war  das  Verhältnis 
der  Gymnasiasten  1 :  362,  das  der  Schüler  höherer  Schulen  überhaupt  1  :  215  (zur 
Vergleichung  kann  dienen,  dafs  gleichzeitig  im  Königreiche  Sachsen  das  Verhältnis 
1  :  624,  bezw.  1  :  281  war).  Im  Jahre  1863  fanden  sich  unter  144  Gymnasien  29, 
also  20®/o,  mit  einer  Frequenz  (ungerechnet  die  VorschuUdassen)  von  mehr  als 
400  Schülern,  im  Jahre  1880  hatten  unter  249  Gymnasien  63,  also  26%  eine 
Frequenz    von  400—700  Schülern. 


115 

nicht  ausreichend  erfolgreichen  Fleifses.  Die  LehrercoUegien  haben  sich  gegen- 
wärtig zn  erhalten,  dafs  eine  solche  blofs  änfserüche  Erfüllnng  des  Berufes 
nicht  blofs  die  sittliche  Einwirkung  des  Unterrichts  aafhebt,  sondern  anch  dem 
Schüler  die  Arbeit  verleidet  nnd  erschwert,  and  dafs  dieselbe  durch  ein  Hinaus- 
gehen der  Schnle  über  die  ihr  angemessenen  Dimensionen  zwar  erklärt,  aber 
weder  nothwendig  veranlafst  wird,  wie  hochschätzbare  Beispiele  des  Gegenteils 
beweisen,  noch  gerechtfertigt  werden  kann.  Anch  in  diesem  Falle  mnfs  an  die 
allgemein  vorhandene  Gefahr  erinnert  werden,  weil  dieselbe  unverkennbar  zum 
Teil  bereits  zur  Thatsache  geworden  ist 

Andererseits  hat  der  Bedarf  an  Lehrkräften  für  die  Erweiterung  der  be- 
stehenden und  für  die  zahlreichen  neu  entstandenen  Lehranstalten  dahin  geführt, 
dafs  in  der  Begel  die  Lehramtscandidaten  unmittelbar  nach  dem  Bestehen  der 
wissenschafklichen  Prüfung  mit  der  Beschäfkigung  und  Verantwortlichkeit  einer 
Yollen  Lehrkraft  betraut  worden  sind.  Wenn  schon  an  sich  das  Probejahr  nur 
unter  strengster  Einhaltung  der  darüber  getroffenen  Bestimmungen  und  durch 
die  einsichtige  Hingebung  des  Directors  an  die  Beobachtung  und  Anleitung  des 
Candidaten  den  Zweck  der  Einführung  in  die  Kunst  des  ünterrichtens  annähernd 
zn  erreichen  vermag,  so  hat  es  durch  seine  Umwandlung  in  eine  commissarische 
YoUe  Beschäftigung  seine  Bedeutung  grofsenteils  verloren.  Durch  den  in  den 
letzten  Jahren  eingetretenen  erheblichen  Zuwachs  an  Lehramtscandidaten  und 
durch  die  gleichzeitig  seltener  werdende  Errichtung  neuer  Lehranstalten  tritt 
das  Probejiär  gegenwärtig  wieder  in  ordnungsmäfsige  Ausführung;  dieselbe 
wird  des  Erfolges  nicht  entbehren,  wenn  der  Hingebung  der  Directoren  an  ihre 
Aufgabe  die  Ueberzeugnng  der  Candidaten  entgegenkommt,  dafs  sie  das  Lehren 
erst  zu  leroen  haben. 

Die  Bevision  der  Lehrpläne  hat  wesentlich  den  Zweck  verfolgt,  Hinder- 
nisse zu  beseitigen,  welche  in  der  Lehreinrichtung  der  höheren  Schulen  selbst 
den  Erfolgen  ihres  Unterrichts  entgegenstehen;  dagegen  vermag  dieselbe  nicht 
Schwierigkeiten  zu  lösen,  welche  aus  anderen  thatsächlichen  Verhältnissen  her- 
vorgehen. Die  Directoren  und  LehrercoUegien  werden  nicht  verkennen,  dafb 
in  den  angeführten  hauptsächlichen  Schwierigkeiten  zugleich  einige  der 
vornehmsten  Anlässe  bezeichnet  sind,  aus  denen  eine  Ueberbürdung  der 
Schüler  in  denjenigen  Fällen  hervorgeht,  in  welchen  dieselbe  als  thatsächlich 
vorhanden  und  durch  die  Ansprüche  der  Schule  selbst  herbeigeführt  anzuerkennen 
ist,  und  dafs  nicht  durch  die  blofse  Beseitigung  einzelner  Mifsgriffe,  sondern 
nur  durch  ein  Gelingen  der  Thätigkeit  der  Schule  in  ihrem  ganzen  Umfange 
die  Ueberbürdungsklagen  können  zum  Verstummen  gebracht  werden.  Zu  der 
bewährten  Berufstreue  der  Directoren  und  der  LehrercoUegien  habe  ich  das  Ver- 
trauen, dafs  dieselben  in  der  Ausführung  der  revidirten  Lehrpläne  eine  erneute 
Anregung  finden  werden,  ihrerseits  dazu  beizutragen,  dafs  der  in  den  Ueber- 
bürdungsklagen hervorgetretene,  das  frische  und  frohe  Leben  der  Schulen  läh- 
mende Gegensatz  des  Elternhauses  zu  den  Forderungen  der  Schule  einem  Ein- 
klänge der  beiden  zum  Zusammenwirken  bestimmten  Factoren  weiche. 

Die  Einführung  der  revidirten  Lehrpläne  kann  nach  der  Natur  der  Sache 
nicht  sofort  im  ganzen  Umfange  eintreten,  vielmehr  sind  für  das  mit  Ostern  d.  J. 
beginnende  Schi^jahr  folgende  Bestimmungen  einzuhalten. 

An  den  Gymnasien  und  Progymnasien  sind  zu  Ostern  d.  J.  die 
revidirten  Lehrpläne  für  die  Elassen  Sexta,  Quinta,  Quarta  (bezw.  wenn  Quarta 
Wechselcöten  hat,  für  den  zu  Ostern  seinen  Gursus  beginnenden  Cötus  der 
Quarta)  einzuführen.  Die  entscheidende  Aenderung  Uegt  darin,  dafs  aus  Quarta 
(bezw.  aus  dem  Ostercötus  der  Quarta)  der  griechische  Unterricht  beseitigt  wird 
nnd  die  dadurch  verfägbar  werdenden  Lehrstunden  zur  Einführung  des  natur- 
geschichtlichen und  zur  Verstärkung  des  französischen  und  des  mathematischen 

8* 


116 

Unterrichtes  verwendet  werden.  Möglicherweise  ist  es  an  einzelnen  Anstalten 
in  Folge  der  Zasammensetzung  des  Lehrercolleginms  schwierig,  die  durch  Be- 
seitigung des  griechischen  Unterrichts  verfügbar  werdenden  Lectionen  in  der 
durch  den  revidirten  Lehrplau  vorgesehenen  Weise  den  anderen  Unterrichts- 
fächern zuzuweisen;  sofern  diese  Schwierigkeiten  sich  nicht  überwinden  lassen, 
kann  unter  der  einzuholenden  Genehmigung  des  Provinzial-SchulcoUegiums  für 
das  nachte  Semester  oder  höchstens  das  nächste  Schuljahr  eine  Abweichung 
von  der  Vorschrifk  bezüglich  der  fraglichen  Verteilung  der  disponibel  werdenden 
Lectionen  zugegeben  werden,  jedenfalls  aber  ist  aus  der  Quarta  (bezw.  dem 
Ostercötus  der  Quarta)  der  griechische  Unterricht  zu  beseitigen.  Von  Tertia 
aufwärts  bleibt  für  das  nächste  Schuljahr  der  Lehrplan  für  das  Griechische  un- 
verändert; mit  Ostern  1883  tritt  die  Aenderung  im  Lehrplane  des  griechischen 
Unterrichts  in  Kraft;  doch  ist  selbstverständlich  für  die  Uebergangszeit  Rück- 
sicht auf  die  Vorbildung  deijenigen  Schüler  zu  nehmen,  mit  denen  dieser  Unter- 
richt bereits  in  Quarta  begonnen  war.  —  Zugleich  ist  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dafs  in  der  Mathematik  die  Tertia,  wenn  irgend  möglich  zu  Ostern  d.  J.,  jeden- 
falls zu  Michaelis  d.  J.  in  zwei  untergeordnete,  getrennt  unterrichtete  Abteilungen 
geteilt  werde.  Die  Erhöhung  des  physikalischen  Unterrichts  in  Secunda  auf 
zwei  Lehrstunden  unter  gleichzeitiger  Kürzung  des  lateinischen  Unterrichts 
um  eine  Stunde  kann,  je  nach  der  Beschaffer^eit  der  verfügbaren  Lehrkräfte 
sofort  zu  Ostern  d.  J.  eintreten  oder  auf  Ostern  1883  aufgeschoben  werden. 

An  den  Realschulen  1.  Ordnung  (Realgymnasien)  und  an  den  dem 
Lehrplane  derselben  folgenden  höheren  Bürgerschulen  (Realprogymnasien)^ 
sind  für  die  Klassen  Sexta,  Quinta,  Quarta  die  durch  den  revidirten  Lehrplan 
beabsichtigten  Aenderungen  der  bestehenden  Einrichtung  so  gering,  dafs  es 
keiner  Schwierigkeit  unterliegen  kann,  dieselben  sofort  zu  Ostern  d.  J.  ein- 
zuführen. Bezüglich  der  Teilung  der  Tertia  für  den  englischen  und  den  mathe- 
matischen Unterricht  gilt  dieselbe  Bestimmung,  welche  bezüglich  der  Gymnasial- 
tertia für  den  mathematischen  Unterricht  gegeben  ist;  sofern  nämlich  nicht 
unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegenstehen,  ist  dieselbe  zu  Ostern  d.  J., 
jedenfalls  aber  zu  Michaelis  d.  J.  auszuführen.  Die  Aenderung  des  Lehrplanes 
für  die  oberen  Klassen,  insbesondere  die  Vermehrung  des  lateinischen  Unter- 
richts in  denselben,  ist  durch  die  andere  Verteilung  des  naturwissenschaft- 
lichen Unterrichts,  und  diese  wiederum  dadurch  bedingt,  dafs  die  Natur- 
beschreibung nur  bis  Untersecunda  gelehrt  wird;  daher  ist  im  Schuljahre 
1882/83  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  die  Naturbeschreibung  mit  Untersecunda 
zum  Abschlüsse  zu  bringen,  so  dafs  sodann  zu  Ostern  1883  der  revidirte  Lehr- 
plan für  die  oberen  Klassen  zur  Ausföhrung  gelangt 

Für  die  lateinlosen  Realschulen  von  neunjährigem  Cursus 
(Ober-Realschulen)  und  für  die  lateinloseti  höheren  Bürgerschulen  ist  jetzt 
zuerst  ein  allgemein  einzuhaltender  Lehrplan  aufgestellt  worden.  Durch  die  Publi- 
cation  desselben  werden  nicht  Forderungen  aufgestellt,  welche  sofort  zu  Ostern  d.  J. 
zu  erfüllen  sind,  sondern  den  Directoren  (Rectoren)  dieser  Anstalten  wird  da- 
durch zur  Pflicht  gemacht,  durch  Beseitigung  der  etwa  vorhandenen  erheblicheren 
Abweichungen  von  der  allgemein  vorgezeichneten  Norm  diesen  Kategorieen  von 
Schulen  eine  gleichartige  und  gleiche  Berechtigungen  begründende  Lehrein- 
richtung zu  geben. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten,    von  Gofsler. 


117 


Lehrpläne  für  die  höheren  Schulen. 

I. 
A.  Lehrplan  der  GymnaBlen. 

1.   Zahl  der  Lehrstunden  in  den  einseinen  Klassen  und  Unterriohta« 

gegenständen. 


yi 


IV 


nik 


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IIb 


lU 


n 


Sa. 


bis- 
her 


Aenda- 
nuig 


Christliche  Religionslehre    . 

Deutsch 

Latein 

Griechisch^) 

Franzosisch 

Geschichte  und  Geographie 
Bechnen  ond  Mathematik^) 
Naturbeschreibung  .... 

Physik 

Sehreiben 

Zeichnen 

Sununa 


3 
3 

9 


3 
4 
2 

2 
2 


2 

2 
9 

4 
3 
4 
2 

2 
2 


2 

2 
9 

5 
4 
4 
2 


2 
2 
9 
7 
2 
3 
3 
2 


2 
2 
9 
7 
2 
3 
3 
2 


o 

2 

8 
7 
2 
3 
4 


2 
o 

8 
7 
2 
3 
4 


2 
3 
8 
6 
2 
3 
4 


2 
3 
8 
6 
2 
3 
4 


19 

21 

77 

40 

21 

28 

34 

10 

8 

4 

6 


20 

20 

86 

42 

17 

2& 

32 

8 

6 

6 

6 


—  1 

+  1 

—  9 

—  2 

+  4 
+  3 
+  2 
+  2 
+  2 

—  2 


28 


30 


30 


30 


30 


30 


30 


30 


30 


Bemerkungen. 


^)  Wenn  die  beiden  Tertien  gemeinsohaftHoh  unterrichtet  werden,  so  müssen 
«ie  doch  jedenfalls  im  Grieohisdien  und  in  der  Mathematik  getrennt  werden. 

Der  Unterricht  im  Turnen  ist  für  alle  Schüler  obligatorisch;  Befreiung 
davon  hat  der  Director  auf  Grund  ärztlichen  Zeugnisses,  in  &r  Kegel  nur  auf  die 
Dauer  eines  Halbjahres,  zu  erteilen.  Die  Schule  hat  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dafs  jeder  Schüler  wöchentlich  zwei  Turnstunden  hat. 

Der  Unterricht  im  Zeichnen  ist  für  die  drei  unteren  Klassen  obligatorisch, 
für  die  drei  oberen  facultatiy.  Die  Schule  hat  dafür  zu  sorgen,  dafs  jeder  Schüler 
der  oberen  Klassen,  welcher  es  wünscht,  an  zwei  Zeichenstunden  teilnehmen  kann, 
ohne  dafs  dafür  eine  besondere  Zahlung  aufser  dem  Schulgelde  erhoben  werden 
darf.  Der  Eintritt  in  den  faoultativen  Zeichenunterricht  verpflichtet  den  betreffenden 
Schüler  zur  Teilnahme  für  die  Dauer  eines  Semesters.  Wenn  aus  der  Tertia  eine 
ausreichende  Anzahl  von  Schülern  an  dem  facultativen  Zeichenunterrichte  teil- 
nimmt, so  ist  aus  denselben  eine  abgesondert  zu  unterrichtende  Abteilung  zu  bilden. 

Der  Unterricht  im  Singen  ist  für  die  zwei  untersten  Klüsen  mit  je 
2  wöchentlichen  Stonden  obligatorisch;  Befreiungdavon  hat  der  Director  auf  Grund 
firztlichen  Zeugnisses,  in  der  Regel  nur  auf  die  Dauer  eines  Semesters,  zu  erteilen ; 
diese  erstreckt  sich  jedoch  nicht  auf  den  die  theoretischen  Elementarkenntnisse 
enthaltenden  Teil  des  Unterrichts.  Auch  in  den  Klassen  von  Quarta  an  aufwärts 
sind  die  Schüler  zur  TeihuJmie  an  dem  von  der  Schule  daigebotenen  Gesanff- 
unterriohte  verpflichtet;  doch  hat  der  Director  diejenigen  Schüler  von  der  Teü- 
nahme  zu  befreien,  deren  Eltern  auf  Grund  eines  ärztlichen  Zei^nisses  um  die 
Dispensation  nachsuchen  oder  deren  Mangel  an  Befähigung  zum  Singen  von  dem 
C^anglehrer  constatirt  wird. 


118 

2«  Lehraufgabe  in  den  einzelnen  Untemohtsgegenständen  der  Oymnasien. 

1.  Christliche  Beligionslehre.  A.  Für  Schüler  der  evangelischen 
Confession:  Biblische  Geschichte  des  Alten  und  |besonders  des  Neuen  Testa- 
mentes. Katechismus  mit  den  nothwendigsten  zur  Erläuterung  dienenden 
Bibelstellen.  Erklärung  des  Kirchenjahres;  Einprägnng  einiger  bedeutender 
Kirchenlieder.  Bekanntschaft  mit  dem  Hauptinhalt  der  heiligen  Schrift,  be- 
sonders des  Neuen  Testamentes  (aus  welchem  Abschnitte  in  der  Urschrift  zu 
lesen  für  den  Unterricht  in  der  obersten  Klasse  empfohlen  wird),  und  mit  den 
sicheren  Thatsachen  in  Betreff  der  Abfassung  der  einzelnen  Bücher.  Haupt- 
punkte der  Glaubens-  und  Sittenlehre.  Bekanntschaft  mit  den  Hauptepochen 
der  Kirchengeschichte  und  ihren  hervorragenden  Trägem. 

B.  Für  Schüler  der  katholischen  Confession:  Biblische  Geschichte  des 
Alten  und  besonders  des  Neuen  Testamentes.  Katechismus  mit  den  noth- 
wendigsten zur  Erläuterung  dienenden  Stellen  aus  der  heiligen  Schrift  und  der 
Tradition.  Erklärung  des  Kirchenjahres;  Einprägung  einiger  bedeutender  kirch- 
lichen Hymnen.  Bekanntschaft  mit  dem  Hauptinhalt  der  heiligen  Schrift,  be- 
sonders des  Neuen  Testamentes  (aus  welchem  Abschnitte  in  der  Urschrift  zu 
lesen  für  den  Unterricht  in  der  obersten  Klasse  empfohlen  wird),  und  mit  den 
sicheren  Thatsachen  in  Betreff  der  Abfassung  der  einzelnen  Bücher.  Haupt- 
punkte der  Glaubens-  und  Sittenlehre.  Bekanntschaft  mit  den  Hauptepochen 
der  Kirchengeschichte  und  ihren  hervorragenden  Trägem,  insbesondere  mit  dem 
Leben  grofser  Heiligen. 

2.  Deutsche  Sprache.  Kenntnis  der  wichtigsten  Gesetze  der  Formen- 
lehre und  der  Syntax  der  deutschen  Sprache.  Bekanntschaft  mit  den  Haupt- 
epochen der  Nationallitteratur.  Leetüre  classischer  Werke  aus  der  neueren 
poetischen  und  prosaischen  Litteratur;  Einprägung  zweckmäfsig  ausgewählter 
Gedichte  und  Dichterstellen;  Bekanntschaft  mit  den  hauptsächlichsten  Kunst- 
formen der  Dichtung  und  der  Prosa.  Sicherheit  im  schriftlichen  Gebrauche  der 
Muttersprache  zum  Ausdrucke  der  eigenen  Gedanken  und  zur  Behandlung  eines 
in  dem  eigenen  Gedankenkreise  liegenden  Themas.  Einfache  Uebungen  im 
mündlichen  Vortrage  über  ein  derartiges  Thema  nach  vorausgegangener  Vor- 
bereitung oder  schriftlicher  Bearbeitung. 

3.  Lateinische  Sprache.  Sicherheit  in  der  lateinischen  Formenlehre 
und  Syntax.  Erwerbung  eines  Wortschatzes,  welcher  zum  Verständnis  der 
Schriften  der  classischen  Periode,  soweit  sie  nicht  speciell  technischen  Inhaltes 
sind,  ausreicht,  zu  festem  Besitze  für  spätere  Fachstudien  und  als  Grundlage 
zum  Verständnis  der  daraus  hervorgegangenen  modernen  Sprachen.  Leetüre 
einer  Auswahl  der  dem  Bildungsgrade  der  Schüler  zugänglichen  bedeutendsten 
Werke  der  classischen  Litteratur;  die  Leetüre  hat,  auf  grammatisch  genauem 
Verständnis  beruhend,  zu  einer  Auffassung  und  Werthschätzung  des  Inhaltes 
und  der  Form  zu  führen.  Fertigkeit,  die  lateinische  Sprache  innerhalb  des 
durch  die  Leetüre  bestimmten  Gedankenkreises  schriftlieh  ohne  grobe  Incorrect- 
heit  und  mit  einiger  Gewandtheit  zu  verwenden. 

4.  Griechische  Sprache.  Sicherheit  in  der  attischen  Formenlehre 
und  Bekanntschaft  mit  der  Formenlehre  des  epischen  Dialektes;  Kenntnis  der 
Hauptlehren  der  Syntax.  Erwerbung  eines  ausreichenden  Wortschatzes.  Eine 
nach  dem  Mafse  der  verfugbaren  Zeit  umfassende  Leetüre  des  Bedeutendsten 
aus  der  classischen  poetischen  und  prosaischen  Litteratur,  welche  geeignet  ist, 
einen  bleibenden  Eindruck  von  dem  Werthe  der  griechischen  Litteratur  und  von 
ihrem  EinfluTs  auf  die  Entwickelung  der  modernen  Litteraturen  hervorzubringen. 

5.  Französische  Sprache.  Diejenige  Sicherheit  in  der  französischen 
Foimenlehre  und  den  Hauptlehren  der  Syntax  und  derjenige  Umfang  des  Wort- 
schatzes, welche  es  ermöglichen,  französische  Schriften  von  nicht  erheblicher 


119 

Schwierigkeit  zn  Terstehen  und  die  französische  Sprache  innerhalb  des  dnrch 
die  Lectdre  zngefohrten  Gedankenkreises  schriftlich  ohne  grobe  Incorrectheit 
anzuwenden. 

6.  Hebräische  Sprache  (facnltatiy).  Der  hebräische  Unterricht 
wird  in  Seconda  nnd  Prima  mit  je  zwei  wöchentlichen  Lehrstanden  erteilt  Die 
Aufgabe  desselben  ist:  feste  Aneignmig  der  Elemente  der  Formenlehre,  Leetüre 
leichter  Abschnitte  ans  dem  Alten  Testament. 

7.  Geschichte.  Kenntnis  der  epochemachenden  Begebenheiten  der 
Weltgeschichte  and  der  darin  darch  ihre  Bedentang  hervorragendsten  Persönlich- 
keiten, vorzagsweise  der  griechischen,  römischen  und  vaterländischen  Geschichte. 
Chronologische  Sicherheit  in  vorsichtig  beschränktem  Mafse  des  Umfangs  der  For- 
derungen, und  Bekanntschaft  mit  dem  Schauplatz  der  historischen  Begebenheiten. 

8.  Geographie.  Grundlehren  der  mathematischen  Geographie.  Kennt- 
nis der  wichtigsten  topischen  Verhältnisse  der  Erdoberfläche  und  der  gegen- 
wärtigen politischen  Einteilung;  eingehendere  Kenntnis  von  Mittel -Europa  in 
beiden  Beziehungen. 

9.  Bechnen  und  Mathematik.  Sicherheit  im  Bechnen  mit  be- 
stimmten Zahlen,  sowie  in  seiner  Anwendung  auf  die  gewöhnlichen  Verhältnisse 
des  praktischen  Lebens.  Arithmetik  bis  zur  Entwickelung  des  binomischen 
Lehrsatzes,  und  Algebra  bis  zu  den  Gleichungen  des  zweiten  Grades  einschliefs- 
lich.  Die  ebene  und  die  körperliche  Geometrie  und  die  ebene  Trigonometrie. 
Auf  allen  diesen  Gebieten  ist  nicht  blofs  ein  auf  Verständnis  beruhendes  Wissen 
der  Sätze,  sondern  auch  Gewandtheit  in  ihrer  Anwendung  zu  erreichen. 

10.  Naturbeschreibung.  In  der  Botanik:  Kenntnis  der  wichtigeren 
Familien  des  natürlichen  Systems  und  Kenntnis  des  Linnöischen  Systems. 

In  der  Zoologie:  Kenntnis  der  wichtigsten  Ordnungen  aus  den  Klassen 
der  Wirbeltiere,  sowie  einzelner  Vertreter  aus  den  übrigen  Klassen  des  Tierreichs; 
Kenntnis  vom  Bau  des  menschlichen  Körpers. 

In  der  Mineralogie:  Kenntnis  der  einfachsten  Krystallformen  und  ein- 
zelner besonders  wichtiger  Mineralien. 

11.  Physik.  Kenntnis  der  wichtigsten  Erscheinungen  und  Gesetze  aus 
den  verschiedenen  Zweigen  der  Physik,  sowie  der  einfachsten  Lehren  der  Chemie. 
Kenntnis  der  wichtigsten  Lehren  der  mathematischen  Geographie. 

12.  Zeichnen.  Uebung  des  Blickes  und  AugenmsUses.  Ausbildung 
in  der  correcten  Wiedergabe  von  einÜEu^hen  Flachomamenten  und  von  einfachen 
Körpern  nach  Modellen. 

Bei  dem  facultativen  Untericht  in  den  drei  oberen  Klassen  ist  die  Fertig- 
keit im  Zeichnen  nach  körperlichen  Gegenständen  weiter  auszubilden. 

3.  Brlftuterangen  2U  dem  Lehrplane  der  Gymnasien. 

Zu  lA.  und  B.  Durch  den  lehrplanmäfsigen  Beligionsunterricht  soll  dem 
Schüler  ein  solches  Mafs  des  Wissens  auf  dem  religiösen  Gebiete  vermittelt  werden, 
dafs  er  nicht  allein  mit  den  Lehren,  den  Vorschriften  und  der  geschichtlichen  Ent- 
wickelung seiner  Confession  bekannt  ist,  sondern  auch  zu  der  Festigkeit  eines  be- 
gründeten Urteils  über  das  Verhältnis  derselben  zu  anderen  Bekenntnissen  oder  zu 
besonderen  Zeitrichtungen  befähigt  wird.  Dabei  ist  festzuhalten,  dalä  die  Schule 
nicht  Theologie  lehrt,  sondern  Beligionsunterricht  erteilt,  welcher  der  Sammlung 
und  Vertiefung  des  Gemüthes  zu  dienen  hat.  Jede  üeberbürdung  des  Gedächt- 
nisses mit  Daten,  welchen  an  sich  oder  für  das  betreffende  Lebensalter  ein 
religiöser  Gehalt  nicht  beizumessen  ist,  mufs  als  Beeinträchtigung  der  Aufgabe 
des  Religionsunterrichts  fem  gehalten  werden. 

Zu  2.  a.  Die  weit  verbreitete  Ansicht,  dafs  deutsche  Formenlehre 
und  Syntax  nicht  ein  Gegenstand  des  Unterrichts  an  höheren  Schulen, 
sondern  nur  gelegentlich  auf  Anlafs  der  Leetüre  zu  berühren  sei,  ist  veranlafst 


120 

durch  falsche  Methoden,  welche  einerseits  die  Muttersprache  so  hehandelten, 
wie  eine  erst  zn  erlernende  fremde  Sprache,  andererseits  den  Unterricht  darin  zu 
einer  Beispielsammlnng  der  Lo^k  zn  machen  sachten.  Verkannt  ist  in  dieser 
Ansicht,  in  welchem  Umfange  der  Oehildete  über  Punkte  der  Formenlehre  and 
der  Syntax  seiner  Muttersprache  bestimmte  Kenntnis  gewonnen  haben  mufs, 
um  nicht  für  Fälle  des  Zweifels  und  der  Schwankung  dem  Zufall  und  dem 
subjectiven  Belieben  preisgegeben  zu  sein. 

b.  Nicht  aufgenommen  ist  in  die  Lehraofgabe  der  deutschen  Sprache: 
Kenntnis  der  mittelhochdeutschen  Sprache  und  Leetüre  einiger,  nament- 
lich dichterischer,  mittelhochdeutscher  Werke.  Ohne  Beeinträchtigang  anderer 
unabweislicher  Aufgaben  des  deutschen  Unterrichts  oder  ohne  eine  mit  der 
gesamten  Lehreinrichtnng  unvereinbare  Ausdehnung  dieses  Unterrichts  ist  es 
in  der  Regel  nicht  mOglich,  eine  solche  Kenntnis  der  mittelhochdeutschen 
Grammatik  und  der  eigentümlichen  Bedeutung  der  scheinbar  mit  den  jetzt  ge- 
bräuchlichen gleichen  Wörter  zu  erreichen,  dafs  das  Uebersetzen  aus  dem 
Mittelhochdeutschen  mehr  als  ein  ungefähres  Bathen  sei,  welches  der  Gewöhnung 
zu  wissenschaftlicher  Gewissenhaftigkeit  Eintrag  thut.  Vorausgesetzt  wird  dabei, 
dafe  die  Schüler  aus  guten  Uebersetzungen  mittelhochdeutscher  Dichtungen  einen 
Eindruck  von  der  Eigentümlichkeit  der  früheren  classischen  Periode  unserer 
Nationallitteratnr  gewinnen,  und  dafs  der  Lehrer  diese  Litteratur  in  der  Ursprache 
kenne  und  der  mittelhochdeutschen  Grammatik  mächtig  sei. 

c.  Nicht  aufgenommen  ist  femer  als  selbständiger  Lehrgegenstand  die 
deutsche  Litteraturgeschichte,  weil  dieselbe,  wenn  sie  nicht  gegründet  ist 
auf  die  Leetüre  eines  ausreichenden  Teiles  der  betreffenden  Litteratur,  zu  einer 
Ueberbürdung  des  Gedächtnisses  mit  Namen  und  Zahlen  und  zu  der  nachteiligen 
Wiederholung  unverstandener  Urteile  und  allgemeiner  Ausdrücke  führt.  Da- 
gegen wird  gefordert,  dafs  auf  Grund  einer  wohl  gewählten  Klassen-  und  Privat- 
lectüre  die  Schüler  mit  den  Hauptepochen  unserer  Litteratur  bekannt  gemacht 
und  für  die  Heroen  unserer  Litteratur  durch  das  Verständnis  der  bedeutendsten 
ihnen  zugänglichen  Werke  mit  dankbarer  Hochachtung  erfüllt  werden.  Be- 
sonders Werthvolles  aus  der  classischen  Dichtung  des  eigenen  Volkes  als  einen 
unverlierbaren  Schatz  im  Gedächtnisse  zu  bewahren,  ist  eine  nationale  Pflicht 
jedes  Gebildeten;  die  Schule  sorgt  für  die  Erfollung  derselben,  indem  sie  aas 
den  zum  Verständnisse  der  Schwer  gebrachten  Dichtungen  Memorir -Aufgaben 
für  die  ganze  Klasse  zweckmäfsig  auswählt.  Der  sachgemällse  Vortrag  des 
Memorirten  trägt  zugleich  dazu  bei,  das  Verständnis  zu  befestigen  und  die  Fähig- 
keit des  Vorlesens  zu  befördern.  Die  sonst  üblichen  Declamationen  willkürlich 
von  den  einzelnen  Schülern  gewählter  Gedichte  sind  wegen  ihres  zweifelhaften 
Werthes  aui^eugeben.  —  In  einem  ähnlichen  Verhältnis,  wie  zur  Litteratur- 
geschichte, steht  die  Lehraufgabe  der  Schule  zur  Poetik,  Bhetorik,  Metrik.  Der 
Lehrer  mufs  hierüber  ein  begründetes,  systematisch  zusammenhängendes  Wissen 
besitzen;  äet  Schüler  hat  sich  zwar  ein  nicht  geringes  Mafs  von  Kenntnissen 
anzueignen,  aber  ausschliefslich  so,  dafs  die  betreffenden  Belehrungen  zunächst 
der  vollständigen  Auffassung  der  Leetüre  dienen  und  allmählich  in  den  durch  die 
Natur  der  Sache  selbst  gegebenen  Zusammenhang  gebracht  werden.  Die  gleiche 
Stellung  nehmen  zur  Stilistik  und  Dispositionslehre  die  Belehrungen  ein,  welche 
bei  den  Vorbereitungen  der  Bearbeitung  von  Aufsätzen  und  bei  ihrer  Correctur 
zu  geben  sind. 

d.  Anfänge  der  Uebung  im  mündlichen  Vortrage  der  eigenen  Ge- 
danken sind  von  der  Schule  weder  auszuschliefsen,  noch  nothwendig  oder  auch 
nur  zweckmäfsig  auf  die  oberste  Klasse  zu  beschränken.  Für  solche  Vorträge 
ist  genaue  Vorbereitung  zu  fordern,  von  welcher  selbst  schriftliche  Fixirung  der 
Gedanken  nicht  ausgeschlossen  ist,  um  zu  verhüten,  dafs  die  ZuversichÜichkeit 
der  bleiben  Phrase  einen  Werth  gewinne. 


121 

e.  Die  philosophische  Propädeutik  ist  nicht  als  besonderer  ohliga- 
torischer  Gegenstand  im  Lehrplane  bezeichnet  Es  wird  dabei  nicht  verkannt, 
dafs  es  von  hohem  Werthe  ist»  die  Gymnasialschüler  von  der  Nothwendigkeit 
des  philosophischen  Stadiums  für  Jedes  Fachstudium  zn  überzeugen,  femer,  dafs 
es  den  Bildungsgang  der  obersten  Klasse  nicht  überschreitet,  insbesondere 
Hauptpunkte  der  Logik  und  der  empirischen  Psychologie  zu  diesem  Zwecke  zu 
yerwenden,  endlich  dafs  die  philosophische  Propädeutik  aus  anderen  Lehrgegen- 
stfinden  der  Schule  zwar  Unterstützung  findet,  aber  durch  sie  nicht  ersetzt  wird. 
Aber  die  Befähigung  zu  einem  das  Nachdenken  der  Schüler  weckenden,  nicht 
sie  verwirrenden  oder  überspannenden  oder  ermüdenden  philosophischen  Unter- 
richt ist  verhältnismäl^ig  so  selten,  dafs  sich  nicht  verlangen  oder  erreichen 
läfst,  sie  in  jedem  Lehrercollegium  eines  Gymnasiums  vertreten  zu  finden. 
Daher  wird  die  Annahme  dieses  Lehrgegenstandes  der  Erwägung  des  einzelnen 
Directors  mit  den  dazu  geneigten  und  durch  ihre  Studien  vorbereiteten  Lehrern 
za  überlassen  sein,  wobei  dem  E.  Prov.  Schulcollegium  sein  ordnungsmäfsiger 
Einflufs  durch  die  ihm  obliegende  Prüfung  und  Genehmigung  des  Lehrplanes 
gesichert  ist.  Erwähnt  wird  der  Gegenstand  an  dieser  Stelle,  weil  am  häufigsten 
und  natürlichsten  der  Lehrer  des  Deutschen  in  der  obersten  Klasse  diesen 
Gregenstand  übernehmen  wird ;  im  Interesse  sowohl  des  deutschen  als  des  philo- 
sophisch-propädeutischen  Unterrichts  ist  es  wünschenswerth ,  dai^  Lehrer  des 
Deutschen  £e  Befähigung  für  den  letzteren  Unterricht  erwerben.  Jedoch  ist 
die  Aufiiahme  der  philosophischen  Propädeutik  in  den  Lehrplan  des  Gymnasiums 
selbstverständlich  nicht  dadurch  bedingt,  dafs  die  Befähigung  zu  diesem  Unter- 
richte gerade  bei  dem  Lehrer  des  Deutschen  in  Prima  sich  finde. 

Zu  3.  a.  Daf^  for  die  Aufgabe  der  Sprachkenntnis  auf  die  Aneignung 
eines  ausreichenden  Wortschatzes  nicht  geringeres  Gewicht  gelegt  ist,  sJs  ai^ 
die  grammatische  Sicherheit^  wird  keiner  besonderen  Begründung  bedürfen; 
überdies  ist  es  vornehmlich  der  feste  Besitz  des  einmal  erworbenen  Wortschatzes, 
durch  welchen  die  Befriedigung  an  fortschreitender  Leichtigkeit  der  Leetüre 
gewonnen  wird  und  durch  welche  die  Beschäftigung  mit  derselben  ihre  Wirkung 
über  die  Schulzeit  hinaus  erstreckt. 

b.  Die  Aufgabe  des  Gymnasiums  ist  dadurch  noch  nicht  als  erfallt  zu 
betrachten,  daT^  die  Schüler  Schriften  von  irgend  einer  näher  bestimmten  Höhe 
der  Schwierigkeit  lesen  können,  vielmehr  ist  darauf  Werth  zu  legen,  dafs  und 
wie  sie  einen  Kreis  von  Schriften  wirklich  gelesen  haben.  Für  die  Art  der 
Leetüre  sind  die  beiden  Seiten  bezeichnet,  dafs  sie  begründet  sein  mufs  auf 
sprachlicher  Genauigkeit,  und  dafe  sie  fuhren  soll  zur  Auffassung  des  Gedanken- 
inhältes  und  der  Kunstform.  Aus  der  ersteren  Seite  der  Behandlung  ergiebt 
sich  der  formal  bildende  Einfiufs  dieses  Unterrichts,  aus  der  anderen  Seite 
der  Anfang  derjenigen  Entwickelung,  welche  in  ihrer  Vollendung  als  classische 
Bildung  bezeichnet  wird.  Eine  Behandlung  der  Leetüre,  welche  die  Strenge  in 
grammatischer  und  lexikalischer  Hinsicht  verabsäumt,  verleitet  zur  Oberflächlich- 
keit überhaupt;  eine  Behandlung,  welche  die  Erwerbung  grammatischer  und 
lexikalischer  Kenntnisse  zur  Aufgabe  der  Leetüre  macht,  verkennt  einen  wesent- 
lichen Grund ,  auf  welchem  die  Berechtigung  des  lateinischen  Gymnasialunter- 
richts beruht  Auf  den  letzteren  Abweg,  durch  welchen  die  Hingebung  der 
Schüler  an  die  Beschäftigung  mit  den  alten  Sprachen  und  die  Achtung  der 
Gymnasial-Einrichtung  bei  denkenden  Freunden  derselben  gefährdet  wird,  ist 
deshalb  mit  besonderem  Nachdruck  hinzuweisen,  weil  es  in  nicht  seltenen 
Fällen  vorkommt,  dafs  die  Erklärung  der  Classiker,  selbst  auf  den  obersten 
Stufen,  in  eine  Bepetition  grammatischer  Begeln  und  eine  Anhäufdng  stilistischer 
und  synonymischer  Bemerkungen  verwandelt  wird.  In  der  Auswahl  dessen, 
was  in  die  Gymnasiallectüre  aufeunehmen  Pflicht,  was  zulässig,  was  auszu- 
schließen ist,  macht  sich  der  Fortschritt  pädagogischer  Erwägung  im  Unter- 


122 

schiede  von  sabjectivem  Belieben  oder  blofs  gelehrtem  Interesse  kenntlich. 
Durch  die  Erörterung  in  Fachconferenzen  der  einzelnen  LehrercoUegien,  in 
Directoren-Conferenzen,  sowie  in  Abhandinngen  der  Fachzeitschriften  werden 
die  betreffenden  Fragen  auf  Grund  der  gemachten  Erfahmngen  ihre  weitere 
Elärnng  finden.  —  Die  gedächtnismäfsige  feste  Einprägang  hervorragend 
bedeutender  Stellen  ans  der  classischen,  insbesondere  poetischen  Litterator  bildet 
einen  werthvollen  Besitz  für  das  Leben;  jedoch  hat  bei  der  Auswahl  der  Auf- 
gaben hierzu  die  Schule  das  vorsichtigste  MaTs  einzuhalten. 

c.  Die  Uebungen  im  schriftlichen  Gebrauche  der  lateinischen  Sprache 
sind  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  ein  unentbehrliches  Mittel  zu  fester  An- 
eignung der  Grammatik  und  des  Wortschatzes.  In  den  oberen  Klassen  wurde  in 
früherer  Zeit  der  Zweck  verfolgt,  dafs  die  Schüler  des  Gymnasiums  die  lateinische 
Sprache  zum  Organe  für  den  Ausdruck  ihrer  Gedanken  machen  könnten.  Mag  man 
nach  verschiedener  Ansicht  darin  blofs  eine  Erbschaft  aus  einem  Zeitalter  sehen, 
in  welchem  das  Latein  die  internationale  Sprache  der  Gebildeten  war,  oder  mag 
man  darin  einen  Ausdruck  des  Werthes  finden,  welchen  die  selbständige  Herr- 
schaft über  eine  fremde,  insbesondere  eine  von  der  Muttersprache  weit  entfernte 
Sprache  für  die  formale  Gedankenbildung  besitzt:  jedenfalls  ist  ein  solches  Ziel, 
von  allen  etwaigen  Zweifeln  an  seinem  Werthe  abgesehen,  nicht  mehr  erreichbar, 
seitdem  selbst  unter  den  Meistern  der  Philologie  diese  Virtuosität  nicht  mehr 
Begel  ist  und  daher  diesem  Teile  des  Gymnasialunterrichts  nicht  selten  die 
unerläfsliche  Bedingung  des  Erfolges  fehlt,  das  eigene  sichere  und  leichte  Können 
des  Lehrers.  Daraus  folgt  aber  nicht,  dafs  die  uebungen  im  schriftlichen  Ge- 
brauche der  lateinischen  Sprache  au&uhören  haben,  sondern  dafs  sie  eine  Herr- 
schaft über  die  Sprache  nur  innerhalb  des  durch  die  Leetüre  zugeführten  Ge- 
dankenkreises und  Wortschatzes  erfordern  dürfen.  Als  Yerwerthung  der  Leetüre 
geben  die  uebungen  im  Lateinschreiben,  sowohl  üebersetzungen  ins  Lateinische 
als  Bearbeitung  von  Aufsätzen,  erfahrungsmäfsig  den  wichtigsten  Beitrag  zur 
Vertiefung  der  Leetüre  in  Hinsicht  auf  Sprache  und  Gedankeninhali  In  der 
bezeichneten  Begrenzung  sind  die  lateinischen  Aufsätze  als  ein  integrirender 
Teil  des  lateinischen  Unterrichts  in  den  oberen  Klassen  beibehalten  worden» 
Die  Uebung  im  mündliehen  Gebrauche  der  lateinischen  Sprache  zur  Bepetition 
und  mannigfachen  Yerwerthung  des  Gelesenen  (nicht  zu  der  erst  das  Verständnis 
vermittelnden  Erklärung),  schon  in  mittleren  Klassen  zweckmäfsig  anwendbar, 
ist  geeignet,  die  prompte  Herrschaft  über  einen  bestimmten  Sprachschatz  zu 
fördern  und  das  lateinische  Schreiben  wesentlich  zu  unterstützen.  —  Die  Ver- 
suche, Abschnitte  aus  modernen  Schriftstellern  in  das  Lateinische  zu  übersetzen, 
haben  bei  geschickter  Leitung  den  Werth,  dafs  sie  zu  scharfer  Auffassung  der 
in  modemer  Form  ausgesprochenen  Gedanken  und  zur  Erwägung  der  Ausdrucks- 
mittel der  lateinischen  Sprache  führen;  sie  sind  in  der  Lehraufgabe  nicht  aus- 
drücklich erwähnt,  weil  sich  für  die  Höhe  der  zu  stellenden  Forderungen  kaum 
ein  bestimmtes  Mafs  bezeichnen  läfst. 

Zu  4.  Die  bei  dem  lateinischen  Unterricht  ausgesprochenen  Bemerkungen 
über  den .  gleichen  Werth  der  beiden  Seiten  der  sprachlichen  Kenntnisse,  der 
grammatischen  und  der  lexikalischen,  über  die  Schreibübungen  in  der  ersten 
Hälfte  der  Unterrichtszeit,  über  die  für  die  Klassenlectüre  an  die  Erklärung  zu 
stellenden  Forderungen  und  über  die  Wahl  der  Gegenstände  für  die  Leetüre 
und  das  Mafs  der  Aufgaben  für  das  Memoriren  haben  auch  für  das  Griechische 
Geltung.  Der  syntaktische  Unterricht,  welcher  besonders  in  den  letzten  zwei 
Jahrzehnten  an  manchen  Gymnasien  eine  in  das  Speciellste  eingehende  Aus- 
führung erhalten  hat,  ist  auf  die  klare  Einsicht  in  die  Hauptgesetze  und  auf 
deren  feste  Einprägung  zu  beschränken.  Die  Schreibübungen  haben  auch  in 
der  zweiten  Hälfte  der  Unterrichtszeit  nur  den  Zweck,  durch  Befestigung  der 
Kenntnisse  der  Formenlehre  und  durch  Eingewöhnung  in  die  Grundlehren  der 


123 

Syntax  die  grammatische  Gründlichkeit  der  Leetüre  zu  sichern.  In  der  Prima 
ist  der  grammatischen  Bepetition  und  den  Schreibübnngen  zusammen  nur  eine 
Ton  den  sechs  wöchentlichen  Lehrstunden  zu  widmen,  die  übrigen  fallen  der 
Lectnre  zu.  Die  Aufgabe  der  Leetüre  selbst  findet  bei  richtiger  Behandlung 
eine  natürliche  Unterstützung  in  der  Anziehungskraft,  welche  die  griechische 
Litteratur  auf  die  bildungsfähige  Jugend  ausübt 

Zu  5.  a.  Die  erste  Aufgabe  des  französischen  Unterrichts,  Richtigkeit 
der  Aussprache  und  Geläufigkeit  des  Lesens  bei  den  Schülern  zu  er- 
reichen, hat  je  nach  dem  in  der  betreffenden  Gegend  herrschenden  Dialekte 
einen  verschiedenen  Grad  der  Schwierigkeit;  aber  bis  zu  einem  gewissen 
Mafse  muTs  diese  Aufgabe  jedenfalls  erfüllt  werden. 

b..  Das  Mafs  der  far  den  französischen  Unterricht  an  Gymnasien  ver- 
fügbaren Zeit  und  Arbeitskraft  und  die  Erschwerung,  welcher  der  Elassenunter- 
richt  im  Vergleiche  zu  dem  Privatunterrichte  unterliegt,  machen  es  nothwendig, 
aasdrucklich  darauf  zu  verzichten,  dafs  eine  Geläufigkeit  im  freien  münd- 
lichen Gebrauche  der  französischen  Sprache  erreicht  werde.  Aber  unter 
Veizichtleistung  auf  ein  in  dieser  Höhe  nicht  erreichbares  Ziel  sind  diejenigen 
üebungen,  welche  der  Vorbereitung  dazu  dienen,  angelegentlich  zu  empfehlen. 
Behufs  sicherer  Gewöhnung  des  Ohres  an  das  fremde  Idiom  und  gleichzeitiger 
Befestigung  in  der  Orthographie  sind  in  den  mittleren  Klassen  von  Zeit  zu 
Zeit  statt  der  Extemporalien  französische  Dictate  niederzuschreiben  und  von 
dem  Lehrer  zu  corrigiren.  Die  Anwendung  der  französischen  Sprache  bei  Be- 
petition der  Lectfire  giebt  den  natürlichsten  Anlafs,  die  Schüler  nicht  nur  an 
das  Verständnis  der  vom  Lehrer  gesprochenen  Worte  zu  gewöhnen,  sondern  sie 
anch  zum  eigenen  Gebrauche  der  fi^nzösischen  Sprache  zu  fähren,  wenn  der- 
selbe auch  anfangs  nur  in  einer  wenig  variirten  Beproduction  des  Gelesenen 
besteht.  Dagegen  ist  die  Behandlung  des  syntaktischen  Lehrstoffes  in  fran- 
zösischer Sprache  dem  Verständnisse  nachteilig  und  für  die  Sprechübung  von  un- 
erheblicher Bedeutung.  —  Jedenfalls  soll  erreicht  werden,  dafs  dem,  der  die 
Gymnasialreifeprüfung  bestanden  hat,  die  französische  Litteratur  des  nachher 
von  ihm  erwählten  speciellen  Faches  leicht  zugänglich  sei,  und  dafs  er  far  das 
etwa  eintretende  Erfordernis  des  mündlichen  Gebrauches  der  französischen 
Sprache  die  nothwendigen  Grundlagen  des  Wissens  besitze,  zu  denen  nur  die 
Uebung  hinzutreten  muTs. 

c.  Das  bezeichnete  Ziel  wird  durch  die  Aenderung  des  Lehrplanes  leichter 
erreichbar,  da  dem  französischen  Unterrichte  in  den  beiden  ersten  Jahren  der 
Lehrzeit  eine  erhebliche  Erweiterung  des  Umfanges  gegeben  ist  und  derselbe  im 
zweiten  Jahre  nicht  mehr  durch  das  Eintreten  des  Griechischen  beeinträchtigt  wird. 
Ein  weiterer  Grund  zur  Erwartung  günstigerer  Erfolge  liegt  in  der  gröfseren 
Soige,  welche  der  Ausbildung  der  Lehrer  der  französischen  Sprache  gewidmet  wird. 

Zu  6.  Durch  den  hebräischen  Unterricht  auf  dem  Gymnasium  soll  er- 
reicht werden,  dafs  Studirende  der  Theologie  sogleich  bei  ihrem  Eintritt  in  die 
Universität  solchen  Vorlesungen  erklärenden  und  historischen  Inhaltes,  welche  einige 
Kenntnis  des  Hebräischen  voraussetzen,  mit  Verständnis  zu  folgen  im  Stande  sind. 

Zu  7  und  8.  a.  Der  geschichtliche  Unterricht  auf  Gymnasien  hat  sich 
eine  mafsvolle  Beschränkung  zum  Gesetze  zu  machen,  insbesondere  in  zwei 
Beziehungen. 

Erstens  ist  zu  bedenken,  dafs  es  deutsche  Schüler  sind,  denen  der  Unter- 
richt erteilt  wird.  Daraus  ergiebt  sich,  dafs  die  alte  Geschichte  sich  wesent- 
lich den  Völkern  zuzuwenden  hat,  welche  auf  Staat  und  Bildung  des  Vaterlandes 
den  entschiedensten  und  unmittelbarsten  Einfiufs  geübt  haben,  denselben  Völkern, 
deren  Geschichte  überdies  den  Schülern  durch  ihre  lateinische  und  griechische 
Leetüre  näher  gebracht  wird;  femer,  dafs  für  die  mittlere  und  neuere  Zeit 


124 

die  G^Bchichte  des  Vaterlandes,  Deutschlands  and  Prenfsens,  den  Mittelpunkt 
bildet,  und  dafs  die  Gtoschichte  anderer  Cultunrölker  nur  in  dem  Ma&e  hinzu- 
gezogen wird,  als  erforderlich  ist  zum  Verständnis  der  vaterländischen  Geschichte 
und  zur  Bildung  einer  richtigen  Vorstellung  über  den  jeweiligen  hervorragenden 
Einflufs  einzelner  Staaten  aiä  den  allgemeinen  Gang  der  Geschichte. 

Zweitens  ist  die  Auffassung  der  Geschichte  durch  das  Mafs  des  politi- 
schen Interesses  und  Verständnisses  bedingt.  In  dieser  Hinsicht  eine  Früh- 
reife zeitigen  zu  wollen,  würde  ein  schweres  unrecht  sein.  Der  geschichtliche 
Unterricht  der  Gymnasien  hat  seine  Aufgabe  erfüllt,  wenn  er  in  den  Schülern 
die  Hochachtung  vor  der  sittlichen  GrOfse  einzelner  Männer  oder  ganzer  Völker 
gepflegt,  das  Bewufstsein  hervorgerufen  hat,  wie  viel  ihnen  noch  zur  vollen 
Einsicht  fehlt,  und  ihnen  die  Befähigung  gegeben  hat,  die  bedeutendsten  clas- 
sischen  Geschichtswerke  mit  Verständnis  zu  lesen. 

b.  Die  chronologische  Kenntnis,  unentbehrlich  um  die  Erinnerung 
an  die  Thatsachen  vor  Verworrenheit  zu  schützen,  ist  nur  dadurch  zur  Sicher- 
heit zu  bringen,  dafs  Beschränkung  auf  das  dringend  Nothwendige  eingehalten 
wird.  (Empfehlenswerth  ist,  dafs  an  jeder  Anstalt  ein  mafsvoU  bestimmter 
Canon  der  zu  erfordernden  Jahreszahlen  vereinbart  werde.)  Es  ist  unbedingt 
darauf  zu  halten,  dafs  mit  der  Erinnerung  an  jedes  historische  Ereignis  sich 
die  geographische  Kenntnis  seines  Ortes  fest  verbinde. 

c.  In  den  Klassen  VI,  V,  IV  fallen  zwei  wöchentliche  Lehrstunden 
selbständig  dem  geographischen  Unterrichte  zu,  welcher  nicht  mit  dem  ge- 
schichtlichen in  der  Hand  desselben  Lehrers  zu  sein  braucht  (Sofern  von  der 
Zulässigkeit  dieser  Trennung  Gebrauch  gemacht  wird,  ist  der  historische  Unter- 
richt einem  noch  aufserdem  mit  einem  anderen  Gegenstande  in  derselben  Klasse 
betrauten  Lehrer,  sachlich  am  angemessensten  dem  Lehrer  des  Deutschen,  zu- 
zuweisen.) In  lU  gehört  diesem  Unterricht  eine  Stunde  wöchentlich.  Von 
II  an  ist  der  Geschichtsunterricht  stets  zur  Befestigung  der  erworbenen  geo- 
graphischen Kenntnisse  zu  benutzen,  und  es  sind  aufserdem  über  solche  Partien 
des  geographischen  Wissens,  welche  durch  den  geschichtlichen  Unterricht  nicht 
berührt  werden,  von  Zeit  zu  Zeit  Wiederholungen  anzustellen.  —  Die  dritte 
Lehrstunde  in  VI  und  V  ist  biographischen  Erzählungen  zu  widmen.  In  IV 
beginnt  der  geschichtliche  Unterricht  und  wird  in  zwei  Cursen,  einem  niederen 
(IV,  UI)  und  einem  höheren  (II,  I)  durchgeführt. 

d.  Der  geographische  Unterricht  führt  noch  mehr  als  der  historische  in 
die  GefiEihr,  dafs  durch  ein  Uebermafs  von  Namen  und  Zahlen  das  Gedächtnis 
der  Schüler  überbürdet  und  dadurch  die  Festigkeit  der  Erinnerung  gefährdet 
wird.  Erweiterungen  des  geographischen  Wissens  bringt  fast  jedes  Fachstudium 
in  seiner  Weise  und  verbürgt  jedenfalls  das  Interesse  an  den  Ereignissen  der 
Gegenwart.  Aber  unerläfslich  ist,  dafs  der  Schulunterricht  einen  festen  Stamm 
von  Kenntnissen  geschaffen  habe,  an  den  sich  die  Ergänzungen  anschlieiken.  — 
Uebungen  der  Schüler  im  Zeichnen  geographischer  Skizzen  werden  zu  fester 
Einprägung  des  Bildes  dann  am  besten  beitragen,  wenn  der  Lehrer  durch  sein 
Zeichnen  an  der  Tafel  Art  und  Mafs  desselben  zu  bestimmen  vermag. 

e.  Unter  den  in  der  Lehraufgabe  des  geographischen  Unterrichts  auf- 
genommenen Grundlehren  der  mathematischen  Geographie  sind  nur  die 
zum  Verständnis  der  Karten  und  der  topischen  Verhältnisse  der  Erde  unent- 
behrlichen Elemente  gemeint.  Ein  weiteres  Eingehen  mufs  dem  physikalischen 
Unterricht  auf  der  obersten  Stufe  vorbehalten  bleiben,  nachdem  bereits  in  der 
Stereometrie  die  Beschäftigung  mit  den  Eigenschaften  der  Kugel  vorausgegangen 
ist    (VgL  No.  11  und  die  Bemerkungen  dazu.) 

Zu  9.  a.  Die  Vermehrung  der  dem  mathematischen  Unterrichte  zu  wid- 
menden Stundenzahl  ist  nicht  zu  einer  Erhöhung  des  Lehrzieles,  sondern  zur 
Sicherung  des  Wissens  und  des  Könnens  bestimmt    Die  durch  die  Bücksicht 


125 

auf  andere  Lehrgegenstände  gebotene  Beibehaltung  von  drei  Standen  in  Terti& 
giebt  bei  strenger  Einhaitang  der  Jahrescurse  and  bei  der  Trennung  yon  Ober- 
ond  Untertertia  in  diesem  Unterrichte  keinen  Anlafs  za  Bedenken. 

b.  Der  elementare  Bechenanterricht  in  den  unteren  Klassen  ist  so 
zu  erteilen,  dafs  er  mit  dem  darauf  folgenden  arithmetischen  Unterricht  nicht 
nur  im  Einklänge  steht,  sondern  denselben  Yorzubereiten  und  zu  unterstutzen 
geeignet  ist  Für  die  Behandlung  der  sogenannten  bürgerlichen  Bechnungs- 
arten,  denen  in  manchen  Bechenbüchem  ein  groi'ser  Umfang  gegeben  wird,  ist 
wohl  überlegtes  Mafshalten  dringend  zu  empfehlen.  In  vielen  Fällen  liegt  die 
Schwierigkeit  nicht  im  Bechnen  an  sich  oder  in  der  Unterordnung  bestimmter 
Vorkommnisse  des  geschäftlichen  Verkehrs  unter  die  Form  einer  Bechnungsopera- 
tion,  sondern  in  dem  Verständnis  der  betreffenden  Vorkommnisse  des  Verkehrs 
selbst.  Dieses  Verständnis,  für  Knaben  in  den  unteren  Klassen  nur  mit  erheb- 
lichem Zeitaufwand  und  nicht  leicht  mit  dauerndem  Erfolge  erreichbar,  ergiebt 
sich  ohne  Schwierigkeit  für  den  im  Bechnen  überhaupt  Geübten  bei  wirklichem 
Eintritt  in  den  fraglichen  Verkehr. 

c.  Durch  die  Vermehrung  der  dem  mathematischen  Unterricht  in  V  und 
IV  zu  widmenden  Lehrstanden  und  durch  die  strenge  Einhaltung  der  Jahres- 
curse ist  die  Erfüllung  der  für  jede  Klasse  nur  mäfsig  zu  bemessenden  Lehr- 
au^be  ohne  Schwierigkeit  zu  erreichen.  Da  auf  dem  mathematischen  Gebiete 
schwerer  als  auf  einem  anderen  Lücken  im  elementaren  Wissen  und  Können 
sich  durch  PriYatfleifs  ersetzen  lassen,  und  da  die  Schwierigkeit»  welche  dieser 
Unterricht  in  den  oberen  Klassen  zuweilen  macht,  erfahrungsmäf^ig  fast  aus- 
nahmslos auf  elementaren  Lücken  beruht»  so  wird  gewissenhafte  Strenge  in 
der  Versetzung  zu  einer  um  so  dringenderen  Pflicht  gegen  die  Schüler. 

d.  Die  für  VI  und  V  angesetzten  Lehrstunden  gehören  dem  Bechen- 
anterricht an.  Die  für  V  eingetretene  Erhöhung  der  Anzahl  der  Lehrstanden 
ermöglicht  es,  eine  wöchentliche  Lehrstunde  dem  Zeichnen  von  Figuren  mit 
Lineal  und  Zirkel  zu  widmen  und  durch  diese  methodische  Ausbildung  der  An- 
schauung den  davon  ausdrücklich  zu  unterscheidenden  geometrischen  Unterricht 
vorzubereiten.  —  Der  geometrische  Unterricht  ist  neben  dem  Bechenunterricht 
in  Quarta  zu  beginnen,  der  arithmetische  in  Untertertia. 

e.  Die  wirkliche  Aneignung  des  mathematischen  Wissens  und  Könnens 
in  dem  Umfange,  welcher  als  Lehraufgabe  des  Gymnasiums  bezeichnet  ist,  reicht 
nach  den  aus^ilcklichen  Erklärungen  competentor  Fachmänner  des  technischen 
Gebietes  auch  zum  Eintritt  in  die  tedinischen  Hochschulen  aus.  Dieser  Um- 
fang ist  nicht  zu  verringern,  er  ist  aber  auch  nicht  durch  Hineinziehen  der 
sphärischen  Trigonometrie  oder  der  analytischen  Geometrie  oder  gar  der  Diffe- 
rentialrechnung in  den  Schulunterricht  zu  erweitem.  Nicht  ausgeschlossen  ist 
hierdurch,  dafs  unter  geeigneten  Umständen  von  der  sphärischen  Trigonometrie 
80  viel  aufgenommen  werde,  als  zum  Verständnis  der  Grundbegriffe  der  mathe- 
matischen Geographie  dient,  oder  dafs  Elemente  der  Lehre  von  den  Kegel- 
schnitten analytisch  behandelt  werden,  wobei  es  selbt  möglich  ist»  eine  Vor- 
stellung von  dem  Differentialquotienten  zu  geben;  aber  es  darf  den  Schülern 
nicht  einmal  Anlafe  zu  der  Meinung  gegeben  werden,  als  hätten  sie  sphärische 
Trigonometrie  oder  analytische  Geometrie  bereits  kennen  gelernt 

Zu  10.  a.  Der  Unterricht  hat  von  der  Anleitung  zur  Beobachtung  und 
Beschreibung  einzelner  Pflanzen  und  Tiere  ausgehend  die. Schüler,  durch  Ver- 
gleichung  verwandter  Formen  allmählich  zur  Aneignung  der  wichtigsten  Begriffe 
der  Morphologie  und  zur  Kenntnis  des  Systems  hinzuführen. 

b.  Das  Material  des  Unterrichts  bieten  vorzugsweise  die  Vertreter  der 
einheimischen  Tier-  und  Pflanzenwelt,  daneben  einzelne  besonders  charakte- 
ristische Formen  fremder  Erdteile. 


126 


c.  Das  Hauptgewicht  bei  diesem  Unterricht  ist  nicht  sowohl  auf  einen 
grofsen  Umfang  des  Materials,  als  auf  dessen  didaktische  Durcharbeitung 
zu  legen. 

Bezüglich  der  in  demselben  einzuhaltenden  Methode  finden  die  betreffenden 
Erläuternngen  zu  dem  Lehrplane  der  Bealschnlen  analoge  Anwendang. 

Zu  11.  Diejenigen  Zweige  der  Physik,  welche  vorzugsweise  experimentelle 
Behandlung  gestiatten  (Eleklricität,  Magnetismus,  Wärme),  fallen  der  Lehrzeit 
der  Secunda  zu,  womit  auTserdem  ein  kurzer  chemischer  Lehrcursus  zu  verbinden 
ist.  In  der  Prima  tritt  bei  der  Mechanik,  Optik  und  mathematischen  Geo- 
graphie die  mathematische  Begründung  der  Gesetze  hinzu,  soweit  es  die  Kennt- 
nisse der  Schüler  gestatten. 

Zu  12.  Für  den  obligatorischen  Unterricht  in  den  drei  unteren  Klassen : 
Zeichnen  ebener,  gradliniger  und  krummliniger  Gebilde  nach  Vorzeichnung  des 
Lehrers  an  der  Schultafel  und  nach  gedruckten  Wandtafeln;  Beginn  des  Zeich- 
nens einfacher  Holzmodelle  im  UmriTs.  Es  soll  damit  der  Grund  gelegt  werden 
für  das  facultative  Zeichnen  der  übrigen  Klassen,  in  welchem  wesentlich  die 
Wiedergabe  von  schwierigeren  Holzmodellen  und  Geräthen  im  UmriTs  und  von 
einfachen  Gipsmodellen  in  Schattirungen,  darauf  auch  von  plastischen  Orna- 
menten und  von  lebenden  Pflanzen  geübt  wird.  Je  nach  Begabung  und  Fort- 
schritt des  Schülers  ist  hier  auch  das  Zeichnen  nach  anderen  Gegenständen 
gestattet.  —  Bezüglich  der  Verwendung  von  Vorlegeblättem  sind  die  Erläuterungen 
zum  Zeichnen  an  Bealschulen  zu  vergleichen. 

B.  Lehrplan  der  Progymnasien. 

Progymnasien  sind  gymnasiale  Lehranstalten,  denen  die  Prima  fehlt. 
Ihr  Lehrplan   ist  dem  der  Gymnasien   in   den   entsprechenden  Klassen 
identisch;  ihr  Lehrziel  bildet  die  Beife  für  die  Prima  eines  Gymnasiums. 


n. 

A.  Lehrplan  der  Realgymnasien. 

1.  Zahl  der  Lehrstunden  in  den  einzelnen  Klassen  und  Unterrlohts- 

gegenständen. 


VI 


IV 


nib 


lUa 


m 


m 


Ib 


b 


Sa. 


bis- 
her 


Aende- 
niDg 


Christliche  Religionslehre   . 

Deutsch 

Latein 

Pranzosisch    ...... 

Englisch  >) 

Geschichte  and  Geographie 
Bechnen  und  Mathematik^) 
Naturbeschreibung')   .    .    ^ 

Physik 

Chemie') 

Schreiben .  .  . 
Zeichnen  •  •  . 


3 
3 

8 


3 
5 
2 


«  •  • 


2 
2 


2 
3 

7 
5 

3 
4 
2 


2 
3 
7 
5 

4 
5 
2 


2 
2 


2 

3 
6 
4 
4 
4 
5 
2 


2  2 


Summa   28 


30 


30 


2 
3 
6 
4 
4 
4 
5 
2 


2 
3 
5 
4 
3 
3 
5 
2 
3 


2 
3 
5 
4 
3 
3 
5 

3 
2 


2 
3 
5 
4 
3 
3 
5 

3 
2 


2 
3 
5 
4 
3 
3 
5 

3 
2 


2 


32 


32 


32 


32 


32 


32 


19 
27 
54 
34 
20 
30 
44 
12 
12 
6 
4 
18 


20 
29 
44 
34 
20 
30 

134 

7 
20 


—  1 

—  2 
+  10 


—  3 

—  4 

—  3 

—  2 


127 


Bemerkungen. 

')  Wenn  die  beiden  Tertien  gemeinschaftlich  unterrichtet  werden,  so  müssen 
sie  doch  jedenfalls  im  Englischen  und  in  der  Mathematik  getrennt  werden. 

*)  Wenn  die  beiden  Secunden  gemeinschaftlich  unterrichtet  werden,  so  müssen 
sie  doch  jedenfalls  in  Naturbeschreibung  und  Chemie,  wo  möglich  auch  in  der 
Mathematik  und  Physik  getrennt  werden. 

')  Bezüglich  des  Unterrichts  im  Turnen  und  Singen  haben  die  für  die 
Gymnasien  bezeichneten  Bestimmungen  auch  für  die  Realgymnasien  Geltung. 


B.  Lehrplan  der  Ober-Bealsehnleii. 

L  Zahl  der  Iiehrstonden  in  den  einielnen  Klassen  und  Unterriohts- 

gegenständen. 


VI 

V 

IV  lUb  lila  Üb 

na 

Ib 

la 

Sa. 

Christliche  Beligionslehre    . 

3 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

19 

Deutsch 

4 

4 

4 

3 

3 

3 

3 

3 

3 

30 

Französisch 

8 

8 

8 

6 

6 

5 

5 

5 

5 

56 

Englisch^) 

— 

— 

— 

5 

5 

4 

4 

4 

4 

26 

Geschichte  und  Geographie 

3 

3 

4 

4 

4 

3 

3 

3 

3 

30 

Bechnen  und  Mathematik') 

5 

6 

6 

6 

6 

5 

5 

5 

5 

49 

Naturbeechreibung^    .    .    . 

2 

2 

2 

2 

2 

3 

— 

— 

— 

13 

Physik 

— 

— 

— 

— 

— 

4* 

4 

3 

3 

14 

Chemie'} 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

3 

3 

9 

Schreiben 

2 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

6 

Zeichnen 

2 

2 

2 

2 

2 

3 

3 

4 

4 

24 

Summa 

29 

29 

30 

30 

30 

32 

32 

32 

32 

Für  die  ans  den  Yormaligen  höheren  Gewerbeschulen  hervorgegangenen 
Ober-Bealscholen  gilt  bis  auf  einzelne  Modificationen  der  vorstehende  Lehrplan. 
Eine  erheblichere  Abweichung  besteht  nur  darin,  dafs  in  den  beiden  Secunden 
und  Primen  dem  Freihandzeichnen  ansschliefslich  4  Stunden  und  aufserdem 
dem  Linearzeichnen  in  der  Obertertia  2,  in  den  oberen  Klassen  je  4  Standen 
gewidmet  sind.  Es  ist  vorbehalten,  den  letzteren  Unterricht  för  diejenigen 
Schüler,  welche  sich  technischen  Stadien  nicht  widmen  wollen,  facoltativ  zu 
machen. 

Bemerkungen. 

*)  Wenn  die  beiden  Tertien  gemeinschaftlich  unterrichtet  werden,  so  müssen 
sie  doch  jedenfalls  im  Englischen  und  in  der  Mathematik  getrennt  werden. 

')  Wenn  die  beiden  Secunden  gemeinschaftlich  unterrichtet  werden,  so 
müssen  sie  doch  jedenfalls  in  der  Naturbeschreibung  und  der  Chemie,  wo  möglich 
aaoh  in  der  Mathematik  und  Physik  getrennt  werden. 

*)  Bezüglich  des  Unterrichts  im  Turnen  und  Sinken  haben  die  für  die 
Oymnasien  bezeichneten  Bestimmungen  auch  för  die  Ober-Kealschulen  Geltung. 


128 


2.  Lehraufgabe  in  den  einselnen  Unterrtohtsgegenständen  der  Beal- 

gymnasien  und  der  Ober-Bealsohulen. 

1.  Christliche  Beligionslehre.  A.  Für  Schüler  der  evangelischen 
Confession:  Biblische  Geschichte  des  Alten  nnd  besonders  des  Nenen  Testa- 
mentes. Katechismus  mit  den  nothwendigsten  zur  Erläatening  dienenden  Bibel- 
stellen. Erklärung  des  Kirchenjahres ;  Einprägang  einiger  bedeutender  Kirchen- 
lieder. Bekanntschaft  mit  dem  Hauptinhalte  der  heiligen  Schrift,  besonders  des 
Neuen  Testamentes,  und  mit  den  sicheren  Thatsachen  in  Betreff  der  Abfassung 
der  einzelnen  Bücher.  Hauptpunkte  der  Glaubens-  und  Sittenlehre.  Bekannt- 
schaft mit  den  Hauptepochen  der  Kirchengeschichte  und  ihren  hervorragenden 
Trägem. 

B.  Für  Schüler  der  katholischen  Confession:  Biblische  Geschichte  dea 
Alten  und  besonders  des  Neuen  Testamentes.  Katechismus  mit  den  noth- 
wendigsten zur  Erläuterung  dienenden  Stellen  der  heiligen  Schrift  und  der 
Tradition.  Erklärung  des  Kirchenjahres ;  Elnprägung  einiger  bedeutender  kirch- 
licher Hymnen.  Bekanntschaft  mit  dem  Hauptinhalte  der  heiligen  Schrift, 
besonders  des  Neuen  Testamentes,  und  mit  den  sicheren  Thatsachen  in  BetreflT 
der  Abfassung  der  einzelnen  Bücher.  Hauptpunkte  der  Glaubens-  und  Sitten- 
lehre. Bekanntschaft  mit  den  Hauptepochen  der  Kirchengeschichte  und  ihren 
hervorragenden  Trägern,  insbesondere  mit  dem  Leben  grofser  Heiligen. 

2.  DeutscheSprache.  Kenntnis  der  wichtigsten  Gesetze  der  Formen- 
lehre und  der  Syntax  der  deutschen  Sprache.  Bekanntschaft  mit  den  Haupt- 
epochen der  Nationallitteratur.  Leetüre  classischer  Werke  aus  der  neueren 
poetischen  und  prosaischen  Litteratur;  Einprägang  zweckmäfsig  ausgewählter 
Gedichte  und  Dichterstellen;  Bekanntschaft  mit  den  hauptsächüchsten  Kunst- 
formen der  Dichtung  und  Prosa.  Sicherheit  im  schriftlichen  Gebrauche  der 
Muttersprache  zum  Ausdrucke  der  eigenen  Gedanken  und  zur  Behandlung  eines 
in  dem  eigenen  Gedankenkreise  liegenden  Themas.  Einfache  üebungen  im 
mündlichen  Vortrage  über  ein  derartiges  Thema  na<^  vorausgegangener  Vor- 
bereitung oder  schriftlicher  Bearbeitung. 

3.  Lateinische  Sprache.  Sichere  Kenntnis  der  Formenlehre  und 
der  Hauptregeln  der  Syntax  und  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  G^etzen 
der  Verslehre.  Erwerbung  eines  für  die  Schullectüre  ausreichenden  Wortschatzes« 
Leetüre  einer  Auswahl  der  für  die  einzelnen  Klassen  geeigneten  Werke  der 
classischen  Litteratur. 

4.  Französische  Sprache.  Sicherheit  in  der  Formenlehre  und 
Syntax,  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Synonymen.  Erwerbung  eines  für 
das  Verständnis  der  zur  Schullectüre  geeigneten  prosaischen  und  poetischen 
Schriftwerke  ausreichenden  Wortschatzes.  Lectüre  einer  nach  dem  Standpunkte^ 
der  einzelnen  Klassen  getroffenen  Auswahl  von  Schriftwerken.  Befähigung,  in 
einem  Aufsatze  über  ein  leichtes  historisches  Thema  die  französische  Sprache 
ohne  grobe  Incorrectheiten  anzuwenden.  Einige  Uebung  im  mündlichen  Ge- 
brauche der  Sprache  im  Anschlufs  an  die  Lectüre.  —  An  den  Ober-Bealschulen 
mu£3  die  Lectüre  einen  gröfseren  umfang  erreichen  nnd  insbesondere  auf  einige 
geeignete,  im  Gesichtskreise  der  Schüler  Hegende  fachwissenschaftliche  Schriften 
sich  erstrecken.  Im  schriftlichen  Gebrauche  der  Sprache  ist  nicht  nur  Freiheit, 
von  groben  Incorrectheiten,  sondern  auch  einige  stilistische  Gewandtheit  zu 
erreichen.  Auch-  bezüglich  des  mündlichen  Gebrauches  der  Sprache  sind  höhere^ 
Anforderungen  zu  stellen. 

5.  Englische  Sprache.  Sicherheit  in  der  Formenlehre  und  Syntax, 
Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Synonymen.    Erwerbung  eines  für  das  Ver- 


199 

st&ndnis  der  zur  Schnllectäre  geeigneten  prosaischen  and  poetischen  Schrift- 
werke ausreichenden  Wortschatzes.  Leetüre  einer  nach  dem  Standpunkte  der 
einzelnen  Klassen  getroffenen  Aaswahl  von  Schriftwerken.  Einige  Uebung  im 
mändlichen  Oebrauche  der  Sprache  im  Anschlufs  an  die  Leetüre.  —  Für  Ober- 
Bealscholen  finden  die  unter  Nr.  4  enthaltenen  Bestimmungen  bezüglich  des 
Umfanges  der  Lectüre  und  der  Uebung  im  mändlichen  Gebrauche  entsprechende 
Anwendung  auf  die  englische  Sprache. 

6.  Geschichte.  Kenntnis  der  epochemachenden  Begebenheiten  der 
Weltgeschichte  and  der  darin  durch  ihre  Bedeutung  hervorragendsten  Persön- 
lichkeiten, vorzugweise  der  griechischen,  römischen  und  vaterländischen  Ge- 
schichte. Chronologische  Sicherheit  in  vorsichtig  beschränktem  Mafse  des 
Umfangs  der  Forderungen  und  Bekanntschaft  mit  dem  Schauplatz  der  histo- 
rischen Begebenheiten. 

7.  G  e  0 gr  a  p hi  e.  Grundlehren  der  mathematischen  Geographie.  Kenntnis 
der  wichtigsten  topischen  Verhältnisse  der  Erdoberfläche  und  der  gegenwärtigen 
politischen  Einteilung;  eingehendere  Kenntnis  von  Mittel-Europa  in  beiden 
Beziehungen.  Uebersicht  über  die  Hauptverkehrswege  in  und  zwischen  den 
Ländern  der  wichtigsten  Culturvölker  der  Gegenwart. 

8.  Rechnen  und  Mathematik.  Sicherheit  und  Gewandtheit  in  dem 
Rechnen  mit  bestimmten  Zahlen  und  in  dessen  Anwendungen  auf  die  gewöhn- 
lichen Verhältnisse  des  bürgerlichen  Lebens.  Allgemeine  Arithmetik  bis  zu 
den  einfacheren  unendlichen  Reihen;  Algebra  bis  zu  den  Gleichungen  dritten 
Grades  einschliefslich.  Ebene  Geometrie  einschliefslich  der  Grundlehren  der 
synthetischen  Geometrie;  körperliche  Geometrie  nebst  den  Elementen  der  be- 
schreibenden Geometrie.  Ebene  Trigonometrie;  die  Elemente  der  sphärischen, 
soweit  sie  zum  Verständnisse  der  mathematischen  Geographie  erforderlich  sind. 
Elemente  der  analytischen  Geometrie  bis  zu  der  Lehre  von  den  Kegelschnitten 
einschliefslich.  Li  allen  diesen  Zweigen  ist  nicht  nur  sichere  Kenntnis  in  der 
Herleitnng  der  Sätze,  sondern  auch  Uebung  in  deren  Anwendung  zu  erwerben. 
—  An  den  Ober-Realschulen  können  die  Elemente  der  analytischen  Geometrie 
des  Baumes  und  der  Differentialberechnung  hinzugefügt  werden. 

9.  Naturbeschreibung.  In  der  Botanik:  Anleitung  zur  Beobachtung 
und  Beschreibung  einzelner  Pflanzen;  Kenntnis  des  Linn^chen  und  eines  natür- 
lichen Systems,  genauere  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  natürlichen  Familien 
der  einheimischen  Flora.  Kenntnis  der  wichtigsten  Erscheinungen  aus  dem 
Leben  der  Pflanze. 

In  der  Zoologie:  Anleitung  zur  Beobachtung  und  Beschreibung  einzelner 
Vertreter  der  verschiedenen  Klassen.  Kenntnis  der  wichtigsten  Ordnungen  der 
Wirbeltiere  und  Insecten.    Kenntnis  vom  Bau  des  menschlichen  KOrpers. 

In  der  Mineralogie:  Kenntnis  der  wichtigeren  Kiystallformen,  sowie  der 
physikalischen  Eigenschaften  und  der  chemischen  Zusammensetzung  der  be- 
kanntesten Mineralien. 

10.  Physik.  Sichere  Kenntnis  der  wichtigsten  Erscheinungen  und 
Gesetze  aus  den  verschiedenen  Zweigen  der  Physik,  sowie  der  mathematischen 
Herieitung  der  wichtigeren  Gesetze  auf  den  Gebieten  der  Mechanik,  der  Optik 
und  der  mathemathischen  Geographie. 

11.  0  h'emi  e.  Kenntnis  der  wichtigeren  Elemente  und  ihrer  anorganischen 
Verbindungen,  sowie  der  stOchiometrischen  Gesetze.  —  An  den  Ober-Realschulen 
aoikerdem  die  Kenntnis  der  wichtigsten  Stoffe  der  organischen  Chemie. 

12.  Zeichnen.  Uebung  des  Blickes  und  Augenmafses;  Sicherheit  und 
Leichtigkeit  der  Hand.  Fertigkeit  im  Zeichnen  von  Flachomamenten  und  der 
Darstellung  ein&cher  KOrper  und  Geräthe  nach  der  Natur  im  Umriüs;  Uebung 

WIeie,  Vtrordnnngen.  9 


130 

in  der  Wiedergabe  einfacher  plastischer  Ornamente  nnter  Darstellung  der  Be- 
lenchtangserscheinnngen. 

Sicherheit  in  der  Handhabnng  von  Lineal,  Zirkel  und  Beifsfeder;  Elemente 
der  darstellenden  Geometrie. 

3«  Erläutenmgen  su  dem  Lehrplane  für  die  Bealgymnasien  und  die 

Ober-Bealsohulen. 

Zu  1  und  2  gelten  im  Wesentlichen  dieselben  Bemerkungen  wie  zn  dem 
Lehrplane  fSr  Gymnasien.  ImDentschen  tritt  für  die  Bealgymnasien  und  die 
Ober-Bealschulen  die  Aufgabe  hinzu,  durch  die  Leetüre  geeigneter  Ueber- 
Setzungen  eine  Vorstellung  Yon  der  epischen  und  der  tragischen  Dichtung  der 
Griechen  zu  vermitteln. 

Zu  3.  a.  Bei  der  in  der  Unterrichtsordnung  von  1859  f&r  das  Lateinische 
festgesetzten  Stundenzahl  ist  es  besonders  in  Folge  der  gleitenden  Scala  der 
oberen  Klassen  in  diesem  Unterrichte  bisher  nicht  ausreichend  gelungen,  die 
in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  erworbenen  grammatischen  Kenntnisse 
in  sicherem  Besitz  der  Schüler  zu  erhalten  und  sie  zu  befriedigender  Sicherheit 
und  Gewandtheit  im  Uebersetzen  der  Schriftsteller  zu  fahren.  Um  diese  Erfolge 
des  Unterrichts  zu  sichern,  ist  die  Zahl  der  Unterrichtsstunden  in  den  mittleren 
.  und  oberen  Klassen  erhöht  worden.  Der  grammatische  Unterricht  hat  sich  aber 
auch  in  Zukunft  auf  das  in  Formenlehre  und  Syntax  gewöhnlich  Vorkommende 
zu  beschränken  und  in  diesem  Umfange  Sicherheit  der  Kenntnisse  zu  erzielen. 

b.  Die  Leetüre  umfafst  in  der  Prosa  besonders  historische  Schrift- 
steller (Cäsar,  Sallust,  Livius)  und  aufserdem  leichtere  Beden  Ciceros;  in  der 
Poesie  eine  Auswahl  aus  Ovids  Metamorphosen,  Vergils  Aeneide  (bes.  aus 
dem  I.  bis  VI.  Buch)  und  aus  den  lyrischen  Dichtem.  Die  Erklärung  darf 
sich  nicht  auf  grammatische  Bemerkungen  beschränken,  sondern  hat  die  Schüler 
in  das  Verständnis  des  Gelesenen  einzufuhren.  Im  Anschlufs  an  die  Leetüre  sind 
die  Schüler  mit  dem  Wichtigsten  aus  der  lateinischen  Verslehre  (besonders 
dem  elegischen  Versmafs  und  den  gewöhnlichsten  Odenformen)  bekannt  zu  machen. 

Zu  4  und  5.  a.  In  der  Unterrichtsordnung  vom  Jahre  1B59  sind  in  Bezug 
auf  das  Französische  und  Englische  ganz  gleiche  Anforderungen  gestellt, 
namentlich  wird  in  beiden  Sprachen  verlangt,  dafs  die  Abiturienten  im  Stande 
sein  sollen,  über  ein  historisches  Thema  einen  Au&atz  zu  schreiben.  Diese 
Forderungen  haben  erstens  zu  einer  Ueberbürdung  der  Schüler  geführt,  da  die 
Befähigung  zur  Anfertigung  eines  Aufsatzes  nur  durch  fortgesetzte  häusliche 
Uebungen  gleicher  Art  erworben  werden  kann,  und  zweitens  die  Zeit  för  die 
Einführung  der  Schüler  in  die  Bekanntschaft  mit  der  so  werthvoUen  englischen 
Litteratur  erheblich  geschmälert  Deshalb  ist  in  der  vorliegenden  Festeteilung 
der  Lehraufgaben  eine  Aenderung  der  Forderungen  getroffen  in  der  Art,  dafs 
die  beiden  Sprachen  in  ein  ähnliches  Verhältnis  zu  einander  gebracht  sind, 
wie  das  Lateinische  und  Griechische  im  Lehrplan  der  Gymnasien,  d.  h.  dafs 
im  Französischen  ein  gröfserer  Umfang  grammatischer  Kenntnisse  sowie  die  Be- 
flUiigung  zum  freien  schriftlichen  Gebrauche  der  Sprache  gefordert  wird,  während 
im  Englischen  davon  Abstand  genommen  ist  Dem  entsprechend  ist  unter  die 
schriftlichen  Arbeiten  bei  der  Entlassungsprüfung  im  Französischen  ein  Au&atz 
und  ein  Exercitium,  im  Englischen  nur  ein  Exercitium  aufgenommen  worden. 
An  die  Stelle  des  letzteren  ebenso  ¥rie  im  Griechischen  am  Gymnasium  eine 
Uebersetzung  aus  dem  Englischen  zu  setzen,  erscheint  darum  nicht  nothwendig, 
weil  die  dort  bestehende  Gefahr,  dafs  die  Grammatik  auf  Kosten  der  Lecture 
zu  sehr  betont  wird,  bei  den 'ein&cheren  syntaktischen  Verhältnissen  der  letzteren 
Sprache  nicht  zu  besorgen  ist 

b.   Die  Aufgabe,  durch  den  grammatischen  Unterricht  in  einer  fremden 
Sprache  die  Grundlagen  sprachlich-formaler  Bildung  bei  den  Schülern  herzu- 


131 

«stellen,  ist  an  den  Bealgymnasien  im  Wesentlichen  durch  den  lateinischen 
Unterricht  zu  erfüllen;  an  den  Ober-Bealschnlen  fällt  diese  Aufgabe  dem  Unter- 
richt im  Französischen  zn.  Die  Stellung  der  Ober-Bealschnlen  als  Lehr- 
jwstalten  allgemeiner  Bildnng  ist  wesentlich  dadnrch  bedingt,  dafs  for  die 
Methodik  des  Ihinzösischen  Unterrichts,  insbesondere  in  den  drei  untersten 
Xlassen,  dieser  Gesichtspunkt  volle  Berücksichtigung  finde. 

c.  Die  Leetüre  erstreckt  sich  bei  beiden  Sprachen  vorzugsweise  auf 
historische  und  beschreibende  Prosa  und  auf  Dichtungen  der  classischen  Periode; 
!)eim  Französischen  mehr  als  beim  Englischen  auch  auf  Muster  des  abhandeln- 
den, rednerischen  und  Briefstils.  Es  ist  dabei  möglichst  bald  von  dem  Qe- 
brauche  der  Chrestomathieen  zur  Lectüre  von  ganzen  Schriftwerken  fortzuschreiten, 
4eren  Inhalt  und  Darstellung  dem  Standpunkte  der  einzelnen  Klassen  ent- 
spricht Die  Erklärung  hat  die  Aufgabe,  die  Schüler  zu  genauer  sprachlicher 
Auf&ssung  des  Gelesenen  anzuleiten  und  in  das  Verständnis  des  Inhalts  und 
der  Kunstform  von  Schriftwerken  einzufahren.  Namentlich  hat  die  Erklärung 
bei  historischen  Werken,  den  geschichtlichen  Unterricht  ergänzend,  die  Bekannt 
fichaft  mit  den  Begebenheiten  und  den  staatlichen  Einrichtungen  zu  vermitteln. 
—  An  den  Ober-Bealschulen  gestattet  die  gröfsere  Zahl  der  ^nzösischen  und 
«ngliBchen  Lehrstunden  die  Ausdehnung  der  Lectüre  auf  mustergiltige,  für  einen 
weiteren  Leserkreis  bestimmte  Abhandlungen  aus  dem  Bereiche  der  exacten 
Wissenschaften.  Diese  Lectüre  wird,  selbst  abgesehen  von  ihrem  allgemein 
bildenden  Werthe,  dazu  dienen,  die  Schüler  zum  Verständnis  fachwissenschaftlicher 
Ausdrücke  und  Darstellung  anzuleiten.  —  In  keiner  von  beiden  Sprachen  ist  Litte- 
raturgeschichte  zu  lehren,  sondern  es  mufs  genügen,  die  erforderlichen,  auf  das  Noth- 
wendigste  zu  beschränkenden  Mitteilungen  daraus  an  die  Lectüre  anzuschliefsen. 

d.  Die  Uebungen  im  mündlichen  Gebrauche  der  beiden  Sprachen 
haben  an  den  Bealgymnasien  und  den  Ober-Bealschulen  nicht  die  Aufgabe, 
Conversationsfertigkeit  über  Vorgänge  des  täglichen  Lebens  zu  erzielen.  Be- 
züglich der  für  diese  Uebungen  anzuwendenden  Methode  genügt  es,  auf  die  in 
den  Erläuterungen  des  Gymnasial-Lehrplanes  zu  5,  b.  enthaltenen  Bemerkungen 
zn  verweisen.  Aus  der  an  den  Bealanstalten  dem  Unterricht  in  den  modernen 
Sprachen  gegebenen  gröfseren  Ausbreitung  ergiebt  sich  ein  gröfserer  Umfang  und 
ein  höheres  Ziel  der  fraglichen  Uebungen.  An  den  Ober-Bealschulen  treten  zu  den- 
selben in  der  Prima  für  das  Französische  noch  hinzu  kleinere  vorbereitete.Vorträge 
über  Gegenstände,  welche  den  Schülern  aus  dem  Unterrichte  hinlänglich  bekannt 
sind.  —  In  der  Begel  wird  hiemach  für  die  Uebungen  im  mündlichen  Gebrauche 
die  französische  Sprache  um  etwas  vor  der  englischen  bevorzugt  werden;  in- 
dessen können  locale  Verhältnisse  eine  Aenderung  in  dieser  Hinsicht  begründen. 

Zu  6  und  7.  a.  Für  diesen  Unterricht  gelten  im  Wesentlichen  dieselben 
Bemerkungen  wie  fax  den  Lehrplan  der  Gymnasien.  Durch  den  ganzen  Lehr- 
plan der  Bealanstalten  ist  es  jedoch  bedingt,  dafs  in  der  griechischen  und  der 
römischen  Geschichte  der  Umfang  des  Unterrichts  auf  der  oberen  Stufe  hier  mehr 
ieschränkt  wird  (auf  ein  Jahr  in  Secunda,  während  am  Gymnasium  beide  Jahre 
dieser  Klasse  der  alten  Geschichte  zufallen)  und  die  mittlere  und  neuere  Ge- 
flchichte  in  den  Vordergrund  treten.  Wie  an  dem  Gymnasium  steht  auch  hier 
die  vaterländische  Geschichte  im  Mittelpunkt,  und  die  der  anderen  europäischen 
Staaten  kommt  nur  in  Betracht,  soweit  sie  für  die  erstere  von  Bedeutung  ist. 
Bei  dieser  Einflechtung  mufs  aber  die  französische  und  englische  Geschichte 
an  4en  Bealanstalten  eine  gröfsere  Berücksichtig^g  erfahren,  um  die  Einführung 
der  Schüler  in  die  Litteratur  dieser  Völker  zu  erleichtern.  Für  die  Mitteilung 
^n  Thatsachen  und  Zahlen  ist  auch  hier  besonnnenes  Mafshalten  dringend 
nothwendig  und  die  eingehendere  Bekanntschaft  mit  einzelnen  Abschnitten  nur 
durch  die  Lectüre  zu  vermittetai. 


132 

b.  In  den  ElasBen  VI  bis  III  werden  je  zwei  Standen  auf  den  geogra- 
phischen Unterricht  verwendet.  Von  den  drei  far  Geschichte  nnd  Geographie 
in  Secunda  bestimmten  Lehrstnnden  ist  eine  der  ergänzenden  nnd  erweitemdeni 
Sepetition  des  geographischen  Wissens  zu  widmen.  Wenn  der  geschichtliche* 
nnd  geographische  Unterricht  in  einer  Hand  liegen,  ist  es  unbenommen,  die 
drei  wöchentlichen  Stunden  abwechselnd  auf  eines  der  beiden  Fächer  zu  ver- 
wenden. Das  Zeugnis  über  die  Kenntnisse  ist  der  Geographie,  welches  ein 
Schüler  bei  seiner  Versetzung  nach  Prima  erhalten  hat,  in  seiner  Zeit  in  das- 
Reifezeugnis  aufzunehmen. 

Zu  8.  a.  Der  Bechenunterricht  hat  Sicherheit  und  Geläufigkeit  in. 
den  Operationen  mit  Ziffern  zu  erstreben  und  den  arithmetischen  Unterricht' 
auf  diese  Weise  vorzubereiten.  Die  Anwendung  auf  die  Verhältnisse  des  prakti- 
schen Lebens  ist  mehr,  als  an  vielen  fiealanstalten  geschieht,  auf  die  einfacheren 
zu  beschränken;  dagegen  sind  die  schwierigeren  (namentlich  kau^ännischen)^ 
deren  Verständnis  den  Schülern  dieser  Klassen  fem  liegt  und  darum  trotz  aller 
Bemühungen  des  Lehrers  nicht  zur  vollen  Klarheit  gebracht  wird,  von  dem 
Unterrichte  auszuschliefsen.  Der  eigentliche  Rechenunterricht  wird  in  der  Regel 
in  der  Untertertia  mit  Wiederholung  der  früheren  Pensa  seinen  Abschlufs  finden,, 
die  Sicherheit  im  praktischen  Rechnen  ist  aber  bei  den  Schülern  durch  Uebungeu 
|m  arithmetischen  Unterricht  zu  erhalten.  —  Bezüglich  der  in  Quinta  neben» 
dem  Rechenunterichte  vorzunehmenden,  für  den  Unterricht  in  der  Geometrie- 
vorbereitenden Uebung  im  Zeichnen  geometriseher  Figuren  wird  auf  die  Er- 
läuterungen zu  dem  Gymnasial-Lehrplane  9,  d.  verwiesen. 

b.  Der  Umfang  des  mathematischen  Unterrichtes  ist  nach  Stunden- 
zahl und  Lehraufgabe  im  Wesentlichen  ungeändert  gelassen;  nur  sind  die- 
Elemente  der  Integralrechnung  ganz  beseitigt  und  diejenigen  der  Differential- 
rechnung und  der  analytischen  Geometrie  des  Raumes  nur  an  den  Ober-Real- 
schulen als  statthaft  (aber  nicht  als  unbedingt  erforderlich)  gelassen  worden.. 
Das  Pensum  läfst  sich  innerhalb  dieser  Grenzen,  wie  die  Erfahrung  bewiesen 
hat,  auch  bei  mäfsiger  begabten  Schülern  zu  vollem  Verständnis  bringen.  Der 
weitere  Ausbau  der  einzelnen  Disciplinen  wird  nach  den  einzelnen  Jahrgängen 
einer  Schule,  namentlich  in  den  oberen  Klassen,  etwas  verschieden  sein,  in  den 
Ober-Realschulen  bei  der  gröfseren  Stundenzahl  etwas  weiter  gehen,  als  in  den. 
Realgymnasien.  Im  Allgemeinen  ist  aber  darauf  zu  achten,  dafs  auf  Sicherheit 
der  Kenntnisse  und  Gewandtheit  in  deren  Anwendung  das  Hauptgewicht  zu 
legen  ist,  und  dafs  dieser  Gesichtspunkt  bei  der  Auswahl  des  Lehrstoffes  mafs- 
geb'^nd  sein  mufs.  So  ist  z.  B.  bei  der  sphärischen  Trigonometrie  nicht  die 
Herleitung  und  Einübung  der  in  den  meisten  Lehrbüchern  gegebenen  Formeln 
erforderlich,  sondern  es  genügt,  wenn  die  Schüler  die  ersten  Sätze  richtig  auf- 
gefafst  haben  und  dadurch  zur  Berechnung  einfacher  Aufgaben  der  mathematir- 
sehen  Geographie,  wenn  auch  auf  etwas  unbequemerem  Wege,  befähigt  werden. 
—  Es  ist  femer  darauf  zu  achten,  dafs  der  Unterricht  auch  auf  der  obersten. 
Stufe  nicht  einen  ausschliefslich  rechnenden  Charakter  annimmt,  sondern  auch, 
hier  die  Uebung  in  geometrischer  Anschauung  und  Construction  fortgesetzt  wird; 
besonders  ist  im  stereometrischen  Unterrichte  das  Verständnis  projectivischen. 
Zeichnens  vorzubereiten  und  zu  unterstützen. 

Zu  9.  a.  Das  methodische  Verfahren  bei  dem  Unterricht  in  der  Natur- 
beschreibung hat  sich  nur  langsam  entwickelt,  aber  es  ist  nicht  zu  verkennen,, 
dafs  im  letzten  Jahrzehnt  erhebliche  Fortschritte  darin  gemacht  sind.  Es  sind 
jetzt  an  nicht  wenigen  Realanstalten  recht  tüchtige  Vertreter  dieses  Unterrichts^ 
zu  finden,  und  es  läfst  sich  annehmen,  dafs  deren  eine  noch  gröfsere  Zahl  in^ 
der  nächsten  Zeit  herangebil&et  werden  wird.  Dem  entsprechend  ist  das  Streben 
immer  mehr  darauf  gerichtet,  die  Schüler  zur  Beobachtung  und  Beschreibung: 


133 

einzelner  Natorkörper  anzoleiten  and  darch  Yergleiclumg  verwandter  Formen 
2am  Terstäncbiis  des  Systemes  hinüberzufahren,  and  neben  dieser  Einfahrong 
in  die  systematische  Ordnung  mit  den  wichtigsten  Erscheinungen  und  Gesetzen 
*des  Tier-  und  Pflanzenlebens  bekannt  zu  machen.  Auf  Vollständigkeit  des 
Materials  ist  kein  besonderes  (xewicht  zu  legen;  der  Stoff  ist  hauptsächlich 
•der  einheimischen  Fauna  und  Flora  zu  entnehmen,  wie  sie  die  Umgebung  und 
die  Sammlung  der  Schule  bietet;  doch  dürfen  charakteristische  Formen  anderer 
Erdteile  nicht  unbeachtet  bleiben.  In  der  Regel  wird  sich  der  Unterricht  in 
<len  unteren  Klassen  auf  Zoologie  und  Botanik  beschränken;  nur  an  solchen 
Orten,  wo  die  unmittelbare  Umgebung  dazu  auffordert,  wird  die  Beschreibung 
einzelner  besonders  wichtiger  Mineralien  hinzutreten.  —  Der  Unterricht  in  der 
Mineralogie  wird  im  weiteren  Verlaufe  am  naturgemäfsesten  mit  dem  chemischen 
verbunden  und  ist  im  Allgemeinen  auf  Oryktognosie  zu  beschränken;  jedoch 
ist  es  nicht  verwehrt,  an  solchen  Orten,  wo  die  Umgebung  Beobachtungen  über 
«die  Lagerungsverhältnisse  der  Erdschichten  gestattet,  die  Grundzüge  der  Geognosie 
in  denselben  aufzunehmen. 

b.  Die  Bestimmung  der  Unterrichtsordnung  vom  Jahre  1859,  wonach 
die  Schüler  bei  ihrer  Versetzung  nach  Prima  sich  einer  besonderen  Prüfung 
unterziehen  müssen,  hat  sich  eifahrungsmäfsig  nicht  bewährt;  die  Schüler  sind 
dadurch  verleitet  worden,  sich  im  leteten  Semester  eine  Menge  von  positiven 
Kenntnissen  gedächtnismäfsig  anzueignen.  Deshalb  ist  von  der  Beibehaltung 
dieser  Vorschrift  Abstand  genommen,  die  Bedeutung  des  Unterrichts  aber  durch 
die  Bestimmung  gewahrt  worden,  dafs  die  bei  der  Versetzung  nach  Obersecunda 
erteilte  Censur  auch  in  das  Zeugnis  der  Reife  bei  der  Entlassungsprüfung  auf- 
^nommen  werden  mufs. 

Zu  10  und  11.  a.  Die  Lehraufgabe  des  chemischen  Unterrichts  ist  für 
die  Ober-Realschulen  unverändert  beibehalten,  dagegen  für  die  Realgymnasien 
durch  Ausschliefsung  der  Elemente  der  organischen  Chemie  etwas  beschränkt 
worden.  Für  beide  Arten  von  Realschulen  ist  der  Beginn  dieses  Unterrichts  nach 
Obersecunda  gelegt.  Bei  der  bisherigen  Einrichtung  sind  die  sechs  natur- 
wissenschafllichen  Stunden  in  Secunda  auf  Naturbeschreibung,  Physik  und 
Chemie  gleichmä&ig  verteilt,  und  es  ist  in  Folge  davon  eine  Zersplitterung  der 
ArbeÜBbaft  der  Schüler  unvermeidlich,  zumal  da  Physik  und  Chemie  auf  dieser 
Stufe  zugleich  begonnen  werden.  Zur  Beseitigung  dieses  Uebelstandes  ist  der 
Abschlufs  der  Naturbeschreibung  und  der  Beginn  der  Physik  nach  Untersecunda 
jgt^]»gt,  der  Anfang  des  chemischen  Unterrichtes  nach  Obersecunda  verschoben. 
Die  nothwendige  Folge  davon  ist  dann,  dafs  auch  bei  sonst  gemeinsamem 
Unterrichte  die  Secunda  für  Naturbeschreibung  und  Chemie  gel^ennt  werden 
jnnfs.  Bei  der  hierdurch  ermöglichten  Concentration  der  Aufmerksamkeit  wird 
die  geringe  Minderung  der  Zahl  der  Lehrstunden  keinen  nachteiligen  Einflufs 
auf  den  Unterrichtserfolg  ausüben. 

b.  Durch  diese  Einschränkung  ist  die  Chemie  in  diejenige  Stellung  ge- 
rückt, welche  ihr  der  Physik  gegenüber  in  ihrer  Bedeutung  (är  die  Schule  zu- 
kommt Abgesehen  davon,  dafs  die  Gesetze  der  letzteren  auch  die  Grundlage 
für  die  erstere  bilden,  bietet,  sie  durch  den  gpröfseren  Um&ng  und  die  gpröfsere 
Mannigfaltigkeit  ihres  Inhaltes  und  durch  die  festere  Begründung  ihres  theore- 
tischen Teiles,  wodurch  sie  in  engere  Verbindung  mit  der  Mathematik  gesetzt 
wird,  einen  weit  reicheren  Stoff  für  den  Unterricht  und  eine  vielseitigere  An- 
regung für  die  intellectueUe  Ausbildung,  als  die  Chemie,  für  deren  theoretische 
Grundlagen  gerade  in  jetziger  Zeit  neue  Wege  versucht  werden  und  deren  sämt- 
liche Erscheinungen  sich  aus  einer  kleinen  Anzahl  von  Gesetzen  durch  Wieder- 
holung derselben  Denkprocesse  herleiten  lassen.  Für  den  Unterricht  in  der 
Schule  liegt  der  Werth  der  Chemie  darin,  dafs  die  Schüler  an  einem  einfachen 
Stoffe  und  durch  einfache,  leicht  durchsichtige  Versuche  in  das  Vertändnis  der 


134 

indactiven  Methode  eingefahrt  werden;  auf  der  anderen  Seite  ist  aber  weit 
mehr  als  im  physikalischen  Unterricht  die  Gefahr  Yorhanden,  dafs  die  Schäler 
dnrch  gleichmäfsige  Behandlung  aller  Elemente  and  ihrer  Yerbindangen  mit 
Lehrstoff  überladen  nnd  zn  überwiegend  gedächtnismäfsiger  Aneignung  ge- 
nOthigt  werden.  Damm  ist  gerade  anf  diesem  Gebiete  vorsichtige  Auswahl  de» 
Lehrstoffes  drin$cend  geboten;  wenn  aber  diese  Vorsicht  beobachtet  wird,  kann 
das  Ziel  des  Unterrichts,  Bekanntschaft  mit  den  wichtigeren  Elementen  und 
ihren  Verbindungen  und  Verständnis  der  allgemeinen,  den  Processen  zu  Grund» 
liegenden  Gesetze  auch  bei  geringerer  Stundenzahl  recht  wohl  erreicht  werden, 
c.  Das  Urteil  über  die  praktischen  Arbeiten  der  Schüler  im  Laboratorium 
lautet  auch  von  Seiten  der  Fachmänner  noch  sehr  verschieden.  Während  die* 
einen  auf  diese  praktischen  Uebungen  im  Anschlufs  an  den  Unterricht  grofsen^ 
Werth  legen,  sehen  andere  darin  nur  nutzlose  Spielerei,  welche  noch  dazu  zur 
Ueberschätzung  des  eigenen  Wissens  führe.  Dafs  die  praktischen  Uebungea 
in  solche  Spielereien  ausarten  können,  ist  unzweifelhaft,  aber  ebenso  gewifs 
andererseits,  dafs  bei  zweckmässiger  Leitung  eine  im  Laboratorium  im  An- 
schlufs an  den  Unterricht  ausgeführte  leichtere  Arbeit  denselben  pädagogischen. 
Werth  hat,  wie  die  Losung  einer  mathematischen  Aufgabe.  Es  liegt  darnach 
weder  Grund  vor,  diese  Uebungen  vom  Unterrichte  geradezu  auszuschliefsen^ 
noch  auch  dieselben  von  allen  Schülern  zu  fordern.  Die  Schule  wird  denjenigen, 
welche  Interesse  dafür  haben,  die  Gelegenheit  dazu  bieten,  sie  wird  aber  in» 
den  oberen  Klassen,  in  welchen  diese  Arbeiten  allein  möglich  sind,  die  all- 
gemeinen Forderungen  auf  das  Nothwendigste  beschränken  müssen,  um  der  in- 
dividuellen Neigung  einen  gewissen  Spielraum  zu  lassen. 

Zu  12.  Im  Freihandzeichnen  ist  das  Zeichnen  nach  Vorlegeblätter» 
möglichst  auf  Flachomamente  zu  beschränken  und  auf  Veränderung  des  Mafs- 
stabes  Bücksicht  zu  nehmen.  Das  Messen  am  Modell  und  jede  Benutzung* 
mechanischer  Hilfsmittel,  wie  Zirkel  und  Lineal,  ist  beim  Freihandzeichnen  gänz- 
lich zu  vermeiden.    Für  das  Körperzeichnen  ist  der  Einzelunterricht  anzustreben. 

Der  Stoff  des  Unterrichts  verteilt  sich  in  folgender  Weise.  Für  die* 
beiden  unteren  Klassen :  Zeichnen  ebener  geradliniger  und  krummliniger  Gebilde 
nach  Vorzeichnung  des  Lehrers  an  der  Schultafel  und  nach  gedruckten  Wand- 
tafeln. —  In  den  folgenden  Klassen:  Zeichnen  nach  einfachen  und  schwierigeren» 
Holzmodellen  und  Geräthen  im  Umrifs.  Erst  wenn  im  Umrifszeichnen  Sicher- 
heit erzielt  worden  ist,  wird  die  Wiedergabe  von  Lioht  und  Schatten  an  ein- 
fachen Gipsmodellen  geübt  und  werden  weiter  plastische  Ornamente  nach  Gips- 
abgüssen, auch  lebende  Pflanzen  nach  der  Natur  im  Umrifs  oder  mit  einfacher 
Schattirung  dargestellt  —  Bei  dem  Zeichnen  ist  vorzugsweise  anf  die  Verwendung 
des  Bleistiftes  zu  halten;  auf  der  oberen  Stufe  wird  auch  die  Anwendung  der 
Feder  empfohlen. 

Sind  für  das  Freihandzeichnen  vier  Stunden  verfugbar,  so  tritt  hinzu: 
Farbige  Darstellung  von  Flächenverzierungen,  Zeichnen  nach  kunstgewerblichen. 
Gegenständen  und  Uebung  im  Skizziren  nach  Ornamenten.  — 

Im  Linear  zeichnen:  Uebung  im  Gebrauche  von  Zirkel,  Lineal  nndl 
Beifsfeder  an  Flächenmustem,  Kreisteilungen  und  anderen  geradlinigen  nnd^ 
krummlinigen  geometrischen  Gebilden  zum  Zwecke  sauberer  und  exacter  Dar- 
stellung. —  Den  Elementen  der  darstellenden  Geometrie  mufs,  um  die  An- 
schauungskraft der  Schüler  zu  üben,  geometrische  Aufnahme  und  Darstellmg: 
einfacher  Modelle  voraufgehen. 

Sind  für  das  Lineaneichnen  in  den  Oberklassen  vier  Stunden  verfugbai; 
80  sind  die  einfachen  Aufgaben  der  darstellenden  Geometrie,  der  Perspective 
und  Schattenlehre,  sowie  deren  Anwendung  auf  die  Darstellung  wirklicher  Gegen- 
stände (Maschinen-  und  Architekturteile)  zu  üben.  — 


135 


C.  Lehrplan  fflr  die  Bealprogymnaaleii 

(die  biiherigen  höheren  Bfirgenchnlen  nach  der  Unterrichtsordnang  von  1859). 

Die  Bealprogymnasien  stehen  zu  den  Bealgymnasien  in  demselben  Ver- 
hältnisse, wie  die  Progymnasien  m  den  Gymnasien. 

An  deiyenigen  Anstalten,  an  welchen  ein  Bealgymnasiom  oder  ein  Beal- 
progymnasinm  mit  einem  Gymnasium  oder  Progymnasiam  verbanden  ist,  gilt 
for  die  drei  untersten  Klassen  der  Lehrplan  des  Gymnasiums. 

D.  Lehrplan  für  die  Bealschnlen 

(die  bisherigen  lateinlosen  Bealschalen  II.  Ordaung  von  siebenjähriger  Lehrdauer  )• 

Die  Bealschalen  stehen  zu  den  Ober-Bealschulen  im  Wesentlichen  in  dem 
gleichen  Verhältnisse,  wie  die  Progymnasien  zu  den  Gymnasien.  VergL  jedoch 
die  betreffende  Prüfungsordnung,    (s.  Abschn.  VII.) 


Lehrplan  der  höheren  Bürgerschulen. 

1.   Zahl  der  Lehrstunden  in  den  einzelnen  Klassen  und  Unterriohts- 

gegenständen. 


VI 

V 

IV 

m 

TT 

I 

Sa. 

Christliche  Religionslehre     .    . 

3 

2 

2 

2 

2 

2 

13 

Deutsch 

4 

8 

4 

8 

4 

8 

3 
6 

3 
5 

3 
5 

21 
40 

Pranzösisch 

Englisch 

— 

— 

— 

5 

4 

4 

13 

Geschichte  und  Geographie  .    . 

3 

3 

4 

4 

4 

4 

22 

Bechnen  und  Mathematik    .    . 

4 

5 

5 

5 

5 

5 

29 

Naturbeschreibung 

2 

3 

3 

3 

2 

— 

13 

Natorlehre 

— 

— 

— 

■M^M 

3 

5 

8 

Schreiben 

3 

3 

2 



— 

— 

8 

Zeichnen     ....'.... 

2 

2 

2 

2 

2 

2 

12 

Summa 

29 

.30 

30 

30 

30 

30 

Für  die  aus  den  vormaligen  Gewerbeschulen  herrorgegangenen  höheren 
Bürgerschulen  gilt  der  vorstehende  Lehrplan.  Bei  einzelnen  derselben  wird  das 
Freäandzeichnen  von  Quarta  an  obligatorisch  mit  4  Stunden  betrieben  und  sind 
an&erdem  für  das  Linearzeichnen  in  den  drei  obersten  Klassen  2  bis  4  Stunden 
hinzugefügt  Es  ist  gestattet,  für  diejenigen  Schüler,  welche  nicht  in  technische 
Fachklassen  übertreten  wollen,  den  letzteren  Unterricht  facultati?  zu  machen. 

Bemerkungen. 

1.  Es  ist  statthaft,  in  jeder  der  vier  oberen  Klassen  für  die  Schüler,  deren 
künftiger  Beruf  es  erfordert,  noch  zwei  facultative  Zeichenstunden  einzurichten. 

2.  Bezüglich  des  Unterrichts   im  Turnen  und  Singen  haben  die  für  die 
Gymnasien  bezeichneten  Bestimmungen  auch  für  die  höheren  Bürgerschulen  Geltung. 


136 


2.    Lehrauflsabe  in  den  eüuelnen  ITnterriohtsgegenstinden  der 

höheren  Bürgerschulen. 

1.  Christliche  Beligionslehre.  A.  Fär  Schüler  evangelischer  Con- 
fession :  Bihlische  Geschichte  des  Alten  nnd  besonders  des  Neuen  Testamentes. 
Katechismus  mit  den  nothwendigsten  zur  Erlfintening  dienenden  Bibelsprüchen. 
Erldftmng  des  Kirchenjahres;  Einprägang  einer  mi&fsigen  Zahl  bedeutender 
Kirchenlieder.  Bekanntschaft  mit.  dem  Hauptinhalt  der  heiligen  Schrift,  be- 
sonders des  Nenen  Testamentes.  Hanptpnnkte  der  Glaubens-  und  Sittenlehre. 
Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Daten  der  Beformationsgeschichte. 

B.  Für  Schüler  katholischer  Confession:  Biblische  Geschichte  des  Alten 
und  besonders  des  Neuen  Testamentes.  Katechismus  mit  den  nothwendigsten 
zur  Erläuterung  dienenden  Stellen  aus  der  heiligen  Schrift  und  der  Tradition. 
Erklärung  des  Kirchenjahres;  Einprägung  einiger  bedeutender  Kirchenhymnen. 
Bekanntschaft  mit  dem  Hauptinhalt  der  heiligen  Schrift,  besonders  des  Neuen 
Testamentes.  Hauptpunkte  der  Glaubens-  und  Sittenlehre.  Kenntnis  der  epoche- 
machenden Ereignisse  der  Kirchengeschichte. 

2.  Deutsch.  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Gesetzen  der  Formen- 
lehre und  Syntax  der  deutschen  Sprache;  Einführung  in  das  Verständnis  ein- 
zelner Werke  der  classischen  Litteratur;  im  Anschlufs  daran  Mitteilungen  über 
die  Hauptdaten  aus  dem  Leben  der  einzelnen  Dichter,  sowie  Belehrungen  über 
die  verschiedenen  Dichtungsarten  und  Dichtungsformen.  Einprägung  zweck- 
mäfsig  ausgewählter  Gedichte  und  Dichterstellen.  XJebungen  im  correcten  münd- 
lichen und  schriftlichen  Gebrauche  der  Muttersprache  und  im  Disponiren  leichter 
Aufgaben. 

3.  Französisch  und  Englisch.  Anleitung  zur  richtigen  Aussprache; 
Fertigkeit  im  Lesen.  Einübung  der  Formenlehre  und  der  Hauptregeln  der 
Syntax.  Aneignung  eines  für  die  SchuUectüre  ausreichenden  Wortschatzes. 
Uebungen  im  Nachschreiben  eines  französischen  oder  englischen  Textes.  Leetüre 
leichterer  Prosa,  besonders  historischer  und  beschreibender,  sowie  leichter  poeti- 
scher Stücke. 

4*  Geschichte.  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Ereignissen  der 
griechischen  und  römischen  Geschichte;  genauere  Kenntnis  der  vaterländischen 
Geschichte,  besonders  vom  Zeitalter  der  Reformation  an. 

5.  Geographie.  Elemente  der  mathematischen  Geographie;  Kenntnis 
der  wichtigsten  topischen  Verhältnisse  der  Erdoberfläche  und  ihrer  jetzigen 
politischen  Einteilung;  eingehendere  Kenntnis  von  Mittel-Europa. 

6.  Bechnen  und  Mathematik.  Sicherheit  und  Gewandtheit  im  Rechnen 
mit  bestimmten  Zahlen  und  in  dessen  Anwendungen  auf  die  gewöhnlichen  Ver- 
hältnisse des  bürgerlichen  Lebens.  Allgemeine  Arithmetik  bis  zur  Kenntnis 
der  Logarithmen  und  Progressionen;  Algebra  bis  zu  leichten  Gleichungen  vom 
zweiten  Grade.  Grundlehren  der  ebenen  und  körperlichen  Geometrie;  die  ersten 
Elemente  der  ebenen  Trigonometrie. 

7.  Naturbeschreibung.  Anleitung  zur  Beobachtung  und  Beschreibung 
einzelner  Pflanzen;  Kenntnis  der  wichtigeren  Pflanzenfamilien,  und  der  be- 
kanntesten Erscheinungen  aus  dem  Leben  der  Pflanze. 

Anleitung  zur  Beobachtung  und  Beschreibung  von  Vertretern  der  ein- 
zelnen Klassen  der  Tierwelt;  Kenntnis  der  wichtigeren  Ordnungen  der  Wirbel- 
tiere und  Insecten.    Bekanntschaft  mit  dem  Bau  des  menschlichen  Körpers. 

Kenntnis  der  einfachsten  Kiystallformen,  sowie  einzelner  besonders  wich- 
tiger Mineralien. 


137 

8.  Natnrlehre.  Eine  durch  Experimente  yermittelte  Kenntnis  der  all- 
gemeinen  Eigenschaften  der  Körper,  der  Gmndlehren  des  Gleichgewichts  und 
der  Bewegang,  der  Elektricität,  des  Magnetismas  und  der  Wärme,  sowie  der 
«inlkchsten  optischen  und  akustischen  Gesetze;  femer  der  bekanntesten  chemi- 
schen Elemente  und  ihrer  hauptsächlichsten  Verbindungen. 

9.  Zeichnen.  Uebungen  des  Blickes  und  des  A-ugenmafses,  Sicherheit 
der  Hand.  Fertigkeit  im  Zeichnen  Yon  Flachomamenten  und  der  Darstellung 
einfacher  Körper  und  Geräthe  nach  der  Natur  im  ümrifs;  Wiedergabe  einfacher 
plastischer  Ornamente  mit  leichten  Schattenangaben. 

üebung  in  der  Handhabung  Yon  Lineal,  Zirkel  und  Beifsfeder. 

9«  Erläuterungen  8u  dem  Lehrplane  für   die  höheren  Bürgerschulen. 

Zu  1 A  und  B.  Durch  den  Beligionsunterricht  soll  dem  Schüler  ein 
solches  Mafs  von  Wissen  vermittelt  werden,  dafs  er  mit  den  Haupüehren  seiner 
eigenen  Confession  bekannt  ist  und  für  deren  Stellung  zu  den  anderen  Con- 
fessionen  und  für  religiöse  Fragen  der  Gegenwart  ein  Verständnis  gewinnt.  Jede 
üeberbürdung  des  Gedächtnisses  mit  Lehrstoff  mufs  yon  dem  Unterrichte  fem 
gehalten  werden. 

Zu  2.  a.  In  Betreff  des  grammatischen  Unterrichtes  in  der  deutschen 
Sprache  gelten  im  Wesentlichen  die  Bemerkungen,  welche  zu  dem  Lehrplane 
der  Gymnasien  gegeben  sind. 

b.  Der  Stoff  zur  Leetüre  ist  einem  Lesebuch  zu  entnehmen,  welches 
für  jede  Stufe  eine  geeignete  Auswahl  yon  prosaischen  und  poetischen  Stücken 
enthält.  Die  poetische  Leetüre  umfafst  vorwiegend  leichtere  epische  und  lyrische 
Dichtungen;  auf  der  obersten  Stufe  kommt  dazu  die  Leetüre  eines  leichteren 
Dramas.  An  die  Leetüre  der  einzelnen  Stücke  werden  in  den  oberen  Klassen 
Mitteilungen  über  die  Lebensverhältnisse  und  Werke  der  Verfasser  angeschlossen, 
soweit  sie  dem  jugendlichen  Alter  verständlich  sind.  Femer  sind  damit  Be- 
lehrungen über  die  betreffenden  Dichtungsarten  und  Dichtungsformen  zu  ver- 
binden und  in  der  ersten  Klasse  übersichtlich  zusammenzufassen. 

c.  Die  prosaische  Leetüre  mufs  zur  Bereicherung  des  Wortschatzes,  zur 
Förderung  stilistischer  Fertigkeit  und  zur  Erweiterung  des  Gedankenkreises  der 
Schüler  dienen;  insbesondere  müssen  in  den  oberen  Klassen  die  Schüler  an- 
geleitet werden,  die  einem  kleineren  Ganzen  zu  Grande  liegende  Anordnung 
der  Gredanken  aufzufinden  und  die  Disposition  zu  einem  leichten  Thema  zu 
entwerfen. 

Zu  3.  a.  Die  Uebungen  in  den  beiden  fremden  Sprachen  haben  Bich- 
tigkeit  der  Aussprache,  Geläufigkeit  im  Lesen,  Erwerbung  eines  ausreichenden 
Wortschatzes  und  Sicherheit  in  der  Grammatik  zu  erzielen.  In  letzterer  Be- 
ziehung ist  die  Auswahl  aus  der  unregelmäfsigen  Formenlehre  und  der  Syntax 
auf  die  wichtigeren  Formen  und  Begeln  zu  beschränken.  Die  Leetüre  ist  vor- 
wiegend der  historischen  und  beschreibenden  Prosa  zu  entnehmen;  im  Fran- 
zösischen kann  auf  der  obersten  Stufe  ein  leicht  verständliches  Drama  ge- 
lesen werden. 

b.  Bei  dem  Unterricht  in  den  beiden  fremden  Sprachen  ist  besondere 
Bäcksicht  auf  solche  Uebungen  zu  nehmen,  durch  welche  die  Schüler  befähigt 
werden,  das  in  der  fremden  Sprache  Mitgeteilte  richtig  au&ufassen.  Zu  diesem 
Zwecke  empfiehlt  es  sich,  dafs  (im  Französischen  etwa  von  der  vierten  Klasse 
an,  im  Englischen  is  der  ersten  Klasse)  abwechselnd  mit  den  Extemporalien 
Dictate  in  der  fremden  Sprache  von  den  Schülern  niederzuschreiben  sind,  welche 
sodann  vom  Lehrer  corrigirt  werden  (vgl.  Erläuterangen  zu  dem  Lehrplane  der 
Oymnasien  5,  b).    Uebungen  im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  können 


138 

nnr  in  sehr  beschränktem  Umfange  betrieben  werden  nnd  werden  nur  in  der 
Wiedergabe  Yon  Gelesenem  bestehen;  sie  dürfen  nicht  an  den  grammatischen 
Unterricht  angeschlossen  werden,  weil  dadurch  die  Schärfe  der  Auffassung 
grammatischer  Verhältnisse  Abbruch  erfährt.  Die  Uebungen  können  auf  eine 
der  beiden  fremden  Sprachen  beschränkt  werden,  deren  Wahl  von  den  localen 
Verhältnissen  abhängt. 

Zu  4.  In  dem  geschichtlichen  Unterricht  wird  ein  Jahr  auf  die  Er- 
zählung der  wichtigsten  Ereignisse  aus  der  griechischen  und  rOmischen 
Geschichte  verwendet;  die  übrige  Zeit  kommt  auf  die  vaterländische  Ge- 
schichte, welcher  die  epochemachenden  Ereignisse  aus  der  Weltgeschichte  ein- 
zuflechten  sind.  Die  einzelnen  Perioden  sind  nicht  mit  gleicher  Ausführlichkeit 
zu  behandeln;  der  Zeit  von  der  Reformation  ab  gebührt  eine  gröfsere  Berück- 
sichtigung als  der  Zeit  des  Mittelalters.  Das  deutsche  Lesebuch  ist  zur  Unter- 
stützung des  Geschichtsunterrichts  zu  verwenden,  insbesondere  ist  auf  der  unteren 
Stufe  dadurch  die  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Sagen  zu  vermitteln. 

Zu  5.  Für  den  geographischen  Unterricht  gelten  dieselben  Bemer- 
kungen wie  zu  dem  Lehrplane  der  übrigen  höheren  Schulen. 

Zu  6.  a.  (Jeher  den  Unterricht  im  Bechnen  gelten  dieselben  Bemer- 
kungen wie  zu  dem  Lehrplane  der  Bealanstalten.  Die  Anzahl  der  Lehrstunden 
in  Quinta  ist  im  Vergleich  zu  der  in  Sexta  um  eine  erhöht,  um  dem  vorbereiten- 
den geometrischen  Unterrichte  Baum  zu  verschaffen. 

b.  Das  Pensum  des  mathematischen  Unterrichts  läfst  sich  nur  in 
der  Arithmetik  und  Algebra  auf  die  Weise  festsetzen,  dafs  das  Pensum 
für  die  oberen  Klassen  der  Bealanstalten  weggelassen  wird.  Die  Bekanntschaft 
mit  der  Lehre  von  den  Logarithmen  und  den  Progressionen  bildet  einen  zweck- 
mäfsigen  Abschlufs,  ebenso  in  der  Algebra  die  Auflösung  von  leichten  Auf- 
gaben des  zweiten  Grades. 

Dagegen  ist  es  nicht  möglich,  in  der  Geometrie  auf  ähnliche  Weise  durch 
Ausschlufs  der  Trigonometrie  und  Stereometrie  das  Lehrziel  zu  bestimmen,  da 
die  Hauptsätze  dieser  beiden  Zweige  schon  aus  praktischen  Bücksichten  nicht 
wohl  entbehrt  werden  können.  Die  Zeit  dafür  kann  nur  dadurch  gewonnen 
werden,  dafs  die  Planimetrie  auf  die  für  das  System  unentbehrlichen  Sätze 
beschränkt  wird.  Li  der  ebenen  Trigonometrie  sind  nur  die  Formeln 
einzuüben,  welche  sich  auf  die  Functionen  eines  Winkels  beziehen  und  welche 
zur  Auflösung  der  Dreiecke  unbedingt  erforderlich  sind;  es  sind  mithin  alle 
Formeln  für  zusammengesetzt«  Winkel  und  für  die  Summen  der  Functionen  vom 
Unterricht  auszuschliefsen.  Aus  der  Stereometrie  sind  die  wichtigsten  Sätze 
über  die  Lage  der  Linien  und  Ebenen  im  Baume  zum  Verständnis  der  Schüler 
zu  bringen,  um  dadurch  auch  das  Projectionszeichnen  zu  unterstützen,  und  aufser- 
dem  sind  die  einfacheren  Formeln  zur  Körperberechnung  zu  entwickeln. 

Zu  7.  Hinsichtlich  des  Unterrichts  in  der  Naturgesc  hichte  gilt  in  der 
Hauptsache  dasselbe  wie  für  Bealanstalten. 

Zu  8.  Es  ist  nicht  zwischen  Physik  und  Chemie  unterschieden  worden' 
um  schon  durch  den  Namen  den  elementaren  Charakter  des  Unterrichts  zu  be- 
zeichnen und  auf  die  enge  Verbindung  beider  Zweige  hinzuweisen.  Der  Unter- 
richt muTs  einen  experimentellen  Charakter  tragen,  auch  in  der  Physik  ist  von 
mathematischer  Begründung  durchweg  abzusehen.  Wenn  es  sich  in  den  ver- 
schiedenen Zweigen  nur  um  die  einfachsten  Erscheinungen  und  Gesetze  handeln 
kann,  so  ist  diese  Beschränkung  hinsichtlich  der  Optik  und  Akustik,  als  der 
schwierigsten  Teile,  noch  besonders  hervorgehoben. 

Zu  9.  Für  das  Freihandzeichnen  gelten  die  allgemeinen  Bemer* 
kungen  unter  11.  A  und  B.  Der  Stoff  verteilt  sich  auf  die  einzelnen  Klassen 
wie  bei  den  Bealschulen;  auf  der  obersten  Stufe  wird,  wenn  Sicherheit  im  Umrifs- 


139 

zeichnen  erzielt  ist»  die  Wiedergabe  von  Licht  and  Schatten  an  einfachen  GipS' 
modeilen  geübt 

Sind  für  das  Freihandzeichnen  in  den  oberen  Klassen  vier  Standen  Ter* 
fagbar,  so  erweitert  sich  der  Unterricht  aof  das  Zeichnen  von  omamentalen 
Gipsabgüssen  and  lebenden  Pflanzen. 

Im  Linearzeichnen:  Uebnng  im  Gebraache  yon  Zirkel,  Lineal  and 
BeiTsfeder  an  Flächenmastem,  Kreisteilangen  and  anderen  geradlinigen  and 
kronimlinigen  Gebilden  zam  Zwecke  sauberer  and  exacter  Darstellang. 

Sind  für  das  Linearzeichnen  in  den  oberen  Elassan  2—4  Standen  ver« 
fügbar,  so  treten  hinza:  Aafhahme  and  Zeichnong  einfacher  Molelle  nach  Mafs;; 
die  Elemente  der  darstellenden  Geometrie. 


CircVerf.  v.  28.  Febr.  1883.  „Die  Gutachten,  welche  die  K.Prov. 
ScholcoUeglen  über  die  durch  die  Lehrpläne  vom  31.  März  v.  J.  erforderlich  ge- 
wordenen Aenderungen  in  der  Abgrenzung  der  Lehrpensen  für  einige  Lehr- 
gegenstände abgegeben  haben,  sind  eingehender  Erwägung  unterzogen  worden, 
üeber  einige  von  den  in  Frage  kommenden  Punkten  zeigt  sich  in  den  Anträgen 
der  Prov.  Schulcollegien  eine  unverkennbar  durch  die  Natur  der  Sache  selbst 
herbeigeführte  fast  vollständige  Uebereinstimmung,  über  andere  gehen  die  An- 
sichten zur  Zeit  noch  weit  auseinander.  Mit  Bücksicht  hierauf  und  auf  den 
von  einigen  Seiten  ausdrücklich  ausgesprochenen  Wunsch,  habe  ich  für  zweck- 
mäfsig  erachtet,  die  allgemeine  Vorschrift  auf  diejenigen  Bestimmungen  zu  be- 
schränken, welche  unerläfslich  scheinen,  um  die  Absicht  der  revidirten  Lehr- 
pläne und  die  Möglichkeit  des  ungehinderten  Ueberganges  der  Schüler  auf  eine 
andere  Lehranstalt  sicher  zu  stellen ;  die  specielle  Ausführung  innerhalb  dieser 
vorgezeichneten  Grenzen  bleibt  zunächst  der  Erwägung  der  LehrercoUegien  unter 
einzuholender  Genehmigung  der  K.  Prov.  Schulcollegien  überlassen.  Bezüglich 
der  hierbei  einzuhaltenden  Gesichtspunkte  sind  den  allgemeinen  Bestimmungen 
einige  Bemerkungen  beigefugt.  Die  Yerwaltungsberichte  der  nächsten  drei- 
jährigen Perioden  werden  den  K.  Prov.  Schulcollegien  Gelegenheit  geben,  Sich 
darüber  zu  äufsem,  ob  die  allgemeinen  Vorschriften  sich  bewährt  haben  und 
inwieweit  in  ihrer  speciellen  Ausführung  eine  annähernde  Gleichmäfsigkeit  er- 
reicht worden  ist 

Zur  Erleichterung  der  Mitteilungen  an  die  einzelnen  Lehranstalten  lasse 
ich  jedem  E.  Prov.  SchulcoUegium  so  viele  Druckexemplare  der  allgemeinen 
Vorschrift  zugehen,  dafs  jeder  Schule  ein  Exemplar  zugestellt  werden  kann.'' 
Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten  von  Gofsler. 

Allgemeine  Bestimmungen 

betre£fend  Aenderungen  in  der  Abgrenzung  der  Lehrpensa  in  Folge 

der  Lehrpläne  vom  31.  März  1882. 

L  Grieehfselier  ünterrlelit  an  den  Gymnasien. 

1.  Die  Formenlehre  des  attischen  Dialektes  ist  in  der  Tertia  zum  Ab- 
schlüsse und  zu  sicherer  Aneignung  zu  bringen.  Die  Leotüre  des  Homer  und 
die  dazu  erforderliche  Einfuhrung  in  die  Bekanntschaft  mit  der  Formenlehre 
des  epischen  Dialektes  ist  in  üntersecunda  zu  beginnen. 

Es  wird  empfohlen,  in  der  Untertertia  die  Formenlehre  bis  zum  Abschlufs- 
der  Coigugation  der  Verba  auf  m  (pura,  contracta,  muta,  liquida)  zu  fuhren, 
dagegen  die  Verba  auf  fu  und  die  unregelmäfsigen  Verba  auf  Obertertia  auf- 
zuschieben. 


140 

2.  Die  Haaptlehren  der  Syntax  bilden  unter  steter  Verbindung  mit  der 
•erforderlichen  Bepetition  der  Formenlehre  die  grammatische  Lehraufgabe  der 
■^ecunda. 

3.  In  der  Untertertia  ist  eine  Unterscheidung  der  Lehrstunden  far  Gram- 
matik und  grammatische  Uebungen  einerseits,  fär  Lecture  andererseits  nicht 
erforderlich.  In  Obertertia  sind  jedenfalls  Yom  zweiten  Semester  an  Tier  Stunden 
wöchentlich  ausschliefslich  der  Leetüre  einer  attischen  Prosaschrift  zu  bestimmen. 
—  Auf  Grammatik  und  die  darauf  bezüglichen  Schreibübungen  sind  in  Secunda 
zwei  Stunden  wöchentlich,  in  Prima  eine  Stunde  wöchentlich,  auf  die  Leetüre 
in  beiden  Klassen  fünf  Stunden  wöchentlich  zu  yerwenden.  Uebungen  im  schrift- 
lichen Uebersetzen  in  das  Griechische  zur  Sicherung  der  Kenntnis  der  Formen- 
lehre und  der  Hauptlehren  der  Syntax  sind  auch  in  Prima  anzustellen. 

Bemerkungen. 

Zu  1  und  2.  Die  K.ProY.Schulcollegien  werden  darauf  Bedacht  nehmen,  die 
in  den  Erläuterungen  zu  den  Lehrplänen  enthaltenen  Bestimmungen  bezüglich  des  in 
«der  Formenlehre  und  in  der  Syntax  einzuhaltenden  Mafses  zur  vollen  Ausführung 
zu  bringen.  In  der  Feststellung  des  Lehrzieles  ist  das  Mafs  der  in  der  attischen 
Formenlehre  zu  stellenden  Forderungen  von  der  zu  beanspruchenden  Kenntnis 
•des  epischen  Dialektes  bestimmt  unterschieden.  Indem  der  ionische  Dialekt 
überhaupt  nicht  erwähnt  ist,  so  hat  dadurch  nicht  die  Leetüre  des  Herodot, 
ausgeschlossen,  sondern  es  hat  nur  abgelehnt  werden  sollen,  dafs  bezüglich  der 
Bekanntschaft  mit  diesem,  überdies  wenig  festgestellten  Dialekte  Anforderungen 
«an  die  Schüler  gestellt  werden. 

Von  einigen  Seiten  ist  der  Antrag  gestellt,  dafs  an  Gymnasien  mit  un- 
geteilter Secunda  zwei  wöchentliche  Stunden  in  der  Obertertia  am  Schlufs  des 
Schuljahres  auf  die  erste  Einführung  in  den  epischen  Dialekt  verwendet  werden. 
Unter  Beschränkung  auf  die  bezeichnete  Kategorie  von  Fällen  mag  dieser  Versuch 
gestattet  werden,  so  wenig  es  an  sich  empfehlenswerth  erscheint,  einen  neuen  Lehr- 
gegenstand mit  so  beschränkter  Stundenzahl  zu  beginnen.  Die  Departementsräthe 
der  K.  Prov.  Schulcollegien  werden,  wo  von  dieser  Gestattung  Gebrauch  gemacht  wird, 
•sorgfältig  zu  beachten  haben,  ob  nicht  unter  dieser  Einrichtung  die  in  der 
Obertertia  zu  erreichende  Sicherheit  in  der  attischen  Formenlehre  und  Einge- 
wöhnung in  die  Leetüre  einer  leichten  prosaischen  Schrift  Abbruch  erleidet 

In  der  Bestimmung  der  syntaktischen  Lehraufgabe  der  Secunda  ist  ab- 
ßichüioh  unterlassen  worden,  entsprechend  den  von  einigen  Seiten  gestellten 
Vorschlägen,   der  Untersecunda  die  Syntax  des  Nomens,  der  Obersecunda  die 
des  Verbums  zuzuweisen.    Es  ist  als  selbstverständlich  zu  betrachten,  dafs  die 
in  der  lateinischen  Syntax  bereits  in  erheblichem  Mafse  unterrichteten  Ober- 
tertianer auf  Anlafs  der  griechischen  Leetüre  mit  Hauptpunkten  der  griechischen 
Satzlehre  (z.  B.  den  Be^ngungs-,  Absichts-  und  Folgesätzen)  bekannt  gemacht 
werden.  Wenn  diese  syntaktischen  Elemente  nach  Versündigung  unter  den  Lehrern 
der  Tertia  und  Secunda  auf  «inen  bestimmten,  eng  bemessenen  Kreis  beschränkt 
werden,   so  ist  es  leicht  erreichbar,   in  der  Obertertia  nebenbei  einen  festen 
Orund  syntaktischer  Kenntnisse  zu  legen,  welche  in  der  Secunda  weder  erst  neu 
•erworben,  noch  umgelernt  zi  werden  brauchen.    Auch  in  der  Secunda  wird  mit 
Bücksicht  auf  das  mehr  oder  minder  dringende  Erfordernis  der  verschiedenen 
Abschnitte  der  Syntax  und  das  verschiedene  Mafs  ihrer  Schwierigkeit  die  syste- 
matische Unterscheidung  der  Syntax  des  Nomens  und  des  Verbums  nicht  wohl 
<den  ausschliefsUchen  Gesichtspunkt  der  didaktischen  Anordnung  bilden  können, 
ibidem  über  diese  Anordnung  nicht  eine  ausdrückliche  Vorschrift  gegeben  ist, 
^rd  die  Erwägung  des  f&r  den  Unterricht  angemessensten  Ganges  den  Lehrer- 
kollegien und  den  K.  Prov.  Sichulcollegien  zugewiesen. 


1 


141 

Zu  3.  Die  Natur  des  ElementanniterrichtB  in  der  Untertertia  bringt  ea^ 
mit  sich,  dafs  für  .die  Lectäre  nicht  besondere  Stauden  ausgeschieden  werden;. 
es  empfiehlt  sich,  dafs  möglichst  in  jeder  Stande  anf  die  grammatische  Ein- 
prfigong  nnd  Uebnng  Lectöre  und  Uebersetzong  aus  dem  Griechischen  folge.. 
Das  bisher  an  einzelnen  Anstalten  beobachtete  verderbliche  Verfahren,  dafs  in 
dem  ersten  Jahr  nur  ein  verschwindend  geringes  Mafs  des  Ueberseizens  aus 
dem  Griechischen  vorgekommen  ist^  findet  in  der  Zusammendrängung  des  gram- 
matischen Jahrespensums  auf  ein  Semester  einige  Erklärung  und  wird  mit  der 
Durchführung  der  Jahrescurse  hoffentlich  vollständig  beseitigt  sein. 

Die  Zahl  der  in  Secunda  und  Prima  für  die  Leetüre  bestimmten  Standen 
ist  nicht  ausdrücklich  unter  die  prosaische  und  poetische  Lectnre  verteilt.  Wenn  die- 
Zusammensetzungeines  LehrercoUegiums  es  gestattet,  dafs,  was  dringend  wünschens- 
werth  ist,  der  gesamte  griechische  Unterricht  in  derselben  Klasse  einem  einzigen 
Lehrer  übertragen  wird,  so  kann  durch  zeitweise  Verwendung  der  sämüichen^ 
Lectürestanden  auf  denselben  Schriftsteller  das  Interesse  der  Schüler  und  die 
Freude  zunehmender  Sicherheit  in  der  Auffassung  auf  das  Wirksamste  ge- 
fördert werden. 

IL  FraniSsIseher  rnt«rrlelit  am  den  Gymmaslen» 

1.  Die  Formenlehre  einschliefslich  der  gebräuchlicheren  unregelmäfsigen^ 
Verba  ist  in  Quarta  soweit  zum  Abschluß  und  zur  sicheren  Aneignung  zu  bringen,, 
dafs  in  Untertertia  es  nur  einer  ergänzenden  Wiederholung  bedarf. 

Zu  diesem  Zwecke  empfiehlt  es  sich,  in  der  Quinta  die  Formenlehre  bis 
einschliefslich  der  zweiten  Conjugation  fest  einzuüben  und  daran  in  Quarta  die 
übrigen  Conjugationen  und  die  gebräuchlicheren  unregelmäfsigen  sowie  die- 
reflexiven  Verba  anzuschliefsen.  Selbstverständlich  müssen  auf  beiden  Stufen 
die  zur  Uebersetzuug  unentbehrlichen  syntaktischen  Regeln  propädeutisch  Berück- 
sichtigung finden. 

2.  Die  Hauptlehren  der  Syntax  unter  steter,  durch  fortlaufende  schriftliche' 
und  mündliche  Uebungen  gesicherter  Wiederholung  der  Formenlehre  bilden  die 
grammatische  Lehraufgabe  von  dem  zweiten  Semester  der  Untertertia  an  bis 
Obersecunda  einschliefslich.  In  Prima  finden  zusammenfassende  grammatische 
Wiederholungen  nur  gelegentlich  der  alle  drei  Wochen  in  einer  Stunde  zu 
schreibenden  Extemporalien  statt. 

3.  In  Quinta  und  Quarta  ist  die  Unterscheidung  der  Lehrstanden  fBir 
Grammatik,  grammatische  Uebungen  und  Aneignung  der  Vocabeln  einerseits,, 
und  für  Leetüre  und  Erklärung  andererseits  nicht  erforderlich.  Von  Untertertia 
bis  Obersecunda  ist  je  eine  Stunde  auf  Grammatik  und  die  daran  sich  an- 
schliefsenden  Uebungen  und  je  eine  Stunde  auf  die  Leetüre  zu  verwenden.  In 
Prima  sind  die  beiden  Stunden  mit  der  unter  No.  2  bezeichneten  Modification 
der  letzteren  zuzuweisen. 

Bemerkungen. 

Zu  1  und  2.  Bei  der  durch  die  neuen  Lehrpläne  angeordneten  Ver- 
mehrung des  französischen  Unterrichts  in  Quinta  und  Quarta  von  fünf  auf  neun 
Stunden  wöchentlich  erscheint  es  zulässig,  die  Formenlehre  der  Hauptsache  nach 
mit  Quarta  abzuschliefsen,  so  dafs  für  das  erste  Semester  der  Untertertia  nur 
eine  ergänzende  Wiederholung  der  Formen  übrig  bleibt.  Durch  diese  Bestim- 
mung wird  einerseits  erreicht,  dafs  nicht  gleichzeitig  die  schwierige  regelmäfsige 
griechische  Formenlehre  und  der  Hauptteil  der  unregelmäfsigen  französischen 
Verba  von  den  Schülern  erlernt  werden  müssen;  andererseits  aber  wird  es  da- 
durch ermöglicht,  in  Untertertia  mit  der  Leetüre  zusammenhängender  französi- 
scher Lesestücke,  bezw.  eines  geeigneten  Prosaikers  zu  beginnen. 


142 

Eine  Bestimmung  über  die  Yerteilnng  des  syntaktischen  Lehrstoffes  auf 
^ie  einzelnen  Klassen  erscheint  nicht  erforderlich,  ja  in  Rücksicht  anf  die  rer- 
schiedenen  Lehrbücher  bedenklich. 

Die  K.  ProY.  Schnlcolleg^en  werden  daranf  halten ,  dafs  die  Lehranfgabe 
Ar  das  Französische  hinsichtlich  der  Formenlehre  nnd  der  Syntax  und  die  in 
den  Erläntemngen  enthaltenen  Bestimmungen  über  die  Aussprache,  die  Lese- 
fertigkeit nnd  die  Orthographie  zur  yollen  Ansfahning  gelangen. 

Ob  mit  dem  Eintritte  der  Syntax  in  Untertertia  ein  an  den  üblichen 
Lehrgang  der  lateinischen  nnd  griechischen  Grammatik  sich  anlehnendes  syste- 
matisches Lehrbuch  einzufahren  sei,  wird  der  Erwägung  der  E.  Prov.  Schulcol- 
legien  überlassen.  Unter  allen  Umständen  ist  zu  yermeiden,  dafs  auf  einer  und 
derselben  Stufe  yerschiedene  Grammatiken  und  Uebungsbücher  nebeneinander 
gebraucht  werden. 

Zu  3.  Bezüglich  des  französischen  Elementar-Unterrichts  in  Quinta  und 
Quarta  gilt  im  Wesentlichen  das  für  den  griechischen  Elementar-Unterricht  in 
Untertertia  unter  No.  3  Absatz  1  Bemerkte. 

Von  Obersecunda  ab  ist  zwischen  prosaischer  und  poetischer  Leetüre  yon 
2eit  zu  Zeit  zu  wechseln.  Die  im  Anschlnfs  an  dieselbe  anzustellenden  Sprech- 
übungen beschränken  sich  auf  eine  variirte  Wiedergabe  des  Gelesenen.  Syno- 
nymische und  metrische  Erörterungen  in  begrenztem  Umfange  haben  sich  an 
die  Leetüre  anzuschliefsen  und  sind  in  deutscher  Sprache  yorzunehmen. 

Ob  es  nöthig  sei,  für  Quarta  und  das  erste  Semester  der  Untertertia 
cüne  Chrestomathie  einzuführen,  ist  fraglich;  jedenfalls  ist  yon  dem  zweiten 
Semester  der  Untertertia  ab  mit  der  Leetüre  eines  leichten  Prosaikers  zu 
beginnen. 

in.  NatnrwisseDschaftlicher  Unterricht, 

A.  Qjrmnasien.  1.  In  den  Klassen  VI  bis  Ulli  ist  das  Sommersemester 
üuf  Botanik,  das  Wintersemester  auf  Zoologie  zu  yerwenden. 

Der  Unterricht  hat,  yon  der  Beschreibung  einzelner  Pflanzen  und  Tiere 
-ausgehend,  die  Schüler  zunächst  zu  deren  Beobachtung  und  Beschreibung  an- 
zuleiten und  auf  diesem  Wege  mit  den  morphologischen  Grundbegriffen  yertraut 
2U  machen.  Von  dieser  Grundlage  weiter  fortschreitend  hat  derselbe  die  Schüler 
allmählich  in  das  Verständnis  der  systematischen  Anordnung  des  Pflanzen-  und 
Tierreiches  einzuführen. 

2.  In  das  Pensum  der  0 III  gehören  die  Elemente  der  Mineralogie  und 
die  Lehre  yom  Bau  des  menschlichen  Körpers. 

3.  Die  Einführung  in  die  einfachsten  Lehren  der  Chemie  ist  dem  physi- 
kalischen Unterrichte  der  II  zuzuweisen. 

B.  Bealgymnasieii  und  Ober-Bealsohalen.  1.  Die  Verteilung  des 
Pensums  in  der  Weise,  dafs  im  Sommer  Botanik,  im  Winter  Zoologie  zu  lehren 
ist»  gilt  für  die  Klassen  bis  0  m  einschliefslich. 

Im  Uebrigen  gilt  die  Bestimmung  wie  unter  A,  1. 

2.  Zum  Pensum  der  U  n  gehören  die  Lehre  yom  Bau  der  Pflanzen  und 
vom  Bau  des  menschlichen  Körpers.  Es  bleibt  den  einzelnen  Anstalten  frei- 
gestellt, ob  sie  in  das  Pensum  der  Klasse  einen  propädeutischen  Cursus  der 
JHineralogie  aufnehmen  wollen. 

3.  Der  chemische  Unterricht  der  OII  umfafst  die  Lehre  yon  den  wich- 
tigsten Grundlehren  der  Chemie  auf  Grund  yon  einfachen  Experimenten,  eyentueU 
die  Anfangsgründe  der  Mineralogie.  Der  eigentliche  systematische  Unterricht 
flEOlt  der  Prhna  zu;  in  Verbindung  mit  demselben  wird  der  Unterricht  in  der 
Mineralogie  weitergeführt  An  den  Ober-Realschulen  kommt  ein  Semester  auf 
«die  Elemente  der  organischen  Chemie. 


143 

G.  Höhere  Bürgersoholen.  Für  den  Unterricht  in  der  Natnrbeschrei- 
biug  an  den  höheren  Bärgerschalen  gilt  im  Wesentlichen  der  Lehrplan  anter 
B,  1  and  2. 

Bemerkangen. 

Za  1  and  2.  Die  eingereichten  Lehrpläne  zeagen  davon,  daDs  die  metho- 
dische Behandlang  des  Unterrichts  in  der  Natarbeschreibang  immer  allgemeinere 
Beachtang  gefanden  hat.  Es  wird  in  allen  betont,  dafs  der  Unterricht  von 
der  Beobachtang  and  Beschreibang  einzelner  Arten  aaszugehen  and  allmählich 
zur  Einfahrang  in  die  systematische  Anordnung  fortzuschreiten  hat  Für  die 
angemessene  Durchführung  dieses  Planes  ist  aaf  folgende  Gesichtspunkte  auf- 
merksam zu  machen. 

1.  Der  Satz  ist  nicht  so  zu  yerstehen,  als  ob  die  Beschreibung  einzelner 
Arten  nur  das  Pensum  der  Sexta  bilde,  dagegen  den  folgenden  Klassen  die 
Einführung  in  das  System  zufalle.  Vielmehr  werden  sich  die  letzteren  Uebungen 
in  y  z.  B.  in  der  Botanik  an  die  in  VI  besprochenen  Pflanzen  mit  grofsen 
Zwitterblüthen  anschliefsen,  daneben  aber  wird  durch  Beschreibung  von  Pflanzen 
mit  weniger  einfacher  Blütenbildung  der  Unterricht  der  lY  und  auf  dieser  Stufe 
ebenso  der  Unterricht  der  Ulli  vorzubereiten  sein.  Aehnliches  gilt  für  den 
Unterricht  in  der  Zoologie,  und  es  kann  z.  B.  nicht  als  ein  angemessener  Fort- 
schritt vom  Leichteren  zum  Schwierigeren  angesehen  werden,  wenn  von  einer 
Seite  für  Y  als  Pensum  die  Beschreibung  von  Bepräsentanten  der  niederen  Tier- 
welt bezeichnet  wird,  vielmehr  wird  der  Unterricht  auf  dieser  Stufe  sich  auf 
den  Kreis  der  Wirbeltiere  zu  beschränken  haben  und  erst  in  der  lY  die  Glieder- 
tiere,  besonders  die  Insecten,  berücksichtigen  können. 

2.  Bei  der  Auswahl  des  Stoffes  kann  es  in  keiner  Weise  auf  Yollständig- 
keit  ankommen.  Mafsgebend  dafür  mufs  vielmehr  sein  neben  der  Bücksicht 
auf  die  zu  Gebote  stehenden  Lehrmittel  (besonders  für  Zoologie)  der  typische 
Charakter  der  Form  und  die  Bedeutung  der  Organismen  für  das  menschliche 
Leben.  Aus  diesem  Gesichtspunkte  gebietet  sich  einerseits  die  Yermittelung 
der  Bekanntschaft  mit  den  einheimischen  Pflanzen-  und  Tierformen,  andererseits 
die  Berücksichtigung  besonders  wichtiger  fremdländischer  Repräsentanten  für  die 
Coltur,  sowie  die  Besprechung  charak^ristischer  Yertreter  für  die  geographische 
Ausbreitung. 

3.  Die  Mineralien  bieten  auf  der  unteren  und  mittleren  Stufe  der  Schulen 
weniger  Stoffe  zur  Beobachtung,  dürfen  aber  andererseits  den  Schülern  nicht 
ganz  unbekannt  bleiben.  Der  Unterricht  in  der  Mineralogie  ist  deshalb  auf 
die  0  III  aufgespart  worden.  Auch  auf  dieser  Stufe  mufs  er  sich  auf  die 
morphologischen  und  physikalischen  Eigenschaften  beschränken,  und  es  werden 
nur  die  einfachsten  KrystaUformen  und  die  häufig  vorkommenden  und  besonders 
instnictiven  Mineralien  zur  Besprechung  kommen.  Dabei  wird  auf  deren  Be- 
deutung für  den  Bau  der  Erdoberfläche  hinzuweisen  sein.  Die  Gymnasien 
können  dazu  einer  kleinen  Sammlung  von  Modellen  und  Mineralien  nicht  ent- 
behren. So  lange  einzelne  Anstalten  noch  nicht  in  deren  Besitz  sind,  wird  es 
sich  empfehlen,  den  Unterricht  in  der  Mineralogie  noch  auszusetzen. 

4.  Ebenso  gehört  die  Lehre  vom  Bau  des  menschlichen  Körpers  der 
obersten  Stufe  des  Unterrichts  an.  Es  ist  selbstverständlich,  dafs  bei  der  Aus- 
wahl des  für  das  jugendliche  Alter  Geeigneten  mit  der  gröfsten  Yorsicht  zu 
verfahren  ist  Dabei  wird  sich  passende  Gelegenheit  bieten,  die  Schüler  auf 
wichtige  Punkte  .der  Gesundheitspflege  aufmerksam  zu  machen. 

5.  Der  Unterricht  in  den  beschreibenden  Naturwissenschaften  wird  wesent- 
lich gefördert  durch  angemessene  Zuhülfenahme  des  Zeichnens  charakteristi- 
seher  Formen. 


I 


144 

6.  An  den  Bealschulen  giebt  die  Yerlängerong  des  Unterrichts  nm  ei» 
Jahr  die  Möglichkeit,  den  Unterrichtsstoff  in  angemessener  Weise  zu  erweitem; 
aber  auch  hier  ist  zu  betonen,  dafs  irgend  welche  Vollständigkeit  nicht  erzielt 
werden  soll,  sondern  dafs  es  vielmehr  anf  Gewandtheit  und  Sicherheit  der  Be- 
obachtung im  engeren  Kreise  ankommt.  Die  Vermittelang  der  Bekanntschaft 
mit  den  neueren  Hypothesen  von  Darwin  n.  s.  w.  gehört  nicht  zu  den  Aufgaben 
der  Schule  und  ist  darum  vom  Unterricht  durchaus  fem  zu  halten. 

7.  Den  Bealschulen  ist  es  freigestellt,  ob  sie  in  die  U  II  einen  pro- 
pädeutischen Cursus  der  Mineralogie  aufnehmen  wollen,  da  die  Ansichten  über 
diese  Frage  auseinandergehen.  Die  Zeit  dafar  (ein  Vierteljahr)  wird  sich  ohne^ 
Schwierigkeit  finden  lassen,  wenn  der  Unterricht  innerhalb  der  für  das  Gym- 
nasium bezeichneten  Grenzen  gehalten  wird.  Die  Aufnahme  würde  sich  nament- 
lich aus  dem  Gesichtspunkte  empfehlen,  dafs  sich  dann  die  Fortführung  des- 
selben im  Anschlufs  an  den  chemischen  Unterricht  um  so  einfacher  gestaltet. 

Zu  8.  1.  An  den  Gymnasien  schliefst  sich  der  Torgeschriebene  Cursus  in 
der  Chemie  am  natürlichsten  an  den  überwiegend  experimentellen  Unterricht  der 
11  an;  derselbe  wird  zum  Verständnis  eines  dem  Pensum  dieser  Klasse  angehörigeui 
Abschnitts  —  des  Galvanismus  —  sogar  unentbehrlich.  Die  Zeit  dafür  läfst 
sich  unschwer  gewinnen,  wenn  namenüich  die  Lehre  von  den  sogenannten  all- 
gemeinen Eigenschaften  der  Körper  nicht  in  unnöthiger  Breite  vorgetragen  wird. 
Die  Entscheidung  darüber,  ob  er  an  den  Gymnasien  mit  geteilter  II  der  Unter- 
oder Obersecunda  zugewiesen  werden  soU,  ist  den  einzelnen  Anstalten  zu 
überlassen. 

2   Ueber  das  Pensum  der  Chemie  in  0  U  der  Bealschulen  sind  nur  ganz 
allgemeine  Andeutungen  gegeben,  da  sich  für  diesen  Unterricht  eine  bestimmte^ 
Methode  erst  aus  der  Praxis  herausbilden  mufs.    In  den  meisten  der  einge- 
reichten Lehrpläne  wird  dieser  Klasse  ein  bestimmter  Teil  des  systematischen 
Unterrichts  zugewiesen,  und  es  ist  wohl  kaum  zweifelhaft,  dafs  für  diese  Ver->- 
teilung  die  im  Unterricht  gebrauchten  Lehrbücher  von  Einflufs  gewesen  sind. 
Es  entsteht  aber  doch  die  Frage,  ob  es  sich  nicht  empfiehlt,  dem  Unterricht 
einen  mehr  propädeutischen  Charakter  zu  geben,  so  dafs  zugleich  auch  für  die^ 
aus  den  Bealschulen  und  Bealprogymnasien  in  das  praktische  Leben  übergehen- 
den Schüfer  ein  gewisser  Abschlufs  erreicht  wird.    Einem  solchen  Uniierricht 
würde  dann  die  Einfahrung  in  die  ersten  Grundgesetze  der  Chemie  zufallen  im 
Anschlufs  an  die  Experimente,  welche  die  wichtigsten  Elemente  unter  den  Nicht- 
metallen und  den  Metallen  und  deren  hauptsächlichste  Verbindungen  in  ihren^ 
Kreis  ziehen. 


Die  Torsehnleii. 

Circular-Verfügung  v.  23.  April  1883. 
Allgemeine  Bestimmungen,  betreffend   die  mit  höheren  Lehranstalten 

verbundenen  Vorschulen. 

„Zur  Vorbereitung  von  Knaben  für  die  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse- 
von  höheren  Schulen  sind  während  der  letzten  Jahrzehnte  an  zahlreichen  Schul- 
orten Vorschulen  eingerichtet  worden,  welche,  abgesehen  von  vereinzelten 
Fällen  eines  selbständigen  Bestehens,  mit  der  betreffenden  höheren  Schule^ 
eng  verbunden  und  der  Leitung  ihres  Directors  (ßectors)  unterstellt  sind. 
Mit  Bücksicht  darauf,  dafs  die  Lehrziele  d,er  Vorschule  durch  die  für  difr 
Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  der  höheren  Schule  festgesetzten  Erfordei^ 
nisse   bestimmt  sind  und  dafs   die   Gliederung  der  einzelnen  Vorschulen  in; 


145 

getrennt  unterrichtete  aufsteigende  Klassen  Ton  den  localen  Bedürfiiissen,  ins- 
besondere den  Frequenzverhältnissen,  abhängt,  ist  von  einer  Feststellung  des 
Lehrplanes  durch  idlgemeine  Vorschriften  Abstand  genommen  und  die  specielle 
Einrichtung  an  den  mit  höheren  Schulen  verbundenen  Vorschulen  den  Dirigenten 
derselben  unter  einzuholender  Genehmigung  des  £•  ProY.Sch.C.,  an  den  wenigen 
selbständig  bestehenden  Vorschulen  in  der  Regel  den  Organen  der  £.  Be- 
gierungen  überiassen  worden. 

Die  umfassende  Nachweisung  über  die  gegenwärtige  Einrichtung  jeder 
einzelnen  der  jetzt  bestehenden  271  Vorschulen  begründet  die  Ueberzeugung, 
dafs  diese  Schulen  in  Folge  der  von  den  Directoren  und  den  Aufsichtsbehörden 
ihnen  zugewendeten  Aufinerksamkeit  und  der  sachgemäfsen  Ausfährung  des 
Unterrichts  seitens  der  damit  betrauten  Volksschullehrer  im  Ganzen  ihrem  Zwecke 
entsprechen  und  sich  das  Vertrauen  der  Eltern  erworben  haben,  welche  von 
ihnen  Gebrauch  machen.  Im  Einverständnis  mit  den  von  den  K.  ProY.-Schul- 
collegien  abgegebenen  Aeufserungen  erachte  ich  nur  über  wenige  Punkte  — 
nämlich  das  Lebensalter  für  die  Aufhahme  in  die  Vorschule,  das  Maximum  der 
zulässigen  Frequenz  der  einzelnen  Klassen,  das  Maximum  der  Lectionenzahl  und 
der  Ansprüche  an  häusliche  Beschäftigung  —  die  Feststellung  allgemeiner 
Normen  für  erforderlich ;  mit  der  in  diesen  Beziehungen  zu  treffenden  Anordnung 
verbinde  ich  die  Hinweisung  auf  einige  Punkte,  welche  der  besonderen  Auf- 
merksamkeit der  K.  Prov.-Schulcollegien  zu  empfehlen  sind. 

L  Als  die  normale,  jedenfalls  als  die  wünschenswertheste  Gestaltung 
ist  die  Einrichtung  derjenigen  Vorschulen  zu  betrachten,  welche  ihre  Schüler 
vom  Beginne  des  schulpflichtigen  Alters  bis  zur  Beife  für  die  unterste  Klasse 
einer  höheren  Schule  fairen  und  dieselben,  abgesehen  von  einzelnen  nachher 
zu  erwähnenden  Modificationen,  in  drei  getrennten  au&teigenden  Klassen 
so  unterrichten,  dafs  in  jeder  Klasse  nur  Schüler  von  wesentlich  gleichem 
Wissensstande  vereinigt  sind.  In  diese  Kategorie  gehören  unter  den  gegen- 
wärtig bestehenden  Vorschulen  121  Anstalten.  Ihre  Einrichtung  ist  am  wenig- 
sten durch  besondere  locale  Verhältnisse,  am  ausschliefslichsten  durch  die  Natur 
der  Sache  selbst  bestimmt  Sie  sind  zu  betrachten  als  die  drei  untersten  Jahr- 
gänge einer  wohlgegliederten  und  unter  besonders  begünstigenden  Verhältnissen 
arbeitenden  Volksschule.  Diesem  Charakter  der  Vorsch^e  als  einer  Volks- 
schule ist  dadurch  Ausdruck  zu  geben,  dafs  die  Klassen  derselben  abgesondert 
von  denen  der  höheren  Schule  gezählt  und  nicht  durch  die  hier  und  da  üblichen 
Namen  Septima,  Octava,  Nona  (vergl.  oben  S.  88)  als  Klassen  der  höheren 
Schule  selbst  bezeichnet  werden.  Die  begünstigenden  Umstände,  unter  welchen 
diese  dreiklassigen  Vorschulen  im  Vergleiche  zu  anderen  Volksschulen  arbeiten, 
liegen  vornehmlich  darin,  dafs  die  Schüler  gröfstenteils  solchen  Familien  ange- 
hören, in  welchen  das  häusliche  Leben  von  selbst  die  Arbeit  der  Schule  unter- 
stützt, femer  dafs  die  Schüler  ihrer  Mehrzahl  nach  dazu  bestimmt  sind,  sich 
eine  über  das  Ziel  der  Volksschule  hinausgehende  allgemeine  Bildung  zu  er- 
werben, endlich  dafs  durch  die  Höhe  des  eingeforderten  Schulgeldes,  dessen 
Ertrag  bei  den  aus  Staatsmitteln  erhaltenen  oder  unterstützten  höheren  Schulen 
die  gesamten  Kosten  der  Vorschule  decken  mufs,  das  Einhalten  eines  richtigen 
Mafees  der  Frequenz  der  einzelnen  Klassen  ermöglicht  wird.  Die  Unterrichts- 
verwaltung hat  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  von  diesen  begünstigenden 
Umständen  der  volle  Gebrauch  zum  Besten  der  Jugend  gemacht  werde,  nicht 
etwa  um  von  derselben  in  den  ersten  Jahren  des  Schulbesuches  höhere  Leistungen 
in  manchen  Gegenständen  zu  erfordern,  —  sondern  um  sie  in  den  för  den  Ein- 
tritt in  eine  höhere  Schule  erforderten  Kenntnissen  und  Fertigkeiten  zu  freudiger 
Sicherheit  zu  bringen,  und  dies  unter  Grewöhnung  der  Knaben  an  strenge  Auf- 
merksamkeit in   den  auf  mäfsige  Zahl  beschr&ikten  Lehrstunden,  unter  Be- 

Wieie,  Tefordavagfln.  10 


146 

wahnmg  ihrer  kindlicheii  Fröhlichkeit  und  nnter  Fördenmg  ihrer  körperlichen 
Entwickelang.  Diese  Gesichtspunkte  sind  maßgebend  för  die  nachfolgenden 
Bestimmongen  und  Weisungen. 

1.  Bezüglich  der  Lehrgegenstände  and  der  Lehrziele  ist  mit 
Bücksicht  darauf,  dafs  diese  Schalen  die  Yolksschale  za  ersetzen  and  zum  Ein- 
tritte in  die  unterste  Klasse  einer  höheren  Schule  voizubereiten  haben,  eine 
normirende  Bestimmung  nicht  erforderlich;  es  genügt»  die  Verfügung  vom 
24.  September  1863  (CBL  1863  S.  579;  s.  unten  S.  155:  B,  I.)  in  Erinnerung  zu 
bringen,  durch  welche  ein  Ueberschreiten  der  Lehraufgabe  ausgeschlossen  wird. 
Nur  zu  folgenden  Bemerkungen  haben  die  Nachweisungen  über  den  gegen- 
wärtigen Betrieb  des  Unterrichts  Anlafs  gegeben. 

Es  kann  nicht  gebilligt  werden,  dafs  eine  erhebliche  Anzahl  von  Vor- 
schulen die  Uebung  im  Singen,  selbstverständlich  in  der  für  dieses  Alter 
angemessenen  und  erfreuenden  Beschränkung,  nicht  in  den  Bereich  ihrer  Be- 
schäftigungen aufgenommen  hat;  femer  sollten  jedenfalls  in  der  zweiten  und 
ersten  Klasse  leichte  turnerische  Uebungen,  insbesondere  Freiübungen 
und  Tumspiele  angestellt  werden.  Für  beide  Arten  der  Beschäftigung,  na-ment- 
lich  für  di^  Singen,  wird  es  sich  empfehlen,  nicht  ganze,  sondern  nur  halbe 
Stunden  zu  verwenden.  —  Was  endlich  das  specielle  Unterrichtsverfahren  be- 
trifft, so  wird  im  deutschen  Unterricht  nicht  überaU  beachtet,  dafs  die  Vor- 
schule ihre  Schüler  zum  Eintritt  in  eine  höhere  Schule  vorzubereiten  hat;  um 
dieser  Aufgabe  willen  ist  zu  empfehlen,  dafs  die  nachher  von  den  Schülern  an- 
zuwendende grammatische  Terminologie  bereits  in  der  Vorschule  aus- 
Bchliefslich  gebraucht  werde. 

2.  In  Betreff  des  Lebensalters,  mit  welchem  Knaben  in  die  Vor- 
schulen aufgenommen  werden,  wird  unverkennbar  den  Wünschen  mancher  Eltern 
in  unzweckmäfsiger  Weise  nachgegeben.  Im  Hinblicke  darauf,  dafs  verfrühte 
Ansprüche  an  die  geistige  Beschäftigung  und  die  andauernde  Aufmerksamkeit 
der  Kinder,  ungeachtet  der  etwanigen  augenblicklichen  Erfolge,  erfahrungsmäfsig 
später  erhebliche  Nachteile  herbeiführen,  ist  es,  wie  auch  Eltern  oder  Privat- 
institute in  dieser  Hinsicht  verfahren  mögen,  Pflicht  der  öffentlichen  Schule, 
an  einem  derartigen  Unrechte  sich  nicht  zu  beteiligen.  Demnach  sind  bezüg- 
lich der  Aufoahme  folgende  Bestimmungen  allgemein  einzuhalten: 

Für  die  Aufriahme  in  die  Vorschule  ist  das  vollendete  se  ch st e  Lebens- 
jahr zu  erfordern.  Von  dieser  Minimalforderung  bezüglich  des  Lebensalters 
darf  bei  halbjährlicher  Aufriahme  höchstens  ein  Vierteljahr,  bei  jährlicher  Auf- 
nahme höchstens  ein  halbes  Jahr  ausnahmsweise  nachgelassen  werden,  beides 
nur  unter  der  Voraussetzung  der  ausdrücklich  bezeugten  körperlichen  Kräftigkeit 
des  aufzunehmenden  Knaben. 

Für  den  Eintritt  in  die  höhere  Schule  ist  das  vollendete  neunte  Lebensjahr 
zu  erfordern ;  etwanige  Ausnahmen  sind  nur  in  entsprechender  Anwendung  der  für 
die  Vorschulen  bezeichneten  Beschränkungen  zu  gestatten.  In  keinem  Falle 
wird  durch  das  Absolviren  der  Vorschule  gerechtfertigt,  dafs  ein  Schüler  vor 
dem  Erreichen  des  ordnungsmäßigen  Lebensalters  in  die  unterste  Klasse  einer 
höheren  Schule  aufgenommen  werde. 

3.  Für  die  Gewöhnung  der  Knaben  an  wirkliche  Aufraerksamkeit  und 
für  das  Erreichen  des  Lehrzieles  bei  möglichst  beschränkter  Zahl  der  Lectionen 
ist  eine  mäfsige  Frequenz  der  Klassen  unerläfsliche  Bedingung.  Auch  ist 
nicht  zu  verkennen,  dafs  die  Eltern  durch  die  Entrichtung  eines  nicht  geringen 
Schulgeldes  einen  gewissen  Anspruch  auf  das  Einhalten  eines  solchen  Mafses 
haben.  Eine  Frequenz  von  mehr  als  60  Schülern,  wie  solche  in  einigen  Fällen 
vorkommt,  ist  ein  Uebel,  welches  Abstellung  erheischt.     Als  Ziel  ist  zu  er- 


147 

8trel)en,  dafs  die  Zahl  Ton  50  Schülern  derselben  Klasse  nicht  überschritten 
werde;  aber  sofort  abzustellen  ist  das  üeberschreiten  der  Frequenz  Ton  60  Schülern. 
Die  hiermit  bezeichnete  Beschränkung  der  Frequenz  der  einzelnen  Yor- 
schulklassen  ergiebt  sich  aus  ihrer  unterrichtlichen  Aufgabe  an  sich  und  ist 
demnach  allgemein  einzuhalten;  aufserdem  aber  ist  das  Yerhftltnis  der  Vorschule 
zu  der  höheren  Schule,  für  welche  sie  Torbereitet,  in  Betraclit  zu  ziehen.  Es  ist 
in  mancher  Hinsicht  als  ein  MiTsstand  zu  betrachten,  wenn  Vorschulen  zu  einer 
solchen  Höhe  der  Frequenz  erweitert  werden,  dafs  durch  die  durchschnittliche  Ver- 
setzung aus  derselben  die  zulässige  Frequenz  der  untersten  Klasse  der  höheren 
Schule  bereite  erreicht  und  jede  anderweitige  Aufnahme  in  dieselbe  ausgeschlossen 
wird;  denn  es  ist  nicht  billig,  gegen  die  Mtem  den  Zwang  auszuüben,  dafs  sie  die 
Aufnahme  ihrer  Söhne  in  die  höhere  Schule  nur  durch  die  vorausgegangene  Be- 
nutzung der  Vorschule  erreichen  können;  und  selbst  für  die  unterste  Klasse  der 
höheren  Schulen  erscheint  es  nicht  in  jeder  Beziehung  ersprieMich,  dafs  sie 
nicht  nur  überwiegend,  sondern  ausschliefslich  aus  der  Vorschule  ihre  Schüler 
•empfange.  Diesen  Qesichtepunkt  wollen  die  K.  ProY.  SchulcoUegien  nach  den 
flpeciellen   Verhältnissen  jeder  einzelnen  Schtile  in  Erwägung  nehmen. 

4.  Zur  Erreichung  des  yorher  (unter  Nr.  3)  bezeichneten  Zweckes  ist 
es  nicht  minder  wichtig,  daf^  die  Gesamtheit  der  gleichzeitig  zu  unterrichten- 
den Knaben  sich  auf  einem  im  wesentlichen  gleichen  Stendpunkte  der  Kenntnisse 
und  Fertigkeiten  befinde.  Wenn  in  derselben  Klasse  sich  zwei  Abteilungen 
Yon  solchem  Unterschiede  befinden,  dafs  in  mehreren  Lehrstnnden,  während  die 
eine  Abteilung  unterrichtet  wird,  die  andere  mit  Arbeiten  beschäftigt  werden 
mufs,  so  ist  das  ein  üebelstand,  dessen  Beseitigung  an  so  kostepieligen  Schulen 
füglich  beansprucht  werden  darf.  Das  Arbeiten  mit  einer  durch  den  Unterricht 
der  anderen  Abteilung  gestörten,  nur  halben  Aufinerksamkeit  ist  geeignet,  eine 
üble  Gewöhnung  und  eher  Erschlaffung  als  Erholung  herbeizufGlhren. 

Jahrescurse  bei  nur  jährlicher  Aufnahme  werden  dem  Zweck 
am  besten  enteprechen. 

Die  an  manchen  Orten  vielleicht  nicht  abzulehnenden  Ansprüche  auf 
halbjährliche  Aufnahme  von  Schülern  in  die  Vorschule  haben  zu  ver- 
schiedenen Auskunftsmitteln  gefährt,  nämlich  6  oder  5  aufsteigende  Klassen 
von  halbjährigem  Cursus,  4  Klassen,  deren  zwei  obere  eiiijährigen,  die  beiden 
nnteren  Klassen  halbjährigen  Cursus  haben,  3  Klassen,  deren  unterste  in  zwei  local 
nicht  getrennte  Abteilungen  geschieden  ist  •  Das  consequentesto  VerÜEthren 
ist  für  den  Fall  der  halbjährlichen  Aufhahme,  sofern  der  Einrichtung  von 
Wechselcöten  irgend  welche  Bedenken  entgegenstehen,  die  Durchführung  halb- 
jähriger Curse;  nur  bleibt  fraglich,  ob  dieselbe  nicht  eine  aufregende  Unruhe 
in  den  Gkmg  des  Unterrichte  bringt.  In  den  meisten  Fällen  ist  übrigens  eine 
so  weit  gehende  Gliederung  schon  durch  das  MaA  der  Gesamtfrequenz  ausge- 
schlossen. Die  dann  unvermeidlich  eintretende  Folge,  dafs  in  derselben  Klasse 
zwei  um  ein  Unterrichts-Semester  unterschiedene  Abteilungen  vereinigt  sind, 
hat  eine  ungleich  geringere  Bedeutung  fär  die  mittlere  und  die  obere  Klasse, 
als  far  die  untere;  denn  in  der  letzteren  können  nur  in  einem  kleinen  Teile 
der  Lehrstunden  die  Anfänger  mit  den  Vorgeschritteneren  ohne  beiderseitige 
Benachteiligung  gemeinsam  unterrichtet  werden,  und  an  eine  erfolgreiche  Be- 
schäftigung der  Anfänger,  während  die  obere  Abteilung  unterrichtet  wird,  ist 
füglich  nicht  zu  denken.  Deshalb  empfiehlt  es  sich,  sofern  die  Frequenz  es 
irgend  ermög^cht,  fAr  die  unterste  Klasse  zwei  Wechselcöten  einzurichten  (eventuell 
auch,  obgleich  dies  minder  zweckmäfsig  erscheint,  zwei  aufsteigende,  getrennt 
unterrichtete  Cöten  von  halbjährigem  Cursus)  selbstverständlich  in  der  Weise, 
dafs  die  Gesamtfrequenz  der  beiden  Cöten  nicht  höher  sein  darf,  als  die  fär 
die  mittlere  Klasse  zulässige  Frequenz  (vergl.  Nr.  3).    Wenn  dieses  Mittel  zur 

10* 


148 

Beseitigang  des  Uebelstands  durch  die  geringe  Freqnenz  oder  durch  andere 
Umstände  ausgeschlossen  ist,  so  ist  in  Erwägung  zu  nehmen,  ob  nicht  wenigstens 
für  einen  Teil  der  Lehrstunden  die  beiden  Abteilungen  gesondert  unterrichtet 
werden  können. 

5.  Als  Maximum  für  die  Anzahl  der  in  den  drei  aufsteigenden  Klassen 
einer  dreiklassigen  Vorschule  zu  erteilenden  Lectionen  ist  durch  die  C.Yerf. 
Y.  18.  October  v.  J.  die  Abstufung  Ton  18,  20,  22  Lehrstunden  in  Aussicht 
gestellt.  Nachdem  in  den  darüber  erstatteten  Berichten  der  £.  Prov.  Schul- 
collegien  diese  Bestimmung  teils  ausdrücklich  gebilligt,  teils  als  zulässig  an- 
erkannt worden  ist,  ordne  ich  hiermit  an,  daTs  Ton  dem  nächsten  Schidjahre 
an  in  den  drei  aufsteigenden  Klassen  der  dreiklassigen  Vorschulen  die  bezeich- 
neten Anzahlen  von  Lehrstunden  nicht  überschritten  werden.  Der  Sing-  und 
Turnunterricht  ist  in  die  fraglichen  Mazimalzahlen  eingerechnet;  nur  ist  es 
zulässig,  wenn  in  der  mittleren  oder  der  oberen  Klasse  auf  den  Turnunter- 
richt 2  Stunden  (etwa  4  halbe  Stunden)  verwendet  werden,  die  Maximalzahl 
um  eine  Stunde  zu  erhöhen. 

6.  Die  Aufgaben  zur  häuslichen  Beschäftigung  der  Schüler  haben 
sich  in  der  untersten  Klasse  auf  Wiederholung  des  in  den  Lectionen  Gelernten 
oder  Geübten  zu  beschränken.  Die  Aufgaben  sind  so  zu  bemessen,  dafs  sie  in 
der  untersten  Klasse  nicht  mehr  als  eine  halbe  Stunde,  in  der  mittleren  und 
oberen  nicht  mehr  als  eine  Stunde  täglicher  häuslicher  Arbeit  beanspruchen. 

7.  Bezüglich  der  Lehrer  ist  als  Norm  einzuhalten,  dafs  jede  Vor- 
schulklasse ihren  besonderen  Lehrer  (Klassenlehrer)  habe;  für  die  hiemach 
yerfägbar  bleibenden  Pflichtstnnden  derselben  ist  eine  anderweitige  Verwendung 
zu  ermitteln.  Die  für  drei  Vorschulklassen  erforderliche  Zahl  von  Lehrstunden 
läfst  sich  zwar  fast  vollständig  durch  zwei  Lehrkräfte  bestreiten;  eine  solch» 
Einrichtung  fahrt  aber,  wie  vereinzelt  vorkommende  Fälle  erweisen,  zu  höchst 
nachteiligen  Folgen  bezüglich  des  Stundenplanes  der  einzelnen  Klassen;  die 
K.  Prov.  Schulcollegien  haben  daher  auf  ihre  Beseitigung  angelegentlich  Bedacht 
zu  nehmen. 

U.  Eine  erhebliche  Anzahl  der  jetzt  bestehenden  Vorschulen  ist  nicht 
zu  der  Unterscheidung  von  drei  aufsteigenden,  getrennt  unterrichteten  Klassen 
entwickelt,  69  Vorschulen  haben  nur  zwei  Klassen,  68  Vorschulen  sind  auf 
eine  Klasse  beschränkt  Einige  der  zweiklassigen  Vorschulen  nehmen  ihre 
Schüler  erst  mit  dem  vollendeten  7.  Lebensjahre  und  den  diesem  Alter  ent- 
sprechenden Kenntnissen  auf;  der  fünfte  Teil  der  einklassigen  Vorschulen 
nimmt  Knaben  erst  in  dem  Alter  und  mit  den  Kenntnissen  auf,  dafs  voraus- 
sichtlich ein  Unterrichtsjahr  ausreicht,  sie  zum  Eintritte  in  die  Sexta  einer 
höheren  Schule  reif  zu  machen;  diese  beiden  Kategorien  von  Vorschulen  sind 
den  beiden  oberen,  bezw.  der  obersten  Klasse  dreiklassiger  Vorschulen  gleich 
zu  setzen,  bei  denen  für  den  anfänglichen  Unterricht  einen  anderweiten  Ersatz 
herzustellen  den  Eltern  überlassen  bleibt,  und  es  finden  daher  auf  dieselben 
die  unter  1  far  dreiklassige  Vorschulen  enthaltenen  Anordnungen  und  Be- 
merkungen sinnentsprechende  Anwendung.  Bei  allen  übrigen  zweiklassigen 
und  einklassigen  Vorschulen  tritt  unvermeidlich  die  unter  1, 4  in  Betracht  ge- 
zogene Mischung  verschiedenartiger  Elemente  in  den  gleichzeitig  vereinigt  unter- 
richteten Klassen  ein.  Das  Mafs  der  daraus  sich  ergebenden  Uebelstände  ist 
je  nach  d^r  Anzahl  der  Klassen,  der  Trennung  derselben  wenigstens  für  einzelne 
Gegenstände,  der  Frequenz  der  Klassen  ein  erheblich  verschiedenes.  Die 
K.  Prov.  SchulcoUegien  werden  daher  nach  den  eigentümlichen  Verhältnissen 
jeder  einzelnen  Anstalt  die  Mittel  in  Erwägung  zu  nehmen  haben,  durch  welche 
die  Uebelstände  sich  möglichst  ermäfsigen  lassen.  Hierbei  sind  folgende  Punkte 
der  Beachtung  der  K.  Prov.  Schulcollegien  zu  empfehlen. 


1 


149 

1.  Eine  etwanige  Mangelhaftigkeit  der  Organisation  einer  YorBchnle  darf 
nicht  als  Bechtfertigong  einer  erheblichen  Erhöhung  der  Lectionenzahl  betrachtet 
werden.  Der  Nachteil  einer  zu  grofeeu  Lectionenzahl  bleibt  mindestens  der 
gleiche,  wenn  diese  Lectionen  sich  nicht  znr  gleichzeitigen  FOrdening  aller 
Schüler  vollständig  verwerthen  lassen. 

2.  Für  zweiklassige  Vorschnlen,  welche  ihre  Schüler  mit  dem  Eintritte 
in  das  schulpflichtige  Alter  ohne  Vorkenntnisse  aufnehmen,  scheint  es  die  nächst 
liegende  Einrichtung  zu  sein,  dafs  die  eine  Klasse  auf  einjährigen,  die  andere 
auf  zweijährigen  Besuch  eingerichtet  sei;  dem  entsprechend  findet  siclT  that- 
sächlich  diese  Einrichtung  bei  50  zweiklassigen  Vorschulen.  Im  Anbetracht 
nun,  dafs  für  den  ersten  Beginn  des  Schulunterrichts  der  Unterschied  eines 
Jahres  eine  ungleich  höhere  Bedeutung  hat,  als  nachher,  mufs  es  auffallen,  dafs 
in  einer  gröfseren  Anzahl  von  Fällen  die  untere,  nicht,  wie  man  erwarten  sollte, 
die  obere  Klasse  auf  zweijährige  Dauer  des  Besuches  eingerichtet  ist.  Es  wird 
zu  erwägen  sein,  ob  für  diese  an  sich  auffallende  Einrichtung  ausreichende 
Gründe  vorliegen. 

3.  Bei  aller  Entschiedenheit  der  Bemühung  um  Beseitigung  vorhandener 
Mängel  in  der  Organisation  der  Vorschulen  ist  zugleich  vorsichtig  in  Betracht 
zu  ziehen,  ob  nicht  in  einzelnen  Fällen  eine  an  sich  nur  nothdürftige  Ein- 
richtung dennoch  nach  den  localen  Verhältnissen  noch  als  eine  Wohlthat  zu 
betrachten  ist 

Nach  den  im  Obigen  enthaltenen  Anordnungen  und  Bemerkungen  wollen 
die  K.  Prov.  SchulcoUegien  fortfahren,  der  gedeihlichen  Entwickelung  der  Vor- 
schulen Dire  Aufinerksamkeit  zuzuwenden.  In  den  nach  drei,  bezw.  vier  Jahren 
zu  erstattenden  Verwaltnngsberichten  über  die  höheren  Schulen  ist  ausdrücklich 
darauf  einzugehen,  in  wie  weit  und  mit  welchem  Erfolge  diese  Directiven  zur 
Ausfuhrung  gebracht  worden  sind." 

Der  Minister  der  geisü.  etc.  Angelegenheiten,    von  Gofsler. 
An  sämtliche  Königl.  FrovinziBl-Schalcollegien,  Eegierangen  u.  8.  w. 


Besondere  Bestimmungen. 
A.  Torbemerkungen. 

1.  Der  Umfang  der  verschiedenen  höheren  TJnterrichtsan- 
stalten  ist  aus  den  Tabellen  S.  117,  126,  127,  135  zu  ersehen,  bezw.  aus  den 
Bestimmungen  S.  126  für  die  Progymnasien,  S.  135  for  die  Bealprogymnasien 
und  Bealschulen  zu  entnehmen. 

2.  Bedingungen  für  die  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse.  In 
die  Vorschulen  können  Kinder  ohne  alle  Vorkenntnisse  nicht  vor  dem  voll- 
endeten sechsten  Lebensjahre  aufgenommen  werden;  s.  S.  146 

Die  Aufnahme  in  die  Sexta  der  höh.  Schulen  geschieht  vorschriftsmäfsig 
in  der  Begel  nicht  vor  dem  vollendeten  neunten  Lebensjahre.  Die  elementaren 
Vorkenntnisse,  welche  dabei  nachgewiesen  werden  müssen,  lassen  sich  dahin 
zusammenfassen,  dafs  von  den  Knaben  gefordert  wird:  Geläufigkeit  in  Lesen 
deutscher  und  lateinischer  Druckschrift;  Kenntnis  der  Bedeteile;  eine  leserliche 
und  reinliche  Handschrift;  Fertigkeit,  Dictirtes  ohne  grobe  orthographische 
Fehler  nachzuschreiben;  Sicherheit  in  den  vier  Grundiechnungarten  mit  ganzen 
Zahlen;  einige  Bekanntschaft  mit  den  Geschichten  des  A.  und  N«  Testaments. 


150 

YgL  Circ.  Bescr.  v.  24.  Oci  1837,  oben  S.  54,  besonders  anch  über  die 
Yoranssetznng  der  Gesundheit  nnd  körperlichen  Kräitigkeit;  femer  ü.  n.  Pr.. 
0.  T.  6.  Oct  1859,  S.  89  ZQ  §  4  und  S.  105  zu  §  7  g.  E.  hinsichtlich  der  Be- 
denken bei  Yoraaszosehendem  verfrühtem  Abgange. 

Die  Yorlegang  eines  Impfattestes  ist  nach  dem  Beichs-Impfgesetz 
V.  8.  April  1874,  §  13,  (s.  Abschn.  V,  5)  erfordeiüch. 

Circ.  Verf.  v.  1.  August  1884.  „Das  hiesige  £.  ProT.  Seh.  C.  hai 
durch  die  angeschlossene  Yer^gung  vom  17.  April  1882,  s.  a)  hinsichtlich  des 
Yerfahrens  bei  der  Aufnahme  der  Kinder  in  die  Schulen  Anordnungen  ge- 
troffen, deren  Befolgung  nicht  nur  der  Schule  eine  genaue  Kenntnis  von  der 
Zahl  der  ihr  ungeta^  zugefahrten  Kinder  evangelischer  Eltern  gegeben,  sondern 
auch  in  zahlreichen  Fällen  die  nachträgliche  Taufe  solcher  Kinder  zur  Folge 
gehabt  hat.  Die  allgemeine  Einfuhrung  eines  ähnlichen  Yerfahrens  würde 
über  das  Bedürfnis  hinausgehen  und  liegt  nicht  in  meiner  Absicht.  Nachdem 
aber  der  evangelische  Ober-Kirchenrath  durch  Erlafs  vom  24.  Mai  d.  J.  ange- 
ordnet hat,  das  überall  da,  wo  ein  Nachweis  der  vollzogenen  Taufe  bei  dem 
Schuleintritt  der  Kinder  als  erforderlich  erachtet  wird,  die  Ausstellung  von 
Taufzeugnissen  zum  Zwecke  der  Einschulung  der  Kinder  unentgeltlidi  ge- 
schehen soll,  veranlasse  ich  die  K.  Begierung,  Anträgen  des  K.  Consistoriums, 
welche  dahin  gerichtet  sind,  in  bestimmten  Orten  bei  der  Einschulung  von 
Kindern,  namentlich  von  auswärts  geborenen,  Taufzeugnisse  zu  erfordern,  in 
ähnlicher  Weise,  wie  es  von  dem  hiesigen  K.  Prov.  Sch.G.  für  die  Stadt  Berlin 
angeordnet  worden  ist,  Folge  zu  geben."  Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 
An  die  KOnigl.  Begierungen  in  den  9  älteren  Provinzen. 

a)  C.  Yerf.  des  K.  Prov.  Schul -C.  zu  Berlin  v.  17.  April  1882. 
„Unsere  Anordnung  v  5.  Dec.  1880,  die  Einsendung  der  Nachweise  über  di& 
ungetaufton  Kinder  evangelischer  Eltern  betreffend,  hat  nach  der  Mitteilung  de» 
K.  Consistoriums  den  erwarteten  Erfolg  nicht  gehabt,  da  dieselbe  nur  sehr  un- 
gleichmäfsig  und  vereinzelt  erfolgt  ist.  Wir  finden  uns  daher  veranlafst,  zur 
Herstellung  eines  geordneten  Yerfahrens  anzuordnen,  dafs  die  Herren  Directoren 
in  der  ersten  Woche  nach  dem  Beginne  jedes  Semesters  den  neu  aufgenommenen 
Schülern  evangelischer  Herkunft  die  Beibringung  eines  Taufzeugnisses  binnen 
vierzehn  Tagen  aufgeben  und  nach  Ablauf  dieser  Frist  dem  General-Super- 
intendenten von  Berlin  Herrn  Probst  Dr.  Brückner  eine  Liste  derjenigen,  welche 
das  Taufzeugnis  nicht  beigebracht  haben,  unter  Beifügung  von  Namen  und 
Wohnung  des  Familienvorstandes  einsenden,  eveni  eine  Yacatanzeige  machen. 
Das  K.  Consistorium  wird  die  Küster  sämtlicher  evangelischer  Kirchen  anweisen,, 
dafs  sie  einen  kostenfreien  Taufschein  nach  bestimmtem  Formular  den  schul- 
pflichtigen Kindern  auf  Yerlangen  aushändigen.*'  An  die  Directoren  sämt- 
licher höh.  Lehranstalten  von  Berlin  etc. 

lieber  das  zu  entrichtende  Schulgeld  s.  Abschn.  YI. 

3.  Schuljahr  und  Cursusdauer.  Durch  die  Yerordnung  v.  24.  Oci 
1837  (s.  S.  59  fg.  No.  6)  war  es  den  ProvinzialbehOrden  freigestellt»  nach  der 
Yerschiedenheit  der  provinziellen  Yerhältnisse  und  dem  Herkommen  gemäfe  den 
Lehrcursus  zu  Ostern  oder  zu  Michaelis  beginnen  zu  lassen.  Die  Mehrzahl 
der  kathoL  Anstalten  begann  das  Schuljahr  firüher,  abweichend  von  dem  bei 
den  meisten  evangelischen  bestehenden  Herkommen,  zu  Michaelis.  Nachdem 
dieselben  in  der  Bheinprovinz  und  Westfalen  den  Anfang  meist  auch  auf  Ostern 
verlegt  hatten,  war  die  Zahl  der  zu  Michaelis  beginnenden  Anstalten  nur  noch 
gering.  Seit  der  Neuordnung  des  Programmenwesens  durch  C.  Yerf.  v.  26.  Apr.  1875 
(s.  Abschn.  YI)  ist  die  YerOffentlichung  von  Schulnachrichten  im  Ostertennin  zur 


151 

Begel  geworden,  wonach  der  Anfang  des  Schii]|]ahres  mit  demjenigen  des 
Sommersemesters  zusammenfällt. 

Min.  Verf.  y.  24.  Oci  1881  an  den  E.  Universit&ts-Cnrator  zn  N.  ,,Ew. 
Ezc.  erwidere  ich  auf  den  gefälligen  Bericht  yom  13.  Jnni  d.  J.  ganz  ergehenst, 
dafs  die  Durchführung  der  Jahrescurse  und  der  Uebereinstimmung  im  Beginn 
des  Schuljahres  an  den  hOh.  Lehranstalten  sich  im  Interesse  der  Schulen  sowohl 
als  der  Eltern  der  Schüler  als  ein  unabweisliches  Bedürfhis  herausgestellt  hat 
Dem  entsprechend  ist  die  Anordnung,  nach  welcher  der  Anfang  des  Schuljahres 
zu  Ostern  stattfinden  soll,  in  den  meisten  Provinzen  bereits  durchgeführt  und 
wird  demnächst  auch  in  den  übrigen  Provinzen  zur  Durchführung  gelangen. 
In  Folge  davon  werden  die  Abiturientenprüfungen  vorzugsweise  auf  den  Oster- 
termin  fallen,  zu  Michaelis  aber  regelmäfsig  nur  an  den  wenigen  gröfseren  An- 
stalten, welche  bis  in  die  mittleren  Klassen  hinauf  die  Einrichtung  von  Wechsel- 
cöten  besitzen,  und  an  kleineren  Anstalten  nur  ausnahmsweise  für  diejenigen 
Schüler  stattfinden,  welche  zu  Ostern  das  Lehrziel  der  Schule  noch  nicht  er- 
reicht haben.  Diese  Einrichtung  wird,  wie  ich  nicht  verkenne,  auf  die  Uni- 
veisitätsvorlesungen  in  einzelnen  Fällen  nicht  ohne  Einflufs  bleiben,  aber  ich 
darf  erwarten,  dafs  die  dadurch  gebotenen  Aenderungen  in  der  Lage  gewisser 
Vorlesungen  sich  auch  an  der  dortigen  Universität  ohne  besondere  Schwierig- 
keit durchführen  lassen  werden."        von  Gofsler. 

Durch  die  CircYeri!.  v.  31.  März  1882  ist  bei  Einführung  der  revidirten 
Lehrpläne  die  Herstellung  von  Jahrescursen  von  Ostern  zu  Ostern  all- 
gemein erfolgt,  sofern  nicht  Wechselcöten  bestehen  (s.  S.  112). 

Die  Aufhahme  neuer  Schüler  läÜBt  sich  nicht  überall,  namentlich  nicht 
in  grOfseren  Städten,  auf  einen  einzigen  Termin  im  Jahre  beschränken;  sie  ge- 
schieht, wenn  auch  einer  von  beiden  der  Haupttermin  ist»  bei  nicht  wenigen 
höh.  Schulen,  ebensowohl  zu  Ostern  wie  zu  Michaelis,  was  bei  starker  Frequenz 
die  Einrichtung  von  Doppel-  oder  Parallelklassen  zur  Folge  hat,  die  sich  da- 
durch zu  Wechselest en  gestalten,  dafs  aus  dem  einen  Oötus  derselben  Elasse 
nur  zu  Ostern,  aus  dem  anderen  nur  zu  Michaelis  versetzt  wird.  Die  Einrichtung 
hat  den  Vorteil,  dafs  Schüler,  welche  in  dem  j&hrigen  Cursus  des  einen  Götiw 
für  die  Versetzung  nicht  hinlänglich  vorbereitet  sind,  danach  in  den  anderen 
übergehen  und  event.  in  dem  nächsten  Halbjahre  die  Versetzung  erreichen  können. 

üeber  den  Umfang  der  gesamten  Crirsusdauer  der  verschiedenen  Anstalten 
s.  S.  5.  Was  die  Cursusdauer  der  einzelnen  Klassen  betrifft,  so  nahm  die  Ver- 
ordnung V.  24.  Oct  1837  und  die  U.  u.  Pr.O.  v.  6.  Oct.  1854  für  VI,  V  und  IV 
je  ein  Jahr,  für  III,  n  und  I  je  zwei  Jahre  an.  Bei  dieser  Ordnung  ist  es 
verblieben.  Die  Tertien  sind  jetzt  in  der  Begel  in  Ober-  und  Unter-Tertia  ge- 
sondert Wo  diese  Abteilungen  gemeinschafUich  unterrichtet  werden,  so  müssen 
sie  doch  jedenfalls  in  der  Matiiematik  und  auf  den  Gymnasialanstalten  im 
Griechischen,  auf  den  Bealanstalten  im  Englischen  getrennt  werden.  Ebenso  werden 
auf  den  Bealanstalten  die  Secuuden  in  der  Naturbeschreibung  und  der  Chemie,  wo- 
möglich auch  in  der  Mathematik  und  Physik  getrennt,  (s.  S.  117, 127  Bemerkungen). 

Verf.  desK.  Prov.Sch.O.  zu  Breslau  v.  23.  Novb.  1859:  „Die  Tertia 
wird  in  eine  Unter  und  Ober  III,  jede  mit  einjähr.  Corsas  geteilt  Beide  Corse 
werden  durch  die  Bezeichnung  als  U  und  O  in  and  entweder  darch  verschiedene 
Klassenlocale  oder  durch  verschiedene  Plätze  in  demselben  Local  getrennt. 

Wo  beide  in  demselben  Looal  vereinigt  sind  und  also  denselben  Unterricht 
geniefsen,  ist  darauf  za  sehen,  dafs  die  Schaler  des  oberen  Cursas  das  Pensum, 
welches  sie  in  dem  unteren  schon  darchgemacht  haben,  nicht  lediglich  wiederholen. 
Es  ist  vielmehr  mit  den  Classikem,  oder  nach  Umständen  mit  verschiedenen  Stücken 
derselben  Classiker,  den  Lesebüchern  a.  s.  w.  zu  wechseln,  wie  auch  in  der  Religions- 
lehre, der  Mathematik,  in  der  Geschichte  and  Geographie  und  in  der  Natur- 
geschichte darauf  za  achten  ist,  dafs  darch  Abwechselang  der  Lehrpensen  einerseits 
den  UTertianem  die  Ansicht  benommen  wird,  sie  könnten  die  Aufgabe   der  III 


\ 


r 


152 

im  zweiten  Jahre  noch  hinlänglich  lösen,  andererseits  den  OTertianem  mit  dem 
Reize  der  Neuheit  Gelegenheit  geboten  werde  nicht  allein  zur  tieferen  Begründang, 
sondern  auch  zur  Erweiterung  der  in  UI^  erworbenen  Kenntnisse.  Ueber  das 
jetzt  für  die  m  festgestellte  Fensum  darf  dabei  nicht  hinausgegangen  werden.  — 
lEine  bestimmte  Norm  läfst  sich  bei  der  verschiedenen  Qualification  der  Lehrer 
und  der  Schüler  in  den  einzelnen  Cursen  über  die  Abwechselung  der  Lehrpensen 
nicht  aufstellen,  und  nur  beispielsweise  fähren  wir  an,  dafs  das  eine  Jahr  Caesar, 
das  andere  Sallust  gelesen,  oder  zwischen  dem  bellum  gallicum  nnd  bellum  civile 
des  Caesar  gewechselt,  das  eine  Jahr  im  Winter  Mineralogie,  im  Sommer  ein  Teil 
der  Botanik,  das  andere  Jahr  im  Winter  Zoologie  und  im  Sommer  ein  zweiter 
Teil  der  Botanik  durchgegangen  werden  kann.  —  Die  beiden  Curse  können  auch 
da,  wo  sie  in  Einem  Klassenzimmer  verbunden  sind,  mit  verschiedenen  schriftl. 
Arbeiten,  namentlich  mit  verschiedenen  deutschen  Aufsätzen  beschäftigt   werden. 

Von  der  Ulli  findet  am  Schlufs  des  Schuljahrs  eine  Versetzung  nach  0 III 
statt,  und  können  talentlose  und  träge  Schüler  zum  Zurückbleiben  in  der  Ulli 
verurteilt  werden.  Wenn  besonders  befähigt«  und  fleifsige  Schüler  der  Ulli 
während  des  ersten  Semesters  Hoffnung  erregt  haben,  dafs  sie  die  Reife  für  die 
n  in  einem  Jahre  erreichen  werden,  dann  ist  es  zweckmäfsig,  sie  gleich  nach  dem 
ersten  Semester  in  die  Olli  zu  versetzen.  Natürlich  haben  sie  dann  privatim  das 
Erforderliche  in  den  einzelnen  Disciplinen  zu  erlernen,  um  in  ihrem  Wissen  keine 
Lücken  zu  lassen,  die  in  den  meisten  Fällen  in  der  Leetüre  der  Classiker,  in  der 
Geschichte  und  Naturgeschichte  schwer  zu  beseitigen  sein  werden.  Darum  wird 
auch  bei  der  Versetzung  eines  Schülers  nach  halbjährigem  Aufenthalt  in  der  Ulli 
mit  Vorsicht  zu  verfahren  sein,  und  darf  dieselbe  immer  nur  ausnahmsweise  er- 
folgen," — 

Verf.  des  K.  Prov.Soh.C.  zu  Kiel  v.  12.  Novb.  1874:  „Veranlafst 
durch  den  Bericht  v.  — ,  geben  wir  im  Folgenden  eine  Darl^rang  derjenigen 
Rücksichten  und  Erwägungen,  welche  an  den  höh.  Lehranstalten  unsers  Ressorts 
bei  den  Versetzungen  der  Schüler  in  Betracht  zu  ziehen  sind: 

Durch  unsere  Verf.  v.  28.  Juni  1869  haben  wir  angeordnet,  dafs  einerseits 
aus  der  Vorschule  in  die  VI,  andererseits  aus  der  V  und  der  IV  in  die  betreff, 
höhere  Klasse  nur  einmal  im  Jahre  Versetzung  stattfinden  soll.  In  Betreff  der 
übr.  Klassen  haben  wir  damals  keine  allgm.  Bestimmung  getroffen,  mithin  den 
Dir.  und  LehrerooU.  der  einzelnen  Anstalten  in  dieser  Beziehung  freie  Wahl  und 
Entschliefsung  belassen.  Da  über  die  Frage,  ob  jährl.  oder  halbjährl.  Versetzun- 
gen der  Schüler  als  zweckmäfsiger  zu  erachten  seien,  die  Ansichten  der  Schul- 
männer sich  noch  keineswegs  geeinigt  haben,  vielmehr  auf  beiden  Seiten  ansehn- 
liche Pädagogen  sich  nicht  minder  auf  Gründe  der  Theorie  stützen,  als  auf  That- 
sachen  der  Erfahrung  berufen,  so  würden  wir  es  auch  jetzt  noch  nicht  für  richtig 
halten,  die  durch  unsere  vorerwähnte  Verf.  den  einzelnen  Schulen  gelassene  Frei- 
heit durch  weitere  Bestimmungen  einzuschränken.  Wohl  aber  ist  es  durchaus  er- 
forderlich, dafs,  abgesehen  von  denjenigen  Anstalten,  welche  wegen  der  grofsen 
Zahl  ihrer  Schüler  im  Stande  sind,  sogenannte  Wechselcötus  emzurichten,  die 
Schulen,  welche  bei  einem  jährigen,  resp.  2jähr.  Cursus  der  Klassen  sich  dennoch 
für  halbjährl.  Versetzungen  der  Schüler  entscheiden  zu  sollen  glauben,  mit  allem 
Ernste  dafür  Sorge  tragen,  dafs  zu  Michaelis  die  Schüler  mit  gleicher  Leichtigkeit 
wie  zu  Ostern  in  den  Cursus  der  höheren  KL  eintreten  und  mit  ffleichem  Erfolge 
regelrechte  Fortschritte  machen  können.  Die  Mittel,  durch  welche  dies  zu  er- 
reichen ist,  sind,  was  zunächst  die  Klassen  mit  Ijähr.  Cursus  anlangt,  im  Wesent- 
lichen folgende: 

1.  In  den  Klassen  können  subordinirte  Abteilungen  eingerichtet  werden, 
welche,  wenn  sie  auch  Einzelnes  gemeinschaftlich  betreiben,  doch  im  Grofsen  und 
Gunzen  auf  verschiedener  Stufe  stehen,  so  dafs  der  Lehrer  abwechselnd  bald  die 
eine,  bald  die  andere  zu  unterrichten  hat,  während  diejenige,  welcher  für  den  Augen- 
blick seine  Aufmerksamkeit  weniger  zugewandt  ist,  für  sich  beschäftigt  werden  mufs. 
2.  Femer  kann  das  Unterrichtspensum  des  Jahrescursus  in  Semestralhälften  zerlegt 
werden,  welche  so  beschaffen  sind,  dafs  die  Kenntnis  der  einen  bei  der  Erlernung 
der  anderen  nicht  vorausgesetzt  zu  werden  braucht,  vielmehr  mit  jeder  der  beiden 
Semestralhälften  der  Anfang  gemacht  werden  kann.  Wenn  dieser  Weg  einge- 
schlagen wird,  ist  es  übrigens  rflicht  des  Leders,  bei  denjenigen  Sdbiülem,  welche 


153 

der  Klasse  bereits  über  V*  Jabr  ang^eboren,  ancb  den  ünterricbtsstoff  des  vorber- 
gebenden  Scbolsem.  präsent  zu  erbalten,  sowie  dabin  zu  arbeiten,  dafs  Lücken, 
die  früber  in  den  betreff.  Kenntnissen  bervorgetreten  waren,  jetzt  nacbträglicb  von 
den  Scbülem  ausgefällt  werden,  und  einerseits  durcb  beiläuf.  Fragen,  andererseits 
durcb  regelm.  wiederkebrende  metbod.  Hebungen  und  Bepetitionen  siob  selbst  den 
Einblick  zu  verscbaffen,  der  ibn  befäbigt,  zu  aller  Zeit,  und  namentücb  wenn  die 
Versetzung  der  Sobüler  in  Frage  kommt,  obne  Weiteres  ein  gerecbtes  und  zutref- 
fendes Urteil  über  den  Stand  der  gesamten  Kenntnisse  und  Leistungen  jedes 
einzelnen  Scbülers  abzugeben.  3.   Endlicb  kann,   bei  rascberer  Durcbnabme 

von  Seiten  des  Lebrers,  das  ganze  Unterricbtspensum  einer  Kl.  2mal  innerbalb  des 
Jabrescursus  absolvirt  werden,  so  dafs  der  Lebrer  sowobl  zu  Micbaelis  als  zu  Ostern 
im  Anscblufs  an  das  Fensum  der  vorbergeb.  Kl.  das  weitere  Fensum  von  vorn  be- 
ginnt, jedesmal  vor  2  Abt.  der  Scbüler,  von  denen  die  eine  den  betreff,  ünterricbt 
zum  ersten,  die  andere  zum  zweiten  Mal  erbält. 

Welcber  von  diesen  drei  genannten  "Weisen  der  Vorrang  einzuräumen  ist, 
bangt  einesteils  von  der  Fersönlicbkeit  und  dem  subjeotiven  Ermessen  der  einzelnen 
Lebrer  ab,  andererseits  aber  aucb  von  der  Eigentümlicbkeit  der  verscbiedenen 
Unterricbtsfäcber.  So  wird  der  erste  Weg  am  leicbtesten  beim  üntrr.  im  Reebnen, 
liosen,  Zeicbnen  und  Scbreiben  eingescblagen  werden;  der  zweite  bei  der  Matbe- 
matik,  insofern  dieselbe  die  Teilung  in  Aritbmetik  und  Geometrie  zuläfst,  sowie 
bei  der  G^cbicbte,  der  Geograpbie  und  der  spracbl.  Leotüre,  der  dritte  endlicb  bei 
dem  grammat.  ünterricbt.  Eine  Combination  verscbiedener  Weisen  macbt  es 

endlicb  aucb  möglieb,  selbst  bei  Klassen  mit  2jäbr.  Gursus  balbj&brl.  Versetzungen 
der  Scbüler  in  mblgreicber  Weise  stattfinden  zu  lassen. 

Dagefifen  ist  es  nicbt  zu  billigen,  wenn  in  Erlassen  von  1  oder  2jähr.  Cnrsus 
halbjäbrL  Versetzungen  vorgenommen  werden,  obne  dafs  Fürsorge  getroffen  ist,  dafs 
zum  Micbaelis-,  wie  zum  Oster-Termin  die  Scbüler  mit  dem  Unterricbtspensum  der 
Klasse  in  metbod.  Ordnung  beginnen  können.  Auf  diesem  Wege  kommt  der  zu 
Micbaelis  neueintretende  ^büler  obne  seine  Scbuld  in  die  pädagogiscb  nicbt  zu 
recbtfertigende  Lage,  dafs  er  mitten  in  den  Gursus  der  böberen  Kl.  bineingerätb 
und  es  ibm  nun  überlassen  bleibt,  entweder  durcb  überaus  anstrengenden  Frivat- 
fleifs  oder  durcb  kostspiel.  Frivatuntrr.  sieb  die  im  vorbergeb.  Sem.  in  der  Klasse 
bereits  fesU^lefften  und  eingeübten  Kenntnisse  auch  seinerseits  anzueignen,  oder 
aber  bei  allen  denjenigen  Teilen  des  Untrr.,  welobe  auf  der  Grundlage  des  ersten 
balben  Jabres  weiter  bauen,  obne  Erfolg  und  daher  aucb  obne  Literesse  müfsig 
zu  sitzen.  Gelingt  ibm  das  Erstere,  so  erbält  er  während  des  zweiten  balben 
Jahres  seines  Klassenbesucbs  in  vielfacher  Beziehung  nur  dasjenige  nacbträgl.  im 
Klassenuntrr.,  was  er  bereits  im  vorhergehenden  Sem.  fär  sich  hat  lernen  müssen; 
und  was  das  Schlimmste  ist,  wenn  er  dann  schliefslich  wiederum  zum  Micbaelis- 
termin  eine  Klasse  aufrückt,  so  treffen  ibn  die  nämlichen  Uebelstände  und  Be- 
schwerlichkeiten, mit  welchen  er  beim  Eintritt  in  die  vorige  Kl.  zu  kämpfen  gehabt 
hatte»  Ist  er  dagegen  nicht  im  Stande,  das  Unterricbtspensum  des  ersten  Sem. 
auf  dem  Frivatwege  sich  anzueignen  und  bleibt  in  Folge  davon  ein  grofser  Teil 
des  weiteren  Klassenuntrr.  ihm  unverständlich,  so  giebt  das  nächstfolgende  Sem., 
in  welchem  der  Klassencursus  von  vom  beginnt,  keine  Gelegenheit,  das  damals 
Versäumte  nachzuholen ;  der  Schüler  mufs  demnach,  um  das  Unterricbtspensum  der 
Klasse  vollständig  zu  absolviren,  noch  ein  3.  Semester  in  derselben  bleiben,  so  dafs 
der  Umstand,  dafs  er  schon  ^/t  Jahr  vor  Ostern  in  die  Kl.  eingetreten  ist,  ibm 
durchaus  keinen  Vorteil  gewährt,  wohl  aber  nicht  selten  mancherlei  Nachteile  im 
Gefolffe  bat  Es  ist  daher  in  diesem  Fall  der  Regel  nach  an  jährl.  Versetzungen 
festzimalten  und  auch  den  Schülern  und  deren  Eltern  darüber  von  vorn  berein  volle 
Klarheit  zu  geben.  Zu  Micbaelis  ist  dann  nur  in  dem  Ausnahmsfall  einem  Scbüler 
das  Aufrücken  in  eine  höhere  Kl.  zu  gestatten,  wenn  nach  den  speciellen  bei  ibm 
obwaltenden  Umständen  gegründete  Hoffnung  gehegt  werden  kann,  dafs  er  im 
Stande  sein  werde,  den  Gursus  dieser  Kl.  seinerseits  um  ^/<  Jahr  zu  kürzen,  und 
wenn  zugleich  nach  dem  Urteil  der  Lehrer  eine  solche  Beschleunigung  als  wünsobens- 
werth  für  ihn  erscheinen  mufs.*'  [Es  folgt  die  Aufforderung,  mit  den  Lehrern 
zu  erwägen,  welches  Frincip  bei  der  betr.  Anstalt  zu  befolgen  sein  werde]. 

4.  Das  Klassensystem.  An  Stelle  des  früheren  Farallel-  oder  Fach* 
Systems,  nach  welchem  die  Schüler  in  den  verschiedenen  Gegenständen  ver- 


154 

schiedenen  Klassen  angehören  konnten,  ist  allmählich  in  den  höheren  Lehranstalten 
überall  das  Klassensystem  eingeführt  worden,  nach  welchem  die  Schüler  in 
allen  Lehrgegenständen  yereinigt  bleiben. 

Aus  dem  Landtagsabschied  an  die  schlesischen  Provinzial- 
stände  v.  30.  Dcb.  183^1:  —  „Das  Klassensystem  entspricht  dem  Zweck  der 
Gymnasien,  eine  möglichst  gleichmäfsige  Bildung  zu  bewirken,  und  es  hat  gewifs 
sein  entschiedenes  Gute,  wenn  bei  denen,  welche  von  der  untersten  Kl.  an  ein 
Oymn.  besucht  haben,  dahin  gestrebt,  und  jeder,  wie  es  mittels  des  Klassensystems 
fCeschieht,  angespornt  wird,  dafs  er  in  keinem  Lehrgegenstande  zurückbleibe.  — 
In  Hinsicht  auf  Ordnung  und  Disciplin,  auf  das  gleichi^U'sige  Fortschreiten  in  dem 
zur  Gesamtbildung  gehörigen  Wissen  und  auf  die  Gestaltung  eines  näheren  und 
innigeren  Verhältnisses  zwischen  Lehrer  und  Schülern  hat  sich  das  Klassensystem 
als  das  zuträglichere  bewährt.**  — 

In  einem  weiteren  Sinne  fafst  die  C.Verf.  v.  24.  Octb.  1837  das  Klassen- 
system: 8.  S.  56.  (VrI.  ü.  u.  Pr.O.  S.  108,  wo  ein  Fachlehrersystem  angedeutet 
ist;  8.  C.Verf.  v.  31.  März  1882,  S.  113). 

5.   Klassenfreqaenz: 

C.  Verf.  V.  28.  Febr.  1867:  „Durch  die  U.  und  PO.  v.  6.  Octb.  1859  (s.S.  102) 
ist  hinsichtlich  der  in  den  einzelnen  Klassen  einer  Realschule  1.  0.  zulässigen 
Schülerfreqnenz  aas  pädagog.  and  didakt.  Gründen  als  Maximnm  für  die 
unteren  Kl.  die  Zahl  von  50,  für  die  mittleren  40,  für  die  oberen  30  bestimmt 
worden.  Ich  habe  mit  Befnedigang  wahrgenommen,  dafs  in  einigen  Provinzen 
diese  Grenze  mehr  and  mehr  eingehalten  and  dafs  obige  Bestimmung  in  ent- 
sprechender Weise  auch  bei  den  Gymnasien  zur  Anwendung  gebracht  wird, 
sowie  auch,  dafs,  wenn  sich  eine  von  dem  betreffenden  K.  Prov.Sch.G.  eine  Zeit 
lang  geduldete  höhere  Frequenz  als  dauernd  erwiesen  hatte,  für  die  Einrichtung 
von  Parallelklassen  gesorgt  worden  ist  In  anderen  Provinzen  ist,  wie  die  ein- 
gereichten Frequenzlisten  immer  aufs  neue  ergeben,  diesem  für  das  Gedeihen 
der  Schulen  so  wichtigen  Gegenstande  nicht  dieselbe  Aufmerksamkeit  gewidmet 
und  nicht  genug  auf  Mittel  und  Wege  Bedacht  genommen  worden,  durch  welche 
einer  schädlichen  Klassenüberfüllung  vorgebeugt  werden  kann. 

Ganz  übereinstimmende  Mafsregeln  lassen  sich  bei  der  Verschiedenheit 
derlocalen  und  anderen  Verhältnisse  dafür  nicht  vorschreiben;  es  mufs  vielmehr 
dem  Ermessen  der  Aufsichtsbehörden  überlassen  bleiben,  in  jedem  besonderen 
Fall  nach  Anhörung  des  Directors,  resp.  des  Patronats  oder  Schulcuratoriums, 
das  Erforderliche  anzuordnen.  Ich  finde  mich  veranlafst,  dies  zur  Beseitigung 
der  noch  immer  vorkommenden  mafslosen  üeberschreitungen  vorerwähnter  Maximal- 
zahlen für  sämtliche  Kategorien  höherer  Lehranstalten  in  Erinnerang  zu  bringen; 
wobei  ich  schliefslich  bemerke,  dafs  bei  hinreichendem  Kaum  auch  in  den 
mittleren  Klassen  ausnahmsweise  eine  Frequenz  von  50  und  in  den  oberen  eine 
solche  von  40  Schülern  zulässig  ist." 

C.Verf  des  Prov.Sch.G.  zu  Breslau  v.  14.  Febr.  1872:  „Der  H 
Minister  der  geistl.  etc.  Anglgh.  hat  aus  Anlafs  der  Thatsache,  dafs  an  mehreren 
Gymnasien  und  Bealschulen  unsers  Verwaltungsbezirks  die  Schülerzahl  in  einigen 
Klassen  eine  unzulässige  Höhe  erreicht,  uns  beauftragt,  die  HH.  Directoren  auf 
die  sorgfältige  Einhaltung  der  Normalfrequenz  hinzuweisen.  Indem  wir  Ew.  etc. 
hiervon  mit  der  Aufforderung  zu  gewissenhafter  Nachachtung  in  Kenntnis  setzen, 
bemerken  wir  zugleich,  dafs  es  zur  möglichst  genauen  Herstellung  des  vor- 
schriftsmäfsigen  Verhältnisses  nicht  genügt,  die  Aufnahme  neuer  Schüler  aaf 
das  unumgängliche  Mafs  zu  beschränken;  vielmehr  verlangen  diejenigen  Be- 
stimmungen vorzugsweise  genaue  Befolgung,  nach  welchen  solche  Schäer  von 
der  Anstalt  wieder  zu  entfernen  sind,  denen  selbst  nach  zweimaliger  Absolvining 
des  Klassencursus  die  Versetzung  auf  die  nächst  höhere  Klasse  nicht  zugestanden 
werden  kann. 


155 

Die  Anzahl  der  höheren  Unterrichtsanstalten  hat  sich  in  den  verschiedenen 
Teilen  der  Provinz  in  den  letzten  Jahren  wesentlich  vergröfsert;  andererseits 
sind  wir  stets  darauf  bedacht  gewesen,  an  denjenigen  SteUen,  an  welchen  sich 
die  Ueberfüllnng  der  Klassen  als  eine  dauernde  herausgestellt  hatte,  dnrch  Ein- 
richtung von  Parallelklassen  Abhülfe  eintreten  zu  lassen,  soweit  die  äufseren 
Umstände  es  gestatteten.  Es  wird  unsere  Aufgabe  sein,  in  ähnlicher  Weise  Er- 
leichterungen nach  Möglichkeit  teils  zu  begünstigen,  teils  herbeizufahren.  In- 
zwischen mufs  die  stetige  Aufmerksamkeit  der  Directoren  darauf  gerichtet  sein, 
in  Uebereinstimmung  mit  den  bestehenden  Vorschriften  die  Schülerzahl  der  ver- 
schiedenen Klassen  auf  ein  Mafs  zurückzuführen,  welches  didaktische  und  päda- 
gogische Berücksichtigung  der  einzelnen  Zöglinge  in  dem  erforderlichen  Grade 
gestattet,  die  nöthige  Fürsorge  für  die  Gesundheit  der  Schüler  ermöglicht  und 
zugleich  die  Lehrer  vor  einer  Aufgabe  bewahrt,  welcher  ihre  Kräfte  auf  die 
Dauer  nicht  gewachsen  sein  können.** 

Verf.  des  Prov.  Seh.  C.  zu  Stettin  (3.  Dcb.  1866):  —  dafs  für  keine 
Klasse  des  Gymnasiums  und  der  Bealschule  daselbst,  sowie  ihrer  Vorschulen 
eine  An&ahme  zuzusagen,  bevor  nicht  die  am  Ende  des  Semesters  stattfindende 
Versetzung  beschlossen  sei.  Alsdann  seien  zunächst  die  Aufnahmegesuche  ein- 
heimischer Eltern  zu  berücksichtigen,  und  vor  der  Hand  noch  zu  gestatten, 
dafs  dabei  die  Zahl  der  Schüler  der  unteren  und  der  mittl.  Klassen  über  die 
sonst  als  Maximum  anzusehende  Zahl  von  je  50,  aber  höchstens  bis  60  ge- 
steigert werde.  Auswärtige  Schüler,  welche  nicht  vom  elterL  Hause  aus  die 
Schule  besuchen  können,  sollen  nicht  mehr  aufgenommen  werden,  sobald  da- 
durch die  Zahl  der  Schüler  einer  Klasse  über  50  oder  noch  weiter  gesteigert 
werden  würde. 

Min.  Verf.  v.  24.  Febr.  1875:  ,Jn  dem  Bericht  v.  —  schlägt  das  K. 
Prov.Sch.C.  vor,  um  der  UeberfüUung  des  Gymn.  in  N.  abzuhelfen  und  der 
Nothwendigkeit  der  Errichtung  neuer  Parallelkl.  vorzubeugen,  bis  auf  Weiteres 
die  An&ahme  auswärtiger  Schüler  abzuweisen,  und  liur  solche  aufzunehmen, 
deren  Eltern  am  Ort  wohnhaft  sind.  Diese  Mafsregel  würde  ich  nicht  billigen 
können.  Die  Anstalt  ist  ein  königliches  Gymn.  und  als  solches  nicht  aus- 
schliefslich  oder  vorzugsweise  für  das  Bedürfnis  der  Stadt  bestimmt.  Deshalb 
ist,  wenn  die  Ueber^ung  der  Anstalt  eine  Beschränkung  der  Aufnahme 
neuer  Schüler  nöthig  macht,  diese  nur  dadurch  zu  bewirken,  dafs  die  zuletzt 
angemeldeten  Schüler,  far  welche  in  den  vorhandenen  Klassen  kein  Platz  ist, 
abgewiesen  werden,  mögen  sie  auswärtige  oder  einheimische  sein."  — 

B.  Der  Lehrplan. 

1.  Die  Gymnasien. 

Die  für  die  gegenwärtige  Lehrverfassung  der  Gymnasien  mafsgebende 
allgemeine  Anordnung  ist  in  der  CircVerf.  v.  31.  März  1882  enthalten  s.  S.  110  ff. 

Der  Lehrplan  der  Progymnasien  richtet  sich  in  allen  Beziehungen 
nach  dem  der  Gymnasien;  s.  S.  126. 

Die  Vorschulen  betreffend  s.  die  allgemeinen  Bestimmungen  v.  23.  April 
1883,  8.  144  ff.  Die  Vorschulklassen  sind  amtlich  nicht  als  Septima,  Octava 
zu  bezeichnen,  auch  in  den  Frequenzübersichten  abgesondert  zu  stellen  und  zu 
berechnen. 

Min.  Verf.  v.  24.  Sptb.  1863:  „Es  ist  mir  bekannt  geworden,  dafs  in  den 
mit  den  Gymn.  and  Bealschulen  verbundenen  Vorschulklassen  an  einigen  Orten 
Unterricht  im  Lateinischen  oder  auch  im  Französischen  erteilt  wird.  Dies  ist 
der  Bestimmung  solcher  Vorschulen  zuwider  und  führt  über  die  Anforderungen 
hinaus,  welche  for  die  Aufnahme  in  die  unterste  Kl.  der  höh.  Lehranstalten 


156 

festgesetzt  sind.  Um  diesen  Anforderungen  zu  genügen,  haben  sich  die  Yor- 
schiQen  auf  den  allgm.  Elementamnterricht  zn  beschränken,  fremde  Sprachen 
also  Ton  ihrem  Lehrplan  ansznschliefsen." 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  5.  Apr.  1875:  „Wir  haben 
von  der  Einrichtung  der  mit  höh.  Anstalten  verbundenen  Vorschulen  genauere 
Kenntnis  genommen  und  uns  überzeugt,  dafs  die  Schüler  in  mehreren  derselben 
mit  zu  vielen  Stunden  belastet  und  dadurch  in  Gefahr  gebracht  werden,  fruh- 
zeitig  zu  ermatten,  an  Lemlust  und  Freudigkeit  Abbruch  zu  leiden  und  so  den 
Anforderungen  der  späteren  Jahre  nicht  hinreichend  gewachsen  zu  sein.  An 
manchen  Vorschulen  ist  zugleich  der  üebelstand  hervorgetreten,  dafs  die 
Schüler  z.  B.  im  Bechnen,  über  die  Aufgabe  der  Vorbereitungski.  hinausgeführt 
werden,  wodurch  in  VI,  da  nicht  alle  Schüler  derselben  durch  die  Vorschule 
gegangen  sind,  eine  der  Förderung  des  Unterrichts  schädliche  Ungleichheit  ent- 
steht. Wir  beauftragen  daher  die  HH.  Dir.  und  Bectoren  der  höh.  Untrr. 
Anstalten,  an  welchen  Vorschulen  bestehen,  spätestens  von  Michaelis  d.  J.  ab 
den  Lehrplan  so  einzurichten,  dafs  der  unteraten  (3.)  Vorschnlkl.  nicht  mehr 
als  12  St.,  bei  einer  Frequenz  von  mehr  als  30  Schülern  höchstens  16  St.,  in  der  mittl. 
(2.  Kl.)  nicht  mehr  als  18  St.,  bei  einer  Frequenz  von  mehr  als  30  Schülern 
höchstens  22  St.,  in  der  obersten  (1.  Kl.)  nicht  mehr  als  24  St.,  bei  einer 
Frequenz  von  mehr  als  30  Schülern  höchstens  26  St.  wöchentl.  zuerteilt  werden. 
Es  läfst  sich  erwarten,  dafs  in  Folge  dieser  Verminderung  der  Stundenzahl  in 
den  Vorschulen  nicht  nur  der  Körper,  sondern  auch  der  Geist  der  Jugend 
frischer  und  kräftiger  sich  entwickeln  werde,  als  in  neuerer  Zeit  vielfach  wahr- 
genommen worden  isi  Der  Lehrplan  der  Vorschule  ist  in  Zukunft  jedesmal 
zugleich  mit  dem  der  Gymn.  und  Bealklassen  vor  Anfang  des  neuen  Schuljahres 
einzureichen.^' 

2.   Die  Beallehranstalten  und  höheren  Bürgerschulen. 

Die  für  die  gegenwärtige  Lehrverfassung  mafsgebende  Anordnung  ist  in 
der  Circ.Verf.  v.  31.  März  1882  enthalten,  s.  S.  110  ff.  Die  Vorschulen  be- 
treffend s.  S.  144  ff. 

Min.Verf  v.  21.  Sept.  1878.  „Die  Anfrage  des  Magistrats  vom  29.  v.  M. 
findet,  soweit  es  sich  um  die  Militärberechtigung  der  den  Unterricht  in  den 
alten  Sprachen  ausschliefsenden  höheren  Bürgerschulen  handelt,  ihre  teil- 
weise Erledigung  bereits  durch  das  von  dem  Beichskanzler-Amt  unter  dem 
23.  Januar  d.  J.  in  Nr.  4  des  Centralblattes  für  das  Deutsche  Beich  veröffent- 
lichte „Verzeichnis  der  höh.  Lehranstalten,  welche  zur  Ausstellung  von  Zeug- 
nissen der  wissensch.  Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst 
berechtigt  sind.^*  Denn  in  der  Klasse  0.  dieses  Verzeichnisses,  d.  h.  in  der 
Klasse  derjenigen  Lehranstalten,  an  denen  das  Militärzeugnis  durch  das  Be- 
stehen der  Abgangsprüfung  erworben  wird,  sind,  abgesehen  von  48  derartigen 
Schulen  in  den  aufserpreufsischen  Bundesstaaten,  7  preufsische,  den  Unterricht 
in  den  alten  Sprachen  ausschiefsende  höhere  Bürgerschulen  aufgezählt,  drei  in 
Breslau,  je  eine  in  Hannover,  Kassel,  Frankfurt  a.  M.,  Wiesbaden.  Schon  diese 
Anzahl  der  verzeichneten  Lehranstalten  erweist,  dafs  es  sich  nicht  um  speciell 
motivirte  Ausnahmefälle  handeln  kann,  sondern  um  eine  principiell  festge- 
stellte Norm. 

Die  bestimmten  Bedingungen,  unter  welchen  lateinlose  höh.  Bürgerschulen 
die  Müitätberechtigung  in  der  Klasse  C.  des  §  90  der  deutschen  Wehrordnung 
vom  28.  September  1875  zuerkannt  wird,  hat  das  Beichskanzler-Amt  in  einem 
unter  dem  31.  März  d.  J.  an  die  deutschen  Bundesregierungen  gerichteten 
Schreiben  dargelegt.  Abgesehen  von  den  in  den  Preufsischen  Schuleinrichtungen 
schon  allgemein  enthaltenen  Bestimmungen  sind  es  die  folgenden. 


157 

Die  fraglichen  Schalen  müssen  eine  sechsjährige,  in  sechs  aufsteigende 
Klassen  geteilte  Lehrdaner  haben;  zur  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  ist  er- 
forderlich, dafs  der  Schüler  das  nennte  Lebensjahr  vollendet  hat  und  die  diesem 
Lebensalter  entsprechenden  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  besitzt.  In  den 
Lehrplan  dieser  Schulen  ist  auTser  den  übrigen  (Gegenständen  der  allgemeinen 
Bildung  (Beligion,  Deutsch,  Geschichte  und  Geographie,  Bechnen  und  Mathe- 
matik, Physik  und  beschreibende  Naturwissenschaften;  Schreiben,  Zeichnen, 
Singen,  Turnen)  der  Unterricht  in  zwei  lebenden  fremden  Sprachen,  der  fran- 
zösischen und  der  englischen,  aufzunehmen.  Auf  jedem  dieser  Gebiete  ist  in 
geordnetem  Lehrgange  der  Unterricht  bis  zu  der  Höhe  zu  führen,  welcher  einer- 
seits durch  die  Dauer  der  Lehrzeit  bedingt  ist,  andererseits  durch  die  in  der 
Begel  zutreffende  Voraussetzung,  dafs  die  Schüler  dieser  Anstalten  nicht  be- 
absichtigen, eine  Fortsetzung  des  Unterrichts  auf  einer  anderen  Schule  all- 
gemeiner Bildung  zu  suchen.  Die  an  diesen  Schulen  anzustellenden  und  zu 
verwendenden  Lehrer  müssen  ihre  wissenschaftliche  und  praktische  Lehrbefahigung 
in  der  vorschriftsmäfsigen  Weise  erwiesen  haben.  Der  Dirigent  der  Anstalt 
und  mindestens  die  Hälfte  der  Lehrer  müssen  akademische  Bildung  besitzen 
und  die  Prüfung  far  das  höhere  Lehramt  abgelegt  haben;  für  die  übrigen  ge- 
nügt der  Nachweis  der  Lehrbefähigung  auf  Grund  seminaristischer  Vorbildung. 

Die  Abgangsprüfung,  durch  welche  das  Militärzeugnis  erworben  wird, 
wird  unter  dem  Vorsitz  eines  K.  Commissars  abgehalten.  Die  finanzielle 
Dotation  der  preufsischen  Schulen  dieser  Art  wird  in  jedem  einzelnen  Falle 
von  der  Unterrichtsverwaltung  nach  den  localen  Verhältnissen  geregelt  Damit 
diese  Schulen  neben  den  anderen  Kategorien  höherer  Schulen  tüchtige  Lehrer 
sich  erwerben  und  bewahren  können,  ist  dahin  zu  streben,  dafs  ihr  Besoldungs- 
etat für  die  Lehrer  von  Universitätsbildung  demjenigen  der  Progymnasien 
wenigstens  annähernd  gleichkomme. 

Durch  Erfüllung  der  vorstehenden  Bedingungen  ist  den  fraglichen  Schulen 
die  Erlangung  der  Militärberechtigung  in  Klasse  C.  des  §  90  der  deutschen 
Wehrordnung  grundsätzlich  sicher  gestellt.  Die  wirkliche  Zuerkennung 
erfolgt  in  jedem  einzelnen  Falle  durch  das  Beichskanzler-Amt  erst  dann,  wenn 
die  Schule  bis  zu  ihrem  Abschlufs  entwickelt  und  wenn  durch  amtliche  Revision 
sowie  durch  die  Ergebnisse  der  ersten  Abgangsprüfung  constatirt  ist,  dafs  die- 
selbe ihrer  Aufgabe  entspricht. 

Nach  dem  Obigen  und  unter  Benutzung  des  Vorbildes  bereits  bestehender 
gleichartiger  Schulen  wird  es  für  den  Magistrat  keine  Schwierigkeit  haben, 
einen  ungefähren  Etat  aufzustellen  und  einen  Lehrplan  dem  K.  Prov.Sch.O. 
zur  Genehmigung  vorzulegen.  Der  erhebliche  Zuwachs,  welchen  die  Zahl  der 
Schulen  dieser  Kategorie  während  der  letzten  Jahre  insbesondere  in  solchen 
Städten  erhalten  hat,  in  welchen  Schulen  allgemeiner  Bildung  von  neunjähriger 
Lehrdauer  (Gymnasien,  Bealschulen  1.  Ordnung)  bereits  bestehen,  darf  als  ein 
tbatsächliches  Zeugnis  dafar  angesehen  werden,  dafs  diese  Schulen  einem  wirk- 
lichen Bedürfais  solcher  Eltern  entsprechen,  welche  ihren  Söhnen  nicht  über 
das  16.  Lebensjahr  hinaus  die  Wohlthat  allgemein  bildenden  Unterrichts  zu- 
wenden können.  Die  wesentliche  Bestimmung  dieser  Schulen  ist,  dafs  ihre 
Schüler  nach  dem  Abschlufs  der  Schulzeit  unmittelbar  in  bürgerliche  Berufs- 
arten oder  in  technische  Facheurse  von  mittlerer  Höhe  eintreten.  Wahrschein- 
lich sind  auch  bereits  einzelne  Schüler  derselben  nach  wohlbestandener  Ab- 
gangsprüfung in  den  subalternen  städtischen  oder  Staatsdienst  versuchsweise 
angenommen  worden.  Ob  eine  allgemeine  Regelung  in  dieser  Beziehung  nöthig 
werden  wird,  läfst  sich  noch  nicht  bestimmen;  jedenfalls  wird  sie  noch  einige 
Jahre  aufschieben  sein,  um  eine  festere  Grundlage  der  Erfahrung  dafür  zu 
gewinnen.*'        Der  Minister  etc.    Falk. 


158 


3.   Combinirte  Anstalten. 

Bei  Gymnasien  und  Progymnasien,  an  denen  die  Dispensation  vom 
Griechischen  znlässig  ist  (s.  p.  67),  wird  den  dispensirten  Schülern  statt  dessen 
Unterricht  in  neueren  Sprachen  n.  a.  erteilt.  An  Orten,  wo  sich  eine  zur  Erteilung 
wissenschaftlicher  Befähigungszeugnisse  für  den  einjährig -fi^iw.  Militärdienst 
berechtigte  Bealanstalt  mit  obligatorischem  Unterricht  im  Latein  nicht  befindet, 
sind  die  Gymnasialanstalten  beftigt,  derartige  Befähigungszeugnisse  auch  ihren 
von  der  Teilnahme  am  Unterr.  in  der  griech.  Sprache  dispensirten  Schülern  zu 
erteilen,  insofern  letztere  an  dem  eingeführten  Ersatzunterricht  regelmäfsig  teil- 
genommen und  nach  mindestens  einjährigem  Besuch  der  Secunda  auf  Grund 
einer  besonderen  Prüfung  ein  Zeugnis  des  LehrercoUegiums  über  genügende 
Aneignung  des  entsprechenden  Lehrpensums  erhalten  haben.  (S.  GBl  1885 
p.  502  Anm.;  vgl.  weiterhin  Abschn.  Y,  2.) 

Min.Yerf.  v.  7.  Dec.  1882.  „Aus  den  in  Folge  meines  Erlasses  vom 
29.  April  d.  J.  von  den  betr.  E.  Prov.  SchulcoUegien  erstatteten  Berichten  habe 
ich  ersehen,  dafs  an  denjenigen  Gymnasien,  welchen  unter  Genehmigung  seitens 
des  Beichsamtes  des  Innern  die  Berechtigung  zuerkannt  ist,  ihren  vom  Griechi- 
schen dispensirten  Schülern  unter  bestimmten  Bedingungen  das  Zeugnis  der 
wissensch.  Befähigung  far  den  eiiyahrig-freiw.  Militärdienst  auszustellen,  während 
der  letzten  fünf  Jahre  von  dieser  Ermächtigung  nur  in  einer  sehr  geringen  Zahl 
von  Fällen  Gebrauch  gemacht  worden  ist,  und  dafs  bezüglich  des  an  die  betreffen- 
den Schüler  zu  erteilenden  Ersatzunterrichts  für  das  Griechische  die  unter 
No.  3  der  Verfügung  vom  11.  Oct.  1865*)  bezeichneten  Bestimmungen  im  All- 
gemeinen sachgemäfs  ausgeführt  werden.  Um  ein  dem  Zweck  entsprechendes 
und  innerhalb  gewisser  Grenzen  gleichmäfsiges  Verfahren  zu  sichern,  treffe  ich 
zur  Erläuterung  und  Ergänzung  von  No.  3  der  angezogenen  Verfügung  folgende 
Bestimmungen,  auf  deren  Ausfahrung  an  allen  mit  der  fraglichen  Berechtigung 
ausgestatteten  Gymnasien  das  E.  Prov.  Seh. Coli,  fortan  wird  zu  halten  haben: 

1.  Der  Ersatzunterricht  hat  an  derselben  Stelle  des  Lehrganges  zu  be- 
ginnen, an  welcher  der  Unterricht  im  Griechischen  anfängt  und  sich  auf  die 
gleiche  Zahl  von  Lehrstunden  zu  erstrecken,  welche  für  den  griechischen  Unter- 
richt festgestellt  sind. 

2.  Nothwendiger  Gegenstand  des  Ersatzunterrichts  ist  die  englische  Sprache. 
Als  Lehrziel  ist  zu  verfolgen,  dafs  die  vom  Griechischen  dispensirten  Schüler 
behufs  Erwerbung  der  Militärberechtigung  dasjenige  Mafs  des  Wissens  und 
Eönnens  in  der  englischen  Sprache  nachzuweisen  haben,  welches  von  den 
Schülern  der  Realgymnasien  an  der  gleichen  Stelle  des  Lehrcursus,  d.  h.  bei  der 
Versetzung  nach  Obersecunda  erfordert  wird. 

3.  Wenn  der  Ersatzunterricht  aufser  der  englischen  Sprache  andere 
Gegenstände  betrifft,  welche  obligatorische  Lehrgegenstände  des  Gymnasiums 
sind,  so  darf  darf  derselbe  nicht  den  Charakter  eines  bloflsen  Nachhülfe-Unter- 
richts  behufs  Erreichung  des  allen  Schülern  gesetzten  Lehrzieles  haben,  vielmehr 
mufs  dann  diesem  Unterricht  eine  ^bestimmte,  von  diesem  unterschiedene  Auf- 
gabe gestellt  werden. 

Zugleich  setze  ich  auf  Grund  einer  seitens  des  Beichsamtes  des  Innern 
getroffenen  Bestimmung  das  E.  Prov.Sch.C.  unter  EUnweis  auf  die  Anmerkung 
Im  Centralblatt  für  das  Deutsche  Reich  1882  Seite  180^)  in  Eenntnis,  dafs 
von  Ostern  1883  den  vom  Griechischen  dispensirten  Schülern  nicht  mehr  ein 
zweifacher  Weg  zur  Erwerbung  des  Militärzeugnisses  zur  Wahl  gestellt  sein 


♦)  8.  weiterhin  Abschn.  V,  2. 

**)  8.  oben  (O.-Bl.  1885.  p.  502  Anm.) 


159 

irird,  nämlich  entweder  zweijähriger  Besach  der  Secnnda  oder  Ablegong  einer 
Fräftmg  nach  einjährigem  Aufenthalt  in  dieser  Klasse,  sondern  ansschliefslich 
der  letztere.  Durch  diese  Prüfung  ist  zu  constatiren,  dafs  die  vom  Griechischen 
dispensirten  Schüler  nicht  blofs  in  den  übrigen  obligatorischen  Lehrgegenständen 
des  Gymnasiums  das  Lehrpensum  des  ersten  Jahrescursus  der  Secunda  sich 
genügend  angeeignet^  sondern  auch  den  für  den  Ersatzunterricht  gestellten 
Lehraufgaben  enteprochen  haben/* 

Häufiger  ist  unter  gemeinsamer  Direction  die  Verbindung  von  Beal- 
gymnasien  und  Sealprogymnasien  mit  Gymnasien  und  Progymnasien.  Die  Ueber- 
einstimmung  des  Lehrplans  der  Klassen  von  Sexta  bis  Quarta  gewährt  eine 
gemeinsame  Grundlage,  auf  welcher  sich  nach  dem  sog.  Bifurcationssystem 
Ton  Tertia  ab  der  Unterricht  scheidet.  (Zeichen:  Y;  s.  OBl.  1878  p.  489.) 
Vgl.  U.  u.  Pr.O.  p.  103  zu  §  5. 

Femer  kommt  eine  Verbindung  des  Progymnasiums  mit  der  lateinlosen 
Realschule  vor,  sowie  der  Realschule  und  der  höh.  Bürgerschule  mit  Fachklassen 
für  solche  Schüler,  welche  sich  einem  mechanisch -technischen  oder  technisch- 
chemischen Gewerbe,  bezw.  dem  Berufe  des  Maschinenbauers,  Hüttenmannes, 
Chemikers,  Privatbaumeisters  oder  Fabrikanten  widmen  oder  noch  eine  technische 
Hochschule  besuchen  wollen.  Einige  Anstalten  dieser  Art  (wie  Barmen,  Dortmund, 
Hagen)  führen  auch  noch  den  Namen  von  Gewerbeschulen. 

Die  Mheren  Proyinzial-Gewerbeschulen  sind  zum  Teil  in  höhere 
Bürgerschulen  bezw.  siebenjährige  Realschulen  mit  Fachklassen  umgewandelt 
worden;  ein  anderer  Teil  hat  sich  zu  Ober-Realschulen  entwickelt.  (Für  die 
K  Gewerbeschule  in  Saarbrücken  kommt  im  Wesentlichen  das  Prüfungsreglement 
vom  21.  März  1870  noch  in  Anwendung.) 

Für  die  mit  Realanstalten  verbundenen  Fachschulen  ist  unter  dem 
17.  Oci  1883  eine  Prüfungsordnung  eriassen  worden  (s.  GBL  1883  p.  556—564). 
Bedingong  des  Ueberganges  in  die  Fachklasse  ist  Absolvirung  des  sechsten 
Jahrescursus.  Der  zweij^rige  Lehrgang  in  denselben  gewährt  mathematisch- 
natorwissenschafblichen  Unterricht  und  Unterricht  in  der  betr.  Technik. 

Denkschrift  über  die  Gewerbeschulen  OBL  1881  p.  189—212,  über  die 
Entwickelung  der  gewerblichen  Fachschulen  ebenda  p.  440 — 460. 

Die  Landwirthschaftsschulen  ressortiren  gemeinschaftlich  von  dem 
Minister  für  Landwirthschaft,  Domänen  und  Forsten  und  dem  Unterrichtsminister; 
für  ihren  dienstlichen  Verkehr  stehen  sie  unter  den  Regierungen.  Sie  sind 
nicht  Staatsanstalten,  sondern  vom  Staate  subventionirte  städtische  oder  land- 
wirthschaftliche  Vereins-,  Kreis-  oder  Provinzial-Institute,  welche  mit  der  Er- 
langung einer  allgemeinen  und  Fachbildung  auch  die  Erwerbung  der  Berech- 
tigung zum  Einjährig-Freiwilligen-Dienst  erstreben.  Der  Oursus  ist  dreij^rig. 
Die  Aufnahme  wird  bedingt  durch  den  Nachweis  der  Reife  für  die  Tertia  eines 
Gymnasiums  oder  Progymnasiums.  Unterrichtsgegenstände  sind :  Religion,  Deutsch, 
Französisch,  Englisch  (oder  statt  dessen  Lateinisch,  wobei  die  Wahl  aber  nicht 
dem  einzelnen  Schüler  überlassen  ist,  sondern  allgemein  für  die  Anstalt  ge- 
troffen werden  mufs),  Geographie,  Geschichte,  Mathematik,  Naturwissenschaften, 
Landwirthschaftslehre,  Zeichnen,  Singen,  Tomen.  Die  Abgangsprüfung,  welche  zur 
Erlangung  des  Berechtigungsattestes  bestanden  werden  mufs,  wird  unter  Beteiligung 
eines  von  der  Unterrichtsverwaltung  dazu  delegirten  E.  Commissars  abgebeten. 
VgL  die  Nachweisungen  im  Anhang  zu  den  Beiträgen  der  landwirthschaftlichen 
Statistik  von  Preufsen  für  das  Jahr  1884,  bearbeitet  im  Ministerium  für  Land- 
wirthschaft, Domänen  und  Forsten  (Druck  von  Gebr.  Unger  1885);  femer:  Vor- 
schriften, betr.  die  Ausbildung  und  das  Examen  für  die  Lehrer  der  Landwirtii- 
schaft  an  den  Landwirthschaftsschulen  vom  9.  Mai  1877  (GBL  1877  p.  327  fg.). 


160 


Für  detaillirte  Lehrpläne  wird  den  einzelnen  Anstalten  ein  ge- 
wisses Mafs  von  Freiheit  gestattet,  and  so  bringt  die  Bücksicht  auf  die  Klassen- 
freqnenz,  die  Schülergeneration,  die  Lehrerindividnalität,  die  besondere  methodische 
Tendenz  n.  dgl.  m.  thatsächlich  einige  Verschiedenheit  hervor.  In  der  einen 
Anstalt  kann  unter  Umständen  sehr  wohl  schon  anf  einer  niederen  Stofe  ein 
Kapitel  der  Grammatik  durchgenommen  werden,  das  eine  andere  sich  genöthigt 
sieht  einer  höheren  Stufe  vorzubehalten.  Die  Stereometrie  wird  auf  mehreren 
Anstalten  nach  der  ebenen  Trigonometrie  gelehrt,  während  andere  es  vorziehen, 
den  älteren  Lehrbüchern  zu  folgen,  welche  die  constructive  körperl.  Geometrie 
unmittelbar  an  die  ebene  Geometrie  anschliefsen. 

Beim  Beligionsunterricht  der  confessionellen  Minorität  höherer  Schulen, 
der  in  der  Begel  von  Ortsgeistlichen  erteilt  wird,  müssen  nicht  selten  die  betreff. 
Schüler  verschiedener  Klassen  zusammengenommen  werden,  was  Modificationen 
des  Lehrplans  für  die  Religion  nöthig  macht. 

Der  Kanon  classischer  Leetüre  auf  den  Gymnasien  enthält 
von  lat.  Prosaikern:  Com.  Nepos,  Jul.  Caesar,  Sallustius,  Livius,  Tacitus, 
Cicero  (dieser   nach   seinen  verschiedenen  Stilgattungen);  von  den  Dichtem: 
Ovidius,  Yergilius,  Horatius; 

von  griech.  Prosaikem :  Xenophon,  Herodotus,  Thucydides,  Piaton,  Ljsias, 
Isocrates,  Demosthenes;  von  den  Dichtem:  Homerus  und  Sophokles. 

Diesen  werden  je  nach  Vorliebe  einzelner  Lehrer  oder  aus  anderen 
Gründen  hin  und  wieder  zugesellt  und  mit  Auswahl  gelesen :  Justinus,  Curtius, 
Quintilianus  (B.  X),  Plinius  (epp.),  Seneca  (de  brev.  vit  al.);  Phaedrus,  die 
Elegiker,  Plautus,  Terentius,  Lucanus.  Ebenso:  Plutarchus,  Lucianus;  Aeschylus, 
Euripides,  griech.  Lyriker  und  Elegiker. 

Das  Eintreten  der  einzelnen  Autoren  ist  vielfach  von  den  vorher  ange- 
deuteten individuellen  Umständen  abhängig.  In  Ciceros  Briefe  glaubt  ein  er- 
fahrener Lehrer  mit  Grand  oft  erst  die  gereiften  Schüler  der  Ol  einführen  zu 
können,  u.  dgl.  m.  Mit  einzelnen  Schülergenerationen  wird  sich  der  Lehrer 
auch  an  den  Aeschylus  wagen  können,  mit  anderen  vielleicht  keinen  Tragiker 
lesen.  Eben  so  verschieden  wird  nach  den  Umständen  die  Auswahl  unter  den 
piaton.  Dialogen  u.  a.  sein. 

Was  das  Quantum  der  Leetüre  betrifft,  so  bestehen  darüber  be- 
stimmte Vorschriften  nicht 

Aus  einer  C.  Verf.  v.  24.  Juni  1864:  —  „Die  Aufgabe  der  oberen  Gym- 
nasialklassen im  Unterricht  in  den  alten  Sprachen  wird  verkannt  oder  vergessen, . 
wenn  die  Hauptsorge  des  Lehrers  auf  grammatische  Erörterungen  gerichtet  ist 
und  darüber  eine  nur  durch  umfassende  Leetüre  zu  erreichende  lebendige  Ein- 
führang  in  den  Geist  der  alten  Schriftsteller  versäumt  wird.  Obschon  hieran 
bei  verschiedenen  Gelegenheiten,  u.  a.  in  der  den  Gymnasiallehrplan  betreffenden 
C.  Verf.  V.  7.  Jan.  1856  erinnert  worden  ist  (s.  p.  69),  so  wird  doch  auf 
n^nchen  Gymn.  noch  immer  zu  wenig  und  zu  fragmentarisch  gelesen,  uod 
namentlich  auch  um  der  griech.  Scripta  willen  nicht  selten  die  griechische 
Leetüre  selbst  beeinträchtigt.  Das  Erfordernis  einer  gründlichen  grammatischen 
Interpretation  nöthigt  keineswegs  dazu,  auf  solche  Weise  das,  was  nur  Mittel 
zu  sein  bestimmt  ist,  zum  Zweck  zu  machen." 

Als  Summe  dessen,  was  auf  vielen  Gymnasien  während  des  Gymnasial- 
cursus  gelesen  wird,  kann  etwa  Folgendes  angenommen  werden:  Von  Com. 
Nepos  die  meisten  vitae,  Jul.  Caesar  bell.  gall.  ganz  oder  mindestens  5  Bücher, 
sowie  bell,  civ.,  Livius  3 — 6  Bücher,  Tacit.  Ann.  und  Hist.  etwa  2  Bücher; 
aufserdem  Germania  (jedenfalls  c.  1—27)  und  Agricola;  von  Cicero  3  kleinere 
und  3  gröfsere  Beden,  Laelius,   Cato  maj.,  Tusc.   (I  und  V),  Of&c.  (Auswahl} 


161 

imä  eine  der  rhetor.  Schriften,  —  Von  Ovid  etwa  1000  Verse,  Vergil  6  Bücher, 
Horai  die  Oden  nnd  Episteln,  einige  Epoden  (2.  13.  16)  und  Satiren 
(I,  1.  6.  9);  Auswahl  ans  den  Elegikem.  Von  Xenophon  die  Anabasis  ganz, 
oder  mindestens  5  Bücher;  Auswahl  ans  den  Memorabb.  nnd  den  Hellen., 
Herodot.  80  bis  100  capp.,  Thucyd.  ein  Bach  (nnd  jedenfalls  II,  35—46); 
Lysias  6  Beden,  Demosthenes  3  Reden;  Piaton.  Apolog.,  Kriton,  Phaedon  (der 
erzählende  Teil),  Protagoras,  Gorgias.  —  Homer.  Dias  und  Odyssee  mit  Hülfe 
der  Privatlectüre  (s.  Abschn.  V,  4)  ganz;  von  Sophokles  2  Tragödien. 

Die  Leetüre  eines  Dramas  soll  nicht  auf  2  Semester  verteilt  werden.  — 
In  mehreren  Gymn.  wird  daranf  gehalten,  dafs  die  Schüler  in  der  Klasse  von 
den  Antoren  nur  Ausgaben  ohne  Anmerkimgen  vor  sich  haben;  in  einigen  wird 
es  erreicht,  dafs  alle  Schüler  der  Klasse  dieselbe  Textausgabe  benutzen. 

Die  in  der  C.  Verf.  v.  24.  Octb.  1837  (s.  p.  56)  empfohlene  Concen- 
tration  des  Unterrichts  wird  hinsichtlich  der  classischen  Leetüre  in  den  oberen  Kl. 
mehrerer  Gymn.  mit  befriedigendem  Erfolg  so  ausgeführt,  dafs  Verschiedenartiges 
mehr  nacheinander  als  nebeneinander  gelesen  wird.  Demgemäfs  legt 
man  z.  B.  die  lateinische  Leetüre  in  die  Vormittagsstunden  der  3  ersten  und 
die  griechische  in  die  entsprechenden  Stunden  der  3  letzten  Wochentage,  und 
liest  im  1.  Quartal  des  Semesters  nur  einen  Dichter,  im  2.  nur  einen  Prosaiker. 
Einrichtungen  dieser  Art,  deren  mannigfaltige  Vorteile  unverkennbar  sind,  lassen 
sich  nicht  allgemein  machen,  weil  sie  von  der  Zusammensetzung  der  Lehrercoll. 
nnd  anderen  Umständen  bedingt  sind.  Die  Fortsetzung  derselben  Leetüre  durch 
2  St  hintereinander,  wie  sie  in  den  oberen  Kl.,  ohne  ermüdend  zu  wirken,  sehr 
wohl  stattfinden  kann,  entspricht  der  vorerwähnten  C.  Verf.  p.  58. 

Vgl.  in  derselben  Beziehung  hinsichtlich  des  Lectionsplans  der  Real- 
schulen die  U.  und  PO.  p.  88  f.  106  f. 

C.   Bestimmungen  Aber  einzelne  Unterrichtsgegenstftnde. 

1.    Beligion. 

Bev.  Lehrpläne  nuch  G.Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  118, 119  für  Gymn.; 

128,  130  für  R;  136  f.  für  h.  B. 

0.  Verf.  (des  Min.  v.  Altenstein)  v.  28.  Juni  1826:  „Das  Ministerium 
hat  durch  den  Bericht  des  E.  Consistoriums  und  Prov.  Seh.  C.  v.  27.  Deb.  v.  J. 
von  der  Beschaffenheit  und  der  Einrichtung  des  Beligionsunterrichts 
der  gelehrten  Schulen  Seines  Bezirks  genauere  Kenntnis  erhalten,  und 
wiU  im  folgenden  diejenigen  Punkte  bezeichnen,  auf  welche  zur  Abstellung  der 
bei  diesem  wichtigsten'  aller  Unterrichtsgegenstände  hie  und  da  sich  findenden 
Mängel  die  Dir.  der  Gymn.  in  einer  an  sie  zu  erlassenden  besonderen  Circ.  Ver- 
fügung hinzuweisen  sind: 

1.  Da  in  der  Begel  nur  vorzüglich  der  eine  und  der  andere  Lehrer  zur 
Erteilung  des  Religionsunterrichts  geeignet  ist»  diesem  also  derselbe  in  mehreren 
Klassen  übertragen  werden  mufs,  so  ist  dieser  höheren  Bücksieht  die  sonst 
allerdings  wünsehenswerthe  Gleichzeitigkeit  des  erwähnten  Untrr.  unterzuordnen, 
dennoch  aber  thunlichst  darauf  zu  sehen,  dafs  derselbe  in  die  erste  vormittägige 
Stunde  falle.  2.  Es  müssen  aber  auch  alle  anderen  ersten  vor-  und  naehmitt 
LehrBtnnden  mit  einem  Gebet  begonnen,  und  eben  so  auch  die  letzten  vor-  und 
naehmitt.  Lehrstunden  geschlossen  werden'*')        3.    Wo,  wie  bei  den  Censuren, 


*)  Die  Vormittagstanden  mit  Gebet  auch  za  schliefsen,  und  die  Nachmittags- 
stnnden  mit  Gebet  anzufangen  und  zu  schliefsen,  ist  alimählich  aufser  Gebrauch  ge- 
kommen. 

Wieie,  YeroTdnnngen.  11 


162 

bei  den  Öffentlichen  Prüfungen,  bei  der  Einfahning  neuer  Lehrer,  bei  Entlassung 
abgehender  Scholaren  u.  s.  w.  die  Gesamtheit  der  Schu^ugend  versammelt  ist, 
darf  in  keinem  Falle  die  erhebende  religiöse  Feierlichkeit  fehlen,  und  ist  viel- 
mehr  stets  mit  einer  solchen  die  Handlung  zu  beginnen.  4.  Wo  Pensionate 
oder  Alumnate  mit  einer  Lehranstalt  verbunden  sind,  mufs  der  Director  ganz  die 
Stelle  eines  frommen  Familienvaters  vertreten,  und  auf  regelm.  Abhaltung  der 
Morgen-  und  Abendgebete,  Sprechen  des  Tischgebetes  u.  s.  w.  halten.  Ihm 
und  den  Lehrern  solcher  Ausloten  liegt  auch  insonderheit  ob,  mit  den  Zög- 
lingen den  öffenü.  Gottesdienst  zu  besuchen,  in  Gemeinschaft  mit  den  Confir- 
mirten  das  heil.  Abendmahl  zu  geniefsen  und  sie  auf  den  würdigen  GenuTs  des- 
selben vorzubereiten.  5.  Aber  auch  in  den  anderen  Lehranstalten,  wo  eine 
so  genaue  Beziehung  unter  Lehrern  und  Schülern  nicht  stattfindet,  ist  thunlichst 
auf  gemeinschafü.  Besuch  des  Gottesdienstes  zu  halten  und  jede  hierunter  be- 
stehende Einrichtung  aufrecht  zu  erhalten  oder,  wo  es  nöthig,  die  wünschens- 
werthe  Einrichtung  zu  treffen. 

Es  bedarf  wohl  keiner  besonderen  Erinnerung,  dafs  bei  allem  dem,  was  im 
Vorstehenden  über  den  Religionsunterricht  und  das  Gebet,  so  wie  über  den 
Besuch  des  Gottesdienstes  angeführt  ist,  aUes  darauf  ankommt,  dafs  die  Lehrer 
die  Jugend  in  die  da^u  unerläfsliche  Stimmung  zu  versetzen  und  in  solcher 
zu  erhalten  verstehen.  Nur  ein  gehöriger  Ernst  bei  dieser  Gelegenheit  kann 
eine  segensreiche  Wirkung  hervorbringen.  Jede  Ausartung,  Leichtfertigkeit  oder 
Boheit  bei  dieser  Gelegenheit  vernichtet  das  Heiligste  in  der  Jugend  und 
macht  diese  Beligionsübungen  verderblich.  Der  Gegenstand  ist  von  groüber 
Wichtigkeit  und  das  Ministerium  empfiehlt  daher  die  gröfste  Aufinerksamkeit 
auf  solchen. 

6.  In  Ansehung  des  bei  dem  Beligionsuntemcht  zu  befolgenden  Plans  kann 
im  Allgem.  die  Andeutung  genügen,  dafs  in  den  unteren  El.  vorzugsweise  biblische 
Geschichte  durchgenommen,  in  den  mittl.  zu  einem  zusammenhangenden  Vortrag 
der  chrisü.  Beligionswahrheiten,  insonderheit  nach  Luthers  Katechismus,  überge- 
gangeu,  in  den  oberen  El.  aber,  nächst  Mitteilung  einer  Einleitung  in  die 
Bücher  der  heil.  Schrift  und  einer  Geschichte  der  christl.  Eirche,  zu  einem  aus- 
führl.  Vortrag  über  genannte  Lehren  der  c^iristl.  Religion  vorgeschritten,  sowie 
in  diesen  oberen  und  mittl.,  teilweise  auch  unteren  El.  eine  ganz  besondere 
Aufmerksamkeit  auf  das  Lesen  und  Erklären,  nicht  einzelner  aus  dem  Zusam- 
menhang gerissener  Stellen,  sondern  vielmehr  ganzer  Abschnitte  und  Bücher 
der  h.  Schrift  gerichtet,  und  in  den  unteren  zugleich  das  Auswendiglernen  der 
Hauptstücke  des  Eatechismus  nebst  den  Beweisstellen  und  hierauf  sich  bezie- 
hender Eirchenlieder  nicht  aus  der  Acht  gelassen  werden  müssen. 

7.  Vor  allem  mufs  der  Lehrer  bei  dem  Beügionsunterrkht  nicht  aus  dem 
Auge  verlieren,  dafs  es  dem  Staate  darum  zu  thun  ist,  in'den  Mitgliedern  seiner 
Schulen  Christen  zu  erziehen,  dafs  also  auch  nicht  auf  eine  blofs  in  der  Luft 
schwebende,  alles  tieferen  Grundes  beraubte  sogenannte  Moralität,  sondern  auf 
eine  gottesfürchtige,  sittliche  Gesinnung,  welche  auf  dem  Glauben  an  Jesum 
Christum  und  der  wohlbegründeten  Erkenntnis  der  christl.  Heilswahrheiten  be* 
ruht,  hingearbeitet  werden  mufs. 

8.  Dafs  Combinationen  von  Beligionsklassen,  oder  vielmehr  die  gemein- 
schaftl.  Unterweisung  von  Schülern,  welche  nach  ihren  Vorkenntnissen  und  dem 
Standpunkte  ihrer  religiösen  Bildung  zu  sehr  von  einander  verschieden  sind, 
vermieden  werden  müssen,  bedarf  der  besonderen  Erwähnung  nicht;  eine  solche 
Trennung  aber  insofern  auf  Eosten  eines  ganzen  Cötus  zu  bewirken,  dafs,  wenn 
bis  dahin  demselben  2  Stunden  wöchentL  gewidmet  waren,  jede  Abteilung  eines 
solchen  Cötus  nur  je  1  Stunde  wöchentl.  erhalte,  ist  unstatthaft,  wie  schon 
überhaupt  irgend  einem  anderen  Lehrobjecte  wöchentl.  nur  1  Stunde  zu  widmen 
bedenklich  isi 


163 

9.  Ans  allen  in  Betreff  des  BeUgionsanterrichtB  bei  einem  Gymn.  getrof- 
fenen Einrichtungen  mnfs  hervorgehen,  dafs  auf  denselben  ein  hoher  Werth  ge- 
legt werde,  daher  derselbe  auch  weder  in  Hinsicht  der  ihm  zn  widmenden  Zahl 
der  Standen  kftrglich  za  bedenken,  noch,  wie  schon  erwähnt,  in  unbequeme 
Standen  zu  verlegen,  noch  ohne  strenge  Wahl  jedem  Lehrer  zu  übertragen, 
vielmehr  dem  wichtigsten  Lehrobjecte  mindestens  gleichzustellen,  auch,  in 
welchem  Erfolge  er  sich  bei  den  Schülern  erweist^  auf  eine  ermunternde  Weise 
anzuerkennen  ist 

10.  In  BQnsicht  der  bei  dem  Beligionsuntrr.  zu  gebrauchenden  Lehrbücher 
ist  zu  bemerken,  dafs  diejenigen,  die  den  Lehrbegriff  der  evangelischen  Kirche 
am  bestimmtesten  ausdrücken,  die  Moral  auf  die  Beligion  gründen  und  den 
lebendigen  Glauben  an  Jesum  Christum  und  die  durch  ihn  geoffenbarten  Heils- 
wahrheiten als  das  Wesentliche  in  der  Beligion  darstellen,  den  Vorzog  vor  dem 
übrigen  verdienen,  und  dafs  bei  dem  Beliig^ionsunterr.  in  den  verschiedenen 
Klassen  der  evangel.  Gymn.  von  jetzt  an  kein  Lehrbuch  ohne  vorherige  Geneh- 
migung des  Ministerii  eingeführt  werden  dail'' 

C.  Yerf.  des  Prov.  SchulcolL  zu  Berlin  v.  dO.  Apr.  1838:  „Es 
ist  die  Wahrnehmung  gemacht  worden,  dafe  die  Schüler  der  Gymn.  in  der 
Bibelkunde  und  in  der  Kenntnis  des  Katechismus  nicht  die  gehörige  Festigkeit 
erlangen,  so  dafs  dieselben  nicht  allein  bei  dem  Confirmandenunterricht  lüerin 
sehr  häufig  hinter  den  gewöhnl.  Elementarschülem  auffallend  zurückstehen, 
sondern  auch  die  Abiturienten  in  diesen  für  jedes  künftige  Lebensverhältnis  so 
wichtigen  und  heilsamen  Kenntnissen  nicht  selten  sehr  vernachlässigt  sind, 
und  später  sogar  Candidaten  und  angehende  Geistliche  grofse  Mühe  haben,  den 
für  Kirche  und  Schule  gleich  unentbehrl.  Besitz  der  Hauptstücke  und  dazu  g^ 
hürigen  Bibelsprüche  ihrem  Gedächtnis  anzueignen,  um  sich  nicht  von  ihren 
Katechumenen  beschämen  zu  lassen,  um  dieser  Disharmonie  zwischen  den 
Grundlagen  des  Beligionsuntrr.  in  den  höheren  und  niederen  Schulen  zu  be- 
g^pien,  ist  es  nothwendig,  dafs  bei  dem  Beligionsunterricht  in  den  Gymn.  mehr 
als  bisher  Bedacht  darauf  genommen  werde,  diejenigen  Gegenstände,  an  welche 
die  Belehrung  über  die  Waührheiten  der  christl.  Beligion  sich  wie  an  eine  feste 
Grundlage  anschliefsen  mufs,  dem  Gedächtnis  der  Schüler  fest  einzuprägen. 

Es  ist  unerläfslich  und  auch  bei  den  hiesigen  evang.  Elementarschulen 
ausdrücklich  vorgeschrieben,  dafs  die  zum  Confirmandenunterricht  zuzulassenden 
Schulkinder  zuvor  1.  die  5  Hauptstücke  des  kleinen  luther.  Katechismus,  oder, 
wo  Confessionsunterschiede  dem  Gebrauche  dieses  Lehrbuches  entgegenstehen, 
die  Grundlage  der  3  ersten  Hauptstücke,  die  10  Gebote,  das  apostol.  Glaubens- 
bekenntms  und  das  Gebet  des  Herrn;  2.  die  Benennung,  die  Beihenfolge  und 
den  Hauptinhadt  sämüicher  Bücher  des  A.  und  N.  Testam.;  3.  diejenigen  Bibel- 
sprüche, aus  welchen  die  Hauptwahrheiten  der  christl.  Beligion  herzuleiten  sind, 
und  4.  die  vorzüglichsten  und  gangbarsten  Kirchenlieder  auswendig  lernen,  und 
es  ist  daher  der  hierdurch  bezeichnete  Lehrstoff  dergestalt  auf  die  unteren  KL 
zu  verteilen  und  einzuüben,  dafs  die  in  den  Confirmandenunterricht  eintretenden 
Kinder  die  wünschenswerthe  Fertigkeit  in  demselben  erlangt  haben. 

Um  zu  verhüten,  dafs  die  Schüler  diese  Kenntnisse  in  den  oberen  KL  nicht 
wieder  aus  dem  Gedächtnis  verlieren,  ist  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  auch  in 
diesen  nicht  allein  die  Bibel,  und  zwar  in  der  luther.  Uebersetzung,  bei  dem 
Beligionsunterricht  fortwährend  fleil^ig  benutzt  und  die  Jugend  mit  dem  Inhalt 
derselben  möglichst  genau  bekannt  gemacht,  sondern  auch  auf  den  Katechismus 
von  Zeit  zu  Zeit  zurückgegangen,  bei  den  Hauptstücken  der  christL  Glaubens- 
und Sittenlehre  der  Text  desselben  in  das  Gedächtnis  zurückgerufen,  auch  unter 
Hinweisung  auf  das  oben  bemerkte  Bedürfnis  und  auf  den  nationalen  Charakter 
der  luther.  Katechismus-  und  Bibelsprache  den  Schülern  zur  Pfiicht  gemacht 


164 

werde,  sich  den  Eatechismns  ganz  nnd  von  den  Bibelsprüchen  so  viel  als  mög- 
lich dergestalt  einzuprägen,  dafs  sie  dieselben  jeder  Zeit  ohne  Ansto(l9  wieder- 
zugeben im  Stande  sind.  Eine  geistvolle  Behandlung  dieser  Lehrstoffe  wird  für 
die  gereifkeren  Schüler  um  so  anziehender  werden,  je  mehr  sie  darthut  und  an- 
schaulich zeigt,  wie  die  höchsten  Wahrheiten  des  Christentums  in  denselben 
enthalten  sind,  und  je  mehr  sie  für  dasjenige,  was  die  Schüler  auf  den  untersten 
Stufen  des  Unterrichts  nur  unklar  aufgefafst  haben,  einen  der  fortgeschrittenen 
Yerstandeskraft  angemessenen  Gesichtspunkt  eröffnet." 

C.  Verf.  (des  Min.  Eichhorn)  v.  7.  Juli  1844:  „Aus  mehreren  mir  vor- 
liegenden Berichten  über  den  evangel.  Religionsunterricht  in  den  Gymnasien 
mufs  ich  schliefsen,  dafs  an  denjenigen  Anstalten,  in  welchen  nicht  Ein  evan- 
gelischer Beligionslehrer  für  alle  Klassen  angestellt  ist,  bei  der  Wahl  der  Klassen- 
lehrer, denen  dieser  Unterricht  anvertraut  werden  mufs,  nicht  mit  der  Sorgfalt 
verfahren  wird,  welche  die  Berücksichtigung  des  wichtigen  Lehrgegenstandes 
erheischt.  Ich  sehe  mich  deshalb  veranlafst,  den  K.  Prov.  SchulcoUegien  zu 
empfehlen,  angelegentlichst  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  in  den  vorhandenen 
LehrercoUegien  der  Beligionsunterricht  möglichst  tüchtigen  Männern  und  nur 
solchen  anvertraut  werde,  welche  in  der  Prüfung  von  der  Wissenschaft!.  Prüfungs- 
commission als  dazu  wissenschaftlich  befähigt  anerkannt  sind,  zugleich  auch 
die  Eigenschaften  des  Gemüths  besitzen,  die  religiöse  Erziehung  der  Jugend  mit 
Erfolg  zu  leiten,  und  selbst  erfüllt  von  dem  Glauben  an  die  Heilswahrheiten 
des  Christentums,  christliche  Erkenntnis  und  Gesinnung  in  den  Jünglingen  zu 
wecken  und  zu  pflegen  im  Stande  sind. 

Mit  gleicher  Sorgfalt  haben  die  K.  Prov.Schulcollegien  bei  der  Wahl  neu 
anzustellender  Beligionslehrer  resp.  ihrer  interimistischen  Vertreter  zu  verfahren 
und  sich  deshalb  rücksichtlich  der  Vorzuschlagenden  zuvor  mit  den  K.  Consi- 
storien,  resp.  den  Gen.-Superintendenten,  welche  in  Gemäfsheit  ihrer  Instruction 
auch  auf  die  religiöse  und  kirchliche  Tendenz  der  Schulen  ihr  Augenmerk  zu  richten 
haben,  und  bei  denen  sich  eine  nähere  Bekanntschaft  mit  den  für  den  Beligions- 
unterricht geeigneten  Schulmännern  und  zu  interimistischer  Vertretung  befähig- 
ten Candidaten  des  Predigtamts  voraussetzen  läfst,  zu  benehmen. 

Den  Anträgen  auf  Bestätigung  der  für  den  Beligionsunterricht  anzustellen- 
den Lehrer  haben  die  K.  Prov.Schulcollegien  künftig  die  Erklärung  des  K.  Con- 
sisstorium  und  des  betr.  Gen.Superintendenten  beizufügen.^' 

Min. Verf.  v.  25.  Sept.  1855:  „Was  die  Wissenschaft!.  Prüfungscom- 
mission gelegentlich  der  Beligionsprüfungen  am  Gymnasium  in  N.  zu  Ostern  v.  J. 
über  die  Unzweckmäfsigkeit  der  theologischen  Terminologie  für  den  Standpunkt 
der  Schule  bemerkt,  findet  eine  allgemeinere  Anwendung  auf  den  Beligions- 
unterricht überhaupt.  Wie  bei  den  Abiturientenprüfungen  nicht  selten  zu  wenig 
darauf  gesehen  wird,  dafs  eine  gründliche  Kenntnis  des  Inhalts  und  Zusammen- 
hanges der  heil.  Schrift  dargethan  werde,  so  tritt  auch  beim  Unterricht  an 
mehreren  Anstalten  in  den  oberen  Kl.  das  wissenschaftlich-theologische  Element 
zu  einseitig  und  auf  Kosten  des  Nothwendigeren  und  für  das  Jugendalter  Wich- 
tigeren hervor." 

Vgl.  U.  und  PO.  V.  6.  Oct.  1859:  p.  89  f. 

Circ.Verf.  17.  März  1882.  „Aus  Anlafs  der  von  den  Gen.Superinten- 
denten der  altländischen  Provinzen  im  J.  1880  ausgeführten  Bevisionen  des 
Beligionsunterrichtes  an  höh.  Schulen  ist  zu  meiner  Kenntnis  gebracht  worden, 
dafs  an  einzelnen  Anstalten  in  der  Verteilung  des  Beligionsunterr. 
an  verschiedene  Lehrkräfte  das  zulässige  Mafs  überschritten  zu  sein  scheine. 
Allerdings  kann  durch  die  Uebertragung  einer  zu  grofsen  Anzahl  von  Beligions- 
stunden  an  denselben  Lehrer  die  Wärme  und  Energie  dieses  Unterrichte  ge- 
fährdet werden,  andererseits  aber   wird  durch  eine  zu  weit  gehende  Verteilung 


165 

an  verschiedene  Lehrkräfte  der  Znsammenhang  and  der  Erfolg  des  Unterrichts 
entschieden  beeinträchtigt  Das  E.  Prov.SchulcolL  wolle  daher  darauf  Bedacht 
nehmen,  dafs  in  dieser  Hinsicht  je  nach  den  thatsächlichen  Verhältnissen  jeder 
Anstalt  das  richtige  Mafs  möglichst  eingehalten  werde." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Stettin  v.  6.  Febr.  1871:  „An  allen 
höheren  Lehranstalten  der  Provinz  werden  beim  Beligionsnnterricht  zur  Einprä- 
gong  der  Hauptwahrheiten  der  christlichen  Lehre  biblische  Sprüche  ge- 
lernt. Aber  nicht  überall  geschieht  dies  nach  einem  wohlgeordneten  Plane. 
Nur  dann  jedoch,  wenn  für  jede  Klasse  bestimmte  Sprüche  zum  Lernen  fest- 
gesetzt sind  und  diese  in  den  folgenden  Klassen  regelmäfsig  wiederholt  werden, 
läfst  es  sich  erreichen,  dafs  den  Schülern  ohne  überm&fsige  Beschwerung  des 
Gedächtnisses  ein  Schatz  von  Sprüchen  zum  unverlierbaren  Eigentum  gemacht 
werde.  Jetzt  lassen  die  Lehrer  der  einzelnen  unteren  oder  mitüeren  Klassen 
zuweilen  ohne  Verständigung  mit  denen  der  folgenden  oder  vorhergehenden 
Klassen  Bibelsprüche  in  übergrofser  Zahl  lernen,  welche  bald  wieder  vergessen 
werden  und  von  denen  nicht  einmal  die  wichtigsten  den  Schülern  bis  in  die 
oberen  Klassen  hinein  im  Gedächtnis  bleiben.  Um  für  das  Lernen  von  Bibel- 
sprüchen ein  planmäfsigeres  Verfahren  herbeizuführen,  lassen  wir  im  Einver- 
nehmen mit  dem  H.  Gen.Superintendenten  Dr.  Jaspis  den  HH.  Directoren 
eine  „Sammlung  der  zur  Behandlung  des  kleinen  Luth.  Katechismus  nOthigeren 
Schriftsprüche''  a.)  zugehen,  welche  der  H.  Gen.Superintendent  ausgewählt  und 
zum  Gebrauch  der  höh.  Lehranstalten  uns  mitgeteilt  hat,  und  ordnen  hierdurch 
an,  dafs  überall  bei  dem  Katechismusunterricht  vorzugsweise  auf  die  Einprägnng 
dieser  Sprüche  gehalten  werde.  Daneben  noch  andere  lernen  zu  lassen,  schlielBen 
wir  nicht  aus,  obwohl  wir  empfehlen,  lieber  wenige  Sprüche  sicher  einzuüben, 
als  viele  lernen  und  wieder  vergessen  zu  lassen. 

Wenn  diese  90  Sprüche  mit  den  5  Hauptstücken  des  Katechismus  in 
den  3  unteren  Klasesn  (etwa  Nr.  1—26  in  VI,  Nr.  27—57  in  V,  Nr.  58—90 
in  IV  in  einem  djähr.  Cursus  gelernt  und  fleifsig  wiederholt  sind,  wenn  dann, 
wie  es  rathsam  ist  und  der  H.  Gen.Superintendent  dringend  empfiehlt,  in  der 
m  der  Katechismus  ganz  noch  einmal  mit  den  Sprüchen  durchgenommen  wird 
und  in  den  oberen  Klassen  der  Unterricht  darauf  Bedacht  nimmt,  diese  im  Ge- 
dächtnis öfters  zu  erneuern,  so  wird  der  Kern  der  evangelischen  Lehre  in  bibli- 
scher Form  den  Schülern  zu  einem  festen  Besitz  werden  und  werden  namentlich 
auch  die  Abiturienten  mehr  als  bisher  im  Stande  sein,  den  christlichen  Glauben, 
in  welchem  sie  unterwiesen  sind,  mit  Stellen  aus  der  heil.  Schrift  zu  belegen 
und  in  ihnen  für  denselben  den  treffendsten  Ausdruck  zu  finden.'* 

a)  Zum  1.  Hauptstück:  2.  Tim.  3,  15—17;  Joh.  17,  17.  — Matth. 

22,  37—40;  Matth.  10,  28;  1.  Joh.  5,  3;  Ps.  37,  5.  —  Jac.  3,  9.  10;  Matth. 

5,  37;  Gal.  6,  7.  8;  Ps.  50,  15.  —  2.  Mos.  20,  9.  10;  Luc.  11,  28.  —  Ephes. 

6,  1.  2;  Spruch.  30,  17;  Böm.  13,  1;  Hebr.  13,  17;  Ephes.  5,  3—5;  Matth. 
5,  8;  1.  Tim.  6,  9.  10;  Hebr.  13,  16.  —  Ephes.  4,  25;  Matth.  12,  36.  —  Jac. 

I,  13—15;  Gal.  5,  24;  1.  Joh.  2,  15—17;  Matth.  26,  41.  — 

Zum  2.  Hauptstück:  Ephes.  2,  8.  9;   Hebr.  11,  1;   Böm.  1,   19. 

20;  Böm.  2,  14.  15;  Joh.  4,  24;  Ps.  115,  3;  Ps.  90,  2;  1.  Joh.  4,  16;  Böm. 

II,  33.  34;  Ps.  139,  1—4;  Ps.  5,  5;  Jerem.  2,  19;  2.  Corinth.  13,  13;  Ps. 
104,  24;  Ps.  33,  13—15;  Matth.  10,  29—31;  Jes.  45,  7;  Hebr.  1,  14;  1.  Petr. 
5,  8.  9.  —  Böm.  5,  12;  1.  Mos.  8,  21;  Ephes.  4,  18;  Joh.  3,  16;  1.  Tim.  1, 
15;  Apost.  4,  12;  Joh.  10,  30;  Matth.  28,  18;  Matth.  28,  20;  Jes.  53,  4.  5; 
1.  Petr.  1,  18.  19;  1.  Cor.  15,  17.  —  Böm.  3,  24.  25;  PhiUpp.  2,  12.  13; 
Ps.  51,  5.  6;  Apost  16,  30.  31;  Gal.  5,  6;  L  Tim.  4,  8;  Joh.  15,  26;  Ps. 
143,  10;  1.  Cor.  12,  3;  2.  Cor.  5,  17;  Joh.  3,  3;  Hebr.  9,  27;  2.  Cor.  5,  10; 
Joh.  11,  25.  26;  1.  Cor.  15,  42—44;  1.  Joh.  3,  2.  — 


166 

Znm  3.  HanptBtück:  1.  Tim.  2,  1.  2;  Ps.  103,  1—4.  Ps.  106,  1;  Matth. 

15,8;  Job.  16, 23,  Böm.  14, 17.  18;  Matfch.  6,  33;  MaUh.  6,  14. 15;  l.Cor.  10, 13. 
Zum  4.  HauptBtfick:    Böm.  6,  3;  Gal.  3,  26.  27;  Apoei  2,  3a 
Zum  5.  Hauptstück:    1.  Cor.  10,  16;  Job.  6,  53;  1.  Cor.  11,  27—29;  Ps. 

139,  23.  24;  1.  Job.  1,  9.  — 

C.Verf.  y.  16.  Oct.  1860:  „Ans  den  auf  die  C.Yerf.  y.  16.  Oct  1858 
erfolgten  Berichterstattungen  über  die  Zeit  des  Eatecbumenen-  und  Con« 
firmandenunterricbts  der  eyangel.  Gymnasial-  und  Bealscbüler 
gebt  heryor,  dafs  in  den  meisten  St&dten  bierin  eine  zweckmfifsige,  das  Interesse 
der  Eircbe  und  der  Scbule  wabrende  Ordnung  bestebt  Zur  Sicberung  derselben, 
sowie  zur  Nachacbtung  für  diejenigen  Lebranstalten,  an  welcben  die  Angelegen- 
beit  nocb  nicbt  binlftnglicb  geordnet  ist,  wird  im  Einyemebmen  mit  dem  Ey. 
OKircbenratb  bierdurcb  Folgendes  festgesetzt: 

1.  Der  Beligionsunterricbt  der  Scbule  und  der  kircbL  Eatecbumenen- 
und  Confirmandenunterricbt  bilden  jeder  für  sich  ein  selbständiges  Ganzes.  In 
den  Gymn.  und  Bealscbuien  ist  der  Beligionsunterricbt  ein  integrirender  Teil 
des  Lebrplans  jeder  Klasse.  Demgem&ds  dürfen  auf  diesen  Anstalten  die  Beli- 
gionsstunden  nicbt  so  gelegt  werden,  dafs  die  Eatecbumenen  yerbindert  sind 
daran  teilzuneiimen.  Die  gegenseitige  Unabhängigkeit  scbliefist  jedoch  nicbt 
aus,  daib  auf  dem  Wege  freier  Yerst&idigung  ein  Verhältnis  der  Ergänzung  und 
Unterstützung  zwischen  dem  Lehrplan  der  Schule  und  dem  Gange  des  Kate- 
cbumenuntenichts  hergestellt  werde;  es  ist  vielmehr  zu  wünschen,  daÜB  dies  häu- 
figer als  bisher  geschehe. 

2.  Der  Katechumenen-  und  Confirmandenunterricbt  wird  in  der  Begel 
an  2  entsprechenden  Wochentagen  in  der  Stunde  yon  11  bis  12  Uhr  erteüt 
Diese  Stunden  sind  deshalb  in  den  mittleren  Kl.  entweder  frei  zu  halten  oder 
mit  solchen  Lehrgegenständen  zu  belegen,  von  denen  eine  Dispensation  für  die 
Zeit  des  Katechumenen-  und  Confirmandenunterrichts  zuläfeig  erscheint 

Wo  sich  die  Directoren  ui^d  <üe  Pfarrgeistlicben  über  andere  Stunden 
geeinigt  haben,  bat  es  dabei,  sofern  ünzuträglicbkeiten  sich  bisher  nicbt  ergeben 
haben,  auch  femer  sein  Bewenden.  Neue  Abweichungen  yon  der  obigen  Begel 
künnen  nur  unter  Zustimmung  der  beiderseitigen  Proyinzial-Aufticbtebebörden 
eingeführt  werden. 

3.  Wo  die  Geistlicben  in  der  Zeit  yor  der  Einsegnung  den  FleLb  ihrer 
Confirmanden  mehr  als  zuvor  in  Anspruch  nehmen,  sind  nOIbigenfBills  in  den 
letzten  4  Wochen  die  Anforderungen  der  Schule  an  den  häuslichen  Fleifs  der 
betr.  Schüler  in  angemessener  Weise  zu  ermäfsigen. 

Es  ist  zu  erwarten,  dafs  die  Dir.  und  Lehrer  gern  die  Hand  dazu  bieten 
werden,  die  sittliche  Einwirkung  auf  die  Katechumenen  und  Confirmanden  mehr 
und  mehr  zu  einer  gemeinsamen  Sache  der  Kirche  und  der  Schule  zu  machen, 
und  demgemäfs  den  Geistlicben  nicbt  nur  jede  gewünschte  Auskunft  über  das 
Verhalten  der  betr.  Schüler  geben,  sondern  ihnen  auch  aus  freien  Stücken  solche 
Mitteilungen  über  dieselben  zukommen  lassen,  welche  dem  Geistlicben  als  Seel- 
sorger von  Wichtigkeit  sein  müssen. 

An  die  K.  Consistorien  werden  von  Seiten  des  Ev.OKircbenratbs  gleich- 
zeitig entsprechende  Verfügungen  erlassen  werden.'' 

C.Verf.  y.  5  Mai  1862:  J>ie  C.Verf.  y.  16.  Octb.  1860  bestimmt,  dafs 
der  Katechumenen-  und  Confirmandenunterricbt  in  der  Begel  an  2  entsprechen- 
den Wochentagen  in  der  Stunde  von  11  bis  12  übr  erteilt  wird,  welche  Zeit 
deshalb  in  den  mittleren  Kl.  der  höh.  Schulen  entweder  frei  zu  halten  oder  mit 
solchen  Lehrgegenständen  zu  belegen  ist»  von  denen  eine  zeitweilige  Dispen- 
sation zulässig  erscheint  Diese  Bestimmung  kann  nur  den  Sinn  haben, 


167 

dafe  von  der  Schulzeit  überhaupt  nur  2  Stunden  wOchentl.  f&r  den  kirchl. 
Seügionsonterricht  in  Anspruch  genommen  werden  sollen.  Die  Beifägung  Jn 
der  Begel^  macht  es  jedoch  unzweifelhaft,  dafe  Ausnahmen  gestattet  sind.  Sie 
werden  um  so  zulässiger  sein,  wenn  Directoren  in  der  Zeit  des  Confirmandenunirr. 
Tor  Ostern  den  Wünschen  der  Geistlichen  so  weit  entgegenzukommen  im  Stande 
sind,  dafis  sie  in  den  betr.  Klassen  noch  1  oder  2  wöchentL  Stunden  frei  machen, 
wenigstens  für  die  demnächst  einzusegnenden  Schüler.*' 

C.Verf.  T.  29.  Febr.  1872  (über  deren  Veranlassung  s.  Eist  statist. 
Darsi  UIp.  11):  „Das  Gebiet  des  höh.  Unterrichtswesens  hat  von  den 

kirchlichen  Bewegungen  der  Gegenwart  nicht  unberührt  bleiben  können.  Die 
Terschiedenen  für  die  Schulverwaltung  dadurch  angeregten  Fragen  werden  ihre 
definitive  Erledigung  erst  im  Zusammenhange  des  in  Aussicht  genommenen 
ünterrichtsgesetzes  finden.  Hinsichtlich  des  Beligionsunterrichts  selbst  ist  jedoch 
zur  Vermeidung  drückender  üebelstände  schon  jetzt  eine  Aenderung  der  beste- 
henden Vorschriften  geboten.        Demgem&fe  bestimme  ich  Folgendes: 

1.  In  den  öffentlichen  höheren  Lehranstalten  ist  hinfort  die  Dispensation 
vom  Religionsunterricht  zulässig,  sofern  ein  genügender  Ersatz  dafür  nach- 
gewiesen wird. 

2.  Die  Eltern  und  Vormünder,  welche  die  Dispensation  für  ihre  Kinder 
resp.  Pfiegebefohlenen  wünschen,  haben  in  dieser  Beziehung  ihre  Anträge  mit 
Angabe,  von  wem  der  Beligionsunterricht  auTserhalb  der  Schule  erteilt  werden 
soll,  an  das  K.  Prov.Schulcollegium  oder  die  K.  Regierung  zu  richten,  unter 
deren  Aufsicht  die  betreffende  Anstalt  steht 

3.  Die  genannten  Aufsichtsbehörden  haben  darüber  zu  befinden,  ob  der 
für  den  Beligionsunterricht  der  Schule  nachgewiesene  Ersatz  genügend  isi  Ein 
von  einem  ordinirten  Geistlichen  oder  quaUficirten  Lehrer  erteilter,  der  betr. 
Confession  entsprechender  Unterricht  wird  in  der  Begel  dafar  angesehen  werden 
können. 

4.  Während  der  Zeit  ihres  kirchl.  Katechumenen-  oder  Confirmandenunter- 
richts  sind  die  Schüler  höherer  Lehranstalten  nicht  genöthigt,  an  dem  daneben 
beatmenden  Beligionsunterricht  derselben  teilzunehmen. 

An  der  Zugehörigkeit  der  religiösen  Unterweisung  zu  der  gesamten  Auf- 
gabe der  höheren  Lehrsmstalten,  sowie  an  dem  Lehrziel  des  Beligionsunterrichts 
derselben  wird  durch  vorstehende  Bestimmungen  nichts  geändert  Diejenigen 
Schüler,  welchen  die  Dispensation  zugestanden  worden  ist»  haben  deshalb,  wenn 
sie  sich  der  Abiturientenprüfting  unterziehen,  auch  in  dieser  Hinsicht  den  allge- 
meinen Anforderungen  zu  genügen;  es  finden  darin  die  für  die  Extraneer  bei  der 
PrüfiDOig  geltenden  Bestimmungen  auf  sie  Anwendung. 

In  den  jährl.  gedruckten  Schulnachrichten  ist  gehörigen  Orts  die  Zahl  der 
Schüler  anzugeben,  welche  in  den  verschiedenen  Klassen  der  Anstalt  vom  B^- 
gionsunterricht  dispensirt  gewesen  sind» 

Ich  beauftrage  die  K.  Prov.Schulcollegien  und  die  K.  Begiemngen,  hier- 
nach zu  verlEahren,  und  die  Dir.  resp.  Bectoren  Ihres  Bessorts  mit  Anweisung 
zu  versehen,  wobei  auch  darauf  Bedacht  zu  nehmen  ist»  dafs  in  den  Schulen  der 
Beligionsunterricht  überall  in  die  erste  oder  in  die  letzte  Vormittagsstunde 
gel^  wird."  —  Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.Verf.  v.  26.  Jan.  1S75:  „Auf  den  Bericht  v.  -—  erwidere  ich,  daft 
die  AuflEusung  des  Prov.Sch.C.,  wonach  die  Circ.  Verf.  v.  29.  Febr.  1872  sich 
nur  auf  den  tatsächlich  zum  Lehrplan  der  betr.  Schulen  gehörenden  obliga- 
torischen Beligionsunterricht  bezieht»  die  richtige  ist  Demgemäfb  sind  Schüler, 
welche  in  einer  Beligion  resp.  Confession  erzogen  werden  sollen,  far  welche  im 
allgemeinen  Lehrplan  der  betr.  Anstalt  Unterrichtsstunden  nicht  angesetzt  sind, 


168 

auf  den  Antrag  der  Eltern  ohne  Weiteres  von  dem  Beliglonsnnterricht  zu  dis- 
pensiren." 

Den  katholischen  Beligionsnnterricht  betreffend.  Min.Yerf. 
an  das  E.  ProT.Sch.G.  zu  Koblenz  v.  2.  Novb.  1874:  „Nachdem  ich  aus 
dem  Bericht  v.  —  ersehen  habe,  an  wie  erheblichen,  von  dem  K.  Prov.Sch.C. 
mit  Becht  als  schreiend  bezeichneten  wissenschaftlichen,  didaktischen  und  päda- 
gogischen Mängeln  das  in  den  höheren  Lehranstalten  der  dortigen  Proyinz  bis- 
her benutzte  Lehrbuch  der  Beligion  von  Konrad  Martin  leidet,  erachte  ich  es 
für  eine  unbedingte  Pflicht  der  staatlichen  Schulverwaltung,  nach  dem  Antrage 
des  K.  Prov.Sch.C.  den  ferneren  Gebrauch  dieses  Buchs  auf  den  gedachten 
Anstalten,  wie  hiermit  geschieht,  zu  verbieten.  Denn  es  ist  offenbar  weniger 
nachteilig,  gar  kein  Lehrbuch  dem  Unterricht  zu  Grunde  zu  legen,  als  ein  aolches. 
Da  es  andererseits  aber  unzweifelhaft  wesentliche  Vorteile  hat,  ein  geeignete» 
Lehrbuch  bei  dem  Religionsunterricht  benutzen  zu  können,  so  ist  auf  die  An- 
schaffang  eines  solchen  hinzuwirken.  Dafür,  auf  welchem  Wege  dies  zu  geschehen 
habe,  müssen  die  bestehenden  gesetzlichen  Vorschriften  mafsgebend  sein.  Die- 
selben sind  in  dem  §  7,  4  und  §  8  der  Instruction  für  die  Consistorien 
V.  23.  Octb.  1817  (GS.  p.  237)  enthalten.  Die  Bestimmung  über  die  Anschaffung 
steht  danach  und  nach  der  Verordnung  v.  31.  Dcb.  1825  lediglich  dem  Prov.Sch.C. 
zu.  Von  dem  Erzbischof  ist  nur  soweit  ein  Einflufs  dabei  auszuüben,  als  es 
verfassungs-  und  gesetzmäfsig  ist. 

Diese  Vorschriften  lassen  erkennen,  dafs,  wenn  in  der  Verfügung  v.  10.  Octb. 
1846  dem  Erzbischof  das  Becht  eingeräumt  worden,  auf  die  Anschaffung  der- 
artiger Bücher  in  jedem  einzelnen  Fall  bestimmend  einzuwirken,  über  das  gesetz- 
lich zulässige  Mafs  hinausgegangen  ist.  Ich  kann  vielmehr  gegenüber  den 
Vorschriftien  der  gedachten  Instruction  und  so  lange  mir  nicht  dem  entgegen- 
stehende andere  Gesetze  angeführt  werden,  nur  davon  ausgehen,  dafs  die  An- 
schaffung von  dem  K.  Prov.Sch.C.  zu  bestimmen  und  nur  darauf  zu  achten  ist, 
dafs  keine  Anschaffang  eines  bischöflich  nicht  approbirten  Buches  erfolge.  Demge- 
mäfs  will  ich  nach  dem  gestellten  Antrage  dem  K.  Prov.Sch.C.  unter  den  bischöf- 
licherseits  approbirten  Lehrbüchern  der  katholischen  Beligion  die  Auswahl  freigeben 
und  sehe  den  Vorschlägen  des  K.  Prov.Sch.C.  über  ein  anderes  Lehrbuch  ent- 
gegen, um  dasselbe  prüfen  und  zu  dessen  Anschaffang  meinerseits,  wie  das 
KProv.Sch.C.  beantragt,  die  Genehmigung  erteilen  zu  können". — Der  Min.  etc.  Falk. 

Bedingung  für  Einrichtung  eines  besonderen  Religions- 
unterrichts für  die  christlich-confessionelle  Minderheit  der 
Schüler  in  Beziehung  auf  die  Zahl  dieser  Schüler.  Min.-Verf.  v. 
6.  Dec.  187  8.  „Ew.  erwidere  ich  auf  die  Eingabe  vom  31.  Oct.  d.  J.,  dafs 
nach  dem  Berichte  des  K.  Prov.Sch.CoU.  in  N.  das  Gymnasium  in  N.  zur  Zeit 
nur  von  14  katholischen  Schülern  besucht  ist.  Diese  Zahl  ist  so  gering,  dafs  nach 
den  für  die  Unterrichtsverwaltung  in  dieser  Bichtung  mafsgebenden  Grundsätzen 
die  Nothwendigkeit  der  Einrichtung  eines  besondem  katholischen  Religions- 
unterrichts for  die  dortige  Anstalt  damit  nicht  begründet  werden  kann.  Auch 
fehlt  es  zur  Zeit  noch  an  den  erforderlichen  Mitteln  zur  Remunerirung  eines 
besonderen  katholischen  Religionslehrers.  Bei  dieser  Sachlage  bin  ich  zwar 
nicht  im  Stande,  für  jetzt  dem  Antrage  Bw. . . .  stattzugeben,  habe  aber  das  K. 
Prov.Sch.C.  angewiesen,  sobald  die  Anstaltskasse  die  erforderlichen  Mittel  zur 
Remunerirung  eines  katholischen  Religionslehrers  biete,  für  die  Einrichtung  eines 
besonderen  katholischen  Religionsunterrichts  an  dem  dortigen  Gymnasium  auch 
dann  Sorge  zu  tragen,  wenn  die  jetzige  Zahl  der  kathoUschen  Schüler  keine 
erhebliche  Steigerung  erfahren  sollte."        An  den  Herrn  etc.  zu  N. 

„Abschrift  vorstehender  Verfügung  erhält  das  K.  Prov.Sch.C.  zur  Kenntnis 


169 

und  Nachachtnng  anf  den  Bericht  vom  27.  v.  M.  mit  dem  Bemerken,  daSä  eine 
bestimmte  Minimalzahl  einer  chrisüich-confessioneUen  Minderheit  von  Schalem, 
die  die  Einrichtung  eines  besonderen  katholischen  bezw.  evangelischen  Beligions- 
nnterrichts  an  höheren  Schulen  der  Scholyerwaltang  zur  Pflicht  macht,  nirgends 
vorgeschrieben  ist.  Diesseits  wird  seit  längerer  Zeit  schon  im  Allgemeinen 
angenommen,  dafs  bei  25  Schülern  einer  chrisüich-confessionellen  Jiünderheit 
die  Nothwendigkeit  der  Einrichtung  eines  gesonderten  Beligionsunterrichts  für 
dieselben  von  Anstaltswegen  begründet  sei.  Dies  schliefst  aber  nicht  ans,  dafs, 
wenn  die  Verhältnisse  es  erheischen  und  die  Mittel  vorhanden  sind,  auch  bei 
einer  geringeren  Zahl  von  Schülern  ein  solcher  Unterricht  eingerichtet  werden 
kann.*^        Der  Minister  etc.    Falk. 

Ueber  das  Verhalten  der  öffentl.  Schule  in  Betreff  des  Beligionsunterrichts 
von  Dissidentenkindern  setzt  die  0.  Verf.  (des  Min.  v.  Bethmann-HoUweg) 
V.  6.  Apr.  1859  fest:  „Die  Nöthigung  der  Dissidenten,  ihre  Kinder  einem 
anderen  als  dem  in  ihrer  Beligionsgesellschaft  erteilten. Beligionsunterr.  anzuver- 
trauen, mufs  als  eine  Beeinträchtigung  der  ihnen  durch  die  Verfassungsurkunde 
gewährleisteten  Beligionsfreiheit  und  des  in  §  74  f.  des  A.L.B.  11,  2  anerkannten 
Erziehungsrechts  des  Vaters  (s.  p.  2)  resp.  der  Eltern  angesehen  und  kann  nicht 
weiter  aufrecht  erhalten  werden.  Die  betr.  Kinder  sind  daher  auf  Verlangen  ihrer 
Eltern  von  der  Benutzung  des  in  der  öffentl.  Elementar-,  resp.  in  der  höheren 
Bürgerschule  oder  in  Gymnasien  erteilten  Beligionsunterr.  freizulassen,  sobald 
nachgewiesen  wird,  dafs  sie  aufserhalb  der  öffentlichen  Schule  oder  des  Confir- 
mandenunterrichts  Beligionsunterr.  erhalten,  und  ist  als  solcher  der  von  dem 
Frediger  der  Beligionsgesellschaft  erteilte  anzuerkennen. 

Dabei  versteht  es  sich  von  selbst,  dafs  der  solchen  Kindern  erteilte 
Beligionsunterr.  nichts  dem  Staatsgesetz  Widersprechendes,  Verbrechen  oder 
Vergehen  Begünstigendes,  die  Treue  gegen  den  Staat  und  die  Sittlichkeit  Ge- 
fährdendes enthalten  darf;  widrigenfalls  die  K.  Begierung  gegen  denselben  ebenso 
wie  gegen  andere  ungesetzliche  Formen  und  Aeufserungen  der  Beligionsübung 
repressiv  einzuschreiten  haben  würde. 

Die  Befürchtung,  dafs  auch  andere  Eltern,  die  zwar  noch  äufserlich  der 
Landeskirche  angehören,  aber  mit  deren  Bekenntnis  sich  im  Widerspruch  be- 
finden und  überhaupt  wenig  Werth  auf  die  sittlich-religiöse  Erziehung  der 
Jugend  legen,  durch  solche  Beispiele  verleitet  werden  möchten,  ihre  Kinder 
ebenfalls  willkürlich  dem  öffentl.  Beligionsunterricht  zu  entziehen,  kann  als  be- 
gründet nicht  angesehen  werden,  da  ein  solches  Zugeständnis  nur  demjenigen 
Eltern  gemacht  werden  kann  und  darf,  welche  durch  eine  förmliche,  den  be- 
stehenden Bestimmungen  entsprechende  Erklärung  ihren  Austritt  aus  der  Landes- 
kirche bewirkt  haben. 

Hinsichtlich  solcher  Kinder  aber,  welche  auf  das  nach  den  bestehenden 
gesetzlichen  Bestimmungen  als  gerechtfertigt  nicht  abzuweisende  Verlangen  ihrer 
Eltern  dem  Beligionsunterr.,  welcher  in  den  Öffentl.  Schulen  zur  Begründung 
wahrhaft  christlichen  Glaubens  und  Lebens  nach  der  bewährten  Weise  der 
Kirche  ordnungsmäfsig  erteilt  wird,  entzogen  werden,  hat  die  Schule  in  Betreff 
ihrer  Sittlichkeit  und  ihres  Verhaltens  ein  besonderes  Augenmerk  zu  richten, 
und  ist  vom  Standpunkt  der  Schuldisciplin  jedes  Aergemis  und  Hindernis  zu 
beseitigen,  welches  sich  der  Aufgabe  der  Schule  auf  dem  Gebiet  christlicher 
Erziehung  entgegenstellen  möchte.**  — 

Min.Verf.  v.  14.  Juni  1877.  „Die  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  in  dem 
Bericht  vom  4.  d.  M.  gestellte  Anfrage,  ob  die  unter  dem  6.  April  1859  er- 
lassene Oirc.Verf.  über  den  Beligionsunterricht  von  Dissidentenkindern  noch  in 
Geltung  stehe,  erledigt  sich  durch  meine  CircVerf.  v.  29.  Febr.  1872,  in  Ver- 


170 

bindnng  mit  der  dorcb  die  neuere  Verf.  t.  26.  Januar  1876  dazn  gegebenen  Er- 
lÄuterung.  (S.  p.  167.)  Die  C.Verf.  t.  29.  Febr.  1872  wird  in  den  Eingangsworten 
ausdrücklich  als  eine  „Aendemng  der  bestehenden  Vorschriften"  bezeichnet, 
worin  enthalten  ist,  dafs  durch  dieselbe  die  entgegenstehenden  Vorschriften  auf- 
gehoben sind.  Die  genannte  Verfagong  setzt  die  Bedingungen  fest»  nnter 
welchen  Schüler  von  der  Verpflichtung  znr  Teilnahme  an  dem  lehrplanmäfsigen 
Beligionsnnterricht  entbunden  werden  können.  Sie  bezieht  sich  also  nur  auf 
Schüler,  welche  zur  Teilnahme  an  dem  Religionsunterricht  verpflichtet  sind,  das 
heifst  auf  diejenigen  Schüler,  welche  (bezw.  deren  Eltern)  deijenigen  Confession 
angehören,  in  welcher  an  der  betr.  Schule  lehrplanmäfsiger  Beligionsunterricht 
erteilt  wird;  denn  nach  dem  Orundsatze  des  Allg.  Landrechts  (T.  11  T.  12  §  11) 
können  Schüler  zur  Teilnahme  an  dem  Beligionsunterricht  in  einer  Confession, 
welcher  sie  (bezw.  ihre  Eltern)  nicht  angehören,  überhaupt  nicht  angehalten 
werden,  es  dürfen  also  für  ihre  Dispensation  von  demselben  nicht  erst  noch 
besondere  Bedingungen  aufgestellt  werden.  Wenn  über  diese  aus  dem  allge- 
meinen Bechtsgrundsatze  sich  ergebende  Auffassung  meiner  CircVerf.  t.  29.  Febr. 
1872  noch  irgend  ein  Zweifel  entstehen  konnte,  so  ist  derselbe  durch  meine, 
auf  besonderen  Anlafs  erfolgte  Verf.  v.  26.  Jan.  1875  beseitigt,  welche  ich 
deshalb  durch  das  Centralblatt  1875  S.  90  zu  allgemeiner  Kenntnis  habe  bringen 
lassen.  Denn  indem  die  Erklärung  gegeben  wird,  dafs  „Schüler,  welche  in  einer 
Beligion,  bezw.  Confession,  erzogen  werden  sollen,  für  welche  im  allgemeinen 
Lehrplane  der  betr.  Anstalt  Unterrichtsstunden  nicht  angesetzt  sind,  auf  den 
Antrag  der  Eltern  ohne  Weiteres  von  dem  Beligionsunterricht  zu  dispensiren** 
sind,  so  ergiebt  sich,  dafs  die  Dispensation  der  Kinder  yon  Dissidenten,  welche 
in  gütiger  Form  aus  der  Landeskirche  ausgetreten  sind,  nicht  von  besonderen 
Bedingungen  kann  abhängig  gemacht  werden,  also  die  Verf.  y.  6.  Apr.  1859, 
insoweit  sie   entgegengesetzte  Vorschriften  enthält,  aufser  Kraft  gesetzt  ist.** 

Der  Minister  etc.      Falk. 

In  Betreff  des  jüdischen  Beligionsunterrichts  s.  oben  p.  88. 
Aufnahme  des  jüdischen  Beligionsunterrichts  in  den  Lehrplan 
öffentlicher  höherer  Schulen.  Min.Verf.  y.  30.  April  1875.  ,JDer 
Standpunkt)  yon  welchem  aus  früher  die  Aufhahme  des  jüdischen  Beligions- 
unterrichts in  den  Lehrplan  öffenüicher  höherer  Schulen  abgelehnt  wurde,  kann 
gegenwärtig  nicht  mehr  festgehalten  werden.  Demgemäfs  ist  bereits  an  nicht 
wenigen  Oymnasien  und  Bealschulen  bei  genügender  Zahl  jüdischer  Schüler 
auf  den  Antrag  der  Synagogengemeinde  des  Orts  ein  besonderer  jüdischer 
Beligionsunterricht  angesetzt  und  wird,  wo  die  Verhältnisse  des  Schullocals 
nicht  eine  andere  Einrichtung  nöthig  machen,  in  der  Begel  zu  derselben  Zeit 
im  Schulhause  erteilt,  wo  der  chrisü.  Beligionsunterricht  der  betr.  Klassen  statt- 
findet Die  yon  den  Directoren  und  Klassenordinarien  zu  übende  allgemeine 
Aufticht  erstreckt  sich  selbstyerständlich  auch  auf  den  jüd.  Beligionsunterricht 
Als  obligatorisch  fär  alle  die  Anstalt  besuchenden  jüdischen  Schüler  wird  der- 
selbe nicht  angesehen.  Von  der  Qualiflcation  des  yon  der  Synagogengemeinde 
als  Beligionslehrer  Präsentirten  hat  das  K.  SchulcoU.  der  Proyinz  sich  nähere 
Kenntnis  zu  yerschaffen.  Bei  Feststellung  der  Censuren  seiner  Schüler  wird 
der  jüdische  Beligionslehrer  zugezogen  und  unterzeichnet  dieselben  an  letzter 
Stelle  ausdrücklich  als  ,Jüdi8cher  Beligionslehrer."  Was  die  Bemuneration 
des  Lehrers  betrifft,  so  gewährt  bei  den  yom  Staat  unterhaltenen  höh.  Schulen 
die  Anstaltskasse  einen  Beitrag  dazu;  ein  entsprechendes  Abkommen  ist  meisten- 
teils auch  bei  den  städt  Anstalten  zwischen  dem  Patronat  und  der  Synagogen- 
gemeinde getroffen. 

Bei  einer  Zahl  yon  c.  35  jüd.  Schülern  im  Oymnasium  und  der  damit 
yerbundenen  Bealschule  zu  N.  kann,  wie  ich  dem  K.  Proy.Sch.C.  auf  den  Be- 


171 

riebt  vom  15.  d.  M.  erwidere,  der  hier  wieder  beiliegenden  VorsteUnng  der 
Syni^gengemeinde  daselbst  vom  6.  Febr.  d.  J.  eine  entsprechende  Berfiok- 
dchtigimg  nicht  wohl  versagt  werden.  Ich  beauftrage  das  E.  Proy.S€h.C.,  das 
Cnratorinm  der  Anstalt  dem  Obigen  gemäfe  zu  yerstöndigen  nnd  den  Vorstand 
der  Synagogengemeinde  vorl&ufig  zn  benachrichtigen,  dafs  er  von  dem  Cnra- 
torinm weitere  Mitteilung  in  der  Sache  zn  erwarten  habe/'  Der  Minister  etc. 
Falk. 

2.  Deutsch. 


Ber.  Lehrpläne  nach  O.Verf.  y.  31.  Mars  1882:  p.  118  ff.  für  Gymn.; 

128,  130  für  B.;  136  f.  für  h.  B. 

Min.yerf.  t.  8.  März  1843:  „Das  K.  ProT.Sch.C.  zn  Koblenz  hat  sich 
Teranlafst  gesehen,  die  Oymnasialdirectoren  seines  Verwaltungsbezirks  daranf 
anfinerksam  zn  machen,  daAi  der  Unterricht  in  der  Muttersprache  in 
den  unteren  und  mittleren  El.  höherer  Lehranstalten  häufig  in  g^nz 
zweck¥ridriger  Weise  erteilt  werde.  Namentlich  sei  dem  theoretisch-grammat. 
Unterricht  in  derselben  unter  dem  Namen  „Sprachdenklehre'S  oder  auch  unter 
anderem  Namen  oft  eine  Gestalt  gegeben,  welche  durch  abstruse  Terminologieen 
oder  dürre,  gehaltlose  üebungen  den  jugendL  Geist  weit  Öfter  abstumpfe,  als 
wahrhaft  bilde,  den  Zweck  lebendiger  Anschauung  der  Muttersprache  in  gehalt- 
YoUen,  Geist  und  Gemnth  bildenden  Musterstdcken  und  sicherer  Aneignung  der 
Sprache  zu  geläufigem  und  correctem  schriftlichem  und  mündlichem  Gebrauch 
öfter  hemme  als  fördere,  und  somit  einer  inhaltsvollen,  den  Geist  selbst  mit 
gesnnder,  frischer  Nahrung  für  das  ganze  Leben  erfüllenden  Bildung  der  Jugend 
nicht  nur  die  Zeit  und  Eraft  des  Lehrers  wie  der  Schüler  entziehe,  sondern 
auch  derselben  durch  ein  totes  Formelwesen  positiv  nachteilig  werde. 

Je  weniger  sich  bis  jetzt  die  verschiedenen  Ansichten  über  die  Erteilung 
des  deutschen  Unterrichts  in  den  höh.  Lehranstalten  geeinigt  haben,  desto  noth- 
wendiger  ist  es,  diejenigen  Versuche  aus  denselben  fem  zu  halten,  welche  durch 
die  ErÜBthrung  sowohl,  ads  durch  eine  richtige  Würdigung  derselben  als  unfrucht- 
bar oder  gar  nachteilig  erkannt  werden.  Dahin  gehört  der  in  manchen  An- 
stalten übliche  theoretische  grammatische  Unterricht  in  der  Mutter- 
sprache, welcher  die  deutsche  Sprache,  den  Schülern  gegenüber,  gleichsam  als 
eine  fremde,  erst  noch  zu  erlernende  betrachtet^  oder  die  natürliche  Aeu£9erung 
der  Sprachthätigkeit  von  dem  Standpunkte  eines  philosophischen  grammatischen 
Systems  ansieht  und  zu  einer  bewuOsten  zu  erheben  sucht,  und  häufig  schon  in 
der  Behandlung  des  Gegenstandes  von  Seiten  des  Lehrers,  so  wie  in  der  sich 
knnd  gebenden  Teilnahmlosigkeit  der  Schüler  seine  Unzweckmäfisigkeit  zu  er- 
kennen giebi  Während  der  lateinische  Unterricht  am  natürlichsten  (Gelegenheit 
darbietet,  den  Knaben  an  dieser  ihm  fremden  Sprache  grammatische  Formen 
nnd  Verhältnisse  anschauen  und  auffassen  zu  lassen  und  ihn  bei  fortschreitender 
Entwickelung  anzuleiten,  die  so  erworbenen  Kenntnisse  allmählich  und,  besonders 
wenn  ihm  das  Verstän^is  der  an  Formen  und  feinen  Unterscheidungen  noch 
reicheren  griechischen  Sprache  geöffnet  wird,  zu  solchen  zu  erheben,  welche  auf 
dem  sprachlichen  Gebiete  allgemeine  Giltigkeit  haben,  deutet  das  K.  Prov.Sch.C. 
zn  Koblenz  mit  Becht  darauf  hin,  dafti  der  deutsche  Unterricht  überall  die  Auf- 
gabe zu  verfolgen  habe,  die  Muttersprache  in  geeigneten,  für  das  jedesmalige 
AHer  der  Schüler  angemessenen  Musterstücken  zur  lebendigen  Anschauung 
zn  bringen  nnd  dadurch  die  sichere  Aneignung  der  Sprache  zu  fördern.  Wird 
auf  diese  Weise  die  natürliche  Sprachentwickelung  unterstützt,  so  wird  es  niemals 
an  Veranlassung  fehlen,  beim  Lesen  das  FeUerhafte  in  der  Aussprache  zu  ent- 
fernen, auf  die  richtige  Formenbildung  aufmerksam  zu  machen,  die  Orthographie 
zn  befestigen,  Natürlichkeit  nnd  Wahrheit  des  Ausdrucks  zu  befördern,  überhaupt 


172 

das  Sprachgefühl  ohne  ein  dürres  Analysiren  der  einzelnen  Wörter  and  Sätze 
immer  mehr  aosznbilden  and  za  schärfen.'' 

C.Verf.  desProv.Sch.C.  za  Koblenz  v.  16.  Jani  1843:  „In  den 
ans  vorliegenden,  aaf  ansere  Verfagang  vom  8.  Oci  v.  J.  eingegangenen  Be- 
richten sämtlicher  Gymnasial-Directionen  der  Provinz  giebt  sich  nicht  nar,  wie 
dies  za  erwarten  stand,  eine  ernste  Aaffassang  and  Würdigung  der  Aafgabe  der 
Gymn.,  ihre  Zöglinge  za  klarer  and  angemessener  mündlicher  Darstellung 
ihrer  Gedanken  za  befähigen,  kand,  sondern  es  tritt  aach  durchgängig  eine 
erfreuliche  Ueboreinstimmung  über  die  Mittel,  dieser  Aufgabe  zu  genügen,  und 
die  dabei  in  Betracht  kommenden  allgemeinen  Gesichtspunkte  hervor. 

Es  wird  durchgängig  anerkannt,  daüs  die  Aufgabe  der  Gymn.  nicht  ist, 
den  Schein  einer  Beredsamkeit,  welche  nur  die  Frucht  gereifter  männlicher  Bil- 
dung sein  kann,  bei  Jünglingen  zu  erzielen,  dieselben  an  ein  Sprechen  um  zu 
sprechen,  ein  geläufiges  Wortemachen  über  das,  was  der  Jünglüig  noch  nicht 
empfunden  und  noch  nicht  begriffen  hat,  gewöhnen  zu  wollen,  wodurch  nur  eine 
wesentliche  Grundlage  echter  Beredsamkeit,  die  Wahrhaftigkeit,  gefährdet  wer- 
den könnte;  dafs  daher  die  zur  Entwickelung  der  Bedefälugkeit  in  den  Gymn. 
anzustellenden  Uebungen  nicht  über  die  Sphäre,  in  welcher  die  Schüler  sicher 
und  einheimisch  geworden  sind,  hinausgreifen,  in  keiner  Weise  zu  Ostentationen 
und  anmafslichem  Hinausgehen  über  den  jugendlichen  Standpunkt  veranlassen 
dürfen,  und  sich  also  in  der  Begel  auf  freie  Beproduction  dessen,  was  die  Schule 
zum  geistigen  Eigentum  ihrer  Zöglinge  gemacht  hat,  beschränken  müssen. 

Nicht  minder  wird  aber  auch  anerkannt,  dafs  durch  stetige  Sorge  für  die 
Ausbildung  der  Sprachorgane  und  der  sonstigen  Anlagen,  durch  deren  Ent- 
wickelung die  Wirksamkeit  der  Bede  äufserlich  bedingt  ist,  durch  vielfache 
und  planmäfsige  uebungen  des  Gedächtnisses,  durch  strenge  Gewöhnung  an  ge- 
ordnetes Denken  und  an  klare  Gestaltung  und  bündige  Darstellung  des  Ge- 
dachten, 80  oft  der  Schüler  in  irgend  einer  Lection  Veranlassung  hat  sich  aus- 
:^usprechen,  endlich  durch  eigene  geordnete,  abgestufte  Uebungen  in  freier  Dar- 
stellung von  den  Gymn.  für  den  in  Bede  stehenden  Zweck  vieles  vorbereitend 
gethan  werden  kann  und  mufs;  dafs  sie  ihre  Aufgabe  nicht  lösen,  wenn  sie  ihre 
Zöglinge  nicht  aufser  gründlichen  Kenntnissen  auch  mit  der  Fähigkeit,  das  Er- 
kannte zu  gestalten  und  darzustellen,  ausrüsten. 

Es  wird  femer  durchgängig  anerkannt,  dafs  keineswegs  die  Lehrer  des 
Deutschen  allein  für  die  Leistungen  der  Schule  in  dieser  Hinsicht  verantwortlich 
sein  können,  sondern  dafs  alle  Wissenschaft!.  Lehrer  teils  im  Allgemeinen  durch 
den  mächtigen  Einflufs  ihres  Beispiels,  teils  dadurch,  dafs  sie  immer  auf  klare, 
bestimmte  vollständige  Anworten  und,  wo  dazu  irgend  Gelegenheit  ist,  auf  zu- 
sammenhängende Darstellung  dringen,  wesentlich  mitwirken  können  und  sollen; 
dafs  die  Besignation,  welche  ruhig  den  Schüler  zum  Wort  kommen,  ihn  ausreden 
läfst  und  seine  Entwickelungen  und  Vorträge,  nur  wo  es  unerläfslich  ist,  unter- 
bricht, eine  wesentliche,  wenn  auch  nicht  immer  vorhandene  Eigenschaft  eines 
guten  Lehrers  ist. 

Der  Grundsatz  der  alten  Meister:  StUus  egregiua  dicendi  magister  ist  gleicher- 
mafsen  in  den  vorliegenden  Berichten  durchgängig  zu  voller  Anerkennung  ge- 
kommen und  im  Zusammenhange  damit  unter  Anderem  auch  den  schriftl.  Ueber- 
setzungen  aus  den  Glassikem  ihre  volle  Bedeutung  als  Stilübung  beigelegt 
Wenn  in  einem  der  vorliegenden  Berichte  behauptet  wird,  solche  Uebungen 
machten  im  Gegenteil  den  Stil  holpricht  und  unbeholfen,  so  wird  dagegen  in 
anderen  auf  das  vollgiltige  Zeugnis  der  röm.  Bedner  verwiesen  und  in  einem 
derselben  treffend  Folgendes  bemerkt: 

,Jn  den  freien  schriftl.  Arbeiten,  zumal  der  unteren  und  mittleren  Kl.,  deren 
Gesichtskreis  ja  nur  ein  beschränkter  sein  kann,  dreht  sich  der  Schüler  im  all- 


173 


tdglicilen  Kreise  ihm  gewohnt  gewordener  Worte  und  VorstellTingen.  In  der 
Uebersetznng  der  Alten  mnfs  er  ffir  nene  YorBtellungen  und  Verbindungen  die 
Ansdrfioke  nnd  Figaren  seiner  Sprache  snchen.  In  diesem  Kampfe  wächst  ihm 
die  Kraft,  mehrt  sich  der  Beichtam;  in  jenem  Geschreibe,  denn  es  istofc  nicht 
mehr,  bleibt  die  alte  Artnuth  eben  nnr  Armnth." 

Diese  durchgängige  üebereinstimmnng  sämtlicher  Directionen  über  die 
vorliegende  Frage  in  ihren  wesentlichen  Beziehungen  berechtigt  za  der  Erwar- 
tung, dafs  dem  in  unserer  VerfQgung  vom  8.  Oct.  v.  J.  von  Neuem  vergegen- 
wärtigten Ziele  mit  Erfolg  an  dem  6ymn.  der  Provinz  nachgestrebt  werden  wird, 
und  wenn  in  den  meisten  der  vorliegenden  Berichte  zugleich  anerkannt  wird, 
dafs  die  Leistungen  der  Anstalten  in  fraglicher  Hinsicht,  auch  abgesehen  von 
ärztl.  und  individuellen  Hindernissen,  wesentlich  hinter  dem  zurückbleiben,  was 
geleistet  werden  könnte  und  sollte,  so  zeugen  diese  Bekenntnisse,  welche  aller- 
dings durch  unsere  Beobachtungen  völlig  bestätigt  werden,  von  dem  Ernst,  mit 
welchem  die  Aufgabe  erfafst  wird,  und  geben  eine  erfreuliche  Bürgschaft,  dafs 
unsere  Gymn.  sich  nicht  damit  zuMeden  stellen  werden,  Mittelmäfsiges  oder  gar 
Geringes  in  der  fraglichen  Hinsicht  zu  leisten. 

Aus  den  Erfahrungen  und  Wünschen,  welche  nur  in  einzelnen  der  vor- 
liegenden Berichte  ausdrücklich  ausgesprochen  sind,  glauben  wir  Folgendes  noch 
hervorheben  zu  müssen: 

Wenn  ein  und  der  andere  Bericht  eine  Vermehrung  der  Lehrstunden  für 
das  Deutsche,  besonders  in  den  oberen  Kl  nothwendig  findet,  so  sprechen  andere 
sich  entschieden  dafar  aus,  dafs  2  wöchentliche  Stunden  in  den  oberen  Kl.  voll- 
kommen hinreichen,  wenn  alle  Lehrer  und  alle  Lehrstunden  angemessen  zu- 
sammenwirken. Wir  werden  beide  Ansichten  zur  Kenntnis  des  vorgeordneten 
K.  Minist,  bringen. 

Es  wird  femer  darauf  aufmerksam  gemacht,  wie  wichtig  auch  far  den  frag- 
lichen Zweck  ein  bewufstes  Zusammenwirken  aller  Lehrer,  ein  gegenseitiges 
Kenntnisnehmen  von  dem  Unterr.  der  Gollegen  nach  Form  und  Inhalt  sei,  wozu 
gegenseitiges  Besuchen  in  den  Lehrstunden  wesentlich  mitwirken  könne.  Die 
Sichtigkeit  dieser  Bemerkung  ist  nicht  zu  bezweifeln,  und  wir  können  nur  dringend 
wünschen,  dafs  sie  allgemeine  Beachtung  finde. 

Die  Wichtigkeit  des  Gesangunterrichts  auch  für  den  fraglichen  Zweck, 
namentlich  fär  Ausbildung  der  Sprachwerkzeuge,  wird  mit  Becht  hervorgehoben. 
Nicht  minder,  wie  wichtig  es  sei,  auf  die  Entwickelung  der  körperlichen  Haltung 
in  ihrer  Beziehung  auf  angemessenen  und  wirksamen  Vortrag  zu  achten,  zugleich 
aber  alles  Theatralische  und  jede  Uebertreibung  fernzuhalten.  Es  wird  dabei 
darauf  aufrnerksam  gemacht,  dafs  es  angemessen  ist,  nicht  von  den  Bänken 
aus,  sondern  vor  der  Klasse  oder  vom  Kathedei  aus  recitiren  und  vortragen  zu 
lassen.  Es  wird  femer  auf  den  Nutzen  öfter  wiederkehrender  Bedeacte  im 
Kreise  der  Schule  aufrnerksam  gemacht.  Was  hierüber  von  der  Direction  des 
Gymn.  zu  N.  bemerkt  wird,  teilen  wir  im  Folgenden  zu  reiflicher  Erwägung  der 
Lehrercollegien  mit: 

„Ob  von  Zeit  zu  Zeit  wiederkehrende  Bedeübungen,  auf  den  Kreis  der 
Schule  beschränkt  und  mit  Vermeidung  jeder  Art  öffentl.  Schaustellung,  vor  der 
ganzen  versammelten  Schule  oder  einigen  KL,  in  Gegenwart  mehrerer  oder  aller 
Lehrer  angestellt,  den  Zweck  fördem  möchten,  ist  ein  Gedanke,  über  dessen 
Werth  und  Ausführbarkeit  Erfahrung  entscheiden  müfste.  Nur  die  Besten,  da- 
mit es  Auszeichnung  werde,  und  aus  den  oberen  Kl.  nur  mit  eigenen  Arbeiten, 
als  welche  gelungene  Uebersetzungen,  zumal  metrische,  füglich  gelten  könnten, 
würden  auftreten  dürfen.  In  dieser  Art  der  Oeffentlichkeit  wird  alles  Theatra- 
lische, zu  welchem  in  Städten  mit  stehenden  Theatem  die  Versuchung  nahe  liegt, 
und  Carikirte  leicht  vermieden  werden  können.    Die  Bede,  soll  sie  lohnend  sein 


174 

und  den  Bedner  spornen,  fordert  einen  Kreis  von  Zuhörern  und  findet  ihren 
Preis  im  Ange  und  Antlitz  des  Hörenden.  In  so  angestellten  Uebongen  mochte 
der  Knabe  nnd  Jüngling,  aus  dem  gewöhnlichen  Einerlei  seiner  KL,  das  ihm 
durch  Sjähriges  Zusammenleben  zn  etwas  AlltAglichem  wird,  auf  einen  etwas 
erweiterten  Kreis  hinaustretend,  Vertrauen  zu  der  eigenen  Kraft  finden.  In 
diesem  wurde  der  künftige  Geistliche,  Lehrer  oder  Bechtsgelehrte  zu  rechter 
Zeit  versuchen  können,  ob  ihm  die  in  seinem  künft.  Berufe  unentbehrliche  Gk^be 
der  Bede  einwohne  oder  nicht  Wie  die  Sachen  jetzt  hier  stehen,  entschliefet 
sich  mancher  Jüngling  zum  Studium  der  Theologie,  dessen  erste  Predigt  seine 
erste  öffentliche  Bede  ist,  oder  der  Bechte,  der  vor  seinem  ersten  stotternden 
Vortrage  nur  seiner  KL  den  Cicero  oder  Bemosthenes  vorexponirt  hat  Solche 
Uebungen,  in  Gemeinschaft  angestellt,  möchten  ein  Band  mehr  werden,  durch 
welches  die  Schüler  der  einzelnen  Kl.  sich  als  Schüler  einer  Schule  erkennten. 
Bedeübungen,  wie  ich  sie  mir  anzudeuten  erlaube,  waren  in  der  Landesschule 
Pforta  Feste  geworden  und  blieben  in  ihren  Folgen  fruchtbringend  für  das  Leben. 
Unsere  Bedeübungen  bei  öff entl.  Prüfungen  fordern,  eben  weil  sie  öffentlich  sind, 
ganz  eigene  Bücksichten.  Hier  reden  nur  die  Schüler  der  unteren  KL  gern  und 
mit  Lust;  die  der  oberen  folgen,  wenn  dazu  aufgefordert  wird,  meistens  nur  dem 
Gebot  der  Schule.*' 

Dafs  es  zweckmäfsig  ist,  nicht  blofs  Gedichte,  sondern  auch  prosaische 
Stücke  in  den  unteren  und  mittleren  Kl.  recitiren  zu  lassen,  da(8  zu  den  fireien 
Vorträgen  der  oberen  Kl.  geschichtliche  Stoffe  zwar  bequem  für  die  Schüler, 
aber  weniger  geeignet  sind,  dafs  darauf  gehalten  werden  muTs,  dafs  diesen  Vor- 
trägen eine  klare  Disposition  zu  Grunde  liege,  dafs  Disputirübungen,  welche  sich 
an  die  Aufsätze  der  Mitschüler  und  deren  Beurteilung  anschliefsen,  von  Nutzen 
sein  können,  sofern  ein  geübter  Lehrer  sie  leitet  und  beherrscht,  wird  von  meh- 
reren Seiten  mit  guten  Gründen  hervorgehoben. 

Es  hat  sich  femer  sehr  nützlich  erwiesen,  am  SchluüB  der  Lehrstunden 
regelmäfsig  etwas  Zusammenhangendes  aus  dem  Bereich  des  Aufgefafsten  von 
den  einzelnen  Schülern  wiedergeben  zu  lassen. 

Die  Uebung  einzelner  Anstalten,  bedeutende  Abschnitte  aus  Classikern, 
z.  B.  eine  ciceronische  Bede,  nachdem  sie  vollständig  erklärt  sind,  aus  dem  Ori- 
ginal in  fireier  Nachbildung  deutsch  vortragen  zu  lassen,  erscheint  ebenfalls^  sehr 
beachtenswerth. 

Erheblich  erscheint  auch  die  Bemerkung,  dafs  Schreibübungen,  nament- 
lich Abfassung  von  Aufsätzen  in  der  Schule,  mit  Ausschliefsung  aller  fremden 
Hülfsmittel,  und  als  Gewöhnung,  die  Gedanken  mehrere  Stunden  lang  auf  einen 
Gegenstand  zu  concentriren,  in  den  oberen  Kl.,  mäfsig  angewendet,  sehr  forder- 
lich sein  würden. 

Die  Nothwendigkeit,  dafs  die  Schüler  aus  dem  Lesen  vaterländischer  Schrift- 
steller Muster  eines  guten  Vortrags  gewinnen,  wird  auch  in  der  fraglichen  Be- 
ziehung mehrfach  hervorgehoben.  Wir  müssen  hier  wiederholen,  dafs  die  durch 
die  Schule  bewirkten  Totalanschauungen  edler  und  reiner  Erzeugnisse  der  Vater- 
land. Literatur  in  dieser  wie  in  anderen  Beziehungen  sich  frachtbarer  erweisen 
werden,  als  die  grammai  Zergliederung,  welche  so  oft  kleinlich  wird  und  die 
lebendige  Totalanschauung  hindert,  während  sie  dieselbe  in  keiner  Weise  zu 
ersetzen  vermag. 

Die  grofse  Bedeutung  des  Vorbildes  der  Lehrer  in  der  fragl.  Beziehung 
ist  in  keinem  der  vorliegenden  Berichte  verkannt,  in  einem  derselben  aber  mit 
besonderem  Nachdruck  hervorgehoben,  als  das  beste  FörderungsmitteL  Es  wird 
mit  Becht  bemerkt,  dafs  der  Lehrer  vor  aUen  Dingen  selbst  leisten  müsse,  was 
er  von  dem  Schüler  fordert,  dafs  also  die  Ansprachen  des  Lehrers,  wozu  so 
manche  Veranlassung  sich  ergiebt,  nach  Inhalt  und  Form  musterhaft  sein,  daf^ 


176 

namentlich  die  OfTentL  Beden  der  Lehrer  wirklich  freigehaltene,  nicht  gelesene 
Beden  sein  sollten.  Dafs  manchem  wackem  Lehrer  die  hierzu  erforderliche  Gabe 
Yenagt  ist,  ist  nicht  in  Abrede  za  stellen,  dafs  es  aber  bei  ernster  Auffassung 
der  Wichtigkeit  der  Sache  immer  mehren  gelingen  wird,  das  Talent  dazu  zn 
entwickeln  und  so  eine  wesentliche  Eigenschaft  des  Lehrers  sich  anzueignen, 
dürfen  wir  nicht  bezweifeln. 

Wir  empfehlen  die  im  Vorstehenden  mitgeteilten  Yorschl&ge  und  Er- 
fahrungen der  Birection  und  dem  Lehrercoll.  zu  sorgfUtiger  PrflAing  und  Be- 
achtung.^ 

Vergl.  C.Verf.  ▼.  24.  Oct  1887,  p.  59. 

Min.yerf.  v.  6.  Dcb.  1856:  „Auf  den  Bericht  y.  11.  y.  M.  genehmige 
ich,  da[j9  beim  Gymnasium  zu  N.  das  mittelhochdeutsche  Lesebuch  Yon  Wein- 
hold eingeführt  werde.  Ich  bemerke  bei  dieser  Veranlassung,  dafs  die  geringe 
dem  Unterricht  im  Deutschen  zugewiesene  Stundenzahl  neben  den  anderen  fir 
dieselben  bestimmten  Aufgaben  eine  dauernde  Beschäftigung  mit  dem  Alt-  und 
Mittelhochdeutschen  in  den  Lehrstunden  selbst  nicht  zuläTki  Um  so  mehr 
ist  zu  wünschen,  dafs  diejenigen  Lehrer  der  oberen  EI,  welche  in  der  Geschichte 
der  Muttersprache  gründliche  Studien  gemacht  haben,  sich  beim  Unterricht  zwar 
auf  die  nOtiiigsten  Mitteilungen  derselben  beschränken,  dabei  aber  den  Schülern 
die  Anregung  zu  geben  suchen,  sich  priYaüm  und  aus  eigenem  Interesse 
weiter  damit  zu  beschäftigen.  Zu  dem  Ende  ist  darauf  hinzuwirken,  dafe 
auch  die  Schülerbibliotheken  mit  dahin  gehörigen  Büchern  Yersehen  sind.^ 
Vgl.  p.  120. 

Philosophische  Propädeutik.  C.Verf.  y.  26.  Mai  1825  (Min. 
Y.  Altenstein):  „Seit  längerer  Zeit  haben  mehrere  geachtete  Schulmänner  dem 
Min.  den  Wunsch  zu  erkennen  gegeben,  da(^  philosophische  Vorbereitungsstudien 
wieder  in  den  Kreis  des  Gymnasialunterrichts  aufgenommen  werden  mOchteu, 
damit  die  abgehenden  Gymnasiasten  nicht  ganz  ohne  Vorbegriffe  und  Vorübungen 
dieser  Art  die  Hörsäle  der  UniYersität  betreten  dürften.  Damit  das  E.  Consi- 
storium  über  die  desfallsigen  Absichten  des  Min.  nicht  länger  in  Zweifel  sei, 
communicirt  es  dem  K.  Consistorium  in  der  Anlage  Abschrift  einer  unter  dem 
14.  Y.  M.  an  das  K.  Gonsisi  zu  Magdeburg  in  dieser  Hinsicht  erlassenen  Ver- 
fügung zur  Kenntnisnahme  und  Nachachtung.'* 

—  „So  wenig  das  Ministerium  einen  theoreüsch-eystemat  Vortrag  der 
Philosoph.  Wissenschaften  für  die  Gymn.  als  geeignet  betrachten  kann,  eben  so 
wenig  läfst  sich  Yerkennen,  dafs  bei  der  bisherigen  Einrichtung,  wo  die  studi- 
renden  Jünglinge  ohne  alle  Vorbereitung  auf  das  Studium  der  Philosophie 
und  ohne  eine  Vorstellung  Yon  dem,  was  Philosophie  ist,  und  Yon  dem 
Philosoph.  Standpunkte  zu  haben,  die  UniYersität  beziehen,  zwischen  dieser 
und  den  Gymnasien  eine  zu  grofse  Kluft  stattfindet,  welche  durch  Anordnung 
philosophischer  Vorbereitungsstudien  auf  den  Gymn.  auszufüllen  schon  seit  längerer 
Zeit  Yon  dem  Min.  beabsichtigt  wird.  Solche  philosoph.  Vorbereitongsstudien 
würden,  wie  auch  schon  die  zur  Bezeichnung  der  Aufgabe  gewählte  Benennung 
andeutet,  jeden  blofs  theoretisch-systematischen  Vortn^  der  einzelnen  philosoph. 
Doctrinen  ausschliefsen  und  sich  den  Zweck  setzen  müssen,  die  Schüler  etwa 
der  beiden  obersten  Gymnasialkl.  in  1  oder  2  Stunden  mit  allgemeinen  Vor- 
stellungen und  näher  mit  Gedankenformen,  wie  sie  ebensowohl  dem  bleib  räson- 
nirenden  als  dem  höheren  philosoph.  Denken  gemeinschaftlich  sind,  zu  beschäf- 
tigen, sie  mittels  praktischer  Uebungen  zu  gewöhnen,  mit  förmlichen  Gedanken 
umzugehen,  und  sie  darin  stnfenweis  bis  zu  dem  Punkte  zu  führen,  auf  dem  sie 
für  das  systematische  Studium  der  Philosophie,  womit  der  UniYersitätsunterricht 
beginnt,  als  reif  zu  erachten  sind.    Eine  solche  praktische  Beschäftigung  mit 


176 

allgemeinen  Yorstellnngen  und  näher  mit  G^dankenformen  auf  Gymn.  würde  zn 
dem  systematischen  Studinm  der  Philosophie,  welches  der  Universität  ansschliefs- 
lich  verhleibt,  die  nähere  Beziehung  haben,  dafs  das  specnlative  Denken  teils 
eine  Uebong  voraussetzt,  in  abstracten  Gedanken  für  sich,  ohne  sinnlichen  Stoff, 
der  in  dem  mathemat.  Inhalte  noch  vorhanden  ist,  sich  zu  bewegen,  teils  aber, 
dafs  die  Gedankenformen,  deren  Kenntnis  durch  solchen  Gymnasialunterricht 
verschafft  würde,  später  bei  dem  eigentlichen  Studium  der  Philosophie  ebensowohl 
gebraucht  werden,  als  sie  auch  einen  Hauptteil  des  Materials  ausmachen,  das 
die  Philosophie  zu  verarbeiten  hat.  Was  den  bestimmten  Kreis  der  Kenntnisse 
betrifft,  an  welchen  die  Gymnasiallehrer  die  Schüler  der  beiden  obersten  Kl. 
mittels  solcher  philosoph.  Yorbereitungsstudien  zur  Bekanntschaft  und  Gewohn- 
heit, mit  förmlichen  Gedanken  umzugehen,  anleiten  können,  so  ist  die  Geschichte 
der  Philosophie,  welche  sonst  wohl  in  der  ersten  Kl.  der  Gymn.  gelehrt  worden, 
zu  dem  fragl.  Zweck  nicht  geeignet,  weil  sie,  ohne  die  speculative  Idee,  für 
welche  die  Schüler  in  den  Gymn.  noch  nicht  reif  sind,  vorauszusetzen,  leicht  in 
eine  Erzählung  zufalliger  müfsiger  Meinungen  ausarten  und  eine  nachteilige 
und  verächtliche  Meinung  von  der  Philosophie  hervorbringen  könnte.  Dagegen 
würden  sich  zu  dem  fragl.  Vorbereitungsunterricht  vorzüglich  die  Anfangsgründe 
der  Logik  und  der  sogenannten  empirischen  Psychologie  eignen.  Die  der 
zuletzt  gedachten  Doctrin  angehörigen  Vorstellungen  von  den  Empfindungen  der 
äufseren  Sinne,  Einbildungskraft,  Gedächtnis  und  von  den  weiteren  Seelenver- 
mögen können  den  fragl.  Unterricht  beginnen  und  um  so  mehr  als  Einleitung 
in  die  logischen  üebungen  benutzt  werden,  als  diesen  nothwendig  eine  Erwäh- 
nung von  den  Geistesföhigkeiten,  die  von  dem  eigentlichen  Denken  verschieden 
sind,  vorausgeschickt  werden  muib.  An  den  Unterricht  von  den  äufseren  Sinnen, 
den  Bildern  und  Vorstellungen,  von  der  Verbindung  (sogenannter  Association) 
derselben,  dann  weiter  von  der  Natur  der  Sprache,  vornehmlich  aber  von  dem 
Unterschiede  zwischen  Vorstellungen,  Gedanken  und  Begriffen,  würden  die  Lehrer 
in  den  Gymn.  viel  Bildendes  und  Anziehendes  für  die  Schüler  anknüpfen  und 
zugleich,  wenn  sie  auch  den  Anteil,  den  das  Denken  am  Anschauen  u.  s.  w. 
hat,  gehörig  bemerklich  machten,  den  Schülern  eine  directe  Einleitung  in  das 
Logische  geben  können.  Als  Hauptgegenstand  dieser  vorbereitenden  Üebungen 
würden  aber  vorzüglich  die  Anfangsgründe  der  gewöhnlichen  Logik,  und  nament- 
lich die  Lehren  von  dem  Begriffe,  dem  Urteile  und  dem  Schlüsse  und  deren  Arten, 
dann  von  der  Definition,  Einteilung,  dem  Beweise  und  der  wissenschaftl.  Methode 
zu  benutzen  sein,  und  an  diese  würde  man  etwa  noch  die  Kantischen  Kate- 
gorien als  sogenannte  Stammbegriffe  des  Verstandes  anschliefsen  und  endlich 
noch  die  Antinomieen  erwähnen  können,  um  den  Schülern  eine  wenigstens  nega- 
tive und  formelle  Aussicht  auf  die  Vernunft  und  die  Ideen  und  auf  die  mittels 
derselben  zu  erlangende  höhere  Befriedigung  zu  eröffnen.  Für  die  Verknüpfung 
dieses  logischen  Unterrichts  mit  der  Gymnasialbildung,  spricht  der  Umstand, 
dafs  kein  Gegenstand  weniger  fähig  ist,  von  der  Jugend  nach  seiner  Wichtig- 
keit oder  seinem  Nutzen  beurteilt  zu  werden,  dafs  der  Inhalt  der  Logik  zu  wenig 
anziehend  ist,  um  die  Studirenden  während  der  Universitätsjahre,  wo  es  von 
ihrer  Wahl  abhängt,  mit  welchen  Wissenschaften  sie  sich  aufser  ihren  Brot- 
studien beschäftigen  wollen,  zum  Studium  der  Elemente  des  Logischen  zu 
vermögen. 

Wenn  das  Min.,  obwohl  von  der  Nützlichkeit  und  Nothwendigkeit  solcher 
Philosoph.  Vorbereitungsstudien  überzeugt,  dennoch  Bedenken  trä^  dieselben 
mittels  einer  allgemeinen  Verfügung  anzuordnen,  so  liegt  der  Grund  hiervon  in 
der  Besorgnis,  dafs  bis  jetzt  noch  nicht  an  allen  Gymn.  Lehrer  vorhanden  sein 
möchten,  welche  die  fragl.  philosoph.  Vorbereitungsstudien  auf  die  im  Obigen 
bezeichnete  Weise  zu  leiten  im  Stande  sind.  Es  scheint  daher  räthlich,  mit  dem 


177 

mehrgedachten  Unterrichtein  einzelnen  Gymn.,  wo  sich  gerade  ein  fnr  denselbenfähi- 
ger  and  einsichtsvoller  Lehrer  findet,  wieder  anzufangen,  und  das  Min.  ermächtigt  das 
E.  Consisi  hierdurch,  in  denjenigen  Gymn.  seines  Bezirks,  die  einen  hinreichend  quali- 
ficirten  Lehrer  fär  die  fragl.  philosoph.  Yorbereitnngsstndien  haben,  dieselben  in 
den  beiden  obersten  El.,  auf  die  im  Obigen  bezeichnete  Weise,  und  for  Jetzt  nur 
an  den  Elementen  der  Logik  und  der  sogenannten  empirischen  Psychologie  vor- 
nehmen zu  lassen,  und  zwar  in  der  Art^  dafs  für  diese  Studien  wOchentl.  höch- 
stens 2  Stunden  bestimmt  werden,  welche  dem  Unterricht  in  der  deutschen  Sprache 
und  in  der  deutschen  Litteratur,  sowie  in  der  Mathematik  am  füglichsten  da 
abzubrechen  sind,  wo  for  das  Deutsche  wöchentl.  3  und  für  die  Mathematik  5 
oder  gar  6  Lectionen  ausgesetzt  sind.  Dem  E.  Gonsist.  bleibt  überlassen,  der 
obigen  Eröffnung  gemäfs,  nach  seiner  näheren  Eenntnis  von  den  einzelnen 
Gymn.  und  der  Qimlification  der  betr.  Lehrer  das  weiter  Erforderliche  in  dieser 
Allgelegenheit  anzuordnen,  und  behält  sich  das  Min.  vor,  das  E.  Gonsist.  auf 
den  Grund  des  über  diesen  Gregenstand  zu  erstattenden  Berichts  mit  einer  weiteren 
Instruction  zu  versehen."  —      VergL  p.  66.  121.  179  f. 

G.Yerf.  v.  13.  Dec.  1862:  „Das  Ziel,  welches  im  deutschen  Unter- 
richt auf  den  Gymn.  erreicht  werden  soll,  ist  in  dem  Beglm.  for  die  Abituri- 
•  entenprüfungen  v.  4.  Juni  1834  angegeben.  Ueber  die  Mittel,  dahin  zu  gelangen, 
sind  weder  bisher  detaillirte  Vorschriften  gegeben  worden,  noch  werden  solche 
jetzt  beabsichtigt:  es  ist  Sache  der  Lehrercollegien,  sich  in  Fachconferenzen  je 
nach  den  besonderen  Bedürftiissen  und  Verhältnissen  jeder  Anstalt  über  die  Ein- 
teilung der  Pensa  und  die  erforderlichen  Uebungen  zu  verständigen,  und  die 
Directoren,  sowie  die  beaufsichtigenden  Schulräthe  haben  darauf  zu  sehen,  dafs 
danach  ein  planmäfsiges,  dem  Zweck  entsprechendes  Verfahren  inne  gehalten 
werde.  Ich  finde  mich  indefs  durch  verschiedene  Wahrnehmungen  veranlafst, 
auf  einige  dabei  besonders  zu  beachtende  allgemeine  Gesichtspunkte  im  Folgenden 
aufinerksam  zu  machen. 

Es  wird  nicht  verkannt,  dafs  die  Hindemisse  eines  genügenden  Erfolgs 
des  deutschen  Unterrichts  in  den  unteren  und  mittleren  El.  häufig  ausserhalb 
des  Bereichs  der  Schule  liegen,  uud,  wenn  das  Hochdeutsche  in  der  Schule  fast 
wie  eine  fremde  Sprache  gelernt  werden  mufs,  besonders  da  schwer  auszugleichen 
sind,  wo  es  dem  Gymn.  an  einer  eigenen  Vorschule  fehlt  Gleichwohl  kann, 
wenn  der  deutsche  Unterricht  nicht  isolirt  wird  und  jeder  Lehrer  nicht  blofs 
seinen  speciellen  Gegenstand,  sondern  die  Aufgabe  des  Schulunterrichts  als  ein 
Ganzes  im  Auge  behält,  und  wenn  demzufolge  überall  in  der  Schule  auf  mündl. 
und  schrifü.  Gorrectheit  gehalten  wird,  auch  in  solchen  Fällen  die  normalmäfsige 
wöchentliche  Stundenzahl  genügen.  Die  E.  Prov.SchulcoU.  sind  jedoch  schon 
gelegentlich  der  Modification  des  Normalplanes,  durch  die  G.Verf.  v.  7.  Jan. 
1856  (s.  p.  66),  ermächtigt  worden,  bei  grofser  Elassenfrequenz,  und  wo  die 
durch  die  C.Verf.  v.  24.  October  1837  (p.  56)  empfohlene  engere  Verbindung  des 
deutschen  und  des  lateinischen  Unterr.  nicht  ausfahrbar  ist,  derselbe  vielmehr 
an  verschiedene  Lehrer  verteilt  werden  mufs,  ausnahmsweise  eine  Vermehrung 
der  für  das  Deutsche  bestimmten  Stunden  in  den  unteren  El.  zu  gestatten»  Die- 
selben Gründe  können  die  Einfahrung  einer  besonderen  deutschen  Grammatik 
fechtfertigen,  deren  es  sonst  bei  zweckmäisiger  Benutzung  der  lat.  Grammatik 
nicht  bedarf.  Der  in  das  Gedächtnis  aufzunehmende  grammat.  Stoff  ist  dabei, 
je  nach  der  Verschiedenheit  localer  Bedürfnisse,  auf  das  Nothwendigste  zu 
beschränken.  Dafs  der  deutsche  Unterricht  einer  Elasse  vereinzelt  einem 
Schulamtscandidaten  übertragen  wird,  ist  nicht  zu  billigen  und  mufs  vermieden 
werden. 

Die  schriftl.  Uebungen  in  den  beiden  untersten  EL,  wo  die  Thätigkeit 
der  Schüler  zum  grOfsten  Teil  in  die  Lehrstunden  selbst  zu  verlegen  ist^  haben 

Wieie,  Verordnung«!!.  12 


178 

sich  mehr  als  es  häufig  geschieht,  in  den  für  diese  Stufe  nOthigen  Grenzen  zu 
halten:  die  Anfertigung  „deutscher  Au&ätze*'  ist  den  Schülern  der  VI  und  V 
noch  nicht  zuzumuSien.  Auch  in  der  IV  noch  müssen  die  schriftlichen  Arbeiten 
lediglich  reproductiver  Art  sein.  Zu  den  vdchtigsten  Aufgaben  des  Lehrers  im 
Deutschen  gehört  eine  methodische  Benutzung  des  Lesebuchs,  durch  welche  es 
für  die  Bildung  des  SprachbewuTstseins  und  die  fortwirkende  Anregung  des 
Nachdenkens  fruchtbar  gemacht  wird. 

Aus  den  mittleren  El.  gehen  viele  Schüler  in  das  bürgerl.  Leben  über. 
Das  Gymnasium  kann  es  jedoch  nicht  für  seine  Aufgabe  ansehen,  deshalb  auf 
die  Ausbüdung  formeller  Fertigkeiten  bedacht  zu  sein,  welche  etwa  zu  den  be- 
sonderen Erfordernissen  eines  praktischen  Berufs  gehören.  Es  sorgt  auch  für 
solche  Schüler  am  besten,  wenn  es  so  viel  wie  mOglich  ihr  Denkvermögen  ent- 
wickelt und  sie  mit  Sicherheit  in  den  elementaren  Grundlagen  mündlicher  und 
sdiriftlicher  Darstellung  ausstattet  Zu  diesem  Zwecke  bedarf  es  vor  Allem 
methodisch  geordneter  mannigfaltiger  mündl.  und  schnfü.  Uebungen.  Für  die 
Bearbeitung  deutscher  Aufgaben  darf  es  an  einer  bestimmten  Anleitung  nicht 
fehlen.  Es  ist  aber  auch  auf  dieser  Stufe  noch  nicht  zu  verlangen,  dafs  die 
Schüler  dabei  eigene  Gedanken  entwickeln;  sie  sind  vielmehr  hauptsächlich  darin 
zu  üben,  dafs  sie  Gegebenes  reproduciren,  historische  oder  andere  ihnen  bekannte 
thatsächliche  Verhältnisse  und  in  ihrer  Anschauung  liegende  Gegenstände  in 
richtigem  Zusammenhange  einfach  und  angemessen  darstellen.  Das  Gedächtnis 
ist,  wie  schon  in  den  unteren  Kl.,  für  die  sichere  Aneignung  von  Gedichten  und 
mustergiltigen  prosaischen  Stellen  in  Anspruch  zu  nehmen,  und  in  den  Lehr- 
stunden consequent  auf  zusammenhängendes  Sprechen  zu  halten.  Die  Belehrung 
über  VersmaijBe  und  allgemeine  metrische  Gesetze,  soweit  sie  nicht  bei  der  Er- 
klärung deutscher  Gedichte  erfordert  wird,  ist  an  die  Leetüre  der  class.  Dichter 
des  Altertums  anzuschliefsen.  Eine  selbständige  Behandlung  der  Metrik  ist  auf 
dem  Gymn.  überhaupt,  besonders  aber  in  den  mittleren  Klassen,  zumal  bei  dem 
oft  gro&en  Mifsverhältnis  zu  der  übrigen  elementaren  Ausbildung  der  Schüler, 
entbehrlich. 

Die  in  den  Principiender  deutschen  Orthographie  und  Interpunc- 
tion  noch  herrschende  Unsicherheit  ist  kein  Grund,  den  Schülern  darin  Willkür 
oder  ünachtsamheit  nachzusehen.  Die  Schule  hat  das  auf  diesem  Gebiet  durch 
das  Herkommen  Fixirte  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  in  sicherer  An- 
wendung einzuüben;  und  es  ist  dem  einzelnen  Lehrer  nicht  zu  gestatten,  die 
Uebereinstimmung  des  Verfahrens,  zu  welcher  die  Lehrer  derselben  Anstalt  sich 
vereinigen  müssen,  um  theoretischer  Gründe  willen  zu  stOren.  Die  elementaren 
Grundlagen  der  Sicherheit  in  conectem  Schreiben,  der  Geübtheit  in  deutlichem, 
sinngemäfsem,  die  Interpunction  beachtendem  Lesen,  und  ein  Bewufstsein  über 
die  Bedeutung  der  Unterscheidungszeichen  wird  nicht  selten  noch  in  den  oberen 
Klassen  vermifst  Die  Schüler  müssen  von  unten  auf  gewöhnt  werden,  irgend 
eine  grundsätzlich  geregelte  Interpunctionsweise  consequent  zu  befolgen.  Un- 
sicherheit darin  ist  in  den  höheren  Klassen  schwer  zu  beseitigen;  weshalb  dieser 
Punkt  besondere  Beachtung  bei  der  Versetzung  von  III  nach  U  verdient 

Die  Behandlung  der  deutschen  Literaturgeschichte  in  den  obersten 
Klassen  hat  sich  die  Aufgabe  und  das  Bedürfnis  der  Schule  gegenwärtig  Vol 
erhalten,  um  nicht  historischen  Notizen  und  der  Kritik  einen  unverhältnis- 
mäfisigen  Werth  auf  Kosten  des  Studiums  der  litterarischen  Werke  selbst  beizu- 
legen und  der  Neigung  zur  Beflexion  über  dieselben,  statt  der  Hingebung  an 
ihre  Betrachtung  Vorschub  zu  leisten.  Die  Schule  hat  in  litterarhistorischen 
Hitteilungen  nach  einer  Vollständigkeit  der  Angaben  über  die  Schriftwerke  und 
deren  Verfasser  nicht  zu  streben,  mufs  sich  vielmehr  bei  der  deutschen  Litte- 
raturgeschichte  auf  die  Darstellung  der  Hauptmomente  ihrer  Entwickelung  und 
auf  die  nöthigen  Angaben  über  die  wichtigsten  Werke  beschränken.    Von  der 


179 

Creschichte  der  deatschen  Sprache  müssen  die  Schüler  wenigstens  so  Tiel  er- 
fahren«  dafs  ihnen  die  Existenz  einer  deutschen  Philologie  nicht  unbekannt  bleibt 
und  sie  durch  Anleitung  das  Nibelungenlied  in  der  Ursprache  zu  lesen,  sowie 
•durch  Hinweisung  auf  den  Reichtum  des  ursprünglichen  Sprachschatzes,  zu  eigener 
weiterer  Beschäftigung  damit  angeregt  werden. 

Bei  der  Wahl  der  Aufsatzthemata  für  die  oberen  Klassen  (vgl.  die 
CVerf.  V.  24.  Octb.  1837  und  v.  12.  Jan.  1856  s.  p.  59.  69.  92)  ist  auf 
4ie  Verschiedenheit  der  geistigen  Entwickelung  und  der  davon  abhängigen  Be- 
fähigung der  in  derselben  Klasse  vereinigten  Schüler  gebührende  Bücksicht  zu 
nehmen.  Es  ist  zweckmäfsig,  den  weniger  geübten  künere  Arbeiten  auf  kürzere 
2eit  als  den  übrigen  au&ugeben.  und  ihnen  durch  vorgängige  Besprechung  des 
Sinnes  und  der  möglichen  Behandlungsweisen  der  Themata  die  Bearbeitung  zu 
erleichtem,  nicht  alles  der  schliefslichen  Beurteilung  der  Aufsätze  vorzubehalten. 
TJebnngen,  wie  sie  u.  a.  von  dem  Dr.  Deinhardt  in  dem  beachtenswerthen 
Beitrag  zur  Dispositionslehre  im  Programm  des  Bromberger  Gymn«  v.  1858*) 
l>esprochen  werden,  können  dabei  von  grofsem  Nutzen  sein.  Von  der  wesent- 
lichen Unterstützung,  welche  dem  deutschen  Stil  eine  sorgfältige,  zugleich  treue 
und  deutsche  Uebersetzung  der  alten  Autoren  gewährt,  wird  in  manchen  Gym- 
nasien zu  wenig  Gebrauch  gemacht. 

Die  Hinweisung  auf  Muster  eines  guten  Stils  mufs  schon  in  den  mitt- 
leren  Klassen  den  eigenen  schriftlichen  Versuchen  der  Schüler  zu  Hülfe  kommen. 
Dafs  die  Bücher  der  Schülerbibliotheken  auch  zu  diesem  Behuf  zweckmässig 
gewählt  und  benutzt  werden,  haben  besonders  die  Lehrer  des  Deutschen  sich 
angelegen  sein  zu  lassen.  In  den  oberen  Kl.  die  Lehrstunden  selbst  zu  umfassender 
deutscher  Lectfire,  z.  B.  von  Dramen,  zu  verwenden,  wird  bei  der  Nothwendig- 
keit  der  für  dieselben  bestimmten  mündlichen  und  schriftlichen  Uebungen  selten 
zulässig  sein. 

Von  diesen  Uebungen  dürfen  freie  Vorträge  nicht  ausgeschlossen 
werden,  wenn  auch  die  Freiheit  zunächst  nur  in  der  Selbständigkeit  besteht,  mit 
•der  z.  B.  eine  Belation  von  etwas  Gelesenem  oder  Angeschautem  gegeben  und 
der  Gedankengang  einer  Schrift  mit  Unterscheidung  des  Wesentlichen  vom  Un- 
wesentlichen nachgewiesen  wird.  Die  Bildung  des  Organs  zu  deutlicher  Bede 
ist  dabei  von  nicht  geringerer  Wichtigkeit  als  die  Uebung,  einen  Zusammen- 
hang in  richtiger  Folge  ohne  Befangenheit  mündlich  darzustellen.  Aus  der  tech- 
nischen Bhetorik  der  Alten  kann  hierbei  Vieles  mit  Nutzen  zur  Anwendung 
gebracht  werden.  Eine  die  mündlichen  Vorträge  auf  dem  Gymnasien  betreffende 
Verfügung  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Koblenz  v.  16.  Juni  1843  wird  zur  Beachtung 
empfohlen  (s.  p.  172  ff.). 

Die  philosophische  Propädeutik  wird  in  mehreren  Gymn.  mit  be- 
triedigendem  Erfolg  behandelt»  auf  anderen  wird  sie  ungebührlich  vernachlässigt 
Ist  ihr  auch  in  dem  Lehrplan  vom  7.  Jan.  1856  die  Stelle  eines  für  sich  beste- 
llenden Unterrichtsgegenstandes  genommen  (s.  p.  66),  so  ist  darin  doch  aus- 
drücklich eine  angemessene  Beschäftigung  mit  ihrem  Inhalt  vorgeschrieben 
worden.  Ein  systematischer  Unterricht  in  der  Philosophie  geht  über  die  Bestimmung 
des  Gymnasiums  hinaus,  während  eine  so  viel  wie  möglich  auf  heuristischem  Wege 
yermittelte,  psychologische  Belehrung  über  die  Vermögen  der  menschlichen  Seele 
«md  ihrer  auf  das  Denken  und  Erkennen  gerichteten  Thätigkeit,  propädeutische 
Uebungen  zur  Entwickelung  des  Denkvermögens,  Einführung  in  die  Methode 
•des  wissenschaftlichen  Erkennens,  und  vornehmlich  die  Anregung  des  philosoph. 
Interesses  zu  den  wichtigsten  Aufgaben  der  obersten  Gymnasialklassen  gehören. 
Der  gesamte  Wissenschaft!.  Unterricht  in  denselben,  besonders  ein  rationeller 
Sprachunterricht  und  alle  mathematische  Wissenschaft»   enthält  zwar  an  sich 

*)  Besondere  Ausgabe:  Berlin  187a 

12* 


180 

auch  eine  philosoph.  Propädeutik,  und  die  eigenen  Frodnctionen  der  Schaler  geben 
immer  aufs  Neue  Gelegenheit,  auf  die  Nothwendigkeit  logischer  Conseqnenz  der 
Gedanken  und  der  dadurch  ]^edingten  Ordnung  der  Darstellung  aufmerksam  zu 
machen;  aber  es  ist  unerläfslich,  dafs  die  den  Objecten  immanenten  und  all» 
Wissenschaften  verbindenden  logischen  Gesetze  auch  für  sich  selbst  den  Schülern 
verständlich  und  geläufig  werden.  Historische  Bekanntschaft  mit  der  auf  diesem 
Gebiet  herkömml.  Terminologie  und  mit  der  Form  der  einzelnen  Bestimmungen 
ist  unentbehrlich,  macht  aber  die  philosoph.  Propädeutik  nicht  aus:  es  bedarf 
fortgesetzter  Uebung  in  der  Anwendung  der  logischen  Sätze.  Das  akadem. 
Stadium  setzt  voraus,  dafs  eine  Fertigkeit  darin  von  der  Schule  mitgebracht 
werde,  und  das  Gymn.  hat  um  so  mehr  Pflicht  dieser  Anforderung  zu  entsprechen, 
als  die  geistige  Zucht,  welche  in  der  Gewöhnung  an  strenge  begriffliche  Auf- 
fassung liegt)  der  dem  Jugendalter  besonders  gefäbrlichen  Unwahrheit  der  Phrase 
entgegenwirkt,  und  zugleich  ein  Correctiv  gewährt  gegen  die  Folgen  planloser 
Leetüre  und  der  zunehmenden  üeberladung  des  jugendlichen  Geistes  mit  mannig- 
Mtigem  Stoff. 

Es  ist  den  Directoren  zu  überlassen,  die  fär  die  philosoph.  Propädeutik  er- 
forderliche Zeit  an  der  geeignetstenStelle  innerhalb  der  normsdmäfsigen  Stunden^ 
zahl  auszumitteln,  wobei  ihnen  auch  freigestellt  werden  kann,  sie,  um  einer 
mehr  zusammenhangenden  Behandlung  willen,  .auf  einen  Teil  des  Schuljahrs, 
am  zweckmäTsigsten  auf^das  Wintersemester,  zu  beschränken.  Unter  den  Hülfs- 
mitteln,  besonders  zum  Gebrauch  der  Lehrer,  haben  sich  vor  anderen  die  Ele- 
menta  logices  Aristoteleae  von  Dr.  Trend elenburg  bewährt 

Die  Departementsräthe  der  E.  Prov.SchulcoUegien  werden  bei  Bevisionen 
und  sonstigen  Gelegenheiten  davon  Kenntnis  zu  nehmen  haben,  wie  die  Auf- 
gabe der  philosoph.  Propädeutik  auf  den  einzelnen  Gymn.  gelöst  wird;  und  in 
die  Abiturientenzeugnisse  ist  am  SchluTs.  des  Urteils  über  das  im  Deutschen 
Erreichte  auch  eine  Bemerkung  darüber  aufzunehmen,  ob  der  Abiturient  mit 
den  Elementen  der  Psychologie  und  der  Logik  sicher  bekannt  ist. 

Ich  beauftrage  die  E.  Prov.Schulcollegien,  vorstehende  Bemerkungen  den 
Gymnasialdirectoren  zur  Nachaehtung  mitzuteilen,  wobei  überlassen  bleibt,  das- 
jenige anzuknüpfen,  was  für  die  speciellen  Verhältnisse  der  einzelnen  Anstalten 
erforderlich  scheint,  auch  wegen  der  Ausfuhrung  besondere  Fachconferenzen  an- 
zuordnen. Dafs  neu  eintretende  und  noch  ungeübte  Lehrer  bei  den  didaktischen 
Aufgaben,  um  die  es  sich  hier  handelt,  ganz  besonders  des  teilnehmenden  Bathes 
praktischer  Er&hrung  bedürfen,  werden  die  E.  Pi*ov.Schulcollegien,  wo  es  Nol^ 
thut,  in  Erinnerung  bringen.'* 

Vgl  für  die  Bealanstalten  U.  und  PO.  v.  6.  Oct.  1859  p.  90  ff. 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  18.  Sept.  1871:  , J)ie  Circular- 
verf.  V.  13.  Dec.  1862  bestimmt  in  Betreff  des  Unterrichts  in  der  deutschen 
Orthographie,  dafs  die  Schule  das  auf  diesem  Gebiete  durch  das  Herkommen 
Fixirte  in  den  unteren  und  mittleren  Elassen  zu  sicherer  Anwendung  einzuüben- 
habe,  und  dafs  die  Lehrer  derselben  Anstalt  sich  zu  einem  übereinstimmenden 
Verfahren  vereinigen  sollen.  Der  letzten  Forderung  ist  bisher,  zum  Teil  wegen, 
der  grofsen  in  der  Sache  liegenden  Schwierigkeiten,  nur  an  wenigen  Anstaltea 
genügt  worden.  Auch  läfst  sich  nicht  verkennen,  dafs  die  Schule  den  Gebrauch 
der  in  ihr  eingefahrten  Lesebücher  nicht  unberücksichtigt  lassen  darf.  Eine 
durchgreifende  Uebereinstimmung  auf  diesem  Gebiete  wird  sich  allerdings  erst 
dann  erreichen  lassen,  wenn  es  gelingt,  die  in  Aussicht  genommene  Uebereinkunft 
für  sämtliche  Schulen  zu  erzielen.  Inzwischen  mufs  es  aber  die  Aufgabe  der 
einzelnen  Schule  bleiben,  ein  in  allen  Elassen  übereinstimmendes  Verfahren  zu 
erstreben  und  inne  zu  halten.        Um  die  Feststellung  desselben  zu  erleichtern». 


181 

«ncheinen  die  von  dem  Verein  der  Berliner  Gymnasial-  nnd  Bealschullehrer 
heraosgegebenen  kleinen  Schriften:  „Regeln  nnd  Wörterverzeichnis  fSr  die  deutsche 
Orthographie  znm  Schnlgebranche*',  Berlin  1871,  nnd  die  zur  Begründung  nnd 
Erläuterung  dieser  Schrift  dienenden  »^Erörterungen  über  deutsche  Orthographie," 
Berlin  1871,  in  hohem  Mafse  geeignet,  da  in  ihnen  diejenigen  Grundsätze  be- 
folgt werden,  welche  sich  nach  den  bahnbrechenden  Abhanfiungen  von  Rud.fy. 
Baumer  der  allgemeinsten  Billigung  erfreuen,  und  die  Fassung  der  Kegeln  sich 
durch  Bestimmtheit  und  Schärfe  auszeichnet  Wir  empfehlen  daher  den  Lehrer- 
collegien  diese  Schriften  zu  besonderer  Beachtung,  indem  wir  erwarten,  dafs 
Ew.  —  dieselben  zur  Herbeiführung  eines  einheiüichen  Verfahrens  innerhalb 
Ihrer  Anstalt  in  angemessener  Weise  zu  benutzen  wissen  werden." 

Verordnung  über  den  Schulunterricht  in  der  deutschen 
Bechtschreibung.  Circ.Verf.  v.  21.  Jan.  1880:  „In  der  Frage  der  deut- 
schen Orthographie  haben  die  7on  dem  verstorbenen  Professor  B.  v.  Baum  er 
dai^legten  Grundsätze,  sowohl  bezüglich  der  Erhaltung  des  festen  Stammes 
allgemeinen  Schreibgebrauches  als  bezüglich  der  Feststellung  von  schwankenden 
und  der  mafsvoUen  Berichtigung  von  zweckwidrigen  Schreibweisen,  eine  in 
stetiger  Zunahme  begriffene  Anerkennung  gewonnen.  Daneben  fehlt  es  jedoch 
nicht  an  Bestrebungen,  welche  die  gegenwärtige  Bechtschreibung  nach  einer 
Sprachentwickelung  der  Vergangenheit  glauben  regeln  zu  sollen,  oder  welche 
andererseits,  ausschliefslich  bedacht  auf  konsequente  Bezeichnung  der  thatsäch- 
lich  gesprochenen  Laute,  von  dem  Vorhandensein  einer  anerkannten  Schrift- 
sprache glauben  absehen  zu  dürfen.  Von  dem  Schulunterrichte  in  der  deut- 
schen Orüiographie  sind  derartige  Bestrebungen,  welche  zwischen  der  Orthographie 
der  Schule  und  der  der  gebildeten  Kreise  aufserhalb  derselben  eine  nicht  zu 
ertragende  Trennung  herbeiführen  würden,  seitens  der  ünterrichtsverwaltung 
grundsätzlich  femgehalten  worden,  und  die  auf  wissenschaftlichem  Gebiete  er- 
reichte Anbahnung  einer  Einigung  hat  auf  die  Ausbreitung  der  gleichen  Grund- 
sätze im  Schulunterricht  in  ei^eulicher  Weise  eingewirkt.  Gleichwohl  ist  nicht 
zu  verkennen,  dafs  auf  dem  bisher  eingehaltenen  Wege  die  Befriedigung  des 
berechtigten  Verlangens  nach  einheitlicher  Begelung,  wenn  überhaupt,  so  jeden- 
falls nur  sehr  allmählich  erreicht  werden  kann,  und  dafs  namentlich  die  Ver- 
schiedenheit der  Orthographie  in  den  Schulbüchern,  insbesondere  den  deutschen 
Lesebüchern,  der  Erreichung  dieses  Zieles  hindernd  entgegentreten  muTs. 

Durch  diese  Erwägungen  habe  ich  mich  bestimmt  gefunden,  auf  Grund 
der  Baumerschen  Abhandlungen,  namentlich  der  von  ihm  für  die  orthographische 
Konferenz  ausgearbeiteten  Vorlage,*^)  und  unter  Berücksichtigung  der  seitdem 
stattgehabten  weiteren  Erörterungen  des  Gegenstandes  das  in  der  Anlage  bei- 
geschlossene Begelbuch  für  den  Schulgebrauch  ausarbeiten  zu  lassen.  Dasselbe 
steht,  abgesehen  von  vereinzelten  unerheblichen  Ausnahmen,  in  sachlichem 
Einklänge  mit  dem  von  der  bayerischen  Unterrichtsverwaltung  unter  dem  21.  Sep- 
iember  v.  J.  für  den  dortigen  Schulunterricht  vorgeschriebenen  Buche. 

Hiemach  treffe  ich  folgende  Anordnungen:    . 

1.  Das  anliegende  Buch  „Begeln  und  Wörterverzeichnis  für  die  deutsche 
Bechtschreibung  zum  Grebrauch  in  den  preuljsischen  Schulen.  Berlin,  Weid- 
snannsche  Buchhandlung.  Ladenpreis  des  gebundenen  Exemplars  0,15  M.'*  hsij> 
Tom  Beginne  des  Schuljahres  188i0/81  an  allen  Schulen  als  Norm  für  den  ortho- 
graphischen Unterricht  und  für  die  in  den  schriftlichen  Arbeiten  der  Schüler 


*)  Verhandlungen  der  zur  Herstellung  grofserer  Einufun^  in  der  deutschen 
'Reohtsolireibmig  benSenen  Konferenz,  Berlin  den  4.  bis  15.  Januar  1876.  Ver- 
öffentlicht im  Auftrage  des  K.  PreuTs.  Unterrichtsminirters.  Halle  1876.  Verlag 
^iet  WAisenhanses. 


182 

einzoluiltende  Orthographie  za  dienen.  In  den  Schnllebrer-  nnd  Lehrerinnen- 
Seminaren  eowie  in  denjenigen  Klassen  der  höheren  Schalen,  ta  deren  Lehr- 
aa^be  der  orthographische  Unterricht  gehört,  ist  dasselbe  als  Schnlbncb 
einzuführen. 

2.  Alle  znr  Einfohrnng  im  Schnlanterricht  m  beantragenden  deutschen 
Lesebücher,  einschliefslich  der  neuen  Auflagen  der  bereits  im  Gebrauche  befind- 
lichen, haben  fortan  die  vorgeschriebene  Orthographie  einzuhalten.  Eine  Aus- 
nahme davon  machen  nur  solche  Lesebücher,  welche  als  litterarhistorische  Hilfis- 
mittel  die  Schreibweise  der  betreffenden  Zeit  grundsätzlich  beibehalten.  Es- 
ist  in  geeigneter  Weise  dahin  zu  wirken,  dafs  die  gleiche  Orthographie  aucb 
in  den  anderweiten  Schulbüchern  zur  Anwendung  komme;  insbesondere  sind 
aus  den  Klassen  Sexta,  Quinta  und  Quarta  der  höheren  Schulen  innerhalb  eines 
Zeitraumes  von  längstens  fünf  Jahren  Schulbücher  von  abweichender  Orthographie 
zu  beseitigen. 

Das  K.  Prov.Sch.G.  wolle  zur  Ausfuhrung  dieser  Verordnung  Seinerseits 
das  Erforderliche  veranlassen  und  nach  dem  Schlüsse  des  Schuljahres  1880/81 
über  den  Eifolg  dieser  Mafsregel  Bericht  erstatten. 

Abschrift  vorstehender  Verfügung  nebst  Anlage  erhält  die  K.  Begierung  etc. 
zur  Kenntnisnahme  und  mit  der  Veranlassung,  die  vorgeschriebene  Orthographie 
auch  in  den  Schulen  Ihres  bezw.  Seines  Verwaltungskreises  zur  allgemeinen 
Einführung  zu  bringen  und  die  bezüglichen  Uebungen  mit  Anfang  des  neuen 
Schuljahres  beginnen  zu  lassen.  Damit  dies  mit  Erfolg  geschehe,  ist  in  den 
Lehrerkonferenzen  ein  einheitliches  Verfahren  für  alle  Klassen  einer  Schule  und 
für  alle  Schulen  eines  Aufsichtskreises  zu  vereinbaren,  und  wolle  die  K. 
Begierung  etc.  die  Kreis-  und  Local- Schulinspektoren,  sowie  die  Bectoren 
und  Hauptlehrer  Ihres  Bezirkes  in  dieser  Beziehung  mit  der  nötigen  Anweisungf 
versehen.  In  diesen  Konferenzen  wird  auch  zu  erwägen  sein,  ob  und  in  welchem 
Mafse  etwa  die  ältesten  Jahrgänge  einklassiger  Volksschulen  bei  der  bisher 
mit  ihnen  eingeübten  Schreibweise  zu  belassen  seien;  femer  ob  es  sich  empfehle, 
im  Interesse  möglichst  baldiger  Befestigung  der  Schulkinder  in  den  Abweichungen 
der  vorgeschriebenen  Orthographie  von  der  bisherigen,  im  nächsten  Sommer- 
halbjahre, bezw.  in  solchen  ländlichen  Volksschulen,  in  welchen  zahlreiche  Dis- 
pensationen stattfinden,  auch  im  nächsten  Winterhalbjahre,  zwei  von  den  für 
den  Unterricht  in  den  Bealien  bestimmten  Lehrstunden  für  die  Einnbungr 
der  Orthographie  zu  benützen.  Wo  dies  beantragt  wird,  ist  die  Genehmigung 
zu  erteilen. 

Sodann  wolle  die  K.  Begierung  etc.  dafür  Sorge  tragen,  dafs  sämtliche  Lehrer 
und  möglichst  viele  Schüler  in  den  Besitz  des  Begelbuches  kommen.  Die  Schul- 
vorstände  sind  daher  geeigneten  Falles  zu  ermächtigen,  aus  den  Schulkassen 
nicht  nur  so  viel  Exemplare  des  Begelbuches,  als  Lehrer  an  der  Schule  fun- 
gieren, sondern  auch  einige  fernere  Exemplare  für  arme  Schulkinder  anzu- 
schaffen. 

Endlich  ist  darauf  zu  achten,  dafs  nicht  blofs  die  im  ünterrichisgebrauche 
befindlichen  Fibeln,  Lesebücher  und  biblischen  Geschichtsbücher,  sondern  auch 
die  etwa  gebrauchten  Leitfäden,  Geschichtstabellen,  Spruchbücher,  Liederhefte' 
und  sonstigen  Lembücher  nur  weiter  benutzt  werden  dürfen,  wenn  ihre  neuen 
Ausgaben  bezw.  Auflagen  die  vorgeschriebene  Bechtschreibung  befolgen  und  dafs^ 
demgemäf^  auch  nur  Bücher,  bei  welchen  dies  der  Fall  ist,  neu  eingeführt  werden 
dürfen."  Der  Minister  etc.  v.  Puttkamer. 

G.  Verf.  V  3.  März  1880.  „Mehrere  Verlagsbuchhandlungen  von  Schul- 
büchern haben  in  einer  gemeinsam  an  mich  gerichteten  Vorstellung  die  Be- 
sorgnis ausgesprochen,  dafs  durch  die  Ausfahrung  meiner  VerfQgnng  vom  21. 


183 

Jan.  d.  J.  ihnen  sehr  erhebliche  Nachteile  erwachsen  würden.  Da  die  beenge 
liehen  Bestimmimgen  der  angezogenen  Verf.  ausdrücklich  in  dem  Siäne  getroffen 
Bind,  dafs  jede  nicht  unbedingt  notwendige  Schädigang  der  Interessen  des  Buch- 
handels yermieden  werde,  so  habe  ich  den  Unterzeichnern  der  Yorstellnng  dnrch 
die  nnter  dem  heutigen  Datum  ihnen  zugestellte  Antwort  beruhigende  Erldärung 
gegeben.  Das  E.  Prov.Sch.C.  etc.  erhftlt  in  der  Anlage  Abschrift  dieser  meinen 
Antwort  (a)  mit  der  Veranlassung,  die  in  derselben  enthaltene  Erklärung  als 
mafsgebend  für  Sein  etc.  Verfahren  bei  der  Ausführung  der  Verordnung  zu  be- 
trachten. Insbesondere  ergiebt  sich  daraus,  dafs  bei  Schulbüchern,  wdche  vor 
dem  Beginne  des  Sommersemesters  1880  hergestellt  sind,  die  Abweichung  von 
der  von  diesem  Zeitpunkte  an  für  den  Schulunterricht  vorgeschriebenen  Ortho- 
graphie nicht  kann  als  Grund  geltend  gemacht  werden,  dieselben  yon  dem  Schul- 
gebrauche auszuBchliefsen.  Abgesehen  Yon  der  ausdrücklich  hierauf  gerichteten 
Bestimmung  der  Verf.  Yom  21.  Jan.  d.  J  kommt  hierbei  in  Betracht»  dafs 
durch  derartige  Zulassungen  dem  Schulunterrichte  dieselben  Hindemisse  nur 
Torübergehend  noch  belassen  werden,  welche  bisher  fast  regelmäfsig  dauernd 
bestanden. 

Sollten  in  Betreff  der  Zulässigkeit  eines  Schulbuches  in  orthographi- 
scher Hinsicht  Zweifel  entstehen,  so  ist  behufs  eines  gleichmäfsig  einziüialten- 
den  Verfahrens  bis  auf  weiteres  eine  Anfrage  darüber  an  mich  zu  richten.^' 

Der  Minister  etc.  ▼.  Pütt  kamer. 

a)  Min.  Verf.  v.  3.  März  1880.  „Auf  die  von  Ew.  Wohlg.  im  Vereine 
mit  einer  Anzahl  hiesiger  Verlagsbuchhandlungen  unter  dem  17.  y.  M.  an  mich 
gerichtet«  Vorstellung  erwidere  ich  ergebenst  Folgendes. 

Das  Hindernis,  welches  der  Gebrauch  von  Schulbüchern  verschiedener 
Bechtschreibung  der  sicheren  orthographischen  Gewöhnung  der  Schüler  entgegen- 
stellt, ist,  wie  ich  in  dem  Eingange  meiner  Verfügung  vom  21.  Jan.  d.  J.  aus- 
drücklich hervorgehoben,  ein  wesentlicher  Anlafs  dazu  gewesen,  dafs  ich  mich 
zum  Erlasse  einer  für  alle  Schulen  meines  Bessorts  giltigen  Vorschrift  ent- 
schlossen habe.  Daraus  ergiebt  sich  als  notwendige  Folge,  dafs  ich  gleichzeitig 
mit  der  Begelung  dos  orthographischen  Schulunterrichtes  für  Beseitigung  der . 
erwähnten  Ungleichheit  in  den  Schulbüchern  habe  Sorge  tragen  müssen.  Hier- 
bei habe  ich  jedoch  nicht  unterlassen,  dem  finanziellen  Interesse  der  Eltern  und 
der  an  der  Herstellung  von  Schulbüchern  beteiligten  Buchhandlungen  vollständig 
Bechnung  zu  tragen.  Es  ist  demnach  angeordnet,  dafs  alle  zur  Einfahrung  im 
Schulunterrichte  zu  beantragenden  deutschen  Lesebücher,  einschliefslich 
der  neuen  Auflagen,  bezw.  Ausgaben,  der  bereits  im  Gebrauche  befindlichen, 
fortan  die  vorgeschriebene  Orthographie  einzuhalten  haben,  das  heifst  also, 
sofern  dieselben  oder  ihre  neuen  Auflagen  (Ausgaben)  nach  dem  Beginne  des 
Schuljahres  1880/81,  als  dem  Zeitpunkte,  mit  welchem  die  Verordnung  in  Erafb 
tritt,  gedruckt  worden  sind.  Den  im  Gebrauche  befindlichen  oder  dazu  vorbe- 
reiteten Lesebüchern,  welche  vor  dem  Anfange  des  Schuljahres  1880/81  herge- 
stellt sind,  ist  die  Zulässigkeit  far  die  nächste  Zeit  ausdrücklich  zugesagt.  In 
Betreff  der  übrigen  Schulbücher  ist  den  Schulbehörden  nur  aufgegeben, 
auf  Ausbreitung  der  gleichen  Orthographie  in  geeigneter  Weise  hinzuwirken. 
Als  der  Zeitraum,  innerhalb  dessen  die  orthographische  Ausgleichung  f&r  alle 
in  den  drei  untersten  Klassen  der  höheren  Schulen  gebrauchten  Schulbücher 
sich  zu  vollziehen  habe,  sind  fünf  Jahre  festgesetzt,  in  der  nicht  füglich  zu 
bestreitenden  Voraussetzung,  dafs  Schulbücher  für  die  unteren  Klassen,  welche 
innerhalb  eines  solchen  Zeitraumes  nicht  eine  neue  Auflage  erfahren,  kaum  für 
lebensfähig  zu  erachten  sind.  In  Betreff  der  an  Volksschulen  zu  gebrauchenden 
Bücher  ist  in  dem  auf  dieselben  speziell  bezüglichen  Teile  des  Erlasses  keine 
besondere  Bestimmung  getroffen,  also  behält  die  im  vorhergehenden  Abschnitte 


184 

des  Erlasses  enthaltene  Feststellung  einer  fünlQährigen  Dauer  der  Zulässigkeit 
ihre  Geltung.  Für  die  in  den  oberen  Klassen  der  höh.  Schulen  gebrauchten 
Schulbücher  ist  eine  Fristbestimmung  deshalb  nicht  bezeichnet  worden,  weil 
vorauszusetzen  ist,  dafs  die  Schüler  dieser  Klassen  schon  zu  sicherer  ortho* 
graphischer  Gewöhnung  gelangt  sind  und  deshalb  von  kleinen  Differenzen  in 
der  Orthographie  ihrer  Schulbücher  weniger  nachteilige  Folgen  zu  besorgen  sind. 

Es  ist  mit  grofser  Wahrscheinlichkeit  zu  erwarten,  dafs  die  orthographische 
Umgestaltung  der  Schulbücher  in  den  meisten  Fällen  sich  in  erheblich  kürzerer 
Zeit  vollziehen  wird.  Durch  die  Bezeichnung  einer  möglichst  weit  bemessenen 
Frist  bin  ich,  wie  Ew.  W.  aus  der  obigen  Erklärung  gefälligst  ersehen 
wollen,  darauf  bedacht  gewesen,  Schädigung  der  Interessen  des  Yerlagsbuch- 
handels  möglichst  zu  vermeiden.  Von  dieser  Absicht  meines  Erlasses  setze  ich 
gleichzeitig  alle  Schulbehörden  in  Kenntnis  und  darf  erwarten,  dafs  hiernach 
die  allmähliche  Beseitigung  der  Schulbücher  abweichender  Orthographie  mit  der 
gebührenden  Schonung  wird  ausgeführt  werden.  Zugleich  sind  die  Behörden  ver- 
anlafst,  in  zweifelhaften  Fällen  eine  Anfrage  an  mich  zu  richten;  hierdurch 
findet  ein  von  Ew.  W.  ausgesprochener  Wunsch  in  anderer  Form  seine  Er- 
füllung. 

Ew.  W.  sprechen  in  Ihrem  gefälligen  Schreiben  vom  17.  v.  M.  aufser- 
dem  die  Besorgnis  aus,  dafs  in  Betreff  der  Bechenbücher  eine  Verordnung  in 
Aussicht  stehe,  welche  den  Verlegern  derartiger  Schulbücher  Opfer  zumuten 
werde,  und  verbinden  damit  die  Erinnerung  an  die  Nachteile,  welche  diese  Ver- 
leger durch  die  in  dem  letzten  Jahrzehnt  angeordneten  Veränderungen  betroffen 
hätten.  In  dieser  Beziehung  darf  ich  darauf  hinweisen,  dafs  zu  den  behaup- 
teten Nachteilen  die  ünterrichtsverwaltung  keinerlei  Anlafs  gegeben  hat.  Mit 
der  durch  die  Beichsgesetzgebnng  beschlossenen  Einführung  des  dekadischen 
Systems  der  Mafse,  Münzen  und  Gewichte  erwuchs  unvermeidlich,  selbst  ohne 
jede  VerfQgung  der  ünterrichtsverwaltung,  für  den  Schulunterricht  im  Bechnen 
und  für  die  Bechenbücher  die  Verpflichtung,  nicht  allein  das  neue  System  zur 
Anwendung  zu  bringen,  sondern  zugleich  zu  erwägen,  wie  dasselbe  für  das 
.Bechnen  mit  dekadischen  Zahlen  und  Brüchen  am  zweckmäfsigsten  zu  verwerten 
sei.  Nachdem  sodann  der  Herr  Beichskanzler  durch  eine  aus  sachkundigen  Ver- 
tretern aller  beteiligten  Kreise  zusammengesetzte  Commission  die  abgekürzten 
Bezeichnungen  hatte  feststellen  lassen,  welche  für  die  neuen  Mafse  etc.  im  amt- 
lichen Gebrauche  sollten  angewendet  werden,  hat  mein  Herr  Amtsvorgänger 
durch  Verf.  v.  19.  Jan.  1878  (abgedruckt  im  Gentralblatte  für  die  ges.  Ünter- 
richtsverwaltung 1878  S.  67  ff.)  angeordnet,  dafs  in  den  für  den  Schulgebrauch 
bestimmten  Bechenbüchem  ausschliefslich  die  für  den  amtlichen  Gebrauch  vor- 
geschriebenen Abkürzungen  sollten  angewendet  werden.  Dieser  Verf.  ist  aus- 
drücklich nur  Geltung  gegeben  für  die  Bechenbücher,  welche  nach  dem  Zeit- 
punkte des  Erlasses  neu  erschienen  oder  neu  gedruckt  wurden.  Die  hierdurch 
für  die  Bechenbücher  erforderte  Aenderung  ist  übrigens  der  Art,  dafs  durch 
dieselbe  allein  der  Gebrauch  einer  älteren  Auflage  desselben  Buches  neben 
der  neueren  in  keiner  Weise  ausgeschlossen  oder  auch  nur  erheblich  erschwert 
ist.  Eine  weitere  Verf.  bezüglich  der  Bechenbücher  ist  seitens  der  Ünterrichts- 
verwaltung weder  gegeben,  noch  gegenwärtig  in  Aussicht  genommen.  Die  Ünter- 
richtsverwaltung ist  hiemach  in  ihren  die  Zulässigkeit  von  Bechenbüchem 
regelnden  Verordnungen  über  den  Bereich  des  durch  die  allgemeine  Gesetzgebung 
herbeigeführten  Erfordemisses  nicht  hinausgegangen  und  hat  auch  innerhalb 
dieser  Grenzen  die  Interessen  des  Buchhandels  vollständig  berücksichtigt.  Wenn 
die  Verleger  von  Bechenbüchem  über  das  wiederholt  eingetretene  Erfordernis 
durchgreifender  Umgestaltungen  Klage  fahren,  durch  welche  selbst  der  Gebrauch 
der  früheren  Auflage  neben  der  neueren  ausgeschlossen  worden  sei,  so   kann 


186 

nicht  füglich  in  Yerfagangen  der  Unterrichtsverwaltiing  der  Anlafs  gesucht 
werden,  Bondem  es  wird  zn  erwägen  sein,  ob  nicht  vielmehr  Mängel  in  der 
orspranglichen  didaktischen  Durcharbeitung  der  fraglichen  Bücher  die  Notwen- 
digkeit wiederholter  Aendemngen  herbeigeführt  haben. 

Indem  ich  Ew.  W.  erg.  ersnche,  den  Mitanterzeichnem  der  Yorstellnng  vom 
17.  V.  M.  den  lohalt  dieses  Schreibens  mitzuteilen  und  Sie  zugleich  ermächtige, 
dasselbe  in  der  Ihnen  geeignet  scheinenden  Weise  zur  Kenntnis  in  den  betei- 
ligten Kreisen  des  Buchhandels  zu  bringen,  darf  ich  die  Versicherung  hinzu- 
fügen, dafs  ich  in  voller  Würdigung  der  Bedeutung,  welche  der  deutsche  Buch- 
handel für  die  Entwickelung  der  deutschen  SchuUitteratur  hat,  die  berechtigten 
Interessen  desselben  bei  meinem  Erlasse  vom  21.  Jan.  d.  J.  nicht  aufser  acht 
gelassen  habe."    An  den  Verlagsbuchhändler  Herrn  Otto  Müller  Wohlg.  hier. 

3.   Lateinisch  und  Griechisch. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  Ulf.; 
118,  121  f.,  139  ff.  für  Gymn.;   128,  130  für  R. 

Ans  einer  älteren  C.  Verf.  (11.  Deo.  1828;  Min«  v.  Alt^nstein):  „Das  Min. 
bat  zu  bemerken  Gelegenheit  gehabt,  dafs  seither  nicht  in  allen  Gymnasien  bei  der 
Wahl  der  in  der  1.  Sliasse  zu  lesenden  kriech.  Schriftsteller  mit  der  er- 
forderlichen Rücksicht  auf  den  Zweck  und  das  beschränkte  Verhältnis  der  Schule 
und  auf  die  jedesmalige  Bildungsstufe  der  betr.  Schüler  verfahren  worden.  In 
einigen  Gymn.  hat  man  die  Tragödien  des  Sophokles,  den  Thacydides  und  die  in 
Hinsicht  ihrer  Anlage  oder  ihres  Inhalts  schwierigeren,  zum  Teil  eine  Bekannt- 
schaft mit  der  specnlativen  Idee  voraussetzenden  Dialogen  Piatos  zur  ununter- 
brochenen und  fast  ausschliefslichen  Leetüre  in  der  1.  griech.  Klasse  gewählt; 
andere  Directoren  sind  noch  weiter  gegangen  und  haben  zur  stehenden  Leetüre  in 
der  i.  griech.  Klasse  sogar  den  Pindar,  iüistophanes  und  Aeschylus  gemacht,  da- 
gegen das  Lesen  der  Homerischen  Gesänge  und  der  Schriften  Xenophons  schon 
mit  der  2.,  ja  bisweilen  schon  mit  der  3.  Klasse  abeefschlossen. 

Das  Min.  kann  sich  mit  diesem  Verfahren  nicht  einverstanden  erklären.  — 
Die  Billigkeit  erheischt  es  nicht  weniger,  als  die  den  öffentlichen  Schulen  ge- 
stellte Bestimmung,  bei  der  Wahl  der  in  der  1.  Klasse  zu  lesenden  griech.  Schrift- 
steller nicht  blofs  auf  die  immer  kleinere  Zahl  ausgezeichneter  Schüler,  sondern 
auch  auf  die  Mehrzahl  derselben  Rücksicht  zu  nehmen,  damit  auch  die  letzteren 
noch  auf  den  Gymn.  zn  der  Fertigkeit  gelangen,  einen  leichteren  griech,  Schrift- 
steller, wie  Homer  und  Xenophon '  ist,  ohne  erheblichen  Anstofs  verstehen  und 
für  sich  lesen  zu  können.  Diese  Fertigkeit  mufs  nothwendig  auf  den  Gymn. 
bei  sämtlichen  Schülern  der  obersten  Kl.  erzielt  werden,  um  mittels  derselben  auch 
die  Studirenden,  von  welchen  ihr  künftiger  Beruf  weiter  keine  Kenntnis  der 
griech.  Sprache  und  Litteratur  fordert,  zur  fortgesetzten  Beschäftiguufi^  mit  der- 
selben aufzumuntern  und  ihnen  einen  inneren  Antrieb  zu  geben,  dais  sie  ihre  auf 
der  Schule  gewonnene  Kenntnis  der  griech.  Sprache  und  Bildung  durch  Selbst- 
studium und  durch  den  höheren  Universitätsunterricht  tiefer  begründen.  Nach 
der  bisherigen  Erfahrung  wird  aber  gerade  diese  Fertigkeit,  von  welcher  in  den 
meisten  Fällen  das  weitere  Fortschreiten  im  Studium  des  griech.  Geistes  und 
Lebens  bedingt  wird,  bei  vielen  Schülern  der  Gymn.  deshalb  nicht  erreicht,  weil 
ihnen  zu  früh  die  ausschliefsliche  Leetüre  von  solchen  griech.  Schriftstellern  zu- 
gemuthet  wird,  an  welchen  sich  wegen  der  mannigfaltigen,  ihrem  Verständnis 
entgegenstehenden  Schwierigkeiten  jene  Fertigkeit  entweder  gar  nicht,  oder  doch 
nicht  in  dem  erforderlichen  Mafse  erlangen  läfst. 

Aus  diesen  Ghründen  sieht  sich  das  Min.  dringend  veranlafst,  hierdurch  an- 
zuordnen, dafs  zwar  die  eine  oder  die  andere  Tragödie  des  Sophokles  und  des 
Enripides  und  die  kürzeren  und  leichteren  Dialogen  rlatos,  wie  der  Krito,  Laches, 
Charmides,  die  Apologie  des  Sokrates,  der  Menexenus  und  derMeno,  auch  ferner- 
hin in  der  1.  Klasse  gelesen,  dagegen  aber  die  nröfseren  und  schwierigeren  Dialogen 
Piatos,  wie  der  Protagoras,  Gorgias,  Phaedrus,  Parmenides,  Phaedo  etc.,  die 
Komödien  des  Aristophanes,  die  Oden  Pindars  und  die  Tragödien  des  Aeschylus,  i 

Aufser  inwiefern  einzelne  Oden,  Chöre  oder  dialogische  Partien  dieser  Dichter  in  1 


186 

Chrestomathieen  und  Antholo^ieeni  die  in  den  Schulen  gdesen  werden,  etwa  tcuv- 
kommen,  von  der  Leetüre  auf  den  Gymn.  ^^mzlich  ausji^esohlossen  werden  sollen. 
Auch  ist  zur  Leetüre  des  Sophokles,  Euripides  und  Plato  in  dem  eben  gedachten 
beschränkten  Umfange  nur  dann  erst  fortzuschreiten,  wenn  in  der  1.  Kl.  eine 
Mehrzahl  von  Schülern  ist,  welche  es  schon  bis  zu  einem  geläufigen  Verstehen 
der  Homerischen  Qesänge  und  der  Xenophonteischen  Schriften  gebracht  haben, 
da,  wer  das  Schwerere  verstehen  soll,  vorher  das  Leichtere  wohl  zu  verstehen 
gelernt  haben  mufs.  Die  Leetüre  der  Homerischen  Gesänge  muTs  durch  die 
1.  und  2.  Kl.  der  Gymn.  hindurch  gehen  und  daher  auch  in  den  Fällen,  wo  eine 
Tragödie  des  Sophokles  oder  Euripides  für  die  1.  Kl.  gewählt  wird,  entweder* 
neben  dem  Lesen  dieser  Dichter  fortbestehen,  oder  doch  mit  demselben  abwechseln. 
Die  Leetüre  des  Thucydides  in  der  1.  Kl.  ist  nur  sehr  bedingter  Weise  unter  Aus* 
wähl  der  leichteren  Stellen  dieses  Schriftstellers  und  bei  solchen  Schülern  zu  ge* 
statten,  die  schon  zu  einer  ausgezeichneten  Fertigkeit  im  Verstehen  der  Xenophon- 
teischen Schriften  gelangt  sind. 

Indem  dem  K.  Consist.  zur  Pflicht  gemacht  wird,  nach  obigen  Gesichts- 
punkten bei  der  Bestimmung  der  in  der  1.  Kl.  zu  lesenden  griech.  Schriftsteller- 
zu  verfahren,  bemerkt  das  Min.  zugleich,  dafs  die  Directoren  mancher  Gymn.  auch 
die  Uebungen  im  Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Griechische 
weiter  zu  führen  scheinen,  als  es  für  die  Zwecke  der  Gymnasien  räthlich  ist.  — 
Der  Examinandus  soll  eine  kurze  Uebersetzung  aus  dem  Deutschen  ins  Griechische 
ohne  Verletzung  der  Grammatik  und  Accente  abzufassen  im  Stande  sein.  Ünr 
dieser  Forderung  zu  genügen,  bedarf  es  aber  nicht  besonderer  griech.  Stilübungen, 
wie  in  manchen  Gymn.  seither  angestellt  worden,  indem  die  vorgeschriebenen 
Uebersetzungen  aus  dem  Deutschen  ins  Griechische  nur  zum  Zwecke  haben,  die 
Schüler  in  der  griech.  Grammatik  und  in  der  richtigen  Anwendung  der  erlernten 

Ommatischen  Kegeln  zu  befestigen,  und  sich  hiervon  durch  die  von  ihnen  zu 
crnden  Exercitien  zu  überzeugen,  keineswegs  aber  die  Schüler  zu  einem  griech. 
Stil  im  Schreiben  auszubilden  und  ihnen  zu  der  Fertigkeit  zu  verhelfen,  ihre  Ge- 
danken in  freien  Ausarbeitungen  oder  gar  in  der  Form  der  Rede  griechisch  aus- 
drücken zu  können.  Das  Min.  erwartet,  dafs  das  K.  Consist.  in  den  Gymn.  seines 
Bezirks,  überall  wo  es  nöthig  sein  sollte,  die  Üebersetzungen  aus  dem  Deutschen 
ins  Griechische  auf  das  im  Obigen  bezeichnete  Mafs  zurückführen,  und  auch  hierin 
in  keinem  Falle  üebertreibungen,  die  der  harmonischen,  von  den  Gymn.  zu  ver- 
folgenden allgemeinen  Ausbildung  der  ihnen  anvertrauten  Jugend  nur  nachteilig 
sein  können,  dulden  wird. 

Endlich  will  das  Min.  bei  dieser  Veranlassung  noch  in  Erinnerung  bringen, 
dafs  den  früheren  Anordnungen  gemäfs  der  Unterricht  im  Ghriechischen  nur  in 
den  4  obersten  Kl.  der  Gymn.  stattfinden  und  folglich  erst  in  der  IV  beginnen 
soll.  Auf  die  genaue  Beobachtung  dieser  Bestimmung,  welche  mit  dem  ganzen 
Organismus  des  Unterrichts  in  den  diesseitigen  Gymn.  zusammenhängt,  ist  überall 
mit  Strenge  zu  halten,  damit  sich  kein  Director  eines  Gymn.  unterfange,  den  Unter- 
richt im  Griechischen  schon  in  der  V  zu  beginnen."  — 

C.Verf.  V.  24.  Apr.  1845:  „Zur  Förderung  des  lat.  und  griech.  Unter- 
richts in  den  Gymn.  ist  es  von  Wichtigkeit,  dafs  einerseits  ein  zu  häufiger  Wech- 
sel hinsichtlich  der  Lehrbücher,  die  diesem  Unterricht  zu  Grunde  gelegt  werden,, 
vermieden,  und  andererseits  bei  der  Einführung  neuer  Lehrbücher  solchen  der 
Vorzug  gegeben  werde,  welche  nach  dem  Urteü  von  sachverständigen  Gelehrten 
und  erfahrenen  Schulmännern  dem  jedesmaligen  Standpunkt  der  lat.  und  griech. 
Grammatik  und  den  Zwecken  des  Gymnasialunterr.  am  meisten  entsprechen. 
Aus  nahe  liegenden  Gründen  ist  es  femer  räthlich  und  wünschenswerth,  dieselbe 
lai  und  griech.  Grammatik  nicht  nur  in  allen  Klassen  eines  und  desselben  Gymn., 
sondern  auch  in  allen  Gymn.  wenigstens  einer  und  derselben  Provinz  dem  Unter- 
richt zu  Grunde  zu  legen. 

Aus  einer  C.Verf.  v.  28.  Apr.  1846:  —  „Es  soll  auch  künftig  nach 
dem  besonderen  Bedürfnis  einzelner  Anstalten  oder  auch  nach  den  Ansichtenu 
und  Wünschen  der  Dir.  und  Lehrer  die  Wahl  unter  den  anerkannten  gutea 
lateinischen  und  griechischen  Grammatiken  gestattet  bleiben;   dabei 


187 

sollen  jedoch  folgende  Bestimmungen  teils  zur  Fernhaltung  ungeeigneter  oder 
überflüssiger  Bücher,  teils  zur  Beseitigung  von  Mifsständen,  wie  sie  hie  und  da 
sich  eingeschlichen  haben,  mafsgebend  sein: 

1.  Der  Grundsatz,  dafs  dem  lai  und  dem  griech.  Sprachunterricht  nur 
Eine  Grammatik  durch  alle  Klassen  zum  Grunde  zu  legen  sei,  ist  auch  ferner- 
hin festzuhalten;  wenn  jedoch  die  vorhandenen  Grammatiken  nach  der  Ansicht 
der  Directoren  und  Lehrer  einzelner  Lehranstalten  nicht  so  eingerichtet  sind^ 
däfs  sie  in  allen  Klassen  dieser  Anstalten  mit  Nutzen  gebraucht  werden  können, 
so  soll  es  gestattet  sein,  zwei,  aber  niemals  mehr  Grammatiken  nach  einander 
in  derselben  Anstalt  zu  gebrauchen. 

2.  Wenn  2  lat.  oder  2  griech.  Grammatiken  nach  einander  gebraucht  werden,, 
so  müssen  die  beiden  Grammatiken  in  Anordnung,  Terminologie  und  Begriffsbe- 
stimmung möglichst  übereinstimmen,  und  es  ist  nicht  zu  dulden,  dafs  für  die  unteren 
und  mittleren  Kl.  eine  Grammatik  gewählt  werde,  die  in  dem  grammatischen 
System,  nach  welchem  sie  verfafst  ist,  von  dem  der  Grammatik  der  oberen  Kl. 
zu  Grunde  liegenden  System  abweicht. 

3.  Der  Gebrauch  von  sogenannten  Elementarbüchem  neben  der  einge- 
führten Grammatik  ist  in  den  unteren  und  mittleren  Kl.  möglichst  und  dahin 
zu  beschränken,  dafs  derselbe  nicht  über  eine  Beschaffung  des  erforderlichen 
Uebungsstoffes  ausgedehnt  werde.  Schriften,  welche  einzelne  Abschnitte  der 
Grammatik  ausführlich  behandeln  oder  zur  Ergänzung  der  Grammatik  bestimmt 
sind,  z.  B.  die  Formenlehre  eines  einzelnen  Dialekts,  besondere  Beispielsamm- 
lungen u.  s.  w.  sind  neben  der  im  Gebrauche  befindlichen  Grammatik  nicht  ein- 
zufahren, sondern  ist  deren  Anschaffung  den  Schülern  nur  zu  empfehlen. 

4.  Unter  den  seither  mit  Genehmigung  der  Behörden  eingeführt  gewesenen 
Grammatiken  bleibt  auch  fernerhin  unter  Beachtung  der  im  Obigen  enthaltenen 
Bestimmungen  die  Wahl  freigestellt,  die  Einführung  anderer  Grammatiken  da- 
gegen von  meiner  Genehmigung  abhängig. 

Wenngleich  hiemach  eine  üebereinstimmung  in  dem  Gebrauche  der  lat. 
und  griech.  Grammatiken  an  sämtlichen  Gymn.  einer  Prorinz  nicht  im  Wege- 
der  Vorschrift  erreicht  werden  soll,  so  werden  die  K.  Prov.SchulcoUegien  doch 
in  richtiger  Würdigang  der  für  eine  solche  Üebereinstimmung  sprechenden 
Gründe  die  Herbeifahrung  derselben,  soweit  dies  unter  billiger  Berücksichtigung 
der  Wünsche  der  Directoren  und  Lehrer  möglich  ist,  im  Auge  behalten,  auch 
dahin  zu  wirken  suchen,  dafs  auf  der  einen  Seite  die  der  Ausarbeitung  neuer 
grammat.  Werke  gewidmete  wissenschaftl.  Thätigkeit  einzelner  ausgezeichneter 
Schulmänner  nicht  nur  nicht  gehemmt,  sondern  vielmehr  durch  verdiente  An- 
erkennung gefördert,  auf  der  andern  Seite  aber  auch  die  ZaM  der  vorhandenen 
Lehrbücher  nicht  vermehrt  werde,  ohne  dafs  in  wissenschaftl.  oder  method.  Be- 
ziehung ein  wesentlicher  Fortschritt  erwartet  werden  dürfe.  Den  Verfassern 
solcher  Werke  wird  daher  der  Bath  zu  erteilen  sein,  vor  deren  Veröffentlichung 
sie  der  Beurteilung  sachverständiger  Gelehrten  und  Schulmänner  oder  auch  der 
vorgesetzten  Behörde  zu  unterwerfen  und  deren  Ansichten  oder  Rathschläge  zu 
beachten.'' 

Min. Verf.  v.  22.  Dec.  1862:  „Ich  teile  mit  dem  K.  Prov.Sch.C.  (zu 
Stettin)  das  in  dem  Bericht  v.  24.  v.  M.  ausgedrückte  Bedenken,  die  in  der 
Provinz  gebräuchl.  Lehrmittel  durch  Zulassung  einer  neuen  griech.  Grammatik 
zu  vermehren,  ohne  jedoch  zu  verkennen,  dafs  die  griech.  Grammatik  von  G.  Cur- 
tius,  welche  der  Dir.  des  Gymnasiums  zu  N.  einzuführen  wünscht,  manche  Vor- 
züge vor  der  Buttmannschen  Gi'ammatik  hat.  Auf  Erhaltung  einer  hinsicht- 
lich solcher  Lehrmittel  in  derselben  Provinz  vorhandenen  Üebereinstimmung  ist 
besonderer  Werth  zu  legen:. aber  die  Schule  kann  sich  deshalb  dem  Fortschritt 
der  Sprachwissenschaft  und  der  Methodik  nicht  verschlieläen. 


188 

Hiernach  will  ich,  in  der  YorauBsetzung,  daXs  die  Lehrer  des  Griechischen 
an  der  genannten  Schule  mit  dem  Wunsche  des  Dir.  übereinstimmen,  dem  Schlafe- 
antrage  des  K.  Sch.G.  entsprechend  genehmigen,  dafs  dieGrammatik  von  G.  Cnrtins 
daselbst  eingeführt  werde.  Die  Genehmigung  ist  für  jetzt  auf  das  Gymnasium 
zu  N.  beschränkt.  Ob  sie  auch  auf  andere  Gymn.  der  Provinz  ausgedehnt  werden 
kann,  wird  zum  Teil  von  den  Erfahrungen  abhangen,  welche  bei  der  Benutzung 
des  Buches  werden  gemacht  werden.*'  — 

üeber  Dispensation  vom  Unterricht  im  Griechischen  s.  p.  67  f., 
158  und  weiterhin  Abschn.  V,  2. 

C.Verf.  V.  10.  Apr.  1856:  „Es  ist  in  den  auf  die  C.Verf.  v.  28.  Novb. 
1854  erstatteten  gutachtlichen  Berichten  allgem.  als  Thatsache  anerkannt  worden, 
dafs  es  auf  den  Gymn.  den  Schülern  auch  der  mittleren  und  oberen  Kl.  häufig 
an  derjenigen  copia  vocabulorum  im  Lateinischen  fehlt,  deren  es  besonders 
zu  einem  leichten  und  sichern  Verständnis  der  Autoren  bedarf.  In  Folge  dessen 
wird  die  Neigung  zum  Gebrauch  ungehöriger  Hülfsmittel,  namentlich  zur  Be- 
nutzung gedruckter  Uebersetzungen  und  zum  üeberschreiben  der  Yocabeln, 
sowie  die  Abhängigkeit  von  dem  auch  in  den  obersten  Kl.  noch  neben  dem 
Autor  liegenden  Yocabelbuch  nicht  selten  angetroffen  und  die  eigene  Befrie- 
digung der  Lernenden  beim  Lesen  der  Classiker  vermifst.  Es  soll  nicht  ver- 
kannt werden,  dafs  hierzu  auch  andere,  nicht  im  Bereich  der  Schale  liegende 
Uebelstände  mitwirken;  um  so  mehr  ist  es  aber  ihre  Pflicht  von  den  ihr 
zu  Gebote  stehenden  Mitteln  der  Gegenwirkung  den  sorgfältigsten  Gebrauch 
zu  machen. 

Die  Schüler  der  unteren  Kl.  bedürfen  einer  bestimmten  Anleitung,  wie 
sie  beim  Präpariren  zu  Werke  zu  gehen  haben;  und  die  einmal  erlernten 
Yocabeln  müssen  ebenso  wie  die  Begeln  Gegenstand  wiederholter  Bepetition 
sein,  bei  der  durch  mannigfach  wechselnde  Fragweise  einem  mechanischen  Aus- 
wendiglernen vorgebeugt  wird;  bei  den  Versetzungen  ist  auf  sichere  Yocabel- 
kennijais  ein  grösseres  Gewicht  zu  legen,  als  gemeiniglich  geschieht 

Wenn  auf  diese  Weise  durch  feste  Einprägung  der  in  der  Grammatik  und 
den  Lesestücken  vorkommenden  Yocabeln  dem  Bedürfnis  der  untersten  Klassen 
im  Allgemeinen  genügt  werden  kann,  so  ist  doch  auTserdem,  in  Betracht  der 
Nothwendigkeit  empirischer  Grundlagen  beim  ersten  Unterricht,  und  für  die  Zeit 
der  grOfsten  Willigkeit  des  Gedächtnisses,  ein  methodisches  Yocabellernen 
sehr  zu  empfehlen. 

Es  ist  nicht  die  Absicht,  in  dieser  Beziehung  eine  bestimmte  Anordnung 
oder  die  Einführung  eines  der  vorhandenen  Yocabiüarien  vorzuschreiben;  aber 
die  Directoren  sind  da,  wo  es  noch  nicht  geschehen  ist,  zu  veranlassen,  den 
Gegenstand  mit  den  betr.  Lehrern  in  Berathung  zu  nehmen  und  mit  denselben 
ein  gemeinsames  Verfahren  zu  verabreden.  Am  wenigsten  empfiehlt  es  sich, 
Yocabeln  nur  nach  der  zufälligen  Ordnung  des  Alphabets  lernen  zu  lassen; 
bildend  für  das  Sprachgefühl  auch  im  ersten  Knabenalter  wird  es  nur  geschehen, 
wenn  das  Zusammengehörige  gruppenweis  und  nach  Analogieen  gelernt  wird, 
wobei  sowohl  der  re^e  wie  der  logische  Gesichtspunkt,  nach  welchem  z.  B. 
auch  die  opposita  eingeprägt  werden,  Berücksichtigung  verdienen.  Geht  ein 
streng  etymologisches  Verfahren  über  die  Kräfte  der  Schüler  in  den  untersten 
Kl.  hinaus  und  eignet  sich  überhaupt  für  die  Schule  nur  das  in  dieser  Bezie- 
hung unzweifelhaft  Feststehende  zur  Benutzung,  so  ist  doch  das  Wesentlichste 
der  Wortbildungslehre,  worin  jetzt  nicht  selten  eine  grofse  Unwissenheit  ange- 
troffen wird,  nach  Mafsgabe  des  Schulbedürfhisses,  bei  welchem  es  auf  eine 
systematische  Vollständigkeit  nicht  ankommen  kann,  gehörigen  Orts  mitzuteilen 
und  einzgaüben.  Der  beabsichtigte  Nutzen  eines  irgendwie  geordneten  Vocabel- 
lemens  wird  indefs  nur  dann  mit  Sicherheit  erwartet  werden  können,  wenn  es 


189 

keine  isolirte  Oedächtnisübnng  bleibt,  sondern  wenn,  je  nach  den  einzelnen 
Klassenstnfen,  der  erlernte  Wortvorrath  in  mündlicher  oder  schriftlicher  Uebung 
fortwährend  zur  Verwendung  kommt  und  möglichst  in  lebendiger  Gegenwärtig- 
keit erhalten  wird. 

Hinsichtlich  der  griech.  Sprache  findet  ein  ähnliches  Bedürfnis  Statt; 
weshalb  auf  dieselbe  die  obigen  Bestimmungen  mit  der  nöthigen  Beschränkung 
entsprechende  Anwendung  finden. 

Ich  veranlasse  die  K.  Prov.Schulcoll.,  den  Gymnasialdirectoren  Vorstehen- 
des zur  Nachachtung  mitzuteilen,  und  vertraue,  dafs  Sie  der  zweckmäfsigen  Be- 
handlung des  wichtigen  Gegenstandes  fortdauernd  Ihre  Aufmerksamkeit  widmen 
werden." 

In  Betreff  der  Aneignung  eines  ausreichenden  Wortschatzes  s.  auch 
C.Verf.  V.  31.  März  1882  p.  121. 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  12.  Novb.  1869:  „Die  durch 
unseren  Departementsrath  im  Laufe  dieses  Jahres  abgehaltene  Bevision  des 
lateinischen  Unterrichts  in  den  Schle8¥rig-Holsi  Gymnasien  veranlafst  uns 
zu  folgenden  Bemerkungen: 

Den  unteren  Klassen  fehlt  es  fast  durchgängig  an  der  erforderlichen 
Sicherheit  in  der  Formenlehre.  Die  Folge  davon  ist,  dafs  auch  die  oberen  KL 
in  den  Elementen  nicht  fest  sind  und  grobe  Fehler,  wie  veterorum,  pauperium, 
missit,  celebraOj  hie  rogatio,  bis  nach  II  und  I  sich  fortpflanzen.  Die  von 
0.  1870  ins  Leben  tretende  Einrichtung,  dafs  nach  VI  und  V  und  aus  diesen 
Klassen  nur  einmal  im  Jahre  Versetzung  stattfindet,  wird  hoffentlich  zur  all- 
mählichen Beseitigung  dieses  üebelstandes  beitragen.  Die  durch  den  Zutritt 
neuer  Schüler  in  der  Mitte  des  Jahrescursus  herbeigeführte  Störung,  welche  in 
den  beiden  untersten  Kl.  besonders  nachteilig  ist,  wird  auf  diese  Weise  ver- 
mieden; die  Schüler  derselben  brauchen  nicht  mehr  wie  bisher  bei  räumlicher 
Vereinigung  in  getrennten  Abteilungen  untemchtet  zu  werden;  der  Unterricht 
gewinnt  an  Stetigkeit  und  Buhe,  und  indem  die  Zersplitterung  aufhört,  wird 
Zeit  zur  gleichmäfsigen  Förderung  Aller  gewonnen.  Das  zuverlässigste  Mittel 
zur  Abhülfe  liegt  jedoch  in  der  Gewissenhaftigkeit,  mit  welcher  darauf  zu 
halten  ist,  dafs  ohne  feste  Kenntnis  der  Formenlehre  kein  Schüler  in  die  IV 
auf  ruckt« 

Nicht  minder  wichtig  ist  es,  das  Lehrziel  far  Jede  Klasse  genau  abzu- 
grenzen und  weder  hinter  demselben  zurückzubleiben  noch  über  dasselbe  hin- 
auszueilen. Es  ist  in  einer  Anstalt  wahrgenommen  worden,  dafs  in  IV  die 
Moduslehre  vorgetragen  wurde,  während  die  Schüler  kaum  eine  einzige  Form  von 
morior  und  nascor  richtig  anzugeben  wufsten ;  an  einer  anderen  griffen  die  Pensa 
der  einzelnen  Klassen  so  wenig  in  einander,  dafs  dasselbe  Pensum  für  V  und 
für  Oni  im  Lehrplan  angesetzt  war. 

Für  die  Einprägung  der  syntakl.  Begeln  wird  es  förderlich  sein,  was 
bereits  hie  und  da  eingeführt  ist,  einzelne  Musterbeispiele  auswendig  lernen  zu 
lassen,  wie  deren  in  fast  aUen  von  den  Gymnasien  der  Herzogtümer  benutzten 
Grammatiken  sich  finden. 

Von  Uebungsbüchern  zum  Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  ins  Latei- 
nische werden  an  manchen  Anstalten  in  einer  und  derselben  Klasse  mehrere 
zum  Teil  ganz  ungleichartige  gebraucht,  was  sowohl  aus  Gründen,  die  in  der 
Sache  liegen,  als  auch  wegen  der  damit  verbundenen  Kosten  nicht  zu  billigen 
ist.  —  Für  die  oberen  Kl.  empfiehlt  es  sich,  mehr  als  bisher  die  Uebungsbücher 
auch  zum  mündlichen  Uebersetzen  in  der  Kl.  zu  verwenden,  weil  dadurch 
nicht  nur  die  Sicherheit  und  Gegenwärtigkeit  der  erworbenen  Kenntnisse 
erprobt,  sondern  auch  die  Bildung  des  Sprachgefühls  gefördert  und  eine  gute 
Vorbereitung  für  das  Lateinsprechen  gewonnen  wird,  was  an  den  höh.  Lehr* 


190 

anstauen  der  Herzogtümer  fast  ganz  anfser  Gebrauch  gekommen  ist,  obgleich 
beide  Abitarienten-Prüfungsreglements  ausdrücklich  einige  Uebong  darin  verlangen. 

Anf  die  richtige  Aussprache  des  Lateinischen  ist  mit  gröfserer  Sorg- 
falt zu  achten.  Noch  in  den  oberen  Kl.  kommen  arge  Yerstöfse  gegen  £e 
Quantität  vor.  Prosodik  und  Metrik  nehmen  an  den  meisten  Gymn.  nicht  die 
Stellung  ein,  die  ihnen,  soweit  sie  zum  Verständnis  und  GenuTs  der  Dichterwerke 
unentbehrlich  sind,  auch  auf  der  Schule  gebührt  Sichere  Kenntnis  der  Hora- 
zischen  Yersmafse  ist  von  allen  Abiturienten  zu  fordern. 

Die  Leistungen  in  derLectüre  werden  dadurch  wesentlich  beeinträch- 
tigt, dafs  nicht  schon  in  den  unteren  M.  für  einen  ausreichenden  VocabelTorrath 
gesorgt  wird.  Das  Auswendiglernen  der  Vocabeln  aus  den  in  den  einzelnen 
Klassen  gebrauchten  lai  Lesebüchern  hilft,  selbst  wenn  es  mit  Strenge  betrieben 
wird,  dem  Mangel  nicht  ab,  weil  in  der  nächsthöheren  Klasse,  wo  gewöhnlich 
ein  anderes  Lesebuch  benutzt  wird,  der  gesammelte  Schatz  nicht  wiederholt 
und  also  nicht  zum  unverlierbaren  Eigentum  gemacht  werden  kann.  Es  ist 
daher  die  Einfahrung  eines  und  desselben  Yocabulars  far  alle  Klassen  von 
VI  bis  lU  wünschenswerth,  in  welchem  fär  jede  eine  bestimmte  Anzahl  Wörter 
auszuscheiden  ist,  die  fest  eingeprägt  und  in  allen  nächstfolgenden  Klassen 
wiederholt  werden  müssen.  Ohne  die  Wahl  zu  beschränken,  mächen  wir  auf 
eins  der  ältesten,  Wiggert's  vocabula  lat  linguae  primitiva,  aufmerksam. 

In  den  mittleren  und  oberen  Kl.  mehrerer  Gymnasien  ist  es  Sitte,  dafs 
alles  in  der  Kl.  Gelesene  schriftlich  übersetzt  wird.  Abgesehen  von  der  damit 
verbundenen  TJeberbürdung  mit  häusl.  Arbeit  und  von  der  Verschlechterung  der 
Handschrift,  die  eine  Folge  solcher  Ueberlastung  zu  sein  püegt,  wird  der  damit 
beabsichtigte  Zweck  nicht  sicher  erreicht.  Der  Lehrer  überzeugt  sich  leichter 
und  untrüglicher  von  dem  richtigen  Verständnis  der  gelesenen  Schriftsteller  durch 
wiederholte  mündliche  üebersetzung  kleinerer  oder  gröfserer  Abschnitte;  denn 
nicht  vereinzelt  steht  die  Wahrnehmung  da,  dafs  Schüler,  nachdem  sie  die  rich- 
tige üebersetzung  vorgelesen  hatten,  der  Forderung,  dieselbe  Stelle  aus  dem 
Originale  zu  übersetzen,  nicht  zu  genügen  vermochten.  Gerathener  ist  es  daher, 
eine  schriftL  Üebersetzung  nur  von  schwierigeren  Stellen  teils  in  den  lat. 
Stunden  selbst,  teils  als  häusl.  Stilübung  för  den  deutschen  Unterricht  anfertigen 
zu  lassen. 

Sehr  hinderlich  ist  femer  den  Fortschritten  in  der  Leetüre,  dafs  sie  in 
den  einzelnen  Klassen  unter  mehrere  Lehrer  sich  verteilt  findet  und  so  nicht 
selten  3  Schriftsteller  in  einer  Klasse  neben  einander  gelesen  werden.  Wie 
daran  festzuhalten  ist,  dafs  der  ganze  lat.  Unterricht  von  VI  bis  IV  ohne  Aus- 
nahme, wo  möglich  auch  in  III  in  einer  Hand  liegt,  so  ist  er  in  11  und  I  höch- 
stens je  zwei  Lehrern  anzuvertrauen;  auch  dürfen  nie  2  Prosaiker  oder  2  Dichter 
in  einer  dieser  beiden  Kl.  nebeneinander  gelesen  werden,  nie  mehr  als  ein  Pro- 
saiker und  ein  Dichter.  Am  nachhaltigsten  werden  die  Schüler,  wie  die  Erfah- 
rung beweist,  gefördert,  wenn  man  abwechselnd  (etwa  alle  2  oder  3  Monate) 
nur  einen  Dichter  oder  einen  Prosaiker  erklärt. 

Zur  Vertiefting  der  Leetüre,  die  dadurch  erreicht  werden  soU,  wird  es 
auch  beitragen,  wenn  in  I  die  Dichterlectüre  in  der  Klasse  sich  auf  Horaz  be- 
schränkt^ andere  Dichter  aber,  vorzüglich  die  Elegiker  für  die  an  mehreren  An- 
stalten eine  besondere  Vorliebe  sich  zeigt,  nur  den  vorgerückteren  Schülern  zur 
Privatbeschäftigung  empfohlen  werden. 

Es  läfst  sich  mit  Zuversicht  erwarten,  daf^  die  Leistungen  in  diesem  wich- 
tigen Lehrgegenstande  bald  sich  merklich  heben  werden,  wenn  die  Directoren  im 
Laufe  des  Schu^ahrs  durch  häufigen  Besuch  idler  Klassen  sich  selbst  wieder- 
holt von  den  Fortschritten  der  Schüler  überzeugen  und  anf  die  Abstellung  der 
wahrgenommenen  Uebelst&nde  hinwirken,  andererseito  die  Lehrer  durch  gegen- 


\ 


1 


191 

^seitigeii  Austausch  ihrer  Erfahrungen  in  immer  engeren  Zusammenhang  mit 
einander  treten  und  namentlich  in  regelmäfsigen  Conferenzen  den  Zustand  der 
einzelnen  Klassen  wie  die  Grunds&tze  und  Mittel  der  Methodik  zum  Gegenstand 
eingehender  Berathung  machen. 

Vorstehende  Bemerkungen  ersuchen  wir  Ew.  —  sämtlichen  Oberlehrern, 
ordentl.  Lehrern,  wissenschaftlichen  Hülfslehrern  undProbecandidaten  des  dortigen 
Gymn.  mitzuteilen,  und  dafs  diese  Mitteilung  stattgefunden  hat,  durch  Namens- 
unterschrifb  derselben  auf  dieser  C.Verf.  bescheinigen  zu  lassen  " 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Kassel  v.  1.  Aug.  1878.  „Obwohl 
die  grofse  Bedeutung,  welche  beim  Erlernen  einer  fremden  Sprache  das  Yoca bel- 
lern en  für  die  Leetüre  wie  für  das  Uebersetzen  aus  der  Muttersprache  in  die 
fremde  hat,  allgemein  anerkannt  wird,  so  muTs  doch  die  von  uns  oft  wahrge- 
nommene Thatsache,  dafs  einem  grofsen  Teil  der  Schüler  auch  die  häufig  vor- 
kommenden Yocabeln  unbekannt  sind,  einem  jeden  Lehrer  sagen,  wie  viel  in 
dieser  Beziehung  noch  zu  thun  ist.  ünzweifelhafb  wird  überall  bei  dem  Erlernen 
einer  fremden  Sprache  regelmäfsiges  Yocabellemen  wenigstens  in  den  unteren 
Klassen  als  eine  nothwendige  Uebung  angesehen.  Als  Grundsatz  muTs  femer 
unter  aUen  Umständen  gelten,  dafs  1.  die  einmal  gelernten  Yocabeln  fortwäh- 
Tend  und  so  lange  repetirt  werden,  bis  sie  zu  einem  dauernden  Besitze  der  Schüler 
gelangt  sind;  2.,  dafs  dieselben  in  geeigneter,  zweckmäfsiger  Weise  von  dem 
Lehrer  verwerthet  werden.  Ohne  hier  auf  die  verschiedenen  Mittel  und  Wege, 
den  Schülern  eine  ausreichende  copia  vocabulorum  einzuprägen,  näher  einzu- 
gehen, wollen  wir  hier  auf  ein  nahe  liegendes,  aber,  wie  es  scheint,  nicht  oder 
nur  selten  vollständig  gebrauchtes  Mittel  aofiaierksam  machen. 

Wir  nehmen  an,  dafs  kein  Lehrer  seinen  Schülern  gestattet,  beim  Ueber- 
setzen des  in  der  Klasse  zu  lesenden  lateinischen,  griechischen,  französischen 
oder  englischen  Schriftstellers  sein  Präparationsbuch  vor  sich  zu  legen,  um  nach 
Belieben  in  dasselbe  zu  sehen,  da  er  mit  Becht  fordern  mufs,  dafs  die  Schüler 
die  Yocabeln  des  für  die  Stimde  bestimmten  Pensums  vorher  sicher  gelernt 
haben,  was  jedenfiEdls  nicht  als  eine  grofse  Arbeit  angesehen  werden  kann. 
Wenn  nun  aUe  Schüler  in  dem  Besitze  der  einmal  gelernten  Yocabeln  ihrer 
gesamten  schon  teilweise  in  der  Quinta  beginnenden  Leetüre  fortwährend  er- 
halten werden,  so  werden  dieselben  bereits  in  der  Tertia,  noch  mehr  aber  in 
der  Secunda  und  Prima  über  einen  ansehnlichen  Yocabelvonralh  gebieten  können. 
Erforderlich  aber  ist,  um  dieses  sicherlich  erfreuliche  Besultat  zu  gewinnen,  dafs 
^e  Lehrer  regelmäfsig  schon  nach  14  Tagen,  sodann  nach  vier,  sechs,  acht 
Wochen  und  schlieislich  am  Ende  des  Semesters  sich  durch  beständige  Bepe- 
titionen  überzeugen,  dafs  die  betreffenden  Yocabeln  den  Schülern  noch  bekannt 
sind.  Selbstverständlidi  werden  die  Lehrer  bei  diesen  Bepetitionen  Gelegenheit 
nehmen,  nach  der  Grundbedeutung  des  Wortes,  nach  der  Wortbildung  überhaupt 
und  Anderem,  was  bei  der  Lectüre  bemerkt  wurde,  Fragen  an  die  Schuler  zu 
richten.  Diese  in  allen  Beziehungen  fruchtbaren  Yocabel-Bepetitionen  sollen 
nicht  viele  Zeit  in  Anspruch  nehmen  und  bedürfen  derselben  auch  nicht 
Wir  empfehlen  Ihnen,  dieses  Yerfahren  sobald  als  thunlich  versuchen  zu  lassen.*' 

G.  Yerfl  des  Prov.  Seh.  €.  zu  Koblenz  v.  25.  Oci  1875   s.  Abschn. 
V,  4  bes.  in  Betreff  der  Exercitien  u.  £^mporalien  und  der  Präparationen. 

C.  Verf.  des  Prov.SclLC.  zu  Hannover  v.  13.  Juni  1871:  ,J)ie 
JPorschungen  auf  dem  Gebiete  der  deutschen  Orthographie  haben  bekannüich 
auch  von  Seiten  der  Schule  die  gebührende  Beachtung  geftinden,  und  es  ist 
gegenwärtig  die  Forderung,  da&  die  Lehrer  derselben  Anstalt  sich  zu  einem 
tubereinstimmeiiden  Yerfal^n  bei  diesem  Unterrichte  zu  einigen  haben,  wohl 
öbexall  als  «ine  berechtigte  anerkannt    Die  in  neuerer  Zeit  auf  die  Feststellung 


192 

der  lateinischen  Orthographie  mit  Erfolg  gerichteten  Stadien  haben  die 
auf  diesem  Felde  gleichfalls  herrschende  Willkür  aufgedeckt  und  auf  ihre  Be- 
seitigung hingewirkt.  Allerdings  ist  nach  der  Natar  der  Sache  die  wissenschaft- 
liche Bedentang  der  latein.  Orthographie  für  die  Schale  eine  geringere  and  es 
könnten  daher  die  Festsetzangen  der  Wissenschaft  and  ihr  Einflafs  auf  die 
Begelang  der  Orthographie  in  Texten,  Wörterbüchern  and  Grammatiken  mit 
grOfserer  Bnhe  abgewartet  werden.  Andererseits  aber  hat  der  Gegenstand  seine 
erhebliche  pädagog.  Bedentang:  es  ist  keineswegs  gleichgiltig,  dafs  die  Schaler 
in  dieser  Beziehung  zu  Willkür  und  Unachtsamkeit  sich  gewöhnen,  und  die 
Verschiedenheit  des  Verfahrens  im  Unterricht  und  den  Correcturen  von  Seiten 
der  Lehrer  an  derselben  Anstalt  hat  mannigfaltige,  dem  einsichtigen  Pädagogen 
leicht  erkenntliche  Unzuträglichkeiten  in  ihrem  Gefolge. 

Indem  wir  uns  begnügen,  die  Aufmerksamkeit  des  dortigen  LehrercoUegiums 
auf  diesen  Punkt  zu  richten,  wollen  wir  nicht  unerwähnt  lassen,  dafs  auch  inner- 
halb unseres  Verwaltungskreises  der  angedeutete  Uebelstand  gefühlt  und  dais 
auf  seine  Beseitigung  hingearbeitet  woiden  ist  Wir  machen  in  dieser  Be- 
ziehung auf  die  Schrift  des  Gymnasiallehrers  in  Lingen  Dr.  C.  Wagner:  „Kurz 
gefafsto  lat.  Orthographie  für  Schulen,'*  Berlin  187 1,  aufmerksam,  und  übersenden 
gleichzeitig  das  dem  nächsten  prakt  Zwecke  dienende  „Wörterverzeichnis  der 
lat.  Orthographie,'*  welches  von  dem  LehrercoU.  des  Andreanums  zu  Hildesheim 
aufgestellt  und  unter  die  Schüler  der  Anstalt  zur  Nachachtung  verteilt  worden  ist/* 

C.  Verf.  y.  14.  Mai  1867:  „Die  Bedeutung  der  Kunst  im  cla&si- 
schen  Altertum  kann  in  den  Gymn.  bei  der  Darstellung  des  antiken  Lebens 
und  bei  der  Interpretation  der  Autoren  nicht  übersehen  werden.  Von  Seiten 
der  Unterrichtsverwaltung  sind  in  dieser  Beziehung  von  Zeit  zu  Zeit  zweck- 
dienliche Anregungen  gegeben  und  u.  a.  neuerdings  das  Werk  von  Guhl  und 
Kon  er  „das  Leben  der  Griechen  und  Römer  nach  antiken  Bildwerken**  zur 
Verwendung  bei  Prämienverteilungen  und  zur  Anschaffung  für  die  Schüler- 
bibliotheken empfohlen  worden.  Aus  dem  im  E.  Museum  zu  Berlin  vorhandenen 
reichen  Gemmenschatz  hat  das  Min.  vor  längerer  Zeit  die  v.  Stoschische  Samm- 
lung abformen  lassen  und  vielen  Gymnasialbibliotheken  zum  Geschenk  gemacht. 
Um  diese  Seite  antiker  Eunstbildung  den  Schülern  selbst  leichter  zugänglich  zu 
machen,  habe  ich  eine  Auswahl  von  100  sachlich  und  künstlerisch  bedeutenden 
Gemmen  des  K.  Museums  aus  der  Mythologie  und  der  Geschichte  nebst  einigen 
Münzabdrücken  zusammenstellen  lassen,  und  übersende  dem  K.  Prov.  Seh.  C. 
1  Exemplar  davon  mit  dem  Auftrage,  dasselbe  bei  den  Gymn.  Seines  Bessorts 
zu  unmittelbarer  Anschauung  circuliren  zu  lassen,  demnächst  aber  einem  der 
weniger  bemittelten  Gymn.  zur  Aufnahme  in  die  Schülerbibliothek  zu  überweisen. 
Den  Directoren  und  Lehrern  ist  dabei  zu  empfehlen,  die  Schüler  der  oberen  EL 
auf  diese  Sammlung  aufmerksam  zu  machen,  mit  dem  Bemerken,  dafs  sie  vom 
E.  Museum  hierselbst  bezogen  werden  kann,  aufserdem  aber,  sie  gelegentlich 
bei  Prämienverteilungen  zu  verwenden.** 

C.  Verf.  V.  7.  Juli  1864:  „Ein  befriedigender  Erfolg  des  lat»  Unter- 
richts auf  den  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen  ist  hauptsächlich  davon 
abhängig,  dafs  die  betr.  Lehrer  bei  der  Wahl  des  Stoffs  und  der  Uebungen 
zweckmäfsig  zu  Werke  gehen  und  den  Unterschied  nicht  aufser  Acht  lassen, 
welcher  dabei  zwischen  diesen  Lehranstalten  und  den  Gymn.  stattfindet  Dem- 
nächst ist  wichtig,  dafs  die  Schüler  zweckmäfsig  eingerichtete  Lehrbücher  in 
Händen  haben.  Die  für  Gymn.  bestimmten  Grammatiken  und  Uebungsbücher 
sind  nicht  ohne  Weiteres  auch  für  Beal-  und  höh.  Bürgerschuleu  geeignet,  wo 
den  Schülern  ein  beschränkterer  grammatischer  Lern-  und  Uebungstoff  darge- 
boten werden  mufs.** 

Vgl.  U.  und  PO.  V.  8.  Oci  1859:  p.  92  ff. 


193 
4.   Hebräisch. 

Bev.  Lehrpläne  nach  C.Verf.  y.  31.  Harz  1882,  p.  119  u.  123. 

G.  Verf.  y.  9.  Oct  1866:  „Seit  einigen  Jahren  kommt  es  häufiger  als 
Mher  vor,  dafe  jnnge  Leate,  welche  Theologie  stadiren  woUen,  vom  Gymn.  znr 
Universität  übergehen,  ohne  ein  Zeugnis  der  Reife  auch  im  Hebräischen  er- 
worben zu  haben. 

Um  dies  für  die  Zukunft  möglichst  zu  verhüten,  veranlasse  ich  die  K  Prov.- 
Schulcollegien,  den  Directoren  Ihrer  resp.  Ressorts  au&ugeben,  daüis  sie,  so  oft 
es  nach  ihren  Wahrnehmungen  nöthig  scheint,  die  betr.  Schüler  der  oberen  El. 
rechtzeitig  auf  die  Nachteile  aufmerksam  machen,  welche  nach  den  bestehenden 
Bestimmungen  Unkenntnis  des  Hebräischen,  resp.  der  Mangel  eines  Zeugnisses 
der  Reife  in  dieser  Disciplin,  für  die  Theologie  Studirenden  mit  sich  fährt,  und 
durch  welche  dieselben  in  ihrem  Studium  leicht  aufgehalten  und  gestOrt  werden 
können.  Es  ist  femer  darauf  zu  halten,  dafs,  wenn  zukünftige  Theologen  am 
Unterr.  im  Hebr.  nicht  teilgenommen  haben,  dies  in  ihrem  Abiturientenzeugnis 
ausdrücklich  bemerkt  wird.  Auch  sind  dieselben  bei  ihrem  Abgange  damit  be- 
kannt zu  machen,  dafs  sie  für  ein  Zeugnis  über  eine  im  Hebr.  aiuf  der  Universität 
bestandene  Nachprüfung  (vergl.  §  42  des  Rglm.  v.  4.  Juni  1834)  eine  Gebühr 
von  2  Thlr.  an  die  E.  wiss.  Prüfongscommission  zu  entrichten  haben.*' 

Das  E.  Prov.Sch.C.  der  Prov.  Brandenburg  hat  (15.  Oct.  1866) 
der  Mitteilung  des  vorstehenden  Ministerialerlasses  an  die  Gymnasialdirectoren 
hinzugefagt: 

„Wir  nehmen  hiervon  Gelegenheit,  Sie  aufsufordem,  auch  diejenigen 
Ihrer  Schüler,  welche  Philologie  zu  studiren  gedenken,  soweit  es  Ihnen  möglich 
ist,  zur  Teilnahme  am  hebr.  Unterr.  auf  dem  Gymn.  zu  veranlassen,  namentlich 
aber  denselben  vorzustellen,  wie  wichtig  oft  for  spätere  Verhältnisse  resp.  An- 
stellungen die  facultas  docendi  im  Hebr.  für  sie  werden  kann.^    (Vgl.  p.  55.) 

5.   Die  neueren  Sprachen. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.  Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  111,  118,  123,  Ulf. 

für  Gymn.;  128,  130  f.  R.;  136 f.  für  h.  B. 

Französisch:  vgl.  p.  55  u.  58.  Französisch  und  Englisch 
in  der  Realschule:  U.  und  PO.  v.  6.  Oct.  1859,  p.  94. 

In  Betreff  der  italienischen  und  polnischen  Sprache  vgl.  p.  88 
und  94.  (Hist.  statist.  Darstellung  des  höh.  Schulwesens  in  Preufsen  I.  p.  25. 
n.  p.  50  ff.  m.  p.  76.  168.) 

6.    Geschichte  und  Geographie. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.  Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  119,  128f.  für 
Gymn.;  129,  131  f.  für  R.;  136,  138  für  h.  B. 

C.Verf.  V.  8.  März  1834:  „Das  Min.  hat  Gelegenheit  gehabt  zu  be- 
merken, dafs  bis  jetzt  in  vielen  diesseitigen  Gymn.  dem  Unterricht  in  der  Ge- 
schichte gar  keine  gedruckten  Hülfsmittel  zum  Grunde  gelegt  sind,  vielmehr  die 
Schüler,  selbst  schon  der  unteren  El.,  genöthigt  werden,  entweder  das  vom 
Lehrer  der  (jeschichte  Dictirte  mechanisch  in  der  Klasse  nachzuschreiben  oder 
nach  dem  freien  mündl.  Vortrage  des  Lehrers,  ohne  dafs  ihnen  irgend  ein  Schul- 
oder Handbuch  der  Geschichte,  welchem  der  Lehrer  folgt,  zur  Anschaffung 
empfohlen  worden,  ausführliche  Hefto  über  die  Geschichte  zu  Hause  auszu- 
arbeiten. Es  bedarf  keiner  weiteren  Auseinandersetzung,  dafs  die^s  Verfahren 
unzweckmäfsig  und  nicht  geeignet  ist,  den  beabsichtigten  Erfolg  des  geschieht!. 
Unterrichts  in  den  Gymn.  zu  sichern  und  denselben  für  die  Schüler  wahrhaft 

Wieso,  YwordniiBgMi.  13 


194 

frachtbringend  zu  machen.    Das  Min.  sieht   sich   daher  veranlafst»   Folgendes 
anzuordnen: 

1.  In  jeder  Kl.  sämtlicher  Gymn.  ist  dem  Unterricht  in  der  Geschichte 
ein  Handbuch  zum  Grunde  zu  legen,  welches  die  Schüler  in  den  Stand  setzt, 
dem  Vortrage  des  Lehrers  nicht  nur  leichter  folgen,  sondern  auch  denselben 
gehörig  wiederholen  zu  können.  2.  Den  betr.  Lehrern  bleibt  überlassen,  das- 
jenige bereits  vorhandene  Handbuch  der  Geschichte,  welches  ihnen  dem  Zweck 
am  meisten  zu  entsprechen  scheint,  in  Vorschlag  zu  bringen,  und  die  K.  Fror. 
SchulcoUegien  werden  ermächtigt,  die  von  den  Lehrern  getroffene  Wahl  nach 
sorgfältiger  Prüfung  der  in  Vorschlag  gebrachten  Handbücher  ohne  vorherigen 
Bericht  an  das  Min.  in  diesem  Falle  ausnahmsweise  zu  genehmigen  oder  nach 
Befinden  zu  verwerfen.  In  letzterem  Falle  bleibt  den  E.  Prov.SchulcoUegien 
überlassen,  selbst  das  Handbuch  vorzuschreiben,  welches  dem  historischen  Unter- 
richt in  den  verschiedenen  Klassen  der  Gymn.  zum  Grunde  gelegt  werden  solL 
3.  Wenn  Handbücher  der  Geschichte  in  Vorschlag  gebracht  und  von  den  K.  Prov. 
SchulcoUegien  genehmigt  werden,  welche  nicht  zugleich  eine  chronologisch- 
tabellarische Uebersicht  für  die  Gedächtnisübungen  enthalten,  so  soll  neben 
dem  Handbuch  noch  eine  solche  Uebersicht  den  Schülern  zur  Anschaffung 
empfohlen  werden.  4.  Wenn  nach  dem  Urteil  des  K.  Prov.Sch.C.  und  der 
heic.  Lehrer  kein  Handbuch  der  Geschichte  bis  jetzt  vorhanden  ist,  welches  für 
den  geschichtl.  Unterricht  zugleich  für  alle  Klassen  eines  Gymn.  zum  Grunde 
gelegt  werden  könnte,  so  ist  doch  bei  der  Wahl  der  Handbücher  darauf  zu 
sehen,  dafs  für  jede  der  3  Bildungsstufen  nur  Ein  Handbuch  bestimmt,  und 
folglich  für  die  6  Klassen  der  Gymn.  in  keinem  Fall  mehr  als  3  verschiedene 
Handbücher  der  Geschichte  vorgeschrieben  werden.  5.  Damit  der  Vortrag^ 
des  Lehrers  der  Geschichte  die  ganze  Aufmerksamkeit  des  Schülerfii  fesseln  könne, 
ist  das  Dictiren  von  Seiten  des  Lehrers  gar  nicht,  das  Nachschreiben  von  Seiten 
des  Schülers  nur  ausnahmsweise  in  den  oberen  und  mittleren,  niemals  in  den 
unteren  Kl.  zu  gestatten."  — 

C.Verf.  V.  28.  April  1857:  „Das  Ergebnis  der  Berichte,  welche  von 
den  betr.  Provinzialbehörden  über  die  an  den  Gymn.  und  höh.  Bürger-  oder  Real- 
schulen eingeführten  geschichtlichenundgeographischen  Lehrbücher 
erstattet  worden  sind,  veranlafst  mich  zu  folgenden  Anordnungen: 

Der  Unterricht  in  der  Geschichte  und  Geographie  hat  sich  in  allen  Kl. 
der  genannten  Anstalten  an  ein  gedrucktes  Lehrbuch,  Leitfaden  oder  Tabelle 
anzuschlie&en.  Das  Heftschreiben  ist  überall  zu  beseitigen,  und  den  Schülern 
beim  Unterricht  nur  zu  gestatten,  sich  einzelne,  dem  Lehrer  nöthig  scheinende 
Ergänzungen  (oder  Modificationen)  des  eingeführten  Leitfadens  zu  notiren. 

Die  Zahl  der  für  die  aufeinanderfolgenden  Kl.  einer  Anstalt  zu  bestim- 
menden Lehrbücher  oder  Leitfäden  ist  eben  so  in  der  Geographie  wie  in  der 
Geschichte  auf  zwei  zu  beschränken,  und  den  nebeneinander  danach  unterrich- 
tenden Lehrern  ist  zur  Pflicht  zu  machen,  sich  wegen  eines  möglichst  überein- 
stimmenden Verfahrens  in  Benutzung  derselben  zu  verständigen. 

Bei  der  Wahl  sowohl  deijenigen  Bücher,  welche  dem  Unterricht  zu  Grunde 
gelegt,  als  die  für  die  Schülerbibliotheken  angeschafft  oder  sonst  den  Schülern 
zum  Nachlesen  empfohlen  werden,  mufs  die  Bücksicht  auf  die  Sphäre  des  Schul- 
unterricht« und  auf  das  Bedürfnis  des  Jugendalters  mafsgebend  sein. 

Ausführliche  geographische  Handbücher  eignen  sich,  schon  wegen  ihres 
hohen  Preises,  nicht  zur  Benutzung  beim  Schulunterricht;  der  geograph.  Unter- 
richt hat  sich  vielmehr  überall  an  übersichtl.  Zusammenstellungen  des  Wesent- 
lichen anzuschliefsen. 

Aus  den  in  den  erwähnten  Berichten  enthaltenen  Angaben  über  Bücher^ 
welche  den  Schülern  zur  häusl.  Leetüre  mit  Bezug  auf  den  Klassenunterrichi 


195 

empfohlen  werden,  ist  zu  schliefsen,  dafs  manche  far  diesen  Zweck  geeignete 
Schriften  nicht  genugsam  bekannt  geworden  sind.  Ich  empfehle  den  Provinzial- 
nnterrichtsbehörden,  von  Zeit  zu  Zeit  über  derartige  litterarische  Erscheinungen 
von  Lehrern  Ihres  Bessorts,  die  dazu  vorzugsweise  befähigt  scheinen,  gutacht- 
liche Aeufserungen  zu  fordern  und  ebenso  auf  Bücher,  die  sich  an  einer  Anstalt 
beim  Gebrauch  bewährt  haben,  andere  Directoren  aufmerksam  zu  machen.*' 

Instraction    für    den    geschichtlichen    und    den    geographischen 
Unterricht  an  den  Gymnasien  und  Realschulen  der  Provinz  West- 
falen V.  22.  Sept.  1859. 

,X  Der  Unterricht  in  der  Geschichte  und  in  der  Geographie  ist,  nnbe- 
sohadet  der  Selbständigkeit  beider,  auf  allen  Stufen  in  enge  Beziehung  zu  setzen, 
und  daher  auch,  soweit  es  thunlich,  in  einer  und  derselben  Kl.  einem  und  dem« 
selben  Lehrer  zu  übertragen. 

2.  Umfang  des  geschichtlichen  Unterrichts.  Der  geschichtl. 
Unterricht  geht  als  besonderer  Fachunterricht  nur  durch  die  mittlere  und  obere 
Bildungsstufe  des  Gymn.  und  der  Realschule.  Auf  der  unteren  Stufe  beschränkt 
er  sich  besonders  auf  die  in  den  Religionsstunden  durchzunehmende  bibl.  Geschichte 
und  auf  gelegentliche  Mitteilungen  in  anderen  unten  zu  bezeichnenden  Lehrfächern. 

3.  Auf  der  unteren  Bildungsstufe  ist  der  geschichtl.  Unterricht  als  ein  pro- 

S entischer   zu   behandeln;    auf  der  mittleren  herrscht  der  ethnographische,    auf 
oberen  der  universalhistorische  Standpunkt  vor. 

4.  Der  Zweck  des  histor.  Unterrichts  ist  ein  doppelter,  ein  didaktischer 
und  ein  (ethischer)  pädagog^isoher.  In  der  ersten  Beziehung  ist  es  seine  Aufgabe, 
dem  Schüler  eine  chronologisch  begründete  systemat  Uebersicht  des  ganzen  Feldes 
der  Geschichte  einzuprägen  und  ihn  mit  dem  Entwickelungsgange  der  wichtig^sten 
Culturvölker,  namentlich  des  griechischen,  römischen  und  deutschen,  sowie  mit  der 
Bedeutung  des  israelitischen  Volkes  für  die  religiöse  und  Culturentwiokelung  des 
Menschengeschlechts  soweit  bekannt  zu  machen,  dafs  er  die  Gegenwart  in  ihren 
wichtigsten  Erscheinungen  zu  begreifen  befähigt  sei  und  zur  Erweiterung  und  Ver- 
tiefung seines  histor.  Wissens  Neigung  und  Geschick  gewinne.  In  der  zweiten 
Beziehung  hat  der  Unterricht  dahin  zu  wirken,  dafs  auf  Grundlage  des  erworbe- 
nen Verständnisses  sein  sittliches  Gefühl  und  seine  Gesinnung  durch  die  Teil- 
nahme an  dem  Guten,  Wahren  und  Schönen  in  allen  Zeitaltem  veredelt,  sein  Glaube 
an  eine  von  höherer  Hand  geleitete  Entwickelung  der  Menschheit  genährt  und 
seine  selbstbewufste  Liebe  zu  König  und  Vaterland  geweckt  werde. 

6.  1.  Teil.  Auf  der  unteren  Bilduuffsstufe,  also  in  VI  und  V,  ist  der 
histor.  Unterricht  ein  propädeutischer,  indem  er  nicht  durchweg  einen  be- 
stimmten Gang  verfolgfen  kann,  sondern  wesentlich  dazu  bestimmt  ist,  auf  den 
späteren  zusammenhängenden  Vortrag  vorzubereiten  und  das^Interesse  für  geschicht- 
liche Dinge  zu  wecken.  Den  Gegenstand  desselben  bilden  hauptsächlich  die  in  den 
Religionsstunden  zu  behandelnden  bibl.  Geschichten.  Dazu  kommen  diejenigen  histor. 
Mitteilungen,  zu  denen  die  geograph.  und  deutschen  Stunden  dieser  ElMsen  Ver- 
anlassung geben.  Der  Unterricht  in  der  bibl.  Geschichte  des  A.  und  N.  Testam., 
dessen  Methodik  den  Bestimmungen  über  den  Religionsunterricht  überlassen  bleibt, 
wird,  ohne  seine  eigene  Bestimmung  zu  beeinträchtigen,  dem  späteren  eigentlichen 
lustor.  Unterricht  dadurch  vorarbeiten,  dafs  dem  Schüler  die  Chronologie  der  jüdi- 
schen Geschichte  (bis  zur  Zerstörung  Jerusalems  durch  Titus)  fest  eingeprägt, 
femer  von  der  Entwickelung  des  menschlichen  Geschlechts  von  seinen  ersten  An- 
fängen bis  zur  Bildung  des  Staats  ein  anschauliches  Bild  gegeben  und  aus  der  Ge- 
schichte und  dem  Culturzustande  anderer  Völker  so  viel  mitgeteilt  wird,  als  zu- 
gleich zur  Verdeutlichung  der  bibl.  Geschichte  selbst  dient. 

Die  histor.  Mitteilungen,  welche  der  geograph.  Unterricht,  soweit  es 
dessen  G^ng  grestattet,  vermitteln  soll,  sind  teils  einzelne  Notizen  (mit  Jahreszahl) 
über  den  Schauplatz  wichtiger  Thaten  in  Krieg  und  Frieden,  teils  kurze  Darstel- 
lung von  den  Entdeckungen  und  Ansiedelungen  fremder  Länder  und  anderer  be- 
deutender Begebenheiten. 

13* 


\ 


196 

Der  deutsche  Unterricht  hat  in  dieser  Beziehung  die  Aufgabe,  durch 
mündl.  und  schriftl.  Uebungen  mit  den  wichtigsten  und  schönsten  Sagen  des 
Altertums  und  der  germanischen  Völker  bekannt  zu  machen. 

Die  Realschulen  werden  in  V  einen  bestimmten  Teil  der  für  Geschichte 
und  Geographie  angesetzten  Zeit  dazu  anzuwenden  haben,  teils  Biographien  mit« 
zuteilen  und  wieder  erzählen  zu  lassen,  teils  die  Sagen  ausführlicher  zu  behandeln, 
als  es  im  deutschen  Unterricht  geschehen  kann. 

2.  Teil.  Der  (sbundcharakter  des  Geschichtsunterrichts  in  den  mittleren 
Klassen  ist  der  ethnographische.  Wie  in  dem  propädeut.  Cursus  vorzüglich 
Personen  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  zogen,  so  hier  einzelne  Völker,  welche 
aber,  wiederum  möglichst  individualisirt,  durch  Hervorhebung  ihrer  Eigentümlich- 
keit dem  Knaben  wie  Einzelwesen  in  ihrem  Jugend-,  Mannes-  und  Greisenalter 
erscheinen  mögen.  Sie  stellen  sich  dar,  ein  jedes  gleichsam  wie  Ein  Mann,  und 
beweisen  ihre  Gesamtkraft  durch  Thaten  und  Werke.  Wie  aber  bei  jugendlichen 
Völkern  sich  die  Idee  der  Sittlichkeit  zuerst  als  Tapferkeit  und  Muth  gegen  feind- 
liche Mächte  offenbart,  und  auch  dem  Knaben  in  seiner  naturgemäfsen  Entwicke- 
lung  der  tapfere  Kriegsheld  als  das  Verehrungs-  und  Nachahmungswürdigste 
erscheint,  so  tritt  hier  die  „äufsere"  Geschichte  entschieden  in  den  Vordergrund, 
und  es  stellen  sich  die  Thaten  des  Volkes  wesentlich  als  die  Thaten  seiner  Führer 
dar,  so  dafs,  wie  es  sich  namentlich  in  der  alten  Geschichte  von  selbst  ergiebt, 
der  Vortrag  zugleich  ein  biographisches  Element  enthält.  Die  Mitteilungen  aus 
dem  Cultuneben  und  über  die  Verfassung  werden  sich  auf  das  Wenige,  was  an- 
schaulich und  verständlich  gemacht  werden  kann,  zu  beschränken  haben,  und  die 
Zeiten  der  Blüte  in  der  politischen  Geschichte  ausfuhrlich,  die  der  ersten  Ent- 
wickelung  und  des  Verfalls  summarisch  zu  behandeln  sein.  Die  Hauptbegeben- 
heiten sind  möglichst  als  Ganze  in  ihrer  Entwickelung  vom  Anfange  durch  die 
Mitte  bis  zum  Ende  darzustellen,  zusammengehörende  JPartieen  zu  gruppiren,  die 
Mittelglieder  dagegen  nur  kurz  zu  berühren.  Den  Stoff  dieses  Cursus  giebt  fast 
ausschliefslich  die  Geschichte  der  Griechen,  Homer  und  Deutschen,  als  der  Haupt- 
träger  der  menschlichen  Entwickelung.  An  ihre  Schicksale  wird  aus  der  allge- 
memen  Geschichte  nur  dasjenige  angeknüpft,  was  mit  der  ihrigen  in  der  nächsten 
Verbindung  steht,  und  zwar  gerade  da,  wo  sich  diese  Verbindung  findet  Wo  die 
deutsche  Geschichte  aufhört,  den  Mittelpunkt  der  europäischen  zu  bilden,  da  tritt 
an  deren  Stelle  die  des  brandenburgisch-preufsischen  Staats.  Die  Geschichte  der 
Griechen  und  Bömer  wird  in  IV  in  Einem  Jahre  abgehandelt.  Jene  führt  der 
zusammenhängende  Vortrag  bis  auf  den  Tod  Alexanders  desGhx)fsen;  sie  schliefst 
ab  mit  einer  Uebersicht  über  die  auf  die  Diadochenzeit  folgenden  Staaten- 
bildungen. Diese  (die  römische)  geht  von  der  nur  kurz  zu  berührenden  Urzeit 
bis  in  den  Anfang  der  Kaiserzeit,  etwa  bis  auf  Titus.  Zugleich  flicht  der  Vor- 
trag die  Hauptpunkte  aus  der  Geschichte  der  Erscheinung  und  Ausbreitung  des 
Christentums  ein,  sowie  das  erste  Auftreten  der  Deutschen  und  deren  Kämpfe 
mit  den  Kömem  in  den  letzten  Jahrhunderten  vor  Christi  Geburt  und  nach  derselben. 

Der  Cursus  der  III  hat  die  deutsche  and  preufsisohe  Geschichte  zum  Gegen- 
stände. In  der  Geschichte  des  deutschen  Mittelalters  werden  z.  B.  auch  die  Aus- 
breitung des  Christentums  und  die  Entwickelung  der  Hierarchie,  die  wichtigsten 
Elreuzzüge,  die  Eroberung  von  Constantinopel,  die  Erfindung  des  Sohiefspulvers 
und  der  Buchdruckerkunst,  und  endlich  die  Entdeckung  des  vierten  Weltteils  und 
des  Seeweges  nach  Ostindien  ihre  Stelle  finden. 

Vom  westfäl.  Frieden  an  ist  die  deutsche  Geschichte  an  die  brandenburgisch- 
preufsische  auzuschliefsen  und  (mit  kürzerer  Berührung  der  französischen  Revolution 
und  der  daraus  hervoi^egangenen  Kriege)  mit  den  deutschen  Befreiungskriegen 
zu  beendigen.  —  Dabei  empfiehlt  sich  die  Anordnung,  wonach  die  deutsche  Ge- 
schichte von  der  Völkerwanderung  etwa  bis  1648  dem  ersten  Jahre  des  Cursus 
der  HI,  das  übrige  dem  zweiten  Jahre  zugewiesen  wiid.  —  Der  geschichtl.  Dar- 
stellung geht  auf  dieser  ganzen  Stufe  jedesmal  die  geographische  Uebersicht  der 
betr.  Länder  voran. 

3.  Teil.  Der  Geschichtscursus  der  beiden  oberen  Kl.  hat  die  Universal- 
geschichte zum  G^enstande.  Der  Gesichtskreis  wird  auf  dieser  Stufe  nach 
zwei  Seiten  hin  erweitert.  Während  auf  der  vorhergehenden  der  Unterricht  sich 
auf  die  griechische,  römische  und  deutsche  Geschichte  beschränkte,   treten  jetzt 


197 

an  die  Stelle  der  drei  Hauptvölker  die  drei  Zeitperioden  des  Altertums,  des 
Mittelalters  und  der  neuem  Zeit,  und  zu  den  erwähnten  Völkern  die  übrigen 
Culturvölker  des  Orients  und  namentlich  Europas.  In  welcher  Ausführlichkeit 
auf  die  letzteren  eingegangen  werden  darf  und  mufs,  hängt  teils  von  deren 
ffrofserer  oder  geringerer  culturgeschichtlicher  Bedeutung  (der  Orient),  teils  yon  dem 
Urade  ab,  in  welchem  sie  in  die  Geschichte  des  Vaterlandes  eingreifen ;  den  haupt« 
sächlichen  Stoft  giebt  aber  auch  hier  die  Geschichte  der  classischen  Völker  und 
der  Deutschen.  Wie  früher  die  polit.  Geschichte  ausschliefslich  Gegenstand  der 
P^rstellung  war,  so  tritt  sie  auch  hier  immer  noch  in  den  Vordergrund,  und  zwar 
mit  der  Erweiterung,  dafs  die  Zwischenglieder,  welche  bis  dahin  entweder  gar  nicht 
oder  nur  oberflächlich  berührt  waren,  mneingefügt  werden,  dafs  femer  überall  der 
pragmat.  Zusammenhang  und  die  Entwickelung  der  Verfassungen,  letztere  an  den 
drei  Hauptvölkem,  gezeigt  wird. 

In  dem  Mafse  als  sich  der  Vortrag  der  neuesten  Zeit  nähert,  wird  die  Dar- 
stellung immer  mehr  eine  synchronistische;  im  Allgemeinen  aber,  und  namentlich 
bei  der  Geschichte  des  Altertums,  ist  zum  besseren  Verständnis  darauf  zu  sehen, 
dafs  der  Faden  der  Zeitfolge  möglichst  wenig  abgebrochen  werde.  Auf  dieser 
Stufe  darf  denn  auch  nicht  versäumt  werden,  bei  der  alten  Geschichte  auf  die 
Quellen  ersten  Ranges,  und  bei  allen  Teilen  derselben  auf  die  Geographie  hin- 
zuweisen. 

Die  zweite  Erweiterung  der  geschieht!  Aufgabe  besteht  in  der  Aufnahme 
des  Culturgeschichtlichen.  Es  sind  hiemach  die  Litteraturen  der  wich- 
tigsten Völker,  soweit  sie  nicht  im  übrigen  Unterricht  vorkommen  und  dem  Bil- 
dungsstande des  Schülers  nicht  zu  entfernt  liegen,  übersichtlich  und  durch  Mit- 
teilungen von  Proben  zu  charakterisiren ;  femer  die  Epochen  in  der  Geschichte 
der  bildenden  Künste  an  Abbildungen  solcher  Werke,  welche  den  iedesmali- 
gen  Standpunkt  am  deutlichsten  bezeichnen,  zu  erörtern,  endlich  solche  Mit- 
teilungen aus  dem  Gebiet  der  Wissenschaft,  der  Religion,  der  Erfindungen,  des 
Verkehrs  und  Handels,  der  Sitten  und  Einrichtungen  zu  machen,  die  geeignet  sind, 
ein  möglichst  anschauliches  Bild  von  der  Individualität  der  einzelnen  Völker  und 
dem  Fortschritt  in  der  Entwickelung  der  gesamten  Menschheit  zu  erzeugen.  Wo 
sich  für  die  Behandlung  des  Culturgeschichtlichen  nicht  in  der  politischen  Ge- 
schichte selbst  passende  Anknüpfungspunkte  finden,  da  sind  diese  Mitteilungen 
im  Vortrag  der  letzteren,  wo  sich  ein  geeigneter  Ruhepunkt  zeigt,  nachzutragen. 
Dabei  muß  jedenfalls  darauf  verzichtet  werden,  die  geschichtl.  Entwickelung  in 
derselben  Consequenz  und  Vollständigkeit  zu  verfolgen,  wie  auf  dem  Gebiet  des 
Staates. 

Die  Beachtung  des  teleologischen  Zusammenhanges  der  Weltgeschichte  und 
die  Anerkennung  der  ewigen  Gesetze  Gottes  mufs  en<Uich  als  das  oeste  Resultat 
angesehen  werden,  welches  der  Schüler  aus  diesem  ganzen  Unterricht  mit  sich  in 
das  Leben  hinübemimmt. 

Die  Stoffverteilung  ist  folgende:  II  Cursus  zweijährig:  1.  Jahr  orientalische 
und  griechische  Geschichte,  mit  Beschränkung  der  oriental.  Völker  vor  den  Perser- 
kri^en  auf  das  unentbehrlichste  Material  und  abschliefsend  mit  der  Geschichte 
der  Diadochenreiche,  welche  als  ein  innerlich  zusammenhängendes  Ganzes  zu  be- 
handeln ist.    2.  Jahr  römische  Geschichte  bis  zum  Untergange  des  weström.  Reichs. 

I  Cursus:  Geschichte  des  Mittelalters  und  der  neueren  Zeit  bis  1815,  und 
etwa  in  kurzer  Uebersicht  die  der  polit.  Geschichte  von«  1815 — 1830  oder  1840. 
Dabei  ist  darauf  zu  sehen,  dafs  der  Vortrag  des  1.  Jahres  wenigstens  bis  zum 
Ende  der  Regierung  Karls  V  oder  zum  Anfange  des  SOjähr.  Krieges  geführt  werde. 

6.  Weil  die  Masse  des  im  geschichtl.  Unterricht  zu  bewältigenden  Sto£b 
im  Verhältnis  zu  der  Zahl  der  Lehrstunden  so  grofs  und  der  Erfolg  von  der  Per- 
sönlichkeit des  Lehrers  weit  mehr  als  von  dem  Lehrbuche  abhängig  ist,  so  fordert 
die  Methode  dieses  Unterrichts  eine  sorgsame  und  unausgesetzte  Aufmerksamkeit. 
Zunädist  kommt  es  darauf  an,  dafs  der  geschichtl.  Stofif  in  einer  Weise  überliefert 
werde,  die  in  dem  Schüler  klares  Verständnis  und  richtige  Würdigung  erzeugt. 

In  dieser  Beziehung  mufs  die  Auswahl  des  Stoffs  von  dem  Grundsatze  einer 
weisen  Mafshaltung  geleitet  sein,  wonach  überhaupt  Wichtiges  von  Unwichtigem 
geschieden  und  in  den  einzelnen  Klassen  dasjenige  hervorgehoben  wird,  was  dem 
oben  bezeichneten  Charakter  der  einzelnen  Lehrstufen,  d.  n.  also  dem  Bedürfnis 


198 

des  Schülers  mehr  als  den  Anforderungen  der  Wissenschaft  als  solcher  entspricht 
Ferner  moTs  sich  der  Lehrer  einer  einfachen  und  natürlichen  Diction  und  einer 
lebendkfen  und  warmen  Darstellung  befieifsigen,  ohne  irgend  welche  Benutzung 
eines  Hülfsmittels  wälu^nd  der  Lehrstunde.  Er  wird,  soweit  thunlich,  den  Lihalt 
und  auch  den  Ausdruck  den  Quellen  selbst  entnehmen,  und  nicht  versäumen  dür- 
fen, jezuweilen  seine  Gewährsmänner  selbst  reden  zu  lassen,  wo  dies  dazu  dient, 
eine  Schilderung  lebendiger  zu  machen  oder  ein  Urteil  überzeugender  zu  begrün- 
den. Von  Wichtigkeit  ist  es  auch  für  die  Anschaulichkeit,  dafs,  so  oft  als  möglich, 
bildliche  Darstellungen  yon  Personen,  einzelnen  Begebenheiten,  Gegenständen  der 
Kunst,  des  privaten  und  öffentl.  Lebens  vorgezeigt  und  ein^^eprägt  werden.  —  Die 
Wissenschaft!.  Kritik  des  Ueberlieferten,  welche  nur  zuweilen  und  zwar  auf  der 
obersten  Stufe  eintreten  darf,  geschehe  mit  Vorsicht  und  immer  mit  Begründung 
des  Urteils.  —  Die  sittl.  Beurteilung  von  Zuständen  oder  Personen  und  Hand- 
lungen ist  nie  als  etwas  Fertiges  zu  überliefern,  sondern  so  und  insoweit  anzustellen, 
dafs  dem  Schüler  selbst  sich  das  richtige  Resultat  ergiebt.  Wo  sie  sich  auf  Zu- 
stände und  staatliche  Einrichtungen  bezieht,  mufs  sie  darauf  ausgehen,  den  Unter- 
schied zwischen  Inhalt  und  Form,  Wesentlichem  und  Vorübergehevdem,  zu  zeigen 
und  das  Vaterlandsgefühl  in  dem  Schüler  zu  stärken.  Wo  sie  Personen  und  ein- 
zelne Handlungen  betrifit,  soll  sie  den  christlich-religiösen  Mafsstab  anlegen,  aber 
zugleich  gewöhnen,  die  Erklärung  zunächst  und  zuerst  in  den  Anschauungen  und 
Verhältnissen  der  betreffenden  Zeit  zu  suchen. 

Für  den  Zweck,  das  geschichtliche  Wissen  dem  Schüler  zu  einem  bleibenden 
Eigentum  zu  machen,  sind  von  besonderer  Wichticfkeit  die  in  der  Schulstunde  und 
in  der  Regel  nach  vorhergehender  Präparation  des  Schülers  anzustellenden  Wieder- 
holungen. Sie  bestehen  je  nach  dem  Standpunkt  der  Klasse  und  dem  jedes- 
maligen Bedürfnis  bald  im  Wiedererzählen  ganzer  Abschnitte,  bald  im  Recapitu- 
liren  des  Factischen  nach  Zahlen  und  Namen,  bald  in  einer  mehr  selbständigen 
Umarbeitung  des  Lehrstoffs.  Bei  der  zweiten  Art  der  Repetition,  welche  abwech- 
selnd auch  schriftlich  geschehen  kann,  ist  darauf  zu  sehen,  dafs  durch  möglichst 
mannigfaltige  Combinationen  von  Thatsachen  und  Zahlen  diese  Gedächtnisarbeit 
Leben  und  Interesse  gewinne  und  den  Stoff  von  den  verschiedensten  Seiten  her  be- 
festige. Bei  der  dritten  Weise,  welche  sich  nur  für  die  oberen  Klassen  eignet,  läfst 
es  sich  empfehlen,  dafs  man  den  Schüler  anleite,  zusammenhängende  Ganze  nach 
Gesichtspunkten,  welche  auf  die  Thatsachen  gleichsam  Schlaglicmter  fallen  lassen, 
logisch  zu  gliedern,  oder  auch  das  durch  die  synchronist.  Behandlung  Zerstreute 
ethnographisch  zusammenzufassen.  Dabei  müssen  die  Wiederholungen  möglichst 
oft  und  die  gröfseren  regelmäfsig  zu  wiederkehrenden  Zeiten  aiurestellt  und  immer 
zugleich  als  ein  sehr  wincsames  Mittel  angesehen  werden,  die  Fertigkeit  und  Ge- 
wandtheit des  mündlichen  Ausdrucks  zu  befördern.  —  Aufserdem  aber  hat  der 
Geschichtslehrer  die  Aufgabe,  die  vorhergehende  oder  mit  dem  Geschichtsvortraff 
parallel  gehende  SchuUectüre  der  Schriftsteller  (namentlich  der  griechischen  und 
römischen)  zu  berücksichtigen  und  die  geschichtliche  Privatlectüre  deutsch 
geschriebener  Werke  der  Schülerbibliothek  zu  empfehlen  und  zu  beaufsichtigen. 
Dagegen  wird  es  nur  ausnahmsweise  rathsam  sein,  statt  der  Bearbeitungen  ge- 
schichtlicher Partien  oder  Lebensbeschreibungen,  den  Schüler  auf  die  Quellen  zu 
verweisen,  um  aus  diesen  seine  Ghesohichtskenntnis  zu  erweitern  oder  nach  ihnen 
Aufgaben  zu  bearbeiten*). 

7.  Hülfsmittel'für  die  Schüler.  Der  Apparat,  den  der  Schüler  für 
den  bist.  Unterricht  gebraucht,  besteht  aufser  den  nöthigen  Karten,  wenn  diese 
nicht  durch  Wandkarten  in  der  Klasse  selbst  überflüssig  p^macht  werden,  aus  einem 
Lehr-  oder  Handbuch  und  nach  Umständen  noch  aus  emer  chronologisch-tabellar. 
Uebersicht.  —  Das  Lehrbuch  mufs  für  den  Standpunkt  der  einzelnen  Lehrstufe 
berechnet  sein  und  wird  daher  nur  für  je  2  Klassen  ausreichen.  Statt  gedruckter 
TabeUen  wird  sich  der  Schüler  auch  solcher  bedienen  können,  welche  er  unter 
Anleitung  des  Lehrers  selbst  entworfen  hat.  —  Uebrigens  ist  es  nicht  rathsam, 
dafs  der  Schüler  während  des  mündl.  Vortrags   irgend  etwas   aufser  etwa    einer 

*)  IHratfben  wtrdtn  daiin  »noh  alt  Probe  eigener,  tou  wieseneohafUichem  Streben  leagender 
Priratatadien  im  Sinne  des  Min.  BrUesei  rom  12.  Jan.  1856  b«lm  Gelangen  ihrer  Yerfaeeer  aar 
AbitnrientenprOfting  Torgelegt  werden  können. 


199 

Landkarte  Tor  sich  habe;  der  Vortrag  mufs  die  ganze  Aofmerksamkeit  des  Sohülers 
fesseln.  Das  Diotiren  ist,  wo  es  sich  nicht  am  blofse  Notizen  handelt,  überall  zu 
vermeiden,  ebenso  das  ausführliche  Nachschreiben.  Auch  wird  eine  häusl.  Aus- 
arbeitung des  Vortrags  von  Seiten  des  Sohülers  nicht  zu  verlangen  sein. 

8.  Stufenfolge  des  geographischen  Unterrichts.  Der  geogra- 
phische Unterricht  hat  3  Gurse.  Der  1.  Cursus,  welcher  die  beiden  unteren  Klassen 
umfafst,  behandelt  nach  einer  vorbereitenden  Einleitung,  welche  das  Verständnis 
des  Globus  und  der  Landkarte,  sowie  des  Wichtigsten  aus  der  mathemath.  Geographie 
bezweckt,  die  räumlichen  (topischen)  Verhältnisse  der  Erdoberfläche;  der  zweite, 
welcher  die  mittleren  Klassen  umfafst,  mit  Wiederholung  des  Topischen  die  gegen- 
wärtige politische  Einteilung  nach  ihren  wesentlichen  Teilen.  Der  3.  Oursus  hat 
eine  Bepetition  und  gelegentliche  Erweiterung  des  Früheren  zum  Gegenstande. 
Auf  allen  Stufen  ist  die  Geographie  Deutschlands  am  ausführlichsten  zu  behandeln. 
Die  wissenschaftl.  Behandlung  der  mathemat  Geographie  fallt  dem  physikal*  Unter- 
richt der  I,  ebenso  die  nur  in  der  Realschule  als  eigener  Unterrichtszweig  zu 
behandelnde  physikal.  Geographie  dem  naturwissensohaftl.  Unterricht  in  der  I 
dieser  Anstalt  zu. 

9.  Umfang  und  Zweck  des  geograph.  Unterrichts.  Der  Unter- 
richt in  ier  Geographie  am  Gymnasium  und  an  der  Realschule  hat  die  Aufgabe, 
die  Schüler  mit  den  wichtigsten  Teilen  der  geograph.  Wissenschaft  mit  einer  solchen 
Gründlichkeit  und  in  solcher  Ausdehnung  bekannt  zu  machen,  wie  es  einerseits 
dem  Charakter  dieser  Anstalten,  andererseits  den  Anforderungen  entspricht, 
welche  die  Gesenwart  an  einen  wahrhaft  Gebildeten  stellen  mufs.  Es  sind  dem- 
nach die  Schüler  dahin  zu  fiUiren,  dafs  sie  eine  orograph.  und  hydrograph.  Ueber- 
sicht  der  Erdoberfläche  im  Grofsen  zu  einem  klaren  Bilde  geordnet  stets  gegen- 
wärtig haben,  dafs  sie  mit  der  polit.  Einteilung  der  wichtigsten  Länder  und  nament- 
lich des  Vaterlandes,  femer  mit  den  ethnograph.  und  wichtigsten  Gulturverhält- 
nissen  ihrer  Bewohner,  mit  den  Producten  und  dem  durch  deren  Verarbeitung 
und  Austausch  bevrirkten  Verkehr  und  dessen  Mitteln  bekannt  seien  und  dafs  sie 
endlich  eine  klare  Erkenntnis  von  den  Elementen  der  mathem.  Geographie  ge- 
wonnen haben. 

10.  1.  Teil.  Der  1.  Cursus,  welcher  die  VI  und  V  umfafst,  beginnt  mit 
einer  Einleitung,  durch  welche  der  Schüler  erst  auf  dem  neuen  Felde  orientirt 
wird.  Sie  mufs  das  Hauptsächlichste  aus  der  sogenannten  mathemat  Geographie 
enthalten,  aber  nur  historisch,  ohne  alle  Beweise.  Der  Scdiüler  mufs  wissen,  welche 
Stelle  die  Erde  in  unserem  Sonnensystem  einnimmt  und  welche  Erscheinungen  an 
ihr  durch  diese  Stellung  bedingt  werden.  Er  mufs  femer  verstehen,  was  eine  Land- 
karte bedeutet,  und  lernt  dies  am  besten  an  seiner  nächsten  Heimat. 

Nach  vorausgeschickter  Einleitung  folgt  die  natürliche  oder  topisohe  Geo- 
graphie, welche  die  Grundlage  der  politischen  bilden  mufs,  und  macht  den  Haupt- 
inhalt des  1.  Cursus  aus.  herbei  wird  es  das  Zweckmäfsigere  sein,  den  Anfang 
mit  den  aufsereuropäischen  Erdteilen  zu  machen,  und  zwar  in  einer  solchen  Reihen- 
folge, welche  die  graphische  Darstellung  erleichtert  (etwa  Afrika,  Amerika,  Asien, 
Australien),  und  für  das  2.  Jahr  dieses  Cursus,  aufser  einer  Wiederholung  der 
Elemente  der  mathemat.  Geographie,  Europa  zu  bestimmen.  Jedenfalls  aber  mufs 
der  Schüler  aus  dem  1.  Cursus  eine  Uebersicht  der  gesamten  Erdoberfläche,  ihrer 
natürlichen  Einteilung,  der  Länder  und  ihrer  relativen  Gröfse,  Meere,  Gebirgszüge, 
Hanptberge,  Abdachungen,  Flüsse,  Seeen,  kurz  der  geograph.  und  hydrograph. 
Verhältnisse  mit  sich  nehmen.  —  An  den  geeigneten  Stellen  sind  aufserdem,  um 
das  geograph.  Bild  zu  beleben,  Jütteilungen  über  die  wichtigsten  Naturprodncte 
aus  dem  Pflanzen-  und  Tierreiche  und  die  Art  ihrer  Bearbeitung  zu  machen 
und  die  hauptsächlichsten  polit.  Namen,  nämlich  der  Hauptländer  und  Haupt- 
städte und  derjenigen  bedeutenden  Orte  (Städte),  welche  an  oezeichnenden  Stellen 
des  topischen  Bildes  sich  einiü^n  lassen,  dem  Gedächtnis  einzuprägen.  Ausführ- 
licher als  das  Uebrige,  wenngleich  noch  immer  summarisch,  wird  Deutschland  be- 
handelt. —  Wie  in  diesem  Cursus  Geschichtliches  anzuknüpfen  sei,  ist  schon 
früher  bemerkt  worden. 

2.  Teil.  Im  2.  geograph.  Cursus,  welcher  die  beiden  Klassen  IV  und  III 
umfafst,  wird  der  polit.  G^graphie  der  einzelnen  Erdteile  und  Länder  jedesmal 
eine  Wiederholung  der  topischen  Verhältnisse  vorangesohickt.     Danach  sind  im 


200 

1.  Jahr  die  aofBerenropaischen  Länder,  in  den  beiden,  resp.  dem  einen  Jahr  der 
in  die  enropaiaohen  Länder  darchznneluien,  nnd  zwar  eo,  dafs  anf  die  Gteographie 
Ton  DeutscHlEuid  und  PreoTsen  ein  Jahr,  resp.  ein  Semester  verwendet  wird.  Im 
Allgemeinen  ist  dabei  eine  verständige  Hafsmiltang  zu  beobachten.  Der  Grad  der 
Aunohrlichkeit  richtet  sich  nach  der  polit.  oder  histor.  Wichtigkeit  der  Länder  und 
Städte  und  nach  der  räumlichen  Entfernung  vom  Vaterlande.  Bei  der  polit.  Dar« 
Stellung  Deutschlands  und  Freufsens  mufs  ausführlicher  als  bei  den  übrigen  Län- 
dern verfahren  werden,  am  speciellsten  bei  Preufsen  und  der  hiesigen  Provinz.  — 
Das  oft  dürftige  Bild  fem  liegender  Länder  ist  durch  Mitteilungen  über  Volks- 
verwandtschaf^  Religion,  Staatsverfassung,  Sitten  und  Gebräuche  möglichst  zu  er- 
gänzen und  zu  beleben  und  die  früher  erworbene  Productenkunde  in  dem  Mafs, 
wie  sich  die  Darstellung  dem  Vaterlande  nähert,  zu  erweitern. 

3.  Teil.  In  den  beiden  oberen  Klassen  wird  das  Hervortreten  der  Geschichte 
in  den  Realschulen  nur  1  Stunde  wÖchentL,  in  den  Gymnasien  1  Stunde  vier- 
zehntägiff  auf  die  Geographie  zu  verwenden  erlauben.  Danach  hat  sich  der  geo- 
ffroph.  Unterricht  hier  im  Wesentlidien  auf  die  nicht  dringlich  genug  zu  empfehlende 
Wiederholung,  besonders  des  politischen  Teils  der  früheren  Curse  zu  beschränken. 
Es  bietet  sich  jedoch  dabei  manche  Ghslegenheit,  früher  gemachte  culturhistorische 
Mitteilungen  über  entlegnere  Länder  zu  vervollständigen,  femer  geschichtliche 
Data  anzuknüpfen,  welche  sich  z.  B.  auf  das  Verhältnis  der  Colonieen  zu  deren 
Mutterlande  und  auf  die  räumliche  Ausdehnung  des  deutschen  und  preufsischen 
Landes  zu  verschiedenen  Zeiten  beziehen;  eben  so  auch  einen  geschichtL  Ueber- 
blick  über  die  Erdanschauung  von  den  ältesten  SSeiten  an  zu  geben,  endlich  auf 
den  Handel,  den  Verkehr  und  dessen  Mittel,  überhaupt  auf  solche  Dinge  einzu- 
gehen, welche  die  äufseren  Beziehungen  der  Völker  zu  einander  kennen  lehren. 
—  Für  den  Gang  dieses  Unterr.  läfst  sich  das  frühere  Verfahrei^  empfehlen,  dafs 
nämlich  zuerst  von  den  aufsereurop.  Ländern  (II)  und  dann  von  Europa  ge- 
handelt wird  (I). 

11.  Methode.  Eins  der  wesentlichsten  Erfordernisse,  damit  der  oreograph* 
Unterricht  seinen  Zweck  erfülle,  ist  die  Anschaulichkeit.  Hiernach  ist  als  Grund- 
satz festzuhalten,  dafs  unter  den  Hülfsmitteln  die  erste  Stelle  überall  die  geograph, 
Karte,  nicht  das  Lehrbuch  einnehme,  so  dafs  der  Schüler  in  der  Lehrstunde  aus 

i'ener  und  aus  dem  Munde  des  Lehrers  ausschliefslich  seine  Kenntnis  schöpfe, 
ferner  wird  der  Lehrer  nicht  unterlassen,  dmndi  das  allerdings  mit  grofser  Vor- 
sicht anzuwendende  Aufsuchen  von  Aehnlichkeiten  dargestellter  Länder  und  dergl. 
mit  Gegenständen  des  gewöhnlichen  Lebens  der  Phantasie  ein  annähernd  richtiges 
Bild  einzuprägen,  besonders  aber  auch  durch  Zurückführen  von  Gröfsebestimmungen 
auf  ein  bekannteis  oder  anschaulich  zu  machendes  Mafs  (z.  B.  auf  die  Gröfse  der 
heimathl.  Provinz  oder  Deutschlands  oder  eines  bekannten  Gebirges)  der  Vor- 
stellung der  Schüler  zu  HüUe  zu  kommen  suchen.  Dabei  erfordert  eine  besondere 
Sorgfalt  die  Behandlung  der  im  topischen  Gursus  vorkommenden  hydrograph.  nnd 
orograph.  Begriffe.  Nicht  durch  Beschreibung,  sondern  durch  Hinweisong  auf  vor- 
liegende Ers<meinungen  in  der  Umgebung  des  Schülers  (z.  B.  Bach,  Teich  oder 
See,  Dach  des  Hauses,  Wolkengebilde  am  Horizont)  müssen  diejenigen  Dinge, 
von  welchen  keine  wirkliche  Anschauung  stattfinden  kann,  dem  Schüler  klar  ge- 
macht werden.  Zweitens  ist  didiin  zu  wirken,  dafs  das  topische  Bild,  welches  die 
Ghmndlage  des  politischen  ist,  möglichst  richtig  nnd  zugleich  möglicihst  fest  dem 
Schüler  eingepiägt  werde.  Soll  in  dieser  Beziehung  erreicht  werden,  dafs  (wie  das 
Frü^Rs^lm«  Torschreibt)  das  topische  Bild  auch  ohne  Karte  gegenwärtig  sei, 
so  erscheint  als  ein  sehr  wirksames  Mittel  das  Kartenzeichnen  in  der  Schulstunde. 
Das  Wesentliche  dieses  Verfahrens  besteht  darin,  dafs  der  Lehrer  auf  der  quadra- 
tisch eingeschnittenen  Wandtafel  vorzeichne  und  der  Schüler  Schritt  vor  Schritt 
das  entworfene  Bild  auf  seiner  Schiefertafel  nachbilde.  Unter  Voraussetzung  un- 
unterbrochener Controle  und  einer  nicht  übemmfsigen  Schülerzahl  einer  flasse 
wird  es  sich  allmählich  dahin  bringen  lassen,  dafs  selbst  jüngere  Schüler  gröfsere 
Umrisse  aus  dem  Gedächtnisse  entwerfen  können.  Aufser  dem  lebendigen  Interesse 
der  Schüler  wird  dadurch  ein  unausgesetztes  und  angestrengtes  Arbeiten  einer 
ffanzen  Klasse  erreicht.  Neben  dieser  Beschäftigung,  welche  in  verschiedenem 
Grade  auf  jeder  Lehrstufe  ausführbar  ist^  aber  nie  die  ganze  Lehrstunde  ausfüllen 
darf,  sind  auch  solche  Uebungen  vorzunehmen,   welche  teils  an  der  Wandkarte 


201 

ffeachehen,  teils  die  Befestigtmg  des  Gedächtnismaterials  bezwecken.  Dieses 
letztere  ist  aberall  mit  weiser  Beschränkung  und  Unterscheidung  des  Wichtigen 
und  Unwichtigen  mitzuteilen  und,  ähnlich  wie  bei  den  Gedächtnisübungen  im 
Unterricht  der  Geschichte,  durch  Gruppiren,  Bildung  Yon  Zahlenreihen,  Ver- 
gleichungen  und  Anwendung  mannigfacher  mnemonischer  Hülfsmittel  in  stetem 
Flufs  und  frischer  Erinnerung  zu  erhalten*).  —  Die  Wiederholungen  in  der  Stunde 
sind  so  oft  als  möglioh  anzustellen,  so  dafs  die  häusl.  Arbeit  des  Schülers  sich  auf 
ein  Minimum  reducirt;  diese  letztere  wird,  abgesehen  von  dem  Entwerfen  einer 
sauber  auszuführenden  Karte,  namentlich  während  der  Ferien,  in  der  Regel  darauf 
sich  beschränken  können,  dafs  entweder  der  Schüler  bestimmte  Einzelbilder  sich 
wieder  einpräge,  bis  er  sie  aus  dem  Gedächtnis  zu  reproduciren  im  Stande  ist,  oder 
Fragen,  sei  es  mündlich  oder  schriftlich,  beantworte,  welche  seine  topische  und 
polit.  Kenntnis  in  gegenseitige  Verbindung  bringen. 

12.  Diejenigen  Hülfsmittel  des  geograph.  Unterrichts,  welche  in  der  Lehr- 
stunde gebraucht  werden,  sind  der  Globus  und  die  Wandkarten.  Letztere, 
sowohl  topische  als  polit.,  müssen  nach  einem  solchen  Mafsstabe  entworfen  sein, 
dafs  kein  Schüler  zugleich  einen  Atlas  zur  Hand  zu  haben  braucht.  Daneben  ist 
auch  die  Anschafifung  solcher  Wandkarten  zu  empfehlen,  'welche  nichts  als  die 
Umrisse  enthalten  und  die  Anwendung  der  Kreide  ertragen  Mehr  für  den  häusL 
Gebrauch  und  zur  Vergleichung  dient  der  Handatlas,  welcher  in  möglichst  grofser 
nnd  deutlicher,  auf  cuis  Nothwendige  beschränkter  Darstellung  und  unter  An- 
wendung leicht  lesbarer,  nicht  zu  kleiner  noch  zu  feiner  Schrift  zugleich  die  topischen 
nnd  polit.  Kartenbilder  enthält.  Dabei  möge  darauf  gehalten  werden,  dafs  die 
Schäler  einer  oder  mehrerer  Klassen  sämtlich  einen  und  denselben  Atlas  gebrauchen. 
—  Die  Benutzung  eines  geograph.  Lehrbuchs  ist,  wenn  auch  nicht  nothwendig, 
doch  wünschenswerth,  um  die  Führung  eines  Heftes,  in  welchem  die  falsche  Schrei- 
bung firemder  Namen  schwer  vermieden  wird,  überflüssig  zu  machen.  Dasselbe 
müfste  in  der  Form  eines  „Leitfadens**  sich  auf  die  nothwendigsten  Angaben  be- 
schränken und  womöglich  für  beide  Lehrstufen  zugleich  ausreichen.  —  Der  wissen- 
schaftliche Vortrag  der  mathemat.  Geographie  wird  die  Benutzung  wenigstens  eines 
kleinen  Planetariums  nothwendig  machen. 

Münster.  K.  Prov.  SchulcoUegium." 

Bealschnle.    Vgl.  U.  und  PO.  p.  95 ff. 

C.Verf.  V.  19.  Dec.  1861:  „Von  Seiten  der  K.  General- Inspectlon 
des  Mllitär-Bildnngswesens  ist  mir  mitgeteilt  worden,  dafs  in  den  Portepee- 
fähnrichs-Prü fangen  bei  den  von  höh.  Lehranstalten  kommenden  Aspi- 
ranten in  der  Begel  eine  auffallend  geringQ  Kenntnis  der  Geographie  ange- 
troffen wird. 

Ich  beabsichtige  nicht,  hiervon  Anlafs  zu  bestimmten  Anordnungen  zu 
nehmen,  sondern  indem  ich  verstehende  Wahrnehmung  zur  Kenntnis  der  K.  Prov. 
SchulcoUegien  bringe,  überlasse  ich  Denselben,  nach  eigenem  Dafürhalten  die 
Dir.  der  Gjmn.  und  Realschulen  auf  dasjenige  aufmerksam  zu  machen,  was  ohne 
Aenderung  des  Lehrplans  dazu  dienen  kann,  in  den  oberen  Klassen  namentlich 
auch  den  elementaren  Teil  der  Geographie  und  die  geographischen  Verhält- 
nisse von  Europa  und  DeutscUand  nicht  in  Vergessenheit  gerathen  zu  lassen. 
Es  wird  der  Erinnerung  nicht  bedürfen,  dafs  gute  Wandkarten  in  allen  Klassen 
zu  der  nothwendigen  Ausstattung  jeder  höh.  Schule  gehören  und  dafs  die 
Schüler  behufs  eigener  Bepetition  im  Besitz  guter  geographischer  Hülfsmittel 
sein  müssen. 

Im  Uebrigen  wird  es  angemessen  sein,  diejenigen  jungen  Leute  in  den 
oberen   Klassen,  welche   sich   dem  Militärstande   widmen   wollen,   bei   geeig- 


*J  Dafs  gleichseitig  »aoh  Jede  In  der  KlMsenleotttre,  namentHoh  der  hiator.  Sohrlfteteller,  eich 
darbietende  Gelegenheit  beantxt  werde,  das  geograph.  Wisien  der  Sohfller  wieder  aafaafriiohen  und 
deeeen  Unentbehrllehkeit  für  elB  ricbtigee  Verttftndnie  dea  Geleaenen  rtoht  eindringlich  daraathnn, 
bedarf  kaoaa  der  beaondertn  SrwUmang. 


202 

neter  Gelegenheit  darauf  hinzuweisen,  dafs  es  Sache  ihres  Privatfleifses  ist, 
sich  for  die  besonderen  Anforderongen  des  militärischen  Examens  genügend 
vorzubereiten." 

Bei  Mitteilung  vorstehender  C.Verf.  an  die  Directoren  fugte  das  E.  Prov. 
Sch.C.  in  Stettin  (30.  Dec.  1861)  folgende  Bemerkungen  hinzu: 

„Auch  in  den  Schulen  unsers  Verwaltunigsbezirks  haben  bei  Bevisionen 
und  Abiturientenprüfungen  Schüler  der  höheren  Klassen  das  zu  wünschende  Mafs 
geographischen  Wissens  öfliers  nicht  gezeigt.  Wir  veranlassen  deshalb  die  Dir. 
der  Gymn.  und  Bealschulen,  diesem  Mangel,  wo  er  vorhanden  ist,  besondere 
Aufmerksamkeit  zu  widmen  und  in  Besprechung  mit  den  betr.  Lehrern  dasjenige 
wiederholt  zu  erwägen,  was  ohne  Aenderung  des  Lehrplans  dazu  dienen  kann, 
in  den  oberen  Klassen  namentlich  auch  den  elementaren  Teil  der  Geographie 
und  die  geograph.  Verhältnisse  von  Europa  und  Deutschland  nicht  in  Vergessen- 
heit gerathen  zu  lassen. 

Es  wird  vorzugsweise  darauf  ankommen,  den  Stoff  des  geograph.  Unter- 
richts, der  zum  dauernden  Behalten  fest  eingeprägt  werden  soll  für  jede  Kl.  in 
Beschränkung  auf  ein  Minimum  und  Unterscheidung  von  dem  sonst  Erwähnens- 
werthen  genau  zu  bestimmen  und  regelmäfsige  Bepetitionen  des  früher  Erlernten 
nicht  blofs  fär  die  unteren  und  mittl.  Klassen,  sondern  auch  für  die  oberen 
anzuordnen.  In  den  letzteren  werden  die  Gymn.  freilich,  wie  die  westfälische 
Instruction  für  den  geschichtl.  und  geograph.  Unterricht  von  1859  mit  Becht 
annimmt,  nicht  mehr  als  1  Stunde  14tägig,  die  Bealschulen  nur  1  Stunde 
wöchenü.  auf  die  Geographie  besonders  verwenden  können.  Wird  aber  beim 
Geschichtsunterricht  der  oberen  Klassen  die  Beachtung  der  bezüglichen  geograph. 
Verhältnisse  nicht  vernachlässigt  und  dabei  von  den  zur  nothwendigen  Aus- 
stattung jeder  höh.  Schule  gehörenden  Wandkarten  rechter  Gebrauch  gemacht, 
auch  öfters  durch  einfache  Kreidezeichnungen  an  der  Wandtafel  das,  worauf 
es  gerade  ankommt,  anschaulich  hervorgehoben,  werden  die  Schüler  aufserdem 
angehalten,  von  Zeit  zu  Zeit  einen  gröfseren  Abschnitt  eines  guten  geograph. 
Leitfadens  mit  Weglassung  alles  entbehrlichen  Details  unter  Benutzung  zweck- 
mäfsiger  Karten  zu  wiederholen,  versteht  der  Lehrer  in  den  geograph.  Bepe- 
titionsstunden  und  gelegentl.  beim  Geschichtsunterricht  die  von  den  Schülern 
früher  erworbenen  geograph.  Kenntnisse  unter  neuen  Gesichtspunkten  zusammen- 
zufassen und  hier  und  da  in  anregender  Weise  zu  vervollständigen,  so  wird  nicht  blofs 
im  Wesentlichen  erhalten  bleiben,  was  von  der  Geographie  in  den  unteren  und 
mitü.  Klassen  oft  mit  vieler  Mühe  gelehrt  und  gelernt  ist,  sondern  es  wird  die 
bildende  Kraft,  welche  in  dieser  jetzt  so  hoch  entwickelten  Wissenschaft  für 
den  jugendlichen  Geist  liegt,  in  gewissem,  durch  die  nothwendige  Bücksicht 
auf  die  übrigen  Forderungen  des  Gymnasialunterrichts  freilich  beschränktem 
Mafse  auch  der  obersten  Bildungsstufe  der  Gymn.  und  Bealschulen  zu  Gute 
kommen.'*  — 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  30.  Oct  1875.  „Wiederholte 
Erfahrungen,  welche  unser  Departementsrath  teils  bei  Bevisionen  und  Inspec- 
tionen,  teils  bei  Gelegenheit  seiner  Teilnahme  an  den  Abiturientenprüfungen 
gemacht  hat,  weisen  darauf  hin,  dafs  keineswegs  an  allen  höh.  Lehranstalten 
unsers  Aufsichtsbezirks  die  Schüler  in  der  Geographie  die  erforderliche  Klar- 
heit der  Anschauung  und  Sicherheit  der  Kenntnisse  angeeignet  haben,  ja,  dafs 
sie  vielfach  nicht  einmal  dasjenige  Mafs  des  geograph.  Wissens  erreichen,  welches 
man  doch  im  gewöhnlichen  Leben  innerhalb  der  gebildeten  Kreise  allgemein 
vorauszusetzen  berechtigt  ist.  Namentlich  in  den  oberen  Klassen  haben  die 
Schüler  in  dieser  Beziehung  mitunter  einen  Grad  von  Unwissenheit  verrathen, 
der  sich  kaum  anders  erklären  läfst,  als  durch  die  Annahme,  dafs  in  den  ge- 
nannten Klassen  von  Seiten  der  Lehrer  diesem  Unterrichtsfache  keine   erheb- 


203 

liehe  Beachtang  mehr  zugewandt  wird  und  die  Schüler  in  Folge  davon  glauben, 
dasselbe  nngestaraft  yemachl&fBigen  zu  können.  Selbst  in  Bezug  auf  unser 
deutsches  Vaterland  ist  bisweilen  in  Betreff  mächtiger  Gebirgszüge,  ansehnlicher 
Flüsse  und  wichtiger  Provinzen  und  Städte  eine  ernstlich  befremdende  Ignoranz 
hervorgetreten.  Wir  halten  es  daher  für  unsere  Pflicht,  den  Directoren,  bezw. 
Rectoren  und  LehrercoUegien  ausdrücklich  an  das  Hen  zu  legen,  den  Stand 
der  geograph.  Kenntnisse  in  den  verschiedenen  Klassen  sorgsamer  Beachtung 
und  Prüfung  zu  unterziehen  und,  wenn  sich  an  der  betr.  Anstalt  nach  dieser 
Seite  hin  erheblichere  Mängel  herausstellen  sollten,  ernstlich  auf  gründliche 
Abstellung  derselben  Bedacht  zu  nehmen. 

Die  Wahl  der  geeigneten  Mittel  dürfen  wir  nach  den  in  den  einzelnen 
Schulen  obwaltenden  besonderen  umständen  der  pädagogischen  Einsicht  der 
Herren  Directoren  und  Bectoren,  sowie  der  eingehenden  Sorgfalt  bezüglicher 
Conferenzberathungen  überlassen.  Wir  beschränken  uns  hier  nur  darauf,  einige 
Punkte  in  Erinnerung  zu  bringen,  welche  von  allgemeiner  Bedeutung  sind. 
Zunächst  ist  von  allen  Lehrern  überhaupt  Gewicht  darauf  zu  legen,  dafs  bei 
geograph.  Angaben,  auf  welche  der  Unterricht  in  irgend  welchem  anderen  Fache 
hinföhrt,  die  Schüler  sich  nicht  mit  mechanischer  Einprägung  des  blofsen  Wort- 
klanges begnügen,  sondern  dazu  angehalten  und  daran  gewöhnt  werden,  mit 
dem  Namen  allezeit  auch  den  geograph.  Begriff  zu  verbinden  und  sicTi  auf 
der  Karte  hinreichend  zu  orientiren,  um,  falls  es  verlangt  wird,  über  die  con- 
creto Lage  des  in  Betracht  kommenden  Ortes  gehörige  Rechenschaft  geben  zu 
können. 

In  Betreff  des  dem  geograph.  Lehrfache  unmittelbar  dienenden  Unter- 
richts mufs  natürlich  vor  Allem  das  Streben  der  Schule  dahin  gehen,  in  metho- 
disch richtiger  Weise  die  Schüler  mit  diesem  Gebiete  des  Wissens  immer  ver- 
trauter zu  machen  und  ihr  Interesse  dauernd  rege  zu  erhalten.  Im  Besonderen 
aber  mufs  auch  dafür  Sorge  getragen  werden,  dafs  der  Unterricht  in  der 
Geographie  auch  dann,  wenn  derselbe  im  Lectionsplane  von  dem  geschichtlichen 
Unterrichte  nicht  in  der  Weise  getrennt  ist,  dafs  ihm  bestimmte  gesonderte 
Lehrstnnden  zugewiesen  wären,  nichts  destoweniger  in  allen  Klassen  zu  seinem 
vollen  Rechte  kommt,  sowohl  was  die  Zeit  anlangt,  welche  auf  denselben  zu 
verwenden  ist,  als  hinsichtlich  der  ihm  beizumessenden  inneren  Bedeutung. 
Aufserdem  ist  wohl  zu  beachten,  dafs  der  geograph.  Unterricht  sich  nicht  darauf 
beschränken  darf,  dafs  das  durch  den  Lectiönsplan  zur  Durchnahme  bestimmte 
neue  Pensum  zum  Vortrage  kommt  und  für  den  Augenblick  eingeprägt  wird. 
Vielmehr  ist  in  allen  Klassen  durch  zweckmäfsig  angeordnete  methodische  Repe- 
titionen  dahin  zu  wirken,  dafs  auch  der  in  früherem  Unterrichte  behandelte  Stoff 
bei  den  Schülern  nicht  in  Vergessenheit  gerathe,  bezw.,  dafs  diejenigen  Schüler, 
welche  ihrerseits  etwa  den  betr.  Unterricht  nicht  genossen  haben  sollten,  einen 
unabweisbaren  Anlafs  bekommen,  sich  nachträglich  diejenigen  Kenntnisse  anzu- 
eignen, welche  der  systematische  Gang  des  Unterrichts  auf  der  Klassenstufe, 
welcher  sie  angehören,  voraussetzt  Auch  in  den  oberen  Gymnasialklassen,  in 
welchen  eine  besondere  Unterweisung  in  der  Greographie  nicht  mehr  stattzufinden 
pflegt,  haben  die  Geschichtslehrer  das  Interesse  der  Schüler  für  diesen  wichtigen 
Unterrichtszweig  wach  zu  erhalten  und  aufserdem  in  periodischer  Wiederkehr 
durch  geordnete  Repetitionen,  welche  das  Wesentliche  zusammenfassen  und 
durch  anregende  Gruppinmg  auch  neue  Gesichtspunkte  zu  eröffnen  geeignet 
sind,  den  Schülern  Gelegenheit  zu  geben,  sich  des  Standes  ihrer  geograph. 
Kenntnisse  bewufst  und  erforderlichen  Falls  der  Pflicht  eingedenk  zu  werden, 
gewissenhaft  das  Ihrige  zu  thun,  um  bedenkliche  Lücken  rechtzeitig  auszufallen. 

Diese  Aufgabe  kann  von  der  Schule  nicht  abgelehnt  werden,  und  dafs 
letztere  im  Stande  ist,  derselben  bei  richtigem  Verfahren  und  verständiger  Fem- 


204 

haltang  nnwesentlicher  Details  anch  in  den  oberen  Klassen  innerhalb  der  für 
den  Geschichtsanterricht  eingeräumten  Zeit  gerecht  za  werden,  darf  nach  den 
anerkennenswerthen  Leistungen,  welche  an  einzelnen  Anstalten  dauernd  auf 
beiden  Gebieten  hervorgetreten  sind,  um  so  weniger  bezweifelt  werden.  Sollten 
aber  trotz  der  durch  die  Schule  dargebotenen  ständigen  Unterweisung  und  Uebung 
einzelne  Schüler,  ohne  sich  durch  Mahnung  und  Warnung  antreiben  zu  lassen, 
bei  einer  pflichtwidrigen  Nichtachtung  des  geograph.  Studiums  beharren,  so  darf 
die  Schule  diesen  keine  übel  angebrachte  Schonung  angedeihen  lassen;  sie 
mufs  vielmehr  in  den  Censuren  den  betr.  Mangel  unnachsichtlich  hervorheben 
und  zur  Geltung  bringen  und  namentlich  bei  der  Versetzung  aus  denjenigen 
Klasse,  in  welcher  der  eigentliche  geograph.  Unterricht  seinen  Abschlufs 
findet,  auf  die  Censurprädicate  der  Schüler  in  diesem  Fache  wesentliche  Bück- 
sicht nehmen. 

Bei  Abiturientenprüfungen,  in  denen  mit  Bezugnahme  auf  die  in  den 
oberen  Klassen  angestellten  Bepetitionen  jedem  Examinanden  auch  geograph. 
Fragen  vorzulegen  sind,  würde,  wenn  ein  Abiturient  auf  diesem  Gebiete  eine 
so  arge  Unwissenheit  zeigen  sollte,  dafs  auf  dieselbe  der  Passus  3.  unserer  die 
Abiturientenprüfungen  betr.  C.Verf.  v.  14.  Juli  v.  J.*^)  Anwendung  fände,  schon 
dieser  Umstand  allein  zur  nothwendigen  Folge  haben,  dafs  der  Betreffende  die 
Prüfung  nicht  bestehen  könnte.  Wir  veranlassen  die  Herren  Directoren  und 
Bectoren,  die  Schüler  der  Prima  und  der  Secunda  schon  jetzt  ausdrücklich  auf 
diese  Gefahr  aufmerksam  zu  machen,  vor  Allem  aber  Ihrerseits  nachdrücklich 
dahin  zu  wirken,  dafs  der  ganze  Unterrichtsgang  der  Schule  eine  ähnliche  Igno- 
ranz, wie  sie  bisher  auf  diesem  Gebiete  der  allgemeinen  Bildung  hier  und  da 
leider  bei  den  Schülern  zur  Erscheinung  gekommen  ist,  so  gut  wie  unmög- 
lich mache. 

Schliefslich  sprechen  wir  die  Erwartung  aus,  dafs  in  dem  jährlich  ein- 
zusendenden Lectionsplane  inskünftige  regelmäfsig  bei  jeder  Klasse  ein  be- 
stimmter Hinweis  auf  das  geograph.  Pensum  gegeben  werde,  welches  auf  der 
betr.  Stufe  neu  durchzunehmen,  bezw.  zu  repetiren  ist.  In  Betreff  des  nächst- 
jährigen Lectionsplanes  wünschen  wir  aufserdem,  dafs  auch  das  demselben  bei- 
zufügende Begleitechreiben  auf  den  durch  die  gegenwärtige  C.Verf.  den  Lehrer- 
coUegien  zu  sorgfältiger  Erwägung  und  gewissenhafter  Beachtung  empfohlenen 
Gegenstand  in  zweckentsprechender  Weise  eingehe.*' 

Aus  einer  C.Verf.  v.  26.  Apr.  1857:  —  „Ich  finde  mich  veranlafst 
daran  zu  erinnern,  dafs  in  den  Gymn.  und  Bealschulen  zu  den  Grundzügen  des 
allgm.  Lehrplans  beim  Geschichtsunterricht  der  mittleren  Klassen  der  Vortrag 
und  die  Einprägung  der  vaterländischen  Geschichte  im  weiteren  und 
engeren  Sinne  gehört,  und  dafs  die  daselbst  erworbene  Kenntnis  insbesondere 
auch  der  brandenb.preufsischen  Geschichte  in  den  oberen  Klassen  durch  ange- 
messen verteilte  Bepetitionen  sicher  und  lebendig  zu  erhalten  ist.  Bei  den  in 
den  Programmen  mitgeteilten  Lectionsplänen  wird  bisweilen  das  vorschrifts- 
mäfsige  Pensum  der  brandenb.preufsischen  Geschichte  gar  nicht  aufgeführt,  was 
ich  nur  mifsbilligen  kann;  und  dafs  dieselbe  auch  zum  Gegenstand  öffentlicher 
Prüfungen  gewählt  wird,  mufs  nach  verschiedenen  Wahrnehmungen  für  eine 
Seltenheit  angesehen  werden.  Das  K.  Prov.Sch.C.  wolle  dieser  Sache  eine  ver- 
stärkte Aufmerksamkeit  zuwenden  und  dafür  Sorge  tragen,  dafs  eine  derartige 
Vernachlässigung  den  höh.  Schulen  Seines  Bessorts  nicht  zum  Vorwurf  gemacht 
werden  kann." 


*)  erlassen  auf  Grand   der  zwischen  den  deutschen  Staatsregierunffen  im 
April  V.  J.  geschlossenen  Uebereinkunft:  s.  Abschn.  VII  und  C.Bl.  1874  Seite  476. 


205 
7.    Mathematik. 

Rev.  Lehrpläne  nach  0.  Verf.  v.  31.  März  1882 :  p.  119,  124  f.  für  Gymn. ; 

p.  129,  132  für  R;  136,  138.  für  h.  ß. 

C.Yerf.  Y.  18.  März  1836:  „Das  Min.  hat  Gelegenheit  gehabt  zu  be- 
merken, dafs  in  mehreren  Gymn.  verabsäumt  wird,  den  Schülern  zu  der  ganz 
unentbehrlichen  Fertigkeit  im  gemeinen  Be ebnen  zu  verhelfen,  indem  teils  in 
manchen  Gymn.  gegen  die  Absicht  des  Min.  der  eigentliche  mathemat.  Unter- 
richt schon  in  der  untersten  El.  beginnt  und  somit  der  Unterricht  im  ge- 
meinen Rechnen  ganz  ausfällt,  teils  in  anderen  gelehrten  Schulen,  wo  der 
Unterricht  im  gemeinen  Rechnen  stattfindet,  derselbe  nicht  mit  der  erforder- 
lichen prakt.  Einübung  verbunden  oder  nicht  genau  und  sorgfältig  genug  von 
dem  mathem.  Unterricht  getrennt  wird.  Da  die  Fertigkeit  im  Rechnen  in 
jedem  Lebensberufe  nöthig  ist,  und  da  die  Erfahrung  lehrt,  dafs  der  Mangel 
an  dieser  Fertigkeit  im  späteren  Alter  nicht  leicht  gehoben,  oft  aber  ungemein 
druckend  empfunden  wird,  so  sieht  das  Min.  sich  veranlafst,  hierdurch  anzu- 
ordnen, dafs  der  eigentliche  mathemat.  Unterricht  in  sämtlichen  Gymn. 
erst  in  der  IV  beginnen,  in  der  V  und  VI  aber,  als  den  beiden  untersten  Kl., 
die  Fertigkeit  im  Rechnen  ohne  alle  Einmengung  der  Mathematik,  jedoch 
auf  eine  überall  den  gesunden  Menschenverstand  und  die  Selbstthätigkeit  des 
Schülers  in  Anspruch  nehmende  und  nirgends  in  ein  blofs  mechanisches  und 
geistloses  Abrichten  ausartende  Weise  praktisch  eingeübt  werden  soU.^' 

C.Verf.  V.  24.  Dec,  1833:  „Das  Min.  hat  Gelegenheit  gehabt  zu  be- 
merken, dafs  in  manchen  Gymn.  noch  immer  nicht  ein  bestimmtes  in  den 
Händen  der  Schüler  befindliches  Lehrbuch  beim  Unterricht  in  der  Mathe- 
matik gebraucht  wird.  Wenn  irgendwo,  so  ist  in  der  Mathematik  ein 
kurzes,  dem  Bedürftiis  jeder  Schülerabteilung  entsprechendes  Lehrbuch  unent- 
behrlich, damit  die  Schüler  sowohl  bei  der  Präparation,  welche  bei  dem  mathemat. 
Unterricht  eben  so  nothwendig  wie  bei  den  übrigen  Unterrichtsgegenständen  ist, 
als  aach  in  der  Klasse  beim  Vortrage  des  Lehrers,  und  endlich  bei  der  Repe- 
tition  einen  festen  Anhalt  haben  und  eine  deutliche  Uebersicht  der  Wissenschaft 
gewinnen.  Ohne  ein  solches  Lehrbuch  ist  die  Präparation  der  Schüler  zu  den 
mathemat  Lectionen  unmöglich,  der  Schüler  schwebt  bis  zum  Schlufs  des  Gur- 
sus  in  gänzlicher  Ungewifsheit  über  das  Ziel,  wohin,  und  über  den  Weg,  auf 
welchem  er  geführt  werden  soll.  Mifsverständnisse  und  Irrungen  im  Auffassen 
des  Gehörten  und  Lücken  in  den  etwa  nachgeschriebenen  oder  zu  Hause  aus- 
gearbeiteten Heften  sind  unvermeidlich  und  selbst  das  genaue  Ineinandergreifen 
und  Festhalten  der  Abschnittspunkte  der  Curse  wird  schwieriger  und  läfst  sich 
auch  nicht  einmal  gehörig  controliren.  Um  diesen  und  ähnlichen  Uebelständen 
zu  begegnen,  welche  bisher  bei  dem  mathemat.  Unterrichte  in  den  Gymn.  wegen 
Mangels  eines  bestimmten  Lehrbuches  sich  mehr  oder  weniger  bemerklich  ge- 
macht haben,  will  das  Min.  hierdurch  festsetzen,  dafs  von  Ostern  k.  J.  ab  ein 
bestimmtes  in  den  Händen  der  Schüler  befindliches  Lehrbuch  bei  dem  mathemat 
Unterrichte  in  den  betr.  Klassen  aller  Gymn.  gebraucht  und  auf  etwanige  Ein- 
reden der  Lehrer  gegen  diese  Mafsregel  keine  weitere  Rücksicht  genommen 
werden  soU.  Das  Min.  hält  es  für  wünschenswerth  und  auch  thunlich,  dafs 
ein  und  dasselbe  Lehrbuch  für  alle  mathemat.  Klassen  eines  Gymn.  bestimmt 
wird.  Sollten  hiergegen  von  einzelnen  mathemat  Lehrern  deshalb  Bedenken 
erhoben  werden,  weil  es  bis  jetzt  an  einem  für  alle  Klassen  gleich  passenden 
Lehrbuche  fehle,  so  ist  es  wenigstens  nöthig,  dafs  immer  in  je  2  Klassen,  also 
in  IV  und  m,  wie  in  11  und  I,  ein  und  dasselbe  mathemat.  Lehrbuch  gebraucht 
wird.  Die  Vorschläge  wegen  des  einzuführenden  Lehrbuchs  sollen  von  den 
Lehrern  der  Mathematik  in  den  einzelnen  Gymn.  ausgehen  und  das  Min.  will 
für  diesen  Fall  die  Genehmigung  oder  Verwerfung  der  vorgeschlagenen  Lehr- 


i 


206 

bücher  den  E.  Froy.Schnlcollegien  überlassen;  jedoch  haben  diese  das  Verzeich- 
nis der  für  die  einzelnen  Gymn.  genehmigten  mathemat.  Lehrbücher  hierher 
einzureichen.  Schliefslich  fordert  das  Min.  die  K.  Froy.Schnlcollegien  anf,  in 
angemessener  Art  eine  genaue  Gontrole  darüber  anzuordnen,  dafs  der  mathemat 
Unterricht  in  den  einzelnen  Klassen  der  Gymn.  gehörig  in  einander  greife,  das 
Fensum  für  jede  Klasse  nach  dem  einzufahrenden  Lehrbuch  bestimmt  und  in 
den  anzuordnenden  jährl.  oder  halbjährl.  Cursen  jedesmal  absolvirt  wird." 

C.Verf.  V.  13.  Sept.  1834:  „Durch  das  Reglement  v.  4.  Juni  d.  J. 
für  die  Prüfung  der  zu  der  Universität  übergehenden  Schüler  ist  bestimmt,  was 
von  den  Abiturienten  hinsichtlich  der  Mathematik  verlangt  werden  soll. 
Diese  Forderungen  sind  im  Wesentlichen  dieselben,  welche  in  dem  Edict  vom 
12.  Oct.  1812  (dem  früheren  Beglement)  gemacht  worden;  und  obwohl  dem 
Min.  nicht  unbekannt  war,  dafs  in  mehreren  Gymn.  der  mathemat.  Unterricht 
über  diese  Forderungen  schon  seit  Jahren  hinausgegangen  ist,  so  hat  das  Min.  den- 
noch Anstand  genommen,  in  dem  neuen  Beglm.  die  Anforderungen  hierin  zu 
steigern,  teils  weil  sich  mittels  des  Geforderten  der  Hauptzweck  des  mathemat. 
Unterrichts  in  den  Gymn.,  welcher  nicht  sowohl  auf  Mitteilung  von  mathemat. 
Sätzen,  die  etwa  in  diesem  oder  jenem  Lebensverhältnis  unmittelbare  Anwendung 
auf  die  sinnlichen  Gregenstände  finden,  als  vielmehr  darauf  zu  richten  ist,  die 
Urteilskraft  der  Schüler  zu  üben  und  sie  an  Klarheit  und  Bestimmtheit  der 
Begriffe  und  an  Gonsequenz  im  Denken  zu  gewöhnen,  ganz  füglich  erreichen 
läfst,  teils  weil  nach  der  bisherigen  Erfahrung  die  Zahl  der  Gymn.  nicht  klein 
ist,  welche  hinsichtlich  der  Leistungen  ihrer  zur  Universität  entlassenen  Schüler 
in  der  Mathematik  noch  hinter  den  bisherigen  Forderungen  zurückgeblieben  sind. 
—  Finden  sich  einzelne  Gymn.,  wo  die  Qualification  der  Lehrer  und  Schüler 
es  möglich  macht,  über  das  Geforderte  hinauszugehen,  ohne  dadurch  die  Gründ- 
lichkeit und  den  im  Obigen  angedeuteten  Haupteweck  des  mathemat.  Unterrichts 
in  den  Gymn.  zu  gefährden,  so  wird  hierdurch  gestattet,  in  solchen  Gymn.  nach 
Befinden  der  Umstände  auch  den  Umfang  des  mathemat.  Unterrichts  zu  er- 
weitern."   

Min. Verf.  v.  13.  Dec.  1834  (an  das  K.  Sch.C.  der  Prov.Brandenb., 
den  übrigen  mitgeteilt):  „Das  Min.  kann  sich  mit  dem  Antrage,  den  bisher  in 
der  1  des  Joachimsthalschen  Gymn.  für  die  Mathematik  festgestellten  Cursus 
auch  femer  beizubehalten,  und  somit  auch  noch  die  sphärische  Trigono- 
metrie und  die  Lehre  von  den  Kegelschnitten  in  den  Kreis  des  Unter- 
richts zu  ziehen,  nicht  einverstanden  erklären.  Zwar  entgeht  es  dem  Min.  nicht, 
dafs  zur  Auffassung  einiger  Lehren  der  Physik  und  einiger  Gesetze  in  dem 
astronomischen  Teil  der  mathemat.  Geographie  eine  genauere  Kenntnis  der  Lehre 
von  den  Kegelschnitten  erforderlich  ist.  Da  indessen  im  Gymnasialunterricht 
eine  streng  wissenschafUiche  und  erschöpfende  Behandlung  solcher  Gesetze, 
wobei  diese  Lehre  ihre  Anwendung  findet,  nicht  möglich  sein  wird,  so  scheint 
es  räthlicher,  in  dem  betr.  Unterricht  die  nöthigen  Vorstellungen  von  den  Eigen- 
schaften der  Kegelschnitte  lehnsweise  ergänzen  zu  lassen,  als  den  mathemat. 
Unterricht  über  das  in  dem  Beglm.  gesteckte  Ziel  hinaus  zu  erweitem.  Das 
Min.  hat  in  dem  Beglm.  die  Kenntnis  der  sphär.  Trigonometrie  und  die  Lehre 
von  den  Kegelschnitten  absichtlich  von  den  Abiturienten  nicht  verlangt,  weil 
bei  der  bisherigen  Einrichtung,  welche  die  Ausdehnung  des  mathemat  Unter- 
richts dahin  gestattete,  unter  den  Abitur,  immer  nur  sehr  wenige  waren, 
welche  auch  nur  die  in  dem  Beglm.  v.  4.  Juni  d.  J.  gestellten  Anforderungen 
wirklich  erfüllen  konnten.  Durch  die  Beschränkung  des  mathemat.  Unterrichts 
beabsichtigte  das  Min.  diesem  öffentlichen  und  von  mehreren  Seiten  gerügten 
Uebelstande  abzuhelfen,  indem  es  auf  dem  enger  begrenzten  mathemat.  Crebiete 
nunmehr  möglich  sein  wird,  die  Uebungen  und  Anwendungen  zu  vervielföltigen, 


207 

durch  die  vielseitigste  Betrachtung  derselben  Lehren  den  Schülern  zu  einer 
gr5fsem  Sicherheit  und  zu  einem  desto  intensiveren  Wissen  zu  verhelfen  und 
nicht  nur  fär  einzelne,  sondern  womöglich  far  alle  den  mathemai  Unterricht 
wahrhaft  frachtbar  nnd  bildend  zn  machen.  Indem  das  Min.  also  die  sphär. 
Trigonometrie  und  die  Lehre  von  den  Kegelschnitten  von  dem  regelmäfsigen 
maäemat  Unterricht  in  den  Gymn.  hierdurch  ausschliefst,  will  da8seU>e  zugleich 
gestatten,  dafs  in  aufserordentlichen  Fällen,  wo  Schüler  von  ausgezeichneten. 
Anlagen  zur  Mathematik  sich  in  der  I  eines  Gymn.  befinden,  und  bei  den  Gymn., 
wo  es  die  vorhandenen  Lehrkräfte  und  Mittel  erlauben,  vorübergehend  für  die 
Mathematik  eine  classis  selecta  errichtet  und  dieselbe  aus  denjenigen  Schülern 
gebildet  werde,  welche  sich  das  im  Beglm.  v.  4.  Juni  d.  J.  in  Betreff  der  Mathe- 
matik gesteckte  Pensum  wirklich  zu  einem  geistigen  Eigentum  gemacht  haben 
und  Neigung  zeigen,  auch  schon  auf  der  Schule  über  dieses  Pensum  hinaus- 
zugehen.*' — 

Min. Verf.  v.  21.  Oct  1840  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Koblenz:  — 
„Die  Eifersucht,  welche  nach  dem  vorliegenden  Bericht  an  allen  Gymn.  der 
Bheinprovinz  zwischen  den  Lehrern  der  Matiiematik  und  denen  der  philologischen 
Wissenschaften  rege  geworden  ist,  hat  sich  auch  in  manchen  Gymn.  der  übrigen 
Provinzen  bemerklich  gemacht  und  die  Lehrer  der  Mathematik  über  das  vom 
Abiturientenreglm.  vorgeschriebene  Ziel  hinausgeführt.  Das  Min.  kann  nicht 
dringend  genug  empfehlen,  einem  solchen  unregelmäfsigen  Verfahren  der 
mathemat.  Lehrer  nach  wie  vor  überall  mit  Entschiedenheit  entgegenzutreten 
und  auf  gründliches  Erlernen  der  Elementar-Mathematik  bei  den  Schülern 
zu  dringen.*'  — 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Koblenz  v.  7.  Apr.  1841:  „Bei  den 
Abitnrientenprüfungen  hat  sich  herausgestellt,  dafs  an  mehreren  Gymn.  unsers 
Verwaltungsbezirks  die  Leistungen  der  meisten  Examinanden  in  den  mathemat. 
Disciplinen  bei  der  mildesten  Beurteilung  ungenügend  erscheinen,  während  die 
Ergebnisse  an  anderen  Anstalten  dieser  Art  beweisen,  dafs  den  reglements- 
mäfsigen  Anforderungen  hinsichtlich  derMathematik  ohne  Benachteiligung  anderer 
Lehrgegenstände  unter  zweckmäfsiger  Anleitung  füglich  entsprochen  werden 
kann.  Auch  haben  wir  aus  den  Verhandlungen  über  die  Maturitätsexamina  an 
einigen  Gymn.  ersehen,  dafs  die  Majorität  der  Prüfungscomm.  selbst  solchen 
ZdgUngen,  welche  bei  sehr  mittelmäfsiger  Qualification  in  den  übrigen  Gegen- 
ständen in  der  Mathematik  nicht  einmal  die  gewöhnlichen  Elementarkenntnisse 
sich  angeeignet  hatten,  dennoch  das  Zeugnis  der  Beife  zuerkannt  hat  Eine 
solche  Nachsicht  in  der  Beurteilung  der  wissenschaftlichen  Befähigung  der 
studirenden  Jugend  ist  mit  dem  Zweck  und  mit  den  Bestimmungen  des  Prü- 
fungsreglm.  unverträglich,  welches  in  den  mildernden  Paragraphen  die  An- 
forderungen in  Betreff  eines  so  wichtigen  Bildungsmittels  nicht  aufhebt,  sondern 
nur  ermäfsigt. 

Als  Minimum  der  mathemat.  Vorbildung  ist  jedenfalls  aufser  der 
Fertigkeit  im  praktischen  Bechnen  eine  gründliche  Kennüiis  der  Planimetrie 
und  der  ersten  Elemente  der  allgemeinen  Arithmetik  unerläfslich.  Wer  auch 
m  diesen  Teilen  der  Mathematik  nicht  die  dem  Zwecke  dieses  Lehrgegenstandes 
entsprechende  Sicherheit  und  die  durch  das  Beglm.  vorgeschriebene  Einsicht  in 
das  Wesen  und  den  Zusammenhang  der  Sätze  und  Beweise  gewonnen  hat,  darf, 
auch  wenn  er  in  den  übrigen  Gegenständen  hinreichende  Kenntnisse  an  den 
Tag  legt,  nicht  als  reif  zu  den  akadem.  Studien  entlassen  werden.  Da  übrigens 
nach  vielfachen  Erfahrungen  die  Anforderungen  des  Beglm.  bei  einem  wohl- 
geordneten Unterricht  und  sorgfaltiger  Wiederholung  sich  wohl  erzielen  lassen, 
so  kann  die  oben  angegebene  Ermäfsigung  in  geeigneten  Fällen  nur  ausnahms- 
weise eintreten,  während  das  Zurückbleiben  vieler  Zöglinge  einer  Anstalt  hinter 


206 

bücher  den  E.  Frov.Schalcollegien  überlassen;  jedoch  haben  diese  das  Verzeich- 
nis der  für  die  einzelnen  Gjmn.  genehmigten  mathemat.  Lehrbücher  hierher 
einzureichen.  Schliefslich  fordert  das  Min.  die  K.  Prov.SchalcoUegien  anf,  in 
angemessener  Art  eine  genaue  Controle  darüber  anssaordnen,  dafs  der  mathemat. 
Unterricht  in  den  einzelnen  Klassen  der  Gjmn.  gehörig  in  einander  greife,  das 
Fensum  für  jede  Klasse  nach  dem  einzuführenden  Lehrbuch  bestimmt  und  in 
den  anzuordnenden  jährL  oder  halbjährl.  Cursen  jedesmal  absolvirt  wird.'' 

C.Verf.  V.  13.  Sept.  1834:  „Durch  das  Reglement  v.  4.  Juni  d.  J. 
für  die  Prüfung  der  zu  der  Universität  übergehenden  Schüler  ist  bestimmt,  was 
von  den  Abiturienten  hinsichtlich  der  Mathematik  verlangt  werden  soll. 
Diese  Forderungen  sind  im  Wesentlichen  dieselben,  welche  in  dem  Edict  vom 
12.  Oct.  1812  (dem  früheren  Reglement)  gemacht  worden;  und  obwohl  dem 
Min.  nicht  unbekannt  war,  dafs  in  mehreren  Gjmn.  der  mathemat.  Unterricht 
über  diese  Forderungen  schon  seit  Jahren  hinausgegangen  ist,  so  hat  das  Min.  den- 
noch Anstand  genommen,  in  dem  neuen  Beglm.  die  Anforderungen  hierin  zu 
steigern,  teils  weil  sich  mittels  des  Geforderten  der  Hauptzweck  des  mathemat 
Unterrichts  in  den  Gjmn.,  welcher  nicht  sowohl  auf  Mitteilung  von  mathemat. 
Sätzen,  die  etwa  in  diesem  oder  jenem  Lebensverhältnis  unmittelbare  Anwendung 
auf  die  sinnlichen  (regenstände  finden,  als  vielmehr  darauf  zu  richten  ist,  die 
Urteilskraft  der  Schüler  zu  üben  und  sie  an  Klarheit  und  Bestimmtheit  der 
Begriffe  und  an  Gonsequenz  im  Denken  zu  gewöhnen,  ganz  füglich  erreichen 
läfst,  teils  weil  nach  der  bisherigen  Erfahrung  die  Zahl  der  Gjmn.  nicht  klein 
ist,  welche  hinsichtlich  der  Leistungen  ihrer  zur  Universität  entlassenen  Schüler 
in  der  Mathematik  noch  hinter  den  bisherigen  Forderungen  zurückgeblieben  sind. 
—  Finden  sich  einzelne  Gjmn.,  wo  die  Qualification  der  Lehrer  und  Schüler 
es  möglich  macht,  über  das  Geforderte  hinauszugehen,  ohne  dadurch  die  Gründ- 
lichkeit und  den  im  Obigen  angedeuteten  Haupteweck  des  mathemat.  Unterrichts 
in  den  Gjmn.  zu  gefährden,  so  wird  hierdurch  gestattet,  in  solchen  Gjmn.  nach 
Befinden  der  Umstände  auch  den  Umfang  des  mathemat.  Unterrichts  zu  er- 
weitem.**   

Min, Verf.  v.  13.  Dec.  1834  (an  das  K.  Sch.C.  der  Prov.Brandenb., 
den  übrigen  mitgeteilt):  „Das  Min.  kann  sich  mit  dem  Antrage,  den  bisher  in 
der  I  des  Joachimsthalschen  Gjmn.  für  die  Mathematik  festgestellten  Gursus 
auch  femer  beizubehalten,  und  somit  auch  noch  die  sphärische  Trigono- 
metrie und  die  Lehre  von  den  Kegelschnitten  in  den  Kreis  des  Unter- 
richts zu  ziehen,  nicht  einverstanden  erklären.  Zwar  entgeht  es  dem  Min.  nicht, 
dafs  zur  Auffassung  einiger  Lehren  der  Fhjsik  und  einiger  Gesetze  in  dem 
astronomischen  Teil  der  mathemat.  Geographie  eine  genauere  Kenntnis  der  Lehre 
von  den  Kegelschnitten  erforderlich  ist.  Da  indessen  im  Gjmnasialunterricht 
eine  streng  wissenschafUiche  und  erschöpfende  Behandlung  solcher  Gesetze, 
wobei  diese  Lehre  ihre  Anwendung  findet,  nicht  möglich  sein  wird,  so  scheint 
es  räthlicher,  in  dem  betr.  Unterricht  die  nöthigen  Vorstellungen  von  den  Eigen- 
schaften der  Kegelschnitte  lehnsweise  ergänzen  zu  lassen,  als  den  mathemat. 
Unterricht  über  das  in  dem  Beglm.  gesteckte  Ziel  hinaus  zu  erweitem.  Das 
Min.  hat  in  dem  Beglm.  die  Kenntnis  der  sphär.  Trigonometrie  und  die  Lehre 
von  den  Kegelschnitten  absichtlich  von  den  Abiturienten  nicht  verlangt,  weil 
bei  der  bisherigen  Einrichtung,  welche  die  Ausdehnung  des  mathemat.  Unter- 
richts dahin  gestattete,  unter  den  Abitur,  immer  nur  sehr  wenige  waren, 
welche  auch  nur  die  in  dem  Beglm.  v.  4.  Juni  d.  J.  gestellten  Anforderungen 
wirklich  erfüllen  konnten.  Durch  die  Beschränkung  des  mathemat.  Unterrichts 
beabsichtigte  das  Min.  diesem  öffentlichen  und  von  mehreren  Seiten  gerügten 
Uebelstande  abzuhelfen,  indem  es  auf  dem  enger  begrenzten  mathemat.  Gebiete 
nunmehr  möglich  sein  wird,  die  Uebungen  und  Anwendungen  zu  vervielfältigen, 


207 

durch  die  vielseitigste  Betrachtang  derselben  Lehren  den  Schülern  zu  einer 
grOfsem  Sicherheit  und  zn  einem  desto  intensiveren  Wissen  zu  verhelfen  und 
nicht  nor  für  einzelne,  sondern  womöglich  far  alle  den  mathemai  Unterricht 
wahrhaft  frachtbar  und  bildend  zu  machen.  Indem  das  Min.  also  die  sphär. 
Trigonometrie  nnd  die  Lehre  von  den  Kegelschnitten  von  dem  regelmäfsigen 
maäemat.  Unterricht  in  den  Gymn.  hierdurch  ausschliefst,  will  dasselbe  zugleich 
gestatten,  dafs  in  aufserordentlichen  Fällen,  wo  Schüler  von  ausgezeichneten. 
Anlagen  zur  Mathematik  sich  in  der  I  eines  Gjmn.  befinden,  und  bei  den  Gymn., 
wo  es  die  vorhandenen  Lehrkräfte  und  Mittel  erlauben,  vorübergehend  für  die 
Mathematik  eine  classis  selecta  errichtet  und  dieselbe  aus  denjenigen  Schülern 
gebildet  werde,  welche  sich  das  im  Beglm.  v.  4.  Juni  d.  J.  in  Betreff  der  Mathe- 
matik gesteckte  Fensum  wirklich  zu  einem  geistigen  Eigentum  gemacht  haben 
und  Neigung  zeigen,  auch  schon  auf  der  Schule  über  dieses  Fensum  hinaus- 
zugehen.'* — 

Min.Verf.  v.  21.  Oct  1840  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Koblenz:  — 
„Die  Eifersucht,  welche  nach  dem  vorliegenden  Bericht  an  allen  Gymn.  der 
Bheinprovinz  zwischen  den  Lehrern  der  MaÜiematik  und  denen  der  philologischen 
Wissenschaften  rege  geworden  ist,  hat  sich  auch  in  manchen  Gymn.  der  übrigen 
Provinzen  bemerklich  gemacht  und  die  Lehrer  der  Mathematik  über  das  vom 
Abitnrientenreglm.  vorgeschriebene  Ziel  hinausgeführt.  Das  Min.  kann  nicht 
dringend  genug  empi^hlen,  einem  solchen  unregelmäfsigen  Verfahren  der 
mathemat.  Lehrer  nach  wie  vor  überall  mit  Entschiedenheit  entgegenzutreten 
und  auf  gründliches  Erlernen  der  Elementar-Mathematik  bei  den  Schülern 
zu  dringen.^*  — 

C.Verf.  des  Frov.Sch.C.  zu  Koblenz  v.  7.  Apr.  1841:  „Bei  den 
Abiturientenprüfungen  hat  sich  herausgestellt,  dafs  an  mehreren  Gymn.  unsers 
Verwaltungsbezirks  die  Leistungen  der  meisten  Examinanden  in  den  mathemat. 
Disciplinen  bei  der  mildesten  Beurteilung  ungenügend  erscheinen,  während  die 
Ergebnisse  an  anderen  Anstalten  dieser  Art  beweisen,  dafs  den  reglements- 
m^fsig'en  Anforderungen  hinsichtlich  der  Mathematik  ohne  Benachteiligung  anderer 
Lehrgegenstände  unter  zweckmäfsiger  Anleitung  füglich  entsprochen  werden 
kann.  Auch  haben  wir  aus  den  Verhandlungen  über  die  Maturitätsexamina  an 
einigen  Gymn.  ersehen,  dafs  die  Majorität  der  Prüfungscomm.  selbst  solchen 
ZögMngen,  welche  bei  sehr  mittelmäfsiger  Qualification  in  den  übrigen  Gegen- 
ständen in  der  Mathematik  nicht  einmal  die  gewöhnlichen  Elementarkenntnisse 
sich  angeeignet  hatten,  dennoch  das  Zeugnis  der  Beife  zuerkannt  hat  Eine 
solche  Nachsicht  in  der  Beurteilung  der  wissenschaftlichen  Befähigung  der 
studirenden  Jugend  ist  mit  dem  Zweck  und  mit  den  Bestimmungen  des  Prü- 
fongsreglm.  unverträglich,  welches  in  den  mildernden  Paragraphen  die  An- 
forderungen in  Betreff  eines  so  wichtigen  Bildungsmittels  nicht  aufhebt,  sondern 
nur  ermäfsigt. 

Als  Minimum  der  mathemat.  Vorbildung  ist  jedenfalls  auiser  der 
Fertigkeit  im  praktischen  Bechnen  eine  gründliche  Kenntnis  der  Planimetrie 
und  der  ersten  Elemente  der  allgemeinen  Arithmetik  unerläfslich.  Wer  auch 
in  diesen  Teilen  der  Mathematik  nicht  die  dem  Zwecke  dieses  Lehrgegenstandes 
entsprechende  Sicherheit  und  die  durch  das  Beglm.  vorgeschriebene  Einsicht  in 
das  Wesen  und  den  Zusammenhang  der  Sätze  und  Beweise  gewonnen  hat,  darf, 
auch  wenn  er  in  den  übrigen  Gegenständen  hinreichende  Kenntnisse  an  den 
Tag  legt,  nicht  als  reif  zu  den  akadem.  Studien  entlassen  werden.  Da  übrigens 
nach  vielfachen  Erfahrungen  die  Anforderungen  des  Beglm.  bei  einem  wohl- 
geordneten Unterricht  und  sorgfältiger  Wiederholung  sich  wohl  erzielen  lassen^ 
so  kann  die  oben  angegebene  Ermäfsigung  in  geeigneten  Fällen  nur  ausnahms- 
weise eintreten,  während  das  Zurückbleiben  vieler  Zöglinge  einer  Anstalt  hinter 


208 

dem  durch  das  Beglm.  bezeichneten  Ziele  gegen  die  Zweckm&fsigkeit  der  be- 
folgten Unterrichtsmethode  gerechte  Zweifel  erregen  würde.  —  Inwiefern  es 
angemessen  sein  möchte,  an  dem  Ihrer  Leitung  anvertrauten  Gymn.  zur  Sicher- 
stellung jenes  Minimums  mathematischer  Kenntnisse  eine  Wiederholung  der 
Elemente  der  Arithmetik  und  Geometrie  in  I  anzuordnen,  bleibt  Ihrem  Ermessen 
anheimgegeben." 

Aus  einer  Min.Verf  v.  16.  Aug.  1860:  —  „Die  grofse  Anjjahl  der  im 
Oebrauch  befindlichen  mathemat.  und  physikal.  Lehrbücher  ist  ein  erheb- 
licher Uebelstand.  Es  wird  darauf  Bedacht  genommen  werden,  die  nicht  be- 
währten noch  weiter  auTser  Gebrauch  und  zweckmäfsigere  an  deren  Stelle  zu 
setzen.  Die  Unterrichtsverwaltung  wird  sich  indefs  nach  wie  vor  einer  directen 
Nöthigung  dabei  enthalten.  —  Die  eingeführten  Bücher  werden  allerdings  ofb 
zu  wenig  benutzt:  woUte  man  erzwingen,  dafs  es  mehr  geschehe,  so  käme  man 
in  Gefahr,  die  wichtigere  Wirksamkeit  der  freien  Individualität  des  Lehrers  zu 
beeinträchtigen.  —  Die  für  den  philologischen  Unterr.  bestimmte  wöchentl. 
Stundenzahl  zu  Gunsten  des  mathemat.  und  physikal.  Unterrichts  auf  den 
Gymn.  zu  vermindern,  ist  bei  der  bestehenden  Lehrverfassung  derselben  nicht 
zulässig;  ebensowenig  aber  kann  es  unter  den  gegenwärtigen  Umständen  rath- 
sam  erscheinen,  gleichwohl  die  Zahl  der  mathemat.  und  physikal.  Stunden,  und 
somit  die  Gesamtzahl  der  wöchentl.  Lehrstunden  zu  erhöhen.  Auf  den  Beal- 
schulen  liegt  in  den  oberen  El.  der  Schwerpunkt  im  mathemat.  und  physikal. 
Unterricht,  und  unter  ihnen  bringen  es  einige  Anstalten  erster  und  zweiter 
Ordn.  darin  zu  sehr  anerkennenswerthen  Leistungen.  —  Die  philologische  Ten- 
denz der  Gymn.  hindert  nicht,  dafs  Schüler  je  nach  Talent  und  Neigung  unter 
der  Einwirkung  befähigter  Lehrer  sich  vorzugsweise  mathematischen  Studien  hin- 
geben, und  es  ist  demgemäfs  noch  in  der  Verf.  v.  12.  Jan.  1856  beim  Abiturienten- 
examen die  Oompensation  schwächerer  Leistungen  in  den  alten  Sprachen 
durch  voizügliche  mathematische  ausdrücklich  fQr  zulässig  erklärt.**  — 

Min.Verf.  v.  10.  März  1866  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Stettin:  — 
^ie  beantragte  Beschränkung  des  mathemat.  Unterrichts  in  I  auf  wöchentl. 
3  St.  unter  gleichzeitiger  Vermehrung  desselben  in  der  III  auf  4  St.  kann  ver- 
suchsweise bei  denjenigen  Gymn.  eintreten,  wo  der  Dir.  und  die  mathemat. 
Lehrer  sich  über  die  Zulässigkeit  dieser  Abänderung  des  allgm.  Lehrplans  ge- 
einigt haben.  Am  wenigsten  Bedenken  wird  der  Versuch  da  haben,  wo  die 
Schülerzahl  der  I  gering  ist.  —  Was  die  Festsetzung  eines  Minimums  des  unter 
allen  Umständen  von  den  Abiturienten  in  der  Mathematik  zu  Leistenden  betrifft, 
so  wird  es  dessen  allerdings  nicht  bedürfen,  wenn  von  der  far  die  Maturitäts- 
prüfung freigegebenen  gegenseitigen  Oompensation  der  Leistungen  auf  dem 
(jebiet  der  Philologie  und  der  Mathematik  von  den  Prüfungscommissionen  ein 
Gebrauch  gemacht  wird,  welcher  der  Intention  entspricht,  dadurch  einer  vor- 
wiegenden Neigung  und  Begabung  in  den  oberen  Kl.  eine  angemessene  Freiheit 
zu  gewähren.  Dabei  kann  es  bis  auf  Weiteres  um  so  mehr  sein  Bewenden  haben, 
als  in  der  dortigen  Provinz  der  Departementsrath  des  E.  Prov.Sch.C.  bei  allen 
Gymn.  selbst  die  Prüfung  leitet  und  somit  im  Stande  ist,  hierin  unmittelbar 
auf  das  richtige  Verfahren  einzuwirken,  auch  nicht  unterlassen  wird  darauf  zu 
halten,  dafs  unter  den  für  die  schrifü.  mathemat.  Prüfungsarbeiten  zu  stellenden 
Aufgaben  sich  immer  auch  solche  finden,  welche  von  den  in  der  Mathematik 
schwächeren  Abiturienten  gelöst  werden  können.**  — 

G.Verf.  V.  1.  Dec.  1854:  „Nach  einer  Mitteilung  des  H.  Handels- 
ministers hat  die  Direction  der  E.  Bauakademie  angezeigt,  dafs  verhältnismäßig 
viele  Schüler  bei  ihrer  Aufnahme  auf  die  Bauakademie  hinsichtlich  der  von  den 
Lehrkreisen  der  Gymn.  und  Bealschulen  umfafsten  mathemat  Wissenschaften, 


209 

namentlich  der  Algebra,  der  Lehre  von  den  Potenzen,  Proportionen,  Gleichungen» 
Progressionen  und  Logarithmen,  sowie  der  ebenen  Trigonometrie  und  Stereometrie» 
nicht  hinreichend  vorgebildet  sind,  um  die  Vorträge  über  sphär.  Trigonometrie, 
analyt  Geometrie  und  Curvenlehre,  mit  welchen  die  höheren  mathemat.  Disci- 
plinen  auf  der  Bauakademie  eingeleitet  werden,  gehörig  aufzufassen  und  ihre 
weiteren  Studien  mit  Sicherheit  darauf  gründen  zu  können. 

Dieser  Mangel  an  genügender  mathemat.  Vorbildung  ist  nicht 
allein,  obschon  vorzugsweise,  bei  dei\]enigen  Schülern,  welche  aus  den  Gymn., 
sondern  auch  bei  denen,  welche  aus  Realschulen  hervorgegangen  sind,  walirge- 
nommen  worden  und  besteht  nicht  allein  in  Unsicherheit,  oft  sogar  in  gänz- 
licher Unkenntnis  der  Beweisführungen,  sowie  der  Auflösungsmethoden  ein- 
facher Aufgaben,  sondern  auch  in  ganz  unzulänglicher  Uebung  im  Gebrauch 
der  Logaritiimen. 

Da  das  in  den  bestehenden  Prüfungsreglements  für  den  Untrr.  in  der 
Mathematik  gesetzte  Ziel  in  der  dafür  bestimmten  wöchentl.  Stundenzahl  sehr 
wohl  erreichbar  ist,  so  kann  der  Grund  des  erwähnten  Mangels  hauptsächlich 
nur  in  dem  nicht  zweckmäfsigen  Verfahren  einzelner  Lehrer  gesucht  werden. 

Ich  veranlasse  daher  die  £.  Prov.SchulcolL,  dem  mathemat  Unterricht 
besondere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden. 

Zuvörderst  ist  mit  Strenge  darauf  zu  halten,  dafs  derselbe  nicht,  wie  es 
an  einzelnen  Anstalten  geschehen  ist,  über  die  durch  die  Bestimmungen  des 
Prüfungsreglm.  gesteckten  Grenzen  ausgedehnt  werde;  dagegen  mufs  in  dem 
den  Gymn.  sowie  den  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen  zugewiesenen  Umfange  der 
mathemat  Disciplinen  nicht  nur  Klarheit  der  Anschauung  und  Gründlichkeit 
des  Wissens,  sondern  auch  Sicherheit  und  Fertigkeit  in  der  Anwendung  erreicht 
werden.  Dies  wird  nur  dann  geschehen,  wenn  der  Unterricht  stets  die  Selbst- 
ihätigkeit  der  Schüler  in  Anspruch  nimmt,  sich  nicht  mit  gedächtnismäfsiger 
Aneignung  von  Sätzen  und  Formeln  begnügt,  sondern  die  richtige  Einsicht 
durch  Lösung  angemessener  Aufgaben  und  vielfache  Uebungen  vermittelt  und 
befestigt  Wenn  auch  der  mathemat.  Unterricht  an  einer  und  derselben  Anstalt 
nach  Lage  der  Verhältnisse  oft  mehreren  Lehrern  übertragen  werden  mufs,  so 
ist  doch  darauf  zu  halten,  dafs  der  gesamte  Unterricht  nach  Einem  Lehrsystem 
und  wenigstens  in  den  beiden  oberen  El.  auch  von  Einem  Lehrer  erteilt  werde» 
weil  jeder  Wechsel  in  dieser  Hinsicht  Zeitverlust  herbeiführt,  die  Aufgabe  des 
Lehrers  der  oberen  Kl.  erschwert  und  in  der  Begel  dazu  beiträgt,  die  Begriffe 
der  Schüler  zu  verwirren  und  ihren  Eifer  für  die  Sache  zu  lähmen. 

Mit  Bezug  auf  die  C.Verf.  v.  9.  Sept  1849  ist  den  Gymnasialdirectoren 
zu  eröffnen,  dafs  nach  einer  Bestimmung  des  H.  Handelsministers  denjenigen 
Schülern  der  Gymn.,  welche  sich  zu  Staatsbaubeamten  ausbilden  wollen,  keinerlei 
Kachlafs  in  den  Anforderungen  allgemeiner  Bildung  zu  gewähren  ist,  von  den- 
selben vielmehr  unbedingte  Zeugnisse  der  Beife  für  die  Universität  gefordert, 
und  bedingte,  auf  die  Beife  zum  Studium  des  Baufachs  ausgestellte  Zeug- 
nisse als  genügend  künftig  nicht  angenommen  werden.  Eben  so  ist  bei  den- 
jenigen Beal-  und  höh.  Bürgerschulen,  deren  Abgangszeugnisse  zum  Eintritt  in 
die  K.  Bauakademie  berechtigen,  darauf  zu  sehen,  dafs  der  2jährige  Oursus  so- 
wohl in  n  wie  in  I  mit  Strenge  innegehalten  werde.  Da  die  Eleven  der 
Bauakademie,  um  den  Untrr.  derselben  mit  gehörigem  Erfolg  benutzen  zu  können, 
auch  einer  gewissen  Fertigkeit  im  Zeichnen  bedürfen,  diese  aber  von  der  Schule 
nicht  immer  mitbringen,  so  ist  den  Schülern,  die  sich  dem  Baufach  widmen  wollen, 
bekannt  zu  machen,  dafs  sie  den  Zeichenuntrr.  der  Schulen  während  des  Besuchs 
der  beiden  oberen  Kl.  wenigstens  3  Jahre  lang  regelmäfsig  und  mit  gutem  Erfolg 
benutzt  haben  müssen,  und  solches  durch  Vorlage  von  eigenen  Arbeiten, 
aus  denen  eine  genügende  Fertigkeit  hervorgeht,  bei  der  Meldung  zur  Aufnahm» 

Wlei«,  Yerordaimgai.  14 


210 

m 

in  die  Bauakademie  darzathnn  haben.  Die  Directoren  der  Gymnasien  nnd 

Bealschnlen  sind  von  diesen  Bestimmungen  mit  der  Weisung  in  Kenntnis  zu 
setzen,  dieselben  in  den  betr.  Klassen  von  Zeit  zu  Zeit  in  Erinnerung  zu  bringen.'^ 

Vgl.  ü.  und  PO.  der  Bealschulen  y.  6.  Oct  1859:  p.  97  ff. 

G.Verf.  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Königsberg  in  Pr.  y.  22.  Dec. 
1873:  „Nachdem  auf  unsere  Verf.  v.  8.  Oct  d.  J.  die  überwiegende  Mehrzahl 
der  diesseitigen  Gymn.  und  Realschulen  sich  für  den  Gebrauch  5stelliger  Loga- 
rithmentafeln erklärt  hat,  so  ermächtigen  wir  hierdurch  die  HH.  Directoren 
derjenigen  Anstalten,  welche  die  bisher  gebrauchten  7steUigen  Logarithmen- 
tafeln durch  5stellige  zu  ersetzen  wünschen,  diesen  Wechsel  ohne  nochmalige 
Anfrage  bei  uns,  jedoch  mit  der  erforderl.  Bücksicht  auf  die  gegenwärtig  im 
Gebrauch  befindlichen  Exemplare  eintreten  zu  lassen.  Hierbei  darf  den  An- 
stalten die  Wahl  zwischen  den  Tafeln  yon  Schlömilch,  August  oder  Gaus& 
anheimgestellt  bleiben.'* 

CVerf:  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Kassel  v.  30.  Jan.  1879.  „Die 
K.  Wiss.  Prüfungs-Gommission  in  Marburg  hat  mit  Bücksicht  darauf,  dafs  in 
den  mathemat  Prüfungsarbeiten  bei  manchen  Anstalten  die  logarithmischen 
Bechnungen  mit  fünf  Decimalstellen  durchgeführt  sind,  während  bei  anderen 
mit  siebenstelligen  Logarithmen  gerechnet  wird.  Folgendes  bemerkt:  Diese  Ver- 
schiedenheit in  der  Anlage  der  in  den  Maturitätsarbeiten,  also  ohne  Zweifel 
auch  aller  bei  dem  Unterrichte  vorkommenden  logarithmischen  Bechnungen  kann 
als  ein  ganz  gleichartiger  Umstand  nicht  angesehen  werden;  denn  mit  je  mehr 
Decimalen  die  Logarithmen  angegeben  werden  sollen,  desto  mehr  Aufmerksam- 
keit und  Zeit  mufs  der  Schüler  auf  das  Aufschlagen  und  Niederschreiben  dieser 
Zifferreihen,  ihre  Addition  oder  Subtraction  u.  s.  w.  verwenden,  und  in  dem- 
selben Grade  wächst  auch  die  Gefahr  irgend  einer  Irrung.  Ohne  die  Gründe 
zu  verkennen,  welche  dessen  ungeachtet  für  den  Gebrauch  der  siebenstelligen 
Logarithmentafeln  geltend  gemacht  werden  können,  glauben  wir,  dafs  den 
Zwecken  des  mathemai  Unterrichts  an  Gymnasien  die  Beschränkung  auf  fünf 
Decimalstellen  in  logarithmischen  Bechnungen  besser  entsprechen  möchte. 

Da  auch  der  Herr  Minister  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten  vor  Kurzem 
gelegentlich  darauf  aufrnerksam  gemacht  hat,  „dafs  es  im  Allgemeinen  nach 
der  Ansicht  bewährter  Fachmänner  sich  nicht  empfiehlt,  auf  höheren  Schulen 
statt  der  fünfstelligen  Logarithmentafeln  siebenstellige  zu  verwenden,"  so  wollen 
Sie  die  betr.  FacUehrer  veranlassen,  sich  künftig  im  Untrr.  nur  der  fanfstelligen 
Logarithmen  zu  bedienen.^ 

Min.yerf.  v.  23.  Jan.  1880,  Auszug.  JPür  das  logarithmisch» 
Bechnen  sind  am  Gymnasium  zu  N.  siebenstellige  Logarithmen  im  Gebrauch» 
Durch  die  Zwecke  des  Schulunterrichtes  ist  weder  der  gröfsere  Zeitaufwand 
gerechtfertigt,  welchen  das  Bechnen  mit  siebenstelligen  Logarithmen  im  Vergleich 
zu  dem  mit  fünf-  oder  vierstelligen  Logarithmen  erfordert,  noch  der  höhere 
Kostenaufwand  für  das  Anschaffen  der  bek.  Tafeln.  Es  ist  hiemach  zu  empfehlen,, 
dafs,  wo  siebenstellige  Logarithmentafeln  an  Gymnasien  oder  Bealschulen  noch 
im  Gebrauche  sind,  dieselben  durch  fünf-  oder  vierstellige  ersetzt  werden,  wie 
dies  z.  B.  seitens  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Königsberg  durch  die  G.Verf.  v.  22.  Dec. 
1873  geschehen  ist.  Bei  der  in  dem  Lehrercollegium  des  Gymnasiums  zu  N. 
anzustellenden  Berathung  bezüglich  der  mathemat.  Lehrbücher  ist  zugleich  in 
Erwägung  zu  ziehen,  welche  einfacheren  und  wohlfeileren  Logarithmentafeln  zum 
Ersate  der  Vega^schen  siebenstelligen  zu  beantragen  sind;  selbstverständlich 
darf  denjenigen  Schülern,  welche  sich  im  Besitz  der  bisher  eingeführten  Tafeln 
befinden,  die  Anschaffung  anderer  Tafeln  nicht  zugemuthet  werden.*' 


.% 


211 

G.Verf.  Y.  13.  December  1877.  ^Seit Einfahning  des  metrischen 
Mafs»  und  Gewichts-Systems'*')  ist  Tielfach  das  Bedürfnis  henrorgetreten, 
neben  der  gesetzmäßigen  vollen  B^ichnnng  der  Mafse  and  Gewichte  anch 
abgekürzte  Bezeichnungen  derselben  anzuwenden. 

Obwohl  die  Interessen  des  geschäftlichen  Verkehrs  wie  diejenigen  der 
Wissenschaft  und  der  Schule  die  Uebereinstimmnng  in  dem  Gebranche  dieser 
Bezeichnungen  erfordern,  ist  eine  solche  bisher  nicht  erzielt  worden. 

Znr    Anbahnung   einer    allgemeinen   Verständigung    hierüber  hat  der 

Herr  Reichskanzler  eine  aus  sachknndigen  Vertretern  aller  beteiligten  Kreise 

zusammengesetzte  Commission  mit  der  Ausarbeitung  entsprechender  Vorschläge 

beauftragt»  und  hat  demnächst  der  Bundesrath  unter  dem  8.  Oct  d.  J.  beschlossen, 

die  Bundesregierungen  seien  zu  ersuchen,  anzuordnen,  dafs  die  von 

der  Commission  zusammengestellten  abgekürzten  Bezeichnungen  der 

Malbe  und  Gewichte  unter  Beobachtung  der  beigefügten  Begeln  sowohl 

im  amtlichen  Verkehre,  als  bei  dem  Unterrichte  in  den  Off.  Lehranstalten 

ausschliefslich  zur  Anwendung  gebracht  werden. 

Unter  Beifügung  eines  Abdrucks  dieser  Zusammenstellung  beaufkragen 
wir  die  K.  Regierung,  alle  Ihr  untergeordneten  Behörden  und  Beamten  mit  ent- 
sprechender Weisung  zu  versehen  und  dafür  zu  sorgen,  da(k  der  Beschlufs  des 
Bundesraths  bei  allen  amtlichen  Verhandlungen  und  Erlassen  beachtet  werde. 

Damit  femer  jene  abgekürzten  Bezeichnungen  auch  im  Privatverkehr 
möglichst  weite  Verbreitung  finden,  ist  die  ZusammensteUung  durch  die  zu 
amtlichen  Publicationen  bestimmten  Blätter  bekannt  zu  machen  und  dem 
Publicum  zur  Benutzung  zu  empfehlen,  sowie  aufserdem  noch  besonders  zur 
Kenntnis  derjenigen  Gesellschaften  und  Vereine  des  dortigen  Bezirks  zu  bringen, 
welche  eine  Einwirkung  auf  wirthschaftHche  oder  technische  Angelegenheiten 
bezwecken/'        An  sämtliche  K.  Regierungen  etc. 

„Abschrift  erhalten  Ew.  Exe.  zur  gefälligen  Kenntnisnahme  und  mit  dem 
ergebenen  Ersuchen,  hinsichtlich  der  Ew.  Ezc.  unmittelbar  untergeordneten  Be- 
hörden und  Institute  gleichfalls  das  Geeignete  veranlassen  zu  wollen.  Die 
Handelskammern,  die  Eichungsinspectoren,  die  Directoren  der  polytechnischen 
und  der  Navigationsschulen  sind  diesseits  benachrichtigt  worden."  An  sämtliche 
K.  Oberpräsidenten.  Die  Minister  des  Innern,  für  Handel  etc.,  der  Finanz-Min. 
und  der  Min.  der  geistl.  Ang. 

G.Verf.  V.  19.  Jan.  1878.  „Aus  der  im  Vorstehenden  abschriftlich 
mitgeteilten  Verf.  vom  13.  Dec.  v.  J.  ergiebt  sich  als  nothwendige  Folge,  dafs 
in  dem  gesamten  Schulunterrichte  fortan  nur  die  von  dem  Bundesrathe  festge- 
stellten abgekürzten  Mafs-  und  Gewichtsbezeichnungen  angewendet  werden  dürfen 
und  dafs  bei  ihrer  Anwendung  die  hinzugefügten  Regeln  für  die  Schreibung 
einzuhalten  sind;  femer  dafs  Rechenbücher,  welche  von  jetzt  an  neu  erscheinen 
oder  neu  gedruckt  werden,  nur  unter  der  Bedingung  zum  Schulgebrauche  zuge- 
lassen werden  dürfen,  wenn  in  ihnen  die  vorgeschriebene  Bezeichnung  und 
Schreibweise  zu  ausschliefslicher  Anwendung  gebracht  ist 

Indem  ich  auf  diese  Consequenzen  der  Verf.  v.  13.  Dec.  v.  J.  aus- 
drücklich aufmerksam  mache,  finde  ich  mich  bestimmt,  folgende  Bemerkungen 
hinzuzufügen. 

Von  wesentlicher  Bedeutung  für  die  durch  den  Rechenunterricht  an  den 
Schulen  zu  erreichende  Einführung   der  Schüler  in   das  neue  Münz-,  Mafs- 


*)  Mafs-  und  Oewiohtsordnung  für  den  norddeutschen  Bond  vom  17.  Aug. 
1868.  —  Bekanntmachung  des  Min.  f.  Handel  eto.  v.  13.  Mai  1869  betr.  die  Vei^ 
haltniszahlen  für  die  Umrechnung  der  bisherigen  Landesmafse.  —  Reichsgesets 
vom  11.  Juli  1884. 

14* 


\ 


212 

und  GtewichtBsjstem  sind  die  drei  von  dem  Bnndesrath  in's  Auge  gefafsten 
Punkte,  nfimlich: 

Uebereinstimmnng  im  Gebrauche  der  abgekürzten  Bezeichnungen; 
Beschränkung  der  abgekürzten   Bezeichnungen  auf  den   engeren 

Bereich  des  wirklichen  Erfordernisses,  wodurch  in  selbst^erständücher 

Folge  die  Anwendung  der  Mafseinheiten  im  Bechnen  im  Wesentlichen 

die  gleiche  Beschränkung  erhält; 

endlich  eine  solche   Schreibweise  der  benannten  Zahlen,   durch 

welche  der  decimale  Charakter  des  neuen  Systems  zu  yoUer  Geltung 

gelangt. 

Im  Hinblicke  auf  den  Einflufs,  welchen  die  in  diesen  Richtungen  zu 
treffenden  Bestimmungen  auf  den  Schulunterricht  ausüben,  hat  der  Herr  Beichs- 
kanzler  darauf  Bedacht  genommen,  dafs  in  der  mit  der  Vorberathung  des  Gegen- 
standes betrauten  fachmännischen  Gommission  die  Interessen  des  Schulunterrichts 
zum  Ausdruck  gekommen  sind.  Ein  zu  diesem  Zweck  berufenes  Mitglied  der 
Gommission,  der  Oberlehrer  Dr.  Eallius,  hat  in  einem  Aufsatze  „das  Münz-, 
Maafs-  und  Gewichtssjstem  im  Bechenunterricht.  Oldenburg  1877.  34  S.,*^ 
ausgehend  von  den  in  der  Gommission  zur  Geltung  gelangten  Grundsätzen,  ein 
Yeifahren  dargestellt,  welches  im  elementaren  Bechenunterrichte  zu  zweckmäfsiger 
Einfohrung  in  das  neue  System  angewendet  werden  kann.  Da  in  manchen 
Fällen  ein  zweckwidriger  Vorgang  beim  Unterrichte  beobachtet  worden  ist,  so 
ist  zu  empfehlen,  dafs  die  Bechenlehrer  von  den  in  der  genannten  Schrift  ent- 
haltenen Bathschlägen  Kenntnis  nehmen  und  dieselben  für  ihre  eigene  Lehr- 
thätigkeit  in  Erwägung  ziehen."        Der  Min.  der  geistl.  etc.  Ang.    Falk. 

Zusammenstellung 
der  abgekürzten  Mafs-  und  Gewichts-Bezeichnungen. 

A.  Längenmafse: 

Kilometer    .  . 

Meter     .    .  • 

Centimeter  .  . 

Millimeter   .  . 

B.  Flächenmafse: 

Quadratkilometer 
Hektar    .    .    . 
Ar     .... 
Quadratmeter   . 
Quadratcentimeter   qcm 
Quadratmillimeter    qmm 

1.  Den  Buchstaben  werden  Schlufspunkte  nicht  beigefügt. 

2.  Die  Buchstaben  werden  an  das  Ende  der  vollständigen  Zahlenausdrücke 

—  nicht  über  das  Decimalkomma  derselben  —  gesetzt  ateo  5,37  m  —  nicht 
5  ^  37  und  nicht  5  m  37  cm  — . 

3.  Zur  Trennung  der  Einerstellen  von  den  Decimalstellen  dient  das  Komma, 

—  nicht  der  Punkt  — .  Sonst  ist  das  Komma  bei  Mafs-  und  Gewichtszahlen 
nicht  anzuwenden,  insbesondere  nicht  zur  Abteilung  mehrstelliger  Zahlenaus- 
drücke. Solche  Abteilung  ist  durch  Anordnung  der  Zahlen  in  Gruppen  zu  je 
3  Ziffern,  vom  Komma  aus  gerechnet,  mit  angemessenem  Zwischenraum  zwischen 
den  Gruppen  zu  bewirken. 

Beschlufs  des  K.  Staatsministeriums  v.  8.  März  1881.  „Zur 
Herbeiführung  eines  gleichmäfsigen  Verfahrens  in  der  Schreibweise  mehrstelliger 
Zahlenausdrücke  wird  hierdurch  bestimmt,  dafs  fortan  seitens  der  Staatsbehörden 
in  Uebereinstimmnng  mit  der  zur  Bezeichnung  der  Mafs-  und  Gewichtszahlen 


C. 

Körpermafse: 

km 

Kubikmeter .    . 

.  cbm 

m 

Hektoliter    .    . 

.  hl 

cm 

Liter  .... 

.  1 

mm 

Kubikcentimeter 

.  ccm 

KubikmiUimeter 

.  cmm 

qkm 

D. 

Gewichte: 

ha 

Tonne     .    ,    . 

.  t 

a 

Kilogramm  . 

.kg 

qm 

Gramm    .    .    . 

•  g 

qcm 

Milligramm  .    . 

.  mg 

313 

eingefahrten  Regel  das  Komma  ansschliefslich  znr  Abtrennnngf  der  Decimal- 
steUen  von  den  Einerstellen  anzuwenden,  die  Abteilung  mehrstelliger  Zahlen 
aber  durch  die  Anordnung  derselben  in  Gruppen  zu  je  drei  Ziffern  auch  bei 
Geld  und  sonstigen  Angaben,  insbesondere  in  den  Etats  und  Bechnungen,  zu 
bewirken  ist." 

8.    Naturwissenschaften. 

Bev.  Lehrpläne  nach  0.  Verf.  y.  31.  März  1883:   p.  Ulf.,   119,   125, 
142  f.  für  Gymn.;  129,  132  f.,  142  f.  R.;  136  f.,  138,  143  f.  h.  B. 

Vgl  C.  Verf.  y.  7.  Jan.  1856 :   p.  66.        U.  und  PO.  y.  6.  Oct.  1856  : 
p.  97. 

9.    Zeichnen  und  Schreiben. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.Verf.  y,  31.  März  1882:  p.  117,  119  für  Gymn,; 

p.  129,  134  für  R. ;  p.  137  ff.  für  h.  B. 

Vgl.  ü.  und  PO.  y.  6.  Oct,  1859:  p.  98  f. 

Lehrplan  für  den  Unterr.  im  Zeichnen  auf  Gymnasien  and 
Realschulen  y.  2.  Oct.  1863: 

„Der  Unterricht  im  Zeichnen  gehört  zu  den  alldem.  Bildangsmitteln  für  die 
Jugend  und  ist  ein  integrirender  Teil  des  Lehrplans  aller  höheren  Schulen. 

Sowohl  nach  den  an  der  Beschaffenheit  und  den  £rfolgen  dieses  Unterrichts 
gemachten  Erfahrungen,  wie  in  Rücksicht  anf  die  Entwickelung  des  Realschal> 
Wesens  und  auf  den  gegenmrtigen  Stand  der  Kunst  und  Industrie,  bedurfte  das 
unter  dem  14.  März  1831  für  denselben  erlassene  Reglement  einer  Abänderung. 
Nachdem  darüber  die  Gutachten  der  K.  Kunstakademien  zu  Berlin,  Düsseldorf 
und  Königsberg,  sowie  der  K.  Proy.-Schulcollegien  und  mehrerer  Zeichenlehrw  yon 
bewährter  Erfahrung  gehört  worden  sind,  wird  auf  Ghrund  derselben  hierdurch  Fol- 
gendes angeordnet. 

1.  Der  Unterricht  im  Zeichnen  wird  auf  den  Gymnasien  in  4  aufeinander- 
folgenden Stufen  (Klassen)  erteilt.  Die  Realschulen  fügen  denselben  eine  fünfte 
Stme  hinzu.  Soweit  es  die  Verhältnisse  der  einzelnen  Anstalten  zulassen,  werden 
die  Schüler  je  nach  Befähigung  und  Fortschritten,  unabhängig  yon  der  sonstigen 
Klasseneinteilung  in  besondere  Abteilungen  yereinigt. 

2.  Erste  (unterste)  Stufe.  Die  Elemente  der  Formenlehre:  Linien  in  yer- 
schiedenen  Richtungen,  Mafsen  und  Verbindungen.  Die  Schüler  müssen  dahin  ge- 
bracht werden,  sämtliche  Verbindungen  gerader  und  krummer  Linien  auch  ohne 
Vorbild  darstellen  zu  können.  Die  Forderung  einer  sicheren  Hand  ist  dabei  nicht 
80  weit  auszudehnen,  dafs  Linien  und  filreise  von  einer  Vollkommenheit  yerlangt 
werden,  als  hätte  man  sich  mechanischer  Hülfsmittel  bedient. 

3.  Zweite  Stufe.  Die  ersten  Elemente  des  perspectiyischen  Zeichnens. 
(Bei  den  Uebungen  kann  nach  dem  Ermessen  des  Lehrers  bisweilen  schon  hier 
Zirkel  und  Lineal  benutzt  werden.) 

Zeichnen  nach  Holzkörpem.  Die  scheinbaren  Veränderungen,  welche  die 
Körper  je  nach  der  Veränderuuff  des  Standpunktes  erleiden,  werden  erläutert;  zu- 
gleich wird  eine  Erklärung  der  Wirkung  des  Lichts  auf  die  Körperflächen  gegeben, 
and  die  yersohiedenen  Körper,  zunächst  mit  ebenen  Flächen,  mit  l^hatten  gezeichnet. 
Die  Körper  sind  rechts  und  links  zu  wenden  und  in  yerschiedene  Entfernung  yom 
Augenpunkt  zu  stelleu. 

Auf  dieser  Stufe  beginnt  femer  das  Freihandzeichnen  nach  Vorlegeblättem, 
bis  zu  den  Gesichtsteilen  und  ganzen  Köpfen,  zuiüUdist  und  hauptsächlich  im  Omrifs, 
bisweüen  mit  Andeutung  yon  Schatten. 

4.  Dritte  Stufe.  Vermehrte  Uebung  im  Freihandzeichnen  nach  Körpern, 
insbesondere  nach  Gipsen:  Ornamente,  Blattformen,  Teile  des  menschl.  Körpers. 
Daneben  fortgesetztes  Zeichnen  nach  Vorlegeblättem,  zu  denen  nunmehr  auch  land- 
schaftliche Darstellungen  gehören. 


214 

Weitere  Entwiokelang  der  Perspectave:  Zeichnen  nach  Körpern  in  mannig- 
fach wechselnder,  näherer  und  entfernterer  Stellung.  Lehre  vom  VerschwindongB- 
pnnkt.  Ajüeitung  in  der  Handhabung  von  Lineal  und  Zirkel,  sowie  in  den  £le* 
menten  des  arohitekton.  Beifsens. 

5.  Vierte  Stufe.  Freihandzeichnen  nach  Vorlegeblättem :  Arabesken,  Tiere, 
Köpfe  und  ganze  Figuren;  mitunter  auch  ausgefiihrtere  Landschafben.  Zeichnen 
nacn  Gipsen  bis  zu  ausgeführten  Köpfen.  Anwendung  der  Estompe  und  Zeichnen 
mit  2  verschiedenen  Kreiden. 

Li  der  Perspective  ist  der  Unterricht  fortzusetzen  bis  zum  Zeichnen  von 
Zimmern  und  verschieden  zusammengesetzten  Gegenständen  nicht  zu  schwerer 
Gonstmction. 

6.  Die  vorbezeichneten  4  Stufen  des  Zeichenunterrichts  auf  den  G^ymn. 
sind  zugleich  die  4  ersten  Stufen  desselben  Unterrichts  auf  den  Realschulen,  jedoch 
mit  dem  Unterschiede,  dafs  hier  neben  dem  Freihandzeichnen  planmäfsiffer  mit 
den  Schülern  der  oberen  Kl.  das  Zeichnen  mit  Lineal  und  Zirkel  geübt  wira,  etwa 
anhebend  mit  der  dritten  Stufe.  Die  Lehre  von  den  Projectionen  vom  Grund- 
und  AuMfs  ist  hier  theoretisch  und  praktisch  zu  behandeln  und  weiter  zu  führen, 
um  so  mehr,  als  hier  für  das  Zeichnen  in  den  oberen  Kl.  eine  gröfsere  Stunden- 
zahl bestimmt  ist.  —  Aufserdem  kommt  aber  in  den  Bealschulen  eine  über  den 
Gymnasialcursus  hinausgehende  fünfte  Stufe  (Ellasse)  hinzu. 

7.  Fünfte  Stufe.  Die  Gegenstände,  womit  die  Schüler  auf  dieser  Stufe  be- 
schäftigt werden,  sind:       1.   Fortgesetzte  Uebung  im  Freihandzeichnen,    2.  Auf- 

faben  aus  der  Perspective  und  Scbittenconstruction  mit  wissenschaftl.  Begründung. 
.  Ln  Linearzeichnen  weitere  Uebung  mit  Bücksicht  auf  den  schon  oben  er^hlten 
Beruf  der  einzelnen  Schüler.    4.  Blemente  des  Planzeichnens. 

8.  Als  Ziel  des  Zeichenunterrichts  auf  Bealschulen  kann  an  die  Abitu- 
rienten derselben  die  Anforderung  gestellt  werden,   dafs   sie  befähigt  sind: 

1.  Ln  Linearzeichnen  von  einfachen  Gegenständen  aus  dem  Gebiet  der 
Architektur,  der  Maschinenkunde  oder  anderer  Fächer  des  prakt.  Lebens  eine 
Projection,  geometrisch  oder  perspectivisch,  einsclüiefslioh  der  Schattenconstruction 
zu  zeichnen.  (Diese  Forderung  setzt  selbstverständlich  voraus,  dafs  die  Beal- 
schulen in  den  oberen  Kl.  den  Schüler  anleiten,  die  graphischen  Darstellungen  auf 
geometr.  Grundoperationen  zurückzuführen,  ihn  also  mit  der  beschreioenden 
Geometrie,  sowie  mit  der  Lehre  von  der  Construction  der  Schatten  und  von  der 
Perspective  vertraut  machen  und  ihm  genügende  Anleitung  zum  architekton.  und 
Jiasohinenzeic^en  geben,  ohne  jedoch  in  £s  Technische  dieser  Fächer  sich  tiefer 
einzulassen).  2.  Ln  Freihandzeichnen  läfst  sich  in  Berücksichtigung  der 
ungleichen  Begabung  der  Schüler  ein  bestimmtes  Lehrziel  nicht  ebenso  wie  beim 
Linearzeichnen  feststellen.  Für  die  befähig^teren  Schüler  ist  als  Ziel  anzunehmen, 
dafs  sie  im  Stande  sind,  Arabesken,  Landschaften,  Tiere,  Köpfe,  auch  wohl  ganze 
Figuren  nach  Vorleffeblättem,  und  nach  Gips  Gegenstände  bis  zu  den  Köpfen 
mit  Schatten  und  Licht  mit  Verständnis  der  Gründe  des  Verfahrens  auszu- 
führen. 3.  Der  Abiturient  soll  einige  Uebung  im  Situations-  oder  Planzeich- 
nen haben. 

In  Betreff  einiger  bei  Ausführung  des  vorstehenden  Lehrplans  zu  beachten- 
der allgemeiner  Gesichtspunkte  und  Bestimmungen  wird  auf  die  nachfolgenden 
Bemerkungen  Bezug  genommen.*'    Der  Hinister  etc. 

Bemerkungen.  In  den  vorstehenden  Bestimmungen  sind  die  allg.  Gbrund- 
züge  ^er  nothwendig  zu  beachtenden  planmäfsigen  Aufeinanderfolge  des  Zeichen- 
nnterrichts  enthalten.  Es  wird  den  Lehrern  überlassen,  sich  innerhalb  derselben 
mit  Freiheit  zu  bewegen,  weshalb  weder  die  auf  den  einzelnen  Stufen  vorzu- 
nehmenden Uebungen  und  das  auf  denselben  zu  erreichende  Ziel  allseitig  detaillirt 
angegeben,  noch  über  die  Methode  des  Unterrichts  mehr  als  allgm.  Andeutungen 
gegeben  sind.  Der  Lehrer  darf  es  nicht  versäumen,  sich  mit  den  Fortschritten 
der  Methodik  genau  bekannt  zu  machen;  aber  da  alles  darauf  ankommt,  dafs  er 
seine  Schüler  zu  interessiren  und  zur  Anstrengung  ihrer  Kräfte  anzuspornen  ver- 
steht, so  mnfs  seiner  Individualität  möglichst  freier  Baum  gelassen  werden.  Es 
wird  auch  künftig  der  Fall  sein,  dafs  die  Lehrer  ihre  Ausbudung  auf  sehr  ver- 
schiedenen Wegen,  mithin  auch  nach  verschiedenen  Methoden,  erworben  haben. 
Mancher  wird  mittels  der  Methode,  nach  welcher  er  selbst  unterrichtet  worden  ist. 


216 

als  Lehrer  ffaie  Resultate  erreiohen,  während  er  unter  dem  Zwange  einer  wenn 
auch  an  sich  besseren  Methode,  mit  der  er  nicht  von  Hanse  aus  vertraut  ist,  viel- 
leicht  nur  Unzulängliches  leisten  würde. 

Bei  aller  Freiheit  des  method.  Verfahrens  bleiben  jedoch  folgende  allgm. 
Gesichtspunkte  zu  beachten:  ^ 

1.  Der  Unterr.  mufs  in  allmählicher  Folge  vom  Leichteren  zum  Schwereren, 
aber  auch  ohne  pedantische,  das  Interesse  der  Schüler  abstumpfende  Einförmigkeit, 
fortschreiten.  £r  hat  sich  nicht  zu  lange  bei  den  vereinzelten  Teilen  der  Gegen* 
stände  aufzuhalten,  sondern  sie  früh  in  ihrem  Zusammenhange  als  ein  Ghinzes  vor- 
zuführen. Es  fdilt  für  die  Hebung  der  1.  Stufe  nicht  an  guten  Wandtafeln. 
Aber  sehr  zu  empfehlen  ist,  dafs  der  Lehrer  selbst  bisweilen  die  Fiaruren  an  die 
Tafel  zeichne,  damit  die  Schüler  dieselben  entstehen  sehen.  Bei  den  Anföx^gen 
im  Zeichnen  ist  es  zweckmäfsig,  immer  die  ganze  Klasse  mit  derselben  Aufgabe 
zu  beschäftigen,  um  sie  in  Aufmerksamkeit  zu  erhalten  und  den  Wetteifer  anzuregen. 

2.  Zu  den  Aufgaben  des  Zeichenunterrichts  auf  höh.  Lehranstalten,  insbe- 
sondere auf  den  Gvmn.  gehört  aufser  der  Uebux^  des  Auges  und  der  Hand  die 
Ausbildung  des  Scnönheitssinnes  und  des  ästhet.  Urteils.  Die  Schüler  sollen  durch 
planmäfsig  geleitete  Uebungen  zugleich  die  charakteristischen  Formen  der  Dix\ge 
auffassen  lernen  und  zu  einem  verständigen  Anschauen  der  Natur  und  der  Meister- 
werke der  bildenden  Kunst  geführt  werden.  * 

3.  Auf  den  Gymnasien  ist  das  Freihandzeichnen  die  wichtigste  Uebung. 
Soll  dieselbe  aber  der  vorerwähnten  Aufgabe  entsprechen,  so  darf  sie  nicht  mecha- 
nisch getrieben  werden,  sondern  ist  vielmehr  so  viel  wie  möglich  zu  einer  bewufsten 
Selbstthätigkeit  zu  erheben.  Schon  der  AnHinger  darf  nidits  zeichnen  ohne  vor- 
hergegangene Belehrung  und  Erklärung.  Mit  der  äufseren  Ausbildung  mufs  die 
innere  gleichen  Schritt  halten.  Die  Hand  kann  nur  ^Utrstellen,  was  das  Auge 
sieht,  &8  Auge  sieht  aber  nur  mit  Hülfe  des  Verstandes  richtig.  Die  nachbildenae 
Hand  arbeitet  also  nicht  blofs  im  Dienste  des  Auges,  sondern  auch  des  ver- 
ständigen Urteils.  Zu  dem  Ende  ist  es  besonders  wichtig,  dafs  der  Unterricht 
nicht,  wie  oft  geschehen,  lediglich  auf  das  Copiren  von  Vorlegeblättem  beschränkt 
wird,  wobei  eine  method.  Unterweisung  oft  ganz  ausgeschlossen  bleibt.  Das  Zeichnen 
blofs  nach  Vorlegeblättem  kann  das  Auge  verwöhnen«  weil  das  nachzubildende 
übject  demselben  dabei  immer  zu  nahe  gerückt  ist.  Es  kann  auf  diese  Weise 
vorkommen,  dafs  Schüler  nach  jahrelangem  Zeichnen  nicht  im  Stande  sind, 
einen  Stuhl,  einen  Tisch  oder  irgend  einen  körperlichen  Gegenstand  richtig  nach- 
zubilden. 

4.  Erfahrungsmäfsi^  gehen  auch  auf  den  Gymn.  die  meisten  Schüler  schon 
aus  IV  und  III  ab,  um  sich  irgend  einem  Beruf  zu  widmen;  deshalb  ist  der  Lehr- 
gang, dies  berücksichtigend,  so  geordnet,  dafs  auch  solche  Schüler  bei  ihrem  Ab- 
sang aofser  der  Uebung  im  Freihandzeichnen,  schon  im  Linearzeiohnen  geübt,  mit 
der  Lehre  vom  Auf-  und  Grundrifs,  sowie  mit  den  Elementen  der  Perspective 
bekannt  gemacht  sein  und  eine  solche  Grundlage  im  Zeichnen  erhalten  haben 
können,  dafs  sie,  wenn  es  der  künftige  B^ruf  erheischt,  sich  im  Zeichnen  selbst 
weiter  zu  helfen  im  Stande  sind.  Denn  was  sie  in  der  Schule  im  Zeichnen  erwor- 
ben haben  sollen,  ist  nicht  eine  mechanische  Handfertigkeit,  sondern  ein  auf  Ver- 
ständnis gegründetes  Können.  —  Die  Handhabung  von  Lineal  und  Zirkel  und 
deren  Benutzung  zum  architekton.  Reifsen  wird  auf  Gymn.  zweckmäfsig  den  oberen 
Stufen  vorbehalten.  Zum  Behuf  der  Bildung  des  ästhet  Sinnes  und  im  Zusammen- 
hange mit  den  übrigen  Gymnasialstudien  sind  die  Vorbilder  vorzugsweise  der 
antiken  Kunst  zu  entlehnen,  und  auf  den  oberen  Stufen  Gelegenheit  zu  nehmen, 
die  Schüler  nicht  nur  mit  den  antiken  Säulenordnungen,  sondern  auch  mit  einigen 
Hauptwerken  der  class.  Sculptur  und  Architektur  bekannt  zu  machen. 

5.  Die  Realschulen  müssen,  wie  die  für  dieselben  erlassene  U.  und  PO. 
V.  6.  Oct  1859  hervorhebt,  nach  der  diesen  Anstalten  eigentümlichen  Bestimmung, 
auch  zu  einer  gründlichen  Beschäftigung  mit  den  Gegenständen  der  Natur,  der 
Technik  und  der  Kunst  vorzubereiten,  dem  Unterr.  im  Zeichnen  eine  vorzügliche 
Pflege  angedeihen  lassen.  Er  kann  daselbst  mehr  als  auf  den  Gymn.  auch  mit 
dem  mathemat,  naturgeschichtL  und  geograph.  Unterr.  in  eine  förderliche  Wechsel- 
wirkung gebracht  weraen.  Vorzugsweise  in  den  Bealschulen  mufs  der  Zeichen- 
unterricht den  Schülern  zu  Anschauung  und  Erkenntnis  bringen,  dafs  die  in  den 


216 

mathemat.  Körpern  sich  darstellenden  Gesetze  sich,  wenn  anch  versteckt,  in  den 
natürlichen  Organismen  wiederfinden  nnd  den  Charakter  der  äufseren  Erscheinung 
derselben  wesentlich  bestimmen.  Je  mehr  die  Schüler  in  die  Gesetzmäfsigkeit  der 
Natur  eingeführt  werden,  desto  mehr  wird  sich  auch  ihr  Schönheitssinn  bilden. 

6.  Wenn  nach  der  Tendenz  der  Realschulen  das  Linearzeichnen  als  der  für 
diese  Anstalten  besonders  wichtige  Teil  des  Zeichnens  angesehen  werden  mufs, 
so  ist  damit  keineswegs  gesagt,  dafs  das  Freihandzeichnen  daselbst  vernachlässigt 
werden  dürfe;  dasselbe  mufs  vielmehr  bis  zu  Ende  des  Schulcuraus  mit  Ernst 
und  Strenge  fortgeführt  und  immer  in  Beziehung  auf  perspectivische  Anschauung 
gelehrt  werden.  Zu  empfehlen  ist,  dafs  auf  der  fünften,  nach  Befinden  auch  schon 
auf  der  vorhergehenden  Stufe,  in  Beziehung  zu  dem  naturgeschichtl.  Unterricht  u.  a. 
auch  der  Knochenbau  des  menschl.  Körpers  zum  Gegenstand  des  Zeichnens  ge- 
wählt wird.  Eine  gewisse  Uebung  und  Fertigkeit  im  Freihandzeichnen  mufs  schon 
erworben  sein,  ehe  die  Schüler  das  eigentliche  Linearzeichnen  beginnen  können. 
Dieses  kann  auf  der  dritten  Stufe  mit  der  Projectionslehre  beginnen,  während  auf 
der  vorletzten  die  Perspective  als  Wissenschaft  gelehrt,  auf  der  obersten  fortgesetzt 
und  die  Schattenconstruction  hinzugenommen  wird. 

7.  Um  zu  verhüten,  dafs  die  Unterweisung  im  Linearzeichnen  zu  einer  Zeit 
eintrete,  wo  es  den  Schülern  an  den  nöthigen  mathemat  Vorkenntnissen  noch  fehlt, 
hat  der  Zeichenlehrer,  sofern  er  das  Erforderliche  nicht  selbst  in  seinen  Unterricht 
aufnimmt,  sich  wegen  der  Anordnung  des  mathemat  Lehrplans  mit  dem  Director 
and  dem  betr^  Lehrer  zu  verständigen. 

8.  Freihandzeichnen  und  Linearzeichnen  können  entweder  abwechseln  oder 
neben  einander  in  getrennten  Stunden  gelehrt  werden.  Das  letztere  geschieht  schon 
in  einigen  Realschulen,  wo  2  Lehrer,  der  eine  für  das  Handzeichnen,  der  andere 
für  das  Linearzeichnen,  angestellt  sind.  Für  solche  Fälle  ist  Aufmerksamkeit  darauf 
nöthig,  dafs  die  innere  Einheit  und  die  gegenseitigen  Beziehungen  des  Freihand- 
und  des  Linearzeichnens  durch  den  Unterricht  bei  2  verschiedenen  'Lehrern  nicht 
beeinträchtigt  werden. 

9.  Die  Schüler  der  VI  sind  bisweilen  für  den  Unten*,  im  Zeichnen  noch  zu 
wenig  entwickelt  und  haben  mit  dem  Schreiben  noch  genug  zu  thun.  Dispensa- 
tionen vom  Zeichnen  sind  daher  in  dieser  Kl.  nach  dem  Ermessen  des  Dir.  zulässig. 
Andererseits  können,  wo  mit  dem  Gymn.  oder  der  Realschule  Elementarklassen  ver- 
bunden sind,  die  befähigten  Schüler  derselben  auch  schon  mit  den  Uebungen  der 
ersten  Lehrstufe  des  Zeichnens  beschäftigt  werden. 

lU.  In  den  Gymn.  ist  der  Zeichenunterricht  nach  dem  bestehenden  Lehrplan 
nur  bis  IV  inclus.  obligatorisch«  Es  kann  hierin  bei  aller  Hochschätzung  des 
Zeichnens  als  eines  allgemeinen  Bildungsmittels  in  Rücksicht  auf  die  übrigen  Auf- 
gaben des  Gymn.  nichts  geändert  werden.  Aber  die  Schüler  der  oberen  Klassen, 
die  um  des  gewählten  Berufs  willen  oder  aus  Neigung  femer  am  Zeichenunterricht 
teilnehmen  wollen,  müssen  dazu  Gelegenheit  haben.  Die  C.  Verf.  v.  24.  Oct.  1837 
hat  dies  vorgesehen,  indem  sie  die  Zeichenstunden  so  zu  legen  vorschreibt,  dafs 
den  Schülern  der  oberen  Kl.  die  Teilnahme  daran  möglich  ist  (s.  p.  58).  Die 
Erfahrung  lehrt,  dafs  in  Folge  dieser  Einrichtung  an  vielen  Gymn.  eine  grofse 
Zahl  von  Schülern,  in  denen  sich  vorher  unter  dem  Einflufs  einer  anregenden 
Lehrmethode  Neigung  und  Talent  zu  künstlerischer  Beschäftigung  entwickelt  hat, 
von  in  an  freiwillig  und  bis  in  die  obersten  Kl.  den  Zeichenunterricht  zu  be- 
suchen fortfährt  Es  ist  in  dieser  Beziehung  zweckmäfsig,  dafs  die  Gymnasial- 
directoren  den  Schülern  der  betr.  oberen  Kl.,  so  oft  es  erforderlich  scheint,  von 
der  ihnen  gebotenen  Gelegenheit  Kenntnis  geben ;  ferner  dafs,  wenn  mehr  Schüler 
der  oberen  Kl.  sich  zur  freiwilligen  Teilnahme  am  Zeichenunterricht  melden,  als 
das  Local  beim  Unterricht  der  unteren  Kl.  aufnehmen  kann,  oder  wenn  andere 
Umstände  eine  Teilnahme  der  Schüler  höherer  Kl.  an  den  Zeichenstunden  der 
unteren  unthunlich  machen,  auf  Ansetzung  aufserordentlicher  Stunden  angetragen 
wird,  in  denen  die  Schüler  höherer  Kl.  nach  ihrer  Entwickelung  und  ihren  Zwecken 
gemäfs  angeleitet  und  beschäftigt  werden  können.  Von  den  Dir.  solcher  Anstalten 
ist  in  dem Jährl.  Schulprogramm  jedesmal  anzuheben,  wie  viele  Schüler  der  einzelnen 
3  oberen  £l.  während  des  abgelaufenen  Schuljahrs  freiwillig  am  Zeichenunterricht 
Teil  genommen  haben. 


217 

11.  Es  itt  zulässig^,  die  fär  das  Zeichnen  bestimmten  2  wöchentl.  Stimden» 
sofern  pädagogische  Gbründe  es  nicht  widerrathen,  zusammenzulegen,  und  eben  so, 
besonders  in  den  Realschulen,  die  für  die  oberen  Kl.  als  Minimum  angesetzte 
Stundenzahl  nach  Bedürfnis  zu  vermehren. 

12.  Die  für  die  Realschulen  erlassene  ünterrichtsordnung  weist  daraufhin, 
dafs  die  Selbstthätigkeit  der  Schüler  anzuregen  ist,  sich  auch  aufser  der  Schule 
nach  freier  Wahl  mit  Gegenstanden  der  Natur  und  Kunst  zu  beschäftigen,  und 
dafs  das  Naturzeichnen  eine  dazu  besonders  empfehlenswerthe  Uebung  ist  (s.  p.  99). 
Die  Lehrer  können  den  Schülern  dabei  sehr  nützlich  sein,  wenn  sie  dieselben  von 
Zeit  zu  Zeit  begleiten,  sie  das  im  Freien  sich  Darbietende  richtig  sehen  lehren 
und  ihnen  Anleitung  geben,  für  die  Aufnahme  eines  Gegenstandes  den  richtigen 
Standpunkt  einzunenmen. 

13.  Der  Unterricht  im  Zeichnen  hat  sich  innerhalb  der  Gh^nzen  des  der 
Schule  eigenen  Gebiets  zu  halten.  Sie  hat  nicht  die  Aufgabe,  Künstler  vorzubilden, 
sondern  vielmehr,  die  Schüler  in  den  elementaren  Voraussetzungen  der  Kunst  zu 
üben:  im  Verständnis  der  Formen,  Sicherheit  des  Blicks  und  Augenmafses,  Festig- 
keit und  Leichtigkeit  der  Hand.  £s  kommt  bei  dem,  was  die  Schüler  zeichnen, 
weniger  darauf  an,  dafs  es  sich  malerisch  ausnehme,  als  dafs  es  correct  sei.  Auf 
das  Nachbilden  von  landschaftlichen  Vorlegeblättem  wird  oft  ein  Mafs  von  Zeit 
und  Mühe  verwandt,  welches  zu  dem  Nutzen  dieser  Uebungea  nicht  in  richtigem 
Verhältnis  steht.  Der  Lehrer  täuscht  sich  dabei  sehr  leicht  über  die  Schüler,  und 
diese  sich  über  sich  selbst;  ihr  Formensinn  kann  dabei  völlig  unentwickelt  und 
ungeübt  bleiben. 

14.  Wenn  yne  bei  jedem  Unterricht  so  auch  im  Zeichnen  nur  der  Lehrer 
gute  Fortschritte  seiner  Schüler  erzielen  kann,  der  es  versteht,  ihnen  Lust  zur 
Sache  einzuflöfsen,  so  darf  das  darauf  gerichtete  Bestreben  doch  nicht  vergessen, 
dafs  es  sich  um  einen  ernsten  Lehrgegenstaod  handelt.  Das  wahrhaft  bildende 
Element  des  Zeichenunterrichts  wird  beeinträchtigt  oder  unwirksam  gemacht,  wenn 
sich  die  Schüler  gewöhnen,  ihn  lediglich  als  ein  Amüsement  anzusehen.  Der 
jugendlichen  Neigung  zu  Spielereien  wird  bisweilen,  z.  B.  in  Anwendung  des  papier 
pell^  u.  dgi.  m.,  eben  so  im  Coloriren,  wozu  die  Schule  wegen  der  Beschäftigung 
mit  Nothwendifferem  in  der  Regel  keine  Zeit  hat  und  das  der  Privatbesclulftigung 
überlassen  werden  mufs,  Vorschub  geleistet.  Auch  von  der  schwarzen  ELreide  lassen 
manche  Lehrer  aus  Nachgiebigkeit  gegen  die  Wünsche  der  Schüler  viel  zu  früh 
und  ehe  diese  in  scharfer  und  sauberer  Darstellung  der  Gontoure  hinlänglich  geübt 
sind,  Gebrauch  machen.  Statt  dessen  ist  sehr  zu  empfehlen,  von  Zeit  zu  Zeit 
auch  mit  der  Feder  (und  chinesischer  Tusche)  zeichnen  zu  lassen,  wenigstens  die 
Hauptformen  und  Umrisse  der  Gegenstände.  Erst  wenn  die  nöthige  Sicherheit  in 
den  unentbehrlichen  elementaren  Grundlagen  erreicht  ist,  also  erst  auf  den  oberen 
Stufen,  kann  und  mufs  der  Unterricht  den  individuellen  Neigungen  der  Schüler 
gröfsere  ZuReständnisse  machen. 

15.  Bei  der  Wahl  der  Vorlegeblätter  darf  aufser  der  methodischen  und 
ästhetischen  auch  die  pädagogische  Rücksicht  nicht  aufser  Acht  gelassen  werden. 
Es  ist  Sache  der  Direotoren,  die  Zeichenlehrer  hierin  mit  ihrem  Rath  zu  unter- 
stützen. 

16.  Zu  den  Erfordernissen  für  den  Zeichenunterricht  gehört  in  leder  höheren 
Schule  aufser  dem  nothwendigen  Vorrath  an  Vorlegeblättem  und  plastischen 
Modellen  ein  für  die  Aufgabe  des  Unterrichts  wohlgelegenes  Lehrzimmer  mit  hin- 
länglichem Licht.  Es  darf  darin  an  Gegenständen  bildender  Anschauung  nicht 
fehlen :  Abbildungen  vorzüglicher  und  charakteristischer  Kunstwerke,  Büsten,  Orna- 
mente, Architektonisches  u.  dgl.  m.  sind  der  geeignetste  Schmuck  des  Looals.*) 
Die  tägliche  Anschauung  trä^  wesentlich  zur  Erweckung  der  Fähigkeiten  bei. 
Ohne  einen  eigenen  in  dieser  Weise  ausgestatteten  Zeichensaal  kann  eine  Lehr- 
anstalt in  die  erste  Ordnung  der  Realschulen  nicht  aufgenommen  werden.** 

Aus  einer  C.Verf.  v.  20.  Oct.  1863:  „Die  K.  Prov.  SchulcolL  werden 
veranl&fst,  die  Gymnaeialdirectoreii  anf  Nr.  10  der  dem  Lehrplan  beigegebenen 
Bemerlnmgen,  die  Teilnahme  der  Schüler  der  oberen  Kl.  am  Zeichenunterricht 


*)  Zar  Antehaffong  Ton  Kaohbildongeii  antUin  Stoltnkftpiaio  ■.  a  Ynt    ▼.   21.  Juni   1877, 
CBl.  1877  p.  394  f. 


i 


218 

'betreffend,  besonders  hinzuweisen,  nnd  es  den  Dir.  allgemein,  sowie  den  Elassen- 
ordinarien  zur  Pflicht  zu  machen,  auch  dem  Zeichenunterricht  die  gebührende 
Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Der  Erfolg  desselben  hängt  nicht  allein  ron  der 
eigenen  künstlerischen  Tüchtigkeit  des  Lehrers,  von  seinem  method.  und  pädagog. 
Oeschick  und  von  dem  Vorhandensein  der  äufseren  ünterrichtserfordemisse,  son- 
dern ebenso  von  dem  Interesse  ab,  das  die  Direction  der  Schule  dem  Gegen- 
stande widmet  und  auch  ihrerseits  in  den  Schülern  rege  zu  erhalten  weifs.  Es 
wird  zweckmäfsig  sein,  auf  den  Censuren  die  Stufe  zu  vermerken,  welche  der 
betreffende  Schüler  im  Zeichnen  erreicht  hat'* 

C.  Verf.  V.  18.  Mai  1864:  „Nach  einer  Mitteilung  des  H.  Min.  für  Handel 
etc.  ist  beim  hiesigen  E.  Gewerbeinstitut  wiederholt  die  Wahrnehmung  ge- 
macht worden,  dafs  es  den  dem  Studium  der  Mechanik  sich  daselbst  widmenden 
jungen  Leuten,  welche  üire  Ausbildung  auf  Gymn.  und  Realschulen  erhalten 
haben,  an  der  erforderlichen  Fertigkeit  im  Zeichnen  fehlt,  um  diesem  Mangel, 
soweit  es  auf  den  höh.  Lehranstalten  möglich  ist,  abzuhelfen,  veranlasse  ich  die 
K.  Prov.  Schulcoll.,  die  Dir.  der  Gjmn.  und  Realschulen  anzuweisen,  dafs  sie  so- 
wohl diejenigen  Schüler,  welche  später  auf  das  Gewerbeinstitut  überzugehen  be- 
absichtigen, bei  Zeiten  auf  das  daselbst  unerläfsliche  Erfordernis  einer  genügen- 
den Fertigkeit  im  Freihand-  und  Linearzeichnen  aufmerksam  und  eine  gewissen- 
hafte Benutzung  des  Zeichenunterrichts  ihnen  zur  Pflicht  machen,  wie  auch  den 
Zeichenlehrern  empfehlen,  sich  der  betr.  Schüler  in  dieser  Beziehung  besonders 
anzunehmen.'^    VgL  p.  209. 


Schreiben.    S.  die  Nachweise  p.  213. 

C.Vert  des  K.  Prov.  Seh. 0.  zu  Posen  v.  6.  Dec.  1873:  „Da  die  K- 
Wiss.  Prüfungscommission  zu  Breslau  gelegentlich  der  Beurteilung  der  Abitu- 
rientenarbeiten wiederholt  die  Handschrift  der  Abiturienten  einzelner  Anstalten 
zu  tadeln  Veranlassung  gehabt  hat  und  auch  unsere  Departements-Schulräthe  die 
Bemerkung  gemacht  hal^n,  dafs  nicht  an  allen  höh.  Lehranstalten  der  Schrift 
der  Schüler  die  gebührende  Sorgfalt  gewidmet  wird,  so  wollen  Ew.  —  die  Lehrer 
der  Ihrer  Leitung  anvertrauten  Anstalt  auffordern,  von  den  unteren  Klassen  an 
mit  gröfster  Strenge  auf  eine  saubere  und  sorgfältige  Schrift  der  Schüler  zu 
halten,  damit  dieselben  an  eine  leserliche  und  gefällige  Handschrift  rechtzeitig 
gewöhnt  werden.  Es  wird  dieses  um  so  eher  erreicht  werden,  wenn  sämtliche 
Lehrer  der  Anstalt  sich  einer  leserlichen  und  sorgföltigen  Handschrift  befleifsigen 
und  auch  insofern  ihren  Schülern  zum  Vorbilde  dienen." 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Seh. C.  zu  Koblenz  v.  14.  Nov.  1882.  „Es 
ist  von  mafsgebender  Stelle  stets  nachdrücklich  gefordert  worden,  dafs  die 
Schüler  der  höheren  Lehranstalten  dazu  anzuhalten  seien,  auf  der  Grundlage 
des  ihnen  gewährten  Schroibunterrichtes  sich  während  ihrer  ganzen  Schulzeit 
einer  sorgfältigen,  leserlichen  und  gefälligen  Handschrift  zu  befleifsigen.  Die 
Erfolge,  welche  die  unserer  Aufsicht  unterstellten  höh.  Schulen  in  dieser  Be- 
ziehung erzielen,  sind  nach  den  Wahrnehmungen  unserer  Departements-Bäthe 
noch  immer  ungleich.  Während  in  zahlreichen  Anstalten  an  den  schriftl.  Ar- 
beiten der  Zöglinge,  insbes.  auch  an  denjenigen  der  Abiturienten,  sich  zu 
unserer  Befriedigung  zeigt,  dafs  Director  u.  Lehrer  ohne  Ermüden  ihre  Schüler 
zu  Sorgfalt  in  der  Schrift  nöthigen  und  hierbei  zugleich  ein  keineswegs  geringes 
Moment  der  Zucht  zur  (Geltung  bringen,  fehlt  es  doch  auch  nicht  an  Beobach- 
tungen ganz  entgegengesetzter  Art.  Wir  wollen  daher  die  Erneuerung  einer  hierauf 
gerichteten  Erinnerung  um  so  weniger  umgehen,  als  nach  den  Lehrplänen  vom 
31.  März  er.  der  eigentliche  Schreibunterricht  eine  Verkürzung  der  ihm  über- 


219 

wiesenen  Stundenzahl  erfahren  hat,  eine  Mafsnahme,  welcher  augenscheinlich 
die  bestimmte  Erwartung  za  (rmnde  liegt,  dafs  unsere  höh.  Schulen  fortan  ohne 
Ausnahme  der  Handschrift  der  Schüler  diejenige  unausgesetzte  Beobachtung  u. 
Pflege  widmen  werden,  wovon  eine  gebührende  Leistung  in  diesem  Punkte  in  so 
hohem  Grade  abhängt^ 

Stenographie.  C.Yerf.  t.  29.  Juli  1862:  „Es  ist  neuerdings  ron  ver- 
schiedenen Seiten  der  Wunsch  laut  geworden,  dafs  die  Stenographie  in  den 
Lehrplan  der  hOh.  Schulen,  d.  i.  der  Gymnasien,  Progymnasien,  Beal-  und  höh. 
Bürgerschulen  aufgenommen  werden  möchte;  auch  ist  die  Sache  in  Folge  ein- 
gegangener Petitionen  bereits  Gegenstand  der  Landtagsverhandlungen  geworden. 
—  Indem  ich  die  K.  Prov.  SchnlcoUegien  veranlasse,  Sich  unter  Berücksichtigung 
vornehmlich  der  principiellen  Aufgaben  der  höh.  Schulen  über  die  Zweckmäfsig- 
keit  und  demnächst  über  die  Ausführbarkeit  der  beantragten  Einführung  gut- 
achtlich zu  äufsem,  bemerke  ich  zur  Verst&ndigung  darüber  noch  Folgendes: 

Die  Stenographie  hat  thatsächlich  auch  unter  den  Schülern  der  öffentl. 
höh.  Lehranstalten  ohne  Zuthun  der  Unterrichtsverwaltung  schon  eine  nicht  un- 
bedeutende Verbreitung  gefunden.  Die  Benutzung  von  Klassenzimmern  für 
privaten  Unterricht  darin  wird  gestattet,  und  einige  städt.  Schulpatronate  haben 
aus  eigenem  Entschlufs  Geldmittel  für  denselben  bewilligt.  Wenn  darüber 
hinaus  jetzt  ein  allgemeiner  facultativer  Unterricht  in  der  Stenographie  ge- 
wünscht wird,  so  ^  hat  dies  den  Sinn,  dafs  er  unter  der  Autorität  der  Unter- 
richtsverwaltung in  demselben  Verhältnis  als  ein  integrirender  Gegenstand  des 
Lehrplans  eintrete,  in  welchem  sich  z.  B.  das  Hebräische  auf  dem  Gymnasial- 
l«hrplan  befindet,  d.  h.  es  wird  auf  jeder  höh.  Schule  Gelegenheit  zur  Er- 
lernung der  Stenographie  gegeben;  der  Etat  der  Schule  nimmt  eine  Position 
für  den  betreff.  Lehrer  auf;  derselbe  gehört  zum  LehrercolL;  der  Dur.  hat  den 
Unterricht  mit  zu  beaufsichtigen,  und  die  Leistungen  der  Schüler,  die  daran 
teilnehmen,  werden  ebenso  wie  alle  übrigen  in  den  Gensuren  und  Abgangs- 
zeugnissen beurteilt. 

Die  meisten  Wünsche  gehen  darauf,  dafs  der  Unterr.  nach  dem  Stolze- 
schen System  erteilt  werde;  andere  erklären  sich  far  das  Gabelsbergersche. 
Ziemlich  allgemein  wird  von  den  Petenten  für  zweckmäfsig  erachtet,  dafs  der 
Untrr.  auf  die  El.  UI  und  n  beschränkt,  und  daselbst  in  2  wöchentl.  Stunden 
während  der  ganzen  Cursusdauer  dieser  Klassen  erteilt  werde. 

Ob  es  nöthig  ist,  zuvörderst  alle  Dir.  in  der  Sache  zu  hören,  überlasse 
ich  dem  Ermessen  der  K.  Prov.  SchulcoU.;  jedenfalls  sind  aber  die  Dir.  solcher 
Anstalten  zur  AeufSerung  über  ihre  Eifahrungen  aufzufordern,  an  denen  in  der 
bisherigen,  von  den  Aufsichtsbehörden  nicht  controlirten  Weise  Stenograph.  Untrr. 
erteilt  worden  ist" 

Die  hierauf  eingegangenen  Gutachten  summten  mit  ganz  vereinzelten 
Ausnahmen  In  folgenden  Punkten  überein: 

1.  An  sich  ist  nicht  zuzugeben,  dafs  der  Untrr.  in  der  Stenographie  Ele- 
mente allgemeiner  geistiger  Bildung  mitteilt;  er  vermittelt  nur  eine  mechan. 
Fertigkeit,  die,  auch  abgesehen  von  dem  noch  nicht  geschlichteten  Streit  der 
Systeme,  in  die  Schule  schon  deshalb  nicht  gehört,  weil  sie  die  Aneignung 
einer  guten  Handschrift  hindert,  und  noch  mehr,  weil  sie  für  die  eigentl.  Auf- 
gabe der  höheren  Bildungsanstalten  eher  nachteilige  Folgen  haben  mufs. 

2.  Die  factischen  Verhältnisse  unserer  Gymn.  und  Bealschulen  nöthigen, 
jede  nicht  durch  ein  dringendes  Bedürfnis  gebotene  Erweiterung  des  Lehrplans 
und  Vermehrung  der  Schülerarbeit  (besonders  in  den  mittl.  Kl.,  wo  der  Ueber- 
gang  in  die  obersten  Kl.  vorbereitet  wird)  entschieden  abzuwehren,  und  ebenso, 
eine  neue  Belastung  des  Etats  zu  verhüten.  —  Es  kann  weder  verlangt  noch 


i 


220 

erwartet  werden,  dafs,  was  im  Fall  der  Einführung  nöthig  sein  würde,  alle 
Lehrer  der  betr.  Anstalten  sich  die  Stenographie  so  weit  aneignen,  nm  das  von 
ihren  Schülern  Geschriebene  lesen  zu  können. 

3.  Für  diejenigen,  weiche  stenographisch  schreiben  lernen  wollen,  sind  die 
privatim  dazu  dargebotenen  Gelegenheiten  vollkommen  aasreichend. 

Hiemach  ist  dem  Antrag  attf  Einführung  der  Stenographie  in  die  prenfs. 
höh.  Lehranstalten  keine 'weitere  Folge  gegeben  worden. 

Min.-Verf.  v.  14.  Febr.  1876  an  den  Vorstand  des  Verbandes  der 
Stolzeschen  Stenographen-Vereine  hier.  „Auf  die  Eingabe  vom  22.  v.  M.  er- 
widere ich  dem  Vorstande,  dafs  ich  meinerseits  die  private  Erlernung  der  Steno- 
graphie nur  billigen  kann.  Dagegen  mufs  ich  aus  allgemein  pädagogischen 
Gründen  nach  Mafsgabe  meiner  Verf.  v.  12.  Mai  vor.  J.  fs.  Abschn.  V,  10) 
daran  festhalten,  dafs  Schülervereine  zu  Zwecken,  die  an  sich  zu  billigen,  nur 
dann  zulässig  sind,  wenn  sie  sich  wirklich  auf  Schüler,  und  zwar  solche,  die 
einer  und  derselben  Anstalt  angehören,  beschränken,  so  dafs  deren  Director  eine 
Verantwortlichkeit  dabei  übernehmen  kann.  Daraus  ergiebt  sich,  dafs  ich  auch 
einen  Anschlafs  an  den  Verband  Stolzescher  Stenographen-Vereine  nicht  ge- 
statten kann."    Falk. 


10.    Gesang. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  117,  127,  135. 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Sch.C.  zu  Koblenz  v.  12.  Dec.  184il:  „Wir 
finden  uns  zu  der  Vermuthung  veranlafst,  dafs  an  einigen  Gymn.  der  Provinz 
nur  die  Schüler  der  untersten  und  mittl.  Kl.,  und  auch  letztere  nicht  immer  mit 
dem  zur  Sicherstellung  des  Zwecks  erforderlichen  Nachdruck  zur  regelm.  Teil- 
nahme an  dem  Gesangunterricht  angehalten  werden,  die  oberen  Kl.  aber  sich 
von  jeder  diesfälligen  Verpflichtung  entbunden  erachten.  Um  dieser  Irregularität 
zu  begegnen,  wollen  wir  hierdurch  bestimmen ,  dafs  sämtl.  Schüler  von  VI  auf- 
wärts bis  III  incl.  dem  far  ihre  Abteilung  angeordneten  Gesanguntrr.  regelmäfsig 
beizuwohnen  verpflichtet  sind,  und  dafs  nur  denjenigen  Secundanern  und  Pri- 
manern die  Dispensation  von  diesem  Untrr.  zu  erteilen  ist,  welchen  es  nach  den 
Erfahrungen  und  nach  der  ausdrückl.  Erklärung  des  Gesanglehrers  in  dem  Mafse 
an  musikal.  Anlage  fehlt,  dafs  ein  weiterer  Erfolg  dieses  Unterrichts  bei  ihnen 
nicht  erwartet  werden  kann.  Sollte  sich  bei  einem  oder  dem  anderen  Schüler 
schon  in  den  untersten  und  mittl.  Kl.  Mangel  an  natürl.  Begabung  in  dem 
Grade  herausstellen,  dafs  es  rathsam  erscheint,  sie  zur  Teilnahme  an  den  praki 
Gesangübungen  nicht  ferner  heranzuziehen,  so  werden  sie  dennoch  durch  ihre 
regelm.  Anwesenheit  nicht  nur  in  der  Theorie  der  Musik  eine  gewisse  Sicherheit 
erlangen,  sondern  auch,  was  als  Hauptzweck  des  Gesangunterrichts  an  Gymn. 
zu  betrachten  ist,  den  Gehörsinn  als  das  Organ  bilden  und  veredeln,  welches 
auf  die  Begnügen,  Thätigkeiten  und  Aeufserungen  unsers  inneren  Wesens  einen 
unberechenbaren  Einflufs  ausübt. 

Sie  wollen  demnach  das  Erforderliche  anordnen  und  die  Klassenordinarien 
nicht  nur  zu  einer  genauen  diesfälligen  Controle  der  Schüler,  sondern  auch,  falls 
dieses  for  nöthig  erachtet  wird,  zu  anderweiter  Unterstützung  des  Gesanglehrers 
veranlassen." 

C.Verf.  V.  1.  Apr.  1851:  „Von  musikalisch-technischer  Seite  ist  bei  mir 
in  Anregung  gebracht  worden,  dafs  der  Gesangunterricht  in  den  Schulen  nicht 
immer,  und  namentlich  in  den  Jahren  der  Mutationsperiode  der  menschL 
Stimme,  diejenigen  Bücksichten  beobachte,  welche  erforderlich  sind,  um  das 
Stimmorgan  vor  verderblichen  Einflüssen  zu  sichern  und  krankhafter  Disposition 


221 

Yoizabeagen.  Ich  habe  hierüber  das  Gutachten  der  wissensch.  Deputation  för 
das  Medicinalwesen  erfordert.  Diese  hat  sich  dahin  ausgesprochen,  dafs  vor- 
nehmlich auf  die  Schonung  des  Stimmorgans  in  den  Pubertätsjahren  beider  Ge- 
schlechter, insbesondere  bei  den  Knaben,  —  einen  Zeitraum,  der  physiologisch  und 
musikalisch  vom  14.  bis  zum  18.  Lebensjahre  auszudehnen,  Bücksicht  zu  nehmen 
sei,  indem  aus  dem  Mangel  solcher  Berücksichtigung  nach  den  zahlreichsten 
Erfahrungen  sich  oft  dauernd  nachteilige  Folgen  ergäben.  Auikerdem  sei  darauf 
Bedacht  zu  nehmen,  dafs  auch  im  zarteren  Alter  die  Einderstimmen  vor  zu 
grofser  Anstrengung  gesichert  blieben.  Vor  vollendetem  7.  Lebensjahre  sei  der 
Gesangunterricht  überhaupt  nicht  anzufangen  und  namentlich  sei  Sorge  zu  tragen, 
dafs  die  Kinder  nicht  zu  viel  hinter  einander  sängen.  Die  Dauer  einer  Stunde, 
die  gewöhnlichen  Pausen  beim  Wechsel  der  Gresangstücke  eingerechnet,  sei  für 
die  einzelne  Kinderstimme  jedenfalls  eine  zu  grofse  Anstrengung. 

Ich  mufs  zwar  voraussetzen,  dafs  die  umsichtigen  Gesanglehrer  überall 
mit  den  eben  angeführten  Grundsätzen  vertraut  sein  werden,  veranlasse  indefs 
die  K.  Prov.  SchulcoU.,  die  Vorstände  der  Schulen  auf  die  danach  erforderlichen 
Mafsregeln  aufmerksam  zu  machen  und  den  danach  event.  zu  regelnden  Betrieb 
des  Gesanguntrr.  ihrer  näheren  Fürsorge  zu  empfehlen."* 

C.  Verf.  V.  23.  Mai  1859:  „Auf  dasjenige,  worauf  beim  Gesangunter- 
richt der  Gjmn.  im  Interesse  der  Schüler,  welche  sich  später  dem  geistlichen 
Stande  zu  widmen  beabsichtigen,  besonders  Gewicht  gelegt  werden  mufs,  ist 
schon  Mher  aufmerksam  gemacht  worden.  Das  dortige  K.  Consist.  hat  es  neuer- 
dings wiederholt  als  eine  häufig  von  ihm  geroachte  Wahrnehmung  bezeichnet, 
dafs  die  jangen  evangel.  Theologen  besonders  im  Choralgesang  aufserordent- 
lich  vernachlässigt  sind. 

Bei  der  Wichtigkeit,  welche  die  Kenntnis  und  Uebung  des  liturgischen 
und  des  Choralgesangs  wie  überhaupt  für  die  evangelische  Jugend,  so  insbe- 
sondere für  die  Bildung  der  zukünftigen  Theologen  beizulegen  ist,  und  bei  der 
Pflicht  der  Schule,  zu  demjenigen,  was  für  Studirende  der  Theologie  hierin  auf 
der  Universität  geschieht,  den  Grund  zu  legen,  veranlasse  ich  das  K.Prov.Sch.C. 
dem  Gegenstande  seine  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  und  die  Zweckmäfsigkeit 
der  an  den  evang.  Gjmn.  dortiger  Provinz  beim  Gesangunterricht  jetzt  bestehen- 
den Einrichtungen  zu  prüfen.  Es  wird  ajigemessen  sein,  dafs  der  betr.  De- 
partementsrath  Gelegenheit  nehme,  dies  bei  persönlicher  Anwesenheit  in  den 
einzelnen  Gymn.  zu  thun.  Es  ist  namentl.  darauf  zu  halten,  dafs  eine  nicht 
zu  beschränkte  Zahl  der  üblichen  Choralmelodieen  sicher  und  bis  zur  Fertig- 
keit, sie  ohne  Begleitung  zu  singen,  eingeübt  werde,  und  dafs  bei  jeder  Anstalt 
ein  Verzeichnis  derselben  vorhanden  sei,  so  dafs  bei  gelegentl.  Schulinspectionen 
der  Bevisor  nach  freier  Wahl  die  Melodieen  daraus  bezeichnen  kann,  welche  er 
von  den  Schülern  vorgetragen  zu  hören  wünscht'* 

Der  Mitteilung  vorstehenden  Min.  Erlasses  an  die  Dir.  der  schles.  evang. 
Gymn.  fügte  das  K.Prov.Sch.C.  in  Breslau  (1.  Juni  1859)  Folgendes 
hinzu:  „Wir  veranlassen  Ew.  —  hiernach,  in  gemeinsamer  Berathung  mit  dem 
Gesang-  und  den  Beligionslehrern  unter  Berücksichtigung  des  kirchl.  Gottes- 
dienstes, der  Schulandachten  und  der  dem  Gesanguntrr.  gewidmeten  Zeit,  die 
Zahl  und  Beihenfolge  derjenigen  Choralmelodieen  festzustellen,  welche  bis  zu 
der  Sicherheit  eingeübt  werden  sollen,  dafs  ein  Teil  ohne  jede  Beihülfe  und 
ein  anderer  Teil  mit  etwaniger  Unterstützung  eines  die  Strophen  anhebenden 
Vorsängers  ohne  Begleitung  gesungen  werden  können,  und  dies  Verzeichnis 
binnen  8  Wochen  einzureichen. 

Um  solche  Fertigkeit  zu  erreichen,  ist  es  zweckmäfsig,  in  den  unteren 
Gesangstufen  auf  das  Einüben  der  Melodieen  durch  das  Ohr  mittels  Vorsingen 
und  Nachsingenlassen  besonderen  Nachdruck  zu  legen  und  dahin  zu  streben, 


222 

dafs  möglichst  viele  der  Sänger  beföhigt  werden,  ohne  Hülfe  die  Melodieen  an- 
zügeben und  ganz  dnrchznsingen.  Der  Nachdruck,  der  so  auf  das  Behalten  der 
Melodieen  und  das  Einzelsingen  gelegt  wird,  unterstützt  wesentlich  die  Achtsam- 
keit der  Sänger  auf  die  Tonfolge,  und  die  erzielte  Sicherheit  im  Singen  der 
Eingeübten  Choräle  mehrt  die  &afb  der  schnellen  und  sichern  Auffassung.  Diese 
Uebungen  im  einstimmigen  Choralgesange  sind  auch  in  den  für  den  Chorgesang 
bestimmten  Stunden  behufs  Einprägung  schwieriger  und  Bepetition  schon  ein- 
gesungener Melodieen  fortzusetzen  und  dahin  zu  wirken,  dafs  in  den  gemein- 
samen Andachten  die  betreff.  Choralverse  nach  den  geläufig  gewordenen  Melo- 
dieen ohne  alle  Instrumentalbegleitung  nnter  Leitung  eines  Mitschülers  gesungen 
werden  können.  Die  Ton-  und  Melodieen^pffassung  und  Sicherheit  im  Singen 
wird  aber  auch  dadurch  wesentlich  gefördert,  dafs  in  dem  Chorgesange  mög- 
lichst selten  Instrumentalbegleitung  angewandt  wird.  Aus  diesem  wie  ans 
anderem  pädagogisch  wichtigem  Grunde  sind  daher  für  den  Chor  möglichst  solche 
Gesangstücke  auszuwählen,  welche  nach  Melodie  und  Harmonie  leicht  faüsbar, 
in  der  Tonlage  wie  in  den  Intervallen  für  die  einzelnen  Stimmen  leicht  sangbar 
und  nach  ihrem  Charakter  leicht  verständlich  und  darstellbar  sind,  so  dafs  ein 
nach  allen  Seiten  hin  möglichst  vollendeter  Vortrag  derselben  erzielt  werden  kann, 
um  insbesondere  den  Zweck  mit  den  künftigen  Theologen  zu  erreichen, 
so  ist  diesen  nahe  zu  legen,  einen  wie  wichtigen  Anteil  an  dem  evangel.  Gottes- 
dienste der  Eirchengesang  habe;  sie  sind  dringlich  zur  Teilnahme  an  den  Ge- 
sangstunden zu  bewegen,  und  von  ihnen  ist  vorzugsweise  die  Sicherheit  im 
Singen  der  Choralmelodien  und  das  Interesse  zu  beanspruchen,  dafs  sie  in  Ge- 
sangstunden und  Schulandachten  den  einstimmigen  Choralgesang  mit  ihrer 
Stimme  leiten  können.'^ 

Vgl.  U.  und  PO.  V.  6.  Oci  1869:  p.  99. 


11.   Turnen. 

Rev.  Lehrpläne  nach  C.Verf.  v.  31.  März  1882:  p.  117,  127,  135. 

Vgl.  C.Verf.  V.  24.  Oct.  1837:  p.  63  ff.  Verordnungen  u.  aml^ 

liehe  Bekanntmachungen  das  Tumwesen  in  Preufsen  betreffend,  gesammelt  von 
C.  Euler  u.  G.  Eckler.    2.  Aufl.  Berlin  1884. 

CO.  V.  6.  Juni  1842  (an  die  Min.  des  Kriegs,  des  Innern  und  des 
IJnterrichts) :  „Ich  teile  ganz  die  in  Ihrem  gemeinschaftl.  Bericht  vom  29.  Apr.  d.  J. 
entwickelte  Ansicht,  dafs  es  bei  den  gröl^eren  Ansprüchen,  welche  an  die  geistige 
Ausbildung  der  Jugend  nach  dem  Entwickelungsgange  und  dem  jetzigen  Stand- 
punkte der  Bildung  gemacht  werden  müssen,  nothwendig  sei,  der  Erhaltung  und 
Kräftigung  der  körperl.  Gesundheit  eine  besondere  Sorgfalt  zu  widmen  nnd  durch 
eine  harmonische  Ausbildung  der  geistigen  und  körperl.  Kräfte  dem  Vaterlande 
tüchtige  Söhne  zu  erziehen.  Da  nun  die  Gymnastik,  wenn  sie  auf  den  ange- 
deuteten einfachen  Zweck  beschränkt  und  von  ihr  Alles  entfernt  gehalten  wkd, 
was  die  physischen  und  insbesondere  die  moralischen  Nachteile  des  früheren 
Tumwesens  herbeigeführt  hat,  besonders  geeignet  erscheint,  die  Erreichung  des 
angegebenen  Zieles  zu  befördern,  so  genehmige  Ich  Ihren  Vorschlag,  dafs  die 
Leibesübungen  als  ein  nothwendiger  und  unentbehrlicher  Bestand- 
teil der  männlichen  Erziehung  förmlich  anerkannt  und  in  den  Kreis 
der  Volkserziehungsmittel  aufgenommen  werden.  Die  Gymnastik  soll  demgemäfs 
dem  Ganzen  des  Erziehungswesens  angereiht,  mit  den  öffentl.  Lehranstalten  ver- 
bunden, unter  die  Aufsicht  der  Dir.  derselben  gestellt,  und  es  soll  dafür  gesorgt 
werden,  dafs  die  körperl.  Uebungen  in  gehöriger  Vollständigkeit,  aber  mit  der 
durch  den  Zweck  bedingten  Einfachheit  und  mit  Entfernung  aUes  Entbehrlichen 


223 

und  blofsen  Schang^pränges  Yorgenommen  werden.  Dabei  mnfs  jedoch  die 
Teilnahme  an  diesen  Uebnngen  lediglich  ron  dem  freien  ErAiessen  der  Eltern 
oder  ihrer  Stellvertreter  abhängig  bleiben.  Friedrich  Wilhelm." 

C.  Verf.  V.  7.  Febr.  1844  (Min.  Eichhorn) <  „Nachdem  ich  durch  die  in 
Folge  meiner  C.  Verf.  v.  10.  Aug.  1842  eingegangenen  Berichte  der  K.  Prov.  Schul- 
collegien  und  der  E.  Regierungen  von  dem  gegenwärtigen  Zustande  der  ver- 
schiedenen, bereits  bestehenden  Tumanstalten  nähere  Kenntnis  erhalten  habe,  sehe 
ich  mich  yeranlafst  behufs  der  weiteren  Ausführung  der  A.  Ordre  vom  6.  Juni  1842 
mittels  welcher  S.  Maj.  der  König  zu  genehmigen  geruht  haben,  dafs  die  Leibes- 
übungen als  ein  nothwendiger  und  unentbehrlicher  Bestandteil  der  männlichea 
Erzieliung  in  den  konigl.  Staaten  förmlich  anerkannt  werden  sollen,  die  Gtesichts- 
punkte  näher  zu  bezeichnen,  nach  welchen  den  bereits  vorhandenen  Tumanstaltea 
eise  allgemeinere  Verbreitung  und  bestimmterere  Richtung  zu  geben  und  über- 
haupt diese  wichtige  Angelegenheit  fernerhin  zu  behandeln  ist. 

1.  Um  der  landesväterlichen  Absicht  Sr.  Maj  des  Königs  gemäfs  durch  eine 
harmonische  Ausbildung  der  geistigen  und  körperl.  Kräfte  dem  Vaterlande  tüch- 
tige Söhne  zu  erziehen  und  Alles  möglichst  entfernt  zu  halten,^  was  nach  den  bis 
jetzt  gemachten  Erfahrungen  phvsische  oder  moralische  Nachteile  bei  der  Behand- 
lung des  Tnmwesens  zur  Folge  haben  könnte,  ist  die  Gymnastik  überall  auf  den 
einfachen  Zweck  zu  beschränken,  dafs  der  mensbhl.  Körper  mit  seinen  Kräften 
durch  eine  angemessene,  den  verschiedenen  Lebensaltem,  Ständen  und  Lebens- 
zwecken der  Jugend  entsprechende  Reihenfolge  von  wohlberechneten  Uebunffen 
ausgebildet  und  befähigt  werde,  in  jeglicher  Beziehung  des  sittlichen  Lebens  der 
Diener  und  Träger  des  ihm  einwohnenden  Geistes  zu  sein. 

2.  Au<<  diesem  nicht  nur  auf  die  Entwickelung  und  Stärkung  der  körperl. 
Kräfte,  sondern  auch  auf  Anstand,  Ausdruck  und  gefällige  Form  der  Bewegungen 
gerichteten  und  mit  der  Wehrpilichtigkeit  jedes  preufsischen  Unterthans  innig  ver- 
bundenen Zwecke  der  Gkymnastik  folgt,  dafs,  da  die  Ausbildung  des  Geistes  und 
des  zum  Dienste  desselben  bestimmten  Leibes  nach  den  eip^entümlichen  Anlagen 
jedes  einzelnen  Menschen  die  Aufgabe  jeglicher  Erziehung  ist,  die  G^ymnastik  sich, 
wie  der  Körper  dem  Geiste,  so  auch  dem  die  Ausbildung  der  geistigen  Kräfte 
des  Menschen  bezweckenden  Unterricht  überall  unterordnen  und  sich  den  Ver- 
fügungen, durch  welche  dieser  geleitet  wird,  unbedingt  unterwerfen  mufs.  Die 
Gymnastik,  wenn  sie  in  diesem  natürlichen  und  richtigen  Verhältnis  zu  der  geistigen 
Ausbildung  und  den  dieselbe  beabsichtigenden  Mitteln  erhalten  wird,  bildet  in  dem 
System  des  öffentl.  Unterr.  ein  eben  so  nothwendiges  als  nützliches  Glied.  Sie  darf 
jetzt  in  demselben  um  so  weniger  fehlen,  jemehr  besonders  in  den  höheren  Ständen 
der  bürgerl.  Gesellschaft  die  Forderungen,  welche  an  die  geistige  Ausbildung 
gegenwärtig  gemacht  werden  und  nach  dem  Entwickelungsgange  und  dem  jetzigen 
Standpunkte  der  Bildung  gemacht  werden  müssen,  im  vergleich  mit  früheren 
Zeiten  gesteigert  worden,  je  gröfsere  Anstrengungen  der  geistigen  Kräfte  zur  Er- 
füllung dieser  Forderungen  unvermeidlich  sind,  und  je  dringender  es  daher  ist, 
durch  die  Aufnahme  der  Gymnastik  in  den  Kreis  der  öfifentl.  Unterrichtsgegen- 
stände ein  Gleichgewicht  aufzustellen,  welches  die  körperl.  Gesundheit  erhalten  und 
befördern  und  diese  vor  jeglicher,  bei  der  erhöhten  geistigen  Anstrengung  möglichea 
Gefährdung  schützen  und  schirmen  könne. 

3.  Da  es  der  Jugend  des  platten  Landes  nicht  an  Gelegenheit  zur  Uebung 
der  körperl.  Kräfte  fehlt  mid  daher  dort  die  Einführung  der  Gymnastik  weniger 
nothig  scheint,  so  ist  diese  Mafsregel,  um  mit  ihrer  Ausführunp^  der  Allerh.  Be 
Stimmung  gemäfs  allmählich  vorzuschreiten,  für  jetzt  nur  auf  die  Jugend  in  den 
Städten  zu  beschränken,  und  soll  vorläufig  mit  jedem  Gymn.,  jeder  höheren  Stadt- 
schule und  jedem  Schullehrer-Seminar  eine  Turnanstalt  verbunden  werden,  welche 
nicht  als  etwas  for  sich  Bestehendes,  sondern  vielmehr  als  eine  die  Schule  und  ihr 
Geschäft  ergänzende  und  fördernde  Einrichtung  zu  betrachten  und  zu  behandeln 
und  folglich  mit  der  Schule,  zu  welcher  sie  gäört,  in  eine  vollkommene  Ueber- 
einstimmung  zu  bringen  und  in  solcher  sorgfaltig  zu  erhalten  ist. 

4.  Ueberall  und  hauptsächlich  in  den  gröfseren  Städten  ist  darauf  Bedacht 
zu  nehmen,  dafs  jedes  G^ymn.  und  jede  höh.  Bürgerschule  auch  eine  besondere,  nur 
for  die  Jugend  der  betr.  Schule  bestimmte  Tumanstalt,  und  somit  jede  der  eben- 


234 

gedachten  UnterrichtBauBtalten  ihr  gedecktes  und  geschlossenes  Tumhaus  für  die 
Uebongen  im  Winter  und  bei  sonst  ungünstiger  Witterung,  und  ihren  eigenen  Turn- 
platz im  Freien  erhalte.  In  Städten,  wo  solches  wegen  örtlicher  Verhältnisse, 
wegen  unzureichender  Mittel  oder  wegen  anderer  erheblicher  Ursachen  nicht  wohl 
ausfuhrbar  ist,  kann  indessen  aauch  eine  und  dieselbe  Tumanstalt  zugleich  für  ein 
G^ymn.  und  eine  höh.  Bürgerschule  und  nöthipfenfalls  selbst  für  mehrere  Schulen 
dieser  Art  zur  gemeinschajftl.  Benutzung  bestimmt  und  eingerichtet  werden.  Die 
näherep,  zur  sicheren  Erreichung  des  im  Obigen  angedeuteten  Zwecks  der  Q-ymnastik 
dienlichen  Bedingungen,  unter  welchen  eine  solche  gemeinschaftl.  Benutzung  einer 
gymnast.  Anstalt  von  Seiten  zweier  und  selbst  mehrerer  Schulen  zulässig  ist,  hat 
die  Aufsichtsbehörde  zu  berathen  und  festzustellen. 

5.  Auch  fernerhin  soll,  wie  bisher,  die  thätige  Teilnahme  der  Jugend  an 
den  schon  bestehenden  oder  noch  zu  errichtenden  Tumanstalten  lediglich  von  dem 
freien  Ermessen  der  Eltern  oder  ihrer  Stellvertreter  abhängig  bleiben.  Hierbei 
ist  von  den  Dir.,  Vorstehern  und  Lehrern  der  Gymn.,  höh.  Bürgerschulen  und 
SchuUehrer-Seminarien  vertrauensvoll  zu  erwarten,  dafs  sie  ihrerseits  zur  Förderung 
des  gymnast.  Unterrichts  bereitwillig  mitwirken,  durch  zweckmäfsige  Einrichtung 
desselben  die  Gleiohgiltigkeit  und  selbst  die  Abneigung,  mit  welcher  noch  viele 
die  Gymnastik  betrachten,  allmählich  beseitigen  und  für  dieselbe  sowohl  bei  ihren 
Schülern  als  auch  bei  deren  Eltern  die  Teilnahme  erwecken  werden,  ohne  welche 
sie  nicht  zu  einer  gedeihlichen  Entwickelung  gelangen  kann. 

6.  Die  bisherige  Erfahrung  hat  ergeben,  dafs  die  Gymnastik  mit  gutem  Er- 
folge und  mit  erfreulicher  Teilnahme  auch  von  Seiten  der  bereits  erwachsenen 
Schüler  besonders  in  den  Anstalten  betrieben  wird,  wo  der  gymnastische  Unter- 
richt einem  wissenschaftlich  gebildeten  Lehrer  eines  Gymn.  oder  einer  höh. 
Bürgerschule,  der  zugleich  als  ordentl.  Klassenlehrer  fortwährend  Gelegenheit  hat, 
die  Schüler  näher  kennen  zu  lernen  und  auf  sie  in  allen  wesentl.  Beziehungen 
einzuwirken,  anvertraut  worden.  Auf  Grund  dieser  Erfahrung  und  zur  Ver- 
minderung der  durch  die  Turnanstalten  erwachsenden  Kosten  ist  die  Annahme 
von  Lehrern,  welche  blofs  zur  Erteilung  des  gymnast.  Unterr.  befähigt  und  nur 
mittels  desselben  ihren  Lebensunterhalt  zu  gewinnen  genöthigt  sind,  möglichst 
zu  vermeiden;  vielmehr  ist  die  unmittelbare  Leitung  der  gymnast.  Uebungen  in 
der  Begel  einem  ordentl.  Lehrer  und  zwar  der  oberen  Kl.  der  betr.  gelehrten  oder 
höh.  Bürgerschule  zu  übertragen.  Zu  dem  Ende  ist  von  jetzt  an  bei  der  Wieder- 
besetzung erledigter  Lehrerstellen  an  Gymn.,  höh.  Bürgerschulen  und  Schullehrer- 
Seminarien,  auch  die  Kücksicht  zu  nehmon,  dafs  für  jede  dieser  Anstalten  einige 
ordentl.  Lehrer  gewonnen  werden,  welche  aufser  den  übrigen  erforderlichen 
Eigenschaften  auch  in  den  Leibesübungen  sich  die  nöthige  Durchbildung  ver- 
schafft und  sich,  um  dieselben  leiten  zu  können,  mit  den  Gesetzen,  nach  welchen 
der  Unterricht  in  der  Gymnastik  zweckmäfsig  zu  erteilen  ist,  genügend  vertraut  ge- 
macht haben. 

7.  Dem  Dir.  der  Schule,  mit  welcher  eine  Tumanstalt  verbunden  wird, 
und,  wenn  dieselbe  mehreren  Schulen  gemeinschaftlich  ist,  den  sämtl.  Dir.  der- 
selben in  einer  für  diesen  Fall  noch  näher  zu  bestimmenden  Weise,  liegt  es  ob, 
über  die  Leibesübungen  die  unmittelbare  Aufsicht  zu  führen;  ihnen  sind  die 
Lehrer  der  Gymnastik  unterzuordnen,  und  sie  sind  für  Alles,  was  dem  Zweck  der 
Jugendbildung  im  Allgemeinen  und  der  Gymnastik  im  Besonderen  widerstreitet, 
verantwortlich  zu  machen.  Wie  es  einerseits  die  Pflicht  der  Dir.  ist,  jeder  falschen 
Bichtung  und  möglichen  Ausartung  der  Gymnastik  von  Anfang  an  vorzubeugen, 
eben  so  ist  andererseits  von  ihnen  zu  verlangen,  dafs  sie  in  richtiger  Würdigung 
des  heilsamen  Einflusses,  den  zweckmäfsig  betriebene  Leibesübungen  nicht  nur  auf 
die  körperliche,  sondern  auch  auf  die  geistige  Entwickelung  und  auf  die  Bildung 
der  Jugend  zur  Ordnung,  Zucht  und  Sitte  behaupten,  sich  ernstlich  bestreben,  die 
ihrer  Leitung  anvertraute  Schule  mit  der  ihr  angehörigen  Tumanstalt  in  den 
wirksamsten  Zusammenhang  zu  bringen  und  beide  zu  einem  lebensvollen  Ganzen 
zu  vereinigen. 

8.  Die  Leibesübungen  sind  bei  den  Gymn.  und  höh.  Bürgerschulen,  mit 
welchen  kein  Alumnat  verbunden  ist,  in  der  Begel  auf  die  schulfreien  Nachmittage 
des  Mittwochs  und  des  Sonnabends  zu  verlegen.  Zu  dem  Ende  ist  auch  der 
Lectionsplan  dieser  Anstalten  von  jetzt  an  so  einzurichten,  dafs   an  diesen  Nach- 


225 

mittagen  der  lulasl.  Fleifs  für  die  Schale  nicht  in  Ansprach  genommen  und  den 
Schülern  nicht  zugemuthet  werde,  insbesondere  vom  Mittwoch  zum  Donnerstag 
grofsere  schriftl.  Arbeiten  za  Hause  anzufertigen.  In  Städten,  wo  die  kleinere 
Schülerzahl  und  die  übrigen  örtl.  Verhältnisse  es  gestatten,  kann  zwar  auch  täg- 
lich, wie  mehrere  K.  Prov.  SchulcoUegien  und  K.  Kegierun^n  in  Vorschlag  ge- 
bracht haben,  nach  Beendigung  des  nachmittägl.  Schulunterrichts,  eine  Stunde  zum 
Besuch  der  Tarnanstalt  verwandt  werden.  Da  aber  jener  Vorschlag  nicht  überall 
und  nicht  in  jeder  Jahreszeit  ausführbar,  auch  zur  genügenden  Losung  der  dem 
gvmnast.  ünterr.  zu  stellenden  Aufgabe  ein  mehrstündiger  Betrieb  der  körperl. 
Uebungen  und  der  mit  ihnen  abwechselnden  gemeinsamen  gymnast.  Spiele  erforder- 
lich ist,  so  werden  in  der  Regel  die  schulfreien  Nachmittage  des  Mittwochs  und 
des  Sonnabends  dem  Unterr.  in  der  Gymnastik  vorzubehalten  sein. 

9.  Die  Art  und  Weise,  wie,  und  die  B«ihenfolge,  in  welcher  die  verschiede- 
nen Leibesübungen  zu  betreiben  sind,  näher  zu  bezeichnen,  kann  nicht  die  Auf- 
gabe einer  Verfügung  sein,  und  beschränke  ich  mich  daher  auf  die  allgem.  An- 
deutung, dafs  der  gymnast.  Unterricht  überall  in  gehöriger  Vollständigkeit,  aber 
mit  der  durch  den  Zweck  bedingten  Einfachheit  und  mit  Entfernung  alles  Entbehr- 
lichen und  blofsen  Schaugepränges,  wie  jedes  steifen  und  unlebendigen  Mechanismus 
erteilt  und  von  Seiten  des  Lehrers  vor  allen  Dingen  das  richtige  Mafs  einer  wohl- 
berechneten Abwechselung  zwischen  der  ernsten  Strenge  der  körperl.  Uebangen  und 
der  heiteren  Freiheit  der  gymnast.  Spiele  inne  gehalten  werden  mufs. 

10.  Um  der  Schuljugend  den  wichtigen  Zweck  der  Leibesübungen  stets  gegen- 
wärtig zu  erhalten  und  bei  ihr  eine  lebendige  Teilnahme  für  dieselben  zu  wecken, 
ist  in  den  von  den  Prüfungscommissionen  bei  den  Gymn.,  höh.  Bürgerschulen  und 
Schullehrer-Seminarien  reglementsmäfsig  zu  erteilenden  Zeugnissen  der  Reife  von 
jetzt  an  ausdrücklich  zu  bemerken,  ob  und  mit  welchem  Erfolge  die  zu  Entlassen- 
den den  Unterr.  in  der  G^ymnastik  benutzt  haben. 

11.  Obwohl  in  der  Regel  nur  die  Schüler  der  Gymn.  und  höh.  Bürger- 
Rchulen  zum  Besuch  der  mit  denselben  in  Verbindung  stehenden  Tumanstalten  be- 
rechtigt sind,  so  kann  doch  unter  Bedingungen,  welche  die  K.  Regierung  mit  dem 
K.  Prov.  Seh.  G.  zu  berathen  und  näher  festzustellen  hat ,  ausnahmsweise  auch 
solchen  jungen  Leuten,  welche  ihren  Unterricht  und  ihre  Erziehung  nur  durch 
Privatlehrer  und  in  Privatschulen  erhalten,  der  Zutritt  zu  den  Öffentl.  gymnast. 
Anstalten  gestattet  werden. 

12.  Die  aus  der  Einrichtung  und  Unterhaltung  der  Tumanstalten  und  der 
for  dieselben  nöthigen  Räumlichkeiten  erwachsenden  Kosten,  so  wie  die  den 
Lehrern  der  Gymnastik  zu  gewährenden  Besoldungen  oder  Remunerationen  sind 
den  Allerh.  Bestimmungen  gemäfs  zuvörderst  aus  den  Fonds  der  Schulen,  an  welche 
sich  die  gymnast.  Anstalten  anschliefsen,  demnächst  aus  den  mit  Rücksicht  auf  die 
Verschiedenheit  der  örtlichen  Verhältnisse  festzustellenden  Beiträgen  der  die  gymnast. 
Anstalten  besuchenden  Jugend,  und,  wo  auch  diese  nicht  ausreichen,  mittels 
eines  angemessenen  Zuschusses  von  Seiten  der  betr.  städt.  Gemeinden  zu  decken. 
Die  Beiträge  der  die  Tumanstalten  besuchenden  Schüler  sind  wie  das  gewöhnliche 
Schnlgreld  an  die  betr.  Schulkasse  zu  entrichten  und  in  keinem  Fall  ist  den 
Lehrern  der  Gymnastik  die  Einziehung  jener  Beiträge  zuzumuthen;  ebenso  be- 
ziehen diese  Lehrer  die  ihnen  für  ihren  Unterricht  in  der  Gymnastik  billigerweise 
zu  gewährende  Besoldung  oder  Remuneration  nur  aus  der  betreffenden  Schulkasse. 
Da  endlich  nach  der  bisherigen  Erfahrung  mit  Grund  zu  hoffen  und  zu  erwarten 
ist,  dafs  sich  besonders  in  der  gegenwärtigen  Zeit  die  allgemeine  Teilnahme  auch 
dem  öffentl.  Unterricht  in  der  Gymnastik  immer  mehr  zuwenden  werde,  so  hat 
die  K.  Regierung  das  gemeinnützige  Bestreben  Derer,  welche  durch  Beschaffung 
der  zur  Einrichtung  und  Unterhidtung  der  gymnast.  Anstalten  unentbehrlichen 
und  etwa  fehlenden  Mittel  dieser  für  die  Erziehung  der  Jugend  so  wichtigen 
Angelegenheit  ihre  Teilnahme  bethätigen  und  lediglich  zu  dem  ebengedaohten 
Zweck  einen  Verein  bilden  wollen,  nach  Befinden  der  Umstände  in  angemessener 
Weise  zu  fördern.  Es  versteht  sich  jedoch  von  selbst,  dafs  von  solchen  Vereinen 
ein  Einflnfs  auf  die  Leitung  der  gynmast.  Anstalten  nicht  in  Anspruch  genommen 
werten  kann  .  .  ." 

C.Verf.  V.  22.  Apr.  1844:  „Bei  der  Bestimmung  unter  Nr.  5  meiner 
Vert  V.  7.  Febr.  d.  J.  (s.  p.  223  ff.)  hat  nicht  die  Absicht  obgewaltet,  dafs  erst  eine 

Wi«s«,  Veroidnongea.  15 


226 

positive  Erklärung  von  Seiten  der  Eltern  oder  ihrer  Stellvertreter  darüber  abge- 
wartet werden  soll,  ob  sie  die  Teilnahme  ihrer  Söhne  oder  Pflegebefohlenen  an 
den  schon  bestehenden  oder  noch  zu  errichtenden  Turnanstalten  wollen.  Da  zu- 
folge der  CO.  v.  6.  Juni  1842  die  Leibesübungen  als  ein  noth wendiger  und  unent- 
be&licher  Bestandteil  der  männlichen  Erziehung  in  den  königl.  Staaten  förmlich 
anerkannt  werden  sollen,  so  folgt  hieraus,  daXs  auch  die  Teilnahme  an  diesen 
Uebungen  von  allen  Schülern  als  Regel  vorauszusetzen  und  nur  auf  die  motivirte 
Erklärung  der  Eltern  oder  ihrer  Stellvertreter,  dafs  sie  die  Teilnahme  ihrer  Ange- 
hörigen nicht  wollen,  eine  Dispensation  und  zwar  in  ähnlicher  Art  zu  erteilen 
ist,  wie  dies  bei  einzelnen  anderen  Unterrichtseegenständen,  namentlich  unter  ge- 
wissen Bedingungen  auch  bei  einem  integrirenden  Teile  des  Gymnasialunterrichts, 
dem  Griechischen,  geschieht.  Obwohl  mit  Grudd  zu  erwarten  ist,  dafs  die  Eltern 
oder  deren  Stellvertreter,  von  deren  freiem  Ermessen  die  Teilnahme  ihrer  Ange- 
hörigen an  den  Leibesübungen  der  Allerh.  Bestimmung  gemäfs  abhängig  bleiben 
soll,  in  richtiger  "Würdigung  des  wohlthatigen  Einflusses,  welchen  angemessene 
und  zweckmälsig  geleitete  Leibesübungen  auf  die  Jugend  behaupten,  ihre  Ange- 
hörigen an  denselben  bereitwillig  werden  teilnehmen  lassen  und  nicht  ohne  dringende 
Motive  eine  Dispensation  für  ihre  Angehörigen  nachsuchen  werden,  so  scheint  es 
mir  dennoch  räthlich,  auf  die  noch  obwaltenden  Vorurteile  mancher  Eltern  gegen  das 
Turnen  eine  schonende  Rücksicht  zu  nehmen  und  auch  in  den  hoffentlich  seltenen 
Fällen,  wo  ohne  vollgenügende  Motive  die  Dispensation  von  der  Teilnahme  an 
den  Leibesübungen  nachgesucht  wird,  einem  solchen  Verlangen  zu  willfahren. 

Li  Rücksicht  auf  die  von  dem  K.  Prov.  Seh.  C.  in  dem  Bericht  v.  6.  v.  JH. 
näher  entwickelten  Verhältnisse  will  ich  hierdurch  genehmigen,  dafs  bei  allen  An- 
stalten dortiger  Provinz,  wo  der  Aufwand  für  die  Einrichtung  und  Unterhaltung 
der  Turnplätze,  sowie  für  die  den  Lehrern  der  Gymnastik  zu  gewährende  Be- 
soldung oder  Remuneration  weder  aus  den  Fonds  der  betr.  Schule  noch  aus  Zu- 
schüssen der  betr.  städt.  Gemeinde  gedeckt  werden  kann,  von  allen  Schülern  mit 
Ausnahme  der  Freischüler  ein  mäfsiger,  nach  den  jedesmaligen  Ortsverhältnissen 
zu  bestimmender  Zusatz  zu  dem  bisherigen  Schulgelde,  welcher  aber  bei  keiner 
Schule  mehr  als  1  Thlr.  jährl.  betragen  darf,  durch  die  Schulkasse  erhoben  werde. 
Eine  solche  mäfsige  Erhöhung  des  Schulgeldes  erscheint  um  so  mehr  gerechtfertigt, 
als  die  Schule  durch  den  Unterricht  in  den  Leibesübungen  ihre  bisherigen  Leistungen 
im  Interesse  aller  Schüler  erweitert  und  die  Teilnahme  an  den  Leibesübungen 
seitens  aller  Schüler  als  Regel  gelten  mufs.*' 

Aus  einer  C.  Verf.  v.  26.  Mai  1860:  —  „Der  gymnast.  Unterricht,  wie 
dessen  Erteilung  in  der  Central-Tnrnanstalt  zu  Berlin'*')  gelehrt  wird,  steht  in 
engem  Zusammenhange  mit  dem  gegenwärtig  in  der  E.  Armee  zur  Anwendung 
gebrachten  System  der  militär.  Ausbildung  des  Soldaten.  Es  mufs  alsoWerth  darauf 
gelegt  werden,  dal^,  abgesehen  von  der  Bedeutung  des  Turnens  in  pädagogischer 
Beziehung,  die  Möglichkeit  geboten  ist,  durch  den  richtigen  Betrieb  der  gymnast. 
Uebungen  in  der  Schule  unmittelbar  die  Wehrhaftmachung  des  Volks  fördern 
zu  können. 

Der  Betrieb  der  Gymnastik  nach  dem  in  der  Gentral-Tumanstalt  befolg- 
ten System  erfordert  nicht  kostspielige  Einrichtungen  und  Apparate,  und  kann 
also  die  Einfuhrung  desselben  von  Seiten  des  Kostenpunkts  bei  den  meisten 
Schulen  keine  erhebliche  Schwierigkeit  finden.  Die  meisten  städt.  Gommunen 
werden,  wenn  ihnen  die  Sache  richtig  vermittelt  wird,  keinen  Anstand  nehmen, 
für  die  männliche  Jugend  ihrer  Schule  geordnete  gymnast.  Uebungen  einzu- 
führen und,  wo  gröfsere  Schulsysteme  vorhanden  sind,  geeignete  Lehrer  in  der 
hies.  Central-Tumanstalt  ausbilden  zu  lassen.  —  Die  gymnast.  Uebungen  werden 
sich  mit  den  jugendlichen  Spielen  und  mit  der  Begehung  vaterlän- 
discher Festtage  in  angemessene  Verbindung  bringen  lassen,  und  wird  es 
nur  darauf  ankommen,  die  Bevölkerung  den  Nutzen  der  gymnast.  Uebungen  und 


♦)  Begründet  durch  C.  Verf  v.  18.  Aug.  1851,  umgestaltet  mit  der  Bezeich» 
nung:  ,3^önigliche  Turnlehrer-Bildungsanstalt"  nach  C.  Verf.  y.  4.  Apr.  1878. 
CBl.  1878  p.  237  f. 


227 

deren  Zasammenbang  mit  der  Wehrhaftigkeit  des  Volkes  verstehen  zn  lehren 
nnd  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  die  angemessene  Leibesübnng  der  Jagend 
zur  Volkssitte  werde."  — 

C.Verf.  V.  10.  Sept.  1860:  „Hinsichtlich  des  Turnens  bei  den  höh. 
Unterrichtsanstalten  wird  vielfach,  wenn  nicht  überwiegend,  geklagt,  dafs  das- 
selbe noch  der  nöthigen  Teilnahme  und  des  wunsohenswerthen  Aufschwungs 
entbehre.  Es  wird  in  dieser  Beziehung  auf  die  Unpopularität  hingewiesen,  in 
der  das  Turnen  bei  dem  Publicum  im  Allgemeinen  noch  stehe,  auf  die  Ab- 
neigung vieler  Eltern  gegen  die  eingeführten  Uebungen,  welche  zum  Nachsuchen 
um  Dispensation  von  dem  Unterricht  fahre.  Dem  Turnen  fehle  noch  vielfach 
die  Teilnahme  der  Lehrer  und  der  Schüler;  jene  wohnten  den  Uebungen,  für 
deren  Besuch  sie  nicht  remunerirt  würden,  nur  selten  bei,  und  fehle  also  ihrer- 
seits die  für  die  Schüler  wünschenswerthe  Ermunterung.  Den  jüngeren  Schülern 
fehle  ebenfalls  das  ermunternde  Beispiel  der  älteren,  welche  sich  von  II,  noch 
mehr  aber  von  I  ab,  dem  Turnen  zu  entziehen  Neigung  zeigten.  Häusliche 
Arbeiten  far  die  Schule,  Privatunterricht  in  den  neueren  Sprachen,  in  Musik 
und  Zeichnen,  sowie  das  Baden  und  der  Schwimmunterricht  seien  für  die 
Schüler  der  oberen  Kl.  teils  wirkliche  Ursachen,  teils  dienten  sie  zum  Vorwand, 
um  den  Tuniunterricbt  zu  versäumen.  In  den  meisten  FäUen  sei  aber  Bequem- 
lichkeit, Geschmack  an  den  Erholungen  und  Vergnügungen  der  Erwachsenen 
und  das  Streben  nach  dem  greifbar  Nützlichen  der  eigentliche  Grund  der  Ver- 
säumnisse. Nützten  Leistungen  im  Turnen  zum  Aufsteigen  in  eine  höh.  El. 
oder  zur  Erlangung  des  Zeugnisses  der  Beife  im  Abiturientenexamen,  oder  ge- 
währten sie  Vorteile  für  Ableistung  des  Militärdienstes,  dann  würde  die  Beteili- 
gung ohne  Zweifel  eine  allgemeinere  sein.  Bei  strenger  Controle  und  Hand- 
habung der  Disciplin  lasse  sich  wohl  die  Anwesenheit  der  älteren  Schüler  auf 
dem  Turnplatz  erzwingen,  nicht  aber  die  Lust  zum  Turnen,  und  der  Anblick 
einer  grofsen  Anzahl  älterer  Schüler,  die  lässig  und  verdrossen  dastehen  oder 
in  ungeschickten  Bewegungen  ihren  Verdrufs  über  den  ihnen  augethanen 
Zwang  und  ihre  Mifsachtung  der  Uebungen  kund  gäben,  wirke  entmuthigend 
und  verführend  auf  die  jüngeren  Schüler. 

Diesen  Klagen  gegenüber  stehen  aber  auch  die  erfreulichen  Erfahrungen, 
dafs  namentlich  durch  den  Einflufs  tüchtig  vorgebildeter  und  in  ihrem  Fach 
mit  Einsicht  und  Hingebung  arbeitender  Turnlehrer  bei  richtiger  Unterstützung 
seitens  der  Dir.  und  ihrer  Collegen  die  gymnast.  Uebungen  auf  Gymn.  und 
sonstigen  höh.  Unterrichtsanstalten  nicht  nur  ein  Gegenstand  der  allgemeinen 
Teilnahme  und  Beteiligung  geworden  sind,  sondern  auch  einen  sehr  erspriefs- 
lichen  Einflufs  auf  die  Disciplin,  die  sittliche  Haltung  und  männliche  Erstar- 
kung der  Schüler  geübt  haben.  Es  kann  nur  wiederholt  in  Erinnerung  gebracht 
werden,  dafs  die  Schulen  den  gymnast  Unterr.  als  einen  integrirenden  Teil  ihrer 
Aufgaben  anzusehen  und  zu  behandeln  und  in  ihren  Anforderungen  an  die 
geistige  Thätigkeit  und  Beschäftigung  der  Schüler  für  jenen  Zeit  und  Baum 
frei  zu  lassen  haben.  Wird  Bequemlichkeit,  Genufssucht  und  Sinn  f&r  das  nur 
greifbar  Nützliche  als  ein  in  der  Jugend  der  gegenwärt.  Zeit  liegender  Grund- 
zug bezeichnet,  der  sie  von  der  Hingabe  an  die  gymnast.  Uebungen  abziehe, 
80  ist  nicht  aufser  Betracht  zu  lassen,  dafs  gerade  in  den  letzteren  ein  wirk- 
sames Correctiv  gegen  Verweichlichung  und  Verflachung  geboten  ist,  dafs  es 
aber  bei  beabsichtigter  Heilung  eines  Schadens  unerläfsliche  Bedingung  ist, 
der  natürlichen  Abneigung  gegen  das  Heilmittel  nicht  schwächlich  nachzugeben. 

Was  das  greifbar  Nützliche  der  gymnast.  Uebungen  betrifft,  so  darf  wohl 
angenommen  werden,  dafs,  deren  richtigen  Betrieb  vorausgesetzt,  auch  dem 
jugendlichen  Verständnis  der  Werth  einer  geordneten  in  richtig  abgemessener 
Anstrengung  Erholung  gewährenden  körperlichen  Uebung,  der  sich  aus   der- 

15* 


228 

selben  ercrebenden  leibl.  Frische,  Gewandtheit  der  Gliedmafsen,  Sicherheit  in 
der  Anwendung  und  Beherrschung  derselben,  des  durch  die  Zuverlässigkeit  des 
Körpers  erhöhten  Muthes  und  der  von  derselben  getragenen  Baschheit  und 
Festigkeit  des  Entschlusses,  durch  Belehrung  und  Anschauung  klar  gemacht 
werden  kann.  Es  ist  aber  nicht  auTser  Acht  zu  lassen,  dafs  bei  der  erweiterten 
Bedeutung,  welche  dem  gymnast.  Unterricht  in  der  Jugenderziehung  auf  Aller- 
höchste Anordnung  in  Verbindung  mit  der  Vorbereitung  auf  die  militar.  Aus- 
bildung gegeben  werden  soll,  baldigst  Mafsregeln  werden  getroffen  werden,  in 
deren  Folge  Versäumnisse  in  der  gymnast.  Ausbildung  far  die  betr.  Individuen 
materielle  Nachteile  mit  sich  fuhren  müssen,  wie  z.  B.  die  Frage  zu  entscheiden 
ist,  ob  weiterhin  die  Berechtigung  zum  einjähr,  freiwill.  Militärdienst  nicht  von 
nachgewiesener  erfolgreicher  gymnast.  Uebung  abhängig  zu  machen  ist.  Ebenso 
wird,  sobald  nur  an  den  betr.  Anstalten  der  Turnunterricht  vollständig  organi- 
sirt  ist,  die  von  den  Schülern  für  den  gymnast  Unterricht  bewiesene  Teilnahm» 
und  die  erlangte  Fertigkeit  bei  Erteilung  des  Zeugnisses  der  Reife  in  Betracht 
zu  ziehen  und  in  demselben  zu  erwähnen  sein.  Sollte  bei  irgend  einem  LehrercoU. 
bis  jetzt  Mangel  an  Interesse  für  den  in  Bede  stehenden  Gegenstand  den  Erfolg 
des  Unterrichts  beeinträchtigt  haben,  so  wird  es  nur  der  Hinweisung  auf  die 
teils  veränderten,  teils  in  weiterer  Entwickelung  begriffenen  Verhältnisse  be- 
dürfen, um  auch  ohne  äufsere  Nöthigung,  die  event.  aber  auch  wird  eintreten 
müssen,  die  nach  dieser  Seite  hin  bestehenden  Mängel  zu  beseitigen. 

Wenn,  wie  oben  erwähnt,  für  den  ungenügenden  Erfolg  des  gymnast. 
Unterrichts  ein  teilweiser  Grund  in  der  Lässigkeit  der  Schüler  und  deren  ander- 
weiter zu  grofser  Belastung,  sowie  in  der  Abneigung  mancher  Eltern  gegen  die 
auf  den  Turnplätzen  vorgenommenen  Uebungen  geftinden  wird,  so  ist,  soweit 
hier  das  sittl.  Verhalten  der  Schüler  und  deren  etwanige  Ueberlastung  mit  Schul- 
arbeiten in  Betracht  kommt,  das  Nöthige  bereits  bemerkt  Besteht  aber  gegen 
die  vorzunehmenden  Uebungen  jene  Abneigung,  und  wäre  diese  begründet,  sa 
mufs  angenommen  werden,  dafs  an  den  betr.  Orten  der  gymnast  Unterricht 
unzweckmäfsig  eingerichtet  ist  und  wahrscheinlich  das  Geräthturnen  nebst  einer 
blofsen  materiellen  Uebung  der  Eörperkraft  zu  sehr  in  den  Vordergrund  tritt. 
Hier  wird  zunächst  von  Seiten  der  Anstalt  durch  Befolgung  eines  rationellen 
Systems  der  Gymnastik  Abhülfe  zu  schaffen  und  namentlich  dahin  zu  streben 
sein,  dafs  die  Frei-,  Ordnungs-  und  taktogymnastischen  Uebungen  teils  zur 
Erweckung  eines  Gemeingefühls,  indem  sich  die  Schüler  als  Glieder  eines  ge- 
schlossenen Ganzen  erkennen  lernen,  teils  zur  Vorbereitung  auf  den  künftigen 
Militärdienst  ihre  angemessene  Berücksichtigung  finden.  Die  Marsch-  und 
Evolutionsübungen  werden  so  einzurichten  sein,  dafs  die  Schüler  die  nöthige 
Bekanntschaft  mit  den  eingeführten  Wendungen  und  Schwenkungen,  mit  dem 
Formiren  der  Massen  in  Golonne  und  Linie,  mit  dem  Deployiren  etc.  erlangen. 
Die  Tumspiele  werden  sich  dahin  einrichten  lassen,  dafs  die  wünschenswerthe 
Fertigkeit  im  Abschätzen  der  Distanzen,  im  Auskunden  und  Durchsuchen  cou- 
pirten  Terrains  etc.  Berücksichtigung  findet  Sind  solche  Uebungen  eingerichtet, 
so  wird  die  Abneigung  der  Eltern  aufhören,  und  schwächliche  Schüler  werden 
höchstens  von  dem  Geräthturnen,  nicht  aber  von  den  Frei-,  Ordnungs-  und 
taktogymnastischen  Uebungen  zu  dispensiren  sein.  Hinsichtlich  der  erwähnten 
Uebungen  ist  aber  immer  festzuhalten,  dafs  sie  Tum-Uebungen  und  Spiele  sind, 
und  nicht  in  militär.  Spielerei  ausarten  und  den  Knaben  nicht  vorab  das  bieten 
dürfen,  was  von  dem  Manne  gefordert  wird,  weshalb  auch  der  Gebrauch  von 
Gewehren  bei  den  gymnastischen  Uebungen  ebenso  entbehrlich  wie  auszu- 
schliefsen  ist 

Einem  qualificirten  Turnlehrer  wird  es  auch  nicht  schwer  fallen,  in  die 
Schwimmübungen  und  andere  körperl.  Exercitien,  wie  das  Schlittschuh- 


229 

laufen,  diejenige  Ordnung  und  Gemeinsamkeit  der  Schaler  zu  bringen,  welche 
den  wünschenswerthen  Znsammenhang  mit  dem  eigentlichen  gymnast.  Unterr. 
aufrecht  erhält. 

Ein  besonderer  Werth  wird  darauf  zu  legen  sein,  dafs  sich  in  nächster 
Nähe  des  Schullocals  ein  Turnplatz,  resp.  eine  Turnhalle  befindet,  damit  in  den 
üblichen  Pausen  des  Schulunterrichts  oder  in  dafür  zu  gewinnenden  gröfseren 
Zeitabschnitten  klassen-  und  abteilungsweise  wenigstens  Frei-  und  Ordnungs- 
übungen angestellt  werden  können,  in  welchem  Fall  die  gröfseren  entlegneren 
Turnplätze,  vielleicht  seltener,  zu  ausgedehnteren  Gesamtübungen  und  Spielen 
benutzt  werden  können. 

Bei  Fernhaltung  alles  Absonderlichen  und  Benommistischen  wird  doch 
Yorzusehen  sein,  dafs  das  Turnwesen  der  Schüler  als  einer  Gemeinschaft  auch 
sein  Becht  erhält,  in  die  Aeufserlichkeit  zu  treten.  Gemeinsame  Kleidung,  Fahnen 
und  andere  etwa  mit  der  geschichtl.  Entwickelung  der  betr.  Anstalt  in  Ver- 
bindung stehende  Abzeichen,  gemeinsamer  Zug  zum  Turnplatz  unter  Trommel- 
schlag oder  Absingung  vaterländischer  Lieder,  Gesang  während  des  Turnens, 
sind  hierher  gehörige  Dinge,  deren  Auswahl  und  Benutzung  der  Einsicht  und 
dem  Tact  der  betr.  Anstalten  überlassen  bleiben  mufs.  Es  wird  sich  femer 
empfehlen,  jährlich  ein  Turnfest  abzuhalten,  welches  einen  Nachmittag  hindurch 
auf  dem  Turnplatz  unter  entsprechenden  Spielen,  Vorträgen  und  Gesängen  ge- 
feiert wird.  Einen  Teil  dieses  Festes  bildet  das  Probetumen,  in  welchem  vor 
dem  LehrercoU.  und  dem  Vorstand  der  Anstalt  Proben  von  der  erlangten  gymnast. 
Ausbildung  abgelegt  werden.  Hiermit  kann  die  Erteilung  von  Prämien  verbunden 
werden.  JährUch  wenigstens  einmal  eine  gröfsere  Tumfahrt  anzustellen  wird  der 
Organismus  jeder  Anstalt  gestatten. 

Nach  diesen  Andeutungen  veranlasse  ich  die  K.  Prov.Schulcollegien,  den 
Betrieb  des  gymnast  Unterrichts  bei  den  höh.  Unterrichtsanstalten  in  erneuerte 
Anregung  zu  bringen.  Das  Hauptaugenmerk  wird  darauf  zu  richten  sein,  dafs 
baldmöglichst  alle  Gymn.  und  Bealschulen  in  den  Besitz  ordentlich  vorgebil- 
deter und  wohl  qualificirter  Turnlehrer  gelangen,  und  werde  ich  darauf  gerich- 
teten Anträgen  in  den  einzelnen  Fällen  gern  jede  mögliche  Förderung  ange- 
deihen  lassen." 

Min. Verf.  v.  4.  Dec.  1861  (auf  den  Antrag  eines  Magistrats,  besondern 
Fechtunterricht  für  die  Vorturner  betreffend):  —  „Es  ist  richtig,  dafs  die 
Hülfe,  welche  geübte  Vorturner  beim  Unterricht  zahlreicher  Schülermassen  ge- 
währen, von  grofsem  Werth  ist,  und  dafs  es  eine  Hauptaufgabe  des  Turnlehrers 
ist,  sich  diese  Hülfe  zu  sichern.  Bei  dem  lebhaften  Interesse,  welches  dem 
Bericht  zufolge  dort  allgemein  für  das  Turnen  im  Publicum  und  an  den  Schulen 
herrschend  ist,  läfst  sich  erwarten,  dafs  es  den  dazu  befähigten  älteren  Schülern 
des  Gymn.  und  der  Bealschole  eine  Ehre  und  Freude  sein  wird,  als  Vorturner 
den  Lehrer  zu  unterstützen,  und  dafs  sie  es  nicht  als  eine  auf  Lohn  wartende 
Arbeit  ansehen  werden.  Es  wird  daher  um  sie  dazu  willig  zu  machen  nicht 
noch  eines  besonderen  Impulses  bedürfen,  wie  sich  dies  auch  an  anderen  An- 
stalten, wo  das  Turnen  mit  Lust  getrieben  wird,  nicht  nöthig  erwiesen  hat.  — 
Dafs  den  Vorturnern  aufser  den  Prämien,  welche  der  Magistrat  zu  diesem  Zweck 
anzukaufen  beabsichtigt,  zur  Belohnung  ein  über  das  Stofsfechten  hinausgehender 
Fechtunterricht  erteilt  werde,  kann  nicht  genehmigt  werden.  Die  in  dem  Gut- 
achten des  Gymnalsialdir.  dagegen  geltend  gemachten  Bedenken  sind  in  päda- 
gogischer Erfahrung  begründet  und  verlangen  Berücksichtigung. 

Hiemach  kann  ich  mich  nicht  veranlafst  sehen,  die  von  dem  E.  Prov 
Seh.  C.  in  der  Sache  erlassene  Verfügung,  durch  welche  in  entsprechender 
Auffassung  dem  Fechtunterricht   der  Schüler  die   nöthigen  Schranken  ange- 


230 

wiesen  werden,  aa&aheben,  erkläre  mich  vielmehr  mit  derselben  ganz  einver- 
standen/* 

Gutachten  der  Wiss.  Deputation  für  d.  Medicinalw.  über  die  Barren- 
übungen V.  31.  Dec.  1862  s.  CBl.  1863  p.  25  ff.,  Euler-Eckler  a.  a.  0.  p.  136 

C.Verf.  V.  4.  Apr.  1865:  „Der  Fortgang  des  Turnens  bei  der  männlichen 
Jugend  wird  vielfach  durch  den  Mangel  bedeckter  Locale  behindert,  in  welchen 
die  üebungen  bei  schlechtem  Wetter  und  im  Winter  abgehalten  werden  können. 
Bei  sämtlichen  seit  längerer  Zeit  neu  erbauten  SchuUehrer-Seminarien  ist  hier- 
auf Bücksicht  genommen,  und  sind  zweckmäTsige  Tumsäle  eingerichtet  worden. 
Ein  Gleiches  empfiehlt  sich  für  die  anderen  höh.  ünterrichtsanstalten.  Die 

E.  Prov.SchulcolI  veranlasse  ich,  bei  Neubauten  solcher  Anstalten  oder  bei 
Beparaturbauten,  die  hierzu  Gelegenheit  bieten,  hierauf  Bücksicht  zu  nehmen 
und  die  Einrichtung  eines  zweckm.  Turnsaales  als  zu  erfüllende  Forderung 
zu  stellen." 

Min. Verf.  v.  14.  Apr.  1866  (an  die  K.  Eegierung  zu  Danzig):  „In  der 
Danziger  Zeitung  v.  3.  d.  M.  ist  der  Plan  entwickelt,  auf  dem  Wege  des  Actien- 
untemehmens  eine  Turnhalle  zu  errichten,  welche  auch  für  die  Turnübungen 
sämtlicher  Schulen  der  Stadt  bestimmt  sein  soll.  Es  wird  dabei  aus  den  3  höh. 
ünterrichtsanstalten  sowie  aus  den  Mittel-  und  Elementarschulen  auf  eine  Zahl  von 
mindestens  4000  Tumschülem  gerechnet,  die,  in  Serien  von  400  Schülern  ge- 
teilt, wöchentl.  2  Stunden  turnen  könnten. 

Auf  Grund  von  Verhandlungen,  die  über  ähnliche  Pläne  und  Einrichtungen 
in  anderen  Städten  stattgefunden  haben,  sehe  ich  mich  veranlafst,  die  E.  Be- 
gierung  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  die  projectirte  Einrichtung  für  die 
Schulen,  soweit  sich  deren  Wesen  aus  der  Skizze  erkennen  läfst,  zur  Geneh- 
migung seitens  der  Schulverwaltung  nicht  geeignet  sein  würde.  Diese  hat 
vielmehr  bei  Tumeinrichtungen  für  städt.  Schulen  von  folgenden  Gesichtspunkten 
auszugehen : 

1.  Das  Turnen  der  männlichen  Jugend  ist  ein  integrirender  Teil  des 
Schulunterrichts,  woraus  folgt,  dafs  jede  Schule  für  sich  abgesonderten  Turn- 
unterricht haben  mufs,  die  Vereinigung  mehrerer  oder  aller  Schulen  zu  gemein- 
samem Turnunterricht  aber  nicht  statthaft  ist.  Die  Einteilung  der  Schüler  far 
den  Turnunterricht  schliefst  sich  am  zweckmäfsigsten  an  die  bereits  vorhandene 
Einteilung  derselben  nach  Schulklassen  an.  2.  In  der  Begel  mufs  jede  Schule 
ihren  eigenen  Turnlehrer  haben,  womit  nicht  ausgeschlossen  ist,  dafs  ein  und 
derselbe  Lehrer  für  mehrere  Schulen  fungiren  kann.  Das  letztere  wird  indessen 
nur  für  den  Fall  zulässig  sein,  wenn  die  zweckmäfsigste  Einrichtung,  dafs  näm- 
lich ein  oder  mehrere  ordentliche  Mitglieder  des  LehrercoU.  den  Tumunterr.  be- 
sorgen, unter  den  gegebenen  Verhältnissen  nicht  ausführbar  ist.  Jedenfalls 
ausgeschlossen  mufs  aber  die  Einrichtung  bleiben,  dafs  ein  aufserhalb  der 
Schule  stehendes  selbständiges  TumlehrercoUegium  den  Unterricht  der  Schule 
besorgt.  Wenn  nicht  besondere  Hindernisse  entgegenstehen,  wird  auch  für  den 
Fall,  dafs  nicht  ein  ordentlicher  Lehrer  der  betr.  Schule  den  Tumunterr.  besorgt, 
der  besonders  mit  Erteilung  desselben  beauftragte  Lehrer  Mitglied  des  Lehrer- 
coU. sein  und  an  den  Conferenzen  desselben  teilnehmen  müssen.  3.  Der  Turn- 
unterricht der  Schulen  unterliegt  der  Organisation  und  Aufsicht  der  ordentl. 
Schulaufsichtsbehörden  und  kann  nicht  an  deren  Stelle  ein  aufserhalb  derselben 
stehendes  Curatorium  oder  ähnlicher  Vereinsausschufs  treten. 

Ich  überlasse  es  der  E.  Begierung,  je  nach  Lage  der  Sache  die  städt. 
Behörden  von  Danzig  mit  diesen  leitenden. Gesichtspunkten  bekannt  zu  machen, 
damit  nicht  mit  Einrichtungen  vorgegangen  werde,  denen  später,  sofern  es  sich 


23  L 

nm  eine  Beteiligung  der  Schalen  an  denselben  handelt,  die  Genehmigung  ver- 
sagt werden  müfste."  — 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zn  Kiel  t.  15.  Not.  1870:  „Der  Be- 
licht  des  CiYillehrers  an  der  E.  CTumanstalt  H.  Eckler  über  den  Stand  und 
Betrieb  des  Tnmwesens  an  den  höh.  Lehranstalten  der  Prov.  Schleswig-Holstein 
im  Jahre  1869  veranlafst  nns  vorläufig  Folgendes  anznordnen: 

1.  Der  Turnunterricht  ist  für  alle  Klassen  von  VI — I  verbindlich.  Dispen- 
sationen dürfen  in  der  Begel  nur  auf  Grund  ärztl.  Zeugnisses  stattfinden.  2.  um 
Zeitzersplitterung  zu  verhüten,  hat  sich  der  Unterricht  wenn  irgend  möglich 
(besonders  in  gröfseren  und  langgestreckten  Städten)  unmittelbar  an  die  Vor- 
mittags- oder  Nachmittags-Lehrstunden  anzuschliefsen.  3.  Den  Turnübungen 
ist  in  allen  Anstalten  ein  Leitfaden  zu  Grunde  zu  legen;  als  für  die  unteren 
Kl.  ausreichend  wird  namentlich  der  „Neue  Leitfaden  für  den  Turnunterricht  in 
der  preufsischen  Volksschule^  empfohlen.  4.  In  den  Schulzeugnissen  darf  ein 
urteil  über  die  Leistungen  im  Turnen  nicht  fehlen.  5.  In  den  Schulpro- 
grammen ist  von  jetzt  an  über  das  Turnen  in  gleicher  Weise  Bericht  zu  erstatten, 
wie  über  die  anderen  Unterrichtsgegenstände.  6.  Zur  Fortbildung  der  Turn- 
lehrer haben  die  Schulbibliotheken  bei  ihren  Anschaffungen  auch  die  Tumlitte- 
ratur  zu  berücksichtigen. 

Wir  fugen  noch  hinzu,  dafs  es  von  wesentlichem  Einflufs  auf  die  Förde- 
rung dieses  wichtigen  Unterrichtsgegenstande«  sein  wird,  wenn  alljährlich  einige 
junge  rüstige  Mitglieder  der  LehrercoUegien  sich  entschliefsen,  einem  Winter- 
cursus  der  K.  Central-Tumanstalt  in  Berlin  beizuwohnen.*' 

C.Verf.  V.  18.  Juni  1878.  „Obwohl im  Allgemeinen  angenommen  werden 
kann,  dafs  revaccinirte  Schulkinder  während  der  Zeit  der  Entwickelung  und 
Abheilung  der  Impfblattem  zu  den  Turnübungen  nicht  herangezogen  werden, 
so  nehme  ich  doch  Veranlassung,  noch  besonders  darauf  aufmerksam  zu  machen, 
dafs  diese  Dispensation  auf  die  Dauer  von  14  Tagen  von  der  Vollziehung  der 
Wiederimpfung  an  gerechnet  zu  erteilen  sei."    Der  Min.  etc.  Falk. 

Gutachten  über  Herstellung  von  Turnräumen  für  150  gleichzeitig 
turnende  Schüler,  erstattet  von  Euler  und  Eckler,  s.  CBl.  1871  p.  433  ff; 
hierzu  Min.  Verf.  v.  31.  Oct.  1871,  CBl.  1872  p.  13;  vgL  Euler  und  Eckler 
a.  a.  0.  p.  127  ff.  u.  80  f. 

C.Verf.  V.  30.  Juni  1877.  „Nach  §  19  der  Instruction  für  die  Ober- 
Bechnungskammer  v.  18.  Dec.  1824  müssen  die  für  Rechnung  des  Staats  ge- 
schlossenen Contracte  und  gemachten  Ankäufe  in  der  Begel  auf  vorhergegangene 
Licitation  gegründet  sein.  Diese  Bestimmung  gilt  auch  für  die  Ausstattung 
von  Turnhallen  und  Turnplätzen  mit  den  erforderlichen  Turn  gerät  hen.  Nach 
den  gemachten  Erfahrungen  erfolgt  aber  die  Herstellung  dieser  Geräthe.  insbes. 
der  gröfseren  und  zusammengesetzten,  oft  in  so  mangelhafter  Weise,  dafs  nicht 
blofs  der  Tumbetrieb  darunter  leidet,  sondern  auch  Gefahr  für  Leben  und  Ge- 
sundheit der  Schüler  entsteht,  welche  bei  solider  Herstellung  der  Geräthe  und 
bei  Anbringung  der  erforderlichen  Sicherheitsvorrichtungen  ausgeschlossen  sein 
würde.  Es  ist  daher  nothwendig,  dafs  die  bezüglichen  Arbeiten  nur  an  solche 
Verfertiger  gegeben  werden,  welchen  eine  hinreichende  Kenntnis  und  Geschick- 
lichkeit für  die  Herstellung  von  Tumgeräthen  zugetraut  werden  kann.  Wo  solche 
Personen  nicht  vorhanden  sind,  empfiehlt  es  sich,  aus  einer  zuverlässigen  Be- 
zugsquelle Modelle  für  die  einfacheren  Geräthe  kommen  und  nach  diesen  arbeiten 
zu  lassen.  Gröfsere  und  zusammengesetzte  Geräthe,  zu  deren  Herstellung  be- 
sondere Fachkenntnisse  gehören,  und  welche  geübte  und  geschickte  Verfertiger 
besser  und   billiger   zu   liefern   im   Stande  sind,   als  sie  an  Ort  und  Stelle 


232 

auch  nach  Modellen  beschafft  werden  könnten,  werden  zweckmäfsig  von  jenen 
bezogen.  — 

Femer  mache  ich  daranf  anfinerksam,  dafs  es  sich  znr  Yermeidimg  von 
Weiterungen  empfiehlt,  sowohl  bei  Einrichtung  Ton  Tumsälen,  bezw.  Ton  Turn- 
plätzen, als  auch  insbesondere  für  die  Abnahme  der  auf  Licitatlon  gelieferten 
Tumgeräthe  einen  bewährten  Turnlehrer  zuzuziehen." 

Dielung  der  Turnhallen.  „Die  Lehrer  der  K.  Tumlehrer-Bildungs- 
anstalt  haben  über  die  Herstellung  des  Fufsbodens  in  Schultumhallen  unter  dem 
4.  April  1878  folgendes  Gutachten  abgegeben:  Die  Frage,  ob  die  Dielung  der 
Schultumhallen  unerläfslich  nothwendig,  oder  ob  Sandschüttung  ebenfalls  zu- 
lässig sei,  ist  seit  Jahren  dahin  entschieden  dafs  letztere,  nämlich  die  Sand- 
schüttung  (oder  der  Lehm-  oder  Loheboden)  durchaus  zu  verwerfen  und  da, 
wo  dieselbe  vorhanden  war,  durch  Dielenboden  zu  ersetzen  sei.  Nachdem  sich 
die  K.  Central-Tumanstalt  bereite  im  Jahre  1865  (vergl.  CBL  1865  p.  18  ff.) 
für  die  Dielnng  der  Turnhallen  (als  „die  zweckmäfsigste  und  bei  ihrer  Dauer- 
haftigkeit auch  billigste  Art  des  Fufsbodens")  principiell  ausgesprochen,  haben 
seitdem  in  zahlreichen  Gutachten  und  Besprechungen  die  namhaftesten  Tum- 
autoritäten  dieselbe  Ansicht  geäufsert. 

Wir  müssen  demnach  auch  in  Bezug  auf  die  Tumhalle  des  Gymnasiums 
zu  N.  unsere  Ansicht  dahin  aussprechen,  dafs  Sandschüttung  zu  verwerfen  und 
statt  ihrer  Dielung  herzustellen  sei."    GBl.  1878  p.  289. 

C.Verf.  V.S.März  1879.  „In  Betreff  der  Gröfsenverhältnisse  von  neu 
zu  erbauenden  Turnhallen  bei  höh.  Unterrichtsanstalten  und  Schullehrer- 
seminaren gelten  fortan  nachstehende  Begeln. 

L  Hinsichtlich  der  allgemeinen  Raumverhältnisse  ist  in  folgender  Weise 
zu  unterscheiden:  a.  bei  kleineren  höh.  Unterrichtsanstalten,  d.  h.  solchen,  die 
bis  zu  9  Klassen  resp.  bis  zu  300  bis  höchstens  350  Schüler  haben,  genügt 
eine  Tmmhalle  für  50  gleichzeitig  turnende  Schüler;  b.  bei  gröfseren  An- 
stalten ist  die  Turnhalle  far  90  bis  100  gleichzeitig  turnende  Schüler  einzu- 
richten; c.  bei  Seminarien  ist  auf  eine  Gombination  mehrerer  Klassen  nicht 
zu  rücksichtigen,  sondem  der  Turnhalle  nur  ein  solcher  Baum  zu  geben,  dafs 
sie  for  eine  Klasse  ausreicht. 

n.  Nach  diesen  Gmndsätzen  soll  den  Turnhallen  a.  bei  den  kleineren 
Anstalten  mit  einer  Frequenz  bis  zu  300  bis  350  Schülern  und  bei  den  Schul- 
lehrerseminaren eine  Länge  von  20  und  eine  Breite  von  10  m,  und  b,  bei 
den  gröfseren  höheren  Untorrichtsanstalten  eine  Länge  von  22  und  eine  Breite 
von  lim  gegeben  werden,  bei  sehr  f^quenten  Anstalten,  d.  h.  solchen  mit 
einer  Frequenz  von  mehr  als  550  Schnlem,  es  jedoch  besonderen  Verhandlungen 
zwischen  den  beteiligten  Bessorts  vorbehalten  bleiben,  ob  die  Dimensionen  bis 
zu  25  m  Länge  und  12,50  m  Breite  zu  erweitem  sind. 

III.  An  Nebenbauten  ist,  abgesehen  von  den  etwa  erforderlichen 
Abortsanlagen,  nur  ein  Vorbau  mit  Windfang,  zu  dessen  Seiten  ein  Abtrete- 
zimmer far  den  Lehrer  und  ein  Geräthezimmer  eingerichtet  werden  können, 
zulässig. 

IV.  Im  Uebrigen  sind  die  Tnmhallen  in  einfachster  Weise  ohne  archi- 
tektonischen Schmuck  und  unter  thunlichster  Beschränkung  der  Höhe  herzustellen. 

Hinsichtlich  des  Betriebes  des  Turnunterrichtes  in  den  bezeichneten  An- 
stalten ist  als  regelmäfsiges  Bedürfnis  die  Erteilung  von  zwei  wöchentlichen 
Turnstunden  far  jede  Klasse  resp.  Turaabteilung  anzusehen.'^ 

C Ire.  Verf.  v.  2  7.  Oct.  1882.  „Nachdem  das  Tumen  als  ein  inte- 
grirender  Teil  dem  Unterricht  der  Jugend  in  den  höheren  und  niederen  Schulen 
eingefügt  worden  und  an  die  Stelle  der  Freiwilligkeit  der  Teilnahme  an  diesen 


233 

üebnngen  für  die  tarnfähigen  Schüler  die  Verpflichtung  getreten  ist,  hat  sich 
die  staatliche  und  commimale  Fürsorge  anf  die^  Beschaffung  und  Herstellung 
von  geschlossenen  Tumrftumen  erstreckt,  in  welchen  unabhängig  von  der  Jahres- 
zeit und  unbehindert  von  den  Unbilden  der  Witterung  das  Schulturnen  eine  un- 
unterbrochene und  geordnete  Pflege  gefunden  hat. 

Es  ist  dies  für  den  Jugendunterr.  ein  überaus  werthvoUer  Erwerb.  Erst 
die  Fortführung  der  turnerischen  Uebungen  durch  das  ganze  Jahr  sichert  eine 
tüchtige  körperliche  Ausbildung. 

Nicht  minder  werthvoU  aber  ist  der  Turnplatz.  Gewisse  Uebungen, 
wie  das  Stabspringen,  der  Gerwnrf,  mancherlei  Wettkämpfe  u.  A.  lassen  sich 
in  der  Halle  gar  nicht  oder  nicht  ohne  Beschränkung  und  ohne  Gefahr  vor- 
nehmen. Ein  grOfseres  Gewicht  mufs  aber  noch  darauf  gelegt  werden,  dafs  das 
Turnen  im  Freien  den  günstigen  gesundheitlichen  Einflufs  der  Uebungen  wesent- 
lich erhöht,  und  dafs  mit  dem  Turnplatze  eine  Stätte  gewonnen  wird,  wo  sich 
die  Jugend  im  Spiele  ihrer  Freiheit  freuen  kann,  und  wo  sie  dieselbe,  nur 
gehalten  durch  Gesetz  und  Begel  des  Spieles,  auch  gebrauchen  lernt.  Es  ist 
von  hoher  erziehlicher  Bedeutung,  dafs  dieses  Stück  jugendlichen  Lebens,  die 
Freude  früherer  Geschlechter,  in  der  Gegenwart  wieder  aufblühe  und  der  Zu- 
kunft erhalten  bleibe.  Oefter  und  in  freierer  Weise,  als  es  beim  Schulturnen 
in  geschlossenen  Bäumen  mOglich  ist,  mufs  der  Jugend  Gelegenheit  gegeben 
werden,  Kraft  und  Geschicklichkeit  zu  bethätigen  und  sich  des  Kampfes  zu 
freuen,  der  mit  jedem  rechten  Spiele  verbunden  ist.  Es  giebt  schwerlich  ein 
Mittel,  welches  wie  dieses  so  sehr  im  Stande  ist,  die  geistige  Ermüdung  zu  be- 
heben, Leib  und  Seele  zu  erfrischen  und  zu  neuer  Arbeit  fähig  und  freudig  zu 
machen.  Es  bewahrt  vor  unnatürlicher  Frühreife  und  blasirtem  Wesen,  und  wo 
diese  beklagenswerthen  Erscheinungen  bereits  Platz  gegriffen,  arbeitet  es  mit 
Erfolg  an  der  Besserung  eines  ungesund  gewordenen  Jugendlebens.  Das  Spiel 
wahrt  der  Jugend  über  das  Kindesalter  hinaus  Unbefangenheit  und  Frohsinn, 
die  ihr  so  wohl  anstehen,  lehrt  und  übt  Gemeinsinn,  weckt  und  stärkt  die 
Freude  am  thatkräfbigen  Leben  und  die  volle  Hingabe  an  gemeinsam  gestellte 
Aufgaben  unl  Ziele.  Treffend  sagt  Jahn  im  zweiten  Abschnitte  seiner  deutschen 
-Tumkunst  von  den  Tnrnspielen:  „In  ihnen  lebt  ein  geselliger  freudiger  lebens- 
frischer Wettkampf.  Hier  paart  sich  Arbeit  mit  Lust  und  Ernst  mit  Jubel. 
Da  lernt  die  Jugend  von  klein  auf,  gleiches  Recht  und  Gesetz  mit  andern 
halten.  Da  hat  sich  Brauch,  Sitte,  Ziem  und  Schick  im  lebendigen  Anschaun 
vor  Augen.  Frühe  mit  seines  Gleichen  und  unter  seines  Gleichen  leben  ist 
die  Wiege  der  Gröfse  für  den  Mann.  Jeder  Einling  verirrt  sich  so  leicht  zur 
Selbstsucht,  wozu  den  Gespielen  die  Gespielschaft  nicht  kommen  lasset.  Auch 
hat  der  Einling  keinen  Spiegel,  sich  in  wahrer  Gestalt  zu  erblicken,  kein  leben- 
diges Mafs,  seine  Kraftmehrung  zu  messen,  keine  Bichterwage  für  seinen  Eigen- 
werth,  keine  Schule  für  den  Willen  und  keine  Gelegenheit  zu  schnellem  Ent- 
schlufs  und  Thatkraft.'' 

Die  Ansprüche  an  die  Erwerbung  von  Kenntnissen  und  Fertigkeiten  sind 
für  fast  alle  Berufsarten  gewachsen  und  je  beschränkter  damit  die  Zeit,  welche 
sonst  für  die  Erholung  verfügbar  war,  geworden  ist,  und  je  mehr  im  Hause 
Sinn  oder  Sitte  und  leider  oft  auch  die  Möglichkeit  schwindet,  mit  der  Jugend 
zu  leben  und  ihr  Zeit  und  Baum  zum  Spielen  zu  geben,  um  so  mehr  ist  An- 
trieb und  Pflicht  vorhanden,  dafs  die  Schule  thue,  was  sonst  erziehlich  nicht 
gethan  wird  und  oft  auch  nicht  gethan  werden  kann.  Die  Schule  mufs  das 
Spiel  als  eine  f&r  KOrper  und  Geist,  für  Herz  und  Gemüth  gleich  heilsame 
Lebensäufserung  der  Jugend  mit  dem  Zuwachse  an  leiblicher  Kraft  und  Ge- 
wandtheit und  mit  den  ethischen  Wirkungen,  die  es  in  seinem  Gefolge  hat,  in 
ihre  Pflege  nehmen  und  zwar  nicht  blofs  gelegentlich,  sondern  grundsätzlich 
und  in  geordneter  Weise. 


234 

Von  dieser  Nothwendigkeit  ist  die  Unterrichteverwaltnng  schon  von  lange 
her  überzeugt  gewesen  und  hat  auch  dementsprechende  Verordnungen  ergehen 
lassen.  Ich  yerweise  auf  die  Ministerial-Bescripte  vom  26.  Mai,  vom  10.  Sept., 
vom  24.  Nov.  1860  und  vom  14.  Mai  1869  (C.Bl.  1860  S.  335  ff.,  519  ff., 
735  ff.  und  1869  S.  307  ff.)  Leider  aber  haben  diese  Anordnungen  nach 
den  Wahrnehmungen,  welche  im  Allgemeinen  und  insbesondere  bei  den  Re- 
visionen des  Tumwesens  in  den  einzelnen  Schulanstalten  gemacht  worden  sind, 
nicht  überall  die  dem  Werthe  und  Nutzen  der  Sache  entsprechende  Beachtung 
gefunden.  In  einer  Anzahl  älterer  Unterrichts-  und  Erziehungs-Anstalten  sind 
die  Jugendspiele  traditionell  in  Uebung  geblieben,  und  in  einigen  Bezirken  hat 
Herkommen  und  Sitte  an  ihnen  festgehalten,  in  anderen  aber  fehlt  es  an  jeder 
Ueberlieferung  und  nur  selten  sind  Anfänge  zu  neuer  Belebung  vorhanden. 
Jedenfalls  hat  eine  allgemeine  Einführung  und  Durchführung  nicht  stattgefunden. 
Es  bedarf  daher  einer  erneuten  Anregung  und  einer  dauernden  Bemühung  Aller, 
welche  mit  der  Erziehung  der  Jugend  befafst  sind,  damit,  was  da  ist,  erhalten, 
was  verlernt  ist,  wieder  gelernt  werde,  nnd,  was  als  heilsam  erkannt  ist,  in 
Uebung  komme. 

Es  bedarf  kaum  der  Erwähnung,  dafs  es  sich  hier  lediglich  um  Be- 
wegungsspiele handelt  und  dafs  Alles  ausgeschlossen  ist,  was  dahin  nicht 
gehört.  An  Hülfsmitteln,  sich  auf  diesem  Gebiete  zu  orientiren,  fehlt  es  nicht. 
Anknüpfend  an  das,  was  im  Volke  und  in  der  Jugend  des  Volkes  lebte,  haben 
Guts  Muths  und  Jahn  eine  Reihe  von  Jugend-  und  Tnmspielen  zusammen- 
gestellt und  beschrieben  (S.  Guts  Muths  Spiele  zur  Uebung  und  Erholung  des 
Körpers  und  des  Geistes,  herausgegeben  von  Schettler,  5.  Aufl.  Hof  1878. 
Jahn,  die  deutsche  Tumkunst,  Berlin  1816).  Andere  sind  gefolgt  Der  neue 
Leitfaden  für  den  Tm-n-Unterricht  in  den  Preufsischen  Volksschulen.  2.  Auflage, 
Berlin  1868,  fuhrt  auch  eine  Reihe  von  Spielen  auf.  Vergleiche  auch  Dieters 
Merkbüchlein  für  Turner,  herausgegeben  von  Dr.  Ed.  Angerstein,  7.  Auflage, 
Halle  1875,  und  Ravensteins  Volksturnbuch,  3.  Auflage,  Frankfurt  a.  M.  1876. 
Eine  reichhaltige  Zusammenstellung  und  Beschreibung  findet  sich  auch  in 
Jakobs  „Deutschlands  spielende  Jugend''  2.  Auflage,  Leipzig  1875. 

Bei  der  grofsen  Mannigfaltigkeit  des  Dargebotenen  wird  es  allerdings 
einer  Auswahl  bedürfen,  und  es  wird  hierbei  wesentlich  auf  dasjenige  Rücksicht 
zu  nehmen  sein,  was  herkömmlich  und  volkstümlich  ist.  Obenan  sind  die  ver- 
schiedenen Ballspiele  zu  stellen  (Treibball,  Fufsball,  Schlagball,  Ereisball, 
Stehball,  Thorball),  dann  die  Laufspiele,  und  hier  besonders  der  Barlauf, 
die  Wettkämpfe  (Hinkkampf,  Tauziehen,  Eettenreifsen  etc.),  die  Schleuder- 
spiele mit  Bällen,  Kugeln,  Steinen  und  Stäben,  und  die  Jagd-  und 
Kriegsspiele. 

Beachtenswerthe  Winke  über  die  Gestaltung  des  Spielens  finden  sich  in 
einigen  Aufsätzen  der  Monatsschrift  für  das  Tumwesen ,  herausgegeben  von 
Professor  Dr.  Euler  und  Gebh.  Eckler,  Berlin  1882.  (Das  freiwillige  Abend- 
tumon  an  der  Falk-Realschule  zu  Berlin  von  Dr.  Th.  Bach  Heft  1  und  2.  Zur 
Geschichte  und  Organisation  der  Braunschweiger  Schulspiele.  Von  Oberlehrer 
Dr.  K.  Koch  Heft  4).  Vergleiche  auch  den  Aufsatz  über  Turnspiele  (Bedürfnis 
und  Einführung)  von  Kohlrausch  in  den  Neuen  Jahrbüchern  für  Philologie  und 
Pädagogik  IL  Abt.  1880  Heft  4  und  5. 

Wenn  ich  hiernach  die  Unterrichtsbehörden  anweise,  für  die  Einfuhrung 
und  Belebung  der  Jugend  spiele  in  die  ihrer  Aufsicht  unterstellten  Schul- 
anstalten Sorge  zu  tragen  und  es  sich  angelegen  sein  zu  lassen,  bei  Revision 
derselben  wie  auf  das  Turnen  überhaupt  so  auch  auf  die  Turnspiele  insonder- 
heit ihre  Aufmerksamkeit  zu  richten  und  sie  einer  eingehenden  Beachtung  zu 
würdigen,   so  verkenne  ich  die  Schwierigkeiten  nicht,   welche  sich  der  allge- 


235 

meinen  Dnrchfühning  entgegenstellen.  Am  leichtesten  wird  es  sich  bei  den 
E.  Schüllebrer-Seminaren  machen,  weil  sie  in  den  meisten  Fällen  bereits  im 
Besitze  von  Tum-  und  Spielplätzen  sind  und  es  hier  nur  eben  darauf  an- 
kommt, die  gegebene  Gelegenheit  gehörig  auszunutzen.  Das  Gleiche  wird  bei 
den  höheren  Lehranstalten  der  FaU  sein,  wenn  ihnen  auch  ein  Turnplatz  zur 
Verfugung  steht.  Nur  die  Neuboschaffung  eines  solchen  wird  Schwierigkeiten 
begegnen,  zumal  wenn,  was  allerdings  günstig  und  erwünscht  ist,  der  Turn- 
platz möglichst  in  der  Nähe  der  Turnhalle  liegen  soll.  Diese  Lage 
gestattet,  die  eigentlichen  Turnübungen  mit  den  Tumspielen  in  Verbindung  zu 
setzen  und  eine  angemessene  Abwechselung  zwischen  Arbeit  und  Erholung 
herbeizufuhren.  Wo  daher  dieser  räumliche  Zusammenhang  zwischen  Turnhalle 
und  Turnplatz  vorhanden  ist,  wird  er  zu  bewahren  sein,  und  wo  Neuanlagen 
von  Tumhalien  stattfinden,  wird  auch  auf  die  Gewinnung  eines  Turnplatzes 
Bedacht  zu  nehmen  sein.  In  der  C.  Verf.  v.  4.  Juni  1862  (C.  Bl.  1862  S.  363) 
wird  unter  allen  Umständen  die  Beschaffung  und  Einrichtung  eines  geeigneten 
Turnplatzes  von  den  für  Unterhaltung  der  Volksschule  Verpflichteten  gefordert. 
Diese  Forderung  erscheint  bei  den  höh.  Lehranstalten,  wenn  ihnen  auch  eine 
Turnhalle  zur  Verfügung  steht,  mit  Bncksicht  auf  die  erhöhten  geistigen  An- 
forderungen und  Anstrengungen  nicht  minder,  ja  vielmehr  noch  in  höherem 
Mafse  berechtigt  Es  wird  daher  die  Sache  der  Schulaufsichtsbehörden  sein^ 
dafür  zu  sollen,  dafs  diesem  Bedürfhisse  möglichst  bald  Genüge  geschehe. 
Und  wenn  sich  der  Turnplatz  nicht  im  Zusammenhange  mit  der  Turnhalle  be- 
schaffen läfst,  wird  auf  die  Anlegung  desselben  aufserhalb  des  Ortes  zu  dringen 
sein.  Erhebliche  Kosten  wird  diese  Einrichtung  nicht  verursachen,  da  die  An- 
lage in  diesem  Falle  hauptsächlich  nur  den  Tumspielen  dienen  soll.  Ich  ver- 
traue, dafs  es  den  Bemühungen  der  Behörden,  dem  thatkräftigen  Interesse  der 
Directoren,  der  Opferwilligkeit  der  Gemeinden,  der  Teilnahme  von  Vereinen  für 
die  Förderung  des  leiblichen  Wohles  der  lernenden  Jugend  und  dem  opfer- 
willigen Wohlwollen  von  Jugendfreunden  gelingen  wird,  entgegenstehende  An- 
stände zu  beseitigen  und  die  für  die  leibliche  und  geistige  Entwickelung  der 
Jugend  in  hohem  Mafse  erspriefsliche  Einrichtung  ins  Leben  zu  rufen. 

Dabei  will  ich  nicht  unterlassen,  auf  eine  weitere  Pflege  des  Spieles  in 
Verbindung  mit  gemeinschaftlich  zu  unternehmenden  Spaziergängen  und 
Ausflügen  in  Feld  und  Wald  sowie  mit  Turnfahrten  hinzuweisen.  (S.  Min. 
Verf.  V.  10.  Sept.  1860,  p.  227ff.J  Zur  Orientirung  in  dieser  Beziehung  empfehle 
ich  die  Schrift  von  Dr.  Th.  Bach :  Wanderungen,  Tumfahrten  und  Schülerreisen, 
Leipzig  1877,  sowie  die  Aufsätze  von  C.  Fleischmann  in  der  deutschen  Tum- 
zeitung,  Jahrgang  1880,  unter  der  Ueberschrifb:  „Anleitung  zu  Tumfahrten", 
soweit  sich  dieselben  auf  Schüler-Tumfahrten  beziehen. 

In  der  C.  Verf.  vom  10.  Sept.  1860  (p.  228  f.)  ist  aufser  den  Tumspielen  auch 
auf  Schwimmen  und  Eislauf  hingewiesen  worden.  Indem  ich  hierauf  Bezug 
nehme,  bemerke  ich,  dafs  die  K.  Turalehrer-Bildungsanstalt  den  Schwimmunter- 
richt schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren  in  ihren  Unterrichtsbetrieb  aufgenommen 
hat  und  jährlich  eine  Anzahl  von  Eleven  entläfst,  welche  auch  für  die  Er- 
teilung dieses  Unterrichts  befähigt  sind.  Wo  es  sich  hat  ermöglichen  lassen, 
sind  bei  den  Schullehrer-Seminaren  Schwimmanstalten  eingerichtet  worden,  zu- 
nächst im  gesundheitlichen  Interesse  der  Zöglinge,  dann  aber  auch  mit  der  Ab- 
sicht, diesen  für  (resundheit  und  Leben  besonders  werth vollen  Uebungen  und 
Fertigkeiten  in  immer  weiteren  Kreisen  Eingang  zu  verschaffen  (S.  G.Verf.  v. 
24.  Juni  1873,  C.Bl.  1873  S.  467  ff.). 

In  geschlossenen  Erziehungsanstalten  haben  auch  diese  Uebungen,  zum 
Teil  von  Alters  her,  eine  Stätte  gefunden."  Bei  den  offenen  Schulanstalten  läfst 
sich  deren  Einfahrung  allerdings  nicht  allgemein  und  ohne  Weiteres  anordnen; 


236 

aber  ich  gebe  mich  der  Hoffnong  hin,  dafs  ihre  Leiter  nnd  Lehrer  dazu  An- 
regung geben  and  Yorurteilen  gegen  diese  wie  gegen  andere  körperliche 
Uebnngen,  wie  sie  sich  immer  noch  hin  nnd  wieder  finden,  begegnen  werden. 
Leider  ist  die  Einsicht  noch  nicht  allgemein  geworden,  dafs  mit  der 
leiblichen  Ertüchtigung  and  Erfrischung  aach  die  Kraft  and  Freudigkeit  za 
geistiger  Arbeit  wächst.  Manche  Klage  wegen  Ueberbürdang  und  üeber- 
anstrengang  der  Jagend  würde  nicht  laat  werden,  wenn  diese  Wahrheit  mehr 
erlebt  nnd  erfahren  würde.  Damm  müssen  Schale  and  Hans  and  wer  immer 
an  der  Jagendbildnng  mitzuarbeiten  Beruf  und  Pflicht  hat,  Baum  schaffen  and 
Baum  lassen  für  jene  Uebungen,  in  welchen  Körper  und  Geist  Kräftigung  und 
Erholung  finden.  Der  Gewinn  davon  kommt  nicht  der  Jagend  allein  zu  Gute, 
sondern  unserm  ganzen  Volke  und  Vaterlande.'^      Der  Minister  etc.  v.  Gofsler. 

Min. Verf.  v.  19.  Juli  1883.  „Der  Tumvereinigung  Berliner  Lehrer 
erwidere  ich  auf  die  Eingabe  vom  23.  Juni  d.  J.,  dafs  ich  bei  allem  Interesse 
für  die  weitere  Entwickelang  der  Tumspiele  und  Tumfahrten,  gegenwärtig  noch 
Bedenken  trage,  Verordnungen  ergehen  zu  lassen,  wie  sie  dort  gewünscht  wer- 
den. *)  Bei  einer  Sache,  welche  so  sehr,  wie  es  bei  der  durch  meine  Verfügung 
vom  27.  Oct.  1882  (s.  p.  232  ff.)  versuchten  Wiederbelebung  des  Tumspieles  und  der 
leiblichen  Erfrischung  und  Kräftigung  auch  aufserhalb  der  vorgeschriebenen  Turn- 
stunden der  Fall  ist,  auf  eine  freiwillige  Mitarbeit  nicht  allein  der  berufs- 
mäfsigen  Jagendbildner,  sondern  aller  Eltern  und  Freunde  der  Jagend  rechnet, 
mufs  die  Unterrichtsverwaltung  bei  dem  Bestreben,  zu  reglementiren,  besondere 
Vorsicht  walten  lassen. 

Um  einen  sicheren  Anhalt  für  weitere  Entschliefsungen  zu  gewinnen, 
beabsichtige  ich,  nach  dem  Aafhören  der  guten  Jahreszeit  eine  Enquöte  zu  ver- 
anlassen, um  zu  ermitteln,  ob  und  in  welcher  Weise  die  Verfügung  vom  27  Oct. 
1882  zur  Ausführung  gelangt,  welche  Vorteile  und  Mängel  hierbei  hervorge- 
treten und  welche  Vorschläge  zur  besseren  Erreichung  des  gesteckten  Zieles  za 
machen  sind. 

Die  Tumeinrichtangen,  selbst  bei  unseren  höheren  Lehranstalten,  lassen 
aufserdem  noch  so  Vielfaches  zu  wünschen  übrig,  dafs  es  ganz  besonderer  An- 
strengungen seitens  des  Staates,  wie  seitens  der  beteiligten  Gemeinden  und 
Korporationen  bedarf,  um  in  dieser  Hinsicht  den  normalen  Durchschnitt  zu  er- 
reichen. Unter  Anderem  bereitet  schon  die  Beschaffung  von  Turnplätzen  (wo- 
möglich in  der  Nähe  von  Turnhallen),  auf  welche  ich  im  Interesse  der  gesund- 
heitlichen Entwickelueg  der  Turnenden  wie  der  Spielenden  grofsen  Werth  lege, 
erhebliche  Schwierigkeiten.  In  dieser  Hinsicht  sind  bestimmte  Anweisungen 
erlassen,  deren  Ausführung  die  stete  Aufmerksamkeit  der  Unterrichtsbehörden 
erfordert. 

Im  Uebrigen  vertraue  ich,  dafs  die  Tumvereinigung  Berliner  Lehrer  nach 
wie  vor  die  erfolgreiche  Ausführung  des  mehrgedachten  Erlasses  sich  angelegen 
sein  lassen  und  an  ihrem  Teile  dahin  streben  wird,  dafs  auch  auf  diesem  Ge- 
biete der  leiblichen  Ausbildung  unserer  Jugend  die  Landeshauptstadt  mit  so 
gutem  Beispiele  vorangehen  wird,  wie  es  ihr  auf  dem  Gebiete  des  eigentlichen 
Tmnbetriebes  bisher  gelungen  ist."  Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 


*)  Die  Tornvereinigang  hatte  beantragt,  Anweisungen  zu  erteilen,  dafs 

1)  jede  Lehranstalt  wöchentlich  einen  Nachmittag^  dem  Tarnspiele  widme, 

2)  jeder  Lehranstalt  ein  geeigneter  Platz  zar  Pflege  der  Tumspiele  überwiesen 
werde,  und 

3)  an  jeder  Lehranstalt  die  jüngeren  wissensohaftliohen  Lehrer  und  Lehrerinnen 
aufgefordert  werden,  neben  den  Turnlehrern  und  Tarnlehrerinnen  sich  an  der 
Leitung  der  Tumspiele  und  Veranstaltung  von  Tumfahrten  zu  beteiligen. 


237 

C.Verf.  V.  30.  Juli  1883.  „Durch  die  in  Folge  meiner  Circular- Ver- 
fügung vom  18.  Nov.  y.  J.  eingereichten  statistischen  Nachweisungen  über  den 
Turnunterricht  an  den  höheren  Schulen  ist  zwar  nicht  in  allen  einzelnen  Fällen 
der  gegenwärtige  Betrieb  dieses  Unterrichts  in  derjenigen  Vollständigkeit  zur 
Darstellung  gebracht  worden,  welche  durch  die  Stellung  der  Fragen  beabsichtigt 
war;  aber  ungeachtet  einzelner  Mängel  in  dieser  Beziehung  bringen  die  Nach- 
weisungen zur  Gewifsheit,  dafs  in  den  Hauptrichtungen,  nämlich  der  zweck- 
mäfsigen  Erteilung  des  Unterrichts  und  der  erfolgreichen  Teilnahme  der  Schüler 
an  demselben,  der  Turnunterricht  an  den  höh.  Schulen  in  entschiedenem  Fort- 
schritte begriffen  ist  Dieser  erfreuliche  Erfolg  ist  zunächst  den  Bemühungen 
der  Turnlehrer  und  der  Aufmerksamkeit  der  Directoren,  in  Weiterem  der  Für- 
sorge zu  verdanken,  welche  die  K.  Prov.SchulcoUegien  der  Pflege  dieses  Unter- 
richts zugewendet  haben.  Indem  ich  hierfür  gern  meine  Anerkennung  aus- 
spreche, darf  ich  zuversichtlich  erwarten,  dafs  auf  Beseitigung  der  noch  vor- 
handenen Mängel  die  K.  Prov.  SchulcoUegien  fernerhin  angelegentlichst  Bedacht 
nehmen  werden,  und  bezeichne  im  Folgenden  die  Punkte,  welche  der  Aufmerk- 
samkeit derselben  besonders  zu  empfehlen  sind. 

1.  Lehrer.  Die  gedeihliche  Entwickelung  des  Turnens  an  den  höh. 
Schulen  ist  vornehmlich  dadurch  bedingt,  dafs  dieser  Unterricht  seine  Ver- 
tretung in  dem  Bereiche  des  Lehrercollegiums  selbst  finde  und  dafs  er  über- 
haupt nur  Männern  anvertraut  werde,  welche  ihre  Vorbildung  zu  seiner  zweck- ' 
mäfsigen  Erteilung  ordnungsmäfsig  erwiesen  haben.  Aus  den  eingereichten 
Nachweisungen  ergiebt  sich,  wenn  man  die  höh.  Schulen  der  gesamten  Mon- 
archie zusammenfafst,  dafs  gegenwärtig  von  den  mit  dem  Turnunterricht  be- 
trauten Männern  circa  ^/4  den  betreffenden  LehrercoUegien  selbst  angehören, 
nnd  dafs  von  der  Gesamtheit  der  mit  dem  Turnunterricht  beschäftigten 
Männer,  die  den  LehrercoUegien  angehören  und  die  aufserhalb  derselben  stehen- 
den zusammengefafst,  circa  ^/s  ihre  Lehrbefähigung  ordnungsmäfsig  nachge- 
wiesen haben.  Durch  diese  Zahlen  wird  einerseits  der  Fortschritt  in  der  Ent- 
wickelung des  Turnunterrichts  constatirt,  andererseits  der  Abstand  bezeichnet, 
welcher  von  dem  zu  erreichenden  Ziele  noch  besteht 

Die  Centralanstalt  zur  Ausbildung  von  Turnlehrern  führt  in  jedem  Winter- 
cursus  durchschnittlich  50  Lehrer  zu  der  vollständigen  Befähigung  far  den 
Turnunterricht  an  höh.  Schulen.  Diese  Anzahl  begründet  die  Erwartung,  dafs 
in  nicht  zu  femer  Zeit  der  Turnunterricht  an  den  höh.  Schulen  ausschliefslich 
in  den  Händen  solcher  Männer  ruhe,  welche  dazu  die  erforderliche  Ausbildung 
erworben  haben,  und  reicht,  nachdem  dieses  Ziel  erreicht  sein  wird,  jedenfalls 
dazu  aus,  den  jährlichen  Abgang  an  befähigten  Lehrern  zu  ersetzen,  auch  wenn 
man  in  Anschlag  bringt,  dafs  Turnlehrer  nur  für  eine  kürzere  Beihe  von 
Jahren  während  der  vollen  Frische  ihrer  Kraft  als  vollständig  leistungsfähig 
zu  betrachten  sind. 

Zu  denjenigen  Teile  der  Turnlehrer  an  den  höh.  Schulen,  welche  den 
betr.  LehrercoUegien  selbst  angehören,  stellen  die  Lehrer  von  seminaristischer 
Vorbereitung  ein  ungleich  gröfseres,  etwa  doppelt  so  grofses  Contingent,  als 
die  Lehrer  von  UniversitätsbUdung;  ebenso  ist  die  Benutzung  der  Centralanstalt 
durch  die  letzteren  erhebUch  geringer,  als  durch  die  ersteren.  Es  ist  dagegen 
wünschenswerth,  dafs  mehr  und  mehr  der  Turnunterricht  namentlich  der  oberen. 
Klassen  in  die  Hände  derjenigen  Kategorie  von  Lehrern  komme,  welche  die 
entscheidende  Einwirkung  auf  die  GesamtbUdung  der  Schüler  ausüben.  Ein 
sachliches  Hindernis  dürfte  dem  Eintreten  jüngerer  wissenschaftUcher  Lehrer 
in  den  Cursus  der  Centralanstalt  schwerlich  entgegenstehen.  Der  Aufenthalt 
in  Berlin  wird  denselben  durch  Unterstützungen  aus  Centralfonds  erleichtert  und 
wird  für  die  durch  den  Turnunterricht  nicht  in  Anspruch  genommene  Zeit  je^ 


238 


nach  der  besonderen  Studienrichtung  jedes  Einzelnen  erwünschte  Verwertliung 
bieten.  Auch  zeigt  die  Beobachtung  über  mehrere  Jahre,  dafs  in  der  Teil- 
nahme der  akademisch  gebildeten  Lehrer  gleichmäfsig  gewisse  Provinzen  aus- 
reichend, andere  nicht  vertreten  sind;  es  ist  also  vorauszusetzen,  dafs  nicht  ein 
sachliches  Hindernis  entgegensteht,  sondern  das  Interesse  noch  nicht  überall 
gleichmäfsig  geweckt  ist. 

Uebrigens  ist  zu  erwarten,  dafs  auch  noch  auf  einem  anderen  Wege  eine 
gröfsere  Anzahl  der  wissenschaftlichen  Lehrer  an  den  höh.  Schulen  zugleich 
die  Befähigung  für  den  Turnunterricht  erwerben  wird.  An  mehreren  Universi- 
täten wird  das  Turnen  mit  lebhaftem  Eifer  und  erfreulichem  Erfolge  betrieben. 
Studirende,  welche  sich  dem  Lehrberufe  widmen  wollen,  erwerben  auf  Grund 
der  so  gewonnenen  turnerischen  Ausbidung  gegen  den  Schlufs  ihrer  Universitäts- 
zeit durch  das  Ablegen  der  Turnlehrerprüfnng  die  fragliche  Befähigung.  Dieses 
Verfahren,  bei  welchem  die  Ausbildung  far  den  Turnunterricht  zwar  einigen 
Zeitaufwand  erfordert,  zugleich  aber  auch  zu  einem  Mittel  der  Erholung  von 
geistiger  Anstrengung  wird,  ist  in  unverkennbarer  Aufnahme  begriffen. 

2.  Schüler.  a.  Dispensation  vom  Turnen.  Durch  die  Lehr- 
pläne vom  31.  März  1882  ist  entsprechend  der  Cabinets-Ordre  vom  6.  Juni 
1842  der  Turnunterricht  an  allen  höh.  Schulen  als  obligatorischer  Lehrgegen- 
stand festgesetzt,  mit  der  Bemerkung,  dafs  der  Director  auf  Grund  eines  ärzt- 
lichen Zeugnisses  Befreiung  davon  zu  erteilen  hat,  jedoch  in  der  Begel  nur 
auf  die  Dauer  eines  Halbjahres.  Ea  ist  nicht  erforderlich,  wie  dies  bereits  bei 
besonderen  Anlässen  erklärt  wurde,  dafs  in  dem  ärztlichen  Zeugnisse  die  medi- 
cinische  Begründung  der  Dispensation  bezeichnet  sei ;  dagegen  ist  ausdrücklich 
anzugeben,  ob  die  Dispensation  auf  den  gesamten  Turnunterricht  auszudehnen 
oder  nur  auf  eine  bestimmte  Klasse  von  Uebungen,  z.  B.  die  Geräthübungen, 
zu  beschränken  ist.  Die  Begel,  dafs  die  Dispensation  nur  für  ein  Halbjahr 
Giltigkeit  hat,  ist  in  allen  Fällen  einzuhalten,  in  welchen  nicht  ein  bestimmtes 
Gebrechen  oder  Leiden  das  Erfordernis  der  dauernden  Dispensation  aufser 
Zweifel  stellt.  Von  der  Gewissenhaftigkeit  der  Aerzte  ist  strenge  Zurückhaltung 
in  der  Erteilung  der  Dispensationszeugnisse  um  so  entschiedener  zu  erwarten, 
als  dieselben  den  etwanigen  schädlichen  Einwirkungen  der  höheren  Schulen  auf 
die  gesunde  Entwickelung  der  Schüler  ihre  besondere  Aufmerksamkeit  zuwenden 
und  daher  gewifs  nicht  ohne  unbedingte  Nothwendigkeit  die  Verantwortung 
übernehmen  werden,  die  Dispensation  von  einer  diese  gesunde  Entwickelung 
fördernden  Uebung  ihrerseits  herbeizuführen. 

Die  Zahl  der  vom  Tumunter.  dispensirten  Schüler  hat,  für  die  gesamte 
Monarchie  zusammengefafst,  im  Sommersemester  1882  genau  10%  der  gesamten 
Schülerzahl  betragen.  Man  darf  hieraus  nicht  folgern,  dafs  von  der  Gesamtheit 
der  Schüler  an  den  höh.  Lehranstalten  lO^/o  durch  ihrdn  Gesundheitszustand 
von  der  Teilnahme  am  Turnunterrichte  abgehalten  seien.  An  den  einzelnen 
Anstalten  steigt  der  Procentsatz  der  dispensirten  Schüler  von  0%  an  in  all- 
mählicher Zunahme  bis  zu  420/o  und  zeigt  hiermit  eine  Verschiedenheit,  welche 
nicht  aus  einem  Unterschiede  in  der  gesunden  und  kräftigen  Entwickelung  der 
Schuljugend  oder  aus  einem  Gradunterschiede  in  der  Strenge  der  Erteilung 
ärztlicher  Zeugnisse  abzuleiten  ist.  Vielmehr  findet  ein  ungewöhnlich  hoher 
Procentsatz  der  dispensirten  Schüler  meistenteils  seine  Erklärung  in  localen 
Verhältnissen,  insbesondere  darin,  dafs  durch  die  Lage  des  Turnplatzes  für 
einen  Teil  der  Schüler  oder  durch  die  Zeit  des  Turnunterr.  für  die  von  aus- 
wärts täglich  zum  Schulorte  kommenden  Schüler  die  Teilnahme  am  Turnunter- 
richte einen  zu  grofsen  Zeitaufwand  erforderlich  machen  würde  und  hierdurch 
deren  Dispensation  begründet  wird.  Den  E.  Prov.  Schulcollegien  ist  aus  den 
ihnen   vorliegenden  Nachweisungen   über   den  Tumbetrieb    an   den   einzelnen 


239 

Schulen  ihres  Amtsbereiches  ersichtlich,  bis  zn  welchem  Grade  durch  solche 
Umstände  ZQweüen  selbst  der  obligatorische  Charakter  des  Tnrnanterrichts  in 
Frage  gestellt  wird;  sie  werden  daher  nach  der  eigentümlichen  Beschaffenheit 
jedes  einzelnen  Falles  auf  eine  wenigstens  teilweise  Ermäfsigang  dieses  scliwcren 
Uebelstandes  hinzuwirken  haben. 

b.  Winter  und  Sommer.  Die  dringend  wünschens werthe  Ausdehnung 
des  Tumunterr.  auf  den  Winter  und  auf  die  Zeiten  ungünstiger  Witterung  im 
Sommer  ist  durch  das  Yorhandensein  von  Turnhallen  bedingt  Die  Bereit- 
willigkeit vieler  städtischer  Behörden,  ihre  bereits  seit  längerer  Zeit  bestehenden 
höh.  Schulen  mit  Turnhallen  auszustatten,  verdient  iu  vollem  Mafse  Anerkennung; 
bei  der  Errichtung  neuer  vollberechtigter  Anstalten  aus  staatlichen  oder 
städtischen  Mitteln  wird  die  Herstellung  einer  Turnhalle  als  nothwendiger  Teil 
der  baulichen  Ausstattung  betrachtet,  ungeachtet  dieser  umfassenden  Be- 
mühungen entbehren  noch  40%  der  höh.  Lehranstalten  eigener  Turnhallen. 
Eine  Aushülfe  für  diesen  Mangel  wird  in  zahlreichen  Fällen  durch  Mitbenutzung 
anderweit  vorhandener  Turnhallen  oder  durch  das  Miethen  von  einigermafseu 
verwendbaren  Sälen  erreicht,  so  dafs  die  Zahl  derjenigen  Schulen,  welche  den 
Turnunterricht  während  der  Winterzeit  ganz  aussetzen,  nur  18%  der  Gesamtheit 
beträgt.  Aber  in  den  meisten  Fällen,  in  welchen  ein  Wintertumen  überhaupt 
stattfindet,  ist  dasselbe,  sogar  bei  dem  Vorhandensein  eigener  Turnhallen,  ent- 
weder bezüglich  der  Schüler,  in  der  Art,  daf^  etwa  nur  die  oberen  Klassen  oder 
gar  nur  die  Vorturner  unterrichtet  werden,  oder  bezüglich  der  Stundenzahl  oder 
in  beiden  Beziehungen  beschränkter  als  das  Sommertumen.  Die  X.  Prov. 
SchulcoUegien  wollen  dafür  Sorge  tragen,  dafs  jedenfalls  an  allen  denjenigen 
Schulen,  denen  eine  eigene  Turnhalle  zur  Verfügung  steht,  die  allgemein  giltige 
Anordnung  zur  Ausföhrung  gebracht  wird,  nach  welcher  jeder  Schüler  wöchent- 
lich zwei  Turnstunden  erhält. 

c.  Zahl  der  Turnstunden.  Für  das  Sommertumen  wird  durch  die 
eingereichten  statistischen  Nachweisuugen  fast  ausnahmslos  constatirt,  dafs  jeder 
Schüler  wöchentlich  zwei  Turnstunden  erhält ;  vereinzelt  findet  sich  eine  gröfsere 
Anzahl  von  Turnstunden  für  alle  Schüler  oder  ein  davon  unterschiedener,  an  die 
Vorturner  erteilter  besonderer  Unterricht.  Diese  gleiche  Zahl  von  zwei  Stunden 
hat  indessen  eine  ungleiche  Bedeutung,  je  nachdem  der  Unterricht  an  die  ein- 
zelnen Klassen,  bezw.  an  Abteilungen  von  40—50  Schülern  ungefähr  gleich- 
artiger Klassen,  erteilt  wird,  oder  an  grofse,  von  einem  Lehrer  nicht  zu  über- 
sehende und  nicht  zu  beherrschende  Massen.  In  den  Fällen  der  letzteren  Art 
ist  aus  den  Nachweisungen  nicht  überall  zu  entnehmen,  ob  durch  Abteilung 
der  grofsen  Masse  in  entsprechende  Gruppen  und  Unterordnung  derselben  unter 
eine  besondere  Leitung  für  die  Beschäftigung  jedes  einzelnen  Schülers,  auch  abge- 
sehen von  den  etwanigen,  die  Gesamtheit  umfassenden  Frei-  und  Ordnungs- 
übungen, ausreichend  gesorgt  ist.  Nach  der  Ueberzeugung  der  erfahrensten 
Kenner  und  Förderer  des  Schulturnens  verdient  die  Erteilung  dieses  Unterrichts 
nach  Schulklassen,  bezw.  nach  Vereinigungen,  welche  in  Zahl  und  Gleichartig- 
keit der  Teilnehmer  diesen  gleichstehen,  als  die  regelmäfsige  Einrichtung  vor 
der  Vereinigung  grofser  Massen  den  Vorzug;  für  das  Wintertumen  ist  diese 
Einrichtung  schon  durch  den  Umfang  der  Turnhallen  geboten. 

Auf  die  Beschaffung  und  Einrichtung  von  zweckmäfsigen  Tumplätzen, 
thnnlichst  in  Verbindung  mit  den  Tumhallen,  lege  ich  grofsen  Werth  —  vor 
Allem  im  Interesse  der  gesundheitlichen  Entwickelung  der  Tumer,  für  welche 
die  geregelte  körperliche  Thätigkeit  in  der  freien  Luft  nur  von  gröfstem  Vorteil 
sein  kann.  Wenn  auch  eine  grofse  Anzahl  von  Uebungen  kunstmäfsiger  und 
sicherer  in  geschlossenen  Hallen  ausgeführt  wird,  so  gestattet  doch  der  offene, 
weniger  beengte  Tumplatz  eine  Reihe  von  specifischen  Uebungen,   welche   in 


240 

Hallen  nur  ausnahmsweise  ansgefahrt  werden  können  nnd  doch  die  Kraft  und 
Gewandtheit  der  Tnmer  in  hohem  Mafse  fördern,  anfserdem  eine  mannigfaltigere 
nnd  anregendere  Ansgestaltong  des  Tambetriebes  gestatten.  Hierzn  rechne  ich 
nnter  Anderem  Lanfübungen,  Stabspringen,  Gerwerfen,  anfserdem  eine  Beihe 
von  Tnmspielen,  welche  wenig  Platz  erfordern  nnd  doch  die  körperliche  nnd 
geistige  Energie  der  Tarnenden  in  zweckmäfsiger  Weise  in  Anspruch  nehmen. 
Der  Turnplatz  gewährt  femer  den  Vorteil,  dafs  er  sich  mehr  den  Verhältnissen 
des  praktischen  Lebens  anpassen  läfst  und  dafs  durch  zweckmäfsig  geleitete 
Uebungen  im  Freien  dem  Turner  die  Sicherheit  und  das  Vertrauen  verschafft 
werden  können,  dafs  seine  methodisch  geübten  Kräfte  ihn  auch  zur  üeber- 
windung  von  äufseren  Schwierigkeiten,  wie  sie  aufserhalb  des  Turnplatzes  oft 
unvermuthet  ihm  entgegentreten,  befähigen. 

Die  sorgfältige  Berücksichtigung  der  sanitären  Verhältnisse  mache  ich 
allen  mit  der  Leitung  des  Turnwesens  betrauten  Behörden  zur  besonderen  Pflicht. 
Zu  den  unentbehrlichen  Einrichtungen  einer  Turnhalle  wie  eines  Turnplatzes 
gehört  unter  Anderem  die  Anlegung  eines  geschlossenen  oder  auf  Plätzen  zum 
mindesten  überdachten  Baumes,  in  welchem  die  Turner  wärmere  Oberkleider 
verwahren  können. 

Ferner  ist  auf  die  Zufahrung  guter  Luft  in  den  Turnhallen  und  die 
Niederhaltung  des  Staubes  in  denselben  besondere  Bücksicht  zu  nehmen.  Hierzu 
gehören  nicht  allein  zweckmäfsige  Ventilationsvorrichtungen,  sondern  auch  die 
Anlegung  eines  guten  Fufsbodens  und  die  Beinhaltung  desselben,  wie  der 
Geräthe  und  Wände.  Wo  Wasser  unter  Druck  zur  Verfügung  steht,  erweist 
sich  das  Sprühen  in  den  Pausen  als  vorieilhaft,  durch  welches  der  in  dem 
Lufträume  verteilte  Staub  niedergeschlagen,  der  FuTsboden  aber  nicht  so  stark 
benetzt  wird,  dafs  hierdurch  die  Sicherheit  des  Tumbetriebes  gefährdet  werden 
könnte. 

Durch  die  C.Verf.  v.  27.  Oct.  1882  habe  ich  in  Anregung  gebracht» 
dafs  die  Schule  noch  über  den  Turnunterricht  hinaus,  zum  Teil  im  Anschlüsse 
an  denselben,  zur  Förderung  gesunder  Körperentwickelung  und  jugendlicher 
Frische  ihrer  Schüler  beitragen  möge;  es  gereicht  mir  zur  Befriedigung,  dafs 
die  Anregung  nicht  erfolglos  geblieben  ist  und  an  manchen  Stellen  schon  vor- 
handene Einrichtungen  oder  Absichten  unterstützt  und  befestigt  hat  Unerläfs- 
liche  Voraussetzung  aber  für  einen  dauernden  und  umfassenden  Erfolg  jener 
Anregung  ist  es,  dafs  die  Schule  jedenfalls  diejenige  Verpflichtung  vollständig 
erfülle,  welche  ihr  durch  den  Königlichen  Willen  in  der  C.O.  v.  6.  Juni  1842 
vorgezeichnet  ist  Auf  die  Mängel,  welche  dieser  Verpflichtung  gegenüber  der 
gegenwärtige  Betrieb  des  Turnunterrichts  nach  den  angestellten  Ermittelungen 
noch  zeigt,  ist  im  Obigen  hingewiesen  worden ;  die  K.  Prov.Schulcollegien  wer- 
den darin  einen  Anlafs  finden,  bei  Feststellung  der  Lehrpläne  für  die  einzelnen 
Anstalten  und  insbesondere  bei  Bevisionen  derselben  zur  Beseitigung  der  Mängel 
und  zu  gedeihlicher  Pflege  dieses  Unterrichtes  in  geeigneter  Weise  beizutragen.^' 

Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    von  Gofsler. 

12.  Hodegetik  für  die  zur  Universität, Uebergehenden. 

C.Verf.  V.  6.  Dec.  1845  (Min.  Eichhorn):  „Aus  den  Berichten  der  K. 
Prov.Schulcollegien  habe  ich  entnommen,  dafs  die  Gymnasialschüler  vor  ihrem 
Abgange  zur  Universität  auf  verschiedene  Weise  je  nach  den  Ansichten  der 
betr.  Directoren  über  eine  zweckmäfsige  Einrichtung  und  Anordnung  ihrer  akade- 
mischen Studien  belehrt  werden.  Ich  bin  zwar  im  Wesentlichen  damit  einver- 
standen, dafs  dieser  far  eine  erspriefsl.  Benutzung  der  den  Universitäisstudien 
gewidmeten  Zeit  sehr  wichtige  Gegenstand  auch  femer  dem  Wohlwollen  und  der 


24:1 

Liebe  der  Dir.  überlassen  bleiben  mofs ;  bei  den  häufig  yorkommenden  Mi£i9* 
griffen  der  Stadirenden  in  der  Wahl  der  Vorlesnngen  und  in  der  Anordnung 
ihrer  Stadien  kann  ich  jedoch  nicht  umhin,  die  Angelegenheit  der  besonderen 
Anfinerksamkeit  der  K.  Proy.SchiilcolL  dringend  zu  empfehlen/'  — 

Min. Verf.  v.  24.  Jan.  1846  (Min.  Eichhorn  an  das  K.  Prov.Sch.G.  zn 
Posen;  den  übrigen  Prov-Schnlcoll.  mitgeteilt):  „Anf  den  Bericht  v.  27.  t.  M. 
erkläre  ich  mich  damit  einverstanden,  dafs  der  den  Abitorienten  nach  bestan- 
dener Matoritätsprüfang  von  dem  Dir.  des  Gymn.  oder  einem  besonders  dazn 
geeigneten  Lehrer  zn  haltende  Vortrag  über  die  zweckmäfsigste  Benntzong  der 
akadem.  Stadienzeit  nicht  sowohl  mit  systemat.  Vollständigkeit,  als  vielmehr  in 
der  Form  väterlicher  and  wohlgemeinter  Bathschläge  and  Andeatangen  ge- 
balten werde.  Dem  Collegiam  bleibt  überlassen,  die  Dir.  hieraaf  aofmerksam 
zu  machen  und  den  Gegenstand  ihrer  besonderen  Fürsorge  nochmals  za  empfehlen. 
—  Aof  den  Vorschlag,  bei  allen  Falcaltäten  der  inländ.  Universitäten  sogen. 
Stadienpläne  aufstellen  and  diese  den  Stadirenden  als  Leitfoden  bei  der  Be- 
treibung der  Fachstudien  einhändigen  zu  lassen,  mufs  ich  Bedenken  tragen  ein- 
zagehen.  Auch  bezweifle  ich,  dafs  eine  solche  Einrichtung  den  vorgedachten 
hodegetischen  Vorträgen  forderlich  sein  würde,  da  es  bei  diesen  nicht  aut 
specielle  Anleitungen  zum  zweckmäfsigen  Betrieb  des  künftigen  Fachstudiums 
abgesehen  isi*^  — 

Von  den  in  Folge  dieser  Anregung  seitens  der  E.  Prov.SchulcolL  an  die 
Gjmn.Directoren  erlassenen  C.  Verfügungen  spricht  die  des  K.  Prov.Sch.G.  zu 
Koblenz,  21.  Mai  1846,  sich  dahin  aus:  —  „Die  Einfahrung  hodegetischer 
Vorträge  als  eines  eigenen,  stehenden  und  durch  ein  ganzes  Jahr  oder  Halb- 
jahr in  einer  oder  mehr  wöchentl.  Stunden  fortlaufenden  Lehrfachs  können  wir 
nicht  wünschen.  Abgesehen  davon,  dafs  sich  die  Zeit  für  solche  Vorträge  in 
dem  vorgeschrieb.  Normalplan  nicht  ermitteln  lassen  würde,  hat  sich  aus  den 
tiiftigsten  Gründen  die  allgm.  Ueberzeugung  bewährter  Schulmänner  dahin  ge- 
staltet^ dafs  nicht  eine  fernere  Erweiterung  der  Gjmnasialstudien  ins  Mannig- 
faltige, sondern  Concentration  und  Intensivität  derselben  als  eine  wesentliche 
Bedingung  fruchtbarer,  gründlicher  und  liebevoller  Beschäftigung  mit  denselben 
zu  betrachten  ist^  und  mit  diesem  Grundsatz  würde  die  Aufnahme  eines  eigenen 
neuen  Lehrfachs  in  den  Kreis  dieser  Stadien  nur  schwer  zu  vereinigen  sein. 

Dafs  aber  die  Jünglinge  der  oberen  GymnasialkL  über  ihren  gegenwärtigen 
und  künftigen  Beruf,  über  ihr  Verhalten  zu  demselben  und  die  richtige  Art  ihr 
Ziel  za  erreichen,  nicht  blofs  durch  gelegentl.  Winke,  also  mehr  oder  weniger 
zufällig  und  lückenhaft,  sondern  durch  planmäßige  Mitteilung  ihrer  Lehrer  mög- 
lichst ins  £[lare  gesetzt  werden,  wird  als  sehr  wünschenswerth,  ja  als  ein  Be- 
dürfiiis  betrachtet  werden  müssen.  Vielerlei  zum  Teil  sehr  trübe  und  verworrene 
Einflüsse  wirken  zusammen,  um  in  diesen  Jünglingen  irgend  eine  Ansicht  von 
ihrer  Aufgabe,  jetzt  als  Schüler  der  oberen  El.,  demnächst  als  Studenten,  von  dem 
Werth  oder  Unwerth  einzelner  Studien,  von  dem  ihnen  zustehenden,  angemessenen 
Verhalten  etc.  hervorzurufen.  Unter  diesen  Einflüssen  darf  eine  planmäfsige 
Belehrung  seitens  der  Schale  nicht  fehlen,  wenn  diese  gethan  haben  will,  was 
an  ihr  ist  Individuelle  Belehrungen  bei  gegebenen  Gelegenheiten  bleiben  da- 
neben Bedürfois;  sie  finden  aber  gerade  die  zweckmäfsigste  Grundlage  in  allge- 
meinen Paränesen. 

Zuvörderst  wird  also  dafür  zu  sorgen  sein,  dafs  das  Bewufstsein  der 
Jünglinge  in  den  oberen  El.  über  ihre  Aufga.be  und  Stellung  als  Zöglinge  dieser 
obersten  Stufe  der  Anstalt  sich  nicht  blofs  unter  dem  Einflufs  wechselnder  und 
sich  widersprechender  Ansichten  ihrer  sonstigen  Umgebungen  und  mannigfaltiger, 
oft  verworrener  Leetüre,  sondern  auch  durch  ausdrückL  Belehrung  seitens  der 

Wieie,  Verordnungen.  16 


242 

Schule  klar  feststellen  könne.  Die  Bedentang  nnd  das  gegenseitige  VerhlUtnis 
nnd  allgemeine  Ziel  der  Stadien,  welche  die  Schale  ihnen  zor  Pflicht  macht 
nnd  deren  bedentendste,  z.  B.  das  Stadium  der  Classiker,  ihnen  so  oft  als  annütz 
Terdächtigt  werden,  der  Werth  freier  Privatstadien  and  die  richtigen  Orandsätze 
for  dieselben,  der  anzerreifsbare  Zosammenhang  zwischen  sittlicher  and  wissen- 
schaftlicher Bildang,  die  Angabe  der.  (^beren  £1.,  der  ganzen  Anstalt  ein  Vor- 
bild gemeinsamen  geistigen  and  sittl.  Streb^ns  za  sein:  dies  and  ähnliches  sind 
Gegenstände,  welche  von  Zeit  za  Zeit  all elis, Schülern  der  oberen  EL  in  za- 
sammenh&ngender,  bündiger  DarsteUang  yorgehatten  werden  müssen.  Der  ange- 
messene Zeitpankt  dafür  ist  in  §  49  des  Abitar  Prüfongsreglm.  t.  4.  Jani  1834'^) 
bereits  bezeichnet  and  die  daselbst  den  Dir.  zar  Pflicht,  gemachten  zweckdienl. 
Erinnerangen  werden  sich  meistens  schon  za  einer  prägnanten  Paränese  in  dem 
bezeichneten  Sinne  gestaltet  haben. 

Sodann  wird  die  Schale  sich  bei  der  Wahl  des  Berafs^i^r  ZOglinge 
nicht  lediglich  passiv  verhalten  dürfen,  wenn  sie  das  Ihrige  tha^nll.  Diese 
Wahl,  sowohl  die  des  akadem.  Stadiams  überhaupt^  als  eines  besondmn  Facal- 
tätsstodiams,  wird  zwar  nar  za  oft  aas  den  anzalänglichsten  Motiven\nd  aaf 
ganz  verworrene  Yorstellangen  hin  getroffen  and  früh  festgestellt;  die  9>chale 
aber,  welche  so  oft  die  Verfehltiieit  solcher  Wahl  wahrnimmt^  wird  daram  von 
den  wirklich  berechtigten  Momenten  einer  solchen  Wahl  nicht  za  schweiget^ 
haben;  and  wenn  eine  Belehrang  der  Einzelnen  and  ihrer  Angehörigen  in  dieser 
Hinsicht  schwierig  and  oft  mifslich  ist,  so  wird  es  am  so  angemessener  sein, 
in  allgemein  gehaltenen,  regelmäfsig  wiederkehrenden  Mitteilangen  den  Jüng- 
lingen von  dem  Zeitpankt  an,  wo  sich  ein  klares  Bewafstsein  in  ihnen  bildet, 
also  etwa  von  dem  Eintritt  in  II  an,  die  objectiven  Motive  richtiger  Beraüiwahl 
bestimmt  za  vergegenwärtigen  and  die  äalkeren  wie  die  inneren  Bedingangen 
akademischer  Stadien  überhaapt  and  der  einzelnen  Facaltätsstadien  and  deren 
besondere  Anforderangen  an  die,  welche  sich  ihnen  widmen,  die  Bedentang  and 
Nothwendigkeit  fortgesetzter  allgemeiner  Stadien,  sodann  die  Leiden  and  Freaden 
der  verschiedenen  Berafkarten,  ihnen  bündig  voizahalten. 

Wann  dieses  geschieht,  ist  weniger  wichtig,  als  dafs  es  regelmäfsig  and 
wiederholt  geschieht^  da  vielen  Gymnasiasten  sonst  nirgends  za  gründlichem 
Verfahren  bei  der  Entscheidong  über  die  Wahl  ihres  Lebensweges  Anlafs 
gegeben  wird,  wenn  es  nicht  die  Schale  thnt.  JedenfaUs  wird  es  aber  so  zeitig 
als  thanUch  geschehen  müssen,  da  es  für  Abitarienten  meist  za  spät  kommen 
würde.  Passend  möchte  daher  eine  solche  Mitteilung  an  die  beiden  oberen 
KL  alljährL  in  Verbindang  mit  den  oben  erwähnten  Mitteilangen,  wie  sie  §  49 
des  Prüfongsreglm.  fordert,  erfolgen.  Bei  der  nothwendlgen  Allgemeinheit  nnd 
Gedrängtheit  solcher  Mitteilangen  ist  nicht  za  besorgen,  dafs  dieselben  mit  den 
encjklopäd,  and  methodolog.  Yorlesangen  der  Universitäten  in  Widersprach 
gerathen.^ 


*)  >i§  49.  BekanntmaehungderBestimmungendes  Aeglm.  andie 
Schüler  der  beiden  obersten  blassen.  Aus  dem  obigen  Reglm.  sollen  die 
Abschnitte,  welche  sich  auf  die  Zulassung  zur  Maturitätspriirong  und  auf  die  an 
die  Abiturienten  zu  machenden  Anforderungen  bei  der  sclmftl.  und  mündl.  Prüfung 
beziehen,  jährlich  2mal,  zu  Anfang  des  Sommer-  und  des  Wintersem.,  den  versam» 
melten  Schülern  der  beiden  oberen  KL  der  Gymn.  von  dem  Dir.  vorgelesoi  und 
von  demselben  mit  zweokdienlidien  Erinnernngen  begleitet  werden.*' 


243 


V. 

Zeitordnung  der  Schule,  häusliche  Beschäftigung.     Päda- 
gogische und  disciplinarische  Einrichtungen. 

1.    Die  Unterrichtszeit 

• 

Bei  der  Mehrzahl  der  höheren  Schulen  beginnt  der  Unterricht  herkömm- 
lich Vormittags  im  Sommer  um  7,  im  Winter  um  8,  Nachmittags  mn  2  Uhr,  nt 
'der  bei  den  evang.  Schalen  althergebrachten  Freihaltimg  der  Mittw.  und  Sonnid). 
Nachmittage,  wenn  sie  nicht  for  das  Tarnen  in  Ansprach  genommen  werden. 
Die  Erholungspansen  haben  durchschnittlich  für  den  Tag  eine  Gesamtdauer 
Ton  40  Minuten;  s.  u.  —  Bei  mehreren  Schulen  ist  eingeführt,  da£B  im  Winter- 
semester während  der  Zeit  der  kürzesten  Tage  im  Nov.,  Dec,  Jan.,  um  die  Be- 
leuchtong  der  Klassenzimmer  zu  vermeiden,  der  Nachmittagsunterricht  nur  bis 
'/4  vor  4  Uhr  fortgeführt  wird.  —  An  einigen  Schulen  grofser  Städte  (vgl.  Bist, 
staust  Darsi  III  p.  55)  ist  zor  Beseitigung  der  üebelstände,  welche  daselbst 
die  herkömmliche  Einteilung  des  Schultags  for  das  Familienleben  und  durch 
die  wiederholten  weiten  Schulwege  für  die  Kinder  mit  sich  fahrt,  die  Einrich- 
tong  getroffen,  sämtlichen  Unterricht  soviel  wie  möglich  in  die  Vormittagsstunden 
zu  legen.  Nur  Dienstags  und  Freitags,  wo  um  11  Uhr  Yormitt  der  kirdbl. 
Katechumenenunterricht  zu  liegen  pflegt,  hat  in  den  betr.  Klassen  der  Nachm. 
Unterricht  beibehalten  werden  müssen.  Ausserdem  wird  Nachmittags  facultativer 
Unterricht,  auch  wohl  der  im  Singen,  Zeichnen,  Turnen  erteilt  Die  Anstrengung 
eines  5stünd.  Yorm^Unterrichts  wird  den  Schülern  dadurch  ertriglich  gemacht, 
dnUs  zwischen  den  einzelnen  Stunden  gröCaere  Pausen  stattfinden. 

Circ.Yerf.  v.  10.  Nov.  1884.  ,J)ie  Berichte,  welche  in  Folge  meiner 
CVerf.  V.  22.  Febr.  d.  J.  seitens  der  Herren  Oberpräsidenten  und  der  K.  Prov. 
Schulcollegien  erstattet  worden  sind,  haben  mir  von  Neuem  die  GewifiBheit  ge- 
geben, da&  die  Unterrichtsbehörden  sowie  die  Directoren  und  die  Lehrercollegien 
der  höh.  Schulen  die  Bedeutung  vollkommen  würdigen,  welche  der  gesnnden 
körperlichen  Entwickelung  der  unsere  höh.  Schulen  besuchenden  Jugend  betzu«- 
messen  ist»  und  dafs  dieselben  die  hierauf  bezüglichen  Fragen  der  sorgfältigsten 
Erwägung  unterziehen.  In  Betreff  der  zwei  Punkte,  über  welche  ich  unter  Be- 
zugnahme auf  den  dieselben  behandelnden  Abschnitt  des  inzwischen  veröffent- 
lichten Gutachtens  der  Wissenschaftl.  Deputation  für  das  Medicinälwesen  vom 
19.  Dec  1883  die  Aeufserung  der  Unterrichtsbehörden  erfordert  habe,  nämlich 
die  Ordnung  der  die  Lecüonen  unterbrechenden  Erholungspausen  und  die  Be- 
stimmung der  Zeitdauer  für  die  von  den  Schülern  in  den  aufsteigenden  Klassen  zu  er- 
fordernde häusliche  Arbeit,  ergiebt  sich  aus  dem  Inhalte  der  Berichte,  dafs  es  nicht 
erforderlich  ist,  neue  Einrichtungen  zu  treffen,  sondern  es  sich  nur  empfiehlt, 
bezüglich  der  Erholungspausen  im  Wesentlichen  die  bereits  überwiegend  be- 
stehende Sitte  als  zweckmäfsig  anzuerkennen  und  bezüglich  der  häuslichen 
Beschäftigung  der  Schüler  den  bisher  erteilten  Weisungen  bestimmteren  Aus- 
druck zu  geben. 

L  Erholungspausen  zwischen  den  Lehrstunden.  DieWissen* 
schafH.  Deputation  für  das  Medicinälwesen  giebt  nach  Erörterung  der  verschie- 
denen Gesichtspunkte,  welche  iür  die  Zeitdauer  der  Erholungspausen  in  Betracht 
kommen,  ihr  Gutachten  dahin  ab,  dafs  bei  Yerteilung  des  Untemchts  auf  den 
Vor-  und  Nachmittag  unter  der  Yoraussetzung  genügender  Yentilations-Einrich- 
tmigen  der  Lehnummer  die  Erholungspausen  Yormittags  5,  15,  5  Mimten  (bei 

16' 


244 

nnr  dreistündigem  Vormittagsiinterrichte  5, 10  Minnten),  Nachmittags  5  Minuten, 
zusammen  30  Minuten  zu  dauern  haben,  und  dafs  bei  ausschliefslichem  Vor- 
mittagsunterrichte die  (jesamtdauer  der  Erholungspausen  für  die  unteren  Klassen 
30  bis  40  Minuten»  für  die  höheren  25 — 30  Minuten  zu  betragen  habe;  über- 
haupt empfiehlt  die  Wissensch.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  den  Erholungs- 
pausen für  die  unteren  Klassen  eine  längere  Dauer  zu  geben,  als  für  die  höheren. 

Nach  Inhalt  der  Berichte  bleibt  nur  in  einer  verschwindend  geringen 
Zahl  von  Fällen  die  Gesamtdauer  der  Erholungspausen  hinter  dem  von  der 
Wiss.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  bezeichneten  Mafse  um  eine  geringe  Differenz 
zurück,  in  der  weit  überwiegenden  Mehrheit  der  Fälle  wird  dieses  Mafs  durch 
durch  die  jetzt  bestehenden  Einrichtungen  überschritten,  und  die  Unterrichts- 
behörden sprechen  sich  ausnahmslos  für  eine  den  Vorschlag  der  Wiss.  Deputation 
f.  d.  Medicinalw.  etwas  überschreitende  Gesamtdauer  aus. 

Zur  Beseitigung  einerseits  einer  zu  weit  gehenden  Beschränkung,  anderer- 
seits einer  unzulässigen  Ausdehnung  der  Erholungspausen  bestimme  ich  im 
Anschlüsse  an  die  von  den  K.  Prov.SchulcoUegien  gestellten  Anträge,  dafs 
in  Betreff  der  Einrichtung  der  Erholungspausen  folgende  Grundsätze  einzu- 
halten sind: 

1.  Bei  vierstündigem  Vormittags-  und  zweistündigem  Nachmittagsunterr. 
und  gleicherweise  bei  Zusammenlegung  des  Unterr.  auf  fönf  Vormittagslectionen 
hat  die  Gesamtdauer  der  Erholungspausen  nicht  weniger  als  40  Minuten  zu 
betragen  und  darf  45  Minuten  nicht  überschreiten.  An  den  Tagen,  an  welchen 
der  Vormittagsunterr.  sich  auf  drei  Stunden  beschränkt,  ist  die  Gesamtdauer  der 
Erholungspausen  in  entsprechender  Weise  zu  vermindern. 

2.  Die  Verteilung  der  Gesamtdauer  der  Erholungspausen  eines  Lections- 
tages  auf  die  einzelnen  Lectionswechsel  bleibt  den  K.  Prov.SchulcoUegien  über- 
lassen. Als  Grundsatz  ist  bei  dieser  Verteilung  einzuhalten,  in  den  Fällen  des 
vierstündigen  Vormittags-  und  zweistündigen  Nachmittagsunterr.,  dafs  die  Haupt- 
pause Vormittags  nach  der  zweiten  Lehrstunde  fällt^  während  nach  der  ersten 
und  nach  der  dritten  nur  kürzere  Unterbrechungen  eintreten,  und  dafs  zwischen 
den  beiden  Nachmittagsstunden  ebenfalls  eine  gröfsere  Pause  eintritt;  in  den 
Fällen  einer  Beschränkung  des  Unterr.  auf  fünf  Vormittagsstunden,  dafs  die 
Hauptpausen  nach  der  zweiten  und  vierten,  dagegen  nur  kürzere  Unterbrechungen 
nach  der  ersten  und  dritten  Lehrstunde  eintreten. 

Es  ist  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dals  der  aus  den  Hauptpausen  sich 
eigebende  Ausfall  an  Lectionszeit  nicht  eine  einzelne  Lection  treffe,  sondern 
auf  die  gesamten  Lehrstunden  in  angemessener  Weise  verteilt  werde. 

3.  Für  die  gröfseren  Pausen,  also  bei  Vor-  und  Nachmittagsunterr.  für 
die  Pause  nach  der  zweiten  Vormittags-  und  nach  der  ersten  Nachmittagsstunde, 
bei  ausschliefslichem  Vormittagsunterr.  für  die  Pause  nach  der  zweiten  und  nach 
der  vierten  Lection,  ist  als  Begel  einzuhalten,  dafs  alle  Schüler  die  Lehrzimmer 
zu  verlassen  haben  und  diese  inzwischen  gelüftet  werden. 

4.  Der  von  der  Wiss.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  empfohlenen  Unter- 
scheidung der  unteren  und  der  höheren  Klassen  bezüglich  der  Gesamtdauer  der 
Erholungspausen  ist  eine  theoretische  Berechtigung  nicht  abzusprechen;  da  aber 
mit  der  Ausführung  einer  solchen  Unterscheidung  far  den  Beginn  des  Unterr. 
in  den  oberen  Klassen  unvermeidlich  so  erhebliche  Störungen  verbunden  sind, 
dafs  dadurch  die  für  die  höheren  Klassen  bestimmten  Pausen  thatsächlich  auf 
das  den  unteren  Klassen  bewilligte  Mafs  verlängert  würden,  so  ist  hiervon  Ab- 
stand zu  nehmen.  Dies  unterliegt  um  so  weniger  einem  Bedenken,  da  die  für 
alle  Klassen  bestimmte  Gesamtdauer  der  Erholungspausen  gröfser  ist,  als  die 
von  der  Wiss.  Deputation  f.  d.  Medicinalw.  für  die  unteren  Klassen  in  Aussicht 
genommene.    Für  die  mit  höheren  Schulen  verbundenen  Vorschulen  kommt 


245 

überdieB  in  Betracht,  dafs  sie,  da  ihr  Unterricht  nm  eine  Stande  später  zu 
beginnen  pflegt,  schon  nach  der  ersten  Lection  an  der  gröÜBeren  Pause  teil- 
nehmen. 

5.  An  manchen  Anstalten  besteht  in  Folge  des  Mangels  an  künstlicher 
Belenchtang  oder  der  Mangelhaftigkeit  derselben  die  Einrichtung,  dafs  während 
der  dunkelsten  Wochen  des  Winters  der  Nachmittagsnnterr.  um  nngefihr  eine 
Yiertelstonde  Mher  geschlossen,  zum  Ersatz  dafor  aber  die  zwischen  beide  Lehr- 
standen fallende  Unterbrechong  anf  die  zam  Lectionswechsel  onomgänglich 
erforderliche  Zeit  beschränkt,  event.  die  erste  Lection  etwas  früher  begonnen  wird« 
Gegen  eine  solche  zeitweilige  Einrichtang  ist  anter  der  Voraossetzong  einer  dabei 
fest  eingehaltenen  Ordnong  nichts  einzuwenden. 

6.  Dorch  die  in  Nr.  1  and  2  enthaltenen  Bestimmongen  über  die  Zeit- 
daaer  der  Erholangspaasen  and  über  die  Gnindsätze  for  ihre  Yerteilong  ist  dem 
Erfordernisse  körperlidier  and  geistiger  Erholung  angemessen  Bechnong  getragen. 
Nicht  blolB  im  Interresse  des  Unterrichts,  sondern  eben  so  sehr  behaus  Ge- 
w6hnang  der  Schüler  an  pünktliche  Ordnung  ist  erforderlich,  dafe  die  Daaer 
der  Pansen  nicht  überschritten  and  dafs  anmittelbar  nach  ihrem  Schiasse  der 
Unterricht  begonnen  wird.  Bei  der  ersten  Yormittagsstonde  (bezw.  bei  der  der- 
selben voraasgehenden  Andacht)  oder  der  ersten  Nachmittagsstande  ist  za  einem 
Aofechabe  des  Anfangs  ein  Anlafis  nicht  vorhanden,  vielmehr  sind  diese  Leo- 
tionen  mit  dem  Glockenschlage  za  beginnen.  Die  Directoren  (Bectoren)  der 
höh.  Schalen  sind  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  es  zu  ihren  Obliegenheiten 
gehört,  für  strenge  Einhaltung  der  bezüglich  der  Erholungspausen  seitens  des 
£.  ProT.Sch.C.  getroffenen  oder  genehmigten  Einrichtangen  Sorge  zu  tragen.*^ 

n.  Zeitdauer  der  häuslichen  Arbeit  der  Schüler.    «.  p.  258ff. 

2.    Dispensation  von  Unterrichtsgegenständen. 

Seit  der  allgm.  Einführung  des  Klassensystems  (s.  p.  153  f.)  kann  um 
der  inneren  Einheit  des  Lehrplans  willen  eine  Dispensation  nur  bei  Neben- 
fächern (z.  B.  Zeichnen,  Gesang,  Turnen,  vgl.  p.  117,  127),  bei  anderen  ans 
unumgängL  Bücksicht  auf  locale  Yerhältnisse  nur  ausnahmsweise  gestattet 
werden.  Letztores  geschieht  mit  dem  Unterricht  imGriechischenin  deiyenigen 
Städten,  wo  neben  dem  Gymnasium  keine  Beal-  oder  höh.  Bürgerschule  vor- 
handen ist  (s.  p.  158). 

Min.Yerf.  v.  11.  Oct.  1865:  —  „Obwohl  die  Einheit  des  Gymnasial- 
lehrplans, in  welcher  ^e  griechische  Sprache  eine  so  bedeutende  Stolle  einnimmt 
und  zu  seinen  übrigen  Teilen  in  so  naher  Beziehung  stoht,  eine  Dispensation 
von  diesem  Untorrichtogegenstande  widerräth,  zumal  da  die  überall  gemachto 
und  leicht  erklärliche  Erfahrung  vorliegt,  dafis  die  vom  Griechischen  dispensirton 
Schüler  in  der  Begel  auch  im  Lateinischen  und  in  anderen  Gegenständen  zurück- 
bleiben xmd  den  Unterricht  in  den  Lectionen,  wo  sie  mit  den  Ghiechisch 
lernenden  Schülern  verbunden  sind,  erschweren,  so  hat  doch  die  letzte  allgm. 
Pestsetzung  über  den  Lehrplan  (C.Yerf.  v.  7.  Jan.  1856 ;  s.  p.  67)  die  in  dieser 
Beziehung  laut  gewordenen  Wünsche  nicht  unberücksichtigt  lassen  wollen  und  eine 
Dispensation  in  denjenigen  Städten  gestattet,  wo  neben  dem  Gymn.  keine  Beal- 
oder  höh.  Bürgerschule  besteht  An  den  meisten  Gymn.  solcher  Städte  haben 
indefs  die  Dir.  die  Dispensation  zu  verhindern  gewu&t  In  einigen  ist  dies 
nicht  zu  erreichen  gewesen,  und  man  hat  ebendaselbst  für  die  dispensirten 
Schüler  hinsichtlich  des  eii^jähr.  Militärdienstes  dieselbe  Berechtigung  in  An- 
spruch genommen,  welche  den  Gymnasial schülem  zusteht,  die  an  lülen  G^egen- 
ständen  teilnehmen. 


246 

Eine  vOIIige  Gleichstellimg  beider  Arten  von  Schülern  irar  unznläBsig, 
nicht  nur  weil  die  vom  Griechischen  dispensirten  Schfiler  meistenteilB  thaiBftch- 
lich  hinter  den  anderen  zurückstehen,  sondern  anch  deshalb,  weil  dadurch  die 
Zahl  der  dispensirten  Schüler  sich  zum  Nachteil  des  Gymn.  bald  sehr  vermehren 
würde.  Des  Königs  Maj.  haben  jedoch  auf  meinen  und  der  beteiligten  HH. 
Bessortminister  Antrag  dnrch  G.  0.  v.  13.  Mai  d.  J.  zn  genehmigen  geroht, 
daf^  die  Tom  Griech.  dispensirten  Schüler  solcher  Gymn.,  bei  welchen  in  Er- 
Inangelnng  einer  an  demselben  Ort  befindlichen  Beal*  oder  höh.  Bürgerschnle 
-dergleichen  Dispensationen  überhaupt  gestattet  sind,  nach  mindestens  eiigfthr. 
Besuch  der  11  das  Recht  auf  Zulassung  zum  einjfthr.  freiwill.  Militärdienst  erwert>en, 
wenn  sie  befriedigende,  von  der  Lehrerconferenz  festgestellte  Schulzeugnisse 
TOtzulegen  im  Stande  sind.  —  Die  betr.  Vergünstigung  kann  nur  da  eintreten, 
wo  nachstehende  Bedingungen  erfüllt  werden: 

1.  Der  Dir.  des  Gymnasiums  mu(b  das  Gesuch  um  Dispensation  durch  das 
Alter  oder  den  Gesundheitszustand  oder  die  geistigen  Anlagen  oder  durch  die 
spätere  Bestimmung  des  Schülers  für  hinlänglich  motivirt  haJten  und  in  Jedem 
einzelnen  Fall  die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  einholen. 

3.  Die  Dispensation  darf  sich  nur  auf  den  griechidchen  Unterricht  erstrecken ; 
namentlich  darf  för  die  dispensirten  Schüler  keine  Verminderung  der  Lehrstunden 
oder  der  Anforderungen  im  Lateinischen  eintreten. 

3.  Statt  des  Griechischen  wird  den  davon  dispensirten  Schülern  zu  der- 
selben Zeit  Unterricht  in  neueren  Sprachen  oder  in  Bealgegenständen  im  Schul- 
hause erteilt. 

4.  Es  mufs  nachgewiesen  werden,  dafs  die  besonderen  Erfordernisse  solcher 
Nebenklass^  an  Local  und  Lehrkräften  ausreichend  vorhanden  sind.  —  Bei 
Gymn.  königl.  Patronats  darf  der  Etat  durch  eine  Mehrausgabe  zum  Zweck  der 
Dispensationen  nicht  beschwert  werden. 

Die  erwähnte  Berechtigung  wird  immer  nur  auf  Widerrof  erteilt  und  zu- 
rückgenommen, wenn  die  Dispensationen  für  das  betr.  Gymn.  besondere  Unzu- 
träglichkeiten nach  sich  ziehen  und  wenn  sich  bei  Kevisionen  oder  anderen 
Gelegenheiten  wiederholt  ergiebt,  dafs  die  dispensirten  Schüler  in  ihrer  allge- 
meinen Ausbildung  hinter  den  Anforderungen,  welche  in  den  Blassen  III  und 
n  gestellt  werden  müssen,  erheblich  zurückbleiben.  —  Dafs  die  vom  Griechi- 
schen dispensirten  Schüler  zum  Abiturientenexamen  nicht  zugelassen  werden,  ist 
schon  in  der  C.Verf.  v.  7.  Jan.  1856  bemerkt" 

Ueber  die  Dispensation  vom  Beligionsunterricht  s.  p.  167 f. 

Ueber  die  Dispensation  jüdischer  Schüler  vom  Sonnabends- 
Unterrichte  s.  weiterhin  in  diesem  Abschnitt  Abteil.  9. 

3.    Ferien  und  Schalfeste. 

C.Verf.  V.  6.  Nov.  1858:  „Durch  die  in  Folge  der  CircVerf.  v.  3. 
Febr.  V.  J.  erstatteten  Berichte  ist  die  gegenwärtig  bei  den  Gymn.  und  hoh. 
Bürger-  oder  Bealschulen  geltende  Ferienordnung  zu  meiner  Kenntnis  ge- 
bracht worden.  Ich  bin  mit  den  in  dieser  Beziehung  von  den  K.  Frov.Sclral- 
collegien  und  den  K.  Begierungen  tieuerding^  getroffenen  Anordnungen  im 
Wesentlichen  einverstanden,  sehe  mich  jedoch,  behufe  definitiver  Begulimng  dieser 
Angelegenheit,  zu  folgenden  allgm.  Festsetzungen  veranlafst: 

Wenngleich  eine  Uebereinstimmung  in  Betreff  der  Dauer  und  des  Beginns 
der  Ferien  bei  den  höh.  Lehranstalten  derselben  Provinz  wünschenswerth  ist,  sö 
^ind  doch  diejenigen  Abweichungen  davon  auch  femer  zu  gestatten,  welche  teik 
durch  die  stiftungsmäfsige  Eigentümlichkeit  und  die  localen  Verhältnisse  eiü- 


247 

zfliner  Scholeii,  teils  durch  dia  Verschiedenheit  des  ccnfessioneQen  Clumd^ten 
der  Anstalten  moÜTirt  werden  und  herkömmlich  geworden  sind. 

Die  Beal-  nnd  hdh.  Büiigerschnlen  haben  sich  den  Gymn.  derselben  Pro« 
¥inz  hinsichtlich  der  Ferien  möglichst  zn  conformiren.  Wo  Anstalten  beider 
Eategorieen  an  einem  Orte  sich  befinden  nnd  ans  erheblichen  Gründen  in  der 
Daner  der  Ferien  nicht  übereinstimmen,  ist  für  den  Wiederbeginn  des  Unterr.  bei 
beiden  derselbe  Termin  anxnsetzen. 

An  einigen  Anstalten  ist  die  (Gesamtsumme  der  bisher  üblichen  Ferien- 
tage zn  grofs.  Es  ist  darauf  zn  halten,  dailB  innerhalb  eines  Jahres  das  Maxi- 
mum von  10 V2  Woche  nicht  überschritten  werde.  Anfser  Berechnung 
bleiben  dabei  die  kirchL  Festtage  der  betr.  Confession,  der  Geburtstag  Sr.  Maj. 
d€«  K&nigs  und  einzelne  herkömmL  Bchulfesttage.  Der  Nachmittag  vor  dem 
allgm.  Bufstage  ist  nicht  frei  zu  geben. 

Sogenannte  Markt-  und  Fastnachtsferien  sind  bei  der  Gesamtsumme  der 
j&hrL  Ferienzeit  in  Anrechnung  zu  bringen,  was  am  geeignetsten  durch  Vei^ 
kürzung  entweder  der  bei  einigen  Anstalten  zu  langen  Pfingst-  oder  der  Michaelis- 
ferien geschehen  wird,  wo  letztere  von  den  Sommerferien  getrennt  sind.  Uebri- 
geiüB  ist  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  die  einzelnen  Ferientage  dieser  Art  allm&hlich 
aufser  Gebrauch  zu  bringen,  so  weit  die  Sitte  des  Offentl*  Lebens  dies  zi»- 
l&ssig  erscheinen  läfsi  —  Es  ist  nicht  zu  gestatten,  dafo  wegen  des  Namens- 
oder Geburtstages  des  Directors  oder  eines  Lehrers  der  regelmäßige  Unterricht 
ausftdle. 

Ueber  die  Befhgnis,  bei  überm äfsiger  Hitze  oder  Kftlte  Unter- 
richtsstunden ausfallen  zu  lassen,  sind  aUgemeingiltige  Bestimmungen  nicht  en 
treffen;  die  für  drgL  aufserordentliche  Fftlle  nötibigen  Anordnungen  sind  Yiel- 
mebi  dem  pflichtmäfsigen  Ermessen  der  Directoren  zu  überlassen. 

Wo  die  grofsen  Ferien  in  die  Mitte  des  Sommersemestei«  fallen  und 
nicht  mit  den  Herbstferien  verbunden  sind,  darf  ihre  Dauer  nicht  über  4  Wochen 
ausgedehnt  werden.  Es  ist  nicht  nothwendig,  dieselben  mit  Anfang  JuU  be- 
ginnen zu  lassen.  Vielmehr  ist  bei  Festsetzung  der  sogenannten  Hundtags- 
ferien jedesmal  auf  die  Lage  von  Ostern,  sowie  darauf  Bücksicht  zu  nehmen, 
dafe  das  Ende  der  Ferien  nicht  zu  nahe  mit  dem  Beginn  des  Michaelis-Abi- 
turientenexamens zusammenkomme  und  die  Yorbereitungszeit  für  die  zu  Michaelis 
stattfindenden  Versetzungsprüfhngen  nicht  zu  sehr  verkürzt  werde.  —  Wo  keine 
eigentlichen  Sommerferien,  sondern  statt  deren  gröfsere  Herbstferien  üblich  sind, 
ist  der  Anfangstermin  derselben  nicht  vor  dem  15.  August  zu  setzen,  in  der 
Begel  aber  nur  die  erste  Woche  der  Ferien  noch  in  den  August  zu  verlegen. 

Um  die  zu  häufige  Wiederkehr  längerer  Unterbrechungen  des  Unterrichts 
und  das  nahe  Zusammentreffen  mit  den  Sommerferien  zu  vermeiden,  sind  die 
Pfingstferien  überall  soweit  zu  beschränken,  dafo  sie,  einschliefsl.  des  Sonn- 
abend vor  dem  ersten  Festtage,  nicht  mehr  als  5  Tage  betragen.  Bei  spätem 
Eintritt  des  Osterfestes  hat  es  kein  Bedenken,  die  Osterferien  schon  einen 
oder  einige  Tage  vor  Palmarum  beginnen  zu  lassen,  ohne  daTs  dadurch  ihre 
allgemeine  Dauer  verlängert  wird. 

Die  Aufnahme  neuer  Schüler  findet  innerhalb  der  Ferien  statt;  es 
sind  jedoch  dabei  von  den  Dir.  nur  diejenigen  Lehrer  zur  Unterstützung  in  An- 
spruch zu  nehmen,  welche  am  Ort  der  Schule  während  der  Ferien  oder  vor  Ab- 
lauf derselben  anwesend  sind. 

An  mehreren  Lehranstalten  ist  zur  Beseitigung  der  Uebelstände,  welche 
insbes.  für  die  Schüler  der  unteren  Klassen  in  der  langen  Dauer  der  Hauptferien 
liegen,  die  Einrichtung  getroffen,  dafs  solche  Schüler,  sofern  ihre  Eltern  es 
wünschen,  täglich  einige  Standen  während  der  Ferien  im  Schullocal  zubringen 
und  daselbst  von  einem  oder  mehreren  Lehrern  bei  ihren  Ferienarbeiten  beauf- 


348 

sichtigt  oder  anderweitig  beschäftigt  werden,  wofür  letztere  eine  angemessene 
Bemnneration,  teils  ans  der  Schiükasse,  teils  dnrch  eine  Vergttang  seitens  der 
betr.  Eltern  erhalten.  Die  Dir.  der  Anstalten,  bei  welchen  eine  derartige  Ein- 
richtong  noch  nicht  Yersncht  worden  ist,  sind  auf  die  Heilsamkeit  derselben 
hinzuweisen;  die  nöthige  Bücksicht  anf  die  besonderen  Verhältnisse  der  ein- 
zelnen Schulen  macht  jedoch  eine  allgm.  Anordnung  darfiber  nnthnnlich.  In 
die  Jahresberichte  ist  eine  Notiz  darüber  aafisnnehmen,  wie  weit  in  den  Schalen 
des  betr.  Ressorts  die  gedachten  Ferienbeschäftignngen  Eingang 
geftmden  haben. 

Auf  das  rechtzeitige  Eintreffen  der  Schüler  nach  den  Ferien  ist  mit  grOfse- 
rer  Strenge  zu  halten,  als  es  an  einigen  Anstalten  bisher  geschehen  ist 

Die  im  Vorstehenden  gegebenen  Bestimmungen  sind  vom  neuen  Jahre 
an  zur  Ausführung  zu  bringen  und  sodann,  zum  Nachweis  der  bei  den  ein- 
zelnen Anstalten  demgemäfs  geltenden  Ferienordnung,  von  den  Dir.  in  die 
Programme  von  1860  eine  genaue  Zusammenstellung  aller  im  Jahre  1859  frei 
gegebenen  Tage  und  Ferienzeiten,  mit  Angabe  des  Anfang^-  und  Schlufstages, 
aufzunehmen. 

Ich  veranlasse  die  E.  Prov.Schulcoll.  und  die  E.  Regierungen,  die  Dir. 
der  höh.  Lehranstalten  Ihres  Ressorts  hiemach  mit  der  erforderlichen  Anweisung 
zu  versehen." 

Ueber  die  thatsächliche  provinzielle  Verschiedenheit,  welche  in 
der  Lage  der  Ferienzeiten  zwischen  den  hoh.  Lehranstalten  stattfindet»  s.  Hist. 
Statist  Darsi  Ul  p.  56. 

Ferienordnung  für  die  Provinz  Westfalen.  Min.Verf.  v.  9. 
Febr.  1878.  Auszug.  „Nach  Vorstehendem  bestimme  ich  hiermit  die  künf- 
tige Ferienordnuug  för  alle  hOh.  Lehranstalten  meines  Ressorts  in  der  dortigen 
Provinz  dahin,  dafs  1)  die  Hauptferien  5  Wochen  dauern  und  vom  15.  August 
ab  beginnen  ;  2)  die  Osterferien  3  Wochen  umfassen  und  je  nach  dem  Falle 
des  Festes  nach  Anordnung  des  K.  Prov.Sch.G.  entweder  ganz  nahe  vor  dem- 
selben oder  verhältnismäfsig  f^^er  eintreten;  3)  die  Pfingstferien  mit  Sams- 
tag vor  dem  Fest  beginnen  und  mit  Mittwoch  Abend  nach  demselben  schliefsen ; 
4)  die  Weihnachtsferien  14  Tage  dauern  und  mit  dem  22.  oder  23.  December 
beginnen. 

Die  Aufiiahme-  und  Versetzungsprüfungen  zu  Anfang  eines  jeden  Se- 
mesters sind  innerhalb  des  letzten  oder  der  beiden  letzten  Tage  der  Ferien 
vorzunehmen.'* 

Ferienordnung  für  die  Provinz  Westpreufsen.  Min. Verf.  v 
2,  Mai  1879.  Auszug.  „Femer  bin  ich  mit  dem  E.  Prov.Sch.G.  und  der 
überwiegenden  Mehrzahl  der  erstatteten  Gutachten  darin  einverstanden,  dafs  nach 
den  klimatischen  Verhältnissen  der  dortigen  Provinz  für  die  längeren  Ferien 
nur  die  Sommermonate  geeignet  sind,  sowie  dafs  deren  Dauer  auf  4  Wochen  zu 
bemessen  ist  Die  für  eine  längere  Dauer  von  einzelnen  Anstalten  geltend  ge- 
machten Gründe  sind  zum  Teil  nicht  zutreffend,  jedenfalls  aber  so  unerheblich, 
dafs  sie  den  einer  solchen  Einrichtung  entgegenstehenden  Bedenken  gegenüber 
nicht  ins  (Gewicht  fallen  können.  Der  Beginn  dieser  Sommerferien  ist  so  zu 
legen,  dafs  von  ihrem  Ende  bis  zum  Schlüsse  des  Sommersemesters  noch  ein 
Zeitraum  von  ungefähr  8  Wochen  bleibt  Femer  sind  die  kleineren  Ferien  so 
zu  verteilen,  daüB  Ostern,  Michaelis  und  Weihnachten  je  14  Tage  und  zu  Pfingsten 
einschliefslich  der  Festtage  5  Tage  frei  gegeben  werden.  Die  Lage  der  ge- 
samten Ferien  wird  das  E.  Prov.Sch.C.  am  Anfang  jedes  Ealenderjahres  den 
sämtlichen  Lehranstalten  durch  Circularverfüg^g  bekannt  zu  machen  haben, 
und  es  bleibt  bei  deren  Festsetzung  Demselben  unbenommen,  je  nach  der  Lage 


249 

des   Osterfestes   den  Anfang  der  Osterferien  eine  Woche  früher  oder  später 
zn  legen/' 

CVerf.  ▼.  6.  Oct.  1886.  „Dnrch  die  C.Verf.  v.  27.  Juli  d.  J.  ist  in 
Aussicht  genommen  worden,  es  mOchte  den  mannigfachen  Mifsständen  und 
Schwierigkeiten,  welche  for  den  ünterrichtsbetrieb  an  den  höheren  Schulen  aus 
dem  ungewöhnlich  späten  Fallen  des  Osterfestes  (25.  April)  im 
Jahre  1886  zu  erwarten  sind,  dadurch  abgeholfen  werden,  dafs  an  die  Stelle 
der  Tierzehntägigen  Osterferien  ausnahmsweise  eine  zweifache  Unterbrechung 
des  Unterrichts,  jede  von  der  Dauer  einer  Woche,  gesetzt  werde,  und  die  E. 
Prov.Schulcollegien  sind  aufgefordert  worden,  über  die  gegen  diese  ausnahms- 
weise Einrichtung  etwa  geltend  zu  machenden  Bedenken  bis  zum  15.  Sept.  d.  J. 
zu  berichten. 

Indem  einige  von  den  K.  Prov.Schulcollegien  sich  zu  einer  Bericht- 
erstattung nicht  veranlafst  gefiinden  haben,  darf  ich  voraussetzen,  dafs  denselben 
die  aus  der  ausnahmsweisen  Mafsregel  hervorgehenden,  auch  meinerseits  nicht 
aufser  Betracht  gelassenen  Schwierigkeiten  geringer  erschienen  sind,  als  die 
mit  der  Beibehaltung  der  regelmäfsigen  Einrichtung  verbundenen.  Den  von 
den  übrigen  E.  Prov.Sch.CC.  gegen  die  in  Aussicht  gestellte  ausnahmsweise 
Mafsregel  erhobenen  Einwendungen  ist  zwar  im  Einzelnen  nicht  eine  gleiche 
Bedeutung  beizumessen;  insbes.  vermag  ich  nicht  manche  der  anderweit  aus 
diesem  Aiüasse  zur  Beseitigung  der  Schwierigkeiten  vorgetragenen  Vorschläge 
für  annehmbar  zu  erachten.  In  ihrer  Gesamtheit  aber  haben  die  vorgetragenen 
Einwände  ein  solches  Grewicht,  dafs  es  mehr  als  fraglich  erscheint,  ob  nicht 
die  von  der  ausnahmsweisen  Mafsregel  zu  besorgenden  Uebelst&nde  in  mehreren 
Beziehungen  erheblicher  sein  dürften,  als  die  aus  der  regelmäfsigen  Einrichtung 
erwachsenden. 

Deshalb  finde  ich  mich  bestimmt,  von  der  für  das  nächste  Jahr  in  Aus- 
sicht gestellten  Aenderung  der  Osterferien  an   den   höh.  Schulen  Abstand  zu . 
nehmen,  und  bestimme,  daljs  auch  im  Jahre  1886  ungeachtet  des  späten  Fallens 
des  Osterfestes  in  der  Feststellung  der  Osterferien  an  den  höh.  Schulen  die  sonst 
in  dieser  Hinsicht  mafsgebenden  Grundsätze  eingehalten  werden. 

Hiemach  ist,  wie  dies  nach  der  C.Verf.  v.  6.  Nov.  1858  (p.  247)  regelmäll9ig 
bei  einem  späteren  Eintritte  des  Osterfestes  geschieht,  der  An&ng  des  Sommer- 
semesters  möglichst  nahe  an  das  Osterfest  zu  rücken,  d«  h.  auf  den  Donnerstag 
nach  dem  Osterfeste,  den  29.  April  zu  setzen.  Der  Schluis  des  Schuljahres 
fiUlt  demgemälis  auf  den  Mittwoch  vor  Palmarum,  14.  April.  Von  mehreren 
Seiten  ist  in  Anregung  gebracht,  es  möge  mit  Bücksicht  auf  die  ungewöhnlich 
späte  Lage  des  Osterfestes  im  Jahre  1886  das  Schuljahr  bereits  am  Sonnabend 
dem  10.  April  geschlossen  und  die  daraus  sich  ergebende  Erweiterung  der  Oster- 
ferien um  eine  halbe  Woche  durch  entsprechende  Verkürzung  der  Michaelisferien 
ausgesehen  werden.  Ich  finde  gegen  diesen  Vorschlag  in  Bücksicht  auf  die 
aufsergewöhnlichen  Umstände  nichts  einzuwenden  und  überlasse  es  den  einzelnen 
E«  Prov.Schulcollegien^  für  ihren  Amtsbereich  festzustellen,  ob  die  Osterferien  in 
der  regelmäfsigen  Ausdehnung  vom  15.^28.  April  oder  unter  entsprechender 
Verkürzung  der  Michaelisferien  vom  11.^28,  April  dauern  sollen. 

Bei  dieser  Aufrechthaltung  der  regelmäfsigen  Einrichtung  bezüglich  der 
Osterferien  bleiben  die  Schwierigkeiten  bestehen,  auf  welche  als  auf  den  Anlafs 
zur  Erwägung  einer  eventuellen  Ausnahmebestimmung  in  meiner  CVerf.  v, 
27.  Juli  d.  J.  hingewiesen  war.  In  dieser  Hinsicht  habe  ich  Folgendes  zu  bemerken, 

In  allen  dei^enigen  Fällen,  in  welchen  einzelne  Abitmienten  bereits  zum 
1.  April  bezw.  zum  20.  März  (vgl.  C.Verf.  v.  26.  Oct  1878  (GBl.  1878  p.  605; 
s.  Abschn.  VII)  im  Besitze  ihrer  Beifezeugnisse  sein  müssen,  ist  unbedingt 
darauf  zu  halten,  dafs  ein  rechtzeitiger  Termin  für  die  mündliche  Prüfrmg  ange- 


250 

setzt  werde.  Es  wird  hierdurch  voraossichiüch  nicht  flberall  möglich  sein,  die 
durch  die  C.Verf.  v.  8.  Jnli  1880  unter  Nr.  2  getroffenen  Bestimmung  über 
den  Mhestens  zulfissigen  Termin  der  mündlichen  Beifeprüfungen  nach  seinem 
Wortlaute  einzuhalten;  die  K.  Prov. SchulcoUegien  sind  daher  ermächtigt,  in 
diesem  besonderen  FaUe  von  jener  Bestimmung  insoweit,  als  unerlftfslich  ist, 
abzuweichen. 

Denjenigen  Schülern,  welche  ohne  Boifezeugnis  in  einen  anderen  Beruf 
übergehen,  in  welchen  sie  bereits  am  1.  April  eintreten  müssen,  ist  das  Ab- 
gangszeugnis unter  dem  31.  März  in  der  Weise  auszustellen,  als  wenn  sie  das 
Schuljahr  absolvirt  hätten. 

In  Betreff  des  Personalwechsels  in  den  Lehrercollegien  werden  voraus- 
sichtlich die  durch  die  G.Yerf.  v.  15.  März  1881  (GBl.  1881  p.  358)  getroffenen 
,  Bestimmungen  ausreichen,  jedoch  haben  in  Jedem  einzelnen  Falle  die  E.  Prov. 
SchulcoUegien  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  nicht  etwa  nachträglich  Schwierig- 
keiten entstehen. 

Lehrer,  welche  zum  1.  April  1886  in  den  Ruhestand  treten,  sind  nicht 
Yerpflichtet,  über  den  31.  März  hinaus  Dnterricht  zu  erteilen.  Ob  ein  etwaiges 
Anerbieten  derselben  zur  Fortführung  des  Unterr.  bis  zum  Schulschlusse,  selbst- 
verständlich ohne  die  Möglichkeit  einer  Bemuneration,  anzunehmen  oder  eine 
Vertretung  derselben  durch  die  übrigen  Mitglieder  des  LehrercoU.  herbeizuführen 
ist,  bleibt  in  jedem  einzelnen  Falle  der  Erwägung  des  Dir.,  event.  der  Ent- 
scheidung des  K.  Prov.Sch.C.  überlassen." 

Aus  einer  C.Verf.  des  E.  Prov.Schulcoll.  zu  Berlin  v.  11.  Juni 

1863: „Wir  nehmen  Veranlassung,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  däCs 

der  n.  Minister  mifsfölUg  wahrgenommen  hat,  dafs  an  mehreren  Anstalten  von 
Seiten  vieler  Schüler  namentlich  die  Sommerferien  oft  ganz  willkürlich  ausgedehnt 
werden.  Wir  sind  deshalb  von  dem  H.  Min.  angewiesen  worden,  den  Dir.  die 
piiichtmäföige  Strenge  in  Aufrechthaltang  der  Ordnung  in  Erinnerung  zu  bringen. 
Wo  es  die  Dir.  und  Lehrer  daran  nicht  fehlen  lassen,  kommen  Sohulversäumnisse 
nur  selten  vor.  In  den  Fällen,  wo  Eltern  in  dieser  Beziehung  gleichwohl  den 
Anspruch  der  Schule  an  ihre  Söhne  verkennen  und  diese  längere  Zeit  vom  üntefr. 
zurückhalten,  werden  sie  darauf  aufmerksam  zu  machen  sein,  dafs  sie  die  unaus- 
bleiblichen Folgen  eines  unregelmäfsigen  Schulbesuchs  bei  ihren  Söhnen  sich 
selbst  zuzuschreiben  haben.  Wo  in  einzelnen  FäUen  unabwendbare  Umsttode  zu 
einer  Verlängerung  der  Ferien  nöthigen,  ist  doch  mit  aller  Entschiedenheit  darauf 
zu  halten,  dafs  die  Erlaubnis  dazu  bei  dem  Dir.  zu  rechter  Zeit  und  in  rechter 
Weise  erbeten  werde."  — 

C.Verf.  V.  18.  Mai  1872:  „Durch  Verf.  v.  2.  Apr.  1853  ist  angeordnet 
worden,  bei  den  höh.  Lehranstalten  den  Beginn  und  Schlufs  der  Ferien 
80  zu  legen,  da(^  zu  den  Beisen  der  Schüler  von  und  nach  dem  BchuLort  nicht 
Sonn-  und  Festtage  benutzt  werden  müssen.  Die  Vorteile  der  demffemäfs  ge- 
troffenen Einrichtungen  werden  jedoch,  wie  die  Erfahrung  gezeigt  hat,  von  den 
damit  verbundenen  ünzuträgliehkeiten  überwogen,  weshiüb  bereits  in  einigen 
Provinzen  auf  geschehenen  Antrag  die  frühere  Ordnung  wiederhergestellt  ist.  Ich 
bestimme  nunmehr  unter  Aufhebung  obiger  Verfügung,  dafs  hinfort  allgemein, 
soweit  nicht  besoiidere  Verhältnisse,  z.  B.  der  Eintritt  der  beweglichen  Feste, 
eine  andere  Anordnung  nöthig  machen,  der  Schlufs  der  Lectionen  vor  den 
-Ferien  nicht  am  Freitag,  sondern  am  Sonnabend,  und  ebenso  der  Wiederanfang 
nicht  am  Dienstag,  sondern  am  Montag  erfolge."  Der  Minister  etc. 

In  kirchlicher  Beziehung  wird,  abgesehen  von  den  allgemeinen  christ- 
lichen Feiertagen,  der  regelmäfsige  For^ang  des  Unterrichts  bei  den  über- 
wiegend evangelischen  Anstalten  nur  durch  das  Seformationsfest  unter- 
brochen. 


Ml 

O.Yerf.  T.  31.  Juli  1860.  „Ans  den  von  den  K.  Frov.SchnleoIlegien 
aif  meine  C;yerf.  t.  22.  Jnli  ▼.  J.  erstatteten  Beriehten  habe  ich  mit  Be- 
friedigung ersehen,  dafs  an  denjenigen  höh.  Schnlen,  deren  Sehüier  ansschlieib- 
lich  oder  überwiegend  dem  evangelischen  Bekenntnisse  angehören,  sowie  an  den 
evangelischen  Seminaren  nnd  Präparandenanstalten  ohne  besondere  darüber 
getroffene  Anordnung  die  gnte  Gewohnheit  besteht,  an  dem  Gedenktage  der 
kirchlichen  Beformation  nicht  schweigend  vorüberzogehen,  sondern  in  der 
Zeit  des  Festes  den  Schülern  zn  ihrer  .religiösen  Erbauung  die  hohe  Bedeutung 
desselben  nahe  zu  legen.  Die  Verschiedenheit  der  Form,  in  welcher  dies  aus- 
geführt wird,  an  einzelnen  Anstalten  durch  eine  besondere  Schiüfeier  der  Re- 
formation, an  den  meisten  in  dem  Beligionsunterr.  und  in  den  Schulandachten, 
durch  eine  allgemeine  Anordnung  zu  beseitigen,  ist  um  so  weniger  ein  Anlafis 
vorhanden,  als  diese  Verschiedenheit  meistenteils  in  historischen  Erinnerungen 
und  örtlicher  Sitte  oder  in  confessionellen  Verhältnissen  der  Schule  ihre  gute 
Begründung  hat.  Ich  kann  daher  den  K.  Prov.SchulcoUegien  nur  empfehlen, 
durch  Ihre  Departementsräthe  bei  Gelegenheit  der  Revision  der  einzelnen  An- 
stalten dahin  wirken  zu  lassen,  da(^  die  an  jeder  Anstalt  in  dieser  Hinsicht 
bereits  bestehende  Einrichtung  in  würdiger,  Ar  die  Schüler  nach  ihren  ver^ 
schiedenen  Stufen  wahrhaft  erbaulicher  Weise  zur  Ausfuhrung  gebracht  werde.*' 

Die  vom  Staate  anerkannten  Feiertage  (vgl.  Justiz-Min.  Bl.  für  1850  p. 
127,  Verf.  v.  12.  Apr.  1850),  an  denen  bei  katholischen  Lehranstalten  der 
Unterricht  ausfällt,  sind  folgende  sieben:  1.  Epiphanien,  6.  Jan.  2.  Marifi 
Beinigung,  2.  Febr.  3.  Maria  Verkündigung,  25.  März.  4.  Frohnleichnam. 
5.  Peter  und  Faul,  29.  Juni.  6.  AllerheUigen,  1.  Nov.  7.  Maria  Empfängnis, 
8.  Dec.  —  Auserdem  werden  am  Aschermittwoch  und  am  Allerseelentage  die 
zwei  ersten  Morgenstunden  freigegeben.  Rechnet  man  dazu  die  besonderen 
kaliiol.  Local-  und  Diöcesan-Feieriage,  so  ist  es  etwa  1^2  Woche,  um  die  für 
die  kathol.  Schüler  sich  die  Ferienzeit  jährlich  vermehrt. 

Allgemein  wird  in  den  Schulen  der  Geburtstag  3r.  Maj.  des 
Kaisers  und  Königs  gefeiert;  bei  den  meisten  Anstalten  jetzt  auch  der 
2.  Sepi  als  (Gedenktag  des  Sieges  von  Sedan;  vgl.  Hist.  statist.  Darst.  m 
p.  4.  Femer  pflegt  der  Unterricht  ausgesetzt  zu  werden  am  Tage  der  Urwahlen 
für  das  Abgeordnetenhaus  und  am  Tage  der  Volkszählung. 

Min.  Verf.  v.  2.  Febr.  1886.  „Se.  Majestät  der  Kaiser  und  König 
haben  zum  Zweck  der  Herbeiführung  eines  gleichmäfsigen  VerfiEihrens  hinsicht- 
lich des  Flaggens  der  amtlichen  Gebäude  in  Berlin  bei  besonderen 
Gelegenheiten  zu  befehlen  geruht,  dafs  an  sämtlichen  Königlichen  Gebäuden  an 
den  nachbenannten  Tagen  und  zwar  von  Morgens  früh  bis  nach  Sonnenunter- 
gang geflaggt  wird,  nämlich  am  22.  März  und  30.  September,  den  Geburtstagen 
Ihrer  Mi^estäten,  —  18.  Ootober  und  21.  November,  den  Geburtstagen  Ihrer 
Kaiserlichen  und  Königlichen  Hoheiten  des  Kronprinzen  und  der  Kronprinzessin, 
. —  27.  Januar  und  22.  October,  den  Geburtstagen  Ihrer  Königlichen  Hoheiten 
des  Prinzen  und  der  Prinzessin  Wilhelm,  —  femer  am  Keujs^tag,  an  dem- 
jenigen Sonntage,  an  welchem  das  Krönungs-  und  Ordensfest  gefeiert  wird  und 
endlich  am  2.  September,  dem  Sedantage.**  An  das  Präsidium  des  K.  Prov. 
8ch.C.  zu  Berlin. 

C.Verf.  des  K.Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  28.  Jan.  1874:  „Für  sämtL 
zu  unserem  Ressort  gehörende  höh.  Lehranstalten  ordnen  wir  hierdurch  an, 
dafe,  wenn  der  Geburtstag  Sr.  Majestät  des  Kaisers  und  Königs,  wie 
in  diesem  Jahre  auf  einen  Sonntag  fUlt,  die  betr.  Schulfeier,  wie  das  auch 
früher  in  den  meisten  Schulen  geschehen  ist,  am  Tage  vorher  gehalten  wird, 
unter  Wegfall  der  Unterrichtsstunden  dieses  Tages.'' 


252 

-^— ^"^~~'~-~~~~'^"^~— ^— ^-'  • 

G.Verf.  des  Proy.Sch.G.  zn  Münster  v.  25.  Jnli  1874:  JDer  U. 
Min.  der  geisü.  Anglgh.  hat  auf  unseren  Antrag  genehmigt,  dafs  die  grofsen 
Ferien  bei  demjenigen  Anstalten,  wo  sie  bisher  in  der  letzten  Hälfte  des 
Monats  August  anfingen,  hinfort  nicht  vor  dem  4.  Sept  beginnen,  und  uns 
überlassen,  für  die  von  uns  beantragte  Schulfeier  des  Sedantages  das  weitere 
Nöthige  anzuordnen. 

Wir  bestimmen  daher,  dafs  der  2.  Sept  in  allen  Lehranstalten  unseres 
Bessorts  durch  einen  feierl.  Schulact  ausgezeichnet  werde.  Die  Feier  wird  an- 
gemessen begonnen  werden  können  durch  Vortrag  patriotischer  Ges&nge  und 
Declamationen  der  Schüler;  alsdann  würde  eine  von  dem  Dir.  oder  einem  dazu 
besonders  geeigneten  Lehrer  zu  haltende  Festrede,  welche  die  hohe  Bedeutung 
des  Tages  und  der  ihm  vorhergegangenen  und  gefolgten  Ereignisse  in  ange- 
messener Weise  hervorhebt,  zu  folgen  haben,  und  mit  einem  abermaligen  Ge- 
sänge zu  schliefsen  sein.  Es  ist  gestattet,  unmittelbar  im  Anschluüs  an  diese 
Feier,  welche  ganz  besonders  zur  Belebung  und  Forderung  vaterländischer  Gre- 
sinnung  in  den  Herzen  der  ZOglinge  bestimmt  und  geeignet  ist,  die  Entlassung 
der  Abiturienten,  nicht  aber  der  übrigen  Schüler,  vorzunehmen,  damit  nicht  am 
folgenden  oder  zweiten  Tage  wieder  eine  besondere  Feier  stattzufinden  habe. 
Der  Unterricht  fällt  an  dem  Tage  natürlich  aus.  Die  Entlassung  der  übrigen 
Schüler  aufser  den  Abiturienten  und  die  Verteilung  der  Gensuren  darf  frühestens 
am  3.  Sept.  erfolgen.  Die  Ausfuhrung  im  Einzelnen  bleibt  dem  Ermessen  der 
Dir.  und  Lehrercoll.  anheimgegeben;  doch  erwarten  wir  bis  z.  15.  Sept.  Diren 
Bericht  darüber,  in  welcher  Weise  dieselbe  erfolgt  ist,  und  bemerken  schliefslich 
noch,  dafs  die  Ferien  vom  4.  Sept  ab  volle  37  Tage  dauern.'^ 

CVerf.  des  Prov.  Seh.  C.  zu  Kiel  v.  17.  Aug.  1874:  „Da  der  Tag 
von  Sedan  mehr  und  mehr  für  ganz  Deutschland  die  Bedeutung  eines  gemein- 
schaftlich zu  feiernden  Nationalfestes  gewonnen  hat,  so  ermächügen  wir,  unter 
Hinweis  auf  unsere  betr.  Girc.  Verf.  hierdurch  bis  auf  weiteres  die  HH.  Direc- 
toren  und  Rectoren,  am  2.  Sept.  eines  jeden  Jahres  unter  Aussetzung  des  Offentl. 
Unterrichts  eine  geeignete  patriotische  Festfeier  für  die  Ihrer  Leitung  anver- 
traute Jugend  zu  veranstalten.  Ueber  die  Art  und  Weise,  wie  die  Feier  vor 
sich  gegangen  ist,  wollen  wir  jedesmal  nachträglichem  kurzem  Berichte  ent- 
gegensehen." 

Min.Verfl  v.  23.  Apr.  1870:  „Auf  den  Bericht  v.  —  betreffend  die 
Veranstaltung  der  Feier  zur  Erinnerung  an  die  vor  25  Jahren  stattge- 
fundene Eröffnung  des  Gymn.  zu  K,  erwidere  ich  dem  K.  Prov.ScLc. 
Folgendes: 

Wenngleich  der  in  den  gemachten  Vorschlägen  kundgegebene  patriotische 
Sinn  und  die  Pietät  des  Directors  N.  gegen  den  Gründer  des  Gymn.  anzuer- 
kennen sind,  so  genügt  es  doch,  den  Gefühlen  des  Dankes  und  der  patrioi 
Erhebung  bei  der  Erinnerung  an  das  25jährige 'Bestehen  der  Anstalt  durch 
einen  einfachen  Schulact  verbunden  mit  einer  entsprechenden  kirchl.  Feier  ohne 
öffentliches  Aufsehen  und  ohne  Störung  der  Schulordnung  Ausdruck  zu  geben, 
zumal  bei  der  grofsen  Anzahl  der  öffentl.  Lehranstalten  im  ganzen  Staate  die 
25jähr.  Jubiläen  so  häufig  wiederkehren,  dafs  es  schon  deshalb  auf  dem  Ge- 
biete der  Unterrichtsverwaltung  noch  weniger  als  auf  anderen  Gebieten  rathsam 
erscheint,  seitens  der  Staatsregieruug  auf  solche  Jubiläen  besondere  Bücksicht 
zu  nehmen.  —  Hinsichtl.  der  bei  dem  gedachten  Anlafs  von  ehemaligen 
Schülern  des  Gymn.  in  N.  zu  erwartenden  Bethätigung  ihrer  dankbaren  Er- 
innerung bemerke  ich,  dafe  dieselben  auch  wohl  ohne  Veranstaltung  einer 
öffentl.  Feier  die  den  armen  Schülern  zugedachten  Stipendien  stiften  werden." 


953 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  ▼.  26.  Sept  1874:  „Wir 
haben  wiederholt  wahrnehmen  müssen,  dafs  Schulfeste  verschiedener  Art  be- 
schlossen, Öffentlich  angekündigt  und  gefeiert  worden  sind,  ohne  dafs  vorher 
von  Seiten  der  betr.  HH.  Directoren  auch  nur  eine  Anzeige  über  eine  solche 
Absicht  an  uns  eingereicht  worden  war.  Wir  sehen  uns  daher  veranlafst,  daran 
EQ  erinnern,  dafs  wir  von  dem  ganzen  Leben  der  unserer  Verwaltung  über- 
gebenen  Anstalten  in  Kenntnis  bleiben  müssen,  und  dafs  daher  aufserordent- 
liche  Schulacte  und  Schulfeste,  mögen  sie  auf  den  engeren  Kreis  der  Schule 
beschränkt  bleiben  oder  unter  BeteUigung  des  Publikums  und  öffentlicher  Auf- 
forderung zur  Teilnahme  vor  sich  gehen  sollen,  nicht  eher  eingeleitet  werden 
dürfen  y  bis  unsere  Zustimmung  durch  Angabe  des  Zweckes  und  des  beabsich- 
tigten Programms  nachgesucht  und  auch  erlangt  ist." 

4.    Die  häusliche  Beschäftigung  der  Schüler.      Privat- 
stadium. 

Vgl  C.Verf.  V.  24.  Oct.  1837:  p.  58  f.  und  v.  7.  Jan.  1856:  p.  69. 
—  ü.  und  PO.  V.  6.  0 ct.  1859:  p.  88,  109;  zur  üeberbürdungsfrage  auch 
p.  106  und  Bev.L.  v.  31.  März  1882:  p.  115.  —  Für  die  Vorschulen  s. 
C.Verf.  V.  23.  Apr.  1883:  p.  148. 

Aus  einer  Min.  Verf.  v.  29.  März  1829:  „Hinsichtlich  der  an  die  Schüler 
der  Grymn.  zu  machenden  Anforderungen  hat  das  K.  Consist.  nicht  genug  die  Schü- 
ler der  oberen  und  teilweise  auch  der  mittleren  Klassen  von  denen  der  unteren 
Kl.  nnterschieden.  Was  jene  bei  schon  ausgebildeter  geistiger  und  körperlicher 
Kraft  in  einem  Lebensalter  von  17  bis  20  Jiären  vermögen,  ist  nicht  von  Knaben 
nnd  Jünfflingen  zu  verlangen,  die  noch  geistig  wenig  gebildet  sind  and  in  einem 
zarten  ijter  von  10  bis  14  Jahren  stehen.  Während  aas  Min.  im  Allgemeinen  für 
nothwendig  erachtet,  dafs  den  die  Gymn.  besuchenden  jungen  Leuten,  welche  sich 
den  gelehrten  Studien  und  demnächst  einem  Beruf  widmen  wollen,  welcher  Uni- 
verBitätstudien  erfordert,  ihr  Vorhaben  nicht  zu  leiohfe  gemacht,  dafs  ihnen  viel- 
mehr schon  in  der  Schule  und  mittels  derselben  die  Beschwerden,  Mühseligkeiten 
nnd  Aufopferungen,  welche  die  unvermeidlichen  Bedingungen  eines  erfolgreichen, 
dem  Dienst  der  Wissenschaft,  des  Staats  und  der  Kirche  gewidmeten  Lebens  sind, 
vergegenwärtigt,  und  sie  früh  an  den  Ernst  ihres  Berufs  gewöhnt  und  zur  Ertra- 
gimg der  mit  demselben  verbundenen  Arbeiten  gestählt  werden,  hiefse  es  anderer- 
seita  Regen  alle  Regeln  einer  vernünftigen  Erziehung  und  eines  verständigen  Un- 
terrichts handeln,  wenn  man  die  Schüler  der  unteren  nnd  der  oberen  Kl.  der 
Gymn.  nach  gleichem  Mafsstabe  messen  und  die  geistige  Ausbildung  und  Erstar- 
kung  derselben  durch  überspannte  und  dem  jedesmaligen  Standpunl^  ihrer  Kraft 
nicht  gehörig  angepafste  Forderungen  bewirken  wollte.  Hat  ein  solches  tadelns- 
werthes  Verfahren  aus  mifsverstandenem  Eifer,  aus  Mangel  an  Erfahrung  oder  aus 
anderen  Gründen  in  den  hiesigen  oder  den  übrigen  Gymn.  der  Prov.  Brandenburg 
stattgefunden,  so  trifit  die  Schuld  hiervon  zuvörderst  die  betreff.  Lehrer,  Klassen- 
ordinarien nnd  Directoren,  demnächst  aber  auch  das  K.  Consist.  und  Prov.Sch.C, 
welches  vermöge  der  demselben  erteilten  Dienstinstmction  eben  so  befugt  als  ver- 
pflichtet ist,  sich  von  allen  Einrichtungen  in  den  Gymn.  Seines  Bezirks  fortwäh- 
rend in  der  genauesten  Kenntnis  zu  erhalten  und  alle  bei  dem  Erziehungs-  und 
Unterrichtawesen  eingeschlichenen  Mifsbräuche  und  ansretroffenen  Mängel  durch 
zweckmäfsige  Anordnungen  unverzüglich  abzustellen.  Da  von  dem  Imn.  keine 
Anordnung  getroffen  ist,  durch  welche  sich  solche  überspannte  Anforderungen  an 
die  Schüler  irvendwie  rechtfertigen  liefsen,  auch  das  Min.  vermöge  seiner  Stellung 
die  einzelnen  Fälle,  wo  von  Seiten  der  Directoren  und  Lehrer  das  richtige  Mafs 
in  ihren  Anforderungen  Überschritten  wird,  weder  im  Detail  erfahren,  noch  im 
Zusammenhange  mit  den  speoiellen  Einrichtungen  in  den  betreff.  G^ymn.  beurteilen 
kann,  so  lassen  sich  solche  Uebelstände  und  Mifsbräuche,  wenn  sie  anders  wirklich 
vorhanden  sind,  auch  nicht  durch  allgemeine  Verfügungen  von  Seiten  des  Min.  be- 
seitigen.   Dies  gilt  besonders  von  den  häusl.  Arbeiten  der  Schüler,  worüber 


254 

•ioli  nickt  fuglioh  allf^exnelne»  fSr  alle  Qymn.  und  alle  Klassen  derselben  bindende 
Vorschriften,  am  weniffsten  in  Hinsicht  der  auf  diese  Arbeiten  xu  verwendenden 
Zeit,  erteilen  lassen,  ohne  Gefahr  zu  laufen,  dafs  entweder  zu  viel  oder  zu  wenig 
gefordert  werde.  Die  Aufgaben  zu  den  häuslichen  Arbeiten  müssen  nach  der 
grÖfseren  oder  geringeren  Schwierigkeit  der  betr.  Ghegenstande,  nach  der  Ver> 
schiedenheit  des  Standnunktes  der  geistigen  Bildunff  und  Befähigimg  in  den  ein* 
seinen  Klassen,  und  selbst  mit  Rücksicht  auf  die  individuellen  Kräfte  und  Bedürf- 
nisse der  Mehrzahl  der  jedesmaligen  Schüler  abgemessen  werden,  und  es  4st  die 
Sache  der  Lehrer,  der  Klassenorddharien  und  der  Directoren,  unablässig  darüber 
zu  wachen,  dafs  in  der  fragl.  Beziehung  von  den  Schülern  nicht  mehr  gefordert 
werde,  als  mit  der  pflichtxnäfsi^en  Sorge  für  die  Erhaltung  ihrer  geistigen  und 
körperlichen  Gesundheit  verträglich  ist.  Das  Min.  hegt  zu  der  Einsicht,  der  Er- 
fahrung und  dem  prakt.  Tact  der  Mehrzahl  der  Dir.  und  Lehrer  der  Ghymn.  das 
wohlb^iindete  Vertrauen,  dafs  es  für  sie  nicht  erst  specieller  Vorschriften  bedarf, 
um  in  Hinsicht  der  von  ihren  Schülern  zu  fordernden  häusL  Arbeiten  das  richtige 
Mafs  zu  trefi'en.  Ebenso  wenig  kann  das  Min.  sich  entschliefsen,  das  K.  Consist. 
Seinem  Antrage  gemäfs  dahin  zu  ermächtigen,  mittels  der  Directoren  der  G^ymn. 
darauf  zu  halten,  dafs  kein  Schüler  mehr  zur  Bearbeitung  aufser  den  Schulstunden 
erhalte,  als  er  im  Durchschnitt  in  etwa  3  Stunden  tätlich  zu  fertigen  im  Stande 
wäre,  weil  es  bei  der  Verschiedeoheit  der  geistigen  ^wgkeiten  der  Schüler,  von 
welchen  der  eine  schnell,  der  andere  langsam  arbeitet,  völlig  unmöglich  ist,  in  Be- 
treff der  Zeit,  die  sie  auf  ihre  häusl.  Arbeiten  verwenden  sollen,  irgend  eine  ge- 
nügende allgemeine  Bestimmung  zu  machen.  Unbemerkt  kann  aber  das  Min.  nicht 
lassen,  dafs  den  Schülern  der  oberen  Kl.  wohl  zugemuthet  werden  kann,  sich  täg- 
lich 5  Stxmden  hindurch  aufser  der  Schulzeit  sei  es  mit  Lösung  der  ihnen  in  der 
Klasse  gestellten  Aufgaben  oder  mit  frei  ge^^Uilten  Arbeiten  zu  beschäftigen,  wäh- 
rend für  die  Schüler  der  unteren  Kl.  täglich  3  häusl.  Arbeitstunden  geniigen  mö- 
gen. Es  bleibt  jedoch  dem  Consist.  überlassen,  wenn  dasselbe  auch  in  diesen  Be- 
ziehungen Uebertreibungen  oder  andere  Mifsbräuche  auf  einem  oder  dem  anderen 
Ghymn.  bemerken  sollte,  deshalb  geeignete  nähere  Bestimmungen  oder  andere  Vor- 
kehrungen zu  treffen  und  dadurch  den  gehegten  Besorgnissen  vorzubeugen  und  abzu- 
helfen.**   

C.Verf.  V.  20.  Mai  1854:  „Es  wird  von  vielen  Seiten  über  nnver- 
h&ltnismäfige  Belastung  der  Schüler  mit  häusl.  Schularbeiten  Klage  ge- 
führt, die  sich  nach  verschiedenen  Wahrnehmungen  in  Bezog  auf  einen  Teil 
der  Gymnasien  als  begründet  erweist.  Die  C.Verf.  v.  24.  Oci  1837  enthäU 
allgemeine  Bestimmungen,  deren  gewissenhafte  Befolgung  geeignet  ist,  Mifsgriffe 
nnd  Vemachl&ssigongen  in  der  gedachten  Beziehung  zuTerhüten;  dieselbe  wird 
den  Directoren  der  h6h.  Lehranstalten  wiederholt  in  Erinnerong  gebracht  Die 
Lehrercollegien  sind  insbesondere  darauf  anftnerksam  zu  machen,  dafti  es  für 
den  Zweck  des  Schnlnnterrichts  hauptsächlich  auf  den  geistigen  Verkehr  mit  den 
Schülern  in  der  Lehrstnnde  selbst  ankommt,  so  dafs  diese  in  derselben  ebenso 
znr  Frende  an  der  Selbstth&tigkeit  angeregt,  wie  andererseits  angeleitet  werden, 
in  zweckmäfsiger  Weise  zu  Hanse  zu  arbeiten,  soweit  es  zur  Ergänzung  des 
Schnlnnterr.  eiforderlich  ist  Sehr  zu  unrecht  werden  die  scfariftl.  h&uslichen 
Arbeiten  vielfach  für  das  Wichtigste  beim  Schulunterricht  gehalten  nnd  dabei 
ein  änlberlichee  nnd  mechanisches  Verfahren  befolgt,  welches  in  leiblicher  und 
geistiger  Beziehung  abstumpfend  wirkt  Weder  das  zulässige  Mafe  noch  die 
Art  der  Arbeit  wird  überall  sorgfältig  erwogen  nnd  den  Kräften  der  Schüler 
angepafet,  besonders  wenn  bei  dem  Mangel  an  wahrer  Colleg^ialit&t  nnd  hin- 
länglicher Aufmerksamkeit  des  Ordinarius  die  verschiedenen  Lehrer  derselben 
Klasse  ihre  Anforderungen  an  die  Schüler  nicht  ausgleichen.  Die  Zahl  der 
von  den  Schülern  zu  hidtenden  Hefte  hat  an  mehreren  Anstalten  zugenommen; 
es  werden  nicht  blofs  neben  den  eingeführten  Lehrbüchern  hin  nnd  wieder  noch 
besondere  Begdhefle  angelegt,  unnötiiige  Ausarbeitungen,  Abschriften,  Bein- 
sehriften  schon  gefertigter  Arbeiten  n.  ^l.  m.  verlangt,  sondern  anch  dasjenige, 
as  lediglich  eine  Sache  mannig  f  al  tiger  mündlicher  Uebnng  sein  sollte, 


255 

-wie  in  den  unteren  und  mitQeren  Hassen  das  lateinische  und  griechisdie 
Bediniren  und  Ceojngiren,  in  za  ansgedehntem  Mafse  zu  schriM.  Hansarbeiten 
benutzt. 

Die  onYerhftltnism&feige  Zunahme  hänsl.  Arbeiten  wird  in  der  Begel  far 
ein  Zeichen  angesehen  werden  können,  dafs  es  den  betr.  Lehrern  an  Sinn  und 
Oesdiick  fehlt,  die  Lehrstande  ihrer  Bestimmnng  gemäik  zn  benutzen,  and  in 
Tiden  Fällen  wird  darin  die  Ursache  angenügendsr  Fortschritte  der  Schaler  za 
suchen  sein.  Die  Zahl  der  von  den  Schülern  zu  liefernden  Schularbeiten  ist 
nicht  selten  so  grofs,  dafs  die  Lehrer  auHser  Stande  sind,  sie  durchzusehen  und 
genau  zu  controliren,  während  dies  selbstverständlich  die  erste  Beding^ung  einer 
erfolgreichen  häusl.  Thätigkeit  des  Schülers  ist.  Die  Dir.  sind  anzuweisen, 
diesem  wichtigen  Gegenstände  ihre  besondere  Aufmerksamkeit  zu  widmen.  Der- 
selbe ist  baldigst  in  Conferenzen  mit  den  Lehrern  zu  berathen,  die  Zahl  der 
sdiriftl.  und  anderen  häusL  Arbeiten  und  der  Ton  den  Schülern  zu  haltenden 
Hefte  ist  festzusetzen  und  eyent.  zu  ermäßigen.  Die  Dir.  haben  die  Ausfüh- 
rung dieser  Festsetzung  genau  zu  controliren,  von  der  ZweckmäTsigkeit  der  häusL 
Aufgaben  und  der  Sor^alt  der  Correctur  sich  durch  wiederholte  Bevision  zu 
überzeugen,  auch  zu  controliren,  ob  nicht  mit  den  sogenannten  Strafarbeiten 
(und  ebenso  mit  den  Ferienarbeiten)  sowohl  an  sich,  als  auch  rücksichtlich 
des  dabei  zu  beobachtenden  Mafses  Mifsbrauch  getneben  wird.  Das  K.  Prov. 
ScIlG.  wolle  die  Dir.  darauf  aufinerksam  machen,  dafs  die  genaae  Beauftich* 
tigung  dieses  Gegenstandes  zu  den  wichtigsten  Aufgaben  und  Pflichten  ihres 
Amtes  gehört^ 

C.Verf.  des  K.Prov.Sch.C.  zu  Koblenz  v.  10.  Nov.  1865:  „Es 
kann  der  Aufmerksamkeit  der  Direction  nicht  entgangen  sein,  dafs  von  Lehrern, 
denen  es  an  Kenntnis  der  jugendlichen  Gemüthsut  oder  an  geistiger  Autorität 
über  die  Schüler  fehlt,  öfter  als  man  erwarten  möchte,  ein  verderblicher  Mifs- 
brauch mit  sogenannten  Strafarbeiten  geübt  wird;  wir  finden  uns  aber  ver- 
anlafst,  auch  unsererseits  auf  diesen  Mifsbrauch  hinzuweisen  und  der  Direction 
zu  erklären,  dafs,  indem  sie  demselben  wehrt,  sie  unsers  Einverständnisses  sicher 
sein  kann. 

Es  kann  nicht  in  Frage  kommen,  dafs  wenn  ein  Schüler  verständig  be- 
messenen Aufgaben  aus  Trägheit  oder  Leichtsinn  nicht  genügt,  er  dazu  ge- 
zwungen werden  mufs.  Wenn  er  aber  häusL  Arbeiten,  die  nur  für  den 
Zweck  aufgegeben  werden  dürfen,  den  Schüler  in  planmäfsiger  Weise  in  seinen 
Kenntnissen  zu  befestigen  und  zu  fördern,  ihm  als  Strafe  für  Fehler  oder  Ver- 
gehen auferlegt  werden,  zu  denen  die  aufgegebene  Arbeit  in  keiner  Beziehung 
stehti  so  kann  ein  derartiger  Mifsgriff  nur  die  Wirkung  haben,  die  häusl.  Ar- 
beiten dem  Schüler  widerwärtig  zu  machen,  während  die  Schule  es  zu  erstreben 
hat»  dafs  der  Schüler  in  denselben  eine  willig  vorzunehmende  Förderung  seiner 
Bildung  erkennt.  Es  geht  dieser  Mifsgriff  indefs  zuweilen  so  weit,  dafs  ein 
masseiäaftes  Abschreiben  oder  Niederschreiben  trivialer  Sätze,  Paradigmen 
XL  dgl.y  oder  gar  von  Katechismusstücken,  von  Abschnitten  der  bibl.  Geschichte, 
von  Kirchenliedern  oder  anderen  Gedichten  etc.  einem  Schüler  als  Strafe  auf- 
erlegt wird.  Wir  dmfen  uns  überzeugt  halten,  dafs  die  Direction  allen 
denutigen  Mil^griffen,  wenn  sie  vorkommen  möchten,  nachdrücklich  zu  steuern 
wissen  wird.** 

CVerf.  V.  14.  Oct  1875.  „In  der  häuslichen  Beschäftigung 
Aer  Schüler  höherer  Lehranstalten  das  richtige  Mails  einhalten  zu  lassen 
imd  jeder  Ueberbürdung  derselben  voizubeugen,  hat  die  Unterrichts-Verwaltung 
auf  allen  Stufen  seit  langer  Zeit  als  einen  wichtigen  Gegenstand  ihrer  pflicht- 
aftfagen  Sorge  betrachtet  Die  C.  Verl  v.  24.  Oci  1837  stellt  in  dieser  Hin- 
sicht die  durch  die  Natur  der  Sache  selbst  gegebenen  Grundsätze  auf  und  be- 


356 

zeichnet  die  Mittel,  durch  deren  strenge  und  stetige  Anwendung  das  Uebel  der 
Ueberbardnng  zn  verhüten  ist;  spätere  Verfagnngen  insbesondere  v.  20.  Mai 
1854,  7.  Jan.  1856  und  6.  Oct.  1859  haben  bei  besonderen  Anlässen  dieselben 
Grundgedanken  weiter  ausgeführt  und  die  Prov.SchuIcoUegien  haben  die  Be- 
obachtungen innerhalb  ihres  Wirkungskreises,  wo  es  angemessen  schien,  zu  spe- 
cieUen  Mahnungen  und  Warnungen  verwendet.  Welchen  Werth  die  Directoren 
der  höheren  Lehranstalten  und  dde  Lehrercoll^en  selbst  im  Allgemeinen  auf 
diesen  Punkt,  als  auf  eine  Lebensfrage  der  höh.  Schulen  legen,  ist  nicht  nur 
aus  den  Verhandlungen  von  Directoren-Conferenzen  zu  ersehen,  sondern  auch 
aus  den  sorgfältigen  Bemühungen  von  LehrercoUegien  und  Lehrervereinen,  die 
Zeit  häuslicher  Beschäfkigung  genau  zu  constatiren,  welche  von  Schülern  mitt- 
lerer Leistungsfähigkeit  an  einer  bestimmten  Schule  und  in  einer  bestimmten 
Klasse  thatsächlich  erfordert  wird. 

Trotz  dieser  vielseitigen  Bemühungen  erheben  sich  neuerdings  wieder 
Klagen  über  ^  grofse  Belastung  der  Schüler  höherer  Lehranstalten  mit  häus- 
lichen Arbeiten  als  über  ein  weitverbreitetes  Debel  und  werden  zum  Anlafs 
weitgehender  Folgerungen  über  die  Haltbarkeit  unserer  gesamten  Schuleinrich- 
tungen gemacht.  Obgleich  ich  die  vorgebrachten  Klagen  in  solcher  Allgemein- 
heit und  die  daraus  gezogenen  Folgerungen  nicht  als  begründet  anerkennen 
kann,  so  mache  ich  doch  in  Anbetracht  der  hohen  Wichtigkeit  der  Sache  das 
K.  Prov.Sch.G.  wiederholt  auf  die  angeführten  Erlasse  aufmerksam  und  ordne 
zu  deren  Ergänzung  im  Einzelnen  Folgendes  an: 

1.  Die  durch  die  Dienstinstructionen  den  Klassenordinarien  auferlegte 
Verpflichtung,  zu  Anfange  jedes  Semesters  in  Verständigung  mit  den  übrigen 
Lehrern  der  Klasse  das  Maus  der  für  jeden  Lehrgegenstand  zu  erfordernden 
häuslichen  Beschäftigung  festzusetzen  und  die  angemessene  Verteilung  auf  die 
einzelnen  Tage  zu  treffen,  wird  manchmal  in  dem  Zutrauen  zu  einer  schon  con- 
solidirten  Gewohnheit  verabsäumt.  Um  dies  zu  vermeiden,  ist  in  das  Proto- 
koll der  ersten  Conferenz  des  Semesters  die  Erklärung  der  einzelnen 
Klassenordinarien  aufzunehmen,  ob  und  mit  welchem  Erfolge  der  Verständigung 
die  erforderte  Festsetzung  über  das  Mafs  der  häuslichen  Arbeiten  ausgeführt 
ist,  und  es  ist  ferner  über  Klagen  wegen  Ueberbürdung,  auch  wenn  dieselben 
unmittelbar  durch  den  betreffenden  Lehrer,  den  Ordinarius  oder  den  Director 
erledigt  worden  sind,  eine  Notiz  in  das  Protokoll  der  nächsten  Conferenz  auf- 
zunehmen. Die  Departementsräthe  der  K.  Prov.SchuIcoUegien  werden  bei  Be- 
visionen  und  bei  ihrer  Anwesenheit  zur  Abiturientenprü^g  der  Ausführung 
dieser  Anordnung  ihre  Aufmerksamkeit  zuwenden  und  dadurch  zugleich  Anlafs 
haben,  den  Gegenstand  selbst  zur  Sprache  und  Erörterung  zu  bringen. 

2.  Für  schriftliche  Hausarbeiten  der  Schüler  gilt  der  didaktisch 
nothwendige  Grundsatz,  dals  nur  solche  aufgegeben  werden  dürfen,  die  von  dem 
aufgebenden  Lehrer,  selbstverständlich  auTserhalb  der  Lectionszeit,  corrigirt 
werden.  Hausarbeiten  als  Strafe  sind  nur  in  den  Fällen  au&ugeben,  wo 
die  Natur  des  zu  bestrafenden  Fehlers  es  veranlafst,  aber  nicht  als  das  be- 
quemste Strafmittel  anzuwenden.  Die  Directoren  sind  für  die  Einhaltung  dieser 
Grundsätze  verantwortlich. 

3.  Die  Directoren  haben  darauf  zu  achten,  ob  in  einzelnen  Klassen  das 
Zurückbleiben  der  Schüler  über  die  normale  Zeit  hinaus  einen  höheren  Procent- 
satz erreicht  oder  zu  erreichen  pflegt,  als  dies  durch  die  natürlichen  Unter- 
schiede der  Begabung  und  des  Fleifses  bedingt  ist,  und  vorkommenden  Falles 
in  einer  Speciidconferenz  mit  den  Lehrern  der  betr.  Klasse  zu  untersuchen«  ob 
zu  hohe  Anspräche  eines  Lehrers  oder  der  Lehreinrichtong  selbst  diesen  sehr 
beachtenswerthen  Uebelstand  veranlassen. 

4.  Die  K.  Prov.SchuIcoUegien  woUen  die  Directoren  aUer  höheren  Schulen 


257 

ihrer  Provinz  auffordern,  an   den  Schlnfs  der  Schalnachrichten  des  nächsten 
Prog^ramms  eine  Bemerknng  folgenden  Inhalts  zn  setzen: 

„Die  Schule  ist  darauf  bedacht,  dnrch  die  den  Schülern  aufgegebene 
liänsliche  Beschäftigong  den  Erfolg  des  Unterrichts  zn  sichern  and  die  Schülor 
zu  selbständiger  Thät^keit  anzuleiten,  aber  nicht  einen  der  körperlichen  und 
geistigen  Entwickelang  nachteiligen  Anspruch  an  die  Zeitdauer  der  häuslichen 
Arbeit  der  Schuler  zu  machen.  In  beiden  Hinsichten  hat  die  Schule  auf  die 
Unterstützung  des  elterlichen  Hauses  zu  rechnen.  Es  ist  die  Pflicht  der 
Eltern  und  deren  Stellvertreter,  auf  den  regelmäfsigen  häuslichen  Fleifii  und 
die  verständige  Zeiteinteilung  ihrer  Kinder  selbst  zu  halten;  aber  es  ist  eben 
so  sehr  ihre  Pflicht,  wenn  die  Forderungen  der  Schule  das  zuträgliche  Mafk 
der  häuslichen  Arbeitszeit  ihnen  zu  überschreiten  scheinen,  davon  Kenntnis  zu 
geben.  Die  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  werden  aus^cklich  ersucht,  in 
solchen  Fällen  dem  Director  oder  dem  Klassenordinarius  persönlich  oder 
schriftlich  Mitteilung  zu  machen,  und  wollen  überzeugt  sein,  dafs  eine  solche 
Mitteilung  dem  betr.  Schüler  in  keiner  Weise  zum  Nachteile  gereicht,  sondern 
nur  zu  eingehender  und  unbefangener  Untersuchung  der  Sache  führt.  Anonyme 
Zuschriften,  die  in  solchen  Fällen  gelegentlich  vorkommen,  erschweren  die  ge- 
naue Prüfung  des  Sachverhalts  und  machen,  wie  sie  der  Ausdruck  mangelnden 
Vertrauens  sind,  die  fär  die  Schule  unerläßliche  Verständigung  mit  dem  elter- 
lichen Hause  unmöglich.^ 

Schliefslich  veranlasse  ich  das  K.  Prov.  Seh.  C,  in  dem  Verwaltungs- 
berichte, der  am  Schlüsse  des  Jahres  1S76  über  die  Gymnasien  far  die  Jahre 
1874 — 76  einzureichen  ist,  und  ebenso  später  seiner  Zeit  in  Betreff  der  Beal- 
und  höheren  Bürgerschulen,  der  Frage  über  das  richtige  Mafs  der  häuslichen 
Beschäftigung  der  Schüler  Seine  besondere  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.'' 

Der  Minister  etc.  Falk. 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Seh.  C.  zu  Koblenz  v.  35.  Oct.  1875.  „In- 
•dem  wir  den  Leitern  der  uns  unterstellten  höh.  Lehranstalten  die  strengste 
Nachachtung  des  vorstehenden  Bescriptes  des  Herrn  Ministers  der  geistl.  Ang. 
zur  Pflicht  machen,  finden  wir  uns  noch  zu  folgenden  Bemerkungen  veranlafst 

Den  Directoren  (Bectoren)  und  den  Klassenordinarien  liegt  die  Controle 
darüber  ob,  dafs  die  von  dem  Herrn  Minister  unter  1.  in  Erinnerung  gebrachten 
Einrichtungen  nicht  blofs  im  Anfange  jedes  Semesters  getroffen,  sondern  auch 
ununterbrochen  aufrecht  erhalten  werden.  Zu  diesem  Zwecke  empfiehlt  es  sich, 
wie  an  nicht  wenigen  Anstalten  unseres  Bessorts  bereits  geschieht,  dieKlassen- 
bücher,  deren  Bestimmung  es  überhaupt  ist,  ein  Beferat  über  Leben  und 
Wirken  der  Schule  in  knappester  Form  darzustellen,  zugleich  als  Aufgaben- 
bücher dienen  zu  lassen.  Werden  hierbei  die  Aufgaben  unter  dem  Datum,  für 
welches  sie  gestellt  sind,  notirt,  so  wird  damit  ein  bequemer  Ueberblick  über 
-die  von  den  Schülern  geforderte  häusliche  Arbeit  gewonnen.  Falls  ein  solcher 
ein  unbegründetes  Abgehen  von  der  festgesetzten  Ordnung  oder  eine  unan- 
gemessene Steigerung  der  Forderungen  ergäbe,  würden  die  Ordinarien  und  eveni 
die  Directoren  (Bectoren)  auf  die  nöthige  Bemedur  hinzuwirken  haben. 

Wenn  in  den  Klassenbüchern,  wie  die  Strafen  überhaupt,,  auch  die  so- 
genannten häuslichen  Strafarbeiten  notirt  werden,  dürfte  es  nicht  schwierig 
sein,  der  hier  und  da  auch  in  unserm  Verwaltungsbezirke  bemerkten  unpäda- 
gogischen Anwendung  dieses  Strafinittels  zu  steuern.. 

In  nicht  wenigen  Fällen  haben  unsere  Departementsräthe  bereits  darauf 
hingewiesen,  dafs  in  dem  fremdsprachlichen  Unterrichte  der  unteren  und  mitt- 
leren Klassen  vielfach  eine  unangemessene  Zahl  von  sogenannten  Pensen  (Exer^ 
eitien)  und  eine  viel  zu  geringe  Zahl  von  Klassenarbeiten  (Extemporalien)  zur 
€orreetur  geht    Erlifthrungsmä&g  werden  aber  die  Pensen  auf  den  gedachten 

Wleie,  Yexoxdnnngtn.  17 


858 

Stafen  von  einem  grofsen  Teile  der  Schüler  nn&elbstftndig  absolyirt  nnd  ver- 
fehlen dann  unter  lästiger  Vermehrung  des  Schreibwesens  ihren  Zweck.  Eine 
Verminderang  des  Schreibwesens  wird  bei  gebührender  Betonung  des  Extempo- 
rales erzielt  werden  können.  Allerdings  werden  hiermit  die  Ansprüche  an  den 
von  den  Lehrern  aofserhalb  der  Lectionszeit  .auf  die  Gorrectnren  zu  verwenden- 
den Fleifs  gesteigert;  doch  erweckt  dieser  Umstand  mit  Bücksicht  auf  den  Eifer 
und  die  Gesinnung  unseres  höheren  Lehrstandes,  wie  auf  seine  materiell  ge- 
hobene Lage  zur  Zeit  kein  Bedenken. 

Ueberhaupt  wird  die  Erreichung  des  von  dem  vorstehenden  Ministeriai- 
Bescripte  gesteckten  Zieles  in  der  Hauptsache  von  einer  Steigerung  des  Eleilses 
und  der  Kunst  in  der  Didaxis  unserer  Schiüen  abhängen.  So  rührt  z.  B.  nach 
unseren  Wahrnehmungen  die  beklagte  üeberbürdung  unserer  Schüler  bis  zur 
obersten  Klasse  hinanif  vielfach  von  einer  die  Kraft  der  Schüler  überschätzen- 
den Behandlung  der  fremdsprachlichen  Leetüre  her.  Es  ist  der  Grundsatz,  dais 
die  Aufgabe  der  Präparationen  auf  einen  bestimmten  Abschnitt  fremdsprach- 
licher Leetüre,  mit  nur  wenigen  Ausnahmefällen,  von  dem  Lehrer  in  einem  be- 
stimmten Teile  der  Lehrstunde  so  gut  wie  jede  andere  Schulaufgabe  gehörig 
vorbereitet  werden  mufs,  noch  keineswegs  allgemein  anerkannt.  Die  gründliche 
Anwendung  desselben  aber  wird  die  Schüler,  namentlich,  wenn  es  sich  um  ihre 
Einführung  in  die  Leetüre  von  ihnen  noch  nicht  gelesener  Schriftwerke  oder 
Schriftsteller  handelt,  voraussichtlich  befähigen,  die  ihnen  von  Stunde  zu  Stunde 
gestellten  Aufgaben  in  viel  kürzerer  Zeit,  als  jetzt  oft  der  Fall,  und  zugleich 
mit  gröfserem  Erfolg  und  Nutzen  zu  bewältigen. 

Schlie&lich  veranlassen  wir  die  Directoren  (Bectoren),  in  dem  nächsten 
Verwaltungsberichte  der  Frage  über  das  richtige  Mafs  der  häuslichen  Beschäf- 
tigung der  Schüler  Ihre  besondere  Aufrnerksamkeit  zuzuwenden." 

Min.Verf.  V.  23.  Nov.  1875.  ,Jndem  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  die  Be- 
schwerdeschrift des  etc.  N.  beifolgend  zur  Aeufserung  zugehen  lasse,  füge  ich 
folgende  Bemerkungen  bei. 

Dafs  in  Obersecunda  und  Prima  alle  4  Wochen  ein  deutscher  Au&atz, 
in  Prima  alle  4  Wochen  ein  lateinischer  Aufsatz  gearbeitet  werde,  ist  nicht 
durch  ministerielle  Verordnung  vorgezeichnet,  sondern  in  der  Sammlung  der 
Verordnungen  etc.  von  Wiese  1.  Aufl.  L  172.,  2.  Aufl.  I.  130.  als  der  durch- 
schnittliche Brauch  bezeichnet  Bei  Einhaltung  dieses  Brauches  ergeben  sich 
übrigens  thatsächlich  für  das  Jahr  nicht  zwölf  Au&ätze  der  einen  und  der 
anderen  Sprache,  wie  der  Beschwerdefahrer  rechnet,  sondern  nur  durchschnitt- 
lich zehn. 

Dieses  aus  der  Schulpraxis  selbst  hervorgegangene  Mafe  scheint  mir 
weder  nach  der  Natur  der  Sache  erheblich  gemindert  werden  zu  können,  noch 
eine  Üeberbürdung  zu  enthalten,  sofern  in  der  Stellung  der  Aufgaben  die  wieder- 
holt und  nachdrücklichst  eingeschärften  Gesichtspunkte  wirklich  eingehalten 
werden.  Es  ist  möglich,  dafs  vielmehr  in  der  Art  der  Aufgaben  als  in 
ihrer  Anzahl  ein  thatsächlicher  Anlafs  zu  den  in  der  beiliegenden  Schrift  aus- 
gesprochenen Klagen  gegeben  ist.  Hierüber,  so  wie  über  etwaige  Unbilligkeit 
in  dem  Mafse  der  Ferienbeschäftigung,  f<A'dere  ich  das  K.  Prov.  Seh.  C. 
auf,  die  Beobachtungen  aus  Seinem  Geschäftsbereiche  zu  meiner  Kenntnis  zu 
bringen."        Falk. 

C.Verfc  V.  10.  Nov.  1884  (I  s.p.  243 ff.)  ü.  „Der  Versuch,  die  Zeit- 
dauer der  häuslichen  Arbeit  festzustellen,  welche  auf  den  einzelnen  Klassen 
und  Altersstufen  zur  Erreichung  der  Unterrichtsziele  erforderlich  und  von  der 
Gefahr  einer  Üeberbürdung  frei  ist,  läfst  sich,  wie  in  mehreren  Berichten  zu- 
treffend bemerkt  wird,  nicht  aus  dem  Zusammenhange  mit  den  Fragen  über 


259 

das  gesamte  Unterrichtsverfahren  lösen,  nnd  bindende  Bestimmimgen  über  das 
einzuhaltende  Zeitmafs  würden  erfolglos  sein  and  könnten  sogar  nachteilig 
werden,  sofern  die  über  das  Unterrichtsverfahren  dabei  za  machenden  Voraus- 
setzongen  nicht  thatsächlich  erfoUt  sind. 

Die  in  der  Erörtemng  der  Ueberbürdnngsfrage  zuweilen  vernommene 
weitest  gehende  Forderung,  dafs  die  Schale  durch  ihre  Lehrstanden,  vielleicht 
unter  Hinzunahme  einer  von  ihr  beaufisichtigten  gemeinsamen  Arbeitszeit,  die 
Unterrichtsau^abe  ausschliefslich  selbst  zu  erfüllen  habe,  ohne  an  die  häusliche 
Beschäftigung  der  Schüler  irgend  einen  Ansprach  zu  stellen,  hat  in  den  Kreisen, 
welche  ausführend  oder  beobachtend  an  dem  Unterricht  der  höh.  Schulen  be- 
teiligt sind,  keinen  Anklang,  nicht  einmal  Erw&hnung  gefunden.  Oewifs  mit 
Bechi  Es  ist  für  die  Charäterbildung  nicht  gleichgiltig,  dafs  der  Sdiüler  auch 
auTserhalb  der  Bäume  der  Schule  einer  Verpflichtung  gegen  dieselbe  sich  be- 
wufst bleibe;  for  die  vollständige  Aneignung  des  durch  die  Lehrstunden  gebotenen 
Lernstoffes  bildet  in  den  unteren  Klassen  die  Beschäftigung  auTserhalb  der 
Lectionen  die  sichernde  Ergänzung,  in  den  mittleren  und  oberen  Klassen  hat 
dieselbe  den  Anfang  selbständigen  Arbeitens  herbeizufuhren,  zu  welchem  Be- 
fähigung und  Neigung  geschaffen  zu  haben  die  wichtigste  Mitgift  der  Schule 
für  das  Leben  ist.  Es  ist  jedenfalls  von  einer  nicht  zu  unterschätzenden  Be- 
deutung, dafs  die  Wiss.  Deputation  für  das  Medicinalwesen,  indem  es  ihr  oblag, 
den  Einrichtongen  der  Schule  gegenüber  die  Forderungen  der  Gesundheitspflege 
geltend  zu  machen  und  jede  GefeJir  der  Ueberbürdung  abzuwehren,  die  häusliche 
Arbeit  der  Schüler  als  ein  nothwendiges  und  wesentliches  Glied  in  dem  Organis- 
mus der  höh.  Schulen  anerkannt  hat. 

Bedrückend  und  überbürdend  wirken  die  Aufgaben  for  häusliche  Be- 
schäftigung nicht  ausschliefslich,  wohl  nicht  einmal  hauptsächlich  durch  die 
Zeitdauer,  welche  sie  in  Anspruch  nehmen.  Bei  einer  Arbeit,  welche  mit  Interesse 
an  der  Sache  begonnen,  mit  dem  Bewofstsein  der  eigenen  Kraft  und  mit  steigen- 
der Sicherheit  ausgeführt  wird,  macht  die  Zeitdauer  sich  wenig  bemerküch, 
vielleicht  weniger,  als  die  Bücksicht  auf  die  körperliche  Entwickelxmg  und  die 
geistige  Erholung  unbedingt  erfordert;  wird  dagegen  eine  Arbeit  mit  Gleich- 
giltigkeit  unternommen,  im  vergeblichen  Bingen  mit  unbesiegbaren  Hindernissen 
nnd  mit  dem  Gefahle  des  Mifslingens  fortgesetzt,  so  wird  selbst  eine  mäfsige 
Zeitdauer  zu  einer  drückenden,  abspannenden  Last.  Der  entschiedenste  Schutz 
gegen  eine  Belastung  der  Schüler  durch  die  Ansprüche  an  ihre  häusliche  Arbeit 
Uegi  daher  zunächst  darin,  dafs  durch  den  Unterricht  das  Lateresse  an  der 
Sache  geweckt  und  die  häusliche  Arbeit  vorbereitet  sei.  Es  wird  als  zweifellose 
Forderung  an  das  Unterrichtsverfahren  anerkannt,  dafe  beispielsweise  im  sprach- 
lichen Unterricht  die  Einprägung  der  Formen  und  des  Wortschatzes  einer  zu 
erlernenden  fremden  Sprache  im  Wesentlichen  durch  die  Lehrstunden  selbst 
herbeizuführen  ist  und  der  häuslichen  Beschäftigung  nur  der  Abschlnfs  der 
sicheren  Aneignung  zuzufallen  hat;  dafs  zur  Fräparation  auf  die  fremdsprach- 
liche Leetüre,  wo  sie  zuerst  eintritt,  bestimmte  Anleitung  zu  geben  ist;  dafs  die 
häuslichen  Aufgaben  zu  schriftlicher  Uebersetzung  in  eine  fremde  Sprache  durch 
die  mündlichen  Uebungen  in  den  Lectionen  vollständig  vorbereitet  sein  müssen; 
ebenso  ist  auf  dem  mathematischen  Gebiete  zu  verlangen,  dafs  die  zu  häuslicher 
Bearbeitung  gestellten  Aufgaben,  durch  die  Lehrstunden  vollständig  vorbereitet, 
in  keiner  Weise  das  durch  den  Unterricht  entwickelte  Können  der  Schüler  über- 
schreiten; überhaupt  ist  zu  erfordern,  dafb  die  häusliche  Beschäftigung  der 
Schüler  in  keinem  Falle  als  Ersatz  dessen  benutzt  werden  darf,  was  die  Lehr- 
stunden bieten  können  und  sollen,  sondern  als  Fortsetzung  und  ergänzender 
Abschlufs  des  Erfolges  der  Lehrstunden.  Aus  den  Berichten  der  K.  Prov.Schul- 
collegien  habe  ich  gern  ersehen,  dafs  diese  Grundsätze  in  stetiger  Zunahme 


260 

zur  Ansfohrang  gelangen,  wenn  anch  die  Erfnllnng  der  dadurch  an  die  Lehrer 
gesteUten  hohen  Anfgabe  durch  die  übermäfsige  Freqnenz  vieler  Klassen  erheb- 
lich erschwert  wird  und  der  Unterschied  in  der  didaktischen  Begabung  nnd  üebnng 
der  Lehrer  ein  ungleiches  Mafs  des  Oelingens  bedingt  Nächst  der  Vorbe- 
reitung der  häuslichen  Beschäftigung  durch  die  Lehrstunden  trägt  die  nach- 
folgende Beurteilung  ihres  Erfolges  wesentlich  dazu  bei,  den  Schülern  die  häus- 
liche Arbeit  zu  erleichtem,  oder  zu  erschweren  und  zu  verleiden.  Vor  einem 
verschwenderischen  Lobe  dieses  Erfolges  zu  warnen,  welches  die  Schüler  er- 
schlafft oder  selbst  zum  Spotte  reizt,  liegt  erfahrungsmäfsig  kein  Anlafs  vor; 
dagegen  ist  wiederholt  beobachtet  worden,  dafs  an  manchen  Lehranstalten  selbst 
der  gewissenhafte  und  des  Erfolges  nicht  entbehrende  Fleifs  eine  Anerkennung 
nicht  zu  erringen  veimag.  Ich  setze  mit  Zuversicht  voraus,  dafs  dieses  Ver- 
fsJiren  in  der  Beurteilung  nicht  aus  einem  Mangel  jener  wohlwollenden  Hin- 
gebung an  die  geistige  Entwickelung  der  Jugend  hervorgeht,  welche  allen  er- 
ziehenden Unterricht  zu  beseelen  hat,  sondern  aus  dem  ern(stlichen  Interesse 
an  der  Tüchtigkeit  der  Leistungen;  aber  es  darf  nicht  übersehen  werden,  dafs 
eine  solche  Schroffheit  der  Beurteilung  gerade  die  strebsamsten  Schüler  abstOfst 
und  ihnen  selbst  eine  an  sich  nicht  übermäfsige  Aufgabe  far  häusliche  Thätig- 
keit  durch  die  Erwartung  des  Mifslingens  zur  drückenden  Last  macht 

Wenn  durch  ein  richtiges  Verfahren  im  Unterrichte  erreicht  ist,  daf^  die 
den  Schülern  zur  häuslichen  Beschäftigung  gestellten  Aufgaben  dem  durch  die 
Lehrstunden  entwickelten  Vermögen  derselben  entsprechen,  so  bleibt  nichts- 
destoweniger dafar  zu  sorgen,  dafs  sowohl  die  Gesamtdauer  der  for  die  häus- 
liche Arbeit  in  Anspruch  genommenen  Zeit  das  für  die  betreffende  Alters-  und 
Klassenstufe  zulässige  Mafs  nicht  überschreite,  als  auch  eine  gleichmäfsige 
Verteilung  der  Arbeit  auf  die  einzelnen  Tage  erfolge;  selbst  Arbeiten,  für  welche 
die  betr.  Lehrer  ein  so  lebhaftes  Interesse  zu  wecken  verstehen,  dafs  gegen 
ihren  Umfang  Beschwerden  nicht  erhoben  werden,  können,  zumal  im  Zusammen- 
hange mit  den  übrigen  an  dieselben  Schüler  gestellten  Ansprüchen  zu  einem 
Unrechte  werden.  Bei  der  Feststellung  der  Arbeitspläne  für  Jede  einzelne  Klasse, 
welche  in  Folge  der  Bestimmung  in  der  diesseitigen  G.Veif.  v.  14.  Oct  1875 
Nr.  1  (s.  p.  2563  am  Beginne  eines  jeden  Semesters  durch  eingehende  Berathung  der 
Klassenlehrer  unter  Mitwirkung  des  Directors  auszufahren  ist,  mufs  dieser  Ge- 
sichtspunkt auf  das  strengste  eingehalten  werden.  Auch  mufs  durch  die  in 
dieser  Verfügung  unter  Nr.  1  vorgeschriebene  angemessene  Verteilung  der  häus- 
lichen Beschäftigung  auf  die  einzelnen  Tage,  worauf  ausdrücklich  hinzuweisen 
ich  Anlafis  nehme,  verhütet  werden,  dafs  nicht  für  solche  Tage,  welche  mit  einer 
gröfseren  Zahl  von  Lehrstunden  besetzt  sind,  eine  erhebliche  Zeit  der  häus- 
fichen  Beschäftigung  erfordert  werde.  Aus  den  Berichten  der  Frov.  Schulcollegien 
ersehe  ich,  dafs  dieselben  auf  die  ernstliche  Durchführung  der  angezogenen 
Bestimmung  Bedacht  nehmen.  Allerdings  ist  es,  wie  in  mehreren  Berichten 
hervorgehoben  wird,  schwierig,  für  eine  bestimmte  Aufgabe  zu  häuslicher  Be- 
schäftigung genau  zu  ermessen,  welche  Zeitdauer  der  Arbeit  sie  von  einem  Schüler 
mittlerer  Begabung  unter  normalen  Verhältnissen  der  Schule  und  des  Hauses 
erfordere;  aber  es  wird  andererseits  anerkannt  und  ist  nicht  in  Zweifel  zu  ziehen, 
dafs  es  der  unbefangenen  Aufmerksamkeit  des  gesamten  LehrercoUegiums  durch- 
aus erreichbar  ist,  aus  einer  Gombination  mannigfacher  Beobachtungen  zu  ersehen, 
wie  viel  Zeit  durchschnittlich  fleifsige  Schüler  mittlerer  Begabung,  welche  voll- 
kommen auf  dem  Standpunkte  ihrer  Klasse  stehen,  auf  die  einzelnen  häuslichen 
Aufgaben,  wie  viel  sie  auf  die  gesamten  Aufgaben  im  Durchschnitte  thatsächlich 
verwenden,  und  diese  Beobachtung  bildet  eine  hinlänglich  sichere  Grundlage 
für  die  Feststellung  des  Arbeitsplanes  oder  für  eine  Aenderung,  sobald  sich 
zeigt,  dafs  die  Feststellung  nicht  entsprechend  getroffen  war. 


261 

Für  die  Grenze  der  Zeitdaner  aber,  über  welche  hinans  die  Schüler  auf 
den  eilizelnen  Stufen  nicht  dürfen  in  Ansprach  genommen  werden,  haben  die 
LehrercoUegien  die  von  der  Wies.  Deputation  fär  das  Medicinalwesen  in  dieser 
Hinsicht  abgegebenen  Erldärangen  als  mafsgebend  zn  betrachten.  Die  Wiss. 
Deputation  hat  hierbei,  entsprechend  dem  von  ihr  einzuhaltenden  medicinischen 
Gesichtspunkte,  die  auf  die  Lectionen  und  die  auf  die  häusliche  Beschäftigung 
seitens  der  Schüler  zu  verwendende  Zeit  zusammeng^fafst  und,  abgesehen  von 
den  YoTBchulklassen,  far  die  unterste  Stufe  der  höheren  Schulen  6  Stunden, 
für  die  obersten  8  Stunden  als  das  Maximum  der  Zeitdauer  bezeichnet,  bis  zu 
welcher  die  Schüler  durch  Lectionen  und  durch  häusliche  Beschäftigang  zu- 
sammen in  Anspruch  genommen  werden  dürfen.  Für  die  Praxis  der  Schulen 
ist  es  erforderlich,  aus  dieser  Erklärung  das  MaTs  fär  die  Zeitdauer  der  häus- 
lichen Beschäftigung  herauszuheben.  Die  von  den  meisten  E.  Prov.Schulcollegien 
empfohlene  Bestimmung,  dab  unter  yollständiger  Freilassung  der  Sonn-  und 
Feiertage  die  häusliche  Beschäftigung  der  Schüler  auf  der  untersten  Stufe  sich 
auf  durchschnittUch  1  Stunde  täglich  zu  beschränken  und  auf  der  obersten 
durchschnittlich  3  Stunden  täglich  nicht  zu  überschreiten  habe,  ist  als  über* 
einstimmend  mit  der  in  anderer  Form  gegebenen  Erklärung  der  Wiss.  Deputation 
anzaerkennen;  denn  wenn  in  der  obersten  Klasse  zu  den  30  obligatorischen 
Lehrstanden  auch  4,  in  einzelnen  FWen  selbst  6  Stunden  facultativen  Unter- 
richts hinzutreten,  so  können  doch,  da  es  sich  einmal  um  Zahlen  handelt,  die 
zwischen  die  Lectionen  fallenden  Erholungspausen,  welche  nach  den  unter 
Nr.  I  (s.  p.  244)  enthaltenen  Bestimmungen  sich  auf  4 — 4^2  Stunden  wöchent- 
lich belaufen,  selbstverständlich  nicht  in  die  Arbeitszeit  eingerechnet  werden. 
Wenn  für  das  Steigern  der  zulässigen  Zeitdauer  dw  täglichen  häuslichen  Arbeit 
folgende  Stufenfolge  angenoiAmen  wird:  VI.  1  St,  Y.  IV,  Si,  IV.,  HI b.  2  St, 
nia.,  üb.  2V)  St.,  Ha.,  L  3  St.,  so  wird  dadurch  nicht  blofs  der  allmählichen 
Zunahme  der  geistigen  Eraft  und  der  Arbeitsfähigkeit  der  Schüler,  sondern  auch 
den  in  den  Lehrplänen  der  Schulen  enthaltenen  Forderungen  Bechnung  getragen. 

Dieses  Mals  der  Ansprüche  an  die  häusliche  Beschäftigung  der  Schüler 
würden  die  höh.  Schulen  auch  in  dem  Falle  einzuhalten  haben,  wenn  sich 
daraus  ergäbe,  dafs  in  dem  einen  oder  anderen  Gegenstande  der  üm&ng  des 
Lehrstoffes  beschränkt,  die  Höhe  des  Lehrzieles  herabgesetzt  werden  müsse. 
Aber  mit  Bücksicht  auf  die  eingehende  Erwägung,  welche  von  dem  beaufsich- 
tigenden und  den  ausführenden  Organen  des  Unterrichts  der  Frage  gewidmet 
ifl^  darf  ich  der  yon  mehreren  Seiten  nachdrücklich  betonten  Erklärung  Ver- 
trauen schenken,  dafs  in  den  durch  die  gegenwärtige  Organisation  der  höheren 
Schulen  bestimmten  Lehrzielen  ein  Anla&  zur  Ueberbürdung  nicht  liegt  luid 
dafSy  sofern  die  Lehrstunden  in  der  oben  angedeuteten  Sichtung  ihrer  Aufgabe 
entsprechen,  das  als  äufserste  Grenze  der  Ansprüche  an  die  häusliche  Arbeit 
der  Schüler  bezeichnete  Mafs  zu  sicherer  Erreichung  der  Lehrziele  far  Schüler 
mittlerer  Begabung  ausreicht. 

Eine  Bestimmung  über  das  MaTs  der  fOr  die  häusliche  Beschäftigung 
der  Schüler  seitens  der  Schule  zu  beanspruchenden  Zeitdauer  läfst  sich  nicht 
mit  der  gleichen  Präcision  treffen,  noch  weniger  mit  der  gleichen  Sicherheit 
durchführen,  wie  etwa  die  Feststellung  der  den  einzelnen  Gegenständen  zu 
widmenden  Lectionenzahl.  Die  Zeit,  welche  eine  einzelne  Aufgabe  von  einem 
Schüler  mittierer  Begabung  erfordert  ist  nicht  an  sich  zu  bestimmen,  sondern 
ist  bedingt  durch  Htm  Vorbereitung  in  den  Lectionen,  und  die  Thatsache,  dafs 
ein  Schüler«  welcher  diese  Vorbereitung  an  sich  hat  vorübergehen  lassen  oder 
der  bei  der  Aufgabe  sitzt  ohne  ihr  die  volle  Aufinerksamkeit  zuzuwenden, 
eine  unzulässige  Zeitdauer  aufvf endet  kann  noch  nicht  die  ünzweckmäfsigkeit 
der  Aufgabe  beweisen.  Nidit  jede  Mitteilung  yon  Eltern  über  ungebührliche 
Dauer  der  häuslichen  Beschäftigung  ihrer  Söhne  führt  zu  der  Ermittelung  einer 


26d 

wirklieben  üeberscbreitong  in  den  Ansprficben,  und  andererseits  darf  das  Aus- 
bleiben solcher  Hitieilnngen  nicht  als  ein  nnbedingt  sicheres  Zeichen  ftSbr  das 
Einhalten  des  richtigen  Mafses  betrachtet  werden;  denn  anfser  der,  wie  ich 
Yoranssetze,  unbegründeten  Besorgnis  mancher  Eltern  wegen  nachteiliger  Folgen 
solcher  Mitteilungen  lassen  sich  andere  durch  schätzenswerthe  Motive  zu  einer 
im  Interesse  der  Schale  wie  ihrer  Söhne  nicht  erwünschten  Resignation  bestimmen. 
Ungeachtet  dieser  nicht  zn  verkennenden  und  nicht  zn  verschweigenden  Schwierig- 
keit einer  alle  Einzelheiten  erschöpfenden  Controle  vertraue  ich  daranf,  dafe  dSe 
ausdrückliche  Bezeichnung  der  in  den  hänslichen  Aufgaben  für  die  Schüler 
einzuhaltenden  Grenzen  des  mafsgebenden  Einflusses  auf  das  thatsächliche  Ver- 
fahren der  Schulen  nicht  entbehren  wird.  In  den  LehrercoUegien  der  höheren 
Schulen  wird,  wie  die  neuerdings  in  Directorenconferenzen  und  in  Fachzeit- 
schriften ausgeführten  Erörterungen  zeigen,  von  den  zum  Teil  tendenziösen 
Üebertreibungen  in  der  Ueberbürdungsfrage,  welche  die  Thätigkeit  der  Schule 
zu  lähmen  geeignet  sind,  der  echte  Eem  der  Frage  wohl  unterschieden,  und  sie 
erachten  es  für  ihre  Aufgabe,  selbst  unter  den  schwierigen  Verhältnissen  des 
Zudranges  zu  den  höh.  Schulen  durch  die  Höhe  der  eigenen  Leistung  und  durch 
Einhaltung  des  richtigen  Mafses  in  den  Ansprächen  an  die  Schüler  die  gesunde 
geistige  und  körperliche  Entvnckelung  derselben  zu  fördern.  Die  auf  solcher 
Üeberzeugung  beruhende  eingehende  und  einmüthige  Erwägung  der  Sache  in  den 
LehrercoUegien  wird,  so  hoffe  ich,  den  Erfolg  haben,  dafs  die  Thätigkeit  der 
Schule  den  berechtigten  Forderungen  der  Gesundheitspflege  entspreche  und  dafs 
das  richtige  Yerhältois  zwischen  der  Schule  und  dem  Elternhause  allgemein 
hergestellt  werde.  Die  Departementsräthe  der  E.  Prov.  SchulcoUegien  haben 
schon  bisher  bei  ihrer  Inspection  der  höh.  Schulen  dem  Mafse  der  häuslichen 
Beschäftigung  der  Schüler  ihre  Aufmerksamkeit  gewidmet;  in  den  nächsten 
Yerwaltungsberichten  will  ich  bestimmten  Angaben  über  die  in  dieser  Hinsicht 
gemachten  Beobachtungen  entgegensehen.'*     Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Privatstudien« 

Die  nachstehende  Giro.  Yerfügimg,  wodurch  im  J.  1825  für  die  Gymnasien 
neben  der  Elassenlectüre  alter  Autoren  eine  dieselbe  ergänzende  Privatlectüre 
angeordnet  wurde,  ist  nicht  mehr  als  allgemein  verpflichtend  anzusehen.  VgL  G. 
Verf.  V.  24.  Oct.  1837,  p.  59:  dafs  die  Privatlectüre  in  keinerlei  Art  erzwungen 
werden  darf.  Die  Anordnung  vom  J.  1825  wird  jedoch  nach  ihrem  Grundgedanken, 
dafs  in  den  oberen  Kl  vor  Allem  die  Selbstthätigkeit  der  Schüler  für  die  Ghrmnasial- 
Studien  in  Anspruch  zu  nehmen,  in  den  meisten  Anstalten  befolg^.  In  manchen 
werden  auch  bei  den  Abiturientenprüfungen  nicht  selten  beachtenswerthe  Proben 
von  Privatstudien  der  Schüler  vorgelegt 

G.  Verf.  V.  11.  Apr.  1825:  j,Bei  dem  Gymn.  in  Danzig  findet  die  Einrich- 
tung statt,  dafs  die  Schüler  in  den  3  oberen  Kl.  angehalten  werden,  griech.  und 
lat.  Schriftsteller  für  sich  privatim  nach  einem  festen  Plane  zn  lesen,  und  zwar 
so,  dafs  sich  diese  Privatlectüre  ergänzend  an  den  Gyklus  der  öffentlich  gelesenen 
und  erklärten  Schriftsteiler  anschliefst  und  unter  der  Aufsicht  und  Gontrole  des  jedes- 
maligen Klassenordinarius  steht.  Diese  Einrichtung,  über  welche  die  Anlap^e  a)  das 
Nähere  enthält,  scheint  dem  Min.  aus  mehreren  Gründen  sehr  zweckmäfsig.  Das 
K.  Gonsistorium  wird  daher  aufgefordert,  die  Dir.  und  Lehrer  der  Gymn.  Seines  Be- 
zirks damit  bekannt  zu  machen  und  sie  anzuweisen,  hinsichtlich  der  Privatlectüre 
ihrer  Schüler  in  den  2  oder  3  oberen  Kl.  eine  ähnliche  Einrichtung  zu  treffen  und 
das  Angeordnete  durch  das  lüUshste  Schulprogramm  zur  offentL  Kenntnis  zu  bringen." 

a)  ^Der  Zweck  der  Privatlectüre  griechischer  und  römischer  Autoren 
ist:  1.  die  Selbstthätigkeit  der  Schüler  zu  wecken,  2.  den  Gyklus  der  öffentL  gelese- 
nen Autoren  dahin  zu  erweitem,  dafs  die  Schüler  bei  ihrem  Abgänge  zur  Univer- 
sität eine  möglichst  umfassende,  jedoch  die  Grenzen  der  Gymnasiiubildung  nicht 
iiberschreitende  Bekanntschaft  mit  den  vorzüglichsten  Erscheinungen  auf  dem  Ge- 
biet der  altclass.  Litteratur  von  dem  Gymn.  mitnehmen« 


363 

Um  den  zoent  «ngeffebenen  Zweck  in  eeinem  gansen  Umfange  zn  erreiohent 
moBsen  die  Ordinarien  der  3  oberen  KL  (denn  nnr  anf  diese  ist  die  Privatleo- 
tore  auszudehnen)  es  rieh  zor  angelegentlichsten  Pflicht  machen,  ihren  Schülern 
eine  gründliche  Anleitung,  wie  sie  ihre  Privatstudien  betreiben  sollen,  zu  erteilen 
und  besonders  dahin  sehen,  dafs  die  Schüler  jede  Schwierigkeit,  deren  Losung  ihre 
Kräfte  übersteigt,  sich  sorgfältig  anmerken  und  Alles,  was  ihnen  entweder  in  sprach- 
licher oder  sachlicher  Hinsicht  als  merkwürdig  auffällt,  in  wohlgeordnete  Adver- 
sarien  eintraffen.  Ueberdies  liegt  dem  Ordinarius  ob,  in  Hl  nach  Verlauf  jede» 
Monats,  in  if  und  I  aber  nach  Verlaof  jedes  Vierteljahrs,  sich  von  dem  Gelesenen 
BechenschafI  geben  zu  lassen  und  die  von  den  Schülern  nicht  gelösten  Schwierig- 
keiten durch  gründliche  Erklärung  zu  beseitigen;  zu  welchem  Geschäft  der  Lehrer 
teils  einige  Stunden  der  dffentL  Leetüre  benutzt,  teils  aber  auch,  was  nament- 
lich bei  zahlreichen  Kl.  nothwendig  ist,  mehrere  aufserordentl.  Stunden  ansetzt. 
Die  Erreichung  des  zweiten  Zwecks  des  Privatstudiums,  Ergänzung  der  offentl. 
Leetüre  und  loweitemng  derselben  bis  zu  dem  bezeichneten  Grade,  wird  lediglich 
durch  die  Wahl  der  öffentl.  zu  lesenden  Autoren  bedingt,  wobei  9her  vor  allen 
Dingen  darauf  zu  achten  ist,  dafs  nicht  zn  viele  Schriftsteller  zu  gleicher  Zeit  in 
einer  Klasse  gelesen  werden.**  — 

Die  Anordnung  derartiger  Privatstudien,  ihre  Ausdehnung,  Leitung,  Gon- 
trole,  wird  den  Lehrercollegien  überlassen.  In  der  Begel  bleiben  sie  auf  I  und  JI  a 
beschränkt.  Dafs  die  Schüler  mehr  oder  weniger  genothigt  werden,  über  ihre 
Privatlectüre  auch  umfangreiche  Adversarien  anzulegen,  kommt  wegen  der  nahe- 
li^renden  Gefahr,  dadurch  einen  mechanischen  und  ScheinflelTs  zu  begünstigen, 
nur  noch  selten  vor. 

Meistenteils  ist  nur  die  altclassische  Litteratur  Gegenstand  einer  ge- 
ordneten Privatlectüre;  bei  mehreren  G^ymnasien  und  Realschulen  ist  diese  jedoch 
neuerdings  auch  auf  die  deutsche  Litteratur  ausgedehnt  worden.  (Vflfl.  den 
Abschn.  über  die  Schülerbibliotheken.)  Dabei  wird  den  Schülern  innerhalb  einer 
bestimmten  vom  Lehrer  des  Deutschen  bezeichneten  Zahl  von  Schriften  die  Wahl 
gelassen.  Nur  wenn  für  ein  Aufsatzthema  die  Bekanntschaft  mit  einer  bestimmten 
Schrift  nothwendig  ist,  wird  die  Leetüre  derselben  angemessene  Zeit  vorher  aus- 
drücklich aufgegeben.  In  solchem  Fall  geschieht  die  Controle  der  Leetüre  bei 
der  vorgängigen  Besprechung  des  Themas.  Gewohnlich  wird  es  aber  den  Schü- 
lern freigestellt,  auf  welche  Weise  sie,  etwa  vierte\jährl.  einmal,  von  ihrer  deut- 
schen Leetüre  Rechenschaft  ablegen  wollen,  durch  schriftliche  Inhaltsangaben, 
Nachweis  der  Disposition,  Auszüge,  Bemerkungen,  memorirte  Stellen  u.  dgl.  m. 

Eingehende  Erörterungen  über  die  ZweckmälÜBigkeit  der  Privatlectüre  auf 
höheren  Schulen  sind  in  den  gedruckten  Protokollen  preufsischer  Directorencon- 
ferenzen  der  letzten  Jahre  enthalten«  Die  ganze  Einrichtung  ist  auf  die  öffentl.' 
Gymnasien  von  den  Alumnaten,  wie  Schulpforte,  her  übertragen  worden,  in  denen 
Privatstudien  der  angedeuteten  Art  seit  alter  Zeit  üblich,  und  dafür  besondere 
Studientage  angesetzt  sind« 

Ans  einer  M  i  n.  V  e  r  f.  v.  15.  F  e  b  r.  1867 :  Dafs  den  Alumnen  Stadientage  zu 
selbstgewählter  Beschäfldgang  frei  gegeben  werden,  hat  sich  in  geschlossenen  Er- 
ziehungsanstalten bewährt.  Dieselbe  Einrichtung  auch  bei  öffentl.  Gymnasien  zu 
treffen,  ist  nicht  ohne  Bedenken.  ,Jch  zweifle  nicht,  dafs  einzelne  Schüler  hin- 
länglichen Trieb  zur  Selbstthätigkeit  haben,  um  von  dieser  Freiheit  den  beabsich- 
tigten Gebrauch  machen  zu  woUen  und  zu  können;  aber  es  werden  ihrer  immer 
nur  wenige  sein,  und  diesen  würde  man  zweckmäßiger  auf  andere  Weise,  z.  B.  durch 
eine  von  Zeit  zu  Zeit  ihnen  gewährte  Dispensation  von  allgm.  Terminarbeiten,  ein 
freieres  Selbststudium  möglich  machen  können.  Da  das  E.  Prov.  Seh«  G.  indessen 
Werth  darauf  legt,  will  ich  diese  Abweichung  von  der  allgm.  Schulordnung  bei 
den  Gymnasien,  wo  sie  jetzt  üblich  ist,  auch  ferner  bis  auf  Weiteres  gestatten, 
in  der  Voraussetzung,  dafs  Dasselbe  die  Einrichtung  wieder  aufheben  wird,  so- 
bald üebelstände  dabei  hervortreten.  —  Bealschulen  sind  für  dgl.  freie  Studien- 
tage noch  weniger  geeignet  als  die  Gymnasien,  und  ich  wünsche,  dafs  sie  bei 
denselben  ferner  nicht  gestattet  werden.'^    Der  Minister  etc. 


364 

5.    Sorge  für  die  Gesundheit  der  Schüler. 

8.  den  Eingang  der  C.  Verf.  y.  24.  Oct  1887:  p.  53. 

C.  Verf.  ▼.  22.  Oct.  1858:  „Unter  den  Schülern  der  höheren  Lehranstalten 
werden  leider  nicht  selten  Enrzsichtigkeit  und  Angenschw&che  wahr- 
genommen. Sind  anch  die  Ursachen  davon  grOfstenteils  aiufoerhalb  der  Schnle 
ZQ  Sachen,  so  hat  sie  doch  die  Pflicht,  anch  ihrerseits  solchen  Xlebelständen  mit 
den  ihr  zn  Gebote  stehenden  Mitteln  zn  wehren  nnd  die  Jngend  anch  in  dieser 
Beziehung  an  das  zu  gewöhnen,  was  heilsam  nnd  schicklich  ist.  Wo  dies  ver- 
sänmt,  nnd  den  Schülern  z.  B.  gestattet  wird,  während  des  Unterrichts  dauernd 
in  gebückter  Haltong  zn  yerhairen,  können  nachteilige  Folgen  für  die  Gesund- 
heit nicht  ausbleiben. 

Indem  ich  die  Aufsichtsbehörden  der  höh.  Schulen  veranlasse,  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  diesem  Gegenstande  von  den  Dir.  und  Lehrern  hinfort 
eine  sorgflütige  Beachtung  gewidmet  werde,  mache  ich  mit  Bezug  auf  den  oben 
erwähnten  ÄEdafs  insbesondere  darauf  aufmerksam,  daOs,  soweit  irgend  möglich, 
alles  das  zu  beseitigen  ist,  wodurch  die  erforderliche  Helligkeit  der  Klassen- 
zimmer beeinträchtigt  wird.  Im  Wintersemester  ist  zu  verhindern,  daib  in  den- 
jenigen Stunden,  wache  kein  volles  Tageslicht  haben,  gelesen  oder  geschrieben 
werde.  Der  Gebrauch  von  Brillen  ist  den  Schülern  zu  widerrathen,  die  Fälle 
ausgenommen,  wo  die  Nothwendigkeit  unzweifelhaft  ist  oder  wo  eine  ärztliche 
Anordnung  vorliegt 

Bei  Anweisung  der  Plätze  wird  in  den  meisten  Fällen  auf  kurzsichtige 
Schüler  geeignete  Bücksicht  genommen  werden  können.  Eine  gerade  Hal- 
tung mufs  den  Schülern  mehr  und  mehr  zur  Gewöhnung  werden,  weshalb  auch 
darauf  zu  sehen  ist»  dafs  sie  sich  beim  Lesen  nicht  dauernd  über  das  auf  dem 
Tische  liegende  Buch  bücken,  sondern  dasselbe  in  die  Hand  nehmen. 

Im  Uebrigen  nehme  ich  auf  dasjenige  Bezug,  was  in  der  0.  Verf.  v. 
20.  Mai  1854  (s.  p.  254  f.)  über  das  in  den  Schreibarbeiten  der  Schüler  einzu- 
haltende Mai]9  angeordnet  ist;  und  erwarte,  dafs  bei  den  Schulrevisionen  die  im 
Torstehenden  gegebene  Anregung  zum  Wohl  der  Jugend  zweckmäDsig  werde 
benutzt  werden." 

C.  Verf.  V.  12.  Nov.  1885.  „Nachdem  von  ärztlicher  Seite  darauf 
hingewiesen  war,  dab  nicht  selten  Schüler  der  höh.  Lehranstalten  durch  Schwer- 
hörigkeit in  ihrer  geistigen  Entwickelung  gehemmt  würden,  habe  ich  für 
erforderlich  erachtet^  zunächst  die  bezüglichen  Thatsachon  im  Allgemeinen 
zu  ermitteln.  Zu  diesem  Behufe  habe  ich  durch  die  unter  dem  3.  Febr.  d«  J. 
an  die  E.  Prov.  SchulcoUegien  gerichtete  C.  Verfügung  sämtliche  höh.  Schulen 
veranlafsti  anzuzeigen,  wie  viel  in  jeder  einzelnen  Klasse  derselben,  bezw.  wie 
viel  in  jeder  Klasse  der  Vorschule,  schwerhörige  Schüler  sich  vorfinden,  und 
wie  viele  .derselben  bereits  bei  ihrer  Aufnahme  in  die  Schule  schwerhörig  waren; 
zu  diesen  Zahlenangaben  sollte  erstens  in  den  der  Schule  bestimmt  bekannt 
gewordenen  Fällen  die  Ursache  der  Schwerhörigkeit  bezeichnet,  zweitens  in  allen 
Fällen  bemerkt  werden,  ob  und  welche  Mittel  seitens  der  Schule  getroffen 
würden,  um  den  schwerhörigen  Schülern  die  Teünahme  an  den  Lehrstunden  zu 
ermöglichen.  Eine  ärztliche  Mitwirkung  zu  dieser  Ermittelung  ist  nicht  für 
erforderlich  erachtet  worden.  Wenn  den  Eltern  die  Schwerhörigkeit  eines  Sohnes, 
den  sie  der  Schule  übergeben,  bekannt  ist»  so  unterlassen  sie  nicht  leicht,  diesen 
Umstand  im  Interesse  ihres  Sohnes  zu  erwähnen;  und  selbst  wenn  dies  unter- 
blieben oder  eine  beginnende  Schwerhörigkeit  im  elterlichen  Hause  noch  unbe- 
kannt geblieben  sein  sollte,  bringt  auch  in  zahlreicheren  Klassen  der  Unterricht 
nnd  der  sonstige  Verkehr  mit  den  Schülern  so  reichlichen  Anlafo  zu  Beobach- 
tungen, dafs  nicht  leicht  ein  erheblicherer  Fall  unbemerkt  bleibt    Es  ist  daher 


266 

mit  Zuversicht  Torausznseteen,  da&  der  Ordinarius  jeder  KL  im  Vereine  mit  den 
übrigen  Lehrern  derselben  El.  in  der  Lage  ist,  die  schwerhörigen  Schüler  der- 
selben zn  bezeichnen.  Welches  Mafs  in  Behinderang  -der  Hörfähigkeit  ab 
Schwerhörigkeit  zn  betrachten  sei,  ist  schon  in  Anbetracht  der  Schwierigkeit 
einer  festen  MaüBbestimmnng  nicht  yorgeschrieben  worden.  Dieser  Mangel  einer 
Grenzbestimmmig  hat  wahrscheinlich  die  Folge  gehabt,  dafs  in  der  Einrechnnng 
Ton  Schülern  nnter  die  schwerhörigen  ziemlich  weit  gegangen  ist;  wenigstens 
findet  sich  wiederholt  die  Bemerbing,  da&  Ton  besonderen  Mafsregeln  der 
Schule  im  Interesse  der  Schwerhörigen,  z.  B.  durch  Anweisung  von  Plätzen  in 
der  Nähe  des  Lehrers,  deshalb  Abstand  genommen  sei,  weil  die  als  schwer- 
hörig  bezeichneten  Schüler  an  keiner  Stäle  des  Lehnimmers  sich  behindert 
landen,  dem  Unterrichte  zu  folgen.  Durch  die  Erwägung  dieser  Umstände  wird 
die  Annahme  begründet»  dafs  die  ausschließlich  auf  der  Beobachtung  der  Lehrer- 
coUegien  beruhenden  und  unter  ihrer  Verantwortlichkeit  aufgesteUten  Zahlen- 
angaben über  das  Mafs  der  Verbreitung  der  Schwerhörigkeit  unter  den  Schülern 
der  höh.  Schulen  ein  im  Wesentlichen  richtiges  Bild  darbieten. 

Das  Ergebnis  der  Ermittelungen  giebt  mir  zu  folgenden  Bemerkungen 
Anlafs. 

1.  Die  Anzahl  der  schwerhörigen  Schüler  in  den  höh.  Schulen  der  ge- 
samten Monarchie  (Torläufig  unter  Ausschlufs  der  mit  einem  Teile  derselben 
yerbundenen  Vorschulen,  vergL  unter  Nr.  2)  beträgt  2,18%  der  Schülerzahl. 
Der  Procentsatz  der  Schwerhörigen,  berechnet  fclr  die  einzelnen  Prorinzen,  zeigt 
einen  nur  mäfsigen  UnterscMed  von  dem  för  die  gesamte  Monarchie  sich  er- 
gebenden Proeentsatze;  der  niedrigste  Procentsatz  ist  in  einer  Provinz  1,57%, 
der  höchste  in  einer  andern  2,48%.  Ob  diese  Unterschiede  in  localen  und 
klimatischen  Verhältnissen  oder  einer  Ungleichheit  des  Mafsstabes  bei  Ein- 
rechnnng Ton  Schülern  unter  die  schwerhörigen  ihren  Anlafo  haben,  kann  für 
diejenigen  Folgerungen,  welche  im  Lsteresse  des  Unterrichtsbetriebes  aus  dem 
Ergebnisse  der  Ermittelungen  zu  ziehen  sind,  aufser  Betracht  gelassen  werden. 
Jedenfalls  bilden  die  schwerhörigen  Schüler  einen  so  kleinen  Teil  der  Schüler- 
zahl, dafs  es  möglich  ist,  durch  Anweisung  der  geeignetsten  Plätze  ihnen  das 
Hören  thunlichst  zu  erleichtem  und  durch  besondere  Beobachtung  ihrer  Aufmerk- 
samkeit zu  constatiren,  ob  sie  sowohl  das  von  dem  Lehrer  als  das  von  den 
Mitschülern  Gesprochene  verstehen.  Aus  den  auf  den  statistischen  Fragebogen 
beigefügten  Bemerkungen  habe  ich  gern  ersehen,  dafs  eine  derartigfe  Berück- 
sichtigung der  schwerhörigen  Schüler  das  übliche  Vorfahren  an  den  höh.  Schulen 
ist;  die  Directoren  der  höh.  Schulen  haben  auch  fernerhin  im  Interesse  sowohl 
der  schwerhörigen  Schüler  als  der  Schulordnung  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dafs  in  keinem  einzelnen  Falle  diese  Berücksichüg^g  yerabsäumt  werde.  Wenn 
schwerhörige  Schüler  ungfeachtet  solcher  MaTsregeln  nicht  im  Stande  sind,  dem 
Unterr.  zu  folgen,  so  sind  die  Eltern  oder  deren  Stellyertreter  hiervon  mit  dem 
Bemerken  in  Kenntnis  zu  setzen,  dafs  von  einem  ferneren  Besuche  der  öffentL 
Schule  seitens  ihres  Sohnes  ein  Erfolg  nicht  zu  erwarten  sei. 

2.  Von  den  2,18%,  welche  die  schwerhörigen  Schüler  von  der  Gesamt- 
zahl der  Schüler  in  den  höh.  Schulen  der  Monarchie  betragen,  sind  1,74  %  der 
Gesamtzahl  der  Schüler  (oder  80  %  der  Schwerhörigen)  mit  diesem  Uebel  schon 
bei  ihrem  Eintritte  in  die  Schule  behaftet  gewesen;  von  den  1,86  %  schwer- 
hörigen Schülern  der  gesamten  Vorschulen  sind  1,50  %  (oder  79%  der  Schwer- 
hörigen) schon  als  schwerhörig  in  die  Vorschulen  eingetroten.  Nur  bei  0,44  % 
der  Schüler  der  höh.  Schulen  und  nur  bei  0,31  %  der  Schüler  der  Vorschulen 
fiUt  die  Entstehung  der  Schwerhörigkeit  in  die  Zeit  des  Schulbesuches. 

Dem  Umstände,  dafs  in  den  höh.  Schulen  die  schwerhör^n  Schüler 
2,18%  in  den  Vorsdiulen  nur  1,86%  der  Gesamtzahl  betragen,  kann   man 


266 

znnftchst  geneigt  sein  die  Dentnng  asn  geben,  dafs  an  der  Enistehnng  der  Schwer- 
hörigkeit der  Schnle  ein  wenn  anch  sehr  nnerheblicher  ursächlicher  oder  mit- 
nrs&chlicher  Einflufs  beizumessen  sei.  Bedenkt  man  indessen,  dafs  von  den- 
jenigen Fällen,  in  welchen  der  Anlafs  der  Schwerhörigkeit  zn  bestimmter  Kenntnis 
der  Schnle  gelangt  ist,  die  ToUe  Hälfte  sich  als  Folge  von  Masern,  Scharlach 
nnd  verwandten  Krankheiten  erweist,  nnd  dafs  diese  Krankheiten  wohl  ebenso 
häufig  erst  in  den  nächsten  Jahren  nach  dem  9.  Lebensjahre,  also  nach  dem 
Eintritte  in  die  höh.  Schulen  eintreten,  als  vor  demselben,  so  wird  man  Bedenken 
tragen  müssen,  einer  solchen  Auslegung  des  an  sich  nicht  erheblichen  Unter- 
schiedes stattzugeben. 

Vollständig  beseitigt  wird  ein  solcher  Oedanke  durch  die  Thatsache,  dafe 
in  der  Verteilung  der  Schwerhörigen  auf  die  einzelnen  Klassen  der  höh.  Schulen 
nicht  ein  Steigen  der  Verhältniszahlen  nach  den  aufisteigenden  Klassen  ersicht- 
lich wird,  sondern  ihre  Verteilung  auf  die  Terschiedenen  Klassen  als  eine  rein 
zufällige  erscheint 

Der  Vorwurf,  dafs  die  höh.  Schulen  durch  ihre  Einrichtang  oder  durch 
die  an  ihre  Schüler  gestellten  Forderungen  Schwerhörigkeit  herbeifähren  oder 
befördern  und  steigern,  ist  bis  jetzt  nicht  erhoben  worden.  Denn  wenn  von 
ärztlicher  Seite  erwähnt  worden  ist,  dafs  die  Wege  zur  Schule  oder  dafs  unzweck- 
mäfsige  Lüftungen  während  der  Lehrstunden  Katarrhe  des  Ohres  und  Halses 
veranlassen  oder  steigern  können  und  dafs  hierdurch  im  weiteren  Verlaufe  Schwer- 
hörigkeit herbeigeführt  werden  kann,  so  sind  hiermit  Einwirkungen  bezeichnet, 
welche  auch  aufserhalb  des  Schullebens  in  gleicher  Weise  vorkommen,  nicht 
als  specifische  Einflüsse  der  Schule  und  ihrer  Einrichtungen  zu  betrachten  sind. 
Es  kommt  femer  in  Betracht,  dafs  chronische  Katarrhe  des  Ohres  resp.  Ohren- 
flüsse, die  aufser  den  genannten  Krankheiten  am  meisten  Schwerhörigkeit  be- 
dingen, ärztlicherseits  ai$  eine  scrofolöse  Grundlage  zurückgeführt  werden.  Ebenso 
verhält  es  sich  mit  dem  chronischen  Nasenkatarrh,  wenn  derselbe  das  Gehör  ' 
nachteilig  beeinflufst.  Dafs  der  Schule  irgend  eine  ursächliche  Bedeutung 
für  die  unter  den  Schülern  vorkommende  Schwerhörigkeit  nicht  beizumessen  ist, 
darf  als  sicher  bestätigt  durch  die  angestellten  Ermittelungen  erachtet  werden. 

Die  Unterrichtsverwaltung  befindet  sich  daher  gegenüber  der  Schwer- 
hörigkeit von  Schülern  höh.  Schulen  in  wesentlich  anderer  Lage,  als  gegenüber 
ihrer  Kurzsichtigkeit.  Die  Kurzsichtigkeit  ist  während  der  Besuchszeit  der 
höh.  Schulen  bezüglich  der  Anzahl  der  davon  betroffenen  Schüler  und  des  Grades 
des  üebels  mit  den  au&teigenden  Klassen  in  Zunahme  begriffen.  Die  ünter- 
richtsverwaltung  erachtet  es  daher  als  ihre  Aufgabe,  zur  Ergänzung  der  bereits 
in  dieser  Bichtung  angestellten  dankenswerthen  Ermittelungen  durch  umfassende 
von  ihr  selbst  angeordnete  ärztliche  Untersuchungen  höh.  Schulen  die  That- 
sachen  feststellen  und  möglichst  ermitteln  zu  lassen,  welchen  Einrichtungen  der 
höh.  Schulen  ein  wesentlich  nachteiliger  Einfiuf^  in  der  fraglichen  Beziehung 
beizumessen  ist,  und  wird  nicht  unterlassen,  auf  deren  Beseitigung  oder  Er- 
mäfsigung  unablässig  Bedacht  zu  nehmen.  Dagegen  ist  zu  einer  etwanigen 
specialärztlichen  Untersuchung  der  höh.  Schulen  auf  Schwerhörigkeit  ihrer  Schüler 
ein  Anlafs  nicht  anzuerkennen,  sondern  es  ist  diese  Sorge  ansschliefslich  dem 
Eltemhause  zu  überlassen.  Der  Schule  ist  nur  zur  Pfiicht  zu  machen,  dafs  sie 
bei  denjenigen  schwerhörigen  Schülern,  welche  ihr  Uebel  noch  nicht  zur  Teil- 
nahme am  Unterrichte  unfähig  macht,  durch  besondere  Berücksichtigang  und 
Aufinerksamkeit  die  nachteiligen  Folgen  des  Leidens  für  die  geistige  Ent- 
wickelung  der  Schüler  möglichst  zu  ermäfsigen  suche,  und  dafs  sie,  wo  die 
beginnende  Schwerhörigkeit  den  Eltern  noch  nicht  bekannt  zu  sein  scheint,  die- 
selben sofort  in  Kenntnis  setze  und  ihnen  die  Einholung  des  ärztlichen  Bathes 
anheimgebe.    Von  dem  Wohlwollen  der  Lehrer  für  die  ihnen  anvertraute  Jugend 


267 

darf  ich  Toranssetzen,  dafs  diese  Pflichten  in  allen  Fftllen  sorgfUüg  erfOUt 
werden,  und  dies  um  so  znYersichtlicher,  da  in  den  Lehrerkreisen  die  Anfinerk- 
sainkeit  auf  alle  Fragen  der  Gesundheitspflege  unverkennbar  in  erfreulicher  Zu- 
nahme begriffen  ist."  Der  Minister  etc.  v.  Oofsler. 

Gutachten  der  MedicAbi  des  Minist.,  Epileptische  in  Schulen 
betreffend,  y.  6.  Mai  1867 :  „Wenngleich  es  Ärztlicher  Erfahrung  nach  feststeht,  dafi? 
Schreck  durch  Anblick  eines  epileptischen  Anfalls  unter  gewissen  Bedingungen 
Epilepsie  selbst  oder  andere  C^undheitsstOrungen  heryorzumfen  vermag,  so  wird 
doch  aus  dem  umstand,  dafs  neuerdings  in  hies.  Schulen  F&üe  von  epilept. 
Krämpfen  vorgekommen  sind,  ein  genflgender  Anlafo  zu  einer  allgemeinen  Mafs- 
regel  in  dieser  Beziehung  für  die  Schulverwaltung  nicht  herzuleiten  sein.  In- 
sofern der  genuinen  Epilepsie  auf  Grund  der  vorgedachten  ftrztl.  Erfahrung 
eine  Uebertragbarkeit  auf  physischem  Wege,  mithin  ein  gewisser  Grad  von 
AnsteckungsfihTgkeit  beizulegen  sein  durfte,  würde  auf  die  sanit&tspolizeil.  Be- 
handlung dieser  Krankheit  in  den  Schulen  principiell  allerdings  §  14  des  Regu- 
lativs V.  8.  Aug.  1835  (s.  unten  p.  270  f.)  in  Krafk  zu  treten  haben.  Betrachten 
wir  jedoch  das  thatsächliche  Yerhftltnis  der  viel  gestalteten  Krampfformen  im 
kindlichen  Alter  gegenüber  dem  Leben  in  der  Schule,  so  bieten  sich  folgende 
Momente  der  Beachtung  dar: 

Die  vor  der  Pubertät  sich  einstellende  periodische  Epilepsie  führt  vorzugs- 
weise Blödsinn  herbei.  Kinder,  welche  mit  habitueller  Epilepsie  behaftet  sind, 
bleiben  daher  bald  in  ihrer  geistigen  Ausbildung  und  Befähigung  so  zurück, 
dafs  sich  dieselben  zur  Teilnahme  am  Offentl.  Unterricht  überhaupt  nicht  zu 
eignen  pflegen  und  an  und  für  sich  dem  Schulzwang  nicht  unterliegen  dürfen. 
Diese  Kategorie  der  Epileptiker  kommt  folglich  hier  nicht  in  Frage.  Auf  die- 
jenigen Schüler  aber,  welche  bei  übrigens  ungetrübter  Bildungsfähigkeit  dennoch 
während  des  Schulbesuchs  plötzlich  und  unerwartet  von  epilept.  Krämpfen  be- 
fallen werden  sollten,  kann  selbstverständlich  nur  die  im  Interesse  der  Schul- 
disciplin  überall  gebotene  Mafsnahme  in  Anwendung  kommen,  dafs  der  betr. 
Lehrer  dieselben,  wie  jeden  andern  zufiEUlig  erkrankten,  so  schnell  als  möglich 
aas  dem  Kreise  der  Mitschüler  zu  entfernen  suchen  mu&.  Es  wird  jedoch  die 
Ausdehnung  dieser  Mafsregel  bis  zum  gänzlichen  Ausschluß  aller  zu  klonischen 
oder  tonischen  Krämpfen  etwa  disponirten  Kinder  von  der  ferneren  Teilnahme 
am  Unterricht  lediglich  aus  dem  Grunde,  um  die  gesunden  Schüler  vor  dem 
Anblick  dieser  Krämpfe  zu  schützen,  endlich  auch  deshalb  nicht  gerechtfertigt 
erscheinen,  weil  hiermit  dem  gelegentl.  Anschauen  von  schweren  epilept.  An- 
fällen aufkerhalb  der  Schule  ohnehin  nicht  vorgebeugt  werden  kann. 

Hiemach  mufs  es  bei  den  in  Bede  stehenden  Vorkommnissen  der  umsich- 
tigen Beurteilung  der  Directoren  überlassen  bleiben,  nach  Lage  jedes  einzelnen 
FaUs  die  Anordnungen  zu  treffen,  welche  geeignet  sind,  die  daraus  entstehenden 
Störungen  des  Unterrichts  und  die  möglicherweise  für  andere  Schüler  zu  be- 
fürchtenden Übeln  Folgen  zu  verhüten.'^ 

Auf  Anregung  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Koblenz  im  Jahre  1865  hat  das  K 
MedicCollegium  der  Bheinprovinz  die  wichtigsten  von  der  pflichtmäfsigen  Sorge 
für  die  Gesundheit  der  Schüler  erforderten  Anordnungen  zusammengestellt  (s. 
GBL  1867  p.  338ff.).  In  Bezug  auf  die  darin  zuerst  behandelte  zweckmäfsige 
Einrichtung  des  Schullocals  s.  auch  p.  43 ff.,  femer  Hisi  statist  Darsi  XU, 
p.  55,  auch  das  Gutachten  der  K.  Wissensch.  Deputation  für  d.  Medicinal- 
wesen,  CBl.  1874  p.  433  ff.,  die  Ventilation  betreffend.  Das  voi^enannte 
K.  Medictloll,  bemerkt  in  Belareff  derselben  und  in  anderen  Beziehungen  Folgendes : 

„Die  während  des  Aufenthalts  von  Schülern  in  dem  Baume  sich  anhäufende 
Kohleniäure,  welche  durch  das  Athmen   hier  sich  ansammelt,  kann  die  Ursadie 


268 

an  Unwohlsein  der  Lehrer  und  Schüler  werden;  deshalb  erfordert  die  Beinhaltang 
der  Sohullaf,  welche  fast  sprichwortlich  geworden'  ist,  einige  Anfinerksamkeit. 
Wie  schon  erwähnt,  findet  nach  jeder  Stunde  eine  kurze  Unterbrechung  des  Unter- 
richts, oft  bis  zu  einer  Viertelstunde  dauernd,  statt  In  dieser  freien  2ieit  wird 
durch  öfteres  Oefihen  der  Thür  frische  Luft  eintreten  und  schlechte  Luft  fortgehen; 
auch  das  Oeffnen  der  Fenster,  welche  in  der  besseren  Jahreszeit  teilweise  ^^ffnet 
bleiben  können,  Mst  frische  Luft  einströmen;  in  der  k&lteren  Jahreszeit  giebtder 
Ofen  Veranlassung,  dafs  Lult  aus  der  Schulstube  entweicht  und  dafür  frisäie  Luft 
durch  alle  Ritzen  der  Thüre  und  Fenster,  selbst  die  Poren  der  Wände  eintritt, 
vorausgesetzt,  dafs  der  Ofen  seine  Luft  aus  der  Stube  empfängt  und  dessen  Thür 
nicht  hermetisch  verschlossen  ist.  Deshalb  ist  eine  künstf.  Ventilation  für  solche 
Schulen,  welche  nur  einen  Teil  des  Tages  besetzt  sind,  nicht  erforderlich.  Sie 
kann  vollständig  ersetzt  werden,  selbst  wenn  der  Ofen  von  aufsen  geheizt  wird, 
wenn  am  Fenster  die  oberen  Scheiben  so  eingerichtet  sind,  dafs  sie  in  ihrem  un- 
teren Teile  in  einem  Charnier  beweglich  soweit  geöffnet  werden  können,  um  die 
Luft  eindringen  zu  lassen,  ohne  dafs  der  Zug  die  Schüler  treffe,  ähnlich  wie  dieses 
in  Küchen  eingerichtet  ist. 

Die  E  r  wä r  m  u  n  g  d  e  r  S  c  h u  1  s  tu b  en  geschieht  in  hiesiger  Gegend  meistens 
durch  Heizung  gufseisemer  Oefen,  die  in  der  Stube  ihren  Feuerraum  haben,  also 
in  der  Stube  geheizt  werden.  Diese  Oefen  verursachen  durch  die  oft  starke  strah- 
lende Wärme,  sowie  durch  den  Staub  der  Asche  und  des  Hufses  manche  Unbe- 
quemlichkeit, und  geben  nicht  die  behagliche  Wärme,  wie  thöneme  oder  porzel- 
lanene Oefen.  Mittels  der  eisernen  O^en  wird  jedoch  der  Raum  rascher  erwärmt; 
allenfallsige  Reparaturen  erfordern  nicht  viele  Zeit,  welche  bei  Thonöfen,  die  zu- 
dem bei  mangelhafter  Behandlung  auch  gefährlich  sein  können,  oft  zeitraubend 
sind.  Wenn  man  die  eisernen  O^n  mit  einem  Mantel  umgiebt  oder  einen  Schirm 
vorstelUt,  so  wird  die  s|3ahlende  Wärme  g^emäfsigt  und  deren  Nachteile  verhütet; 
und  wenn  man  sich  der  Füllöfen,  welche  mit  Coaks  geheizt  werden  und  die  bei  ent- 
sprechender Qröfse  auch  gröfsere  Räume  erwärmen  können,  bediente,  so  würde 
selbst  das  oft  störende  Nachlejren  von  Feuerungsmaterial  während  der  Stunde  un- 
nöthiff  werden,  da  dieselbe  auf  einmal  das  för  eine  gewisse  Zeit,  z.  B.  8  Stunden, 
erforaerliche  Heizmaterial  erhalten  und  keines  Na(mlegens  für  diese  Zeit  bedür- 
fen« Das  Reinigen  und  Anlegen  des  Heizmaterials  könnte  in  der  Zeit  geschehen, 
wenn  keine  Schule  gehalten  wird;  ein  selbst  zierlicher  Idbmtel  aus  eisernem  Git- 
terwerk oder  eine  Porzellanhülle  könnte  den  Ofen  umgeben«  Die  Anwendbarkeit 
eiserner  Oefen  ist  sonach  solchen  von  anderem  Matertal  vorzuziehen,  und  zwar  um 
so  mehr,  als  die  Schulstuben  nur  eine  gewisse  Zeit,  an  4  Tagen  6,  höchstens  8 
Stunden,  an  2  Tagen  nur  4  Stunden,  an  Sonn-  und  Feiertagen  gar  nicht  geheizt 
werden  müssen,  was  man  auf  die  rascheste,  bequemste  und  billigste  Weise  mittels 
eiserner  Oefen  erreicht  Weil  eben  nur  eine  kurze  Zeit  die  Räume  geheizt  werden, 
ist  für  Schulen  von  einem  künstlichen  Heizsystem,  z.  B.  mittels  Luft- Warmwasser- 
Heizung  etc.,  gänzlich  abzusehen;  ohnedies  erfordert  eine  solche  eine  kostspielige 
Einrichtung,  welche  an  schon  eingerichteten  Schulen  nur  mit  grofsen  Unkosten  sich 
herstellen  läfst  und  deren  Teile  durch  die  mutwillige,  zerstörungslustige  Ju- 
gend leicht  beschädigt  werden  können.  Die  Temperatur  im  Schnlzimmer  soll  im 
Winter  an  den  vom  Ofen  entferntesten  Stellen  15^  R.  niemals  übersteigen;  indeb 
wird  in  den  kalten  Tagen  dieser  Wärmegrad  an  diesen  Stellen  wohl  nie  er- 
reicht 

Ein  wichtiger  G^egenstand  für  die  Schulen  ist  die  Einrichtung  der  Abtritte, 
sowohl  mit  Rücksicht  auf  die  Gesundheit  als  Sittsamkeit  Am  besten  ist  es,  wenn 
die  Abtritte  sich  nicht  im  Hauptgebäude,  sondern  in  einem  davon  getrennten  Bau 
befinden.  Für  die  Aufnahme  des  Kothes  ist  eine  entsprechend  grorse  Grube  her- 
zustellen, welche  gut  vertrafst,  oementirt  sein  mufs.  Um  die  mögliche  Dnrchdrin- 
flrung  der  Mauern  durch  Fäkelstoffe  und  der  letzteren  Weiterverbreitung  z.  B.  zu 
Brunnen  oder  Kellern,  zu  verhüten,  mtissen  die  Boden-  und  Seitenmanem  noch 
mit  einer  dicken  Lage  Sand  oder  Lehm  umgeben  sein.  Ein  für  die  gewöhnliche 
Zeit  gut  verwahrter  Zugang  mufs  die  Reimgung  der  Ghrube  zu  bestimmter  Zeit 
leicht  bewerkstelligen  lassen.  Die  Reinigung  derselben  soll  nur  in  den  Ferien  ge- 
schehen, und  nur  wenn  eine  Reinigungsmascmine  zur  Verfügung  steht,  kann  sie  zu 
jeder  Zeit  stattfinden. 


269 

üeber  der  Ghrabe  müssen  fOr  die  PisBoin  und  för  die  einzelnen  Klassen  je 
ein  Abtritt  erriohtet  werden,  welohe  hinlänglich  Lieht  durch  die  Fenster  erhalten. 
Der  Abtritt  mnis  eine  Brille  haben»  nicht  aber  blofs  eine  schmale  Leiste,  auf  wel* 
eher  die  Knaben  sitzen  können.  Die  Höhe  derselben  richtet  sich  nach  der  Höhe 
der  Sitzbänke  der-  versehiedenen  Klassen.  Um  den  ans  der  allgemeinen  Qrube 
entstehenden  Geruch  yon  den  einzelnen  Abtritten  abzuhalten,  empfiehlt  sich  die 
Anbringung  einer  gufseisemen,  gut  emaillirten,  trichterförmigen  Röhre,  welche 
in  einem  eisernen  ^cken  steht,  das  an  zwei  Ketten  häxigt.  Dieses  Becken  schliefst 
durch  den  wäfsrigen  Lihalt  die  Bohre  ab  und  läfst  das  Hineinfallende  seitlich  in  die 
Grube  abgehen. 

Sollte  durch  Frost  oder  Sonstiges  eine  Verstopfung  der  Bohren  entstehen, 
so  braucht  blofs  eine  Kette,  welche  an  der  Brille  befestig  ist,  losgelassen  zu  wer- 
den, um  allen  Lihalt  des  Beckens  zu  entleeren.  Diese  Vorrichtung  scheint  uns  für 
Sd^ulabtritte  am  besten  geignet  und  eher  anwendbar,  als  ein  an  der  Bohre  an- 
gebrachter Ansatz,  der,  üaSt  wie  ein  Uhner  Pfeifenkopf  gekrümmt,  einen  seitlichen 
Abflufs  hat.  Wenn  der  Lihalt  des  Ansatzes,  welcher  freilich  einen  Abschlufs 
ffegen  die  Dünste  der  Gh^be  bildet,  gefriert  oder  die  Bohre  sich  sonst  verstopft,  so 
hat  man  mit  dessen  Beinigung  und  Freimachung  viel  Mühe,  Verschlüsse  mittels 
Deckel,  die  in  Chamieren  sich  bewegen,  und  drgl.  Vorrichtungen  sind  kostspielig 
und  wegen  des  Verrostens  der  Ghamiere  rasch  aufser  Thätigkeit.  Ebenso  ist,  Wa- 
tercloeets  mit  Wasserleitung  sowie  Porzellanbecken  anzubringen,  für  die  zerstörungs- 
lustige Jugend  nicht  rathsam. 

Damit  die  auf  den  Abtritten  der  Schulen  so  oft  gefundenen  Schreibereien 
und  Zeichnungen  nicht  stattfinden  können,  ist  es  rathsam,  wenn  die  Bauart  es  er- 
laubt, einen  mcht  glatten,  sondern  vielmehr  recht  rauhen  Bewurf  der  Wände  her- 
zustellen und  die  Holzteile,  z.  B.  die  Thür,  innen  sandeln  zu  lassen.  Dann  kann 
der  Anstrich  hell  sein.  Ist  dieses  nicht  möglich,  so  lasse  man  den  Anstrich,  die 
Tünohung,  in  grauer  Farbe  machen.  Die  Abtritte  schwarz,  etwa  mit  Steinkohlen- 
theer,  bestreichen  zu  lassen,  halten  wir  nicht  für  rathlich,  teils  wegen  des  Gestanks, 
teils  weil  der  Theer  sehr  schwer  trocknet,  teils  weil  es  dadurch  zu  dunkel  wird, 
was  auch  wieder  seine  Nachteile  hat.  Die  Lischriften  völli|f  unmöglich  zu  ma- 
^en,  wird  wohl  nicht  gelingen;  wenn  die  Knaben  nicht  mit  Bleistift  schreib^i 
können,  z.  B.  auf  dunkler  glatter  Fläche,  so  werden  sie  das  mit  Kreide  thun  Auf 
rauher  Fläche  ist  es  am  meisten  erschwert.  Das  Zugiefsen  von  einer  den  Ver- 
bältnissen entsprechenden  Menge  von  Eisenvitriollösung  in  die  Abtritte,  und  be- 
sonders da,  wo  die  Abtritte  sidi  im  Hauptgebäude  befinden,  ist  zeitweise  anzuord- 
nen, und  ganz  besonders  auch  nach  dem  Ausreinigen  der  Grube,  weil  in  der  Zeit 
eich  die  Gerüche  sehr  lebhaft  zeigen. 

Ein  anderer  wichtiger  Gegenstand  ist  die  Beschafiung  des  Trinkwassers. 
Wo  keine  Wasserleitung  iMsteht,  wird  das  Wasser  aus  Brunnen,  meist  mittels  Pum- 
pen, beschafift.  Ein  gute»  brauchbares  Trinkwasser  soll  ohne  Farbe,  ohne  Geruch, 
ohne  Geschmack,  besonders  ohne  Nachgeschmack  sein,  also  klar  und  durchsichtig, 
fferuchlos  und  geschmacklos.  Je  nach  der  Beschaffenheit  des  Bodens,  aus  welchem 
das  Wasser  geschöpft  wird,  kann  das  Wasser  mancherlei  Abweichungen  bieten, 
ohne  dadurch  der  Gesundheit  nachteilig  zfi  sein.  Diese  Abweichungen  können 
80  mannigfaltig  sein,  dafs  die  Frage,  ob  ein  bestimmtes  Brunnenwasser  der  G^ 
■undheit  nachteilig  sei  oder  nicht,  nur  die  specielle  Analyse  eines  Chemikers  ent- 
scheidet Wenn  diese  besonders  schädliche  Beimischungen  zum  Brunnenwasser  dar- 
thut,  so  ist  der  Brunnen  durch  Beinigung,  Vertiefung  oder  sonst  nÖthige  Verän- 
derung zu  bessern  oder,  wenn  dieses  nicht  erreicht  wird,  zuzuwerfen.  Bei  Anle- 
gung neuer  Brunnen  ist  besonders  darauf  Bücksicht  zu  nehmen,  dafs  er  in  mög- 
nohst  weiter  Entfernung  von  Senk-  oder  Abtrittsgruben  errichtet  werde.  Wie 
grofs  diese  Entfernung  sein  müsse,  richtet  sich  hauptsächlich  nach  der  Ortsb»- 
sohaffenheit,  und  besonders  nach  der  des  Untergrundes,  je  nachdem  dieser  leicht 
oder  schwerer  durchdringlich  ist  Es  läfst  sich  darüber  keine  bestimmte  Norm 
festsetzen."  Koblenz  23.  Dec.  1865.  K.  Bhein.  Medic.  CoUegium. 

CVerf.  des  Proy.Sch.C.  zu  Berlin  y.  80.  Apr.  1869:  „Bei  der  in 
letzter  Zeit  mehr&ch  angeregten  und  gepflogenen  Berathung  über  den  Wegfall 
des  Nachmittagsunterrichts,  an  den  höh.  Lehranstalten  Berlins  ist  unter  Anderem 


270  4  • 

auch  die  grofse  Wichtigkeit  der  Lnftreinigang  und  Lufternenerang  in 
den  Schul-  and  Klassenräumen  for  die  Erhaltong  der  (Gesundheit  der  Lehrer  und 
Schüler  hervorgehoben  and  allgemein  anerkannt  worden.  Wir  fordern  daher  die 
HH.  Dir.  der  höh.  Lehranstalten  unseres  Bessorts  hiermit  aof^  ihr  besonderes 
Angenmerk  darauf  zu  richten  und  die  Lehrer  zur  Mitwirkung  dafür  in  geeig- 
neter Weise  heranzuziehen,  dafs  durch  Oeffnen  der  Fenster  namentlich  während 
der  Zwischenpausen  die  Klassenzimmer  gehörig  gelüftet  werden,  aufserdem  aber 
die  Schuldiener  anzuweisen,  aufser  der  Schulzeit  für  ausreichende  Lüftung  der 
Klassenzimmer  Sorge  zu  tragen,  und  die  Erfüllung  dieser  Obliegenheit  sor^ältig 
zu  überwachen.'' 

C.  Verf.  Y.  18.  M&rz  1884.  „Bei  mehreren  Unterrichtsanstalten  sind 
unter  den  Schülern  und  den  in  den  Anstaltsgebäuden  wohnenden  Lehrerfiunilien 
typhöse  Erkrankungen  vorgekommen,  welche  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  auf 
die  schlechte  Beschaffenheit  des  Wassers  und  insbesondere  die  zeit- 
weise Lificirung  desselben  aus  Abzugskanälen  und  Kloaken  zurückzuführen  waren. 
Ich  nehme  daraus  Veranlassung,  dem  K.  Prov.Sch.G.  eine  allgemeine  Prüfung  der  in 
Betracht  kommenden  Verhältnisse,  insbesondere  bei  den  Intematsanstalteu  Seines 
Bessorts,  und  eine  Untersuchung  der  Beschaffenheit  des  Wassers  für  alle  die- 
jenigen Fälle  zu  empfehlen,  wo  Grund  zu  der  Vermuthung  vorliegt,  dafis  das 
Wasser  der  Anstaltsbrunnen  gesundheitsschädliche  Stoffe  enthalten  könnte. 

Ueber  die  beim  Gesangunterricht  nothwendige  Vorsicht  s.  p.  220  f., 
gegen  Ueberbürdung  mit  Schularbeiten  s.  p.  253 ff. 

Ueber  den  Einflufs  des  Turnens  auf  die  Gesundheit  der  Schüler  s. 
p.  222  ff. 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  3.  Febr.  1875:  „Bei  gegebener 
Veranlassung  lenken  wir  hierdurch  die  besondere  Aufmerksamkeit  der  HH.  Direc- 
toren  und  Bectoren  auf  die  äulserlichen  Umstände  und  Verhältnisse,  unter  welchen 
der  Betrieb  der  Turnübungen  an  den  höh.  Lehranstalten  der  Provinz  statt- 
findet, sei  es  in  dem  geschlossenen  Baume  eines  Saales  oder  einer  Halle,  oder 
auf  einem  freiliegenden  Turnplatze.  Es  wird  mit  allem  Nachdruck  der  Ge- 
fahr zu  steuern  sein,  dafs  die  Turnübungen  der  Schulen,  welche  dazu  dienen 
sollen,  die  körperliche  Kraft  und  Gewandtheit  der  heranwachsenden  Jugend  zu 
fördern,  in  irgend  welcher  Weise,  namentlich  auch  durch  die  Menge  des  dabei 
erregten  Staub  es  einen  gesundheitsgefährlichen  Einflufs  ausüben  und,  besonders 
bei  schwächeren  Körperconstitutionen,  wenn  auch  vielleicht  zunächst  unmerklich^ 
den  Keim  späteren  Siechtums  legen. 

Wir  ersuchen  daher  die  HH.  Directoren  und  Bectoren,  in  Gemeinschaft 
mit  den  Turnlehrern  der  Anstalten  und  erfordert  Falls  unter  Zuziehung  der 
betr.  Physici  oder  anderer  geeigneter  Aerzte  des  Orts,  die  vorberegte  Frage 
einer  ernstlichen  und  eingehenden  Erwägung  zu  unterziehen  und,  falls  sich 
Bedenken  erregende  Uebelstände  an  den  betr.  Anstalten  herausstellen  sollten, 
auf  deren  möglichst  baldige  und  gründliche  Abstellung  Bedacht  zu  *  nehmen.** 

Aus  dem  sanitätspolizeiL  Begulativ  v.  8.  Aug.  1835,  das  Ver- 
halten bei  ansteckenden  Krankheiten  betreffend: 

§  14.  Hinsichtlich  der  Schule  sollen  zwar  die  gesetzlichen  Bestimmungen, 
die  den  Schulbesuch  befehlen,  in  keinem  von  einer  ansteckenden  Epidemie  heim- 
gesuchten Orte  zur  strengen  Anwendung  kommen;  doch  soll  auch  die  gänzliche 
Schliefsung  nicht  ohne  dringende  Notti  erfolgen  und  nur  von  den  Sanitäts- 
commissionen besonders  darauf  gewacht  werden,  da&  in  den  Schulzimmem  stets 
eine  reine  Luft  erhalten  und  UeberfOUung  vermiede^  werde. 


271 

An  ansteckenden  Krankheiten  leidende  Kinder  müssen  ans  den 
Schulen,  Fabriken  nnd  anderen  Anstalten,  in  denen  ein  Znsammenflofs  von 
Kindern  stattfindet,  entfernt  werden  nnd  sind  nicht  eher  wieder  zuzulassen,  als 
bis  ihre  TöUige  Genesung  nnd  die  Beseitigung  der  Ansteckungsfähigkeit  ärzt- 
lich bescheinigt  ist 

Ebenso  ist  aus  Familien,  in  welchen  Jemand  an  Pocken,  Scharlach, 
Masern  und  anderen,  besonders  Kinder  gefährdenden,  ansteckenden  Krank- 
heiten leidet,  der  Besuch  der  Schulen  und  ähnlichen  Anstalten  dei^enigen  Kin- 
dern nicht  zu  gestatten,  welche  mit  dem  Kranken  in  fortwährendem  Verkehr 
stehen.^ 

CircBescript  (des  Unterrichtsministers  an  die  K.  O.Präsidenten)  v. 
19.  Dec  1866:  „Die  Wahrnehmung,  dals  an  den  in  diesem  Jahre  von  der 
Cholera  heimgesuchten  Orten  hinsichü.  der  Schulen  ein  sehr  verschiedenes 
Verfahren  befolgt  und  dalls  hie  und  da  die  Schliefsung  derselben  ohne  genü- 
genden Grund  lediglich  von  der  Polizeibehörde  angeordnet  worden  ist,  hat  mich 
veranlaist,  von  der  Medicinalabteilung  des  Ministeriums  ein  Gutachten  über  die 
Nothwendigkeit  derartiger  Maisregeln  zu  erfordern.  Abschrift  des  erstatteten 
Gutachtens  teile  ich  Ew.  etc.  in  der  Anlage  a)  zu  gefälliger  Kenntnisnahme 
und  weiterer  Veranlassung  an  die  betr.  Provinzialbehörden  behufs  der  Nach- 
achtung in  wieder  vorkommenden  Fällen  ergebenst  mit.^' 

a)  Gutachten  v.  26.  Oct  1866.  „Die  unter  dem  1.  Juni  1831  erlassene 
Instruction  über  das  bei  der  Annäherung  und  dem  Ausbruch  der  Cholera  in 
den  K.  Preufs.  Staaten  zu  beobachtende  Verfahren  enthielt  (§  34)  die  Bestim- 
mung, dafs  auch  die  Schulen  in  dem  Orte  geschlossen  werden  sollen,  wo  die 
Cholera  wirklich  ausgebrochen  ist.  Nachdem  aber  die  Seuche  nicht  lange  nach 
Erlafs  dieser  Instruction  die  in  Gemäfsheit  derselben  streng  cemirten  Landes- 
teile überschritten  hatte,  lehrte  die  in  den  von  ihr  heimgesuchten  Orten  gewonnene 
Erfahrung  bald,  dafs  viele  der  vorgeschriebenen  Schutemafsregeln,  weil  dieselben 
sich  teils  als  unausführbar,  teils  als  entschieden  unzweckmäfsig  erwiesen,  auf 
die  Dauer  nicht  haltbar  waren. 

Die  Bestimmung  des  vorgenannten  §  34  war  eine  der  ersten,  gegen  welche 
erhebliche  Bemonstrationen  eingingen.  Schon  im  Sept  1831  gab  der  Bericht 
der  Begierung  zu  Bromberg,  über  die  Folgen  der  dort  angeordneten  Schliefsung 
der  Schulen,  vom  2.  ejusd.,  Veranlassung,  die  Frage:  ,J>roht  der  Schulbesuch, 
vorausgesetzt,  dafs  dabei  die  nöthigen  Vorsichtsmafsregeln  zur  Anwendung 
kommen,  gröfsere  Gefahr  in  Hinsicht  der  Ansteckung  als  der  übrige  Verkehr 
unter  Menschen,  und  wird  der  gefurchteten  Verschleppung  der  Krankheit  durch 
die  Kinder  mittels  Schliefsung  der  Schulen  wirklich  vorgebeugt?**  in  nähere 
Erwägung  zu  ziehen.  Da  hierbei  in  Betracht  kam,  dafs  die  Mehraahl  der  Eltern 
nicht  in  der  Lage  sei,  ihre  Kinder  privatim  unterrichten  zu  lassen  und  sie  unter 
steter  Aufsicht  zu  halten,  dafs  daher  die  Mehrzahl  der  Kinder  sich  au&ichtslos 
in  und  aufser  dem  Hause  umhertreiben  und  im  unüberwachtem  Verkehr  mit 
anderen  Menschen  der  Ge&hr  der  Ansteckung  sich  um  so  leichter  aussetzen  würden, 
dals  dagegen  die  durch  den  Schulbesuch  beförderte  Begelmäfsigkeit  des  Lebens 
und  Beinlichkeit  des  Körpers  die  Empfänglichkeit  far  die  Krankheit  eher  zu 
vermindern  als  zu  erhöhen  im  Stande  sei,  so  war  das  Besultat  dieser  Erwägung: 
dais  die  Schliefsung  der  Schule  nicht  unbedingt  zweckdienlich  erscheine.  Damit 
indessen  Jeder  durch  den  Schulbesuch  etwa  zu  befürchtenden  Gefahr  der  An- 
steckung vorgebeugt  werde,  wurde  unter  dem  22.  Sept  1831  eine  den  §  34  der 
vorgedachten  Instruction  modificirende  C.Verf.  erlassen,  nach  welcher  der  Schul- 
zwang  während  herrschender  Cholera  zwar  aufgehoben,  der  Schulbesuch  aber 
unter    bestimmten    Vorsichtsmafsregeln    gestattet    und    die    Schliefsung    der 


272 

Schulen  nur  Yon  dem  durch  die  änTserste  Noih  gebotenen  BeBchlofs  der  Local- 
behOrden,  im  Einverständnis  mit  der  Sanitätscommission,  abhängig  gemacht 
werden  sollte. 

Der  wesentliche  Inhalt  der  in  dieser  Verf.  enthaltenen  Bestimmnngen  fand 
seinen  definitiven  Ausdruck  in  §  11  der  durch  CO.  y.  5.  Febr.  1832  bestätigten 
neuen  Cholera- Instruction  v.  31.  Jan.  1832  und  ist  demnächst  in  derselben 
Fassung  auch  in  das  Regulativ,  betreffend  die  Mafsregeln  gegen  die  Verbrei- 
tung der  ansteckenden  Krankheiten  v.  8.  Aug.  1835,  aufgenommen  worden  (s.  oben 
p.  270  ff.). 

Nach  dieser  auch  far  die  sanitätspolizeil.  Behandlung  der  Cholera  maAh 
gebenden  Vorschrift  uoterliegt  es  keinem  Zweifel,  dafs  die  neuerdings  an  ver- 
schiedenen Orten  von  der  Polizeiverwaltung  der  Choleraepidemie  wegen  ohne 
Angabe  besonderer  Grunde  angeordnete  Schliefsung  sämtlicher  Schulen  als  eine 
gesetzlich  nicht  gerechtfertigte  und  deshalb  schon  nicht  nothwendige  MaTsregel  zu 
erachten  ist.  Dafs  aber  die  Nothwendigkeit  und  Zweckmäfsigkeit  der  Schliefsung 
der  Schulen  auch  abgesehen  hiervon  in  Abrede  gestellt  werden  mufs,  ist  aus 
den  Motiven  zum  Erlats  der  C.Veif.  v.  22.  Sept.  1831  sowie  des  Begulativs  v. 
8.  Aug.  1835  (p.  270  ff.),  deren  Bedeutung  durch  spätere  Erfahrungen  nicht  ge- 
schmälert worden  ist,  mit  ^'..Loüieit  zu  entnehmen. 

Die  Schulen  werden  von  Kindern,  die  an  Cholera  erkrankt  sind,  selbst- 
redend nicht  besucht.  Für  die  Annahme  aber,  dafs  die  üebertragung  der  Cho- 
lera von  gesunden  Personen,  selbst  wenn  die  Cholerakranken  nahe  gewesen 
sind,  auf  andere  Gesunde  an  einem  dritten  Orte  erfolgen  könne,  fehlt  es  an 
jedem  Anhalt.  Es  liegt  auch  dafor,  dafs  eine  Verbreitung  der  Cholera  irgendwo 
durch  den  Schulbesuch  befördert  worden  sei,  kein  Beispiel  vor.  Die  SchuUocale, 
welche  während  herrschender  Cholera  vorschriftsmäfsig  besonders  gut  gelüftet  und 
rein  gehalten  werden  sollen,  und  welche  dann,  wegen  unvermeidlichen  Ausbleibens 
vieler  Kinder,  an  Ueberfnllung  nicht  leiden  werden,  sind  für  die  Kinder  als  Zufluchts- 
stätten zu  betrachten,  in  denen  dieselben  wenigstens  während  der  Schulzeit  vor 
der  Gefahr  der  Ansteckung  geschützt  bleiben.  Die  heilsame  Wirksamkeit  des 
dauernden  Schulbesuchs  erstreckt  sich  aber  auch  auf  das  häusliche  Leben,  indem 
die  Schularbeiten  eine  regelmäfsige  Beschäftigung  geben,  welche  die  Kinder  in 
der  Vornahme  gesundheitsschädlicher  Handlungen  beschränkt  Die  Gewöhnung 
der  Jugend  en^ch  an  unweigerliche  Erfüllung  ihrer  Pflicht,  selbst  unter  äufser- 
lich  erschwerenden  Umständen,  darf  als  moralische  Kräftigung  für  ihr  ganzes 
Leben  nicht  hoch  genug  in  Anschlag  gebracht  werden.  Der  e^anigen  Furcht- 
samkeit der  Eltern  aber  ist  durch  Aufhebung  des  Schulzwangs  während  der  Cholera- 
zeit genügend  Bechnung  getragen  worden. 

Hiemach  dürfte  es  selbst  schwer  werden,  die  Verhältnisse  dringender 
Noth  bezeichnen  zu  wollen,  unter  denen  die  Schliefsung  sämtlicher  Schulen 
wegen  der  Choleraepidemie  ausnahmsweise  gestattet  wäre.  Der  Fall  einer  so 
grofsartigen  Calamität,  dafs  der  Ausbruch  der  Cholera  an  einem  Orte  die  Auf- 
lösung aller  gesetzlichen  Bande  zur  Folge  hätte,  würde  allerdings  auch  die 
Schliefsung  der  Schulen  daselbst  nöthig  machen.  Es  ist  dies  aber  ein  Vor- 
kommnis, welches  wir  seit  35  Jahren  im  preufs.  Staat  glücklicherweise  nicht 
erlebt  haben.  Eher  kann  es  sich  ereignen,  dafs  Schulen,  die  vorzugsweise  von 
auswärtigen  Kindern  firequentirt  werden  oder  die  auswärtige  Kinder  im  Pensionat 
oder  Alumnat  haben,  ihre  Thätigkeit  einzusteUen  genOthigt  werden,  wenn  Eltern 
wegen  Ausbruchs  der  Cholera  an  dem  betr.  Ort  ihre  Kinder  zurückzuberufen  sich 
veranlaist  finden.  Die  Schliefsung  dieser  Schulen  wird  dann  genehmigt  werden 
müssen.  Es  kann  hieraus  die  Nothwendigkeit  der  Schliefsung  sämtlicher  Schulen 
in  dem  inficirten  Ort  nicht  begründet  werden.''  Abteil  far  die  Medicinal- 
angelegenheiten. 


273 

Der  Mitteilung  des  vorstehenden  Gutachtens  an  die  Schnldirectionen  fögte 
das  E.  ProY.SchnlcoU.  in  Berlin  (7.  Jan.  1867)  die  Bemerkung  hinzu» 

fiHiemsLch  darf  die  gänzliche  Schliefsung  der  Schule  nicht  ohne  drin- 
gende Noth  erfolgen.  Es  mufs  aher  besonders  darüber  gewacht  werden, 
dafs  in  den  Schulzimmem  stets  eine  reine  Luft  erhalten  und  Ueberfallung 
vermieden  wird,  auch  sind  Schulversäumnisse  zur  Zeit  der  Epidemie  nicht  zu 
bestrafen." 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  25.  August  1871:  „Ob- 
wohl wir  voraussetzen  dürfen,  dafs  die  Directoren  und  Bectoren  unserer  hoh. 
Lehranstalten  diejenigen  Yorsichtsmafsregeln,  welche  beim  Herannahen  epi- 
demischer Krankheiten  zu  treffen  sind,  in  ihrem  Geschäftskreise 
nicht  versäumen  werden,  so  halten  wir  es  doch  gegenwärtig  für  geboten,  auch 
unsererseits  die  Aufmerksamkeit  derselben  auf  diesen  Punkt  ausdrücklich  hin- 
zulenken. 

Wir  veranlassen  demnach  unsere  Directoren  und  Bectoren,  dafür  Sorge 
zu  tragen,  dafs  unverzüglich  regelmäfsige  und  wiederholte  Desinfectionen 
der  Aborte,  häufige  und  gründliche  Beinigung  der  Höfe  und  angrenzenden 
Gossen  und  sorgf^tige  Lüftung  der  Corridore  und  Klassenzimmer  vorgenommen 
werde.  Die  hierdurch  etwa  erwachsenden  Kosten  sind  bei  den  Anstalten  kOnigl. 
Patronats  aus  dem  Titel  Insgemein  zu  entnehmen.  Vornehmlich  aber  empfehlen 
wir  den  Directoren  und  Bectoren,  die  ihnen  anvertrauten  Schüler  in  sanität- 
licher Beziehung  genau  zu  beobachten.  Es  wird  namentlich  ihre  Aufgabe  sein, 
unter  Beihülfe  und  Heranziehung  der  Ordinarien  und  der  übrigen  Lehrer  den 
auswärtigen  Schülern  mit  Bath  und  Belehrung  nach  dieser  Seite  hin  beizustehen, 
ihre  Wohnung  und  Lebensweise  zu  beobachten  und  die  hierbei  etwa  bemerkten 
Mängel,  soweit  dies  thunlich  erscheint,  abzustellen.  —  In  wie  weit  bei  engen 
und  schlecht  ventilirten  Schulräumen  und  überfüllten  Klassen  ein  häufigeres  Aus- 
setzen des  Nachm.Unterrichts  eintreten  könne,  wollen  wir  dem  einsichtigen  Er- 
messen unserer  Directoren  und  Bectoren  anheimstellen." 

Anordnungen  zur  Verhütung  der  Uebertragung  ansteckender 
Krankheiten  durch  die  Schulen.  a)  C.Verf.  v.  14.  Juli  1884  an  die 
K.  Begier.  Präsidenten.  „Zur  Beseitigung  von  Zweifeln  in  Betreff  der 
Schliefsung  von  Schulen  bei  ansteckenden  Krankheiten  bestimmen  wir  unter 
Verweisung  auf  die  Vorschriften  in  §  14  des  durch  die  Allerhöchste  Ordre  vom 
8.  Aug.  1835  genehmigten  Begulativs  über  die  sanitätspolizeilichen  Vorschriften 
(s.  p.  270)  und  auf  das  Gutachten  der  Abteilung  far  die  Medicinalangelegenheiten 
im  Ministerium  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten  v.  26.  Oct.  1866  (s.  p.  271)  sowie 
unter  Beifügung  einer  Anweisung  zur  Verhütung  der  Uebertrag^ing  ansteckender 
Krankheiten  durch  die  Schulen,  Folgendes: 

Ueber  die  Schliefsung  einer  Schule  auf  dem  Lande  und  in  Städten,  welche 
unter  dem  Landrathe  stehen,  hat  der  Landrath  unter  Zuziehung  des  Kreisphy- 
sikus  zu  entscheiden.  Von  jeder  Schliefsung  hat  der  Landrath  dem  Kreis- 
Schulinspector  Mitteilung  und  der  vorgesetzten  Schulaufsichtsbehörde  Anzeige 
zu  machen. 

In  Städten,  welche  nicht  unter  einem  Landrathe  stehen,  ist  über  die 
Schliefsung  der  Schulen  von  dem  Polizeiverwalter  des  Ortes  nach  Anhörung  des 
Kreisphysikus  und  des  Vorsitzenden  der  Schuldepntation  zu  entscheiden.  Die 
Schliefsung  ist  durch  den  Ortsschulinspector  zur  Ausführung  zu  bringen  und 
gleichzeitig  von  derselben  der  Schulaufsichtsbehörde  Anzeige  zu  erstatten. 

Ew.  ersuchen  wir  ergebenst,  das  in  medicinal-polizeilicher  Hinsicht  zur 
Durchführung  der  getroffenen  Anordnungen  Erforderliche  gefälligst  zu  ver- 
anlassen. 

Wiese,  Verordniuigen.  18 


274 


Die  Provinzial-Soholbehörden  haben  AbBchrift  dieser  Yerfagang  und  ihrer 
Anlage  erhalten.*^  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v.  Gofsler.  Der  Min.  d. 
Innern.    In  Yertr.  Herrfnrth. 

b)  Anweisung  znr  Verhütung  der  üebertragnng  ansteckender 
Krankheiten  durch  die  Schulen.  „1.  Zu  den  Krankheiten,  welche  yer- 
mOge  ihrer  Ansteckungsfähigkeit  besondere  Vorschriften  für  die  Schulen  nöthig 
machen,  gehören: 

a.  Cholera,  Buhr,  Masern,  Böthein,  Scharlach,  Diphtherie,  Pocken,  Fleck- 
typhus und  Bückfallsfieber; 
b   Unterleibstyphus,  contagiöse  Augenentzündung,  Krätze  und  Keuchhusten, 
der  letztere,  sobald  und  so  lange  er  krampfartig  auftritt. 

2.  Kinder,  welche  an  einer  in  Nr.  la.  oder  b.  genannten  ansteckenden 
Krankheit  leiden,  sind  vom  Besuche  der  Schule  auszuschliefsen. 

3.  Das  Gleiche  gilt  von  gesunden  Kindern,  wenn  in  dem  Hausstande, 
welchem  sie  angehören,  ein  Fall  der  in  Nr  1  a.  genannten  ansteckenden  Krank- 
heiten vorkommt,  es  müfste  denn  ärztlich  bescheinigt  sein,  dafs  das  Schulkind 
durch  ausreichende  Absonderung  Tor  der  Glefahr  der  Ansteckung  geschützt  ist 

4.  Kinder,  welche  gemäfs  Nr.  2  oder  3  vom  Schulbesuche  ausgeschlossen 
worden  sind,  dürfen  zu  demselben  erst  dann  wieder  zugelassen  werden,  wenn 
entweder  die  Gefahr  der  Ansteckung  nach  ärztlicher  Bescheinigung  für  beseitig^ 
anzusehen  oder  die  für  den  Verlauf  der  Krankheit  erfahrungsmäfsig  als  Begel 
geltende  Zeit  abgelaufen  ist.  Als  normale  Krankheitsdauer  gelten  bei  Schar- 
lach und  Pocken  sechs  Wochen,  bei  Masern  und  Böthein  vier  Wochen.  Es 
ist  darauf  zu  achten,  dafs  vor  der  Wiederzulassung  zum  Schulbesuche  das  Kind 
und  seine  Kleidungsstücke  gründlich  gereinigt  werden. 

5.  Für  die  Beobachtung  der  unter  Nr.  2 — 4  gegebenen  Vorschriften 
ist  der  Vorsteher  der  Schule  (Director,  Bector,  Hauptlehrer,  erster  Lehrer,  Vor- 
steherin etc.),  bei  einklassigen  Schulen  der  Lehrer  (Lehrerin)  yerantwortlich. 
Von  jeder  Ausschliefsung  eines  Kindes  vom  Schulbesuche  wegen  ansteckender 
Krankheit  —  Nr.  2  und  3  —  ist  der  Ortspolizeibehörde  sofort  Anzeige  zu 
machen. 

6.  Aus  Pensionaten,  Convicten,  Alumnaten  und  Internaten  dürfen  Zöglinge 
während  der  Dauer  oder  unmittelbar  nach  dem  Erlöschen  einer  im  Hause  auf- 
getretenen ansteckenden  Krankheit  nur  dann  in  die  Heimath  entlassen  werden, 
wenn  dies  nach  ärztlichem  Gutachten  ohne  die  'Gefahr  einer  Uebertragung  der 
Krankheit  geschehen  kann  und  alle  vom  Arzte  etwa  für  nöthig  erachteten 
Vorsichtsmafsregeln  beobachtet  werden.  Unter  denselben  Voraussetzungen  sind 
die  Zöglinge  auf  Verlangen  ihrer  Eltern,  Vormünder  oder  Pfleger  zu  entlassen. 

7.  Wenn  eine  im  Schulhause  wohnhafte  Person  in  eine  der  unter  Nr.  ia. 
und  Ib.  genannten,  oder  eine  aufserhalb  des  Schulhauses  wohnhafte,  aber  zum 
Hausstande  eines  Lehrers  der  Schule  gehörige  Person  in  eine  der  unter  Nr.  la. 
genannten  Krankheiten  verfällt,  so  hat  der  Haushaltungsvorstand  hiervon  sofort 
dem  Schulvorstande  (Curatorium)  und  der  Ortspolizeibehörde  Anzeige  zu  machen. 
Die  letztere  hat»  wenn  möglich  unter  Zuziehung  eines  Arztes,  für  die  thunlichste 
Absonderung  des  Kranken  zu  sorgen  und  über  die  Lage  der  Sache,  sowie  über 
die  von  ihr  vorläufig  getroffenen  Anordnungen  dem  Landrathe  Bericht  zu  er- 
statten. Der  Landrath  hat  unter  Zuziehung  des  Kreisphysikus  darüber  zu  ent- 
scheiden, ob  die  Schule  zu  schlieisen  oder  welche  sonstige  Anordnungen  im 
Interesse  der  Gesundheitspflege  zu  treffen  sind.  In  Städten,  welche  nicht  unter 
dem  Landtrathe  stehen,  tritt  an  die  Stelle  des  letzteren  der  Polizei- Verwalter 
des  Ortes.        Diese  Vorschrift  gilt  auch  für  die  in  Nr.  6  bezeichneten  Anstalten. 

8.  Sobald  in  dem  Orte,  wo  die  Schule  sich  befindet,  oder  in  seiner 
Nachbarschaft  mehrere  Fälle  einer  ansteckenden  Krankheit  (Nr.  1)  zur  Kenntnis 


275 

kommen,  haben  Lehrer  nnd  Schnlvorstand  ihr  besonderes  Angenmerk  auf  Bein- 
haltang  des  Schnlgmndstückes  ndd  aller  seiner  Teile,  sowie  auf  gehörige 
Lüftung  der  Elassenräume  zu  richten.  Insonderheit  sind  die  Sch^izimmer 
und  die  Bedürfhisanstalten  täglich  sorgsam  zu  reinigen.  Schulkindern  d^ 
4iese  Arbeit  nicht  übertragen  werden«  Die  Schulzimmer  sind  während  der 
unterrichtsfreien  Zeit  andauernd  zu  lüften,  die  Bedürfnisanstalten  nach  der 
Anordnung  der  Ortspolizeibehörde  regelmäfsig  zu  desinficiren.  Diese  Vor- 
schrift gilt  auch  far  die  in  Nr.  6  bezeichneten  Anstalten  und  erstreckt  sich 
lur  diese  auf  die  Wohnungs-,  Arbeits-  und  Schlafrfiume  der  Zöglinge. 

9.  üeber  die  Schliefsung  von  Schulen  oder  einzelnen  Klassen  derselben 
wegen  ansteckender  Krankheiten  hat  der  Landrath  unter  Zuziehung  des  Kreis- 
physikus  zu  entscheiden.  Ist  Oefahr  im  Verzuge,  so  können  der  Schnlvorstand 
(Curatorium)  und  die  Ortspolizeibehörde  auf  Grund  ärztlichen  Gutachtens  die 
Schliefsung  anordnen.  Sie  haben  aber  hiervon  sofort  ihrer  vorgesetzten  Behörde 
Anzeige  zu  machen.  Aufserdem  sind  sie  verpflichtet,  alle  gefahrdrohenden 
Krankheitsverhältnisse,  welche  eine  Schliefsung  der  Schule  angezeigt  erscheinen 
lassen,  zrur  Kenntnis  ihrer  vorgesetzten  Behörden  zu  bringen. 

10.  Die  Wiedereröffnung  einer  wegen  ansteckender  Krankheit  geschlossenen 
Schule  oder  Schulklasse  ist  nur  nach  vorangegangener  gründlicher  Beinigung 
und  Desinfection  des  Schullocals  zulässig.  Sie  darf  nur  erfolgen  auf  Grund  einer 
vom  Landrathe  unter  Zuziehung  des  Kreisphjsikus  zu  treffenden  Anordnung.  In 
Städten,  welche  nicht  unter  dem  Landrathe  stehen,  tritt  an  die  Stelle  des  letz- 
teren der  Polizeiverwalter  des  Ortes. 

11.  Die  vorstehenden  Vorschriften  Nr.  1 — 10  finden  auch  auf  private 
Unterrichts-  und  Erziehungsanstalten  einschliefslich  der  Kinderbewahranstalten, 
Spielschulen,  Warteschulen,  Kindeingärten  etc.  Anwendung." 

C.Verf.  V.  6.  Aug.  1885.  „Seitens  eines  Prov. SchulcoUegiums  sind 
unter  Hinweis  auf  einzelne  Bestimmungen  unseres  Erlasses  v.  14.  Juli  v.  J. 
nnd  der  dazu  gehörigen  Anweisung  über  die  Schliefsung  von  Schulen  bei  an- 
steckenden Krankheiten  Zweifel  darüber  ausgesprochen  worden,  ob  dieser  Erlafs 
und  die  Anweisung  auf  höhere  Schulen  Anwendung  finden  und  bei  der  Schliefsung 
derselben  die  angeordnete  Mitwirkung  der  Landrathe  einzutreten  habe.  Zur 
Beseitigung  dieser  Zweifel  weisen  wir  darauf  hin,  dafs  nach  dem  Zwecke  und 
4em  Wortlaute  des  Erlasses  (zu  vgl.  sind  die  Nummern  5,  6,  7,  8,  9  der  An- 
weisung, in  denen  von  den  wesentlich  nur  bei  höh.  Schulen  vorkommenden 
Directoren,  Pensionaten,  Convicteu,  Alumnaten,  Curatorien  die  Bede  ist)  dieselben 
auch  auf  höh.  Schulen  sich  beziehen  und  die  Landrathe  als  Organe  der 
Polizeiverwaltung  auch  bei  diesen  Anstalten  mitzuwirken  haben.  Wir  be- 
stimmen femer,  dafs  überall  da,  wo  nach  dem  gedachten  Erlasse  und  der  dazu 
gehörigen  Anweisung  die  für  die  Verwaltung  der  niederen  Schulen  bestehenden 
Organe  (Kreis-,  Orts-Schulinspector,  Schulvorstand)  zur  Mitwirkung  bei  dem 
angeordneten  Verfahren  berufen  sind,  bei  den  höheren  Schulen  bezw.  den  Pen- 
sionaten, Convicten,  Alumnaten  etc.  die  Leiter  derselben  und,  wenn  ein  beson- 
deres coUegialisch  geordnetes  Verwaltungsorgan  (Curatorium,  Verwaltungsrath  etc.) 
besteht,  auch  ein  irgendwie  erheblicher  Zeitverlust  dadurch  nicht  verursacht 
wird,  der  Vorsitzende  desselben,  bezw.  dessen  Stellvertreter  die  jenen  zuerst- 
genannten Organen  zugewiesenen  Befugnisse  auszuüben  haben."  Der  Min.  d. 
Innern.  In  Vertr.  Herrfurth.  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  In  Vertr. 
Lucanu^. 

Pockenimpfung. 

Nothwendigkeit  der  Impfung  für  aufzunehmende  Schüler 
C.Verf.  V.  31.  Oci  1871.     „Die  groDse  Ausdehnung  der  Pockenepidemie  in 

18* 


276 

neuerer  Zeit  nöthigt  dazu,  in  dieser  Beziehung  anf  schützende  Mafsregeln  für  die 
die  öffentl.  Schulen  besuchende  Jugend  Bedacht  zu  nehmen.  Ich  finde  mich 
deshalb  mit  Bezug  auf  §  54  u.  §  56  des  durch  die  Allerhöchste  Ordre  y.  8.  Aug. 
1835  bestätigten  Begulativs,  die  sanitätspolizeilichen  Vorschriften  bei  ansteckenden 
Krankheiten  betreffend,  veranlafst,  hiermit  anzuordnen,  dafs  von  Seiten  der  Prov. 
Aufsichtsbehörden  die  Directoren  resp.  Bectoren  deijenigen  öffentl.  Schulen,  deren 
Besuch  nicht  obligatorisch  ist,  angewiesen  werden,  hinfort  die  Aufnahme  der 
Knaben  (resp.  Mädchen  u.  a.)  auch  von  der  Beibringung  eines  Attestes  über 
die  stattgehabte  Impfung  resp.  Bevaccination  abhängig  zu  machen."  Der 
Min.  etc.  y.  Müh  1er. 

C. Verf.  V.  7.  Jan.  1874.  „Nach  der  C.Verf.  v.  31.  Oct.  1871  gehört 
zu  den  Erfordernissen  für  die  Aufnahme  in  diejenigen  öffentl.  Schulen,  deren 
Besuch  nicht  obligatorisch  ist,  die  Beibringung  eines  Attestes  über  die  geschehene 
Schutzpockenimpfüng  resp.  Bevaccination.  In  welchem  Fall  die  letztere  statt- 
geftinden  haben  mufs,  ist  dabei  nicht  angegeben  worden,  bedarf  aber  nach  vor- 
liegenden Erfahrungen  einer  näheren  Bestimmung.  Demgemäfs  wird  die  ge- 
dachte Verfügung  hiermit  dahin  präcisirt,  dafs  bei  der  Auftiahme  von  Kindern, 
welche  das  zwölfte  Lebensjahr  bereits  überschritten  haben,  nicht  blofs  der 
Nachweis  der  ersten  Impfung,  sondern  auch  der  stattgehabten  Bevaccination  zu 
fordern  ist." 

Aus  dem  Beichs-Impfgesetz  v.  8.  Apr.  1874: 

„§  1.  Der  Impfung  mit  Schutzpocken  soll  unterzogen  werden  —  jeder 
Zögling  einer  öffentl.  Lehranstalt  oder  einer  Privatschule,  mit  Ausnahme  der 
Sonntags-  und  Abendschulen,  innerhalb  des  Jahres,  in  welchem  er  das 
12.  Lebensjahr  zurücklegt,  sofern  er  nicht  nacbärztl.  Zeugnis  in  den  letzten  5  Jahren 
die  natürlichen  Blattern  überstanden  hat  oder  mit  Erfolg  geimpft  ist.  §  7. 
Ueber  die  auf  Grund  des  §  1  zur  Impfung  gelangenden  Kinder  haben  die  Vor- 
steher der  betr.  Lehranstalten  eine  Liste  anzufertigen.  §  13.  Die  Vorsteher 
derjenigen  Schulanstalten,  deren  Zöglinge  dem  Impfzwange  unterliegen,  haben 
bei  der  Aufnahme  von  Schülern  durch  Einforderung  der  vorgeschriebenen  Be- 
scheinigungen festzustellen,  ob  die  gesetzliche  Impfhng  erfolgt  ist.  Sie  haben 
dafür  zu  sorgen,  dafs  Zöglinge,  welche  während  des  Besuchs  der  Anstalt  nach 
§  1  impfpflichtig  werden,  dieser  Verpflichtung  genügen.  Ist  eine  Impfung  ohne 
gesetzl.  Grund  unterblieben,  so  haben  sie  auf  deren  Nachholung  zu  dringen. 
Sie  sind  verpflichtet,  4  Wochen  vor  Schlufs  des  Schuljahrs  der  zuständigen  Be- 
hörde ein  Verzeichnis  derjen.  Schüler  vorzulegen,  far  welche  der  Nachweis  der 
Impfung  nicht  erbracht  ist.  §  15.  Schulvorsteher,  welche  den  durch  §  7  und 
§  13  ihnen  auferlegten  Verpflichtungen  nicht  nachkommen,  werden  mit  Geld- 
strafe bis  zu  100  M.  bestraft.  §  18.  Die  Vorschriften  dieses  Gesetzes  treten 
mit  dem  1.  Apr.  1875  in  Kraft." 

Nachweis  stattgehabter  Impfung  bei  Aufnahme  von  Schülern 
in  ünterichtsanstalten.  Min. Verf.  an  die  Eegierung  zu  N.  v.  18. 
März  1885.  „Der  K.  Regierung  erwidere  ich  auf  den  Bericht  v.  25.  Jan.  d.  J., 
betr.  die  Aufnahme  ungeimpfter  Kinder  in  Lehranstalten,  welche  der  allgemeinen 
Schulpflicht  nicht  dienen,  unter  Wiederanschlufs  der  Anlagen,  dafs  die  dies- 
seitigen Circular-Erlasse  v.  31.  Oct.  1871  und  v.  7.  Jan.  1874  als  durch  das 
Reichsimpfgesetz  v.  8.  Apr.  1874  aufgehoben  njcht  angesehen  werden  können, 
dafs  ich  mich  auch  nicht  veranlafst  finden  kann,  die  im  Interesse  der  Gesund- 
heitspfiege  in  der  Schule  durch  jene  Erlasse  getroffenen  Anordnungen  mit  Rück- 
sicht auf  die  Bestimmungen  in  §§  1  und  13  des  Impfgesetzes  aufser  Kraft 
zu  setzen." 


277 


Anhangr  zn  den  yorangrehenden  Abteilungfen  4  und  ö. 

1)  Denkschrift,  betr.  di^  Frage  der  üeberbürdung  der 
Jugend  an  unseren  höheren  Schulen.*) 

Der  Vorwarf,  dafs  unsere  höheren  Schulen  durch  die  Ansprüche,  welche  sie 
an  ihre  Schüler  in  den  Lectionen  und  aufserhalb  derselben  stellen,  die  körperliche 
und  geistige  Entwickelung  der  Jugend  geHlhrden,  ist  innerhalb  der  letzten  fünfzig 
Jahre  zuerst  von  Dr.  Lorinser  erhoben  worden  in  dem  1836  publicirten  Aufsatze: 
Zum  Schutze  der  Gesundheit  in  den  Schulen.  Durch  die  CO.  vom 
2.  Febr.  1836  ist  der  Unterrichtsminister  zu  eingehender  Prüfung  der  erhobenen 
Anklage  und  zum  Berichte  aufgefordert  Nach  Einziehung  der  Aeufserungen  von 
allen  Gymnasialdirectoren  und  LehrercoUegien  und  der  zusammenfassenden  Gut- 
achten der  Prov. Schulcollegien  sind  durch  £e  C.  V  erf.  v.  24.  Oct.  1837  (s.  p.  53  ff.) 
die  Vorwürfe  Lorinsers  auf  ein  sehr  bescheidenes  Mafs  beschrilnkt  worden;  durch 
diese  Verfügung  sind  zugleich  für  die  Lehreinrichtung  der  Gvmnasien  die  Grund- 
züge vorgezeichnet,  weläe  im  Wesentlichen  noch  jetzt  in  Öeltung  stehen.  Die 
hiermit  verbundenen  wohl  erwogenen  Rathschl'äge  sind  zu  grofsem  Teile  noch  jetzt 
der  Beachtung  in  gleichem  Mafse  zu  empfehlen.  Durch  Immediatbericht  v. 
28.  Nov.  1837  ist  die  Gircular- Verfügung  zur  Kenntnis  Sr.  Majestät  gebracht;  in 
dem  Immediatberichte  wird  überdies  nachpfewiesen,  dafs  bezüglich  der  Tauglichkeit 
für  den  Militärdienst  die  aus  den  Gymnasien  hervorgegangenen  Jünglinge  und  die 
Studirenden  ungleich  günstiger  stehen,  als  die  Handels-  und  Kunstbeflissenen. 

Von  da  an  scheint,  soviel  aus  den  Acten  zu  entnehmen,  eine  Zeit  lang  Be- 
ruhigung in  der  fraglichen  Angelegenheit  eingetreten  zu  sein.  Im  Jahre  1854  hat 
das  Unterrichts-Ministerium  sich  veranlafst  gefunden,  durch  die  C.  Verf.  v.  20.  Mai 
1854  (s.  p.  254  f.)  dem  üeberschreiten  des  richtigen  Mafses  in  der  Forderung  häus- 
licher schriftlicher  Arbeiten  entgegenzutreten;  die  in  dieser  Verfügung  zur 
Geltung  gebrachten  (bereits  grofsenteils  in  der  vom  24.  Oct.  J837  enthaltenen) 
Gesichtspunkte  sind  sodann  in  die  allgemeine,  den  Gymnasial-Lehrplan  modificirende 
G.Verf.  V.  7.  Jan.  1856  (s.  p.  66  ff)  aufgenommen  worden. 

Zwei  Jahrzehnte  später  gab  die  in  der  Presse  mit  erneuter  Lebhaftigkeit 
■ich  erhebende  Anklage  wegen  Üeberbürdung  der  Jugend  seitens  der  höh.  Schulen, 
insbes.  der  Gymnasien,  den  Anlafs  zu  der  G.Verf.  v.  14.  Oct.  1875  (p.  p.  255 f.). 
Ihrem  wesentlichen  Inhalte  nach  ist  dieselbe  eine  Wiederholung  und  Einschärfung 
der  früheren  in  dieser  Beziehung  erlassenen  Vorschriften.  Der  eine  darin  neue 
Punkt,  dafs  die  Eltern  ausdrücklich  aufgefordert  werden,  Fälle  der  Üeberbürdung, 
welche  sie  bei  ihren  Söhnen  beobachten,  zur  Kenntnis  des  Directors  zu  bringen, 
unter  der  Versicherung,  dafs  eine  solche  Mitteilung  nicht  als  Beschwerde  gegen 
die  Schule  werde  angesehen  werden,  hat  den  beabsichtigten  Erfolg  nicht  gehabt. 
Die  Eltern  besorgen  grofsenteils,  durch  eine  derartige  Mitteilung  ihren  Söhnen  zu 
schaden;  ob  diese  Besorgnis  durch  das  Verhalten  der  Lehrer  und  Directoren  be- 
gründet ist,  mufs  dahin  gestellt  bleiben ;  wo  Beschwerdefälle  bis  zur  Kenntnis  der 
Centralinstanz  gelangt  sind,  haben  sie  die  eingehendste  Ermittelung  veranlafst  und 
ist  zutreffenden  Falles  den  Lehrern  und  Directoren  die  entschiedene  Weisung  nicht 
erspart  worden.  Jedenfalls  aber  hat  die  Circular- Verfügung  vom  14.  Oct.  1875 
den  Erfolg  gehabt,  dafs  die  Aufmerksamkeit  der  Directoren  —  wie  dies  auch  durch 
die  Verhandlungen  von  Directoren-Conferenzen  constatirt  wird  —  und  insbes.  die 
der  Aufsichtsorgane  dauernd  dieser  Frage  zugewendet  ist.  Die  Departementsräthe 
der  Prov.  Schulcollegien  und  die  technischen  Räthe  des  Ministeriums  haben  bei 
ihren  Revisionen  der  höh.  Schulen  sich  nicht  damit  begnügt,  zu  prüfen,  ob  der  für 
die  einzelnen  Klassen   aufgestellte  Arbeitsplan  an   sich  zweckmäfsig  sei  und  das 


*)  Dia  Denksohrift  wurde  w&hrand  der  16.  LegUlatarperiode  dei  Hauses  der  Abgeordneten 
I.  Session  1882/83,  in  der  Gommissioa  fttr  d*s  Unterriohtswesen  nach  dem  7.  Berichte  Aber  Petitionen 
T.  23.  Apr.  1883  (Dmoksaohen  Nr.  180)  Torgelegt  und  w&hrend  der  IL  Session  1883/84  sum  1.  Bericht 
ftbor  Petitionen  Tom  1.  Febr.  1884  (Drucksachen  Kr.  83)  wieder  aufgenommen.  Die  betr.  Berathung 
Im  Plenum  des  Abgeordnetonhauses  fand  am  14.  Febr.  1884  statt.  (Steaogr.  Bericht  der  49.  Sitaang 
p.  1468    1476.) 


278 

darin  festgesetzte  Mafs  wirklich  eingehalten  werde,  vielmehr  haben  dieselben  durch 
Einsichtnahme  in  die  cesamten  schriftlichen  Arbeiten  der  Schüler  sich  ein  be* 
stimmtes  Urteil  über  die  Schwierigkeit  derselben  verschafift  und  durch  den  Besuch 
der  Lectionen  zugleich  ermittelt,  in  welchem  Mafse  dieselben  durch  den  Unterricht 
vorbereitet  werden.  Die  Frage  der  Ueberbürdung  ist  nicht  als  eine  vereinzelte 
oder  neben  den  übrigen  selbständig  hergehende  betrachtet  worden,  sondern  nur 
als  ein  besonderer  Ausdruck  der  Frage  nach  der  Zweokmafsigkeit  der  Lehreinrich- 
tung und  ihrer  Ausführung  überhaupt.  Die  Weisungen,  welche  der  Revisor  in  der 
mit  dem  Lehrercollegiuin  gehaltenen  SchluTsconferenz  oder  sodann  die  betr.  Behörde 
in  dem  Eevisionsbescheide  gegeben  hat,  sind,  soweit  sie  den  Unterrichtsbetrieb  be- 
treffen, zugleich  direct  oder  indirect  auf  Beseitigung  beobachteter  oder  besorg^r 
Ueberbürdung  gerichtet.  Durch  diese  andauernde  und  eingehende  Aufmerksamkeit 
durfte  die  Unterrichts  Verwaltung  glauben,  darüber  mit  ausreichender  Sicherheit 
informirt  zu  sein,  in  welchem  Mafse  den  ununterbrochen  mit  Jjebhaftigkeit  erneuten 
Klagen  wegen  Ueberbürdung  der  Schüler  an  höheren  Schulen  Berechtigung  zu- 
zuerkennen sei,  und  worin  die  hauptsächlichsten  Anlässe  in  den  thatsächlich  etwa 
vorkommenden  Fällen  der  Ueberbürdung  zu  suchen  seien.  Zur  Sicherung  oder  zu 
etwaiger  Berichtigung  der  auf  diesem  Wege  gewonnenen  Auffassung  hat  unter 
d.  3.  Jan.  1882  der  Unterrichtsminister  die  sämtlichen  Oberpräsidenten  veranlafst, 
die  Departementsräthe  der  Prov.  Schulcollegien  zu  einem  vertraulichen  Berichte 
darüber  aufzufordern,  ob  nach  ihren  persönlichen  Beobachtungen  und  Erfahrungen 
an  den  höh.  Schulen  ihres  Amtsbereiches  Ueberbürdung  der  Schüler  äurch  häus- 
liche Arbeiten  stattfinde,  event  an  welchen  Schulen,  oder  in  welchen  Klassen, 
oder  für  welche  Lehrgegenstände  dieselbe  beobachtet  und  was  als  Ursache  der» 
selben  vorausgesetzt  sei.  Zugleich  sind  die  Oberpräsidenten  ersucht  worden,  auf 
Ghrund  ihrer  eigenen  Kenntnis  der  Sache  diesen  Berichten  ihre  persönliche  Aeufsernnir 
beizufügen. 

Die  hierauf  erstatteten  zum  Teil  sehr  eingehenden  Berichte  der  ProvinziaU 
Schulräthe  und  Aeufserungen  der  Oberpräsidenten  sind  nicht  Ergebnisse  einer 
CoUegial-Berathung,  durch  welche  leicht  die  persönliche  Erfahrung  und  Auffassung 
des  einzelnen  Mitgliedes  abgeblafst  wird,  sondern  ausschliefslich  der  Ausdruck  der 
persönlichen  Ueberzeugung  eines  jeden  Berichterstatters  und  machen  schon  durch 
die  Verschiedenheit  der  zur  Geltung  gebrachten  Gesichtspunkte  den  Eindruck  der 
vollen  Unbefangenheit  und  Selbständigkeit.  Die  Provinzial-Schulräthe  sind  durch 
die  in  ihrer  Amtspflicht  liegende  stetige  Einsichtnahme  in  den  Unterrichtsbetrieb 
der  höh.  Schulen  und  durch  die  sich  nothwendig  ihnen  darbietende  Vergleichung 
der  Schulen  unter  einander  jedenfalls  in  der  Lage,  zu  einer  begründeten  Ansicht 
in  der  Sache  zu  gelangen;  die  Oberpräsidenten  haben  reichlichen  Anlafs,  mit  der-^ 
jenigen  Auffassung,  welche  sie  als  Vorsitzende  der  Prov.  Schulcollegien  kennen 
lernen,  die  in  anderen  Kreisen  verbreiteten  Ueberzeugungen  zu  vergleichen.  Die 
Erfahrung  aus  dem  Schulbesuche  der  eigenen  Söhne,  welche  die  Grundlage  zu  den 
Vorwürfen  wegen  Ueberbürdung  der  Schüler  zu  bilden  pflegt,  hat  auch  einem 
Teile  der  Schulräthe  und  Oberpräsidenten  zur  Verfügung  gestanden  und  ist  von 
denselben  ausdrücklich  benützt  worden;  dafs  diese  Schüler  ein  anderes  Verfahren 
seitens  der  Schule  zu  erwarten  hätten,  als  andere  Schüler,  wird  Niemand  für  wahr- 
scheinlich erachten,  der  das  Verfahren  unserer  höh.  Schulen  in  dieser  Beziehung 
kennt.  Die  Berichte  der  Schulräthe  und  die  Aeufserungen  der  Oberpräsidenten^ 
deren  Glaubwürdigkeit  aus  den  bezeichneten  Erwägungen  sich  ergiebt,  stehen  zu 
der  Auffassung,  zu  welcher  die  Unterrichtsverwaltung  bereits  vorher  gelangt  war, 
an  keiner  Stelle  in  Widerspruch,  sondern  haben  zur  Bestätigung  und  Ergänzung 
derselben  beigetragen. 

Die  principielle  Frage,  ob  der  unseren  höh.  Schulen  gemachte  Vorwurf  der 
Ueberbürdung  ihrer  Schüler  thatsächlich  begründet  sei,  wird  von  12  Schulräthen 
und  3  Oberpräsidenten  mit  Entschiedenheit  verneint.  Diese  Verneinung  darf  nicht 
in  dem  Sinne  aufgefafst  werden,  dafs  in  keinem  einzigen  Falle  —  etwa  in  Folge 
mangelnden  Lehrgeschickes  oder  übertriebenen  Eifers  eines  Lehrers  in  Geltend- 
machung seines  Unterrichtsfaches  —  Ueberbürdung  von  Schülern  stattgefunden 
habe ;  vereinzelte  Fälle  dieser  Art  werden  sich  nie  ninz  vermeiden,  aber  auch  ohne 
erhebliche  Schwierigkeit  wieder  beseitigen  lassen.  Vielmehr  ist  der  Verneinung 
der  Frage  nur  die  Bedeutung  beizumessen,  dafs  Ueberbürdung  der  Schüler  nicht 


279 

irgend  annähernd  in  einer  Häufigkeit  yorkomme,  welohe  sie  beinahe  zu  einem 
Gharakterztti^  unserer  höh.  Schulen  mache  und  den  erhobenen  Vorwurf  be- 
gründe. —  Einer  der  Oberpräsidenten,  welche  die  Thatsächlichkeit  der  Ueber- 
bürdung  in  Abrede  stellen,  macht  darauf  aufmerksam,  dafs  der  „Ruf  wegen  üeber- 
bürdung  vorzüglich  in  den  sogenannten  bessern  Kreisen  der  GesellschflSt  und  viel 
weniger  in  den  Familien  laut  wird,  wo  die  ernste  ausdauernde  Arbeit  und  das  mit 
Scdiweifs  verbundene  Ringen  nach  einem  festen  Ziele  als  ein  anerkanntes  und  gern 
getragenes  Lebensgesetz  gilt."  Einer  der  Schulräthe,  der  übrigens  nicht  unter  den 
Torb^eichneten  zwölf  Räthen  sich  befindet,  weist  auf  f^lle  hin,  in  denen  ohne 
Rücksicht  auf  die  seitens  der  Schule  dagegen  gemachten  Vorstellungen  Schüler 
aufser  Musikunterricht  acht  und  mehr  wöchentliche  Lehrstunden  im  Hebräischen 
und  in  Talmudiscjier  Wissenschaft  erhalten,  während  man  dennoch  nicht  ^denken 
trägt,  von  einer  durch  die  Schule  verschuldeten  Ueberbürdung  zu  sprechen. 

Die  übrigen  Oberpräsidenten  und  Schulräthe  erkennen,  wenn  auch  mit  er- 
heblichen Unterschieden  des  Grades,  die  Ueberbürdung  der  Schüler  an  höh.  Schulen 
als  eine  jedenfalls  in  solchem  Mafse  vorkommende  Thatsache  an,  dafs  es  Aufgabe 
der  Unterrichtsverwaltung  wird,  auf  die  Beseitigung  des  Uebelstandes  Bedacht  zu 
nehmen;  die  Provinzial-Schulräthe  verbinden  mit  dieser  Erklärung  eine  zum  Teil 
in  das  Einzelnste  eingehende  Darlegung  der  Ueberzeugung  über  die  Ursachen  und 
Anlässe  der  Ueberbürdung,  zu  welcher  umfassende  Beobachtung  sie  gefuhrt  habe. 

Die  Entschiedenheit  der  in  erheblicher  Zahl  abgegebenen  verneinenden  Er- 
klärungen auf  die  principielle  Frage  darf  als  ein  Zeichen  dafür  betrachtet  werden, 
dafs  die  Ueberbürdung  der  Schüler  mit  dem  gegenwärtigen  Unterrichtsbetriebe  an 
unseren  höh.  Schulen  nicht  nothwendig  verbunden  ist  und  dafs  dem  darauf  ge* 
richteten  Vorwurfe  nicht  in  der  Allgemeinheit,  in  welcher  er  erhoben  wird,  Geltung 
ksom  beigemessen  werden.  Aber  selbst  bei  beschränkterem  Umfange  der 
Geltung  hat  die  Unterrichtsverwaltung  es  als  ihre'  Pflicht  erachtet,  den  Ursachen 
der  Ueberbürdung,  soweit  dieselbe  thatsächlich  stattfindet,  nachzuforschen  und  auf 
deren  möglichste  Beseitigung  Bedacht  zu  nehmen.  Die  breite  Gh*undlage  der  Er- 
fahrung und  der  sachkundigen  Beobachtung,  auf  welche  die  Unterrichtsverwaltung 
sich  hierbei  zu  stützen  vermag,  begründet  die  Zuversicht,  dafs  subjective  Willkür 
der  Auffasscmg  möglichst  fem  gehalten  und  kein  wesentliches  Moment  übersehen 
ist.  Indem  im  Folgenden  mit  der  Erörterung  der  vomehmlichsten  Ursachen  von 
Ueberbürdung  zugleich  die  zu  ihrer  Beseitigung  eingeschlagenen  Wege  bezeichnet 
werden,  wird  sich  bestätigen,  dafs  fast  jede  Mafsregel,  welche  auf  zweckmäfsigere 
Herstellung  des  Lehrganges  unserer  höh.  Schulen  und  der  Ausführung  des  Unter- 
richts gerichtet  ist,  zugleich  dazu  dient,  die  Gefahr  der  Ueberbürdung  zu  mindern. 

L    Idegt  die  Umaohe  der  Ueberbürdung  in  einer  Steigerung  der  den 

höheren  Schalen  gesetzten  LehrsieleP 

Ausnahmslos  wird  von  den  Schulräthen,  und  man  darf  hinzusetzen  von  allen 
Kennern  unserer  Schuleinrichtungen,  anerkannt,  dafs  bezüglich  der  Lehrziele  für  die 
einzelnen  Gegenstände  des  Gymnasialunterrichts  und  bezüglich  der  hiemach  in 
der  Reifeprüfung  zu  stellenden  Forderungen  eine  Steigerung  innerhalb  der  letzten 
fünf  Jahrzehnte  nicht  eingetreten  ist.  Diese  Erklärung  läßt  sich  über  einen  so 
weiten,  die  sichere  Erinnerung  des  Einzelnen  meist  überschreitenden  Zeitraum  mit 
Bestimmtheit  abgeben  auf  Grund  der  durch  das  Prüfungsregiement  vom  4.  Juni 
1834,  welches  im  Wesentlichen  bis  jetzt  in  Geltung  stand,  erfolgten  Normirung 
der  Prüfungsforderungen.  Mit  dieser  Anerkennung,  dafs  die  Lehrziele  der  Gym- 
nasien nicht  erhöht  sind,  wird  von  einigen  Seiten  noch  die  unbestreitbare  Be- 
merkung verbunden,  daXs  durch  die  inzwischen  im  Allgemeinen  eingetretene 
Besserung  der  Lehrmethode  und  der  Lehrmittel  das  Erreichen  dieses  Zieles  in 
jedem  Gegenstande  erleichtert  sei. 

Dagegen  wird  —  und  dies  ist  als  zutreffend  anzuerkennen  —  eine  gewisse 
Steigerung  der  Anforderungen  darin  gefunden,  dafs  auf  das  Erreichen  eines  Mmimal- 
mafses  der  Kenntnisse  und  Leistungen  in  allen  obligatorischen  Lehrgegenständen 
gegenwärtig  strenger  gehalten  werde,  nicht  auf  Grund  einer  Aenderung  in  der 
Prüfungsordnung,  sondern  in  Folge  davon,  dafs  auch  für  die  sonst  minder  beachteten, 
fast  dem  Zufalle  preisgegebenen  Lehrgegenstände  (z.  B.  Französisch,  Geschichte» 
selbst  Mathematik)  jetzt  eine  gründliche  Vorbildung  der  Lehrer  erreicht  ist. 


280 

Gegenüber  dieser  als  thatsächlioh  anzuerkennenden  Aendemng  in  den  An- 
sprächen an  die  Beschäftigung  der  Schüler  unserer  höh.  Schulen  wird  von  einzelnen 
Seiten  empfohlen,  es  möge  für  den  gesamten  Unterrichtsbetrieb  und  speciell  für 
die  Reifeprüfung  den  LehrercoUegien  ein  weiterer  Spielraum  gelassen  werden  zur 
Berücksichtigung  der  verschiedenen  geistigen  Begabung  der  Schüler.  Nicht  der, 
wird  von  einer  Seite  vorgeschlagen,  möge  für  reif  erklärt  werden,  der  den  An- 
forderungen überall  ungefähr  genügt,  wohl  aber,  wer  in  einigen  I^hem  Tüchtiges, 
in  andern  nicht  Genügendes  leistet. 

Dieser  Vorschlag  hat  eine  unleugbare  Ueberzeugungskraft  und  kann  auf  die 
Zustimmung  vieler  Väter  rechnen,  welche  Söhne  auf  höh.  Schulen  haben;  aber 
man  darf  sich  nicht  verhehlen,  dafs  derselbe  auf  eine  abschüssige  Bahn  der  ge- 
fährlichsten Art  führt;  denn  durch  denselben  wird  sanctionirt,  dftfs  z.  B.  an  Gym- 
nasien Schüler  als  reif  entlassen  werden,  welche  in  der  Mathematik  nicht  einmal 
in  die  elementarsten  BegriiSe  Einsicht  gewonnen  haben  oder  in  der  Geschichte 
gänzlich  unwissend  sind  oder  durch  Unkenntnis  des  Französischen  sich  dereinst 
selbst  von  der  Benutzung  der  französischen  Litteratur  ihres  Faches  ausgeschlossen 
finden  u.  a.  m.  Eine  besondere  Unterstützung  findet  der  bezeichnete  Vorschlag 
bei  nicht  wenigen  seiner  Anhänger  darin,  dafs  die  Erinnerung  an  schlechten 
mathematischen  Unterricht,  welchen  sie  selbst  erduldet  haben,  sie  zu  dem  Aber- 
glauben verführt,  die  Mathematik  selbst  in  ihrem,  dem  Schulunterrichte  angehörigen 
elementaren  Teil  sei  nur  für  besonders  organisirte  Naturen  bestimmt,  und  es  sei 
unbillig,  elementare  Kenntnisse  in  derselben  von  allen  zu  erfordern.  Thatsächlioh 
würde  die  geforderte  Sanctionirung  der  weitgehendsten  Rücksicht  auf  die  ver- 
schiedene Begabung  der  Schüler  zur  Sanctionirung  der  beliebigen  Vernachlässigung 
des  einen  oder  des  andern  Lehrgegenstendes  werden,  je  nach  der  Zusammensetzung 
des  Lehrercollegiums  oder  dem  Interesse  des  Directors  oder  des  Schulrathes.  Aber 
auch  angenommen,  es  bliebe  wirklich  bei  der  Berücksichtigung  der  verschiedenen 
Begabung  oder  Neigung  der  Schüler,  so  fordert  selbst  ein  solches  Bestreben  vor- 
sichtigste Beschränkung.  Wenn  wir  einen  Werth  darauf  legen,  unsere  Söhne  nicht 
schon  von  ihrem  9.  oder  14.  Lebensjahre  an  in  Fachschulen  für  ihren  zukünftigen 
Beruf  zu  geben,  so  verfolgen  wir  damit  den  Zweck,  dafs  dieselben  auch  für  die- 
jenigen Hauptrichtungen  menschlichen  Wissens,  welche  dem  von  ihnen  bevor- 
zugten und  erwählten  Fache  fremdartig  sind,  ein  verständnisvolles  Interesse 
gewinnen  und  dafs  hiermit  die  verschiedenen  Berufskreise  durch  gegenseitige 
Werthschätzung  vor  Entfremdung  geschützt  werden.  Die  Ausdehnung  eines  ge- 
wissen Mafses  der  Ansprüche  auf  alle  obligatorischen  Lehrgegenstände  ist  nicht 
eine  Erfindung  einseitiger  übereifriger  Schulmänner,  sondern  geboten  durch  den 
Zweck,  den  höher  gebildeten  Schichten  des  Staates  das  Band  gegenseitigen  Ver- 
ständnisses zu  bewahren.  Wenn  einmal  ein  Gegenstend  in  den  Lehrplan  einer 
Schule  als  durch  deren  Aufgabe  erfordert  mit  obligatorischem  Charakter  aufge- 
nommen ist,  so  mufs  auch  von  jedem  Schüler  ein  gewisses  Mafs  seiner  Aneignung 
erfordert  werden.  Aber  dieses  unerläfsliche  Mafs  sowohl  für  das  Aufsteigen  inner- 
halb der  Schule  als  für  die  Zuerkennung  der  Reife  an  deren  Abschlüsse  ist  niedriger 
zu  setzen,  als  die  Zielleistung,  zu  welcher  die  Schule  in  dem  betr.  Gegenstande 
überhaupt  führt,  so  dafs  der  Verschiedenheit  des  Interesses  noch  ein  ausreichender 
Spielraum  bleibt. 

Dieser  Gesichtspunkt,  dafs  die  in  der  Reifeprüfung  auf  den  einzelnen 
Gebieten  zu  stellenden  Forderungen  hinter  den  von  der  Schule  überhaupt  zu  er- 
reichenden höchsten  Lehrzielen  zurück  zu  bleiben  haben,  scheint  bereits  bei  der 
Feststellung  des  Reglements  vom  4.  Juni  1834  für  die  Gymnasial-Reifeprüfunor 
und  bei  seiner  Modification  durch  die  C.Verf.  v.  12.  Jan.  J  856  (CBl.  1859  p.  225  ff.) 
Beachtung  gefunden  zu  haben.  Insoweit  die  Erfahrung  erwiesen  hat,  dafs  der 
Erfolg  dieser  Absicht  nicht  entspricht,  sondern  die  Früfungsforderungen  in  nach- 
teiliger Weise  belastend  auf  den  G^ng  des  vorherigen  Unterrichts  einwirken,  hat 
die  umfassend  vorbereitete,  unter  dem  27.  Mai  v.  J.  publicirte  Revision  der  Prü- 
fungsordnung (s.  weiterhin  Abschn.  VII),  von  welcher  Exemplare  beigefügt  sind. 
Abhülfe  zu  schaffen  gesucht. 

Die  in  der  Gymnasial-Prüfungsordnung  am  auffallendsten  hervortretende 
Aenderung,  die  Beseitigung  nämlich  der  schriftlichen  Uebersetzung  ins  Griechische 
und  ins  Französische,  hat  zwar  zunächst  den  Zweck,  dem  griech.  und  franz.  Unter- 


281 

richte  der  letzten  beiden  Jahre  die  vorwiegende  Richtung  auf  die  Leetüre  zu 
sichern;  sie  enthebt  aber  eben  dadurch  zugleich  diese  Klasse  von  einem  umfassen- 
den Betreiben  grammatischer  Schreibübungen,  welchen  die  Tendenz  einer  ausdrück- 
lichen Vorbereitung  auf  die  Beifeprüfung  nicht  leicht  zu  benehmen  ist.  —  Für  die 
mündliche  Prüfung  in  der  Geschichte,  welche  vorzugsweise  zu  einer  speciellsten 
Vorbereitung  Anlafs  zu  geben  geeignet  ist,  war  durch  die  Revision  im  JaJire  1856 
angeordnet,  dafs  jeder  läaminand  zunächst  über  eine  ihm  aus  der  griechischen, 
romischen  oder  deutschen  Geschichte  zu  stellende  Aufgabe  einen  zusammenhängen- 
den Vortrag  zu  halten  habe.  Die  dieser  Anordnung  zu  Grunde  liegende  Absicht, 
die  Aufmerksamkeit  mehr  auf  den  Zusammenhang  als  auf  die  blofse  £inprägung 
der  einzelnen  Daten  zu  lenken,  hat  thatsächlich  einen  ganz  andern  Erfolg  gehabt, 
indem  über  die  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  zu  erwartenden  Aufgaben  Vorträge 
ausdrücklich  zur  Prüfung  ausgearbeitet  und  nahezu  memorirt  worden  sind.  Diese 
Prüfungsforderung  ist  daher  als  eine  nachteilige  Belastung  der  wichtigen  letzten 
Jahre  des  Schulunterrichts  aus  der  neuen  Prüfungsordnung  beseitigt  worden«  — 
Eine  ähnliche  Absicht,  wie  die  Unterrichtsverwaltun^  in  der  Verf.  v.  12.  Jan.  1856 
für  den  Geschichtsunterricht,  haben  für  den  Religionsunterricht  die  kirchlichen 
Behörden  beider  christlichen  Gonfessionen  in  der  Rheinprovinz  und  in  Westfalen 
in  den  Jahren  1830  und  1835  verfolgt  und  haben  von  der  Unterrichtsverwaltung 
die  Genehmigung  erreicht,  dafs  zur  Förderung  einer  gründlichen  und  vertieften 
Auffassung  der  Religionslehre  in  ihrem  innem  Zusammenhange  ein  schriftlicher 
Aufsatz  über  eine  Aufgabe  aus  dem  Gebiete  derselben  in  der  Reifeprüfung  er- 
fordert werde.  Auch  hier  hat  der  Erfolg  der  wohlgemeinten  Absicht  nicht  ent- 
sprochen ;  denn  der  Religionsunterricht  ist  dadurch  in  die  Gefahr  gebracht  worden, 
eine  seiner  wirklichen  Aufgabe  nachteilige,  wissenschaftlich  theologische  Richtung 
anzunehmen  und  zu  einer  die  religiöse  Bildung  nicht  fördernden  Belastung  des 
Gedächtnisses  Anlafs  zu  geben.  Von  diesen  Gesichtspunkten  aus  haben  Directoren 
und  Schulbehörden  der  beiden  Provinzen  wiederholt  Vorstellungen  gegen  die 
exceptionelle  Einrichtung  des  Religionsaufsatzes  vorgetragen.  Durch  diese  Er- 
fahrungen war  bei  dem  Erlasse  einer  allgemeingiltigen  Prüfungsordnung  die  Aus- 
dehnung dieser  Einrichtung  auf  die  anderen  Provinzen  ausgeschlossen  und  vielmehr 
die  Beseitigung  derselben  auch  in  dem  bisherigen  Bereiche  ihrer  Geltung  geboten. 
—  In  allen  einzelnen  Lehrgegenständen  sind,  wie  eine  aufmerksame  Ver- 
gleichung  von  §  3  der  neuen  Prüfungsordnung  mit  den  entsprechenden  Bestim- 
mungen des  bisher  geltenden  Reglements  erweist,  die  Prüfungsforderungen  mit 
erwogener  Mäfsigung  bestimmt ;  sie  erhalten  überdies  in  den  Erläuterungen  zu  den 
Lehzplänen  vom  31.  März  v.  J.  (s.  p.  110  fi.),  von  welchen  ebenfalls  Exemplare 
beigefugt  sind,  ihre  unzweideutige  Begrenzung  (z.  B.  bezüglich  der  Geschichte  in 
den  Erläuterungen  zum  Lehrplane  der  Gymnasien  zu  7  und  8,  a — c:  s.  p.  123  f.). 
Bei  strenger  Einhaltung  dieses  Mafses  in  den  einzelnen  Gegenständen,  welche  den 
Prüfungscommissionen  und  den  Provinzial-Schulräthen  als  f  önigL  Commissaren  zur 
Pflicht  gemacht  ist,  bedarf  es  daher  der  vorher  zur  Sprache  gebrachten  Rücksicht 
auf  Verschiedenheit   der   Begabung   und   der  Neigung   der  Examinanden  nur  in 

Seringem  Mafse.  Dennoch  ist  derselben  durch  §  12,  3  Alin.  2  in  ungleich  höherem 
[afse  als  bisher  Rechnung  getragen,  indem  für  zulässig  erklärt  ist,  dafs  nicht  ge- 
nügende Leistungen  in  einem  Lehrgegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen 
in  einem  anderen  Gegenstande  als  ergänzt  erachtet  werden.  Nur  ist  nach  §  19,  2 
der  Prüfungsordnung  bezüglich  der  nicht  genügenden  Leistungen,  welche  eine 
Compensation  zulassen  sollen,  die  in  der  Vereinbarung  der  deutschen  Staats- 
regierungen vom  April  1874  (s.  weiterhin  Abschn.  VII)  festgesetzte,  schon  durch 
die  Schulordnung  an  sich  gebotene  Grenze  einzuhalten,  dafs  sie  nicht  unter  das 
Ifafs  herabgehen,  welches  für  die  Versetzung  nach  Prima  erfordert  wird. 

In  der  gleichen  Weise  ist  bei  der  Kevision  der  Prüfungsordnung  für  die 
Realanstalten,  über  welche  erst  in  kürzerer  Zeitdauer  haben  Erfahrungen  ge- 
sammelt werden  können,  darauf  Bedacht  genommen  worden,  solche  Bestimmungen 
zu  beseitigen,  welche  einen  belastenden  Einflufs  auf  den  Unterricht,  namentlich  in 
der  obersten  Klasse,  auszuüben  geeignet  sind.  Es  wird  genügen  in  dieser  Hinsicht 
auf  die  Prüfnngsbestimmungen  bezüglich  der  englischen  Sprache  ($  6,  2)  und 
auf  die  Erläuterungen  zu  dem  Lehrplane  der  Realanstalten  bezüglich  des  neu- 
sprachlichen und  des  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Unterrichts  (zu  4  und 
5,  8,  10,  11:   s.  p.  128  f.)  zu  verweisen. 


282 

Die  Unterrichtflyerwaltung  glaubt  hiemach  der  Ueberzeafn^ngf  Ausdrack 
^eben  zu  dürfen,  dafs  bei  der  ^Stimmung  der  Fordemngen  für  die  Reifeprüfang 
in  den  einzelnen  Gegenständen  die  gesammelten  Erfahrungen  gewissenhaft  ver- 
werthet  sind,  um  jeden  Anlafs  zu  einer  Ueberbürdung  der  Schüler  in  dem  voraus- 
gehenden Unterrichte  und  insbesondere  zu  blofser  PrüfungsvorbereitunK*  zu  be- 
seitigen, und  dafs  unter  Aufrechthaltung  der  durch  die  Aufgabe  der  höh,  Bildungs- 
anstalten  bedingten  Ausdehnung  auf  alle  obligatorischen  Lehrgegenstände  dennoch 
der  Individualität  der  Schüler  der  gebührende  Spielraum  gelassen  ist. 

2.  Liegt  die  Ursache  der  Ueberbürdung  in  der  Lehreinrichtung,  so 

weit  dieselbe  die  Verteilung  der  Lehrgegenstande   auf  die  verschiedenen 

Klassen  und  die  Bemessung  der  Cursusdauer  betrifltP 

In  dem  bisherigen  Lehrplane  der  Gymnasien,  wie  derselbe  seit  1856  bestand, 
hat  es  sich  als  ein  Uebelstand  erwiesen,  dafs  in  den  drei  untersten  Jahrescursen 
Sexta,  Quinta,  Quarta  je  eine  neue  fremde  Sprache  in  den  Unterricht  eingeführt 
wurde,  in  Sexta  die  lateinische,  in  Quinta  die  franzosische,  in  Quarta  die  griecnische. 
Für  Quarta  ergab  sich  aus  dieser  Einrichtung  ein  Ueberschreiten  des  richtigen 
Mafses  der  Anforderungen  um  so  mehr,  als  gleichzeitig  mit  dem  Erlernen  der  an 
sich  nicht  leichten  griechischen  Formenlehre  der  Beginn  des  mathematischen  und  des 
eigentlich  historischen  Unterrichts  eintrat.  Es  ist  begreiflich,  dafs  gerade  in  Quarta 
ein  erheblicher  Teil  der  Schüler  über  die  normale  Cursusdauer  zurückgehalten 
wurde.  Durch  die  mit  dem  gegenwärtigen  Lehrplane  angeordnete  Verlegung  des 
Anfanges  des  grieoh.  Unterrichts  nach  Untertertia  ist  dieser  Anlafs  der  Ueber* 
bürdung  beseitigt  worden;  dafs  die  Aenderung  zugleich  nach  anderen  Richtungen 
hin  dem  Gange  des  Gymnasialunterrichts  und  seiner  Beziehung  zu  dem  Unterri<mte 
an  den  Realanstalten  förderlich  wird,  ist  nicht  dieses  Ortes  weiter  auszufuhren. 

An  den  Realgymnasien  war  nach  der  im  Jahre  1859  getroffenen  Organisation 
für  die  Zielleistungen  in  den  beiden  modernen  fremden  Sprachen  eine  im  Wesent- 
lichen gleiche  Höhe  der  Forderungen  gestellt;  femer  war  durch  die  Ausdehnung 
des  naturbeschreibenden  Unterrichts  bis  in  die  Oberseounda  und  zum  Teil  selbst 
in  die  Prima  und  durch  die  Einrichtung  der  ausdrücklichen  Versetzungsprüfung 
nach  Prima  der  nahe  liegende  und  wohl  selten  vermiedene  Anlafs  zu  einer  weit 
gehenden  gedächtnismäfsigen  Einprägung  von  Einzelheiten  gegeben.  In  der 
Revision  des  Lehrplanes  ist  auf  Grund  der  gesammelten  Erfahrungen  durch  strengere 
Begrenzung  der  Lehraufgaben  und  durch  das  Aufgeben  der  ausdrücklichen  Ver- 
setzungsprüfung nach  Prima  darauf  Bedacht  genommen,  dafs  sichere  Herrschaft  in 
den  Elementen,  nicht  eine  massenhafte  Einprägung  von  Gedächtnisstoff  zweifel- 
haften Werthes  erstrebt  und  hierdurch  zugleich  der  Anlafs  zu  Ueberbürdungen 
möglichst  beseitigt  werde. 

Die  Cursusdauer  der  einzelnen  Klassen  war  bisher  zwar  grundsätzlich 
eine  iährige,  woraus  als  Consequenz  die  Beschränkung  auf  jährliche  Versetzung  der 
Schüler  in  die  höheren  Klassen  und  auf  eine  jährUch  nur  einmal  stattfindende 
regelmäfsige  Aufnahme  neuer  Schüler  sich  ergiebt.  Indessen  war  es  gestattet,  mit 
dieser  grundsätzlich  bestehenden  Jahresdauer  der  Gurse  halbjährliche  Aufnahmen 
und  Versetzungen  in  allen  den  Fällen  zu  verbinden,  „wo  die  Lehrercollegrien  sich 
nach  reiflicher  Berathung  dafür  erklärten,  und  wo  sie  in  sich  die  Kraft  und  die 
Mittel  zu  besitzen  meinten,  den  Uebelständen  und  Nachteilen,  welche  besonders 
in  den  drei  unteren  Klassen  aus  der  halbjährlichen  Versetzung  und  der  mit  ihr 
zusammenhängenden  grofsen  Verschiedenartigkeit  der  in  derselben  Klasse  ver- 
einigten Schmer  fast  unvermeidlich  erwachsen,  wirksam  und  mit  Erfolg  zu  be- 
gegnen** fs.  p.  60.)  Von  dieser  Gestattung  ist  in  einigen  Provinzen  z.  B.  Branden- 
burg, Sacnsen,  Pommern,  umfassender  Gebrauch  gemacht  worden,  während  in 
anderen,  namentlich  den  westlichen  Provinzen,  die  strenge  Einhaltung  der  Jahres- 
curse  mit  der  daraus  sich  ergebenden  Beschränkung  auf  jährliche  Abnahmen  und 
Versetzungen  feste  Sitte  ist.  Das  Mittel,  durch  welches  der  Widerspruch  zwischen 
Jahrescursen  einerseits  und  halbjährlichen  Aufnahmen  und  Versetzungen  anderer- 
seits mit  den  daraus  erwachsenden  Uebelständen  angeblich  beseitigt  werden  soUte, 
bestand  im  Wesentlichen  darin,  dafs  in  den  meisten  Lehrg^enständen  die  für 
Jahresdauer  mäfsig  bestimmte  Lehraufgabe  zweimal  je  innerhalo  eines  Halbjahres 


283 

daFcbgenommen  wurde.  ThaUfiohlich  yerband  sich  hiermit  die  schwer  zu  umgehende 
mid  doch  höchst  nachteilige  Lehrpraxis,  dafs  höchstens  im  ersten  Quartale  jedes 
Semesters  die  ganze  Klasse  gleichroäTsig  beschäftigt  wurde,  sodann  aber  die 
Thätigkeit  des  Lehrers  fast  ausschliefslich  der  oberen,  zur  Versetzung  vorzube- 
reitenden Abteilung  sich  zuwendete.  Die  folge  dieses  Verfahrens  war  auf  der 
einen  Seite  mindere  Festigkeit  in  der  Aneignung  der  Elemente,  auf  der  andern 
Seite  XJeberbürdung  der  Schüler  durch  die  Hast,  mit  welcher  die  Aneignung 
erstrebt  wurde,  und  zugleich  das  drückende,  einen  Teil  der  Schüler  aufregende, 
einen  andern  lähmende  Gefühl,  mit  dem  Aufgebote  des  äufsersten  Fleifses  doch 
nicht  Genügendes  leisten  zu  können.  Dieser  Anlafs  der  üeberbürdung,  von  welchem 
manche  Eltern  auffallende  Beispiele  in  der  Erinnerung  haben  düiften,  kann  nur 
dadurch  beseitigt  werden,  dafs  die  Einrichtung  der  Jahrescurse  zu  wirklicher 
Ausführunff  gebracht  wird,  und  dafs  demgemafs,  insoweit  nicht  an  umfangreichen 
Anstalten  Wechselcöten  bestehen,  nur  jährlich  einmal  die  Versetzung  der  Schüler 
und  die  regelmäfsige  Aufnahme  neuer  Schüler  stattfindet.  Die  Unterrichtsver- 
waltung  hat  daher  gleichzeitig  mit  der  Einführung  der  revidirten  Lehrpläne  die 
strenge  Durchführung  der  Jahrescurse  mit  den  vorher  bezeichneten  Consequenzen 
angeordnet.  Diese  Anordnung  wird  in  den  an  halbjährliche  Aufnahmen  und  Ver- 
setzungen der  Schüler  gewöhnten  Orten  bei  vielen  Eltern  die  Besorgnis  erwecken, 
dafs  durch  die  Nothwendigkeit,  Schüler  bei  nicht  erlangter  Reife  rar  die  höhere 
Klasse  ein  volles  Jahr,  nicht  blos  ein  Halbjahr,  in  der  niederen  zurückzuhalten,  ihre 
Sohne  in  die  Gefahr  eines  erheblichen  Zeitverlustes  gebracht  werden.  Die  Er- 
fahrungen aus  dem  weiten  Bereiche,  in  welchem  die  strenge  Durchführung  der 
Jahrescurse  als  unbestrittene  Sitte  besteht  (dies  ist  nicht  nur  in  den  wesüichen 
Provinzen  Preufsens,  sondern  auch  in  ganz  Süddeutschland  der  Fall),  erweisen, 
dafs  diese  Besorgnis  nicht  begründet  ist;  der  Procentsatz  der  nicht  versetzten 
Schüler  ist  bei  dieser  Einrichtung  unter  dem  geordneten  ruhigen  Gange  des  Unter- 
richtes ein  ungleich  geringerer,  und  die  durchschnittliche  Dauer,  welche  Schüler 
znm  Absolviren  des  gesamten  Cursus  gebrauchen,  wird  thatsächlich  keinesfalls 
gröfser,  als  bei  der  scheinbar  günstigeren  Einrichtung  der  halbjährlichen  Ver- 
setzungen. Gegenüber  den  zunächst  ws^rscheinlich  zu  erwartenden  Ausdrücken  von 
Besorgnis  oder  selbst  von  Unwillen  der  Eltern  darf  daher  die  Ueberzeugung  geltend 
gemacht  werden,  dafs  die  zur  Beseitig^ung  eines  Anlasses  der  Üeberbürdung  noth- 
wendige  Einrichtung  keineswegs  einen  Zeitverlust  für  die  Schüler  der  höh.  Schulen 
herbeSührt. 

8.  Anderweite  Anlässe  sur  TTeberbürdting  —  Aasbreitung  und  Frequens 
der  höheren  Schulen;  wissenschaftliche  und  didaktische  Ausbildung   der 

Lehrer. 

Insoweit  an  unseren  höh.  Schulen  in  den  durch  die  Prüfungsordnungen  fest- 
gesetzten Lehrzielen,  in  der  Verteilung  der  Lehraufgaben  auf  die  einzelnen  Klassen 
imd  in  der  Abgrenzung  der  Cursusdauer  Anlässe  zu  einer  möglichen  Üeberbürdung 
gefunden  werden  können,  hat  die  Unterrichtsverwaltung,  wie  aus  dem  Obigen 
ersichtlich  ist,  es  als  ihre  Aufgabe  betrachtet,  diejenigen  Aenderungen  sofort  anzu- 
ordnen, durch  welche  eine  Abhülfe  zu  erwarten  ist.  Diese  Aenderungen  haben  mafs- 
voll  sein  dürfen ;  denn  unsere  höheren  Schulen  sind  nicht  die  plötzliche  Schöpfung 
der  subjectiven  Ansicht  eines  einzelnen  Mannes,  sondern  das  Ergebnis  des  sich  er- 
gänzenden Nachdenkens  hochbegabter,  um  das  geistige  Wohl  der  Jugend  verdienter 
Männer  und  der  berichtigenden  Erfahrung  aus  langem  Zeiträume;  und  wenn  wir 
nicht  in  diesem  glücklichen  Falle  wären,  in  unseren  Schuleinrichtungen  ein  werth- 
ToUes  Erbteil  unserer  Väter  hochzuschätzen,  würden  die  Aenderungen  mafsvoU  ge- 
troffen werden  müssen,  um  wirklich  zur  Ausführung  zu  gelangen,  weil  die  Organe 
der  Ausführung  auf  allen  Stufen  dieselben  bleiben.  Die  Unterrichtsverwaltunff  ist 
aber  weit  entfernt  von  dem  Gedanken,  als  ob  hiermit  die  Frage  der  Üeberbürdung 
erschöpft  oder  erledigt  sei;  sie  verkennt  nicht,  dafs  noch  andere  Momente  von 
entscheidender  Bedeutung  in  Betracht  kommen,  bei  welchem  sie  sich  zwar  bescheiden 
mufs,  eine  sofortige  Abhilfe  nicht  herstellen  zu  können,  aber  deswegen  nicht  weniger 
eine  allmähliche  Besserung  zum  Gegenstande  ihrer  unausgesetzten  Sorge  macht. 
Die  wesentlichsten  sollen  im  Folgenden  bezeichnet  werden',  unter  Hinzufügung  von 
Bemerkungen  über  die  von  der  Unterrichtsverwaltung  zur  Abhülfe  eingeschlagenen 
oder  in  Aussicht  genommenen  Mafsregeln. 


284 

a)  Ausbreitung  und  Frequenz  der  höheren  Schulen. 

Im  Jahre  1868  bestanden  im  preufsischen  Staate  197  Gymnasien,  höhere 
Schulen  der  verschiedenen  Kategorieen  zusammen  369 ;  im  Jahre  1880  war  die  An- 
zahl der  Gymnasien  auf  249,  die  der  höheren  Schulen  überhaupt  auf  489  gestiegen. 

Im  Jahre  1868  kam  ein  Gymnasialschüler  im  preufsischen  Staate  auf  427, 
ein  Schüler  der  höh.  Schulen  überhaupt  auf  266  Köpfe  der  Bevölkerung ;  im  Jahre 
1880  war  das  Verhältnis  der  Gymnasiasten  1 :  362,  (Eöni^eich  Sachsen  1 :  6241, 
das  der  Schüler  höherer  Schulen  überhaupt   1 :  215,  (Kömgreich  Sachsen  1 :  281). 

Im  Jahre  1863  fanden  sich  unter  144  Gymnasien  29,  also  20%  mit  einer 
Frequenz  von  mehr  als  400  Schülern  (14  von  400—500,  8  von  500—600,  7  von 
600—700),  im  Jahre  1880  unter  249  Gymnasien  63,  also  26%  (37  von  400—500, 
16  von  500—600,  8  von  600—700,  2  über  700),  selbstverständlich  alles  ohne  Bin- 
rechnung  der  Vorschüler. 

Man  wird  darauf  verzichten  müssen,  diese  beachtenswerthen  Verhältniszahlen 
aus  einem  einzelnen  Gesichtspunkte  abzuleiten,  sondern  es  wird  noch  mannigfaltiger 
anderer  Daten  bedürfen,  um  diese  Zahlen  vollkommen  verständlich  zu  machen. 
Hier  kommen  dieselben  nur  insofern  in  Betracht,  als  in  ihnen  ein  Anlafs  der  Ueber- 
bürdung  zu  finden  ist. 

Bei  dem  unverhältnismäfsig  gesteigerten  Zudrange  zu  den  höh.  Schulen  ist 
es  unvermeidlich,  dafs  ein  gröfserer  Procentsatz  solcher  Schüler  sich  darunter  be- 
findet, welche  durch  unzureichende  Begabung  oder  durch  die  in  den  häuslichen 
Verhältnissen  liegenden  Hindemisse  in  ihren  Fortschritten  gehemmt  sind.  Unter 
diesen  Umständen  können  die  Lehrstunden  auch  für  die  geeigneten  Schüler  nicht 
die  Wirkung  haben,  welche  sie  sonst  wohl  erreichen  würden,  und  jede  Beein- 
trächtigung des  Erfolges  der  Lehrstunden  führt  z  u  einer  Uebertragung  der  Last  auf 
die  häusliche  Beschäftigung. 

Höhere  Schulen  von  übergrofser  Gesamtfrequenz  —  und  man  darf  füglich 
das  Ueberschreiten  von  400  Schülern  als  Anfangspunkt  der  Rechnung  nehmen  — 
sind,  wenn  man  selbst  absehen  will  von  dem  fast  vollständigen  Aufgeben  einer 
erziehlichen  Einwirkung,  schon  in  Betreff  des  Unterrichtes  i3s  ein  leidiger  Noth- 
stand  zu  betrachten.  In  der  B«gel  sind  dieselben  in  allen  oder  den  meisten  Klassen 
mit  der  zulässigen  Maximalzahl  von  Schülern  gefüllt  und  bringen  dann  ihren  Schülern 
diejenige  Beeinträchtigung  des  Erfolges  der  Lehrstunden,  mithin  Vermehrung  der 
Hausarbeit,  welche  mit  der  gesteigerton  Schülerzahl  derselben  Klasse  unvermeidlich 
verbunden  ist.  Aber  selbst  wenn  dieser  Uebelstand  nicht  nur  in  mäfsigem  und 
erträglichem  Grade  vorhanden  ist,  so  liegt  in  der  Höhe  der  Gesamtfrequenz  selbst 
ein  schwer  wiegender  Nachteil.  Der  Director  ist  dann  nicht  wohl  im  Stande,  die 
Gesamtheit  der  Schüler  nach  Betragen,  Fleifs  und  Leistungen,  geschweige  denn 
nach  ihrer  Individualität  zu  kennen  und  durch  solche  Kenntnis  erforderlichen  Falles 
einen  zweckmäfsigen  Einflufs  auszuüben ;  nicht  einmal  das  Verfahren  der  einzelnen 
Lehrer  vermag  der  Director  eingehend  genug  zu  beobachten,  um  der  Aufgabe  seines 
Amtes  gemäfs  das  geordnete  Ineinandergreifen  des  Unterrichtes  in  den  aulsteigenden 
Klassen,  das  richtige  Mafs  der  Anforderungen  für  die  verschiedenen  Lehi^egen- 
stände  innerhalb  derselben  Klasse  herzustellen.  Der  grofse  Umfang  des  Lelu'er- 
collegiums  lockert  überdies  das  Band  unter  den  einzelnen  Gliedern  desselben,  welches 
doch  so  dringend  nöthig  ist,  wenn  das  Zusammenwirken  einer  Mehrheit  von  Collegen 
einen  gedeihlichen  Erfolg  im  Unterrichte  haben  soll.  Endlich  ist  es  eine  nur  schwer 
zu  vermeidende  Folge  des  übermäfsigen  Umfanges  der  gesamten  Schule,    dafs  die 

Sersönliche  Teilnahme  der  Lehrer  an  den  einzelnen  Schülern  auf  ein  verschwindendes 
[afs  herabsinkt ;  es  bedarf  aber  keiner  weiteren  Ausführung,  dafs  gerade  in  diesem 
persönlichen  Interesse  des  Lehrers  an  jedem  einzelnen  Schüler  eine  wesentliche, 
nicht  hoch  genug  zu  schätzende  Erleichterung  der  Arbeit  für  denselben  liegt, 
welche  bei  dem  Mangel  dieser  persönlichen  Teilnahme  von  manchen  als  eine  Last 
empfunden  wird. 

Mit  diesen  Bemerkungen  über  die  Schwierigkeiten,  zu  welchen  der  über- 
mäfsige  Umfang  einer  Schule  führt,  steht  es  im  Einklänge,  dafs  bei  derartigen 
Schulen  die  Kli^en  wegen  Ueberbürdunff  unverhältnismäfsig  häufig  zu  vernehmen 
sind.  Die  technischen  Käthe  des  Unterrichts-Ministeriums  haben,  wie  oben  (p.  277  f.) 
erwähnt  vnirde,  bei  ihren  Besuchen  höherer  Schulen  der  etwa  vorkommenden  oder 
zu  besorgenden  Ueberbürdung  der  Schüler  die  umfassendste  Aufmerksamkeit  zuge- 


285 

wendet  und  haben  immer  wieder  die  Erfahrung  gemacht,  dafs  an  Schulen  von 
beschränktem  Umfange  an  Orten  von  mäfsiger  Gröfse  ein  Anlafs  zur  Besorgnis 
wegen  Ueberbürdung  überhaupt  nicht  existirt,  und  dafs  auch  in  den  Eltemkreiaen 
die  in  der  Oefifentlidikeit  sich  ununterbrochen  erneuenden  Klagen  eine  solche  Be- 
sorgnis nicht  haben  erwecken  können  —  zum  deutlichen  Zeichen,  in  welchem  Mafse 
die  Klagen  wegen  Ueberbürdung  durch  die  eigentümlichen  Verhältnisse  der  grofsen 
Städte  und  durch  den  zum  Uebermafse  angewachsenen  Umfang  der  Schulen  her- 
vorgerufen sind. 

Dem  bezeichneten  Uebelstande  des  sich  steigernden  Zudranges  zu  den  höh. 
Schulen  und  der  Uebergröfse  einzelner  Anstalten  mit  nachhaltigem  Erfolge  ent- 
gegenzutreten, fehlt  es  der  CJnterrichtsverwaltung  an  völlig  wirksamen  Mitteln.  Es 
läfst  sich  zwar  theoretisch  leicht  beweisen,  dafs  jeden&lls  dem  letzteren  Uebelstande 
durch  Errichtung  neuer  Schulen  abzuhelfen  wäre;  aber  schon  aus  finanziellen  Ghründen 
ist  es  unausführbar,  mit  dem  schnellen  Anwachsen  der  grofsen  Städte  durch  Er- 
richtung höherer  Schulen  gleichen  Schritt  zu  halten. 

b.  Fachlehrersystem. 

Vor  fönf  Jahrzehnten  war  es  die  Regel,. dafs  die  meisten  Unterrichtsgegen- 
stande derselben  Gymnasialklasse,  mit  Ausschlufs  oder  selbst  mit  Einschlufs  der 
Mathematik,  in  der  Hand  desselben  Lehrers  sich  befanden.  In  dem  ersten  für 
die  Prüfung  pro  facultate  docendi  erlassenen  ausfuhrlichen  Aeglement  v.  20.  Apr. 
1831  werden  zwar  Hauptfächer  der  Lehrbefähigung  unterschieden,  aber  es  herrscht 
doch  in  demselben  die  Voraussetzung  —  und  demgemäfs  wurde  die  Prüfung  in  den 
dreifsiger  Jahren  thatsächlich  ausgeführt  — ,  dafs  jeder  Gandidat  auf  allen 
Gebieten,  etwa  mit  Ausnahme  der  Mathematik,  so  weit  heimisch  sei,  um  bei  ge- 
wissenhafter Vorbereitung  den  Unterricht  wenigstens  in  den  mittleren  Klassen  mit 
Erfolg  erteilen  zu  können.  Es  war  überdies  in  manchen  Provinzen  ein  nicht  seltener 
Fall,  dafs  Candidaten  die  Vorbereitung  auf  das  Lehramt  an  höh.  Schulen  mit  dem 
Studium  der  Theologie  verbanden.  Die  Ausbildung  der  einzelnen  Wissenschaften 
und  die  Aenderunff  ihres  Vortrages  auf  den  Universitäten  führte  in  der  Praxis  der 
Prüfungen  selbst  dazu,  dafs  die  Gebiete,  auf  welche  ein  Gandidat  seine  Universitäts- 
studien eigentlich  gerichtet  hatte  und  für  welche  er  die  Lehrbefähigung  erstrebte, 
von  denen  unterschieden  wurden,  in  welchen  er  sich  nur  schulmäfsig  orientirt  erwies ; 
das  Prüfungsreglement  V.  12.  Dec.  1866  (GBl.  1867  p.  13)  hat  den  schon  bestehenden 
Unterschied  nur  bestimmt  formulirt.  Diese  allmählich  eingetretene  und  dann  als 
ordnungsmäfsig  anerkannte  Aenderung  ist  nicht  das  Ergebnis  einer  persönlichen 
Ansicht  und  subjectiven  Willkür,  sondern  Folge  der  allgemeinen  Entwicklung  der 
Wissenschaften,  daher  man  in  anderen  deutschen  Staaten  einen  analogen  Gang 
nachweisen  kann.  Demgemäfs  hat  bei  der  seit  längerer  Zeit  in  der  Vorbereitung 
begriffenen  und  ihrem  Abschlüsse  nahe  gebrachten  Revision  des  jetzt  in  Geltung 
stehenden  Reglements  für  die  wissensch.  Prüfung  der  Lehramtscandidaten  nicht 
in  Aussicht  genommen  werden  können,  zu  einer  Ausdehnung  der  Prüfung  und  der 
dadurch  zu  erwerbenden  Lehrbefähigung  auf  möglichst  viele  oder  alle  Lehrgegen- 
stände der  höh.  Schulen  zurückzukehren,  wohl  aber  ist  als  erforderlich  erachtet 
worden,  dafs  der  zukünftige  Lehrer  aufser  dem  in  der  Prüfung  zu  erweisenden 
gründlichen  Studium  desjenigen  Gebietes,  für  welches  er  die  Lehrbefähigung  er- 
strebt, zugleich  in  gewissen  angrenzenden  oder  unterstützenden  Fächern  ein  bestimmtes 
Mafs  von  Kenntnissen  nachweise;  es  soll  hierdurch  ebenso  sehr  einer  zu  weit 
gehenden  Specialisirung  in  den  wissensch.  Studien  des  zukünftigen  Lehrers,  als  einer 
zu  engen  Beschränkung  seiner  Lehrthätigkeit  vorgebeugt  werden. 

Aus  dieser  in  den  Universitätsstudien  der  zukünftigen  Lehrer  an  den  höh. 
Schulen  und  in  der  Lehramtsprüfung  eingetretenen  Aenderung  hat  sich  als  noth- 
vendige  Folge  ergeben,  dafs  innerhalb  derselben  Klasse  der  Unterricht  an  eine 
gröfsere  Anzahl  von  Lehrern  verteilt  ist,  deren  jeder  dem  von  ihm  vertretenen 
Lehrgegenstande  besondere  wissensch.  Studien  gewidmet  hat.  Diese  Einrichtung, 
welche  in  ihrem  Extreme  als  Fachlehrersystem  bezeichnet  wird,  hat  man  nicht  an 
sich  als  einen  Uebelstand  zu  betrachten;  denn  es  kann  nicht  in  Zweifel  gezogen 
werden,   dafs    derjenige,    der  einen  Unterrichtsgegenstand  wirklich  beherrscht,  am  . 

geeignetsten  ist,   in  das  Versländis  desselben  am  leichtesten  einzuführen;   die  Er-  i 

fahrung  bestätigt,  dafs  wissenschaftlich  vorzügliche  Lehrer  für  die  günstigen  Er-  1 


286 

folge,  welche  sie  an  den  Schülern  erreichen,  die  geringsten  Ansprüche  an  deren 
Arbeitskraft  machen.  Aber  eine  Gefahr  der  Ueberbürdunfir  liegt  allerdings  in 
dem  Fachlehrersysteme!  da  jeder  einzelne  Lehrer  für  sein  Fach  die  Schüler  zu 
interessiren  sncht,  möglicherweise  ohne  Bücksicht  auf  den  Zusammenhang  desselben 
mit  anderen  Lehrgebieten,  jedenfalls  ohne  persönliche  Anschauung  von  den  Leistungen 
der  einzelnen  Schüler  in  den  anderen  Gebieten.  Es  fehlt  nicht  an  mannigfaltigen 
Einrichtungen,  dieser  von  vornherein  vorgesehenen  Gefahr  vorzubeugen  —  Ordi- 
narien, Gonferenzen  der  Lehrer  derselben  Klasse,  Feststellung  eines  bestimmten 
Arbeitsplanes  für  jede  einzelne  Klasse  beim  Beginne  des  Semesters  u.  a.  m.  Die 
Gefahr  verschwindet  so  gut  wie  vollständig  in  den  Fällen,  wo  ein  Lehrercollegium 
von  mäfsigem  Umfange  in  genauem  Yerkehre  über  seine  gesamte  Berufsthätigkeit 
steht  und  der  Director,  die  Verteilung  des  Unterr.  an  verschiedene  Lehrer  in  an- 
gemessenen Schranken  haltend,  durch  seine  Einsicht  und  Autorität  die  Einheit  des 
Unterrichtsbetriebes  in  der  ganzen  Schule  herstellt  und  erhält.  Sie  steigert  sich 
dagegen,  wenn  die  Uebergröfse  der  Schule  die  vorher  bezeichneten  Nachteile  herbei- 
führt, den  Zusammenhang  des  CoUegiums  zu  lockern  und  dem  Dir.  die  Uebersicht 
und  den  entscheidenden  Einflufs  nahezu  unmöglich  zu  machen.  Unter  solchen  Um- 
ständen ist  nicht  zu  verkennen,  dafs  aus  der  Anwendung  des  Fachlehrersystems, 
insoweit  dieselbe  unvermeidlich  ist,  nicht  selten  Uebelstände  hervorgehen ;  die  Auf- 
sichtsbehörden nehmen  bei  Revisionen  der  Schulen  auf  diesen  Gesichtspunkt  sorg- 
fältigst Bedacht,  aber  es  kommt  allerdings  vor,  dafs  sie  nicht  im  Stande  sind, 
dem  Uebelstände  vorzubeugen,  sondern  ihn  erst  zu  ermäfsigen,  nachdem  er  einge- 
treten ist. 

c.  Specialisirung  des  Unterrichtes. 

Die  im  Obigen  erwähnte  Entwickelung  der  in  ihren  elementaren  Teilen  dem 
Schulunterr.  angehörenden  Wissenschaften  und  die  Aenderung  ihrer  Behandlung 
auf  den  Universitäten,  welche  auf  die  Einrichtung  der  Lehramtsprüfung  eingewirkt 
und  die  Zuweisung  der  Lehrgegenstände  an  verschiedene  Lehrer  herbeigeführt 
haben,  üben  noch  in  anderer  Weise  Einflufs  auf  die  Gestaltung  des  Schiüunter- 
richtes.  Es  wird  genügen,  dies  bezüglich  des  Unterr.  in  den  altclassischen  Sprachen 
zu  erläutern;  in  Betren  aller  übrigen  Unterrichtsgebiete  läfst  sich  leicht  das  Ana- 
loge bemerken. 

Die  grammatische  Wissenschaft  der  beiden  classischen  Sprachen  hat  in  den 
letzten  vier  Jahrzehnten  eine  durchaus  veränderte  Gestalt  angenommen.  Die  Formen- 
lehre ist  auf  historische  Sprachvergleichung  begründet;  für  die  Syntax  ist  eine 
ungleich  specieller  eingehende  Beobachtung  zur  Grundlage  gemacht,  und  zugleich 
ist  für  sie  die  historische  Entwickelung  als  mafsgebender  Gesichtspunkt  anerkannt; 
die  Beobachtungen  über  die  stilistische  Form  sind  zu  einer  gewissen  systematischen 
Vollständigkeit  gebracht.  Dagegen  hat  das  Einleben  namentlich  in  die  lateinische 
Sprache,  wodurch  dieselbe  früher  den  Fachmännern  zu  einem  fügsamen  Kleide  der 
eigenen  Gedanken  wurde,  entschieden  abgenommen.  Es  ist  begreiflich,  dafs  die 
Weise  des  Universitätsunterrichtes,  welcher  hiermit  nicht  kritisirt  werden  soll,  auf 
die  Schule  unmittelbarer  einwirkt,  als  mit  deren  Aufgabe  vereinbar  ist. 

Gleichzeitig  hat  die  Methodik  des  Unterr.  in  den  alten  Sprachen  eine  Ent- 
wickelung erfahren,  welche,  so  sehr  man  die  zu  Grunde  liegende  Ueberlegung 
schätzen  mag,  geeignet  ist,  drückend  auf  den  Unterr.  einzuwirken.  Die  Uebungen 
im  schriftlichen  Uebersetzen  in  die  alten  Sprachen,  namentlich  in  das  Lateinische, 
werden  nicht  selten  so  angestellt,  dafs  mit  sorgfältiger  Ueberlegung  jedes  Wort 
ausgenützt,  jedes  zu  einem  Anlasse  des  Nachdenkens  und  zu  einer  Gefahr,  für  den 
Schüler  gemacht  werden  soll.  Dieses  Verfahren  wird  zu  einem  empfindlichen  Drucke 
für  die  Schüler,  insbes.  wenn  die  auf  diese  Weise  möglichst  erschwerte  gram- 
matische Hichtigkeit  des  Uebersetzens  in  die  fremde  Sprache  zum  ausschliefslichen 
oder  doch  weit  überwiegenden  Kafsstabe  für  die  Sprachkenntnis  der  Schüler  ge- 
macht wird. 

Die  Unterrichtsverwaltung  hat  den  in  den  allgemeinsten  Zügen  bezeichneten 
Vorgängen  des  Unterrichtsbetriebes  besondere  Aufmerksamkeit  zugewendet,  um  so 
mehr,  als  sie  besorgen  mufs,  dafs  durch  dieselben  nicht  nur  die  freudige  Zuver- 
sicht der  Schüler  in  ihrer  Arbeit  beeinträchtigt,  sondern  auch  der  bildende  Ein- 
flufs des  altclassischen  Schulunterr.  gefährdet  wird.    Der  bezeichneten  nachteiligen 


287 

Enohw6raii|^  der  schriftl.  Arbeiten  und  der  Uebertreibung  der  ihnen  beigemessenen 
Bedeutung  ist  durch  ^Allgemeine  Bemerkungen"  entgegengetreten  worden.  Diese 
sind  im  Oct.  1881  den  K.  Frov.Sühulcollegien,  als  denselben  der  Entwurf  der  revi- 
dirten  Lehrpläne  zu  gutachtlicher  Aeufserung  zuging,  nicht  zfur  Publication,  sondern  als 
eine  die  Absicht  der  revidirten  Lehrpläne  erläuternde  und  ergänzende  Directive 
mitgeteilt  worden.  Die  AeuTserungen  der  Frovinzialbehörden  haben  erwiesen,  dafs 
dieselben  in  jenen  allgemeinen  Bemerkungen  nur  eine  Bestärkung  auf  dem  von  ihnen 
grofsenteüs  bereits  aus  eigener  Ueberzeügunff  eingeschlagenen  Wege  gefunden 
haben.  Beziiglich  des  in  den  grammatischen  Forderungen  einzuhaltenden  Mafses 
sind  in  den  Erläuterungen  zu  dem  Lehrplane  der  Gtymnasien,  insbesondere  zu  3  b 
und  c  und  zu  4  (s.  p.  121  ff.),  die  Grundsätze  in  unzweideutiger  Bestimmtheit 
ausgesprochen.  Gleichzeitig  wird  bei  der  vorher  erwähnten  B.evision  der  Ordnung 
für  die  wissensoh.  Lehramtq>rüfung  in  der  Formulirung  der  zu  stellenden  Ansprndie 
darauf  Bedacht  genommen,  dafs  die  Universitätsstudien  der  zukünftigen  Lehrer, 
unbeschadet  ihrer  wissensoh.  Ghründlichkeit,  die  Beziehung  auf  die  Aufgabe  des 
Schulunterr.  nicht  aufser  Acht  lassen. 

Die  Unterrichtsverwaltung  verhehlt  sich  nicht,  dafs  von  den  angewendeten 
Mitteln  ein  sofortiger,  in  die  Augen  springender  Erfolg  nicht  zu  erwarten  ist; 
denn  es  handelt  sicn  nicht  um  die  Beseitigung  irgend  einer  Nachlässigkeit  eines 
Teiles  der  Lehrer,  sondern  um  die  Ermäfsigung  des  Einflusses  einer  wissensoh. 
Bichtung  gerade  bei  sonst  tüchtigen  und  selbst  vorzüglichen  Lehrern.  Aber  mit 
<Uesem  Verzichte  auf  einen  sofortigen  Erfolg  verbindet  die  Unterrichtsverwaltung 
die  Ueberzeugung,  dafs  es  der  unausgesetzten  Bemühung  mehr  und  mehr  gelingen 
wird,  den  Unterr.  an  unseren  höh.  Schulen  von  einer  nachteiligen  Beschwerung 
zu  bisfreien,  ohne  ihn  in  das  entgegengesetzte  Uebel  der  Oberflächlichkeit  verfallen 
zu  lassen. 

d.  Didaktische  Ausbildung  der  Lehrer. 

Bei  der  Schnelligkeit,  mit  welcher  im  letzten  Jahrzehnte  die  Frequenz  der 
höh.  Schulen  namentlich  in  den  grofsen  Städten  zugenommen  und  die  Errichtung 
neuer  Klassen  erfordert  hat,  ist  öfters  der  Fall  eingetreten,  dafs  zwei  und  mehr 
wissensch.  Hilfslehrer  an  derselben  Anstalt  beschäftigt,  also  ein  erheblicher  Teil 
des  Unterr.  dem  Wechsel  noch  nicht  bewährter  Lehrkräfte  überlassen  wurde. 

Der  Bedarf  an  Lehrkräften  für  die  zunehmende  Frequenz  der  bereits  be- 
stehenden höh.  Schulen  und  für  die  ansehnliche  Zahl  neu  errichteter  Anstalten 
(überdies  fanden  auch  an  den  neu  errichteten  Lehranstalten  im  Beichslande  eine 
erhebliche  Anzahl  von  Lehrern  aus  Preufsen  .Verwendung)  hat  zur  Folge  gehabt, 
dafs  Lehramtscandidaten  unmittelbar  nach  beendigter  Prüfung,  manchmal  selbst 
▼or  deren  Abschlüsse,  in  dem  Probejahre,  welches  ihrer  praktischen  Ausbildung 
dienen  soll,  in  der  Begel  schon  zur  Vertretung  einer  vollen  Lehrkraft  verwendet 
worden  sind. 

Insoweit  die  vorgekommenen  Fälle  von  Ueberbürdunff  in  mangelhafter  Ver- 
werthunff  der  Lehrstunden  und  unrichtiger  Beurteilung  des  Mafses  und  der  Schwie- 
rigkeit der  Aufgaben  ihren  Anlafs  haben,  sind  sie  vorzugsweise  aus  den  bezeich- 
neten Umständen  abzuleiten.  Diese  Uebelstände  sind  bereits  in  der  Abnahme 
begriffen,  da  in  der  Errichtung  neuer  höh.  Schulen  eine  gröfsere  Zurückhaltung 
eingetreten  ist,  und  da  die  Zahl  der  geprüften  Candidaten  auf  den  meisten  Unter- 
riohtsgebieten  bereits  die  Zahl  der  zu  besetzenden  Stellen  übersteigt,  so  dafs  der 
Anlafs  aufhört,  Candidaten  während  ihres  Probejahres  als  wissensch.  Hülfslehrer  zu 
beschäftigen.  Es  ist  gegenwärtig  nahezu  erreicht,  dafs  das  Probejahr,  seiner  wirk- 
lichen Aufgabe  zurüdu^egeben,  nicht  zur  Unterstützung  der  fraglichen  Schule,  son- 
dern zur  Ausbildung  des  Candidaten  verwendet  wird. 

Es  darf  jedoch  als  allgemein  anerkannt  erachtet  werden,  dafs  die  Einrich- 
tung des  Probejahres  zur  Erreichung  dieses  Zweckes  nicht  ausreicht  In  dieser 
Ueberzeugung  hat  die  Unterrichtsverwaltung  ffegenwärtig  die  Zustimmung  der 
Landesvertretung  nachgesucht  zur  Bewilligung  der  Mittel  uir  die  Ausführung  einer 
zweiten,  ausschliefslioh  praktischen  Prüfung  der  zukünftigen  Lehrer*)  und  hat  die  für 


V  DiM6r  Flaa  itt  niobt  sor  AnifObreng  gelangt,  t.  8t«nogr.  Berieht  dee  Abgeordnetenhftnset 
T.  24.  Febr.  1883. 


288 

ihr  Vorhaben  mafsgebenden  Gesichtspunkte  in  einer  der  Landesvertretung  iiber- 
gebenen  Denkschrift  dargelegt.  Nicht  in  der  Vermehrung  des  Prüfungsapparates 
um  eine  neue  Prüfung,  wie  von  manchen  Seiten  die  Absicht  aufgefEÜTst  oder  mifs- 
deutet  ist,  sieht  oder  sucht  die  Unterrichtsverwaltun^  eine  Garantie  für  die  voll- 
ständigere praktische  Ausbildung  der  angehenden  L^er,  wohl  aber  darf  sie  sich 
der  Ueberzeugung  hingeben,  dafs  durch  diese  Prüfung  diejenigen  Candidaten,  welche 
eines  solchen  Antriebes  bedürfen,  bestimmt  sein  werden,  während  der  wichtigen 
AnÜEingszeit  ihrer  Lehrthätigkeit  der  Aufgabe  ihres  Berufes  ihr  Nachdenken  zuzu- 
wenden und  die  zu  ihrer  praktischen  Ausbildung  teils  schon  vorhandenen,  teils  zu 
ergänzenden  Mittel  gewissenhaft  zu  benützen.  Es  steht  also  zu  erwarten,  dafs  diese 
anderwärts  mit  unverkennbarem  Erfolge  angewendete  Einrichtung  allmählich  dazu 
beitragen  wird,  diejenigen  Fälle  der  Ueberbürdung  zu  beseitigen,  welche  in  mangel- 
haftem Geschicke  des  Ünterrichtens  ihren  Anlafs  haben. 

4.  Tumunterrloht.    Körperpflege. 

Durch  die  Kabinets-Ordre  vom  6.  Juni  1842  (s.  p.  222)  ist  angeordnet,  dafs 
der  Turnunterricht  mit  allen  öffentlichen  Lehranstalten  zu  verbinden  sei ;  die  Aus- 
führung dieser  Allerh.  Bestimmung  ist  zunächst  durch  die  G.Verf.  des  Unterrichts- 
ministeriums V.  7.  Febr.  1844  geregelt  worden  (s.  p.  223  ff.);  eine  B«ihe  von  ein- 
zelnen Anordnungen  in  den  nachfolgenden  Jahrzehnten  (s.  p.  225  ff.)  hat  dazu 
beigetragen,  den  Betrieb  dieses  Unterrichts  zu  sichern  und  zu  fördern.  Demgemäfs 
enthalten  die  unter  dem  31.  März  v.  J.  publicirten  Lehrpläne  (s.  p.  110  ff.)  für 
alle  Eategorieen  der  höh.  Schulen  gleichmäTsig  die  Bestimmung:  „Der  Unterricht 
im  Turnen  ist  für  alle  Schüler  obligatorisch;  Befreiung  davon  hat  der  Director  auf 
Grund  ärztlichen  Zeugnisses,  in  der  Begel  nur  auf  die  Dauer  eines  Halbjahres,  zu 
erteilen.  Die  Schule  hat  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  jeder  Schüler  wöchent- 
lich zwei  Turnstunden  erhalte.'*  (s.  p.  117,  127,  135). 

Man  hört  nun  zuweilen  den  Vorwurf  erheben,  dafs  diesen  bestimmten  An- 
ordnungen der  thatsächliche  Zustand  des  Turnunterrichtes  wenig  entspreche  und 
es  mit  demselben  an  einem  grofsen  Teile  der  Lehranstalten  kümmerlich  bestellt 
sei.  Vorwürfe  dieses  Inhaltes  haben,  wie  anzunehmen  ist,  in  den  Erfahrungen  über 
bestimmte  einzelne  Anstalten  ihren  Anlafs  und  für  diesen  Bereich  ihre  Berech- 
tigung. Aber  auf  Grund  der  in  allen  einzelnen  Provinzen,  zum  Teil  wiederholt 
ausgeführten  technischen  Revisionen  des  gesamten  Tumbetriebes,  auf  Grund  ferner 
der  neuerdings  im  Anschlüsse  an  die  O.Verf.  v.  27.  Oct.  1882  (s.  p.  232  ff.)  über 
den  thatsächlichen  Zustand  des  Turnunterrichtes  an  jeder  einzelnen  höh.  Schule 
angestellten  Ermittelungen  darf  die  Unterrichtsverwaltung  solchen  Vorwürfen  eine 
weiter  gehende  Geltung  absprechen,  und  vielmehr  constatiren,  dafs  der  Turnunter- 
richt an  den  höh.  Schulen  sowohl  bezüglich  des  zweckmäfsigen  Verfahrens  in  seiner 
Erteilung,  als  bezüglich  der  Teilnahme  der  Schüler  an  demselben  und  seiner  Aus- 
dehnung über  das  ganze  Schuljahr  in  entschiedenem  Aufsteigen  begriffen  ist. 

Eine  erhebliche  Zahl  von  Lehrern  seminarischer  und  akademischer  Bildung 
(durchschnittlich  ca.  50)  erhalten  jährlich  in  der  hiesigen  Turnlehrer- Bildungsanstalt 
durch  einen  Wintercursus  die  vollständige  Ausbildung  für  Erteilung  des  Turn- 
unterrichtes ;  in  Folge  hiervon  und  der  aufserdem  abgelegten  Turnlehrer-Prüfungen 
finden  sich  unter  den  776  Männern,  welche  gegenwärtig  den  Turnunterricht  an 
unseren  höh.  Schulen  erteilen,  bereits  517  für  diesen  Unterricht  orduungsmäfsig 
qualificirte  Lehrer;  dieses  Verhältnis  bessert  sich  mit  jedem  Jahre;  überSes  sind 
unter  den  übrigen  Turnlehrern  nicht  wenige,  deren  praktische  Bewährung  als  Ersatz 
der  ordnungsmäTsig  nachzuweisenden  Qualification  anerkannt  worden  ist.  Mit  dem 
Portschritte  der  Methodik  des  ünterr.  hat  die  Teilnahme  der  Schüler  gleichen 
Schritt  gehalten.  Es  ist  von  Interesse  zu  vergleichen,  wie  sehr  noch  in  der  G.Verf. 
V.  10.  Sept.  1860  (s..p.  227  ff.)  über  die  Abneigung  der  Eltern  gegen  diesen 
Unterr.  und  über  die  mangelnde  Teilnahme  der  Schüler  geklagt  wird;  gegenwärtig 
beträgt  der  Procentsatz  der  vom  Turnen  dispensirten  Schüler  an  den  höh.  Schulen 
in  den  einzelnen  Provinzen  von  7%  bis  15%,  für  die  gesamte  Monarchie  10%; 
wo  an  einzelnen  Anstalten  auffallend  höhere  Procentsätze  der  dispensirten  Schüler  vor- 
kommen, lassen  sich  die  Anlässe  meistens  in  bestimmten  localen  Verhältnissen  leicht 
erkennen.  Dafs  diese  zunehmende  Teilnahme  der  Schüler  nicht  blofs  der  aufer- 
legten Verpflichtung  zuzuschreiben,  sondern  mit  eigener  Freude  an  diesen  Uebungen 


S89 

▼erbanden  ist|  dtrf  fuglich  aus  der  Anerkennang  enohlosaen  werden,  welche  bei 
feetlichen  TnziiTorBtellusgeii  die  Leistungen  der  Schüler  höh.  Schulen  gefunden 
haben.  Für  das  Sommertumen  ist  thatsächlich  als  Durchschnitt  erreidit»  dafs  jeder 
Schaler  wöchentL  zwei  Turnstunden  erhält;  für  das  Wintertumen  noch  nicht»  da 
nicht  allen  Schalen  Turnhallen,  mögen  es  eigene  oder  mitbenutzte  sein,  zur  Ver- 
fa|png  stehen.  Bei  ESrriohtung  neuer  Anstalten  aus  staatlichen  oder  aus  städtischen 
Mitteln  wird  die  Herstellung  einer  Turnhalle  als  nothwendiger  Teil  der  baulichen 
Ausstattung  erachtet ;  aber  auch  für  die  schon  bestehenden  Schmen  schreitet  die  Big&n- 
zung  ihrer  Baulichkeiten  durph  Turnhallen  ununterbrochen  fort;  die  Bereitwifiig- 
kei^  mit  welcher  städtische  Behörden  die  Schwierigkeit  der  Beschaffung  eines 
Platzes  und  der  Aufbringung  der  Baukosten  überwinden,  ist  in  vollem  Habe  anzu- 
erkennen. 

Diese  aus  bestimmtenErmittdungen  entnommenen  Daten  werden  erweisen,  dafs 
für  die  Gesamtheit  der  höh.  Schulen  zwischen  den  Anordnungen  über  den  Turnunter- 
richt und  ihrer  Ausführung  keineswegs  das  von  mancher  Seite  behauptete  Mifsrerhältnis 
besteht.  Indem  die  Unterrichtsverwaltung  unabU&ssig  darauf  bedacht  ist,  dafs  die 
K.  Ordre  v.  6.  Juli  1842  zu  voller  Ausführung  gelange  und  dafs  allenSchülem  der  höh. 
Schulen  während  ihrer  ganzen  Schulzeit  die  Stärkung  der  körperlichen  Entwickelung 
und  die  Uebung  körperlicher  Gewandtheit  zu  Teil  werde,  welche  der  Turnunterricht  zu 
gewähren  vermag,  so  übersieht  dieselbe  keineswegs,  dafs  die  2  Turnstunden  wöchentlich 
nicht  ein  ausreichendes  Gegengewicht  bilden,  um  bei  den  Ansprüchen  an  die  geistige 
Beschäftigung  der  Schüler  ihnen  die  körperliche  Frische  und  die  jugendliche  Freu- 
digkeit des  Gemüthes  zu  bewahren.  Auf  die  Bedeutung,  welche  m  dieser  Hinsicht 
die  Bewegungsspiele  im  Freien  haben,  ist  durch  die  in  Abschriften  beigeschlossene 
C.Verf.  V.  27.  Oct.  v.  J.  (s.  p.  232  ff.)  hingewiesen  worden.  Für  diese  körperliche 
und  geistige  Erholung  der  ihr  anvertrauten  Jugend  zu  sorgen,  kann  zwar  den 
höheren  Schulen,  insofern  sie  nicht  Internate  sind,  nicht  uiu>edingt  oder  überall 
als  ein  integrirender  Teil  ihrer  Verpflichtungen  auferlegt  werden;  aber  in  der  Teil- 
nahme derjenigen  Lehrer,  welche  Neigung  und  Begabung  dazu  haben,  an  der 
Fröhlichkeit  gemeinsamer  jugendlicher  Spiele  liegt  die  erfolgreichste  Förderung 
für  die  erziehende  Einwirkung  der  Schule  und  eine  unersetzliche  Unterstützung 
der  Freudigkeit  der  Schüler  zur  Arbeit.  Durch  die  erwähnte  C.Yerf.  hat  nicht 
eine  Yorschrift  erlassen,  sondern  eine  Anregung  gegeben  werden  sollen;  in  diesem 
Sinne  wird  dieselbe,  das  läfst  sich  hoffen,  nicht  wirkungslos  bleiben;  hat  sich  doch 
auf  Anlafs  derselben  gezeigt,  dafs  an  manchen  Orten  durch  die  spontane  Bemühung 
einzelner  Lehrer  Analoges  bereits  besteht,  das  in  jener  Verfügung  Ermuthigrung 
gefunden  hat. 

Die  im  Vorstehenden  versuchte  Erörterung  der  Anlässe  zur  Üeberbürdung 
der  Jugend  an  unseren  höheren  Schulen,  insoweit  eine  solche  thatsächlich  vor- 
kommt, und  die  Rechenschaft  über  die  von  der  Unterrichtsverwaltung  zu  ihrer  Be- 
seitigung eingeschlagenen  Wege  hat  nicht  umhin  gekonnt,  alle  wesentlichen  Mo- 
mente der  gesamten  Schuleinrichtung  zu  berühren.  Die  Fnge  der  Üeberbürdung 
ist,  wie  in  der  Einleitung  bemerkt  wurde,  nicht  eine  vereinzelte  oder  neben  den 
übrigen  bestehende,  sondern  nur  ein  besonderer  Ausdruck  der  Frage  nach  der 
Zweckmäfsigkeit  der  Lehreinrichtung  und  ihrer  Ausführung  überhaupt.  Von  dieser 
Ueberzeug^g  durchdrungen  glaubt  die  Unterrichtsverwaltung  nur  dadurch,  dafs 
sie  gleichzeitLT  in  allen  wesentuchen  Kichtungen  Beformen  zur  Ausführung  zu  bringen 
sucht,  eine  allmähliche  Erledigung  der  Frage  herbeiführen  zu  können  und  der  Ver- 
pflichtung, deren  sie  sich  bewufst  ist,  zu  entsprechen. 

2)  Outachten   der   K.  Preufs.  Wissenschaftlichen  Depu- 
tation für  das  Medicinalweseny.  19.  Dec.  1883,  betreffend 
die    üeberbürdung    der    Schüler    in   den    höheren   Lehr-> 
anstalten,  erstattet  an  S.  Exe  denK.  Staatsminister  und 

Hinister  der  geistlichen  etc.  Ang.  Herrn  Dr.  y.  Ghofsler. 

* 

Ew.  Ezcellenz  haben  durch  hohe  Verfügung  vom  31.  Jan.  d.  J.  nns  eine  im 
üimsteriom  ausgearbeitete  Denkschrift,  betreffend  die  Frage  der  lieber- 

wies«,  YaroTdnnngsii.  19 


290 

Imrdttnff  der  Jagend  in  unseren  höh.  Schalen  so  wie  das  im  Aaftrage  des  Kaiserl. 
Statthalters  über  das  höh.  Schulwesen  Elsafs-Lothringens  im  August  1882  von 
einer  medicinischen  Sachverständigen-Commission  erstattete  Outachten  nebst  einigen 
Anlagen  zugefertigt  und  uns  beaiutragt,  in  der  Ueberb&rdnngsangelegenheit  nach 
allen  den  Richtungen,  welche  wir  cfazu  als  geeignet  erachten,  unser  Gutachten 
abeugeben. 

Insbesondere  ist  uns  aufgegeben,  uns  darfiber  zu  äufsem,  ob  die  in  dem 
Elsafs-Lothringischen  Gutachten  enthaltene  Bestimmung  über  die  für  die  fünf  unteren 
Jahresourse  der  höh.  Schulen  zulässige  Zahl  der  wochentL  Lehrstunden  als  ein 
zweifelloses,  unbedingt  giltiges  fii^ebnis  der  medicinischen  Wissenschaft  zu  be- 
trachten sei. 

In  einer  Reihe  spaterer  Erlasse,  zuletzt  in  dem  vom  19.  November  d.  J., 
sind  uns  weitere  Materudlen,  zum  Teil  in  Erfüllung  der  von  uns  wegen  Ergänzung 
der  thatsächlichen  Unterlagen  ausgesprochenen  Wünsche,  zugewiesen  worden. 

Indem  wir  das  gesamte,  uns  zugegangene  Actenmaterial  anbei  zurückreichen, 
erstatten  wir  das  von  uns  erforderte  Ghitaohten  ganz  gehorsamst  wie  folgt. 

Gataehten« 
I.  Begrenaung  der  Aufgabe* 

Wenn  man  die  schon  jetzt  aufserordentlich  angewachsene  Litteratur  über 
die  Ueberbürdungsfrage  mustert,  so  ergiebt  sich  alsbidd,  dafs  ein  grofser  Teil  der 
Schriftsteller  und  Berichterstatter  sie  in  einem  so  weiten  Sinne  aulfafst,  dafs  sidh 
fast  sämtliche  äufsere  und  innere  Verhältnisse  der  Schulen  darin  mit  unterbringen 
lassen.  Ew.  Exe.  selbst  sa^en  daher  in  dem  Erlasse  vom  31.  Jan.  mit  Recht,  dafs 
in  diesem  weiteren  Sinne  .,die  Frage  der  Ueberbürdung  nichts  anderes  ist,  als  ein 
besonderer  Ausdruck  der  Frage  über  die  Zweckmäfsigkeit  der  Einrichtung  unserer 
höh.  Schulen  und  die  Richtigkeit  ihrer  Ausführung."  Man  kann  die  Eurzsichtig- 
keit  auf  eine  Ueberbürdung  der  Augen  oder  ihrer  einzelnen  Apparate,  die  habituelle 
Skoliose  auf  eine  Ueberbürdung  der  Brustmusculatur  u.  s.  f.  beziehen  und  somit 
bei  der  Ueberbürdung  auch  über  Kurzsiohtigkeit,  Skoliose  u.  s.  f.  discutiren.  Wir 
glauben  jedoch  nicht,  dafs,  abgesehen  von  der  Kurzsichtigkeit,  in  Bezug  auf  welche 
wir  noch  besondere  Aufträge  erhalten  haben,  die  von  Ew.  Ezc.  gestellte  Aufgabe 
ein  so  weites  Gebiet  vorzeichnet.  Vor  nunmeiir  14  Jahres  hat  eines  der  mituuter- 
zeichneten  Mitglieder,  Professor  Virchow,  im  Auftrage  des  damaligen  Hinisters 
ein  solches  generelles  Gutachten  erstattet,  welches  umfassende  Berichterstattungen 
der  Provinzialbehörden  veranlafst  hat.  Wir  werden  Gelegenheit  nehmen,  auf  einzelne 
Punkte  der  damaligen  Erörterungen  Bezug  zu  nehmen,  halten  uns  jedoch  im 
Interesse  der  Sache  für  verpflichtet,  imsere  gutachtlichen  Aeufserungen  auf  den 
eigentlichen  Gegenstand  der  Ueberbürdung  zu  beschränken. 

Es  dürfte  auch  für  die  weitere  Besprechung  dieser  wichtigen  Streitfrage  von 
einiger  Bedeutung  sein,  wenn  wir  genau  angeben,  in  welcher  Weise  vom  medici- 
nischen Standpunlcte  aus  der  Beffriff  der  Ueberbürdung  zu  definiren  ist.  Die  ver- 
schiedenen Thätigkeiten,  welche  der  Mensch  ausübt,  werden  auch  von  verschiedenen 
Chrganen  getragen.  Es  giebt  keine  einzige  allgemeine  Thätigkeit  des  ganzen  Körpers, 
vielmehr  sind  auch  die  scheinbar  allgemeinen  Thätigkeiten  an  bestimmte  einzelne 
Ogane  oder  gar  Gewebe  gebunden.  Jedes  dieser  Organe  oder  Gewebe  kann  in 
seiner  Thätigkeit  überbürdet  werden,  d.  h.  es  können  höhere  Ansprüche  an  seine 
Thätigkeit  gestellt  werden,  als  es  vermöge  seiner  Einrichtung  ohne  Schädigung 
seines  Zustuides  zu  leisten  vermag.  Dabei  besteht  noch  wieder  der  Unterschiea, 
dafs  entweder  die  geforderte  Leistung  das  Hafs  der  vorhandenen  Kraft  über« 
schreitet,  oder  dafs  eine  an  sich  entsprechende  Thätigkeit  zu  lange,  ohne  oder  mit 
zu  kurzen  Ruhepausen,  fortgesetzt  wuxl.  Setzt  man,  was  ganz  correct  ist,  für 
„Thätigkeit**  „^beit**,  so  bedeutet  „Ueberbürdung*'  eine  sei  es  dem  MaTse,  sei  es 
der  2ieit  nach  excessive  Arbeit  gewisser  Organe. 

Um  welche  Organe  handelt  es  sich  nun  wesentlich  bei  der  Ueberbürdung^ 
von  Schülern,  namentlich  in  höh.  Lehranstalten?  Die  gewöhnlich  sogenannte 
Arbeit,  diejenige,  von  der  übrigens  sowohl  die  Bezeichnung,  ^s  auch  die  Deutung^ 
aller  anderen  Arten  von  Arbeit  entnommen  ist,  beruht  m  der  Thätigkeit  von 
Muskeln.    Es  ist  selbstverständlich   dafs  von  dieser  Thätigkeit  bei  der  Ueber- 


291 

lyordimg  der  Schüler  gar  nicht  oder  höchstens  beiläufig  die  Eede  ist;  im  Gegenteil, 
^as  mcäeme  Bestreben,  welches  aach  von  der  SL  Staatsregierung  angelegentlich 
geteilt  wird,  geht  dahin,  den  SchiHern  mehr  Muskelthfttigkeit  su  versduSfen.  Noch 
weit  weniger  Icommt  die  Thätigkeit  vieler  anderen  Organe,  wie  etwa  der  Drüsea, 
in  Betracht.  Vielmehr  handelt  es  sich  bei  der  Ueberbürdung^rage  wesentlich  um 
Nerventhätigkeit  und  beinahe  ausschliefslich  um  Gehimthati^keit  Mag  man  das 
Verhältnis  yon  Geist  .und  Körper  auffassen,  wie  man  will :  die  Erscheinungen  der 
Ermüdung,  der  Ueberarbeitun^f,  der  Erschöpfung  sind  unzweifelhaft  körperliehe 
Erscheinungen;  sie  bexiehen  sich  auf  Znstänae  des  Organes,  welches  die  geistigen 
EnoheiDungen  yermittelt 

Daher  können  wir  vom  wissenschaftlich  medicinischen  Standpunkte  ans  die 
Jhrage  der  Ueberbürdung  der  Schiller  nur  so  fassen,  dafs  untersucht  werden  soll, 
4>b  die  yon  den  Schülern  geforderte  Gehirnarbeit  sei  es  dem  Mafse, 
«ei  es  der  Dauer  nach  zu  grofs  sei? 

n.  VoraneMtrangmi  für   «in  wlMwuehefOi^h—  Onta^hteii  über  die 


Nun  würde  es  sich  darum  handeln,  diese  Frage  nicht  individuell,  sondern 
mehr  oder  weniger  generell  zu  entscheiden.  Ein  einzelner  Schüler  kann  vermöge 
geringerer  Anlagen  oder  vermöge  vorübei^hender  oder  andauernder  Schwäche- 
sQstinde  durch  eine  dem  llafse  und  der  Dauer  nach  durchaus  nicht  zu  grofse 
Arbeit  überbürdet  werden.  Daraus  folgt  für  die  Beurteilung  der  Schule  ab  solcher 
nicht  das  Mindeste. 

Aber  eben  so  wenig  darf  erwartet  werden,  dafs  jeder  Schüler  in  auch  nur 
annähernd  gleicher  Weise  von  der  auferlegten  Arbeit  betroffen  werden  wird,  in 
der  That  i^  auch  niemals  behauptet  worden,  dafs  etwas  der  Art  vorgekommen 
sei;  vielmehr  ist  immer  nur  von  einer  gewissen  Anzahl  die  Rede.  Hier  aber  be- 
«nnt  auch  die  Schwierigkeit  Welches  ist  die  Zahl,  welche  für  den  Nachweis  des 
Bestehens  einer  UeberbStlung  mafsgebend  ist? 

Statistisch  betrachtet  sollte  es  eigentlich  die  Mehrzahl  sein.  Denn  wemi 
einerseits  die  besonders  begabten  Schüler,  andererseits  die  geistig  schwächeren  in 
Abrechnung  gebracht  weisen,  so  sollte  in  jeder  Schule  oder  Schulklasse  eine 
Mehrheit  von  Schülern  mittlerer  Befähigung  übrig  bleiben,  welche  die  Grundlage 
für  eine  zahlenmäfsige  Berechnung  lieferte,  mrade  diese  Mehrheit  ist  es  ja,  auf  welche 
die  Aufgaben  der  Schule  oder  der  Schulklasse  wesentlich  zugeschnitten  werden 
müssen  und  welche  die  Hauptaufmerksamkeit  der  Lehrer  und  der  Schulbehörden 
in  Anspruch  nehmen  sollte.  Es  müfste  demgemäfs,  wenn  statistisch  aus  gewissen 
änfseren  Folgpzuständen  ermittelt  werden  soU,  ob  in  einer  bestimmten  KUwse  oder 
in  einer  bestimmten  Anstalt  oder  ganz  allgemein  in  allen  höh«  Schulen  eine  Ueber- 
bürdung stattfinde,  festgestellt  werden,  ein  wie  grofser  Anteil  von  der  Zahl  der 
Schüler  mittlerer  Befähigung  Zeichen   der   Ueberbürdung  darbietet. 

Ob  ein  solcher  Versuch  jemals  praktisch  gemacht  worden  ist,  wissen  wir 
nicht.  Eine  besondere  Schwierigkeit  würde  er  nicht  haben.  Jeder  Klassenlehrer 
sollte  seine  Schüler  so  weit  kennen,  um  sie  bei  einiger  Aufmerksamkeit  in  jene 
drei  Kategorieen  teilen  zu  können,  und  die  Beobachtung  der  einzelnen  würde  bald 
ergeben,  ob  die  von  den  Schülern  der  mittleren  Kategorie  geforderten  Arbeiten 
eine  zu  lange  Arbeitszeit  oder  eine  erschöpfende  Anstrengung  nöthig  machen. 
Wir  verkennen  nicht,  dafs  für  eine  solche  Einteilung  objective  Anhaltspunkte  von 
allgemein  gleicher  (Hltigkeit  kaum  zu  geben  sein  dürften  und  dafs  daher  dersub- 
jeniven  Autfassung  der  Lehrer  ein  gröfserer  Spielraum  gelassen  ist,  als  wünscheas- 
werth  wäre;  aber  es  scheint  uns  nicht,  dafs  ein  derartiger  Versuch  von  vornherein 
hofiiungslos  sein  müfste,  zumal  wenn  man  die  Mitwirkung  geeigneter  Aerzte  in 
Anspruch  nähme.  Es  ist  ja  auch  keineswegs  erforderlich  ders^g^  Untersuchungen 
«n  allen  Schulen  vorzunelnnen;  eine  kleinere  Anzahl  zwecknuUsig  ausgewählter  An- 
stalten würde  vollständig  ausreichen,  um  ein  Urteil  zu  gewinnen. 

Es  giebt  allerdings  noch  eine  ändere  Art  der  Statistik,  welche  in  gewissen 
Beaiehnngen  angewendet  werden  darf.  Man  kann  die  Nachteile  der  Ueberbürdung 
«n  den  Schülern  der  höh.  Lehranstalten  nach  dem  Verhältnisse  abschätzen,  in 
welchem  ähnliche  Nachteile  bei  jungen  Leuten  anderer  Kategorieen  hervortreten. 

19^ 


292 

In  der  Tbat  ist  es  diese  cotnparatiye  Statistik,  welche  bis  jetzt  fast  allein 
in  das  Feld  greführt  worden -ist.  Wir  werden  demnlohst  anf  derartige  Beispiele, 
2.  B.  auf  die  Freqnenx  der  militärisdienDienstantangliclikeit,  der  Selbstmorde  nnd 
Geisteskrankheiten  zurückkommen.  Hier  wollen  wir  nur  henrorheben,  dafs  die 
rohen  Zahlen  bei  einer  oomparatiyen  Statistik  noch  weniger  entscheiden,  als  bei 
einer  einfachen,  znmal  wenn  ei  sich,  wie  gerade  in  den  anffeführten  Beispielen,, 
in  der  Regel  nm  kleine,  wenn  nicht  sehr  kleine  Summen  handelt  Hier  tritt  gferade 
die  Nothwendigkeit  einer  weitgehenden  Individnalisimng  der  Falle  hervor,  und 
eine  solche  hat  bis  jetzt  nnr  in  ganz  beschränktem  MaTse  stattgefunden. 

Nadi  dieser  Darleg^g  dürfen  wir  wohl  hoffen,  nicht  mifsyerstanden  zu 
werden,  wenn  wir  erklaren,  dab 

uns  für  ein  wissenschaftliches  Ghitachten  über  die  Ausdehnung^ 
einer  Ueberbürdung  der  Schüler  der  höh.  Unterrichtsanstalten  die  ünteiv 
lagen  fehlen. 

m.   XJeberaioht  und  Benrteilimg  der  vorhandenen  Unterlagen  fOr  die 

Beantwortung  der  Ueberbürdungsfirage. 

Jeder  Einzelne  von  uns  hat  eine  gewisse  Zahl  individueller  Erfahrunffeur 
aber  wir  alle  zusammengenommen  vermögen  daraus  kein  allgemeines  Urteil  iiber 
eine  factisch  bestehende  Ueberbürdung  zusammen  zu  setzen. 

Wir  müssen  uns  deshalb  auf  diese  individuellen  Erfahrungen  wie  auf  die 
anderweit  durch  die  Litteratur  und  durch  Ew.  Exe.  Vermittlung  uns  zugänglich 
gewordenen  thatsächlichen  Erhebungen  beschränken  und  geben  im  Folgenden  zu- 
nächst eine  Uebersicht  dieser  comparativ-statistischen,  zum  Teil  auch  nur  compa- 
rativ  geschätzten  Angaben  und  eine  Beurteilung  ihres  Werthee  für  die  vorliegen- 
den Fragen. 

1.  Das  Verhältnis  der  zum  Militärdienste  untauglich  befundenen 

Schüler. 

Das  Elsafs-Lothringische  Gutachten  entnimmt  (p.  8  und  10)  sein  erstes 
Argument  dafür,  dafs  die  Jugend  „auf  unseren  höh.  Schulen*'  überbürdet  sei  aus 
einer  Mitteilung  des  Herrn  Finkeinburg,  wonach  auf  Grund  einer  von  dem  K.  statisti- 
schen Bureau  aufgestellten  fünfjährigen  Uebersicht  mindestens  80  Procent  der  zum 
einjährigen  Militärdienste  qualiticirten  jungen  Männer  physisch  unbrauchbar  waren, 
während  von  den  übrigen  Eingestellten  (eigentlich  Untersuchten)  nur  45 — 50  Procent 
teils  für  zeitig  teils  für  bleibend  unrähig  erklärt  wurden. 

Aber  Herr  Finkeinburg  hatte  in  seinem  Vortrage  (Deutsche  Vierteljahresschr. 
für  öffentl.  Gesundheitspflege  1878  Bd.  X.  S.  28)  selbst  ausgeführt,  dafs  diese  An- 
gabe einen  beschränkten  Werth  habe,  da  man  weder  wisse,  ob  nicht  die  Knaben 
beim  Eintritte  in  die  Schule  schon  ein  Mindermafs  von  physischer  Kraft  mitbringen, 
noch  die  „Art  der  unbrauchbar  machenden  Infirmitäten'*  kenne.  Herr  Sander 
(ebendaselbst  S.  74)  hatte  sich  diesem  Urteile  angeschlossen. 

Wenn  trotzdem  das  Elsafs-Lothringische  Gutachten  die  Bedeutung  der 
statistischen  Angabe  in  vollem  Mafse  aufrecht  erhielt,  so  müssen  wir  bemerken, 
dafs  die  Thatsache  der  unverhältnismäfsi^  groÜBcn  Zahl  von  Zurückstellungen 
unter  den  zum  einiährigen  Dienste  Berechtigten  keineswegs  sichergestellt  ist. 

Der  Herr  Minister  des  Innern  hat  durch  die  Civil- Vorsitzenden  der  Prüfungs- 
Commissionen  eine  Nachweisung  der  auf  Ghrnnd  von  Schulzeugmssen  und  auf  Grund 
einer  Prüfung  erteilten  Berechtiraigsscheine  zum  einjährigen  Militärdienste  für  die 
f^pf  Jahre  1877—1881  und  dunm  £e  K.  General-Commandos  und  den  Herrn  Chef 
der  Admiralität  für  dieselbe  Zeit  eine  Zusammenstellung  der  j  zur  Einstellung  ge- 
langten Einjähnjg^-Freiwilligen  erhalten.  Damach  stellt  sidi  heraus,  dafs  während 
des  gedachten  Zeitraumes  ausgestellt  wurden: 

Berechtigungsscheine 
auf  Grund  von  Schulzeugnissen    ....    44,462 
auf  Grund  einer  Prüfung     ....    .    ,      2,592 

zusammen    47,054 
Eingestellt  sind  Freiwillige      .    .    .    .    .    21,236 

Rest    25,818 


298 

Sollte  man  annehmen,  dafs  alle  diese  als  Best  aofgefohrten  Personen  dienst- 
untauglich waren,  so  würde  das  etwa  55  Procent  der  Bereohtifften  ei^eben.  Da 
nnn  anch  die  Kadettenanstalten  dem  Lehrplane  der  höheren  Schalen  unterliegen, 
«o  sind  die  von  jenen  Anstalten  abgehenden  jungen  Manner  eigentUoh  noch  au* 
soaahlen,  und  da  von  ihnen  nur  ausnahmsweise  einer  nach  dem  Bestehen  der 
Prfifung  nicht  in  den  actiyen  Dienst  tritt,  so  ist  der  Gesamtabgang,  der  bei  der 
Haupt-SLadettenansÜLlt  gegen  900  in  5  Jahren  betrSgt,  noch  su  obiger  Summe  zu- 
^nreohnen.  Der  Procensatz  der  nicht  Eingestellten  wurde  dadurah  nicht  -  ganz 
54  betragen. 

Nun  ist  aber  zu  beachten,  dafs  von  den  Berechtigten  manche  vom  Dienste 
iM&eit  sind,  z.  B.  Theologen,  dafs  im  Laufe  der  fünf  Jahre  manche  vor  dem  Ein- 
tritte in  das  Heer  gestorben  oder  nachträglich  erkrankt  sein  werden.  Es  läfst  sich 
daher,  auch  wenn  man  zugesteht,  dafs  die  Art  der  Aufstellung  der  funQährigen 
Listen  nicht  vorwurfsfrei  ist,  doch  nicht  verkennen,  dafs  ein  ungünstiges  Verhältnis 
der  Freiwilligen  zu  den  Dre^ährig-Dienenden  nicht  besteht. 

Auch  die  Berichte  einzelner  Direotoren  bestätigen  diese  Auffassnnff.  Wir 
-erwähnen  den  des  Directors  Gandtner  in  Minden,  welcher  1871  ausführte,  dafs  von 
70  Abiturienten  seiner  Anstalt  (in  9  Jahren)  55  gedient  hätten.  Rechne  man 
3  Theologen,  2  welche  das  dienstpflichtige  Alter  noch  nicht  erreicht  hatten,  und 
1  mit  angeborener  Lähmung  des  Fufses  ab,  so  bleiben  nur  64  Abiturienten,  von 
denen  9  s=  14  Procent  als  unbrauchbar  zu  betrachten  seien. 

Bei  den  Verhandlungen  der  Qrofsherzogl.  hessischen  Commission  zur  Prüfung 
der  Ueberbürdungsfrage  (Darmstadt  1883,-  rrotokoU  der  ersten  Sitzung  S.  18) 
erklärte  der  Director  Weidner  von  Darmstadt,  dafs  in  Hessen  immer  80 — 90  Prozent 
der  Schüler  tauglich  seien,  und  Geh.  Medicinal-Bath  Dr.  Weber  wendet  gegen  die 
Statistik  des  preufs.  statistischen  Bureaus  ein,  dafs  allein  schon  die  Kurzsiohtigkeit 
einen  grofsen  Teil  der  üntauglichkeitserklärungen  r42,5  Prooent)  bedinge,  dafs 
«ufserdem  die  Gestellung  zum  Freiwilli^ndienste  viel  früher  als  bei  den  übrigen 
Gestellungspflichtigen  enolge,  zu  einer  Zeit,  wo  der  Körper  noch  weniger  ausge- 
wachsen sei.    (Ebendas.  &  20.) 

Director  Wendt  (Die  Gymnasien  und  die  öffentliche  Meinung,  Karlsruhe  1883 
S.  38)  hat  für  zwei  badische  Begimenter  die  betreffenden  Zahlen  ermittelt.  Darnach 
worden  von  1875 — 1882  in  dem  einen  Begimente 

Berechtigte  angemeldet 549 

untauglich  befunden 106 

«Iso  noch  nicht  20  Procent.  Davon  hatten  jedoch  56  Körperfehler;  es  blieben  also 
nur  50,  d.  h.  9  Provent  als  wegen  Körperschwäche  unbrauchbar  übrig.  In  dem 
jsweiten  Begimente  betrugen  die  entsprechenden  Zahlen  fQr  die  Jahre  1872 — 1882 

639-216, 
d.  h.  abgewiesen  wurden  33,8  Procent,  darunter  als  zu  schwach  51,  also  7,8  Procent. 

Wir  können  nur  den  dringenden  Wunsch  aussprechen,  dafs  diese  Statistik 
•erweitert  und  vertieft  werden  möge.  Jedenfalls  vermögen  wir  aus  dem  vorliegenden 
Stoffe  nicht  zu  ersehen,  dafs  die  Abiturienten  und  aie  mit  dem  Berechtigungs- 
Zeugnisse  für  den«eixijährigen  Militärdienst  von  höh.  Schulen  abgehenden  jungen 
liänner  eine  bedenklich  hohe  Zahl  von  Schwächlichen  einschliefsen.  Im  Gegen- 
teil, das  Ergebnis  der  erwähnten  Feststellungen  erinnert  stark  an  dasjenige,  welche 
die  uns  vorgelegte  Denkschrift  aus  einem  Immediatberiohte  vom  28.  Nov.  1837 
citirt>  dafs  „bezt^lioh  der  Tauglichkeit  für  den  Militärdienst  die  ans  den  Gymnasien 
hervorgegangenen  Jünglinge  und  die  Studirenden  ungleich  günstiger  stehen,  als 
^e  Handels-  und  Kunstbeflissenen." 

Auf  die  Kurzsichtigkeit  werden  wir  später  zurückkommen;  wir  erwähnen 
nur,  in  Betreff  der  oben  angedeuteten  Ausführung  des  Geh.  Baths  Weber,  dafs  nach 
der  Dienstanweisung  zur  l^urteilung  der  Militär-Dienstfähigkeit  vom  8.  April  1877. 
BeiL  UL  Nr.  26.  „Kurzsichtigkeit,  bei  welcher  der  Fempunktsabstand  auf  dem' 
1>es8eren  Auge  0,15  m  oder  weniger  betzägt,  auch  bei  voller  Sehschärfe"  als  €hrund 
dauernder  Dienstuntauglichkeit  gilt,  ebenso  Nr.  25  „Herabsetzung  der 
Sehschärfe",  wenn  dieselbe  auf  dem  besseren  Auge  V«  der  normalen  oder  weniger 
l>etri[gt. 


894 


2.   Der  Selbstmord  nnter  den  Schülern. 

Der  Bericht  des  K.  Statistischen  Bureaus  yom  4.  Hai  d.  J.,  welchen  £w.  Ezc» 
uns  hochgeneirtest  übermittelt  hat,  erkennt  an,  dafs  das  erforderliche  Material 
znr  allseitigen  JBenrteilong  der  Frage  nach  der  Zahl  und  den  Ursachen  der  Selbst- 
morde bei  Schülern  nicht  vorhanden  seL  Es  wird  jedoch  durch  Nachweise  fur< 
den  13jahrigen  Zeitraum  von  1869  bis  1881  dargethan,  dafs  obwohl  die  absolute 
Zahl  der  jugendlichen  Selbstmörder  männlichen  Geschlechts  im  Alter  von  10  bis 
20  Jahren  in  Preufsen  während  dieser  Zeit  beträchtlich  zugenommen  hat,  nämlich, 
▼on  165  auf  260  im  Jahre,  diese  Zahl  mit  dem  Anwachsen  der  Zahl  der  männ- 
lichen Selbstmörder  überhaupt  durchaus  im  Einklänge  steht.  Die  relativen  Zahlen 
ergeben  nämlich  Folgendes: 

Es  yermehrten  sich  die  männlichen  Selbstmörder  überhaupt  in  der  g^achten 
Zeit  Ton  100  auf  157,35,  die  männlichen  Selbstmörder  im  Alter  von  10  bis  20  Jahren 
Ton  100  auf  157,57.  Unter  1000  männlichen  Selbstmördern  befanden  sich  im  Alter 
von  10  bis  20  Jahren  64,2  im  Jahre  1869,  64,3  im  Jahre  1881.  Mit  Recht  folgert 
das  statistische  Bureau  daraus,  dafs  unter  den  jugendlichen  Selbstmördern  die 
Schüler  der  höh.  Lehranstalten  heute  nicht  wohl  häufijrer  yertreten  sein  können 
als  früher;  ja,  wenn  man  in  Betracht  ziehe,  dafs  die  Schulbevölkerung  der  höh, 
Lehranstalten  yon  1869  bis  1881  relativ  s^  viel  stärker  zugenommen  hat»  als  die 
Gesamtbevölkerung,  so  werde  geradezu  auf  eine  relative  Abnahme  der  Selbstmorde 
unter  diesen  SchiUem  geschlossen  werden  müssen.  Allerdings  ergebe  sich  ein  ver« 
hältnismäfsig  stärkeres  Anwachsen  der  Selbstmorde  unter  der  männlichen  Be- 
völkerung von  10  bis  15  Jahren,  indem  die  Zahl  in  den  13  Jahren  von  100  auT 
230,43  ai^^tiegen  sei,  indefs  sei  die  absolute  Zahl  dieser  Selbstmorde  an  sich  sehjr 
klein  (zwischen  19  und  53)  und  die  jährliche  Zahl  schwanke  in  ganz  unregel* 
mäfsiger  Weise  auf  und  ab,  so  dafs  diesem  Ergebnisse  eine  besondere  Bedeutung 
nicht  beigelegt  werden  könne. 

Das  statistische  Bureau  hat  au&erdem  eine  Uebersicht  der  Selbstmord-Mptive, 
soweit  sich  solche  aus  den  Angaben  der  Local-Instanzen  entnehmen  liefsen,  bei* 
ffefügt.  Es  ergiebt  sich  daraus,  dafs  für  die  Periode  der  Jahre  1869  bis  einsohliefs- 
fioh  1881  Geisteskrankheit  unt^  1000  männlichen  Selbstmördern  im  Alter  von  lO 
bis  20  Jahren  158  mal  und  zwar  im  Alter  von  10  bis  15  Jahren  114,9,  im  Alter 
von  15  bis  20  Jahren  166,9  mal  angegeben  ist  Nächstdem  ist  als  die  stärkste 
Kategorie  zu  erwähnen  „Reue  und  l^imun,  Gewissensbisse";  hier  werden  207  p.  m. 
jugendliche  männliche  Selbstmörder  im  Alter  von  10  bis  20  Jahren  aufgeführt 

Bei  der  grofsen  Unsid^erheit  derartiger  Aufstellungen  glauben  wir  uns  auf 
diese  Auszüge  beschränken  zu  sollen.  Lgend  ein  ^ifbares  Resultat  für  die  Be* 
urteilung  der  Ueberbürdungsfrage  läfst  sich  aus  dieser  Uebersicht  nicht  ableiten, 
da  jede  dihere  Beziehung  auf  die  Schüler  der  höh.  Lehranstalten  fehlt 

Hit  Vergnügen  constatiren  wir  die  ausgesprochene  Bereitwilligkeit  des 
statistischen  Bureaus,  das  einlaufende  Material  in  Zukunft  nach  den  sich  jetzt  er- 
gebenden Gesichtspunkten  bearbeiten  zu  lassen.  Immerhin  glauben  wir  aber  auch 
unsererseits  bestätigen  zu  sollen,  dafs  wir  in  den  bisherigen  Zusammenstellungen 
nicht  die  mindeste  Andeutung  für  die  vielfach  vermuthete  Zunahme  der  Selbst- 
morde unter  den  Schülern  der  höh.  Lehranstalten  zu  entdecken  vermodit  haben. 

Die  uns  hochgeneigtest  vorgelegten  Acten  der  Unterrichts- Verwaltung  über 
Fälle  von  Selbstmora  oder  Selbstmoroversuch  von  Lefirem  und  Schülern  der  höh. 
Anstalten  enthalten  nur  Gasuistisches  ohne  jeden  Anhalt  ffir  ein  allgemeines  Urteil. 

3.   Die  Geisteskrankheit  unter  den  Schülern. 

Ln  Anschlüsse  an  das  vorher  Mitgeteilte  heben  wir  aus  den  Tabellen  de» 
statistischen  Bureaus  noch  hervor,  dafs  Geistesknmkheit  bei  jugendlichen  Selbst- 
mördern weiblichen  Gesohlechtes  häufiger  angegeben  ist,  als  bei  solchen  männlichen 
Geschlechts.  Allerdings  überwiegen  bei  einem  Alter  von  10  bis  15  Jahren  die 
Knaben  mit  114,9  p.  m.  über  die  Mädchen,  welche  nur  74,8  p.  m.  ergeben,  allein 
in  dem  viel  widbtigeren  Alter  zwischen  15—20  Jahren  kehrt  sich  das  Verhältnia- 
um,  indem  die  jungen  Männer  nur  noch  166,9,  die  Mädchen  dagegen  184,2  p.  m. 
stellen.  So  erklärt  es  sich,  dafs  das  Gesamtergebnis  an  Geisteskrankheiten  für 
1000  jugendliche  Selbstmörder  im  Alter  von  10  bis  20  Jahren  bei  dem  männlichen 


295 

Gesohleohte  158,0,  bei  dem  weiblichen  172,7  ist  Ein  solches  Verhältnis  spricht 
sehr  wenig  für  die  Yermuthong,  dafs  üeberbürdung  die  Ursache  der  Geistes- 
krankheit sei. 

Die  Frage  nach  dem  Vorkommen  von  Geistesstomneen  bei  Schülern  der 
höh.  Lehranstalten  in  Folge  von  „Üeberbürdung"  ist  neaeroings  durch  die  Schrift 
des  Directors  der  Braunschweigischen  Landes-Irrenanstalt  zu  Königslutter,  l)r.  Hasse, 
„über  die  Üeberbürdung  der  Schüler  mit  häuslichen  Arbeiten"  besonders  in  den 
Vordergrund  getreten.  Derselbe  wollte  die  Erfahrung  gemacht  haben,  dafs  Schüler 
der  obmten  Gymna^ialklassen,  bei  welchen  der  AnlaTs  der  Geistesstörung  nur  m 
den  übertriebenen  Anforderungen  der  Schule  ffesucht  werden  könne,  ^genwärtig 
einen  unverhältnismäfsig  hohen  Procentsatz  in  der  Anzahl  der  Geisteskranken 
bildeten. 

Um  Sicherheit  darüber  zu  gewinnen,'  in  welchem  Mafse  den  von  Dr.  Hasse 
angeführten  Erfahrungen  Geltung  beizumessen  sei,  ersuchte  Ew.  Exe.  Herr  Amts- 
vorgänger eine  Anzahl  von  Directoren  öffentlicher  Irrenanstalten,  sich  darüber  zu 
äufsem,  ob  in  dem  Kreise  ihrer  eigenen  Beobachtung  Fälle  vorgekommen  seien, 
in  welchen  für  Geistesstörungen  bei  Schülern  dje  üeberbürdung  derselben  durch 
die  Ansprüche  der  Schule  mit  ausreichender  Sicherheit  als  die  alleinige  oder 
wesentb'che  Ursache  zu  betrachten  war,  event.  ob  in  der  Häufigkeit  solcher  Falle 
neuerdings  eine  Zunahme  zu  bemerken  sei. 

Es  sind  darauf  17  Berichte  eingegangen,  von  denen  15  die  Frage  verneinen, 
zum  Teil  unter  specieller  Anführung  von  Zahlen  und  Krankengeschichten, 
aus  denen  sich  ergiebt,  dafs  die  geistigen  Erkrankungen  von  Gymnasiasten  weder 
häufig  sind,  noch  da,  wo  sie  beobachtet  wurden,  auf  eine  Üeberbürdung  in  der 
Schule  zurückgeführt  werden  konnten.  Nur  zwei  Beferenten  stellen  sich  auf  einen 
etwas  anderen  Standpunkt,  Der  Director  einer  Irrenanstalt  führt  an,  dafs  zur 
Zeit  der  Abfassung  des  Berichtes  3  geisteskranke  Grymnasiasten  sich  in  der  Anstalt 
beHuiden,  von  denen  bei  zweien  eine  erbliche  Anlage  zu  Geisteskrankheiten  vor- 
handen sei ;  von  dem  dritten  wird  eine  solche  nicht  erwähnt  Indefs  ist  weder  bei 
diesem  noch  bei  den  übrigen  der  Nachweis  zu  führen  versucht,  dafs  die  Üeber- 
bürdung in  der  Schule  ein,  wenn  audi  nur  occasionelles  ursächliches  Moment  für 
die  Entstehung  der  Geistesstörung  gewesen  sei  Es  findet  sich  in  dem  Berichte 
nur  die  allgemeine  Behauptung,  dais  geistige  und  körperliche  Zustände,  welche 
Ton  dem  normalen  Verhältnis  eines  natnrgemäfs  und  gesund  sich  entwickelnden 
Menschen  abweichen,  unter  den  Schülern  unserer  höh.  Lehranstalten  sehr  ver- 
breitet seien,  insbesondere  geistige  Ermüdung  und  Reizbarkeit,  mangelhaft»  Ver- 
dauung und  Ernährung,  Neigung  zu  Kopfschmerzen,  Kurzsichtigkeit  und  Augen- 
ach'vmshe. 

Denr  Director  einer  anderen  Irrenanstalt  berichtet  über  keine  eigenen  Er- 
fahrungen, erklärt  aber,  daf«,  wenn  auch  der  Nachweis  nicht  geführt  sei  und  nicht 
geführt  werden  könne,  dafs  Geistesstörung  bei  Schülern  gegenwärtig  häufig,  häufiger 
als  früher,  vorkommen,  und  zwar  in  Folge  der  Üeberbürdung  derselben  durch  die 
Ansprüche  der  Schule,  dies  keineswegs  beweise,  dafs  eine  der  körnerlichen  und 
geistigen  Entwickelung  der  Schüler  nachteilige  Üeberbürdung  nicht  stattfände. 
Er  ist  femer  der  Ansicht,  dafs  der  Vorstand  des  Vereines  der  deutschen  Irren- 
ärzte sich  ^e  Frage  stellen  müsse:  „Sind  die  heutigen  Ansprüche  der  Schule 
derart,  dafs  durch  dieselben  die  geistige  Entwickelung  der  Schüler  gestört,  die 
geistige  Leistungsfähigkeit  und  Ausdauer  derselben  vermindert  und  die  Disposition 
zn  Geistesstörung  erhöht  werden  mufs  ?  und  ist  nicht  die  Üeberbürdung  der  Schüler 
durch  die  Ansprüche  der  Schule  mit  eine  der  Ursachen  der  bedenklichen  Zunahme 
der  Geisteskrankheiten  unter  unserer  gebildeten  männlichen  Bevölkerung?"  Er 
steht  nicht  an,  „gestützt  auf  seine  Erfahrungea"  beide  Fragen  zu  bejahen,  obgleich 
ihm  Falle  von  Geistesstörung  bei  Schülern  in  den  letzten  Jahren  nicht  häufiger 
zur  Beobachtung  gekommen  sind  als  früher,  und  obgleich  in  keinem  der  wenigen 
ihm  bekannt  gewordenen  Fälle  Üeberbürdung  durch  die  Ansprüche  der  Schule  als 
die  alleinige  oder  wesentliche  Ursache  der  Geistesstörung  bezeichnet  werden  konnte. 

Wir  vermögen  auf  diese  beiden  Berichte  den  übrü^en  gegenüber  einen  er- 
heblichen Werth  nicht  zu  legen.  Die  „Erfahrung  en,"  aufweiche  der  zweiterwähnte 
Director  seine  Ansicht  stützt,  hat  er  leider  weder  mitgeteilt  noch  auch  nur  ange- 
deutet, so  dafs  wir  in  seinem  Ausspruche  nur  eine  subjective  Ansicht   erblicken 


296 

können,  deren  Werth  um  so  mehr  fraglich  erscheint,  als  er  ohne  Weiteres  von 
einer  „bedenklichen  Zunahme  der  G^steskrankheiten  unter  unserer  gebildeten 
männlichen  Bevölkerung''  als  von  einer  sichergestellten  Thatsache  spricht,  ^rährend 
eine  solche  wissenscha&ch  in  keiner  Weise  dargetbm  ist.  Schliefslich  verneint 
indefs  auch  er,  wie  oben  angegeben,  die  vorgelegte  Frage  einer  häufigen  oder 
häufiger  gewordenen  ffeistigen  Erkrankung  der  Schüler  in  folge  von  Ueberbiirdung 
auf  Grund  seiner  BeotMchtung  in  den  letzten  Jahren.  Auch  die  von  dem  erst- 
erwähnten Director  mitgeteilten  Beobachtungen  sind  nicht  geeignet,  die  allgemeine, 
yon  ihm  ausgesprochene  Ansicht  zu  stutzen,  da  die  vo^  ihm  aufgeführten  drei 
Fälle  nichts  zur  Erhärtung  seiner  Behauptungen  beitragen,  insofern  in  der  Ge- 
schichte derselben  die  Ueberbürdung  nicht  au  Ursache  der  Krankheit  in  Anspruch 
genommen  wird. 

Mit  den  oben  dargelegten  Angaben  der  zum  Berichte  aufgeforderten  Irren- 
ärzte stimmt  übrigens  die  Erfahrung  des  Directors  der  Landes-Irrenanstalt  Heppen- 
heim im  Grofsherzogtume  Darmstadt,  Dr.  Ludwig,  überein.*) 

Die  von  Dr.  Hasse  aufgestellten  Behauptungen  werden  durch  keine  dieser 
Erfahrungen  bestätigt.  Von  einem  Berichterstatter  wird  sogar  betont,  dafs  grade 
die  Schüler  der  oberen  Gymnasialklassen  in  höherem  Grade  als  die  Jünglinge  der 
gleichen  Altersperiode  anderer  Berufsklassen  durch  ihre  Lebensverhältnisse  geg^ 
Geisteskrankheiten  geschützt  seien.  Auch  unter  den  während  1*/«  Jahren  in  die 
Irren-Abteilung  der  Charit^  zu  Berlin  aufgenommenen  Individuen  von  8 — 19  Jahren, 
deren  Anzahl  22  beträgt  (die  Idioten  nicht  mit  eingerechnetX  befand  sich  nur  ein 
Gymnasiast  und  dieser  war  von  Blindheit  an  geistig  schwach  und  abnorm  veranlagt. 
Man  könnte  allerdings  vielleicht  gegen  die  Bedeutung  derartiger  Beobachtungen 
l^eltend  machen,  dafs  Gymnasiasten,  als  Söhne  wohlhabender  Eltern,  nicht  in  die 
ofientl.  Irrenanstalten,  sondern  in  andere,  besonders  in  Privat-Irrenanstalten,  ge- 
schickt würden.  Indefs  erscheint  ein  solcher  Einwand  insofern  nicht  zutrefiend, 
als  bekanntlich  auch  zahlreiche  Söhne  wenig  bemittelter  Eltern,  namentlich  in 
Berlin,  das  Gymnasium  besuchep,  die  doch  bei  einer  etwaigen  Erkrankung  auf  die 
billigeren  Verpflegungssätze  der  öffentl.  Anstalten  angewiesen  sind. 

Was  die  Beobachtungen  des  Dr.  Hasse  selbst  anbetriflt,  so  sind  dieselben 
unserer  Ansicht  nach  in  keiner  Weise  genügend,  um  die  von  ihm  *  aufgestellten 
Behauptungen  auch  nur  einigermafsen  wahrscheinlich  zumachen,  geschweige  denn 
zu  erweisen.  Seine  Beobachtungszeit  umfafst  l^s  Jahre;  während  dieser  Zeit  hat 
er  in  der  von  ihm  geleiteten  Irrenanstalt  zu  Königslutter  3  Primaner  und  1  Secun- 
daner  von  dem  humanistischen  Gymnasium  des  Herzogtumes  Braunschweig,  sowie 
einen  Seminaristen  aus  Wolfenbüttel  behandelt;  aufserhalb-  seiner  Anstalt  wurde 
seine  Hilfe  für  2  Secundaner,  ebenfalls  von  humanistischen  Gymnasien,  in  Anspruch 

genommen.  Es  handelt  sich  also  um  6  innerhalb  IV«  Jahren  bei  Gymnasiasten 
eobachtete  Irrsinnsfölle.  Diese  Zahl  erscheint  allerdings  auf  den  ersten  Blick 
auffällig  und  könnte  zu  Vermuthungen  eines  causalen  Zusammenhanges  dieser  Er- 
krankungen mit  gewissen  durch  die  Schule  bedingten  Schädigungen  wohl  Ver- 
anlassunjB^  geben.  Nichtsdestoweniger  läfst  eine  genauere  Analyse  der  berichteten 
Krankheitsfälle  diese  Vermuthung  als  durchaus  hinfällig  erscheinen.  In  drei  dieser 
Fälle  nämlich  bestand  eine  zum  Teil  sehr  ausgesprochene  Anlage  zu  Geisteskrank- 
heiten (Fall  1,  2,  4),  die  unzweifelhaft  als  das  wesentlichste  ursächliche  Moment 
zu  betrachten  war ;  in  einem  Falle  (7)  ist  Onanie  anzuschuldigen,  und  die  Notizen 
über  einen  andern  (3)  deuten  auf  einen  von  jeher  bestehenden  eigentümlichen 
Charakter.  Aber  selbst  nur  als  äufseres  veranlassendes  Moment  zum  Aus- 
bruche einer  Geistesstörung  ist  Ueberanstrengung  in  keinem  einzigen  Falle  von 
Dr.  Hasse  nachgewiesen,  ja  nur  wahrscheinlich  gemacht;  es  wird  in  der  That 
nichts  dafür  beigebracht,  als  alleinige  allgemeine  Behauptungen. 


*)  tJük  dl«  IrrenanitAlt  lu  Heppenheim  wurden  teit  1866  unter  etwae  aber  2000  Aufnahmea 
48  Jugendliohe  mAnnliohe  Kranke  unter  20  Jahren  aufgenommen  und  unter  dieeen  48  befanden  eich 
5  ÖTumaiiatten.  Dieee  6  waren  aber  absolut  nicht  in  Folge  der  Ueberbtlrdung  In  der  Schule  krank 
geworden;  die  Ursachen  waren  andere  und  sudem  lag  in  allen  F&llen  eine  in  hohem  Grade  auige> 
«pfoeheae  heriditAre  Diepotition  su  Oeiiteekrankheiten  Tor.*<  Verhandlungen  der  Commieiion  sur 
PrOfnng  der  Vrage  der  Ueberbttrdung  der  Sehttler  höherer  Lehraaetalten  des  Ororihenogtuma. 
Darautadt.    1883.    ProtokoU  L  8.  39. 


297 

Ans  den  vontehenden  AiMfokmiigen  geht  hervor,  dafs  auf  Grund  des  bis 
jetst  Torliegenden  Materials  weder  als  erwiesen  nobh  als  wahrscheinlich  anzusehen 
ist,  dafs  Ueberbürdung  durch  die  Ansprüche  der  Schule  mit  ausreichender  Sicher- 
heit als  die  alleinige  oder  die  wesentliche  Ursache  für  Gbistesstömngen  der  Sdifiler 
SU  betrachten  oder  dafs  in  der  Häufigkeit  solcher  Fälle  neuerdings  eine  Zunahme 
zu  bemerken  ist. 

Als  Unterlagen  zu  weiteren  Untersuchungen  auf  diesem  Gebiete  werden 
vielleicht  die  Zählkarten  aus  den  offentL  und  Privat-Irrenanstalten  dienen  können. 

4.  Die  Kurzsichtigkeit  d  er  Schüler. 

Wir  würden  die  Frage  von  der  zunehmenden  Kurzsichtigkeit  unter  den 
Schülern  der  höh.  Lehranstalten  hier  gar  nicht  berühren^'  da  sie  mit  der  Frage 
von  der  Ueberbürdung  in  einem  ungemein  losen  Zusammenhange  steht,  wenn 
Ew.  Exe.  uns  nicht  einige  dieselbe  betreöenden  Materialien  zur  Berichterstattung 
zugewiesen  hätten. 

Was  die  Thatsache  der  relativen  und  mit  den  Klassen  im  Allgemeinen  zu- 
nehmenden Kurzsichtigkeit  der  Schüler  der  höh.  Lehranstalten  anbetrifiFt,  so  darf  die- 
selbe als  •  sicher  betrachtet  werden.  Als  im  Jahre  1869  der  mitunterzeichnete 
Professor  Virchow  sein,  im  Junihefte  des  Centralbl.  für  die  gesamte  Unterrichts- 
verwaltung in  Preufsen  unter  Nr.  126  abgedrucktes  Gutachten  über  die  nach- 
teiligen Einflüsse  der  Schule  erstattet  und  sich  darin  auf  Grund  der  Breslauer 
Erfimmngen  in  ähnlichem  Sinne  ausgesprochen  hatte,  haben  von  den  durch  Ew. 
Exe.  Herrn  Amtsvorgänger  zum  Bericht  aufgeforderten  Prov.  Schnlcollegien  sich 
einige  dagegen  erklärt,  dafs  auf  die  höh.  Schulen  ihres  Bezirkes  jene  Erfahrungen 
anwendbar  seien.  Eine  genauere  Prüfung  eigiebt  jedoch,  dafs  auch  für  diese 
Bezirke  keine  vollgiltigen  Ausnahmen  bestehen.  In  Kürze  stellt  sich  Folgendes 
heraus: 

1.  In  der  Provinz  Preufsen  waren  damals  wirkliche  Untersuchungen  nur 
durch  Lehrer  der  betr.  Anstalten  gemacht  worden  und  diese  hatten  versäiiedene 
Zahlen  geliefert.  Im  FriedrichscoUegium  zu  Königsberg  und  im  Gymnasium  zu 
Tilsit  stimmten  die  Zahlen  mit  den  Breslauem,  dagegen  liefs  sich  keine  Ueber- 
Einstimmung,  wenigstens  keine  Scala  der  fortschreitenden  KurzsicHtigkeit  gewinnen 
in  dem  altstädtischen  Gymnasium  und  den  beiden  Bealschulen  zu  Königsberg. 
Seitdem  sind  im  Jahre  1875  durch  Dr.  Conrad  3036  Augen  von  Schulkindern 
technisch  geprüft  worden,  und  es  hat  sich  dabei  nicht  blofs  herausgestellt,  dafs 
in  den  3  Königsberger  Gymnasien  unter  1518  Schülern  22  Procent  durch  den 
Augenspiegel,  32  Procent  durch  Leseproben  als  myopisch  nachgewiesen  wurden, 
aondem  auch,  dafs  ein  progressives  Anwachsen  in  den  Klassen  von  4  bezw.  11  bis 
zn  52  bezw.  62  Procent  stattfand. 

2.  In  Westfalen  hatte  eine  umfassende  Untersuchung  durch  die  Lehrer,  nur 
in  Minden  eine  ärztliche  Untersuchung  stattgefunden.  Ueber  die  bei  letzterer  an- 
gewandte Methode  ist  nichts  mitgeteilt ;  das  Ergebnis  war  ein  sehr  günstiges,  indem 
nur  4  Procent  Kurzsichtige  gefunden  wurden,  wobei  überdies  angegeben  wird,  dafs 
nur  in  2  Fällen  die  Kurzsichtigkeit  während  der  Schulzeit  entstanden  seL  Dagegen 
hatte  die  Erhebung  der  Lehrer  in  14  anderen  G^ymnasien  unter  2887  Schülern 
422  =  14,5  Procent  Myopen  ergeben,  fireilich  mit  grofsen  Schwankungen,  indem 
z.  B.  in  Herford  nur  4,  in  Bielefeld  18,  in  Becklinghausen  19,  in  Gütersloh 
22  Procent  .gezählt  wurden.  Auch  die  Zunahme  nach  den  Klassen  erschien  in- 
constant,  z.  B.  waren  in  Hamm  in  VI  und  V  3  Procent,  in  IV  4  Procent,  in  III 
27,  in  II  dagegen  nur  5,  in  I  wiederum  über  33  Procent.  Leider  ist  nicht  gesagt, 
ob  dieselben  Personen  die  Erhebungen  in  den  verschiedenen  Klassen  leiteten,  ob 
also  dieselbe  Methode  überall  in  Anwendung  kam.  Immerhin,  auch  wenn  die 
Inoonstanz  richtig  sein  sollte,  was  ohne  Weiteres  schwer  zugegeben  werden  könnte, 
so  erhellt  doch  selbst  aus  den  mitgeteilten  Zahlen,  dafs  kein  Grund  vorlag,  ein 
allgemein  ablehnendes  Urteil  auszusprechen.  Ob  seitdem  in  Westfalen  eine  wirk- 
liche augenärztliche  Untersuchung  irgend  einer  höheren  Schule  angeordnet  worden 
ist,  vermögen  wir  nicht  anzugeben. 

3.  Das  Prov.  Seh.  Coli,  für  Hessen-Nassau  hat  überhaupt  keine  eingehendere 
Untersuchung  veranlafst.  Wir  können  dafür  auf  augenärztliche  Erhebungen  Bezug 
nehmen,  welche  1873  durch  Dr.  Krüger  in  Frankfurt  a.  M.  und  durch  Dr.  H.  von 


298 


Hofimann  in  Wiesbaden  angestellt  wurden.  Damaoh  betrag  die  Zahl  der  Hyopischen 
im  Frankfurter  G^ymnasium  34  Prooent;  das  Anwachsen  nach  den  Klassen,  obwohl 
nicht  ganz  re^elmafsig,  geschah  doch  im  progressiven  Sinne:  4,  20,  40,  17,  35,  55, 
54,  64.  In  Wiesbaden  erreichte  die  Zahl  der  myopischen  Gymnasiasten  sogar 
38  Procent,  während  in  den  niederen  Schulen  und  der  höh.  Töchterschule  nur 
20  Procent  gefunden  wurden;  das  Anwachsen  in  den  Klassen  des  Gymnasiums 
war  bis  auf  eine  geringe  Abnahme  in  der  Prima  ganz  constant:  19,  24,  25,  32, 
50,  58,  48.  Wir  können  in  Bezug  auf  Frankfurt  noch  eine  interessante  Angabe 
des  Augenarztes  Dr.  Steffan  (Zeitschr.  des  Vereins  deutscher  Zeichenlehrer.  1883. 
Nr.  17,  S.  243)  hinzufügen,  wonach  er  im  Jahre  1882  in  seiner  Privatklinik,  wo 
hauptsächlich  ein  Publikum  verkehrt,  das  seine  Bildung  in  der  höh.  Lehranstalt 
sucht  oder  gesucht  hat,  22,4  Procent,  dagegen  in  seiner  ArmenkUnik  nur  13,6  Procent, 
Kurzsichtige  zählte. 

Wenn  sonach  nicht  bezweifelt  werden  kann,  dafs  auch  in  Bezirken  derjenigen 
Prov.  SchulcoUegien,  welche  sich  1870  und  1871  ablehnend  oder  wenigstens  sehr 
zurückhaltend  aussprachen,  die  Myopie  in  bemerkenswerther  Häufigkeit  besteht, 
so  mufs  ja  zugestanden  werden,  dafs  der  Beweis  ihrer  Allgemeinheit  noch  nicht 
geliefert  ist.  Die  Mehrzahl  der  bis  jetzt  vorliegenden  Erhebungen  sind,  aus  der 
Initiative  und  der  freiwilligen  Thätigkeit  von  Augenärzten  hervorgegangen ;  eigent- 
lich amtliche  Untersuchungen  haben  nur  gani  vereinzelt  stattgefunden,  obwohl  es 
sich  um  eine  so  wichtige  Frage  handelt,  dafs  eine  allgemeine  Anordnung  in  höchstem 
Mafse  dringlich  erschemt.  Indefs  wird  eine  Erfahrung  doch  als  sehr  bedeutungs- 
voll anerkannt  werden  müssen,  die  nämlich,  dafs  noch  nixvends  eine  augenärztliche 
Untersuchung  der  Schüler  einer  höh.  Lehranstalt  stattgefunden  hat,  ohne  dafs  ein 
hohes  Procentverhältnis  von  Myopischen  gefunden  wäre. 

Wir  möchten  in  dieser  Beziehung  insbes.  auf  die  Ergebnisse  der  Unter- 
suchungen in  den  Kadettenanstalten  hinweisen.  Die  ersten  wurden  durch  Dr.  Seggel 
(Bayr.  Aerztl.  Intelligenzblatt  1878  S.  33)  bei  dem,  einem  Realgymnasium  analog 
eingerichteten  Bayrischen  Kadettencorps  veranstaltet.  Sie  ergaben  31  Procent 
Kurzsichtige,  und  zwar  in  folgendem  Anwachse- Verhältnis : 


Beginn 

Ende 

Klasse 

Lebensalter 

des 

Schuljahres 

Zunahme 

I 

13 

22,4  Procent 

27,6  Procent 

5,2  Prooent 

(antente) 

II 

14'/* 

31,7      „ 

32,9       „ 

1,2       „ 

m 

15V4 

29,6       „ 

33,8       „ 

4,2       „ 

IV 

16V« 

38,2       f, 

42,6       „ 

4,4       „ 

V 

17V« 

31,4       „ 

32,9       „ 

1,5       „ 

VI 

18V. 

35,7       „ 

35,7       „ 

0       „ 

(oberato) 

Die  Gesamtznnahme  der  Myopischen  betrug  darnach  13  Procent,  während  sie  frei- 
lich in  Gymnasien  28  Procent  erreicht  Die  Zahl  der  Myopen  in  I  betrug  22,4, 
in  VI  35,7  Prooent. 

Von   besonderer   Wichtigkeit   sind    einige    weitere   Erhebungen   desselben 
Arztes.    Er  fand  unter  284  Einjährig-Freiwilligen  und  Offizier- Aspiranten 

von  16  bis  26  Jahren    ...    58  Prooent  Myopen, 
unter  Realschülern     ....    51        „  „ 

„     Gymnasiasten   ....    65        „  „ 

Von  1600  in  München  untersuchten  Soldaten  waren  myopisch 

Landleute  (aus  Dorfschulen) 2  Procent 

fTagelöhner  in  Städten  (aus  Stadtschulen)  .    .    .  4—9 

(Handwerker  in  Städten,  Schreiber,  Kaufleute  etc.  44 

Berechtigte  zum  einjährigen  Dienste 58 

Abiturienten  humanistischer  Gymnasien    ....  65 


»» 


M 


299 

Nach  einer  uns  hoohgeneigteat  übermittelten  Tabelle,  welche  der  Herr  Kriegs- 
minister  über  die  Kurzsiohtigkeits-Freqaenz  im  K.  Kadettencorps  Hir  den  Zeitraum 
vom  November  1878  bis  November  1882  hat  aufstellen  lassen,  wurden  im  Gesamt- 
mittel unter  10400  Kadetten  25,2  Procent  Kurzsichtige  gefunden.  Die  Klassen» 
zahlen  von  Sexta  bis  Selecta  waren,  in  Procenten  ausgedrückt:  12,3,  16,5,  20,4, 
25,7,  32,7,  31,6,  31,7,  also  ziemlich  constant  anwachsend  bis  zur  Prima  (des  alten 
Lehrplaiies),  wo,  wie  auch  an  anderen  Anstalten,  eine  kleine  Abnahme  constatirt 
wurde.  Indefs  war  auch  diese  Abnahme  nicht  constant,  denn  im  November  1882 
wurden  gerade  in  der  Prima  37,2,  in  der  Selecta  37,1  Procent  Kurzsichtige  ge- 
zahlt Somit  nehmen  auch  die  Kadettenanstalten,  trotz  ihrer  in  vielen  Bodehungen 
günstigeren  Verhältnisse,  keine  Ausnahmesiellunff  ein. 

So  zahlreich  die  bis  jetzt  ausgeführten  Untersuchungen  gewesen  sind,  so 
kann  man  doch  nicht  leugnen,  dafs  sie  ein  vollständig  abschliefsendes  Resultat 
nicht  ergeben  haben. 

Der  Oymnasial-Direotor  Dr.  Fulda  in  Sangerhausen  hat  in  einer  sehr  fleifsigeD 
Abhandlung  „Zur  Frage  der  Schul-Kurzsichtigkeit"  nicht  ohne  Grund  eine  Anzahl 
von  Bedenken  zusammengestellt,  welche  sich  zum  Teil  auf  die  mangelhafte  Con- 
cordanz  der  erzielten  Resultate,  zum  Teil  auf  die  sehr  einseitige  Untersuchung 
gerade  der  Schüler  der  höh.  Lehranstalten  beziehen.  Mit  Recht  verlangt  er  eine 
weitere  Fortführung  der  Untersuchungen  unter  Leitung  der  Staatsbehörden  und 
unter  Berücksichtigung  aller  der  verschiedenen  Gesichtspunkte,  welche  sich  ans 
der  komplicirten  Natur  des  Problems  ergeben.  Auch  ermhrene  Augenärzte,  wie 
Professor  Becker  in  Heidelberg,  haben  sich  durch  die  bisherigen  Untersuchungen 
in  Bezug  auf  die  Ursachen  der  zunehmenden  Kurzsichtigkeit  nicht  Überzeugt  erklärt. 

Es  kommt  'hinzu,  dafs  die  eine  Zeit  lang  ziemlich  allgemein  angenommene 
Meinung,  als  sei  die  Sohulkurzsichtigkeit  ein  spedfisch  deutsches  Leiden,  durch 
die  Erfärungen  in  anderen  Ländern  sehr  erschüttert  worden  ist.  Man  hat  viel- 
fach geglaubt  aus  der  Häufigkeit  des  Tragens  von  Brillen  mit  Sicherheit  auf  die 
Häufigkeit  der  Kurzsichtigkeit  schliefsen  zu  dürfen,  aber  man  hat  übersehen,  dafs 
das  Brillentragen  gleichfidls  der  Mode  unterworfen  ist.  In  Ländern,  wo  diese 
Mode  nicht  existirt,  lehrt  die  directe  Untersuchung,  dafs  es  an  Kurzsichtigen  nicht 
fehlt.  In  Frankreich,  England,  Nordamerika  sind  ähnliche,  zum  Teil  sogar  gleiche 
Zahlen  ermittelt  worden,  wie  bei  uns.  Das  Uebel  ist  also  viel  weiter  verbreitet, 
als  die  Gewohnheit  Brillen  zu  tragen. 

Am  wenigsten  ist  bis  jetzt  geschehen,  um  ähnliche  Beobachtungen,  wie  sie 
an  höh.  Lehranstalten  gemaäit  worden  sind,  auch  unter  den  parallelen  Alters- 
klassen der  übrigen  Bevölkerung  anzustellen.  Obwohl  schon  in  dem  erwähnten 
Ghitachten  des  Professor  Virchow  die  Nothwendigkeit  derartiger  Erhebungen  be- 
sonders betont  worden  war,  so  ist  doch,  mit  Ausnahme  einzelner  privater  Leistungen, 
nichts  davon  bekannt  geworden,  dafs  irgendwo  amtliche  Untersuchungen  in  grofserem 
Stile  stattgefunden  hätten.  Nicht  einmal  die  bei  der  Rekrutirung  gemachten  Er- 
fahrungen, welche  doch  allein  schon  eine  sehr  grofse  Zahl  betragen  müssen,  sind 
verwerthet  worden.  Wenn  auch  nicht  überall  so  grofse  Gegensätze  ffefunden 
werden  sollten,  wie  sie  z.  B.  Treichler  von  der  Schweiz  angieb^  wo  die  Zahl  der 
Myopen  im  Kanton  Wallis  nur  4  per  Mille  der  Rekruten  betragen  haben  soll, 
während  in  Basel  Stadt  138  per  Mille  gezählt  wurden,  so  dürfte  es  sich  doch  sehr 
empfehlen,  gerade  mit  den  Rekrutirungslisten  anzufangen. 

Immerhin  giebt  es  eine  Reihe  von  Einzeluntersuchungen,  welche  auch  andere 
Kreise,  als  die  der  höh.  Lehranstalten  in  Betracht  gezogen  hab«n.  Wir  dürfen  an  dieser 
Stelle  uns  des  Eingehens  auf  alle  diese  Einzelverhältnisse  enthalten  und  uns  darauf 
beschränken,  zu  sagen,  dafs,  so  lückenhaft  auch  das  vorliegende  Material  ist,  an 
der  Thatsache  doch  nicht  m  zweifeln  ist,  dafs  die  Zahl  der  myopischen 
Schüler  der  höh.  Lehranstalten  gröfser  ist  und  schneller  anwächst, 
als  in  den  parallelen  Altersklassen  derselben  Bevölkerung.  Wie 
viel  dazu  die  Schule  im  engeren  Sinne  beiträgt,  wie  viel  auch  aufserhalb  der  Schule 
gesündigt  wird,  das  läfst  sich  bisher  nicht  genau  ermitteln.  Die  vorlieffeuden  Er* 
iahmngen  bestätigen  aber  zugleich,  vras  zu  vermuthen  war,  dals  das  Procentver- 
hSltnii  sowohl  in  den  Schulen,  als  in  der  übrigen  Bevölkerung  kein  oonstantea 
ist,  dafs  es  nicht  blofs  in  den  einzelnen  Jahren,  sondern  auch  in  den  einzelne» 
Anstalten,  ja  sogar  in  den   einzelnen  Klassen  variirt.    Aber   diese  Variation   ist 


300 

nicht  80  grob,  dafs  sie  die  allgemeine  Erfahrang  von  der  zonehmenden  Myopie 
unter  den  Schülern  der  höh.  Lehranstalten  aufhebt.  Freilich  hat  gerade  an  diesem 
Punkte  die  Opposition,  namentlich  der  Lehrer,  eingesetzt.  Man  hat  bdiauptet, 
dafs  auch  unter  gleichbleibenden  Verhältnissen  eine  starke  Variation  nachweisbar 
sei.  Es  mSsse  also  andere  Ursachen  der  Myopie  geben,  und  unter  diesen  ist 
namentlich,  auch  unter  Zustimmung  vieler  Augenärzte,  die  Erblichkeit  hervorge- 
hoben worden.  So  sehr  wir  anerkennen,  dafs  gerade  bei  der  Myopie  die  YrSge 
der  Vererbung  eine  sehr  berechtigte  ist,  so  müssen  wir  doch  aussagen,  dafs  auch 
in  dieser  Beziehung  sehr  wenig  entscheidende  Beweise  vorliegen.  Die  besten 
Untersuchungen  der  Augenärzte  machen  es  wahrscheinlich,  dafs  wenig  mehr  als 
«in  Viertel  der  Myopen  in  den  höh.  Lehranstalten  aus  erblichen  Verhältnissen 
ihr  Leiden  herzuleiten  haben.  Die  blofse  Thatsache,  dafs  die  Kinder  myopischer 
Eltern  wieder  myopisch  sind,  genügt  keineswegs,  um  darzuthun,  dafs  die  Myopie 
vererbt  sei.  Abgesehen  davon,  dafs  häufig  genug  ähnliche  oder  gleiche  Ursachen 
auf  die  Kinder  einwirken,  wie  sie  auf  die  Eltern  eingewirkt  hatten,  und  dafs  in 
Folge  dessen  bei  beiden  dieselben  Uebel  oder  Krankheiten  entstehen,  so  vererbt 
sich  nicht  minder  häufig  die  Anlage  (Prädisposition).  Besteht  aber  eine 
krankhafte  Anlage,  so  kann  sich  durch  später  einwirkende  Ursachen,  welche  keines- 
wegs immer  dieselben  sein  müssen,  die  gleiche  Störung  ausbilden.  Gerade  bei 
der  Myopie  ist  es  höchst  wahrscheinlich,  dafs  sich  weit  mehr  die  Anlage  als  das 
wirkliche  Uebel  vererbt  und  dafs  von  den  prädisponirten  Kindern  bald  ein  kleinerer, 
bald  ein  gröfserer  Bruchteil  frei  bleibt,  je  nachdem  die  äufseren  Bedingrungen 
«ingünsti|fo  oder  günstige  sind. 

Die  Myopie  beruht  auf  einer  veränderten  Form  des  Augapfels,  insbesondere 
auf  einer  abnormen  Verlängerung  und  Verschmälerung  desselben.  Dafs  eine  solche 
anatomische  Anomalie  allen  den  sogenannten  erblichen  Myopieen  zu  Grunde  liegt, 
eo  dafs  ein  abnorm  verlängerter  Augapfel  schon  bei  der  Geburt  vorhanden  ist, 
hat  bis  jetzt  noch  Niemand  nachgewiesen.  Im  Gegenteil,  alle  Untersuchungen 
bei  Kindern  bald  nach  der  Geburt  haben  gelehrt,  dafs  unter  ihnen  ein  sehr  geringer 
Bruchteil  von  Myopen  aufzufinden  ist.  Wir  können  daher  nicht  zugestehen,  &£b 
der  Hinweis  auf  die  Erblichkeit  genüge,  um  die  Annahme  für  unbegründet  zu  er- 
klären, dafs  der  Besuch  der  höh.  Lehranstalten  bei  ihren  Schülern  das  Uebel 
herbeiführe  und  steigere.  Die  erbliche  Disposition  mag  das  Variiren  in  der  Frequenz 
der  Myopie  zu  einem  gewissen  Teile  erklären,  aber  sie  darf  nicht  einfach  in  eine 
Erblichkeit  der  Myopie  selbst  übersetzt  werden. 

Der  Mechanismus,  durch  welchen  die  Verlängerung  der  Augenaxe  herbei- 
^führt  wird,  ist  bis  jetzt  im  Einzelnen  nicht  so  genau  festgestellt  worden,  dafs 
eine  allgemein  giltige  Formel  dafür  hätte  angegeben  werden  können.  Darüber 
jedoch  kann  kein  Zweifel  bestehen,  dafs  die  Veränderung  in  der  Form  des  Aug- 
apfels eine  Folge  von  Muskelwirkung  ist.  Auch  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dafs 
dabei  einerseits  der  Accommodatiousmuskel  im  Innern  des  Auges,  andererseits  die 
äufseren  Augenmuskeln  wirken.  Je  länger  und  je  stärker  die  Bedingungen  an- 
dauern, welche  das  Auge  in  eine  gewisse  Zwangslage  bei  der  Betrachtung  naher 
Gegenstände  bringen,  um  so  sicherer  wird  sich  die  zur  Myopie  führende  Gonfiguration 
des  Auges  einstellen,  falls  überhaupt  eine  Disposition,  auch  wenn  es  keine  erbliche 
ist,  besteht.  Die  Kleinheit  der  zu  betrachtenden  Gegenstände,  die  Kothwendigkeit 
einer  prolongirten  Fixirung  schwer  zu  erkennender  Linien  oder  Formen,  die 
mangelnafte  Beleuchtung  und  zi^reiche  andere  Verhältnisse  können  die  Gelegen- 
heitsnrsachen  abgeben. 

Eine  Anwendung  dieser  Sätze  auf  alle  Einzelheiten  der  Schule  würde  uns 
an  dieser  Stelle  weiter  führen,  als  die  uns  gestellte  Aufgabe  erheischt.  Dio  Ueber- 
bürdung  mit  Arbeiten  kann  in  einer  doppelten  Richtung  das  Entstehen  von  Myopie 
begünstigen.  In  Folge  von  Ueberanstrengung,  namentlich  von  häufig  wiederholter 
Ueberanstrengung  kann  der  Accommodatiousmuskel  krampfhaft  gereizt  oder  ge- 
schieht wenlen;  in  Folge  von  prolongirter  und  forcirter  Thätigkeit  der  äufseren 
Muskeln  kann  der  Druck  auf  den  Augapfel  in  gewissen  Richtungen  übermäfsijg 
verstärkt  und  seine  Gestalt  nach  und  nach  geändert  werden.  Indds  möchten  wir 
sofort  eine  Beschränkung  dieses  Satzes  hinzufügen.  Manche  Gewerbe,  z.  B.  das 
Uhrmacher-Gewerbe,  erfordern  ein  anhaltendes  und  angestrengtes  f^ziren  sehr 
Jcleiner  und  sehr  naher  Gegenstände,  und  doch  hat  die  Statistik  ergeben,  dafs  die 


301 

Zahl  der  liyopen  unter  den  UhmMehem  keineswegs  eine  hohe  iat,  Offenber  kommt 
es  weeentlieh  derauf  an,  in  welcher  Zeit  dea  Lebens  snerst  dem  Aage  so  grofse 
Anstrengungen  zugemnthet  werden  nnd  es  ist  keineswegs  ffleichgiltig,  ob  etwa  sehr 
junge,  noch  nicht  ansgewaofasene  Augen  mit  schwacher  Muskulatur  betroffen  werden» 
oder  Auffen,  welche  sich  völlig  entwickelt  und  oonsolidirt  und  deren  Muskeln  sich 
genügend  gekitlftigt  haben.  Von  allen  Seiten  ertönen  jetzt  die  Klagen  der  Augen-^ 
inte  üb«  die  Kindergärten  und  die  BeschäfUgfung  der  Kinder  in  denselben  mit 
Stickereien  und  anderen  Beschüftigungent  welche  eine  ll&ngere  Fizirung  sehr  naher 
und  durch  ihre  Form,  z.  B.  die  Netsformi  schwerer  zu  untenoheidender  Sfegenstinde 
herbeiführen.  Das  Gleiche  gilt  von  dem  Lesen  in  den  Schulen,  zumal  bei  der 
Anwendung  verschiedener  Alphabete  und  ganz  besonders  der  deutschen  Lettern, 
▼on  dem  abreiben,  von  gewissen  Arten  des  Zeichnens  und  des  Bechneus  auf  be- 
sonders linürtem  oder  gegittertem  Papier.  Werden  alle  diese  Arten  der  Be- 
schäftigung gleichzeitig  oder  kurz  hintereinander  bei  zu  zarten  Sondern  in  An- 
wendung gebracht,  so  liegt  die  Gefahr  nahe,  dafs  alle  mit  erblicher  Disposition 
oder  anderswie  erworbener  Schwäche  behaftete  Kinder  in  ihren  Augen  geschädigt 
werden. 

Unserer  Meinung  nach  folgen  daraus  gewisse  Cautelen  in  Bezug  auf  das 
Lebensalter,  in  welchem  die  Schule  die  Kinder  heranziehen  soll,  und  in  Bezug  auf 
die  Art  der  Beschäftigung  in  den  unteren  Schulklassen.  Wir  werden  später  auf 
diesen  Punkt  zurückkommen.  Hier  handelt  es  sich  nicht  nothwendig  um  lieber- 
bürdung  in  dem  gewöhnlichen  Sinne  des  Wortes,  obwohl  die  letztere  gewiTs  nicht 
immer  vermieden  wird.  Wir  erinnern  in  dieser  Beziehung  namentlich  an  die 
Strafarbeiten  im  Schreiben  und  Rechnen,  von  denen  auch  in  der  neuesten  Litteratur 
die  erschreckendsten  Beispiele  mitgeteilt  werden.  Jedenfalls  sind  wir  der  Ueber- 
Zeugung,  dafs  selbst  eine  wirkliche  Ueberbürdung  in  späterer  Zeit  ohne  erheblichen 
Schaden  für  die  Augen  ertragen  werden  kann,  wenn  diese  Organe  bis  dahin  in 
ihrem  Normalzustände  erhalten  geblieben  sind. 

Es  bedarf  keiner  neuen  Ausfuhrung,  dafs  die  Beleuchtung  genügend  hell 
und  doch  nicht  zu  grell  sein  mufs,  um  dem  Auge  die  Wahrnehmung  feinerer  Ver- 
haltnisse ohne  Anstrengung  zu  ermöglichen.  Wir  sind  jedoch  genöthigt,  hier  noch 
einen  Punkt  zu  erörtern,  dessen  Begutachtung  Ew.  Exe.  uns  zugewiesen  hat  Unter 
den  Normativ-Bestimmungen,  welche  der  Herr  Kriegsminister  für  die  Kadetten- 
Anstalten  und  andere  verwandte  Schul-  und  Erziehungs-Institnte  erlassen  hat,  um 
^  Kurzsichtigkeit  unter  den  Zöglingen  derselben  zu  verhüten,  findet  sich  eine 

g.  B.  1),  weiche  das  Gaslicht  in  den  Schul-  und  Arbeitsstuben  ausschliefst  Diese 
Stimmung  steht  im  Widerspruche  mit  dem,  was  wir  in  unserem  Ghitachten  vom 
27.  Jum  1877  (GBl.  1877  p.  332ff.)  in  Betreff  der  Beleuchtung  in  der  Landesschule  PforU 
ausgeführt  hatten.  Unseres  Wissens  sind  seit  dieser  Zeit  keine  mafsgebenden  Er- 
fahrungen über  die  Schädlichkeit  des  Gaslichtes  in  Schulen  veröffentlicht  worden;. 
eile  Klagen  beziehen  sich  auf  unffehörige  Pladrung  und  unzweckmäfsige  Oon* 
struction  oder  auf  ungenügende  &h\  der  Ghaslampen,  zuweilen  auch  auf  das 
Brennen  ganz  freier  Gasflammen.  Wir  glauben  daher  unser  früheres  Gutachten, 
natürlich  mit  allen  den  Cautelen,  welche  wir  angegeben  hatten,  aufrecht  halten  zu 
dürfen.  Weshalb  wir  uns  den  Vorschlägen  des  Strafsburger  Gutachtens  (Seite  32) 
nicht  anschliefsen  können,  geht  aus  unserem  früheren  Gutachten  hervor.  Wir  ver- 
weisen übrigens  auf  den  Bricht  des  Dr.  Dürr  über  die  Gasbeleuchtung  in  dem 
Schullehrer-Seminare  zu  Hannover,  der  sich  in  dem  uns  mitgeteilten  „Bericht  über 
die  höh.  Schulanstalten  der  Stadt  Hannover  in  Beziehung  auf  die  Gtesundheits- 
pflege*'  S.  52  befindet,  und  der  sich  durchaus  anerkennend  über  die  Gasbeleuch- 
tung änfsert 

In  Betreff  des  Gebrauches  gegitterter  Tafeln  und  Hefte,  sowie  die  An- 
wendung der  Stuhlmann  schal  Zeichenmethode,  worüber  Ew.  Exe.  unsere  Aeufsemng 
verlangt,  können  wir  uns  den  von  den  verschiedensten  Seiten  g^ufserten  Bedenken 
nur  anschliefsen.  Der  gegen  diese  Art  von  Lehrmitteln  und  Schulgeräthen  ge- 
richtete Erlafs  des  K.  Bayerischen  Staatsministeriums  vom  22.  Juli  er.  erscheint 
uns  durchaus  zweckentsprochend. 

Wir  glauben  damit  cUesen  Abschnitt  verlassen  zu  dürfen.  Eine  Besprechung- 
aller  derjenigen  Momente,  welche  bei  der  Erörterung^  der  Ursachen  der  Kurz- 
sichtigkeit in  Betracht  kommen  können,  würde  uns  nöthigen,  über  den  Bau  der 


302 

Soholzimmer,  die  Einriohtang  der  Sabsellien  and  die  Plaeirang  der  Schüler,  die 
Beiohaffenheit  der  Lehrmittel,  nsmentlich  der  Lehrbücher,  kurz  über  die  Mehrzahl 
4er  in  der  Ordnung  der  Schulen  zu  berücksichtigenden  Verhaltnisse  zu  sprechen. 
Hat  man  erst  allseitig  erkannt,  dafs,  wie  es  in  dem.  uns  mitgeteilten  Beferate  des 
Dr.  Adolf  Weber  über  die  Augen-Untersudiungen  in  den  höh.  Schulen  zu  Dann- 
stadt S.  11  heifst,  „in  dem  Unterrichte,  die  ersten  und  meisten  Bedingungen  für 
Ansbilduuf^  und  Ausbreitang  der  Kurzsichtigkeit  liegen**,  so  wird  man  sich  auch 
der  Verpflichtung  nicht  entziehen  können,  den  einzelnen  Momenten  nachzugehen, 
welche  die  Schüler  zwingen  oder  wenigstens  verleiten,  zu  nahe  QegenstSnde  an« 
haltend  zu  fixiren. 

5.   Gongestionen  zum  Kopf,  Kopfweh,  Nasenbluten. 

Unter  den  uns  mitgeteilten  Berichten  der  Prov.  SchulcoUegien  über  das  (shit- 
achten  des  Prof.  Virchow  befinden  sich  wenige,  welche  die  einzelnen,  darin  ange- 

S ebenen  Uebel  zum  G^egenstande  weiterer  Prüfung  gemacht  haben.  Wir  heSdn 
araus  nur  den  Bericht  über  die  westfälischen  Schulanstalten  hervor.  In  dem- 
selben wird  mitgeteilt,  dafs  in  Arnsberg  10  Procent  der  Schüler  an  Kopfweh, 
3  Procent  an  Nasenbluten,  in  Coesfeld  etwa  15  Procent  der  Schüler  in  I  und  II 
an  Kopfweh,  6  Schüler  in  I,  11  und  III  an  Nasenbluten  litten.  In  (Gütersloh  und 
Münster  betrug  die  Zahl  der  an  beiden  ZufSUen  leidenden  Schüler  ungefähr 
19  Procent,  in  Rheine  5,  in  Hagen  9,  in  Lippstadt  14  Procent  (und  zwar  an  l^opf- 
weh  und  Nasenbluten  2,  an  Kopfweh  allein  8,  an  Nasenbluten  4  Procent). 

So  wenig  entscheidend  diese  Zahlen  an  sich  sind,  so  lafst  sich  doch  nicht 
bezweifeln,  dafs  unter  Mitwirkung  von  Aerzten  gerade  aus  solchen  Zufällen  nicht 
unwichtige  Schlufsfolgerungen  auf  die  Bedeutung  des  Unterr.  für  das  Befinden  der 
Schüler  abgeleitet  werden  könnten.  Gewifs  sind  nicht  alle  derartigen  Fälle  der 
Schule  zuzuschreiben,  aber  ebensowenig  darf  man  ohne  Prüfung  aer  Einzelfälle 
darüber  als  über  etwas  Oleichgiltiges  hinweggehen.  Jeder  Arzt,  der  die  Gelegen- 
heit wahrnimmt,  in  den  seiner  Sorge  anvertrauten  Familien  die  Schulkinder  zu 
beobachten,  hat  nur  zu  oft  Gelegenheit,  die  Folgen  der  Ueberanstrengung  in 
oongestiven  Zuständen  des  Kopfes  zu  erkennen. 

6.    Allgemeine  Schwächezustände. 

Wir  berühren  schliefslich  ein  Gebiet,  welches  einer  statistischen  Behandlung 
bis  jetzt  weder  unterzogen  worden  ist,  noch  besonders  zugänglich  erscheint,  welches 
aber  trotzdem  gerade  l^i  einer  Untersuchung  der  UeberotMungsfrage  nicht  über- 
gangen werden  darf.  Die  einfache  Beobachtung  lehrt,  dafs  au  eine  grofse  Zahl 
von  Schülern,  namentlich  der  jüngeren  Altersklassen,  die  Schule  einen  deutlich 
erkennbaren  schwächenden  Einfluls  ausübt.  Die  Kinder  verlieren  ihr  frisches 
Aussehen,  sie  werden  blaCs,  verlieren  den  Appetit,  fühlen  sich  angegriffSen,  müde, 
haben  eine  schlaffe  Haltung,  werden  teilnahmlos,  verlieren  die  Aufmerksamkeit^ 
ihr  Gedächtnis  wird  unsicher,  ihre  (bedanken  verwirren  sich.  Die  Zeit  der  Ferien, 
zumal  bei  ländlichem  Aufenthalte,  bringt  sie  wieder  empor,  die  Böthe  kehrt  wieder 
in  ihr  Gesicht,  die  Lebhaftigkeit  in  ihre  Bewegungen  zurück,  ihre  geistige  Thätig- 
keit  belebt  sich,  —  aber  einige  Wochen  der  erneuten  Schulbeschäftigung  ver- 
wischen schon  wieder  die  günstigen  Wirkunffcn  der  Ferien  und  nach  einigen  Monaten 
ist  das  Bedürfnis  längerer  Erholung  in  vollstem  Mafte  vorhanden, 

Die  Stärke  dieser  Störungen  ist  individuell  aufserordentlich  verschieden,  und 
auch  die  Bedeutung  derselben  wechselt  nach  den  besonderen  Anlagen  der  Kinder. 
Bei  manchen  ist  es  vorzugsweise  das  Central-Nervensystem,  welches  getroffen 
wird;  bei  anderen  sind  es  die  Verdauungsorgane,  bei  andiBren  wieder  ist  es  die 
Muskulatur,  und  zwar  nicht  nur  die  der  Extremisten,  sondern  auch  die  der  Athem- 
organe.  Namentlich  im  Nervensysteme  tragen  die  bemerkbaren  Verimderungen 
bsid  den  Charakter  der  Ermüdung  oder  Erschlaffung,  bald  den  der  Reizung  in 
allen  Gb^den  bis  zu  wirklich  krampfhalten  ZuföUen.  Zuweilen  wird  es  in  Fol^ 
davon  nöthig,  die  Kinder  ganz  aus  der  Schule,  wenigstens  für  eine  gewisse  Zeit» 
herauszunehmen.  Jedenfalls  dauert  es  bei  impressionabeln  Kindern  lange,  ehe  sie 
bei  zunehmendem  Alter  sich  an  Anstrengungen  gewöhnen.  Manche  behalten  von 
dieser  Zeit  an  dauernde  Schwächezustande. 


n 


303 

Es  ist  nicht  unsere  Jieinunff,  dafs  diese  Zustände,  deren  genauere  Aas« 
malong  wir  unterlassen,  da  sie  auch  umsichtigen  Schulmännern  genügend  bekannt 
sind,  einfach  der  üeb^bürdungr  zuzuschreiben  sind.  Nicht  wenig  trägt  dazu  die 
Luft  der  Schule  bei.  Auch  vencennen  wir  nicht,  dafs  in  vielen  Fällen  das  Haus, 
dafs  namentlich  nicht  selten  Pensionate  mindestens  eben  so  sehr  anzuklagen  sind. 
Ja,  wir  tragen  keinen  Anstand,  es  auszusprechen,  dafs  bei  prädisponirten  Kindern 
ein  gewisses  Mafs  von  körperlicher  und  geistiger  Schwäche,  insbesondere  in  der 
firuheren  Schulperiode,  unvermeidlich  ist.  Aber  gerade  daraus  folgern  wir  die 
Verpflichtung,  dafs  die  Lehrer  in  höherem  Mafse  individuali- 
airen  müssen,  als  es  anerkanntermafsen  in  der  Regel  geschieht. 
Sie  müssen  die  Kräfte  ihrer  Schüler  nicht  nach  gleichem  Kiose  messen.  Sie 
müssen  ein  offenes  Auge  für  das  Wohlbefinden  der  einzelnen  Schüler  gewinnen. 
Sie  müssen  das  Becht  und  die  Pflicht  haben,  sowohl  das  Mafs  der  Belastung,  als 
auch  das  Mafs  der  Erholung  innerhalb  gewisser  G-renzen  nach  ihrem  gewissen« 
haften  Ermessen  zu  regeln  und  zu  ändern,  denn  es  giebt  kein  constantes 
Mafs,  wonach  die  Grenze  zwischen  Ueberbürdung  und  zulässiger 
Belastung  bestimmt  werden  kann.  Was  in  gewissen  Fällen  oder  2ieiten 
znlässige  Belastung  ist,  wird  in  anderen  Ueberbürdung.  Die  Zeichen,  dafs  letztere 
eingetreten  ist,  ergeben  sich  erst  nachträglich  aus  der  Beobachtung. 

Ob  eine  solche  Beobachtung^  sich  durch  die  eigenen  Organe  der  Schule  in 
genügender  Weise  und  ohne  ärztliche  Hitwirkung  ausHihren  läist,  das  ist  fireilich 
eine  sehr  zweifelhafte  Sache.  Wenn  man  weifs,  wie  schwer  es  hält,  die  active 
und  bewniste  Thätigkeit  der  Lehrer  selbst  für  die  Begulirung  mechanischer  Eiii- 
riohtnngen,  sogar  solcher,  von  denen  der  Lehrer  ebensowohl,  als  der  Schüler  be- 
troffen wird,  z.  B.  für  Ventilation  und  Heizung,  mit  Erfolg  in  Anspruch  zu 
n^unen,  dann  wird  man  keine  grofse  Hoffnung  darauf  setzen,  dafs  es  überall  ge- 
lingen wird,  die  schon  durch  den  Unterricht  aU  solchen  angespannte  Aufmerksam- 
keit der  Lehrer  auch  noch  für  die  Observirung  der  körperlichen  Zustände  der 
Schüler  in  Bewegung  zu  setzen.  Wir  folgern  also,  dafs  selbst  für  die  Sammlung 
eines  genügend  sicheren  Beobachtungsmaterials  über  die  Wirkung  der  einzelnen 
belastenden  Momente  die  Mitwirkung  von  tüchtigen  und  zuverlässigen  Aerzten 
nicht  wird  entbehrt  werden  können. 

Aufser  den  in  Vorstehendem  erörterten  Erscheinungen  giebt  es  noch  eine 
gewisse  Zahl  anderer  Uebel,  welche  seiner  Zeit  in  dem  Gutachten  des  Prof. 
Yirchow  besprochen  worden  sind.  Wir  dürften  jedoch  hier  auf  weitere  Erörte- 
nmgen  dieser  sog.  Schulübel  verzichten,  da  sie  die  uns  diesmal  gesteckte  Aufgabe, 
wenigstens  in  der  Meinung  der  Zeitgenossen  weniger  direct  betreffen. 

Wir  wenden  uns  vielmehr  jetzt  zu  einer  Betrachtung  deijenigen  Verhält- 
nisse der  Schule,  welche  als  ursächliche  Momente  der  Ueberbürdung 
angesehen  werden  können. 

IV,  CHitaohtliohe  Aeoaaerang  über  die  einaelnen  ursächlichen  Momente 

einer  Ueberbürdung. 

Begrenzung  des  Standpunktes. 

Wenn  es  sich  darum  handelt,  die  Ursachen  von  Ueberbürdung  der  Schüler 
in  den  höh.  Lehranstalten  aufzusuchen,  so  ist  es  selbstverständlich,  dafs  nur  ein 
Teil  dieser  Ursachen  der  technisch-medicinischen  Begutachtung  untersteht.  Frei- 
lich hat  ein  beschäftigter  practisoher  Arzt  vielfach  Gelegenheit,  auch  wenn  er 
nicht  Vater  ist,  über  die  Wirkung  aller  ungünstigen  Momenle  Erfahrungen  zu 
sammeln,  und  er  wird  vermöge  seiner  physiologischen  Kenntnisse  vielleicht,  zu- 
weilen sogar  mehr  befähigt  sein,  ein  volles  Verständnis  des  einzelnen  Falles  zu 
fewinnen,  als  der  Lehrer.  Nichtsdestoweniger  wird  diese,  wesentlich  auf  eine 
leinere  Zahl  von  Einzelbeobachtungen  gegründete  Erfahrang  nicht  einfach  gleich- 
gestellt werden  können  der  auf  Massenl^obachtung  beruhenden  Erfahrung  der 
Pädagogen.  So,  um  ein  Beispiel  anzufuluren,  liegt  uns  in  dem  durch  Ew.  Exe. 
überwiesenen  Materiale  eine  Denkschrift  des  ärztlichen  Vereines  zu  Bochum  aus 
dem  August  d.  J.  über  die  Schulüberbürdungsfrag^  vor,  welche  nach  unserer 
Meiniin|f,  so  bemerkenswerthe  Gesichtspunkte  sie  auch  enthält,  doch  in  grofsen 
Abschnitten  das  teohnisch-medicinisohe  Gebiet  verläfst.    Wie  nahe  die  Versuchung 


ao4 


4ftsa  liegt,  empfinden  wir  selbst  sehr  lebhaft.  Wir  müssen  hier  noohmaU  generell 
auf  das  hinweisen,  was  wir  oben  bereits  bei  speciellen  Punkten  wiederholt  ange- 
deutet haben«  Selbst  diejenigen  Seiten  der  Frage,  welche  an  sieh  dem  technisoh- 
medicinischen  Urteile   unterliegen  könnten,   sind  bisher   nicht  so  genau  durch- 

Searbeitet,  dafs  die  Antwort  im  Sinne  der  strengeren,  naturwissenschaftlichen 
[ethode  der  neueren  Medidn  gefunden  werden  konnte,  und  das,  was  wir  zu  sagen 
haben,  mag  daher  zuweilen  auch  schon  als  willkürlich  und  technisdi  unbeffründet 
erscheinen.  £ine  exacte  Antwort  wird  erst  erteilt  werden  können, 
wenn  es  möglich  werden  sollte,  in  den  Schulen  eine  zuverlässige 
ärztliche  Controle  der  pädogogisohen  in  geeigneter  Weise  hinzu* 
zugesellen.  Denn  es  läfst  sich  nicht  bezweifeln,  das  eine  ganze  Beihe  von 
Fragen,  welche  gegenwärtig  wegen  mangelhafter  Unterlagen  der  sachverständigen 
wissenschaftlichen  Beurteilung  des  Arztes  entzogen  sind,  dieser  Beurteilung  zugäng- 
lich gemacht  werden  könnten. 

1.    Die  Ueberfüllung  der  einzelnen  Schulklassen. 

Zu  einer  genügenden  Beobachtung  ebenso  wie  zu  einer  richtigen  Behand- 
lung der  einzelnen  Schüler  ist,  wie  namentlich  aus  unseren  Ausführungen  über  die 
allgemeinen  Schwächezustände  hervorgehen  dürfte,  vor  Allem  die  Beschränkung 
der  Schülerzahl  in  den  einzelnen  Lehrklassen  auf  ein  übersicht- 
liches Hafs  erforderlich.  Die  in  Freufsen  geltenden  Bestimmungen,  wonach  in 
den  höheren  Lehranstalten  die  Maximalzahl  der  Schüler  in  VI  und  V  auf  50,  in 
IV  und  HL  auf  40,  in  II  und  I  auf  30  festgesetzt  ist,  dürfen  an  sich  schon  als 
weitgehende  bezeichnet  werden.  Indefs  ergiebt  sich  aus  den  uns  vorgelegten 
Frequenzlisten  für  die  Jahre  1879 — 1881,  dafs  an  einer  grofsen  Zahl  von  Schulen 
diese  Maximalzahlen,  und  zwar  zum  Teil  erheblich,  überschritten  werden.  So 
hatten  im  Jahre  1881  zwei  und  mehr  überfüllte  Klassen  von 

251  Gymnasien 140  =  55,73  Procent 

38  Progymnasien 6  =  15;78 

105  Realschulen  I.  und  II.  Ord.  .    53  =  50,57 

104  höhere  Bürgerschulen    .•    .    .    16  =  15,38 
Speciell  für  die  Gymnasien  ergiebt  sich  Folgendes:   Es  hatten  2  und  mehr  über- 
füllte Klassen: 


>» 


Zahl  der  überfüllten  Klassen 

Zahl  der  Gymna£ 

den 

1881 

1879 

1880 

2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 

10 
11 
12 

50 

38 

22 

8 

8 

11 

2 

1 

2 
1 

48 

37 

26 

10 

11 

5 

5 

1 

4 

40 

36 

26 

11 

8 

8 

4 

2 

2 

3 

Im  Ganzen    •    . 

143 

147 

140 

Für  sämtliche  höh.  Lehranstalten  Preufsens  betrug  der  Procentsatz  der  mit  über* 
füllten  Klassen  versehenen  im  3  jährigen  Mittel  24,1  Procent. 

Die  hauptsächliche  Ueberfüllung  findet  sich  überdies  in  den  mittleren  und 
unteren  Schulklassen,  also  gerade  in  dexgenigen,  wo  die  Schüler  der  Hilfe  des 
litHaretn  am  meisten  benöthigt  sind,  wo  ihre  UnSelbstständigkeit  am  gröfsten,  ihre 
Fähigkeit,  Bxeh  durch  eigene  Arbeit  weiter  zu  bringen,  am  geringsten  ist  Der 
Lehrer,  aufser  Stande  in  der  Schule  selbst  allen  Einzehien  seme  Aufimerksamkeit 
zuzuwenden,  wird  ganz  von  selbst  in  die  Versuchung  geführt,  durch  häiulich& 
Arbeiten  das  nachholen  zu  lassen,  was  in  der  Schule  nicht  geleistet  werden  kann» 


/ 


305 

Hier  fuhrt  ein  Fehler  den  andern  herbeL  Wir  können  daher  nicht  dringend  ge- 
nog  empfehlen,  dafs  hier  Abhülfe  geschafft  werde.  Wie  es  uns  scheint,  würae 
dieselbe  wirksam  nur  dadurch  herbeigeführt  werden  können,  wenn,  wie  das  im 
Königreiche  Sachsen  und  in  Württemberg  der  Fall  ist,  schon  in  den  unteren 
Klassen  die  Maximalzahl  auf  40  herabgesetzt  würde ;  jedenfalls  aber  sollte  es  eine 
der  ersten  Aufgaben  der  Unterrichtsverwaltung  sein,  in  den  nach  Obigem  überaus 
zahlreich  vorhuidenen  im  Verhältnisse  zu  den  jetzigen  Normalzahlen  überfüllten 
Klassen  durch  fieschaffung  neuer  Räume  die  dringlichsten  Gefahren  für  die  Ge- 
sundheit der  den  Anstalten  anvertrauten  Schüler  zu  beseitigen. 

2.  Der  Mangel  genügender  Fürsorge  besonders  in  den 

untersten  Klassen. 

Der  ärztliche  Verein  zu  Bochum  wünscht  noch  eine  andere  Beschränkung. 
Nach  seiner  Meinung  sollte  die  Aufnahme  in  die  Elementarschule  erst  na<m 
vollendetem  7.,  die  in  die  Sexta  eines  Gymnasiums  erst  nach  vollendetem  10. 
Lebensjahre  erfolgen.  £r  steht  mit  dieser  Meinung  keineswegs  isolirt  da,  und 
auch  wir  können  nicht  umhin  zu  erklären,  dafs  recht  gevrichtiffe  (Gründe  dafür 
sprechen.  Sollte,  was  wir  nicht  genügend  zu  beurteilen  im  Stanae  sind,  die  vor- 
geschlagene Verzögerung  der  Zmassung  zur  Sexta  erhebliche  pädagogische  Be- 
denken erregen,  so  müfsten  wir  doch  um  so  dringlicher  die  besonders  vorsichtige 
Handhabung  des  Vorschulunterrichtes  und  die  Schonung  der  Kinder  in  dem 
zarten  Alter  während  desselben  befürworten.  Im  7.  Lebensjahre  beginnt  gewöhn- 
lich der  Durohbruch  der  ersten  bleibenden  Zähne  und  es  formiren  sich  die  Be- 
standteile auch  derjenigen,  welche  nach  und  nach  im  Laufe  der  folgenden  Jahre 
hervortreten.  Das  Skelet  ist  auch  nach  dem  7.  Lebensjahre  noch  längere  Zeit 
sehr  unvollkommen,  aber  es  hat  doch  mit  diesem  Jahre  in  seinen  HAuptteilen 
eine  gewisse  Festigkeit  gewonnen.  Damit  steht  in  einem  Parallelismus  der  Aus- 
bildungsgang der  Weiohteile.  Insbesondere  auch  das  Gehirn  und  die  Augen 
werden  mit  jedem  Jahr  vorwärts  leistungs-  und  widerstandsfähiger.  Alle  schwä- 
chenden Einwirkungen,  welche  gerade  in  der  früheren  Entwickelungsperiode  den 
ländlichen  Körper  treffen,  haben  daher  eine  weit  mehr  nachhaltige  Bedeutung: 
sie  treffen  die  Organe  in  der  Zeit,  wo  sie  erst  ihre  spätere  Gestalt  erlangen 
oder  gar  erst  vorbereiten,  und  sie  bedingen  daher  Störungen,  welche  den  Aufbau 
und  die  Einrichtung  der  Organe  selbst  betreffen.  Gerade  die  Zeit  bis  zum  10. 
oder  11.  Lebensjahre  ist  es  auch,  wo  jene  Veränderung  des  Augapfels,  welche  die 
Knrzsiohtigkeit  hervorbringt,  am  häufigsten  angelegt  oder  entwickelt  wird.  Die 
Fürsor^  der  Staatsregierung  und  der  Schulbehörden  sollte  also  gerade  auf  diese 
Zeit  mit  besonderer  Sorgfalt  sich  richten,  und  alle  Vorsichtsmafsregeln  sollten  für 
dieselbe  mit  besonderer  Sorgfalt  gewählt  und  streng  überwacht  werden. 

3.  Die  Erholungspausen  zwischen  den  Lehrstunden. 

Wir  wollen  gleich  hier  bemerken,  dafs  unserer  Meinung  nach  die  hygieni- 
schen Bestimmungen  für  die  höh.  Lehranstalten  verschiedenÜich  etwas  zu  sehr 
schematisirt  worden  sind.  Nicht  in  allen  Perioden  des  jugendlichen  und  kind- 
lichen Lebensalters  sind  dieselben  Anforderungen  zu  stelleb.  Wir  wollen  in 
dieser  Beziehung  nur  an  die  Erholungspausen  zwischen  den  Lehr- 
stunden erinnern.  Das  Gh^fsherzoglich  hessische  Ministerium  des  Innern  hat 
durch  Erlafs  vom  25.  Mai  er.  ganz  generell  für  alle  Klassen  der  Gymnasien, 
Realschulen  und  höh.  Mädchenschulen  angeordnet,  dafs  zwischen  den  einzelnen 
Unterrichtsstunden  Pausen  von  je  15  Minuten  eingerichtet  werden  sollen.  Dafs 
dies  für  die  höheren  Klassen  nothwendig  sei,  scheint  uns  nicht  nachgewiesen, 
dsgegen  würden  wir  für  die  imteren  Slassen  und  für  die  Vorschulen  so  ange- 
legentlich wie  möfflich  empfehlen,  dieser  Vorschrift  wenigstens  nahe  zu  kommen. 
Denn  nicht  nur  die  Andauer  der  geistigen  Anstrengung  und  der  damit  verbunde- 
nen erzwungenen  Ruhe  des  Körpers  werden  von  so  zarten  Organismen  schwer  er- 
tragen, sondern  auch  der  schnelle  Uebergang  von  einer  Zwangslage  des  Gheistes 
in  eine  andere,  wie  sie  der  jähe  Wechsel  der  ünterrichtsgegenstilnde  mit  sich 
bringt,  erfordert  eine  „Schulung**,  wie  sie  erst  ganz  allmählich  gewonnen  wird; 
andernfalls  greift  er  die  Kräfte  des  Kindes  in  h&tester  und  nacnbaltigster  Weise 
an.    Ein  grofser  Teil  der  Klagen  wegen  Ueberanstrengnng,  welche   erst  in  den 

W  i •  ■  e,  Yerordnangen.  20 


306 

höheren  Schulklassen  herYortreien,  würde  wahrscheinlich  verstummen,  wenn  die 
Schüler  in  einem  Znstande  von  grofserer  geistiger  Ahbärtong  nnd  mit  gresunderen 
Organen  ans  den  unteren  Schulklassen  hervorgingen.  Wenn  man  zugleich  erwägt, 
dafs  gerade  in  der  Zeit,  wo  die  Schüler  in  den  untersten  Klassen  sich  befinden, 
die  Hehrzahl  der  ansteckenden  Krankheiten  ihnen  übertragen  wird,  so  wird  man 
sich  dem  Gedanken  nicht  verschliefsen  können,  dafs  gerade  dieses  zarte  Alter  die 
gröfste  Schonung  auch  nach  der  letztbezeichneten  Richtung  hin  erfordert. 

Das  elsais-lothringische  Gutachten  verlangt  im  Allgemeinen  Erholungs- 
pausen von  10  Minuten,  und  nur,  wenn  sich  Morgens  3  oder  4  Lehrstunden 
folgen,  zwischen  der  zweiten  und  dritten  15  Minuten.  Wir  halten  dies  für  minde- 
stens ausreichend,  wenn  nicht  als  allgemeine  Regel  schon  zu  weit  gehend.  Denn 
es  dürfte  aus  pädagogischen  Gründen  eine  zu  weit  gehende  und  zu  oft  ¥rieder- 
kehrende  „Erholung*  und  die  damit  nothwendig  verbundene  Zerstreuung  doch 
auch  ihre  Bedenken  haben.  Ueberdies  wird,  um  mit  dem  elsafs-lothringischen 
Gutachten  zu  reden,  die  „Sitzstunde*'  dadurch  erheblich  verkürzt. 

Wenn  jede  Sitzstunde  rmit  Ausnahme  der  letzten)  um  10  Minuten  be- 
schnitten wird,  so  ergiebt  das  rür  je  30  Sitzstunden  (und  das  ist  ia  ungefähr  die 
regelmässige  Wochenzahl)  einen  Defect  von  3—4  Stunden,  dazu  kommt  noch  Vt 
Stunde  (5x6  Minuten)  mehr  für  die  längere  Erholungspause  vor  der  doch 
überall  angeordneten  dritten  Sitzstunde. 

An  denjenigen  Orten,  wo  der  gesamte  Unterricht  auf  den  Vormittag  gelegt 
ist,  würde  nach  der  hessischen  Verordnung  schon  an  jedem  Vormittage  bei  &- 
holungspausen  von  15  Minuten  und  fünfstündigem  Unterrichte  eine  ganze  Stunde 
ausfallen.  Nach  den  Ghnmdsätzen  des  elsafs-loUiringischen  Gutachtens  würde  doch 
mindestens  zwischen  der  vierten  und  fünften  Stunde  noch  eine  zweite  läng^ere 
Pause  einzuschieben  sein,  das  ergiebt  einen  Ausfall  von  50  (2  x  15  4"  "^  X  10) 
Minuten  täglich« 

Nach  unserer,  freilich  nur  sohätzungsweisen  und  daher  in  gewissem  Sinne 
willkürlichen  Auffassung  würde  es  sich  empfehlen,  einen  Unterschied  zwischen 
den  oberen  und  mittleren  Klassen  einerseits  und  den  unteren  und  Vorschulklassen 
andererseits  zu  machen,  und  den  letzteren  ein  höheres  Mafs  von  Zwischenpausen 
zu  gewähren,  als  den  ersteren.  Insbesondere  in  den  Städten,  wo  nur  Vormittags- 
unterricht eingeführt  ist,  erscheint  uns  eine  höhere  Berücksichtigung  der  unteren 
Klassen  dringend  wünsohenswerth.  Schon  in  unserem  GKitachten  vom  18.  August 
1869  über  den  Wegfall  oder  die  Beschränkung  des  Nachmittagsunterrichtes  haben 
wir  uns  dahin  ausgesprochen,  dafs  wir  in  der  Zahl  von  5  auf  einander  folgenden 
Unterrichtsstunden  das  Maximalmafs  der  überhaupt  zu  stellenden  Forderungen 
erblicken,  welches  höchstens  von  den  Schülern  der  höheren  Klassen  ohne  Nach- 
teil ertragen  werden  könne,  und  wir  haben  die  Nothwendigkeit,  für  die  Schüler  der 
niederen  Klassen  ein  anderes  MaTs  zu  wählen  in  den  Vordergrund  unserer  Be- 
trachtungen gestellt  Die  damals  von  uns  angeregte  Beobachtung  durch  ärztliche 
Sachverständige  hat,  soweit  uns  bekannt  ist,  bis  jetzt  nicht  stattgefunden;  in  dem 
uns  zugänglich  gewordenen  Actenmateriale  findet  sich  nur  ein  Bericht  des  Lehrer- 
Gollegiums  am  Gymnasium  zu  Frankfurt  a.  M.  vom  23.  Jan.  1874,  der  sich,  wie 
es  scheint  auf  Grund  von  Erfahrungen  eines  einzigen  Schuljahres,  durchaus 
günstig  über  die  Verlegung  des  Unten*,  auf  die  Vormittagsstunden  ausspricht. 
Ein  ausreichendes  Material  für  die  Beurteilung  des  gesamten  Verhältnisses  liegt 
also  nicht  vor.  Wir  ersehen  nur  zu  unserer  grofsen  Genugthuung  aus  den  Acten, 
dafs  die  K.  Staatsregierung,  ganz  im  Einklänge  mit  der  zurückhaltenden  und  nur 
teilweise  empfehlenden  Haltung  unseres  Gutachtens,  die  Genehmigung  zum  Weg- 
falle des  Nachmittagsunterrichtes  nur  unter  besonderen  Umständen  für  grrofse 
Städte  erteilt  hat.     Wir  möchten  aber  empfehlen,  dafs  für  den  Fall  der  Genehmi- 

rg  auch  regelmäfsig  vorgeschrieben  würde,  dafs  bei  einer  fünfstündigen  Dauer 
Unterrichtes  in  den  unteren  Klassen  mindestens  Erholungspausen  von  im 
Ganzen  30—40  Minuten  täglich  eingelegrt  würden.  Für  die  höheren  Klassen  scheint 
uns  eine  Gesamtdauer  der  Pausen  von  25—30  Minuten  ausreichend. 

Wo  dagegen  der  Nachmittagsunterricht  fortbesteht  und  der  Vormittags- 
unterricht sich  auf  3—4  Stunden  beschränkt,  da  wird  eine  weitere  Beschränkung 
der  Pausen  gerechtferti^  sein.  Für  den  Nachmittag  werden  je  5  Minuten  aus- 
reichen,  für  den  Vormittag  rechnen  wir  je  eine  längere  Pause  zu  15  bei  vier- 


307 

«tfindigmii,  za  10  Minuten  bei  dreistündigem  Unterrichte,  während  zwischen  die 
anderen  Sitzstanden  nur  Pausen  von  je  5  Minuten  einzulegen  wären. 

Wir  müssen  jedoch  hervorheben,  dafs  eine  derartige  Verkürzung  der  Pausen 
nur  da  zulässig  erscheint,  wo  einigermafsen  genügende  Y entilations-Einrichtimgen 
bestehen. 

Sowohl  bei  der  hessischen  Verordnung,  als  auch,  wenigstens  zu  einem  ge- 
wissen Teile,  bei  den  elsafs-lothringischen  Vorschlägen  ist  die  Voraussetzung  ge- 
macht, dafs  die  Pausen  zugleich  zur  vollen  Aaslüftung  der  Schulzimmer  benutzt 
werden  sollen.  Selbstverständlich  ist  eine  solche  Lüftung  im  Winter  nur  in  sehr 
beschränktem  Mafse  ausführbar,  und  die  von  dem  elsafs-lothringischen  Gutachten 
vorgesehene  Anordnung,  dafs  die  Schüler  nach  jeder  Unterrichtsstunde  auf  minde- 
stens 6—8  Minuten  das  Zimmer  verlassen  sollen,  würde  an  sich  keinen  positiv 
reinigenden  Effect  haben,  auch  wenn  es  möglich  sein  sollte,  selbst  bei  schlechtem 
Wetter  sämtliche  Schüler  gleichzeitig  aus  den  Schulzimmem  zu  entfernen.  Die 
Schulverwaltunff  wird  daher  mehr  und  mehr,  wie  es  erfreulicher  Weise  ja  schon 
der  Fall  ist,  duür  Sorge  tragen  müssen,  wirksame  Ventilations-Einrich- 
tungen in  den  Schulen  einzuführen.  Bei  ffutem  Wetter  wird  es  gewifs  nützlich 
sein,  sämtliche  Schüler  zum  Verlassen  der  ^mmer  zu  veranlassen,  und  im  Sommer 
wird  man  in  der  Zwischenzeit  auch  Fenster  und  Thüren  öffnen  können.  Wo 
aber  die  Ventilation  unzureichend  oder  g»r  schlecht  ist,  da  wird  es  wohl  über- 
haupt au%egeben  werden  müssen,  im  Winter  oder  bei  schlechtem  Wetter  den 
Versuch  zu  machen,  „die  alte  verdorbene  Zimmerluft  durch  frische  gute  Luft  zu 
ersetzen".  In  solchen  Anstalten  hat  man  nur  die  Möglichkeit,  die  Schüler  von 
Zeit  zu  Zeit  in  die  äufsere  frische  Luft  zu  führen,  und  da  tritt  denn  auch  die 
Porderong  einer  Verlängerung  der  Pausen  in  ihr  volles  Becht. 

4.    Die  Dauer  der  Schul-  und  Arbeitszeit. 

Die  nächste  hygienisch  wichtige  Frage  betrifft  die  Dauer  der  Schul- 
und  Arbeitszeit.  Das  elsafs-lothringische  Gutachten  behandelt  diese  Ange- 
legenheit in  allem  Detail  und  giebt  eine  grofse  Menge  der  ausführlichsten  Be- 
stunmnngen  für  die  einzelnen  Klassen.  Wie  es  uns  scheint,  dürfte  eine  einiger- 
mafsen genügende  Lösung  dieser  Einzelfragen  vom  wissenschaftlich  medidniscnen 
Standpunkte  aus  allein  scmwerlich  gefunden  werden  können;  dazu  crehört  die  Mit- 
wirkung und  zwar  die  entscheidende  Mitwirkung  der  Pädagogen.  Denn  die  Dauer 
der  Schulzeit  ist  nothwendig  abhängig  von  der  Zahl  der  häuslichen  Arbeits- 
stunden, welche  als  Ergänzung  der  eigentlichen  Unterrichtsstunden  zu  betrachten 
sind,  and  es  wird  das  Urteil  darüber,  wie  viel  dereinen,  wie  viel  der  andern  Weise  des 
Lernens  zugewiesen  werden  kann  und  zugewiesen  werden  mufs,  zunächst  dem  Er- 
messen der  Lehrer  und  der  Schulleitung  vorzubehalten  sein.  Das  ärztliche  Urteil 
wird  nur  darüber  angerufen  werden  können,  ob  in  der  einen  od'er  anderen  Rich- 
tung oder  auch  in  beiden  zu  viel  geschieht. 

Bei  der  grofsen  und  weitverbreiteten  Abneigung,  welche  im  Publikum 
gegen  die  häuslichen  Arbeiten  besteht,  müssen  wir  zunächst  nach  den  Erfahrungen, 
welche  wir  an  Studirenden  und  Aerzten,  gelegentlich  auch  an  Angehörigen 
anderer  gelehrter  Berufsklassen  machen,  erklären,  dafs  wir  die  Bedeutung  dieser 
Arbeiten  für  die  Entwicklung  des  Geistes  zu  selbständigen  Arbeiten  sehr  hoch 
veranschlagen,  und  dafs  wir  den  leider  nur  zu  häufig  hervortretenden  Mangel  an 
Unabhängigkeit  im  Denken  und  Urteilen  vorzugsweise  der  geringen  Uebung  in 
eigener  Thätigkeit  zuschreiben.  Freilich  ist  es  nicht  gleiohgiltig,  welche  Aufgaben 
der  häuslichen  Arbeit  gestellt  werden.  Die  blou  mechanischen  Leistungen, 
z.  B.  das  Abschreiben,  das  einfache  Memoriren,  tragen  wenig  oder  nichts 
dazu  bei,  die  Kunst  zu  entwickeln,  sich  selbst  fortzuhelfen  in  geistiger  Beschäfti- 
gung. Der  Einzelne  mufs  vor  Allem  lernen,  seine  Lexika,  Grammatiken  und 
sonstige  Lehrbücher  selbständig  zu  benutzen  und  fleifsig  zu  Eathe  zu  ziehen;  er 
mufs  sein  Gedächtnis  mit  einer  gewissen  Ruhe  ordnen,  um  das,  was  er  braucht, 
zu  rechter  Zeit  zu  reproduciren  und  in  die  gehörige  Verbindung  zu  bringen;  er 
mufs  selbst  die  verschiedenen  Möglichkeiten  des  emzelnen  Falles  aufsuchen  und 
ihren  Werth  kritisch  feststellen  lernen.  Hier  erst  entwickelt  sich  in  vollem  Mafse 
die  Fähigkeit  und  damit  auch  die  Lust  zum  Arbeiten.  Gewifs  hat  die  Schule 
die  Anregung  dazu  zu  geben  und  die  Wege  zu  zeigen;    aber  es  heifst  den  höh* 

20* 


I 


308 

Schalen  sehr  enge  Ziele  stecken,  wenn  man  ihnen  die  Aufgabe  Torzeichnet,  alle» 
Wesentliche  in  den  Unterrichtsstunden  selbst  zu  erringen. 

Soweit  wir  aus  den  uns  mitgeteilten  Erlassen  zu  ersehen  im  Stande  sind, 
befinden  wir  uns  mit  unserer  Ansicht  in  keinem  Widerspruche  mit  den  Auf* 
fassuBgen,  welche  in  der  Unterrichtsverwaltunff  mafsgebend  gewesen  sind.  Wir 
dürfen  also  auch  wohl  voraussetzen,  dafs  der  Gedanke  festgehalten  werden  wird^ 
die  häusliche  Arbeit  als  eine  wesentliche  Ergänzung  des  Schul- 
unterrichtes vornehmlich  in  den  mittleren  und  höheren  Klassen 
anzuerkennen.  Alsdann  ergiebt  sich  sofort  far  den  Lehrplan  überhaupt  und 
für  jeden  einzelnen  Lehrer  insbesondere,  dafs  das  Mafs  der  geistigen  Belastung 
der  Schüler  unter  gleichzeitiger  Berücksichtiffung  beider  Seiten 
der  Thätigkeit  aufgestellt  werden  mufs.  Die  preufsischen  Lehrpläne  enthalten- 
bis  jetzt  jedoch  nur  oder  doch  fast  ausscUiefslich  Bestimmungen  über  das  zulässige 
und  geforderte  Mafs  der  eigentlichen  Unterrichtsstunden.  Die  Anordnungen  über 
die  häuslichen  Arbeiten  beziehen  sich  mehr  auf  die  Eichtung  und  die  Auswahl 
der  Aufgaben  als  auf  das  Arbeitspensum  nach  seiner  Dauer,  lieber  das  Mafs  der 
bei  Aufstellung  des  Arbeitsplanes  für  die  einzelnen  Klassen  in  Ansatz  zu  bringen- 
den Zeitdauer  allgemeine  Bestimmungen  zu  erlassen,  ist  nach  Ew.  Exe.  Mit- 
teilung  vom  31.  Jan.  d.  J.  absichtlich  noch  vorbehalten  geblieben.  Li  dieser  Be- 
ziehung gestatten  wir  uns  in  Folgendem  noch  einige  Q-esichtspunkte  Ew.  Ezc. 
Beachtung  zu  empfehlen. 

Die  traditionellen  Gebräuche,  z.  B.  das  Arbeitspensum  von  dreistündiger 
Hausarbeit  bei  etwa  fünfstündiger  Schulzeit,  haben  bisher  die  gröfsten  Abwei- 
chungen zugelassen.  Nun  läfst  sich  ja  die  häusliche  Arbeitszeit  nicht  in  gleicher 
Weise  fixiren,  wie  die  eigentliche  Schulzeit,  und  die  Fähigkeit,  die  Aufmerke 
samkeit  und  der  Fleifs  des  einzelnen  Schülers  werden  zuletzt  darüber  entscheiden, 
¥rie  lange  er  zur  Vollendung  eines  bestimmten  Pensums  nöthig  hat.  Man  kann 
daher  in  Zweifel  darüber  sein,  ob  sich  die  Zeit  für  die  häuslichen  Arbeiten  über- 
haupt bestimmen  läfst. 

Indefs  das  Grofsherzoglich  hessische  Ministerium  hat  in  dem  Erlasse  vont 
23.  Februar  er.  ausführliche  Bestimmungen  darüber  getroffen,  welche  Zeit  in  den 
einzelnen  Schulklassen  für  die  häuslichen  Arbeiten  gewährt  werden  soll,  und  es- 
ist  in  diesem  Erlasse  unter  11.  4  auch  ein  Verfa&en  angegeben,  wie  ermittelt 
werden  soll,  ob  die  gestellten  Au^ben  in  der  vorgeschriebenen  Zeit  ausgeführt 
werden.  Die  Directoren  und  die  JSllassenführer  sollen  „sich  durch  von  Zeit  za 
Zeit  zu  wiederholendes  Benehmen  mit  Eltern  von  Schülern  und  mit  Schülern, 
selbst  darüber  verlässigen,  welche  Zeit  in  der  betr.  Klasse  die  Schüler  zur  Be-' 
wältigung  der  häuslichen  Arbeiten  nÖthig  haben  und  ob  und  wodurch  eine  Ueber- 
schreitung  des  festgestellten  Mafses  veranlafst  ist.**  Man  sieht  aus  dieser  Bestim- 
mung, wie  unsicher  der  Boden  ist,  auf  welchen  sich  derartige  Anordnungen  be- 
wegen, und  der  Wunsch,  dafs  es  gelingen  möge,  bei  sorgfältiger  Sammlung  der 
gemachten  Erfahrungen  zu  einer  gröfseren  Sicherheit  der  Präcisirung  zu  gelangen, 
ist  gewifs  berechtigL  Denn  gerade  dieser  Boden  iirt  es,  auf  dem  sich  auch  die 
Untersuchung  über  Arbeitsüberbürdung  am  ausgiebigsten  zu  verbreiten  hätte;  ge- 
rade über  die  Häufung  der  häuslichen  Arbeiten  klagen  die  Eltern  am  meisten. 

Die  hessische  Verordnung  bestimmt  die  Dauer  der  häuslichen  Arbeitszeit 
für  die 

Vorschulen  auf  30 — 40  Minuten  den  Tag  oder  3—4  Stunden  die  Woche, 
VI  u.  V  auf  1  Stunde  den  Tag  oder  6  Stunden  die  Woche, 

IV  u.  III  b  ,;    2  Stunden  „      „       „    12        „         „         „ 

Illau.  IIb  „    2V«    V        M      »I       »»    15        I»         »»         », 

II  a,  I D  u.  1  a      n    o        f,        „      „       „    lo        „         „         „ 

und  zwar  soll  dies  das  äufserst  zulässige  Mafs  sein.  Es  ist  nicht  zu  ver- 
kennen, dafs  diese  Gradation  in  der  Zahl  der  Stunden  eine  etwas  mechanische 
und  willkürliche  ist.  Auch  scheint  es  so,  als  sei  das  Alter  der  Schüler  etwas  zu 
niedrig  gegriffen,. wenigstens  gegenüber  den  preufsischen  Schulen,  da  die  Voraus- 
setzung, dafs  die  Abiturienten  nur  18  Jahre  alt  sein  werden,  bei  uns  schon  lange 
nicht  mehr  zutrifft.  Das  Urteil  über  das  zuläfsige  Mafs  der  Arbeitsstunden  mufa 
sich,  wie  schon  erwähnt,  nach  der  Zahl  der  eigentlichen  Schulstunden  richten. 


309 

In  dieser  Beziehung  bemerken  wir  zunächst,  dafs  in  Hessen  die  Zeit  für 
^en  Schulunterricht  in  der  Vorschule  auf  16 — 20  Stunden  wöchentlich  bemessen 
ist,  so  dafs  mit  Zurechnung  von  3 — 4  Arbeitsstunden  als  tägliche  maximale 
^Stundenzahl  4  herauskommen.  Das  elsafs-lothringische  Gutachten  gelangt  zu  un- 
^eföhr  ähnlichen  Forderungen,  und  wir  können  uns  dem  anschliefsen. 

Für  die  Sexta  schreibt  der  neue  preufsische  Lehrplan  vom  31.  März  1882 
in  den  Gymnasien  und  Realgymnasien  28,  in  den  Gber-Realsohulen  und  höh.  * 
Bürgerschulen  29  wöchentliche  Lehrstunden  vor.  Sehen  wir  auch  von  den  Turn- 
stunden ab,  so  steigt  durch  die  Singstunden  diese  Zahl  auf  30,  beziehentlich  31 ; 
rechnet  luan  dazu  £e  häuslichen  Arbeitsstunden  der  hessischen  Verordnung,  so 
kommt  man  auf  36  bez.  37,  d.  h.  auf  täglich  6  Stunden.  Dies  ist  für  so 
zarte  Kinder  ein  recht  hohes  und  nicht  mehr  zu  überschreitendes^  Mafs  der  Be- 
lastung. 

Es  wird  nicht  erforderlich  sein,  in  gleich  ausfuhrlicher  Weise  alle  einzelnen 
Xlassen  durchzugehen.  Wir  beschränken  uns  auf  einzelne  Beispiele.  In  III  b 
sind  30  Stunden  obligatorisch;  rechnen  wir  dazu  Singen  und  Zeichnen,  so  ergiebt 
es  34  Stunden;  dazu  die  15  Stunden  der  hessischen  Verordnung,  macht  49  Stunden 
wöchentlich  oder  SVe  Stunde  täglich.  In  den  folgenden  Klassen  der  Gymnasien 
bleibt  die  Zahl  der  Schulstunden  gleich.  Nehmen  wir  die  Prima  und  rechnen 
wir  die  18  Arbeitsstunden  der  hessischen  Verordnung  hinzu,  so  erhalten  wir  52 
Stunden  wöchentlich  oder  fast  9  Stunden  täglich. 

Dieses  scheint  uns  zu  viel  zu  sein.  Die  Folge  davon  ist  einerseits  die  nach 
nnserer  Meinung  bedauerliche  Goncession,  dafs  der  Zeichenunterricht  für  die  drei 
oberen  Klassen  facultativ  gemacht  ist,  andererseits  die  Thatsache,  dafs  die  Be- 
freiung vom  Singen  erfahrungsmäfsig  leicht  erlangt  wird.  Indefs  wer  nicht  singt, 
der  kimn  privatim  wenigstens  eine  instrumentale  Ausbildung  in  der  Musik  suchen, 
und  man  sollte  das  nicht  erschweren.  Auch  wird  es  doch  nicht  zu  tadeln  sein, 
wenn  manche  Eltern  wünschen,  dafs  ein  Schüler  einer  höh.  Lehranstalt  nicht  nur 
Bchwimmen  und  Schlittschuhlaufen,  sondern  auch  tanzen  lernt  und  nicht  ganz  von 
gesellschaftlicher  Ausbildung  ausgeschlossen  bleibt.  Die  Pädagogen  vom  Fache 
sind  häufig  auf  den  Privatunterricht  schlecht  zu  sprechen,  aber  es  ist  nicht  zu 
vermeiden,  dafs  der  eine  in  diesem,  der  andere  in  jenem  Fache  Nachhülfe  sucht* 
Die  Zeit  zu  Bewegungen  in  freier  Luft  mufs  ebenfalls  gewährt  werden. 

Somit  glauben  wir  als  das  allgemein  zulässige  Mafs  für  die  höheren  Klassen 
eine  Arbeitszeit  von  8  Stunden  t^lich  oder  4ö  Stunden  wöchentlich  fiziren 
zu  sollen. 

Das  rheinische  SchulcoUegium  berechnet  in  einem  Berichte  vom  11.  Juli  1870, 
daCs  Schüler  bei  einem  Maximum  von  32  wöchentlichen  Lehrstunden  nur  %i  der 
Woche,  bei  Einrechnung  von  10  Wochen  Jahresferien  nur  */is  des  Jahres  in  der 
Schule  zubringen,  wobei  die  Pausen  zwischen  den  einzelnen  Stunden  nicht  in  An- 
schlag gebracht  seien.  Allein  abgesehen  davon,  dafs  auch  hier  noch  aufserdem 
3  tiij^licme  Arbeitsstunden  für  die  nöheren  Klassen  angenommen  werden,  so  kann 
es  sidi  doch  nur  darum  handeln,  denjenigen  Teil  des  Tages  in  Rechnung  zu  stellen, 
der  nicht  durch  Schlaf,  Essen,  Schulwege  u.  s.  f.  in  .ÄJispruch  genommen  wird. 

32  -4-  18 
Wenn  davon — ^ —  =  8Vs  Stunden   abgezogen  werden,   so  bleibt   eben  nicht 

0 

mehr  viel  übrig,  und  man  weifs  es  ja,  dafs  es  oft  genug  nicht  bei  den  3  Arbeits- 
stunden bewendet. 

Wir  müssen  zugleich  hervorheben,  dafs  2  Turnstunden  wöchentlich  ein  solches 
Minimum  sind,  dafs  wir  uns  damit  im  hygienischen  Sinne  nicht  wohl  befriedigt 
erklaren  können.  Wir  haben  die  Anregungen,  welche  Ew.  Exe.  in  dieser  Be- 
ziehung gegeben  haben,  mit  grofser  Freude  begrüfst  und  namentlich  den  Erlafa 
vom  27.  Gct.  1882  f  s.  p.  232  £),  die  Tumspiele  betreffend,  als  einen  wahren  Fort- 
schritt anerkannt,  aber  wir  glauben  9/ich.  mit  Zuversicht  erwarten  zu  dürfen,  dafa 
dafür  die  genügende  Zeit  gewonnen  werden  wird.  Gerade  für  die  Schüler  der 
höheren  Klassen  sollte  die  jedesmalige  Tumzeit  auf  mindestens  l^t  Stunden,  also 
auf  3  Stunden  wöchentlich  bemessen  werden. 

Mit  diesen  Erörterungen  sind  wir  an  das  Ende  der  ans  gestellten  Aufgabe 
gelangt. 


310 


V.    SehluXbergebnis. 

Die  uns  in  Ew.  Exe.  Verfagong  vom  31.  Jan.  er.  speciell  vorgelegte  Frage, 

ob  die  in  dem  elsafs-lothringischen  Gutachten  enthaltene  Bestimmung  über 

die  für  die  fünf  unteren  Jahrescurse   der  höheren  Schalen  zulässige  Zahl 

der  wöchentlichen  Lehrstnnden  als  ein  zweifelloses,  unbedingt  giltiges 

Ergebnis  der  medicinischen  Wissenschaft  zu  betrachten  sei, 

findet  durch  die  obigen  Ausführungen  ihre  Erledigung.    Es  kommt  eben  nicht 

auf  diese  Lehrstunden  allein,  sondern  auf  die  gesamte  seitens  der  Schule  in  An* 

Spruch  i^enommene  Zeit  in  Unterricht  und  Hausarbeit,  auf  eine  verständige  Indi* 

vidualisirung  in  der  Behandlung  der  Schüler  und  zu  diesem  Zwecke  vor  Allem 

darauf  an,  dafs  die  Zahl   der  von  dem  Lehrer  zu  unterrichtenden  Schüler  Einer 

Klasse  nicht  zu  grofs  sei. 

Was  in  Bezug  auf  die  üeberbürdungsfrage  sonst  noch  zu  sagen  wäre,  das 
fällt  wesentlich  in  das  eigentlich  pädagogische  Ghebiet:  es  betrifft  die  Methode 
des  Unterrichts.  Das  Gutachten  der  Bochumer  Aerzte  beschäftigt  sich  gerade 
damit  sehr  eingehend  und  es  enthält  nach  unserer  Meinung  manche  treffenae  Be- 
merkung darüber.  Li  der  That  hängt  auch  die  Frage  der  häuslichen  Arbeiten, 
insbesondere  die  Erklärung,  warum  manche  derselben  die  Schüler  ungebührlich 
belasten,  mit  der  Methode  des  Unterrichts  auf  das  Lmigste  zusammen.  Lidefs 
fällt  diese  Beurteilung  nicht  in  die  technisqh-ärztliche  Gompetenz,  und  wir  ver* 
ziehten  darauf,  dieselbe  irgendwie  zu  überschreiten. 

Bevor  wir  jedoch  schliefsen,  glauben  wir  noch  einmal  auf  einen  Funkt  zurück- 
kommen zu  sollen,  den  wir  schon  mehrmals  gestreift  haben.  Wir  meinen  die 
Beteiligung  der  Aerzte  an  der  Beaufsichtigung  der  Schule.  Fast 
alle  diejenigen  Verhältnisse,  welche  wir  in  unserem  Gutachten  zu  besprechen  hatten, 
sind  so  wenig  wissenschaftlich  aufgeklärt  und  bearbeitet,  dafs  unser  Urteil  nur  in 
den  seltensten  Fällen  ganz  bestimmt  ausfallen  konnte.  Das  einzige  Verhältnis, 
welches  zu  einer  einigermafsen  befriedigenden  Darstellung  gekommen  ist,  das  der 
Kurzsichtigkeit,  ist  fast  aussclüiefslich  durch  Aerzte,  und  zwar  durch  Privatärzte, 
ergründet  worden.  Aehnliche  Aufklärungen  könnten  auch  über  die  meisten  anderen 
Verhältnisse  gewonnen  werden,  wenn  amtliche  Ermittelungen  darüber  durch  sach- 
verständige Aerzte  angestelU  würden.  Wir  wollen  nur  vorübergehend  erwähnen, 
dafs  auch  in  anderen  Richtungen  die  Schulhygiene  noch  recht  viel  zu  wünschen 
übrig  läfst. 

Nun  haben  wir  aus  den  Berichten  der  Prov.  SchuleoUegien  aus  den  Jahren 
1870  und  1871  ersehen,  dafs,  obwohl  eine  gewisse  Eifersucht  gegen  die  Einmischung 
der  Aerzte  in  die  Angelegenheiten  der  Schule  unverkennbar  überall  hervortritt, 
doch  das  Anerkenntnis  sicn  Bahn  bricht,  dafs  ohne  die  Mithülfe  von  Aerzten  die 
Schulhygiene  zu  einer  befriedigenden  Gestaltung  nicht  gelangen  kann.  Wir  möchten 
daher  meinen,  dafs  es  an  der  Zeit  sei,  endlich  einmal  einen  praktischen  Anfazig  zu 
machen,  und  wenn  nicht  sofort  im  ganzen  Staate,  so  doch  an  einzelnen, beson  de  ra 
geeigneten  Orten  die  Hauptfragen  durch  Aerzte  in  Angriff  nehmen 
zu  lassen.  So,  um  ein  Beispiel  zu  nennen,  bietet  Berlin  für  alle  Arten  von 
höh.  Schulen  ein  so  reiches  Feld,  dafs  recht  wohl  ein  voll  durchgeführter  Versuch 
gemacht  werden  könnte,  durch  die  ärztlichen  Organe  die  nöthigen  Untersuchungen 
vornehmen  zu  lassen.  Auf  diese  Weise  würde  nicht  blofs  ein  sofort  zu  verwerthen-; 
des  Material  g^ewonnen  werden,  sondern  die  K.  Staatsregierung  würde  sich  auch 
überzeugen  können,  ob  in  der  That  die  Mitwirkung  der  Aerzte  einen  erheblichen 
Nutzen  gewährt  .  Je  nach  dem  Ausfalle  eines  solcmen  localen  Versuches  oder  auch 
vielleicht  mehrerer,  gleichzeitig  an  verschiedenen  Orten  unternommener,  würde 
dann  entschieden  werden  können,  ob  im  ganzen  Staate  organische  Einrichtungen 
zu  treffen  seien,  welche  die  regelmäfsige  Beteiligung  von  Aerzten  an  der  Beauf- 
sichtigung der  Schulen  sicher  stellen.  • 

Königliche  Wissenschaftliche  Deputation  für  das  Medicinalwesen: 

Sydow.    Virohow.    Westphal.     Skrzeczka.     Quincke.     W.  Hofmann» 
Pistor.      Kersandt.      von  Bergmann.       Bardeleben.      Schröder. 

Eulenberg. 


311 

Nachtrag  zu  Abteilung  4,  p.  258  und  Abteilung  5«  p.  264. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.  C.  zu  Schleswig  v.  30.  Juni  1884.  „Indem 
"wir  die  Herrn  Directoren  und  Bectoren  hierdurch  auffordern,  einer  zweckent- 
sprechenden Anordnung  der  schriftlichen  Haus-  und  Elassenarbeiten  für 
die  einzelnen  ünterrichtsstufen  und  Lehrgegenstände  ihre  besondere  Fürsorge  zuzu- 
wenden, und  es  uns  vorbehalten,  die  speciellen  darauf  bezüglichen  Vorschläge 
bei  Gelegenheit  der  Feststellung  der  jährlichen  Lehrpläne  einer  Prüfung  zu  unter- 
ziehen, beschränken  wir  uns  darauf,  im  Folgenden  einige  Punkte  hervorzuheben, 
in  Bezug  auf  welche  in  Zukunft  ein  möglichst  gleichmäfsiges  Verfahren  zu  be- 
obachten sein  wird. 

1.  um  eine  ausreichende  Uebung  der  Primaner  in  schnfüicher  Dar- 
stellung zu  sichern,  sind  von  diesen  an  Au&ätzen,  sowohl  deutschen  als  auch 
lateinischen  bezw.  französischen,  im  Laufe  des  Schu^ahres  in  der  Begel  je 
nenn  zur  Correctur  einzufordern;  davon  ist  in  jedem  Semester  je  einer  nach 
Art  der  Arbeiten  bei  der  Entlassungsprüfung  in  der  Olausur  anzufertigen, 
die  übrigen  sieben  fallen  der  häuslichen  Arbeit  zu  und  sind  nach  Mafsgabe  der 
verschiedenen  Länge  der  beiden  Semester  auf  letztere  zu  verteilen. 

2.  Bei  den  wöchentlich  zu  liefernden  Arbeiten  ist  der  Wechsel  zwischen 
Extemporalien  und  Exercitien  in  der  Begel  so  anzuordnen,  dafs  in  den  unteren 
Klassen  auf  zwei  Extemporalien  ein  Exercitium  kommt,  in  den  mittleren  Klassen 
beide  Arten  der  schriftlichen  üebung  abwechseln,  in  den  oberen  Klassen  auf 
je  zwei  Exercitien  ein  Extemporale  folgt.  Dabei  empfiehlt  es  sich  in  den  oberen 
Klassen,  um  die  Zahl  der  häuslichen  Arbeiten  mit  Bücksicht  auf  die  Aufeätze 
in  geeigneter  Weise  zu  beschränken,  gelegentlich  an  Stelle  der  häuslichen  auch 
sogenannte  Klassenexercitien  schreiben  zu  lassen. 

3.  Bei  den  vierzehntägigen  Arbeiten  im  fremdsprachlichen  Unterricht  ist 
zwischen  Extemporalien  und  Exercitien  einfach  abzuwechseln.'' 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch. C.  zu  Schleswig  v.  11.  Jan.  1883. 
„Unter  den  Bücksichten,  welche  die  Schule  auf  die  körperliche  Gresundheit  der 
ihr  anvertrauten  Zöglinge  zu  nehmen  hat,  ist  eine  der  wichtigsten,  dafs  nach 
Möglichkeit  Alles  fem  gehalten  wird,  was  die  Sehkraft  der  Schüler  schädigen 
kann.  Es  ist  daher  seitens  der  Schule  insonderheit  auch  darauf  gewissenhafte 
Sorgfalt  zu  verwenden,  dafs  den  Schülern  beim  Unterricht  in  der  Klasse  das 
erforderliche  Licht  zugeführt  wird. 

Worauf  in  dieser  Beziehung  geachtet  werden  mufs,  ist,  nachdem  bereits 
in  der  Min.  Verf.  vom  22.  Oct.  1858  (s.  p.  264),  sowie  in  dem  historisch- 
statistischen Werke  von  Wiese  „Das  höhere  Schulwesen  in  Preufsen^'  Band  n, 
p.  717  auf  verschiedene  Punkte  hingewiesen  ist,  in  neuerer  Zeit  wiederholt  in 
einschlägigen  Schriften  (z.  B.  in  dem  von  der  Beleuchtung  der  Schulzimmer 
handelnden  Abschnitt  in  Baginskys  Schul-Hygiene)  ausfahrlicher  dargelegt. 
Ueber  das  wünschenswerthe  Verhältnis  der  Glasfläche  der  Fenster  zu  der  Grund- 
fläche der  Unterrichtsräume  haben  wir  uns  auch  unsererseits  in  dem  Circular- 
Erlafs  vom  25.  Jan.  1878  ausgesprochen. 

Inzwischen  ist  uns  von  unserem  Departementsrath  auf  Grund  der  von 
ihm  vorgenommenen  Inspectionen  berichtet,  dafs  an  den  Schulen  unseres  Amts- 
bereichs nicht  durchweg  Alles  zur  Ausfahrung  kommt,  was  behufs  der  Schonung 
der  Augen  der  Schüler  seitens  der  Schule  geschehen  kann  und  soll.  Wir  sehen 
uns  daher  veranlafst,  die  Herren  Directoren  und  Bectoren  im  Nachfolgenden 
auf  einige  Punkte  ausdrücklich  aufmerksam  zu  machen. 

Beider  Aufstellung  der  Bänke  in  den  Klassenzimmern  und  bei  der 
Anweisung  der  Plätze  an  die  Schüler  ist  unbedingt  darauf  zu  sehen,  dafs  jedem 
Schüler  ein  durchaus  hinreichendes  Quantum  Tageslicht  gewährt  wird.    Sollten 


312 

in  den  Klassenzimmern  danklere  Ecken  sein,  so  dürfen  Sitzplätze  der  Schüler 
in  letztere  nicht  verlegt  werden.  Die  vielfach  angewandte  Anordnung  der  Bänke, 
nach  welcher  diese  von  der  Fensterseite  aas  nach  der  gegenüberliegenden  Wand 
hin  in  der  Weise  gesetzt  werden,  dafs  zwischen  den  zar  Linken  and  zur  Bechten 
stehenden  Bänken  ein  mehr  oder  weniger  breiter  Gang  frei  bleibt,  läfst  sich 
nar  dann  rechtfertigen,  wenn  auch  die  von  der  Fensterwand  am  weitesten  ent- 
fernten Sitzplätze  dorchaas  zareichendes  Licht  haben.  Namentlich  in  der 
dankleren  Jiüireszeit  and  auch  sonst  an  dankleren  Tagen  moTs  sorgfältig  hierauf 
geachtet  werden.  Es  wird  nicht  selten  erforderlich  sein,  dafs  unter  solchen 
Ausnahmeverhältnissen  die  Bänke  anders  zu  setzen  sind,  als  das  bei  hellerem 
Wetter  zu  geschehen  braucht  Bei  vorherrschender  Dunkelheit  wird  dafar  zu 
sorgen  sein,  dafs  möglichst  viele  Bänke  in  die  Nähe  der  Fenster  gebracht  werden. 
Bücksichten  auf  Symmetrie  der  Aufstellung,  auf  Continuität  der  Ordnung,  auf 
Belassung  von  Zwischenräumen  zwischen  den  hintereinander  stehenden  Bänken 
u.  dergl.  müssen,  wenn  sie  auch  sonst  berechtigt  sind,  doch,  wo  es  sich  um  die 
Gesundheit  der  Schüler  handelt,  entschieden  zurücktreten. 

Sollte  bei  dem  Bau  eines  Schulhauses  eine  so  unzweckmäfsige  Anlage  der 
Fenster  vorgenommen  sein,  dafs  in  einer  oder  der  anderen  Klasse  schlechter- 
dings nicht  allen  Schülern  das  Tageslicht  in  hinreichender  Menge  zugeführt 
werden  könnte,  so  ist  thunlichst  auf  bauliche  Besserung  hinzuwirken. 

Aber  auch  auf  Herstellung  einer  ausreichenden  künstlichen  Er- 
leuchtung wird  in  allen  Schulen  unseres  Amtsbereichs,  wo  dies  noch  nicht 
geschehen  ist,  Bedacht  zu  nehmen  sein,  da  in  der  dankleren  Jahreszeit,  nament- 
lich in  der  hiesigen  Provinz,  auch  wenn  der  Nachmittagsunterricht  bereits 
um  3^2  Uhr  geschlossen  wird,  vielfach  sowohl  in  den  Anfangs-  als  in  den 
Schlufsstunden  des  Unterrichts  das  Tageslicht  zum  Lesen  und  Schreiben  nicht 
ausreicht  und  der  Unterricht  trotz  der  von  den  Lehrern  allerdings  hierauf  zu 
richtenden  Fürsorge  doch  schwerlich  so  einzurichten  sein  wird,  dafs  während 
jener  ganzen  Zeit  vom  Lesen  tind  Schreiben  völlig  abgesehen  werden  kann.'' 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.  C.  zu  Schleswig  v.  4.  Sept  1883. 
,.Aus  den  Berichten,  welche  auf  Veranlassung  unserer,  die  Schonung  der  Seh- 
kraft bei  den  Schülern  betreffenden  Verf.  v.  11.  Jan.  d.  J.  erstattet  worden 
sind,  haben  wir  mit  Befriedigung  ersehen,  dafs  die  Directoren  und  Bectoren 
der  höh.  Lehranstalten  unseres  Amtsbereiches  diesem  Punkte  bisher  ihre  Auf- 
merksamkeit zugewendet  haben  und  nach  Mafsgabe  der  localen  Verhältnisse 
bemüht  gewesen  sind,  auch  in  dieser  Beziehung  etwaige  Schädigungen  der  Ent- 
wickelung  von  unserer  Jugend  fernzuhalten. 

Indem  wir  die  Zuversicht  hegen,  dafs  die  Herren  Di^^ectoren  und  Bectoren 
nicht  ablassen  werden,  selbst  und  durch  geeignete  Anweisung  der  unterstellten 
Lehrer  den  Bücksichten,  welche  die  Schule  auf  die  körperliche  Gesundheit  der 
ihr  anvertrauten  Zöglinge  zu  nehmen  hat,  gebührend  Bechnung  zu  tragen, 
dürfen  wir  zunächst  weitere,  auf  die  Schonung  der  Sehkraft  bei  den  Schülern 
abzielende  Anordnungen  dem  pflichtmäfsigen  Ermessen  der  mit  den  Bedürfhissen 
der  einzelnen  Anstalten  vertrauten  Leiter  derselben  überlassen,  ermächtigen 
aber  hierdurch  die  Herren  Directoren  und  Bectoren,  fortan,  wo  es  geboten  er- 
scheint, während  der  dunklen  Jahreszeit,  d.  h.  etwa  vom  16.  Nov.  bis  15.  Jan., 
eine  Verschiebung  der  Unterrichtszeit  in  der  Weise  eintreten  zu  lassen, 
dafs  die  sechs  Haupüectionen  des  täglichen  Unterrichts  in  folgender  Weise  an- 
gesetzt werden: 

Vormittags. 

1.  Stunde  von   8  Uhr  15  Min.  bis   9  Uhr  10  Min.  (5  Minuten  Pause). 

2.  „         „9    „     15    .,       „    10    „     5     „     (10  Minuten  Pause). 

3.  „         „    10    „     15    „       „    11    „     5     „     (5  Minuten  Pause). 

4.  „         „    11     „     10     „        „    12     „      5      „ 


313 

Nachmittags. 

1.  Stunde  von  2  Uhr  bis  2  Uhr  45  Min.  (5  Minuten  Pause). 

2.  „  „    2    „      50  Min.  bis  3  Uhr  35  Min. 

Bei  der  dadurch  eintretenden  Verkürzung  der  einzelnen  Lectionen  werden 
die  Herren  Directoren  und  Bectoren  mit  Strenge  darauf  zu  halten  haben,  dafs 
die  festgesetzte  Unterrichtszeit  allseitig  mit  gewissenhaftester  Pünktlichkeit  inne 
gehalten  wird." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  30.  Juni  1885. 
„Wir  nehmen  Veranlassung,  die  Herren  Dir.  und  Beet,  auf  die  bei  Lipsius  und 
Tischer  in  Kiel  erschienene  Schrift  „Die  körperliche  Erziehung  und  die  Ge- 
sundheitspflege in  der  Schule"  von  Dr.  ^ Max  Beimann,  K.  Ereisphysikus  in 
Neumünster,  noch  besonders  aufmerksam  zu  machen.  Die  speciell  auf  die  Ge- 
sundheitspflege in  der  Schule  bezüglichen  Abschnitte  derselben  enthalten  aufser 
einer  knapp  gehaltenen  Darlegung  der  Hauptgrundsätze  allerlei  praktische  Winke 
und  Bathschläge,  die  wohl  geeignet  scheinen,  den  Lehrern  zur  Nachachtung 
dringend  empfohlen  zu  werden." 

6.   Aufnahme  und  Versetzung  in  höhere  Klassen. 

Von  der  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  der  höh.  Lehranstalten  s. 
p.  149  f. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  28,  Dec.  1853:  „Die 
bisherige  Praxis,  nach  welcher  die  in  die  Gymn.  eintretenden  Schüler,  welche 
bisher  ein  solches  nicht  besucht  haben,  nur  mündlich  geprüft,  oder  doch  bei 
gleichzeitig  mündl.  und  schriftl.  Prüfung  überwiegend  nach  dem  meist  günstigeren 
Ergebnisse  der  ersteren  beurteilt  und  eingeordnet  worden  sind,  hat  zu  mancherlei 
üebelständen  geführt,  und  namentl.  dem  Eindringen  ungenügend  Torbereiteter 
Becipienden  in  die  oberen  EL  nicht  mit  denjenigen  Erfolge  entgegengewirkt, 
bei  welchem  allein  ein  gleichmäisiger  Standpunkt  der  betr.  Klassen  festgehalten 
und  ein  auf  gründlicher  Vorbildung  fortdauerndes  Fortschreiten  der  einzelnen 
Schüler  erzielt  werden  kann.  Zur  Beseitigung  dieser  Uebelstände  bestimmen 
wir  Folgendes: 

1.  Die  für  den  Eintritt  in  ein  Gymn.  angemeldeten  Schüler  sind  der  Begel 
nach  mündl.  und  schriftl.  zu  prüfen.  Von  der  schriftl.  Prüfung  kann  nach 
Umständen  bei  Becipienden  für  die  3  unteren  KL,  niemals  aber  bei  solchen 
Examinanden  Abstand  genommen  werden,  welche  für  den  Eintritt  in  eine  der 
3  oberen  Kl.  geprüft  werden.  2.  Die  schriftL  Prüfung  ist  nicht  auf  die  An- 
fertigung sogenannter  Exercitien  oder  Pensen  (Ueborsetzungen  auß  dem  Deutschen 
in  eine  fremde  Sprache)  zu  beschränken;  es  sind  vielmehr  auch  Uebersetzungen 
aus  den  fremden  Sprachen  ins  Deutsche,  Ausarbeitung  mathematischer  Sätze 
und  Aufgaben  aus  dem  Bereiche  der  betr.  Klassencurse  zu  fordern.  3.  Aspi- 
ranten für  eine  der  beiden  oberen  KL  (H  und  I)  haben  unter  jenen  Prüfungs- 
arbeiten stets  auch  noch  eine  freie  deutsche,  und  Aspiranten  für  die  I  auch 
noch  eine  freie  lat.  Ausarbeitung  über  ein  ihnen  zu  stellendes,  nicht  zu  schwie- 
riges Thema  anzufertigen,  auf  deren  Ausfall,  nachdem  sie  von  den  Fachlehrern 
corrigirt  worden  sind,  für  die  Beurteilung  der  Cresamtbeföhigung  des  Becipienden 
ein  besonderes  Gewicht  gelegt  werden  mufs.  Die  deutsche  und  lat.  Prüfungs- 
arbeit der  in  die  I  wirklich  Aufgenommenen  ist  Ton  dem  Dir.  aufzubewahren, 
und  sobald  der  betr.  Schüler  zur  Abiturientenprüfung  gelangt,  unserem  Com- 
missarius  mitvorzulegen.  4.  Wenn  ein  für  eine  bestimmte  Klasse  Geprüfter  nach 
dem  Ergebnis  der  Prüfung  zurücktritt,  so  ist  dem  von  ihm  vorgelegten  Zeugnis 


314 

der  Zuletzt  besuchten  Schnlanstalt»  nnd  zwar  an  einer  Stelle,  welche  nicht  dorch 
Abschneiden  beseitigt  werden  kann,  folgender  Vermerk  zuzusetzen: 

,Jnhaber  des  vorstehenden  Zeugnisses  ist  am  .  .  .  (Datum)  bei  dem  hies. 
Gymn.  pro  receptione  geprüft  und  höchstens  für  den  Eintritt  in  die  .  .  .  (genaue 
Bezeichnung  der  Klasse  resp.  Elassenabteilung)  fähig  befunden  worden.*^ 

Aspiranten,  welche  ein  mit  solchem  Vermerk  versehenes  Schulzeugnis  vor- 
legen, sind  zwar  zur  Prüfung  zuzulassen,  dürfen  aber  in  keine  höhere,  als  dl» 
in  dem  Vermerk  bezeichnete  Klasse  gesetzt  werden/' 

In  Betreff  der  Aufnahme  solcher  Schüler,  die  vorher  eine  Gymnasial- 
oder Bealanstalt  besucht  haben,  s.  unten  Abt  8. 

Versetzungsprufungen  werden  am  Ende  jedes  CarsuB  in  allen  Klassen 
vor  I  abgehalten,  zuweilen  nur  mündlich  und  im  Beisein  der  betr.  Fachlehrer  der 
nächst  höheren  Klasse.  Verschieden  davon  sind  die  Klassenprüfungen,  welche  in 
vielen  höh.  Schulen  mindestens  einmal  im  Jahr  vor  dem  versammelten  Lehrer- 
coUegium,  bisweilen  auch  vor  dem  dazu  eingeladenen  Schulcuratorium,  in  jeder 
Klasse  stattfinden. 

C.Verf.  des  K,  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  26.  Oct.  1881  (bei  An- 
ordnung von  Jahrescursen) :  „2.  Für  alle  diejenigen  höh.  Schulen,  an  welchen 
bis  einschliefslich  üntersecunda  getrennte  Cöten  der  Jahrescurse  bestehen,  ordnen 
wir  die  Einrichtung  der  Wechselcöten  mit  ihren  Gonsequenzen  für  die  Auf- 
nahme- und  die  Versetzungstermine  hierdurch  ausdrücklich  an.  —  (S.  p.  151).  — 

Indem  wir  die  einsichtige  und  sorgfältige  Durchführung  dieser  für  die 
Entwickelung  unseres  höh.  Schulwesens  höchst  wichtigen  Mafsregel  den  Dir. 
und  Lehrercollegien  ans  Her/  legen,  bemerken  wir  hinsichtlich  der  in  einigen 
Gutachten  gegen  die  Wechselcöten  bei  Anerkennung  ihrer  erheblichen  Vorzüge 
erhobenen  Bedenken  Folgendes.  Ist  es  auch  unzweifelhaft  richtig,  dafs  die 
Einrichtang  der  Wechselcöten  in  stark  besuchten  Anstalten  gewisse  Schwierig- 
keiten für  die  Eegelung  der  Frequenz  der  beiden  Cöten  mit  sich  bringt,  so 
hat  doch  die  mehrjährige  Erfahrung  an  einer  grofsen  Zahl  hiesiger  höh.  Lehr- 
anstalten gezeigt,  dafs  sich  diese  Schwierigkeiten  ohne  Anwendung  von  unge- 
rechtfertigter Härte  oder  von  zu  grofser  Milde  bei  den  Versetzungen  vermeiden 
lassen.  Wesentlich  kommen  neben  diesen  regelmäfsigen  Versetzungen  hierfür 
zwei  Mafsregeln  in  Betracht:  Die  Zurückversetzung  in  den  niederen  Cötns  nach 
dem  ersten  Semester  und  die  Nichtversetzung  in  den  anderen  Cötas  bei  Schülern, 
welche  nach  einem  Jahre  das  Klassenziel  nicht  erreicht  haben.  Beide  Maüi- 
regeln  werden,  richtig  angewandt,  von  heilsamstem  Einflufs  für  die  geistige 
Entwickelung  eines  Schülers  sein,  der  aus  dem  einen  oder  dem  anderen  Grunde 
in  seiner  Ausbildung  zurückgeblieben  ist.  Andererseits  greifen  aber  beide 
Mafsregeln  so  tief  in  den  ganzen  Bildungsgang  des  Schülers  ein,  dafs  sie  nur 
nach  sorgfältigster  und  gewissenhaftester  Prüfung  aller  Verhältnisse  in  An- 
wendung zu  bringen  und  stets  nur  als  besondere  Ausnahmemafsregeln  zu  be- 
trachten sind.  Wir  sprechen  daher  die  zuversichtliche  Erwartung  aus,  dafs  die 
Directoren  der  angemessenen  Handhabung  derselben  ihre  dauernde  Aufmerksam- 
keit zuwenden  und  sich  der  vollen  eigenen  Verantwortlichkeit  für  ihre  richtig» 
Anwendung  bewufst  bleiben  werden." 

Verfahren  bei  Aufnahme,  Entlassung,  Versetzung  der  Schü- 
ler sowie  bei  Erteilung  der  Gensuren,  und  Abgangszeugnisse. 
C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Magdeburg  v.  20.  Mai  1878.  „In  Folg© 
der  von  der  vorjährigen  Directoren-Conferenz  unserer  Provinz  zu  Halle  a.  S.  in 
der  5.  und  6.  Sitzung  derselben  verfafsten  Beschlüsse  verordnen  wir  behufs  der 
Herbeiführung  eines  einheitlicheren  Verfahrens  in  Betreff  der  Aufnahme  und 


315 

der  Entlassimg,  der  Censnren,  der  AbgangszengniBse  und  der  Versetzungen  Fol- 
gendesy  indem  wir  dabei  bemerken,  dafs  nnsere  Festsetzungen  von  dem  Herrn 
Minister  gebilligt,  bezüglich  nach  dessen  Verfagang  yom  25.  April  er.  modi- 
ficirt  worden  sind. 

A.  Bedingungen  der  Aufnahme.  In  Betreff  der  Schulordnungen 
bewendet  es  bei  den  in  unserer  Verfugung  vom  11.  Februar  1875  (s.  Abteil.  10) 
gegebenen  Bestimmungen,  mit  denen  die  angenommene  These  1  im  Ein- 
klänge steht. 

Für  die  Aufnahme  in  die  Sexta  ist  auch  durch  die  Vereinbarung  der 
deutschen  Staatsregierungen  Tom  April  1874  festgesetzt,  dafs  sie  „in  der  BegeP^ 
nicht  vor  dem  vollendeten  neunten  Lebensjahre  erfolgen  soll.  Ausnahmen  von 
dieser  Begel  müssen  seltene  bleiben  und  bestimmten  Grenzen  unterliegen. 
Die  Directoren  (Bectoren)  der  höh.  Schulen  werden  hierdurch  ermächtigt,  aus-- 
reichend  vorbereitete  Knaben  aufzunehmen,  wenn  bei  jähriger  Aufnahme  höch- 
stens sechs  Monate,  bei  halbjähriger  Aufnahme  höchstens  drei  Monate  an  dem 
erforderlichen  Lebensalter  fehlen.  Dieselben  Bedingungen  gelten  für  die  Ver- 
setzung aus  der  Vorschule  in  die  Sexta.  Weiter  gehende  Ausnahmen  bedürfen 
unserer  (Genehmigung. 

Wo  etwa  die  vorbereitende  Schule  der  höh.  Schule  solche  Knaben,  die 
das  normale  Alter  noch  nicht  erreicht  haben,  in  gröfserer  Zahl  zuführt,  ist  durch 
geeignete  Einrichtungen  dahin  zu  wirken,  dafs  diese  ünregelmäfsigkeit  aufhöre. 
Organisch  mit  den  höh.  Schulen  verbundene  Vorschulen,  seien  dieselben  Privat- 
untemehmungen  oder  vom  Staate  resp.  dem  Schulpatrone  unterhalten,  müssen 
so  eingerichtet  sein,  dafs  im  normalen  Lehrgange  der  Vorschüler  mit  vollen- 
detem neuntem  Lebensjahre  als  reif  in  die  höh.  Schule  übergehe.  Bei  drei- 
jährigem Lehrgange  ist  also  nicht  vor  vollendetem  sechstem  Lebensjahre  in  die 
unterste  Klasse  aufzunehmen,  und  entsprechend  bei  Vorschulen  mit  zweijährigem 
und  eii^ährigem  Lehrgange  zu  verfahren. 

Dem  von  der  Directoren-Conferenz  -  fast  einstimmig  ausgesprochenen 
Wunsche,  dafs  die  Aufnahme-Prüfungen  nicht  in  die  festgesetzten  Oster-  und 
Michaelisferien  fallen,  sondern  am  ersten  Tage  des  begonnenen  Semesters  statt- 
finden möchten,  kann  mit  Bücksicht  auf  die  nothwendige  Gleichheit  der  ein- 
zelnen Provinzen  in  Betreff  der  Feriendauer  nicht  Folge  gegeben  werden.  Denn 
es  würde  dadurch  eine  thatsächliche,  nur  fär  die  Provinz  Sachsen  bestehende 
Ausdehnung  der  Ferienzeit  geschaffen  werden.  Die  betr.  Bestimmung  unserer 
unter  dem  14.  Febr.  1873  erlassenen  Ferienordnung  (s.  OB.  1873  p.  219)  bleibt 
also  in  Giltigkeit. 

Die  in  der  C.  Verf.  vom  30.  Juni  1876  angeordnete  prüfungslose  Auf- 
nahme der  von  andern  Schulen  gleicher  Kategorie  kommenden  Schüler  in  die- 
selbe Klasse,  für  welche  sie  dort  für  reif  befunden  waren,  hat  die  Conferenz 
für  zunächst  „unzweckmäfsig'S  und  die  eben  dort  angeordnete  Berichterstattung 
für  den  Fall,  dafs  ein  Schüler  in  der  ihm  angewiesenen  Klasse  nicht  für 
unterrichtsfähig  erkannt  worden  sei,  hat  sie  für  „in  hohem  Grade  bedenklich" 
erklärt.  Ohne  uns  auf  eine  nochmalige  Discussion  einzulassen,  constatiren  wir 
hiermit  nur,  dafs  die  von  dem  hohen  Ministerium  nach  eingehender  Erörterung 
und  Ueberlegung  erlassene  Anordnung  im  ganzen  Umfange  der  Monarchie  aus- 
zuführen ist  und  wir  machen  die  Herren  Dirigenten  auf  ihre  amtliche  Ver- 
pflichtung, die  Bestimmungen  der  erwähnten  Min.Verfügung  genau  zu  , 
beobachten,  ausdrücklich  aufinerksam. 

B.  Censuren.  In  Uebereinstimmung  mit  den  Beschlüssen  der  Con- 
ferenz verordnen  wir  hiermit  Folgendes:  ' 

1)  Die  Censuren -Formulare  müssen  Rubriken  für  1)  Betragen,. 
2)  Fleifs  und  Aufhierksamkeit,  3)  Leistungen  enthalten.    Die  hier  und  da  noch 


316 

üblichen  Bubriken  für  „Fortschritte*'  oder  „Ordnungsliebe"  können  als  zweck- 
mäfsig  nicht  anerkannt  werden.  Die  darauf  bezüglichen  nothwendigen  Bemer- 
kungen können  in  den  Bubriken  für  FleiTs,  oder  för  das  Betragen,  oder  in  den 
allgemeinen  Bemerkungen  Platz  finden. 

2)  Die  Leistungen  müssen  in  jedem  einzelnen  Lehrgegenstande  cen- 
sirt  werden.  Das  Betragen  sowohl  wie  der  Fleifs  sind  am  zweckmäfsigsten 
durch  eine  zusammenfassende  Gesamtcensur  auszudrücken,  bei  welcher  für  eine 
etwaige  ausführlichere  Motivirung  oder  eingehendere  Erinnerung  genügender 
Baum  auf  dem  Formular  sein  mufs.  Aufserdem  mufs  ein  genügend  grofser 
Baum  für  eine  allgemeine  „Bemerkung**  behufs  der  Angabe  besonderer  Umstände 
oder  Erinnerungen  auf  dem  Formular  reservirt  sein. 

3)  Bei  jeder  allgemeinen  Censur-Erteilung  ist  für  jede  Klasse  durch  Yer- 
gleichung  der  Gesamt-Leistungen  der  Schüler  eine  Bangordnung  conferenzmälsig 
festzustellen.  Ueber  das  dabei  zu  beobachtende  Verfahren  sich  zu  einigen,  bleibt 
zunächst  jedem  LehrercoUegium  anheimgestellt.  Der  ermittelte  Bangordnungs- 
platz  (etwa:  Platz  Nr.  x  unter  x  Schülern)  ist  auf  der  Gensur  jedes  Schülers 
anzugeben.  Die  Zusammenfassung  der  ganzen  Gensur  in  eine  Glesamtnummer, 
wodurch  der  ganze  Schülercötus  in  ebensoviele  Gensurklassen  als  es  Nummern 
giebt,  geteilt  wird,  ist  zulässig,  aber  nicht  erforderlich.  (Es  ist  nicht  unbedingt 
nothwendig,  dafs  die  Sitzplätze  in  der  Klasse,  insbes.  in  den  obersten  Klassen,  dieser 
auf  die  Leistungen  basirten  Bangordnung  genau  entsprechen.  Namentlich  wenn 
mit  dem  ersten  Platze  gewisse  Functionen  und  eine  Terantwortliche  Stellung  ver- 
bunden ist,  darf  die  sittliche  Zuverlässigkeit  neben  den  Leistungen  ins  Gewicht 
fallen.  Es  versteht  sich  von  selbst,  dafs,  wo  getrennte  Jahres-  oder  Semester- 
Abteilungen  zusammen  unterrichtet  werden,  jede  Abteilung  nur  unter  sich  rangirt.) 

4)  Die  Gensirung  geschieht  durch  eine  fünfstufige  Scala  mit  feststehenden 
Prädicaten  unter  Ausschlufs  aller  Zwischenstufen. 

Die  Scala  für  Fleifs  und  Leistungen  ist:  Nr.  1.  Bechtgut,  Nr.  2. 
Out,  Nr.  3.  Genügend,  Nr.  4.  Nicht  ausreichend,  Nr.  5.  Ungenügend. 

Die  Scala  für  das  Betragen  ist:  Nr.  1.  Lobenswerth,  Nr.  2.  Gut, 
Nr.  3.  Im  ganzen  gut,  Nr.  4.  Nicht  ohne  Tadel,  Nr.  5.  Tadelnswerth. 

Beide  Scalen  müssen  auf  dem  Gensurformular  (oder  dem  Titelblatte  des 
Oensurbuches)  angegeben  sein.  Es  ist  fortan  sowohl  um  der  Sicherheit  als  auch 
um  des  äufseren  Ansehens  der  Gensuren  willen  unzulässig,  sich  anstatt  der 
Prädicate  der  entsprechenden  Nummern  bei  der  Ausfertigung  der  Gensuren  zu 
bedienen. 

5)  Die  tadelnden  Prädicate  im  Betragen  ad  Nr.  4  und  5  müssen 
auf  der  Gensur  motivirt  werden.  Eine  solche  Motivirung  (bezw.  eine  Erinnerung 
und  Warnung)  ist  auch  schon  bei  dem  dritten  Prädicate  empfehlenswerth. 
Ebenso  ist  anzurathen,  dafs  tadelnde  Prädicate  über  Fleifs  und  Aufmerksamkeit 
durch  eine  ausführlichere  Bemerkung  erläutert  werden. 

6)  Die  Erteilung  des  dritten  Prädicates  („genügend")  in  den  Leistungen 
am  Ende  des  Klassencursus  bezeichnet  die  Beife  zur  Versetzung  und  giebt  dem 
Schüler  Ansprüche  darauf,  wenn  sie  durchgängig  in  den  bei  der  Versetzung  in 
Betracht  kommenden  Gegenständen  (d.  h.  mit  Ausschlufs  der  technischen  und 
der  facultativen  Unterrichtsgegenstände  und  des  Turnens)  erteilt  worden  ist. 
Die  erfolgte  Versetzung  oder  Nichtversetzang  ist  auf  der  Gensur  anzugeben. 

7)  Es  ist  zulässig,  in  einzelnen  Fächern  für  die  verschiedenen  Seiten 
des  Unterrichts  mehrere  Gensuren  der  Leistungen  zu  erteilen,  wie  dies  insbes. 
in  den  fremden  Sprachen  geschieht,  indem  zwischen  Poesie  und  Prosa,  zwischen 
Gomposition  und  Exposition,  zwischen  Grammatik,  Stil  und  Leetüre,  oder 
zwischen  mündlichen  und  schriftlichen  Leistungen  unterschieden  wird.  Jedoch 
empfiehlt  sich  eine  weiter  gehende  Teilung  als   die  Zweiteilung  nicht,  und  es 


317 

mofs  jedenfalls  eine  Gesamt-Censnr  über  die  Leistangen  eines  jeden  Faches 
entweder  unmittelbar  zu  ersehen  sein  oder  ausdrücklich  hinzugefügt  werden,  wo- 
bei ebenfalls  die  Zwischenstufen  ansznschliefsen  sind. 

8)  Nach  vorstehenden  normativen  Bestimmnngen  ist  überall  bei  der 
Anschaffong  nener  Censnrenformolare  oder  -Bücher  zu  verfahren.  Es  ist  wün- 
schenswerthy  dafs  bis  zum  Ostertermin  1880  das  einheitliche  Verfahren  in  der 
Provinz  hjerin  erreicht  sei. 

G.  Abgangszeugnisse.  Mit  Beachtung  und  in  Uebereinstimmung^ 
mit  den  Min.Verfügungen  vom  9.  Mai  1826  und  vom  28.  August  1862  verordnen 
wir  hiermit  Folgendes  in  Betreff  der  Abgangszeugnisse: 

1)  Für  jeden  abgehenden  Schüler  ist  ein  Abgangszeugnis  zu  concipirei» 
und  festzustellen,  auch  wenn  in  einzelnen  Fällen  die  Ausstellung  desselben  von 
dem  Schüler  nicht  verlangt  wird  oder  die  Aushändigung  der  Ausfertigung  nicht 
möglich  ist 

2^  Das  Concept  ist  vom  Ordinarius  der  Klasse  mit  zu  unterzeichnen. 

3)  Auf  dem  Abgangszeugnisse  muTs  die  Dauer  des  Aufenthaltes  auf  der 
Schule  und  in  der  Klasse,  aus  welcher  der  Schüler  abgeht,  angegeben  sein,  (event. 
mit  Angabe  des  Aufhahmetermines)  und  es  mufs  zu  ersehen  sein,  ob  derselbe 
zur  oberen  oder  unteren  Abteilung  der  drei  oberen  Klassen  gehörte. 

4)  Auf  den  Abgangszeugnissen  sind,  sowie  auf  den  Censuren,  die  Bubriken 
Betragen,  Fleifs  (und  Aufmerksamkeit)  und  Leistungen,  und  zwar  die 
beiden  ersteren  je  durch  Gesamtbeurteilung,  die  Leistungen  durch  Gensirung  in 
jedem  einzelnen  Fache,  zu  censiren.  Hierbei  sind  fortan  die  für  die  Gensuren 
künftig  geltenden  Prädicate  zu  benutzen;  jedoch  ist  es  zulässig  und  wünschens- 
werth,  dafs  die  Zeugnisse  über  Betragen  und  Fleifs  sich  nicht  auf  das  blofse 
Prädicat  beschränken,  sondern  durch  genauere  Gharakterisirung  ein  klares  Urteil 
über  den  Schüler  und  sein  Schulleben  möglich  machen.  Jedenfalls  müssen  tadelnde 
Zeugnisse  über  das  Betragen  motivirt  sein. 

5)  Die  Angabe  der  durchgenommenen  Lehrpensa  ist  für  gewöhnlich 
unnöthig,  jedoch  nicht  unzulässig,  sobald  sie  in  einzelnen  Fällen  wünschens- 
werth  erscheint. 

6)  Auf  die  Beurteilung  der  Leistungen  im  Verhältnis  zu  den  Forderungen 
der  betreffenden  Klasse  (d.  h.  auf  die  Beurteilung  seiner  Beife  oder  Nichtreife 
für  die  nächsthöhere  Klasse)  darf  der  Umstand,  ob  der  Schüler  auf  eine  andere 
Lehranstalt  oder  zu  einem  bürgerlichen  Berufe  übergehen  zu  wollen  erklärt» 
keinen  Einflufs  haben. 

7)  Das  Abgangszeugnis,  welches  am  Ende  oder  gegen  Ende  des  Jahres- 
corsus  ausgestellt  wird,  mufs  einen  Vermerk  über  die  Beife  oder  Nichreife 
für  die  nächsthöhere  Klasse,  bezw.  über  die  geschehene  oder  versagte  Versetzung 
unter  Angabe  des  Datums  des  darauf  bezüglichen  Gonferenzbeschlusses  enthalten. 

D.  Versetzungen.  1)  Als  Bedingung  der  Versetzung  hat  die  Direc- 
toren-Gonferenz  (in  Besolution  2)  richtig  hingestellt,  dafs  der  Schüler  sich,  um 
versetzt  zu  werden,  das  Klassenpensum  angeeignet  haben  müsse,  und  hat  diese 
Bedingung  richtig  dahin  limitirt  (Bes.  4),  dafs  „ein  Schüler  auch  bei  lücken- 
haftem Wissen  in  einzelnen  Fächern  noch  versetzt  werden  kann,  wenn  ange^ 
nommen  werden  darf,  er  werde  auf  der  nächstfolgenden  Stufe  dem  Unterricht 
mit  Nutzen  folgen  und  das  Fehlende  nachholen  können.''  Aus  dieser  Bedingung 
ergiebt  sich  auch,  weshalb  (nach  Bes.  1)  „die  Versetzung  in  der  Regel  nur  am 
Schlüsse  eines  Schuljahrs  oder  eines  Semesters  erfolgen  kann;*'  denn  nur  unter 
ganz  besonderen. Umständen  wird  es  vorkommen,  dafs  ein  Schüler,  der  mitten 
im  Semester  versetzt  wird,  dem  Unterricht  auf  der  nächsthöheren  Stufe  zu  folgen 
im  Stande  ist,  selbst  wenn  er  die  firüheren  Lücken  ausgefallt  hat.  Am  ehesten 
ist  dies  in  den  oberen  Klassen  möglich  und  zulässig,  wenn  verschiedene  Ab- 


318 

teünngen  zusammen  unterrichtet  werden.  Aus  der  Limitation  der  Reife  ergiebt 
sich  die  Grenze  der  (in  Bes.  3)  statairten  „Gompensation  schwächerer  Leistangen 
in  einzelnen  Fächern  durch  mehr  als  genügende  Leistungen  in  anderen' 
Fächern."  Die  Conferenz  hat  es  unterlassen,  eine  genaue  Abwägung  des 
Oompensationswerthes  der  einzelnen  Fächer  anzustellen,  und  auch  wir  sehen 
daTon  ab,  eingehende  Vorschriften  in  diesem  Funkte  zu  äiachen.  Denn  wir 
nehmen  an,  dafs  die  Lehrercollegien  bei  gewissenhafter  Erwägung  Jedes  einzelneA 
Falles  an  der  Hand  der  in  Resolution  4  gegebenen  Norm  das  Sichtige  finden 
werden.  Es  ergiebt  sich  beispielsweise  aus  jener  Limitation,  dafs  weder  der 
Yöllige  Ausfall  eines  sogenannten  Hauptfaches,  noch  die  jahrelange  Vernach- 
lässigung eines  sogenannten  Nebenfaches  durch  bessere  Leistungen  in  anderen 
Fächern  compensirbar  sind. 

2)  In  Betreff  der  Ermittelung  der  Versetzungs-Beife  hat  die  Conferenz 
(in  Bes.  5)  die  Vornahme  von  Versetzungsprüfungen  dem  Dirigenten  der 
Anstalt  anheimgestellt  Auch  wir  beschränken  uns  für  jetzt  darauf^  schrift- 
liche und  mündliche  Versetzungsprüfnngen  in  den  einzelnen  Fächern  als 
einen  wichtigen  Factor  zur  genauen  und  gerechten  Ermittelung  der  Beife  zu 
bezeichnen  und  deren  Anwendung  zu  empfehlen. 

3)  In  Betreff  der  Beschlufsfassung  über  die  Versetzung  genehmigen 
wir  (nach  Bes.  7),  dafs  es  von  der  Frequenz  der  Anstalt  abhängig  gemacht 
werde,  ob  zu  den  Versetzungsconferenzen  alle  Lehrer  der  Anstalt  oder  nur  die 
betreffenden  Klassenlehrer  zugezogen  werden.  Es  ist  in  der  Ordnung,  dafs  bei 
den  Abstimmungen  über  die  Versetzung  ein  Votum  nur  dem  Director  und  den 
nnterrichtenden  Lehrern  mit  Ausschlufs  der  Lehrer  des  Singens  und  Turnens, 
jedoch  mit  Einschlufs  der  Lehrer  der  Kalligraphie  und  des  Zeichnens  in  den- 
jenigen Klassen,  wo  diese  Gegenstände  obligatorisch  sind,  gebühre.  Bei  richtigem 
Verfahren  und  gründlicher  Erwägung  aller  Umstände  ist  nicht  zu  befürchten, 
dafs  durch  die  Gleichstellung  aller  unterrichtenden  Lehrer  bei  dem  Votum  der 
überwiegende  Einfiufs  des  Ordinarius,  soweit  er  berechtigt  ist,  zum  Schaden 
der  Sache  verhindert  werde  sich  geltend  zu  machen. 

4)  Es  entspricht  der  Wichtigkeit  der  Sache  und  der  Würde  der  Conferenz, 
dafs  ein  einmal  nach  eingehender  Erwägung  gefafster  Beschlufs  über  die  Ver- 
setzung (nach  Bes.  10)  unwiderruflich  sei  (vorbehaltlich  der  Correctur  nach- 
gewiesener factischer  Irrtümer);  andererseits  liegt  es  in  den  Pflichten  gegen 
die  Eltern  und  die  Schüler  begründet,  dafs  die  Lehrer  Schülern  mit  lücken- 
haftem Wissen  in  einzelnen  Fächern  die  Möglichkeit  gewähren,  diese  Lücken 
während  der  Ferien  auszufallen  und  dies  durch  eine  Prüfung  nach  den  Ferien 
zu  beweisen.  Es  kann  deshalb  (nach  Bes.  11)  der  Beschlufs  in  geeigfneten 
Fällen,  d.  h.  wo  die  Wahrscheinlichkeit  vorliegt,  dafs  der  Schüler  bei  gutem 
Willen  sich  die  Versetzungsreife  während  der  Ferien  erwerben  kOnne,  bis  nach 
den  Ferien  ausgesetzt  werden.  Diese  Form  der  sogenannten,  selbstver- 
ständlich auf  wenige  Fälle  zu  beschränkenden,  Nachversetzung  ist  derjenigen, 
wo  vor  den  Ferien  ein  bedingter  Beschlufs  gefafst  wird,  vorzuziehen. 

5)  Endlich  verordnen  wir  hiermit  (gemäfs  Bes.  12),  dafs  ein  Vierteljahr 
vor  dem  Termine  der  Versetzung  die  Eltern  derjenigen  Schüler,  welche  bis  dahin 
geringe  Aussicht  auf  Erlangung  der  zur  Versetzung  nöthigen  Beife  haben,  davon 
benachrichtigt  werden.  Dies  entspricht  der  Verpflichtung  der  Schule,  dem  Zu- 
sammenwirken von  Schule  und  Haus  entgegen  zu  kommen. 

Die  Dirigenten  der  Lehranstalten  werden  nicht  versäumen,  die  Lehrer 
daran  zu  erinnern,  dafs  sie  verpflichtet  sind,  das  Versetzungsgeschäft  mit  um 
80  gröfserer  Genauigkeit,  Unparteilichkeit  und  pädagogischer  Weisheit  zu  voll- 
ziehen, je  selbständiger  und  uncontrolirbarer  ein  jeder  von  ihnen  gerade  hierbei 
ist    Selbstverständlich  ist  es  hierbei,  dafs  die  in  §  5  der  Directoren-Listruction 


319 

tat  die  Provinz  Sachsen  Tom  2.  Mai  1867  den  Directoren  (Bectoren)  in  Bezog 
auf  Conferenzbeschlfisse  zuerkannte  Ermächtigung  auch  für  die  Yersetzungs«- 
conferenzen  in  Kraft  bleibe.^ 

7.   Beschränkung  des  Aufenthalts  in  den  J^lassen. 

G.Verf.  T.  4.  März  1862:  „Unter  dem  10.  Mai  1828  ist  an  sämtliche 
K.  Prov.SchulcoUegien  die  Verfügung  erlassen,  dafs  „solche  Schüler  der  4  unter  en 
Kl.  eines  Gymn.,  welche  nach  dem  reiflichen  und  gewissenhaften  einstimmigen 
Urteil  sämtlicher  Lehrer  aller  Bemühungen  ungeachtet  sich  zu  den  Gymnasial- 
stndien  nicht  eignen  und  wegen  Mangels  an  Fähigkeit  und  Fleifs,  nachdem  sie 
2  Jahre  in  einer  Klasse  gesessen  haben,  doch  zur  Versetzung  in  die  nächst- 
folgende höh.  Kl.  nicht  für  reif  erklärt  werden  können,  aus  der  Anstalt  entfernt 
werden  sollen,  nachdem  den  Eltern,  Vormündern  oder  sonstigen  Angehörigen 
derselben  mindestens  ein  Vierteljahr  zuTor  Nachricht  davon  gegeben  ist. 

Es  erscheint  zweckmäfsig,  dieselbe  Bestimmung  auch  auf  die  3  unteren 
KL  der  Bealschulen  auszudehnen.  Demnach  beauftrage  ich  die  K.  Prov. 
Schulcollegien  die  betr.  Directoren  zu  ermächtigen,  ein  entsprechendes  Verfahren 
bei  Schülern  der  VI,  V  und  IV  dieser  Schulen  in  dem  Falle  eintreten  zu  lassen, 
wenn  ihre  Lehrer  einstimmig  der  Ansicht  sind,  dafs,  nachdem  ihnen  auch 
nach  2jähr.  Aufenthalt  in  derselben  Kl.  die  Versetzung  noch  nicht  hat  zug^ 
standen  werden  können,  ein  längeres  Verweilen  auf  der  Schule  nutzlos  für  sie 
sein  würde." 

Min. Verf.  v.  3.  Juli  1861:  „Das  K.  Prov.Sch.C.  hebt  in  dem  Bericht 
T.  —  mit  Becht  als  einen  grofsen  Uebelstand  hervor,  dafs  in  der  Ol  des  Gjmn. 
zu  N.  Schüler  sitzen,  welche  selbst  nach  2jähr.  Aufenthalt  in  dieser  Klasse  das 
Zeugnis  der  Beife  für  die  Universitätsstudien  nicht  haben  erlangen  können,  und 
unzweifelhaft  ist  ernstlich  dahin  zu  wirken,  die  Ol  von  solchen  zum  Studiren 
nicht  befähigten  Schülern  zu  befreien.  Dennoch  nehme  ich  Anstand,  die  von  dem  K. 
Prov.Sch.C.  vorgeschlagene  Bestimmung  im  Allgemeinen  zu  trefTen,  weil  dieselbe, 
wenn  die  wiederholt  eingeschärften  Vorschriften  wegen  der  Ascension  der  Schüler 
streng  zur  Anwendung  gebracht  werden,  nicht  erforderlich  zu  sein  scheint.  Es 
ist  mit  allen  Mitteln  dahin  zu  wirken,  dafs  kein  Schüler  nach  Ol  versetzt 
wird,  welcher  nicht  die  sichere  Hoffnung  gewährt,  dafs  er  nach  Absolvirung 
dieser  Klasse  den  Anforderungen  des  Abiturienten-Prüfungsreglements  entsprechen 
werde.  Der  Dir.  und  die  Lehrer  der  oberen  Kl.  sind  dafür  verantwortlich  zu 
machen,  dafs  kein  Schüler  ohne  die  erforderliche  Beife  nach  II  versetzt,  und 
solche  Schüler,  welche  nach  2jähr.  Aufenthalt  in  der  OII,  resp.  in  der 
UI,  nicht  einstimmig  von  den  betr.  Lehrern  nach  der  UI,  resp.  Ol,  versetzt 
werden  können,  sofort  aus  der  Anstalt  entlassen  werden.  —  Das  K.  Prov. 
Sch.C.  möge  sich  alljährL  das  über  die  Ascension  aus  der  011  und  aus  der  UI 
aufzunehmende  Protokoll  vorlegen  lassen,  um  sich  zu  überzeugen,  dafs  hiemach 
verfahren  worden  ist.  Sollte  ungeachtet  dieser  Strenge  bei  der  Ascension 
ein  Ober-Primaner  sich  2mal  ohne  das  beabsichtigte  Besultat  der  Abiturienten- 
prüfung unterzogen  haben,  so  ist  der  Dir.  zu  verpflichten,  den  Eltern,  resp. 
dem  Vormund  desselben,  den  ernsten  Bath  zu  erteilen,  den  Schüler  aus  der 
Anstalt  zurückzunehmen,  da  er  keine  Aussicht  habe,  ein  Zeugnis  der  Beife  zu 
erlangen. 

Diese  Mafsregeln  werden  hoffentlich  dahin  führen;  dafs  solche  unfähige 
Schüler  dem  Gymn.  nicht  länger  in  der  Ol  zur  Last  fallen.  Dafs  dies  ohne 
neue  besondere  Bestimmungen  erreicht  werden  kann,  zeigen  die  Gjmn.  der  übrigen 
Provinzen,  in  welchen  Uebelstände  dieser  Art,  soviel  hier  bekannt,  seither  nicht 
eingetreten  sind. 


320 

Allgemein  werden  die  Eltern  schon  durch  die  viertel-  oder  halhjfihrL 
Oenscuren  seitens  der  Schule  darauf  aufinerksam  gemacht,  wenn  ihr  Sohn  hinter 
den  Anforderungen  seiner  Klasse  dauernd  zurückbleiht.'^ 

8.   Uebergang  auf  eine  andere  Anstalt. 

C.Yerf.  y.  9.  Mai  1826:  „Das  Min.  hat  wahrgenommen,  dafs  manche 
Dir.  solche  Schüler,  die  von  einem  Gymn.  abgegangen  sind,  wieder  aufgenommen 
haben,  ohne  von  ihnen  zuvor  die  Beibringung  eines  Zeugnisses  des- 
jenigen Oymn.  zu  fordern^  das  von  denselben  bisher  besucht  worden.  Bei  diesem 
Verfahren,  welches  sich  mit  einer  guten  und  vorsichtigen  Schulzucht  nicht  ver- 
trägt» ist  häufig  der  Fall  eingetreten,  dafs  Schülern  bei  ihrem  Uebergange  von 
einem  Gymn.  zu  einem  anderen  eine  höh.  El.,  als  sie  in  der  bisher  von  ihnen 
besuchten  Schule  eingenommen  haben,  angewiesen,  und  dadurch  dem  unver- 
ständigen Wunsche  mancher  Eltern,  die  mehr  um  schnelle  Beförderung  als  um 
wahre  und  gediegene  Ausbildung  ihrer  Söhne  besorgt  sind,  auf  eine  die  Auf- 
rechthaltung einer  tüchtigen  Zucht  in  den  Gymn.  erschwerende  Weise  nach- 
gegeben worden.  Das  Min.  beauftragt  daher  das  K.  Consisi,  sämtliche  Dir. 
der  Gymn.  Seines  Bereichs  aufs  gemessenste  anzuweisen,  dafs  sie  von  jetzt  an 
keinen  Schüler  eines  anderen  Gymn.  eher  aufuehmen,  als  bis  derselbe  von  Seiten 
des  Dir.  der  bis  dahin  von  ihm  besuchten  Schule  das  erforderliche  Zeugnis  wird 
beigebracht  haben.  In  diesem  Zeugnis  mufs  die  Klasse,  in  welcher  der  betr. 
Schüler  bei  seinem  Abgange  gewesen  ist,  und  der  Grad  seiner  Kenntnisse  und 
Fähigkeiten,  sowie  auch  alles  dasjenige,  was  sich  auf  seinen  Fleifs  und  auf 
seine  religiöse  und  sittliche  Bildung  bezieht,  genau  und  bestimmt  angegeben 
werden.  Auch  hat  das  K.  Consist.  bei  dieser  Veranlassung  sämtlichen  Dir.  der 
Gymn.  Seines  Bereichs  bemerklich  zu  machen,  dafs  in  der  Begel  solchen  un- 
mittelbar von  einem  anderen  Gymn.  kommenden  Schülern  eine  höhere  KL  als 
die,  in  welcher  sie  bisher  gewesen  sind,  um  so  weniger  angewiesen  werden  darf^ 
als  im  Wesentlichen  alle  Inland.  Gymn.  in  Bezug  auf  Lehrplan,  Lehrverfassung» 
Klasseneinteilung  und  Schulzucht  nach  demselben  wissenschaftl.  Mafsstabe  und 
nach  gleichen  disciplinar.  Grundsätzen  eingerichtet  sind." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  9.  Nov.  1839:  „Im 
Interesse  der  allgm.  Schulzucht  und  namentl.  zum  eigenen  Vorteil  der  auf  Ab- 
wege gerathenden  Jugend  scheint  es  zweckmäfsig,  dafs  Schüler,  welche  wegen 
schlechter  Aufführung  von  einer  höheren  Schule  entfernt  worden  sind,  in 
eine  andere  Anstalt  der  Art  nicht  eher  aufgenommen  werden,  als  bis  der  Dir. 
der  letzteren  mit  dem  Vorsteher  der  Anstalt,  aus  welcher  der  Schüler  entlassen 
worden  ist,  nähere  Bücksprache  genommen  hat  über  die  Ursache  der  Enfemung 
und  über  die  Mittel,  welche  in  Anwendung  zu  bringen  sein  dürften,  um  erneuerte 
Ausbrüche  der  Roheit,  des  Ungehorsams  und  anderer  Fehler,  welche  die  Ent- 
fernung eines  Schülers  nothwendig  gemacht  haben,  zu  verhüten.  Demnächst 
ist  einem  solchen  Schüler  bei  der  Aufnahme  anzudeuten,  dafs  er  bei  dem  ersten 
auffallenden  Beweise  der  Wiederkehr  seiner  Fehler  werde  entlassen  werden,  und 
die  Lehrer  der  KL,  in  welche  derselbe  gesetzt  worden,  sind  besonders  zu  beauf- 
tragen, ihn  mit  strenger  Aufmerksamkeit  zu  beobachten. 

Indem  wir  Sie  veranlassen,  hiemach  bei  der  Ihrer  Leitung  anvertrauten 
Anstalt  für  die  Zukunft  zu  verfahren,  bemerken  wir,  dafs  die  Zeugnisse,  mit 
welchen  Schüler  der  obengedachten  Art  entlassen  werden,  zwar  streng  der 
Wahrheit  gemäfs,  jedoch  dabei  auf  eine  Art  zu  fassen  sind,  dafs  sie  dem 
irrenden  Zögling  den  Weg  zur  Besserung  auf  einer  anderen  Bildungsanstalt 
nicht  verschliefsen.** 


321 


C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Königsberg  v.  20.  Jan.  J863:  —  „Wir 
finden  uns  veranlafst,  die  Dir.  der  zu  unserem  Kessort  gehörigen  Gymn.  auf  die 
ministerielle  Bestimmung  v.  9.  Mai  1826  wieder  aufmerksam  zu  machen  und  fügen 
hinzu,  dafs  die  Versetzung  der  von  einem  anderen  Gymn.  kommenden  Schüler  in 
eine  höhere  El.  auch  nicht  durch  eine  sog.  Nachprüfung,  welche  mit  ihnen  einige 
Wochen  oder  Jlionate  nach  deren  Aufnahme  veranstaltet  wird,  bewirkt  werden 
darf.  Vielmehr  ordnen  wir  hiermit  an,  dafs  Schüler,  welche  von  einem  anderen 
Oymn.  kommen,  jedenfalls  erst  nach  Ablauf  eines  vollen  Semesters  in  eine  höhere 
Kl.  versetzt  werden  dürfen,  als  diejenige  ist,  für  welche  sie  durch  das  Abgangs- 
zeugnis des  früher  von  ihnen  besuchten  Gynm.  als  qualificirt  bezeichnet  sincL*) 
Diese  Bestimmung  gilt  auch  für  diejenigen  Schüler,  welche  eine  Anstalt  aus  irgend 
einem  Grunde  verlassen,  dann  eine  kurze  Zeit  Privatunterricht  nehmen  und  sich 
nun  behufs  Aufnahme  in  eine  höhere  Kl.  wieder  bei  einem  Gymn.  anmelden.  In 
dem  sog.  einstweiligen  Frivatisiren  liegt  nicht  selten  der  blofse  Versuch,  dem  ge- 
rechtfertigten Urteil  früherer  Lehrer  zu  entgehen  und  sich  den  Zutritt  zu  höheren 
Kl.  auf  eine  leichtere  und  schnellere  Weise  zu  erschliefsen,  als  es  ihnen  bei  rahi- 
ger Fortsetzung  ihrer  Gymnasialstudien  möglich  gewesen  wäre.  Schüler,  welche 
unter  diese  Kategorie  fallen,  werden  bei  der  Aufnahme  einer  besonders  sorgfältigen 
Prüfung  zu  unterwerfen  sein.'* 

C.Verf.  des  K.Prov.Sch.C  zu  Berlin  v.  13.  Mai  1864:  „Die  höh. 
Unterrichtsanstalten  der  gleichen  Kategorie  und  mit  denselben  staatl.  Berechti- 
gungen sind  im  Wesentlichen  in  Bezug  auf  Lehrplan,  Lehrverfassung,  Klassenein- 
teilnng  und  Schulzucht  nach  demselben  wissensohaftl.  Kafsstabe  und  nach  gleichen 
disciplinar.  Grundsätzen  eingerichtet.  Wie  im  grofsen  Ganzen  gilt  dies  auch  im 
Einzelnen  bei  den  verschiedenen  Abstufungen  in  untere,  mittlere,  obere  Klassen. 
Darum  ist  durch  das  Min.  Rescr.  v.  9.  Mai  1826  im  Allgemeinen  bestimmt  worden, 
dafs  den  von  einem  anderen  Gymn.  kommenden  Schülern  eine  höhere  Kl.  als  die, 
in  welcher  sie  bis  dahin  gewesen  oder  in  welche  sie  nach  dem  von  ihnen  vorzu- 
legenden Abgangszeugnis  versetzt  worden  sind,  in  der  Regel  nicht  angewiesen  wer- 
den darf.  Derselbe  Grundsatz  ist  selbstverständlich  auch  auf  die  Realschulen 
unter  einander  anzuwenden. 

Es  sind  einzelne  Fälle  zu  unserer  Kenntnis  gekommeui  in  denen  eine  Um- 
gehung der  allgemeinen  Bestimmung  versucht  worden  ist.  Dahin  gehören  Ab- 
gangszeugnisse, in  welchen  trotzdem,  dafs  der  Schüler  in  die  höhere  Kl.  nicht 
Tcrsetzt  werden  konnte,  demselben  doch  die  allgm.  Reife  für  die  höhere  Kl.  zu- 
erkannt wird.  Oder  ein  Schüler,  der  keine  Aussicht  auf  Versetzung  hatte,  ver- 
läfst  kurz  vor  dem  Schlufs  des  Semesters  die  Anstalt,  privatisirt  einige  Zeit  und 
meldet  sich  dann  bei  einer  anderen  Anstalt  zur  Aufnahmeprüfung  für  die  höhere 
Klasse.  Oder  ein  nicht  versetzter  oder  nicht  versetzungsfähiger  Schüler,  nachdem 
er  die  bisherige  Anstalt  verlassen,  läfst  sich  bei  einer  anderen  als  ein  überhaupt 
durch  Privatunterricht  Vorbereiteter  zur  Aufnahme  für  die  höhere  Kl.  prüfen. 
Leider  sind  solche  durch  die  eigenen  Angehörigen  unterstützte  Täuschungen  nicht 
immer  ohne  Erfolg  geblieben.  Wir  finden  uns  deshalb  veranlafst,  unsere  C.Verf. 
Y.  25.  Mai  1826  und  v.  8.  Febr.  1860  in  Erinnerung  zu  bringen,  wonach  Schüler, 
welche  die  Anstalt  wechseln,  nur  auf  Grund  eines  Abgangszeugnisses  von  der  frü- 
her besuchten  Schule  und  zwar  in  der  Regel  wieder  nur  in  .diejenige  Klasse,  in 
welcher  sie  bis  dahin  crewesen,  resp.  in  welche  sie  versetzt  worden  sind,  aufgenom- 
men werden  dürfen,  um  aber  die  Aufrechterhaltung  einer  tüchtigen  Zucht  nicht 
za  erschweren  und  der  Oberflächlichkeit  in  der  Bildung  und  dem  Mangel  an  ern- 
stem Fleifse  möglichst  entgegenzuwirken,  verordnen  wir,  dafs  die  Aufnahme  in  eine 
lioh.  Kl.  auch  dann  nicht  stattfinden  darf,  wenn  nicht  zwischen  dem  Abgange  von 
der  früheren  und  der  Aufnahme  in  die  neue  Schule  eine  Zeit  der  Privatvorberei- 
tung von  mindestens  Va  Jahre  liegt.*)  Bei  der  Aufnahme  solcher  Schüler,  die  an- 
geblich nur  durch  Privatunterricht  vorbereitet  sind,  werden  die  Dir.  sich  vorher 
Yon  der  Wahrheit  der  Angabe  zu  überzeugen  haben." 


*)  8.  Jedooh  O.Verfl  r.  30.  Joni  1876,  II.  6.    S.  p.  323. 
Wiese,  YerordnuDgen.  21 


322 

C.  Verf.  V.  30.  Nov.  1860:  „Das  Realsohulreglm.  v.  6.  Oct  1859  (s.  p.  89> 
hat  den  Directoren  storenge  und  sorgfältige  Aafnahmeprüfaii^en  zur  Pflicht  ge- 
macht, ohne  dabei  hinsichtlich  der  Aufnahme  von  Schülern,  die  vorher  ein  Gym- 
nasium besucht  haben,  etwas  Besonderes  festzusetzen.  Allgemein  giltige  Be- 
stimmungen sind  darüber  nicht  zu  treffen:  es  mufs  vielmehr  der  gewissen- 
haften Beurteilung  der  Dir.  überlassen  werden,  was  in  jedem  einzelnen  Fall  das* 
Zweckmäfsigste  ist.  Eine  Prüfung  haben  dieselben  mit  jedem  zur  Aufnahme  an- 
gemeldeten Schüler  vorzunehmen*'),  und  dabei  ihr  Augenmerk  ebensowohl  auf 
die  Vorkenntnisse,  welche  nach  aem  Lehrplan  der  Realschule  bei  den  ein-- 
zelnen  Klassen  vorhanden  sein  müssen,  als  auf  die  allgemeine  geistige  Ausbildung, 
des  Schülers  zu  richten.  Danach  werden  bei  der  Verschiedenheit  des  Lehrplans 
des  Gymn.  und  der  B^alschule  Gymnasialschüler  nur  in  seltenen  Fällen  auf  einer* 
Realschule  um  eine  Klasse  höher  gesetzt  werden  können,  und  bei  den  oberen  KL 
wird  sich  in  der  Regel  die  Nothwendigkeit  ergeben,  sie  tiefer  zu  setzen.*' 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Stettin  v.  17.  März  1874:     „Es  ist 
in  unserem  Departement  wiederholt  vorgekommen,   dafs  Schüler   eines   Gymn. 
während   ihres  Primacursus   aus   ungerechtfertigten  Gründen  auf  ein   anderes 
Gymn.  übergegangen  sind,  ohne  darauf  aufmerksam  gemacht  zu  werden,  dafs- 
sie   dann   erst  im  5.  Semester  ihres  Besuches   der  I  zur  Abiturientenprufung 
zugelassen  werden  dürfen.    Dies  veranlafst  uns,  den  HH.  Dir.  hiermit  die  Vor- 
schriften der  Min.  Verf.  v.  11.  Dec.  1851  zur  Nachachtung   in  Erinnerung  zu. 
bringen.     Auf  dieselben  sind  bei   einem   beabsichtigten   oder   statthabenden. 
Wechsel  der  Anstalten  die  betr.  Primaner  sowohl  von  dem  Dir.  derjenigen  An- 
stalt aufmerksam  zu  machen,  welche  sie  verlassen,  als  auch  von  dem  Dir.  der 
Anstalt,  in  welche  sie  aufgenommen  zu  werden  wünschen.*^    S.  Abschn.  VII. 

C.Verf.  V.  30.  Juni  1876.  „In  den  Fällen,  wo  Schüler  von  einer 
höh.  Lehranstalt  unmittelbar  auf  eine  andere  derselben  Art  übergehen,  wird  bei 
der  Bestimmung  der  Klasse,  in  welche  der  au&unehmende  Schüler  einzutreten 
hat,  von  den  Directoren  (Bectoren)  nicht  nach  gleichen  Grundsätzen  verfahren. 
Einige  Directoren  (Bectoren)  erkennen  das  Zeugnis  der  Schule,  von  welcher  der 
Schäer  abgegangen  ist,  als  für  die  ihrige  giltig  an,  andere  machen  in  jedem 
Falle  die  Bestimmung  der  Klasse,  in  welche  der  aufzunehmende  einzutreten  hat, 
von  einer  Aufoahmeprüfung  abhängig,  andere  bringen  nach  Umständen  das  eine 
oder  das  andere  Verfahren  in  Anwendung.  Diese  Ungleichmäfsigkeit  des  Ver- 
fahrens kann  zu  Unbilligkeiten  in  den  nicht  seltenen  Fällen  führen,  in  denen, 
der  Uebergang  eines  Schülers  von  einer  Schule  zu  einer  anderen  weder  durch  ein  Ver- 
schulden des  Schülers,  noch  durch  eine  Willkür  der  Eltern,  sondern  durch  ander- 
weite zwingende  Umstände  veranlafst  ist;  es  ist  daher  von  mehreren  K.  Prov.- 
Schulcollegien  die  Begelung  des  Gegenstandes  durch  eine  allgemeine  Anordnung 
in  Anregung  gebracht  worden.  Ausführbar  ist  eine  solche  Anordnung  in  Betreff 
der  gegenseitigen  Anerkennung  der  Zeugnisse  für  diejenigen  Kategorieen  von 
Anstalten,  bei  denen  die  Uebereinstimmung  des  Lehrplanes  weitaus  überwiegend 
ist  über  die  im  Einzelnen  etwa  bestehenden  kleinen  Unterschiede,  also  1)  für 
Gymnasien,  2)  für  Bealschulen  1.  Ordnung  und  3j  fcLr  die  den  Gymnasien  und 
Realschulen  1.  Ordnung  in  den  entsprechenden  Klassen  als  gleichstehend 
anerkannten  Progymnasien  und  höheren  Bürgerschulen.  Eine  auf  diesen  Bereich 
der  höh.  Lehranstalten  bezügliche  allgemeine  Anordnung  über  gleiche  Geltung^ 
der  Zeugnisse  kann  zugleich  auf  die  Beseitigung  unnöthiger  und  sachlich  nicht 
ausreichend  begründeter  Ungleichheiten  aufmerksam  machen. 

Unter  Berücksichtig^ung  der  über  den  Gegenstand  von  den  sämtlichen 
Königlichen  Provinzial-SchulcoUegien  abgegebenen  Gutachten  bestimme  ich 
hiemach  Folgendes: 


')  Aaigenom»«n  sind  jetat  die  in  CVert  t.  Ifi.  Min  1883  baseiobneten  Ftfle.    S.  p.  324. 


323 

1.  1.  Bei  der  Aufnahme  eines  von  einer  anderen  Schule  abgegangenen 
Schülers  ist  auTser  den  sonstigen  gesetzlichen  Erfordernissen  für  die  Aufnahme 
die  Vorlegung  eines  ordnungsmäTsigen  Abgangszeugnisses  der  entlassenden 
Schule  erforderlich. 

2.  Das  von  dem  Director  und  dem  Ordinarius  der  Klasse,  welcher  der 
Schüler  zuletzt  angehörte,  zu  unterzeichnende  Abgangszeugnis  mufs  ein  Nationale 
des  Schülers,  sowie  die  Bezeichnung  der  Dauer  seines  Aufenthaltes  auf  dieser 
Schule  und  in  der  Klasse,  aus  welcher  er  abgeht,  enthalten  und  auf^erdem  über 
sein  sittliches  Betragen,  seine  Aufmerksamkeit,  seinen  Fleifs  und  seine  Leistungen 
in  den  einzelnen  Lehrgegenständen  im  Verhältnis  zu  der  Aufgabe  der  betr. 
Klasse  genaue  Auskunft  in  bestimmten  Prädicaten  geben.  Auf  die  Bezeichnung 
der  Leistungen  im  Verhältnis  zu  den  Forderungen  der  betr.  Klasse  darf  der 
Umstand,  ob  der  Schüler  auf  eine  andere  Lehranstalt  oder  zu  einem  anderen 
Berufe  übergehen  zu  wollen  erklärt,  keinen  Einflufs  ausüben.  (Die  entgegen- 
gesetzte Bestimmung  der  Ministerial-Verordnung  vom  28.  August  1862  —  Wiese 
2.  Ausg.  L  p.  224  —  wird  hiermit  aufgehoben). 

3.  Wenn  in  dem  Abgangszeugnisse  die  Versetzung  des  Schülers  in  eine 
höhere  Klasse  oder  Abteilung  bezeugt  wird,  so  ist  das  Datum  des  Conferenz- 
beschlusses,  durch  den  die  Versetzung  erfolgt  ist,  anzuführen.  Die  blofse  Er- 
klärung der  Beife  für  eine  höhere  Klasse,  ohne  dafs  die  wirklich  erfolgte  Ver- 
setzung oonstatirt  würde,  hat  keine  Bedeutung. 

4.  Wenn  das  Abgangszeugnis  in  Betreff  des  sittlichen  Verhaltens  des 
Schülers  einen  erheblichen  Tadel  ausspricht,  so  ist  der  Director  der  Schule,  an 
welcher  die  Aufnahme  nachgesucht  wird,  berechtigt,  dieselbe  yon  einer  Bück- 
fr^e  bei  der  Direction  der  entlassenden  Schule  abhängig  zu  machen  und 
erforderlichen  Falles  sie  nur  bedingungsweise  zuzugestehen. 

5.  Jedes  Abgangszeugnis,  auf  Grund  dessen  die  Aufnahme  in  eine  andere 
Schule  erfolgt  ist,  ist  von  dem  Director  der  aufnehmenden  Schule  mit  dem  amt- 
lichen Vermerke  über  die  erfolgte  Aufnahme  zu  versehen. 

n.  6.  Schüler,  welche  mit  einem  den  obigen  Vorschriften  entsprechenden 
Abgangszeugnis  versehen,  von  einem  als  vollberechtigt  anerkannten  Gymnasium 
(bezw.  Bealschule  1.  0.)  unmittelbar,  ohne  dafs  zwischen  dem  Abgange  von  der 
früheren  und  dem  Eintritte  in  die  neue  Anstalt  eine  Zwischenzeit  von  längerer 
Dauer  als  6Wochen  eingetreten  ist,  auf  ein  anderes  Gymnasium  (bezw.  Beal- 
schule 1.  0.)  übergehen,  werden  ohne  Erfordernis  einer  Aufnahmeprüfung  in 
diejenige  Klasse  und  Abteilung  gesetzt,  welcher  sie  zur  Zeit  der  Aufiiahme  an  der 
Lehranstalt,  von  welcher  sie  abgegangen  sind,  angehören  würden.  Dasselbe 
gilt  für  den  Uebergang  von  einem  dem  Gymnasium .  in  den  entsprechenden 
Klassen  als  gleichstehend  anerkannten  Progymn.  und  von  einer  der  Bealschule 
1.  0.  in  den  entsprechenden  Klassen  als  gleichstehend  anerkannten  höh. 
Bürgerschule  auf  eine  andere  Schule  derselben  Kategorie. 

7.  Beim  Uebergange  von  einem  Progymn.  (bezw.  einer  höh.  Bürger- 
schule) der  in  der  Nr.  6  bezeichneten  Kategorie  auf  ein  Gymnasium  (bezw. 
eine  Bealschule  1.  0.)  haben  für  die  Auftiahme  in  die  Klassen  bis  einschliefslich 
Secunda.die  nach  §  2  ausgestellten  Abgangszeugnisse  die  gleiche  Geltung,  wie 
die  der  entsprechenden  Klassen  eines  Gymnasiums  (bezw.  einer  Realschule  1.  0.). 

Die  Berechtigung  zur  Aufnahme  in  die  Prima  eines  Gymnasiums  (bezw. 
einer  Bealschule  1.  0.)  wird  nicht  durch  ein  blof^s  Abgangiszeugnis,  sondern 
nur  durch  das  Zeugnis  über  die  nach  Abschlufs  des  gesamten  Lehrcursus  des 
Progymnasiums  (bezw.  der  höh.  Bürgerschule)  bestandene  Entlassungsprüfnng 
erworben. 

8.  Die  Enüassungsprüftmg  an  den  höh.  Bürgerschulen  wird  gemäfs  der 
Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  vom  6.  October  1869   (s.   p.  83£),   die 

21* 


B24 

Enüassungsprüiiing  an  den  Progymi^asien  gpmäfs  der  unter  dem  28.  Oci  1871, 
zunächst  behufs  der  Zulassung  zur  Portepeeföhnrichsprüfung,  erlassenen  C.Yerf. 
(s.  Abschn.  VII)  abgehalten. 

Für  beide  Entlassungsprüfungen  ist  die  Leitung  durch  den  Departements- 
rath  des  betr.  K.  Prov.Sch.C.  als  Begel  zu  betrachten.  Wenn  die  grofse  Anzahl 
der  in  einer  Provinz  auf  den  gleichen  Termin  fallenden  Maturitätsprüfungen 
der  Gymnasien  und  Bealschulen  die  Anwesenheit  des  Departementsraths  bei  diesen 
Entlassungsprüfungen  unmöglich  macht,  so  ist,  falls  nicht  anderweite  Ein-, 
richtungen  in  Betreff  der  Stellvertretung  getroffen  sind,  der  Bector  der  betr 
Anstalt  mit  der  Stellvertretung  desselben  zu  beauftragen,  und  es  ist  seitens  des 
Departementsrathes  durch  die  Einsicht  in  die  schriftlichen  Prüfungsarbeiten 
und  durch  Bevisionen  der  Schulen  aufserhalb  der  Prüfungszeiten  für  die  Sicher- 
heit und  Gleichmäfsigkeit  der  Prüfungen  Sorge  zu  tragen. 

9.  Die  Bestimmungen  in  den  Nr.  6  und  7  finden  keine  Anwendung 
auf  die  Aufnahme  in  Alumnate,  z.  E.  Pforta,  Joachimsthalsches  Gymnasium  u.  a., 
bei  welcher  es  sich  nicht  blofs  um.  Constatirung  der  Beife  für  eine  bestimmte 
Klasse,  sondern  aufserdem  um  die  Auswahl  der  tüchtigsten  unter  den  ange- 
meldeten Schülern  handelt. 

III.  10.  Wenn  bei  einem  auf  Grund  der  Bestimmungen  von  Nr.  6 
und  7  in  eine  Klasse  aufgenommenen  Schüler  sich  innerhalb  der  ersten  vier 
Wochen  zeigt,  dafs  er  nicht  die  B^ife  besitzt,  um  dem  Untern  in  der  betr.  Kl. 
zu  folgen,  und  wenn  diese  Unreife  durch  einen  Conferenzbeschlufs  anerkannt 
ist,  so  hat  der  Director  den  Eltern  oder  ihren  Stellvertretern  davon  Kenntnis 
zu  geben  und  ihnen  anheim  zu  stellen,  in  die  Aufnahme  des  Schülers  in  die 
nächst  niedrigere  Klasse  einzuwilligen,  widrigenfalls  die  Schule  jede  Verant- 
wortlichkeit far  das  weitere  Fortschreiten  des  Schülers  ablehnen  müsse.  Den 
Conferenzbeschlufs  mit  seiner  Begründung  hat  der  Director  jedenfalls  an  das 
vorgesetzte  K.  Prov.Sch.C.  zu  berichten.  Dieses  wird,  falls  die  entlassende 
Anstalt  derselben  Provinz  angehört,  nach  Anhörung  des  betreffenden  Directors 
das  Erforderliche  veranlassen,  andernfalls  dem  K.  Prov.Sch.C.  derjenigen  Provinz, 
welcher  die  entlassende  Anstalt  angehört,  von  dem  Vorkommnis  Mitteilung 
machen."  Der  Minister  etc.  Falk. 

Uebergang  von  Schülern  der  drei  unteren  Klassen  der  Beal- 
gymnasien  auf  Gymnasien  und  umgekehrt.  C.  Verf.  v.  15.  März  1883. 
„Die  in  der  C.Verf.  v.  31.  März  v.  J.  enthaltene  Erklärung,  dafs  in  Folge  der 
gegenwärtig  geltenden  Lehrpläne  der  Gymnasien  u.  Bealgymn.  (bezw.  Progymn. 
u.  Bealprogymn.)  bis  zur  Versetzung  nach  Unter-Teitia  der  Uebergang  von  der 
einen  Kategorie  der  Schulen  zu  der  andern  unbehindert  sei  (s.  p.  111),  hat 
verschiedene  Auffassung  erfahren.  Hierdurch  finde  ich  mich  veranlafst,  zur 
Auslegung  des  angezogenen  Satzes  u.  im  Anschlüsse  an  die  C.Verf.  v.  30.  Juni 
1876  Folgendes  zu  bestimmen:  Unter  der  Voraussetzung,  dafs  die  in  der  ange- 
zogenen C.  Verf.  V.  30.  Juni  1876  insbesondere  unter  Nr.  1—6  getroffenen 
Anordnungen  eingehalten  sind,  berechtigt  bis  zur  Versetzung  nach  Untertertia 
einschliefsL  das  von  einem  Bealgymn.  ausgestellte  Abgangszeugnis  zur  Aufr 
nähme  in  die  entsprechende  Kl.  eines  Gymnasiums,  sofern  in  dem  Urteile  über 
die  Kenntnisse  und  Leistungen  im  Lateinischen  das  Prädicat  „genügend*^  ohne 
irgend  welche  Beschränkung  gegeben  ist.  Andererseits  berechtigt  bis  zur 
Versetzung  nach  Untertertia  einschliefsl.  das  von  einem  Gymn.  ausgestellte  Ab- 
gangszeugnis zur  Aufnahme  in  die  entsprechende  Kl.  eines  Bealgymnasiums, 
sofern  in  dem  Urteile  über  die  Kenntnisse  und  Leistungen  im  Französischen 
und  im  Bechnen  (bezw.  in  der  Mathematik)  das  Prädicat  „genügend"  ohne 
irgend  welche  Beschränkung  gegeben  ist. 


325 

Die  hiermit  be74Üglich  der  Geltang  der  AbgangszengniRse  der  Gymn.  nnd 
Realgymn.  getroffenen  Bestimmungen  finden  auf  die  Abgangszeugnisse  der 
Progymnasien  nnd  Bealgymnasien  anveränderte  Anwendung." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  za  Schleswig  v,  27.  Jani  1884. 
,^s  ist  in  letzter  Zeit  wiederholt  vorgekommmen,  dafs  Schaler,  welche  die  Yer- 
setzong  in  eine  höhere  Klasse  nicht  erreichten,  bei  oder  kurz  vor  Schlafs  des 
Cnrsns  die  Schale  verliefsen,  einige  Monate  Privatanterricht  nahmen  and  alsdann, 
sei  es  an  derselben,  sei  es  an  einer  anderen  Anstalt,  sich  zur  Prüfung  behufs 
Aufnahme  in  diejenige  Klasse  meldeten,  far  welche  sie  im  Schulunterricht  die 
Reife  nicht  hatten  erlangen  können. 

Wir  sehen  uns  veranlafst,  ausdrücklich  festzustellen,  dafs  Schüler,  welche 
bereits  eine  höhere  Lehranstalt  besucht  haben,  vor  Ablauf  eines  vollen  Semesters 
überhaupt  nicht  höher  gesetzt  werden  dürfen,  als  das  beizubringende  Abgangs- 
zeugnis besagt. 

Die  Herren  Directoren  und  Rectoren  wollen  auf  etwaige  Meldungen  der 
oben  bezeichneten  Art  die  Petenten  demgemäfs  bescheiden,  bezw.  falls  ihnen 
aus  besonderen  Gründen  eine  Ausnahme  zulässig  erscheinen  sollte,  über  einen 
derartigen  Fall  unter  eingehender  Darlegung  des  Sachverhalts  unsere  besondere 
Entscheidung  einholen.'^ 

Controle  über  den  ferneren  Schulbesuch  der  aus  einer  höh. 
Unterrichtsanstalt  vor  Zurücklegung  des  schulpflichtigen  Alters 
ausscheidenden  Schüler.  C.Yerf.  der  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster 
V.  24.  Juli  1879.  „Es  ist  zu  unserer  Kenntnis  gekommen,  dafs  Schüler,  die 
in  einer  höh.  Unterrichtsanstalt  aufgenommen  worden  sind,  nach  längerem  oder 
kürzerem  Besuch  derselben  vor  Zurücklegung  des  schulpflichtigen 
Alters  aus  derselben  ausscheiden  oder  entlassen  werden,  ohne  in  eine  andere 
Anstalt  einzutreten  oder  in  die  Elementarschule  zurückzukehren.  Um  dieser 
offenbaren  Umgehung  des  Gesetzes,  welches  den  Besuch  einer  Schule  bis  zum 
voUendeten  14.  Lebensjahre  zur  Pflicht  macht,  vorzubeugen,  veranlassen  wir  die 
Directoren  (Rectoren)  der  höh.  Lehranstalten,  von  jedem  Falle,  wo  ein  noch 
im  schulpflichtigen  Alter  stehender  Knabe  entlassen  wird  oder  freiwillig  aus- 
scheidet, der  Ortsschulbehörde  Anzeige  zu  machen.*' 


Erziehung  und  Disciplin.  Eine  allgemeine  von  der  Oberauf sichts- 
behorde  erlassene  Disciplinarordnung  für  die  höh.  Schulen  besteht  nicht.  Eben- 
sowenig haben  bisher  alle  Prov.  SchulcoU.  die  für  ihr  Aufsichtsgebiet  geltenden 
disciplinarischen  Grundsätze  in  einer  allgemeinen  Anweisung  festgestellt.  Die 
wichtigsten  derselben  sind  in  den  Directoren-Instructionen  (s.  Band  II)  enthalten. 
Bei  gleichen  fundamentalen  Principien  finden  in  der  Ausführung  unter  dem  Ein- 
flufs  localer  und  anderer  Verhältnisse  grofse  Verschiedenheiten  Statt.  Hinzu  kommt 
Folgendes : 

Die  Erziehung  und  Disciplin  der  Schule  hat  ihren  tieferen  Grund  an  der 
Pflege  des  reliinösen  Sinnes  und  Lebens  der  Schüler.  Dabei  so  wie  bei  Allem, 
was  im  Unterricht,  in  den  Einrichtungen  und  der  gesamten  Thätigkeit  der  Schule 
durch  die  Gewöhnung  an  Gehorsam,  Oninung,  Pünktlichkeit,  Aufmerksamkeit,  Fleifs, 
^te  Sitte,  einen  erziehenden  Einflufs  übt,  ist  die  Persönlichkeit  der  Dir.  und  Lehrer 
von  einer  Wichtigkeit,  welche  für  eine  freie,  von  gegebenen  Vorschriften  unabhän- 
gige Einwirkung  Baum  verlangt.  Deshalb  ist  auf  diesem  ganzen  Gebiet  Vieles 
zunächst  dem  pfiichtmäfsigen  Ermessen  der  Prov.  Aufsichtsbäiörden,  und  von  die- 
sen weiter  den  Directoren  und  Lehrercollegien  überlassen.  Die  Grenzen  der  so- 
mit für  eine  individuelle  Auffassung  und  Behandlung  der  Schuldisdplin  gestatte- 
ten Freiheit  ergeben  sich  aus  den  nachfolgenden  Mitteilungen. 


i 


326 
9.   Kirchenbesuch  und  Schulandachten. 

Eine  Teilnahme  der  e  van  gel.  Schüler  am  Gottesdienst  der  Kirchenge- 
meinden findet  nach  alter  Sitte  unter  geordneter  Beteiligung  der  Lehrer  noch 
bei  vielen  höh.  Schulen  Statt  Bei  grofser  Schülerfrequenz  und  unzureichender 
Zahl  von  Kirchensitzen  wechseln  die  fassen  nach  bestimmter  Folge  darin  ab.  An 
einigen  Anstalten  nehmen  die  confirmirten  Schüler  mit  den  Lem'em  und  deren 
Familien  auch  an  der  h.  Gommunion  in  der  Kirche  Teil. 

Min. Verf.  v.  7.  Oct.  1864  fan  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Koblenz):  — 
„Die  pädagog.  Aufgabe  der  Schule  schliefst  nach  ihrer  religiösen  Seite  ohne 
Zweifel  auch  die  Erziehung  zu  williger  Teilnahme  an  den  Ordnungen  der  Kirche 
in  sich;  weshalb  darauf  zu  halten  ist,  dafs  in  Bezug  auf  Kirchenbesuch  und 
gemeinsame  Abendmahlsfeler  überall  die  hergebrachte  gute  Sitte  erhalten  und 
gepflegt,  und  dafs  bei  neuen  Anstalten  eine  entsprechende  Ordnung  angebahnt 
werde.  Gleichwohl  kann  der  Kirchenbesuch  und  die  Teilnahme  an  der  Abend- 
mahlsfeier aus  pädagog.  Gründen  nicht  ebenso  wie  die  gewöhnlichen  disciplinar. 
Anordnungen  behandelt  und  mit  äufseren, Zwangsmitteln  geregelt  werden.  Wäre 
dies  an  sich  zulässig  und  zweckmäfsig,  so  müfsten  normative  Bestimmungen 
darüber  eine  gleichmäfsige  Verbindlichkeit  für  alle  Anstalten  gleicher  Kategorie 
haben  und  würden  doch,  namentlich  in  gröfseren  Städten,  nicht  durchzuführen  sein. 

Die  Schule  kann  sich  hierin  überhaupt  nur  als  Helferin  des  Hauses 
ansehen,  dem  naturgemäfs  der  gröfsere  Teil  dieser  besonderen  Erziehungsaufgabe 
zufällt;  sie  kann  sich  dabei  weder  in  Widerspruch  mit  der  elterlichen  Autorität 
setzen,  noch  dieselbe  mit  ihren  Mitteln  völlig  übertragen  wollen.  Nur  in  den 
Alumnaten  und  bei  denjenigen  Schülern,  deren  Eltern  nicht  am  Ort  der  Schule 
wohnen,  wird  sie  einen  weitergehenden  Anspruch  erheben  und  in  den  betr. 
Anordnungen  für  die  Eltern  einzutreten  das  Becht  haben. 

Wo  daher  die  am  Ort  der  Schule  wohnenden  Eltern  die  Hülfe  derselben 
in  dieser  Beziehung  ablehnen  und  die  Sorge  für  den  Kirchenbesuch  ihrer  Kinder 
selbst  übernehmen  zu  wollen  erklären,  kann  ihnen  nicht  gewehrt  werden.  In 
solchen  Fällen  hat  die  Schule  bei  wahrgenommener  Vernachlässigiang  eine 
geeignete  unmittelbare  Einwirkung  auf  die  Eltern  dem  geistlichen  Amt  zu  über- 
lassen und  mufs  sich  vorbehalten,  nachteiligen  Folgen  solcher  den  Eltern  zur 
Last  fallenden  Vernachlässigung,  wenn  sie  sich  innerhalb  des  eigentlichen  Ge- 
biets der  Schule  bemerklich  machen,  mit  ihren  disciplinarischen  Mitteln  entgegen 
zu  treten."  — 

C.Verf»  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  30.  Jan.  1880. 
„Im  Interesse  einer  wirksamen  religiösen  Erziehung  der  Schuljugend  liegt  es, 
dafs  die  Schule  sich  in  geeigneter  Weise  mit  dem  kirchlichen  Leben  in 
gegenseitig  fördernder  Beziehung  erhalte.  Die  Schüler  sind  demgemäfs.zu 
fleiTsigem  Besuche  des  Gottesdienstes  ihrer  Confession  anzuhalten,  nicht  sowohl 
durch  äufseren  Zwang  oder  bindende  Vorschriften,  als  durch  eindringliche 
Mahnung  und  anregendes  Beispiel  von  Seiten  der  Lehrer.  Auch  ist  geeigneten 
Falls  durch  Bezugnahme  der  Schule  auf  Predigt  und  Gottesdienst  in  diesem 
Sinne  zu  wirken.  Das  Kirchenjahr  ist  nach  seiner  Gliederung  und  inneren 
Bedeutung  im  Beligionsunterricht  nach  Mafsgabe  des  Lectionsplanes  eingehend 
zu  besprechen  und  die  betr.  Kenntnisse  auch  in  den  höheren  Klassen  präsent 
zu  erhalten.  In  den  gemeinschaftlichen  Schulandachten,  sowie  bei  der  Auswahl 
des  MemorirstofTs  an  Bibelstellen  und  Kirchenliedern  ist  auf  die  im  Kirchen- 
jahre bevorstehenden  wichtigeren  Momente  und  Hauptgruppen  zweckmäfsige 
Bücksicht  zu  nehmen.  Auch  ist  regelmäfsig  beim  Herannahen  der  gröfseren 
Kirchenfeste  hinsichtlich  des  Wesens  und  der  Bedeutung  derselben  diö  Er- 
kenntnis der  Schüler  durch  den  Beligionsunterr.  in  einer  der  betr.  Klassenstufe 
angemessenen  Weise  zu  festigen  und  zu  fördern.*^ 


n 


327 

Min. Verf.  v.  22.  Oci  1874  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zn  Koblenz:  „Aus 
^en  in  dem  Bericht  y.  —  angegebenen  Gründen  genehmige  ich  die  Wiederher- 
.^iellnng  der  bis  zom  Jahre  1852  geltend  gewesenen  kath.  Gottesdienst- 
Ordnung  für  die  höh.  Lehranstalten  dortiger  Provinz.  Vom  1.  k.  M.  an  hat 
•demgemäfs  der  Gottesdienst  wieder  an  Sonn-  und  Feiertagen  Yormitt.  ans  einer 
Messe  mit  Predigt  und  an  den  Communiontagen  Nachm.  aus  einer  besonderen 
Andacht  zu  bestehen  und  es  ist  an  höchstens  2  Wochentagen  eine  Messe  vor 
dem  Schulunterricht  zu  halten,  welcher  durch  dieselbe  selbstredend  in  keiner 
Weise  verkürzt  werden  darf;  das  LehrercoU.  jeder  einzelnen  Anstalt  hat  dar- 
über zu  bestimmen,  ob  und  wie  oft  in  den  angegebenen  Grenzen  der  Gottes- 
dienst in  der  Woche  angemessen  sei.  In  dem  Convict  in  Emmerich  und  der 
Bitterakademie  in  Bedburg  kann  in  Bücksicht  der  dort  bestehenden  besonderen 
Verhältnisse  der  tägl.  Gottesdienst  für  die  Convictoristen  bez.  Pensionäre  vor- 
läufig beibehalten  werden.  Für  den  Winter  sind  die  Anstaltsdirectoren  noch 
besonders  zu  ermächtigen,  wegen  eintretender  Witterungsverhältnisse  sämtliche 
.Schüler  von  dem  Gottesdienst  an  Wochentagen  zeitweilig  zu  dispensiren. 

Ob  die  gemeinschafU.  Communion  an  den  Anstalten  alle  6  oder  8 
Wochen  zu  feiern  sei,  kann  dem  Beschlufs  der  LehrercolL  der  einzelnen  An- 
stalten überlassen  werden,  jedenfalls  darf  aber  zur  Teilnahme  an  derselben 
und  zum  Beiwohnen  der  Andacht  an  den  Communions-Nachmittagen  ein  Zwang 
nicht  stattfinden.  Ebenso  ist  auch  die  Begleitung  der  Frohnleichnahms- 
Procession  Lehrern  und  Schülern  nicht  als  obligatorisch  au&uerlegen,  die  Teil- 
nahme aber  an  Processionen,  welche  an  Werktagen  abgehalten  werden,  den 
;Schülern  während  der  Schulstunden  nicht  zu  gestatten. 

Hiemach  hat  das  E.  Prov.  Seh.  C.  das  Erforderliche  an  die  Dir.  bez. 
Becioren  der  betr.  Anstalten  zu  erlassen." 

Min. Verf.  v.  3.  Nov.  1875.  „Es  ist  zu  meiner  Kenntnis  gekommen, 
dafs  zum  Schlüsse  der  in  der  Begel  von  den  Beligionslehrem  celebrirten 
Schulmessen  höherer  Lehranstalten  Gebete  für  den  Papst  resp.  die  bedrängte 
Xirche  gehalten  werden.  Indem  ich  das  K.  Prov.  Seh.  C.  auf  die  desfallsigen 
in  dem  Centralblatt  für  die  gesamte  Unterrichts-Yerwaltang  1875  Seite  538 
mitgeteilten  Verfügungen  der  K.  Begierung  und  des  Prov.  Seh.  C.  zu  Münster 
Tom  1.  bezw.  11.  April  d.  J.  verweise,  erwarte  ich,  dafs  Dasselbe  in  Seinem 
Verwaltungsbezirk  jede  nicht  zu  dem  Schulgottesdienste  gehörige  oder  gar 
demonstrative  Gebetseinlage  gleichmäfsig  beseitigen  werde.  Bezüglich  der  Aus- 
führung dieser  Bestimmung  ist  von  den  Directoren  Bericht  zu  erfordern."  Der 
Minister  etc.    Falk. 

Min.  Verf.  v.  19.  Jan.  1876.  „Dem  K.  Prov.  Seh.  C.  erwidere  ich  auf 
-den  Bericht  vom  9.  Nov.  v.  J.,  dafs  eine  Gontrole  der  Schüler,  wie  sie  an 
dem  Gymnasium  in  N.  bezüglich  der  Teilnahme  an  den  Sacramenten 
geübt  wird,  unstatthaft  und  sonach  das  fernere  Einfordern  von  Beichtzetteln 
sofort  abzustellen  ist,  da  die  von  dem  £.  Prov.  Seh.  C.  betonte  Nothwendigkeit 
äufserer  Ordnung  zu  Gewissenszwang  und  unlauterem  Scheinwesen  in  nicht 
seltenen  Fällen  verfahrt  hat  und  somit  eine  Schädigung  wahrer  Beligiosität 
mit  sich  bringt.  Dasselbe  gut  für  die  dortigen  Seminaristen.  Was  in 
meiner  Verfügung  vom  22.  Oct  1874  über  die  Frohnleichnamsprocession  ge- 
sagt ist,  trifft  selbstredend  alle  ähnlichen  kirchlichen  Aufzüge.  Eine  in 
mäfsigen  Grenzen  gehaltene  Vorbereitung  der  Gymnasiasten  auf  die  Beichte 
4urch  den  Beligionslehrer  unterliegt  keinem  Bedenken,  wenn  dabei  kein  Zwang 
stattfindet.  Dafs  durch  Abstellung  der  seither  geübten  äufseren  Gontrole 
4ie  sittlich-religiöse  Erziehung  der  Jugend  und  der  künftigen  Volksschullehrer 
insbesondere  einen  Abbruch  erfahre,  kann  ich  um  so  weniger  anerkennen,  ala 


328 

nach  Wegfall  dieses  äufseren  Momentes  bei  einer  desto  intensiveren  inner* 
liehen  Einwirknng  anf  Herz  und  Gemüth  der  jungen  Leute,  welche  ich  seitens 
des  Directors  und  der  übrigen  Lehrer  erwarte,  ungefärbte  Beligiosität  und 
sittliche  Gewöhnung  der  Schüler  nur  gewinnen  können.  Dam  ach  hat  das 
K.  Prov.  Seh.  C.  ungesäumt  das  Erforderliche  zu  veranlassen."  Der  Minister 
etc.    Falk. 

üeber  die  Teilnahme  der  Lehrer  an  den  kathol.  Schul-Gottesdiensten  s. 
Hist.  Statist.  Darst  in.  p.  12. 

Min.Verf.  v.  6.  Mai  1859,  die  jüdischen  Lehrer  betreffend:  „Die 
Annahme,  welche  das  K.  Prov.  Seh.  C.  mit  Berufung  auf  Art.  12  der  Verfas- 
sungsurk.  vertritt,  dafs  es  far  jüd.  Eltern,  die  ihre  Söhne  in  christliche  Schulen 
schicken,  zu  den  bürgerl.  Pflichten  gehöre,  dieselben  auch  Sonnabends  an» 
Unterricht  teilnehmen  zu  lassen,  und  dafs  deshalb  eine  Dispensation  der  Juden 
für  diesen  Tag  nicht  zu  gestatten  sei,  kann  als  zutreffend  nicht  angesehen 
werden.  Die  Schulverwaltung  kann  den  Ansprüchen  solcher  Eltern,  welche  aus 
religiösen  Motiven  ihre  Söhne  am  Sonnabend  ganz  oder  für  die  Stunden 
des  Gottesdienstes  vom  Schulbesuch  entbunden  zu  sehen  wünschen,  die  gebüh- 
rende Berücksichtigung  nicht  versagen.  Demgemäfs  bestimme  ich,  dafs  in 
den  Fällen,  wo  die  Eltern  selbst  bei  dem  K.  Prov.  Seh.  C.  darum  nachsuchen^ 
jüdischen  Schülern  die  gedachte  Dispensation  erteilt  werde;  wobei  erster» 
darauf  hinzuweisen  sind,  dafs  die  Schule  keinerlei  Verantwortung  für  die  aus 
derartigen  Schulversäumnissen  bei  den  betr.  Schülern  entstehenden  Folgen 
übernimmt." 

Min. Verf.  v.  30  Jan.  1869:  „Durch  die  Verf.  v.  6.  Mai  1859  ist  be- 
stimmt worden,  dafs  in  den  höh.  Lehranstalten  jüdische  Schüler,  deren 
Eltern  es  wünschen,  am  Sonnabend  ganz  oder  för  die  Stunden  des  Gottes- 
dienstes vom  Schulbesuch  entbunden  werden.  Mit  dieser  für  die  öffentl.  höh.. 
Schulen  des  Staat?  allgemein  giltigen  und  durch  die  Grundsätze  religiöser 
Toleranz  gebotenen  Anordnung  ist  es  unvereinbar,  dafs  jüd.  Knaben,  welche 
die  Schule  Sonnabends  besuchen,  die  geringere  Berücksichtigung,  sich  des 
Schreibens  an  diesem  Tage  enthalten  zu  dürfen,  versagt  sein  soll.  Thatsächlicb 
wird  auch,  soviel  hier  bekannt,  den  jüd.  Eltern,  die  ihre  Wünsche  in  dieser 
Beziehung  gehörigen  Orts  zu  erkennen  gegeben  haben,  bei  allen  öffentl.  Schulen 
in  Preufsen  gewillfahrt,  mit  Ausnahme  der  dortigen  Realschule,  auf  welche  sich 
wiederbeiliegende  Beschwerde  bezieht  Da  aber  die  Anwendung  vorgedachter 
allgemeiner  Grundsätze  durch  Specialbestimmungen  eines  Patronats,  sofern  es 
sich  nicht  um  eine  geschlossene  Anstalt  handelt,  nicht  eingeschränkt  werden 
kann,  so  kann  §  3  des  Statuts  genannter  Bealschule,  wonach  sie  jüd.  Knaben 
nur  unter  der  Bedingung  aufnimmt,  dafs  sie  auch  am  Sonnabend  die  Schul» 
besuchen,  schreiben  und  zeichnen,  nicht  mehr  «ufrecht  erhalten  werden;  auch 
hat  nach  der  Anfahrung  des  K.  Prov.  Seh.  C.  der  Magistrat  selbst  sich  für  ein- 
zelne Fälle  das  Dispensationsrecht  vorbehalten. 

Ich  beauftrage  das  K.  Prov.  Seh.  C,  den  Magistrat  nunmehr  im  Sinne 
des  Vorstehenden  zu  verständigen  und  ihn  zu  veranlassen,  dafs  er  den  vorer- 
wähnten §  des  Statut»  ganz  aufgebe  und  den  Dir.  ermächtige,  jüd.  Schüler  auf 
ausdrückl.  Wunsch  der  Eltern  vom  Schreiben  am  Sonnabend  zu  dispensiren,. 
wobei  letztere  gemäfs  der  Verf.  v.  6.  Mai  1859  darauf  hinzuweisen  sind,  dafs 
die  Schule  keine  Verantwortung  far  die  aus  derartigen  Versäumnissen  bei  den 
betr.  Schülern  etwa  hervortretenden  Folgen  übernimmt.  Die  Dir.  der  anderen 
dortigen  Schulen,  so  weit  es  noch  erforderlich  sein  sollte,  mit  entsprechender 
Anweisung  zu  versehen,  bleibt  dem  K.  Prov.  Seh.  C.  überlassen." 


329 

Q-emeinsame  Andachten  vor  Beginn  des  Unterrichts  werden  mit  den 
evangel.  Schülern  an  den  meisten  höh.  Lehranstalten  täglich  gehalten.  Vgl.  p.  162. 
Sie  bestehen  gewöhnlich  in  Vorlesung  einer  Stelle  der  heil.  Schrift,  zu  welchem 
Behuf  an  memreren  Schulen  von  den  B^ligionslehrern  Lectionarien  (bisweilen  auch 
in  den  Programmen  abgedruckt)  zusammengestellt  sind,  nach  denen  die  in  be- 
stimmter Reihenfolge  die  Andacht  abhaltenden  Lehrer  sich  richten.  Meistenteils 
schliefst  sich  an  die  Vorlesung  des  Schriftworts  ein  kurzes  Gebet  Ghoralgesang 
beginnt  und  schliefst  die  Andacht.  Bei  vielen  Schulen  findet  aufserdem  Sonnabends 
nach  der  letzten  Vormittagslection  eine  gemeinsame  Schlufsandacht  statt,  welche 
der  Dir.  abhält  und,  oft  im  Anschlufs  an  das  Evangelium  oder  die  Epistel  des 
folgenden  Sonntags,  zu  einer  ermahnenen  Ansprache  an  die  Schüler  benutzt. 

10.  Anordnungen  zur  Schuldisciplin. 

Die  Schulordnung  der  Anstalt,  in  der  B«gel  auch  die  wichtigsten  der  bei 
derselben  geltenden  disciplinar.  Bestimmungen  enthaltend,  wird  meistenteils  bei 
der  Aufnahme  eines  Schülers  den  Eltern  desselben  zur  Kenntnis  mitgeteilt,  alt 
Grundlage  einer  gegenseitigen  Verpflichtung.  An  einigen  Schulen  wird 
darüber  die  Unterzeichnung  eines  Bescheinigungsformulars  verlangt,  z.  B.  des 
Inhalts : 

„Die  Gesetze  des  Gymn.  zu  N.  sind  mir  mitgeteilt,  und  erkenne  ich  die- 
selben auch  für  mein  Verhältnis  zu  dieser  Schule  als  bindend  an." 

Bei  anderen  ist  die  Schulordnung  auf  dem  den  Eltern  einzuhändigenden 
Lascriptionschein  oder  auch  in  dem  Censurbuch  abgedruckt,  welches  sie  für  ihre 
Sohne  erhalten,  und  auf  dessen  erster  Seite  sie  eine  derartige  Erklärung  unter- 
schreiben : 

„Ich  verpflichte  mich  hierdurch,  darauf  zu  halten,  dafs  nachstehender  Schul- 
(Disdplinar-)  Ordnung  von  meinem  Sohne  unbedingt  Folge  geleistet  werde." 

Die  nächste  Unterstützung  zur  Durchführung  der  Schulordnung  hat  der  Dir. 
an  den  Klassenordinarien.  Das  Institut  des  Ordinariats  stammt  aus  der  SSeit^ 
in  welcher  das  Fachlehrersystem  in  den  höheren  Schulen  beseitigt  und  durch  das 
Klassensystem  (s.  p.  153  f.)  ein  innerer  Zusammenhang  der  Disciplin  sowie  der 
wissenschaftl.  Anforderungen  und  des  didaktischen  Verfahrens  in  den  einzelnen 
Klassen  hergestellt  werden  sollt«.  Die  C.  Verf.  V.  24.  Oot.  1837  (s.  p.  56)  legt  dem 
Ordinariat  für  das  Gedeihen  jeder  Schule  den  gröfsten  Werth  bei.  Um  der  väter- 
lichen Obhut  und  Pflege  willen,  welche  daselbst  den  Ordinarien  für  ihre  Klassen 
zur  Pflicht  gemacht  wird,  empfehlen  es  einige  der  Directoren-Instructionen,  so  viel 
wie  möglich  diejenigen  Lehrer  zu  Ordinarien  zu  bestellen,  welchen  auch  der  Ke- 
li|;ionsunterrricht  in  der  Klasse  anvertraut  ist.  An  einigen  evang.  Anstalten  ist 
dies  so  durchgeführt,  dafs  jeder  Ordinarius  auch  der  Religionslehrer  seiner  Kl.  ist. 

Bei  einigen  Anstalten  ist  die  in  älterer  Zeit  bei  vielen  Schulen  bestehende 
Einrichtung  wieder  aufgenommen  worden,  dafs  von  dem  Dir.  bei  der  Aufnahme 
eines  neuen  Schülers  ein  Lebenslauf  desselben  oder  in  tabellarischer  Form  ein 
Nachweis  seiner  persönlichen  Verhältnisse  und  seines  Auf rückens  durch  die  einzelnen 
Klassen  für  die  Dauer  seines  Aufenthalts  auf  der  Schule  angelegt  und  von  den 
Ordinarien  durch  Aufzeichnung  der  zu  seiner  Charakteristik  dienenden  Bemerkungen 
fortgeführii  wird. 

Min.  Verf.  V.  30.  Oct.  1865:  —  „Ew.  Wohlgeb.  Vorstellung  v.  11.  d, 
M.  liegt  eine  nicht  zntrefifende  Anffassnng  der  Disciplin arordnnng  far  die 
höh.  Lehranstalten  der  dortigen  Provinz  zu  Gründe.  Die  Disciplinarordnnng 
ist  kein  (besetz  nnd  bedarf  deshalb  auch  nicht  der  far  Gesetze  vorgeschriebenen 
Publication.  Sie  ist  vielmehr  eine  Zusammenstellung  der  allgemeinen  Bedin- 
gungen, unter  denen  die  höheren  Lehranstalten  die  Erziehung  und  den  Unter- 
richt der  ihnen  anzuvertrauenden  Kinder  übernehmen.  Diese  Bedingungen  fest- 
zustellen, ist  Sache  der  Anstalten,  bezw.  der  ihnen  vorgesetzten  Behörden.  Wer 
sich  den  also  festgestellten  Bedingungen  nicht  unterwerfen  kann  und  wilU 
mufs  gerade  ebenso  wie  derjenige,  dem  das  festgesetzte  Schulgeld  zu  hoch  er- 


330 

scheint,  auf  die  Benutzung  der  Anstalten  verzichten  und  andere  Wege  auhuchen, 
tim  seinen  Kindern  Unterricht  und  Erziehung  nach  eigenem  Befinden  zu  ver- 
schaffen. —  Sobald  feststand,  dafs  Sie  entschlossen  seien,  die  Bedingungen 
nicht  zu  erfüllen,  an  welche  die  Disciplinarordnung  den  Besuch  der  Anstalt 
für  ihre  Schüler  knüpft,  hatten  Sie  femer  kein  Recht  mehr,  Ihren  Sohn  diese 
Schule  besuchen  zu  lassen."  — 

Min. Verf.  v.  29.  Nov.  1876  (an  die  K.  Regierung  zu  N.).  „Der 
Bericht  der  K.  Regierung  vom  28.  Juni  d.  J.  hat  die  Einwendungen  nicht 
entkräften  können,  welche  gegen  einige  Bestimmungen  der  für  die  höh.  Lehr- 
anstalt zu  N.  von  dem  dortigen  Magistrat  und  der  Schuldeputation  erlassenen 
und  von  der  K.  Regierung  unter  dem  20.  Mai  d.  J.  bestätigten  Schulgesetze 
geltend  gemacht  worden  sind. 

Es  unterliegt  allerdings  keinem  Zweifel,  dafs  das  Aufsichtsrecht 
und  die  Aufsichtspflicht  der  Schule  nicht  auf  den  Aufenthalt  der 
"Schüler  in  dem  Schulgebäude  beschränkt  ist,  sondern  das  Leben  der  Schüler 
aufserhalb  der  Schule  mit  trifft,  und  dafs  die  Eltern  oder  deren  Stellvertreter, 
welche  ihren  Sohn  oder  Pflegebefohlenen  einer  Schule  übergeben,  insoweit,  als 
•es  der  Schulzweck  erfordert,  derselben  ein  Mitbestimmungsrecht  auch  in  der 
gedachten  Hinsicht  übertragen.  Aber  die  zur  Rechtfertigung  des  in  Frage  ge- 
:stellten  ümfangs  dieser  Beschränkung  der  väterlichen  Rechte  von  der  K.  Re- 
gierung gemachte  Bemerkung,  dafs  es  dem  Vater  frei  stehe,  einer  Schule, 
deren  Schulordnung  ihm  nicht  zusagt,  seinen  Sohn  nicht  zu  übergeben  oder 
ihn  derselben  wieder  zu  entnehmen,  kann  nicht  für  zutreffend  erachtet 
werden.  Denn  aus  diesem  Gesichtspunkte  würde  jede  beliebige  Beschränkung 
-der  väterlichen  Rechte  als  statthaft  erscheinen,  wenn  dieselbe  auch  soweit 
ginge,  dafs  dadurch  die  Errichtung  einer  höh.  Schule  an  einem  Orte  aufhörte, 
•eine  Wohlthat  für  diejenigen  Eltern  zu  sein,  in  deren  Literesse  sie  errichtet 
ist.  Vielmehr  ist  die  richtige  Abgrenzung  zwischen  den  väterlichen  Rechten 
und  denen  der  Schulzucht  durch  den  Zweck  der  Schule  bedingt  und  es  sind 
danach  die  Fragen,  welche^fiich  für  die  Anwendung  der  Schulzucht  in  einzel- 
nen Fällen  ergeben,  zu  entscheiden  —  eine  Entscheidung,  welche  in  Gremäfs- 
heit  des  §  56.  Teil  ü.  Titel  12  des  Allgem.  Landrechts  der  Schulaufsichts- 
behörde obliegt.  Dieselbe  hat  nicht  nur  in  dem  einzelnen  Falle  jede  Unbillig- 
keit zu  beseitigen,  sondern  insbesondere  bei  Festsetzung  allgemeiner  Normen 
darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  dieselben  nicht  gegründeten  Anlafs  zur  3e- 
sorgnis  einer  TJeberschreitung  des  richtigen  Mafses  geben.  Eine  derartige  Be- 
sorgnis mit  der  von  der  E.  Regierung  abgegebenen  Erklärung  abzuweisen,  dafs 
vorher  eine  unbillige  oder  unzweckmäfsige  Handhabung  der  Normen  möge 
nachgewiesen  werden,  erscheint  um  so  weniger  zuläfsig,  wenn,  wie  in  dem  an- 
liegenden Falle,  von  der  ausdrücklichen  Zustimmung  des  Vaters  zu  den  auf- 
gestellten Normen  das  Verbleiben  des  Sohnes  auf  der  Anstalt  abhängig  ge- 
macht ist.  Selbst  der  von  anderer  Seite  geltend  gemachte,  unzweifelhaft 
wichtige  Umstand,  dafs  die  fragliche  Schulordnung  nicht  durch  eine  der  An- 
stalt femer  stehende  Behörde  verfQgt,  sondern  von  den  mit  den  localen  Ver- 
hältnissen genau  bekannten  und  für  das  Gedeihen  der  Anstalt  am  meisten 
interessirten  Organen,  dem  Magistrate  und  der  Schuldeputation,  entworfen  ist, 
giebt  nur  darüber  Gewifsheit,  dafs  durch  die  Schulgesetze  das  Beste  der  Schule 
und  der  Schüler  beabsichtigt,  aber  nicht  darüber,  dafs  überall  die  zweckmäfsigste 
Formulirung  getroffen  ist.  Ueber  das  Letztere  zu  wachen,  ist  die  Aufgabe  der 
Schulaufsichtsbehörde.  Im  vorliegenden  Falle  ist  durch  einige  Funkte  der  in 
Rede  stehenden  Schulgesetze  begründeter  Anlafs  zu  der  dagegen  erhobenen 
Beschwerde  gegeben. 

L   Wenn  der  beanstandete  §   6:    „Sollte  sich  herausstellen,   dafs   eine 


331 

Pension  foi  einen  Schüler  nicht  geeignet  sei,  so  hat  der  Dirigent  das 
Becht  und  die  Pflicht,  die  Angehörigen  desselben  zu  veranlassen,  üin  in  eine 
andere  Pension  zn  bringen.    Im  Weigerungsfälle  erfolgt  die  Entlas- 
sung des  Schülers"  —   durch  die  Verweisung  auf  die  §§  4.  5.  begründet 
werden  soll    (§  4.    „Auswärtige  Schüler  dürfen  nur  mit  Genehmigung  des 
Dirigenten  eine.  Wohnung  wählen.    Ebenso  ist  jeder  Wohnungswechsel  von 
der    Zustimmung    des    Dirigenten    abhängig.*'         §   5.      „Auswärtige 
Schüler  werden  der  besonderen  Aufsicht  ihrer  Ordinarien  unterstellt")^        so 
wird   die  £.  Begierung  schwerlich  verkennen,   dafs  hierdurch  nur  ein  Zirkel- 
beweis geführt  wird,  da  die  gegen  §  6  erhobene  Beschwerde  sich  unverkennbar 
zugleich  gegen  §  4  richtet.    Vielmehr  waren  im  §  6  die  Gründe  zu  bezeichnen, 
aus  denen  eine  Aenderung  der  Pension  zu  fordern  ist,  damit  hierdurch  die  im 
§  4  erforderte  Genehmigung  des  Dirigenten   far   die   Wahl   der  Pension   ihre 
bestimmte  Bedeutung  und  Begrenzung   erhalte.    Auch  ist  im  §  6  übersehen, 
dafs  die  schwerste  gegen  einen  Schüler  zu  verfügende  Mafsregel,  die  der  Ver- 
weisung  von    der  Schule,   nur   auf  Beschlufs  der  Lehrerconferenz  zu  erfolgen 
hat.    Der  Pflicht  der  Schule  in  Beaufsichtigung  der  auswärtigen  Schüler  und 
zugleich  dem  Bechte  der  Eltern  ist  gleichmäfsig  Bechuung  getragen  durch  die 
mit  Genehmigung  des  Unten*.  Ministeriums  von  dem  Prov.  Seh.  C.   zu  Koblenz 
unter  dem   25.  Jan.  1833  erlassene  C.  Verf.  (s.  p.  348),  welche  anderen  Ver- 
fügungen über  denselben    Gegenstand  zum   Vorbilde  gedient  hat.     Dem  ent- 
sprechend ist  §  6  der  fraglichen  Schulgesetze  in  folgender  Weise  zu  ändern: 
„Falls  sich  nach  dem  Urteile  der  Lehrerconferenz  herausstellt,  dafs 
eine  Pension  auf  das  sittliche  Verhalten   oder  den  Fleifs  eines  Schülers 
nachteilig  einwirkt,   so  hat  der  Dirigent  das  Becht  und  die  Pflicht,   von 
den  Eltern  des  Schülers  oder  den  Stellvertretern  derselben  eine  Aenderung 
der  Pension  innerhalb  einer  nach  den  Umständen  zu  bemessenden  Frist 
zu  verlangen. 

Sollte  hierüber  eine  Verständigung  mit  den  letzteren  nicht  zu  er- 
reichen sein,  so  kann  auf  Beschlufs  der  Lehrerconferenz  die  Entlassung 
des  Schülers  erfolgen." 

2.  Zu  der  in  §  9  ausgesprochenen  Forderung:  „Will  ein  Schüler, 
ohne  Lehrstunden  zu  versäumen,  über  Nacht  aus  der  Stadt  sich  entfernen,  so 
ist  dazu  die  Genehmigung  des  Ordinarius  und  des  Dirigenten  erforderlich" 
hat  die  Schule  gegenüber  denjenigen  Schülern,  die  bei  ihren  Eltern  wohnen 
und  unter  deren  Aufeicht  stehen,  keine  Berechtigung  und  es  ist  diese  Forde- 
rung auf  die  auswärtigen  Schüler  zu  beschränken.  Uebrigens  ist  zu  er- 
wägen, ob  die  Verbindung  von  zwei  Instanzen  für  die  einzuholende  Erlaubnis 
notiiwendig  und  nicht  vielmehr  die  Beschränkung  auf  eine  derselben,  den  Ordi- 
narius oder  den  Director,  zweckmäfsiger  ist. 

3.  Der  Unterschied  der  Aufsicht,  welche  die  Schule  über  auswärtige 
und  welche  sie  über  die  ortsangehörigen,  bei  ihren  Eltern  wohnenden  Schüler 
zu  üben  hat,  ist  femer  in  dem  Satze  des  §  15  unbeachtet  gelassen:  „Theater 
und  BäUe  dürfen  nur  mit  Erlaubnis  des  Ordinarius  und  Dirigenten  besucht 
werden."  Auch  sind  unter  dem  Namen  Bälle  jedenfalls  nur  Öffentliche 
Bälle,  nicht  etwa  Tanzvergnügen  in  einer  Familie  verstanden,  und  es  war  dies 
in  der  Fassung  des  Paragraphen  ausdrücklich  zu  bezeichnen.  Der  fragliche 
Satz  ist  hiemach  durch  folgenden  zu  ersetzen: 

„Die  einheimischen,  bei  ihren  Eltern  wohnenden  Schüler  dürfen 
Theater  nur  mit  deren  Erlaubnis,  öffentliche  Bälle  nur  in  Begleitung 
ihrer  Eltem  oder  der  Stellvertreter  derselben  besuchen;  die  auswärtigen 
Schüler  bedürfen  in  beiden  Fällen  der  vorgängigen  Erlaubnis  des  Ordinarius 
(oder  des  Dirigenten)." 


332 

4.  Dafs  Schüler  znr  Erteilung  von  entgeltlichem  Privatunter- 
richt (§  17)  die  Erlaubnis  der  Schule*  (d.  h.  ihres  Ordinarius  oder  des  Di- 
rectors)  einzuholen  haben,  ist  in  der  Ordnung  und  steht  mit  den  für  den 
Privatunterricht  geltenden  Bestimmungen  im  Einklänge.  Dagegen  können 
Eltern,  wenn  sie  ihren  Söhnen  in  Gegenständen,  welche  nicht  im  Schulunter^ 
richte  begriffen  sind,  Privatunterricht  wollen  erteilen  lassen,  nicht  an  die  Ge- 
nehmigung der  Schule  gebunden  werden;  und  selbst  für  einen  Privatunterricht 
in  Schulgegenständen  kann  nicht  gefordert  werden,  dafs  Eltern  die  Erlaubnis 
der  Schule  nachsuchen,  sondern  es  ist  ihnen  nur  zu  empfehlen,  dafs  sie  sich 
bei  einem  solchen  Vorhaben  mit  dem  Ordinarius  ihrer  Söhne  ins  Einvernehmen 
setzen.  Es  ist  im  Allgemeinen  zu  erwarten,  dafs  ein  besonnener  Bath  seitens 
des  Ordinarius  bei  den  Eltern  Beachtung  findet,  während  die  unberechtigte 
Forderung,  dafs  die  Erlaubnis  der  Schule  müsse  eingeholt  werden,  wahrschein- 
lich nur  zu  täuschender,  schwer  zu  constatirender  Umgehung  führen  wird. 
Hiemach  ist  statt  des  §  17 :  „Schüler,  welche  Privatunterricht  zu  nehmen 
oder  zu  erteilen  beabsichtigen,  bedürfen  dazu  der  Genehmigung  des  Ordinarius 
und  des  Dirigenten*'        zu  setzen: 

„Schüler,  welche  entgeltlichen  Privatunterricht  zu  erteilen  beabsich- 
tigen, bedürfen  dazu  der  Erlaubnis  des  Ordinarius. 

Wenn  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  ihren  Söhnen  oder  Pflege- 
befohlenen wollen  in  Lehrgegenständen  der  Schule  Privatunterricht  erteilen 
lassen,  so  wird  ihnen  empfohlen,  vorher  mit  dem  Ordinarius  derselben 
darüber  Rücksprache  zu  nehmen.** 

Die  K.  Regierung  veranlasse  ich,  die  Schulgesetze  far  die  höhere  Lehr- 
anstalt in  N.  nach  den  obigen  Weisungen  zu  ändern  und  von  der  neuen  Re- 
daction  seiner  Zeit  eine  Abschrift  mir  einzusenden.  Bis  dies  geschehen  ist, 
darf  die  Drohung,  dafs  diejenigen  Schüler  von  der  Anstalt  entfernt  werden 
sollen,  deren  Eltern  sich  weigern,  die  Schulgesetze  zu  unterschreiben,  nicht 
zur  Ausfahrun^  gebracht  werden.**        Der  Minister  etc.    Falk. 

C.Verf.  desK.Prov.Sch.Con.zuMagdeburgv.il.  Febr.  1875:  — 
,Jm  Anschlufs  an  unsere  Verf.  v.  2.  Mai  1867  (s,  weiterhin  bei  den  Schul- 
strafen, Abteil.  13)  verordnen  wir  Folgendes  als  Directiv  für  die  von  den  einzelnen 
Anstalten  zu  treffenden  Mafsregeln: 

1.  Zur  Regelung  des  Verhältnisses  zwischen  Schule  und  Haus 
und  zur  Aufklärung  der  Eltern  der  Schüler  über  die  Anforderungen,  welche 
die  Schule  an  das  Verhalten  ihrer  Schüler  stellt,  dienen  zweckmäfsig  die  soge- 
nannten Schulgesetze  oder  Schulordnungen,  welche,  nachdem  sie  vom 
Lehrercoll.  entworfen  und  von  uns  bestätigt  worden  sind,  gedruckt  und  den 
Eltern  oder  Vormündern  der  Schüler  eingehändigt  und  von  denselben  durch  ihre 
Unterschrift  anerkannt  werden.  Wo  solche  Schulgesetze  noch  nicht  vorhanden 
sind,  oder  wo  dieselben  veraltet  und  einer  Revision  bedürftig  sind,  sind  die- 
selben zu  entwerfen  resp.  zu  erneuern.  Wir  enthalten  uns  weiterer  Rathschläg© 
in  Betreff  der ;  Abfassung  solcher  Schulordnungen,  da  Muster  far  dieselben 
überall  leicht  zugänglich  sind.  2.  Da  die  auswärt.  Schüler  in  höherem 
Grade  als  die  einheimischen  der  Schule  zur  Erziehung  anvertraut  sind  und 
die  Schule  bei  denselben  einen  bedeutenden  Teil  der  elterlichen  Rechte  und 
Pflichten  übernimmt,  so  mufs  sie  auch  die  Mittel  haben,  diese  Stellung  zu  be- 
haupten. Sie  hat  deshalb  nicht  allein  auf  die  Gründung  von  Bürgschaft  bie- 
tenden Pensionaten  hinzuwirken  und  die  Eltern  so  viel  als  möglich  bei  der 
Wahl  derselben  zu  berathen  —  eine  Sache,  welche  wir  den  Dir.  dringend  ans 
Herz  legen,  —  sondern  sie  hat  auch  a)  gemäfs  der  Min.  Verf.  v.  31.  Juli 
1824  resp.  9.  März  1843   (s.  unten,   p.  347)   in  Betreff    der   W|^l   und   des 


333 

Wechsels  der  Wohnung  auswärtiger  Schüler  ihre  Einwilligung  sich  vorzube- 
halten und  bei  ungeeigneten  Wahlen  dieselbe  zu  verweigern;  bj  sie  hat 
das  tagliche  Leben  der  Schüler  durch  eine  vorgeschriebene  Ordnung  der  Zeit- 
einteilung zu  regeln,  und  cj  die  Ausfuhrung  dieser  Vorschrift  sowie  das 
häusl.  Leben  der  auswärt.  Schüler  durch  geeignete  und  geordnete  Beaufsichti- 
gung seitens  der  Lehrer  zu  überwachen.  Die  näheren  Modalitäten  dieser 
Beaufsichtigung  mögen  dem  nach  localen  Verhältnissen  verschiedener  Erwä- 
gung Baum  gebenden  Beschlufs  eines  jeden  CoUegiums  überlassen  bleiben; 
dafs  aber  die  Beaufsichtigung  den  oben  angegebenen  allgemeinen  Grundzügeu 
gemäfs  in  irgend  einer  Form  stattfinde,  halten  wir  für  eine  der  dringendsten 
und  heiligsten  Pflichten  des  Lehrerstandes,  deren  Verabsäumuug  die  höheren 
Schulen  üires  pädagog.  Charakters  nahezu  entkleiden  würde.  Wo  also  solche 
geordnete  Beaufsichtigung  der  auswärt.  Schüler  etwa  noch  nicht  stattfindet, 
ist  sie  einzurichten.  Das  ideale  Ziel,  welchem  in  dieser  Beziehung  zuzustreben 
ist,  obgleich  es  nicht  überall  und  nicht  bei  allen  Schülern  erreichbar  zu  sein 
scheint,  ist  jenes  dauernde  Vertrauensverhältnis  der  einzelnen  auswärt.  Schüler  und 
ihrer  Eltern  zu  einzelnen  Lehrern,  welches  man  mit  dem  Ausdruck  der  Tutel 
zu  bezeichnen  pflegt.  Läfst  sich  dasselbe  nicht  durch  Verordnungen  ins  Leben 
rufen,  so  verdienen  doch  die  hier  und  da  vorhandenen  Keime  und  Versuche 
sorgfältige  Pdege.  Neben  oder  anstatt  der  Tutel  kann  die  Beaufsichtigung 
der  fremden  Schüler  in  verschiedener  Weise,  entweder  durch  die  Klassen- 
Ordinarien  oder  durch  Verteilung  der  Schüler  nach  den  Stadtquartieren,  in 
denen  sie  wohnen,  u.  dgl.  geübt  werden.  Wir  erwarten  im  nächsten  Verwal- 
tongsbericht  eine  eingehende  Angabe  hierüber. 

3.  In  Betreff  des  Betragens  der  Schüler,  einheimischer  wie  auswärti- 
ger, aufserhalb  der  Schule,  soweit  es  an  die  Oeffentlichkeit  tritt,  haben 
die  Schulordnungen  zu  fordern,  dafs  Alles  vermieden  werde,  was  den  Schüler 
zur  Selbstüberhebung  veranlafst  und  seine  Sittlichkeit  in  Gefahr  bringt.  Dem- 
gemäfs  sind  insbesondere  als  verboten  zu  bezeichnen:  a)  Benommisti- 
sches  Auftreten  und  auffällige  Trachten  (hierbei  wird  die  Bestimmung 
dessen,  was  renommistisch  und  auffällig,  oder  was  in  dieser  Beziehung  zulässig 
sei,  dem  Tacte  der  Lehrercoll.  überlassen  werden  können,  welches  der  Orts- 
sitte gebührend  Bechnung  tragen  wird).  b)  Der  Besuch  von  Wirths- 
häusern  und  Kestaurationen  innerhalb  des  Schulortes  und  dessen  nächster 
Umgebung  aufser  in  Begleitung  der  Eltern  oder  deren  Stellvertreter.  (Von 
den  in  diesem  Punkt  hie  und  da  gestatteten  Ausnahmen  ist  die  Erlaubnis  des 
Besuches  bestimmt  bezeichneter  Garteniocale  in  der  Nähe  des  Schulortes  wäh- 
rend des  Sommers  zulässig;  die  ebenfalls  hie  und  da  erteilte  Erlaubnis  des 
Besuches  gewisser  Bestaurationen  innerhalb  der  Stadt  und  während  des  ganzen 
Jahres  ist  unzulässig  und  zurückzunehmen.)  c)  Das  Tabakrauchen  in 
der  Oeffentlichkeit  und  in  Gegenwart  von  Lehrern.  (Dafs  hiervon  „mit  aus- 
drücklicher Erlaubnis  des  gegenwärtigen  Lehrers*^  Ausnahmen  gemacht  werden, 
können  wir  als  zulässig  nicht  anerkennen.  Solche  Connivenzen  sind  daher  in 
Zukunft  zu  unterlassen.)  d)  Alle  in  Nachahmung  studentischer  Formen 
oder  sonst  wie  zu  ungehörigen  Zwecken  gebildeter  Gesellschaften,  sowie  jede 
andere  Schülervereinigung  oder  Teilnahme  an  Vereinen,  welche  dem 
Dir.  nicht  vorher  angezeigt  und  von  demselben  gebilligt  worden  ist.  —  In 
wieweit  in  Betreff  der  Erlaubnis  zum  Besuche  von  Bällen,  Theater  und  öffentl. 
Vergnügungen  zwischen  einheim.  und  auswärt.  Schülern  zu  unterscheiden  ist, 
mag  der  Beurteilung  der  einzelnen  Lehrercoll.  überlassen  bleiben.'^ 

Disciplinarordnung  für  die  höheren  Lehranstalten  der 
Provinz  Westfalen  v.  19.  April  1879.  '  L  Aufnahme.  §  L  Die  Auf- 
nahme neuer  Schüler  in  eine  höh.  Lehranstalt  der  Provinz  erfolgt  nur  zu  Ostern 


i 


334 

auf  Grand  eines  Abgangszeugnisses  der  zuletzt  besachten  Schale,  bezw.  eines 
beglaubigten  Zeugnisses  über  etwaigen  Privatunterricht,  und  einer  Frofong 
seitens  des  Directors  (Rectors)  oder  der  von  diesem  damit  beauftragten  Lehrer. 
Aufserdem  ist  ein  Impfschein,  bezw.  ein  Attest  über  die  wiederholte  Impfung 
beizubringen.  Schüler,  die  von  anderen  staatlich  anerkannten  höh.  Unterrichts- 
anstalten kommen,  werden  ohne  Prüfung  nach  Mafsgabe  ihres  Abgangszeugnisses 
in  die  betreffende  Klasse  aufgenommen.  Die  Aufnahme  von  Schülern  aufser- 
halb  des  Ostertermins  bleibt  dem  pflichtmäfsigen  Ermessen  der  Directoren 
(Bectoren)  überlassen,  welche  in  zweifelhaften  Fällen  die  Genehmigung  des 
Provinzial-SchulcoUegiums  einzuholen  haben.  §  2.  In  der  Sexta  werden  nur 
Schüler  nach  zurückgelegtem  neuntem  Lebensjahre  aufgenommen.  Die  Directoren 
(Bectoren)  der  höh.  Schulen  sind  ermächtigt,  ausreichend  vorbereitete  Knaben 
in  Sexta  aufzunehmen,  wenn  höchstens  sechs  Monate  an  dem  erforderlichen 
Lebensalter  fehlen.  Dieselben  Bedingungen  gelten  für  die  Versetzung  aus- 
der  Vorschule  in  die  Sexta.  —  Weiter  gehende  Ausnahmen  bedürfen  der  Ge- 
nehmigung des  Königlichen  Provinzial-SchulcoUegiums.  §  3.  Bei  der  Auf- 
nahme haben  die  Eltern  resp.  die  Stellvertreter  derselben  eine  Erklärung  zu 
unterzeichnen,  durch  welche  sie  sich  und  ihre  Söhne  resp.  Pflegebefohlenen 
zur  Beobachtung  der  Schulgesetze  verpflichten. 

U.  Schulgesetze.  A.  Das  Verhalten  der  Schüler  im  Allgemeinen. 
§  4.  Jedem  Lehrer  ist  der  Schüler  Gehorsam  und  Ehrerbietung  schuldig,  und 
insbesondere  hat  er  den  Weisungen  seines  Ordinarius  als  seines  nächsten  Be- 
rathers Folge  zu  leisten.  §  5.  Jeder  Schüler  hat  in  einem  reinlichen  und 
anständigen  Anzüge  zu  erscheinen  und  alles  Autfallende  in  seinem  Aeufsern 
zu  vermeiden.  §  6.  Gegen  seine  Mitschüler  mufs  jeder  ein  gefälliges  und 
friedfertiges  Betragen  zeigen;  namentlich  sind  alle  Ungebührlichkeiten  gegen 
neu  eintretende  Schüler  strenge  verboten.  Bei  etwaigen  Beleidigungen  und 
Kränkungen  hat  sich  der  Schüler  an  seinen  Ordinarius  zu  wenden.  §  7.  Aus- 
wärtige Schüler  dürfen  nur  in  solchen  Wohnungen  oder  Pensionen  untergebracht 
werden,  gegen  deren  Wahl  der  Director  (Bector)  der  Anstalt  nichts  einzuwenden 
hat.  Stellt  sich  nach  dem  Urteile  der  Lehrerconferenz  heraus,  dafs  die  gewählte 
Pension  oder  Wohnung  auf  das  sittliche  Verhalten  oder  den  Fleifs  eines  Schülers 
nachteilig  einwirkt,  so  hat  der  Director  (Bector)  das  Becht  und  die  Pflicht, 
von  den  Eltern  oder  deren  Stellvertretern  eine  Aenderung  der  Pension  oder 
Wohnung  innerhalb  einer  nach  den  Umständen  zu  bemessenden  Frist  zu  ver- 
langen. Sollte  hierüber  eine  Verständigung  nicht  zu  erreichen  sein,  so  kann 
auf  Beschlufs  der  Lehrerconferenz  die  Entlassung  des  Schülers  erfolgen. 

B.  Das  Verhalten  des  Schülers  in  der  Schule.  §  8.  Jeder  Schüler 
hat  an  allen  Unterrichtsgegenständen  Teil  zu  nehmen.  Das  Becht,  von  einzelnen 
derselben  auf  Grund  der  gesetzlichen  Bestimmungen  zu  dispensiren,  steht  ledig- 
lich dem  Director  (Bector)  zu.  §  9.  Jeder  Schüler  hat  sich  höchstens  eine 
Viertelstunde  vor  dem  Anfange  der  Schulstunden  in  der  Schule  einzufinden 
und  seinen  bestimmten  Platz  einzunehmen,  so  wie  nach  SchluTs  des  Unterrichts 
das  Schulgebäude  ohne  Verzug  zu  verlassen.  §  10.  Wenn  ein  Schüler  durch 
Krankheit  verhindert  wird,  die  Schule  zu  besuchen,  so  mufs  hiervon  dem  Ordi- 
narius rechtzeitig  mit  Angabe  des  Grundes  Anzeige  gemacht  werden.  Beim 
Wiedereintritt  in  die  Schule  hat  der  Schüler  auf  Erfordern  dem  Ordinarius  und 
jedem  Lehrer,  in  dessen  Stunden  er  gefehlt  hat,  eine  schriftliche  von  seinen 
Eltern  oder  deren  Stellvertretern  unterzeichnete  Entschuldigung  vorzulegen. 
§  11.  Zur  Dispensation  vom  Schulbesuche  bedarf  es  für  einzelne  Stunden  der 
Erlaubnis  des  Ordinarius,  für  einen  oder  mehrere  Tage  derjenigen  des  Directors 
(Bectors).  §  12.  Wer  das  Schulgebäude,  die  Geräthe,  Unterrichtsmittel  u.  s.  w. 
beschädigt  oder  entstellt,  wird  bestraft  und  hat  aufserdem  den  angerichteten 


335 

Schaden  za  ersetzen.  §  13.  Die  am  Schlosse  bestimmter  Abschnitte  de» 
Schn^ahres  erhaltenen  Censnren  haben  die  Schaler  am  ersten  Tage  des  wieder- 
beginnenden Unterrichts,  mit  der  Namensanterschrift  des  Vaters  oder  dessen 
Stellvertreters  versehen,  dem  Ordinarius  ihrer  Klasse  vorzulegen.  §  14.  Geld- 
Sammlungen  in  der  Klasse  zu  irgend  einem  Zwecke  sind  nur  mit  Genehmigung* 
des  K.  Prov.Sch.C.  gestattet. 

C.  Das  Verhalten  des  Schülers  aufserhalb  der  Schule.  §  15.  Jeder 
Schuler  hat  den  Anordnungen  der  Schule  in  Betreff  des  Kirchenbesuchs  bezw. 
der  herkömmlichen  Morgenandachten  pünktlich  Folge  zu  leisten.  §  16.  Auf 
dem  Wege  zur  Schule  und  zurück  hat  der  Schüler  jeden  unnOthigen  Aufenthalt 
zu  vermeiden  und  sich  ruhig  und  anständig  zu  betragen.  §  17.  Wenn  von 
Seiten  der  Schule  Anordnungen  getroffen  worden  sind  über  die  Arbeits-  und 
Erholungszeit,  so  wie  über  die  Zei^  über  welche  hinaus  des  Abends  die  Wohnung 
nur  im  Auftrage  der  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  oder  mit  Erlaubnis  des 
Ordinarius  verlassen  werden  darf,  so  hat  der  Schüler  diesen  Anordnungen  pünkt- 
lich nachzukommen.  §  18.  Untersagt  ist:  a)  das  Tabakrauchen  den  Schülern 
der  vier  unteren  Klassen  unbedingt,  denen  der  beiden  oberen  Klassen  das 
Bauchen  auf  den  Strafsen,  Promenaden  und  in  öffentlichen  Localen;  b)  jede 
lärmende  und  die  Leidenschafb  des  Spielens  und  Trinkens  nährende  Zusammen- 
kunft in  und  aufserhalb  der  Wohnung;  c)  der  Besuch  von  Wirthshäusem, 
Conditoreien  und  ähnlichen  öffentlichen  Localen,  mit  Ausnahme  derjenigen,  die 
etwa  von  der  Schule  selbst  zugelassen  sind,  ohne  Begleitung  und  Aufsicht  von 
Angehörigen;  d)  den  einheimischen,  bei  ihren  Eltern  wohnenden  Schülern  der 
Besuch  von  Concerten  und  Theatern  ohne  Erlaubnis  der  ersteren,  die  Teilnahme 
an  öffentlichen  Bällen  ohne  Begleitung  der  Eltern  oder  deren  Stellvertreter. 
Die  auswärtigen  Schüler  bedürfen  in  beiden  Fällen  der  vorgängigen  Erlaubnis 
des  Ordinarius  oder  des  Directors  (Bectors);  e)  der  Besuch  der  öffentlichen 
Gerichtsverhandlungen  und  Volksversammlungen;  f)  die  Benutzung  von  Leih- 
bibliotheken, selbstständiges  Abonnement  auf  Zeitungen  und  Zeitschriften,  die 
Veröffentlichung  eigener  litterarischer  Productionen;  g)  jede  Verbindung  der 
Schüler  unter  sich  und  mit  anderen,  deren  Zweck  dem  Director  (Rector)  nicht 
angezeigt  und  von  demselben  gebilligt  ist;  h)  die  Beherbergung  fremder  Per- 
sonen ohne  Erlaubnis  des  Ordinarius  und  des  Directors  (Rectors). 

in.    Strafen.      §  19.   Wie  die  verschiedenen  Vergehen  an  sich  eine 
Stufenreihe  in  Hinsicht  der  Strafbarkeit  bilden,  so  können  dieselben  Vergehen 
wegen  der  sie  begleitenden  Umstände  in  verschiedenem  Grade  strafbar  erscheinen.^ 
Als  besonders  strafwürdig   werden   hervorgehoben   die   Verletzung   der   Wahr- 
haftigkeit und  der  guten  Sitte.        §  20.    Nach  dem  Grade  der  Vergehen  werden 
die  Strafen  in  folgender  Reihenfolge  erteilt:  Zu  den  leichteren  Strafen  ge- 
hör«i:  Erinnerungen,  Verweise,  die  entweder  abgesondert  oder  in  Gegen- 
wart der  Klasse  von  dem  Ordinarius  oder  dem  Director  gegeben  werden,  tadelnde 
Bemerkungen  im  Klassenbuche,  endlich  Mitteilungen  an  die  Eltern 
oder  deren  Stellvertreter.    §  21.   Wenn  die  im  §  20  erwähnten  leichteren  Strafen 
keinen  Erfolg  haben,  so  tritt  Schularrest  unter  Aufsicht  oder  in  geeignetea 
Fällen  ein  Verweis  vor  der  Conferenz  oder  Carcerstraf e  bis  zu  4  Stunden 
an  einem  Tage   ein,   letztere   beiden   Strafen   nach  Beschlufs   der   Conferenz. 
Körperliche  Züchtigung  kann  bei  Ausbrüchen  von  Roheit  und  bei  offener 
Widersetzlichkeit  an  Schülern  der  drei  unteren  Klassen  ausnahmsweise  zur  An- 
Wendung  gebracht  werden,  es  hat  jedoch  der  betr.  Lehrer  dem  Director  (Rector) 
sofort  oder  spätestens  noch  an  demselben  Tage   von  der  erfolgten  Züchtigung- 
Anzeige  zu  machen.        §  22.   Schwere  Strafen  sind:  1)  Die  Androhung- 
der  Entfernung.    Diese  besteht  darin,  dafs  zu  der  sonst  verwirkten  Strafe- 
die  Benachrichtigung  an  die  Elteni  oder  deren  Stellvertreter  hinzugefügt  wirdy 


336 

dafs  den  bestraften  Schüler  bei  dem  nächsten  erheblichen  Vergehen  die  Ans- 
schliefsung  treffen  werde.  2)  Die  Aasschliefsang.  Diese  tritt  aofser  dem 
Falle  sab  1  ein,  wenn  ein  so  schweres  Vergehen  begangen  worden  ist,  dafs 
die  vorher  angeführten  Zachtr  and  Besserangsmittel  nicht  aasreichend  erscheinen 
oder  wenn  das  Beispiel  and  der  Umgang  eines  Schülers  seinen  Mitschülern 
gefährlich  wird.  3)  DieVerweisang,  darch  welche  der  betr.  Schüler  auch 
von  anderen  höh.  Lehranstalten  der  Provinz  aasgeschlossen  wird.  Die  Yer- 
weisang  wird  nar  in  aufserordentlichen  Fällen  nach  vorheriger  Genehmigung 
des  Provinzial-Schalcollegiams  aasgesprochen,  wenn  die  Vergehen  von  so  grofser 
Bösartigkeit  and  sittlicher  Verwahrlosung  zengen,  dafs  es  bedenklich  erscheinen 
mafs,  dem  betr.  Schüler  die  Aufnahme  in  eine  andere  Anstalt  zn  gestatten. 
Androhung  der  Entfernung,  Ausschliefsung  und  Verweisung  werden 
nur  durch  Conferenzbeschlufs  verhängt,  und  ist  die  Verweisung  nicht  eher 
auszusprechen,  als  die  Genehmigung  des  Beschlusses  durch  das  Prov.  Seh.  C. 
erfolgt  ist. 

IV.  Abgang  von  der  Schale.  §23.  Solche  Schüler  der  vier  untern 
Klassen  bis  Untertertia  einschliefslich,  welche  nach  dem  reiflichen  und  gewissen- 
haften einstimmigen  Urteil  sämtlicher  Lehrer  aller  Bemühungen  ungeachtet  sich 
zu  den  Studien  nicht  eignen  und  wegen  Mangels  an  Fähigkeit  und  Fleifs,  nach- 
dem sie  zwei  Jahre  in  einer  Klasse  gesessen  haben  doch  zar  Versetzung  in  die 
nächstfolgende  höhere  Klasse  nicht  für  reif  erklärt  werden  können,  soUen  aas 
der  Anstalt  entlassen  werden,  nachdem  den  Eltern,  Vormündern  oder  sonstigen 
Angehörigen  derselben  mindestens  ein  Vierteljahr  zuvor  Nachricht  gegeben  ist. 

§  24.  Ein  Schüler,  der  nach  Wunsch  seiner  Eltern  oder  deren  Stellvertreter 
die  Lehranstalt  verlassen  soll,  ist  von  denselben  vor  Beginn  des  nenen  Schnl- 
quartals  schriftlich  oder  mündlich  abzumelden.  Wird  diese  Abmeldung  unter- 
lassen, so  bleibt  er  in  dem  Verzeichnisse  der  Schüler  und  hat  für  den  nächsten 
Termin  das  Schulgeld  zu  bezahlen.  Die  wirkliche  Entlassung  kann  nicht  er- 
folgen und  das  Abgangszeugnis  nicht  ausgehändigt  werden,  wenn  der  Schüler 
nicht  nachweist,  dafs  er  seine  Verpflichtungen  gegen  die  Schulkasse  and  sonstige 
Obliegenheiten,  wohin  auch  die  Bückgabe  der  etwa  aus  der  Bibliothek  ent- 
nommenen Bücher  und  anderer  entliehener  Unterrichtsmittel  gehört,  erfüllt  hat. 

§  25.  Allgemeine  Bestimmung.  Gegenwärtige,  von  dem  K.  Ministerium  der 
geisU.  etc.  Angel,  mittels  Erlafs  vom  8.  April  c.  genehmigte  Disciplinarordnung 
tritt  bei  den  einzelnen  Anstalten  von  dem  Tage  ihrer  Bekanntmachung  an  in 
Kraft  und  Wirksamkeit.  Jede  Anstalt  kann  derselben,  mit  unserer  Genehmigung, 
noch  zusätzliche  Bestimmungen  nach  der  besonderen  Oertlichkeit  anfügen.*' 

Königliches  Provinzial-SchulcoUegium. 

C.  Verf.  des  K.  Prov.  Seh.  zu  Königsberg  v.  27.  März  1869: 
„Mehrfache  Vorkommnisse  der  letzten  Zeit  haben  von  Neuem  die  Gefahren  dar- 
gelegt, welche  den  Zöglingen  unserer  Bildungsanstalten  aus  dem  unerlaubten 
Besuch  von  Wirthshäusern  und  aus  der  Teilnahme  an  Trinkgelagen 
erwachsen.  Es  bedarf  für  die  Lehrercollegien  keiner  näheren  Erörterung  des 
Schadens,  welcher  durch  derartige  Vergehen  der  gesamten  geistigen  und  sittl. 
Entwickelang  der  Jugend  zugefügt  wird.  Da  wir  indefs  leider  Grund  zu  der 
Annahme  haben,  dafs  ein  Teil  des  gröfseren  Publikums  das  Verderbliche  dieser 
Ausschreitungen  nicht  genügend  würdigt,  um  auch  seinerseits  zur  Verhütung  der- 
selben beizutragen,  so  fordern  wir  die  HH.  Dir.  und  Lehrer  auf,  mit  aller  Auf- 
merksamkeit nicht  nur  die  vorkommenden  Vergehen  dieser  Art  zu  verfolgen  und 
zu  bestrafen,  sondern  denselben  namentl.  durch  geeignete  Ermahnungen  und 
durch  Erweckung  einer  sittlichen  und  ehrenhaften  Sinnesweise  unter  den  Schülern 
vorzubeugen.  Aufserdem  ist  der  Beistand  der  Ortspolizei  unnachsichtig  gegen 
diejenigen  Inhaber  öffentlicher  Locale  in  Anspruch  zu  nehmen,  welche  der  ge* 
dachten  Neigung  einzelner  Schüler  strafbaren  Vorschub  leisten." 


337 

Desgleichen:  Königsberg,  den  3.  Jan.  1876:  „Einige  Disciplinar- 
Me  der  leteten  Zeit  veranlaesen  uns,  den  Herren  Directoren  und  Bectoren  nnsere 
gegen  den  Wirthshansbesnch  der  Schüler  gerichtete  Yerfngong  vom  27.  Mto  1869 
in  Erinnerong  za  bringen.  Nach  den  eingehenden  Jahresberichten  dürfen  wir 
uns  allerdings  der  Erwartung  hingeben,  dafs  das  bezeichnete  üebel  von  dem 
Lehrercollegiom  sorgfältig  überwacht  nnd  behandelt  wird.  Je  besorglicher  aber 
der  Einflofk  ist,  welchen  die  in  den  letzten  Jahren  merklich  gestiegene  allge- 
meine GenoiGssacht  auf  unsere  Jugend  ausübt,  um  so  mehr  wfichst  die  Yer- 
pflichtong  der  Schule,  den  g^^ofsen  und  unheilbringenden  Gefahren,  welche  der 
geistigen  und  sittlichen  Entwickelung  unserer  Zöglinge  durch  die  immer  wieder 
uftanchende  Neigung  zum  Wirthshausbesuch  und  zur  Teilnähme  an  Trinkge- 
lagen bereitet  werden,  in  der  nachhaltigsten  Weise,  und  zwar  nicht  nur  durch 
B^kafung  der  einzelnen  Vergehen,  sondern  mehr  noch  durch  den  Ernst  der 
aDgemeinen  Schulzucht,  durch  Kräftigung  des  Pflichtgefühls  u.  durch  Belebung 
des  wissenschaftlichen  Sinnes  zu  begegnen.^ 

C.  Verf.  des  K.  Frov.  Seh.  C.  zu  Kiel  ▼.  7.  Dec.  1869:  „Nachdem 
in  Betreff  des  Wirthshausbesuchs  der  Schüler  die  Berichte  sämtlicher 
HH.  Dir.  eingereicht  sind,  deren  Wahrnehmungen  und  Gutachten  sehr  weit  aus 
einander  gehen,  beschränken  wir  uns  einstweilen  auf  folgende  im  Wesentlichen 
dem  bisher  beobachteten  Verfahren  entsprechende  Bestimmungen,  deren  Befolgung 
zur  Wahrung  der  Sittlichkeit  und  zur  Förderung  des  FleiTses  auf  den  höh.  Lehr- 
anstalten unumgänglich  nöth wendig  ist:    « 

1.  Den  Schülern  der  unteren  und  mittl.  Kl.  (VI—- lU  incL)  ist  der  Be- 
such von  Wirthshäusem,  aufser  in  Begleitung  ihrer  Eltern  oder  Ffleger,  nicht  zu 
erlauben.  2.  Den  Frimanem,  und  wo  die  Verhältnisse  es  zulassen,  auch  den 
Secundanem,  darf  nach  dem  Ermessen  des  Dir.  und  des  LehrercoU.  der  Aufenir 
halt  in  einzelnen  namhaft  zu  machenden  Vergnügungslocalen,  die  in  gutem  Hufe 
stehen  und  von  gebildeter  Gesellschaft  besucht  werden,  auch  ohne  Begleitung 
der  Eltern  oder  Ffleger  auf  Widerruf  gestattet  werden,  jedoch  im  Sonmier  nicht 
länger  als  bis  9  Uhr  Abends,  im  Winter  nicht  länger  als  bis  8  Uhr  Abends. 
3.  Die  an  einigen  Orten  bestehende  Sitte,  den  Schülern  einzelne  Abende  all- 
wöchentL  oder  aUmonatl.  oder  in  gröfseren  Zwischenräumen  zum  Zusammensein 
in  einem  Wirtbshause  zu  überlassen,  ist  aufisuheben. 

Nur  mit  ausdrücklicher  Erlaubnis  des  LehrercoU.  und  in  der  Begel  nur 
in  Anwesenheit  des  Dir.  oder  eines  Lehrers  der  Anstalt,  dürfen  dergleichen  Ver- 
sammlungen ausnahmsweise  stattfinden.^* 

'Erlafs   des   K«  0  Präsidiums  zu   Breslau  vom   8.   Juli    1824, 
repüblicirt  16.  Nov.  1871:   „Die  Erhaltung  eines  wohlgeordneten,  einfachen 
^   stillen  Lebens  unter   den  Schülern   der  höh.  Unlerrichtsanstalten   ist   so 
.Ichtig  für  deren  ganze  wissenschaftl.   und  sittliche  Ausbildung,   dafs  es  eine 
ernste  Pflicht  aller  Verwaltungsbehörden  an  den  Orten,  wo  sich  Gymnasien  und 
höh.  Stadtschulen  befinden,  ist,  auch  ihrerseits  den  Bemühungen  der  Vorsteher 
und  Lehrer   dabei  zu  Hülfe  zu  kommen.        Einer  der  wesentlichsten  Funkte, 
welcher   ihre   vorzügliche  Aufmerksamkeit  verdient,   ist   das  Besuchen   der 
Wirths-  und  Schankhäuser  durch  die  Schüler  jener  Anstalten,  ohne  alle 
Aufsicht    nnd    oft   sogar   zu   gröfseren,    lärmenden    Gesellschaften    vereinigt 
Obwohl  dieser  Mifsbrauch  schon  von  Seiten  der  Schulen  durch  die  Disciplinar- 
gesetze  verboten  ist,  so  ist  die  Controle  der  Lehrer   allein  doch  meistenteils 
nicht    hinreichend,   sondern   es   ist  die  Mitwirkung   der  Polizeibehörden  noth- 
wendig.        Diese  werden  es  sich  daher  angelegen  sein  lassen,  nicht  nur  solche 
GeseUschaften,   wo  sie  sich  finden  sollten,   zu  stören,    sondern,  wozu  sie  hier- 
durch autorisirt  werden,  allen  Wirthen  und  Inhabern  von  Schank-  und  Wirths- 

Wieie,  Y«roidniing«n.  22 


336 

dafs  den  bestraften  Schüler  bei  dem  nächsten  erheblichen  Vergehen  die  Aus- 
schliefsung  treffen  werde.  2)  Die  Ansschliefsung.  Diese  tritt  anfser  dem 
Falle  sab  1  ein,  wenn  ein  so  schweres  Vergehen  begangen  worden  ist,  dafs 
die  vorher  angeführten  Zucht-  und  Besserungsmittel  nicht  ausreichend  erscheinen 
oder  wenn  das  Beispiel  und  der  Umgang  eines  Schülers  seinen  Mitschülern 
gefährlich  wird.  3)  Die  Verweisung,  durch  welche  der  betr.  Schüler  auch 
von  anderen  höh.  Lehranstalten  der  Provinz  ausgeschlossen  wird.  Die  Ver- 
weisung wird  nur  in  aufserordentlichen  Fällen  nach  vorheriger  Genehmigung 
des  Provinzial-Schulcollegiums  ausgesprochen,  wenn  die  Vergehen  von  so  grofser 
Bösartigkeit  und  sittlicher  Verwahrlosung  zeugen,  dafs  es  bedenklich  erscheinen 
mufs,  dem  betr.  Schüler  die  Aufnahme  in  eine  andere  Anstalt  zu  gestatten. 
Androhung  der  Entfernung,  Ausschliefsung  und  Verweisung  werden 
nur  durch  Conferenzbeschlufs  verhängt,  und  ist  die  Verweisung  nicht  eher 
auszusprechen,  als  die  Genehmigung  des  Beschlusses  durch  das  Prov.  Seh.  C. 
erfolgt  ist. 

IV.  Abgang  von  der  Schule.  §23.  Solche  Schüler  der  vier  untern 
Klassen  bis  Untertertia  einschliefslich,  welche  nach  dem  reiflichen  und  gewissen- 
haften einstimmigen  Urteil  sämtlicher  Lehrer  aller  Bemühungen  ungeachtet  sich 
zu  den  Studien  nicht  eignen  und  wegen  Mangels  an  Fähigkeit  und  Fleifs,  nach- 
dem sie  zwei  Jahre  in  einer  Klasse  gesessen  haben  doch  zur  Versetzung  in  die 
nächstfolgende  höhere  Klasse  nicht  für  reif  erklärt  werden  können,  sollen  aus 
der  Anstalt  entlassen  werden,  nachdem  den  Eltern,  Vormündern  oder  sonstigen 
Angehörigen  derselben  mindestens  ein  Vierteljahr  zuvor  Nachricht  gegeben  ist. 

§  24.  Ein  Schüler,  der  nach  Wunsch  seiner  Eltern  oder  deren  Stellvertreter 
die  Lehranstalt  verlassen  soll,  ist  von  denselben  vor  Beginn  des  neuen  Schul- 
quartals schriftlich  oder  mündlich  abzumelden.  Wird  diese  Abmeldung  unter- 
lassen, so  bleibt  er  in  dem  Verzeichnisse  der  Schüler  und  hat  für  den  nächsten 
Termin  das  Schulgeld  zu  bezahlen.  Die  wirkliche  Entlassung  kann  nicht  er- 
folgen und  das  Abgangszeugnis  nicht  ausgehändigt  werden,  wenn  der  Schüler 
nicht  nachweist,  dafs  er  seine  Verpflichtungen  gegen  die  Schulkasse  und  sonstige 
Obliegenheiten,  wohin  auch  die  Bückgabe  der  etwa  aus  der  Bibliothek  ent- 
nommenen Bücher  und  anderer  entliehener  Unterrichtsmittel  gehört,  erfüllt  hat. 

§  25.  Allgemeine  Bestimmung.  Gegenwärtige,  von  dem  K.  Ministerium  der 
geistl.  etc.  Angel,  mittels  Erlafs  vom  8.  April  c.  genehmigte  Dlsciplinarordnung 
&itt  bei  den  einzelnen  Anstalten  von  dem  Tage  ihrer  Bekanntmachung  an  in 
Kraft  und  Wirksamkeit.  Jede  Anstalt  kann  derselben,  mit  unserer  Genehmigung, 
noch  zusätzliche  Bestimmungen  nach  der  besonderen  Oertlichkeit  anfügen." 

Königliches  Provinzial-Schulcollegium. 

C.  Verf.  des  K.  Prov.  Seh.  zu  Königsberg  v.  27.  März  1869: 
„Mehrfache  Vorkommnisse  der  letzten  Zeit  haben  von  Neuem  die  Gefahren  dar- 
gelegt, welche  den  Zöglingen  unserer  Bildungsanstalten  aus  dem  uiierlaubten 
Besuch  von  Wirthshäusern  und  aus  der  Teilnahme  an  Trinkgelagen 
erwachsen.  Es  bedarf  für  die  LehrercoUegien  keiner  näheren  Erörterung  des 
Schadens,  welcher  durch  derartige  Vergehen  der  gesamten  geistigen  und  sittl. 
Entwickelung  der  Jugend  zugefügt  wird.  Da  wir  indefs  leider  Grund  zu  der 
Annahme  haben,  dafs  ein  Teil  des  gröfseren  Publikums  das  Verderbliche  dieser 
Ausschreitungen  nicht  genügend  würdigt,  um  auch  seinerseits  zur  Verhütung  der- 
selben beizu&agen,  so  fordern  wir  die  HH.  Dir.  und  Lehrer  auf,  mit  aller  Auf- 
merksamkeit nicht  nur  die  vorkommenden  Vergehen  dieser  Art  zu  verfolgen  und 
zu  bestrafen,  sondern  denselben  namentl.  durch  geeignete  Ermahnungen  und 
durch  Erweckung  einer  sittlichen  und  ehrenhaften  Sinnesweise  unter  den  Schülern 
vorzubeugen.  Aufserdem  ist  der  Beistand  der  Ortspolizei  unnachsichtig  gegen 
diejenigen  Inhaber  öffentlicher  Locale  in  Anspruch  zu  nehmen,  welche  der  ge- 
dachten Neigung  einzelner  Schüler  strafbaren  Vorschub  leisten." 


337 

Desgleichen:  Königsberg,  den  3.  Jan.  1876:  „Einige  Disciplinar- 
Me  der  legten  Zeit  veranlassen  uns,  den  Herren  Directoren  und  Becioren  unsere 
gegen  den  Wirthshausbesuch  der  Schüler  gerichtete  Yerfngong  vom  27.  Mte  1869 
in  Erinnerung  zu  bringen.  Nach  den  eingehenden  Jahresberichten  dürfen  wir 
uns  allerdings  der  Erwartung  hingeben,  dafs  das  bezeichnete  üebel  von  dem 
LehrercoUegium  sorgfältig  überwacht  und  behandelt  wird.  Je  beeorglicher  i^er 
der  Einflute  ist,  welchen  die  in  den  letzten  Jahren  merklich  gestiegene  allge- 
meine Oenuü^ucht  auf  unsere  Jugend  ausübt,  um  so  mehr  wächst  die  Yer* 
pflichtung  der  Schule,  den  g^^ofsen  und  unheilbringenden  Gefahren,  welche  der 
geistigen  und  sittlichen  Entwickelung  unserer  Zöglinge  durch  die  immer  wieder 
auftauchende  Neigung  zum  Wirthshausbesuch  und  zur  Teilnahme  an  Trinkge» 
lagen  bereitet  werden,  in  der  nachhaltigsten  Weise,  und  zwar  nicht  nur  durch 
Bestrafung  der  einzelnen  Vergehen,  sondern  mehr  noch  durch  den  Ernst  der 
allgemeinen  Schulzucht,  durch  Kräftigung  des  Pflichtgefühls  u.  durch  Belebung 
des  wissenschaftlichen  Sinnes  zu  begegnen.^^ 

G.  Verf.  des  K.  Prov.  Seh.  C.  zu  Kiel  ▼.  7.  Dec.  1869:  „Nachdem 
in  Betreff  des  Wirthshausbesuchs  der  Schüler  die  Berichte  sämtlicher 
HH.  Dir.  eingereicht  sind,  deren  Wahrnehmungen  und  Gutachten  sehr  weit  aus 
einander  gehen,  beschränken  wir  uns  einstweilen  auf  folgende  im  Wesentlichen 
dem  bisher  beobachteten  Verfahren  entsprechende  Bestimmungen,  deren  Befolgung 
zur  Wahrung  der  Sittlichkeit  und  zur  Förderung  des  Fleifses  auf  den  höh.  Lehr- 
anstalten unumgänglich  nöthwendig  ist:   , 

1.  Den  Schülern  der  unteren  und  mittl.  Kl.  (VI — HL  incl.)  ist  der  Be- 
such von  Wirthshäusem,  aufser  in  Begleitung  ihrer  Eltern  oder  Pfleger,  nicht  zu 
erlauben.  2.  Den  Primanern,  und  wo  die  Verhältnisse  es  zulassen,  auch  den 
Secundanem,  darf  nach  dem  Ermessen  des  Dir.  und  des  LehrercoU.  der  Aufenlr 
halt  in  einzelnen  namhaft  zu  machenden  Vergnügungslocalen,  die  in  gutem  Bufe 
stehen  und  von  gebildeter  Gesellschaft  besucht  werden,  auch  ohne  Begleitung 
der  Eltern  oder  Pfleger  auf  Widerruf  gestattet  werden,  jedoch  im  Sommer  nicht 
länger  als  bis  9  Uhr  Abends,  im  Winter  nicht  länger  als  bis  8  Uhr  Abends. 
3.  Die  an  einigen  Orten  bestehende  Sitte,  den  Schülern  einzelne  Abende  all- 
wöchentl.  oder  aUmonatl.  oder  in  gröfseren  Zwischenräumen  zum  Zusammensein 
in  einem  Wirthshause  zu  überlassen,  ist  auifeuheben. 

Nur  mit  ausdrücklicher  Erlaubnis  des  LehrercoU.  und  in  der  Begel  nur 
in  Anwesenheit  des  Dir.  oder  eines  Lehrers  der  Anstalt,  dürfen  dergleichen  Ver- 
sammlungen ausnahmsweise  stattfinden.^' 

Erlafs  des  K.  0  Präsidiums  zu  Breslau  vom  8.  Juli  1824, 
republicirt  16.  Nov.  1871:  „Die  Erhaltung  eines  wohlgeordneten,  einfachen 
und  stillen  Lebens  unter  den  Schülern  der  höh.  Unlerrichtsanstalten  ist  so 
wichtig  für  deren  ganze  wissenschaftl.  und  sittliche  Ausbildung,  dafs  es  eine 
ernste  Pflicht  aller  Verwaltungsbehörden  an  den  Orten,  wo  sich  Gymnasien  und 
höh.  Stadtschulen  befinden,  ist,  auch  ihrerseits  den  Bemühungen  der  Vorsteher 
und  Lehrer  dabei  zu  Hülfe  zu  kommen.  Einer  der  wesentlichsten  Punkte, 
welcher  ihre  yoraüglicbe  Aufmerksamkeit  verdient,  ist  das  Besuchen  der 
Wirths-  und  Schankhäuser  durch  die  Schüler  jener  Anstalten,  ohne  alle 
Aufsicht  und  oft  sogar  zu  gröfseren,  lärmenden  Gesellschaften  vereinigt 
Obwohl  dieser  Mifsbrauch  schon  von  Seiten  der  Schulen  durch  die  Disciplinar- 
gesetze  verboten  ist,  so  ist  die  Controle  der  Lehrer  allein  doch  meistenteils 
nicht  hinreichend,  sondern  es  ist  die  Mitwirkung  der  Polizeibehörden  nöth- 
wendig. Diese  werden  es  sich  daher  angelegen  sein  lassen,  nicht  nur  solche 
Gesellschaften,  wo  sie  sich  finden  sollten,  zu  stören,  sondern,  wozu  sie  hier- 
durch autorisirt  werden,  allen  Wirthen  und  Inhabern  von  Schank-  und  Wirths- 

Wleie,  Yeroidnangen.  22 


338 


bäusem  an  den  Orten  der  höh.  Unterrichtsanstalten  und  in  der  unmittelbaren 
Nähe  derselben,  es  zur  strengen  Pflicht  za  machen,  dafs  sie  keine  Schüler 
dieser  Anstalten  bei  sich  aufnehmen,  auTser  wenn  sie  in  Gesellschaft  ihrer 
Eltern,  Vormünder  oder  Lehrer  sind  und  die  Disciplinargesetze  der  Schule  es 
gestatten.  Die  Wirthe,  welche  dagegen  handeln,  sind  mit  einer  angemessenen, 
und  im  Wiederholungsfalle  mit  steigernder  Polizeistrafe  zu  belegen. 

Da  übrigens  den  Schülern  der  bezeichneten  Unterrichtsanstalten,  beson- 
ders der  oberen  El.,  nicht  verwehrt  sein  soll,  auf  gröfseren  Spaziergängen  in 
einer  bestimmten  Weite  von  ihrer  Stadt  in  ein  ländliches  Wirthshaus  einzu- 
kehren, um  eine  Erfrischung  zu  geniefsen,  so  wird  nach  der  Oertlichkeit  bei 
jeder  Schule  bestimmt  werden  müssen,  in  welchem  Umkreise  vom  Orte  obiges 
Verbot  gelten  soll.  Die  Scholarchate  und  Vorstände  der  Anstalten  haben 
hierüber  die  nöthigen  Bestimmungen,  in  Vereinbarung  mit  den  Lehrern,  zu 
treffen  und  den  Polizeibehörden  anzuzeigen.  SoUten  sich  jedoch  in  einzelnen 
Fällen  auch  in  solchen  entfernteren  Wirthshäusem  Gesellschafken  bilden,  welche 
aus  den  Grenzen  der  Mäfsigkeit  und  Ordnung  heraustreten,  so  ist  auch  deren 
Besuch  den  Schülern  zu  verbieten,  und  die  Wirthe  sind  von  der  Polizeibehörde 
anzuhalten,  dieselben  nicht  wieder  aufzunehmen. 

Wenn  sich,  indem  der  Besuch  der  Wirthshäuser  am  Orte  und  in  seiner 
Nähe  aufhört,  vielleicht  in  den  Wohnungen  einzelner,  besonders  auswärtiger 
Schüler,  andere  lärmende  und  Unordnung  veranlassende  Gesellschaften  bilden 
sollten,  so  sind  die  Hauswirthe  gehalten,  den  Lehrern  davon  Anzeige  zu  machen. 
Thun  sie  dieses  nicht,  oder  begünstigen  sie  gar  jene  GeseUschafken,  selbst 
wenn  sie  von  den  Lehrern  gewarnt  sind,  so  sollen  die  Dir.  das  Becht  und  die 
Pflicht  haben,  den  Schülern  das  Wohnen  in  solchen  Häusern  zu  verbieten  und 
die  Angehörigen  derselben  vor  ihnen  zu  warnen.**  — 

Ueber  die  durch  die  Gewerbeordnung  v.  21.  Juni  1869  (1.  Juli  1883) 
teilweise  veränderte  Stellung  der  Polizei  zu  dieser  Seite  der  Schuldisciplin 
8.  Eist  Statist.  Darsi  Jli  p.  53. 

C.  Verf.  des  K.  Prov.  Seh.  C.  zu  Stettin  v.  24.  Apr.  1874:  „Die 
X.  Begierong  zu  Cöslin,  welche  schon  durch  Verordn.  v^*\10.  Mai  1852  und 
12.  Dec.  1853  den  Gast-  und  Schankwirthen  untersagt  ha^H^  Schülern  der 
öffentlichen  Schulen  geistige  Getränke  anders  zu  verabfolgen,  >^s  wenn  die 
anwesenden  Eltern  oder  Erzieher  solches  ausdrücklich  verlangten,  chatte,  bevor 
sie  von  unserem  Wunsche  nach  dem  ErlaTs  einer  neuen  derartig^  Folizei- 
ordnung  Kenntnis  erhalten,  bereits  am  28.  Mai  v.  J.  eine  solche  erlassen  und 
durch  das  Amtsblatt  veröffentlicht.  Indem  wir  Ew.  —  unter  Beifügung  einer 
Abschrift  a)  auf  dieselbe  aufmerksam  machen,  erwarten  wir,  dafs  Sie  in  den 
zu  Ihrer  Kenntnis  gelangenden  Fällen  Uebertretungen  dieser  Verordnung  der 
Polizeibehörde  anzeigen  und  auf  die  Bestrafung  des  schuldigen  Wirthes  ankagQn 
werden.  Zugleich  veranlassen  wir  Sie,  den  Ihnen  untergebenen  Lehrern  von 
dieser  Verordnung  Mitteilung  zu  machen  und  denselben  dabei  dringend  nahe- 
zulegen, dafs  sie  im  Zusammenwirken  mit  Ihnen  zur  Bekämpfung  jener  mit 
einer  gedeihl.  Schulerziehung  sich  nicht  vertragenden  Neigung  auch  die  der 
Schule  zu  Gebote  stehenden  Zuchtmittel  umsichtig  und  nachdrücklich  anwenden 
und  durch  Ermahnung  und  Warnung,  wie  durch  das  eigene  Beispiel,  die 
Schüler  zu  einem  ernsten,  nüchternen,  den  Aufgaben  ihrer  wissenschaftl.  Aus- 
bildung und  sittl.  Erziehung  ungeteilt  zugewandten  Lebenswandel  anleiten."  — 

a)  Polizeiverordnung.  Stettin  9.  Febr.  1874:  „Aus  Anlafs  wieder- 
holter Klagen  der  Schulbehörden  über  mifsbräuchliche  Duldung  des  Besuchs 
von  Schülern  in  Gast-  und  Schankwirthschaften,  Conditoreien  u.  s.  w.  bestimmen 
wir   auf  Grund   des   §   11,   in  Verbindung   mit   §  6   des   Gesetzes   über   die 


339 

PolizeiYerwaltang  y.  U.  März  1850  for  den  Umfang  unseres  YerwaltangsKezkla» 
Folgendes: 

1.  Kein  Gast-  oder  Schankwirth  (Inhaber  von  Wein-,  Bier-  und  Cafee- 
Wirthschaften  oder  sonstigen  Einrichtungen  zur  Verabreichnng  von  Speisen  und 
Getränken)  darf  Schülern  öffentlicher  Lehranstalten  im  Orte  letzterer  Speisen 
oder  Getränke  znm  Gennfs  auf  der  Stelle  verabreichen  oder  ihnen  die  Teilnahme 
an  Belustigungen  in  seinen  Localen  gestatten,  aufser  wenn  die  mitanwesenden 
nnd  dem  Wir&  als  solche  bekannten  Eltern,  Vormünder,  Lehrer  oder  Erzieher 
der  Schüler  die  Verabreichung  resp.  die  Teilnahme  ausdrücklich  genehmigen. 
2.  Auf  die  Schüler  der  Navigationschule  und  NayigationsYorschulen  findet  §  1 
keine  Anwendung.  3.  Zuwiderhandlungen  gegen  die  Vorschriften  im  §  1 
werden  mit  Geldstrafe  bis  zum  Betrage  Yon  10  Thlr.,  im  Falle  des  Unvermögens 
mit  Yerhältnismäfs.  Gefängnishaft  bestraft.'*    E.  Regierung. 

C.Verf.  Y.  29.  Mai  1880.  „Das  Unwesen  der  Schul  erverb  in  dun  gen 
in  den  oberen  Klassen  der  höh.  Lehranstalten  hat  während  der  letzten  Jahre 
die  Lehrercollegien  und  die  Königl.  Aufeichtsbehörden  in  zunehmender  Häufig- 
keit zur  Verhängung  der  schwersten  Schulstrafen  genöthigt,  welche  in  den 
Lebensgang  der  davon  betroffenen  Schüler  und  in  die  darauf  gerichteten  Ab- 
sichten ihrer  Eltern  auf  das  Empfindlichste  eingreifen  mufsten.  Der  Entschieden- 
heit des  Vorgehens  ist  neben  weit  verbreiteter  Zustimmung  tadelnde  Kritik  in 
den  Organen  der  Oeffenüichkeit  nicht  erspart  worden.  Einzelne  Stimmen  haben 
versucht)  die  Schülerverbindungen  als  natürliche  Beaction  gegen  übertriebene 
Strenge  der  Schulordnungen  zu  rechtfertigen  und  fmr  deren  Entstehung  den 
Schulen  selbst  die  Schuld  zuzuschreiben;  von  anderer  Seite  hört  man  die  Mahnung, 
man  solle  die  kindische  Nachahmung  studentischer  Bräuche  ihrer  Lächerlichkeit 
überlassen  und  ihr  nicht  durch  die  Strenge  der  Verfolgung  einen  unverdienten 
Werth  beilegen.  Jene  Beschuldigung  der  Schulen  kann  nur  aus  mangelhafter 
Kenntnis  der  thatsächlich  an  den  höh.  Schulen  eingehaltenen  Grundsätze  der 
Disciplin  erklärt  werden;  die  gesamten  Vorgänge  aber  als  ein  gleichgiltiges 
Spiel  jugendlichen  Uebermuthes  gering  zu  schälen,  wird  durch  die  Natur  der 
constatirten  Thatsachen  unmöglich  gemacht,  vor  denen  es  pflichtwidrig  wäre 
die  Augen  verschliefsen  zu  wollen.  Denn  als  gemeinsamer  Charakter  der  be- 
straften Schülerverbindungen  hat  sich  erwiesen  die  Gewöhnung  an  einen  über- 
mäfsigen  Genufs  geistiger  Getränke,  welcher,  auch  wenn  er  in  Ausnahmefällen 
ohne  Täuschung  der  Eltern  über  den  Zweck  der  Ausgaben  ermöglicht  wird^ 
Jedenfalls  der  körperlichen  Gesundheit  nachteilig  ist,  jedes  edlere  geistige 
Interesse  lähmt,  ja  selbst  die  Fähigkeit  zum  emsüichen  Arbeiten  aufhebt.  Die 
Unterhaltungen  in  den  Trinkgelagen  sind  in  manchen  Fällen  nachweisbar,  da  * 
man  sie  der  schriftlichen  Au&eichnung  werth  erachtet  hat,  in  den  Schmutz 
gemeiner  Unsittlichkeit  herabgesunken.  Die  Entfremdung  gegen  die  wissen- 
schaftlichen und  sittlichen  Ziele  der  Schule  führt  zu  der  Bemühung  um  alle 
Mittel  der  Täuschung  in  den  für  häusliche  Arbeit  gestellten  Aufgaben;  manche 
Verbindungen  sichern  hierzu  überdies  ihren  Mitgliedern  die  Benutzung  ihrer 
TäuschungsbibUothek.  Selbstverständlich  ist  der  Erfolg  solcher  Täuschung  nur 
ein  vorübergehender;  die  längste  Dauer  des  Aufenthaltes  in  den  oberen  Klassen, 
das  Doppelte  und  Dreifache  der  normalen  Zeit,  findet  sich  vornehmlich  bei 
eifrigen  Verbindungsmitgliedem,  die  in  der  ErftLUung  ihrer  angeblichen  Ver- 
bindungspflichten die  Fähigkeit  zum  Arbeiten  verloren  haben.  —  Gemeinsam 
ist  femer  den  bestraften  Scbülerverbindungen  die  Bestimmung,  dafs  in  Sachen 
der  Verbindung  den  Mitgliedern  gegenüber  der  Schule  die  Lüge  zur  Ehren- 
pflicht gemacht  wird.  An  die  Stelle  der  Achtung  vpr  der  sittlichen  Ordnung 
der  Schule  und  der  natürlichen  Anhänglichkeit  der  Schüler  an  die  Lehrer  wird 

22* 


340 

die*gnindsätzliche  Mifsachtong  der  Schalordnnng  und  die  pietätslose  Frech- 
heit gegen  die  Lehrer  gesetzt.  Der  Terrorismos,  welchen  die  Yereinsmitglieder 
gegen  die  übrigen  Schüler  ausüben,  erschwert  es  diesen,  sich  der  sitüichen 
Yergiftong  zu  entziehen;  dnrch  enge  Verbindung  unter  einander  breiten  dle^ 
Vereine  ihr  Netz  möglichst  weit  über  verschiedene,  nahe  und  ferne  Lehr- 
anstalten aus. 

Die  bezeichneten  Charakterzüge  sind,  wenn  auch  nicht  jeder  derselben 
in  jedem  einzelnen  Falle  ausdrücklich  nachgewiesen  ist,  doch  sämtlich  in 
betrübender  Evidenz  als  thatsächlich  constatirt. 

Ich  erkenne  gern  an,  dafs  in  den  zur  Bestrafung  gelangten  Fällen  die- 
Lehrercollegien  die  Mühe  und  den  Verdmfs  der  Untersuchung  mit  voller  Hin- 
gebung übernommen  und  dafs  die  Lehrercolleglen  sowie  die  KOnigl.  Aufsichts- 
behörden in  den  Entscheidungen  über  die  Bestrafung  sich  ausschliefslich  durch 
das  Bewufstsein  ihrer  Pflichten  gegen  die  Schule  haben  bestimmen  lassen.  In 
einzelnen  Fällen  hat  allerdings  darauf  hingewiesen  werden  müssen,  dafs  die^ 
LehrercoUegien  durch  aufmerksame  Beobachtung  der  Symptome  schon  früher 
hätten  zur  Entdeckung  und  Unterdrückung  des  Uebels  geführt  werden  sollen. 
Die  weite  Verbreitung,  welche  das  Verbindungswesen  in  dem  vorher  bezeich- 
neten, die  Sittlichkeit  unserer  höheren  Schulen  untergrabenden  Charakter  un- 
verkennbar bereits  erreicht  hat,  machen  es  zur  dringenden  Nothwendigkeit,. 
dafs  diesem  Gregenstande  von  allen  LehrercoUegien  andauernd  und  consequeni 
die  sorgfältigste  Aufmerksamkeit  zugewendet  werde.  In  dieser  Hinsicht  mach» 
ich  auf  folgende  Punkte  aufinerksam. 

Die  höh.  Schulen,  soweit  sie  nicht  Alumnate  sind,  vermögen  nicht  dem 
Elternhaus  die  Aufgabe  der  Erziehung  abzunehmen,  wohl  aber  sind  sie  fähig- 
und  berufen,  durch  ihren  gesamten  Unterricht  entscheidenden  Einflufs  auf  die 
sittliche  Bildung  der  ihnen  anvertrauten  Jugend  auszuüben,  nicht  etwa  blofs 
dadurch,  dafs  der  Beligionsunterricht  die  sichere  Grundlage  sittlich  religiöser 
Ueberzeugung  zu  erhalten  und  zu  festigen  hat,  sondern  dadurch,  dafs  der  ge- 
samte Unterricht  dem  jugendlichen  Geiste  eine  Beschäftigung  zu  geben  und 
ein  Interesse  zu  wecken  vermag,  welches  die  sicherste  Abwehr  gegen  das  Ver- 
sinken unter  die  Gewalt  und  Herrschaft  sinnlicher  Triebe  ist.  Ich  darf  zuver- 
sichtlich verbauen,  dafs  zu  dieser  religiösen  Festigung  des  Willens  und  zu 
dieser  Bildung  des  Gedankenkreises  der  Schüler  durch  den  Unterricht  der  stille, 
aber  hochbedeutsame  Einflufs  hinzutritt,  welchen  das  eigene  Beispiel  der  Lehrer,, 
ihre  charaktervolle  Haltung  in  der  Schule  und  aufserhalb  derselben  auf  die 
ihnen  anvertrauten  Schüler  ausübt.  Endlich  sind  nicht  wenige  auch  von  den- 
jenigen Schulen,  deren  Schüler  nicht  zu  einem  Convict  vereinigt  sind,  mit 
vollem  Rechte  darauf  bedacht,  ihrerseits  den  Schülern  Anlafs  zu  erlaubter  Ge- 
selligkeit zu  bieten  und  hiermit  zu  verhüten,  dafs  die  Schüler  nicht  nach  der 
ernsten  Arbeit  der  Schule  die  heiteren  Feste  aufserhalb  derselben  und  im 
Cregensatze  zu  ihr  glauben  suchen  zu  sollen. 

Unter  normalen  Verhältnissen  würden  diese  positiven  Einwirkungen  der 
Schule  hinreichen,  die*  Schüler  mit  der  Freude  an  dem  geistigen  Fortschritte, 
welchen  sie  den  Lehrern  verdanken,  zur  Achtung  vor  der  sittlichen  Ordnung 
der  Schule  und  willigem  Gehorsam  gegen  dieselbe  zu  führen.  Gegenüber  der 
weit  verbreiteten  Verführung  ist  eine  beständige  Aufmerksamkeit  auf  die 
Symptome  des  eintretenden  Uebels  und  Entschiedenheit  des  Einschreitens  gegen 
das  thatsäcbliche  Auftreten  desselben  erforderlich. 

Die  Interesselosigkeit  und  die  Zerstreutheit  sonst  begabter  und  eifriger 
Schüler,  ihre  Schläfrigkeit  in  den  Stunden,  welche  die  gröfste  geistige  Frische 
zeigen  sollten,  sind  unverkennbare  Symptome  davon,  dafs  far  diese  Schüler  der 
Mittelpunkt  ihres  Lebens  anderswo  als  in  der  Schule  liegt.    Von  solchen  Be- 


341 

obaditongen  sind  bei  Schülern,  welche  im  Eltemhaase  wohnen,  die  Eltern  zu 
ihrer  Warnung  seitens  der  Schule  in  Kenntnis  zu  setzen.  Bei  auswärtigen 
Schülern  ist  die  Schule  berechtigt  und  verpflichtet,  das  häusliche  Leben  in 
den  Bereich  ihrer  Aufsicht  zu  ziehen.  Die  Besuche  seitens  des  Ordinarius,  des 
Directors  oder  der  von  ihm  beauftragten  Lehrer  haben  sich  selbstverständlich 
TOmehmlichy  aber  durchaus  nicht  ausschliefslich  solchen  auswärtigen  Schülern 
zuzuwenden,  deren  Haltung  in  der  Schule  zu  sittlichen  Bedenken  Anlafs  giebt. 
Ich  bringe  hierbei  in  Erinnerung,  dafs  Eltern  auswärtiger  Schüler  verpflichtet 
sind,  für  die  häusliche  Aufsicht,  in  welche  sie  ihre  Söhne  zu  geben  beab- 
sichtigen, die  ausdrückliche  Genehmigung  des  Directors  einzuholen,  und  dafs 
der  Director  berechtigt  ist^  Pensionen  zu  verbieten,  welche  nach  seiner  Er- 
fahrung den  nothwendig  zu  stellenden  Forderungen  nicht  entsprechen. 

Diese  Beobachtimgen  der  Symptome  innerhalb  der  Schule  und  aufser- 
halb  derselben  haben  Gegenstand  der  Anfrage,  Mitteilung  und  eventuellen  Er- 
wägung in  jeder  Conferenz  zu  bilden  und  sind  in  dem  Conferenz-ProtokoUe 
genau  zu  vermerken.  Wenn  dieser  Aufgabe  alle  Mitglieder  des  Collegiums 
sich  hingeben,  wenn  überdies  in  Fällen  der  Besorgnis  mit  Eltern,  welche  auf 
die  sittliche  Beinheit  ihrer  Söhne  ernstlich  bedacht  sind,  Einvernehmen  ge- 
sucht wird,  so  wird  namentlich  in  kleinen  und  mittleren  Schulorten  schwerlich 
unbemerkt  bleiben  können,  ob  überhaupt  eine  die  Sittlichkeit  der  Schule  ge- 
iährdende  Verbindung  im  Entstehen  begriffen  ist,  und  es  werden  durch  die 
Gesamtheit  der  Beobachtungen  auch  die  ersten  Schritte  zu  wirklicher  Ent- 
deckung gewiesen  sein. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit  der  Prov.  Schulcollegien  erfordern  solche 
Anstalten,  in  deren  obere  Klassen  ein  starker  Zuzug  von  andern  Schulen  statt- 
findet, ohne  dafs  derselbe  in  dem  Vorhandensein  benachbarter  unvollständiger 
Anstalten  oder  für  die  einzelnen  Fälle  in  den  besonderen  Verhältnissen  der 
Eltern  seine  Erklärung  fände.  Ein  solcher  Zuzug  ist  erfahrungsmäfsig  häufig 
nicht  durch  den  Buf  etwaniger  hervorragender  Leistungen  der  fraglichen  An- 
stalt veranlafst,  sondern  durch  die  begründete  oder  unbeg^ründete  Aussicht  der 
Schüler  auf  eine  weitgehende  Nachsicht  in  der  Beaufsichtigung  ihres  Lebens 
aufserhalb  der  Schule  und  in  den  Ansprüchen  der  Schule  an  ihre  wissen- 
schaftlichen Leistungen.  Das  K.  Prov.  Sch.C.  wolle  in  den  Fällen,  wo  solche 
Besorgnis  angezeigt  ist,  nicht  zögern,  die  Aufoahme  von  Schülern  in  die 
oberen  Klassen  von  Seiner  ausdrücklichen  Genehmigung  abhängig  zu  machen. 

Wenn  das  Vorhandensein  einer  verbotenen  Schul  erver  bin  düng  er- 
wiesen ist,  so  hat  die  Schule  gegen  aUe  Teilnehmer  mit  unnachsichtiger  Strenge 
2u  verfahren,  sie  hat  aber  zugleich  die  Bestrafung  nach  dem  Mafse  der  StndT- 
barkeit  der  Verbindung  und  nach  dem  Mafse  der  Schuld  der  einzelnen  Teil- 
nehmer gerecht  abzustufen. 

Verboten  und  strafbar  sind  alle  Schülerverbindungen,  zu  welchen  nicht 
der  Director  die  ausdrückliche  Genehmigung  erteilt  und  dadurch  seinerseits 
die  Verantwortlichkeit  für  ihre  Haltung  übernommen  hat.  Die  Strafbarkeit 
•einer  Verbindung  oder  eines  Vereines  wird  dadurch  nicht  aufgehoben,  dafs  an 
sich  löbliche  oder  untadelige  Zwecke  angegeben  oder  vorgeschützt  werden;  wohl 
aber  steigert  sich  dieselbe  nach  dem  Grade  der  in  ihr  erwiesenen  Zucht- 
losigkeit 

In  jedem  Falle  ist  über  die  Teilnehmer  an  einer  Verbindung  auDser 
«iner  schweren  Carcerstrafe  das  Consilium  abeundi  zu  verhängen,  d.  h.  die  an 
die  Schüler  und  amtlich  an  deren  Angehörige  abzugebende  Erklärung,  dafs  bei 
der  nächsten  Verletzung  der  Schulordnung,  welche  nicht  in  erneuerter  Teil- 
nahme an  einer  Verbindung  zu  bestehen  braucht»  die  Entfernung  von  der 
Schule  eintreten  muüs. 


342 

Schüler,  bei  denen  am  der  Teilnahme  an  einer  Verbindung  noch  er^ 
Bchwerende  umstände  hinzutreten,  mögen  dieselben  in  der  hervortretenden  be- 
sonderen Zuchüosigkeit  des  Yerbindungslebens  oder  in  ihrer  eigenen  Thätig- 
keit  för  Bildung,  Leitung,  Vermehrung  der  Verbindung,  oder  in  hartnäckigem 
Leugnen  oder  in  ihrer  sonstigen  Haltung  liegen,  sind  von  der  Anstalt  zu  yer- 
weisen.  Von  dem  Beschlüsse  der  Verweisung  ist  die  OrtspolizeibehOrde  in 
Kenntnis  zu  setzen. 

Wenn  Schüler,  welche  wegen  Teilnahme  an  einer  Verbindung  mit  dem 
Consilium  abeundi  oder  der  Verweisung  von  der  Schule  bestraft  sind,  nicht  in 
dem  elterlichen  Hause  sich  befinden,  so  hat  der  Director  den  Eltern  der  etwa 
noch  auTserdem  bei  demselben  Pensionshalter  wohnenden  Schüler  anzuzeigen, 
daCs  sie  binnen  bestimmter  Frist  ihre  Söhne  unter  andere  Aufsicht  zu  bringen 
haben,  und  hat  für  eine  angemessene  Zeit  nicht  zu  gestatten,  dafs  Schüler  der 
Anstalt  in  der  betreffenden  Pension  untergebracht  werden. 

In  den  Abgangszeugnissen  derjenigen  Schüler,  welche  wegen  ihrer 
Teilnahme  an  einer  Verbindung  von  einer  Schule  entfernt  worden  sind,  ist  der 
Grund  ihrer  Ausschliefsung  ausdrücklich  zu  bezeichnen.  Schüler,  welche  aus 
diesem  Grunde  von  einer  Schule  entfernt  worden  sind,  bedürfen  fär  die  Wahl 
der  Anstalt,  an  welcher  sie  aufgenommen  zu  werden  wünschen,  die  Genehmigung 
des  betr.  Prov.  Sch.C.,  bezw.  haben  sie  bei  demselben  die  Zuweisung  an  eine 
Schule  nachzusuchen.  —  In  den  Programmen  der  Schule  dürfen  die  etwa  von 
derselben  verwiesenen  Schüler  nicht  mit  ihrem  Namen  aufgeführt  werden. 

Den  Prov.-SchulcoUeg^en  steht  es  zu,  die  Strafe  der  Verweisung  durch 
die  Ausschliefsung  von  allen  höheren  Schulen  der  Provinz  zu  verschärfen. 
Die  Ausschliefsung  eines  Schülers  von  den  Anstalten  mehrerer  Provinzen,  im 
äu&ersten  Falle  von  allen  öffentlichen  Schulen  der  Monarchie  bleibt  meiner 
Entscheidung  vorbehalten. 

Von  jedem  Falle,  in  welchem  Schulstrafen  über  Teilnehmer  an  einer 
Verbindung  verhängt  worden  sind,  hat  der  Director  der  betr.  Schule,  auch 
wenn  nicht  zur  Ausschliefsung  von  Schülern  geschritten  ist,  durch  abschrift- 
liche Einreichung  der  Conferenz-ProtokoUe  das  Prov.-Sch.-C.  in  Kenntnis  zu 
setzen,  von  welchem  ich  sodann  Bericht  in  der  Sache  erwarte. 

Die  Strafen,  welche  die  Schulen  verpflichtet  sind,  über  Teilnehmer  an 
Verbindungen  zu  verhängen,  treffen  in  gleicher  oder  gröfserer  Schwere  die 
Eltern  als  die  Schüler  selbst.  Es  ist  zu  erwarten,  dafs  dieser  Gesichtspunkt 
künftig  ebenso,  wie  es  bisher  öfters  geschehen  ist,  in  Gesuchen  um  Milderung 
der  S^afe  wird  zur  Geltung  gebracht  werden,  aber  es  kann  demselben  eine 
Berücksichtigung  nicht  in  Aussicht  gestellt  werden.  Den  Ausschreitungen  vor- 
zubeugen, welche  die  Schule,  wenn  sie  eingetreten  sind,  mit  ihren  schwersten 
Strafen  verfolgen  mnfs,  ist  Aufgabe  der  häuslichen  Zucht  der  Eltern  oder  ihrer 
Stellvertreter.  In  die  Zucht  des  Elternhauses  selbst  weiter  als  durch 
Bath,  Mahnung  und  Warnung  einzugreifen,  liegt  aufserhalb  des  Rechtes  und 
der  Pflicht  der  Schule;  und  selbst  bei  auswärtigen  Schülern  ist  die  Schule 
nicht  in  der  Lage,  die  unmittelbare  Aufsicht  über  ihr  häusliches  Leben  zu 
fuhren,  sondern  sie  hat  nur  deren  Wirksamkeit  durch  ihre  Anordnungen  und 
ihre  Controle  zu  ergänzen.  Selbst  die  gewissenhaftesten  und  aufopferndsten 
Bemühungen  der  LehrercoUegien,  das  Unwesen  der  Schülerverbindungen  zu  unter- 
drücken, werden  nur  teilweisen  und  unsicheren  Erfolg  haben,  wenn  nicht  die 
Erwachsenen  in  ihrer  Gesamtheit,  insbes.  die  Eltern  der  Schüler,  die  Personen, 
welchen  die  Aufsicht  über  auswärtige  Schüler  anvertraut  ist,  und  die  Organe 
der  Gemeindeverwaltung,  durchdrungen  von  der  Ueberzeugung,  dafs  es  sich  um 
die  sittliche  Gesundheit  der  heranwachsenden  Generation  handelt,  die  Schule 
in  ihren  Bemühungen  rückhaltslos   unterstützen.     Die  Organe   der  Polizeiver- 


343 

waltnng  sind  in  der  Lage,  durch  ihre  Amtsgewalt  wenigstens  der  Ausbreitung 
der  Schdlerexcesse  Einhalt  zn  thnn,  nnd  werden  von  competenter  Stelle  an  die 
Anwendung  der  ihnen  zustehenden  Mittel  erinnert  werden,  ^och  ungleich 
grOfser  ist  der  moralische  Einflufs,  welchen  yomehmlich  in  kleinen  und  mittleren 
Stfidten  die  Organe  der  Gemeinde  auf  die  Zucht  und  gute  Sitte  der  Schiller  an 
den  höh.  Schulen  zu  üben  vermögen.  Wenn  die  städtischen  Behörden  ihre 
Indignation  über  zuchtloses  Treiben  der  Jugend  mit  Entschiedenheit  zum  Aus- 
drucke und  zur  Geltung  bringen,  und  wenn  dieselben  und  andere  um  das 
Wohl  der  Jugend  besorgte  Bürger  sich  entschliefsen,  ohne  durch  Denunciation 
Bestrafung  herbeizufahren,  durch  warnende  Mitteilung  das  Lehrercollegium  zu 
unterstützen,  so  ist  jedenfalls  in  Schulorten  von  mäfsigem  umfange  mit  Sicher- 
heit zu  erwarten,  dafs  das  Leben  der  Schüler  aufserhalb  der  Schule  nicht 
dauernd  in  Zuchtlosigkeit  verfallen  kann.  Aber  es  ist  eine  an  sich  kaum 
glaubliche  und  doch  vollständig  constatirte  Thatsache,  dafs  städtische  Be- 
hörden für  die  Schülerverbindungen  gegen  die  Ordnung  der  Schule  Partei 
genommen  und  in  dem  verschwenderischen  Treiben  auswärtiger  Schüler  ge- 
glaubt haben  ihrer  Stadt  einen  Erwerb  erhalten  zu  sollen.  Der  Bestand  einer 
höheren  Schule,  ohne  unterschied  aus  welchen  Mitteln  dieselbe  unterhalten 
werden  mag,  ist  f&r  jede  Stadt  von  entsprechender  Gröfse  ein  in  alle  ihre 
Lebensverhältnisse  tief  eingreifendes,  werthvolles  Gut;  die  Erhaltung  desselben 
ist  dadurch  bedingt,  dafs  die  städtischen  Behörden  die  sittiiche  Aufgabe  der 
Schule  würdigen  und,  wenn  sie  selbst  ihre  Erfallung  nicht  unterstützen,  doch 
jedenfalls  nicht  durch  ihr  Verhalten  erschweren  und  hemmen.  Sollte  dessen* 
ungeachtet  die  betrübende  Erfahrung  sich  wiederholen,  dafs  städtische  Behörden 
durch  ihr  Verhalten  den  zur  Aufrechthaltung  der  Schulzucht,  insbesondere  zur 
Unterdrückung  der  verderblichen  Schülerverbindungen  ergriffenen  Mafsregeln 
Hindemisse  in  den  Weg  legen,  anstatt  deren  Durchfahrung  pflichtmäfsigen  und 
rnckhaltslosen  Beistand  zu  leihen,  so  würde  ich  in  dem  Bewufstsein  der  mir 
obliegenden  Verantwortlichkeit  far  das  Wohl  der  heranwachsenden  Jugend  mich 
genöthigt  sehen,  als  äufserstes  Mittel  selbst  die  Schliefsung  oder  Verlegung 
der  betr.  Schule  in  Erwägung  zu  nehmen. 

'  Das  K.Prov.  Sch.G.  wolle  die  Directionen  der  höh.  Schulen  Seines  Amts- 
bereiches von  diesem  Erlafs  zur  Nachachtung  in  Kenntnis  setzen  und  Seiner- 
seits dem  Gegenstande  die  seiner  Wichtigkeit  entsprechende  Aufmerksamkeit 
zuwenden.'^  Der  Minister  etc.  von  Puttkamer. 

Ueber  Beteiligung  an  Vereinen  für  Stenographie  s.  p.  220;  über 
Schülervereinigungen  auch  zum  Zweck  der  Herausgabe  von  Zeit- 
schriften s.  Hist.  Statist.  Darst.  Ill  p.  53  und  hier  p.  344  f. 

Min. Verf.  v.  25.  Nov.  1848:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erkläre  ich  mich 
mit  dem  K.  Prov.  Sch.C.  dahin  einverstanden,  dafs  eine  Beteiligung  von  Gym- 
nasiasten und  Schülern  an  politischen  Vereinen  im  Interesse  der  den 
öffentl.  Lehranstalten  obliegenden  erziehenden  Fürsorge  für  die  ihnen  anver- 
traute Jugend  nicht  angemessen  ist,  und  dafs  daher  die  betr.  Anstalten  mit 
allen  ihnen  zuständigen  Mitteln  der  Schuldisciplin  ernstlich  dagegen  zu  wirken 
haben.  Dies  gilt  aus  dem  Standpunkt  der  Disciplin  selbst  in  dem  Fall,  wenn 
Eltern  oder  Vormünder  sich  etwa  veranlafst  finden  sollten,  ihren  Kindern  oder 
Pflegebefohlenen  eine  desfallsige  Erlaubnis  zu  erteilen.*'  — 

C.Verf.  V.  25.  Apr.  1825:  „Dem  K.  Consist.  wird  hieneben  Abschrift 
a)  einer  von  dem  K.  Min.  des  Innern  und  der  Polizei  an  sämtl.  Prov.  Be- 
gierungen  erlassenen  Verf.  v.  8.  d.  M.,  nach  welcher  den  Besitzern  und  Vor- 
stehern der  Leihbibliotheken  die  Verabfolgung  von  Büchern   an  Gymna- 


344 

siasten  unbedingt  verboten  ist,  zur  Kenntnisnahme  und  weiteren  Veranlassung 
mit  dem  Eröffiaen  zngefertigt,  dafs  nunmehr  nach  der  völligen  Ausschliefsung 
der  Gymnasiasten  von  der  Benutzung  der  Leihbibliotheken  die  früher  ange- 
ordnete Mitwirkung  der  Dir.  bei  Beaufeichtigung  dieser  Bibliotheken  nicht 
weiter  erforderlich  ist.  —  Zugleich  wird  das  £.  Consist.  aufigefordert,  den  Dir. 
der  Gymn.  Seines  Bezirks  zur  Pflicht  zu  machen,  dafs  sie  nicht  nur  bei  An- 
schaffung von  neuen  Büchern  far  die  bei  jedem  Gjmn.  teils  schon  gegründete, 
teils  noch  zu  gründende  Schülerbibliothek  mit  der  sorgfältigsten  Auswahl  ver- 
fahren, sondern  auch  beim  Verleihen  von  Büchern  aus  dieser  Bibliothek  an  die 
einzelnen  Schüler  die  jedesmalige  Bildungsstufe  und  das  Bedürfnis  derselben 
gehörig  berücksichtigen  und  überhaupt  darauf  halten,  dafs  die  einzelnen  Schüler 
beim  Benutzen  der  für  sie  bestimmten  Bibliothek  planmäfsig  zu  Werke  gehen.'' 
a)  C.Verf.  des  Polizeimin.  v.  8.  Apr.  1825:  „Da  das  K.  Min.  der 
geistl.  etc.  AngeL  es  in  vielfacher  Hinsicht  bedenklich  findet^  dafs  den  Schülern 
der  Gymn.  wenn  auch  bedingungsweise  die  Benutzung  der  Leihbibliotheken 
gegen  einen  von  den  Angehörigen,  oder  dem  Dir.  des  Gymn.  ausgestellten  Er- 
laubnisschein gestattet  werde,  und  ich  der  Meinung  desselben,  dafs  nur  durch 
ein  unbeding^s  allgm.  Verbot  dem  Eigennutz  gewissenloser  Leihbibliothekare 
und  den  Versuchen  der  Schüler,  durch  Umwege  Eingang  in  die  Leihbibliotheken 
zu  erhalten,  mit  Erfolg  zu  begegnen  sei,  nur  beitreten  kann,  so  wird  der  K.  Be- 
gierung  hierdurch  aufgetragen,  den  Besitzern  und  Vorstehern  der  Leihbibliotheken 
nunmehr  die  Verabfolgung  von  Büchern  an  Schüler  unbedingt  zu  untersagen 
und  auf  die  Aufrechthaltang  dieses  Verbots  fortgesetzt  nachdrücklich  zu  halten.*^ 

Yeif,  des  Min.  Dr.  Falk  v.  11.  Febr.  1874:  „Als  vor  2  Jahren  durch 
das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Magdeburg  das  Bestehen  von  Schülervereinigungen 
zu  meiner  Kenntnis  gebracht  wurde,  welche  den  Zweck  hatten,  eigene  Pro- 
ductionen  in  einer  für  Schüler  bestimmten  Zeitschrift;  „Walhalla"  zu  sammeln 
und  zu  veröffentlichen,  hielt  ich  nicht  dafmr,  dafs  dies  ohne  Weiteres  zu  ver- 
bieten sei,  da  Bestrebungen  dieser  Art,  wenn  sie  in  ihren  Grenzen  bleiben, 
auch  eine  heilsame  Wirkung  auf  die  Teilnehmer  haben  können.  Für  noth- 
wendig  erklärte  ich  indefs,  dafs  dasjenige,  was  die  jungen  Leute  verbindet  und 
beschäftigt,  dem  Dir.  der  betr.  Anstalt  oder  einem  der  Lehrer,  welchem  sie 
etwa  besonderes  Vertrauen  schenken,  fortdauernd  hinlänglich  bekannt  ist,  um 
ihm  ein  Urteil  darüber  möglich  zu  machen,  wie  weit  es  sich  mit  der  Zucht  und 
Ordnung,  welche  auf  der  Schule  herrschen  mufs,  und  mit  ihren  wissenschaftl. 
Aufgaben  verträgt. 

Seitdem  sind  mir  wiederholt  Mitteilungen  zugekommen,  welche  darauf 
schliefsen  lassen,  dafs  die  angegebenen  Voraussetzungen  nicht  mehr  zutreffen, 
und  dafs  die  Controle  seitens  der  Lehrer  entweder  gar  nicht  oder  mit  zu  grofser 
Nachsicht  geübt  wird,  um  allem  Ungehörigen  rechlzeitig  vorzubeugen.  Dabei 
ist  nicht  zu  verkennen,  dafs  die  Beaufsichtigung  durch  die  grofse  Ausdehnung, 
welche  die  Sache  in  Deutschland  und  darüber  hinaus  allmählich  genommen  hat, 
sehr  erschwert  oder  unmöglich  gemacht  wird. 

Unter  diesen  Umständen  und  da  neuerdings  die  Anzeichen  sich  gemehrt 
haben,  dafs  das  ursprünglich  löbliche  Unternehmen  auf  Abwege  geraüien  ist 
und  auszuarten  beginnt,  erachte  ich  für  nothwendig,  dafs  die  Teilnahme  daran 
den  Schülern  nicht  länger  gestattet  werde. 

Demgemäfs  veranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.C,  in  Seinem  Bereich,  soweit 
es  erforderlich  ist,  Anordnung  zu  treffen,  dafs  den  Schülern  jede  Beteiligung 
an  der  „Walhalla"  untersagt  und  ein  Zuwiderhandeln  angemessen  bestraft  werde." 

C.  Verf.  V.  12.  Mai  1875.  „Das  unter  dem  11.  Febr.  v.  J.  von  mir 
erlassene  Verbot  der  Schülerzeitschrift  Wal  halla  ist  dadurch  umgangen  worden, 


345 

4af8  man  einige  Monate  später  unter  einem  anderen  Namen,  Freya,  ein  Blatt 
derselben  Tendenz  herauszugeben  begonnen  hat.  Als  ,^  die  Bedaction  ver- 
antwortlich** ist  ein  Buchdrucker  in  Magdeburg  genannt.  Man  ist  nicht  ohne 
Erfolg  bemüht  gewesen,  an  den  deutschen  höh.  Schulen  Teilnehmer  zu  werben, 
und  hat  sich  dabei  nicht  gescheut,  der  Einladung  die  unwahre  Nachricht  hinzu- 
zufügen: „das  Mithalten  der  Zeitschrifk  sei  durch  ministerielle  Verfügung  erlaubt 
worden."  Die  Teilnahme  ist  nicht  auf  Schüler  beschränkt,  sondern  auch  auf 
Studenten,  junge  Eaufleute  und  Techniker  ausgedehnt 

Ist  nun  auch  nach  dem,  was  vorliegt,  dem  Unternehmen  ein  gutes 
Streben  nicht  abzusprechen,  so  bietet  die  ganze  Einrichtung  doch  keinerlei  Ge- 
währ dafür,  dafs  den  naheliegenden  (gefahren  der  Ausartung  und  nachteiliger 
Tolgen  wirksam  werde  begegnet  werden.  Der  Schule  wird  ihre  Aufgabe  durch 
derartige  Verbindungen  und  Zwecke  erschwert,  und  eine  Ueberwachung  derselben 
ist  ihr  durch  die  Ausdehnung  der  Sache  unmöglich  gemacht.  Die  Jugend  wird 
in  einer  Zeit,  wo  sie  erst  zu  lernen  hat,  und  dazu  ihre  Kräfte  gesammelt 
erhalten  soll,  durch  den  Beiz,  der  für  Viele  darin  liegt,  schon  mit  eigenen  Pro- 
<luctionen  in  die  Oeffenüichkeit  zu  treten,  von  ihrer  nächsten  Pflicht  abgezogen 
und  durch  die  Art  dieser  Verbindungen  vielfach  zerstreut. 

Da  sonach  mit  Sicherheit  anzunehmen,  das  mögliche  Gute  an  der  Sache 
werde  von  den  unausbleiblichen  üblen  Folgen  entschieden  überwogen  werden, 
so  ist  Schülern  eine  Beteiligung  an  der  Zeitschrift  Freya  femer  nicht  zu 
gpestatten  und  for  künftig  allgemein  als  Norm  festzuhalten,  dafs  Schülervereine 
za  Zwecken,  die  an  sich  zu  billigen,  nur  dann  zulässig  sind,  wenn  sie  sich 
wirklich  auf  Schüler  und  zwar  auf  solche,  die  einer  und  derselben  Anstalt  ange- 
hören, beschränken,  so  dafs  deren  Director  eine  Verantwortlichkeit  dabei  über- 
nehmen kann. 

Ich  beauftrage  das  E.  Prov.Sch.C,  hiemach  das  Erforderliche  an  die 
Dir.  der  höh.  Lehranstalten  Seines  Bessorts  zu  verfügen,  wobei  denselben  zu 
empfehlen  sein  wird,  um  eine  neue  Umgehung  des  Verbots  zu  verhindem,  in 
geeigneter  Weise  auch  die  Eltem  der  Schüler  ins  Interesse  zu  ziehen,  da  die 
Angelegenheit  zu  denen  gehört,  welche  ein  Zusammenwirken  von  Schule  und 
Haus  nothwendig  voraussetzen.**    * 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  22.  Dec.  1875.  „Von 
der  Direction  des  Gymn.  zu  N.  ist  uns  ein  Exemplar  einer  gedruckten,  durch 
die  Post  versandten  Zuschrift  der  Verlagsbuchhdlg.  J.  H.  Webel,  Leipzig  Nürn- 
berger Str.  21,  an  die  Herren  Studirenden  der  Prima  etc.  eingereicht  worden, 
in  welcher  diese  aufgefordert  werden,  den  „Deutschen  Studienblättem,  die  vom 
1.  Januar  1876  ab  wöchentL  zum  Preise  von  1  M.  pro  Quartal  erscheinen 
sollen,  durch  Mitarbeiterschaft  wie  durch  Abonnement  ihre  Unterstützung  zu 
leihen  und  zu  diesem  Behufe  durch  einen  Delegirten  der  Klasse  mit  der 
bez.  Firma  in  Verbindung  zu  treten,  auch  in  den  anderen  Klassen  der  betr. 
Anstalt  für  das  Untemehmen  zu  agitiren.** 

Da  hiermit  ohne  Zweifel  dieselbe  Tendenz  verfolgt  wird,  die  seinerzeit  der 
Herausgabe  der  Zeitschriften  Walhalla  und  Freya  zu  Grunde  gelegen  hat,  und, 
wie  zu  erwarten  steht,  auch  an  die  übrigen  Unterrichtsanstalten  unseres  Bessorts 
Exemplare  der  vorbemerkten  Zuschrift  versandt  sein  werden,  so  geben  wir  den 
Directoren  derselben  von  Vorstehendem  mit  dem  Veranlassen  Kenntnis,  der 
Angelegenheit  dieselbe  Aufmerksamkeit  und  Behandlung  zu  Teil  werden  zu  lassen, 
die  wir  gemäfs  der  C.  Verf.  vom  12.  Juni  d.  J.  durch  Verf.  vom  31.  ej.  ihnen 
in  Betreff  der  Schülerzeitschrift  Freya  zur  Pflicht  gemacht  haben.** 

C.  Verf.  der  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  28.  März  1876.  „Wieder- 
holte Erfahrangen  aus  dem  letzten  Jahre  haben  uns  gezeigt,  dafs  Schüler  der 
oberen  Klassen  in  den  höheren  Lehranstalten   unseres  Aufsichtsbezirkes  mehr- 


\ 


346 

fach  ohne  Yorwissen  der  Directoren  liiterarische  Verbindungen  unge- 
eigneter Art  teils  selbst  gegründet  und  über  weitere  Kreise  zu  verbreiten 
gesucht  haben,  teils  ähnlichen  Vereinen,  die  sich  an  anderen  Orten  gebildet 
hatten,  ihrerseits  bereitwillig  beigetreten  sind.  Um  für  die  Zukunft  allen  auf 
unstatthafte  Verbindungen  irgend  welcher  Art  abzweckenden  Bestrebungen  und 
Unternehmungen  der  Schüler  von  vornherein  möglichst  vorzubeugen,  ordnen  wir 
hierdurch  an,  dafs  an  allen  denjenigen  Lehranstalten  unseres  Aufeichtskreises, 
für  welche  eine  gedruckte  Schulordnung  erlassen  ist,  derselben  zunächst 
durch  schriftlichen  Nachtrag  folgende  Bestimmung  hinzugefügt  werde:  „Den 
Schülern  ist  jede  Verbindung  unter  einander  oder  mit  Nicht-Schülern  verboten, 
deren  Zweck  nicht  von  ihnen  dem  Director  (bezw.  Becior)  angezeigt  und  von 
demselben  gebilligt  worden  ist.  Nicht  minder  ist  es  den  Schülern  untersagt, 
irgend  etwas  durch  Druck  oder  auf  andere  Weise  zu  veröffentlichen."" 

An  denjenigen  höh.  Schulen,  welche  einer  gedruckten  Schulordnung  ent- 
behren, haben  die  Directoren,  bezw.  Bectoren,  da^r  Sorge  zu  tragen,  dsifs  die 
vorstehende  Bestimmung  zu  Anfang  eines  jeden  Schuljahres  den  Schülern  der 
Prima  und  der  Secunda  ausdrücklich  mitgeteilt  oder  in  Erinnerung  gebracht 
werde.  Nichtachtung  des  genannten  Verbotes  ist  vorkommenden  Falls  ernst- 
lich zu  ahnden." 

Min. Verf.  v.  13.  Dec.  1867:  „Es  ist  in  neuerer  Zeit  wiederholt  vor- 
gekommen, dafs  Schüler  hiesiger  höh.  Lehranstalten  im  Namen  der  Klasse, 
welche  sie  besuchen,  einen  Ausdruck  der  Teilnahme  bei  einem  Todesfall  oder 
Anderes  drgl.  luden  Zeitungen  veröffentlichen.  Mit  Bezug  auf  eine  frühere, 
denselben  Gegenstand  betreffende  Verf.  v.  14.  Sept.  1863  veranlasse  ich  das 
K.  Prov.  Seh.  G.  die  Dir.  der  6ymn.  und  Bealschulen  hierselbst  anzuweisen,  dafs 
sie  ein  derartiges  für  Schüler  unzieml.  Heraustreten  in  die  Oeffentlichkeit  auf 
geeignete  Weise  verhüten." 

Dieselbe  Verf.  ist  den   übrigen  K.  Prov.  Schalooll.   zu  gleicher  Beachtung 
mitgeteilt  worden. 

C.Verf.  V.  23.  März  1825:  „Bei  einigen  Gymn.  ist  den  Schülern  seit- 
her gestattet  worden,  bei  dem  Einführen  oder  dem  Abgange  der  Lehrer,  bei  Schul- 
feierlichkeiten und  anderen  festlichen  Veranlassungen  öffentliche  Aufzüge 
mit  Musik  und  Fackeln  zu  halten  und  sich  demnächst  zu  einem  Trinkgelage 
zu  vereinigen.  Nach  der  bisherigen  Erfahrung  haben  solche  Festlichkeiten 
der  Schüler,  welche  sich  mit  ihrem  noch  gebundenen  Verhältnis  wenig  ver- 
tragen, auf  die  Aufrechterhaltung  der  Disciplin  in  den  betr.  Gymn.  einen  nach- 
teiligen Einflufs  geäufsert  und  die  Schüler  zu  einem  tadelnswerthen  studentischen 
Wesen  und  zu  Unordnungen  mancherlei  Art  verleitet.  Das  Min.  beauftragt 
daher  das  K.  Consistorium,  dergl.  öffentl.  Aufzüge  und  Festlichkeiten  der  Schüler 
bei  sämtlichen  Gymn.  Seines  Bezirks  gänzlich  zu  untersagen  und  hiemach  das 
weiter  Erforderliche  zu  verfugen." 

C.Verf.  V.  19.  Febr.  1856  (an  die  K.  Begierungen,  mitgeteilt  auch  den 
K.  SchulcoUegien):  „Es  ist  neuerdings  in  öffentl.  Blättern  auf  die  gemein- 
schädlichen Folgen  hingewiesen  worden,  welche  aus  der  Liebhaberei  der  Jugend, 
sich  Eiersammlungen  anzulegen,  mittelbar  hervorgehen.  In  Betracht  der 
Wichtigkeit  des  Gegenstandes  veranlasse  ich  die  K.  Begierungen,  die  Schul- 
vorstände Dires  Bessorts  in  geeigneter  Weise  darauf  hinzuweisen  und  nöthigen- 
falls  mittels  bestimmter  Verbote  bei  der  Schu^ugend  der  erwähnten  Neigung 
möglichst  entgegen  zu  wirken." 

Eine  auf  denselben  Gegenstand  bezügL  Verf.  ist  u.  a.  von  dem  K.  Prov. 
Sch.C.  in  Kiel  unter  dem  30.  Apr.  1870  erlassen. 


347 

Vorträge  and  Schanstellnngen  Fremder.  C.  Verf.  des  K. 
PrOY.  8ch.  C.  zu  Koblenz  y.  20.  Dec.  1877.  „Wir  sind  aufmerksam  darauf 
geworden,  dafs  bei  den  hob.  Lebranstalten  nnseres  Bessorts  ein  lästiges  Angebot 
der  Vorföhrang  von  Sebenswnrdigkeiten  aller  Art  stattfindet.  Dies  würde  schwerlicb 
der  Fall  sein,  wenn  derartige  Anerbietnngen,  denen  mit  wenigen  Ausnahmen  ledig- 
lich Zurückweisung  gebührt,  nicht  Öfters  nach  Rücksichten  behandelt  würden,  wobei 
das  Beste  der  Schule  übersehen  wird.  Die  Directoren  und  Bectoren  veranlassen 
wir,  darüber  zu  wachen,  dafs  innerhalb  der  ihnen  anvertrauten  Schulen  nicht 
Vorträge  und  Schaustellungen  Fremder  zugelassen  werden,  welche  der  Schul- 
jugend entweder  blofs  zur  Erheiterung  oder  doch  zu  nichts  Besserem  als  zu 
einer  bequemen  Anregung  gereichen,  dafs  die  Zulässigkeit  solcher,  jedenfalls 
nur  in  sehr  geringer  Zahl  zu  gestattender  Abwechselungen  in  der  strengen  All- 
täglichkeit des  Schullebens  vielmehr  nur  dann  als  vorhanden  angesehen  werde, 
wenn  in  dem  Gel\otenen  ein  ganz  aufserordentliches  Mittel,  die  Zwecke  der 
Schule  in  sachgemäfsester  Weise  zu  fördern,  zu  erblicken  ist." 

Weitere  disciplinar.  Bestimmungen  s.   in  den  nächst.  Abschn.  11 — 13. 


11.  Beaufsichtigung  auswärtiger  Schüler. 

C.  Verf.  V.  31.  Juli  1824,  republicirt  und  auf  die  Realschulen 
ausgedehnt  unter  dem  9.  März  1843:  „Die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dafs 
diejenigen  Schüler  von  Gymn.,  deren  Eltern,  Vormünder  oder  Pfleger  nicht  an 
dem  Orte  des  betr.  Gymn.  wohnen,  wegen  Mangels  an  der  erforderlichen  häusl. 
Aufsicht  bisweilen  auf  Abwege  gerathen  und  einen  nachteiligen  Einflufs  auf 
die  in  den  Gymn.  aufrecht  zu  erhaltende  gute  Disciplin  üben.  Das  Min. 
sieht  sich  daher  veranlafst,  hinsichtlich  der  gedachten  Schulen  Folgendes 
anzuordnen : 

1.  Jeder  Schüler  eines  Gymn.  mufs,  wenn  seine  Eltern,  Vormünder  oder 
Pfleger  nicht  an  dem  Orte  des  Gymn.  wohnen,  von  diesen  zur  besonderen  Für- 
sorge einem  tüchtigen  Aufseher  übergeben  sein,  der  dem  Dir.  des  Gymn.  bei 
der  Aufnahme  des  Schülers  namhaft  zu  machen  ist,  und  welcher  über  seinen 
Privatfleifs  und  sein  sittl.  Betragen  aufser  der  Schule  eine  ernste  und  gewissen- 
hafte Aufsicht  zu  führen  hat  2.  Ein  jeder  der  gedachten  Schüler  hat  dem 
Dir.  die  Wohnung,  welche  er  in  der  Stadt  zu  beziehen  gedenkt,  bei  seiner 
Aufnahme  anzuzeigen.  3.  In  einem  Wirthshause  zu  wohnen  oder  seine  Kost 
an  der  Wirthstafel  zu  nehmen,  ist  keinem  solcher  Schüler  verstattet.  4.  Er 
darf  während  seines  Aufenthalts  am  Gymn.  nicht  seinen  Aufseher  oder  seine 
Wohnung  wechseln  ohne  vorherige  Anzeige  bei  dem  Dir.  und  ohne  ausdrück- 
liche Genehmigung  desselben. 

Das  K.  Consist.  (Prov.Sch.C.)  wird  beauftragt,  diese  Anordnung  durch 
die  Amtsblätter  öffenüich  bekannt  machen  zu  lassen,  derselben  gemäfs  das 
weiter  Erforderliche  an  die  Dir.  der  Gymn.  Seines  Bezirks  zu  verfQgen  und 
zugleich  sämtlichen  Gymnasiallehrern  auf  eine  angemessene  Weise  zu  empfehlen, 
dafs  sie  auch  auf  das  Betragen  ihrer  Schüler  aufser  der  Schule,  soweit  es  nm* 
immer  möglich  ist,  ihre  Aufmerksamkeit  und  Sorge  richten,  wie  sie  denn 
allerdings  befugt  sind,  dieselben  wegen  ihres  unsittlichen  und 
anstöfsigen  Benehmens  aufser  der  Schule  zur  Verantwortung  zu 
ziehen.  Die  Lehrer,  besonders  aber  die  Directoren,  welche  in  dieser  Aufsicht 
sich  vortheilhaft  auszeichnen,  werden  vom  Ministerio  besonders  berücksichtigt 
werden,  sowie  dasselbe  dagegen  vernachlässigte  Aufsicht  nachdrücklich  rügen 
whrd."      Vgl.  CBl.  1874  p.  361  f.,  383  f. 


348 

C.  Verf.  des  Proy.Sch.C.  zn  Koblenz  y.  25.  Jan.  1833,  (nach  dem 
Vorgänge  einer  vom  Min.  gebilligten  G.  Verf.  d.  ProT.Sch.C.  zn  Berlin  v.  7.  Dec. 
1832):  „1.  In  Gjmn.  nnd  i^nliche  höh.  Lehranstalten  können  nor  solche 
Zöglinge  aüigenommen  werden,  welche  nnter  der  Aufsicht  ihrer  Eltern,  Vor- 
münder oder  anderer  zur  Erziehimg  junger  Leute  geeigneter  Personen  stehen. 
Schüler,  welche  ohne  geeignete  Aufsicht  sind,  sollen  auf  Gymnasien  und  ähn- 
lichen Lehranstalten  nicht  geduldet  werden.  2.  Bei  der  Aufnahme  junger 
Leute,  deren  Eltern  oder  Vormünder  nicht  am  Orte  wohnen,  haben  die  Dir.  der 
genannten  Anstalten  sich  nachweisen  zu  lassen,  auf  welche  Weise  für  die  Beauf- 
sichtigung derselben  gesorgt  ist.  Halten  sie  die  getroffenen  Einrichtungen  nicht 
für  ausreichend,  so  haben  sie  dies  den  Eltern  oder  Vormündern  zu  eröffnen, 
und  den  Schüler  nicht  eher  au&unehmen,  bis  eine  anderweitige,  dem  Zweck 
entsprechende  Einrichtung  getroffen  ist.  3.  Ohne  Vorwissen  des  Dir.  darf 
kein  Schüler  in  eine  andere  Aufsicht  gegeben  werden.  4.  Der  Dir.  ist  so 
berechtigt  als  verpflichtet,  yon  dem  häusl.  Leben  auswärtiger  Schüler  entweder 
unmittelbar  oder  durch  Lehrer  der  Anstalt  Kenntnis  zu  nehmen,  und  wenn  sich 
hierbei  Uebelstände  ergeben  sollten,  auf  deren  unverzügliche  Abstellung  zu 
dringen.  5.  Die  Ordinarien  haben  auch  ohne  besonderen  Auftrag  des  Dir. 
die  Verpflichtung,  die  in  ihren  Klassen  befindlichen  auswärtigen  Schüler  von 
Zeit  zu  Zeit  in  ihren  Häusern  zu  besuchen.  6.  Findet  sich,  dafs  die  Aufsicht, 
unter  welche  auswärtige  Schüler  gestellt  worden,  unzureichend  ist,  oder  dafs  die 
Verhältnisse,  in  denen  sie  sich  befinden,  der  Sittlichkeit  nachteilig  sind,  so  ist 
der  Dir.  berechtigt  und  verpflichtet,  von  den  Eltern  oder  Vormündern  eine 
Aenderung  dieser  Verhältnisse  binnen  einer  nach  den  Umständen  zu  bestimmenden* 
Prist  zu  verlangen.  7.  Die  betr.  Eltern  und  Vormünder  sind  verpflichtet, 
diese  Bestimmungen  zu  beachten,  und  die  Aufseher  ihrer  Söhne  oder  Pflege- 
befohlenen von  denselben  in  Kenntnis  zu  setzen.  Es  bleibt  auch  lediglich 
ihnen  überlassen,  far  den  Fall,  dafs  eine  Aufhebung  des  Verhältnisses  von  der 
Anstalt  verlangt  werden  möchte,  mit  den  Aufsehern  ihrer  Kinder  und  Pflege- 
befohlenen die  erforderl.  Verabredungen  zu  treffen. 

Bei  der  Aufnahme  der  betr.  Schüler  sind  die  Eltern  oder  Vormünder  auf 
diese  Bestimmungen  zu  verweisen  und  es  ist  strenge  auf  die  Ausfahrung  der- 
selben zu  halten.  Die  Ordinarien  haben  das  Ergebnis  ihrer  Wahrnehmungen 
bei  den  desfallsigen  Besuchen  in  der  Oonferenz  mitzuteilen.  Dasselbe  ist  jedes- 
mal in  kurzen  Worten  in  das  Gonferenzprotokoll  aufzunehmen." 

C.  Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Posen  v.  13.  Oct.  1856:  —  „Der  Uebel- 
stand,  dafs  Eltern,  nur  um  eine  billige  Pension  für  ihre  Söhne  zu  erlangen, 
diese  zu  Leuten  ohne  allen  sittlichen  Halt  oder  doch  ohne  den  rechten  Sinn 
für  Erziehung  und  Aufsicht  ins  Haus  geben,  hat  in  mehreren  sehr  auffallenden 
Beispielen  unsere  Aufmerksamkeit  erregt  und  unsere  Sorge  in  dringendster 
Weise  in  Anspruch  genommen.  Wir  verkennen  nicht  die  Schwierigkeit,  welche 
teils  die  beschränkte  Zahl  solcher  Personen,  die  Pensionaire  zu  si(£  zu  nehmen, 
namentlich  in  kleineren  Städten,  überhaupt  im  Stande  sind,  teils  die  grofse 
Mühwaltung,  welche  wir  den  Dir.  der  höh.  Lehranstalten  zumuthen,  der  Aus- 
führung unserer  Verfügung  entgegenstellen.  Die  Wichtigkeit  des  Zwecks  aber 
wird,  wie  wir  zuverlässig  erwarten,  Ew.  —  die  Mühe  nicht  scheuen  lassen,  und 
OS  werden  Ihnen  dabei  die  Lehrer  Ihrer  Anstalt  freu  zur  Seite  stehen,  um 
Schüler  aus  solchen  Pensionen  zu  entfernen,  in  denen  entweder  gar  keine  Auf- 
sicht über  den  Fleifs  und  das  sittl.  Betragen  der  Pensionaire  besteht  oder  gar 
in  sittlicher  Beziehung  selbst  ein  schlechtes  Beispiel  gegeben  wird.  Ein  be- 
stimmterer Mafsstab,  welche  Pensionshalter  zu  verwerfen  seien,  läM  sich 
nicht  wohl  geben:  wir  müssen  darin  dem  Tact  und  der  Umsicht  der  Dur* 
vertrauen. 


349 

Wo  aber  nach  Ihrer  Ueberzengang  die  sittliche  Leitung  eines  Schüler» 
nicht  gesichert  ist,  werden  Sie  den  Eltern  dies  zu  eröffnen  nnd  dieselben  auf- 
zufordern haben,  eine  andere  Pensionsanstalt  zu  wählen  und,  fiJls  dies  nicht 
fruchten  sollte,  die  Verweigerung  der  Aufiiahme  in  die  Anstalt,  oder  bei  einem 
schon  aufgenommenen  Schüler  die  Entfernung  aus  derselben  eintreten  lassen 
müssen.  In  wie  weit  Sie  sich  dabei  der  Mitwirkung  der  städt  Polizeibehörde 
und  der  Auskunft,  welche  dieselbe  zu  erteilen  im  Stande  sein  wird,  bedienen 
wollen,  geben  wir  Ihnen  anheim.  Zur  Vermeidung  der  Gehässigkeiten  gegen 
die  Anstalt  wird  es  wohl  von  Nutzen  sein,  eine  Erklärung  der  Unzuverlässigkeit 
der  betr.  Pensionshalter  von  der  OrtsbehOrde  zu  extrahiren ;  es  liegt  aber  nahe, 
dafs  die  gewöhnliche  Erklärung  von  Polizeibehörden,  dafs  gegen  die  betr.  Person 
etwas  Erhebliches  nicht  zu  erinnern  sei,  nicht  ausreichen  kann,  um  ihr  auch 
das  Vertrauen  auf  redliche  und  einsichtige  Mitwirkung  bei  der  Erziehung  von 
Knaben  oder  jungen  Leuten  zuzuwenden,  sondern  dafs  die  der  OrtsbehOrde 
vorzulegende  Frage  umfassender  sein  und  die  specielle  Zuverlässigkeit  in  sitt- 
licher Beziehung  und  die  Befähigung  zur  wirksamen  Aufsicht  über  den  Schüler 
in  sich  schliefsen  muTs.  Mit  Vertrauen  erwarten  wir  aber,  dafs  Sie,  wo  es 
nOthig  wird,  auch  ohne  Scheu  vor  dem  selbständigen  Entschlüsse  die  Zuver- 
lässigkeit und  Bechtschaffenheit  der  Pensionshalter  mit  allem  Ernste  prüfen 
und  strenge  darüber  wachen  werden,  dafs  die  häusliche  Eniehung  solcher 
Pensionaire  nicht  in  unwürdige  Hände  gelegt  werde.*' 

VgL  auch  im  vorhergehenden  Abschnitt  p.  330  f.,  332  f.,  334,  341  f. 

Bei  mehreren  Anstalten  ist  eine  sogen.  Schülercuratel  eingerichtet,  behufs 
welcher  den  Eltern  auswärtiger  Schüler  empfohlen  wird,  sich  für  dieselben  unter 
den  Lehrern  einen  Tutor  zu  wählen,  der  sich  ihrer  mit  Aufsicht  und  Berathung 
annimmt,  und  im  Auftrage  des  Dir.  in  allen  Verhältnissen  der  Vermittler  zwischen 
der  Schule  und  den  Eltern  ist.     VgL  p.  383. 

Bei  einigen  Schulen  ist  eingeführt,  dafs  diejenigen  Personen,  Pensionshalter 
u.  s.  w.,  bei  denen  auswärtige  Schüler  von  ihren  Eltern  untergebracht  sind,  einen 
ihnen  vom  Dir.  vorgelegten  Bürgschaftsschein  unterschreiben,  wodurch  nie 
sich  yerpflichten,  bei  ihren  Pflegebefohlenen  auf  die  nöthige  Ordnung  und  auf  die 
Beachtung  der  Schulgesetze  zu  halten,  und  nothigenfalls  dem  Dir.  und  den  Ordi* 
narien  auf  Befiraffen  und  unaufgefordert  Anzeige  und  Auskunft  im  Interesse  der 
Schuldisciplin  zukommen  zu  lassen. 

12.    Censuren« 

Allgemeine  Normen  für  das  Censurwesen  sind  vom  Ministerium  nicht  anf-> 
gestellt  worden.  Das  Verfahren  darin  ist  daher  ungleichmäfsig;  auch  in  den  ein- 
zelnen Provinzen  ist  dies  der  Fall.  Bei  vielen  Anstalten  wird  allen  Schülern 
vierteljährl.  eine  Gensur  ausgestellt,  bei  anderen  3  mal  im  Jahre  (zu  Ostern,  Michaelis 
nnd  Weihnachten^  bei  einigen  nur  2  mal  (Ostern  und  Michaelis) ;  bei  nicht  wenigen 
wird  der  Unterscnied  gemacht,  dafs  die  Schüler  der  unteren  und  mittleren  lK\, 
4  oder  3  mal  im  Jahre,  die  der  oberen  nur  2  mal  eine  Censur  erhalten.  Nicht 
geringer  ist  die  Verschiedenheit  in  der  Einrichtung  der  Gensuren  selbst. 

Min.Verf,  v.  1.  Mai  1840  (an  das  Prov.Sch.C.  v.  Pommern):  „Das  Min. 
kann  sich  mit  den  Ghnindsätzen,  nach  welchen  das  Censurwesen  in  den  Gymn. 
der  dortigen  Proy.  bisher  geleitet  worden,  nur  einverstanden  erklären.  Die  Be- 
zeichnung der  Gensurzeugnisse  mit  Nummern  hält  das  Min.  jedoch  nicht  für  ange- 
messen, und  hat  das  K.  Prov.Sch.G.  in  geeigneter  Weise  zu  veranlassen,  dafs  in 
sämtlichen  Gymn.  der  Prov.  die  Zeugnisse  ohne  Nummern,  dagegen  um  so  aus» 
fubrlicher  und  charakteristischer  und  nicht  mit  allgemeinen  Prädicaten  bei  den 
einzelnen  Kubriken:  gut,  mittelmäfsig,  ziemlich  etc.,  ausgefertigt  werden. 
Das  Min.  hat  zu  den  Dir.  und  Lehrern  der  Gymn.  das  wohlbegründete  Vertrauen^ 


dso 

dafs  sie  sich  der  vermehrten  Arbeit,  welche  für  sie  aus  der  Abfassung  der  Zeugnisse 
ohne  Nummern  in  der  oben  bezeichneten  Weise  allerdings  erwächst,  im  Interesse 
ihrer  Schüler  und  des  wichtigen  Zwecks,  der  zu  erreichen  steht,  gern  unterziehen 
werden.  Da  eine  Gleichförmigkeit  in  der  Einrichtung  des  Gensurwesens  um  so 
weniger  räthlich  erscheint,  je  nöthiger  es  ist,  alles  zu  vermeiden,  dafs  dasselbe 
nicht  in  einen  Mechanismus  ausarte,  so  kann  es  im  Uebrigen  bei  den  Verschieden- 
heiten, welche  in  Betreff  des  Censurwesens  bei  den  einzelnen  Qymn.  nach  der  Eigen- 
tümlichkeit der  betr.  Directoren  bis  jetzt  stattfinden,  auch  femer  belassen  werden." 

Min. Verf.  v.  12.  Mai  1840  (an  das  K.  Sch.G.  der  Rheinprovinz):  —  „Zu 
dem  Wesen  der  Gensur-Institution,  soll  sie  anders  ihrem  Zweck  in  Bezug  auf  die 
Schule,  die  einzelnen  Schüler  und  deren  Eltern  vollständig  entsprechen  und  die 
Lehrer  nöthigen,  ihre  Schüler  nach  ihrer  Individualität  zu  beobachten  und  sich 
in  den  Gonferenzen  über  die  bei  den  einzelnen  in  Anwendung  zu  bringenden  Er- 
ziehungsmittel zu  berathen,  soll  sie  dem  LehrercoU.  ein  sicheres  Bewußtsein  über 
den  üeist  der  Schule  und  der  einzelneu  Klassen  verschaffen,  eine  Vermittlerin 
zwischen  Schule  und  Vaterhaus  werden  und  die  Vorteile  der  öffentlichen  Erziehung 
mit  denen  der  Privaterziehung  vereinigen,  gehört  zunächst,  dafs  in  jedem  Gymn. 
mit  aller  nur  möglichen  Umsicht  und  Sorgfalt  Vorbereitungen  veranstaltet  und 
Einrichtungen  getroffen  werden,  um  vierteljahrl.  oder  halbjährl.  nach  Verschieden- 
heit der  Klassen  ein  gründliches  und  vollständiges  Urteil  über  die  Leistungen 
einzelner  Schüler  und  ganzer  Klassen  abgeben  zu  können.  Zu  solchen  Vorberei- 
tungen und  Einrichtungen  rechnet  das  Min.  ein  nach  richtigen  pädagog.  Grund- 
sätzen für  jede  Kl.  angelegtes  und  ffeführtes  Tagebuch,  die  Anordnung  viertel- 
jährlicher, teils  vom  Dur.,  teils  von  den  Klassenordinarien  zu  haltender  Revisionen 
der  schriftl.  Arbeiten  der  Schüler,  ein  zweckmäfsiff  angelegtes  Gensurbuch  für  jede 
einzelne  KL  und  das  vierteljährl.  GircuUren  desselben  bei  allen  Lehrern  der  betr. 
KL  nach  Beendigung  der  Revision  der  schriftL  Arbeiten,  und  endlich  ein«  General- 
conferenz  sämtlicher  Lehrer,  in  welcher  auf  Grund  der  Tagebücher,  der  Revision 
der  schriftL  Arbeiten  und  des  Ausfalls  der  Translocationsprüfungen  über  das  jedem 
Schüler  zu  erteilende  Gensurzeugnis  berathen  und  entschieden  wird.  Demnächst 
ist  es  von  besonderer  Wichtigkeit,  dafs  die  in  obiger  Art  vorbereitete  Gensur  in 
dem  rechten  Geiste,  mit  angemessener  Würde,  in  Gegenwart  sämtlicher  Lehrer 
und  Schüler  abgehalten,  dieser  Schulfeierlichkeit  ein  christlich-religiöser  Gharakter 
gegeben  und  von  dem  betr.  Dir.,  welcher  mit  den  Eigentümlichkeiten  seiner 
Schüler  vertraut  sein  mufs,  gehörig  benutzt  werde,  um  durch  die  Art  und  Weise, 
wie  er  das  Lob,  das  er  zu  spenden,  sowie  den  Tadel,  den  er  im  Namen  des 
LehrercoU.  auszusprechen  hat,  der  Eigentümlichkeit  jedes  einzelnen  Schülers  an- 
pafst,  die  ganze  Einrichtung  wahrhaft  segensreich  zu  machen  und  ihr  erst  die  rechte 
Weihe  zu  verschaffen.  — 

In  Büinsicht  der  zu  den  Gensuren  anzuwendenden  Formulare  mag  immerhin 
einige  Verschiedenheit  obwalten,  und  ist  auf  dieselbe  um  so  weniger  Gewicht  zu 
legen,  als  sie  nicht  das  Wesentliche  der  ganzen  Einrichtung  betrifft.  Im  Allge- 
meinen erachtet  das  Ministerium  für  räthlich,  dafs  das  Formular  die  Rubriken: 
1.  Schulbesuch,  a)  versäumt,  b)  verspätet;  2.  Aufmerksamkeit,  häus- 
licher Fleifs,  Fortschritte  in  den  Lehrgegenständen;  3.  Betragen 
iohne  die  3fache  Spaltung:  gegen  Lehrer,  gegen  Mitschüler,  aufser  der  Schule); 
.  Besondere  Bemerkungen  enthalte,  und  dafs  das  Gensurzeugnis  in  den 
einzelnen  Rubriken  ohne  Zahlen,  dagegen  aber  um  so  ausführlicher  und  charak- 
teristischer abgefafst,  und  nicht  mit  allgemeinen  Prädicaten  bei  den  einzelnen 
Rubriken,  z.  B.  sehr  gut,  gut,  mittelmäfsig,  ziemlich,  u.  s.  w.  abgefertigt  werde. 
G^en  die  Bezeichnung  des  Gensurzeugnisses  mit  einer  das  Gesamturteil  des  LehrercolL 
über  Aufführung,  Fleifs  und  Fortsemritte  des  Schülers  aus  den  einzelnen  Rubriken 
zusammenfassenden  Zahl  I  oder  U  oder  IFT,  und  zwar  oben  zu  Anfang  des  Zeug- 
nisses, läfst  sich  mit  Grund  anführen,  dafs  es  schwer,  ja  unmöglich  ist,  Auffuhrung, 
Fleifs,  Fortschritte  durch  eine  Zahl  richtig  und  genau  zu  bezeichnen,  und  diese 
Bezeichnung  mit  Zahlen  gar  leicht  in  ein  mechanisches  Verfahren  ausarten  kann, 
welches  gerade  bei  dem  Gensurwesen  auf  alle  Weise  vermieden  werden  mufs. 
Dagegen  verkennt  das  Min.  auch  die  mannigfaltigen  Vorteile  nicht,  welche  die 
Anwendung  von  Zahlen  behufs  der  Bezeichnung  des  aus  den  einzelnen  Rubriken 
gezogenen  Gesamturteils  den  Lehrern  wie  den  Schülern  und  ihren  Angehörigea 


351 

gewähren  kann,  und  erachtet  daher  für  angemessen,  dafd  den  Lehrercoll.  der  einzelnen 
&ymn,  überlassen  werde,  die  Censurzeugnisse  oben  und  vor  den  einzelnen  Rubrikent 
die  jedenfalls  in  Worten  ausgefüllt  werden  müssen,  ohne  oder  mit  einer  Zahl 
auszufertigen. 

Die  Ansicht,  dafs,  wenn  auch  die  erste  Fassung  des  allgemeinen  Urteils  über 
die  sittL  Führung  dem  Ordinarius  der  betr.  Klasse  zu  überlassen  wäre,  doch  dem 
Dir.  mit  der  Verantwortlichkeit  auch  die  Befugnis  einzuräumen  sei,  nach  gewissen- 
hafter Ueberzeugung  zu  mildem  und  selbst  zu  ändern,  kann  das  Min.  nicht  billigen, 
da  bei  einer  zwedunäfsigen  Einrichtung  des  ganzen  Gensarwesens  das  jedem  einzelnen 
Schüler  auch  in  Hinsicht  auf  sittl.  Führung  zu  erteilende  Censurzeugnis  in  einer  des- 
fallsigen  Conferenz  berathen  und  beschlossen  werden  mufs  und  eine  Abänderung 
eines  solchen  Conferenzbeschlasses  von  Seiten  der  betr.  Ordinarien  oder  des  Dir. 
sich  mit  dem  Zweck  der  Gensur  aus  naheliegenden  Gründen  nicht  vereinigen  läfst.^' 

O.Verf.  desE-ProY.  Seh.  0.  zu  Breslau  y. 24. Apr.  1856:—  „Um  nach 
dem  anerkannten  Bedürfnis  ein  gleichmäläigeres  Verfahren  bei  Einrichtung  der 
Censoren  zu  bewirken,  ordnen  wir  hiermit  an: 

1.  Censnren  werden  auf  allen  Gymn.  für  die  Classen  I — III  wenigstens 
halbjährl.,  für  IV— VI  wenigstens  Yierteljährl.  erteilt.  2.  Die  Censurzettel 
oder  die  den  Schülern  einzuhändigenden  Censorbücher  enthalten  aofser  den 
Angaben  der  Klasse,  des  Semesters  (oder  Quartals),  des  Namens  des  Schülers, 
der  Unterschrift  des  Dir.  und  des  Ordinarius  besondere  Rubriken  fürBetragen, 
Fleifs,  Aufmerksamkeit,  Leistungen,  besondere  Bemerkungen, 
nnd  hier  die  festgesetzten  Prädicate. 

3.  Zur  Bezeichnung  der  Leistungen,  des  Fleifses  und  der  Aufmerksam- 
keit ist  unter  den  Prädicaten  Yorzüglich,  gut,  hinreichend,  nicht 
hinreichend,  gering  zu  wählen,  nnd  sind  alle  näheren  Bestimmungen 
durch  ein  sehr,  ziemlich,  noch,  fast,  kaum  u.  dgl.  auszuschliefsen. 
4)  Die  Bezeichnung  des  Betragens  durch  Oharakterisirung  oder  besondere 
Itädicate,  welche  dann  auf  dem  Censurzettel  nach  ihrer  Stufenfolge  anzugeben 
sind,  bleibt  den  Gymnasien  anheimgestellt.  Werden  Prädicate  Yorgezogen, 
dann  ist  jedes  niedrigere  als  lobenswerth  oder  gut,  wenn  es  durch  seine 
Bedeutung  und  Stellung  unter  den  Prädicaten  einen  Tadel  enthält,  besonders 
zu  moÜYiren. 

5.  Durch  sorgfältige  Durchsicht  der  Concepte  zu  den  Oensuren  und 
durch  Besprechung  in  den  Censurconferenzen  haben  die  Dir.  dahin  zu  wirken, 
dafs  Yon  den  Lehrern  derselben  Anstalt  ein  gleichmäfsiges  Verfahren  in  An- 
wendung der  Prädicate  beobachtet  und  unbegründete  Strenge  ebensowohl  als 
schädliche  Milde  Yermieden  werde.  6)  Da  die  Oensuren  sich  auf  das  ganze 
Semester  (oder  Quartal)  beziehen,  sind  die  Prädicate  für  die  Leistungen  Yon 
den  Lehrern  nicht  allein  nach  den  in  einer  Prüfling  gegen  den  Schlufs  des 
Semesters  oder  Quartals  bekundeten  Kentnissen  zu  bestimmen,  sondern  haupt- 
sächlich nach  dem  in  der  ganzen  Zeit,  über  welche  die  Censur  sich  ausspricht, 
wirklich  Geleisteten.  Danach  sind  die  an  einigen  Gymn.  bestehenden,  einige 
Wochen  Yor  dem  Schlufstermin  beginnenden  mündL  Prüfungen  für  die  Oensuren 
einzustellen  und  durch  häufige  Bepetitionen  zu  ersetzen. 

7.  Wenn  die  Leistungen  eines  Schülers  zur  Zeit  der  Versetzung  in  mehr 
als  2  Hauptfächern  als  nicht  hinreichend  oder  als  gering  bezeichnet 
sind,  kann  in  der  Begel  nicht  erwartet  werden,  dafs  derselbe  während  der 
Dauer  auch  längerer  Ferien  die  Yorhandenen  Mängel  werde  beseitigen  können, 
und  ist  dann  eine  Nachprüfung  zum  Aufsteigen  in  eine  höhere  £1.  nicht  mehr 
zu  gestatten.  Dabei  bleibt  selbstredend  nicht  ausgeschlossen,  dafs  ein  Schüler 
wegen  nicht  hinreichender  Leistungen  auch  nur  in  Einem  Hauptfach  nach  dem 
Ermessen  des  Dir.  und  der  betr.  Lehrer  in  derselben  Klasse  zurückbehalten 
werden  kann.  Das  Zurückbleiben  in  der  Klasse  ist  auf  dem  Censurzettel  ao»- 
drücklich  zu  bemerken.'*  — 


352 

* 

Dasselbe  Prov.Sch.G.  ist  unter  dem  5.  Dec.  1873  ermächtigt  worden,  wegen 
der  bei  den  kathol.  Anstalten  oft  kurzen  Dauer  des  Bommersem.  in  denselben  für 
die  unteren  und  mittl.  KL  nur  3mal  im  Jahre  (zu  Weihn.,  zu  Ostern  und  am  Schlufs 
des  Schuljahrs,  d.  i.  Mitte  Aug.)  Gensuren  ausstellen  zu  lassen. 

C.  Verf.  des  Prov.  Sch.C.  zu  Posen  v.  22.  Apr.  1858:  —  „Wir  ändea 
uns  yeranlafst,  in  Betreff  der  bei  den  Schülercensnren  anzuwendenden  Prä- 
dicate  Folgendes  zu  bestimmen: 

In  fiezng  auf  die  Leistungen,  den  Fleifs  und  die  Aufmerksamkeit  sind 
nur  zn  gebrauchen  die  Prädicate  vorzüglich,  gnt,  befriedigend,  mittel- 
mäfsig,  ungenügend,  und  diese  durch  keine  weiteren  Zusätze  wie  ziem- 
lich, im  Ganzen,  kaum  u.  s.  w.  zn  modificiren.  In  Bezug  auf  das  Betragea 
werden  die  3  Prädicate  gut,  nicht  ohne  Tadel,  tadelhaft  ausreichen.  Da 
es  bei  dieser  Festsetzung  nur  unsere  Absicht  ist,  eine  TJebereinstimmnng  in 
der  Bezeichnung  herbeizuführen  und  den  Schülern  wie  den  Eltern  derselben 
durch  feststehende  Ausdrücke  einen  sicheren  Anhalt  für  die  Beurteilung  dea 
Werthes  der  erteilten  Censuren  zu  geben,  den  sie  bei  der  sehr  verschiedenen 
Deutung,  welcher  die  bisher  gebrauchten  Ausdrücke  an  sich  fähig  sind,  bisher 
nicht  genaht  haben,  so  versteht  es  sich  von  selbst,  daTs  jeder  eine  bestimmte 
Thatsache  aussprechender  Zusatz  gestattet  ist.  Es  wird  also  beispielsweise 
dem  Prädicat  „Fleifs:  genügend''  der  Zusatz  „besonders  in  der  Anfertigung^ 
der  schrifli.  Arbeiten*'  oder  „in  Anfertigung  der  schrifbl.  Arbeiten,  weniger  im 
Erlernen  der  aufgegebenen  Pensa"  u.  s.  w.  gegeben  werden  können.  Bei  den 
tadelnden  Prädicaten  ist  ein  derartiger  Zusatz  wünschenswerth,  da  es  wichtige 
ist,  dafs  die  Eltern  genauere  Kenntnis  davon  erhalten,  woran  es  ihre  Kinder 
fehlen  lassen.  In  Bezug  auf  das  getadelte  Betragen  erscheint  ein  derartiger 
Zusatz  in  den  meisten  Fällen  unerläfslich.*' 

Min.  Verf.  v.  28.  Jan.  1858  (an  das  Prov.  Seh.  C.  der  Prov.  Branden- 
burg): —  „Es  ist  nothwendig,  die  jetzige  Verschiedenheit  in  der  Form  der 
Censuren  auf  diejenige  TJebereinstimmnng  im  Wesentlichen  zurückzufahren, 
bei  welcher  das  eigentümliche  Verfahren,  welches  sich  den  einzelnen  Anstalten 
als  das  zweckmäfsigste  bewährt  hat,  freigelassen  bleibt.  Demgemäfs  kann  ich 
zwar  der  Ansicht  nicht  beistimmen,  nach  welcher  Nummern  als  zusammen- 
fassende Bezeichnungen  (über  der  Oensur)  nicht  femer  gebraucht  werden 
sollen,  erachte  vielmehr,  auch  aus  pädagog.  Gründen,  für  zulässig,  dafs  die  An- 
wendung von  Nummern,  wo  sie  entweder  für  alle  Fälle  oder  nur  für  die 
unteren  und  mittleren  Kl.  bisher  gebräuchlich  gewesen  ist,  beibehalten  werde. 
Wenn  sich  aber  dabei  eine  so  grofse  Verschiedenheit  findet,  dafs  einige  An- 
stalten sich  auf  die  Verwendung  von  überhaupt  nur  3  Nummern  (I,  II,  III) 
beschränken,  andere  darüber  hinaus,  und  zum  Teil  durch  Beifügung  von  Buch- 
staben und  anderen  Znsätzen  bis  zur  Anwendung  von  9  derartigen  Werth- 
bezeichnungen  gehen,  so  ist  dies  Mifsverhältnis  auszugleichen.  Um  die  Mög- 
lichkeit der  Abstufung  weder  zu  sehr  zu  verengen,  noch  zu  weit  auszudehnen, 
empfiehlt  sich  am  meisten  das  Verfahren  der  Anstalten,  welche  die  Nummern 
I,  n,  III  mit  Modification  des  mittleren  Prädicats  in  der  Weise  verwenden, 
dafs  folgende  5  Stufen  entstehen:  I,  IIa,  II,  IIb,  III.  Diese  Bezeichnungs- 
weise ist  bei  denjenigen  Anstalten  anzuordnen,  welche  überhaupt  von  Censur- 
nummem  Gebrauch  machen  wollen.  Sie  sind  jedoch  nur  zur  Bezeichnung*  des 
Gesamtwerthes  einer  Oensur  zu  gestatten,  nicht  als  Specialprädicate  bei  den 
einzelnen  Unterrichtsgegenständen  und  den  verschiedenen  Bubriken  der  Be- 
urteilung. 

In  Betreff  dieser  Bubriken  (Aufmerksamkeit,  häuslicher  Fleifs, 
Leistungen  oder  Fortschritte,  Betragen)  erkläre  ich  mich  damit  einver- 


353 

standen,  dab  ein  alleiniger  Gfebraach  bestimmter  kurzer  Prädicate  nicht  vorzu- 
schreiben, sondern  dafs  der  individaellen  Fassang  des  Urteils,  je  nachdem  sie 
den  Lehrern  selbst  am  bezeichnendsten  nnd  wirksamsten  erscheint,  zumal  für 
die  Beurteilung  der  Schüler  in  den  oberen  El.  und  für  die  Charakterisimng 
ihrer  situ,  Eigentömlichkeit,  gebührende  Freiheit  zu  gewähren  ist  Wo  jedoch 
von  feststehenden  Prädicaten,  mehr  oder  weniger  zusammenfassend,  Gebrauch 
gemacht  wird,  ist  eine  gröfsere  Gleichmäßigkeit,  als  jetzt  stattfindet,  herzustellen 
und  zu  dem  Ende  eine  zu  weit  gehende  Mannigfaltigkeit  und  Abstufung  der 
Prädicate  und  die  Anwendung  zu  vager  Ausdrücke  zu  verhindern.  Es  können 
z.  B.  zur  Bezeichnung  der  Leistungen  und  Fortschritte  4  Prädicate  sehr  wohl 
genügen;  und  unter  denen,  welche  sich  als  geeignet  darbieten  und  herkömm- 
lich sind,  erscheint  die  Scala  von  sehr  gut,  gut,  mittelmäfsig,  nicht 
befriedigend  als  die  zweckmäfsigste.  Das  sittl.  Verhalten  wird  in  der  Regel 
eine  mehr  individualisirende  Beurteilung  erfordern;  sofern  aber  kurze  Prädicate 
benutzt  werden,  ist  aus  naheliegenden  Gründen  besonders  im  Lobe  Mafs  zu 
halten.  Bei  einem  bescheidenen  und  ordnungsmäßigen  Betragen  z.  B.  genügt 
die  einfache  Anerkennung  durch  das  Prädicat  gut,  ohne  weitere  Steigerung 
des  Lobes.  Ich  beabsichtige  indefs  nicht,  den  ausschliefsl.  (Gebrauch  solcher 
Einzelprädicate  vorzuschreiben,  überlasse  es  vielmehr  dem  E.ScIlC.,  in  dieser 
Hinsicht,  unter  Befolgung  der  eben  ausgesprochenen  allgemeinen  Grundsätze, 
diejenigen  Anordnungen  zu  treffen,  welche  dasselbe  nach  Seiner  Kenntnis  des 
bisher  an  den  einzelnen  Anstalten  befolgten  VerfiEdurens  für  zweckmftflsig 
erachtet 

Schliefslich  bemerke  ich,  dafs  an  einigen  Anstalten  auf  die  Ausfertigung 
der  Censuren,  welche  den  Eltern  der  Schüler  zugestellt  werden,  nicht  die  nöthige 
Sorgfalt  verwandt  wird;  mehrere,  die  mir  bei  Gelegenheit  von  Eingaben  zu  Ge- 
sicht gekommen  sind,  waren  kaum  leserlich  oder  mit  nicht  verständlichen  Ab- 
kürzungen geschrieben. 

Ich  vertraue,  dafs  das  E.  Sch.C.  dem  für  das  Wechselverh&ltnis  von 
Schule  und  Haus  besonders  wichtigen  Gegenstande  sowohl  im  Allgemeinen, 
wie  in  den  hier  zur  Sprache  gebrachten  Beziehungen  femer  Seine  ganze  Auf- 
merksamkeit widmen  werde.'' 

C.  Verf.  des  Prov.  Sch.C.  zu  Berlin  v.  10.  Nov.  1884:  „lieber 
die  Einrichtung  der  den  Schülern  jährlich  vier-  oder  mindestens  dreimal  aus- 
zustellenden Censuren  haben  wir  in  unserer  Verf.  v.  19.  Febr.  1858  Anordnung 
getroffen.  Die  Wahrnehmung  indefs,  dafs  die  Bestimmungen  derselben  nicht  überall 
beachtet  werden,  was  sich  zum  Teil  auch  dadurch  erklärt,  da(^  sie  an  den  seit 
jener  Zeit  entsl^ndenen  Anstalten  nicht  bekannt  geworden  zu  sein  scheint, 
sowie  der  umstand,  dafs  sich  das  Bedürfnis  einiger  Aenderungen  herausgestellt 
hat  veranlassen  uns  unter  Hinweis  auf  §  14  der  Instruction  Ar  die  Directoren 
V.  22.  Jan.  1868  folgende  Vorschriften  zu  geben: 

1.  Die  für  die  Censuren  anzuwendenden  Formulare  müssen  jedenfalls 
die  erforderlichen  Bubriken  enthalten,  um  das  allgemeine  Urteil  über  das  Be- 
tragen, den  Fleifs  und  die  Aufmerksamkeit  des  Schülers,  welches  stets  von 
der  Conferenz  zu  berathen  und  festzustellen  ist,  und  die  besonderen  Urteile 
über  die  Leistungen  und  Fortschritte  in  den  einzelnen  Lehrgegenständen, 
welche  in  der  in  den  Lehrplänen  v.  31.  März  1882  angegebenen  Beihenfolge 
au&uführen  sind,  aufzunehmen. 

Den  Fleifö  und  die  Aufmerksamkeit  für  jeden  einzelnen  Lehrgegenstand 
noch  besonders  zu  beurteUen  ist  fortan  ausgeschlossen.  Nur  wenn  der  Fall 
eintritt  dafs  für  irgend  ein  Object  eine  grobe  Versäumnis  wahrnehmbar  ge- 
worden ist,  ist  dies  an  geeigneter  Stelle  bemerklich  zu  machen. 

Wlete,  Vtzordnungen.  23 


Es  ist  selbstverständlich,  dafs  die  allgemeinen  Urteile  durch  die 
Aeufserangen  der  einzelnen  Lehrer  vorbereitet  werden  müssen;  in  welcher  Weise 
dies  geschieht,  bleibt  dem  Ermessen  der  Herren  Directoren  überlassen. 

2.  Für  die  Beurteilung  des  Betragens  ist  eins  der  Prädicate  lobens- 
werth,  gut,  im  ganzen  befriedigend  zu  wählen.  Wenn  Anlafs  zu  er- 
heblichem Tadel  vorliegt,  so  ist  dies  besonders  anzugeben. 

3.  Für  die  Beurteilung  des  Fleifses,  der  Aufmerksamkeit,  der  Leistungen 
und  Fortschritte  ist  eins  der  folgenden  Prädicate  zu  wählen:  I.  sehr  gut; 
n.  gut;  IIL  genügend;  IV.  noch  nicht  (noch  nicht  völlig)  genü- 
gend, nur  mittelmäfsig,  mar\gelhaft;  V.  ungenügend.  Ein  allen 
Anforderungen  genügendes  Wort  für  das  vierte  Prädicat  ist  nicht  vorhanden; 
es  werden  daher  mehrere  zur  Auswahl  geboten.  Unter  allen  Umständen  ist 
aber  festzuhalten,  dafs  dasselbe,  wenn  es  sich  um  die  Versetzung  handelt,  die 
noch  nicht  erlangte  Beife  bezeichnen  soll,  und  dafs,  wenn  dasselbe  in  minde- 
stens zwei  Hauptfächern  erteilt  werden  mufs,  das  Aufsteigen  in  eine  höhere 
Kl.  in  der  Regel  unstatthaft  wird. 

4.  Das  Urteil  wird  jedesmal  zuerst  in  eins  dieser  Prädicate  gefafst; 
besondere,  individualisirende  oder  auf  bestimmte  Thatsachen  sich  beziehende 
Bemerkungen  müssen,  wenn  dieselben  erforderlich  sind,  demselben  folgen. 

5.  Es  bleibt  dem  Ermessen  anheimgestellt,  in  welcher  Weise  die  Cen- 
sur-Formulare  einzurichten  sind,  um  die  anderweiteu  Notizen  über  den  Schul- 
besuch, Zuspätkommen,  den  Klassensitz,  die  Beschaffenheit  der  Hefte  u.  s.  w. 
au&ehmen  zu  können. 

6.  Ebenso  bleibt  es  dem  Ermessen  anheimgestellt,  ob  bestimmte  Num- 
mern als  zusammenfassende  Bezeichnungen  des  Gesamtwerthes  der  Censur  an- 
gewendet werden  sollen.  Wenn  dieselben  angewendet  werden,  so  dürfen  es 
fortan  nur  fünf  sein,  und  zwar  I,  IIa,  11,  IIb  und  III,  entsprechend  der  Scala 
der  für  den  Fleifs  und  die  Leistungen  bestimmten  Prädicate.  Jede  Zwischen- 
stufe ist  unbedingt  auszuschUefsen;  wenn  eine  Erläuterung  der  Nummern  auf 
der  Bückseite  der  Formulare  beliebt  wird,  so  ist  sie  mit  den  angegebenen 
Prädicaten  und  bei  dem  vierten  mit  einem  der  vorgeschlagenen  zu  geben. 

Sollte  sich  an  einer  Anstalt  die  alte  Sitte  noch  erhalten  haben,  den 
Werthunterschied  durch  farbige  Formulare  ersichtlich  zu  machen,  so  ist  dieselbe 
sofort  abzustellen. 

7.  Es  ist  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  auf  die  saubere  Ausfertigung  der 
Gensuren  die  nöthige  Sorgfalt  verwendet  werde  und  dafs  alle  das  Verständnis 
erschwerende  Abkür/.ungen  vermieden  werden. 

Wir  erwarten  von  den  HH.  Dir.  resp.  Bectoren  die  pünktliche  Beachtung 
dieser  Bestimmungen,  deren  Absicht  nur  darauf  gerichtet  ist,  eine  gleichmäfsige 
Grundlage  für  das  Censurwesen  zu  schaffen  und  dadurch  die  Anlässe  zu  Mifs- 
deutungen  und  Mifsverständnissen  hinsichtlich  der  Fassung  der  Censuren, 
welche  namentlich  in  der  letzten  Zeit  sich  bemerkbar  gemacht  haben,  zu 
beseitigen." 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  13.  Febr.  1881. 
„Nachdem  das  Censurwesen  der  höheren  Schulen  in  den  letzten  Jahren  von 
verschiedenen  Seiten  einer  eingehenden  Besprechung  unterzogen  ist  und  auch 
auf  der  ersten  Schleswig-Holsteinischen  Directorenversammlung  einen  Gegenstand 
der  Berathung  ausgemacht  hat,  setzen  wir  vom  Beginn  des  bevorstehenden 
neuen  Schuljahres  ab  .  .  .  für  sämtliche  höh.  Schulen  unseres  Amtsbereichs 
hierdurch  folgende  Censur  Ordnung  fest« 

A.  Begelmäfsige  Schulcensuren.  1.  In  Prima  und  Secunda  sind 
mindestens  dreimal  (zu  Michaelis,  Weihnachten  und  Ostern),   in  den   übrigen 


355 

Xlassen  mindestens  viennal  im  Jahre  sämtlichen  Schülern  Censnren  zn  erteilen. 
2.  Die  Censnrblätter  müssen  bestimmte  Babriken  enthalten  für  Schulbesuch, 
für  Betragen,  für  Fleifs  und  Aufmerksamkeit,  für  Leistungen  in  den 
einzelnen  Unterrichtsfächern,  endlich  für  etwaige  Bemerkungen.    Aufserdem 
ist  regelmäfsig  neben  der  Angabe  der  Gesamtschülerzahl  der  Klasse,  bezw.  der 
Xlassenabteilung,  der   dem   betr.  Schüler  nach  der  Rangordnung  zugewiesene 
Platz  zu  yermerken.  —  Eine  Gradnummer  für  die  Gesamtcensur  ist  nicht  zu 
erteilen.       3.  Etwaige  unentschuldigte  Versäumnisse  im  Schulbesuche  sind  aSs 
solche  ausdrücklich  zu  bezeichnen.     Auch  Verspätungen  sind  zu  vermerken. 
4.  Das  Betragen  der  Schüler  ist,  sofern  nicht  durch  besondere  Anordnung  für 
einzelne  Anstalten  bestimmte  Prädicate  festgesetzt  sind,  durch  individualisirende 
Beurteilung  zn  charakterisiren.     Wünscht    ein  Lehrercollegium    auch  für  das 
Betragen  eine  feste  Scala  bestimmter  Prädicate,  so  ist  behufs  der  Feststellung 
der   letzteren   ein   bezüglicher  Antrag   an  uns  zu  richten.    Die  Zahl  der  betr. 
Prädicate  ist  auf  höchstens  Tier  zu  beschränken.    Den  einen  Tadel  in  sich 
schliefsenden  Prädicaten  mufs  übrigens  jedesmal  eine  concrete  Motivirung  hinzu- 
gefügt werden.        5.  Für  den  Fleifs   und  die  Aufmerksamkeit,   sowie  für 
die  Leistungen  der  Schüler  sind  ausschliefslich  folgende  Prädicate  in  Anwen- 
dung zu  bringen:   sehr  gut,   gut,   genügend,   nicht  völlig  genügend, 
ungenügend.   —  Limitirende  Modificationen  der  genannten  Prädicate  (z.  B. 
genügend   bis   gut,  kaum   genügend,  im    Ganzen   genügend,  fast  genügend) 
sind  unzulässig.     Dagegen   empfiehlt   es  sich,   den  Prädicaten  je  nach  Um- 
ständen eine  nähere  Ausführung  beizufügen.        6.   Sämtliche  I^dicate  sind 
mit    Worten   auszuschreiben,   nicht   durch   Zahlen    auszudrücken.         7.    Die 
Censnren   für  Betragen,  sowie  für  Fleifs  und   Aufmerksamkeit  sind 
jedesmal   nach   Mafsgabe    der   in   der   letzten   Gensurperiode   gemachten    £r- 
fohrungen  auf  Grund  der  von  dem  Klassenordinarius  zu  besorgenden  Vorarbeiten 
und  Vorschläge  von  den  sämtlichen  in  der  betreffenden  Klasse  unterrichtenden 
Lehrern  in  einer  Gonferenz  unter  dem  Vorsitz  des  Directors  (Bectors)  festzu- 
stellen.       8.  Für  die  Leistungen  der  Schüler  sind  die  Censnren  von  den 
bezüglichen  Fachlehrern  zu  erteilen.    Unterrichten  mehrere  Lehrer  in  demselben 
Fache,   so   haben   sie    sich  hinsichtlich    des   zu   erteilenden  Prädicats   unter 
einander  zu  vereinbaren;  erforderlichen  Falls  hat  der  Director  (Bector)  die  Ent- 
scheidung zu  treffen.      9.  Den  Mafsdtab  für  die  Beurtheilung  der  Leistungen 
giebt  das  Klassenalter  im  Verhältnis  zum  Klassenziel.    Die  Prädicate  für  die 
Leistungen  sind  demnach  zu  bemessen  nach  den  Anforderungen,  welche  mit 
Bficksicht  auf  den  Gang  des  gesamten  Unterrichtscursus  der  Anstalt  an  den 
betr.  Schüler  nach  der  Klasse,   welche  er  besucht,  sowie  nach  seinem  Klassen- 
alter  innerhalb   derselben   gestellt   werden   dürfen.    Jeder   Lehrer  hat   durch 
methodische  Repetitionen  und  durch  geeignete  Heranziehung  und  Verwerthung 
dessen,  was  früher  im  Unterr.  vorgekommen  ist,  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  der 
Inhalt  des  früheren  Unterrichts  nicht  über  dem  augenblicklichen  Pensum  ver- 
gessen werde,  sowie  dafs  Schüler,  welche  sich  früher  irgendwie  in  ihren  Kennt- 
nissen vernachlässigt  haben,  die  damals  entstandenen  Lücken  in  ihrem  Wissen 
und  Können   nachträglich    ausfüllen.     Umfafst   eine  Klasse  verschiedene  Ab- 
teilnngen,   so  sind  demgemäfs  für  gleiche  Prädicate  an  die  Schüler  der  oberen 
Abteilung  höhere  Anforderungen  zu  stellen,  als  an  diejenigen  der  unteren.  — 
An  solche  Schüler,  welche  den  Cursus  ihrer  Klasse,  bezw.  ihrer  Klassenabteilung 
wiederholen  müssen,  ist  derselbe  Mafsstab  anzulegen,  wie  an  die  übrigen  Schüler 
ihrer  Klasse,   bezw.  Klassenabteilung.        10.   Auf  jedem   Censurblatte,  bezw. 
auf  dem  ersten  Blatte  eines  Censurbuches,  ist  die  Beihenfolge  der  festgesetzten 
Prädicate  ausdrücklich  anzugeben,  unter  Hinzufügung  einer  Bemerkung  hinsicht- 
lich des  für  die  Beurteilung  der  Leistungen  in  Betracht  kommenden  Mafsstabes 

23* 


356 

(vergL  Passus  9).  11.  Jede  Censnr  ist  von  dem  Director  (Bector)  und  deut 
Elassenordmarius  zu  unterzeichnen.  —  Sofort  beim  Wiederbeginn  des  ünterr^ 
hat  Jeder  Schüler  seine  Censur  mit  der  Unterschrift  der  Eltern  oder  der  Stellyer- 
treter  derselben  dem  Elassenordinarius  wieder  vorzulegen.  12.  Die  Concepte 
der  Gensuren  sind  im  Archiv  der  Schule  zu  bewahren. 

B.  Abgangszeugnisse.  (Vgl.  Min.  Verf.  v.  30.  Juni  1876,  L  2  u.  3^ 
p.  323).        13.   Jedem  Schüler,   welcher  die  Anstalt  verläTst,  olme  dieselbe* 
absolvirt  zu  haben,  ist  ein  mit  der  Unterschrift  desDirectors  (Bectors)  und  des 
Elassenordinarius  versehenes  Abgangszeugnis  auszustellen,  dessen  Concept  im 
Archiv  der  Schule  aufnibewahren  ist.       14.  Das  Abgangszeugnis  mufs  ent- 
halten:   1.  das  vollständige  Nationale  des  Schülers;   2.  die  Angabe  der  Zeit,, 
zu  welcher  derselbe  in  die  Anstalt  eingetreten  ist,  sowie  der  Aufnahme-^Elassev 
3.   die  Angabe  der  Klasse,  welche  er  zuletzt  besucht  hat,  sowie  der  Dauer 
des   Besuchs  dieser  Klasse;   4.  die  Beurteilung  des   Schulbesuchs,   des   Be- 
tragens, des  Fleiüses  und  der  Aufinerksamkeit,  der  Leistungen.  —  Letztere 
sind  nach  Mafsgabe  der  für  die  regelmäßigen  Schulcensnren  geltenden  Vor- 
schriften  (vgL  Passus  9)  bestimmt  zu  prädiciren.    Die  Beihenfolge  der  fest- 
gesetzten Prädicate   ist  auf  dem  Abgangszeugnisse  ausdrücklich  anzugeben. 
Unter  Umständen  wird  es  sich  empfehlen,  den  Prädicaten  eine  eingehendere 
Charakteristik  hinzuzufügen.  —  Für  die  Beurteilung  des  Schulbesuchs,  des  Be- 
tragens, des  Fleifses  und  der  Aufmerksamkeit  sind  nicht  allein  die  Erfahrungen 
der  letzten  Gensurperiode  in  Betracht  zu  ziehen,  sondern  auch  die  Ergebnisse^ 
der  früheren  Schulcensuren  in  geeigneter  Weise  zu  berücksichtigen.       15.  Bei 
denjenigen  Schülern,  welche  bei  ihrem  Abgange  der  Zeit  nach  den  Gursus  ihrer 
Klasse  absolvirt  haben,  mu£9  in  das  Zeugnis  ein  Vermerk  darüber  aufgenommen 
werden,  ob  dieselben  schliefslich  in  die  höhere  Klasse,  bezw.  obere  Klassen- 
abteilung versetzt  worden  sind   oder  nicht.    Im  ersteren  Falle  ist  das  Datum 
des  Gonferenzbeschlusses  anzuführen,  durch  welchen  die  Versetzung  erfolgt  ist 
16.   Bei  unfreiwilliger  Entfernung  eines   Schülers  ist  der  Grund  derselben 
anzugeben.'' 

« 

Das  K.  Prov.  Sch.G.  zu  Königsberg  hat  durch  G.Verf.  v.  29.  Jan.< 
1875  als  die  in  den  Gensuren  und  Abgangszeugnissen  zur  Beurteilung  der 
Leistungen  anzuwendenden  Prädicate  folgende  bezeichnet:  gut,  befriedigend,, 
ausreichend,  wenig  befriedigend,  ungenügend. 

Die  Aufeinanderfolge  der  Lehrobjecte  richtet  sich  nach  der  Au&tellung 
des  Normalplans  wobei  im  Einzelnen  hin  und  wieder  Unterscheidungen  vor- 
kommen, z.  B.  im  Deutschen  zwischen  den  schriftt.  Leistungen  und  der 
Litteratnrkenntnis  u.  dgl.  m.  —  Bei  vielen  Anstalten  sind  Beschaffenheit  der 
Handschrift  und  Ordnung  der  Hefte  stehende  Gensurrubriken. 

In  einigen  Anstalten  wird  der  Act  der  Gensurverteilung,  damit  der<- 
selbe  einerseits  vorzugsweise  in  der  Hand  des  Ordinarius  bleibe  und  anderer- 
seits den  Gharakter  der  OeffenÜichkeit  für  die  Schule  nicht  verliere,  so  abge- 
halten, dafe  jede  Klasse  ihr  Gesamtnrteil  und  die  einzelnen  Schüler  ihr  beson- 
deres Urteil  durch  den  Ordinarius  im  Beisein  des  ganzen  LehreroolL  empfangen, 
und  zwar  von  unten  aufsteigend  so,  dafs  immer  die  nächst  höhere  Kl.  der 
Gensur  der  nächst  unteren  beiwohnt,  nicht  umgekehrt  die  Schüler  der  niederen 
Kl.  Zeugen  der  Gensur  der  höheren  sind. 

Die  Unterschrift  des  Vaters  oder  seines  Stellvertreters,  dab  er  vom  In«- 
halt  der  Gensur  Kenntnis  genommen,  wird  überall  verlangt 

Ueber  Abgangszeugnisse  s.  p.  323  und  Abschn.  VII. 


3S7 


13.  Strafen. 

Heber  die  bei  den  höheren  Schulen  zur  Anwendung  kommenden  Discipli- 
iiar-Strafmitfcel  und  die  Aufeinanderfolge  derselben  wird  im  Allgemeinen  anf 
^ie  westfäl.  Disciplinarordnnng  (p.  335  f.)  Bezug  genommen.  Im  Besonderen 
:dnd  au&erdem  erwfthnenswerth : 

C.Verf.  des  K.  FroY.Sch.C.  zu  Magdeburg  y.  2.  Mai  1867.  „Auf 
Omnd  einer  Revision  der  in  der  Dir-Instr.  v.  1.  Dec.  1827  enthaltenen  Ben 
^mmungen  über  die  den  Directoren  und  LehrercoUegien  zustehende  Straf- 
befugnis haben  wir  hinsichts  der  Bedingungen,  unter  denen  die  bisher  üblichen 
rSchulstrafen  zur  Anwendung  gebracht  werden  können,  Folgendes  fest- 
gestellt: 

Wenn  bei  leichteren  Vergehen  ein  Verweis  unter  vier  Augen  oder  vor 
der  Klasse  genügt,  so  wird  es  schon  als  eine  bedeutende  Schärfhng  der  Strafe 
angesehen  werden  müssen,  wenn  die  Erteilung  eines  Verweises  vor  der  Lehrer- 
eonferenz  erfolgt 

Anweisung  eines  besonderen  Platzes  oder  Hinuntersetzen 
um  einen  oder  mehrere  Pl&tze  wird  nur  bei  Schülern  der  unteren  uhd 
mittL  Kl.  als  Strafe  angewendet  werden  können.  Dem  Lehrercoll.  bleibt  es 
überlassen,  die  näheren  Festsetzungen  zu  treffen,  wie  weit  dabei  die  Befugnisse 
4es  einzelnen  Lehrers  gehen  sollen. 

Das  sogenannte  Nachsitzen  darf  nur  unter  Aufticht  stattfinden  und 
nur  um  das  Versäumte  nachzuholen.  Es  darf  diese  Strafe  jedoch  nicht  so  an- 
gewendet werden,  dafs  die  Schüler  an  den  Tagen,  an  welchen  Nachmittags« 
imterricht  stattfindet,  a^i  Benutzung .  der  Zeit  von  12  bis  2  Uhr  zum  Mittags- 
^sen  und  zur  Erholung  verhindert  werden.  Von  jeder  Verhängung  dieser 
Strafe  ist  dem  Dir.  Vor  deren  Vollstreckung  Kenntois  zu  geben. 

Arrest  hinter  verschlossenen  Thüren,  jedoch  nur  unter  Beschäftigung 
mit  schrifti.  Arbeiten,  welche  im  Zusammenhange  mit  dem  vorhergehenden 
ünterr.  stehen  müssen,  kann  nur  durch  Beschlufs  der  Lehrerconferenz  verhängt 
werden,  und  zwar  höchstens  auf  die  Dauer  von  6  Stunden« 

Körperl.  Züchtigung  darf  als  eines  der  gewöhnlichen  Strafmittel 
nicht  angesehen  werden;  vielmehr  ist  es  Aufgabe  der  Erziehung,  dieselbe  in 
•den  höh.  Schulen  gänzlich  entbehrlich  zu  machen.  Jedoch  wollen  wir  gestatten, 
4afs  diese  Strafart  an  Schülern  der  3  unteren  Kl.  bei  Ausbrüchen  von  Roheit, 
-die  eine  sofortige  ernste  Zurückweisung  erfordern,  zur  Anwendung  gebracht  werden 
duf.  So  oft  ein  Lehrer  sich  hat  bestimmen  lassen,  irgend  eine  körperliche 
Züchtigung  vorzunehmen,  hat  er  jedesmal  an  demselben  Tage  dem  Dir.  darüber 
Anzeige  zu  machen. 

Geldstrafen  sind  in  den  höheren  Schulen  unter  keinen  umständen 
^stattet. 

Beleben  die  vorhandenen  Strafmittel  nicht  aus  und  zeigt  sich  ein  Schüler 
.als  unverbesserlich,  und  tritt  wohl  gar  der  FaU  ein,  dafs  sein  längeres  Ver- 
bleiben der  Schule  selbst  nachteilig  wird,  so  bleibt  nichts  übrig,  äa  auf  die 
Entfernung  desselben  hinzuwirken,  resp.  dieselbe  sofort  herbeizuführen.  Die 
näheren  Modificationen,  unter  denen  dies  geschehen  kann,  sind: 

1.  das  Consilium  abeundi,  welches  dem  Schüler  vor  versammelter 
Lehrerconferenz  auf  Beschlufs  derselben  erteilt  wird  und  von  welchem  jedes- 
mal dem  Vater  oder  dem  Vormunde  durch  den  Dir.  Kenntnis  zu  geben  ist; 
.2.  die  stille  Entfernung,  indem  zunächst  der  Vater  oder  Vormund  anf- 
{gefordert  wird,  den  Austritt  des  Schülers  aus  der  Schule  binnen  einer  be- 
stimmten Frist  anzuzeigen,  so  dafs  die  Ausschliefsung  nur  erfolgt,  *  wenn 
4ieser  Aufforderung  nicht  rechtzeitig  Folge  geleistet  wird;        3)  die  öffentL 


358 

Yerweisnng  (Belegation),  von  welcher  ans  unter  Einreichnng  des  Conferenz- 
protokolls  jedesmal  Kenntnis  zu  geben  ist. 

Die  Entfernung  eines  Schmers  von  der  Schnle  kann  nur  durch  Beschlofs 
der  Lehrerconferenz  erfolgen.  In  dem  unter  Nr.  3  aufgeführten  Falle  findet 
Bekanntmachung  an  die  übrigen  höh.  Schulen  der  Provinz  statt,  deren  kein» 
den  Verwiesenen  wieder*  aufiiehmen  wird.*)  —  In  wie  weit  bei  einzelnen  Institu- 
ten ein  auf  Entfernung  lautender  Conferenzbeschlufs  einer  höheren  Bestätigung 
bedarf,  wird  durch  die  besondere  Schulverfassung  festgestellt.  In  den  Ab- 
gangszeugnissen ist  die  Art  der  Entfernung  der  strengsten  Wahrheit  gemfifs 
ausdrücklich  zu  bemerken. 

Wir  veranlassen  die  Directoren,  die  Lehrer  von  diesen  Bestimmungen 
in  Kenntnis  zu  setzen,  die  Beobachtung  derselben  gewissenhaft  zu  überwachen 
und  auch  Sorge  zu  tragen,  dafs  künftig  jeder  neu  angestellte  Lehrer  recht- 
zeitig hiermit  bekannt  gemacht  werde.  Dabei  bemerken  wir,  daOs  es  nicht 
unsere  Absicht  ist,  in  den  disciplinar.  Bestimmungen,  die  für  die  geschlossenen 
Anstalten  auf  Grund  besonderer  Verordnung  gelten,  durch  die  gegenwärtige 
Verfügung  eine  Abänderung  zu  bewirken.*' 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Sch.C.  zu  Königsberg  v.  25.  Juni  1873* 
^Wir  sehen  uns  veranlafst,  den  HH.  Dir.  und  Bectoren  die  Bestimmung  des 
§  51  der  Dir.Instr.,  nach  welcher  die  Strafe  des  Nach  sitzen  s  nie  ohne 
Aufsicht  eines  Lehrers  ausgeführt  werden  darf,  hierdurch  zu  genauester  Nach- 
achtung und  zu  entsprechender  Anweisung  der  Lehrer  in  Erinnerung  zu  brin- 
gen. Im  Anschlufs  an  diese  Vorschrift  bestimmen  wir  femer,  dafs  diese  Strafe,. 
MLs  sie  sich  als  unumgänglich  und  der  Natur  des  Vergehens  entsprechend 
erweist,  niemals  auf  die  freie  Zeit  zwischen  den  Vorm.-  und  Nachm.-Unter- 
richt  verlegt  werden  darf.  Da  wir  überdies  bemerkt  haben,  dafs  die  gedachte 
Strafe  im  Widerspruch  zu  §  50  und  51  der  erwähnten  Instr.  leider  aUzu  häu% 
und  ohne  genügenden  Grund,  namentl.  auch  ohne  genaue  Abwägung  des  zu 
Grunde  liegenden  Vergehens  verhängt  wird,  so  beaufbragen  wir  die  HH.  Dir. 
und  Bectoren,  die  Mitglieder  der  LehrercoU.  gegen  den  ausgedehnten  Gebrauch 
dieser  nur  in  seltenen  Fällen  geeigneten  Strafart  nachdriicklich  zu  warnen. 
Jüngere  Lehrer,  insbes.  solche,  welche  noch  in  Ableistung  ihres  Probejahrs 
begriffen  oder  nur  in  provisor.  Eigenschaft  beschäftigt  sind,  haben  nicht  nur 
den  Klassenordinarien  nach  §  10  der  Instr.  für  die  letzteren  Anzeige  zu  machen^ 
sondern  auch  die  vorgängige  Zustimmung  des  Dir.  einzuholen,  falls  sie  zu 
dieser  Strafe  ;u  schreiten  beabsichtigen." 

Carcerstrafe.  C. Verf.  des  Prov.  Sch.C.  zu  Koblenz  v.  24. 
Apr.  1862:  „Auf  den  Bericht  v.  3.  d.  M.  eröffnen  wir  der  Direction,  dafs  dio 
Carcerstrafe,  w*elche  um  ihrem  Zweck  zu  entsprechen  eine  seltene  bleiben  muTs,. 
ohne  ausdrückliche  Genehmigung  des  Dir.  nicht  in  Anwendung  kommen  darL 
Die  Direction  hat  Gegenwärtiges  den  Lehrern  der  Anstalt  zu  eröffnen.*' 

Körperl.  Züchtigung.  Gesetzlich  ist  die  Grenze  des  dem  Lehrer 
zustehenden  Züchtigungsrechtes  in  Uebereinstimmung  mit  den  Vorschriften  de» 
A.L^  nach  •  der  Allerhöchsten  Cabinetsordre  v.  14.  Mai  1825  unter  Nr.  4 
folgendermafsen  festgesetzt:  „Die  Schiüzucht  darf  niemals  zu  Mifshandlungen 
ausgedehnt  werden,  die  der  Gesundheit  des  Kindes  auch  nur  auf  entfernte  Art 
schädlich  werden  können."    Es  ist  anerkannt,  dafs  diese  landesgesetzliche  Be- 


V  Vgl  p.  360  unter  Nr.  4,   p.    362    Verf.   Hannover  6.  Apr.  1873   am. 
Schlufs  u.  fg. 


359 

stimmang   durch    das  Beichsstrafgesetzbnch   nicht    aufgehoben    ist     S.  Ent- 
scheidung des  E.  Ober-Verwaltnngsgerichts  y.  19.  Nov.  1884,  CBl.  1885  p.  378. 

Verf.  des  Prov.  Sch.C.  zu  Berlin  y.  9.  Mftrz  1843:  „Mit  Bezug- 
nahme auf  §  12  der  Instr.  for  die  Dir.  der  gelehrten  Schulen  der  ProY.  Bran- 
denburg Y.  10.  Juni  1824  eröffnen  wir  Ew.  — ,  dafs  es  das  Streben  der  Dir. 
und  der  Lehrer  der  Gymn.  sein  mufs,  durch  eine  ernste  Disciplin  und  eine 
zweckmässige  Benutzung  der  übrigen  Strafmittel  die  körperl.  Züchtigungen 
in  den  Gymn.  möglichst  entbehrlich  zu  machen,  und  dafs  es  bei  Anwendung 
dieses  Strafmittels  als  Grundsatz  gelten  mufs,  dafs  mehr  der  moralische  Ein- 
druck der  Strafe  als  der  körperl.  Schmerz  die  Besserung  des  zu  Bestrafenden 
bewirke.  T3m  dies  zu  erreichen,  wird  den  Dir.  empfohlen,  dafs  sie  nur  den- 
jenigen Lehrern,  auf  deren  pädagogische  Einsicht  und  Besonnenheit  überhaupt 
und  auf  deren  Mäfsignng  beim  Strafen  im  Besonderen  sie  sich  Yerlassen  zu 
können  glauben,  jene  Strafgewalt  anvertrauen  und  die  mit  derselben  versehenen 
Lehrer  anweisen,  im  Allgemeinen  nur  in  den  seltensten  Fällen  gleich  nach 
dem  Vergehen  des  Schülers  und  auch  nur  dann  an  demselben  eine  körperU 
Züchtigung  zu  vollziehen,  wenn  die  Beschämung,  welche  er  dadurch  vor  seinen 
Mitschülern  erleidet,  als  nöthig  für  seine  Besserung  erscheint  oder  überhaupt 
ein  Aufschub  der  Strafe  die  wohlthätige  Wirkung  derselben  vermindern  würde, 
nnd  die  körperl.  Züchtigung  so  auszuführen,  dafs  in  keiner  Weise  aus  derselben 
ein  Nachteil  für  die  Gesundheit  des  Knaben  erwachsen  könne.  In  Bücksicht 
hierauf  kann  es  nicht  gestattet  werden,  dafs  bei  solchen  Bestrafungen  andere 
Strafwerkzeuge  als  ein  dünnes  Bohrstöckchen  oder  eine  Buthe  in  Anwendung 
kommen.  Auch  werden  die  Lehrer  auf  die  Verantwortlichkeit  aufinerksam  zu 
machen  sein,  welche  sie  in  dem  Falle  haben,  wenn  eine  solche  Bestrafung 
der  Gesundheit  des  Enabens  nachteilig  wird;  es  ist  event  von  einem  jeden 
Mifsbrauch  der  Art  uns  sofort  Anzeige  zu  erstatten.  Was  die  Bestrafungen 
der  Schüler  durch  Schuldiener  betrifft,  so  sind  sie,  weil  sie  nur  allzuleicht  den 
Charakter  einer  polizeiartigen  Züchtigung  annehmen,  im  Allgemeinen  unstatt- 
haft, und  wenn  es  sich  vielleicht  auch  bei  einzelnen  gröberen  Vergehen  jün- 
gerer Knaben  rechtfertigen  liefse,  dafs  die  Züchtigung  auf  den  Beschlufs  der 
Conferenz  oder  des  Dir.  in  Gegenwart  des  letzteren  durch  einen  Schuldiener 
mit  der  Buthe  oder  einem  dünnen  Bohrstöckchen  vollzogen  wird,  so  müfste 
dies  doch  stets  als  eine  höchst  seltene  Ausnahme  zu  betrachten  sein,  und 
würde  in  Bücksicht  auf  das  Alter  des  Schülers  und  die  Natur  des  Vergehens 
vor  der  Anwendung  einer  solchen  Züchtigung  zu  erwägen  sein,  ob  nicht,  wenn 
von  anderen  Strafen  ein  Erfolg  nicht  zu  erwarten  ist,  die  Ausschliefsung  aus 
der  Schule  in  Anwendung  zu  bringen  sei.  In  hohem  Grade  ist  es  in  dieser 
Hinsicht  zu  mifsbilligen,  dafs  eine  derartige  Züchtigung,  wie  es  an  einigen 
Gymn.  geschehen  ist,  als  Folge  einer  Anzahl  tadelnder  Noten  im  Klassen- 
Tagebuche  eintritt.  TJeberhaupt  wird  es  zweckmäfsig  sein,  eine  solche  Be- 
strafung nur  mit  Vorwissen  und  Zustimmung  der  Eltern  vollziehen  zu  lassen. 

Nach  Mafsgabe  dieser  Grundsätze  wollen  sie  sich  über  angemessene 
Ausübung  des  Bechts  zu  körperl.  Züchtigungen  mit  den  Lehrern  der  Ihrer 
Leitung  anvertrauten  Anstalt  einigen  und  dieselben  stets  sorgsam  überwachen.^' 

Entfernung  von  der  Schule.  C.  Verf.  des  rhein.  Prov.Sch.C. 
V.  22.  Jan.  1836:  „Die  Entfernung  eines  Schülers  von  der  Schule  ist  eine  in 
ihren  Folgen  für  diesen  sowie  für  die  Angehörigen  desselben  so  wichtige  Mafs- 
regel,  daXs  zu  derselben  nur  in  dem  äufsersten  Falle  geschritten  werden 
ds^.  Damit  bei  Anwendung  derselben  überall  möglichst  gleichmäfsig  verfahren 
werde,  so  bestimmen  wir  hierdurch  Folgendes: 

1.  Die  Entfernung  eines  Schülers  von  der  Schule  ist  in  der  Begel  nur 
dann  anzuwenden,  wenn  die  gewöhnlichen  Schulstrafen  auch  in  ihrer  Steigerung 


360 

ohne  Erfolg  geblieben  sind  und  Besserung  des  vielfach  Bestraften  unter  den 
obwaltenden  Verhftltnissen  nicht  zu  erwarten  ist.  Hierin  ist  von  selbst  die 
nothwendige  Berücksichtigung  des  Alters  des  Zöglings  angedeutet^  und  dafs 
bei  Schülern  der  niederen  El.  nur  selten  die  Entfernung  nothwendig 
werden  kann. 

2.  Wird  dieselbe  in  der  Lehrerconferenz  beschlossen,  so  ist  zuerst  die 
stille  Entfernung  in  der  Weise  zu  versuchen,  dafs  der  Dir.  die  Angehöri- 
gen von  dem  Betragen  des  Schülers  amtlich  benachrichtigt  und  denselben  den 
Bath  erteilt,  den  Schüler  zurückzunehmen.  Bleibt  dieser  Bath  unbefolgt,  so  trifft 
den  Straffälligen  für  diesmal  eine  angemessene  Schulstrafe;  demselben  wird 
aber  zugleich  vor  der  Lehrerconferenz  bedeutet  und  den  Angehörigen  durch 
den  Dir.  angezeigt,  dafs  bei  nicht  erfolgter  Besserung  die  Ausschliefsung  er- 
folgen werde. 

3.  Erfolgt  die  Besserung  nicht,  so  ist  alsdann  die  Ausschliefsung 
zur  Ausführung  zubringen,  so  dafs  der  Dir.  den  Angehörigen  den  desfallsigen 
Gonferenzbesclüufs  mitteilt.  Ist  der  Schüler  ein  Fremder,  so  hat  der  Dir.  auch 
der  Polizei  Anzeige  zu  machen,  damit  der  Ausgeschlossene  nicht  länger  als 
unter  der  Aufsicht  der  Schule  stehend  betrachtet  werde. 

4.  Wenn,  besonders  bei  erwachsenen  Schülern,  die  Vergehungen  von 
wirklicher  Bösartigkeit  zeugen  oder  bei  gröfserer  Unsittlichkeit  das  Beispiel 
und  der  Umgang  eines  Schülers  den  übrigen  gefährlich  werden  sollte,  so  kann 
es  in  solchen  aufserordenü.  Fällen  nothwendig  werden,  sogleich  zur  Aus- 
schliefsung zu  schreiten.  Die  Lehrerconferenz  hat  alsdann  noch  zu  erwägen, 
ob  der  Schüler  ohne  Bedenken  in  eine  andere  Anstalt  aufgenommen  werden 
könne  oder  ob  mit  dieser  Aufnahme  auch  für  seine  neuen  Mitschüler  Gefahr 
erwachsen  werde.  Im  ersten  Falle  kann,  wie  bei  den  unter  2  und  3  enthalte- 
nen Fällen,  die  Ausschliefsung  ohne  unsere  Genehmigung  ausgesprochen  und 
vollzogen  werden.  In  dem  dem  Schüler  auszustellenden  Zeugnis  ist  nach  einer 
allgemeinen  Charakterisirung  desselben  am  Schlufs  zu  bemerken,  dafs  er  „still 
von  der  Schule  entfernt"  oder  „ausgeschlossen'*  worden  sei,  worauf  der  Dir. 
eines  anderen  Gymn.  der  Provinz  ihn  auf  erfolgende  Anmeldung  anzunehmen, 
sich  jedoch  wegen  Mitteilung  der  näheren  Verhältnisse,  welche  die  stille  Ent-' 
femung  oder  Ausschliefsung  veranlafst  haben,  an  den  entlassenden  Dir.  zu 
wenden  hat  —  Sollte  jedoch  die  Lehrerconferenz  der  Ansicht  sein,  dafs  der 
betr.  Schüler  auf  ein  anderes  Gymn.  nicht  aufgenommen  werden  dürfe,  so  hat 
der  Dir.  ausführlich  an  uns  zu  berichten,  und  unsere  Entscheidung  nachzu- 
suchen. Bestätigt  diese  die  Ansicht  der  Lehrerconferenz,  so  werden  wir  sämt- 
liche Dir.  der  Provinz  von  einem  solchen  Falle  in  Kenntnis  setzen,  so  dafs  in 
dem  Entlassungszeugnis  dann  auch  nur  zu  bemerken  ist,  dafs  der  Schüler  aus- 
geschlossen sei.  Die  Angehörigen  desselben  werden  aber  durch  den  Dir.  von 
unserer  Entscheidung  in  Kenntnis  gesetzt. 

5.  In  dem  unter  2  bezeichneten  Falle  erfolgt  niemals  eine  Bekannt- 
machung an  die  übrigen  Schüler  der  Anstalt.  Wird  die  Ausschliefsung  aus- 
gesprochen, so  sind  die  übrigen  Schüler  der  Klasse,  welcher  der  Ausgeschlossene 
angehörte,  nur  dann  von  der  Ausschliefsung  in  Kenntnis  zu  setzen,  wenn  auch 
die  Vergehen  des  Schülers  zu  ihrer  Kenntnis  gekommen  sind. 

6.  Im  Programm  ist  eintretenden  FaUs  nur  zu  bemerken,  dafs  ein 
Schüler  ausgeschlossen  worden  ist;  der  Name  wird  jedoch  verschwiegen;  der 
stillen  Entfernung  geschieht  gar  keine  Erwähnung. 

Wir  hegen  zu  sämtlichen  Dir.  und  Lehrern  das  Vertrauen,  dafs  sie  bei 
den  hiemach  zu  beurteilenden  Fällen  mit  Umsicht  verfahren  und  die  zur 
Besserung  und  Erziehung  des  Einzelnen  zulässige  Milde  mit  der  Strenge  zu 
vereinigen  wissen  werden,  welche  die  Erhaltung  der  Autorität  der  Schule  und 
ihrer  darin  begründeten  Wirksamkeit  erfordert." 


361 


Min.  Verf.  v.  21.  Hai  186 1:  —  ^orch  die  an  den  Dir.  K.  erlassene 
Terf.  Y.  —  ist  der  betr.  Disciplinarfall,  soweit  der  Schüler  N.  dabei  implicirt 
war,  angemessen  erledigt  worden.  Die  bei  diesem  Anlafs  von  dem  JL  Prov. 
ScIlC.  ansgesprochenen  allgem.  disciplinar.  Gnmdsfitze  haben  im  Wesentlichen 
meine  Zostimmmig.  Es  kann  dem  Vater  nicht  gewehrt  werden,  seinen  Sohn 
zu  jeder  Zeit  ans  der  Schale  zorückzonehmen,  auch  in  dem  Fall,  dafis  eine  über 
«in  Vergehen  desselben  begonnene  Untersuchung  noch  nicht  beendigt 
sein  sollte. 

Ich  bin  indefs  damit  nicht  einverstanden,  dafs  durch  solche  freiwillige 
Entfernung  die  Sache  abgethan  und  der  Zweck,  den  eine  Belegation  haben 
würde,  damit  erreicht  sei.  Die  verletzte  sittliche  Ordnung  der  Schule  verlangt 
eine  Genugthuung,  sollte  diese  sich  auch  darauf  beschränken  müssen,  dafs  die 
Schule  ihrem  Anspruch  an  den  ausgeschiedenen  Schüler  in  dem  Zeugnis  über 
ihn  einen  Ausdruck  giebt.  L&fst  sich  in  Folge  des  beschleunigten  Abganges 
des  Schülers  die  Untersuchung  nicht  zu  Ende  föhren  oder  ergiebt  sich  eine 
unzweifelhafte  Strafbarkeit  desselben,  so  sind  im  ersteren  Fall  die  Umstände, 
unter  denen  er  die  Schule  verlassen  hat,  und  der  auf  ihm  ruhende  Verdacht 
in  dorn  Abgangszeugnis  zu  vermerken,  und  ebenso  ist  in  dem  anderen  Fall 
darin  zu  bezeugen,  dafs  er  sich  der  nach  den  Schulgesetzen  über  ihn  zu  ver- 
hängenden Strafe,  z.  B.  der  f^rml.  Belegation,  durch  den  Abgang  entzogen 
liabe.  Bei  schwereren  Vergehen  wird  es  der  Dir.  för  seine  Pflicht  halten,  der 
Polizei  oder  dem  Staatsanwalt  Anzeige  davon  zu  machen  und  denselben  das 
weitere  Verfahren  zu  überlassen.  In  dem  Fall  aber,  daft  ein  Schüler  eine 
ihm  auf  Grund  beendigter  Untersuchung  vom  Lehrercollegium  zuerkannte 
Carcerstrafe  schon  angetreten  hat,  mufs  die  Schule  für  befugt  angesehen  werden, 
ihn  erst  dann  zu  entlassen,  wenn  die  Zeit  der  Strafe  verlaufen  ist." 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  28.  Apr.  1866:  „Es  sind 
in  neuerer  Zeit  einzelne  Fälle  zu  unserer  Kenntnis  gekommen,  dafs  Schüler 
nnfreiwillig  von  Anstalten  entfernt  worden  sind,  ohne  daA  uns  Anzeige  davon 
gemacht  worden  wäre.  Die  Dir.Instr.  v.  10.  Juni  1824  giebt  in  §  12  die 
Bedingungen  an,  unter  welchen  die  Directoren  mit  der  Lehrerconferenz  befugt 
fiind,  die  äufserste  Schulstrafe,  die  Belegation,  über  einen  Schüler  zu  ver* 
liängen.  Wir  dürfen  die  Ueberzeugung  hegen,  dafs  ein  solcher  Act  nur  dann 
ToUzogen  werden  wird,  wenn  sich  bei  ruhiger  Erwägung  aller  Umstände  die 
unfreiwillige  Entfernung  als  unumgänglich  nothwendig  erweist  Es  ist  darum 
über  einen  solchen  Fall  stets  in  der  Lehrerconferenz  ein  ausführl.  ProtocoU 
aufzunehmen,  aus  welchem  der  Thatbestand  des  Vergehens  und  die  zwingende 
IS^othwendigkeit  der  Strafe,  so  wie  das  Stimmenverhältnis  der  votirenden  Lehrer 
klar  und  deutlich  erkannt  werden  kann.  Dafs  die  Strafe  nur  dann  vollzogen 
werden  darf,  wenn  die  Mehrzahl  der  ordentl.  Lehrer  des  CoUegiums  über  die 
Nothwendigkeit  der  Entfernung  mit  dem  Dir.  einverstanden  ist,  ist  in  dem 
gedachten  §  ausdrücklich  ausgesprochen  worden.  Unter  Hinweisung  auf  diese 
Bestimmungen  der  Dir.  Instr.  ordnen  wir  hiermit  an,  dafs  fortan  jedesmal,  wenn 
eine  Belegation  beschlossen  worden  ist,  uns  alsbald  Abschrift  des  bezüglichen 
OonferenzprotokoUs,  und  zwar  wo  ein  Ephorat  besteht,  durch  dessen  Vermittelung, 
in  allen  anderen  Fällen  aber  direct  eingereicht  werde.  In  dem  Begleitbericht 
ist  zugleich  anzuzeigen,  dafs  den  Eltern  oder  sonstigen  nächsten  Angehörigen 
des  betr.  Schülers  hiervon  zur  rechten  Zeit  Kenntnis  gegeben  und  auf  welche  Art 
dem  Schüler  selbst  die  Strafe  angekündigt  worden  ist.^ 

C.  Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  19.  Apr.  1875:  „Wir  haben 
in  mehreren  Fällen  wahrzunehmen  Gelegenheit  gehabt,  dafs  die  in  §  15  der 
liistr.  vom  22.  Jan.  1868  (s.  Bd.  II)  ausgesprochenen  Bedingungen,  unter  denen  den 


362 

Dir.  die  Befugnis  beigelegt  ist,  Schüler  von  der  Anstalt  zn  entfernen,  nicht  mit  der 
erfordert.  Sorgfalt  innegehalten  worden  sind.  Die  Belegation  ist  wiederholt 
als  Stmfe  verhängt  worden,  ohne  dafs  die  gewöhnlichen  Mittel  der  Zucht  wirk- 
lich erschöpft  worden  wären,  oder  ffir  Vergehen  offenbaren  Leichtsinns  namenü. 
bei  Schülern  der  unteren  Kl.  zur  Anwendung  gekommen,  ohne  dafb  dieselben 
als  schädlich  für  die  Disciplin  überhaupt  sich  erwiesen  hätten.  Nicht  selten 
wird  die  Entfernung  eines  Schülers,  insbesondere  von  den  jüngeren  Mitgliedern 
der  LehrercoU.  mit  Nachdruck  verlangt,  weil  dieselben  aus  Mangel  an  pädagog. 
Erfahrung  und  an  der  dem  Lehrer  und  Erzieher  unentbehrl.  Geduld  zu  leicht 
an  der  durch  den  Einflufs  der  Schule  zu  erreichenden  Besserung  eines  Schülers 
verzweifeln  und  vorschnell  die  Meinung  gewinnen,  der  Zweck  des  TInterr.  könne 
an  demselben  nicht  erreicht  werden.  Wir  dürfen  zwar  annehmen,  dafs  die  HH. 
Dir.  und  Bectoren  derartigen  Auffassungen  mit  Entschiedenheit  entgegenzutreten 
und  das  Bewufstsein  von  der  erziehl.  Aufgabe  der  Schule  in  den  Lehrern  zu 
erwecken  und  lebendig  zu  halten  wissen;  wir  finden  uns  aber  gleichwohl  mit 
Bäcksicht  auf  mehrere  in  den  letzten  Jahren  vorgekommene  Fälle  veranlafst, 
dieselben  an  die  Pflicht  zu  erinnern,  die  Strafe  der  Entfernung,  welche  vorzugs- 
weise die  Eltern  und  Angehörigen  schwer  trifft,  niemals  ohne  allseitige  und 
gründliche  Erwägung  der  jedesmaligen  besonderen  Verhältnisse  zuzulassen.** 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  6.  Apr.  1873. 
„Um  der  Handhabung  der  Schuldisciplin  an  den  uns  unterstellten  höh.  Lehr- 
anstalten eine  einheitl.  Grundlage  zu  sichern,  verordnen  wir  mit  Genehmigung 
des  H.  Min.  unter  Aufhebung  etwaniger  entgegenstehender  Bestimmungen 
wie  folgt: 

Sämtliche  discipliuar.  Schulmafsregeln  ernsterer  Art  haben  von  einem 
Beschlufs  der  Lehrerconferenz  auszugehen.  Falls  die  gewöhnl.  Schulstrafen  an 
einem  Schüler  sich  als  fruchtlos  erwiesen  haben  und  eine  Besserung  desselben  sich 
nicht  mehr  hoffen  läfst,  kann  die  Gonferenz  beschliefsen,  den  Angehörigen  des- 
selben den  Bath  zu  erteilen,  den  Schüler  von  der  Anstalt  wegzunehmen.  Be- 
folgen dieselben  diesen  Bath  nicht,  so  ist  geeigneten  Falles  eine  angemessene 
Schulstrafe  über  den  Schüler  zu  verhängen,  die  Angehörigen  desselben  aber 
hiervon  mit  dem  Bemerken  in  Kenntnis  zu  setzen,  dafs  im  Falle  fernerer  Ver- 
gehungen die  wirkl.  Ansschliefsung  über  den  Schüler  verhängt  werden  müsse. 
Die  Verweisung  eines  Schülers  von  der  Anstalt,  welche  ebenfalls  nur  nach  Er- 
schöpfung der  sonstigen  Dlsciplinarmittel,  in  besonders  erschwerenden  Fällen 
aber,  namentlich  wenn  von  dem  längeren  Verbleiben  des  Schülers  auf  der  An- 
stalt eine  nachteilige  Einwirkung  auf  seine  Mitschüler  zu  besorgen  steht,  auch 
sofort  eintreten  kann,  erfolgt  gleichfalls  auf  Beschlufs  der  Lehrerconferenz. 
Das  hierüber  aufzunehmende,  die  Gründe  der  Mafsregel  genau  erörternde  Proto- 
koll ist  uns  sowohl  als  der  für  die  Anstalt  etwa  eingesetzten  Localschulbehörde 
(Curatorium,  Schulcommission,  Scholarchat,  Magistrat  etc.)  abschriftlich  einzu- 
reichen, um  der  letzteren  Gelegenheit  zu  geben,  ihre  etwanigen  Bedenken  bei 
uns  geltend  zu  machen;  ebenso  sind  die  Angehörigen  des  Schülers  von  dem 
Beschlufs  unter  Angabe  der  Gründe  alsbald  in  Kenntnis  zu  setzen.  Die  früher 
übliche  sogenannte  verschärfte  (öffentliche,  schimpfliche)  Ausweisung  eines 
Schülers,  welche  die  Aufnahme  desselben  in  eine  andere  Lehranstalt  ausschlofs^ 
ist  fortan  vom  LehrercoU.  nicht  mehr  zu  beschliefsen,  da  sie  eine  den  jetzigen 
Verhältnissen  nicht  mehr  angemessene  Verschärftmg  der  Strafe  enthält** 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kassel  v.  14.  Dec.  1872:  „Wir 
haben  mit  dem  K.  Prov.Sch.C.  in  Koblenz  und  Münster  die  Verabredung  ge- 
troffen, dafs,  wenn  von  den  höh.  Schulen  der  einen  Provinz  Schüler  wegen  so 
schwerer  Vergehen  ausgeschlossen  werden  müssen,  dafs  ihre  Aufhahme  für  jede 


363 

Schiüe  bedenklich  erscheint)  die  Ausschliefsnng  durch  das  K.  Scb.O.  der  einen 
Provinz  dem  der  anderen  mitgeteilt  wird,  und  dafs  auch  bei  Vorkommnissen 
anderer  Art,  von  welchen  Kenntnis  zu  haben  dem  Sch.C.  der  anderen  Provinz 
von  wesentlichem  Interesse  sein  mufs,  eine  solche  Mitteilung  erfolgt  Demnach 
veranlassen  wir  Ew.  —  in  den  bezeichneten  Fällen  nns  sofort  die  nöthige  An- 
zeige zu  machen.  — ^ 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  3.  Mai  1873:  ,4)ie  Berichte 
der  HH.  Directoren  über  das  Strafverfahren  an  den  höh.  Lehranstalten  der 
Provinz  und  über  die  dabei  leitenden  Grundsätze  lassen  keinen  Zweifel,  dafs 
es  durchgängig  als  Hauptaufgabe  anerkannt  wird,  durch  die  Strafe  zu  bessern, 
sie  deshalb  dem  Vergehen,  und,  soweit  es  ohne  Benachteiligung  der  Gerechtig- 
keit geschehen  kann,  der  Individualität  des  Schülers  anzupassen,  vor  allen 
Dingen  aber,  um  den  Eindruck  nicht  abzuschwächen,  mit  den  zulässigen  Straf- 
mitteln  (vom  strafenden  Blick  und  Wort  bis  zur  Freiheitsentziehung  und  der 
Verweisung)  sparsam  umzugehen. 

In  Uebereinstimmung  damit  und  in  der  Ueberzeugung,  dafs  der  Erfolg 
dieses  Erziehungsmittels  zumeist  von  dem  richtigen  Tact,  sowie  von  der  in 
sittl.  und  Wissenschaft.  Tüchtigkeit  wurzelnden  Autorität  des  Strafenden  ab- 
hängt, halten  wir  es  für  erspriefslich,  innerhalb  dieser  Grundsätze  die  Freiheit 
der  Lehrercoll.  und  der  einzelnen  Lehrer  so  wenig  als  möglich  einzuengen,  und 
l)eschränken  uns  daher  auf  folgende  nur  die  Grenzen  der  Strafgewalt  betreffende 
Anordnungen : 

Freiheitsstrafen.  1.  Arreststrafen  dürfen  nur  in  schulfreier 
Zeit  stattfinden;  an  den  Tagen,  an  welchen  Nachm.  um  2  Uhr  Unterricht  ist, 
nicht  zwischen  12  und  2  Uhr.  2.  Arreststrafen  bis  zu  2  Stunden  müssen  in 
der  Begel,  namentlich  von  Schülern  der  4  unteren  Kl.  (VI— UI)  unter  Auf- 
sicht eines  Lehrers  verbüfst  werden.  3.  Kein  Schüler,  auch  nicht  der  wegen 
seines  Betragens  strafbare,  darf  während  der  Stra&eit  ohne  Beschäftigung  ge- 
lassen werden.  4.  Die  Arreststrafe  und  ihre  Dauer  verfugt  der  Ordinarius  auf 
Grund  der  Notate  im  Klassenbuche  und  nach  Bücksprache  mit  den  Klage 
führenden  Lehrern;  er  hat  auch  im  Einverständnis  mit  diesen  die  anzufertigende 
Arbeit  zu  bestimmen.  Mehrmalige  Abschrift  eines  und  desselben  Wortes,  Satzes, 
Abschnitts  darf  nicht  gefordert  werden;  überhaupt  ist  zu  verhüten,  dafs  die 
Arbeit  an  sich  als  Strafe  betrachtet  werde.  5.  Bei  Arreststrafen  über  2  Stunden 
"bedarf  es,  wofern  nicht  ein  ConferenzbeschluTs  erforderlich  ist,  der  (Genehmigung 
des  Directors.  6.  Zwei  oder  mehr  Schüler  dürfen  nicht  zusammen  in  einem 
und  demselben  Zimmer  ohne  Aufsicht  ihre  Stra&eit  verbüTsen.  7.  Arreststra- 
fen  dürfen  die  Dauer  von  6  Stunden  nicht  überschreiten. 

Körperliche  Züchtigung.  8.  Von  körperl.  Züchtigung  darf  in  den 
oberen  Kit  kein  Gebrauch  gemacht  werden;  auch  in  den  unteren  Kl.  ist  sie 
mit  grofser  Vorsicht,  in  der  Begel  nur  wenn  andere  Mittel  sich  wirkungslos 
erwiesen  haben,  bei  Veranlassungen  auTserordentlicher  Strafbarkoit  wie  Hoheit, 
Lug  und  Trug,  Trotz  und  Widersetzlichkeit  anzuwenden.  Sie  steht  nur  den 
ordentl.  Mitgliedern  zu,  doch  kann  auch  diesen  die  Befugnis  dazu  zeitweise 
durch  den  Dir.  entzogen  werden,  wenn  die  Strafe  zu  häufig  ausgeübt  wird  oder 
gar  in  Mifshandlung  ausartet.  Schläge  an  den  Kopf  sind  unstatüiaft.  9.  Züch- 
tigung durch  den  Schuldiener  ist  nicht  zulässig. 

Ausweisung.  10.  Während  der  Lehrstunden  einen  Schüler  aus  der 
Klasse  zu  weisen,  ist  nur  unter  dringenden  Umständen  gestattet  Hat  ein 
Lehrer  sich  dazu  genöihigt  gesehen,  so  ist  er  verpflichtet,  den  Dir.  sobald  als 
möglich  davon  in  Kenntnis  zu  setzen.  11.  Die  Strafe  der  Ausschliefsung 
aus  der  Anstalt  kann  nur  durch  ConferenzbeschluTs  verhängt  werden.  Sie  ge- 
schieht entweder  in  der  milderen  Form  der  Entfernung,  oder  in  der  strengeren 


364 

« 

Torrn  der  YerwelBang  (BelegationX  Findet  Terweisnng  statt,  so  ist  eine  Be- 
nachrichtigang  des  K.  ProY.Sch.C.  erforderlich,  ohne  dessen  besondere  Geneh- 
migung keine  andere  öffenü.  Anstalt  den  Belegirten  aofiiehmen  darü  In  beiden 
;FäUen  ist  die  Strafe  wie  der  Grand  der  Bestrafung  im  Abgangszeognis  anzu- 
geben. 12.  Jede  strengere  Strafe,  wie  Arrest,  körperliche  Züchtigung,  Aus- 
weisung aus  der  Klasse,  Ausschliefsung  aus  der  Anstalt  u.  a.  mufs  nicht  nur 
im  Klassenbuche  vermerkt,  sondern  auch  den  Eltern  oder  deren  Stellvertretern 
flChrifü.  angezeigt  werden,  wie  überhaupt  auch  auf  diesem  Gebiete  der  Erziehung 
die  Verbindung  und  Verständigung  der  Schule  mit  dem  Hause  eine  wesentliche 
Bedingung  segensreichen  Erfolges  ist. 

Vorstehende  Verfügung  mit  den  beifolgenden  Erläuterungen  ist  allen 
Lehrern  der  Anstalt,  sowohl  den  gegenwärtigen,  als  den  später  eintretenden, 
mitzuteilen  und  zum  Zeichen,  dai^  sie  damit  bekannt  gemacht  sind,  von  ihnen 
CT  unterschreiben.'' 

Erläuterungen  zum  Vorstehenden.  „Die  allgm.  Grundsätze  sind 
vorangescbickt,  weil  auf  ihnen  die  nachstehenden  speciellen  Bestimmungen 
ruhen.  Es  wird  so  zugleich  einer  mechan.  Auffassung  der  einzelnen  Vorschriften 
vorgebeugt.  Von  der  Aufstellung  einer  Strafscala  und  einer  Anweisung  zu 
ihrer  Anwendung  ist  abgesehen,  weil  dadurch  die  Freiheit  der  LehrercoU.  un- 
nOthiger  Weise  beschränkt  würde.  Es  kommt  hauptsächlich  darauf  an,  dafs 
innerhalb  fester  gesunder  Grundsätze  jeder  einzelne  Lehrer  nach  seiner  Indi- 
vidualität ebenso  wie  nach  der  des  Schülers  das  Richtige  in  jedem  Fall  finde. 
Das  kann  aus  Anweisungen  nicht  erlernt  werden,  da  Eines  sich  nicht  Ar  Alle 
schickt  Die  nachfolgenden  Bestimmungen  beziehen  sich  daher  meist  nur  auf 
4ie  Grenzen  der  Strafgewalt  und  auf  die  Verhütung  des  Mifsbrauchs  gewisser 
Strafarten. 

• 

Zu  2.  Als  zweckmäfsig  hat  sich  zumal  an  gröfseren  Anstalten  bewährt, 
für  jede  einzelne  Kl.  von  VI  bis  III  oder  wenigstens  fär  die  beiden  unteren 
KL  abgesondert  von  den  beiden  mittleren,  am  Schlufs  jeder  Woche  1  bis  2 
Stunden  festzusetzen,  in  welchen  (mit  Ausnahme  der  Fälle,  wo  eine  baldige 
Bestrafung  geboten  ist)  die  betr.  Schüler  unter  Aufisicht  je  eines  Lehrers  ange- 
halten werden,  die  in  einzelnen  Lehrgegonständen  durch  Unfleifs  entstandenen 
Lücken  zu  ergänzen.  Auf  diese  Weise  wird  der  allzuhäufigen  Anwendung  der 
Strafe  am  sichersten  gesteuert;  es  wird  zugleich  die  Belastung  der  Lehrer, 
welchen  die  Beaufsichtigung  obliegt,  vermindert  und  der  Ungleichmäfsigkeit  im 
Verfahren  derselben  vorgebeugt.  Manche  Lehrer  sind  geneigt,  ohne  Weiteres 
und  bei  geringfügigen  Veranlassungen  mit  Nachsitzen  zu  bestrafen,  andere 
verzichten  auf  dieses  Strafmittel  ganz,  um  der  Mühe  der  Beaufsichtigung  zu 
«ntgehen. 

Zu  4.  So  wird  nicht  nur  verhindert,  dafs  alsbald  stärkere  Straf  mittel 
(zu  welchen  die  Freiheitsentziehung  gehOrt)  Anwendung  finden,  wo  schwächere 
Ausreichen,  sondern  auch  dafftr  gesorgt,  dafs  Einheit  in  die  Behandlung  der 
Schüler  kommt.  Wenn  die  Lehrer  jeder  Kl.  veranlafst  werden,  mit  dem  Ordi- 
narius Bücksprache  zu  nehmen,  so  wird  ihnen  Gelegenheit  gegeben,  die  einzel- 
nen Schüler  genauer  kennen  zu  lernen,  und  dadurch  der  Gewinn  erzielt,  dafs 
sie  harmonischer  auf  deren  Förderung  einwirken.  Zu  5.  Wenn  auch  bei 
solchen  Strafen  von  längerer  Dauer  fortwährende  Aufsicht  nicht  stattfindet,  so 
ist  es  doch  wünschenswerth,  dafs  der  Dir.  oder  der  Ordinarius  während  der 
Arrestzeit  den  der  Strafe  verfallenen  Schüler  besucht  Zu  7.  Eine  Verteüung 
der  BtnSe  auf  2  oder  gar  mehr  als  2  Tage  schwächt  den  Eindruck  ab  und 
wirkt  nachteilig,  weil  sie  an  die  Studentenhaft  erinnert.  Ebenso  halten  wir 
die  Einrichtung  eines  besonderen  Straflocals  (Carcer)  nicht  fär  nöthig;  es  wehrt 
in  heilsamer  Weise  renommistischen  Gelüsten,  wenn  die  Schüler  der  oberen 


365 

XI.  ebenso  wie  die  der  unteren  in  ilirem  Klassenzimmer  die  Strafe  zn  ver^ 
büfsen  haben. 

Im  Allgemeinen  werden  die  Collegien  stets  sich  vergegenwärtigen,  dafs 
die  Knnst  der  Erziehong  um  so  größer  ist,  je  seltener  schwere  Strafen  statt- 
finden, ohne  dafs  die  Forderung  des  Unterrichts  und  der  sittliche  Geist  der  An- 
stalt darunter  leidet" 

C.  Verf.  des  K.  ProY.Sch.C.  zu  Kiel  v.  12.  Jan.  1875:  „Auf  ge^ 
gebene  Veranlassung  teilen  wir  den  HH.  Dir.  und  Bectoren  der  höh.  Lehr- 
anstalten unseres  Bessorts  mit  Beziehung  auf  die  unter  dem  3.  Mai  1872  von 
uns  erlassene  Ordnung,  betreffend  das  Strafverfahren  an  den  höh.  Lehr- 
anstalten, folgende  declarator.  Ausfahrungen  mit,  einerseits  zu  eigener  Kennt- 
nisnahme und  Nachachtnng,  andererseits  zu  alsbaldiger  Eröffnung  an  die  betr. 
LehrercoU.,  deren  sftmü.  Mitgl.  gegenwärtige  Yerfögnng  zum  Zeichen,  dafsr 
ihnen  dieselbe  zur  Kenntnis  gebracht  ist,  zu  unterscl^eiben  haben. 

1.  Wenn  in  der  vorerwähnten  Ordnung  unter  Nr.  8  die  Bestimmung^ 
getroffen  ist,  dafs  körperl.  Züchtigung  nur  den  ordentlichen  Mitgl.  der  LehrercoU. 
zustehen  soll,  so  werden  damit  auch  diejenigen  Schulamtscand.  und  Hü1£b' 
iehrer  von  diesem  Bechte  ausgeschlossen,  welche  etwa  mit  der  Verwaltung  einer 
ordentL  Lehrerstelle  oder  eines  Klassenordinariats  betraut  sind.  2.  Am  Schlufs 
von  Nr.  8  heifst  es:  „Schläge  an  den  Kopf  sind  unstatthaft".  Diese  Bestimmung 
ist  dahin  zu  verstehen,  dafs  keinerlei  körperl.  Züchtigung  und  äufserl.  Admonition 
erteilt  werden  darf,  bei  welcher  der  Kopf  des  betr.  Schülers  berührt  wird. 
3.  Der  Schlulssatz  der  Verf.  v.  3.  Mai  1872  ordnet  an,  dafs  dieselbe  allea 
Lehrern  der  Anstalt,  auch  den  später  eintretenden  mitzuteilen  sei.  Wir  bemerken 
ausdrücklich,  dafs  dies  bei  den  neu  eintretenden  Lehrern,  resp.  Schulamtscandr 
vor  dem  Antritt  ihres  Amts  geschehen  mufs  und  dafs  in  Zukunft  mit  der  mehr- 
erwähnten, das  Strafverfahren  regelnden  Ordnung  zugleich  auch  die  gegenwäri. 
dedarat  Verf.  zur  Kenntnis  zu  bringen  und  von  den  neu  eintretenden  Lehrern 
gleicher  Weise  zu  unterschreiben  ist'^ 


VI. 
Verschiedene  Bestimmungen  für  die  höheren  Schulen. 

1.  Schulbücher. 

C.Verf.  V.  14.  Juni  1843:  „Es  ist  bemerkt  worden,  dai^  bei  der  Ein^ 
führung  neuer  Lehrbücher  in  den  6ymn.  und  höheren  Schulanstalten 
die  Bestimmung  des  §  7,  4  und  5  der  Dienstinstr.  für  die  K.  Oonsistorien  und 
I^ov.  SchulcoUegien  v.  33.  Oct.  1817  (s.  p.  9)  hie  und  da  nicht  befolgt,  und 
dafe  es  den  Dir.  der  Gymn.  und  anderen  höh.  Lehranstalten  überlassen  worden 
ist,  die  Einfohrung  neuer  Lehrbücher  ohne  Weiteres  zu  veranlassen.  Ein  häufiger 
Wechsel  der  Lehrbücher  ist  aber  an  sich  schon  nachteilig  und  verursacht  den 
Eltern  der  Schüler  nicht  unbedeutende  Kosten.  Das  K.  Sch.C.  hat  deshalb 
darüber  zu  wachen,  dafs  bei  der  Wahl  neuer  Lehrbücher  mit  Sorgfalt  verfahren 
werde  und  daher  den  Dir.  der  Gymn.  und  hoh.  ünterrichtsanstalten  Seines  Bessorts 
unter  Verweisung  auf  die  betr.  Bestimmung  der  gedachten  Instr.  au&ugeben, 
inr  jede  Einfohrung  neuer  Lehrbücher  die  Bestimmung  des  K.  Sch.C.  einzu^ 


366 

holen.  Letzteres  hat  alsdann,  insofern  das  Buch  nicht  schon  früher  als  znr 
Einführung  überhaupt  geeignet  anerkannt  worden  ist,  zu  meiner  Genehmigung 
zu  berichten." 

O.Yerf.  y.  28.  Apr.  1857:  „Die  Zahl  der  an  einzelnen  Gymn.  und  Beal- 
schulen,  und  die  Verschiedenheit  der  innerhalb  derselben  Provinz  für  einige 
ünterrichtsgegenstände  eingeführten  Schulbücher  ist  unverhältnismäfsig  grofs. 
Ich  sehe  mich  durch  diese  Wahrnehmung  veranlafst,  die  Bestimmungen  der  die 
Einführung  von  Schulbüchern  betr.  Verf.  v.  15.  Jan.  1846  in  Erinnerung  zu 
bringen,  und  den  Prov.  Unterrichtsbehörden  aufzugeben,  auf  Vereinfachung  und 
gröfsere  üebereinstimmung  der  Unterrichtsmittel  innerhalb  derselben  Provinz 
hinzuwirken. 

Auch  für  diejenigen  Hülfsmittel  des  Unterrichts,  welche  von  Lehrern  einer 
Anstalt  verfafst  sind,  bedarf  es,  wenn  sie  an  derselben  benutzt  werden  sollen, 
eines  besonderen  Antrags. 

Ist  die  Einführung  eines  Buchs  für  ein  Gymn.  oder  Progymn.  einer  Provinz 
genehmigt  worden,  so  ist  solche  auch  für  andere  Gymn.  und  Progymn.  derselben 
Provinz  ohne  erneuerten  Antrag  zulässig;  das  gleiche  Verhältnis  findet  bei  den 
Beal-  und  h5h.  Bürgerschulen  statt;  doch  ist  ein  für  Gymn.  und  Prog3rmn.  ge- 
nehmigtes Schulbuch  dadurch  nicht  zugleich  als  auch  für  Beal-  und  höh.  Bürger- 
schulen genehmigt  anzusehen. 

Die  Dir.  sowohl  der  Gymn.  und  Progymn.  wie  der  höh.  Bürger-  und  Beal- 
Bchulen,  sind  anzuweisen,  ein  genaues  Verzeichnis  sämtlicher  an  der  betr.  An- 
stalt eingeixihrter  Lehrbücher  und  sonstiger  Hülfsmittel  des  Unterrichts,  nach 
den  Klassenstufen  geordnet,  in  das  nächste  Programm  aufzunehmen.  Sofern 
einzelne  der  darin  aufzuführenden  Schulbücher  ohne  die  vorschriftsmäfsige  höhere 
Genehmigung  in  Gebrauch  genommen  sind,  ist  dieselbe  nachträglich  einzuholen. 
Die  späteren  Programme  haben  alsdann  nur  die  von  mir  genehmigten  Ab- 
änderungen in  dem  Bestände  der  Unterrichtsmittel  anzuzeigen.'* 

O.Verf.  V.  20.  Juni  1864:  „Ueber  die  Einführung  von  Schulbüchern  ist 
zuletzt  durch  die  G.Verf.  v.  28.  Apr.  1857  eine  allgm.  Anordnung  getroffen 
worden.  Durch  verschiedene  Wahrnehmungen,  inbesondere  auch  davon,  dafs 
bei  einigen  Anstalten  ein  zu  häufiger  Wechsel  in  den  Schulbüchern  stattfindet 
und  dafs  die  den  Eltern  der  Schüler  dadurch  verursachten  Ausgaben  dabei  nicht 
immer  die  gebührende  Berücksichtigung  finden,  sehe  ich  mich  veranlafst,  die 
vorerwähnte  allg.  Verfügung  durch  folgende  nähere  Bestimmungen  zu  ergänzen : 

1.  Die  Anträge  auf  Genehmigung  der  Einfahrung  neuer  Schulbücher  sind 
jedesmal  vor  Beginn  des  Schuljahrs,  und  so  viel  wie  möglich  nicht  vereinzelt, 
sondern  für  die  Anstalten  gleicher  Kategorie  in  demselben  Bericht  verbunden 
einzureichen.  2.  Es  ist  anzugeben,  wie  lange  das  vorher  benutzte  Buch  in 
Gebrauch  gewesen  ist  und  aus  welchen  Gründen  die  Abschaffung  gewünscht 
wird.  3.  Ebenso  sind  jedesmal  die  Voizüge  des  neuen  Buchs  anzuzeigen, 
am  derentwillen  dasselbe  an  die  Stelle  des  vorher  gebrauchten  treten  soll.  4.  End- 
lich ist  der  Preis  des  einzuführenden  Buchs  anzugeben,  und  bei  einem  Wechsel 
sowohl  der  Preis  des  neuen  wie  des  vorher  gebrauchten.** 

O.Verf.  V.  12.  Januar  1880.  „In  dem  GBL  für  die  gesamte  Unter- 
richtsv^rwaltung  (Jahrgang  1880  Heft  1)  ist  das  Verzeichnis  der  gegenwärtig 
an  den  höh.  Schulen  (Gymnasien,  Progymnasien,  Bealschulen,  höh.  Bürger- 
schulen) eingeführten  Schulbücher  abgedruckt.  Die  Veröffentlichung  dieses 
Verzeichnisses  wird  nicht  allein  einem  statistisch-litterarischen  Interesse  dienen, 
sondern  dem  Unterrichte  selbst  mittelbar  förderlich  sein  können,  indem  dasselbe 
bei  Vorschlägen  zur  Einführung  eines  Buches  den  Ueberblick  über  die  vor- 
handenen gleichartigen  Lehrmittel  erleichtert  und  die  in  Fachzeitschriften  geübtd 


367 

. »     

Kritik  auf  die  vergleichende  Beurteilung  der  jetzt  im  thatsächlichen  Gebrauche 
befindlichen  Bücher  richten  wird« 

Die  Yergleichung  des  gedachten,  aus  den  Originalangaben  der  einzelnen 
Lehranstalten  zusammengestellten  Verzeichnisses  mit  den  diesseitigen  Acten 
hat  zur  Gewifsheit  gebracht,  dafs  auf  fast  allen  Lehrgebieten  manche  Scliul- 
bücher  in  Gebrauch  genommen  sind,  ohne  dafs  für  ihre  erste  Einführung  die 
ministerielle  Genehmigung  eingeholt  worden  ist.  Ich  kann  es  nicht  billigen, 
dafs  in  einzelnen  Fällen  die  f^r  dieses  Gebiet  feststehenden  Grundsätze  und 
die  zu  ihrer  Ausführung  erlassenen  Verordnungen  aufser  Acht  gelassen  sind. 
Die  preufsische  ünterrichtsverwaltung  hat  es  zwar  grundsätzlich  abgelehnt,  die 
für  die  höh.  Schulen  erforderlichen  Schulbücher  ihrerseits  selbst  herstellen  zu 
lassen  oder  bestimmte  Schulbücher  allgemein  vorzuschreiben;  sie  hat  auf  die 
mit  dem  letzteren  Verfahren  verbundenen  Vorteile  verzichtet,  um  das  thätige 
Literesse  des  gesamten  Lehrstandes  an  der  Besserung  der  Lehrmittel  rege  zu 
erhalten  und  der  Gefahr  einer  sachlichen  Ungerechtigkeit  in  dem  einem  be- 
stimmten Lehrmittel  bewilligten  Monopol  zu  begegnen.  Indem  aber  die  Unter- 
richtsverwaltung jedem  wirklichen  Fortschritt  in  der  Schullitteratur  die  Zulassung 
zum  Gebrauche  an  den  höh.  Schulen  ermöglicht,  liegt  derselben  zugleich  die 
Verpflichtung  ob,  die  Schulen  vor  der  in  vielen  Bichtungen  nachteiligen  Unruhe 
und  Zersplitterung  zu  bewahren,  welche  die  Einfahrung  zweifelhafter  Neuerungen 
nach  den  vorliegenden  Erfahrungen  mit  sich  bringt.  Für  die  Erreichung  dieses 
beiderseitigen  Zweckes  sind  durch  die  Instruction  far  die  Prov.Oonsistorien 
vom  22.  October  1817  §  7  Nr.  4  und  5  die  Grundsätze  festgestellt,  deren  Aus- 
führung durch  spätere  Verordnungen  im  Einzelnen  geregelt  worden  ist.  Im 
Hinblick  auf  die  erwähnte  mangelhafte  Einhaltung  dieser  Verordnungen  finde 
ich  mich  bestimmt,  dieselben  zusammengefafst  und  in  einzelnen  Punkten  ergänzt 
hiermit  in  Erinnerung  zu  bringen. 

1)  Die  Zulassung  von  Schulbüchern,  welche  in  einer  bestimmten  Art  von 
Schulen  der  betr.  Provinz  überhaupt  noch  nicht  eingeführt  sind,  bedarf  der  Ge- 
nehmigung des  Unterrichts-Ministers.  Hinsichtlich  der  Einführung  von  Schul- 
büchern für  den  evangelischen  und  den  katholischen  Beligionsunterricht  ver- 
bleibt es  bei  den  bestehenden  Bestimmungen.*) 

2)  Jedes  Prov.Sch.O.  ist  ermächtigt,  die  in  einem  speciellen  Falle  dem- 
selben erteilte  ministerielle  Genehmigung  zur  Einfahrung  eines  neuen  Schul- 
buches, unter  Berücksichtigung  der  etwa  dabei  bezeichneten  näheren  Bestim- 
mungen und  des  unter  Nr.  1  in  Betreff  der  Beligionsbücher  Bemerkten,  auf 
andere  Anstalten  derselben  Art  in  seinem  Amtsbereiche  anzuwenden.  Die 
einem  einzelnen  Prov.Sch.G.  erteilte  ministerielle  Genehmigung  zur  Einführung 
eines  Schulbuches  ermächtigt  andere  Prov.Sch.CC.  zur  Erführung  desselben  in 
den  gleichartigen  Schulen  nur  in  dem  Falle,  wenn  denselben  der  betr.  Erlafs 
vom  Unterrichts-Minister  zur  gleichmäfsigen  Beachtung  mitgeteilt  ist. 

3)  Zur  Einfuhrung  eines  an  einer  einzelnen  Lehranstalt  bisher  nicht  im 
Gebrauche  befindlichen  Schulbuches,  sei  es,  dafs  es  überhaupt  noch  nicht  zum 
Gebrauche  zugelassen,  oder  sei  es,  dafs  dasselbe  an  anderen  Lehranstalten 
bereits  eingeführt  ist,  hat  der  Director  (Bector)  der  Schule  die  Genehmigung 
des  Prov.Sch.G.  nachzusuchen.  Der  Stellung  des  Antrages  hat  eine  Berathung 
des  Gegenstandes  in  der  Conferenz  des  LehrercoUegiums  oder  der  betr.  Fach- 
lehrer vorauszugehen.  Zur  Begründung  des  Antrages  ist  darzulegen,  weshalb 
die  Abschaffung  des  bisher  gebrauchten  Buches  gewünscht  wird  und  welche 
Vorzüge  zur  Wahl  des  beantragten  Buches  bestimmt  haben;  aufserdem  ist  der 
Preis  des  abzuschaffenden  und  des  neu  einzuführenden  Buches  anzugeben,  ferner. 


•)  Vgl.  p.  24  und  168. 


368 

■ 

seit  wann  das  abzuschaffende  Buch  eingeführt  war,  and  welche  andern  Schal- 
bücher für  dasselbe  Lehrgebiet  in  den  verschiedenen  Klassen  der  Anstalt  aoJber- 
dem  eingeführt  sind. 

4)  Die  Einführang  neuer  Schulbücher  kann  nur  mit  dem  Beginne  des 
Schuljahres  stattfinden.  Der  Antrag  auf  (Genehmigung  mufs  mindestens 
drei  Monate  vor  dem  Schlüsse  des  vorhergehenden  Schuljahres  unter  Beifügung 
eines  Exemplars  des  beantragten  und  des  abzuschaffenden  Buches  an  das 
Prov.Sch.O.  gelangt  sein.  Dasselbe  hat  diejenigen  Anträge  zu  sammeln,  welch» 
meiner  Genehmigung  bedürfen,  und  dieselben  mit  allen  Anlagen  durch  einen 
CoUectivbericht  einzureichen.  Jedem  Antrage  ist  ein  fachmännisches  Gutachten 
über  den  wissenschaftlichen  Werth  und  die  didaktische  Zweckmäfsigkeit  des 
einzuführenden  Buches  beizufügen. 

5)  Wenn  ein  Schulbuch  in  mehreren  aufsteigenden  Klassen  gebraucht 
wird,  so  hat  eine  Aenderung  zunächst  nur  in  der  untersten  dieser  Klassen  statt 
zu  fiinden  und  ist  for  die  weiter  aufsteigenden  Klassen  in  der  Weise  zu  be- 
wirken, dafs  diejenigen  Schüler,  welche  die  betreffenden  Klassen  in  der  ordnungs- 
mäfsigen  Zeit  absolviren,  nicht  in  den  Fall  kommen,  das  Lehrbuch  zu  wechseln, 
nach  welchem  sie  anfänglich  unterrichtet  worden  sind. 

6)  Die  Genehmigung  des  Unterrichts -Ministers,  beziehungsweise  des 
Prov.Sch.C.,  wird  nicht  erfordert  fftr  Ausgaben  (ohne  oder  mit  Anmerkungen) 
der  for  die  Schullectüre  bestimmten  Schriftsteller  und  für  Lexika.  Die  Directoren 
(Bectoren)  haben  bei  Bezeichnung  der  seitens  der  Schüler  anzuschaffenden 
Bücher  dieser  Art  aufser  deren  sachlichem  Werthe  auch  ihren  Preis  sorgfältig- 
zu  berücksichtigen. 

Das  K.  Prov.Sch.O.  wolle  diese  Verordnung  zur  Kenntnis  der  Directoren 
(Bectoren)  der  höh.  Lehranstalten  Seines  Amtsbereiches  bringen  und  für  deren 
Einhaltung  Sorge  tragen.  Auch  wolle  Dasselbe  darauf  sorgfältig  achten,  dafs 
nicht  seitens  der  Lehrer  oder  der  Directoren  den  Schülern  zum  Gebrauche  neben 
den  eingeführten  Schulbüchern  oder  statt  derselben  Bücher  in  einer  Weise 
empfohlen  werden,  welche  einen  indirecten  Zwang  zu  deren  Anschaffung  enthält 
und  dadurch  zu  einer  Umgehung  der  Vorschriften  über  die  Einführung  von 
Schulbüchern  wird.''  Der  Minister  etc.    von  Puttkamer. 

C.Verf.  V.  12.  Oct  1881.  „Durch  die  Circular-Verfagungen  vom 
27.  Februar  1873*)  (CBl.  1873  S.  180)  —  und  vom  12.  Januar  1880  — 
sind  die  Kategorieen  von  Büchern  bezeichnet  worden,  für  deren  Einführung- 
in  den  Unterrichtsgebrauch  die  ministerielle  Genehmigung  erforderlich  ist; 
zugleich  ist  bestimmt  worden,  dafs  diese  bei  den  Lehr-  und  Lembüchem, 
welche  dem  Beligionsunterrichte  zu  Grunde  liegen  sollen,  erst  nach 
vorangegangener  Verständigung  mit  den  betr.  kirchlichen  Behörden  ein* 
zuholen  ist. 

Eine  Beihe  von  Specialfällen  veranlafst  mich,  diese  Vorschriften  in  Er- 
innerung zu  bringen  und  zugleich  darauf  aufinerksam  zu  machen,  dafs  sie  sich 
der  Natur  der  Sache  nach  auch  auf  wesentlich  umgearbeitete,  namentlich  von 
anderen  Herausgebern  besorgte,  neue  Ausgaben  bereits  genehmigter  Bücher 
beziehen. 

Da  bei  manchen  Beligionsbüchem  aus  deren  Brauchbarkeit  fär  eine  Klasse 
von  Anstalten  oder  für  einen  bestimmten  Bezirk  ihre  allgemeine  Verwendbarkeit 
noch  keineswegs  folgt,  so  wird  es  zur  Vereinfachung  der  bezüglichen  Corre- 
spondenz  dienen,  wenn  das  K.  Prov.Sch.C.  in  Seiner  Mitteilung  an  die  kirch- 
lichen Behörden  sowohl  die  Kategorie  von  Lehranstalten,  auf  welche  der  Ge- 


*)  Betrifft  das  Yolksschulwesen. 


369 

brauch  des  Baches  ausgedehnt  bezw.  eingeschränkt  werden  soll,  als  auch  den 
Bezirk,  far  welchen  die  Einfähmng  beabsichtigt  wird,  ausdrücklich  bezeichnet/' 

Der  Minister  etc.    von  Gofsler. 

C.Yerf.  an  die  E.  0 Präsidenten  v.  24.  Dec.  1873:  „Es  wird  Ew.  — 
Aufmerksamkeit  nicht  entgangen  sein,  dafs  sich  an  für  den  Schnlgebranch  be- 
stimmten litterarischen  Productionen  mehrfach  Scholräthe  und  Seminar-Directoren 
.beteiligen.  So  wünschenswerth  dies  an  sich  ist  und  so  bestimmt  yoransgesetzt 
werden  kann,  dafs  die  von  diesen  Schulmännern  gearbeiteten  Bücher  in  den 
meisten  Fällen  mastergiltig  sein  werden,  so  ist  doch  deren  amtl.  Empfehlung 
nicht  unbedenklich.  Namentlich  mufs  diese  dann  begründeten  Anstofs  geben, 
wenn  sie  von  einer  Behörde  ausgeht,  welcher  der  Verfasser  des  in  Bede  stehen- 
den Buches  als  Mitglied  angehört  oder  mit  welcher  er  in  näherer  amtlicher 
Beziehung  steht.  Ew.  —  ersuche  ich  daher  ergebenst,  die  E.  Unterrichtsbehörden 
dortiger  Provinz  zur  Beachtung  dieser  Andeutungen  für  die  Zukunft  aufzufordern.'^ 

CVerf.  des  E.  Prov.Sch.C.  zu  Eoblenz  v.  8.  Nov.  1875.  „In 
der  Bheinprovinz  wie  in  andern  Provinzen  ist  wahrgenommen  worden,  dafs  die 
Production  von  Schulbüchern  durch  Lehrer  höh.  Lehranstalten  von 
Jahr  zu  Jahr  über  das  Bedürfnis  hinaus  zugenommen  hat,  eine  Wahrnehmung, 
welche  mancherlei  Bedenken  zu  erwecken  geeignet  ist. 

Zur  Abfassung  wirklich  werthvoller  Schulbücher  bedarf  es  einer  hervor- 
ragenden Beanlagung  für  das  Lehrfach,  einer  langen  und  reichen  Erfahrung 
in  demselben  und  eines  umfassenden  und  wissenschaftlich  begründeten  Wissens. 
Wenn  daher  jüngere  oder  in  ihrer  Fachwissenschaft  kaum  anders  als  durch  die 
vorgeschriebenen  Examina  erprobte  Lehrer  sich  die  Aufgabe  stellen,  ein  Schul- 
buch zu  verfassen,  so  wird  der  Erfolg  in  den  meisten  Fällen  nur  eine  päda- 
gogische Studie,  nicht  aber  eine  Leistung  sein,  die  es  verdiente,  in  öffentl. 
Lehranstalten  an  Stelle  bewährter  Bücher  eingeführt  zu  werden. 

Gilt  dies  allgemein,  so  gilt  es  doch  ganz  besonders  von  den  Funda- 
mentalwerken des  Unterrichts,  Grammatiken,  Lesebüchern  und  Lehrgängen  der 
geschichtlich  -geographischen  und  der  mathematisch  -  naturwissenschaftlichen 
Disciplinen. 

Nicht  selten  ist  es  geschehen,  dafs  uns  Versuche  dieser  Art  zur  Einführung 
unter  wesentlicher  Berücksichtigung  des  Umstandes  empfohlen  worden,  dafs 
ihre  Verfasser  den  Schulen,  für  welche  die  Einführung  gewünscht  wurde,  als 
Lehrer  angehörten.  Die  Erheblichkeit  des  letzteren  Umstandes  wird  stets  der 
genauesten  Prüfung  bedürfen.  Sie  wird  dann  anzuerkennen  sein,  wenn  Autoren 
von  Schulbüchern  eigenartige  Bedürfhisse  der  Schulen,  an  welchen  sie  wirken, 
richtig  erkannt  und  denselben  entgegenzukommen  verstanden  haben.  Oft  aber 
walten  über  das  Vorhandensein  eines  solchen  Bedürfnisses  Täuschungen  ob, 
deren  Grund  in  der  unzulänglichen  Handhabung  eines  bewährten  Lehrbuches 
liegt  Es  kann  nicht  gestattet  werden,  dafs  Werke  mittleren  Werthes  nur  darum, 
weil  es  deren  Verfassern  bequem  sein  würde,  sie  zur  Grundlage  des  Unterrichts 
zu  machen,  Bücher  von  unbezweifelter  Vorzüglichkeit  verdrängen.  Vielmehr 
wird  die  überwuchernde  Production  von  Schulbüchern  eine  wohlthätige  Schranke 
finden,  wenn  im  Allgemeinen  schon  die  Directoren  und  Bectoren  mehr  zurück- 
haltend, als  bisher  geschehen,  den  Wünschen  nach  Einführung  solcher  Bücher 
begegnen,  deren  Verfasser  Lehrer  der  betr.  Schulen  sind.  Auch  wird  grund- 
satelich  daran  festzuhalten  sein,  dafs  je  gröfser  die  Bedeutung  des  Buches,  nach 
der  ihm  zukommenden  Stellung  in  dem  Unterrichte  einer  Anstalt  sein  mufs, 
um  so  weniger  davon  di^  Bede  sein  darf,  seine  erste  Erprobung  an  einer  grofsen 
Unterrichts-Anstalt  stattfinden  zu  lassen  und  dafs  hierzu  viel  eher  kleinere  Lehr- 
anstalten geeignet  sind. 

Wiese,  YeTordnangen.  24 


370 

Die  Herstellung  inhaltlich  bedeutender  xind  für  den  Schnlgebrauch  in 
jeder  Hinsicht  empfehlenswerther  Lehrbücher  ist  nach  unserer  Auffassung  eine 
so  schwierige  Leistung,  dafs  es  unbillig  erschiene,  sie  von  unsem  Lehrer- 
Oollegien  an  erster  Stelle  zu  erwarten  oder  zu  fordern.  Dem  ehrenwerthen 
Streben  aber,  dem  wir  auf  dem  bezeichneten  Gebiete  vielfach  mit  dem  Erfolge 
von  Leistungen  ohne  hervorstechende  Vorzüge  begegnen,  müssen  wir  eine  andere 
Bichtung  wünschen.  Wir  müssen  wünschen,  dafs  jeder  Lehrer  einer  höh.  Lehr*» 
anstalt  neben  der  Erfüllung  seiner  nächsten  Beru&pflichten,  vornab  um  die- 
Vertiefung  und  Fortführung  seiner  fachwissenschaftl.  Studien  bemüht  sei  und 
eine  besondere  Ehre  seines  Standes  in  der  Mitarbeit  auf  dem  Gebiete  der 
Wissenschaft  erkenne.  Der  Beweis  von  Wissenschaft!.  Vertiefung  und  Selbst- 
ständigkeit, wie  er,  wenn  auch  nicht  immer  in  entsprechenden  litterarischen 
Leistungen,  so  doch  jedenfalls  im  Unterrichte  gegeben  werden  kann,  ist  eine 
Eordeining,  die  wir  an  die  Lehrer  unseres  Aufsichtskreises  ohne  Ausnahme 
stellen  und  der  um  so  mehr  genügt  werden  wird,  je  mehr  die  Bearbeitung  von 
Schulbüchern  den  Wenigen  vorbehalten  bleibt,  die  allein  hier/.u  Innern  Beruf 
haben  können." 

Vgl.  über  Lehrbücher  ü.  u.  P.O.  v.  6.  Oct.  1859:  p.  109,  sowie  die 
Bestimmungen  über  einzelne  ünterrichtsgegenstände  p.  161  ff.,  insbes.  für  kath. 
EeL-Unterr.  p.  168  (und  p.  24),  für  deutsche  Rechtschreibung  ,p.  181  ff., 
für  Lat.  u.  Griech.  p.  186  ff,  für  Gesch.  u.  Geogr.  p.  194  f.,  für  Mathem. 
p.  205  ff. 

2.    Schulbibliotheken. 

Ueber  die  verschiedenen  Arten  derselben  s.  Hist.  statist.  Darst.  II  p.  700. 

Aus  einer  C.Verf.  v.  16.  Aug.  1824: „Es  ist  darauf  Bedacht  zu 

nehmen,  dafs  bei  jedem  Gymn.  eine  angemessene,  aus  class.  deutschen  Werken 
bestehende  Schülerbibliothek,  welche  ausschliefsL  zur  Privatlectüre  zu  be- 
stimmen und  mit  steter  sorgfältiger  Bücksicht  auf  diesen  Zweck  zusammenzu- 
setzen ist,  allmählich  gegründet  werde.  Die  Kosten,  welche  die  Anlegung  einer 
solchen  Bibliothek  verursachen  wird,  können  durch  kleine  aufserordentl.  Beiträge, 
welche  von  den  Schülern  bei  ihrer  Aufnahme,  Versetzung  oder  Entlassung,  oder 
bei  anderweitigen  schicklichen  Gelegenheiten  zu  erheben  sind,  gedeckt  werden, 
und  bleibt  dem  E.  Consist.  überlassen,  nach  Seiner  näheren  Kenntnis  von  den 
Verhältnissen  der  einzelnen  Gymn.  und  ihrer  Schüler  in  dieser  Hinsicht  das 
Weitere  zu  bestimmen  und  anzuordnen." 

Die  Verantwortlichkeit  fdr  die  Auswahl  der  Bücher  trägt  das  Lehrercoli. 
der  Anstalt.  Es  darf  in  die  SchülerbibUothek  kein  Buch  aufgenommen  werden, 
dessen  Zulässigkeit  demselben  nicht  irgendwie  aasreichend  verbürgt  ist.  Bei  vielen 
Anstalten  ist  allmählich  nach  der  Verschiedenheit  Hes  Standpunktes  der  anteren, 
mittleren  und  oberen  Kl.  ein  Kanon  von  Büchern  aufgestellt  worden,  welche  zur 
Einführung  in  die  Geschichte  und  in  die  Vaterland.  Litteratur  vor  anderen  ge- 
eignet sind.  Die  Lehrer  des  Deutschen  und  der  Geschichte  sollen  darauf  halten, 
dafs  diese  Bücher  möglichst  von  allen  Schülern  der  betr.  Kl.  gelesen  werden. 
Daneben  wird  in  den  Verzeichnissen  eine  Zahl  anderer  Bücher  aufgeführt,  welche 
zu  lesen  den  Schülern  auch  empfohlen,  aber  nicht  ebenso  zur  Pflicht  gemacht  wird. 
Die  Art  der  Controle  dieser  deutschen  und  histor.  Privatlectüre  bleibt  dem  indivi- 
duellen Verfahren  der  Lehrer  überlassen.  Bei  den  Realschulen  umfafst  die  Aus- 
wahl auch  die  geeigneten  Werke  der  französ.  und  engl.  Litteratur.  —  Die  Ver- 
waltung der  Schülerbibliothek  liegt  in  der  Regel  nicht  einem  einzelnen  Lehrer  od, 
sondern,  um  Individualität  und  Bedürfnis  der  Schüler  so  viel  wie  möglich  zu  oe- 
rücksichtigen,  meistens  den  Klassenordinarien,  oder,  soweit  beides  nicht  zusammeu- 
fällt,  den  Lehrern  des  Deutschen.  —  Vgl.  auch  p.  175,  179,  198. 


371 

Eine  bibliotheca  paaperum,  welohe  arme  Schiller  bei  ihrer  Versetzung' 
in  höhere  Klassen  mit  den  daselbst  erforderlichen  Schulbüchern,  auch  den  Lexiciv 
u.  s.  w.  versieht,  meistens  mit  dem  Beding  der  späteren  Rückgabe,  ist  bei  vielen 
Oymn.  und  Bealschulen  vorhanden  und  wird  durch   freiwillige  Beiträge  erhalten. 

C.  Verf.  v.  17.  Jan.  1885.  „Mehrere  Vorgänge,  welche  in  Betreff  der 
Verwaltung  der  an  den  höheren  Lehranstalten  bestehenden 
Bibliotheken  in  neuerer  Zeit  zn  meiner  Kenntnis  gelangt  sind,  geben  mir 
Anlafs,  die  in  dieser  Beziehung  bestehenden  Anordnungen  in  Erinnerung  zu 
bringen  und  auf  die  Sicherung  ihrer  strengen  und  vollständigen  Durchführung 
durch  ergänzende  Bestimmungen  Bedacht  zu  nehmen. 

I.  Lehrerbibliotheken.  In  allen  für  die  einzelnen  Provinzen  er- 
lassenen Dienstinstructionen  der  Directoren  (Bectoren)  an  den  höh.  Schulen 
wird  als  eine  der  Obliegenheiten  derselben  die  verantworÜ.  Oberaufsicht  über 
die  Sammlungen  der  Anstalt  bezeichnet  und  unter  diesen  Sammlungen  die 
Lehrerbibliothek  (Schulbibl.)  insbesondere  erwähnt 

In  mehreren  Instmetionen  wird  znr  Ausführung  dieser  Oberaufsicht  eine 
jährliche  Bevision  der  Bibl.  seitens  des  Directors  ausdrücklich  erfordert.  Einige 
£.  Prov.  SchulcoUegien  haben  überdies  für  ihren  Amtsbereich  specielle  Anord- 
nungen in  Betreff  der  Bibliotheksverwaltung  erlassen.  Dennoch  erweisen  die 
zu  meiner  Kenntnis  gelangten  Fälle,  welche  schwerlich  die  sämtlichen  tha^ 
Bächlich  vorgekommenen  sind,  dafs  öfters  durch  mangelhafte  Ausführung  der 
betreffenden  Bestimmungen  die  Ordnung  und  selbst  der  Bestand  der  fragL 
Sammlangen  in  erhebl.  Mafse  gefährdet  worden  ist.  Man  kann  sich  der  Be- 
obachtung nicht  verschliefsen,  dafs  selbst  Directoren,  welche  um  die  Förderung 
der  Anstalt  in  unterrichü.  und  erziehlicher  Hinsicht  sich  anerkannte  Verdienste 
erwerben,  der  Aufrechterhaltnng  der  Ordnung  der  Bibliothek  nicht  die  erforder- 
liche Aufmerksamkeit  zuwenden;  auch  ist  erklärlich,  wenn  die  Departements- 
räthe  der  K.  Prov.  SchulcoUegien  bei  den  vielseitigen  Ansprüchen,  welche  die 
Bevision  einer  Anstalt  an  sie  stellt,  nicht  jedesmal  Anlafs  nehmen  oder  Zeit 
finden,  die  Ordnung  der  Bibl.  eingehend  zu  untersuchen.  In  Anbetracht  aber 
«inerseits,  dafs  auf  die  Erhaltung  und  Vermehrung  der  fragl.  Bibliotheken  jähr- 
lich erhebliche  Beträge  ans  staatlichen  und  stiftischen  Mitteln  aufgewendet 
werden,  andererseits,  dafs  der  Gebrauchswerth  dieser  Sammlangen  durch  die 
in  ihnen  herrschende  sichere  Ordnung  wesentlich  bedingt  ist,  müssen  die  zu 
diesem  Zwecke  bestehenden  Einrichtungen  in  unbedingter  Strenge  zur  Aus- 
fohnmg  gebracht  werden.  Zu  möglichster  Sicherstellung  dieser  Ausführung 
finde  ich  mich  bestimmt,  unter  Aufrechterhaltung  der  fQr  die  Verwaltung  dieser 
Bibliotheken  bestehenden  Verordnungen  und  unter  thunlichster  Rücksichtnahme 
auf  die  an  die  Zeit  der  Anstaltsdirectoren  und  der  Departementsräthe  der  K. 
Prov.  SchulcoUegien  ohnedies  zu  erhebenden  Ansprüche  folgende  ergänzende 
Anordnungen  zu  treffen: 

1.  Die  unmittelbare  Verwaltung  der  Lehrerbibliothek  wird  in  der  Hegel 
nicht  von  dem  Director,  sondern  von  einem  auf  Antrag  des  Directors  seitens 
des  K.  Prov.  Sch.C.  hiermit  beauftragten  Lehrer  der  Anstalt  geführt.  Die 
üehemahme  der  unmittelbaren  Verwaltung  durch  den  Director  (Bector)  selbst 
ist  nur  ausnahmsweise  zu  gestatten  und  es  ist  hierbei  für  die  ordnungsmäfsige 
Ausführung  der  Revisionen  besondere  Fürsorge  zu  treffen.  In  aUen  Fällen  hat 
der  Director  die  verantwortliche  Oberaufsicht  über  die  Bibl.  zu  führen. 

2.  Jährlich  einmal,   und  zwar  in  der.  Zeit  zwischen  dem  1,  Januar  und 

31.  März,  hat  der  Director  (Rector)  eine  Revision  der  Bibl.  vorzunehmen.    (Bei 

der  Bestimmung  der  Zeit  ist  auf  den  umstand  Rücksicht  genommen,  dafs  der 

Jahresrechnung  der  Anstalt   ein  Attest   über  den  Bestand  cles  Inventars  bei-? 
zugeben  ist) 

24* 


372 

3.  An  nicht  staatlichen  Anstalten  ist  dem  Paiaronate  bezw.  dem  Ourato- 
rium  durch  rechtzeitige  Anzeige  von  Tag  and  Stande  der  Bevision  Gelegenheit 
za  geben,  durch  eines  seiner  Mitglieder  sich  an  der  Revision  zn  beteiligen. 

4.  Der  Bevision  hat  die  Einlieferang  aller  entlehnten  Bacher  an  die 
Bibl.  voraaszagehen.  Die  Einrichtung  läfst  sich  so  treffen,  dafs  durch  dies» 
unerläfsliche  Einliefemng  die  Bücher  nicht  für. länger  als  eine  Woche  dem 
Gebrauche  der  Entlehner  entzogen  werden. 

5.  Die  Bevision  hat  sich  auf  die  Vollständigkeit  der  erfolgten  Ein- 
lieferung,  die  ordnungsmäDsige  Führung  der  Kataloge,  insbesondere  die  Ein- 
tragung der  Zugänge  in  den  Hauptkatalog,  die  dem  Kataloge  entsprechende 
Anordnung  der  Bibl.,  endlich  auf  den  durch  Stichproben  aus  verschiedenen 
Gebieten  zu  constatirenden  Bestand  zu  beziehen. 

6.  lieber  jeden  der  bezeichneten  Punkte  hat  das  Protokoll  den  Befund 
der  Bevision  genau  zu  bezeichnen.  Dasselbe  wird  von  den  Teilnehmern  an 
der  Bevision  unterzeichnet  und  als  Beweis  der  jeweiligen  Entlastung  des  Biblio- 
thekars bei  den  Acten  der  Bibl.  bewahrt. 

7.  Dem  in  jedem  dritten  Jahre  einzureichenden  Yerwaltungsberichte  hat 
der  Director  die  Protokolle  der  Bibliotheks-Bevisionen  aus  der  dreijährigen 
Periode  beizufügen;  das  K.  Prov.  Sch.O.  stellt  dieselben  nach  genommener 
Kenntnis,  erforderlichen  Falles  mit  seinen  Bemerkungen  begleitet,  dem  betr. 
Director  (Bector)  zurück. 

n.  Schülerbibliotheken.  Nachdem  durch  die  C.  Verf.  v.  16.  Aug. 
1824  die  Anregung  zur  Anlegung  von  Lesebibliotheken  für  die  Schüler  der 
höheren  Lehranstalten  gegeben  war,  ist  durch  die  C.  Verf.  v.  25.  April  1825 
(8.  p.  343  f.)  den  Directoren  die  sorgfältigste  Auswahl  bei  der  Anschaffung  der  Bücher 
und  bei  ihrer  Zuweisung  an  die  Schüler  der  verschiedenen  Bildungsstufen  zur 
Pflicht  gemacht  worden.  Die  hohe  Bedeutung  des  Gegenstandes,  der  Einflufs, 
welcher  auf  die  sittliche  und  geistige  Entwickelung  der  Schüler  durch  die  Lei- 
tung ihrer  Privat-Lectüre  geübt  werden  kann,  ist,  wie  ich  gern  anerkenne,  von 
den  Directoren  und  den  Lehrercollegien  verständnisvoll  gewürdigt  worden. 
Nicht  wenige  Lehrer  des  Deutschen  haben  die  Auswahl  der  Bücher  für  die 
Schülerbibl.  und  ihre  Zuweisung  an  die  einzelnen  Schüler  als  eine  wesentliche 
Ergänzung  ihres  Unterrichts  betrachtet;  von  mehreren  Schulmännern  sind  mit 
erheblichem  Aufwände  an  Zeit  und  von  eindringender  Erwägung  Verzeichnisse 
derjenigen  Bücher  entworfen  worden,  welche  zur  Leetüre  für  die  aufsteigenden 
Klassen  anzuschaffen  als  unbedingt  nothwendig  oder  als  zulässig  zn  erachten 
sei.  Dessen  ungeachtet  sind  MiTsgriffe  nicht  gänzlich  vermieden  worden.  Es 
ist,  freilich  in  vereinzelten  FäUen,  thatsächlich  vorgekommen,  dafs  Lesebücher, 
weil  sich  in  ihnen  Stellen  fanden,  welche  durch  den  Beiz  zu  Lüsternheit  ins- 
besondere für  gewisse  Altersstufen  gefährlich  sind,  auf  die  begründeten  von 
Eltern  erhobenen  Bemerkungen  en^emt  werden  mufsten.  Femer  haben  bei 
dem  Verhältnisse  der  in  unserem  Staate  mit  einander  lebenden  christlichen 
Confessionen  Schriften,  in  welchen  die  Gegensätze  vom  Standpunkte  der  einen 
Gonfession  in  herabsetzender  oder  entstellender  Weise  Tmd  jedenfalls  in  greller 
Farbengebung  behandelt  sind,  verletzend  auf  die  Angehörigen  der  anderen 
Confessionen  eingewirkt  Solchen  Anstofs  zu  vermeiden,  ist  dringende  Pflicht 
der  S(!hule  gegen  die  ihr  anvertraute  Jugend,  welche  vor  Gefährdung  des  con- 
fessionellen  Friedens  bewahrt  bleiben  soUte;  diese  Vorsicht  ist  zugleich  Pflicht 
der  Schule  gegen  sich  selbst,  weil  nicht  ausgeschlossen  ist,  dafs  ein  MiTsgriff 
oder  ein  Uebersehen  auf  diesem  Gebiete  ^Is  Absicht  ausgelegt  werde. 

Indem  ich  durch  die  vorgekommenen  Einzelfälle  mich  bestimmt  finde^ 
bezüglich  der  Anschaffung  von  Büchern  für  die  Lesebibl.  der  Schüler  die 
Directoren  (Bectoren)  und  die^  Lehrercollegien  an  die  Verpflichtung  sorgfältig- 


373 

«ter  Auswahl  zn  erinnern,  nehme  ich  ausdrücklich  davon  Abstand,  eine  be- 
stimmte Form  allgemein  vorzaschreiben,  in  welcher  der*  Beschlnfs  zur  An- 
^chafifnng  eines  Buches  foi  die  Lesebibl.  an  allen  Schulen  zn  erfolgen  habe; 
•denn  je  nach  der  Verschiedenheit  des  ümfanges  der  Lehrercollegien,  insbes.  je 
nach  der  Vereinigung  der  Lesebibl.  für  die  gesamten  Schüler  oder  ihrer  Tren- 
nung nach  einzehien  Klassen  oder  Elassengruppen  werden  sich  verschiedene 
Formen  zur  Erreichung  des  Zweckes  empfehlen.  Jedenfalls  zu  erfordern  aber 
ist  ersten^,  dafs  jeder  mit  der  Anschaffung  neuer  Bücher  für  die  Schülerbibl. 
betraute  Lehrer  vor  jeder  Anschaffung  eines  Buches  sich  von  dessen  Ange- 
messenheit in  vertrauenswürdiger  Weise  überzeugt  hat;  zweitens  da&  von  neuen 
Anschaffungen  für  die  Schülerbibl.  in  der  jedesmal  nächsten  Conferenz  Mit- 
teilung gemacht  und  darüber,  dafs  dies  geschehen,  ein  Vermerk  in  das  Proto- 
koll angenommen  werde.  Hierdurch  ist  sämtlichen  Mitgliedern  des  Lehrer- 
•«oUegiums  die  Gelegenheit  gegeben,  die  getroffene  Auswahl  ihrerseits  zu  prüfen 
und  ihre  etwanigen  Bedenken  zu  ausdrücklicher  Erwägung  zu  bringen. 

Manche  Schülerbibliotheken  besitzen  einen  nicht  geringen  Bestand  aus 
älterer  Zeit  oder  erhalten  Zuwachs  durch  gelegentliche  Geschenke.  Es  ist 
wünschenswerth,  dafs  durch  die  gemeinsame  Bemühung  aller  für  den  Gegen- 
stand sich  interessirenden  Mitglieder  der  Lehrercollegien  diese  Teile  der  Schüler- 
bibliotheken allmählich  einer  Prüfung  und  eveni  Sichtung  unterzogen  werden.^*^ 

Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

C.Verf.  V.  20.  Nov.  1874:  „Unter  den  Schulbibliotheken  der  Mo« 
narchie  giebt  es  eine  nicht  unerhebliche  Zahl,  welche  seltene  und  werthvolle 
alte  Drucke  und  namentlich  auch  mehr  oder  minder  reichhaltige  und  wichtige 
Vorräthe  von  Handschriften  enthalten,  deren  wissenschafkL  Benutzung  aber  da- 
durch erschwert  wird,  dafs  eine  Nachricht  über  diese  Bibliotheken  und  <Ue  in 
ihnen  vorhandenen  gedruckten  und  ungedruckten  Schätze  bis  jetzt  nicht  ver- 
•öffentlicht  ist  Ich  nehme  hiervon  Venmlassung,  das  K.  Prov.  Sch.O.  aufzufor- 
dern, den  Anstalten  Seines  Bessorts  je  nach  der  Beschaffenheit  ihrer  Biblio- 
theken die  Anregung  zu  geben,  über  dieselben  von  kundiger  Hand  einen  Be- 
Ticht  abfassen  und  Memächst  dessen  PubUcation  sei  es  in  dem  Programm  der 
Schule,  sei  es  in  einer  geeigneten  Zeitschrift  bewirken  zu  lassen.  Für  den 
beabsichtigten  Zweck  wird  es  genügen,  in  dem  Bericht  einen  geschichtl.  Ueber- 
hlick  über  die  Bibliothek,  sowie  eine  statisi  Charakteristik  derselben  in  ge- 
drängter Weise  zu  geben  und  die  wirklich  wichtigen  und  seltenen  alten  Drucke 
der  Bibliothek  (aus  dem  15.,  16.  und  17.  Jahrh.)  mit  kurzen,  aber  für  den 
Kenner  ausreichenden  Titelang^ben  zu  erwähnen,  wogegen  die  Handschriften 
vollständig  aufgezählt  und  gedrängt  beschrieben  sein  müTsten  und  zwar  bis 
zum  15.  Jahrh.  einschlieüslich  genau,  vom  16.  Jahrh.  ab  summarisch.^ 

C.Verf.  V.  14.  Aug.  1876.  „Das  K. Prov. Sch.C.  hatte  ich  unter  dem 
20.  Nov.  1874  aufgefordert,  den  Schulanstalten  Seines  Bessorts  die  Anregung 
tzur  Abfassung  und  demnächstigen  Veröffentlichung  von  Berichten  über  ihre 
Bibliotheken  zu  geben.  Nachdem  in  Folge  dessen  eine  gröfsere  Anzahl  von 
liöh.  Schulen  dera^ige  Berichte  publicirt  hat,  habe  ich  Veranlassung  genommen, 
dieselben  einer  Prüfung  von  sachverständiger  Seite  unterziehen  zu  lassen. 
Hierbei  hat  sich  ergeben,  dafs  der  innere  Werth  und  die  äuisere  Einrichtung 
der  einzelnen  Veröffentlichungen  ungleichartig  sind  und  hierdurch  die  Benutzung 
4er  verschiedenen  Arbeiten  erschwert  wird.  Einige  entbehren  auch  der  für 
den  Zweck  gebotenen  Ausführlichkeit  oder  der  erforderlichen  Genauigkeit  der 
Angaben.  Trotzdem  muds  ich  es  als  sehr  wünschenswerth  bezeichnen,  dafs 
4uich  von  Seiten  derjenigen  Schulanstalten,  welche  derartige  Berichte  noch 
nicht  veröffentlicht  haben,  dem  Vorgange  der  übrigen  gefolgt  werde. 


374 

Für  diese  Fortsetzungen  scheint  es  zur  vollständigeren  Erreichung  des 
erstrebten  Zweckes  räthlich,  den  betr.  Schalanstalten  die  Beobachtung  der  fol- 
genden Grundsätze  anzuempfehlen:  1)  Die  Angabe  und  Beschreibung  von 
Druckwerken  wird  sich  in  der  Regel  auf  die  Hervorhebung  der  wirklichen  In- 
cunabeln  und  der  vor  Beginn  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  ge- 
druckten Bücher  beschränken  können.  In  wie  fem  einzelne  Flugschriften  von 
besonderem  Interesse  oder  andere  seltene  Drucksachen  eine  specieUe  Erwähnung 
verdienen,  kann  der  Erwägung  des  einzelnen  Falles  überlassen  bleiben.  Die* 
Aufzählung  der  einzelnen  Bücher  wird  besser  nach  Fächern  als  nach  dem 
Druckjahre  erfolgen.  2)  Von  allen  vorhandenen  Handschriften  ist  das  For- 
mat und  die  Blattzahl,  sowie  wenigstens  nach  einer  annähernden  Schätzung^ 
die  Zeit  ihrer  Entstehung  anzugeben.  3)  Wenn  eine  Handschrift  schon  ge- 
druckt oder  anderweitig  beschrieben  und  benutzt  ist,  wird  darauf  hingewiesea 
werden  müssen.  Wenn  es  nicht  bekannt  ist,  ob  sie  schon  publicirt  sind, 
müssen  bei  Urkunden  das  Datum,  der  Ausstellungsort  und  eine  summmarische- 
Inhaltsangabe,  bei  den  übrigen  Handschriften  deren  Anfangs-  und  Schlufsworte 
angegeben  werden.  4)  Mefsbücher  und  Breviere  eingehend  zu  beschreiben, 
ist  im  Allgemeinen  überflüssig;  doch  ist  darauf  zu  achten,  ob  in  denselben 
beiläufig  geschichtliche  Nachrichten  enthalten  sind.  Besonders  hohes  Alter,, 
kalligraphische  Schönheit  oder  malerische  Ausstattung  sind  besonders  hervor- 
zuheben. 5)  Falls  eine  Handschrift  zwar  beachtenswerth  erscheint,  der  mit 
der  Aufstellung  des  Berichts  betraute  Lehrer  aber  nicht  im  Stande  ist,  über 
sie  genügende  Nachricht  zu  geben,  so  ist  dieselbe  mir  einzusenden,  damit  ich 
eine  sachverständige  Untersuchung  veranlasse.  6)  Bei  Programmen,  welche- 
Veröffentlichungen  der  fraglichen  Art  enthalten,  ist  dies  auf  dem  Titelblatter 
besonders  zu  bemerken.  Bei  der  Beschreibung  von  umfänglichen  Bibliotheken 
empfiehlt  sich  die  Aufname  in  eine  besondere  Beilage.'^ 

Bibliothekordnung 

für  die  Königlichen  Gymnasien  und  die  mit  denselben  verbundenen  Bealschuleiv 

und  höheren  Bürgerschulen  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein. 

I.  Von  den  Lehrerbibliotheken.  §1.  Die  Verwaltung  der  Lehrer- 
bibliothek wird  von  uns  auf  den  Vorschlag  des  Directors  einem  Lehrer  der  Anstalt 
(unter  Umständen  auch  mehreren  Lehrern)  widerruflich  übertragen,  welcher  unter 
eigener  Verantwortlichkeit  und  unter  der  Oberaufsicht  des  Directors  die  bezüglichen 
Functionen  nach  Mafsgabe  dieser  Ordnung  und  der  für  die  einzelnen  Aiistalteiv 
etwa  noch  getrofl'enen  besonderen  Bestimmungen  wahrzunehmen  hat. 

§  2.  Der  Bibliothekar  hat  die  Lehrerbibliothek  unter  seinem  Verschlusse 
und  mufs,  wenn  er  verreisen  will,  die  Schlüssel  entweder  dem  Director  oder  einem 
Vertreter,  weicher  mit  Genehmigung  des  Directors  aus  der  Zahl  der  übrigen  Lehrer 
von  ihm  zu  bestellen  ist,  übergeben.  Er  sorgt  für  die  Anschaffung  und  das 
Einbinden  der  Bücher,  bewirkt  ihre  Eintragung  in  die  Kataloge,  versieht  sie  mit 
dem  Stempel  der  Bibliothek  und  der  Nummer  des  Haupt-Katalogs,  stellt  sie 
ordnungsmäfsig  auf,  besorgt  ihre  Ausleihung  und  überwacht  die  gehörige  Zurück- 
lieferung. 

§  3.  AuTser  dem  Haupt*Kataloge  wird  ein  Acquisitions-Katalog  gefuhrt,  in 
welchen  die  Zugange  nach  der  Reihe  ilires  Eintreffens  unter  fortlaufenden  Nummern 
eingetragen  werden. 

§  4.    Zu  gröfserer  Sicherung   wird   die  Führung   eines  Buchhändler-   und 

'  Buchbindeijoumals  empfohlen,  in  deren  ersterem  der  Buchhändler  die  gelieferten, 

Werke,  und  in  deren  letzterem  der  Bibliothekar  die  dem  Buchbinder  zum  Binden 

übergebenen  Bücher   einträgt.     Der  jedesmalige  Empfang   wird  in   beiden   vom 

Empfänger  bescheinigt. 

§  ö.  Kein  Buch  darf  aus  der  Bibliothek  entliehen  werden,  ohne  dafs  der 
Empfänger  nach  Mafsgabe  eines  von  dem  Director  festzustellenden  Formulars  einen: 
Empfangschein  darüber  ausstellt,  welcher  im  Bibliothekslocal  zu  deponiren  ist. 


375 

• 

Von  der  vorstehenden  Bestimmung  ist  auch  der  Director  und  Bibliothekar  nicht 
aasgenommen. 

§  6.  Die  Bücher  werden  in  der  Regel  nar  aaf  sechs  Wochen  verliehen, 
können  aber,  wenn  sie  nicht  anderweitig  gewünscht  sind,  gegen  einen  neuen  Empfangs- 
schein wieder  ausgehändigt  werden.  Ausnahmen  von  dieser  Regel  sind,  wo  es  sich 
um  die  Benutzung  der  Bücher  zu  besonderen  Zwecken  handelt,  zuläfsig,  bedürfen 
aber  der  Genehmigung  des  Directors.  Vor  der  im  §  12  angeordneten  Revision 
müssen  alle  entliehenen  Bücher  ohne  Ausnahme  an  die  Bibliothek  zurückgeliefert 
werden. 

§  7.  Zum  Zwecke  der  Ausleihung  von  Büchern  sowie  der  Rücknahme  der- 
selben ist  das  Bibliothekslocal  zu  bestimmten  am  Anfange  des  Semesters  im  Ein- 
verständnis mit  dem  Director  festzusetzenden  Stunden  geöffnet.  Ohne  ausdrück- 
liche Genehmigung  des  Bibliothekars  darf  kein  Besucher  der  Bibliothek  ein  Buch 
aus  den  Repositorien  herausnehmen. 

§  8.  Handschriften,  Atlanten,  Karten,  kostbare  Bildwerke,  Wörterbücher 
oder  besonders  werthvoUe  Druckwerke  dürfen  nur  mit  Genehmigung  des  Directors 
ausgeliehen  werden. 

§  9.  Wer  ein  Buch  beschädigt,  beschmutzt  oder  verliert,  mufs  es  sich  ge- 
fallen lassen,  dafs  als  Ersatz  für  dasselbe  ein  unbeschädigtes  und  gleich  gut  ge- 
bundenes Exemplar  auf  seine  Kosten  angeschafit  und  der  dadurch  erwachsende, 
von  dem  Director  und  dem  Bibliothekar  festzustellende  Kostenbetrag  unverzüglich 
von  ihm  eingezogen  werde.  Gehen  einzelne  Teile  eines  Werkes  verloren,  so  hat 
der  Entleiher  das  vollständige  Werk  zu  ersetzen,  wogegen  er  Eigentümer  des 
defecten  wird.  Ist  weder  ein  altes  noch  ein  neues  Exemplar  von  gleicher  Güte 
mehr  zu  haben,  so  mufs  der  Schaden  nach  der  Schätzung  des  Directors  und  des 
Bibliothek;^rs  vergütet  werden.  Das  beschädigte  Exemplar  verbleibt  in  diesem 
Falle  der  Bibliothek  ohne  irgend  eine  Vergütung  und  Anrechnung,  während  bei 
Ersatz  durch  ein  genügrendes  Exemplar  das  beschädigte  (unter  Beifügung  des 
Wortes  „cassirt"  über  dem  Stempel  und  mit  der  Unterschrift  des  Directors)  aus- 
geliefert wird. 

§  10.  Die  nach  Mafsgabe  der  vorstehenden  Bestimmungen  begründete  Ersatz - 
pflicht  liegt  demjenigen  ob,  welcher  durch  den  Empfangschein  als  letzter  Entleiher 
nachgewiesen  ist.  Die  Entleiher  haben  deshalb  etwa  vorhandene  Schäden  zu  ihrer 
Sicherung  gleich  beim  Empfange  zu  constatiren  und  auf  dem  Empfangschein  kurz 
zu  vermerken.  Ebenso  ist  es  Sache  der  Entleiher,  bei  der  Rückgabe  des  Buches 
den  ausgestellten  Empfangschein  zurückzufordern. 

§  11.  Bei  der  Vermehrung  der  Bibliothek  durch  neue  Anschaffungen  aus 
den  hierzu  im  Etat  ausgesetzten  Mitteln  sind  die  Zwecke  der  Schule  in  erster 
Linie  zu  berücksichtigen.  Die  Anschaffung  neuer  Bücher  wird  von  einer  mindestens 
aus  drei  Personen  bestehenden  Commission  vorbereitet,  zu  welcher  der  Director  und 
der  Bibliothekar  als  ständige  Mitglieder  gehören  und  deren  übrige  Mitglieder  von 
der  Lehrerconferenz  von  Jahr  zu  Jahr  gewählt  werden.  Die  Vorschläge  der  Com- 
mission sind  der  Lehrerconferenz  zur  Beschlufsfassung  vorzulegen.  Ist  der  Director 
mit  den  bezüglichen  Beschlüssen  nicht  einverstanden,  so  kann  er  deren  Ausführung 
susfilendiren  und  eine  Entscheidung  des  Provinzialschulcollegiums  herbeiführen. 
Zur  Ausscheidung  von  Büchern  aus  der  Bibliothek  bedarf  es  der  Genehmigung  des 
Provinzialschulcollegiums  (vergl.  jedoch  §  16). 

§  12.  Alljährlich  wird  die  Bibliothek  einmal  durch  den  Director  revidirt. 
Dabei  wird  der  Bestand  des  Inventars  und  der  Bücher  festgestellt,  Defecte  recher- 
chirt  und  über  den  Befund  ein  Protokoll  aufgenommen,  welches,  insofern  sich  nicht 
etwa  wesentliche  Mängel  herausgestellt  haben  sollten,  im  Schularchiv  aufzube- 
wahren, sonst  aber  von  dem  Director  mit  Bericht  an  uns  einzusenden  ist.  Zu 
der  Revision  sind  sämtliche  ausgeliehene  Bücher  einzufordern  (§  6). 

§  13.  Bei  einem  Wechsel  in  der  Person  des  Bibliothekars  hat  der  Director 
die  Abnahme,  bezw.  Uebergabe  auf  Grund  der  Kataloge  und  des  Inventars  zu 
bewirken  und  das  hierüber  aufzunehmende  Protokoll  ungesäumt  an  uns  einzureichen. 

§  14.  Die  Mitbenutzung  der  Lehrerbibliotheken  durch  Schüler  ist  auf  die 
beiden  obersten  Klassen  einzuschränken.  Den  Schülern  dieser  Klassen  darf  ohne 
besondere  Genehmigung  des  Directors  nie  mehr  als  ein  Buch  auf  einmal  überlassen 
werden.    Auch  kann,    insofern  nicht   eine   ausdrückliche  Erlaubnis   des  Directors 


376    • 

oder  des  Klassenordinarias  zur  Entleihung  des  betr.  Baches  vorliegt,  die  Aus- 
liefemng  des  verlangten  Baches  von  dem  Bibliothekar  ohne  Angabe  von  Gründen 
verweigert  werden. 

§  15.  Solchen  Personen,  welche  der  Schale  weder  als  Lehrer  noch  als 
Schüler  angehören  darf  der  Bibliothekar  aasnahmsweise  auf  seine  eigene  Verant- 
wortung unter  Beobachtung  der  obigen  Vorschriften  Bücher  darleihen,  sofern  die- 
selben nicht  etwa  ffleichzeitig  von  den  Lehrern  der  Anstalt  beansprucht  sind.  Es 
bleibt  ihm  dabei  überlassen,  ob  und  in  welcher  Weise  er  sich  von  den  Entleihern 
noch  eine  besondere  Sicherheit  bestellen  lassen  will.  Wenn  die  Bibliothek  in 
weiter  gehendem  Mafse  dem  Publikum  zugänglich  gemacht  werden  soll,  so  bedarf 
es  eines  besonderen  Bibliothekreglemen^,  welches  von  dem  Director  zu  entwerfen 
und  von  uns  festzustellen  ist. 

n.  Von  den  Schülerbibliotheken.  §  16.  Bei  allen  Anstalten,  an 
denen  nicht  bereits  besondere  Schülerbibliotheken  bestehen,  sind  aus  der  vor- 
handenen Bibliothek  diejenigen  Bücher,  welche  zunächst  für  die  Leetüre  der  Schüler 
bestimmt  sind,  auszusondern  und  besonders  zu  katalonsiren.  Die  im  Etat  einer 
leden  Anstalt  für  die  Bibliothek  ausgesetzten  Mittel  smd  nach  einem  angemessenen 
Verhältnis  auch  zu  zweckmäfsiger  Vermehrung  der  Schülerbibliotibek  zu  verwenden. 
Für  die  Verwaltung  und  Benutzung  der  Schülerbibliotheken  ist  bei  jeder  Anstalt 
von  dem  Director  eine  besondere  Instruction  aufzustellen  und  dem  Prov.Sch.G. 
zur  Genehmigung  einzureichen." 

Das  K.  Prov.Sch.G.  zu  Hannover  hat  unter  dem  15.  Febr.  1875  ebenfalls 
ein  „Regrulativ  für  die  Verwaltung  der  SchulbibUotheken  an  den  staatl.  höh.  Lehr- 
anstalten der  Prov.'*  erlassen. 

lieber  Versicherung  der  Bibliotheken  gegen  Fenersgefahr  $.  p.  50. 

3.   Schulprogramme. 

Am  SchlnfB  des  Schuljahrs,  meist  bei  Gelegenheit  der  öffentl.  Prüfung, 
geben  die  höh.  Lehranstalten  seit  langer  Zeit  alljährl.  ein  Programm  heraus, 
als  eine  für  das  Publikum,  vornehmlich  aber  für  die  Eltern  ihrer  Schüler  be- 
stimmte Bechenschaft  von  ihrer  Thäügkeit  Vgl.  Eist.  Statist.  Darst.  II  p.  701 
m  p.  59. 

Aus  der  G.  Verf.  v.  33.  Aug.  1834:  „3.  Das  von  jedem  Gymn.  jährl. 
auszugebende  Progr.  soll  in  der  Kegel  bestehen,  a.  Aus  einer  Abhandlung  über 
einen  wissenschaftl.,  dem  Beruf  eines  Schulmannes  nicht  fremden,  ein  allgemeines 
Interesse  mindestens  der  gebildeten  Stände  am  0£fentl.  Unterricht  im  Allge- 
meinen oder  an  dem  Gymn.  insonderheit  erweckenden  Gegenstand,  dessen  Wahl 
innerhalb  dieser  Grenzen  der  Beurteilung  des  Verfassers  überlassen  bleibt; 
auch  soll  gestattet  sein,  statt  der  obengedachten  Abhandlung  eine  in  dem  betr. 
Gymn.  schon  gehaltene  Bede  in  dem  Progr.  abdrucken  zu  lassen,  wenn*die- 
selbe  jenem  Zweck  entspricht  oder  durch  inneren  Werth  sich  besonders  aus- 
zeichnet; b.  aus  den  Schulnachrichten.^ 

„4.  Der  für  die  Schulnachrichten  bestimmte  zweite  Teil  des  Progpr. 
ist  ausschliefsl.  von  dem  Dir.  des  Gymn.  und  zwar  nur  in  deutscher  Sprache 
abzufassen.^' 

C.  Verf.  V.  7.  Jan.  1885.  „Die  Veröffentlichung  der  Schulnachrichten, 
welche  den  Programmen  der  höh.  Schulen  beigegeben  werden,  hat  einen  doppel- 
ten Zweck:  dieselben  sollen  einerseits  dazu  dienen,  in  denjenigen  Kreisen, 
welche  an  der  Wirksamkeit  der  einzelnen  Anstalt  besonders  beteiligt  sind,  das 
Interesse  far  dieselbe  rege  zu  erhalten;  andererseits  sind  sie  bestimmt,  den  vor- 
gesetzten Behörden  einen  Einblick  in  die  gesamte  Organisation  und  in  die 
einzelnen  Einrichtungen  jeder  Schule  zu  ermöglichen.  Da  der  letztere  Zweck 
nur  erreicht  werden  kann,  wenn  die  betr.  Mitteilungen  nach  Inhalt  u.  Anord- 


377 

ming  in  allen  wesentlichen  Punkten  übereinstimmen,  so  ist  für  die  Abfassnngr 
der  Schnlnachrichten  durch  die  C.  Verf.  v.  23.  Aug.  1824  eine  bestimmte 
Anordnung  Yorgeschrieben  worden.  Wenn  dessenungeachtet  die  Veröffent- 
lichungen, wie  sich  bei  deren  dienstlichem  Gebrauche  immer  wieder  zeigt»  gegen- 
wärtig von  den  vielfach  gegebenen  Anordnungen  abweichen,  so  erklärt  sich  diese 
Erscheinung  zum  Teil  daraus,  dafs  im  Verlaufe  eines  Zeitraumes  von  60  Jahren 
in  der  ganzen  Organisation  der  höh.  Schulen  erhebliche  Veränderungen  einge- 
treten sind;  aber  es  ist  doch  auch  nicht  zu  verkennen,  dafs  auch  andere  Be- 
stimmungen, für  welche  diese  Voraussetzung  nicht  zutrifft,  im  Verlaufe  der  Zeit 
mehr  und  mehr  unbeachtet  geblieben  oder  willkürlich  abgeändert  worden  sind. 
Unter  diesen  Umständen  sehe  ich  mich  veranlafst,  zur  Wiederherstellung  der 
für  den  dienstl.  Gebrauch  unentbehrlichen  Uebereinstimmung  u.  Vervollständigung 
der  Schulnachrichten  für  deren  Abfassung  unter  Aufhebung  der  G.  Veif.  v. 
23.  Aug.  1824  von  jetzt  ab  das  Folgende  anzuordnen: 

Die  Schulnachrichten  sollen  künftig  folgende  Abschnitte  in  der  ange- 
gebenen Reihenfolge  enthalten*. 

L  Die  allgemeine  Lehrverfassung  der  Schule  und  zwar: 

1.  Die  Uebersicht  über  die  einzelnen  Lehrgegenstände  und  die  fcir  jeden 
derselben  bestimmte  StundenzahL  Es  ist  die  Stundenzahl  far  Jede  Klasse  und 
in  der  letzten  Spalte  die  Gesamtzahl  der  Stunden  für  jedes  Fach  anzugeben. 
Die  Combination  zweier  Klassen  in  einem  Lehrgegenstande  ist  besonders  kennt- 
lich zu  machen. 

2.  Die  Uebersicht  der  Verteilung  der  Stunden  unter  die  einzelnen  Lehrer. 
Dieselbe  giebt  far  jeden  Lehrer  das  von  ihm  verwaltete  Ordinariat,  die  ihm  in 
den  einzelnen  Klassen  übertragenen  Lehrgegenstände  mit  Bezeichnung  der 
Stundenzahl,  die  Gesamtzahl  seiner  Stunden. 

3.  Die  Uebersicht  über  die  während  des  abgelaufenen  Schuljahres  absol- 
virten  Pensen.  Dieselbe  ist  nach  Klassen  von  Prima  abwarte  zu  ordnen 
unter  Angabe  des  Ordinarius  einer  jeden  Klasse.  In  den  einzelnen  Klassen 
sind  die  Lehrgegenstände  in  derselben  Beihenfolge  wie  in  dem  für  die  Reife- 
zeugnisse vorgeschriebenen  Schema  aufzuzählen.  Bei  jedem  Lehrgegenstande 
ist  die  Stundenzahl,  das  eingeführte  Lehrbuch  und  der  Name  des  Lehrers  anzu- 
geben. Wenn  an  einer  Schule  facultativer  Unterricht  im  Englischen,  Polni- 
fiicben  oder  Dänischen  erteilt  wird,  so  ist  die  Pensenangabe  an  der  betr.  Stelle 
einzuschieben,  zugleich  aber  der  facultative  Charakter  des  Unterrichte  kenntlich 
^n  machen.  An  den  Anstalten,  an  welchen  fßr  jede  der  beiden  christlichen 
Confessionen  Religionsunterricht  erteilt  wird,  ist  das  Pensum  für  jede  der  beiden 
Confessionen  unter  die  Rubrik  Religionslehre  aufeunehmen.  Femer  sind  die 
Aachen  far  die  deutechen  Aufisätze  in  Prima  und  Secunda,  diejenigen  für  die 
lateinischen  Aufsätze  an  Gymnasien,  f^r  die  französischen  an  ReaJschulen,  sowie 
die  bei  der  Reifeprüfung  im  Deutechen,  in  den  fremdsprachlichen  Aufsätzen,  in 
der  Mathematik  und  in  den  Naturwissenschaften  bearbeiteten  Aufgaben  bei 
den  betr.  Lehrgegenständen  (in  kleinerem  Druck)  aufisufnhren.  Am  Schlüsse 
4er  Uebersicht  ist  anzugeben,  wieviel  Schüler  von  der  Teilnahme  an  dem 
Religionsunterrichte  der  betreffenden  Confession  dispensirt  worden  sind.  — 

Hinter  dieser  Uebersicht  folgen  an  den  Anstalten,  an  denen  facultetiver 
jüdischer  Religionsunterricht  erteilt  wird,  unter  besonderer  Ueberschrift  die 
Mitteilungen  über  Stundenzahl  und  Pensen  dieses  Unterrichtes;  Angabe  des 
Namens  des  Lehrers. 

Hieran  schliefsen  sich  gleichfalls  unter  besonderer  Ueberschrift;  die  Mit- 
teilungen über  den  technischen  Unterricht  und  zwar  a.  im  Turnen  (Bezeichnung 
der  Abteilungen  und  der  Stundenzahl  jeder  Abteilung,  Zahl  der  dispensirten 
Schüler,  Namen  der  Lehrer);  b.  im  Gesang  (Bezeichnung  der  Abteilungen  und 


378 

der  Stundenzahl  jeder  Abteilung,  Name  des  Lehrers) ;  c.  im  facultativen  Zeichnen 
(Angabe  der  Abteilungen  ^und  Stunden,  der  Zahl  der  teilnehmenden  Schüler, 
Name  des  Lehrers). 

Die  Lehrpensen  sind  für  die  Klassen  mit  zweijähriger  Lehrzeit  (bei 
ungeteilter  Prima  u.  s.  w.)  in  jedem  Jahre  abzudrucken;  für  die  Klassen  mit 
einjähriger  Lehrzeit  darf  der  Abdruck  der  Pensen  unter  besonderen  Umständen 
ausnahmsweise  unterbleiben,  doch  sind  in  diesem  Falle,  wenn  es  sich  um  Prima 
oder  Secunda  handelt,  die  in  dem  fremdsprachlichen  Unterrichte  gelesenen  Schrift- 
werke anzugeben. 

Es  wird  freigestellt,  hinter  der  Uebersicht  über  die  Pensen  eine  Zu- 
sammenstellung der  bei  dem  Unterrichte  gebrauchten  Lehrbücher  folgen  zu  lassen, 

II.  Verfügungen  der  vorgesetzten  Behörden. 

In  der  Uebersicht  sind  nur  diejenigen  Verfügungen  aufzunehmen,  deren 
Kenntnis  für  das  beteiligte  Publikum  ein  besonderes  Interesse  hat.  Der  Inhalt 
derselben  ist  derartig  wiederzugeben,  dafs  dadurch  das  Verständnis  der  getroffenen 
Bestimmungen  für  den  Leser  ermöglicht  wird. 

in.  Chronik  der  Schule. 

In  diesen  Abschnitt  gehören  Mitteilungen  über  den  Beginn  des  Schul- 
jahres, über  vaterländische,  kirchliche  und  andere  Feierlichkeiten,  über  Ver- 
änderungen im  Lehrercollegium ,  über  Unterbrechungen  des  regelmäfsigen 
Unterrichtsganges  durch  Krankheit,  Beurlaubung  und  dienstliche  Abwesenheit 
von  Lehrern,  sowie  über  aufserordentliche  Ereignisse,  welche  sich  während  des 
abgelaufenen  Jahres  zugetragen  haben. 

IV.  Statistische  Mitteilungen. 

Dieselben  sollen  enthalten:  1.  Die  Uebersicht  über  die  Frequenz  und 
deren  Veränderung  im  Laufe  des  Schuljahres  unter  Benutzung  des  beigegebenen 
Schemas;  2.  Uebersicht  über  die  Religions-  und  Heimathsverhältnisse  der  Schüler 
nach  vorgeschriebenem  Schema;  3.  Uebersicht  über  die  Abiturienten  nach  den 
im  Kopfe  des  Schemas  für  die  Heifezeugnisse  enthaltenen  Bubriken,  denen  noch 
die  von  den  Abiturienten  gewählten  Berufsarten  hinzuzufügen  sind. 

V.  Sammlungen  von  Lehrmitteln. 

Es  sind  die  aus  den  etatsmäfsigen  Mitteln  im  Laufe  des  Jahres  be- 
schafften Vermehrungen  der  Lehrmittel,  sowie  die  der  Anstalt  gemachten  Ge- 
schenke aufzuführen. 

VI.  Stiftungen  und  Unterstützungen  von  Schülern. 

VII.  Mitteilungen  an  die  Schüler  und  an  deren  Eltern. 

In  diesen  Abschnitt  gehören  als  regelmäfsig  wiederkehrende  Veröffent- 
lichungen die  Bekanntmachungen  über  die  Schlufsprüfung ,  die  Abiturienten- 
entlassung, den  Anfang  des  neuen  Schuljahres  und  die  Aufnahmeprüfung  etc." 

Der  Minister  etc.     In  Vertr.  Lucanus. 

(Unter  dem  gegenüberstehenden  Schema:)  Das  Zeugnis  für  den 
einjährigen  Militärdienst  haben  erhalten  Ostern  1884:  19,  Michaelis:  2  Schüler, 
davon  sind  zu  einem  praktischen  Berufe  abgegangen  Ostern:  4,  Michaelis: 
keiner. 

Bemerkungen  (zu  dem  gegenüberstehenden  Schema):  1.  An  Schulen 
mit  Wechselcöten  tritt  zwischen  3  a  und  b,  bez.  7  a  und  b  die  Rubrik:  durch 
Uebergang  in  den  Cötus  M,  bez.  Cötus  0.  2.  Als  Termin  für  die  Frequenz 
unter  Nr.  4  und  8  gilt  der  Schlufs  der  zweiten  Schulwoche.      3.  Das  Zeichen 

bedeutet,  dafs  die  Klassen  gemeinschaftlich  unterrichtet  werden. 


A.   Frequeuztn 

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r  1884/85. 

A.  Gymnasium. 

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1.  Bestand  am  1.  Februar  1884 

2.  Abgang  bia    zum    Schlüsse 

des  Schaljahres  1883/84   . 

ZQ  Ostern 

3b.  Znirang  durch  Aufnahme 
zu  Ostem 

ä 
8 

12 
1 

T6 

2 
10 

15 

1 
15 

"22 
4 
20 
2 

29 
19 

27 
1 

28 
3 

36 

32 
5 

40 
2 
34 

38  835 
-    18 
30  200 
5    17 

36 
35 

39  42 
1    3 

38  - 
-  39 

117 
4 

73 
39 

4,  Freqaeuz  am  Anfange  des 
Schuljahres  IStW-SS     .    . 

17^ 

19 

■^ 

» 

38 

45 

40 

39 

.1 

41 

41 

40 

122 

b.  Zngang  im  Sommersemester 

7a.  Zugang  dnrch  Versetzung 
7b.  Zugang   durch   Aufnahme 

3 
1 

1 

2 

4 
2 

2 

3 

1 

2 

2|  — 
2      1 

_l  _ 

5 

; 

1 

- 

- 

1 

8.  Frequenz   am  Anfange  des 

151  r> 

21|  21 

31 

36 

47 

40 1  38 

261 

42 

41 

40 

123 

9.  Zugang  im  Wintersemester 
iO.  Abgang  im  Wintersemester 

2    -1  1 

2^  - 

1 

2 

-      2 

l 

1 

- 

- 

1 

11.  Frequenz  am  I.Februar  1885 

iTTTjSftT?  32 

35 

45 

40 1  40 

J56 

41 

41 

40 

122 

12.  Durchschnittsalter  am  1.  Fe- 
bruar 1885 

20,3 

19,2 

,a 

16,9 

15,8 

1^,7 

i: 

ii,3;io,(> 

_ 

9,3 

3,- 

7,6 

■_ 

m[«  if 


1.  Am  Anfange  des  Sommersemesters  . 

2.  Am  Anfange  des  Winteraemesteri    . 

3.  Am  1.  Februar  1685 , 


203  42 
20141 


216,:182.77 
2  17'I181  76   4 
215  179:72  4 


6103^9 

I 
6  10318 


C.  Verf.  T.  16.  Juli  1841;  „Um  die  vielfachen  Verschiedenheiten  rmd 
zom  Teil  auffallenden  Mängel,  welche  seither  in  Hinsicht  der  Titelblätter 
der  Ton  den  Gymn,  jährt,  auszugebenden  Progr.  bemerkt  worden  sind,  für  di» 
Znknnit  zu  beseitigen,  und  die  Eatabgisiiung  dieser  Schnlscbriften  zn  erleichtern^ 


380 

ist  68  erforderlich,  dafs  auf  dem  Titel  dieser  Schalschriften:  a.  der  Name  der 
betr.  Anstalt,  b.  der  Sitz  derselben,  c.  das  Schiüjahr,  d.  die  Yeranlassang* 
«.  der  Inhalt,  und  endlich  f.  die  Vornamen  and  der  Zaname  des  Verfassers 
4er  den  Schalnachrichten  vorangehenden  wissenschaftl.  Abhandlung  bestimmt  und 
vollständig  angegeben  werden.  Ich  beauftrage  deshalb  das  K.  Prov.Sch.C., 
hiernach  die  Dir.  der  Gymn.  Seines  Bereichs  mit  der  erforderl.  Anweisung  zu 
versehen  .  . . ." 

S.  ü.  und  PO.  V.  6.  Oct.  1859,  p,  103,  in  Betreff  des  Stoffes  der  wissen- 
schaftl. Beigaben  aus  den  der  BeaLschule  eigentümlichen  Unterrichtsgebieten. 

C.  Verf.  V.  17.  Jan.  1866:  „Bei  der  im  Jahre  1824  ftr  die  Gymn. 
;getroffenen  allgemeinen  Anordnung  der  Herausgabe  jährlicher  Programme  gehörte 
es  zu  der  ausgesprochenen  Bestimmung  solcher  Schulschriften,  ein  näheres  Ver- 
hältnis der  Schule  auch  zu  den  Eltern  der  Schüler  sowie  zu  dem  gprOfseren 
Publikum  anzubahnen  und  bei  demselben  eine  Erhöhung  der  Teilnahme  an  den 
•öffenü.  Bildungsanstalten  zu  bewirken.  Auch  die  den  Schulnachrichten 
Toranzuschickende  Abhandlung  sollte  deshalb  einem  Gebiete  angehören, 
welches  ein  allgemeines  Interesse  mindestens  der  gebildeten  Stände  am  öffentl. 
Unterricht  in  Ansprach  nimmt. 

Die  Bealschulen  haben,  indem  sie  ihrer  Bestimmung  gemäfs  dem 
•öffentl.  Leben  und  den  praki  Beiufisphären  näher  stehen  als  die  Gymn.,  ganz 
besonders  die  Pflicht,  den  im  Obigen  angedeuteten  Zosammenhang  festziüialten 
und  zu  pflegen.  Nach  den  bisherigen  Wahrnehmungen  fehlt  noch  viel,  dafe 
diese  Pflicht  überall  richtig  gewürdigt  und  befolgt  würde.  Wie  in  der  Behand- 
lung einzelner  Unterrichtsgegenstände,  namentlich  des  Lateinischen  und  der 
Geschichte,  bei  manchen  Beadschulen  eine  klare  Erkenntnis  des  Unterschiedes 
iswischen  Gymn.  und  Bealschule  noch  vermifst  wird,  so  tragen  auch  viele  Beal- 
schulprogramme  noch  völlig  ein  gymnasiales  Gepräge:  sie  nehmen  in  den  voraus- 
geschickten Abhandlangen  auf  den  Charakter  der  Schule  und  auf  das  Publikum, 
für  welches  diese  in  die  Oeffentlichkeit  ausgehenden  Zeugnisse  vom  inneren 
Leben  der  Schule  vorzugsweise  bestimmt  sind,  keine  Bücksicht,  und  können 
fiomit  auch  nicht  dazu  dienen,  eine  nähere  Verbindung  zwischen  Schule  und 
Haus  herzustellen.  Die  in  der  U.  und  PO.  v.  6.  Oci  1859  über  die  Programme 
'enthaltenen  Bestimmungen  (s.  p.  103)  werden  dabei  ungehöriger  Weise  unbe- 
achtet gelassen. 

Ich  veranlasse  das  K.  Prov.Sch.C,  diesem  Gegenstande  für  die  Beal- 
schulen seines  Bessorts  eine  verstärkte  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  und  in  Zu- 
kunft namenti.  nicht  zu  gestatten,  dafs  die  Abhandlungen  der  Bealschulpro- 
^ramme  lateinisch  abgefafst  werden  oder  philologische  Detailuntersuchungen 
n.  dgl.  m.  zum  Gegenstande  haben.  Wissenschaftliche  Arbeiten  solcher  Art 
zu  veröffentiichen,  kann  es  den  Verfassern  an  anderweitiger  Gelegenheit  nicht 
fohlen;  das  Bealschulprogramm  ist,  so  schätzbar  die  ^beiten  an  sich  sein 
mögen,  nicht  der  Ort  dazu. 

Ebensowenig  kann  es  einem  Lehrer  an  Gegenständen  fehlen,  die  für  den 
irorher  angedeuteten  Zweck  der  Progr.  geeignet  sind.  Das  Gebiet  der  Geschichte 
und  der  Litteratur,  der  Natur  und  der  Kunst  bietet  unerschöpflichen  Stoff  dar; 
und  die  Scheu,  die  Wissenschaft  zu  popularisiren,  sollte  der  Einsicht  weichen, 
daüs  dies  auf  die  rechte  Weise  zu  thun  auch  ein  Verdienst  und  eine  Kunst  ist. 
In  vielen  Fällen  würde  passenden  Mitteilungen  aus  der  Geschichte  des .  betr. 
Landesteils,  der  Stadt  und  der  Schule  selbst  ein  allgemeines  Interesse  entgegen- 
kommen. Nicht  selten  werden  es  femer  die  besonderen  Verhältnisse  einer 
Schule  wünschenswerth  machen,  dafs  eine  auf  den  Unterricht  oder  die  praktische 
Pädagogik  bezügliche  Frage  eingehend  behandelt  werde,  um  auf  diesem  Wege 
zu  einer  Verständigung  der  Beteiligten  beizutragen. 


381 

Ich  wünsche,  dafs  sowohl  der  I)epartement8rath  des  K.  Proy.Sch.C,  wie 
die  Dir.  der  einzelnen  Ansialten  es  sich  angelegen  sein  lassen,  nach  diesen 
Gesichtspunkten  mehr  und  mehr  anf  die  Wahl  geeigneter  Gegenstände  för  die 
Bealschnlprogr.  hinzuwirken  und  dadurch  den  Nutzen  derselben  zu  erhöhen/^ 

Die  Anstalten  von  beschränkterem  Umfknge,  Progymnasien,  höh, 
Bürgerschulen,  sind  nicht  gehalten, «dem  Programm  jedesmal  eine  Abhand- 
lung beizugeben.  Die  Schulnachrichten,  welche  sie  aber  alljährlich  zu  ver- 
öffentlichen haben,  müssen  wie  bei  den  gröfseren  Anstalten,  jedenfalls  enthaltene 
eine  Angabe  der  absolvirten  Lelu^ensa,  mit  Bezeichnung  der  eingeführten 
Schulbücher,  die  bei  den  Abgangsprüflingen  gestellten  Themata,  eine  tabellar. 
üebersicht  der  Terwendung  der  Lehrkrsite  nach  Klassen  und  Fächern,  Mit- 
teilung derjenigen  von  den  Schulbehörden  erlassenen  Verfugungen,  welche  für 
ein  gröfseres  Publikum  von  Interesse  sein  können,  die  Jahreschronik  der 
Anstalt,  endlich  die  Statist,  yerhältnisse  derselben,  mit  Bezeichnung  der  in 
der  Gesamtfrequenz  der  Schule  enthaltenen  Unterschiede  der  Confession,  resp. 
Religion.    Vgl  p.  34. 

C.Verf.  V.  6.  Oct  1877:  „Durch  C.Verf.  v.  26.  April  1875  ist  angeordnet, 
dafs  sämtliche  höhere  Lehranstalten  von  jedem  Programm,  welches  sie  veröffent- 
lichen, gleich  nach  dem  Erscheinen  5  Exemplare  an  die  Cieh.  Registratur  meines 
Ministeriums  einzusenden  haben.  Ich  sehe  mich  veranlafst,  die  Zahl  der 
einzusendenden  Programme  von  Ostern  künftigen  Jahres  ab  auf  6  Exemplare 
festzusetzen  und  fordere  das  K.  Prov.Sch'C.  auf,  die  Directoren  und  Rectoren 
Seines  Verwaltungsbezirkes  davon  in  Kenntnis  zu  setzen.** 

Zwischen  den  verschiedenen  Provinzen  der  Monarchie,  ebenso  zwischen 
Preufsen  und  anderen  deutschen  Staaten,  sowie  mit  Oesterreich  und  Ungarn 
findet  seit  längerer  Zeit  ein  Austausch  der  Schulprogramme  statt. 

C.Verf.  V.  26.  April  1875.  „Die  mit  dem  Programmen wesen  nach  der 
Ausdehnung,  die  es  allmählich  erhalten  hat,  verbundenen  Uebelstände  sind 
wiederholt  Gegenstand  der  Verhandlungen  gewesen.  Auch  die  im  October  1872 
zu  Dresden  abgehaltene  Conferenz  deutscher  Schulbeamten  hat  sich  damit 
als  mit  einer  gemeinsamen  Angelegenheit  der  höh.  Lehranstalten  Deutschlands 
beschäftigt.  Auf  Grund  der  Vorschläge  dieser  Conferenz  habe  ich  an  sämtlicho 
deutsche  Staatsregierungen  das  beiliegende  Circularschreiben  gerichtet  und  von 
allen,  mit  Ausnahme  von  Bayern,  zustimmende  Erklärungen  erhalten. 

Die  K.  Bayrische  Regierung  hat  die  Beteiligung  an  der  vorgeschlagenen 
neuen  Einrichtung  wegen  der  Schwierigkeit  abgelehnt,  den  Gegenstand  der 
Programmabhandlungen  immer  schon  längere  Zeit  vorher  anzugeben. 

Ich  veranlasse  nunmehr  das  K.  Prov.Sch.C,  die  Directoren  der  Gym- 
nasien und  Realschulen  Seines  Ressorts  der  Anlage  gemäfs  mit  Nachricht  und 
Anweisung  in  der  Sache  zu  versehen,  und  die  neue  Programmenordnung  in 
diesem  J^re  so  vorzubereiten,  dafs  sie  im  nächsten  ins  Leben  treten  kann. 

Der  nach  Nr.  6  der  Anlage  von  jeder  beteiligten  Anstalt  an  die 
Teubnersche  Verlagshandlung  in  Leipzig  jährlich  zu  zahlende  Betrag 
von  9  Mark  kann  bei  den  Königlichen  Gymnasien  und  Realschulen  auf  den 
Titel  Insgemein  des  Etats  angewiesen  werden.  Den  Patronaten  der  übrigen  Gym- 
nasien und  Realschulen  ist  bei  Mitteilung  des  ganzen  Plans  die  Erwartung  auszu- 
sprechen, dafs  sie  dem  Vorgange  der  Königl.  Anstalten  hierin  folgen  werden. 

In  Betreff  des  Formats  der  Programme  bleibt  eine  Benachrichtigung- 
vorbehalten.    (S.  die  Anm.  p.  383.) 

Die  für  die  Progymnasien  sowie  for  die  Real-  und  höheren  Bürgerschulen 
bereits  bestehende  Anordnung,  dafs  sie  von  jedem  Programm,  das  sie  veröffent- 


382 

liehen,  gleich  nach  dem  Erscheinen  5  (6  nach  C.Verf.  v.  6.  Oct.  1877,  8. 
p.  381)  Exemplare  an  die  Geheime  Registratur  meines  Ministeriums  einzusenden 
haben,  wird,  unabhängig  von  dem  obigen  neuen  Austauschverfahren,  auch  auf  die 
Gymnasien  ausgedehnt,  wovon  deren  Directoren  in  Kenntnis  zu  setzen  sind.** 

Der  Minister  etc.    Falk. 

2.  Buchhändlerische  Centralstelle  für  de-n  Programmen- 
tausch der  höheren  Schulen  Deutschlands.  (B.  G.  Teubner  in 
Leipzig.)  „Zu  den  Gegenständen,  über  welche  die  Dresdener  Schulconfe- 
renz  im  Oci  1872  berathen  hat,  gehört  auch  das  Programmenwesen.  In 
der  vorläufigen  über  die  Ergebnisse  der  Conferenz  unter  dem  30.  Dec.  1872 
an  die  deutschen  Staatsregierungen  von  Berlin  aus  gerichteten  Mitteilung  wird 
bezüglich  der  Programme  bemerkt,  dafs  eine  Abänderung  der  bestehenden  Ein- 
richtang  hauptsächlich  wegen  der  Uebelstände  rathsam  erscheine,  welche  einer- 
seits die  Massenanhäufung  solcher  Schulschriften  in  den  Bibliotheken,  anderer- 
seits bei  dem  gegenwärtigen  umfange  des  Programmaustausches  die  Schwierigkeit 
des  Verteilungsgeschäfbs  für  die  Schulverwaltung  mit  sich  fuhrt. 

Dabei  wurde  ferner  geltend  gemacht,  dafs  mehrere  Gründe,  welche  in 
früherer  Zeit  einen  Austausch  der  Programme  wünschenswerth  machten,  nicht 
mehr  in  gleicher  Stärke  fortdauern,  da  inzwischen  unter  den  höh.  Lehranstalten 
thatsächlich  eine  gröfsere  Annäherung  stattgefunden  hat  und  die  Möglichkeit, 
von  einander  mittelbar  oder  unmittelbar  Kenntnis  zu  nehmen,  sehr  erleichtert 
worden  ist. 

In  Berücksichtigung  dieser  Umstände  wurden  für  die  künftige  Einrich- 
tung folgende  Vorschläge  gemacht:  a.  Die  Nothwendigkeit  regelmäfsiger  Ver- 
öffentlichungen bleibt  nur  far  den  einen  Teil  der  Programme,  die  Schulnach- 
richten, bestehen,  während  in  Betreff  der  Beigabe  einer  wissenschaftL 
Abhandlung  femer  kein  Zwang  stattfindet.  b.  Da  dem  Interesse  der 
Lehrer  an  den  Einrichtungen  und  Verhältnissen  der  einzelnen  Schulen  gröfsten- 
teils  durch  pädagogische  Zeitschriften,  statistische  Mitteilungen  u.  dgl.  m. 
genügt  wird,  so  kann  sich  die  Verbreitung  der  gedruckten  Schulnachrichten 
füglich  auf  den  Kreis  des  beteiligten  Publikums  und  der  betr.  Behörden  be- 
schränken, c.  Zu  weiterer  Verbreitung  gelangen  in  der  Regel  allein  die  mit 
einer  wissenschaftL  Abhandlung  ausgestatteten  Programme,  und  zwar  nur  soweit 
ihre  Mitteilung  begehrt  wird.  Die  dabei  erforderliche  Vermittelung  wird  einer 
buchhändlerischen  Centralstelle  übergeben. 

Nachdem  diese  Vorschläge  die  Zustimmung  aller  der  Staatsregierungen 
gefunden,  von  denen  die  Dresdener  Conferenz  beschickt  worden  war,  hat  auch 
in  Betreff  des  letzterwähnten  Punktes  und  des  danach  einzurichtenden  Verfahrens 
eine  Einigung  stattgefunden.  Die  persönlichen  Verhandlungen,  welche  darüber 
mit  der  Teubner' sehen  Verlagshandlung  in  Leipzig  veranlafst  worden  sind, 
haben  den  nachstehenden  Plan  als  den  unter  den  gegebenen  Umständen 
empfehlenswerthesten  erscheinen  lassen.  Derselbe  ist  von  allen  Staatsregierungen 
Deutschlands,  mit  alleiniger  Ausnahme  Bayerns,  genehmigt  worden  und  .es 
treten  danach  für  die  im  Jahre  1876  erscheinenden  Programiae 
nachstehende  Bestimmungen  in  Kraft: 

1.  Jede  der  beteiligten  deutschen  Central -Unterrichtsverwaltungen  sorgt' 
dafür,  dafs  sie  zu  Anfang  Novembers  jedes  Jahres  von  dem  Titel  aller  der 
Abhandlungen   Kenntnis   hat,   deren  Veröffentlichung  durch   Gymnasial-  oder 
Healschul-Programme  des  nächsten  Jahres  beabsichtigt  wird. 

2.  Das  Verzeichnis  dieser  Abhandlungen  nach  den  Schulkategorieen  und 
geographisch  geordnet,  wird  um  die  Mitte  Novembers  von  jeder  Regierung  nach 
Leipzig  gesandt.  Die  Teubner*sche  Verlagshandlung  stellt  danach  sofort  ein 
vollständiges,   mit  laufenden  Nummern  versehenes  Verzeichnis  zusammen,   und 


383 

versendet  dasselbe  in  dnplo  direct  zur  Post  franco  an  alle  Directoren  der  be- 
teiligen Gymnasien  und  Bealschulen,  an  die  Universitäten  and  Bibliothekvor- 
stände im  dentschen  Beich,  sowie  an  die  Schalbehörden  mit  dem  Ersachen, 
binnen  14  Tagen  ein  Exemplar  des  Verzeichnisses  zurückzusenden,  worin  die 
Programme,  deren  Mitteilung  gewünscht  wird,  angestrichen  sind. 

Die  Universitäten  werden  in  dem  Verzeichnis  ebenfalls  aufgeführt,  um 
die  Bestellungen  des  Katalogs  der  Vorlesungen  zu  ermöglichen.  Der  Gegenstand 
des  Prooemiums  wird  dabei  nicht  angegeben. 

Es  bleibt  überlassen,  aufserdem  von  Gymnasien  und  Bealschulen,  welche 
etwa  in  dem  betr.  Jahre  keine  wissenschaftliche,  pädagogische  oder  sonstige 
Abhandlung  den  Schulnachrichten  beifügen,  auch  letztere  zu  bestellen. 

Die  Vei  Säumnis  rechtzeitiger  Benachrichtigung  der  Buchhandlung  würde 
event.  zur  Folge  haben,  dafs  die  zu  spät  eingehenden  Bestellungen  nicht  mehr 
berücksichtigt  werden  können. 

3.  Die  Teubner'sche  Verlagshandlung  teilt,  wo  möglich  noch  vor  Ende 
des  Jahres,  den  betr.  Stellen  franco  mit,  wie  viele  Exemplare  des  Pro- 
gramms gebraucht  werden,  so  dafs  danach  die  Stärke  der  Auflage  bemessen 
werden  kann.  Sie  kann,  um  buchhändlerischen  Nachfragen  zu  genügen,  einige 
Exemplare  mehr  bestellen,  ohne  dafür  zu  einer  besonderen  Vergütung  ver- 
pflichtet zu  sein. 

4.  Die  zur  Verteilung  bestimmte  Zahl  der  Programme  ist  demnächst 
unmittelbar  nach  deren  Erscheinen  an  die  Teubner'sche  Buchhandlung  abzu- 
senden, welche  ihrerseits  die  Weitersendung  beschleunigen  wird. 

5.  Die  Portokosten  für  die  Zusendung  sind  von  den  Epfängem  der 
bestellten  Programme  zu  tragen.  Bei  der  Bestellung  ist  anzugeben,  auf  wel- 
chem Wege  die  Zusendung  erfolgen  soll,  ob  durch  die  Post  oder  auf  der  Eisen- 
bahn oder  durch  Vermittelung  einer  namhaft  zu  machenden  Sortiments -Buch- 
handlung am  Orte  des  Empfängers;  in  letzterem  Falle  hat  dieser  sich  über  das 
Porto  mit  der  betr.  Buchhandlung  zu  verständigen. 

6.  Zur  Deckung  der  Kosten  (Localmiethe,  Portoauslagen,  Druckkosten, 
Verpackungsspesen  u.  s.  w.)  hat  jede  Schule,  Universität  und  Bibliothek,  welche 
sich  an  dem  Programmenaustausch  beteiligt,  einen  jährlichen  Beitrag  von  vor- 
läufig 9  Mk.  an  die  Teubner'sche  Verlagshandlung  zu  zahlen.  Nach  den 
im  ersten  Jahre  gemachten  Erfahrungen  wird  der  zu  leistende  Beitrag  definitiv 
normirL 

•  7.  Die  Progpramme  werden  künftig  aUe  in  gleichem  Format  gedruckt 
Sobald  dasselbe  definitiv  festgestellt  ist,  wird  die  Tetibnersche  Verlagshandlung 
eine  Formatprobe  an  alle  Lehranstalten  versenden.**  *) 


4.    Das  Schulgeld  und  sonstige  Zahlungen  der  Schüler. 
Unterstützungen  behufs  des  Schulbesuchs. 

Die  Bestimmung  der  Schulgeldsätze  und  bei  Anstalten  nicht  kOnigl. 
Patronats  die  Genehmigung  einer  Modification  derselben  ist  der  Schulaufsichte- 
behOrde,  resp.  dem  Unterrichtsminister  vorbehalten.  Für  einheimische  und  aus- 
wärtige Schüler,  und  auch  für  die  am  Schulort  wohnenden  Schüler  derselben 
Schulklassen  sind  die  Sätze  nicht  überall  gleich;  sie  stufen  sich  hie  und  da 


*)  Nach  einer  im  Sept.  1875  von  der  Buchhändlerischen  CentraUtelle  an  die 
beteiligten  Unterrichtsanstalten  gelangten  Mitteilung  soll  die  Gröfse  des  Formats 
für  die  Programme,  wenn  sie  beschnitten  sind,  25^/2  cm  in  der  Höhe  und 
20'|9  cm  in  der  Breite  betragen. 


384 

nach  den  Yermögensverhältnissen  und  den  Stenerbeiträgen  der  £ltem  ab. 
TgL  darüber  Hist  stallst.  Darst.  II  p.  646.  III  p.  435. 

In  einer  die  Bealschnlen  2.  0.  betreffenden  Min.  Verf.  y.  21.  Mai  1874 
(CBl.  1874,  p.  484  f.)  wird  als  Bnrchschnitts-Schalgeldsatz  der  Betrag  von  72  M. 
jährl.  bezeichnet  und  bei  der  Gewähmng  von  Zuschüssen  aus  Staatsfonds  wird 
in  der  Begel  zur  Bedingung  gemacht,  dafs  dieser  Betrag  als  Durchschnittssatz, 
für  jeden  Schüler  der  betr.  Anstalt  angenommen  werde:  die  Summe,  welche 
sich  ergiebt,  wenn  man  die  Zajil  sämtlicher  zahlender  Schüler  mit  diesem 
Durchschnittssatz  multiplicirt,  mufs  der  gesamten  Schulgeldeinnahme  gleich 
sein.  In  Berlin  beträgt  das  Schulgeld  in  den  höh.  Schulen  100  M.  jährl.  (am 
Joachimsthalschen  Gymn.:  für  Stadtschüler  120  M.) 

In  den  Yorschulklassen  aller  aus  Staatsfonds  zu  unterhaltenden,, 
resp.  subventionirten  höh.  Lehranstalten  werden  dieselben  Schulgeldsätze  wie 
in  der  Sexta  der  betr.  Anstalt  erhoben.  (S.  Min.  Verf.  y.  11.  u.  10.  Juni  1873,. 
CBl.  p.  413  f.,  sowie  v.  13.  Nov.  1873,  CBl.  1874  p.  201.)  —  Aus  einer  Verf. 
V.  28.  Apr.  187  4:  —  „Es  ist  für  die  lediglich  dem  Elementarunterricht 
dienenden  Vorschulen  bei  den  höh.  Lehranstalten  Grundsatz,  dafe,  sobald  bei 
den  Nächstbeteiligten  ein  hinreichend  starkes  Bedürfnis  der  Benutzung  solcher 
Vorschule  nicht  mehr  besteht,  dieselben  sich  vielmehr  mit  Rücksicht  auf  die 
gleichzeitige  Hebung  der  städt.  Elementarschulen  an  deren  Benutzung  genügen 
lassen  wollen,  kein  Grund  ist,  die  Vorschule  auf  öffentl.  Kosten  länger  zu  er- 
halten, und  etwa  durch  Herabsetzipig  des  Schulgeldes  auf  Vermehrung  der 
Schülerzahl  hinzuwirken." 

Nebenforderungen  sind  in  Abnahme  begriffen.  Vgl.  Hist.  statist.  Darst. 
n  p.  650. 

Zeugnisgebühren.  Min.  Verf.  v.  17.  Apr.  1838  (an  das  K.Prov. 
Sch.C.  zu  Münster):  „1.  Alle  Zeugnisse,  welche  ein  Gymn.,  Progymn.  oder 
eine  höhere  Bürgerschule  einem  Schüler  während  seines  Aufenthaltes  auf  der 
Schule  oder  unmittelbar  bei  dem  Abgange  von  derselben  ausstellt,  sollen 
gebührenfrei  ausgefertigt  werden.  2.  Dagegen  darf  für  Zeugnisse,  welche 
ein  ehemaliger  Schüler  von  der  Anstalt  fordert,  sowie  für  Duplicate  früher  aus- 
gestellter Zeugnisse  1  Thlr.  an  Gebühren  tat  den  Dir.  oder  denj.  Klassenlehrer,, 
welchem  er  die  Ausfertigung  überträgt,  gefordert  werden.  3.  Für  Zeugnisse,, 
welche  Schüler  zur  Erlangung  eines  Famüienstipendiums  nachsuchen,  ist  gleich- 
falls 1  Thlr.  an  Gebühren  mit  gleicher  Bestimmung  zu  zahlen,  wofetn  der 
Schüler  nicht  zu  den  Freischülern  gehört.  4.  Für  die  Abiturientenzeughisse 
bei  den  Gymn.  und  far  die  Entlassungszeugnisse  bei  den  höh.  Bürgerschulen 
sind  15  Sgr.  an  Copialien  zu  zahlen,  welche  demjenigen  zukommen,  welcher 
die  Beinschrifben  der  Zeugnisse  anfertigt  5.  Wenn  endlich  bei  den  Abi- 
turienten- und  Entlassungsprüfungen  auTserdem  noch  ein  Beitrag  an  die  Schul- 
kasse bisher  statutenmäfsig  gezahlt  ist,  so  verbleibt  es  auch  femer  bei  diesem 
Beitrage.^' 

C.  Verf.  V.  23.  Nov.  1857:  „Aus  den  in  Folge  meiner  C.  Verf.  v» 
3.  Jan.  1855  erstatteten  Berichten  geht  hervor,  dafs  in  Ansehung  der  Schul- 
geldbe freiungen  bei  den  Gymn.  sowohl  in  den  verschiedenen  Provinzen  des 
Staats  als  auch  bei  den  einzelnen  Anstalten  einer  und  derselben  Prov.  nach 
sehr  abweichenden  Grundsätzen  verfahren  wird.  Es  ist  nicht  meine  Absicht^ 
diese  Ungleichheiten,  welche  zum  Teil  in  dem  Entwickelungsgange  der  einzel- 
nen Anstalten  ihren  Ursprung  haben  und  ohne  Schaden  für  die  Sache  bestehen 
bleiben  können,  allgem.  aufzuheben.  In  mehreren  Beziehungen  bestehen  jedoch 
offenbare  Mifsbräuche,  welche  der  Abstellung  bedürfen. 

Bei  einigen  Anstalten  wird  die  Befreiung  auch  derjenigen  Schüler,  denen 
gegenüber  sie  eine  res  merae  facultatis  ist,  ohne  Bücksicht  auf  ihre  Würdigkeit 


385 

gewährt.  Hiermit  im  Znsammenhange  steht  die  Einrichtung,  der  zufolge  bei 
einzelnen  Anstalten  die  Befreiung  für  die  ganze  Dauer  der  Schulzeit  bewilligt 
und  somit  eine  fortgesetzte  Prüfung  der  Würdigkeit  ausgeschlossen  wird.  So- 
wohl im  Interesse  der  Anstalten  als  auch  der  Schüler  erscheint  es  nothwendig, 
dafs  die  Schulgeldbefreiung  in  allen  Fällen  nur  würdigen  Schülern  ge- 
währt und  beim  Wegfall  dieser  Bedingung  entzogen  wird.  Folgeweise'  würde 
um  eine  fortgesetzte  Controle  hierüber  zu  ermöglichen,  festzusetzen  sein,  dafs  die 
Befreiung  vom  Schulgelde  über  die  Dauer  eines  Semesters,  höchstens 
eines  Schuljahrs,  nicht  ausgedehnt  werden  darf.  Auch  möchte  es  sich  empfehlen, 
die  bei  der  grofsen  Mehrzahl  der  Gymn.  bereits  bestehende  Einrichtung,  dafs 
eine  Befreiung  nicht  sofort  beim  Eintritt,  sondern  frühestens  vom  2.  Semester 
ab  bewilligt  werden  darf,  allgemein  anzuordnen. 

Ein  zweiter  Punkt  betrifft  die  Zahl  der  zulässigen  Befreiungen. 
Ein  befriedigendes  Verhältnis  in  dieser  Beziehung  besteht  nur  in  der  Bhein- 
provinz.  Dort  dürfen,  abgesehen  von  den  Befreiungen  der  Lehrersöhne  etc., 
^/lo  ^^^  Schüler  ganz,  ^lo  derselben  halb,  mithin  im  Ganzen  15  Proc.  der  vor- 
handenen Schüler  vom  Schulgelde  befreit  werden.  —  Wenngleich  nun  die  Ver- 
hältnisse der  einzelnen  Provinzen  eine  durchgängig  gleichmäfsige  Behandlung 
der  Angelegenheit  nicht  gestatten,  so  habe  ich  doch  aus  den  eingegangenen 
Berichten  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dafs  bei  vielen  Gymn.  die  Schulgeld- 
befreiungen eine  Ausdehnung  gewonnen  haben,  welche  nicht  nur  das  finanzielle 
Interesse  der  Anstalten,  sondern  anch  den  Zweck  der  Gymnasialbildung  inso- 
fern beeinträchtigt,  als  den  Gymn.  junge  Leute  zugeführt  werden,  welche,  ohne 
eine  höhere  Ausbildung  anzustreben,  die  Anstalt  nur  zu  dem  Zwecke  besuchen, 
um  an  den  damit  verknüpften  Beneficien  teilzunehmen.  Um  diesen  üebel- 
ständen  zu  begegnen,  erscheint  es  wünschenswerth,  wenigstens  für  jede  Provinz 
unter  Berücksichtigung  ihrer  besonderen  Bedürfhisse  ein  Maximum  für  die 
Schulgeldbefreiungen  festzusetzen,  welches  bei  den  einzelnen  Anstalten  ohne 
besondere  Genehmigung  des  K.  Prov.  Sch.C.  nicht  überschritten  werden  darf.*^  — 

Das  Maximum  der  Freistellen  ist  seitdem  bei  den  vom  Staat  unter- 
haltenen oder  subventionirten  Anstalten  auf  10  Proc.  beschränkt  worden. 
Dasselbe  wird  nach  der  Frequenz  der  Hauptklassen,  nicht  nach  der  Gesamt- 
frequenz der  Anstalt  einschliefsl.  der  Vorschule,  berechnet.  Auch  die  von  der 
Scbulgeldzahlung  befreiten  Söhne  von  Lehrern  und  Beamten  der  einzelnen  An- 
stalten, und  ebenso  die  der  Ortsgeistlichen,  müssen  in  der  erwähnten  Procent- 
zahl enthalten  sein  und  dürfen  das  Beneficium  auch  nur  dann  erhalten,  wenn 
sie  durch  Betragen  und  Fleifs  befriedigen.  —  Den  dritten  Brüdern  pfiegt  das 
Schulgeld  erlassen  zu  werden,  wenn,  ihre  Eltern  darum  nachsuchen.  Der  Betrag 
wird  ebenfalls  bei  dem  zur  Verfügung  stehenden  Erlafsquantum  eingerechnet.  ^- 
S.  Min.  Verf.  V.  29.  Febr.  1872,  CBL  p.  212,  Nr.  98,  99. 

In  den  städt.  Anstalten  werden  im  AUgem.  dieselben  Grundsätze  befolgt; 
einige  gewähren  die  freie  Schule  mit  grofser  Liberalität;  nur  wenige  haben 
gar  keine  Freistellen.  Hie  und  da  haben  die  Eltern  bei  mehr  als  2  Söhnen 
auf  derselben  Anstalt  das  volle  Schulgeld  nur  für  die  2  ältesten  zu  zahlen, 
für  jeden  folgenden  nur  die  Hälfte.  In  einigen  Anstalten  giebt  es  aufser  den 
voll-  und  halbzahlenden  auch  Vs»  ^/s?  ^U  ^^^  Schulgelds  zahlende  Schüler,  und 
reich  dotirte  Anstalten  gewähren  das  Beneficium  des  freien  Unterrichts  weniger 
nach  einer  bestimmten  Berechnung,  als  nach  dem  vorhandenen  Bedürfnis. 
Begel  ist,  es  nicht  gleich  bei  der  Aufnahme,  sondern  nach  einer  Zeit  der  Er- 
probung zu  gewähren,  auch  immer  nur  auf  ein  Jahr  und  mit  dem  Vorbehalt 
der  Entziehung  bei  wahrgenommener  Trägheit  und  tadelnswerthem  Betragen. 
Die  Gewährung  geschieht  meistens  durch  das  Schulcuratorium  oder  die  sonstige 
nächste  Aufsichtsbehörde  auf  Vorschlag  des  Dir.  oder  der  Lehrerconferenz. 

Wieie,  VeTordnuDgeix.  25 


386 

Min.  Verf.  v.  21.  Mai  1874:  „Dem  Lehrer  N.  in  L.  ist,  wie  dem  K. 
Prov.  Sch.C.  bekannt,  znr  Erhaltung  seines  Sohnes  auf  dem  Gymn.  in  N.  wieder- 
holt eine  Beihülfe  aus  diesseitigen  Fonds  gewährt  worden.  Nach  dem  Bericht 
Y.  —  hat  das  städt.  Patronat  der  Anstalt  dem  Knaben,  obwohl  er,  wie  aus- 
reichend bezeugt  wird,  ein  musterhafter  Schüler  ist,  die  Schulgeldzahlung  des- 
halb nicht  erlassen,  weil  er  nicht  aus  N.  sei. 

Wenn  städt.  Schulpatronate,  welche  ihre  Anstalten  lediglich  aus  eigenen 
Mitteln  erhalten,  die  Freistellen  nur  an  einheimische  Schüler  gewähren,  so 
kann  dies  nicht  gehindert  werden;  bei  Anstalten  aber,  welche  aus  allgem. 
Staatsfonds  so  erhebliche  Zuschüsse  empfangen,  wie  es  bei  dem  N'.ner  Gymn. 
der  FaU  ist,  dürfen  die  auswärt.  Schüler  von  dem  gedachten  Beneficium  nicht 
gänzlich  ausgeschlossen  werden.  Ich  beauftrage  das  K.  Prov.  Sch.C,  den 
Magistrat  in  N.  darauf  aufinerksam  zu  machen  und  auch  den  E.  Compatronats- 
Commissarius  daselbst  in  Kenntnis  davon  zu  setzen,  damit  er  Veranlassung 
nehme,  für  eine  yerhältnismäf^ige  Berücksichtigung  guter  und  bedürftiger 
Schüler  der  Anstalt  Sorge  zu  tragen." 

Den  Söhnen  der  Geistlichen  als  solchen  gewähren  die  städt.  Patronate 
nur  noch  selten  die  Schulgeldfreiheit;  auch  kann  für  sie  ebenso  wie  für  das 
Gymn.  selbst  als  juristische  Person  die  frühere  gegenseitige  Connivenz  zwischen 
Geistlichen  und  Lehrern  als  verpflichtend  nicht  angesehen  werden. 

Für  versäumten  Unterricht  mufs  das  Schulgeld  meistens  fortentrichtet 
werden.  Ist  die  Versäumnis  unverschuldet,  z.  B.  in  Krankheitsfällen,  so  hört 
die  Zahlungspüicht  gewöhnlich  dann  auf,  wenn  die  Versäumnis  den  Zeitraum 
überschreitet,  für  welchen  das  Schulgeld  ratenweise  erhoben  wird.  Ferien  sind 
ohne  Einflufs  auf  die  Schulgeldzahlung. 

Ausschlufs  von  Freischülern  in  den  Vorschulen.  Min.  Verf. 
V.  9.  Juli  1870.  Auszug.  „Zugleich  bemerke  ich,  dafs  bei  den  Vorschulen 
anderer  Gymnasien  grundsätzlich  Freischüler  nicht  bewilligt  werden.  Die  An- 
wendung dieses  Grundsatzes  auch  auf  das  Gymn.  in  N.  erscheint  unbedenklich." 

Min.  Verf.  v.  7.  Dec.  1876.  Auszug,  „üebrigens  mache  ich  darauf 
aufmerksam,  dafs  Bestimmungen,  wonach  auch  in  Vorschulklassen  Freistellen 
zu  gewähren  sind,  hier  nicht  bekannt  sind.  Vielmehr  ist  es  Grundsatz,  dafs 
die  Schüler  in  den  Vorklassen  ausnahmslos  das  volle  Schulgeld  zu  zahlen 
haben;  wenigstens  ist  der  Procentsatz  der  zulässigen  Freistellen  nur  nach  der 
Anzahl  der  in  den  Hauptklassen  der  Anstalt  vorhandenen  Schüler  zu  bemessen, 
wonach  das  K.  Prov.  Sch.C.  in  Zukunft;  zu  verfahren  hat." 

Min.  Verf.  v.  13.  Dec.  1876.  „Auf  den  Bericht  vom  18.  v.  M.  er- 
widere ich  dem  K.  Prov.  Sch.C.,  dafs  der  Ausschlufs  der  Schulgeldbefreiung  in 
den  Vorschulklassen  der  aus  Staatsfonds  unterhaltenen  oder  subventionirten  höh. 
Lehranstalten  sich  auch  auf  die  Söhne  der  Anstaltslehrer  erstreckt,  weil  nach  den 
mafsgebenden  Bestimmungen  freier  Unterricht  in  der  Vorschule  nicht  gewährt  wird." 

Die  Erhebung  des  Schulgeldes  geschieht  bei  den  Anstalten  königL 
Patronats  vierteljährlich  praenumerando.  Solchen  Eltern,  denen  die  vierteljährl. 
Vorausbezahlung  schwer  fällt,  wird  an  manchen  Anstalten  das  Schulgeld  bis 
zum  3.  Monat  gestundet.  Eingezogen  wird  das  Schulgeld  in  der  Begel  durch 
dieKlassenordinarien,  die  dasselbe  demnächst  an  die  Schulkasse  abführen.  Gröfsere 
Anstalten  haben  besondere  Schulgeldreceptoren,  die  für  ihre  Mühe  remunerirt 
werden;  an  anderen  wird  das  Schulgeld  unmittelbar  an  den  Bendanten  der 
Schulkasse  eingezahlt.  Bückstände  unterliegen  der  executivischen  Beitreibung 
im  Verwaltungswege,  wenn  sie  nicht  älter  als  2  Jahre  sind.  Hin  und  wieder 
wird  bei  der  Aufnahme  eines  Schülers  von  dem  Vater  die  Unterzeichnung  einer 
gedruckten  Verbindlichkeitserklärung  des  Inhalts  gefordert: 


387 

—  „Ich  verpflichte  mich,  das  etats-  nnd  statatenmäTsige  Schulgeld  far 
meinen  Sohn  in  den  eingeführten  vierteljährl.  Zahlnngsterminen  praenam.  un- 
gesäumt nnd  anerinnert  abzuzahlen,  im  FaU  jedoch  wider  Erwarten  dieses 
Schulgeld  rückständig  bleiben  sollte,  mich  der  Einziehung  desselben  durch  die 
Verwaltungsbehörden  auf  meine  Kosten,  nach  Mafsgabe  der  C.  0.  v.  21.  Dec. 
1825  Xn.  a.  §  42  unterwerfen  zu  wollen." 

Für  Anstalten  städtischen  oder  gemischten  Patronats  wird  die  Schul- 
kasse  in  der  Begel  bei  der  städi  Kämmerei  verwaltet  In  solchen  Fällen  pfle- 
gen dadurch  Yerwaltnngskosten  für  die  Schule  nicht  zu  entstehen.  Bei  An- 
stalten königl.  Patronats  ist  die  Kassenfohrung  als  widerrufliches  besoldetes 
2^ebenamt  einem  Lehrer  derselben  Schule  oder  einem  Staats-  oder  Gemeinde- 
beamten als  Bendanten  übertragen.  Jeder  Bendant  hat  die  gesetzmäfsige 
Dienstcaution  zu  stellen. 

C.Verf.  des  *K.  Prov.  Sch.C.  zu  Kiel  v.  4.  Juli  1870:  ,J)a  es  sich 
liei-ausgestellt  hat,  dafs  hinsichtlich  der  Erhebung  der  Klassengelder  bei 
den  Sohle swig-Holst.  Gymn.  nicht  überall  ein  gleichmäfsiges  Verfahren 
beobachtet  wird,  so  sehen  wir  uns  veranlafst,  um  in  dieser  Beziehung  eine  feste 
Ordnung  einzuführen  und  das  Interesse  der  betr.  Schulkassen  so  wie  der  be- 
teiligten Lehrer  sicher  zu  stellen,  die  nachfolgenden  Bestimmungen  zu  treffen: 

1.  Behufs  der  Erhebung  der  Klassengelder  hat  der  Dir.  sofort  nach 
dem  begonnenen  Unterricht  in  jedem  Vierteljahr  ein  als  richtig  bescheinigtes 
Verzeichnis  der  Schüler  mit  Angabe  des  Klassengeldes  und  der  für  die  Ein- 
richtung desselben  haftenden  Personen  nebst  einer  bezüglichen  Einnahmeordre 
dem  Bendanten  zu  überliefern.  2.  Der  Bendant  hat  auf  Grund  dieses  Ver- 
zeichnisses und  im  genauen  Anschlufs  an  dae^selbe  unverzüglich  eine  Hebeliste 
anzufertigen,  in  welche  jede  einzelne  Zahlung  einzutragen  ist,  und  welche  von 
dem  Bendanten  sorgfältig  aufbewahrt  und  bei  den  Kassenrevisionen  mit  dem 
sub  1  erwähnten  Verzeichnis  vorgelegt  werden  mufs.  3.  Zu  Anfang  jedes 
Quartals  ist  durch  ein  2maliges  Inserat  in  dem  Localblatte  und  gleichzeitig 
durch  eine  an  die  Schüler  in  allen  Klassen  zu  richtende  mündl.  Bekannt- 
machung darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  der  Bechnungsführer  in  der 
nächsten  Woche  an  näher  festzustellenden  Tagen  und  zu  bestimmter  Stunde  im 
Schulgebäude  die  Klassengelder  in  Empfang  nehmen  werde.  Die  Einkassirung 
der  Schulgelder  durch  den  Pedellen  ist  unstatthaft.  4*  Ueber  die  geschehene 
Zahlung  der  Klassengelder  ist  dem  Betreffenden  Quittung  zu  erteilen.  Die 
Quittungsformulare  können  auf  Kosten  der  Schulkasse  gedruckt  werden.  5.  Nach 
Ablauf  der  Zahlungswoche  hat  der  Bechnungsführer  dem  Dir.  eine  Bestanten- 
liste  zu  übergeben.  Die  säumigen  Schüler  sind  durch  die  Klassenordinarien 
an  ihre  Verpflichtung  zu  erinnern  und  dabei  darauf  aufinerksam  zu  machen, 
dafs  es  zu  ihrer  Enüassung  von  der  Schule  führen  könne,  wenn  das  Schulgeld 
nicht  bezahlt  werde.  6.  Wenn  die  rückständigen  Klassengelder  nach  Verlauf 
von  4  Wochen  noch  nicht  eingegangen  sind,  so  ist,  falls  nicht  eine  Nieder- 
schlagungsordre  erwirkt  werden  kann,  die  ezecutivische  Beitreibung  der  Bück- 
stände nach  Mafsgabe  derVerordn  v.  22.Sept.  1867  zu  requiriren.  Zugleich  ist  den 
Eltern  oder  Vonnündem  der  betr.  Schüler  zu  eröffnen,  dafs  die  Entiassung  der 
letzteren  stattfinden  müsse,  falls  das  Schulgeld  für  das  nächste  Quartal  nicht 
im  Fälligkeitstermin  ungesäumt  bezahlt  werden  würde.  Wenn  die  Zahlung  in 
dem  nächsten  Quartal  nicht  rechtzeitig  erfolgt,  so  ist  die  Enüassung  der  betr. 
Schüler  zu  verfugen.  7.  Sobald  die  fälligen  Schulgelder  für  ein  Quartal  voll- 
zählig eingegangen  sind  oder  aber  die  sub  6  erwähnte  vierwöchenti.  Frist  ver- 
strichen ist,  ist  die  bezügl.  Hebeliste  unverzüglich  abzuschliefsen  und  der  da- 
nach sich  ergebende  Einnahmebetrag  in  das  Journal  zu  übertragen.  Später 
eingehende  Bestanten  sind  einzeln  in  das  Journal  einzutragen^^ 

25* 


388 

C.  Verf.  des  K.Prov.Sch.C.  zu  Posen  v.  22.  Apr.  1869:  „Behufe 
Yereinfachnng  des  Geschäftsverkelirs  wollen  wir  die  Dir.  der  königl.  höheren 
Unterr.  Anstalten  von  der  ^I^SLhrl.  Einreichnng  der  Schnlgeld-Hebelisten 
hierdurch  entbinden.  Eine  Feststellung  derselben  unsererseits  findet  daher 
fortan  nicht  mehr  statt;  an  Stelle  der  bisherigen  Feststellung  tritt  folgendes 
Verfahren : 

1.  Die  Hebelisten  werden  quartaliter  wie  bisher  aufgestellt  und  dienen 
far  die  Einziehung  des  Schulgeldes  als  Grundlage.  2.  In  dieselben  werden 
alle  diejenigen  Schüler  aufgenommen,  die  im  Laufe  eines  Quartals  die  Anstalt 
besucht  haben,  sollten  sie  auch  erst  im  Laufe  des  Quartals  aufgenommen 
werden.  3.  Sind  Schüler  als  Lehrersöhne  oder  als  Freischüler  von  der 
Zahlung  des  ganzen  oder  halben  Schulgeldes  befreit,  so  ist  dies  in  der  Colonne 
„Bemerkungen**  anzugeben.  Schulgeld  für  diese  Schüler  wird  in  der  „Sollein- 
nahme" nicht  aufgeführt.  4.  Sind  Schüler  vorhanden,  für  die  das  Schulgeld 
niedergeschlagen  wird,  oder  die  wegen  Nichtbezahlung  des  Schulgelds  aus  der 
Anstalt  entfernt  werden  müssen,  so  ist  der  Schulgeldbetrag  für  dieselben  in 
Solleinnahme  au&ufQhren  und  demnächst  in  einer  Bubrik  „Ausfall"  in  Abgang 
zu  stellen.  In  der  Colonne  „Bemerkungen"  ist  hierüber  das  Erforderliche  zur 
Erläuterung  anzugeben.  5.  Jede  Schulgeldhebeliste  ist  am  Schlufs  des  Quartals 
mit  folgendem  Attest  zu  versehen:  „Es  wird  hierdurch  bescheinigt,  dafs  das 
Gymn.  (die  Bealschule)  zu  —  im  —  Quartal  des  Jahres  18  .  .  nur  von  den 
vorstehend  aufgeführten  Schülern  besucht  worden  ist"  N.  N.  (Namen  des 
Dir.  und  der  Ordinarien.) 

6.  Die  solchergestalt  vollzogene  Hebeliste  wird  von  dem  Bendanten  als 
Einnahmebelag  den  Belägen  beigefugt.  Dieselbe  wird  bei  Bevision  der  Bech- 
nung  von  uns  sowohl  in  calculo  sJs  in  Bezug  auf  die  Schulgeldbefreiungen 
geprüft  werden.  Wir  machen  daher  den  HH.  Dir.  zur  Vermeidung  von  Bevisions- 
monitis  die  genaue  Beachtung  der  dieserhalb  ergangenen  Vorschriften  zur  be- 
sonderen Pflicht." 

Wegen  der  Zahlungen  für  Abgangszeugnisse  s.  den  nächsten 
Abschnitt. 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Sch.C.  zu  Berlin  v.  13.  Oct  1864:  „Es  ist 
zu  unserer  Kenntnis  gekommen,  dafs  an  einigen  Anstalten  in  den  einzelnen 
Klassen  zu  Weihnachten  oder  zu  Neujahr  Geldbeiträge  zu  einem  Geldgeschenk 
für  den  Schuldiener  von  den  Schülern  erhoben,  und  dafs  die  Sammlungen 
zum  Teil  von  Lehrern  angeregt  und  veranstaltet  werden.  Nachdem  fast  über- 
all durch  Erhöhung  des  Schulgeldes  die  Extrazahlungen  beseitigt  sind,  können 
wir  es  nicht  für  gerechtfertigt  erachten,  von  den  Schülern  zu  Gunsten  der 
Schuldiener  eine  besondere,  wenn  auch  freiwillige  Steuer  zu  erheben,  die  übri- 
gens als  Klassensammlung  unter  Leitung  eines  Lehrers  mehr  oder  minder  den 
Charakter  der  Freiwilligkeit  verliert.  Wir  veranlassen  die  Dir.,  wo  ein  solcher 
Mifsbrauch  sich  eingeschlichen  hat,  denselben  zu  beseitigen,  andererseits  aber 
darauf  zu  achten,  dafs  ein  solcher  sich  nicht  einschleiche.  Dabei  bleibt  es 
dem  einzelnen  Schüler  unbenommen,  sich  für  besondere  ihm  speciell  erwiesene 
Dienste  in  geeigneter  Weise  gegen  den  Schuldiener  abzufinden." 

C.Verf.  desselben  Sch.C.  v.  28.  Juli  1865:  ,J)urch  unsere  Verf. 
V.  13.  Oci  V.  J.  ist  angeordnet  worden,  dafs  die  bisher  an  einigen  Anstalten 
in  den  einzelnen  Klassen  zur  Weihnachtszeit  üblich  gewesene  Einsammlung 
von  Geldbeiträgen  durch  die  Lehrer  zu  Geldgeschenken  für  den  Schul- 
diener nicht  femer  geduldet  werden  dürfe,  und  es  sind  die  Dir.  veranlafst 
worden,  einen  derartigen  Mifsbrauch  für  die  Zukunft  zu  beseitigen,  resp.  zu 
verhüten,  dafs  ein  solcher  sich  einschleiche.    Es  ist  Jetzt  zu  unserer  Kenntnis 


389 

gekommen,  dafs  drgl.  Sammlungen  an  einzelnen  Anstalten  allerdings  nicht 
mehr  unter  Leitung  der  Lehrer,  aber  doch  von  den  Schülern  selbst  veranstaltet 
sind.  Wenn  es  auch  den  einzelnen  Schülern  unbenommen  bleiben  mag,  sich 
für  besondere  ihnen  speciell  erwiesene  Dienste  in  geeigneter  Weise  gegen  den 
Schuldiener  abzufinden,  so  kann  es  doch  im  Interesse  der  Schuldisciplin  unter 
keinen  Umstanden  gestattet  werden,  dafs  die  Schüler  ohne  ausdrückliche  Ge- 
nehmigung des  Dir.  zum  Zweck  einer  Geldsammlung  zusammentreten,  und  na- 
mentlich sind  jetzt)  nachdem  fast  überall  durch  Erhöhung  des  Schulgeldes  die 
Extrazahlungen  beseitigt  sind,  drgl.  Sammlungen  zu  Gunsten  des  Schuldieners, 
welche  den  Charakter  einer  jährlich  wiederkehrenden  Steuer  haben,  durchaus 
nicht  zu  dulden."  — 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Sch.C.  zu  Berlin  v.  14.  Dec.  1865:  „An 
einzelnen  Anstalten  finden  von  Schülern  für  bestimmte  Lehrer  alljährl.  wieder- 
kehrende Geburtstagsfeierlichkeiten  statt,  die  mehr  oder  minder  einen 
Grad  von  Oeffentlichkeit  erlangen  und  mit  Geldausgaben  zur  Beschaffung  von 
Fackeln,  Musik  u.  s.  w.  verbunden  sind.  Wenn  wir  auch  anerkennen,  dafs  der- 
artige mehr  oder  minder  öffentliche  Ehrenerweisungen  aus  edlen  Beweggründen 
hervorgehen,  so  läfst  sich  doch  auch  nicht  leugnen,  dafs  sich  trotz  aller  Vor- 
sicht nicht  selten  gewisse  Unzuträglichkeiten  damit  vereinen.  So  sehr  auch 
der  erste  Anlafs  ein  Act  der  Freiwilligkeit  gewesen  sein  mag,  so  wird  doch 
die  regelmäfsige  Wiederkehr  allmählich  etwas  Gewohnheitsmäfsiges  und  nimmt 
leicht  den  Schein  des  Erforderlichen  an.  Die  Geldsammlungen  unter  Schülern 
verlieren  gar  zu  oft  den  Charakter  der  freien  Beteiligung,  wie  denn  gerade  eine 
Sammlung  für  einen  solchen  Zweck  kürzlich  zu  einer  Beschwerde  bei  uns  ge- 
führt hat.  Und  insofern  dgl.  Kundgebungen  die  Schüler  über  ihre  eigentliche 
Sphäre  hinausheben  und  ein  gewisses  Zeichen  der  Anerkennung  in  sich 
schliefsen,  welches  leicht  schon  durch  blofse  Unterlassung  in  eine  ent- 
gegengesetzte Demonstration  ausarten  kann,  haben  sie  auch  etwas  Bedenkliches 
für  die  Disciplin  selbst.  Wir  finden  uns  deshalb  veranlafst,  alle  derartigen 
von  Schülern  veranstalteten  alljährlich  wiederkehrenden,  mehr  oder  weniger  in 
die  Oeffentlichkeit  tretenden,  mit  Geldausgaben  verbundenen  Ehrenbezeugungen 
hiermit  allgemein  zu  untersagen.  Ew.  wollen  dies  an  der  Ihrer  Leihmg  an- 
vertrauten Anstalt  beachten."    Vgl.  p.  346. 

C.Verf.  des  K.  Prov.  Sch.C.  zu  Koblenz  v.  11.  Sept.  1874:  „Ob- 
schon  wir  in  unserer  C.  Verf.  v.  25.  Nov.  1864  die  Annahme  von  Geschenken 
seitens  der  Lehrer  höherer  Unterr.-Anstalten  ausdrückl.  untersagt  haben,  kommt 
es  immer  noch  vor,  dafs  insbesondere  Beligionslehrer  sogen.  Ehrengaben  von 
den  Neocommunicanten  annehmen  zu  dürfen  glauben.  Wir  veranlassen  die 
Direction  resp.  das  Bectorat,  diesem  Mifsbrauch  künftig  zu  steuern  und  die 
Beligionslehrer  darnach  anzuweisen.'' 

Zur  Unterstützung  junger  Leute  behufs  des  Schulbesuchs  hat 
die  Privatwohlthätigkelt  fast  in  allen  Provinzen  mancherlei  Veranstaltung  ge- 
troffen. Dahin  gehören  die  „Friedensgesellschaften"  und  andere  Vereine,  deren 
meist  in  der  Hist  Statist.  Darst.  I— III  in  den  Vorbemerkungen  zu  den  ein- 
zelnen Provinzen  Erwähnung  geschehen  ist. 


Eisenbahn-Fahrpreisermäfsigungen.  Durch  C.Verf.  v. 29. Apr. 
1884  ist  folgende  Verf.  des  Min.  der  öffentl.  Arbeiten  zur  Kenntnis  und  Nach- 
achtung mitgeteilt  worden: 

Berlin,  d.  30.  März  1884.  „Zur  Beseitigung  von  Zweifeln,  welche  über 
die  Anwendung  der  durch  den  Erlafs  v.  8.  Juni  1881  (s.  u.)  zur  Erleichterung 


390 

der  Schulfahrten  genehmigten  Fahrpreis-Ennäfsigongen  entstanden  sind,  be- 
ßtimme  ich:  1)  Die  erwähnten  Fahrpreis-Ermäfsigangen  sind  auch  bei  Schul* 
fahrten  von  Schülern  der  Unterrichtsanstalten  für  Taubstumme  und  Blinde 
zu  gewähren.  2)  Die  Fahrpreis  -  ErmäTsigungen  sind  nicht  allein  den 
SchMem  Öffentlicher  üntenichtsanstalten,  sondern  auch  den  Schülern  der- 
jenigen Privatschulen  für  die  männliche  und  weibliche  Jugend  zu 
bewilligen,  welche,  von  der  Staatsregierung  concessionirt  und  beauf* 
sichtigt,  dazu  bestimmt  sind,  den  allgemein  bildenden  Unterricht  der  Volks- 
schule (im  weitestei)  Sinne  dieses  Wortes)  oder  der  höheren  Schulen  zu  er- 
setzen, und  zwar  ohne  Unterschied,  ob  die  Privatschulen  auschliefslich  Extemate 
oder  zum  Teil  oder  ausschliefslich  Internate  sind.  Ausgeschlossen  sind  hier* 
nach  einerseits  die  Fachschulen  (auch  Fortbildungsschiüen),  soweit  sie  nicht 
ausdrücklich  bezüglich  der  Fahrpreis-ErmäTsigung  den  übrigen  Schulen  gleich- 
gestellt sind,  wie  es  zu  Gunsten  der  Bergschulen  durch  den  Erlafs  vom  19.  Oct. 
1881  11.  b.  T.  6421  (E.  Y.  Bl.  S.  314)  geschehen  ist,  andererseits  Privat- 
anstalten,  welche  nur  der  Erziehung  dienen  ohne  zugleich  Unterrichts- 
anstalten zu  sein.    (Familienpensionate  etc.) 

Wenn  im  einzelnen  Falle  ein  Zweifel  darüber  entstehen  sollte,  ob  eine 
Privatschule  staatlich  concessionirt  und  beaufsichtigt  ist  und  ob  dieselbe  den 
vorbezeichneten  Charakter  einer  allgemeinen  bildenden  Schule  trägt,  so  ist  die 
.  Gewährung  der  Fahrpreis-ErmäTsigung  von  der  Beibringung  einer  bezüglichen 
amtlichen  Erklärung  des  betreffenden  Localschulinspectors  abhängig  zu  machen. 
Der  Minister  d.  Off.  Arbeiten.  May b  ach.  An  die  KOnigl.  Eisenbahn- 
Directionen  —  je  besonders  —  II.  b.  T.  1635. 

a)  Berlin,  den  8.  Juni  1881.  Nach  Einsicht  der  Verhandlungen  der 
Staatsbahn -Conferenz  vom  19.  Mai  d.  J.  zu  No.  5  des  Protokolls  bestimme 
ich,  dafs  far  die  Gewährung  von  Fahrpreis  -  Ermäfsigungen  an  gprOfsere 
^Gesellschaften  nach  Mafsgabe  der  den  Königlichen  Eisenbahn-Direc- 
tionen  gegebenen  allgemeinen  Ermächtigung  1)  der  Begel  nach  eine 
Teilnehmerzahl  von  30  Personen  erfordert  wird  und  im  Allgemeinen  nur  dann 
Ausnahmen  hiervon  zugelassen  werden,  wenn  es  sich  um  Beisen  zu  wissenschaft- 
lich belehrenden  Zwecken  handelt,  2)  dasjenige  Betriebsamt,  bezw.  diejenige 
Königliche  Direction,  in  deren  Bezirk  die  Beise  angetreten  wird,  die  Bewilligung 
der  Fahrpreis-Ermäfsigung  für  die  ganze,  vom  Staate  verwaltete  BefOrderungs- 
strecke  zu  erteilen  hat. 

Für  die  Erleichterung  der  Schulfahrten  will  ich  die  Beförderung  von 
Schülergesellschaften,  bei  einer  Teilnahme  von  mindestens  10  Personen  (ein- 
schliefslich  der  begleitenden  Lehrer)  zu  den  Sätzen  der  Militärbillets  ge- 
nehmigen, auch  nichts  dagegen  erinnern,  dafs  bei  Schulfahrten  der  niederen 
Klassen,  deren  Schüler  im  Allgemeinen  das  zehnte  Lebensjahr  nicht 
überschritten  haben,  je  zwei  Schüler  auf  ein  MilitärbiUet  befördert  werden. 
Die  nähere  Bestimmung  darüber,  ob  bei  Schulfahrten  jedem  Schüler  ein  be- 
sonderes BiUet  einzuhändigen  sei  oder  ob  die  BeiOrderung  auf  eine  von  den 
begleitenden  Lehrern  zu  losende  Gesamt-Legitimation  zu  erfolgen  habe,  wird 
den  KOnigl.  Directionen  überlassen.  Doch  ist  von  aUen  in  Berlin  mündenden 
Staatsbahnen  für  die  von  hier  ausgehenden  Schulfahrten  übereinstimmend 
nach  dem  von  der  hiesigen  K.  Eisenbahn-Direction  anzugebenden  und  gehörig 
bekannt  zu  machenden  Modus  zu  verfahren.  Diejenigen  KOnigl.  Verwaltungen, 
in  deren  Bereich  die  Ausflüge  angetreten  werden,  sind  auch  bei  Schulfiüirten 
ermächtigt,  die  Fahrpreis-Ermäf^igungen  far  die  ganze  unter  Staatsverwaltung 
stehende  Beförderungsstrecke  zu  gewähren  (oben  zu  2).  Der  Minister  d.  Off. 
Arbeiten.  Maybach.  An  sämtliche  KOnigl.  Eisenbahn-Directionen  (aus- 
schliefslich Stadtbahn).    11.  b.  T.  3553. 


391 


5.    Bedenken  wegen  TJebergangs  zur  Universität  bei 

Mittellosigkeit. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Königsberg  v,  20.  Juni  1867: 
„Der  E.  akadem.  Senat  hierselbst  hat  in  einer  an  die  HH.  Gymnasialdirectoren 
gerichteten  und  ans  mitgeteilten  Znschrifk  ¥.  30.  April  d.  J.  (a)  auf  die  Gefahren 
hingewiesen,  denen  völlig  mittellose  Abiturienten  bei  ihrem  Uebergang 
auf  die  hies.  Universität  begegnen,  nnd  demnach  Ew.  —  ersacht,  derartige  Fälle 
durch  Ihre  vorgängige  Warnung  möglichst  zu  verhindern.  Indem  wir  den  von 
dem  akadem.  Senat  angefahrten  Granden  völlig  beitreten,  weisen  wir  insbeson- 
dere noch  darauf  hin,  dafs  durch  solche  Mittellosigkeit  die  betr.  Studirenden 
selbst  wenn  sie  durch  Erteilung  von  Privatunterricht  die  äufserste  Noth  über- 
winden sollten,  dennoch  nicht  nur  in  ihrer  wissenschaftl.  Ausbildung,  sondern 
auch  in  der  Gewinnung  der  fär  ihren  künftigen  Beruf  erforderlichen  geistigen 
Selbständigkeit  wesentlich  behindert  werden.  In  nicht  seltenen  Fällen  werden 
aber  auch  derartige  Studirende  durch  die  Sorge  um  ihren  Lebensunterhalt  ge- 
zwungen, ihre  Universitätstudien  völlig  zu  unterbrechen  und  in  der  einstweiligen 
Annahme  einer  Hauslehrerstelle  die  Möglichkeit  zur  Gewinnung  weiterer  Mittel 
zu  suchen.  Dafs  durch  das  Einschlagen  eines  solchen  Auswegs  manche  Stu- 
dirende ihrem  künftigen  Beruf  gänzlich  verloren  gehen  und  andere  wenigstens 
die  für  denselben  erforderliche  Wissenschaft,  und  Charakterreife  nicht  erwerben 
können,  ist  selbstverständlich.  Ew.  —  veranlassen  wir  demnach,  in  allen  Fällen 
der  bezeichneten  Art  die  betr.  Schüler  rechtzeitig  vor  Beginn  der  Abgangs- 
prüfung auf  das  Mifsliche  ihres  Vorhabens  hinzuweisen  und  vor  einem  unüber- 
legten Beziehen  der  Universität  auf  das  nachdrücklichste  zu  warnen.*' 

a)  „Es  ist  nach  den  Statuten  der  Universität  durchaus  unzulässig,  dafs 
ein  Studlrender  im  1.  Semester  ein  Stipendium  oder  einen  Freitisch  bekomme, 
weil  diese  Beneücien  an  die  Bedingung  des  Fleifses  und  der  Leistungen  ge- 
knüpft sind,  welche  erst  am  Schlufs  des  Halbjahrs  in  der  sogenannten  Semestral- 
prüfung  ermittelt  werden.  Nur  die  Familienstip.  machen  hiervon  eine  Aus- 
nahme. Sollte  sich  ein  von  Mitteln  entblöfster  Abiturient  durch  ungewöhnliche 
Begabung  auszeichnen  und  dies  durch  ein  specielles  Zeugnis  ausweisen,  so 
würden  allenfalls  ausnahmsweise  Mittel  und  Wege  zu  finden  sein,  ein  wirkliches 
Talent  nicht  untergehen  zu  lassen.  Es  erscheint  aber  als  eine  höchst  zweifel- 
hafte Aushülfe,  die  jungen  Studirenden  gleich  vom  Beginn  an  auf  ihre  eigene 
Kraft  und  durch  Unterrichtgeben  zum  Erwerb  des  Lebensunterhalts  anzuweisen; 
denn  abgesehen  davon,  dafs  dies  nicht  immer  glückt,  so  wird  doch  auch  eine 
so  unverhältnismäfsig  grofse  Zeit  und.  geistige  Kraft  dadurch  verschlungen,  dafs 
entweder  die  Erfolge  im  eigenen  Studium  aufs  höchste  beeinträchtigt  werden 
oder  die  Gesundheit  des  Individuums  untergraben,  häufig  natürlich  beides  be- 
wirkt wird." 


392 


VII. 

Prüfungen  und  Prüfungszeugnisse. 

Die  Matarltätsprüfung. 

üebereinkunft  zwischen  den  deutschen  Staatsregierungen 
in  Betreff  der  Maturitätszeugnisse' der  Gymnasien 

(den  K.Prov.Schiücoll.  mitgeteilt  unter  dem  11.  Juni  1874,  OBl.  1874  p.  476;  vgl. 

Hiat.  Statist,  üarst.  III  p.  7  u.  386  f.). 

„Behufs  gleicher  Geltung  der  von  den  deutschen  Gymnasien  aufge- 
stellten Maturitätszeugnisse  für  die  Zulassung  zu  den  Universitätsstudien 
und  in  allen  öffentl.  Verhältnissen,  sind  die  deutschen  Staatsregierungen  über- 
eingekommen, bei  den  Gymnasien  fortan  folgende  Grundsätze  zu  befolgen: 

1.  Die  gesamte  Cursusdauer  des  vollständigen  Gymnasiums  beträgt 
mindestens  9  Jahre.  Die  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  erfolgt  dabei  in  der 
Kegel  nicht  vor  dem  vollendeten  9.  Lebensjahre. 

2.  Bei  einem  Anstalts Wechsel  geschieht  die  Aufnahme  eines  Schülers 
nur  nach  Beibringung  eines  Entlassungszeugnisses  der  vorher  von  ihm  besuchten 
Anstalt,  und  nicht  in  eine  höhere  Klasse  oder  Abteilung,  als  danach  die  Beife 
bei  ihm  vorhanden  ist.  Der  Wechsel  darf  dem  Schüler  hinsichtlich  der  ord- 
nungsmäfsigen  Cursusdauer  keinen  Zeitgewinn  einbringen. 

3.  Der  Unterricht  wird,  unvermeidliche  vorübergehende  Vertretungen  aus- 
genommen, nur  von  Lehrern  erteilt,  welche  sich  über  ihre  Qualification  genügend 
ausgewiesen  haben. 

4.  Die  Zulassung  zur  Maturitätsprüfung  oder  die  Dispensation  von  einer 
der  dabei  reglementsmäfsig  zu  erfüllenden  Bedingungen,  z.  B.  da,  wo  die  oberen 
Kl.  einen  je  2jähr.  Cursus  haben,  von  der  vollständigen  Absolvirung  des  2jähr. 
Cursus  der  ersten  Klasse,  kann  nicht  von  einer  Patronats-  oder  Begierungs- 
behörde verfagt  werden,  sondern  bleibt  von  dem  Urteil  der  Prüfungscommission 
des  Gymn.  abhängig.  In  Fällen  aufserordentlicher  Art  kann  eine  derartige 
Dispensation  nur  von  der  Centralbehörde  des  betr.  Staats  gewährt  werden. 

5.  Gegenstände  der  Maturitätsprüfung  sind  auf  allen  Gymnasien 
die  deutsche,  lateinische,  griechische,  franzosische  Sprache,  Mathematik  und  Ge- 
schichte. Die  übrigen  Lehrobjecte  sind  nicht  nothwendig  auch  Gegenstände 
der  Prüfung. 

SchriftLClausurarbeiten  sind  überall  ein  deutscher  Aufsatz,  eine  latei- 
nische Arbeit  (Aufsatz  oder  Extemporale  oder  beides)  und  die  Lösung  mathemati- 
scher Aufgaben. — Darüber  hinaus  auch  eine  üebersetzung  ins  Deutsche,  Griechische, 
Französische  n.  a.  zu  verlangen,  bleibt  der  Anordnung  jedes  Staats  überlassen. 

6.  Als  Mafsstab  für  die  Erteilung  des  Zeugnisses  der  Beife  gelten  im 
Allgem.  diejenigen  Anforderungen,  welche  das  preufsische  Prüfungsreglm.  dafür 
aufstellt.  Dabei  ist  ausnahmsweise  die  Oompensation  zulässig,  nach  welcher 
das  Zurückbleiben  in  einem  Gegenstande  durch  desto  befriedigendere  Leistungen 
in  einem  anderen  gedeckt  wird.  Eine  solche  Ausgleichung  ist  namentl.  in  dem 
gegenseitigen  Verhältnis  der  Mathematik  zu  den  alten  Sprachen  anwendbar. 
In  dem  Gegenstande,  für  welchen  die  Oompensation  zugelassen  wird,  dürfen  jedoch 
die  Leistungen  keinesfalls  unter  das  Mafs  herabgehen,  welches  für  die  Versetzung 
nach  Prima  erfordert  wird. 

7.  Bei  jeder  mündl.  Maturitätsprüfung  ist  ein  Begie rungsc om- 
ni issariu  s  zugegen.    Derselbe  hat  die  Zeugnisse  mitzuvoUziehen. 


393 


Es  ist  zulässig,  ausnahmsweise  auch  den  Dir.  des  Gymn.  znm  Begiernngs- 
commissarius  zu  bestellen.  In  solchem  Fall  hat  derselbe  bei  seiner  Unterschrift 
auch  diese  aufserordentl.  Function  bemerklich  zu  machen. 

8.  Bei  der  schliefsl.  Berathung  über  die  Gewährung  oder  Versagung 
eines  Zeugnisses  der  Keife  sind  stimmberechtigt  nur  die  in  der  ersten  Klasse 
unterrichtenden  wissenschaffcl.  Lehrer,  der  Kegierungscommissarius  und,  bei 
den  nicht  ausschliefslich  vom  Staat  unterhaltenen  Gymnasien,  aufserdem  ein 
Vertreter  des  betr.  Patronats,  und,  wo  ein  solches  besteht,  des  Ephorats  oder 
Scholarchats. 

9.  Die  Zuerkennung  eines  Zeugnisses  der  Reife  darf  nicht  durch  den 
gewählten  Beruf  des  Schülers  motivirt  werden. 

10.  Für  die  Form  der  Zeugnisse  gelten  behufs  ihrer  leichten  und 
sicheren  Benutzbarkeit  folgende  Bestimmungen: 

Es  mufs  sofort  erkennbar  sein,  von  welchem  Gymnasium  das  Zeugnis 
ausgestellt,  und  dafs  es  ein  Zeugnis  der  Keife  ist.  Im  Eingange  giebt  dasselbe 
den  vollständigen  Namen,  den  Geburts-Tag  und  -Ort,  den  Stand  des  Vaters  und 
die  Religion  oder  Confession  des  Schülers  an,  ebenso,  wann  er  auf  das  Gymn. 
aufgenommen  worden  ist,  event.  welche  Anstalt  er  vorher  besucht  hatte,  wie 
lange  er  den  oberen  Klassen,  namentlich  der  ersten,  angehört  hat,  und  welchem 
Studium  er  sich  zu  widmen  beabsichtigt. 

Der  Inhalt  des  Zeugnisses  bezieht  sich  nicht  blofs  auf  die  bestandene 
Prüfting,  sondern  auf  den  in  den  einzelnen  Gegenständen,  welche  mit  leicht 
erkennbarer  Unterscheidung  aufzuführen  sind,  überhaupt  erlangten  Grad  des 
Wissens  und  der  Fertigkeit.  —  Werden  die  Urteile  in  Zahlen  ausgedrückt,  so 
ist  deren  Werth  auf  dem  Zeugnis  anzugeben.  Die  Ausfertigung  geschieht  unter 
einem  bestimmten  Datum. 

11.  Junge  Leute,  welche  die  Prüfung  als  Extraneer  abzulegen  wünschen, 
kQnnen  dies  in  der  Regel  nur  in  demjenigen  Staate  thun,  welchem  sie  angehören. 
Ausnahmen  von  dieser  Regel  müssen  durch  zureichende  Gründe  motivirt  sein. 

Die  Extraneer  können  sich  das  Gymnasium  nicht  wählen,  bei  welchem 
sie  sich  prüfen  lassen  wollen,  sondern  haben  darüber  die  Bestimmung  der  betr. 
Schulaufsichts-Behörde  einzuholen.*^ 


Circularerlafs  V.  27.  Mai  1882, 
betreffend  Ordnung  der  Entlassungsprüfungen  an  den  höheren  Schulen. 

Die  K.  Prov.  Schulcollegien  haben  der  Begutachtung  des  durch  meinen 
Erlafs  vom  14.  Oct.  1881  Denselben  vorgelegten  Entwurfes  der  Prüfungs-Ord- 
nnngen  für  die  höheren  Schulen  eine  eingehende  Sorgfalt  zugewendet,  für  welche 
ich  Denselben  gern  meine  Anerkennung  ausspreche.  Die  von  den  K.  Prov. 
Schulcollegien  vorgetragenen  Bemerkungen  sind  einer  erneuten  Erörterung  unter- 
zogen und  für  die  schliefsliche  Redaction  verwerthet  worden.  Die  aus  dieser 
Revision  hervorgegangene  „Ordnung  der  Entlassungsprüfungen  an  den  höheren 
Schulen,"  von  welcher  das  K.  Prov.  Seh.  C.  in  der  Anlage  —  Exemplare  erhält, 
ist  von  dem  Ostertermine  1883  an  zur  Ausführung  zu  bringen.  In  sachlicher 
Hinsicht  sind  die  jetzt  zur  Geltung  gelangenden  Prüfungs-Ordnungen,  insoweit 
es  sich  um  Gymnasien  und  Realgymnasien  handelt,  im  Wesentlichen  mit  den 
bisher  bestehenden  in  üebereinstimmung;  es  ist  nur  in  erneuter  Erwägung  aller 
einzelnen  Punkte  darauf  Bedacht  genommen,  solche  Bestimmungen  zu  beseitigen, 
welche,  wie  z.  B.  der  erforderte  zusammenhängende  historische  Vortrag,  er- 
fahrungsmäfsig  auf  die  Gestaltung  des  Unterrichts  in  den  obersten  Klassen 
oder  auf  eine  specielle  Vorbereitung  für  die  Prüfung  einen  nachteiligen  Einflufs 
ausgeübt  haben.   Die  wenigen  sachlichen  Unterschiede  der  anliegenden  Prüfungs- 


394 

Ordnnng  von  der  bisher  geltenden,  z.  B.  bezüglich  der  griechischen  und  fran- 
zösischen schriftlichen  Arbeit  in  der  Gymnasial-Beifeprüfang,  finden  ihre  Be- 
gründung in  den  zu  den  Lehrplänen  vom  31.  Mfixz  d.  J.  (p.  110  ff.)  bei- 
gegebenen Erläntemngen,  welche  zugleich  als  Erläaterang  über  das  MaXs  der 
in  der  Beifeprüfnng  zu  stellenden  Forderongen  zu  betrachten  sind. 

Auf  den  durch  die  Erläuterungen  zu  den  Lehrplänen  bezeichneten  Maüs- 
stab  der  Beurteilung  ist  insbesondere  hinzuweisen  bezüglich  des  Zeichenunter- 
richts an  Ober-Bealschulen,  bezw.  Grewerbeschulen.  Das  Zeichnen  kann  seiner 
Natur  nach  nicht  einen  Gegenstand  der  Prüfung  bilden,  sondern  das  urteil  für 
das  Beifezeugnis  ist  auf  Grund  der  Klassenleistungen  festzusteUen,  von  denen 
es  sich  empfiehlt  Proben  bei  der  mündlichen  Prü^ng  zur  Vorlage  zu  bringen. 
Für  die  Abfassung  des  Urteiles  sind  die  auf  dem  angefügten  Formulare  ent- 
haltenen allgemeinen  Weisungen  um  so  bestimmter  für  das  Zeichnen  in  An- 
wendung zu  bringen,  als  for  manche  Beru&wege  auf  dieses  Urteil  ein  besonderer 
Werth  zu  legen  ist.    etc.  etc. 

Der  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten,    von  Gofsler. 

I. 

A.   Ordnung  der  Entlassangsprüftuig  an  den  Gymnasien. 

§  1.  Zweck  der  Prüfung.  Zweck  der  Entlassungsprüfung  ist,  za 
ermitteln,  ob  der  Schüler  dasjenige  Mafs  der  Schulbildung  erlangt  hat,  welches 
Ziel  des  Gymnasiums  ist. 

§  2.  Wo  die  Prüfung  abgehalten  wird.  Zur  Abhaltung  von 
Entlassungsprüfungen  sind  alle  diejenigen  Gymnasien  berechtigt,  welche  von 
dem  Unterrichtsminister  als  solche  anerkannt  worden  sind. 

§  3.  Mafsstab  zur  Erteilung  des  Zeugnisses  der  Keife. 
Um  das  Zeugnis  der  Keife  zu  erwerben,  mufs  der  Schüler  in  den  einzelnen 
Gegenständen  den  nachstehenden  Forderungen  entsprechen;  dieselben  bilden 
den  Mafsstab  für  die  Beurteilung  der  schrifüichen  und  mündlichen  Leistungen. 

1.  In  der  christlichen  Keligionslehre  mufs  der  Schüler  von  dem 
Inhalte  und  dem  Zusammenhange  der  heiligen  Schrift,  von .  den  Grundlehren 
der  kirchlichen  Confession,  welcher  er  angehört,  und  von  den  Hauptepochen  der 
Eirchengeschichte  eine  genügende  Kenntnis  erlangt  haben. 

2.  In  der  deutschen  Sprache  muik  der  Schüler  ein  in  seinem  Ge- 
dankenkreise liegendes  Thema  richtig  aufzufassen  und  mit  eigenem  Urteile  in 
logischer  Ordnung  und  fehlerfreier  Schreibart  zu  bearbeiten  im  Stande  sein. 
Beim  mündlichen  Gebrauche  der  Muttersprache  hat  derselbe  Geübtheit  in  sprach- 
richtiger, klarer  und  zusammenhängender  Darstellung  zu  beweisen.  Femer  mufs 
er  mit  den  wichtigsten  Epochen  des  Entwickelungsganges  der  deutschen  Litteratur- 
geschichte  und  mit  einigen  classischen  Werken  der  Nationallitteratur  bekannt  sein. 

3.  In  der  lateinischen  Sprache  mufs  der  Schüler  die  leichteren 
Keden  und  philosophischen  Schriften  Giceros,  den  Sallustius  und  Livius,  die 
Aeneide  Vergüs,  die  Oden  und  Episteln  des  Horaz  verstehen  und  ohne  erhebliche 
Nachhülfe  übersetzen,  auch  über  die  am  häufigsten  vorkommenden  Versmafse 
sichere  Kenntnis  besitzen.  Seine  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  müssen  von 
Fehlem,  welche  eine  grobe  grammatische  Unsicherheit  zeigen,  und  von  Ger- 
manismen im  Wesentlichen  frei  sein  und  einen  Anfang  stilistischer  Gewandt- 
heit erkennen  lassen. 

4.  In  der  griechischen  Sprache  mufs  der  Schüler  den  Homer, 
den  Xenophon,  die  kleineren  Staatsreden  des  Demosthenes  und  die  leichteren 
Dialoge  Piatons  verstehen  und  ohne  erhebliche  Nachhülfe  zu  übersetzen  ver- 
mögen, ferner  in  der  griechischen  Formenlehre  und  den  Hauptpunkten  der 
Syntax  Sicherheit  beweisen. 


395 

5.  In  der  französischen  Sprache  wird  grammatikalisch  und  lexi* 
kaiisch  sicheres  Verständnis  and  geläufiges  Uebersetzen  prosaischer  und  poetischer 
Schriften  von  nicht  besonderer  Schwierigkeit,  sowie  eine  ausreichende  Sicherheit 
in  der  Formenlehre  und  den  Grundregeln  der  Syntax  far  den  schriftlichen  Ge- 
brauch der  französischen  Sprache  erfordert. 

6.  In  der  Geschichte  und  Geographie  mufs  der  Schüler  die  epoche- 
machenden Begebenheiten  der  Weltgeschichte,  namentlich  der  griechischen, 
römischen  und  deutschen  sowie  der  preufsischen  Geschichte,  im  Zusammenhange 
ihrer  Ursachen  und  Wirkungen  kennen  und  über  Zeit  und  Ort  der  Begeben- 
heiten sicher  orientirt  sein.  Er  mufs  von  den  Grundlehren  der  mathematischen 
Geographie,  yon  den  wichtigsten  topischen  Verhältnissen  und  der  politischen 
Einteilung  der  Erdoberfläche,  unter  besonderer  Berücksichtigung  von  Mittel- 
Europa,  genügende  Kenntnis  besitzen. 

7.  In  der  Mathematik  hat  der  Schüler  nachzuweisen,  dafs  er  in  der 
Arithmetik  bis  zur  Entwickelung  des  binomischen  Lehrsatzes  und  in  der  Algebra 
bis  zu  den  Gleichungen  zweiten  Grades  einschliefslich,  femer  in  der  ebenen 
und  körperlichen  Geometrie  und  in  der  ebenen  Trigonometrie  sichere,  geordnete 
und  wissenschaftlich  begründete  Kenntnisse  besitzt,  und  dafs  er  sich  ausreichende 
üebung  in  der  Anwendung  seiner  Kenntnisse  zur  Lösung  von  einfachen  Auf- 
gaben erworben  hai 

8.  In  der  Physik  mufs  der  Schüler  eine  klare  Einsicht  in  die  Haupt- 
lehren von  den  Gesetzen  des  Gleichgewichtes  und  der  Bewegung  der  Körper, 
von  der  Wärme,  dem  Magnetismus  und  der  Elektricität,  dem  Schalle  und  dem 
Lichte  gewonnen  haben. 

9.  In  der  hebräischen  Sprache  (vergL  §  6,2)  wird  geläufiges  Lesen, 
Bekanntschaft  mit  der  Formenlehre  und  die  Fähigkeit  erfordert,  leichtere  Stellen 
des  A.  Test,  ohne  erhebliche  Nachhülfe  ins  Deutsche  zu  übersetzen. 

10.  In  der  polnischen  Sprache  (vergL  §  6,  2)  mufs  der  Schüler  ein 
nicht  zu  schwieriges  deutsches  Dictat  in  correcter  und  nicht  ungewandter  Schreib- 
weise ins  Polnische  zu  übersetzen  vermögen. 

'  §  4.  Zusammensetzung  der  Prüfungscotemission.  1.  Die 
Prüfungscommission  besteht  aus  dem  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  ernannten  K. 
Commissar  als  Vorsitzenden,  dem  Director  des  Gymnasiums  und  denjenigen 
Lehrern,  welche  in  der  obersten  Klasse  mit  dem  unterrichte  in  den  lehrplan- 
mäfsigen  wissenschaftlichen  Gegenständen  betraut  sind. 

2.  Das  K.  Prov.  Seh.  C.  ernennt  regelmäfsig  dasjenige  seiner  Mitglieder, 
welches  die  inneren  Angelegenheiten  des  betr.  Gymnasiums  bearbeitet,  zum 
Prüfdngscommissar.  Dasselbe  kann  im  einzelnen  Falle  für  die  Leitung  der 
mündlichen  Prüfung  (§§  10—14)  einen  stellvertretenden  Commissar  ernennen 
und  mit  dieser  Stellvertretung  insbesondere  den  Director  des  Gymnasiums  be- 
auftragen. 

3.  Dasjenige  Organ,  welchem  die  rechtliche  Vertretung  der  Schule  zu- 
steht, ist  befugt,  aus  seiner  Mitte  einen  Vertreter  zum  Mitgliede  der  Prüfnngs- 
commission  zu  ernennen.  Die  Ernennung  erfolgt  in  der  Regel  auf  einen  Zeit- 
raum von  mindestens  drei  Jahren  und  wird  dem  K.  Prov.  Seh.  C.  rechtzeitig  ange- 
zeigt.   Der  ernannte  Vertreter  hat  Stimmrecht  in  der  Commission. 

An  den  für  einzelne  Anstalten  aufserdem  etwa  bestehenden  besonderen 
Befugnissen  zur  Teilnahme  an  den  Prüfungen  wird  hierdurch  nichts  geändert. 

4.  Auf  sämtliche  Verhandlungen  der  Prüfungscommission  erstreckt  sich 
für  die  Mitglieder  derselben  die  Pflicht  der  Amtsverschwiegenheit. 

§  5.  Meldung  und  Zulassung  zur  Prüfung.  1.  Die  Zulassung 
eines  Schülers  zur  Enüassungsprüfung  findet  in  der  Begel  nicht  früher  als  im 
vierten  Halbjahre  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Prima  statt.    Im  dritten  Halb- 


396 


Jahre  dieser  Lehrzeit  kann  die  Zulassung  nur  ausnahmsweise  auf  den  einstim« 
migen  Antrag  der  der  Prüfungscommission  angehörenden  Lehrer  seitens  des 
K.  Prov.  Sch.C.  genehmigt  werden. 

unbedingt  erforderlich  für  die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungs- 
prüfang  ist,  dafs  derselbe  in  dem  Halbjahre  der  Meldung  der  Oberprima  angehört. 

2.  Wenn  ein  Primaner  im  Disciplinarwege  von  einem  Gymnasium  ent- 
fernt worden  ist  oder  dasselbe  verlassen  hat,  um  sich  einer  Schulstrafe  zu  ent- 
ziehen, oder  in  willkürlicher,  durch  die  Verhältnisse  nicht  genügend  gerecht- 
fertigter Weise,  so  darf  ihm  an  dem  Gymnasium,  an  welches  er  übergegangen 
ist,  bei  seiner  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  das  Halbjahr,  in  welches  oder 
an  dessen  Schlufs  der  Wechsel  der  Anstalt  fällt,  nicht  auf  die  zweijährige  Lehr- 
zeit der  Prima  angerechnet  werden. 

Ob  in  dem  letztbezeichneten  Falle  der  Wechsel  der  Anstalt  als  ein  ge- 
rechtfertigter zu  betrachten  und  demnach  das  fragliche  Semester  auf  die  zwei- 
jährige Lehrzeit  der  Prima  anzurechnen  ist,  entscheidet  auf  den  Vortrag  des 
Directors,  bezw.  des  Directors  und  der  der  Prüfungscommission  angehörenden 
Lehrer,  das  K.  Prov.SchulcoUegium.  Falls  die  Eltern  oder  deren  Stellvertreter 
es  beantragen,  erfolgt  diese  Entscheidung  unmittelbar  beim  Eintritte  des  Schülers 
in  die  neue  Schule. 

3.  Die  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  ist  drei  Monate  vor  dem  Schlüsse 
des  betr.  Schulsemesters  dem  Director  schriftlich  einzureichen. 

4.  In  einer  Conferenz,  welche  von  dem  Director  mit  den  der  Prüfung^- 
commission  angehörenden  Lehrern  zu  halten  ist,  werden  die  Meldungen  vorge- 
legt und  auf  Grund  der  in  der  Prima  den  betr.  Schülern  erteilten  Zeugnisse 
Gutachten  (Nr.  6  und  §  12,  2)  darüber  festgestellt,  ob  diese  Schüler  nach  ihren 
wissenschaftlichen  Leistungen  und  nach  ihrer  sittlichen  Haltung  als  den  Ziel- 
forderungen des  Gymnasiums  entsprechend  anzuerkennen  sind. 

5.  Wenn  ein  Schüler  nach  dem  einstimmigen  Urteile  der  Conferenz  die 
erforderliche  Beife  in  wissenschaftlicher  oder  sittlicher  Hinsicht  noch  nicht  er- 
reicht hat,  ist  der  Director  verpflichtet,  ihm  von  dem  Eintritte  in  die  Prüfung 
abzurathen  und  seinen  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  entsprechende  Vor- 
stellungen zu  machen.  Bleiben  diese  Vorstellungen  erfolglos,  so  kann  die 
TJebermittelung  der  Meldung  an  das  K.  Prov. Sch.C.  nicht  verweigert  werden; 
dafs  die  Abmahnung  stattgefunden  hat,  ist  dabei  ausdrücklich  zu  vermerken. 

6.  Das  Verzeichnis  der  Schüler,  welche  sich  zur  Prüfung  gemeldet  haben, 
nebst  den  erforderlichen  näheren  Angaben  über  ihre  Person  und  dem  Gutachten 
über  ihre  Reife  (Nr.  4),  event.  eine  Vacatanzeige,  hat  der  Director  dem  K. 
Prov. Sch.C.  spätestens  2^2  Monat  vor  dem  Schlüsse  des  betreffenden  Semesters 
einzureichen. 

In  dem  einzureichenden  tabellarischen  Verzeichnisse  sind  zu  dem  Namen 
jedes  Abiturienten  folgende  Bubriken  auszufallen:  Tag  und  Ort  der  Geburt, 
Confession  (bezw.  Religion),  Stand  und  Wohnort  des  Vaters,  Dauer  des  Auf- 
enthaltes auf  der  Schräe  überhaupt  und  in  der  Prima  und  Oberprima  insbe- 
sondere (bei  solchen  Schülern,  welche  erst  in  die  Prima  eingetreten  sind,  Angabe 
der  Schule,  welcher  sie  früher  angehörten  und  der  Dauer  des  Aufenthaltes), 
femer  ein  durch  kurze  Bezeichnung  der  bisherigen  gesamten  Entwickelung  des 
Schülers  zu  begründendes  Gutachten  über  seine  Beife.  Diesem  Gutachten  ist 
die  Formulirung  des  Urteiles  beizufagen,  welches  in  dem  eventuellen  Reife- 
zeugnisse in  die  Bubrik  „Betragen  und  Fleifs'^  aufeunehmen  beabsichtigt  wird. 
Schliefslich  ist  zu  bezeichnen,  welchen  Beruf  der  Schüler  zu  wählen  beabsichtig^. 

Wenn  für  einen  Schüler  bezüglich  der  unter  Nr.  1  und  2  festgestellten 
Bedingungen  der  Zulassung  zur  Prüfung  eine  Ausnahme  beantragt  wird,  so  ist 
dies  in  dem  tabellarischen  Verzeichnisse  kenntlich  zu  machen  und  in  dem  Be« 
gleitberichte  ausdrücklich  zu  erwähnen. 


397 

....— ^-_— _— _— .         • 

7.  Das  K.  Prov.  Seh.  C.  prüft,  ob  die  für  die  Entlassungsprüfung  gelten- 
den Erfordernisse  (Nr.  1  und  2)  erfüllt  sind,  und  entscheidet  hiernach  über  die 
Zulassung  zur  Prüfung. 

§  6.  Art  und  Gegenstände  der  Prüfung.  1.  Die  Entlassungs- 
prüfung ist  eine  schriftliche  und  mündliche. 

2.  Zur  schriftlichen  Prüfung  gehören:  ein  deutscher  und  ein  lateinischer 
Aufsatz,  eine  Uebersetzung  aus  dem  Deutschen  in  das  Lateinische,  eine  üeber- 
setzung  aus  dem  Griechischen  in  das  Deutsche,  und  in  der  Mathematik  vier 
Aufgaben,  und  zwar  je  eine  aus  der.  Planimetrie,  Stereometrie,  Trigonometrie 
und  Algebra.  Es  wird  empfohlen,  eine  der  mathematischen  Aufgaben  so  zu 
wählen,  dafs  sie  den  Schülern  Gelegenheit  giebt,  ihre  Bekanntschaft  mit  physi- 
kalischen Gesetzen  darzulegen. 

Diejenigen  Schüler,  welche  sich  einer  Prüfung  im  Hebräischen  unter- 
ziehen wollen,  haben  die  deutsche  Uebersetzung  eines  leichten  Abschnittes  aus 
dem  A.  Test,  nebst  grammatischer  Analyse  zu  liefern.  An  denjenigen  Gym- 
nasien, an  welchen  die  polnische  Sprache  einen  lehrplanmäfsigen  Teil  des 
Unterrichtes  bildet,  tritt  facultativ  hinzu  eine  Uebersetzung  aus  dem  Deutschen 
in  das  Polnische. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die^  christliche  Beligions- 
lehre,  die  lateinische,  griechische  und  französische  Sprache,  die  Geschichte  und 
Geographie,  und  die  Mathematik,  facultativ  (Nr.  2)  auf  die  hebräische  Sprache. 

§  7.    Schriftliche  Prüfung.        1.   Stellung  der  Aufgaben. 
1.   Alle  gleichzeitig  die  Prüfung  ablegenden  Schüler  erhalten  dieselben  Aufgaben. 

2.  Die  Aufgaben  sind  so  zu  bestimmen,  dafs  sie  in  Art  und  Schwierig- 
keit die  Elassenaufgaben  der  Prima  in  keiner  Weise  überschreiten;  sie  dürfen 
aber  nicht  einer  der  bereits  bearbeiteten  Aufgaben  so  nahe  stehen,  dafs  ihre 
Bearbeitung  aufhört,  den  Werth  einer  selbständigen  Leistung  zu  haben. 

Für  die  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen  ist  aus  einem  der  Leetüre 
der  Prima  angehörenden  oder  dazu  geeigneten  Schriftsteller  ein  in  der  Schule 
nicht  gelesener,  von  besonderen  Schwierigkeiten  freier  Abschnitt  zu  wählen. 

3.  Die  Aufgaben  für  jeden  einzelnen  Gegenstand  legt  der  Lehrer,  welcher 
denselben  in  der  obersten  Klasse  vertritt,  dem  Director  zur  Genehmigung  vor. 

4.  Die  Texte  zu  den  Uebersetzungen  aus  dem  Deutschen  bedürfen  nur 
der  Genehmigung  des  Directors. 

5.  Pur  den  deutschen  und  lateinischen  Aufsatz,  für  die  Uebersetzungen 
aus  dem  Griechischen  und  Hebräischen  haben  die  Fachlehrer  je  drei  Vorschläge, 
für  die  mathematische  Arbeit  hat  der  Fachlehrer  drei  Gruppen  von  je  vier  Auf- 
gaben dem  Director  vorzulegen.  Nachdem  dieser  die  Vorschläge  genehmigt 
haty  sendet  er  dieselben  unter  besonderem  Verschlusse  dem  K.  Prüfnngscom- 
missar  ein,  behufs  der  aus  den  Vorschlägen  zu  treffenden  Auswahl 

6.  Die  Zustellung  der  Aufgabenvorschläge  an  den  K.  Commissar  ge- 
schieht gleichzeitig  mit  der  Einreichung  der  Meldungen  an  das  K.  Prov.Sch.C.; 
zugleich  mit  der  Entscheidung  des  letzteren  über  die  Meldungen  stellt  der 
K.  Commissar  die  Aufgaben  mit  Bezeichnung  der  von  ihm  getroffenen  Wahl 
unter  besonderem  Verschlusse  zurück. 

7.  Der  K.  Commissar  ist  befugt,  statt  aus  den  vorgeschlagenen  Auf- 
gaben zu  wählen,  andere  Aufgaben  zu  bestimmen,  sowie  anzuordnen,  dafs  zum 
Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  Texte,  welche  er  mitteilt,  als  Aufgaben  benutzt 
werden.  Auch  steht  dem  Commissar  frei,  bei  erheblichen  Zweifeln  an  der 
Selbständigkeit  der  gefertigten  Prüfungsarbeiten  für  alle  oder  für  einzelne  Fächer 
neue  Aufgaben  zur  Bearbeitung  zu  stellen. 

8.  Es  ist  Pflicht  der  Prüfungscommission,  insbesondere  der  die  Auf- 
gaben stellenden  Lehrer  und  des  Directors,  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Aufgaben 


398 

far  die  schriftliche  Prüfung  den  Schülern  erst  beim  Beginne  der  betr.  Arbeit 
ZOT  Kenntnis  kommen;  auch  ist  jede  vorherige  Andentang  über  dieselben  anf 
das  strengste  zu  vermeiden. 

^  8.  2.  Bearbeitung  der  schriftlichen  Aufgaben.  1.  Die 
Bearbeitung  der  Aufgaben  geschieht  in  einem  geeigneten  Zimmer  des  Gym- 
nasiums unter  der  beständigen,  durch  den  Director  anzuordnenden  Aufsicht  von 
Lehrern,  welche  der  Prüfungscommission  angehören. 

2.  Für  jeden  der  beiden  Aufsätze  und  für  die  m^ithematische  Arbeit 
sind  fünf  Vormittagsstunden  zu  bestimmen;  die  Frist  darf  bei  den  Aufsätzen 
nöthigenfalls  um  eine  halbe  Stunde  überschritten  werden.  Zu  der  Anfertigung 
der  TJebersetzung  aus  dem  Griechischen  werden,  ausschliefslich  der  für  das 
Dictiren  des  Textes  erforderlichen  Zeit,  drei  Stunden,  zur  Anfertigung  der 
üebersetzung  in  das  Lateinische  (bezw.  Polnische)  werden,  ausschliefslich  der 
für  das  Dictiren  des  Textes  erforderlichen  Zeit,  femer  für  die  üebersetzung  aus 
dem  Hebräischen  je  zwei  Stunden  bestimmt. 

3.  Keine  Arbeitszeit  (Nr.  1  und  2)  darf  durch  eine  Pause  unterbrochen 
werden.  Doch  ist  es  zulässig,  die  für  die  mathematische  Arbeit  bestimmte  Zeit 
in  zwei  durch  eine  Erholungspause  getrennte  Hälften  zu  teilen,  am  Beginne 
einer  jeden  die  Hälfte  der  Aufgaben  zu  stellen  und  deren  Bearbeitung  am 
Schlüsse  jeder  der  beiden  halben  Arbeitszeiten  abliefern  zu  lassen. 

4.  Andere  Hülfsmittel  in  das  Arbeitszimmer  mitzubringen,  als  für  den 
lateinischen  Aufsatz  ein  lateinisch-deutsches,  für  die  Üebersetzung  aus  dem  Griechi- 
schen ein  griechisches,  für  die  Üebersetzung  aus  dem  Hebräischen  ein  hebräisches 
Lexikon  und  für  die  mathematische  Arbeit  Logarithment^^feln,  ist  nicht  erlaubt 

5.  Wer  mit  seiner  Arbeit  fertig  ist,  hat  sie  dem  beaufsichtigenden 
Lehrer  abzugeben  und  das  Arbeitszimmer  zu  verlassen. 

Wer  nach  Ablauf  der  vorschriftsmäfsigen  Zeit  mit  seiner  Arbeit  nicht 
fertig  ist,  hat  sie  unvollendet  abzugeben. 

In  jedem  Falle  ist  von  den  fertigen  wie  von  den  unvollendeten  Arbeiten 
aufser  der  Beinschrifb  das  Concept  mit  abzugeben. 

6.  Wer  bei  der  schriftlichen  Prüfung  sich  der  Benutzung  unerlaubter 
Hülfsmittel,  einer  Täuschung  oder  eines  Täuschungsversuches  schuldig  macht, 
oder  anderen  zur  Benutzung  unerlaubter  Hülfsmittel,  zu  einer  Täuschung  oder 
einem  Täuschungsversuche  behülflich  ist,  wird  mit  Ausschlufs  von  der  weiteren 
Prüfung  und,  wenn  die  Entdeckung  erst  nach  Vollendung  derselben  erfolgt, 
mit  Vorenthaltung  des  Prüfungszeugnisses  bestraft.  Die  in  solcher  Weise  Be- 
straften sind  hinsichtlich  der  Wiederholung  der  Prüfung  denjenigen  gleichzu- 
stellen, welche  die  Prüfung  nicht  bestanden  haben  (vgl.  §  16,  1  u.  2).  Wer 
sich  einer  Täuschung  oder  eines  Täuschungsversuches  auch  bei  der  Wieder- 
holung der  Prüfung  schuldig  macht,  kann  von  der  Zulassung  zur  Reifeprüfung 
überhaupt  ausgeschlossen  werden.  In  jedem  Falle  einer  Täuschung  oder  eines 
Täuschungsversuches  ordnet  zunächst  der  Director  mit  den  der  Prüfungscom- 
mission angehörenden  Lehrern  das  Erforderliche  an,  die  schliefsliche  Ent- 
scheidung trifft  die  gesamte  Commission  vor  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  2). 
Für  die  Fälle,  in  denen  ein  Schüler  von  der  Zulassung  zur  Reifeprüfung  über- 
haupt ausgeschlossen  werden  soll,  ist  die  Entscheidung  des  Ministers  einzuholen. 

Auf  diese  Vorschriften  hat  der  Director  bei  Beginn  der  ersten  schrift- 
lichen Prüfungsarbeit  die  Schüler  ausdrücklich  aufmerksam  zu  machen. 


Zu  §  8.  Nach  dem  Reglement  v.  4.  Juni  1834,  §  17,  waren  zur  Anfertigung 
der  sämtlichen  schriftl.  Arbeiten  nur  drei  Tage,  jeder  zu  8  Arbeitsstunden  ge- 
rechnet, zugestanden.  Die  CVerf.  v.  12.  Jan.  1856  fordert,  dafs  im  Ganzen  der 
Zeitraum  einer  Woche  bei  dem  schriftl  Examen  nicht  überschritten  werde. 


399 

§  9.  Beurteilung  der  Bchriftlichen  Arbeiten.  1.  Jede  Arbeit 
wird  zunächst  von  dem  Fachlehrer  corrigirt  und  censirt,  d.  h.  die  sich  findenden 
Fehler  werden,  mag  an  die  SteUe  des  Unrichtigen  das  Richtige  gesetzt  werden 
oder  nicht,  nach  ihrer  Art  und  dem  auf  sie  zu  legenden  Gewichte  bezeichnet, 
und  es  wird  über  den  Werth  der  Arbeit  im  Verhältnisse  zu  den  Prüfungs- 
forderungen (§  3)  ein  Urteil  abgegeben,  welches  schliefslich  in  eines  der  vier 
Prädicate:  sehr  gut,  gut,  genügend,  nicht  genügend,  zusammenzufassen 
ist  Hinzuzufügen  ist  die  Angabe  über  die  Beschaffenheit  der  betreffenden 
Elassenleistungen ;  es  darf  jedoch  dem  Urteile  über  die  Elassenleistungen  kein 
Einflufs  auf  das  der  Prüfungsarbeit  zuzuerkennende  Prädicat  gegeben  werden. 

2.  Sodann  circuliren  die  Arbeiten  bei  den  der  Prüfungscommidsion  an- 
gehörenden Lehrern,  und  in  einer  hierauf  vom  Director  mit  denselben  zu  hal- 
tenden Conferenz  werden  die  den  einzelnen  Arbeiten  erteilten  Prädicate  zusammen- 
gestellt und  wird  darüber  Beschlufs  gefafst,  ob  und  für  welche  Examinanden 
die  Ausschliefsung  yon  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  3)  oder  die  Dispensation 
von  derselben  (§  10,  4)  zu  beantragen  ist. 

3.  Der  Director  hat  hierauf  die  Arbeiten  nebst  dem  Prüfungsprotokolle 
und  dem  geschriebenen  Teste  für  die  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen  und 
in  das  Lateinische  rechtzeitig  vor  dem  Termine  zur  mündlichen  Prüfung  dem 
K.  Commissar  zuzustellen.  Am  Bande  der  Texte  für  die  Uebersetzungen  aus 
dem  Griechischen  und  in  das  Lateinische  sind  die  den  Examinanden  etwa 
angegebenen  Yocabeln  oder  anderweiten  Uebersetzungshülfen  zu  bezeichnen; 
diese  Bezeichnung  hat  die  Bedeutung,  dafs  aufserdem  keine  Ueber- 
setzungshülfen den  Examinanden  gegeben  sind.  Den  Prüfungsarbeiten 
sind  femer  beiznfagen  die  Uebersetzungen  in  das  Griechische  und  in  das 
Französische,  welche  die  Schüler  behufs  ihrer  Versetzung  nach  Prima  ge- 
liefert haben. 

Der  E.  Commissar  ist  befugt,  Aenderungen  in  den  den  Prüfungsarbeiten 
erteilten  Prädicaten  zu  verlangen  und  eintreten  zu  lassen.  Hiervon  ist  in  dem 
Protokolle  (§  13)  Kenntnis  zu  geben. 

§  10.  Mündliche  Prüfung.  I.Vorbereitung.  1.  Die  mündliche 
Prüfung  ist  innerhalb  der  letzten  sechs  Wochen  des  betr.  Schulsemesters  vor- 
zunehmen. 

Der  K.  Commissar  bestimmt  den  Tag  und  führt  den  Vorsitz. 

Für  den  Tag  der  mündlichen  Prüfung  hat  der  Director  in  dem  Locale 
der  Prüfung  die  Censuren,  welche  die  Examinanden  während  der  Dauer  ihres 
Aufenthaltes  in  Prima  erhalten  haben  (von  Schülern,  welche  einen  Teil  des 
Primacursus  auf  einer  anderen  Schule  zugebracht  haben,  auch  deren  Abgangs- 
zeugnisse) und  ihre  schrifüichen  Arbeiten  aus  Prima  zur  Einsichtnahme  bereit 
zu  halten. 

Bei  der  mündlichen  Prütoig,  jedoch  mit  Ausschlufs  der  derselben  voraus- 
gehenden (Nr.  2)  und  nachfolgenden  (§  12,  1)  Berathung,  haben  aufser  den 
der  Commission  angehörenden  auch  alle  übrigen  wissenschaftlichen  Lehrer  der 
Anstalt  anwesend  zu  sein.  In  dem  Falle  einer  mehrtägigen  Dauer  der  Prüfling 
(§  11,  1)  gilt  diese  Bestimmung  nur  für  den  ersten  Tag. 

2.  Der  Prüfung  geht  voraus  eine  Berathung  und  Beschlufsfassung  darüber, 
ob  einzelne  der  Bewerber  von  der  Zulassung  zur  mündlichen  Prüfung  auszu- 
schliefeen  oder  von  ihrer  Ablegung  zu  befreien  sind  (vgl.  §  8,  6  und  §  9,  2). 

3.  Ein  Schüler,  dessen  schriftliche  Prüfungsarbeiten  sämtlich  oder  der 
Mehrzahl  nach  das  Prädicat  „nicht  genügend"  erhalten  haben,  ist  von  der 
mündlichen  Prüfung  auszuschliefsen,  wenn  bereits  in  der  auf  Anlafs  der  Meldung 
aufgestellten  Beurteilung  (§  5,  6)  der  Zweifel  an  der  Reife  desselben  Ausdruck 
ge^nden  hat.    Ist  ein  solcher  Zweifel  nicht  ausgedrückt  worden,  so  wird  der 


400 

Erw^ng  der  Commission  anheimgestellt,  ob  der  Bath  zum  Rücktritte  vor  der 
mändlichen  Prüfung  erteilt  werden  soll. 

4.  Wenn  die  Leistungen  eines  Schülers  während  der  Lehrzeit  der  Prima 
nach  dem  einstimmigen  Urteile  der  Lehrer  befriedigt  haben  und  die  schrift- 
lichen Arbeiten  der  Entlassungsprüfung  sämtlich  genügend,  einige  darunter 
besser  ausgefallen  sind,  so  kann  derselbe  von  der  mündlichen  Prüfung  befreit 
werden.    Ein  dahin  gehender  Beschluis  mufs  einstimmig  gefafst  sein. 

Bei  Anwendung  dieser  Bestimmung  ist  auf  die  sittliche  Führung  des  betr. 
Schülers  während  seiner  Lehrzeit  in  der  Prima  entsprechende  Rücksicht  zu  nehmen. 

^11.  2.  Ausführung.  1.  Mehr  als  zehn  Schüler  dürfen  in  der 
Regel  nicht  an  einem  Tage  geprüft  werden.  Sind  mehr  als  zehn  zu  prüfen,  so 
sind  dieselben  in  zwei  oder  nach  Erfordernis  in  mehrere  Gruppen  zu  teilen. 
Die  Prüfung  jeder  Gruppe  ist  gesondert  vorzunehmen. 

2.  Der  K.  Commissar  bestimmt  die  Folge  der  Prüfungsgegenstände  und 
die  jedem  derselben  zu  widmende  Zeit.  Er  ist  befdgt,  bei  einzelnen  Schülern 
die  Prüfung  in  einzelnen  Fächern  nach  Befinden  abzukürzen. 

3.  Die  Schüler  dürfen  keine  Bücher  zur  Prüfung  mitbringen. 

4.  In  Betreff  etwaiger  Täuschungen  oder  Täuschungsversuche  bei  der 
mündlichen  Prüfung  gelten  die  Bestimmungen  des  §  8,  6. 

5.  Zu  prüfen  hat  in  jedem  Gegenstande  der  Lehrer  desselben  in  der 
obersten  Klasse.  Der  K.  Commissar  ist  befagt,  seinerseits  Fragen  an  die  Schüler 
zu  richten  und  in  einzelnen  Fällen  die  Prüfung  selbst  zu  übernehmen. 

6.  Zur  Prüfung  im  Lateinischen  und  Griechischen  werden  den  Schülern 
zum  üebersetzen  Abschnitte  aus  solchen  Schriftstellern  vorgelegt,  welche  in 
der  Prima  gelesen  werden  oder  dazu  geeignet  sein  würden.  Inwieweit  dazu 
Dichter  und  Prosaiker  benützt  werden  oder  mit  beiden  gewechselt  wird,  bleibt 
der  Bestimmung  des  K.  Commissars  überlassen,  welcher  auch  befugt  ist,  die 
Auswahl  der  vorzulegenden  Abschnitte  zu  treffen.  Aus  Prosaikern  sind  nur 
solche  Abschnitte  vorzulegen,  welche  von  den  Schülern  in  der  Klasse  nicht 
gelesen  sind,  aus  den  Dichtem  in  der  Regel  solche  Abschnitte,  welche  in  der 
Klassenlectüre,  aber  nicht  während  des  letzten  Halbjahres  vorgekommen  sind. 

Durch  geeignete,  an  die  üebersetzung  anzuschliefsende  Fragen  ist  den 
Schülern  Gelegenheit  zu  geben,  die  Sicherheit  ihrer  grammatischen  Kenntnisse 
und  ihre  Bekanntschaft  mit  Hauptpunkten  der  Metrik,  der  Mythologie  und  der 
Antiquitäten  zu  beweisen.  Bei  der  üebersetzung  des  lateinischen  Schriftetellers 
ist  ihnen  auch  Gelegenheit  zu  geben,  eine  gewisse  Geübtheit  im  mündlichen 
Gebrauche  der  lateinischen  Sprache  zu  zeigen. 

7.  In  ähnlicher  Weise  sind  an  die  üebersetzung  aus  einem,  in  gleicher 
Weise  zu  wählenden  französischen  Schriftsteller  Fragen  aus  der  Grammatik  und 
Synonymik  anzuschliefsen. 

8.  Die  geschichtliche  Prüfung  hat  insbesondere  die  (beschichte  Griechen- 
lands, Roms,  Deutschlands  und  des  preufsischen  Staates  zum  Gegenstande. 

Jedem  Schüler  sind,  abgesehen  von  den  in  der  geschichtlichen  Prüfung 
etwa  vorkommenden  Beziehungen  auf  Greographie,  einige  geographische  Fragen 
vorzulegen. 

9.  Die  Prüfung  in  der  Mathematik  darf  nicht  auf  das  Lehrpensum  der 
Prima  beschränkt  werden.  Die  Physik  bildet  nicht  einen  besonderen  Prüfungs- 
gegenstand, es  wird  aber  empfohlen,  physikalische  Fragen  mit  den  mathemati- 
schen zu  verbinden  (§  6,  2). 

10.  Im  Verlaufe  der  mündlichen  Prüfung  sind  auf  Vorschlag  der  betr. 
Fachlehrer  von  der  Commission  die  Prädicate  festzustellen,  welche  jedem  Exa- 
minanden in  den  einzelnen  Gegenständen  auf  Grund  der  mündlichen  Prüfungs- 
leistungen  zuzuerkennen  sind. 


401 

§  12.  Feststellung  desürteiles.  1.  Nach  Beendigong  der  münd- 
lichen Prüfling  findet  eine  Berathang  der  Prüfongscommission  über  das  Er- 
gebnis der  gesamten  Prüfung  statt.  Die  Ordnung,  in  welcher  die  einzelnen 
Fragen  zur  Erwägung  und  Beschlufsfassung  gebracht  werden  sollen,  bestimmt 
der  E.  Commissar. 

2.  Bei  der  Entscheidung  darüber,  ob  die  Prüfung  bestanden  sei,  sind 
aulser  den  Leistungen  in  der  schriftlichen  und  mündlichen  Prüfung  die  vor 
dein  Beginne  der  gesamten  Prüfung  festgestellten  Prädicate  (§  5,  6)  über  die 
Elassenleistungen  in  Betracht  zu  ziehen. 

3.  Die  Prüfung  ist  als  bestanden  zu  erachten,  wenn  das  auf  die  Prüfung 
und  die  Elassenleistnngen  (Nr.  2)  gegründete  Qesamturteil  in  keinem  obliga- 
torischen wissenschaftlichen  Lehrgegenstande  „nicht  genügend*'  lautet. 

Eine  Abweichung  hiervon  in  Berücksichtigung  des  von  dem  Schüler  ge- 
wählten Berufes  ist  nicht  zulässig.  Dagegen  ist  zulässig,  dafs  nicht  genügende 
Leistungen  in  einem  Lehrgegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen  in 
einem  anderen  obligatorischen  Gegenstande  als  ergänzt  erachtet  werden. 

4.  Die  Beligionslehrer  haben  sich  der  Abstimmung  zu  enthalten,  wenn 
es  sich  um  einen  Schüler  handelt,  der  an  ihrem  Unterrichte  nicht  teilnimmt. 

5.  Bei  allen  Abstimmungen  der  Commission  gilt,  wenn  Stimmengleich- 
heit eintritt,  diejenige  Ansicht,  för  welche  der  £.  Commissar  stimmt 

6.  Gegen  den  Beschlufs  der  Prüfungscommission  über  Zuerkennung  oder 
Verweigerung  des  Zeugnisses  der  Beife  steht  dem  £.  Commissar  das  Becht  der 
Einsprache  zu.  In  diesem  Falle  sind  die  Prüfungsverhandlungen  dem  £.  Prov. 
Sch.C.  zur  Entscheidung  einzureichen. 

7.  Nachdem  die  Berathung  abgeschlossen  und  das  Protokoll  vom  sämt- 
lichen Mitgliedern  der  Commission  unterzeichnet  ist,  verkündigt  der  K.  Com- 
missar den  Examinanden  das  Gesamtergebnis  der  Prüfung. 

§  13.  Prüfungspro  tokolL  üeber  die  gesamten  Vorgänge  der  Prüfung 
ist  ein  Protokoll  mit  folgenden  Abschnitten  zu  föhren: 

1.  Protokoll  über  die  durch  §  5,  4  bestimmte  Conferenz;  dazu  gehören 
als  Beilagen  die  Meldungen  zur  Prüfimg  (§  5,  3j,  das  in  §  5,  6  bezeichnete, 
an  das  K.  Prov.  Sch.C.  eingereichte  Verzeichnis  und  die  Verfügung  desselben 
über  die  Annahme  der  Meldungen  (§  5,  7;  §  7,  6). 

2.  Protokoll  über  die  schriftliche  Prü^g  (§  8).  In  demselben  ist  zu 
Teizeichnen,  wann  jede  einzelne  schriftliche  Arbeit  begonnen  ist,  welche  Lehrer 
die  Au&icht  gefuhrt  haben,  welche  Schüler  und  wann  und  wie  lange  sie  das 
Zimmer  während  der  Arbeitszeit  zeitweilig  verlassen  haben,  wann  jeder  seine 
Arbeiten  abgegeben  hat;  aufserdem  ist  jedes  Vorkommnis  zu  verzeichnen, 
welches  darauf  schliefsen  läTst,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

Am  Anfange  dieses  ProtokoUes  ist  zu  vermerken,  dafs  der  Director  den 
Schülern  die  in  §  8,  6  vorgeschriebene  Eröffnung  gemacht  hat;  am  Schlüsse 
des  ProtokoUes  hat  der  Director  entsprechenden  Falles  zu  bezeugen,  dafs 
während  des  Verlaufes  der  schriftlichen  Prüfung  nichts  vorgekommen  isi  was 
darauf  schliefsen  liefse,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

3.  Protokoll  über  die  Vorberathung  vor  der  mündlichen  Prüfung.   (§  9, 2.) 

4.  Protokoll  über  die  mündliche  Prüfung.  Dasselbe  hat  zu  enthalten  die 
Vorberathung  (§  10,  2),  den  Inhalt  der  gestellten  Fragen,  und  die  Beschaffen- 

Zu  $  12,  5.  Das  Reglement  v.  4.  Juni  1834  bestimmt  in  $  26:  „das  jünffste 
Mitglied  der  Commission  stimmt  zuerst  und  der  K.  Commissarius  zuletzt.  Wenn 
einzelne  Mitglieder  beim  Abstimmen  finden,  dafs  das  Votum  eines  anderen  Mit- 
gliedes besser  begründet  sei,  als  dasjenige,  welches  sie  selbst  schon  ausgesprochen 
haben,  so  können  sie  ihr  früheres  Votum  zurücknehmen  und  ein  neues  definitives 
geben." 

Wiese,  Yerordnuigeii.  26  • 


402 

lieit  der  Antworten  in  der  Weise,  dafe  daraus  die  Begründung  der  über  die 
Ergebnisse  der  mündlichen  Prüfung  gefällten  Urteile  ersichtlich  wird,  und  die 
Schlufsberathung  (§  12). 

§  14.  Zeugnis.  1.  Wer  die  Prüfung  bestanden  hat,  erhält  ein  Zeug- 
nis der  Reife.  Dasselbe  mufs  enthalten:  ein  Urteil  über  das  sittliche  Verhalten, 
die  Aufmerksamkeit  und  den  Fleifs  des  Schülers,  für  jeden -einzelnen  Lehr- 
gegenstand der  Oberprima  die  Bezeichnung  des  Verhältnisses  der  Schul-  und 
Prüfungsleistungen  zu  den  Forderungen  der  Schule,  und  schliefslich  die  Er- 
klärung, dafs  die  Prüfung  bestanden  sei. 

Ein  Formular  für  die  Zeugnisse  ist  dieser  Prüftingsordnung  beigefügt. 
(Anlage  A.) 

2.  Das  aus  dem  Urteile  über  die  Prüfnngs-  und  über  die  Schulleistungen 
in  dem  Gegenstande  sich  ergebende  Gesamturteil  ist  schliefslich  in  eines  der 
vier  §  9,  1  bezeichneten  Prädicate  zusammenzufassen;  dies  Prädicat  ist  durch 
die  Schrift  hervorzuheben. 

3.  Für  Physik  ist  das  auf  Grund  der  Klassenleistungen  festgestellte 
Prädicat  in  das  Zeugnis  aufeunehmen.  Für  das  Griechische  und  das  Franzö- 
sische ist  zu  dem  Zeugnisse  über  die  Prüfungsleistungen  das  Prädicat  aufzu- 
nehmen, welches  dem  behufs  der  Versetzung  nach  Prima  gelieferten  Extemporale 
erteilt  worden  ist 

Wenn  die  philosophische  Propädeutik  an  einem  Gymnasium  gelehrt  wird, 
so  ist  ein  Urteil  über  den  Erfolg  dieses  Unterrichtes  dem  für  die  deutsche 
Sprache  bestimmten  Abschnitte  des  Zeugnisses  beizufügen. 

4.  Die  auf  Grund  des  gesamten  Prüflingsergebnisses  unter  der  Verant- 
wortlichkeit des  Directors  zu  entwerfenden  und  von  allen  Mitgliedern  der  Com- 
mission  zu  unterzeichnenden  Concepte  der  Beifezeugnisse  sind  nebst  der 
gleichen  Zahl  von  Blanketten  dem  E.  Commissar  zur  Unterschrift  yoizulegen. 
Letztere  müssen  den  Namen  und  die  Personal-Verhältnisse  der  abgehenden 
Schüler  und  die  Unterschrift  des  Directors  bereits  enthalten. 

Die  Zeugnisse  werden  von  sämtlichen  Mitgliedern  der  Prüfungs-Commission 
unterzeichnet. 

5.  Eingehändigt  werden  die  Zeugnisse  in  der  Begel  sämtlichen  Schülern 
gleichzeitig  unter  geeigneter  Ansprache  durch  den  Director  in  einer  Versammlung 
der  ganzen  Schule  oder  ihrer  oberen  Klassen. 

§  15.  Einreichung  der  Prüfungsverhandlungen  an  die  K. 
Provinzial-Schulcollegien.  Der  Director  des  Gymnasiums  hat  das 
Prüfungsprotokoll  nebst  Beilagen  (§  13)  sowie  Abschrift  der  Beifezeugnisse 
und  schriftlichen  Arbeiten  der  Schüler  spätestens  vier  Wochen  nach  Abschlufs 
der  mündlichen  Prüfung  an  das  K.  Prov.  Sch.C.  einzureichen,  behufs  Mitteilung 
an  die  betr.  Wissenschaftliche  Prüfungscommission.  Die  Arbeiten  sämtlicher 
Examinanden  über  denselben  Prüfungsgegenstand  sind  zusammenzuheften;  jedem 
Hefte  ist  die  Angabe  der  vorgeschlagenen  Aufgaben,  bei  den  Uebersetzungen 
aus  dem  Griechischen  und  in  das  Lateinische  (bezw.  Polnische)  der  dictirte 
Text  unter  Bezeichnung  der  etwa  dazu  gegebenen  Vocabeln  oder  sonstigen 
Hülfen  (§  9,  3)  beizufügen. 

Die  Concepte  der  schrifU.  Arbeiten  (§  8,  5)  sind  nur  in  dem  Falle  bei- 
zulegen, wenn  der  betr.  Fachlehrer  zur  Begründung  seines  Urteils  Bezug  darauf 
genommen  hat  oder  der  K.  Commissar  es  erfordert. 

§  16.  Verfahren  bei  denjenigen,  welche  die  Entlassungs- 
prüfung nicht  bestanden  haben.  1.  Wer  die  Entlassungsprüfung  ein- 
mal nicht  bestanden  hat,  darf  zur  Wiederholung  derselben,  mag  er  femer  ein 
Gymnasium  besuchen  oder  nicht,  höchstens  zweimal  zugelassen  werden. 


403 

2.  Denjenigen  Schülern,  welche  nach  nicht  bestandener  Entlassnngs- 
prüfdng  das  Gymnasium  verlassen,  wird  ein  gewöhnliches  Abgangszeugnis  aus- 
gestellt in  dessen  Eingang  das  ungenügende  Ergebnis  der  Entlassongsprüfung 
zu  erwähnen  ist 

3.  Stadirende,  denen  in  dem  Beifezengnisse  eine  genügende  Kenntnis 
des  Hebräischen  nicht  zuerkannt  worden  ist,  haben  sich,  wenn  sie  nachträg- 
lieh das  Zeugnis  der  Keife  in  diesem  Gegenstande  erwerben  wollen,  an  eine 
Wissenschaftl.  Prüfungscommission  für  das  höhere  Schulamt  zu  wenden. 

§  17.  Beifeprüfung  derjenigen,  welche  nicht  Schüler  eines 
Gymnasiums  sind.  1.  Wer,  ohne  Schüler  eines  Gymnasiums  zu  sein,  die  an 
die  Entlassungsprüfung  desselben  geknüpften  Bechte  erwerben  will,  hat  unter 
Nachweisung  seines  Bildungsganges  und  seines  sittlichen  Verhaltens  das  Ge- 
such um  Zulassung  zur  Prüfung  an  das  K.  Prov.  Sch.C.  zu  richten,  dessen  Amts- 
bereiche er  durch  den  Wohnort  der  Eltern  oder  durch  den  Ort  seiner  letzten 
Schulbildung  angehört,  und  wird  von  demselben,  sofern  die  Nachweisungen  als 
ausreichend  befanden  sind,  einem  Gymnasium  zur  Prüfung  überwiesen. 

Wenn  Jemand  bereits  die  Universität  bezogen  hat^  bevor  er  das  für  voll- 
berechtigte Zulassung  zu  dem  betr.  Facultätsstudium  erforderliche  Beifezeugnis 
erworben  hat,  und  nachträglich  die  Beifeprüfung  abzulegen  wünscht,  so  hat  er 
hierzu  die  besondere  Bewilligung  des  Ministers  nachzusuchen.  Wenn  derselbe 
nach  erhaltener  Erlaubnis  die  Prüfung  nicht  besteht,  so  kann  er  nur  noch  ein- 
mal zur  Prüfung  zugelassen  werden. 

2.  Das  Gesuch  um  Zulassung  zur  Prüfung  ist  drei  Monate  vor  dem 
Schlüsse  des  Schulhalbjahres  einzureichen. 

Der  Nachweisung  des  Bildungsganges  sind  die  letzten  Schul-  oder  Pri- 
vatzeugnisse über  den  empfangenen  Unterricht  beizufagen. 

3.  Das  K.  Prov.  Sch.C.  ist  verpflichtet^  wenn  sich  aus  den  Zeugnissen 
ergiebt,  dafs  der  Bittsteller  bereits  an  einem  Gymnasium  einer  anderen  Provinz 
als  Primaner  die  Entlassungsprüfung  erfolglos  abgelegt  hat,  mit  dem  E.  Prov. 
Sch.C.  dieser  Provinz  in  Einvernehmen  darüber-  zu  treten,  ob  dortseits  noch 
etwa  Bedenken  gegen  die  Zulassung  zu  erheben  sind,  welche  aus  den  Zeug- 
nissen nicht  erhellen. 

4.  Junge  Leute,  welche  früher  ein  Gymnasium  besucht  haben,  dürfen 
zur  Prüfung  nur  zugelassen  werden,  wenn  mit  Ablauf  des  Halbjahres,  in  welchem 
sie  sich  melden,  von  dem  Eintritte  in  die  Prima  an  gerechnet^  zwei  Jahre  und, 
falls  sie  schon  aus  Obersecunda  abgegangen,  aufserdem  noch  diejenige  Zeit 
verflossen  ist,  welche  sie  normalmäfsig  in  dieser  Klasse  noch  hätten  zurück- 
legen müssen,  um  in  die  Prima  versetzt  zu  werden.  Hierbei  bleiben  bezüglich  der 
Anrechnung  des  Besuches  der  Prima  die  Bedingungen  des  §  5,  2  in  Erafb. 

5.  Pur  die  Prüfung  sind  die  §§  3  bis  16  mit  folgenden  näheren  Be- 
stimmungen mafsgebend« 

Für  die  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  sind  andere  Aufgaben  zu  stellen, 
als  die  Schüler  des  betreffenden  Gymnasiums  erhalten. 

Aufser  den  §  6,  2  bezeichneten  Aufgaben  haben  die  Examinanden,  sofern 
sie  nicht  bereits  der  Prima  eines  Gymnasiums  angehört  haben  und  das  bei 
der  Versetzung  in  diese  Klasse  erhaltene  Zeugnis  vorlegen,  eine  Uebersetzung 
aus  dem  Deutschen  ins  Griechische  und  eine  aus  dem  Deutschen  in  das  Fran- 
zösische zu  fertigen,  welche  bestimmt  sind,  ihre  Sicherheit  in  der  Formenlehre 
und  in  den  Elementen  der  Syntax  zu  ermitteln. 

Eine  Ausschliefsung  oder  eine  Befreiung  von  der  mündlichen  Prüfung 
findet  nicht  statt 

Die  mündliche  Prüfung  ist  getrennt  von  derjenigen  der  Schüler  des 
Gymnasiums  abzuhalten. 

26* 


404 

Zu  der  Prüfung  in  den  §  6,  3  bezeichneten  Gegenständen  tritt  die  in 
der  deutschen  Litteratnr  und  in  der  Physik  behufs  Ermittelung  des  durch  §  3,  2 
und  8  erforderten  Maises  der  Kenntnisse  hinzu. 

Das  Protokoll  über  die  Prüfung  ist  abgesondert  von  dem  über  die 
Prüfung  der  Schüler  des  Gymnasiums  zu  führen. 

6.  Das  in  das  Beifezeugnis  au&unehmende  urteil  über  das  sittliche  Ver- 
halten ist  auf  Grund  der  beigebrachten  Nachweisungen  (Nr.  1)  und  unter  Be- 
rufung auf  dieselben  abzufassen. 

7.  Wird  die  Prüfung  nicht  bestanden,  so  ist  die  Commission  berechtigt, 
nach  Befinden  zu  bestimmen,  ob  die  Wiederholung  erst  nach  Verlauf  eines 
Jahres  erfolgen  darf. 

8.  Die  Prüfungsgebühren  betragen  dreifsig  Mark.  Sie  sind  vor  dem 
Beginne  der  schriftlichen  Prüfung  zu  entrichten. 

§  18.  Bestimmung  über  die  Prüfung  der  Schüler,  welche  das 
Beifezeugnis  an  einem  Bealgymnasium  oder  einer  Ober-Bealschule 
erworben  haben.  1.  Die  Bestimmungen  des  §  17  finden  auch  auf  diejenigen 
jungen  Leute  sinnentsprechende  Anwendung,  welche  die  Entlassungsprüfong  an 
einem  Bealgymnasium  oder  einer  Ober-Bealschule  bestanden  haben  und  sich 
die  mit  dem  Beifezeugnisse  eines  Gymnasiums  verbundenen  Bechte  erwerben 
wollen.  Haben  dieselben  bereits  die  Universität  bezogen,  so  haben  sie  für  die 
Zulassung  zur  Gymnasial-Beifeprüfung  die  ministerielle  Genehmigung  nach- 
zusuchen (§  17,  1.  Abs.  2). 

2.  Wenn  diesen  Bewerbern  durch  das  Beifezeugnis  der  Bealanstalt  im 
Deutschen,  im  Französischen  und  in  der  Mathematik  das  Prädicat  genügend 
ohne  jede  Einschränkung  erteilt  ist,  so  wird  ihre  schriftliche  Prüfung  auf  den 
lateinischen  Aufsatz,  eine  Uebersetzung  ins  Lateinische,  eine  üebersetzung  aus 
dem  Griechischen  und  eine  üebersetzung  ins  Griechische  (§  17,  5),  ihre  münd- 
liche Prüfung  auf  die  lateinische  und  die  griecl^ische  Sprache  und  die  alte 
Geschichte  beschränkt 

Ob  das  von  dem  Bealgymnasium,  bezw.  der  Ober-Bealschule  erteilte 
Beifezeugnis  diese  Beschränkung  der  Prüfung  begründet,  hat  das  E.  Prov.  Sch.G. 
zu  entscheiden. 

3.  Die  Prüfungsgebühren  betragen  dreifsig  Mark.  Sie  sind  vor  dem 
Beginne  der  schriftlichen  Prüfung  zu  entrichten. 

§  19.  1.  Das  Beglement  für  die  Prüfungen  der  zu  den  Universitäten 
übergehenden  Schüler  vom  4.  Juni  1834  und  die  durch  die  Circular-Verfügnng 
vom  12.  Januar  1856*)  erfolgten  Abänderungen  und  Ergänzungen  dess^ben, 
80  wie  alle  darauf  bezüglichen  ergänzenden  oder  erläuternden  Verordi^ungen 
treten  hiermit  aufser  Kraft. 

2.  Die  Bestimmungen  der  unter  den  deutschen  Staatsregierungen  im 
April  1874**)  getroffenen  Vereinbarung  über  gegenseitige  Anerkennung  der 
Gymnasial-Beifezeugnisse  werden  dadurch  nicht  berührt. 

B.  Ordnung  der  EntLasBiingsprüfung  an  den  Progymnasien. 

Für  die  Entlassungsprüfungen  an  Progymnasien  finden  die  vorstehenden 
Anordnungen  für  die  Entlassungsprüfung  an  Gymnasien  sinnentsprechende  An- 
wendung mit  folgenden  näheren  Bestimmungen: 

Zu  §  3.  Zur  Erwerbung  eines  Zeugnisses  der  Beife  hat  der  Schüler  in 
den  einzelnen  Lehrgegenständen  die  für  die  Versetzung  in  die  Prima  eines 
Gymnasiums  erforderlichen  Kenntnisse  nachzuweisen. 

•)  CBl.  pro  1859  Seite  225. 
••)  Dsgl.  pro  1874  Seite  476  (s.  p.  392  f.). 


405 

Zu  §  5.  1.  Die  Zulassung  eines  Schülers  zur  EntlassnngsprOfdng  findet 
nicht  früher  als  im  vierten  Semester  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Secnnda 
statt.    Der  Schüler  mnfs  im  Semester  der  Meldung  der  Obersecunda  angehören. 

2.  Findet  keine  Anwendung. 

Zu  §  6,2.  Zur 'schriftlichen  Prüfung  gehören:  ein  deutscher  Aufsatz, 
eine  üebersetzung  aus  dem  Deutschen  in  das  Lateinische,  in  das  Griechische 
und  in  das  Französische,  und  in  der  Mathematik  vier  Aufgaben,  und  zwar  zwei 
algebraische,  eine  planimetrische  und  eine  trigonometrische.  Eine  schriftliche 
Arbeit  im  Hebräischen  wird  nicht  gefordert. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  christliche  Beligions- 
lehre,  die  lateinische,  griechische  und  französische  Sprache,  die  Geschichte  und 
die  Geographie,  Mathematik,  facultativ  auf  die  hebräische  Sprache. 

Zu  §  11,  9.  Die  Prüfung  in  der  Geschichte  und  in  der  Mathematik 
darf  sich  nicht  auf  das  Lehrpensum  der  Secunda  beschränken.  In  das  Zeugnis 
wird  das  Urteil  über  die  Elassenleistungen  in  der  Physik  aufgenommen. 

Zu  §  15.    Wenn  der  Departementsrath  des  K.  ProY.Sch.C.  den  Vorsitz 
bei  der  Prüfung  nicht  selbst  geführt  hat,  sind  die  Prüfungsprotokolle  nebst  * 
Anlagen  (§  13),  aowie  Abschriften  der  Zeugnisse  und  die  schriftlichen  Arbeiten 
der  Examinanden  von  dem  Bector  spätestens  vier  Wochen  nach  Abschlufs  der 
Prüfung  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zur  Kenntnisnahme  einzusenden. 

Zu  §  17,  8.    Die  Prüfungsgebühren  betragen  zwanzig  Mark. 

Anmerkung.  Die  für  die  Entlassungsprofungen  an  Progymnasien  gelten- 
den Bestimmungen  finden  Anwendung  auf  die  Prüfungen,  welche  junge  Leute  an 
Gymnasien  ablegen,  um  sich  das  Zeugnis  der  Reife  für  die  Prima  zu  erwerben. 
Den  Vorsitz  bei  diesen  Prüfungen  führt  der  Director  des  Gymnasiums.  Die 
Profnngsverhandlungen  sind  nur  auf  besondere  Anordnung  an  das  K.  Prov.Sch.G. 
einzusenden. 

II. 

A.  Ordnung  der  EntlasBungsprüftmg  an  den  Realgymnasien  xmd  den 

Ober-Bealsohulen. 

§1.  Zweck  der  Prüfung.  Zweck  der  Entlassungsprüfung  ist,  zu 
ermitteln,  ob  der  Schüler  dasjenige  Mafs  der  Schulbildung  erlangt  hat,  welches 
Ziel  des  Bealgymnasiums,  bezw.  der  Ober-Bealschule  ist 

§  2.  Wo  die  Prüfung  abgehalten  wird.  Zur  Abhaltung  von 
Entlassungsprüfungen  sind  alle  diejenigen  Bealgymnasien  und  Ober-Bealschulen 
berechtigt,  welche  von  dem  Unterrichtsminister  als  solche  anerkannt  worden  sind. 

§  3.  Mafsstab  zur  Erteilung  des  Zeugnisses  der  Keife,  um 
das  Zeugnis  der  Beife  zu  erwerben,  mufs  der  Schüler  in  den  einzelnen  Gegen- 
ständen den  nachstehenden  Forderungen  entsprechen;  dieselben  bilden  den 
Mafsstab  für  die  Beurteilung  der  schriftlichen  und  mündlichen  Leistungen. 

1.  In  der  christlichen  Beligionslehre  mufs  der  Schüler  von  dem 
Inhalte  und  dem  Zusammenhange  der  heiligen  Schrift,  von  den  Grundlehren 
der  kirchlichen  Confession,  welcher  er  angehört,  und  von  den  Hauptepochen 
der  Eirchengeschichte  eine  genügende  EJdnntnis  erlangt  haben. 

2.  In  der  deutschen  Sprache  mufs  der  Schüler  ein  in  seinem  Ge- 
dankenkreise, liegendes  Thema  richtig  aufenfassen  und  mit  eigenem  Urteile  in 
logischer  Ordnung  und  fehlerfreier  Schreibart  zu  bearbeiten  im  Stande  sein. 
Beim  mündlichen  Gebrauche  der  Muttersprache  hat  derselbe  Geübtheit  in  sprach- 
richtiger, klarer  und  zusammenhängender  Darstellung  zu  beweisen.  Ferner  mufs 
er  mit    den  wichtigsten   Epochen    des    Entwickelungsganges    der    deutschen 


406 

Litteratorgeschichte  nnd  mit  einigen  classischen  Werken  der  Nationallitteratar 
bekannt  sein. 

3.  In  der  lateinischen  Sprache  mnfs  der  Schüler  der  Bealgym- 
nasien  im  Stande  sein,  Abschnitte  ans  den  prosaischen  nnd  poetischen  Werken, 
welche  in  Prima  gelesen  werden  oder  dazu  geeignet  sein  würden,  zu  yerstehen 
nnd  ohne  erhebliche  Nachhülfe  zn  übersetzen.  Er  mnfs  in  der  Formenlehre 
nnd  in  den  Hanptregeln  der  Syntax  sichere  Kenntnisse  besitzen  und  mit  dem 
Wichtigsten  ans  der  Verslehre  genügend  bekannt  sein. 

4.  In  der  französischen  Sprache  mnfs  der  Schüler  Abschnitte  ans 
den  prosaischen  nnd  poetischen  Werken,  welche  in  Prima  gelesen  werden  oder 
dazn  geeignet  sein  würden,  yerstehen  nnd  ohne  erhebliche  Nachhülfe  übersetzen. 
Seine  schriftlichen  Prüfdngsarbeiten  müssen  von  Fehlem,  welche  eine  grobe 
grammatische  Unsicherheit  zeigen,  nnd  von  Germanismen  im  Wesentlichen 
frei  sein. 

5.  In  der  englischen  Sprache  mnfs  der  Schüler  Abschnitte  ans  den 
prosaischen  nnd  poetischen  Werken,  welche  in  Prima  gelesen  werden  oder  dazn 
geeignet  sein  würden,  verstehen  nnd  ohne  erhebliche  Nachhülfe  übersetzen. 
Die  schriftliche  Prüfungsarbeit  mnfs  von  erheblichen  Verstöfsen  gegen  die 
Grammatik  frei  sein. 

An  die  Schüler  der  Ober-Bealschnlen  sind  im  Französischen  nnd  Eng- 
lischen höhere  Forderungen  zn  stellen,  entsprechend  den  in  der  Bezeichnung 
ihrer  Lehranfgabe  (Lehrplan  n.  2.  Nr.  4  nnd  5,  s.  p.  128  f.)  darüber  ge- 
troffenen Bestimmungen. 

6.  In  der  Geschichte  und  Geographie  mnfs  der  Schüler  die  epoche- 
machenden Begebenheiten  der  Weltgeschichte,  namentlich  der  griechischen, 
römischen  und  deutschen  sowie  der  preufsischen  Geschichte,  im  Zusammenhange 
ihrer  Ursachen  und  Wirkungen  kennen  und  über  Zeit  und  Ort  der  Begeben- 
heiten sicher  orientirt  sein.  Er  mnfs  von  den  Grundlehren  der  mathematischen 
Geographie,  von  den  wichtigsten  topischen  Verhältnissen  und  der  politischen 
Einteilung  der  Erdoberfläche,  unter  besonderer  Berücksichtigung  von  Mittel- 
Europa,  genügende  Kenntnis  besitzen. 

7.  In  der  Mathematik  hat  der  Schüler  nachzuweisen,  dafs  er  in  der 
Arithmetik  bis  zur  Entwickelung  der  einfacheren  unendlichen  Reihen  und  in  der 
Algebra  bis  zu  den  Gleichungen  des  dritten  Grades  einschliefslich,  in  der 
ebenen  und  körperlichen  Geometrie,  in  der  ebenen  und  sphärischen  Trigono- 
metrie und  in  den  Elementen  der  analytischen  Geometrie  der  Ebene  bis  zu  den 
Kegelschnitten  einschliefslich  sichere,  geordnete  und  wissenschaftlich  begründete 
Kenntnisse  besitzt  und  dafs  er  sich  hinreichende  Uebung  in  der  Lösung  von 
Aufgaben  aus  den  bezeichneten  Gebieten  erworben  hat. 

8.  Naturwissenschaften.  In  der  Physik  mnfs  der  Schüler  mit 
den  Gesetzen  des  Gleichgewichtes  und  der  Bewegung  der  Körper  sowie  mit  der 
mathematischen  Entwickelung  dieser  Gesetze,  mit  der  Lehre  von  der  Wärme, 
dem  Magnetismus  und  der  Elektricität,  dem  Schalle  und  dem  Lichte  hinreichend 
bekannt  sein  und  die  Befähigung  besitzen,  seine  Kenntnisse  zur  Lösung  ein- 
facher Aufgaben  anzuwenden. 

In  der  Chemie  und  Mineralogie  mnfs  der  Schüler  ausreichende 
Kenntnis  von  der  Darstellung,  den  Eigenschaften  und  den  hauptsächlichsten 
anorganischen  Verbindungen  der  wichtigeren  Elemente,  sowie  von  den  stöchio- 
metrischen  Grundgesetzen  nachweisen  und  mit  den  Kiystallformen,  den  physika- 
lischen Eigenschaften  und  der  chemischen  Zusammensetzung  der  widitigsten 
Mineralien  bekannt  sein.  —  An  den  Ober-Bealschnlen  kommt  hinzu  Kenntnis 
der  für  Technologie  und  Physiologie  besonders  wichtigen  Verbindungen  aus  der 
organischen  Chemie. 


407 

§  4.  ZnsammenBetzang  der  Prüfungscommission.  L  Die 
Prüfangscommission  besteht  ans  dem  von  dem  E.  Proy.Sch.C.  ernannten 
K.  Commissar  als  Vorsitzenden,  dem  Director  der  Anstalt  und  denjenigen  Lehrern, 
welche  in  der  obersten  Klasse  mit  dem  Unterrichte  in  den  lehrplanmäfsigen 
wissenschaftlichen  Gegenständen  betraut  sind. 

2.  Das  K.  Proy.Sch.C.  ernennt  regelmäfsig  dasjenige  seiner  Mitglieder, 
welches  die  inneren  Angelegenheiten  der  betr.  Schale  bearbeitet,  znm  Prüftings- 
commissar.  Dasselbe  kann  im  einzelnen  Falle  für  die  Leitong  der  mündlichen 
Prüfung  (§§  10 — 14)  einen  stellvertretenden  Commissar  ernennen  und  mit  dieser 
Stellvertretiing  insbesondere  den  Director  der  Anstalt  beauftragen. 

3.  Dasjenige  Organ,  welchem  die  rechtliche  Vertretung  der  Schale  zu- 
steht, ist  befugt,  aus  seiner  Mitte  einen  Vertreter  zum  Mitgliede  der  Prüfungs- 
commission zu  ernennen.  Die  Ernennung  erfolgt  in  der  Kegel  auf  einen  Zeit- 
raum von  mindestens  drei  Jahren  und  wird  dem  K.  Prov.Sch.C.  rechtzeitig 
angezeigt    Der  ernannte  Vertreter  hat  Stimmrecht  in  der  Commission. 

An  den  für  einzelne  Anstalten  aufserdem  etwa  bestehenden  besonderen 
Befugnissen  zur  Teilnahme  an  den  Prüfungen  wird  hierdurch  nichts  geändert. 

Auf  sämtliche  Verhandlungen  der  Prüfungscommission  erstreckt  sich  für 
die  Mitglieder  derselben  die  Pflicht  der  Amtsverschwiegenheit. 

§  5.  Meldung  und  Zulassung  zur  Prüfung.  1.  Die  Zulassung 
eines  Schülers  zur  Enüassungsprüfung  findet  in  der  Begel  nicht  früher  als  im 
vierten  Halbjahre  der  zweijäli^gen  Lehrzeit  der  Prima  statt.  Im  dritten  Halb- 
jahre dieser  Lehrzeit  kann  die  Zulassung  zur  Entlassungsprüfung  nur  ausnahms- 
weise auf  den  einstimmigen  Antrag  der  der  Prüiungscommission  angehörenden 
Lehrer  seitens  des  K.  Prov.Sch.C.  genehmigt  werden. 

Unbedingt  erforderlich  für  die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungs- 
prüfung ist,  dafs  derselbe  im  Halbjahre  der  Meldung  der  Oberprima  angehöre. 

2.  Wenn  ein  Primaner  im  Disciplinarwege  von  einem  Bealgymn.  oder 
einer  Ober-Bealschule  entfernt  worden  ist  oder  dieselbe  verlassen  hat^  um  sich 
einer  Schulstrafe  zu  entziehen,  oder  in  willkürlicher,  durch  die  Verhältnisse  nicht 
genügend  gerechtfertigter  Weise,  so  darf  ihm  an  der  Schule,  an  welche  er  über- 
gegangen ist,  bei  seiner  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  das  Halbjahr,  in 
welches  oder  an  dessen  Schlufs  der  Wechsel  der  Anstalt  fäUt^  nicht  auf  die 
zweijährige  Lehrzeit  der  Prima  angerechnet  werden. 

Ob  in  dem  letztbezeichneten  Falle  der  Wechsel  der  Anstalt  als  ein  ge- 
rechtfertigter zu  betrachten  und  demnach  das  fragliche  Semester  auf  die  zwei- 
jährige Lehrzeit  der  Prima  anzurechnen  ist,  entscheidet  auf  den  Vortrag  des 
Directors,  bezw.  des  Directors  und  der  der  Prüfungscommission  angehörenden 
Lehrer,  das  K.  Prov.Sch.C.  Falls  die  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  es  be- 
antragen, erfolgt  diese  Entscheidung  unmittelbar  beim  Eintritte  des  Schülers  in 
die  neue  Schule. 

3.  Die  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  ist  drei  Monate  vor  dem  Schlüsse 
des  betr.  Schulsemesters  dem  Director  schriftlich  einzureichen. 

4.  In  einer  Conferenz,  welche  von  dem  Director  mit  den  der  Prüftmgs- 
commission  angehörenden  Lehrern  zu  halten  ist,  werden  die  Meldungen  vorgelegt 
und  auf  Grund  der  in  der  Prima  den  betr.  Schülern  erteilten  Zeugnisse  Gut- 
achten (Nr.  6  und  §  12,  2)  darüber  festgestellt,  ob  diese  Schüler  nach  ihren 
wissenschaftlichen  Leistimgen  und  nach  ihrer  sittlichen  Haltung  als  den  Ziel- 
forderungen der  Schule  entsprechend  anzuerkennen  sind. 

5.  Wenn  ein  Schüler  nach  dem  einstimmigen  Urteile  der  Conferenz  die 
erforderliche  Beife  in  wissenschaftlicher  oder  sittlicher  Hinsicht  noch  nicht  er- 
reicht hat,  so  ist  der  Director  verpflichtet,  ihm  von  dem  Eintritte  in  die  Prüfung 
abzurathen  und   seinen  Eltern   oder   deren   Stellvertreter   entsprechende   Vor- 


408 

•  

«tellungen  zn   machen.     Bleiben   diese  Vorstellungen   erfolglos,   so   kann  die 

üebermittelnng  der  Meldung  an  das  K.  Frov.Scli.C.  nicht  verweigert  werden; 

dafs  die  Abratbnng  stattgefunden  hat,  ist  dabei  ausdrücklich  zu  vermerken. 

6.  Das  Verzeichnis  der  Schüler,  welche  sich  zur  Prüfung  gemeldet  haben, 
nebst  den  erforderlichen  näheren  Angaben  über  ihre  Person  und  dem  Gutachten  über 
ihre  Reife  (Nr.  4),  eventuell  eine  Vacatanzeige,  hat  der  Director  dem  K.  Prov. 
Seh.  C.  spätestens  2^2  Monat  vor  dem  Schlüsse  des  betr.  Semesters  einzureichen. 

In  dem  einzureichenden  tabellarischen  Verzeichnisse  sind  zu  dem  Namen 
jedes  Abiturienten  folgende  Subriken  auszufällen:  Tag  und  Ort  der  Geburt, 
Confession  (bezw.  Beligion),  Stand  und  Wohnort  des  Vaters,  Dauer  des  Auf- 
enthaltes auf  der  Schule  überhaupt  und  in  der  Prima  und  Oberprima  insbe- 
sondere (bei  solchen  Schülern,  welche  erst  in  die  Prima  eingetreten  sind,  An- 
gabe der  Schule,  welcher  sie  früher  angehörten  und  der  Dauer  des  Aufenthaltes), 
femer  ein  durch  kurze  Bezeichnung  der  bisherigen  gf'samten  Entwickelung  des 
Schülers  zu  begründendes  Gutachten  über  seine  Beife.  Diesem  Gutachten  ist 
die  Formulirung  des  ürteiles  beizufügen,  welches  in  dem  event.  Eeifezeugnisse 
in  die  Bubrik  „Betragen  und  Fleifs"  au&unehmon  beabsichtigt  wird.  Schliefs- 
lich  ist  zu  bezeichnen,  welchen  Beruf  der  Schüler  zu  wählen  beabsichtigt. 

Wenn  für  einen  Schüler  bezüglich  der  unter  Nr.  1  und  2  festgestellten 
Bedingungen  der  Zulassung  zur  Prüfung  eine  Ausnahme  beantragt  wird,  so  ist 
dies  in  dem  tabellarischen  Verzeichnisse  kenntlich  zu  machen  und  in  dem  Be- 
gleitberichte ausdrücklich  zu  erwähnen. 

7.  Das  K.  Prov.  Seh.  C.  prüft,  ob  die  for  die  Entlassungsprüfung  gelten- 
den Erfordernisse  (Nr.  1  und  2)  erfüllt  sind,  und  entscheidet  hiemach  über 
die  Zulassung  zur -Prüfung. 

§  6.  Art  und  Gegenstände  der  Prüfung.  1.  Die  Entlassungs- 
prüfung ist  eine  schriftUche  und  mündliche. 

2.  Zur  schriftlichen  Prüfung  gehören:  ein  deutscher  und  ein  französischer 
Aufsatz,  eine  üebersetzung  aus  dem  Deutschen  in  das  Französische  und  in  das 
Englische,  in  der  Mathematik  vier  Aufgaben,  welche  aus  der  Algebra,  der  ebenen 
und  körperlichen  Geometrie,  der  Trigonometrie  und  der  analytischen  Geometrie 
zu  wählen  sind;  in  der  Physik  zwei  Aufgaben,  welche  sich  an  den  Lehrstoff 
der  Prima  anschliefsen. 

Dazu  kommt  bei  den  Bealgymnasien  eine  üebersetzung  aus  dem  Lateini- 
schen in  das  Deutsche,  bei  den  Ober-Bealschulen  eine  chemische  Aufgabe. 

An  denjenigen  Anstalten,  an  welchen  die  polnische  Sprache  einen  lehr- 
planmäfsigen  Teil  des  Unterrichtes  bildet,  tritt  facultativ  hinzu  eine  Üeber- 
setzung aus  dem  Deutschen  in  das  Polnische. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  christliche  Beligions- 
lehre,  die  französische,  englische,  bezüglich  auf  die  lateinische  Sprache,  femer 
auf  Geschichte  und  Geographie,  Mathematik,  Physik  und  Chemie. 

§7.  Schriftliche  Prüfung.  1.  Stellung  der  Aufgaben.  1.  Alle 
gleichzeitig  die  Prüfung  ablegenden  Schüler  erhalten  dieselben  Aufgaben. 

2.  Die  Aufgaben  sind  so  zu  bestimmen,  dafs  sie  in  Art  und  Schwierig- 
keit die  Klassenaufgaben  der  Prima  in  keiner  Weise  überschreiten;  sie  dürfen 
aber  nicht  einer  der  bereits  bearbeiteten  Aufgaben  so  nahe  stehen,  dafs  ihre 
Bearbeitung  aufhört,  den  Werth  einer  selbständigen  Leistung  zu  haben. 

Für  die  Üebersetzung  aus  dem  Lateinischen  ist  aus  einem  der  Leetüre 
der  Prima  angehörenden  oder  dazu  geeigneten  Schriftsteller  ein  in  der  Schule 
nicht  gelesener,  von  besonderen  Schwierigkeiten  freier  Abschnitt  zu  wählen. 

3.  Die  Aufgaben  für  jeden  einzelnen  Gegenstand  legt  der  Lehrer,  welcher 
denselben  in  der  obersten  Klasse  vertritt,  dem  Director  zur  Genehmigung  vor. 


409 

4.  Die  Texte  zu  den  Uebersetznngen  aus  dem  Deutschen  bedürfen  nnr 
der  Genehmigung  des  Directors. 

5.  Für  den  deutschen  nnd  französischen  Aufsatz,  für  die  Uebersetzung 
aus  dem  Lateinischen  und  für  die  chemische  Arbeit  haben  die  Fachlehrer  je 
drei  Vorschläge,  für  die  mathematische  und  physikalische  Arbeit  je  drei  Gruppen 
Yon  je  vier,  beziehungsweise  zwei  Aufgaben  dem  Director  vorzulegen.  Nachdem 
dieser  die  Vorschläge  genehmigt  hat,  sendet  er  dieselben  unter  besonderem 
Verschlüsse  dem  K.  Früfungscommissar  ein,  behufs  der  aus  den  Vorschlägen 
zu  treffenden  Auswahl. 

6.  Die  Zustellung  der  Aufgabenvorschläge  an  den  E.  Commissar  ge- 
schieht gleichzeitig  mit  der  Einreichung  der  Meldungen  an  das  K.  Prov.Sch.C. ; 
zugleich  mit  der  Entscheidung  des  letzteren  über  die  Meldungen  stellt  der  K. 
Commissar  die  Aufgaben  mit  Bezeichnung  der  von  ihm  getroffenen  Wahl  unter 
besonderem  Verschlusse  zurück. 

7.  Der  K.  Commissar  ist  befugt  statt  aus  den  vorgeschlagenen  Auf- 
gaben zu  wählen,  andere  Aufgaben  zu  bestimmen,  so  wie  anzuordnen,  dafs  zum 
Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  Texte,  welche  er  mitteilt,  als  Aufgaben  benutzt 
werden.  Auch  steht  dem  Commissar  frei,  bei  erheblichen  Zweifeln  an  der 
Selbständigkeit  der  gefertigten  Prüfungsarbeiten  far  alle  oder  einzelne  Fächer 
neue  Aufgaben  zur  Bearbeitung  zu  stellen. 

8.  Es  ist  Pflicht  der  Prüflingscommission,  insbesondere  der  die  Aufgaben 
stellenden  Lehrer  und,  des  Directors,  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Aufgaben  för  die 
schriftliche  Prüfung  den  Schülern  erst  beim  Beginne  der  betr.  Arbeit  zur 
Kenntnis  kommen,  auch  jede  vorherige  Andeutung  über  dieselben  auf  das 
strengste  zu  vermeiden. 

§  8.  Bearbeitung  der  schriftlichen  Aufgaben.  1.  Die  Be- 
arbeitung der  Aufgaben  geschieht  in  einem  geeigneten  Zimmer  der  Schule  unter 
der  beständigen,  durch  den  Director  anzuordnenden  Aufsicht  von  Lehrern,  welche 
der  Prüfnngscommission  angehören. 

2.  Für  jeden  der  beiden  Aufsätze  und  für  die  mathematische  Arbeit  sind 
fünf  Vormittagsstunden  zu  bestimmen;  die  Frist  darf  bei  den  Aufsätzen  nöthigen- 
falls  um  eine  halbe  Stunde  überschritten  werden.  Für  die  Uebersetzung  aus 
dem  Lateinischen  werden,  ausschliefslich  der  zum  Dictiren  des  Textes  erforder- 
lichen Zeit,  drei  Stunden,  zu  der  Anfertigung  der  Uebersetzungen  in  das  Franzö- 
sische und  Englische  (und  Polnische),  ausschliefslich  der  für  das  Dictiren  der 
Texte  erforderlichen  Zeit,  je  zwiei  Stunden,  fär  die  physikalische  Arbeit  drei, 
far  die  chemische  zwei  Stunden  bestimmt. 

3.  Keine  Arbeitszeit  (Nr.  1  und  2)  darf  durch  eine  Pause  unterbrochen 
werden.  Doch  ist  es  zulässig,  die  für  die  mathematische  Arbeit  bestimmte  Zeit 
in  zwei  durch  eine  Erholungspause  getrennte  Hälfken  zu  teilen,  am  Beginne 
einer  jeden  die  Hälfte  der  AtdTgaben  zu  stellen  und  deren  Bearbeitung  am  Schlüsse 
jeder  der  beiden  halben  Arbeitszeiten  abliefern  zu  lassen. 

4.  Andere  Hülfsmittel  in  das  Arbeitszimmer  mitzubringen,  als  far  den 
französischen  Aufsatz  ein  französisch-deutsches  (für  die  Uebersetzung  aus  dem 
Lateinischen  ein  lateinisch-deutsches)  Wörterbuch,  für  die  mathematische  und 
die  physikalische  Arbeit  Logarithmentafeln  (für  die  chemische  Arbeit  chemische 
Tafeln),  ist  nicht  erlaubt. 

5.  Wer  mit  seiner  Arbeit  fertig  ist,  hat  sie  dem  beaufiBichtigenden  Lehrer 
abzugeben  und  das  Arbeitszimmer  zu  verlassen. 


*)  Zu  §  8.  Die  Ü.  u.  Pr.O.  v.  6.  Oct.  1859  setzte  voraus,  dafs  die  schrift- 
lichen rrüfungsarbeiten  im  Zeitraum  einer  Woche  angefertigt  werden.  S.  p.  76, 
vgl.  Bemerkung  unter  p.  398. 


410 

Wer  nach  Ablauf  der  yorschriftsmäfsigen  Zeit  mit  seiner  Arbeit  nicht 
fertig  ist,  hat  sie  nnvoUendet  abzugeben. 

In  jedem  Falle  ist  von  den  fertigen  wie  von  den  unvollendeten  Arbeiten 
aufser  der  Beinschrift  das  Concept  mit  abzugeben. 

6.  Wer  bei  der  schriftlichen  Prüjfong  sich  der  Benutzung  unerlaubter 
Hilfsmittel,  einer  Täuschung  oder  eiifes  Täuschungsversuches  schuldig  macht 
oder  anderen  zur  Benutzung  unerlaubter  Hülfsmittel,  zu  einer  Täuschung  oder 
einem  Täuschungsversuche  behülflich  ist,  wird  mit  AusschluTs  von  der  weiteren 
Prüfung  und,  wenn  die  Entdeckung  erst  nach  Vollendung  derselben  erfolgt, 
mit  Yorenthaltung  des  Prüfungszeugnisses  bestraft.  Die  in  solcher  Weise  Be- 
straften sind  hinsichtlich  der  Wiederholung  der  Prüfung  denjenigen  gleichzu- 
stellen, welche  die  Prüfung  nicht  bestanden  haben  (vergl.  §  16,  1  und  2).  Wer 
sich  einer  Täuschung  oder  eines  Täuschungsvei^uches  auch  bei  der  Wieder- 
holung der  Prüfung  schuldig  macht,  kann  von  der  Zulassung  zur  Reifeprüfung 
überhaupt  ausgeschlossen  werden.  In  jedem  FaUe  einer  Täuschung  oder  eines 
Täuschungsversuches  ordnet  zunächst  der  Director  mit  den  der  Prüfnngs- 
commission  angehörenden  Lehrern  das  Erforderliche  an,  die  schliefsliche  Ent- 
scheidung trifft  die  gesamte  Commission  vor  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  2). 
Für  die  Fälle,  in  denen  ein  Schüler  von  der  Zulassung  zur  Reifeprüfung  über- 
haupt ausgeschlossen  werden  soll,  ist  die  Entscheidung  des  Ministers  einzuholen. 

Auf  diese  Vorschriften  hat  der  Director  beim  Beginne  der  ersten  schrift- 
lichen Prüfungsarbeit  die  Schüler  ausdrücklich  aufmerksam  zu  machen. 

§  9.  Beurteilung  der  schriftlichen  Arbeiten.  1.  Jede  Arbeit 
wird  zunächst  von  dem  Fachlehrer  corrigirt  und  censirt,  d.  h.  die  sich  findenden 
Fehler  werden,  mag  an  die  Stelle  des  Unrichtigen  das  Bichtige  gesetzt  werden 
oder  nicht,  nach  ihrer  Art  und  dem  auf  sie  zu  legenden  Gewichte  bezeichnet, 
und  es  wird  über  den  Werth  der  Arbeit  im  Verhältnisse  zu  den  Prüfungs- 
forderungen (§  3)  ein  Urteil  abgegeben,  welches  schliefslich  in  eins  der  vier 
Prädicate:  sehr  gut,  gut,  genügend,  nicht  genügend,  zusammenzufassen 
ist.  Hinzuzufügen  ist  die  Angabe  über  die  Beschaffenheit  der  betr.  Klassen- 
leistungen; es  darf  jedoch  dem  Urteile  über  die  Xlassenleistungen  kein  Einflufs 
auf  das  der  Prüfungsarbeit  zuzuerkennende  Prädicat  gegeben  werden. 

2.  Sodann  circuliren  die  Arbeiten  bei  den  der  Prüfungscommission  an- 
gehörenden Lehrern,  und  in  einer  hierauf  vom  Dir.  mit  denselben  zu  haltenden 
Conferenz  werden  die  den  einzelnen  Arbeiten  erteilten  Prädicate  zusammen- 
gestellt und  wird  darüber  BeschluTs  gefafst,  ob  und  für  welche  Examinanden  die 
Ausschliefsung  von  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  3)  oder  die  Dispensation 
von  derselben  (§  10,  4)  zu  beantragen  ist 

3.  Der  Director  hat  hierauf  die  Arbeiten  nebst  dem  Prüfungsprotokolle 
und  dem  geschriebenenen  Texte  der  Uebersetzungen  aus  dem  Lateinischen,  in 
das  Französische  und  in  das  Englische  rechtzeitig  vor  dem  Termine  zur  münd- 
lichen Prüfung  dem  K.  Commissar  zuzustellen.  Am  Bande  der  Texte  für  die 
Uebersetzungen  in  die  fremden  Sprachen  und  aus  dem  Lateinischen  sind  die  den 
Examinanden  etwa  angegebenen  Vocabeln  oder  anderweiten  Uebersetzungshülfen 
zu  bezeichnen;  diese  Bezeichnung  hat  die  Bedeutung,  dafs  auTserdem  keine 
Uebersetzungshülfen  den  Examinanden  gegeben  sind.  Den  Prüfungsarbeiten 
sind  ferner  bei  den  Realgymnasien  die  Uebersetzungen  in  das  Lateinische  bei- 
zulegen, welche  die  Schüler  behufs  ihrer  Versetzung  nach  Prima  geliefert  haben. 

Der  K.  Commissar  ist  befugt,  Aenderungen  in  den  den  Prüfungsarbeiten 
erteilten  Prädicaten  zu  verlangen  und  eintreten  zu  lassen.  Hiervon  ist  in  dem 
Protokolle  (§  13)  Kenntnis  zu  geben. 

§  10.  Mündliche  Prüfung.  1.  Vorbereitung.  1.  Die  mündliche 
Prüfung  ist  innerhalb  der  letzten  sechs  Wochen  des  betr.  Schulsemesters  vorzunehmen. 


411 

Der  K.  Commissar  bestimmt  den  Tag  und  fahrt  den  Vorsitz. 

Für  den  Tag  der  mündlichen  Prüfung  hat  der  Director  in  dem  Locale 
der  Prüfung  die  Censnren,  welche  die  Examinanden  während  der  Dauer  ihres 
Aufenthaltes  in  Prima  erhalten  haben  (von  Schülern,  welche  einen  Teil  des 
Primacursus  auf  einer  anderen  Schule  zugebracht  haben,  auch  ihre  Abgangs- 
zeugnisse) und  ihre  schriftlichen  Arbeiten  aus  Prima  sowie  die  von  denselben 
während  des  Aufenthaltes  in  Prima  in  den  Unterrichtsstunden  angefertigten 
Zeichnungen  zur  Einsichtnahme  bereit  zu  halten. 

Bei  der  mündlichen  Prüfung,  jedoch  mit  Ausschlufs  der  derselben  voraus- 
gehenden (Nr.  3)  und  nachfolgenden  (§  13,  1)  Berathung,  haben  auAer  den  der 
Commission  angehörenden  auch  aUe  übrigen  wissenschaftl.  Lehrer  der  Anstalt 
anwesend  zu  sein.  In  dem  Falle  einer  mehrtägigen  Dauer  der  Prüfung  (§11,1) 
gilt  diese  Bestimmung  nur  für  den  ersten  Tag. 

2.  Der  Prüfung  geht  voraus  eine  Berathung  und  Beschlufsfassung  darüber, 
ob  einzelne  der  Bewerber  von  der  Zulassung  zur  mündlichen  Prüfung  auszu- 
schliefsen  oder  von  ihrer  Ablegung  zu  befreien  sind.    (Vgl.  §  8,  6  und  §  9,  3.) 

3.  Ein  Schüler,  dessen  schriftliche  Prüfungsarbeiten  sämtlich  oder  der 
Mehrzahl  nach  das  Prädicat  „nicht  genügend*'  erhalten  haben,  ist  von  der 
mündl.  Prüfung  auszuschliefsen,  wenn  bereits  in  der  auf  Anlafs  der  Meldung 
aufgestellten  Beurteilung  (§  5,  6)  der  Zweifel  an  der  Beife  desselben  Ausdruck 
gefunden  hat.  Ist  ein  solcher  Zweifel  nicht  ausgedrückt  worden,  so  wird  der 
Erwägung  der  Commission  anheimgestellt,  ob  der  Bath  zum  Bücktritte  vor  der 
mündl.  Prüfung  erteilt  werden  soll. 

4.  Wenn  die  Leistungen  eines  Schülers  während  der  Lehrzeit  der  Prima 
nach  dem  einstimmigen  UrtBÜe  der  Lehrer  befriedigt  haben  und  die  schrift- 
lichen Arbeiten  der  Entlassungsprüfung  sämüich  genügend,  einige  darunter 
besser  ausgefallen  sind,  so  kann  derselbe  von  der  mündl.  Prüfung  befreit 
werden.    Ein  dahin  gehender  Beschlufs  mufs  einstimmig  gefafst  sein; 

Bei  Anwendung  dieser  Bestimmung  ist  auf  die  sittliche  Führung  des  betr. 
Schülers  während  seiner  Lehrzeit  in  der  Prima  entsprechende  Bücksicht  zu  nehmen. 

§  11.  3.  Ausführung.  1.  Mehr  als  acht  Schüler  dürfen  in  der  Begel 
nicht  an  einem  Tage  geprüft  werden.  Sind  mehr  als  acht  Schüler  zu  prüfen, 
so  sind  dieselben  in  zwei  oder  nach  Erfordernis  in  mehrere  Gruppen  zu  teilen. 
Die  Prüfung  jeder  Gruppe  ist  gesondert  vorzunehmen. 

2.  Der  K.  Commissar  bestimmt  die  Folge  der  Prüfungsgegenstände  und 
die  jedem  derselben  zu  widmende  Zeit.  Er  ist  befugt,  bei  einzelnen  Schülern 
die  Prüfung  in  einzelnen  Fächern  nach  Befinden  abzukürzen.  Femer  ist  der- 
selbe befugt,  an  Bealgymnasien  die  Prüfung  nur  in  einer  der  neueren  Sprachen 
eintreten  und  bei  genügenden  schrifü.  Leistungen  die  Prüfung  in  der  Physik 
ausfallen  zu  lassen,  an  Ober-Bealschulen  die  Prüfung  in  den  Naturwissen- 
schaften auf  Physik  oder  Chemie  zu  beschränken. 

3.  Die  Schüler  dürfen  keine  Bücher  zur  Prüfung  mitbringen. 

4.  In  Betreff  etwaiger  Täuschungen  oder  Täuschungsversuche  bei  der 
mündl.  Prüfung  gelten  die  Bestimmungen  des  §  8,  6. 

5.  Zu  prüfen  hat  in  jedem  Gegenstande  der  Lehrer  desselben  in  der 
obersten  Klasse.  Der  K.  Commissar  ist  befugt,  seinerseits  Fragen  an  die 
Schüler  zu  richten  und  in  einzelnen  Fällen  die  Prüfung  selbst  zu  übernehmen. 

6.  Zur  Prüfung  im  Lateinischen  werden  den  Schülern  zum  üebersetzen 
Abschnitte  aus  solchen  Schriftstellern  vorgelegt,  welche  in  der  Prima  gelesen 
werden  ober  dazu  geeignet  sein  würden.  Inwieweit  dazu  Dichter  und  Prosaiker 
benützt  werden,  bleibt  der  Bestimmung  des  K.  Commissars  überlassen,  welcher 
auch  befugt  ist,  die  Auswahl  der  vorzulegenden  Abschnitte  zu  treffen.  Aus 
Prosaikern  sind  nur  solche  Abschnitte  vorzulegen,  welche  von  den  Schülern  in 


.^  1 


412 

der  Klasse  nicht  gelesen  sind,  ans  den  Dichtern  in  der  Regel  solche  Abschnitte, 
welche  in  der  Klassenlectüre,  aber  nicht  während  des  letzten  Halbjahres,  Yor- 
gekommen  sind.  An  die  üebersetzung  sind  Fragen  ans  der  Grammatik  nnd 
Metrik  anzüschüefsen. 

7.  Fär  die  Auswahl  der  im  Französischen  und  Englischen  Yorzulegenden 
Abschnitte  gelten  dieselben  Bestimmungen  wie  im  Lateinischen.  An  die  Üeber- 
setzung sind  Fragen  aus  der  Grammatik  und  Synonymik  sowie  über  die  Haupt- 
punkte der  Metrik  anzuschliefsen.  Femer  ist  den  Schülern  bei  der  üebersetzung 
des  französischen  und  des  englischen  Schriftstellers  Gelegenheit  zu  geben,  ihre 
Geübtheit  im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  zu  zeigen. 

8.  Die  geschichtliche  Prüfung  hat  insbesondere  die  Greschichte  Griechen- 
lands, Boms,  Deutschlands  und  des  preufsischen  Staates  zum  Gegenstande. 
Eine  Prüfung  in  der  Geographie  findet  nicht  statt  (vergl.  Lehrplan  zu  6  und  7, 
p.  131  f.,  und  Prüfangsordnung  §  14,  2).  Durch  die  Hinzufügung  von  Geographie 
zu  Geschichte  in  §  6,  3  ist  nur  die  Ermittelung  der  zum  Verständnisse  der 
Geschichte  gehörenden  geographischen  Kentnisse  erforderlich. 

9.  Die  Prüfung  in  der  Mathematik  und  Physik  darf  nicht  auf  das  Lehr- 
pensum der  Prima  beschränkt  werden. 

An  die  Prüfung  in  der  Chemie  sind  einige  Fragen  aus  der  Mineralogie 
anzuschliefsen. 

In  der  Botanik  und  Zoologie  wird  nicht  geprüft  (vgl.  §  14,  2). 

10.  Im  Verlaufe  der  mündl.  Prüfung  sind  auf  Vorschlag  der  betr.  Fach- 
lehrer von  der  Commission  die  Prädicate  festzustellen,  welche  jedem  Examinanden 
in  den  einzelnen  Gegenständen  auf  Grund  der  mündlichen  Prüfungsleistungen 
zuzuerkennen  sind. 

§  12.  Feststellung  des  Urteiles.  1.  Nach  Beendigung  der  mündL 
Prüfung  findet  eine  Berathung  der  Prüfungscommission  über  das  Ergebnis  der 
gesamten  Prüfung  statt.  Die  Ordnung,  in  welcher  die  einzelnen  Fragen  zur 
Erwägung  und  Beschlufsfassung  gebracht  werden  sollen,  bestimmt  derK.Commissar. 

2.  Bei  der  Entscheidung  darüber,  ob  die  Prüfung  bestanden  sei,  sind 
aufser  den  Leistungen  in  der  schriftl.  und  mündl.  Prüfung  die  vor  dem  Beginne 
der  gesamten  Prüfung  festgestellten  Prädicate  (§  5,  6)  über  die  Elassenleistungen 
in  Betracht  zu  ziehen. 

3.  Die  Prüfung  ist  als  bestanden  zu  erachten,  wenn  das  auf  die  Prüfungs- 
und Elassenleistungen  (Nr.  2)  gegründete  Gesamturteil  in  keinem  obligatorischen 
wissenschaftl.  Lehrgegenstande  „nicht  genügend**-  lautet. 

Eine  Abweichung  hiervon  in  Berücksichtigung  des  von  dem  Schüler  ge- 
wählten Berufes  ist  nicht  zulässig.  Dagegen  ist  zulässig,  daf)9  nicht  genügende 
Leistungen  in  einem  Lehrgegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen  in 
einem  anderen  obligatorischen  Gegenstande  als  ergänzt  erachtet  werden. 

4.  Die  Beligionslehrer  haben  sich  der  Abstimmung  zu  enthalten,  wenn 
es  sich  um  einen  Schüler  handelt,  der  an  ihrem  Unterrichte  nicht  teilnimmt. 

5.  Bei  allen  Abstimmungen  der  Commission  gilt,  wenn  Stimmengleich- 
heit eintritt,  diejenige  Ansicht,  für  welche  der  E.  Commissar  stimmt. 

6.  Gegen  den  BeschluTs  der  Prüfungscommission  über  Zuerkennung  oder 
Verweigerung  des  Zeugnisses  der  Reife»  steht  dem  E,  Commissar  das  Becht  der 
Einsprache  zu.  In  diesem  Falle  sind  die  Prüfungsverhandlungen  dem  E.  Prov. 
Sch.C.  zur  Entscheidung  einzureichen. 

7.  Nachdem  die  Berathung  abgeschlossen  und  das  Protokoll  von  sämtlichen 
Mitgliedern  der  Commission  unterzeichnet  ist,  verkündigt  der  E.  Commissar  den 
Examinanden  das  Gresamtergebnis  der  Prüfing. 

§  13.  PrüfungsprotokolL  üeber  die  gesamten  Vorgänge  der  Prüfung 
ist  ein  Protokoll  mit  folgenden  Abschnitten  zu  führen: 


413 

1.  Protokoll  über  die  durch  §  5,  4  bestimmte  Conferenz;  dazu  gehören 
als  Beilagen  die  Meldnngen  zur  Prüfung  (§  5,  3),  das  in  §  5,  6  bezeichnete, 
an  das  E.  Prov.  Sch.C.  eingereichte  Veizeichnis  und  die  Verfügung  desselben 
über  die  Annahme  der  Meldungen  (§  5,  7 ;  §  7,  6). 

2.  Protokoll  über  die  schriftliche  Prüfung  (§  8).  In  demselben  ist  zu 
verzeichnen,  wann  jede  einzelne  schriftliche  Arbeit  begonnen  ist,  welche  Lehrer 
die  Aufsicht  geführt  haben,  welche  Schüler  und  wann  und  wie  lange  sie  das 
Zimmer  während  der  Arbeitszeit  zeitweilig  verlassen  haben,  wann  jeder  seine 
Arbeiten  abgegeben  hat;  aufserdem  ist  jedes  Yorkomnis  zu  verzeichnen,  welches 
darauf  schliefsen  läTst,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

Am  Anfange  dieses  Protokolies  ist  zu  vermerken,  dafs  der  Director  den 
Schülern  die  in  §  8,  6  vorgeschriebene  Eröffnung  gemacht  hat;  am  Schlüsse  des 
Protokolies  hat  der  Director  entsprechenden  Fa^es  zu  bezeugen,  dafs  während 
des  Verlaufes  der  schrifü.  Prüfung  nichts  vorgekommen  ist,  was  darauf  schliefsen 
liefse,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

3.  Protokoll  über  die  Vorberathung  vor  der  mündlichen  Prüfung  (§  9,  2). 

4.  Das  Protokoll  über  die  mündliche  Prüfung.  Dasselbe  hat  zu  ent- 
halten* die  Vorberathung  (§  10,  2),  den  Inhalt  der  gestellten  Fragen  und  die 
Beschaffenheit  der  Antworten  in  der  Weise,  dafs  daraus  die  Begründung  der 
über  die  Ergebnisse  der  mündl.  Prüfung  gefällten  Urteile  ersichtlich  wird,  und 
die  SchlUfsberathung  (§  12). 

§  14.  Zeugnis.  1.  Wer  die  Prüfang  bestanden  hat,  erhält  ein  Zeug- 
nis der  Beife.  Dasselbe  mufs  enthalten :  ein  urteil  über  das  sittliche  Verhalten, 
die  Aufmerksamkeit  und  den  Fleifs  des  Schülers;  für  jeden  einzelnen  Lehr- 
gegenstand der  Oberprima  die  Bezeichnung  des  Verhältnisses  der  Schul-  und 
Piüfungsleistungen  zu  den  Forderungen  der  Schule  und  schliefslich  die  Er- 
klärung, dafs  die  Prüfdng  bestanden  sei. 

Ein  Formular  für  die  Zeugnisse  ist  dieser  Prüfungsordnung  beigefagt. 
(Anlage  B.) 

2.  Das  aus  dem  Urteile  über  die  Prüfungs-  und  über  die  Schulleistungen 
in  jedem  Gegenstande  sich  ergebende  Gesamturteil  ist  schliefslich  in  eins 
der  vier  §  9,  1  bezeichneten  Prädicate  zusammenzufassen.  Dies  Prädicat  ist 
durch  die  Schrift  hervorzuheben. 

Für  Botanik  und  Zoologie  wird  die  bei  der  Versetzung  nach  Obersecunda, 
for  Geographie  die  bei  der  Versetzung  nach  Prima  erteilte  Censur  in  das  Zeug- 
nis aufgenommen. 

3.  Die  auf  Grund  des  gesamten  Prüfungsergebnisses  unter  der  Ver- 
antwortlichkeit des  Directors  zu  entwerfenden  und  von  allen  Mitgliedern  der 
Commission  zu  unterzeichnenden  Concepte  der  Beifezeugnisse  sind  nebst  der 
gleichen  Zahl  von  Blanketten  dem  E.  Commissar  zur  Unterschrift  vorzulegen. 
Letztere  müssen  den  Hamen  und  die  Personalverhältnisse  der  abgehenden 
Schüler  und  die  Unterschrift  des  Directors  bereits  enthalten. 

Die  Zeugnisse  werden  von  sämtlichen  Mitgliedern  der  Prüfungscommission 
unterzeichnet. 

4.  Eingehändigt  werden  die  Zeugnisse  in  der  Begel  sämtlichen  Schülern 
gleichzeitig  unter  geeigneter  Ansprache  durch  den  Director  in  einer  Versanmilung 
der  ganzen  Schule  oder  ihrer  oberen  Klassen. 

§  15.  Einreichung  der  Prüfungsverhandlungen  an  die  K. 
Prov.  Schulcollegien.  Der  Director  hat  das  Prüfungsprotokoll  nebst  Bei- 
lagen (§  13)  sowie  Abschrift  der  Beifezeugnisse  und  die  schriftlichen  Arbeiten 
der  Schüler  spätestens  vier  Wochen  nach  AbschluTs  der  mündlichen  Prüfung 
an  das  E.  Prov.  Sch.C.  einzureichen,  behufs  Mitteilung  an  die  betr.  Wissen- 


414 

BchaftL  PrüfangscommiBsion«  Die  Arbeiten  sämtlicher  Examinanden  über  den- 
sdben  Früfungsgegenstand  sind  zasammenznheften;  jedem  Hefte  ist  die  Angabe 
der  vorgeschlagmen  Ansahen,  bei  den  Uebersetzungen  in  eine  fremde  Sprache 
und  ans  dem  Lateinischen  der  dictirte  Text  nnter  Bezeiehmmg  der  etwa  dazn 
gegebenen  Vocabeln  oder  sonstigen  Hülfen  (yergL  §  9,  3)  beizufügen. 

Die  Concepte  der  schriftl.  Arbeiten  (§  8,  5)  sind  nur  in  dem .  Falle  bei- 
zulegen, wenn  der  betr.  Fachlehrer  znr  Begründang  seines  Urteiles  Bezng  darauf 
genommen  hat  oder  der  E.  Commissar  es  erfordert 

§  16.  Verfahren  bei  denjenigen,  welche  die  Entlassnngs- 
prüfang  nicht  bestanden  haben.  L  Wer  die  Entlassungsprüfong  ein- 
mal nicht  bestanden  hat,  darf  zur  Wiederholung  derselben,  mag  er  femer  eine 
Bealanstalt  besuchen  oder  nicht,  höchstens  zweimal  zugelassen  werden. 

2.  Denjenigen  Schülern,  welche  nach  nicht  bestandener  Entlassungsprüfung 
die  Schule  verlassen,  wird  ein  gewöhnliches  Abgangszeugnis  ausgestellt,  in  dessen 
Eingang  das  ungenügende  Ergebnis  der  Entlassungsprüfung  zu  erwähnen  ist 

§  17.  Keifeprüfung  derjenigen,  welche  nicht  Schüler  eines 
Realgymnasiums  oder  einer  Ober-Bealschule  sind.  1.  Wer,  ohne 
Schüler  einer  Bealanstalt  zu  sein,  die  an  die  Entlassungsprüfung  derselben  ge- 
knüpften Rechte  erwerben  will,  hat  unter  Nachweisung  seines  Bildungsganges 
und  seines  sittlichen  Verhaltens  das  Gesuch  um  Zulassung  zur  Prüfung  an  das 
E.  ProY.  Sch.C.  zu  richten,  dessen  Amtsbereiche  er  durch  den  Wohnort  der 
Eltern  oder  den  Ort  seiner  letzten  Schulbildung  angehört,  und  wird  von  dem- 
selben, sofern  die  Nachweisungen  als  ausreichend  befunden  sind,  einem  Beal- 
gymnasium  oder  einer  Ober-Bealschule  zur  Prüfung  überwiesen. 

Wenn  Jemand  bereits  die  Universität  bezogen  hat,  bevor  er  das  für  die 
vollberechtigte  Zulassung  zu  dem  betr.  Facultätsstudium  erforderliche  Beifezeug- 
nis  erworben  hat,  und  nachträglich  die  Beifeprüfung  abzulegen  wünscht,  so 
hat  er  hierzu  die  besondere  Bewilligung  des  Ministers  nachzusuchen.  Wenn 
derselbe  nach  erhaltener  Erlaubnis  <üe  Prüfung  nicht  besteht,  so  kann  er  nur 
noch  einmal  zur  Prüfung  zugelassen  werden. 

2.  Das  Oesuch  um  Zulassung  zur  Prüfung  ist  drei  Monate  vor  dem 
Schlüsse  des  betr.  Schulsemesters  einzureichen. 

Der  Nachweisung  des  Bildungsganges  sind  die  letzten  Schul-  oder  Privat- 
zeugnisse über  den  empfangenen  Unterricht  beizufügen. 

3.  Das  E.  Prov.  Sch.C.  ist  verpflichtet,  wenn  sich  aus  dem  Zeugnisse 
ergiebt,  dafs  der  Bittsteller  bereits  an  einer  Bealanstalt  einer  anderen  Provinz 
als  Primaner  die  Entlassungsprüfung  erfolglos  abgelegt  hat,  mit  dem  E.  Prov. 
Sch.C.  dieser  Provinz  in  Einvernehmen  darüber  zu  keten,  ob  dortseits  noch 
etwa  Bedenken  gegen  die  Zulassung  zu  erheben  sind,  welche  aus  den  Zeug- 
nissen nicht  erhellen. 

4.  Junge  Leute,  welche  früher  ein  Bealgymnasium  oder  eine  Ober-Beal- 
schule besucht  haben,  dürfen  zur  Prüfung  nur  zugelassen  werden,  wenn  mit 
Ablauf  des  Halbjahres,  in  welchem  sie  sich  melden,  von  dem  Einkitte  in  die 
Prima  an  gerechnet,  zwei  Jahre,  und  falls  sie  schon  aus  Obersecunda  abgegangen, 
auTserdem  noch  diejenige  Zeit  verflossen  ist,  welche  sie  normalmäfsig  in  dieser 
Elasse  noch  hätten  zurücklegen  müssen,  um  in  die  Prima  versetzt  zu  werden. 
Hierbei  bleiben  bezüglich  der  Anrechnung  des  Besuches  der  Prima  die  Be- 
stimmungen von  §  5,  2  in  ErafI;. 

5.  Für  die  Prüfung  sind  die  §§  3  bis  16  mit  folgenden  näheren  Be- 
stimmungen malägebend. 

Für  die  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  sind  andere  Aufgaben  zu  stellen, 
als  die  Schüler  der  betr.  Schule  erhalten. 


415 

Anfser  den  in  §  6,  2  bezeichneten  Aufgaben  haben  die  Examinanden  an 
den  Bealgymnasien,  sofern  sie  nicht  bereits  der  Prima  eines  Bealgymnasioms 
angehört  haben  und  das  bei  der  Yersetzong -in  diese  Klasse  erhaltene  Zeugnis 
vorlegen,  eine  üebersetzung  aus  dem  Deutschen  ins  Lateinische  zu  fertigen, 
welche  bestimmt  ist,  ihre  Sicherheit  in  der  Foimenlehre  und  in  den  Haupt- 
regeln der  Syntax  zu  ermitteln. 

Eine  Ausschliefsung  oder  eine  Befreiung  von  der  mündlichen  Prüfung 
findet  nicht  statt 

Die  mündliche  Prüfung  ist  getrennt  Yon  deijenigen  der  Schüler  der  An- 
stalt abzuhalten. 

Zu  der  Prüfung  in  den  §  6,  3  bezeichneten  Gegenständen  tritt  die  in 
der  deutschen  Litteratur,  der  Zoologie  und  Botanik  und  in  der  Geographie  hinzu, 
zur  Ermittelung  des  durch  §  3,  3  und  §  14,  2  erforderten  Mafses  der  Kenntnisse. 

Das  Protokoll  über  die  Prüfung  ist  abgesondert  von  dem  über  die 
Prüfung  der  Schüler  der  Bealanstalt  zu  führen. 

6.  Das  in  das  Reifezeugnis  au£sunehmende  urteil  über  das  sittliche  Ver- 
halten ist  auf  Grand  der  beigebrachten  Nachweisungen  und  unter  Berufung 
auf  dieselben  abzufassen. 

7.  Wird  die  Prüfung  nicht  bestanden,  so  ist  die  Commission  berechtigt, 
nach  Befinden  zu  bestimmen,  ob  die  Wiederholung  erst  nach  Ablauf  eines 
Jahres  erfolgen  darf. 

8.  Die  Prüfungsgebühren  betragen  dreifsig  Mark«  Sie  sind  vor  dem 
Beginne  der  schriftlichen  Prüfung  zu  entrichten. 

§  18.  Bestimmung  über  die  Prüfung  der  Schüler,  welche 
das  Beifezeugnis  an  einer  Ober-Kealschule  erworben  haben.  1.  Die 
Bestimmungen  des  §  17  finden  auch  auf  diejenigen  jungen  Leute  sinnent- 
sprechende Anwendung,  welche  die  Entlassungsprüfong  an  einer  Ober-Realschule 
bestanden  haben  und  sich  die  mit  dem  Reifezeugnisse  eines  Realgymnasiums 
verbundenen  Rechte  erwerben  wollen. 

2.  Wenn  diesen  Bewerbern  durch  das  Reifezeugnis  der  Ober-Realschule 
im  Deutschen  und  im  Französischen  das  Prädicat  genügend  ohne  jede  Ein- 
schränkung erteilt  ist,  so  wird  ihre  Prüf\uig  auf  das  Lateinische  beschränkt; 
in  der  schriftlichen  Prüfung  haben  dieselben  auTser  der  üebersetzung  aus  dem 
Lateinischen  eine  üebersetzung  ins  Lateinische  (vgl.  §  17,  5)  zu  fertigen. 

Ob  das  von  der  Ober-Realschule  erteilte  Reifezeugnis  diese  Beschränkung 
der  Prüfung  begründet,  hat  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  entscheiden. 

3.  Die  Gebühren  für  eine  solche  Prüfung  betragen  zehn  Mark. 

'  §  19.  Die  Prüfungsordnung  vom  6.  October  1859  (s.  p.  73  ff.)  und  die 
zur  Erläuterung  und  Ergänzung  derselben  erlassenen  Verfügungen  treten  hier- 
mit aufser  Krsät. 

B.  Ordnung  der  EntlaBsungsprüfong  an  den  Bealprogsmmasien. 

Für  die  Entlassungsprüfung  an  den  Realprogymnasien  finden  die  vor- 
stehenden Anordnungen  für  die  Entlassungsprüfung  an  Realgymnasien  sinn- 
entsprechende Anwendung  mit  folgenden  näheren  Bestimmungen: 

Zu  §  3.'  Zur  Erwerbung  eines  Zeugnisses  der  Reife  hat  der  Schüler  in 
den  einzelnen  Lehrgegenständen  die  für  die  Versetzung  in  die  Prima  eines 
Realgymn.  erforderUchen  Kenntnisse  nachzuweisen. 

Zu  §  5,  1.  Die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungsprüfung  findet 
nicht  früher  als  im  vierten  Semester  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Secunda 
statt    Der  Schüler  mufs  im  Semester  der  Meldung  der  Obersecunda  angehören. 

2.  Findet  keine  Anwendung. 


416 

Zu  §  6,  2.  Znr  schriftlichen  Prafnng  gehören:  ein  deutscher  Aufsatz, 
eine  üebersetzang  ans  dem  Deutschen  in  das  Lateinische,  in  das  Französische 
und  in  das  Englische,  und  in  der  Mathematik  vier  Aufgaben,  und  zwar  zwei 
algebraische,  eine  planimetrische  und  eine  trigonometrische. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  christliche  Beligions- 
lehre,  die  lateinische,  französische  und  englische  Sprache,  Geschichte  und 
Geographie,  Mathematik,  Physik  und  Chemie. 

Zu  §  11,  9.  Die  Prüfung  in  der  Geschichte  und  in  der  Mathematik 
darf  sich  nicht  auf  das  Lehrpensum  der  Secunda  beschränken. 

Zu  §  14,  1.  Für  Botanik  und  Zoologie  wird  die  bei  der  Versetzung 
nach  Obersecunda  erteilte  Censur  in  das  Zeugnis  aufgenommen. 

Zu  §  15.  Wenn  der  Departementsrath  des  K.  Prov.Sch.C.  den  Vorsitz 
bei  der  Pr^ung  nicht  selbst  geführt  hat,  so  sind  die  Prüftingsprotokolle  nebst 
Anlagen  (§  13)  sowie  Abschriften  der  Zeugnisse  und  die  schriftlichen  Arbeiten 
der  Examinanden  von  dem  Rector  spätestens  vier  Wochen  nach  AbschluTs  der 
Prüfung  an  das  K.  Prov.  Sch.C.  zur  Kenntnisnahme  einzusenden. 

Zu  §  17,  8.    Die  Prüfungsgebühren  betragen  zwanzig  Mark. 

Anmerkung.  Die  für  die  Entlassungsprüfong  an  den  Bealprogymnasien 
geltenden  Bestimmungen  finden  Anwendung  auf  die  Prüfungen,  welche  junge  Leute 
an  Bealgymnasien  ablegen,  um  sich  das  Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima  zu  er- 
werben. Den  Vorsitz  bei  diesen  Prüfungen  führt  der  Director  des  Realgymnasiums. 
Die  Prüfungsverhandlungen  sind  nur  auf  oesondere  Anordnung  an  das  K.  Frov.Sch.C. 
einzusenden. 

C.    Ordnung  der  Entlassungsprüfong  an  den  Bealsohulen. 

Für  die  Entlassungsprüfung  an  den  Realschulen  gelten  in  formaler  Be- 
ziehung dieselben  Bestimmungen  wie  für  die  Prüfung  an  Ober-Realschulen. 

Zu  §  3.  Was  den  Mafsstab  der  Leistungen  betrifft,  so  ist  in  den  Sprachen 
die  Reife  für  die  Prima  einer  Ober-Realschule  zu  fordern.  In  den  Wissen- 
schaften werden  diese  Schulen  in  Rücksicht  auf  diejenige  Mehrheit  ihrer  Schüler, 
welche  nicht  in  eine  Schule  mit  höheren  allgemeinen  Lehrzielen  einzutreten 
beabsichtigen,  darauf  Bedacht  zu  nehmen  haben,  einen  gewissen  AbschluTs  der 
Schulbildung  zu  erreichen.  Hierauf  ist  entsprechend  bei  der  Reifeprüfung  Ruck- 
sicht zu  nehmen. 

Zu  §  5,  1.  Die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungsprüfung  findet 
nicht  früher  als  im  vierten  Semester  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Prima  statt. 

2.  Findet  keine  Anwendung. 

Zu  §  6,  2.  Zur  schriftlichen  Prüfung  gehören:  ein  deutscher  Aufsatz, 
eine  üebersetzung  ans  dem  Deutschen  in  das  Französische  und  in  das  Englische, 
Tier  mathematische  Aufgaben,  und  zwar  je  eine  algebraische,  planimetrische, 
trigonometrische  und  stereometrische. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  christliche  Religions- 
lehre, die  französische  und  englische  Sprache,  (jeschichte  und  Geographie, 
Mathematik,  Physik  und  Chemie. 

Zu  §  11,  9.  Die  Prüfung  in  der  (jeschichte  und  in  der  Mathematik 
darf  sich  nicht  auf  das  Lehrpensum  der  Prima  beschränken. 

Zn  §  14,  7.  Für  Zoologie  nnd  Botanik  wird  das  auf  Grund  der  Elassen- 
leistungen  festgestellte  Prädicat  in  das  Zeugnis  aufgenommen. 


417 

Zu  §  15.  Wenn  der  Departementsrath  des  E.  Proy.Sch.C.  den  Vorsitz 
bei  der  Prüfling  nicht  selbst  geföhrt  bat,  so  sind  die  PrüfangsprotokoUe  nebst 
Anlagen  (§  13)  sowie  Abschriften  der  Zeugnisse  und  die  schriftlichen  Arbeiten 
der  Examinanden  Yon  dem  Bector  spätestens  vier  Wochen  nach  Abschlnfs  der 
Pröfimg  an  das  K.  ProY.Sch.G.  zur  Kenntnisnahme  einzusenden. 

Zu  §  17,  8.    Die  Prüfongsgebühren  betragen  zwanzig  Mark. 

in. 

Ordnung  der  Entlassungsprufiing  an  den  höheren  Bürgerschulen. 

§  1.  Zweck  der  Prüfung.  Zweck  der  Entlassangsprüfdng  ist,  zu 
ermitteln,  ob  der  Schüler  dasjenige  Mafs  der  Schulbildung  erhuQgt  hat,  welches 
Ziel  der  höh.  Bürgerschule  ist 

§  2.  Wo  die  Prüfung  abgehalten  wird.  Zur  Abhaltung  von 
Entlassungsprüfnngen  sind  alle  höh.  Bürgerschulen  berechtigt^  welche  Yom  Unter- 
richtsminister als  solche  anerkannt  worden  sind. 

§  3.  Mafsstab  zur  Erteilung  des  Zeugnisses  der  Beife.  Um 
das  Zeugnis  der  Beife  zu  erwerben,  muTs  der  Schüler  in  den  einzelnen  Gegen- 
ständen den  nachstehenden  Forderungen  entsprechen ;  dieselben  bilden  den  Mafs- 
stab  für   die   Beurteilung  der  schriftlichen  und   mündlichen  Leistungen. 

1.  In  der  christlichen  Keligionslehre  mufs  der  eyangelische 
Schüler  von  dem  Hauptinhalte  der  heiligen  Schrift,  besonders  des  Neuen  Testa- 
mentes, und  Yon  den  Grundlehren  seiner  Confession  eine  genügende  Kenntnis 
erlangt  haben;  aufserdem  mufs  er  mit  der  Ordnung  des  Kirchenjahres,  den 
Hauptereignissen  der  Beformationsgeschichte  und  mit  einigen  Kirchenliedern 
und  deren  Verfassern  bekannt  sein. 

Der  katholische  Schüler  mufs  von  der  Einteilung  und  dem  wesentlichen 
Inhalte  der  heiligen  Schrift,  yon  den  Hauptpunkten  der  Glaubens-  und  Sitten- 
lehre seiner  Confession  eine  genügende  Kenntnis  erlangt  haben;  aufserdem  mufs 
er  mit  der  Ordnung  des  Kirchenjahres,  den  epochemachenden  Ereignissen  der 
Kirchengeschichte  und  einer  Anzahl  von  Kirchenhymnen  bekannt  sein. 

2.  In  der  deutschen  Sprache  mufs  der  Schüler  ein  seiner  Bildungs- 
stufe angemessenes  Thema  zu  disponiren  und  in  correcter  Sprache  auszufuhren 
im  Stande  sein.  Er  mufs  beim  mündlichen  Gebrauche  der  Muttersprache  Ge- 
übtheit in  sprachrichtiger  und  klarer  Darstellung  zeigen.  Femer  mufs  er  mit 
einigen  Dichtungen  der  classischen  Litteratur  bekannt  sein,  an  welchen  ihm 
das  Erforderliche  über  die  Dichtnngsarten  und  Dichtungsformen  zum  Verständnisse 
gebracht  ist. 

3.  In  der  französischen  und  englischen  Sprache  wird  richtige 
Aussprache,  Geläufigkeit  im  Lesen,  Sicherheit  in  der  Formenlehre  und  in  den 
Hauptregeln  der  Syntax  erfordert.  Der  Schüler  mufs  befähigt  sein,  leichte 
historische  und  beschreibende  Prosa  mit  grammatischem  Verständnisse  und  ohne 
erhebliche  Hülfe  zu  übersetzen  und  ein  nicht  zu  schweres  deutsches  Dictat 
ohne  gröbere  Fehler  in  die  fremde  Sprache  zu  übersetzen. 

4.  In  der  Geschichte  und  Geographie  mufs  der  Schüler  die 
epochemachenden  Ereignisse  atis  der  griechischen,  römischen  und  insbesondere 
aus  der  deutschen  und  preufsischen  Geschichte  kennen  und  über  Zeit  und  Ort 
der  Begebenheiten  sicher  orientirt  sein.  Er  mufs  von  den  Grundlehren  der 
mathematischen  Geographie,  von  den  wichtigsten  topischen  Verhältnissen '  und 
der  politischen  Einteilung  der  Erdoberfläche,  insbesondere  von  Mittel-Europa, 
genügende  Kenntnis  besitzen. 

5.  In  der  Mathematik  hat  der  Schüler  nachzuweisen,  dafs  er  in  der 

Wiese,  Verordnongen.  27 


.  418 

• 

allgemeinen  Aiithmetik  bis  zur  Lehre  von  den  Logarithmen  und  Progressionen 
nnd  in  der  Algebra  bis  zu  einfachen  Gleichungen  des  zweiten  Grades  mit 
einer  anbekannten  Gröfse,  in  den  Elementen  der  ebenen  and  körperlichen 
Geometrie  and  den  Anfangsgründen  der  ebenen  Trigonometrie  sichere  and  wissen- 
schaftlich begründete  Kenntnisse  besitzt  and  sich  aasreichende  Uebang  in  der 
Anwendung  seiher  Kenntnisse  zur  Lösung  von  einfachen  Aufgaben  erworben  hat 

6.  In  der  Naturbeschreibung  mufs  der  Schüler  eine  auf  Anschauung 
begründete  Kenntnis  einzelner  wichtiger  Mineralien  sowie  der  wichtigeren 
Pflanzen&milien  und  Ordnungen  der  Wirbeltiere  und  Insekten  besitzen  und  mit 
dem  Bau  des  menschlichen  Körpers  bekannt  sein. 

7.  In  der  Naturlehre  muTs  der  Schüler  eine  auf  Grund  von  Experi- 
menten erworbene  Kenntnis  von  den  allgemeinen  Eigenschaften  der  Körper,  von 
den  Grundlehren  des  Gleichgewichtes  und  der  Bewegung  der  Körper,  dbs 
Magnetismus,  der  Elektricität  und  der  Wärme,  femer  von  den  wichtigsten 
chemischen  Elementen  und  ihren  Verbindungen  besitzen. 

g  4.  Zusammensetzung  der  Prüfungscommission.  1.  Die 
Prüfungscommission  besteht  aus  dem  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  ernannten  K. 
Cömmissar  als  Vorsitzenden,  dem  Bector  der  höh.  Bürgerschule  und  dei^enigen 
Lehrern,  welche  in  der  obersten  Klasse  mit  dem  Unterrichte  in  den  lehrplan- 
mäfsigen  wissenschaftlichen  Gegenständen  betraut  sind. 

2.  Das  K.  Prov.Sch.C.  ernennt  regelmäfsig  dasjenige  seiner  Mitglieder, 
welches  die  inneren  Angelegenheiten  der  betr.  höh.  Bürgerschule  bearbeitet,  zum 
Prüfungscommissar.  Dasselbe  kann  im  einzelnen  Falle  för  die  Leitung  der  münd- 
liche Prüfung  (§10  bis  §  14)  einen  stellvertretenden  Cömmissar  ernennen  und  mit 
dieser  Stellverinretung  insbesondere  den  Bector  der  höh.  Bürgerschule  beauftragen. 

3.  Dasjenige  Organ,  welchem  die  rechtliche  Vertretung  der  Schule 
zusteht,  ist  beftigt,  aus  seiner  Mitte  einen  Vertreter  zum  Mitgliede  der  Prü^ngs- 
commission  zu  ernennen.  Die  Ernennung  erfolgt  in  der  Begel  auf  einen  Zeit- 
raum von  mindestens  drei  Jahren  und  wird  dem  K.  Prov.Sch.C.  rechtzeitig 
angezeigt.    Der  ernannte  Vertreter  hat  Stimmrecht  in  der  Commission. 

An  den  für  einzelne  Anstalten  aufserdem  etwa  bestehenden  besonderen 
Befugnissen  zur  Teilname  an  den  Prüfungen  wird  hierdurch  nichts  geändert. 

4.  Auf  sämtliche  Verhandlungen  der  Prüfungscommission  erstreckt  sich 
für  die  Mitglieder  derselben  die  Pflicht  der  Amtsverschwiegenheit. 

§  5.  Meldung  und  Zulassung  zur  Prüfung.  1.  Die  Zulassung 
eines  Schülers  zur  Entlassungsprüfung  findet  nicht  früher  als  im  zweiten  Halb- 
jahre der  einjährigen  Lehrzeit  der  ersten  Klasse  statt. 

3.  Wenn  ein  Schüler  der  ersten  Klasse  im  Disciplinarwege  von  einer 
höh.  Bürgerschule  entfernt  worden  ist  oder  dieselbe  verlassen  hat,  um  sich  einer 
Schulstrafe  zu  entziehen,  so  darf  ihm  an  der  höh.  Bürgerschule,  an  welche  er 
übergegangen  ist,  bei  seiner  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  das  Halbjahr,  in 
welches  oder  an  dessen  Schlufs  der  Wechsel  der  Anstalt  fällt,  nicht  auf  die 
Lehrzeit  dieser  Klasse  angerechnet  w.erden. 

3.  Die  Meldung  zur  Entlassungsprüfung  ist  drei  Monate  vor  dem  Schlüsse 
des  betr.  Schulsemesters  dem  Bector  schriftlich  einzureichen. 

4.  In  einer  Conferenz,  welche  von  dem  Bector  mit  den  der  Prüfungs- 
commission angehörenden  Lehrern  zu  halten  ist,  werden  die  Meldungen  vor- 
gelegt und  auf  Grund  der  in  der  ersten  Klasse  den  betr.  Schülern  erteilten 
Zeugnisse  Gutachten  (Nr.  6  und  §  12,  2)  darüber  festgestellt,  ob  diese  Schüler 
nach  ihren  wlssenschaftl.  Leistungen  und  nach  ihrer  sittlichen  Haltung  als 
den  Zielforderungen   der   höh.  Bürgerschule    entsprechend   anzuerkennen  sind. 

5.  Wenn  ein  Schüler  nach  dem  einstimmigen  Urteile  der  Conferenz  die 
erforderliche  Beife   in   wissenschaftlicher  oder   sittlicher  Hinsicht   noch   nicht 


419 

erreicht  hat,  so  ist  der  fiector  verpflichtet,  ihm  von  dem  Eintritte  in  die  Prö- 
fong  abzurathen  und  seinen  Eltern  oder  deren  Stellyertreter  entsprechende  Yor- 
steUnngen  zu  machen.  Bleiben  diese  VorsteUnngen  erfolglos,  so  kann  die 
üebermittelnng  der  Meldung  an  das  K.  ProT.Sch.C.  nicht  yerweigert  werden; 
dafs  die  Abmahnnng  stattgefnnden  hat,  ist  dabei  ansdräcklich  zu  vermerken. 

6.  Das  Verzeichnis  der  Schüler,  welche  sich  znr  Prflfong  gemeldet  haben, 
nebst  den  erforderlichen  nftheren  Angaben  über  ihre  Person  nnd  dem  Gutachten 
über  ihre  Beife  (Nr.  4),  eveni  eine  Vacatanzeige,  hat  der  Bector  dem  E.  Prov. 
8ch.C.  spätestens  2^2  Monat  vor  dem  Schlosse  des  betr.  Semesteis  einzureichen. 

Jn  dem  einzureichenden  tabellarischen  Verzeichnisse  sind  za  dem  Namen 
jedes  Examinanden  folgende  Bnbriken  aasznfnlleti:  Tag  und  Ort  der  Geburt, 
Confession  (bezw.  Beligion),  Stand  nnd  Wohnort  des  Vaters,  Dauer  des  Aufent- 
haltes auf  der  Schule  überhaupt  und  in  der  obersten  Klasse  insbesondere,  ferner 
ein  durch  kurze  Bezeichnung  der  gesamten  bisherigen  Entwickelung  des  Schülers 
zu  begründendes  Gutachten  über  seine  Beife.  Diesem  Gutachten  ist  die 
Pormulirung  des  Urteiles  beizufügen,  welches  in  dem  eveni  Beifezeugnisse  in 
die  Bubrik  „Betragen  und  Fleifs"  aufmnehmen  beabsichtigt  wird. 

7.  Das  E.  Prov.Sch.C.  prüft,  ob  die  für  die  Entlassungsprüfung  geltenden 
Eifordemisse  (Nr.  1  und  2)  erfüllt  sind,  und  entscheidet  hiemach  über  die 
Zulassung  zur  Prüfung. 

§  6.  Art  und  Gegenstände  der  Prüfung.  1.  Die  Entlassungs- 
prüfung  ist  eine  schriftliche  und  mündliche. 

2.  Zur  schriftlichen  Prüfung  gehören:  ein  deutscher  Aufsatz,  eine  Ueber- 
setzung  aus  dem  .Deutschen  in  das  Französische  und  in  das  Englische,  und  in 
der  Mathamatik  vier  Aufgaben,  und  zwar  zwei  aus  der  Algebra,  je  eine  ans 
der  ebenen  Geometrie  und  der  Trigonometrie. 

3.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  auf  die  christliche  Beligions^ 
lehre,  die  französische  und  englische  Sprache,  Geschichte  und  Geographie» 
Mathematik  und  Naturlehre. 

§  7.    Schriftliche  Prüfung.     1.  Stellung  der  Aufgaben. 

1.  Alle  gleichzeitig  die  Prüfung  ablegenden  Schüler  erhalten  dieselben 
Aufgaben. 

2.  Die  Aufgaben  sind  so  zu  bestimmen,  dafs  sie  in  Art  und  Schwierig- 
keit die  Elassenaufgaben  der  ersten  Elasse  in  keiner  Weise  überschreiten;  sie 
dürfen  aber  nicht  einer  der  bereits  bearbeiteten  Aufgaben  so  nahe  stehen^  dafs 
ihre  Bearbeitung  aufhört,  den  Werth  einer  selbständigen  Leistung  zu  haben. 

3.  Die  Aufgaben  für  jeden  einzelnen  Gegenstand  legt  der  Lehrer, 
welcher  denselben  in  der  obersten  Elasse  vertritt,  dem  Bector  zur  Genehmigung  vor. 

4.  Die  Texte  zu  den  Uebersetzungen  aus  dem  Deutschen  bedürfen  nur 
der  Genehmigung  des  Bectors. 

5.  Für  den  deutschen  Aufsatz  hat  der  Fachlehrer  drei  Vorschläge,  für 
die  mathematische  Arbeit  drei  Gruppen  von  je  vier  Aufgaben  dem  Bector  zur 
Genehmigung  vorzulegen.  Nachdem  dieser  die  Vorschläge  genehmigt  hat,  sendet 
er  dieselben  unter  besonderem  Verschlusse  dem  E.  Commissar  ein,  behufs  der 
aus  den  Vorschlägen  zu  treffenden  Auswahl. 

6.  Die  Zustellung  der  Aufgabenvorschläge  an  den  E.  Commissar  ge- 
schieht gleichzeitig  mit  der  Einreichung  der  Meldungen  an  das  E.  Prov.Sch.C.; 
zugleich  mit  der  Entscheidung  des  letzteren  über  die  Meldungen  stellt  der  E. 
Commissar  die  Aufgaben  mit  Bezeichnung  der  von  ihm  getroffenen  Wahl  unter 
besonderem  Verschlusse  zurück. 

7.  Der  E.  Commissar  ist  befagt,  statt  aus  den  vorgeschlagenen  Aul 
^ben  zu  wählen,  andere  zu  bestimmen,  sowie  anzuordnen,  dafs  zum  üebersetzen 

27* 


420 

ans  dem  Deutschen  Texte,  welche  er  mitteilt,  als  Anfgaben  benntzt  werden. 
Aach  steht  dem  Commissar  frei,  bei  erheblichen  Zweifeln  an  der  SelbstAndigkeit 
der  gefertigten  Prüfungsarbeiten  für  alle  oder  für  einzelne  Fächer  nene  Aufgaben 
zur  Bearbeitung  zu  stellen. 

8.  Es  ist  Pflicht  der  Prüfungscommission,  insbesondere  der  die  Anf- 
gaben stellenden  Lehrer  und  des  Bectors,  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Aufgaben 
für  die  schnfU.  Prüfung  den  Schülern  erst  beim  Beginne  der  betr.  Arbeit 
zur  Kenntnis  kommen,  auch  jede  vorherige  Andeutung  über  dieselben  auf  das 
strengste  zu  yermeiden. 

§  8.  2.  Bearbeitung  der  schriftlichen  Aufgaben.  1.  Die 
Bearbeitung  der  Aufgaben  geschieht  in  einem  geeigneten  Zimmer  der  höh. 
Bürgerschule  unter  der  beständigen,  durch  den  Rector  anzuordnenden  Aufsicht 
von  Lehrern,  welche  der  Prüfungscommission  angehören. 

2.  Für  den  deutschen  Aufsatz  und  für  die  mathematische  Arbeit  sind 
fünf  Vormittagsstunden  zu  bestimmen.  Zu  der  Anfertigung  der  üebersetzungen 
aus  dem  Deutschen  in  das  Französische  und  Englische  werden,  ausschliefslich 
der  für  das  Dictiren  der  Texte  erforderlichen  Zeit,  je  zwei  Stunden  bestimmt. 

3.  Keine  Arbeitszeit  diurf  durch  eine  Pause  unterbrochen  werden.  Doch 
ist  es  zulässig,  die  für  die  mathematische  Arbeit  bestimmte  Zeit  in  zwei  durch 
eine  Erholungspause  getrennte  Hälften  zu  teilen,  am  Beginne  einer  jeden  die 
Hälfte  der  Aufgaben  zu  stellen  und  deren  Bearbeitung  am  Schlüsse  jeder  der 
beiden  halben  Arbeitszeiten  abüefem  zu  lassen. 

4.  Andere  Hülfsmittel  in  das  Arbeitszimmer  mitzubringen,  als  die 
Logarithmentafeln  für  die  mathematische  Arbeit  ist  nicht  erlaubt 

5.  Wer  mit  seiner  Arbeit  fertig  ist,  hat  sie  dem  beaufsichtigenden  Lehrer 
abzugeben  und  das  Arbeitszimmer  zu  verlassen. 

Wer  nach  Ablauf  der  vorschriftsmäfsigen  Zeit  mit  seiner  Arbeit  nicht 
fertig  ist,  hat  sie  unvollendet  abzugeben. 

In  jedem  Falle  ist  von  den  fertigen  wie  von  den  unvollendeten  Arbeiten 
aufser  der  Beinschrifk  das  Concept  mit  abzugeben. 

6.  Wer  bei  der  schriftlichen  Prüfung  sich  der  Benutzung  unerlaubter 
Hül&mittel,  einer  Täuschung  oder  eines  Täuschungsversuches  schuldig  macht, 
oder  anderen  zur  Benutzung  unerlaubter  Hülfsmittel,  zu  einer  Täuschung  oder 
einem  Täuschungsversuche  behülflich  ist,  wird  mit  AusschluTs  von  der  weiteren 
Prüfung  und,  wenn  die  Entdeckung  erst  nach  Vollendung  derselben  erfolgt,  mit 
Vorenthaltung  des  Prüfbngszeugnisses  bestraft.  Die  in  solcher  Weise  Bestraften 
sind  hinsichtlich  der  Wiederholung  der  Prüfung  denjei^gen  gleichzustellen, 
welche  die  Prüfung  nicht  bestanden  haben  (§  16,  1  und  3).  Wer  sich  einer 
Täuschung  oder  eines  Täuschungsversuches  auch  bei  der  Wiederholung  der 
Prüfung  schuldig  macht,  kann  von  der  Zulassung  zur  Beifeprüfnng  überhaupt 
ausgeschlossen  werden.  In  jedem.  Falle  einer  Täuschung  oder  eines  Täuschungs- 
versuches ordnet  zunächst  der  Bector  mit  den  der  Prüfungscommission  an- 
gehörenden Lehrern  das  Erforderliche  an,  die  schliefsliche  Entscheidung  trifft 
die  gesamte  Commission  vor  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  2).  Für  die  Fälle, 
in  denen  ein  Schüler  von  der  Zulassung  zur  Beifeprüfung  überhaupt  ausge- 
schlossen werden  soll,  ist  die  Entscheidung  des  Ministers  einzuholen. 

Auf  diese  Vorschriften  hat  der  Rector  beim  Beginne  der  ersten  schrift- 
lichen Prüfungsarbeit  die  Schüler  ausdrücklich  aufmerksam  zu  machen. 

§  9.  Beurteilung  der  schriftlichen  Arbeiten.  1.  Jede  Arbeit 
wird  zunächst  von  dem  Fachlehrer  corrigirt  und  censirt,  d.  h.  die  sich  findenden 
Fehler  werden,  mag  an  die  Stelle  des  Unrichtigen  dasBichtige  gesetzt  werden 
oder  nicht)  nach  ihrer  Art  und  dem  auf  sie  zu  legenden  Gewichte  bezeichnet, 


421 

und  66  wird  über  den  Werth  der  Arbeit  im  Verhältnis  zn  den  Prfifdngs- 
fordenmgen  (§  3)  ein  Urteil  abgegeben,  welches  schüefslich  in  eins  der  vier 
Prfidicate:  sehr  gnt,  gut,  genügend,  nicht  genügend,  zasammenzo&ssen 
ist.  Hinznzufagen  ist  die  Angabe  über  die  Beschaffenheit  der  betr.  Klassen- 
leistongen,  es  darf  jedoch  dem  Urteile  über  die  Klassenleistongen  kein  Ein- 
flnfs  auf  das  der  Prüfungsarbeit  zuzuerkennende  Prädicat  gegeben  werden. 

2,  Sodann  circuliren  die  Arbeiten  bei  den  der  Prüfongscommission  an- 
gehörenden Lehrern,  und  in  einer  hierauf  vom  Bector  mit  denselben  zu  haltenden 
Conferenz  werden  die  den  einzelnen  Arbeiten  erteilten  Prädicate  zusammen- 
gestellt und  wird  darüber  Beschlufs  gefaxt,  ob  und  für  welche  Examinanden 
die  Ausschliefsung  von  der  mündlichen  Prüfung  (§  10,  3)  oder  die  Dispensation 
von  derselben  (§  10,  4)  zu  beantragen  ist. 

3.  Der  Bector  hat  hierauf  die  Arbeiten  nebst  dem  Prüfungsprotokolle 
und  den  Texten  zu  den  Uebersetzungen  in  das  Französiche  und  Englische 
rechtzeitig  vor  dem  Termine  der  mündl  Prüfung  dem  K.  Commissar  zuzustellen. 
Am  Bande  der  Texte  zu  den  Uebersetzungen  sind  die  den  Examinanden  etwa 
angegebenen  Vocabeln  oder  anderweiten  Uebersetzungshülfen  zu  bezeichnen; 
diese  Bezeichnung  hat  die  Bedeutung,  dafe  aufserdem  keine  Uebersetzungshülfen 
den  Examinanden  gegeben  sind. 

Der  K.  Commissar  ist  befugt,  Aenderungen  in  den  den  Prüftingsarbeiten 
erteilten  Prädicaten  zu  verlangen  und  eintreten  zu  lassen.  Hiervon  ist  in  dem 
Protokolle  (§  13)  Kenntnis  zu  geben. 

§  10.  Mündliche  Prüfung.  1.  Vorbereitung.  1.  Die  mündl. 
Prüfhng  ist  innerhalb  der  letzten  sechs  Wochen  des  betr.  Schulsemesters  vor- 
zunehmen. 

Der  E.  Commissar  bestimmt  den  Tag  und  fahrt  den  Vorsitz. 

Für  den  Tag  der  mündl.  Prüfung  hat  der  Bector  in  dem  Locale  der 
Prüfung  die  Censuren,  welche  die  Examinanden  während  der  Zeit  ihres  Aufent- 
haltes in  der  ersten  Klasse  erhalten  haben,  femer  ihre  schriftlichen  Arbeiten 
aus  der  ersten  Klasse  und  die  von  ihnen  während  dieser  Zeit  in  den  Unterrichts- 
stunden angefertigten  Zeichnungen  zur  Einsichtnahme  bereit  zu  halten. 

Bei  der  mündL  Prüfung,  jedoch  mit  AusschluTs  der  derselben  voraus- 
gehenden (Nr.  2)  und  nachfolgenden  (§  12,  2)  Berathung,  haben  aufser  den 
der  Commission  angehörenden  auch  alle  übrigen  Lehrer  der  höh.  Bürgerschule 
anwesend  zu  sein.  In  dem  Falle  einer  mehrtägigen  Dauer  der  Prüftmg  (§  11, 1) 
gilt  diese  Bestimmung  nur  für  den  ersten  Tag. 

2.  Der  mündl.  Prüfung  geht  voraus  eine  Berathung  und  Beschlufsfassung 
darüber,  ob  einzelne  der  Bewerber  von  der  Zulassung  zur  mündl.  Prüfung  aus- 
zuschlielsen  oder  von  ihrer  Ablegung  zu  befireien  sind  (§  8,  6  und  §  9,  2). 

3.  Ein  Schüler,  dessen  schriftliche  Prüfungsarbeiten  sämtlich  oder  der 
Mehrzahl  nach  das  Prädicat  „nicht  genügend"  erhalten  haben,  ist  von  der 
mündl.  Prüfung  auszuschliefsen,  wenn  bereits  in  der  auf  Anlafs  der  Meldung 
aufgestellten  Beurteilung  (§  5,  6)  der  Zweifel  an  der  Beife  desselben  Ausdruck 
gefunden  hat.  Ist  ein  solcher  Zweifel  nicht  ausgedrückt  worden,  so  wird  der 
Erwägung  der  Commission  anheimgestellt,  ob  der  Bath  zum  Bücktritte  vor  der 
mündl.  Prüfung  erteilt  werden  solL 

4.  Wenn  die  Leistungen  eines  Schülers  während  der  Lehrzeit  der  obersten 
Klasse  nach  dem  einstimmigen  Urteile  der  Lehrer  befriedigt  haben  und  die 
schriftlichen  Arbeiten  der  Entlassungsprüfong  sämtlich  genügend,  einige  darunter 
besser  ausgefallen  sind,  so  kann  derselbe  von  der  mündl.  Prüfung  befreit  werden. 
Ein  dahin  gehender  Beschlufs  mufs  einstimmig  gefafst  sein. 

Bei  Anwendung  dieser  Bestimmung  ist  auf  die  sittliche  Führung  des 
betr.  Schülers  während  seiner  Lehrzeit  in  der  ersten  Klasse  entsprechende  Bück- 
sicht zu  nehmen. 


\ 


422 

§  11.  2.  Ausführung.  1.  Mehr  als  zehn  Schüler  dürfen  in  (ier 
Eegel  nicht  an  einem  Tage  geprüft  werden.  Sind  mehr  als  zehn  Schüler  zu 
prSen,  so  sind  dieselben  in  zwei  oder  nach  Erfordernis  in  mehrere  Grappen  za 
teilen.    Die  Prüfung  jeder  Gmppe  ist  gesondert  vorzunehmen. 

2.  Der  E.  Gommissar  bestimmt  die  Folge  der  Prüfangsgegenstände  und 
die  jedem  derselben  zu  widmende  Zeit 

Er  ist  befugt,  bei  einzelnen  Schülern  die  Prüfung  in  einzelnen  Fächern 
nach  Befinden  abzukürzen. 

3.  Die  Schüler  dürfen  keine  Bücher  zur  Prüfung  mitbringen. 

4.  In  Betreff  etwaiger  Täuschungen  oder  Täuschungsversuche  bei  der 
mündL  Prüfung  gelten  die  Bestimmungen  des  §  8,  6. 

5.  Zu  prüfen  hat  in  jedem  Gegenstande  der  Lehrer  desselben  in  der 
ersten  Klasse.  Der  E.  Gommissar  ist  befagt,  seinerseits  Fragen  an  die  Schüler 
zu  richten  und  in  einzelnen  Fällen  die  Prüftmg  selbst  zu  übernehmen. 

6.  Zur  Prüfung  im  Französischen  und  EngliBcheh  werden  den  Schülern 
zum  üebersetzen  aus  prosaischen  Werken,  wel(^e  in  der  ersten  Elasse  ge- 
lesen werden  oder  dazu  geeignet  sein  würden,  solche  Abschnitte  vorgelegt,  welche 
von  den  Schülern  in  der  ersten  Elasse  nicht 'gelesen  sind.  Der  E.  Gommissar 
ist  befngt,  die  Auswahl  der  vorzulegenden  Abschnitte  zu  treffen. 

Durch  geeignete  an  die  Uebersetzung  anzuschliefitende  Fragen  ist  den 
Schülern  Gelegenheit  zu  geben,  die  Sicherheit  ihrer  grammatischen  und  lexika- 
lischen Eenntoisse  darzutiiun. 

7.  Jedem  Schüler  ist,  abgesehen  von  den  in  der  geschichtlichen  Prüfung 
etwa  vorkommenden  Beziehungen  auf  Geographie,  eine  Anzahl  von  Fragen  über 
topische  und  politische  Verhältnisse  der  Erdoberfläche  und  über  die  Grundbegriffe 
der  mathematischen  Geographie  vorzulegen. 

8.  In  der  Naturbesc^eibung  wird  nicht  geprüft;  in  das  Zeugnis  ist  jedoch 
das  auf  Grund  der  Elassenleistungen  festgestellte  Prädicat  aufzunehmen. 

9.  Im  Verlaufe  der  mündl.  Prüftmg  sind  auf  Vorschlag  der  betr.  Fach- 
lehrer von  der  Gommission  die  Prädicate  festzustellen,  welche  jedem  Exami- 
nanden in  den  einzelnen  Gegenständen  auf  Grund  der  mündl.  Prüfiongsleistungen 
zuzuerkennen  sind. 

§  12.  Feststellung  des  ürteiles.  1.  Nach  Beendigung  der  mündl. 
Prüfung  findet  eine  Berathung  der  Prüfungscommission  über  das  Ei^bnis  der 
gesamten  PrüAing  statt.  Die  Ordnung,  in  welcher  die  einzelnen  Fragen  zur 
Erwägung  und  Beschlufsfassung  gebracht  werden  sollen,  bestimmt  der  E. 
Gommissar. 

2.  Bei  der  Entscheidung  darüber,  ob  die  Prüfung  bestanden  sei,  sind 
aufser  den  Leistungen  in  der  schriftl.  und  mündl.  Prüfhng  die  vor  dem  Be- 
ginne der  gesamten  Prüfung  festgestellten  Prädicate  (§  5,  6)  über  die  Elassen- 
leistungen in  Betracht  zu  ziehen. 

3.  Die  Prüfung  ist  als  bestanden  zu  erachten,  wenn  das  auf  die  Prüfungs- 
nnd  die  Elassenleistungen  (Nr.  2)  gegründete  Gesamturteil  in  keinem  obliga- 
torischen wissenschaftl.  Lehrgegenstande  „nicht  genügend*'  lautet. 

Eine  Abweichung  hiervon  in  Berücksichtigung  des  von  dem  Schüler  ge- 
wählten Berufes  ist  nicht  zulässig.  Dagegen  ist  zulässig,  dafo  nicht  genügende 
Leistungen  in  einem  Lehrgegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen  in 
einem  anderen  als  ergänzt  erachtet  werden. 

4.  Die  Beligionäehrer  haben  sich  der  Abstimmung  zu  enthalten,  wenn 
es  sich  um  einen  Schüler  handelt,  der  an  ihrem  Unterrichte  nicht  teilnimmt 

5.  Bei  allen  Abstimmungen  der  Gommission  gilt,  wenn  Stimmengleich- 
heit eintritt,  diejenige  Ansicht,  für  welche  der  E.  Gommissar  stimmt. 

6.  Gegen  den  Beschlufb  der  Prüfungscommission  über  Zuerkennung  oder 


423 

Yerweigening  des  Zeugnisses  der  Beife  steht  dem  K.  Commissar  das  Becht  der 
Einsprache  zu.  In  diesem  Falle  sind  die  Prüfungsverhandlnngen  dem  K.  Prov. 
Sch.C.  zur  Entscheidung  einzureichen. 

7.  Nachdem  die  Berathüng  ahgeschlossen  und  das  Protokoll  von  sämt- 
lichen Mitgliedern  der  Commission  unterzeichnet  ist,  verkündigt  der  £.  Com- 
missar den  Examinanden  das  Gesamtergebnis  der  Prüfung. 

§  13.  Prüfungsprotokoll.  Ueber  die  gesamten  Vorgänge  der  Prüfung 
ist  ein  Protokoll  mit  folgenden  Abschnitten  zu  führen. 

1.  Protokoll  über  die  durch  §  5,  4  bestimmte  Conferenz;  dazu  gehören 
als  Beilagen  die  Meldungen  zur  Prüfting  (§  5,  3)  das  durch  §  5,  6  bezeichnete, 
an  das  K.  Prov.  Seh.  C.  eingereichte  Verzeichnis  und  die  Verfugung  desselben 
über  die  Annahme  der  Meldungen  (§  5,  7;  §  7,  6). 

2.  Protokoll  über  die  schriftliche  Prüfting  (§  8).  In  demselben  ist  zu 
verzeichnen,  wann  jede  einzelne  schriftliche  Arbeit  begonnen  ist,  welche  Lehrer 
die  Aufsicht  geführt  haben,  welche  Schüler  und  wann  und  wie  lange  sie  das 
Zimmer  während  der  Arbeitszeit  zeitweilig  verlassen  haben,  wann  jeder  seine 
Arbeiten  abgegeben  hat;  aufberdem  ist  jedes  Vorkommnis  zu  verzeichnen,  ' 
welches  darauf  schliefsen  läfst,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

Am  Anfange  dieses  Protokolles  ist  zu  vermerken,  dafs  der  Bector  den 
Schülern  die  in  §  8,  6  vorgeschriebene  Eröffnung  gemacht  hat;  am  Schlüsse 
des  Protokolles  hat  der  Bector  entsprechenden  Falles  zu  bezeugen,  dafs  während 
4e8  Verlaufes  der  schriftlichen  PrtOfnng  nichts  vorgekonmien  ist^  was  darauf 
schliefsen  liefse,  dafs  der  Fall  des  §  8,  6  vorliege. 

3.  Protokoll  über  die  Vorberathung  vor  der  mündl.  Prüfung  (§  9,  2). 

4.  Das  Protokoll  über  die  mündl.  Prüfung.  Dasselbe  hat  zu  enthalten 
die  Vorberathung  (§  10,  2),  den  Inhalt  der  gestellten  Fragen  und  die  Be- 
schaffenheit der  Antworten  in  der  Weise,  dafis  daraus  die  Begründung  der  über 
die  Ergebnisse  der  mündl.  Prüfung  gefällten  Urteile  ersichtlich  wird,  und  die 
Schlufsberathung  (§  12). 

§  14.  Zeugnis.  1.  Wer  die  Prüfung  bestanden  hat,  erhält  ein  Zeug- 
nis der  Beife.  Dasselbe  mufs  enthalten :  ein  Urteil  über  das  sittliche  Verhalten, 
die  Au^rksamkeit  und  den  Fleifs  des  Schülers;  far  jeden  einzelnen  Lehr- 
gegenstand der  ersten  Klasse  die  Bezeichnung  des  Verhältnisses  der  Schul- 
und  Prüfuugsleistungen  zu  den  Forderungen  der  Schule  und  schliefslich  die 
Erklärung,  dafs  die  Prüfnng  bestanden  sei. 

Ein  Formular  für  die  Zeugnisse  ist  dieser  Prüftmgsordnung  beigefügt. 
(Anlage  C.) 

2.  Das  aus  dem  Urteile  über  die  Prüfiings-  und  über  die  Schulleistungen 
in  jedem  Gegenstande  sich  ergebende  Gesamtnrteil  ist  schlieflBlich  in  eins  der 
vier  §  9,  1  bezeichneten  Prädieate  zusammen  zu  fassen;  dies  Prädicat  ist  durch 
die  Schrift  hervorzuheben.  Bezüglich  des  Prädicates  far  Naturbeschreibung 
vei^L  §  11,  8. 

3.  Die  auf  Grund  des  gesamten  Prüfungsergebnisses  unter  der  Ver- 
antwortlichkeit des  Bectors  zu  entwerfenden  und  von  allen  Mitgliedern  der 
Commission  zu  unterzeichnenden  Concepte  der  Beifezeugnisse  sind  nebst  der 
gleichen  Zahl  von  Blanketten  dem  K.  Commissar  zur  Unterschrift  vorzulegen. 
Letztere  müssen  den  Namen  und  die  Personalverhältnisse  der  abgehenden 
Schüler  und  die  Unterschrift  des  Bectors  bereits  enthalten. 

Die  Zeugnisse  werden  von  sämtlichen  Mitgliedern  der  Commission 
unterzeichnet. 

4.  Eingehändigt  werden  die  Zeugnisse  in  der  Begel  sämtlichen  Schülern 
gleichzeitig  unter  geeigneter  Ansprache  durch  den  Bector  in  einer  Versammlung 
der  ganzen  Schule  oder  ihrer  oberen  Klassen. 


424 


§  16.  Einsendang  der  Prüfangsverhandliiiigen.  Wenn  der 
Departementsrath  des  K.  Prov.  Sch.G.  den  Vorsitz  bei  der  Prüfling  nicht  selbst 
geföhrt  hat,  sind  die  Prüfungsprotokolle  nebst  Beilagen  (§  13)  sowie  Abschriften 
der  Zeugnisse  und  die  schriftlichen  Arbeiten  der  Examinanden  von  dem  Bector 
spätestens  vier  Wochen  nach  AbschlnTs  der  Prüfung  an  das  K.  Prov.  Sch.C.  zur 
Kenntnisnahme  einzusenden. 

Die  Arbeiten  sämtlicher  Examinanden  über  denselben  Prüftingsgegen- 
stand  sind  zusammenzuheften;  jedem  Hefte  ist  die  Angabe  der  Torgeschlagenen 
Aufgaben,  bei  den  französichen  und  englischen  Exercitien  der  dictirte  Text 
unter  Bezeichnung  der  etwa  dazu  gegebenen  Yocabeln  oder  sonstigen  Hülfen 
(vergl.  §  9,  3)  beizufügen. 

§  16.  Verfahren  bei  denjenigen,  welche  die  Entlassungs- 
prüfung nicht  bestanden  haben.  1.  Wer  die  Entlassungsprüfhng  ein- 
mal nicht  bestanden  hat,  darf  zur  Wiederholung  derselben,  mag  er  femer  eine 
höh.  Bürgerschule  besuchen  oder  nicht,  höchstens  zweimal  zugelassen  werden. 

2.  Denjenigen  Schülern,  welche  nach  nicht  bestandener  Entlassungs- 
prüfung die  höh.  Bürgerschule  verlassen,  wird  ein  gewöhnliches  Abgangszeugnis 
ausgestellt,  in  dessen  Eingang  das  ungenügende  Ergebnis  der  EnÜassungs- 
prü^g  zu  erwähnen  ist. 

§  17.  Beifeprüfung  derjenigen,  welche  nicht  Schüler  einer 
höh.  Bürgerschule  sind.  1.  Wer,  ohne  Schüler  einer  höh.  Bürgerschule 
zu  sein,  die  an  die  Entlassungsprüfhng  derselben  geknüpften  Bechte  erwerben 
will,  hat  unter  Nachweisung  seines  Bildungsganges  und  seines  sittlichen  Ver- 
haltens das  Gesuch  um  Zulassung  zur  Prüfimg  an  das  K.  Prov.  Sch.C.  zu 
richten,  dessen  Amtsbereiche  er  durch  den  Wohnort  der  Eltern  oder  durch  den 
Ort  seiner  letzten  Schulbildung  angehört,  und  wird  von  demselben,  sofern  die 
Nachweisungen  als  ausreichend  befunden  sind,  einer  höh.  Bürgerschule  zur 
Prüfung  überwiesen. 

2.  Das  Gesuch  um  Zulassung  zur  Prüfung  ist  drei  Monate  vor  dem 
Schlüsse  des  Schulhalbjahres  einzureichen. 

Der  Nachweisung  des  Bildungsganges  sind  die  letzten  Schul-  oder 
Privatzeug^isse  über  den  empfangenen  Unterricht  beizufügen. 

3.  Das  E.  Prov.  Sch.C.  ist  verpflichtet,  wenn  sich  aus  den  Zeugnissen 
ergiebt,  dafs  der  Bittsteller  bereits  an  einer  höh.  Bürgerschule  einer  anderen 
Provinz  als  Schüler  der  ersten  Klasse  die  Entlassungsprüfung  erfolglos  ab- 
gelegt hat,  mit  dem  Prov.  Sch.C.  dieser  Provinz  in  Einvernehmen  darüber  zu 
treten,  ob  dortseits  noch  etwa  Bedenken  gegen  die  Zulassung  zu  erheben  sind, 
welche  aus  den  Zeugnissen  nicht  erhellen. 

4.  Junge  Leute,  welche  früher  eine  höh.  Bürgerschule  besucht  haben, 
dürfen  zur  Prüfung  nur  zugelassen  werden,  wenn  nut  Ablauf  des  Halbjahres, 
in  welchem  sie  sich  melden,  von  dem  Eintritte  in  die  erste  Klasse  an  ge- 
rechnet, ein  Jahr,  und  falls  sie  schon  aus  der  zweiten  Klasse  abgegangen 
sind,  vom  Eintritte  in  diese  an  gerechnet  zwei  Jahre  verflossen  sind.  Hierbei 
bleiben  bezüglich  der  Anrechnung  des  Besuches  der  ersten  Klasse  die  Be- 
stimmungen §  5,  2  in  Kraft. 

5.  Für  die  Prüfung  sind  die  §§  3  bis  *16  mit  folgenden  näheren  Be- 
stimmungen mafsgebend. 

Für  die  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  sind  andere  Aufgaben  zu  stellen, 
als  die  Schüler  der  betr.  Anstalt  erhalten. 

Eine  Ausschliefsung  oder  eine  Befreiung  von  der  mündlichen  Prüfung 
flndet  nicht  statt. 


425 

• 

Die  mündliche  Prüfang  ist  getrennt  von  deijenigen  der  Schüler  der 
Anstalt  abzuhalten. 

Zu  der  Prüfnng  in  den  §  6,  3  bezeichneten  G^egenständen  tritt  die  in 
der  deutschen  Sprache  nnd  in  der  ^aturbeBchreibong  znr  Ermittelang  des 
durch  §  3,  2  nnd  6  erforderten  Mafses  der  Kenntnisse  Mnzn. 

Das  Protokoll  über  die  Prüfang  ist  abgesondert  von  dem  über  die 
Prüfang  der  Schüler  der  höh.  Bürgerschale  za  fairen. 

6.  Das  in  das  Beifezeagnis  ao&anehmende  Urteil  über  das  sittliche 
Verhalten  ist  aaf  Grand  der  beigebrachten  Nachweisnngen  und  anter  Berafong 
auf  dieselben  abzufassen. 

7.  Wird  die  Prüfang  nicht  bestanden,  so  ist  die  Commission  berechtigt, 
nach  Befinden  za  bestimmen,  ob  die  Wiederholung  erst  nach  Ablauf  eines 
Jahres  erfolgen  darf. 

8.  Die  Prüfungsgebühren  betragen  zwanzig  Mark.  Sie  sind  vor  dem 
Beginne  der  schriftlichen  Prüfung  zu  entrichten. 


Anlage  A. 

(Beiohifozmat.) 

Oymiiasliim  zn 

Zeugnis  der  Beife. 

N.  N.  1) 
geboren  den       *•»  18  zu  ^)  , 

')  ,  Sohn  des*)  zu*) 

war  Jahre  auf  dem  Gymnasium  und  zwar  Jahre  in  Prima.  *) 

[*)  Sämtliche  Yomamen  anzugebeui  Bofname  zu  unterstreichen ;  *)  Geburts- 
ort; *)  Gonfession  bez.  Religion;  ^)  Stand  und  Name  des  Vaters;  *)  Wohnort  des 
Vaters,  nöthigenfialls  unter  Beifügung  des  Kreises ;  *)  falls  der  Schüler  erst  in  die 
Prima  eingetreten  ist,  hinzuzufügen:  vorher  Jahre  auf  ] 

I.  Betragen  und  FleiTs. 

rAm  Schlüsse  der  Charakteristik  ist  event.  die  Dispensation  von  der  münd- 
lichen Prüfung  anzugeben.  —  In  den  Formularen  für  firemde  lEaturitäts- Aspiranten 
lautet  Rubrik  I.:  Sittliches  Verhalten.) 

II.  Kenntnisse  und  Fertigkeiten :  (Beligionslehre,  Deutsch,  Latein, 
Griechisch,  Französisch,  Hebräisch,  Polnisch  (event  Englisch),  Geschichte  und 
Geographie,  Mathematik,  Physik  —  Turnen,  Zeichnen,  Gesang). 

(Die  Urteile  über  die  einzelnen  Lehrg^^nstände  müssen  den  allgemeinen 
«Stand  der  Kenntnisse  des  Examinanden  im  VerluLltnisse  zu  den  Lehrzielen  be- 
zeichnen und,  falls  die  Leistungen  in  der  schriftl.  und  mündL  Prüfung  sich  von  den 
Klassenleistungen  unterschieden  haben,  diese  Verschiedenheit  zum  deutlichen  Aus- 
drucke bringen.  Die  Urteile  sind  bei  jedem  Lehrobjecte  schliefslich  in  ein  be- 
stimmtes, durch  die  Schrift  kenntlich  gemachtes  Prädicat  zusammenzufassen, 
vergl.  §  14,  2.) 

Die  unterzeichnete  Prüfungsoommissiön  hat  ihm  demnach,  da  er  jetzt 
das  Gymnasium  yerläfst^  um  ^)  , 

das  Zeugnis 

der  Beife 
zuerkannt  und  enüäfst  ihn^) 

,  den»)      *•«  18 

[^)  Bezeichnung  des  gewählten  Berufes;  *)  Hinzufügrung  von  Wünschen  und 
Hoffnungen;    ')  Datum  der  mündlichen  Prüfung.] 

Königliche  PrQfungscommlssioni 
N.  N.    Königl.  Gommissar. 
(Siegel  des  KönigL  Gommissars.) 

N.  N.    Vertreter  des  Magistrats  (Guratoriums). 
N,  N.    Direotor. 
(Siegel  des  G^nmasiums.) 

N.  N.    Oberlehrer  u.  s.  w. 


426 

Anlage  B. 

(ReiobifonnAt.) 

BeAlgymnaslnm  (Ober-Bealsolmle)  eu 

Zeugnis  der  Beife. 

N.  N.  1) 
eeboren  den       *«»  18  zu  *)  , 

3)  ,   Sohn  des  *)  zu  *) 

war  Jahre  auf  dem  Bealgymnasium   (der   Ober-Realschule)   und  zwar 

Jahre  in  Prima.*) 

[^)  Sämtliche  Yomamen  anzugeben,  Bofname  zu  unterstreichen ;  *)  Geburts- 
ort; *)  Confession  bezw.  Heligion;  ^)  Stand  und  Name  des  Vaters;  *)  Wohnort 
des  Vaters,  nöthigenfalls  unter  Beifügung  des  Kreises ;  *)  falls  der  Schüler  erst  in 
die  Prima  eingetreten  ist,  hinzuzufügen:  vorher     Jahre  auf  ] 

I.  Betragen  und  Fleifs. 

(Am  Schlüsse  der  Charakteristik  ist  event.  die  Dispensation  von  der  münd- 
lichen Prüfung  anzugeben.  —  In  den  Formularen  für  fremde  Haturitäts- Aspiranten 
lautet  Bubrik  I.:  Sittliches  Verhalten.) 

n.  Kenntnisse  und  Fertigkeiten:  (Beligionslehre,  Deutsch  bezw. Latein)* 
Französisch,  Englisch,  Polnisch,  Geschichte  und  Creographie,  Mathematik,  Physik» 
Chemie,  Naturbeschreibung  —  Turnen,  Zeichnen,  Gesang.) 

(Die  Urteile  über  die  einzelnen  Lehrgegenstände  müssen  den  allgemeinen 
Stand  aer  Kenntnisse  des  Examinanden  im  Verhältnisse  zu  den  Lehrzielen  be- 
zeichnen und,  falls  die  Leistungen  in  der  sohriftl.  und  mündL  Prüfung  sich  von 
den  Ellassenleistungen  unterschieden  haben,  diese  Verschiedenheit  zum  deutlichen 
Ausdrucke  bringen.  Die  Urteile  sind  bei  jedem  Lehrobjecte  schliefslich  in  ein 
bestimmtes,  durch  die  Schrift  kenntlich  gemachtes  Prädicat  zusammenzufassen, 
vergl.  §  14,  2.) 

Die  unterzeichnete  Prüfungscommission  hat  ihm  demnach,  da  er  jetzt 
das  Befdgymnasium  (die  Ober-Bealschule)  verläfst,  um  0 

,  das  Zeugnis 

der  Beife 
zuerkannt  und  entläfst  ihn  ^) 

,  den*)       *•»  18 

[^)  Bezeichnung  des  gewählten  Berufes ;  ')  Hinzufügnng  von  Wünschen  und 
Hoffnungen;  *)  Datum  der  mündlichen  Prüfung.] 

Künigliche  PrQfungscommission. 
N.  N.    Königl.  Commissar. 
(Siegel  des  Königl.  Commissars.) 

N.  N.    Vertreter  des  Magistrats  (Curatoriums). 
N.  N.    Director. 
(Siegel  der  Schule.) 

N.  N.    Oberlehrer  u.  s.  w. 


Anlage  C. 

(BeiohtfomiAt.) 

HShere  BUrgerselmle  in 

Zeugnis  der  Beife, 

N.  N.  0 
ffeboren  den        *«°  18  zu*)  , 

')  ,  Sohn  des*)  zu*) 

war  Jahre  auf  der  Schule  und  zwar       Jahr  in  der  ersten  Klasse.  *) 

[^  Sämtliche  Vornamen  anzugeben,  Bufname  zu  unterstreichen ;  *\  (Geburts- 
ort; *)  Confession  bezw.  Beligion;  ^)  Stand  und  Name  des  Vaters;  *)  Wohnort 
des  Vaters,  nÖthigenfalls  unter  Beifd^ng  des  Kreises;  *)  sofern  der  Schüler  erst 
in  die  erste  Klasse  eingetreten  ist,  hinzuzufügen:  vorher       Jahre  auf  ] 


427 


I.   Betragen  und  Fleifs. 

(Am  Schlüsse  der  Charakteristik  ist  event.  die  Dispensation  von  der  münd- 
lichen Prüfung  anzugeben.  —  In  den  Formularen  für  fremde  Hatnritäts-Aspiranten 
lautet  die  Rubrik  I.:  Sittliches  Verhalten.) 

n.  Kenntnisse  nnd  Fertigkeiten:  (Beligionslehre,  Dentsch,  Französisch, 
Englisch,  Geschichte  nnd  Geographie,  Mathematik,  Natnrlehre,  Natorbeschreibnng 
—  Tnmen,  Zeichnen,  Gesang). 

(Die  Urteile  über  die  einzelnen  LehrgegenstSnde  müssen  den  allgemeinen 
Stand  der  Kenntnisse  des  Examinanden  im  Verhältnisse  za  den  Lehrzielen  be- 
zeichnen und,  iallB  die  Leistungen  in  der  schriftl.  und  mündL  Prüfung  sich  von 
den  Klassenleistungen  unterschieden  haben,  diese  Verschiedenheit  zum  deutlichen 
Ausdrucke  bringen.  Die  Urteile  sind  in  jedem  Lehrobjecte  schliefslich  in  ein 
bestimmtes,  durch  die  Schrift  kenntlich  gemachtes  Prädicat  zusammenzufassen, 
vergL  §  14,  2.) 

Die  nnteneichnete  Prüfnngscommission  hat  ihm  demnach,  da  er  jetzt 
die  Schule  verläufst,  mn  ^)  , 

das  Zeugnis 

der  Beife 
zuerkannt  und  entläfst  ihn  ^) 

,  den  5)        *«  18 

[^)  Bezeichnung  des  gewählten  -Berufes;  ')  Hinzufügnng  von  Wünschen  und 
Hoffnungen;  ')  Datum  der  mündlichen  Prüfung.] 

Königliche  PrQfungscommistlon. 
N.  N.    Königl.  Commissar. 
(Siegel  des  Königl.  Gommissars.) 

N.  N.    Vertreter  des  Hagistrats  (Curatoriums). 
N.  N.    Rector. 
(Siegel  der  Schule.) 

N.  N.    Oberlehrer  u.  s.  w. 


Ueber  die  allgemeine  Tendenz  nnd  wesentliche  Bedeutung  der 
Beif eprüfung  ist  za  vergleichen  die  Circular-Verfngung  von  24.  Oct.  1837, 
No.  7,  p.  60  fg. 


Besondere  Bestimmungen. 

Erläuterungen  zu  der  Ordnung  der  Entlassungsprüfungen 
an  den  höh.  Schulen«    C.Verf.  v.  24.  De c  1884.      „Die unter  dem 27. Mai 
1882  erlassene  Ordnung  der  Beifeprnfungen  an   den  höheren  Schulen  hat   in 
einzelnen  Bestimmungen  zu  Zweifeln  in  der  Auffassung  und  Anwendung  Anlafs 
gegeben.    Zu  ihrer  Beseitigung  finde  ich  mich  bestinunt,  Folgendes  zu  erklären: 
1.    Zu  §  5,   1  der  Pr&ungsordnung  für  Gymnasien  und  Bealanstalten. 
Li  der  vorher  geltenden  Prüfungsordnung  vom  4  Juni  1834  war  in 
§  7  die  Bedingung  der  Zulassung  zur  Prüfung  folgendermafsen  festgesetzt: 
a.  Das  Gesudb  der  Schüler  um  Zulassung  zur  Prüfung  darf  erst  in  den 
drei  letzten  Monaten  des  vierten  Semesters  ihres  Aufenthaltes  in 
Prima  erfolgen. 
Die  entsprechende  Bestimmung  der  jetzt  in  Kraft  stehenden  Prüfungs- 
ordnung : 

„die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungsprüfung  findet  in  der 
Begel  nicht  früher,  als   im  vierten  Halbjahre   der  zweijährigen 
Lehrzeit  der  Prima  statt*' 
ist  hiervon  nicht  blofs   im   sprachlichen  Ausdrucke,   sondern   sachlich  unter-  m 

schieden.    Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dafs  ein  durch  Privatunterricht  vorbe-  1 


428 

reiteter  Schüler  bei  seiner  Aufnahme  für  die  Oberprima  eines  Gymnasinms  oder 
einer  Bealanstalt  reif  befanden,  oder  dafs  derselbe,  in  die  Unterprima  aufge- 
nommen, nach  Verlauf  eines  Halbjahres  in  die  Oberprima  versetzt  sei.  Ein 
solcher  Schüler  befindet  sich  in  dem  die  Zulassung  zur  Reifeprüfung  bedingen- 
den vierten  Halbjahre  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Prima,  ohne  dafs  dies  zu- 
gleich das  vierte  Halbjahr  seines  Aufenthaltes  in  Prima  zu  sein  braucht. 

Durch  diese  Fassung  der  betr.  Bestimmung  ist  für  derartige  Fälle  eine 
unnOthige,  möglicherweise  sogar  nachteilige  Verzögerung  der  Beifeprüfung  be- 
seitigt. Zur  Vorsicht  bei  der  Aufnahme  von  Schülern  aus  Privatunterricht  in 
die  oberste  Klasse  der  höh.  Schulen  die  LehrercoUegien  noch  ausdrücklich  £a 
mahnen,  scheint  schon  mit  Bücksicht  auf  die  besondere  Aufmerksamkeit,  welche 
den  Beifeprüfungen  durch  den  Vorsitz  des  E.  Commissars  zugewendet  ist,  kaum 
erforderlich  zu  sein.  Dafs  for  Schüler,  welche  während  des  Besuches  der  Prima 
die  Anstalt  wechseln,  kein  Mifsbrauch  der  in  Bede  stehenden  Bestimmung  ein- 
treten kann,  ist  durch  §  5,  2  der  Prüfungsordnung  in  Verbindung  mit  der 
Circ.  Verfügung  vom  30.  Juni  1876  vorgesehen. 

2«    Zu  §  12,  3  Abs.  2  derselben  Prüfungsordnungen. 

Die  Bestimmung  über  Compensation: 
„Dagegen  ist  zulässig,   dafs   nicht   genügende  Leistungen   in   einem 
Lehrgegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen  in  einem  anderen 
obligatorischen  Gregenstande  als  ergänzt  erachtet  werden*^ 
ist  nicht  so  au&ufassen,  dafs  die  Mangelhaftigkeit  der  Leistungen,  um  eine 
Compensation  zu  ermöglichen,  auf  einen  einzigen  obligatorischen  Lehrgegen- 
stand beschränkt  sein  müsse,  sondern  dafs  nicht  genügende  Leistungen  in  je 
einem  Gegenstande  durch  mindestens  gute  Leistungen   in  je   einem   anderen 
obligatorischen  Gegenstande  als  ergänzt  erachtet  werden  können;   Hiemach  ist 
es  nicht  ausgeschlossen,  dafs  bei  einer  im  Uebrigen  befriedigend  ausgefallenen 
Gymnasial-Beifeprüfung  nicht  genügende  Leistungen  zum  Beispiel  in  der  Mathe- 
matik und  in    der  Physik   durch   gute  Leistungen   im   Lateinischen   und   im 
Französischen  für  ergänzt  erachtet  werden  können. 

Der  Gefahr  eines  Mifsbrauches  dieser  Ausgleichung  ist  dadurch  voi^pe- 
beugt,  dafs  dieselbe  nur  für  zulässig  erklärt,  nicht  zu  einem  Bechtsanspruche 
der  Geprüften  gemacht  ist;  hierdurch  ist  den  Prüfungs-Commissionen,  insbes. 
dem  E.  Commissar  zur  Aufgabe  gemacht,  in  der  Anwendung  der  Compensation 
das  durch  den  gesamten  Zweck  der  Beifeprüfung  bestimmte  Mafs  einzuhalten. 
Ueberdies  ist  nicht  jeder  Grad  der  Mangelhaftigkeit  der  Leistungen  in  einem 
Gegenstande  überhaupt  der  Compensation  fähig,  sondern  nach  §  6  der  im  Jahre  1874 
zwischen  den  deutschen  Staatsregierungen  getroffenen  Uebereinkunft  (s.  p.  392) 
dürfen  „in  dem  Gegenstande,  für  welchen  die  Compensation  zugelassen  wird,  die 
Leistungen  keinesfalls  unter  das  Mafs  herabgehen,  welches  für  die  Versetzung 
nach  Prima  erfordert  wird",  und  durch  §  19,  2  der  Prüfungsordnung  vom 
27.  Mai  1882  sind  die  Bestimmungen  der  angezogenen  Uebereinkunft  ausdrück- 
lich aufrecht  gehalten. 

3.  Zu  §  17,  1.    Abs.  2.  derselben  Prüfangsordnungen. 

Die  Bestimmungen  bezüglich  der  Beifeprüfung  solcher  jungen  Leute, 
welche  bereits  die  Universität  bezogen  haben,  finden  unveränderte  Anwendung  be- 
züglich derjenigen,  welche  eine  technische  Hochschule  bezogen  haben. 

4.  Die  in  §  10,  1  Abs.  4  enthaltene  Bestimmung,  durch  welche  die  zur 
Anwesenheit  bei  der  mündlichen  Prüfung  verpflichteten,  der  Prüfungs- 
Commission  nicht  angehörenden  Lehrer  von  der  Anwesenheit  bei  der  Vor-  und 
der  Schlufsberathung  der  Commission  ausdrücklich  ausgeschlossen  worden  sind, 
ist  von  manchen  Seiten  als  eine  kränkende  Zurücksetzung  der  betr.  Lehrer  be- 
trachtet worden.    Zu  einer  solchen  Auffassung  ist  ein  sachlicher  Anlafis  nicht 


429 

vorhanden.  Es  wird  nicht  als  verletzend,  sondern  als  einfach  sachgemäfs  ange- 
sehen, wenn  zu  Berathnngen  über  die  Censnren  und  die  Versetzungen  einer 
einzelnen  Klasse  nnr  die  in  dieser  Klasse  beschäftigten  Lehrer  unter  dem  Vor- 
sitze des  Directors  zusammentreten.  Für  die  Anwendung  dieser  Analogie  auf 
den  vorliegenden  Fall  spricht  noch  insbesondere  der  Umstand,  dafs  far  die 
Unbefangenheit  der  wichtigen,  der  mündlichen  Reifeprüfung  vorausgehenden  und 
nachfolgenden  Berathung  der  Prüfungs-Commission  es  nicht  in  allen  Fällen 
förderlich  sein  dürfte,  wenn  die  Beratiienden  sich  von  einem,  an  grofsen  An- 
stalten ziemlich  zahlreichen  Kreise  von  Zuhörern,  seien  dies  audi  Collegen, 
umgeben  wissen.  Die  Erwägung,  dafs  die  für  die  Verhandlungen  der  Prüfungs- 
Commission  unbedingt  erforderliche  Amtsverschwiegenheit  (§  4,  4)  in  engerem 
Bereiche  der  unmittelbar  Beteiligten  leichter  als  in  einem  weiteren  Kreise  auf- 
recht zu  halten  ist,  war  zwar  durch  einzelne  unliebsame  Vorgänge  nahe  gelegt, 
doch  war  derselben  nur  nebensächliche  Bedeutung  gegeben  worden. 

Von  den  Berichten,  welche  die  Herren  Oberpräsidenten  und  die  K. 
Prov.  Schulcollegien  neuerdings  auf  meine  Aufforderung  über  diesen  Punkt 
erstattet  haben,  sprechen  sich  einige  im  Wesentlichen  unter  Geltendmachung 
der  vorher  bezeichneten  Gründe  entschieden  für  die  Aufrechthaltung  der  frag- 
lichen Bestimmung  der  Prüfungsordnung  aus.  Da  jedoch  in  der  Mehrzahl  der 
Berichte  die  Anwesenheit  der  nicht  der  Gommission  angehörenden  Lehrer  für 
unbedenklich  und  für  zweckmäTsig  erklärt  ist,  und  da  die  mit  der  Leitung  der 
Berathungen  betrauten  ProvinzisJ-Schulräthe  in  ihrer  Mehrheit  sogar  Werth 
darauf  legen,  dafs  bei  den  fraglichen  Berathungen  die  LehrercoUogien  voll- 
ständig anwesend  seien,  so  will  ich  der  hierdurch  zum  Ausdruck  gebrachten 
Auffassung  der  Sache  Folge  geben.  An  die  Stelle  von  §  10,  1  Abs.  4  haben 
daher,  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  der  anderweiten  zur  Sprache  ge- 
brachten Fragen,  folgende  Bestimmungen  zu  treten: 

„Bei  der  mündlichen  Prüfung  haben  auTser  den  der  Gommission  angehören- 
den auch  alle  übrigen  wissenschaftL  Lehrer  der  Anstalt  mit  Einschlufs  der 
Wissenschaft!.  Hülfslehrer  und  Probecandidaten  anwesend  zu  sein.  Li  dem  Falle 
einer  mehrtägigen  Dauer  der  Prüfung  (§  11,  1)  gilt  diese  Bestimmung  nur  für 
den  ersten  Tag.  Sofern  an  derselben  combinirten  Anstalt  Beifeprüftmgen  von 
zwei  Kategorieen  von  Schulen  (z.  B.  Gymnasium  und  Bealgymnasium)  statt- 
finden, gilt  die  Verpflichtung  abwechselnd  für  die  eine  und  die  andere  Kategorie 
der  Schulen*^ 

„Der  Unterricht  der  gesamten  Schule  wird  nur  an  dem  Tage  ausgesetzt, 
an  welchem  aUe  Lehrer  zur  Anwesenheit  bei  der  mündlichen  Prüfung  verpflichtet 
sind;  an  den  etwaigen  übrigen  Tagen  der  mündlichen  Prüfung  ist  die  Unter- 
brechung des  Schulunterrichtes  auf  das  durch  die  Beschäftigung  der  Commissions- 
mitglieder  gebotene  Mafs  beschränkt.^' 

„Bei  den  der  mündlichen  Prüfung  an  dem  vorbezeichneten  Tage  voraus- 
gehenden und  nachfolgenden  Berathungen  sind  die  der  Gommission  nicht  an- 
gehörenden wissensch£d[tl.  Lehrer  der  Anstalt  mit  Einschlufs  der  Wissenschaft!. 
Hülfslehrer  und  Probecandidaten  (an  Bealanstalten  überdies  mit  Einschlufs  des 
den  obligatorischen  Zeichenunterricht  in  der  obersten  Klasse  erteilenden  Lehrers) 
berechtigt,  als  Zuhörer  anwesend  zu  sein.*' 

„Der  Königliche  Gommissar  oder  sein  Stellvertreter  ist  berechtigt,  wenn 
es  ihm  zweckmäfsig  erscheint,  ohne  Angabe  eines  Grundes  diese  Berathungen 
oder  einen  Teil  derselben  durch  AusscMiefsung  der  nicht  zur  Gommission  ge- 
hörenden Lehrer  zu  secreten  zu  machen." 

„Vor  dem  Beginne  der  Berathungen  hat  jedesmal  der  Vorsitzende  die 
sämtlichen  Anwesenden  an  die  Pflicht  der  Amtsverschwiegenheit  zu  mahnen ; 
dafs  dies  geschehen,  ist  im  Protokolle  zu  vermerken."  Der  Minister  etc. 
von  Gofsler. 


i 


430 

Zulassung. 

Zur  Entlassnngsprüfung  sind  im  Falle  der  Meldung  auch 
diejenigen  Schnler  zuzulassen,  welche  d^r  Unterprima  drei  Halb- 
jahre angehört  haben  und  erst  im  vierten  Halbjahre  nach  Ober- 
prima versetzt  worden  sind.  Min. Verf.  v.  4.  Febr.  1885.  „Dem 
K.  Pro V.  Seh.  C.  erwidere  ich  auf  den  Bericht  vom  27.  Jan.  d.  J.  die  Aus- 
legung des  §  5,  1  der  Ordnung  der  Entlassungsprüfung  vom  27.  Mai  1882 
betreffend,  dafs  die  von  dem  Director  des  Realgymn.  zu  N.  verauchte  Deutung 
der  allegirten  Bestimmung  durch  den  Wortlaut  des  ersten  Absatzes  des  betreffen- 
den §  in  Verbindung  mit  Absatz  2  ausgeschlossen  ist.  Wenn  in  jenem  es  heifst, 
dafs  die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Entlassungsprüfung  in  der  Begel  nicht 
eher  als  im  vierten  Halbjahre  der  zweijährigen  Lehrzeit  der  Prima  stattfinde, 
und  in  diesem  bestimmt  ist,  dafs  für  die  Zulassung  eines  Schülers  zur  Ent- 
lassungsprüfung unbedingt  erforderlich  sei,  dafs  derselbe  im  Halbjahre  der 
Meldung  der  Oberprima  angehöre;  so  folgt  daraus,  dafs  ein  Schüler,  welcher 
der  Unterprima  drei  Halbjahre  angehört  hat  und  nach  Ablauf  derselben  im 
vierten  Halbjahre  nach  Oberprima  versetzt  worden  ist,  zum  Schlüsse  des  letzteren 
im  Falle  seiner  Meldung  zur  Prüfung  zugelassen  werden  mufs.  Die  von  dem 
Director  angezogene  Bestimmung  des  §  5,  1,  wonach  im  dritten  Halbjahre  der 
zweijährigen  Lehrzeit  der  Prima  die  Zulassung  eine  ausnahmsweise  auf  den 
einstimmigen  Antrag  der  der  Prüfungscommission  angehörenden  Lehrer  seitens 
des  K.  Prov.Sch.C.  genehmigt  werden  könne,  trifft  in  dem  vorliegenden  Falle 
ebenso  wenig  zu,  wie  die  Berufung  auf  meinen  Erlafs  vom  24.  Dec.  v.  J.,  da 
dort  nur  von  der  ausnahmsweisen  Zulassung  eines  besonders  hervorragenden 
Schülers  im  dritten  Halbjahre  des  Primabesuches  überhaupt  die  Bede  ist  und 
hier  es  sich  um  solche  Schüler  handelte,  die  im  Laufe  des  Primacursus,  und 
zwar  nicht  zu  Anfang  desselben,  in  die  Prima  eingetreten  sind.  Keiner  von 
beiden  Fällen  lieg^  bei  dem  Primaner  N.  vor.  Derselbe  ist  nach  anderthalb- 
jährigem Besuche  der  Unterprima,  die  an  dem  Realgymnasium  zu  N.  mit  Ober- 
prima räumlich  vereinigt  ist,  zu  Michaelis  v.  J.  in  die  letztere  Klasse  versetzt 
worden;  gehört  also  der  Prima  überhaupt  jefczt  im  vierten  Halbjahre  an  und 
davon  ein  Halbjahr  der  Oberprima,  so  dafs  er  die  zweijährige  Lehrzeit  der 
Prima  erfüllt  hat.  Demgemäfs  ist  derselbe  zu  Ostern  d.  J.  zur  Entlassungs- 
prüfung zuzulassen.  In  gleicher  Weise  ist  in  allen  ähnlichen  Fällen  zu  ver- 
fahren."       Der  Minister  etc.   von  Gofsler. 

C.Verf.  V.  11.  Dec.  1851:  „Um  einerseits  die  Disciplin  unter  den  Prima^ 
nem  aufrecht  zu  erhalten,  und  um  andererseits  den  nicht  seltenen  Versuchen 
mittelmäfsiger  Primaner,  duich  Privatunterricht  schneller  als  auf  dem  Gymn. 
zur  Maturitätsprüfung  zu  gelangen,  sowie  um  dem  einer  gründlichen  Ausbildung 
gewöhnlich  nachteiligen  Wechsel  im  Besuch  der  Gymn.  während  des  Prima- 
cursus möglichst  entgegenzuwirken,  bestimme  ich  auf  die  von  den  K.  Prov. 
Schulcollegien  erstatteten  Berichte  was  folgt: 

1.  Einem  Primaner,  welcher  im  Disciplinarwege  von  einem  Gymn.  ent- 
fernt wird,  ist,  wenn  er  an  einem  anderen  Gymn.  die  Zulassung  zur  Maturitäts- 
prüfung, sei  es  als  Abiturient,  sei  es  als  Extraneer  nachsucht,  dasjenige  Semester, 
in  welchem  seine  Entfernung  von  der  Anstalt  erfolg^  ist,  weder  auf  den  2jähr. 
Primacursus,  noch  auf  den  im  §  41  des  Prüfungsreglm.  v.  4.  Juni  1834  vor- 
gesehenen 2jähr.  Zeitraum  anzurechnen. 

2.  Nach  demselben  Grundsatz  (ad  1)  ist  zu  verfahren  bei  der  Zulassung 
solcher  Primaner  zur  Maturitätsprüfung,  welche  ein  Gymn.  willkürlich,  um  einer 
Schulstrafe  zu  entgehen  oder  aus  anderen  ungerechtfertigten  Gründen,  verlassen 
haben.    Dagegen  ist  die  Anrechnung  des  betr.  Semesters  mit  Genehmigung  des 


431 

betr.  E.  Proy.Sch.G.  dann  gestattet,  wenn  der  Abgang  Ton  dem  Gymn.  durch 
andere  Verhältnisse,  welche  den  Verdacht  eines  willkürlichen  ungerechtfertigten 
Wechsels  der  Schulanstalt  ausschliefsen,  veranlafst  worden  ist. 

3.  Wenn  die  I  in  eine  Unter-  und  Oberl  geteilt  ist,  so  kommt  bei 
Berechnung  des  2jähr.  Primacursus  der  Aufenthalt  des  Schülers  in  diesen  beiden 
Klassen  gleichmäfsig  in  Betracht,  wohingegen  der  im  %  41  des  Prüfungsreglm. 
Y.  4.  Juni  1834  vorgeschriebene  2jähr.  Zeitraum  von  dem  Abgang  aus  Oberll 
zu  berechnen  ist,  falls  an  dem  betr.  Gymn.  die  II  in  2  Klassen  geteilt  ist. 

C.Verf.  V.  22.  Dec.  1854:  ,J)ie  Bestimmung  unter  Nr.  3  der  C.Verf.  v. 
11.  Dec.  1851,  über  deren  Auslegung  eine  Meinungsverschiedenheit  obwaltet, 
findet  keine  Anwendung  auf  Gymnasiasten,  welche  unmittelbar  nach  Absolvirung 
der  I  die  Maturitätsprü^g  zu  bestehen  wünschen,  und  beabsichtigt  namentlich 
nicht,  für  diese  die  regelmäfsigen  Bedingungen  der  Zulassung  zur  Maturitäts- 
prüfung zu  ändern.  Die  gedachte  Yerf.  bezieht  sich,  wie  aus  dem  Eingange 
derselben  zu  entnehmen,  im  AUgm.  nur  auf  solche  Gymnasiasten,  welche  ohne 
genügenden  Grund  die  Gymnasien  wechseln  oder,  um  sich  durch  Privatunter- 
richt zur  Maturitätsprüfung  vorzubereiten,  das  Gymn.  verlassen  haben,  oder 
endlich  im  Disciplinarwege  von  demselben  entfernt  worden  sind.  Sie  verordnet  ins- . 
besondere  unter  Nr.  3  für  diejenigen  zu  diesen  Kategorieen  gehörigen  Gymnasiasten, 
welche,  ohne  inzwischen  wieder  ein  Gymn.  besucht  und  auf  demselben  den  voll- 
ständigen Primacursus  absolvirt  zu  haben,  der  Maturitätsprüfung  sich  unterziehen 
wollen,  dafs  der  im  §  41  des  Beglm.  vorgeschriebene  2jähr.  Zeitraum  von  dem 
Abgang  aus  Ob  er  II  zu  berechnen  sei.  Aus  dieser  Bestimmung,  sowie  daraus, 
dafs  es  nicht  die  Absicht  gewesen  ist,  diesen  Zeitraum  um  mehr  als  um  ein 
Semester,  nämlich  um  dasjenige,  in  welchem  der  Abgang  oder  die  Entfernung 
von  der  Anstalt  erfolg^  ist,  zu  verlängern,  folgt  von  selbst,  dafs  bei  der  behufs 
der  Zulassung  solcher  Schüler  zur  Maturitätsprüfung  etwa  erforderlichen  Be- 
rechnung des  2jähr.  Primacursus  ein  Unterschied  zwischen  ober-  und  Unterl 
nicht  gemacht  werden  darf,  dafs  mithin  der  Aufenthalt  in  beiden  Klassen 
gleichmäfsig  in  Betracht  kommet)  mufs. 

In  Betreff  derjenigen  Gymnasiasten,  welche  unmittelbar  nach  Absolvirung 
der  I  die  Prüfung  zu  bestehen  wünschen,  bleibt  es  bei  der  Begel,  dafs  sie,  um 
zur  Prüfung  zugelassen  zu  werden,  2  Jahre  in  I  gesessen  haben  müssen.  Für 
diese  Schüler  bestimmt  die  C.Verf.  v.  11.  Dec.  1851  nur  insofern  etwas  Neues, 
als  denjenigen  unter  ihnen,  welche  von  einem  Gymn.  im  Disciplinarwege  ent- 
fernt worden  sind  oder  ohne  genügenden  Grund  die  Anstalten  gewechselt 
haben,  das  Semester,  in  welchem  dies  vorgekommen  ist,  nicht  angerechnet 
werden  soll. 

Besteht  an  einem  Gymn.  die  I  aus  Ober-  und  Unterl,  dergestalt,  dafs 
der  Unten*,  für  diese  Abteilungen  der  I  in  von  einander  getrennten  Klassen 
erteilt  und  das  reglementsmäfsige  Ziel  der  I  überhaupt  in  Unterl  nicht  errreicht 
wird,  so  darf  ein  Schüler  der  Unterl  nicht  zur  Maturitätsprüfung  zugelassen 
werden.  Die  Zulassung  ist  vielmehr  in  solchem  Fall  von  der  Erreichung  der 
obersten  Bildungsstufe,  in  welcher  die  Gymnasialbildung  erst  ihren  Abschlufs 
eilangt,  d.  i.  der  Oberl,  abhängig.  Ein  einjähr.  Aufenthalt  in  einer  solchen 
Oberl  ist  behufis  der  Zulassung  zur  Prüfung  jedoch  nur  in  sofern  erforderlich, 
als  es  dessen  zur  Erfüllung  des  2jähr.  Primacursus  überhaupt  bedarf.  Es  mufs 
daher  ein  Schüler,  welcher  3  oder  mehr  Semester  in  Unterl  gesessen  hat,  zur 
Prüfling  auch  schon  nach  einem  halbjähr.  Aufenthalt  in  Oberl  zugelassen 
werden."  —  Vgl.  p.  430. 

Min.Verf.  v.  30.  Juli  1879  (an  Herrn  N.).    U.  IL  7100.    Auf  die  Be- 
schwerde  V.   13.  d.  M.,   die  Verweigerung   der   Zulassung  Ihres   Sohnes   zur  I 
Abiturientenprüfung  betreffend,   eröffne  ich  Ew.  H.  nach  Anhörung  des  Prov.  ^ 


432 

Sch.G.  zur  Sache  das  Folgende.  Nachdem  Ihr  Sohn  nach  Ausweis  des  Abgangs- 
zeugnisses wegen  nicht  ausreichender  Leistungen  in  verschiedenen  Lehrobjecten 
zn  Michaelis  1878  die  Reife  for  Oberprima  nicht  erlangt  hatte,  würde  derselbe 
bei  seinem  Verbleiben  auf  dem  Gymn.  zu  N.,  wie  Ew.  H.  selbst  nicht  in  Ab- 
rede stellen,  frühestens  zn  Ostern  k.  J.  die  Zulassung  zur  Abiturientenprüfung 
erreicht  haben.  Demnach  würde  Ihr  Sohn,  wenn  er  am  Gymn.  zu  H.  zu 
Michaelis  d.  J.  zur  Prüfung  zugelassen  würde,  in  Folge  der  Verschiedenheit  des 
Schuljahranfanges  an  beiden  Gymnasien  durch  den  Wechsel  der  Anstalt  dies 
Ziel  um  ein  halbes  Jahr  früher  erlangen.  Da  aber  ein  derartiger  Wechsel  der 
Anstalt  sich  für  die  Aufrechthaltung  der  Disciplin  wie  für  die  gründliche  Durch- 
bildung der  Primaner  gleich  nachteilig  erwiesen  hat,  so  ist  durch  die  C.Verf. 
vom  11.  December  1851  bestimmt  worden,  dafs  bei  ungerechtfertigtem  Wechsel 
der  Anstalt  das  Semester,  in  welchem  der  Wechsel  erfolgt,  auf  den' zweijährigen 
Besuch  der  Prima  nicht  angerechnet  werden  darf.  Ew.  H.  legen  nun  auf  die 
Fassung  der  Verfügung  besonderes  Ge?acht  und  finden  die  Bestimmung  unter 
Nr.  2  im  vorliegenden  Falle  nicht  anwendbar,  da  Ihr  Sohn  das  Gymnasium 
nicht  im  Laufe  des  Semesters,  sondern  erst  an  dessen  Schlufs  verladen  habe. 
Ich  vermag  aber  dieser  Auffassung  nicht  beizutreten.  Durch  eine  solche  Aus- 
legung würde  die  ganze  Verfügung  illusorisch  gemacht  werden,  da  gerade  der 
Fall,  dafs  nicht  versetzte  Primaner  am  Schlüsse  des  Semesters  eine  Anstalt 
verlassen,  um  an  einer  anderen  das  Ziel  früher  zu  erreichen,  der  bei  weitem 
häufiger  vorkommende  ist.  Es  entspricht  deshalb  durchaus  dem  Sinne  der 
G.Veif.,  wenn  die  Prov.-SchulcoUegien  dieselbe  in  Anwendung  bringen,  sei  es 
nun,  dafs  der  Uebergang  auf  eine  andere  Anstalt  mitten  im  Semester,  sei  es, 
dafs  er  am  Schlüsse  desselben  erfolg^  ist.  Eine  Ausnahme  ist  nur  zulässig, 
wenn  der  Wechsel  durch  besondere  Umstände  als  gerechtfertigt  angesehen 
werden  darf.  Solche  ganz  besondere  Umstände,  durch  welche  der  Uebergang  Ihres 
Sohnes  auf  ein  anderes  Gymn.  nothwendig  geworden  wäre,  vermag  ich  weder 
in  der  von  Ew.  H.  unter  dem  4.  d.  M.  bei  dem  Prov.Sch.C  eingereichten  Vor- 
stellung, auf  welche  Sie  in  Ihrer  Beschwerde  vom  13.  d.  M.  Bezug  nehmen, 
noch  in  der  letzteren  selbst  zu  erkennen.  Ich  bin  daher  zu  meinem  Bedauern 
nicht  in  der  Lage,  unter  Aufhebung  der  Verfügung  des  Prov.Sch.C.  vom  7.  d.  M. 
die  Zulassung  Ihres  Sohnes  zu  der  Michaelis  d.  J.  stattfindenden  Abgangsprüfung 
ausnahmsweise  zu  gestatten. 

Min.Verf.  v.  30.  Juli  1879  (an  Herrn  N.).  U.  IL  6870.  „Auf  die 
Vorstellung  v.  16.  v.  M.  eröffne  ich  Ew.  W.  nach  Anhörung  des  dortigen 
Prov.Sch.G.  zur  Sache  das  Folgende. 

Nach  Ihrer  eigenen  Angabe  haben  Sie  Ihren  Sohn,  weil  er  aus  der  Ober- 
secunda  nicht  versetet  worden  war,  zu  Michaelis  v.  J.  von  dem  Gymn.  weg- 
genommen, um  ihn  durch  Privatunterr.  so  weit  fördern  zu  lassen,  dafs  er  zu 
Ostern  d.  J.  in  die  Unterprima  der  Anstalt  aufgenommen  werden  konnte.  Nach- 
dem ein  dahin  gehendes  Gesuch  vom  Director  abgelehnt  worden  ist,  haben  Sie 
den  Privatunterr.  Ihres  Sohnes  fortsetzen  lassen,  um  ihn  zu  Michaelis  zur  Auf- 
nahme in  die  Oberprima  anzumelden.  Wenn  das  Prov.Sch.G.  Ihrem  Antrage 
V.  18.  Mai  d.  J.  stattgegeben  hätte  und  Ihr  Sohn,  was  allerdings  nach  den 
Prädicaten  des  ihm  erteilten  Abgangszeugnisses  als  sehr  unwahrscheinlich  be- 
zeichnet werden  mufs,  die  Beife  zur  Oberprima  nachzuweisen  im  Stande  gewesen 
wäre,  so  würde  ihm  in  weiterer  Consequenz  die  Zulassung  zur  Abiturienten- 
prüfung zu  Michaelis  k.  J.  nicht  haben  versagt  werden  können.  Auf  diesem 
Wege  würde  demnach  Dir  Sohn,  welcher  bei  seinem  Verbleiben  auf  der  Anstalt 
bis  zur  Abiturientenprüfung  noch  drei  Jahre  nöthig  gehabt  hätte,  dasselbe  Ziel 
bereits  in  zwei  Jahren  haben  erreichen  können.  Eine  derartige  Gonnivenz 
würde  indefs  den  Intentionen  der  C.Verf.  v.  11.  Dec.  1851  durchaus  zuwider 


433 

sein,  da  die  UnierrichteTenraltang,  wie  im  Eingang  ansdrücklich  herrorgehoben 
wird,  dnrch  deren  Bestimmungen  nicht  nur  die  Disciplin  nnter  den  Primanern 
aufrecht  zn  erhalten,  sondern  eben  so  sehr  auch  der  fibereilten  und  danun 
nngrfindlichen  Vorbereitung  zur  Abitorientenprfifting  dnrch  Privatonterr.  ent- 
gegenzuwirken bestrebt  ist.  Ich  kann  schliefslich  nicht  unterlassen,  Ew.  W. 
darauf  hinzuweisen,  dafe  gerade  der  vorliegende  Fall,  wenn  es  dessen  überhaupt 
bedurfte,  die  Unterrichtsverwaltung  in  der  strengen  Festhaltung  der  getroffenen 
Mafsregel  als  der  Gerechtigkeit  und  Billigkeit  entsprechend  bestärken  mfifste. 
Es  wird  Ihnen  nicht  unbekannt  sein,  dafii  zugleich  mit  Ihrem  Sohne  noch  elf 
andere  Obersecundaner  nicht  versetzt  und  dafs  acht  von  denselben  in  der  Klasse 
geblieben  sind.  Es  wfirde  diesen  Schfilem  gegenüber,  welche  wenigstens  zum 
Teil  ohne  Zweifel  schon  aus  Mangel  an  Mitteln  zu  diesem  längeren  Verbleiben 
auf  der  Schule  genOthigt  worden  sind,  eine  unverkennbare  Härte  sein,  wenn 
anderen,  die  sich  in  günstigeren  Verhältnissen  befinden,  eine  besondere  Be- 
günstigung in  der  Erreichung  des  Zieles  würde  zu  Teil  werden.  Unter  diesen 
umständen  bin  ich  nicht  in  der  Lage,  Ihrem  Antrage  Folge  zu  geben,  vielmehr 
mufs  es  bei  dem  Ew.  W.  von  dem  Prov.Sch.G.  erteilten  Besdieide  sein  Be- 
wenden behalten.*' 

Gregenstände  der  Gymnasial-Beifeprüfung,  zu  welcher  In- 
haber des  Beifezeugnisses  eines  Bealgymnasiums  oder  einer  Ober- 
Bealschule  zugelassen  werden.  C.Verf.  v.  16.  Nov.  1882.  Jta 
der  durch  die  C.Verf.  v.  27.  Mai  d.  J.  in  Geltung  gesetzten  Ordnung  der 
Entlassungsprüfhng  an  den  Gymnasien  ist  durch  §  18,  2  festgesetzt,  dafs  die 
Gymnasial -Beifeprüftang  sol<;her  Aspiranten,  welche  bereits  das  Beifezeugnis 
eines  Bealgymnasiums  oder  einer  Ober-Bealschule  erworben  haben,  auf  die 
lateinische  und  griechische  Sprache  und  die  alte  Geschichte  zu  beschränken 
ist,  sofern  denselben  durch  das  Beifezeugnis  der  Bealanstalt  im  Deutschen,  im 
Französischen  und  in  der  Mathematik  das  Prädikat  genügend  ohne  jede  Ein- 
schränkung erteilt  ist  Die  Entscheidung  darüber,  ob  das  von  der  Bealanstalt 
erteilte  Beifezeugnis  diese  Beschränkung  der  Prüfting  begründet,  ist  dem  betr. 
K.  Prov.8ch.G.  zugewiesen. 

Mit  Bezug  hierauf  ist  von  einem  K  Prov.Sch.C.  die  Frage  vorgetragen 
worden,  ob  in  dem  Falle,  wenn  das  Prov.Sch.C.  die  für  die  bezeichnete  Be- 
sdiränkung  festgesetzte  Bedingung  nicht  für  erfüllt  erachtet,  die  voUe  Prüfdng 
nach  §  17  abgelegt  werden,  oder  ob  die  Prüfung  nur  auf  diejenigen  der  drei 
Gregenstände  weiter  ausgedehnt  werden  solle,  in  welchen  mangelhafte  Leistungen 
bei  der  Prnfiing  der  BeiEdanstalt  vorgelegen  haben. 

Zur  Beseitigung  des  hiermit  ausgesprochenen  Zweifels  bestimme  ich, 
da(^,  wenn  die  im  §  18,  2  gestellte  Bedingung  nicht  erfällt  ist,  nicht  deshalb 
die  volle  Prüftmg  nach  §  17  abzulegen,  sondern  die  Prüfung  aufser  der  lateini- 
^schen  und  griechischen  Sprache  und  der  alten  Geschichte  noch  auf  diejenigen 
*unter  den  drei  Unterrichtsgegenständen  (Deutsch,  Französisch,  Mathematik)  aus- 
zudehnen ist,  in  welchen  mangelhafte  Leistungen  durch  das  Beifezeugnis  der 
Bealanstalt  bezeichnet  sind. 

Diese  Bestimmung  ist  übrigens  eine  Consequenz  der  dem  9  18  der 
Prüftingsordnung  zu  Grunde  liegenden  Absicht,  dafs  im  Interesse  der  Prüftings- 
commissionen  und  der  Examinanden  jede  nicht  durch  sachliche  Gründe  erforderte 
Prüfdng  vermieden  werde.  In  dem  gleichen  Sinne  ist  in  der  Ministerialinstanz, 
der  bisher  überhaupt  vorbehalten  war,  über  eventuelle  Beschränkung  der  frag- 
lichen Beifeprüfungen  zu  befinden,  in  jedem  einzehien  Falle  die  Entscheidung 
getroffen  worden.  Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Wlti«,  Yerordnangeiu  28 


434 

Min. Verf.  v.  30.  Apr.  1883.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  lasse  ich  in  der 
Anlage  s.  1.  r.  die  Eingabe  des  Bealgymnasial-Abiturienten  N.  v.  15.  Apr.  d.  J. 
mit  folgenden  Bemerknngen  zngehen. 

Für  solche  Abiturienten  der  Realgymnasien,  welche  das 
Gymnasial-Beifezengnis  erwerben  wollen,  ist  es  jedenfalls  als  der  ange- 
messenste Weg  der  Vorbereitung  zu  erachten,  dafs  sie  in  denjenigen  Gegen- 
ständen, in  welchen  ihre  Schulbildung  der  Ergänzung  bedarf,  den  ünterr.  an 
einem  Gymn.  geniefsen.  Aus  diesem  Gesichtspunkte  ist  daher  in  wiederholten 
Fällen  gestattet  worden,  Bealgymnasial-Abiturienten  in  die  oberste  Klasse 
eines  Gymn.  in  der  Weise  aufzunehmen,  dafs  sie  nur  an  denjenigen  Unterrichts- 
gegenständen teilnehmen,  aufweiche  (nach§  18,2  der  Prüfungsordn.  v.  27.  Mai 
1882)  ihre  Gymnasialreifeprufhng  beschränkt  werden  wird;  vorausgesetzt  ist  bei 
solcher  Bewilligung,  dafs  nicht  etwa  aus  den  besonderen  Verhältnissen  der 
Schule  oder  des  betr.  Abiturienten  Bedenken  entgegenstehen,  und  dafs  der  betr. 
Schüler  sich  der  Disciplinarordnung  der  Schule  vollkommen  unterweife. 

Unter  diesen  Voraussetzungen,  welche  in  dem  vorliegenden  Falle  zuzutreffen 
scheinen,  steht  dem  nichts  entgegen,  dafs  der  pp.  N.  auf  das  Gymn.  in  U.  auf- 
genommen werde,  unter  event.  Beschränkung  seiner  Vei-pfiichtung  des  Schul- 
besuches auf  die  lateinischen,  die  griechischen  und  die  geschichtl.  Lehrstunden. 
Wenn  dieser  Besuch  des  Gymn.  bis  zu  der  seitens  des  LehrercoUegiums  an- 
erkannten Beife  fortgesetzt  ist,  so  erwirbt  dadurch  der  Bealschul-Abiturient  den 
Anspruch,  als  Schüler  des  betr.  Gymn.  zur  Beifeprüfdng  zugelassen  zu  werden, 
ohne  deshalb  der  nach  §  18,  2  ihm  event.  zustehende  Abkürzung  der  Prüfling 
verlustig  zu  werden. 

Hiemach  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  den  Director  N.  mit  entsprechendem 
Bescheide  versehen.*'  Der  Minister  etc.  v.  Gofsler. 

Wiederholung  der  Maturitätsprüfung. 

Ans  C.Verf.  v.  5.  Mai  1846:  „Da  ich  aus  mehrfachen  Gesuchen  wegen 
Wiederholung  der  Prüfung  pro  maturitate  entnommen  habe,  dafs  die  in 
8  35,  liß  und  39  des  Keglm.  für  die  Prüfung  der  zu  den  Universitäten  übeigehen- 
den  Schüler  vom  4.  Juni  1834  enthaltenen  Bestimmungen  nicht  gleichmäfsig  auf- 

fefafst  und  angewendet  werden,  so  sehe  ich  mich  veranlafst  durch  nachfolgende 
IrläuteruDgen  eine  gleichmäfsige  Anwendung  der  bezeichneten  §§  herbeizuführen, 
durch  welche  einesteils  eine  gründliche  Vorbildung  für  die  Universitätsstudien  be- 
fordert, andemteils  der  Besuch  der  Universitäten  auch  denen  nicht  unbedingt  ver- 
sagt sein  sollte,  welche  sich  ein  Zeugnis  der  Beife  nicht  erworben  haben. 

....  3.  Diejenigen  Gymnasiasten,  welche  die  Universität  mit  dem  Zeugnis 
der  Nichtreife  bezogen  haben,  und  nach  den  Bestimmungen  des  §  35  bei  der 
Philosoph.  Facultät  inscribirt  worden  sind,  können  nach  §  39  während  ihres  Besuchs 
der  Universität  die  Maturitätsprüfung  nur  einmal,  aber  nicht  öfter,  wieder- 
holen. 4.  Alle,  welche  die  Universität  beziehen  und  bei  derselben  Vorlesungen 
hören,  ohne  zuvor  sich  einer  Maturitätsprüfung  unterworfen  zu  haben,  später  aber 
sich  ein  2jeugnis  der  Beife  erwerben  wollen,  können  unter  allen  Umständen  nur 
2mal,  aber  nicht  öfter,  zur  Prüfung  pro  maturitate  zugelassen  werden.  Inso- 
fern dieselben  nach  den  in  §  36  enthaltenen  Bestimmungen  bei  der  philosoph. 
Facultät  inscribii*t  sind  und  darüber,  dafs  sie  eine  Anstellung  im  eigentlichen  ge- 
lehrton Staats-  und  Kirchendienst  nicht  beabsichtigen,  eine  schriftl.  Erklärung  ab- 
gegeben haben,  können  dieselben  zur  Prüfung  pro  maturitate,  durch  welche  sie  der 
abgegebenen  Erklärung  ungeachtet  zur  Anstellung  im  eigentlichen  gelehrten  Staats- 
und Kirchendienst  sich  die  Bahn  eröffnen  könnten,  nur  mit  Genehmigung  des  Min. 
der  geistl.  ete.  Anglffh.  zugelassen  werden,  welche  sowohl  der  betr.  Prüfungscomm., 
als  auch  später  bei  der  Immatriculation  als  maturi  und  dem  damit  verknüpften 
JBeginn  eines  akadem.  Trienniums,  resp.  Quadrienniums,  vorzulegen  ist." 

[C.Verf.  V.  12.  Jan.  1856:  Denjenigen  Abiturienten,  welche  ein  Zeugnis 
der  Reife  nicht  haben  erwerben  können  und  die  Schule  verlassen,  ist  es,  sie 


435 

mögen  die  Universität  bezogen  haben  oder  nicht,  nur  noch  ein  Mal  gestattet,  die 
Fr^ong  zu  wiederholen;  es  kann  dies  jedoch  nar  in  der  Provinz  geschehen,  in 
welcher  sie  das  Zeugnis  der  Nichtreife  erhalten  haben.] 

C.Verf.  V.  30.  Juni  1885.  „Dxirch  die  Prüfdngsordnung  v.  27.  Mai 
1882  ist  in  I.  A.  §  17,  1  Abs.  2  nnd  IL  A.  §  17,  1  Abs.  2  bestimmt,  dafs 
junge  Leute,  welche  nach  bereits  erfolgter  Immatriculation  an  einer  Hochschule 
das  Beifezeugnis  von  einem  Gymn.  oder  einer  Bealanstalt  erwerben  wollen,  für 
ihre  Zulassung  zu  der  betr.  Prüfung  die  ministerielle  Genehmigung  nachzusuchen 
haben,  und  dafs  dieselben,  wenn  sie  nach  erhaltener  Erlaubnis  die  Prüfung 
nicht  bestehen,  nur  noch  einmal  zur  Prüfung  zugelassen  werden  können. 

Anf  Aiüafs  Öfters  vorgetragener  Gesuche  um  wiederholte  Zulassung  zur 
Prüfung  bemerke  ich  ausdrücklich,  dafs  eine  Prüfung,  welche  ein  Examinand, 
nachdem  er  einmal  in  dieselbe  eingetreten  ist,  an  irgend  einer  Stelle  im  Ver- 
laufe der  Prüfung  selbst  aufgiebt,  einer  nicht  bestandenen  Prüfung  gleich  ge- 
rechnet wird. 

Um  Irrtümern  nnd  Einwendungen  vorzubengen,  wollen  die  K.  Prov.Schul- 
collegien  diese  Bemerkung  in  die  Erlasse,  durch  welche  dieselben  einen  Prüf- 
ling einer  bestimmten  Anstalt  überweisen,  aufnehmen. 

Eine  Ausnahme  hiervon  findet  nur  statt,  wenn  sofort  bei  dem  Aufgeben 
der  Prüfung  nachgewiesen  und  von  dem  E.  Commissar  anerkannt  ist,  dal^  die 
Prüfung  in  Folge  einer  Erkrankung  des  Prüflings  hat  aufgegeben  werden  müssen. 

Die  Gleichstellung  der  aufgegebenen  Prüfung  mit  der  nicht 
bestandenen  hat  ebenso  Geltung  für  die  nach  I.  A.  §  18  und  IL  A.  §  18  unter- 
nommenen Prüfungen  und  für  die  Ausfuhrung  der  in  §  16,  1  der  drei  Prüfungs- 
ordnungen I.  A.  IL  A.  in.  enthaltenen  Bestimmung.*' 

Prüfungstermin. 

C.Verf.  V.  18.  Aug.  1873:  „Von  Seiten  des  K.  Kriegsmin.  ist  mir  mit- 
geteilt worden,  dafs  beabsichtigt  wird,  für  die  Vorprüfung  der  Aspiranten  zur 
Aufnahme  in  die  militär-ärztL  Bildungsanstalten  hier  in  Berlin  eine 
Centralcommission  einzusetzen,  deren  Thfttigkeit  im  März  1874  beginnen  soll. 
Im  Interesse  der  Aspiranten  sollen  die  Vorprüfungen  den  Aufuahmeterminen 
möglichst  nahe  gelegt  werden,  letztere  aber  künftig  kurz  vor  dem  1.  Apr.  und 
1.  Oct.  stattfinden. 

Mit  Bezng  auf  die  denselben  Gegenstand  betr.  C.Verf.  v.  4.  Dec.  1845 
veranlasse  ich  deshalb  die  K.  Prov.Schulcoll.,  die  Gymn.Directoren  Ihres  resp. 
Amtsbereichs  zu  beauftragen,  diejenigen  Abiturienten,  welche  sich  zur  Aufnahme 
in  die  militär-ärztl.  Bildungsanstalten  melden  wollen,  rechtzeitig  mit  einer 
beglanb.  Abschrift  des  Maturitätszeugnisses  zu  versehen,  falls  etw9.  die  Ein- 
händigung dieser  Zeugnisse  selbst  nicht  früh  genug  sollte  erfolgen  können. 
Wünschenswerth  ist,  dafs  die  Zeugnisse  oder  eine  beglaubigte  Abschrift  der- 
selben bis  zum  20.  März  resp.  20.  Sept.  an  die  Prüfungscomm.  gelangen; 
weshalb  den  Dir.  zu  empfehlen  ist,  dafs  sie  in  dringenden  Fällen  dieselben  der 
Beschleunigung  wegen  ihrerseits  direct  an  den  General-Stabsarzt  der  Armee 
und  Chef  der  Militär-Medic.Abt.  im  K.  Eriegsminist.  einsenden." 

C.Verf.  V.  26.  Oct.  1878.  „Ans  der  in  Folge  meines  Erlasses  vom 
31.  Dec.  V.  J.  von  den  E.  Prov.SchulcoUegien  erstatteten  Berichten  habe  ich 
ersehen,  dafs  es  ohne  wesentliche  Schwierigkeiten  möglich  gewesen  ist,  in  dem 
Ansetzen  der  Termine  für  die  Maturitätsprüfang  zum  Ostertermine  d.  J.  dem 
Interesse  der  Aspiranten  anf  Aufnahme  in  die  militärärztlichen  BilduBgs- 
anstalten  Bechnung  zu  tragen,  und  dafs  einige  Prov.SchulcoUegien  teils 
schon  früher,  teils  in  Folge  des  angeführten  Erlasses  die  Directoren  der  Gymnasien 

28» 


436 

aufgefordert  halben,  in  dem  an  das  E.  ProY.Sch.G.  einzureichenden  YerzeichnisBe 
der  zur  Präfang  angemeldeten  Ahitorienten  jedesmal  aosdracklich  zu  bemerken, 
ob  sich  unter  diesen  Abiturienten  Aspiranten  auf  die  Aufnahme  in  die  militärärztl. 
Bildungsanstalten  finden. 

Diese  Einrichtung  ist  allgemein  einzuführen.  Das  E.  Prov.Sch.C.  wolle 
demnach  die  Gymnasial-Directoren  Seines  Amtsbereiches  mit  der  entsprechenden 
Weisung  versehen  und  dann  auf  Grund  der  event.  Meldungen  in  Betreff  jener 
Aspiranten  thunlichst  darauf  Bedacht  nehmen,  dafs  an  denjenigen  Anstalten, 
an  welchen  sich  Aspiranten  &iden,  die  Reifeprüfungen  vor  dem  20.  März  bezw. 
20.  September  abgeschlossen  seien.''     Vgl.  C.Verf.  v.  6.  Oct.  1885,  p.  249. 

Vertretung  des  Eönigl.  Commissarius.  C.Verf.  v.  8.  Dec. 
1880.  „Die  Berichte,  welche  in  Folge  meines  Erlasses  vom  5.  Oct.  d.  J.  von  den 
einzelnen  Prov.Schulcoliegien  über  die  im  Jahre  1880  abgehaltenen  Beifeprüfungen 
bezüglich  der  für  die  mündlichen  Prüfungen  angesetzten  Termine  und  der  An- 
wesenheit des  betr.  Departementsrathes  bei  denselben  erstattet  worden  sind, 
geben  mir  zu  folgenden  Bemerkungen  Anlafs. 

1)  Es  ist  wie  bisher,  so  auch  fernerhin  als  Begel  einzuhalten,  dafs  bei 
der  Abhaltung  der  mündlichen  Beifeprüfung  an  den  höheren  Schulen  (Gymnasien, 
Bealschulen,  Progymnasien,  höh.  Bürgerschulen)  der  betr.  Departementsrath  des 
E.  Prov.Sch.C.  den  Vorsitz. fahrt. 

Dem  gegen  diese  Einrichtung  von  einer.  Seite  erhobenen  Einwände,  dafs 
die  Anwesenheit  des  Departementsrathes  bei  der  mündlichen  Beifeprüfung  nicht 
einen  dem  Aufwände  an  Zeit  und  Eosten  ensprechenden  Erfolg  habe,  kann  im 
Hinblicke  auf  die  Gründe,  welche  zu  der  Einrichtung  ursprünglich  bestimmt 
haben,  und  auf  die  über,  ihren  Erfolg  allgemein  gemachten  Erfahrungen  eine 
mafsgebende  Bedeutung  nicht  zuerkannt  werden.  Indem  der  Vorsitz  bei  der 
mündlichen  Prüfung  und  die  damit  verbundene  Eenntnisnahme  von  den  schrifü. 
Prüfungsarbeiten  dem  betr.  Departementsrathe  aufgetragen  ist,  wird  der  Zweck 
verfolgt  und  thatsächlich  erreicht,  dalls  in  der  BeUeprüfung  an  den  einzelnen 
Anstalten  derselben  Eategorie  eine  im  Wesentlichen  gleiche  Höhe  der  Forderungen 
eingehalten  und  willkürliche  Steigerungen  derselben  ebenso  wie  ungebührliche 
Minderungen  vermieden  werden.  Die  Anwesenheit  des  Prov.Schulra&es  bei  der 
mündl.  Beifeprüfung  kann  in  ihrer  Bedeutung  für  die  betr.  Schule  einer  ein- 
gehenden Bevision  allerdings  nicht  gleichgestellt  werden  oder  dieselbe  ersetzen; 
aber  es  ist  dennoch  von  einem  nicht  zu  unterschätzenden  Werthe,  dafs  der 
Schulrath  dadurch  einen  bestimmten  regelmäfsig  wiederkehrenden  Anlafs  hat, 
mit  den  Schulen  seines  Amtsbereiches  in  persönlichem  Zusammenhange  zu 
bleiben,  üeberdies  wird  durch  die  im  Jahre  1874  unter  den  deutschen  Staats- 
regierungen über  die  gegenseitige  Anerkennung  der  Gymnasial-Beifezeugnisse 
abgeschlossene  Vereinbarung  erfordert,  dafs  der  Vorsitz  des  Departementsrathes 
bei  der  mündlichen  Prüfdng  als  Begel  eingehalten  werde;  denn  unter  dem 
„Begierungscommissarius'S  dessen  Anwesenheit  bei  der  mündl.  Prüfung  unter 
Nr.  7  der  Vereinbarung  vorausgesetzt  wird,  hat  nicht  eine  für  den  einzelnen 
Act  der  Prüfung  beauftragte,  sondern  eine  durch  ihre  amtliche  Stellung  in 
der  ünterrichtsverwaltung  dazu  berufene  Persönlichkeit  bezeichnet  werden  sollen. 

2)  Auf  die  vollständige  Durchfahrung  der  Begel  mufs  insoweit  verzichtet 
werden,  als  der  auf  die  Abhaltung  der  mündlichen  Prüfungen  höchstens  zu  ver- 
wendende Zeitraum  die  Möglichkeit  der.  persönlichea  Anwesenheit  des  Departe- 
mentsrathes bei  der  mündlichen  Prüfung  beschränkt.  Damit  die  ordnungs- 
mfifsig  für  Prima  bestimmte  zweijährige  Lehrdauer  nicht  ungebührlich  verkürzt 
werde,  ist  unbedingt  einzuhalten,  dafs  die  mündlichen  Beifeprüfungen  nicht 
früher,  als  sechs  Wochen  vor  dem  Semesterschlusse  begonnen  werden.  Wenn 
von  einigen  Prov.Schulräthen  dieses  Maximum  der  Zeit  überschritten  in  einem 


437 

Falle  sogar  erheblich  überschritten  ist,  so  verkenne  ich  keineswegs  die  volle 
Hingebung  an  die  Aufgaben  des  Bemfes,  welche  dadurch  bekundet  wird,  aber 
im  Literes^e  der  Schüler  muTs  ich  die  Einhaltung  der  Zeitgrenze  von  sechs 
Wochen  fordern. 

In.  einzelnen  Provinzen  genügt  dieser  sechswOchentiiche  Zeitraum,  um 
dem  Departementsrathe  die  persöiüiche  Anwesenheit  bei  den  mündl.  Beife- 
prüfungen  an  allen  höh.  Schulen  zu  ermöglichen;  dagegen  mufs  in  dei^enigen 
Provinzen,  welche  eine  gröfsere  Anzahl  höh.  Lehranstalten  enthalten,  dieser 
Zeitraum  als  unzureichend  anerkannt  werden,  zumal  da  auch  während  desselben 
die  Departementsrathe  zeitweise  an  den  Sitz  des  Prov.Sch.G.  behufii  Erledigung 
dringender  Angelegenheiten  zurückzukehren  haben.  In  dem  Mafse,  als  die  be- 
stimmte Zeit  för  die  Departementsrathe  nicht  ausreicht,  ist  auf  Ersatz  derselben 
durch  stellvertretende  Königliche  Gommissanen  Bedacht  zu  nehmen. 

3)  Was  die  Auswahl  derjenigen  Anstalten  betrifft,  für  welche 
auf  die  persönliche  Anwesenheit  des  Departementsrathes  bei  der  mündlichen 
Beifeprüfnng  verzichtet  werden  soll,  so  ist  in  allen  Berichten  aus  nahe  liegen- 
den Gründen  als  selbstverständlich  betrachtet  worden,  dafs  dies  nicht  etwa  ein 
für  allemal  dieselben  Anstalten  sein  dürfen,  sondern  dafs  vielmehr  rechtzeitig 
für  jeden  Prüftingstermin  in  Erwägung  zu  ziehen  ist,  für  welche  Anstalten  dies- 
mal im  Interesse  der  Prüfong  selbst  oder  wegen  anderer,  bei  diesem  Anlasse 
mit  dem  Lehrercollegium  oder  '  mit  städtischen  Behörden  zu  fcihrender  Ver- 
handlungen die  persönliche  Anwesenheit  des  Prov.  Schulrathes  besonders  wünschens- 
werth  ist,  und  bei  welchen  dagegen  mit  dem  geringsten  Nachteile  von  derselben 
scheint  abgesehen  werden  zu  dürfen. 

Die  entfernte  oder  isolirte  Lage  einzelner  Schulorte  erschwert  unver- 
meidlich die  persönliche  Anwesenheit  des  Departementsrathes  bei  den  Beife- 
prüfungen  dieser  Schulen;  doch  ist  auch  bei  diesen,  wie  überhaupt  bei  allen 
Lehranstalten  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  die  Stdlvertretung  des  Schul- 
rathes sich  nicht  öfters  nach  einander  wiederhole. 

Die  persönliche  Anwesenheit  des  Departementsrathes  bei  den  Abgangs- 
prüfungen an  höh.  Bürgerschulen  und  Progymnasien  wird  in  einem  Berichte 
als  überhaupt  minder  erforderlich  bezeichnet,  weü  diese  Prüfungen  in  dem  nach- 
herigen üebergange  der  Schüler  auf  vollständige  Bealschulen  und  Gymnasien 
eine  gewisse  Controle  fänden.  Diesem  Gesichtspunkte  kann  eine  entscheidende 
Bedeutung  nicht  zuerkannt  werden,  weil  erfahrungsgemäf^  nur  ein  kleiner  Teil 
der  Abiturienten  dieser  Anstalten  in  die  Prima  eines  Gymn.  oder  einer  Beal- 
schule  1.  0.  übertritt.  Vielmehr  wird,  wie  in  andern  Berichten  bemerkt  ist,  in 
Anbetracht  des  beschränkteren  Umfanges  der  LehrercoUegien  und  der  durch- 
schnittlichen Schwierigkeit,  tüchtige  Lehrkräfte  far  diese  Kategorieen  von  Schulen 
zu  gewinnen  und  zu  erhalten,  gerade  bei  ihnen  die  wenigstens  zeitweise  An- 
wesenheit des  Prov.  Schulrathes  bei  der  Abgangsprüfung  dahin  mitzuwirken 
haben,  dafs  die  Zielleistungen  der  Sqhule  die  normalmäfsige  Höhe  bewahren, 
und  zugleich  dem  Schulra&e  die  wünschenswerthe  Gelegenheit  geben,  sich  in 
Kenntnis  von  den  Leistungen  der  Lehrer  zu  erhalten. 

4)  Bei  denjenigen  Schulen,  für  welche  zu  dem  betr.  Prüfangstermino 
eine  SteUvertretung  des  Prov.  Schulrathes  angeordnet  wird,  ist  kein  AnLafs  vor- 
handen, durch  zeitige  Vornahme  der  mündlichen  -Ihrüfung  die  Dauer  des  Schul- 
semestors  zu  kürzen.  Ds^er  ist  bei  der  Anordnung  der  Stellvertretung  zugleich 
zu  bestimmen,  dafs  die  mündliche  Prüfung  nicht  früher  als  14  Tage  vor  dem 
ordnuBgsmäTsigen  SemesterscMusse  gehalten  werden  darf.  Unter  diese  Norm 
fallen  diejenigen  Fälle  nicht,  in  welchen  die  Stellvertretung  nicht  in  dem 
ursprünglichen  Verteilungsplane  der  Prüfungen  angeordnet,  sondern  erst  nach- 
trägli<iL  in  Folge  einer  Abhaltung  des*  Departementsrathes  erfolgt  ist« 


438 

5)  Entsprechend  der  in  den  meisten  Provinzen  regelmässig  beobachteten 
Praxis  ist  allgemein  als  Grandsatz  einzuhalten,  dafs  mit  der  Stellvertretung  des 
Departementsrathes  in  der  Function  eines  Eönigl.  Commissars  der  Director 
(Bector)  der  Anstalt  zn  beauftragen  ist.  —  Diese  Bestimmung  bezieht  sich 
selbstverständlich  nnr  anf  öff  entli  che  Schalen,  nicht  auf  solche  Privatanstalten, 
deren  Abgangszeugnissen  Militärberechtigung  zuerkannt  ist  Für  diese  An- 
stalten kann  der  Dirigent  nicht  zum  stellvertretenden  Eönigl.  Commissar  er- 
nannt werden,  sondern  ist  erforderlichen  Falles  der  Director  einer  öffentlichen 
höh.  Lehranstalt  mit  dieser  Function  zu  betrauen,  üebrigens  ist  für  diese  An- 
stalten die  Ansetzung  des  Termines  der  mündlichen  Prüfung  nicht  auf  die 
letzten  sechs  Wochen  des  Semesters  beschränkt,  sondern  die  mündliche  Prüfung 
kann  auch  auf  die  folgenden  Ferientage  verschoben  werden. 

Gregen  die  Beauftragung  der  Directoren  mit  der  Function  eines  stell- 
vertretenden Eönigl.  Commissars  wird  von  einer  Seite  der  Einwand  erhoben, 
dafs  einzelne  Directoren  einer  Controle  bedürften  und  dafs,  wenn  man  einigen 
das  Vertrauen  bezeige,  anderen  nicht,  die  letzteren  gedrückt  würden.  Dieser 
Einwand  würde  nur  dann  zutreffen,  wenn  der  Vorsitz  des  Directors  bei  der 
Prüfung  die  Begel  wäre,  so  dafs  die  Anwesenheit  des  Departementsrathes  an 
sich  zu  einem  Ausdrucke  des  Mifstrauens  würde;  vielmehr  ist  aber  die  An- 
wesenheit des  Departementsrathes  die  Begel,  von  welcher  bei  Directoren,  die  zu 
irgend  einem  Bedenken  Anlafs  geben,  eine  Ausnahme  zu  machen  das  Prov.Sch.C. 
aUerdings,  entsprechend  den  unter  Nr.  3  bezeichneten  Gesichtspunkten,  vermeiden 
wird.  Da  aber  in  ungleich  zahlreicheren  Fällen,  ohne  dafs  gegen  den  Director 
ein  Bedenken  vorliegt,  der  Schulrath  den  Vorsitz  führt,  so  kann  seine  persön- 
liche Anwesenheit  nicht  als  ein  Zeichen  des  Mifstrauens  gedeutet  werden. 

Dagegen  ist  die  in  manchen  Provinzen  sich  findende  Einrichtung,  den 
Bürgermeister  oder  den  ersten  Geistlichen  des  Schulortes,  einen  höheren  Beamten 
der  Verwaltung  oder  der  Justiz  mit  der  Stellvertretung  des  Scbulrathes  zu  be- 
trauen, nicht  frei  von  Bedenken.  Die  Aufgabe,  den  wichtigsten  und  ent- 
scheidendsten Act  des  SchuUebens  zu  leiten,  erfordert,  um  sacbgemäfs  ausge- 
führt zu  werden,  eine  Vertrautheit  mit  dem  Gange  und  den  Zielen  des  Unter- 
richtes auf  allen  Gebieten,  welche  anders  als  durch  eigne  Schulthätigkeit  schwer 
zu  erwerben  und  bei  Männern  aus  anderen  Berufekreisen  nur  ausnahmsweise 
zu  erwarten  ist.  Die  Hingebung,  mit  welcher  diese  Männer  in  der  Begel  dem 
ihnen  übertragenen  Ehrenamte  sich  widmen,  wird  keineswegs  verkannt,  aber  die 
Natur  der  Sache  bringt  es  mit  sich,  dafs  bei  einer  derartigen  Einrichtung  die 
wirkliche  Leitung  der  Prüfung  im  Wesentlichen  dem  Director  der  Anstalt  zu- 
fällt, nur  ohne  die  damit  verbundene  Verantwortlichkeit.  Gerade  das  Bewufst- 
sein  dieser  Verantwortlichkeit  ist  für  den  Director,  der  selbst  mit  den  Functionen 
eines  Eönigl.  Commissars  betraut  wird,  erfahrungsmäfsig  kein  geringfügiges 
Moment  für  die  correcte  Durchführung  der  Prüfung.  Demnach  ist  die  Beauf- 
tragung des  betr.  Directors  (Bectors)  mit  der  Function  eines  EönigL  Commissars 
in  den  Fällen,  wo  eine  Stellvertretung  des  Schulrathes  erforderlich  ist,  fortan 
auch  in  den  Provinzen  als  Begel  zu  betrachten,  in  denen  bisher  eine  andere 
Einrichtung  bestand.'*  Der  Minister  etc.   von  Pütt  kamer. 

Vorstehende  Verfügung  hat  einem  einzelnen  Prov.  Seh.  C.  gegenüber 
folgenden  Zusatz  erhalten: 

„Die  in  dem  Amtsbereiche  des  E.  Prov.Sch.C.  bestehende  Einrichtung, 
dafs  die  Eönigl.  Compatronatscommissare  zugleich  als  ständige  stellvertretende 
Prüfungscommissare  fungiren,  läfst  sich  aus  der  Allerh.  Cabinets-Ordre  v. 
10.  Jan.  1817  und  den  zu  ihrer  Ausführung  erlassenen  Ministerial-Verfügungen 
(p.  29  f  und  CBl.  1873  p.  709  ff.)  nicht,  begründen  und  findet  in  keiner  der 
übrigen  Provinzen  eine  Analogie.     Von   dieser   Sitte   ist   fortan   Abstand   zu 


439 

nehmen  und  es  werden  in  Erledigangsfällen  die  nen  zu  bestellenden  Com- 
patronatscommissare  nicht  mit  der  Function  stellvertretender  Prüfnngscommissare 
betraut  werden;  dagegen  sind  die  gegenwärtigen  Oompatronatscommissare  für 
ihre  Person  in  der  Ausübung  der  ihnen  ausdrücklich  aufgetragenen  Stellver- 
tretung des  Königl.  Prüfungscommissars  zu  belassen." 

Prüfungsgegenstände. 

Aus  einer  G.Yerf.  v.  6.  Juli  1868:  „Die  Ergebnisse  der  mündl.  Prüfungen 
in  der  Geschichte  und  Geographie,  soweit  sie  aus  den  Protokollen  er- 
kennbar sind,  haben  dem  betr.  Mitgliede  einer  der  K.  wiss.  Prüfungscommissionen 
Veranlassung  zu  den  nachstehenden  Bemerkungen  gegeben.  Dieselben  verdienen 
nach  verschiedenen  Wahrnehmungen  allgemeine  Beachtung  — : 

,Jn  den  Protokollen  über  die  mündl.  Prüfungen  in  der  Geschichte  und 
Creographie  vermisse  ich  Fragen,  welche  zu  ermitteln  suchen,  ob  der  Abiturient 
als  Resultat  einer  vieljähr.  Beschäftigung  mit  jenen  Disciplinen  eine  allgm. 
Uebersicht  der  Haupterscheinungen  der  gesamten  Weltgeschichte  gewonnen  hat, 
ob  er  den  Entwickelungsgang  der  einzelnen  Völker  in  seinen  Hauptmomenten 
im  grofsen  Ganzen  zu  verfolgen,  oder  die  Wirkungen  allgemeiner  Zeitrichtungen 
oder  hervorragender  Persönlichkeiten  auf  die  einzelnen  gleichzeitigen  Staaten 
und  Völker,  wenn  auch  nur  in  ganz  allgemeinen  Umrissen,  nachzuweisen  im 
Stande  ist,  ob  endlich  sein  histor.  Wissen  auf  einer,  wenn  auch  auf  das  Noth- 
wendigste  beschränkten,  aber  sicheren  chronolog.  und  geograph.  Grundlage  ruht. 
Viele  der  HH.  Examinatoren  beschränken  sich  darauf,  einzelne  Gebiete  der 
griech.,  röm.,  deutschen  und  preufs.  Geschichte  auszuwählen,  und  verlangen  auf 
diesen  eine  Kenntnis  von  Einzelheiten,  die  man  doch  bei  den  Abiturienten  nur 
dann  vorauszusetzen  berechtigt  ist,  wenn  sie  kurz  vor  der  Prüfung  sich  mit 
denselben  genauer  beschäfkigt  haben.  Dies  ist  doch  aber  etwas,  was  das 
Prüfungsreglement  seinem  ganzen  Geiste  nach  nicht  verlangt.  Die  zahlreichen 
Beweise  mangelhafter  histor.  Vorbildung,  welche  mir  in  den  letzten  Jahren  be- 
kannt geworden  sind,  lassen  mich  fürchten,  dafs  nicht  überall  die  Nothwendig- 
keit,  die  Abiturienten  mit  dem  oben  angedeuteten  Büstzeuge  auszustatten,  aner- 
kannt wird."  — 

C.Verf.  an  die  Üniversitäts-Curatorien  v.  6.  Sept.  1884.  „Ew.  H. 
übersende  ich  anbei  ergebenst  Abschrift  einer  von  dem  Evang.  Ober-Kirchen- 
rathe  unterm  8.  Aug.  d.  J.  an  das  E.  Consistorium  zu  Koblenz  erlassenen  Ver- 
fügung, betreffend  die  Maturitätsprüfung  der  Theologen  in  der  hebräi- 
schen Sprache,  zur  gefälligen  Mitteilung  an  die  theologische  Facultät  der 
dortigen  Universität. 

Berlin,  den  8.  August  1884.  „Dem  E.  Consistorium  erwidern  wir  auf  den 
Bericht  vom  18.  v.  M.,  dafs  die  für  die  Theologen  auferlegte  Maturitätsprüfung 
in  der  hebräischen  Sprache,  nach  welcher,  wenn  sie  nachträglich  erfolgt,  das 
theologische  Studium  noch  mindestens  5  Semester  fortzusetzen  ist,  ein  auf  einer 
ausländischen  Universität  abgelegtes  Examen  als  ausreichender  Ersatz  nach  den 
bestehenden  Bestimmungen  nicht  angesehen  werden  kann.  Auch,  stehen  dieser 
Auffassung  sachliche  Bedenken  entgegen. 

In  dem  Gebiete  des  preufs.  Staates  sind  mit  den  Nachprüfungen  in  der 
hebräischen  Sprache,  wenn  sie  nicht  nachträglich  an  dem  Gymnasium,  wo  der 
Betreffende  sein  Abiturienten-Examen  absolvirt  hat,  abgelegt  werden  können,  bei 
den  Universitäten  wissenschaftliche  Prüfungscommissionen  beauftragt,  welche 
nach  gleichmäfsiger  Norm  und  unter  der  Verantwortlichkeit  amtlichen  Verfahrens 
die  rückständige  Prüfung  vornehmen,  während  es  einzelnen  Professoren  auch  an 
preufs.  Universitäten  nicht  zusteht,  Prüfungen  über  die  Qualification  zum  An- 


440 

boren  alttestamenüicher  Vorlesangen  vorzunehmen  und  darftber  Atteete  ans* 
zustellen. 

Aehnliche  Einrichtongen  bestehen  in  den  anderen  deutschen  Ländern 
nicht  überall.  In  dem  Königreiche  Sachsen  wird  unseres  Wissens  überhaupt 
keine  Maturitätsprüftmg  in  der  hebräischen  Sprache  verlangt-.  Jedenfalls  felüt 
bei  einem  vor  einem  Professor  einer  ausländischen  Universität  abgelegten 
Examen  die  Garantie,  dafs  bei  demselben  der  diesseits  als  erforderlich  anerkannte 
übliche  Mafsstab  als  Norm  dient. 

Je  zahlreicher  gegenwärtig  die  Eälie  sind,  dafs  angehende  Theologen, 
ohne  die  hebräische  Maturitätsprüfung  bestanden  zu  haben,  also  mangelhaft 
vorbereitet  die  Universität  beziehen,  desto  mehr  mufs  der  Oefahr  vorgebeugt 
werden,  dafs  eine  von  einem  Professor  einer  ausländischen  Universität  erbetene 
Prüfting  als  Mittel  diene,  sich  der  vorschriftsmäfsigen  Prüfung  zu  entziehen. 

Deshalb  müssen  wir  es  als  Begel  festhalten,  dafs  die  Nachprüfung  im 
Hebräischen  entweder  bei  dem  Oymnasium,  welches  das  Zeugnis  der  Beife 
erteilt  hat,  oder  vor  der  wissenschaftl.  Prüfnngscommission  einer  preufs.  Uni- 
versität abgelegt  werde.  Der  Meldung  zu  einer  solchen  steht  auch  seitens  der 
auf  einer  nichtpreufsischen  Universität  Studirenden  nichts  entgegen. 

Nur  wenn  ganz  besondere  persönliche  Verhältnisse  eine  Ausnahme  recht- 
fertigen, kann  es  in  einzelnen  FäUen  zugelassen  werden;  die  Prüfung  auf  einer 
ausländischen  Universität  zu  absolviren.  Dazu  ist  Jedoch  jedes  Mal  unsere  Dis- 
pensation erforderlich.  In  dem  Gesuche  um  dieselbe  ist  aufser  den  Verhält- 
nissen, welche  geeignet  sind,  eine  Ausnahme  zu  begründen,  die  ausländische 
Prüfungsbehörde,  bezw.  der  Professor  napihafb  zu  machen,  vor  welchem  der 
Petent  sich  der  Nachprüfung  im  Hebräischen  zu  unterziehen  wünscht.'' 

Feststellung  des  Urteils. 

O.Verf.  V.  16.  Mai  1861:  „Bei  Gelegenheit  eines  Specialfalls  ist  mir  von 
der  betr.  E.  Behörde  die  Wahrnehmung  mitgeteilt  worden,  dafs  die  Leistungen 
der  Abiturienten,  welche  sich  der  militär.  Laufbahn  zu  widmen  beabsich- 
tigen, von  Seiten  der  Prüfungscommissionen  dem  Anschein  nach  oft  mit  ge- 
ringerer Strenge  beurteilt  weiden,  als  es  bei  denen  geschieht,  die  zu  einem 
Faodtätsstudium  auf  der  Universität  übergehen  wollen.  Dafs  eine  derartige 
Verschiedenheit  des  Mafsstabes  zweckwidrig  sein  und  das  Vertrauen  gefährden 
würde,  welches  auf  die  Urteile  der  öffentl.  Lehranstalten  über  den  Bildungsstand 
der  von  ihnen  Entlassenen  gesetzt  wird,  bedarf  keiner  besonderen  Ausführung. 
Ich  veranlasse  daher  die  K.  Prov.SchulcoU.,  die  Abiturienten* Prüfungs- 
commissionen daran  zu  erinnern,  dafs  nach  der  C.Verf.  v.  12.  Jan.  1856  von 
lit.  G.  §  28  des  Beglm.  v.  4.  Juni  1834  bei  der  Abiturientenprüfung  keine 
Anwendung  gemacht  werden  darf,  es  müTste  denn  ausdrückliche  Autorisation 
dazu  erteilt  worden  sein.  Aus  gleicher  Veranlassung  sind  die  Prüfiings- 
commissionen  der  Bealschulen  1.  0.  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  nach 
dem  Beglm.  v.  6.  Oci  1859.  das  Prädicat  der  Beife  durch  die  Bücksicht  auf 
den  erwählten  Beruf  nicht  motivirt  werden  darf.^' 

Einreichung  der  Prüfungsverhandlungen. 

Aus  einer  G.Verfl  v.  12.  Juni  1861:  —  ,J)afs  aufser  der  Aufsicht, 
welche  die  Schulverwaltung  über  die  Einhaltung  der  über  die  Abiturienten- 
prüfungen erlassenen  Vorschriften  fuhrt,  an  die  Schlufsleistungen  der  höh.  Schulen 
von  anderer  Seite  auch  ein  ausschliefsUch  wissenschaftlicher  Mafsstab  gelegt 
wird,  hat  sich  als  heilsam  erwiesen.  Der  Zweck  wird  sich  jedoch  auch,  und 
vielleicht  sicherer,  erreichen  lassen,  wenn  nicht  immer  die  ganze  Masse  der 
Arbeiten  und  anderer  Schriftstücke  von   sämtl.  Gymn.  und  Bealschulen   der 


441 

ProYinz  der  betr.  wis^.  PrüftingBComm.  zugesandt  wird,  sondern  jedesmal  nur 
ein  Teil  derselben."  — 

C.Yerf.  y.  6.  Jan.  1862:  —  „Es  ist  nicht  erforderlich,  dafs  das  Ont- 
achten  sich  anch  auf  die  mündl.  Prüfang  erstrecke.  Der  Hanptgegenstand 
desselben  sind  die  schrifU.  arbeiten  sowohl  bei  den  Gymn.  wie  bei  den  Real- 
schulen. Die  Protokolle  über  die  mündl.  Prüfang  nebst  den  übrigen  zu  den 
Verhandlungen  gehörigen  Schriftstücken  sind  wie  bisher  den  schrifbl.  Arbeiten 
beizufügen.  Es  bleibt  den  K.  wiss.  Prüfungscommissionen  überlassen,  wieweit 
sie  bei  ihrem  Urteil  darauf  Bücksicht  zu  nehmen  für  angemessen  halten.  — 
Die  Outachten  gelangen  wie  bisher  durch  die  K.  SchulcoU.,  eveni  von  den 
Bemerkungen  derselben  begleitet,  zur  Mitteilung  an  die  Prüfungscommissionen 
der  betr.  Schulen.  Die  Mitglieder  derselben  haben  durch  ihre  Unterschrift  zu 
bezeugen,  dafs  sie  davon  Kenntnis  genommen.  —  In  der  mir  einzureichenden  Ab- 
schrift derGutachten  sind  diejenigen  Modifikationen  derselben,  zu  denen  sich  dieAuf- 
Sichtsbehörde  nach  ihrer  näheren  Kenntnis  der  Verhältnisse,  vor  Mitteilung  an  die 
Dir.  etwa  veranlafst  gefunden  hat,  besonders  zu  bezeichnen  und  zu  motiviren." 

C.Verf.  V.  19.  April  1883.  „Die  mittelst  C.Verf.  v.  27.  Mai  v.  J. 
erlassenen  Prüfangsordnungen  far  die  höh.  Schulen  beschränken  sich  darauf, 
das  Verfiüliren  zu  regeln,  welches  die  höheren  Schulen  in  der  Ausführung  der 
Entlassungsprüfdngen  einzuhalten  haben. 

Demgemäß  sind  in  §  15  der  Prüfungsordnungen  for  die  Gymnasien 
und  für  die  Bealanstalten  bezüglich  der  Einsendung  der  Prüfungsverhandlungen 
an  die  K.  Prov.-Schulcollegien  behufs  Mitteilung  an  die  betr.  Wissenschaft!. 
Prüfungscommissionen  nur  diejenigen  Bestimmungen  aufgenommen,  welche  Vor- 
schriften für  die  Schulen  enthalten.  Zum  Ersätze  der  in  den  früheren  Prüfungs- 
ordnungen nämlich  in  §§  45—47  des  Reglements  vom  4.  Juli  1834  und  im 
§  10  der  Prüfungsordnung  vom  6.  Oct.  1859,  noch  enthaltenen  anderweiten 
Vorschriften  ist  mit  Bezugnahme  auf  §  19  der  Prüfungsordnungen  für  die 
Gymnasien  und  für  die  Bealanstalten  vom  27.  Mai  v.  J.  gleichzeitig  den 
WissenschafU.  Prüfbngscommissionen  mitgeteilt  worden,  dafti  die  ihnen  früher 
bezüglich  der  Bevision  der  Prüfdngsverhandlungen  aufgetragenen  Functionen 
unverändert  fortbestehen.  Im  Anschlüsse  hieran  setze  ich  zur  Beseitigung  etwa 
möglicher  Zweifel  die  K.  Prov.-Schulcollegien  in  Kenntnis,  dafs  auch  Ihre 
Obliegenheiten  bezüglich  der  Bevision  der  Prüfungsverhandlnngen  durch  die 
WissenschafIL  Prüfhngscommissionen,  insbesondere  die  Ermächtigung  zu  event. 
Modification  der  Bevisionsbemerkungen  unter  nachheriger  motivirter  Mitteilung 
an  das  vorgeordnete  Ministerium,  in  unveränderter  Geltung  bleiben.'* 

Min.Verf.  v.  15.  Juli  1885  an  die  Herren  Directoren  der  Wissensch. 
Prüfungs-Commissionen.  „Den  Wissenschaftlichen  Prüfungs-Gommissionen  ist 
sogleich  nach  ihrer  durch  die  Allerh.  Cabinets-Ordre  vom  19.  Dec.  1816  er- 
folgten Einsetzung  aufser  der  Prüfung  der  Candidaten  for  das  höh.  Schulamt 
die  Bevision  der  Verhandlungen  der  Beifeprüfungen  aufgetragen  worden,  welche 
ihnen  von  den  Gymnasien  halbjährlich  durch  Vermittelung  der  provinziellen 
Verwaltungsbehörde  far  die  höh.  Schulen  vorzulegen  sind.  Diese  regelmäfsige 
Bevisionsthätigkeit  der  Wiss.  Prüfungs-Gommissionen  ist,  nachdem  die  Organi- 
sation der  Bealanstalten  im  Jahre  1859  erfolgt  war,  auf  die  Bealschulen 
1.  Ordnung  (Bea^ymnasien)  und  auf  die  Ober-Bealschulen  erstreckt  worden 
und  hat  bis  jetzt  unverändert  fortbestanden,  nur  mit  der  Modification,  dafs  nach 
der  in  den  letzten  Jahrzehnten  eingetretenen  grofsen  Zunahme  der  Zahl  der 
höh.  Lehranstalten  die  Prüfungs-Verhandlungen  jedesmal  nicht  von  der  Gesamt- 
heit der  höh.  Schulen,  sondern  nur  ungefähr  von  der  Hälfte  der  Gymnasien 
oder  der  höheren  Lehranstalten  überhaupt  den  Wiss.  Prüfungs-Commissionen 
zur  Bevision  eingereicht  wurden. 


442 

Die  Wies.  Früfangs-Gommissionen  haben  dnrch  die  mühevolle  Aasfohmng 
der  ihnen  überwiesenen  Bevision  wesentlich  dazn  beigetragen,  dafs  in  den  Reife- 
prüfungen der  höh.  Schalen  eine  bestimmte  und  eine  in  den  einzelnen  Anstalten 
derselben  Kategorie  möglichst  gleichmäfsige  Höhe  der  Schulbildung  erfordert 
und  nachgewiesen  wird;  dieselben  haben  sich  hierdurch  um  die  Befestigung  der 
Einrichtungen  unseres  höh.  Schulwesens  ein  hoch  zu  schätzendes  Verdienst 
erworben.  Nachdem  aber  durch  die  fast  siebzigjährige  Thätigkeit  der  Wiss. 
Commissionen  in  Prüfung  der  Gandidaten  des  höh.  Schulamtes  erreicht  ist,  dafs 
die  Lehrer  dieser  Anstalten,  diejenigen  wenigstens,  welche  mit  dem  Unterrichte 
in  der  obersten  Klasse  betraut  und  Mitglieder  der  Beifeprüfungs-Gommissionen 
sind,  eine  wissenschaftliche  Ausrüstung  von  annähernd  gleichem  Mafse  besitzen; 
nachdem  femer  durch  die  vereinte  Wirksamkeit  der  Prov.  Schulräthe  als  K.  Gom- 
missare  bei  den  Beifeprüfungen  und  den  revidirenden  Wiss.  Prüfungs-Gom- 
misslonen  das  Verfahren  in  den  Beifeprüfungen  eine  feste  Tradition  zu  an- 
nähernder Gleichmäfsigkeit  gewonnen  hat:  läfst  sich  die  Frage  nicht  abweisen, 
ob  die  regelmässige  Bevision  der  Frnfungs- Verhandlungen  von  den  gesamten 
höh.  Lehranstalten  oder  einem  bestimmten  Teile  derselben  durch  die  Wiss. 
Früfungs-Gommissionen  noch  jetzt  als  ein  Erfordernis  im  Interesse  unserer  höh. 
Schulen  zu  betrachten  ist.  Ohne  die  Bedeutung  zu  unterschätzen,  welche  Bevisions- 
bemerkungen  fachmännischer  Autoritäten  bezüglich  der  Wahl  der  gestellten 
Aufgaben,  der  Strenge  und  Genauigkeit  der  Gorrecturen  auch  jetzt  noch  für 
den  ünterrichtsbetrieb  zu  gewinnen  vermögen,  muf^  ich  es  doch  für  mehr  als 
zweifelhaft  erachten,  ob  dieser  Ertrag  in  richtigem  Verhältnisse  zu  der  Arbeit 
stehe,  welche  hierdurch  den  ohnehin  stark  in  Anspruch  genommenen  Wiss. 
Früfungs-Gommissionen  zugewiesen  wird. 

Aus  diesen  Erwägungen  habe  ich  mich  dahin  entschieden,  dafs  von  der 
regelmäfsigen  Vorlage  der  gesamten  oder  eines  bestimmten  Teiles  der  Verhand- 
lungen von  den  Beifeprüfungen  der  höh.  Schulen  an  die  Wiss.  Früfangs-Gom- 
missionen bis  auf  Weiteres  Abstand  genommen  wird. 

Unverändert  bleibt  hierdurch  die  den  Wiss.  Früfungs-Gommissionen  f&r 
die  Bevision  der  Verhandlungen  der  Beifeprüfungen  an  den  höh.  Schalen  bis- 
her zugewiesene  Stellung.  Einerseits  ist  Werth  darauf  zu  legen,  dafs  in  den 
Wiss.  Früfangs-Gommissionen  ein  von  der  eigentlichen  Schalverwaltung  unab- 
hängiges Organ  zu  fachmännischer  Beurteilung  des  in  den  Beifeprüfiingen  an 
den  höh.  Schulen  thatsächlich  eingeschlagenen  Verfahrens  und  der  in  denselben 
nachgewiesenen  Zielloistungen  ein  für  allemal  besteht.  Andererseits  können 
diejenigen  Mitglieder  der  Wiss.  Früfungs-Gommissionen,  welche  als  Professoren 
an  der  Universität  die  wissenschaftliche  Ausbildung  der  zukünftigen  Lehrer  der 
höh.  Schulen  als  einen  wesentlichen  Teil  ihres  Berufes  zu  betrachten  haben,  in 
der  Kenntnisnahme  von  den  thatsächlichen  Schlufsleistungen  der  Schulen  auf 
den  von  ihren  vertretenen  wissenschaftlichen  Gebieten  einen  Anlafs  finden  zu 
erneuter  Erwägung  der  Gesichtspunkte,  welche  far  die  wissenschaftl.  Bildung 
von  Lehrern  entscheidende  Bedeutung  haben. 

Indem  ich  hiemach  unter  Abstandnahme  von  der  regelmäfsigen  Vorlage 
der  Beifeprüfungs -Verhandlungen  an  die  Wiss.  Früfungs-Gommissionen  die 
principielle  Stellung  dieser  Gommissionen  zu  den  Beifeprüfungen  an  den  höh. 
Schulen  unverändert  bestehen  lasse,  behalte  ich  mir  vor,  so  oft  ich  dazu  Anlafs 
finde,  über  das  Verfahren  oder  die  thatsächlichen  Leistungen  in  einem  einzelnen 
oder  in  allen  Gegenständen  der  Beifeprüfungen,  für  den  Bereich  einer  einzelnen 
Provinz  oder  der  gesamten  Monarchie  das  fachmännische  Gutachten  der  Wiss. 
Früfungs-Gommissionen  einzuziehen  und  darf  voraussetzen,  dafs  dieselben  diese 
Arbeit  einer  ausdrücklich  zugewiesenen  Bevision  mit  derselben  Hingebung  aus- 
führen werden,  durch  welche  dieselben  in  der  bisherigen  regelmäfsigen  Aus- 
führang  der  Bevision  mich  zu  Danke  verpfiichtet  haben.'* 


443 

C.Yerf.  y.  8.  Jan.  1880.  ,,Die  Nach  Weisungen  über  die  Ergebnisse 
der  an  den  höh.  Schulen  gelialtenen  Abitnrientenprüfangen,  *  welche  in  Folge 
des  §  3  der  mit  der  C.Verf.  v.  31.-  Dec.  1859  publicirten  Vorschrift  jahrlich 
im  Anfange  des  Monats  Dec.  einzureichen  sind,  haben  die  Ergebnisse  der  in 
dem  betr.  Kalenderjahre  stattgefundenen  Prüfungen  zusammenzufassen.  Nach- 
dem durch  die  C.Verf.  v.  9.  Dec.  1878  die  Perioden  für  die  Erstattung  der 
Verwaltungsberichte  nicht  mehr  nach  Kalenderjahren,  sondern  nach  Schuljahren 
abgegrenzt  worden  sind,  empfiehlt  es  sich,  die  entsprechende  Einrichtung  auf 
die  genannten  Nachweisungen  zu  erstrecken.  Es  sind  daher  die  Nachweisungen 
über  die  Ergebnisse  der  Abiturientenprüfungen  von  jetzt  an  jährlich  im  Monat 
Mai  einzureichen  und  haben  die  Ergebnisse  der  Abiturientenprüfungen  zu  um- 
fassen, welche  im  nächst  verflossenen,  von  Ostern  zu  Ostern  reichenden  Schul- 
jahre gehalten  sind.  Die  nächste,  den  üebergang  zu  der  neuen  Einrichtung 
bildende  Nachweisung  ist  im  Mai  1881  einzureichen  und  hat  die  Ergebnisse 
der  Abiturientenprüfungen  aus  drei  Semestern,  dem  Wintersemester  1879/80 
und  dem  Schuljahre  1880/81  zu  enthalten.^^ 

Extraneerprüfung. 

Min.Verf.  V.  12.  April  1878.  Auszug.  „Die  in  der  Verordnung  des 
K.  ProY.  Seh.  C.  Yom  .  .  .  enthaltene  Bestimmung,  dafs  die  als  Extraneer 
zur  Maturitätsprüfung  zugelassenen  Aspiranten  dieselben  Clausurarbeiten 
anzufertigen  haben,  wie  die  Abiturienten,  darf,  wie  zu  den  deutschen  Aufsätzen 
Yon  Neuem  und  mit  Becht  erinnert  wird,  nur  auf  die  Zahl  und  die  Art  der 
schrifH.  Arbeiten,  nicht  auf  die  Identität  der  gestellten  Aufgaben  bezogen 
werden.  Es  ist  zweckmäfsig,  dafs  die  Abiturienten  einer  Schule  die  Aufgaben, 
insbes.  zum  latein.  und  zum  deutschen  Prüfungsaufsatze,  ohne  etwa  ausdrücklich 
vorbereitet  zu  werden,  doch  ebenso  wie  die  Klassenaufgaben  aus  demjenigen 
Gedankenkreise  gewählt  werden,  in  welchen  die  Schüler  durch  den  Unterricht 
eingeführt  sind.  Die  Stellung  desselben  Themas  far  die  fremden  Aspiranten 
wird  diesen  gegenüber  gewöhnlich  zu  einer  Unbilligkeit.  Selbst  dann,  wenn 
die  Aufgabe  keine  Beziehung  zu  dem  Inhalte  des  vorausgegangenen  Unterrichts 
hat,  empfiehlt  es  sich,  den  Extraneem  eine  andere  Aufgabe  zu  stellen,  als  den 
Abiturienten,  damit  die  Beurteilung  der  Leistungen  der  fremden  Aspiranten 
nicht  durch  die  unvermeidliche  Vergleichung  mit  den  Arbeiten  der  jedenfalls 
in  günstigerer  Lage  befindlichen  Abiturienten  beeinfiufst  werde.  Das  K.  Prov. 
Seh.  C.  wolle  daher  fortan  darauf  halten,  dafs  für  die  schrifü.  Prüfungsarbeiten 
die  fremdem  Aspiranten  andere  Aufgaben  erhalten,  als  die  Abiturienten.  Dadurch 
ist  keineswegs  ausgeschlossen,  dafs  sie,  wenn  es  übrigens  zweckmäfsig  scheint, 
gleichzeitig  in  demselben  Prüfungsiocale  die  Clausurarbeiten  anfertigen.  ^^ 

Der  Minister  etc.    Falk. 

C.Verf.  V.  9.  Juli  1885.  ,J)ie  Gymnasial -Beifeprüfungen  solcher 
jungen  Leute,  welche  das  Beifezeugnis  eines  Beal-Gymnasiums  oder  einer  Ober- 
Be^chule  erworben  haben,  sowie  die  Bealgymnasial-Beifeprüfungen  solcher 
jungen  Leute,  welche  das  Bieifezeugnis  einer  Ober-Bealschule  erworben  haben, 
sind  durch  L  A  §  18,  1  und  II.  A  §  18,  1  der  Prüfungsordnung  vom  27.  Mai 
1882  als  Extraneerprüfungen  (§  17)  bezeichnet  und  es  ist  a.  a.  0.  §  18,  2  an- 
geordnet, welche  Abkürzung  in  dem  Prüfungsverfahren  auf  Grund  der  bereits 
abgelegten  Beifeprüfung  unter  bestimmten  Voraussetzungen  einzutreten  hat. 

Das  bei  Extraneer-Beifeprüfungen  anzuwendende  Formular  ist  in  Anlage 
A  und  B  der  Prüfungs-Ordnung  vom  27.  Mai  1882  vorgeschrieben,  indem  unter 
I  der  Unterschied  des  Formulai*s  von  dem  für  Abiturienten  anzuwendenden  be- 
zeichnet ist. 


444 

Pur  diejenigen  Extraneer-PrüAingen,  welche  nach  dem  in  I.  A  §  18, 
n.  A  §  18  der  Praftingsordnimg  angeordneten  abgekürzten  Verfahren  aasgeführt 
sind,  ist  ein  Formular  des  Beifezengnisses  nicht  ausdrücklich  vorge- 
schrieben worden.  Die  hierdurch  herbeigelöhrte  Ungleichheit,  in  welcher  das 
Ergebnis  der  betr.  Prüflingen  und  seine  Bedentang  bekandet  worden  ist,  hat 
den  Behörden,  welchen  derartige  Zeugnisse  vorgelegt  worden  sind,  zu  einer 
Unsicherheit  in  Auffassung  ihrer  Geltung  Anlafs  gegeben. 

Dadurch  finde  ich  mich  bestimmt,  bezüglich  der  Form,  in  welcher  über 
die  nach  I.  A  §  18,  11.  A  §  18  abgehaltenen  Prüfungen  das  Beifezeugnis  aus- 
zustellen ist,  zur  Ergänzung  der  Prüfungsordnung  vom  27.  Mai  1882  Folgen- 
des anzuordnen. 

Die  Beifezeugnisse  der  bezeichneten  Kategorie  sind  im  üebrigen,  das 
heifst  bis  auf  den  nachher  besonders  bezeichneten  Zusatz  nach  demselben 
Formular  (A.,  bezw.  B.)  abzufassen,  wie  die  Extraneer-Beifezeugnisse.  Hiemach 
ist  nach  der  den  Namen  der  Anstalt  und  die  Bezeichnung  des  Zeugnisses  ent- 
haltenden Ueberschrift  der  Name  des  Prüflings  nebst  vollständigem  Nationale 
und  der  Angabe  seines  bisherigen  Bildungsganges  zu  setzen. 

Die  Bubrik  I.  trägt  die  Ueberschrift  „Sitüiches  Verhalten^  und  ist  gemäfs 
der  Vorschrift  von  L  A  §  17,  6  (bezw.  n.  A  §  17,  6)  auszufallen. 

In  der  Bubrik  11.  ist  unter  die  Ueberschrift  „Kenntnisse  und  Fertig- 
keiten" zunächst  zu  setzen: 

„„Nachdem  der  N.  N.  an  dem  Beal-Gymnasium  (bezw.  der  Ober-Bealschule) 
zu  N.  unter  dem  18      das  beigeheftete  Beifezeugnis  erworben  hat, 

ist  unter  Bezugnahme  auf  den  Inhalt  desselben,  welcher  einen  integrirenden  Teil 
des  vorliegenden  Zeugnisses  bildet,  auf  Grund  von  I.  A  §  18, 2  bezw.  II.  A  §  18,  2) 
der  Prüfungsordnung  vom  27.  Mai  1882  die  Beifeprüfung  auf  beschränkt 

worden,  und  hat  folgendes  Urteil  über  die  Kenntnisse  ^es  N.  N.  begründet."". 

Hierauf  folgt  das  Urteil  über  die  Gegenstände  der  Prüfung,  sodann  der 
die  Beife  zuerkennende  (bezw.  nicht  zuerkennende)  Schlufssatz  und  die  Unter* 
Schrift  der  Prüfungs-Gommission  (die  letztere  beschränkt  auf  den  K.  Commissar^ 
den  Director  und  die  an  der  Prüfung  beteiligten  Mitglieder),  wie  bei  den  Beife- 
prüfungen  von  Extraneem." 

• 

Giltigkeit  der  Maturitätszeugnisse  von  Bealanstalten  für 
Universitäts  Studien. 

C.Verf.  V.  7.  Dec.  1870:  „Zur  Vorbereitung  fär  die  Universitätsstudien 
sind  vorzugsweise  die  Gymnasien  bestimmt  Auf  ein  bei  einer  Bealschule  er- 
worbenes Maturitätszeugnis  ist  bis  jetzt  die  Zulassung  zu  den  Universitäts- 
studien wie  bei  denjenigen,  welche  lediglich  zur  Erwerbung  einer  allgem.  hüheren 
Bildung  die  Universität  zu  besuchen  wünschen,  nur  unter  beschränkenden  Formen 
gestattet  Die  Immatriculation  darf  nur  auf  ein  bestimmtes  Zeitmafs  erfolgen 
und  die  Matrikel  der  betr.  Studirenden  mufs  mit  einer  besonders  vorgeschriebenen 
Bemerkung  versehen  werden.  Zu  ihrer  Inscription  ist  bei  der  philosoph.  Fa- 
cultät  ein  eigenes  Album  zu  benutzen;  sie  werden  nicht  für  ein  bestimmtes 
Facultätsfach  inscribirt  und  haben  die  Erklärung  abzugeben,  dafs  sie  eine  An- 
stellung im  eigentl.  gelehrten  Staats-  und  Kirchendienst  nicht  beabsichtigen. 
Auf  vielseitige  in  dieser  Beziehung  ausgesprochene  Wünsche,  sowie  in  Berück- 
sichtigung der  darüber  von  den  Universitäts-Facultäten,  abgegebenen  Gutachten 
will  ich  die  gedachten  Beschränkungen  insoweit  aufheben,  dafs  hinfort  die  Beal- 
schulen  1.  0.  berechtigt  sein  sollen,  ihre  Schüler,  welche  ordnungsmäfsig  ein 
Zeugnis  der  Beife  erlangt  haben,  auch  zur  Universität  zu  entlassen,  und  dafs 
ein  solches  Zeugnis  in  Beziehung  auf  die  Immatriculation  und  auf  die  dem- 
nächstige Inscription   bei   der  philosoph.  Facultät  dieselbe  Giltigkeit 


445 

hat,  wie  die  Gymnasialzeugnisse  der  Beife.  Dagegen  ist  die  Inscription  bei 
den  übrigen  Facnltäten  auf  Grand  eines  solchen  Zeugnisses  nach  wie  vor  nicht 
gestattet 

Was  die  späteren  Staatsprüfungen  betrifft,  so  werden  von  jetzt  an 
Schnlamtscandidaten,  welche  eine  Bealschule  1.  0.  besucht  und  nach  Er- 
langung eines  von  derselben  erteilten  Zeugnisses  der  Beife  ein  akadem.  Triennium 
absolvirt  haben,  zum  Examen  pro  facultate  docendi  in  den  Fächern  der  Mathe- 
matik, der  Naturwissenschaften  und  der  neueren  Sprachen,  jedoch 
mit  der  Beschränkung  der  Anstellungsfähigkeit  auf  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen, 
ohne  Yorg&ngige  besondere  Genehmigung  zugelassen  werden.  —  Bei  der  Anstellung 
Yon  Lehrern  der  neueren  Sprachen  auch  an  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen  wird 
das  K,  ProT.Sch.C.  indessen  nicht  unberücksichtigt  lassen,  daJGs  die  umfassendere 
Sprachenkenntnis  und  besonders  die  gründlichere  grammat  Durchbildung,  welche 
das  Gymn.  gewährt,  denjenigen  einen  Vorzug  giebt,  die  ein  Gymn.  besucht  haben. 

Ich  beauftrage,  das  K.  Prov.ScLG.,  die  Directoren  der  Bealschulen  1.  0. 
Seines  Bessorts  von  obiger  Berechtigung  als  einer  Modification  und  Ergänzung 
des  Beglm.  ▼.  6.  Oct.  1859  in  Kenntnis  zu  setzen.*'    Der  Min.  etc.  v.  Mühler. 

Min. Verf.  v.  11.  März  1872:  Zur  Hebung  der  Zweifel,  welche  nach 
Inhalt  des  Bericbis  des  H.  Bectors  und  des  Senats  y.  17.  Jan.  über  die  Zu- 
lassung von  Bealschul-Abiturienten  zur  Honorarstundung  entstanden  sind,  wird 
die  Verf.  v.  7.  Dec.  1870  dahin  ergänzt,  dalls  die  Maturitätszeugnisse  von  Beal- 
schulen  1.  0.  auch  in  Beziehung  auf  die  Zulassung  zur  Stundung  des  Honorars 
(§  36  des  Beglements  v.  16.  Mai  1844)  den  Maturitätszeugnissen  von  Gymn. 
gleichgeachtet  werden  sollen.  Damit,  dafs  för  die  Vergütung  akademischer 
Stipendien  und  Beneficien  in  jedem  concreten  Fall  die  betr.  Stiftungsurkunde 
mafsgebend  ist  und  sich  dafür  eine  allgem.  Bestimmung  überhaupt  nicht  treffen 
läfkt,  bin  ich  einverstanden.'*  Der  Min.  etc.  Falk. 


Sonstige  Zeugnisse  und  Prüfangen. 

Min.Verordn.  v.  5.  Juni  1817:  „Zeugnisse  für  Schüler  der 
Gymn.,  Bealschulen  und  aller  solcher  Erziehungs-  und  ünterrichtsanstalten,  an 
denen  mehrere  ordentL  Lehrer  arbeiten,  können,  wenn  darauf  irgend  ein  Urteil 
zur  Berücksichtigung  bei  Erteilung  von  Beneficien,  bei  Exemtionen  vom  Militär- 
stande u.  s.  w.  gegründet  werden  soll,  nur  von  dem  Collegio  der  Lehrer  oder 
von  dem  Dir.  im  Namen  des  LehrercolL  ausgestellt  werden,  und  müssen  jedesmal 
mit  dem  öffentl.  Siegel  der  Anstalt,  oder  wenn  diese  ein  solches  nicht  hat,  mit 
dem  des  Dir.  oder  Vorstehers  und  mit  der  Unterschrift  noch  zweier  Lehrer  ver- 
sehen sein.  Zeugnisse  einzelner  Lehrer  können  nur  als  Privatnotiz  für  die 
Fortschritte  in  einzelnen  von  diesen  Lehrern  vorgetragenen  Unterrichtsfächern 
dienen,  und  müssen  jenen  allgm.  Zeugnissen  zum  Grunde  liegen,  finden  aber  für 
sich  allein  bei  öffentl.  Autoritäten,  Verwaltungen  etc.  keine  Anwendung." 

Zeugnisgebühren  s.  p.  384,  448  und  bei  den  betr.  Prüfungsordnungen. 

Für  andere  als  Maturitätsprüfungen  ist  durch  folgende  C.Verf. 
V.  23.  März  1846  bei  den  Gymnasien  und  Bealschulen  eine  besondere  Prüfungs- 
commission  bestellt  worden: 

„1.  Zur  Prüfang  deijenigen  Inländer,  welche  entweder  auf  auswärt.  Lehr- 
anstalten oder  privatim  ihren  Unterricht  empfangen  haben  und  behu&  der  Be- 
werbung um  Anstellung  im  öffentl.  Dienst,  für  welchen  die  Beibringung  eines 
MataritAtszeugnisses  nicht  erforderlich  ist,  des  Zeugnisses  einer  diesseitigen  höh. 


446 

Lehranstalt  bedürfen,  ist  bei  jedem  Gymn.,  resp.  bei  jeder  zu  Entlassungsprüftingen 
berechtigten  Bealschole,  eine  besondere  Prüfnngscommission  anzuordnen.  2.  Die 
Commission  besteht  ans  dem  Dir.  der  Schalanstalt  nnd  2  Oberlehrern,  bei  deren 
Wahl  darauf  Bücksicht  zu  nehmen  ist,  dafs  von  den  3  Commissarien  die  Haupt- 
gegenstände des  öffentl.  Unterrichts,  nämlich  alte,  resp.  neuere  Sprachen,  Mathe- 
matik und  Naturwissenschaften,  Oeschichte  und  Geographie  in  der  Prüfung  gehö- 
rig vertreten  werden.  3.  Die  Prüfung  hat  auf  den  künftigen  Beruf  der  Exami- 
nanden nicht  Bücksicht  zu  nehmen,  sondern  sich  lediglich  darauf  zu  beschränken, 
den  Stand  der  Bildung  nach  den  Hauptgegenständen  des  öffentl.  Schulunter- 
richts, sowie  die  Klasse  zu  ermitteln,  zu  welcher  der  Geprüfte  als  Schüler  eines 
Gymn.  oder  einer  Bealschule  sich  qualificiren  würde.  4.  In  dem  auf  Grund  der 
Prüfting  auszustellenden  Zeugnis  ist  auf  das  Attest,  welches  die  früheren  Lehrer 
über  den  Pleifs  und  das  situ.  Betragen  des  Geprüften  abgegeben  haben,  Bezug 
zu  nehmen  und  nach  bestimmter  Angabe  der  Qualification  in  den  Hauptgegen- 
ständen des  Unterrichts  ausdrücklich  die  Klasse  anzugeben,  far  welche  der  Ge- 
prüfte als  Zögling  der  Anstalt  reif  sein  würde.  5.  Die  Zeugnisse  sind  von  dem 
Director  auszufertigen  und  mit  der  Unterschrift  der  sämtl.  Prüfiingscommissarien 
und  dem  Siegel  der  Schulanstalt  zu  versehen.  6.  Jünglinge,  welche  ein  inländ. 
Gymnasium  oder  eine  inländ.  Bealschule  besucht  haben,  können  das  zum  Eintritt 
in  irgend  einen  Zweig  des  öffentl.  Dienstes  erforderliche  Zeugnis  auch  nur  bei 
dieser  Anstalt  erwerben  und  deshalb  bei  keiner  anderen  zur  Prüfung  zugelassen 
werden,  wenn  nicht  sie  oder  ihre  Angehörigen  inzwischen  ihren  Wohnort  ver- 
ändert haben  und  die  Erlaubnis  zur  Zulassung  von  dem  K.  Prov.ScLG.  beson- 
ders erteilt  wird.  7.  Für  die  Prüfuig  und  die  Ausfertigung  des  Zeugnisses  ist 
eine  Gebühr  von  4  Thlm.  zu  erlegen.  (8.  Die  vorstehenden  Bestimmungen 
gelten  für  die  Zukunft  auch  für  die  Prüfungen  der  Feldmesser  und  wird  die 
Verf.  V.  24.  Mai  1824  hiermit  aufgehoben.)" 

Aus  Anlafs  eines  besonderen  Falles  erklärte  es  eine  Min.Verf.  v.  6.  Oct 
1853  für  unzulässig,  „solche  junge  Leute  nach  obigen  Bestimmungen  zu  prüfen, 
seit  deren  Abgang  von  der  Schule  eine  so  kurze  Zeit  verflossen,  dafs  sie  in 
derselben  bei  for^setztem  Schulbesuch  die  höhere  Klasse,  um  die  es  sich  in 
dem  auszustellenden  Zeugnis  handelt,  nicht  würden  haben  erreichen  können.** 

C.Verf.  V.  28.  Oct.  1871:  „Gemäfs  einer  AUerh.  Ordre  v.  5.  Mai  1870 
wird  vom  1.  April  1872  ab  die  Zulassung  zur  Portep6efähnrichs- Prüfung  von 
der  Beibringung  eines  von  einem  Gymnasium  oder  einer  Bealschule  1.  0.  aus- 
gestellten Zeugnisses  der  Beife  für  Prima  abhängig  sein. 

Diejenigen  jungen  Leute,  welche,  ohne  Schüler  eines  Gymnasiums  oder 
einer  Bealschule  1.  0.  zu  sein,  ein  solches  Zeugnis  erwerben  wollen,  haben  sich 
an  das  K.  SchulcoU.  der  Provinz  zu  wenden,  wo  sie  sich  aufhalten,  und  dabei 
die  Zeugnisse,  welche  sie  etwa  schon  besitzen,  sowie  die  erforderl.  Auskunft 
über  ihre  persönl.  Verhältnisse  einzureichen.  Sie  werden  von  demselben  einem 
Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  der  Provinz  zur  Prüfung  überwiesen. 

Zur  Abhaltung  der  letzteren  treten  an  den  von  dem  betr.  K.  Prov.Sch.C. 
zu  bestimmenden  Terminen  der  Dir.  der  Anstalt  und  die  Lehrer  der  Ober  II, 
welche  in  dieser  Klasse  in  den  Prüfungsgegenständen  unterrichten,  als  besondere 
Commission  zusammen.  —  Es  wird  eine  schrifU.  und  eine  mündl.  Prüfung  ab- 
gehalten. Zu  der  ersteren  gehört  bei  den  Gymnasien:  ein  deutscher  Adfisatz, 
ein  latein.  und  ein  französ.  Exercitium  und  eine  mathemat.  Arbeit;  mündlich 
wird  im  Lateinischen  und  Griechischen,  in  der  Geschichte  und  Geographie, 
in  der  Mathematik  und  in  den  Elementen  der  Physik  geprüft.  —  Bei  den 
Bealschulen  1.  0.  besteht  die  schrifü.  Prüfung  in  einem  deutschen  Aufsatz, 
einem  französischen  und  engl.  Exercitium  und  einer  mathemat.  Arbeit;  mündl. 


447 

wird  bei  denselben  in  der  latein.,  französ.  und  engl.  Sprache,  in  der  Geschichte 
nnd  Geographie,  in  der  Mathematik  nnd  den  Naturwissenschaften  geprüft 
Das  MaTs  der  Forderungen  ist  das  für  die  Versetzung  nach  I  vorgeschriebene. 
Bücksicht  auf  den  gewählten  Lebensbemf  darf  dabei  nicht  genommen  werden. 

Die  eigenen  Schüler  der  Gymn.  nnd  Be^^cholen  1.  0.  werden  einer 
Prüfung  nur  soweit  unterzogen,  als  es  an  den  einzelnen  Anstalten  zum  Zweck 
der  Versetzung  nach  I  herkömmlich  ist. 

Für  die  Ausfertigung  der  Zeugnisse  gelten  im  Allgemeinen  die  für  die 
Maturitätszeugnisse  bestehenden  Vorschriften.    Die  Ueberschrift  derselben  ist: 

Gymnasium  (Realschule  !•  0.)  zu  ...  . 
Zeugnis  der  Beife  für  Prima. 

Die  Beurteilung  der  in  den  einzelnen  Gegenständen  erreichten  oder  von 
Externen  in  der  Prüfung  documentirten  Kenntnisse  schliefst  jedesmal  mit  einem 
der  Prädicate  „sehr  gut,  gut,  genügend,  ungenügend**  ab.  Dabei  sind  auch 
die  Gebiete,  auf  welche  sich  die  Kenntnisse  z.  B.  in  der  Mathematik  erstrecken, 
anzugeben;  ebenso  z.  B.  im  Lateinischen  und  Griechischen  die  Schriftsteller, 
deren  Verständnis  erreicht  ist. 

Vor  Eintritt  in  die  Prüfung  ist  von  jedem  Angemeldeten  an  den  Dir* 
der  Anstalt  eine  Gebühr  von  8  Thlr.  zu  entrichten. 

Die  mit  Berechtigungen  versehenen  Progymnasien,  sowie  diejenigen 
höh.  Bürgerschulen,  welche  in  den  Kl.  VI  bis  n  den  Lehrplan  der  Beal- 
schulen  1.  0.  befolgen  und  denselben  als  in  diesen  Klassen  gleichstehend  aner- 
kannt sind,  haben  gleichfalls  das  Becht,  ihren  Schülern  zu  demselben  Behuf 
Zeugnisse  auszustellen.  Bei  den  Progymn.  ist  dazu  nach  Mafsgabe  der  obigen 
Bestimmungen  eine  besondere  Abgangsprüfung  abzuhalten.  Für  die  höh.  Bürger- 
schulen gelten  die  über  die  Entlassungsprüfungen  in  dem  Bglm.  v.  6.  Oct.  1859 
enthaltenen  Vorschriften.*) 

Es  wird  auch  bei  dieser  Gelegenheit  zur  Nachachtung  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dafs  bei  den  Progymn.  und  den  vorbezeichneten  höh.  Bürgerschulen 
der  Cursus  der  III  ebenso  wie  bei  den  Gymn.  und  den  Bealschulen  1.  0.  eine 
2jähr.  Dauer  hat,  wovon  nur  seltene,  durch  vorzügliche  Anlagen,  Leistungen  und 
Fleifs  motivirte  Ausnahmen  zulässig  sind. 

Die  Ueberschrift  der  Zeugnisse  ist  bei  den  Progymnasien: 

Progymnasium  zu  ...  . 
Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima  eines  Gymnasiums, 
bei  den  höh.  Bürgerschulen: 

Höhere  Bürgerschule  zu  ...  . 
Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima  einer  Bealschule   1.  0. 

Hiernach  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  die  Dir.  resp.  Bectoren  Seines  Be- 
reichs mit  Nachricht  und  Anweisung  versehen.  Die  Zahl  der  jungen  Leute, 
sowohl  der  eigenen  Schüler  wie  der  Externen,  welche  behufs  der  Zulassung  zur 
Portep6efähnrichs- Prüfung  bei  den  einzelnen  Anstalten  ein  Zeugnis  erhalten 
halten  haben,  ist  in  den  djähr.  Verwaltungsberichten  anzugeben.** 

C.Verf.  V.  29.  Oct.  1874:  „Seitdem  gemäfs  der  A.  Ordre  v.  5.  Mai 
1870  die  Zulassung  zur  Portep6efähnrichs-Prüfung  von  der  Beibringung 
eines  von  einem  Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  ausgestellten  Zeugnisses  der 
Beife  für  I  abhängig  gemacht  worden  ist,  in  welcher  Beziehung  die  K.  Prov. 
Schulcoll.  durch  die  C.Verfügung  v.  28.  Oct.  1871  mit  Anweisung  versehen 
sind,  ist  es  in  mehreren  Provinzen  wiederholt  vorgekommen,  dafs  junge  Leute 
sich  bei  dem  K.  Prov.Sch.C.  zu  der  vorgeschriebenen  Prüfung  meldeten,  welche 


*)   S.    Ordnung   der  Entlassungsprufangen   v.   27.  Mai  1882,   p.  405,  416, 
417. 


448 

nach  erst  halb-  oder  eii^ähr.  Besuch  der  II  einer  Offenü.  hOh.  Lehranstalt,  nur 
Vs  Jahr  oder  noch  kürzere  Zeit  sich  privatim  weiter  hatten  vorbereiten  lassen. 
Eine  derartige  Beschleunigung  ist  nicht  im  Sinne  der  vorgedachten  A.  Ordre, 
deren  Absehen  vielmehr  anf  eine  gründliche  Wissenschaft!.  Yorbereitang  gerichtet 
ist  Im  Einverständnis  mit  dem  H.  Eriegsmin.  ergänze  ich  deshalb  die  C.Veif. 
Y.  28.  Oct.  1871  durch  die  Bestimmung,  dafs  den  früheren  Schülern  eines 
Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  die  Darlegung  der  B;eife  for  die  I  nur  nach 
Ablauf  derjenigen  Zeit  zu  gestatten  ist,  welche  sie  auf  der  Schule  zu  diesem 
Zweck  gebraucht  haben  würden.  —  Es  ist  also  im  Allgemeinen  bei  der  Zu- 
lassung zu  den  betr.  Prüfungen  nach  Analogie  der  auf  die  Maturitätsprüfimgen 
bezügl.  C.Verf.  v.  11.  Dec.  1851  zu  verfahren  (s.  p.  430). 

Durch  diese  Bestimmung  soll  jedoch  eine  billige  Berücksichtigung  außer- 
ordentlicher Fälle,  in  denen  eine  um  ein  halbes  Jahr  frühere  Zulassung  durch 
das  Alter  der  Aspiranten  und  andere  persönl.  Umstände  oder  durch  die  Art 
seiner  Vorbildung  wohl  motivirt  erscheint,  nicht  ausgeschlossen  werden.  Die 
jedesmalige  Entschliefsung  über  eine  solche  Ausnahme  bleibt  der  pflichtmäfsigen 
Erwägung  des  K.  Prov.Sch.C.  überlassen." 

Min. Verf.  v.  10.  Jan.  1872:  —  „Hinsichtl.  der  Gebühren,  welche 
für  die  auf  Grund  der  C.Verf.  v.  28.  Oct  1871  (s.  p.  446)  an  Gymn.-  oder 
Realschulen  1.  0.  abgehaltenen  Prüfungen  gehoben  werden,  ist  ebenso  zu  ver- 
fahren, wie  es  bei  den  Prüfungen  fremder  Maturitäts-Aspiranten  an  den  An- 
stalten derselben  Eategorieen  geschieht."    Vgl.  p.  404  f.  415  f. 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  2.  Nov.  1871:  „Indem 
wir  Ihnen  abschriftL  die  Verf.  des  H.  Min.  der  geisü.  etc.  Anglgh.  v.  28.  Oci 
d.  J.  übersenden,  bestimmen  wir  zur  Ausfühnmg  derselben  wie  folgt: 

1.  Die  Prüfnngsacten  sind  in  derselben  Weise  anzulegen,  wie  dies  durch 
unsere  Verf.  v.  17.  Apr.  1870  für  die  Maturitätsprüfungen  angeordnet  ist.  2.  Der 
Schlufspassus  der  Zeugnisse  hat  sich  nach  der  in  der  ü.  und  PO.  der  Real- 
schulen vorgeschriebenen  Form  zu  gestalten.  Die  Zeugnisse  werden  in  der  Bein- 
schrift  wie  in  den  Concepten  von  sämtl.  Mitgliedern  der  Prüfiingscomm.  unter- 
zeichnet und  in  ersterer  mit  dem  Schulsiegel  versehen.  3.  Sämtl.  Prüfhngs- 
verhandlungen  nebst  den  Zeugnisentwürfen  sind  uns  14  Tage  nach  beendeter 
Prüfung  einzureichen.  4.  Die  nur  von  den  Externen  zu  entrichtenden  Prüfungs- 
gebühren mit  je  8  Thlr.  werden  unter  die  Mitglieder  der  Prüfhngscomm.  gleich- 
mäfsig  verteilt." 

Min. Verf.  v.  4.  Juni  1885.  „Auf  den  Bericht  vom  8.  Mai  d.  J., 
betr.  die  besonderen  Prüfungscommissionen  for  andere  als  Reife-  und  Abgangs- 
prüfungen bei  den  Gymnasien  und  Realgymnasien,  habe  ich  dem  E.  Prov.Sch.C. 
Folgendes  zu  erwidern: 

1)  Durch  die  CircVerf.  v.  28.  Oct.  1871  (s.  p.  446)  ist  eine  be- 
stimmte Vorschrift  darüber  gegeben  worden,  in  welcher  Weise  an  Gymnasien 
und  Realgymnasien  die  Prüfung  deijenigen  jungen  Leute  vorzunehmen  ist, 
welche,  ohne  Schüler  dieser  Anstalten  zu  sein,  ein  Zeugnis  der  Reife  für  Prima 
erwerben  wollen.  Unter  den  formalen  Bestimmungen  dieser  Cürc.  Verfügung  ist 
besonders  hervorzuheben,  dafs  die  jungen  Leute,  welche  ein  solches  Zeugnis 
sich  erwerben  wollen,  ihr  Gesuch  an  das  E.  Prov.  Sch.C.  der  Provinz,  in  welcher 
sie  sich  aufhalten,  zu  richten  haben,  und  von  diesem  einer  bestimmten  Anstalt 
überwiesen  werden;  femer  daf^  in  Folge  dieser  Ueberweisung  zu  den  von  dem 
betr.  E.  Prov.Sch.C.  zu  bestimmenden  Terminen  der  Director  der  Anstalt  und 
die  Lehrer  der  Obersecunda,  welche  in  dieser  Elasse  in  den  PrüAingsgegen- 
ständen  unterrichten,  als  besondere  Commission  zusammenzutreten  haben.    Durch 


449 

die  von  dem  K.  ProT.Scli.C«  in  Bezug  genommene  Anmerkung  zu  I  B.  §  17, 
n  B.  §  17  der  Prüfungsordnung  Yom  27.  Mai  1882  ist  an  den  formalen  Vor- 
schriften der  C.Verf.  v.  28.  Oci  1871  keine  Aenderung  getroffen;  nur  in 
den  Bestimmungen  über  die  Gegenstände  der  scbrifüiclien  und  der  mündlichen 
Prüfung  sind  einzelne  Modificationen  eingetreten. 

2)  Die  Giro.  Verf.  vom  23.  März  1846  (s.  p.  445),  durch  welche  für 
andere  als  Maturitäts-  und  Ab^ngsprüfungen  bei  den  Gymnasien  und  Eealgym- 
nasien  besondere  Prüfongscommissionen  bestellt  worden  sind,  ist  durch  die  0.  Verf. 
y.  28.  Oci  1871  (s.  p.  ^6),  bezw.  durch  die  angezogenen  Stellen'  der  Prüfungs- 
ordnung vom  27.  Mai  1882  nicht  auTser  Erafb  gesetzt,  sondern  es  ist  nur  die 
Competenz  der  durch  dieselbe  angeordneten  Commissionen  auf  einen  engeren 
Bereich  beschränkt,  nämlich  auf  Prüfungen  zum  Beweise  der  Beife  für  niedrigere 
Klassen  als  die  Prima.  Die  wesentlichen  formalen  Unterschiede  deijenigen 
Prüfungen,  welche  den  durch  die  C.Verf.  v.  23.  März  1846  eingesetzten  Com- 
missionen yerblieben  sind,  bestehen  darin,  dafs  die  Prüfungs-Aspiranten,  abge- 
sehen von  dem  unter  Nr.  6  der  Circ.  Verfügung  bezeichneten  Falle,  sich  nicht 
an  das  K.  Prov.  Seh.  C.  ihrer  Provinz,  sondern  an  den  Director  der  betr.  Lehr- 
anstalt selbst  zu  wenden  haben,  und  da£s  die  Commission  nicht  für  den  einzelnen 
Fall  eingesetzt  wird,  sondern  eine  ständige  ist  Bei  der  durch  Nr.  2  der  Verf. 
V.  23.  März  1846  bestimmten  Wahl  der  Mitglieder  der  betr.  Commission  wird 
es  sich  nach  der  eingetretenen  Beschränkung  ihrer  Competenz  empfehlen,  vor- 
zugsweise Lehrer  der  Hauptfächer  in  IJntersecunda  zu  berücksichtigen,  da  bei 
diesen  die  gröfste  erfahrungsmäfsige  Vertrautheit  mit  den  Erfordernissen  für  die 
ausschliefslich  in  Frage  kommenden  Klassen  vorauszusetzen  ist. 

Wenn  in  dem  Bereiche  des  K.  Prov.  Seh.  C.  Fälle  einer  incorrecten  Aus- 
führung der  vorbezeichneten  Bestimmungen  vorgekommen  sind,  so  ist  nichts 
dagegen  zu  erinnern,  dafs  das  K.  Prov.  Seh.  C.  durch  eine  dem  Obigen  ent- 
sprechende Verfügung  an  die  Anstalten  Seines  Aufsichtsbereiches  die  richtige 
Ausfuhrung  sicherstelle.  Eine  Controle  über  diese  richtige  Ausführung  dürfte 
4Bich,  ohne  die  Schreibarbeit  des  K.  Prov.  Seh.  C.  oder  der  Directoren  merklich 
zu  vermehren,  dadurch  herstellen  lassen,  dafs  die  Directoren  zu  der  Jährlich  zur 
Genehmigung  einzureichenden  Nachweisung  über  die  Verteilung  der  Lehrstunden 
an  die  einzelnen  Lehrer  die  Zusammensetzung  der  fraglichen  Commission  hin- 
zuzufagen,  femer  in  dem  Begleitberichte  anzugeben  haben,  ob,  eveni  in  welchen 
Fällen,  die  fragliche  Commission  während  des  vorausgegangenen  Schuljahres  in 
Function  gewesen  ist 

Den  von  dem  K.  Prov.  Seh.  C.  gestellten  Anträgen,  dafs  auch  die  unter 
Nr.  2  bezeichneten  Prüfungen,  durch  welche  die  Beife  für  niedrigere  Klassen 
als  die  Prima  zu  constatiren  ist,  nur  in  Folge  der  Ermächtigung  und  Zuweisung 
des  K.  Prov. Seh.  C.  sollen  vorgenommen  werden  dürfen,  femer  dafs  die  durch 
die  C.Verf.  v.  23.  März  1846  angeordneten  ständigen  Commissionen  aufgehoben 
und  in  jedem  etwa  vorkommenden  Falle  durch  besonders  ernannte  Comnüssionea 
ersetzt  werden  soUen,  finde  ich  mich  nicht  veranlafst,  Folge  zu  geben.'* 


Wlete,  YeroTdnongen.  29 


l 


450 


vm. 

Geltung  der  Schulzeugnisse  in  öffentlichen  Verhältnissen. 

Berechtigungen.  Bedingungen  der  Zulassung  zu  Prüfungen,  Bildungs- 
instituten und  verschiedenen  Berufsarten. 

A.  Im  CÜTllgeblet. 

1.   XJniversitätstudien  und . Zulassung  zu  den  Prüfungen 
für  den  höheren  Staats-  und  Kirchendienst. 

a)  Das  Maturitätszeugnis  eines  Gymnasiums  ist  erforderlich. 

Aus  dem  Reglement  ▼.  4.  Juni  1834  für  die  Prüfung  der  zu  den  Univer- 
sitäten «hergehenden  Schüler:  §  33.  liNxxr  die  mit  dem  Zeu^isse  der  Reife  (von 
Gymnasien)  Versehenen  sollen:  1)  auf  inländischen  Universitäten  als  Studirende 
der  Theologe,  Jurisprudenz  und  Cameral- Wissenschaften,  der  Medicin  und  Chirurgie 
und  der  Philologie  angenommen  und  als  solche  bei  den  betr.  Faculülten  inscribirt; 
2)  zu  den  Prüfungen  behufs  der  Erlang[ung  einer  akademischen  Würde  bei  einer 
inländischen  Facultät;  3)  sowie  späterhin  zu  den  angeordneten  Prüfungen  behufs 
der  Anstellung  in  solchen  Staats-  und  Elirchenämtem,  zu  welchen  ein  drei-  oder 
vierjährig  Imiversitätsstudium  nach  den  bestehenden  gesetzlichen  Vorschriften 
erforderhch  ist,  zugelassen  werden.'' 

Im  Besonderen  ist  durch  das  Gesetz  v.  11.  Mai  1873  über  die  Vor- 
bildung und  Anstellung  der  Geistlichen  in  §  4  bestimmt,  dafs  zur  Bekleidung 
eines  geistlichen  Amts  die  Ablegung  der  Entlassungspräfung  auf  einem 
deutschen  Gymnasium  erforderlich  ist. 

Das  Begnlativ  v.  1.  Mai  1883,  betr.  die  juristischen  Prüfungen  und  die 
Vorbereitung  zum  höh.  Justizdienst  fordert  auf  Grund  des  Gesetzes  vom 
6.  Mai  1869  in  §  3  bei  dem  Gesuche  um  Zulassung  zur  ersten  Prüfung  die 
Beifügung  eines  Zeugnisses  der  Beife  zur  Universität.  Dasselbe  Gesetz  wird 
als  mafsgebend  bezeichnet  in  dem  Gesetz  v.  11.  März  1879,  betr.  die  Befähigung 
für  den  höh.  Verwaltungsdienst,  §  2. 

Die  Bekanntmachung  v.  25.  Sept.  1869,  betr.  die  Prüfung  der  Aerzte 
u.  8.  w.  bestimmt  ad  I  in  den  Vorschriften  über  die  Prüfung  der  Aerzte,  §  3, 
dafs  der  Meldung  das  Gymnasialzeugnis  der  Beife  beizufügen  ist. 

b)  Giltigkeit  der  Maturitätszeugnisse  von  Bealanstalten  für 

Universitäts  Studien. 

S.  die  Bestimmungen  der  C.Vert  v.  7*  Dec  1870  p.  444  und  der 
Min. Verf.  v.  11.  März  1872  p.  445. 

2.   Die  technischen  Hochschulen. 

Aus  dem  Verfassungsstatut  der  Kgl.  technischen  Hochschule  zu  Berlin 
V.  28.  Juli  1882:  §  29.  „Die  Aufnahme  eines  Deutschen  als  Studirenden  in 
die  technische  Hochschule  ist  durch  die  Beibringung  des  Beifezeugnisses  eines 
deutschen  Gymn.  oder  eines  preufsischen  Bealgymn.  (Bealschule  1.  Ordnung), 
bezw.  einer  preufsischen  Ober-Bealschule  (Gewerbeschule  mit  neunjährigem 
Cursus  und  zwei  fremden  Sprachen)  bedingt.    Ausnahmen  hiervon  sind  nur  mit 


451 

Genehmigong  des  Ministers  zulässig/'  Ebenso  nach  §  29  des  Yerfassangs- 
Statuts  der  Kgl.  technischen  Hochschule  zu  Hannover  und  zu  Aachen  vom 
27.  Aug.  1880.  Indefs. erfolgt  die  Aufiiahme  bis  auf  Weiteres  auch  noch  auf 
Grund  des  Beifezeugnisses  einer  preufsischen  Realschule  II.  Ordnung  oder  der 
obersten  Klasse  (Abi  A.)  einer  nach  dem  Plane  vom  21.  März  1870  einge- 
richteten Gewerbeschule  oder  einer  solchen  Schulen  gleichstehenden  Anst^t. 
(S.  das  Programm  der  K.  techn.  Hochschule  zu  Aachen  u.  Hannover  für  das 
Studienjahr  1885/86.) 

3.   Das  Bau-  nnd  Maschinenfach. 

Vorschriften  des  K.  Min.  für  Handel,  Gewerbe  u«  Off.  Arbeiten  v.  27.  Juni 
1876  §  1.  „Die  Anstellung  als  Bau-  oder  Maschinenbeamter  im  höh.  Staats- 
dienste setzt  eine  wissenschaftlich-technische  Ausbildung  voraus,  welche  nach 
Ablegung  der  Beifeprüfiing  auf  einem  Gymn.  oder  einer  Bealschule  I.  Ordn. 
durch  ein  vieijähriges  akademisches  Studium  und  zweijährige  praktische  Vor- 
bereitung zu  erwerben  ist" 

• 

4.    Der  Staatseisenbahndienst. 

A.  Höhere  Beamte.  1.  Administrative:  Nach  §  32  der  Organi- 
sation der  Staatseisenbahnverwaltung  vom  24.  Nov.  1879  ist  akademische  Vor- 
bildung erforderlich  (s.  Eisenb.Verordn.Bl.  1880  S.  95).  2.  Bautechnische 
u.  maschinentechnische:  Nach  Verf.  des  Min.  f.  Handel,  Gewerbe  u.  öff. 
Arb.  V.  19.  Febr.  1879  (s.  Ministerialbl.  für  die  inn.  Verw.  1879  S.  78)  wird 
Ablegung  der  Beifeprüfung  auf  einem  Gymn.  oder  einer  Beal-  bezw.  Gewerbe- 
schule mit  neunjährigem  Lehrgang  und  zwei  fremden  Sprachen,  sowie  vier- 
jähriges Studium  auf  einer  technischen  Hochschule  verlangt.  Indefs  wird  for 
die  Maschinenbeamten  die  EntlassungsprüAing  bei  den  nach  dem  Plane  vom 
21.  Mäiz  1870  eingerichteten  Gewerbeschulen,  sowie  bei  den  durch  besondere 
Verfügung  hierzu  bisher  berechtigten  Schulen,  der  Beifeprüfiang  der  vorgenannten 
Lehranstadten  bis  auf  Weiteres  noch  gleichgestellt. 

B.  Oberbeamte.  Telegraphen-Inspectoren  haben  nachzuweisen 
Beife  für  die  Prima  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  I.  Ordn.  oder  einjährigen 
erfolgreichen  Besuch  der  Prima  einer  reorganisirten  Gewerbeschule.  Verf.  d. 
Min.  für  öffentl.  Arb.  v.  2.  Oci  1878. 

C.  Subalternbeamte.  1.  Civilsupernumerare:  Nach  §  1  des  Begle- 
ments  über  die  Annahme,  Ausbildung  und  Anstellung  von  Civilsupemumeraren 
im  Staatseisenbahndienst  V.  19.  Aug.  1874  (Min.Bl.  f.  d.  inn.  Verw.  1875 
S.  127)  ist  erforderlich  Beife  für  die  erste  Klasse  eines  Gymn.  oder  einer  Beal- 
schule I.  Ordn.,  bezw.  a)  nach  der  Verf.  d.  Min.  d.  öffent.  Arb.  v.  29.  April  1879 
(Ei8enb.Verordn.Bl.  1879  S.  86)  Zeugnis  über  die  auf  einer  zu  Abgangs- 
prüfungen berechtigten  höh.  Bürgerschule  bestandene  Entlassungsprüfnng; 
b)  nafhVerf.  d.  Min.  d.  öff.  Arb.  v.  25.  Jan.  1881  (Eisenb.Verordn.Bl.  1881 
S.  26)  Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima  einer  lateinlosen  Bealschule  (Gewerbe- 
schule) mit  neunjährigem  Lehrcursus;  c)  nach  Verf.  d.  Min.  d.  öff.  Arb.  v. 
5  Oct  1881  (Eisenb.Verordn.Bl.  1881  S.  313)  ein  Beifezeugnis  der  Real- 
schule II.  Ordn.  2.  Technische  Eisenbahnsecretäre.  Die  etatsmäfsigen 
Stellen  sind  entweder  für  Feldmessser  (jetzt  Landmesser),  tat  Bautechniker  oder 
Maschinentechniker  bestimmt.  Voraussetzung  ist  die  Wissenschaft!.  Befähigung 
für  den  einjährig-freiw.  Militärdienst,  und  a)  für  Landmesser  die  Ablegung  der 
Landmesserprüfung  (s.  u.);  b)  far  Bautechniker  die  Erlangung  des  Beifezeugnisses 
einer  Baugewerkschule  oder  die  Ablegung  der  Prüfung  ads  Maurer-  oder  Zimmer- 

29* 


452 

meister;  c)  für  Maschinentechniker  Erlangang  des  Beifezengnisses  einer  tech- 
nischen Lehranstalt  zur  Vorbildung  von  Maschinentechniken!.  Verf.  d.  Min.  d. 
öff.  Arb.  V.-22.  Dec.  1880  (Eisenb.Verordn.Bl.  1880  S.  546.)  3.  Werk- 
stätten-Vorsteher: Schulzeugnis  mit  der  Berechtigung  zum  einjährig-frei- 
willigen Militärdienst  und  Zeugnis  der  bestandenen  Entlassungsprufung  einer 
mit  einer  Bealschule  verbundenen  maschinentechnischen  Fachschule  oder  Nach- 
weis einer  als  gleichwerthig  anzuerkennenden  maschinentechnischen  Ausbildung, 
welcher  etwa  durch  Prüfungszeugnisse  oder  durch  Ablegung  einer  besonderen 
Vorprüfung  beizubringen  ist.    Verf.  d.  Min.  d.  öff.  Arb.  v.  10.  Oci  1884. 

5.   Das  Bergfach. 

Vorschriften  v.  12.  Sept.  1883  über  die  Befähigung  zu  den  technischen 
Aemtem  bei  'den  Bergbehörden  des  Staates:  §  2.  „Wer  zur  Ausbildung  für  den 
Staatsdienst  im  Bergfache  zugelassen  werden  will,  mufs  auf  einem  Gymnasium 
oder  Bealgymnasium  die  Abiturienten-  (Abgangs-)  Prüfung  bestanden  und  das 
Zeugnis  der  Beife  erworben  haben.*^ 

Für  das  Markscheiderfach  ist  nach  Verf.  v.  31.  Oct.  1865  erforder- 
lich a)  Zeugnis  der  Beife  für  die  erste  Klasse  eines  Oymn.  oder  einer  Beal- 
schule 1.  0.,  oder  b)  die  Bescheinigung  der  Beife  zum  Abgange  aus  der  ersten 
Kl.  einer  Bealschule  2.  0.,  welcher  die  Befugnis,  Abiturientenzeugnisse  auszu- 
stellen, beigelegt  ist 

Für  das  Givilsupernumerariat  beim  Bergfache  ist  durch  A.O.  y. 
5.  Oct.  1859  und  den  Erlafs  v.  22.  Nov.  1859  die  Beibringung  eines  Zeug- 
nisses der  Beife  für  Prima  eines  6ymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  zur  Be- 
dingung gemacht 

.  Zum  Besuche  der  Bergakademie  sind  nach  dem  Statut  t.  8.  April 
1875,  §8,  berechtigt:  1.  Diejenigen  Bergbaubeflissenen,  welche  sich  für  den 
Staatsdienst  im  Bergfache  ausbilden.  2.  die  immatriculirten  Studirenden  der 
deutschen  Universitäten,  die  Studirenden  der  Gewerbe-Akademie  und  der  Bau- 
akademie in  Berlin  (techn.  Hochschule),  sowie  der  polytechnischen  Schule  in 
Aachen,  der  Hauptschule  der  polytechnischen  Schiüe  in  Hannover  und  der 
Bergakademie  in  Clausthal. 

6.  Die  Landmesserprüfung. 

Die  früheren  Vorschriften  über  die  Prüfung  der  Feldmesser  sind  seit  dem 
1.  Jan.  1885  im  ganzen  Umfange  auiser  Anwendung  getreten.  Nach  den  Vor- 
schriften über  die  Prüfung  der  öffentlich  anzustellenden  Landmesser  vom 
4.  Sept.  1882  (CB.  1882  p.  594  fg.)  wird  als  Nachweis  der  allgemeinen  wissen- 
schafüichen  Bildung  gefordert:  entweder  a)  ein  Zeugnis  über  die  erlangte  Beife 
zur  Versetzung  in  die  erste  Klasse  eines  Gymn.,  einer  Bealschule  I.  Ordnung 
bezw.  einer  lateinlosen  Bealschule  (Gewerbeschule)  mit  neunjährigem  Lehrgange 
oder  in  die  erste  Klasse  (Fachklasse)  einer  nach  der  Verordnung  vom  2f .  Mäiz 
1870  reorganisirten  Gewerbeschule,  oder  b)  das  Abgangszeugnis  der  Beife 
einer  Bealschule  n.  Ordnung  oder  einer  höheren  Bürgerschule  mit  siebenjährigem 
Lehrgange. 

■ 

7.  Das  Forstfach. 

Nach  den  Bestimmungen  des  Min.  lur  Landw.,  Dom.  u.  Forsten  vom 
1.  August  1883,  §  3,  und  dem  Begulativ  vom  24.  Jan.  1884  erfolgt  die  Zu- 
lassung (auch  zu  den  Studien  auf  den  K.  Forstakademien  in  Eberswalde   und 


453 

Münden)  nnr,  wenn  der  Aspirant  ein  Zengnis  der  Beife  von  einem  Gymn.  des 
deutschen  Beichs  oder  von  einem  preufs.  Bealgymn.  erlangt  nnd  in  diesem 
Zeugnisse  eine  unbedingt  genügende  Cendur  in  der  Mathematik  erhalten,  auch 
das  22.  Lebensjahr  noch  nicht  überschritten  hat. 

8.   Studium  der  Landwirthschaft. 

Die  landwirthschaftlichen  Akademien  zu  Eldena,  Proskau  und  Waldau 
sind  aufgehoben.  Aufser  der  landwirthschafü.  Akademie  zu  Poppeisdorf  befinden 
sich  akademische  landwirthschafbl.  Lehrinstitute  bei  den  Universitäten  zu  Bres- 
lau, Göttingen,  Halle  a.  S.  und  Königsberg.  An  der  landwirthschafbl.  Hoch- 
schule zu  Berlin  ist  nach  den  durch  Erlafs  des  Min.  für  Landwirthsch.  u.  s.  w. 
vom  16.  Oct.  1884  genehmigten  Statuten  die  Aufiiahme  als  ordentlicher  HOrer 
für  Deutsche  durch  den  Nachweis  mindestens  desjenigen  Bildungsgrades  bedingt, 
welcher  zum  einjähr.-freiwill.  Dienst  in  der  deutschen  Armee  berechtig^.  Die 
Zulassung  zum  culturtechnischen  Oursus  erfolgt  auf  Grund  erfolgter 
Ablegung  des  Landmesserexamens,  für  welches  die  oben  angegebenen  Nachweise 
erforderlich  sind.  Zur  Prüfung  für  das  Lehramt  an  den  Landwirthschafts- 
schulen  ist  nach  den  Vorschriften  vom  9.  Mai  1877  das  Beifezeugnis  von  einem 
G3rmn.  oder  einer  Bealschule  I.  Ordn.  nothwendig. 

Zur  Aufhahme  in  die  Landwirthschaftsschulen  ist  nach  dem 
Beglement  v.  10.  Aug.  1875  Vorbedingung  die  Beife  für  die  Tertia  eines  Gymn., 
einer  Bealschule  I.  Ordn.  oder  der  entsprechenden  Klasse  einer  anderen  berech- 
tigten Oifentl.  Schule. 

9.    Gärtner -Lehranstalten. 

« 

Nach  den  Beiträgen  zur  landwirthschafbl.  Statistik  in  Preufsen  far  das 
Jahr  1884,  bearb.  im  Ministerium  f.  Landw.,  Dom.  u.  Forsten  (Berlin  1885) 
ist  erforderlich:' 

für  die  K.  Gärtner-Lehranstalt  am  Wildpark  bei  Potsdam  Zeugnis  der 
Beife  für  Secunda  eines  deutschen  Gymn.  oder  eines  Bealgymn.; 

für  das  K.  pomologische  Institut  zu  Proskau  bei  Oppeln  Nachweis  des 
mindestens  halbjähr.  Besuches  der  Tertia  eines  Gymn.  oder  Bealgymn.; 

für  die  K.  Lehranstalt  f.  Obst-  und  Weinbau  zu  Geisenheim  Beife  für 
Ober-Tertia  eines  Gymn.  oder  Bealgymn.;    ' 

für  die  höh.  Gartenbau-Lehiunstalt  im  Etablissement  der  Flora  zu  Biehl 
bei  Köln  Berechtigung  zum  einjähr.-fireiw.  Militärdienst. 

10.  Apotheker. 

Aus  der  Bekanntm.  des  Beichskanzlers  v.  5.  März  1875  (zu  §  29  der 
Gewerbeordnung  vom  21.  Juni  1869):  (§4)  —  —  Die  Zulassung  zur 
pharmaceutischen  Prüfong  ist  (u.  a.)  bedingt  durch  den  Nachweis  der  erforderl. 
wissenschaftl.  Vorbildung.  Dieser  Nachweis  ist  zu  führen  durch  das  von  einer 
als  berechtigt  anerkannten  Schule,  auf  welcher  das  Lateinische  obligater. 
Lehrgegenstand  ist,  ausgestellte  wissenschaftl.  Qualificationszeugnis  für  den 
einj&r.  Militärdienst  Aufserdem  wird  zur  Prüfung  nur  zugelassen,  wer  auf 
einer  anderen  als  berechtig^  anerkannten  Schiüe  dies  Zeugnis  erhalten 
hat,  wenn  er  bei  einer  der  eratgedachten  Anstalten  sich  noch  einer  Prüfung 
im  Lat.  unterzogen  hat  und  auf  Grund  derselben  nachweist,  dafs  er  auch  in 
diesem  Gegenstande  die  Kenntnisse  besitzt,  welche  behufs  Erlangung  der  be- 
zeichneten Qualification  erfordert  werden.    Ausgeschlossen  von  der  Zulassung 


454 

^^^^^    ■  g* 

sind  nach  der  C.Verf.  v.  18.  Febr.  1879  (Min.  d.  geisü.  etc.  Ang.)  alle  die- 
jenigen, welche  das  Qnalificationszeügnis'znm  einj.  Dienste  nur  auf  Gmnd  der 
bestandenen  Prüfdng  vor  einer  £gl.  Prüfongs-Commission  erhalten  haben, 
gleichgiltig,  ob  sie  dabei  im  Lateinischen  geprüft  sind,  oder  wenn  nicht,  ob 
sie  etwa  eine  besondere  Nachprüfling  in  diesem  Fache  bei  einem  Gymn.  oder 
einer  Bealschnle  I.  Ordn.  bestanden  haben. 

Für  die  Annahme  als  Lehrling  and  Apothekergehülfe  gilt  dieselbe  Be- 
stimmung; vgl.  CBL  1871  p.  160.     1880  p.  250  f. 

11.  Zahnärzte. 

Nach  der  Bekanntm.  des  Bandeskanzlers  v.  25.  Sept.  1869  (11  §  8) 
zar  Gewerbeordn.  v.  21.  Joni  1869  mass  behafe  der  Approbation  a.  a.  bei- 
gebracht werden  ein  Zeagnis  der  Beife  für  die  I  eines  Gymn.  oder  einer  Real- 
schale  1.  Ot,  d.  h.  eines  Bealgymn.  nach  der  Declaration  v.  28.  Nov.  1884  (CBl. 
1885  p.  328  f.). 

12.  Thieräzte. 

Za  den  Erfordernissen  der  Aafiiahme  als  Eleve  in  eine  £.  Thierarznei- 
schole,  sowie  demnächst  der  Prüfimg  als  Thierarzt,  gehört  (nach  der  Bekanntm. 
des  Beichskanzlers  v.  27.  März  1878)  der  Nachweis  der  Beife  für  die  Prima 
eines  Gymn.  oder  einer  Bealschale  1.  0.,  bei  welcher  das  Latein  obligatorischer 
Unterrichtsgegenstand  ist  (Bealgymn.),  oder  einer  darch  die  zuständige  Central- 
behOrde  als  gleichstehend  anerkannten  höh.  Lehranstalt 

13.  Der  Post- und  Tel^egraphendienst. 

Nach  den  Vorschriften  vom  1.  Oct.  1882  erfolgt  die  Annahme  von 
Givilanwärtem  für  den  Post-  und  Telegraphendienst  als  Posteleve  oder  als 
Postgehülfe.*) 

Die  Posteleven  haben  die  Anwartschaft,  nach  Ablegung  der  vorge- 
schriebenen Fachprüfungen  (Secretärprüfdng  und  h6h.  Yerwaltungsprüfung)  in 


*)  Zuschrift  des  Eaiserl.  Ober-Postdirectors  zu  Berlin  v.  24.  Sept  1885. 
„Der  Eintritt  von  Anwärtern  für  den  Beichs-Post-  und  Telegraphen-Dienst  hält  mit 
der  Steigerung  des  durch  die  Yerkehrszunahme  und  die  Erweiterung  der  Betriebs- 
einrichtungen bedingten  Bedarfs  an  Beamtenkräften  nicht  gleichen  Schritt.  Mit 
Rücksicht  darauf,  daXs  die  aus  der  Klasse  der  Posteleven  hervorgehenden  Beamten 
dazu  bestimmt  sind,  die  höheren  Dienststellen  der  Verwaltung  einzunehmen  und 
dafs  die  Zahl  dieser  Stellen  nur  eine  beschränkte  ist,  kann  zur  Zeit  auch  nur  eine 
geringe  Anzahl  junger  Leute,  welche  das  Abiturientenexamen  bestanden  haben,  als 
Posteleven  angenommen  werden.  Dagegen  hat  sich  die  Lage  der  übrigen  in  unbe- 
schränkter Anzahl  anzunehmenden  Beamten  (Postassistenten,  Ober-Postassistenten 
etc.),  deren  Eintritt  als  Postgehülfe  erfolgt,  in  letzter  Zeit  wesentlich  gebessert 
Beispielsweise  erhalten  in  Berlin  Postgehülten,  welche  der  Verwaltung  ungefähr 
9  Monate  dienen,  bei  erwiesener  Brauchbarkeit,  bereits  Tagegelder  zum  Satze  von 
M.  2,00.  Nach  zurückgelegter  zweijähriger  Dienstzeit  werden  denjenigen  Post- 
gehülfen,  welche  sich  bis  dahin  dauernd  tüchtig  erwiesen  haben  und  deren  Führung 
befriedigt  hat,  Tagegelder  von  M.  2,50  zugebilligt.  Nach  bestandener  Post- 
assistenten-Prüfung,  welche  frühestens  nach  einer  vierjährigen  Dienstzeit  abgelegt 
werden  darf,  werden  die  Postge hülfen  zu  Postassistenten  ernannt  und  beziehen 
als  solche  Tagegelder  von  IL  3,00.  Die  Anstellung  der  Postassistenten  erfolgt 
ungefähr  5  Jahre  nach  Ablegung  der  Assistenten-rrüfung  mit  einem  Anfangs- 
gehalte von  M.  1350,0U  und  dem  gesetzmäfsigen  Wohnungsgeldzuschufs,  welcher 
für  Postassistenten  in  Berlin  M.  540,00  jährlich  beträgt.     Nach  Mafsgabe  ihres 


465 

die  höheren  Postverwaltongsstellen  einzuräcken.  In  schnlwiBseDBchafOicher  Be- 
ziehung werden  folgende  Anforderangen  gestellt:  1.  Der  Bewerber  nrnfs  in  der 
Begel  a)  anf  einem  Gymn.  das  Zengnis  der  Beife  zur  UniYersit&t  erlangt  haben, 
oder  b)  in  Prenfsen  von  einem  Bealgymn.,  in  anderen  Bnndesstaten  von  einer 
6ffentl.  Schule,  welche  in  Bezug  auf  £e  Höhe  der  Anforderongen  den  in  Prenfsen 
vorhandenen  Bealgymnasien  gleichsteht»  mit  dem  Zeugnisse  der  Beife  entlassen 
sein.  —  2.  Ausnahmsweise  können  aber  auch,  unter  Anrechnung  der  für  den 
vollen  Primacursus  fehlenden  Zeit,  solche  Bewerber  zugelassen  werden,  welche 
c)  mindestens  ein  halbes  Jahr  lang  an  dem  Unterrichte  in  allen  Lehrgegen- 
ständen der  Prima  einer  der  vorbezeichneten  Schiüanstalten  mit  Erfolg  Teil 
genommen  haben,  oder  d)  in  Preufsen  von  einem  anerkannten  Progymn.  oder 
von  einem  Bealprogymn.,  in  einem  andern  Bundesstaate  von  einer  6ffentl.  8chule, 
welche  in  Bezug  auf  die  Höhe  der  Anforderungen  den  genannten  preufs.  An- 
stalten gleichsteht,  mit  dem  Zeugnisse  der  bestandenen  Entlassungsprüfling 
abgegangen  sind.  Voraussetzung  ist  dabei,  daih  der  Bewerber  in  der  bezügl. 
Lehnuistalt  das  in  Preufsen  für  die  Entlassungsprüftmgen  bei  den  Bealgymnasien 
vorgeschriebene  Mafs  von  Kenntnissen  der  latein.  Sprache  erworben  hat.  Der 
Bewerber  mufs  das  16.  Lebensjahr  vollendet  haben  und  darf  nicht  &lter  als 
25  Jahre  sein. 

Personen,  welche  als  Gehülfen  in  den  Postdienst  eintreten  wollen, 
haben  mindestens  folgenden  Anforderungen  zu  genügen:  Sie  müssen  richtig 
und  zusammenhängend  Deutsch  schreiben  und  sprechen,  mit  den  gewOhnl. 
Bechnungsarten  bis  einschliefsl.  zur  Decimalbruch-  und  Verhältnisrechnung 
vollständig  vertraut  sein,  eine  deutliche  Handsclurift  besitzen,  die  Lage  der 
wichtigsten  Orte  kennen  und  französische  Adressen,  Länder-  und  Ortsnamen 
zu  verstehen  und  verständlich  auszusprechen  im  Stande  sein..  Wird  der  Besitz 
dieser  Vorbildung  durch  Schulzeu^isse  dargethan,  so  bedarf  es  eines  weiteren 
l^achweises  nicht.  Können  genügende  Schulzeugnisse  nicht  beigebracht  werden, 
so  hat  der  Bewerber  in  einer  Prüfung,  welche  in  der  Begel  bei  der  OPost- 
direction  oder  nach  Bestimmung  derselben  von  einem  Postamtsvorsteher  oder 
von  einem  Aufsichtsbeamten  des  Bezirks  abgehalten  wird,  den  Nachweis  der 
vorbezeichneten  Vorbildung  zu  führen.  Der  Anzunehmende  darf  nicht  jünger 
als  17  Jahre  sein. 

14.  Civil-Supernumerariat. 

CO.  V.  10.  Nov.  1855:  „Auf  den  Antrag  des  Staatsministeriums  v. 
7.  d.  M.  setze  ich  hinsichtlich  des  Mafses  der  Schulbildung  derjenigen  Personen, 


Dienstalters  als  Postassistenten  rücken  diese  Beamten  in  höhere  Gehaltsstufen  und 
in  die  zor  Erledigong  kommenden  Stellen  für  Ober-Postassistenten  ein,  deren 
Meistgehalt  neben  dem  gesetzh'chen  Wohnungseeldzasohafs  jährlich  M.  2400,00 
betragt.  Für  Postassistenten  bietet  sich  auch  oie  Gelegenheit,  3  Jahre  nach  be- 
standener Profong  als  Vorsteher  von  Postämtern  III.  Klasse  (Postverwalter)  an- 
gestellt zn  werden,  deren  Besoldungen,  welche  sich  nach  den  ortlichen  Verhält- 
nissen richten,  allmählich  Aufbesserungen  erfahren.  Da  der  Eintritt  in  den  Post- 
dienst erfolgen  kann,  sobald  die  Bewerber  das  eidesmündige  Alter  erlang^^  haben, 
so  ist  dens^ben  hier  in  einem  Lebensalter  von  ungefähr  25 — 26  Jahren  die  Mög- 
lichkeit des  Bezuges  eines  Gehaltes  von  1350,00  und  des  gesetzlichen  Wohnungs-, 
ffeldzuschnsses  geboten.  Ew.  beehre  ich  mich  hiervon  mit  dem  Anheimstellen 
m  Kenntnis  zu  setzen,  Schüler  in  der  Ober-Tertia  und  in  der  Secunda  der  Ihnen 
unterstellten  Lehranstalt,  welche  nicht  die  Absicht  haben,  mit  dem  Zeugnis  der 
Reife  aus  der  Prima  der  Anstalt  abzugehen,  sondern  sich  mit  einer  bescheidenen 
Beamtenlaufbahn  begnügen  wollen,  ttet.  hiermit  bekannt  zu  machen  und  n.  U.  die 
Aufmerksamkeit  derselben  wiederholt  auf  diese  LaufbiJm  hinzulenken.''  An  den 
Director  u.  s«  w. 


456 

welche  zum  Giyil-Snpernnmerariat  bei  den  Prov.  YerwaltongsbehOrden  zuge- 
lassen werden  sollen,  hierdurch  fest,  dafs  diese  Personen  das  Zengnis  der  Beife 
entweder  for  die  1.  El.  eines  Gymn.  oder  ans  der  1.  El.  einer  Bealschole  beizu- 
bringen haben.  Ausnahmen  hiervon  können  nnr  dann  gemacht  werden,  wenn 
der  Anzustellende  seine  prakt.  Brauchbarkeit  und  Ausbildung  durch  mehrjähr. 
Beschäftigung  bei  anderen  Behörden  in  vorzüglichem  Grade  nachgewiesen  hat. 
Bei  Erfüllung  dieser  Bedingungen  können  die  Präsidien  der  Prov.  Verwaltungs- 
behörden die  Civil -Supemumerarien  selbständig,  ohne  Genehmigung  der 
Ministerien,  annehmen,  während  letzteren  vorbehalten  bleibt,  für  jede  Prov.  Ver- 
waltungsbehörde eine  gewisse  Anzahl  von  Supemumerarien  zu  bestimmen,  welche 
ohne  ihre  Genehmigung  von  den  Präsidien  nicht  überschritten  werden  darf. 
Andere  Personen,  sJs  Civil-Supemumeranen,  Militär-Anwärter  und  solche  Indi- 
viduen, welchen  etwa  im  Wege  der  Gnade  Anstellungsfähigkeit  verliehen  ist, 
dürfen  zur  Beschäftigung  in  den  Subaltem -Bureaux  der  Prov.  Verwaltungs- 
behörden, auch  behufe  der  Probe,  ob  sie  zur  Annahme  als  Civil-Supemumerarien 
sich  eignen,  nicht  zugelassen  werden.^' 

Durch  CO.  V.  5.  Oci  1859  sind  sodann  die  Bealschulen  1.  0.  in  der 
betr.  Beziehung  den  Gymn.  gleichgestellt  worden. 

a)  C.Verf.  des  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Finanzmin.  v.  25.  Nov.  1880  an 
die  Begierungspräsidenten.  „Nach  den  C.Verfügungen  v.  4.  Febr.  1856  und 
22.  Dec.  1859  (CBl.  1860  p.  72)  haben  diejenigen  Personen,  welche  zum  Civil- 
Supemumerariate  bei  den  Prov.  Verwaltungsbehörden  zugelassen  werden 
wollen,  zum  Nachweise  ihrer  Schiüreife  das  Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima 
eines  Gymnasiums  oder  einer  Realschule  erster  Ordnung  oder  aus  der  ersten 
Klasse  einer  Realschule  zweiter  Ordnung  beizubringen. 

Im  Anschlüsse  hieran  bestimmen  wir,  dafs  fortan  för  die  Zulassung  zum 
Civil-Supemumerariate  bei  den  Prov.-Verwaltungsgehörden  dem  Zeugnisse  der 
Beife  for  die  Prima  einer  lateinlosen  Realschule  von  neunjährigem  Cursus  dieselbe 
Geltung  beigemessen  werde,  wie  dem  gleichartigen  Zeugnisse  der  Realschulen 
erster  Ordnung  und  der  Gymnasien  und  den  Maturitätszeugnissen  der  Real- 
schulen zweiter  Ordnung.^' 

b)  die  Bewerber  um  Annahme  bei  der  Verwaltung  der  indirecten 
Steuern  dagegen  haben  sich  (C.Verf.  des  Finanzmin.  v.  14.  Nov.  1859 
und  V.  22.  Mai  1877)  darüber  auszuweisen,  dafs  sie  die  I  entweder  eines  Gymn. 
oder  einer  Realschule  1.  0.  mindestens  ein  Jahr  lang  mit  gutem  Erfolg  besucht 
oder  bei  einer  Realschule  2.  0.  ein  Zeugnis  der  Reife  erworben  haben.  (Die 
unter  dem  18.  März  und  15.  Juni  1874  nachgegebenen  Erleichterungen  sind 
aufgehoben.)  C.Verf.  des  Finanzmin.  an  die  f^ov.Steuerdirectorenv.  15.  Nov. 
18^.  ,J)ie  Bestimmung  unter  I.  1  a.  der  Circular- Verfügung  v.  22.  Mai  1877 
(CBl.  1877  p.  308  f.),  betr.  die  Annahme  von  Steuer-Supemumeraren,  wird  hier- 
durch den  gegenwältigen  Verhältnissen  der  höh.  Lehranstalten  entsprechend 
dahin  erweitert,  dafs  das  für  den  Eintritt  in  das  Steuer  -  Supemumerariat 
erforderliche  MaJTs  wissenschaftlicher  Vorbildung  auch  dann  als  vorhanden  ange- 
sehen werden  soll,  wenn  die  betr.  Bewerber  die  erste  Klasse  einer  latein- 
losen Realschule  von  neunjährigem  Lehrcursus  mindestens  ein  Jahr 
lang  mit  gutem  Erfolge  besucht  haben.'* 

c)  der  gerichtliche  Subalterndiensi  Allgemeine  Verf.  des  Justiz- 
min.  V.  5.  Sept.  1879,  betr.  den  Vorbereitungsdienst,  die  PrüAmgund  die  An- 
stellung der  Gerichtsschreiber.  §  1.  „Zu  dem  Vorbereitungsdienste,  welcher 
der  Gerichtsschreiberprüfhng  vorangehen  mufs,  soll  aufser  den  Militäranwärtera 
und  aul^er  denjenigen  Personen,  welchen  durch  A.O.  die  Anstellungsberechtigung 
beigelegt  ist,  nur  zugelassen  werden,  wer  1)  das  18.  Lebensjahr  vollendet  hat; 
2)  die  für  den   einjährig -freiwilligen  Dienst  erforderl.  wissenschaftl.  Bildung 


457 

besitzt;  3)  sich  mindestens  drei  Jahre  ans  eigenen  Mitteln  oder  durch  Unter- 
statzung seiner  Angehörigen  ohne  Beihülfe  des  Staates  zu  unterhalten  im 
Stande  ist." 

d)  Der  Eintritt  in  den  Dienst  der  Beichsbank  wird,n.  A.  davon 
abhftng^g  gemacht,  dafs  der  Betreffende  nicht  über  26  Jahre  alt  nnd  nnver- 
heirathet  ist,  ein  Gymn.  oder  eine  Bealschnle  1.  Ordn.  besucht  hat,  in  derselben 
wenigstens  ein  volles  Jahr  Schüler  der  zweiten  Klasse  gewesen  ist  nnd  sich  die 
Berechtigung  als  Einjährig-Freiwilliger  erworben  hat 

15.   Akademische  Hochschule  für  bildende  Künste 

und'  für   Musik. 

Zur  Aufnahme  ist  nach  §  53  und  §  90  des  Statuts  der  Kgl.  Akademie 
der  Künste  zu  Berlin  vom  19.  Juni  1882  eine  allgemeine  Bildung  erforderlich, 
welche  zum  einjährigen  freiwilligen  Militärdienste  berechtigt. 

Bei  dem  akademischen  Institute  für  Kirchenmusik  wird  nach  §  117 
obigen  Statuts  die  Beibringung  eines  Zeugnisses  verlangt  über  die  Absolvirung 
eines  Gymn.,  eines  Bealgymn.  oder  einer  Ober-Bealschule  oder  des  Zeugnisses 
über  die  nach  dreijährigem  Seminarcursas  bestandene  Lehrerprüfung. 

B.   Im  militärischen  Gebiet. 

1.    Die    akademischen   militärärztlichen   Bildungsanstalten. 

Das  K.  medicinisch-chirurgische  Friedrich-Wilhelms-Institut  und 
die  K.  medicinisch-chirurgische  Akademie  für  das  Militär  zu  Berlin.  Be- 
stimmungen V.  7.  Juli  1876.  (CBl.  1878  p.  10  fg.)  Zu  den  Bedingungen 
der  Aufnahme  gehört  u.  a.  ein  Alter  nicht  über  21  Jahre  und  der  Besitz  eines 
Zeugnisses  der  Beife  for  das  Studium  der  Universität  von  einem  deutscheu 
(humanistischen)  Gymnasium.  Die  Anmeldung  darf  erst  erfoFgen,  wenn 
der  Angemeldete  1  Jahr  lang  die  oberste  Klasse  eines  Gymn.  besucht  hat,  mufs 
aber  spätestens  ein  halbes  Jahr  vor  Ablegung  des  Abiturientenexamens  geschehen. 
(Nach  demselben  oder  nach  begonnenem  Studium  auf  einer  Universität  erfolgende 
Anmeldungen  können  zunächst  nur  für  die  Akademie  berücksichtig^  werden.) 
Unter  den  zur  Meldung  beizufügenden  Attesten  mufs  ein  Schulzeugnis  sich  über 
Anlagen,  Führung,  Fleifs,  die  Dauer  des  Besuches  der  Prima  und  den  wahr- 
scheinlichen Termin  der  Universitätareife  aussprechen,  worauf  die  Bescheidung 
erfolgt,  ob  der  Angemeldete  zur  Concurrenz  um  Aufnahme  zugelassen  ist 

2.    Dienst  auf  Avancement  in  der  Armee. 

Verordnung  v.  11.  März  1880  über  die  Ergänzung  der  Officiere 
des  Friedensstandes.  §  3.  „Der  wissenschaftliche  Bildungsgrad  ist  entweder 
durch  Vorlegung  eines  voUgiltigen  Abitorienten-Zeugpaisses  eines  deutschen  Gymn. 
oder  einer  deutschen  Realschule  I.  Ordn.  oder  durch  Ablegung  der  Portepeefähnrichs- 
Prüfung  vor  der  Ober-Militär-Examinations-Commisrfion  nachzuweisen.  Die  Zu- 
lassung zur  Portepeefähnrichs-Prüfung  ist  abhängig  von  der  Beibringang  eines 
von  dem  betr.  Lehrercollegium  einer  der  vorbezeichneten  Lehranstalten  ausdrück- 
lich zu  diesem  Behufe  ausgestellten  Zeugnisses  der  Beife  for  die  Prima,  oder  des 
Entlassungszeugnisses  von  einem  derjenigen  Progymnasien,  Bealschulen  2.  Ordn. 
und  »höheren  Bürgerschulen,  welche  durch  Veröffentlichung  im  Armee-Ver- 
ordnungsblatte  als  hierzu  berechtigt  anerkannt  sind.  Zur  Anerkennung  einer 
aufserdeutschen  Lehranstalt  im  Sinne  des  Vorstehenden   bedarf  es   in  jedem 


458 

einzelnen  Falle  einer  besonderen  Entscheidung,  welche  vom  bezüglichen  Trappen- 
teil beim  Eriegsministerinm  zu  beantragen  ist."  (Nach  §  1  mofs  der  Nach- 
weis ffir  die  erforderliche  dienstliche  Qaalification  nnd  den  vorgeschriebenen 
wissenschaftlichen  Bildungsgrad,  sowie  die  Erwerbung  des  Zeugnisses  der  Reife 
zum  Portepeefähnrich  nach  vollendetem  17.  und  vor  vollendetem  23.  Lebens- 
jahre stattfinden.) 

üeber  die  Prüfdng  derjenigen  Jungen  Leute,  welche  ein  Zeugnis  der 
Beife  for  Prima  erwerben  wollen,  ohne  Schüler  eines  Gymn.  oder  einer  Beal- 
anstalt  zu  sein,  s.  S.  446,  C.Verf.  v.  28.  Oct.  1871. 

3.  Der  Marinedienst. 

Aus  der  Allerhöchsten  Verordnung  über  die  Ergänzung  des  See- 
offiziercorps V.  24.  März  1885  (besonderer  Abdruck:  Berlin,  K.  Hofbuchandlung 
E.  S.  Mittler  u.  S.),  unter  Aufhebung  aller  entgegenstehenden  Bestimmungen, 
insbesondere  der  Verordnung  v.  10.  März  1874: 

„§  1.  Das  Seeofßziercorps  ergänzt  sich  aus  jungen  Leuten,  welche  nach 
Prüfung  ihrer  personlichen  und  wissenschaftlichen  Geeignetheit  und  nach  Mafs- 
gabe  des  vorhandenen  Bedarfs  als  Cadetten  eingestellt  werden.  In  Ausnahme- 
fällen auch  andere  Ergänzungsweisen  eintreten  zu  lassen,  bleibt  der  Allerhöchsten 
Entscheidung  vorbehalten.  §  3.  Die  Einstellung  als  Gadett  erfolgt  einmal 
im  Jahre,  in  der  Begel  im  Monat  April.  Die  Anmeldung  geschieht  schriftlich 
bei  der  Kaiserl.  Admiralität  in  den  Monaten  August  und  September  des  der 
Einstellung  vorhergehenden  Jahres.  §  4.  Der  für  den  Eintritt  als  Oadett 
erforderliche  wissenschaftliche  Bildungsgrad  ist  nachzuweisen  entweder:  a)  durch 
Vorlegung  eines  voUgiltigen  Abiturientenzeugnisses  eines  deutschen  Gymn.  oder 
eines  deutschen  Bealgymn.,  oder  b)  durch  Beibringung  des  Zeugnisses  der  Beife 
far  die  Prima  einer  solchen  Lehranstalt  und  gleichzeitiges  Ablegen  der  Gadetfcen- 
Eintrittsprüfung,  oder  c)  durch  Vorlage  eines  Zeugnisses  über  die  bestandene 
Portep4efähnrichs-Prüfung  der  Armee.  §  5.  Junge  Leute,  welche  als  Cadetten 
eingestellt  zu  werden  wünschen,  dürfen  nicht  überschritten  haben :  a)  wenn  sie 
die  Abiturientenprüfung  bestanden  haben,  ein  Lebensalter  von  19  Jahren, 
b)  wenn  sie  diese  Prüfung  nicht  bestanden  haben,  ein  Lebensalter  von 
18  Jahren.  Der  Chef  der  Admiralität  ist  befuget,  in  besonderen  Fällen  hin- 
sichtlich des  Lebensalters  einzelne  Ausnahmen  eintreten  zu  lassen.^' 

CDie  Cadetten-Eintrittsprüfung  wird  in  Kiel  abgehalten  und  erstreckt 
sich  auf  Mathematik,  Physik,  Französisch,  Englisch  und  Zeichnen.  Derselben 
folgt  unmittelbar  die  Einschiffung  an  Bord  des  Cadetten-Schulschiffes  auf  die 
Dauer  von  etwa  sechs  Monaten  und  im  Anschlufs  daran  die  Commandirung 
zum  CadettencOtus  der  Marineschule  für  etwa  sechs  Monate,  worauf  die  .Cadetten- 
prüfung  abgelegt  wird.) 

Nach  den  Ausführungsbestimmungen  des  Chefs  der  Admiralität  vom 
20.  April  1885  sind  bei  der  Anmeldung  zur  Einstellung  als  Cadett  die  nach- 
folgenden Papiere  einzureichen:  1.  Geburtsurkunde  und  Taufschein,  2.  ein 
Nationale  (nach  vorgeschriebenem  Formular),  3. .  der  von  dem  Angemeldeten 
unter  Aufsicht  eines  Offiziers  oder  Lehrers  angefertigte  und  dahin  bescheinigte 
Lebenslauf  (nach  vorgeschriebener  Form),  4.  eine  üebersicht  des  genossenen 
Unterrichts  nebst  dem  zugehörigen  Schulzeugnisse  (nach  vorgeschriebener  Form), 
5.  entweder  a)  ein  vollgiltiges  Abiturientenzeugnis  eines  deutschen  Gymn.  oder 
eines  deutschen  Bealgymn.,  oder  b)  das  Zeugnis  der  Beife  für  die  Prima  einer 
solchen  Lehranstalt,  oder  c)  das  Zeugnis  über  die  bestandene  Portep^efähnrichs- 
prüfang  der  Armee.  Ist  der  Betreffende  zur  Zeit  der  Anmeldung  noch  nicht 
im  Besitz  eines  solchen  Zeugnisses,  so  ist  dasselbe  spätestens  zu  dem  Eintritts- 


459 

tennine  Yorznlegen.  6.  Die  Bescheinignng  eines  Schwimmlehrers  darüher,  dafs 
der  Angemeldete  schwimmen  kann  nnd  eine  Schwimmprobe  von  mindestens 
30  Minuten  Dauer  befriedigend  abgelegt  hat  7.  Das  Attest  eines  Marine- 
oder Militär-Oberarztes  (nach  besonderer  Vorschrift).  8.  Ein  Bevers  über  die 
Gewähmng  der  Mittel  zur  Eqnipirang  nnd  der  erforderlichen  Zulage  (nach  be- 
sonderer Vorschrift).  (Die  Formulare  für  die  Beilagen  sind  in  dem  oben  be- 
zeichneten Abdruck  der  gesamten  Verordnung  enthalten;  vgl.  auch  Die  Lauf- 
bahnen der  deutschen  Kriegs-Marine.    Berlin  1885,  B.  v.  Deckers  Verlag.) 

4.   Das  E.  Cadettencorps. ' 

Bestimmungen  für  die  Aufriahme  y.  18.  Oct.  1878  auf  Grund  der 
durch  CO.  v.  18.  Jan.  1877  genehmigten  Beorganisation  (GBl.  1878  p.  668 f.). 
Das  Corps  besteht  aus  den  6  Voranstalten  (Cadettenhäusem)  zu  Kulm,  Potsdam, 
Wahlstatt,  Bensberg,  Plön  und  Oranienstein  mit  den  Klassen  Sexta,  Quinta, 
Quarta,  Unter-  und  Ober-Tertia  für  Zöglinge  von  10  bis  15  Jahren  und  aus 
der  Haupt-Cadettenanstalt  zu  Lichterfelde  (bei  Berlin)  mit  den  Klassen  ünter- 
Secunda  bis  Ober-Prima  und  einer  Selecta.  In  letzterer  beginnt  die  unmittelbare 
Berufsbildung.  Die  Klassen  von  Sexta  bis  Ober-Prima  correspondiren  mit  den 
entsprechenden  Klassen  einer  Bealschule  1.  Ordn.  (Bealgymn.).  Insofern  es 
die  Baumverhältnisse  gestatten,  können  die  Ober-Tertianer  zum  Teil  der  Haupt- 
Cadettenanstalt  überwiesen  werden.  Diejenigen  Zöglinge,  welche  die  Ober- 
Secunda  absolvirt  haben,  legen  entweder  die  Portep^fähnrichs- Prüfung  ab 
oder  sie  treten  in  die  Prima  über.  Diejenigen,  welche  die  Ober-Prima  absolvirt 
haben,  werden  zu  einer  Abiturienten-Ptüfung  zugelassen.  Das  Cadettencorps 
enthält  etatsmäfsige  „Königliche"  Stellen  und  gewährt  aufserdem  „Pensionären" 
Aufnahme.    Zu  den  etatsmäfsigen  Stellen  erfolgt  die  Anmeldung  zwischen  dem 

8.  und    9.  Lebensjahre,   für   Pensionäre   dagegen   erst  von   dem   vollendeten 

9.  Lebensjahre  ab.  Die  aufzunehmenden  Zöglinge  müssen  bei  der  Aufriahme 
das  10.  Lebensjahr  vollendet  und  dürfen  das  15.  noch  nicht  überschritten  haben. 
Dem  Eintritt  geht  eine  Prüfung  der  Wissenschaft.  Beife  voran.  Die  Anforderungen 
sind  aus  dem  Lehrplane  zu  ersehen,  welcher  bei  Benachrichtigung  von  der  er- 
folgten Notirung  in  der  Exspectantenliste  mitgeteilt  wird. 

5.    Der  einjährige  Militärdienst. 

Aus  der  deutschen  Wehrordnung  v.  28.  Sept  1875: 

Erster  Teil.  Ersatz-Ordnung.  §2.  Ersatz-Behörden.  3.  In  den 
einzelnen  Ersatz-Bezirken  steht  der  commandirende  General  des  Armee-Corps  in 
Oemeinschaft  mit  dem  Chef  der  Provinzial-  oder  Landes-Yerwaltungs-Behörde, 
sofern  nicht  hierfür  in  einzelnen  Bundesstaaten  besondere  Behörden  bestellt 
sind,  den  Ersatz-Angelegenheiten  als  „Ersatz-Behörde  dritter  Instanz"  vor. 

In  der  dritten  Instanz  fungiren  für  Preufsen,  sowie  für  Waldeck  und 
Pyrmont  die  betr.  K.  preufsischen  Ober-Präsidenten. 

§  8.  Active  Dienstpflicht  der  Einjährig-Freiwilligen.  1.  Junge 
Leute  von  Bildung,  welche  sich  während  ihrer  Dienstzeit  selbst  bekleiden,  aus- 
rüsten und  verpflegen,  und  welche  die  gewonnenen  Kenntnisse  in  dem  vorge- 
schriebenen umfange  dargelegt  haben,  werden  schon  nach  einer  einjährigen 
activen  Dienstzeit  i^l  stehenden  Heere  —  vom  Tage  des  Diensteintritts  an  ge- 
rechnet —  zur  Beserve  beurlaubt 

§  20.  Bedeutung  der  Militärpflicht  1.  Die  MUitärpflicht  ist  die 
Pflicht,  sich  der  Aushebung  far  das  stehende  Heer  oder  die  Flotte  zu  unterwerfen. 
2.  Die  Militärpflicht  beginnt  mit  dem  1.  Januar  des  Kalenderjahres,  in  welchem 
der  Wehrpflichtige  das  20.  Lebensjahr  vollendet,  und  dauert  so  lange,  bis  über 
die  Dienstpflicht  der  Wehrpflicl)tigen  endgiltig  entschieden  ist. 


460 

§  22.  Freiwilliger  Eintritt  vor  Beginn  der  Militärpflicht. 
1.  Um  im  Allgemeinen  Wissenschaft,  and  gewerbl.  Anshildnng  so  wenig  wie 
möglich  durch  die  Dienstpflicht,  zn  stören,  ist  es  jedem  jnngen  Mann  überlassen, 
schon  nach  vollendetem  17.  Lebensjahre  (d.  i.  nach  Beginn  der  Wehrpflicht), 
wenn  er  die  nOthige  moralische  nnd  körperliche  Befähigang  hat,  freiwiUig  znm 
activen  Dienst  im  stehenden  Heere  oder  in  der  Flotte  einzutreten.  2.  Wehr> 
Pflichtige,  welche  freiwillig  in  das  stehende  Heer  oder  die  Flotte  eintreten,  sind 
der  Anshebnng  nicht  mebr  unterworfen. 

§88.  1.  Die  Berechtigung  zum  einjährig-freiwilligen  Dienst 
(§  8)  wird  durch  Erteilung  eines  Berechtigungs-Scheins  zuerkannt.  2.  Die 
Berechtigungs-Scheine  werden  von  den  Prüfungs-Gommissionen  für  Einjährig- 
Freiwillige  erteilt 

§  89.  Nachsuchung  der  Berechtigung.  1.  Die  Berechtigung 
zum  einj.-freiw.  Dienst  darf  nicht  vor  vollendetem  17.  Lebensjahre  nachgesucht 
werden.  Der  Nachweis  derselben  ist  bei  Verlust  des  Anrechts  spätestens  bis 
zum  1.  April  des  ersten  Militärpflichtjahres  (§  20,  2)  zu  erbringen. 

2.  Die  Berechtigung  wird  bei  derjenigen  Prufongs-Gommission  nachge- 
sucht, in  deren  Bezirk  der  Wehrpflichtige  gestellungspflichtig  ist.  3.  Wer  die 
Berechtigung  nachsuchen  will,  hat  sich  bei  der  unter  Nr.  2  bezeichneten 
Prüfungs-Gommission  spätestens  bis  zum  1.  Februar  des  ersten  Militärpflicht- 
jahres schriftlich  zu  melden.  Dieser  Meldung  sind  beizufügen:  a)  ein  Goburts- 
Zeugnis,  b)  ein  Einwilligungs-Attest  des  Vaters  oder  Vormundes  mit  der  Er- 
klärung*) über  die  Bereitwilligkeit  und  Fähigkeit,  den  Freiwilligen  während 
einer  einjährigen  activen  Dienstzeit  zu  bekleiden,  auszurüsten  und  zu  ver- 
pflegen, c)  ein  Unbescholtenheits-Zeugnis,  welches  für  Zöglinge  von  höheren 
Schulen  (Gymnasien,  Realschulen,  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen)  durch 
den  Director  der  Lehranstalt,  far  alle  übrigen  jungen  Leute  durch  die  Polizei- 
Obrigkeit  oder  ihre  vorgesetzjte  Dienstbehörde  auszustellen  ist. 

Sämtliche  Papiere  sind  im  Original  einzureichen. 

4.  Aufserdem  bleibt  die  wissenschaftliche  Befähigung  für  den 
einjährig-freiwilligen  Dienst  noch  nachzuweisen.  Dies  kann  entweder  durch 
Beibringung  von  Schulzeugnissen  oder  durch  Ablegung  einer  Prüfung  vor  der 
Prüfungs-Gommission  geschehen. 

5.  Der  Meldung  bei  der  Prüfrings-Gommission  sind  daher  entweder  die 
Schulzeugnisse,  durch  welche  die  wissenschaftliche  Befähigung  nachgewiesen 
werden  kann  (§  90),  beizufügen,  oder  es  ist  in  der  Meldung  das  Gesuch  um 
Zulassung,  zur  Prüfung  auszusprechen.  Die  Einreichung  der  Zeugnisse  darf 
bis  zu  dem  unter  Nr.  1  genannten  äufsersten  Termin  ausgesetzt  werden.  In 
dem  Gesuche  um  Zulassung  zur  Prüfung  ist  anzugeben,  in  welchen  zwei  fremden 
Sprachen  der  sich  Meldende  geprüft  sein  will  (Anlage  2,  §  1).  Auch  hat  der 
sich  Meldende  einen  selbst  geschriebenen  Lebenslauf  beizufügen. 

6.  Von  dem  Nachweis  der  wissenschaftlichen  Befähigung  dürfen  ent- 
bunden werden:  a)  junge  Leute,  welche  sich  in  einem  Zweige  der  Wissenschaft 
oder  Kunst  oder  in  einer  anderen  dem  Gemeinwesen  zu  gute  kommenden  Thätig- 
keit  besonders  auszeichnen,  b)  kunstverständige  oder  mechanische  Arbeiter, 
welche  in  der  Art  ihrer  Thätigkeit  Hervorragendes  leisten,  c)  zu  Kunstleistungen 
angestellte  Mitglieder  landesherrlicher  B^nen.  Personen,  welche  auf  eine 
derartige  Berücksichtigung  Anspruch  machen,  haben  ihrer  Meldung  die  erforder- 
lichen amtlich  beglaubigten  Zeugnisse  beizufagen.  Dieselben  sind  nur  einer 
Prüfung  in  den  Elementar-Kennüiissen  zu  unterwerfen,  nach  deren  Ausfall  die 


*)  Bei  Freiwilligen  der  seemännisohen  Bevölkerung,  sofern  sie  in  der  Flotte 
dienen  wollen,  bedarf  es  dieser  Erklärung  nicht. 


461 

Ersatz-Behörde  dritter  Instanz  entscheidet,  ob  der  Berechtigongsschein  zu  er- 
teilen ist  oder  nicht. 

7.  Militärpflichtige,  welche  anf  Grand  der  Bestimmung  des  §  30,  2  f. 
znrnckgestellt  worden  sind,  dürfen  —  mit  Genehmigung  der  Ersatz-Behörden 
dritter  Instanz  —  während  der  Dauer  der  Zurückstellung  (§  27,  4  b)  die 
Berechtigung  zum  einjährigen  Dienst  nachträglich  nachsuchen.  Weitere  Aus- 
nahmen können  nur  in  vereinzelten  Fällen  in  der  Ministerial-Instanz  genehmig^ 
werden. 

§  90.  Nachweis  der  wissenschaftlichen  Befähigung  durch 
Schulzeugnisse.  1.  Diejenigen  Lehranstalten,  welche  giltige  Zeugnisse  über 
die  wiss.  Befähigung  für  den  einj.-freiw.  Dienst  ausstellen  dürfen,  werden  durch 
den  Beichskanzler  anerkannt  und  klassificirt. 

2.  Dabei  sind  folgende  Lehranstalten  zu  unterscheiden:  a)  solche,  bei 
welchen  der  einjährige  erfolgreiche  Besuch  der  zweiten  Klasse  zur  Darlegung 
der  wiss.  Befähigung  genügt,  b)  solche,  bei  welchen  der  einjährige  erfolgreiche 
Besuch  der  ersten  äasse  nöthig  ist»  c)  solche,  bei  welchen  das  Bestehen  der 
Entlassungs-Prüfong  gefordert  wird,  d)  solche,  fäi-  welche  besondere  Bedingungen 
festgestellt  werden. 

3.  Die  erfolgte  Anerkennung  ist  durch  das  Centralblatt  for  das  Deutsche 
Beich  zu  veröffentlichen. 

4.  Beife-Zeugnisse  für  die  Universität  und  die  derselben  gleichgestellten 
Hochschulen  und  Beife-Zeugnisse  för  die  erste  Klasse  der  unter  Nr.  2,  a  ge- 
nannten Anstalten  machen  die  Beibringung  der  nach  Schema  17*)  auszustellen- 
den Zeugnisse  entbehrlich. 

5.  Der  einjährige  Besuch  der  zweiten  Klasse  des  Cadettencoips  genügt 
zum  Nachweis  der  wiss.  Befähigung. 

6.  Die  Prüfungscommission  prüft  die  Giltigkeit  der  Zeugnisse  und  er- 
teilt» sofern  gegen  dieselben  nichts  einzuwenden,  den  Berechtigungs-Schein. 

§  91.  Nachweis  der  wissenschaftlichen  Befähigung  durch 
Prüfung.  1.  Wer  die  wiss.  Befähigung  far  den  einj.-freiw.  Dienst  durch 
eine  Prüfung  nachweisen  will,  hat  sich  auf  Vorladung  der  Prüfungscommission 
persönlich  im  Prüfungstermin  einzufinden. 

2.  Alljährlich  finden  zwei  Prüfungen  statt,  die  eine  im  Frülgahr,  die 
andere  im  Herbst.  Das  Gesuch  um  Zulassung  zur  Prüfung  mufs  für  die 
Frülgahrsprüfung  spätestens  bis  zum  1.  Februar,  für  die  Herbstprüfung  spätestens 
bis  zum  I.  August  angebracht  werden. 

3..  üeber  die  Prüfung  selbst  und  deren  Wiederholung  s.  Anlage  2. 

§  92.  Geschäftsordnung  der  Prüfungscommission.  1.  Die 
Prüfungscommissionen  bestehen  aus  ordentlichen  und  aufserordenüichen  Mit- 
gliedern. 2.  Ordentliche  Mitglieder  sind:  a)  zwei  Stabsoffiziere  oder  Haupt- 
leute, b)  der  Civil- Vorsitzende  der  Ober-Er^atz-Commission,  in  deren  Bezirk  die 
Prüfdngscommission  ihren  Sitz  hat,  und  ein  zweites  Mitglied  aus  dem  Bessert 
der  Civil-Verwaltung.  Aufserordentliche  Mitglieder  sind  die  zur  Abhaltung 
der  Prüfongen  heranzuziehenden  Lehrer  einer  höheren  Lehranstalt.  3.  Die 
Ernennung  der  unter  2  a.  genannten  ordentlichen  Mitglieder  erfolgt  durch  das 
General-CommandQ'*"*'),  der  unter  2  b.  genannten  durch  die  in  der  dritten  Instanz 
fongirende  Civilbehörde.***)  Letztere  hat  auch  über  die  Berufung  der  aufser- 
ordenüichen Mitglieder,  sowie  über  die  Zuweisung  eines  Büreaubeamten  die 
erforderlichen  Anordnungen  zu  treffen.       Der  Civil-Vorsitzende  der  Ober-Ersatz- 


*)  Siehe  nachstehend  Anlage  1. 
**)  Li  Sachsen  durch  das  ^riegs-Ministerium. 

••♦)  In  Sachsen  durch  die  Ober-Bekrattrongs-Behorde,  in  Württemberg  durch 
den  Ober-BekrutiniDgsrath,  in  Baden  und  Hessen  durch  das  Ministerium  des  Innern. 


462 

Commission  fahrt  den  Vorsitz  der  Profangscommission  und  regelt  die  Geschäfte. 
4.  Die  Festsetzungen  über  Entscheidungen  der  Prüfnngscommission  sind  in  der 
Anlage  2  enthalten.  5.  Znr  Ansfertigong  der  Berechtigangsscheine  bedarf 
es  nur  der  Unterschrift  des  Vorsitzenden  und  eines  militärischen  Mitgliedes. 

§  93.  Pflichten  der  zum  einj.-freiw.  Dienst  Berechtigten. 
1.  Die  zum  einj.-freiw.  Dienst  Berechtigten  können  sich  anf  Gmnd  ihres  Be- 
rechtigungsscheines den  Tmppenteil,  bei  welchem  sie  ihrer  activen  Dienstpflicht 
genügen  wollen,  wählen.    Ausnahmen  s.  §  94,  3. 

2.  Beim  Eintritt  in  das  militärpflichtige  Alter  haben  sich  die  zum 
einjährig-freiwilligen  Dienst  Berechtigten,  sofern  sie  nicht  bereits  yorher  zum 
acüven  Dienst  eingetreten  sind,  bei  der  Ersatz-Commission  ihres  Gestellungsortes 
schriftlich  oder  mündlich  zu  melden  und  unter  Vorlegung  ihres  Berechtigungs- 
scheines ihre  Zurückstellung  von  der  Aushebung  zu  beantragen. 

Anlage  1.    Schema  17  zu  §  90. 

Zeugnis 
über  die  wissenschaftliche  Befähigung  für  den  einjährig-frei- 
willigen Dienst 

(Vor-  und  Zuname) ,  geboren  am  . .  ten 

18  .  .  zu  (Ort»  Kreis,  Begierungs-Bezirk,  Bundesstaat),  (Beligion),  Sohn  des 
(Name  und  Stand  des  Vaters)  zu  (Ort,  Kreis,  Begierungs-Bezirk,  Bundesstaat), 
hat  die  hiesige  Anstalt  von  der  Elasse  (Nummer  der  Klasse)  an  besucht  und 
der  Klasse  (1  oder  2)  . .  .  Jahr(e)  angehört.  Er  hat  in  den  von  ihm  besuchten 
Klassen  an  allen  Unterrichts-Gegenständen  teilgenommen. 

1.  Schulbesuch  und  Betragen: 

2.  Aufmerksamkeit  und  Fleifs: 

3.  Mafs  der  erreichten  Kenntnisse: 

(Ob  der  Besuch  der  betreffenden  Klasse  erfolgreich  gewesen,  ob 
die  Entlassungsprüfung  bestanden  ist). 
(Ort,  Datum.) 

Director  und  Lehrer-GoUegium 
.  .  .  (Bezeichnung  der  Anstalt)  zu  .  .  (Ort)  .  .  . 

N.  N.  (Schulsiegel.)  N.  N. 

Director.  Oberlehrer. 

Original  kostenfrei.    Duplicat  50  Pfennig. 

Anlage  2.  Prüfungsordnung  zum  einjährig -freiwilligen 
Dienst.  I.  Gegenstände  der  Prüfung.  §  1.  Die  zur  Prüfung  Zuge- 
lassenen werden  in  Sprachen  und  in  Wissenschaften  geprüft.  Die  sprach- 
liche Prüfung  erstreckt  sich,  neben  der  deutschen,  auf  zwei  fremde  Sprachen, 
wobei  dem  Examinanden  die  Wahl  «gelassen  wird  zwischen  dem  Lateinischen, 
Griechischen,  Französischen  und  Englischen.  Die  wissenschaftliche  Prüfung 
umfafst  Geographie,  Geschichte,  deutsche  Litteratur,  Mathematik  und  Natur- 
wissenschaften. 

§  2.  Hinsichtlich  der  einzelnen  Prüfungsgegenstände  werden  nachstehende 
Anforderungen  gestellt. 

a^  Sprachen.  In  der  deutschen  Sprache  mufs  der  Examinand  die 
erforderliche  Uebung  und  Gewandtheit  besitzen,  um  sich,  mündlich  und  schrift- 
lich, ohne  grammatikalische  oder  logische  Fehler,  so  auszudrücken,  wie  man  es 
von  einem  jungen  Manne  seines  Alters,  der  auf  Bildung  Anspruch  macht,  ver- 
langen kann.  In  den  beiden  alten  Sprachen  genügt,  insofern  in  den- 
selben nach  §  1  geprüft  wird,  die  Kenntnis  der  Hauptregeln  aus  der  Casus-, 
Tempus-  und  Moduslehre,  die  Fähigkeit,  einen  leichteren  Abschnitt  aus  einem 


463 

Prosaiker  (Jnlins  Cfisar,  Cicero,  Livins,  Xenophon),  sowie  leichtere  Dichterstellen 
im  epischen  Yersmafs,  mit  Aushülfe  für  einzelne  seltener  vorkommende  Yocabeln, 
sonst  aber  mit  Sicherheit  und  Geläufigkeit  zu  übersetzen»  auch  über  die  vor- 
kommenden Formen  nnd  die  einschlagenden  grammatikalischen  Begeln  Auskunft 
zu  geben.  Daneben  wird  für  das  Lateinische  die  Uebersetzung  eines  leichten 
deutsches  Dictates  ohne  wesentliche  YerstöfBe  gegen  die  grammatikalischen  Begeln 
verlangt  In  den  beiden  neueren  Sprachen  wird  erfordert:  neben  richtiger 
Aussprache  und  Kenntnis  der  wichtigeren  grammatikalischen  Begeln  die  Fähig- 
keit, prosaische  Schriften  von  mittlerer  Schwierigkeit  (im  Französischen  bei- 
spielsweise Yoltaire's  Charles  XII.,  Barth616my's  vojage  du  jeune  Anacharsis, 
F6n61on's  Töl^maque,  Michaud's  histoire  des  croisades,  Si^gur's  histoire  universelle, 
Ploetz'  ChrestomaÜiie  u.  .dergl.,  im  Englischen  beispielsweise  Goldsmith's  Yicar 
of  Wakefield,  Walter  Scott's  tales  of  a  grandfather,  W.  Irving's  sketch-book 
u.  dergl.)  mit  einiger  Leichtigkeit  und  Sicherheit  in  gebildeter  Sprache  zu  über- 
setzen, auch  ein  deutsches,  leichtes  Thema  ohne  erhebliche  Yerstöfse  gegen  die 
Orthographie,  Wortstellung  und  Satzbildung  in  das  Englische  oder  Französische 
zu  übertragen. 

b)  In  der  Geographie:  Kenntnis  der  Hauptsachen  aus  der  mathe- 
matischen Geographie  (Stellung  und  Bewegung  der  Himmelskörper,  Planeten- 
system, Fixsterne,  Kometen,  Mond-  und  Sonnenfinsternisse,  Erklärung  der  Jahres- 
and Tageszeiten,  Einteilung  der  Erde,  Aequator,  Längen-  und  Breitengrade, 
Wendekreise,  Zonen,  Pole  u.  s.  w.).  In  der  physischen  and  politischen 
Geographie:  allgemeine  Kenntnis  der  einzelnen  Weltteile,  der  gröfseren  Meere, 
Gebirge  und  Flüsse,  sowie  der  Hauptländer  und  deren  Hauptstädte.  Für  Europa 
nnd  vornehmlich  far  Deutschland  speciellere  Kenntnis  der  Meere,  Meerbusen 
und  Meerengen,  der  Gebirgs-  und  Flufssysteme,  der  Hauptflüsse,  ihrer  Quellen, 
ihrer  Nebenflüsse  und  ihres  Laufes  durch  verschiedene  Länder,  der  an  denselben 
belegenen  gröfseren  Städte,  sowie  der  bedeutenderen  Eisenbahnen  und  Kanäle. 
Temer  Kenntnis  der  einzelnen  Staaten,  ihrer  gröfseren  Städte  und  ihrer  Lage 
nach  der  Himmelsgegend. 

c)  In  der  Geschichte:  Bekanntschafb  mit  den  wesentlichsten  That- 
sachen  aus  der  Geschichte  der  Hauptculturvölker,  vornehmlich  der  Griechen  und 
Bömer.  Genauere  Kenntnis  der  deutschen  Greschichte,  namentlich  der '  Ent- 
stehung des  deutschen  Kaiserreichs,  der  deutschen  Kaisergeschlechter,  der 
gröfseren  Kriege  seit  Karl  dem  Grofsen  und  der  Entwickelung  der  einzelnen 
deutschen  Staaten,  mit  Berücksichtigung  der  Geschichte  des  Landes,  dem  der 
Examinand  angehört.  Bei  der  Prüfung  in  der  Geschichte  kommt  es  weniger 
auf  Jahreszahlen  an,  in  welcher  Beziehung  die  Kenntnis  der  hauptsächlichsten 
Data  hinreicht,  als  auf  die  Bekanntschaft  mit  dem  Zusammenhange,  in  welchem 
die  einzelnen  Ereignisse  mit  einander  stehen. 

d)  In  der  deutschen  Litteratur:  Bekanntschafb  mit  den  Grund- 
zügen der  Geschichte  der  deutschen  Litteratur,  sowie  mit  ihren  Classikem  und 
mit  einigen  Werken  der  letzteren. 

e)  Mathematik:  In  der  Arithmetik  Fertigkeit  in  dem  Gebrauch  der 
bürgerlichen  Bechnungsarten,  einschliefslich  der  Zins-  und  Gresellschaftsrechnung, 
imBechnen  mit  positiven  und  negativen  Zahlen,  sowie  in  der  Decimalrechnung; 
Lösung  von  Gleichungen  des  ersten  Grades  mit  einer  und  mehreren  unbekannten 
Gröfsen;  Potenziren  und  Badiciren  bis  zum  zweiten  Grade  mit  bestimmten 
Zahlen  und  mit  Buchstaben.  Inder  Geometrie:  Kenntnis  der  Planimetrie 
bis  einschliefslich  der  Lehre  vom  Kreise  und  aus  der  Stereometrie  —  der 
wichtigsten  Formeln  für  die  Körperberechnung. 

0  In  der  Physik:  Bekanntschaft  mit  der  Lehre  von  den  allgemeinen 


, 


464 

« 

Eigenschafben  der  Körper  (Ansdehnang,  Undorchdringlichkeit,  Teilbarkeit,  Poro- 
silit,  Schwere,  Dichte  und  specifisches  Gewicht,  laftfbrmige  and  feste  Körper), 
von  der  Wärme  (Thermometer),  yom  Magnetismus  (Magnetnadel  und  Gompafs) 
nnd  von  der  Elektricität  (Blitzableiter). 

g)  In  der  Chemie,  sowie   in  den  bei  f  nicht  genannten  Teilen   der 
•  Physik  werden  nnr  diejenigen  Examinanden  geprüft,  welche  solches  verlangen, 
um  dnrch  Kenntnisse  in  der  Chemie*  mangelnde  Kenntnis  in  anderen  Zweigen 
zu  ersetzen. 

n.  Verfahren  bei  der  Prüfung.  §  3.  Die  Leitung  des  gesamten 
Prüfdngsgeschäfte  steht  dem  Civil-Yorsitzenden  der  Ober-Ersatz- Commission  zu. 

§  4.  Die  Prüfung  erfolgt  teils  schriftlich  teils  mündlich.  Die  schrift- 
liche Prüfung  besteht:  a)  in  der  Anfertigung  eines  \ieutschen  Aufsatzes  über 
ein  Thema  sdlgemeinen  und  naheliegenden  Inhalts  (beispielsweise  ein  Sprnch- 
wort,  eine  Sentenz,  eine  Erzählung  aus  der  Geschichte),  oder  über  Gegenstände 
des  öffentlichen  Verkehrs  (z.  B.  Eisenbahnen,  Post),  der  Landwirthschafb,  des 
Handels,  der  Industrie  u.  dergl.;  b)  in  zwei  schriftlichen  Uebersetzungen 
in  fremde  Sprachen  nach  Wahl  des  Examinanden  (§1)^  c)  in  der  Lösung 
einer  Aufgabe  aus  der  Arithmetik. 

Für  den  deutschen  Aufsatz  erhält  der  Examinand  3  Aufgaben  verschieden- 
artigen Inhalts,  unter  denen  ihm  die  Auswahl  überlassen  bleibt. 

§  5.  Die  Aufgaben  für  die  schriftliche  Prüfung  werden  durch  den  Civil- 
Vorsitzenden  gestellt,  der  bei  Auswahl  der  Aufgaben  die  Mitwirkung  der  übrigen 
Commissionsmitglieder  in  Anspruch  zu  nehmen  und  ihre  Vorschläge  zu  berück- 
sichtigen hat  Sofern  der  Vorsitzende  die  Aufgaben  der  Examinanden  nicht 
selbst,  sondern  durch  den  die  Ausarbeitung  derselben  controlirenden  OfQzier 
oder  Lehrer  mitteilt,  hat  er  sie  diesem  versiegelt  zu  übergeben.  Das  Siegel 
darf  erst  beim  Beginn  der  schriftlichen  Prüfung  geöffnet  werden. 

§  6.  Die  schriftliche  Prüfung  findet  unter  Clausur  statt.  Zur  Anfertigung 
des  deutschen  Aufsatzes  sind  den  Examinanden  vier  Stunden,  für  die  im  §  4 
unter  b  und  c  gedachten  drei  Arbeiten  je  eine  Stunde  zu  gewähren.  Die  Be- 
nutzung von  HüHsmitteln  und  Versuche  zu  Täuschungen  haben  die  Ausschliefsung 
von  der  Prüfang  zur  Folge. 

§  7.  Die  bei  der  schriftl.  Prüfung  gelieferten  Arbeiten  werden  durch 
den  Civil-Vorsitzenden  zur  Beurteilung  an  die  einzelnen  Commissionsmitglieder 
verteilt,  und  zwar  vorzugsweise  an  diejenigen,  denen  die  mündliche  Prüfung 
in  den  betr.  Gegenständen  obliegt.  Das  Besultat  ist  unter  Vorlegung  der  ge- 
lieferten Prüfungsarbeiten  der  Commission  vorzutragen.  Die  den  einzelnen 
Arbeiten  zu  erteilenden  Censuren  werden  nöthigenfalls  durch  Majoritätsbeschlufs 
festgestellt.  Es  steht  jedem  Commissionsmi^liede  zu,  die  Einsicht  sämtlicher 
Prüfungsarbeiten  zu  verlangen. 

§  8.  Die  mündliche  Prüfung,  welche  spätestens  am  Tage  nach  der 
schriftl.  Prüfung  stattzufinden  hat,  wird  vor  der  versammelten  Commission  ab- 
gehalten. Die  Prüfung  in  den  einzelnen  Gregenständen  erfolgt  durch  die 
aufserordenüichen  Mitglieder  der  Commission  nach  deren  unter  Zustimmung  des  . 
Civil-Vorsitzenden  getroffener  Vereinbarung.  Daneben  steht  auch  den  ordent- 
lichen Mitgliedern  der  Commission  das  Becht  zu,  Fragen  an  die  Examinanden 
zu  stellen. 

§  9.  Die  mündliche  Prüfung  erfolgt  in  Abteilungen  von  jedesmal 
höchstens  zehn  Esaminanden.  Auf  die  Prüfung  jeder  Abteilung,  welche  voll- 
zählig ist,  sind  —  ausschliefslich  der  für  die  Feststellung  des  Ergebnisses  er- 
forderlichen Zeit  (§11)  —  4  Standen  zu  verwenden.  Besteht  die  Abteilung 
aus  weniger  als  10  Examinanden,  so  ist  eine  entsprechende  Ermäfsigung  der 
Prüfungsdauer  zulässig. 


465 

lU.  Entscheidung  über  den  Ausfall  der  Prüfung.  §  10.  Wenn 
der  Ausfall  der  schrifü.  Prüfung  durchaus  ungenügend  ist,  so  werden  die  betr. 
Examinanden  zurückgewiesen  und  nicht  zur  mündl.  Prüfling  zugelassen.  —  Es 
findet  dies  namentlich  statt,  wenn  der  deutsche  Aufisatz  grobe  orthographische 
oder  grammatikalische  Fehler  enthält  oder  durch  auffollenden  Mangel  an  Zu- 
sammenhang und  an  Angemessenheit  des  Ausdrucks  von  vornherein  darthut, 
dafs  der  Examinand  den  erforderlichen  Grad  wissenschaftlicher  Bildung 
nicht  besitzt. 

§  11.  Die  Feststellung  des  Ausfalles  der  schrifü.  und  mündl.  Prüfung 
erfolgt  für  jede  Abteilung  besonders,  unmittelbar  nachdem  die  mündliche  PrüAing 
derselben  stattgefunden  hat. 

§  12.  Bei  der  Entscheidung  der  Gommission  ist  vor  AUem  der  Grund- 
satz mafsgebebend,  dafs  die  Berechtigung  zum  eii^.-freiw«  Dienst  nur  jungen 
Leuten  von  Bildung  zusteht  Bei  gänzlicher  Unwissenheit  in  einem  der 
obenbezeichneten  Prüfungsgegenstände  ist  der  Berechtigungsschein  also  unbedingt 
zu  versagen;  er  darf  aber,  selbst  wenn  die  Prüfung  in  einzelnen  Gegenständen 
ungenügend  ausgefallen  ist,  erteilt  werden,  sofern  der  betr.  Examinand  in 
anderen  Gegenständen  mehr  als  genügend  bestanden  hat  und  sofern  die  Com- 
mission  nach  dem  Gesamtresultat  der  Prüfung  der  üeberzeugnng  ist,  dafs  der 
Examinand  nach  seinen  Kenntnissen  und  seiner  Intelligenz  den  erforderlichen 
Grad  allgemeiner  Bildung  besitzt.  Ist  die  Prüfung  jedoch  in  drei  Prüfungs- 
gegenständen  (jede  Sprache  als  besonderer  Prüfungsgegenstand  berechnet) 
ungenügend  ausgefallen,  so  darf  der  Berechtigungsschein  nicht  erteilt  werden. 

§  13.  Die  Prüfimgscommission  trifft  ihre  Entscheidung  durch  Majoritäts- 
beschlufs.  An  demselben  dürfen  nur  diejenigen  Mitglieder  teilnehmen,  welche 
der  mündlichen  Prüftmg  ohne  Unterbrechung  beigewohnt  haben.  Bei  Stimmen- 
gleichheit entscheidet  die  Stimme  des  Vorsitzenden. 

§  14.  Den  Examinanden  ist  sofort  nach  Beschlufsfassung  der  Gommission 
zu  erOffiien,  ob  sie  bestanden  haben  oder  nicht.  Die  Entscheidung  der 
Prüfungscommission  ist  eine  endgilüge;  ein  Becurs  gegen  dieselbe  findet 
nicht  statt 

§  15.  Die  Berechtigungsscheine  sind  den  Examinanden,  welche  bestanden 
haben,  möglichst  bald  zuzufertigen. 

§  16.  Examinanden,  welche  nicht  bestanden  haben,  dürfen  sich  wieder- 
holt zur  Prüfung  melden,  vorausgesetzt,  dafs  dieselbe  noch  vor  dem  1.  April 
des  Kalendeijahres,  in  welchem  sie  das  20.  Lebensjahr  vollenden,  abgehalten 
werden  kann.  Mit  dieser  Mafsgabe  darf  die  Prüfung  mehrmals  wiederholt 
werden.  Sie  erstreckt  sich  in  jedem  Falle  nicht  blos  auf  diejenigen  Gegenstände, 
in  denen  der  Examinand  bei  der  vorhergehenden  Prüfung  hinter  den  Anfor- 
derungen zurückgeblieben  ist,  sondern  auf  sämtliche  Prüftmgsgegenstände  der 
§§  1  und  2. 

§  17.  Bei  jeder  Prüfung  wird  ein  von  sämtlichen  Mitgliedern  der  Gom- 
mission zu  unterzeichnendes  Protokoll  aufgenommen,  aus  welchem  namentlich 
hervorgehen  mufs:  1.  welche  Mitglieder  der  Gommission  mitgewirkt  haben; 
2.  welche  (nach  ihrem  vollständigen  Namen,  Wohnort  und  Geburtstag  zu  be- 
zeichnende) Examinanden  geprüft  worden  sind;  '  3.  welche  derselben  die 
Prüfung  bestanden  und  welche  sie  nicht  bestanden  haben. 

CYerf.  V.  12.  Nov.  1868:  „Es  sind  Zweifel  darüber  entstanden,  ob  das  für 
die  Meldung  zum  ein  jähr.  Freiwüligendienst  vorgeschriebene  Zeugnis-Formular 
auch  bei  solchen  Schülern  in  ^wendung  zu  bringen  ist,  welche  nach  dem 
vorschriftsmäfs.  Aufenthalt  in  der  U  ein  Zeugnis  zu  dem  angegebenen  Zweck  be- 
gehren, über  die  aber  die  Lehrerconferenz  in  wesentlichen  Beziehungen  das  be- 
friedigende Urteil  nicht  aassprechen  zu  können  meint,  welches  die  iSrsatzinstr.  v. 
26.  lUrz  d.  J.  zur  Bedingung  der  betr.  Berechtigung  macht        loh  bemerke  in 

Wiese,  Vexordanngen.  80 


466 

dieser  Hinsicht,  dafs  die  Intention  gewesen  ist,  nur  für  diejenigen  Fälle  eine  be- 
stimmte Zeugnisform  vorzaschreiben,  in  welchen  die  Schule  von  ihrem  Standpunkte 
aus  die  erfonlerliche  Qualification  als  vorhanden  attestiren  kann.  Den  £.  Ersatz- 
commissionen, verbleibt  dabei  ^ach  §  154, 6  der  Instr.  das  Hecht,  ihrerseits  die  vor- 
gelegten  Zeugnisse  zu  prüfen  und  über  die  Anerkennung  derselben  zu  entscheiden, 
^emgemäfs  veranlasse  ich  das  K.  Prov.  Seh.  C,  die  Dir.  der  höh.  Schulen  Seines 
Kessorts  anzuweisen,  dafs  sie  in  Zukunft  ein  Zeugnis  mit  der  nach  dem  obigen 
Formular  darüber  vermerkten  ausdrückl.  Bestimmung:  „behufs  der  Meldung  zum 
einjähr,  freiwilligen  Militärdienst**  nur  dann  auszustellen  haben,  wenn  die  Lehrer- 
conferenz  der  Ansicht  ist,  dafs  die  vorschriftsmäfs.  Bedingungen  dazu  erfüllt  sind. 
In  allen  anderen  Fällen  ist  dem  Schüler,  wenn  er  die  Anstalt  verlassen  will,  ein 
gewöhnliches  Abgangszeugnis  zu  erteilen,  welches  über  seine  Qualification  für  den 
einjähr.  Freiwilligendienst  kein  Urteil  enthält.  Bei  der  auf  solche  Weise  präci- 
sirten  Bestimmung  des  mehrerwähnten  Zeugnisformulars  haben  sich  aber  die  Dir. 
zu  enthalten,  der  Anerkennung  des  von  dem  Schüler  Erreichten  und  seines  Be- 
tragens durch  ein  gedrucktes  Frädicat  ein  für  allemal  einen  stereotypen  Ausdruck 
zu  geben." 

Verfahren  bei  der  durch  Gonferenzbeschlnfs  erfolgende'a 
Ansstellang  der  Zeugnisse  über  die  wiss.  Bef.  f.  d.  einj.  freiw.  Mll.  O.Yerf. 
y.  29.  Mai  1877.  ,JDa8  Beichskanzleramt  hat  unter  dem  22.  y.  M.  allgemeine 
Anordnungen  empfohlen,  durch  welche  bei  den  in  die  Kategorie  a  und  b  des 
§  90,  2  der  deutschen  Wehrordnnng  v.  28.  Sept.  1875  eingelegten  Lehranstalten 
ohne  Beeinträchtigung  der  ihnen  verliehenen  Berechtigung,  das  Zengnis  der 
wiss.  Befähigung  f.  d.  einj.  freiw.  Mil.  auf  Grund  eines  Conferenzbeschlusses 
zu  erteilen,  die  Strenge  in  der  Ausübung  dieses  Hechtes  möglichst  gesichert 
werde.  In  Anerkennung  des  hohen  Werthes,  der  darauf  zu  legen  ist,  dafs  die 
Ansäbnng  jenes  wichtigen  Rechtes  von  jedem  Scheine  einer  ungerechtfertigten 
Nachsicht  frei  bleibe,  finde  ich  in  dieser  Hinsicht  Folgendes  zu  verordnen. 

Die  Gefahr  ungerechtfertigter  Nachsicht  tritt  aus  leicht  erklärlichen 
Gründen  bei  den  Schülern  ein,  welche  an  derjenigen  SteUe,  an  welcher  das 
fragliche  Qualificationszeugnis  überhaupt  eiteichbar  ist,  die  Schule  zu  verlassen 
beabsichtigen.  Manche  Schulen  haben,  zur  Abwehr  der  Gefahr  oder  des  Scheines 
einer  ungerechtfertigten  Nachsicht,  aus  eigenem  Antriebe  die  Einrichtung  ge- 
troffen, die  Bewerber  um  das  fragliche  Zeugnis  jedenfalls  einer  schriftlichen  und 
mündlichen  Prüfung  zu  unterziehen.  Es  ist  empfehlenswerth,  dal^  diese  als 
zweckmäfsig  anzuerkennende  Einrichtung  da,  wo  sie  besteht,  erhalten  bleibe; 
indessen  kann  dieselbe  von  Lehranstalten,  welche  den  Klassen  a  und  b  a.  a.  0* 
angehören,  nicht  ausdrücklich  gefordert  werden. 

Dagegen  ist  zu  fordern,  dafs  die  Zuerkennung  des  militärischen  Befähi- 
gungs-Zeugnisses mit  derselben  Strenge  und  nach  denselben  Grundsätzen  erfolge, 
nach  welchen  über  die  Versetzung  der  Schüler  in  die  höhere  Klasse,  bezw.  Ab- 
teilung einer  Klasse  entschieden  wird.  Es  sind  dabei  fortan  folgende  Be- 
stimmungen einzuhalten: 

1.  Der  Beschlufs  über  Zuerkennung  des  militärischen  Qualifications- 
Zeugnisses  darf  nicht  früher  gefafst  werden,  als  in  dem  Monate,  in  welchem 
der  einjährige  Besuch  der  zweiten  bezw.  der  ersten  Klasse  der  betr.  Schule  ab- 
geschlossen wird. 

2.  In  der  Conferenzberathung  über  die  Zuerkennung  des  Qualifications- 
Zeugnisses  haben  alle  beim  Unterrichte  des  Bewerbers  um  das  Zeugnis  be- 
teiligten Lehret  ihr  Votum  abzugeben.  Für  die  daraus  zu  ziehende  Entscheidung 
über  die  Zuerkennung  sind  dieselben  Grundsätze  einzuhalten,  welche  für  die 
Versetzung  in  eine  höhere  Klasse  in  Geltung  sind.  Das  Protokoll  mufs  die 
Begründung  der  Zuerkennung  vollständig  ersichtlich  machen,  und  zwar  unter 
ausdrücklicher  Bezugnahme   auf  den  vollständigen  Inhalt  der  Schulzeugnisse 


467 

L 

des  letsten  Jahres,  bezw.  nnter  Beilegung  einer  Abschrift  dieser  Zeugnisse.  Wo 
das  Letztere  geschieht,  sind  die  Zeugnisse  zwei  Jahre  lang  als  Beilage  des 
Protokolles  an&nbewahren  und  dann  zu  cassiren. 

3.  Das  Protokoll  über  die  Verleihung  des  militärischen  Befähigungs- 
Zeugnisses  in  den  vorbeaeichneten  Fällen,  d.h.  an  diejenigen  Schüler,  welche 
nach  Erwerbung  des  Zeugnisses  die  8chule  zu  verlassen  beabsiditigen,  ist 
abgesondert  Ton  dem  allgemeinen  ConferenzprotokoU  zu  führen;  in  dem 
letzteren  ist  an  der  entsprechenden  Stelle  eine  Verweisung  auf  das  Protokoll 
über  Zuerkennung  der  Militäizeugnisse  zu  geben. 

Bei  denjenigen  Schülern,  welche  die  Schule  bis  zu  ihrem  Abschlüsse 
oder  jedenfalls  über  die  Stelle  hinaus,  an  welcher  das  Militäizeugnis  erreichbar 
ist»  besuchen,  tritt  die  Ge&hr  nicht  ein,  dafs  die  Bücksicht  auf  das  Gesuch  um 
das  Qualiflcationszeugnis  zu  einer  Nachsicht  in  der  Beurteilung  veranlasse.  Da- 
durch, dafs  einem  Schüler  in  der  Versetznngsconferenz  die  Versetzung  in  die 
über  den  Zeitpunkt  des  Militärzeugnisses  nächst  höhere  Klasse,  bezw.  Klassen« 
abteilung,  bedingungslos  zuerkannt  ist,  wird  demselben,  ohne  dafs  es  dazu  noch 
eines  besonderen  Beschlusses  bedürfte,  zugleich  das  militärische  Quaüfications- 
Zeugnis  zuerkannt  Dasselbe  ist  von  jetzt  an  den  auf  der  Schule  verbleibenden 
Schülern  zugleich  mit  dem  Schulzeugnisse  auszustellen  und  einzuhändigen.  In 
dem  Schlufssatze  des  Zeugnisses  ist  in  diesem  Fiüle  statt  Ck^nferenz  zu  schrei- 
ben: Versetzungs-Conferenz.*)  Die  Inhaber  eines  solchen  Qualifications-Zeugnisses 
bedürfen  bei  einer  erst  später  eintretenden  Anwendung  dieses  Zeugnisses  nur 
noch  einer  Bescheinigung  des  Directors  über  ihre  sittliche  Führung  in  der  da- 
zwischen liegenden  Zeit 

Die  bisherige  Bestimmung,  dafs  die  Goncepte  aller  militärischen  Be- 
fähigungszeugnisse  in  einem  besonderen  gehefteten  und  paginirten  Bande  auf- 
zubewahren sind,  bleibt  in  unveränderter  Geltung.  Wenn  die  Ausstellung  eines 
Duplicates  far  ein  verloren  gegangenes  Militärzeugnis  nachgesucht  wird,  so  ist 
die  Schule  ermächtigt»  dafür  eine  Gebühr  von  Drei  Mark*)  zu  fordern;  dieselbe 
fliefst  dem  Fonds  Ar  die  Bibliothek  der  Schule  zu.  Die  Abschrift  ist  aus- 
drücklich als  Duplicat  zu  bezeichnen. 

Das  K.  Prov.  Sch.C.  wolle  von  den  vorstehenden  Bestimmungen  die  betr. 
Schulen  Seines  Amtsbezirkes  in  Kenntnis  setzen  und  ihnen  deren  genaue  Be- 
folgung zur  Pflicht  machen.  Durch  die  unter  No.  3  gegebene  Vorschrift  über 
das  Protokoll  ist  es  den  technischen  Käthen  des  K.  Prov.  Sch.C.  erleichtert,  bei 
personlicher  Anwesenheit  an  einer  Schule  von  dem  Verfahren  bei  Erteilung  d&r 
militärischen  Qualiflcations-Zeugnisse  Kenntnis  zu  nehmen.  Die  blofse  Thalsache 
dieser  Kenntnisnahme  wird  dazu  beitragen,  in  das  Verfahren  der  Schule  bei 
Erteilung  des  fraglichen  Zeugnisses  die  wünschenswerthe  gleichmäfsige  Strenge 
zu  bringen."      Der  Minister  etc.    Falk. 

C. Verf.  V.  G.August  1877.  ,Jn  Folge  der  von  einigen  Seiten  er- 
gangenen Anfragen  sehe  ich  mich  zu  folgenden  Erläuterungen  bezw.  Abänderungen 
der  C.Verf.  v.  29.  Mai  d.  J.  veranlafsi 

1,  Der  Bestimmung  in  §  90  a  und  b  der  deutschen  Wehrordnung  vom 
28.  Sepi  1875,  wonach  der  eii^ährige  erfolgreiche  Besuch  der  betr.  Klasse 
zur  Darlegung  der  wiss.  Befähigung  für  den  einj.  Militärdienst  genügt,  ist  bis- 
her in  vielen  Fällen  eine  unstatthafte  Auslegung  gegeben  worden,  indem  bei 
der  Zuerkennung  der  Zeugnisse  wesentlich  geringere  Anforderungen  gestellt 
worden  sind,  ids  far  die  Versetzbarkeit  in  die  nächst  höhere  Klasse  bezw. 
Klassenordnung,  um  dieser  durchaus  ungerechtfertigten  Milde  der  Beurteilung 
für  die  Zukunft  vorzubeugen,  ist  unter  No.  2  der  G.  Verf.  angeordnet  worden, 


*)  Vergl  die  hier  abgedruckte  Verfügung  v.  9.  Aug.  1877  Nr.  3  S.  468. 

30* 


468 

< •  ■ 

dafs  über  die  Znerkennung  des  Qnalifications-Zeagnisses  dieselben  Grundsätze 
einzuhalten  sind,  welche  för  die  Versetzung  in  eine  höhere  Klasse  in. Geltung 
sind.  Dabei  wird  als  Begel  angenommen,  dafs  die  Entscheidung  über  Erteilnng 
des  Qaalifications-Zengnisses  in  der  Yersetznngsconferenz  am  Schlafs  des  Schnl- 
jaJires  bezw.  Halbjahres  getroffen  wird.  Da  indessen  Fälle  eintreten  können, 
in  welchen  die  Yerschiebnng  der  Entscheidung  bis  zu  dem  bezeichneten  Zeit- 
punkte eine  Härte  mit  sich  fuhren  würde,  so  ist  unter  No.  1  a.  a.  0.  den  Direc- 
toren  die  Ermächtigung  gegeben,  die  BeschluDsfassung  in  solchen  Fällen  bereits 
vor  dem  völligen  Ablaufe  des  einjährigen  Besuches  der  Klasse  herbeizuführen. 
Aber  bei  der  engen  Begrenzung  dieser  Frist  ist  es  auch  dann  der  Gonferenz  noch 
möglich,  sich  ein  Urteil  darüber  zu  bilden,  ob  der  betr.  Schüler  bis  zum  Schlufs 
des  einjährigen  Besuches  der  Klasse  voraussichtlich  die  Versetzung  in  die 
nächst  höhere  Klasse  erreichen  wird  oder  nicht,  und  es  ist  darum  auch  in 
diesem  Falle  die  unter  No.  2  gegebene  Anordnung  unbedingt  als  Mafsstab  der 
Beurteilung  festzuhalten. 

Durch  die  Bestimmung  des  zweiten  Absatzes  in  No.  3  der  G.  Verf.  soU 
andererseits  der  in  einzelnen  Fällen  vorgekommenen  Unbilligkeit  entgegen- 
getreten werden,  dafs  Schülern,  welche  in  die  nächst  höhere  Klasse  bezw. 
Klassenordnung  versetzt  worden  sind,  wegen  geringerer  Leistungen  in  dieser 
Klasse  die  Erteilung  des  Qualifications-Zeugnisse  versagt  worden  ist. 

2.  Da  in  dem  Schema  17  zu  §  90  der  deutschen  Wehrordnung,  ab- 
weichend von  den  früher  geltenden  Bestimmungen,  die  Bemerkung  weggelassen 
ist,  dafs  das  Zeugnis  in  der  Gonferenz  festgestellt  worden  ist,  so  ist  im  zweiten 
Absatz  von  Nr.  3  der  G.  Yerf.  v.  29.  Mai  er.  der  Satz:  „In  dem  Schlufssatze 
des  Zeugnisses  ist  in  diesem  FaUe  statt  Gonferenz  zu  schreiben:  Yersetzungs- 
conferenz"  zu  streichen.  Selbstverständlich  wird  durch  diese  Weglassung  an 
den  Yorschriften,  welche  bei  Erteilung  des  Qualifications-Zeugnisses  zu  beobachten 
sind,  im  Uebrigen  nichts  geändert 

3.  Um  mit  dem  bezeichneten  Schema  17  des  §  90  völlige  Ueberein- 
stimmung  herbeizuföhren,  ist  im  dritten  Absatz  von  No.  3  a.  a.  0.  die  Gebühr 
für  ein  Duplicat  des  Zeugnisses  in  jedem  Falle  von  drei  Mark  auf  50  Pfennige 
herabsetzen." 

Min.  Yerf.  v.  31.  Jan.  1878.  „Bei  Erlafs  des  G.Verf.  v.  9.  Aug.  v.J., 
betr.  die  zum  Erweise  der  wiss.  Bef.  f.  d.  einj.  freiw.  MiL  auszustellenden  Schul- 
zeugnisse, ist  als  die  Begel  vorausgesetzt,  dafs  über  die  Erteilung  dieser  Zeug- 
nisse der  Beschlufs  in  der  am  Schlüsse  des  Schuljahrs,  bezw.  Schulsemesters 
zu  haltenden  Yersetznngsconferenz  gefafst  werde.  In  Bücksicht  darauf  aber, 
dafs  die  unbedingte  Einhaltung  dieser  Regel  in  manchen  Fällen  eine  Härte 
gegen  einzelne  Schüler  herbeifuhren  würde,  ist  zugestanden,  dafs  die  Er- 
teilung des  fraglichen  Zeugnisses  der  vollständigen  Absolvirung  des  dafür  er- 
forderen Schulbesuches  um  einen  mäfsigen  Zeitrauäi  vorausgehe.  In 
diesem  Sinne  ist  unter  No.  1  der  Yerf.  v.  29.  Mai  v.  J.  bestimmt:  ,J)er  Be- 
schlufs über  Zuerkennung  des  militärischen  Qualifications-Zeugnisses  darf  nicht 
früher  gefafst  werden,  als  in  dem  Monate,  in  welchem  der  eii^ährige  Be- 
such der  zweiten,  bezw.  der  ersten  Klasse  der  betr.  Schule  abgeschlossen  wird.'' 
Zur  Erledigung  der  von  dem  K.  Prov.  Sch.G.  in  dem  Berichte  v.  —  gestellten 
Anfrage  erkläre  ich  ausdrücklich,  dafs  hierdurch  nicht  der  Kalendermonat,  son- 
dern die  Zeitdauer  eines  Monats  bezeichnet  ist.  Bei  Erteilung  des  militärischen 
Qualifications-Zeugnisses  darf  an  der  Zeitdauer  des  von  dem  betr.  Schüler  zu  er- 
fordernden Schulbesuches  nicht  mehr,  als  höchstens  der  Zeitraum  eines  Monats 
(30  Tage)  fehlen.« 

Min.  Yerf.  v.  26.  Juni  1882.  „Die  von  dem  K.  Prov.  Sch.G.  in  dem 
Berichte  vom  —  vorgetragene  Frage,  ob  an  den  unter  §  90,  2a.  der  deutschen 


469 

Wehrordnong  Tom  38.  Sepi  1875,  Teil  I.  fallendeB  höh.  Schulen  (Gymnasien, 
Bealgymnasien,  Oberndschtilen)  auch  nach  Durchfohrong  der  Jahrescurse  das 
Zeugnis  der  wiss.  Befähigong  für  den  einj.  freiw.  Militärdienst  solchen  Schülern 
erteüt  werden  dürfe,  welche  sich  das  Pensnm  der  ünterseconda  in  anderthalb- 
jährigem Besuche  dieser  Klasse  mit  Erfolg  angeeignet  haben,  findet  in  dem 
Wortlaute  der  angezogenen  Stelle  der  deutschen  Wehrordnung  selbst  ihre  Er- 
ledigung. Die  Unterscheidung  Ton  Untersecunda  und  Obersecunda  ist  in  der 
deutschen  Wehrordnung  überhaupt  nicht  gemacht,  sondern  „der  erfolgreiche 
Besuch  der  zweiten  Klasse"  ist  ohne  Bezugnahme  auf  eine  weitere  Abstufung 
als  Bedingung  zur  Erwerbung  des  sogen,  li^tärzeugnisses  festgestellt. 

Zur  Beseitigung  etwaiger  Unsicherheit  des  Urteiles  darüber,  was  unter 
„erfolgreichem"  Besuche  der  zweiten  Klasse  zu  verstehen  sei,  ist  durch 
C.  Verf.  V.  29.  Mai  1877,  bezw.  v.  9.  August  1877,  31.  Januar  1878  erklärt 
worden,  dafs  hierfür  kein  anderer  Mafsstab,  als  der  far  die  Versetzung  nach 
Obersecunda  geltende  anzulegen  und  nur  derjenige  einjährige  Besuch  der 
zweiten  Klasse  für  erfolgreich  zu  erachten  sei,  welcher  zur  Beife  für  die  Ober- 
secunda geführt  habe.  Bei  semestralen  Versetzungen  fällt  das  Erlangen  der 
Beife  for  Obersecunda  zusammen  mit  der  wirklichen  Versetzung  nach  Ober- 
secunda. Dagegen  ist  bei  ausnahmsloser  Durchführung  der  Jahresversetzungen 
der  Fall  nicht  ausgeschlossen,  dafs  ein  Schüler  nach  anderthalbjährigem  Be- 
suche der  Untersecunda  zwar  die  Beife  für  Obersecunda  zweifellos  erreicht  habe, 
aber  in  Folge  der  bezeichneten  Einrichtung  nicht  könne  gleichzeitig  nach  Ober- 
secunda versetzt  werden.  Eine  etwaige  derartige  Einrichtung  der  Schule  ist 
nach  dem  Sinne  und  dem  Wortlaute  von  §  90,  2  a  der  deutschen  Wehrordnung 
Teil  1.  ohne  Einflufs  auf  die  Erteilung  des  Militärzeugnisses,  und  es  unterliegt 
keinem  Bedenken,  dafs  solchen  Schülern,  welche  die  Lehraufgabe  des  ersten 
Jahres  der  Secunda  in  anderthalbjährigem  Besuche  sich  angeeignet,  also  die 
Beife  für  die  event.  Versetzung  nach  Obersecunda  erreicht  haben,  das  Zeugnis 
der  wiss.  Befähigung  für  den  einj.  freiw.  Militärdienst  auch  in  dem  Falle  aus- 
gestellt werde,  wenn  ihre  wirkliche  sofortige  Versetzung  nach  Obersecunda  durch 
die  erwähnte  Einrichtung  der  Schule  gehindert  wird." 

Eine  nur  auf  Aufnahmeprüfung  beruhende  AngehOrigkeit 
zur  Obersecunda  gewährt  nicht  die  Berechtigung  zum  einj.  freiw. 
Militärdienste.  Min. Verf.  (an  den  K.Ober-Präsidenten  etc.)  v.  17.  Juni 
1879.  ,Jn  Erwiderung  des  gefälligen  Berichtes  vom  6.  d.  M.  kann  ich  Ew. 
Exe.  darin  nur  beipflichten,  dafs  weder  in  dem  Wortlaute  der  Ersatz-Ordnung 
§  90,  2,  noch  in  der  Fassung  meiner  G.Verf.  v.  29.  Mai  1877  eine  Begründung 
dafür  zu  finden  ist,  dafs  das  dem  Obersecundaner  N.  erteilte  Schulzeugnis 
als  ausreichend  zum  wissenschaftlichen  Nachweise  far  den  einj.  freiw. 
Militärdienst  anzuerkennen  sei.  Der  in  Frage  kommende  Abschnitt  3  der  an- 
gezogenen G.Verf.  handelt  in  deutlicher  Ausschliefslichkeit  von  solchen  Schülern, 
welche,  indem  sie  bereits  vorher  derselben  Schule  angehorten,  bedingungslos  in 
die  Obersecunda  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  I.  Ordnung  versetzt,  nicht 
von  solchen,  welche  etwa  auf  Grund  einer  Aufnahmeprüfung  in  die  Obersecunda 
einer  derartigen  Schule  aufgenommen  worden  sind.  Dieser  FaU  ist  dadurch, 
dafis  er  nicht  erwähnt  worden  ist,  absichtlich  ausgeschlossen  worden.  Es  er- 
scheint nicht  unbedenklich,  einer  blofisen  Aufnahmeprüfung,  welche  unvermeid- 
lich der  GefiEihr  einer  Unsicherheit  verfällt,  die  wichtige  Geltung  für  den  eii\j. 
freiw.  Militärdienst  zuzuerkennen;  auch  würde  zu  besorgen  sein,  dafs  die  Auf- 
najimeprüfung  nach  Obersecunda,  selbst  phne  die  ernstliche  Absicht  eines  wei- 
teren Schulbesuches,  zu  dem  Zwecke  versucht  würde,  um  dadurch  der  Prüfung 
vor  der  zuständigen  Ersatz-Prüfdngs-Gommidsion  auszuweichen. 

Aus  den  angedeuteten  Gesichtspunkten  glaube  ich,  wie  dies  durch  meine 


470 

C.Yerf.  Y.  29.  Mai  1877  geschehen  ist,  Werth  darauf  legen  za  müssen,  dafe 
eine  auf  blofser  Anfiiahmeprüfang  beruhende  Angehörigkeit  zur  Oberseconda 
eines  Gymn.  oder  einer  Bealschiile  I.  0.  der  dnrch  die  ordnnngsmäfsige  Ver- 
setzung erreichten  Angehörigkeit  zu  dieser  Klasse  in  der  Geltang  for  den  eiqj. 
fireiw.  Militärdienst  nicht  gleichgestellt  werde.  Dnrch  die  Anfrechthaltang  dieser 
Begel  ist  selbstverständlich  nicht  ausgeschlossen,  dafs  Ew.  £xc.  in  Würdigong 
der  besonderen  Umstände  eines  einzelnen  Falles  von  der  Hochderselben  zu- 
stehenden Ermächtigung  Gebrauch  machen,  dem  fraglichen  Schulzeugnisse  die 
Geltung  in  militärischer  Beziehung  ausnahmsweise  zuzuerkennen,  auf  welche 
dasselbe  einen  rechtlichen  Anspruch  nicht  hat"      Falk. 

Min.  Verf.  v.  9.  Febr.  1881.  „Die  von  dem  K.  Prov.  Sch.C.  in  dem 
Berichte  v.  —  vorgetragene  Frage  „ob  der  in  der  Wehrordnung  §  90,  2  a  u.  b 
vorgeschriebene  einjährige  Besuch  der  zweiten  bezw.  der  ersten  Klasse  auf  zwei 
Anstalten  gleicher  Kategorie  sich  verteilen  oder  aber  nur  eine  und  dieselbe  Anstalt 
umfassen  dürfe'S  findet  ihre  Erledigung  durch  die  analoge  Anwendung  derjenigen 
Bestimmungen,  welche  bezüglich  der  Anrechnung  der  an  verschiedenen  Gymna- 
sien zugebrachten  Semester  auf  den  für  die  Zulassung  zur  Abiturientenprüfung 
erforderten  zweijährigen  Besuch  der  Prima  durch  die  G.Verf.  v.  11.  Dec.  1851 
(s.  p.  430)  getroffen  sind.  Hiemach  ist  der  an  der  angezogenen  Stelle  der 
Wehrordnung  erforderte  eiiyährige  Besuch  der  zweiten  bezw.  ersten  Klasse  der 
Lehranstalt  auch  dann  als  erfüllt  zu  erachten,  wenn  sich  derselbe  auf  zwei 
gleichartige  Anstalten  verteilt,  unter  Voraussetzung,  dafs  der  Wechsel 
der  Anstalt  nicht  durch  disciplinare  Anlässe,  z.  B.  Verweisung,  Vermeidung  einer 
Schulstiafe,  sondern  durch  Wohnungsveränderung  der  Angehörigen,  Bücksichten 
auf  die  Gesundheit  des  SchiQers  oder  andere  den  Verdacht  einer  ungerecht- 
fertigten Willkür  ausschliefsende  Gründe  erfolgt  ist.  Sollte  nach  diesen  Gesichts- 
punkten über  die  Berechnung  der  an  verschiedenen  Anstalten  zugebrachte  Besuchs- 
zeit ein  Zweifel  entstehen,  so  ist  die  Entscheidung  des  K.  Prov.  Sch.C.  einzuholen.'* 

G.  Verf.  V.  8.  Juli  1885.  „Das  Verfahren,  welches  die  dazu  berechtigten 
höh.  Lehranstalten  bei  der  AussteUung  von  Zeugnissen  der  wiss.  Befähigung 
für  den  eiiy.  freiw.  Dienst  einzuhalten  haben,  ist  durch  §  90,  2  der  deutschen 
Wehrordnung  Teil  L  und  das  beigefügte  Schema  17  vorgeschrieben..  Für  die 
richtige  Ausführung  dieser  VorschrSt  sind  durch  die  diesseitigen  C.  Verfügungen 
V.  29.  Mai  und  9.  August  1877,  v.  17.  Juni  1879,  v.  9.  Februar  1881  die  er- 
forderlichen Weisungen  gegeben  worden.  Einzelne  Fälle,  in  welchen  derartige 
Zeugnisse  der  wiss.  Befähigung  for  den  einj.  freiw.  Dienst  von  den  zuständigen 
Ersatzbehörden  als  ungiltig  zurückgewiesen  worden  sind,  geben  mir  Anlafs, 
auf  einen  Punkt  der  betr.  Bestimmungen  ausdrücklich  hinzuweisen. 

Diejenigen  Lehranstalten,  welche  in  der  Klasse  a  oder  b  des  angezog^ 
nen  §  90,  2  zur  Ausstellung  der  Befähig^ngszeugnisse  berechtigt  sind,  haben 
diese  Zeugnisse  auszustellen  auf  Grund  des  „einjährigen  erfolgreichen 
Besuches'*  ihrer  zweiten,  bezw.*  ersten  Klasse.  Der  Mafsstab,  nach  welchem 
zu  beurteilen  ist,  ob  ein  Besuch  erfolgreich  gewesen,  ist  durch  die  C.Verf. 
V.  29.  Mai  1877  festgesetzt.  Die  einjährige  Dauer  des  Besuches  braucht, 
wie  in  der  C.  Verf.  v.  9.  Februar  1881  erklärt  ist,  nicht  nothwendig  derselben 
Lehranstalt  anzugehören,  sondern  kann  unter  den  in  der  angezogenen  C.Verf. 
bezeichneten  näheren  Bestimmungen  auf  zwei  Anstalten  gleicher  Kategorie  ver- 
teilt sein,  unter  der  selbstverständlichen  Voraussetzung,  dafs  dieselben  über- 
haupt zur  Ausstellung  von  Beföhigungszeugnissen  in  der  Klasse  a  oder  b  des 
§  90,  2  a.  a.  0.  berechtigt  sind.  Aber  unbedingte  Voraussetzung  für  die  Aus- 
stellung eines  Befähig^ngszeugnisses  auf  Grund  von  §  90,  2  a  oder  b  ist  der 
«injährige  Besuch  der  betr.  Klasse.    Es  ist  daher  nicht  nur  ausgeschlossen, 


471 

dafs  das  fragliche  Zeugnis  auf  Grund  des  Bestehens  einer  Aufoahmeprüfang 
in  die  Obersecunda  bewilligt  werde,  worüber  in  der  C.Verf.  v.  17.  Juni  1879 
das  Erforderliche  bestimmt  ist,  sondern  auch ,  dafs  dasselbe  auf  Grund  irgend 
einer  kürzer  als  einjährigen  Dauer  des  Besuches  der  betr.  Klasse  ausgestellt 
werde,  selbst  wenn  die  besonderen  Umstände  zu  der  Annahme  Anlafs  geben 
können,  dafs  das  erforderliche  MaTs  der  Schulbildung  erreicht  sei,  z.  B.  wenn 
bezeugt  wird,  dafs  ein  Schüler  nach  halbjährigem  Besuche  der  Untersecunda 
bedingungslos  nach  Obersecunda  versetzt  worden  ist,  oder  dafs  derselbe,  in  die 
Obersecunda  auf  Grund  des  Bestehens  einer  Aufofihmeprüfuug  aufgenommen, 
ein  halbes  Jahr  der  Obersecunda  mit  befriedigenden  Leistungen  angehört  hat 
n.  a.  m.  Der  mindestens  einjährige  Besuch  der  betr.  Klasse  ist  för  die  auf 
Grand  des  §  90,  2  a  oder  b  nach  Schema  17  auszustellenden  Befähigungs- 
zengnisse  unbedingte  Voraussetzung,  von  welcher  eine  Ausnahme  überhaupt 
nicht  stattfindet;  nur  Beifezeugnisse  für  die  Universität  und  die  denselben 
gleichgestellten  Hochschulen,  sowie  Beifezeugnisse  für  die  erste  Klasse  der 
nnter  90,  2  a  bezeichneten  Anstalten  machen  nach  §  90,  4  die  Beibringung 
eines  nach  Schema  17  auszustellenden,  den  mindestens  einjährigen  Besuch  der 
betr.  Klasse  voraussetzenden  Zeugnisses  entbehrlich.'* 

Ausstellung  des  Unbescholtenheitszeugnisses  abge- 
sondert von  dem  Zeugnisse  der  wissenschaftlichen  Befähigung. 
0.  Verf.  V.  9.  Mai  1881.  „Für  das  Nachsuchen  um  die  Berechtigung  zum 
einj.  freiw.  Militärdienste  wird  durch  die  Deutsche  Wehrordnung  vom  28.  Sept. 
1875  Teill.  §  89  erstens  unter  No.  3,  c  erfordert,  dafs  aufser  dem  Geburts- 
zengnisse  und  dem  Einwilligungs-Atteste  des  Vaters  oder  Vormundes  beige- 
bracht werde 

„ein  Unbescholtenheitszeugnis,    welches   für   Zöglinge  von   höh.  Schulen 
(Gymnasien,   Bealschulen,   Progymnasien  und   höh.  Bürgerschulen)  durch 
den  Director  der  Lehranstalt,    för   alle   übrigen  jungen  Leute   durch  die 
*  Polizei-Obrigkeit  oder  ihre  vorgesetzte  Dienstbehörde  auszustellen  ist;*^ 
zweitens  unter  No.  4  a.a.O.  der  Nachweis  der  wissenschaftlichen  Be- 
fähigung, welcher  von  Schülern   an   militärbererechtigten   höh.  Schulen  nach 
Mafsgabe  von  §  90,  1  und  2  der  Deutschen  Wehrordnung    durch    ein    nach 
Schema  17   auszustellendes    Zeugnis    zu   führen   ist.      Ueber    das  Verfahren 
welches  bei  Ausstellung  der  Zeugnisse   der  wissensch.  Befähigung  einzuhalten 
ist,  sind  auf  Grundlage  der  Deutschen  Wehrordnung  die  erforderlichen  Bestim- 
mungen durch  die  diesseitige  C.  Verf.  v.  29.  Mai  1877  getroffen  und  dadurch 
die  auf  die  vorherigen  Militär-Ersatz-Ordnungen  bezüglichen  Verfügungen  vom 
21.  Dec.  1861,  31.  Oct  1861  (Wiese,  Verordnungen  I^  S.  239)  ersetzt  und  aufser 
Geltung  gesetzt  worden. 

Bezüglich  des  Unbescholtenheitszeugnisses  ist  nicht  überall  das  gleiche 
Verfahren  eingehalten  worden,  indem  in  denjenigen  Fällen,  wenn  ein  Schüler 
unmittelbar  nach  Erlangung  des  Zeugnisses  der  wiss.  Befähigung  um  die  Be- 
rechtigung zum  einj.  freiw.  Militärdienste  nachsucht,  die  in  dem  Zeugnisse  unter 
Rubrik  1  „Schulbesuch  und  Betragen"  enthaltene  Note  als  Ersatz  des  Unbe- 
scholtenheitszeugnisses betrachtet  und  nicht  abgesondert  davon  ein  selbständiges 
Unbescholtenheitszeugnis  ausgestellt  worden  ist. 

Dieses  Verfahren  entspricht  nicht  dem  Wortlaute  und  der  Absicht  der 
Deutschen  Wehrordnung;  ich  verordne  daher  im  Einverständnisse  mit  den  Herren 
Ministem  des  Krieges  und  des  Innern,  dafs  fortan  das  für  das  Nachsuchen 
um  die  Berechtigung  zum  einj.  freiw.  Dienste  erforderte  Unbescholtenheitszeugnis 
in  jedem  Falle  selbständig  und  abgesondert  von  dem  Zeugnisse  der  wiss.  Be- 
fähigung ausgestellt  werde. 


472 

Die  Eubrik  „Betragen"  in  dem  Zeugnisse  der  wiss.  Befähigung  bildet 
einen  intergrirenden  Teil  des'  Schulzeugnisses  und  ist  in  derselben  Weise  aus- 
zufallen, wie  dies  sonst  bei  Schulzeugnissen  geschieht. 

Für  die  Ausstellung  des  Unbescholtenheitszeugnisses  sind  dieselben 
Grundsätze  mafsgebend,  welche  seitens  der  Polizei-Obrigkeit,  welcher  die  Aus- 
stellung in  den  übrigen  Fällen  zukommt,  für  Zuerkennung  des  fraglichen  Attestes 
eingehalten  werden.  Dies  gilt  ebenso  wohl,  wenn  das  ünbescholtenheitszeugnis 
gleichzeitig  mit  dem  wissensch.  Zeugnisse,  als  wenn  es  erst  später  einem  Schüler 
behufs  seines  Nachsuchens  um  die  Berechtigung  zum  einj.  freiw.  Militärdienste 
oder  seines  Eintrittes  in  denselben  auszustellen  ist/' 

C.Yerf.  y.  9.  Oci  1885.  „Durch  Allerhöchsten  Erlafs  Seiner  Majestät 
des  Kaisers  vom  27.  Aug.  d.  J.  (Deutscher  Beichsanzeiger  vom  14.  September 
d.  J.  No.  215)  ist  bezüglich  der  Ausstellung  der  Zeugnisse  der  wissensch.  Be- 
fähigung f.  d.  einj.  freiw.  Militärdienst  Folgendes  angeordnet  worden: 

Das  Schema  17  zu  §  90  erhält  am  FuTse  nachstehenden  Zusatz : 
Auf  Grund  dieses  Zeugnisses  und  der  nachstehenden,  gemäfs  §  89,  3 
Teil  I.  der  Wehrordnung  beizufügenden  Beläge: 

a)  eines  Geburtszeugnisses, 

b)  eines  Einwilligungs-Attestes  des  Vaters  oder  Vormundes  mit  der  Erklärung 
über  die  BereitwUligkeit  und  Fähigkeit,  den  Freiwilligen  während  einer 
einjährigen  activen  Dienstzeit  zu  bekleiden,  auszurüsten  und  zu  verpflegen, 

—  zu  b:  bei  Freiwilligen  der  seemännischen  Bevölkerung,  sofern  sie 
in  der  Flotte  dienen  wollen,  nicht  erforderlich;  — 

c)  eines  Unbescholtenheits- Zeugnisses,  welches  für  Zöglinge  von  höheren 
Schulen  (Gymnasien,  Realgymnasien,  Ober -Realschulen,  Progymnasien, 
Realschulen,  Beal-Progymnasien,  höheren  Bürgerschulen  und  den  übrigen 
militärberechtigten  Lehranstalten)  durch  den  Director  der  I^^hranstalt,  far 
alle  übrigen  jungen  Leute  durch  die  Polizei-Obrigkeit  oder  ihre  vorgesetzte 
Dienstbehörde  auszustellen  ist, 

muTs  die  Erteilung  des  Berechtigungsscheines  zum  einjährig  freiwilligen  Militär- 
dienst bei  derjenigen  Prüfungs-Commission  für  Einjährig-Freiwillige,  in  deren 
Bezirk  der  Wehrpflichtige  gestellungspflichtig  ist,  schriftlich  nachgesucht  werden. 

Wer  sich  behufs  Erlangung  der  Berechtigung  zum  einj.  freiwilligen  Dienste 
nicht  spätestens  bis  zum  1.  Februar  seines  ersten  Militärpfiichtjahres,  d.  h.  desr 
jenigen  Jahres,  in  welchem  er  das  20.  Lebensjahr  vollendet,  bei  der  betr.Prüftings- 
Oommission  anmeldet  und  den  Nachweis  der  Berechtigung  nicht  bis  zum  1.  April 
desselben  Jahres  bei  der  Ersatz -Commission  seines  GesteUungsortes  erbringt, 
verliedi  das  Anrecht  auf  Zulassung  zum   einjährig  freiwilligen   Militärdienste. 

Lidem  ich  dlQ  K.  Prov.  SchulcoUegien  veranlasse,  die  Directoren  (Bectoren) 
Dires  Amtsbereiches  zur  Ausführung  dieses  Allerhöchsten  Erlasses  anzuweisen, 
finde  ich  mich  veranlafst,  behufe  Gleichmäfsigkeit  in  der  äufseren  Form  der 
Ausführung  Folgendes  zu  bemerken: 

Der  Abdruck  des  vorgeschriebenen,  keinerlei  Verkürzung  oder  Aenderung 
gestattenden  Zusatzes  auf  der  Vorderseite  des  Militärzeugnisses,  far  welches 
ebenso,  wie  bezüglich  der  Reifezeugnisse  durch  die  C.  Verf.  v.  27.  Mai  1882 
(s.  p.425f.)  angeordnet  worden,  das  Reichsformat  einzuhalten  ist,  läfst  sich  mit 
Rücksicht  auf  den  verfügbaren  Raum  nicht  wohl  ausführen.  Die  Verweisung  des- 
selben auf  die  Rückseite  würde  weder  dem  Wortlaute  des  Allerh.  Erlasses  ent- 
sprechen, noch  die  Erreichung  des  durch  denselben  verfolgten  Zweckes  hin- 
länglich sicher  stellen.  Hiemach  ist  auf  die  Vorderseite  des  Zeugnis-Scheines, 
unter  dem  für  die  Unterschriften  bestimmten  Räume,  als  üeberschrift  in  ent- 
sprechenden Lettern  zu  drucken  „Zur  Beachtung^  und  darunter  die  erste  Zeile 
des  vorgeschriebenen  Zusatzes ;  das  Uebrige  ist  auf  der  Rückseite  des  Zeugnisses 


473 

zum  Abdrucke  zn  bringen.  Nach  4dm  Schlosse  des  Zusatzes  ist  in  Klammem 
hinzuzufügen : 

„(Allerhöchster  Erlafs  Tom  27.  August  1885.    Deutscher  Beichs-Anzeiger 
vom  14.  September  1885  No.  215)." 
In  Betreff  des   unter  Titel  c  des  Zusatzes    erwähnten  ünbescholtenheitszeug- 
nisses  bringe  ich   bei  diesem  Anlasse  die  diesseitige  G.  Verf.  v.  9.  Mai  1881 
(s.  p.  471)  in  Erinnerung." 

Bei  den  höh.  Bürgerschulen  ist»  sofern  dieselben  vom  Beichskanzler- 
amt  als  berechtigte  anerkannt  sind,  das  Bestehen  der  Entlassungsprüfung  am 
Schlufs  des  ganzen  Schulcursus  erforderlich. 

Dasselbe  gilt  Ton  den  Priyatanstalten,  welche  vom  Beichskanzleramt 
die  Berechtigung  erhalten  haben,  giltige  Qualificationszeugnisse  für  den  eii^'ähr. 
Dienst  auszusteUen.  Für  die  Berücksichtigung  solcher  Anstalten  sind  folgende 
Grundsätze  mafsgebend  (vgL  Hisi  Statist  Darst.  III  p.  86): 

„1.  Die  Inhaber  solcher  Anstalten  haben  sich  wegen  Erlangung  des  Rechts 
zor  Ausstellung  giltiger  Qualificationsatteste  für  den  einj'ahr.  Militärdienst  an  die 
Regierung  ihres  Landes  zu  wenden.  2.  Die  Regierung  läfst  eine  Revision 
der  äufseren  und  inneren  Einrichtungen  des  Instituts  abhalten,  und  prüfen,  ob  das 
Bestehen  desselben  im  öffentl.  Interesse  ist.  3.  Die  Lebensfähigkeit  solcher 
Anstalten  mufs   auch   äufserlich   auf  solider  Basis   ruhen.  4.   Der  Vorsteher, 

resp.  Leiter  der  Anstalt  darf  nicht  blofser  Entrepreneur,  er  mufs  vielmehr  päda- 
gogisch und  wissenschaftl.  qualificirt  sein.  5.  Das  Lehrercoll.  mufs  nach  dem 
Bedürfnis  einer  höheren  Lehranstalt  zusammengesetzt  sein  und  darf  in  der  Regel 
nar  geprüfte  Lehrer  enthalten.  6.  Der  Lehrplan  darf  von  dem  einer  öffentl. 
Schme  nicht  wesentlich,  auch  hinsiditl.  der  Gursusdauer  und  des  Alters  der  Zog* 
linge,  verschieden  sein.  7.  Die  Berechtigungsatteste  werden  nicht  auf  Ghmnd 
des  Zeugnisses,  dafs  eine  Klassenstufe  erreicht  sei,  ausgestellt,  sondern  nur  auf 
Ghrund  emer  bestandenen  Abgangsprüfung.  Für  die  FriSung  ist  ein  von  der  betr. 
Regierang  entworfenes  oder  begutachtetes  Reglement  dem  Reichskanzleramt  zur 
Genehnoigung  miteinzusenden.  8.  Die  betr.  Regierung  mulj  sich  bereit  er- 
klären, zu  der  Prüfung  jedesmal  einen  sachkundigen  Commissarius  (eventl.  Gym- 
nasial- oder  Realschul-Dir.)  abzuordnen.  Es  bleibt  ihr  selbstverständlich  über- 
lassen, aufserdem  diejenigen  Anordnungen  zu  treffen,  welche  sie  zu  ordnungs- 
mäCnger  Ausführong  der  Prüfung  für  erforderlich  hält.  Sie  verpflichtet  sich  femer, 
die  Anstalt  in  näluMre  Aufsicht  zu  nehmen.  Die  Annahme  sämtlicher  Lehrer  be- 
darf ihrer  Genehmigung.  9.  Die  Anerkennung  resp.  Berechtigung  wird  immer 
nur  dem  Vorsteher,  nidit  der  Anstalt,  erteilt  und  ist  jederzeit  widerruflich.** 

Ausschlufs  einer  Dispensation  von  der  mundlichen  Abgangs* 
Prüfung  an  den  militärberechtigten  Privat  -  Lehranstalten. 
C.  Verf.  V.  16.  Januar  1884.  yfier  Heir  Reichskanzler  (Reichsamt  des  Innern) 
hat  unter  dem  2.  October  y.  J.  aus  Anlafs  eines  SpecialfaUes  sämtlichen 
deutschen  Staatsregierungen  die  Mitteilung  gemacht,  dafs  denjenigen  Frivat- 
Lehranstalten,  deren  Abgangszeugnisse  den  Nachweis  der  wiss.  Befähigung 
zum  einj.-freiw.  Militärdienste  zu  führen  fmr  geeignet  erklärt  sind,  die  Befugnis, 
besonders  ausgezeichnete  Schüler  nach  einem  vorzüglichen  Ausfalle  des  schrift- 
lichen Examens  von  der  mündlichen  Prüfung  zu  dispensiren,  nach  seiner  Auf- 
fassung nicht  zugestanden  werden  könne. 

Ich  setze  voraus,  dafs  die  E.  Prov.SchulcoUegien  bei  der  ihnen  obliegen- 
den Leitung  der  Abgangsprüfungen  an  den  militärberechtigten  Privatanstaiten 
ihres  Amtsbereiches  die  von  dem  Herrn  Reichskanzler  im  Obigen  bezeichnete 
Bestimmung  bisher  bereits  eingehalten  und  dafs  sonach  die  von  Denselben  be- 
stellten EönigL  Gommissare  eine  Dispensation  von  der  mündlichen  Prüfung, 
nach  Analogie  des  bei  öffentlichen,-  bereits  anerkannten  Anstalten  zulässigen 
Verfahrens,  nicht  zugestanden  haben.  Sollte  jedoch  in  einzelnen  Fällen  eine 
solche  Dispensation  bewilligt  worden  sein,  so  ist  jedenfalls  fortan  davon  Ab- 
stand zu  nehmen.*' 


474 

C.  Verl  des  Proy.Soh.C.  zu  Hannover  v.  2.  Apr.  1873:  Da  einzelne 
Fälle  zu  unserer  Kenntnis  gekommen  sind,  in  welchen  für  die  Zeugnisse  behufs 
der  Meldung  zum  eiigähr.-freiwill.  Militärdienst  eine  Gebühr  erhoben  ist,  so  machen 
wir  darauf  aufmerksam,  daTs  derartige  Zeugnisse  kostenfrei  auszustellen  sind/' 

6.   K.  Militär- Bofsarztschule  zu  Berlin. 

CO.  y.  8.  Ang.  1878.  „Jnnge  Lente,  welche  sich  dem  rofsärztlichen 
Berufe  widmen  wollen  nnd  zn  ihrer  Aasbildnng  die  Aufnahme  in  die  Militär- 
Bofsarztschnle  nachsnchen,  müssen:  1.  die  erforderliche  wissenschaftliche  Yor- 
bildnng  besitzen.  Dieselbe  ist  nachzuweisen  durch  das  Zeugnis  der  Reife  für 
die  Prima  eines  Gymn.  oder  einer  Bealscihule  1.  0.,  bei  welcher  das  Latein 
obligatorischer  Unterrichtsgegenstand  ist,  oder  einer  durch  die  zuständige  Central- 
behOrde  als  gleichstehend  anerkannten  höheren  Lehranstalt." 

7.    Militär  Verwaltungsdienst. 

Zur  Ausbildung  für  den  Intendantur-Subalterndienst  werden  nach 
Verf.  des  Eriegs-Min.  v.  4.  April  1860  nur  Zahlmeister-Aspiranten  zugelassen, 
welche  die  Prüfung  zum  Zahlmeister  zur  vollständigen  Zufriedenheit  abgelegt 
haben,  das  Zeugnis  einer  tadellosen  Pührung  besitzen,  unverheirathet  und  nicht 
über  28  Jahre  alt  sind,  sich  auch  nicht  etwa  in  derangirten  Privatverhältnissen 
befinden.  Der  Oandidat  hat  das  Zeugnis  der  Keife  f^  die  erste  Klasse  eines 
Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  (Verf.  d.  Kr.  Min.  v.  6.  April  1878)  beizu- 
bringen. Mit  Bücksicht  auf  den  grofsen  Zudrang  zur  Intendantar-Secretariats- 
Garriere  soll  nach  Yerf.  d.  Kr.  Min.  v.  2.  März  1881  in  gesteigertem  Mafse 
daran  festgehalten  werden,  dafs  nur  solche  Zahlmeister-Aspirant^  zugelassen 
werden,  von  welchen  die  vorgeschriebenen  Bedingungen  vollständig^rfüllt  sind 
und  welche  die  bestimmte  Aussicht  gewähren,  dafs  sie  in  jeder  Bezieh^g  einen 
Gewinn  für  die  Partie  abgeben  werden. 

Die  Zahlmeister  gehören  nach  CO.  v.  16.  Febr.  1854  zu  den\  oberen 
Militärbeamten  mit  Offiziersrang.  Die  Verf.  d.' Kr.  Min.  v.  19.  Juli  18^  be- 
stimmt ad  5,  dafs  auf  die  möglichst  ausgedehnte  Heranziehung  der  Einjakrig- 
FreiwiUigen  zur  Zahlmeister-Carriere  Bedacht  genommen  werde.  Diesellien 
haben  nach  abgeleisteter  Dienstpflicht  noch  ein  Jahr  als  Unteroffiziere  mit  d^ 
Waffe  Dienste  zu  leisten,  und  diese  Dienstzeit  wird  bei  ihrer  etwaigen  üeber- 
nahme  in  den  Intendantor-Secretariatsdienst  als  ausreichend  angesehen. 

8.    Marineverwaltungsdienst. 

Nach  Verf.  des  Chefs  der  Admiralität  v.  11.  Sept.  1880  sollen  Marine- 
Intendantur-Ap.plicanten  für  das  Secretariat  a)  Zahlmeister-Aspiran- 
ten sein,  welche  nicht  über  28  Jahr  alt  sind,  ein  Zeugnis  der  Beife  für  die 
erste  Klasse  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  vorlegen  können  und 
Kenntnis  der  englischen  und  französischen  Sprache  besitzen;  oder  b)  als 
Einjährig-Freiwillige  gedient  und  die  erste  Klasse  eines  Gymn.  oder  einer  Beal- 
schule 1.  0.  mindestens  ein  Jahr  mit  gutem  Erfolge  besucht  haben  und  Kenntnis 
der  englischen  und  französischen  Sprache  besitzen. 

Applicanten  für  das  Zahlmeisterpersonal  sollen  nach  Verf. 
des  Chefis  der  Admiralität  v.  22.  Febr.  1880  das  Beifezeugnis  für  die  Secunda 
eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  vorlegen. 

Marine-Ingenieur-Aspiranten  haben  nach  §  2  der  Vorschriften 
V.  7.  Dec.  1879  diejenige  Schulbildung  nachzuweisen,  welche  zum  Studium  auf 
einer  deutschen  technischen  Hochschule  oder  auf  einem  dieser  gleichgestellten 


475 

deutschen  Polytechnicmn  berechtig^  nnd  sollen  den  voUen  Cnrsas  der  betr.  Fach- 
abteilnng  einer  solchen  Anstalt,  bezw.  auf  der  K.  technischen  Hochschule  zn 
Berlin  den  Lehrgang  der  Section  für  Schiffbau  absolvirt  haben. 

Für  das  Verwaltnngs-Secretariat  bei  den  Kaiserlichen  Werften 
wird  durch  Verf.  des  Chefs  der  Admiralität  v.  29.  Febr.  1880  gefordert,  daft 
die  Aspiranten  nicht  über  28  Jahr  alt  seien,  die  erste  Elasse  eines  Gymn.  oder 
einer  Bealschnle  1. 0.  bezw.  einer  gleichstehenden  Offentl.  Schnlanstalt  mindestens 
ein  Jahr  mit  gatem  Erfolge  besucht  haben  und  Kenntnis  der  englischen  und 
französischen  Sprache  besitzen. 

8.   Das  reitende  Feldjägercorps. 

Wer  die  Laufbahn  für  den  K.  Forstverwaltungsdienst  durch  den  Eintritt 
in  das  reit.  Feldjägercorps  oder  in  ein  Jägerbataillon  zum  Dienst  auf  Forst- 
yersorgung  verfolgt,  hat  auTser  den  aus  dem  militär.  Dienstverhältnis  von  selbst 
folgenden  Bedingungen  hinsichiL  der  schulwissenschafü.  Vorbildung  dieselben  Er- 
fordernisse wie  die  Oivil-Aspiranten  zur  Anstellung  als  Oberförster  zu  erfaUen 
(8.  vorher  p.  452,  Forstfach).  i 


Nachträge. 

Zn  p.  52. 

Benutzung  der  Aulen  höherer  Lehranstalten  zu  anderen  als 
Anstaltszwecken.  Min.Verf.  v.  8.  Juli  1885.  Auf  den  Bericht  vom 
8.  Juni  d.  J.  beauftrage  ich  das  K.  Prov.Sch.C,  dafür  Vorsorge  zn  treffen,  dafs 
durch  die  Ueberlassung  der  Aulen  der  höheren  Lehranstalten  Seines  Bezirkes 
zu  anderen  als  Anstaltszwecken  den  Gewerbetreibenden  der  betreffenden  Städte 
nicht  eine  schädigende  Concurrenz  bereitet  wird.  Es  sind  daher  musikalische 
nnd  andere  ähnliche  Aufführungen  in  den  Aulen  in  der  Begel  nur  dann  zu 
gestatten,  wenn  ein  Entree  nicht  oder  nur  zu  einem  wohlthätigen  Zwecke  er- 
hoben wird,  so  dafs  namentlich  dem  Unternehmer  und  den  hauptsächlich  Mit- 
wirkenden kein  pecuniärer  Vorteil  daraus  erwächst.  In  etwaigen  Ausnahme- 
fällen wird  die  Benutzung  der  Aulen  nur  gegen  Zahlung  einer  Entschädigung 
zu  gestatten  sein,  welche  nicht  unerheblich  über  die  für  die  theuersten  Localitäten 
der  Stadt  zu  Zahlende  Miethe  hinausgeht    Für  solche  Fälle  ist  die  Genehmigung 

zur  Benutzung  der  Aulen  von  dem  K.  Prov.Sch.G.  Selbst  zu  erteilen *^ 

Der  Minister  etc.    von  Gofsler. 

Zu  p.  151. 

Einrichtung  der  Wechselcöten  bei  den  höheren  Unterichts- 
anstalten.  Min.Verf.  v.  27.  Nov.  1885.  (Auszug.)  „Auf  den  Bericht 
des  K.  Prov.Sch.G.,  betr.  die  Durchführung  der  Wechselcöten-Einrichtung  an 
dem  dortigen  Bealgymnasium,  habe  ich  Folgendes  zu  erwidern. 

Die  Berufung  des  dortigen  Magistrats  auf  die  Giro. Verf.  v.  31.  März  1882 
(p.  110),  dafs  durch  dieselbe  die  Einfuhrung  der  Jahrescurse  und  der  Wechsel- 


476 


cOten  bei  grofsen  Anstalten  verlangt  sei,  ist  nach  Form  nnd  Inhalt  unrichtig. 
Durch  die  angezogene  CircYerf.  ist  die  strenge  Einhaltung  der  Jahrescnrse 
nnd  der  Jahresversetznngen  als  anerläfsliche  Voranssetzang  far  eine  zweck- 
mäfsige  Ansfohrong  der  mit  derselben  veröffentlichten  revidirten  Lehrpläne  vor- 
geschrieben, üeber  Wechselcöten  enthält  die  angezogene  CircVerf.  keinerlei 
Vorschrift,  vielmehr  sind  dieselben  nur  als  eine  üiatsächliche  Einrichtung  in 
dem  Sinne  erwähnt,  dafs  im  Falle  ihres  Bestehens  die  Jahrescnrse  nicht  ans- 
schliefslich  von  Ostern  zu  Ostern  reichen.  Aach  durch  keine  andere  Verfügung 
ist  die  Einrichtung  von  Wechselcöten  bei  gröfseren  Anstalten  erfordert  oder 
auch  nur  dringend  empfohlen  worden;  vielmehr  ist  diese  seit  längerer  Zeit  an 
manchen  umfassenden  Anstalten  der  östlichen  Provinzen  bestehende  Einrichtung 
seit  der  unter  dem  31.  März  1882  erfolgten  strengen  Durchfuhrung  der  Jahres- 
cnrse und  Jahresversetzungen  nur  unter  der  Bedingung  zugelassen  und  ge- 
nehmigt worden,  dafs  durch  dieselben  dem  Grundsatze  der  Jahrescnrse  und 
Jahresversetzungen  kein  erheblicher  Eintrag  geschehe.  Zur  Erfüllung  dieser 
Bedingung  ist  erforderlich,  wie  unter  anderem  in  der  Verf.  v.  23.  Sept.  1882 
dargelegt  ist,  dafs  die  Teilung  der  Klassen  in  Wechselcöten  wenigstens  bis 
Untersecunda  einschliefslich  aufwärts  reiche.  Die  Einrichtung  der  Wechselcöten 
ist  daher  nur  zulässig  bei  Anstalten,  deren  dauernde  Frequenz  die  Teilung  bis 
untersecunda  einschliefslich  nothwendig  oder  wunschenswerth  macht;  Anstalten, 
deren  Frequenz  nicht  so  weit  aufwärts  oder  nicht  dauernd  die  Klassenteilungen 
erfordert,  haben  auf  die  Einrichtung  von  Wechselcöten  zu  verzichten,  und  mit 
der  Einrichtung  von  Wechselcöten  in  den  unteren  Klassen  wird  als  unabweis- 
liche  Gonsequenz  die  Verpflichtung  übernommen,  dieselbe  bis  zur  Untersecunda 
einschlieMich  zu  erstrecken.  Demgemäfs  ist  durch  den  Erlafs  vom  28.  Dec. 
1882  der  Fortbestand  der  an  dem  fraglichen  Bealgymnasium  far  die  drei 
untersten  Klassen  bestehenden  Einrichtung  der  Wechselcöten  nur  unter  der 
seitens  des  dortigen  Magistrats  zu  übernehmenden  Verpflichtung  genehmigt 
worden,  dafs  die  gleiche  Einrichtung  je  mit  dem  folgenden  Schuljahre  auf  die 
nächst  höheren  drei  Jahrescnrse  ausgedehnt  werde.*' 

Der  Minister  etc.    In  Vertretung:  Lucanus. 

Zu  p.  473. 

Erlöschen  der  Berechtigung  zur  Ausstellung  von  wissen- 
schaftlichen Befähigungszeugnissen  für  den  Militärdienst  beim 
Wechsel  in  der  Leitung  der  Privatanstalten.  C.Verf.  v.  28.  Dec. 
1885.  „Aus  Anlafs  eines  Specialfalles  bestimme  ich  hiermit,  dafs  in  Zukunft 
von  jeder  Aenderung  in  der  Leitung  der  zur  Ausstellung  von  wissenschaft- 
lichen Befähigungszeugnissen  für  den  Militärdienst  berechtigten  Privatanstalten 
sofort  Anzeige  zu  machen  ist,  da  mit  einer  solchen  Aenderung  die  Berech- 
tigung erlischt."  Der  Minister  etc.    von  Gofsler. 


» •  ■ 


Chronologisches  Register. 

Dia  Zahlen  am  Bande  beieichnen  die  Seiten. 


Abkür 

AG«:  Allerhöchste  Ordre. 
CO«:  Cabinets-Ordre. 
CY«t  Circnlar-Verfagung. 
Fin*M«:  Finanz^Ministeriiiin. 
Instr«:  Instmctioii. 
Just*!!«:  Jastizministeriom. 
K«:  Königlich. 

Lil]idt.Ab9oh. :  Landtags- Abschied. 
X*dJLui*:  Ministerium  des  Innern. 
l[«d»9ff»A« :  Ministeriom  der  öffentliohen 
Arbeiten. 


Zungen: 

MY.:  Ministerial- Verfügung. 
Med^C*  8  Medicinal-GoUegium. 
DP.:  Ober-Präsidium« 
Begl«:  Reglement 
Begnl«:  Regulativ. 
Reser.:  Eescript. 
SC»:  Schul-Coll^um. 
StM«:  Staats-liinisterialbeschluss. 
U«n«PO«:    Unterrichts-   und  Fnifungs- 
OrdjQung. 


1794. 

AUgem.  Landrecht  .      1 

1811. 

26.  Janif  Instr.  .  .    24 
1817. 

5.  Juni,  MV.     .  .  445 

23.  Oci,  Listr.    .  .9.  23 
1824. 

a  Jnli,  OP.  Breslan  337 

31.     „    CV.  .    .  .  347 

16.  Aug.,  CV.      .  .  370 

23.      „      CV.      .  .  376 

1825. 

23.  Märe,  CV.      .  .  346 

8.  April,  Polizei.  .  344 


IL 
14. 


» 


CV. 


.  262 


„      MV.  .  .  175 

25.  „      CV.  .  .  343 
14.  Mai,  AO.  .  .  .  358 

26.  „     CV.  .  .  .  175 
1826. 

18.  März,  CV.  .  .  205 

9.  Mai,  CV.  .  .  .  320 

28.  Juni,  CV.  .  .  161 
1828. 

11.  Dec,  CV. .  .  .  185 
1829. 

29.  März,  MV.  .  .  253 
14.  Mai,  Instr.  .  .    22 

1830. 

30.  April,  SC.  Berlin  163 
2.  Juni,  Patent  .  3 


1831. 

30.Dec.JjandtAb8ch.  154 

1833. 
25.  Jan.,  SC.  Koblenz  348 
24.  Dec,  CV.      .     .  205 

1834. 

8.  März,  CV.      .     .  193 

4.  Juni,  Begl.    .    .  450 

13.  Sept.,  CV.     .    .  206 

13.  Dec,  MV.      .    .  206 

1835. 

8.  Aug.,  Begul.      .  270 
1836. 

22.  Jan.,  SC.  Koblenz  359 

1837. 
24.  Oct,  CV. .     53.  277 

1838. 
17.  Apr.,  MV.      .     .  384 

1839. 

9.  Nov.,  SC.  Berlin.  320 
31.  Dec,  Instr.   .    .    31 

1840. 
7.  Jan.,  MV.      .    .    28 
1.  Mai,  MV. .    .    .349 


12. 


»» 


MV.. 


.  350 


21.  Oct,  MV..     .     .  207 
1841. 

7.  Apr.,  SC.  Koblenz  207 

16.  Juli,  CV.  .     .     .  379 

12.  Dec,  SC.  Koblenz  220 

1842. 

6.  Juni,  CO.      .    .  222 


2.  Oct,  MV.      .    .    29 
9.  Dec,  K.Verordng.    12 
1843. 

8.  März,  MV.     .     .171 

9.  „  CV.  .  .  347 
9.  „  SC.  Berlin  359 
9.  Apr.,  CV.      .    .     15 

14.  Juni,  CV.      .     .  365 
16.     „     SCKoblenz  172 
1844. 
7.  Febr.,  CV.     .    .  223 

22.  Apr.,  CV.      .     .  225 
7.  Juli,  CV.       .    .  164 

1845. 

24.  Apr.,  CV.      .     .  186 
5.  Dec,  CV.      .    .  240 

1846. 

24.  Jan.,  MV.     .    .  241 

23.  März,  CV.     .    .  445 
28.  Apr.,  CV.      .    .  186 

5.  Mai,  CV.       .    .  434 
21.     „    SCKoblenz  241 

1848. 
19.  Sept,  AO.     .     .  104 

25.  Nov.,  MV.     .     .  343 

1850. 

30.  Jan.,  Verfassung      2 
12.  Apr.,  JustM.     .  251 

1851. 

1.  Apr.,  CV.      .     .  220 
11.  Dec,  CV.     100.  430 


478 


1852. 

4.  Dec,  MV.     .     . 

229 

3.  Juli,  CV.  .    . 

.  102 

19.      ,,      CV. 

201 

1853. 

30.     „     SC.  Stettin  202 

28.  Dec,  SC.  Münster  313 

1862. 

1854. 

6.  Jan.,  CV.      .    . 

441 

17.  Febr.,  CV.     . 

.    26 

4.  März,  CV.     .    . 

319 

20.  Mai,  CV.  .    . 

.  254 

8.     „      M.(i.Tnn.  . 

32 

9.  Juni,  CV. .    . 

.    51 

5.  Mai,  CV. 

166 

30.  Oct.,  MV. .    . 

.    23 

17.  Juli,  M.d.Inn.    . 

32 

1.  Dec,  CV. .    . 

.  208 

iB«7.          ,,         CV.                       . 

219 

22.     „     CV..    . 

.  431 

8.  Aug.,  MV.     .     . 

37 

1855. 

10.  Nov.,  CO.      .    . 

12 

25.  Sepi,  MV.    . 

.  164 

13.  Dec,  CV.      .     . 

177 

10.  Nov.,  CO.      . 

.  455 

22.     „     MV.     .     . 

187 

1856. 

1863. 

7.  Jan.,  CV.      . 

.    66 

2.  Jan.,  MV.       .     . 

13 

12.      „    CV.      . 

.  434 

20.    „    SC.Königsberg 

321 

19.  Febr.,  CV.     . 

.  346 

11.  Mai,  CO.  .    .     . 

13 

10.  Apr.,  CV.      . 

.  188 

13.    „     MV.  .    • 

33 

24.     „     SC.  Breslau  351 

11.  Juni,  SC.  BerUn  250 1 

13.  Oct.,  SC.  Posen 

i.  348 

20.  Aug.,  MV.     .     . 

40 

6.  Dec,  MV.     . 

.  175 

24.  Sept.,  MV.    .     . 

155 

1857. 

2.  Oct.,  Lehrplan   . 

213 

26.  Apr.,  CV.      . 

.  204 

20.     „     CV.      .    . 

217 

28.     „     CV.      . 

.  194 

1864. 

2o.      „      CV. 

.  366 

13.  Mai,  SC.  Berlin. 

321 

23.  Nov.,  CV.      . 

.  384 

lo.      „      CV.       . 

218 

1858. 

20.  Juni,  CV.      .    . 

366 

28.  Jan.,  MV.     . 

.  352 

24.      „     CV.      .     . 

160 

22.  Apr.,  SC.  Posen  352 

7.  Juli,  CV.       .     . 

192 

22.  Oct.,  CV. 

.  264 

7.  Oct.,  MV.      .     . 

326 

6.  Nov.,  CV.      . 

.  246 

13.     „     SC.  Berlin. 

388 

1859. 

21.     „     MV.      .    . 

32 

6.  Apr.,  CV.      . 

.  169 

21.  Dec,  MV.     .     . 

26 

6.  Mai,  MV.      . 

.  328 

1865. 

23.     „     CV. 

.  221 

4.  Apr.,  CV.      .    . 

230 

1.  Juni,  SC.  Breslau  221 

28.  Juli,  SC.  Berlin. 

388 

26.  Aug.,  CO.     . 

.     12 

11.  Oct.,  MV.      .    . 

245 

22.  Sept.,  Tnstr.  . 

.  195 

30.     „MV.      .    . 

329 

6.  Oct.,  U.U.PO. 

.     70 

10.  Nov.,  SC.  Koblenz  255 

23.  Nov.,  SC.  Breslau  151 

14.  Dec,  SC.  Berlin. 

389 

1860. 

23.    „    MedCEoblenz  267 

26.  Mai,  CV.  .    . 

.  226 

1866. 

■ 

16.  Aug.,  MV.     . 

.  208 

17.  Jan.,  CV.      .    . 

380 

17.      „      MV.     . 

.     34 

10.  März,  MV.     .     . 

208 

10.  Sept.,  CV.     . 

.  227 

14.  Apr.,  MV.     .    . 

230 

16.  Oct,  CV. 

.  166 

28.     „     SC.  Berlin  361 1 

3.  Nov.,  CV.      . 

.  322 

12.  Mai,  MV.      .     . 

15 

1861. 

9.  Oct.,  CV.      .     . 

193 

16.  Mai,  CV.  .    . 

.  440 

15.     „     SC.  Berlin 

193 

21.    „     MV..    . 

.  361 

26.     „     Gutachten . 

271 

12.  Juni,  CV.      . 

.  440 

3.  Dec,  SC.  Stettin 

155 

3.  Juli,  MV.      . 

.  319 

19.      „      CV.       . 

271 

1867. 

7.  Jan.,  SC.  Berlin  273 
15.  Febr.,  MV.  .  .  263 
28.  „  CV.  .  .  154 
13.  März,  Bescr. .  .  13 
17.  Apr.,  MV.  .  .  14 
2.  Mai,SC.Magdeburg  357 
6.  „  Gutachten  .  267 
13.  „  K.Verordnung  6 
20.  Juni,SCJCönig8berg  391 
22.SeptKyerordnung      9 


30. 


»> 


MV. 


10 
.  27 
.  346 
.     15 


11. Dec,  MV..     , 
13.    „     MV.  .     . 
24.    „     MV.  .     . 
1868. 

24.  Sept.,  MV.    .     .    37 
9.  Nov.,  CV.     .     .    22 

12.     „       CV.     .    .  465 

1869. 
30.  Jan.,  MV.       .     .  328 
27.  März,SC£ömgBb6rg  336 
22. Apr.,  SC.  Posen.  388 

30.  „     SC.  Berlin.  269 

6.  Mai,  Gesetz    .     .  450 
21.  Juni,  Gewerbe- 

ordng.  32.  49.  453 

25.  Sept.,  Bekanntm.  450 

11.  Nov.,  SC.  Berlin.    51 

12.  „      SC.  Kiel   .  189 

7.  Dec,  SC.  Kiel   .  337 
1870. 

15.  Mära,  MV.      .    .    36 
23.  Apr.,  MV.      .     .  252 

4.  Juli,  SC.  Kiel     .  387 
9.    „     MV.       .     .  386 

23.  Sept.,  Gesetz  .    .    40 

15.  Nov.,  SC.  Kiel   .  231 
7  Dec,  CV.  .     .     .444 

1871. 
6.  Febr.,  SC.  Stettin  165 

13.  Juni,SC.Hannover  191 
25.  Aug.,SCJiannover  273 

2.  Sept.,  MV.     .    .    40 
18.     „      SC.  Berlin  180 

5.  Oct.,  MV.       .    .    28 
2a     „     CV.  .     .     .  446 

31.  „    CV.    .     .     .  275 

2.  Nov.,SCaannover  464 

16.  „    OP.  Breslau  337 

1872. 

3.  Jan.,  CO.  .    .    .      8 

14.  Febr.,  SC.  Brealan  154 


479 


29.  Febr.,  CV.  .  .  .  167 
11.  März,  (besetz.  .  3 
11.      .     MV.     .    .  445 


14. 


n 


CV. 


8 


3.  Mai,  SC.  Xiel  .  363 
18.     „     CV.  .    .    .  260 

8.  Jnli,  MV.:    .    .    34 

16.  Sept.,  SC.  Kiel  .    50 
15.  Oct,  CV.  .    .    .      6 

4.  Nov.,  SC.  Berlin  51 
14.  Dec,  SC.  Kassel  362 

1873. 
2.  Apr.,SCHaiii)oyer  474 

5.  „    Gesetz    .    .      2 

6.  ,  SCHannover  362 
11.  Mai,  Gesetz  .  .  450 
25.  Jam,SC.HaiinoTer  358 
18.  Aug.,  CV.  .    .    .435 

6. Dec,  SC.  Posen.  218 

22.  „  SC£0nig8berg  210 
24.    „  CV.      .    ,    .  369 

1874. 

7.  Jan.,  CV.  .    .    .  276 

23.  „      SC.  Kiel    .  251 

9.  Febr.  Polizei .  .  338 
11.  MV.      .    .  344 

17.  März,  SC.  Stettin  322 

8.  Apr.,  Gresetz  .     .  276 

24.  „     SC.  Stettin  338 

28.  „MV.      .     .  384 

21.  Mai,  MV.      384.  386 
11.  Juni,  CV.  ...  392 

25.  Juli,  SC.  Münster  252 
17.  Aug.,  SC.  Kiel   .  252 

11.  Sept.,  SC.  Koblenz  389 

26.  „     SC.  Breslau.  253 

22.  Oci,  MV.  .     .     .  327 

29.  „     CV.  .     .     .  447 
2.  Nov.,  MV.      .     .  168 

12.  „      SC.  Kiel    .  152 
20.     „     CV 373 

1875. 
12.  Jan.,  SC.  Kiel    .  365 


26. 


n 


MV. 


.  167 


29.  „   SCKönigsberg  356 
3.  Febr.,  SC.  Kiel  .  270 

11.  „  SCMagdeburg  332 
24.  „  MV.  • .  .  .,  l55 
5.  Apr.,  SC.  Breslau  156 
19.  „  SC.  Berlin.  361 
26.    „     CV.  .     .     .  381 

30.  „     MV.      .     .  170 
12.Mai,  CV.    .    .    .344 


18.  Juni,  Gesetz   •    .      2 
5.  Juli,  Vormundsch. 

Verordn.      2 

28.  Sepi,Wehrordnung  459 

14.  Oct.,  CV.       255.  277 

25.    „     SC.  Koblenz  257 

30.    „     SC.  Kiel     .  202 

3.  Nov.,  MV.      .     .  327 

8.    „      SC.Koblenz  369 

23.    „      MV.      .     .  258 

2.  Dec,  SC.  Koblenz    36 


22. 


n 


SCHannover  345 


1876. 

3.  Jan.,SC.König8berg  337 


11. 


19. 


w 


n 


50 

7 

327 

220 

38 
322 
373 
330 
386 
386 

35 


MV. 
MV.    . 

19.  „    MV.    . 
14.  Febr.,  MV. 

29.  Juni,  Gesetz 

30.  „     CV.  . 
14.  Aug.,  CV. . 

29.  Nov.,  MV. . 
7.  Dec,  MV. . 

lo.     „      MY. . 

30.  „      CV.  . 
1877. 

7.  Apr.,  MV. . 

29.  Mai,  CV.    . 
14.  Juni,  MV. . 

30.  „  CV.  . 
9.  Aug.,  CV. . 
6.  Oci,  CV.  . 

13.  Dec,  CV.  . 

20.  „     SC.Koblenz  347 
1878. 

19.  Jan.,  CV.  .    .    .211 

31.  „  MV. .  .  .  468 
9.  Febr.,  MV.  .  .  248 
4.  Apr.,  Gutachten.  232 

U.Mai,  SC.  Kiel     .    52 

20.  „  SCMagdeburg  314 
22.  „  Fin.-M.  .  .  39 
18.  Juni,  CV.  .    .    .  231 

8.  Juli,  MV.  .    .    .    34 
l.Aug.,  SC.  Kassel  191 


38 
466 
169 
231 
467 
381 
211 


o.     „       CO. . 
21.  Sept.,  MV. 
14.  Oct,  AO.  . 
26.    „     CV.  . 

6.  Dec,  MV. . 

1879. 

30.  Jan.,  Fin.M. 


474 
156 
6 
435 
168 

42 


30. 


» 


SC.  Kassel.  210 


8.  März,  CV.      .     .  232 

11.  „  Gesetz  .  .  450 
19.  Apr.,  Schulordn. .  333 

2.  Mai,  MV.  .  .  .  248 
17.  Juni,  MV. .  .  .  469 
24.  Juli,  SC.  Münster  325 
30.    „     MV.  .   431.  432 

9.  Aug.,  CV.  .  .  .  16 
13.  Oct,  MV.  ...  44 
23.  „  CV.  .  .  .  43 
17.  Nov.,Min.f.Handel   43 

1880. 

S.Jan.,  CV.  .  .  .  443 

12.  „  CV.  .  .  .  366 
21.    „      CV.  .  .  .  181 

23.  „      MV..    .    .  210 

30.  „    SC.Schleswig  326 

3.  März,  CV.       .    .  182 
3.     „      MV.      .     .  183 

11.  „     Verordnung  457 

6.  Apr.,  CV.  .     .    .    39 

29.  Mai,  CV.  .  .  .  339 
17.  Juü,  CV.  .  .  .  19 
26.    „     Gesetz  .  .  7.  9 

31.  „     CV.  .  .  .  251 

30.  Nov.,  MV. .     .     .    21 

1881. 
9.  Febr.,  MV.      .    .  470 

13.  „   SC.Schleswig  354 

24.  „  MV.  ...  41 
28.    „      MV. .     .    .    21 

8.  März,  StM.    .     .212 

9.  Mai,  CV.  .     .    .  471 

8.  Juni,  M.d.Off.A.  .  390 
21.    „      CV-  .    .    .    50 

13.  Juli,  CV.  .    .     .    40 

12.  Oct,  CV.  .  .  .  368 
24.    „     MV.  .    .     .  151 

26.  „  SC.  Berlin.  314 
28.  Nov.,  CO.       .    .      9 

1882. 

9.  Jan.,  AO.  .  .  6 
17.  März,  CV.  .    .  164 

31.  „     CV.  .  5.  HO 
5.  Apr.,  MV.  .    .  11 

17.    „     SC.  Berlin.  150 

27.  Mai,  CV.   .     .     .  393 

26.  Juni,  MV. .    .     .  468 

27.  Oct,  CV.   .    .     .  232 

14.  Nov.,  SC.  Koblenz  218 
16.    „     CV.  .    .    .  433 

7.  Dec,  MV.      .    .  158 


480 


1883. 

1884. 

30.  Jan.,  MV. 

.     .    44 

11.  Jan.,SC.Sch1eBwig  311 

8.  Jan.,  CV.  .    .    .    21 

4.  Febr.,  MV. 

.    .  430 

28.  Febr.,  CV.      .    .  139 

16.    „     CV.  .    .     .  473 

18.  März,  MV. 

.     .  276 

15.  März,  CV.      .     .  324 

18.  März,  CV. .     .     .  270 

24.     „      AO. 

.    .  458 

19.  Apr.,  CV.       .     .  441 

30.     „      M.d.öff.A..  389 

4.  Juni,  MV. 

.    .  448 

23.    „      CV.       .    .  144 

29.  Apr.,  M.d.öff.A.  .  389 

30.    „     CV. 

.     .  435 

30.    „      MV.      .    .  434 

27.  Jimi,SC.Schleswig  325 

30.    „   SC.Schleswig  313 

1.  Mai,  Begnl.    .    .  450 

30.    „    SC.Schleswig  311 

8.  Juli,  CV.  . 

.     .  470 

8.    „    SC.Schleswig    52 

14.  Juli,  CV.   .     .     .  273 

o.    „     MY.    . 

.    .  475 

1.  Jiili,Gewerbeordn. 

1.  Aug.,  CV.  .     .    .  150 

y.  „     V/V.  . 

.     .  443 

32.  49 

8.    „   OEirchenrath  439 

15.   „     MV.  . 

.     .  441 

19.    „    MV.    .    .    .  236 

3.  Sept.,  AO.      .     .      6 

6.  Aug.,  CV.  . 

.    .  275 

26.    „    MV.    .     .     .      7 

6.    „      CV.      .    .  439 

27.    „      AO. . 

.     .  472 

30.    „    Gesetz     .    .  7.  9 

10.  Nov.,  CV.      243.  258 

6.0ct.,  CV.   . 

.     .  249 

30.    „    CV.    .     .     .  237 

10.    „      SC.  Berlin  353 

9.    „      CV. 

.    .  472 

4.  SepiSCSchleswig  312 

24.  Dec,  CV.       .     .  427 

12.  Nov.,  CV.  . 

.     .  264 

23.  Nov.,  CV.  .    .    .    32 

1885. 

27.    „   MV.    . 

.     .  475 

12.  Dec,  MV. ...    47 

7.  Jan.,  CV.  .    .    .  376 

28.  Dec,  CV.  . 

.     .  476 

19.    „     Gutachten  .  289 

17.    „      CV.  .     .    .  371 

1886. 

2.  Febr.,  MV. 

.     .  251 

Sachregister. 


Die  Zahlen  bezeichnen  die  Seiten. 

Abkürzungen: 

G.  =  Gymnasiniu,   R.  ;==  Realanttalten,  h.  B.  =  höhere  Bürgerschule. 


Abendmahhfeier  162.  326. 

Abgang  aus  Tertia  71  (Il.)>  ^^  unteren 
Klassen  336. 

Abgangszeugnis  317,  32a  323.  356.  392. 
Nothwendigkeit  2,  bei  Verweisung  342. 
364,  bei  Bestrafungen  361. 

Abiturientenprüfung  s.  Maturitätsprü- 
fung. 

Abmeldung  336*  » 

Abteilungen  des  Min.  für  Unterr.  6. 

Abtritte  268. 

Adversarien  263. 

Aerztliche  Beaufsichtigung  304.  310. 

Alter,  schulpflichtiges,  für  Vorschule  146, 
für  Sexta  54.  71.  146. 

Alt-  u.  mittelhochdeutsch  90  (R.)  175. 

Alumnate,  confessionell,  37. 

Amtsverschwiegenheit  395.  407.  429. 

Andachten  23.  329. 

Androhung  der  Entfernung  335. 

Anrechnung  der  Dienstjahre  bei  An- 
stellung 102,  der  Schulzeit  für  Ma- 
turitätsprüfung 430,  für  Prüfung  zur 
Prima  448. 

Anschauungsmittel  102. 

Anstellung  12. 

Apotheker  453. 

Arbeitspläne  260. 

Arbeitszeit,  Dauer,  261.  307. 

Arrest  335,  357.  363  f. 

Arreststunde  364;  s.  Nachsitzen. 

Ascension  12  f. 

Astronomie  96  (E.) 

Atlas  201. 

Aufenthalt  in  den  Klassen  319.  Vgl. 
Anrechnung. 

Auffallende  Kleidung  333. 

Aufnahme  149.  305  (ärztlich).  334.  Alter 
54.  71.  146.  315.  334,  in  die  unterste 
Klasse  54  (ö.)  71  (R.),  in  höhere 
Klassen  320,  322,  in  die  Vorschule 
146  f.,  bei  verwiesenen  Schülern  320  f., 
von  Bealabiturienten  inl  (G.)  434 ;  Zeit 
247  f.  315. 

Wiese,  Yerordnungen. 


Aufnahmeprüfung  313.  321.  323,  für 
0  n  468. 

Aufsätze,  deutsche  in  VI  u.  V  ausge- 
schlossen 178,  lateinische  122,  Zahl 
258.  311,  Themata  59.  69.  92  (R.)  179, 
Nachweisung  im  Progr,  377.  Üeber- 
schätzung'  des  deutschen  Aufsatzes  92 
(R.) 

Aufsicht,  häusliche,  347. 

Aufsichtsbehörden,  4.  6.  330. 

Aufsichtspflicht  330. 

Aufzüge,  öfifentliche,  346. 

Augen  schwäche  264;  s.  Kurzsichtigkext, 
Sehkraft. 

Aula,  Mafsbestimmung,  44.  fremde  Be- 
nutzung 475. 

Ausfall  des  Unterrichts  247. 

Ausgaben,  unvorhergesehene  39,  Mehr- 
ausfiraben  17   39. 

Ausschliefsung*  336.  342.  357.  360.  363; 
s.  Krankheiten. 

Auswärtige  Schüler,  Aufnahme  155,  Be- 
aufsichtigung 331.  341.  347. 

Ausweisung  aus  der  Schule  362,  aus  dem 
Lehrzimmer  363, 

Ballvergnügungen  331. 

Bänke  44,  Aufstellung  311. 

Barrentumen  230. 

Baufach  451,  Anforderung  in  Math.  u. 
im  Zeichnen  209. 

Beaufsichtigung  s.  Aufsicht;  geistliche  22. 

Bedürfniszuschnfs  16. 

Begrififserklärungen  90. 

Beherbergung  335. 

Beichtzettel  327. 

Beleuchtung  49.  301.  312. 

Berechtigte  Schulen  4. 

Berechtigrungen  450,  für  einj.  freiw.  Mi- 
litärdienst 459,  statistisch  292:  bei 
höh.  Bürgerschulen  150,  bei  Iteal- 
klassen  158. 

Bergfach  452. 

Berichterstattung  15. 

31 


483 


Berlin  als  Verwaltangsbezirk  (Stadt- 
kreis) 7. 

Bemfswahl  242.  391. 

Beurlaubung  der  Schüler  334. 

Beurteilung  der  Schülerleistungen  114. 
260|  Haustab  in  den  Censuren  355. 

Bibelsprüche  163.  165. 

Bibliotneoa  pauperum  371. 

Bibliothek  s.  Schulbibliotheken. 

Bibliothekordnung  374. 

Bibliothekrevision  371  f. 

Bibliothekverwaltung  371. 

Bifurcationssystem  159. 

BUdung,  allgemeine,  280,  classische  121. 

Biographische  Erzählungen  124. 

Biscnöfe,  kath.,  23. 

Blasse  302. 

Blaues  Buch  53. 

Blitzableiter  50. 

Botanik  119  (G.)  129  (R.)  142. 

Brillen  264.  299. 

Cadettenanstalten  293. 298  (Kurzsichtig- 
keit). 

Cadettenoorps  459. 

Carcer  335.  358.  361.  364. 

Censuren  315.  335. 349,  Formulare  350  ff. 
Nummern  316.  352  f.  355,  Prädicate 
316.  351  ff.  (vom  Director  nicht  abzu- 
ändern 351,  MaTsstab  355)  Wahlen  350. 

Censurordnung  354. 

Censurverteilung  356,  Feierlichkeit  161. 
350. 

Centralblatt  f.  d.  ges.  Unterrichtsver^ 
waltung  7. 

Centralverwaltung  6. 

Chemie  74.  77.  100.  126  (G.)  129  (R.) 
133  (R.)  142.  144. 

Cholera  271  f. 

Choralgesang  221. 

Chrestomathien  107. 131,  französische  142. 

Chronologie  95  f.  (K.)  124  (G.) 

Civilsupemumerariat  455. 

Clausurarbeiten  174.  311. 

CoUaturrecht  30. 

Combination  im  Rel.-Unterr.  89.  162. 

Combinirte  Anstalten  158. 

Commissarius  bei  d.  Maturitätsprüfung 
392.  395.  407. 

Compatronat  28  f. 

Compensation  bei  Maturitätsprüfung  78 
CR).  84  (h.  B.)  100  (R.)  208  (G.)  281. 
392  (G.)  401  (G.)  412  (R.),  bei  Ver- 
setzungen 318. 

Concentration  68.  (56).  106.  161. 

Conferenz  59,  beim  Semesteranfang  256. 

Confessionellee  Verhältnis  36. 

Confirmandenunterrioht  166.  22. 

Congestionen.  302. 

Consilium  abeundi  341.  357.  362. 

Consistorien  7. 


Controle  des  Schulbesuchs  325. 
Conversationsf ertigkeit  für  Franz.  u.  Engl. 

94.  123.  131. 
Corporationsrechte  1. 
Correctur  59.  256.  258.  s.  Beurteilung. 
Corridore,  Lüftung,  273. 
Culturgeschichte  197. 
Curatorium  27.  30.  105.  275. 
Cursusdauer  150.  282.  392. 

Darwin  144. 

Declamationen  120. 

Deficit  40. 

Denkschrift  zur  Ueberbürdungsfrage  277. 

Desinfection  273.  275. 

Deutsdi  als  Unterrichtsgegenstand  171. 
118  ff.  (G.),  90.  128.  130  (R.),  136  t 
(h.  B.),  grammatisch  171,  Formenlehre 
u.  Syntax  119  (G.),  Leetüre  90  f.  (EL) 
Litteraturgeschiohte  120  (G.)  91  (R.), 
178.  mündliche  Darstellung  172.  179, 
Aufwtze  178,  (s.  o.),  Orthographie  178. 
180,  Literpunction  178.  —  Nicht  ver- 
einzelt einem  Candidaten  zu  übertragen 
177. 

Deutsch  und  Latein  in  VI  u.  V.  66. 

Dictate,  französisch  123  (G.),  und  eng- 
lisch 136  f.  ^) 

Disciplin  329,  Strafen  362. 

Disciplinarordnung,  Bedeutung  329,  west- 
fälische 333. 

Dispensation  245. 334;  s.  die  Unterrichts- 
gegenstände. 

Dispositionslehre  179. 

Disputirübungen  174. 

Dissidenten  169. 

Distanz  bei  Subsellien  45. 

Doppellicht  44. 

Dotation  102  f.  (R.) 

Eiersammlungen  346. 

Einföhrunff  der  Directoren  31. 

Einheitsschule  110. 

Eisenbahndienst  451. 

Eifenbahn-Fahrpreisermäfsigung  389. 

Eislauf  235. 

EngUsch  94.  128.  130.  136  f.  (h.  ß.)  193. 

Entfernung,  Androhung  335.  357,  An- 
wendung 359,  stille  357.  360,  Bekannlr 
machung  360,  Folgen  für  die  Maturi- 
tätsprüfung 430  f. 

Entlassunjr  nach  dem  vierten  Semester 
319.  33d,  in  Fensionsverhältmssen  331. 

Entschuldigungszettel  334. 

Ephorat,  geistliches  23. 

Epidemie  270.  273. 

Epilepsie  267. 

Erholungspausen  243.  305. 

Erinnerung  als  Strafe  335. 

Erinnerungsfeier,  25jähriffe,  252. 

Erkrankungsfälle  von  Lehrern  39. 


483 


Ersatanmtenidit  für  Griechisoh  158. 
Ersparnisse  15.  17.  21.  39. 
Etat  8.  Schiüetat. 
Etatsjahr  38,  Quartale  39. 
Etatsübersckreitungen  s.  Ausgaben. 
Ezerdtien  257.  311. 
Extemporalien  114.  257.  311. 
Eztraneer  s.  fremde  Ifaturitatsaspiranten. 

Fachconfsrenzen  68.  108. 

Fachlehrersystem  113.  285. 

Fachschulen  159. 

Fachsystem  108. 

Fackelzüge  346. 

Fechtunterricht  229. 

Feldjägercorps,  reitendes,  475. 

Feldmesserprüfung  452. 

Fenster  44.  311  f,  Oeffnen  268.  270. 

Ferien  246,  Beginn  u.  SchluTs  250. 

Ferienarbeiten  255.  258. 

Ferienbeschäftigung  247  f. 

Festlichkeiten  der  Schüler  346. 

Festtage,  vaterländische  226 ;  s.  Geburts- 
tag, Sedantag. 

Feuerversicherung  50. 

Flaggen  251. 

Formen,  Flexionsübungen  259. 

Forstfaoh  452. 

Französisch,  Stellung  im  Gymn.  Lehr- 
plan 55.  58.  66.  111.  118.  123.  141 
(Stunden-  u.  Stoffverteilung).  193;  in 
d.  R.  94.  128.  130,  in  d.  h,  B.  136  f. 

Freie  Vorträge  90  tR-)  120  (G.)  172. 
179. 

Freige^bene  Tage  248. 

Freiheitsstrafen  363. 

Freistellen  385,  Ausschlufs  in  d.  Vor- 
schule 386. 

Fremde  Maturitätsaspiranten  393.  403. 
433.  (G.),  79  u.  414  (TEL),  424  (h.  B.), 
443. 

Frequenz  der  höh.  Schulen  284,  der 
Sllassen  154,  der  Vorschule  146. 

Frequenztabelle  379. 

Freya,  Zeitschrift,  345. 

Friedensgesellschaften  389. 

Frohnleichnam  327. 

CHirtnerlehranstalten  453. 
Gaslicht  301. 
Gebet  161. 

Gtebetseinlagen,  kath.,  327. 
Gebühren  &S:  s.  Prüfungsgebühren. 
Geburtstag,  Allerhöchster  251,  des  Dir. 

n.  der  Lehrer  247.  389. 
Geisteskrankheit  294. 
Geutliche  Beaufsichtig^ung  22. 
Geldgeschenke  388  f. 
Geldsammlungen  335.  389. 
Geldstrafen  357. 
General-Superintendenten  22. 


Geognosie  133. 

Geographie  194.  199;  im  G.  119.  124; 
in  d.  R.  96. 129.  132 ;  in  d.  h.  B.  136 ; 
Methode  200;  Leit&den  201. 

Geometrie,  darstellende,  130.  134.  139. 

Gerichtlicher  Subaltemdienst  456. 

Gerichtsverhandlungen,  Besuch,  335. 

Gesangunterricht  58.  117  (G.),  99  u.  127 
CR.),  135  (h.  B.),  in  der  Vorschule  146. 
I>ispensation  220.  Lebensalter  f.  d. 
An&ng  221. 

Geschenke  der  Schüler  388  f. 

Geschichte,  Lehrziel  für  G.  119.  123,  f. 
R.  129.  131,  f.  h.  B.  136.  138,  vater^ 
ländische  204. 

Geschichte  u.  Gteog^phie  66.  193  Lehr- 
bücher 194. 

Geschichtsprüfung  281.  393  (Vorträge) 
439. 

Geschichtsunterricht  123  (G.),  95  (R.) 
Methode  197,  Nachschreiben  u.  Dictiren 
193.  198,  Lehrbuch  u.  Tabellen  194. 
198,  Wiederholungen  198. 

Gesundheitspflege  264,  Ghitachten  289. 

Gesundheitslehre  143. 

Gewerbeschulen  159,  Ressort  8^ 

Glaubensbekenntnis  1. 

Gottesdienst  162. 

Grammatik  der  alten  Sprachen  286. 113 
(G.),  130  (R.);  Terminologie  in  d.  Vor- 
schule 146:  s.  Deutsch. 

Griechisch,  Lehraufffabe  118.  122.  139. 
185,  Leetüre  160  f.  185,  epischer  Dia- 
lect  in  0  Hl  140,  Üebersetzungen  aus 
d.  Deutschen  186,  Stundenverteilung 
140,  Verlegung  auf  Tertia  111,  Dis- 
pensirung  67.  158.  245. 

Gymnasialimstalten  5. 

Haltung  des  Körpers  264,  Schlaffheit  302. 

Handschrift  218. 

Haus  und  Schule  329  f. 

Hausbesuch  348. 

Häusliche  Beschäftigung  201  (Geogr.), 
253,  Zeitdauer  258.  261,  in  d.  Vor- 
schule 148,  ärztlich  304.  307  f. 

Hebräisch  55.  119.  123.  193,  Prüfung 
403.  439. 

Hefte,  Revision  59.  330,  Zahlverminde- 
mng  69.  97.  254.,  gegitterte  301. 

Heizung  47,  268. 

Herodot,  Leetüre  140. 

Hitze,  übermäfsiore  247. 

Hochschulen,  technische  450,  für  Kunst 
n.  Musik  457. 

Hodegetik  240. 

Höhere  Bürgerschule  5,  83  n.  105  v.  J. 
1859,  135  V.  J.  1882,  Maturitätsprü- 
fung 417;  Anerkennung  35,  lateinlose 
111  f.,  Militärberechtigung  156.  473. 

Höherer  Jnstizdienst  450. 


484 


Höhere  Schulen,  Begriff  und  Arten  4, 
Auebreitang  und  Zalil  284,  Errichtung 
33,  Verzeichnisse  5. 

Hülfslehrer,  zur  Vertretung  39,  wissen- 

.    schaftliche  287. 

Hygiene  s.  G-esundheitspflege. 

Jahrescurse  59  (G.),  71  (R.),  112.  282  f., 
Vorschule  147. 

Impfung  275. 

Individualisirendes  Verfahren  im  Unter- 
richt 109,  bei  Bestrafung  363,  ärzt- 
lich 303.  310. 

Intendantursubalterndienst  474. 

Inventar  für  Gebäude  41. 

lUlienisch  79.  94.  193. 

Jubiläum,  25jähr.,  252. 

Jüdische  Schüler,  Sonnabendunterricht 
328. 

Kälte,  übermäfsige  247. 

Karte  der  höh.  Unterrichtsanstalten  5. 

Kartenzeichnen  124.  200. 

Kassenrevision  20. 

Kassenverwaltung  40. 

Katechumenunterricbt,  Vorbereitung  22. 

Katholisch,  Feiertage  251,  Gottesdienst- 
ordnung 327,  alt-  und  neukatholisch 
36.     Vgl.  Religionsunterricht. 

Kindergärten  301. 

Kirche  und  Schule  23. 

Kirchenbesuch  23.  326. 

Klassenbuch,  59  (Aufgabebuch),  257. 
350  (Tagebuch). 

Klassen frequenz  154,  UeberfuUung  304. 

Klassengelder,  Hebung  387. 

Klassenordinarien  s.  Ordinariat. 

Klassenprüfung  314. 

Klassenräume,  Mafsbestimmungen  43. 

Klassensystem  56,  59,  153. 

Kopfweh  302. 

Körperhaltung  264,  Schlaffheit  302. 

Körperliche  Uebungen  63;  s.  Turnen* 

Körperliche  Züchtigung  335. 

Körperpflege  288. 

Krankheiten,  ansteckende  270  ff.,  Ver- 
hütung 273. 

Kunstgeschichte  95  (R.)  197.    Altertum 
192.  215. 

Kurzsichtigkeit  264.  266.  293.  297.  305. 

Ijaboratorium  134. 
Landmesserprüfnng  452. 
Landrath,  Mitwirkung  273  ff. 
Landwirthschaft  453. 
Landwirthschaftsschulen  159. 
Latein  für  G.  118. 121,  für  R   128. 130, 

Bedeutung,  Zweck  und  Erfolg  für  R. 

87.  92  f.   112.  192;  Leetüre  121  (G.) 

130 (R.), Scripta! 22,  Orthographie  192, 

Sprachen  122.  189.  400. 


Latein  und  Griechisch  185,  Grammatiken 
186,  Leetüre  190. 

Lebenslauf  329. 

Leetüre,  Kanon  der  classischen  160,  Ans- 
dehnung  262. 

Lehrbücher  59.  109,  Nachweisung  378. 

Lehrer,  Staatsbeamte  2  f.,  didaktische 
Ausbildung  287,  Bestellung  1.  12,  Zahl 
33.  101,  Pflichtstunden  33  f.,  Vorschule 
148. 

Lehrerbibliothek  371. 

Lehrertabelle  377. 

Lehrgegenstände  der  G.  54,  der  R.  70; 
110  ff. 

Lehrmittel,  Beschaffung  36.  102,  Appa- 
rate 97. 

Lehrplan  155.  160;  s.  Stundenplan. 

Lehrstunden,  Zahl  57,  in  der  Vorschule 
148  f.,  Verteiluhg  nach  der  Zeit,  s. 
Stundenplan,  nach  innerer  Verbindung 
56.  285,  Deutsch  und  Latein  66,  Ge- 
schichte und  Geographie  132.  Vgl. 
Fachsystem. 

Lehrzimmer,  Mafsbestimmungen  43,  Hel- 
ligkeit 264,  Temperatur  268,  Lüftung 
273. 

Leihbibliotheken  335.  343. 

Litteraturgeschichte  der  .  wichtigsten 
Völker  197,  Französisch  und  Englisch 
94.  131.     Vgl.  Deutsch. 

Localverwaltung  24. 

Logarithmen  210. 

Logik  176.  180. 

Lorinser  53.  277. 

Luftemeuerung  270.  275.  307. 

Luftheizung  47. 

•« 

Marinedienst  458. 

Marineverwaltungsdienst  474. 

Maschinenfach  451. 

Mafs-  und  Gewichtssystem,  metrisches 
211. 

Mathematik  im  G.  67.  119.  124,  in  R. 
97, 129, 132,  in  h.  B.  136. 138;  Stunden- 
zahl 208,  Lehrbuch  205. 208,  Logarith- 
men 210,  Ueberschreitung  des  Lehr- 
ziels 206,  Minimum  der  Anforderungen 
207  f.,  häusliche  Aufgaben  259. 

Mathematische  Geographie  im  G.  119. 
124,  in  R.  96.  126.  132.  — 199. 

Maturitätsaspiranten,  Verzeichnis  G.  396, 
R.  408,  h.  ß.  419.    Vgl.  Fremde. 

Maturitätsprüfung,  Tendenz  und  Be- 
deutung 60.  —  280,  Oebereinkanft  der 
deutschen  Staatsregierungen  392 ;  Ord- 
nung f.  G.  394,  f.  R.  405  (73  u.  99  fj, 
f.  h.  B.  417  (83);  Meldung  G.  396,  R. 
407;  Zulassung  392,  G-.  395.  403,  R. 
407.  415,  h.  B.  418;  — 427.  430;  An- 
rechnuDg  der  Semester  100  f.,  322; 


485 


Zurückweisung  G.  398  f.  403,  SL  410; 
Unterbrechung  435 ;  Wiederholung  G. 
402  f.,  K.  414  f.,  —  434;  Termin  249. 
435  ff. ;  Befreiung  von  d.  mündl.  Pr. 
G.  400.  403,  R.  411  (72.  84)  Com- 
pensation  G.  392.  401,  R.  412.-428; 
Anwesenheit  der  Lehrercollegien  428  f. ; 
Einreichung  der  Verhandlungen  G.402, 
Frog.  405,  Ä.  413  (79),  h.  B.  424  (84). 
—  440;  Nachweisungen  443. 

Maturitätszeugnis  G.  393.  402,  R.  413, 
h.  B.  423,  für  Extraneer  443  f.  — 
Geltung  450  ff. 

Medicin,  Studium  450.  457  (435). 

Mehreinnahmen  an  Schulgeld  15.  17. 

Memoriren  aus  Schriftstellern  122. 

Messe  327. 

Methode  62.  69.  108.  310  (ärztlich), 
alte  Sprachen  286,  Geschichte  197, 
Gkographie  200. 

Metrik,  deutsch  120. 178,  Latein  G.190. 
304.  400,  R.  100. 128.  130. 

Militärärztliche  Bildungsanstalten  457, 
Aufnahmetermin  435. 

Militärdienst,  einjähriger  459,  Nach- 
weisung im  Programm  378 ;  auf  Avance- 
ment 457;  Untauglichkeit  292. 

Militär-Rofsarztschule  474. 

Militär- Verwaltungsdienst  474. 

Mineralogie  142,  G.  119,  R.  SS.  97.  129. 
133. 

Ministerial Verfügung,  Geltung  7. 

Ministerium  6. 

Missio  canonica  24. 

Mitttelhochdeutsch  G.  120.  175,  R.  90. 

Mittellosigkeit  391. 

Mittelschulen  5. 

Myopie  300;  s.  Kurzsiehtigkeit. 

Mythologie  G.  66,  R.  95. 

Nachbarschaft,  störende  49. 
Nachmittagsunterricht  243  f.,  Verkürzung 

312,  Ausfall  247.  273,  Wegfall  306. 
Nachprüfung    aufzunehmender    Schüler 

321,  bei  Versetzungen  318.  351. 
Nachsitzen  357  f.,  gemeinsames  364. 
Nachversetzung  318. 
Nasenbluten  302. 
Naturgeschichte  58.  66.  97    (R.)    213. 

naturbeschreibender  Unterricht  111  f. 

132  (R.),   Lehrziel  -G.  1J9.  125.  142, 

R.  129. 132  f.  142  f.,  h.  B.  136  ff.  143  f. 
Naturlehre  h.  B.  137  f. 
Neuere  Sprachen  193. 
Nichtreife,  Zeugnis  78  f.;  vgl.  403.  414. 

424. 
Normalplan  f.  G.  53.  66.  117. 
Notizen  als  Mafsstab  des  Urteils  114. 

Oberlehrerstellen,  Zahl  14.  101. 
Obcrlehrertitel  57. 


Ober-Prima  s.  Versetzung. 

Ober-Realschule  5.127,  Maturitätsprüfung 
405. 

Ober-Schulcollegium  in  Hannover  3. 10. 

OeffentUche  Prüfung,  FeierHchkeit  162. 

Ofenheizung  49.  268. 

Ordinariat  56.  68.  329. 

Orthographie,  deutsche  178.  180  f.,  la- 
teinische 192. 

Oryktognosie  74.  133. 

Osterferien  247.  ^49. 

Osterfest,  sjMltes  249. 

Papier,  liniirt  und  gegittert  301. 

Parität  36. 

Patronatsrechte  30,  Vertretung  24. 

Pausen  57.  243.  305. 

Pensennachweisung  377. 

Pensentabelle  58  (Abgrenzug  der  Ziel- 
leistungen). 

Pensionirung  102,  zu  Ostern  250. 

Pensionsorte  331  f.  334.  341.  348. 

Personalverhältnisse  der  Schüler  329. 

Pflichtstunden  33  f. 

Philosophische  Propädeutik  54.  56.  66. 
121.  175  f.  179. 

Physik  G.  58.  119.  126,  R.  97.  129. 

Pissoir  269. 

Platzveränderung  als  Strafe  357. 

Poetik  G.  120,  R.  91. 

Polizeibehörde  274  (sanitäiisch).  338. 
342  f. 

Polnisch  76.  79.  88.  94.  193.  395. 

Postfach  454. 

Präparation,  Anleitung  dazu  93.  188. 
258  f. 

Prima  an  Realanstalten  72.  99 ;  Prüfung 
133,  zur  Erwerbung  eines  Zeugnisses 
für^  Prima  446. 

Primus  316. 

Privatarbeiten,  freiwillige  der  Abi- 
turienten 76.  262. 

Privatlectüre  59.  262.  370,  deutsche  90. 
263,  geschichtliche  198. 

Privatschulwesen  31.  390,  Entlassungs- 
prüfung 438,  einjähr.  Berechtigung^S. 

Privatunterricht,  Concession  32,  von 
Schülern  erteilt  332,  an  Schüler  332, 
ärztlich  309. 

Probejahr  63.  115.  287. 

Processionen  327. 

Programm  376.  103  (R),  Format  383, 
Titelblatt  379,  Abhandlung  380  ff., 
Schulnachrichten  376,  Austausch  381  f., 
Centralstelle  382,  Einsendung  381. 

Programmenwesen  381. 

Progymnasium  5.  34,  Anerkennung  35, 
Lehrplan  126,  Entlassungsprnfung  404, 
Schulprogramm  381. 

Prosodik  190. 


486 


Provizizialffewerbeflcbalen  159. 

Provinzial-SohalcoUegiam  7,  in  den  neaen 
Landesteilen  9  f.,  Gesohäftskreis  9. 11, 
Yonitz  9,  Verh'sUtnis  zu  Sohuldeputap 
tionen  27. 

Provinzialverwaltong  7. 

Frovinzialverwaltungsdienst  456. 

Präfimff  anfzanehmender  Schüler  313, 
fremaer  Personen  445;  Klassenpriifung 
314,  öffentliche  162,  für  Versetzung 
314.  318.  351,  nach  Prima  282. 

PrüfungBcommisBarius  n.  Stellvertretong 
324.  392.  395.  407.  418.  436. 

Prüfungscommission  s.  Maturitätsprü- 
fung, für  andere  Zwecke  445. 

Prüfungsgebühren  f.  Maturitätsprüfung 
G.  404,  Proff.  405,  R.  415  ff^  h.  B.  425 ; 
sonstige  446  ff. 

Prüfungsordnung  f.  Maturitätsaspiranten 
392  ff.  280,  f.  andere  Zwecke  445  ff., 
f.  einjähr.  Dienst  462. 

Prüfunffsvorbereitung  282. 

Psychologie  176. 

Rangordnung  der  Schüler  316. 

Bealanstalten  5.  70.  110  ff.,  Unterschei- 
dung 80,  Uebemahme  durch  die  Schul- 
coUeffien  12.  82,  Berechtigungen  81. 
444,  Verbindung  mit  G.  81,  lateinlose 
110  ff.,  Maturitätsprüfung  405,  Geltung 
der  Reifezeugnisse  444. 

Realgymnasium  5. 126,  Maturitätsprüfung 
405. 

Realklassen  103.  158.  246. 

Realprogymnasium  5.  135.  Maturitäts- 
prüfung 415. 

Realschule  5, 70;  vom  J.  1882 135,  Maturi- 
tätq>rüfung  416. 

Realschüler  als  Maturitätsaspiranten  an 
G.  404.  433. 

Rechnen  *G.  67.  119.  125.  205,  R  97. 
129.  132,  h.  B.  136. 

Rechtschreibung  s.  Deutsch. 

Rectortitel  106. 

Redeacte  173. 

Reden  der  Lehrer  175. 

Reformationsfest  250  f. 

Reifeprüfung  60;  s.  Maturitätsprüfung. 

Regierungen  8,  Ressort  159. 

Reichsbank  457. 

Reinhaltung  273  ff. 

Reisekosten  in  Patronatssachen  15. 

Relegation  358.  361  £  364 

Religion  des  Staates  2,  Erziehung  2.  325. 

Religionslehrer,  Anstellung  13  £,  Be- 
fihigung  164. 

Religionsprüfung  281. 

Religionsunterricht  G.  118  f.,  R.  128, 
h.  B.  136  f.,  —  161,  in  VI  u.  V  66, 
in  I  u.  n  89,  Verteilung  164,  Berüök- 
nchtigung    des    Confirmandenunterr. 


163,  Verhältnis  dazu  166,  Dispensation 
167.  169.  Nachweisung  377,  Revision 
22;  katholischer  168,  Einflufs  der 
Bischöfe  23,  Lehrbücher  24  168.  367 
f.;  der  Minderheit  37. 168;  jüdischer 
38.  170.  377. 

Renommisterei  333. 

Revaccination  231.  276. 

Rhetorik  G.  120.  179,  R.  91. 

Rofsarztschule  473. 

Sachverständige  bei  Localbehorden  28. 

Sagen  66.  95. 

Schadenersatz  335. 

Schaustellungen  fremder  Personen  347. 

Schenkungen  40. 

Schliefsung  bei  Epidemien  270  ff. 

Schlittschuhlaufen  228.  235. 

Scholarohat  27. 

Schreiben  67.  99.  218,  am  Sonnabend 
328 

Schuländacht  23.  326.  329. 

Schulanfang  nach  den  Ferien  250,  erste 
Stunde  245. 

Schularbeiten,  Verteilung  260,  schriftliche 
311,  Beurteilung  260. 

Schulbank  44 

Schulbibliotheken  370,  Errichtung  36, 
Feuerversicherung  50,  alte  Druäe  u. 
Handschriften  373. 

Schulbücher,  Einführung  365  ff.,  Ver- 
zeichnis 366,  Empfehlung  nicht  ein- 
geführter 368,  von  Schiüräthen  ver- 
fafster  369,  Abfassung  durch  Lehrer 
369;  in  orthographischer  Hinsicht  182. 

Schulchronik  378. 

Schulcommission  27  f. 

Sohuldeputation  *24 

Schuldiener,  Bestätigung  21,  Geldge- 
schenke 388. 

Schuldisdplin  329. 

Schülerbibliothek,  Gründung  u.  Erhaltung 
370;  372.  .376;  Inhalt  90.  96. 175.  179. 
192.  194,  Kanon  370. 

Schülercuratel  349. 

Schülerfestlichkeiten  346. 

Schülerverbindungen  335.  339.  346. 

Schülervereine  333.  344. 

Sohülerzahl,  Maximum  102  (s,  Klassen- 
frequenz). 304. 

Schuletat  15.  38,  Turnus  16. 

Schulfahrtoi  390. 

Schulfeier,  religiöser  Charakter  162,  Tar- 
nen 226. 

Schulfeste  246.  253. 

Schulgeld  383,  Durchschnittsbetrag  384, 
Vorschulen  384,  Erhöhung  40,  Erhebung 
386 ,  Hebelisten  387  £ ;  Befreiungen  384 
für  Lehrer  102,  für  Geistliche  386,  fBr 
dritte  Brüder  385,  nicht  in  Vorschulen 


/ 


487 


386;  EtUTb  fSr  venaumien  Unterr. 
386. 

Schultfesetze  s.  Schulordnung. 

Sohulbaos  41. 

Schalhofe,  Reinigang  273. 

Schalhygiene  310,  b.  Gesundheitspflege. 

Schuljahr  150. 

Schulkasse  387,  s.  Kasse. 

Schullocal  41.  102,  Benutzung  zu  fremden 
Zwecken  51.  475. 

SchuUuft  268.  303. 

Sohulnachrichten  376. 

Schulordnung  329.  346,  rechtliche  Be- 
deutung 329  t 

Schulprogranim  s.  Programm. 

Schulversäumnisse  bei  den  Sommerferien 
250. 

Schulwechsel  320  ff.  396.  407.  431. 

Schulweg  335. 

Schulzeit  8.  Unterrichtszeit,  Stundenplan. 

Schulzucht  329. 

Schulzwang,  Aufhebung  bei  Epidemien 

Schwächezustände  302. 

Schwerhörigkeit  264. 

Schwimmübungen  228.  235. 

Secunda,  Teilung  127. 

Sedantag  252. 

Sehkraft  311,  s.  Kurzsichtigkeit 

Selbstmord  294. 

Sexta  Eintritt  54.  71,  s.  Aufnahme. 

Simultananstalten  36; 

Sitzstnnden  306. 

Spaziergänge  235. 

Spedalisirung  des  Unterr.  286. 

Spiele  226.  233.  289. 

Staatsaufsicht  1. 3. 26,  in  Etatssachen  20. 

Staatsdienst  450  ff. 

Staatshaushalt,  Anträge  dazu  39. 

Städtische  Behörden,  disciplinarische  Mit- 
wirkung 343.  VgL  Patronat 

Stadtschulrath  24. 

Stadtverordnetenversammlung  24. 

Statistik  im  Schulprogramm  378. 

Staub  27a 

Stellvertretungskosten  15. 

Stenographie  219,  220. 

Steuerfach  456. 

Stiftungen,  Etatsnachweisung  40. 

Stilistik  120. 

Stille  Entfernung  357.  360. 

Stimmwechsel  99.  220. 

Strafarbeiten  255  ff.  301. 

Strafen  335.  357. 

Studienplane  241. 

Studientage  263. 

Stndiren,  Abmahnung  u.  Ermunterung 
2.  391. 

Stundenplan  108  (Lectionsplan),  58. 161, 
Beligionsstunden  167,  Zeichenstunden 
217. 


Stundenzahl,  wöchentliche  57,  in  d.  Vor- 
schule 148.  156;  tabellarische  Ueber- 
sieht  G.  65  (v.  J.  1837)  67  (v.  J.  1856). 
117  (v.  J.  1882),  R.  70  (v.  J.  1859). 
126  f.  (v.  J.  1882),  h.  B.  135  (v.  J. 
1882);  obligatorische  for  Lehrer  33  f. 

Subaltenidienst  455. 

Subsellien  45. 

Superintendent  in  d.  Schuldeputation  24. 

Supemumerariat  455. 

Tabakrauchen  333.  335. 

Tagebuch  350. 

Taufzeugnis  150. 

Technischer  Unterricht,  Nachweisung 
377. 

Telegraphendienst  454. 

Tertuk  aüBealanstalten  71 ;  Teilung  116.  f. 
127.  151. 

Theaterbesuch  331.  335. 

Theologie,  Studium  450. 

Thierärzte  454. 

Trinkgelage  335  ff.  346. 

Trinkwasser  269  f. 

Turnanstalt  223,  230,  Staub  270. 

Tumfahrt  229.  235  f. 

Turnfest  229. 

Tumgeld  226. 

Tumgeräthe  231. 

Turnhalle  224.  230  f.  239  f.,  GWJfsenver- 
hältnisse  232,  Dielung  232. 

Turnlehrer  im  Lehrercollegium  224.  230. 
237,  Bestand  288. 

Tumlehrerbildungsanstalt  226.  237. 

Turnplatz  224.  233.  235.  239. 

Tumsaal  230. 

Turnspiele  234.  236. 

Turnunterricht  den  Schulklassen  ent- 
sprechend 230,  Stundenzahl  232.  239. 
309  (ärztlich),  Freiübungen  228,  Barren- 
übungen 230,  mangelhafte  Beteiligung 
227;  Dispensirung  G.  117,  R.*  127, 
h.  B.  135,  -  226.  231.  238.  288.  — 
Vorschule  146. 

Turnus  der  Lehrer  69.  108. 

Tutel  333.  349. 

Ueberbürdung  106.  115.  130.  254.  256. 

258    f.,    Denkschrift   277,    ärztUches 

Gutachten  290. 
Uebereinkunft  für  d.  Maturitätsprüfung 

392   404. 
Ueberfüllung  114.  154.  270.  272.  304. 
Uebergaiu^  zum  Qtymn.  oder  z.  B.  322 

ff!r;  s.  Schul  Wechsel. 
Uebersetzungen,   schriftliche    172.   179. 

190.  259. 
Uebunffsbüöher  t  alte  Sprachen  113. 189. 
Unbesäoltenheitszeugms  471. 
Universitätsstudien  &0,  (391). 
Unterricht,  Ausfall  247,  SpeciaUsirung 

286. 


488 


Unterrichtsg^etz  3. 

Unterrichts-   ti,  Prüfungsordnung  v.  J. 

1859  B.  70. 
Unterrichtssystem  des  Qr,  55. 
Unterrichtsverteilung  285,  jäher  "Wechsel 

305. 
Unterrichtszeit  243,   Verschiebung  312, 

Dauer  307. 
Unterscheidung  d.  höh.  Schulen  4  f. 
Unterstützungen  15,  für  Schüler  389. 

Väterliche  Rechte  2.  330. 

Ventüation  267.  307. 

Vdntilationsöfen  49. 

Verbindungen  335.  339,  litterarische  346. 

Vereine,  Teilnahme  333.  343. 

Versetzungen  60.  105.  112.  152»  317  f. 
354,  nach  Ober-Prima  319,  Strenge  im 
Rechnen  125. 

Versetzungscensur  351.  354. 

Versetzungsprüfung  314.  318.  351,  nach 
Prima  282. 

Verslehre  s.  Metrik. 

Vertretung  39. 

Verwaltungsbericht  11. 15. 

Verwaltungscommission  11.  12. 

Verwaltungsdienst  456.  474. 

Verwaltungseinteilung  7.- 

Verweis  335.  357. 

Verweisung  336.  342.  359.  362.  364. 

Verzeichnisse  der  höh.  Unterrichtsan- 
stalten 5. 

Visitation  durch  Generalsuperintenden- 
ten 22. 

Vocabellernen  121.  188.  190  f. 

Vocationen  30,  Bestimmungen  über  Stun- 
denzahl 34. 

Vorkenntnisse  ftir  die  unterste  Klasse 
54.  71- 

Vormittagsunterricht  243  f.,  306  (ärzt- 
lich). 

Vorschule  f.  R.  88,  Charakter  u.  Organi- 
sation 144,  Errichtung  36,  Stunden- 
zahl 148.  156,  Ausschliefsung  fremder 


Sprachen   15,   vgl.   Frequenz.   Schul- 
geld. 
Vortrag,  mündlicher  90.  120. 

Waldeck  u.  Pyrmont  8.  12. 

Walhalla,  Zeitschrift  344. 

Wandkarten  201. 

Wechseloöten  151.  283.  314.  475. 

Wehrhaftmachung  226. 

Wehrordnung  459. 

Westfälische  Disciplinarordnung  333,  Fe- 
rienordnung 248,  Instruction  f.  gesch. 
u.  geogr.  Unterr.  195. 

Westpreufsische  Ferienordnung  248. 

Wirthshausbesuch  333.  335  ff. 

Wissenschaftliche  Prüfungscommission 
22.  441. 

Wortschatz,  Aneignung  121.  259. 

Zahlmeister  474. 

Zahnärzte  454. 

Zeichenunterricht  O.  58.  117.  119.  126, 
R.  98.  129.  134,  h.  B.  J37;  Lehrplan 
213,  Freihandzeichnen  134  f.  138,  Li- 
nearzeichnen 134  f.  139,  Beachtung 
durch  die  übrigen  Lehrer  217,  faculta- 
tiv  309  (ärztlich),  Reifeprüfung  394. 

Zeichensaal,  Hafsbestimmung  44,  Aus- 
stattung 217. 

Zeichnen  geographischer  Skizzen  124. 
200,  mathematischer  Figuren  125. 132; 
Anforderungen  f.-  d.  Baufach  209. 

Zeitordnung  243.  333. 

Zeitungen  u.  Zeitschriften,  Halten  335, 
Annoncen  der  Schüler  346. 

Zeugnis  für  Beneficien  u.  a.  445,  f.  ein- 
jähr. Dienst  462.  465.  473. 

Zeugnisgebühren  384. 

Zoologie  a.  119,  R.  129.  —  142. . 

Zucht,  häusliche  342. 

Züchtigung,  körperliche  358.  335.  357. 
363.  365. 

Zuwendungen,  letztwillige  40. 


Druck  TOD  C.  H.  Sohulse  &  Co.  in  Gr&fenhaiuichen. 


[äy 


0 


Geh.B.  Dr.  L.  Wiese's  Sammlung 


der 


Verordnungen  und  Gesetze 


für 


die  höheren  Schalen  in  Prenfsen. 


Dritte  Ausgabe, 

bearbeitet  und  bis  zam  Jahre  18d7  fortgeführt 


von 


Prof.  Dr.  Otto  Kubier, 

* 
DireotOT  det  KOnJgUohan  Wilhelms-Ojmnaiiaias  wa  Berlin. 


Zweite  Abteilung. 


Das  Lehramt  und  die  Lehrer. 


Berlin. 
Verlag  von  Wiegandt  &  Grieben. 

1888 


Verordnungen  und  Gesetze 


für 


die  höheren  Schalen  in  Freafsen. 


ZWEITE  ABTEIIiUNO. 

Das  Lehramt  tmd  die  Lehrer. 


;f 


JJie  Bearbeitang  der  zweiten  Abteilang  hat  darch  die  hohe  Gewogenheit 
Sr.  Excellenz  des  Staatsministers  and  Ministers  der  geistlichen,  Unterrichts- 
nnd  Medicinal  -  Angelegenheiten  Herrn  D.  Dr.  von  Gofsler  die  wesentlichste 
FOrdernng  erfahren,  indem  die  Information  ans  den  amtlichen  Schriftwerken 
des  Ministeriams  genehmigt  wurde.  Se.  Excellenz  der  Wirkliche  Geheime  Bath 
und  Ministerialdirector  Herr  Greiff  hatte  die  grofse  Güte,  dieselbe  in  der  ge- 
neigtesten Weise  za  leiten.  Aach  gewährten  die  Herren  Geheimen  Ober- 
Begierangs-  und  vortragenden  Bäthe  D.  Dr.  Bonitz  and  Dr.  Stander  sehr  wohl- 
wollende Unterstützung. 

Nicht  minder  haben  ans  VerfSgangen  der  Königlichen  Provinzial-Schol- 
coUegien  wichtige  Ergänzungen  stattfinden  können.  Die  Herren  Provinzial- 
SchuLräthe  und  Geheimen  Begierungsräthe  Dr.  Wehrmann,  Dr.  Sommerbrodt, 
Dr.  Klix,  Dr.  Todt,  Dr.  Kruse,  sowie  die  Herren  Provinzial - Schulräthe  Dr. 
Lahmeyer,  Polte,  Trosien,  Dr.  Köpke,  Dr.  Botbfuchs  haben  den  freundlichsten 
persönlichen  Beistand  geleistei 

Bechtskundige  Auskunft  erteilte  in  FäUen  des  Bedürfnisses  der  Senats- 
präsident am  Kammergericht  Herr  Henschke ;  der  Director  am  hiesigen  Kunst- 
gewerbe-Museum Herr  Professor  Ewald  und  der  Dirigent  der  Königlichen 
Turnlehrer  -  Bildungsanstalt  Herr  Professor  Dr.  Euler  gaben  Beiträge  zur  Be- 
richtigung der  Abschnitte  über  die  Ausbildung  der  Zeichen-  und  der  Turnlehrer. 
Aus  der  Begistratur  und  Bibliothek  des  Herrenhauses  gewährten  die  Herren 
Geheimer  Begierungsrath  Dr.  Metzel,  Geheimer  Kanzleiraüi  Krüger  und  Biblio- 
thekar Luther  Aushülfe.  Endlich  hat  sachverständiger  Bath  und  Beistand  der 
Herren  Bechnungsräthe  Herrfurth  im  Ministerium  der  geistl.  etc.  Ang.  und 
Meineke  im  hiesigen  K.  Provinzial-SchulcoUegium  die  Ausarbeitung  erleichtert. 
An  der  Sorge  für  die  Correctur  des  Druckes  beteiligte  sich  mein  näherer  Amts- 
genosse, der  ordentliche  Gymnasiallehrer  Herr  Dr.  Draheim. 

Es  ist  mir  im  Bückblick  auf  so  vielseitiges  und  ehrenvolles  Entgegen- 
kommen eine  werthe  und  angelegentliche  Pflicht,  far  alle  Hilfe,  deren  ich  mich 
erfreut  habe,  aufrichtigen  und  ehrerbietigen  Dank  darzubringen. 

Da  besonders  cUe  zweite  Ausgabe  dieses  Werkes  vom  Jahre  1875  noch 
in  allgemeiner  Benutzung  ist,  so  erschien  für  die  vorliegende  dritte  Bearbeitung 
die  Wiederaufnahme  einer  gröfseren  Anzahl  von  Specialinstructionen  einzelner 
Institute  und  Lehranstalten  entbehrlich,  aus  denen  Beispiele  für  Anstellungs- 
und Schulordnungen,  wohlthätige  Stiftungen  u.  dgl.  zu  entnehmen  sind.  Auch 
haben  die  Statuten  von  Universitäts-Seminarien,  welche  vor  der  Zeit  der  prak- 
tischen Thätigkeit  liegen,  ausgelassen  werden  dürfen.  Dagegen  ist  innerhalb 
derselben  die  Berichtigung  und  Vervollständigung  des  Inhalts  durch  das  erreich- 
bare amtliche  und  informatorische  Material  bis  einschliefslich  zum  September- 
und  Octoberhefte  des  diesjährigen  Centralblattes  der  Unterrichtsverwaltung  Gegen- 
stand aller  Aufmerksamkeit  gewesen. 

Berlin  am  18.  December  1887. 

Ettbler. 


INHALTSÜBERSICHT. 


L   Die  Vorbereitung  zum  Lehramt. 

Seit» 

Dauer  der  Universitätsstadien ;  das  Triennium 1 

Seminarien 3 

Seminarien  nach  der  Üniversitätszeit. 

Das  pädagogische  Seminar  für  höhere  Schalen  zuKönigsberginPr.    .    .  S 

Das  pädagogische  Seminar  in  Dan  zig 5 

Das  pädagogische  Seminar  für  gelehrte  Schulen  in  Berlin 7 

Das  Seminar  für  gelehrte  Schalen  in  Stettin 9 

Das  pädagogische  Seminar  in  Posen 12 

Das  pädagogische  Seminar  in  Breslau 12 

Das  pädagogische  Seminar  und  der  mit  dem  Pädagogium  des  Klosters  ü.  L.  Fr. 

verbundene  Candidatenconyict  zu  Magdeburg 15 

Das  pädagogische  Seminar  in  Gassei 18 

Anderweitige  praktische  Anleitung  der  Schulamtsoandidaten  18 

Anleitung  zum  Unterricht  in  den  neueren  Sprachen 18 

Didaktisches  Seminar  der  französischen  und  englischen  Sprache 

zu  Berlin 19 

Anleitung  zum  Unterricht  in  der  Mathematik  und  Physik 20 

Gesangunterricht.    K.  Akadem.  Hochschule  für  Musik  zu  Berlin     .    .  20 

Das  akademische  Institut  für  Kirchenmusik  zu  Berlin 21 

Unterricht  im  Zeichnen 21 

Turnunterricht.    Die  K.  Turnlehrer- Bildungsanstalt  zu  Berlin  .    .     .     .  24 

Das  französische  Reisestipendium 26 

Das  archäologische  Beisestipendium 27 

Die  Gharlottenstiftung  für  rhilologie 28 

Die  Schönhauser  Stiftung 28 

IL  Die  Prüfungen  für  das  höhere  Lehramt. 

Die  wissenschaftlichen  Prüfungscommissionen 32 

Ordnung  der  Prüfunsr  für  das  Lehramt  an  höheren  Schulen  vom  5.  Febr.  1887  33 

§  1.  Prüfungsbehörde 3S 

§  2.  Wer  sich  der  Prüfung  zu  unterwerfen  hat 33 

g  3.  Bedingungen  der  Zulassung 33 

§§  4.  r>.  Meldung  zur  Prüfung 33 

§  6.  Zulassung  zur  Prüfung 34 

7.  Gegenstände  der  Prüfung 35 

§§  8.  9.  Abstufung  der  Lehrbefähigung  und  der  Gesamtzeugnisse  .    .    .35 

10.  Prüfungsfächer 36, 


VIII 

§§  11—26.  Mafs  der  Prüfungsforderungen.  gelte 

1.  Beligionsantemoht H7 

2.  DeaUohe  Sprache 38 

3.  Lateinische  und  griechische  Sprache     ........  39 

4.  Französische  Sprache 40 

5.  Englische  Sprache 41 

6.  Hebräische  Sprache 41 

7.  Polnische  Sprache 42 

8.  Dänische  Sprache 42 

9.  Geschichte 42 

10.  Geographie 48 

J 1 .  Mathematik 43 

12.  Physik 43 

13.  Chemie 44 

14.  Mineralogie 44 

15.  Botanik  und  Zoologie 44 

16.  Philosophie  und  Pädagogik 45 

§  27.  Allgemeine  Bestimmungen  über  die  Höhe  der  Forderungen  .    .  45 

§  28.  Form  der  Prüfung 45 

§  29.  Schriftliche  Hausarbeiten 45 

§  30.  Ersatz  der  schriftlichen  Hausarbeiten 46 

§  31.  Clausurarbeiten 46 

§  32.  Zurückweisung  von  der  mündlichen  Prüfung 46 

§§  33.  34.  Mündliche  Prüfung 47 

§  35.  Entscheidung  über  das  Ergebnis  der  Prüfung 47 

§  36.  Zeugnis 47 

§  37.  Wiederholungsprüfung 48 

§  38.  Ergänzungsprüfung 48 

§  39.  Erweiterungsprüfung 48 

§  40.          Zeugnis 48 

§  41.  Probejahr 48 

§  42.  Gebühren 49 

§  43.  Inkraftsetzung  der  Prüfungsordnung 49 

Bemerkungen  zu  der  Ordnung  der  Prüfung  für  das  Lehramt  an  höh.  Schulen  49 
Jahresberichte  der  wissenschaftl.  Prüfungscommissionen  und  andere  ältere  Be- 
stimmungen     .    , i^6 

Prüfung  von  Elementarlehrem  in  fremden  Sprachen 60 

Das  Probejahr 60 

Prüfung  der  Zeichenlehrer  an  Gymnasien  und  Realschulen 68 

Prüfung  der  Turnlehrer 71 

Das  Colloquium  pro  rectoratu 73 

III.  Anstellung. 

B^chtzeitige  Absolvirung  der  Prüfungen 76 

Pädagogische  Anforderungen 77 

Beligiöse  Qualiücation 79 

Nöthige  Auskunft  vor  der  Anstellung 81 

Anstellungsordnung 82 

Ungeprüfte  Candidaten 89 

Das  Devolutionsrecht 91 

B^ligionslehrer • 94 

Elementarlehrer 95 

Technische  Lehrer 96 

Anstellung  von  Ausländem 96 

Diensteid 98 

Allerh.  Erlafs  vom  4.  Jan.  1882 100 

Bestallungen  und  Vocationen 100 

Rang  und  Titel 102 

Bang^erhältnis  im  öffentlichen  Leben 104 

Der  Titel  Musikdirector 108 


IX 

IV.  Amtspflichten. 

Instmctionen  für  dieDirectoren  der  (Gymnasien  und  der  Bealschulen  1.  0.  galt» 

Prov.  Ost- und  Westpreufsen.    Instr.  v.  1867 109 

Prov.  Brandenburg.    Instr.  v.  22.  Jan.  1868 116 

Prov.  Pommern,    fiistr.  v.  17.  Mai  1867 126 

Prov.  Posen.    Instr.  v.  30.  Jan.  1868       141 

Prov.  Schlesien.    Instr.  v.  1.  Oct  1867 146 

Prov.  Sachsen.    Instr.  v.  2.  Mai  1867 152 

Prov.  Westfalen.    Instr.  v,  26.  Juli  1856 159 

Rheinprovinz.    Instr.  v.  15.  Juli  1867 172 

Prov.  Schleswig-Holstein.    Instr.  v.  19.  Aug.  1885 179 

Prov.  Hannover.    Instr.  v.  4.  Mai  1873 191 

Amtliche  Berichterstattung 197 

Die  periodischen  Verwaltungsberichte 206 

Unterrichts-  und  Stundenpläne 211 

Berichte  über  Unabkömmlichkeit 213 

Zeugnisse  für  Lehrer  und  sonstige  Bestimmungen 214 

Directoren-Conferenzen 215 

Lehrer-Conferenzen 218 

Archivordnung 220 

Ueberschreitungen  sachlicher  Ausgabetitel 223 

Dienstliche  Postsendungen 223 

Telegramme  in  Staatsdieustangelegenheiten 225 

Veröffentlichung  von  Bekanntmachungen 225 

Die  Classenordinarien  und  die  Lehrer 226 

Instructionen  für  dieselben: 

Prov.  Preussen.    Instr.  v.  1867 227 

Prov.  Brandenburff.    Instr.  v.  22.  Jan.  1868 229 

Prov.  Pommern.     hxsiT.  v.  17.  Mai  1867 232 

Prov.  Posen.    Instf.  v.  30.  Jan.  1868 237 

Prov.  Schlesien.    Instr.  v.  1.  Oct  1867 239 

Prov.  Sachsen.    Instr.  v.  2.  Mai  1867 243 

Prov.  Westfalen.    Instr.  v.  23.  Oct.  1863  und  15.  Jan.  1868  ...  246 

Rheinprovinz.    Instr.  v.  15.  Juli  1867 251 

Prov.  Schleswig-Holstein.    Instr.  v.  19.  Aug.  1885 253 

Prov.  Hannover.    Instr.  v.  4.  Mai  1873 257 

Katholische  Religionslehrer 259 

Verfahren  beim  Unterricht 259 

Zahl  der  wöchentlichen  Unterrichtsstunden 260 

Vicariatstunden 261 

Privatstunden 263 

Nebenämter 267 

Bestimmungen  über  Gesuche 272 

Urlaub 273 

Stempelvorschriften 277 

y.  Militärverhältnisse  der  Schulamtscandidaten 

und  Lehrer. 

Allgemeine  Dienstpflicht 279 

Eintritt  bei  Mobilmachangen 281 

Unabkömmlichkeit 282 

yi.  Einkommensyerhältnisse  der  Lehrer. 

Sohnletats • •    .    .  284 

Der  Normaletat  v.  20.  April  1872 284 

Gehaltssätze  für  Directoren 286 


X 

Seit« 

£e8oldiing88ätze  für  Bealschulen  2.0 289 

dgl.           für  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen 291 

dgl.           für  die  technischen  und  Elementar-  (Vorschul-)  Lehrer  291 

dgL           für  Turnlehrer 293 

Zahlung  der  Gehälter 294 

Berechnung  für  Teile  eines  Monats 29G 

Wohnungsgeld.    Dienstwohnungen. 

Wohnungsgeldzuschüsse.    Gesetz  v.  12.  Mai  J873 297 

Dienstwohnungen 30J 

Äegulativ  v.  26.  Juli  1880 304 

Tagegelder,  Aeise-  und  Umzugskosteu 309 

Tagegelder-  und  Beisekosten.    Gesetz  v.  24.  März  1873  und  28.  Juni  1875, 

A.  Verordn.  v.  15.  April  1876 312 

Berechnung  der  Entfernungen 313 

Erkrankung  auf  einer  Heise 314 

Form  der  Liquidation 315 

Umzugskosten.    Gesetz  v.  24.  Febr.  1877 316 

Miethsentschädigung 320 

Functionszulagen 323 

Kostenfreie  Zahlung  der  Dienstbezüge 324 

Für  Zeiten  der  Beurlaubung 325 

Die  für  Zeiten  des  Militärdienstes  geltenden  Bestimmungen 325 

Bestimmung  für  den  Fall  der  Annahme  einer  Wahl  zum  Abgeordnetenhause  328 

Unterstützungen  im  Allgemeinen 328 

YII.   Dienstdisciplin  über  die  Lehrer. 

Disciplinargesetz  v.  21.  Juli  1852 331 

Vereinsrecht 339 

Gesetz  über  die  Conflicte  bei  gerichtl.  Verfolgungen 342 

Gehaltszahlung  an  suspendirte  Beamte 347 

Wartegeld 351 

ym.    Wechsel  im  Lehramt  und  Ausscheiden  aus 

demselben. 

Die  entlassende  Behörde.    Entlassungstermin  und  Kündigungsfrist   ....  353 

Das  Pensionswesen.    Gesetz  v.  27.  März  1872 356 

Gesetz  v.  31.  März  1882 361 

Aus  der  Pensionsverordnung  vom  8.  Mai  1846 363 

Zur  Berechnung  der  Pension 367 

Anrechnung  früherer  Militärdienste 369 

Vorbereitung  der  Pension  (Anfangstermin,  Aufbringung) 370 

Ausführungsbestimmungen 375 

Nachträgliche  Pensionserhöhung 379 

Berichterstattung 380 

Aufenthaltsort  der  Pensionsempfänger 380 

Bescheinigung  der  Quittungen 380 

IX.  Persönliche  Verhältnisse  der  Lehrer. 

Indigenat 382 

Heranziehung  der  Staatsdiener  zu  den  Gemeindelasten 383 

Pfändung  und  Beschlagnahme  des  Dientteinkommens  oder  der  Pension    .    .  385 

Verheiratung 386 

Dienstjubiläen  und  Ordensverleihungen 389 

Fürsorge  für  die  Hinterbliebenen  der  Lehrer 390 

1.  Gnadenqoartal  und  Gnadenmonat % 390 


XI 

Beita 

H,  Belictengesetz  v.  20.  Mai  1882 395 

Aasführangsbestimmangen 398 

Verrechnung  der  Beiträge 412 

Verfahren  bei  Wobnortsverändeningen 413 

3.  Beitritt  zur  Allgem.  Witwen-Verpflegungsanstalt      .    .    .  418 

Witwen-  nnd  W»iBenkMBen  für  BlemenUrlehrer 423 

Zahlungsannahme  der  Beiträge 428 

4.  Carenzunterstützung,  Gnadenpensionen  und  Erziehungsgelder .    .     .  429 

5.  Versicherungswesen 433 

Lebensversicherungsgesellschaften 434 

Der  preufsische  Beamtenverein 434 

Kaiser  Wilhelms-Spende 435 

6.  König  Wilhelm-Stiftung  für  erwachsene  Beamtentöchter     ....  436 

7.  Luisen-Stiftung 440 

8.  Friedrich -Wilhelm -Stiftung  für  Marienbad 441 

HoBpis  des  Klosters  Locoam 441 

Anhang  L 

Schuldiener 442 

Anhang  II. 

Nachricht  über  das  Alumnat  und  Pensionat  des  K.  Joachimsthalschen 

Gymnasiums  zu  Berlin 444 

Bekanntmachung  für  die  K.  Landesschule  f forta 447 

Nachrichten  über  die  Klosterschule  Bofsleben 457 

Bevidirtes  Reglement  für  die  K.  Waisen-  und  Schulanstalt  (Gtymnasium 

und  Mittelschule)  zu  Bunzlau 460 

Nachträge 

zu  Abteilung  I 464 

zu  Abteilung  11 494 


I. 

Die  Vorbereitung  zum  Lehramt. 

Die  Daner  der  Uniyersitätsstndien  ist  auf  drei  Jahre  bestimmt. 
Ausdrücklich  angeordnet  wurde  das  Triennium  durch  die  zunächst  nur  auf 
die  üniversitftt  Halle  bezügliche  C.  0.  v.  7.  Apr.  1804:  —  ,»Ich  genehmige 
die  Dauer  des  üniyersitätsstndii  auf  drei  Jahre."  Dieselbe  Bestimmung  wurde 
später  auf  alle  Landesuniyersitäten  ausgedehnt. 

C.  Ordre  y.  27.  Noy.  1804  an  die  üniyersitäten:  „Die  kurze  Dauer, 
auf  welche  seit  einiger  Zeit  das  Studium  auf  den  üniyersitäten  eingeschränkt 
zu  werden  pflegt,  hat  nicht  allein  einen  nachteiligen  Einflufs  auf  die  Cultur 
einer  soliden  Gelehrsamkeit  überhaupt  gehabt,  sondern  ist  auch  zum  Teil  die 
Ursache  gewäsen,  dafs  yiele  Studirende  sich  eine  nur  oberflächliche  Bildung  mit 
Vernachlässigung  der  philosoph.,  mathemat,  histor.  und  übrigen  zur  allgemeinen 
Bildung  so  nöthigen  Fundamental-  und  Hülfs-,  Sach-  und  Sprachkenntnisse,  blofs 
in  Bücksicht  auf  ihre  künftige  Haupt -Berufswissenschaft  erworben  haben  und 
nachher  in  der  bei  ihrer  nachmaligen  Anstellung  mit  ihnen  yorgenommenen 
Prüfung  oder  doch  bei  ihrer  Amtsyerwaltung  untüchtig  oder  nicht  gehörig  yor- 
bereitet  befunden  worden  sind.  Selbst  die  fähigeren  Köpfe  unter  den  studirenden 
Jünglingen  haben  sich  bei  der  den  akadem.  Studien  gewidmeten,  oft  auf  1^/2 
oder  2  Jahre  beschränkten  Zeit  genöthigt  gesehen,  ihren  Fleifs  nur  auf  die 
Vorlesungen  der  Amtswissenschaften  zu  richten,  und  sind  eben  daher  wenigstens 
yon  dem  Grade  der  Ausbildung  entfernt  geblieben,  den  sie  nach  ihren  Fähig- 
keiten hätten  erreichen  können  und  sollen,  um  nun  diesem  frühzeitigen  Eilen 
yon  der  Uniyersität,  woraus  sowohl  für  die  einzelnen  Subjecte,  als  auch  für  den 
Staat  selbst  bedeutende  Nachteile  erwachsen,  nach  Möglichkeit  zu  steuern,  haben 
Wir  in  einer  unter  dem  7,  Apr.  d.  J.  an  den  Chef  Unseres  geistl.,  Uniyersitäts- 
uud  0  Schuldepartements,  bei  Gelegenheit  der  neuen,  für  die  Uniyersität  zu  Halle 
gemachten  Einrichtung  erlassenen  C.  0.,  dessen  Vorschlage  gemäfs,  die  Dauer 
des  Üniyersitätsstndii  forthin  für  jeden  studirenden  In-  oder  Ausländer,  der  in 
Unseren  Staaten  künftig  ein  öffentl.  Amt,  zu  welchem  Uniyersitätsstndien  erfordert 
werden,  yerwalten  will,  auf  drei  Jahre  festzusetzen  geruhet."  — 

Gleichzeitig  an  die  Schulbehörden:  „Dafs  so  yiele  Jünglinge  die  Uni- 
yersität yerlassen,  welche  in  dem  nachmals  mit  ihnen  yorgenommenen  Prüfungen 
entweder  nur  mittelm&fsig  oder  wohl  gar  unbrauchbar  befunden  werden,  daran 
ist  gewifs  der  Grund  in  der  kurzen  Dauer  zu  suchen,  auf  welche  seit  einiger 
Zeit,  zum  Nachteil  alles  soliden  Wissens,  das  akadem.  Studium  beschränkt  zu 
werden  pflegt  Um  nun  diesem  Mifsbrauche  möglichst  zu  steuern,  ist  in  dem 
heutigen,  an  sämtliche  Üniyersitäten  erlassenen  Circulare  das  3jährige 
Uniyersitätsstudium  festgesetzt  worden.  —  Nachdem  nunmehr  bereits  die 
übrigen  Staatsbehörden  angewiesen  worden,  keine  Candidaten  zum  Examen 
zuzulassen  oder  zur  praktischen  Bildung  anzunehmen,  die  nicht  dieser  Ver- 
ordnung nachgekommen  sind,  so  geben  Wir  auch  Euch  hierdurch  auf.  Euch  bei 
den  yon  Euch  anzusetzenden  Predigern  oder  studirten  Lehrern  nach  dieser 
Vorschrift  genau  zu  achten.*' 

Min.  Verf.  y.  19.  März  18 19  (an  die  E.  Consistorien  und  Proy.Schulcoll.) : 
„Durch  einen  Befehl  Sr.  MaJ.  des  Königs  y.  7.  Apr.  1804  ist  die  Dauer  des 
Uniyersitätsstudii  auf  3  Jahre  festgesetzt,  die  genaue  Beobachtung  dieser  Frist 
nächstdem  allen  Staats -Prüfungsbehörden  zur  Pflicht  gemacht,  denselben  yor- 

Wiese,  yerordniuigen.    II.  1 


geschrieben,  Keinen  zn  den  ersten  Staatsprüfungen  znznlassen,  der  nicht  ent- 
weder das  trienninm  academ.  ganz  absolvirt  oder  den  Erlafs  eines  Teils  desselben 
von  dem  Chef  des  Departements,  bei  welchem  er  sich  prüfen  lassen  will,  erlangt 
hat;  endlich  ist  zur  Erwerbung  dieses  Erlasses  eine  bei  der  Facoltät,  zn  welcher 
der  Stüdirende  gehört,  wohlbestandene  Prüfung  und  ein  darüber  erhaltenes 
Zeugnis  als  wesentliche  Bedingung  gefordert  worden.  —  Durch  die  Unruhen 
der  Kriegsjahre,  welche  so  manche  Störung  des  Studienwesens  yeranlafst  haben, 
ist  auch  die  genaue  Beobachtung  dieser  Einrichtung  unterbrochen  worden.  Ihre 
Aufrechterhalüing  ist  aber  um  so  nothwendiger,  als  ein  3 jähr,  akadem.  Studium 
für  manche  Fächer  kaum  hinreicht,  für  andere  eben  genügt  und  noch  dazu  der 
einjährige  Dienst  der  Freiwilligen  im  stehenden  Heere  dabei  in  Anrechnung 
kommt,  so  dafs  die  gewissenhafteste  Benutzung  der  Zeit  erfordert  wird,  wenn 
selbst  bei  voller  Absolution  des  triennii  der  Zweck  des  Universitätsstudii  erreicht 
werden  soll;  eine  Abkürzung  dieser  Frist  aber,  da  nur  ein  besonders  angestrengter, 
kaum  zu  erwartender  Fleifs  die  Verminderung  der  ohnehin  kurzen  Zeit  des 
Studii  zu  ersetzen  vermag,  gewifs  so  selten  gehörig  begründet  sein  wird,  dafs 
sie  bei  der  allgemeinen  Bestimmung  ganz  aufser  Betracht  gelassen  werden 
kann.  Das  Minist,  hat  sich  daher  bewogen  gesehen,  die  Verordnung  wegen 
des  triennii  academ.  sämtlichen  von  ihm  abhängenden  Staats-Prüfnngsbehörden 
wieder  in  Erinnerung  zu  bringen  und  denselben  zugleich  den  Beschlulls  zu 
eröffnen,  dafs  künftig  gar  keine  Dispensation  von  dem  erwähnten  triennio  mehr 
erteilt  werden  soll.'' 

Aufserdem  ist  die  Bestimmung  eines  akadem.  Trienniums  implicite  in  den 
Prüfungsvorschriften  enthalten,  s.  den  folgenden  Abschn.  ü. 

Mindestens  die  Hälfte  des  Trienniums  mufs  auf  einer  inländischen  Uni- 
versität zugebracht  sein: 

G.  0.  V.  30.  Juni  1841  an  das  K.  Staatsministerium  (GS.  1841  p.  139): 
„Nachdem  bereits  in  der  C.  0.  v.  13.  Oci  1838,  durch  welche  der  Besuch  der 
Universitäten  in  den  deutschen  Bundesstaaten  den  diesseitigen  Unterthanen 
allgemein  wiederum  gestattet  worden,  denselben  zugleich  die  Verpflichtung  auf- 
erlegt ist,  insofern  sie  sich  nach  vollendeten  Studien  um  ein  öffentl.  Amt  oder 
um  die  Zulassung  zur  medicin.  Praxis  bewerben  wollen,  eine  Zeitlang  auf  einer 
Landesuniversität  zu  studiren,  will  Ich  nunmehr  nach  dem  Antrag  des 
Staatsmin.  v.  17.  d.  M.  diese  Studienzeit  auf  einen  Zeitraum  von  IV2  Jabren 
hiermit  festsetzen.  Von  dieser  Verpflichtung  Meiner  Unterthanen,  3  Semester 
ihrer  Studienzeit  auf  einer  inländ.  Universität  zuzubringen,  soll  der  Chef^  in 
dessen  Departement  ein  Studirender  künftig  seine  erste  Anstellung  zu  suchen 
beabsichtigtl  in  einzebien  Fällen  zu  dispensiren  befugt  sein,  wenn  ein  solches 
Gesuch  durch  den  Genufs  von  Stipendien  oder  durch  besondere  Familien- 
verhältnisse begründet  werden  kann.  Diese  Dispensation  soll  sich  aber  der 
Begel  nach  nicht  auf  das  letzte  Jahr  der  Studienzeit  erstrecken." 

Diese  Bestimmung  wurde  auf  die  Universitäten  zu  Kiel,  Göttingen  und 
Marburg,  nach  Aufhebung  älterer  entgegenstehender  Anordnungen  ausgedehnt; 
vgl.  CBl.  1867  p.  651.  653. 

Aus  einer  Min.  Vert  v.  8.  Juni  1878.  „Die  Candidaten  N.  und  N. 
haben  von  ihrer  Studienzeit  nur  ein  Jahr  auf  einer  preufsischen  Universität 
zugebracht.  Da  durch  die  Cabinets -Ordre  vom  30.  Juni  1841  die  Zulassung 
zu  Staatsprüfungen  davon  abhängig  gemacht  ist,  dafs  von  der  erforderlichen 
Zeit  des  akademischen  Studiums  jedenfalls  drei  Semester  an  einer  preufs. 
Universität  zugebracht  seien,  und  da  zur  Gestattung  von  Ausnahmen  in  einzelnen 
Fällen  nur  der  Chef  des  betr.  Bessorts  ermächtigt  ist,  so  hätten  die  genannten 
Candidaten  angewiesen  werden  sollen,  behufs  ihrer  Zulassung  zur  Prüfung 
meine  Dispensation  nachzusuchen.  Die  Zulassung  zur  Prüfung  ohne  diese 
Dispensation  steht  mit  der  angefahrten  Cabinets-Ordre  in  Widerspruch.'^ 


In  näherem  Zusammenhange  mit  den  Erfordernissen  des  Lehramts  an 
höheren  Schnlen  stehen  die  mit  den  üniTersitäten  verbundenen  Seminarien, 
sofern  sie  zu  einer  selbständigen  Anwendnng  der  Wissenschaft  Anleitung 
geben.  Der  künftige  Schalmann  findet  in  ihnen  Gelegenheit,  sowohl  mit  der 
Methode  einer  genauen,  der  Sache  und  der  Form  gerecht  werdenden  Interpretation, 
sowie  mit  den  Gesetzen  wissenschaftlicher  Forschung  und  Kritik  bekannt  zu 
werden  und  durch  eigene  Uebung  einen  Wissenschaft!.  Gegenstand  correct. 
methodisch  und  in  angemessener  Form  behandeln  zu  lernen. 

C.  Verf.  V.  8.  Juli  1872:  „Die  Teilnahme  an  den  bei  den  Universitäten 
bestehenden  Seminarien  nimmt  in  dem  Bildungsgange  deijenigen,  welche  sich 
später  dem  Lehramt  widmen  sollen,  meistenteils  eine  wichtige  Stelle  ein.  Um 
dieser  Bedeutung  willen  erachte  ich  für  angemessen,  dafs  auch  bei  den  Prüfungen 
for  das  Lehramt  davon  Notiz  genommen  werde,  und  veranlasse  deshalb  die  K. 
wissensch.  Prüfungscomm.,  künftig  im  Eingange  der  den  betreff.  Schulamts- 
candidaten  auszustellenden  Zeugnisse  dessen  Erwähnung  zu  thun,  bei  welcher 
Universität  und  wie  lange  sie  ordentl.  Mitglieder  eines  Seminars  gewesen  sind.^' 

C.  Verf.  an  die  Universitäts-Curatorien  v.  14.  März  1884.  „Gemäfs  einer 
Vereinbarung  mit  dem  .Herrn  Finanzminister  habe  ich  beschlossen,  alle  semina- 
ristischen Prämien  und  Preise,  soweit  sie  aus  Staatsfonds  fiiefsen,  vom  1.  April  d.  J. 
ab  in  Wegfall  kommen  zu  lassen.  Ew.  Hochw.  ersuche  ich  ergebenst,  den 

betreffenden  Seminardirigenten  bezw.  den  beteiligten  Facultäten  hiervon  Mit- 
teilung zu  machen  und  mir  anzuzeigen,  welche  Beträge  in  Folge  dieser  Mafs- 
regel  entbehrlich  werden.  Ich  bemerke  hierbei,  dafs  die  Absicht  vorliegt,  die 
ersparten  Beträge  der  Ausbildung  und  Förderung  des  Seminarwesens  bei  den 
Universitäten  in  anderer  Weise  zu  Gute  kommen  zu  lassen.**  Der  Minister  etc. 
von  Gofsler. 

Verschieden  von  den  Seminarien,  welche  innerhalb  der  Universitätszeit 
benutzt  werden  können,  sind  die  zu  unmittelbarer  Vorbereitung  auf  die  Schul- 
praxis bestimmten  pädagogischen  Seminarien,  zu  denen  der  Zutritt  in  der 
Regel  erst  nach  absolvirter  Prüfung  pro  facult  docendi  gestattet  ist. 

Seminarien  nach  der  Universitätszeit. 

Dafs  ausnahmsweise  auch  in  die  für  Studirende  bestimmten  fachwissen- 
schaftlichen Seminarien  Schiüamtscandidaten  zur  Teilnahme  an  den  Uebungen 
zugelassen  werden,  ist  in  mehreren  der  betreffenden  (in  den  vorhergehenden 
Ausgaben  dieses  Werkes  abgedruckten")  Statuten  erwähnt.  Das  Seminar  der 
Akademie  zu  Münster  ist  ausdrücklich  auch  als  pädagogisches  bezeichnet. 
In  Göttingen  liegt  die  1.  Abi  des  pädagog.  Seminars  innerhalb  der  Universitäts- 
zeit, die  zweite  nach  derselben.  Alle  übrigen  so  benannten  liegen  jenseits 
der  akadem.  Studienzeit  und  haben  die  gemeinsame  Aufgabe,  Candidaten  des 
höh.  Schulamts  in  die  prakt.  Erfordernisse  des  Lehrerberufs  unter  steter  Ver- 
bindung mit  wissenschaftlichen  Uebungen  einzuführen. 

Das  K.  pädagogische  Seminar  fOr  höhere  Schnlen  In 

Königsberg  In  Pr. 

Statut  V.  23.  Dec.  1864. 

„1.  Der  Zweck  des  pädagog.  Seminars  ist  die  pädagog.  und  Wissenschaft]. 
Ausbildung  von  Lehrern  für  die  Gymnasien  und  Bealschulen  des  preufs.  Staats. 
2.   Zur  Erreichung  dieses  Zwecks  dient  die  Unterrichtsthätigkeit  der  Mitglieder 


an  den  höh.  Lehranstalten  zu  Königsberg  and  die  Beschäftigung  derselben  mit 
pädagog.  nnd  fachwissenschafU.  Gegenständen  in  regelmäfsigen  Versammlnngen. 

3.  Die  Leitung  des  Seminars  geschieht  durch  die  beiden  Departements- 
räthe  des  K.  Frov.Sch.C.  zn  Königsberg,  deren  jeder  die  Seminaristen  seiner 
Confession  beaufsichtigt  ^) 

4.  Die  Zahl  der  ordentlichen  Mitglieder  wird  einstweilen  auf  6  festgesetzt, 
von  denen  in  der  Begel  4  der  evangeL  und  2  der  kathol.  Confession  angehören. 
Die  Wahl  der  Mitglieder  erfolgt  durch  die  beiden  Dirigenten.  Bedingung  des 
Eintritts  ist  die  befriedigende  Ableistung  der  Prüfung  pro  facult.  docendi.  Die 
Dauer  der  Mitgliedschaft  erstreckt  sich  auf  höchstens  3  Jahre,  von  denen  das 
erste  als  das  gesetzm.  Probejahr  gilt;  sie  erlischt  jedoch  durch  die  Anstellung 
eines  Mitgliedes  an  einer  öffentl.  Lehranstalt.  Das  Ausscheiden  aus  dem  Seminar 
darf  in  der  Begel  nur  mit  dem  Schlufs  eines  Halbjahrs  eintreten.  5.  Neben 
den  ordentl.  Mitgliedern  darf  eine  angemessene  Anzahl  aufserordentlicher  Mit- 
glieder aufgenommen  werden.  Dieselben  nehmen  an  den  Seminarsitzungen  gleich 
den  ordentl.  Mitgliedern  Teil,  sind  aber  zu  einer  ünterrichtsthätigkeit  nicht 
verpflichtet  und  beziehen  kein  Seminarstipendium  (§  16).  6.  Den  ordentl. 
Mitgliedern  des  Seminars  werden  8  bis  10  wöchenü.  Lehrstunden  an  einem 
Gymn.  oder  einer  Bealschule  in  Königsberg  nach  Anordnung  des  Dir.  dieser 
Anstalt  übertragen.  Die  Ueberweisung  der  Mitglieder  an  die  einzelnen  Anstalten 
geschieht  durch  den  betr.  Dirigenten  mit  Zustimmung  des  K.  Prov.Sch.G.  Bei 
mehr  als  einjährigem  Aufenthalt  im  Seminar  ist  den  Mitgliedern  womöglich 
Gelegenheit  zu  geben,  an  verschiedenen  Anstalten  zu  unterrichten. 

7.  In  ihrer  Ünterrichtsthätigkeit  sind  die  Seminaristen  den  Anordnungen 
des  Dir.  der  betr.  Lehranstalt  gleich  jedem  anderen  Lehrer  unterworfen.  Sie 
sind  verpflichtet,  den  Lehrerconferenzen  beizuwohnen,  nehmen  aber  an  den  Ab- 
stimmungen nicht  Teil.  8.  Die  Ünterrichtsthätigkeit  der  Seminaristen  unter- 
liegt zugleich  der  Aufsicht  der  Seminardirigenten.  9.  Die  ordentl.  Mitglieder 
des  Seminars  haben  femer  das  Becht  und  die  Pflicht,  die  Unterrichtsstunden  der 
übrigen  Lehrer  zu  besuchen.  Die  Beihenfolge  und  der  Umfang  dieser  Besuche 
wird  durch  den  betr.  Dirigenten  des  Seminars  im  Einvernehmen  mit  dem  Dir. 
der  Anstalt  geordnet 

10.  Aufserdöm  versammeln  sich  die  Mitglieder  des  Seminars  in  wöchentL 
2  ständigen  Sitzungen  zu  pädagog.  und  fachwissenschafU.  Beschäftigungen. 
11.  Diese  Sitzungen  flnden  unter  der  Leitung  des  betr.  Dirigenten  statt.  Der 
erste  Teil  jeder  Sitzung  ist  der  pädagog.  Ausbildung  der  Seminaristen  gewidmet. 
Zu  derselben  gehört  die  Beurteilung  der*  bisher.  Lehrthätigkeit  der  Seminaristen 
durch  den  Dirigenten,  die  Besprechung  der  von  den  Seminaristen  während  des 
Besuchs  anderer  Lehrstunden  gemachten  Beobachtungen,  die  Kritik  der  von  den 
Mitgliedern  eingelieferten  pädagog.  Abhandlungen,  sowie  die  Einfuhrung  in  die 
wichtigsten  Systeme  und  Methoden  der  Erziehung  und  des  Unterrichts.  Die 
letzte  Beschäftigung  gründet  sich  in  der  Begel  auf  das  vorgängige  Lesen  der 
betr.  Werke,  über  welche  die  Seminaristen  in  der  Sitzung  Bericht  zu  erstatten 
haben.  12.  Der  zweite  Teil  der  Sitzung  ist  für  die  wissenschaftl.  Fortbildung 
der  Mitglieder  bestimmt.  Dieselbe  geschieht  teils  durch  die  Beurteilung  der 
von  den  Mitgliedern  eingelieferten  fachwissenschafU.  Abhandlungen,  teils  durch 
Berichte  der  Seminaristen  über  wissenschaftl.  Werke,  teils  durch  Erklärung  eines 
griech.  oder  röm.  Schriftstellers  nach  Anordnung  der  Dirigenten.  13.  Neben 
den  besonderen  Sitzungen  der  evangel.  und  kathoL  Seminaristen  (§  10,  1 1,  12) 
finden  gemeinschafkl.  Sitzungen  der  vereinigten  beiden  Abteilungen,  mindestens 
eine  in  jedem  Vierteljahr,  statt,  in  welchen  von  einem  oder  mehreren  Mit- 


^}   Seit  Bildung  der  Provinz  Westpreufsen  (1877,  s.  Bd.  I  S.  7)  Uegt  die 
Leitung  in  Einer  Hand,  da  sich  nur  Ein  Departementsrath  in  Königsberg  befindet. 


gliedern  nach  Torgängiger  Festsetzang  ein  wissenschaftL  oder  pädagog.  Vortarag 
gehalten  wird. 

14.  Jedes  ordentl.  Mitglied  hat  jährL  2  Abhandinngen  zn  liefern  (§11 
nnd  12),  von  denen  die  eine  der  Pädagogik  und  ihren  Hülfewissenschaften,  die 
andere  der  besonderen  Fachwissenschaft  des  Seminaristen  zu  entnehmen  ist. 
Die  Wahl  des  Thepia's  erfolgt  nach  Bäcksprache  mit  dem  Dirigenten;  die  auf 
das  class.  Altertum  bezüglichen  Abhandinngen  sind  in  latein.  Sprache  abzufassen. 

15.  In  besonderen  Fällen  ist  es  gestattet,  Mitglieder  des  Seminars  zu 
zeitweiliger  Aushülfe  an  ein  auswärt.  Gymn.  hiesiger  Provinz  zu  senden.  Diese 
Verwendung  darf  den  Zeitraum  eines  halben  Jahres  nicht  übersteigen.  Das 
entsendete  Mitglied  bezieht  das  Seminarstipendium  inzwischen  fort;  für  die 
Kosten  der  Beise  und  eine  angemessene  Zulage  hat  die  betr.  Anstalt  Sorge 
zu  tragen. 

16.  Das  Stip.  jedes  Mitglieds  beträgt  200  Thlr.  jährlich,  zahlbar  nach 
Ablauf  jedes  Vierteljahrs  (jetzt  praenumerando)  auf  die  von  dem  Dirigenten 
bescheinig^  Quittung.  17.  Die  Mitglieder  haben  das  Becht,  ohne  besondere 
Caution  von  der  E.  Bibliothek  in  Königsberg  Bücher  zu  entleihen.  Diese  sind 
jedoch  nach  den  Vorschriften  der  Bibliotheksverwaltung  und  jedenfalls  vor  dem 
Austritt  aus  dem  Seminar  zurückzugeben. 

18.  Die  Mitglieder  des  Seminars  übernehmen  die  Verpflichtung,  bis  zu 
3  Jahren  nach  ihrem  Austritt  die  ihnen  von  den  E.  Schulbehörden  übertragenen 
Lehrstellen  anzutreten  oder  den  Betrag  der  ihnen  gewährten  Seminarstipendien 
herauszuzahlen. 

19.  Die  Dirigenten  des  Seminars  haben  nach  Ablauf  eines  jeden  Jahres 
einen  eingehenden  gemeinschafU.  Bericht  über  die  Fortschritte  der  Seminaristen, 
über  die  von  denselben  gelieferten  Abhandlungen  und  über  ihre  Thätigkeit  in 
den  Sitzungen  an  den  Minister  zu  erstatten.  Dieser  Bericht  wird  zugleich  mit 
der  Jahresrechnung  und  dem  Verzeichnis  der  für  die  Seminarbibliothek  innerhalb 
des  Jahres  angeschafften  Bücher  durch  Vermittelung  des  K.  Prov.Sch.CoU.  ein- 
gereicht, welches  Abschrift  behält.  Desgleichen  haben  die  Dirigenten  zu  Anfang 
jedes  Halbjahrs  dem  Prov.Schulcoll.  eine  übersichtliche  Anzeige  über  den  Bestand 
des  Seminars  zu  erstatten.^    Etat:  1650  Thlr. 

Das  pädagogische  Seminar  in  Uanzig. 

Statut  V.  4.  Juni  1884. 

„§  1.  Das  pädagogische  Seminar  hat  die  Aufgabe,  Candidaten  des  höheren 
Schulamtes  nach  dem  Abschlüsse  ihrer  wissenschaftlichen  Universitätsstudien 
in  ihrer  didaktischen  und  pädagogischen  Ausbildung  zu  fördern.  §  2.  Die 
Leitung  des  Seminars  geschieht  durch  den  mit  der  Bearbeitung  der  An- 
gelegenheiten der  höheren  Schulen  betrauten  Schulrath  des  E.  Prov.Sch.Coll. 
§  3.  Das  Seminar  hat  sechs  ordentliche  Mitglieder.  Die  Aufnahme  derselben 
erfolgt  durch  die  Seminardirection.  §  4.  Bedingung  der  Aufnahme  in  das 
Seminar  als  ordentliches  Mitglied  ist,  dafs  der  Aufnehmende  die  Lehramts- 
prüfung in  einer  Weise  bestanden  habe,  welche  Vertrauen  zu  dem  Ernste  seines 
Strebens  und  zu  seiner  Hingebung  an  den  Lehrberuf  begründet,  und  dafs  derselbe 
dem  preuTsischen  Staate  angehöre.  Die  Bewilligung  einer  Ausnahme  von 
diesen  Bedingungen  kann  die  Seminardirection  nur  in  dem  Falle  bei  dem 
Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten  beantragen,  wenn  dadurch  nicht 
Bewerber  ausgeschlossen  werden,  welche  den  Bedingungen  entsprechen.  §  5.  Die 
Aufnahme  eines  Candidaten  in  das  Seminar  erfolgt  auf  ein  Jahr,  in  der  Begel 
zu  Ostern.  Die  Verlängerung  der  ordentlichen  Mitgliedschaft  auf  ein  zweites 
Jahr  kann  die  Seminardirection  nur  unter  der  Voraussetzung  bewilligen,  dals 


6 

nicht  andere  geeignete  Bewerber  dadurch  beeinträchtigt  werden.  §  6.  Anfser 
den  ordentlichen  Mitgliedern  kann  der  jeweilige  Director  an fs erordentliche 
Mitglieder  zur  Teiln^me  an  den  Sitznngen  des  Seminars  zulassen.  Die  Anzahl 
derselben  und  das  Mafe  ihrer  Beteiligung  an  den  Verhandlungen  zu  bestimmen, 
bleibt  dem  Director  überlassen.  §  7.  In  der  Begel  in  jeder  Woche,  mit 
AusschluTs  der  Schulferien,  findet  eine  zweistündige  Sitzung  des  Seminars 
statt.  Dieselbe  wird  nach  specieller  Anordnung  des  jeweiligen  Directors  zur 
Kritik  der  von  den  Mitgliedern  eingereichten  Abhandlungen  (§  8,  3),  zu 
metiiodischen  Bemerkungen  in  Bezug  auf  die  yon  den  Mitgliedem  erteilten 
Lehrstunden  (§  8,  1  §  9),  femer  zu  anderweiten  didaktisch-pädagogischen  und 
faehwissenschafüichen  Erörterungen  yerwendei  §  8.  Jedes  ordentliche  Mit- 
glied des  Seminars  ist  verpflichtet:  1.  an  einer  öffentlichen  höh.  Lehranstalt 
in  Danzig  wenigstens  6  Lehrstunden  wöchentlich  zu  erteilen  (vergl.  §  9  und  g  13); 

2.  an  den  Sitzungen  des  Seminars  regelmftfsig  teilzunehmen  und  zur  Bethätigung 
in  denselben  sich  in  der  von  dem  Director  erforderten  Weise  vorzubereiten; 

3.  in  jedem  Halbjahre  eine  schriftliche  Abhandlung  einzureichen.  Die  Wahl 
des  Gegenstandes  für  die  Abhandlung  (Nr.  3)  erfolgt  auf  Vorschlag  oder  unter 
der  vorher  einzuholenden  Billigung  des  jeweiligen  Directors.  Jedenfalls  eine 
der  zwei  Abhandlungen  eines  Jahres  muTs  didaktisch-pädagogischen,  die  andere 
kann  fachwissenschafUichen  Inhaltes  sein.  In  der  Begel  circulirt  jede  ein- 
gelieferte Arbeit,  soweit  die  verfügbare  Zeit  es  erlaubt,  bei  allen  ordentlichen 
Mitgliedem  des  Seminars;  eines  derselben  wird  vom  Director  mit  dem 
beurteilenden  Beferate  über  dieselbe  beauftragt.  Der  Director  kann  Ab- 
handlungen seiner  ausschliefslichen  Beurteilung  vorbehalten.  Keine  eingereichte 
Abhandlung  bleibt  unbeurteili  §  9.  Die  Ueberweisung  der  Mitglieder  an 
bestimmte  Schulen  behufis  Erteilung  von  Lehrstunden  (§  8,  1)  geschieht  durch 
den  jeweiligen  Director  mit  Zustimmung  des  E.  Prov.Sch.Coll.  In  Betreff 
dieser  Lehrthätigkeit,  durch  welche,  sofern  dies  nicht  bereits  geschehen  ist, 
zugleich  das  Probejahr  abgelegt  wird,  sind  die  Seminarmitglieder  denjenigen 
Bedingungen  unterworfen,  welche  für  Probecandidaten,  bezw.  for  commissarische 
Lehrer  überhaupt  in  Kraft  stehen.  Aufser  dem  Director  der  betr.  höh.  Schule, 
bezw.  den  von  demselben  damit  beauftragten  Lehrern,  hat  der  Senünardirector 
die  Lehrstunden  der  Seminarmitgb'eder  zu  besuchen.  §  10.  Zu  etwaniger 
Erteilung  von  Unterricht  an  Privatanstalten  bedürfen  Seminarmitglieder  die 
Genehmigung  des  jeweiligen  Directors.  §  11.  Die  ordentlichen  Mitglieder 
des  Seminars  haben  das  Becht,  ohne  Erfordernis  einer  Caution  die  Seminar- 
bibliothek zu  benutzen.  §  12.  Die  ordentlichen  Seminarmitglieder  erhalten 
ein  Stipendium  im  Jahresbetrage  von  600  Mark,  zahlbar  in  vierteljährlichen 
Baien  praenumerando.  §  13.  Durch  die  erfolgte  Anstellung  an  einer 
öffentlichen  Schule,  sowie  durch  die  Uebemahme  von  mehr  als  15  dauernd  zu 
erteilenden  wöchentlichen  Lehrstunden  an  öff.  Schulen  hört  ein  Candidat  auf, 
ordentliches  Mitglied  des  Seminars  zu  sein.  Sollte  ein  ordentliches  Mitglied 
des  Seminars  seine  Verpflichtungen  (§  8,  1 — 3)  vernachlässigen,  so  ist  die 
Seminardirection  befugt,  üin  auszuschliefsen.  §  14.  Aufser  dem  seitens  des 
K.  Prov.Sch.Goll.  über  das  Probejahr  auszufertigenden  Zeugnisse  wird  bei  dem 
Anstritte  aus  dem  Seminar  den  Mitgliedem  auf  ihr  Verlangen  von  der  Seminar- 
direction ein  Zeugnis  über  die  Dauer  ihrer  Angehörigkeit  zum  Seminar  und 
ihre  Bethätigung  in  demselben  ausgestellt  §  15.  Am  Schlüsse  jedes  Schul- 
jahres bis  spätestens  zum  15.  Mai  erstattet  der  Seminardirector  durch  Ver- 
mittelung  des  Ober -Präsidenten  als  Vorsitzenden  des  K.  Prov.Sch.CoIL  dem 
Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  Bericht  über  den  Personalbestand  und  die 
Thätigkeit  des  Seminars  während  des  abgelaufenen  Jahres.  §  16.  Jedem 
ordenüichen  Mitgliede  des  Seminars  wird  bei  seiner  Aufiiahme  ein  Exemplar 
dieses  Statuts  eingehändigt.**    (Etat  4950  M.) 


Bas  K.  pftdagogische  Seminar  für  gelehrte  Sehiden  In  Berlin. 

Statut  y.   18.  Aug.  1869. 

„§  1.  Das  K.  pädagog.  Seminar  hat  die  Aufgabe,  Candidaten  des  h6h. 
Lehramtes  bei  ihrem  Uebergange  zm:  Lehrthätigkeit  in  ihrer  prakt.  nnd  wissen- 
schaftl.  AosbUdang  zn  fördern. 

§  2.  Um  diesen  Zweck  zu  erreichen,  werden  die  Mitglieder  des  Seminars 
mit  Lehrstanden  an  einer  höh.  Lehranstalt  Berlins  beschäftigt  (§  5),  nnd  es 
wird  ihnen  anfserdem  Anlafs  gegeben,  die  Methode  des  Unterrichts  nnd  der 
Erziehung  einem  eindringenden  Nachdenken  zu  unterwerfen  (§§  8.  10)  und  auf 
dem  Gebiet  ihrer  Fachwissenschaft  weiter  za  aibeiten  (§§  8.  9). 

§  3.  Das  Seminar  steht  unter  der  unmittelbaren  Aufsicht  des  K.  Ministeriums 
fOr  geistliche,  Unterrichts-  und  MedicAngelegenheiten.  Dasselbe  ernennt  den 
Director  des  Seminars  und  entscheidet  über  £e  Anträge  des  Directors  zur  Auf- 
nahme von  Mitgliedern  in  das  Seminar  (§  4);  an  dasselbe  werden  die  regel- 
mäfsig  von  dem  Dir.  zu  erstattenden  oder  auüMrordentlich  eingeforderten  Berichte 
eingereicht. 

§  4.  Bedingung,  der  Aufnahme  in  das  Seminar  ist,  dafs  der  Au&u- 
nehmende  die  wissenschafU.  PruÜDmg  für  das  höh.  Lehramt  in  einer  Weise 
bestanden  habe,  welche  zu  dem  Ernst  seines  Strebens  und  zu  der  Gründlichkeit 
seines  Arbeitens  Vertrauen  einflöfst,  dafs  er  das  20.  Lebensjahr  überschritten 
und  das  30.  noch  nicht  erreicht  habe,  und  dafs  derselbe  dem  preuHs.  Staat 
angehöre.  Angehörige  anderer  Staaten  können  nur  dann  ausnahmsweise  als 
Mitglieder  in  das  Seminar  aufgenommen  werden,  wenn  ihre  wissenschaftl. 
Befähigung  eine  vorzügliche  ist  und  sie  erklären,  dafs  sie  eine  Anstellung  im 
preufs.  Staate  wünschen.  Sie  treten  durch  ihre  Aufiiahme  in  das  Seminar  für 
die  3  auf  ihren  Austritt  aus  demselben  zunächst  folgenden  Jahre  in  dieselbe 
Verpflichtung,  welche  für  die  dem  preufs.  Staate  angehörigen  Mitglieder  des 
Seminars  besteht  (§  12).* 

§  5.  Jedes  Seminarmitglied  ist  yerpflichtet,  6  wöchentL  Lehrstunden  an 
einer  öffentl.  höh.  Lehranstalt  Berlins  ohne  Anspruch  auf  Bemuneration  zu 
erteilen  und  durch  Hospitiren  in  anderen  Lectionen,  insbesondere  ihres  Lehr- 
gebiets, sich  mit  dem  Gange  und  der  Methode  des  Unterrichts  bekannt  zu 
machen.  Die  Erteilung  dieser  6  Lectionen  während  des  ersten  Jahres  ihrer 
Lehrthätigkeit  wird  ihnen  als  das  gesetzliche  Probejahr  angerechnet  In  dieser 
ihrer  Lehrthätigkeit  sind  die  Seminaristen  dem  Dir.  derjenigen  Anstalt,  an  welcher 
sie  unterrichten,  in  vollkommen  derselben  Weise  untergeben,  wie  die  Probe- 
Candidaten  (C.Verf.  v.  30.  März  1867)  und  weiterhin  wie  die  an  einer  Lehr- 
anstalt in  zeitweiliger  Verwendung  stehenden  wissenschaftl  Hülfslehrer.  Die 
Seminaristen  stehen  aber  noch  anfserdem  unter  der  Aufsicht  des  Seminar- 
directors,  welcher  ihre  Lehrstunden  zu  besuchen  berechtigt  und  verpflichtet  ist 
und  sich  in  Betreff  der  ihnen  über  ihr  Hospitiren  und  über  ihre  eigne  Lehr- 
thätigkeit zu  gebenden  Weisungen  mit  den  Directoren  der  betr.  Anstalten  in 
Einvernehmen  setzt 

§  6.  Es  ist  den  Mitgliedern  des  Seminars  gestattet,  auföer  den  ihnen 
pflichtmäfsig  zugewiesenen  6  Lectionen  poch  weitere  Lehrstunden  an  derselben 
öffentl.  Lehranstalt  oder  Privatunterricht  zu  übernehmen.  Doch  darf  dies  nur 
mit  Bewilligung  des  Seminardir.  geschehen,  welcher  darüber  zu  wachen  hat, 
dafs  nicht  durch  ein  Uebermafs  solcher  Arbeiten  die  Gründlichkeit  der  prakt 
Ausbildung  und  der  wissenschaftl.  Fortschritt  der  Seminaristen  gefährdet  werde. 
Die  Gesamtzahl  der  an  einer  öffentl.  Anstalt  von  einem  Seminaristen  über- 
nommenen Lehrstunden  darf  15  nicht  übersteigen. 

§  7.  Jeder  Seminarist  ist  verpflichtet,  an  den  regelmäfsigen  Versammlungen 
des  Seminars  teilzunehmen  und  die  ihm  für  dieselben  vom  Seminardir.  auf- 


8 

getragenen  Arbeiten  auszuführen.  Diese  Yersammlnngen  finden  unter  Vorsitz 
des  Dir.  aUe  14  Tage  för  die  Daner  von  2  Standen  statt  und  sind  der  Kritik 
der  von  den  Seminarmitgliedem  eingereichten  Abhandlungen  (§  8)  und,  soweit 
daneben  Zeit  übrig  bleibt,  wissenschaftlichen  und  didaktischen  Erörterungen 
nach  der  Bestimmung  des  Seminardir.  gewidmet.  In  den  Bereich  dieser 
Erörterungen  gehören  insbesondere  Beferate  über  didaktisch-pädagogische  Werke 
und  Abhandlungen  sowie  über  Schulbücher  auf  den  einzelnen  ünterrichtsgebieten. 

§  8.  Jedes  Seminarmitglied  ist  verpflichtet,  jährlich  eine  fachwissen- 
schaftUche  und  eine  didaktisch -pädagogische  Abhandlung  dem  Seminardir. 
einzureichen. 

§  9.  Für  die  fachwissenschafti.  Abhandlung  ist  zu  erwarten,  dafs  jeder 
Seminarist  aus  dem  Bereiche  seiner  speciellen  Studien  sich  ein  angemessenes 
Thema  wählen  wird.  Doch  hat  er  dasselbe  Torher  dem  Seminardir«  zur 
Genehmigung  vorzulegen  und  kann  auch  bei  eigener  Unsicherheit  über  die 
Wahl  eines  Gegenstandes  den  Seminardir.  um  Vorschläge  ersuchen.  Die 
fachwissenschafti.  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  class.  Philologie  sind, 
insoweit  nicht  eine  Ausnahme  zu  gestatten  der  Seminardir.  iur  zweckmäßig 
erachtet,  in  lateinischer  Sprache  abzufassen. 

§  10.  Für  die  aidaktisch-pädagog.  Abhandlung  steht  es  den  Seminaristen 
auch  frei,  sich  den  Gegenstand  selbständig  zu  wählen  und  die  Genehmigung 
ihrer  W^  seitens  des  Seminardir.  einzuholen;  häufiger  jedoch  als  bei  den 
fachwissenschafti.  Abhandlungen  wird  der  Vorschlag  von  dem  Seminardir.  aus- 
zugehen haben.  Der  Seminardir.  wird  darauf  bedacht  sein,  nicht  sowohl  all- 
gemeine Fragen  der  Pädagogik  und  Didaktik  zur  Bearbeitung  zu  bringen, 
welche  bei  Anfängern  im  Unterrichten  leicht  zu  leeren  Abstractionen  fahren, 
sondern  solche  specielle  Aufgaben  über  Stoff  und  Methode  des  Unterrichts  auf 
jedem  einzelnen  Lehrgebiete,  zu  denen  die  beginnende  Lehrthätigkeit  der 
Seminaristen  Anlafs  giebt  und  in  deren  Bearbeitung  sich  die  allgemeinen 
didakt.  Grundsätze  zu  bewähren  haben.  Die  didakt  pädagogischen  Ab- 
handlungen sind  in  deutscher  Sprache  abzufassen. 

§  II.  Jede  Abhandlung  eines  Seminaristen  wird  einem  anderen  MitgLiede 
zum  Beferate  und  zur  Kritik,  den  übrigen  Mitgliedern  zur  Kenntnisnahme  über- 
geben und  gelangt  sodann  zur  mündl.  Discussion  in  einer  Versammlung  des 
Seminars.  Die  Discussion  wird  in  derselben  Sprache  geführt,  in  welcher  die 
Abhandlung  abgefafst  ist.  Ueber  fachwissenschs^  Abhandlungen,  welche 
aufserhalb  des  Studienkreises  des  Seminardir.  liegen,  ist  derselbe  berechtigt, 
einen  competenten  Fachmann  um  sein  Urteil  zu  ersuchen  und  dieses  in 
geeigneter  Weise  für  das  Seminar  oder  doch  für  den  Verfasser  der  Abhandlung 
zu  verwenden. 

§  12.  Die  Dauer  der  Mitgliedschaft  am  Seminar  erstreckt  sich  in  der 
Begel  auf  höchstens  drei  Jahre;  für  Ausnahmen  ist  ein  motivirter  Antrag  an 
das  vorgeordnete  Ministerium  zu  richten.  Die  Mitgliedschaft  erlischt  schon  vor 
dem  bezeichneten  Zeitpunkte  durch  die  wirkl.  Anstellung  eines  Seminaristen  an 
einer  öfifenti.  Lehranstalt.  Sollte  bei  einem  Seminaristen  durch  die  Beschaffenheit 
seiner  Abhandlungen  oder  seiner  Lehrthätigkeit  der  Zweck  des  Seminars  sich  als 
unenreichbar  erweisen,  so  hat  der  Seminardir.  den  Antrag  auf  Ausschliefsung 
aus  dem  Seminar  an  das  vorgeordnete  Ministerium  zu  richten.  Jedes  Seminar- 
mitglied übernimmt  die  Verpflichtung,  bis  auf  3  Jahre  nach  dem  Austritt  aus 
dem  Seminar,  falls  es  sich  nicht  bereits  in  einer  festen  Anstellung  an  einer 
öffentl.  Lehranstalt  befindet,  jede  ihm  von  der  K.  Schulbehörde  übertragene, 
etatsmäfsig  besoldete  Lehrstelle  anzunehmen,  widrigenfalls  den  Betrag  des 
Seminarstipendiums  zurückzuerstatten. 

§  13.  Im  Januar  jedes  Jahres  hat  der  Seminardir.  dem  vorgeordneten 
Ministerium  über  den  Zustand  des  Seminars  während  des  abgelaufenen  Jahres 


Bericht  zu  erstatten.  Dieser  Bericht  hat  über  die  Aenderungen  im  Personal- 
Stande  des  Seminars,  über  die  eingelieferten  Abhandinngen,  über  die  Ver- 
handlungen in  den  Seminarsitznngen  nnd  über  die  Lehrthätigkeit  der  Seminaristen 
genane  Auskunft  zn  geben.  Abschrift  dieses  Berichts  ist  dem  K.  Proy.Sch.Coll. 
zur  Kenntnisnahme  einzureichen. 

§  14.  Das  Seminar  hat  10  Mitglieder;  die  fünf  dem  Eintritt  nach  älteren 
Mitglieder  erhalten  ein  Stipendium  für  jetzt  im  Jahresbetrage  von  je  200  Thlm. 
(jetzt  7  Stellen  je  750  M.),  die  fünf  übrigen  im  Jahresbetrage  von  je  150  Thlm. 
(jetzt  600  M.).  Die  Stipendien  werden  von  der  K.  Consistorialkasse  in 
monaü:  Baten  praenum.  ausgezahlt.  Die  einzelnen  Quittungen  bedürfen,  um 
auszahlungsfähig  zu  sein,  der  Unterschrift  des  Seminardir.  Dieser  hat  seine 
Unterschrift  vom  vierten  Monat  an  nach  dem  Eintritt  eines  Seminarmitgliedes 
nur  dann  zu  erteilen,  wenn  die  eine  der  beiden  Abhandlungen,  und  vom  zehnten 
Monat  an  nur  wenn  auch  die  zweite  Abhandlung  eingereicht  ist  Im  2.  und 
3.  Jahre  der  Mitgliedschaft  darf  die  Unterschrift  der  Quittungen  nur  dann 
gewährt  werden,  wenn  die  Verpflichtungen  des  vorhergehenden  Jahres  erfallt 
sind,  und  es  treten  dann  im  4.  und  10.  Monat  die  gleichen  Bedingungen  ein, 
wie  im  ersten  Jahre.  Etwanige  Ersparnisse  durch  zeitweilig  eingetretene 
Vacanzen  einer  SteUe  oder  nicht  erhobene  Stipendienrateri  fallen  der  Best- 
verwaltung des  Seminars  anheim;  über  die  Verwendung  solcher  Beträge  hat 
der  Seminardir.  motivirte  Anträge  dem  vorgeordneten  Ministerium  vorzulegen. 
Aufser  den  Stipendien  sind  järlich  im  Etat  des  Seminars  150  Thlr.  zu 
besonderen  Kemunerationen  bestimmt,  über  deren  Verwendung  der  Seminardir. 
seine  Anträge  an  das  vorgeordnete  Min.  zu  richten  hat 

§  15.  Zur  Erhaltung  und  Vermehrung  der  Bibliothek  des  Seminars  sind 
jährl.  40  Thlr.  bestimmt.  Die  Wahl  der  anzuschaffenden  Bücher  ist  Sache  des 
Seminardir.  Die  specielle  Besorgung  der  Bibliothek,  insbesondere  die  geordnete 
Führung  des  Katalogs  und  die  Ausleihung  von  Büchern  an  Seminaristen  über- 
trägt der  Dir.  einem  Seminarmitgliede ;  doch  ist  für  die  Erhaltung  und  Ordnung 
der  Bibliothek  der  Seminardir.  verantwortlich  und  hat  jährlich  mindestens 
einmal  eine  Revision  der  Bibliothek  zu  veranstalten  und  das  darüber  abgefafste 
Protokoll  der  vorgesetzten  Behörde  abzuliefern. 

§  16.  Jedes  Seminarmitglied  erhält  bei  seinem  Eintritt  ein  Exemplar 
des  Seminarstatuts  und  hat  schriftlich  die  Verpflichtung  zur  Einhaltung  desselben 
anzuerkennen."    Der  Min.  u.  s.  w.    In  Vertr.  Lehnert.  —  Etat  8520  M. 

Das  E.  Seminar  fär  gelelirte  Schulen  in  Stettin. 

Statut  V.  3.  Juli  1B44. 

§.  J.  Der  Zweck  des  Seminars  ist,  Lehrer  für  Gymn.  und  höh.  Bürger- 
schulen, besonders  der  Prov.  Pommern,  zu  bilden  und  daher  den  Mitgliedern 
dieses  Instituts  Gelegenheit  zu  geben,  sowohl  theoret.  als  prakt.  sich  diejenigen 
Einsichten,  Kenntnisse  und  Geschicklichkeiten  anzueignen,  durch  welche  der 
glückliche  Erfolg  ihrer  künft.  Wirksamkeit  als  ordentl.  Lehrer  an  höh.  Unter- 
richtsanstalten begründet  und  gesichert  wird.  Das  Seminar  gewährt  hiernach 
eine  üebergangsstufe  von  der  wissenschaftl.  in  die  amtl.  Thätigkeit  und  stellt 
sich  als  eine  Anstalt  zur  unmittelbaren  Vorübung  und  Einleitung  in  den  künf- 
tigen Beruf  dar. 

§  2.  Aus  dieser  Bestimmung  des  Seminars  ergiebt  sich:  1)  dafs  bei 
jedem  Seminaristen  bereits  die  allgem.  Sprach-  und  wissenschaftl.  Kenntnisse 
vorausgesetzt  werden,  welche  erforderlich  sind,  um  in  irgend  einem  Lehrfache 
nicht  allein  in  den  unteren,  sondern  auch  in  den  mittl.  oder  oberen  Kl.  eines 
Gymn.  unterrichten  zu  können;         2)  dafs  er  für  den  Beruf  des  Lehrers  und 


10 

das  Stadium  der  Pädagogik  Neigung  und  Fähigkeit  habe,  sowie  den  Willen, 
dafor  immer  tüchtiger  zn  werden;  dafs  er  danach  strebe,  die  von  ihm  erworbenen 
Kenntnisse  auch  Anderen  anf  eine  den  Geist  anregende  nnd  bildende  Weise 
mitzuteilen,  einen  gründlichen,  strengen  Unterricht  mit  einer  festen,  ernsten 
.  Disciplin  zu  verbinden,  um  so  dereinst  als  wa^er  Lehrer  nnd  Erzieher  auf  die 
Entwickelnng  der  Geisteskraft  nnd  die  Bildung  einer  in  jeder  Beziehung  tüch- 
tigen Gesinnung  in  seinen  Schülern  mit  Erfolg  einwirken  und  auf  Gründlichkeit 
des  Wissens  hinarbeiten  zu  können.  Der  Dir.  hat  sich  Tor  dem  Anfnahme- 
vorschlage  in  angemessener  Weise  von  dem  Vorhandensein  dieser  Eigenschafben 
bei  den  Becipienden  zu  überzeugen. 

§  3.  Der  Dir.  des  Seminars  ist  dem  K.  Proy.Sch.G.  der  Prov.  Pommern 
untergeordnet,  welchem  er  auf  Erfordern  über  alle  Angelegenheiten  des  Seminars 
Bericht  zu  erstatten  hat.  Er  hat  sowohl  das  Ganze  zn  leiten,  als  über  die 
einzelnen  Seminaristen  die  unmittelbare  Aufsicht  zu  fahren.  Dun  liegt  es  ob, 
sowohl  ihre  wissenschaitL  und  pädagog.  Stadien,  als  auch  ihre  prakt.  üebungen 
im  Unterrichten  anzuordnen  und  zu  regeln,  und  es  bleibt  ihm  überlassen, 
einzelne  Seminarmitglieder  für  kurze  Zeit  einem  geübten  und  gebildeten  Lehrer 
zuzugesellen,  damit  sie  in  dessen  Lehrstunden  hospitiren  und  auch  durch  seine 
besondere  Anleitung  Grelegenheit  gewinnen,  in  einen  Gegenstand  des  Unterr., 
welchen  sie  als  ihr  Hauptfach  betrachten,  tiefer  einzudringen. 

§  4.    Die  Zahl  der  Mitglieder  des  Seminars  ist  auf  4  festgestellt. 

§  5.  Das  Seminar  steht  mit  dem  Marienstifks-Gymn.  zu  Stettin  in  der 
genauesten  Verbindung.  Die  Seminaristen  sind  aber  in  Absicht  auf  ihre 
Unterrichtsübungen  weder  an  eine  bestimmte  Klasse  der  Lehranstalt,  noch  an 
unabänderliche  Gegenstände  des  Unterrichts  gebunden,  sondern  werden  nach  der 
Bestimmung  des  Dir.  an  die  verschiedenen  EL  verteilt,  damit  sie  die  Art,  ein 
Lehrobject  nach  den  verschiedenen  Fähigkeiten  und  Vorkenntnissen  der  Schüler 
zu  behandeln,  kennen  lernen  und  in  dem  Fortrücken  aus  einer  niederen  in  eine 
höh.  Kl.  einen  immer  neuen  Antrieb  zu  fortgesetztem  Studium  ihrer  Wissen- 
schaft und  Kunst  erhalten. 

§  6.  Die  Wahl  der  Mitglieder  des  Seminars  hängt  von  dem  Dir.  unter 
Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  ab,  welche  derselbe  bei  Einreichung  und 
Begutachtung  sämtlicher  Meldungen  und  vorgelegten  Zeugnisse  vor  der  Auf- 
nahme nachzusuchen,  auch  etwanige  Vorschläge  der  gedachten  Behörde  zu  berück- 
sichtigen hat.  Die  Aufnahme  erfolgt  unter  nachstehenden  Bedingungen: 
1)  dafs  der  Aufzunehmende  sein  Zeugnis  der  Beife  für  die  Universität,  ein 
Zeugnis  über  das  zurückgelegte  Triennium  und  seine  Universitätsstudien,  sowie 
sein  Prüfungszeugnis  über  das  vorschriftom.  Examen  pro  facult.  docendi  zuvor 
beibringe;  2)  dafs  er  in  Hinsicht  des  Alters  nicht  unter  dem  20.  und 

nicht  über,  das  30.  Lebensjahr  hinaus  sei;  3)  dafs  er  schriftl.  erkläre,  un- 
mittelbar aus  dem  Seminar  in  jedes  ihm  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  zu  übertragende 
Lehramt  an  einer  höh.  Unterrichtsanstalt  der  Provinz  übergehen  zu  wollen. 
Tritt  er  in  ein  Schulamt,  so  mufs  er  sich  verpflichten,  wenigstens  3  Jahre  sich 
demselben  zu  widmen  oder  die  Hälfte  des  bezogenen  Seminargehalts  zurück- 
zuzahlen. Dasselbe  findet  statt,  wenn  ein  Seminarist  sich  weigert,  eine  ihm 
vom  K.  Prov.Sch.C.  übertragene  Lehrstelle  anzunehmen  oder  vor  Ablauf  jener 
3  Jahre,  zu  welchem  Amt  es  auch  sei,  ins  Ausland  übergeht  §  7.  (Ist  auf- 
gehoben.) §  8.  Die  Seminaristen  sind  zugleich  Hülfslehrer  des  Gymn.  und  als 
solche  verbunden,  wöchentlich  10  Unterrichtsstunden  in  demselben  zu  erteilen. 
Sie  haben  damit  zugleich  das  Becht  und  die  Pflicht,  ihre  Stimme  über  üure 
Schüler  bei  Gensuren,  bei  Bangordnungen  und  Versetzungen  abzugeben,  bei  den 
allgem.  Lehrerconferenzen  zugegen  zu  sein,  den  Pfüfdngen  beizuwohnen,  die 
Grundsätze  der  Methode  und  Disciplin  kennen  zu  lernen  und  sich  so  für  ihren 
künftigen  Beruf  nach  allen  Seiten  hin  auszubilden. 


11 

§.  9,  Di^  von  den  Seminarmitgliedern  in  einer  von  dem  Dir.  näher  zu 
bestimmenden  Ordnung  nnd  Zeitfolge  zn  liefernden  Ausarbeitangen  beziehen 
sich  teils  anf  ünterrichtsgegenstände  höherer  Lehranstalten,  teils  auf  die  Theorie 
der  Pädagogik  nnd  die  Methode  des  Unterrichts.  Unter  dem  Vorsitze  des  Dir. 
Tersammeln  sich  dieselben  alle  Monate  ein-  oder  zweimal  zur  Prüfung  einer 
Abhandlung,  nachdem  diese  Torher  unter  sämtl.  Mitgliedern  zur  schriftl.  Be- 
urteilung circulirt  hat.  Diese  Zusammenkünfte  sind  von  dem  Dir.  auch  dazu 
anzuwenden,  den  Seminaristen  über  die  bei  ihren  Studien  zu  verfolgenden  Bich- 
tnngen  und  ihre  Lehrpraxis  (§  3)  die  nöthigen  Winke  und  Anweisungen  zu 
geben,  sie  auf  die  neuesten  Fortschritte  der  Wissenschaft  überhaupt  und  ihres 
Faches  insbesondere  aufmerksam  zu  machen,  ihnen  die  neuesten  dahin  ein- 
schlagenden Schriften  zu  nennen  und  von  Zeit  zu  Zeit,  wenn  sie  mit  denselben 
bekannt  geworden,  eine  mündl.  oder  schrifkl.  Belation  darüber  au&utragen,  ein 
und  das  andere  Mitglied  zur  Beschreibung  des  Ganges  seiner  Studien  und  zur 
Darlegung  des  bei  den  öffentl.  Lehrstnnden  von  ihm  befolgten  Plans  zu  ver- 
anlassen. 

§  10.  Im  Allgm.  wird  von  den  Seminarmitgliedem  erwartet,  dafs  sie 
sich  dem  Dir.  völlig  unterordnen,  auf  das  Schulamt  gründlich  und  plan- 
mäfsig  vorbilden,  die  schrifü.  Abhandlungen  und  Aufsätze  mit  Sorgfalt 
bearbeiten  und  pünktl.  abliefern,  auf  die  ihnen  im  Gymn.  zu  übertragenden 
Lectionen  sich  gehörig  vorbereiten  und  die  Disciplin  nach  den  bestehenden 
Gesetzen  und  Einrichtungen  der  Schule  mit  Buhe  und  Besonnenheit  handhaben, 
zugewiesene  Stellvertretungen  bereitwillig  übernehmen,  eine  nach  Umständen 
ihnen  anzuvertrauende  Specialaufsicht  über  verwahrloste  Schüler,  damit  sie  durch 
Ermahnungen  und  Gewöhnung  an  Thätigkeit  besseren  Sinn  in  ihnen  zu  er- 
wecken versuchen  und  sich  selbst  dadurch  in  der  Erziehung  üben,  auf  unbestimmte 
Dauer  fuhren,  überhaupt  jedes  ihnen  obliegende  Geschäft,  wohin  auch  für  den 
Zweck  ihrer  umfassenderen  prakt.  Ausbildung  ein  einstweiliges  Ordinariat  in 
einer  unteren  oder  mitü.  El.  gehören  kann,  mit  Eifer  und  Fleifs  verrichten 
werden.  Auffallende  und  zur  Gewohnheit  gewordene  Pflichtversäumnisse,  sowie 
anstöfsiger  Lebenswandel, .  oder  eine  während  des  Aufenthats  im  Seminar  hervor- 
tretende Nichtbefähigung  zum  Lehramt  können  auf  den  bei  dem  K.  Prov.Sch.C. 
zu  stellenden  Antrag  des  Dir.  Entlassung  aus  dem  Seminar  nach  sich  ziehen. 

§  11.  Da  für  das  Gymn.  eine  besondere  Sammlung  von  Büchern  und 
anderen  Lehrmitteln  vorhanden  ist,  so  steht  es  den  Seminarmitgliedem,  wie 
den  übrigen  Lehrern  der  Anstalt  frei,  davon  zu  jeder  Zeit,  sowohl  zur  Be- 
nutzung für  üire  Lehrstnnden,  als  auch  für  ihre  Privatstudien  Gebrauch  zu 
machen. 

§.  12.  Jedes  SeminarmitgUed  bezieht  aus  dem  Seminarfonds  ein  jährl. 
Stipendium  von  150  Thlm.,  welches  in  vierteljährl.  Baten  gegen  dessen  Quittung 
ausgezahlt  wird.  Aufserdem  erhalten  die  Seminaristen  freie  Wohnung  mit  einem 
Möbelinventarium  in  dem  zu  diesem  Zwecke  dem  Seminar  überwiesenen,  dem 
Mariensüfb  zugehörigen  Hause.  Auch  wird  allen  auf  den  deshalb  jährl.  bei  dem 
E.  Prov.Sch.G.  zu  stellenden  Antrag  des  Dir.  eine  Brennholzvergütigung  von 
9  Thlm.  für  jeden  bewilligt  werden,  sofern  die  dem  Seminar  bestimmten  Fonds 
dazu  ausreichen. 

§  13.  Die  Mitglieder  des  Seminars  sind  von  der  Abhaltung  des  vor- 
schriftsm.  Probejahrs  befreit,  statt  dessen  ihnen  das  1.  Jahr  ihres  Aufenthalts 
im  Seminar  angerechnet  wird.  Als  regelm.  Dauer  dieses  Aufenthalts  sind 
3  Jahre  bestimmt;  doch  kann  diese  Zeit  auf  den  Antrag  des  Dir.  bei  Subjecten, 
von  welchen  der  Zweck  des  Seminars  nachweislich  früher  erreicht  ist,  auf 
2  Jahre  herabgesetzt  werden.  Nach  beendigtem  Triennium  resp.  Biennium 
scheiden  sie  aus  der  -Anstalt,  haben  jedoch  von  Seiten  des  E.  Prov.Sch.G. 
unter  Voraussetzung  gehöriger  Qualification  vorzugsweise  Berücksichtigung  bei 


12 

Besetznng  Ton  Stellen  königl.  Patronats  an  Gymnasien,  sowie  Torkommenden 
Falls  Empfehlung  bei  anderen  Patronatsbehörden  zn  erwarten.  Es  steht  Jedoch 
jedem  qaaliflcirten  Seminaristen  frei,  nach  einjähr.  Aufenthalt  im  Seminar  in 
eine  Schalstelle  überzugehen.  Von  der  genannten  königl.  Behörde  können 
auch  far  den  Fall  einer  nothwendigen  interimißt.  Aushülfe  bei  einer  anderen 
Lehranstalt  der  Provinz  geeignete  Seminarmitglieder  gegen  billige  Bemnneration 
statt  des  inzwischen  von  ihnen  aufzugebenden  und  ihren  Stellvertretern  als 
Bemuneration  zufallenden  Seminargehalts  in  Anspruch  genommen  werden,  jedoch 
höchstens  2  derselben  gleichzeitig;  wie  überhaupt  dabei  auf  die  etwa  für  das 
Marienstifts-Gymn.  zu  Stettin  erwachsenden  Verlegenheiten  billige  Bäcksicht  zu 
nehmen  ist.  Da  das  Seminar  aber  nicht  lediglich  als  ein  Provinzialinstitut 
zu  betrachten  ist  (§  1),  so  wird  das  E.  Minist,  die  Seminaristen  vorkommenden 
Falls  auch  anderen  K.  Prov.Schulcollegien  zu  angemessener  Beförderung  em- 
pfehlen. 

§  14.  Der  Dir.  hat  nach  Ablauf  jedes  Jahres  dem  E.  Prov.Sch.C.  über 
den  inneren  und  äufseren  Zustand  des  Seminars  Bericht  zu  erstatten,  welches 
denselben,  mit  seinen  gutachtl.  Aeufserungen  begleitet,  dem  E.  Minist,  einzusenden 
hat.  Dem  Jahresbericht  ist  eine  Tabelle  über  die  äufseren  Verhältnisse,  die 
Bildung  und  Fortschritte  der  Seminaristen  beizulegen. 

§.  15.  Zur  Unterhaltung  des  Seminars  sind  jährl.  aus  dem  Fonds  des 
Marienstifts  1200  Thlr.  bestimmt,  wovon  600  Thlr.  zu  den  Stipendien  der 
4  Seminarmitglieder,  50  Thlr.  zur  Vermehrung  der  Gymn.Bibliothek,  deren  un- 
beschränkte Benutzung  auch  den  Seminaristen  zustehl^  360  Thlr.  zur  Besoldung 
eines  beim  Gymn.  zu  Stettin  anzustellenden  Hülfslehrers,  verwandt  werden.  Die 
übrigen  190  Thlr.  will  das  E.  Minist,  teils  zu  der  dem  Dir.  des  Seminars  jährl. 
zu  bewilligenden  Bemuneration,  teils  zu  den  oben  erwähnten  Brennholzver- 
gütigungen  und  Gratificationen,  besonders  far  tüchtige  Seminaristen,  teils  ad 
extraordinaria  bestimmen,  und  hat  der  Dir.  alljährl.  im  Jahresbericht  zu  deren 
Verwendung  gutachtliche  Vorschläge  zu  machen  und  die  Entscheidung  des 
E.  Minist,  durch  das  E.  Prov.Sch.C.  zu  erwarten.  —  Das  Gehalt  einer  Seminar* 
vacanz  wird  den  dieselbe  übertragenden  Seminarmitgliedem  wie  das  eigene 
ausgezahlt,  und  das  Curätorium  des  Marienstifts  wird  zu  diesem  Behuf  am 
Schlufs  jedes  Jahres  dem  Dir.  durch  seinen  Bendanten  einen  Extract  der  Seminar- 
rechnuDg  mit  Angabe  des  Eassenbestandes  vorlegen  lassen.'* 

Das  pädagogische  Seminar  in  Posen. 

Das  Statut  v.  J.  1884  ist  bezw.  übereinstimmend  mit  denjenigen  von 
Danzig  (s.  S.  5). 

Das  K.  pädagogische  Seminar  in  Breslan. 

Instruction  v.  11.  Apr.  1863. 

„1.  Der  Zweck  des  Seminars  ist  die  wissenschaftl.  und  prakt.  Ausbildung 
für  das  Lehramt  an  höh.  Unterrichtsanstalten. 

2.  Die  Direction  des  Seminars  wird  unter  der  unmittelbaren  Aufsicht  des 
Ministeriums  von  den  beiden  Schulräthen  des  Prov.Sch.C.  geführt  Einer  von 
ihnen  übernimmt,  alle  2  Jahre  mit  dem  anderen  abwechselnd,  als  erster  Dir. 
die  specielle  Leitung  des  Seminars.  Jeder  leitet  beständig  die  prakt  ünter- 
richtsübungen  der  Mitglieder  seiner  Confession.  3.    Die  specielle  Leitung 

des  ersten  Dir.  besteht  hauptsächlich  in  der  Abhaltung  der  wöchentl.  Ver- 
sammlungen. Diesen  beizuwohnen  ist  der  zweite  Dir.  berechtigt;  auch  ist  der- 
selbe von  den  das  Seminar  im  Allgem.  betreffenden  Anordnungen  in  Eenntnis 


13 

zn  setzen.  AnTserdem  besorgt  der  erste  Dir.  die  Correspoiidenz  des  Seminars, 
ist  Beferent  bei  Erstattung  des  Jahresberichts  an  das  E.  Ministerium,  hat  die 
Bibliothek  zu  verwalten  und  über  die  Anschaffung  von  Büchern  dem  E.  Mini- 
sterium jährl.  Bechnung  zu  legen. 

4.  Das  Seminar  nimmt  6  ordentliche  Mitglieder  auf,  von  denen  3  evangel. 
und  3  kathol.  Confession  sind.  Ausnahmsweise  können,  falls  geeignete  einheim. 
Candidaten  nicht  vorhanden  sind,  auch  Ausländer  aufgenommen  werden.  Wenn 
eine  Stelle  für  die  eine  Confession  erledigt  ist,  so  kann  dieselbe  durch  ein 
Mitglied  der  anderen  Confession  auf  so  lange,  jedenfalls  auf  ein  Semester, 
besetzt  werden,  bis  sich  ein  geeigneter  Bewerber  der  betr.  Confession  meldet. 
Aufser  diesen  ordentl.  Mitgliedern  sind  auch  ausserordentliche  zuzulassen,  falls 
sie  den  in  §  5  vorgeschriebenen  Anforderungen  entsprechen.  Dire  Zahl  ist 
nicht  beschränkt;  an  dem  Stipendium  nehmen  sie  nicht  Teil. 

5.  Der  als  ordentl.  Mitglied  Aufzunehmende  mufs  unter  30  Jahre  alt  und 
sittl.  unbescholten  sein,  die  Prüfung  vor  einer  K.  Wissenschaft.  Prüfungs- 
commission bestanden  und  in  derselben  mindestens  die  Befähigung  nachgewiesen 
haben,  in  den  alten  classischen  Sprachen  und  im  Deutschen  oder  in  der  Gre» 
schichte  und  Geographie,  oder  in  der  Mathematik  und  den  Naturwissenschafben 
bis  ni  incl.  unterrichten  zu  können.  Vor  bestandener  Prüfung  kann  die  Auf- 
nahme nur  in  dem  Falle  gestattet  werden,  wenn  der  Aspirant  auf  einer  inländ. 
Universität  rite  promovirt  ist,  oder  in  einzelnen  Ausnahmefällen,  wenn  der 
Aspirant  in  einem  auf  Antrag  der  Direction  von  der  E.  Wissenschaft.  Prüfungs- 
commission angestellten  Tentamen  hat  erkennen  lassen,  dafs  er  die  Prüfung 
pro  facult.  docendi  zu  bestehen  mindestens  in  Jahresfrist  befähigt  sein  wird. 
Erwirbt  er  sich  binnen  Jahresfrist  das  Zeugnis  der  facultas  docendi  nicht,  so 
wird  ihm  das  Stip.  entzogen,  und  hat  er  das  Ziel  nach  2  Jahren  nicht  erreicht, 
so  wird  er  aus  dem  Seminar  entlassen. 

6.  Ueber  die  Aufnahme  der  Mitglieder  entscheiden  die  Directoren. 
Eönnen  sie  sich  über  eine  Aufnahme  nicht  einigen,  so  haben  sie  gemeinschaft- 
lich die  Entscheidung  des  E.  Ministeriums  einzuholen. 

7.  Voi^  den  Mitgliedern  des  Seminars  wird  erwartet,  dafs  sie  einen 
Christi,  sittlichen  Lebenswandel  fuhren,  Treue  und  Eifer  in  dem  ihnen  an- 
gewiesenen Wirkungskreise  beweisen  und  angelegentlich  an  ihrer  wissenschafQ. 
Fortbildung  arbeiten.  Den  Anordnungen  und  Anweisungen  der  Directoren 
haben  sie  willig  Folge  zu  leisten. 

•  8.  Die  Mitglieder  werden  an  einem  Gymn.  ihrer  Confession  oder  an  einer 
Bealschule  in  Breslau  praktisch  beschäftigt.  An  welche  Anstalt  ein  Mitglied 
gewiesen  werden,  ob  und  wann  es  mit  einer  anderen  Anstalt  wechseln  soll, 
bleibt  dem  betr.  Director  zu  bestimmen  überlassen.  9.  Die  Vorsteher  der 
Anstalten  werden  es  sich  zur  Pflicht  machen,  bei  Ueberweisung  von  Lehrstunden 
an  die  Seminaristen  das  Prüfungszeugnis  derselben  und  die  Wünsche  des  betr. 
Seminardirectors  zu  berücksichtigen.  Sie  werden  die  Mitglieder  als  Probe- 
candidaten  betrachten,  dieselben  in  den  Gesamtorganismus  der  Anstalt  in  Bezug 
auf  Lehrverfassung,  Methode  und  Zucht  einführen,  sie  zu  den  Conferenzen  ein- 
laden, ihnen  insbesondere  das  Besuchen  anderer. Lehrstunden  empfehlen  und 
ihnen  far  ihre  prakt.  Ausbildung  in  jeder  Weise  förderlich  sein.  Dem  betr. 
Dir.  des  Seminars  ist  von  dem  Vorsteher  oder  von  den  Lehrern  der  Anstalt  auf 
Verlangen  Auskunft  über  die  Leistungen  und  das  Verhalten  der  Candidaten  zu 
geben.  10.    Der  Seminarist  hat  an  der  Anstalt,  welcher  er  zugewiesen  ist^ 

wöchentl.  4  bis  6  Stunden  Unterricht  zu  übernehmen.  Aufserdem  können  ihm 
im  Fall  der  Noth,  jedoch  nicht  ohne  Genehmigung  des  betr.  Dir.  des  Seminars, 
einige  Vertretungsstunden,  auch  gegen  Bemuneration,  übertragen  werden.  Sonst 
ist  ihm  die  Zeit  zum  eigenen  Studium  möglichst  frei  zu  lassen.  Die  Ueber- 
nahme  von  Privatstunden  ist  von  der  Genehmigung  des  betr.  Seminardir.  ab- 


14 

hängig.  Der  Seminarist  ist  verpflichtet,  den  Lehrerconferenzen  der  Anstalt,  an 
welcher  er  beschäftigt  wird,  regehnäfsig  beizuwohnen. 

11.  Da  der  Seminarist  in  den  Lehrstunden  den  ordentl.  Lehrer  vertritt, 
so  hat  er  sich  mit  diesem  in  ein  näheres  Verhältnis  zu  setzen,  znr  besseren 
Erreichung  des  gemeinsamen  Zwecks  dessen  Lehrstanden  öfters  zn  besuchen 
and  mit  ihm  das  Pensam,  den  Lehrgang,  die  Schüleraafgaben  za  besprechen. 
Der  betr.  Lehrer  wird  seinem  Vertreter  eine  möglichst  genaue  Anweisung  geben, 
dessen  Lehrstunden  oft  besuchen,  darüber  wachen,  dafs  er  das  Lehrziel  erreiche, 
und  ihm  mit  Bath  und  That  beistehen.  12.    Der  Seminarist  hat  femer, 

behufis  weiterer  prakt  Ausbildung,  der  Bereicherung  seiner  Erfahrung,  der 
Kenntnisnahme  von  verschiedenen  Behandlungsweisen  der  Schäler  und  der 
Lehrgegenstände  auf  den  verschiedenen  Stufen  des  Unterr.  und  behufis  der  Ein- 
sicht in  den  Organismus  und  den  gesamten  Lehrbetrieb  nicht  nur  die  Lehr- 
standen in  den  verschiedenen  El.  der  Anstalt,  welcher  er  zugewiesen  ist,  son- 
dern auch  nach  Anordnung  und  nöthigenfalis  durch  Vermittelung  des  betr. 
Dir.  Lehrstunden  in  anderen  Anstalten  der  Stadt  zu  besuchen.  13.  In  Bezug 
auf  Schulzucht  und  Schulordnung  hat  der  Seminarist  sich  nach  den  besteh.  Ein- 
richtungen der  betr.  Anstalt  zu  richten  und  die  deshalb  von  dem  Vorsteher 
derselben  einzuholende  Instruction  und  dessen  besondere  Anweisungen  zu  be- 
folgen. 14;  Die  Erziehung  der  Schüler  soll  dem  angehenden  Lehrer  nicht 
minder  als  die  Bildung  der  intellectuellen  Geisteskräfte  derselben  am  Herzen 
liegen.  Er  hat  an  seinem  Teil  durch  Beispiel  und  Unterricht  mitzuwirken,  dafs 
ein  Christi,  sittlicher  und  ein  patriotischer  Sinn  in  der  Jugend  lebendig  werde. 
Wird  ihm  von  dem  Vorsteher  der  Anstalt  ein  verwahrloster  und  verkommener 
Schüler  seiner  Kl.  zu  besonderer  Aufsicht  übergeben,  so  hat  er  sich  desselben 
mit  Ernst  und  Sorgfalt  anzunehmen  und  keine  Mühe  zu  scheuen,  dessen  Bes- 
serung zu  bewirken,  wobei  er  sich  vornehmlich  mit  dem  Klassenordinarius  zu 
berathen  hat. 

15.  Den  Versammlungen  des  Seminars  haben  die  ordentl.  Mitglieder  des- 
selben regelm.  beizuwohnen.  Diese  werden  mit  Ausnahme  der  Ferienzeit  in  der 
Begel  wöchentlich  unter  dem  Vorsitz  des  jedesmal,  ersten  Dir.  gehalten.  Vorträge 
der  Mitglieder  und  Erörterungen  über  pädagog.  und  didakt  Gegenstände  bilden 
vorzugsweise  den  Stoff  der  Unterhaltung  und  dienen  einerseits  zur  Besprechung 
der  Praxis,  andererseits  zu  Belebung  des  wissenschafü.  Strebens.  16.    Die 

ordentl.  Mitglieder  des  Seminars  haben  in  der  Begel  in  jedem  Semester  eine 
Wissenschaft!.  Abhandlung  zu  liefern.  Die  Aufgaben  für  diese  Abhandlungen 
sind  aus  dem  Kreise  der  Schulwissenschaften  und  aus  dem  Gebiet  der  theoret. 
und  prakt  Pädagogik  und  Didaktik  zu  wählen.  Der  Seminarist  erhält  letztere 
Aufgaben  von  dem  ersten  Dir.,  die  ersteren  von  einem  Mitgliede  der  K.  wissen- 
schaftl.  Prüfongscommission  durch  den  Dir.  Es  steht  jedoch  dem  Seminaristen 
auch  irei,  eine  oder  mehrere  Aufgaben  selbst  vorzuschlagen  und  die  Billigung 
derselben  von  dem  betr.  Mitgliede  der  Prüfnngscomm.,  bezügl.  dem  Dir.  ein- 
zuholen. 

17.  Die  Abhandlungen  werden,  wenn  sie  philolog.  und  antiquar.  Gegen- 
stände betreffen,  lateinisch,  sonst  deutsch  bearbeitet.  Sie  werden  zunächst  von 
den  Mitgliedern  des  Seminars,  nachdem  sie  allen  zur  Kenntnis  gekommen  sind, 
schriftl.  kurz  beurteilt.  Die  Arbeiten  aus  dem  Gebiete  der  Pädagogik  und 
Didaktik  werden  mit  den  Bemerkungen  der  Mitglieder  dem  zweiten  Dir.  vor- 
gelegt und  dann  in  den  gewöhnl.  Versammlungen  des  Seminars  einer  eingehenden 
Kritik  unterworfen.  Die  philolog.,  antiquar.,  histor.,  mathemat.  und  natur- 
wissenschafU.  Arbeiten  gehen  mit  den  Bemerkungen  der  Seminaristen,  nachdem 
der.  erste  Dir.  von  ihnen  Kenntnis  genommen  hat,  an  den  zweiten  Dir.  und 
demnächst  an  die  K.  wissenschaftl.  Prüfungscomm.,  deren  betr.  Mitglieder  die- 
selben am  Ende  des  Jahres  in  einer  Versammlung  aller  Seminaristen  und  der 


16 

• 

beiden  Dir.  mit  ihren  Verfassern  durchgehen  und  dabei  Winke  nnd  Andentangen 
fär  fernere  Stadien  geben. 

18.  Der  einjähr.  Aufenthalt  im  Seminar  wird  als  Probejahr  angerechnet. 
Diejenigen  Mitglieder,  welche  sich  im  Seminar  als  besonders  befähigt  erwiesen 
haben,  sollen  bei  Erledigang  von  Scholämtem  vorzogsweise  beracksichtigt  nnd 
zu  Anstellungen  aasdrückl.  empfohlen  werden.  Jedes  ordent.  Mitglied  erhält 
als  Stipendium  jährl.  125  [jetzt  200]  Thlr.  in  monaü.  Baten.  Allen  Mitgliedern 
werden  auf  das  Zeugnis  des  betr.  Dir.  Bücher  von  allen  4  öffentl.  Bibliotheken 
in  Breslau  zum  häusl.  Gebrauch  verabfolgt 

19.  Der  Aufenthalt  im  Seminar  dauert  in  der  Begel  2  Jahre.  Ob  nach 
Verlauf  von  2  Jahren  in  einzelnen  FäUen  die  Mitgliedschaft  verlängert  werden 
kann,  bleibt  dem  Ermessen  der  Direction  überlassen.  Länger  als  auf  4  Jahre 
darf  dieselbe  indefs  nicht  ausgedehnt  werden.  Dem  Ausscheidenden  wird  von 
der  Direction  auf  Verlangen  ein  Zeugnis  über  den  Aufenthalt  im  Seminar  und 
seine  darin  bewiesene  pädagog.  und  didakt.  Thätigkeit  ausgestellt.  20.  Die 
ordenü.  Mitglieder  müssen  nach  ihrem  Ausscheiden  aus  dem  Seminar  mindestens 

3  Jahre  in  Preufsen  im  Schulamt  bleiben,  oder,  wenn  sie  Inländer  sind,  die 
Hälfte,  wenn  sie  Ausländer  sind,  das  Ganze  des  genossenen  Stip.  zurückzahlen. 
Diese  Verpflichtung  wird  dem  Seminaristen  bei  seiner  Aufiiahme  zu  Protokoll 
bekannt  gemacht,  ist  aber  durch  diese  Bekanntmachung  nicht  bedingt. 

21.  Für  die  Bibliothek  sind  gute  in  das  Gebiet  der  Schulwissenschaften 
und  der  Pädagogik  gehörende  Werke  anzuschaffen.  Die  unmittelb.  Aufsicht 
über  dieselbe  wechselt  unter  den  Seminaristen.  Wörterbücher,  Landkarten  und 
Kupferwerke  dürfen  in  der  Begel  nur  im  Local  der  Bibliothek  benutzt  werden. 
Die  übrigen  Bücher  werden  den  Seminaristen  gegen  einen  Empfangschein  auf 

4  Wochen  und,  wenn  ihrer  kein  Anderer  bedtuf,  auch  auf  längere  Zeit  geliehen. 
Die  Bibliothek  wird  jährüch  revidirt. 

22.  Zur  Unterhaltung  des  Seminars  sind  aufser  der  Bemuneration  der 
Directoren  Jährlich  800  [jetzt  1250]  Thlr.  bestimmt  und  auf  den  allgm.  Schul- 
fonds des  Breslauer  Begierungsdepartm.  angewiesen.  Hiemach  werden  750 
[jetzt  1200]  Thlr.  für  die  6  ordentl.  Mitglieder  und  50  Thlr.  zur  Erweiterung 
der  Bibliothek  und  zu  aufserordenü.  Ausgaben  verwandt.  Zur  Zahlung  der 
Stip.  an  die  jedesmal,  ordentl.  Mitglieder  wird  die  betr.  Kasse  auf  Antrag  des 
ersten  Dir.  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  angewiesen.  Ueber  Ersparnisse  durch  er- 
ledigte Stipendien  kann  nur  mit  besonderer  Genehmigung  des  K.  Ministeriums 
verfugt  werden."    Etat:  1650  Thlr. 

Das  pädagogische  Seminar  in  Magdeburg. 

Statut  V.  11.  März  1884. 

Dasselbe  ist  bezw.  übereinstimmend  mit  demjenigen  von  Danzig.  §  2.  „Die 
Leitung  des  Seminars  geschieht  durch  die  beiden  mit  der  Bearbeitung  der  An- 
gelegenheiten der  h6h.  Schulen  betrauten  Schulräthe  des  K.  Prov.Sch.  Coli.,  und 
zwar  in  der  Weise,  dafs  in  regelmäfsigem  Wechsel  je  einer  derselben  für  einen 
bestimmten  Zeitraum  die  Obliegenheiten  der  Leitung  übernimmt^* 

Der  mit  dem  Pädagogium  des  Klosters  U«  L.  Fr.  verbundene 

Gandidateneonvict  in  Magdeburg. 

Bevidiertes  Statut  v.  4.  Sept.  1880. 

§  1.  Der  mit  dem  Kloster  Unser  Lieben  Frauen  verbundene  Gandidaten- 
eonvict hat  den  Zweck,    durch   wissenschaftliche  und   praktische   Anleitung 


16 

tüchtige  Beligionslehrer  fardie  höheren  evangelischen  Schulen  zu  bilden,  die 
zugleich  befähigt  sind,  ordentliche  Mitglieder  der  Lehrer-Collegien  zu  werden 
und  sich  bei  dem  übrigen  wissenschaftl.  unterrichte  zu  beteiligen.  §  2.  Der 
Convict  ist  für  Candidaten  der  Theologie  bestimmt,  welche  das  Zeugnis  pro 
licentia  concionandi  mit  dem  Prädicate  gut  erworben  haben  und  Willens  sind, 
sich  dem  höheren  Schulfache  auf  mehrere  Jahre  oder  für  immer  zu  widmen.  Nur 
ausnahmsweise  findet  bei  einem  geringeren  Zeugnisgrade  mit  Genehmigung  des 
Herrn  Ministers  der  geistl.  u.  s.  w.  Angel.  Aufiiahme  in  den  Convict  statt 
Auch  Candidaten  des  höh.  Schulamts,  welche  Neigung  und  inneren  Beruf  zur 
Erteilung  des  Beligionsunterrichtes  haben,  finden  Aufnahme,  wenn  sie  in  der 
Prüfung  pro  facultate  doc.  mindestens  ein  Zeugnis  zweiten  Grades  erworben 
haben.  Die  Gesamtzahl  der  Candidaten  wird  aid  sechs  festgestellt.  §  3.  Der 
Convict  steht  wegen  seiner  engen  Verbindung  mit  dem  Pädagogium  U.  L.  Fr. 
unter  der  allgemeinen  Aufsicht  des  Propstes  und  Directors,  hat  aber  in  dem 
geistlichen  Inspector  des  Klosters  seinen  besonderen  Vorsteher.  §  4.    Die 

Bewerbung  um  Aufiiahme  geschieht  schriftlich  und  ist  an  den  geistlichen 
Inspector  zu  richten,  unter  Beifügung  des  Abiturienten-  und  üniversitäts- 
zeügnisses,  einer  lateinisch  oder  deutsch  geschriebenen.  Skizze  des  Lebens-  und 
Bildungsganges  des  Bewerbers,  endlich  des  Zeugnisses  über  die  erste  theologische 
Prüfung,  bezw.  des  Zeugnisses  über  die  Prüfung  pro  facultate  docendi.  Den 
Theologen  gereicht  es  zu  besonderer  Empfehlung,  wenn  sie  auf  der  Universität 
philologischen  oder  historischen  oder  philosophischen  Studien  nicht  fremd  ge- 
blieben sind,  den  Philologen,  wenn  sie  auf  der  Universität  schon  theologische 
Vorlesungen  gehört  haben.  Wenn  von  der  in  der  Kegel  zu  erfordernden  per- 
sönlichen Vorstellung  des  Bewerbers  unter  Umständen  abgesehen  wird,  so  ist 
ein  ärztliches  Zeugnis  über  den  Gesundheitszustand  des  Bewerbers  einzureichen. 
Aufserdem  müssen  die  Bewerber  nachweisen,  dafs  die  Ableistung  des  Militär- 
jahres voraussichtlich  nicht  in  die  Zeit  des  Aufenthalts  im  Convict  fällt.  Die 
Genehmigung  der  Aufnahme  wird  von  dem  geistl.  Inspector  in  Gemeinschaft 
mit  dem  Propste  und  Director  des  Pädagogiums,  dem  der  erstere  die  Bewerbungs- 
schreiben nebst  Anlagen  zur  Kenntnisnahme  vorzulegen  hat,  bei  dem  Prov.Sch.Coll. 
beantragt.  §  5.    Die  Candidaten  erhalten  im  Kloster  freie  Wohnung  (in 

•der  Regel  je  2  auf  ein  Wohn-  und  ein  Schlafzimmer  angewiesen),  freie  Heizung, 
freien  Arzt,  freie  Bedienung,  abgesehen  von  der  besonders  zu  vergütenden 
Beinigung  der  Stiefel  und  der  Kleider;  es  steht  ihnen  Mittags-  und  Abend- 
beköstigung am  Alumnatstisch  zu,  wofür  sie  nach  Wahl  eine  Geldentschädigung 
von  90  Pifennig  für  jeden  Tag,  an  welchem  sie  in  Magdeburg  anwesend  sind, 
empfangen  können.  Aufserdem  erhält  jeder  ein  Geld-Stipendium  von  monatlich 
45   Mark   praenumerando.  Bedürftigen   Candidaten   kann   in    besonderen 

Fällen  auch  eine  aufserordentliche  Unterstützung  gewährt  werden.  §  6.  Der 
Aufenthalt  im  Convict  wird  auf  1^/2  bis  2  Jahre  bestimmt;  mindestens  ein 
volles  Jahr  demselben  anzugehören,  mufs  sich  jeder  Candidat  bei  der  Aufnahme 
verpflichten.  Besonders  tüchtigen  Candidaten  kann  ausnahmsweise  schon  nach 
Ablauf  des  ersten  Jahres  von  dem  Convict -Vorstande  Erlaubnis  erteilt  werden 
sich  zur  Prüfung  pro  facultate  docendi  zu  melden.  Wenn  ein  Candidat  sich 
nicht  mit  willigem  Geiste  in  die  Ordnung  des  Convicts  fügt  oder  es  an  Pflicht- 
eifer und  PleiTs  fehlen  läfst  oder  durch  Wandel  und  Benehmen  Anstofs  giebt 
oder  sich  sonst  ungeeignet  für  den  Lehrerberuf  erweist,  hat  der  geistl.  Inspector 
seine  Ausschliefsung  aus  dem  Convict  bei  dem  Prov.  Seh.  Coli,  in  einem  motivirten, 
von  dem  Propste  und  Director  des  Klosters  genehmigten  und  mitunterschriebenen 
Berichte  zu  beantragen.  §  7.  Wenn  ein  theologisches  Mitglied  des  Convicts 
die  Lehramtsprüfung  bestanden  hat  und  in  einem  von  dem  Director  des  Päda- 
gogiums und  dem  geistlichen  Inspector  gemeinschaftlich  auszustellenden  Zeugnisse 
über  seine  pädagogische  und  didaktische  Befähigung  ein  günstiges  Urteil  ab- 


17 

gpegeben  ist,  so  wird  demselben  das  letzte  Jahr  seines  Anfenthalts  im  Convicte 
als  Probejahr  angerechnet  nnd  das  ordnnngsmäfsige  Zeugnis  darüber  von  dem 
Proy.Sch.Coll.  ausgefertigt  Diese  Bestimmung  findet  analoge  Anwendung  auf 
die   nicht-theologischen   Mitglieder   des   Convicts   (§  2.)  Die   Candidaten 

verpflichten  sich  bei  ihrem  Eintritte  in  den  Convict  durch  einen  Bevers,  sich 
nach  bestandener  Prüfung  wenigstens  vier  Jahre  der  praktischen  Thätigkeit  im 
Lehramt  an  inländischen  Gymnasien  oder  Bealschulen  zu  widmen.  Wenn  von 
dieser  Verpflichtung  ein  Candidat  enthoben  zu  sein  wünscht,  so  hat  er  für  jedes 
an  dem  Quadriennium  fehlende  Semester  200  Mark  an  das  Kloster  Unser  Lieben 
Frauen  zurückzuzahlen,  falls  ihn  nicht  der  Herr  Minister  der  geistl.  u.  s.  w. 
Ang.  ausnahmsweise  von  dieser  Zahlung  entbindet.  §  8.    Dem  geistlichen 

Inspector  liegt  es  zunächst  ob,  die  Beschäftigung  der  Candidaten  nach  ihrer 
wissenschaftl.  und  praktischen  Seite  zu  leiten  und  überhaupt  denjenigen  geistigen 
Verkehr  mit  ihnen  zu  pflegen,  der  ihnen  zu  einer  gedeihlichen  und  erfolgreichen 
Benutzung  ihres  Aufenthdts  im  Convict  förderlich  sein  kann.  §  9.    Die 

Beschäftigungen  der  Candidaten  bestehen  in  theologischen  und  solchen  all- 
gemeinen wissenschaftlichen  Studien,  die  mit  den  Aufgaben  des  Unterrichtes 
und  der  Erziehung  einen  unmittelbaren  Zusammenhang  haben,  aufserdem  in 
praktischen  Uebungen.  §  10.    Neben   den  vom   geistlichen  Inspector  zn 

leitenden  theologischen,  philosophischen  und  pädagogischen  Studien  erhalten 
die  Candidaten  auch  Anleitung  zu  Studien  in  der  classischen  und  germanischen 
Philologie  durch  besondere  philologische  Lehrer.  §  11.  a)  In  regelmäfsigem 
V7echsel  mit  den  Mitgliedern  des  Lehrer-Collegiums  haben  die  Candidaten  die 
gemeinsame  Morgenandacht  der  Schule  am  Montag  und  die  Abendandacht  im 
Alumnat  am  Sonnabend  zu  halten.  An  der  letzteren  nehmen  sie  regelmäfsig 
Teil.  b)  Während  eines  Semesters  des  Bienniums  haben  sie  den  Beligions- 
unterricht   in   einer   Klasse   des   Pädagogiums   zu   übernehmen.  c)   Auch 

können  sie  zum  Hospitiren,  namentlich  in  den  Beligionsstunden  des  geistlichen 
Inspectors,  sowie  zur  Abhaltung  einzelner  Probelectionen  angewiesen  werden. 
Die  speciellen  Bestimmungen  zu  b  und  c  trifft  der  geistliche  Inspector  im  Ein- 
Tornehmen   mit   dem   Propste.  §  12.    Den   Unterrichtsstunden    und    den 

geistlichen  Ansprachen  hat  der  geistliche  Inspector  so  oft  wie  möglich  per- 
sönlich beizuwohnen.  In  allen  Fällen,  wo  der  geistliche  Inspector  anderweitig 
beschäftigt  ist,  haben  die  Candidaten  sich  den  allgemeinen,  für  die  Probe- 
Candidaten  geltenden  Bestimmungen,  sowie  den  besonderen  Anordnungen  des 
Propstes  und  Directors  in  Betreff  des  Unterrichts  und  der  Handhabung  der 
Disciplin  unbedingt  zu  unterwerfen  §  13.    Die  Convicts-Ferien  dauern  zu 

Ostern  und  zu  Michaelis  je  drei,  zu  Weihnachten  zwei,  zu  Pfingsten  eine,  die 
Sommerferien  fünf  Wochen.  Alle  Ferien  beginnen  mit  dem  jedesmaligen  Schul- 
fichlusse  am  Kloster.  §  14.  Es  wird  erwartet,  dafs  die  Candidaten  an  den 
sonntäglichen  Gottesdiensten,  sowie  an  den  Schul-Communionen  im  Dom  sich 
regelmäfsig  beteiligen.  §  15.    In  dem  Propste  und  Director  des  Klosters 

haben  sie  den  gemeinsamen  Vorgesetzten  aller  am  Pädagogium  Lehrenden  und 
Lernenden  zu  erkennen  und  zu  ehren.  §  16.    Dem  Propste  und  Director 

liegt  ob,  behufs  des  nach  §  7  von  ihm  und  dem  geistlichen  Inspector  gemein- 
schaftlich auszustellenden  Zeugnisses  nicht  nur  die  Unterrichtsstunden,  welche 
die  Candidaten  erteilen,  von  Zeit  zu  Zeit  zu  besuchen  und  an  diese  Besuche 
Bath  und  Belehrung  zu  knüpfen,  sondern  auch  jeden  einzelnen  Candidaten  vor 
Ausstellung  jenes  Zeugnisses  eine  oder  mehrere  Probelectionen  in  seiner  und 
des  geistlichen  Inspectors  Gegenwart  halten  zu  lassen.  §  17.    Zu  Beisen, 

welche  nicht  in  die  Ferien  fallen,  bedürfen  die  Candidaten  der  Erlaubnis  des 
geistlichen  Inspectors.  Sofern  dabei  der  Unterricht  betroffen  wird,  hat  sich  der 
geistliche  Inspector  zuvörderst  der  Zustimmung  des  Propstes  zu  versichern. 
§  18.    Unter  dem  Vorsitz  des  Provinzial-Schulrathes  findet  vierteljahrlich  eine 

Wiese,  Verordnungen.    IL  2 


18 

Conferenz  der  sämtlichen  am  Convict  beschäftigten  Lehrer  mit  Zuziehung  des 
Propstes  nnd  Directors  des  Klosters  statt,  in  welcher  alle  inneren  nnd  äofseren 
Angelegenheiten  des  Convicts  erörtert,  die  an  den  -Gandidaten  gemachten  Er- 
fahrungen ausgetauscht  und  Ordnung  und  Regelung  der  weiteren  Studien  der- 
selben besprochen  werden.  Aus  besonderem  Anlafs  können  auch  aufserordentlich& 
Gonferenzen  beiiifen  werden.  §  19.    Der  geistliche  Inspector  erstattet  jährlich 

im  April  einen  Bericht  über  den  Gandidaten -Gonvict  und  die  einzelnen  Mit-, 
glieder  desselben,  welcher  durch  den  Propst  und  Director  dem  Prov.Sch.Coll. 
und  von  diesem  urschriftlich  dem  Herrn  Minister  der  Unterrichts-Angelegenheiten 
überreicht,  aufserdem  aber  abschriftlich  dem  E.  Gonsistorium  zur  Eennlaiisnahme 
mitgeteilt  wird. 

Vorstehendes  Statut  wird  auf  Grund  der  durch  das  Bescript  des  Herrn 
Ministers  d.  geistl.  u.  s.  w.  Ang.  y.  9.  August  erteilten  Genehmigung  hierdurch 
von  uns  voUzogen  und  ausgefertigt  Magdeburg,  den  4.  September  1880. 
Königliches  Provinzial-Schul-Collegium.    von  Patow. 

Das  pädagogische  Seminar  der  Universität  Halle-Witten- 
berg, dessen  Statut  unter  dem  16.  Sept.  1882  erneut  war  (s.  GBl.  1882 
S.  615  fg.))  ist  im  J.  1884  nach  Magdeburg  verlegt  und  entsprechend  reorganislrt 
worden  (s.  S.  15). 

Das  „Seminarium  praeceptorum"  bei  den  Franckeschen  Stif- 
tungen zu  Halle  ist  eine  private  Veranstaltung.  Die  Begründung  erfolgte  durch 
A.  H.  Francke  seine  Emeuung  durch  den  jetzigen  Director  Dr.  Otto  Frick.  Vgl. 
dessen  Schrift:  Das  Seminarium  praeceptorum,  Halle  1883,  und  die  Mitteilungen 
im  5.  Heft  der  Lehrproben  und  Lehrgänge,  ebenda  1885. 


Das  pädagogische  Seminar  in  Gassei. 

Das  Statut  ist  bezw.  übereinstimmend  mit  demjenigen  von  Danzig  (s.  S.  5)< 


Anderweitige  praktische  Anleitung  der  Schulamtscandidaten. 

Seit  dem  Jahre  1855  wurde  vom  Ministerium  der  Plan  verfolgt,  einzelnen 
durch  didakt.  Wirksamkeit  besonders  bewährten  Lehrern  mehrere  Schulamts^ 
candidaten  (jedoch  gleichzeitig  nicht  mehr  als  3),  die  bei  der  Prüfung  pro 
facult.  docendi  eine  genügende  Befähigung  gezeigt  hatten,  zu  specieller  Anleitung 
zuzuweisen.  Es  wurde  dabei  im  Allgm.  das  Verfahren  befolgt;,  dafs  die  Gandi- 
daten zuerst  mehrere  Wochen  dem  Unterr.  des  Lehrers,  der  ihnen  zum  Vorbilde 
dienen  sollte,  hospitirend  beiwohnen,  später  in  seiner  Gegenwart  selbst  Versuche 
im  unterrichten  in  verschiedenen  Klassen  und  Gegenständen  machen,  aufser  der 
Elassenzeit  aber  durch  freie  oder  an  die  Lehrstunden  des  Tages  anknüpfende 
Besprechungen  über  Methode  u.  s.  w.  angeregt  und  geübt  werden  sollten.  Bis 
jetzt  haben  derartige  Einrichtungen  nur  in  Berlin  stattgefunden.  Es  ist  die 
Absicht  gewesen,  ähnliche  Einrichtungen  auch  in  Provinzialstädten  zu  treffen, 
wo  die  Schulen  und  die  Lehrercoll.  von  mäfsigerem  Umfang  noch  mehr  ge- 
eignet sind,  die  Gandidaten  sogleich  beim  Eintritt  in  den  Lehrerberuf  daran 
zu  gewöhnen,  sich  als  Glieder  dem  Ganzen  anzuschliefsen. 

Anleitung  zum  Unterricht  in  den  neueren  Sprachen. 

Nachr.  vom  Jahre  1861:  „Seit  Ostern  v.J.  ist  mit  dem  Friedrichs- 
gymnasium hierselbst  ein  unter  Leitung  des  Prof.  Dr.  Herr  ig  gestelltes  Institut 


19 

zur  AuBbildung  von  Lehrern  far  die  neueren  Sprachen  verbunden.  Die  Zahl 
der  ordenü.  Mitglieder  ist  fa(  jetzt  auf  3  festgesetzt.  Als  ordentL  Mitglieder 
werden  nur  solche  Schnlamtscandid.  aufgenommen,  welche  vor  einer  E.  wissen- 
BchafU.  Prüfangscomm.  das  Examen  pro  facnlt.  docendi  bestanden  haben. 
Aofserdem  werden  Hospitanten  zugelassen,  die  auch  ans  den  Stndirenden  gewählt 
werden  können,  wenn  sie  mindestens  4  Semester  bereits  absolvirt  haben. 
Sämtl.  Mitglieder  des  Instituts  werden  in  schrifU.  Ausarbeitungen  und  freien 
Vorträgen  in  den  betr.  Sprachen  geübt,  und  erhalten  eine  specielle  Anleitung 
für  das  prakt.  Lehramt.  Die  ordentl.  Mitgl.  wohnen  anfangs  dem  ünterr.  des 
Prof.  H.  in  verschiedenen  Klassen  bei,  um  eine  Anschauung  seines  Verfahrens 
zu  gewinnen,  später  erteilen  sie  selbst  im  Beisein  des  Prof.  H.  in  ein- 
zelnen Klassen  Unterricht.  Die  Teilnahme  an  diesen  'Uebungen  beschränkt 
sich  für  die  ordentl.  MitgL  in  der  Kegel  auf  ein  Semester.  Mittellosen  wird, 
wenn  sie  sich  durch  gute  Leistungen  hervorgethan  haben,  eine  Unter- 
stützung gewährt." 

C.Verf.  V.  19.  Nov.  1878.  „Das  K.  Prov.Sch.C.  erhält  in  der  Anlage  zur 
Kenntnisnahme  und  geeigneten  weiteren  Veranlassung  eine  amtliche  Nachricht 
über  den  Fortbestand  und  die  gegenwärtige  Direction  des  hiesigen  Institutes 
zur  Ausbildung  von  Lehrern  der  AranzOschen  und  der  englischen  Sprache,  welche 
demnächst  in  dem  Centralblatte  für  die  Unterrichtsverwaltung  zur  Veröffent- 
lichung gelangen  wird.'*     Der  Minister  etc.    Im  Auftrage:  Greiff. 

a)  „Didaktis.ches    Seminar   zur   Ausbildung  von   Lehrern 
der   französischen   und  der   englischen  Sprache. 

Das  Erfordernis  tüchtiger  Lehrer  der  französischen  und  der  englischen 
Sprache  an  den  höh.  Schulen  hat  im  Jahre  1860  die  Errichtung  eines  Instituts 
zur  Ausbildung  von  Lehrern  der  neueren  Sprachen  veranlafst,  welches  seit  dieser 
Zeit  unter  der  Leitung  des  Professors  Herr  ig  gestanden  und  dem  neusprach- 
lichen Unterrichte  an  unseren  Schulen  wesentliche  Förderung  gebracht  hat. 

Da  zur  Zeit  der  Errichtung  dieses  Institutes  und  noch  während  einer  Beihe 
von  Jahren  seines  Bestehens  an  der  hiesigen  und  an  anderen  Universitäten 
das  wissenschaftliche  Studium  der  französischen  und  der  englischen  Sprache 
noch  nicht  die  ausreichende  Vertretung  gefunden  hatte,  so  ist  erklärlich,  dafs 
dieses  Institut,  obgleich  aus  dem  praktischen  Bedürfnisse  des  Unterrichts  an 
den  höh.  Schulen  hervorgegangen,  dennoch  neben  der  didaktischen  Anleitung 
den  wissenschaftlichen  Erörterungen  einen  Erheblichen  Baum  gewährte.  Durch 
die  Errichtung  der  Professuren  für  die  modernen  Sprachen  an  den  Universitäten 
und  die  Einrichtung  der  diesen  Unterricht  verwerthenden  seminaristischen 
Uebungen  ist  jetzt  die  Möglichkeit  gegeben,  dafs  die  Studirenden  der  neueren 
Sprachen  die  wissenschaftliche  Grundlage  ihres  Studiums  auf  der  Universität 
selbst  sich  aneignen,  bevor  sie  ihre  Unterrichtsversuche  an  den  höh.  Schulen 
beginnen.  Das  Institut  zur  Ausbildung  von  Lehrern  der  neueren  Sprachen  wird 
durch  die  inzwischen  hergestellten  Universitätseinrichtungen  nicht  überflüssig 
gemacht,  sondern  vielmehr  in  die  Lage  gesetzt,  seinen  praktischen  Zweck  voll- 
ständig zu  verfolgen.  Lehramtscandidaten,  welche  den  Unterricht  in  den  neueren 
Sprachen  zum  Hauptgegenstande  ihrer  Lehrthätigkeit  zu  machen  beabsichtigen, 
soll  durch  die  in  dem  Institute  anzustellenden  Uebungen  Gelegenheit  gegeben 
werden,  im  schriftlichen  und  mündlichen  Gebrauche  dieser  Sprachen  Sicherheit 
zu  gewinnen  und  mit  der  schulmäfsigen  Behandlung  der  Grammatik  und  der 
Leetüre  auf  den  verschiedenen  Unterrichtsstufen  sowie  mit  der  SchuUitteratur 
ihres  Faches  sich  vertraut  zu  machen.  Wissenschaftliche  Abhandlungen  der 
Mitglieder  sind  von  den  Uebungen  nicht  ausgeschlossen,  können  aber  nicht  als 
die  nächste  und  eigentliche  Aufgabe  für  eine  Zeit  angesehen  werden,  in  welcher 

2* 


20 

die  Mitglieder  vor  aUem  die  Erfordernisse  des  Unterrichts  sich  zu  vollem 
Bewnfstsein  zu  bringen  haben. 

Die  Lehrstanden  derjenigen  Mitglieder  de^  Seminars,  welche  gleichzeitig 
ihr  Probejahr  an  einer  Schule  in  Berlin  ablegen,  werden  seitens  des  Vorstandes 
des  Seminars  zu  dem  Zwecke  besucht,  um  den  Candidaten  über  ihr  Lehrver- 
fahren denjenigen  in  das  Einzelnste  eingehenden  Bath  auszusprechen,  welcher 
nur  auf  Grund  der  wissenschaftlichen  und  didaktischen  Beherrschung  des 
Gegenstandes  mit  Sicherheit  erteilt  werden  kann. 

Nachdem  Professor  Herrig  durch  seine  Berufung  an  die  Cadettenanstalt 
in  Lichterfelde  veranlafst  worden  ist,  seine  bisherige  Thätigkeit  an  dem  Institute 
mit  dem  1.  October  d.  J.  aufzugeben,  ist  die  Direction  desselben  und  die  Lei- 
tung der  französischen  Uebungen  dem  Director  des  hiesigen  französischen 
Gymnasiums  Dr.  Schnatter,  die  Leitung  der  englischen  Uebungen  dem  Ober- 
lehrer an  der  hiesigen  Dorotheenstädtischen  Bealschule  Dr.  Scholle  über- 
trs^en  worden. 

Lehramtscandidaten,  welche  in  das  Seminar  für  neuere  Sprachen  ein- 
zutreten wünschen,  haben  ihr  Gesuch  schrifUich  oder  persönlich  an  den  Director 
Schnatter  zu  richten  und  können  von  demselben  über  die  Einrichtung  des  In- 
stitutes nähere  Auskunft;  erhalten." 

Seit  1873  besteht  in  Berlin  eine  auf  Anregung  ebenfalls  des  Prof. 
Dr.  Herrig  von  der  Gesellschaft  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  daselbst 
gegründete  Akademie  für  moderne  Philologie  mit  dem  Zweck, 
Studirenden,  die  sich  in  den  neueren  Sprachen  wissenschaftl.  und  praktisch 
ausbilden  wollen,  dazu  Gelegenheit  zu  geben. 

Anleitung  zum  Unterricht  in  der  Mathematik  und  Physik. 

Seit  dem  Jahre  1855  werden  dem  Prof.  Dr.  Schellbach  am  K.  Friedr. 
Wilhelmsgymn.  zu  Berlin  alljährL  einige  Schulamtscand.  zu  specieller  Anleitung 
im  mathemat.  und  physikal.  Unterricht  überwiesen.  Dieselben  lernen  zunächst 
den  Unterricht  und  die  Methode  des  genannten  Lehrers  durch  Hospitiren  in 
seinen  Lectionen  kennen  und  suchen  im  persönl.  Verkehr  und  in  besonderen 
Conferenzen  mit  demselben  eine  vollständige  und  klare  Einsicht  seines  Ver- 
fahrens und  seiner  Unterrichtsziele  zu  gewinnen,  und  behandeln  sodann  unter 
seiner  Aufsicht  zuerst  in  einzelnen  Stunden  bestimmte  Aufgaben,  später  ganze 
Abschnitte  und  Disciplinen.  Sämtliche  Uebungen  sind  darauf  berechnet,  dafs 
die  Candidaten  den  Zusammenhang  aller  Teile  des  mathemai-physikal.  Unter- 
richts, seinen  Organismus  und  seine  Bedeutung  far  die  Bildung  der  Jugend, 
wie  auch  die  wichtigsten  Erscheinungen  der  Intteratur  sich  zu  klarem  Ver- 
ständnis bringen. 


Gesangonterrlcht. 

Nach  dem  unter  dem  19.  Juni  1882  Allerhöchst  vollzogenen  Statut  der 
K.  Akademie  der  Künste  zu  Berlin,  Abschnitt  VU  §  75  bezweckt  die  aka- 
demische Hochschule  für  Musik  einesteils  die  allseitig  höhere  Aus- 
bildung für  sämtliche  Gebiete  der  Musik,  andemteils  die  Veranstaltung  musika- 
lischer Aufführungen  unter  Verwerthung  der  von  ihr  ausgebildeten  Kräfte.  Sie 
zerfällt  in  vier  Abteilungen,  nämlich:  far  Cotnposition,  für  Gesang,  für  Orchester- 
instrumente, für  Klavier  und  OrgeL  „§  91.  Zur  Aufiiahme  ist  erforderlich: 
1)  das  vollendete  16.  Lebensjahr,  2)  eine  untadelhaft»  sittliche  Führung,  3)  eine 
genügende  allgemeine  Bildung,   und  zwar  bei  den  männlichen  Schülern  eine 


21 

solche,  welche  zum  einjkhr.  freiw.  Militärdienste  berechtigt,  4)  eine  far  die  Aus- 
bildung in  der  Hochschule  genügende  musikalische  Begabung  und  Vorbildung. 
....  §  97.  Jedes  Semester  findet  eine  Reifeprüfung  statt,  zu  welcher  die  Meldung, 
den  Schülern  ohne  Bücksicht  auf  die  Dauer  ihrer  Studienzeit  freisteht  Die 
Prüfung  geschieht  vor  dem  LehrercoUegium,  welches  durch  Stimmenmehrheit 
über  den  Ausfall  entscheidet.  Wer  dieselbe  besteht,  erhält  ein  Zeugnis  darüber, 
dafs  er  zu  einem  Grade  künstlerischer  Beife  gediehen  ist,  welcher  ihn  in  den 
Stand  setzt,  fremder  Führung  bei  seiner  Weiterbildung  fortan  zu  entrathen.*' 

Abschnitt  IX  desselben  Statuts  handelt  von  dem  akademischen 
Institute  für  Kirchenmusik.  Dasselbe  hat  nach  §  113  den  Zweck, 
Organisten,  Cantoren,  Chordirigenten  wie  auch  Musiklehrer  für  höhere  Lehr- 
anstalten, insbesondere  für  Schullehrer-Seminare  auszubilden.  „§  116.  Die 
Normalzs^l  der  Schüler  beträgt  zwanzig.  An  dem  Unterrichte  in  der  Theorie 
ist  aufserdem  sechs  Hospitanten  die  Teilnahme  gestattet.  §  117.  Allgemeine 
Aufnahme-Bedingungen  sind:  1)  ein  Alter  von  mindestens  17  Jahren,  2)  ge- 
nügende musikalische  Befähigung,  3)  Beibringung  eines  Zeugnisses  über  die 
Absolvimng  eines  Gymnasiums,  eines  Bealgymn.  oder  einer  Ober-Bealschule, 
oder  des  Zeugnisses  über  die  nach  dreijährigem  Seminarcursus  bestandene 
Lehrerprüfung,  4)  der  Nachweis,  dafs  der  Bewerber  die  Kosten  seines  Unter- 
haltes anzubringen  vermag,  ohne  dadurch  an  der  regelm.  Teilnahme  am  Unterr. 
gestört  zu  werden.  .  §  122.  Der  Unterricht  ist  unentgeltlich.  §  126. 
Nach  regelmäfsig  absolvirtem  Cursus  erhält  jeder  ausscheidende  Eleve  ein  vom 
LehrercoUegium  gemeinschaftlich  ausgefertigtes  Zeugnis,  welches  nach  Mafsgabe 
der  Leistungen  in  den  einzelnen  Lehifächem  ein  Urteil  über  die  amtliche  Ver- 
wendbarkeit desselben  feststellt"                        VgL  CB.  1882  S.  618—650. 

Das  obige  K.  Institut  für  Kirchenmusik  ist  im  J.  1822  als  selbständige 
Anstalt  gegründet  und  im  J.  1875  mit  der  K.  Akademie  der  Künste  in  Yer- 
bindunfi:  gesetzt  worden. 

Lehrgegenstände  sind:  Contrapnnkt,  Harmonielehre,  Chor-  und  Sologesang, 
Orffei-,  Klavier-  and  Violinspiel,  Gregorianischer  Gesang  verbunden  mit  geschieht-' 
liehen  Vorträgen,  Orgelstructur.  Masik-Aufführungen,-  eigentlich  Probeleistangen 
der  Eleven,  finden  regelmäfsig  an  einem  Nachmittage  jeder  Woche  statt  and  um- 
fassen Orgel-,  Klavier-,  Violin-,  Chor-  und  Sologesang- Vorträge,  wie  auch  Ensemble- 
und  wenn  möglich  Quartettspiel.  Den  Ghorgesang  leitet  abwechselnd  stets  ein 
Eleve.  Diese  Probeleistungen  haben  zunächst  den  Zweck,  den  Director  des  Li- 
stitutes  über  die  Leistungen  und  Fortschritte  der  Eleven  zu  informiren,  dann  aber 
auch,  die  Eleven  an  den  ofifentl.  Vortrag  zu  gewöhnen  und  besonders  durch  die 
Ghorleitung  im  Einstudiren  und  Dirigiren  zu  üben.  Der  Unterricht  teilt  sich  in 
Abschnitte  von  halbjähriger  Dauer,  welche  zu  Ostern  und  zu  Michaelis  beginnen. 
(Stipendien  für  Eleven  sind  nicht  vorhanden.)  Das  Lehrpersonal  besteht  zur  Zeit 
aus  dem  Director  Professor  Haupt  (Lehrer  für  Orgelspiel,  Orgelstructur,  Gontra- 
punkt,  Probeleistungen:  17  Stunden  wöch.),  dem  Prof.  Dr.  Älalehen  (für  Ox^el- 
spiel,  Gesang,  Harmonielehre:  6  St.),  dem  Prof.  Loachhom  (KlAYieTB^iel:  12  St.), 
dem  Lehrer  Schröder  (Violinspiel:  4  St.),  dem  Prof.  Commer  (Unterr.  im 
Gregorianischen  Kirchen'gesange,  verbunden  mit  darauf  bezüglichen  geschichtlichen 
Vorträgen:  2  St.)     Vgl.  GBl.  1887  S.  477. 

Unterricht  im  Zeichnen. 

Anfser  der  Anleitung,  welche  n.  a.  die  K.  Kunstakademien  zu  Berlin, 
Königsberg  i.  Pr.,  Cassel,  Hanau,  Düsseldorf  gewähren,  ist  speciell  dazu  auch 
das  mit  der  Kunstschule  der  K.  Akademie  zu  Berlin  verbundene  Seminar 
für  Zeichenlehrer  bestimmt.  Commissarischer  Director  der  Kunstschule 
ist  Prof.  E.  Ewald. 

Prospect  der  K.  Kunstschule  zu  Berlin  vom  März  188  7. 
1.    Die  K.  Kunstschule,  aus  der  Verschmelzung  der  ursprünglich  mit  der  K.  Aka- 


23 

demie  der  KünBte  verbundenen  Kunst-  und  Gewerkschale  i/hd  Allgemeinen  Zeichen- 
schule  entstanden,  ist  sowohl  zur  Unterweisung  von  Kunsthandwerkern  im  Zeichnen, 
Malen  und  Modelliren,  wie  auch  zur  Vorbereitung  von  Schülern  für  die  Kunst- 
akademie bestimmt.  Sie  hat  aufserdem  den  Zweck,  Zeichenlehrer  und  Zeichen- 
lehrerinnen für  höhere  allgemeine  Untc^rrichtsanstalten  auszubilden.  2.  Der 
Unterricht  erstreckt  sich  im  Wesentlichen  auf  folgende  Fächer:  Zeichnen  von 
Ornamenten  und  Architekturformen  nach  flachen  und  plastischen  Vorbildern, 
Zeichnen  von  Köpfen  und  Figuren  nach  Gipsabgüssen,  Zeichnen  und  Malen 
nach  lebenden  Pflanzen,  Modelliren  von  Ornamenten  und  figürlichen  G|effen- 
ständen ,  Projectionslehre,  Anatomie,  Kunstgeschichte  und  Methodik  des  Zeichen- 
Unterrichts.  Genauere  Angaben  über  die  einzelnen  Klassen  wie  über  den 
Studiengang  sind  aus  den  speciellen  Lehrplänen,  welche  alljährlich  veröflentlicht 
werden,  zu  entnehmen.  3.  Die  Anstalt  besteht  aus  zwei  Abteilungen:  der 
Tages-  usi  der  Abendschule.  Die  Tagesschule  ist  für  solche  Schüler 
bestimmt,  welche  ihre  ganze  Zeit  dem  Studium  widmen.  Der  Unterricht  findet 
täglich  Vor-  und  Nachmittags  statt.  Der  Lehrgang  ist  in  zwei  aufeinanderfolgende 
Jfmrescurse  geteilt,  deren  Absolvirung  die  Handwerker  zum  Besuche  der  Fach- 
klassen des  Kunstgewerbe-Museums,  die  Uebrigen  entweder  zum  Eintritt  in  eine 
Kunstakademie  oder  zur  Ablegung  der  Zeichenlehrer-Prüfung  befähigen  soll. 
Die  Abendschule  ist  für  diejenigen  berechnet,  welche  ihre  künstlerische  Ausbildung 
nur  neben  einer  anderweitigen  Thätigkeit  betreiben  können.  Der  Unterricht  wird 
nach  5  Uhr  Nachmittags  erteilt  und  erstreckt  sich  für  jede  Klasse  auf  durch- 
schnittlich 6  Stunden  in  der  Woche.  4.  In  beiden  Abteilungen  werden  so- 
wohl Schüler  wie  Schülerinnen  aufgenommen,  aber  in.  getrennten  Räumen 
unterrichtet.  Schüler  wie  Schülerinnen  scheiden  sich  in  Vollschüler  und 
Hospitanten«  Vollschüler  sind  nur  diejenigen ,  welche  an  dem  Tagesunter- 
richte in  seinem  vollen  Umfange  teilnehmen.  Alle  übrigen,  also  auch  die  Besucher 
der  Abendklassen,  gelten  als  Hospitanten.  Bei  der  Aufnahme  in  die  Tagesklassen 
stehen  die  Hospitanten  den  Vollschülern  nach.  ö.  Das  Schuljahr  beginnt 
mit  Anfang  October  und  schliefst  mit  Ende  Juli.  Es  wird  in  ein  Winter-  und  ein 
Sommersemester  eingeteilt,  ohne  dafs  jedoch  der  Zusammenhang  der  Lehrcurse 
durch  diese  Teilung  unterbrochen  würde.  6.  Die  Aufnahmen  finden  der 
Aegel  nach  nur  zu  Anfang  des  Schuljahres  statt.  Der  dazu  bestimmte  Termin  ist  die 
letzte  Woche  des  Monats  September.  Schriftliche  Anmeldungen  geben  keine 
Gewähr  für  die  endgiltige  Aufnahme  7  diese  erfolgt  vielmehr  immer  erst  bei  der 
persönlichen  Meldung.  Schüler  wie  Schülerinnen  sollen  nicht  vor  dem  voll- 
endeten 14.  Lebensjahre  aufgenommen  werden.  Zum  Eintritt  in  die  untersten 
Klassen  wird  eine  Vorbildung  im  Zeichnen  nicht  gefordert.  Das  Mafs  der  all- 
gemeinen Bildung  ist  von  der  Laufbahn  und  den  Zielen,  welche  die  Schüler  ver- 
folgen, abhängig.  Handwerker  brauchen  nur  die  Elementarschule  absolvirt  zu 
haben;  —  diejenigen,  welche  eine  Kunstakademie  besuchen  wollen,  haben  die  dort 
geltenden  Bestimmungen  zu  beachten ;  —  die  Aspiranten  des  Lehramts  finden  die 
bezüglichen  Vorschriften  in  der  Prüfungs-Ordnung  vom  23.  April  1885  (s.  unter 
Abt.  n).  Aufnahmen  im  Laufe  des  SchuljiSurs  (also  auch  zu  Ostern)  sind 
nur  ausnahmsweise  zulässig  und  nur  wenn  der  sich  Meldende  den  vollgilti?en 
Nachweis  liefert,  dafs  er  hinreichend  vorbereitet  ist,  um  durch  seinen  Eintritt  den 
Portgang  des  Unterrichts  nicht  zu  unterbrechen  oder  aufzuhalten.  Wo  dieser 
Nachweis  zweifelhaft  erscheint,  findet  eine  Prüfung  statt. .  7.  Welche  Klassen 
die  neu  eintretenden  Schüler  zu  besuchen  haben,  bestimmt  bei  ihrer  Aufnahme  der 
Director.  Die  Versetzungen  erfolgen  späterhin  auf  Grund  der  Beschlüsse  des 
Lehrer  -  GoUegiums.  8.  Das  Schulhonorar  wird  halbjährlich  und  im 
Voraus  entrichtet.  Es  beträgt  für  die'  Vollschüler  72  Mark  im  Winter-  und  48  Mark 
im  Sommersemester.  Für  die  Hospitanten  ist  es  je  nach  den  von  ihnen  belegten 
Klassen  verschieden,  'also  nur  aus  den  speciellen  Lehrplänen  zu  ersehen.  —  Wer 
nach  dem  .1.  Januar  noch  Aufnahme  findet,  zahlt  nur  die  Hälfte  des  Semester- 
betrages. Stundung  des  Honorars  findet  nicht  statt.  Jeder  neu  eintretende 
Schüler  hat  aufser  dem  eigentlichen  Honorar  eine  einmalige  Einschreibe- 
gebühr von  3  Mark  zu  entrichten.  9.  Mittellosen  Schülern  kann  ganz  oder 
teilweise  freier  Unterricht  gewährt  werden.  Die  Freistellen  werden 
jedoch  immer  nur  für  die  Dauer  eines  Semesters  und  nur  an  solche  Schüler  ver- 
geben, welche  hinsichtlich  ihres  Fleifses  und  ihrer  Begabung  vorteilhaft  bekannt 


33 

sind.  Die  Meldungen  sind  schriftlich,  unter  Beifügung  amtlicher  Zeugnisse  über 
die  Mittellosigkeit,  bis  zum  15.  Sept.  resp.  15.  März  jedes  Jahres  im  Bureau  der 
Schule  einzureichen.  10.    In  auTserordentlichen  und  dringenden  Fällen  können 

Schüler,  welche  die  Anstalt  bereits  mit  gutem  Erfolge  besucht  haben,  auch  Unter- 
stützungen erhalten.  Die  Gesuche  sind  dem  Director  persönlich  vorzutragen. 
11.  Alljährlich  findet  eine  Ausstellung  der  Schülerarbeiten  statt.  Jeder 
Schüler  ist  verpflichtet,  seine  Arbeiten  der  Anstalt  hierzu  auf  mindestens  ein 
Vierteljahr  zu  überlassen.  12.    Zeugnisse  werden  den  Schülern  nur  auf  Ver- 

langen ausgestellt. 

Anhang  auszuprs weise.  Die  Aufgaben  des  Unterrichts.  Der  Taffes- 
unterricht ist  auf  einen  mindestens  2janrigen  Schulbesuch  berechnet  und  dem- 
gemäfs  in  2  aufeinanderfolgende  Curse  eingeteilt,  deren  erster  (oder  elementarer) 
keine  praktischen  oder  theoretischen  Kenntnisse  bei  den  Schülern  voraussetzt, 
während  in  den  zweiten  nur  solche  aufgenommen  werden  können,  welche  die  Vor- 
bildung des  ersten  bereits  erlangt  haben.  Die  beiden  Curse  entsprechen  einander 
fast  vollständig  sowohl  hinsichtlich  der  Lehrfächer  wie  auch  der  Lehrzeit  der 
einzelnen  Klassen,  derart,  dafs  jeder  Schüler  stets  seinen  Fähigkeiten  entsprechend 
beschäftigt  werden  kann,  Einzelnen  also  auch  die  Möglichkeit  geboten  wird,  wenn 
sie  die  erforderlichen  Vorkenntnisse  besitzen,  schon  im  ersten  Studienjahre  gewisse 
Klassen   des   2.  Cursus   zu   besuchen.  Die  Seminarschüler,   d.  h.  diejenigen, 

welche  sich  zur  Ablegung  der  Zeichenlehrer -(resp.  Lehrerinnen-)  Prüfung  vor- 
bereiten, haben  neben  den  allgemeinen  noch  besondere  Studien  zu  betreiben,  von 
denen  die  übrigen  Schüler  entbunden  sind. 

L  Cursus.  Omamentzeichnen  (14  Stunden  wöch.),  Projectionslehre  (ß,  St.), 
Oips-Zeichnen  (12  St.),  Omamentale  Farben-Studien  und  gebundenes  Omament- 
zeichnen (4  St.),  Modelliren  (6  St). 

Methodik  des  Zeichenunterrichts  (6  St.).  Winter-Semester.  Das 
Zeichnen  flacher  Gebilde:  Gerade  Linien  und  Winkel.  Die  regelnüfsigen  geome- 
trischen Figuren  und  der  Kreis.  Die  gekrümmten  Linien  und  ihre  Anwendung 
auf  Stembifdungen.  Wellenfriese  und  andere  verwandte  Formen.  Symmetrische 
Figuren.  Das  Oval,  die  Ellipse,  Spirale  und  Schneckenlinie.  Die  wichtigsten 
Bliktt-  und  Blüthenformen.  Die  Uebunffen  werden  sowohl  im  Zeichenheft  wie 
an  der  Schultafel  ausgeführt  und  zwar  alle  freihändig,  ohne  Anwendung  iro^end 
welcher  Hülfsmittel  oder  Listrumente.  Während  des  Zeichnens  an  der  Schultafel 
müssen  die  Schüler  zugleich  kurze,  gemeinfafsliche  Erläuterungen  über  die  Bedeu- 
tung und  Entstehung  der  darzustellenden  Formen  abgeben.  Sommer- 
Semester.  Das  Zeichnen  körperlicher  Gebilde :  Die  Körper  mit  ebenen  Flächen : 
Würfel,  Kreuz,  Prismen  und  Pyramiden  in  frontalen  und  in  schrägen  Stellungen. 
Der  verkürzte  Kreis.  Die  Körper  mit  gebogenen  Flächen:  Cylinder,  Halb-  und 
Viertelskehle,  halbe  Walze  und  Viertelsstab,  Welle,  einfache  Geiäfsformen.  Die 
Zeichnungen  werden  alle  nur  im  Umrifs  hergestellt  und  in  Heften,  resp.  auf  dem 
fleifsbrett  ausgeführt.  Die  Klasse  ist  ausschliefslich  für  die  Seminaristen,  d.  h. 
diejenigen  Schiller  und  Schülerinnen  bestimmt,  welche  sich  für  das  Lehramt  vor- 
bereiten, und  hat  den  Zweck,  diesen,  neben  der  allgemeinen  künstlerischen  Aus- 
bildung, welche  die  Anstalt  überhaupt  anstrebt,  noch  eine  besondere  Anleitung 
für  die  Handhabung  des  Zeichenunterrichts  an  Gymnasien  und  Realschulen,  resp. 
Mädchenschulen,  zu  erteilen. 

II.  Cursus.  Architektonisches  Zeichnen  und  Ornament -Zeichnen  (10  St.), 
Projectionslehre  (6  St.),  GHps-Zeichnen  (12  St),  farbige  Naturstudien  (8  St.),  Mo- 
delliren (6  St.),  Kunstgeschichte  (4  St.). 

Der  Abendunterricht  erstreckt  sich  im  Wesentlichen  auf  dieselben  Gegen- 
stände wie  der  Tagesunterricht,  doch  läfst  sich  der  Zusammenhang  zwischen  den 
verschiedenen  Lehmehern  nicht  in  derselben  Weise  regeln  wie  dort,  da  nicht  darauf 
gerechnet  werden  kann,  dafs  die  Abendschüler  mehr  als  höchstens  2  Klassen  neben 
einander  besuchen.  Auch  bedingt  die  kürzere  Arbeitszeit  der  Klassen,  welche 
immer  nur  je  6  Stunden  in  derWoche  beträgt,  in  vielen  Fällen  eine  veränderte 
Einteilung  des  Lehrstoffs.  (Elementarzeichnen,  Omamentzeichnen,  Projectionslehre, 
architektonisches  Zeichnen,  Gips-Zeichnen  [Ornamente,  Figürliches  und  Modelliren], 
Anatomie,  Methodik.) 


24 

Das  j.Statnt  der  E.  Akademie  der  Künste  zn  Berlin"  v.  19.  Juni 
1882  macht  (§  53)  die  Znlassnng  zn  den  ünterrichtscnrsen  der  Hochschnle  far 
die  bildende  Künste  abhängig  von  dem  Nachweis  der  allgemeinen  Bildung, 
welche  zum  einjähr,  freiwill.  Militärdienst  berechtigt,  femer  einer  nntadl.  sitt- 
lichen Fühmng,  sowie  einer  für  das  erfolgreiche  Studium  der  Kunst  genügenden 
Begabung  und  der  für  dasselbe  nöthigen  Fertigkeiten  und  Vorkenntnisse. 

Turnunterricht/) 

Die  K.  Turnlehrer-Bildungsanstalt  zu  Berlin. 

C.Verf.  V.  4.  Apr.  1878.  „Nach  der  diesseitigen  CVerf.  v.  18.  Aug.  1851 
trat  an  SteUe  der  damaligen  Central-Bildungsanstalt  für  Lehrer  in  den  Leibes- 
übungen zu  Anfang  October  1851  eine  für  die  Bessorts  des  K.  Kriegsministeriums 
und  des  K.  Ministeriums  der  geistl.  etc.  Ang.  gemeinschaftlich  eingerichtete 
Gentral-Turnanstalt  in  Wirksamkeit.  Nachdem  diese  gemeinschaftliche  Anstalt 
26  Jahre  hindurch  bestanden  hat,  ist  im  Herbste  y.  J.  eine  Trennung  der 
beiden  Abteilungen  erfolgt,  die  bisherige  Civilabteilung  zu  einer  selbständigen 
Anstalt  umgebildet  und  derselben  die  Bezeichnung  „Königliche  Turnlehrer- 
Bildungsanstalt  beigelegt  worden ^ 

C.Verf.  V.  6.  Juni  1884.  ,Jn  der  K.  Turnlehrer-Bildungsanstalt  hierselbst 
wird  zu  Anfang  October  d.  J.  wiederum  ein  sechsmonatlicher  Cursus  zur  Aus- 
bildung von  Turnlehrern  eröffnet  werden.  Für  die  Anmeldung  und  Auf- 
nahme sind  die  beifolgenden  Bestimmungen  vom  heutigen  Tage  mafsgebend. 
Jedem  Bewerber,  resp.  seitens  der  K.  Regierung  etc.  Vorgeschlagenen  ist  ein 
Exemplar  zur  Kenntnisnahme  mitzuteilen.  .  .  . 

a)  Bestimmungen,  den  Eintritt  in  die  K.  Turnlehrer-Bildungsanstalt 

zu  Berlin  betreffend. 

Für  den  Eintritt  in  die  K.  Turnlehrer-Bildungsanstalt  zu  Berlin  gelten 
folgende  Bestimmungen:  1.  Die  Anstalt  ist  zur  Ausbildung  von  Turnlehrern 
für  öffentliche  Unterrichts -Anstalten  aller  Art  —  zunächst  im  Bessort  des 
Ministeriums  der  geistl.  etc.  Ang.  —  bestimmt  2.    Bedingung  für  den 

Eintritt  als  Eleve  ist,  dafs  der  Aufzunehmende  bereits  Lehrer  einer  öffentlichen 
Unterrichts-Anstalt,  oder  dafs  er  Candidat  des  höh.  Schulamtes  ist.  Hinsichtlich 
der  Volksschullehrer  wird  Werth  darauf  gelegt,  dafs  sie  die  zweite  Lehrerprüfdng 
bereits  bestanden  haben  und  dafs  sie  nach  ihrer  Stellung  geeignet  erscheinen, 
neben  Erlangung  einer  gröfseren  Befähigung  zur  Erteilung  des  Turnunterrichtes 
an  ihrer  Schule  zugleich  für  die  Ausbreitung  dieses  Unterrichtes  in  weiteren 
Kreisen   des  Schulwesens   thätig   zu   sein.  3.    Andere  Bewerber  können, 

soweit  es  die  Verhältnisse  der  Anstalt  gestatten,  auf  bestimmte  Zeit  als 
Hospitanten  in  die  Anstalt  eintreten,  wenn  sie  einen  genügenden  Grad  wissen- 
schaftlicher Bildung  und  turnerischer  Fertigkeit  nachweisen  und  die  Verpflichtung 
eingehen,  sich  der  nächsten  gemäfs  der  Pruiungs-Ordnung  vom  10.  September  1880 
(s.  unten  Abschn.  11)  stattfindenden  Tumlehrer-Prüfiing  zu  unterziehen.  4.  Die 
definitive  Aufnahme  wird  durch  eine  Prüfung  bestimmt^  in  welcher  eine  gewisse 
körperliche  Kraft  und  einige  turnerische  Fertigkeit  nachzuweisen  ist  (Armbeugen 
und  -strecken  im  Hang  und  im  Stütz,  Hangeln,  Felgaufschwung,  Wende,  Kehre, 
ein  mäfsig  hoher  Sprung  u.  s.  w.).  5.  Mit  der  Anmeldung  ist  ein  Lebenslauf, 
das  Prüfongszeugnis  bezw.  das  Zeugnis  über  das  abgelegte  Probejahr  und  ein 


*)  Vgl.  Verordnungen  und  amtl.  Bekanntmachungen  über  das  Tumwesen  in 
Preufsen;  von  Dr.  C.  Euler  und  G.  E ekler.    2.  Aufl.  Berlin  1884. 


26 

ärztliches  Zeagnis  darüber  einzureichen,  dafs  der  Körperzastand  und  die  Gesundheit 
des  Bewerbers  die  mit  grofser  Anstrengang  verbundene  Ausbildung  zum  Turn- 
lehrer gestatten.  —  Bei  dem  Eintritte  in  die  Anstalt  werden  die  Aufeunehmenden 
hinsichtlith  ihres  Gesundheitszustandes  durch  den  Anstaltsarzt  noch  einer  Super- 
revision  unterworfen,  von  deren  Ausfall  die  definitive  Aufnahme  ebenfalls  ab- 
hängig ist  6.  Nur  Lehrern  in  noch  nicht  vorgerücktem  Lebensalter,  vorzugs- 
weise unverheiratheten,  ist  die  Meldung  zu  empfehlen.  Verheiratheten  Lehrern 
ist  jedenfalls  ernstlich  abzurathen,  ihre  Familie  mit  hierher  zu  bringen.  7.  Der 
Unterricht  in  der  Anstalt  ist  unentgeltlich.  Die  durch  den  Aufenthalt  in 
Berlin  etc.  entstehenden  Kosten  sind  von  den  Lehrern  selbst  aufzubringen.  In 
dazu  geeigneten  Fällen  können  jedoch  den  Eleven  Unterstützungen  aus  Gentral- 
fonds  gewährt  werden,  indes  lediglich  für  den  Unterhalt  hier,  während  Beihülfen 
zu  den  Kosten  der  Her-  und  Bückroise,  der  Vertretung  im  Amte,  für  den  Unterhalt 
der  zurückbleibenden  Familien  u.  s.  w.  nicht  bewiUigt  werden.  Die  hier 

gewährten  Unterstützungen  werden  erst  am  Ende  jedes  Monates  gezahlt 
8.  Ein  Eleve  braucht  zu  seinam  Unterhalte  hierselbst  erfahrungsmäfsig  — 
namentlich  mit  Bücksicht  auf  das  gesteigerte  Bedürfnis  einer  kräftigen  Nahrung 
—  etwa  120  Mk.  monatlich.  Um  meinerseits  sogleich  bei  der  Entschliefsung 
über  die  Aufnahme  einen  zuverlässigen  Ueberblick  über  die  aus  Gentralfonds 
zu  gewährenden  Unterstützungen  gewinnen  zu  können,  mufs  jeder  Bewerber  bei 
der  Anmeldung  nach  sorgfältiger  Prüfung  seiner  Verhältnisse  bestimmt  nach- 
weisen und  bezw.  amtlich  beglaubigen  lassen,  dafs  ihm  für  seinen  Unterhalt 
hier  der  erwähnte  Betrag  zur  Verfügung  steht,  oder  welcher  Beihilfe  er  dazu 
bedarf.  Jeder  Bewerber  hat  demnach  anzugeben,  wie  viel  ihm  während  seines 
hiesigen  Aufenthaltes  von  dem  Einkommen  seiner  Stelle  verbleibt,  ob  und 
welche  Unterstützungen  ihm  aus  der  Schulkasse  oder  sonst  gewährt  werden, 
und  wie  viel  er  aus  eigenen  Mitteln  aufbringen  kann.  Wenn  ein  verheiratheter 
Lehrer  die  Aufnahme  nachsucht,  sind  die  Unterhaltungskosten  für  seine  Familie 
in  Anrechnung  zu  bringen,  und  wenn  einem  Bewerber  nachweisbar  die  Unter- 
stützung naher  Verwandten  obliegt  und  solche  bisher  von  ihm  gewährt  worden 
ist,  so  kann  auch  dieser  Umstand  bei  Feststellung,  seiner  Unterstützungs- 
bedürftigkeit nicht  aufser  Acht  bleiben.  Den  Cursisten  müssen  während  ihres 
Aufenthaltes  hierselbst  pecuniäre  Verlegenheiten,  welche  nachteilig  auf  ihre 
Ausbildung  im  Turnen  und  auf  die  Benutzung  der  gleichzeitig  gebotenen 
Gelegenheiten  zu  anderweiter  Fortbildung  einwirken,  nach  Möglichkeit  erspart 
werden.  Unterstützungsgesuche,  welche  während  des  Cursus  an  das  Ministerium 
gerichtet  werden,  können  nur  dann  eine  Berücksichtigung  erfahren,  wenn  in 
Folge  unvorhergesehener  Zwischenfälle  das  Bedürfnis  einer  aufserordenüichen 
Beihülfe  eingetreten  ist."  Berlin,  den  6.  Juni  1884.  Der  Minister  der 
geistL  etc.  Ang.    In  Vertr.:  Lucanus. 

Die  Eleven  der  K.  Turnlehrer -Bildungsanstalt  erhalten  wöchentl.  23  bis 
24  Unterrichtsstunden,  welche,  auf  die  Vormittage  von  8  bis  12  bezw.  1  Uhr 
fallen.  Dazu  kommen  2  Stunden  Schwin^monterricht  Mittwochs  und  Sonnabends 
Nachmittag.  Anfserdem  hat  jeder  Eleve  vom  November  ab  wöchentl.  eine  Turn- 
lection  anter  Anleitung  und  Aufsicht  der  Lehrer  zu  erteilen.  Die  übrige  Zeit, 
soweit  dieselbe  nicht  zur  häuslichen  Repetition  und  zur  Ausarbeitung  aufgegebener 
schriftl.  Arbeiten  bezw.  zur  Anfertig^npf  von  Zeichnungen  für  Tumgeräthe  benutzt 
wird,  können  die  Eleven  zu  ihrer  sonstigen  Fortbildung  verwenden.  Um  in  dieser 
Beziehung  den  Aufenthalt  in  Berlin  nützlich  zu  machen,  sind  seitens  des  Directors 
der  Anstalt  (jetzt  Geh.  Ober^Begierungsrath  Waetzoldt)  Curse  im  Zeichnen,  in  der 
Chemie  und  ein  Stimmbildungsoursus  eingerichtet,  wofür  die  Kosten  aus  Staats- 
mitteln bestritten  werden.  Auch  ist  den  Eleven  die  Teilnahme  an  den  Uebungen 
und  Aufführungen  der  Singakademie,  sowie  der  freie  Besuch  der  £.  Theater  bei 
Vorstellungen  classischer  Dramen  ermöglicht.  Femer  werden  die  Eleven  unter 
Yermittelung  des  Unterrichtsdirigenten  (Prof.  Dr,  Euler)  zur  K.  Sternwarte,  zum 


26 

Museam  für  Völkerkunde,  event.  auch  zum  botanischen  Gkurten,  zum  KaiserL 
Telegraphenamt  u.  s.  w.  geleitet,  um  unter  instructiver  Führung  genauere  Kenntnis 
von  der  Einrichtung  und  dem  Inhalt  dieser  Institute  zu  erhalten.  Ferner  wird 
ihnen  Gelegenheit  geboten,  in  Gemeinschaft  mit  den  Eleven  der  K»  Militär- 
Turnanstalt  den  Exercitien  der  städtischen  Feuerwehr  beizuwohnen  und  ihre 
Organisation  kennen  zu  lernen.  Der  Eintritt  in  das  Aquarium  ist  zu  ermäfsigten 
Preisen  gestattet. 

Die  Zahl  der  Eleven  beträgt  60  bis  70.  Dieselben  werden  zur  Zeit 
unterrichtet  von  dem  Unterrichtsdirigenten-  als  erstem,  dem  Oberlehrer  Eckler  als 
zweitem  Lehrer  und  dem  Dr.  Brösuce  als  vortragendem  Arzte,  welcher  zugleich 
in  Krankheitsfällen  unentgeltliche  Behandlung  gewährt.  Fünf  Hülfslehrer  werden- 
jährlich aus  der  Zahl  der  früheren  Eleven  einberufen,  welche  den  praktischen 
Unterricht  im  Turnen,  Fechten  und  Schwimmen,  jeder  an  eine  ihm  untergebene 
Abteilung,  erteilen  und  den  applicatorischen  Unterricht  mitbeaufsichtigen. 

Den  Unterrichtsstoff  bilden  1.  Vorträge  über  die  geschichtliche  Ent- 
wickelung  der  Leibesübungen,  Systematik,  Methodik,  Didaktik  des  Turnens; 
2.  Geräthkunde ;  3.  Vorträge  über  Anatomie,  Physiologie,  Anleitung  zu  den  ersten 
Hülfsleistungen  für  Unglücksfälle,  welche  während 'des  Turnens  eintreten  können. 
Der  praktische  Unterricht  im  Turnen  erstreckt  sich  auf  a)  Frei-  u.  Ordnungs- 
übungen, b)  Uebungen  mit  Handgeräthen  (Holz-  u.  Eisenstab,  Hantel,  Gewichte, 
Wurfgeräthe),  c)  Uebungen  an  den  Gerüsten  und  Geräthen,  d)  Ringen,  e)  Fechten 
(auf  Stofs  und  Hieb),  f)  Gesangreigen,  Tumspiele  u.  s.  w. 

Lehrmittel  sind  reichlich  vorhanden.  Die  Bibliothek  ist  eine  der  voll- 
stöndigsten  Fachbibliotheken  und  wird  durch  Schriften  der  Fachlitteratur  jährlich 
ergänzt.  Modelle  von  Turnhallen,  eines  Turnplatzes«  einer  Schwimmanstalt,  einzelner 
Tumgeräthe  und  Geräthteile  sind  aufgestellt. 

Der  applicatorische  Unterricht  ist  mit  dem  Turnunterricht  der  n^ttleren 
und  oberen  l^lassen  des  K.  Wilhelms- Gjrmnasiums,  sowie  mit  demjenigen  des 
K.  Seminars  für  Stadtschulen,  der  Seminarschule  und  der  Präparandenans^alt  in 
Verbindung  gesetzt.  ^ 

Um  eine  Anschauung  des  Mädchentumens  zu  gewinnen,  wohnen  die  Ijleven 
eintnal  im  Winter  dem  von  Lehrerinnen  erteilten  Turnunterricht  in  der  K.  AuÄusta- 
schule  bei;  auch  dürfen  sie  bei  dem  vom  Unterrichtsdirigenten  geleiteten  Fort- 
bildungscursus  für  Tumlehrerinnen  einmal  in  der  Gesamtheit,  einzeln  auch  öfter 
hospitiren.  \ 

Der  Schwimmunterricht  wird  in  einer  zu  dem  Zweck  gemietheten Winter- 
Schwimmanstalt  erteilt.  Die  Erlangung  einer  Qualification  für  denselben  ist  Von 
einer  praktischen  und  theoretischen  Prüfung  abhängig.  \ 

Denjenigen  Eleven,  welche  die  Prüfung  für  den  Unterricht  an  höheren 
Bildungsanstalten  abgeleistet  haben,  steht  der  Zutritt  zu  den  Versammlungen  der 
Berliner  Gymnasiallehrergesellschaft  gastweise  offen,  wenn  sie  sich  bei  ihrer 
persönlichen  Erscheinen  dem  Vorsitzenden  derselben  vorstellen  und  ihre  Name 
aufschreiben. 

Zu  den  Veranstaltungen,  welche  teils  unmittelbar  teils  entfernter  dein 
Lehramt  an  höheren  Schulen  zu  gute  kommen,  gehören  auch  das  französische! 
und  die  archäologischen  Beisestipendien ;  ebenso' diejenigen  Stipendien,  welche 
der  Unterrichtsmin.  aus  seinem  Fonds  „für  Wissenschaft  und  Kunst"  zu  wissen- 
sohaftl.  Reisen  verleiht,  und  die  vom  Fürsten  v.  Bismarck  gegründete  Schön- 
hauser Stiftung. 

Das  französische  Beisestipendiiim. 

Zur  Ausbildung  von  Lehrern  für  den  Unterricht  in  der  französischen 
Sprache  ist  von  Friedrich  Wilhelm  III.  durch  C.  0.  v.  2.  Dec.  1838  ein  Stipen- 
dium von  400  Thlm.  gestiftet  worden.  Dasselbe  wird  auf  den  Vorschlag  des 
ünterrichtsministers  vom  Könige  an  solche  junge  Männer  verliehen,  welche  sich 
durch  grammatische  und  litterarische   Studien  genügend  vorbereitet  und  auch 


27 

im  Schreiben  nnd  Sprechen  des  Französischen  eine  solche  Fertigkeit  bereits 
erworben  haben,  dafs  zu  erwarten  ist,  sie  werden  sich  dnrch  einen  einjähr.  Auf- 
enthalt in  Frankreich  diejenige  feinere  Ausbildung  im  Gebrauch  der  Sprache 
aneignen  können,  welche  nur  dort  zu  erlangen  ist. 

Bis  zum  Jahre  1857  wurde  das  Stipendium  alljährlich  verliehen.  Um 
jedoch  den  betr.  jungen  Männern  für  einen  einjähr.  Aufenthalt  in  Frankreich 
ausreichendere  Mittel  zu  gewähren,  als  es  nach  den  veränderten  Zeitumständen 
400  Thlr.  waren,  wurde  durch  C.  0.  v.  26.  Oct.  1857  bestimmt,  daf^  das 
Stipendium  hinfort  innerhalb  3  Jahre  nicht  mehr  3 mal,  sondern  2mal  mit  je 
600  Thlm.  auf  die  Dauer  eines  Jahres  bewilligt  werde.  Die  Anträge  auf  Ver- 
leihung des  Stip.  bei  des  Königs  Maj.  bedürfen  der  Zustimmung  des  Finanz- 
ministers. ^) 

Das  archäologische  Beisestipendlam. 

Aus  dem  Statut  für  das  Institut  für  archäoL  Correspondenz 
V.   18.  Mai    1874   (s.  den  Deutschen  Beichs-  und  E.  preuüs.  Staatsanzeiger 

V.  24.  Oct.  1878  Nr.  251). 

„§  19.  um  die  archäolog.  Studien  zu  beleben  und  die  anschauliche 
Kenntnis  des  class.  Altertums  möglichst  zu  verbreiten,  insbesondere  um  für, 
das  röm.  Institut  für  archäolog.  Correspondenz  leitende  Kräfte  und  für  die 
Vaterland.  Universitäten  Lehrer  der  Archäologie  heranzubilden,  werden  mit  dem 
genannten  Institut  5  jährl.  Beisestipendien,  ein  jedes  im  Belauf  von  3000  Mark 
verbunden,  welche  den  nachstehenden  Bestimmungen  gemäfs  vergeben  wer- 
den sollen.  ^ 

§  20.  Zur  Bewerbung  um  vier  der  gedachten  Stipendien  wird  der  Nach- 
weis erfordert,  dafs  der  Bewerber  entweder  an  einer  Universität  des  deutschen 
Beichs,  resp.  an  der  Akademie  zu  Münster  die  philosoph.  Doctorwürde  erlangt 
oder  das  Examen  pro  facult.  docendi  bestanden  und  in  demselben  für  den 
Unterr.  in  den  alten  Sprachen  in  der  obersten  Gymnasialkl.  die  Befähigung 
nachgewiesen  hat.  Der  Bewerber  hat  femer  nachzuweisen,  dafs  zwischen  dem 
Tage,  an  welchem  er  promovirt  worden  ist  oder  das  Oberlehrerexamen  absolvirt 
ha^  event  wo  beides  stattgefunden,  dem  späteren  von  beiden,  und  dem  Tage, 
an  welchem  das  nachgesuchte  Stip.  für  ihn  fällig  werden  würde,  höchstens  ein 
3jähr.  Zwischenraum  liegt.  Für  das  fünfte  der  jährL  zu  vergebenden  Stipp., 

welches  in  erster  Beihe  bestimmt  ist,  die  Erforschung  der  christl.  Altertümer 
der  röm.  Eaiserzeit  zu  fördern,  wird  erfordert,  dafs  der  Bewerber  an  der  theol. 
Facultät  einer  Universität  des  deutschen  Beichs  den  Cursus  der  Protestant  oder 
der  kathol.  Theologie  absolvirt,  d.  h.  nach  Ablauf  mindestens  des  akadem. 
Trienniums  in  ordnungsmäfsiger  Weise  die  Exmatriculation  bewirkt  hat,  und 
dafs  er  an  dem  Tage  wo  das  Stip.  fällig  wird,  das  30.  Lebensjahr  noch  nicht 
überschritten  hat. 

§  21.  Der  Bewerber  hat  femer  die  gutachtl.  Aeufsemng  der  philosoph. 
resp.  theoL  Facultät  einer  Universität  des  deutschen  Beichs  oder  der  Akademie 
zu  Münster  oder  auch  einzelner  bei  einer  solchen  Facultät  angestellter  Profes- 
soren der  einschlagenden  Wissenschaft!.  Fächer  über  seine  bisherigen  Leistungen 
und  seine  Befähigung  zu  erwirken  und  seinem  Gesuch  beizufügen,  auch,  falls 
er  schon  litterar.  Leistungen  aufzuweisen  hat,  womöglich  dieselben  mit  einzu- 
senden. Femer  sind  in  dem  Gesuch  die  besonderen  Beisezwecke  kurz  zu  be- 
zeichnen. Dafs  unter  den  Beisezielen  in  der  Begel  Bom  mitinbegriffen  sei, 
liegt  im  Geiste  der  Stiftung. 


*  ..    . 

^)  Aus  den  noch  in  der  2.  Aufl.  erwähnten  französischen  Stipen- 
diatenstellen amK.  franz.  Gymn.  2u  Berlin  ist  seit  1.  April  1870  eine  ordent- 
liche Lehrerstelle  gebildet  worden. 


28 

Bei  Gesuchen  um  Verlängermig  des  Stip.  finden  diese  Bestimmungen 
keine  Anwendung.  Dagegen  ist  hier  eine  übersichti.  Darstellung  der  bisher. 
Beiseergebnisse  in  das  Gesnch  aufzunehmen  und  wird,  falls  der  Stipendiat  bereits 
in  Bom  oder  Athen  sich  aufgehalten  hat  oder  noch  aufhält,  über  seine  Leistungen 
und  seine  Befähigung  das   Gutachten  des  Secretariats  des  Instituts  erfordert 

§  22.  Die  Gesuche  um  Erteilung  des  Stip.  sind  in  jedem  Jahre  Tor  dem 
1.  Febr.  desselben  an  die  Centraldirection  des  archäolog.  Instituts  nach  Berlin 
einzusenden,  welche  die  Wahl  nach  vorgenommener  Prüfung  der  Qualification 
des  Bewerbers  in  der  Gesamtsitzung  vornimmt.  Bei  gleicher  wissenschaftl. 
Tüchtigkeit  wird  die  Direction  denjenigen  Bewerbern  den  Vorzug  geben,  di» 
neben  der  unerläfsl.  philolog.  Bildung  sich  bereits  einen  gewissen  Grad  kunst- 
geschichtiicher  Kenntnisse  und  monumentaler  Anschauungen  zu  eigen  gemacht 
haben  und  welche  dem  archäol.  Institut  oder  den  deutschen  Lehranstalten  oder 
Museen  dereinst  nützlich  zu  werden  versprechen. 

§  23.  Die  Stipendien  können  nicht  cumulirt,  noch  auf  länger  als  1  Jahr 
vergeben  werden ;  doch  ist  die  Verlängerung  des  Genusses  auf  ein  zweites  Jahr 
zulässig.  *  Die  Wiedergewährung  des  im  §  20  bezeichneten  fänftien  Stipendium» 
auf  ein  zweites  Jahr  kann  auch  erfolgen,  wenn  der  Stipendiat  bei  eintretender 
Fälligkeit  des  zweiten  Stip.  das  30.  Lebensjahr  bereits  überschritten  haben  sollte. 

§  24.  Dispensation  von  den  in  den  §§  20,  21,  23  aufgestellten  Vor- 
schriften erteilt  in  besonderen  Fällen  das  Auswärtige  Amt  nach  Anhörung  der 
Centraldirection. 

§  25 Die  schliefsl.  Entscheidung  wird  in  der  Begel  vor  Ablauf  des- 

Julimonats  den  Empfängern  mitgeteilt,  deren  Namen  in  dem  „Beichsanzeiger^* 
veröffenüicht  werden. 

§  26.  Das  Stip.  wird  jährl.  am  1.  Oct.  fällig  und  der  ganze  Jahresbetrag^ 
auf  einmal  dem  Bewerber  oder  seinem  gehörig  legitimirten  Bevollmächtigten 
durch  die  Legationskasse  gegen  Quittung  ausgezahlt. 

§  28.  Der  Stipendiat  ist  verpflichtet,  so  lange  er  in  Bom  oder  Athen 
Terweilt,  an  den  Sitzungen  des  Instituts  regelm.  Anteil  zu  nehmen.  Er  hat 
überdies  während  seiner  Beise  die  Zwecke  des  Instituts  nach  Möglichkeit  zu 
fördern  und  nach  Beendigung  derselben  über  deren  Ergebnis  einen  summarischen 
Bericht  an  die  Centraldirection  einzusenden." 

Die  Charlottenstiftung  für  Philologie  (errichtet  von  Charlotte  Stiepel 
geb.  Freiin  v.  Hopffgarten)  gewährt  als  Stipendium  auf  die  Dauer  von  4  Jahren 
die  Zinsen  eines  Kap.  von  10,000  Thlm.  Aufserdem  hat  die  Stifterin  ein  Stip. 
von  2000  Thlm.  ausgesetzt  zum  Zweck  eines  Aufenthalts  in  Italien  behufs 
archäologischer  Studien.  In  beiden  Fällen  mufs  der  Bewerber  ein  dem  deutschen 
Beich  angehöriger  Philologe  sein,  welcher  die  Universitätsstudien  vollendet  und 
den  Philosoph.  Doctorgrad  erlangt  oder  die  Prüfung  für  das  höh.  Schul^mt 
bestanden  hat,  aber  zur  Zeit  der  Bewerbung  noch  ohne  feste  Anstellung  ist  — 
Curator  der  Stiftung  ist  der  jedesmalige  Kanzler  des  deutschen  Beichs.  Mit 
der  wissenschaftl.  Leitung  derselben  ist  die  K.  preufs.  Akademie  der  Wissen- 
schaften zu  Berlin  beauftragt.  Die  Gewährung  des  Stip.  ist  von  der  Lösung 
einer  Preisaufgabe  abhängig,  deren  Thema  in  jedem  vierten  Jahre  am  Leibniz- 
tage  in  der  öff.  Sitzung  der  Akademie  und  dann  durch  die  Zeitungen  bekannt 
gemacht  wird.         Die  weiteren  statutar.  Bestimmungen  s.  im  CBl.  1874  p.  644. 

Die  Schönhauser  Stiftung. 

„Auf  Ihren  Bericht  vom  6.  August  d.  J.,  will  Ich  die  vom  Beichskanzler 
Fürsten  von  Bismarck  mit  der  aus  Anlafs  seines  70.  Geburtstages  ge- 
sammelten und  ihm  zur  freien  Verfügung  gestellten  Summe  gegründete  „Schön- 


29 

haaser  Stiftung*'  auf  Grnnd  des  anliegenden  Statuts  d.  d.  Schönhausen,  den 
21.  Mai  d.  J.  unter  Verleihung  der  Bechte  'einer  juristischen  Person  hierdurch 
genehmigen."  Bad  Gastein,  den  8.  August  1885.  gez.  Wilhelm. 

Für  den  Minister  des  Innern,  den  Justizminister  und  den  Minister  der 

geistl.  etc.  Ang.    ggz.  von  Scholz. 

• 

Statut    der    Schönhauser    Stiftung.  „Aus  Anlafs  meines    am 

1.  April  1885  Tollendeten  siebenzigsten  Lebensjahres  und  meines  Dienst- 
jubiläums sind  mir  Ton  Deutschen  innerhalb  und  aufserhalb  des  Reiches 
gesammelte  Geldbeträge  behufs  Begründung  einer  Stiftung,  deren  Bestimmung 
mir  überlassen  wurde,  zur  Verfügung  gestellt  worden. 

Mit  Genehmigung  Sr.  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  bestimme  ich 
diese  mir  übergebenen  Geldspenden  und  die  Mittel,  welche  ich  sonst  zu  diesem 
Zwecke  überweisen  werde,  zu  einer  Stiftung  für  den  höheren  Lehrerstand  im 
Deutschen  Beiche,  die  den  Namen  „Schönhauser  Stiftung"  führen  wird,  und 
für  welche  die  folgenden  Vorschriften  mafsgebend  sein  sollen. 

§  1.  Zweck  der  Stiftung  ist,  deutschen  jungen  Männern,  welche  sich 
dem  höheren  Lehrfache  an  deutschen  höheren  Lehranstalten  widmen,  vor  ihrer 
besoldeten  Anstellung  Unterstützungen  zu  gewähren,  auch  im  Inlande  wohnenden 
Wittwen  von  Lehrern  des  höheren  Lehrfaches  Beihülfe  für  ihreb  Lebensunterhalt 
nnd  für  die  Erziehung  ihrer  Kinder  zu  leisten.  §  2.    Der  Sitz  der  Stiftung 

ist  zu  Schönhausen,  wo  ich  die  für  ihre  Verwaltung  erforderlichen  Bäume  an- 
weisen werde.  §  3.  Die  dem  Zwecke  der  Stiftung  gewidmeten  Mittel  sind 
die  durch  die  bezeichneten  Sammlungen  zusammengebrachten  Geldspenden, 
welche  sich  auf  die  Summe  von  1200000  M.  belaufen,  sowie  diejenigen 
Spenden,  welche  mir  bis  nach  vollständiger  Feststellung  der  Eingänge  noch 
werden  zur  Verfügung  gestellt  oder  von  mir  und  Anderen  der  Stiftung  femer 
zugewandt  werden.  §  4.  Die  Stiftung  wird,  so  lange  ich  lebe,  von  mir 
als  ihrem  Vorsteher  verwaltet  und  in  allen  ihren  Angelegenheiten  nach  Aufsen 
vertreten.  Für  die  Zukunft  und  nach  meinem  Tode  gebührt  als  ihrem 
Vorsteher  die  Verwaltung  und  Vertretung  der  Stiftung  demjenigen  Mitgliede 
meiner  Familie,  welches  nach  den  von  mir  getroffenen  Bestimmungen  über  das 
Fürstlich  Bismarckscho  Familienfideicommifs  zum  Besitze  des  Stammgutes 
Schönhausen  gelangt  Wird  das  Fideicommifs  aufgehoben,  so  soll  die 
Verwaltung  und  Vertretung  der  Stiftung  demjenigen  Mitgliede  meiner  Familie 
zustehen,  welches  nach  der  von  mir  für  das  vorstehende  Familienfideicommifs 
angeordneten  Linealgradualerbfolge  zu  dem  Besitze  meines  Stammgutes  Schön- 
hausen, wenn  dieses  die  Fideicommifseigenschaft  beibehalten  hätte,  berechtigt 
gewesen  wäre.  So  lange  der  Vorsteher  der  Stiftung  an  der  selbständigen 
Verwaltung  seines  Vermögens  verhindert  ist,  steht  die  Verwaltung  und  Ver- 
tretung der  Stiftung  seinem  Vormunde  nach  Mafsgabe  dieses  Statuts  zu. 
§  5.  Der  Vorsteher  der  Stiftung  (§  4)  ist  befugt,  an  seiner  Stelle  die  Ver- 
waltung und  Vertretung  der  Stiftung  mit  den  von  ihm  zu  bestimmenden  Be- 
schränkungen durch  eine  notariell  beglaubigte  Erklärung  zu  übertragen.  Der 
im  §  4  erwähnte  Vormund  ist  zu  einer  solchen  Uebertragung  nicht  berechtigt 
§  6.  Das  Kapitalsvermögen  der  Stiftung  ist  von  dem  Vorsteher  nach  freiem 
Ermessen  in  Schuldverschreibungen,  welche  von  dem  Deutschen  Beiche  oder  von 
einem  deutschen  Bundesstaate  mit  gesetzlicher  Ermächtigung  ausgestellt  sind, 
oder  in  Schuldverschreibungen,  deren  Veninsung  von  dem  Deutschen  Beiche 
oder  von  einem  deutschen  Bundesstaate  gesetzlich  gewährleistet  ist,  oder  in 
Bentenbriefen  der  zur  Vermittelung  der  Ablösung  von  Beuten  bestehenden 
Bentenbanken  oder  in  Schuldverschreibungen,  welche  von  deutschen  communalen 
Corporationen  (Provinzen,  Kreisen,  Gemeinden  u.  s.  w.)  oder  von  deren  Credit- 
anstalten  ausgestellt  und  entweder  seitens  der  Inhaber  kündbar  sind  oder  einer 


30 

Tegelmäfsigen  Amortisation  unterliegen,  oder  anf  solche  Hypotheken  oder  Gnind- 
schnlden,  welche  nach  Yormnndschaftsrecht  als  sicher  gelten,  zinsbar  anzu- 
legen. Sollten  Grundstöcke  aus  dem  Vermögen  der  Stiftung  angekauft 
werden,  so  kann  der  Vorsteher  dieselben  durch  Beamte  der  Stiftung  verwalten 
oder  verpachten  und  wieder  veräufsern.  §  7.  Zu  den  Unterstützungen  sind, 
abzüglich  der  Verwaltungskosten,  die  jährlichen  Einkünfte  zu  verwenden.  •  Das 
Geschäftsjahr  beginnt  am  1.  October.  §  8.  Die  Unterstützungen  werden 
an  Candidaten  des  höheren  Lehramts  in  der  Begel  im  Betrage  von 
1000  M.  jährlich  nach  erfolgter  Ablegung  der  zu  einer  Anstellung  als  Lehrer 
des  höheren  Lehrfachs  berechtigenden  Staatsprüfung  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  an 
welchem  der  Empfänger  eine  besoldete  Anstellung  als  Lehrer  erhält,  jedoch  auf 
nicht  länger  als  auf  die  Dauer  von  im  Ganzen  höchstens  6  Jahren  gewährt. 

Ingleichen  soll  der  Vorsteher  der  Stiftung  berechtigt  sein,  solchen  Lehrern, 
welche  die  Staatsprüfung  far  das  höhere  Lehrfach  abgelegt  haben,  ohne  Bücksicht 
darauf,  ob  sie  sich  bereits  in  dem  Genufs  einer  besoldeten  Stelle  befinden  oder 
nicht,  aus  den  Einkünften  der  Stiftung  Stipendien  zu  Studien  im  Auslande 
oder  in  Deutschland  aufserhalb  ihrer  Heimath  zu  gewähren.  An  Söhne  von 

Lehrern  höherer  Schulen  können  auch  schon  während  ihrer  Studienzeit  Unter- 
stützungen in  dem  vorgedachten  oder  in  einem  geringeren  Betrage  gewährt 
werden,  wenn  sie  sich  dem  höheren  Lehrfache  widmen.  Die  Zeit  der  auf  der 
Universität  gewährten  Unterstützungen  ist  auf  den  im  ersten  Absatz  bezeichneten 
höchsten  Zeitraum  nicht  einzurechnen.  §  9.    Die  Aaswahl  der  zu  Unter- 

stützenden aus  den  Angehörigen  des  Deutschen  Beiches  steht  ausschliefslich 
dem  Vorsteher  der  Stiftung  zu.  Derselbe  soll  darauf  bedacht  sein,  dafs  die 
Verteilung  der  Unterstützungsbeträge  auf  die  Angehörigen  der  einzelnen  deutschen 
Staaten  in  einem  der  Bevölkerung  oder  der  Zahl  der  höheren  Lehranstalten  in 
jedem  derselben  ungefähr  entsprechenden  Verhältnis  entfällt.  Auch  sollen  unter 
den  Bewerbern  die  Söhne  von  Lehrern  des  höheren  Lehrfachs  den  Vorzug  haben. 

Welcher  der  vorstehend  bezeichneten  Kategorien  die  Mittel  der  Stiftung 
vorzugsweise  zugewendet  werden  sollen;  hat  der  Vorsteher  nach  Mafsgabe 
der  Erfahrungen  über  das  vorwiegende  Bedürfnis  zu  ermessen.  Ein  festes 
Verhältnis  f&r  die  Verteilung  unter  die  verschiedenen  Kategorien  wird  nicht 
vorgeschrieben.  §.  10.    Die  Zuweisung  der  Unterstützungen  soll  nach  dem 

Ermessen  des  Vorstehers  der  Stiftung  in  der  Begel  auf  die  gesamte  im  §  8 
bestimmte  Dauer  erfolgen,  ist  jedoch  jederzeit  widerruflich,  so  dafs  aus  der 
Bewilligungszusage  ein  Becht  auf  den  Fortbezug  der  Unterstntzungen  Niemand 
erlangt.  Es  mufs  jedoch  die  einmal  zugewiesene  Unterstützung  mindestens 
während  zweier  Semester  gezahlt  werden.  Auch  ist  ein  Widerruf  nur  dann 
giltig,  wenn  er  spätestens  vor  Beginn  desjenigen  Semesters  erklärt  wird,  bis 
zu  dessen  Ende  die  Unterstützung  noch  gewährt  wird.  Die  Widerrufserklärung 
kann  mittels  eingeschriebenen  Briefes  mit  notariell  bescheinigter  Unterschrift 
an  diö  letzte  bekannte  Adresse  des  Empfängers  erfolgen.  Die  Art,  in  welcher 
der  zugewiesene  Betrag  an  die  zu  Unterstützenden  verteilt  wird,  insbesondere 
ob  die  Zuteilung  auf  einmal  oder  in  terminlichen  Leistungen  erfolgt,  hängt 
lediglich  von  dem  Ermessen  des  Vorstehers  der  Stifbung  ab. 

§  11.  Soweit  in  einem  Jahre  die  Einkünfte  des  Stiftungsvermögens 
Mangels  geeigneter  Empfänger  nach  Mafsgabe  des  §  8  nicht  erschöpft  werden, 
soll  der  Vorsteher  der  Stiftung  die  nicht  zur  Verwendung  gelangten  Beträge 
der  Jahreseinnahme  Wittwen  von  Lehrern  des  höheren  Lehrfachs  für  ihren 
Lebensunterhalt  oder  für  die  Erziehung  ihrer  Kinder  zuwenden.  In  der 
Auswahl  der  zu  unterstützenden  Wittwen,  auf  welche  die  Vorschrift  des  §  9 
entsprechende  Anwendung  zu  finden  hat,  und  in  der  Höhe  der  Zuwendung  ist 
der  Vorsteher  d^  Stiftung  keinen  Beschränkungen  unterworfen.  Für  das 
Jahr  vom   1.  October  1885  bis  dahin  1886  bleibt  der  Zuschlag  der  nicht  zur 


31 
t 

Yerwendnng  gelangten  Einnahmen  der  Stiftung  zn  dem  Kapital  derselben  ge> 
stattet  In  späteren  Jahren  soll  die  volle  Einnahme  nach  Abzng  der  Yerwal- 
tnngskosten  in  jedem  Jahre  znr  stifknngsmäfsigen  Verwendung  gebracht  werden. 
So  weit  dies  gelingt,  sind  die  Beste  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  stiftungs- 
mäfsig  auszugeben,  so  dafs  Ersparungen  zur  Erhöhung  des  Stifkmgskapit^s 
nur  zur  Deckung  von  Verlusten,  die  an  demselben  stattgefunden  hätten,  zu- 
lässig sind.  Hiervon  abgesehen  soll  nicht  thesaurisirt,  sondern  alles  verwendet 
werden. 

§  12.  Der  Vorsteher  der  Stiftung  bedient  sich  zur  Hülfeleistung  bei  der 
Geschäftefnhrung  eines  Stiftungssecretärs  und  sonstiger  Beamten,  welche  er 
nach  seinem  Ermessen  für  erforderlich  hält.  Die  Stiftungsbeamten  werden 
auf  Kündigung  von  dem  Vorsteher  ernannt  und  entlassen;  sie  haben  lediglich 
nach  Mafsgabe  der  ihnen  von  diesem  gegebenen  Anweisung  zu  handeln. 

Die  Besoldung  der  Stiftungsbeamten,  eine  etwaige  Pension  derselben,  sowie 
die  sonstigen  Kosten  der  Stiftungsverwaltung  werden  lediglich  von  dem  Vor- 
steher der  Stiftung  festgestellt  und  aus  den  Einkünften  derselben  bestritten. 

§  13.  Die  Verleihung  des  Bezugs  der  Unterstützugen  findet  alljährlich 
am  1.  October  statt;  das  erste  Mal  erfolgt  sie  am  1.  October  1885.  Mel- 
dungen zum  Bezug  der  ünterstüzungen  sind  in  der  Begel  nur  zu  berück- 
sichtigen, wenn  sie  spätestens  bis  zu  dem  1.  Juli,  welcher  dem  Zuweisungstage 
voraufgeht,  an  den  Stiftungssecretär  in  SchOnhausen  gelangt  sind. 

§  14.  Die  landeshenliche  Aufsicht  über  die  Stiftung  wird  durch  den 
jedesmaligen  ersten  Präsidenten  des  Preufsischen  Herrenhauses  ausgeübt. 
§  15.  Abänderungen  des  Statuts  können  von  dem  Vorsteher  der  Stiftung  vor- 
genommen werden.  Sofern  dieselben  den  Zweck,  den  Sitz  und  die  äufsere 
Vertretung  der  Stiftung  betreffen,  bedürfen  sie  der  landesherrlichen  Genehmigung. 
Sonstige  Aenderungen  bedürfen  der  Genehmigung  des  ersten  Präsidenten  des 
Preufsischen  Herrenhauses." 

Schönhausen,  21.  Mai  1885.  gez.  v.  Bismarck. 

An  den  ersten  Präsidenten  des  Herrenhauses,  Se.  Durchl.  Victor^ 
Herzog  von  Ratibor  etc.  « Varzin,  den  81 .  August  1 885.  Durchlauchtigster 
Herzog!  Aus  den  Spenden,  welche  Ew.  Durchlaucht  im  Auftrage  eines  Comite's 
aus  Anlafs  meines  70 jährigen  Geburtstages  und  meines  Dienstjubiläums  behufs 
Begründung  einer  Stiftung  mir  zur  Verfügung  gestellt,  habe  ich  in  Anknüpfung 
an  das  andere  mir  gewährte  Nationalgeschenk  die  „Schönhauser  Stiftung"  begründet, 
deren  in  der  Anlage  ergebenst  beigefügtes  Statut  durch  die  abschriftlich  eben- 
mäfsig  beigeschlossene  Allerhöchste  Cflibinets  -  Ordre  vom  8.  August  d.  Js.  die 
landesherrliche  Genehmigung  und  die  Rechte  einer  juristischen  rerson  erhalten 
hat.  Wie  Ew.  Durchlaucht  geneigtest  dem  Inhalte  dieses  Statutes  entnehmen 

wollen,  sind  die  Einkünfte  der  Stiftung  zur  Unterstützung  für  Beflissene  des 
höheren  Lehrfachs  bestimmt.  Mafsgebend  für  diese  Bestimmung  war  für  mich  der 
Gedanke,  dafs  die  Stiftung,  deren  Mittel  im  ganzen  Reiche  aufgebracht  sind,  auch 
in  ihrer  Wirkung  im  gleichen  Umfange  sichtbar  gemacht  werden  müfste.  Aua 
dieser  Erwägung  verbot  sich  eine  Zuwendung  'zu  Gunsten  der  Arbeiter,  weil  eine 
solche  nur  einzelnen  Landesteilen  zu  Gute  hätte  kommen  können.  Eine  Ver- 
wendung zu  Gufisten  der  Theologen  fand  in  der  Verschiedenheit  der  Confessionen 
ein  Hindernis.  Dagegen  bedarf  das  höhere  Lehrfach  auch  noch  deshalb  einer 
besonderen  Unterstützung,  weil  es  die  Pflegstätte  des  nationalen  Gedankens  bildet 
und  in  seiner  idealen  Gesinnung,  ohne  welche  der  Lehrerstand  seinem  mühevollen 
und  selten  einträglichen  Berufe  nicht  würde  treu  bleiben  können,  ein  sittliches 
Gegengewicht  zu  dem  Materialismus  der  Zeit  darstellt.  Die  Erhaltung  und  Pflege 
dieser  Gesinnung  bei  der  Jugend  liegt  in  den  Händen  der  Lehrer  und  ist  für 
unsere  nationalelßntwickelung  von  hoher  Bedeutung.  Von  besonderer  Wichtigkeit 
ist  es  für  mich,  die  staatliche  Aufsicht  über  die  Stiftung  einer  Stelle  anvertraut 
zu  wissen,  an  welcher  ich  einen  festen  Anhalt  für  die  Pflege  nationaler  Gesinnung, 
unabhängig  von  dem  wechselnden  Einflufs  der  Parteien,  für  die  Zukunft  erhoffen 
darf.   Ohne  nähere  Bestimmung  würde  diese  staatliche  Aufsicht  Behörden  zufallen. 


32 

welche  in  ihrer  politischen  Zusammensetzung  und  Gesinnung  dem  Wechsel  unter- 
worfen sind  und  von  Aenderungen  im  Systeme  der  Regierung  beeinflufst  werden. 
Bei  dem  jeweiligen  Präsidenten  des  PreuTsischen  Herrenhauses  darf  ich  mehr  als 
bei  anderen  Stellen  Unabhängigkeit  von  wechselnden  politischen  Strömungen 
voraussetzen.  Die  Berechtigung  Seiner  Majestät  zur  Bestellung  desselben  als 
Aufsichtsorgan  hat  in  der  Allerhöchsten  Gabinets-OrdrCf  welche  das  Statut  bestätiget 
hat,  ihren  bestimmten  Ausdruck  gefunden.  Wenn  ich  mich  der  HoÖhung  hin- 

geben darf,  dafs  Ew.  Durchlaucht  meiner  Auffassung  im  Wesentlichen  beipflichten, 
so  bin  ich  sicher,  dafs  bei  Hochden selben  meine  Bitte,  die  durch  das  Statut  über- 
tragene Aufsicht  als  derzeitiger  erster  Präsident  des  Herrenhauses  übernehmen  zu 
woneD,   eine  geneigte  Zustimmung   finden  wird.  Ich  bitte  zugleich,   meinen 

Vorschlag  als  ein  Zeichen  meiner  ganz  besonderen  Verehrung  aufzufusen,  mit 
welcher  ich  bin  £w.  Durchlaucht  ergebenster  Diener  v.  Bismarck." 

An  Se.  Durchlaucht  den  Fürsten  v.  Bismarck,  Kanzler  etc. 
„Bauden,  am  3.  Sept.  1885.  Durchlauchtigster  Fürst !  Eure  Durchlaucht  haben  die 
Geneigtheit  gehabt,  mittelst  des  sehr  geehrten  Schreibens  vom  31.  v.  Mts.  das 
Statut  der  Schönhauser  Stiftung,  hervorgegangen  aus  der  Sammlung  aus  Anlafs 
Ihres  70jährigen  Geburtstages  und  Ihres  Dienstjubiläums,  und  die  Abschrift  der 
Allerhöchsten  Cabinets- Ordre  vom  8.  August  er.  betreffend  die  Landesherrliche 
Gtenehmigung  dieses  Statuts  zu  übersenden  und  sage  ich  Ihnen  dafür  meinen  ganz 
ergebensten  Dank.  Gleichzeitig  erkläre  ich  mich  sehr  gern  bereit,  die  in  diesem 
Statut  (S  14)  übertragene  Pflicht  zu  übernehmen  und  als  erster  Präsident  des 
Herrenhauses  die  Landesherrliche  Aufsicht  über  dieses  Statut  auszuüben  und  sehe 
darin  einen  besonderen  Beweis  Ihres  Vertrauens  zu  dem  jeweiligen  Inhaber  dieser 
Stelle.  Was  mich  betrifft,  so  darf  ich  wohl  versichern,  dafs  ich  mich  dieser 

Aufgabe  mit  Freuden  unterziehen  und  dieselbe  unabhängig  von  dem  wechselnden 
Einflüsse  der  Parteien  auszuüben  mich  bemühen  werde.  Auch  bin  ich  überzeugt, 
dafs  jeder  meiner  Nachfolp^er  in  dieser  Stellung  diese  Auffassung  teilen  und  in 
gleichem  Sinne,  wie  ich,  die  Aufgabe  zu  erfüllen  bestrebt  sein  wird.  Ich  darf 

wohl  noch  hinzufügen,  dafs  es  mich,  der  ich  mit  Freuden  zum  Zustandekommen 
dieses  Fonds  nach  meinen  schwachen  Kräften  mich  bemüht  habe,  mit  besonderer 
Genugthuung  erfüllt,  auch  ferner  in  Verbindung  mit  demselben  bleiben  zu 
dürfen.  Ich  ergreife  diese  Gelegenheit,   Eurer  Durchlaucht  die  Versicherung 

meiner  unbegrenzten  Verehrung  auszusprechen,  mit  welcher  ich  verbleibe  Eurer 
Durchlaucht   ergebenster  Diener   V.  Herzog  von  Ratibor." 


IL 
Die  Prüfungen  für  das  höhere  Schulamt. 

Die  WiBsensohaftliohen  Früfüngsoommissionen.^) 

Nach  der  Instr.  v.  23.  Dec.  1816,  deren  Fassung  in  vielen  einzelnen 
BeBtimmnngen  den  jetzt  bestehenden  Verhältnissen  der  Schnlverwaltang  nicht 
mehr  entspricht,  haben  die  Wissenschaftl.  Prüfungscomm.  im  Auftrage  der 
E.  Prov.Sch.CG.  die  Prüfdngen  der  Candidaten  des  höh.  Schnlamts  abzuhalten 
und  die  Verhandlungen  der  Abiturientenprnfdngen  zu  revidiren.^)    Aufserdem 

*)  Dieselben  sind  im  Jahre  1816  an  die  Stelle  der  1810  errichteten  „Wissen- 
schaftl. Deputationen"  getreten.  Ueber  das  Historische  vgl.  Histstatist.  Darat. 
I  p.  6,  703.  n  p.  610,  wo  auch  Mitteilungen  über  das  bisher.  Prüfungsverfahren 
in  den  neupreufs.  Provinzen. 

■)  S.  Abt.  I  p.  402.  413.  440. 


33 

flind  die  K.  Prov.Sch.CC.  befugt,  ihnen  Einrichtungs-  nnd  Lejirpläne  der  Gym- 
nasien, ebenso  Lehrbücher  und  andere  in  das  gelehrte  Schulwesen  einschlagende 
Gegenstände  zu  gutachtl.  Aeufserung  mitzuteilen.  —  Die  Mitglieder  der  Com- 
missionen  werden  vom  Minister  auf  ein  Jahr  ernannt.  Der  Dir.  der  Commission 
erstattet  in  Angelegenheiten  der  Candidatenprüfungen  dem  Minister  nnmittelbar 
Bericht. 

Ordnung  der  Prüfung  für  das  Lehramt  an  höheren  Schulen 

vom  5.  Februar  1887. 

„§  1.  Prüfungsbehörde.  Die  Prüfung  für  das  Lehramt  an  höheren 
Schulen  wird  vor  einer  der  Königlichen  Wissenschartlichen  Prafungscommissionen 
abgelegt. 

Der  Minister  der  geistl.,  ünt.-  nnd  Med.-Angelegenheiten  bestimmt  den 
Sitz  nnd  den  Prüfungsbezirk  der  einzelnen  Commlssionen  und  ernennt  ihre 
Mitglieder. 

§  2.  Wer  sich  der  Prüfung  zu  unterwerfen  hat.  Der  Prüfung 
für  das  höhere  Lehramt  haben  sich  alle  diejenigen  Gandidaten  zu  unterziehen, 
welche  die  Befähigung  erwerben  wollen,  als  wissenschaftliche  Lehrer  an  einer 
von  den  im  Sinne  der  Circ.Verf  v.  31.  März  1882  (s.  I  S.  HO  fg.)  als  höhere 
Schulen  bezeichneten  Lehranstalten  angestellt  zu  werden. 

§  3.  Bedingungen  der  Zulassung.  1.  Für  die  Zulassung  zur 
Prüfung  ist  erforderlich,  dafs  der  Candidat  das  Beifezeugnis  an  einem  deutschen 
Gymnasium  erworben  und  darauf  drei  Jahre  an  einer  deutschen  Staats-Universität 
fitudirt  hat. 

Zu  den  Staats -Universitäten  im  Sinne  dieser  Prüfnngs- Ordnung  gehört 
auch  die  Akademie  zu  Münster. 

In  Betreff  des  Erfordernisses  des  anderthalbjährigen  Besuches  einer  preufsi- 
schen  Universität  wird  auf  die  Cabinets  -  Ordre  vom  30.  Juni  1841  (s.  S.  2) 
Bezug  genommen. 

2.  Wenn  die  Mathematik  oder  die  Naturwissenschaften  oder  die  fremden 
neueren  Sprachen  die  Hauptfächer  der  Prüfung  sind  (§§  9.  10),  so  steht  behufs 
der  Zulassung  zur  Prüfung  das  Beifezeugnis  eines  preufsischen  Bealgymnasiums 
dem  eines  deutschen  Gymnasiums  gleich. 

3.  Ausnahmsweise  Entbindung  von  der  vollständigen  Erfüllung  dieser 
Bedingungen  kann  der  Minister  gewähren.  Insbesondere  kann  bei  der  Bewerbung 
um  die  Lehrbefahigung  im  Französischen  oder  im  Englischen  eine  derartige 
Bewilligung  zu  Gunsten  derjenigen  Gandidaten  eintreten,  welche  aufser  einem 
mindestens  zweijährigen  Studium  an  einer  deutschen  Staate^Universität  eine  Zeit 
lang  an  einer  Hochschule  studirt  haben,  an  welcher  in  französicher  oder  eng- 
lischer Sprache  vorgetragen  wird,  oder  in  den  betr.  Ländern  sich  behufs  ihrer 
sprachlichen  Ausbildung  aufgehalten  und  darüber  einen  beglaubigenden  Nach- 
weis beigebracht  haben. 

§  4.    Meldung  zur  Prüfung,    a)  Zuständige  Commission. 

1.  Die  Meldung  zur  Prüfung  hat  der  Candidat  an  eine  für  ihn  zuständige 
Commission  schriftlich  zu  richten. 

2.  Zuständig  ist  jede  der  Commissionen  in  deren  Prüfungsbezirk 

a)  der  Candidat  seinen  Geburtsort  oder  seinen  Wohnsitz  hat;  oder 

b)  die  Universität  belegen  ist,  an  welcher  der  Candidat  das  letzte 
und  mindestens  noch  ein  früheres  Semester  seiner  Studienzeit  zuge- 
bracht hat;  jedoch  mufs  die  Meldung  innerhalb  eines  Jahres  nach 
dem  Abgange  von  der  Universität  erfolgen  oder  der  Candidat  in 
derselben  Provinz  bis  zur  Meldung  seinen  dauernden  Aufenthalt 
gehabt  haben;  oder 

Wiese,  Verordnangen.    IL  3 


34 

c)  die  Verwendung   des  Candidaten   im  öffentlichen  Dienste  bereits  * 
stattfindet  oder  in  bestimmte  Aussicht  genommen  ist. 
Dem  Minister  bleibt  vorbehalten,  die  Erledigang  von  Meldungen,   welche 
Yon  einer  Commission  angenommen  sind,  im  Falle  ihrer  zeitweiligen  .üeberlastang 
oder  ans  sonstigen  besonderen  Gründen  einer  anderen  Commission  zn  überweisen. 

3.  Zar  Meldung  bei  einer  nicht  zuständigen  Prüfdngscommission  ist 
seitens  des  betr.  Candidaten  unter  Darlegung  der  Gründe  die  Genehmigung 
des  Ministers  nachzusuchen. 

4.  Zur  Annahme  der  Meldung  eines  dem  deutschen  Beiche  nicht  ange- 

hörigen  Candidaten  ist  in  jedem  Falle  die  Genehmigung  des  Ministers  erforderlich. 

• 

§  5.  b)  Inhalt  der  Meldung.  1.  In  der  Meldung  zur  Prüfung  hat 
der  Candidat  anzugeben,  in  welchen  Hauptfächern  (§  10)  und  für  welche  Stufe 
derselben  (§  8.  §  9,  1)  er  die  Lehrbefähigung  erwerben  will,  femer,  insoweit 
für  die  Nebenfächer  zu  den  gewählten  Hauptfächern  eine  Wahl  gelassen  ist 
(§  10,  vergl.  §  9,  2,  3),  in  welchen  derselben  er  sich  der  Prüfung  zu  unter- 
ziehen beabsichtigt,  event.  ob  er  noch  aufserdem  in  einem  Gegenstande  die  Lehr- 
befähigung zu  erweisen  gedenkt  (§  9,  4). 

2.  Beizufügen  sind  der  Meldung  im  Original  oder  in  amtlich  beglaubigter 
Abschrift  die  Zeugnisse,  welche  die  Erfüllung  der  in  §  3  bezeichneten  Be- 
dingungen erweisen,  und,  falls  die  Meldung  um  mehr  als  Jahresfrist  nach  dem 
Abgange  von  der  Universität  erfolgt,  ein  amtliches,  event.  ortsobrigkeitliches 
Zeugnis  über  den  Lebenswandel,  femer  ein  von  dem  Candidaten  abzufassender 
Lebenslauf.  Dieser  hat,  auTser  der  vollständigen  Angabe  vom  Namen,  Stand 
des  Vaters,  Tag  und  Ort  der  Geburt  und  von  der  Confession  (bezw,  Religion) 
des  Candidaten,  die  genossene  Schulbildung  zu  bezeichnen  und  den  Gang  und 
umfang  der  üniversitätsstudien  darzulegen;  insbesondere  ist  bei  der  Bewerbung 
des  Candidaten  um  die  Lehrbefähigung  auf  einem  sprachlichen  Gebiete  über 
den  bereits  erreichten  Umfang  der  Leetüre  Auskunft  zu  geben.  Femer  ist 
anzugeben  und  event.  durch  Zeugnisse  zu  beglaubigen,  ob  der  Candidat  Assistent 
an  einem  Üniversitäts-Institnt  oder  Mitglied  eines  Universitäts-Seminars  gewesen 
ist  oder  an  Uebungen  Teil  genommen  hat,  welche  denen  der  Seminare  ver- 
gleichbar sind.  Wenn  der  Candidat  bereits  die  philosophische  Doctorwürde 
erworben  hat,  so  ist  dies  unter  Beifügung  eines  Exemplars  der  Doctordissertation 
und  des  Doctordiploms  zu  erwähnen. 

3.  Candidaten,  deren  Hauptfächer  die  alten  Sprachen  sind,  haben  den 
Lebenslauf  in  lateinischer  Sprache,  Candidaten  der  fremden  neueren  Sprachen 
in  einer  derselben  abzufassen.  In  den  übrigen  Fällen  steht  es  den  Candidaten 
frei,  ob  sie  für  Abfassung  des  Lebenslaufes  eine  der  genannten  Sprachen  oder 
die  deutsche  Sprache  wählen  wollen. 

4.  Wenn  ein  Candidat  bereits  Schriften  veröffentlicht  hat,  deren  Be- 
rücksichtigung seitens  der  Commission  er  wünscht,  so  hat  er  ein  Exemplar 
derselben  seiner  Meldung  beizulegen. 

5.  Bei  der  Meldung  zu  einer  Wiederholungs-,  Ergänzungs-  oder  Er- 
weiterungs-Prüfang  (§§  37-— 39)  ist  über  die  früher  bereits  abgelegten  oder 
begonnenen  Prüfungen  und  Meldungen  zur  Prüfdng  vollständig  Bechenschaft 
zu  geben.  Sollte  sich  nachträglich  herausstellen,  dafs  der  Candidat  ein  wesent- 
liches Moment  in  dieser  Beziehung  verschwiegen  hat,  so  ist  die  Commission 
ermächtigt,  die  bereits  erfolgte  Annahme  der  Meldung  zurückzunehmen. 

§  6.  Zulassung  zur  Prüfung.  1.  Auf  Gmnd  der  Meldung  entscheidet 
die  Commission,  ob  der  Candidat  zur  Prüfung  zuzulassen  ist  oder  nicht,  und 
stellt  in  dem  ersteren  Falle  demselben  die  Aufgaben  für  die  häuslichen 
Prüfungsarbeiten  zu. 


35 

2.  Wenn  ungeachtet  der  Erfällung'  der  formalen  Bedingangen  der  Zu- 
lassung (§  3)  die  Commission  zu  erheblichen  Zweifeln  an  der  ausreichenden 
wissenschaftlichen  Vorbereitung  des  Candidaten  sich  bestimmt  findet,  so  ist 
dieselbe  ermächtigt,  dem  Candidaten  von  dem  Eintritte  in  die  Prüfung  abzu- 
rathen.  Dem  Candidaten  bleibt  überlassen,  ob  er  dem  Eathe  glaubt  Folge 
geben  zu  sollen  oder  nicht. 

3.  {Irhebliche  Zweifel  gegen  die  sittliche  Unbescholtenheit  eines  Candidaten 
begründen  die  Verweigerung  der  Zulassung. 

4.  Gegen  die  Verweigerung  der  Zulassung  zur  Prüfung  kann  seitens  des 
Candidaten  die  Entscheidung  des  Ministers  nachgesucht  werden. 

§  7.  Gegenstände  der  Prüfung.  Durch  die  Prüfung  ist  'fest- 
zustellen erstens,  ob  ein  Candidat  durch  sein  .Studium  der  Philosophie  und 
Pädagogik,  durch  seine  Beschäftigung  mit  der  deutchen  Sprache  und  Litteratur 
und,  sofern  er  einer  der  christlichen  Eirchen  angehört,  durch  seine  Kenntnis 
der  Keligionslehre  seiner  Confession  den  an  Lehrer  höherer  Schulen  allgemein 
zu  stellenden  Forderungen  entspricht,  zweitens,  welches  Mafs  der  Lehrbeföhigung 
ihm  in  den  Fächern  seiner  speciellen  Studien  zuzuerkennen  ist. 

§  8.  Abstufung  der  Lehrbefähigung.  1,  Die  Lehrbefähigung 
in  den  einzelnen  Fächern  hat  drei  Stufen,  für  die  unteren,  die  mittleren,  die 
oberen  Klassen,  im  Folgenden  durch  3,  2,  1  bezeichnet. 

Unter  den  unteren  Klassen  sind  verstanden  die  drei  untersten  Jahrescurse, 
Sexta,  Quinta,  Quarta  eines  Gymnasiums  oder  einer  Bealanstalt  von  neun- 
jährigem Lehrcursus,  unter  den  mittleren  die  nächsten  drei  Jahrescurse,  Unter- 
Tertia,  Ober-Tertia,  Unter-Secunda,  unter  den  oberen  die  drei  letzten  Jahres- 
curse, Ober-Secunda,  Unter-Prima,  Ober-Prima  derselben  Anstalten.  Für  jedes 
einzelne  Fach  sind  die  Forderungen  in  Betreff  der  Höhe  der  Leistungen  nach 
derjenigen  Kategorie  der  Schulen  bemessen,  für  welche  die  höheren  Forderungen 
zu  stellen  sind. 

2.  Für  folgende  Lehrgegenstände:  Griechisch,  Englisch,  Hebräisch, 
Physik,  Chemie,  Mineralogie  werden  mit  Bücksicht  auf  die  Stelle  im  Lehrcursus, 
an  welcher  der  Unterricht  in  denselben  begonnen  wird,  nur  zwei  Stufen  der 
Lehrbefähigung,  die  mittlere  und  die  obere  (2,  1)  unterschieden.  —  Aus  dem 
gleichen  Gesichtspunkte  findet  für  die  Lehrbefähigung  in  der  philosophischen 
Propädeutik  eine  Unterscheidung  verschiedener  Stufen  nicht  statt 

Durch  Zoologie  1,  Botanik  1  ist,  obgleich  diese  Fächer  nicht  einen 
selbständigen  Uaterrichtsgegenstand  in  den  oberen  Klassen  bilden,  diejenige 
Höhe  der  Prüfungsforderungen  bezeichnet,  welcher  behufs  Erwerbung  eines  Ober- 
lehrerzeugnisses (§  9,  2)  zu  entsprechen  ist. 

§  9.  Abstufung  der  Gesamtzeugnisse.  1.  Das  Gesamtergebnis 
der  Prüfung,  sofern  dieselbe  bestanden  ist,  hat  zwei  Stufen:  entweder  wird  die 
wissenschaftliche  Befähigung  zu  einer  Oberlehi-erstelle  an  einem  Gymnasium 
und  einer  Bealanstalt  von  neunjährigem  Lehrcursus  erworben,  Oberlehrer- 
zeugnis, oder  die  wissenschafUiche  Befähigung  zu  einer  ordentlichen  Lehrer- 
stelle an  diesen  Anstalten,  Lehrerzeugnis. 

2.  Zur  Erwerbung  eines  Oberlehrerzeugnisses  ist  erforderlich,  dafs  ein 
Candidat  aufser  der  Erfüllung  der  allgemeinen  Anforderungen  (§  7)  in  zwei 
als  selbständig  zu  rechnenden  (§  10,  la,  2a)  Lehrfächern  (Hauptfächern)  die 
Befähigung  zum  Unterrichte  in  allen  Klassen  und  in  zwei  anderen  Fächern 
(Nebenfächern)  die  Befähigung  zum  Unterrichte  in  den  mittleren  Klassen 
erwiesen  hat. 

Zur  Erwerbung  eines  Lehrerzeugnisses  ist  erforderlich,  dafs  ein  Candidat 
aufser  der  Erfüllung  der  allgemeinen  Anforderungen  (§  7)  in  zwei  als  selbständig 
zu  rechnenden  (§  10,  la,  2a)  Lehrfächern  (Hauptfächern)  die  Befähigung  zum 

3* 


36 

Unterrichte  in  den  mittleren  Klassen  nnd  in  zwei  anderen  Fächern  (Neben- 
fächern) eine  Lehrbefähigung  und  zwar  in  einem  derselben  ebenfalls  für  die 
mittleren  Klassen  nachgewiesen  hat;  in  dem  anderen  Nebenfache  reicht  der 
Nachweis  der  Lehrbefähigung  far  die  unteren  Klassen  ans. 

Inwiefern  die  Wahl  der  zur  Erwerbung  eines  Oberlehrer-  (bezw.  Lehrer-) 
Zeugnisses  zu  verbindenden  zwei  Hauptfächer  und  der  ihnen  hinzuzufügenden 
zwei  Nebenfächer  bestimmten  Beschränkungen  unterliegt,  ist  durch  §  10 
festgesetzt. 

3.  Für  die  Erwerbung  eines  Ob^rlehrerzeugnisses  kann  an  die  Stelle  des 
Nachweises  der  Lehrbefähigung  in  zwei  Nebenfächern  für  die  mittleren  Klassen 
der  Nachweis  der  Lehrbefähigung  in  einem  Nebenfache  für  die  oberen  Klassen 
treten.  Jedoch  bleiben  hierbei  die  in  §  10,  Ib.  getroffenen  Bestimmungen  über 
die  obligatorische  Verbindung  gewisser  Nebenfächer  in  (Geltung. 

4.  Es  ist  den  Candidaten  unbenommen,  aufser  den  durch  die  Prüfungs- 
ordnung vorgeschriebenen  Haupt-  und  Nebenfächern  sich  noch  in  irgend  welchen 
wissenschaftlichen  Fächern,  welche  ünterrichtsgegenstand  an  einer  höh.  Lehr- 
anstalt sind,  einer  Prüfung  zu  unterziehen. 

5.  Wenn  die  Prü^gsleistungen  über  die  für  ein  Lehrerzeugnis  gestellten 
Forderungen  hinausgehen,  ohne  den  für  das  Oberlehrerzeugnis  geltenden 
Forderungen  zu  entsprechen,  so  gereicht  die  Mehrleistung  zwar  dem  betreffenden 
Candidaten  zur  Empfehlung,  ändert  aber  nicht  den  allgemeinen  Charakter  des 
Zeugnisses  als  eines  Lehrerzeugnisses. 

§  10.  Prüfungsfächer,  la)  Auf  dem  sprachlich-geschicht- 
lichen Gebiete  des  Unterrichtes  sind  folgende  sechs  Fächer  im  Sinne  von 
§  9,  2  als  selbständige  zu  rechnen:  Deutsch,  Latein,  Griechisch,  Fran- 
zösisch, Englisch,  Geschichte.  Den  Candidaten  bleibt  überlassen,  zwei 
derselben  als  Hauptfächer  (§  9,  2)  zu  verbinden. 

Auf  dem  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Gebiete  des 
Unterrichtes  sind  folgende  vier  Fächer  im  Sinne  von  §  9,  2  als  selbständige 
zu  rechnen:  Mathematik,  Physik,  Chemie  und  Mineralogie,  Botanik 
und  Zoologie.  Den  Candidaten  bleibt  überlassen,  zwei  derselben  als  Haupt- 
fächer (§  9,  2)  zu  verbinden. 

Die  Geographie  ist  ein  selbständiges  Fach  im  Sinne  von  §  9,  2  und 
kann  als  zweites  Hauptfach  sowohl  mit  einem  der  Fächer  des  mathematisch- 
naturwissenschaftlichen  Gebietes,  als  mit  einem  der  sprachlich-geschichtlichen 
Fächer  verbunden  werden. 

b)  Die  Freiheit  der  Wahl  der  zu  einer  Combination  von  zwei  Haupt- 
fächern hinzuzunehmenden  zwei  Nebenfächer  ist  durch  folgende  zwei  Be- 
stimmungen beschränkt. 

Erstens.  Mit  der  Lehrbefähigung  Lateinisch  1  ist  nothwendig  zu  ver- 
binden Griechisch  2,  mit  Griechisch  1  Lateinisch  2,  mit  Mathematik  1  Physik  2; 
mit  jeder  Stufe  der  Lehrbefähigung  im  Französischen  oder  Englischen  ist 
Lateinisch  3,  mit  jeder  Stufe  der  Lehrbefähigung  in  der  Geschichte  ist  Geo- 
graphie 3  zu  verbinden. 

Zweitens.  Das  eine  der  beiden  Nebenfächer  mufs,  insoweit  dies  nicht 
schon  durch  die  vorbezeichnete  Bestimmung  vorgeschrieben  ist,  demselben  Gebiete 
angehören,  wie  die  Hauptfächer,  das  heifst  dem  sprachlich-geschichtlichen  oder 
dem  mathematisch-naturwissenschaftlichen.  In  dieser  Beziehung  wird  Geographie 
als  Hauptfach  demjenigen  dieser  beiden  Gebiete  zugerechnet,  welchem  das  andere 
Hauptfach  angehört. 

2a)  Mit  der  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  der  christlichen 
Beligionslehre  für  die  oberen  Klassen  als  Hauptfach  ist  als  zweites  Hauptfach 
Hebräisch  für   die  oberen  Klassen  verbunden.    Um  auf  Grund  dieser  Lehr- 


37 

befähigung  ein  Oberlehrerzeugnis  zu  erwerben,  hat  der  Candiclat  entweder  in 
zwei  Fächern  des  sprachlich-historischen  Gebietes  die  Lehrbefähigung  für  die 
mittleren  Klassen,  oder  in  einem  Fache  dieses  Gebietes  die  Lehrbefähigung 
far  alle  Klassen  nachzuweisen.    (Vergl.  §  9,  2,  3.) 

b)  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  der  christlichen  Religionslehre 
für  die  mittleren  Klassen  ist  das  Bestehen  einer  Prüfung  im  Hebräischen  nicht 
erforderlich.  Wenn  Religionslehre  für  die  mittleren  Klassen  als  eins  der  beiden 
Hauptfächer  behufs  Erwerbung  eines  Lehrerzeugnisses  gewählt  wird,  so  hat  als 
zweites  Hauptfach,  sofern  dies  nicht  die  hebräische  Sprache  ist,  eins  der  unter 
Nr.  1  verzeichneten  Fächer  des  sprachlich -geschichtlichen  Gebietes  hinzu- 
zutreten; bezüglich  der  Nebenfächer  gelten  die  Bestimmungen  von  Nr.  1,  b. 

c)  Wenn  die  christliche  Religionslehre  als  Nebenfach  zu  einer  der  Gruppen 
von  Hauptfächern  des  sprachlich-geschichtlichen  Gebietes  gewählt  wird,  so  findet 
auf  dieselbe  für  den  Fall  der  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  oberen 
Klassen  die  Bestimmung  von  §  9,  3  Anwendung  und  wird  die  Verbindung  mit 
der  Lehrbefähigung  im  Hebräischen  nicht  erfordert. 

d)  Candidaten  des  geistlichen  Amtes  und  Geistliche  einer  der  christlichen 
Kirchen,  welche  die  zur  Bekleidung  eines  geistlichen  Amtes  erforderliche  wissen- 
schaftliche Vorbildung  besitzen,  erwerben  ein  Oberlehrerzeugnis  durch  die  Er- 
füllung folgender  Bedingungen.  Sie  haben  in  einer  nur  mündlich  abzuhaltenden, 
die  Bedürfhisse  der  Schule  betrefTenden  Prüfung  ihre  Befähigung  für  den 
Religionsunterricht  in  den  oberen  Klassen  und  die  gleiche  Befähigung  für  den 
hebräischen  Unterricht  durch  eine  schriftliche  Clausurarbeit  und  mündliche 
Prüfung  darzuthun;  ferner  haben  sie  in  einem  ihrer  Wahl  überlassenen  Fache 
des  sprachlich-geschichtlichen  Gebietes  die  Lehrbefähigung  für  die  mittleren 
Klassen  zu  erweisen. 

Die  hebräische  Sprache  hat  die  Geltung  eines  Hauptfaches  (§  9,  2) 
nur  in  der  Verbindung  mit  der  christlichen  Religionslehre.  Als  Nebenfach 
kann  dieselbe  zu  jeder  Combination  von  zwei  Hauptfächern  des  sprachlich- 
geschichtlichen Gebietes  hinzutreten;  hierbei  wird  bezüglich  der  für  ein  Ober- 
lehrer- (bezw.  Lehrer-)  Zeugnis  in  §  9,  2  gestellten  Bedingungen  die  volle 
Lehrbefähignng  im  Hebräischen  einer  anderweiten  Lehrbefähigung  für  die  mitt- 
leren Klassen  gleich  gerechnet. 

Die  philosophische  Propädeutik  kann  zu  jeder  Combination  von 
zwei  Hauptfächern  als  Nebenfach  hinzutreten;  bezüglich  der  für  ein  Oberlehrer- 
(bezw.  Lehrer-)  Zeugnis  in  §  9,  2  gestellten  Bedingungen  wird  die  Lehrbefähigung 
in  der  philosophischen  Propädeutik  einer  anderweiten  Lehrbefähigung  für  die 
mittleren  Klassen  gleich  gerechnet. 

4.  An  einigen  höh.  Lehranstalten  wird  Unterricht  in  der  polnischen, 
bezw.  der  dänischen  Sprache  erteilt.  Mit  Rücksicht  hierauf  sind  in  den 
§§  17  und  18  die  auf  die  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  diesen  Sprachen 
bezüglichen  Bestimmungen  getroffen.  Diese  Lehrgegenstände  können  als 
Nebenfach  zu  jeder  Prüfung  aus  dem  sprachlich-geschichtlichen  Gebiete  hinzu- 
treten, und  es  findet  auf  dieselben  die  in  §  9,  3  getroffene  Bestimmung  An- 
wendung. *) 

§  11.  Mafs  der  Prüfungsforderungen.  1.  Religionsunter- 
richt.   A.  Von  allen  Candidaten,  welche  einer  der  christlichen  Kirchen  ange- 


*)  C.Verf.  V,  14.  April  1882.  „Auf  Anlafs  eines  besonderen  Falles  ist 
Vorsorge  getroffen,  dafs  zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  den  Unterricht  in 
der  spanischen  Sprache  die  Prüfung  vor  der  Wiss.  Prüfungs-Comm.  in  Münster 
abgelegt  werden  kann«  An  diese  Gommission  wollen  daher  Ew.  Hochw.  etwa  bei 
Ihnen  eingehende  Meldungen  für  die  fragliche  Lehrbefähigung  weisen' ^  An  die 
Directoren  der  Wiss.  Prüf.-Commissionen.    Der  Minister  etc.    I.  A.  Barkhausen, 


40 

3.  Zar  Befähigung  far  den  lateinischen  und  den  griechiBcheii 
Unterricht  in  den  oberen  Klassen  wird  erfordert  Belesenheit  in  den  römischen 
und  den  griechischen  Classikern,  besonders  den  zum  Bereiche  der  Gymnasial- 
Leetüre  gehörigen,  gründliche  Strenge  in  der  Methode  der  Erklärung,  Fertigkeit 
im  schriftlichen  und  mündlichen  Gebrauche  der  lateinischen  Sprache,  grammatische^ 
Correctheit  in  schriftlicher  Anwendung  der  griechischen  Sprache.  Die  Kenntnis 
der  lateinischen  und  der  giiechischen  Grammatik  muTs  in  wissenschaftlichen 
Zusammenhang  gebracht  sein.  In  den  Disciplinen  der  Litteraturgeschichte,  der 
Metrik  und  der  Altertümer  ist  zu  erfordern,  dafs  der  Candidat  eine  Grundlage 
sicherer  Kenntnisse  sich  mit  Verständnis  angeeignet  hat,  durch  welche  eine 
spätere  methodische  Erweiterung  dieses  Wissens  gesichert  ist;  bezüglich  der 
auf  den  Gymnasien  gelesenen  Classiker  sind  speciellere  litterarhistorische  und 
metrische  Kenntnisse  zu  verlangen.  Auf  dem  Gebiete  der  Mythologie  und  Kunst- 
archäologie mufs  der  Candidat  soweit  orientirt  sein,  um  in  vorkommenden  Fällen 
gute  Hülfsmitt«l  mit  Verständnis  verwertheu,  auch  den  Unterricht  durch  Ge- 
währung entsprechender  Anschauungen  unterstützen  zu  können. 

4.  Aufserdem  ist  zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  mittleren 
und  die  oberen  Klassen  im  Lateinischen  oder  im  Griechischen  Bekanntschaft 
mit  der  römischen  Geschichte  bis  in  das  erste  Jahrhundert  der  Kaiserzeit,  bezw. 
der  griechischen  bis  in  das  Zeitalter  der  Diadbchen  nachzuweisen. 

Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  den  alten  Sprachen  für  die  oberen 
Klassen  ist  in  der  philosophischen  Prüfung  (vergl.  §  26)  die  zur  Erklärung 
der  Classiker  notwendige  Bekanntschaft  mit  der  Geschichte  der  griechisch- 
römischen Philosophie  zu  erfordern. 

§14.  4.  Französische  Sprache.  1.  Die  Befähigung,  das  Französische 
in  den  unteren  Klassen  zu  lehren,  ist  als  nachgewiesen  zu  erachten,  wenn 
der  Candidat  eine  im  Ganzen  correcte  Uebersetzung  eines  nicht  besonders 
schwierigen  deutschen  Textes  in  das  Französische  als  schriftliche  Clausurarbeit. 
geliefert  und  in  der  mündlichen  Prüfiang  dargethan  hat,  dafs  er  mit  richtiger, 
zu  sicherer  Gewöhnung  gebrachter  Aussprache  Kenntnis  der  wichtigeren  gram- 
matiscHen  Begeln  und  einige  üebung  im  Uebersetzen  und  Erklären  der  zur  Schul- 
lectüre  geeigneten  Schriftsteller  verbindet,  auch  im  mündlichen  Gebrauche  der 
Sprache  einige  Fertigkeit  erworben  hat. 

2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  mittleren  Klassen  ist 
erforderlich,  dafs  der  Candidat  seine  grammatischen,  insbesondere  syntaktischen 
Kenntnisse  in  wissenschaftlichen  Zusammenhang  gebracht  hat,  dafs  er  von  den 
für  den  Unterricht  unentbehrlichen  feststehenden  Thatsachen  der  Synonymik 
sichere  Kenntnis  besitzt,  und  dafs  er  von  dem  Entwickelungsgange  der  neueren 
französischen  Litteratur  eine  Uebersicht  gewonnen  und  einige  Werke  der  hervor- 
ragendsten Schriftsteller,  namentlich  der  classischen  Periode,  soweit  sie  im 
Bereiche  der  Schullectüre  liegen,  mit  eingehendem  Verständnisse  gelesen  hat.. 
Mit  den  wesentlichsten  Begeln  des  neufranzösischen  Versbaues  und  Keimes  mufs 
der  Candidat  bekannt  sein.  Im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  mufs  derselbe 
bereits  eine  gewisse  Geläufigkeit  erlangt  haben. 

3.  Um  sich  für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  zu  befähigen, 
mufs  der  Candidat  in  dem  schriftlichen  (§  29,  2,  bezw.  §  31)  und  dem  münd- 
lichen (§  34,  2)  Gebrauche  der  Sprache  nicht  blofs  grammatische  Correctheit, 
sondern  auch  Vertrautheit  mit  dem  Sprachschatze  und  der  Eigentümlichkeit  des 
Ausdruckes  erweisen.  Von  den  Hauptthatsachen  der  geschichtlichen  Entwickelung 
der  Sprache  mufs  der  Candidat  sich  in  dem  Mafse  Kenjitnis  erworben  haben, 
dafs  ihm  die  Einsicht  in  den  Zusammenhang  zwischen  den  lateinischen  und 
den  französischen  Lauten,  Formen  und  Wortbildungen  ermöglicht  wird.  Seine 
Bekanntschaft  mit  dem  Altiranzösischen  mufs  so  weit  gehen,  dafs  er  nicht  zu 
schwierige  Stellen  eines  von  ihm  gelesenen  altfranzösischen  Werkes  mit  richtiger 


41 

Auffassung  der  darin  vorkommenden  Wortformen  und  im  Wesentlichen  zutreffender 
Deutung  des  Sinnes  zu  übersetzen  versteht.  Auch  soll  er  mit  den  Gesetzen  des- 
französischen  Versbaues  älterer  und  neuerer  Zeit  sich  bekannt  gemacht  haben. 
Ferner  ist  zu  verlangen,  dafs  der  Candidat  von  der  Entwickelung  der  Litteratur 
nach  ihren  Hauptepochen  und  Hauptträgern  ein  deutliches,  zum  Teil  durch 
eigene  Leetüre  belebtes  Bild  gewonnen  und  von  hervorragenden  Schriftstellern 
seit  dem  17.  Jahrhundert  wenigstens  ein  und  das  andere  Werk  mit  sicherem 
Verständnisse  gelesen  habe. 

§15.  5.  Englische  Sprache.  1.  Die  Befähigung,  das  Englische  in 
den  mittleren  Klassen  zu  lehren,  ist  als  nachgewiesen  zu  erächten,  wenn  der 
Candidat  eine  im  Ganzen  correcte  Uebersetzung  eines  nicht  zu  schwierigen 
deutschen  Textes  in  das  Englische  als  schriftliche  Clausurarbeit  geliefert  und 
in  der  mündlichen  Prüfung  dargethan  hat,  dafs  er  mit  richtiger,  zu  fester 
Gewöhnung  gebrachter  Aussprache  eine  sichere  Kenntnis  der  grammatischen 
Kegeln  und  des  für  den  Unterricht  unentbehrlichen  Wortschatzes,  auch  der 
wichtigeren  feststehenden  Thatsachen  der  Synonymik,  verbindet.  Von  dorn 
Entwickelungsgange  der  neueren  englischen  Litteratur  mufs  er  eine  Uebersicht 
gewonnen  und  einige  Werke  hervorragender  Schriftsteller,  soweit  sie  im  Bereiche 
der  SchuUectüre  liegen,  mit  eingehendem  Verständnisse  gelesen  haben.  Mit 
den  •  wesentlichen  Regeln  des  neuenglischen  Versbaues  und  Reimes  mufs  der 
Candidat  bekannt  sein,  auch  im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  einig» 
Fertigkeit  erworben  haben. 

2.  Um  sich  für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  zu  befähigen, 
hat  der  Candidat  in  dem  schriftlichen  (§  29,  2,  bezw.  §  3J)  und  in  dem 
Qiündlichen  (§  34,  2)  Gebrauche  der  Sprache  nicht  blofs  -grammatische  Correct- 
heit,  sondern  auch  Vertrautheit  mit  dem  Sprachschatze  und  der  Eigentümlichkeit 
des  Ausdruckes  zu  erweisen.  Seine  grammatischen,  insbesondere  syntaktischen 
Kenntnisse  mufs  er  in  wissenschaftlichen  Zusammenhang  gebracht  haben.  Von 
den  Hauptthatsachen  der,  geschichtlichen  Entwickelung  der  Sprache  mufs  der 
Candidat  sich  in  dem  Mafse  Kenntnis  erworben  haben,  dafs  ihm  das  Ver- 
ständnis der  neuenglischen  Laute,  Formen  und  Wortbildungen  ermöglicht  wird. 
Seine  Bekanntschaft  mit  dem  Altenglischen  (Angelsächsischen)  und  dem  Mittel- 
englischen hat  soweit  zu  reichen,  dafs  er  nicht  zu  schwierige  Stellen  eines  von 
ihm  gelesenen  ^Itenglischen  oder  mittelenglischen  Werkes  mit  richtiger  Auf- 
fassung der  darin  vorkommenden  Wortformen  und  im  Wesentlichen  zutreffender 
Deutung  des  Sinnes  zu  übersetzen  versteht  Auch  soll  der  Candidat  mit  den 
Gesetzen  des  englischen  Versbaues  älterer  und  neuerer  Zeit  sich  bekannt  gemacht 
haben.  Femer  ist  zu  verlangen,  dafs  er  von  der  Entwickelung  der  Litteratur 
nach  ihren  Hauptepochen  und  Hauptträgern  ein  deutliches,  zum  Teil  durch 
Leetüre  belebtes  Bild  gewonnen  und  von  hervorragenden  Schriftstellern  seit 
dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  wenigstens  ein  oder  das  andere  Werk  mit 
sicherem  Verständnisse  gelesen  hat. 

§  16.  6.  Hebräische  Sprache.  1.  Für  den  hebräischen  Unter- 
richt in  der  Gymnasial- Secun da  wird  erfordert,  dafs  der  Candidat  sichere 
Kenntnis  der  hebräischen  Formenlehre  und  Syntax  erworben,  einige  historische 
Schriften  des  Alton  Testamentes  gelesen  hat  und  die  Fähigkeit  besitzt,  Stellen 
der  historischen  Bücher,  welche  keine  besonderen  Schwierigkeiten  enthalten, 
mit  grammatischer  und  lexikalischer  Genauigkeit  zu  verstehen. 

•2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  Prima  ist  überdies  zu 
erfordern,  dafs  die  grammatischen  Kenntnisse  des  Candidaten  in  wissenschaft- 
lichem Zusammenhange  stehen  und  dafs  seine  Leetüre  historischer,  poetischer 
und  prophetischer  Schriften  des  Alten  Testamentes  einigen  Umfang  gewonnen  hat. 


'40 

3.  Zar  Befähigung  far  den  lateinischen  nnd  den  griechischeir 
Unterricht  in  den  oberen  Klassen  wird  erfordert  Belesenheit  in  den  römischen 
nnd  den  griechischen  Classikem,  besonders  den  zum  Bereiche  der  Gymnasial- 
Leetüre  gehörigen,  gründliche  Strenge  in  der  Methode  der  Erklärung,  Fertigkeit 
im  schriftlichen  und  mündlichen  Gebrauche  der  lateinischen  Sprache,  grammatische- 
Correctheit  in  schriftlicher  Anwendung  der  griechischen  Sprache.  Die  Kenntnis 
der  lateinischen  und  der  giiechischen  Grammatik  mufs  in  wissenschaftlichen 
Zusammenhang  gebracht  sein.  In  den  Disciplinen  der  Litteraturgeschichte,  der 
Metrik  und  der  Altertümer  ist  zu  erfordern,  dafs  der  Candidat  eine  •  Grundlage 
sicherer  Kenntnisse  sich  mit  Verständnis  angeeignet  hat,  durch  welche  eine 
spätere  methodische  Erweiterung  dieses  Wissens  gesichert  ist;  bezüglich  der 
auf  den  Gymnasien  gelesenen  Classiker  sind  speciellere  litterarhistorische  und 
metrische  Kenntnisse  zu  verlangen.  Auf  dem  Gebiete  der  Mythologie  und  Kunst- 
archäologie mufs  der  Candidat  soweit  orientirt  sein,  um  in  vorkommenden  Fällen 
gute  Hülfsmittel  mit  Verständnis  verwertheu,  auch  den  Unterricht  durch  Ge- 
währung entsprechender  Anschauungen  unterstützen  zu  können. 

4.  Aufserdem  ist  zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  mittleren 
und  die  oberen  Klassen  im  Lateinischen  oder  im  Griechischen  Bekanntschaft 
mit  der  römischen  Geschichte  bis  in  das  erste  Jahrhundert  der  Kaiserzeit,  bezw* 
der  griechischen  bis  in  das  Zeitalter  der  Diadbchen  nachzuweisen. 

Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  den  alten  Sprachen  für  die  oberen 
Klassen  ist  in  der  philosophischen  Prüfung  (vergl.  §  26)  die  zur  Erklärung 
der  Classiket  noÖiwendige  Bekanntschaft  mit  der  Geschichte  der  griechisch- 
römischen Philosophie  zu  erfordern. 

§14.  4.  Französische  Sprache.  1.  Die  Befähigung,  das  Französische 
in  den  unteren  Klassen  zu  lehren,  ist  als  nachgewiesen  zu  erachten,  wenn 
der  Candidat  eine  im  Ganzen  correcte  Uebersetzung  eines  nicht  besonders 
schwierigen  deutschen  Textes  in  das  Französische  als  schriftliche  Clausurarbeit- 
geliefert  und  in  der  mündlichen  Prüfung  dargethan  hat,  dafs  er  mit  richtiger, 
zu  sicherer  Gewöhnung  gebrachter  Aussprache  Kenntnis  der  wichtigeren  gram- 
matischen Regeln  und  einige  üebung  im  Uebersetzen  und  Erklären  der  zur  Schul- 
lectüre  geeigneten  Schriftsteller  verbindet,  auch  im  mündlichen  Gebrauche  der 
Sprache  einige  Fertigkeit  erworben  hat. 

2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  mittleren  Klassen  ist 
erforderlich,  dafs  der  Candidat  seine  grammatischen,  insbesondere  syntaktischen 
Kenntnisse  in  wissenschaftlichen  Zusammenhang  gebracht  hat,  dafs  er  von  den 
für  den  Unterricht  unentbehrlichen  feststehenden  Thatsachen  der  Synonymik 
sichere  Kenntnis  besitzt,  und  dafs  er  von  dem  Entwickelungsgange  der  neueren 
französischen  Litteratur  eine  Uebersicht  gewonnen  und  einige  Werke  der  hervor- 
ragendeten Schriftsteller,  namentlich  der  classischen  Periode,  soweit  sie  im 
Bereiche  der  Schullectüre  liegen,  mit  eingehendem  Verständnisse  gelesen  hat.. 
Mit  den  wesentlichsten  Begeln  des  neufranzösischen  Versbaues  und  Heimes  mufs 
der  Candidat  bekannt  sein.  Im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  mufs  derselbe 
bereits  eine  gewisse  Geläufigkeit  erlangt  haben. 

3.  Um  sich  für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  zu  befähigen, 
mufs  der  Candidat  in  dem  schriftlichen  (§  29,  2,  bezw.  §  31)  und  dem  münd- 
lichen (§  34,  2)  Gebrauche  der  Sprache  nicht  blofs  grammatische  Correctheit, 
sondern  auch  Vertrautheit  mit  dem  Sprachschatze  und  der  Eigentümlichkeit  des 
Ausdruckes  erweisen.  Von  den  Hauptthatsachen  der  geschichtlichen  Entwickelung 
der  Sprache  mufs  der  Candidat  sich  in  dem  Mafse  Ken^itnis  erworben  haben, 
dafs  ihm  die  Einsicht  in  den  Zusammenhang  zwischen  den  lateinischen  und 
den  französischen  Lauten,  Formen  und  Wortbildungen  ermöglicht  wird.  Seine 
Bekanntschaft  mit  dem  Altfranzösischen  mufs  so  weit  gehen,  dafs  er  nicht  zu 
schwierige  Stellen  eines  von  ihm  gelesenen  altfranzösischen  W^erkes  mit  richtiger 


41 

Auffassung  der  darin  vorkommenden  Wortformen  und  im  Wesentlichen  zutreffender 
Deutung  des  Sinnes  zu  übersetzen  versteht.  Auch  soll  er  mit  den  Gesetzen  de& 
französischen  Versbaues  älterer  und  neuerer  Zeit  sich  bekannt  gemacht  haben. 
Femer  ist  zu  verlangen,  dafs  der  Candidat  von  der  Entwickelung  der  Littoratur 
nach  ihren  Hauptepochen  und  Hauptträgern  ein  deutliches,  zum  Teil  durch 
eigene  Leetüre  belebtes  Bild  gewonnen  und  von  hervorragenden  Schriftstellern 
seit  dem  17.  Jahrhundert  wenigstens  ein  und  das  andere  Werk  mit  sicherem 
Verständnisse  gelesen  habe. 

§  15.  5.  Englische  Sprache.  1.  Die  Befähigung,  das  Englische  in 
den  mittleren  Klassen  zu  lehren,  ist  als  nachgewiesen  zu  erächten,  wenn  der 
Candidat  eine  im  Ganzen  correcte  Uebersetzung  eines  nicht  zu  schwierigen 
deutschen  Textes  in  das  Englische  als  schriftliche  Clausurarbeit  geliefert  und 
in  der  mündlichen  Prüfung  dargethan  hat,  dafs  er  mit  richtiger,  zu  fester 
Gewöhnung  gebrachter  Aussprache  eine  sichere  Kenntnis  der  grammatischen 
Kegeln  und  des  für  den  Unterricht  unentbehrlichen  Wortschatzes,  auch  der 
wichtigeren  feststehenden  Thatsachen  der  Synonymik,  verbindet.  Von  dem 
Entwickelungsgange  der  neueren  englischen  Litteratur  mufs  er  eine  Uebersicht 
gewonnen  und  einige  Werke  hervorragender  Schriftsteller,  soweit  sie  im  Bereiche 
der  Schullectüre  liegen,  mit  eingehendem  Verständnisse  gelesen  haben.  Mit 
den 'wesentlichen  Regeln  des  neuenglischen  Versbaues  und  Reimes  mufs  der 
Candidat  bekannt  sein,  auch  im  mündlichen  Gebrauche  der  Sprache  einig» 
Fertigkeit  envorben  haben. 

2.  Um  sich  für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  zu  befähigen, 
hat  der  Candidat  in  detii  schriftlichen  (§  29,  2,  bezw.  §  3J)  und  in  dem 
mündlichen  (§  34,  2)  Gebrauche  der  Sprache  nicht  blofs  -grammatische  Correct- 
heit,  sondern  auch  Vertrautheit  mit  dem  Sprachschatze  und  der  Eigentümlichkeit 
des  Ausdruckes  zu  erweisen.  Seine  grammatischen,  insbesondere  syntaktischen 
Kenntnisse  mufs  er  in  wissenschaftlichen  Zusammenhang  gebracht  haben.  Von 
den  Hauptthatsachen  der.  geschichtlichen  Entwickelung  der  Sprache  mufs  der 
Candidat  sich  in  dem  Mafse  Kenntnis  erworben  haben,  dafs  ihm  das  Ver- 
ständnis der  neuenglischen  Laute,  Formen  und  Wortbildungen  ermöglicht  wird. 
Seine  Bekanntschaft  mit  dem  Altenglischen  (Angelsächsischen)  und  dem  Mittel- 
englischen hat  soweit  zu  reichen,  dals  er  nicht  zu  schwierige  Stellen  eines  von 
ihm  gelesenen  ^Itenglischen  oder  mittelenglischen  Werkes  mit  richtiger  Auf- 
fassung der  darin  vorkommenden  Wortformen  und  im  Wesentlichen  zutreffender 
Deutung  des  Sinnes  zu  übersetzen  versteht.  Auch  soll  der  Candidat  mit  den 
Gesetzen  des  englischen  Versbaues  älterer  und  neuerer  Zeit  sich  bekannt  gemacht 
haben.  Femer  ist  zu  verlangen,  dafs  er  von  der  Entwickelung  der  Litteratur 
nach  ihren  Hauptepochen  und  Hauptträgern  ein  deutliches,  zum  Teil  durch 
Leetüre  belebtes  Bild  gewonnen  und  von  hervorragenden  Schriftstellern  seit 
dem  Ende  des  16.  Jahrhunderts  wenigstens  ein  oder  das  andere  Werk  mit 
sicherem  Verständnisse  gelesen  hat. 

§  16.  6.  Hebräische  Sprache.  1.  Für  den  hebräischen  Unter- 
richt in  der  Gymnasial-Secunda  wird  erfordert,  dal's  der  Candidat  sichere 
Kenntnis  der  hebräischen  Formenlehre  und  Syntax  erworben,  einige  historische 
Schriften  des  Alten  Testamentes  gelesen  hat  und  die  Fähigkeit  besitzt,  Stellen 
der  historischen  Bücher,  welche  keine  besonderen  Schwierigkeiten  enthalten, 
mit  grammatischer  und  lexikalischer  Genauigkeit  zu  verstehen. 

•2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  Prima  ist  überdies  zu 
erfordern,  dafs  die  grammatischen  Kenntnisse  des  Candidaten  in  wissenschaft- 
lichem Zusammenhange  stehen  und  dafs  seine  Lectüre  historischer,  poetischer 
und  prophetischer  Schriften  des  Alten  Testamentes  einigen  Umfang  gewonnen  hat. 


42 

§  17.  7.  Polnische  Sprache.  1.  Für  den  polnischen  Sprach- 
unterricht in  den  unteren  Klassen  hat  der  Candidat  sichere  grammatische 
Kenntnis  der  heutigen  polnischen  Sprache,  femer  eine  auf  Grund  eigener 
Leetüre  erworbene  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Werken  der  polnischen 
Litteratnr  von  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  an  zu  erweisen.  Ein 
freier  Aufsatz  in  polnischer  Sprache  mufs  grammatisch  und  stilistisch  correct 
abgefafst  sein. 

2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  far  die  mittleren  Klassen  ist 
auTserdem  erforderlich  eingehendere  Bekanntschaft  mit  den  hervorragenderen 
Werken  der  polnischen  Litteratur  überhaupt,  Kenntnis  des  Entwickelungsganges 
derselben,  Orientirung  auf  dem  Gebiete  der  Rhetorik,  Poetik  und  Metrik. 

3.  Candidaten,  welche  die  Lehrbefähigung  für  die  oberen  Klassen 
erwerben  wollen,  haben  überdies  eine  solche  Kenntnis  der  polnischen  Sprache 
nachzuweisen,  dafs  sie  im  Stande  sind,  einen  älteren  Text  (14.  bis  16.  Jahr- 
hundert) grammatisch  und  lexikalisch  zu  analjsiren  und  über  den  Gang  der 
Laut-  und  Formen-Entwickelung  der  Sprache  Eechenschaft  zu  geben,  wozu  sie 
sich  die  wichtigsten  Thatsachen  der  alt -slowenischen  Laut-  und  Formenlehre 
angeeignet  haben  müssen. 

§  18.  8.  Dänische  Sprache.  1.  Für  den  dänischen  Sprach- 
unterricht in  den  unteren  Klassen  hat  der  Candidat  Kenntnis  und  grammatisches 
Verständnis  derjenigen  Form  der  dänischen  Sprache,  deren  die  gebildeten  Dänen 
sich  gegenwärtig  in  Bede  und  Schrift  bedienen,  durch  seinen  im  Wesentlichen 
richtigen  schrifÖichen  und  mündlichen  Gebrauch  dieser  Sprache  zu  erweisen. 

2.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  den  mittleren  Klassen  wird 
aufserdem  erfordert,  dal^  der  Candidat  von  der  neueren  dänischen  Litteratur 
seit  Holberg  eine  eingehendere,  auf  eigener  Leetüre  beruhende  Kenntnis  gewonnen 
hat  und  dafs  ihm  bezüglich  der  älteren  Zeit  die  sogenannten  Provindslove  und 
Kaempeviser  (Folkeviser)  nicht  unbekannt  sind. 

3.  um  die  Lehrbefähigung  in  den  oberen  Klassen  zu  erwerben,  mufs 
der  Candidat  überdies  mit  dem  Verhältnisse  der  däniscben  Sprache  zur  deutschen 
(hoch-  und  niederdeutschen)  soweit  bekannt  sein,  dafs  er  dadurch  in  den  Stand 
gesetzt  wird,  sein  Verständnis  der  gegenwärtigen  Form  der  dänischen  Sprache 
wissenschaftlich  zu  vertiefen. 

§  19.  9.  Geschichte.  1.  Zur  Befähigung  für  den  geschichtlichen 
Unterricht  in  den  unteren  Klassen  wird  erfordert*  eine  auf  geographischen  und 
chronologischen  Kenntnissen  beruhende  sichere  üebersicht  der  welthistorischen 
Begebenheiten,  besonders  der  deutschen  und  preufsischen  Geschichte. 

2.  Hierzu  hat  behufs  der  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  in  den  mitt- 
leren Klassen  hinzuzukommen  eine  genauere,  die  Entwickelung  der  Verfassung 
einschliefsende  Kenntnis  der  griechischen  und  römischen,  sowie  der  deutschen 
und  preufsischen  Geschichte  und  Bekanntschaft  mit  den  bedeutendsten  neueren 
historischen  Werken. 

3.  Wer  die  Befähigung  für  den  Geschichtsunterricht  in  den  oberen 
Klassen  erwerben  will,  hat  zu  erweisen,  dafs  er  mit  dem  Entwickelungsgange 
der  allgemeinen  Weltgeschichte  sich  bekannt  gemacht  und  dem  pragmatischen 
Zusammenhange  derselben  seine  Aufmerksamkeit  mit  Erfolg  zugewendet  hat 
Specielle,  die  Entwickelung  der  Verfassung  und  der  Cultur  nach  ihren  Haupt- 
richtungen  einschliefsende  Kenntnisse  sind  bezüglich  des  Altertums  in  der 
griechischen  und  römischen  Geschichte,  bezüglich  des  Mittelalters  und  der 
neueren  Zeit  in  der  Geschichte  des  Vaterlandes  zu  verlangen.  Für  diese  Ge- 
biete hat  der  Candidat  überdies  zu  erweisen,  dafs  er  mit  den  Quellen,  aus 
denen  unsere  Geschichtskenntnis  geschöpft  ist,  und  mit  den  bei  ihrer  Verwerthung 
einzuhaltenden  Grundsätzen  sich  bekannt  gemacht  hat.     Mit  der  allgemeinen 


43 

Orientirung  über  die  litterarischen  Hülfsmittel  der  Geschichte  mms  die  aus 
eigenem  Studium  geschöpfte  Bekanntschaft  einiger  bedeutenderen  neueren 
Geschichtswerke  verbunden  sein. 

4.  Für  jede  Stufe  der  historischen  Lehrbefähigung  ist  klare  Anschauung 
des  Schauplatzes  der  Begebenheiten  zu  erfordern. 

§20.  10.  Geographie.  1.  Um  die  Lehrbefähigung  in  der  Geographie 
für  die  unteren  Klassen  zu  erwerben,  ist  der  Nachweis  elementarer,  aber 
sicherer  Kenntnisse  auf  dem  Gebiete  der  mathematischen,  der  physischen,  ins- 
besondere topischen  und  der  politischen  Geographie  zu  föhren;  auch  mufs  der 
Candidat  im  Stande  sein,  die  wichtigsten  l^hatsachen  der  mathematischen 
Geographie  an  einfachen  Apparaten  zur  Anschauung  zu  bringen. 

2.  Behufs  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  die  mittleren  Klassen 
mufs  der  Candidat  auf  den  genannten  Gebieten  der  Geographie  eine  eingehendere 
Kenntnis,  sowie  eine  Orientirung  über  die  Geschichte  der  Entdeckungen  und 
über  die  historisch  wichtigsten  Richtungen  des  Welthandels  sich  erworben  haben. 

3.  Wer  die  Befähigung  für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen 
erlangen  will,  hat  nachzuweisen,  dafs  er  mit  den  Lehren  der  mathematischen 
Geographie  und,  soweit  dieselben  mit  Hülfe  der  Elementarmathematik  sich 
begründen  lassen,  auch  mit  deren  Beweisen  vollständig  vertraut  und  von  den 
physikalischen  und  den  wichtigeren  geologischen  Verhältnissen  der  Erdoberfläche 
Bechenschaft  zu  geben  im  Stande  ist.  Aufserdem  mufs  der  Candidat  erweisen, 
dafs  er  von  der  politischen  Geographie  der  Gegenwart  eine  zusammenhängende 
Kenntnis  und  von  der  historisch-politischen  Geographie  der  wichtigsten  Cultur- 
völker  eine  Uebersicht  gewonnen,  sowie  mit  den  Hauptthatsachen  der  Ethnographie 
sich  bekannt  gemacht  hat. 

4.  Für  jede  Unterrichtsstufe  ist  aufserdem  einige  Fertigkeit  im  Entwerfen 
von  Kartenskizzen  zu  erfordern. 

§  21.  IL  Mathematik.  L  Für  den  mathematischen  und 
Bechenunterricht  in  den  unteren  Klassen  ist  zu  verlangen  Kenntnis  der 
ebenen  und  körperlichen  Geometrie,  der  ebenen  Trigonometrie,  der  allgemeinen 
Arithmetik  mit  Einschlufs  der  logarithmischen  Rechnung  und  der  Algebra  bis 
zu  den  Gleichungen  2.  Grades  einschliefslich,  sowie  die  für  zweckmäfsige 
Erteilung  des  Bechenunterrichtes  erforderliche  Bekanntschaft  mit  den  Eigen- 
schaften des  dekadischen  Zahlensystems. 

2.  Für  den  Unterricht  in  den  mittleren  Klassen  wird  aufserdem 
Kenntnis  der  Gleichungen  3.  und  4.  Grades,  der  sphärischen  Trigonometrie 
nebst  ihren  hauptsächlichen  Anwendungen  auf  die  mathematische  Geographie, 
der  analytischen  Geometrie  der  Ebene,  besonders  der  Haupteigenschaften  der 
Kegelschnitte  und  der  Grundbegriffe  der  Differential-  und  Integralrechnung 
gefordert. 

3.  Für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  mufs  der  Candidat  aufser- 
dem mit  den  wichtigsten  Lehren  der  höheren  Geometrie,  der  höheren  Analysis 
und  der  analytischen  Mechanik  soweit  bekannt  sein,  dafs  er  eine  nicht  zu 
schwierige  Aufgabe  aus  einem  dieser  Gebiete  selbständig  zu  bearbeiten  im 
Stande  ist. 

§  22.  12.  Physik.  1.  Für  den  physikalischen  Unterricht  in  den 
mittleren  Klassen  ist  erforderlich  Kenntnis  der  wichtigeren  Erscheinungen 
und  Gesetze  aus  dem  ganzen  Gebiete  dieser  Wissenschaft  sowie  die  Befähigung 
diese  Gesetze  mathematisch  zu  begründen,  soweit  es  ohne  Anwendung  der  höheren 
Mathematik  möglich  ist;  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  physikalischen 
Instrumenten  und  ihrer  Handhabung. 

2.  Für  den  Unterricht  in  den  oberen  Klassen  ist  aufserdem  zu  fordern 
eine  allgemeine  Uebersicht  über  die  mathematische  Physik  und  eine  genauere 


■ 

Kenntnis  von  den  grundlegenden  mathematischen  Untersuchungen  auf  einem 
der  wichtigeren  Gebiete  der  theoretischen  Physik;  ferner  einige  üebung  in  dem 
Gebrauche  der  für  den  Schulunterricht  erforderlichen  physikalischen  Instrumente. 

§  23.  13.  Chemie.  1.  Für  den  chemischen  Unterricht  in  den 
mittleren  Klassen  wird  gefordert  Kenntnis  der  Gesetze  der  chemischen  Ver- 
bindungen und  der  wichtigsten  Theorien  über  ihre  Constitution,  Bekanntschaft 
mit  der  Darstellung  und  den  Eigenschaften  der  wichtigeren  Elemente  und  ihrer 
anorganischen  Verbindungen,  sowie  des  Wichtigsten  aus  der  chemischen 
Technologie;  femer  einige  Uebung  im  Experimentiren. 

2.  Für  die  oberen  Klassen  wird  gefordert  eingehendere  Bekanntschaft 
mit  der  anorganischen  Chemie  und  mit  denjenigen  Verbindungen  auf  dem 
Gebiete  der  organischen  Chemie,  welche  für  die  Physiologie  oder  für  die  Technik 
von  hervorragender  Bedeutung  sind,  sowie  Kenntnis  der  wichtigsten  chemischen 
Theorien,  Fertigkeit  in  der  qualitativen  und  einige  Uebung  in  der  quantitativen 
Analyse. 

§  24.  14.  Mineralogie.  1.  Für  den  mineralogischen  Unterricht 
in  den  mittleren  Klassen  ist  erforderlich,  dafs  der  Candidat  sich  mit  den  am 
häufigsten  vorkommenden  Mineralien  hinsichtlich  der  Krystallformen,  der  physi- 
kalischen Eigenschäften  und  der  chemischen  Zusammensetzung,  sowie  mit  den 
wichtigsten  Gebirgsarten  bekannt  gemacht  hat.. 

2.  Für  die  oberen  Klassen  wird  eine  eingehendere  Kenntnis  der  Grund- 
lehren der  Krystallographie,  aufserdem  Bekanntschaft  mit  den  Hauptlehren  der 
Geognosie  und  Petrefactenkunde  und  mit  den  wichtigsten  geologischen  Hypo- 
thesen erfordert. 

* 

§  25.  15.  Botanik  und  Zoologie.  1.  Für  den  botanischen 
Unterricht  in  den  unteren  Klassen  ist  erforderlich  eine  auf  eigene  Anschauung 
gegründete  Kenntnis  der  häufiger  vorkommenden  Blüthenpflanzen  aus  der  Heimat 
und  besonders  charakteristischer  Formen  aus  den  fremden  Erdteilen  und  Bekannt- 
schaft mit  den  Grundlehren  der  Morphologie  und  der  systematischen  Anordnung 
der  Pflanzen. 

Für  den  zoologischen  Unterricht  in  den  unteren  Klassen  ist  erforderlich 
eine  auf  eigene  Anschauung  gegründete  Kenntnis  der  häufiger  vorkommenden 
Wirbeltiere  aus  der  Heimat  und  besonders  charakteristischer  Formen  aus  den 
fremden  Erdteilen,  sowie  übersichtliche  Bekanntschaft  mit  der  systematischen 
Anordnung  der  Tiere. 

2.  Für  den  botanischen  Unterricht  in  den  mittleren  Klassen  wird 
eine  eingehendere  Bekanntschaft  «lit  den  wichtigsten  natürlichen  Familiep  und 
ihrer  geographischen  Verbreitung,  sowie  Kenntnis  einzelner  Vertreter  der  niederen 
Pflanzenwelt  verlangt;  aufserdem  mufs  der  Candidat  einen  Einblick  in  den  Bau 
und  das  Leben  der  Pflanzen  gewonnen  haben. 

Für  den  zoologischen  Unterricht  in  den  mittleren  Klassen  wird 
eine  eingehendere  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Ordnungen  der  Wirbel- 
und  Gliedertiere  und  ihrer  geographischen  Verbreitung,  sowie  Kenntnis  einzelner 
Vertreter  der  übrigen  Tierwelt  verlangt;  aufserdem  mufs  der  Candidat  einen 
Einblick  in  den  Bau  und  das  Leben  der  Tiere  gewonnen  haben. 

3.  Zur  vollen  Lehrbefäjiigung  (vergl.  §  8,  2)  in  der  Botanik 
wird  eine  eingehendere  Bekanntschaft  mit  den  Grundlehren  der  Morphologie, 
Anatomie  und  Physiologie  der  Pflanzen  sowie  mit  den  Principien  der  Systematik 
erfordert. 

« 

Zur  vollen  Lehrbefähigung  (vergL  §  8,  2)  in  der  Zoologie  wird 
eine  genauere  Bekanntschaft  mit  den  Grundlehren  der  Anatomie  und  Physiologie 
der  Tiere  sowie  mit  den  Principien  der  Systematik  erfordert. 


45 

4.  Für  jede  Stufe  der  Lehrbefähigung  in  der  Botanik  und  Zoologie  ist 
aufserdem  einige  Uebung  im  Zeichnen  von  Pflanzen-  und  Tierformen  nachzuweisen. 

§26.  16.  Philosophie  und  Pädagogik.  1.  Von  jedem  Candidaten 
ohne  Unterscheidung  des  Studiengebietes  wird  erfordert  Kenntnis  der  wichtigsten 
logischen  Gesetze,  der  Hauptthatsachen  der  empirischen  Psychologie  und  der 
wesentlichsten  zu  ihrer  philosophischen  Erklärung  eingeschlagenen  Richtungen, 
Bekanntschaft  mit  den  philosophischen  Grundlagen  der  Pädagogik  und  Didaktik 
und  mit  den  wichtigsten  Thatsachen  ihrer  Entwickelung  seit  dem.  16.  Jahr- 
hundert. Femer  hat  sich  jeder  Candidat  darüber  auszuweisen,  dafs  er  eine 
bedeutendere  philosophische  Schrift  mit  Verständnis  gelesen  habe.  In  der 
Geschichte  der  Philosophie  mufs  jeder  Candidat  über  die  Hauptmomente 
bestimmt  orientirt  sein. 

SpecieUe,  die  Lehrbefähigung  im  Deutschen  und  in  den  alten  Sprachen 
betreffende  Bestimmungen  vergl.  §§  12,  5.  13,  4. 

2.  Die  Befähigung  zum  Unterrichte  in  der  philosophischen  Propä- 
deutik ist  nur  denjenigen  Candidaten  zuzuerkennen,  welche  nicht  allein  den 
in  Nr.  1  aufgeführten  Anforderungen  an  ihre  philosophische  Bildung  in  durchaus 
befriedigender  Weise  genügen,  sondern  auch  mit  Interesse  und  Verständnis 
irgend  eines  der  bedeutenderen  philosophischen  Systeme  studirt  haben  und  in 
der  Entwickelung  philosophischer  Probleme  solche  Klarheit  und  Bestimmtheit 
beweisen,  dafs  sich  davon  gute  Erfolge  eines  einleitenden  philosophischen 
ünterrich|.es  erwarten  lassen. 

§  27.  Allgemeine  Bestimmungen  über  die  Höhe  der  For- 
derungen. 1.  Zur  Erwerbung  der  Lehrbefähigung  für  eine  höhere  Klassen- 
stufe ist  auf  jedem  Gebiete,  auch  wenn  es  in  den  §§  11—25  nicht  ausdrücklich 
bezeichnet  ist,  erforderlich,  däfs  den  für  die  niedere  Klassenstufe  zu  stellenden 
Forderungen  vollkommen  entsprochen  sei. 

2.  Auf  jedem  Gebiete  ist  nach  dem  Mafse  der  Ansprüche  an  die  wissen- 
schaftliche Ausbildung  des  Candidaten  von  demselben  Bekanntschaft  mit  den 
wichtigeren  littierarischen  Hülfsmitteln  des  Faches  zu  verlangen. 

§  28.  Form  der  Prüfung.  Die  Prüfting  ist  eine  schriftliche  und 
eine  mündliche.     Die  schriftliche  geht  der  mündlichen  voraus. 

§  29.  Schriftliche  Hausarbeiten.  1.  Zu  häuslicher  Bearbeitung 
erhält  jeder  Candidat  erstens  eine  Aufgabe  aus  dem  philosophischen  oder 
pädagogischen  Gebiete,  zweitens  eine  Aufgabe  aus  jedem  der  Hauptfächer,  in 
welchen  er  die  Lehrbefähigung  erwerben  will  (§  9,  2),  event.  aus  demjenigen 
Nebenfache,  in  welchem  er  die  Lehrbefähigung  für  die  oberen  Klassen  erstrebt 
(§  9,  3).  Wenn  zwei  von  dem  Candidaten  gewählte  Hauptfächer  in  solcher 
Beziehung  stehen,  dafs  die  Prüfungscommission  die  Gründlichkeit  des  Studiums 
derselben  durch  eine  Aufgabe  erachtet  ermitteln  zu  können,  so  ist  es  zulässig, 
für  dieselben  nur  eine  Aufgabe  zu  stellen.  Mehr  als  drei  Aufgaben  zu 
schriftlicher  häuslicher  Bearbeitung  mit  Einrechnung  der  Aufgabe  aus  dem 
philosophischen  oder  pädagogischen  Gebiete  dürfen  keinem  Candidaten  gestellt 
werden. 

2.  Die  auf  die  classische  Philologie  bezüglichen  Arbeiten  sind  in 
lateinischer,  die  auf  moderne  fremde  Sprachen  bezüglichen  in  den  beti*.  Sprachen, 
die  Arbeiten  aus  dem  philosophischen  oder  pädagogischen  Gebiete  in  der 
deutschen  Sprache  abzufassen;  alle  übrigen  sind  ebenfalls  in  deutscher  Sprache 
abzufassen,  sofern  nicht  der  Candidat  für  Abfassung  in  einer  anderen  Sprache 
die  Genehmigung  der  Prüfungscommission  nachgesucht  und  erhalten  hat. 

3.  Zur  Bearbeitung  jeder  der  gestellten  Aufgaben  ¥rird  eine  Zeitdauer 
von   sechs    Wochen   bewilligt.     Spätestens   beim   Ablaufe    der    hiemach   sich 


46 


ergebenden  Gesamtfrist  sind  die  schriftlichen  Arbeiten  zusammen  an  die 
Prüfongscommission  einzureichen.  Anf  ein  rechtzeitig,  das  heifst  mindestens 
acht  Tage  vor  dem  Ablaufe  der  Zeit  eingereichtes  begründetes  Gesuch  ist  die 
betr.  Prüfungscommission  etmächtigt,  eine  Fristerstreckung  bis  zu  der  gleichen 
Dauer  zu  gewähren.  Etwaige  weitere  Fristerstreckung  ist  rechtzeitig  durch 
Yermittelung  der  betr.  Prüfungscommission  bei  dem  Minister  nachzusuchen. 
Wenn  eine  gestellte  Frist  überschritten  wird,  ohne  dafs  der  Prüfungscommission 
rechtzeitig  vor  ihrem  Ablaufe  ein  Erstreckungsgesuch  zugegangen  ist,  so  hat 
die  Commission,  wenn  nicht  besondere  entscheidende  Gründe  der  Verhinderung 
nachgewiesen  sind,  die  Aufgaben  far  erloschen  zu  erklären  und  ist  ermächtigt, 
zugleich  einen  Zeitraum  bis  zu  sechs  Monaten  zu  bestimmen,  innerhalb  dessen 
das  Prüfungsgesuch  nicht  erneuerlMvaz;den  darf. 

4.  Die  benutzten  Hülfsmittel  ha>^der  Candidat  vollständig  und  genau 
anzugeben,  und  hat  zu  versichern,  dafs  er  di«.  Arbeiten  selbständig  ohne  fbemde 
Hülfe  angefertigt  habe.  Wenn  sich  zeigt,  dafs  diese  Versicherung  unwahr  ist, 
so  ist  dem  betr.  Candldaten  die  Fortsetzung  der  Pfülimg  und^  sofern  die  Ent- 
deckung der  Unwahrheit  nach  dem  Abschlüsse  der  Prüra^g,  aber  vor  der  üeber- 
gabe  des  Zeugnisses  erfolgt,  die  Aushändigung  des  Zeugimsses  zu  versagen. 
Bei  etwaniger  späterer  Entdeckung  tritt  disciplinarische  VerflW^ung  ein. 

§  30.  Ersatz  der  schriftlichen  Hausarbeiten.  1\  Wenn  ein 
Candidat  bei  seiner  Meldung  eine  von  ihm  verfafste  Druckschriftx  vorlegt,  so 
bleibt  es  der  Erwägung  der^  Commission  überlassen,  ob  dieselbe  d^ch  ihrem 
wissenschafkl.  Gehalte  und  nach  ihrem  Gegenstande  als  Ersatz  einer  "^er  fach- 
wissenschaftl.  Prüfungsarbeiten  anzusehen  und  der  Candidat  in  Folge\hiervon 
von  der  betr.  Prüfungsarbeit  zu  entbinden  ist.  Sofern  die  vorgelegte  'Druck- 
schrift von  einer  preufsischen  philosophischen  Facultät  als  ausreichend  zur 
Verleihung  der  Doctorwürde  anerkannt  worden  ist,  so  richtet  sich  die  Erwägung 
der  Commission  nur  auf  den  Gegenstand  der  vorgelegten  Abhandlung. 

Als  Ersatz  der  Prüfungsarbeit  aus  dem  philosophischen  oder  pädagogischen 
Gebiete  kann  eine  vorgelegte  Druckschrift  nur  in  dem  Falle  angesehen  werden, 
wenn  sie  in  deutscher  Sprache  abgefafst  ist. 

2.  Eine  schriftliche  Prüfungssarbeit  darf  anderweit,  z.  B.  zur  Erwerbuiüg 
der  Doctorwürde  oder  zur  Veröffentlichung,  nicht  verwandt  werden,  bevor  die 
Prüfung  abgeschlossen  und  das  Zeugnis  über  dieselbe  ausgestellt  ist. 

■ 

§  31.  Clausurarbeiten.  1.  Die  Prüfungscommissionen  sind  befugk 
in  allen  Fällen,  in  welchen  sie  es  zur  Ermittlung  des  sicheren  Besitzes  deia 
Wissens  für  zweckmäfsig  erachten,  Clausurarbeiten  von  mäfsiger  Zeitdauer  an4 
fertigen  zu  lassen.  ( 

Die  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  physikalischen  Instrumenten  und> 
ihrer  Handhabung  (§  22,  1,  2)  ist  durch  die  Ausführung   einiger   leichterer'. 
Experimente  im  physikalischen  Cabinet,  die  Uebung  in  praktisch  chemischen 
Arbeiten  (§  23,  1,  2)  durch  die  Ausführung  einer  Analyse  oder  einiger  chemischer 
Experimente  im  Laboratorium  nachzuweisen,  sofern  nicht  durch  amtliche  Zeugnisse 
der  ausreichende  Nachweis  hierüber  geführt  ist. 

2.  Auch  diese  schriftlichen  oder  praktischen  Prüfungsleistungen  haben 
der  mündlichen  Prüfung  vorauszugehen  (§  28). 

§  32.  Zurückweisung  von  der  mündlichen  Prüfung.  1.  Wenn 
durch  die  schriftlichen  Arbeiten  (§  29  bezw.  31)  eines  Candidaten  bereits  fest- 
gestellt ist,  dafs  demselben  in  den  von  ihm  nachgesuchten  Fächern  auch  nicht 
auf  Grund  eines  etwa  günstigeren  Ergebnisses  der  mündlichen  Prüfung  ein 
Lehrerzeugnis  zuerkannt  werden  kann,  so  ist  die  Commission  ermächtigt,  ihn 
vor  der  mündlichen  Prüfung  zurückzuweisen. 


/ 


47 

2.  Die  PrüftingscominisBion  ist  ermächtigt,  anch  dann  einen  Candidaten 
von  der  mündlichen  Prüfung  zurückzuweisen,  wenn  gegen  seine  sittliche  Un- 
bescholtenheit sich  nachträglich  fvergl.  §  6,  3)  erhebliche  Zweifel  ergeben 
haben.  In  diesem  Falle  steht  dem  Candidaten  frei,  die  Entscheidung  des 
Ministers  nachzusuchen  (§  6,  4). 

§  33.  Mündliche  Prüfung.  1.  Einberufung.  1.  Sofern  kein 
Anlafs  zur  Zurückweisung  des  Candidaten  (§  32,  1,  2)  vorgelegen  hat,  wird 
derselbe  von  der  Commission  zur  mündlichen  Prüifung,  bezw.  zu  der  derselben 
vorausgehenden  Clausurarbeit,  schriftlich  einberufen. 

2.  Wenn  ein  Candidat  dieser  EinberufQng  nicht  Folge  geleistet  hat, 
ohne  entweder  sofort  beim  Empfange  der  Vorladung  um  Aenderung  des  Termines 
nachgesucht  oder  sein  Ausbleiben  in  einer  von  der  Commission  als  begründet 
anerkannten  Weise  gerechtfertigt  zu  haben,  so  ist  die  Commission  ermächtigt, 
die  gestellten  Aufgaben  für  erloschen  und  die  eingelieferten  Bearbeitungen 
für  ungiltig  zu  erklären  und  für  eine  erneute  Meldung  eine  Frist  bis  zu  sechs 
Monaten  zu  stellen  (§  29,  3). 

§  34.  2.  Ausführung.  1.  Die  mündliche  Prüfung  hat  sich  sowohl 
auf  die  an  alle  Candidaten  zu  stellenden  wissenschaftlichen  Anforderungen 
(§  7),  als  auch  auf  die  von  den  einzelnen  Candidaten  gewählten  Haupt-  und 
Nebenfächer  in  dem  Umfange  und  der  Höhe  der  Forderungen  zu  beziehen, 
welche  durch  §  9,  2—4,  §§  10—27  bestimmt  sind. 

2.  Die  Prüfung  derjenigen  Candidaten,  welche  im  Lateinischen  oder  im 
Englischen  für  die  oberen  Klassen,  im  Französischen  für  die  oberen  oder  die 
mittleren  Klassen  die  Lehrbefähigung  erwerben  wollen,  ist  insoweit  in  diesen 
Sprachen  selbst  zu  führen,  dafs  dadurch  die  Fertigkeit  der  Candidaten  im 
mündlichen  Gebrauche  dieser  Sprachen  ermittelt  wird. 

§  35.  Entscheidung  über  das  Ergebnis  der  Prüfung.  1.  Nach 
dem  Abschlüsse  der  gesamten  Prüfung  entscheidet  die  Commission  auf  Grund 
der  Bestimmungen  von  §  9,  2—4,  ob  die  Prüfung  bestanden  und  ob  dem 
Candidaten  ein  Oberlehrer-  oder  ein  Lehrerzeugnis  auszustellen  ist. 

2.  Wenn  ein  Candidat  in  seinen  Hauptfächern  (§  9,  2,  3)  die  Lehr- 
befUhigung  für  die  oberen  oder  für  die  mittleren  Klassen  erwiesen,  dagegen 
entweder  in  den  Nebenfächern  (§  9,  2,  §  10,  1—3)  oder  in  der  allgemeinen 
Prüfang  (§  7)  den  Forderungen  der  Prüfungs- Ordnung  nicht  entsprochen  hat, 
so  wird  ihm  zwar  das  Oberlehrer-,  bezw.  Lehrerzeugnis  nicht  versagt,  dasselbe 
aber  nur  bedingt  ausgestellt  in  dem  Sinne,  dafs  der  Candidat  zwar  zur  Ab- 
legung des  Probejahres  (§  41)  zugelassen  wird,  zu  einer  definitiven  Anstellung 
aber  erst  dann  befähigt  ist,  wenn  die  Mängel  durch  eine  Ergänzungsprüfung 
(§  38)  beseitigt  sind. 

Ein  bedingt  ausgestelltes  Zeugnis  verliert  seine  Giltigkeit,  wenn  nicht  in 
einer  Frist  von  längstens  drei  Jahren  die  Ergänzungsprüfung  bestanden  ist. 

3.  Wenn  ein  Candidat  nicht  einmal  den  für  die  bedingte  Ausstellung 
eines  Lehrerzeugnisses  (Nr.  2)  geltenden  Forderungen  entsprochen  hat,  so  ist 
die  Prüfung  für  nicht  bestanden  zu  erklären. 

4.  Die  Zurückweisung  eines  Candidaten  auf  Grund  der  ungenügenden 
Beschaffenheit  der  schriftlichen  Arbeiten  (§  32,  1)  ist  dem  Nichtbestehen  der 
Prüfung  gleichzustellen. 

Das  Zurücktreten  eines  Candidaten  vor  oder  während  der  mündlichen 
Prüfung  ist  die  Commission  berechtigt,  dem  Nichtbestehen  der  Prüfung  gleich- 
zustellen. 

§  36.  Zeugnis.  1.  Ueber  das  Ergebnis  der  Prüfung  ist  dem  Can- 
didaten in  jedem  Falle,    dieselbe  mag  bestanden  (§  35,  1  und  2)  oder  nicht 


48 

'bestanden  (§  35,  3)  oder  einer  nicht  bestandenen  gleich  gesetzt  sein  (§  35,  4), 
ein  Zeugnis  auszustellen. 

2.  Das  Zeugnis  mufs  enthalten  den  vollständigen  Namen,  Stand  des 
Vaters,  Geburts-Ort  und  -Tag  und  die  Confession  (bezw.  Religion)  des  Candi- 
daten,  die  Angabe  über  seinen  Bildungsgang,  die  Auskunft  über  die  Gegen- 
stände der  schriftlichen  und  der  mündlichen  Prüfung  und  über  die  Leistungen 
in  jedem  derselben,  sowie  die  Erklärung,  für  welche  einzelnen  Lehrfächer  und 
in  welcher  Höhe  der  Candidat  die  wissenschaftliche  Befähigung  zum  Unterrichten 
nachgewiesen  hat 

3.  Wenn  die  Prüfung  bestanden  ist,  so  ist  zu  erklären,  ob  dem  Candidaten 
die  wissenschaftliche  Befähigung  für  Oberlehrerstellen  oder  nur  für  Lehrerstellen 
zuerkannt  ist. 

4.  Wenn  die  Prüfung  nicht  bestanden  ist,  so  ist  dies  durch  das  Zeugnis 

.ausdrücklich    zu    erklären,    unter   Bezeichnung   der  Zeit,   nach    deren  Verlauf 

frühestens   die  Prüfung  wiederholt  werden  darf.     Diese  Zeit  zu  bestimmen  ist 

die    Commission   befugt,   doch  darf  dieselbe  nicht  weniger  als  sechs  Monate 

betragen. 

§  37.  Wiederholungsprüfung.  1.  Nach  nicht  bestandener  Prüfung 
kann  eine  Wiederholungsprüfung  nur  vor  derselben  Commission  abgelegt  werden, 
vor  welcher  die  erste  Prüfung  abgelegt  wurde.  Die  ausnahmsweise  Zulassung 
zur  Prüfung  vor  einer  anderen  Commission  bedarf  der  Genehmigung  des  Ministers. 

2.    Die  Wiederholungsprüfung  kann  nur  einmal  abgelegt  werden. 

§38.  Ergänzungsprüfung.  1.  Zuständig  für  das  Abhalten  einer 
Ergänzungsprüfung  (§  35,  2)  ist  diejenige  Commission,  vor  welcher  die  erste 
Prüfung  abgelegt  wurde,  aufserdem  auch  die  Commission  derjenigen  Provinz,  in 
welcher  der  Candidat  im  Schuldienste  beschäftigt  ist. 

2.  Bezüglich  der  Nebenfächer  steht  es  dem  Candidaten  zu,  von  der  durch 
§  9,  3  getroffenen  Bestimmung  für  die  Ergänzungsprüfung  auch  in  dem  Falle 
Gebrauch  zu  machen,  wenn  dies  für  die  erste  Prüfung  nicht  geschehen  ist. 
Hierüber  hat  der  Candidat  bei  seiner  Meldung  das  Erforderliche  zu  bemerken. 

3.  Die  Ergänzungsprüfung  kann  nur  einmal  abgelegt  werden. 

§39.  Erweiterungsprüfung.  1.  Candidaten,  welche  ein  bedingungs- 
loses (vorgl.  §  35,  2)  Oberlehrer-  oder  Lehrerzeugnis  bereits  erworben  haben, 
ist  es  gestattet,  durch  eine  Erweiterungsprüfung  die  für  einzelne  Fächer  ihnen 
zuerkannte  Lehrbefähigung  bezüglich  der  Klassenstufe  (§  8)  zu  erhöhen  und  für 
andere  Fächer  die  Lehrbefähigung  hinzu  zu  erwerben. 

Es  ist  statthaft,  dafs  auf  diesem  Wege  ein  Lehrerzeugnis  zu  einem  Ober- 
iehrerzeugnis  erhöht  wird. 

2.  Bezüglich  der  Zuständigkeit  der  Commissionen  gelten  die  Bestim- 
tnungen  von  §  38,  L 

3.  Zu  einer  Erweiterungsprüfnng  kann  ein  Candidat  nur  zweimal  zuge- 
lassen werden. 

§  40.  Zeugnis.  1.  üeber  jede  Wiederholungs-,  Ergänzungs-  oder 
Erweiterungs-Prüfung  ist,  dieselbe  mag  bestanden  sein  oder  nicht,  ein  Zeugnis 
auszustellen. 

2.  Das  Zeugnis  hat  nach  Angabe  des  Nationale  des  Candidaten  auf  die 
bereits  vorausgegangene  Prüfung,  bezw.  die  vorausgegangenen  Prüfungen,  Bezug 
zu  nehmen  und  den  zusammenfassenden  SchluTssatz  daraus  zu  wiederholen. 

§  41.  Probejahr.  Das  Zeugnis  über  die  bestandene  Prüfung  bekundet 
die  wissenschaftliche  Befähigung  des  Candidaten  zum  Unterrichte  in  bestimmten 
•Fächern;  zum  Erweise  der  Anstellungsfähigkeit   ist  dasselbe    durch  Ablegung 


49 

• 

4e8  Probejahres  zn  ergänzen.  Behufs  Zuweisung  an  eine  bestimmte  Lehranstalt 
hat  der  Candidat  sich  bei  dem  Prov.-Sch.C.  derjenigen  Provinz,  in  welcher  er 
verwendet  zu  werden  wünscht,  unter  Einreichung  seines  Zeugnisses  schriftlich 
zu  melden  und  wo  möglich  dem  betr.  Depart^mentsrathe  persönlich  vorzustellen. 

§  42.  Gebühren.  1.  Die  Prüfungsgebühren  sind  sofort  nach  erfolgter 
Annahme  der  Meldung  an  die  von  der  Commission  bezeichnete  Kasse  zu  zahlen. 

Wenn  ein  Candidat  durch  giltige  Zeugnisse  nachweist,  dafs  er  durch 
Krankheit  genöthigt  ist,  eine  begonnene  Prüfung  au&ugeben,  so  werden  die 
«ingezahlten  Gebühren  zurückgegeben.  In  allen  übrigen  Fällen  bleiben  dieselben 
der  betr.  Gebührenkasse  verfallen;  es  macht  in  dieser  Hinsicht  keinen  unter- 
schied, ob  die  Prüfung  zu  Ende  geführt  ist  oder  nicht  (§29,3;  §32, 1,2;  §33,2; 
§  35,  4)  und  im  ersteren  Falle,  ob  sie  bestanden  ist  oder  nicht. 

2.  Die  Gebühren  betragen  mit  Ausschlufs  der  Kosten  des  für  das 
Zeugnis  anzuwendenden  Stempels  far  eine  Prüfung  30  Mark,  für  eine  Wieder- 
holungsprüfung ebenfalls  30  Mark,  far  eine  Ergänzungs-  oder  Erweiterungs- 
prüfung 15  Mark. 

§  43.  Inkraftsetzung  der  Prüfungs-Ordnung.  Die  vorstehende 
Prüfungs-Ordnung  tritt  unter  Aufhebung  des  „Reglements  für  die  Prüfungen 
der  Candidaten  des  höheren  Schulamt^s  vom  12.  December  1866"  sowie  der 
zu  seiner  Erläuterung  oder  Ergänzung  ergangenen  Verfügungen  mit  dem 
1.  October  1887  allgemein  in  Geltung.  Für  die  vor  dem  1.  October  1887  ein- 
gehenden Meldungen  kommt  die  vorstehende  Prüfungs-Ordnung  nur  dann  zur 
Anwendung,  wenn  der  Candidat  bei  seiner  Meldung  eine  dahin  gerichtete 
Erklärung  abgiebt." 

Berlin,  den  5.  Februar  1887.         Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Bemerkungen  zu  der  Ordnung  der  Prüfung  für  das  Lehramt 

an  höheren  Schulen.    . 

,.Das  Reglement  für  die  Prüfungen  der  Candidaten  des  höh.  Schulamts  v. 
12.  Dec.  1866"  hat  im  Verlaufe  der  zwei  Jahrzehnte  seitier  Anwendung  vornehm- 
lich in  dreifacher  Beziehung  AnlaCs  zu  Einwendungen  und  Aenderunga -Vorschlägen 
gegeben:  erstens  erfährt  die  Zulassung  eines  dritten  Zeugnisgrades  eine 
nahezu  einstimmige  Mifsbilligung;  zweitens  wird  gegen  die  angeordnete  Prüfung  über 
die  „allgemeine  Bildung"  geltend  gemacht,  dafs  sie  sachlich  nicht  erforderlich 
sei  und  durch  die  Zahl  und  Mannigfaltigkeit  ihrer  Ge&renstände  einen  nachteiligen 
Einflufs  ausübe;  drittens  wird  gegen  den  in  dem  Prümngs-Reglement  §  21  unter- 
nommenen Versuch,  alle  Oombinationen  von  Hauptfachern  und  von  den  damit  zu 
verbindenden  Nebenfächern  festzustellen,  welche  zur  Erwerbung  einer  Lehrbefähigung 
erforderlich  oder  zulässig  sind,  der  Einwand  erhoben,  dafs  er  zu  einer  beengenden 
Oasuistik  geführt  habe,  welche  die  Uebersicht  erschwere  und  doch  die  Mannig- 
faltigkeit der  Fälle  nicht  zu  erschöpfen  vermöge. 

Diese  Einwendungen,  denen  man  ein  gewisses  Mafs  der  Berechtigung  nicht 
absprechen  kann,  haben  die  hauptsächlichen  Gesichtspunkte  bestimmt,  welche  für 
eine  Revision  der  Prüfungs-Ordnung  in  Betracht  zu  ziehen  sind.  In  der  seit  längerer 
Zeit  vorbereiteten  Revision  hat  das  Ministerium  durch  die  eingehenden  Gutachten 
der  bei  der  Ausführung  der  Lehramts-Prüfung  und  bei  ihren  Ergebnissen  in  erster 
Linie  beteiligten  Wissensch,  Prüfungs-Gommissionen  und  Provinzial-SchulcoUegien 
wesentliche  Unterstützung  erhalten;  auch  ist  einzelnen  aufserhalb  dieser  Kreise 
stehenden  herrorragenden  Schulmännern  Gelegenheit  gegeben  worden,  über  die 
beabsichtigten  Aenderungen  sich  zu  äufsern.  Die  jetzt  zur  Einführung  gelangende 
Prüfungs-Ordnung  ist  hiemach  als  das  Ergebnis  der  gemeinsamen  Erwägung  der 
bei  dieser  Frage  beteiligten  Factoren  zu  betrachten. 

1.  Für  die  Beseitigung  des  dritten  Zeugnisgrades  ist  allgemeine 
Zustimmung  zu  erwarten.  Es  widerspricht  dem  Interesse  der  höh.  Schulen,  dafs 
der  Zutritt  zur  Lehrthätigkeit  an  denselben  durch  ein  so  dürftiges  Mafs  wissen- 
achaftücher  Bildung  eröffnet  werde,  wie  es  zum  Erwerben  des  dritten  Zengnisgradea 

Wiese,  Verordnungen.    IL  4 


60 

■  • 

für  ausreichend  erachtet  ist;  auch  lieg^  eine  so  weit  reichende  Nachgiebigkeit  nicht 
in  dem  Interesse  des  gesamten  höh.  Lehrstandes. 

Es  fehlt  nicht  an  Stimmen,  welche  empfehlen,  in  der  Minderung  der  Ab- 
stufungen noch  einen  entscheidenden  Schritt  weiter  zu  gehen,  so  dafs  unter  voll- 
ständiger Beseitigung  jedes  Gradunterschiedes  das  Prüfungszeugnis  nur  zu  bekunden 
habe,  ob  die  Prüfung  bestanden  sei  oder  nicht.  Diesem  V  orschlage,  der  nicht  aus 
dem  Bereiche  der  Schulverwaltung  oder  der  Prüfungs-Commissionen,  sondern  ans 
Lehrerkreisen  hervorge^ngen  ist,  häufig  unter  ausdrücklicher  Bezugnahme  auf  die 
Frage  der  Gehaltsregulirung,  ist  in  der  vorliegenden  Prüfungs-Ordnung  nicht  Folge 
gegeben  worden.  Li  dem  Zeiträume  von  einem  halben  Jiäirhunderte,  seitdem  in 
rreufsen  eine  besondere  Prüfung  für  das  höh.  Lehramt  besteht,  ist  bei  allen 
sonstigen  Veränderungen  in  der  Prüfungs-Ordnunff  eine  bestimmte  Abstufung  der 
Zeugnisse  stets  aufrecht  gehalten  worden;  es  würde  übereilt  sein,  in  der  Beständig- 
keit dieser  Einrichtung  nur  eine  Zufälligkeit  der  Sitte  vorauszusetzen  und  die 
Erwägungen  zu  übersehen,  welche  die  Beibehaltung  einer  Abstufung  empfehlen. 
Hau  Kann  die  Unterschiede  der  wissensch.  Befälugung  und  der  emdringenden 
Energie  des  Arbeitens  weder  leugnen  noch  beseitigen.  Es  läfst  sich  femer  nicht 
verkennen,  dafs  dasjenige  Mafs  wissensch.  Leistungen,  durch  weicheis  nach  der 
vorliegenden  Prüfungs-Ordnung  ein  Lehrerzeugnis  begründet  wird,  verbunden 
mit  gewissenhafter  Treue  der  Pflichterfüllung,  Erspriefsliches  im  Unterrichte 
zu  erreichen  vermag  und  ein  nicht  zu  entbehrendes  noch  zu  unterschätzendes 
Element  des  Lehrstandes  der  höh.  Schulen  bildet.  Endlich  ist  es  nicht  möglich, 
die  geringere  Begabung  zu  der  Höhe  des  glücklicheren  Talentes  hinaufzuschrauben ; 
dagegen  ist  es  sehr  wohl  möglich,  dafs  bei  vollständiger  Aufhebung  des  Unter- 
schiedes der  Zeugnisse  der  glücklicheren  Begebung  der  Antrieb  zu  energischer 
Entwickelung  verkümmert  w^ürde.  Die  Folge  einer  vollständigen  Nivellinmg  der 
Zeugnisse  über  die  wissenschaftliche  Lehramts-Prüfung  würde  voraussichtlich  sein, 
dafs  in  der  Prüfungs-Ordnung  selbst  oder  doch  jeden&Us  in  ihrer  Ausführung  die 
Forderungen  im  Allgemeinen  herabgestimmt  und  damit  bald  auch  der  Durchschnitt 
der  Leistungen  herabgedrückt  würde;  wahrscheinlich  ergäbe  sich  als  weitere,  das 
Ansehen  des  Lehrstandes  gefährdende  Folge,  dafs  gerade  die  auf  Grund 
schwächerer  Leistungen  erworbene  gleiche  Berechtigung  sich  am  zuversichtlichsten 
geltend  machen  würde. 

Indem  das  Gesamtergebnis  der  Lehramts-Prüfung  auf  zwei  Stufen  beschränkt 
wird,  ist  es  von  manchen  Seiten  als  selbstverständliche  Folge  betrachtet  und  auch  sonst 
empfohlen  worden,  dafs  auch  die  für  die  einzelnen  Lehrgegenstände  zuzuerkennende 
Lehrbefähigung  nur  zwei  Stufen  (2, 1)  habe.  Ein  nothwendiger  Zusammenhang  be- 
steht zwischen  diesen  zwei  Fragen  nicht.  Damit  die  Lehramts-Prüfung  überhaupt 
bestanden  und  das  zulässig  mindeste  Mafs  der  Lehrbefäfaigung  erreicht  werde,  ist 
in  einer  bestimmten  Zahl  von  Lehrgegenständen  eines  bestimmten  Gebietes  die 
Nachweisung  der  mittleren  Lehrbefahigung  (2)  erforderlich;  dadurch  wird  keines- 
wegs ausgeschlossen,  dafs  in  anderen  Gegenständen  das  mindeste  Mafs  der  Lehr- 
befähigung (3)  erworben  werde,  und  der  Nachweis  auch  nur  dieses  Mafses  sicherer 
Kenntnisse  ist  sowohl  für  die  Gesamtbildung  des  betreffenden  Gandidaten,  als 
insbesondere  für  seine  etwaige  Verwendung  in  der  Lehrthätigkeit  nicht  zu 
unterschätzen. 

2.  Die  in  dem  Prüfungs-Reglement  von  1866  (§  10)  enthaltene  Forderung 
des  Nachweises  der  „allgemeinen  Bildung'*  geht  von  einem  an  sich  als 
zutreffend  anzuerkennenden  Gesichtspunkte  aus;  es  soll  dadurch  sicher  gestellt 
werden,  dafs  jeder  Lehrer,  bewahrt  vor  der  AusschHefslichkeit  der  Schätzung  seines 
eigenen  Gebietes,  zu  dem  Gesamtzwecke  der  Schule  an  seinem  Teüe  mitzuwirken 
fahiff  und  geneigt  sei.  Aber  zur  Erreidiung  dieses  Zweckes  kann  die  angeordnete 
Prüfung  über  „allgemeine  Bildung*'  nicht  als  nothwendig  betrachtet  werden,  und 
die  bezüglich  dieser  Prüfung  gemachten  langjährigen  Nahrungen  sprechen  nicht 
für  ihre  Beibehaltung.  Um  sicher  zu  stellen,  dafs  das  Interesse  des  zukünftigen 
Lehrers  sich  nicht  vorzeitig  auf  ein  einzelnes  Wissensgebiet  beschränke,  wird 
unbedingt  gefordert,  dafs  er  vor  seinem  Eintritte  in  ein  Fachstudium  den  Lehr- 
cursus  an  einer  höh.  Schule  allgemeiner  Bildung  abgeschlossen  und  den  Erfolg 
dieser  Schulzeit  durch  das  Bestehen  der  Reifepr^ung  erwiesen  habe.  Der  in  den 
Lehrplänen  und  in  der  Reifeprüfung  der  höh.  Schiden,  sowohl  gymnasialen  als 
realistischen  Charakters,  umfafste  Kreis  von  Lehrgegenstüiden  hat  ein  Anrecht 


61 

darauf,  mit  dem  Namen  der  allgemeinen  Bildung  bezeichnet  zu  werden,  da  für  die 
Hauptrichtnngen  menschlichen  Wissens  sowohl  in  dem  sprachlich-geschichtlichen 
als  in  dem  mathematisch-naturwissenschaftlichen  Bereiche  die  Aneignung  sicherer 
Elementarkenntnisse  und  ein  verständnisvolles  Interesse  erstrebt  wird,  auf  welcher 
Grundlage  weiter  gebaut  werden  kann;  von  dem  in  dem  Früfungs-Beglement  von 
1866  festgesetzten  Kreise  der  „allgemeinen  Bildung*'  läfst  sich  das  Gleiche  nicht 
sagen.  Denn  indem  es  als  unausmhrbar  erachtet  worden  ist,  an  Gandidaten  des 
sprachlich-geschichtlichen  Gebietes  irgend  welche  Ansprüche  aus  dem  mathematisch- 
naturwissenschaftlichen  Bereiche  zu  erheben,  und  doch  die  Ermittelung  der  „allge- 
meinen Bildung*'  als  Aufgabe  dieses  Teiles  der  Prüfung  bezeichnet  ist,  wird  die 
sachlich  unhaltbare  Auffassung  veranlafst,  als  ob  das  mathematisch-naturwissen- 
schaftliche Gebiet  nur  den  Werth  eines  speciellen  Fachstudiums  habe  und  nicht 
ein  unerläfsliches  und  gleichwerthiges  Element  der  allgemeinen  Bildung  sei  Aber 
selbst 'in  dieser  nicht  gerechtfertigten  Beschränkung  der  allgemeinen  Bildung  hat 
^e  für  ihren  Nachweis  erforderte  Prüfung  eine  zerstreuende  Mannigfaltigkeit  von 
■Gegenständen  in  dieselbe  eingeführt,  welche  weder  der  ruhigen  Ausfiilmmg  der 
Prüfung  noch  der  Vertiefung  der  üniversitätsstudien  zum  Vorteile  gereicht  hat. 
TJeberdies  haben  die  Bestinunungen  des  Prüfungs  -  Reglements  selbst  zu  einer 
erheblichen  Ungleichheit  in  seiner  Ausführung  Anlafs  gegeben,  indem  von  der  im 
§  10  des  Prüfungs-Reglements  von  1866  den  Prüfungs-Commissionen  gegebenen 
Ermächtigung,  von  einer  fhrforschung  der  allgemeinen  BUdung  soweit  abzusehen, 
als  sie  durch  ein  vorzܣrlicheB  Abiturientenzeugnis  aufser  Frage  gestellt  ist,  begreif- 
licherweise ein  ungleicher  Gebrauch  gemacht  worden  ist.  Der  Prüfnngs-Gommission 
in  Marburg  ist  überdies  bei  ihrem  üebergange  in  die  diesseitige  Unterrichts- Ver- 
waltung aiiF  ihren  Antrag  ausdrücklich  gestattet  worden,  die  durch  das  Reglement 
erforderte  Prüfung  über  allgemeine  Bildunj?  nur  in  den  Fällen  vorzunehmen,  in 
welchen  der  Commission  bestimmte  Zwei&l  an  der  ausreichenden  allgemeinen 
Bildung  des  Gandidaten  entstünden,  und  es  läfst  sich  nicht  constatiren,  dafs  aus 
dieser  weitest  reichenden  Ermächtigung  und  dem  dadurch  bestimmten  Verfahren 
der  Commission  nachteilige  Folgen  enUtanden  seien. 

Aus  diesen  Erwägungen  ist  in  der  vorliegenden  Prüfungs-Ordnung  von  dem 
Nachweise  der  „allgemeinen  Bildung"  überhaupt  Abstand  genommen  worden  ; 
dagegen  sind  in  derselben  allerdings  Forderungen  bezeichnet,  welchen  alle  Gan- 
didaten ohne  Unterschied  ihres  Lehrgebietes  zu  entsprechen  haben.  (§  7  vergl. 
§  IIA,  §  12,  1,  §  26,  1.)  Dafs  zu  diesen  an  alle  Gandidaten  zu  stellenden 
Forderungen  das  Studium  der  Philosophie  und  der  Pädagogik  gehört,  bedarf  als 
fielbstversUlndlich  und  allgemein  anerkannt  keiner  besonderen  Begründung.  Durch 
die  dazu  tretende  Anordnung  einer  Prüfung  in  der  christlichen  fteligionslehre  und 
im  Deutschen  wird  zu  entscheidendem  Ausdrucke  gebracht,  dafs  zu  diesen  beiden 
dementen  der  Jugendbildung  die  Gesamtheit  der  Lehrer  in  einem  anderen  Ver- 
hältnisse steht,  als  zu  anderen  Lehrgegenständen.  Der  Unterricht  in  der  christ- 
lichen Religionslehre,  ebenso  der  Unterricht  im  Deutschen,  sind  allerdings  bestimmten 
Lehrern  anzuvertrauen,  welche  ihre  specielle  wissensch.  Vorbildung  hierzu  nach- 
gewiesen haben;  aber  die  hohe  Aufgabe  dieser  Momente  der  Jugendbildung  kann 
nur  in  dem  Mafse  erfüllt  werden,  als  dazu  mitzuwirken  die  Gesamtheit  der  ^Lehrer, 
ohne  Unterschied  ihrer  speciellen  Unterrichtsfächer,  sich  durch  ihren  Lehrberuf 
selbst  verpflichtet  erachtet.  Die  aus  diesem  Gesichtspunkte  allgemein  angeordnete 
Prüfung  in  der  christlichen  Religionslehre  braucht  nicht  und  soll  nicht  eine 
Wiederholung  der  Reifeprüfung  sein.  Zu  einer  solchen  controUirenden  Wieder- 
holnzig  würde  im  Allgemeinen  um  so  weniger  Anlafs  sein,  als  über  die  Höhe  und 
den  Imifang  der  in  der  Reifeprüfung  über  die  Bestimmungen  der  Prüfungs-Ordnung 
hinaus  erforderten  und  nachgewiesenen  Kenntnisse  in  der  christlichen  Religionslehre 
mehrfach  und  nicht  ohne  Grund  Bedenken  erhoben  worden  sind.  Es  ist  nicht  die 
Absicht,  diesen  Umfang  speoieller  Forderungfen  in  der  Lehramtsprüfung  zu  erneuern 
oder  gar  zu  steigern,  sondern  es  wird  den  jungen  Männern,  welche  sich  dem  Lehrer- 
bemfe  bestimmen,  Anlafs  gegeben  zu  zeigen,  dafs  sie  der  Kenntnis  und  dem  Ver- 
ständnisse der  Religionslehre  ihrer  christlichen  Gonfession  ihr  gereifteres  Nach- 
'thKnken  zugewendet  haben.  —  Auf  die  Beherrschung  der  deutschen  Sprache  für 
schriftlichen  und  mündlichen  Gebrauch  und  auf  Erweckung  des  Interesses  für  die 
-IfSSffEerwerke  der  deutschen  Litteratur  und  der  Achtung  vor  ihnen  hinzuwirken, 
ist  an  deutschen  höh.  Schulen  Aufgabe  nicht  blofs  der  wenigen,  diesem  Unterichte- 
4* 


1^ 


52 

gegenstände  besonders  zugewiesenen  Lehrstanden,  sondern  ist  nur  dorch  das  Zu- 
sammenwirken des  gesamten  Unterrichtes  zu  erreichen.  Die  Erfüllung  dieser  Auf- 
gabe zu  unterstützen  ist  die  in  der  vorliegenden  Prüfungs-Ordnung  bezüglich  des 
Deutschen  getroffene  Einrichtung  bestimmt.  Durch  den  an  alle  Gandidaten  gerichteten 
Anspruch  wird  nicht  der  Nachweis  von  Kenntnissen  in  der  Litteraturge schichte 
erfordert/  —  eine  solche  Forderung  würde  überdies  unvermeidlich  zu  einer  flüchtigen 
Einprägung  gedächtnismäfsigen  Stoffes  führen  —  vielmehr  ist  der  Gandidat  veranlalst 
zu  zeigen,  dafs  er  nicht  ein  Fremdling  in  den  Schöpfungen  der  classischen  deutschen 
Litteratur  ist.  Die  aufserdem  allgemein  gestellte  Forderung,  dafs  der  Gandidat 
mit  den  Bedingungen  des  correcten  Gebrauches  der  deutschen  Sprache  sich  vertraut 
gemacht  habe  (§  12,  1),  ist  im  Wesentlichen  durch  die  schriftliche  Arbeit  aus  dem 
philosophischen  oder  pädagogischen  Gebiete  nach  ihrer  formalen  Seite  zu  erfüllen. 
Nicht  ausgeschlossen  aber  ist,  dafs  etwaige  in  der  schriftlichen  Arbeit  bemerkbare 
Yerstöfse  Anlafs  geben,  Rechenschaft  über  die  erforderliche  Berichtigung  und  über 
ihre  Gründe  zu  verlangen.  Nach  manchen  Anzeichen  wird  es  nicht  als  überflüssig 
zu  betrachten  sein,  die  zukünftigen  Lehrer  unserer  höh.  Schulen  thatsächlich  daran 
zu  erinnern,  welche  Ansprüche  sie  als  Lehrer  an  deutschen  Schulen  nothwendig 
an  ihre  eigene  Bildung  im  Deutschen  zu  stellen  haben. 

3.  In  dem  Prüfungs-Reglement  von  1866  ist  durch  §  21  versucht  worden, 
die  Gombinationen  von  Hauptfächern  und  ihre  Verbindung  mit  bestimmten  Neben- 
fächern festzustellen,  welche  zur  Erreichung  eines  Lehrerzeugnisses  der  verschiedenen 
Grade  einzuhalten  seien.  Diese  mühsame,  die  Entscheidungen  der  Prüfungs- 
Gommissionen  erschwerende,  im  Einzelnen  aus  sachlichen  oder  didaktischen  Gesichts- 
punkten schwerlich  ausreichend  zu  begründende  Gasuistik  wird  im  Wesentlichen 
wieder  aufgehoben  durch  die  in  der  Ausführungs- Verordnung  zu  demselben  Para- 

fraphen  enthaltene  Bemerkung,  dafs  es  unmöglich  sei,  alle  Gombinationen  der 
«ehrbefähigungen  aufzuzählen,  welche  sich  in  Folge  besonderer  Neigungen  oder 
Studien  darbieten  könnten.  Demgemäfs  ist  in  der  vorliegenden  Prüf ungs- Ordnung 
von  einer  Aufzählung  der  einzelnen  Gombinationen  überhaupt  Abstand  genommen, 
vielmehr  sind  die  Gebiete  bezeichnet,  aus  welchen  behufs  Erwerbung  der  Lehr- 
befähigung zwei  selbständige  Gegenstände  zu  wählen  und  mit  Nebenfächern  zu 
verbinden  sind.  Durch  die  Bestimmung,  dafs  die  beiden  Hauptfächer  demselben 
Gebiete  angehören  müssen,  ist  der  Gefahr  vorgebeugt,  dafs  die  Lehrbefähigung 
auf  dem  Nachweise  von  Kenntnissen  beruhe,  welche  als  Ganzes  nicht  in  einem 
inneren  Zusammenhange  stehen. 

Die  Unterscheidung  der  einzelnen  Gebiete  stimmt  mit  der  des  Prüfungs- 
Keglements  von  1866  in  soweit  überein,  als  dies  für  sachlich  begründet  erachtet 
werden  kann.  Es  ist  demnach  das  sprachlich -geschichtliche  Gebiet  von  dem 
mathematisch-naturwissenschaftlichen  unterschieden  und  von  beiden  als  wesentlich 
verschieden  die  Religionslehre  abgetrennt,  mit  welcher  das  Hebräische  in  aner- 
kannter Verbiifdung  steht.  Von  dem  sprachlich-geschichtlichen  Gebiete  die  modernen 
fremden  Sprachen  als  etwas  Verschiedenes  abzutrennen,  wie  dies  in  dem  Prüfungs- 
Reglement  von  1866  geschieht,  ist  weder  sachlich  begründet  noch  durch  die  Aufgabe 
zu  rechtfertigen,  welche  dem  fraglichen  Unterrichte  an  unseren  höh.  Schulen  gestellt 
ist,  —  Die  Geographie  hat  nach  der  inzwischen  eingetretenen  Entwickelung  nicht 
in  der  bisherigen  Unselbständigkeit  und  Untrenubarkeit  von  der  Geschichte  belassen 
werden  können.  Durch  die  §  10,  la  Abs.  3  getroffene  Bestimmung  ist  den  zwei 
Hauptrichtungen  in  der  Entwickelung  der  Geographie  Rechnung  getragen ;  zugleich 
ist  durch -die  Bestimmungen  von  §  10,  Ib  und  §  19,  4  dafür  gesorgt  worden,  dafs 
unter  der  veränderten  Stellung  der  Geographie  der  geschichtliche  Unterricht  nicht 
zu  leiden  habe. 

Durch  die  in  den  §§  9.  10  (vgl.  §  3,  2,  §  35)  angewendeten  Ausdrücke 
Hauptfächer  und  Nebenfächer  ist  nicht  ein  verschiedener  Werth  der  Prüfungs- 
fächer an  sich  bezeichnet,  sondern  ein  Unterschied,  welcher  erst  aus  der  von  dem 
Gandidaten  gemäfs  §  9  getroffenen  Wahl  hervorgeht  und  nur  für  diesen  Gandidaten 
Geltung  hat  Demnach  haben  dieselben  Prüfungsfächer,  z.  B.  die  lateinische  und 
die  griechische  Sprache,  welche  für  den  einen  Gandidaten  Hauptfächer  sind,  für 
einen  anderen,  welcher  z.  B.  die  deutsche  Sprache  und  die  Geschichte  zu  seinen 
Hauptfächern  gewählt  hat,  die  Geltung  von  Nebenfächern. 

Zu  einem  selbständigen  Fache  waren  in  dem  Prüfungs-Reglement  von  1866 
die  sämtlichen  Fächer  der  Naturbeschreibung  vereinigt.    Dies  scneint  weder  dem 


63 

wissensch.  Charakter  der  fragflichen  Fächer  vollkommen  zu  entsprechen,  noch 
durch  die  Stellung  erfordert  zu  werden,  welche  dieselben  in  der  Aufeinanderfolge 
des  Unterrichtes  an  unseren  höh.  Schulen  einnehmen.  In  Beachtung  beider  Gesichte- 
punkte Bind  in  der  vorliegenden  Prüfungs-Ordnung  einerseits  Botanik  und  Zoologie, 
andererseite  Chemie  und  Mineralogie  je  zu  einem  selbständigen  Fache  verbunden 
worden.  Es  bedarf  nicht  der  ausdrücklichen  Erklärung,  dafs  hierdurch  nicht  die 
wissensch.  Bedeutung  der  genannten  Fächer  herabgesetzt  wird,  sondern  dafs  den 
didaktischen  Forderungen  Rechnung  getraffen  werden  soll,  da  in  den  beiden  frag- 
lieben  Fallen  die  Lehrbefähigfuug  in  dem  einen  Fache  ohne  die  in  dem  anderen 
nach  der  Lehreinrichtung  unserer  höh.  Schulen  kaum  verwendbar  ist.  Als  Folge 
fergiebt  sich  hieraus,  dafs  eine  Lehrbefähigung  nicht  für  Chemie  oder  für  Mineralogie, 
sondern  nur  für  die  Combiiiation  von  beiden  und  zwar  für  beide  in  gleicher  Höhe 
zuerkannt  werden  kann;  ebenso  in  BetreiGF  der  Botenik  und  Zoologie.  Die 
Schwierigkeit  der  Ausführung,  zumal  da  in  der  Regel  jeder  dieser  vier  Gegen- 
stände einem  besonderen  Prüfongs-Commissar  zugewiesen  ist,  wird  kaum  wesentlich 
gröfser  sein,  als  bei  der  Geschichte,  in  welcher  öfters  die  alte  Geschichte  durch 
einen  anderen  Examinator  vertreten  ist,  als  die  mittlere  und  neue,  und  dennoch 
nur  für  Geschichte  überhaupt,  nicht  für  einzelne  Gebiete  derselben  eine  didaktisch 
verwerthbare  Lehrbeföhigung  zuerkannt  werden  kann. 

In  Betreff  der  Nebenfächer  ist  als  Grundsatz  aufgestellt,  dafs  jedenfalls  eines 
derselben  dem  gleichen  Gebiete  angehöre,  wie  die  Hauptfächer;  es  wird  hierdurch 
bezweckt,  dafs  jede  Lehrbefähigrung  auf  einer  ausreichend  breiten,  der  Art  nach  in 
sich  zusammenhängenden  Unterlage  beruhe.  Die  oblijratorische  Verbindung  eines 
bestimmten  Nebenfaches  mit  einem  Hauptfache  ist  auf  diejenigen  Fälle  beschränkt 
worden,  in  welchen  die  Forderung  sachlich  unerläfslich  oder,  wie  dies  von  der 
Hinzufügung  der  Physik  zur  Mathematik  gilt,  didaktisch  unvermeidlich  ist. 

Durch  die  vorstehenden  Bemerkungen  werden  die  Gründe  bezeichnet  sein, 
welche  zu  den   sachlichen  Aenderungen  in  der  Revision  der  Prüfungs- Ordnung 

Söführt  haben.  In  formaler  Hinsicht  unterscheidet  sich  die  vorstehende  Prüfungs- 
rdnung  von  dem  bisher  giltigen  Reglement  dadurch,  cUtfs  alles  ausgeschieden 
worden  ist,  was  nicht  zur  Information  der  Candidaten  erforderlich,  sondern  das 
geschäftliche  Vorgehen  der  Prüfungs- Commission  zu  regeln  bestimmt  ist.  Dieser 
unterschied  ist  neuerdings  in  allen  analogen  Fällen  grundsätzlich  eingehalten 
worden. 

Mit  den  bezeichneten  principiellen  Aenderungen  der  Prüfungs  -  Ordnung  ist 
zugleich  eine  erneute  Erwägung  der  für  die  einzelnen  Lehrfächer  festzusetzenden 
Forderungen  verbunden  worden.  Dem  hie  und  da  ausgesprochenen  Wunsche 
nach  einer  möglichst  allgemein  gehaltenen  Bezeichnung  der  Prüfungs-Forderungen 
ist  im  Interesse  ebensosehr  der  Prüfungs  -  Commissionen  als  der  Candidaten  nicht 
Folge  gegeben  worden;  die  eingehendere  Bezeichnung  der  Prüfungs -Forderungen 
kann  zwar  die  Unterschiede  in  der  persönlichen  Auffassung  und  Ueberzeugung  der 
Examinatoren  nicht  ganz  beseitigen,  ist  aber  doch  geeignet,  den  daraus  sich 
ergebenden  Folgen  engere  Schranken  zu  setzen.  Die  leitenden  Gesichtepunkte  ftir 
die  Festetellung  der  einzelnen  Forderungen  sind  aus  den  Erläuterungen  zu  den 
Lehrplänen  vom  31.  März  1882  zu  entnehmen;  indem  auf  diese  ausdrücklich  Bezug 
genommen  wird,  sind  nur  wenige  Bemerkungen  hinzuzufügen. 

Zu  §  12.  Deutsche  Sprache.  Zu  §  12,  3.  4.  Für  das  Erwerben  der 
Lehrbefähigung  in  den  unteren  und  mittleren  Klassen  ist  die  Forderung,  insoweit 
sie  das  grammatische  Gebiet  betrifit,  auf  die  Kenntnis  der  neuhochdeutechen 
Formenlehre  und  Syntax  beschränkt.  Aus  den  grofsartigen  Erfolgen,  welche 
gerade  die  deutsche  Grammatik  der  historischen  Sprachforschung  verdankt,  ist  der 
neuhochdeutechen  Gk^mmatik  in  dieser  ihrer  Beschränkung  eine  gewisse  Mifs- 
achtung  erwachsen;  als  ein  äufseres  Zeichen  davon  darf  man  wohl  den  Umstand 
ansehen,  dafs  im  Vergleiche  mit  der  zahllosen  Menge  der  kenntnislos  einander 
ausschreibenden  Compilationen  für  neuhochdeutsche  Sprachlehre  die  auf  ernster 
wissenschaftlicher  Forschung  beruhenden  Bücher  eine  seltene  Ausnahme  bilden. 
Aber  die  Bücher  des  letzteren  Charakters  lassen  erkennen,  dafs  in  der  durch  die 
Prüfungs  -  Ordnung  bezeichneten  Kenntnis  der  neuhochdeutschen  Grammatik  eine 
an  sich  nicht  zu  unterschäteende  und  jedenfalls  für  die  Aufgaben  des  Unterrichtes 
unerläfsliche  Forderung  gestellt  ist;  die  Erfüllung  derselben  und  die  davon  zu 
erwartende  Einvrirkung   auf   den    Schulunterricht   kann   dazu   beitragen,    der   in 


64 

bedenklicher  Aosbreitang  begriffenen  Nachflicht  gegen  Incorrectheiten  des  deutschen 
Schreibgebraaches  Schranken  zu  setzen. 

Za  §  12,  4.  5.    Rhetorik,  Poetik,  Metrik  sind  nicht  als  selbständige  Lehr- 

Segenstände  an  den  höh.  Schalen  za  behandeln;  aber  durch  Verwerthang  der 
IkMsenlectüre  and  im  Anschlüsse  an  dieselbe  sind  ^e  Schüler  mit  den  haapt- 
sächlichsten  Kanstformen  der  Prosa  and  Poesie  bekannt  za  machen,  and  die 
Gesichtspunkte,  welche  für  die  Vorbereitung  der  Aufsätze  und  für  ihre  Gorrectur 
bestimmend  sind,  gehören  zu  grofsem  Teile  dem  Gebiete  der  Bhetorik  an.  Der 
deutsche  Unterricht  würde  gefährdet  werden,  wenn  der  Lehrer  erst  im  Falle  des 
Unterrichtsbedarfes  versuchen  wollte,  das  Erforderliche  sich  anzueignen,  und  nicht 
vielmehr  während  des  Verlaufes  seiner  Studien  die  Grundlage  hierzu  gewonnen 
hätte.  Deshalb  sind  Ehetoxik,  Poetik,  Metrik  als  Disciplinen  bezeichnet,  mit  denen 
der  zukünftige  Lehrer  des  Deutschen,  namentlich  auf  der  obersten  Stufe,  sich 
bekannt  erweisen  solL  Ueber  das  Mafs  der  zu  stellenden  Forderungen  ist  ab- 
sichtlich unterlassen  eine  s^enaue  Formulürunff  zu  geben ;  insbesondere  für  Poetik 
and  Rhetorik  wird  auf  Klarheit  der  Grundbegriffe  ein  weit  höherer  Werth  zu 
legen  sein,  als  auf  etwaigen  Umfang  des  stofflichen  Wissens,  welches  auf  jenen 
G^rundlagen  später  leicht  erworben  wird. 

Zu  ^  13.    Lateinische  und  griechische  Sprache.    Zu  §  13,  2.  3. 
Für  die  Lehrbefähigung  in  den  mittleren  und  oberen  Klassen  ist  der  Schwerpunkt 
der  Forderungen  gelegt  in  ausreichenden  Umfang  der  Belesenheit,  strenge  Methode 
der  Hermeneutik  und  in  die  hieraus  sich  ergebende  Herrschaft  über  die  betreffende 
Sprache  nach  Form  und  Stoff.    Wenn  zuweilen  über  den  Mangel  an  Literesse  der 
Schüler  für  den  Unterricht  in  den  alten  Sprachen   und  über   die  ungenügenden 
Erfolge  des  Unterrichtes  geklagt  wird,   so  lafst  sich  der  Zweifel  nicht  abwehren, 
ob  die  Lehrer  in  der  Sprache   und  der  Litteratur,   in  welche  einzuführen  ihre 
Aufgabe  ist,  sich  selbst  ausreichend  einheimisch  gemacht  haben.    Deshalb  ist,  selbst 
abgesehen  von  der  Bedeutung,  welche  umfassende  Belesenheit   für  das  wissensoh. 
Studium  hat,  aus  dem  bezeichneten  praktischen  Gesichtspunkte  ihr  ein  wesentliches 
Gewicht  in  der  Prüfung  beigemessen.    —    Die  Aneignung  strenger  Methode  der 
Hermeneutik,   durch  welche  die  Leetüre -Stunden   erst   ihren  Werth  und  ihren 
bildenden  Einflufs  gewinnen,    läfst   sich  durch   das  blofse,   in  Vorlesungen  und 
Büchern  darffebotene  Vorbild   nicht   leicht  erreichen,   vielmehr  ist  es  von  ent- 
scheidendem Werthe,  dafs  der  Studirende  die   in  den  philologischen  Seminaren 
gebotene  Gelegenheit  benutzt  habe,  seine  eigenen  Versuche  der  belehrenden  Elritik 
zu  unterwerfen.   —   Dafs  ein  Gandidat   schon   auf  der  Universität   irgend  einer 
einzelnen  Partie  der  Altertumskunde  ein  specielles,  zu  selbständiger  Forschung 
fortschreitendes  Studium  zugewendet  habe,   ist  durch  die  gestellten  Forderungen 
keineswegs   ausgeschlossen;    mit   Recht   geben   die  Universitäts  -  Seminare   Anlafs 
dazu.    Aber  die  Erfüllung  der  Aufgaben   des  altclassischen  Unterrichtes   würde 
gefährdet  werden,  wenn  eine  derartige  Specialität  als  Ersatz  für  den  unerläfslichen 
Umfang  der  Belesenheit  sollte  betrachtet  werden. 

Zu  §  13,  3.  Der  im  §  23  des  Reglements  von  1866  gewählte  Ausdruck, 
dafs  für  den  philologischen  Unterricht  in  den  obersten  Klassen  eine  „wissen- 
schaftlich bekundete*'  Kenntnis  der  lateinischen  und  griechischen  Grammatik  zu 
erfordern  sei,  ist  absichtlich  vermieden  worden.  Nach  der  gegenwärtig  über- 
wiegenden Richtung  der  Sprachforschung  kann  derselbe  die  Auffassung  erfahren, 
dafs  darunter  die  historische  Begründung  der  griechischen  und  der  lateinischen 
Formenlehre,  vielleicht  selbst  Anfänge  zu  einer  historischen  Begründung  der 
Syntax  zu  verstehen  seien  und  in  Folge  hiervon  ein  umfassendes  sprachvergleichendes 
Studium  von  den  Lehramtscandidaten  erfordert  werde.  Eine  solche  Forderung 
allgemein  zu  stellen,  giebt  das  thatsächliche  Bedürfnis  des  Gymnasialunterrichtes 
kein  Recht;  auch  ist  die  Besorgnis  begründet,  dafs  durch  eine  so  umfassende 
Forderung  und  durch  die  darin  liegende  Begünstigunfir  der  Betrachtung  des 
Zusammenhanges  der  Sprachen  die  nir  den  Gymnasialunterricht  entscheidend 
wichtige  Vertiefung  in  die  beiden  classischen  Sprachen  selbst  und  in  ihre  Litteratur 
eine  bedenkliche  Beeinträchtigung  erfahre.  Dagegen  ist  von  dem  philologrischen 
Lehrer  auf  der  obersten  Stufe  jedenfalls  zu  venangen,  dafs  die  Ghrtusimatik  jeder 
einzelnen  der  alten  Sprachen,  der  griechischen  und  der  lateinischen,  sowohl  in 
ihrer  Formenlehre  als  namentlich  in  ihrer  Syntax  ihm  nicht  eine  blofse  zusammen- 
hangslose Sammlung  von  Regeln  bleibe,  sondern  dafs  das  Einzelne  in  bestimmte 


65 

^imppen  verbanden  und  unterschieden  in  einen  durchsichtigen  Zusammenhang' 
gebracht  sei.  Diese  für  den  Erfolg  des  grammatischen  Schulunterrichtes  ent- 
scheidende und  das  Mafs  der  allgemeinen  Möglichkeit  nicht  überschreitende 
Forderung  ist  daher  durch  die  Prüfungs-Ordnung  bezeichnet  worden. 

Zu  §§  14,  15.  Französische  und  englische  Sprache.  Zu  §  14, 
3.  15,  3.  In  dem  bisherigen  Reglement  (§  25,  Absatz  2)  ist  „Kenntnis  der  Haupt- 
ergebnisse der  romanischen  Sprachforschung  und  der  geschichtlichen  Entwickelung 
beider  Sprachen**  nur  als  „wünschenswerth**  bezeichnet  Diese  Bestimmung  kann 
der  in  dem  wissenschaftlichen  Studium  dieser  beiden  Sprachen  gegenwärtig  ein- 
gehaltenen Richtung,  welche  auch  in  der  Vertretung  an  den  Universitäten  ihren 
gebührenden  Ausdruck  gefunden  hat,  nicht  mehr  als  entsprechend  angesehen 
werden;  daher  ist  für  die  vollständige  Lehrbefähijjung  die  fragliche  Kenntnis  aus- 
drücklich erfordert  worden.    Hierbei  ist  jedoch  Folgendes  zu  beachten : 

Erstens.  Die  entscheidende  Bedeutung  für  das  Erwerben  der  vollständigen 
Lehrbefähigung  ist  der  gründlichen  Kenntnis  der  gegenwärtigen  Sprache,  üurer 
sicheren  Beherrschung  für  den  schriftlichen  und  mündlichen  Gebrauch  und  einem 
gewissen  Umfange  der  Belesenheit  in  ihrer  Litteratur  beizumessen.  Durch  die 
strenge  Einhaltung  dieser  Forderung  ist  der  Erfolg  des  neusprachlichen  Unterrichtes 
bedingt,  aber  auch  im  Wesentlichen  gesichert;  dagegen  würde  der  Erfolg  des 
Unterrichtes  auf  das  schwerste  geschädigt  werden,  wenn  der  Nachweis  von 
Kenntnissen  über  die  historische  Entwickelung  der  Sprache  irgend  wie  als  Ersatz 
von  Mängeln  in  der  Beherrschung  der  gegenwärtigen  Sprache  gelten  dürfte. 

Zweitens.  Für  den  in  der  Prüfung  zu  erfordernden  Nachweis  historischer 
Sprachkenntnis  ist  ein  bestimmtes  Mafs  bezeichnet.  Der  wissensch.  Forschung  und 
ihrer  Mitteilung  durch  den  UniversilÄts- Unterricht  hierdurch  eine  Grenze  setzen 
zu  wollen,  liegt  auTserhalb  der  Aufgabe  einer  Prüfungs  -  Ordnung ;  wohl  aber  hat 
diese  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  nicht  etwa  durch  eine  weitere  Ausdehnung 
der  Prüfungsforderungen  in  Betreff  der  historischen  Sprachkenntnisse  das  Interesse 
für  die  gegenwärtige  Sprache  gelähmt  und  in  Folge  davon  der  in  dieser  Hinsicht 
unbedingt  zu  stellende  Anspruch  thatsächlich  unerfüllbar  werde. 

Zu  §  21.  Mathematik.  Zu  §21,  1.  Durch  das  Reglement  von  1866 
(§  29,  Absatz  1)  ist  mit  Recht  darauf  Bedacht  genommen,  dafs  behufs  Erwerbung 
der  untersten  Stufe  der  mathematischen  Lehrbefähigung  jedenfalls  die  Befähigung 
zu  zweckmäfsiger  Erteilung  des  Rechenunterrichtes  erwiesen  werde.  Da  die  zu 
diesem  Zwecke  ffewählte  Formulirung  „Kenntnis  der  Methoden  des  Rechen- 
unterrichtes" in  den  Rahmen  der  Prüfungs  -  Ordnung  kaum  pafst  und  nicht  frei 
von  der  Gefahr  der  Mifsdeutung  ist,  so  ist  statt  dessen  die  bestimmtere  Forderung 
ausgesprochen  worden,  dafs  der  Oandidat  die  für  zweckmäfsige  Erteilung  des 
Rechenunterrichtes  erforderliche  Bekanntschaft  mit  den  Eigenschaften  des  dekadächen 
-Zahlensystems  nachzuweisen  hat. 

Zu  §  21,  3.  Durch  das  bisherige  Reglement  ist  für  die  Lehrbeföhigung  in 
den  obersten  Klassen  erfordert,  dafs  der  Oandidat  sich  als  „ausgebildeten  Mathe- 
matiker" zeige  und  in  den  Gebieten  der  höheren  Geometrie,  der  höheren  Analysis 
und  der  analytischen  Mechanik  „eigene  Untersuchungen  mit  Erfolff  anstellen 
könne."  In  der  thatsächlichen  Ausführung  dieser  Forderung  wird  jedenfalls  der 
Umstand  nicht  unerwogen  gelassen  sein,  dafs  die  zu  prüfenden  Oandidaten  eben 
erst  am  Schlüsse  ihrer  Universitätsjahre  stehen ;  es  schien  jedoch  angemessen,  dieser 
Erwägung  schon  durch  den  Wortlaut  der  Priüungs-Ordnung  Rechnung  zu  tragen. 
Es  liegt  in  dem  Wesen  der  Mathematik,  dafs  von  dem  Lehrer  in  den  obersten 
Klassen  klare  Einsicht  und  sichere  Bewegung  auf  Gebieten  erfordert  werden  mufs, 
welche  für  den  Unterricht  weniger  unmittelbare  Verwendung  finden,  als  dies  im 
Wesentlichen  von  denjenigen  Kenntnissen  gilt,  welche  auf  den  sprachlichen  und 
historischen  Gebieten  von  den  Gandidaten  erfordert  werden.  Die  Ansprüche  in 
dieser  Hinsicht  sind  in  der  Höhe  zu  stellen,  dafs  dadurch  dem  mathematischen 
und  dem  mathematisch-physikalischen  Unterrichte  auf  der  obersten  Stufe  lichtvolle 
und  selbst  zu  weiterem  Studium  anregende  Behandlung  gesichert  werde,  und  dafs 
der  Oandidat  die  Befähigung  gewonnen  habe,  auf  seinem  Gebiete  mit  Freudigkeit 
und  mit  Erfolg  weiter  zu  arbeiten.  Aus  diesen  Gesichtspunkten  wird  die  jetzt 
gewählte  Formulirung  ihre  Erklärung  finden,  sowohl  in  Betreff  dessen,  was  aus- 
drücklich erwähnt,  als  dessen,  was  unerwähnt  gelassen  ist.  So  kann  die  für  die 
oberste   Stufe   der  physikalischen   Lehrbefähigung  erforderte  Kenntnis   von   den 


66 

f  randlegenden  mathematischen  Untersuchungen  zu  der  Anwendung  elliptischer 
unctionen  führen;  aber  es  hat  vermieden  werden  sollen,  durch  Erwähnung 
derselben  an  dieser  Stelle  zu  dem  Ansprüche  auf  Bekanntschaft  mit  diesen  Unter* 
suchungen  in  ihrem  ganzen  Umfange  einen  Anlafs  zu  geben.  Dagegen  bietet  die 
erforderte  Bekanntschaft  mit  den  Grundgesetzen  der  analytischen  Mechanik  ein 
vorzügliches  liittel,  die  Vertrautheit  des  Candidaten  mit  der  Differential-  und 
Inte^alrechnung  zu  ermitteln,  und  ist  zugleich  von  hoher  Bedeutung  für  die- 
Einsicht  in  die  Grundgesetze  der  Physik. 

Der  erwähnte  Lmstand,  dafs  das  Verhältnis  des  in  der  Prüfung  geforderten 
Wissens  zu  seiner  unmittelbaren  Verwendung  im  Unterrichte  auf  dem  mathe- 
matischen Gebiete  ein  merklich  anderes  ist,  als  für  die  meisten  anderen  Lehr- 
gegenstände, giebt  besonderen  Anlafs  an  die  AUgemeingiltigkeit  der  in  §27,  1 '  der 
Prüfungs  -  Ordnung  enthaltenen  Bestimmung  zu  erinnern,  dafs  behufs  Erwerbung 
der  Lehrbefähigunff  auch  für  die  obersten  Klassen  von  der  Ermittelung  der  für 
die  niederen  Stu^n  erforderlichen  Kenntnisse  keinesfalls  Abstand  genommen 
werden  darf.  Durch  die  strenge  Einhaltung  dieses  Verfahrens  werden  übrigens 
die  Candidaten  darauf  hingewiesen,  dafs  für  die  vom  Lehrer  zu  erfordernde 
Kenntnis  der  elementaren  Ilathematik  die  aus  dem  Schulunterrichte  bewahrte 
Erinnerung  und  feste  Grundlage  nicht  ausreicht,  dafs  sie  es  vielmehr  als  einen 
wesentlichen  leil  ihrer  mathematischen  Bildung  betrachten  müssen,  die  elementaren 
Grundbegriffe  und  den  Znsammenhang  des  gesamten  Lehrstoffes  der  elementaren 
Mathematik  sich  durch  erneutes  Nachdenken  zu  voller  Klarheit  gebracht  zu  haben.*' 


C.Verf.  V.  13.  De 0.1867  (an  die  K.  Wiss.  PrüfdngscommisBionen) :  „Die* 
Bestimmungen  des  Beglm.  für  die  Prüfdngen  der  Can£daten  des  höh.  Schul- 
amts  V.  12.  Dec.  1866  machen  eine  nene  Anordnung  für  die  Jahresberichte  der 
K.  Wiss.  Prüfangscommissionen  nöthig.    Unter  Aufhebung: 

1.  Der  Verfügung,  durch  welche  im  Jahre  1821  ein  detaillirter  Nachweis 
der  Ergebnisse  in  jedem  einzelnen  Prüfungsgegenstande  bei  jedem  Gand.  an- 
geordnet und  2.  der  Verf.,  durch  welche  im  Jahre  1855  die  Hinzufügung^ 
einer  statist.  Uebersicht  der  abgehaltenen  Prüfungen  vorgeschrieben  ist, 

bestimme  ich  daher,  dafs,  von  diesem  Jahre  an,  der  von  dem  Dir.  an  mich 
zu  erstattende  Jahresbericht  über  die  Thätigkeit  der  Comm.  sich  auf  die  Aus- 
follung  der  anliegenden  Uebersichtstabelle  beschränkt.  Dieselbe  entspricht  in 
Bezug  auf  Art  und  Grad  des  Prüfungsergebnisses  den  Unterscheidungen,  welche^ 
§  21  des  Beglm.  darüber  festgesetzt. 

I  Wenn  auf  solche  Weise  die  Berichterstattung  wesentlich  vereinfacht  worden 

st,  80  hat  doch  ein  Eingehen  auf  die  geistigen  Eigentümlichkeiten  der  geprüften 
Kandidaten  dabei  nicht  ganz  ausgescMossen  werden  sollen.  Die  letzte  Bubrik 
"AUgm.  Bemerkungen"  ist  besonders  dazu  bestimmt,  ein  Urteil  über  den  ge- 
samten Eindruck  aufzunehmen,  welchen  die  Persönlichkeit  des  Candidaten  und 
^ie  Erweisung  seines  geistigen  Vermögens  gegenüber  den  Aufgaben  des  Lehrer- 
Berufs  bei  der  Prüfung  gemacht  hat.  Es  ist  um  so  mehr  zu  wünschen,  dafs 
^ieser  Eindruck  gleich  nach  beendigter  Prüfung  von  der  Comm.  möglichst  fixirt 
werde,  als  die  Probelectionen,  welche  der  Comm.  früher  Gelegenheit  gaben,  den 
Cand.  auch  nach  Seiten  seiner  Lehrgabe  einigermafsen  kennen  zu  lernen  und 
zu- beurteilen,  jetzt  in  der  Begel  wegfallen. 

Zieht  es  die  Comm.  vor,  diese  Bemerkungen,  statt  sie  mittels  kurzer 
Prädicate  in  die  letzte  Bubrik  der  Tabelle  einzutragen,  abgesondert  davon  aus- 
führlicher zusammenzustellen,  so  ist  ihr  dies  unbenommen." 

C.  Verf.  V.  24.  Dec.  1866:  „Das  K.  Prov.Sch.C.  empfängt  hiermit  eine 
Abschrift  der  an  die  K.  Wiss.  Prüfungscommissionen  unter  dem  heutigen  Datum 
zu  dem  neuen  Beglm.  für  die  Prüfungen  der  Candd.  des  höh.  Schulamts  erlassenen 
Verfügung  nebst  .  .  Exemplaren  des  Beglements  zur  Kenntnisnahme. 

In  Betreff  der  Abhaltung  des  CoUoquii  pro  rectoratu  wird  demnächst 
besondere  Verfügung  ergehen  (s.  S.  73).   Ebenso  werden  die  für  das  Probejahr  jetzt 


67 

geltenden  Bestimmungen  dem  E.  ProT.Scb.G.  in  einer  nenen  Znsammenstellnng 
mitgeteilt  werden  (s.  S.  60). 

DaTs  geprüfte  Candd.  der  Theologie,  ohne  das  Examen  pro  fac.  doc. 
gemacht  zu  haben,  auch  ferner  geeigneten  Falls  anf  einige  Zeit  als  Lehrer  der 
unteren  nnd  mittl.  El.  angenommen  werden,  wird  durch  das  neue  Beglm.  nicht 
verhindert  Ebenso  können  nach  wie  vor  in  den  unteren  El.  der  höh.  Schulen 
auch  tüchtige  Elementarlehrer  beschäftigt,  eventl.  in  einzelnen  Fällen  mit 
meiner  Genehmigung  (vgl.  C.  Verf.  v.  2.  Jan.  1863)  [s.  Abschn.  III]  angestellt 
werden. 

Die  Bewerbung  um  Anstellung  für  die  unteren  El.  höherer  Schulen  wird 
künftig  auch  auf  das  Zeugnis  einer  wohlbestandenen  Prüfung  pro  schola  zuge- 
lassen und  dabei  auf  den  Nachweis  der  Befähigung  für  die  besonderen  pädagog. 
und  didakt.  Anforderungen  dieser  Elassen  vorzugsweise  Bücksicht  genommen 
werden.  [An  die  Stelle  der  Prüfung  pro  schola  et  rectoratu  ist  durch  die 
Allgm.  Bestimmungen  v.  15.  Oct  1872  die  Prüfung  der  Lehrer  an 
Mittelschulen  getreten.  Das  Prüfungsreglm.  s.  CBl.  1872  S.  640  fg.  Vgl. 
Abt  I  S.  13  Anm.] 

Schliefslich  nehme  ich  Veranlassung,  hinsichtlich  der  Gymnasialschüler, 
welche  den  Lehrerberuf  erwählen,  aus  der  C. Verordo.  v.  4.  Febr.  1838 
dasjenige,  was  auch  unter  den  heutigen  Verhältnissen  der  höh.  Lehranstalten 
seine  unveränderte  Wahrheit  und  Wichtigkeit  hat,  hiermit  wie  folgt  in  Erinnerung 
zu  bringen  und  der  Nachachtung  zu  empfehlen: 

„Die  Dir.  der  Gymnasien,  welche  den  ganzen  Entwickelungsgang  der  ihrer 
Leitung  anvertrauten  Jugend  zu  übersehen  vermögen,  scheinen  dem  Minist,  vor- 
züglich geeignet,  um  die  Schüler  in  den  oberen  El.,  welche  sich  späterhin  dem 
höh.  Schulamt  zu  widmen  gedenken,  näher  zu  beobachten,  und  diejenigen  unter 
ihnen,  deren  ganze  Persönlichkeit  sich  wegen  Mangels  an  den  erforderl.  Anlagen 
des  Geistes  und  Gemüths,  sowie  an  dem  eben  so  nöthigen  beharrl.  und  frucht- 
bringenden Fleifse  zum  Lehrstando  untauglich  erscheint,  auf  jede  schickliche 
Weise  mit  der  ganzen  Macht  ihres  Einflusses  von  der  Wahl  eines  Standes  ab- 
znrathen,  in  welchem  für  Eeinen,  der  ihn  ohne  wahrhaften  inneren  Beruf 
ergreift,  Gedeihen  und  Befriedigung  zu  hoffen  ist.  Diejenigen  Schüler  der 
oberen  El.  aber,  welche  sich  für  das  höhere  Lehrfach  bestimmen  und  nach 
ihrer  ganzen  Persönlichkeit  gegründete  Hoffnung  erwecken,  dafs  sie  dereinst  in 
demselben  etwas  Tüchtiges  oder  gar  Ausgezeichnetes  leisten  werden,  sind  von 
den  Dir.  der  Gymn.  frühzeitig  nicht  nur  auf  die  Bedeutung,  den  Umfang  und 
die  Schwierigkeiten  der  Aufgabe,  die  sie  sich  gestellt  und  mit  der  Zeit  zu  lösei» 
haben,  bei  jeder  passenden  Gelegenheit  im  Allgm.  aufmerksam  zu  machen,  sondern 
auch  insbesondere  nach  Anleitung  des  Prüfungsreglm.  in  nähere  Eenntnis  aller 
der  Anforderungen  zu  setzen,  welche  späterhin  die  Prüfung  pro  fac.  doc.  an  sie 
machen  wird.  Da  femer  nach  den  bisher.  Erfahrungen  diejenigen,  welche  sich 
dem  höh.  Lehrfache  widmen,  selten  auf  der  Universität  ihre  vorbereitenden 
Studien  planmäfsig  einrichten  und  deshalb  in  vielen  Fällen  das  ihnen  vor- 
gesteckte Ziel  verfehlen,  so  wünscht  das  Minist,  recht  dringend,  dafs  die  Dir. 
oder  auch  geeignete  Lehrer  der  Gymn.  ihnen  im  letzten  Semester  vor  ihrem 
Abgange  eine  gehörige  Anleitung  geben,  bei  welcher  eben  sowohl  auf  die 
Forderungen  des  Beglm.  und  auf  die  wesentl.  Bedürfnisse  der  gelehrten  Schulen, 
als  auf  die  Hauptrichtung,  welche  der  Einzelne  vermöge  seiner  eigentümlichen 
Anlagen  und  Fähigkeiten  in  seinen  Universitätsstudien  zu  verfolgen  willens  ist, 
die  nöthige  Bücksicht  zu  nehmen  ist. 

Das  Minist  hegt  zu  den  Dir.  und  Lehrern  der  Gymn.  das  wohlbegründete 
Vertrauen,  dafs  sie  auf  eine  desfallsige  angemessene  Aufforderung  des  E.  Prov. 
Sch.C.  sich  zum  Heile  der  Schulen  den  im  Obigen  angedeuteten  Sorgen  und 
aufserordentl.  Bemühungen  bereitwillig  unterziehen  und  mit  ihrer  gereiften  Ein- 


S8 

«icht  und  ihren  väterlichen  Bathschlägen  gern  denen  anch  noch  auf  ihrem 
weiteren  Entwickelongsgange  förderlich  sein  werden,  welche  schon  anf  der  Schule 
die  ermnthigende  Ueherzengnng  gewonnen  hahen,  dafs  der  Unterricht  nnd  die 
Erziehung  der  Jagend  der  Beruf  ihres  Lehens  isf  — 

Min.  Verf.  V.  19.  Oct.  1878.  Auszug,  »^erUmstand,  dafs  die  Religio ns - 
lehre  derjenigen  christl.  Confession,  welcher  ein  Candidat  angehört,  in  einer 
Wiss.  Prüfungscommission  nicht  vertreten  ist,  giebt  unter  der  Voraussetzung, 
dafs  die  Bedingungen  für  die  Zulassung  erfüllt  sind,  keinen  Anlafs  denselben 
zurückzuweisen,  sofern  nicht  etwa  der  Beligionsunterricht  den  Hauptgegenstand 
bildet,  für  welchen  der  Candidat  die  Lehrbefähigung  zu  erwerben  wünscht; 
vielmehr  ist  in  derartigen  Fällen  nur  in  dem  Prü^gszeugnisse  zu  bemerken, 
dafs  der  Candidat  den  Nachweis  über  die  zur  allgemeinen  Bildung  erforderten 
Kenntnisse  der  Beligionslehre  seiner  Confession  vor  der  betr.  Commission  zu 
erbringen  nicht  Gelegenheit  gehabt  hat  und  ihm  überlassen  bleibt,  durch  eine 
Nachprüfung  vor  irgend  einer  dazu  geeigneten  Commission  diesen  Mangel  zu 
ersetzen."    Der  Minister  etc.  Falk. 

C.  Verf.  V.  14.  Oct.  1868  (an  die  Wiss.  Prüfungscommissionen).  „Mit 
Bezug  auf  die  C.  Verf.  v.  28.  Aug.  d.  J.  (s.  Abschn.  III),  nach  welcher  nicht- 
preufs.  Angehörige  des  Norddeutschen  Bundes  unter  denselben  Voraussetzungen 
wie  Einheimische  zu  den  öff.  Aemtem  in  Preufsen  zugelassen  werden,  will  ich 
die  in  das  Reglement  für  die  Prüfungen  fär  Candidaten  des  höh.  Schulamts 
vom  12.  Dec.  1866  (§  6;  s.  die  2.  Ausg.J  übergegangene  Bestimmung,  nach  welcher 
die  Zulassung  nichtpreufsischer  Candidaten  zur  Prüfung  meiner  Genehmi- 
gung bedarf,  hiermit  entsprechend  abändern.  Demgemäfs  sind  hinfort  die  aus  einem 
andern  Staat  des  Norddeutschen  Bundes  gebürtigen  Candidaten  des  höh.  Schul- 
amts, wenn  sie  im  Uebrigen  den  Bedingungen  genügen,  auch  hinsichtlich  der 
Prüfung  wie  preufsische  zu  behandeln.  In  die  Prüfungszeugnisse  solcher  Can- 
didaten wird  die  in  §  34  des  Reglements  am  Schlufs  vorgeschriebene  Bemerkung 
nicht  aufgenommen.'*  Der  Minister  etc.  von  Müh  1er. 

C.Verf.  V.  28.  April  1875:  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  habe  ich  unter  dem 
11.  Juni  V.  J.  von  der  Vereinbarung  Kenntnis  gegeben,  welche  behufs  gegen- 
seitiger Anerkennung  der  Gymnasiaizeugnisse  zwischen  den  deutschen  Staats- 
regierungen geschlossen  worden  ist.  Li  den  vorbereitenden  Verhandlungen 
darüber  ist  eine  entsprechende  Einigung  in  Betreff  der  Zeugnisse  über  die 
Prüfung  für  das  Lehramt  an  höh.  Schulen  for  jetzt  noch  nicht  erreicht 
•worden.  Es  finden  zur  Zeit  wesentl.  Verschiedenheiten  in  dem  Prüfungsverfahren 
statt,  welche  eine  unbedingte  Gleichstellung  der  Zeugnisse  nicht  zulassen.  Da- 
durch wird  jedoch  nicht  verhindert,  dafs  nach  wie  vor  die  in  einem  Staate 
geprüften  und  tüchtig  befundenen  Lehrer  und  Candidaten  auch  in  einem  anderen 
Anstellung  finden,  wobei  jedem  einzelnen  Staat  überlassen  bleibt,  welchen  Vor- 
behalt er  in  solchen  Fällen  anzuwenden  für  nöthig  erachtet  Da  indefs  von 
den  Wiss.  Prüfungscomm.  zu  Leipzig,  Rostock  und  Strafsburg  ein  mit 
dem  preufsischen  im  Wesentl.  übereinstimmendes  Verfahren  beobachtet  wird,  so 
habe  ich  der  K.  Sachs.  Regierung  in  Dresden,  der  Grofsherzogl.  Mecklenb.  in 
Schwerin  und  dem  OPräsidium  in  Strafsburg  mitgeteilt,  dafs  die  von  den  ge- 
nannten resp.  Commissionen  ausgestellten  Qualificationszeugnisse  bis  auf  Weiteres 
den  preufsischen  werden  gleichgestellt  werden. 

Hinsichtlich  des  Probejahrs  habe  ich  mich  gegen  die  deutschen  Staats- 
regierungen  dahin  ausgesprochen,  dafs  dasselbe  meines  Dafürhaltens  unbedenk- 
lich auch  in  anderen  Staaten  als  demjenigen,  in  welchem  der  Candidat  die 
Prüfung  für  das  Lehramt  bestanden  hat,  abgehalten  werden  kann,  und  dafs 
den  darüber  von  den  betr.  Schulaufsichtsbehörden  ausgesteUten  Zeugnissen 
allgemeine  Giltigkeit  zuerkannt  wird.    Es  mufs  aber  aus  den  Zeugnissen  jeden- 


69 

* 

falls  eisichüicli  sein,  ob  and  in  welchem  Grade  der  Candidat  sich  sowohl  in 
didakt.  Beziehung  wie  in  Handhabung  der  Disciplin  für  das  Lehramt  an  höh. 
Schulen  geeignet  erwiesen  hat. 

Indem  ich  das  K.  Proy.Sch.C.  hiervon  benachrichtige,  veranlasse  ich  Das- 
selbe, sich  vorkommenden  F^s  bei  Präsentation  von  Prüfnngs-  und  Probejahrs- 
Zengnissen  danach  zu  richten." 

Min.  Verf.  v.  30.  Nov.  1876.  „Der  von  Ew.  Hochw.  dem  Adjuncten  N. 
am  Pftdagoginm  in  N.  anter  dem  11.  d.  M.  erteilte  and  durch  Bericht  von 
demselben  Datam  mir  mitgeteilte  Bescheid,  die  Uebersetzung  eines  Leipziger 
Lehramtsprüfungszeugnisses  in  die  Ausdrucksform  eines  preufsischen  betreffend, 
giebt  mir,  indem  ich  denselben  in  den  wesentlichsten  Punkten  billige,  zu  fol- 
genden Bemerkungen  Anlafs. 

Li  Anbetracht,  dafs  von  den  Wissensch.  Prüfungs-Commissionen  zu  Leipzig, 
Bestock  und  Strafsburg  ein  mit  dem  preufsischen  im  Wesentlichen  überein- 
stimmendes Verfahren  beobachtet  wird,  sind,  wie  durch  meine  C.Verf.  v.  28.  April 
1875  bekannt  gemacht  worden  ist,  die  von  den  genannten  Oommissionen  aus- 
gestellten Qualllcationszeugnisse  bis  iCnf  Weiteres  den  preufsischen  gleichgestellt 
worden.  Darin  liegt  in  Anwendung  auf  den  vorliegenden  Fall,  dafs  die  dem 
N.  durch  das  Leipziger  Zeugnis  zuerkannte  QuaUfication  im  Lateinischen, 
Griechischen,  Deutschen  für  alle  Klassen,  in  der  Geschichte  für  die  unteren 
und  mittleren  Klassen  von  den  preufsischen  Behörden  in  gleicher  Weise  aner- 
kannt wird,  als  wenn  dieselbe  von  einer  preufsischen  Gommission  ausgesprochen 
wäre.  Der  Unterschied,  dafs  die  preufsischen  Prüfungszeugnisse  Grade  unter- 
scheiden, die  Leipziger  nach  einem  etwas  anderen  Gesichtspunkte  allgemeine 
Zeugnisnummem  geben,  ist  nicht  als  wesentlich  betrachtet  worden  und  von  der 
Vereinbarung  über  die  Gleichstellung  nicht  berührt.  Indem  ein  Candidat  sich 
der  Prüfung  vor  der  Leipziger  Gommission  unterzieht,  verzichtet  er  auf  die 
eigentümliche  Ausdrucksform  der  preufsischen  Zeugnisse  in  Betreff  der  Grade, 
und  ebenso  umgekehrt  durch  Ablegung  der  Prüfung  vor  einer  preufsischen 
Gommission  auf  die  Nummembezeichnung  der  Leipziger  Zeugnisse,  und  es  ist 
nicht  zulässig,  dafs  durch  irgend  welches  nachträgliches  Verfahren  die  eine 
Ausdrucksform  in  die  andere  umgesetzt  werde.  Dem  Inhaber  des  Zeugnisses 
kann  daraus  keinerlei  Nachteil  erwachsen,  da  in  allen  Fällen,  in  welchen  das 
Prüfungszeugnis  einwirkt,  nicht  in  der  Unterscheidung  der  Grade,  sondern  in 
der  Höhe  und  dem  Umfang  der  zuerkannten  Qualification  für  die  einzelnen 
Lehrfächer  die  entscheidende  Bedeutung  liegt.  Es  ist  dem  N.  unbenommen, 
in  Gegenständen,  in  welchen  er  die  Lehrbefähigung  noch  nicht  oder  nicht  für 
aUe  Klassen  besitzt,  dieselbe  durch  eine  Nachtragsprüfung  zu  erwerben  oder 
zu  vervollständigen,  ohne  dafs  übrigens  daraus  sich  die  Zuerkennung  eines 
Grades  des  Zeugnisses  ergäbe.  In  denjenigen  Fächern,  in  welchen  N.  die 
Lehrbefähigung  für  alle  Klassen  erworben  hat,  kann  eine  preufsische  Prüfungs- 
Gommission  denselben  nicht  mehr  einer  Prüfung  unterziehen,  da  dieselbe  die 
zuerkannte  und  zu  Becht  bestehende  Lehrbefähigung  nicht  als  eine  erst  durch 
ihre  Prüfung  zu  entscheidende  Frage  betrachten  kann.  Hiemach  wird  der  letzte 
Satz  des  Bescheides  vom  11.  d.  M.,  in  welchem  dem  N.  anheimgestellt  wird, 
sich  vor  einer  preufsischen  Gommission  einer  neuen  vollständigen  Prüfung  zu 
unterziehen,  der  Berichtigung  bedürfen.*'    Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.  Verf.  v.  27.  Oct.  1886.  „Auf  die  Eingabe  vom  11.  Oct.  d,  J. 
erwidere  ich  Ihnen,  dafs  die  Frage  der  Giltigkeit  des  Ihnen  von  der  Grofsherz. 
Sächsischen  Gommission  für  Prüfung  der  Candidaten  des  höh.  Schulamts  in 
Jena  unterm  21.  Juli  d.  J.  erteilten  Prüfungszeugnisses  für  Preuisen  erst  dann 
in  Erwägung  genommen  werden  kann,  wenn  Ihre  Anstellung  an  einer  dies- 
seitigen höh.  Lehranstalt  seitens  der  zuständigen  Behörden  beantragt  ist.    Für 


60 

• 

die  Ableistimg  des  Probejahres  kommt  dagegen  Dach  der  Circnlarverfagnng 
vom  28.  April  1875  die  Anerkennung  des  Prüfiingszengnisses  nicht  in  Betracht, 
nnd  bleibt  Ihnen  daher  überlassen,  Sich  bei  einem  E.  Prov.Sch.C.  nm  Zulassung 
zum  Probejahre  zu  bewerben.  Was  des  Weiteren  den  Antrag  betrifft,  znr 
Prüfung  vor  einer  Preufsischen  Wiss.  Prüfnngscommission  behufs  Erweiterung 
der  in  Jena  erworbenen  Lehrbefähigung  zugelassen  zu  werden,  so  vermag  ich 
Ihnen  die  Gewährung  desselben  nicht  in  Aussicht  zu  stellen;  es  wird  vielleicht, 
entsprechend  der  Bestimmung  in  §  37  des  Prüfungsreglem.  v.  12.  Dec.  1866 
(Wiese,  Verordn.  11'  S.  78)  als  Grundsatz  eingehalten,  dafs.eine  Nachprüfung- 
zur  Erwerbung  erweiterter  oder  neuer  Lehrbefähigung  vor  derselben  Commission 
abzulegen  ist,  vor  welcher  die  ursprüngliche  Prüinng  stattgefunden  hai"*  Der 
Minister  etc.  Im  Auftr.  Greiff. 

Prüfung  von  Elementarlehrem  in  fremden  Sprachen. 

Aus  einer  Min.  Verf.  V.  2.  Mai  1871:  —  „Die  in  §25  des  Prüfungsreglm. 
V.  12.Dec.  1866  [s.  die  2.  Ausg.]  enthaltene  Bestimmung  über  Fachlehrer  in  den 
neueren  Sprachen  findet  in  .der  Begdl  nur  auf  solche  Schulamtscandd.  An- 
wendung, die,  ohne  eine  höh.  Lehranstalt  besucht  oder  ohne  üniversitä^tsstudien 
getrieben  zu  haben,  sich  durch  längeren  Aufenthalt  in  England  oder  Frankreich 
eine  genaue  Kenntnis  der  betr.  Sprache  erworben  haben.  Ist  dies  nicht  der 
Fall,  so'  können  Elementarlehrer  nur  dann  ausnahmsweise  zu  dem 
Examen  zugelassen  werden,  wenn  anzunehmen  ist,  dafs  sie  mit  einer  für  alle 
Klassen  einer  Bealschule  ausreichenden  Kenntnis  beider  neueren  Sprachen  eine 
vollkommen  genügende  allgemeine  Bildung  einschliefsl.  des  Lateinischen  ver- 
binden, und  wenigstens  in  den  unteren  und  mittleren  Kl.  von  Beal-  oder  höh. 
Bürgerschulen  auch  anderweitig  als  Lehrer  zu  verwenden  sind.** 

Min.  Verf.'v.  24.  Juli  1876.  Auszug.  „Die  Häufigkeit,  mit  welcher  seit 
Jahresfrist  von  solchen  jungen  Männern,  welche  keine  ausreichende  Schulbildung 
nachweisen  können,  das  Gesuch  gestellt  wird,  zur  Lehramtsprüfung  zugelassen 
zu  werden  behufs  Erlangung  der  Lehrbefähigung  in  neueren  Sprachen  (seltener 
in  Naturwissenschaften)  an  Bealschulen  macht  die  gröfste  Strenge  in  Prüfung  der 
Gesuche  zur  Pflicht  Je  bedeutender  die  Stellung  is^  welche  die  neueren  Sprachen 
und  die  Naturwissenschaften  für  die  auf  Bealschiüen  zu  erlangende  höhere  Gesamt- 
bildung einnehmen,  desto  mehr  mufs  ich  darauf  bedacht  sein,  dafs  die  Lehrer 
dieser  Fächer  durch  die  sichere  Grundlage  allgemeiner  Bildung  befähigt  seien, 
ihren  Unterricht  in  den  richtigen  Zusammenhang  zu  der  allgemeinen  Aufgabe 
der  Schule  zu  setzen;  selbst  die  zeitweise  Schwierigkeit,  geeignete  Lehrer  für 
die  fraglichen  Schulen  zu  finden,  ist  ein  geringeres  Uebel,  als  wenn  durch 
nachsichtige  Zulassung  zur  Lehramtsprüfung  auf  ein  Lebensalter  hinaus  die 
Bildungshöhe  der  dadurch  betroffenen  Schulen  gefährdet  wird."  Der  Minister  etc. 
In  Vertr.:  Sydow. 

Das  Probejahr. 

C.  Verf.  V.  30.  März  1867:  „Das  unter  dem  12.  Dec.  v.  J.  erlassene 
Beglm.  für  die  Prüfung  der  Gandidaten  des  höh.  Schulamts  ^)  macht  eine 
Zusammenstellung  der  jetzt  für  das  Probejahr  giltigen  Bestimmungen  noth- 
wendig.     Es  sind  folgende: 

1.  Alle  pro  facultate  docendi  geprüfte  Schulamtscandidaten  müssen, 
bevor  sie  sich  zu  einer  Anstellung  im  gelehrten  Schulfach  melden  dürfen, 
mindestens  ein  Jahr  lang  bei  einem  Gjmn.  oder  einer  Bealschule  in  praktischer 
Unterrichtsübung  gestanden  haben.    Das  Probejahr  soll  dem  Cand.  Gelegenheit 


*)   An   die   Stelle   desselben   ist   die   Ordnung    der   Prüfung  u.  s.  w.   vom 
5.  Febr.  1887  (s.  S.  33)  getreten. 


61 

geben,  seinen  künftigen  Beruf  in  seinem  ganzen  Umfange  kennen  zu  lernen 
nnd  seine  Kräfte  für  denselben  zu  üben,  der  Anfsichtsbehörde  aber  ein  Urteil 
über  seine  prakt.  Befähigung  ermöglichen. 

Die  K.  ProY.  SchulcoUegien  erhalten  alljährl.  von  der  K.  Wiss.  Prüf.- 
Oommission  der  betr.  Provinz  ein  Verzeichnis  der  Candidaten,  welche  bei  der 
letzteren  die  Prüfung  pro  fac.  doc.  bestanden  haben,  mit  Angabe  des  Umfangs 
und  Mafses,  in  welchem  denselben  die  Unterrichtsbefähigung  zuerkannt  worden 
ist.  Die  Schulamtscandidaten  ihrerseits  werden  durch  eine  in  das  Prüfungs- 
zeugnis aufgenommene  Bemerkung  aufgefordert,  sich  unter  Einreichung  desselben 
bei  dem  E.  Schulcoll.  der  Provinz,  in  welcher  sie  beschäftigt  zu  werden  wünschen 
und  ihren  Aufenthalt  zu  nehmen  gedenken,  schriftl.  zu  melden,  besonders  auch 
um  wegen  des  Probejahrs  Auskunft  und  Anweisung  zu  erhalten. 

2.  Das  Probejahr  kann  in  der  Regel  nur  an  einem  Gymn.  oder  einer 
vollständigen  Bealschule,  nicht  an  einem  Progymn.  oder  einer  höh.  Bürgerschule 
abgehalten  werden. 

Die  Wahl  des  Gymn.  oder  der  Realschule  steht  dem  Cand.  zwar  frei,  doch 
bedarf  die  Annahme  eines  Probanden  in  jedem  Falle  der  Genehmigung  des  betr. 
E.  Prov.Sch.C.  Diese  Behörden  sind  nach  der  ihnen  beiwohnenden  näheren 
Eenntnis  der  Verhältnisse  auch  befugt,  einen  Cand.  einer  bestimmten  Anstalt 
zu  überweisen.  Soweit  es  das  Interesse  der  Schulen  zuläfst,  wird  auf  die 
besonders  auch  durch  die  Sorge  für  ihre  Subsistenz  bedingten  Wünsche  der 
Oandd.  Rücksicht  genommen. 

Das  Probejsär  mufs,  wenn  zu  einem  Wechsel  nicht  dringende  Gründe 
vorliegen,  an  einer  und  derselben  Anstalt  absolvirt  werden.  Ist  der  Wechsel 
zugleich  der  Uebergang  in  eine  andere  Provinz,  so  hat  sich  der  Cand.  daselbst 
dem  betr.  E.  Prov.  Schulrath  wiederum  womöglich  persönlich  vorzustellen. 

In  der  Regel  dürfen  die  evangel.  Candidaten  nur  an  einer  evangelischen, 
die  kathoL  nur  an  einer  katholischen  Anstalt  behufs  ihrer  prakt.  Ausbildung 
zugelassen  werden  ^). 

An  keiner  Anstalt  dürfen  zugleich  mehr  als  2  Probanden  beschäftigt 
werden. 

Den  Mitgliedern  der  pädagog.  und  didakt.  Seminarien  werden  gemäfs  der 
für  dieselben  geltenden  besonderen  Bestimmungen,  die  von  ihnen  in  öffentl. 
Schulen  instructionsmäfsig  erteilten  Unterrichtsstunden  als  Probejahr  angerechnet. 

3.  Die  Zahl  der  dem  Candidaten  zu  überweisenden  Stunden  beträgt  6  bis  8 
wöchentlich.  Nur  in  dem  Fall,  dafs  durch  Erkrankung  eines  Lehrers  oder 
durch  andere  Ursachen  das  Bedürfriis  einer  Aushülfe  entsteht,  sollen  die  Probanden 
verpflichtet  sein,  die  Anstalt  nach  Anordnung  des  Dir.  durch  Uebemahme  von 
Vicariatstunden  zu  unterstützen. 

Die  ihnen  als  Probanden  übertragenen  Lectionen  haben  die  Cand.  während 
des  ersten  Jahres  in  der  Regel  unentgeltich  zu  erteilen;  doch  kann  ihnen,  wenn 
die  Mittel  der  Anstalt  es  zulassen,  eine  angemessene  Remuneration  gewährt  werden. 


*)  C.Verf.  v.  4.  Jan.  1864:  »Auf  den  Bericht  v.  3.  v.  M.,  das  Probejahr 
der  Schulamtscand.  betreffend,  erwidere  ich,  dafs  die  Bestimmung  der  C.Verf. 
V.  26.  März  1827,  wonach  evangel.  Candidaten  nur  an  einer  evangel.,  katholische 
nur  an  einer  kathoL  Unterrichtsanstalt  als  Probanden  zugelassen  werden  sollen, 
nach  wie  vor  als  Regel  festzuhalten  ist.  Ausnahmen  von  derselben  sind  in  einzelnen 
Fällen  aus  billiger  Rücksicht  auf  besondere  Umstände  wie  an  evang.  so  auch  an 
kathol.  Anstalten  genehmigt  worden,  und  bei  den  Verhältnissen  der  Hauptstadt 
der  Monarchie,  wo  viele  junge  Männer  sich  zu  wissenschaftL  Zwecken  und  zur 
Benutzung  von  Centralinstituten  aufhalten,  wird  es  auch  künftig  nicht  vermieden 
werden  können,  dafs  kathol.  Schulamtscand.  bei  den  hies.  evangel.  Anstalten  zum 
Probejahr  zugelassen  werden.  Allgemeines  ist  darüber  nicht  festzusetzen;  die 
£ntschliefsung  mufs  vielmehr  für  jeden  einzelnen  Fall  vorbehalten  bleiben." 


62 

Wo  die  Verhältnisse  einer  Anstalt  dazn  nöthigen,  die  noch  nnerprobten 
Candidaten  sofort  in  die  Zahl  der  vollbeschäftigten  Lehrer  einzureihen,  wo  sie 
deshalb  nicht  sowohl  Probanden  als  Hülfslehrer  sind,  werden  sie  für  die  ganze 
ihnen  zugewiesene  Stundenzahl  remunerirt  Eine  Ausnahme  hiervon  wird  nur 
bei  denjenigen  Cand.,  die  als  Mitglieder  eines  Seminars  und  im  Genufs  eines 
Stipendiums  eine  bestimmte  Zahl  wöchentl.  Stunden  unentgeltlich  zu  geben 
verpflichtet  sind,  insofern  gemacht,  als  diesen  nur  der  aufser  den  Pflichtstunden 
übertragene  Unterricht  zu  remuneriren  ist. 

4.  Die  erste  Aufgabe  der  Probanden  besteht  darin,  dafs  sie  sich  bemühen, 
durch  Hospitiren  in  den  Lehrstunden  und  durch  Bücksprache  mit  dem  Dir.,  den 
Klassenordinarien  und  einzelnen  Lehrern  eine  Anschauung  des  ganzen  Organismus 
der  Schule  zu  gewinnen.  Nicht  minder  liegt  ihnen  ob,  sich  mit  der  bei  derselben 
geltenden  Disciplinarordnung  baldigst  vertraut  zu  machen. 

Der  Candidat  hospitirt  zuerst  vornehmlich  bei  demjenigen  Lehrer,  den  er 
demnächst  in  einem  Teil  seiner  Lehrstunden  vertreten  soll  und  sucht  sich  mit 
dem  Standpunkt  der  betr.  Schüler  genau  bekannt  zu  machen. 

Die  Klassen  und  die  Gregenstände,  in  welchen  der  Cand.  unterrichten 
soU,  werden  vom  Dir.  der  Anstalt  mit  Berücksichtigung  des  Prüflingszeugnisses 
bestimmt  und  zwar  so,  dafs  die  Thätigkeit  desselben  soviel  wie  möglich 
concentrirt  wird. 

Der  Cand.  darf  jedoch  nicht  das  ganze  Jahr  hindurch  in  einer  und 
derselben  Klasse  beschäftigt  werden,  sondern  es  ist  ihm  wenigstens  im  zweiten 
Semester  Gelegenheit  zu  geben,  seine  Kräfte  auch  in  anderen  und  höheren  Kl., 
wenn  auch  nur  in  der  Behandlung  kürzerer  Lehrabschnitte,  zu  versuchen. 

Die  Lehrer,  welche  der  Cand.  vertritt,  haben  sich  fortwährend  als  die 
eigentlichen  Lehrer  des  betr.  Fachs  und  der  betr.  Klasse  zu  betrachten  und 
daher  anfangs  allen  Lectionen  des  Cand.  beizuwohnen,  ihm  nach  den  Stunden 
die  etwa  nöÖiigen  Bemerkungen  zu  machen  und,  sobald  ihm  eine  selbständigere 
Leitung  der  Klasse  anvertraut  werden  kann,  von  Zeit  zu  Zeit  noch  die  Lectionen 
zu  besuchen.  Hauptsächlich  haben  aber  die  Dir.  selbst,  sowie  die  betr.  Klassen- 
ordinarien die  Thätigkeit  der  Probanden  zu  beobachten,  sich  über  Inhalt  und 
Form  ihres  Unterr.  mit  ihnen  zu  besprechen,  sie  auf  methodische  und  disciplinar. 
Mifsgriffe  aufmerksam  zu  machen  und  ihnen  überall  mit  ihrer  gereiften  Er- 
fahrung und  ihrem  sachkundigen  Bathe  zu  Hülfe  zu  kommen. 

Dies  geschieht  auch  durch  die  Hinweisung  auf  Schriften,  welche  für  die 
Orientirung  über  das  Schulwesen  überhaupt,  sowie  über  einzelne  pädagog.  und 
didakt.  Fragen  von  Wichtigkeit  sind;  ebenso  durch  die  Mitteilung  von  all- 
gemeinen die  Schulorganisation  betreffenden  amtl.  Verfügungen. 

5.  Die  Probanden  sind  als  wirkliche  Lehrer  der  Anstalt  zu  betrachten, 
an  welcher  sie  beschäftigt  werden,  und  haben  deshalb  auch  das  Becht  und  die 
Pflicht,  bei  den  Censuren  der  von  ihnen  unterrichteten  Schüler,  jedoch  unter 
Bevision  des  Klassenordinarius,  ihre  Stimme  abzugeben.  Ebenso  wohnen  sie 
den  allgm.  Lehrerconferenzen  der  Anstalt  bei  und  haben,  wenn  sie  eine  ganze 
Lehrerstelle  vertreten,  auch  volles  Stimmrecht;  andernfalls  steht  es  ihnen  nur 
for  die'  Gegenstände  ihres  Unterrichts  zu. 

6.  Ueber  das  Ergebnis  des  Probejahrs  wird  den  Cand.  durch  das  betr. 
K.  Prov.Sch.C.  ein  Zeugnis  ausgestellt  Die  Grundlage  desselben  bildet  das  von 
dem  Dir.  der  Anstalt,  an  welcher  der  Cand.  sein  Probejahr  gehalten  hat,  über 
ihn  abgegebene  und  von  den  betreff.  Klassenordinarien  mitunterschriebene 
Zeugnis.  Dasselbe  enthält  ein  Urteil  über  die  von  dem  Cand.  an  den  Tag 
gelegte  prakt.  Befähigung  und  seine  gesamte  Thätigkeit,  über  sein  Verhalten 
gegen  die  Schüler,  seinen  Fleifs,  seine  Strebsamkeit,  Pünktlichkeit  und  situ. 
Führung. 


63 

Das  K.  ProY  Sch.C.  kann,  znmal  wenn  der  Departementsrath  bereits  Gre«- 
legenheit  gehabt  hat,  von  der  Wirksamkeit  des  Gand.  unmittelbar  Kenntnis  zn 
nehmen,  sich  dies  Zeugnis  vollständig  aneignen  nnd  ohne  Weiteres  mit  seiner 
Zustimmenden  Unterschrift  versehen.  Dasselbe  ist  aber  in  allen  Fällen  aach 
befugt,  nach  Befinden  Anordnung  zu  treffen,  dafs  ein  Gand.  zuvörderst  in 
Gegenwart  und  nach  näherer  Bestimmung  des  Departementsraths  eine  oder 
mehrere  Probelectionen  halte,  in  welchem  Fall  das  E.  Prov.Sch.G.  das 
Zeugnis  erst  nach  dem  darüber  erstatteten  Bericht  des  Departementsraths 
ausstellt 

Die  den  Mitgliedern  von  Seminarien  (s.  §  2)  über  das  Probejahr  zu 
erteilenden  und  ebenfalls  zunächst  an  das  £•  Prov.Sch.G.  einzusendenden 
Zeugnisse  müssen  auch  von  dem  Dir*  des  Seminars  unterzeichnet  sein. 

Wenn  das  Probejahr  an  einer  zum  Bessert  einer  K.  Begierung  gehörenden 
höh.  Schule  abgehalten  ist,  so  sendet  diese  Behörde  das  von  dem  betr.  Director 
darüber  ausgestellte  und  von  dem  Departementsrath  mitunterzeichnete  Zeugnis^ 
an  das  E.  Schulcollegium  der  Provinz  zur  Eenntnisnahme  und  weiteren  Yer-^ 
anlassung. 

Es  macht  hinsichtlich  des  Zeugnisses  keinen  Unterschied,  ob  der  Probandu» 
nur  6  bis  8  St.  wöchentl.  erteilt  hat,  oder  ob  er  ausnahmsweise  gleich  mit  der 
vollen  Stundenzahl  eines  angestellten  Lehrers  beschäftigt  gewesen  ist 

Das  Zeugnis  über  den  Ausfall  des  Probejahrs  bildet  eine  wesentl.  Er- 
gänzung des  dem  Gand*  über  das  Ergebnis  der  wissenschaftL  Prüfung  erteilten 
Zeugnisses  und  ist  bei  Bewerbungen  um  eine  Lehrerstelle  jedesmal  mitvorzulegen. 

7.  Tritt  der  Fall  ein,  dafs  es  an  Gelegenheit  fehlt,  einen  Schulamtscand. 
alsbald  nach  der  Prüfung  einer  höh.  Lehranstalt  zur  Ableistung  des  Probejahrs 
zuzuweisen,  oder  ihn  nach  dem  Probejahr  an  einer  öffentL  Schule  anzustellen, 
resp.  zu  beschäfdgen,  so  dafs  derselbe  z.  B.  in  die  Stellung  eines  Hauslehrers 
eintritt  oder  sich  einstweilen  auf  Privatbeschäftdgung  beschränkt,  so  ist  ein 
solcher  Gand.  bei  seiner  Meldung  aufzufordern,  den  etwanigen  Wechsel  seines 
Aufenthaltsorts  dem  betr.  E.  Prov.Sch.G.  anzuzeigen.  Die  Departementsräthe 
werden  ihrerseits  soweit  thunlich  von  den  persönl.  Verhältnissen  und  den 
Studien  solcher  Gandd.  Notiz  nehmen  und  sie  mit  ihrem  Bath  unterstützen,  oder 
sie  in  dieser  Beziehung  an  den  Dir.  der  dem  Gandidaten  nächsten  höh.  Lehr- 
anstalt weisen. 

8.  Ungeprüfte  Gandidaten  dürfen  nur  mit  Grenehmigung  des  Min.  als 
Lehrer  an  höh.  Schulen  beschäftigt  werden.  Die  Anträge  für  derartige  Aus- 
nahmen sind  auf  höchstens  2  Semester  zu  stellen.  Die  in  solcher  Weise  vor 
der  Prüfung  pro  fac.  doc.  im  Lehramt  zugebrachte  Zeit  wird  dem  Gand.  nur  in 
besonderen  Fällen,  über  die  zu  berichten  ist,  als  Probejahr  angerechnet. 

9.  Von  den  E.  Schulcoll.  wird  über  das  von  Gand.  des  höh.  Schulamts 
an  Gymn.,  resp.  Bealschulen,  der  Provinz  absolvirte  Probejahr  nach  Ostern  und 
nach  Michaelis  jedes  Jahres  ein  GoUectivbericht  nach  Mafisgabe  der  Gircular- 
verfogungen  v.  11.  Apr.  1863  u.  v.  25.  Oct  1864  ^  erstattet 

In  denselben  GoUectivbericht  werden  auch  diejenigen  Gandd.  aufgenommen,, 
welche  das  Probejahr  an  einer  unter  der  Aufsicht  einer  E.  Begierung  der 
Provinz  stehenden  höh.  Schule  (§  6)  abgehalten  haben.^ 

Min.  Verf.  v.  14.  Jan.  1878.  J)ie  von  dem  E.  Prov.Sch.G.  ein- 
gereichte Uebersicht  der  Gandidaten,  welche  von  Mich.  1876  bis  1877  in  dem 
dortseitigen  Bessert  ihr  Probejahr  abgelegt  haben,  giebt  mir  zu  folgenden 
Bemerkungen  Anlafs. 


^)  Durch  dieselben  ist  die  tabellariBche  Form  der  betr.  CoUectivberichte 
angeordnet 


64 

Es  wird  als  ein  grofser  Uebelstand  anerkannt,  dafs  an  den  höh.  Schalen 
Candidaten  während  des  Probejahres  häufig  mit  der  vollen  Lectionenzahl 
eines  ordentlichen  Lehrers  nnd  noch  über  diese  hinaus  beschäftigt  werden  und 
dafs  dadurch  die  Erreichung  des  dem  Probejahr  gestellten  Zweckes  erschwert 
oder  vereitelt  wird.  Dieser  in  Folge  des  Mangels  an  Lehrkräften  öfters  nicht 
zu  beseitigende  Uebelstand  wird  noch  erheblich  gesteigert,  wenn  Probecandidaten 
solche  Lehrgegenstande  zugewiesen  werden,  für  welche  sie  keinerlei  auch  noch 
80  beschränkte  Lehrbefähigung  erworben  haben.  Der  etwaigen  Berufung  darauf, 
dafs  für  diejenigen  Klassen,  um  welche  es  sich  handle,  die  in  der  Prüfung  über 
die  allgemeine  Bildung  nachzuweisenden  Kenntnisse  als  Ersatz  einer  teilweisen 
Lehrbefähigung  können  angesehen  werden,  ist  nur  mit  grofser  Vorsicht  bei  Probe- 
candidaten Geltung  zuzuerkennen,  bei  denen  es  darauf  ankommt,  dafs  der  Auf- 
gabe des  Unterrichtens,  nicht  der  Erwerbung,  oder  doch  Ergänzung  und  Sicherung 
der  mitzuteilenden  Kenntnisse,  ihre  ganze  Aufmerksamkeit  zugewendet  sei. 

Die  eingereichte  Uebersicht  giebt  besonders  in  zwei  Klassen  von  Fällen 
Anlafs  zu  der  vorstehenden  Bemerkung.  Der  französische  Unterricht  in 
Quinta,  Quarta,  Untertertia,  Obertertia  findet  sich  öfters  Candidaten  übertragen, 
welche  darin  keine  Lehrbefähigung  nachgewiesen  haben.  Man  wird  die  Besorgnis 
schwerlich  beseitigen  können,  dafs  an  den  häufig  gerügten  geringen  Erfolgen 
des  franz.  Unterrichts  solche  gewagte  Versuche  einen  erheblichen  Teil  der 
Schuld  tragen.  Was  femer  den  Unterricht  im  Deutschen  betrifft,  so  ist 

zwar  dagegen  kein  Bedenken  zu  erheben,  dafs  einem  nur  für  die  alten  Sprachen, 
nicht  für  die  deutsche  Sprache  lehrbefähigten  Probecandidaten  der  deutsche 
Unterricht  in  der  Sexta  zugleich  mit  dem  lateinischen  übertragen  wird;  der 
deutsche  Unterricht  ist  in  diesem  Falle  mit  dem  lateinischen  Unterrichte  in 
enge  Verbindung  zu  setzen  und  für  denselben  zu  verwerthen.  Wenn  dagegen 
ohne  solchen  Zusammenhang  an  Probecandidaten,  welche  nicht  für  den  deutsch- 
sprachlichen Unterricht  oder  überhaupt  nicht  för  sprachlichen  Unterricht  Lehr- 
befähigung erworben  haben,  der  deutsche  Unterricht  in  den  Klassen  von  Quinta 
bis  Obertertia  übertragen  wird,  so  kann  ein  solches  Verfahren  nicht  durch  die 
Annahme  gerechtfertigt  werden,  dafs  für  diesen  UnteiTicht  in  den  genannten 
Klassen  nur  das  bei  jedem  Grebildeten  vorauszusetzende  Mafs  von  Kenntnissen 
erforderlich  sei.  Diese  Annahme  selbst  ist  nicht  zutreffend,  und  es  tritt  der 
gewichtige  Umstand  hinzu,  dafs  für  keinen  Lehrgegenstand  weniger  als  far 
den  deutschen  Unterricht  über  Inhalt,  Folge  und  Methode  des  Unterrichts 
eine  einheitliche  didaktische  Ueberzeugung  oder  eine  sicher  leitende  Tradition 
erreicht  ist. 

Ich  verkenne  keineswegs,  dafs  die  Nothwendigkeit,  mit  den  vorhandenen 
Lehrkräften  den  Forderungen  des  Lehrplans  zu  entsprechen,  manchmal  Directoren 
zu  einerZuweisung  von  Lehrgegenständen  an  Probecandidaten  undda8K.Prov.Sch.C. 
zu  deren  Genehmigung  bestimmen  kann,  welcher  sie  selbst  grundsätzlich  nicht 
beistimmen.  Aber  die  ernstliche  Erwägung,  •  welche  Verantwortlichkeit  für  den 
Unterrichtserfolg  der  Schule  und  für  die  didaktische  Ausbildung  der  Probe- 
candidaten sie  übernehmen,  mufs  die  Directoren  dazu  fahren,  solche  Ausnahmen 
auf  das  Aeufserste  und  insbesondere  nur  auf  die  Fälle  der  unbedingten  Noth- 
wendigkcit  zu  beschränken."  Der  Minister  etc.  Falk.^) 

*)  Min.  Verf.  V.  27.  Sept.  1883.  Auszug.  „In  der  Entgegnung  gegen  die 
von  dem  K.  Prov.Sch.C.  unter  dem  31.  Aug.  d.  J.  verfügte  Zuweisung  eines  philo- 
logischen Probecandidaten  an  das  Gymnasium  zu  N.  scheint  der  p.  N.  zu  ver- 
kennen, dafs  das  Probejahr  zur  didaktischen'  und  pädagogischen  Ausbildung  der 
Candidaten  bestimmt  ist,  nicht  zum  Ersätze  zeitweiliger  Bedürfnisse  des  Unter- 
richtes an  [einer  Anstalt;  diese  letztere  Verwendung  eines  Probecandidaten  mag 
ausnahmsweise  in  einem  Nothstande  Entschuldigung  finden,  aber  darf  nicht  zum 
mafsgebenden  Gesichtspunkte  für  das  Probejalir  gemacht  werden.  Der  p.  N. 


65 

Circ.Verf.  v.  25.  Jnni  1884.  „Durch  eine  specielle  Anfrage  finde  ich 
mich  veranlafst,  zar  Erläuterung,  bezw.  zur  Modification  der  unter  dem  30.  März  1867 
bezüglich  des  Probejahres  der  Lehramtscandidaten  erlassenen  CircVerf.  folgende 
Bestimmungen  zu  treffen.  1.  Indem  unter  Nr.  9  der  angezogenen  CircVerf. 
die  Erstattung  der  CoUectivberichte  über  die  Ergebnisse  des  Probejahres  für 
den  Ostern-  und  Michaelistermin  erfordert  wird,  ist  stillschweigend  vorausgesetzt, 
dafs  nur  an  diesen  Terminen,  nicht  an  irgend  beliebigen  anderen  Zeitpunkten 
des  Schuljahres,  das  Probejahr  zu  beginnen  und  zu  scUiefsen  sei.  Da  in  dieser 
Hinsicht  nicht  überall  gleichmäfsig  verfahren  wird,  so  bestimme  ich,  dafs  das 
Probejahr  ausschliefslich  von  Ostern  zu  Ostern  oder  von  Michaelis 
zu  Michaelis  zu  rechnen  und  nur  an  diesen  Terminen  das  Zeugnis  über  das 
Probejahr  auszustellen  ist.  Sollte  ausnahmsweise  aus  besonderem  Anlasse  ein  Cand. 
schon  einige  Wochen  vor  Ostern,  bezw.  Michaelis  an  einer  Schule  als  Probandus 
zugelassen  sein,  so  kommt  diese  vorausliegende  Zeit  für  das  Probejahr  nicht  in 
Anrechnung.  2.    Bedingung  far  die  Ablegung  des  Probejahres  ist,  dafs 

die  Lehramtsprüfung  bereits  bestanden  sei;  etwanige  Ausnahmen  hiervon  zu 
bewilligen,  dafs  eine  dem  Bestehen  der  Lehramtsprüfung  vorausgegangene  Zeit 
auf  das  Probejahr  angerechnet  werde,  ist  demgemäfs  unter  Nr.  8  der  angezogenen 
CircVerf.  dem  Ministerium  vorbehalten.  Diese  grundsätzlich  unerläfsliche  Voraus- 
setzung für  die  Ablegung  des  Probejahres  zusammen  mit  der  Bestimmung,  dafs 
Ostern  und  Michaelis  die  ausschliefslichen  Anfangs-  und  Schlufstermine  des 
Probejahres  sind,  führt  zu  einer  gewissen  Unbilligkeit  gegen  diejenigen  Candidaten, 
welche  im  Laufe  eines  Semesters  ihre  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  eingereicht 
haben,  aber  in  Folge  der  der  Wiss.  Prüfongscomm.  obliegenden  grofsen  Zahl 
der  Prüfungen  zur  mündlichen  Prüfung  vor  dem  Schlüsse  des  betr.  Semesters 
nicht  einberufen  sind.  Im  Hinblicke  hierauf  ermächtige  ich  die  E.  Prov.Sch.C, 
Ihrerseits,  ohne  dafs  es  eines  vorgängigen  Berichtes  bedarf,  ausnahmsweise  zu 
bewilligen,  dafs,  wenn  Candidaten  vor  Ablegung  der  mündlichen  Prüfung,  aber 
nach  jedenfalls  bereits  erfolgter  Einreichung  der  schriftlichen  Arbeiten,  zu 
Ostern  oder  Michaelis  an  einer  Lehranstalt  zur  Ableistung  des  Probejahres  zu- 
gelassen worden  sind,  denselben  das  betr.  Semester  von  Ostern,  bezw.  Michaelis 
an  auf  das  Probejahr  angerechnet  werde,  sofern  sie  innerhalb  der  ersten  drei 
Monate  des  fraglichen  Semesters  die  Lehramtsprüfung  bestanden  haben.  In 
den  halbjährlichen  Nachweisungen  über  die  Ergebnisse  des  Probejahres  sind 
diejenigen  Fälle  bestimmt  zu  bezeichnen,  in  welchen  das  K.  Prov.Sch.C.  von 
dieser  Ermächtigung  Gebrauch  gemacht  hat." 

C.  Verf.  V.  31.  März  1869:  „Durch  die  das  Probejahr  der  Schulamtscand. 
betreff.  Circ.  Verf.  v;  30.  März   1867.  ist  u.  a.  angeordnet  worden,  dafs  das 


spricht  die  Ansicht  aas,  dafs  nur  bei  den  Probecandidaten  der  Bereich  ihrer  Be- 
schäftigung durch  die  erworbene  Lehrbefähigung  begrenzt  sei,  dafs  hingegen  bei 
der  Beschäftigung  von  Lehrkräften  nach  abgelegtem  Probejahre  einer  Ueber- 
schreitung  der   nachgewiesenen  Lehrbefähigung   kein   gesetzliches  Hindernis  ent- 

fegenstehe.  Allerdings  ist  besonders  dringender  Anlafs  gewesen,  bezi^lich  der 
*robecandidaten  eine  Beschäftigung  aufserhalb  der  Grenzen  der  durch  ihr  rrüfungs- 
zeugnis  constatirten  Lehrbefahigung  entschieden  zu  untersagen.  Auch  ist  nicht  zu 
verkennen,  dafs  Lehrer  im  Verlaufe  ihrer  Berufsthätigkeit  durch  weitere  wissen- 
schaftliche Studien  die  Stufe  der  ihnen  durch  das  Prüfungszeugnis  zuerkannten 
Lehrbefähigung  erhöhen  oder  deren  Umfang  erweitem  können,  und  es  braucht 
nicht  ausgeschlossen  zu  werden,  dafs  Directoren  für  eine  ausnahmsweise  Ver- 
werthung  einer  solchen  thatsächlichen,  nicht  durch  das  Zeugnis  zuerkannten  Lehr- 
befähigung unter  ausdrücklicher  Motivirung  die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C. 
nachsuchen.  Aber  der  p.  N.  verkennt  die  Absicht  und  die  Bedeutung  der  Lehr- 
amtsprüfung, indem  er  die  Nichtachtung  der  durch  das  Prüfungszeugnis  gezogenen 
Grenzen  wie  etwas  beliebig  zulässiges  betrachtet."    Der  Minister  etc.    I.  A.  Greiffm, 

Wiese,  Verordnungen.    IL  5 


66 

Probejahr,  wenn  zu  einem  Wechsel  nicht  dringende  Grande  vorliegen,  an  einer 
nnd  derselben  Anstalt  absolvirt  werden  moTs.  Da  gleichwohl,  wie  sich  ergeben 
hat,  seitdem  nicht  wenige  Cand.  anch  ohne  dringende  Yeranlassnng  von  einer 
Anstalt  zn  einer  anderen  während  der  Probezeit  übergegangen  sind,  was  anfser 
den  ünzatrftglichkeiten,  welche  daraus  für  .die  betr.  Anstalten  nnd  die  Cand. 
selbst  entstehen,  anch  das  Urteil  der  Behörde  über  das  Ergebnis  erschweit,  so 
bestimme  ich  hierdurch,  dafs  ein  Wechsel  der  Anstalt  innerhalb  des  Probejahrs 
in  Jedem  Fall  der  Genehmigung  der  Aufsichtsbehörde  derjenigen  Anstalt  bedarf, 
bei  welcher  der  Cand.  dasselbe  begonnen  hat,  und  dafs  diese  Genehmigung  nur 
ansnahmweise  aus  besonderen  Gründen  erteilt  werden  darf. 

Ich  beauftrage  das  E.  Prov.Sch.C.  von  dieser  Anordnung  die  Dir.  4er 
höh.  Schulen  Seines  Bessorts  zur  weiteren  Veranlassung  in  Kenntnis  zu  setzen.*^ 

Min.yerf.Y.l.Dec.l871:  „Dafs bei  denjen.  höh.  Bürgerschulen  dortiger 
Provinz,  welche  mit  Gymn.  verbunden  sind,  Schulamtscand.  zum  Probejahr  zuge- 
lassen werden,  ist  unbedenklich.  An  selbständigen  höh.  BS.  dagegen  ist  die 
Zulassung  zu  vermeiden.  In  einzelnen  besonderen  Fällen  hiervon  eine  Aus- 
nahme zu  gestatten,  kann  sich  das  E.  Prov.Sch.C.  jedoch  dann  für  befugt 
erachten,  wenn  nach  Beschaffenheit  der  Leitung  der  Schule  sicher  anzunehmen 
ist,  dafs  der  Zweck  des  Probejahrs  auch  an  einer  solchen  beschränkteren  Anstalt 
erreicht  und  für  das  darüber  auszustellende  Zeugnis  dem  E.  Prov.Sch.C.  eine 
genügende  Grundlage  nicht  fehlen  wird.^ 

C.  Verf.  V.  18.  Oci  1875.  „Nach  pos.  2  der  Circular-Verfagung  vom 
30.  März  1867  —  (s.  oben  S.  61)  kann  zwar  das  Probejahr  in  der  Kegel 
nur  an  einem  Gymnasium  oder  an  einer  vollständigen  Realschule,  nicht  an 
einem  Progymnasium  oder  einer  höheren  Bürgerschule  abgehalten  werden.  Wie 
indessen  der  Zusatz  „in  der  Kegel"  beweist,  sollte  die  Möglichkeit  einer  aus- 
nahmsweisen  Anrechnung  des  an  Progymasien  oder  höheren  Bürgerschulen 
abgehaltenen  Probejahrs  in  besonders  motivirten  Fällen  vorbehalten  bleiben 
und  meine  Genehmigung  dazu  nachzusuchen  sein.  Letztere  Beschränkung  auf- 
zuheben, liegt  auch  nach  dem  Uebergang  aller  höheren  Bürgerschulen  in  das 
Kessort  der  Prov.Sch.C.  um  so  weniger  Veranlassung  vor,  als  diese  Bestimmung 
für  die  denselben  Behörden  schon  längst  unterstellten  Progymnasien  bisher 
gleichmäfsig  in  Geltung  war.  Wenn  demnach  die  Gymnasien  und  vollständigen 
Kealschulen  nach  ihrem  Gesamtorganismus,  der  Persönlichkeit  der  Directoren 
und  der  Zusammensetzung  der  LehrercoUegien  im  Allgemeinen  die  geeignetsten 
Vorbereitqngsschulen  für  angehende  praktische  Schulmänner  sind,  so  bleibt  es 
doch  den  Prov-Sch.CC.  unbenommen,  für  besonders  motivirte  Ausnahmefälle  wie 
bisher  meine  Genehmigung  einzuholen. 

Dagegen  ist  die  Bestimmung  (Wiese  1.  Aufl.  Bd.  L  S  244),  wonach  die 
Prüfungsverhandlungen  höherer  Bürgerschulen  durch  die  betreffenden  Kegierungen 
an  die  E.  Prov.Sch.CC.  einzusenden  sind,  in  Folge  der  Ueberweisung  jener  An- 
stalten an  diese  Behörde  selbstredend  hinfällig  geworden.  Einer  Einsendung 
der  Prüfungsarbeiten  und  -Protokolle  Seitens  der  Kectoren  der  höh.  Bürger- 
schulen soll  es  fernerhin  nur  in  dem  Falle  bedürfen,  in  welchem  die  Prüfong 
nicht  unter  dem  Vorsitz  des  Departementsraths  des  Prov.Sch.G.  stattgefunden 
hat.  Letzteres  hat,  wie  seither  die  Kegierungen  es  gethan  haben,  mir  al](jährlich 
zum  1.  December  über  die  Ergebnisse-  der  betreffenden  Prüfungen  Bericht  zu 
erstatten.  Von  einer  Einreichung  der  Prüfnngsverhandlungen  an  die  wissen- 
schaftlichen Prüfungs-Commissionen  ist  abzusehen."    Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.  Verf.  v.  10.  Dec.  1875.  „In  Betreff  der  Zulassung  von  Probe- 
candidaten  an  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen  hat  bisher  in  den  ver- 
schiedenen Provinzen  der  Monarchie  eine  verschiedene  Praxis  bestanden,  insofern 


67 

ein  Teil  der  ProY£ch.CC:  die  Special-Verfagang  Yom  1.  Dec.  1871  als  allgemeine 
Norm  betrachtet,  ein  anderer  nicht. 

Wenn  demnach  das  E.  Proy.Sch.C.  bisher  in  correcter  Weise  bei  der 
Behandlung  dieser  Angelegenheit  verfahren  ist,  so  mnfste  doch  die  Erwägung, 
dafs  ein  grofser  Teil  unserer  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen  nicht  die 
Gewähr  für  eine  ausreichende  Vorbildung  bietet,  zumal  mit  Bücksicht  auf  die 
Circular- Verfägung  vom  28.  April  1875  (S.  58),  dahin  fahren,  för  alle  Provinzen  des 
Staates  ein  gleiches  Verfahren  für  die  Zuweisung  von  Probecandidaten  an  höhere 
Lehranstalten  anzuordnen.  Dies  ist  in  meiner  Verfügung  vom  18.  October  c. 
geschehen  und  mu&  es  dabei  bis  auf  weitere  Erfahrungen  sein  Bewenden  behalten. 

Dafs  die  Grenehmigung  zur  Abhaltung  resp.  Anrechnung  des  Probejahrs 
an  einer  höh.  Bürgerschule  oder  einem  Progymn.  vorher  eingeholt  werde,  liegt 
nur  im  Interesse  der  Gandidaten,  schliefst  aber  nicht  aus,  dafs  im  Nothfalle- 
ein  Probecandidat  vorbehaltlich  meiner  Genehmigung  aushülfsweise  an  solche 
Anstalten  gewiesen  wird.  Den  in  diesem  Jahre  bereits  zugelassenen  Gandidaten 
kann  die  an  einem  Progymn.  oder  an  einer  höh.  Bürgerschule  verbrachte 
Probezeit  angerechnet  werden."    Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.  Verf.  v.  16.  Juni  1883.  „In  Erwiderung  des  Berichtes  vom 
6.  Juni  d.  J.,  betreffend  das  Gesuch  des  Lehramtscandidaten  Dr.  N.,  dafs  ihm 
seine  einjährige  Lehrthätigkeit  an  der  Landwirthschaftsschule  zu  N.  als  Probejahr 
angerechnet  werde,  mache  ich  das  £.  Prov.Sch.G.  daradf  aufmerksam,  dafs  der 
in  Bezug  genommene  §  4  des  Beglements  far  die  Landwirthschaftsschulen  vom 
10.  August  1875  auf  die  vorliegende  Frage  keine  Anwendung  findet  In  dem 
angezogenen  Abschnitte  des  §  4  handelt  es  sich  um  die  Bedingungen,  durch 
deren  Erfüllung  die  Anstellungsfähigkeit  an  Landwirthschaftsschulen 
erworben  wird;  zu  dieser  gehört  die  Ableistung  des  Probejahres  an  einer  öffent- 
lichen höh.  Lehranstalt  (d.  h.  Gymnasium,  Bealgymnasium  etc.),  welche  nur 
ausnahmsweise  durch  die  Lehrthätigkeit  an  einer  berechtigten  Landwirthschafts- 
schule ersetzt  werden  kann.  Auf  die  Bedingungen,  von  deren  Erfallung  die 
Anstellungsfähigkeit  an  öffentlichen  Schulen  allgemeiner  Bildung 
(Gyihnasien,  Bealgymnasien  etc.)  abhängig  ist,  —  und  um  die  B!^erbung 
dieser  Anstellungsfähigkeit  handelt  es  sich  für  den  etc.  N.  —  bezieht  sich 
der  fragliche  Abschnitt  des  Beglements  überhaupt  nicht,  und  es  können  daher 
aus  demselben  in  dieser  Hinsicht  keine  Folgerungen  gezogen  werden.'*  Der 
Minister  etc.    I.  A.  Greiff. 

G.  Verf.  V.  14.  Aug.  1867: „Zu  §  6  der  das  Probejahr  der  Schul- 

amtscand.  betreffenden  G.  Verf.  v.  30.  März  d.  J.  bemerke  ich  hinsichti.  der 
Unterschrift,  dafs,  wenn  der  Dir.  einer  Anstalt  und  der  betr.  Ordinarius 
dasjenige  Fach,  in  welchem  der  PrObandus  seinem  Prüfungszeugnis  gemäfs 
ausschliefsl.  oder  voTzugsweise  beschäftigt  worden  ist,  nicht  auch  ihrerseits  bei 
.der  Anstalt  vertreten  oder  vertreten  können,  das  Zeugnis  auch  von  dem  betr. 
Fachlehrer  mitzuunterzeichnen  ist,  beispielsweise  also  von  dem  Mathematikus, 
falls  nicht  der  Dir.  oder  der  Ordinarius  die  Stelle  eines  solchen  bekleidet.  Diese 
Bemerkung  weist  selbstverständlich  zugleich  auf  die  Verpflichtung  hin,  dafs  in 
solchen  Fällen  der  Fachlehrer  die  Thätigkeit  der  betr.  Gandidaten  auch  seiner- 
seits zu  beobachten  hat. 

Was  die  Stemp  elpflichtigkeit  der  Zeugnisse  über  das  Probejahr  betrifft, 
so  können  dieselben  nur  in  denjenigen  Fällen  ohne  besonderen  Stempel  aus- 
gefertigt werden,  wenn  sie  unmittelbar  unter  das  Zeugnis  pro  fac.  doc.  zur 
Ergänzung  desselben  gesetzt  werden.  Geschieht  dies  nicht,  sondern  erfolgt  die 
Ausfertigung  in  der  Form  eines  selbständigen  Zeugnisses  auf  besonderem  Bogen, 
so  bedaif  es  dazu,  den  bestehenden  Vorschriften  gemäfs,  auch  der  Verwendung 
eines  besonderen  Stempels.'* 


68 

C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  29.  Jan.  1874.  „Wir  ersuchen 
die  Herren  Directoren  bezw.  Bectoren,  in  Betreff  der  über  das  Probejahr  der 
Candidaten  des  höh.  Schulamts  auszustellenden  Zeugnisse  hinfort  auch  folgende 
Bestimmungen  zu  beachten: 

1.  Die  betr.  Zeugnisse  sind  unmittelbar  nach  Ableistung  des  Probejahrs 
%n  uns  einzusenden.  Auch  wenn  ein  Candidat  innerhalb  des  Probejahrs  die 
Anstalt  verläfst)  ist  für  die  Zeit,  während  welcher  er  dort  als  Lehrer  thätig 
gewesen  ist,  sofort  einen  Zeugnis-Bericht  zu  erstatten.  2.  Es  ist  wünschens- 
werth,  dais  die  Zeugnisse  nicht  allzu  ausführlich  angelegt  werden;  vielmehr 
möglichst  so,  dafs  sie  ganz  oder  doch  gröfstenteils  zu  den  von  uns  auszu- 
stellenden Zeugnissen  verwandt  werden  können.  3.  In  jedem  Zeugnisse 
mufs  das  Datum  der  Verfügung  angeführt  werden,  durch  welche  der  betr.  Probe- 
oandidat  der  Anstalt  zugewiesen  ist.  4.  Es  ist  genau  anzugeben,  in  welchen 
Unterrichtsfächern  und  in  welchen  Klassen  der  Candidat  unterrichtet  hat;  auch 
wie  viele  wöchentliche  Stunden  auf  die  einzelnen  Unterrichtsfächer  einer  jeden 
Klasse  gekommen  sind.  Ist  in  dieser  Beziehung  im  Laufe  des  Probejahres  eine 
Veränderung  eingetreten,  so  ist  über  die  verschiedenen  Perioden  gesonderte 
Angabe  zu  machen.  5.  Wenn  der  Candidat  sein  Probejahr  absolvirt  hat, 
80  ist  mit  dem  Zeugnisse  des  Dir.  zugleich  auch  das  von  der  betr.  Wissensch. 
Prüfungscommission  seiner  Zeit  dem  Candidaten  ausgestellte  Zeugnis  im  Original 
an  uns  einzusenden."   ^ 

Ueber  Ableistung  des  Probejahrs  an  einer  aufserpreufs.  Anstalt 
s.  oben  p.  58  die  C.  Verf.  v.  28.  April  1875. 

Vgf.  in  Betreff  der  Militärverhältnisse  der  Schulamtscandidaten 
Abschn.  V. 

Früfang  der  Zeichenlehrer. 

C.Verf.  V.  23.  April  1885.  „An  Stelle  der  bisherigen  Instructionen 
über  die  Prüfungen  von  Zeichenlehrern  an  höh.  Schulen  (und  von  Zeicben- 
lehrerinnen  an  mehrklassigen  Volks-  und  mittleren  sowie  an  höh.  Mädchen- 
schulen) treten  die  beifolgenden  Prüfungsordnungen  vom  heutigen  Tage  zunächst 
für  Berlin  und  Breslau,  wo  die  in  den  Prüfungsordnungen  vorgesehenen 
Prüfnngs-Commissionen  zu  bilden  sind,  in  Kraft.  Es  bleibt  vorbehalten,  die 
Bildung  solcher  Commissionen  auch  auf  andere  Orte  zu  erstrecken.  Bis  dahin 
bleiben  in  denjenigen  Städten,  in  welchen  sonst  noch  Zeichenlehrer-  (und 
Zeichenlehrerinnen-)  Prüfungen  stattgefunden  haben,  für  diese  die  bisherigen 
Bestimmungen  bestehen. 

Der  Termin,  der  in  diesem  Sommer  in  Berlin  und  Breslau  abzuhaltenden 
Prüfungen  wird  durch  das  Centralblatt  für  die  gesamte  Unterrichtsverwaltung 
sowie  durch  die  Amtsblätter  der  Provinzen  bekannt  gemacht  werden.  Die 
Meldungen  zu  diesen  Prüfungen  müssen  bis  zum  15.  Juni  bei  den  K.  Prov.Sch.CC.* 
in  Berlin  und  Breslau  erfolgt  sein."    Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Prüfungs-Ordnung  für  Zeichenlehrer  an  höheren  Schulen. 

§  1.  Wer  als  Zeichenlehrer  an  einer  höh.  Schule  angestellt  zu  werden 
wünscht,  hat  sich  zuvor  einer  Prüfung  vor  einer  der  zu  diesem  Zwecke  gebil- 
deten besonderen  Prüfungs-Commissionen  zu  unterziehen.  Solche  Prüfungen 
finden  jedes  Jahr  einmal  und  zwar  am  Schlüsse  des  Sommersemesters  statt 
Die  Termine  der  Prüfungen  werden  durch  das  CBl.  f.  d.  Unterrichtsverw.  sowie 
die  Amtsblätter  der  Provinz  bekannt  gemacht. 

§  2.  Die  Meldungen  sind  schriftlich  und  bis  spätestens  den  15.  Juni 
jedes  Jahres  bei  demjenigen  K.  Prov.Sch.C.  einzureichen,  in  dessen  Bereich  die 


69 

Prüfangs-Gommission,  vor  welcher  der  Bewerber  das  Examen  ablegen  will,  ihren 
Sitz  hat.  Der  schriftlichen  Meldung  ist  beizufügen:  1.  eine  kurze  Darstellung 
des  bisherigen  Lebens-  und  Bildungsganges ;  2.  ein  Zeugnis,  dafs  der  Bewerber 
eine  höhere  Schule  im  Sinne  der  C.Verf.  v.  31.  März  1882  (s.  Abt.  L,  S.  110  fg.) 
bis  zum  6.  Jahres-Cursus  einschliefslich  besucht,  oder  eine  dem  entsprechende 
schulwissenschaftliche  Bildung  anderweit  erworben  hat,  oder  dafs  er  aus  einem 
Schullehrer-Seminar  mit  der  Qualification  für  das  Lehramt  entlassen  ist.  Solche 
Bewerber,  welche  keine  den  obigen  Anforderungen  entsprechende  Vorbildung 
nachzuweisen  vermögen,  können  nur  mit  Genehmigung  des  Ministers  der  geistl. 
etc.  Ang.  zur  Prüfung  zugelassen  werden  und  haben  sich  in  der  Begel  einer 
besonderen  Vorprüfung  in  Betreff  ihrer  allgemeinen  Bildung  zu  unterziehen; 
3.  der  Nachweis,  dafs  er  seine  Studien  im  Zeichnen  an  einer  geeigneten  Lehr- 
anstalt oder  sonst  in  ausreichender  Weise  gemacht  hat.  Zu  diesem  Zwecke 
sind  Studienblätter  aus  den  verschiedenen  Gebieten  des  Zeichnens,  aufweiche  sich 
die  Prüfung  erstreckt»  vorzulegen ;  4.  ein  Zeugnis  über  seine  sittliche  Führung. 
§  3.  In  der  Prüfung  haben  die  Bewerber  nachzuweisen :  1.  hinreichende 
Fähigkeit  im  Zeichnen  von  Flach-Ornamenten  im  Umrisse  nach  Vorbildern  und 
aus  dem  Gedächtnisse  (auch  im  Ergänzen,  Verändern,  Combiniren  solcher 
Ornamente);  2.  desgleichen  im  Zeichnen  einfacher  Körper  nach  Modellen; 
3.  ebenso  im  Zeichnen  einfacher  Ornamente  oder  verzierter  Architecturteile  in 
schattirter  Ausführung  nach  plastischen  Vorbildern;  4.  ebenso  im  Zeichnen 
(bezw.  Malen)  nach  lebenden  Pflanzen  oder  einfachen  kunstgewerblichen  Gegen- 
ständen (Stillleben);  5.  ebenso  im  Zeichnen  an  der  Schultafel,  verbunden  mit 
methodischen  Erläuterungen.  [Siehe  Anmerkung.]  Ferner  haben  sie  darzuthun: 
6.  Bekanntschaft  mit  den  wichtigsten  Hülfs-  und  Lehrmitteln  des  Zeichenunter- 
richtes, mit  den  Elementen  der  omamentalen  und  architectonischen  Formenlehre 
und  mit  der  allgemeinen  Kunstgeschichte  in  ihren  Hauptzügen;  7.  Fertigkeit 
im  Gebundenen  Zeichnen  (auch  unter  Anwendung  von  Ziehfeder  und  Tusche) 
sowie  gründliche  Vertrautheit  mit  der  Lehre  von  der  Parallel-Projection,  Schatten- 
Construction  und  Perspective. 

§  4.  Je  nach  dem  Ausfalle  der  Prüfung  wird  die  Berechtigung  zur 
Erteilung  des  Unterrichts  in  3  verschiedenen  Formen  erteilt:  entweder  a)  für 
das  Freihand-Zeichnen  und  das  Gebundene  Zeichnen  zugleich,  oder  b)  für  das 
Freihand-Zeichnen  allein,  oder     c)  für  das  Gebundene  Zeichnen  allein. 

§  5.  Beansprucht  ein  Bewerber  selbst  nur  die  beschränkte  Qualification, 
sei  es  für  das  Freihand -Zeichnen,  sei  es  für  das  Gebundene  Zeichnen  allein, 
so  braucht  er  auch  nur  einer  dem  entsprechenden  beschränkten  Prüfung  unter- 
worfen zu  werden.  Im  ersten  Falle  sind  die  in  §  3  unter  7  bezeichneten 
Forderungen  auf  die  unentbehrlichen  Kenntnisse  in  der  Schatten -Construction 
und  Perspective  zu  ermäfsigen,  im  zweiten  Falle  die  unter  5,  6  und  7  genannten 
Aufgaben  allein  zu  stellen.  Auch  über  das  Mafs  der  im  §  3  festgesetzten 
Anforderungen  hinaus  kann  sich  ein. Bewerber  auf  seinen  eigenen  Wunsch 
einer  Nachprüfung  a)  im  figürlichen  Zeichnen  (nach  Gipsabgüssen  oder*  nach 
der  Natur)  und  in  der  Anatomie,  b)  im  Landschafts-Zeichnen,  oder  c)  im 
Modelliren  unterziehen  und  ihm  ein  darauf  bezüglicher  Zusatz  in  seinem 
Zeugnisse  erteilt  werden. 

§  6.  Die  Einteilung  der  Prüfung  bleibt  dem  Ermessen  der  Commission 
anheimgestellt.  Im  Allgemeinen  ist  dahin  zu  wirken,  dafs  wenigstens  einer 
der  oben  in  §  3  unter  6  bezeichneten  Lehrgegenstände  in  einem  schriftlichen 
Aufsatze  behandelt  und  dafs  die  Clausur-Arbeiten  innerhalb  4  Tagen  erledigt 
werden.  Die  Commission  ist  ermächtigt,  einerseits  als  Ergänzung  der  in 

§  3  unter  5  aufgeführten  Forderungen  von  den  Bewerbern  die  Abhaltung  einer 
Probelection  zu  verlangen,  andererseits  solchen  Bewerbern,  welche  ihr  vorteil- 
haft und  zur  Genüge  bekannt  sind,  die  Probe -Arbeiten  teilweise  zu  erlassen. 


70 

§  7.  Anf  Grand  der  bestandenen  Prüfimg  werden  die  Zeugnisse  in 
folgender  f^assong  ausgestellt: 

N.  N.  geb.  zn  am  ,  Confession,  hat  nach 

Beibringung  der  Yorschriftsmäfsigen  Zeugnisse  über  seine  allgemeine  Bildung, 
Yor  der  unterzeichneten  Commission  eine  Prüfung  nach  Mafsgabe  der  Prüfongs- 
Oidnung  vom  23.  April  1885  bestanden  und  hierbei  folgende  Gensuren  erhalten: 

1.  Zeichnen  von  Flach -Ornamenten  in  UmriTs  nach  Vorbildern  und  aus 
dem  Gedächtnisse: 

2.  Zeichnen  einfacher  Körper  nach  Modellen: 

3.  Zeichnen  von  Ornamenten  und  verzierten  Architecturteilen,  schattirt 
nach  plastischen  Vorbildern: 

4.  Zeichnen  (bezw.  Malen)  nach  lebenden  Pflanzen  u.  s.  w.  (StiUleben) : 

5.  Zeichnen  an  der  Schultafel  verbunden  mit  methodischen  Erläuterungen: 

6.  Lehrmittelkunde, 

omamentale  und  architectonische  Formenlehre: 
Allgemeine  Kunstgeschichte: 

7.  Gebundenes  Zeichen, 

Projectionslehre: 
(event.  Aufserdem  hat  er  sich  einer  freiwilligen  Prüfung  im  figürlichen  Zeichnen  etc. 
mit  Erfolg  unterzogen.)    Hiemach  wird  N.  N.  für  befähigt  erklärt,  an 

höheren  Schulen  Unterricht    , 

entweder  a)  im  Freihand-Zeichnen  und  im  Gebundenen  Zeichnen 
oder  b)  im  Freihand-Zeichnen 
oder  c)  im  Gebundenen  Zeichnen 
zu  erteilen. 

Die  Zeugnisse  sind  durch  das  Siegel  der  Commission  und  die  Unter- 
schrifken  des  Vorsitzenden  und  eines  zweiten  Mitgliedes  derselben  zu  beglaubigen.^ 
Das  Zeugnis  berechtigt  an  und  für  sich  noch  nicht  zu  einer  de&utiven 
Anstellung.  Vielmehr  haben  die  durch  Unterricht  an  höh.  Schulen  noch  nicht 
bewährten  Lehrer  an  der  Anstalt,  an  welche  sie  berufen  werden,  zuvörderst  gegen 
eine  entsprechende  Remuneration  ein  Probejahr  zu  bestehen.  Nach  Ablauf 
des  Probejahres  wird  ihnen  über  ihre  pädagogische  und  didaktische  Befähigung 
von  dem  Director  der  Anstalt  ein  Zeugnis  ausgestellt,  welches  bei  anderweitigen 
Bewerbungen  vorzulegen  ist. 

§  8.  Beim  Eintritte  in  die  Prüfung  hat  der  Bewerber  12  Mk.  an  Gre- 
bühren  zu  erlegen.  Für  die  Ausstellung  des  Zeugnisses  tritt  hierzu  noch  ein 
Stempel  im  Betrage  von  1  Mk.  50  Pfg. 

§  9.  Hat  ein  Bewerber  die  Prüfung  nicht  bestanden,  so  darf  er  sich  bei 
dem  nächsten  Termine  derselben  nochm^s  unterziehen.  Je  nach  Befinden 

darf  die  Commission  ihn  hierbei  von  einzelnen  Fächern,  falls  er  in  denselben 
bei  der  ersten  Prüfung  entsprechende  Befähigung  nachgewiesen  hat»  dispensiren. 

Anmerkung  zu  §  3.  Nr.  5. 

Biese  Prüfungsaufgabe  ist  dazu  bestimmt,  die  eigentliche  Lehrbefähigung 
der  Bewerber  zu  erweisen  und  soweit  als  möglich  eine  wirkliche  Lehrprobe  vor 
einer  Schulklasse  zu  ersetzen. 

Die  Zeichnungen  an  der  Schultafel  sollen  sich  im  Gebiete  des  Frei- 
handzeichnens auf  die  einfachsten  Formen  von  Flachomamenten,  im  Gebiete  des 
Gebundenen  Zeichnens  auf  Constractionen  elementarer  Natur  beschränken  (wie 
sie  vorzugsweise  in  den  unteren  Klassen  mit  obligatorischem  Zeichenunteirichte 
zur  Anwendung  kommen),  sie  müssen  jedoch  stete  in  der  Art  und  Weise  ent- 
wickelt und  mit  derjenigen  Correctheit  ausgefahrt  werden,  welche  bei  Vor- 
zeichnungen des  Lehrers  vor  den  Augen  der  Schüler  erforderlich  sind. 


71 

Unter  „methodischen  Erlänternngen''  ist  zu  verstehen,  dafs  der  zu 
Prüfende  einerseits  eine  vollständige  nnd  schnlgerechte  Anleitung  zur  Lösung 
einer  bestimmten  (einfachen)  Zeichenaufgabe  der  oben  bemerkten  Art  zu  erteilen, 
andererseits  die  Stelle  deutlich  zu  kennzeichnen  wisse,  welche  die  ihm  vorgelegte 
Aufgabe  im  Stufengange  des  Unterrichtes  überhaupt  einnimmt. 

Berlin,  den  23.  April  1883.    Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 

Frflfnng  der  Turnlehrer. 

C.Verf.  V.  11.  Sept.  1880.  „Nachdem  ich  die  beigefügte  Prüfungs- 
Ordnung  for  Turnlehrer  unter  dem  10.  d.  M.  erlassen  habe,  tritt  dieselbe  sogleich 
an  die  Stelle  der  für  die  Prüfung  der  Turnlehrer  bisher  mafsgebenden  Be- 
stimmungen —  somit  des  Reglements  vom  29.  März  1866  und  der  Ergänzungen 
zu  demselben,  insbesondere  der  C.Yerf.  v.  18.  Juni  1870  (s.  2.  Aufl.  IL  S.  92  fg.)  — , 
welche  hiermit  aufgehoben  werden.  Die  £.  Begierung  veranlasse  ich,  die  neue 
Prüfungs-Ordnung  nebst  deren  Anlagen  a  und  b  in  Direm  Amtsblatte  baldigst 
zu   veröffentlichen.  Die   erste   Prüfung  nach   Mafsgabe   dieser  Prüfungs- 

Ordnung  wird  im  Monate  Februar  k.  Jahres  hierselbst  stattfinden  und  wegen 
des  Termins   zeitig  Verfügung   ergehen.  Die   Einrichtung  von  Prüfungs- 

Oommissionen  in  den  Provinzen  bleibt  vorbehalten.*'  An  sämtliche  K.  Begierungen. 

„Abschrift  vorstehender  Verfügung  nebst  Anlagen  erhält  das  E.  Prov.Sch.G. 
zur  Nachricht.*'    Der  Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  von  Puttkamer. 

Prüfungs-Ordnung  für  Turnlehrer. 

§  1.  Zur  Abhaltung  von  Prüfungen  für  Turnlehrer  wird  zu  Berlin  eine 
Oommission  gebildet.  Dieselbe  besteht:  1.  aus  dem  Director  der  E.  Tum- 
lehrer-Bildungsanstalt  als  Vorsitzendem,  2.  dem  Unterrrichts-Dirigenten,  3.  dem 
ordentlichen  Lehrer  sowie  4.  dem  Lehrer  der  Anatomie  dieser  Anstalt,  und 
5.  einem  anderen,  von  dem  Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  zu  ernennenden 
Mitgliede. 

§  2.  Zu  der  Prfifong  werden  zugelassen:  a)  Bewerber,  welche  bereits 
die  Befähigung  zur  Erteilung  von  Schulunterricht  vorschriftsmäfsig  erworben 
haben;  b)  Studirende,  jedoch  nicht  vor  vollendetem  fuaftem  Semester; 
c)  ausnahmsweise  auch  andere  Bewerber,  wenn  sie  eine  gute  Schulbildung 
nachweisen  und  das  20.  Lebensjahr  überschritten  haben.  Diejenigen,  welche 
dem  preufsischen  Staatsverbande  nicht  angehören,  können  nur  durch  Vermittelung 
ihrer  Landesbehörden,  bezw.  deren  diesseitiger  Vertreter  zugelassen  werden. 

§  3.  Die  Prüfhng  findet  in  der  Kegel  im  Monat  Februar  und  zwar  in 
den  Bäumen  der  E.  Tumlehrer-Bildungsanstalt  hierselbst  statt.  Der  Termin 
wird  durch  den  Staatsanzeiger  und  durch  die  Amtsblätter,  sowie  durch  das 
^,CBL  f.*  d.  gesamte  Unterrichtsverw.  in  Preufsen'*  bekannt  gemacht. 

§  4.  Die  Anmeldung  mufs  bis  zum  1.  Januar  jedes  Jahres  bei  dem 
Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  erfolgen  und  zwar  bei  den  im  Lehramte  stehenden 
Bewerbern  durch  die  vorgesetzte  Dienstbehörde,  bei  den  anderen  direct.  Der 
Meldung  sind  beizufügen:  1.  der  Geburtsschein,  2.  der  Lebenslauf,  3.  ein 
ärztliches  Gesundheitsattest,  4.  ein  Zeugnis  über  die  erworbene  Lehrerbildung 
und  über  die  seitherige  Wirksamkeit  als  Lehrer,  5.  ein  Zeugnis  über  die 
erlangte  turnerische  Ausbildung.  Diejenigen  Bewerber,  welche  kein  Lehramt 
bekleiden,  haben  ausreichende  Zeugnisse  über  ihre  Schulbildung,  sowie  ein 
amtliches  Führungsattest  beizubringen. 

§  5.  Die  Prüfung  ist  eine  theoretische  —  schriftliche  und  mündliche  — 
und  eine  praktische. 

§  6.  Die  schriftliche  Prüfung  besteht  in  Anfertigung  einer  Clausurarbeit 
aus  dem  Bereiche  des  Schulturnens  uad  je  nach  dem  Ermessen  der  Commission 


72 

anch  in  Beantwortang  einzelner  Fragen  aus  dem  Gesamtgebiete  der  Prüfangs- 
gegenstände. 

§  7.  Die  mündliche  Prüfung  erstreckt  sich  1.  anf  die  Kenntnis  der 
wichtigsten  Erscheinungen  ans  der  Geschichte  des  Tomwesens,  namentlich  der 
neueren  Zeit,  anf  die  Aufgabe  und  Methode  des  Turnunterrichtes,  auf  die  Be- 
schreibung und  Entwickelung  von  Turnübungen,  auf  Bestimmung  und  Begrenzung 
des  Uebungsstoffes  für  die  verschiedenen  Altersstufen  bezw.  Schulklassen,  auf 
die  Kenntnis  der  Tumlitteratnr  und  der  Tumsprache;  2.  auf  die  Be- 
schreibung der  für  das  Schulturnen  geeigneten  Uebungsgeräthe  und  die  Art 
ihrer  Verwendung,  auf  die  Anlage  und  Einrichtung  der  Tumräume;  3.  auf 
die  Kenntnis  des  menschlichen  Körpers  nach  seinem  Bau  und  nach  seinen 
Lebensäufsemngen  (s.  Anlage  a),  auf  die  bei  dem  Turnen  zu  beobachtenden 
Gesundheitsregeln,  sowie  auf  die  ersten  nothwendigen  Hülfsleistungen  bei  vor- 
kommenden Unfällen;  4.  bei  denjenigen  Bewerbern,  welche  keine  Lehrer- 
prüfung abgelegt  haben,  event.  auf  die  Kenntnis  der  wichtigsten  Erziehungs- 
und Unterrichtsgmndsätze. 

§  8.  Die  praktische  Prüfung  erstreckt  sich  1.  auf  die  Darlegung  der 
körperlichen  Fertigkeit  in  den  Uebungen  des  Schulturnens,  2.  auf  die 
Ablegung  von  Probelectionen  zum  Nachweis  des  erforderlichen  Lehrgeschickes- 

§  9.  Diejenigen  Bewerber,  welche  zugleich  Fecht-  oder  Schwimmunterricht 
(s.  Anlage  b)  erteUen  wollen,  werden  in  diesen  Fächern  besonders  geprüft 

§  10.  Jeder  Bewerber  hat  vor  dem  Eintritte  in  die  Prüfung  eine  Grebühr 
von  zehn  Mark  zu  entrichten. 

§  11.  Die  Bewerber,  welche  die  Prüfung  bestanden  haben,  erhalten  ein 
Befähigungs- Zeugnis.    Die  Stempelgebühr  für  das  Zeugnis  beträgt  IMk.  50Pf. 

Berlin,  den  10.  September  1880.    Der  Minister  etc.   von  Puttkamer. 

Anlage  a.  Kenntnis  desmenschlichen  Körpers.  Uebersicht 
über  die  Organe  des  menschlichen  Körpers,  über  ihre  Lage  und  ihre  Funcüonen 
(Thätigkeiten).  Das   Knochengerüst    als    Grundlage    des    Bewegungs- 

apparates: die  Schädelknochen  nur  im  Allgemeinen,  die  Wirbelsäule  nach  Form 
und  Zusammensetzung,  der  Brustkorb,  der  Schulter-  und  Beckengürtel,  die  Glied- 
mafsen.  —  Von  einer  ins  Specielle  gehenden  Beschreibung  der  einzelnen  Knochen 
wird  abgesehen.  —  Die  Yerbindungsweisen  der  Knochen,  namentlich  die  Gelenk- 
verbindungen. Die  Muskeln  des  Knochengerüstes:  Bau  und  Thätigkeit 
der  Muskeln  im  Allgemeinen,  die  wichtigeren  oberflächlichen  Muskeln  bezw. 
Muskelgruppen,  ihre  Lage  und  die  Bewegungen,  welche  sie  zu  Stande  bringen. 
Die  äufsere  Haut,  ihr  Bau  und  ihre  Functionen.  Das  Herz  und  der 
Blutkreislauf,  die  verschiedenen  Arten  der  BlutgefäTse,  der  Verlauf  der  gröfseren 
Gefäfse  und  Kenntnis  der  Stellen,  wo  gröfsere  Pulsadern  äuTserlich  zu  fühlen 
sind.  Das  Blut  als  Emährungsflüssigkeit  Die  Lymphgefäüse  (Saugadem)  und 
die  Lymphe.  Die  Lunge  und  die  Athmungsmuskeln,  der  Athmungsvorgang, 
die  Bedeutung  des  Athmens  für  die  Blutbildung.  Das  Nervensystem  im 
Allgemeinen:  Gehirn,  Eückenmark,  Nervenknoten  (Ganglien).  Bewegungs- 
und Empfindungsnerven.  Verlauf  der  gröfseren  Nervenstränge.  Die  Ver- 
dauungsorgane: die  einzelnen  Teile  derselben  nach  Form,  Lage  und  Thätigkeit. 

Anlage  b.  Die  Schwimmlehrer-Prüfung  erstreckt  sich:  1.  auf 
die  praktische  Prüfung,  umfassend  das  Schulschwimmen  als  Dauerschwimmen, 
die  Wassersprünge  (Fufs-  und  Kopfsprünge),  einige  Schwimmkünste,  besondere 
solche,  welche  bei  Bettungsversuchen  ihre  Anwendung  finden,  wie  Tauchen  und 
Wassertreten,  —  sowie  eine  Probelection;  2.  auf  die  theoretische  Prüfung: 
Beschreibung  und  Zergliederung  der  Schwimmbewegungen,  Methode  des  Schwimm- 
unterrichtes, Einrichtung,  Ausstattung  und  Leitung  von  Schwimmanstalten. 
Behandlung  der  im  Wasser  Verunglückten  bis  zur  Ankunft  des  Arztes. 


73 

Ans   CVerf.  y.   29.  Apr.   1876.    „Durch  die  CVerf.  v.  4.  Apr.  1866 
-wnrden    bei    Mitteilang    des   Beglements    far    die    Tarnlehrer  -  Prüfung    yom 
29.  März  dess.  J.  Verhandlangen   zu   dem  Zweck   eingeleitet,   dafs   aUe  höh. 
TInterrichtsanstalten,   soweit  an  denselben  nicht  bereits  vollständig  befähigte 
Turnlehrer  fdngirten,  diese  erhielten.   Inzwischen  sind  viele  Veränderungen  ein- 
getreten, auch  zahlreiche  neue  Anstalten  errichtet  worden,  und  es  liegt  Grund 
zu  der  Annahme  vor,  dafs  gegenwärtig  wieder  an  einer  gröfseren  Zahl  von 
Anstalten  gehörig  quEdificirte  Turnlehrer  nicht  vorhanden  sind.  .....    Es  ist 

nicht  blofs  abzuwarten,  ob  Meldungen  eingehen,  vielmehr  mufs  von  Aufsichts- 
wegen verlangt  werden,   dafs  bei  denjenigen  Anstalten,   an  welchen   für  den 
Tumbetrieb  nicht  genügend   gesorgt   ist,   einer  der  jüngeren  Lehrer  zur  Ab- 
solvirung  des  Gursus  veranlafst  werde.    Bei  staatlichen  Anstalten  wird  dieses 
YorgeheUj  sofern  ein   nach  seiner  Persönlichkeit  geeigneter  Lehrer  vorhanden 
ist,  nennenswerthe  Schwierigkeiten  nicht  bieten,  und  ich  hege  das  Vertrauen, 
dafs  auch  die  Patronate  der  städtischen  etc.  Anstalten  dem  Verlangen  gern 
entgegenkommen.    Erheblich  erleichtert  wird   der  Eintritt  in   die  E.  Central- 
Tumanstalt   durch   die   Möglichkeit,   dafs   in  Fällen  des  Bedürfiiisses  Unter- 
stützungen für  die  Eleven  aus  Centralfonds  gewährt  werden  können.    Besonders 
lege  ich  darauf  Gewicht,  dafs  auch  akademisch  gebildete  Lehrer  die  Beföhigung 
zur  Leitung  des  Tuinunterrichtes  sich  verschaffen.   Namentlich  wird  bei  gröfseren 
Gymnasien  und  Bealschulen,  an  welchen  zwei  und  mehr  Turnlehrer  in  Thätigkeit 
sind,  unbedingt  darauf  zu  halten  sein,  dafs  der  erste  derselben  die  Qualification 
für  das  .l}öhere  Lehramt   nachgewiesen   habe...."  Der  Minister  etc.    Im 

Auftr.:  Greiff. 


*  Das  Golloqninm  pro  rectoratn. 

CVerf.  V.  21.  Febr.  1867. 

Die  Colloquia  pro  rectoratu  werden  in  Zukunft  gemäfs  meiner  Verf. 
V.  24.  Dec.  V.  J.  (s.  p.  56)  nicht  mehr  von  den  K.  Wissensch.  Prüfnngs- 
commissionen,  sondern  von  den  E.  Prov.Schulcollegien  abgehalten  werden.  Ob  ein 
CoUoquium  und  bei  welchem  Prov.Sch.C.  dasselbe  stattfinden  soll,  darüber  bleibt 
die  Bestimmung  für  jeden  einzelnen  Fall  vorbehalten.  Die  Einberufung  dazu 
kann  sowohl  bei  den  zu  Directoren  von  Gymn.  oder  Bealschulen,  wie  bei  den 
zu  Bectoren  von  Progymn.  oder  höh.  Bürgerschulen  Designirten  erfolgen.  Zur 
Abhaltung  des  Golloquiums  tritt  jedesmal  unter  dem  Vorsitz  des  Chefs  des 
betr.  K.  Prov.Sch.C.  oder  des  von  ihm  dazu  bestimmten  Vertreters,  eine 
Commission  zusammen,  deren  Mitglieder  die  techn.  Departementsräthe  für  das 
höh.  Schulwesen  sind.  Aufserdem  wird  je  nach  dem  vorliegenden  Fall  der 
Dir.  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  zur  Teilnahme  an  dem  CoUoquium 
eingeladen. 

üeber  die  allgem.  Gesichtspunkte,  welche  bei  der  Designation  zu  einer 
Directorstelle  überhaupt  und  event.  sodann  bei  Abhaltung  eines  Golloquiums 
mafsgebend  sind,  bemerke  ich  Folgendes: 

In  den  Berichten  über  die  Besetzung  von  Diroctorstellen  sprechen  sich, 
gemäfs  der  CVerf.  v.  3.  Febr.  1843  und  vom  6.  Febr.  1847  (s.  unten  Abschn.  III), 
die  Provinzialbehörden  entweder  nach  eigener  längerer  Beobachtung  oder  auf 
Grund  sorgfältiger  Erkundigung  darüber  aus,  ob  und  wie  weit  sie  den  Vor- 
geschlagenen, resp.  Gewählten,  zur  Schulleitung  befähigt  halten.  Sie  haben 
sich  darüber  ein  bestimmtes  Urteil  gebildet,  ob  es  ein  Mann  ist,  der  nach 
seinem  bisherigen  Wirken  und  Verhalten  far  einen  redlichen  und  selbständigen 
Charakter  gelten  mufs,  beseelt  von  edler  und  wohlwollender  Gesinnung,  von 
aufrichtiger  Liebe  zu  seinem  Beruf,  zu  König  und  Vaterland,  von  Achtung  vor 


74 

'Oesetz  and  Ordnung,  von  klarer  und  ungefärbter  Beligiosität;  ob  er  in  seinem 
Lehramt  mastergebende  Treae  and  Geschicklichkeit  sowohl  in  der  wissenschafiL 
Belehrung,  Anregung  und  Leitung,  wie  auch  in  der  situ.  Bewahrung,  Besserung 
und  Förderung  seiner  Schüler  bewiesen  hat,  und  ob  sich  von  ihm  erwarten 
läfst,  däfs  er  die  zur  Leitung  einer  h5h.  Lehranstalt  im  Innern  und  zu  ihrer 
Vertretung  nach  auTsen  nöthige  Menschenkenntnis,  gesellige  Bildung,  Umsicht, 
Besonnenheit  und  taktvolle  Energie  beweisen  werde,  sowie  dafs  es  ihm  an  Sinn 
und  Befähigung  für  die  administrative  Seite  des  Amts  nicht  fehle.  Litterarische 
Thätigkeit  und  schriftstellerischer  Buf  sind  schätzbare  Eigenschaften;  ent- 
scheidend können  sie  für  die  Empfehlung  zu  einer  DirectorsteUe  nicht  sein. 
Die  wissenschaffcl.  Qualification  mufs  vollständig  documentirt,  also  die  Fähigkeit, 
in  den  oberen  Kl.  zu  unterrichten,  durch  Zeugnisse  über  die  abgelegte  Prüfung 
und  über  die  prakt.  Lehrerwirksamkeit  nachgewiesen,  event.  vorher  eine  Dis- 
pensation von  diesem  Erfordernis  ausnahmsweise  erteilt  worden  sein. 

Es  ist  zu  erwarten,  dafs  es  nach  einer  derartigen  eingehenden  Bericht- 
erstattung in  der  Begel  eines  Colloquiums  weiter  nicht  bedürfen  wird.  Wenn 
ein  solches  gleichwohl  angeordnet  wird,  so  hat  dasselbe  zwar  neben  den  allen 
höh.  Schulen  gemeinsamen  (resichtspunkten  vorzugsweise  diejenige  Schulkategorie 
ins  Auge  zu  fassen,  um  welche  es  sich  in  dem  besonderen  FsJl  handelt,  kann 
sich  aber  auf  dieselbe  nicht  beschränken,  weil  z.  B.  das  dem  Bealschulgebiet 
Eigentümliche  sich  durch  den  Gegensatz  des  Gymnasialen  am  bestimmtesten 
nachweisen  läfst. 

Zwischen  der  Designation  zu  einer  Gymnasialdirector-  und  dej.zu  einer 
Progymnasialrector-Stelle  ist  ein  wesentl.  Unterschied  um  so  weniger  zu  machen, 
als  die  meisten  Progymn.  die  Tendenz,  sich  zu  einem  Gymnasium  zu  vervoll- 
ständigen, in  sich  tragen.  Es  wird  nur  zu  beachten  bleiben,  dafs  zu  Progymnasial- 
rectoren  auch  jüngere  Männer  designirt  werden,  bei  denen  der  Grad  von  Beife 
der  Amtserfahrung  und  des  pädagog.  Urteils,  welchen  ein  designirter  Gymnasial- 
director schon  erreicht  haben  mufs,  noch  nicht  in  Anspruch  genommen  werden 
kann.  Dasselbe  gilt  von  den  zu  Bectoren  höherer  Bürgerschulen  designirten 
Lehrern,  bei  denen  aufserdem  zu  berücksichtigen  ist,  dafs  zur  Leitung  dieser 
mehr  dem  prakt.  Leben  der  mittleren  Stände  zugewandten  Unterrichtsanstalten 
nicht  dieselbe  Weite  des  wissenschaftl.  Gesichtskreises  erforderlich  ist,  welche 
z.  B.  der  Dir.  einer  Beals^hule  1.  0.  besitzen  mufs. 

,  Das  Colloquium  ist  keine  Prüfung,  wird  auch  nicht  in  lateinischer,  sondern 
in  deutscher  Sprache  geführt;  es  müfsto  denn  sein,  dafs  besondere  Veranlassung 
vorläge,  die  bei  Directoren  von  Gymn,  und  Bectoren  von  Progymn.  voraus- 
zusetzende Fertigkeit  im  mündl.  Gebrauch  des  Lateinischen  durch  den  techn. 
Departementsrath  constatiren  zu  lassen. 

Die  Unterredung  bezieht  sich  vornehmlich  auf  pädagog.  und  didaki  Gegen- 
stände. Sie  giebt  dem  Designirten  Gelegenheit,  seine  Ansichten  über  den 
Begriff  der  Erziehung,  über  die  höchsten  Gesichtspunkte  für  Unterricht  und 
Disciplln,  über  den  Einflufs  derselben  auf  die  Bildung  des  Willens  und  des 
Charakters,  über  den  Zweck  und  die  relative  Wichtigkeit  der  einzelnen  Unterrichts- 
gegenstände, über  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  innerhalb  des  besonderen  Schul- 
organismus, sowie  über  die  Geschichte  derselben  darzulegen.  Zum  Gegenstand 
der  Unterredung  eignet  sich  femer  die  Art  und  Weise,  wie  das  religiöse  und 
das  sittliche  Gefühl,  der  Sinn  für  das  Schöne,  das  Verstandes-  und  das  gedächtnis- 
mäfsige  Auffassen  durch  einzelne  Lehrobjecte  zu  fördern  sind;  ebenso  die  beim 
Unterr.  allgemein  und  nach  besonderen  Anforderungen  anzuwendende  Methode, 
die  Einrichtung  von  Lehr-  und  Lectionsplänen,  die  Abgrenzung  der  Curse  nach 
«iner  gegebenen  Elassenzahl,  die  Wahl  der  Lehrmittel,  Lehrbücher,  Schriftsteller, 
Art,  Ordnung  und  Mafs  der  schrifU.  Arbeiten.  Nicht  minder  verdient  zur 
Sprache  gebracht  zu  werden  der  Werth  einzelner  Disciplinareinrichtungen,  die 


76 

Einwirkang  der  Schale  anf  hänsl.  and  Volkserziehang  and  die  Bückwirkang 
dieser  aaf  die  Schale;  endlich  aach  das  Verhältnis  des  Directors  za  Amts- 
genossen, Vorgesetzten,  Schalem,  ihren  Eltern  and  dem  Pahükam  üherhaapi 

Bei  allen  diesen  Gregenständen  wird  es  far  den  Zweck  des  CoUoqaiams 
mehr  aaf  Bestimmtheit  and  Klarheit  der  Antworten,  Sicherheit  der  üeberzeagang, 
Leichtigkeit  in  andere  Vorstellangen  einzagehen,  aaf  Wärme  far  die  den  Aiä^ 
gaben  der  Schale  za  Grande  liegenden  höheren  Ideen  ankommen,  als  aaf  genaae 
Uebereinstimmang  mil  den  in  der  Gommission  vertretenen  Ansichten  oder  mit 
den  Lehrsätzen  eines  besonderen  philosoph.  Systems. 

*  Das  Golloqaiam  bietet  yielfache  Veranlas^ang  dar,  die  jedem  Dir.  anent- 
behrliche Bekanntschaft  mit  den  far  das  höh.  Schalwesen  bestehenden  gesetzl. 
Bestimmangen  bei  den  Designirten  in  Ansprach  za  nehmen.  Das  Geschäftliche 
ihres  künftigen  Berufs  kann  ihnen  zwar  erst  durch  die  Praxis  selbst  geläufig 
werden;  doch  wird  es  ihnen  dazu  förderlich  sein,  wenn  der  betr.  Departements- 
rath  ihnen  bei  ihrem  Aufenthalt  am  Sitz  des  K.  ProT.Sch.C.  Grelegenheit  giebt, 
sich  mit  den  Normen,  für  die  Verwaltung  der  Externa,  z.  B.  hinsichtlich  des 
Etats-  und  Rechnangswesens,  darch  unmittelbare  Anschauung  bekannt  za  machen. 

üeber  das  Ergebnis  des  Colloquiums  wird  kein  Zeugnis  ausgestellt,  sondern 
mit  Einsendung  -des  Protokolls  ein  kurzer  gutachtl.  Bericht  erstattet. 

•  Mit  den  unter  den  Verhältnissen  der  gegenwärtigen  Zeit  wachsenden 
Schwierigkeiten  und  Aufgaben  der  Schulleitung  und  des  Lehrerbemfö  überhaupt 
steigert  sich  auch  für  aUe  an  der  Schulverwaltung  Beteiligten  die  Pflicht,  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  es  an  tüchtigen  Kräften  dazu  nicht  fehle.  Wie  deshalb 
unlängst  gelegentl.  des  neuen  Lehrer -Prüfungsreglements  den  Directoren  die 
Teilnahme  in  Erinnerung  gebracht  ist,  mit  welcher  sie  dem  Streben  deijenigen 
unter  ihren  Schülern,  die  sich  dem  Dienst  der  Schule  widmen  wollen,  zu  Hülfe 
kommen  können  (s.  S.  57),  und  wie  es  von  ihnen  erwartet  wird,  dafs  sie  es 
an  Wissenschaft,  and  sonstiger  Anregung  der  jüngeren  Lehrer,  sich  für  die 
höheren  Aufgaben  des  Unterrichts  zu  befähigen,  nicht  fehlen  lassen:  ebenso 
wird,  wie  ich  vertraue,  die  Aufinerksamkeit  der  Schulräthe  und  Directoren  mehr 
and  mehr  darauf  gerichtet  sein,  Lehrern,  bei  denen  sich  das  Talent  der  Schpl- 
leitung  ankündigt,  in  geeigneter  Weise  zur  Ausbildung  desselben  behülflich  zu 
sein.  Es  ist  für  die  Wohlfahrt  des  Staats  auch  auf  diesem  Gebiet  alles  daran 
gelegen,  dafs  der  rechte  Mann  die  rechte  Stelle  finde."  —  Vgl.  p.  78. 

Min.  Verf.'  v.  27.  Febr.  1877.  „Auf  den  Bericht  des  K. Prov.Sch.C.  vom 
10.  d.  M.  erkläre  iqh  mich  damit  einverstanden,  dafs  die  Bestätigung  des  zum 
Director  des  Gymnasiums  zu  N.  gewählten  Bectors  Dr.  N.  von  dem  Bestehen 
eines  Colloquiums  abhängig  gemacht  wird.  Dagegen  vermag  ich  dem  weiteren 
Antrage  des  £.  Prov.Sch.C.,  dies  CoUoqaium  bei  dem  hiesigen  Prov.Sch.C.  abhalten 
zn  lassen,  nicht  beizutreten.  Es  mufs  im  Allgemeinen  als  Kegel  gelten,  dafs 
das  CoUoqnium  bei  den\jenigen  Prov.Sch.C.  stattfindet,  in  dessen  Verwaltungs- 
bezirk der  Grewählte  eveni  demnächst  eintreten  wird;  denn  es  liegt  im  Interesse 
dieser  Behörde,  bei  der  Unterredung  einen  Eindruck  von  der  .ganzen  Persönlich- 
keit des  Mannes  und  einen  Einblick  in  seine  Ansichten  über  pädagogische  und 
didaktische  Fragen  zu  gewinnen,  aaf  Grund  deren  sie  sich  ein  eigenes  Urteil 
über  seine  Befähigung  zor  Leitung  einer  höh.  Lehranstalt  zu  bilden  vermag. 
Von  dieser  Begel  im  vorliegenden  Falle  abzugehen,  liegt  ein  ausreichender 
Orund  nicht  vor,  da  von  dem  pp.  N.  bei  der  Leichtigkeit  des  Verkehrs  die 
Beise  nach  N.  zu  diesem  Zweck  ohne  Unbilligkeit  gefordert  werden  darf.  Ich 
beanftrage  daher  das  K.Prov.Sch.C.,  das  Colloquium  mit  demBectorN.  abzuhalten.*^ 
Der  Minister  etc.  Falk. 


76 


III. 

Anstellung. 

üeber  die  wissenschaftlichen  resp.  technischen  Anforderungen 
für  den  Eintritt  in  das  Lehramt  s.  Abschn.  IV). 

Einige  VerfQgnngen  erinnern  an  rechtzeitige  Absolvirnng  der 
Prüfungen: 

Min.  Verf.  V.  19.  D 60.  1863:  „Nach  dem  Bericht  —  ist  die  Zahl  der 
Schulamtscandd.,  welche  auch  im  gegenwärtigen  Schalsemester  ohne  eine  Prüfung 
bestanden  zu  haben  an  höh.  Lehranshtlten  der  Provinz  unterrichten,  sehr  beträcht- 
lich. Die  Zulassung  ungeprüfter  Candidaten  zum  ünterr.  wird  sich  unter  den  ob- 
waltenden Umständen  nidit  ganz  vermeiden  lassen ;  es  ist  aber  nicht  zu  dulden,  dafs 
wenn  sie  es  ungebührlich  lange  verschieben,  sich  der  vorschriftsm.  Prüfung  zu 
unterziehen,  sie  dennoch  von  einem  Jahre  zum  anderen  in  ihrer  Stellung  belassen 
werden.  —  Es  ist  im  eigenen  Interesse  der  Candd.,  daf»  sie  auf  jede  Weise  ange- 
halten werden,  ihrer  Verpflichtung  hinsichtlich  des  Examens  nachzukommen.  Nach 
der  C. Verf.  v.  2.  Jan.  d.  J.  darf  der  Antrag  auf  Zulassung  ungeprüfter  Candd.  zum 
Lehramt  auf  höchstens  2  Semester  gestellt  werden.  Ich  veranlasse  das  K.Prov.Sch.C.7 
künftig  in  jedem  Fall,  wo  eine  solche  Zulassung  nicht  zu  umgehen  ist,  dem  b^tr. 
Gand.  zu  erklären,  sie  geschehe  nur  ausnahmsweise  und  unter  der  Bedingung,  dafs 
er  spätestens  in  Jahresfrist  das  Examen  pro  facult.  doc.  absolvirt  habe,  und  er 
werde  unfehlbar  wieder  entlassen  werden,  wenn  er  diese  Bedingung  unerfüllt  lasse.'' 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  v.  27.  Juni  1851  (vom  K. 
Minist,  den  übrigen  K.  Prov.Sch.CC.  mitgeteilt):  „Obwohl  zur  Besetzung  der  in 
unserem  Verwaltungsbezirk  zur  Erledigung  kommenden  Lehrstellen  eine  ausreichende 
Anzahl  von  Schulmännern  vorhanden  ist,  so  sehen  wir  uns  doch  mehrfach  aufser 
Stande,  den  an  uns  gerichteten  Gesuchen  um  definitive  Anstellung  zu  entsprechen, 
weil  die  betr.  namentl.  jüngeren  Schulmänner  sich  oft  nicht  nur  unmittelbar  nach 
der  Beendigung  ihrer  akadem.  Studienzeit  nicht  die  Lehrbefähigung  in  einem  oder 
mehreren  Unterrichtsfächern  für  alle  Klassen  eines  Gymn.  oder  einer  Realschule 
erworben  haben,  sondern  es  auch  später  versäumen,  ihre  wissenschaftl.  Fortbildung 
durch  Privatstudien  soweit  zu  fördern,  dafs  sie  bei  der  Besetzung  höherer  und  besser 
dotirter  Lehrstellen  füglich  Berücksichtigung  finden  können.  Sowohl  in  teilnehmendem 
Interesse  an  dem  Gedeihen  des  Lehrstandes  als  der  Schule  müssen  wir  es  daher 
als  sehr  wünschenswerth  erachten,  dafs  die  Gymnasialdirectoren  bei  den  vielfachen 
Beziehungen,  in  welche  dieselben  zu  den  Mitgliedern  des  Lehrstandes  treten,  den 
betr.  Schulmännern  bei  jeder  zweckdienl.  Veranlassung  in  geeigneter  Weise  einen 
mahnenden  Antrieb  geben,  dafs  sie  mit  Eifer  an  ihrer  weiteren  wissenschaftl.  Aus- 
bildung fortarbeiten  und  den  Erfolg  ihres  Strebens  auch  durch  Zeugnisse  einer 
K.  Wissensch.  Prüfungscomm.  förmlich  und  vorschriftsmäfsig  nachweisen. 

Indem  wir  die  Direction  veranlassen,  in  diesem  Sinne  zur  Förderung  der 
gedachten  wichtigen  Angelegenheit  nach  Kräften  mitzuwirken,  nehmen  wir  zugleich 
Gelegenheit,  auf  ein  der  vorerwähnten  Absicht  entgegentretendes  Hindernis  auf- 
merksam zu  machen,  welches  durch  die  oft  vorkommende  Verheiratung  junger, 
wenig  bemittelter  und  noch  nicht  angestellter  Schulmänner  hervorgerufen  wird." 

[Im  Folgenden  wird  nicht  nur  auf  die,  später  durch  die  CO.  v.  21.  Oct. 
1863  aufgehobene,  Verpflichtung,  bei  definitiver  Anstellung  nach  der  Ver- 
heiratung die  Frau  bei  der  AUgm.  Wittwenversorgungsanstalt  einzukaufen  und 
auf  die  m  diesem  Falle  vorgeschriebene,  durch  das  Gesetz  v.  17.  Mai  1856  eben- 
falls beseitigte,  Bestimmung  sowohl  für  die  Zukunft  ein  Kapital  einzulegen,  resp. 
ein  solches  zu  verzinsen,  wie  für  die  Vergangenheit  die  Retardatzinsen  zu  zahlen, 
—  sondern  auch  auf  die  vielen  Sorgen  und  Hemmungen  hingewiesen,  welche  bei 
zu  früher  Verheiratung  einer  gründlichen  nnd  unbefangenen  Beschäftigung  mit 
wissenschaftl.  Studien  leicht  entgegentreten.] 

*)  Anstellung  und  Prüfung  von  Lehrern  an  Mittelschulen  ist  nach  der 
C.  Verf.  V.  1 5.  Oct.  1872  geordnet,  s.  Abt.  I,  S.  5,  Anm. 


77 

,,Daher  veranlassen  wir  die  Direction  namentlich  im  Interesse  der  jüngeren 
Schulmänner,  diese  bei  passender  Gelegenheit  auf  die  vorgedachten  Verhältnisse 
und  deren  Folgen  aufmerksam  zu  machen  und  sie  nöthigenfalls  durch  wohl- 
wollenden Rath  in  geeigneter  Weise  zu  belehren." 

Pädagogische  Anforderungen. 

^  C.Verf.  V.  20.  Dec.  1848:  —  „Der  Schule,  von  der  Elementar-  und  Volks- 
schule  an  bis  zq  den  Gymnasien,  ist  die  Aufgabe  gestellt,  die  ihr  anvertrauten 
Zöglinge  nicht  allein  mit  Kenntnissen,  welche  durch  spätere  wissenschaftl. 
Studien  oder  im  prakt.  Leben  erweitert  und  ergänzt  werden  können,  auszurüsten, 
sondern  auch,  was  das  Wesentlichste  ist,  sie  zu  Staatsbürgern  zu  erziehen 
welche  die  Religion,  die  Sitte  und  das  Gesetz  achten,  ihr  Vaterland  und  ihren 
Fürsten  lieben,  welche  den  Willen  und  die  Kraft  besitzen,  ihr  eigenes  Haus- 
wesen zu  leiten  und  mit  edler  Hingebung  sich  dem  Wohl  der  Gemeinde  und 
des  Staats  zu  widmen.  Dafs  die  Schulen  dieser  Aufgabe  genügen,  verlangen 
mit  Becht  die  Eltern,  die  Gemeinden  und  Bezirke,  für  deren  Kinder  sie  er- 
richtet sind.  Die  Staatsregierung  hat  dafür  zn  sorgen,  dafs  ihre  Institutionen 
dem  Zweck,  und  die  Organe,  denen  der  Unterricht  und  die  Erziehung  anver- 
traut wird,  ihrem  Beruf  entsprechen. 

Das  Gelingen  der  Bemühungen,  ein  nach  allen  Seiten  hin  befriedigendes 
Schulwesen  zu  erhalten  oder  zu  schaffen,  *  hängt  wesentlich  von  Denen  ab, 
welchen  die  Leitung,  der  Unterricht  und  die  Erziehung  der  Jugend  anvertraut 
ist.  Der  Lehrer  an  einer  offen tl.  Schule  mtifs  neben  der  wissenschaftl.  auch 
die  sittliche  Bildung  besitzen,  die  ihn  befähigt,  seinen  Zöglingen  in  jeder 
Beziehung  zum  Vorbild  zu  dienen.  Er  darf  keine  höhere  Aufgabe  für  sich 
anerkennen,  als,  seinem  selbsterwählten  Berufe  treu,  im  Unterricht  und  im 
Umgang  mit  seinen  Schülern  alles  zu  vermeiden,  was  die  naturgemäfse  und 
gesunde  Entwickelung  der  Jugend  irgendwie  stören,  von  ihr  nicht  begriffen 
und  richtig  gewürdigt  werden,  oder  gar  auf  die  Innigkeit  des  religiösen  Ge- 
fühls, zu  welchem  Glauben  es  sich  auch  neigen  möge,  auf  die  Achtung  vor 
allem  Edlen  und  Guten  von  nachteiligem  Einffufs  sein  kann.  Wer  diese  Eigen- 
schaften nicht  besitzt  und  sich  anzueignen  nicht  bemüht  ist,  hat  seinen  Beruf 
als  Lehrer  verfehlt." 

C.Verf.  V.  12.  Juli  1824:  —  „Bei  Anstellungen  im  Lehrfach  ist  von  dem 
unabänderlichen  Grundsatz  auszugehen,  dafs  öffentL  Lehranstalten  weder  durch 
blofse  wissenschaftl.  Bildung  der  Zöglinge,  noch  dadurch,  dafs  auf  ihnen  nur 
keine  schädlichen  und  verderbl.  Gesinnungen  und  Richtungen  erzeugt  und  be- 
fördert werden,  ihren  Zweck  erreichen,  sondern  dafs  der  letztere  neben  der 
wissenschaftl.  Bildung  auch  darin  besteht,  in  den  Zöglingen  Gesinnungen  der 
Anhänglichkeit,  der  Treue  und  des  Gehorsams  gegen  den  Landesherm  und  den» 
Staat  zu  erwecken  und  zu  befestigen,  und  dafs  daher  Lehrstellen  nur  denjenigen, 
die  auch  in  dieser  letztgedachten  Beziehung  volles  Vertrauen  verdienen,  über- 
tragen werden  sollen." 

C.Verf.  V.  6.  Febr.  1847:  „Aus  den  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  erstatteten 
Verwaltungsberichten  sowohl  als  auch  auf  anderen  Wegen  habe  ich  gern  die 
Ueberzeugung  gewonnen,  dafs  die  Lehrercollegien  an  den  Gymn.  im  AUgem.  die 
wissenschaftl.  Aufgabe  dieser  Anstalten  in  pflichttreuer  Erfüllung  ihres  Berufs 
zu  lösen  bemüht  sind  und  die  K.  Prov.Sch.CC.  sich  ebenso  angelegen  sein 
lassen,  durch  angemessene  Leitung  und  Beaufsichtigung  dieser  Anstalten, 
sowie  durch  zweckmäfsige  Einwirkung  auf  die  Thätigkeit  der  LehrercoU.  die 
Gymnasien  auf  dem  anerkannt  befriedigenden  Standpunkt,  welchen  sie  in 
wissenschaftl.  Beziehung  erreicht  haben,  zu  erhalten  odeir  durch  Beseitigung 
entgegenstehender  Hindernisse  demselben  zuzuführen.  Es  wird  mir  stets  zu 
besonderer  Genugthuung  gereichen,   diese   Thätigkeit  der  Provinzialbehörden 


78 

überall  zn  nnterstütee^,  durch  Berücksichtigmig  der  zur  fortschreitenden  Hebnn^ 
der  Gymn.  entweder  schon  ausgesprochenen  oder  noch  näher  vorzabereitenden 
Vorschläge  in  Beziehung  auf  deren  innere  Organisation  zn  erleichtem  nnd  ihr 
zugleich  den  wünschenswerthen  Erfolg  dadurch  immer  mehr  zu  sichern. 

Mit  nicht  gleicher  Beruhigung  kann  ich  mich  über  die  Resultate  der 
erziehenden  Thätigkeit  der  Gymnasien  aussprechen,  da  die  Aeufserungen 
über  den  Fleifs  und  die  unbefangene  Hingebung  der  Schüler  an  ihre  Au^be 
und  deren  Erfollung,  über  bescheidenes  und  die  Grenzen  angemessener  jugend- 
licher Bestrebungen  und  Beschäftigungen  nicht  überschreitendes  Verhalten  der- 
selben, keineswegs  überall  günstig  lauten.  Weit  entfernt,  die  Ursachen  der 
hierher  gehörigen  Erscheinungen  in  einer  minder  pflichttreuen  Wirksamkeit  der 
Lehrer  hinsichtl.  der  Erziehung  der  Jugend  zu  suchen,  da  der  häufig  aufserhalb 
der  Lehrercoll.  liegende  EinfluTs  auf  die  Schüler  der  Gymnasien  Vieles  hinreichend 
erklärt,  habe  ich  mich  doch  dringend  veranlafst  gefEinden,  den  EI.Prov.Sch.CC. 
in  Erinnerung  zu  bringen,  dafs  neben  der  Wissenschaft!.  Beföhigung  der  Lehrer 
besonders  in  unserer  Zeit  die  pädagogische  Tüchtigkeit  derselben  die 
gröljste  Aufmerksamkeit  erfordert,  um  durch  deren  entschiedenen  EinfluTs  die 
nachteiligen  Einwirkungen,  welchen  die  Schüler  häufig  anfserhalb  der  Schule 
ausgesetzt  sind,  durch  ein  stärkeres  Gregengewicht  innerhalb  derselben  zu 
schwächen,  wenn  nicht  völlig  aji&uheben.  Ich  muTs  daher  angelegentlich 
wünschen,  dafs  überall,  besonders  aber  bei  der  Anstellung  oder  Beförderung 
der  Lehrer  in  die  oberen  £1.  der  pädagogischen  Tüchtigkeit  derselben  mindestens 
eine  gleiche  Berücksichtigung  zu  Teil  werde,  wie  der  wissenschaftl.  Befähigung, 
und  dafs  die  K.  Prov.Sch.CC.  sich  besonders  bei  ihren  Anträgen  auf  Ernennung 
oder  Beförderung  von  Lehrern  in  die  oberen  Kl.  auf  den  Grund  eigener  fester 
Ueberzeugung  darüber  bestimmt  aussprechen,  ob  von  dem  Anzustellenden 
auch  eine  entschiedene  und  erfolgreiche  Einwirkung  auf  die  sittliche  Eich- 
tung  und  die  ganze  Anschauungs-  nnd  Auf  assungsweise  der  Jugend  erwartet 
werden   darf. 

Die  Wichtigkeit  der  pädagog.  Kraft  eines  Mannes  tritt  aber  in  ihrer 
ganzen  Bedeutung  hervor,  wenn  es  darauf  ankommt,,  die  Leitung  des  Gym- 
nasiums dem  rechten  Manne  zu  übertragen.  Die  wissenschaftl.  Befähigung 
ist  auch  in  diesem  Fall  leichter  zu  ermitteln;  schwieriger  aber  ist  es,  sich  die 
Ueberzeugung  zu  verschaffen,  dafs  der  künftige  Dirigent  nicht  nur  selbst  eine 
richtige  Anschauung  der  Lebensverhältnisse  besitze,  sondern  auch  mit  der 
erforderl.  Gesinnungs-  und  Charaktertüchtigkeit  ausgestattet  sei,  und  durch 
eine  Vertrauen  und  Achtung  einfiöfsende  Persönlichkeit  im  Wege  liebevollen 
Ernstes  derselben  innerhalb  des  Lehrercoll.  Geltung  zu  verschaffen  und  duröh 
dieses  sowohl  als  durch  eigene  consequente  und  kr^ge  Einwirkung  die  Jugend 
*fur  dieselbe  zu  gewinnen,  in  ihr  zu  befestigen  und  dadurch  för  Beligion, 
Vaterlandsliebe  und  gewissenhafte  Treue  in  allen  Verhältnissen  des  Lebens  zu 
erziehen.  Je  bestimmter  sich  des  Königs  Maj.  dahin  ausgesprochen  haben,  dafs 
nur  solchen  Männern  die  Leitung  der  höh.  Unterrichtsanstalten  übertragen 
werden  soll,  desto  nachdrücklicher  mufs  ich  die  K.  Prov.Sch.CC.  veranlassen, 
sich  bei  allen  ihren  Vorschlägen  zu  Directorstellen,  sie  mögen  von 
Ihnen  selbst  oder  von  den  zur  Berufting  berechtigten  Patronatsbehörden  aus* 
gehen,  die  möglicht  sichere  Ueberzeugung  von  der  Tüchtigkeit  der  Berufenen 
oder  Vorzuschlagenden  in  Beziehung  anf  die  hier  näher  hervorgehobene  Seite 
zu  verschaffen,  und  in  den  an  mich  zu  erstattenden  Berichten  darüber  aus- 
fuhrlich und  bestimmt  auszusprechen,  damit  ich  in  den  Stand  gesetzt  werde, 
meine  desfallsigen  Anträge  bei  des  Königs  Maj.  gehörig  zu  motiviren.  Die 
Schwierigkeit,  sich  in  dieser  Beziehung  eine  vollständige  Ueberzeugung  zu  ver- 
schaffen, habe  ich  bereits  anerkannt;  es  kommt  aber  darauf  an,  nichts  unver- 


79 

sacht  ZQ  lassen,  um  diese  Uebeizeugnng  sich  in  dem  Mafse  zn  verschaffen,  al» 
die  jedesmaligen  Verhältnisse  es  gestatten.'' 

Im  Uebrigen  s.  Abschn.  IV  von  den  Amtspflichten. 

Religiöse  Qoalifioation. 

Ueber  die  allgem.  Prüfling  der  Schnlamts-Candidaten  in  der  Beligions- 
lehre  s.  p.  37  fg. 

Separ.  Lutheraner.  C.  Verf.  v.  24.  Juli  1847  (an  die  K.  Re- 

gierungen): —  „Die  Verhältnisse  der  Ton  der  Landeskirche  sich  getrennt 
haltenden  Lutheraner  sind  durch  die  denselben  erteilte  Generalconcession 
geordnet  und  festgestellt  Der  Lehrbegiiff  derselben  befindet  sich  in  Ueber- 
einstimmung  mit  dem  Lehrbegriff  deijenigen  Angehörigen  der  evangel.  Landes- 
kirche, welche  das  luther.  Bekenntnis  festhalten;  es  läfst  sich  daher  der  Fall 
wohl  denken,  dalk  ein  zu  ihnen  übergetretener  Lehrer  den  ihm  obliegenden 
Beligionsunterr.  so  erteilt  und  zugleich  zu  der  evangel.  Kirche  eine  solche 
Stellung  einnimmt,  dafs^  er  der  ihm  vorgesetzten  Schulbehörde  keinen  Grund 
zur  Beschwerde  und  der  *Gremeinde  in  seinem  Unterricht  und  ganzem  Verhalten 
keinen  Anstofs  giebt.  Für  diesen  Fall  liegt  keine  Veranlassung  vor,  einen 
solchen  Lehrer  aus  seinem  Amte  zu  entfernen,  üebt  dagegen  sein  Verhältnis 
zu  den  sich  getrennt  haltenden  Lutheranern  auf  seine  Wirksamkeit  als  Lehrer 
einer  evangel.  Gemeinde  einen  nachteiligen  Einflufs  und  erhebt  namentl.  die 
letztere  gegen  ihn  Beschwerde,  so  gestaltet  sich  die  Sache  anders;  es  wird 
alsdann  die  event.  Forderung  der  Gremeinde,  dafs  er  aus  seinem  Amte  entfernt 
werde,  nicht  unberücksichtigt  bleiben  dürfen. 

Ist  nämlich  ein  Lehrer  als  evangelischer  SchuUehrer  einer  Gemeinde 
angestellt  worden,  so  hat  er  damit  auch  die  Verpflichtung  übernommen,  die 
Sinder  der  Gemeinde  nicht  nur  in  den  eigenü.  Beligionsstnnden,  sondern  auch 
in  den  übrigen  Unteirichtsgegenständen,  welche  mehr  oder  minder  an  den- 
Beligionsunterr.  sich  anschliefsen  und  auf  dessen  Grundlagen  sich  zurück- 
beziehen, in  dem  Glauben  und  in  der  Confession  zu  unterrichten,  welcher  die 
Gemeinde,  als  deren  Schullehrer  er  berufen  worden,  zugethan  ist  Insofern  er 
die  kirchl.  Gemeinschaft  mit  dieser  Gemeinde  aufhebt,,  kann  der  letzteren  nicht 
zugemuthet  werden,  ihm  ihre  Kinder  femer  anzuvertrauen,  und  ist,  wenn  der 
vorausgegangene  Versuch  freundlicher  Verständigung  fruchüos  bleibt,  auf  dem 
Wege  der  förml.  Disciplinamntersuchung  über  seine  fernere  Befähigung  oder 
Nichtbefähigung  zurVerwaltung  des  Schulamts  in  der  betr.  Gemeinde  zu  entscheiden. 
,  In  solchen  Fällen  kann  es  sich  indessen,  wie  sich  von  selbst  versteht, 
nicht  um  die  Entsetzung  eines  Lehrers  als  Strafe  für  eine  unerlaubte  Handlung 
oder  ein  Amtsvergehen,  sondern  nur  um  dessen  event  Entlassung  auf  Grund 
einer  durch  seine  eigenen  Handlungen  eingetretenen  Unfähigkeit  2ur  ferneren 
Verwaltung  des  von  ihm  unter  anderen  Voraussetzungen  übernommenen  be- 
sonderen Schulamts  handeln. 

Nach  Mafsgabe  dieser  Grundsätze  wolle  die  K.  Begiernng  in  den  vor- 
liegenden und  femer  etwa  eintretenden  FäUen  verfahren.'' 

CVerf.  V.  15.  März  1851  (an .die  K.  Regierungen  und  die  K.  Prov.Sch.CC.): 
„Auf  Grund  der  CVerf.  v.  24.  Juli  1847  ist  im  vor.  Jahre  von  einer  der 
K.  Begierungen  die  Disciplinarontersuchung  in  den  durch  die  Verordn.  v. 
11.  Jiüi  1849  vorgeschriebenen  Formen  gegen  einen,  an  einer  confessionell 
evangeL  Schule  angestellten  Lehrer  aus  dem  Grunde  eingeleitet,  weil  derselbe 
in  die  Gomeinschsä  der  von  der  evangel.  Kirche  sich  getrennt  haltenden 
Lutheraner  eingetreten  war.  Das  Plenum  der  gedachten  Begierung  hat  jedoch 
die  angeführte  Verordnung  auf  diesen  Fall  nicht  für  anwendbar  erachtet,  da 
der  Confessionswechsel  an  sich  ein  stridfbares  Amtsvergehen  nicht  in  sich 
schüefse,  und  demgemäfs  dahin  entschieden,   dafs  der  Angeschuldigte  wegea 


80 

Teränderang  der  ConfessioD  mit  einer  Disciplinarstrafe  nicht  zu  belegen  sei. 
Diese  Entscheidung  ist  von  dem  K.  Staatsministerimn  bestätigt  worden.  Dasselbe 
hat  aber  zugleich  beschlossen,   dafs  mir  vorzubehalten  und  zu  überlassen  sei: 

im  Verwaltungswege  darüber  Entscheidung  zu  treffen,  ob  durch  das 
Ausscheiden  des  Angeschuldigten  aus  der  evangel.  Landeskirche  seine  Ernennung 
zum  Lehrer  bei  einer  evangel.  Schule  und  die  Bestätigung  seiner  Yocation  zu 
dieser  Stelle  unglltig  geworden,  mithin  sein  Ausscheiden  aus  diesem  Lehramt 
zu  bewirken  sei. 

Demgemäfs  habe  ich  die  betr.  K.  Regierung  veranlailst,  über  diese  Frage 
unter  Berücksichtigung  des  Sachverhältnisses  Entscheidung  zu  treffen  und  die 
Entlassung  des  betr.  Lehrers  zu  verfugen. 

Die  E.  Begierung  setze  ich  hiervon  mit  der  Veranlassung  in  Kenntnis, 
vorkommenden  Falls  nach  Mafsgabe  des  Beschlusses  des  K.  Staatsministeriums 
hinsichtl.  der  Lehrer  an  confessionell-evangel.  oder  kathol.  Schulen,  welche  aus 
der  betr.  Confession  ausscheiden,  zu  verfahren."  • 

Dissidenten.  C.Verf.  v.  8.  Mai  1847:  „Nachdem  durch  das  Allerh. 
Patent  v.  30.  März  d.  J.  die  Freiheit  des  Austrittes  aus  den  in  der  Monarchie 
bestehenden  anerkannten  Kirchen  in  bestimmte  gesetzl.  Formen  gebracht  worden 
ist)  wird  es  zur  Erfüllung  der  gleichzeitig  in  dem  Patent  den  öffentL  aufge- 
nommenen Kirchen  gemachten  Zusage  des  Schutzes  ihrer  Gerechtsame  erforderlich, 
Mafsregeln  zu  treffen,  durch  welche  diese  Kirchen  gegen  das  Eindringen  fremder 
Elemente  in  ihren  eigenen  Dienst  und  namentlich  in  die  ihnen  zugehörigen 
Schulen  gesichert  werden. 

1.  (Von  Elementarschulen.) 

2.  Was  das  Verhältnis  der  übrigen  Lehranstalten,  welche  mit  einer  oder 
der  anderen  Kirchengemeinde  in  keinem  unmittelbaren  äuTseren  Zusammenhange 
stehen,  den  sich  bildenden  Dissidentenvereinen  gegenüber  betrifft,  so  ist  zur 
richtigen  Würdigung  dieses  Verhältnisses  zunächst  festzuhalten,  dafs  diese  An- 
stalten wegen  des  von  ihnen  zu  erwartenden  erziehenden  Einflusses  auf  die 
ihnen  anvertraute  Jugend  hinsichtl.  ihres  inneren  Zusammenhanges  mit  einer 
der  anerkannten  Kirchen,  und  dieserhalb  besonders  in  Betreff  der  Stellung  ihrer 
Lehrer  zu  einer  oder  der  anderen  dieser  Kirchen  einen  bestimmten  kirchl. 
Charakter  an  sich  tragen  und  daher  auch  nicht  umhin  können,  eine  bestimmte 
kirchl.  Bichtung  zu  verfolgen.  Wenn  daher  solche  Anstalten  auch  aus  Fonds 
der  bürgerl.  Gemeinden  gegründet  worden  sind  und  unterhalten  werden,  und 
jedem  Schüler  ohne  Bücksicht  auf  sein  Glaubensbekenntnis  Aufnahme  gewähren,, 
so  ist  doch  immer  nach  der  bestehenden  Landesverfassung,  oder  Statuten-  und 
observanzmäfsig  hinsichtl.  der  Anstellung  der  an  ihnen  fungirenden  Lehrer  deren 
Bekenntnis 'zu  einer  der  anerkannten  Landeskirchen  als  unerläfsliche  Bedingung 
bisher  festgehalten  worden. 

In  diesem  herkömml.  Verhältnis,  dafs  alle  öffentlichen  Unterrichts- 
anstalten der  Monarchie  entweder  evangelische  oder  katholische  oder  statuten- 
mäfsig  Simultananstalten  sind  und  dafs  daher  nur  Lehrer,  welche  sich  zur  evangel. 
oder  kathol.  Kirche  bekennen,  an  ihnen  angestellt  werden  können,  ist  auch 
fernerhin  nichts  zu  ändern.  Wie  daher  den  in  Folge  des  A.  Patents  v.  30.  März 
sich  bildenden  Dissidentenvereinen  neben  der  Freiheit,  besondere  Schuleinrichtung 
für  ihre  Angehörigen  nach  Mafsgabe  der  bestehenden  Gesetze  zu  treffen,  eine 
andere  Beteiligung  an  den  bestehenden  öffentl.  höh.  Unterrichtsanstalten  nicht 
zu  gestatten  ist,  als  dafs  es  ihnen  unbenommen  bleibt,  ihre  Kinder  denselben 
femer  anzuvertrauen,  —  ebenso  kann  weder  ein  aus  den  anerkannten  Landes- 
kirchen ausgeti'etener  Lehrer  in  seiner  Stellung  an  einer  öffentl.  Schule  ver- 
bleiben, noch  femer  ein  solches  Individuum  an  bestehenden  öffentl.  Schulen 
als  Lehrer  angestellt  werden."  — 


i 


81 

Zusätzliche  Bemerkung  aus  der  2.  Ausg.  Die  Praxis  der  späteren 
Zeit  hat  den  Standpunkt  der  Unterrichtsverwaltung,  welcher  aus  vorstehenden 
Verfügungen  erkennbar  ist,  nicht  festgehalten.  Die  Abweichung  davon  hängt  mit 
den  veränderten  Anschauungen  über  die  Confessionalität  der  höh.  Schulen  zusammen. 
Ueber  die  betreff.  Verhandlungen  und  thatsächl.  Verhältnisse  8.  die  Histstatist 
Darst.  II,  p.  19.  III,  p.  18.  —  Ueber  die  Veränderungen,  welche  in  Folge  der 
vatican.  Decrete  vom  Jahre  1870  bei  den  überwiegend  kathol.  Anstalten  einge- 
treten sind,  s.  ebendaselbst  III,  p.  9. 

Juden.  Gesetz  v.  23.  Juli  1847:  —  „Von  der  Leitung  und  Beauf- 
sichtigung christlicher  Cultus-  und  ünterrichtsangelegenheiten  bleiben  die  Juden 
allgm.  ausgeschlossen.  An  Universitäten  können  Juden,  soweit  die  Statuten 
nicht  entgegenstehen,  als  Privatdocenten,  auTserordentl.  und  ordentl.  Professoren 
der  medicin.,  mathemat.,  naturwissenschafU.,  geographischen  und  Sprach- 
wissenschaft!. Lehrfächer  zugelassen  werden.  Von  allen  übrigen  Lehrfächern 
an  Universitäten,  sowie  von  dem  akadem.  Senat  und  von  den  Aemtem  des 
Decans,  Prorectors  und  Bectors  bleiben  sie  ausgeschlossen.  •  An  Kunst-,  Ge- 
werbe-, Handels-  und  Navigationsschulen  können  Juden  als  Lehrer  zugelassen 
werden.  AuTserdem  bleibt  die  Anstellung  der  Juden  als  Lehrer  auf  Jüd.  Unterrichts- 
anstalten beschränkt" 

Min.  Verf.  v.  19.  Nov.  1867:  —  „Die  über  den  Bereich  der  Elementar- 
schulen hinausgehenden  Lehranstalten  sind  zweifacher  Art.  Sie  haben  1.  neben 
der  Bestimmung,  Kenntnisse  uud  Fertigkeiten  mitzuteilen,  auch  einen  päda- 
gogischen Zweck;  oder  2.  sie  sind  lediglich  auf  die  Mitteilung  von  Kenntnissen 
und  Fertigkeiten  beschränkte  Fachschulen. 

Zu  der  ersteren  Art  gehören  die  Gymnasien,  die  Beal-  und  höh.  Bürger- 
schulen; zu  der  zweiten  die  technischen  Anstalten,  Gewerbeschulen,  polytechn. 
Schulen  u.  dgl.  m. 

Den  Schulen  ersterer  Art  ist  zur  Erreichung  ihres  pädagog.  Zwecks  ein 
religiöser  Charakter  unentbehrlich.  Die  wichtigsten  Erziehungsmittel  sind  von 
demselben  abhängig  und  können  nur  wirksam  werden,  wenn  die  Lehrer  einer 
solchen  Anstalt  den  Schülern  gegenüber  im  Wesentlichen  eine  Einheit  bilden. 

Demgemäfs  sind  die  Gymnasien,  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen  in  den 
altpreufs.  Provinzen  alle  entweder  evangelisch  oder  katholisch,  oder  in  einzelnen 
Fällen  simultan,  wobei  dann  über  dem  Unterschied  der  beiden  Confessionen 
die  Einheit  doch  in  dem  christlichen  Charakter  der  Schule  vorhanden  ist. 

In  den  neuerworbenen  Landesteilen  finden  sich  auch  2  unlängst  von  mir 
anerkannte  Jüdische  Bealschulen,  welche  entsprechend  für  ihren  pädagogischen 
Zweck  die  Grundlage  in  der  jüdischen  Beligion  haben. 

Von  den  hieraus  erkennbaren,  aus  der  Natur  der  Sache  hervorgehenden 
Grundsätzen  der  Organisation  höherer  Schulen  kann  nicht  abgegangen  werden."  — 

Zusätzliche  Bemerkung  aus  der  2.  Ausg.  Die  vorstehenden  beiden 
Bestimmungen,  gesetzl.  nnd  administrativ,  haben  gegenwärtig  nur  noch  historischen 
Werth.  In  Betreff  der  allmählich  mehr  und  mehr  gestatteten  Anstellung  jüdischer 
Lehrer  an  öffentl.  höh.  Schulen  s.  CBl.  1868  p.  85.  Hist.statist.  Darst.  II,  p.  27. 
in,  p.  21.  185. 

Ueber  die  Qualification  hinsichtl.  der  allgm.  Militärdienstpflicht 
s.  Abschn.  V. 

Nöthige  Auskunft  vor  der  Anstelluiig. 

C.Verf.  V.  12.  Juni  1851:  —  „Die  K.  Prov.Sch.CC.  und  K.  Regierungen 
werden  wiederholt  veranlafst,  sich  bei  allen  Anstellungen,  Beförderungen,  Be- 
stätigungen etc.  über  die  betr.  Person  zuverlässige  Kenntnis  zu  verschaffen. 
Zeugnisse,  namentl.  aus  älterer  Zeit,  welche  von  den  Bewerbern  producirt  werden, 
sind  in  der  Eegel  nicht  für  genügend  anzusehen;  vielmehr  wird  zur  vollständigen 

Wiese,  VeTordnangen.    IL  6 


82 

Feststellnng  des  Sachverhältnisses  eine  amtl.  Rückfrage  bei  der  betr.  Behörde 
nothwendig  sein."    Vgl.  in  Abschn.  IV  die  C.Verf.  v.  22.  Jan.  1851. 

C.Verf.  des  K.  ProY.Sch.C.  zu  Berlin  y.  19.  Apr.  1864:  „Wir  finden 
uns  veranlafst  anzuordnen,  dafs,  mn  Bückfragen  bei  den  Dir.  überflüssig  zu 
machen,  bei  Anträgen  der  Fatronatsbehörden  auf  Anstellung  von  Lehrern  und 
auf  Beschäftigung  von  Hülfslehrem,  das  Gutachten  der  Dir.  über  die  Bedürfhisse 
der  Anstalt  an  Lehrkräften  und  in  wie  weit  durch  die  Anträge  den  Bedürfnissen 
entsprochen  wird,  den  übrigen  Schriftstücken  beigefügt  werde." 

CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  13.  Juli  1865:  „Bei  dem  in 
neuerer  Zeit  häufig  vorkommenden  Lehrerwechsel  ereignet  es  sich  nicht  selten, 
dafs  Lehrer  zur  Anstellung  gelangen,  über  deren  persönl.  und  bisherige  amtl. 
Verhältnisse  die  in  den  vorgelegten  Zeugnissen  enthaltenen  meist  nur  kurzen 
Angaben  oft  nicht  die  erforderl.  Auskunft  geben.  Wir  finden  uns  daher  ver- 
anlafst, hiermit  anzuordnen,  dafs  von  jetzt  an  bei  Anträgen  auf  Anstellungen 
den  übrigen  Anlagen  jedesmal  auch  eine  von  dem  Vorgeschlagenen  verfafste 
kurze  Selbstbiographie  beigefügt  werde,  welche  nicht  nur  über  die  äufseren 
Verhältnisse  des  Gand.  als  über  Name,  Ort,  Tag  und  Jahr  der  Geburt,  Herkunft, 
Glaubensbekenntnis,  frühere  Bildung  u.  s.  w.  die  nOthigen  Angaben  enthalten, 
sondern  auch  über  den  Gang  seiner  Studien,  etwanige  schriftstellerische  Thätigkeit, 
bisherige  amtl.  Stellung  .u.  s.  w.  nähere  Mitteilungen  enthalten  mufs.  Dasselbe 
hat  stattzufinden,  wenn  ein  bereits  angestellter  Lehrer  von  einer  diesseit.  Anstalt 
an  eine  andere  diesseitige  übergeht,  damit  diese  Notizen  den  Acten  der  neuen 
Anstalt  einverleibt  werden  können." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Königsberg  in  Pr.  v.  6.  Mai  1871. 
„Da  der  hies.  Universitätsquästur  die  Anzeigen  darüber,  ob  und  wann  ein  ehe- 
mal.  Studirender  mit  festem  Gehalt  angestellt  wird,  der  nach  Ausweis  des 
Universitäts- Abgangszeugnisses  noch  mit  der  Abzahlung  von  Gollegien- 
honoraren  im  Bückstande  ist,  bisher«  nur  unregelmäfsig  zugegangen  sind,  so 
veranlassen  wir  die  HH.  Dir.  der  Gymn.,  Eealschulen  und  SchuUehrer-Seminare 
der  Prov.  Preufsen,  bei  jeder  Anstellung  eines  Lehrers  an  der  ihrer  Leitung 
anvertrauten  Anstalt  sich  durch  Einsicht  in  das  Üniversitäts-Abgangszeugnis 
davon  Kenntnis  zu  verschaffen,  ob  derselbe  noch  früher  gestundete  Collegien- 
gelder  zu  zahlen  hat,  und  im  zutreffenden  Falle  von  seiner  Anstellung  unter 
Angabe  seines  Gehalts  der  hiesigen  universitätsquästur  sofort  Nachricht  zu  geben." 

Anstellungsordnung. 

C.Verf.  V.  3.  Febr.  1843:  „Die  Dienstinstruction  der  Prov.Gonsistorien 
V.  23.  Oct  1817  übertrug  dieser  Behörde  in  §  7  die  Anstellung  und  Beförderung 
der  Lehrer  bei  den  gelehrten  zur  Universität  entlassenden  Schulen  und  bei  den 
Schullehrer -Seminarien,  machte  ihr  jedoch  in  Rücksicht  der  Bectoren  und 
oberen  Lehrer  bei  den  gelehrten  Schulen,  imgleichen  der  Dir.  der  Schullehrer- 
Seminarien  zur  Pflicht,  die  Genehmigung  des  vorgesetzten  Minist  der  geistl.  etc. 
Ang.  einzuholen.  Diese  den  Prov.Gonsistorien  beigelegte  Befugnis  wurde  durch 
die  A.  0.  V.  20.  Sepi  1819  suspendirt  und  die  Besetzung  aller  Lehrstellen  bei 
den  genannten  Anstalten  unmittelbar  von  dem  Minist,  abhängig  gemacht.  Die 
A.  0.  V.  31.  Dec.  1825,  betreffend  eine  Abänderung  in  der  bisher.  Oi^anisation 
der  Provinzial -Verwaltungsbehörden  stellte  zwar  das  Anstellungsrecht  der 
Provinzialbehörde  wieder  her,  allein  die  A.  0.  v.  8.  März  1826  erachtete  die  bis- 
her. Einwirkung  des  Minist,  auf  die  Anstellung  und  Beförderung  des  gesamten 
Lehrerpersonals  an  den  Gymn.  und  Schullehrer-Seminarien  auch  fernerhin  fax 
rathsam,  und  so  verblieb  wesentlich  dem  Minist,  die  ihm  seit  dem  Jahre  1819 
übertragene  Ausübung  jenes  Anstellungsrechts,  welches  die  A.O.  v.lO.  Jan.  1836 
nur  insofern  modificirte,  als  sie  das  Erfordernis  der  unmittelbaren  Allerh.  Be- 


83 

stätignng  der  Gymnasialdirectoren  in  Gemäfsheit  des  Gesetzes  vom  27.  Oct.  1810 
wieder  herstellte. 

Da  indessen  die  Gründe  nicht  mehr  bestehen,  durch  welche  die  Snspen- 
dirang  der  angefahrten  gesetzl.  Bestimmungen  yeranlafst  worden,  so  habe  ich 
mich  für  verpflichtet  gehalten,  bei  des  Königs  Maj.  darauf  anzntragen,  dafs 
das  Becht  zur  Anstellung  und  BefÖrdemng,  resp.  Bestätigung  der  Lehrer  an 
den  Gymn.  und  SchuUehrer-Seminarien  nnter  Erhaltung  einer  angemessenen, 
in  der  Einheit  der  Monarchie  begründeten  und  bereits  in  den  früheren  Be- 
stimmungen vorgesehenen  Einwirkung  des  Ministeriums  auf  die  Beförderung 
des  gesamten  Lehrerpersonals,  den  Provinzialbehörden  durch  eine  gesetzl.  Ver- 
ordnung zurückgegeben,  dafs  femer  die  in  den  letzten  Deeennien  zu  voll- 
ständigerer Organisation  entwickelten  und  auf  den  Grund  eines  ausreichenden 
Elassensystems  und  Lehrplans  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigten  Bealschulen 
in  Betreff  der  Anstellung  ihrer  Lehrer  den  Gymnasien  gleichgesteUt  und  den 
Directoren  der  Gymn.,  Bealschulen  und  SchuUehrer-Seminarien  die  der  Wichtig- 
keit ihrer  Aufgabe  und  Stellung  entsprechende  Auszeichnung  der  Allerhöchsten 
Ernennung  oder  Bestätigung  für  die  Zukunft  zugestanden  werden  möge.  Auf 
den  Antrag  des  Staatsministeriums  haben  des  Königs  Maj.  nunmehr  unter  dem 
9.  Dec.  V.  J.  allergnädigst  diejenige  Verordnung  zu  erlassen  geruht,  welche  in 
der  Gesetzsammlung  für  1843  in  Nr.  1  zur  öffentl.  Kenntnis  gebracht  worden 
ist.        [Die  C.  0.  v.  9.  Dec.  1842  s.  Abi  I  p.  12.] 

Indem  ich  zu  den  K.  Prov.Sch.CC.  und  zu  den  K.  Begierungen  das  wohl- 
begründete Vertrauen  hege,  dafs  Sie  das  Ihnen  verliehene  Anstellungrecht  stets 
mit  deijenigen  Umsicht  und  Gewissenhaftigkeit  ausüben  werden,  welche  die  so 
wichtige,  das  Gedeihen  der  höh.  ünterrichteanstalten  so  wesentlich  bedingende 
Besetzung  der  Lehrstellen  erfordert,  veranlasse  ich  dieselben  zugleich  zur 
Beachtung  nachfolgender  Bestimmungen: 

1.  Die  Erledigung  einer  Directorstelle  oder  einer  solchen  Lehrstelle,  zu 
deren  Verleihung  es  meiner  Genehmigung  bedarf,  ist  unmittelbar  nach  dem 
Eintritte  der  Erledigung  anzuzeigen. 

2.  Wegen  Wiederbesetzung  einer  Directorstelle  sind  sobald  als  möglich 
und  spätestens  6  Wochen  nach  Erledigung  derselben  unter  genauer  Erörterung 
aller  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  und  Bezeichnung  derjenigen  Eigen- 
schaften, welche  aufser  den  allgemeinen,  eine  erfolgreiche  Direction  bedingenden 
Erfordernissen  dem  neuen  Dir.  in  seiner  besonderen  Stellung  nicht  fehlen 
dürfen,  Vorschläge  einzureichen,  die  etwanigen  Bewerber  um  die  Stelle  nauüiaft 
zu  machen  und  die  Gründe  anzugeben,  welche  die  Frovinzialbehörde  veranlassen, 
den  Vorgeschlagenen  vor  den  übrigen  zu  empfehlen.  Die  Einberufung  zum 
Oolloquium  pro  rectoratu  darf  niemals  ohne  meine  Genehmigung  erfolgen. 

3.  Die  zur  Ernennung  eines  Lehrers  erforderl.  Genehmigung  ist  ebenfalls 
spätestens  6  Wochen  nach  der  Erledigung  der  Stelle  einzuholen.  Sämtliche 
Bewerber  um  eine  solche  Stelle  sind  unter  Beifügung  der  Zeugnisse  derselben 
namentlich  anzuführen  und  ist  die  getroffene  Wahl  vollständig  zu  motiviren. 
[s.  jedoch  die  fgde.  Vferf.] 

4.  Wenn  es  sich  um  Bestätigung  eines  Dir.  oder  Lehrers  handelt,  welcher 
Ton  dem  berechtigten  Patron  der  Anstalt  erwählt  ist,  so  mufs  die  in  Antrag 
zu  bringende  Genehmigung  oder  Verwerfung  der  getroffenen  Wahl  von  der 
Provinzialbehörde  vollständig  motivirt  werden. 

5.  In  den  Anstellungsurkunden  ist  die  von  mir  erteilte  Genehmigung 
zur  Anstellung  oder  Bestätigung  zu  erwähnen. 

6.  Etatsmäfsige  Hülfslehrer  und  solche  technische  Lehrer,  welche  auf 
Kündigung  angenommen  werden,  sind  ohne  meine  vorherige  Genehmigung  an- 
zustellen oder  anzunehmen ;  jedoch  ist  nach  eingetretener  Veränderung  jedesmal 
anzuzeigen,  wer  angestellt  oder  angenommen  worden  ist. 

6* 


84 

7.  Insofern  das  etatsm.  Gehalt  einer  Stelle,  welches  in  den  nnter  2,  3 
und  4  sngefnhrten  Fällen  jedesmal  anzugeben  ist,  verändert  werden  soll,  bedarf 
es  dazu  des  besonderen  Antrags  und  meiner  Genehmigang." 

C.Verf.  V.  2.  Jan.  1863  (an  die  K.  Prov.Sch.CC.) :  „Des  Königs  Maj. 
haben  auf  den  Antrag  des  Staatsministeriums  in  Bezug  auf  die  Ausführung  der 
Verordnung  v.  9.  Dec.  1842,  die  Anstellung  der  Dir.  und  Lehrer  an  den  höh. 
ünterrichtsanstalten  betreffend,  durch  A.Ordre  v.  10.  Nov.  v.  J.  mich  zu  ermäch- 
tigen geruht,  die  Modification  des  bisher.  Verfahrens  eintreten  zu  lassen,  dafs 
die  den  K.  Prov.Sch.CC,  resp.  den  K.  Regierungen,  obliegende  Verpflichtung, 
für  die  Anstellung,  Beförderung  oder  Bestätigung  sämtlicher  ordentl.  Lehrer  an 
Gymn.,  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen  meine  Genehmigung  einzuholen,  bis  auf 
Weiteres  dahin  beschränkt  werde,  dafs  diese  Genehmigung  von  den  Prov.Sch.CC. 
nur  für  die  Oberlehrer  an  den  Gymnasien,  den  Bealschulen  1.  0.  und  den  mit 
Berechtigungen  versehenen  Progymnasien,  sowie  für  die  Bectoren  der  letzteren, 
und  eben  so  von  den  Begierungen  nur  für  die  Oberlehrer  an  den  Bealschulen 
2.  0.  und  an  den  als  höh.  Bürgerschulen  nach  der  Unterrichts-  und  Prüüings- 
ordnung  v.  6.  Oct.  1859  anerkannten  Lehranstalten,  sowie  für  die  Bectoren 
der  leteteren,  einzuholen  sei,  die  Anstellung,  Beförderung  oder  Bestätigung 
aller  übrigen  Lehrer  an  den  Schulen  der  genannten  Kategorien  aber  den  betr. 
Provinzialbehörden  überlassen  werde.  Li  Bezug  auf  die  Directorstellen  an 
den  Gymnasien  und  Bealschulen,  sowie  in  Bezug  auf  die  Director-  und  Lehrer- 
stellen an  den  SchuUehrer-Seminarien,  soll  es  bei  der  Verordnung  v.  9.  Dec. 
1842  verbleiben. 

Die  A.Ordre  hat  den  Zweck,  den  die  Anstellung  und  Bestätigung  der 
Lehrer  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  betreffenden  Geschäftsgang  zu  verein- 
fachen und  zu  diesem  Ende  die  Befugnisse  der  Provinzialbehörden  angemessen 
zu  erweitem.  Indem  ich  von  der  mir  darin  erteilten  AUerh.  Ermächtigung 
Gebrauch  mache  und  dem  K.  Prov.Sch.G.  die  Anstellung,  resp.  Bestätigung,  der 
Lehrer  an  den  Gymn.,  den  Bealschulen  1.  0.  und  den  mit  Berechtigungen  ver- 
sehenen Progymn.,  vorbehaltlich  der  im  Folgenden  näher  bezeichneten  Aus- 
nahmen, zur  selbständigen  Ausübung  hierdurch  übertrage,  darf  ich  erwarten, 
dafs  das  K.  Prov.Sch.G.  hierin  eben  so  sehr  einen  Ausdruck  des  Ihm  gevridmeten 
Vertrauens  erkennen,  als  sich  der  auf  dasselbe  übergehenden  gesteigerten  Ver- 
antwortlichkeit in  vollem  Mafse  bewufst  sein  werde. 

Das  K.  Prov.Sch.G.  hat  bei  den  nunmehr  Seiner  selbständigen  Entschliefsung 
überlassenen  Anstellungen  und  Bestätigungen  von  Lehrern  jedesmal  das  gesamt» 
bisherige  amtl.  und  aufseramtl.  Verhalten  der  in  Betracht  kommenden  Personen 
sorgfältig  zu  prüfen,  und  sich  die  Ueberzeugung  zu  verschaffen,  dafs  dieselben 
nicht  aUein  die  zu  dem  Amt  erforderliche  wissenschafU.  oder  techn.  Qualiflcation 
besitzen,  sondern  auch  in  pädagogischer  Hinsicht  den  Aufgaben  ihres  Berufs 
gewachsen  sind,  und  dafs  an  ihrem  Privat-  und  öffentl.  Leben  kein  Vorwurf 
haftet.  Personen,  welche  diesen  an  jeden  Lehrer  zu  machenden  Forderungen 
nicht  genügen,  sind  von  der  Anstellung  als  Lehrer  an  Gymn.,  Progymn.,  Beal- 
und  höh.  Bürgerschulen  fem  zu  halten. 

In  welcher  Weise  das  K.  Prov.Sch.G.  sich  hierüber  die  nöthige  zuverlässige 
Kenntnis  zu  verschaffen  hat,  bleibt  dem  gewissenhaften  Ermessen  desselben 
überlassen.  Jedenfalls  ist  aber  darauf  zu  halten,  dafs  die  Anzustellenden  nicht 
nur  ihre  Prüfungszeugnisse  vorlegen,  sondem  auch  über  ihr  Probejahr  und  event 
über  die  der  neuen  Anstellung  vorhergehende  prakt.  Thätigkeit  sich  vollständig 
ausweisen.  Die  den  Gandd.  und  Lehrem  selbst  eingehändigten  Zeugnisse  der 
Dir.  können  in  dieser  Beziehung  als  ausreichend  nicht  angesehen  werden.  Er- 
forderl.  FaUs  ist  die  frühere  Dienstbehörde  des  Lehrers  um  nähere  Auskunft 
über  ihn  zu  ersuchen.  Auch  bleibt  es  dem  K.  Prov.Sch.G.  unbenommen,  wie 
überhaupt,  so  auch  in  besonderen  Fällen,  bei  entstehenden  Bedenken,  und  wenn 


85 

bei  der  Centralbehörde   eine  nähere  Kenntnis   der  Personen  und  Verhältnisse 
vorausgesetzt  werden  kann,  eine  Anfrage  hierher  zu  richten. 

Eine  regelmäfsige  Berichterstattung  an  mich  findet  in  Zukunft  nur  noch 
in  folgenden  Fällen  statt: 

1.  üeber  die  Besetzung  der  Director-,  Eector-  und  etatsm.  Oberlehrer- 
stellen an  Gymn.,  Progymn.  und  Bealschulen  1.  0.  Die  Yocationen  sind 
nur  für  die  an  städt.  Gymn.  oder  Realschulen  berufenen  Dir.  zur  Bestätigung 
einzusenden. 

Die  Zahl  der  etatsm.  Oberlehrerstellen  ist  bei  den  einzelnen  Gym- 
nasien in  Folge  der  C.Verf.  v.  27.  März  1845  [s.  weiterhin]  festgestellt  worden. 
Insofern  es  jetzt  einer  Abänderung  des  seitdem  bestehenden  Zahlenverhältnisses 
der  Oberlehrerstellen  zu  den  übrigen  Stellen,  oder  in  derselben  Beziehung  bei 
einzelnen  Gymn.  und  Realschulen,  sowie  bei  den  Progymn.,  überhaupt  noch 
einer  Festsetzung  bedarf,  erwarte  ich  darüber  gutachtl.  Bericht. 

Von  der  Erledigung   einer  Director-  oder   einer  Oberlehrerstelle  ist  sofort 
bierher  Anzeige  zu  machen. 

Für  vacante  Oberlehrerstellen  sind  nur  solche  Lehrer  in  Vorschlag  zu 
bringen,  welche  die  Qualification  erworben  haben,  in  einem  Hauptfach,  resp. 
in  den  Fächern,  in  welchen  ihnen  in  den  obersten  El.  Unterricht  übertragen 
werden  soll,  bis  incl.  I  zu  unterrichten.  Die  nach  ihrer  allgm.  geistigen  Be- 
fähigung zum  Unterricht  in  den  oberen  El.  geeigneten  Lehrer  sind,  wenn  sie 
eine  so  weit  gehende  formelle  Qualification  noch  nicht  besitzen,  dazu  anzuhalten, 
dafs  sie  sich  rechtzeitig  einer  Nachprüfung  unterziehen.  [Modificirt  durch  die 
Bestimmung  des  Prüfungsreglem.,  p.  35]. 

2.  Ueber  die  Anstellung  der  Religionslehrer  ist  nach  vorgängigem 
Benehmen  mit  den  betr.  geistlichen  Behörden  jedesmal  zu  berichten. 

3.  Einer  Berichterstattung  bedarf  es  femer  nicht  nur  bei  Gründung  neuer 
Stellen,  sondern  auch  in  allen  den  Fällen,  wo  mit  Anstellungen  oder  Ascen- 
sionen  Etatsveränderungen  verbunden  sind;  desgleichen  wenn  bei  königl.  An- 
stalten oder  bei  solchen,  die  einen  Zuschufs  aus  Staatsfonds  beziehen,  durch  die 
Pensionirung  eines  Lehrers  der  Etat  berührt  wird ;  ebenso  wenn  die  Remuneration 
eines  stellvertretenden  Lehrers  sich  nicht  innerhalb  des  Besoldungsetats  der 
Anstalt  hält.  Die  commissarische  Verwaltung  einer  etatsm.  Lehrerstelle  ist 
nicht  über  2  Jahre  hinaus  zu  gestatten. 

Ueber  Zulagen,  die  den  Lehrern,  auch  dem  Dir.  und  den  Oberlehrern  einer 
städt.,  aus  Staatsmitteln  nicht  subventionirten  Anstalt  vom  Patronat  gewährt 
werden,  bedarf  es  keines  Berichts. 

4.  In  Betreff  der  Beschäftigung  oder  Anstellung  ausländischer  Gand. 
tind  Lehrer  verbleibt  es  bei  den  darüber  erlassenen  Bestimmungen. 

5.  Elementarlehrer  sind  bei  Gymn.  als  ordentl.  Lehrer  mit  dem 
Recht  der  Ascension  nicht  anzustellen.  Sofern  das  E.  Pfov.Sch.C.  es  in  ein- 
zelnen Fällen  gleichwohl  im  Interesse  eines  Gymn.  hält,  dafs  die  Anstellung 
eines  Elementarlehrers  für  andere  als  die  techn.  Fächer  ausnahmsweise  erfolge, 
ist  dazu  meine  Grenehmigung  einzuholen.    [Vgl.  dazu  p.  57]. 

6.  Ungeprüfte  Candidaten  dürfen  nur  mit  meiner  Genehmigung  als 
Lehrer  an  höh.  Schulen  beschäftigt  werden.  Die  Anträge  für  derartige  Aus- 
nahmen sind  auf  höchstens  2  Semester  zu  stellen.  Die  in  solcher  Weise  vor 
der  Prüfung  pro  facult.  doc.  im  Lehramt  zugebrachte  Zeit  wird  dem  Candidaten 
nur  in  besonderen  Fällen,  über  die  zu  berichten  ist,  als  Probejahr  angerechnet. 

Wie  lange  den  Schulamtscand.,  die  wegen  unzulänglicher  Prüfungszeug- 
nisse nur  provisorisch  angestellt  werden  können,  Frist  zur  Nachprüfung  behufs 
Erwerbung  einer  ausgedehnteren  Qualification  zu  geben  ist,  wird  dem  pflicht- 
mäfsigen  Ermessen  des  E.  Prov.Sch.C.  überlassen.    [Vgl.  dazu  p.  63  und  76]. 


86 

Es  bleibt  vorbehalten,  die  dem  K.  Proy.Sch.C.  durch  gegenwärtige  Ver- 
fngang  erteilten  Befugnisse  je  nach  den  sich  ergebenden  Bedürfnissen  und 
Eriahmngen  zu  erweitem  oder  zu  beschränken.  Dafs  in  allen  den  Fällen,  wo 
aus  besonderen  Gründen  wegen  Anstellung,  Beförderung  oder  Versetzung  eines 
Lehrers  meinerseits  eine  Anweisung  ergeht,  diese  zu  befolgen  ist,  entepricht 
der  E.  Verordn.  v.  9.  Dec.  1842  [s.  Abt  I  p.  12].  Es  behält  dabei  sein  Bewenden, 
ohne  dafs  jedoch  von  Erledigung  der  Stellen,  deren  Besetzung  nunmehr  dem  E. 
Prov.Sch.C.  zusteht,  jedesmal  Anzeige  zu  machen  ist. 

Die  nach  der  bisher.  Ordnung  über  das  von  den  einzelnen  Schulamtscand. 
abgeleistete  Probejahr  hierher  zu  erstattenden  Berichte  fallen  jetzt  weg.  Ich 
behalte  mir  vor,  wegen  eines  jährl.  Collectivberichts  über  die  betr.  Candd.,  sowie 
über  die  von  dem  E.  Prov.Sch.C.  verfügten,'  resp.  bestätigten  Anstellungen  dem- 
nächst Anordnung  zu  treffen  (s.  p.  63). 

Wegen  Veröffentlichung  solcher  Anstellungen  hat  das  E.  Prov.Sch.C. 
Seinerseits  das  Nöthige  zn  veranlassen."  — 

C.Verf.  V.  11.  März  1871.  „Durch  die  C.Verf.  v.  2.  Jan.  1863  habe 
ich  bestimmt,  dafs  es  über  Zulagen,  welche  dem  Director  oder  Lehrern  einer 
vom  Staat  nicht  subventionirten  Anstalt  vom  Patronat  derselben  gewährt  werden, 
eines  besonderen  Berichts  an  mich  nicht  bedarf.  Ich  finde  mich  veranlafst, 
die  Bestimmung  dahin  zu  erweitem,  dafs  solche  Gehalts  Verbesserungen 
auch  nicht  von  der  Genehmigung  des  E.  Prov.Sch.C.  abhängig  zu  machen  sind, 
dafs  vielmehr  den  betr.  Patronaten  nur  au&ugeben  ist,  von  der  geschehenen 
Bewilligung  Anzeige  zu  erstatten.  Dem  Ermessen  des  E.  Prov.Sch.C.  bleibt 
überlassen,  aufserordentliche  Fälle  der  Art  in  die  Verwaltungsberichte  aufzu- 
nehmen. Von  einigen  der  betr.  Anstalten  sind  bisher  die  Etats  regelmäfsig  zu 
meiner  Eenntnis  gebracht,  von  anderen  nicht.  Ich  bestimme  hierdurch,  dafs 
es  in  Zukunft  von  denjenigen  höh.  Schulen,  welche  aus  öff.  Fonds  nicht  sub- 
ventionirt  werden,  einer  Einreichung  der  Etats  hierher  nicht  bedarf;  es  genügt, 
dafs  das  E.  Prov.Sch.C.  sich  von  dem  Stande  der  Etats  und  den  Veränderungen 
in  denselben  in  fortdauernder  Eenntnis  erhält,  auch  um  erforderlichen  Falls 
jederzeit  darüber  Auskunft  erteilen  zu  können.*'        Der  Min.  etc.  v.  Mühler. 

Min.  Verf.  v.  25.  Juli  1874:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  dem 
E.  Prov.Sch.C,  dafs  es  einer  besonderen  Ernennung  des  Dir.  Dr.  N.  in  N.  zum 
königlichen  Director  nicht  bedarf,  weil  in  allen  solchen  Fällen  durch  die  Allerh. 
Vollziehung  des  St^atshaushalts-Gesetzes,  welches  die  Uebemahme  der  betr. 
früher  städtischen  Anstalten  auf  den  Staat  enthält,  auch  die  veränderte  Stellung 
der  Directoren  und  Lehrer  ausgesprochen  und  sanctionirt  ist." 

Min.Verf.  v.  15.  Dec.  1882.  „Nachdem  der  eine  thatsächliche  Punkt  der 
Beschwerde  des  Oberbürgermeisters  N.  zu  N.  vom  14.  Juni  d.  J.,  die  diesseitige 
Verf.  vom  25.  April  d.  J.  betreffend,  durch  meinen  Erlafs  vom  30.  Aug.  d.  J. 
seine  Erledigung  gefunden  hat,  ermächtige  ich  das  E.  Prov.Sch.C.  im  Verfolge 
dieses  letzteren  Erlasses,  dem  pp.  N.  auf  die  in  seiner  Beschwerde  nieder- 
gelegte principielle  Verwahrung  gegen  das  in  dem  vorliegenden  Falle  diesseits 
geübte  Becht  der  Genehmigung  der  Ascension  zweier  Oberlehrer  an  dem 
städt.  Gymn.  zu  N.  und  der  bedingungsweisen  Beförderung  eines  anderen 
Lehrers  derselben  Anstalt  in  eine  bestimmte  Oberlehrerstelle  nunmehr  Folgendes 
zu  eröffnen: 

Nach  §  7,  10  der  Instruction  für  die  Provinzial-Consistorien  v.  23.  Oct 
1817  (s.  Abt.  I  S.  9)  erstreckt  sich  die  Wirksamkeit  der  Consistorien  in  Ab- 
sicht des  Unterrichts-  und  Erziehungswesens  hinsichtUch  der  gelehrten  Schulen 
der  betr.  Provinz 

„auf  die  Anstellung,  Befbrderung,  Disciplin,  Suspension  und  Entlassung 
der  Lehrer  bei  den  gedachten  Schulen." 


87 

Diese  Wirksamkeit  ist  durch  Allerhöchste  Cabinetsordre  v.  31.  Dec.  1825 
(s.  Abt.  I  S.  7)  ungeschmälert  auf  die  Prov.-SchulcoUegien  übertragen  worden. 
In  Ausfahrung  der  Dienstinstruction  far  die  Consistorien  ist  durch  Allerhöchste 
Cabinetsordre  y.  9.  Dec.  1842  (s.  Abt.  I  S.  12)  demnächst  verordnet  worden: 
„§  1.  Das  Becht  zur  Anstellung  und  Beförderung  der  Lehrer  an  Gymn.  und 
SchuUehrer-Seminarien,  und,  wo  diese  Anstalten  dem  Patronate  einer  Stadt  oder 
einer  anderen  Corporation  unterworfen  sind,  das  Becht  zur  Bestätigung  der 
Lehrer  steht  den  ProY.-Schulcollegien  zu;  diese  müssen  jedoch  zur  Anstellung, 
Beförderung  oder  Bestätigung,  sofern  eine  solche  nicht  blofs  einen  Hülfslehrer 
oder  einen  auf  Kündigung  angestellten  technischen  Lehrer  betrifft,  die  Geneh- 
migung des  Ministers  der  geistl.  u.  s  w.  Ang.  einholen."  Die  Verpflichtung 
zur  Einholung  dieser  Genehmigung  hat  durch  die  Allerhöchste  C.  0.  v.  10.  Nov. 
1862  (s.  Abt.  I  S.  12)  eine  lediglich  die  Bessortverhältnisse  der  staatlichen 
Aufsichtsbehörden  unter  einander  betr.  Abänderung  erfahren,  welche  für  die 
Beurteilung  der  Yorliegenden  Frage  ohne  Belang  ist. 

Aus  vorstehenden  gesetzlichen  Bestimmungen  ergiebt  sich,  dafs  den  staat- 
lichen Aufsichtsbehörden  das  Becht  zusteht,  auch  an  städtischen  oder  stiftischen 
Anstalten,  ohne  Bücksicht  darauf,  ob  dieselben  eine  staatliche  Subvention  be- 
ziehen oder  nicht,  in  jedem  einzelnen  Falle  der  Anstellung  oder  Beförderung 
eines  Lehrers  die  Bestätigung  zu  erteilen  oder  zu  versagen.  Dabei  macht  es 
keinen  Unterschied,  ob  die  Besetzung  einer  bereits  in  dem  Anstaltsetat  vorhan- 
denen oder  einer  neu  in  denselben  aufgenommenen  SteUe  in  Frage  steht,  und 
ob  diese  Besetzung  durch  Berufung  von  auswärts  oder  durch  Ascension  innerhalb 
des  betr.  Lehrercollegiums  erfolgen  soll.  Dieses  Becht  ist  seitens  der  zustän- 
digen Schulaufsichtsbehörden  bezüglich  der  Lehrer  an  städtischen  und  stiftischen 
höh.  Lehranstalten,  wenn  auch  unter  weitgehender  Berücksichtigung  der  von 
den  Patronen  gestellten  Anträge,  bisher  zur  Geltung  gebracht  worden,  ohne  dafs 
die  betr.  Patrone  in  der  Ausübung  der  ihnen  zustehenden  Befugnisse  sich  be- 
einträchtigt erachten  durften. 

Unberührt  von  dem  vorstehend  erörterten  Bechte  der  Schulaufsichtsbehörden 
bleibt  die  den  städtischen  oder  stiftischen  Patronaten  seit  1871  in  mehreren 
Erlassen  meiner  Herren  Amtsvorgänger,  insbesondere  v.  11.  März  1871  (S.  86), 
18.  Mai  1874,  4.  Aug.  und  20.  Sept.  1876  (s.  Abschn.VI)  zugestandene  Befugnis,  die 
Normalbesoldungssumme  far  alle  etatsmäfsigen  Ober- und  ordentlichen  Lehrerstellen 
einer  Anstalt  nach  einer  in  dem  Anstaltsetat  zu  fixirenden  Scala  innerhalb  des 
Normal-,  Maximal-  und  Mlnimal-Satzes  nach  vorheriger  Anzeige  bei  dem  Prov.Sch.C. 
auf  die  einzelnen  Stellen  unbeschadet  wohl  erworbener  Bechte  Dritter  zu  verteilen. 

Diese  Befugnis  ist  durch  diesseitigen  Erlafs  vom  18.  April  1877  auch 
dem  Magistrate  zu  N.  gewahrt  und  durch  meinen  Erlafs  v.  25.  April  d.  J.  in 
keiner  Weise  verschränkt  worden,  so  dafs  die  seitens  des  Oberbürgermeisters  N. 
in  dieser  Beziehung  erhobene  Bechtsverwahrung  gegenstandslos  erscheint. 

Dabei  mache  ich  darauf  aufmerksam,  dafs  auch  in  dem  oben  allegirten 
diesseitigen  Erlasse  v.  20.  Sept.  1876,  welcher  den  städtischen  Patronaten  in 
Bezug  auf  die  Dotirung  der  einzelnen  Stellen  die  weitgehendsten  Zugeständnisse 
macht,  ein  Einschreiten  der  Schulaufsichtsbehörde  a^  Grund  der  allgemeinen 
Staatsaufsicht  für  den  Fall  der  concreten  Schädigung  der  betr.  Anstalt  durch 
den  Patron  bei  Ausübung  des  dem  letzteren  zugestandenen  Bechtes  vor- 
gesehen  ist. 

Nach  diesen  Grundsätzen  wird  das  K.  Prov.Sch.C.  auch  fernerhin  in  allen 
Fällen,  wo  es  sich  um  Anstellung  oder  Beförderung  von  Lehrern  an  städtischen 
oder  stiftischen  höh.  Lehranstalten  handelt,  zu  verfahren  haben,  selbstredend 
vorbehaltlich  aller  der  Schulaufsichtsbehörde  statutarisch  oder  stiftungsmäfsig 
zustehenden  weiteren  speciellen  Bechte  hinsichtlich  der  Besetzung  von  Lehrer- 
stellen an  einzelnen  Anstalten.'^        Der  Minister  etc.  von  Gofsler. 


88 

Gegen  provinzielle  Absonderung.  (Vgl.  S.  93.)  C.Verf.v.  23.  Dec. 
1850:  „In  den  letzten  Jahren  haben  sich  wiederholt  einzelne  Candd.  des  höh.  Schal- 
amts mit  der  Bitte  um  baldige  Anstellung  in  irgend  einer  Provinz  des  Staats  hierher 
gewendet,  da  in  derjenigen  Provinz,  welcher  sie  durch  Geburt  angehören,  oder 
in  welcher  sie  das  Probejahr  abgehalten,  eine  nahe  Aussicht  auf  Anstellung 
sich  ihnen  nicht  eröffne.  Solche  Candd.  sind  bei  gegebener  Veranlassung  dem 
einen  oder  anderen  K.  Prov.Sch.C.  zur  Berücksichtigung,  jedoch  ohne  Erfolg 
namhaft  gemacht,  in  einem  einzelnen  Fall  aber  ist  dem  Cand.  geantwortet 
worden,  die  K.  Prov.Sch.C.  hätten  nur  ihre  eigenen  Candidaten  anzustellen, 
als  bilde  jede  einzelne  Provinz  ein  in  sich  abgeschlossenes,  mit  den  übrigen 
Teilen  der  Monarchie  in  keiner  Verbindung  stehendes  Ganze."  [Behufs 
weiterer  Veranlassung  wird  ein  Verzeichnis  der  noch  disponibeln  Candidaten 
eingefordert.]  — 

Aus  einer  Min.Verf.  v.  6.  Mai  1867:  —  „Gemäfs  der C. Verf.  v.2.  Jan.  1863 
steht  jetzt  zwar  die  Besetzung  der  ordentl.  Lehrerstellen  an  den  königlichen 
höh.  Schulen  den  K.  Prov.  SchulcoU.  ohne  vorgängige  Berichterstattung  hierher 
zu;  dabei  muis  aber  die  Einheit  der  Verwaltung  soviel  wie  möglich  gewahrt 
werden  und  darf  die  Trennung  nach  Provinzen  nicht  so  weit  gehen,  dafs  ein 
Lehrer  dafür  belohnt  wird,  wenn  er  sich  bestimmen  läfst,  nicht  von  einer  königl. 
Anstalt  einer  Provinz  an  eine  königl.  Anstalt  einer  anderen  Provinz  überzugehen." 

C.Verf.  V.  14.,  Oct.  1884.  „Die  Anzahl  der  Candidaten,  welche  durch 
das  Bestehen  der  Prüfung  für  das  höhere  Schulamt  und  durch  befriedigende 
Ablegung  des  Probejahres  die  Anstellungsfähigkeit  an  höheren  Schulen  erwiesen 
haben,  ist,  wie  schon  die  zahlreichen  an  die  Centralstelle  gerichteten  Gesuche 
erweisen,  gegenwärtig  auf  den  meisten  ünterrichtsgebieten  erheblich  gröfser, 
als  die  Anzahl  der  verfügbaren  Stellen  unter  Einschlufs  der  Gelegenheit  zu 
widerruflicher  remunerirter  Beschäftigung.  Es  ist  selbstverständlich  unmöglich, 
den  Nothstand  zu  beseitigen,  welcher  für  die  grofsenteils  unbemittelten  Candidaten 
aus  diesem  thatsächlichen  Verhältnisse  hervorgeht;  jedenfalls  aber  wird  es  bei 
dieser  Sachlage  für  die  ünterrichtsverwaltung  zu  besonders  dringender  Pflicht, 
in  der  remuneratorischen  Verwendung  von  Candidaten,  bezw.  ihrer  wirklichen 
Anstellung,  den  Gründen  der  Billigkeit  soweit  als  möglich  Bechnung  zu  tragen. 
Ich  darf  mit  Zuversicht  voraussetzen,  dafs  ohne  eine  besondere  Weisung  meiner- 
seits die  .Departementsräthe  der  K.  Prov.Sch.CC.  durch  ihr  warmes  Interesse  für 
den  gesamten  Lehrstand  sich  zur  Einhaltung  dieses  Grundsatzes  bestimmt  finden; 
einzelne  zu  meiner  Kenntnis  gelangte  Fälle  geben  mir  jedoch  Anlafs,  auf  bestimmte 
Punkte  die  sämtlichen  K.  Prov.Sch.CC.  ausdrücklich  aufmerksam  5fu  machen. 

1.  Bei  der  gegenwärtigen  Sachlage  ist  es  nicht  zulässig,  Probecandidaten 
sogleich  bei  dem  Antritte  ihres  Probejahres  über  ihre  Pflichtstunden  hinaus 
Lehrstunden  zuzuweisen,  für  welche  eine  Remuneration  verfügbar  ist,  sofern  in 
dem  Bereiche  des  betr.  K.  Prov.Sch.C.  Candidaten  desselben  Lehrgebietes  vor- 
handen sind,  welche  nach .  bereits  abgelegtem  Probejahre  irgend  eine  remunerirte 
Beschäftigung  an  öffentlichen  höh.  Schulen  suchen. 

2.  Bei  Erledigung  einer  Lehrstelle  oder  einer  Gelegenheit  zu  remunerirter 
Beschäftigung  an  einer  höh.  Schule  kommt  es  vor,  dafs  Candidaten,  welche 
soeben  an  derselben  Schule  ihr  Probejahr  mit  erfreulichem  Erfolge  abgeschlossen 
haben,  zunächst  in  Betracht  gezogen  werden.  So  erklärlich  ein  solches  Ver- 
fahren aus  dem  Gesichtspunkte  der  einzelnen  Lehranstalt  ist,  so  wird  dasselbe 
doch  für  die  provinzielle  Unterrichtsverwaltung  zu  einer  Unbilligkeit,  sofern 
dadurch  solche  Candidaten  desselben  Lehrgebietes  in  ihrem  Bereiche  unberück- 
sichtigt bleiben,  welche  das  Probejahr  schon  früher  abgeschlossen  haben.  Die 
K.  Prov.  Seh.  CC.  haben  daher  in  den  bezeichneten  Fällen  auf  das  sorgfältigste 


89 

darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  die  Candidaten,  welche  sich  ihnen  zur  Verfügung 
gestellt  haben,  nach  Ma&gabe  einerseits  der  seit  dem  Abschlüsse  des  Probe- 
jahres verflossenen  Zeit,  andererseits  der  Qualität  des  Prüfungszeugnisses  zur 
Verwendung  gelangen. 

Wenn  als  unvermeidliche  Folge  dieses  Verfahrens  nicht  selten  der  Fall 
eintreten  wird,  dafs  Candidaten  unmittelbar  nach  Abschlufs  des  Probejahres  an 
derselben  oder  einer  anderen  Lehranstalt  eine  remunerirte  Beschäftigung  nicht 
kann  zugewiesen  werden,  so  ist  dadurch  nicht  ausgeschlossen,  dafs  ihnen  auf 
ihren  Wunsch  an  einer  Lehranstalt,  soweit  es  mit  deren  ünterrichtsbetrieb 
vereinbar  ist,  unremunerirte  Lectionen  übertragen  werden,  um  ihnen  hierdurch 
den  Zusammenhang  mit  den  öffentlichen  Lehranstalten  zu  ermöglichen. 

3.  Die  unter  Nr.  1  bezeichnete  Bestimmung  hat  für  städtische  und 
stiftische  Lehranstalten  in  gleicher  Weise  Geltung,  wie  für  staatliche.  Dagegen 
können  die  unter  Nr.  2  für  die  remunerirte  Beschäftigung  und  die  Anstellung 
der  Candidaten  aufgestellten  Grundsätze  nur  an  den  Anstalten  staatlichen 
Patronates  zur  Durchführung  gebracht  werden;  den  städtischen  Patronaten 
gegenüber  kann  nur  bei  geeigneten  Anlässen  der  Wunsch  geltend  gemacht 
werden,  dafs  sie  in  ihrem  Bereiche  den  gleichen  Grundsätzen  der  Billigkeit 
Bechnung  tragen  möchten. 

Bis  zum  1.  Mai  1886  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  berichten,  welche  Candidaten 
von  jetzt  bis  einschliefslich  zum  Ostertermin  1886  in  Seinem  Amtsbereiche  zu 
remuneratorischer  Beschäftigung  oder  zu  fester  Anstellung  gelangt  sind,  unter 
Bezeichnung  des  Lehrgebietes  und  der  seit  dem  Abschlüsse  des  Probejahres 
verflossenen  Zeit,  ferner  welche  von  den  Candidaten,  die  sich  ihm  zur  Verfügung 
gestellt  haben,  nach  bereits  abgelegtem  Probejahre  und  für  welche  Lehrfächer 
noch  nicht  Verwendung  gefunden  haben.  Es  ist  mir  von  Werth,  auf  diesem 
Wege  über  die  Sachlage,  insbesondere  über  die  Zeit,  welche  durchschnittlich 
zwischen  den  Abschlufs  des  Probejahres  und  den  Beginn  der  Verwendung,  bezw. 
der  Anstellung  an  den  Anstalten  staatlichen  und  an  denen  nicht  staatlichen 
Patronates  fällt,  sichere  Kenntnis  zu  erlangen,  und  dies  um  so  mehr,  da  aus 
der  Z^hl  der  jährlich  vor  den  Wiss.  Prüfungs-Commissionen  abgelegten  Lehr- 
amtsprüfungen zu  erschliefsen  ist,  dafs  das  Mifsverhältnis  zwischen  der  Anzahl 
der  Candidaten  und  der  der  verfügbaren  Lehrstellen  sich  noch  keinesfalls  in 
Abnahme  befindet."    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Auftr.:  Greiff. 

Ungeprüfte  Candidaten.  C.Verf.  v.  30.  Dec.  1876.  „Die  im 
§  6  der  Circularverfngung  vom  2.  Januar  1863  enthaltene  und  in  den  §  8  der 
Circularverfügung  vom  30.  März  1867  (s.  p.  60)  aufgenommene  Bestimmung, 
wonach  die  Beschäftigung  ungeprüfter  Schulamtscandidaten  nur  mit 
meiner  Genehmigung  erfolgen  darf,  ist  in  den  letzten  Jahren  nicht  immer  in 
vollem  Umfange  aufrecht  erhalten  worden,  sondern  es  ist  von  den  K,  Prov.Sch.CC. 
wiederholt  für  die  bereits  getroffene  Anordnung  erst  nachträglich  die  Genehmigung 
eingeholt  worden.  Wenn  ich  nun  auch  nicht  verkenne,  dafs  die  Verspätung 
der  Berichterstattung  in  solchen  Fällen  durch  die  besonderen  Umstände  verursacht 
worden  und  namenüich  auch  aus  dem  Bestreben  hervorgegangen  ist,  von  der 
im  Interesse  der  Schulen  wie  der  Candidaten  nicht  erwünschten  Mafsregel 
möglichst  selten  Gebrauch  zu  machen,  so  mufs  ich  doch  Bedenken  tragen,  dem 
an  mich  gerichteten  Antrage  auf  völlige  Aufhebung  der  fraglichen  Bestimmung 
Folge  zu  geben,  da  es  von  Wichtigkeit  ist  zu  wissen,  in  welchem  Umfang  von 
der  Aushülfe  ungeprüfter  Candidaten  in  den  einzelnen  Provinzen  Gebrauch 
gemacht  werden  mufs.  Um  jedoch  den  Geschäftsgang  den  bestehenden  Ver- 
hältnissen anzupassen  und  möglichst  zu  vereinfachen,  sehe  ich  mich  veranlafst, 
das  bisher  vorgeschriebene  Verfahren  in  folgender  Weise  abzuändern.    Es  ist 


90 

künftig  nicht  mehr  die  Genehmigang  für  jeden  einzelnen  Fall  vorher  nachzn- 
enchen,  sondern  am  Schlafs  jedes  Schulhalbjahres  ein  Verzeichnis  der  ungeprüften 
Schnlamtscandidaten  einznreichen,  welche  im  Verlauf  desselben  den  einzelnen 
Anstalten  der  Provinz  zur  Aushülfe  überwiesen  worden  sind.  Die  weitere  Be- 
stimmung desselben  §,  dafs  eine  solche  Beschäftigung  sich  auf  höchstens  zwei 
Semester  ausdehnen  darf,  behält  auch  für  die  Zukunft  ihre  Giltigkeit,  und  eine 
Abweichung  von  derselben  darf  nur  mit  meiner  besonderen,  vorher  einzuholenden 
Genehmigung  erfolgen.^  Der  Minister  etc.  Falk. 

C.Verf.  V,  29.  Sept.  1877.  „Durch  die  C.Verf.  v.  30.  Dec.  v.  J.  habe 
ich  das  Verfahren  in  Betreff  der  Beschäftigung  ungeprüfter  Candidaten  an 
höh.  Lehranstalten  dahin  vereinfacht,  dafs  nicht  mehr  vorher  meine  Erlaubnis 
dazu  einzuholen,  sondern  am  Schlüsse  jedes  Schuljahres  ein  Verzeichnis  der 
ungeprüften  Candidaten  einzureichen  ist,  welche  während  desselben  den  einzelnen 
Anstalten  der  Provinz  zur  Aushülfe  überwiesen  worden  sind.  Der  ausdrücklich 
bezeichnete  Zweck  dieser  Nachweisungen,  dafs  daraus  ersichtlich  werde,  in 
welchem  Mafse  von  der  Aushülfe  ungeprüfter  Candidaten  hat  Gebrauch  gemacht 
werden  müssen,  ist  nicht  sicher  zu  erreichen,  wenigstens  eine  ControUe  über 
den  Umfang  dieser  Aushülfe  fast  unausführbar,  sofern  nicht  von  denjenigen 
Prov.  Schulcollegien,  welche  der  fraglichen  Aushülfe  nicht  bedurft  haben,  eine 
Vacatanzeige  erfolgt.  Ich  veranlasse  daher  das  K.  Prov.Sch.C,  meiner  C.Verf. 
V.  30.  Dec.  V.  J.  durch  Einreichung  der  bezeichneten  Nachweisung  oder  eine 
Vacatanzeige  schleunigst  zu  entsprechen."    Im  Auftr.:  Greif  f. 

C.Verf.  V.   19.  Nov.  1877.    „Durch  die  C.Verf.  v.  30.  Dec.  v.  J.  habe 
ich    das    von    dem    K.    Prov.Sch.C.    bei    der    Beschäftigung    ungeprüfter 
Candidaten  an  höh.  Lehranstalten  einzuhaltende  Verfahren  dahin  vereinfacht, 
dafs,  abgesehen  von  dem  Falle  einer  die  Dauer  eines  Jahres  überschreitenden 
Beschäftigung,  nicht  för  den  einzelnen  Fall  meine  Genehmigung  vorher  einzu- 
holen, sondern  am  Schlüsse  jedes  Semesters  eine  summarische  Nachweisung, 
bezw.  eine  Vacatanzeige   einzureichen  ist.    Der  in   meiner  Verf.  ausdrücklich 
bezeichneten  Absicht,   einen  Ueberblick   über  das  durch   geprüfte  Candidaten 
noch  nich't  gedeckte  Bedürfnis  des  Unterrichts  zu  erlangen,  haben  die  bisher 
von  den  K.  Prov.SchulcoUegien  eingereichten  Nachweisungen  nicht  gleichmäfsig 
entsprochen.    Damit  keines  der  erforderlichen  Daten  übergangen  und  zugleich 
jedes  unnöthige  Schreibwerk  vermieden  werde,  sind  von  jetzt  an   die  Nach- 
weisungen in  tabellarischer  Form  nach  dem  beifolgenden  Schema  a)  zu 
geben.    Die  Rubrik  6  der  Tabelle,  Angabe  der  Zeitpunkte,  von  welchen  und 
bis  zu  welchen  die  Beschäftigung  gedauert  hat,  ist  deshalb  erforderlich,  weil 
eine  nur  far  kurze  Zeit,  z.  B.  auf  Anlafs  der  Erkrankung  eines  Lehrers  oder 
seiner  Beurlaubung  zu  militärischen  Uebungen,  eingetretene  Verwendung  weder 
für  den  betreffenden  Cand.  noch  für  Beurteilung  des  noch  vorhandenen  Mangels 
an   Lehrkräften   die   gleiche   Bedeutung    hat,    wie   eine   das   ganze    Semester 
umfassende  Beschäftigung;  aber  aufzunehmen  in  die  Tabelle  ist  jede,  auch  nur 
für  kurze  Dauer  vorgekommene  Beschäftigung  eines  ungeprüften  Candidaten. 
Aus  analogem  Gesichtspunkte  ist  die  Rubrik  8  erforderlich,  indem  diejenigen 
Candidaten,  welche  noch  im  Laufe  des  betr.  Semesters  die  Lehramtsprüfung 
bestehen,  dadurch  aus  der  Zahl  der  ungeprüften  Candidaten  ausscheiden;  die 
Thatsache,  dafs  ein  Cand.  die  Prüfung  bestanden  hat,  ist  in  den  üblichen  Ab- 
kürzungen zu  bezeichnen.  Durch  die  Rubrik  9  ist  den  K.  Prov.Sch.CC.  erforderlichen 
Falles  die  Möglichkeit  zu  weiteren  Bemerkungen,  nicht  Anlafs  zu  regelmäfsiger 
Ausfüllung  gegeben.     Zur  Erläuterung  sind  in  das  Schema  zwei  Beispiele  ein- 
getragen.   Die  tabellarischen  Nachweisungen  sind  jedesmal  für  das  Wintersein, 
bis  zum  1.  Mai,  für  das  Sommersem.  bis  zum    1.  Nov.  einzureichen.  Die 

Bestimmung  meiner  C.Verf.  v.  30.  Dec.  v.  J.,  dafs  die  Beschäftigung  ungeprüfter 


91 


Candidaten  aber  die  Dauer  von  zwei  Semestern  darch  das  Erfordernis  meiner 
Yorher  einzuholenden  Genehmigung  erschwert  wird,  ist  im  Interesse  der  Schulen 
und  insbesondere  der  Candidaten  streng  auszufahren.  Eine  blofs  vorübergehende 
Verwendung,,  wie  solche  vorher  zur  Erklärung  von  Bubrik  5  erwähnt  wurde,  ist, 
wenn  sie  die  Dauer  von  acht  Lectionswochen  nicht  erreicht,  in  die  ohne  meine 
vorherige  Genehmigung  zugelassene  Jahresdauer  der  Beschäftigung  nicht  einzu- 
rechnen."   Der  Minister  etc.  Falk. 

a)  VeraeiclmiB 

der  noch  nicht  pro  facultate  docendi  geprüften  Schulamtscandidaten ,  welche 
an  höheren  Lehranstalten  der  Provinz  während  des 

18        beschäftigt  worden  sind. 


1. 

2. 

3. 

4. 

6. 

6. 

7. 

8. 

9. 

• 

• 

1 

• 

llamen 
(amtliche) 

1 
Ja 

ihr 

Höhere 

Lehranstalten, 

bei  welchen  die 

Besohiftignng 

stattfand. 

Daner 

der 

Besch&ftignng 

t 
Qegenstflade 

der  Be- 
sehiftignng. 

Ob,  event.  wann 
und  wo,  der  Be- 
schäftigte     die 
Prftfong  pro  fa- 
cultate docendi 
inzwischen  abge- 
legt hat? 

ta 

1 

der  Candidaten. 

Ton     1      bis 

1 

1. 

Karl  Heinrich 
N.  N. 

1856. 

1874. 
0. 

Gynnasinm 

zn  N.  N. 

10.Jnni 
SLection 

10.Ang. 
swoohen. 

') 

2. 

Ernst  Friedrich 

N.N. 

1854. 

1873. 
H. 

Bealsohnle  l.  0. 

SU  N.  N. 

1.  April 

l.Oct. 

Berlinl7.Jnni.2. 
arad.FranzOsioh, 

Englisch  I. 

Deutsch  11. 

^)  z,  B.  HNatnrbesohreibung  und  Mathematik**,  „Neuere  Sprachen  und  Deutsch"  u.  &. 


C.Verf.  V.  15.  Juni  1881,  „Für  die  Beschäftigung  ungeprüfter 
Candidaten  an  höh.  ScLulen  ist  durch  die  C.Verf.  v.  30.  Dec.  1876  das 
Erfordernis  der  vorher  einzuholenden  ministeriellen  Genehmigung  aufgehoben 
und  an  dessen  Stelle  die  nachträglich  einzureichende  Nachweisung  der  in  jeder 
Provinz  während  eines  Halbjahres  vorgekommenen  Fälle  dieser  ausnahmsweisen 
Beschäftigung  gesetzt  worden.  Diesen  Nachweisungen  ist  durch  die  C.Verf. 
V.  19.  Nov.  1877  eine  bestimmte  tabellarische  Form  gegeben  und  es  ist  hierdurch 
ermöglicht  worden,  eine  ungefähre  Schätzung  darüber  zu  gewinnen,  in  welchem 
Mafse  der  Bedarf  an  Lehrkräften  für  die  höh.  Schulen  noch  nicht  ordnungs- 
mäfsig  durch  geprüfte  Candidaten  gedeckt  sein  dürfte.  Einige  der  haupt- 
sächlichsten Ergebnisse  aus  der  Zusammenfassung  der  Nachweisungen  während 
der  letzten  acht  Semester  bringe  ich  zur  Kenntnis  der  K.  Prov.Sch.CC.,  weil  in 
denselben  Directiven  für  das  von  diesen  Behörden  einzuhaltende  Verfahren  zu 
finden  sind. 

1.  Zahl  der  thatsächlich  beschäftigten  ungeprüften 
Candidaten: 


92 


Semester. 

a. 

b. 

c. 

S.  1877 

52 

10 

42 

W.  1877/78 

71 

28 

43 

S.  1878 

64 

24 

40 

W.  1878/79 

55 
41 

19 
9 

36 
32 

S.  1879 

W.  1879/80 

42 

10 

32 

S,  1880 

46 

12 

33 

W,  1880/81 

32 

9 

23 

Die  Bubrik  a  enthält  die  Zahl  der  ungeprüften  Candidaten,  welche  in 
dem  betf.  Semester  in  ^&ntlichen  Provinzen  beschäftigt  worden  sind ;  die 
einzelnen  Prov.Sch.CC.  werden  durch  Vergleichung  ihrer  speciellen  Nachweisungen 
ersehen,  ob  die  auf  ihre  Provinz  fallende  Zahl  den  für  dieselbe  durchschnittlich 
zu  erwartenden  Anteil  constant  überschreitet  oder  hinter  demselben  zurück- 
bleibt. —  Durch  die  Rubrik  b  ist  die  Anzahl  derjenigen  Candidaten  bezeichnet, 
welche  während  des  betr.  Semesters  die  Lehramtsprüfung  vollständig  abgelegt 
und  bestanden  haben.  Da  die  Bestimmung  der  Zeit  für  die  Ablegung  der 
mündlichen  Prüfung  nicht  in  der  Hand  der  Candidaten  liegt,  so  hat  der 
Aufschub  der  mündl.  Prüfung  in  das  erste  Semester  der  Beschäftigung  eine 
minder  entscheidende  Bedeutung,  und  erst  der  in  der  Bubrik  c  bezeichnete 
üeberschuTs  der  Bubrik  a  über  die  Bubrik  b  bezeichnet  den  Bedarf  an 
ungeprüften  Candidaten  im  strengeren  Sinne.  Aus  dieser  Bubrik  läfst  sich  eine 
allmählich  eingetretene,  aber  erhebliche  Minderung  des  Bedarfes  mit  hinlänglicher 
Sicherheit  erschliefsen. 

2.  Hauptgebiete  der  Beschäftigung  ungeprüfter  Candidaten. 
Bei  einem  Teile  der  vor  Ablegung  der  Prüfung  beschäfkigten  Candidaten  zeigt 
die  Mannigfaltigkeit  ihrer  Verwendung,  dafs  nur  der  Bedarf  an  Lehrstunden 
überhaupt  nicht  durch  ordnungsmäfsig  geprüfte  Lehrkräfte  zu  decken  war;  bei 
einem  anderen  Teile  ist  aus  ihrer  ausschliefslichen  oder  vorzugsweisen  Ver- 
wendung für  ein  bestimmtes  einzelnes  Fach  ersichtlich,  dafs  eben  für  dieses 
(rebiet  die  geprüften  Lehrkräfte  nicht  ausreichten.  In  der  letzteren  Hinsicht 
treten  vornehmlich  drei  Gebiete  hervor,  der  Beligionsunterricht,  der  Unterricht 
in  den  modernen  fremden  Sprachen,  der  mathematisch-naturkundJiche  Unterricht, 
und  die  in  dieser  Beziehung  während  der  vierjährigen  Periode  eingehender 
Beobachtung  eingetretene  Aendemng  erscheint  jedenfalls  der  Beachtung  werth. 

Für  die  ersten  Semester  der  bezeichneten  Beobachtungszeit  läfst  die  Verwen- 
dung der  ungeprüften  Candidaten  mit  Sicherheit  auf  einen  Mangel  an  geprüften 
Lehrern  für  das  Fach  der  neueren  fremden  Sprachen  schliefsen.  Dies  Verhältnis 
hat  sich  vollständig  geändert;  unter  den  32  Candidaten,  welche  im  Winter- 
semester 1880/81  ohne  vorherige  Ablegung  der  Prüfung  beschäftigt  worden 
sind,  haben  nur  3  Verwendung  für  die  neueren  Sprachen  gefunden,  von  denen 
einer  die  Prüfung  während  des  Semesters  abgeschlossen  und  bestanden  hat 

Die  gleiche  Veränderung  ist  auf  dem  mathematisch-naturkundlichen  Unter- 
richte ersichtlich;  während  zu  Anfange  der  fraglichen  Periode  auf  diesem  Gebiete 
in  hervortretendem  Mafse  sich  die  Aushülfe  durch  ungeprüfte  Candidaten  zeigte, 
sind  im  letzten  Semester  nur  3  ungeprüfte  Candidaten  für  dasselbe  verwendet 
worden,  von  denen  2  im  Laufe  des  Semesters  selbst  die  Prüfung  bestanden 
haben.  Verbindet   man    mit   diesen   Daten   die  Jahresnachweisungen   der 


93 

"Wissensch.  Prüfungscommissionen  über  die  Ergebnisse  ihrer  Thätigkeit  und  die 
NacHweisungen  der  Universitäten  über  die  Verteilung  der  Studirenden  der 
philos.  Facultät  auf  die  verschiedenen  Gebiete;  zieht  man  femer  in  Erwägung, 
dafs  die  in  den  letzten  zwei  Jahrzehnten  von  städtischen  Behörden  mit  schätzbarer 
Opferwilligkeit,  aber  zugleich  nicht  selten  mit  weit  gehender  Zuversicht  betriebene 
Errichtung  neuer  höh.  Lehranstalten  oder  Erhebung  bestehender  Schulen  in  eine 
höhere  Kategorie  in  Folge  der  gemachten  Erfahrungen  und  der  von  der  ünterrichts- 
verwaltung  in  dieser  Frage  eingenommenen  Haltung  einer  gröfseren  Vorsicht 
Platz  macht  und  sonach  der  aus  der  Errichtung  neuer  Lehranstalten  sich  ergebende 
Mehrbedarf  an  Lehrkräften  sehr  abnehmen  wird:  so  läfst  sich  als  gesichert 
erachten,  dafs  bei  Ausgleich  unter  den  einzelnen  Provinzen  der  Unterricht  in 
den  neuen  fremden  Sprachen  und  der  mathera.  Unterricht  schon  jetzt  vollständig 
durch  geprüfte  Lehrkräfte  bestritten  werden  kann,  und  es  läfst  sich  mit  gröfster 
Wahrscheinlichkeit  voraussehen,  dafs  einem  zeitweisen  Mangel  auf  diesen  Gebieten 
bereits  in  der  nächsten  Zeit  ein  erheblicher  Ueberschufs  der  geprüfteft  Lehr- 
kräfte über  die  Fälle  ihrer  Verwendbarkeit  an  öffentlichen  Schulen  folgen  wird. 
Nicht  mit  gleicher  Sicherheit  läfst  sich  dasselbe  bereits  für  das  Gebiet  der 
Naturbeschreibung   aussprechen.  Dagegen   läfst    sich    für   den   Beligions- 

unterricht  nicht  allein  keine  Abnahme  in  der  Verwendung  ungeprüfter  Candidaten 
constatiren,  sondern  es  ist  ersichtlich,  dafs  der  Mangel  an  geprüften  Lehrkräften 
entweder  noch  in  der  Zunahme  begriffen  ist  oder  doch  unverändert  fortbesteht. 
Unter  den  32  Candidaten,  welche  im  letzten  Semester  ohne  Ablegung  der 
Lehramtsprüfung  beschäftigt  worden  sind,  ist  bei  14  unverkennbar  die  Erteilung 
des  Beligionsunterrichtes  der  Anlafs  zu  ihrer  Verwendung  gewesen.  Diese  auf- 
fallende, übrigens  mit  den  vorausgehenden  drei  Semestern  nahezu  überein- 
stimmende Zahl  verliert  allerdings  etwas  von  ihrer  Bedeutung  dadurch, 
dafs  unter  den  14  für  das  Lehramt  noch  nicht  geprüften  Candidaten  8 
durch  das  Bestehen  wenigstens  der  ersten,  zum  Teil  beider  theologischen 
Prüfungen  ihre  wissensch.  Befähigung  für  den  fraglichen  Unterricht  erwiesen 
hatten  und  3  andere  im  Laufe  des  Semesters  die  Lehramtsprüfung  bestanden 
haben. 

3.  Die  Beschäftigung  ungeprüfter  Candidaten  ist  als  ein  Ausnahmefall 
zu  betrachten,  dessen  Bewilligung  nur  durch  die  unbedingte  Nothwendigkeit 
zu  rechtfertigen  ist;  durch  Bewilligung  der  Ausnahme  werden  häufig  nicht 
nur  die  Lehranstalten,  sondern  die  betr.  Candidaten  selbst  benachteiligt.  Aus 
den  im  Vorstehenden  angefahrten  Thatsachen  ergiebt  sich,  dafs  für  die  übrigen 
Lehrgegenstände  aufser  dem  Beligionsunterrichte  ein  die  Ausnahme  recht- 
fertigender Nothstand  im  Allgemeinen,  das  heifst  bei  hergestelltem  Ausgleiche 
unter  den  verschiedenen  Provinzen,  nicht  vorhanden  ist  Das  K.  Prov.Sch.C. 
wolle  daher,  wenn  in  einem  einzelnen  Falle  für  das  zu  bestreitende  Unterrichts- 
bedürfnis sich  in  Seinem  Bereiche  eine  geprüfte  Lehrkraft  nicht  findet,  nicht 
unterlassen,  an  andere  Prov.Sch.CC.  —  bezw.  Prüfungscommissionen  —  deshalb 
Anfrage  zu  richten;  das  Unterlassen  einer  derartigen  Anfrage  kann  selbst  zu 
einer  Unbilligkeit  gegen  die  etwa  anderwärts  Verwendung  suchenden  geprüften 
Candidaten  werden.  Auf  diesem  Wege  wird  in  der  Kegel  der  Anlafs  zur  Ver- 
wendung ungeprüfter  Candidaten  beseitigt  werden.  Uebrigens  wird  das  Prov. 
Sch.C.  einen  erheblichen  Unterschied  zwischen  den  Fällen  machen,  dafs  Can- 
didaten die  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  bereits  abgegeben  haben  und  dafs 
selbst  dies  noch  nicht  geschehen  ist;  in  den  Fällen  der  ersteren  Art  unterliegt 
offenbar  die  Beschäftigung  ungeprüfter  Candidaten  viel  geringeren  Bedenken 
als  in  den  Fällen  der  letzteren  Art^)  Für  den  Religionsunterricht  wird  es 
voraussichtlich  in  der  nächsten  Zeit  noch  nicht  möglich  sein,  den  Unterrichts- 


*)  Vgl.  die  ähnliche  Vorausaetzung  in  der  C.Verf.  v.  25.  Juni  1884,  S.  65. 


94 

bedarf  sofort  in  jedem  Erledigangsfalle  darch  Lehrkräfte  zu  decken,  welche 
ihre  Befähigung  durch  die  betr.  Lehramtsprüfung  nachgewiesen  haben.  Ich 
darf  voraussetzen,  dafs  das  K.  Prov.Sch.C.  in  Würdigung  der  hohen  Bedeutung 
des  fraglichen  Unterrichtes  in  jedem  derartigen  Nothfalle  über  die  wissensch. 
Vorbereitung  des  in  Erwägung  kommenden  Mannes  und  über  seine  persönliche 
Befähigung  zur  Erteilung  des  Unterrichtes  die  sorgfältigsten  Ermittelungen  an- 
stellen wird. 

4.  Die  C.Verf.  v.  30.  Dec.  1876  und  v.  19.  Nov.  1877  bleiben  in  Geltung, 
und  ich  sehe  der  regelmäfsigen  Berichterstattung  auch  fernerhin  entgegen." 
Der  Minister  etc.  von  Puttkamer. 

Das  Devolutionsrecht. 

Die  kirchenrechü.  Yorschrifken  des  A.  LB.  über  das  ius  devolutionis  finden 
analoge  Anwendung  auch  bei  den  Schulen: 

T.  U.  Tit  11,  §  398:  „Kommt  die  Präsentation  innerhalb  sechs  Monaten 
nicht  ein,  und  ist  auch  vor  Ablauf  dieser  Frist  eine  Verlängerung  nicht  gesucht 
oder  nicht  zugestanden  worden,  so  fällt  die  Besetzung  der  Pfarre  für  diesen 
Fall  den  geistl.  Oberen  anheim."  —  Vgl.  die  in  Abschn.  VII  mitgeteilte 
landrechtl.  Bestimmung  über  Entlassung  aus  dem  Amt. 

Beligionslehrer. 

1.  Evangelische.  C.Verf.  v.  7.  Juli  1844  (republicirt  unter  dem 
16.  Oct.  1854  zu  entsprechender  Anwendung  auf  die  Beal-  und  höh.  Bürger- 
schulen) s.  Abt.  I  S.  164. 

Min.  Verf.  v.  12.  Oct.  1863:  „Nach  dem  Bericht  —  wird  an  mehreren 
Gymn.  der  Provinz  der  Beligionsunterr.  noch  von  Lehrern  erteilt,  die  ihre  Be- 
fähigung dazu  nicht  nachgewiesen  haben.  Unter  Bezugnahme  auf  die  Verf.  v.  — 
spreche  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  die  ^Erwartung  aus,  dafs  es  diese  ünregel-  . 
mäfsigkeit  thunlich  bald  beseitigen  wird.  —  Es  ist  jedoch  darauf  zu  halten, 
dafs  keinem  Lehrer  zur  Pflicht  gemacht  werde,  sich  nachträglich  die  formelle 
Qualification  für  den  Beligionsunterr.  zu  erwerben,  wenn  er  dazu  nicht  durch 
eigene  Neigung  und  inneren  Beruf  bestimmt  wird. 

Ich  bin  mit  dem  E.  Prov.Sch.C.  einverstanden,  dafs  es  vorzuziehen  ist, 
wenn  ordentl.  Lehrer  einer  Anstalt  den  Beligionsunterr.  erteilen,  als  wenn  er 
einzelnen  Geistlichen  übertragen  wird,  die  zu  der  Schule  in  einem  näheren  Ver- 
hältnis nicht  stehen  und  an  anderem  Unterricht  nicht  beteiligt  sind,  und  wünsche 
deshalb,  dafs  bei  der  Besetzung  erledigter  Lehrerstellen  hierauf  überall  gebührende 
Bücksicht  genommen  werde.  Andererseits  wird  für  jetzt  noch  an  vielen  höh. 
Schulen  beim  Beligionsunterr.  die  Hülfe  der  Ortsgeistlichen  nicht  entbehrt 
werden  können,  auch  einstweilen  dem  Herkommen  gemäfs  in  ihrer  geistl.  Amts- 
qualification  ein  Ersatz  für  den  formellen  Nachweis,  den  Unterricht  an  höh. 
Schulen  erteilen  zu  können,  gefunden  werden  müssen.  Eine  Begelung  dieses 
Verhältnisses  kann  nur  im  Zusammenhange  allgemeiner  Anordnungen  über  den 
Beligionsunterr.  erfolgen  und  mufs  denselben  vorbehalten  werden."  — 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  15.  April  1887.  „Wir 
bestimmen  hiermit,  dafs  in  den  Fällen,  in  welchen  beabsichtigt  wird,  evan- 
gelischen Beligionsunterricht  an  einer  höh.  Lehranstalt  einem  Lehrer  oder 
Geistlichen  zu  übertragen,  welcher  bisher  noch  keinen  Beligionsunterricht  an 
der  betr.  Anstalt  erteilt  hat,  unsere  Genehmigung  zur  gedachten  Uebertragnng 
8  Wochen  vor  dem  Anstellungstermine  seitens  der  Curatorien  oder  der  Anstelts- 
Vorsteher  einzuholen  ist." 


95 


2.  In  Betreff  der  Anstellang  katholischer  Beligionslehrer  s.  Abt.  I 
p.  23;  über  die  Missio  canonica  s.  Eist.  Statist.  Darsi  III  p.  12. 

Min.  Verf.  v.  21.  Dec.  1874:  „Der  K.  Regierung  eröffne  ich  auf  den 
Bericht  y.  — ,  dafs  das  Amt  eines  Beligionslehrers  an  einer  öffenü.  Schule  weder 
«in  geistliches  Amt  noch  ein  Amt  in  einer  der  chrisü.  Kirchen,  sondern  ein 
Staatsamt  ist,  sei  es  ein  unmittelbares,  sei  es  ein  mittelbares.  Ebensowenig 
ist  die  Erteilung  des  Beligionspnterrichts  in  den  Offentl.  Schulen  als  ein  AusfluTs 
des  geistl.  Amts  aufzufassen;  denn  die  Berechtigung  zur  Erteilung  des  Beligions- 
unterr.  entspringt  lediglich  aus  der  Uebertragung  des  Amts  seitens  des  Staates. 
In  letzterer  Beziehung  mache  ich  auf  das  Erkenntnis  des  K.  OTribunals  vom 
12.  Oct.  d.  J.  (s.  CBl.  1875  p.  12)  aufmerksam,  in  welchem  dargethan  ist, 
dafs  die  Erteilung  des  Beligionsunterr.  in  den  öffenü.  Schulen  sich  als  Ausflufs 
«ines  staatl.  Auftrags  und  damit  eines  öffentl.  Amts  im  Sinne  von  §  132  des 
Strafgesetzb.  ^)  darstellt.  Hierdurch  ist  die- Anwendbarkeit  sowohl  des  Gesetzes 
y.  11.  Mai  y.  J.  als  auch  des  Ergänzungsgesetzes  y.  21.  Mai  d.  J.  auf  die 
Beligionslehrer  an  den  öffentl.  Schulen  ausgeschlossen.^' 

3.  Jüdische  Beligionslehrer.  Min.  Verf.  y.  7.  Dec.  1875:  ,4)en 
K.  Proy.Sch.CC.  erwidere  ich  auf  den  Bericht  — ,  dafs  der  israelitische  Beligions- 
nnterricht  auf  den  unteren  Klassen  höh.  Lehranstalten  unbedenklich  einem 
seminaristisch  gebildeten  Lehrer  übertragen  werden  kann,  für  die  oberen  Stufen 
abef  überall  nur  ordnungsmäfsig  qualiücirte  und  yon  den  betr.  Cultusgemeinden 
als  solche  anerkannte  jüdische  Gesetz-  oder  Beligionslehrer  (Babbiner,  Priester) 
zuzulassen  sein  werden.  Ein  weiterer  Nachweis  zur  Erteilung  des  Beligionsunterr. 
ist  yon  den  Genannten  nicht  zu  erfordern."  .  .  .    Der  Minister  etc.  Falk. 

Elementarlehrer. 

Min.V«erf.  y.  30  Noy.  1878.  Auszug.  „Im  üebrigen  yeranlasse  ich  das 
K.  Proy.Sch.C,  in  Zukunft;  dayon  abzusehen,  seminaristisch  gebildete 
Lehrer  als  ordentliche  Lehrer  an  Gymn.  und  Bealschulen  I.  0.  anzustellen 
bezw.  zu  bestätigen.  Dieselben  sind  yielmehr  entweder  als  Elementar-  oder 
technische  Lehrer  zu  bezeichnen,  jedenfalls  yon  den  wissensch.  Lehrern  zu 
trennen.  Damit  erledigt  sich  auch  die  Frage  des  Gehaltes  für  diese  Gattung 
yon  Lehrern,  da  dieselben  nur  wie  die  übrigen  Elementarlehrer  an  höh.  Schulen 
yon  1200  bis  2400  Mark  ascendiren  können."  Der  Min.  etc.  I.  A.:  Greif  f. 
Verf.  des  K.  Proy.Sch.C.  zu  Kiel  y.  27.  Noy.  1875.  „In  dem  §  26 
der  Prüfungsordnung  f&r  Volksschullehrer  y.  15.  Oct  1872  heifst  es :  „  „Solchen 
Examinanden,  welche  in  der  ersten  Prüfung  bei  guten  Leistungen  in  Beligion, 
Bechnen  und  Deutsch,  aufserdem  noch  in  den  Bealien  oder  in  einer  der  fremden 
Sprachen  das  Prädicat  gut  bestanden  erlangt  oder  in  der  zweiten  Prüfung 
sich  dasselbe  nachträglich  erworben  haben  und  in  allen  Teilen  der  letzteren 
gut  bestanden  sind,  kann  die  Befähigung  zum  Unterr.  in  den  Unterklassen  yon 
Mittelschulen  und  höh.  Töchterschulen  yerliehen  werden.""  Da  unsers  Erachtens 
in  Betreff  der  Vorbildung  derjenigen  seminarisch  ausgebildeten  Lehrer,  welche 
an  den  unteren  Klassen  höherer  Lehranstalten  oder  an  den  mit  letzteren  yer- 
bundenen  Vorschulen  zu  wirken  haben,  jedenfalls  nicht  geringere  Anforderungen 
zu  machen  sind,  als  für  die  Lehrer  an  den  Unterklassen  yon  Mittelschulen  in 


*)  Strafgesetzb.  y.  31.  Mai  1870:  㤠 132:  Wer  unbefugt  sich  mit  Aua- 
übung  eines  öffentl.  Amts  befafst  oder  eine  Handlang  yomimmt,  welche  nur  kraft 
eines  öffentL  Amts  yorgenommen  werden  darf,  wird  mit  Gefängnis  bis  zu  einem 
Jahre  oder  mit  Geldstz^afe  bis  zu  100  Thlr.  bestraft" 


96 

Geltang  stehen,  so  werden  wir  in  Zukunft  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten 
unseres  Aufsichtsbezirkes  oder  an  den  Vorschulen  derselben  regelmäfsig  nur 
solche  seminarisch  gebildete  Lehrer  anstellen,  bezw.  die  Anstellung  der  betr. 
Lehrer  genehmigen  oder  bestätigen,  welche  den  im  Eingange  namhaft  gemachten 
Bedingungen  entsprechen." 

Technisohe  Lehrer. 

C.Verf.  V.  13.  Aug.  1824:  „Das  Minist,  sieht  sich  veranlafst,  hierdurch 
anzuordnen:  1.  dafs  die  Gesang-,  Zeichen-  und  Schreiblehrer  bei 
den  Gymn.  von  jetzt  an  nicht  weiter,  wie  es  wohl  bisher  der  Fall  gewesen, 
fbrmlich  angestellt,  sondern  nur  auf  gegenseitige  halbjährl.  Kündigung  ange- 
nommen werden;  2.  die  gedachten  Hülfslehrer  sollen  bei  ihrer  Annahme 
nicht  gleich  den  ordenü.  bestellten  Lehrern  vereidigt,  vielmehr  soll  ihnen  nur 
ein  dem  Inhalt  der  gesetzl.  vorgeschriebenen  Eidesformel  gleiches  Versprechen 
abgenommen,  ihnen  die  Bedingung  der  augenblickl.  Entfernung,  falls  sie  im 
mindesten  gegen  ihr  an  Eides  Statt  gegebenes  Versprechen  handeln  sollten, 
ausdrücklich  gemacht  und  ein  hierüber  abzufassendes  Protokoll  von  ihnen  unter- 
zeichnet werden." 

C.  Verf.  V.  April  1827:  „Um  zu  bewirken,  dafs  zu  den  Zeichenlehrer- 
steilen  an  den  Gymn.  und  höh.  Bürger-  (Real-)  Schulen  nur  solche  Subjecte 
gewählt  und  in  Vorschlag  gebracht  werden,  welche  nicht  nur  die  erfordert. 
Kunstfertigkeit,  sondern  auch  •  die  nicht  weniger  nöthige  Lehrgeschicklichkeit 
besitzen,  will  das  Minist,  hierdurch  festsetzen,  dafs  in  der  Begel  von  jetzt  an 
bei  Besetzung  der  gedachten  Stellen  nur  solche  Candd.,  die  mit  einem  genügenden 
Qualificationsattest  der  hies.  K.  Akademie  der  Künste  (vgl.  p.  70)  versehen 
sind,  berücksichtigt  werden,  und  dafs  solche  in  Concurrenz  mit  anderen,  die 
ihre  Tüchtigkeit  als  Lehrer  nicht  sonst  nachweisen  können,  den  Vorzug  haben 
sollen.  Das  Minist,  beauftragt  die  K.  Prov.Sch.CC,  dieser  Bestimmung  nicht 
nur  selbst  in  vorkommenden  Fällen  bei  Schulen  königl.  Patronats  gewissenhaft 
nachzukommen,  sondern  dieselbe  auch  den  Stadt.  Patronaten  zur  Nachachtung 
bekannt  zu  machen." 

C.Verf.  V.  10.  Nov.  1830:  —  „Es  sind  keine  Musiklehrer  von.  K- 
Behörden  anzustellen,  welche  nicht  auch  in  Ansehung  ihrer  Tüchtigkeit  zum 
Gesangunterricht  bei  einem  Schullehrer-Seminar  oder  einem  hierzu  beauftragten 
Sachverständigen  geprüft  worden  sind  und  darüber  ein  genügendes  Zeugnis 
beigebracht  haben,  oder,  im  Fall  das  vorgelegte  Zeugnis  für  das  ihnen  zu  über- 
tragende Amt  nicht  ausreicht,  sich  zu  einer  zweiten  Prüfung  nach  einer  bestimmten 
Frist  anheischig  machen." 

Anstellung  von  Ausländem. 

Gegenwärtig  ist  hierbei  zu  unterscheiden  zwischen  nichtpreufsischen  Ange* 
hörigen  des  deutschen  Reichs  und  Ausländem  im  weiteren  Sinne.  Nach  dem 
Beichsgesetze  v.  1.  Juni  1870  §§  2  und  7  wird  die  Staatsangehörigkeit  in 
einem  Bundesstaate  für  Angehörige  anderer  Bundesstaaten  durch  Aufnahme, 
für  Ausländer  durch  Naturalisation  begründet.    Für  erstere  gilt  die 

C.  Verf.  V.  28.  Aug.  1868:  „Nachdem  durch  Art.  3  der  Verfassung  des 
Norddeutschen  Bundes  für  den  ganzen  Umfang  des  Bundesgebiets  ein  gemein- 
sames Indigenat  mit  der  Wirkung  eingeführt  ist,  dafs  der  Angehörige  (TJnterthan, 
Staatsbürger)  eines  jeden  Bundesstaates  in  jedem  anderen  Bundesstaat  als 
Inländer  behandelt  und  demgemäfs  u.  a.  auch  zu  den  öffentl.  Aemtem  unter 
denselben  Voraussetzungen  wie  der  Einheimische  zugelassen  werden  soll,  hat 
das  K.  Staatsminist,  beschlossen,  dafs  es  der  fdr  Ausländer  vorgeschriebenen 


97 

höheren  Oenehmigung  hehnfs  ihrer  Zulassang  za  öffenü.  Aemtern  femer  nicht 
hedarf,  insoweit  es  sich  nm  Angehörige  der  znm  Nordd.  Bande  gehörigen  Staaten 
handelt."      ' 

Auf  nichtprenfsische  Angehörige  des  deutschen  Beichs  finden  demnach 
nicht  alle  nachfolgenden  Bestimmungen  Anwendung.    * 

Durch  Anstellung  erhalten  Ausländer  die  Eigenschaft  als  preufs.  Unterthanen: 
Gesetz  v.   31.  Dec.  1842.    §  6  (GS.  v.  1843  p.  15):    „Eine  von  uns 
unmittelbar  oder  von  Unseren  Central-  oder  Provinzialbehörden  vollzogene  oder 
bestätigte  Bestallung  für  einen  in  den  preufs.  Staatsdienst  aufgenommenen  Aus- 
länder vertritt  zugleich  die  Stelle  der  Naturalisationsurkunde."  — 

C.  Verf.  V.  5.  Jan.  1848:  „Nachdem  durch  das  Gesetz  über  die  Er- 
werbung und  den  Verlust  der  Eigenschaft  als  preufs.  Unterthan  v.  31.  Dec.  1842 
die  Erwerbung  dieser  Eigenschaft  für  Ausländer  wesentlich  erleichtert  worden 
und  der  Naturalisirte  durch  Empfang  der  Naturalisationsurkunde  alle  Rechte 
und  Pflichten  eines  Preufsen  erwirbt,  ist  es  schon  mehrfach  vorgekommen,  dafs 
die  Naturalisation  vorzugsweise  zum  Zweck  des  Eintritts  in  den  preufs.  Staats- 
dienst nachgesucht  und  auf  diese  Weise  das  den  Ausländem  bei  einer  Be- 
werbung um  Anstellung  im  preufs.  Staatsdienst  entgegenstehende  Hindernis 
umgangen  wird.  Dafs  hierdurch  unter  Umständen  Ausländer,  welche  naturalisirt 
worden,  günstiger  gestellt  sind,  als  geborene  Preufsen,  läfst  sich  nicht  ver- 
kennen, da  letztere  vor  der  Anstellung  im  Staatsdienst  nachzuweisen  haben, 
dafs  sie  in  Preufsen  der  allgem.  Militärpflicht  Genüge  geleistet,  resp.  die  Be- 
freiung von  derselben  in  den  vorgeschriebenen  Formen  erlangt  haben,  während 
in  beiden  Beziehungen  in  den  meisten  deutschen  Bundesstaaten  und  sonst  im 
Auslände  bei  weitem  weniger  strenge  Bestimmungen  bestehen  als  in  Preufsen, 
und  die  zu  Naturalisirenden  nur  nachweisen  müssen,  dafs  sie  der  Militärpflicht 
in  ihrem  bisher.  Vaterland  genügt  oder  dort  davon  befreit  sind.  Um  diesem 
UebeLstande  abzuhelfen,  haben  des  Königs  Maj.  auf  den  Antrag  des  E.  Staats- 
ministeriums mittels  A.  0.  v.  17.  Oct.  v.  J.  zu  bestimmen  geruht, 

dafs  Personen,  welche  die  Eigenschaft  als  preufs.  Unterthanen  erst  durch 
Erteilung  einer  Naturalisationsurkunde  erworben  haben,  im  Staats-,  sowie  im 
Xirchen-  und  Schuldienst  ohne  vorgängige  ausdrückliche  Genehmigung  des 
Departementschefs  nicht  angestellt  werden  soUen. 

Dem  ferneren  Allerh.  Befehl  gemäfs  soll  diese  Genehmigung  nur  dann 
erteilt  werden, 

wenn  von  der  Anstellung  besonderer  Nutzen  für  den  Staats-,  Kirchen- 
oder Schuldienst  zu  erwarten  ist  und  der  Anzustellende,  vorausgesetzt,  dafs  er 
noch  im  militärpflicht.  Alter  sich  befindet,  der  Militärpflicht  durch  persönlichen 
Dienst  in  seiner  früheren  Heimat  oder  im  preufs.  Heere  genügt  oder  durch  ein 
Zeugnis  der  preufs.  Ersatzbehörde  seine  Untauglichkeit  zum  Militärdienst  nach- 
gewiesen hat. 

Die  K.  Begiemng  veranlasse  ich,  hiemach  bei  der  Anstellung  naturalisirter 
Ausländer  im  Ressort  der  Kirchen-  und  Schulverwaltung  vorkommenden  Falls 
zu  verfahren.  Da  übrigens  Ausländer,  welche  noch  nicht  die  Eigenschaft  als 
preuljs.  Unterthanen  erworben  haben,  selbstredend  nicht  günstiger  gestellt  werden 
können,  als  die  naturalisirten  Ausländer,  so  ist,  insoweit  die  Zulassung  von  Aus- 
ländem zum  preufs.  Staatsdienst  nach  den  bestehenden  Bestimmungen  überhaupt 
zulässig  erscheint,  hierbei  ebenfalls  nach  den  in  der  A.  0.  v.  17.  Oct.  v.  J. 
vorgeschrieb.  Grundsätzen  zu  verfahren." 

C.  Verf.  V.  23.  Mai  1862:  „Nach  Vorschrift  der  A.  Ordre  v.  17.  Oct. 
1847  sollen  Personen,  welche  die  Eigenschaft  preufsisch^r  Unterthanen  erst 
durch  Erteilung  einer  Naturalisationsurkunde  empfangen  haben,  im  Staats- 
sowie  im  Kirchen-  und  Schuldienst  ohne  vorgängige  ausdrückl.  Genehmigung 

Wie  Bei,  Yerordnongen.    II.  7 


98 

des  Departementschefs  nicht  angestellt  werden.  Diese  Genehmigung  war  nnr 
dann  zn  erteilen,  wenn  von  der  Anstellung  besonderer  Nntzen  för  den  Staats-, 
Kirchen-  oder  Schuldienst  zn  erwarten  war  und  wenn  der  Anzustellende,  voraus- 
geselzt»  dafs  er  sich  noch  im  militärpflicht.  Alter  befand,  der  Militärpflicht  durch 
persönl.  Dienst  in  seiner  früheren  Heimat  oder  im  preufs.  Heer  genügt  oder 
durch  ein  Zeugnis  der  preufs.  Ersatzbehörde  seine  üntauglichkeit  zum  Militär- 
dienst nachgewiesen  hatte.  In  der  neueren  Zeit  ist  jedoch  mehrfach  das  Be- 
denken entstanden,  ob  die  Bestimmungen  des  erwähnten  AUerh.  Erlasses,  insoweit 
derselbe  für  die  Anstellung  naturalisirter  Ausländer  das  Erfordernis  einer  vor- 
gängigen  ausdrückl.  Genehmigung  des  Departementschefs  vorgeschrieben  und 
die  Erteilung  dieser  Genehmigung  an  die  Bedingung  geknüpft  hat,  dafs  von 
der  Anstellung  besonderer  Nutzen  für  den  Dienst  zu  erwarten  sei,  noch  in  Kraft 
bestehen,  oder  ob  dieselben  durch  Art  4  der  Verfassungsurk.,  wonach  die  öffentl. 
Aemter  unter  Einhaltung  der  von  den  Gesetzen  festgestellten  Bedingungen  für 
alle  dazu  Befähigten  gleich  zugänglich  sein  sollten,  ihre  Giltigkeit  verloren 
haben. 

Zur  Erledigung  dieser  Zweifel  und  um  den  unterschied  zwischen  Denen, 
welche  die  Eigenschaft  preufsischer  ünterthanen  durch  Abstammung  oder 
Legitimation,  und  solchen  Personen,  welche  diese  Qualität  durch  Naturalisation 
erworben,  aufeuheben,  haben  des  Königs  Maj.  das  Staatsminist,  mittels  A.  0. 
V.  27.  Jan.  d.  J.  zu  ermächtigen  geruht,  von  der  Anwendung  der  Bestimmungen 
des  Erlasses  v.  17.  Oct.  1847,  soweit  dieselben  nicht  auf  die  Militärverhältnisse 
der  Anzustellenden  Bezug  haben,  künftighin  abzusehen. 

Die  K.  Regierung  etc.  setze  ich  hiervon  mit  Bezhg  auf  das  Bescr.  v.  5.  Jan» 
1848  zur  Nachachtung  in  vorkommenden  Fällen  mit  dem  Bemerken  in  Kenntnis, 
dafs  es  hinsichtlich  der  nicht  naturalisirten  Ausländer  bei  den  bisherigen  Gnyd- 
sfttzen  sein  Bewenden  behält." 

BiensteicL 

YerfasBungs-Urkunde  v.  31.  Jan.  1850.  Art.  108.  „Die  Mitglieder 
der  beiden  Kammern  und  alle  Staatsbeamten  leisten  dem  Konige  den  Eid  der 
Treue  und  des  Gehorsams  und  beschwören  die  gewissenhafte  Beobachtung  der 
Verfassung," 

Durch  C.  Verf.  v.  24.  April  1815  wurde  den  K.  Begierungen  eine  Eides- 
formel mitgeteilt, 

„wonach  sämtliche  Lehrer  an  öffentl.  Erziehungs-  und  Schulanstalten  aller 
Grade,  an  protestantischen  sowohl  als  katholischen,  wenn  sie  das  erste  Mal  ein 
öffentl.  Schulamt  antreten,  nachdem  ihnen  die  Pflichten  desselben  bekannt 
gemacht  worden,  den  Amtseid  leisten  sollen.  Bei  weiterer  Beförderung  ist  ihnen 
mit  Zurückweisung  auf  ihren  ersten  Eid  das  feierliche  Versprechen  treuer  Er- 
füllung der  Pflichten  des  neuen  Amts  abzunehmen." 

CO.  V.  10.  Febr.  1835:  „Auf  die  Anfrage  des  Staatsminist  v.  — ,  die 
Diensteide  betreffend,  setze  Ich  fest:  dafs  der  Beamte,  der  entweder  in  seinem 
bisherigen  Bessert  eine  anderweitige  Amtswirksamkeit  erhält  oder  zu  einem 
anderen  Verwaltungszweige  übergeht,  auf  den  früher  von  ihm  geleisteten  Diensteid 
zu  verweisen  ist,  dabei  aber  schriftlich  oder  zum  Protokoll  zu  erklären  hat, 
dafs  er  sich  bei  üebemahme  des  neuen,  speciell  zu  benennenden  Amtes  durch 
den  zuvor  abgeleisteten  Eid  für  alle  seine  neuen  Amtsverhältnisse  eidlich  ver- 
pflichtet erachte.'* 

A.Verordnung  v.  6.  Mai  1867.  §  1:  „Die  Form  des  Dienst- 
eides, welcher  von.  den  im  unmittelbaren  oder  im  mittelbaren  Staatsdienste 
stehenden  Beamten  fortan  zu  leisten  ist,  wird  dahin  festgestellt: 


99 

„Ich  N.  N.  schwöre  zn  Gott  dem  Allmächtigen  und  Allwissendeo, 
dafs  Seiner  Eönigl.  Maj.  von  Prenfsen,  meinem  Allergnädigsten  Herrn, 
ich  nnterthänig,  trea  und  gehorsam  sein  xmd  alle  mir  vermöge  meines 
Amtes  obliegenden  Pflichten  nach  meinem  besten  Wissen  nnd  Gewissen 
genau  erfüllen,  auch  die  Verfassung  gewissenhaft  beobachten  will,  so  wahr 
mir  Gott  helfe.«  0 

„Dem  Schwörenden  bleibt  es  überlassen,  den  vorstehend  festgestellten  Eides- 
worten die  seinem  religiösen  Bekenntnis  entsprechende  Bekräftigungsformel  hin* 
zuzufügen.« 

,yBei  den  im  mittelbaren  Staatsdienste  stehenden  Beamten  tritt  denselben 
diejenige  Eidesnorm  hinzu,  mittels  deren  diese  Beamten  sich,  den  bestehenden 
Bestimmungen  und  den  besonderen  Verhältnissen  gemäfs,  dem  unmittelbaren 
Dienstherm  zu  verpflichten  haben.«  * 

§  2.  ,4)er  im  §  1  gedachte  Eid  verpflichtet  den  Schwörenden  nicht  nur 
für  die  zur  Zeit  der  Eidesleistung  von  ihm  bekleideten,  sondern  auch  für  alle 
ihm  etwa  später  zu  übertragenden  Aemter."  .  (CBl.  1873  S.  670.) 

Min.  Verf.  v.  16.  Juni  1873.  (CBl.  1873  S.  385.)  „Nach  der  mit 
dem  Bericht  v.  24.  v.  Mts.  in  Abschrifk  überreichten  Verhandlung  v.  21.  dess.  M&. 
ist  der  Consistorialrath  N.  mittels  Handschlags  an  Eidesstatt  zur  Erfüllung 
seiner  Obliegenheiten  verpflichtet.  Diese  Verpflichtungsform  ist  nicht  üblich.  Hat 
schon  eine  frühere  Vereidigung  stattgefunden,  so  bedarf  es,  wenn  dieselbe  nach 
den  Vorschriften  der  Verordnung  v.  6.  Mai  1867  geschehen  ist,  keiner  besonderen 
Hinweisung  auf  den  geleisteten  Eid,  andernfalls  mufs  die  Verweisung  auf  den 
früher  geleisteten  Diensteid  erfolgen.  Wenn  aber  eine  förmliche  Vereidigung 
noch  nicht  stattgefunden  hat,  so  mufs  sie  nach  der  Verordnung  v.  6.  Mai  1867 
geschehen.«    Der  Minister  etc.  Falk. 

Aus  der  C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  31.  Jan.  1883. 
„1)  ....  Soll  bei  den  Lehrern  an  den  nicht  staatlichen  Anstalten  noch  die- 
jenige Eidesform  hinzutreten,  mittels  deren  sie  den  bestehenden  Bestimmungen 
und  den  besonderen  Verhältnissen  gemäfs  dem  unmittelbaren  Dienstherm  sich 
verpflichten,  so  bedarf  der  desfallsige  Zusatz  zu  der  Eidesformel  unserer  Ge- 
nehmigung ....  3)  Bei  Lehrern,  welche  nur  versuchsweise  oder  für  eine 
bestimmte  Zeit  bestellt  oder  angenommen  werden,  bedarf  es  der  förmlichen 
Eidesleistung  nicht.  Dieselben  sind  zur  gewissenhaften  Erfüllung  der  über- 
nommenen Pflichten  und  Obliegenheiten  und  zur  Treue  und  Gehorsam  gegen 
des  Königs  Majestät  durch  Handschlag  zu  verpflichten  .  .  .  .«^) 

C.Verf.  des  Prov.ScLC.  zu  Hannover  v.  13.  Nov.  1873:  ,J)a  es 
häuflg  vorgekommen  ist,  dafs  neben  den  Bescheinigungen  über  die  Vereidigung 
von  Lehrern  auch  die  betr.  Vereidigungsprotok,  zu  unseren  Acten  eingesandt 
werden,  so  bestimmen  wir  hierdurch,  dafs  bei  vorkommenden  Vereidigungen  von 
Lehrern  an  den  höheren  ünterrichtsanstalten  und  Seminaren  der  hies.  Prov.  das 
Vereidigungsprotok.  bei  den  Acten  derjenigen  Behörde  verbleibt,  welche  die 
Vereidigung  vorzunehmen  hat,  dafs  dagegen  zu  unseren  Acten  nur  eine  (nach 
gegebenem  Schema)  auszustellende  Bescheinigung  darüber  einzusenden  ist.*' 


»)  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  21.  Aug.  1882.  „Bei  der 
Vereidigung  von  Lehrern  miBeres  Verwaltungsbezirke«  hat  sich  der  Fall  wiederholt, 
dafs  rücksichtlich  der  Eidesformel  nur  auf  Wiese,  Verordnungen  p.  H"  S.  109, 
Bezug  genommen  ist  Es  entspricht  aber  der  Vorschrift,  dafs  *  die  Eidesformel 
selbst  'wörtlich  in  das  Vereidigungsprotokoll  aufgenommen  werde;  wobei  wir 
bemerken,  dafs  bei  Wiese  a.  a.  0.  durch  ein  Versehen  gedruckt  ist  „die  Verfassung 
g  e  n  a  u  beobachten"  anstatt  des  richtigen  „die  Verfassung  g  e  w  i  s  8  e  n  h  a  ft  beobachten." 

«)  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  7.  Jan.  1879,  betr. 
Eidesleistung  von  wiss.  Hülfolehrem  und  Verpflichtung  von  zeitweise  angestellten 
Lehrern  s.  zu  C.Verf.  desselben  v.  28.  Oct.  1884,  Anmerkung,  Abschn.  VlIL 

7» 


100 

Allerh.  Erlafs  v.  4.  Jan.  1882  an  das  StaatsminiBterinm.  „Das  Becht 
des  Königs,  die  Begierang  und  die  PoUtik  Prenfsens  nach  Eigenem  Ermessen 
zu  leiten,  ist  dnrch  die  Verfassang  eingeschränkt,  aber  nicht  aufgehoben.  Die 
Begiernngsacte  des  Königs  bedüifen  der  Gegenzeichnung  eines  Ministers  und 
sind,  wie  dies  auch  vor  Erlafs  der  Verfassung  geschah,  von  den  Ministem  des 
Königs  zu  vertreten,  aber  sie  bleiben  Begiernngsacte  des  Königs,  aus  Dessen 
Entschliefsungen  sie  hervorgehen  und  der  Seine 'Willensmeinung  durch  sie  ver- 
fassungsmäfsig  ausdrückt.  Es  ist  deshalb  nicht  zulässig  und  fahrt  zur  Ver- 
dunkelung der  verfassungsmäfsigen  Königsrechte,  wenn  deren  Ausübung  so 
dargestellt  wird,  als  ob  sie  von  den  dafar  verantwortlichen  jedesmaligen  Ministem, 
und  nicht  von  dem  Könige  Selbst  ausginge.  Die  Verfassung  Preufsens  ist  der 
Ausdruck  der  monarchischen  Tradition  dieses  Landes,  dessen  Entwickelung  auf 
den  lebendigen  Beziehungen  seiner  Könige  zum  Volke  bemhi  Diese  Be- 
ziehungen lassen  sich  auf  die  vom  Könige  ernannten  Minister  nicht  übertragen, 
denn  sie  knüpfen  sich  an  die  Person  des  Königs.  Ihre  Erhaltung  ist  eine 
staatliche  Nothwendigkeit  für  Preufsen.  Es  ist  deshalb  Mein  Wille,  dafs  sowohl 
in  !£*reufsen,  wie  in  gesetzgebenden  Körpern  des  Beichs  über  Mein  und  Meiner 
Nadhfolger  verfassungsmäfsiges  Becht  zur  persönlichen  Leitung  der  Politik 
Meiner  Begierung  kein  Zweifel  gelassen  und  der  Meinung  stets  widersprochen 
werde,  als  ob  die  in  Preufsen  jederzeit  bestandene  und  durch  Artikel  43  der 
Verfassung  ausgesprochene  Unverletzlichkeit  der  Person  des  Königs  oder  die 
Nothwendigkeit  verantwortlicher  Gegenzeichnung  Meinen  Begiemngsacten  die 
Natur  selbständiger  Königlicher  Entschliefsungen  benommen  hätte.  Es  ist  die 
Aufgabe  Meiner  Minister,  Meine  verfassungsmäfsigen  Bechte  durch  Verwahmngen 
gegen  Zweifel  und  Verdunkelung  zu  vertreten;  das  Gleiche  erwarte  ich  von  allen 
Beamten,  welche  Mir  den  Amtseid  geleistet  haben.  Mir  liegt  es  fem,  die 
Freiheit  der  Wahlen  zu  beeinträchtigen;  aber  far  diejenigen  Beamten,  welche 
mit  der  Ausführung  Meiner  Begiernngsacte  betraut  sind  und  deshalb  ihres 
Dienstes  nach  dem  Disciplinargesetze  enthoben  werden  können,  erstreckt  sich 
die  durch  den  Diensteid  beschworene  Pflicht  auf  Vertretung  der 
Politik  Meiner  Begierung  auch  bei  den  Wahlen  Die  treue  Erfüllung  dieser 
Pflicht  werde  Ich  mit  Danke  anerkennen  und  von  aUen  Beamten  erwarten, 
dafs  sie  sich  im  Hinblick  auf  ihren  Eid  der  Treue  von  jeder  Agitation  gegen 
Meine  Begierung  auch  bei  den  Wahlen  fernhalten."  gez.  Wilhelm.  ggez. 
von  Bismarck.  (Deutscher  Beichs -Anzeiger  und  Königlich  Preufsischer 
Staats-Anzeiger  vom  7.  Jan.  1882.) 


Bestalliingen  und  Vocationen. 

Die  Directoren  der  Gymnasien  und  der  Bealschulen  landesherrl.  Patronats 
erhalten  eine  vom  Könige  vollzogene  Bestallung.  Den  nach  erfolgter  königl. 
Genehmigang  der  Wahl  den  Directoren  der  Gymn.  und  Bealschulen  anderer 
Patronate  zu  erteilenden  Vocationen  wird  durch  den  Unterrichtsmin.  eine 
beglaubigte  Abschrift  der  K.  Genehmigungsordre  beigefügt. 

Die  Bectoren  der  königl.  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen,  sowie 
die  Oberlehrer  der  königl.  höh.  Lehranstalten  aller  Kategorien  erhalten  im 
Namen  und  Auftrage  des  Min.  eine  Bestallung  durch  die  Provinzial  -  Aufsichts- 
behörden, welche  ihrerseits  kraft  eigener  Befugnis  allen  übrigen  Lehrern  königlicher 
Schulen  eine  Bestallung  ausfertigen.    (Vgl.  p.  84  f.). 

Die  Vocationen  aller  Lehrer  an  önentl.  Schulen  nicht  landesherrl.  Patronats 
bedürfen  der  Bestätigung  durch  die  betr.  Provinzialbehörden,  zu  welcher  diese 
bei  den  Oberlehrerstellen  zuvor  die  Genehmigung  des  Ministers  einzuholen  haben. 
Vgl.  Abt.  I  p.  30. 


101 

«  * 

Staatsmin.  Beschlnfs  y.  18.  Juni  1833:  1.  ,Jn  allen  Bestallongen, 
welche  ein  bestimmtes  Dienstverhältnis  andeuten,  in  welchem  der  Beamte  zn 
einer  gewissen  Behörde  etc.  stehen  soll,  wenn  also  Jemand  zmn  Vorstand  einer 
Behörde  oder  eines  einzelnen  Dienstzweigs  ernannt  wird,  mofs  die  Behörde 
genannt  werden,  bei  welcher  die  Anstellung  erfolgt  In  allen  anderen  Fällen 
aber  kommt  die  nähere  Bezeichnung  der  Behörde,  der  Anstalt,  des  Orts,  wo  die 
Anstellung  erfolgt,  nicht  in  die  Bestallung,  sondern  in  die  Yerfägung,  mit 
welcher  die  Bestallung  zugefertigt  wird. 

2.  Der  Betrag  des  Grehalts  oder  Einkommens  soll  gleichfalls  nicht  in  die 
Bestallungen  aufgenommen,  sondern  dem  betr.  Individuo  durch  das  Zufertigungs- 
rescript  oder  durch  abschrifU.  Mitteilung  der  an  die  betr.  Kassen  oder  Behörden 
ergangenen  Anweisungen  eröffnet  werden,  wieviel  derselbe  nach  dem  Etat  oder, 
falls  Abweichungen  von  demselben  eintreten,  nach  den  deshalb  besonders 
ergangenen  Bestimmungen  an  Gehalt  und  Emolumenten  zu  beziehen  haf 

Vom  K.  SchulcoU.  der  Frov.  Westfalen  wird  zu  den  Lehrervocationen 
folgendes  Formalar  angewendet  (1874): 

,,Der  —  wird  hierdurch  zum  —  in  der  Erwartung  von  uns  ernannt,  dafs 
Sr.  Maj.  dem  Könige  er  unterthänig,  treu  und  gehorsam  sein,  die  Pflichten  seines 
Amtes,  den  bestehenden  und  noch  zu  erlassenden  Vorschriften  gemäfs,  mit  gewissen- 
haftem Eifer  und  Fleifs  erfüllen,  den  Anordnungen  der  vorgesetzten  Behörden 
willig  Folge  leisten,  der  Jugend  überall  mit  ffutem  Beispiel  vorangehen  und 
überhaupt  so  viel  an  ilmi  liegt,  durch  Wort  und  That  dazu  beitragen  werde,  dafs 
ein  den  'Gesetzen  und  Zwecken  des  Staats  entsprechender  Geist  die  Schüler 
beseele.  Dafür  soll  derselbe  das  ihm  bewilligte  Diensteinkommen  zu  beziehen 

und  sich  aller  sonstigen  mit  seinem  Amte  verbundenen  Rechte  und  Befugnisse  zu 
erfreuen  haben.*' 

C.  Verf.  V.  11.  Mai  1874:  „Es  ist  neuerdings  wiederholt  vorgekommen, 
dafs  Lehrer  auf  den  Wortlaut  ihrer  Berufungsurkunden  den  Anspruch  gründeten, 
in  der  Beihenfolge  der  Lehrer  der  betr.  Anstalt  immer  eine  bestimmte  Stelle 
einzunehmen.  Dadurch  kann,  wie  die  Erfahrung  gezeigt  hat,  die  wahlberechtigte 
Behörde  bei  einer  Vermehrung  der  Lehrerzahl  verhindert  werden,  in  der  Be- 
setzung der  Stellen  das  Interesse  der  Anstalt  ausreichend  zu  berücksichtigen. 

Ich  bestimme  deshalb,  dafs  hinfort  in  den  Vocationen  für  Lehrer  an  königl. 
Anstalten  keine  bestimmte  Stelle  bezeichnet,  sondern  aufser  dem  Betrage  des 
Einkommens  nur  angegeben  wird,  dafs  der  Betreffende  als  Oberlehrer,  ordenü. 
Lehrer,  Hülfslehrer,  techn.  oder  Elementarlehrer  berufen  wird,  um  auf  solche 
Weise  den  Anspruch  des  Lehrers  auf  den  in  der  bezeichneten  Lehrerkategorie 
liegenden  Bang  und  die  ihm  zugesicherte  Gehaltscompetenz  zu  beschränken. 

Dafs  bei  denjenigen  Vocationen  welche  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  zu  be- 
stätigen sind,  nach  demselben  Grundsatz  verfahren  werde,  wird  den  Schulpatro- 
naten  zu  empfehlen  sein." . 

Min.Verf.  v.  20.  Juli  1874.  „Die  C.Verf.  v.  11.  Mai  d.  J.  beabsichtigt 
nicht,  die  bisherige  Unterscheidung  zwischen  der  Bestallung  der  Lehrer  und  dem 
Zufertigungsrescript  au&uheben.  Demgemäfs  bleibt  bei  der  Berufdng  von 

Lehrern  an  königliche  Anstalten  die  Angabe  des  mit  der  betr.  Stelle  verbundenen 
Einkommens  nach  wie  vor  dem  Zufertigungsrescript  vorbehalten.^' 

Bezüffl.  der  Bechtsverbindlichkeit  einer  Vocation  ist  in  einem 
besonderen  Fall  (s.  GBl.  1874  p.  344)  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  dafs 
mit  der  Ausfertigung  der  Vocation  allein  die  Anstellung  in  einem  Lehramt  noch 
nicht  perfect  wird,  die  Rechtsverbindlichk.  der  Berafung  vielmehr  ihren  Absohlufs 
erst  in  der  ohnehin  zwangsweise  nicht  erreichbaren  Annahme  der  Vocation  von 
Seiten  des  Lehrers,  resp.  mit  dem  factischen  Antritt  des  Lehramts  erhält.  So  lange 
weder  das  Eine  noch  das  Andere  erfolgt  ist,  ist  der  Lehrer  einerseits  selbst 
berechtigt»  vor  Annahme  der  Urkunde  von  seinen  früheren  Erk^rungen  zurück- 
zutreten, andererseits  aber  auch  die  berufende  Behörde  befugt,  die  von  ihr  aus- 
gehende Ernennung  für  wirkungslos  zu  erklären  und  zurückzuziehen. 


lOS 

•  - 

Bei  Versetzung  eines  Directors,  Oberlehrers  oder  Lehrers  von  einer  konig^l. 
an  eine  andere  königliche  Anstalt  wird  eine  neae  ßestaliung  oder  besondere 
Berafungsurkunde  nieht  ausgefertigt.  Die  Versetzung  geschieht  einfach  durch 
Verfügung  der  betr.  Behörde.  Vgl.  p.  86.  lieber  Versetzungstermine  s.  G.Verf. 
V.  15.  März  1881  Abschn.  VI. 

Im  Uebrigen,  auch  wegen  Einführung  der  Directoren,  s.  Abt.  I  p.  31.  — 
Die  Einführung  der  Lehrer  geschieht  in  der  IRegel  durch  den  Director. 

Wegen  der  Stempelvorschriften  vgl.  Abschn.  IV. 

Bang  und  Titel. 

Die  Bangordnung  in  den  Lehrercollegien  höh.  Schulen  ist:  Director 
(Bector),  etatsmäfs.  Oberlehrer,  etatsmäfs.  ordentliche  Lehrer,  wissensch. 
Hülfslehrer,  technische  und  Elementarlehrer. 

C.Verf.  des  Z.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  4.  Juli  1865:  „Es  hat 
sich  herausgestellt,  dafs  von  einzelnen  Dir.  in  der  den  Programmen  beigefügten 
Uebersichtstabelle  der  Lehrer  und  der  Lectionen  sämtliche  Hülfslehrer  mit 
der  einfachen  Bezeichnung  „Lehrer*'  aufgeführt  werden.  Dadurch  wird  der  Irrtum 
veranlafst,  als  ob  an  der  betr.  Anstalt  eben  so  viel  etatsmäfsige  ordentl.  Lehrer- 
stellen vorhanden  wären,  was  doch  nicht  der  Fall  ist.  Jedes  Gymnasium  und 
jede  Realschule  hat  aufser  dem  Dir.  eine  bestimmte  Anzahl  etatsmäfsiger  Ober- 
und  ordentlicher  Lehrerstellen.  Dazu  kommen  an  einzelnen  Anstalten,  teils 
dauernd,  teils  auf  die  Zeit  des  Bedürfnisses  in  der  Regel  nur  für  ein  Semester 
genehmigte  wissenschaftl.  Hülfslehrer,  endlich  die  technischen  Lehrer  für, Schreiben, 
Zeichnen,  Singen  und  Trumen.  Letztere  Gegenstände  werden  an  kleineren  Anstalten 
meist  von  einem  Lehrer  mit  Seminarbildung  vertreten,  der  auch  noch  einigen 
Wissenschaft].  Unterricht  in  den  untersten  &\,  erteilen  kann  und  darum  auch 
vocationsmäfisig  als  ordentlicher  Gymnasial-,  resp.  Eealschul  -  Elementarlehrer  an- 
gestellt ist.  Als  wissenschaftl.  Hülfslehrer  fung^n  an  einigen  Anstalten  Orts- 
ffeistliche,  Predigt-  und  Schulamtscandidaten,  Schulamtscandidaten,  Probanden  und 
liitglieder  des  iL  pädagog.  Seminars,  selbst  noch  nicht  pro  facult  docendi 
geprüfte  Candidaten. 

Da  die  Programme  in  gewissem  Sinne  einen  officiellen  Charakter  haben, 
80  ist  es  zweckmäfsig,  dafs  aus  ihnen  bei  der  Aufzählung  der  Lehrer  das  wirkliche 
Verhältnis  derselben  an  der  Anstalt  sofort  erkannt  werden  kann.  Damm  sind 
auch  die  verschiedenen  Kategorieen  der  Lehrer  nach  dem  Etat  bemerklich  zu 
machen.  Dies  läfst  sich  ermöglichen,  wenn  eine  doppelte  Zifiercolonne  angewendet 
wird,  in  deren  erster  die  Ziffern  durchlaufen  von  1  (Director)  bis  x  (letzter 
Hülfs-  resp.  technischer  Lehrer),  deren  zweite  aber  bei  jeder  Kategorie  inmier 
wieder  von  1  beginnt;  wobei  unbesetzte  Stellen  durch  vacat  kenntlich  zu  machen 
sind.    Solche  Kategorieen  sind: 

1.  (etatsmäfsige  zum  Unterschiede  von  Titular-)  Oberlehrer  (Prorector, 
Professor).  2.  (etatsmäfsige)  ordentl.  Lehrer  (Professor,  Oberlehrer).  3.  wissen- 
schaftl. Hülfslehrer;  wobei  die  für  die  Dauer  genehmigten  mit  ihrem  sonstigen 
Charakter  zuerst  genannt  werden,  denen  die  für  ein  Semester  genehmigten  folgen 
und  je  nach  ihrer  Qualifieation  als  Predigt-  und  Schulamtscandd.,  wenn  sie  pro 
licentia  concionandi  und  pro  facult.  docendi,  als  Schulamtscandd.,  wenn  sie  pro 
facult.  docendi  geprüft  worden,  zu  bezeichnen  sind.  Die  Mitglieder  des  K.  pädagog. 
Seminars,  sowie  die  Probanden  sind  als  solche  kenntlich  zu  machen,  endlich  die 
noch  nicht  pro  facult.  docendi  geprüften  sind  einfach  als  Candidaten  zu  benennen. 
Wenn  ein  ordentl.  Lehrer  zugleich  ein  technisches  Fach  vertritt,  so  ist  das  in 
Parenthese  (zugleich  z.  B.  Turnlehrer)  anzugeben.  4.  Technische  Lehrer,  die 
nicht  als  ordentliche  Lehrer  vocationsmäfsig  angestellt  sind.  Die  festangestellten 
Lehrer  mit  Seminarbildung,  die  entweder  ausschliefsl.  oder  nur  neben  anderem 
auch  noch  techn.  Unterricht  geben,  sind  in  der  Reihe  der  ordentl.  Lehrer  als 
Gymnasial-  resp.  Realschul-Elementarlehrer  aufzuführen. 

Die  Lehrer  an  den  Vorschulen  sind  hinter  sämtlichen  Lehrern  der  Haupt- 
anstalt als  „Elementarlehrer"  zu  erwähnen  und  etwanige  Hülfslehrer  an  derselben 
als  solche  zu  bezeichnen. 

Zugleich  machen  wir  darauf  aufmerksam,  dafs  in  Berichten,  in  Lections- 
plänen,  in  Programmen  nicht  selten  Lehrer  und  Schulamtscandd.  als  Doctoren 


103 

der  Philosophie  bezeichnet  werden,  von  denen  nach  den  diesseitiffen  Acten 
nicht  bekannt  ist,  dafs  sie  diese  Würde  erworben  haben.  Bei  dem  MiTsbrauch, 
der  in  neuerer  Zeit  mit  dem  Doctortitel  getrieben  wird,  empfehlen  wir  den 
Directoren,  diesen  Titel  in  amtl.  Schriftstücken  keinem  Lehrer  oder  Gandidaten 
beizulegen,  der  zur  Führung  desselben  nicht  berechtigt  ist.  Wenn  ein  Lehrer 
oder  während  seiner  Beschäftigung  an  der  Anstalt  ein  Candidat  diese  akadem. 
Würde  erlangt,  so  ist  dies  unter  Einreichung  eines  Abdrucks  des  Diploms  anzuzeigen.*' 

D«r  Doctor-Titel.  C.Verf.  v.  7.  März  1877.  „Während  gegenwärtig 
die  philosophischen  Facoltäten  der  preofsischen  Universitäten,  einschliefslich  der 
Akademie  zu  Münster,  die  philosophische  Doctorwürde  durchweg  nur  nach  vor- 
gängigem mündlichem  Examen  und  anf  Gmnd  einer  gedruckten  Dissertation 
erteÜen,  wird  an  einzelnen  nichtprenfsischen  Universitäten  die  Erfüllung  der 
genannten  Vorbedingungen  für  die  Promotion  zum  Doctor  philosophiae  nicht 
gefordert.  Es  beruht  hierin  ein  so  wesentlicher  Unterschied  in  der  Bedeutung 
der  Würde,  dafs  es  mir  geboten  erscheint,  ihn  im  Bereich  der  diesseitigen  Ver- 
waltung künftig  dadurch  zur  amtlichen  Geltung  zu  bringen,  dafs  die  Unterrichts- 
behörden nur  diejenigen  dem  Unterrichtswesen  angehörenden  Personen  im  amtlichen 
Verkehr  mit  der  Doctorwürde  bezeichnen,  welche  sie  auf  die  in  Preufsen  vorge- 
schriebene Art  erwerben.  .  Ich  weise  deshalb  das  K.  Prov.Sch.C.  etc.  an,  den  an 
öffentlichen  oder  privaten  Lehranstalten  Seines  etc.  Verwaltungsbezirks  angestellten 
oder  künftig  anzustellenden  Lehrern,  welche  nicht  gegenwärtig  bereits  im  recht- 
mäfsigen  Besitz  der  Würde  eines  Doctor  philosophiae  sind,  sondern  sie  erst  künftig 
erwerben  sollten,  im  amtlichen  Verkehr  den  Doctortitel  nur  dann  beizulegen,  wenn  er 
ihnen  von  einer  preufsischen  Universität  oder  von  der  Akademie  zu  Münster  erteilt 
ist,  oder  wenn  der  von  einer  nichtprenfsischen  Universität  Promovirte  dem  K. 
Prov.Sch.C.  etc.  nachweist,  dafs  er  auf  Grund  mündlichen  Examens  und  ge- 
druckter Dissertation  die  Würde  erlangt  habe.  Wird  letzterer  Nachweis  nicht 
erbracht,  so  ist  der  auswärts  erworbene  Doctortitel  amtlich  nicht  zu  berück- 
sichtigen. Eine  Ausnahme  ist  in  letzterer  Hinsicht  nur  bei  Lehrern  zu  machen, 
welche  aus  fremdem  Staats-  oder  Schuldienst  in  den  diesseitigen  übertreten  und 
bei  diesem  Uebertritt  bereits  den.  Doctortitel  einer  nichtprenfsischen  philoso- 
phischen Facultät  besitzen  sollten.  Die  von  einer  deutschen  Facultät  aus  eigener 
Bewegung  honoris  causa  zur  Belohnung  besonderer  wissenschaftlicher  Verdienste 
erfolgenden  Promotionen  werden  von  dem  gegenwärtigen  Erlafs  selbstredend 
nicht  beruhrt.^^    Der  Minister  etc.  Falk. 

Der  Directortitel.  C.Verf.  v.  10.  Jan.  1842  (an  die  K.  Regierungen): 
„Ans  den  von  den  K.  Begierungen  über  die  Verleihung  des  Titels*  Director  an 
Vorsteher  öffentlicher  Schulen  erstatteten  Berichten  hat  sich  ergeben,  dafs  bisher 
dieser  Titel  in  der  Begel  nur  Vorstehern  höherer  Unterrichtsanstalten  und  zwar 
meist  auf  den  Antrag  der  betr.  K.  Regierung  vom  Ministerium  der  geistl.  etc. 
Ang.  beigelegt  worden  ist  Nur  in  wenigen  Fällen  ist  die  Beilegung  desselben 
von  Provinzialbehörden  oder  mit  deren  Genehmigung  von  Magistraten  als 
Patronen  ausgegangen,  auch  nur  in  seltenen  Ausnahmen  an  Dirigenten  solcher 
Institute  erfolgt,  deren  Bestimmung  zwar  über  den  gewöhnl.  Elementarunterricht 
hinausgeht,  aber  doch  das  den  höh.  Schulanstalten  vorgesteckte  Ziel  nicht 
erreicht.  Mitunter  hat  die  Verleihung  des  Directortitels  eine  Auszeichnung  für 
Männer  von  ungewöhnlichem  Diensteifer  und  erprobter  Amtsthätigkeit  bezweckt, 
oder  es  ist  dieser  Titel  Vorstehern  höh.  Schulanstalten  blofs  darum  beigelegt 
worden,  um,  namentl.  bei  neu  errichteten  Schulen  dieser  Art,  die  Wirksamkeit 
der  Vorsteher  von  der  der  Vorsteher  der  allg.  Stadt-  und  gröfseren  Volksschulen, 
welche  gewöhnlich  Rectoren  heifsen,  zu  unterscheiden.^) 

^)  Die  Hauptlehrer  der  Gemeindeschulen,  sowie  der  Vorsteher  der  städt. 
Taubstummenanstalt  zu  Berlin  führen  vom  15.  April  1878  ab  den  Titel:  Rector. 
Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  29.  Dec.  1877. 


I 


104 

Damit  fortan  eine  feste  Begel  in  dem  Gebrauch  des  Titels  Director 
l)eobachtet  werde,  insofern  damit  nicht  lediglich  eine  factische  Bezeichnung'  des 
Yorsteheramts  ansgedräckt,  sondern  ein  amü.  Ehrentitel  beigelegt  nnd  in  öffenü. 
Yerhandlnngen  davon  Grebranch  gemacht  werden  soll,  ist  künftig  darauf  zu 
sehen,  dafs  nnr  die  Dirigenten  der  höh.  Schulanstalten,*  nämlich:  der  vollstän- 
digen Gymnasien,  der  öffenÜ.  Schnllehrer-Seminare  nnd  der  voUständigen,  zu 
Entlassungsprüfxingen  berechtigten  Bealschnlen,  den  Titel  Directoren  derselben 
fcQiren  und  auch  in  officiellen  Schreiben  so  benannt  werden.  Die  jetzigen  Vor- 
steher an  Anstalten,  welche  zn  den  vorerwähnten  nicht  gehören,  sollen,  insofern 
sie  sich  mit  Genehmigung  der  betr.  Staatsbehörde  im  Besitz  nnd  Gebrauch 
dieses  Titels  befinden,  darin  belassen  werden;  auf  ihre  l^achfolger  aber  soll  er 
nicht  übergehen. 

Indem  ich  noch  bemerke,  dafs  vorstehende  Verfügung  nur  die  Dirigenten 
derjenigen  Schul-  und  ünterrichtsanstalten  betrifft,  welche  zu  dem  Bessort  des 
mir  anvertrauten  Ministerii  gehören,  fordere  ich  die  E.  Begiemng  auf,  sich 
hiemach  zu  achten  und  gelegentlich  an  die  betr.  Patronatsbehörden  das  Erfor- 
derliche zu  verfagen.^'    Der  Minister  etc. 

Der  Prorectortitel.  Min.  Verf.  v.  9.  Oct.  1876.  „Wenn  das  K. 
Prov.Sch.C.  in  seinem  Berichte  vom  16.  v.  M.  bei  Motivirung  des  Antrags,  dem 
ersten  Oberlehrer  an  jedem  Gymnasium  und  jeder  Bealschule  der  dortigen  Pro- 
vinz den  Prorectortitel  beizulegen,  von  der  Voraussetzung  ausgeht,  dafs  bei 
Verhinderung  des  Directors  oder  bei  Erledigung  des  Directorats  stets  derjenige 
Oberlehrer,  welcher  die  höchst  dotirte  SteUe  inne  hat,  mit  der  interimistischen 
Leitung  der  Anstalt  zu  beauftragen  sei,  so  mujTs  ich  darauf  hinweisen,  dafs  diese 
früher  allgemein  übliche  Praxis  jetzt  nicht  mehr  in  vollem  Umfange  aufrecht 
erhalten  werden  kann.  Die  nothwendige  Folge  davon  würde  sein,  dafs  einem 
Oberlehrer  das  Aufrücken  in  die  höchste  Gehaltsstufe  zu  versagen  wäre,  sobald 
er  zur  zeitweiligen  Verwaltung  der  Directoratsgeschäfte  nicht  geeignet  ist.  Da 
in  einem  derartigen  Verfahren  eine  Unbilligkeit  gegenüber  solchen  Lehrern 
liegen  würde,  welche  abgesehen  von  diesem  Mangel  wegen  ihrer  sonstigen 
Leistungen  und  wegen  ihres  gesamten  dienstlichen  Verhaltens  einer  Beförderung 
durchaus  würdig  erscheinen,  so  ist  in  anderen  Provinzen  bereits  in  mehreren 
Fällen  das  Aufrücken  solcher  Lehrer  in  die  höchste  Gehaltsstufe  genehmigt  uftd 
die  Vertretung  des  Directors  einem  der  übrigen  Oberlehrer  übertragen  worden. 
Dem  entsprechend  wird  auch  in  der  dortigen  Provinz  bei  Besetzung  der  höchst- 
dotirten  Oberlehrerstellen  in  besondere  Erwägung  zu  nehmen  sein,  ob  der  nächst- 
folgende Oberlehrer,  auch  wenn  ihm  die  Befähigung  zur  vorübergehenden  Ver- 
waltung der  Directoratsgeschäfte  abgeht,  doch  ohne  Schädigung  der  Anstalt  in 
die  SteUe  mit  höherer  Besoldung  auMcken  kann.  Da  demnach  der  Prorectortitel 
nicht  mehr  die  zutreffende  Bezeichnung  einer  bestimmten  Oberlehrerstelle  bildet, 
mufs  ich  Bedenken  tragen,  denselben  an  den  höh.  Lehranstalten  der  dortigen 
Provinz,  in  welcher  er  bisher  nicht  gebräuchlich  gewesen  ist,  unter  den  ver- 
änderten Verhältnissen  neu  einzufahren."    Der  Minister  etc.  Falk. 

Bangyerhftltnis  ün  öffentlichen  Leben. 

Verfassungs-Urkunde  v.  31.  Jan.  1850.  §23  . . .  ,J)ie  öffentlichen 
Lehrer  haben  die  Bechte  und  Pflichten  der  Staatsdiener.*^ 

A.  LB.  T.  n  Tit.  12  §  65.  „Die  Lehrer  bei  den  Gymnasien  und  anderen 
höh.  Schulen  werden  als  Beamte  des  Staates  angesehen." .... 

Die  Allerh.  Verordnung  v.  7.  Febr.  1817  (über  den  Bang  der  Civil- 
beamten)  und  die  Ergänzungen  derselben  gehen  auf  das  Lehramt  nicht  ein. 
Die  Directoren  und  Lehrer  gehörten  noch  zu  denjenigen  Beamten,  denen  ein 
bestimmter  Bang  nicht  beigelegt  ist. 


,-«1 


105 

*  _ 

Dieselbe  Yerordnnng  bestimmt  §  5  für  die  auf  die  activen  Staatsminister 
folgenden  Beamten  5  Bangklassen,  in  deren  4ter  die  Kammergerichts-  und 
OLandesgehchts-Bäihe,  sowie  die  Regiemngsräthe  stehen,  in  der  5ten  die 
Assessoren. 

C.  0.  V.  23.  D  e  c.  1842  (an  den  Min.  der  geistl.  etc.  Ang.) :  „Ich  bestimme 
auf  Ihi*en  Bericht  v.  3.  Oct.  d.  J,,  dafs 

1.  dieordentl.  Professoren  derjenigen  ünterrichtsanstalten,  welche 
einzelne  Facultäten  einer  Universität  umfassen,  ebenso  wie  nach  der  Ordre  v. 
13.  Nov.  1817  die  ordentl.  Professoren  der  Universitäten  den  Bang  eines 
Begierungs-  nnd  OLandesgerichtsraths,  und  die  aufserordentl.  Professoren  jener 
Ünterrichtsanstalten  gleich  den  aufserordentl.  Professoren  der  Universi- 
täten den  Bang  eines  Begierungs-  und  OLandesgerichts-Assessors  haben; 

2.  dafs  die  Directoren  der  Kunstakademien,  der  Gymnasien  und  der 
vollständigen,  zu  Entlassungsprüfangen  berechtigen  höh.  Bürger-  [Beal-]  Schulen 
den  ordentl.  Professoren  der  Universitäten  im  Bange  gleich  stehen,  und 

3.  dafs  alle  übrigen  Professoren  bei  denselben,  sowie  die  Directoren 
der  SchuUehrer-Seminarien  den  Bang  der  aufserordentl.  Professoren  der  Uni- 
versitäten erhalten  sollen.  Jedoch  behalte  Ich  Mir  vor,  besonders  ausgezeich- 
neten Seminardirectoren  auf  Ihren  Vorschlag  auch  den  Bang  der  ordentl. 
Professoren  an  den  Universitäten  zu  verleihen.  — 

Die  Verleihung  des  Prädicats  als  Professor  an  Lehrer,  welche  nicht  zu 
den  ordentl.  Professoren  der  Universitäten  und  den  zu  1.  erwähnten  Unter- 
richtsanstalten gehören,  bleibt  Ihnen  künftig  überlassen.  Denjenigen  unter  den 
zu  3.  erwähnten  Professoren,  welchen  dieser  Titel  durch  ein  landesherrl.  Patent 
beigelegt  worden  ist,  verbleibt  far  ihre  Person  der  Bang  eines  Titularraths 
2.  Klasse.  Ich  überlasse  Ihnen,  diese  Bestimmungen  zur  Kenntnis  der  Behörden 
zu  bringen." 

Diese  AUerh.  Bestimmung  ist  von  Seiten  des  Ministers  unter  dem  26.  Febr. 
1843  publicirt  worden. 

Allerh.  Erlafs  v.  23.  Juli  1886.  „Auf  Ihren  Bericht  vom  17.  Juli 
d.  J.  verleihe  Ich  hierdurch  den  Bectoren  (Directoren)  der  staatlichen  und 
der  sonstigen  unter  alleiniger  Verwaltung  des  Staates  stehenden  Progymnasien, 
Bealprogymnasien,  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen,  sowie  den  Oberlehrern  und 
ordentlichen  Lehrern  an  den  staatlichen  und  den  sonstigen  unter  alleiniger 
Verwaltung  des  Staates  stehenden  höheren  Unterrichtsanstalten  den  Bang  der 
fünften  Klasse  der  höh.  Beamten  der  Provinzialbehörden  und  wiU  Sie  ferner 
ermächtigen,  den  Dirigenten  und  wissenschaftlichen  Lehrern  der  unter  alleiniger 
Verwaltung  des  Staates  stehenden  nichtstaatlichen  höH.  Lehranstalten  den 
tarifmäfsigen  Wohnungsgeldzuschufs  der  Beamten  der  fünften  Bangklasse  zahlen 
zu  lassen,  sofern  die  etwa  erforderlichen  Mittel  bei  den  bezüglichen  Anstalten 
voraussichtlich  dauernd  vorhanden  sind."    gez.  Wilhelm,  ggez.  von  Gofsler. 

üeber  die  Classification  der  Lehrer  aus  Anlafs  der  Wohnungsgeld. 
Zuschüsse  s.  hier  weiterhin  in  Abschn.  VI;  vgl.  über  die  Rangfrage  die  Mit. 
teilungen  in  der  Hist.  statist.  Darsi  III  p.  27. 

Zusätzliche  Bemerkung  aus  der  2.  Aufl.  Bei  verschiedenen  Ge- 
legenheiten ist  vom  Ministerium  ausgesprochen  worden,  dafs  bei  den  höh.  Lehr- 
anstalten der  Professortitel  eine  sparsam  gewährte  Auszeichnang  Deijeniffen 
bleiben  soll,  welche  in  Hauptlehrfächem  die  Qualification  für  die  obersten  Kl. 
besitzen  und  sich  nicht  nur  als  Lehrer  vorzüglich  bewährt,  sondern  auch  in 
wissenschaftl.  Beziehung  von  vorteilhafter  Seite  bekannt  gemacht  haben. 

An  einigen  G^ymn.  in  Westpreufsen,  sowie  in  den  Provinzen  Brandenburg, 
Schlesien  nnd  Sachsen  ist  der  Professortitel  mit  einer  bestimmten  Zahl  von  Ober- 
lehrerstellen stiftungsmäfsig  oder  durch  besondere  Verleihung  oder  nach  altem, 
anerkanntem  Herkommen    verbunden.     Den   K.  Prov.  SchulcoU.    ist    zur   Pflicht 


106 

gemacht  darauf  zu  sehen,  dafs  in  solche  Stellen  nur  Lehrer  ascendiren  oder 
berufen  werden,  welche  den  für  Erteilung  des  Professortitels  vorgeschriebenßn 
wissenschaftl.  Anforderungen  völlig  entsprechen  und  der  in  demselben  liegenden 
Auszeichnung  in  jeder  Beziehung  würdig  sind. 

Directoren  erhalten  in  der  Begel  nicht  mehr  den  Professortitel. 

Min.yerf.  v.  20.  März  1839:  ,,E8  scheint  dem  Ministerium  nicht  räthli^ih, 
den  Dir.  der  Gymn.  den  Professortitel  zu  verleihen,  teils  weil  derselbe  für  sie 
nach  der  Ansicht  des  Ministers  keine  Auszeichnung  mehr  ist,  teils  weil  das 
Prädicat  Director  das  Amt,  welches  die  Vorsteher  der  Gymn.  verwalten,  zweck - 
mäfsig  bezeichnet  und  somit  passender  ist  als  der  Professortitel,  welcher  seither 
und  mit  wenigen  Ausnahmen  nur  an  Gymnasiallehrer,  die  sich  durch  eine 
lange  Dienstzeit  oder  durch  Wissenschaft.  Leistungen  Ansprüche  auf  ein  öffentl. 
Anerkenntnis  erworben  hatten,  verliehen  worden  ist  Das  Ministerium  erachtet 
überdies  für  nöthig,  dafs  bei  den  Dir.  und  Lehrern  der  Titelsucht  in  keinerlei 
Weise  Vorschub  geleistet,  vielmehr  einem  solchen  Streben  überall  entgegen- 
gearbeitet werde."  — 

Bei  dem  Titel  Oberlehrer  findet  die  Unterscheidung  von  etatsmäfsigen 
und  Titular- Oberlehrern  Statt.  Letztere  gehören  zu  den  in  der  Ordnung  der 
LehrercoU.  auf  die  etatsm.  Oberlehrer  folgenden  ordentl.  Lehrern.    (Vgl.  S.  102.) 

C.Verf.  V.  27.  März  1845:  „Bei  den  Anträgen  auf  Verleihung  des  Ober- 
lehrertitels  an  ordentl.  Lehrer  der  Gymn.  resp.  der  zu  Entlassungsprüfungen 
berechtigten  Real-  und  höh.  Bürgerschulen  sind  die  K.  Prov.Schulcoll.  in  neuerer 
Zeit  nicht  immer  von  gleichen  Grundsätzen  ausgegangen.  Ich  sehe  mich  daher 
veranlafst,  für  künftige  Fälle  Folgendes  zu  bestimmen: 

Der  Titel  Oberlehrer  ist  entweder  mit  der  Stelle,  welche  der  Lehrer 
einnimmt,  von  selbst  verbunden  [etatsmäfsige  Oberl.],  oder  wird  als  persönl. 
Auszeichnung  für  besonders  erworbene  Verdienste,  abgesehen  von  der  besonderen 
Natur  der  Stelle,  verliehen  [Titular-Oberl.]. 

Zu  denjenigen  Lehrstellen,  mit  welchen  der  Titel  Oberlehrer  verbunden  ist, 
dürfen  nur  solche  Schulmänner  gewählt  und  vorgeschlagen  werden,  die  nach 
der  Vorschrift  des  Reglm.  für  die  Prüfting  pro  fac.  doc.  ihre  Befähigung  für 
den  Unterr.  in  den  beiden  oberen  El.  dargethan  haben. 

Bücksichtl.  der  Verleihung  des  Titels  Oberlehrer  als  persönl.  Aus- 
zeichnung der  nicht  in  den  gedachten  oberen  Lehrstellen  stehenden  ordentl. 
Lehrer  bleibt  es  bei  der  Bestimmung  der  C.Verf.  v.  24.  Oct.  1837  [s.  Abt.  I 
S.  57] ,  wonach  dazu  nur  diejenigen  ordentl.  Lehrer  vorgeschlagen  werden  dürfen, 
welche  durch  längere  Verwaltung  des  Ordinariats  einer  Klasse  sich  als  besonders 
tüchtige  Lehrer  und  ^Erzieher  bewährt  und  sich  um  die  Schule  ein  bedeutendes 
Verdienst  erworben  haben. 

Für  jedes  Gymn.  resp.  jede  zu  Entlassungsprüfungen  berechtigte  Real- 
und  höh.  Bürgerschule  sind  diejenigen  Lehrstellen,  deren  Inhabern  das  Prädicat 
Oberlehrer  als  mit  dem  Amt  verbunden  beizulegen  ist,  fest  zu  bestimmen.  Es 
ist  dabei  als  Begel  anzunehmen,  dafs  bei  einem  Gymn.  resp.  einer  Realschule 
mit  7  ordentl.  Lehrern  (mit  Ausschlufs  des  Dir.)  3  Stellen  als  Oberlehrerstellen 
zu  bezeichnen  sind.  Bei  umfangreicheren  und  mit  einer  gröfseren  Zahl  von 
ordentl.  Lehrern  versehenen  Anstalten,  deren  I  und  11  etwa  in  2  von  einander 
getrennte  Abt.  zerfallen,  kann  die*  Zahl  der  Oberlehrerstellen  den  Verhältnissen 
nach  angemessen  vermehrt  werden.  Wo  den  Inhabern  der  Oberlehrerstellen 
besondere  Titel,  wie  Professor,  Prorector,  Conrector  etc.  stiftungsmäfsig  beigelegt 
sind,  soll  in  diesen  Titulaturen  auch  für-  die  Zukunft  nichts  geändert  werden. 
Die  Unterscheidung  der  Lehrer  durch  Bezeichnung  als  Ober-  und  ünterlehrer 
bleibt  jedoch  abgeschafft  Es  sind  vielmehr  die  Inhaber  der  Oberlehrerstellen 
als  Oberlehrer  resp.  mit  ddn  ihnen  stiftungsmäfsig  zukommenden  Titeln,  alle 
übrigen  ordentl.  Lehrer  dagegen,  insofern  ihnen  für  ihre  Person  das  Prädicat 


107 

Oberlehrer  oder  ein  anderer  Titel  stiftangsmäfsig  nicht  beigelegt  ist,  als 
ordentliche  Lehrer  zu  bezeichnen  und  so  auch  in  den  Etats  der  betr. 
Anstalten  aufzufuhren."    (Vgl.  Abt.  I  S.  1^  und  101.) 

MinisiVerf.  v.  6.  Apr.  1857:  —  ,Jn  eine  Lehrerstelle,  mit  welcher 
der  Oberlehrertitel  verbunden  ist,  d.  h.  in  eine  etatsm.  Oberlehrerstelle  können 
nur  solche  Lehrer  eintreten,  welche  die  facult.  docendi  for  die  oberen  El.  in 
YorschriftsmäXsiger  Weise  erworben  haben.  Davon  hängt  aber  die  Verleihung 
des  Titels  eines  Oberlehrers  nicht  ab,  welcher  auch  solchen  Lehrern  verliehen 
werden  kann,  die  sich  eine  Beihe  von  Jahren  hindurch  als  Ordinarien  der 
mittl.  und  unteren  KL  didaktisch  und  pädagogisch  vorzüglich  bewährt  haben. 
Dieser  l^itel  berechtigt  jedoch  keineswegs  zum  Eintritt  in  eine  etatsm.  Ober-' 
lehrerstell«,  und  würde  eine  desfallsige  irrige  Meinung,  bei  der  Verleihung 
desselben  zu  berichtigen  oder  der  Entstehung  derselben  vorzubeugen  sein.'*  — 

Ueber  die  für  den  Eintritt  in  eine  etatsmäfs.  Oberlehrerstelle  erforderliche 
wissenBchafÜ.  Qualification  8.  p.  35  (und  2.  Ausg.  p.  71). 

Bei  Berechnung  des  Verhältnisses,  in  welchem  die  Zahl  der  Oberlehrerstellen 
in  einem  LehrercolL  zu  der  Zahl  der  anderen  Lehrer  in  demselben  steht,  werden 
die  Hülfslehrer,  ebenso  die  technischen  und  Elementarlehrer,   nicht  mitgezählt. 

Min,  Verf.  v.  20.  Dec,  1872:  —  „Im  Uebrigen  bemerke  ich,  dafs  bei  Fest- 
stellung des  numerischen  Verhältnisses  der  Oberlehrer  -r  zu  den  anderen  Lehrer- 
stellen einer  Anstalt  nur  die  definitiv  angestellten  wissenschaftl.  Lehrer  in 
Betracht  kommen,  dafs  aber  die  Zahl  dieser  Lehrer  keineswegs  das  allein  Mafs- 
gebende  ist,  dafs  vielmehr  aufser  den  Qualificationszeugnissen  auch  zu  berück- 
sichtigen ist,  wie  sich  die  Zahl  der  oberen  Elassen  zu  der  der  mittl.  und 
unteren  verhält.  Das  üeberwiegen  der  letzteren  mufs  nothwendig  auch  eine 
angemessene  Beschränkung  der  Oberlehrerstellen  zur  Folge  haben.'* 

Bei  den  Verhandlangen  über  die  Wohnungsgeldzuschüsse  sind  für  die 
Staatsanstalten  diese  Grundsätze  aufgegeben  worden  (vgl.  Hist.  statist.  Darst.  III 
p.  25),  indem  für  dieselben  bestimmt  worden  ist,  dafs  hinfort  die  Zahl  der  Ober- 
lehrerstellen, einschliefsl.  der  Stelle  des  Dir.,  die  Öälfte  der  Gesamtzahl  der 
ordentl.  Lehrerstellen,  einschliefsl.  der  Stelle  des  Dir.,  betragen  soll. 

Ascensionen  innerhalb  der  etatsm.  Oberlehrerstellen  bedürfen  der  Ge- 
nehmigung des  Ministers. 

C.Verf.  V.  17.  Juni  1886.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  vom  6.  Mai  d.  J.,  die  Stellung  der  Mittelschullehrer  an  den 
höheren  Bürgerschulen  betreffend,  hiermit  Folgendes: 

Durch  die  Verfügung  vom  21.  September  1878  (Abt.  I  S.  157)  ist 
bestimmt  worden,  dafs  an  höh.  Bürgerschulen  der  Dirigent  und  mindestens  die 
Hälfte  der  Lehrer  akademische  Büdung  besitzen  und  die  Prüfung  für  das 
höhere  Lehramt  abgelegt  haben  müssen  und  dafs  für  die  übrigen  der  Nachweis 
der  Lehrbefähigung  auf  Grund  seminaristischer  Vorbildung  genügt.  In  dieser 
Bestimmung  ist  durch  die  Lehrpläne  far  höh.  Schulen  vom  27.  Mai  1882  eine 
Aenderung  nicht  eingetreten.  Daraus  ergiebt  sich, .  dafs  an  höh.  Bürger- 

schulen, abgesehen  von  den  Lehrern  im  Nebenamt,  nur  zwei  Elassen  von 
Lehrern  zugelassen  sind,  nämlich  solciie,  welche  die  Prüfung  pro  facultate 
docendi  abgelegt,  und  solche,  welche  auf  Grund  seminaristischer  Vorbildung  die 
betr.  ihnen  zugänglichen  Prüfungen  bestanden  haben.  Dabei  macht  es  keinen 
unterschied,  ob  die  seminaristisch  gebildeten  Lehrer  auch  die  Qualification  als 
MittelschuUehrer  erworben  haben  und  pro  rectoratu  geprüft  sind.  Dieser 

ihrer  Vorbildung  entsprechend  werden  die  Lehrer  an  höh.  Bürgerschulen  auch 
bezüglich  der  Gehälter  in  zwei  Abteilungen  zu  scheiden  sein,  so  zwar,  dafs  die 
etatsmäfsig  angestellten  wissenschaftl.  Lehrer  einerseits  und  die  seminaristisch 
vorgebildeten  Lehrer  anderseits  in  der  Regel  unter  einander  rangiren.  Für  eine 
dritte  Abteilung  von  Lehrern,  die  der  Mitlelschullehrer,  ist  nach  der  Organisation 


108 

dieser  Anstalten  kein  Banm.  In  den  Programmen  derselben  sind  nach  dem 
Bector  diese  beiden  Abteiinngen  von  Lehrern  nacheinander  and  innerhalb  jeder 
Abteilang  die  einzelnen  in  der  Beihenfolge,  welche  sie  im  Etat  einnehmen, 
anfznfahren.  Was  die  Beschäftigung  der  seminaristisch  gebildeten  Lehrer 

betrifft,  so  werden  dieselben  in  den  meisten  Fällen  über  IV  hinaus  nicht  zu 
verwenden  sein.  Das  zulässige  Maximum  der  wöchentlichen  Stundenzahl  beträgt 
für  sie  28.  Wo  bisher  an  einzelnen  höh.  Bürgerschulen  Elementar-  oder 

MittelschuUehrem  besondere  von  Vorstehendem  abweichende  Vergünstigungen 
hinsichtlich  des  Gehaltes,  der  Stellung  innerhalb  des  LehrercoUegiums  und  der 
wöch.  Stundenzahl  seitens  der  Patrone  zugesichert  sind,  muTs  es  selbstredend 
dabei  sein  Bewenden  behalten.  Für  die  Zukunft  aber  sind  bei  der  Begelung 
der  äufseren  Verhältnisse  der  Lehrer  an  höh.  Bürgerschulen  die  angedeuteten 
Gesichtspunkte  zu  beachten.  Sollte  im  concreten  Fall  aus  triftigen  Gründen 
eine  Abweichung  davon  geboten  erscheinen,  so  ist  vorher  meine  Genehmigung 
dazu  einzuholen.^^    In  Vertr.:  Lucanus. 

Beim  Ausscheiden  ans  dem  Lehramt  wird  der  Professor-  oder  Oberlehrer- 
Titel  nicht  erteilt: 

Min. Verf.  v.  15.  Febr.  1865:  „Der  Dir.  N.  hat  für  den  Lehrer  N., 
dessen  Pensionirung  zu  Ostern  d.  J.  bevorsteht,  die  Verleihung  des  Oberlehrer- 
titels erbeten.  Ich  beauftrage  das  K.  Prov.  Seh.  C,  den  Dir.  N.  dahin  zu 
bescheiden,  dafs  einem  Lehrer  bei  seiner  Emeriturung  eine  derartige  Aus- 
zeichnung durch  einen  höheren  Titel  nach  den  bestehenden  Verwaltungsgrund- 
sätzen nicht  gewährt  werden  kann." 

Der  Titel  Musikdirector.  Minist. Bekanntm.  v.  9.  Juli  1850:  „Es 
haben  in  neuerer  Zeit  so  häufig  Bewerbungen  um  Bewilligung  des  Prädicata 
Musikdirector,  dessen  Erteilung  von  mir  ausgeht,  stattgefonden,  dafs  ich  mich, 
um  die  Würde  der  durch  diese  Auszeichnung  angedeuteten  künstlerischen 
Stellung  aufrecht  zu  erhalten,  veranlafst  gesehen  habe,  die  Bedingungen,  unter 
welchen  das  genannte  ^Prädicat  erteilt  wird,  einer  Bevision  zu  unterziehen. 
Nachdem  ich  darüber  das  Gutachten  der  musikal.  Section  der  K.  Akademie  der 
Künste  entgegengenommen,  habe  ich  gegenwärtig  die  Bestimmung  getroffen, 
dafs  bei  der  ohnehin  möglichst  zu  beschränkenden  Erteilung  des  Prädicats 
Musikdirector  in  Zukunft  nur  solche  Musiker  berücksichtigt  werden  sollen, 
welche  eine  allgm.  wissenschaftl.  und  gründliche  musikal.  Bildung  besitzen,  sich 
durch  gröfsere  musikal.  Compositionswerke,  die  Anerkennung  geftinden,  bekannt 
gemacht  und  sich  vornehmlich  auch  durch  die  Direction  bedeutender,  aus  fest- 
stehenden musikal.  Einrichtungen  hervorgegangener  Musikaufführungen  mit 
Erfolg  bewährt  haben.  Zugleich  behalte  ich  mir  vor,  in  den  einzelnen  Fällen 
das  Gutachten  der  durch  die  musikal.  Section  der  K.  Akademie  der  Künste 
vertretenen  Sachverständigen  einzuholen. 

Ich  bringe  das  Vorstehende  zur  öffentl.  Kenntnis,  damit  zur  Vermeidung 
unbegründeter  Gesuche  und  zurückweisender  Bescheide  bei  künftigen  Be- 
werbungen um  das  genannte  Prädicat  auf  die  von  mir  gestellten  unerläfslichen 
Bedingungen  und  auf  die  nach  den  Umständen  erforderl.  Beibringung  der 
Zeugnisse  über  die  vollständige  Erfüllung  der  letzteren  die  nöthige  Bücksicht 
genommen  werde."  

Strafgesetzb.  v.  31.  Mai  1870  bezw.  26.  Febr.  1876.  §  360,  8:  „Mit 
Geldstrafe  bis  zu  50  Thlrn.  oder  mit  Haft  wird  bestraft  —  wer  unbefugt  eine 
Uniform,  eine  Amtskleidung,  ein  Amtszeichen,  einen  Orden  oder  ein  Ehren- 
zeichen trägt,  oder  Titel,  Würden  oder  Adelsprädicate  annimmt;  ingleichen 
wer  sich  eines  ihm  nicht  zukommenden  Namens  einem  zuständigen  Beamten 
gegenüber  bedient." 


109 


IV. 

Amtspflichten. 

*  Die  allgm.  Bestimmangeii  der  Instructionen  für  die  Dir.,  die  Elassen- 
ordinarien  und  die  Lehrer  finden  nicht  nur  auf  die  Gymn.und  Bealschulen  1.  0., 
sondern  auch  auf  die  übrigen  höh.  Lehranstalten  je  nach  Verhältnis  analoge 
Anwendung.    C.Verf.  v.  11.  Juni  1868.    CBl.  p.  332. 

Instruetionen  fOr  die  Directoren  der  Gymnasien  and  der  Beal- 

sehnlen  1.  0. 

Provinz  Ost-  und  Westpreufsen. 

Instr.  vom  Jahre  J867. 

„L  Allgm.  Stellung  des  Directors.  §  1.  Der  Dir.  ist  der  Vorsteher 
des  Gymnasiums  (der  Bealschule)  und  hat  als  solcher  die  Leitung  sämtlicher 
Angelegenheiten,  welche  das  Wohl  der  Anstalt  betreffen. 

U.  Verhältnis  zu  den  Behörden.  §  2.  Das  K.  Prov.Schulcollegium 
ist  die  dem  Dir.  zunächst  vorgesetzte  Staatsbehörde.  In  diesem  Verhältnis  der 
Unterordnung  ist  er  einerseits  das  Organ,  durch  welches  das  K.  Prov.Sch.C.  alle 
die  Anstalt  betreffenden  Verfagungen  zur  Ausfuhrung  bringt  und  andererseits 
Ton  allen  das  Gedeihen  der  Anstalt  fördernden  oder  hemmenden  Zuständen 
Kenntnis  erhält.  §  3.  Demnach  hat  der  Dir.  alle  an  die  Anstalt  gerichteten 
Schreiben  zu  eröffnen  und  die  von  derselben  ausgehenden  Schreiben  und 
Zeugnisse  anzufertigen,  zu  vollziehen  und  erforderl.  Falls  mit  dem  Amtsiegel  zu 
beglaubigen.  §  4.  Er  hat  die  an  ihn  gerichteten  Verfügungen  des  K.  Prov.Sch.C. 
unverzüglich  in  Ausführung  zu  bringen  oder,  falls  besondere  Umstände  diese 
Ausführung  bedenklich  machen,  darüber  sofort  zu  berichten.       §  5.^)    Er  hat 

• 
*)  YerzeichniB  der  in  feststehenden  Terminen  zu  erstattenden 
Geschäftsberichte  an  das  K.Prov.Sch.C.  (für  Ostpreufsen):  1.  biszum 
2.  Jan.  Anipeldungen  zu  den  Abiturientenprüfungen  für  Ostern,  ev.  Vacatanzeige, 
(nach  Vf.  28.  Juni  1882  bezw.  C.Vf.  27.  Mai  1882  S  5  Nr.  6,  s.  Abt.  I  S.  396) 
2.  1.  Febr.  Anzeige  betr.  bauliche  Veränderungen  (Zu-  und  Abgänge)  in  den 
Dienstwohnungen  an  Staatsanstalten  (Vf.  v.  20.  Dec.  1880,  Vacatanzeige  nicht 
erforderlich).  3.  .  Dgl.  Erhebungsliste  der  Wittwen-  und  Waisengeldbeiträge 

(Vf.  30.  Jan.  1884).  4.  1.  April  Lections- und  Stundenverteilungsplan  für  das 
beginnende  Schuljahr   (Vf.   20.   April  1874).  5.    Dffl.   Nachweisung  der  von 

Ostern  des  vergangenen  bis  0.  des  laufenden  Jahres  beschäftigten  Probecandidaten, 
ev.  Vacatanzeige     (Vf.   1.   Mai   1872;   vgl.  Nr.   17).  6.    Dgl.  Bericht  über 

den  Ausfall  des  Probejahres  der  den  Anstalten  überwiesenen  Candidaten  (Vf. 
1.  Mai  1867;  vgl.  Nr.  19).  7.  DgL  Anmeldung  nothwendiger  Reparaturen  an 
K.  Dienstgebäuden  (Vf.  24.  Jan.  1870  u.  25.  Aug.  1880;  Vacatanzeige  nicht  er- 
forderlich). 8.  15.  April  Tabelle  über  die  zu  Ostern  geprüften  Abiturienten 
(Vf.  wie  zu  Nr.  1  ;  vergl.  Nr.  21.  Die  Prüfungsveiiiandlungen  werden  nur  auf 
bes.  Anordnung  eingereicht,  Vf.  11.  Aug.  1885).  9.    Dgl.  Uebersicht  der  im 

vergangenen  Säuljahr  abgehaltenen  Reifeprüfungen  (Vf.  4.  April  1885).  10.  Dgl. 
Einreichung  der  Schulproff ramme  (Vf.  8.  Mai  1875;  vgl.  Nr.  20.  Wegen  directer 
Einsendung  von  6  Exempl.  an  d.  Geh.  Registratur  des  Min.  Vf.  12.  Oct.  1877, 
bezw.  6.  Oct  1877,  s.  Abt.  I  S.  381).  11.    1.  Mai.    Schlufsfrequenzliste  des 

vergang.  Wintw-  und  Anfangsfrequenzliste  des  beginnenden  Sommersem.  (Vt 
31.  Mu  1860  und  16.  Mai  1874;  vgl.  Nr.  22).  12.  Dgl.  Veränderungen  ge^en 
die  Anträge  v.  1.  Nov.  (Nr.  23)  auf  Zurückstellung  wehrpflichtiger  Lehrer  (Vf. 
13.  Juni  1859,  Schema  A  zu  S  21  der  Wehrordnun»  v.  28.  Sept  1875;  Vacat- 
anzeige nicht  erforderlich).  13.  15.  Mai.  Personal-Veränderung^-Nachweisung 


110- 

die  ihm   obliegenden  Berichte  ungesäumt  nnd   mit   gewissenhafter  Trene  zu 
erstatten  nnd  aach  ohne  besondere  Äoffordernng  über   aUe  wichtigeren  An- 

ev.  Vacatanzeige  und  alle  3  Jahre  (beginnend  von  1882  für  die  Bealanstalten,  von 
1883  für  die  (^rmn.  und  Progymn.)  vollBtändige  Nachweisung  des  LehrercoUegittms 
(Vf.  10.  Juli  1876  u.  13.  Juni  1881;    Personal-Notizblätter  sind  nur   für  die  in- 
zwischen definitiv  angestellten  Lehrer  beizufügen).  14.    Dgl.  Uebersicht  über 
die  Zu-  und  Abgänge  in  den  Lehrercollegien  für  das  abgelaufene  Schuljahr  (Vf. 
13.  Sept.  1886).        15.    Dgl.  alle  drei  Jahre  Jahres-  u.  Disciplinarberichte  (Vf. 
28.  Juli  1883 ;  an  den  Qymn.  und  Progymn.  1889,  92,  95  etc.,  an  den  Bealanstalten 
1888,  92  etc.  für  3jähr.  Zeitraum  von  Ostern  zu  Ostern.        16.    1.  Juli  Anmeldungen 
zu  den  Abiturientenprüfungen  fijr  Michaelis  (wie  Nr.  j).  17.    1.  Oct.  Ni^- 
weisung  der  Probecandidaten  von  Michaelis  zu  Michaelis  (wie  Nr.  5).        18.    Dgl. 
Stundenverteilungsplan   für   das   Wintersem.   (wie  Nr.  4).        19.    DgL  Berichte 
aber  den  Ausfall  des  Probejahres  (wie  Nr..  6).         20.    Dgl.  Anmeldung  der  Ab- 
handlung für  das  Osterprogramm,  ev.  Vacatanzeige  (Yf.  8.  Mai  1875).        21.  15.  Oct. 
Tabelle  über  die  zu  Michaelis  geprüften  Abiturienten  (wie  Nr.  8).        22.    1.  Nov. 
SchluTsfrequenzliste   des  vergangenen  Sommer-  und  Anfangsfrequenzlisto  des  be- 
.  ginnenden  Wintersem.  (wie  Nr.  11).        23.    Dgl.  Anträge  aui  Zurückstellung  wehr- 
pflichtiger Lehrer  für  den  Fall  einer  Mobilmachung  unter  ausführlicher  Begrün- 
dung ihrer  Unabkömmlichkeit  (wie  Nr.  12).        24.    15.  Nov.  Personalveränderungs- 
Nachweisung,  ev.  Vacatanzeiffe  (wie  Nr.  13).        25.  Dgl.  Anträge  auf  Gewährung 
von  Vorschüssen   für  König!.  Anstalten  (Vf.   9.  März  1882;   Vacatenzeige   nicht 
erforderlich).        26.    1.  Dec.    Bericht  über  etwaige  Kunstsammlungen  und  deren 
Ergänzung  (Vf.  v.  20.  Juli  1887).        27.    Dffl.   Anzeige  über   die  im  Laufe  des 
Jahres  stat^efundene  Zulassung  zu  Portepeenlhnrichs-Prüfungen,  ev.  Vacatanzeige 
(Vf.  6.  Nov.  1871).        28.    Dgl.  Anträge  für  Einführung  neuer  Lehrbücher  (Vf. 
i^.  Febr.  1880;  Vacatanzeige  nicht  erforderlich).        29.    Ende  Dec.  Anträge  auf 
Bewilligung  von   Geldmitteln   für   auTserordentliche  Mehrbedürfnisse  bei  Könifl. 
Ajistelten  zu  Klassenteilungen,  Bauten  ete.  durch  den  Staatshaushaltsetat  (Vf.  19.  Mai 
1880;    Vacatanzeige   nicht   eriforderlich).         30.    Dgl.    Anträge    auf   Erstattung 
etwaiger  Rechnungs-Deficits  bei  Königl.  Anstelten  (V£  19.  Mai  1880;  Vacatanzeige 

nicht  erforderlich). 

• 

(Für  Westpreufsen).  1.  Alle  drei  Jahre  zum  15.  Mai  Verwaltungs- 
berichte.  a)  der  Gyminasien  und  Progymnasien  1886,  1889  u.  s.  f.  b)  der  Beal- 
anstalten 1885,  1888  u.  s.  f.  (Vf.  17.  Dec.  1878).  2.  In  der  ersten  Schu^- 
w  o  c  h  e  des  Sem.  Nachweisung  der  Anfangsfrequenz  fVf.  31.  März  1860).  3.  Dgl. 
Nachweisung  der  Schlufsfrequenz  (Vf.  16.  Apr.  1885).  4.   Bis  zum  15.  Apr. 

Einsendung  der  Abiturientenprüfungs-Tabellen  (Vf.  16.  Apr.  1885).  5.  15.  Mai 
und  15.  Nov.  Personalveränderungs-Nachweisung  (Vf.  10.  Juli  1876  u.  1.  Apr.  1881). 
6.  Vier  Wochen  vor  Beginn  des  neuen  Schuljahres  Einreichung  des  Lehr- 
und  Stundenplanes  (Dir.  Instr.;   Vf.  4.  Febr.  1850).  7.   Drei  Wochen  vor 

dem  Schlufs  des  vorhergehenden  Schuljahres  Anträge  auf  Einfuhrung 
neuer  Lehrbücher  (C.Vf.  12.  Jan.  1880,  s.  Abt.  I  S.  366;  Vacatanzeige  nicl^ 
erforderlich).  8.    1.  Mai  und  1.  Nov.  Anträge  auf  Zurückstellung  militär 

pflichtiffer  Lehrer  (Vf.  13.  Juli  1859;  Vacatenzeige  nicht  erforderlich).  9.  1.  Oct' 
Sünsenaung  des  Themas  der  Programmabhandlung,  ev.  Vacatenzeige  (Vf.  8.  Mai  1875).* 
10.  Sofort  nach  dem  Erscheinen  Einsendung  von  drei  Prognuoamexemplaren 

.  (Vf.  wie  Nr.  9).  11.  Sofort  nach  Ablauf  Bericht  über  das  von  Gandidaten 
abgelegte  Probejahr  rVf.  13.  Dec.  1858  und  für  Bealanstalten  20.  Oct  1860;  Vacat- 
anzeige nicht  erforderlich).  12.  Spätestens  2Va  Monat  vor  Semesterschlufs 
Anmeldung  der  Abiturientenprüfung,  ev.  Vacatanzeige  (Prüfungsordnung  §  5 ;  An* 
meldungsbericht  an  das  £.  Prov.Sch.C.,  Prüfungsaufgaben  an  den  £.  Gommissarias). 
13.  1.  Apr.  und  1.  Oct  Tabellarische  Nachweisung  der  Probecandidaten,  ev.  Vacat- 
anzeige (Vf.  1.  Mai  1872).  14  1.  Oct  Tabellarische  Uebersicht  der  vor- 
gekommenen Dispensationen  vom  Beligionsunterr.  (Vf.  20.  Aug.  1875 ;  Vacatanzeige 
nicht  erforderlich).  15.  1.  Mai  Anträge  auf  Bewilligung  von  Geldmitteln 
durch  den  Staatehaushaltsetet  (Vf.  5.  Jan.  1874).  16.  1.  Dec.  Anzeige  über 
die  im  Laufe  des  Jahres  angestellten  Lehrer,  welche  mit  GoUeflrien  •  Honoraren 

.  rückständig  sind  (VI  27.  Oct  1879). 


•  111 

gelegenheiten  der  Anstalt  an  das  K.  ProY.Sch.C.  zu  berichten.  §  6.  Namentl. 
hat  er  die  Erledigang  eines  Lehramts  sofort  anzuzeigen  nnd  das  hierdurch 
entstehende  Bedürfois  der  Anstalt  dem  Prov.Sch.C,  bei  Anstalten  nicht  königl. 
Fatronats  anch  dem  Patron,  näher  zn  bezeichnen;  er  ist  zugleich  befi^,  für 
die'  Wiederbesetznng  der  erledigten  Stelle  bestimmte  Vorschläge  zu  machen. 
§  7..  Der  Dir.  ist  verpflichtet,  dem  Commissarios  des  Prov.Sch.C.  jegliche 
Ansknnft;  bereitwillig  and  rückhaltlos  za  erteilen,  welche  derselbe  in  Bezug  auf 
die  Anstalt  von  ihm  fordert.  §  8.  Bei  Anstalten  nicht  königl.  Patronats  ist 
der  Dir.  verpflichtet,  auch  dem  Patron  halbjährL  Frequenzlisten  und  Abschrift 
des  von  dem  E.  Prov.Sch.C.  bestätigten  Lectionsplans  einzureichen. 

§  9.  Der  Dir.  ist  befugt,  aufserhalb  der  Ferien  in  dringenden  Fällen  sich 
selbst  auf  4  Tage  zu  beurlauben  und  sich  einen  Stellver&eter  zu  bestellen; 
für  einen  längeren  Urlaub  hat  er  die  Genehmigung  des  E.  Prov.Sch.C.  einzu- 
holen und  wegen  seiner  Stellvertretung  geeignete  Vorschläge  zu  machen.  Bei 
nicht  königl.  Anstalten  hat  er  zugleich  dem  Patronat  von  seiner  Beurlaubung 
Anzeige  zu  erstatten  und  aufserde^  die  Genehmigung  desselben  nachzusuchen, 
falls  der  von  ihm  erbetene*  Urlaub  dife  Dauer  von  14  Tagen  überschreitet  oder 
besondere  Stellvertretungskosten  verursacht.  Verreist  der  Dir.  innerhalb  der 
Ferienzeit,  so  hat  er  vorher  dem  E.  Prov.Sch.C.  seinen  Stellvertreter  namhaft  zu 
machen.  §  10.  Falls  der  Dir.  aus  seinem  Amt  auszuscheiden  beabsichtigt, 
80  ist  er  verpflichtet,  seine  Eündigung  mindestens  3  Monate  vor  dem  Schlufs 
des  Halbjahrs  dem  E.  Prov.Sch.C.  und  bezüglich  auch  dem  Patronat  der  Anstalt 
einzureichen,  falls  nicht  seitens  des  Patronats  eine  6monatl.  Eündigungsfrist 
festgesetzt  ist. 

III.  Verhältnis  zu  der  Anstalt.  A.  Im  Allgemeinen.  §  11.  Wie 
der  Dir.  für  die  gedeihl.  Verwaltung  der  ganzen  Anstalt  verantwortlich  ist,  so 
darf  auch  seiner  Eenntnis  nichts  entzogen  werden,  was  auf  das  Wohl,  derselben 
Von  Einflufs  ist.  Demnach  gebührt  ihm  die  Beteiligung  am  Bau-,  Etats-  und 
Eassenwesen  insoweit,  dafs  er  über  alle  baul.  Veränderungen,  über  die  Etats- 
entwürfe und  über  die  Verwendung  etwaniger  Eassenüberschüsse  zuvor  gutacML 
zu  hören  ist.  Desgleichen  hat  er  bei  den  königl.  Anstalten  Eenntnis  von  den 
Quartalsabschlüssen  und  der  Jahresrechnung  zu  nehmen  und  dieselben  vor 
Einreichung  an  die  Behörde  mitzuvoUziehen.  Aufserdem  ist  er  an  den  königl. 
Anstalten  bei  allen  Eassenrevisionen  zuzuziehen. 

§  12.  Dem  Dir.  liegt  die  Aufsicht  über  das  Schulgebäude,  die  Schul- 
utensüien,  die  Bibliotheken  und  sonstigen  Sammlungen  dter  Anstalt  ob.  Ist 
einer  der  Lehrer  mit  der  besonderen  Verwaltung  einer  solchen  Sammlung 
beauftragt,  so  verbleibt  doch  dem  Dir.  das  Recht  und  die  Pflicht  der  Ober- 
aufsicht. §  13.  Die  nach  einer  bestimmten  leicht  übersichtl.  Ordnung  zu 
veranstaltende  Anlegung  und  Verwaltung  des  Schularchivs,  zu  welchem,  aufser 
den  amtL  Verfügungen  auch  die  Entwürfe  der  zu  erstattenden  Berichte,  die  Bau- 
und  Bechnungsacten,  das  Schulalbum,  die  Censurbücher  und  Entwürfe  der 
Abgangszeugnisse,  die  Abiturientenprüftings- Verhandlungen  nnd  die  Protokolle 
über  die  Lehrerconferenzen  gehören,  steht  lediglich  dem  Dir.  zu.  Desgleichen 
gebührt  ihm,  bezügl.  seinem  Stellvertreter,  der  ausschliefsliche  Gebrauch  des 
Schulsiegels. 

§  14.  Der  Dir.  entscheidet  nach  vorgängiger  *  Prüfung  und  auf  Grund 
der  vorgelegten  Zeugnisse  über  die  Aufnahme  eines  Schülers.  Er  ist  befioLgt, 
die  Aufoahme  solcher  Zöglinge  zu  verweigern,  von  denen  er  nach  Ausweis  ihrer 
Zeugnisse  einen  Nachteil  für  die  Zucht  der  Anstalt  zu  befürchten  hat. 

§  15.  Obwohl  der  Dir.  die  Wünsche  der  Lehrer  rücksichtL  der  Stunden- 
verteilung anzuhören  hat,  so  steht  doch  ihm  aUein  vorbehaltlich  der  Ge- 
nehmigung des  E.  Prov.  Seh.  C.  die  Festsetzung  des  Lehr-  und  Stundenplans 
ohne  vorgängige  Berathung  in  der  Conferenz  zu. 


112 

§  16.  Der  Dir.  hat  unter  eigener  Verantwortlichkeit  den  amtl.  Teil  der 
jährl.  Schalprogramme  selbständig  abzufassen  und  fcir  die  Abfassung  der 
denselben  beizufügenden  wissenschafü.  Abhandlung  zu  sorgen.  Diese  Abhandlung 
ist  in  der  Begel  in  bestimmter  Beihenfolge  von  dem  Dir.  und  den  ordenH. 
Lehrern  der  Anstalt  zu  liefern.  §  17.  Der  Dir.  hat  die  öffentl.  Schul- 
prüfungen oder  Bedeacte  zu  ordnen  und  die  Einladungen  zu  denselben  za 
erlassen.  §  18.  Die  Maturitätsprüfungen  erfolgen  nach  Anordnung  des 
K.  Commissarlus  in  Gemäfsheit  der  dafür  besonders  erlassenen  Bestimmungen. 

§  19.  Der  Dir.  hat  darüber  zu  wachen,  dafs  der  Schuldiener,  welcher 
ihm  nach  Mafsgabe  seiner  Instruction  zu  pünktl.  Gehorsam  verpflichtet  ist,  seine 
Amtsobliegenheiten  treu  und  gewissenhaft  erfülle. 

B.  Zu  den  Lehrern.  §20.  Der  Dir.  ist  einerseits  vorsitzendes 
Mitglied  des  LehrercoU.  und  andererseits  Vorgesetzter  jedes  einzelnen  Lehrers. 
§  21.  Demnach  hat  derselbe  im  Auftrage  des  E.  Prov.Sch.C.  jeden  neu  an- 
gestellten Lehrer  zu  vereidigen,  bezügl.  wenn  dieser  Eid  schon  früher  geleistet 
ist,  zu  verpflichten  und  in  sein  Amt  einzufühfen.        • 

§  22.  Der  Dir.  hat  den  Vorsitz  und  die  Leitung  der  Lehrerconferenzen; 
er  beruft  dieselben  mindestens  einmal  ijn  Monat  und  aufserdem  so  oft  als  Be- 
rathungsgegenstände  vorliegen.  Volles  Stimmrecht  in  der  Conferenz  besitzen 
sämtliche  ordenü.  Lehrer,  die  Wissenschaft.  Hülfslehrer  und  die  Probecandd^ 
letztere  jedoch  nur,  falls  sie  eine  volle  Lehrerstelle  vertreten;  andernfalls  nur 
für  die  Gegenstände  ihres  Unterrichts.  Die  techn.  Lehrer  nehmen  nur  dann 
regelmäfsig  an  der  Conferenz  Teil,  wenn  sie  als  ordentl.  Lehrer  fest  angestellt 
sind;  aufserdem  bleibt  ihre  Teilnahme  und  ihr  Stimmrecht  auf  Gegenstände 
ihres  Unterrichts  beschränkt.  Ebenso  steht  denjenigen  Geistlichen,  welche  nicht 
an  der  Anstalt  fest  angestellt  sind,  sondern  nur  den  Beligionsunterr.  als  aufser- 
ordentl.  Lehrer  erteilen,  das  Stimmrecht  nur  über  die  Zöglinge  ihrer  Confession 
zu.  §  23.  Ueber  die  Verhandlungen  in  den  Conferenzen  ist  ein  Protokoll 
zu  führen,  wozu  der  jüngste  ordentl.  Lehrer  verpflichtet  ist,  falls  nicht  ein 
anderer  Lehrer  freiwillig  und  unter  Zustimmung  des  Dir.  d\e  Führung  desselben 
übernimmt.  Das  Protokoll  wird  am  Schlufs  der  Sitzung  vorgelesen  und  von 
sämtl.  anwesenden  Lehrern  unterschrieben.  §24.  Bei  Abstimmungen  stimmt 
der  dem  Bange  nach  jüngste  Lehrer  zuerst,  der  älteste  zuletzt;  bei  Stimmen- 
gleichheit entscheidet  die  Stimme  des  Directors.  Falls  der  Dir.  von  einem 
Beschlufs  der  Mehrheit  einen  wesentl.  Nachteil  für  die  Anstalt  besorgt,  so  ist 
er  befugt,  die  Ausführung  dieses  Entschlusses  bis  nach  eingegangener  Ent- 
scheidung des  K.  Prov.Sch.C.  auszusetzen,  an  welches  er  sofort  unter  Ein- 
reichung des  Protokolls  zu  berichten  hat.  §  25.  In  der  Conferenz  sind  die 
Verfügungen  des  K.  Prov.Sch.C,  bezüglich  die  Schreiben  des  Patronats,  soweit 
beide  nicht  besonders  für  den  Dir.  bestimmt  sind,  mitzuteilen.  Aufserdem 
sind  Gegenstände  der  Berathung  alle  allgem.  Anordnungen  didaktischer  und 
disciplinarischer  Art,  das  Verhalten  der  Schaler  in  beiden  Beziehungen,  die  Aus- 
führung des  Lehrplans,  die  method.  Behandlung  einzelner  Unterrichtsfächer,  die 
Censuren  und  Versetzungen,  die  Ergänzung  der  wissenschaftl.  und  techn. 
Sammlungen  der  Anstalt  und  sonstige  Angelegenheiten,  welche  zu  dem  Zweck 
der  Anstalt  in  unmittelbarer  Beziehung  stehen.  Beschwerden  eines  Lehrers 
über  den  Dir.  können  nie,  Streitigkeiten  unter  Lehrern  nur  dann  Berathungs- 
gegenstand  sein,  wenn  die  betr.  Lehrer  damit  einverstanden  sind.  §  26.  Der 
Dir.  ist  berechtigt,  zur  Berathung  über  die  Behandlung  einzelner  Lehrfächer 
besondere  Fach  conferenzen  zu  berufen,  in  welchen  nur  die  beteiligten  Lehrer 
zu  erscheinen  haben.  §  27.  In  den  Versetzungsconferenzen  stimmen 
über  die  Versetzung  der  Schüler  nur  die  Lehrer  der  betr.  Klasse,  der  Ordinarius 
der  nächst  höheren  Klasse  und  der  Dir.  ab.  Ueber  die  Versetzung  entscheidet 
die  S.timmdnmehrheit,  jedoch  mit  der  Mafsgabe,  dafs  der  Dir.  gegen  die  Ver- 


113 

«etzang  eines  Schälers,  dessen  Beife  er  Ursache  hat  za  bezweifeln,  ein  ent- 
scheidendes  Veto  einzulegen  befügt  ist  §  28.  Die  Verhandlungen  und 
Beschlüsse  der  Conferenz  sind,  insoweit  sie  nicht  ausdrücklich  zur  Mitteilung 
an  Andere  bestimmt  sind,  als  Amtsgeheimnis  zu  behandeln. 

§  29.  Der  Dir.  hat  die  Lehrer  anzuhalten,  dafs  sie  durch  würdiges  Ver- 
halten und  treue  Erfüllung  ilu-er  Pflichten  ihren  Stand  ehren  und  alles  meiden, 
was  ihnen  in  der  Achtung  der  Schüler  und  der  Eltern  nachteilig  sein  könnte. 
S  30.  Wenn  ein  Lehrer  sich  Nachlässigkeiten  im  Dienst,  Verwendung  seiner 
Kräfte  für  Privatzwecke  zum  Nachteil  seiner  amtl.  Obliegenheiten,  Uebertretung 
der  Schulordnung  oder  ein  der  Würde  des  Lehrstandes  unangemessenes  Be- 
nehmen, sei  es  in  oder  aufser  der  Schule,  zu  Schulden  kommen  läfst,  so  hat 
der  Dir.  ihm  darüber  emsü.  Vorstellung  zu  machen,  und  wenn  diese  nicht 
fruchten  soUte,  desgl.  bei  eigentlichen  Vergehungen  und  starken  MiTsgriffen 
sofort  an  das  K.  ProY.Sch.C.  zu  berichten.  Privatunterricht  in  denjenigen 
Gegenständen,  welche  in  der  Schule  gelehrt  werden,  dürfen  die  Lehrer  Schülern 
der  Anstalt  nur  mit  Genehmigung  des  Dir.  und  nur  in  aufserordenü.  Fällen 
erteilen.  §  31.  Ebenso  hat  der  Dir.  diejenigen  Lehrer,  welche  in  disciplinar. 
oder  didaki  Beziehung  die  allgem.  Vorschriften  unbeachtet  lassen,  in  einseitiger 
Selbstüberschätzung  ihre  eigenen  Wege  gehen  und  die  zur  Erreichung  des 
ganzen  Zwecks  der  Anstalt  erforderl.  Harmonie  des  Zusammenwirkens  sämüicher 
Lehrer  stören,  mit  coUegialischer  Schonung  und,  wo  es  nöthig  ist,  auch  mit 
Ernst  und  Nachdruck  zurechtzuweisen. 

§  32.  Insbesondere  hat  der  Dir.  die  Probecandidaten  mit  den  allgem. 
Bestimmungen  über  die  Schulverwaltung  bekannt  zu  machen  und  denselben  die 
erforderL  pädagog.  und  didakt.  Anleitung  zu  gewähren.  §  33.  Der  Dir.  hat 
Axxf  den  pünkti.  Beginn  der  Schulstunden  streng  zu  halten  und  jede  ungebührL 
Ausdehnung  der  Zwischenpausen  zu  verhüten.  Er  darf  femer  nicht  zulassen, 
•dafs  ein  Lehrer  ohne  gegründete  Ursache  und  ohne  seine  vorgängige  Genehmigung 
•eine  Lehrstunde  aussetze  oder  mit  einem  anderen  Lehrer  tausche. 

§  34.  Bei  Erkrankung  eines  Lehrers  steht  lediglich  dem  Dir.  die  An- 
ordnung der  Vertretung  zu,  wobei  derselbe  jedoch  auf  die  sonstige  Belastung 
der  übrigen  Lehrer  die  gebührende  Bücksicht  nehmen  wird.  §  35.  Der  Dir. 
ist  befugt,  bei  dringenden  Veranlassungen  einzelnen  darum  nachsuchenden  Lehrern 
einen  Urlaub  von  höchstens  8  Tagen  zu  erteilen. 

§  36.  Alle  Eingaben  ^er  Lehrer  an  die  vorgesetzten  Staatsbehörden, 
bezügl.  an  das  Patronaty  sind  nur  durch  Vermittelung  de^  Dir.  und  erforderL 
Falls  von  seinem  Gutachten  begleitet  einzureichen. 

C.  Zu  dem  ünterrichtszweck  der  Anstalt.  §  37.  Dem  Dir.  ist  die 
Leitung  des  gesamten  Unterrichts  übertragen,  an  welchem  er  sich  selbst  in 
angemessener  Weise,  in  der  Begel  durch  Uebemahme  von  10—12  wöchentL 
Lehrstunden,  zu  beteiligen  hat.  Er  hat  diesen  Unterr,  in  Gemäfsheit  der  allgem. 
Bestimmungen  so  zu  ordnen,  dafs  einerseits  das  der  ganzen  Anstalt  wie  den 
einzelnen  Klassen  gesteckte  Wissenschaft!.  Ziel  möglichst  vollständig  erreicht, 
andererseits  die  Einheit  der  gesamten  Geistesbildung  mit  verständiger  Berück- 
sichtigung der  jugendl.  Kräfte  der  Zöglinge  gewahrt  werde.  §  38.  Demnach 
hat  er  bei  der  Anordnung  des  Lehrplans  (§  15)  neben  der  Wissenschaft!. 
Bildung  der  Lehrer  auch  üire  pädagog.  und  didakt.  Befähigung  für  bestimmte 
Unterrichts-  und  Alterstufen  in  der  Weise  zu  berücksichtigen,  dafs  die  Wirkungs- 
kreise der  einzelnen  Lehrer  in  einander  greifen  und  zur  Erreichung  des  Gesamt- 
zwecks sich  gegenseitig  unterstützen.  §  39.  Zu  diesem  Behuf  hat  er  durch 
Abhaltung  von  Fachconferenzen  (§  26)  dahin  zu  wirken,  dafs  die  didakt.  Grund- 
sätze und  Lehrweisen  der  verschiedenen  Lehrer  in  den  einzelnen  Unterrichts- 
zweigen sich  nicht  widerstreiten,  sondern  in  Einklang  und  in  gemeinschaftl. 
Beziehung  zu  dem  allgem.  Bildungsziel  gesetzt  werden.      §  40.    Ebenso  hat  er 

Wiete,  VerordnoBgen.    IL  8 


114 

darauf  zn  achten,  dafs  bei  Anordnung  der  hänsl.  Aufgaben  und  namentlich 
der  schrifU.  Arbeiten  seitens  der  einzelnen  Lehrer  ebenso  die  Bücksicht  anf  die 
übrigen  Unterrichtsfächer  wie  auf  die  Leistungsfähigkeit  des  jugendl.  Alters 
streng  beobachtet  werde. 

§  41.  Zu  seinen  wesenü.  Obliegenheiten  gehört,  daCs  er  die  Unterrichts- 
stunden der  einzelnen  Lehrer  fleifsig  besuche,  die  etwanigen  Abwege  und  Nach- 
lässigkeiten derselben  ins  Auge  fasse,  die  schriftl.  Arbeiten  sämtlicher  Klassen 
von  Zeit  zu  Zeit  durchsehe  und  seine  Bemerkungen  demnächst  in  der  Conferenz, 
oder  falls  er  dies  angemessener  findet,  dem  betr.  Lehrer  besonders  mitteile. 
§  42.  Zur  einheitl.  Durchfahrung  des  Lehrplans,  wie  zur  gegenseitigen  Anregung 
der  Lehrer  ist  er  befugt^  in  regehn.  Wechsel  Lectionen  anzuordnen,  welche  von 
den  betr.  Lehrern  for  die  verschiedenen  Fächer  und  Klassen  im  Beisein  der 
übrigen  Fachlehrer  abgehalten  werden  und  bei  genügendem  Anlafs  nach  Methode 
und  Ergebnis  demnächst  in  der  Conferenz  zur  coUegialischen  Erörterung  kommen. 
§  43.  Desgleichen  ist  der  Dir.  befugt,  zu  genauer  Feststellung  des  Unterrichts- 
ergebnisses  Versetzungsprüfungen  im  Beisein  der  nächstbeteiligten  Lehrer 
abhalten  zu  lassen. 

§  44.  Die  OffentL  Prüfungen  am  Schlufs  des  Schuljahrs  haben  den 
Zweck,  unter  Femhaltung  jeder  gefiissentl.  Schaustellung  den  Eltern  von  den 
Leistungen  der  Anstalt  Kenntnis  zu  geben  und  dadurch  das  Vertrauen  und  die 
wohlwollende  Teilnahme  derselben  zu  erregen  und  zu  erhalten.  Der  Dir.  hat 
daher  die  Pflicht,  die  Einladungsprogramme,  die  Vorträge  der  Schüler  sowie  die 
Prüfungen  selbst  so  einzurichten,  dafs  diesem  Zweck  in  würdiger  Weise  enl^ 
sprechen  werde. 

D.  Zu  der  sittlichen  Aufgabe  der  Anstalt.  §  45.  Die  Schule 
hat  es  als  ihre  wesentlichste  Aufgabe  zu  betrachten,  mit  der  wissenschaftl.  Aus- 
bildung der  Zöglinge  auch  eine  christliche  Gesinnung  in  ihnen  zu  wecken  und 
sie  zu  einem  derselben  entsprechenden  Wandel  anzuleiten.  Der  Dir.  wird  deshalb 
die  Pflege  eines  christl.  Geistes  und  Wandels  als  seine  heiligste  Pflicht  be- 
trachten, zu  dem  Ende  den  Religionslehrer  aufs  kräftigste  unterstützen,  die 
Teilnahme  der  Schüler  an  dem  Offentl.  oder  dem  besonderen  Gymnasialgottes- 
dienste, soweit  dies  ausfuhrbar  ist,  durch  die  Lehrer  beauüsichtigen  und  dahin 
wirken,  dafs  ein  religiöser  Charakter  das  ganze  Leben  der  Anstalt  durchdringe 
und  den  Schülern  in  den  Lehrern  das  Vorbild  eines  christl.  Lebens  vorlenchte. 

§  46.  Die  disciplinarische  Wirksamkeit  des  Dir.  erstreckt  sich 
über  die  Schulzucht  in  allen  ihren  Richtungen  und  mufs  jederzeit  mit  deijenigen 
Kraft  und  Umsicht  verbunden  sein,  welche  die  Aufrechterhaltung  der  Schul- 
ordnung und  die  Handhabung  der  Zucht  sichert.  §  47.  Demnach  hat  der 
Dir.,  da  das  Zusammenwirken  der  Lehrer  in  sittlicher  und  disciplin.  Beziehung 
von  besonderer  Wichtigkeit  ^t,  dieselben  in  den  Gonferenzen  zu  ausführlichen 
Mitteilungen  über  den  Fleifs  und  das  Betragen  ihrer  Schüler  zu  veranlassen 
und  die  Mafisregeln  mit  ihnen  zu  berathen,  welche  geeignet  sind,  tadelnswerthen 
oder  gar  verderblichen  Richtungen  einzelner  ZOglinge  oder  ganzer  Klassen  mit 
Erfolg  entgegenzuwirken. 

§  48.  Da  auf  die  sittliche  Entwickelung  der  Schüler  das  häusL  Leben 
derselben  von  entschiedenstem  Einflufs  ist,  so  gebührt  der  Schule  auch  die 
Aufsicht  über  dasselbe  bei  den  auswärtigen  Schülern.  Demnach  steht 
dem  Dir.  die  Entscheidung  über  die  Zulässigkeit  der  einzelnen  Pensionate  für 
die  auswärtigen  Schüler  zu,  wobei  jede  Pension,  in  welcher  der  ZOgling  der 
Verführung  oder  dem  schlechten  Beispiel  ausgesetzt  sein  konnte,  namentlich 
auch  aUe  Wirthshäuser,  falls  nicht  verwandtschaftliche  Verhältnisse  eine  Aus- 
nahme rechtfertigen,  zurückzuweisen  sind.  §  49.  Um  von  dem  Leben  der 
auswärt.  Schüler  die  erforderl.  Kenntnis  zu  gewinnen,  hat  der  Dir.  nicht  nur 
seinerseits  dieselben  von  Zeit  zu  Zeit  auf  ihren  Stuben  zu  besuchen,   sondern 


115 

auch  andere  Lehrer,  insbesondere  die  Klassenordinarien  zn  solchen  Besuchen 
anzuhalten.  Die  bei  diesen  Besuchen  gemachten  Beobachtungen  sind  in  der 
Conferenz  mitzuteilen. 

§  50.  Der  Dir.  hat  den  Grundsatz  zur  Geltung  zu  bringen,  dais  das 
wesentlichste  Disciplinarmittel  das  lobende  oder  tadelnde  Wort  des  Lehrers 
sei,  und  dafs  eigentliche  Strafen  mögUchst  selten,  erforderl.  FaUs  aber  recht- 
zeitig und  mit  Entschiedenheit  verhängt  werden  müssen.  §  5L  Die  sogenannten 
Strafarbeiten,  sowie  die  Strafe  des  Nachsitzens  sind  möglichst  zu  beschränken, 
da  sie  durch  Häufung  sowohl  an  Nachdruck  verlieren,  ids  auch  diejenige  Zeit 
ungebührlich  schmälern,  deren  der  Schüler  zu  seinen  sonstigen  Arbeiten,  wie 
zur  Erholung  bedarf;  die  Strafe  des  Nachbleibens  darf  nie  ohne  Aufsicht  eines 
Lehrers  ausgeführt  werden.  §  52.  Wenn  far  gröbere  Vergehen  eine  mäfsige 
und  zweckentsprechende  Körperstrafe  nicht  entbehrt  werden  kann,  so  ist 
dieselbe  doch  möglichst  selten  anzuwenden.  Dieselbe  ist  in  der  Begel  nur 
in  den  3  unteren  Kl.,  in  der  in.  nur  nach  vorgängigem  Conferenzbeschlufs 
zu  verhängen  und  stets  von  dem  Lehrer  zu  vollziehen.  Der  Dir.  ist  befugt, 
einem  Lehrer,  welcher  von  der  Körperstrafe  einen  zu  ausgedehnten  Gebrauch 
macht  oder  bei  Vollziehung  derselben  mit  Heftigkeit  und  ohne  die  erforderl. 
Schonung  der  Gesundheit  verfährt,  die  Verhängung  dieser  Strafe  zeitweilig  zu 
untersagen.  §  53.  In  den  beiden  oberen  Kl.  tritt  für  gröbere  Vergehen  die 
Strafe  des  Einschliefsens  (Arrest)  ein,  jedoch  stets  nur  mit  Genehmigung 
des  Dir.;  dieselbe  darf  aber,  um  den  Charakter  einer  Ehrenstrafe  zu  bewahren 
und  nicht  in  eine  förmliche  Haft  auszuarten,  nie  über  4  Stunden  ausgedehnt 
werden. 

§  54.  Ist  das  LehrercoU.  der  gewissenhaften  üeberzeugung,  dafs  die 
Anstalt  die  ihr  zustehenden  Erziehungsmittel  an  einem  Schüler  ohne  Erfolg 
erschöpft  habe,  oder  dafs  von  dem  ferneren  Verbleiben  desselben  auf  der  Anstalt 
Gefahr  far  die  Aufrechthaltung  der  Zucht  oder  für  die  Sitten  seiner  Mitschüler 
erwachse,  so  ist  dieser  Schüler,  jedoch  nur  nach  vorgängigem  Conferenzbeschlufs, 
welcher  möglichst  bald  herbeizuführen  ist,  von  der  AnsMt  zu  verweisen.  Die 
Verweisung  ist  entweder  einfach  oder  geschärft:  im  ersten  Fall  ist  dem 
Schüler  unbenommen,  sich  sofort  bei  einer  anderen  Anstalt  zur  Aufnahme  zu 
melden ;  im  zweiten  wird  derselbe  zugleich  auf  die  Dauer  eines  Vierteljahrs  von 
jeder  anderen  öffentl.  Schulanstalt  ausgeschlossen.  Zu  der  geschärften  Ver- 
weisung ist  die  Zustimmung  des  K.  Prov.Sch.C.  erforderlich.  In  beiden  Fällen 
sind  die  Eltern,  bezügl.  die  Pensionshalter  und  die  Ortspolizeibehörde,  von  der 
Verweisung  sofort  in  Kenntnis  zu  setzen  und  ist  in  dem  Abgangszeugnis  die 
Strafe  und  der  Anlafs  derselben  ausdrückl.  zu  erwähnen.  Falls  die  Conferenz 
wider  die  Ansicht  des  Dir.  die  Beibehaltung  des  Schülers  beschliefst,  so  steht 
auch  hier  dem  Dir.  die  ihm  im  §  25  vorbehaltene  Befugnis  zu,  die  Entscheidung 
des  K.  Prov.Sch.C.  einzuholen. 

§  55.  Die  Censuren  werden  von  den  Ordinarien  auf  Grund  der  von 
den  Lehrern  abgegebenen  Urteile  entworfen;  die  Feststellung  der  Gesamt- 
prädicate  erfolgt  in  der  Conferenz,  wobei  jedoch  nur  dem  Dir.  und  den 
beteiligten  Lehrern  ein  Stimmrecht  zusteht.  Sämtliche  Censuren  sind  von  dem 
Dir.  und  dem  Ordinarius  der  betr.  Kl.  zu  vollziehen.  §  56.  Die  Ausfertigung 
der  Maturitätszeugnisse,  sowie  derjenigen  Abgangszeugnisse,  an  welche  sich 
Berechtigungen  für  den  Civil-  oder  Militärdienst  knüpfen,  erfolgt  nach  Mafsgabe 
der  dafür  besonders  erlassenen  Bestimmungen.  Die  Ausstellung  der  übrigen 
Abgangszeugnisse  steht  dem  Dir.  auf  Grund  der  von  den  betr.  Lehrern  ab- 
gegebenen urteile  zu. 

IV.  Verhältnis  zu  den  Eltern.  §  57.  Da  die  Eltern,  welche  ihre 
Söhne  der  Anstalt  übergeben,  hierdurch  einen  bedeutenden  Teil  ihrer  Befugnis 
an  die  Anstalt  abtreten,  so  hat  sich  der  Dir.  mit  ihnen  oder  ihren  Vertretern, 

8» 


116 

wo  irgend  nöthig,  mündl.  oder  schrifU.  in  Verbindung  zn  setzen,  sie  anf  die 
zur  sittlichen  und  geistigen  Entwickelung  der  Zöglinge  erforderl.  Mafsregeln 
aufmerksam  zu  machen,  auf  den  rechtzeitigen  Abgang  unbefähigter  oder  zucht- 
loser Schüler  hinzuwirken  und  hierdurch  förmlichen  Verweisungen  möglichst 
vorzubeugen.  §  58.  Während  der  Dir.  berechtigten  Wünschen  der  Eltern  die 
erforderl.  Bücksicht  zuwenden  wird,  hat  er  andererseits  mit  Entschiedenheit 
darauf  zu  halten,  dafs  dieselben  ihre  Söhne  der  Schulordnung  junbedingt  unter- 
werfen. Namentlich  hat  er  Urlaubsgesuche  nur  in  anfserordenÜ.  Fällen  zu 
bewilligen,  und  der  etwanigen  Neigung,  die  gesetzl.  Ferienzeit  nicht  einzuhalten, 
mit  Nachdruck  zu  begegnen. 

V.  Allgemeine  Verpflichtung  des  Directors.  §59.  Schliefslich 
wird  dem  Dir.  zur  Pflicht  gemacht,  allen,  dem  Frieden  der  chrisü.  Oonfessionen, 
den  Gesetzen  des  Staats  und  der  Ehrerbietung  gegen  Se.  Maj.  den  König  nach- 
teiligen Bichtungen  und  Bestrebungen  innerh^b  des  LehrercoU.  und  der  Anstalt 
entschieden  entgegenzutreten  und  von  dem  etwanigen  Vorkommen  derselben  der 
Behörde  sofort  Kenntnis  zu  geben.    Königsberg.    K.  ProY.Schulcolleginm. 

Frovins  Brande-nburg. 

Instr.  V.  22.  Jan,  1868. 

„Nachstehende  Instruction  bezeichnet  die  Pflichten  und  Befugnisse,  welche 
den  Directoren  (Bectoren)  der  höh.  ünterrichtsanstalten  innerhalb  des  Bessorts 
des  K.  ProY.Schulcoll.  der  Prov.  Brandenburg  obliegen  und  zustehen. 

§  1.  Amtliche  Stellung  und  Aufgabe  des  Directors  im  All- 
gemeinen. Der  Dir.  hat  als  Vorsteher  und  Leiter  der  ihm  anvertrauten 
ünterrichtsanstalt  sowohl  für  ihre  äufseren  Angelegenheiten  Sorge  zu  tragen, 
als  auch  besonders  dahin  zu  wirken,  dafs  in  ihren)  Inneren  der  Geist  eines 
wahrhaft  einheitlichen  Wirkens  herrsche,  damit  der  Zweck  der  Erziehung  und 
des  Unterrichts  an  der  Jugend  erreicht  werde.  Im  Allgm.  mufs  von  ihm  nicht 
allein  das  Mafs  der  für  sein  Amt  erforderlichen  Kenntnisse  und  das  Bestreben 
nach  steter  Erweiterung  und  Vertiefung  derselben  erwartet,  sondern  auch  voraus- 
gesetzt werden,  dafs  er  durch  das  Vorbild  musterhafter  Amtstrene,  aufrichtiger 
Vaterlandsliebe  und  christlicher  Gesinnung  auf  Ijehrer  und  Schüler  einwirke 
und  namentl.  dahin  sein  Streben  richte,  dafs  die  aus  der  Schule  in  das  Leben 
tretenden  Jünglinge  mit  guten  Kenntnissen  ausgerüstet  und  von  einem  chrisÜ. 
frommen  Sinn  erfüUt  seien. 

§  2.  Verhältnis  zu  den  Behörden.  Der  Dir.  ist  das  Organ  der  vor- 
gesetzten Staatsbehörden,  als  deren  nächste  er  das  unterzeichnete  K.  Prov.Sch.C. 
zu  erkennen  hat.  Alle  ihm  von  diesem  zugehenden  Anordnungen  und  Ver- 
fügungen hat  er  auszuführen  oder  etwa  sich  ergebende  Bedenken  sofort  zur 
Anzeige  zu  bringen,  die  periodischen  oder  sonst  von  ihm  erforderten  Berichte  *) 
pünkti^ch  zu  erstatten,  über  alle  wichtigeren  Ereignisse  und  Angelegenheiten 
der  Anstalt,  sie  mögen  die  Personen  des  LehrercoU.,  den  Gesundheitszustand 
der  Lehrer  und  Schüler,  oder  die  didakt  und  disciplinar.  Einrichtungen  und 
Zustände  betreffen,  auch  unaufgefordert  zu  berichten,  auch  den  Commissarien 
desselben  jede  amtl.  Auskunft  bereitwillig  zu  erteilen. 

Wo  besondere  Curatorien,  Ephorate  oder  Patronate  bestehen,  unterliegt 
das  Verhältnis  des  Dir.  zu  denselben  besonderen  Bestimmungen. 

[In  Betreff  der  Pori»freiheit   s.   weiterhin  Regulativ   v.  28.  Nov.  1869.] 

§  3.  Verhalten  zu  den  Lehrern  der  Anstalt  Der  Dir.  ist  der 
nächste  Vorgesetzte  aller  an  der  Anstalt  fungirenden  Lehrer,  Probecandidaten  und 
ünterbeamten.  Er  wird  indefs  in  Betreff  dieser  seiner  Stellung  nicht  aufser  Acht 

^)  Die  regelmäfsig zu  eretattenden  Berichte  s.  weiterhin  unter  Bericht- 
erstattung. 


117 

lassen,  dafs  die  von  den  Lehrern  zu  erwartende  Willfährigkeit  nur  in  dem 
änfsersten  Falle  aus  dem  Snbordinationsverhältnis  hervorgehen  darf,  ihre  Hanpt- 
qnelle  aber  in  einer  auf  seinen  musterhaften  Wandel,  sein  umsichtiges  Benehmen, 
seine  Gelehrsamkeit  und  Lehrgeschicklichkeit,  seine  strenge  Pflichterfüllung  und 
Berufstreue  gegründeten  Autorität  haben  mufs.  Wenn  er  hiernach  jedem  Lehrer 
mit  Teilnahme  und  Achtung  begegnet  und  überall  pflichtgemäfs  das  Interesse 
seiner  Amtsgenossen  wahraunehmen  sich  bemüht,  so  wird  er  nur  in  seltenen 
Fällen  gendthigt  sein,  die  Form  des  Befehls  zu  wählen.  Der  Dir.  ist  das 
vermittelnde  Organ  zwischen  der  vorgesetzten  Behörde  und  den  Lehrern  und 
Beamten  der  Anstalt;  er  hat  daher  aUe  ihr  Amt  und  ihre  Stellung  betreffenden, 
an  die  AuMchtsbehörden  gerichteten  Eingaben  mit  seinem  Gutachten  zu  begleiten. 

§4.  Anstellung  und  Einführung  der  Lehrer.  Dem  Dir.  liegt 
ob,  die  neu  angestellten  Lehrer  in  das  ihnen  übertragene  Amt  förmlich  einzu- 
weisen, ihnen  hierbei  die  Pflichten,  welche  ihnen  dasselbe  auferlegt,  unter  Ein- 
weisung auf  ihre  Instruction,  ausführlich  und  eindringlich  bekannt  zu  machen 
und  sie  bei  den  höh.  Lehranstalten  königl.  Patronats  in  vorschriftsm.  Weise 
eidlich  zu  verpflichten  oder  die  Verpflichtung  £^uf  den  etwa  schon  früher 
geleisteten  Eid  zu  bewirken.  Ebenso  hat  er,  wenn  ein  Lehrer  seine  Stellung 
aufzugeben  beabsichtigt,  die  Anzeige  davon  entgegenzunehmen,  in  dem  darüber 
an  uns  zu  erstattenden  Berichte  die  dadurch  zur  Erledigung  kommenden  Lehr- 
fächer, für  welche  bei  der  Anstellung  eines  Nachfolgers  gesorgt  werden  mufs, 
genau  zu  bezeichnen  und,  wenn  ihm  ein  geeigneter  Mann  bekannt  ist,  die 
Aufinerksamkeit  der  wahlberechtigten  Behörde  auf  denselben  hinzulenken.  Bei 
einem  eingetretenen  Todesfalle  oder  bei  dem  plötzl.  Abgange  eines  Lehrers  ist 
uns  aufserdem  noch  anzuzeigen,  in  welcher  Weise  für  die  einstweil.  Vertretung 
der  erledigten  Stelle  gesorgt  worden  ist. 

§  5.  Beaufsichtigung  und  Leitung  der  Lehrer.  Wie  es  die 
Aufgabe  des  Dir.  ist,  jedem  Lehrer  diejenige  Thätigkeit  anzuweisen,  für  welche 
er  am  meisten  geeignet  ist,  und  in  allen  den  Geist  wahrer  Collegialität  zu 
pflegen,  so  ist  es  auch  seine  Pflicht,  darüber  zu  wachen,  dafs  die  Lehrer  alle 
ihre  amtl.  Obliegenheiten  nach  ihrer  Instruction  genau  erfüllen.  Eintretende 
Zwistigkeiten  unter  ihnen  hat  er  nach  Möglichkeit  zu  schlichten,  vorkommende 
Mifsgriffe  und  Ungehörigkeiten  auch  in  ihrem  aufseramtl.  Auftreten,  insbesondere 
in  polit.  und  kirchl.  Beziehung  (vgl  Ministerial  -  Bescript  v.  19.  Apr.  1850; 
s.  Abschn.  VII)  zunächst  mit  hamaner  Schonung  zu  rügen,  aber  bei  Nicht- 
beachtung solcher  Winke  und  Mahnungen  ihnen  mit  Ernst  und  Nachdruck  zu 
steuern.  Er  ist  befugt,  den  ihm  untergebenen  Lehrern  und  Unterbeamten 
Warnungen  und  Verweise  zu  erteilen,  mufs  aber  grobe  Pflichtverletzungen 
derselben  der  vorgesetzten  Aufsichtsbehörde  anzeigen.  Wenn  Gefahr  im  Verzuge 
ist,  kann  der  Dir.  einem  seiner  Untergebenen  die  Ausübung  der  Amtsverrichtungen 
vorläufig  untersagen,  hat  aber  darüber  sofort  an  uns  zu  berichten  (Disciplinar- 
gesetz  V.  21.  Juli  1852  §§  18  u.  54,  s.  Abschn.  VII.) 

§  6.  Beurlaubung  und  Vertretung  der  Lehrer.  Wenn  ein 
Lehrer  durch  Krankheit  oder  sonst  durch  unabwendbare  Hindernisse  von  der 
Abwartung  seiner  Lectionen  abgehalten  wird,  so  hat  der  Dir.  das  Nöthige  zur 
Vertretung  desselben  durch  die  anderen  Lehrer  und  nur  in  den  dringendsten 
Fällen  durch  Combination  einzelner  Klassen  anzuordnen.  Urlaub  ist  er  befugt 
den  darum  nachsuchenden  Lehrern  in  begründeten  Fällen  bis  zur  Dauer  von 
8  Tagen  zu  erteilen,  wenn  für  eine  angemessene,  in  jedem  Fall  von  der  Ge- 
nehmigung des  Dir.  abhängige  Vertretung  gesorgt  werden  kann.  Längere 
Beurlaubungen  sind  bei  uns  nachzusuchen,  und  ist  dabei  jedesmal  anzuzeigen^ 
wie  die  Vertretung  angeordnet  werden  soll. 

§  7.  Probecandidaten.  Die  der  Anstalt  zur  Abhaltung  des  vorschrifts- 
mäfsigen    Probejahrs   überwiesenen   Schulamtscandd.    hat    der   Dir.   nach    den 


118 

bestehenden  Vorschriften  (Min.  Bescr.  y.  30.  MArz  1867,  s.  oben  8.  60)  in 
angemessener  Weise  zn  beschäftigen  nnd  teils  selbst,  teils  dnrch  die  betr. 
Klassenordinarien  und  Lehrer  zn  leiten  nnd  zn  nnterstützen.  Er  hat  zugleich 
dahin  zn  wirken,  dafs  dieselben  anch  anfserhalb  ihres  Unterrichts  den  ganzen 
Organismus  der  Schule  kennen  lernen,  und  insbesondere,  dafe  sie  an  den 
Conferenzen  und  allen  Schulacten  regelm&fsig  teilnehmen. 

§  8.  Schuldiener.  Alla  in  nächster  Beziehung  zu  der  Anstalt  stehenden 
Personen  als  Schuldiener,  Aufv^ärter  u.  s.  w.  sind  der  unmittelb.  Aufsicht  des 
Dir.  unterworfen.  Derselbe  hat  darauf  zu  sehen,  dafs  sie  nach  ihrer  Instruction 
ihre  Pflichten  genau  erfüllen,  sich  keine  Ungehörigkeiten  erlauben  und  durch 
ihr  oder  der  Dingen  Betragen  den  Schülern  kein  böses  Beispiel  geben.  Wird 
dergleichen  bemerkt,  so  hat  der  Dir.  zunächst  selbst  in  geeigneter  Weise  Abhülfe 
zu  schaffen  und,  wenn  dieselbe  nicht  erreicht  wird,  den  betr.  Fall  zu  unserer 
Kenntnis  zu  bringen.  Insbesondere  wird  die  strengste  Wachsamkeit  in  dieser 
Beziehung  den  Directoren  derjenigen  Anstalten  anempfohlen,  mit  welchen 
Alumnate  oder  Pensionate  verbunden  sind. 

§9.  Lehrerconferenzen.  Die  Lehrerconferenzen  sollen  dazu  dienen, 
das  Interesse  jedes  Lehrers  an  der  Anstalt  zu  wecken  und  in  allen  die  Ueber- 
Zeugung  lebendig  zu  erhalten,  dafs  sie,  in  welcher  Klasse  auch  beschäftigt, 
dennoch  wesenü.  Glieder  eines  organischen  Ganzen  sind.  Dieselben  werden 
unter  dem  Vorsitz  des  Dir.  regelmäfsig  alle  14  Tage  zu  bestimmten,  anfserhalb 
der  gewöhnl.  Schulzeit  fallenden  Stunden  und  aufserdem  so  oft  es  dem  Dir. 
nöthig  erscheint,  abgehalten.  Es  wird  in  ihnen  alles  zur  Berathung  gebracht, 
was  zur  Erhaltung  guter  Zucht,  zur  Beförderung  des  Fleifses  und  der  Fort- 
schritte der  Schwer,  überhaupt  zur  zweckm.  Ausführung  des  aufgestellten 
Lectionsplans  eine  gemeinsame  Besprechung  wünschenswerth  macht;  femer  was 
in  Betreff  der  Versetzungen,  Censuren  und  solcher  einzelnen  Vergehen,  bei  denen 
es  sich  um  strengere  Sdiulstrafen  oder  unfreiwilL  Entfernung  eines  Schulen 
handelt,  festzustellen  ist,  endlich  alles,  wobei  gemeinsame  Berathung  angemessen 
oder  nothwendig  erscheint  Auch  hat  der  Dir.  in  den  Conferenzen  die  amtl. 
Erlasse  der  Behörden  mitzuteilen,  falls  ihr  Inhalt  nicht  eine  sofortige  Bekanntr 
machung  auf  dem  Wege  des  Umlaufs  erfordert  Seiner  Beurteilung  ist  dabei 
anheimgestellt,  zwischen  den  Verfügungen,  welche  die  Gesamtheit  der  Lehrer 
angehen,  und  denjenigen,  welche  nur  seine  Stellung  als  Dir.  betreffen  oder  eine 
persönl.  Beziehung  haben,  zu  unterscheiden.  Der  Dir.  stellt  die  zur  Besprechung 
kommenden  Gegenstände  sowie  ihre  Reihenfolge  fest  und  leitet  die  Verhandlungen. 
Er  hat  dahin  zu  wirken,  dafs  in  ihnen  der  Geist  der  Eintracht,  Mälhigong 
und  Offenheit  herrsche,  und  dafs  durch  sie  die  einzelnen  Lehrer  eine  lebendige 
Anregung  und  genaue  Kenntnis  der  Anstalt' erhalten.  Stimmrecht  haben 
bei  denselben  die  Lehrer  der  Anstalt  nach  Mafsgabe  der  Bestimmungen  im  §  8 
der  Lehrerinstmetion.  Abstimmungen  finden  bei  allen  Disciplinarfallen 
sowie  bei  Versetzungen  und  der  Erteilung  von  Zeugnissen  statt;  aufserdem  da, 
wo  sie  der  Dir.  für  angemessen  hält  Bei  Abstimmungen  hat  der  Dir.  die 
Fragen  zu  stellen  und  die  Stimmen  zu  fordern,  dergestalt  dafs  die  Mitglieder 
der  Conferenz  in  einer  bei  dem  nach  dem  Dienstiedter  jüngsten  stimmberechtigten 
Lehrer  beginnenden,  aufwärts  steigenden  Reihenfolge  Yotiren  und  er  selbst  seine 
Stimme  zuletzt  abgiebt,  welche  bei  Stimmengleichheit  entscheidet.  In  dem 
Falle,  wenn  die  Mehrzahl  der  stimmberechtigten  Lehrer  mit.  seiner  Ansicht  nicht 
übereinstimmt,  soll  der  Dir.  das  Becht  haben,  dasjenige,  was  seiner  gewissen- 
haften Ueberzeugung  nach  für  das  Wohl  des  Ganzen  das  Beste  ist,  festzuhalten 
und,  wenn  die  Sache  Eile  hat,  unmittelbar  zur  Ausführung  zu  bringen,  mit  der 
Bedingung  dafs  der  eingetretene  Dissensus  und  die  Gründe  für  denselben  zn 
Protokoll  gebracht  werden  und  unter  Einreichung  desselben  unsere  Entscheidung 
einzuholen  ist      Ueber  die  Ausführung  der  Gonferenzbeschlüsse  hat  der  Dir. 


119 

zu  wachen  nnd  darf  keine  willkürl.  Abweichung  von  denselben  seitens  der 
Lehrer  gestatten.  Für  Jede  Gonferenzverhandlnng  ist  in  einem  vom  Dir.  an&a- 
bewahrenden  Bnch  ein  Protokoll  aufzunehmen  und  von  den  anwesenden  Mit- 
gliedern zu  unterschreiben.  Auf  die  durch  die  Min.yerf.  y.  7.  Jan.  1856  an- 
geordneten Fachconferenzen  (s.  Abt.  I  S.  68)  wird  besonders  hingewiesen. 
§10.  Aufnahme  und  Beaufsichtigung  der  Schüler.  Dem  Dir. 
liegt  es  ob,  die  neu  ankommenden  Schüler  allein  oder  unter  Zuziehung  anderer 
Lehrer  zu  prüfen  und  ihnen  die  Klasse,  in  welche  sie  nach  dem  Mafs  ihrer 
Kenntnisse  und  Fertigkeiten  und  dem  ganzen  Standpunkt  ihrer  Entwickelung 
gehören,  resp.  auch  ihren  Platz  in  derselben,  zu  bestimmen.  Die  Aufiiahme 
in  die  Vorschule  darf  in  der  Begel  nicht  vor  dem  vollendeten  6.,  in  die  VI 
nicht  Yor  dem  vollendeten  9.  Lebensjahre  geschehen.  Eine  Mhere  Aufnahme 
ist  bei  körperlich  und  geistig  besonders  entwickelten  Knaben  ausnahmsweise 
zulässig,  wenn  an  dem  yorschriftsm.  Alter  nicht  über  6  Monate  fehlen;  bei 
noch  gröfserer  Abweichung  von  der  obigen  Begel  ist  in  jedem  einzelnen  Falle 
unsere  Genehmigung  erforderlich.  Von  jedem  neu  aufzunehmenden  Schüler, 
welcher  bereits  eine  öffentl.  Schule  besucht  hat,  hat  der  Dir.  ein  ordnungsmäfsig 
ausgestelltes  Abgangszeugnis  zu  fordern,  dasselbe  dem  Ordinarius  der  Klasse, 
in  welche  er  gesetzt  wird,  mitzuteilen  und  im  Archiv  aufzubewahren.  Schüler, 
welche  von  Anstalten  gleicher  Kategorie  kommen,  dürfen  nicht  in  eine  höhere 
Kl.  gesetzt  werden,  wenn  nicht  zwischen  dem  Abgange  von  der  früheren  und 
der  Aufiiahme  in  die  neue  Schule  eine  Zeit  der  Privatvorbereitung  von  mindestens 
Vj  Jahr  liegt  (Vgl.  unsere  Verf.  v.  13.  Mai  1864  und  Min. Verf.  v.  30.  Nov.  1860.) 
(Abt  1  S.  321  fg.)  Die  Aufnahme  eines  verwiesenen  Schülers  darf  nicht  eher 
erfolgen,  als  bis  der  Dir.  mit  dem  Vorsteher  der  Anstalt,  aus  welcher  er  entlassen 
worden  ist,  über  die  Ursachen  der  Entfernung  und  über  die  Mittel  zu  seiner 
Besserung  sich  in  Vernehmen  gesetzt  hat  Er  ist  bei  dem  ersten  auffallenden 
Beweise  der  Wiederkehr  seiner  Fehler  zu  entlassen;  die  Lehrer  der  Klasse,  in 
welche  er  gesetzt  worden  ist,  sind  besonders  zu  beauftragen,  ihn  mit  strenger 
Aufmerksamkeit  zu  beobachten.  (Vgl.  die  Verf.  v.  9.  Nov.  1839,  Abt  1  S.  320.) 
Primanern,  welche  im  Disciplinarwege  von  einer  Anstalt  entfernt  worden  sind, 
oder  dieselbe  willkürlich,  um  einer  Schulstrafe  zu  entgehen,  oder  aus  anderen 
ungerechtfertigten  Gründen  verlassen  haben,  ist  bei  der  Aufnahme  auf  eine 
andere  Anstalt  das  Ser:iester,  in  welchem  die  Entfernung  erfolgt,  auf  den  2  jähr. 
Primacursus  nicht  anzurechnen.  (Min.  Verf.  v.  11.  Dec.  1851,  Abt.  I  S.  430.) 
Der  Dir.  hat  jeden  neu  aufgenommenen  Schüler  in  das  Album  der  Schule,  resp. 
der  Vorschule,  mit  Vor-  und  Zunamen,  Angabe  des  Tages  und  Ortes  der  Geburt, 
der  Oonfession,  der  früher  etwa  besuchten  Schule,  der  Klasse,  in  welche  er 
gesetzt  wird,  sowie  des  Standes  und  Wohnorts  des  Vaters  oder  Vormunds  einzu- 
tragen. Auswärtige  Schüler  müssen  zur  besonderen  Fürsorge  einem 
geeigneten  Aufseher  übergeben  werden,  welcher  über  ihren  Privatfleii's  und  ihr 
sittl.  Betragen  aufser  der  Schule  eine  ernste  und  gewissenhafte  Aufsicht  zu 
fuhren  hat  Die  Wahl  desselben  bedarf  der  Genehmigung  des  Dir.;  ein  Wechsel 
der  Wohnung  und  des  Aufsehers  darf  nicht  ohne  vorherige  Anzeige  beim  Dir. 
und  ausdrückliche  Einwilligang  desselben  erfolgen.  (Min. Verf.  v.  31.  Juli  1824 
und  9.  März  1843,  Abt  I  S.  347.)  Der  Dir.  verpflichtet  die  neu  eintretenden 
Schüler  zu-  genauer  Beobachtung  der  Schulordnung  und  überweist  sie  den 
Ordinarien  ihrer  Klassen  zur  n^eren  Beaufsichtigung.  Doch  wird  er  selbst 
sich  in  möglichst  genauer  Kenntnis  von  den  Sitten,  dem  Fleifse  und  den  Fort- 
schritten jedes  einzelnen  Schülers  zq  erhalten  suchen,  so  dafs  er  im  Stande  ist» 
den  Eltern  auf  Erfordern  Bath  und  Auskunft  in  Betreff  derselben  zu  erteilen 
und  in  der  Gonferenz  über  Gegenstände  der  Disciplin  aus  eigener  Ueberzeugung 
seine  mitrathende  und  entscheidende  Stimme  abzugeben.  Der  Dir.  und  die 
Lehrer  haben  auch  auf  das  Betragen  der  Schüler  aufser  der  Schule, 


120 

soweit  es  nur  immer  möglich  ist,  ihre  Anfmerksamkeit  and  Sorgfalt  zu  richten^ 
nnd  sind  befugt,  dieselben  wegen  unsittl.  und  anstöfsigen  Benehmens  auiser 
der  Schule  zur  Verantwortung  zu  ziehen.  (Min.Verf.  v.  9.  März  1843,  Abt.  I,  S.  347.) 

§  11.  Schulordnung  und  Klassenordinarien.  Jede  Anstalt  mufs 
eine  Schulordnung  haben,  welche  die  allgm.  Bedingungen,  unter  denen  sie 
die  Erziehung  und  den  ünterr.  der  ihr  anzuvertrauenden  Schüler  übernimmt, 
und  die  nöthigen  Vorschriften  für  das  Verhalten  der  Schüler  enthält.  Der  Dir. 
hat  dieselbe  nach  Berathung  mit  dem  Lehrercoll.  zu  entwerfen  oder  zeitgem&fs 
zu  ändern  und  uns  zur  Prüfung  und  Bestätigung  einzusenden.  Er  hat  Ver- 
anstaltungen zu  treffen,  dafs  sie  den  Eltern  und  Pflegern  der  Schüler  al» 
Grundlage  der  gegenseitigen  Verpflichtung  zur  Kenntnis  mitgeteilt  und  dafs  ihr 
Inhalt  den  Schülern  von  Zeit  zu  Zeit  eingeschärfb  werde.  Die  nächste  Unter- 
stützung zur  DurchfQhrung  der  Schulordnung  hat  der  Dir.  an  den  Klassen- 
ordinarien. Er  hat  dieselben  bei  jedesmaliger  Einreichung  des  Lectionsplans 
uns  zur  Genehmigung  namhaft  zu  machen  und  dazu  diejenigen  Lehrer  auszu- 
wählen, welche  einerseits  mit  eigener  Lehrtüchtigkeit  und  richtiger  Erkenntnis 
des  Zusammenhangs  und  Zwecks  der  Unterrichtsgegenstande  den  erforderl.  Ernst 
des  Charakters  verbinden,  andererseits  aber  auch  durch  die  Zahl  und  die  Be- 
schaffenheit der  von  ihnen  zu  erteilenden  Lectionen  in  den  betr.  Klassen  eine 
solche  Stellung  einnehmen,  dafs  sie  auf  die  Haltung  und  gedeihliche  Ent- 
wickelung  derselben  einen  überwiegenden  Einflufs  auszuüben  im  Stande  sind. 
Es  erscheint  darum  wünschenswerth,  dafs  die  Ordinarien  auch  den  Beligions- 
Unterricht  in  ihrer  Klasse  erteilen  können.  Die  den  Ordinarien  übertragenen 
Befugnisse  und  Pflichten  sind  durch  eine  besondere  Instruction  geordnet,  über 
deren  genaue  Beobachtung  der  Dir.  zu  wachen  hat.  Insbesondere  hat  der  Dir. 
die  von  ihnen  zu  führenden  Klassenbücher,  welche  aufser  einem  Verzeichnis 
der  Schüler  die  erforderl.  Bubrikeu  zur  Eintragung  der  abwesenden  und  zu  spät 
gekommenen  Schüler,  der  in  den  Lehrstunden  durchgenommenen  Lehrpensa  und 
der  häusl.  Aufgaben,  der  Bemerkungen  der  Lehrer  über  Fleifs  und  Betragen 
der  Schüler  und  der  über  sie  verhängten  Strafen  enthalten  müssen,  mindestens 
einmal  im  Monat  seiner  Durchsicht  zu  unterwerfen.  Für  Alumnate  oder 
Pensionate,  welche  mit  einer  Anstalt  verbunden  sind  und  stets  wenigstens  der 
Mitaufsicht  des  Dir.  untergeben  sein  müssen,  sind  die  besonderen  Eeglements 
mafsgebend. 

§  12.  Grundsätze  und  Hauptmittel  der  Disciplin.  Vor  Allem  ist 
es  die  heilige  Pflicht  des  Dir.,  über  den  gesamten  in  Unterricht  und  Zucht 
herrschenden  Geist  der  seiner  Leitung  anveribrauten  Anstalt  zu  wachen.  Er  mufs 
auf  das  emstlichste  bemüht  sein,  reinen  und  kindlichen  Sinn  bei  den  Schülern 
zu  erhalten  und  durch  Gewöhnung  an  strengen  Gehorsam  und  pflichttreue  Gesetz- 
mäfsigkeit  und  durch  Erziehung  zu  aufrichtiger  Gottesfurcht  Vergehungen  unter 
ihnen  möglichst  vorzubeugen.  Ebenso  wird  er  jeder  verderbl.  Bichtung  der 
Schüler,  möge  sie  sich  in  Verkehrtheit  und  Unlauterkeit  der  Gesinnung  und 
Bestrebungen,  in  unstatthaftem  Besuch  öffentl.  Vergnügungsorte,  in  unziemender 
Kleidung,  in  anmafsendem  Hervortreten  nach  aufsen  oder  wie  irgend  sonst 
äufsem,  piit  Ernst  und  Nachdruck  entgegentreten.  Nächst  einem  gründlichen 
und  anregenden  Unterricht  sind  die  Hauptmittel  zur  Erhaltung  einer  guten 
Schulzucht  die  Erweckung,  Pflege  und  Erhaltung  des  religiös-sittlichen  Gefühls 
der  Schüler  und  das  übereinstimmende  Verfahren  sämüicher  Lehrer  in  der 
Behandlung  derselben.  Es  ist  daher  die  Pflicht  des  Dir.,  nicht  allein  dem 
Religionsunterr.  besondere  Aufmerksamkeit  zu  widmen  und  ihn  stets  nach 
Möglichkeit  den  bewährtesten  Lehrern  anzuvertrauen,  sondern  auch  den  Besuch 
des  öffentl.  Gottesdienstes,  wo  er  nicht  als  eine  gemeinsame  Pflicht  unter 
Aufsicht  der  Lehrer  eingerichtet  werden  kann,  durch  Ermahnung  und  ■  eigenes 
Beispiel  zu  fördern  und,  wo  es  ausführbar  ist,  durch  gemeinsame  Abendmahls- 


121 

feier  der  Lehrer  und  Schäler  eine  christlich  fromme  Gesinnung  zu  beleben. 
Ebenso  hat  er  darauf  zu  sehen,  dal's  jedenfalls  der  Anfang  des  tägl.  ünterr. 
mit  *6ebet  oder  Schrifkvorlesung  geschehe,  und  dafs  die  angeordneten  oder 
herkömml.  gemeinsamen  Schulandachten  und  die  Schulfeierlichkeiten,  wie  zum 
Anfang  und  zum  Schlufs  des  Schuljahres,  am  Geburtstage  Sr.  Maj.  des  Königs, 
an  besonderen  Erinnerungstagen  und  bei  den  Entlassungen  der  Abiturienten, 
in  würdiger  Weise  abgehalten  werden.  Nicht  minder  ist  es  die  Pflicht  des 
Dir.,  das  sittl.  Verhalten  sowohl  einzelner  Schüler  als  ganzer  Klassen  zum 
Gegenstand  der  Conferenzberathung  zu  machen  und  ebenso  durch  Besprechungen 
mit  den  Lehrern  die  unumgänglich  nothwendige  Einheit  in  der  Handhabung 
der  Disciplin  von  Seiten  des  gesamten  Lehrercoll.  zu  begründen  und  zu  erhalten. 

§  13.  Beaufsichtigung  der  Schüler  innerhalb  der  Schule. 
Zur  Verhütung  von  UngehOrigkeiten  hat  der  Dir.  insbesondere  darüber  zu  wachen, 
nicht  allein,  dafs  die  Lehrer  ihre  Unterrichtstunden  zu  rechter  Zeit  anfangen 
und  schliefsen,  sondern  auch,  dafs  vor  dem  Anfange  der  Lectionen  und  in  den 
Pausen  zwischen  denselben  eine  ausreichende  regelm.  Beaufsichtigung  der  Schüler 
durch  die  Lehrer  stattfindet,  und  dafs  jeder  die  letzte  Vor-  und  Nachmittag- 
stande erteilende  Lehrer  das  Klassenzimmer  erst  nach  der  Entfernung  aller 
Schüler  verläfst.  Nicht  minder  hat  er  für  ausreichende  Beaufsichtigung  der 
Schüler  während  der  Turnübungen  Sorge  zu  tragen.  Was  zur  Schonung  der 
Gesundheit  der  Schüler  beim  Ünterr.,  insbesondere  zur  Verhütung  der 
Kurzsichügkeit  von  Seiten  der  Schule  geschehen  kann,  mufs  der  Dir.  sorgfältig 
in  Anwendung  bringen  lassen.  (Vgl.  Min.  Verf.  v.  24.  Oci  1837  und  22.  Oci 
1858,  Abt.  1  S.  53  u.  264.)  Beim  Auftreten  ansteckender  Krankheiten  ist 
nach  dem  Regulativ  v.  8.  Aug.  1835  zu  verfahren,  und  beim  Ausbruch  der 
Cholera  insbesondere  das  Min.  Rescr.  v.  16.  Dec.  1866  und  die  C.  Verf.  v. 
7.  Jan.  1867  zu  beachten.    (S.  Abt.  I  S.  270  fg.) 

§  14.  Die  Censuren  der  Schüler.  Ein  wichtiges  Mittel,  um  auf  das 
Streben  und  Benehmen  der  Schüler  einzuwirken  und  zugleich  das  Zusammen- 
wirken der  hänsl.  Erziehung  mit  der  Schule  zu  befördern,  sind  die  Censuren. 
Sie  sind  jährlich  4  oder  mindestens  3  mal  zu  bestimmten  Zeiten  auszufertigen, 
und  sollen  eine  möglichst  vollständige  Beurteilung  jedes  Schülers,  sowohl  nach 
seinem  Verhalten  im  Allgm.  als  auch  nach  seinen  Fortschritten  und  Leistun  gen 
in  den  einzelnen  Unterrichtsgegenständen  enthalten.  Der  Dir.  hat  darauf  zu 
sehen,  dafs  sowohl  in  den  speciellen  Urteilen  der  einzelnen  Lehrer,  als  in  den 
allgem  Urteilen  über  Betragen  und  Fleifs,  welche  stets  in  einer  Conferenz  zu 
berathen  sind,  unbeschadet  der  nothwendigen  Strenge  und  Unparteilichkeit  der 
Ton  väterlicher  Milde  vorwalte,  sowie  dafs  die  durch  Unterschrift  des  Dir.  und 
der  betr.  Ordinarien  vollzogenen  Censuren  den  Schülern  in  angemessener  Weise 
übergeben  werden.  Unter  Umständen  sind  sie  den  Eltern  oder  Pflegern  der 
Schüler  unmittelbar  zu  übersenden;  jedenfalls  ist  die  Unterschrift  derselben  zur 
Bestätigung,  dafs  sie  von  ihnen  gelesen  worden  sind,  zu  verlangen.  (VgL 
Min.  Verf.  v.  28.  Jan.  1858,  Abt.  I  S.  352  u.  fg.) 

§  15.  Schulstrafen.  Sofern  bei  Unfleifs  oder  tadelhafbem  Verhalten 
der  Schüler  Ermahnungen  und  Bügen  seitens  der  Lehrer  erfolglos  bleiben,  mufs 
zu  Strafen  geschritten  werden.  Ueber  Art  und  Mafs,  sowie  über  die  Ausfahrung 
derselben  hat  der  Dir.  nach  Berathung  mit  dem  Lehrercoll.  innerhalb  der  durch 
die  allgm.  Vorschriftien  gegebenen  Schranken  das  Erforderliche  festzusetzen, 
um  eine  gleichmäfsige  Anwendung  derselben  durch  alle  Lehrer  herbeizufahren. 
Er  ist  unter  Umst^den  befugt,  einzelnen  Lehrern  den  Gebrauch  gewisser 
Strafen  ganz  zu  untersagen.  Inwieweit  die  einzelnen  Lehrer  Schulstrafen 
anzuordnen  befugt  sind  und  wie  hierbei  zu  verfahren,  ist  in  der  Dienstinstruction 
für  die  Lehrer  §  6  bestimmt.  Dem  Dir.  liegt  es  ob,  die  genaue  Befolgung 
dieser  Vorschriften  zu  überwachen.     In  Betreff  der  körperL  Züchtigung  wird 


122 

noch  besonders -auf  nnsere  Verf.  v.  9.  März  1843  hingewiesen.  (S.  Abt.  L  S.  359.) 
Die  Carcerstrafe  kann  nur  von  dem  Dir.  oder  anf  ConferenzbeschlniB  verhängt 
werden.  Sind  aber  die  gewöhnlichen  Mittel  der  Zucht  ohne  Erfolg  geblieben, 
und  ist  der  UnfleiTs  oder  die  Boheit  in  dem  Betragen  eines  Schülers  so  groDs 
geworden,  dafs  der  Zweck  des  Unterrichts  an  demselben  ganz  verfehlt  wird, 
oder  hat  ein  Schüler  sich  ein  so  grobes  Vergehen  zu  Schulden  kommen  lassen, 
dafs  die  Disciplin  durch  das  von  ihm  gegebene  böse  Beispiel  gefährdet  würde, 
so  bleibt  nur  übrig,  einen  solchen  Schüler  von  der  Anstalt  zu  entfernen.  Der 
Dir.  soll  dazu  die  Befagnis  haben,  jedoch  unter  der  Beschränkung,  dafs  die 
Mehrheit  der  ordentl.  Lehrer  des  CoUegiums  über  die  Nothwendigkeit  der  Ent- 
fernung mit  ihm  einverstanden  ist,  und  unter  der  Bedingung,  dafs  der  Fall  mit 
den  Beweggründen  der  Entfernung  den  Eltern  und  Pflegern  des  betr.  Schülers 
zur  rechten  Zeit  zur  Kenntnis  gebracht  und  unter  Vorlegung  des  Conferenz- 
protokolls  uns  sofort  Bericht  erstattet  werde.  (Vgl.  Verf.  v.  28.  April  1866, 
Abt.  I  S.  361.)  Wenn  ein  Schüler  eine  Anstalt  verläfst,  um  sich  einer  Strafe 
zu  entziehen,  so  ist  dies  ausdrücklich  im  Abgangszeugnisse  zu  bemerken.  (Min.Verf. 
V.  21.  Mai  1861;  Abt.  I  S.  361.)  Ueber  die  Entfernung  unfähiger  Schüler  aus 
den  unteren  Kl.  ist  die  Min.  Verf.  v.  4.  März  1862  (Abt.  I  S.  319)  zu  beachten. 

§  16.  Grundlehrplan.  Schulbücher.  Es  ist  die  Aufgabe  des  Dir., 
auf  Grund  der  geltenden  allgm.  Bestimmuncpen,  der  Min.  Verordnungen  v.  24.  Oct. 
1837  und  7.  Jan.  1856  für  Gymnasien,  der  Unterrichts-  und  Prüfungsordnung 
für  Bealschulen  v.  6.  Oct.  1859  ^)  den  eigentümlichen  Verhältnissen  der  seiner 
Leitung  anvertrauten  Anstalt  gemäfs  den  Grundlehrplan  derselben  nach  vorher- 
gegangener Berathung  mit  den  Fachlehrern  zu  entwerfen  und  in  geeigneten 
Zeiträumen  zu  revidlren.  Derselbe  ist  in  den  Conferenzen  zur  Besprechung  zu 
bringen,  damit  die  Lehrer  mit  der  Uebersicht  über  den  gesamten  Unterrichtsstoff 
ein  deutliches  Bewufstsein  über  die  Pensa  und  Klassenziele  und  über  ihr  gegen-  • 
seitiges  Verhältnis  zur  Erreichung  derselben  erlangen.  Daneben  sind  in  den 
Fachconferenzen,  in  welchen  die  Lehrer  der  besonderen  Fächer  zu  Be- 
rathungen  über  Stoff,  Methode  und  Hül&mittel  derselben  zusammentreten, 
Fachlehrpläne  auszuarbeiten  und  von  Zeit  zu  Zeit  zu  revidiren:  sie  bilden  die 
Ausführung  des  Grundlehrplans,  geben  den  Anhalt  zu  seiner  Verbesserung  und 
sind  zugleich  die  Specialinstructionen  für  jeden  neu  eintretenden  Lehrer.  Zur 
Einfahrung  neuer  Schulbücher  und  sonstiger  Unterrichtsmittel,  für  welche  in 
jedem  einzelnen  Falle  die  Fachlehrer  zu  hören  sind,  bedarf  der  Dir.  unsere 
Genehmigung.  Für  die  in  dieser  Beziehung  zu  stellenden  Anträge  ist  nach  den 
Min.Verff.  v.  28.  April  1857  und  20.  Juni  1864  (s.  Abt  I  S.  366)  und  unserer  Verf. 
V.  1.  Juli  1864  zu  verfahren. 

§  17.  Jährliche  Lectionspläne.  Für  jedes  Schuljahr  hat  der  Dir. 
einen  Lectionsplan  nach  vorangegangener  Berathung  mit  dem  Lehrercoll.  zu 
entwerfen  und  4  Wochen  vor  dem  Beginn  desselben  zur  Prüfang  und  Genehmigung 
uns  einzureichen.  Derselbe  mufs  enthalten:  1.  Die  Pensentabelle,  in 
welcher  die  Lehrgegenstände  nach  den  Klassen  übersichtlich  aufgeführt,  die  Lehr- 
stoffe für  das  betr.  Schu^ahr  möglichst  bestimmt  angedeutet,  die  Stundenzahl,  die 
Lehrbücher  und  die  häusl.  Arbeiten  angegeben  werden.  Abweichungen  von  dem 
Grundlehrplan  sind  in  dem  Begleitbericht  zu  erwähnen  und  zu  motiviren;  2.  die 
Lehrertabelle,  in  welcher  die  Namen  der  Lehrer  und  die  ihnen  übertragenen 
Stunden  in  der  Form  der  in  den  Schulprogrammen  üblichen  Tabelle  über  die  Ver- 
teilung der  Lehrstunden  aufzuführen  sind.  Derselben  ist  ein  Verzeichnis  der 
Ordinarien  und  der  Beligionslehrer  beizufügen;  3.  die  Stundentabelle,  in 
welcher  die  Verteilung  der  Lectionen  auf  die  einzelnen  Stunden  und  Tage  der 
Woche  anzugeben  ist. 


*)  Jetzt  0.  Verf.  v.  31.  März  1882,  Abt.  IS.  MO  fg. 


123 

Da  die  umstände  mitanter  die  gleichzeitige  AnfstelluDg  der  3  Tabellen 
nicht  gestatten,  so  ist  es  zulässig,  die  Lehrer-  und  die  Standentabelle  später 
als  die  Pensentabelle  einzusenden;  doch  mufs  die  Einsendung  jedenfalLs  so 
zeitig  erfolgen,  dafs  die  PrüAmg  und  Genehmigung  noch  vor  dem  Beginn  des 
Schiüjahrs  möglich  ist.  Für  jede  während  des  Schuljahrs  nOthig  werdende 
dauernde  Abänderung  ist  unsere  Genehmigung  erforderlich.  Für  das  2.  Semester 
bedarf  es  der  Einsendung  der  Lehrer-  und  der  Stundentabelle  nur  dann,  wenn 
durch  den  Eintritt  neuer  Lehrer  oder  sonstige  Verhältnisse  Abänderungen  in 
der  Verteilung  der  Lectionen  nothwendig  sind.  Für  die  Feststellung  des 
Lectionsplans  ist  das  Bedürfnis  der  Anstalt  mafsgebend.  Der  Dir.  wird  zwar 
die  billigen  Wünsche  der  Lehrer  hinsichtlich  der  Zeit  und  der  Gegenstände, 
soweit  es  ohne  Nachteil  möglich  ist,  berücksichtigen;  doch  ist  er  befugt  zu 
yerlangen,  dafs  jeder  Lehrer  den  ihm  überwiesenen  Unterricht  übernehme.  In 
welchen  Lehrobjecten  und  Klassen  ein  Lehrer  mit  Erfolg  unterrichten  kann, 
giebt  teils  das  Prüfungszeugnis,  teils  die  nachmalige  Erfahrung  über  die  pädagog. 
und  didaki  Befähigung  und  die  Wissenschaft!.  Weiterbildung  desselben  an.  Zu 
Abweichungen  yon  den  Bestimmungen  des  Prüfungszeugnisses  ist  unsere  Ge- 
nehmigung erforderlich.  Bei  der  Verteilung  der  Lectionen  an  die  Lehrer  hat 
der  Dir.  auch  auf  die  yon  ihnen  zu  besorgenden  Correcturen  Bücksicht  zu  nehmen 
und  diese  Arbeit  auf  geeignete  Weise  und  nach  Möglichkeit  auszugleichen.  Eine 
ähnliche  Berücksichtigung  wird  er,  soweit  es  ausfährbar  ist,  auch  den  Elassen- 
ordinarien  zu  Teil  werden  lassen. 

§  18.  Durchführung  des  Lectionsplans.  Es  ist  die  Pflicht  des 
Dir.,  darüber  zu  wachen,  dafs  der  für  das  Schuljahr  genehmigte  Lehrplan  in 
sämtl.  Klassen  »durchgeführt  werde  und  dafs  kein  Lehrer  eigenmächtig  yon 
demselben  abweiche  oder  ein  anderes  Lehrbuch  als  das  yorgeschridbene  zu 
Grunde  lege.  Er  hat  zu  dem  Ende  die  einzelnen  Klassen  oftmsds  zu  besuchen 
und,  sofern  einige  Lehrstunden  gleichzeitig  mit  den  seinigen  fallen,  sich  lieber 
zuweilen  durch  einen  der  anderen  Lehrer  yertreten  zu  lassen,  als  diese  wichtige 
Pflicht  zu  yersäumen.  Er  hat  darauf  zu  sehen,  dafs  in  den  yon  ihm  zu 
genehmigenden  Arbeitsplänen  (Instruction  für  die  Ordinarien  §  6)  ein  angemessenes 
Verhältnis  der  häusl.  Arbeiten  hergestellt  und  alles  unnütze  Schreibwesen  yer- 
mieden  werde.  (Vgl.  die  Min.  Verfif.  v.  24.  Oct.  1837  u.  20.  Mai  1854  [Abt.  I 
S.  254]  u.  die  Bealschulordnung,  Erläuterungen  z.  E.  [Abi  I  S.  109].)  Deshalb 
hat  er  yon  Zeit  zu  Zeit  und  mindestens  einmal  im  Jahre  die  schriftl.  Arbeiten 
der  Schüler  in  abwechselnder  Ordnung  je  aus  einer  Klasse  nach  der  anderen 
zu  reyidiren.  Seinem  Ermessen  bleibt  es  überlassen,  ob  er,  um  die  Durchführung^ 
des  Lectionsplans  zusichern,  regelmäfsig  wiederkehrende  Klassenprüfungen 
in  einzelnen  Gegenständen  in  seiner  und  anderer  Lehrer  Gegenwart  anordnen 
wiU.  Kein  Lehrer  darf  ohne  die  Genehmigung  des '  Dir.  eine  Lehrstunde 
ausfallen  lassen.  Der  Dir.  selbst  ist  befugt,  unter  besonderen  Umständen  den 
Unten*,  in  einzelnen  Klassen  oder  in  der  ganzen  Anstalt  für  einzelne  Stunden 
auszusetzen;  für  die  Dauer  eines  Tages  bedarf  er,  aufser  bei  herkömml.  Ge- 
legenheiten oder  ganz  aufserordentl.  Anlässen,  unserer  yorherigen  Genehmigung: 
doch  ist  in  dem  letzteren  Fall  uns  dayon  soJPort  Anzeige  zu  machen.  Ueber 
die  Zulässigkeit  der  Dispensationen  einzelner  Schüler  yom  Zeichnen,  Gksang 
und  Turnen  wird  auf  den  Lehrplan  für  den  Unterr.  im  Zeichnen  yom  2.  Oct. 
1863,  Bem.  9  (Abi  I  S.  216)  und  die  Min.  Verff.  y.  1.  April  1851,  y.  22.  April 
1844  und  10.  Sept  1860  (Abt.  I  S.  220,  225,  227),  sowie  hinsichtlich  des 
Griechischen  auf  Gymnasien  auf  die  Min.  Verf.  y.  11.  Oct.  1865  (Abt.  I  S.  245) 
besonders  hingewiesen. 

§  19.  Versetzung  der  Schüler.  Jeder  Versetzung  der  Schüler  aus 
einer  niederen  in  die  nächst  höhere  Kl.  geht  ein  schriftl.  und  mündl.  Trans- 
locationsexamen  yoran,   über   dessen  Einrichtung   der  Dir.   nach  yorgängiger 


^  1 


124 

Berathnng  in  der  Conferenz  das  Nähere  anzuordnen  hat.  Die  Versetzung  selbst 
wird  in  der  Conferenz  festgestellt,  nnd  steht  far  dieselbe  jedem  stimmberechtigten 
Lehrer  der  Klasse  ein  Votum  zu,  welches  sich  auf  die  Gesamtleistungen  der 
Schüler  zu  gründen  hat;  jedoch  gebührt  dem  Dir.  in  zweifelhaften  Fällen  auf 
seine  Verantwortlichkeit  die  Entscheidung. 

§  20.  Prüfungen  und  Schulfeierlichkeiten.  Hinsichtlich  der 
Prüfung  der  Abiturienten  wird  auf  die  besonderen  darüber  erlassenen  Reglements 
und  die  erläuternden  Verfügungen  verwiesen.  Bei  Anordnung  der  am  Schlufs 
des  Schuljahrs  in  den  meisten  Anstalten  üblichen  öffentl.  Prüfungen  ist 
von  dem  Dir.  Sorge  zu  tragen,  dafs  der  Zweck  derselben  durch  einfache  Dar- 
legung des  wirklich  Geleisteten  erreicht  werde  und  hinsichtlich  der  Gegenstände 
wie  der  auftretenden  Lehrer  und  Klassen  die  geeignete  Abwechselung  stattfinde. 
Die  zweckm.  Einrichtung  und  Abhaltung  aller  auf  Grund  allgemeiner  Bestimmungen 
oder  besonderen  Herkommens  zu  veranstaltenden  Schulfeierlichkeiten  sowie  der 
Abiturientenentlassungen  liegt  dem  Dir.  ob.  Er  ist  befugt,  für  dieselben  die 
Mitwirkung  der  Lehrer  in  Anspruch  zu  nehmen. 

§  21.  Abgangs-  und  sonstige  Zeugnisse.  Die  Abgangszeugnisse 
sind  von  dem  Dir.  oder,  wenn  er  es  anordnet,  von  dem  betr.  Ordinarius  abzu- 
fassen. Es  ist  in  ihnen  auf  Grund  der  Urteile  der  Lehrer  die  sittl.  Führung 
und  der  FleiTs  der  abgehenden  Schüler,  sowie  ihre  in  den  einzelnen  Fächern 
des  Unterrichts  erlangen  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  mit  gewissenhafter 
Genauigkeit  zu  beurteilen.  Jedes  Abgangszeugnis  und  jedes  andere  von  der 
Schule  auszustellende  Zeugnis  ist  von  dem  Dir.  zu  unterschreiben  und  mit  dem 
Schulsiegel  zu  untersiegeln,  das  Concept  aber  im  Archiv  zu  bewahren.  Die 
Zeugnisse  behufs  der  Zulassung  zum  einjähr,  freiwill.  Militärdienst  sind  nach 
Mafsgabe.der  Min.  Verff.  v.  31.  Oct  1861  und  21.  Dec.  1863  festzustellen.*) 

§  22.  Schulprogramme.  Der  Dir.  hat  für  die  vorschriftsm.  Abfassung 
des  am  Ende  jedes  Schuljahres  zu  veröffentlichenden  Programms,  für  den 
Drock  und  die  Verteilung  desselben,  sowie  für  die  Einsendung  der  vorge- 
schriebenen Exemplare,  welche  spätestens  14  Tage  nach  dem  Schlufs  des 
Schuljahres  erfolgen  mufs,  zu  sorgen.  Einige  Exemplare  desselben  müssen  in 
der  Bibliothek  und  im  Archiv  der  Schule  aufbewahrt  werden.  Die  Abfassung 
der  wissenschaftl.  Abhandlung,  welche  in  der  Begel  dem  Dir.  und  den  Ober- 
lehrern der  Anstalt  zukommt,  kann  er  auch  einem  geeigneten  ordentl.  Lehrer 
übertragen.  Er  hat  darauf  zu  sehen,  dafs  für  dieselbe  passende  Gegenstände 
gewählt  werden  und  ist  befugt,  ungeeignete  Aufsätze  zurückzuweisen.  In  Betreff 
der  Anordnung  und  des  Inhalts  der  stets  von  dem  Dir.  zu  verfassenden  Schul- 
rfachrichten  wird  auf  die  Min.  Verff.  v.  23.  Aug.  1824  (Abt.  1  S.  376),  16.  Juli 
1841  (dgl.  S.  379)  und  17.  Aug.  1863,  sowie  auf  die  Erläuterungen  zur  Eeal- 
schulordnung  und  die  Min.  Verf.  v.  17.  Jan.  1866  (Abt.  I  S.  380)  verwiesen.^) 

§  23.  Lehrapparat.  Dem  Dir.  steht  die  Oberaufsicht  über  die  zum 
allgm.  Gebrauch  stehenden  Lehrmittel,  über  die  Lehrer-  und  Schülerbibliothek, 
über  den  physikal.  Apparat  und  andere  Sammlungen  der  Anstalt  zu.  Die 
besondere  Aufsicht  über  einzelne  Sammlungen  hat  der  Dir.  in  der  Begel  einzelnen 
Lehrern  mit  unserer  (renehmigung  zu  übertragen ;  doch  hat  er  alljährlich  dieselben 
einer  Bevision  zu  unterwerfen ,  die  Verzeichnisse  und  hierher  gehörigen  Inventarien 
durchzugehen  und  auf  deren  stete  Vollständigkeit  zu  halten. 

§24.  Archiv'der  Schule.  Dem  Dir.  liegt  die  Anlegung,  Erhaltung 
und  Anordnung  des  Schularchivs  ob.  Er  hat  die  Verfügungen  der  Behörden 
oder  was  sonst  in  Betreff  der  Schule  ihm  Bemerkenswerthes  zugeht,  gehörig 
aufzubewahren  und  planmäfsig  in  besondere  Actenstücke  also  zu  verteilen,  dafs 

»)  Jetzt  nach  C.Verf.  v.  29.  Mai  1877,  Abt.  I  S.  466  u.  fg. 
«)  S.  jetzt  0.  Verf.  v.  7.  Jan.  1885.  Abt.  I  S.  376. 


125 

nach  seinem  Abgänge  sein  Nachfolger  oder  während  einer  Abwesenheit  sein 
Stellvertreter  sich  gehörig  orientiren  und  sich  mit  leichter  Mühe  aus  den  vor- 
handenen Materialien  über  die  Lage  der  Anstalt  unterrichten  kann.  Zu  diesem 
Zwecke  hat  er  auch  die  Concepte  der  von  ihm  zu  erstattenden  Berichte  oder 
wenigstens  eine  Notiz  von  ihrem  Hauptinhalt  und  was  von  seiner  anderweiten 
amtl.  Correspondenz  von  bleibendem  Interesse  ist,  au&ubewahren  und  gehörigen 
Orts  einzuordnen,  sowie  über  den  schrifd.  Verkehr  ein  Dienstjoumal  mit 
Pünktlichkeit  zu  fuhren.  Aufserdem  gehören  das  Album  der  neu  aufge- 
nommenen Schüler,  die  Concepte  der  Censuren  und  Abgangszeugnisse,  die 
Prüfungsverhandlungen,  Lehrpläne,  ConferenzprotokoUe  u.  s.  w.  in  das  Archiv, 
welches  vom  Pir.  unter  besonderem  Verschlnfs  gehalten  werden  mufs. 

§  26.  Vermögensverwaltung.  Die  Verwaltung  des  Vermögens  be- 
rührt zwar  in  der  Regel  den  Dir.  nicht  unmittelbar,  doch  wird  er  bei  dem  nahen 
Zusammenhange  der  Geldmittel  und  der  durch  diese  zu  erreichenden  Zwecke 
auch  den  finanziellen  Verhältnissen  der  Anstalt  seine  Aufmerksamkeit  nicht 
entziehen,  vielmehr  überall  nach  Möglichkeit  auf  deren  Verbesserung  hinzuwirken 
bemüht  sein.  Insbesondere  wird  dem  Dir.  die  Sorge  für  die  Erhaltung,  Ver- 
mehrung und  statutenmäfsige  Verwendung  der  etwa  vorhandenen,  für  wohlthätige 
Zwecke  bestimmten  Nebenfonds  der  Anstalt  (Lehrerwitwenkassen,  ünterstützungs- 
und  Stipendienfonds  u.  s.  w.),  sowie,  wo  dergl.  bis  jetzt  nicht  vorhanden  sind, 
deren  Begründung  dringend  ans  Herz  gelegt. 

§  26.  Gebäude  und  Utensilien.  Unter  allen  Umständen  liegt  dem 
Dir.  die  Aufsicht  über  das  Schulgebäude,  den  Turnplatz  und  das  gesamte 
Utensilieninventarium  ob.  Er  hat  darauf  zu  achten,  dafs  sie  sich  stets  in  einem 
solchen  Zustande  befinden,  welcher  den  regelm.  und  ungestörten  Fortgang  des 
Unterrichts  gestattet  und  für  die  Gesundheit,  Ruhe,  Sicherheit  und  Bequemlichkeit 
der  Lehrer  und  Schüler  erforderlich  ist,  und  deshalb  die  verschiedenen  Räume 
der  Anstalt,  sowie  die  Utensilien  und  Geräthe  der  Klassenzimmer  von  Zeit  zu 
Zeit  einer  besonderen  Besichtigung  zu  unterwerfen.  Bei  allen  Anstalten, 
welche  nicht  königL  Patronats  sind  oder  besondere  Curatorien  haben,  hat  der 
Dir.  seine  Anträge,  welche  etwa  nothwendige  Reparaturen,  Abstellung  von  Mifii- 
ständen  oder  Anschaffungen  betreffen,  zunächst  dem  Patronat  resp.  dem  Cur. 
einzureichen  und  erst  dann,  wenn  sie  an  dieser  Stelle  keine  oder  seines  Er- 
achtens  keine  genügende  Erlediguug  gefunden  haben,  der  königl.  Behörde 
vonsulegen.  Die  Locale  der  Schule  dürfen  zu  anderen  als  den  Zwecken  der 
Anstalt  nur  mit  Genehmigung  der  vorgesetzten  Aufsichtsbehörde  nach  dem 
Bericht  des  Dir.  benutzt  werden.  (C.Verf.  v.  9.  Juni  1854,  Abt.  I  S.  51.)  Pur 
die  Anstalten  der  Stadt  Berlin  bleiben  die  Bestimmungen  unserer  Verf.  v.  19.  April 
1855  mafsgebend.  1) 

§  27.  Beurlaubung,  Vertretung  und  Abgang  des  Directors. 
Vbn  jeder  Abwesenheit,  welche  den  Dir.  länger  als  3  Tage  von  seinem  Wohnorte, 
auch  während  der  Ferien  entfernt,  hat  derselbe  uns  vorher  Anzeige  zu  machen 
und  zugleich  den  mit  seiner  Stellvertretung  beauftragten  Lehrer  namhaft  zu 
machen,  damit  der  amtl.  Verkehr  zwischen  uns  und  der  Anstalt  keine  Störung 
erleidet  Für  jede  Abwesenheit  während  der  Schulzeit,  welche  die  Dauer  von 
einer  Woche  übersehreitet,  hat  er  Urlaub  nachzusuchen,  auch  für  die  zweckm. 
Vertretung  seiner  Lectionen  selbst  zu  sorgen.  Von  dem  erhaltenen  Urlaub  ist 
dem  Patronat,  resp.  Curatorium  Anzeige  zu  macheh.  Bei  plötzl.  Verhinderungen 
des  Dir.  oder  bei  seinem  Ableben  tritt,  sofern  nicht  etwas  anderes  angeordnet 
worden  ist,  der  erste  Oberlehrer  der  Anstalt  sofort  bis  auf  Weiteres  in  die 
Wahrnehmung  der  Amtsgeschäfte  ein.*'   Berlin.   E.  Prov.Sch.C.   gez.  Bei  c h e  n  au. 


^)  Vgl.  Verf.  V.  11.  Nov.  1869,  Abt.  I  S.  51. 


126 


ProvicLE  Pommern. 

.  Instr.  V..  17.  Mai  1867. 

§  1.  Amtliche  Stellang  und  Pflichten  eines  Directors  im 
Allgemeinen.  Der  Director  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  ist  be- 
rufen, eine  solche  Anstalt,  nebst  der  etwa  mit  ihr  verbundenen  Vorschule  zn 
beaufsichtigen,  zu  leiten  und  nach  aufsen  zu  vertreten.  Er  mufs  slets  das  Wohl 
derselben  im  Auge  haben  und  ihr  inneres  und  äufseres  Gedeihen  so  zu  fördern 
suchen,  dafs  sie  ihren  in  der  geistigen  und  zum  Teil  auch  leihlichen  Erziehung 
der  Schüler,  insbesondere  in  der  christlich-religiösen,  sittl.  und  wissenschaftl. 
Ausbildung  derselben  bestehenden  Zweck  durch  Unterricht  und  Disciplin  mehr 
und  mehr  erfülle.  Zu  diesem  Zweck  soll  er  alle  Lehrer  und  Schüler  der  Anstalt  mit 
Einsicht,  Kraft  und  Festigkeit,  mit  herzlichem  Wohlwollen  und  strenger  Ge- 
rechtigkeit leiten  und  ihnen  mit  dem  Beispiel  chrisU.  Wandels,  treuer  Pflicht- 
erfüllung, wissenschafU.  Strebens  und  eifriger  Lehrthätigkeit  allezeit  vorangehen. 
Er  vornehmlich  ist  für  das  Gedeihen  der  ihm  anvertrauten  Anstalt  und  den 
Geist,  der  in  ihr  waltet,  verantwortlich,  und  wird  dahin  zu  streben  haben,  dafs 
sowohl  die  Lehrenden  als  die  Lernenden  Ein  Geist  durchdringe  und  belebe,  der 
Christi.  Geist  der  Demuth,  der  Liebe  und  Eintracht,  dafs  unter  ihnen  emsiger 
Fleifs  und  reine  Sitte  herrsche  und  dafs  so  die  Schule,  was  sie  im  evangelischen 
Sinne  sein  soll,  eine  Werkstätte  des  heiligen  Geistes  werde. 

§  2.  Verhalten  gegen  die  Staatsbehörden  und  die  evange- 
lische Kirche.  Als  Staatsbeamter  ist  der  Dir.  seinem  Diensteide  gemäfs 
verpflichtet,  „Sr.  Maj.  dem  Könige  unterthänig,  treu  und  gehorsam  zu  sein,  und 
alle  ihm  vermöge  seines  Amts  obliegenden  Pflichten  nach  seinem  bestem 
Wissen  und  Gewissen  genau  zu  erfüllen,  auch  die  Verfassung  gewissenhaft  zu 
beobachten."  Er  hat  in  Achtung  des  Bekenntnisses  und  der  Ordnungen  der 
evangel.  Kirche  zu  leben  und  zu  lehren.  Teilnahme  an  Vereinen  und  Versamm- 
lungen, welche  statutenmäfsig  oder  factisch  eine  der  Staatsregierung  oder  der 
evangel.  Kirche  feindselige  Tendenz  haben,  wie  auch  an  derartigen  Agitationen 
und  öffentl.  Demonstrationen  ist  ihm  untersagt 

Die  ihm  zunächst  vorgesetzte  Staatsbehörde  ist  das  unterzeichn.  l^vinzial- 
Schulcollegium.  Er  hat  alle  ihm  von  diesem  zugehenden  Verfügui^en  genau 
zu  beachten  und  auszuführen,  oder  etwa  sich  ergebende  Bedenken  sofort  zur 
Anzeige  zu  bringen,  die  periodischen  oder  sonst  von  ihm  erforderten  Berichte 
[s.  am  Schlufs  der  Instr.]  zur  rechten  Zeit  treu  und  vollständig  zu  erstatten, 
über  alle  wichtigeren  Angelegenheiten  der  Anstalt,  sie  mögen  die  Personen  des 
Lehrercoll.  oder  die  didact.  oder  disciplinar.  Einrichtungen  und  Zustände  be- 
treffen, auch  unaufgefordert  zu  berichten  und  den  Commissarien  jederzeit  über 
die  Verhältnisse  der  Anstalt  die  von  ihnen  verlangte  Auskunft  zu  erteilen. 
Insbesondere  wird  der  Dir.  zu  dem  Bath,  welchem  das  Departement  der  Gymn. 
und  Bealschulen  der  Provinz  zur  Verwaltung  übergeben  ist,  als  seinem  Vor- 
gesetzten, in  nähere  amtl.  Beziehung  treten.  Dem  Gen.Superintendenten  der 
Provinz  steht  es  zu,  den  Beligionsunterr.  und  die  sonst  zur  Pflege  des  religiösen 
Lebens  der  Schule  getroffenen  Einrichtungen  zu  revidiren  und  durch  Be- 
lehrung und  Ermahnung  darauf  einzuwirken.  —  Die  von  seinen  Unter- 
gebenen an  die  Aufsichtsbehörde  gerichteten  und  ihm  eingehändigten  Ein- 
galbon hat  der  Dir.  bei  der  *  Einreichung  sogleich  mit  seinem  Gutachten  zu 
begleiten. 

Zur  Uebemahme  eines  Nebenamts,  auch  einer  Vormundschaft  und  des 
Amts  eines  Stadtverordneten,  bedarf  der  Dir.  unserer  Genehmigung. 

§  3.  Directorenconferenzen.  Die  zur  Erörterung  pädagogischer 
Fragen  seit  dem  Jahr  1861  von  uns  angeordneten  Directorenconferenzen  hat 
der  Dir.  ala  ein  Mittel  zur  Anregung  und  Belehrung  für  ihn  und  die  übrigen 


127 

Teilnehmer  und  zur  Forderung  der  Lehrer  zu  benutzen,  und  zu  diesem  Zweck 
durch  Leitung  der  Vorberathungen  in  dem  Lehrercoll.,  durch  Berichterstattung 
über  ihre  Ergebnisse,  Abgabe  von  Gutachten,  Ausarbeitung  von  Beferaten, 
durch  Beteiligung  an  den  Conferenzberathungen  selbst  und  an  der  Abfassung 
der  darüber  zu  föhrenden  Protokolle  mitzuwirken. 

§  4.  Verhalten  gegen  die  Ortsbehörden.  Wo  eine  Schule  ein 
besonderes  Scholarchat  oder  Curatorium  hat,  da  ist  solches  innerhalb  der  durch 
seine  Geschäfteinstr.  bestimmten  Grenzen  als  die  nächstvorgesetzte  Behörde  der 
Schule  anzusehen  und  zu  respectiren.  Es  gehört  zu  den  Aufgaben  des  Dir., 
der  in  der  Begel  Mitglied  dieser  Local-Schulbehörde  ist,  ihr  Interesse,  wie  auch 
das  Interesse  des  Patronats,  für  das  Gedeihen  der  Schule  rege  zu  erhalten,  auf 
Verbesserung  derselben  bei  ihnen  nach  Möglichkeit  hinzuwirken  und  zur  Be- 
seitigung vorhandener  Mängel  und  Uebelstände  ihre  Mitwirkung  zu  gewinnen. 
Mit  den  Ortsbehörden  überhaupt  und  ihren  Mitgliedern  hat  der  Dir.  sich  zum 
Heil  der  Anstalt  eines  guten  Vernehmens  zu  befleifsigen  und  ihnen  die  ge- 
bührende Achtung  zu  erweisen. 

§  5.  Verhalten  gegen  die  Eltern  und  Pfleger  der  Schüler. 
Da  die  Eltern,  welche  ihre  Söhne  der  Anstalt  übergeben  und  dadurch  die  Ver- 
bindlichkeit ihrer  Gesetze  und  Ordnungen  für  dieselben  anerkennen,  vorzüglich 
dem  Dir.  einen  bedeutenden  Teil  ihrer  elterL  Autorität  abtreten,  so  hat  dieser 
das  hierin  sich  kundgebende  Vertrauen  bei  sorgfältigem  Festhalten  an  den 
nothwendigen  Forderungen  der  Schule  durch  freundliches  Entgegenkommen  in 
allen  das  Gedeihen  ihrer  Kinder  betreffenden  Anglgh.  zu  ehren.  Er  hat  das 
Zusammenwirken  der  häusl.  Erziehung  mit  der  Schule  durch  mündl.  und  schriftl. 
Verkehr  mit  den  Eltern  und  Pflegern  der  Schüler  möglichst  zu  fördern  und 
darauf  auch  besonders  bei  Ausfertigung  der  Censuren  Bedacht  nehmen  zu 
lassen.  S.  §  19.  Von  gröberen  Vergehungen  der  Schüler  und  den  ihnen  dafür 
zuerkannten  Strafen  sind  die  Angehörigen  ungesäumt  zu  unterrichten.  Bei 
hartnäckigem  Unfleifs  oder  entschiedener  Unfähigkeit  eines  Schülers  mufs  dem 
Vater  oder  dem  Vormund  rechtzeitig  der  Bath  gegeben  werden,  ihn  zurück- 
zunehmen. Etwaige  Beschwerden  der  Eltern  und  Pfleger  über  das  Verfahren 
einzelner  Lehrer  mufs  der  Dir.  mit  Buhe  und  Aufmerksamkeit  anhören,  ihnen, 
wo  sie  gegründet  sind,  abhelfen  und  alles  der  Billigkeit  wie  der  Würde  seines 
Amts  gemäfs  vermitteln,  oder,  wo  unser  Einschreiten  nöthig  scheint,  sofort  be- 
richten und  unserer  Entscheidung  die  Sache  anheimstellen. 

Falls  er  selbst  oder  einer  der  Lehrer  in  ihrer  Dienstverwaltung  persön- 
lich beleidigt  und  ihr  amtliches  Ansehn  gekränkt  oder  gefährdet  worden,  hat 
der  Dir.  nach  Umständen  entweder  unmittelbar  oder  durch  das  Scholarchat, 
resp.  Curatorium,  oder  durch  Berichterstattung  an  uns  die  angemessene  Genug- 
thuung  auf  gesetzlichem  Wege  zu  suchen.' 

Das  Interesse  der  Angehörigen  der  Schüler  an  der  Lehranstalt  und  ihr 
Vertrauen  zu  derselben  ist  auf  jede  geeignete  Weise  zu  erhalten  und  zu  stärken. 
Dazu  dienen  auch  Einladungen  zur  Teilnahme  an  öffentl.  Prüfungen  und 
Schulfeiern. 

§  6.  Einführung  und  Instruction  der  Lehrer.  Der  Dir.  ist 
der  nächste  Vorgesetzte  der  an  der  Anstalt  fnngirenden  Lehrer,  Candidaten  und 
Unterbeamten,  welche  ihn  in  allen  ihren  amtl.  Beziehungen  als  solchen  zu  er- 
kennen und  seinen  Anordnungen  Folge  zu  leisten  haben.  Es  liegt  ihm  ob, 
wo  es  nicht  durch  ein  Mitglied  einer  vorgesetzten  Behörde  geschieht,  jeden  neu 
angestellten  Lehrer  in  das  CoUegium  einzufuhren  und  dem  Schülercötus  vorzu- 
stellen, ihn  in  das  ihm  übertragene  Amt  unter  Mitteilung  der  für  dasselbe 
geltenden  Instruction  einzuweisen  und  die  Vereidigung,  resp.  Verpflichtung  durch 
Handschlag  an  Eidesstatt,  vorschriftsmäfsig  vorzunehmen.  In  der  Begel  werden 
nur   die   ordentl.  Lehrer  und  wissenscha^l.  Hülfslehrer  bei  ihrer  festen  An- 


128 

« 

Stellung  feierlich  eingeföhrt  und  vereidigt  und,  wenn  sie  den  Diensteid  bereits 
früher  geleistet  haben,  auf  denselben  von  neuem  dnrch  Handschlag  verpflichtet. 
Der  Dir.  hat  den  nea  eingetretenen  Lehrer  mit  dem  Umfange  seiner  Obliegen- 
heiten genau  bekannt  zu  machen  und  ihm  in  der  Erfüllung  derselben  nach 
bestem  Wissen  mit  Bath  und  That  beizustehen.  Immer  mufs  er  darauf  denken, 
jedem  Lehrer,  soweit  als  möglich,  diejenige  Thätigheit  zu  übertragen,  für  welche 
er  am  meisten  geeignet  ist,  und  jeden  an  den  Platz  stellen,  wo  er  am  besten 
wirken  und  der  Anstalt  am  meisten  nützen  kann. 

§  7.  Beaufsichtigung  und  Leitung  der  Lehrer.  Wie  der 
Dir.  den  geltenden  Vorschriften  und  Ordnungen  gemäfs  jedem  Lehrer  den 
Kreis  seiner  Amtsthätigkeit  anzuweisen  hat,  so  liegt  ihm  auch  ob,  darüber  zu 
wachen,  dals  die  Lehrer  alle  Pflichten,  die  ihnen  ihr  Amt  auferlegt,  genau  er- 
füllen und  sich  durch  ihr  Verhalten  sowohl  in  als  auTser  dem  Amt  der  Achtung, 
des  Ansehens  und  des  Vertrauens,  die  ihr  Beruf  eifordert,  würdig  zeigen. 
ODisciplinargesetz  v.  21.  Juli  1852,  §  2).^)  Er  wird  ihnen  nicht  blos  als 
Vorgesetzter,  sondern  zugleich  als  Mitarbeiter  an  einem  gemeinsamen  Werk  mit 
der  jedem  gebührenden  Achtung  begegnen,  sie  mit  Liebe  zur  Anstalt  und 
freudigem  Eifer  für  ihren  Beruf  zu  eifüllen  suchen,  Zwistigkeiten  unter  ihnen 
nach  Möglichkeit  schlichten,  einen  von  edler  Sitte  durchdrungenen  Verkehr  und 
<len  Aufgaben  ihres  Berufs  entsprechenden  Geist  unter  ihnen  zu  fördern  und 
ein  einträchtiges  Zusammenwirken  aller  zu  dem  rechten  Ziel  herbeizuführen  und 
zu  erhalten  sich  bemühen.  Vorkommende  Mifsgriffe  und  üngehörigkeiten,  aueh 
in  dem  aufseramtl.  Verhalten  der  Lehrer,  hat  der  Dir.  zunächst  mit  humaner 
Schonung  zu  rügen,  bei  Nichtbeachtung  solcher  Winke  und  Mahnungen  ihnen 
aber  mit  Ernst  und  Nachdruck  zu  steuern.  Er  ist  befugt,  den  ihm  untergebe- 
nen Lehrern  und  Unterbeamten  Warnungen  und  Verweise  zu  erteilen  (Disciplinar- 
gesetz  V.  21.  Juli  1852,  §  18),  mufs  aber  grobe  Pflichtverletzungen  der  Lehrer 
uns  anzeigen.  Wenn  Gefahr  im  Verzuge  ist,  kann  der  Dir.  einem  seiner 
Untergebenen  die  Ausübung  der  Amtsverrichtungen  vorläufig  untersagen,  hat 
aber  darüber  sofort  an  uns  zu  berichten.    (Ebenda  §  54.) 

§  8.  Probecandidaten  und  provisor.  Lehrer  Vorzugsweise  be- 
-dürfen  der  aufmerksamen  Beaufsichtigung  und  Leitung  des  Dir.  die  an  der 
Anstalt  ihr  Probejahr  abhaltenden  Candidaten  und  alle  an  derselben  provisorisch 
beschäftigten  Lehrer.  Er  hat  ihnen  für  ihr  didakt.  und  pädagog.  Verfahren 
eowohl  durch  prakt.  Anleitung  und  mündl.  Besprechung  als  auch  durch  Hin- 
weisung auf  das  Studium  geeigneter  Schriften  und  durch  Mitteilung  wichtiger 
das  Schulwesen  betreffender  sülgm.  Verfügungen  Förderung  zu  gewähren  und 
fiie  vor  MiTsgriffen  und  ungehörigem  Verhalten  in  und  aufser  der  Schule  durch 
Eath  und  geeignete  Anweisung  zu  bewahren. 

§  9.  Schuldiener.  Der  Dir.  mufs  darauf  halten,  dafs  jeder  an  der 
Schule  angestellte  Diener  seiner  Instruction  gemäfs  seine  Pflichten,  besonders 
in  Beziehung  auf  die  Reinlichkeit  der  Locale  und  das  Heizen  der  Oefen,  genau 
erfülle  und  dafs  er  sowohl  wie  die  Seinigen  sich  geziemend  betrage  und  den 
Schülern  kein  böses  Beispiel  gebe.  Ein  ungehöriges  Verhalten  hat  der  Dir. 
zu  rügen  und  nach  Umständen  der  Behörde,  welche  den  Schuldiener  angestellt 
hat,  zur  weiteren  Veranlassung  anzuzeigen. 

§  10.  Lehrerconferenzen.  Der  Dir.  beruft  und  leitet  als  Vorsitzen- 
der die  Conferenzen  des  LehrercoU.,  welche  zur  Förderung  der  richtigen  Ein- 
eicht von  der  Aufgabe  der  Schule  und  des  willigen  Zusammenwirkens  aller 
ihrer  Lehrer,  sowie  zur  Berathung  und  Beschlufsnahme  über  Angelegenheiten 
•der  Schule  gehalten  werden  sollen.  Gegenstände  der  Besprechung  in  den 
Conferenzen  sind  besonders:  Stoff  und  Methode  des  Unterrichts,  die  Lehr-  und 


0  8.  Abschn.  VIL 


129 

Lectibnspläne,  die  einztifahrenden  Lehrbücher  und  Ausgaben,  Anschaffung  von 
Büchern  für  die  Bibliothek  und  von  Lehrmitteln;  FleiTs,  Fortschritte  und  Be- 
tragen der  Schüler,  worüber  die  Elassenordinarien  regelmäfsige  Mitteilungen  zu 
machen  haben,  die  Anordnung  der  Prüfungen  und  der  Schulfeierlichkeiten,  die 
Censuren  und  Versetzungen  der  Schüler,  die  Erteilung  von  Prämien  und  Bene- 
ficien,  wichtige  DisciplinarvorfSJle  und  deren  Bestrafung  u.  a. ;  nach  Umständen 
auch  allgm.  wissenschaftliche,  besonders  pädagog.  Fragen.  Auch  hat  der  Dir. 
hier  die  v^n  uns  oder  anderen  Behörden  eingegangenen,  die  Schule  betreffenden 
Verfügungen,  welche  zur  Kenntnisnahme  des  CoUegiums  geeignet  sind,  mitzu- 
teilen, falls  ihr  Lahalt  nicht  eine  sofortige  Mitteilung  auf  dem  Wege  des  Umlaufs 
nöthig  macht.  FersOnl.  Angelegenheiten  einzelner  Lehrer,  welche  mit  der  Auf- 
gabe der  Schule  nicht  unmittelbar  zusammenhängen,  gehören  nicht  in  die  Conferenz. 

Im  Einzelnen  bestimmen  wir  noch  Folgendes:  a.  die  Conferenzen  des 
CoUegiums  sind  alle  14  Tage  zu  bestimmten  aufserhalb  der  gewöhnlichen  Schul- 
zeit fallenden  Stunden  und  aufserdem,  so  oft  es  dem  Dir.  nothwendig  scheint, 
abzuhalten.  Nach  seinem  Ermessen  kann  der  Dir.  über  gewisse  Gegenstände 
auch  einen  Teil  des  Lehrercoll.,  namentlich  die  Lehrer  einzelner  Fächer  oder 
einzelner  Klassen,  zu  besonderen  Berathungen  (Fachconferenzen,  Klassen- 
conferenzen)  berufen.  b.  Volles  Stimmrecht  in  der  Conferenz  haben 
aufser  dem  Dir.  nur  die  ordenü.  Lehrer  und  die  pro  fac.  doc.  oder  pro  schola 
geprüftien  Wissenschaft!.  Hülfslehrer  des  Gymu.,  resp.  der  Bealschule,  auch 
Probecandd.,  wenn  sie  eine  ganze  Lehrerstelle  yeitreten.  Andere  Probanden,  die 
dort  angestellten  Elementarlehrer  und  ungeprüfte,  zur  Aushülfe  beschäftigte 
Candd.  müssen  den  allgm.  Lehrerconferenzen  der  Anstalt  beiwohnen,  wenn  der 
Dir.  sie  nicht  bei  besonderen  zu  ihrer  Teilnahme  nicht  geeigneten  Berathungen 
ausschliefst;  ein  Stimmrecht  steht  ihnen  nur  über  die  von  ihnen  unterrichteten 
Schüler  und  für  die  Gegenstände  ihres  Unterrichts  zu.  Die  techn.  Lehrer  und 
die  Lehrer  der  Vorschule  wohnen  den  Conferenzen  in  der  Begel  nicht  bei,  kön- 
nen aber  von  dem  Dir.,  so  oft  es  ihm  angemessen  erscheint,  zu  den  Berathungen 
des  LehrercoU.  hinzugezogen  werden.  c.  Der  Dir.  leitet  die  Verhandlungen. 
Er  hat  dabei  die  Fragen  zu  stellen,  die  verschiedenen  Meinungen  der  Collegen 
mit  Buhe  und  Wohlwollen  anzuhören,  auf  die  Erörterung  ihrer  Ansichten  und 
Vorschläge  angemessen  einzugehen,  die  Ergebnisse  der  Berathung  zusammen- 
zufassen. Beim  Abstimmen  giebt  im  Fall  der  Stimmengleichheit  sein  Votum 
den  Ausschlag.  d.  Die  von  der  Conferenz  ordnungsm.  und  innerhalb  ihrer 
Befugnis  gefafsten  Beschlüsse  sind  für  jeden  Lehrer  bindend,  und  steht  keinem 
die  Befugnis  zu,  davon  willkürl.  abzuweichen.  Der  Dir.  hat  sein  Augenmerk 
darauf  zu  richten,  dafs  die  gefafsten  Beschlüsse  auch  wirklich  zur  Ausfahrung 
gelangen,  darf  aber,  wenn  ein  Beschluss  gegen  sein  Votum  durch  Stimmen- 
mehrheit gefafst  ist,  dessen  Ausführung  suspendiren,  indem  er  sogleich  an  uns 
berichtet  und  unsere  Entscheidung  nachsucht.  e.  Die  Verhandlungen  und 
Beschlüsse  der  Conferenz  sind  als  Amtsgeheimnis  zu  behandeln.  Insoweit 
sie  ausdrückl.  zur  Mitteilung  an  Andere  bestimmt  sind,  darf  diese  nur  auf  dem 
jedesmal  bezeichneten  oder  durch  das  Herkommen  geordneten  Wege  geschehen, 
f.  Ueber  jede  Conferenz  wird  in  einem  von  dem  Dir.  aufzubewahrenden  Buche 
ein  Protokoll  aufgenommen,  in  welchem  wenigstens  die  Hauptgegenstände  der 
Verhandlungen  und  Mitteilungen,  alle  zur  Kenntnis  gebrachten  Verfögungen,  die 
gestellten  Anträge  und  die  gefafsten  Beschlüsse  au&uzeichnen  sind.  Zu  dessen 
Führung  ist  der  dem  Dienstalter  nach  jüngste  unter  den  anwesenden  ordenü» 
Lehrern  verpflichtet;  jedoch  kann  dieselbe  vom  Dir.  for  einzelne  Verhandlungen 
oder  für  ein  ganzes  Semester  auch  einem  anderen  Lehrer  mit  Zustimmung  des 
letzteren  übertragen  werden. 

§  11.  Beurlaubung  und  Vertretung  der  Lehrer.  Zu  Beisen  inner- 
halb der  durch  allgemeine   (v.  8.  Juni  1857  und  16.  Nov.   1858)    oder  be- 

Wieee,  Verordnnng^n.    IL  9 


130 

« 

sondere  Vorschriften  festgesetzten  Ferienzeit  bedürfen  die  Lehrer,  soweit  ihnen 
nicht  in  derselben  Amtsgeschäfte  obliegen,  keines  Urlanbs.  Doch  müssen  sie 
dem  Dir.  die  Zeit  ihrer  Abwesenheit  nnd  wohin  sie  reisen,  vorher  anzeigen. 
Zn  nothwendigen  Beisen  anfserhalb  der  Ferien  oder  znr  nothwendigen  Aus- 
dehnung einer  Ferienreise  über  die  Ferienzeit  hinaas  ist  der  Dir.  befagt,  den 
Lehrern  bis  znr  Daner  einer  Woche  Urlaub  zn  erteilen.  Er  kann  die  Erteilnng 
desselben  an  die  Bedingung  knüpfen,  dafs  der  den  Urlanb  nachsnchepde  Lehrer 
selbst  far  seine  zweckm.  Vertretong  sorge,  welche  aber  jedenfalls  def  Genehmi- 
gung des  Dir.  unterliegt  Ist  ein  Lehrer  durch  sonstige  unabwendbare  EQnder- 
nisse,  namentlich  durch  Krankheit,  .von  der  Abwartung  seiner  Lectionen  abge- 
halten, so  liegt  dem  Dir.  ob,  die  nOthige  Vertretung  durch  andere  Lehrer 
anzuordnen,  wob^i  Klassencombinationen  möglichst  zn  yermeiden  sind.  Ge- 
suche der  Lehrer  um  Beurlaubung  auf  länger  als  eine  Woche  mufs  der  Dir. 
mit  seinem  Gutachten  und  der  Angabe,  ob  und  wie  für  die  Vertretung  gesorgt 
werden  könne,  uns  einreichen. 

§  12.  Beurlaubung,  Abgang  und  Vertretung  des  Directors. 
Wenn  der  Dir.  selbst  zu  verreisen  beabsichtigt,  —  wozu  er  für  Beisen  inner- 
halb der  Schulzeit,  sobald  seine  Abwesenheit  die  Dauer  von  3  Tagen  über- 
schreitet, bei  uns  Urlaub  nachsuchen  mufs,  für  kleinere  Beisen  aber  in  der 
Schulzeit  und  für  Beisen  in  den  Ferien  keines  Urlaubs  bedarf,  —  so  hat  er 
einem  der  Lehrer,  der  dazu  geeignet  und  auf  sein  Ersuchen  bereit  ist,  in  der 
Begel  dem  ihm  zunächst  stehenden  Oberlehrer,  die  stellvertretende  Leitung  der 
Anstalt  und  die  ihm  obliegende  Aufsicht  über  die  LocaUen  und  Sammlungen 
derselben  zu  übertragen,  auch  selbst  für  die  zweckm.  Verteilung  seiner  Lectionen 
zu  sorgen.  Ist  kein  geeigneter  Vertreter  zu  finden,  so  mufs  die  Beise  unter- 
bleiben. Von  jeder  Abwesenheit,  welche  den  Dir.  auf  eine  Nacht  oder  länger 
von  seinem  Wohnort  entfernt,  ihrer  Dauer  und  dem  Ziel  der  Beise  ist,  auch 
wenn  kein  Urlaub  erforderlich,  also  auch  in  den  Ferien,  uns  vorher  Anze^ 
zu  machen,  und  zugleich  der  mit  der  Stellvertretung  beauftragte  Lehrer  zu  be- 
zeichnen, damit  der  amtl.  Verkehr  zwischen  uns  und  der  Anstalt  keine  Störung 
erleide.  Bei  plötzl.  Verhinderungen  des  Dir.,  sowie  bei  Erledigung  seiner 
Stelle  durch  Abgang  oder  Ableben  desselben,  tritt»  sofern  nicht  etwas  anderes 
von  uns  vorgesehen  worden,  der  erste  Oberlehrer  als  commissarischer  Dirigent 
sofort  in  die  Wahrnehmung  der  Amtsgeschäfte  ein,  bis  von  uns  Weiteres  dar- 
über verf&gt  worden  ist 

Wenn  der  Dir.  die  Absicht  hat,  die  Anstalt  zu  verlassen,  so  mufs  er  seine 
Entlassung  bei  der  Behörde,*  welche  ihn  angestellt  hat,  nachsuchen.  Er  darf  sie, 
falls  durch  die  Vocation  oder  ein  besonderes  Abkommen  nicht  anderes  fest- 
gesetzt ist,  nur  auf  Michaelis  oder  Ostern  und  zwar  nach  mindestens  6  Monate 
vorhergegangener  Kündigung  fordern.  In  keinem  Fall  darf  er  seine  Stellung 
eher  verlassen,  als  er  von  uns  oder  mit  unserer  Genehmigung  seine  Entlassung 
erhalten  hat. 

§  13.  Erledigung  einer  Lehrerstelle.  Wenn  die  Erledigung  einer 
Lehrerstelle  durch  den  beabsichtigten  Abgang  eines  Lehrers  bevorsteht,  so  hat 
der  Dir.  uns  und  der  wahlberechtigten  Behörde  die  Lehrfächeir  anzuzeigen,  für 
welche  bei  der  Bestellung  eines  Nachfolgers  gesorgt  werden  mufs,  und,  wenn 
ihm  ein  zum  Nachfolger  geeigneter  Mann  bekannt  ist,  die  Aufinerksamkeit  der 
wählenden  Behörde  atuf  denselben  hinzulenken.  Derselben  Behörde  und  uns  ist 
die  durch  den  Tod  oder  den  plötzl.  Abgang  eines  Lehrers  eingetretene  Erledi- 
gung einer  Stelle  unverzüglich  anzuzeigen  und  in  diesem  Fall  uns  aufserdem  zu 
berichten,  in  welcher  Weise  für  die  einstweil.  Vertretung  der  erledigten  Stelle 
gesorgt  oder  zu  sorgen  sei. 

§  14.  Aufnahme  der  Schüler.  Dem  Dir. liegt  ob,  die  zur  Auftiahme 
in  die  Schule  Angemeldeten  entweder  allein  oder,  wenn  er  will,  unter  Zuziehung 


131 

«eines  nnd  des  anderen  Lehrers,  namentlich  des  betr.  Ordinarius,  za  prüfen  und 
nach  dem  Mafs  ihrer  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  die  Klasse,  in  welche  sie 
eintreten  sollen,*  und,  wenn  er  nicht  dies  dem  Ordinarius  überlassen  will, 
auch  ihren  Platz  in  derselben  zu  bestimmen.  Die  Zeit  der  Aufnahme  ist  zTjrar 
in  der  Begel  Ostern  und  Michaelis;  indefs  darf  der  Dir.  auch  zu  jeder  anderen 
Zeit  Auftiahmeföhigen  den  Eintritt  nicht  verweigern,  wenn  die  Frequenz  der 
Klasse,  in  welche  der  Angemeldete  pafst»  es  gestattet.  Die  Aufnahme  darf 
in  die  Vorschule  nicht  vor  Vollendung  des  6.,  in  das  Gymn.  oder  die  Beal- 
schule  nicht  vor  Vollendung  des  9.  Lebensjahres  geschehen;  nur  bei  körperlich 
und  geistig  besonders  kräftigen  Knaben  ausnahmsweise  schon  einige  Monate 
früher. 

Unerläfslich  ist  vor  der  Aufnahme  schon  Unterrichteter  die  Vorlegung 
eines  Zeugnisses  über  den  bis  dahin  genossenen  Unterricht  und  das  sittl.  Ver- 
halten und,  wenn  der  Angemeldete  bereits  eine  öffentl.  Schule  besucht  hat,  eines 
vom  Vorsteher  amtl.  ansgefertig^ten  Entlassungszeugnisses  aus  derselben,  welches  * 
dann  im  Schularchiv  bis  zum  künfb.  Abgang  des  Schülers  aufzubewahren  ist. 
Jeder  neu  aufgenommene  Schüler  ist  in  das  Album  der  Schule,  resp.  in  das 
getrennt  davon  zu  haltende  Album  der  Vorschule,  mit  Vor-  und  Zuname,  An- 
gabe des  Tages  und  Ortes  der  Geburt,  der  Confession,  der  etwa  früher  besuchten 
Schule,  der  Zeit  der  Aufnahme,  der  Klasse,  in  welche  er  gesetzt  wird,  des 
Namens,  Standes  und  Wohnorts  des  Vaters,  resp.  auch  des  Vormunds  und  des 
Aufsehers  einzutragen.  In  diesem  sorgfältig  aufzubewahrenden  Album  ist  später 
bei  dem  Namen  jedes  Schülers  die  Zeit,  wann,  und  die  Klasse,  aus  welcher  er 
abgegangen,  seine  fernere  Bestimmung  u.  dergl.  zu  notiren.  Der  Dir.  verpflichtet 
die  neu  eintretenden  Schüler  zu  genauer  Beobachtung  der  Schulordnung  und 
überweist  sie  den  Ordinarien  ihrer  Kl.  zu  weiterer  Leitung. 

§  15.  Beaufsichtigung  der  Schüler.  Eine  Bedingung  der  Auf- 
nahme mufs  sein,  dafs  jeder  Schüler,  der  nicht  unter  Aufsicht  von  Eltern  oder 
nahen  Angehörigen  im  Orte  wohnt,  einem  geeigneten  Aufseher  übergeben  se  i 
der  über  seinen  Fleifs  und  sein  situ.  Betragen  aufser  der  Schule  zu  wachen 
hat.  Die  Wahl  desselben  bedarf  der  Genehmigung  des  Directors.  Ebenso  ist 
zur  Veränderung  des  Aufsehers  und  der  Wohnung  auswärtiger  Schüler,  welche 
der  Dir.  unter  Umständen  fordern  darf,  jedesmal  die  Genehmigung  des  Dir. 
im  voraus  einzuholen.  Da  dieser  darauf  achten  mufs,  dafs  die  auswärtigen 
Schüler  passend  untergebracht  werden,  wird  er  auch  auf  die  Einrichtung  und 
Beschaffenheit  der  am  Orte  befindlichen  Pensionate  sein  Augenmerk  richten. 
Mit  der  Anstalt  verbundene  Alumnate  von  öffentl.  Charakter  müssen  der  Ober- 
aufsicht oder  wenigstens  der  Mitaufsicht  des  Dir.  untergeben  sein.  Der  Dir. 
und  alle  Lehrer  haben  die  Pflicht,  dahin  zu  sehen,  daüTs  kein  Schüler  ohne 
zwingende,  jedesmal  als  solche  nachzuweisende  Veranlassung  den  Unterr.  ver- 
säume, und  dafs  sowohl  innerhalb  der  Schule,  als  auch  aufserhalb  derselben 
unter  den  Schülern  die  gehörige  Ordnung,  Zucht  und  Sitte  herrsche;  wo  sie 
Ton  ihnen  etwas  Tadelnswerthes  hören  oder  sehen,  haben  sie  zu  dessen  Büge 
und  Abstellung  das  Angemessene  zu  thuü.  Sie  sind  befugt,  wegen  unsittl.  und 
anstöfsigen  Benehmens  auch  aufser  der  Schule  ihre  Schüler  zur  Verantwortung 
zu  ziehen.    (Min.  Verf.  v.  31.  Juli  1824,  s.  Abt  I  S.  347.) 

Vornehmlich  aber  liegt  die  disciplinar.  Leistung  und  Beaufsichtigung  der 
Schüler  dem  Dir.,  den  Ordinarien  und  denjenigen  Lehrern  ob,  welchen  sie  jener 
im  Besonderen  überträgt.  —  Der  Dir.  hat  sich  fortlaufend,  soweit  als  möglich, 
in  genauer  Kenntnis  von  dem  Betragen,  dem  Fleifs  und  den  Fortschritten  jedes 
Schülers  zu  erhalten,  um  nöthigenfi^ls  selbst  auf  ihn  einwirken  und  seinen 
Angehörigen  die  erforderl.  Ausruft  erteilen  zu  können. 

§  16.  Grundsätze  und  Hauptmittel  der  Disciplin.  Der  Dir. 
^nd  aUe  Lehrer  nehmen  zu  ihren  Schülern  eine  väterliche  Stellung  ein.    Darin 


132 

liegt,  dafs  sie  nicht  blofs  als  Aufseher  nnd  Richter  auf  die  änfsere  Beobachtang^ 
der  gesetzl.  Ordnung  zu  halten  haben,  sondern  yomehmlich  bemuht  sein  müssen^ 
Yon  innen  heraus  das  rechte  Verhalten  der  Schuler  hervorzurufen,  also  die  Ge- 
sinnung, auf  welcher  dies  beruhen  soll,  in  ihnen  zu  erwecken  und  lebendig  zu 
erhalten.  Sie  werden  es  als  eine  heilige  Pflicht  ansehen,  dies  durch  das  eigene 
Beispiel  eines  pflichttreuen,  sittlich  ernsten  und  frommen  Wandels,  durch  sorg- 
fältige und  übereinstimmende  Anleitung  und  Gewöhnung  der  Schüler,  durch 
liebeyolle  Belehrung  und  Zurechtweisung  und,  wo  es  nöthig  ist,  durch  strenge, 
aber  gerechte  Strafen  zu  erreichen. 

Jeder  verderblichen  Richtung  der  Zöglinge,  möge  sie  sich  in  Unfleifs, 
unsittlichen  oder  verkehrten  Neigungen,  unpassendem  Umgang,  störenden  Ver- 
bindungen und  Vergnügungen,  in  unstatthaftem  Besuch  öffenü.  Vergnügungs- 
örter  und  Gasthäuser,  ungeziemender  Kleidung,  anmafsendem  Auftreten  oder 
irgendwie  sonst  äufsem,  hat  der  Dir.  sowohl  allein  als  in  Gemeinschaft  mit  den 
Lehrern  kräftig  entgegenzuwirken,  und  durch  Weckung  und  Belebung  eines 
edlen  Wetteifers  in  den  Studien,  durch  Gewöhnung  an  strengen  Gehorsam  und 
feste  Ordnung  und  durch  Erziehung  zu  aufrichtiger  Gottes^rcht  Vergehungen 
möglichst  vorzubeugen.  Der  ganze  in  Unterricht  und  Zucht  waltende  Geist  der 
Schule,  dessen  Träger  und  Pfleger  vorzugsweise  der  Dir.  sein  soll,  mufs  dem 
Willen  der  Schüler  eine  Richtung  geben,  welche  sich  bei  ihnen  später  in  echt 
wissenschaftl.  Streben,  in  pflichtmäfsiger  Berufserfullung,  in  Achtung  vor  Gesetz 
und  Recht,  in  üebung  guter  Sitte,  in  warmer  Vaterlandsliebe  und  treuer  Anhänglich- 
keit an  Se  Maj.  den  König  und  in  einer  würdigen  kirchl.  Haltung  bethätigi 
Zur  Belebung  patriotischen  Sinnes  wird  aufser  anderen  Schulfesten  die  von  dem 
Dir.  alljährl.  zu  veranstaltende  Feier  des  Geburtstages  Sr.  Maj.  des  Königs  dienen. 

Zur  Pflege  des  religiösen  Sinnes  und  Geistes*  der  Jugend  empfehlen  wir 
den  Directoren  femer,  nicht  allein  auf  die  zweckmäfsigste,  far  Verstand  und 
Gemüth  der  Jugend  gleich  heilsame  Erteilung  des  Religionsunterr.  besonders  zu 
achten,  sondern  auch  auf  einen  regelm.  Kirchenbesuch  der  Schüler  und  durch 
Veranstaltung  von  Schulcommunionen  auf  einen  gemeinschafkl.  Gennfs  des  heil. 
Abendmahls  hinzuwirken.  Sie  haben  darauf  zu  sehen,  dafs  der  Anfang  und, 
soweit  es  ihnen  angemessen  erscheint,  auch  der  Schlufs  des  tägl.  Unterrichts 
mit  G«bet  geschehe,  dafs  die  Morgen-  und  Wochenschlufs-Andachten  der  Schule, 
welchen  sie  in  der  Regel  beiwohnen  müssen,  erbaulich  abgehalten  nnd  dadurch 
sowohl,  wie  durch  den  religiösen  Charakter,  der  das  ganze  Leben  der  Schule 
und  besonders  die  Schulfeierlichkeiten  durchdringen  mufs,  auf  das  Eilige,  was 
Noth  ist  und  was  dem  Wissen  und  Wollen  der  Menschen  die  höhere  'Weihe 
giebt,  das  Gemüth  der  Jugend  hingeführt  werde.  S.  die  Min.  Verf.  v.  28).  Juni 
1826  (Abt.  I  p.  162). 

Auch  das  leibliche  Wohl  der  Schüler  wird  dem  Dir.  am  Herzen  l&egen, 
und  was  dazu  durch  zweckm.  Veranstaltung  der  Turnübungen,  gemeinscnaftl. 
Spaziergänge  u.  dgl.,  durch  Schonung  der  Gesundheit  beim  Unterricht,  besonViers 
durch  Verhütung  der  Kurzsichtigkeit  von  Seiten  der  Schule  geschehen  k2|jin, 
mufs  der  Dir.  sorgsam  in  Anwendung  bringen  lassen. 

§17.     Schulordnung.       Eine  Schulordnung,  welche  die  Bedingunflieii, 
zu  deren  Erfüllung  die  Eltern  der  Schüler  gegen  die  Schule  verpflichtet  sind, 
bezeichnet  und  Vorschriften  für  das  Verhalten  der  Schüler  giebt,  mufs,  wo  ef 
solche  nicht  vorhanden  ist  oder  der  Revision  bedarf,   von  dem  Dir.  nach 
rathung  mit  dem  LehrercoUegium  entworfen  oder  verbessert,  darauf  dem  Schol- 
archat oder  Curatorium,  wo  ein  solches  vorhanden  ist,  zur  Beurteilung  vorgelegt 
und  demnächst  uns  zur  Prüfung  und  Bestätigung  eingesandt  werden.      Dasselbe 
gilt  auch  in  Bezug  auf  die  far  Alumnate  oder  Pensionsanstalten,  wo  solche  mit 
einer  Schule  verbunden  sind,  entweder   schon  vorhandenen  oder  noch  zu  ent- 
werfenden Statuten  und  besonderen  Disciplinarverordnungen. 


133 

§  18.  Klassenbücher.  Zur  ControUe  über  den  regelm.  Fortgang- 
des  Unterrichts  nnd  das  Verhalten  der  Schüler  dienen  die  Klassenbücher,  deren 
eins  in  jeder  Klasse  unter  Aufsicht  des  Ordinarius  geführt  wird.  Es  mufs  aufser 
einem  Verzeichnis  der  Schüler  die  erforderl.  Bubriken  zur  Eintragung  der  ab- 
wesenden und  zu  spät  gekommenen,  der  zu  jeder  Lehrstunde  gegebenen  Auf- 
gaben und  von  Bemerkungen  der  Lehrer  über  Fleifs  und  Betragen  der  Schüler 
enthalten.    Der  Dir.  hat  diese  Bücher  allwöchentL  durchzusehen. 

§19.  Censuren.  Mit  Beachtung  der  Notizen  des  Klassenbuchs 
werden  yierteljährl.  oder  mindestens  halbjährl.  allen  Schülern  Censuren  erteilt, 
in  denen  sich  die  Anstalt  über  den  Standpunkt  des  einzelnen  Schülers  in  Be- 
ziehung auf  seine  Leistungen  in  jedem  einzelnen  Lehrgegenstande  und  über 
Führung,  Fleifs  und  Aufmerksamkeit  desselben  seinen  Angehörigen  gegenüber 
ausspricht.  Auf  die  sorgfältige  und  hinreichend  ausführliche  Abfassung  der 
Gensuren  durch  die  einzelnen  Fachlehrer  und  vornehmlich  durch  den  Ordinarius 
hat  der  Dir.  umsomehr  zu  halten,  je  mehr  darauf  für  die  Handhabung  der 
Disciplin  in  der  Schule  und  for  das  Zusammenwirken  derselben  mit  der  Zucht 
des  elterlichen  Hauses  zur  Förderung  der  Schüler  ankommt  S.  oben  §  5. 
Die  Censuren  sind,  nachdem  die  einzelnen  Lehrer  schriftlich  ihre  Urteile  ab- 
gegeben haben,  hinsichtlich  der  zusammenzufassenden  Urteile  unter  Leitung 
des  Dir.  von  allen  Lehrern  der  Klasse  zu  berathen,  vom  Ordinarius  auszu- 
fertigen, mindestens  von  diesem  und  dem  Dir.  zu  unterschreiben  und  von 
dem  letzteren  oder  vom  Ordinarius  an  die  Schüler  mit  angemessener  Feier- 
lichkeit auszuteilen;  unter  Umständen  sind  sie  den  Angehörigen  unmittelbar 
zuzuschicken. 

§  20.  Schul  strafen.  Ueberall,  wo  die  Erhaltung  einer  guten  Dis- 
ciplin unter  den  Schülern  Bestrafung  nothwendig  macht,  haben  die  Dir.  dahin 
zu  sehen,  dafs  die  Strafe  selbst  zweckmäfsig  sei  und  bei  aller  Strenge  deu 
Charakter  ruhigen  Ernstes  und  yäterlichen  Wohlwollens  an  sich  trage.  Niemals 
darf  der  Dir.  eine  Strafe  über  einen  Schüler  verhängen,  ohne  denselben  vorher 
selbst  gehört  zu  haben.  Ueber  Art  und  Mafs  der  Strafen,  die  an  jeder  Schule 
zur  Anwendung  kommen  sollen,  hat  das  Lehrercoll.  innerhalb  der  durch  allgm. 
Vorschriften  gegebenen  Schranken  das  Erforderliche  zu  verabreden  und'fes^u- 
setzen.  Der  Dir.  ist  unter  Umständen  befugt,  einzelnen  Lehrern  den  Gebrauch 
gewisser  Strafen  ganz  zu  untersagen,  auch  anzuordnen,  dafs  ihm  der  Lehrer 
entweder  vorher  oder  sogleich  nachher  Anzeige  mache  oder  dieselben  im  Klassen- 
buch notire. 

Als  allgm.  Grundsätze  sind  folgende  zu  beobachten:  a)  Strafarbeiten 
dürfen  in  der  Begel  nur,  wenn  Aufgegebenes  nachlässig  gearbeitet  oder  gelernt 
ist,  zur  Verbesserung  oder  Wiederholung  desselben,  oder  zur  Beschädigung 
während  der  Verbüfsung  einer  Freiheitsstrafe  aufgegeben  werden.  b)  Das 
Nachsitzen  in  den  Klassen  darf  nicht  ohne  gehörige  Aufsicht  und  ControUe 
der  jedesmal  aufzugebenden  Arbeit  stattfinden.  Wenigstens,  wenn  diese  Strafe 
fmr  länger  als  eine  Stunde  verhängt  wird,  mufs  der  Lehrer  dem  Dir.  und  den 
Eltern  oder  Aufsehern  davon  sogleich  Anzeige  machen.  c)  Körperliche 
Strafen  dürfen  nur  da,  wo  die  übrigen  pädagog.  Strafmittel  nicht  ausreichen, 
und  nur  bei  jüngeren  Schülern  bis  IV  hinauf  mit  Mäfsigung  und  Vorsicht  in 
Anwendung  kommen;  in  auTserordentl.  Fällen,  jedoch  immer  nur  auf  Beschlufs 
des  Lehrercoll.  auch  in  III.  „Die  Schulzucht  darf  niemals  bis  zu  Mifs- 
handlungen,  welche  der  Gesundheit  der  Kinder  auch  nur  auf  ^  entfernte  Art 
schädlich  werden  könnten,  ausgedehnt  werden."  (A.  LB.  T.  II  Tit.  12  §  50). 
d)  In  allen  wichtigeren  Disciplinarfällen  mufs  der  Dir.  zugezogen  werden,  der 
dann  nach  Befinden  der  Umstände  entweder  allein  oder  in  Verbindung  mit  dem 
Ordinarius  oder  anderen  Lehrern  die  Sache  untersucht  und  erledigt  oder  sie 
4er  Lehrerconferenz  zur  BeschluTsfassung  über  die  Strafe  vorträgt.        e)  Auf 


134 

Garcerstrafe  kann  nur  der  Dir.  selbst,  in  der  Begel  nach  Besprechnng  mit 
dem  Ordinarius  der  betreff.  Klasse,  oder  die  Lehrerconferenz  erkennen.  Sie  darf 
nur  bei  Schülern  der  4  oberen  KL  angewandt  nnd  in  der  Begel  nicht  über 
6  Stunden  ausgedehnt  werden. 

f)  Zeigt  sich  die  Zncht  der  Schule  mit  ihren  gewöhnlichen  Mitteln  an 
einem  Schüler  nicht  wirksam,  oder  hat  ein  Schüler  durch  ein  grobes  Vergehen 
sich  der  Gemeinschaft  mit  seinen  Mitschülern  unwürdig  gemacht  und  ist  von 
seinem  weiteren  Bleiben  an  deY  Anstalt  ein  verderblicher  Einflufs  auf  andere 
Schüler  und  ein  erhebl.  Nachteil  für  den  Buf  der  Anstalt  zu  erwarten,  so  ist 
derselbe  von  ihr  zu  entfernen.  Im  Besonderen  ist  vorgeschrieben,  dafs  solche 
Schüler  der  VI,  V  und  IV,  welche  nach  2  jähr.  Aufenthalt  in  derselben  Klasse 
noch  nicht  haben  versetzt  werden  können  und  welchen  nach  dem  einstimm. 
Urteil  ihrer  Lehrer  ein  längeres  Verweilen  auf  der  Schule  nutzlos,  sein  würde, 
aus  derselben  entfernt  werden  sollen,  nachdem  dem  Vater  oder  Vormund 
mindestens  ein  Vierteljahr  zuvor  Nachricht  davon  gegeben  sei.  (Min.  Verf. 
V.  4.  März  1862,  s.  Abt.  I  S.  319.)  Die  Entfernung  darf  immer  nur  von  der 
Lehrerconferenz  nach  reifl.  Erwägung  aller  Umstände  verhängt  werden.  Sie 
unterscheidet  sich  wesentlich  von  dem  Bath  zur  Wegnahme  eines  Schülers,  den 
auch  der  Dir.  allein  zu  erteilen  befugt  ist,  dessen  Befolgung  aber  zu  erzwingen 
ihm  allein  nicht  zusteht.  Die  Entfernung  geschieht  entweder  in  der  schonenderen 
Form  der  stillen  Entfernung,  nämlich  so,  dafs  an  den  Vater  oder  Vormund 
die  Aufforderung  gerichtet  wird,  den  Schüler  sogleich  (unter  Umständen  •  mit 
dem  Schlufs  des  laufenden  Vierteljahrs)  von  der  Anstalt  zurückzunehmen,  oder, 
bei  Nichtbefolgung  einer  solchen  Aufforderung  oder  bei  Vergehungen,  durch 
welche  ein  gröfseres  Aergemis  gegeben  ist,  in  der  Form  der  Belegation, 
durch  welche  der  Schüler  von  der  Anstalt  sofort  verwiesen  wird.  Von  jeder 
Belegation  muTs  der  Dir.  dem  Vater  oder  dem  Vormund  des  Schülers  sogleich 
Nachricht  geben  und  uns  unter  Anzeige  der  Veranlassung  Bericht  erstatten. 
Ein  von  einer  Anstalt  relegirter  Schüler,  dessen  Entfernung  im  Abgangszeugnis 
jedesmal  mit  diesem  Ausdruck  bezeichnet,  werden  mufs,  darf  an  einer  anderen 
Lehranstalt  unseres  Bessorts  nur  mit  unserer  Genehmigung  aufgenommen  werden. 

§  21.  Abgangs-  und  sonstige  Schulzeugnisse,  Wenn  der  Vater 
oder  Vormund  für  einen  Schüler  ein  Abgangs-  oder  ein  anderes  Zeugnis 
verlangt,  so  ist  ein  solches  gegen  die  durch  den  Etat  der  Anstalt  festgesetzte 
Gebühr  von  dem  Dir.  oder,  falls  er  das  anordnet,  von  dem  Ordinarius  der  betreff. 
Klasse  nach  den  Censuren  des  Schülers  und  den  einzuholenden  Urteilen  der 
Lehrer  seiner  Klasse  abzufassen,  darin  die  Klasse  und  die  Stufe  derselben,  aus 
welcher  er  anstritt,  anzugeben  und  die  sittl.  Führung,  die  Teilnahme  am 
Unterricht  und  der  Fleifs,  sowie. die  in  den  einzelnen  Fächern  des  Unterr. 
erlangten  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  mit  gewissenhafter  Genauigkeit  zu 
beurteilen. 

Für  die  aus  11  eines  Gymn.  oder  einer  Bealschule  1.  0.  nach  mindestens 
halbjähr.  Aufenthalt  in  dieser  Kl.  Abgehenden  müssen  in  Bücksicht  auf  die 
Berechtigung  zum  einjähr,  freiwill.  Militärdienst  die  Abgangszeugnisse  jedesmal 
von  der  Lehrerconferenz  festgestellt  und  darin  ausdrückl.  bemerkt  werden,  ob 
der  betr.  Schüler  sich  das  bezügl.  Pensum  der  n  gut  angeeignet  und  sich  g^t 
betragen  habe.  (Min.  Verf.  v.  31.  Oct.  1861  und  21.  Dec.  1863.)  ^)  Diese  Zeugnisse 
und  die  gleicher  Bestimmung  far  die  aus  I  abgehenden  Schüler  sind  nach  einem 
vorgeschrieb.  Schema  auszustellen  und  die  Concepte  in  ein  besonderes  Buch 
einzutragen.  (Min. Verf.  v.  11.  Oct.  1865.)^)  Damit  die  rechtzeitige  Meldung 
zum  einjähr.  Militärdienst  nicht  versäumt  werde,  mufs  der  Dir.  am  Schlufs  jedes 


*)   8.  jetzt  C.  Verf.  v.  29.  Mai  1877  etc.,  Abt.  I  S.  466  fg. 
8)   8.  2.  Ausg.  Abt.  I  S.  239. 


,136 

Jahres  die  Schüler  der  oberen  £1.  anf  die  betr.  Bestimmnng  der  Mil.Ersatzinstr. 
aufmerksam  ibachen,  nach  welcher  die  Berechtigung  znm  einjähr.  freiwiÜ.  Militär- 
dienst spätestens  bis  znm  1.  Febr.  desjenigen  Kalenderjahrs  bei  der  betr. 
Departm.  Präf^ngscomm.  nachzusuchen  ist,  in  welchem  das  20.  Lebensjahr 
ToUendet  wird,  und  wer  diesen  Termin  versäumt,  den  Anspruch  auf  die  Ver- 
günstigung zum  einjähr.  Dienst  verliert. 

Die  Beife  für  eine  höhere  Kl.  darf  abgehenden  Schülern  nicht  mit  milderer 
Beurteilung  zugesprochen  werden,  als  den  an  der  Anstalt  bleibenden.  Jedes 
Abgangszeugnis  und  jedes  andere  von  der  Schule  auszustellende  Zeugnis  ist 
von  dem  Dir.  zu  unterschreiben  und  mit  dem  Schulsiegel  zu  untersiegeln,  das 
Concept  aber  oder  eine  Abschrift;  im  Archiv  aufzubewahren.  —  Die  „Zeugnisse 
der  Beife^  sind  den  Abiturienten  bei  der  Entlassung  von  dem  Dir.  mit  an- 
gemessener Feierlichkeit  einzuhändigen. 

§  22.  Lehrplan.  Die  Gestaltung  des  Unterrichts  wird  durch  die 
geltenden  allgm.  Vorschriften  (Normallehrplan),  für  die  Gymnasien  namentlich 
durch  die  Min.Verordn.  v.  24.  Oct.  1837  und  7.  Jan.  1856,  für  die  Bealschulen 
durch  die  ü.  und  PO.  v.  6.  Oct.  1859,  und  aufserdem  durch  besondere  An- 
ordnungen, welche  für  die  einzelnen  Anstalten  getroffen  sind,  bestimmt^).  Zu 
beachten  ist  besonders  auch  der  Min.  Erlafs  v.  26.  April  1867  ^),  durch  den  ein 
specieller  Lehrplan  der  Gymnasien  und  der.  Bealschulen  1.  0.  als  ein  Beispiel 
für  die  Weise  mitgeteilt  wird,  auf  welche  die  Bestimmungen  des  allgm.  Lehr- 
plans im  Einzelnen  zweckmäfsig  zur  Ausführung  gebracht  werden  können.  Die 
Aufgabe  des  Dir.  ist,  auf  dieser  Grundlage  den  Lehrplan  der  ganzen  Anstalt 
ihren  eigentümlichen  Verhältnissen  gemäfs  im  Einzelnen  möglichst  zweckmäfsig 
zu  gestalten  und  dahin  zu  wirken,  dafs  er  von  allen  Lehrern  recht  erfafst  und 
genau  ausgeführt  werde.  Zu  dem  Ende  empfiehlt  es  sich,  ihn  im  Ganzen,  wie 
in  seinen  einzelnen  Teilen,  in  den  Lehrerconferenzen  zum  Gegenstande  wieder- 
holter sorgfältiger  und  gifndlicher  Erörterungen  zu  machen,  die  gedeihlichste 
Weise  seiner  Ausföhrung  zu  erwägen  und  dadurch  in  jedem  Lehrer  ein  lebendiges 
Interesse  aii  dem  geistigen  Leben  der  ganzen  Anstalt  und  dessen  Förderung 
und  bei  allen  ein  möglichst  harmonisches  Zusammenwirken  hervorzurufen  und 
zu  erhalten. 

Aus  solchen  Berathungen  sowohl  des  ganzen  LehrercoU.  als  auch  der 
Lehrer  der  besonderen  Fächer  gehen  die  Fachlehrpläne  hervor,  in  denen  jeder 
einzelne  Lehrgegenstand  nach  Stoff,  Methode  und  Hülfsmitteln  durch  alle  Kl. 
der  Schule  unter  scharfer  und  bestimmter  Abgrenzung  des  einer  jeden  zugedachten. 
Pensums  verfolgt  wird.  Dieselben  sind  von  dem  Dir.  oder  einem  von  ihm  damit 
beauftragten  Lehrer  auszuarbeiten  und  bilden,  wie  sie  in  der  Conferenz  berathen 
und  von  uns  mit  etwa  verfügten  Abänderungen  genehmigt  sind,  die  Special- 
Instruction  für  die  Behandlung  der  einzelnen  Lehrgegenstände,  durch  welche 
jeder  neu  eintretende  Lehrer  in  den  ganzen  Gang  derselben  eingeführt  wird. 
Sie  sind  bei  jeder  Anstalt  von  Zeit  zu  Zeit  einer  Bevision  zu  unterwerfen,  damit 
das  LehrercoU.  sich  stets  wissenschaftl.  und  didakt  mit  der  Sache  .vertraut 
erhalte  und  keine  auf  dem  betr.  Gebiet  hervortretende  neue  und  bedeutsame 
Erscheinung  unbeachtet  vorübergehe. 

In  den  Schulbüchern  und  sonstigen  Unterrichtsmitteln  ist  um  der  den 
Eltern  dadurch  erwächsenden  Kosten  und  anderer  Nachteile  willen  ein  zu  häufiger 
Wechsel  sorgfältig  zu  vermeiden.  Zur  Einführung  neuer,  bei  welcher  so  weit 
als  möglich  auf  ihre  Vereinfachung  und  Uebereinstimmung  innerhalb  der  Provinz 
gesehen  werden  mufs,  bedarf  es  jedesmal  eines  besonderen  Antrags  an  uns,  in 
welchem  unter  Beifügung  eines  Exemplars  anzugeben  ist,  wie  lange  das  durch 


n  8.  jetzt  C.Verf.  v.  31.  März  1882,  Abt.  I  S.  110  fg. 
^)  i.  2.  Ausg.  Abt.  I  S.  317  fg. 


136 

ein  neues  zn  ersetzende  Bnch  in  Gebrauch  gewesen  sei,  ans  welchen  Gründen 
die  Abscbaffong  gewünscht  werde,  welche  Vorzüge  das  nene  habe,  in  welchen 
Klassen  es  gebraucht  werden  solle,  welches  die  Preise  des  neuen  and  des  alten 
seien.  Solche  Anträge  der  Art»  für  welche  wir  die  Genehmigong  des  H.  Min. 
nachzusuchen  haben,  müssen  vor  dem  Beginn  des  Schuljahrs,  spätestens  resp. 
bis  zum  1.  Febr.  oder  1.  Aug.  bei  uns  eingehen. 

§  23.  Lectionsplan.  Durch  Anwendung  des  Lehrplans  auf  ein 
bestimmtes  Schuljahr  und  die  in  demselben  bei  der  Anstalt  obwaltenden  Ver- 
hältnisse entsteht  der  Lectionsplan  für  das  Schuljahr.  Der  Dir.  hat  denselben 
in  3  Tabellen  zu  entwerfen,  sowohl  für  das  Gymn.,  resp.  die  Eealschule,  als 
auch  für  die  etwa  vorhandene  Vorschule,  deren  Klassen  aber  nicht  als  Septima, 
Octaya  zu  bezeichnen  sind.  L  In  der  Lections-  oder  Pensentabelle  sind  alle 
Lehrgegenstände  nach  einander  aufzuführen  und  für  jeden  folgende  Rubriken 
neben  einander  auszufüllen:  1.  Klassen  und  Lehrer,  2.  Zahl  der  w6ch. 
Lehrstunden,  3.  Lehrbücher,  4.  Pensa,  5.  ob  und  wie  ofk  schriftliche, 
vom  Lehrer  zu  corrigirende  Arbeiten  angefertigt  werden  sollen.  Die  Pensa  für 
das  betr.  Schuljahr  sind  möglichst  genau  zu  bestimmen  und  für  die  Klassen, 
welche  einen  2 jähr.  Cursus  haben,  ist  zugleich  anzugeben,  welcher  Teil  des 
ganzen  Pensums  der  Klasse  etwa  für  das  andere  Schi^jahr  aufbehalten  bleibt. 
n.  Die  Lehrertabelle  enthält  in  der  ersten  Rubrik  die  Namen  und  Titel  der 
Lehrer  nach  ihrer  Rangfolge,  in  den  folgenden  die  Lehrstunden  der  einzelnen 
Kl.  nach  Gegenstand  und  wöchentl.  Zahl,  so  geordnet,  dafs  ersichtl.  ist,  von 
welchem  Lehrer  sie  gegeben  werden  sollen.  Aufserdem  mufs  in  dieser  Tabelle, 
deren  Form  der  in  den  Schulprogrammen  allgm.  gebräuchl.  tabellarischen 
Nachweisung  über  die  geschehene  Verwendung  der  Lehrkräfte  entspricht,  die 
beabsichtigte  Verteilung  der  Ordinariate  bemerlrt  werden.  III.  Die  Zeittabelle 
oder  der  Stundenplan  giebt  die  Verteilung  der  Lectionen  und  der  Lehrer 
jeder*  Kl.  auf  die  einzelnen  Tage  der  Woche  und  die  Tagestunden  an. 

üeber  die  Länge  der  Unterrichtsstunden  und  der  Pausen  zwischen  ihnen 
s.  unsere  Verf.  v.  16.  Sept  1865.^)  —  Die  Abfassung  des  Lectionsplans  steht 
dem  Dir.  allein  zu;  jedoch  mufs  derselben  in  der  Regel  eine  sorgfältige  Be- 
rathung  mit  den  Lehrern  vorangehen,  in  welcher  namentlich  auch  Anzsüil  und 
Mafs  der  von  den  Schülern  zu  liefernden  und  von  dem  Lehrer  zu  corrigirenden 
Bchrlftl.  Arbeiten  und  regelm.  Lemaufgaben  zu  erwägen  ist,  damit  bei  den 
Schülern  ein  gleichmäfsig  angestrengtes  gründliches  Arbeiten  und  sicheres  Fort- 
schreiten ohne  Ueberbürdung  bewirkt  werde. 

üeber  die  Rücksichtnahme  auf  den  Confirmandenunterricht  siehe  die 
Min.Verf.  v.  16.  Oct.  1860  (Abt.  I  S.  166).  —  Bei  der  Verteilung  der  Fächer, 
Stunden  und  Ordinariate  unter  die  einzelnen  Lehrer,  für  welche  immer  an  erster 
Stelle  das  Bedürfnis  der  Anstalt  mafsgebend  ist,  mufs  der  Dir.  nach  Möglichkeit 
auf  die  Neigungen  und  billigen  Wünsche  eines  jeden  Lehrers  und  vorzüglich 
auch  auf  das  richtige  Verhältnis  der  Zahl  der  Lehrstunden  zu  den  mit  ihnen 
verknüpften  Vorbereitungen  und  Correcturen  Rücksicht  nehmen.  Durch  Ascension 
in  eine  höhere  Stelle  wird  kein  Lehrer  aller  Verpflichtung  zum  Unterricht  in 
den  unteren  Kl.  überhoben,  und  keinem  kann  die  Befugnis  eingeräumt  werden, 
das  Ordinariat  einer  bestimmten  Klasse  in  Anspruch  zu  nehmen  oder  abzulehnen. 

Die  Zahl  der  wöchentl.  Unterrichtsstunden  eines  jeden  Lehrers  ist  gewöhnlich 
durch  die  Vocation  oder  das  Herkommen  bestimmt;  im  AUgem.  gilt  aber  als 
Regel,  dafs  der  Dir.  12  bis  16,  ein  etatsmäfsiger  Oberiehrer  20  bis  22,  ein 
ordentl.  Lehrer  22  bis  24,  ein  wissenschaftl.  Hülfslehrer  24,  ein  techn.  Lehrer 
und  ein  Elementarlehrer  26  bis  28  wöchentl.  Lehrstunden  zu  erteilen  hat. 


^)  8.  2.  Ausg.  Abt.  I  S.  123;  jetzt  C.Verf.  v.  10.  Nov.  1884,  Abt.  I  S.  243- 


137 

Die  Lehificher  und  die  Klassen,  in  welchen  jeder  Lehrer  mit  Erfolg 
nnterrichten  kann,  sind  nach  seinem  Prüfangszengnis  nnd  seinem  prakt  dar- 
g^thanen  Geschick  zu  bestimmen.  Wenn  der  Dir.'  einem  Lehrer  Unterricht  in 
einem  Lehrgegenstande  übertragen  will,  in  welchem  er  entweder  gar  nicht  geprüft 
oder  in  der  Prüfung  pro  fac.  doc.  zu  unterrichten  nicht  fähig  befunden  worden 
ist,  60  mufs  dazu  in  jedem  einzelnen  Falle  unsere  Genehn^ignng  ausdrücklich 
nachg^ucht  werden. 

Der  Lectionsplan  for  das  Schuljahr  ist  jedesmal  4  Wochen  vor  dem  Beginn 
desselben  in  den  Tabellen  I  und  n  zur  Genehmigung  bei  uns  einzureichen, 
und  sollten  die  Umstände  dann  eiuQ  Aufstellung  desselben  noch  nicht  in  allen 
Teilen  gestatten,  wenigstens  so  vollständig  als  m6glich  mit  Vorbehalt  späterer 
Ergänzung.  Zu  jeder  im  Laufe  des  Schi^jahrs  nöthig  werdenden  Abänderung 
des  eingereichten  Plans  ist  ebenfalls  unsere  Genehmigung  rechtzeitig  nach- 
zusuchen; namentlich  vor  Beginn  des  2.  Semesters,  wo  nicht  selten  die  Tabelle  II 
neu  aufzustellen  und  wenigstens  14  Tage  vorher  vorzulegen  sein  wird.  — 
Etwanige  Abweichungen  von  dem  Normallehrplan  müssen  in  dem  Begleitbericht 
ausdrücklich  erwähnt  und  motivirt  werden.  Der  genehmigte  Lectionsplan  mufs 
mit  den  dazu  von  uns  etwa  gemachten  Bemerkungen  zu  Anfang  des  Schuljahrs 
sämtlichen  Lehrern  zur  Kenntnisnahme  und  Nachachtung  mitgeteilt  werden  und 
in  einer  Abschrift  im  Conferenzzimmer  stets  ausliegen. 

§24.  Klassenrevisionen.  Dafs  jeder  Lehrer  den  Lectionsplan  mit 
den  dazu  getroffenen  Bestimmungen  genau  befolge,  die  ihm  überwiesenen  Lehr- 
gegenstände ohne  eigenmächtige  Aenderung  in  Lehrstoff,  Lehrbüchern  und 
anderen  Lehrmitteln  in  einer  dem  Standpunkt  seiner  Schüler  entsprechenden, 
Aufmerksamkeit  und  Fleifs  derselben  anregenden  Weise  behandle,  die  ihm  über- 
tragenen Lehrstunden  pünktlich  anfange  und  abwarte,  die  mit  denselben  ver- 
bundenen Gorrecturen  regelmäfsig  und  sorgfältig  ausführe,  hat  der  Dir.  aufmerksam 
zu  überwachen.  Er  mufs  zu  dem  Zweck  die  einzelnen  Lehrstunden  fleifsig 
biBsuclien  und  um  auch  solche  besuchen  zu  können,  welche  mit  seinen  eigenen 
gleichzeitig  fallen,  sich  lieber  zuweilen  in  letzteren  durch  einen  der  anderen 
Lehrer  vertreten  lassen,  als  dies  wichtige  Geschäft  versäumen.  Er  mufs,  um 
sich  auch  mit  dem .  Standpunkt  der  einzelnen  Klassen,  mit  dem  Fleifs  und  den 
Fortschritten  der  einzelnen  Schüler  bekannt  zu  erhalten,  dieselben  zuweilen  selbst 
mündlich  oder  schriftlich  prüfen  und  jährlich  wenigstens  in  jeder  Klasse  einmal 
die  Hefte  der  Schüler  seiner  besonderen  Durchsicht  unterwerfen,  wodurch  er 
zugleich  von  der  Zweckmäfsigkeit  und  der  Zahl  der  gestellten  Aufgaben  Kenntnis 
erhalten  wird.  (S.  d.  Min. Verf.  v.  20.  Mai  1854  [Abt.  I  S.  254].  ßealschul- 
ordnung,  Erläuter.  gegen  Ende  [dgl.  S.  109].)  Aufserdem  empfiehlt  sich  die 
Einrichtung,  dafs  dem  Dir.  von  allen  oder  gewissen  schriftl.  Arbeiten  jedesmal 
die  besten  und  schlechtesten  nebst  einem  Verzeichnis  der  Fehlerzahl  aller 
Arbeiten  vorgelegt  werden. 

§25.  Versetzung.  Gegen  den  Schlufs  eines  Halbjahrs,  wo  eine 
Versetzung  von  Schülern  einer  Klasse  in  die  höhere  stattfinden  soll,  wird  in 
jener  eine  schrifU.  und  mündl.  Versetzungsprüfung  von  dem  Dir.  und  den  betr. 
Lehrern  angestellt  Bei  der  mündl.  ist  die  Anwesenheit  des  entsprechenden 
Fachlehrers  der  höheren  Kl.  in  der  Begel  zu  fordern,  und  die  schriftl.  Prüfungs- 
arbeiten sind  demselben  nach  vollzogener  Conectur  mitzuteilen.  Ein  Ver- 
zeichnis aller  Schüler  der  Klasse,  welche  das  Pensum  derselben  absolvirt  haben, 
ist  mit  Bemerkungen  über  den  von  jedem  erlangten  Grad  der  Beife  vom 
Ordinarius  nach  Bücksprache  mit  den  übrigen  Lehrern  der  Kl. .  aufzustellen  und 
dem  Dir.  vor  der  mündl.  Prüfung  vorzulegen,  deren  Ergebnisse  dieser  notirt. 
Unter  Mitteilung  derselben  ist  die  Versetzung  *  in  der  Conferenz  zu  berathen, 
wobei  der  Ordinarius  zuerst  seine  Vorschläge  zu  machen  und  jeder  Lehrer  der 
Kl.  sein  Votum  abzugeben,  jedoch  der  Dir.  auf  seine  Verantworlichkeit,  nach 


138 

seiner  gewissenhaften  Ueberzengnng  von  der  Beife  des  Schülers,  allein  zn  ent- 
scheiden hat  Für  reif  kann  ein  Schüler  nur  erachtet  werden,  wenn  seine 
Ausbildung  im  Wesentlichen  dem  Ziel  der  Klasse  entspricht  Bei  entschiedener 
Unreife  ist  die  Versetzung  immer  zu  versagen;  ist  aber  die  Beife  zweifelhaft, 
so  darf  die  Versetzung  gesdiehen,  wenn  anzunehmen  ist,  dafs  der  Schüler  dem 
Unterricht  in  der  ]iöheren  Kl.  mit  Nutzen  folgen  und  zugleich  das  Fehlende 
nachholen  kann,  und  wenn  mit  Büchsicht  darauf  die  Versetzung  dem  Dir.  nach 
Berathung  mit  den  Lehrern  ohne  Nachteil  für  die  Anstalt  und  zur  eigenen 
wissenschafkl.  und  sittl.  Fördeining  des  Schülers  rathsam  erscheint. 

Im  Hinblick  auf  die  Berechtigung  .zum  einjähr,  freiwill.  Militärdienst, 
welcher  für  die  Schüler  der  Gymn.  und  der  Bealschulen  1.  0.  von  einem 
mindestens  halbjähr.  Aufenthalt  in  der  11  abhängt,  ist  besonder  Yorgeschrieben 
(Min.Verf.  v.  31.  Oct.  1861)^),  dafs  die  Versetzung  nach  II  mit  Strenge  und  ohne 
alle  Bücksicht  auf  den  gewählten  künftigen  Beruf  des  Schülers  vorzunehmen  sei. 

§  26.  Abiturientenprüfung.  Die  Prüfung  der  Schüler,  welche  aus 
der  obersten  Kl.  mit  dem  Zeugnis  der  Beife  abgehen  wollen,  ist  nach  den 
deshalb  ergangenen  Verordnungen,  bei  den  Gymn.  vornehmlich  nach  dem  Beglm. 
V.  4.  Juni  1834  und  den  Min.Frlassen  v.  15.  Juli  1841,  12.  Jan.  1856  und 
5.  Dec.  1861,  bei  den  Bealschulen  nach  dem  Beglm.  v.  6.  Oct.  1859,  bei  beiden 
unter  Beachtung  unserer  Verff.  v.  16.  Dec.  1857  und  15.  Aug.  1860  von  dem 
Dir.  zu  veranstalten.  2) 

§  27.  Oeffentliche  Prüfungen  Und  Bedeactus.  Bei  Anordnung 
der  am  SchluTs  des  Schuljahrs  in  den  meisten  Anstalten  stattfindenden  öffentL 
Prüfung  hat  der  Dir.  dahin  zu  sehen,  dafs  der  Zweck  derselb^p,  das  Publikum 
in  Berührung  mit  dem  inneren  Schulleben  zu  setzen  und  sein  Interesse  far  die 
Anstalt  wach  zu  erhalten,  durch  einfache  und  angemessen  wechselnde  Darlegung 
des  von  der  Schule  wirklich  Geleisteten  erreicht  werde.  Ob  öffenü.  Bedeübungen 
und  Decl£unationen  der  Schüler  mit  diesen  Prüfungen  oder  mit  der  Geburtstags- 
feier Sr.  Maj.  des  Königs  oder  mit  der  feierl.  Entlassung  der  Abiturienten 
verbunden  oder  in  besonderen  Actus  angestellt  werden  sollen,  bleibt  dem  Er- 
messen des  Dir.  überlassen,  der  für  ihre  schickl.  .Veranstaltung  zu  sorgen  hat. 

§  28.  Schulprogramm.  Dem  Dir.  liegt  ob,  für  die  vorschriftsm. 
Abfassung  des  gegen  Ende  jedes  Schuljahrs  herauszugebenden  Schulprogramms, 
far  dessen  Druck,  Verteilung  und  die  von  uns  angeordnete  Einsendung  von 
Exemplaren  zu  sorgen,  auch  dafür,  dafs  in  der  Bibliothek  und  in  dem  Archiv 
der  Schule  je  ein  Exemplar  für  immer  aufbewahrt  werde.  Vornehmlich  erinnern 
wir  hierbei  an  die  Min.Verordn.  v.  23.  Aug.  1824  und  17.  Aug.  1863  und  in 
Bejtreff  der  Bealschulen  besonders  an  die  Erläuterungen  zu  der  Bealschul- 
ordnung  A.  HI.  §§  1—4,  g.  E.  und  die 'Min.Verf.  v.  17.  Jan.  1866.»)  Bei 
den  Schulnachrichten  darf  eine  tabellar.  Uebersicht  der  Lectionenverteilung 
unter  die  Lehrer  nicht  fehlen,  aus  der  ersichtlich  ist,  welche  Lehrer  im  letzten 
Semester  des  Schuljahrs  an  der  Anstalt  und  der  etwa  damit  verbundenen  Vor- 
schule unterrichtet,  in  welchen  Gegenständen  und  Kfassen,  und  wie  viel  wöchentl. 
Stunden  in  jedem  sie  gegeben  haben.-  Mitzuteilen  sind  femer  alljährl. :  die  von 
den  Abiturienten  bei  der  Prüfung  in  den  deutschen  und  lateinischen,  bezw. 
englischen  und  französischen,  Aufsätzen  behandelten  Themata,  wie  auch  die  von 
ihnen  bearbeiteten  mathemai,  bezw.  physikal.  und  ehem.,  Prüfungsaufgaben, 
die  an  der  Schule  eingeführten  Lehrbücher,  die  Zahl  der  Schüler  in  den 
einzelnen  3  oberen  Gymnasialklassen,  welche  während  des  abgelaufenen  Schul- 
jahrs freiwillig  am  Zeichenunterricht  teilgenommen  haben.  Welche  Beträge 
einzelne  Lehrer  als  Unterstützungen  erhalten  haben,  ist  nicht  anzugeben  und 


*)  8.  2.  Ausg.  Abt,  I  S.  239;  jetzt  vgl.  Abt.  I  S.  459  fg.     ») 
r.  27.  Mai  1882,  Abt.  I  8.  393  fg.     ')  s.  Abt.  IS.  376  fg. 


Jetzt  C.Verf. 


139 

überhaupt  aus  den  Verfagungen  der  vorgesetzten  Behörden  nnr  das  far  die  öffentl. 
Mitteilung  Geeignete  au&unehmen. 

Die  den  Schnlnachrichten  voranzaschickende  Abhandlung  hat  der  Dir. 
entweder  selbst  zu  verfassen  oder  mit  ihrer 'jedesmal  ein  Vierteljahr  vor  dem 
Ende  des  Schuljahrs  zu  fordernden  Lieferung  einen  der 'Lehrer  in  einer  gewissen 
Eeihenfolge  der  Begel  nach  zu  Anfang  des  Schuljahrs  zu  beauftragen.  Der 
Dir.,  welchem  die  Abfassung  der  Schulnachrichten  allein  obliegt,  ist  auch  in 
Bezug  auf  den  übrigen  Teil  des  Programms  dafür  verantwortlich,  dafs  er  von 
passendem  Inhalt  sei.  —  Die  Einsendung  der  vorgeschriebenen  Zahl  von 
Exemplaren  des  Programms  an  die  Geh.  Begistratur  des  E.  Minist,  und  an  uns 
mufs  spätestens  14  Tage  nach  dem  Schlufs  des  Schuljahrs  geschehen. 

§  29.  Archiv.  Die  Verfügungen  der  Behörden  und  was  sonst  von 
bemerkenswerthen,  die  Anstalt  betreffenden  Schriftstücken  dem  Dir.  zugeht,  .mufs 
dieser  gehörig  aufbewahren,  planmäfsig  nach  dem  Inhalt  in  bestimmte  Acten- 
stücke  verteilen  und  so  ordnen,  dafs  beim  Abgange  oder  auch  nur  bei  Ab- 
,  Wesenheit  des  Dir.  sein  Nachfolger  oder  Stellvertreter  leicht  die  zur  Fortführung 
der  Directionsgeschäfte  nöthigen  Schriftstücke  finden  und  sich  sogleich  von 
den  för  jede  Sache  vorhandenen  Vorschriften  und  Verhandlungen  Kenntnis 
verschaffen  kann.  Zu  dem  Ende  müssen  auch  die  Concepte  der  von  dem  Dir. 
erstatteten  Berichte  oder  wenigstens  eine  Notiz  von  ihrem  Hauptinhalt  und  was 
von  seiner  anderweitigen  amtl.  Correspondenz  von  bleibendem  Interesse  ist, 
aufbewahrt  und  gehörigen  Orts  eingeordnet  werden.  Aus  diesen  Actenstücken, 
dem  Album  der  Aufgenommenen,  den  Conferenzprotokollen,  Lehrplänen,  Prüfangs- 
verhandlungen,  den  Zeugnis-  und  Censurbüchem,  den  Inventarien  der  Lehr- 
mittel, dem  Amtsblatt  der  K.  Begierung,  einer  Sammlung  der  Programme  der 
Anstalt  u.  dgl.  besteht  das  Archiv  derselben,  welches  allein  unter  der  Aufsicht 
des  Dir.  steht  und  von  diesem  unter  besonderem  Verschlufs  gehalten  werden 
mufs.  Sollte  es  von  ihm  beim  Antritt  seines  Amts  nicht  in  gehöriger  Ordnung 
vorgefunden  sein,  so  liegt  ihm  ob,  für  ihre  baldige  Herstellung  zu  sorgen. 

§  30.  Vermögensverwaltung.  Wenn  auch  der  Dir.,  wie  in  der 
Begel,  mit  der  Verwaltung  des  Vermögens  der  Anstalt  nicht  unmittelbar  zu 
thun  hat,  so  wird  er  doch  bei  dem  nahen  Zusammenhange  der  Geldmittel' und 
der  durch  diese  zu  erreichenden  Zwecke  auch  den  finanziellen  Verhältnissen  der 
Schule  seine  Aufmerksamkeit  nicht  entziehen,  vielmehr  überall  nach  Möglichkeit 
auf  deren  Verbesserung  hinzuwirken  bemüht  sein.  Insbesondere  aber  wird  dem 
Dir.  die  Sorge  für  die  Erhaltung  und  Vermehrung  der  etwa  vorhandenen,  für 
wohlthätige  Zwecke  bestimmten  Nebenfonds  der  Anstalt  (Lehrerwitwenkassen, 
Stipendienfonds,  Prämienstiftungen  u.  dgl.)  sowie,  wo  solche  bis  jetzt  nicht 
vorhanden  sind,  für  deren  Begründung  ans  Herz  gelegt.  Er  führt  darüber  die 
Aufsicht,  soweit  diese  der  Schule  selbst  und  nicht  einer  anderen  Corporation 
oder  Behörde  stiftungsmäfsig  zusteht.  Jedenfalls  hat  aber  der  Dir.  in  Betreff 
der  far  Schüler  der  Anstalt  bestimmten  Beneficien'  und  Stipendien  darauf  zu 
achten,  dafs  sie  nicht  Unwürdigen  gegeben  werden. 

§  31.  Gebäude  und  Geräthe.  Unter  allen  Umständen  liegt  dem 
Dir.  die  Aufsicht  über  die  zur  Anstalt  gehörenden  Gebäude,  den  Schulhof,  den 
Turnplatz  und  die  dort  be.findl.  Mobilien,  Geräthe  und  Lehrmittel  ob.  Er  hat 
darauf  zu  achten,  dafs  sie  unbeschädigt  erhalten  bleiben  und  sich  stets  in 
einem  Zustande  befinden,  welcher  den  regelm.  und  ungestörten  Fortgang  des 
Unterrichts  gestattet  und  für  die  Gesundheit,  Sicherheit  und  Bequemlichkeit 
der  Lehrer  und  Lernenden  zu  fordern  ist.  Etwa  nothwendige  Beparaturen  und 
Anschaffungen  hat  der  Dir.  deshalb  rechtzeitig  entweder  selbst  ausführen  zu 
lassen  oder,  soweit  er  dazu  nicht  befngt  ist,  sie  bei  der  competenton  Behörde 
zu  beantragen.  —  Alle  Bäume  der  Anstalt,  die  Tische  und  Bänke  der  Klassen- 
zimmer, die  Utensilien  und  Lehrmittel  sind  von  dem  Dir.  häufig  besonders  zu 


140 

besichtigen  und  anter  Yergleichong  der  vorhandenen  nnd  stets  sorgfältig  zu 
fahrenden  Inventarien  mindestens  alle  Jahr  einmal  förmlich  zu  revidiren.  Die 
Benutzung  von  Localen  der  Anstalt  zn  anderen  als  unmittelbaren  Zwecken  der- 
selben darf  nur  mit  unserer  Genehmigung  nach  dem  Bericht  des  Dir.  geschehen 
(Min.Verf.  v.  9.  Juni  1854,  s.  Abt.  I  S.  51). 

§  32.  Bibliothek  und  andere  Sammlungen.  Die  Lehrer-  und 
die  Schülerbibliothek,  der  phjsikal.  Apparat  und  alle  anderen  der  Anstalt  ge- 
hörigen Sammlungen  stehen  unter  der  Aufsicht  des  Dir.,  welcher  auf  ihre 
sorg^tige  Erhaltung,  gute  Ordnung,  angemessene  Vermehrung  und  zweckm. 
Benutzung  fortwährend  zu  achten  hat.  Die  besondere  Aufsicht  über  einzelne 
Sammlungen  hat  der  Dir.  in  der  Kegel  einzelnen  Lehrern  mit  unserer  Ge- 
nehmigung zu  übertragen;  jedoch  bleibt  er  für  die  Verwaltung  derselben,  be- 
sonders auch  ihre  vollständige  Eatalogisinmg,  verantwortlich  und  mufs  daher 
bei  ihnen  mindestens  jährlich  einmal  in  Verbindung  mit  den  Specialaufeehem 
eine  genaue  Bevision  vornehmen.     Stettin.     K.  Prov.Sch.C. 

Anhang.  A.  Periodisch  einzureichende  Berichte:  1.  Der  Ver- 
waltungsbericht von  3  zu  3  Jahren,  für  die  Gymn.  in  den  Jahren  1880,  1883, 
1886  u.  s.  f.;  für  die  Bealanstalten  1879,  1882,  1885  u.  s.  f.;  jedesmal  in  der 
ersten  Hälfte  des  Mai  (Vf.  v.  23.  Dec.  1878).  2.  Nachweisung  von  den 
Personal-  und  Einkommensveränderungen  im  Lehrercollegium ;  am  1.  Mai  und 
1.  Nov.  jährlich  (Vf.  20.  Juni  1876).  3.  Nachweisung  der  Probecandd. 
jährl.  im  April  und  Nov.  (Vf.  1.  Mai'  1863  u.  16.  Nov.  1864).  4.  Haupt- 
nachweisung der  bei  einer  Mobilmachung  der  Armee  unabkömml.  Lehrer,  jährl. 
in  der  ersten  Hälfte  des  Oct.;  eveni  Verändemngsnachweisung  im  April  (Vf. 
25.  Aug.   1862  u.  25.  Sept    1876).  5.    Der  Lectionsplan  4  Wochen  vor 

dem  Beginn  des  Schuljahrs;  eveni  eine  neue  Lehrertabelle  wenigstens  14  Tage 
vor  dem  Anfang  des  2.  Semesters.  S.  oben  §  23.  6.  Anzeige  der  Zahl 
der  angemeldeten  Abiturienten  an  den  Departementsrath,  event.  eine  Vacat- 
anzeige,  vor  dem  7.  Jan.  und  7.  Juli  jedes  Jahres  (Vf.  v.  21.  Dec.  1882). 
7.  l}ie  Abiturientenprüfnngs -Verhandlungen  binnen  14  Tagen  nach  beendigter 
Prüfong  von  den  Gymnasien  und  Realgymn.,  in  welchen  der  Vorsitz  bei  der 
mündlichen  Prüfung  nicht  durch  den  Departementsrath  geführt  worden  ist 
(Vf.  6.  Aug.  1885).  8.  Nachweisung  der  geprüften  Abiturienten,  jährl. 
am    15.    April.     (Vf.    20.    Jan.     1880).  9.    Frequenzlisten,  jährlich   am 

15.    April  und    15.  Oct.  (Vf.    2.   April    1885).  10.    Das   Programm    der 

Anstalt  in  der  vorgeschriebenen  Zahl  von  Exemplaren,  spätestens  14  Tage 
nach  dem  Schlufs  des  Schuljahrs.  S.  oben  §  28.  11.  Am  Schlufs  des 
Jahres  sind  die  Schüler  der  oberen  Klasse  an  die  rechtzeitige  Meldung  zum 
einjähr.  Militärdienst  zu  erinnern.    S.  oben  §  21.  12!    Anzeige  über  den 

Titel  der  Abhandlung,  deren  Veröffentlichung  durch  das  Schulprogramm  des 
nächsten  Jahres  beabsichtigt  wird,  zum  1.  October  jedes  Jahres  (Vf. 
20.  Juli  1875). 

Uebersicht  nach  den  Monaten:  Januar  6.  März  5.  7.  April  3« 
4,  7.  8.  9.  10.  Mai  1.  2.  Juli  6.  September  5.  October  4.  7. 
9.  10.  12.        November  2.  3.        December  11. 

B.  Begeln  für  die  Form  der  Berichte.  Die  Berichte  sind  auf  halb- 
gebrochenen ganzen  Bogen  zu  schreiben,  —  rechts :  oben  das  Datum,  dann  der 
Text  des  Berichts,  endlich  die  Namensunterschrift,  —  links  oben:  eine  kurze 
Angabe  des  Inhalts,  eine  Bezeichnung  der  etwan.  veranlassenden  Verfügung 
nach  Datum  und  Nummer,  und  die  Adresse.  Wenn  der  Bericht  aus  mehreren 
Bogen  besteht,  müssen  diese  vor  der  Einreichung  gehörig  zusammengeheftet 
werden.        Packete  und  andere  Einsendungen  sind  immer  mit  Begleitberichten 


141 

zu  versehen.  Unter  Umständen  ist  es  znJässig,  diese  brevi  manu  auf  das  ein- 
zusendende Schriftstück  zu  schreiben.  Verschiedenartige  Gegenstände  dürfen 
nicht  in  Einen  Bericht  zusammengefafst  oder  mit  Einem  Begleitbericht  ver- 
bunden werden. 


Provinz  Posen.  ' 

In  Str.  V.  30.  Jan.   1868. 

§  1.  Der  Director  ist  Vorsteher  der  Anstalt  und  hat  als  solcher  die 
Leitung  sämtlicher  Anglgh.,  welche  das  Interesse  derselben  im  AUgm.  und  im 
Einzelnen  betreffen.  Er  wird  daher  bedacht  sein,  d^s  Gedeihen  der  ihm  anver- 
trauten Anstalt  in  Jeder  Beziehung  und  mit  allen  seinen  Kräften  zu  fördern. 
Insbesondere  hat  er  sein  Streben  darauf  zu  richten,  die  seiner  Leitung  anver- 
traute Jugend  zu  wahrer  Frömmigkeit  und  zu  einem  sittlichen  Wandel  zu  er- 
ziehen, den  Geist  echter  Vaterlandsliebe,  aufrichtiger  Liebe  und  Treue  gegen 
den  König  und  willigen  Gehorsams  gegen  die  Gesetze  in  ihre  Herzen  zu  pflan- 
zen und  zu  pflegen,  allen  einer  solchen  Gesinnung  widerstreitenden  Bichtungen 
und  Bestrebungen,  falls  sie  sich  innerhalb  der  Anstalt  wahrnehmbar  machen 
sollten,  mit  Ernst  und  Entschiedenheit  entgegenzutreten  und  erforderlichen 
Falls  dem  K.  Prov.Sch.C.  davon  Anzeige  zu  machen. 

Für  seine  verschiedenen  Dienstverhältnisse,  welche  sich  aus  den  verschie- 
denen Verhältnissen  der  Anstalt  ergeben,  wird  ihm  folgende,  seine  amtl.  Be- 
fugnisse und  Verpflichtungen  näher  bestimmende  Instruction  gegeben. 

§  2.  Dienstverhältnis  des  Directors  zu  dem  K.  Prov.Schul- 
collegium.  Das  K.  Prov.SchnlcoU.  ist  die  dem  Dir.  zunächst  vorgesetzte 
Staatsbehörde.  In  diesem  Verhältnis  der  Unterordnung  ist  er  einerseits  das 
Organ,  durch  welches  das  K.  Prov.Sch.C.  alle  die  Anstalt  betreffenden  Anordn. 
und  Verfügungen  zur  Ausfahrung  bringt,  andererseits  das  Organ,  durch  welchea 
diese  Behörde  sich  von  dem  Zustande  der  Anstalt  in  beständiger  Kenntnis  er- 
hält.   Demnach  hat  der  Director: 

a.  alle  an  die  Lehranstalt  gerichteten  Schreiben  zu  eröffnen,  die  von 
derselben  ausgehenden  Schreiben  anzufertigen  und  zu  vollziehen.  \ind  die  von 
ihm  allein  oder  gemeinschafU.  mit  den  Lehrern  auszustellenden  Zeugnisse  mit 
dem  Amtsstempel  zu  beglaubigen;  b.  die  an  ihn  gerichteten  Verfügungen 
des  K.  Prov.Sch.C.  pünktlich  in  Ausführung  zu  bringen,  oder,  wenn  Umstände 
obwalten,  'welche  ihm  die  Ausführung  bedenklich  erscheinen  lassen,  darüber 
sofort  zu  berichten  und  weitere  Bescheidung  abzuwarten;  c.  über  alle 
wichtigeren  Angelegenheiten  der  Anstalt,  sie  mögen  die  Personen  des  Lehrer- 
coU.  oder  die  Einrichtungen  und  Zustände  derselben  betreffen,  an  das  K.  Prov. 
Sch.C.  zu  berichten;  d.  die  von  ihm  geforderten  Berichte  rechtzeitig  und 
mit  gewissenhafter  Treue  zu  erstatten;*  e.  dem  Commissarius  des  K.  Prov. 
Sch.C.  jegliche  Auskunft  bereitwillig  zu  erteilen,  welche  derselbe  in  Bezug  auf 
die  Anstalt  von  ihm  fordert;  f.  die  auf  besonderen  Verfugungen  des 
K.  Prov.Sch.C.  beruhenden  period.  Berichte,  Listen  etc.*)  zu  den  dafür  festge- 


^)  Die  regelmäfsig  zu  erstattenden  Berichte  sind:  1.  Lectionsplan  nnd 
insbesondere  Angabe  der  wechselnden  Pensa  vor  Beginn  jedes  Semesters,  bezw. 
des  Schuljahres  (Stundenplan  an  den  Prov.Scholrath  persönlich),  2.  über  Pro- 
banden nach  Ablauf  des  Probejahrs,  3.  Anmeldung  der  Abiturienten  halbjährlich, 
4.  dgl.  Nachricht  über  die  Anzahl  der  in  die  Prüfung  eingetretenen  Maturitäts- 
Aspiranten,  5.  Mitteilung  der  Themata  der  Programmabhandlungen,  6.  die 
dreijährigen  Verwaltungsberichte,  7.  Anträge  auf  Bewillijfung  von  Schnlstipendien 
14  Tage  nach  Beginn  jedes  Schuljahres,  8.  15.  März  Nachweisung  der  eingezo- 
genen Witwen-  u.  Waisengeldbeiträge,      9.    2.  April  Anmeldungen  von  Deficits 


142 

setzten  Terminen  pünktlich  und  yorschriftsm.  einzureichen;  g.  für  jede  die 
Daner  von  24  Stunden  überschreitende,  nicht  durch  Krankheit  bedingte,  Ab- 
wesenheit vom  Amt  während  der  Schulzeit  bei  dem  K.  Prov.Sch.G.  um  Urlaub 
zu  bitten,  für  den  Fall  einer  Ferienreise  aber  und  bei  andauernder  Krankheit 
der  Behörde  Anzeige  zu  machen  und  einen  Stellvertreter  in  Vorschlag  zu  brin- 
gen, sowie  die  Genehmigung  .desselben  abzuwarten. 

§  3.  Verhältnis  des  Dir.  zu  den  Lehrern  der  Anstalt.  Der 
Dir.  ist  einerseits  vorsitzendes  Mitglied  des  Lehrercoll.  und  andererseits  Vor- 
gesetzter jedes  einzelnen  Lehrers.  In  ersterer  Beziehung  hat  er  wenigstens  alle 
4  Wochen  sämtl.  Lehrer,  mit  Ausnahme  der  techn.  Hülfslehrer,  zu  einer  Conferenz 
zu  versammeln,  die  Berathungen  über  alle  diesem  CoUegio  überwiesenen  An- 
gelegenheiten zu  leiten,  und  durch  Abstimmung  die  Entscheidung  aller  der 
Fragen  zu  bewirken,  über  welche  nach  den  bestehenden  besonderen  Vorschriften 
nicht  ihm  allein,  sondern  dem  Lehrercoll.  die  Entscheidung  zusteht  Bei 
Stimmengleichheit  giebt  die  seinige  den  Ausschlag.  In  Fällen,  in  denen  er 
ohne  Nachteil  für  die  Anstalt  dem  seiner  Ansicht  widerstreitenden  Beschlufs 
der  Mehrzahl  der  Lehrer  sich  nicht  unterwerfen  zu  dürfen  glaubt,  ist  er  berechtigt, 
die  Ausführung  des  Beschlusses  vorläufig  zu  suspendiren  und  unter  Einreichung 
des  Conferenzprotok.  die  Entscheidung  des  K.  Prov.Sch.G.  nachzusuchen,  üeber 
die  Verhandlungen  in  den  Conferenzen  ist  ein  Protokoll  zu  führen  und  von 
sämü.  in-  der  Conferenz  anwesenden  Lehrern  zu  unterschreiben.  Zur  Führung 
des  Protok.  ist  der  jüngste  unter  den  ordentl.  Lehrern  verpflichtet,  wenn  nicht 
ein  anderer  Lehrer  freiwillig  und  mit  Zustimmung  des  Dir.  dieselbe  übernimmt. 

Als  Vorgesetzter  der  Lehrer  hat  er  folgende  nähere  Pflichten  und  Be- 
fugnisse: 

a.  liegt  ihm  im  AUgm.  ob,  mit  gewissenhafter  Sorgfalt  darauf  zu  achten, 
dafs  alle  Lehrer  durch  würdiges  Verhalten  innerhalb  wie  aufserhalb  des  Amts 
und  durch  treue  Erfüllung  ihrer  Pflichten  ihren  Stand  ehren  und  alles  meiden, 
was  ihnen  in  der  Achtung  der  Schüler  und  des  Publikums  nachteilig  sein 
könnte;  b.  hat  er  nicht  nur  selbst  alles  sorgfältig  zu  vermeiden,  was  das 
Ansehen  eines  Lehrers  bei  der  Jugend  schmälern  könnte,  sondern  auch,  falls 
etwa  Mitglieder  des  Lehrercoll.  sich  in  dieser  Beziehung  etwas  zu  Schulden 
kommen  lassen  Sollten,  sie  auf  ihre,  das  Vertrauen  des  Publikums  schwächenden 
und  die  Wirksamkeit  der  Anstalt  beeinträchtigenden  üngehörigkeiten  aufmerksam 
zu  machen,  nöthigenfalls  ernstlich  zu  verwarnen,  und  wenn  dies  nicht  fruchten 
sollte,  desgl.  bei  eigentlichen  Vergehen  und  starken  Mifsgriffen,  sofort  an  das 
K.  Prov.Sch.C.  zu  berichten;  c.  hat  er  diejenigen  Lehrer,  welche  in  discipli- 
narischer  oder  didakt.  Beziehung  die  allgm.  Vorschriften  unbeachtet  lassen, 
in  einseitiger  Selbstüberschätzung  ihre  eigenen  Wege  gehen  und  die  zur  Er- 
reichung des  ganzen  Zwecks  der  Anstalt  erforderl.  Harmonie  des  Zusammen- 
wirkens sämtlicher  Lehrer  stören,  zwar,  mit  collegialischer  Schonung,  aber,  wo 
es  nöthig  ist,  auch  mit  Ernst  und  Nachdruck  zurechtzuweisen. 

d.  Auf  regelm.  Abhaltung,  sowie  auf  pünktlichen  Beginn  und  Schlufs 
der  Lehrstunden  hat  er  mit  Entschiedenheit  zu  halten  und  etwan.  Nachlässig- 


bei  den  Kassen  der  höh.  Unterrichts-Anstalten,  10.  2.  April  Einreichung  der 
Liquidationen  über  verauslagtes  Post -Porto  etc.,  11.  3.  Mai  Einreichung  der 
Finalabschlüflse,  12.  1.  Mai  Freqaenzübersiohten,  J3.  1.  Mai  Personal -Ver- 
änderungen bei  den  Lehrercollegien,  14.  1.  Mai  Uebersicht  der  abgehaltenen 
Beifeprüfangen,  15.  1.  Juli«  Uebersicht  über  die  Bewegungen  unter  den  an- 
gestellten Lehrern  bei  den  höheren  Schul -Anstalten,  16.  1.  November  Personal- 
Veränderungen  der  Lehrercollegien,  17.  Frequenzübersichten,  18.  l.Deoember 
Verzeichnis  der  zur  Anstellung  gelaxi^en  Lehrer,  welchen  Universitäts  -  Honorare 
gestundet  worden  sind,  19.  10.  fiecember  Bericht  über  vorhandene  Kunst- 
sammlungen. 


143 

• 

keiten  einzelner  Lehrer  mit  Ernst  entgegenzutreten.  e.  Bei  dringenden  Yer- 
anlassangen  ist  er  befagt,  einzelnen  Lehrern  einen  Urlanb  von  höchstens  8  Tagen 
zu  erteilen.  In  solchen  Fällen,  sowie  wenn  ein  Lehrer  durch  Krankheit  oder 
durch  andere  unabwendbare  Hindernisse  seine  Lectionen  zu  halten  aufser  Stande 
ist,  hat  er  für  die  Stellvertretung  desselben  durch  die  anderen  Lehrer  mit  mög- 
lichster Vermeidung  von  Elassencombinationen  zu  sorgen,  solcher  Vorkomm- 
nisse aber  in  den  zu  erstattenden  Schulberichten  zu  erwähnen: 

f.  Für  die  punktl.  Einlieferung  der  denjährl.  Programmen  beizufügen- 
den wissenschaftl.  Abhandlung  hat  er  durch  rechtzeitige  Erinnerung  desjenigen 
Lehrers,  der  nach  der  festgesetzten  Reihenfolge  oder  nach  Torgängiger,  mit  seiner 
Zustimmung  erfolgter  Verabredung  unter  den  Lehrern  dieselbe  abzufassen  hat, 
Sorge  zu  tragen. 

g.  Jeden  neu  eintretenden  Lehrer  hat  er  mit  angemessener  Feierlichkeit 
in  sein  Amt  einzufahren,  die  vorschriftsm.  Vereidigung  desselben  oder  die  Ver- 
pflichtung auf  den  etwa  schon  geleisteten  Staatseid  vorzunehmen,  ihn  mit  dem 
ganzen  Umfange  seiner  Pflichten  ausführlich  bekannt  zu  machen,  endlich  ihn 
sowohl  in  Bezug  auf  die  Handhabung  der  Disciplin  als  auf  die  Hülfsmittel  des 
Unterrichts  nach  Möglichkeit  in  schonender  und  liebevoller  Weise  zu  unter- 
stützen, h.  Die  Schulamtscandd.,  welche  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  zur  Ab- 
haltung des  vorgeschrieb.  Probejahrs  der  Anstalt  überwiesen  werden,  hat  er  nach 
den  bestehenden  Vorschriften  in  angemessener  Weise  zu  beschäftigen  und  teils 
selbst,  teils  durch  die  betreff:  Elassenordinarien  zu  leiten  und  zu  unterstützen, 
und  mit  gewissenhafter  Sorgfalt  dahin  zu  wirken,  dafs  ihnen  ihre  Beschäftigung 
bei  der  Anstalt  far  ihre  wissenschaftl.  und  prakt.  Ausbildung  nützlich  und 
förderlich  werde. 

§  4.  Verhältnis  des  Dir.  zu  den  Eltern  un<\  Pflegern  der 
Zöglinge.  Als  nächster  Stellvertreter  der  Eltern  in  der  Schule  hat  der 
Dir.  das  Vertrauen,  das  dieselben,  indem  sie  ihre  Söhne  der  Anstalt  übergeben, 
den  Lehrern  derselben  und  vorzugsweise  ihm  erweisen,  durch  freundliche  Zuvor- 
kommenheit in  allen  das  wissenschaftl.  und  sittlich-religiöse  Gedeihen  ihrer 
Kinder  betreffenden  Anglgh.  zu  ehren  und  zu  rechtfertigen,  ihnen  und  namentl. 
auch  den  auswärt.  Eltern  auf  deren  Verlangen  und,  wenn  es  erforderlich  ist, 
freiwillig  entgegenkommend,  jede  denselben  wünschenswerthe  Auskunft. zu  er- 
teilen und  dahin  zu  wirken,  dafs  Schule  und  Haus  möglichst  in  Ueberein- 
stimmung  mit  einander  handeln. 

§  5.  Dienstverrichtungen  des  Dir.  in  Beziehung  auf  den 
wissenschaftlichen  Zweck  der  Ansiteli  Da  dem  Dir.  die  Leitung 
des  gesamten  Unterrichts  übertragen  ist,  so  hat  er  die  zu  seiner  VerfQgung 
gestellten  Lehrkräfte  im  AUgm.  so  zu  ordnen  und  in  Thätigkeit  zu  setzen,  dafs 
die  in  dem  Abiturientenreglm.  bezeichnete  wissenschaftl.  Bildung  und  folglich 
auch  der  für  die  einzelnen  Bildungsstufen  vorgezeichnete  Grad  von  Kenntnissen 
und  Fertigkeiten  auf  dem  im  allgm.  Lehrplan  verzeichneten  Wege  möglichst 
vollständig  erreicht  werde.    Demgemäfs  hat  er: 

a.  die  Lectionen  für  jedes  Jahr  so  zu  verteilen,  dafs  jedem  Lehrer  der 
für  seine  Kräfte  und  seine  Qualiflcation  angemessene  Wirkungskreis  angewiesen 
werde.  b.  Den  Unterricht  in  jeder  Kl.  bei  den  verschiedenen  Lehrern  so  zu 
regeln  und  zu  beaufsichtigen,  dafs  ein  zweckmäfsiges,  mit  verständiger  Berück- 
sichtigung der  Gesundheit  und  der  Kräfte  der  Schüler  stufenweise  geordnetes 
Fortschreiten  stets  gesichert  bleibt  und  die  ganze  Anstalt  durchdringt;  c.  da- 
hin zu  wirken,  dafs  die  didaki  Grundsätze  und  Lehrweisen  der  verschiedenen 
Lehrer  in  den  einzelnen  Unterrichtszweigen  sich  nicht  widerstreiten,  sondern, 
soweit  die  Lidividualität  eines  jeden  Lehrers  es  nur  immer  zuläfst,  in  Einklang 
gebracht  werden.  d.  Um  dieses  Ziel  zu  erreichen,  hat  er  in  den  Conferenzen 
pädagogische   und   didakt.  Fragen  zum  Gegenstande   allseitiger  gemeinsamer 


144 

Besprechung  zu  machen,  nnd  so  bei  sämü.  Lehrern  ein  lebendiges  Verständnis 
des  Organ.  Zusammenhanges  der  Schule,  klare  Einsicht  in  die  Nothwendigkeit 
williger  Unterordnung  und  Einordnung  des  Einzelnen,  endlich  ein  reges  Interesse 
an  dem  Gedeihen  der  ganzen  Anstalt  wie  an  den  Fortschritten  der  einzelnen 
Schuler  zu  vermitteln,  auch  die  von  Zeit  zu  Zeit  erforderl.  Fachconferenzen 
nicht  zu  versäumen. 

e.  Zu  seihen  wesentl.  Obliegenheiten  gehört  es  femer,  die  Lehrstunden 
der  einzelnen  Lehrer  so  oft  wie  möglich  zu  besuchen.  Hefte  und  Arbeiten  der 
Schüler  von  Zeit  zu  Zeit  sich  vorlegen  zu  lassen,  die  Zweckmäfsigkeit  der 
Aufgaben  zu  prüfen,  auf  Pünktlichkeit  in  der  Ablieferung  und  Gewissenhaftigkeit 
der  Correctur  zu  sehen  und  namentl.  unter  Einweisung  auf  die  bestehenden 
Vorschriften  (Eescr.  v.  24.  Oct.  1837,  20.  Mai  1854,0  nnd  7.  Jan.  1856)  darauf 
zu  halten,,  dafs  durch  Beobachtung  eines  für  die  häusl.  Arbeiten  der  Schüler 
festzustellenden  Zeitmafses  jede  üeberladung  der  Schüler  im  Ganzen  zum  Schaden 
der  Gesundheit,  wie  jeder  Uebergriff  des  einzelnen  Lehrers  zum  Nachteil  anderer 
Lehrgebiete  verhütet  werde. 

f.  Je  wichtiger  das  Versetzungsgeschäft  für  das  Wissenschaft.  Gedeihen 
der  Anstalt  ist,  desto  gröfsere  Sorgfalt  hat  er  darauf  zu  verwenden,  dafs  die  be- 
stehenden Vorschriften  gewissenhaft  beobachtet  werden.  Die  durch  häufigen  Be- 
such der  Klassen,  sowie  durch  mündl.  und  schrifbl.  Prüfung  gewonnene  Kenntnis 
der  Leistungen  jedes  einzelnen  Schülers  wird  ihn  am  sichersten  in  den  Stand 
setzen,  in  allen  Fällen  auf  Grund  seines  eigenen  selbständigen  Urteils  die  etwan. 
Meinungsverschiedenheit  auszugleichen.  Gleicher  Vorsicht  und  Gewissenhaftigkeit 
bedarf  es  bei  der  ?Lufhahme  neuer  Schüler,  deren  Prüfung  entweder  von  dem  Dir. 
allein  oder  unter  Zuziehung  eines  oder  mehrerer  ordentl.  Lehrer  vorzunehmen  ist 

§  6.  Dieqstverrichtungen  des  Dir.  in  Bezug  auf  Zucht  und 
Sitte.  Die  Schule  hat  es  als  ihre  wesentlichste  Aufgabe  zu  betrachten,  neben 
der  Wissenschaft!.  Ausbildung  der  Zöglinge  auch  eine  christliche  Gesinnung  in 
ihnen  zu  wecken  und  zu  pflegen,  und  sie  zu  einem  derselben  entsprechenden 
frommen  Wandel  anzuleiten.  Der  Dir.  wird  daher  die  Pflege  eines  christL 
Geistes  und  Wandels  als  seine  heiligste  Pflicht  betrachten  und  dahin  wirken, 
dafs  ein  religiöser  Charakter  das  ganze  Leben  der  Anstalt  durchdringe  und  den 
Schülern  in  den  Lehrern  das  Vorbild  eines  christlich  frommen  Lebens  vorleuchte. 
Er  wird  durch  Veranstaltung  gemeinsamen  Gebets  am  Anfang  und  am  Schlufs 
der  Lectionen  jedes  Tages,  sei  es  mit  der  Gesamtheit  der  Schüler,  sei  es  in 
den  einzelnen  Klassen,  durch  würdige  Einrichtung  der  Schulfeierlichkeiten,  durch 
Mahnung  zum  Kirchenbesuch,  sowil  durch  Anordnung  einer  angemessenen  Beauf- 
sichtigung der  Teilnahme  der  Schüler  an  dem  öffentl.  oder  dem  besonderen 
GymnasisJgottesdienst  durch  die  Lehrer  auf  Weckung,  Belebung  und  Erhaltung 
des  religiösen  Sinnes  zu  wirken  bestrebt  sein.  Er  wird  seine  Aufinerksamkeit 
unausgesetzt  auf  den  sittlich-religiösen  Zustand  der  ganzen  Anstalt  richten  und, 
um  ein  möglichst  übereinstimmendes  Verfahren  in  der  Schulzucht  herbeizuführen» 
die  Conferenzen  zur  Verständigung  über  die  Hauptgrundsätze  christlicher  Er- 
ziehung, so  wie  zu  ausführl.  Mitteilungen  über  das  Betragen  der  Schüler  benutzen 
und  in  denselben  mit  den  Lehrern  die  Mafsregeln  berathen,  welche  geeignet 
sind,  unlöblichen  oder  gar  verderbl.  Bichtungen  einzelner  Zöglinge  oder  ganzer 
Klassen  mit  kräftiger  Entschiedenheit  entgegen  zu  wirken. 

Auch  auf  das,  was  aufserhalb  der  Schule  auf  die  sittl.  Führung  der  Zög- 
linge einen  nachteiligen  Einflufs  haben  könnte,  hat  er  gewissenhaft  zu  achten, 
die  auswärt.  Schüler  nicht  nur  selbst  so  oft  als  möglich  in  ihren  Wohnungen 
zu  besuchen,  sondern  auch  insbesondere  den  Klassenordinarien  und  Beligions- 


1)  8,  Abt.  I.  S.  254.    C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Posen  v.  13.  Oct  1875. 
(s.  Nachträge  zu  Abt  I  S.  258.) 


146 

lehrem  die  Fürsorge  für  sie  znr  Pflicht  zu  machen  imd  die  Erfollimg  dieser 
Pflicht  zn  controllu^n.  Wo  Hans  und  Schule  nicht  in  Uebereinstimmnng  mit 
einander  wirken  oder  gar  einander  entgegenarbeiten,  hat  er  dnrch  mündL 
oder  schrifü.  Yerkeb:  mit  den  Eltern  oder  Pflegern  der  Zöglinge  eine  Yer- 
st&ndignng  zn  erstreben.  —  Er  hat  daranf  zn  halten,  daCa  die  auswärt.  Schüler 
nur  bei  solchen  Pensionshaltem  oder  in  solchen  Familien  untergebracht  werden, 
die  geeignet  sind,  einen  wohlthätigen  Einflnfs  anf  ihre  sittl.  Haltung  auszuüben, 
und  allen  Schülern  den  Besuch  von  Wirthshfiusem  und  öffentl,  Gastlocalen  nur 
in  der  Begleitung  und  unter  Aufsicht  ihrer  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  zu 
gestatten. 

Zucht  und  Ordnung  hat  er  mit  Festigkeit,  Ernst  und  Würde  aufrecht  zu 
erhalten  und  darauf  zu  sehen,  dafs  dies  auch  von  allen  Lehrem  der  Anstalt  ge- 
schehe, namentl.  aber  vor  leidenschaftlichen  Ausbrüchen  des  Zorns  sie  auf  das 
nachdrücklichste  zu  warnen.  Sollten  Lehrer  wider  Erwarten  in  dieser  Beziehung 
fehlen  oder  gewohnheitsmäfsig  körperl.  Züchtigung  als  Strafe  anwenden,  so  ist 
er  befugt,  ihnen  jede  körperl.  Züchtigung  auf  eine  gewisse  Zeit  zu  untersagen. 
Wenn  Lehrer  Beweise  Ton  roher  Gesinnung  und  somit  auch  von  pädagog.  Un- 
fähigkeit dadurch  geben,  dafs  sie  Schimpfwörter  gegen  ihre  Schüler  ausstofsen 
oder  ihnen  unangemessene,  auf  ihre  Verhältnisse  oder  ihre  Eigentümlichkeiten 
sich  beziehende  Namen  beilegen,  so  hat  er,  wenn  seine  Erinnerungen  erfolglos 
sind,  das  E.  Proy.Sch.C.  davon  zu  benachrichtigen. 

Li  Betreff  der  am  SchluTs  eines  jeden  Quartals  oder  Semesters  den  sämtl. 
Schülern  der  betreff.  Klassen  zu  erteilenden  Gensuren  hat  er  das  Erforderliche 
anzuordnen  und  die  vorschriftsm.  Ausführung  zu  überwachen,  auf  ordnungs- 
mäßige Führung  der  Klassenbücher  zu  halten  und  die  den  abgehenden  Schülern 
zn  erteilenden  Zeugnisse  den  bestehenden  Vorschriften  gemäfs  entweder  allein 
oder  in  Gemeinschaft  mit  den  dazu  bestimmten  Lehrem  auszustellen. 

Bei  der  Au&ahme  solcher  Schüler,  die  vorher  andere  Anstalten  besucht 
haben,  hat  er  deren  Sittenzeugnisse  sorgfältig  zu  prüfen  und,  wenn  es  erforder- 
lich erscheint,  genauere  Ermittelungen  anzustellen.  In  Bedenken  erregenden 
Fällen  ist  er  befugt,  ihnen  die  Aufiiahme  nur  versuchsweise  zu  gestatten  und 
sie  ohne  Weiteres  zu  entlassen,  wenn  nach  dem  Urteil  des  Klassenordinarius 
und  der  übrigen  Lehrer  der  betreff.  Klasse  die  Disciplin  und  die  Sittlichkeit 
dnrch  das  Betragen  derselben  gefährdet  wird. 

§  7.  Dienstverrichtungen  des  Dir.  in  Beziehung  auf  das 
körperliche  Wohl  der  Zöglinge.  Der  Dir.  hat  auch  auf  das  körperL 
Wohl  der  Schüler,  soweit  innerhalb  der  Schulr&ume  dafür  gesorgt  werden  kann, 
unausgesetzt  zu  achten.  Es  liegt  ihm  zu  diesem  Behuf  ob,  dem  Schuldiener 
die  gröfste  Beinlichkeit  in  allen  Schulräumen,  sowie  die  regelm.  Lüftung  der 
Unterrichtsiocale  zur  Pflicht  zu  machen  und  darauf  zu  halten,  dafs  er  den  ihm 
erteilten  Anweisungen  nachkomme.  Er  hat  für  zweckm.  Einrichtung  der  Schul- 
tische und  Bänke  Sorge  zu  tragen.  Er  hat  wiederholt  auf  die  Verfügungen 
hinzuweisen,  welche  über  die  Haltung  des  Körpers,  über  die  Schonung  der  Augen 
und  der  Stimme  von  den  K.  Behörden  erlassen  worden  sind,  und  die  Aufmerk- 
samkeit der  Lehrer  auf  diesen  Gegenstand  hinzulenken.  —  In  Betreff  der  Be- 
aufsichtigung der  Schüler  während  der  Pausen,  in  welchen  dieselben  auf  dem 
Schulhof,  Spiel-  oder  Tumplatz  sich  aufhalten,  hat  er  das  Erforderliche  anzu- 
ordnen. —  Wenn  eine  Ueberfüllung  einzelner  Klassen  in  Aussicht  steht,  hat 
er  dem  K.  Prov.Sch.C.  rechtzeitig  Anzeige  zu  machen  und  die  erforderl.  Anträge 
zn  stellen. 

§  8.  Dienstverrichtungen  des  Dir.  in  Bezug  auf  die  äufseren 
Hülfsmittel  der  Schule.  a.  Die  Schulbibliothek  und  sämtl.  dem  Gymn. 
gehörige  Sammlungen  stehen  unter  der  Aufsicht  des  Dir.  Die  besondere  Auf- 
sicht über  einzelne  Sammlungen  kann  er  einzelnen  Lehrem  übertragen;  jedoch 

Wiese,  Veiordnnngen.    IL  10 


146 

1)l6ibt  er  l&r  die  genaue  Fälinmg  des  Inventariums  nach  den  bestehenden  Vor- 
Schriften  stets  Tqrantworiüch.  b.  Für  die  Ergänzung  und  Vermehrung  des 
Lehrapparats  und  der  Schulutensilien,  sowie  für  die  Erhaltung  und  Ausbesserung 
der  Gebäulichkeiten  hat  er  Sorge  zu  tragen  und,  soweit  £[es  nöthig  ist,  das 
Erforderliche  rechtzeitig  bei  der  zuständigen  Behörde  zu  beantragen,  auch,  wenn 
die  unter  seiner  Leitung  stehende  Anstalt  städt.  Patronats  ist,  erforderlichen 
Falls  die  Vermittelung  des  E.  Prov.Sch.C.  in  Anspruch  zu  nehmen.  c.  Er 
fuhrt  die  Aufsicht  über  die  Verwaltung  der  Schulbibliothek  und  hat  gegenüber 
dem  Bibliothekar  alle  Bechte  und  Befugnisse,  die  aus  diesem  Verh^tnis  und 
der  damit  verbundenen  Verantwortlichkeit  entspringen.  d.  Das  Archiv  hat 
er  zu  verwalten  und  stets  in  Ordnung  zu  halten,  namentl.  aber  dafSr  Sorge  zu 
tragen,  dal^  die  eingehenden  Nummern  pünktlich  in  das  Journal  eingetragen 
und  die  Acten  geheftet  werden. 

Den  Schuldiener,  der  unter  des  Dir.  specieller  Aufsicht  steht  und  allen 
Anordnungen  desselben  Folge  zu  leisten  hat,  hat  er  zur  pünktl.  und  ordnungs- 
mäfsigen  Erfüllung  aller  ihm  übertragenen  Verrichtungen,  namentl.  in  Beziehung 
auf  die  Beinhaltung  der  Locale  und  das  Heizen  der  Oefen  anzuhalten.  Posen. 
£.  Prov.SchulcoUegtum. 

Provinz  SohlesiexL 

I.nstr.  V.  1.  Oct.  1867. 

§  1.  Die  gegenwärtige  Instruction  betrifft  die  Pflichten  und  Beiugnisse, 
welche  den  Directoren  der  Gymn.  und  der  Bealschulen  1.  0.  in  der  Prov.  Schle- 
sien hinsichtl.  der  inneren  und  äufseren*  Verhältnisse  der  ihnen  anvertrauten 
Anstalten  obliegen  und  zustehen. 

§  2.  Allgemeine  Pflichten  des  Directors.  Der  Dir.  ist  der 
nächste  Vorstand  der  Anstalt  und  dafür  verantwortlich,  dafs  der  Zweck  derselben, 
wissenschaftL  Bildung  und  Erziehung  der  Jugend  zu  wahrer  Gottesfurcht,  edler 
Sitte  und  aufopfernder  Vaterlandsliebe,  erreicht  werde,  sowie  er  hinsichtl.  der 
äufseren  Verhältnisse  verpflichtet  ist,  allen  Schaden  von  der  Anstalt  abzuwenden 
und  fär  ihren  Vorteil  zu  sorgen. 

§  3.  Vorgesetzte  des  Directors.  Die  nächste  staati.  Behörde 
far  den  Dir.  ist  das  unterzeichn.  K.  Prov.Sch.C.  Wenn  eine  Anstalt  ein  be- 
sonderes Ephorat  oder  Guratorium  hat,  dann  ist  der  Dir.  verpflichtet,  die  Befugnis 
desselben  in  den  zutreffenden  Fällen  zunächst  zu  beachten  und  sich  an  dasselbe 
zu  wenden;  auch  wird  er  es  sich  angelegen  sein  lassen,  sich  mit  dem  bestellten 
Ephorus  oder  Gurator  überall  in  gutem  Vernehmen  zu  halten  und  ihm  die  ge- 
bührende Achtung  zu  erweisen. 

§  4.  Geschäftsverkehr.  Als  Organ  der  Staatsbehörde  hat  der  Dir. 
alle  bestehenden  Anordnungen  und  ihm  zugehenden,  die  Anstalt  betreff.  Ver- 
fagungen  auszuführen  oder  etwanige  Bedenken  dagegen  sofort  zur  Anzeige  zu 
bringen,  die  periodischen  oder  von  ihm  erforderton  Berichte  pünktlich  zu  er- 
statten, über  alle  wichtigen  Angelegenheiten  zu  berichten  und  den  Gommissarien 
der  Behörde  jede  verlangte  Auskunft  über  die  Verhältnisse  der  Anstalt  zu 
geben. 

§  5.  Stellung  des  Directors  zu  den  Lehrern.  Der  Dir.  ist 
erstes  und  vorsitzendes  Mitglied  des  LehrercoUegiums.  Wie  das  Interesse  der 
ganzen  Anstalt,  hat  er  auch  das  der  Lehrer  überall  wahrzunehmen.  Amtl.  Ein- 
gaben der  Lehrer  an  eine  der  Behörden  werden,  wenn  nicht  besondere  Gründe 
eine  Ausnahme  rechtfertigen,  durch  ihn  unter  Beifügung  seines  Gutachtens  ein- 
gereicht. Eine  besondere  Sorge  wird  es  für  ihn  sein,  auf  die  Weckung  und 
Erhaltung  eines  wissenschaftl.  strebsamen  und  zugleich  coUegialischen  Geisten 


147 

der  Lehrer,  auf  eine  würdige,  atus  dem  lebendigen  Bewofstsein  ihrer  Bemfeanfgabe 
entspringende  Haltung  derselben  und  auf  ein  möglichst  übereinstimmendes  Ver- 
fahren in  Methode  und  Zucht  hinzuwirken  und  das  gesamte  Lehrerpersonal 
dnreh  Wort  und  Beispiel  auf  treue  und  gewissenhafte  Pflichterfüllung  in  allen 
Obliegenheiten  des  Amts  hinzuweisen.  Auf  etwan.  Versäumnisse,  Mifsgriffe  und 
ünzulfissigkeiten  in  dem  amtL  wie  in  dem  aufseramtl.  Verhalten  der  Lehrer  wird 
er  zuerst  mit  milder  Schonung  aufmerksam  machen,  ihnen  aber  bei  Nichtbeach- 
tung seiner  Vorstellungen  und  Weisungen  mit  Ernst  und  Entschiedenheit  ent- 
gegentreten. Der  Dir.  ist  befugt,  Lehrer  za  einer  amtl.  Besprechung  im  Con- 
ferenz-  oder  in  seinem  Arbeitszimmer  aufeufordem.'  Dieselben  Pflichten  wie 
gegen  die  Lehrer  hat  der  Dir.  gegen  die  wissenschaftl.  Hülfslehrer,  Probecandd. 
und  technischen  Lehrer;  namentlich  hat  er  die  Beaufsichtigung  und  prakt  An- 
leitung der  Probecandd.  als  eine  der  Hauptpflichten  seines  Amt«  zu  betrachten 
und  dafür  Sorge  zu  tragen,  dalb  die  Vorschriften,  welche  in  dem  Min.  Erlafs  v. 
30.  M&iz  1867  (s.  oben  S.  60)  enthalten  sind,  genau  zur  Ausfährung  gebracht 
werden.  • 

§  6.  Besondere  Pflichten  gegen  die  Lehrer.  Dem  Dir.  liegt  es 
ob,  den  neu  angestellten  Lehrer  förmlich  in  sein  Amt  einzufahren,  ihn  mit  allen 
seinen  Pflichten  und  mit  gegenwärtiger  Instruction  bekannt  zu  machen  und 
ihn,  wenn  die  Anstalt  königl.  Patronate  ist,  yorschriftemäfsig  zu  vereiden,  wie 
er  auch  frühzeitig  von  dem  beabsichtigten  Abgange  eines  Lehrers  und  von  einem 
Todesfall  im  Lehrercoll.  unverzüglich  Anzeige  zu  machen  und,  wenn  ihm  ein 
zum  Nachfolger  geeigneter  Mann  bekannt  ist,  die  Aufmerksamkeit  des  Patronats 
auf  denselben  zu  lenken  hat  Für  die  Klassenordinariate  hat  er  die  dazu  ge* 
eigneten  Lehrer  vorzuschlagen. 

§  7.  Vertretung  des  Directors  und  der  Lehrer.  Bei  Ver- 
hinderungen durch  andauernde  Krankheit  oder  durch  Beisen,  auch  während  der 
Ferien,  hat  der  Dir.  uns  upter  Bezeichnung  seiner  Vertretung  Anzeige  zu  machen. 
Mufs  er  während  der  Schulzeit  länger  als  8  Tage  verreisen,  dann  ist  bei  uns 
ein  Urlaub  nachzusuchen.  Bei  plötzl.  Verhinderungen  des  Dir.,  sowie  bei  Er- 
ledigung der  Directorstelle  hat,  insofern  nicht  von  uns  etwas  anderes  vorgesehen 
ist,  der  erste  Oberlehrer  die  Directionsgeschäfte  bis  auf  Weiteres  wahrzunehmen. 

Für  nothwendige  Beisen  der  Lehrer  aufserhalb  der  Ferienzeit  kann  der 
Dir.  auf  4  Tage  Urlaub  erteilen  und  die  Vertretung  anordnen;  für  längere  Zeit 
ist  ein  Urlaubsgesuch  durch  den  Dir.  an  uns  zu  richten,  in  welchem  zugleich 
Vorschläge  far  die  Vertretung  zu  machen  sind.  In  Krankheitsfällen  der  Lehrer 
ordnet  der  Dir.  die  Vertretung  an  und  macht  uns  darüber  bei  voraussichtlich 
längerer  Dauer  der  Krankheit  Anzeige. 

§  8.  Verhalten  gegen  die  Unterbedienten  der  Anstalt  Die 
Haushälter,  Aufwärter,  Schiüdiener,  wie  alle  die  in  nächst^  Beziehung  zu  der 
Anstalt  stehenden  dienenden  Personen  sind  der  unmittelb.  Aufsicht  des  Dir. 
unterworfen,  welcher  darüber  zu  wachen  hat,  dafs  sie  nicht  allein-  ihre  Pflichten 
nach  den  ihnen  erteilten  Dienstinstructionen  genau  erfüllen,  sondern  auch,  dafs 
weder  sie  noch  ihre  Angehörigen  durch  ihr  Betragen  die  Würde  der  Anstalt 
beeinträchtigen  oder  den  Schülern  Anstofs  geben.  —  Den  Dir.  derjenigen  An- 
stalten, mit  welchen  Gonvicte,  Alumnate  oder  Pensionats  verbunden  sind,  wird 
in  dieser  Beziehung  die  strengste  Wachsamkeit  anempfohlen. 

§  9.  Beaufsichtigung  der  Anstaltsgebäude  und  des  Inven- 
tars. Unter  der  Oberaufsicht  des  Dir.  stehen  alle  zu  der  Anstalt  gehörenden 
Schul-,  Kirchen-,  Wohnungs-  und  Convictsgebäude  und  Pertinenzstücke  mit  dem 
der  Anstalt  gehörenden  Inventar,  und  hat  derselbe  dafür  zu  sorgen,  dafs  Ge- 
bäude und  Pertinenzstücke  mit  Inbegriff  des  Turnplatzes  nicht  ohne  unsere 
Erlaubnis  zu  einem  anderen  Zweck  als  wozu  sie  für  die  Anstalt  bestimmt  sind, 
verwandt  werden.  —  Nothwendige  Beparaturen  an  den  Gebäuden  oder  dem  In- 

10* 


148 

ventar  sowie  Nenbeschaff^gen  sind  der  betr.  Behörde  rechtzeitig  zur  Anzeige 
zn  bringen. 

§  10.  Beaufsichtigung  des  Lehrapparats.  Ebenso  stehen  unter 
der  Oberau&icht  des  Dir.  alle  zum  allgm.  Gebrauch  bestimmten  Lehrmittel  der 
Anstalt  —  Für  den  mathematisch-physikal.  Apparat,  für  das  ehem.  Laboratorium, 
die  naturhistor.  Sammlungen,  die  Lehrer-  und  Schülerbibliothek,  die  Musikalien, 
Zeichenapparate  und  Vorschriften  sind  in  der  Beg^  aus  der  Zahl  der  Lehrer 
'  besondere  Aufseher  zu  wählen.  —  Die  Wahl  des  Aufsehers  der  Bibliothek  bedarf 
unserer  Bestätigung.  Der  Dir.  hat  das  sämtl.  Inventar  und  die  Lehrmittel  min- 
destens einmal  im  Jahr  zu  reyidiren  und  über  die  Bevision  ein  der  Jahres- 
rechnung beizufügendes  und  abschriftlich  aufzubewahrendes  Protokoll  auf- 
nehmen. 

§  11.  Archiv  der  Schule.  Das  Schularchiv  steht  unter  alleiniger 
Aufsicht  des  Dir.  In  demselben  sind,  nach  bestimmten  Bubriken  geordnet,  die 
Verfügungen  der  Behörden,  die  Concepte  der  erstatteten  Berichte,  die  sonstige 
amtl.  Oorrespondenz  und  andere  amtl.  Schriftstücke,  die  Censurbücher  der  Schüler 
und  das  Album  der  Anstalt  au&ubewahren.  Von  den  Verfcigungen  der  Behörden 
ist  ein  nach  den  Gregenständen  und  der  Zeitfolge  geordnetes  Verzeichnis  anzu- 
fertigen resp.  fortzuföhren,  damit  Jeder,  den  es  angeht,  mit  Leichtigkeit  die 
einen  bestimmten  Gegenstaiid  betreffenden  Anordnungen  auffinden  kann. 

§  12.  Eassenyerwaltung.  Hai  die  Anstalt  eine  besondere  Eassen- 
verwaltung,  dann  ist  der  Dir.  vorsitzendes  Mitglied  derselben  und  hat  in  Bezug 
auf  sie  alle  die  Befugnisse  und  Pflichten,  welche  in  den  besonderen  Eassen- 
instructionen  aufgeführt  sind.  Wo  eine  besondere  Eassenyerwaltung  nicht  an- 
geordnet ist,  hat  doch  der  Dir.  nach  Möglichkeit  auf  die  Verbesserung  der 
finanziellen  Verhältnisse,  besonders  auf  die  Erhaltung  und  Vermehrung  der  etwa 
yorhandenen,  für  wohlthätige  Zwecke  bestimmten  Nebenfonds  der  Anstalt  hin- 
zuwirken. 

§  13.  Sorge  für  das  Innere  der  Schule.  Ganz  yorzügüch  ist 
«BS  Aufgabe  des  Dir.,  die  inneren  Angelegenheiten  der  Anstalt,  die  intellectuelle 
Ausbildung  und  die  Erziehung  der  Schüler  zu  leiten.  Zu  den  Pflichten  des  Dir. 
gehören  demnach  die  Entwerfung  des  Lectionsplans  und  die 'Ausführung  des- 
selben, die  Aufnahme  und  Translocation  der  Schüler,  die  Einrichtung  der  Prü- 
fungen und  Schnlfeierlichkeiten,  die  Anordnung  der  Censuren,  die  Ueberwachung 
der  Disciplin  und  die  Leitung  der  Oonferenzen. 

§  14.  Lehryerfassung  überhaupt.  Der  yon  dem  Dir.  nach  den 
bestehenden  Vorschriften,  namentlich  nach  dem  Oircularerlafs  des  Cultusmini- 
steriums  y.  7.  Jan.  1856  ^)  entworfene  Lectionsplan  ist  gegen  das  Ende  des 
Schuljahrs  dem  LehrercoU.  zur  Beratbung  yorzulegen.  Bei  derselben  sind  billige 
Wünsche  der  Lehrer,  nach  Möglichkeit  zu  berücksichtigen. 

Die  Zahl  yon  24  wöchtl.  Lehrstunden  für  Lehrer  der  unteren  und  mitt- 
leren und  yon  20  für  die  der  oberen  Elassen  ist  ohne  dringender  Veranlassung 
nicht  zu  überschreiten.  Mafsgebend  für  die  Stundenzahl  sind  indefs  die  mit 
den  Lectionen  yerbundenen  Gorrecturen,  die  Lehrgegenstände,  Frequenz  der 
Elassen,  Ordinariatsgeschäfte  und  sonstige  billige  Bücksichten.  Ueber  die  jedem 
Lehrer  zu  übertragenden  Lehrgegenstände,  sowie  über  das  yon  ihm  zu  yerwal- 
tende  Elassenordinariat  entscheidet  aufser  der  Qualification  des  Lehrers  nicht 
sein  Bangyerbältnis  im  Oollegium,  sondern  lediglich  das  Bedürfnis  der  Anstalt. 
So  yiel  als  möglich  ist  darauf  zu  sehen,  dafs  der  ünterr.  in  einer  Elasse  nicht 
unter  zu  yiele  Lehrer  yerteilt  werde  und  dafs  der  Ordinarius  seine  meisten  Lec- 
tionen in  seiner  Elasse  erhalte,  namentl.  den  deutschen  und  lateinischen  und 


0  Jetzt  C.Verf.  v.  31.  März  1882,  Abt,  I  S.  110  fg. 


149 

in  den  eyangelischen  Anstalten  womöglich  den  Beligionsnnterr.  in  derselben 
erteile,  und  dafs  die  erste  Morgenstande,  wenn  nicht  der  Beligionsimterr.  in  sie 
fällt,  dnrch  den  Ordinarius  abgehalten  werde. 

Der  Lectionsplan  ist  uns  spätestens  4  Wochen  vor  dem  Anfange  des  neuen 
Schuljahrs  zur  Genehmigung  einzureichen.  Wird  die  Einfuhrung  eines  neuen 
Schulbuchs  beabsichtigt,  dann  ist  unter  Anlage  eines  Exemplars  desselben  ein 
besonderer  motivirter  Antrag  rechtzeitig  und  unter  Beachtung  der  von  dem  K. 
Minist,  erlassenen  Verordnungen  zu  stellen. 

§  15.  Einteilung  und  Ueberwachung  des  Unterrichts.  Der 
genehmigte  Lectionsplan  bildet  für  das  Schuljahr  die  2SoTm  des  Unterrichts, 
und  hat  der  Dir.  far  eine  dem  Zweck  der  Anstalt  entsprechende  Ausfahmng  des- 
selben zu  sorgen.  Zu  dem  Ende  sind:  a.  sogleich  im  Anfange  des  Schul- 
jahrs in  einer  Conferenz  die  Lehrabschnitte  in  den  einzelnen  Unterrichtsföchem 
far  die  beiden  Semester  oder  auch  far  die  Quartale  des  Schuljahrs  festzustellen, 
sowie  im  Verlauf  des  Jahres,  wenn  es  nöthig  scheint,  besondere  Fachconferenzen 
zu  veranlassen;  b.  die  Anzahl,  das  Mafs  und  die  Ablieferungszeit  der  schriftl. 
häusl.  Arbeiten  mit  Bücksicht  auf  ein  gründliches  sicheres  Fortschreiten  der 
geistigen  Bildung  der  Schüler  und  auf  ihre  körperl.  Entwickelung  und  Gesund- 
heit zu  bestimmen ;  c.  die  Lehrstunden  in  allen  Klassen  von  dem  Dir.  ohne 
irgend  eine  persönl.  Bücksicht  öfters  zu  besuchen,  und  hat  derselbe,  sofern 
einige  Lehrstunden  gleichzeitig  mit  seinen  eigenen  fallen,  sich  lieber  zuweilen 
durch  einen  anderen  Lehrer  vertreten  zu  lassen,  als  die  gedachte  Pflicht  zu  ver- 
säumen; d.  innerhalb  jedes  Semesters  die  schriftl.  Arbeiten  der  Schüler  in 
abwechselnder  Beihenfolge  der  einzelnen  Klassen  dem  Dir.  vorzulegen,  welcher 
sie  nach  genommener  Einsicht  mit  seinem  Bevisionsvermerk  versehen  wird; 
e.  in  den  Conferenzen  Besprechungen  über  den  Stand  der  Ausführung  des 
Lehrplans*  in  den  verschiedenen  Klassen  mit  den  Lehrern  anzustellen,  damit 
jeder  nicht  allein  durch  den  im  Conferenzzimmer  stets  vorliegenden  Lectionsplan, 
sondern  auch  durch  die  Mitteilungen  seiner  Collegen  in  den  Stand  gesetzt 
werde,  seine  Stellung  zu  dem  ganzen  Unterricht  zu  übersehen  und  um  so  mehr 
zur  Erreichung  des  Gesamtziels  beizutragen. 

§  16.  Dauer  der  Unterrichtszeit.  Anfang  und  Ende  des  Schul- 
jahrs, Ferien  und  die  tägl.  Schulzeit  sind  durch  besondere  Anordnungen  fest- 
gesetzt. Ueber  genaue  Beachtung  dieser  Anordnungen  hat  der  Dir.  zu  wachen 
und  insbesondere  darauf  zu  sehen,  dafs  die  Lectionen  pünktlich  angefangen 
und  abgewartet  werden.  Die  Bespirien  zwischen  den  Lehrstunden  sind  nicht 
über  5  Minuten,  die  Hauptrespirien  um  10  Uhr  Vorm.,  wenn  von  8  bis  12  Uhr 
unterrichtet  wird,  nicht  über  15  Minuten  auszudehnen.  Während  der  Bespirien 
dürfen  die  Schüler  nicht  ohne  Aufsicht  gelassen  werden. 

§  17.  Aufnahme  neuer  Schüler..  Die  Aufnahme  neuer  Schüler  in 
die  Anstalt  ist  Sache  des  Dir.  Sie  geschieht  zur  leichteren  Durchfahrung  des 
Lehrplans  in  der  Begel  nur  am  Anfange  des  Schuljahrs.  Neu  aufzunehmende 
Schüler,  welche  den  publicirten  Anmeldungstermin  ohne  begründete  Entschuldigung 
versäumen,  sind  zurückzuweisen.  Vor  dem  vollendeten  9.  Lebensjahr  ist  in  der 
Begel  kein  Schüler  aufzunehmen.  —  Ueber  die  Klasse,  für  welche  der  auf- 
zunehmende zu  bestimmen  ist,  entscheidet  das  Ergebnis  einer  sorgfältigen 
Prüfung,  wobei  das  vorzulegende  Abgangszeugnis  der  von  ihm  bis  dahin  be- 
suchten Schule  berücksichtigt  werden  kann  und  insofern  berücksichtigt  werden 
mufs,  als  kein  Schüler  in  eine  höhere  Kl.  zu  setzen  ist,  als  wofür  das  Zeugnis 
ihn  befähigt  erklärt.  Zu  der  Prüfung  kann  der  Dir.  diejenigen  Lehrer  heran- 
ziehen, welche  'in  der  Klasse,  für  welche  der  Schüler  nach  seinem  Zeugnis 
geeignet  erscheint,  unterrichten;  schliefslich  entscheidet  er  über  die  dem  Schüler 
anzuweisende  Klasse.  Die  aufgenommenen  Schüler  macht  der  Dir.  mit  der 
Disciplinarordnung  bekannt,  trägt  sie  nach  Vor-  und  Zunamen,  Alter,  Confession, 


150 

Geburtsort,  Stand  and  Wohnort  des  Vaters  in  das  Albnm  der  Anstalt  ein  und 
überweist  sie  den  Ordinarien  ihrer  Klassen. 

§  18.  Begelmäfsige  Elassenprüfnngen.  Ein  Mittel,  die  genaae 
Dnrchföhnmg  des  Lehrplans  za  sichern  m^d  den  Dir.  sowohl  als  die  Lehrer  in 
steter  Bekanntschaft  mit  den  Leistungen  der  einzelnen  Klassen  zu  erhalten, 
sind  auch  die  regelm.  Klassenprüfimgen.  Sie  werden  jährlich  wenigstens  einmal 
in  jeder  Klasse  von  den  in  ihr  unterrichtenden  Lehrern  in  Gegenwart  des  Dir. 
und  der  übrigen  Lehrer  abgehalten;  wo  ein  Curatorium  besteht,  können  anch 
die  Mitglieder  desselben  zu  diesen  Klassenprüfungen  eingeladen  werden.  Der 
Dir.  bestimmt  die  Gegenstände  und  Abschnitte  derselben,  in  welchen  geprüft 
werden  soll.  La  der  auf  die  Prüfung  folgenden  Oonferenz  wird  das  Eigebnis 
derselben  gründlich  erörtert  und  nach  seinen  Hauptzügen  in  das  Protokoll 
aufgenommen. 

§  19.  Oeffentliche  Prüfungen  und  Schulfeierlichkeiten. 
Die  Anordnung  der  am  Schlufs  des  Schuljahres  stattfindenden  öffentL  Prüfun- 
gen, der  besonderen  Schulfeste  und  der  Feier  des  (Geburtstags  Sr.  MaJ.  des 
Königs  wird  unter*  Berücksichtigung  der  an  jeder  Anstalt  herkömml.  Einrich- 
tungen nach  vorhergegangener  Berathung  mit  dem  LehrercoU.  der  schliefslichen 
Bestimmung  des  Dir.  anheimgegeben.  Auch  die  Wahl  der  bei  den  Schulfeier- 
lichkeiten vorzutragenden  Beden  und  Gedichte  bedarf  der  Genehmigung  des 
Directors. 

§  20.  Versetzungen.  Versetzungen  in  höhere  Kl.  werden  in  der 
Begel  am  Schlüsse  des  Schuljahrs  vorgenommen.  Sie  erfolgen  nach  einer  ein- 
gehenden Berathung  in  der  Gonferenz,  welche  auf  die  Besultate  der  Klassen- 
leistungen und  der  Versetzungsprüfung,  wenn  eine  solche  stattgefunden  hat, 
Bücksicht  nehmen  wird.  Schüler,  welche  in  den  Sprachen  oder  Wissenschaften 
nach  der  Ueberzeugung  der  betr.  Lehrer  die  erforderl.  Beife  nicht  erlangt  haben, 
dürfen  nicht  verse^  werden.  .  In  zweifelhaften  Fällen  ist  eine  specielle  schriftl. 
und  mündl.  Prüfung  vorzunehmen,  nach  welcher  der  Dir.,  der  entlassende  und 
der  aufnehmende  Ordinarius  über  die  Versetzung  entscheiden.  Nach  bekannt 
gemachter  Versetzung  dürfen  keine  Schüler  mehr  nachträgL  versetzt  werden. 
—  HinsichtL  der  Prüfung  der  zur  Universität  abgehenden  Schüler  ist  das  Er- 
forderliche für  die  Gymnasien  in  dem  Bglm.  v.  4.  Juni  1834  und  in  anderen 
höheren  Verordnungen,  namentl.  in  dem  Min.  Erlafs  v.  12.  Jan.  1856,  und  for 
die  Bealschulen  in  der  U.  und  PO.  v.  6.  Oct.  1859  angeordnet^) 

§  21.  Abgangszeugnisse.  Wie  die  zur  Universität  abgehenden 
Schüler  erhalten  alle  anderen,  auf  Anordnung  ihrer  Eltern  die  Anstalt  verlassen- 
den Schüler  ein  Abgangszeugnis.  Letzteres  ist  von  dem  Dir.  unter  Zuziehung 
des  Ordinarius  und  der  übr.  beteiligten  Lehrer  auszufertigen.  Es  enthält  aufser 
der  Angabe  der  Klasse  und  deren  Abteilung,  aus  welcher  der  Schüler  .austritt, 
eine  vollständige  Charakteristik  desselben  nach  seinem  sittl.  Standpunkt  und 
seiner  wissenschaftl.  Befähigung,  welche  letztere  unter  Anwendung  der  in  der 
Verf.  V.  24.  Apr.  1856  (s.  Abi  I  S.  351)  vorgeschrieb.  Prädicate  zu  bezeich- 
nen ist.  Aufserdem  ist  der  Grund  des  Austritts  und,  wenn  dieser  am  Schlafs 
des  Schuljahrs  erfolgt,  auch  bestimmt  anzugeben,  ob  der  Schüler  in  die  höhere 
KL  aufzusteigen  befähigt  ist  Die  Abgangszeugnisse,  sowie  die  einem  Schüler 
während  des  Aufenthalts  auf  der  Anstalt  fär  die  Anmeldung  zum  einjähr. 
Militärdienst,  zu  Stipendien  etc.  von  dem  Dir.  auszustellenden  Zeugnisse 
werden  von  ihm  und  dem  Ordinarius  unterschrieben  und  mit  dem  Schal- 
siegel versehen.    Die  Goncepte  der  Zeugnisse  werden  im  Schularchiv  aufbewahrt 

%  22.  Erteilung  von  Gensuren.  Amü.  Zeugnisse  über  den  Fleifs 
und  die  Leistongen  der  Schüler  in  jedem  einzelnen  Lehrgegenstande  sowie  über 


»)  Jetzt  C.Verf.  v.  27.  Mai  1882,  Abt.  I  S.  393  fg. 


IBl 

ihre  Fühnrng  sind  auch  die  GensiireiL  —  Sie  werden  for  die  unteren  and  mitt}. 
Elasseft  am  Ende  des  Quartals,  für  die  oberen  am  Ende  des  Semesters  nach 
Anordnung  der  Verf.  y.  24.  Apr.  1856  (s.  §  21)  angefertigt  und  ausgeteilt 
Für  die  rechtzeitige  Eintragung  der  vorgesclurieb.  Pr&dicate  in  die  im  Archiv 
au&nbewahrenden  Oensurbücher  haben  die  Ordinarien  zu  sorgen.  Der  Dir.  hat 
dahin  zu  wirken,  daJb  bei  der  Bestimmung  der  Prädicate  von  allen  Lehrern 
gleichmäisig  verfahren  werde.  Die  Bekanntmachung  der  Gensuren  erfolgt  in 
«inem  Censuract  dm:ch  den  Dir.  in  Gegenwart  der  Lehrer.  Die  den  Schülern 
eingehändigten  Gensuizettel  sind  von  den  Eltern  oder  Vonnündem  unterschrie- 
ben beim  Anfang  des  neuen  Quartals  oder  Semesters  dem  Elassenordinarius 
wieder  vorzulegen.  t 

§  23.  Beligiöse  Erziehung  der  Schüler.  Ebensosehr  als  die 
intellectuelle  Ausbildung  der  Schüler  durch  den  Unterricht  muHs  ihre  religiOs- 
sittliche  Bildung  dem  Dir.  und  allen  Lehrern  am  Herzen  liegen.  üeber  die 
Wichtigkeit  des  Beligionsunterr.  sind  die  Schüler  bei  passenden  Gelegenheiten 
in  angemessener  Weise  zu  belehren.  Wo  sich  ein  gemeinsamer  Gottesdienst 
für  die  Anstalt  unter  Aufsicht  der  Lehrer  wegen  Ortiioher  Hindemisse  nicht 
•einrichten  l&lst,  sind  doch  die  Schüler  zum  Besuch  des  öffentl.  Gottesdienstes 
Einzuhalten,  und  werden  sowohl  der  Dir.  als  die  Lehrer  durch  Mahnung  und 
Beispiel,  sowie  insbesondere  auch  durch  Teilnahme  an  öffentL,  gemeinsamen 
kirchL  Feierlichkeiten,  namenü.  der  Abendmahlafeier,  den  religiösen  Sinn  zu 
beleben  suchen.  Der  von  der  Anstalt  angeordaeten  Morgenandacht  haben 
wenigstens  die  in  der  ersten  Stunde  des  Tages  unteirichtenden  Lehrer  beizu- 
wohnen. 

§  24.  Schulgesetze.  Die  Disciplinarordnung  ist  im  Anfange  eines 
jeden  Semesters  den  versammelten  Schülern  in  Anwesenheit  der  Lehrer  voizu- 
•  lesen,  üeber  Beobachtung  der  Schulgesetze  hat  der  Dir.  zu  wachen  und  mit 
den  Lehrern,  namentl.  mit  den  Ordinarien,  dahin  zu  wirken,  dafis  die  Schüler 
an  strengen,  auf  Gottesfurcht  gegründeten  Gehorsam  gewöhnt  und  mit  Liebe 
zu  edler  Sitte  und  zur  Wahrheit  erföllt  werden.  Je  mehr  es  dem  Lehrercoll. 
gelingt,  den  rechten  Geist  in  der  Anstalt  zu  wecken  und  zu  erhalten,  desto 
mehr  wird  den  Yergehungen  der  Schüler  vorgebeugt,  und  desto  sdHener  werden 
Bestrafungen  werden. 

§  25.  Strafen.  Erscheint  die* Anwendung  höherer  Schulstrafen,  nfim- 
lich  des  Garcers,  körperlicher  Züchtigung  oder  Verweisung  von  der  Anstalt 
durchaus  geboten,  dann  entscheidet  darüber  das  LehrercoUegium.  —  EörperL 
Züchtigungen  sind  nur  in  den  unteren  El.  und  auch  dort  nur  iQit  M&bigung 
zulässig,  nie  aber  durch  den  Schuldieher  auszufahren.  —  Ueber  eine  Yer^ 
Weisung  hat  der  Dir.  unter  abschrifbl.  Mitteilung  des  betr.  Passus  aus  dem 
Gouferenzprotokoll  dem  E.  Prov.Sch.G.  alsbald  nachträglich  zu  berichten.  Den 
Eltern  eines  verwiesenen  Schülers  und,  wenn  derselbe  ein  auswärtiger  ist,  auch 
der  Polizeibehörde  des  Gymnasialorts  ist  sofort  von  dem  gefafsten  Gonferenz- 
beschlufs  Anzeige  zu  machen. 

§  26.  Lehrerconferenzen.  ZurBegelung  des  ganzen  Schulwesens 
in  Unterricht  und  Erziehung  dienen  hauptsächl.  die  Lehrerconferenzen.  Sie 
sind  teils  allgemeine,  teils  besondere,  för  bestimmte  Zwecke  berufene  Fach- 
eonferenzen.  Beide  hat  der  Dir.  zu  leiten.  Sie  werden  aufser  den  Schulstun- 
den, und  zwar  die  ersteren  regelm.  zweimal  im  Monat  gehalten.  AuDaerdem 
kann  bei  besonderen  Veranlassungen  der  Dir.  auch  aufserordentl.  Gonferenzen 
berufen.  Gegenstand  der  Beratung  in  den  Gonferenzen  ist  alles,  was  den 
Lehrplan,  Mittel  und  Methode  des  Unterr.,  Fleifs  und  Fortschritte  der  Schüler, 
Früfdngen,  Schulfeierlichkeiten,  Gensuren,  Elassenversetzungen,  die  Disciplin, 
kurz  das  ganze  Schulleben  betrifft  In  ihnen  wird  auch  Mitteilung  gemacht 
von  den  <üe  ganze  Anstalt  betr.  Verfügungen  der  Behörden,  falls  ihr  Inhalt 


162 

nicht  eine  sofortige  Mitteilung  im  Wege  des  Umlaufs  nöthig  macht  Welche 
Yerfagongen  mehr  den  Dir.  allein  als  das  gesamte  Lehrercoll.  angehen,'  hat  der 
Dir.  in  jedem  einzelnen  Falle  zu  beurteilen. 

§  27.  Stimmrecht  in  den  Oonferenzen.  Sitz  nnd  Stimme  in 
der  Conferenz  haben  die  ordentL  Lehrer  nnd  die  etatsm.  wissenschaftL  Hälfis- 
lehrer.  Zeitweilig  an  der  Anstalt  znr  Aushülfe  beschäftigte  Candidaten  und 
Probecandd.,  sowie  techn.  Hülfslehrer  nehmen  an  den  Confererenzen  ohne 
Stimmrecht  Teil,  können  indefs  auch  in  einzelnen  Fällen  von  dem  Dir.  unter 
eigener  Verantwortung  von  einer  zu  ihrer  Teilnahme  nicht  geeigneten  Berathung 
ausgeschlossen  werden.  —  Diejenigen  christl.  Beligionslehrer,  welche  nicht  zum 
Lehrercoll.  gehören,  haben  bei  Berathung  der  Censtren,  der  Versetzungen  und 
schwerer  Disciplinarvergehen,  soweit  es  Schüler  ihrer  Confession  betrifi^^  yoUes 
Stimmrecht. 

§  28.  Abstimmung.  Der  Vorsitzende  Dir.  hat  bei  der  Abstimmung 
über  Fragen,  welche  nach  den  betr.  Anordnungen  von  dem  Lehrercoll.  entschie- 
den werden  müssen,  im  Fall  der  Stimmengleichheit  die  entscheidende  Stimme. 
Ist  die  Mehrheit  der  Stimmberechtigten  gegen  seine  Ansicht,  dann  hat  er  wegen 
seiner  Verantwortlichkeit  fnr  das  Ganze  das  Becht,  seine  Ansicht  aufrecht  zu 
erhalten  und,  wenn  die  Sache  Eile  hat,  zur  Ausführung  zu  bringen.  Im  letzte* 
ren  Falle  hat  er  sofort  unter  Einreichung  des  Conferenzprotok.  unsere  Entschei- 
dung einzuholen,  bis  zu  deren  Eingang  die  Lehrer  seinen  Anordnungen  Folge 
zu  leisten  verpflichtet  sind.*  In  allen  Fällen  sind  die  Lehrer  berechtigt,  £e 
Aufnahme  ihrer  Ansicht,  wenn  sie  von  der  des  Dir.  abweicht,  in  das  Protok. 
zu  verlangen,  wie  ihnen  auch  eveni  der  Becurs  an  uns  freisteht 

§  29.  Beschlufsfassung  und  Protokolliruug.  Die  nach  den 
bestehenden  Anordnungen  von  der  Conferenz  gefafsten  Beschlüsse  sind  für 
jedes  Mitglied  des  Lehrercoll.  bindend,  und  hat  der  Dir.  für  die  Ausführung 
derselben  Sorge  zu  tragen.  Die  Verhandl.  und  Beschlüsse  der  Oonferenzen 
sind,  insofern  sie  nicht  ausdrückl.  zur  Mitteilung  an  Andere  bestimmt  sind, 
als  Amtsgeheimnisse  zu  behandeln.  Das  über  jede  Conferenz  aufgenommene 
Protokoll  "wird  vor  dem  Schlufs  derselben  verlesen  und  von  dem  Dir.  und  dem 
Protokollführer  unterzeichnet  Protokollführer  ist  der  jüngste  ordenü.  Lehrer. 
Unter  Zustimmung  des  Dir.  kann  aber  auch  ein  anderer  Lehrer  die  Führung^ 
des  Protok.  freiwillig  übernehmen. 

§  30.  Programmabfassung.  Am  Ende  des  Schu^ahrs  hat  die 
Anstalt  ein  nach  den  bestehenden  Vorschriften  eingerichtetes  Programm  zu 
veröffentlichen.  Die  Zusammenstellung  der  Schulnachr.  liegt  dem  Dir.  allein 
ob.  Die  Abfassung  der  voranzustelTenden  Abhandlung  wechselt  in  der  Begel 
zwischen  ihm  und  den  etatsm.  Oberlehrern.  Die  übrigen  Mitglieder  des  CoHe- 
giums  sind  zur  Lieferung  von  Abhandlungen  für  das  Programm  nicht  ver- 
pflichtet, wohl  aber  berechtigt    Breslau.    E.  Prov.SchulcoUegium. 

Frovinz  Sachsen. 

Instr.  V.  2.  Mai  1867. 

§  1.  Allgemeine  Verpflichtung.  Der  Dir.  ist  für  die  Ge- 
samtwohlfahrt der  seiner  Leitung  anvertrauten  Schule  verantwortlich.  Sein» 
Befugnisse  und  Pflichten  erstrecken  sich  über  die  äufseren  und  inneren  Ange- 
legenheiten derselben  nach  Mafsgabe  der  nachfolgenden  allgm.  Dienst- 
instruction. 

§  2.  Dienstverhältnis  zu  der  vorgesetzten  E.  Aufsichtsbe- 
hörde. Die  dem  Dir.  zunächst  vorgesetzte  E.  Behörde,  deren  Aufiiicht  der- 
selbe hinsichte  der  ganzen  Verwaltung  seines  Amts  untergeben   ist,  ist  daa 


163 

unterzeichnete  E.  JProv.SchnlcoUeg^nm.  Wie  er  von  uns  alle  auf  die  Schnle 
bezügl.  Yerfugnngen  erhfilt,  so  hat  er  anch  an  nns  die  vorgeschriebenen 
regelm.  und  die  anfserordenü.  geforderten  oder  nOthig  werdenden  Berichte  zn 
erstatten. 

§  3.  Dienstverhältnis  zu  Privatpatronaten  oder  Curatrorien. 
Wo  ein  Privatpatronat  oder  Curatorium  besteht,  gelten  die  verfassungsm.  Be- 
stimmungen über  das  Verhältnis  desselben  zu  der  Anstalt  und  dem  Dir.;  die 
Bechte  und  Pfliditen  des  letzteren  hinsichü.  der  inneren  Leitung  der  Anstalt 
bleiben  auch  hier  nach  Mafsgabe  der  gegenwärtigen  Dienstanweisung  dieselben, 
ftls  ob  er  unmittelbar  unter  unserer  Aufsicht  stände. 

§  4.  Amtliche  Stellung  zum  Lehrercollegium.  Als  Leiter 
der  Schule  ist  der  Dir.  der  nächste  Vorgesetzte  des  Lehrercollegiums.  Alle 
Lehrer  haben  sich  in  jeder  amtl.  Anglgh.  zunächst  an  ihn  zu  wenden,  seine 
Anordnungen  in  Betreff  des  unterrichte  und  der  Disciplin  zu  befolgen  und 
seine  darauf  sich  beziehenden  Aufträge  auszurichten.  Dagegen  ist  er  seiner- 
seits verbünden,  ihnen,  dem  Ernst  und  der  Pünktlichkeit  der  Geschäfte  unbe- 
schadet^ überall  mit  Vertrauen  und  Freundlichkeit  ermunternd  zu  begegnen, 
ihren  billigen  Wünschen,  ihren  Erfahrungen,  ihren  Vorschlägen  alle  Rücksicht 
zu  widmen  und  sich  ihrer  überall  mit  £ith  und  That  anzunehmen.  Gesuche 
der  Lehrer,  die  auf  ihr  Amt  nnd  ihre  Stellung  sich  beziehen,  gelangen  durch 
den  Dir.  mit  seinem  Gutachten  begleitet  an  uns. 

§  5.  Einheitlicher  Geist  im  Lehrercollegium.  Lehrer- 
conferenzen.  Wissenschaftliche  Vereinigungen.  Als  eine  be- 
sonders wichtige  Aufgabe  wird  es  der  Dir.  ansehen,  in  dem  LehrercoU.  einen 
lebendigen  Gemeinsinn,  heilsame  Uebereinstimmung  in  Ansichten  und  Grund- 
sätzen und  reges  Streben  nach  wissenschaftl.  und  pädagog.  Fortbildung  zu 
wecken  und  zu  pflegen.  Hierzu  bieten  namentl.  die  Conferenzen  Gelegenheit, 
welche  unter  dem  Vorsitz  des  Dir.  aufserhalb  der  Lectionszeit  mindestens  alle 
14  Tage  abzuhalten  sind;  aufserdem  so  oft  dazu  aufserordenü.  Fälle,  auch  auf 
Antrag  einzelner  Mitglieder  des  LehrercoU.,  Veranlassung  geben. 

Die  Conferenzverhandlungen  müssen  daher  nicht  nur  die  gewöhnlichen 
regelm.  wiederkehrenden  Berathungen  über  Lehr-  und  Lectionsplan,  Censur  der 
Schüler,  Disciplinarfälle,  Schulprüfungen,  Versetzungen,  Vorschläge  zu  Beneficien 
und  Prämien  u.  s.  w.  umfassen,  sondern  es  mufs  aufserdem  in  denselben  auch 
öfters  der  Geist  und  der  Zustand  einzelner  Klassen,  der  Fleifs,  die  Fortschritte 
und  das  sittl.  Leben  einzelner  Schüler  gewürdigt,  die  Methodik  einzelner  Lehr- 
fächer erörtert,  die  Zweckmäfsigkeit  einzelner  Lehrbücher  beurteilt  und  nach 
Zeit  und  Umständen  auch  in  allgm.  pädagogische  Fragen  eingegangen  werden. 
Dem  Ermessen  des  Dir.  ist  es  überlassen,  in  Fällen,  die  ihm  geeignet  erschei- 
nen, auch  besondere  Conferenzen  der  Fachlehrer  zu  berufen.  In  den  Confe- 
renzen werden  alle  die  Anstalt  betreffenden  Verfügungen  der  Behörden  zur 
Kenntnis  und  Nachachtung  des  LehrercoU.  gebracht,  insofern  nicht  ihr  Inhalt 
eine  schneUere  Mitteilung  durch  Umlauf  fordert  oder  eine  Mitteilung  unnöthig 
oder  ungeeignet  ist,  was  zu  erwägen  dem  gewissenhaften  Urteil  des  Dir.  anheim 
gegeben  wird.  Wenn  in  der  Conferenz  zur  Herbeiführung  von  Beschlüssen  zur 
Abstimmung  geschritten  wird,  so  hat  in  FäUen  der  Stimmengleichheit  der  Dir. 
die  entscheidende  Stimme  zu  geben.  Wenn  ein  durch  Stimmenmehrheit  gefafster 
Beschlufs  der  gewissenhaften  amtl.  Ueberzeugung  des  Dir.  entschieden  wider- 
streiten soUte,  so  steht  demselben  das  Becht  zu,  der  Ausfährung  dieses  Be- 
schlusses Anstand  zu  geben,  bis  auf  schleunig  erstatteten  Bericht  unsere  Ent- 
scheidung erfolgt  ist.  Ueber  jede  Conferenzverhandl.  ist  ein  amtl.  Protokoll 
aufeunehmen,  das  bei  den  Schulacten  aufbewahrt  wird.  Die  Führong  des 
Protok.  geschieht  durch  einen  der  Lehrer,  die,  mit  Ausschlufs  des  Dir.,  in  der 
Begel  in  diesem  Geschäft  abwechseln. 


164 

Um  einen  Vereinignngspimkt  for  die  Nahrung  des  wifsensdiafiL  Strebens 
der  Lehrer  m  bilden,  wird  der  Dir.  bemüht  sein,  auch  sonstige  Znsammenkünfte 
der  Lehrer  zur  Verhandlung  wissenschafUicher  Fragen  einzurichten. 

§  6.  Lehr-  und  Lectionsplan.  Bei  der  Organisation  des  Unter- 
richts hat  der  Dir.  die  für  die  Lehrverfassung  bestehenden  allgm.  und  besonderen 
Vorschriften  genau  zu  beachten  und  den  in  Gemäfsheit  derselben  bei  dw  Anstalt 
eingeführten  Lehrplan  von  Zeit  zu  Zeit  in  allgemeinen  und  Fachconferenzen 
einer  Bevision  zu  untei*werfen.  Zu  den  nOthigen  oder  wünschenswerthen  Ab- 
änderungen desselben,  sowie  zu  der  Einfuhrung  neuer  Lehr-  und  üebungsbücher 
hat  er  unsere  (Genehmigung  einzuholen.  Die  Verteilung  der  Lectionen  unter 
die  Lehrer  steht  dem  Dir.  allein  zu;  doch  hat  er  dabei  sowohl  die  Individualität, 
Kenntnisse,  Erfahrungen,  Neigung  und  Wünsche  jedes  Lehrers,  soviel  als  thunlich 
und  soweit  es  mit  dem  Bedürfnis  der  Schule  vereinbar  ist,  zu  berücksichtigen, 
als  auch-  besonders  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  die  innerlich  am  nächsten 
verwandten  Lehrobjecte  möglichst  in  Einer  Hand  liegen.  Auch  hat  er  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  die  auf  einander  folgenden,  wie  die  neben  einander  in 
derselben  Klasse  unterrichtenden  Lehrer  alle  ein  deutliches  Bewufstsein  über  die 
ünterrichtspensa  und  Klassenziele  und  über  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  zur 
Erreichung  derselben  haben.  Zur  Führung  von  Ordinariaten  wird  er  möglichst 
nur  bewährte  Lehrer  in  Vorschlag  bringen  und  darauf  bedacht  sein,  dafs  die- 
selben schon  nach  den  Lectionen,  die  sie  in  der  betr.  Klasse  erteilen,  einen 
entscheidenden  Einflufs  auf  die  Schüler  ausüben  können. 

Den  jährl.  Lehr-  und  Lectionsplan,  bestehend  in  übersichtl.  Zusammen- 
stellung der  den  einzelnen  Lehrern  zugewiesenen  Lectionen,  Bezeichnung  der 
Klasgenordinarien  und  genauer  Angabe  der  in  den  einzelnen  KL  zu  behandelnden 
Lehrabschnitte  hat  der  Dir.  an  dem  festgesetzten  Termine  bei  uns  zur  Bestätigung 
pünkü.  einzureichen.  Ebenso  hat  derselbe  über  die  später  etwa  nöthig  werden- 
den Modificationen  zu  berichten. 

§  7.  Klassenbesuch.  Erregung  des  wissenschaftL  Geistes. 
Bevision  der  schriftl.  Arbeiten.  Durch  fleifsiges  Besuchen  der  Klassen 
hat  der  Dir.  sich  die  Ueberzeugung  zu  verschaffen,  dafs  der  genehmigte  Lections- 
plan auf  eine  zweckmäfsige  Weise  von  den  Lehrern,  sowohl  in  Absicht  auf 
pünktL  und  sorgfältige  Abwartung  der  Lehrstunden  und  der  damit  verbundenen 
Arbeiten,  als  auch  in  Absicht  auf  Methode  des  Unterr.  und  Anregung  des 
Fleifses  der  Schüler  ausgeführt  und  eine  angemessene,  dem  pädagog.  Zweck 
entsprechende  Disciplin  gehandhabt  wird.  In  dieser  mit  grofsem  Ernst  zu 
führenden  Aufsicht  wird  der  Dir.  stets  ein  wohlwollendes  aufmunterndes  Ver- 
trauen, die  freundliche  Gesinnung,  mit  bedächtigem  Bathe  zu  Hülfe  zu  kommen, 
und  ^e  Achtung  bewähren,  welche  der  Einsicht»  der  Lehrfreiheit  und  dem 
Fleifs  jedes  Lehrers  gebührt  Dabei  wird  der. Dir.  stets  eingedenk  sein,  dafs 
er  in  seiner  eigenen  Lehrthätigkeit  ein  vorbildl.  Beispiel  zu  geben  berufen  ist, 
und  dafs  die  tiefere  Anregung  des  Wissenschaft.  Geistes  der  Schüler,  wie  er 
sich  namentL  auch  in  fleifsigen  Privatstudien  kundgiebt,  vor  allem  von  ihm 
selbst  ausgehen  mufs. 

Insbesondere  hat  der  Dir.  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  hinsichtL  der  häosl., 
namentl.  schriftl.  Arbeiten  der  Schüler  das  rechte  Mafs  und  eine  angemessene 
Verteilung  stattfindet  Auch  hat  er  von  der  Beschaffenheit  der  Themata  zu  den 
Au&ätzen  fleifsig  Kenntnis  zu  nehmen  und  jeder  ünangemessenheit  dabei  vor- 
zubeugen. Er  mufs  daher  monatlich  wenigstens  in  Einer  Klasse  die  Schulhefte 
seiner  besonderen  Durchsicht  unterwerfen,  um  dadurch  sich  nicht  blofs  von  dem 
Fleifs  und  den  Fortschritten  der  Schüler,  sondern  auch  von  der  Zweckmäfsigkeit 
und  der  Zahl  der  Aufgaben,  sowie  von  der  Sorgfalt  der  Correcturen  Kenntnis 
zu  verschaffen.  Um  ermitteln  zu  können,  ob  die  Fristen  der  häusl.  Correcturen 
innegehalten  sind,  hat  der  Dir.  dafür  zu  sorgen,  dafs  jeder  Schüler  unter  seiner 


166 

» 

Arbeit  den  Monatstag  der  Abliefenmg  und  jeder  Lehrer  das  Datnm  der  Büok- 
gabe  bemeike. 

§  8.  Aufsicht  über  das  Verhalten  der  Lehrer.  Auch  auf  das 
Verhalten  der  Lehrer  aulserhalb  ihrer  Berufstii&tigkeit  hat  der  Dir.  seine  Auf- 
merksamkeit zu  richten»  Wenn  ein  Lehrer  in  dieser  oder  jener  Beziehung  auf 
Aergemis  gebende  Abwege  gerathen  und  sich  eines  seine  erzieherische  Wirk- 
samkeit gefährdenden  Verhaltens  schuldig  machen  sollte,  hat  der  Dir.  an  uns 
zu  berichten. 

§  9.  Einführung  und  Vereidigung  der  Lehrer.  Die  feierl. 
Einfahrung  jedes  neu  angestellten  Lehrers  in  das  Gollegium  der  Lehrer  und  in 
sein  Amt  erfolgt  durch  den  Dir.,  die  Vereidigung  dagegen  wird  commissarisch 
nach  besonderer  Bestimmung  bewirkt  Der  Dir.  hat  bei  der  Einführung  den 
Lehrer  mit  seinen  Geschäften  und  Obliegenheiten  bekannt  zu  machen,  mit  den 
nöthigen  Hül&mitteln  zum  Unterr.,  seinem  Bath  und  seinen  Belehrungen  lieb- 
reich zu  unterstützen  und  alles  anzuwenden,  ihn  in  den  rechten  Weg  zu  leiten. 
Hit  besonderer  Aufmerksamkeit  hat  er  sich  in  (>em&fsheit  der  darüber  besteh. 
Verordnungen  der  Ausbildung  der  seiner  Lehranstalt  überwiesenen  Probecandd. 
anzunehmen.  • 

§10.  Vertretung  der  Lehrer.  Urlaub.  Wenn  ein  Lehrer  durch 
Xrankheit  oder  andere  auTserordentL  Umstände  verhindert  ist,  seine  Amtsge- 
schäfte zu  versehen,  so  hat  der  Dir.  die  Vertretung  zu  ordnen.  Urlaub  zu  noth- 
wendigen  Beisen  der  Lehrer  kann  derselbe  bis  zu  3  Tagen  erteilen,  einen  län- 
geren Urlaub  aber  hat  er  bei  uns  zu  beantragen.  Wenn  der  Dir.  selbst  seine 
Amtsthätigkeit  zu  unterbrechen  genöthigt  ist,  so  hat  er  nicht  nur.far  ange- 
messene Vertretung  seiner  Lectionen  zu  sorgen,  sondern  zugleich  die  Directions- 
geschäfte  dem  nächstfolgenden  Lehrer  nach  ihm  zu  übertragen.  Zu  einer  noth- 
wendigen  Beise  auf  nicht  mehr  als  3  Tage  bedarf  derselbe  keines  Urlaubs,  zu 
einer  längeren  Beise  hat  er  Urlaub  bei  uns  nachzusuchen.  Ueber  jeden  Fall 
eines  durch  uns  entweder  für  einen  Lehrer  oder  für  ihn  selbst  erteilten  Urlaubs 
hat  der  Dir.  da,  wo  ein  Privatpatronat  oder  Curatorium  besteht,  dasselbe  davon 
in  Kenntnis  zu  setzen.  Will  der  Dir.  während  der  Ferien  verreisen,  so  hat  er 
davon  uns,  resp.  auch  dem  Privatpatronat  oder  Cur.,  Anzeige  zu  machen  unter 
Angabe  zugleich,  welcher  Lehrer  an  seiner  Statt  die  laufenden  Geschäfte  be- 
sorgen und  die  Aufsicht  über  die  Localitäten  und  Sammlungen  der  Anstalt 
führen  wird. 

§  11.  Erledigung  von  Lehrerstellen.  Wird  eine  Lehrerstelle 
erledigt,  so  hat  der  Dir.  hierüber  schleunig  unter  Angabe  des  Einkommens 
derselben  sowie  der  Vertretung  während  der  Vacanz,  an  uns  zu  berichten  und 
nach  Befinden  sein  Gutachten  wegen  Wiederbesetzung  der  Stelle  abzugeben. 
Steht  die  Anstalt  unter  einem  Privatpatronat,  so  hat  der  Dir.  sich  zunächst 
an  diese  Behörde  zu  wenden,  welche  alsdann  die  weitere  Berichterstattung  zu 
bewirken  hat 

§  12.  Disciplin.  Für  die  Handhabung  und  Aufrechterhaltung  der 
Disciplin,  welche  sich  die  Erziehung  der  Schüler  zur  Gottesfurcht  und  Frömmig- 
keit, zur  Wahrhafliigkeit  und  Lauterkeit,  zu  treuem  Fleiiis  in  der  Wissenschs^ 
und  zu  willigem  Gehorsam  zur  Angabe  macht  und  aus  deren  Beschaffenheit 
sich  der  Geist  einer  Lehranstalt  am  deutlichsten  kundgiebt,  ist  der  Dir.  un- 
mittelbar verantwortlich.  Wie  er  dabei  sich  stets  bewuTst  sein  wird,  dafs  das 
Verhältnis  von  Erziehern  zu  den  ihnen  anvertrauten  Zöglingen  ein  väterliches 
sein  soll,  bei  welchem  ernste  Zucht  und  umsichtige  Milde  einander  durch» 
dringen,  so  wird  er  vor  allem  eingedenk  bleiben,  dafs  seine  und  der  Lehrer 
vorbildl.  Haltung  am  meisten  geeignet  ist,  die  Schüler  vor  verderbL  Bichtungen 
und  verkehrten  Bestrebungen  zu  bewahren  und  in  ihnen  diejenige  Gesinnung 
iu  erzeugen,  von  der  sich  erwarten  läfst,   dafs  sie  dereinst  als  Männer  in  ge- 


156 

« 

wissenhafter  BerofserfQllnng,  in  Ehrfnrcht  far  göttliche  nnd  menscbliche  Ord- 
nung, in  Liebe  nnd  Treue  gegen  EOnig  nnd  Vaterland  sich  bewäuren. 

§  13.  Pflege  religiös- sittlicher  nnd  vaterländischer  Ge- 
sinnung. Jenen  guten  Geist  christlicher  Zucht  zu  pflegen  ist  der  Beligions- 
unterricht,  welchem  der  Dir.  die  sorgsamste  Autoerksamkeit  zu  widmen  hat, 
unmittelbar  bestimmt.  Aber  nicht  minder  wird  der  Dir.  darauf  halten,  dafs 
auch  der  übrige  Unterricht  in  stetem  Hinblick  auf  die  Aufgaben  der  Erziehung 
erteilt  wird,  und  dafs  der  in  den  Schülern  erregte  Wissenschaft.  Geist  eine 
Hauptstütze  des  sittlichen  Geistes  wird. 

Unmittelbar  auf  den  guten  G^ist  der  Gesamtheit  der  Schüler  einzuwirken, 
hat  der  Dir.  besondere  Gelegenheit  bei  den  Schulversammlungen,  bei  Eröffnung 
und  Schlufs  der  Schulhalbjahre,  bei  Entlassung  der  Abiturienten  und  bei 
sonstigen  Schulfeierlichkeiten,  die  alle  mehr  oder  weniger  einen  religiösen 
Charakter  tragen  werden.  Ueberhaupt  wird  der  Dir.  die  Pflege  des  religiösen 
Lebens  durch  zweckmäfsige  Einrichtung  gemeinsamer  Morgenandachten,  gemein- 
samer Feier  des  heil.  Abendmahls,  sowie  durch  Förderung  des  sonntägl.  Eirchen- 
besuchs  sich  eifrigst  angelegen  sein  lassen.  Auf  dem  tiefen  und  sicheren 
Grunde  christlicher  GottesfBircht  wird  allein  auch  die  Aufgabe  der  Vaterland. 
Erziehung  der  Jugend  gedeihlich  gelöst  werden  können.  Insbesondere  wird 
der  Dir.  hierbei  die  Feier  der  vaterländ.  Feste  und  wichtiger  Gedenktage  unserer 
Geschichte  benutzen,  frühzeitig  in  der  Jugend  ehrfarchtsvoUe  Treue  gegen  den 
Eönig,  hingebende  Liebe  zum  Vaterlande  und  dankbare  Würdigung  der  grofsen 
Vorzüge  zu  gründen,  deren  sich  unser  Staatswesen  durch  das  königliche  Re- 
giment erfreut. 

§  14.  Sorge  für  die  leibliche  Ausbildung  der  Jugend.  Da 
die  Schule  auch  die  leibliche  Ausbildung  der  Jugend  zu  pflegen  und  zu  leiten 
hat,  so  wird  der  Dir.  dem  gymnasi  Unterricht  seine  sorgsamste  Aufmerksam- 
keit widmen  und  bemüht  sein,  denselben  auch  für  die  geistige  und  sittl. 
Eräftigung  der  Jugend  fruchtbar  zu  machen.  Ueberhaupt  wird  derselbe  sich 
angelegen  sein  lassen,  in  der  Schule  sowie  aufserhalb  derselben  alles  der  Ge- 
sundheit der  Jugend  Nachteilige  fem  zu  halten,  sowie  alle  Einrichtungen  zu 
treffen,  durch  welche  das  leibl.  Gedeihen  der  Schüler  gefordert  wird. 

§  15.  Uebereinstimmung  der  häusl.  Erziehung  mit  der  Schul- 
erziehung. Verhältnis  zu  den  Eltern  der  Schüler.  Um  die  noth- 
wendige  und  heilsame  Uebereinstimmung  der  häusl.  Erziehung  und  Aufsicht 
mit  der  Schulerziehung  möglichst  zu  fordern,  ist  der  Dir.. verpflichtet,  mit  den 
Eltern  der  Zöglinge,  sowie  mit  denjenigen,  deren  Pflege  und  Aufsicht  sie  sonst 
übergeben  sind,  so  oft  es  der  Fleifs  und  die  Aufführung  der  Schüler  rathsam 
macht,  über  deren  Wissenschaft,  und  situ.  Gedeihen  berathende  Bücksprache 
zu  halten  und  ihre  Mitwirkung  in  Anspruch  zu  nehmen.  Er  wird  dies  insbe- 
sondere dann  bei  Zeiten  thun,  wenn  ein  Schüler  aus  Mangel  an  Fähigkeit, 
Fleifs  und  Fortschritten  sich  für  die  wissenschaftl.  Studien  entschieden  nicht 
eignet,  oder  wenn  seine  Aufführung  zu  erhebl.  Elagen  Veranlassung  giebt  und 
ernstliches  Einschreiten  nothwendig  macht.  Dabei  mufs  von  dem  Dir.  erwartet 
werden,  dafs  er  durch  gebührende  Achtung  der  Rechte  der  Eltern,  sowie  durch 
freundliches  Eingehen  auf  die  Eigentümlichkeit  jedes  einzelnen  Zöglings  es 
versteht,  sich  das  Vertrauen  der  Eltern  und  des  Publikums  überhaupt  für  das 
Eltern  und  Lehrern  gemeinsam  obliegende  Werk  der  Jugenderziehung  zu  ge- 
gewinnen. 

§  16.  Aufsicht  über  das  Verhalten  der  Schüler  aufserhalb 
der  Schule.  '.Da  sich  die  Leitung  und  Ueberwachung  des  Verhaltens  der 
Schüler  auch  auf  das  Leben  derselben  aufserhalb  der  Schule  zu  erstrecken  hat, 
hat  der  Dir.  im  Verein  mit  den  übrigen  Lehrern,  insbesondere  den  Tutoren 
und  Ordinarien,  in  geeigneter  Weise,  auch  durch  Besuchen  der  Schüler  in  ihren 


167 

Wohnungen,  dafür  zu  sorgen,  dafs  dieselben  in  ernster  hänsL  Zucht  angehalten 
werden,  zur  rechten  Zeit  zu  arbeiten,  und  eben  so  sehr  vor  zerstreuender  Ge- 
sellschaft als  unzeitigen  Vergnügungen  bewahrt  werden. 

§  17.  Schulgesetze.  Die  sogenannten  Schulgesetze,  in  welchen  die 
Vorschriften  für  das  gesamte  Verhalten  der  Schüler  kurz  zusammenzufassen 
sind,  hat  der  Dir.  in  Berathung  mit  dem  LehrercoU.  zu  entwerfen  und  von  Zeit 
zu  Zeit  einer  Bevision  zu  unterziehen.  Dieselben  bedürfen  unserer  Bestätigung. 
Dabei  wird  der  Dir.  nicht  aus  dem  Auge  verlieren,  dafs  der  Hauptzweck  aller 
für  die  Disciplin  getroffenen  äufserl.  Veranstaltungen  nur  darin  bestehen  kann, 
dafs  den  Vergehungen  der  Schüler  möglichst  vorgebeugt  und  dadurch  die  Strafe 
möglichst  selten  werde. 

§  18.    Strafen.        Wenn   zur  Aufrechthaltung   der  Disciplin  positive 
Strafen   nOthig  sind,   so   hat   der  Dir.  darauf  zu  achten,  dafs  dieselben  mit 
ruhiger  Besonnenheit^  väterlichem  Wohlmeinen  und  unparteiischer  Gerechtigkeit, 
vollzogen  werden.    Die  dabei  dem  Dir.  und  dem  LehrercoU.  zustehenden  Befug-* 
niese  sind  durch  besondere  Bestimmungen  festgesetzt. 

§  19.  Censuren.  Als  ein  wichtiges  Erziehungsmittel  sind  die  Cen- 
suren  zu  behandeln,  welche  den  Schülern  am  Schlufs  eines  jeden  Halbjahrs, 
in  den  unteren  und  mittL  Klassen  viertelJährL  zu  erteilen  sind.  Die  Censuren 
sind  auf  Grund  der  von  sämtL,  in  jeder  Klasse  unterrichtenden  Lehrern  abge- 
gebenen Urteile  von  dem  Klassenordinarius  abzufassen  und  mindestens  von 
diesem  und  dem  Dir.  zu  unterschreiben.  Wie  der  Dir.  darauf  zu  achten  hat, 
dafs  die  Gensuren  ein  gewissenhaftes  Urteil  über  Betragen,  Fleifs  und  Leistun- 
gen der  Schüler  enthalten,  sowie  in  einer  besonderen  Bubrik  die  etwa  für  nOthig 
befundenen  speciellen  Bemerkungen,  so  wird  er  sich  auch  angelegen  sein 
lassen,  den  Act  der  Censurausteilung  an  die  Schüler  möglichst  fruchtbar  zu 
machen. 

§  20.  Versetzungen.  Bei  den  Versetzungen  hat  der  Dir.  darauf  zu 
sehen,  dafs  die  einzelnen  Schüler  in  Sprachen  und  Wissenschaften  die  erforderL 
Beife  für  die  nächst  höhere  Kl.  erreicht  haben;  ganz  vorzüglich  aber  mufis  er 
darauf  halten,  dafs  die  Versetzungen  in  die  obere  Bildungsstc^e  mit  Strenge  und 
ohne  alle  Bücksicht  auf  den  gewählten  künftigen  Beruf  des  Schülers  vorge- 
nonmien  werden.  -  Seinem  Ermessen  bleibt  es  überlassen,  besondere  Versetzungs- 
prüfongen  in  Gegenwart  der  zunächst  beteiligten  Lehrer  anzuordnen. 

§  21.  Abiturientenprüfung.  Die  Pflichten  des  Dir.  bei  der 
Abiturientenprüfung  sind  durch  besondere  Vorschriften  bestimmt. 

§  22.  Abgangs-  und  sonstige  Zeugnisse.  SchulsiegeL  Für 
die  ohne  Abiturientenprüfung  abgehenden  Schüler  fertigt  der  Dir.  die  Zeugnisse 
aus.  Diese  Zeugnisse  müssen  die  vollständige,  gewissenhafte  Charakteristik  des 
Schülers  nach  seinem  wisssenschaftl.  und  sittl.  Standpunkt  enthalten.  Ebenso 
stellt  der  Dir.  alle  übrigen  etwa  geforderten  Zeugnisse  aus.  Zur  Führung  des 
Schulsiegels  ist  er  allein  berechtigt. 

§  23.  Aufnahme  neuer  Schüler.  Hinsichtlich  der  Aufnahme  neuer 
Schüler  liegt  dem  Dir.  die  Prüfung,  die  Verpflichtung  und  die  Einführung  in 
den  Schülerkreis  ob.  Die  Prüfung,  durch  welche  die  Klasse  für  den  Aufru- 
nehmenden  bestimmt  wird,  findet  in.  der  Begel  unter  Mitwirkung  der  zunächst 
beteiligten  Lehrer  Statt.  Pflicht  des  Dir.  ist  es,  die  aufgenommenen  in  das 
amü.  Schülerverzeichnis  (Inscriptionsbuch  oder  Album)  einzutragen  nach  Vor- 
nnd  Zunamen  nebst  Geburtsort,  Jahr  und  Tag  der  Geburt,  Stand  und  Wohnort 
des  Vaters  (resp.  des  Vormunds),  Tag  der  Aufriahmc  und  Klasse,  in  welche 
der  Schüler  zunächst  gesetzt  worden.  Beim  Abgange  ist  später  zu  vermerken, 
wann,  aus  welcher  Klasse  und  zu  welcher  Bestimmung  der  Schüler  abgegangen 
ist  Der  Dir.  darf  keinen  Schüler,  der  schon  eine  andere  Lehranstalt  besucht 
hat,  ohne  Zeugnis  von  derselben  aufriehmen.     Die  bei  der  Aufriahme  neuer 


168 

Schüler  vorzulegenden  Impfscheine  hat  der  Dir.  nach  genommener  Einsicht 
zurückzugeben.  Ein  Schüler,  welcher  von  einer  anderen  Lehranstalt  entfernt 
worden  ist,  darf^  wofern  nicht  seine  Anfnahme  höheren  Orts  ausdrücklich  untersagt 
worden  ist^  bedingungsweise  aufgenommen  werden;  aber  es  ist  dem  gewissen- 
haften Ermessen  des  Dir.  überlassen,  die  Aufhahme  zu  versagen,  wenn  dieselbe 
den  Schülern  der  eigenen  Anstalt,  zumal  bei  dem  gerade  in  der  betr.  Klasse 
herrschenden  Geist,  ernstlich  Gref&hr  zu  bringen  droht 

In  Betreff  der  Wahl  eines  besonderen  Tutors  aus  der  Zahl  der  Lehrer 
für  die  auswärt.  Schüler  ist  der  Dir.  verpflichtet»  die  Eltern  zu  berathen.  Die 
Wahl  des  Fensionswirths  sowie  jeder  Wechsel  der  Pension  unterliegt  seiner 
Genehmigung.  Auch  ist  er  berechtigt  sobald  sich  herausstellt,  dai^  die  Pension 
nicht  geeignet  ist,  sofort  eine  Aenderung  herbeizufuhren. 

§24.  Schulfeierlichkeiten.  Die  Schulfeierlichkeiten  hat  det  Dir. 
:iu  ordnen  und  dazu  die  betr.  Behörden,  Eltern  der  Zöglinge,  Gönner  und 
Freunde  der  Jugendbildung  einzuladen.  Aufser  den  aUjährl.  öffentlich  zu 
haltenden  Schulprüfungen  hält  der  Dir.  auch  besondere  Elassenprüfungen  in 
Gegenwart  der  Lehrer  ab. 

§  25.  Programm.  Hinsichtlich  des  jährl.  einmal,  zu  Ostern  oder  zu 
Michaelis,  auszugebenden  Programms  ist  nach  den  bestehenden  Vorschriften  zu 
verfahren. 

§  26.  Aufsicht  über  die  wissenschaftL  Institute  und  Samm- 
lungen u.  s.  w.  Ueber  alle  mit  der  Anstalt  verbundenen  wissenschaftl. 
Institute,  namentlich  die  Schulbibliothek,  die  Lesebibliothek,  die  physikal.  und 
mathemai  Apparate,  die  Kunstsammlungen  u.  s.  w.,  sowie  über  die  Tumanstalt, 
hat  der  Dir.  die  Oberaufsicht  zu  fahren  und  daför  zu  sorgen,  dafs  die  Inventarien 
ordnungsmäfsig  geführt,  die  gehörig  geprüften  Zugänge  darin  nachgetragen,  die 
Abgänge  als  unvermeidlich  nachgewiesen  und  die  als  vorhanden  verzeichneten 
Stücke  richtig  vorgefunden  werden. 

§  27.  Archiv.  Dem  Dir.  liegt  es  ob,  alle  die  Anstalt  betreffenden 
Yerfagnngen  der  vorgesetzten  Behörden  oder  was  sonst  Bemerkensweri;hes  der 
Anst^t  zugeht,  gehörig  aufzubewahren  und  so  zu  ordnen,  dafs  bei  seinem  Ab- 
gange oder  bei  seiner  Abwesenheit  sein  Nachfolger  oder  sein. Stellvertreter  sich 
sogleich  die  nöthigen  Kenntnisse  über  alles  Vorkommende  verschaffen  kann. 
Zu  dem  Ende  mufs  der  Dir.  alle  Concepte  der  von  ihm  erstatteten  Berichte  und 
seine  anderweitige  Coirespondenz  aufbewahren.  Aus  diesen  Actenstücken,  den 
Verzeichnissen  der  Schüler,  den  Conferenzprotokollen,  den  Concepten  der  ausge- 
stellten Zeugnisse,  den  Oensurbüchem  und  allen  sonstigen  die  Anstalt  be- 
treffenden Papieren  besteht  das  Archiv  der  Schule,  welches  unter  Aufsicht  und 
Verschlufs  des  Dir.  allein  steht. 

§  28.  Aufsicht  über  die  Localitäten  und  Utensilien.  In 
Betreff  der  Localitäten  der  Schule  und  aller  dazu  gehörigen  Utensilien  hat  der 
Dir.  dafür  zu  sorgen,  dafs  dieselben  in  gutem  Stande  und  in  Ordnung  und 
Sauberkeit  erhalten  werden.  Im  Innern  der  Anstalt  wird  er  sich  angelegen 
sein  lassen,  alles,  was  die  Gesundheit,  Buhe,  Sicherheit  und  Bequemlichkeit 
fordert,  sorgfältig  zu  beachten. 

§  29.  Beneficien.  In  Ansehung  der  bei  der  Anstalt  vorhandenen 
Stiftungen  von  Stipendien  und  Beneficien  sind  deren  bestehende  Verfassungen, 
zu  befolgen.  Wenn  die  Verleihungsvorschläge  von  der  Anstalt  ausgehen,  so 
hat  der  Dir.  dieselben  nach  vorausgegangener  Berathung  mit  den  übrigen  Lehrern 
abzugeben  und  sorgsam  dahin  zu  sehen,  dafs  die  Beneficien  ihrem  ursprüngl. 
Zweck  gemäfs  verliehen  und  bei  gleicher  Bedürftigkeit  vorzüglich  die  fähigen, 
fleifsigen  und  sitüich  würdigen  Schüler  bedacht  werden. 

§  30.  Schulkasse.  Bei  Verwaltung  der  Schulkasse,  sei  es,  dafs 
dieselbe  von  dem  Dir.  oder  dm'ch  einen  anderen  Beauftragten  gefohrt  wird,  hat 


169 

,  ,  • 

der  Dir.  die  darüber  bestehenden  Vorschriflien,  namentL  anch  in  Betreff  des 
Schnlgelderlasses,  gewissenhaft  zn  beobachten.  ' 

§  31.  Schnldiener  nnd  sonstige  Unterbeamte.  Die  SchTil'- 
diener  and  die  etwan.  anderen  ünterbeamten  der  Anstalt»  inwiefern  letztere 
nicht  nnmittelbar  unter  der  Verwaltungsbehörde  stehen,  sind  der  Anfeicht  nnd 
Controlle  des  Dir.  unterworfen  nnd  haben  sich  in  allen  ihren  Dienst  betreffenden 
Dingen  nach  seinen  Bestimmongen  genan  zu  richten. 

§  32.  Verhältnis  der  allgemeinen  Dienstinstrnction  zn  der 
besonderen.  Bei  allen  denjenigen  Institnten,  deren  eigentüml.  Verhältnisse 
es  bedingen,  daf^  dem  Dir.  noch  eine  besondere  Instruction  erteilt  wird,  gelten 
die  Bestimmungen  der  gegenwärtigen '  allgm.  Dienstinstruction  nur  in  so  weit, 
als  dieselben  durch  jene  besondere  nicht  abgeändert  sind.  Magdeburg.  E. 
Pwwr.Schul  C. 

ProTixLB  Westfalen. 

Instr.  V.  26-.  Juli   1856. 

§  1.  Die  gegenwärtige  Instruction  begreift  die  Pflichten  und  Befugnisse, 
welche  den  Dir.  der  Gymnasien  der  Provinz  Westfalen  hinsichtlich  der  inneren 
und  äußeren  Verhältnisse  der  ihnen  anvertrauten  Anstalten  obliegen  und  zustehen. 

§.  2.  Der  Dir.  ist  för  die  Gesamtwohlfahrt  der  ihm  anvertrauten  Anstalt 
veranwortlich.  Er  hat  daher  die  Verpflichtung,  allen  Schaden  von  derselben 
abzuwenden,  Vorteil  derselben  zuzuwenden,  oder  doch  die  Aufmerksamkeit  der 
Behörden  darauf  zu.  richten.  Seiner  unmittelbaren  und  ausschliefsl.  Leitung 
sind  die  inneren  Angelegenheiten,  die  Sorge  für  den  gesamten  Unterricht  und 
die  Disciplin  der  Anstalt  überwiesen,  und  in  dieser  Beziehung  ist  der  Director 

§  3.  zuvörderst  das  Organ  der  vorgesetzten  Staatsbehörden,  als 
deren  nächste  er  das  unterzeichnete  E.  Prov.Sch.C.  zu  erkennen  hat.  Alle  ihm 
zugehenden,  die  Anstalt  betr.  Anordnungen  und  Verfügungen  hat  er  daher 
auszufahren  oder  etwa  sich  ergebende  Bedenken  sofort  zur  Anzeige  zu  bringen, 
die  periodischen^)  oder  von  ihm  erforderten  Berichte  pünktlich  zu  erstatten, 
über  alle  wichtigeren  Angelegenheiten  der  Anstalt,  sie  mögen  die  Personen  des 
Lehrercoll.  oder  die  didaktischen  und  dlsciplinar.  Einrichtungen  und  Zustände 
betreffen,  zu  berichten,  den  Commissarien  jederaeit  über  die  Verhältnisse  der 
Anstalt  Auskunft  zu  erteilen  und  am  Schlufs  des  Schuljahrs  einen  erschöpfenden  . 
Bericht  über  die  gesamte  äulBere  und  innere  Lage  der  Anstalt  einzureichen. 


^^  Am  1.  Januar  Anmeldung  der  Matoritäts- Aspiranten  für  Ostern  oder 
Vacatanzeige  (gemäfs  Vf.  22.  Juni  1854,  6.  Juli  1876,  21.  Jan.  1885).  15.  Jan. 
AmtUohe  Drucksachen  für  die  K.  BibUothek  zu  Berlin  (Vf.  24.  Mai  1882).  14  Tage 
vor  Beginn  des  SchuljiJires  die  Lehrpläne  für  dasselbe  (Vf.  22.  Juni  1854,  8.  März 
1887).  15.  April.  Verzeichnis  der  beschäftigten  ungeprüften  Schulamts- 
candidaten  oder  Vacatanzeige  (Vf.  17.  Oct.  und  26.  Nov.  1877).  Dgl.  üebersicht 
für  die  im  vergangenen  Schuljahre  an  Gymnasien  und  Bealgymn.  abgehaltenen 
Reifepräfungen  (Vf.  26.  Jan.  1880).  DgL  Bericht  über  die  Ergebnisse  der  Ent- 
lassungsprürangen  bei  den  Realprogymn. ,  Realschulen  und  höh.  Bürgerschulen 
(Vf.  6.  Nov.  1875).  8  Tage  nach  den  Osterferien  Frequenzübersicht  für  das 
abgelaufene  Wintersem.  (Vf.  21.  Dec.  1872  und  2.  April  1885).  Dgl.  Stunden- 
tafoelle  für  das  nächste  Schuljahr.  Dgl.  Frequenzbericht  für  den  Semesteranfang 
rVf.  28.  Oct.  1876).  14  Tage  nach  Anfang  des  Sommersem.  Protokolle  über 
aie  Feststellung  der  Arbeitspläne  für  die  emzelnen  El,  (Vf.  27.  Nov.  1884). 
30.  April.  Einsendung  von  10  Exemplaren  des  Sohulprogramms  (Vf.  25.  März 
1876).  1.  Mai.  Bericht  über  das  Probejahr  der  zu  Ostern  .des  Vorjahres  ein- 
getretenen Candidaten  (Vf.  6.  Sept.  1872).  Dgl.  Anzeige  über  gestundete  Honorare 
für  üniversitätscollegien  (Vf.  16.  Juni  1883^  15.  Mai.  Personal-  und  Ein- 
kommensveränderungen im  Lehrercoll.  oder  vacatanzeige  (Vf.  7.  Juli  1876  und 


160 

§  4.  Der  Dir.  ist  femer  erstes  und  versitzendes  Mitglied  des 
Lehrercoll.  Als  solches  leitet  er  die  Conferenzen  des  Coli.,  welche,  weil 
nirgends  mehr  als  im  Schalwesen  von  der  richtigen  Einsicht,  der  Ueberein- 
stimmong  und  dem  guten  Willen  der  Zusammenarbeitenden  das  Gelingen  des 
ganzen  Werkes  abhängt,  regelmäfsig  gehalten  werden  sollen,  und  in  denen 
alles  zur  Berathung  gebracht  werden  wird,  was  das  Material  und  die  Methode 
des  Unterrichts,  den  Fleifs  und  die  Fortschritte  der  Schüler,  die  öffentL  und  die 
Elassenprüfungen,  die  Schulfeierlichkeiten,  Censuren  und  Translocationen,  die 
Disciplin  etc.  belaifft,  überhaupt  alles  dasjenige,  worüber  eine  Berathung  mit 
mehreren  nothwendig,  angemessen  oder  wünschenswerth  ist.  In  diesen  Konfe- 
renzen werden  von  dem  Dir.  auch  die  von  uns  oder  anderen  Behörden  einge- 
gangenen, das  Ganze  betreffenden  Verfügungen  dem  Lehrercoll.  mitgeteilt,  falls 
nicht  deren  Inhalt'  eine  sofortige  Mitteilung  im  Wege  des  Umlaufs  nöthig  macht 
Welche  Verfügungen  vielmehr  vor  den  Dir.  allein,  als  vor  die  Gesamüieit  der 
Lehrer  gehören,  wird  in  jedem  einzelnen  Falle  leicht  zu  erkennen  sein  und  ist 
natürlich  der  Beurteilung  des  Dir.  anheim  gestellt.  Im  Einzelnen  fügen  wir 
noch  folgende  Bestimmungen  hinzu: 

a.  Die  Conferenzen  werden  mindestens  zweimal  in  jedem  Monat  zu 
bestimmten  aufserhalb  der  gewöhnl.  Schulzeit  fallenden  Stunden  gehalten.  Bei 
aufserordenü.  Veranlassungen  beruft  der  Dir.  auch  aufserdem  die  Conferenz. 
b.  Sitz  und  Stimme  in  der  Conferenz  hat  jeder  ordentL  Lehrer  mit  Einschlufs 
der  etatsm.  Wissenschaft.  Hülfslehrer,  jedoch  mit  der  Verpflichtung,  sich  der- 
selben zu  begeben,  wenn  ein  ihn  persönlich  betreffender  Gegenstand  zur  Sprache 
kommt  Blofs  techn.  auf  Kündigung  angenommene  Hülfslehrer  gehören  nicht 
als  stimmende  MitgL  in  die  Conferenz,  können  jedoch  in  geeigneten  Fällen  zu 
den  Berathungen  des  Lehrercoll.  hinzugezogen  werden.  Die  an  der  Anstalt 
etwa  beschäftigten  Probecandd.  haben  in  den  Conferenzen  Sitz,  aber  kein  Stimm- 
recht. In  einzelnen  besonderen  Fällen  ist  dem  Dir.  gestattet,  unter  eigener 
Verantwortung  Probecandd.  von  den  zu  ihrer  Teilnahme  nicht  geeigneten  Be- 
rathungen auszuschlieüsen.  Wo  nach  unserem  Erlafs  v.  17.  Juni  1852  Beligions- 
lehrer,  welche  nicht  dem  Lehrercoll.  angehören,  bei  der  Berathung  schwieriger 
Disclplinarfälle  zu  den  Conferenzen  hinzugezogen  werden,  haben  dieselben  bei 
deren  Beurteilung  auch  ein  volles  Stimmrecht  c.  Der  Dir.  führt  den  Vor- 
sitz in  der  Conferenz,  regelt  den  Gang  der  Verhandlungen  und  hat  bei  der 
«Abstimmung  über  diejenigen  Fragen,  über  welche  nach  den  betr.  besonderen 
Verordnungen  die  Entscheidung  nicht  ihm  allein,  sondern  dem  ganzen  Lehrercoll. 
zusteht,  im  Fall  der  Gleichheit  die  den  Ausschlag  gebende  Stimmme.  Jedoch 
auch  dann,  wenn  die  Mehrheit  der  Lehrer  mit  seiner  Ansicht  nicht  überein- 
stimmt, soll  er  wegen  der  ihm  obliegenden  Verantworüichkeit  für  das  Ganze 
das  Becht  haben,  dasjenige,  was^nach  seiner  gewissenhaften  Ueberzeugung  für 
das  Wohl  des  Ganzen  das  Bessere  ist,  festzuhalten  und,  wenn  die  Sache  Eile 
hat,  unmittelbar  zur  Ausführung  zu  bringen:  er  ist  jedoch  in  solchem  Falle  ver- 


1.  April  1881).  Dgl.  in  jedem  dritten  Jahre  Verwaltungsbericht  (zunächst  am 
15.  Mai  1888  für  die  Realanstalten  und  1889  für  Gymn.  und  Progymn,,  (Vf.  18.  Dec 
1878).  Dgl.  im  AnBchlufs  hieran  Nachweisuug  über  den  Personalstand  des 
Lehrercoll.  (Vf.  25.  April  J881).  1.  Juni.  Anmeldung  der  Maturitäts-Aspiranten 
für  den  Herbsttermin  (vgl.  Vff.  beim  1.  Jan.).  10.  Juli.  Tabelle  über  die  Be- 
wegungen unter  den  angestellten  Lehrern  im  abgelaufenen  Schuljahre  (Vf.  15.  Sept. 
1886).  1.  Oct.  Anzeige  des  Titels  der  Abhandlung  für  das  Schulprogramm 
oder  Vacatanzeige  (Vf.  19.  Mai  1875).  15.  Oct.  Ueber  ungeprüfte  Schulamts- 
candidaten  wie  zum.  15.  April.  Dgl.  über  abgeleistetes  Probejahr  wie  zum  1.  Mai. 
Bgl.  Frequenzbericht  für  das  Sommersem.  (Vf.  wie  oben).  Dgl.  für  den  Semester- 
anfang (wie  obenl  Feststellung  der  Arbeitspläne  (wie  oben).  15.  Nov. 
Personal-  und  Einkommensveränderungen  wie  am  15.  Mai. 


161 

pflichtet,  unter  Einreichung  des  Conferenzprotok.  unsere  Entscheidung  sofort 
-einzuholen,  his  zu  deren  Eingang  die  Lehrer  seinen  Anordnungen  Folge  zu  leisten 
verpflichtet  sind.  d.  Die  von  der  Conferenz  ordnungsm.  und  innerhalb  ihrer 
Bei^gnisse  gefafsten  Beschlüsse  sind  für  jedes  Mitglied  des  Lehrercoll.  bindend, 
und  steht  keinem  Lehrer  die  Befugnis  zu,  davon  willkürlich  und  unter  dem 
Verwände  abzuweichen,  dafs  er  selbst  die  Verantwortlichkeit  für  solche  Ab- 
weichungen übernehme.  Der  Dir.  hat  daher  sein  Augenmerk  darauf  zu  richten, 
dafs  die  gefafsten  Beschlüsse  auch  wirklich  zur  Ausführung  gelangen.  Die  Ver- 
handlungen und  Beschlüsse  der  Conferenz  sind,  insoweit  sie  nicht  ausdrücklich 
zur  Mitteilung  an  Andere  bestimmt  sind,  als  Amtsgeheimnisse  zu  behandeln. 
«.  Ueber  jede  Conferenz  wird  ein  in  ein  besonderes  Buch  einzutragendes 
Protokoll  aufgenommen  und  von  allen  Anwesenden  unterzeichnet.  Das  Ge- 
schäft des  Protokollfahrers  liegt  in  der  Begel  dem  jüngsten  Mitgliede  des 
Coli,  ob,  kann  jedoch  unter  Zustimmung  des  Dir.  auch  von  einem  anderen 
Lehrer  freiwillig  —  dann  aber  mindestens  auf  ein  Semester  —  übernommen  werden. 

§  5.  Ingleichen  hat  der  Dir.  alle  von  dem  ganzen  Lehrercoll.  ausgehen- 
den schrlfQ.  Acte,  Documente  etc.  auszufertigen,  oder  wenn  (wie  bei  Zeugnissen, 
Censuren  etc.)  diese  Ausfertigung  von  den  Elassenordinarien  geschieht,  dieselben 
mitzuvoUziehen  und,  wo  nöthig,  mit  dem  von  ihm  allein  geföhrten  Dienstsiegel 
zu  beglaubigen.  §  6.  Auch  hat  der  Dir.  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  alles, 
was  in  Bezug  auf  die  'Anstalt  von  den  Behörden  verfügt  wird  oder  sonst  von 
Schriftstücken  Bemerkenswerthes  derselben  zugeht,  gehörig  joumalislrt,  plan- 
mäfsig  in  bestimmte  Actenstücke  verteilt  und  so  geordtiet  werde,  dafs  beim 
Abgange  oder  auch  nur  bei  Abwesenheit  des  Dir.  sein  Nachfolger  oder  Stell- 
ver&eter  sich  sogleich  die  nöthlge  Kenntnis  über  alles  Vorkommende  verschaffen 
könne.  Zu  dem  Ende  müssen  auch  die  Concepte  der  von  dem  Dir.  erstatteten 
Berichte  und  seine  anderweitige  amtl.  Correspondenz  aufbewahrt  und  gehörigen 
Orts  eingeordnet  werden.  Ebenso  ist  ein  nach  den  Gegenständen  und  der 
Zeitfolge  übersichü.  geordnetes  Verzeichnis  der  von  den  vorgesetzten  Behörden 
erlassenen  Verfügungen  erforderlich,  welches  jeden,  besonders  auch  die  neu 
eintretenden  Lehrer  in  den  Stand  setzt,  sich  über  das  in  einer  bestimmten 
Beziehung  Angeordnete  zu  unterrichten.  Aus  diesen  Actenstücken,  dem  Album 
der  Aufgenommenen,  den  ConferenzprotokoUen ,  Prüfungsverhandlungen  und 
Fachlehrerberichten,  den  Zeugnis-  und  Censurbüchem,  den  Katalogen  der  Lehr- 
mittel und  allen  übrigen,  die  ganze  Anstalt  wie  deren  Lehrer  und  Schüler 
betr.  Papieren  besteht  das  Archiv  des  Gymn.,  welches  unter  Aufsicht  des  Dir. 
allein  steht,  und  zu  dessen  sicherer  Aufbewahrung  ein  verschliefsbarer  Schrank 
erforderlich  ist 

§  7.  Der  Dir.  ist  drittens  der  nächste  Vorgesetzte  der  an  der  Anstalt 
fungirenden  Lehrer,  Probecandd.  und  Unterbedienten,  welche  ihn  in  allen  ihren 
amtl.  Beziehungen  als  solchen  zu  erkennen  und  seinen  Anordnungen  Folge  zu 
leisten  haben.  In  dieser  Beziehung  hat  er  zunächst  jeden  neu  angestellten 
Lehrer  in  das  Collegium  einzufahren,  in  das  ihm  übertragene  Amt  einzuweisen, 
die  vorschrifbsm.  Vereidigung,  Verpflichtungen  auf  den  bereits  geleisteten  Dienst- 
eid, vorzunehmen  und  ihm  in  der  Erfallnng  seiner  Obliegenheiten  nach  bestem 
Wissen  mit  Bath  und  That  beizustehen.  Ebenso  hat  er,  wenn  ein  Lehrer  seine 
Stellung  au&ugeben  beabsichtigt,  die  stets  bei  ihm  zuerst  anzubringende  An- 
zeige davon  entgegenzunehmen,  in  dem  darüber  zu  erstattenden  Berichte  die 
dadurch  zur  Erledigung  kommenden  Lehrfächer,  far  welche  bei  der  Bestellung 
eines  Nachfolgers  gesorgt  werden  mufs,  genau  zu  bezeichnen  und,  wenn  ihm 
ein  dafür  geeigneter  Mann  bekannt  ist,  die  Aufmerksamkeit  der  Behörde  auf 
denselben  hinzulenken.  Bei  einem  eingetretenen  Todesfalle  ist  auiserdem  noch 
anzuzeigen,  in  welcher  Weise  für  die  einstweil.  Vertretung  der  erledigten  Stelle 
gesorgt  worden  ist. 

Wiese,  Verordanngen.    II.  \\^ 


162 

§  8.  Wenn  der  Dir.  selbst  zn  verreisen  beabsichtigt  —  wozu  bei  Seisen 
innerhalb  der  Schulzeit  unsere  Grenehmigang  erforderlich  ist,  sobald  seine  Ab- 
wesenheit die  Daner  einer  Woche  überschreitet,  —  so  hat  er  einem  der  Ober- 
lehrer, in  der  Regel  dem  ihm  zunächst  stehenden,  die  stellvertretende  Leitong 
der  Anstalt  zn  übertragen,  anch  selbst  für  die  zweckm.  Verteilnng  seiner 
Lectionen  Sorge  zn  tragen.  Von  jeder  Abwesenheit,  welche  den  Dir.  auf  mehr 
als  3  Tage  von  der  Anstalt  entfernt,  ist,  anch  wenn  kein  eigentlicher  Urlaub 
erforderlich,  uns  rechtzeitige  Anzeige  zn  machen  nnd  der  mit  der  Stellvertretong' 
beauftragte  Lehrer  zn  bezeichnen,  damit  der  amtl.  Verkehr  zwischen  nns  und 
der  Anstalt  in  keiner  Weise  eine  Stömng  erleide.  Bei  plötid.  Yerhinderangen 
des  Dir.,  sowie  bei  Erledigung  seiner  Stelle  durch  Abgang  oder  Ableben  des- 
selben, tritt,  sofern  nicht  etwas  anderes  von  uns  vorgesehen  worden,  der  1. 
Oberlehrer  als  commissarischer  Dirigent  sofort  in  die  Wahrnehmung  der  Amts- 
geschäfte ein,  bis  von  uns  Weiteres  darüber  verfügt  worden  ist.^) 

§  9.  Ist  ein  Lehrer  erkrankt  oder  durch  sonstige  unabwendbare  Hinder- 
nisse von  der  Abwartung  seiner  Lection  abgehalten,  so  liegt  dem  Dir.  ob,  auf 
die  ihm  zu  rechter  Zeit  zu  machende  Anzeige  die  nöthige  Vertretung  durch 
andere  Lehrer  anzuordnen,  wobei  schädliche  Combinationen  möglichst  zu  ver- 
meiden sind.  Lehrer,  welche  aufserhalb  der  gesetzl.  Ferienzeit  oder  über  die- 
selbe hinaus  Beisen  zu  machen  beabsichtigen,  bleiben  —  anch  abgesehen  von 
dem  erfordert.  Urlaub,  den  sie,  wenn  ihre  Abwesenheit  die  Dau/sr  einer  Woche 
nicht  überschreitet,  bei  dem  Dir.,  und  für  eine  längere  Abwesenheit  durch  den 
Dir.  bei  uns  nachzusuchen  haben  —  von  der  GefSüligkeit  ihrer  Amtsgenossen 
hinsichü.  der  nöthigen  Vertretung  abhängig  und  haben  selbst,  unter  Au£sicht 
und  Mitwirkung  des  Dir.  f&r  die  vorteilhaftidste  Bewerkstelligung  derselbe  zu 
sorgen.  Dagegen  tritt  für  die  Lehrer  eine  Verpflichtung  zur  üebemahme 
erledigter  Stunden  aufser  in  Krankheitsfällen  ihrer  Amtsgenossen  auch  dann 
ein,  wenn  ein  Lehrer  durch  gesetzl.  gerechtfertigte  Gründe  von  der  Abwartung 
seiner  Functionen  abgehalten  ist,  oder  wenn  nach  dem  Abgange  eines  Lehrers 
dessen  Stelle  nicht  gleich  wieder  besetzt  werden  k(^nnte.  Inwiefern  in  geeigneten 
Patten  den  stellvertretenden  Lehrern  nach  Mafsgabe  der  übernommenen  Blehr- 
arbeit  aus  dem  Einkommen  der  erledigten  Stelle,  soweit  es  nicht  etwa  den 
Hinterbliebenen  eines  verstorbenen  Lehrers  för  die  Gnadenzeit  verwilligt  worden 
ist,  eine  Remuneration  zu  gewähren,  wozu  die  bezügl.  Anträge  durch  den  Dir. 
an  das  Curatorium,  resp.  an  uns  selbst,  zu  richten  sind,  bleibt  nach  den  Um- 
ständen besonderer  Entecheidung  vorbehalten. 

§  10.  Für  diejenigen  Lehrer,  welche  sich  zu  verheiraten  beabsichtigen, 
hat  d^r  Dir.  den  vorschriftsm.  Heiratsconsens  bei  dem  Präsidenten  unseres 
OoU.  nachzusuchen  und  dabei  anzuzeigen,  bis  zu  welchem  Betrage  der  betr. 
Lehrer  seiner  künftigen  Ehegattin  eine  Pension  bei  der  allgem.  Witwenkasse 
zu  versichern  beabsichtige,  anch  denselben  zu  pünktl.  Einhaitang  des  in  dem 
Consens  festzusetzenden  Versicherungstermins  anzuhalten.  ^3  — 

§  11.  Wie  der  Dir.  überall  das  Interesse  seiner  Amtsgenossen  wahrzu- 
nehmen hat,  weshalb  auch  alle  ihr  Amt  und  ihre  Stellung  betreffenden,  an  die 

»)  O.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  7.  Oct.  1882.  „Unter 
Bezugahme  auf  §  8  der  Dienstinstr.  f.  d.  Dir.  der  höh.  Unterrichteanstalten  der 
Provinz  v.  26.  Juli  1856,  nach  welchem  von  jeder  Abwesenheit,  welche  den  Dir. 
auf  mehr  als  drei  Ta^^e  von  der  Anstalt  entfernt,  auch  wenn  kein  eigentlicher 
Urlaub  erforderlich  ist,  wie  z.  B.  während  der  Ferien,  uns  rechtzeitig  Ajizeige  zu 
inachen  und  der  mit  der  Stellvertretunj^  beauftragte  Lehrer  zu  bezeichnen  ist, 
damit  der  amtliche  Verkehr  zwischen  uns  und  der  Anstalt  in  keiner  Weise  eine 
Störung  erleide,  ordnen  wir  hierdurch  an,  dafs,  wenn  kein  Lehrer  am  Schulorte 
anwesend  sein  sollte,  auch  der  Vorsitzende  oder  ein  Mitglied  des  Curatorium» 
mit  der  Steilvertretung  betraut  werden  kann  und  jedenfalls  der  Dir,  nicht  ver- 
reisen darf,  ohne  uns  einen  Stellvertreter  namhaft  gemacht  zu  haben." 

*)  Vgl.  Abschn.  IX  (Verheiratung). 


163 

• 

Aufsichtsbehörden  gerichteten  Eingaben  desselben,  wo  nickt  dnrch  besondere 
Gründe  eine  Ausnahme  gerechtfertigt  erscheint,  zunächst  an  ihn  zu  richten  und 
Ton  ihm  sogleich  mit  seinem  Gutachten  zu  begleiten  sind:  so  liegt  ihm  anderer- 
seits auch  die  Veipflichtung  ob,  mit  Sorgfalt  und  Grewissanhaltigkeit  darauf  zu 
achten,  dafs  sie  durch  würdiges  Verhalten  und  treue  Erfüllung  ihrer  Pflichten 
ihren  Stand  ehren,  sich  das  Yertrauen  ihrer  Schüler  und  die  Achtung  des  Pu- 
blikums sichern  und  dadurch  ihrer  unterrichü.  und  erziehenden  Thätigkeit  einen 
gedeihl.  Boden  bereiten.  Besonders  wird  der  Dir.  sich  um  das  Lefarercoll.  ver- 
dient macheu.  wenn  es  ihm  gelingt,  die  Mitglieder  desselben  zu  edler  Gesellig- 
keity  namentlich  in  privaten  Vereinigungen  za  wissenschaftlichen  Zwecken  an^ 
zuregen.  Auch  werden  alle  seine  Anordnungen  und  Bathschlftge  noi*  dann  die 
rechte  Wirksamkeit  haben  können,  wenn  er  dieselben  durch  sein  Beispiel  unter- 
stützt und  in  jeder  Beziehung  Vorbild  der  Treue  und  Gewissenhaftigkeit  ist. 
—  Vorkommende  Mifsgriffe  und  Ungehörigkeiten,  auch  in  dem  aufseramü  Ver- 
halten  der  Lehrer,  hat  er  zunächst  mit  hnmaner  Schonung  zu  rügen,  bei  Nicht- 
beachtung solcher  Winke  und  Mahnungen  ihnen  aber  mit  Ernst  und  Nachdruck 
zu  steuern,  auch  nicht  zu  gestatten,  dafs  ein  Lehrer  ohne  unsere  Genehmigung 
Nebenämter  übernehme. 

§  12,  Die  der  Anstalt  zur  vorschriftsm.  Probezeit  überwiesenen  Schul- 
amtscandd.,  sowie  diejenigen  Candd.,  welche  etwa  nach  Vollendung  derselben 
zu  ihrer  ferneren  Ausbildung  an  der  Anstalt  als  f^eiw.  Hnlfsarbeiter  besdiäf- 
tigt  werden,  stehen  während  dieser  Dienstzeit  zu  dem  Dir.  in  dem  Unterord- 
nungsverhältnis wirklicher  Lehrer;  weshalb  ihm,  abgesehen  von  der  durch  be- 
sondere Vorschriften  geregelten  Anleitung  solcher  Candidaten  zu  einer  künftigen 
selbständigen  fruchtbringenden  Amtsführung,  für  deren  Beau&ichtigung  alle 
diejenigen  Pflichten  obliegen,  welche  er  nach  §  11  gegen  die  wirklichen 
Lehrer  der  Anstalt  selbst  wahrzunehmen  hat  §  13.  Endlich  sind  aber  auch 
aUe  in  nächster  Beziehung  zu  der  Schule  stehenden  dienenden  Personen,  als 
die  Aufwärter,  Pedelle  u.  s.  w.  der  unmittelb.  Aufsicht  des  Dir.  unterworfen, 
und  hat  der  letztere  daher  alles  Fleifses  sein  Augenmerk  darauf  zu  richten, 
dafs  dieselben  nicht  nur  nach  den  ihnen  speciell  erteilten  Instructionen  ihre 
Pflichten  genau  erfüllen,  sondern  auch  den  Schülern  durch  ihr  und  der  Dingen 
Betragen  kein  böses  Beispiel  geben.  Wird  dergleichen  oder  eine  sonst  unan- 
gemessene oder  gar  verbotene  Beziehung  zu  tinem  Schüler  bemerkt,  so  hat  der 
Dir.  dagegen  sofort  emstl.  einzuschreiten  und  nach  Umständen  dem  Gymnasial- 
curatorium.  wenn  ein  solches  vorhanden,  sonst  aber  uns  selbst  zu  weiterer 
Veranlassung  Anzeige  zu  machen. 

§  14.  Der  Dir.  ist  viertens  Dirigent  des  gesamten  inneren  Getriebes 
der  Anstalt  in  Hinsicht  sowohl  des  Unterrichts  ala  der  Erziehung  der  ihr  zur 
Bildung  anvertrauten  Jugend. 

Die  Grundlage  des  Unterrichts  bildet  der  allgm.,  unter  dem  26.  Nov.  1835 
für  die  Gymn.  der  Prov.  festgestellte  Lehrplan  mit  den  Modificationen,  welche 
unter  dem  U.  Dec.  1837  und  dem  7.  Jan.  1856^)  für  alle,  und  aui'serdem 
durch  specielle  Anordnungen  für  einzelne  Anstalten  getroffen  worden  sind. 
Die  Aufgabe  des  Dir.  ist  nun,  vor  allem  dahin  zu  wirken,  dafs  dieser  Lehrplan 
von  dem  LehrercoU.  als  ein  organisches  Ganze  erfafst  und  verstanden,  dafs  er 
im  Ganzen  wie  in  seinen  einzelnen  Teilen  in  den  Conferenzen  zum  Gegenstande 
wiederholter  sorgfältiger  und  gründlicher  Erörterungen  gemacht,  die  gedeihlichste 
Weise  seiner  Ausführung  erwogen  und  dadurch  in  jedem  einzelnen  Mitgl.  des 
LehrercoU  ein  lebendiges  Interesse  für  eine  fruchtbringende  Fortentwickelung 
der  glänzen  Anstalt  hervorgerufen  und  erhalten  werde.  Die  bei  dieser  Durch- 
arbeitung des  Lehrsystems  leitenden  Gesichtspunkte   stehen   zwar   im  Allgm. 


0  C.Verf.  y.  31.  März  1882,  s.  Abt.  I  S.  HO  fg. 

11 


164 

• 

teils  durch  höhere  Verordmmgen,  teils  durch  die  zum  Gemeingut  gewordene  und 
sich  immer  schärfer  entwickelnde  Idee  des  höheren  deutschen  Unterrichtswesens 
schon  fest;  allein  im  Einzelnen  ist  noch  vieles  durchzubilden,  sowohl  was  den 
umfang,  als  besonders  die  Methode  und  die  Hulfsmittel  der  verschiedenen 
ünterrichtszweige  betrifft;  und  wiederum  hat  jede  Anstalt  nach  der  Eigentüm- 
lichkeit ihrer  Mittel,  ihrer  Lehrer,  ihrer  Oerüichkeit  und  ihres  ganz  besonderen 
Standpunkts  recht  sorgfältig  zu  überlegen,  wie  gerade  sie  auf  dem  angemesse- 
nen Wege  sich  dem  Ziel  nähern  könne  und  müsse.  Ein  günstiger  Erfolg 
solcher  Erörterungen  ist  jpdoch  nur  dann  zu  erreichen,  wenn  durch  eine  fort- 
gesetzte, von  dem  Dir.  mit  Einsicht  geleitete  Verständigung  innerhalb  des 
LehrercoU.  die  Einheit  des  ganzen  Strebens  der  Schule  in  sdlen  Lehrzweigen 
und  Klassen  aufrecht  erhalten  wird. 

Ein  wesentl.  Förderungsmittel  far  die  Erreichung  dieses  Zwecks  bietet 
das  Institut  der  Fachlehrer  dar,  dessen  allmähliche  Durchfuhrung  daher  auch 
an  denjenigen  Anstalten,  wo  es  wegen  eigentüml.  Schwierigkeiten  bis  jetzt 
keinen  Eingang  hat  finden  können,  dringend  zu  wünschen  ist.  Obwohl  näm- 
lich der  Dir.  die  höhere  Uebersicht  des  Ganzen  haben  und  den  Mittelpunkt 
bilden  mufs,  in  welchem  Erkenntnis  und  Praxis  ihre  Einheit  finden,  so  kann 
er  doch  nicht  alles  allein  thun,  und  eine  Teilung  der  umfassenden  Arbeit  wird 
in  jeder  Hinsicht  zweckmäfsig  sein.  Zu  dem  Ende  verteilen  die  Mitglieder  des 
Coli,  die  Hauptfächer  des  Unterrichts  in  der  Art  unter  einander,  daXs  der  ein- 
zelne ein  einzelnes  Fach  für  einige  Zeit  zu  specieller  Bearbeitung  und  Beauf- 
sichtigung übernimmt,  sich  mit  dem  Stoff,  den  Hülfsmitteln,  der  Methode,  den 
wissenschaftl.  Fortschritten  dieses  Fachs,  den  dasselbe  betreffenden  Verordnun- 
gen u.  s.  w.  gründlich  bekannt  macht  und  die  method.  Durchfahrnng  durch  die 
ganze  Anstalt  oder  eine  ihrer  Bildungstnfen  als  seine  besondere  Aufgabe  be- 
trachtet. Einem  jeden  wird  natürlich  dasjenige  Fach  zufallen,  in  welchem  er 
selbst  am  meisten  beschäftigt  ist;  allein  seine  Sorge  erstreckt  sich  auch  über 
seine  eigene  Lehrthätigkeit  hinaus  auf  die  übrigen  Lehrer,  welche  in  demselben 
Zweige  unterrichten.  Mit  ihm  als  dem  Hauptfachlehrer  haben  sie  zunächst  das 
Ineinandergreifen  des  Unterrichts  zu  überlegen  und  ihn  in  der  Entwerfuug  des 
Lehrplans  (s.  unten)  zu  unterstützen;  zugleich  wird  er  selbst  wohlthun,  wenn 
er  sich  eine  kurze  Chronik  über  sein  Fach  anlegt,  in  welche  er  sowohl  litterar. 
Notizen,  eigene  Bemerkungen,  Beobachtungen  und  Erfahrungen,  Verordnungen 
u.  s.  w.,  als  auch  den  genehmigten  Fachlehrplan  nach  seinen  Hauptumrissen 
einträgt.  Ebenso  ist  er  es,  von  welchem  hauptsächlich  die  Vorschläge  zu  An- 
schaffungen von  Büchern  und  anderen  Lehrmitteln  far  das  von  ihm  vertretene 
Lehrfach  erwartet  werden.  Für  einige  Fächer,  z.  B.  das  mathemaiphysikalische, 
das  histor.geogfaphische,  häufig  auch  für  die  deutsche  Sprache,  wird  sich  die  Be- 
stimmung der  Hauptfachlehrer  leicht  treffen  lassen,  da  dieselben  schon  meisten- 
teils eigenen  Hauptlehrem  zugeteilt  sind.  Aber  auch  für  die  alten  Sprachen 
ist  es  sehr  erspriefslich,  die  oben  angedeutete  Verteilung  vorzunehmen  und, 
wenn  nicht  alle  Lehrer  gleichzeitig  ein  Hauptfach  bekommen  können,  mit  den 
Fächern  von  Zeit  zu  Zeit  zu  wechseln  oder  jüngere  Lehrer  älteren  als 
Correferenten  zuzuordnen;  damit  die  Teilnahme  aller  an  dem  lebendigen  Fort- 
schreiten des  Ganzen  erhalten  werde.  Bei  kleineren  Anstalten  wird  die  Aus- 
führung freilich  leichter  sein;  aber  auch  die  gröfseren  LehrercoU.  können  sie 
sich  dadurch  erleichtern,  dafs  sie  die  Sorge  für  die  unteren  Kl.  von  der  für  die 
oberen  trennen  und  die  Fachlehrer  in  beiden  Hälften  wieder  auf  angemessene 
Weise  in  Verbindung  bringen. 

Aus  diesen  Vorarbeiten  der  Hauptfachlehrer  und  der  mit  ihnen  in  den- 
selben Fächern  beschäftigten  Amtsgenossen  gehen  alsdann  die  method.  oder 
Fachlehrpläne  hervor,  in  denen  jeder  einzelne  Lehrgegenstand  nach  Lehr- 
stoff, Methode  und  Hülfsmitteln  durch  alle  Klassen  der  Schule,  unter  scharfer 


165 

nnd  bestimmter  Abgrenzung  des  einer  jeden  zugeteilten  Lehrabschnitts,  verfolgt 
wird.  Dieselben  bilden,  nachdem  sie  in  der  Conferenz  berathen  nnd  von  uns 
unter  den  event.  nothwendigen  Modificationen  genehmigt  worden  sind,  die 
Specialinstructionen  für  die  Behandlung  der  einzelnen  Unterrichtsgegenstände, 
durch  welche  jeder  neu  eintretende  Lehrer  in  den  ganzen  Gang  derselben  ein- 
geführt wird :  sie  sind  übrigens  von  Zeit  zu  Zeit  einer  Revision  zu  unterwerfen, 
damit  das  LehrercoU.  sich  stets  Wissenschaft!,  und  didaktisch  in  Vertrautheit 
mit  der  Sache  erhalte  und  keine  auf  dem  betr.  Gebiet  hervortretende  neue  und 
bedeutsame  Erscheinung  unbeachtet  vorübergehe. 

§  15.  Die  geordnete  Durchfahrung  des  allgm.  Lehrplans  und  der  den- 
selben nach  den  besonderen  Verhältnissen  jeder  Anstalt  näher  bestimmenden 
und  erläuternden  Specialinstructionen  setzt  nun  noch  eine  Beihe  von  Anord- 
nungen voraus,  die  wir  im  Folgenden  kurz  zusammenfassen  und  deren  genaueste 
Aufrechthaltung  wir  den  Dir.  zur  Pflicht  machen: 

a.  Damit  der  Cursus  der  einzelnen  Klassen  ganz  regelmäfsig  abgehalten 
und  jeder  einzelne  Lehrer  mit  Becht  verpflichtet  werden  könne,  ihn  för  seine 
Lehrgegenstände  bis  zu  dem  der  Klasse  vorgesteckten  Ziele  durchzufahren,  ist 
es  nothwendig,  dafs  nur  einmal  im  Jahre,  und  zwar  zu  Anfang  des  Schuljahrs 
die  Aufnahme  solcher  Schüler  stattfinde,  welche  den  Gymnasialcursus  von 
vom  beginnen.  Wer  zu  einer  anderen  Zeit  aufgenommen  sein  will,  mufs  schon 
so  viele  Kenntnisse  besitzen,  dafs  er  in  irgend  eine  Klasse  pafst.  Die  den 
aufzunehmenden  Schülern,  welche  das  9.  Lebensjahr  vollendet  haben  müssen, 
anzuweisende  Klasse  wird  nach  einer  sorgfältigen  Prüfung  ihres  Bildungstandes 
bestimmt,  in  Beziehung  auf  welche  wir  auf  unsere  C.Verf.  v.  28.  Dec.  1853 
fs.  Abt.  I  S.  813)  Bezug  nehmen.  Für  diese  Prüfungen  erscheint  ein  ähnl. 
Verfahren,  wie  bei  den  Versetzungen  (s.  unten  c)  angemessen,  so  dafs  dieselben 
in  Gegenwart  des  ganzen  LehrercoU.  durch  die  von  dem  Dir.  damit  beauftragten 
Lehrer  vorgenommen  werden,  und  über  das  Ergebnis  eine  gemeinsame  Be- 
rathung  entscheide.  Ist  dies  Verfahren  wegen  der  grofsen  Anzahl  und  der 
Verschiedenartigkeit  der  Examinanden  überhaupt  oder  aus  besonderen  Gründen 
in  einzelnen  Fällen  nicht  anwendbar,  so  müssen  aufser  dem  Dir.  oder  einem 
von  letzterem  zu  ernennenden  Vorsitzenden  mindestens  noch  2  Lehrer  an  der 
Prüfung  teilnehmen.  Die  zur  Aufnahme  geeignet  befundenen  trägt  der  Dir. 
nach  Vor-  und  Zunamen,  Alter,  Geburtsort,  Confession,  Stand  und  Wohnort  des 
Vaters  in  das  sorgfältig  zu  fahrende  und  aufzubewahrende  Album  der  Anstalt 
ein  und  überweist  sie,  nachdem  sie  auf  die  Disciplinarordnung  verpflichtet  wor- 
den, in  angemessener  Weise  den  Ordinarien  ihrer  Klassen  zu  weiterer  Leitung. 
Alle  Aufzunehmenden  haben  zuvor  ein  Zeugnis  über  den  bis  dahin  genossenen 
Unterricht  und  ihr  sittl.  Verhalten  und,  wenn  sie  bereits  eine  öffentl.  Schule 
besucht,  ein  Entlassungszeugnis  aus  der  letzteren  vorzulegen. 

b.  Ebenso  mufs  es  Kegel  sein,  dafs  nur  Eine  Versetzung  im  Schul- 
jahr, und  zwar  zu  Anfang  desselben,  stattfinde.  Es  wird  angemessen  sein, 
wenn  das  LehrercoU.  schon  längere  Zeit  vor  deren  Eintritt  sich  über  den 
Standpunkt  der  einzelnen  Klassen  und  ihrer  Schüler  verständigt,  um  in  der 
noch  übrigen  Zeit  des  Schuljahrs  besonders  diejenigen  Schüler  ins  Auge  fassen 
zu  können,  welche  in  einzelnen  Zweigen  des  Unterr.  zurückgeblieben,  aber  unter 
strenger  Beaufsichtigung  und  Leitung  das  Versäumte  nachzuholen  noch  im 
Stande  sind  c.  Die  Berathung  über  die  Versetzung  selbst  geschieht  in 
der  Conferenz  (§  4),  und  hat  dabei  jeder  Ordinarius  über  seine  Klasse  den 
Vortrag.  Auf  die  Ueberzeugung,  welche  er  und  die  übr.  in  der  Klasse  unter- 
richtenden Lehrer  von  den  Gesamtfortschritten  eines  Schülers  in  den  Sprachen 
und  Wissenschaften  und  von  seiner  Beife  überhaupt  erlangt  haben,  sowie  bei 
denjenigen  Schülern,  über  welche  eine  Einstimmigkeit  des  ürteüs  nicht  hat  er- 
zielt werden  können,  auf  vorhergegangene  mündl.  und  schriftl.  Prüfung,  mufs 


166 

der  VerBetznngfsbeschMs  begründet  werden,  ohne  dafs  irgend  einer  anderen 
Bäcksiebt  ein  Einflnfs  anf  denselben  gestattet  würde.  Insbesondere  darf  weder 
das  Lebens-  noch  das  Klassenalter  eines  Schülers,  noch  der  Umstand,  dafs  er 
bei  einem  seiner  Lehrer  Privatnnterr.  genossen  habe  oder  dafs  ihm  in  der 
höheren  Kl.  durch  solchen  Privatanterr.  fortgeholfen  werden  solle,  noch  endlich 
der  auf  das  Privatinteresse  gegründete  Antrag  der  Eltern  oder  sonstigen  An- 
gehörigen auf  die  Beschlnfsnahme  Einflufs  gewinnen :  vielmehr  hat  das  Lehrercdl. 
dabei  lediglich  seiner  gewissenhaften  Ueberzeugung  zu  folgen,  ohne  dem  Ge- 
danken Baum  zu  geben,  dafs  ein  Schüler,  der  wegen  mangelhafter  Bildung 
nicht  far  verseizungsfähig  erachtet  worden,  deshalb  die  Anstalt  verlassen  werde. 
Bei  etwa  eintretenden  Zweifeln  über  die  Verset/iUngsfdhigkeit  eines  Schülers 
entscheiden  der  Dir.,  der  versetzende  und  der  aufnehmende  Ordinarius.  Nach- 
trägl.  Versetzungen  einzelner  Schüler  nach  bereits  bekanntgemachter  Trans- 
location,  wie  sie  nach  dem  Wunsch  mancher  Bltem,  welche  mehr  um  schnelle 
Beförderung,  als  um  wahre  und  gediegene  Ausbildung  ihrer  Söhne  besorgt  sind, 
hie  und  da  vorzukommen  pflegen,  sind  ebensowohl  unzulässig,  als  es  zu  mifs- 
billigen  ist,  Schülern  für  einen  gewissen  Termin  die  Versetzung  im  voraus 
zuzusichern. 

§  16.  Die  Anwendung  des  allgm.  Lehrplans  und  der  aus  ihm  hervor- 
gegangenen method.  Lehrpläne  auf  die  gegebenen  Verhältnisse  jeder  einzelnen 
Anstalt  für  ein  bestimmtes  Schuljahr  regelt  der  jedesmalige  Lectionsplan 
für  dieses  Schuljahr.  Der  Dir.  hat  denselben  4  Wochen  vor  dem  Schlufs  des 
vorhergehenden  Schuljahrs  nach  Vorgang.  Conferenzberathung  mit  dem  ganzen 
LehrercoU.  nach  der  Form  der  vorgeschriebenen  Schemata  zu  entwerfen,  mit 
allen  zur  leichteren  Uebersicht  erforderl.  Notizen  zu  versehen  und  alsdann  zur 
Genehmigung  bei  uns  einzureichen.  In  welchen  Lehrobjecten  und  Klassen 
jeder  einzelne  Lehrer  beschäftigt  werden  darf,  ist  in  seinem  Prüfungszeugnis 
angegeben.  Aufser  in  Fällen  augenblickl.  Bedürfnisses  darf  nur  ipit  unserer 
Genehmigung  und  unter  dem >y orbehalt  einer  Nachprüfung  über  die  Bestimmun- 
gen desselben  hinausgegangen,  werden. 

Die  Verteilung  der  Fächer  und  Stunden  unter  die  einzelnen  Lehrer,  für 
welche  lediglich  das  Bedürfnis  der  Anstalt  mafsgebend  und  entscheidend  ist, 
steht  mit  Vorbehalt  unserer  Genehmigung  dem  Dir.  allein  zu,  und  darf  dabei 
der  Ansicht  mancher  Lehrer,  als  seien  sie  durch  die  Ascension  in  eine  höhere 
Stelle  aller  Verpflichtung  zum  ünterr.  in  den  unteren  Kl.  überhoben,  eine  Gel- 
tung nicht  eingeräumt  werden.  Uebrigens  wird  hierbei  der  Dir.,  so  viel  thun- 
lich,  auf  die  Neigung  und  Wünsche  seiner  Amtsgenossen  und  vorzüglich  auch 
auf  das  richtige  Verhältnis  der  Lehrstunden  zu  den  mit  ihnen  verknüpften 
anderweiten  Arbeiten,  besonders  den  Vorbereitungen  und  der  sorgfältigen 
Coirectur  der  schriftl.  Arbeiten,  billige  Bücksicht  nehmen  und  nicht  weniger 
selbst  bereit  sein,  von  Zeit  zu  Zeit  eine  Lection  in  einer  unteren  Kl.  zu  über- 
nehmen, um  seinen  Amtsgenossen  zu  zeigen,  wie  der  Unterr.  in  den  Elementen 
in  fruchtbringender  Weise  erteilt  werden  müsse.  Andererseits  aber  wird  der 
Dir.  dabei  nicht  übersehen,  dafs  jüngere  zu  höheren  Erwartungen  berechtigende 
Lehrer  nicht  zu  lange  bei  ausschliefslicher  Einübung  der  Elemente  in  den 
unteren  Kl.  festgehalten  und  dadurch  frühzeitig  abgemüdet  werden  dürfbn;  er 
wird  vielmehr  solchen  Lehrern  Gelegenheit  geben,  sich  auch  in  höheren  Kl.  zu 
versuchen  und  dadurch  auch  für  wissenschaftl.  Bestrebungen  lebendig  zu  er- 
halten, damit  die  Schule  zugleich  eine  Schule  für  ihre  Lehrer  sei.  Bis  zu 
welcher  Zahl  wöchentl.  Lehrstunden  die  Thätigkeit  jedes  Lehrers  in  Anspruch 
genommen  werden  könne,  läfst  sieb  zwar  nicht  durch  allgm.  giltige  Vor- 
schriften festsetzen,  da  hierbei  Gegenstand  der  Lectionen,  Frequenz  der  Klassen, 
etwan.  Ordinariatsgeschäfte  und  andere  Bücksichten  mit  entscheidend  sein 
müssen;  es  bleibt  jedoch  eine  nähere  Bestimmung  über  das  Maximum  der  von 


167 

• 

den  einzelnen  Lehrern  zu  erteilenden  Lehrstunden  vorbehalten.  Wie  der 
Lectionsplan  selbst,  so  ist  auch  die  mit  ihm  zusammenhangende  Besetzung  der 
Klassenordinariate  (s.  unten)  stet«  nur  auf  ein  Jahr  giltig,  dabei  lediglich 
durch  das  obwaltende  Bedürfiiis  bedingt,  und  steht  daher  keinem  Lehrer  die 
Befugnis  zu,  auf  Grund  seines  Eangverhältnisses  im  LehrercoU.  ein  Ordinariat 
überhaupt  oder  das  Ordinariat  einer  bestimmten  El.  in  Anspruch  zu  nehmen 
oder  abzulehnen. 

§  17.     Der  Lectionsplan  bildet,   sobald  er  von  uns  für  ein  bestimmtes 
Schuljahr  genehmigt  worden,  die  feste  Norm  des  Unterrichts  für  diese  Zeit,  und 
liegt  daher  dem  Dir.  die  Verpflichtung  ob,  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  derselbe 
nun   auch    in   einer   dem  Zweck  der  Anstalt  entsprechenden  Weise  zur  Aus- 
führung gebracht  werde  und  sich  kein  Lehrer  von  ihm  in  einseitiger  und  will- 
kürl.  Weise  abzuweichen  gestatte.    Insbesondere  müssen  gleich  zu  Anfang  des 
Schuljahrs  nach  gemeinsamer  collegialischer  Berathung  die  Lehrabschnitte  in 
den  einzelnen  DiscipMnen  für  die  beiden  Semester,  nach  Umständen  auch  für 
noch  kürzere  Abschnitte   des  Schu^ahrs,  festgestellt,    sowie  Anzahl  und  Mafs 
der  häusl.  schriffcl.  Arbeiten  bestimmt   werden,   welche   jeder  Lehrer  von  den 
Schülern  der  einzelnen  Kl.  einzufordern,  resp.  zu  verbessern  hat     Bei  dieser 
letzteren  Bestimmung  ist  voraüglich  auf  Gründlichkeit  und  sicheres  Portschreiten 
zu   sehen   und  jedenfalls   mit  Rücksicht   auf  die  geistige  und  körperl.  Ent- 
Wickelung  und  Gesundheit  der  Jugend  ein  vemünfkiges  Mafs  zu  halten,  auch 
wohl  darauf  zu  achten,    dafs   die  Schüler  in  d»n  unteren  und  mittl.  Klassen 
ebensowohl  einer  sorgfältigen  Anleitung  zu  Präparation,  als  einer  fortdauernden 
Controlle  derselben  bedürfen.    Dafs  jeder  Lehrer  die  getroffenen  Bestimmungen 
genau  einhalte,  die  ihm  überwiesenen  Lehrobjecte  ohne  eigenmächtige  Aenderung 
in  Lehrstoff,  Lehrbüchern  und  anderen  Lehrmitteln  in  einer  dem  Standpunkt 
seiner   Schüler   entsprechenden,   Pleifs   und   Thätigkeit   derselben    anregenden 
Weise  behandle,  die  ihm  übertragenen  Lehrstunden  pünktlich  anfange  und  ab- 
warte, die  mit  denselben  verbundenen  Correctnren  regelm&fsig  und  sorgfältig 
erledige,  hat  der  Dir.  durch  fleifsigen  Besuch  der  einzelnen  Lehrstun- 
den ohne  irgend  eine  persönliche  Rücksicht  zu  überwachen  und,  sofern  einzelne 
derselben  mit  seinen  eigenen  gleichzeitig  fallen,  sich  zur  Erreichung  des  fragl. 
Zwecks  lieber  jezuweilen  in  letzteren  durch  einen  der  anderen  Lehrer  vertreten 
zu  lassen,  als  jenes  wichtige  Geschäft  zu  versäumen.    Ueber  etwa  bemerkte  Ab- 
weichungen von  dem  Lectionsplan,  Mängel  in  der  Methode,  der  Disciplin  etc. 
wird  er  den  betr.  Lehrern  freundliche  und,  wenn  es  erforderlich  ist,  ernste  Er- 
innerungen machen,  diejenigen  aber,  welche  in  solcher  Beziehung  die   allgm. 
oder  seine  speciellen  Anordnungen  unbeachtet  lassen  und  in  einseitiger  Selbst- 
überschätzung ihre  eigenen  Wege  gehen,  mit  Nachdruck  zum  Befolgen  jener 
Vorschriften  anhalten.    Zugleich  hat  der  Dir.,  um  mit  dem  Standpunkt  der  ein- 
zelnen Kl.,  sowie  mit  dem  Pleifs  und  den  Leistungen  ihrer  Schüler   stets   in 
Kenntnis   zu   bleiben,   sich   öfters   (an    den  gröfseren  Gymn.   wenigstens  alle 
Semester,  an  den  kleineren  alle  Quartale)  die  Ausarbeitungshefte  der  Schüler 
Torlegen  zu  lassen  und  mit  seinem  Revisionsvermerk  zu  versehen,  auch  in  ge- 
nauer Befolgung  unserer  Verf.  v.  23.  Juni   1854   mit   unausgesetzter  Sorgfalt 
darauf  zu  achten,  dafs  das  ungeachtet  wiederholter  Verbote  immer  .von  neuem 
sich  einschleichende  Dictiren  in  den  KL  nirgends  Platz  greife  und  ebenso  jede 
.mechanische,  die  Schüler  besonders  in  den  unteren  Kl.   geistig  mifohaadehide 
*  Heft-  und  Tabellenschreiberei  gänzlich  unterbleibe;  wodurch  aber  das  Anfertigen 
sorgfältiger  schriftl.  Uebersetzungen  aus  den  fremden  Sprachen  in   die  eigene 
(in  Prosa  und  Versen)  keineswegs  verworfen  werden  soll. 

§  18.  Neben  den  vorbezeichneten  Revisionen  der  Klassen  und  der 
schriftl.  Schularbeiten  findet  sich  ein  wesentliches  Mittel,  die  geregelte  Durch- 
führung des  Lectionsplans  zu  sichern  und  den  Dir.  in  einer  steten  Bekannt- 


168 

Schaft  mit  den  Leistangen  der  einzelnen  Kl.  zu  erhalten,  in  der  Abhaltung^ 
regelm.  iiviederkehrender  Elassenprü fangen,  bei  denen  in  bestimmte^  Zeit- 
ränmen  eine  Klasse  nach  der  anderen,  und  zwar  so,  dafs  jede  mindestens  ein- 
mal im  Schuljahr  an  die  Beihe  kommt,  von  den  in  ihr  unterrichtenden  Lehrern 
in  Gegenwart  des  Dir.  und  der  übrigen  Lehrer  in  einem  Teil  ihrer  ünterrichts- 
gegenstände  gründlich  geprüft  werden  mufs.  Diese  Prüfungen  sind  zugleich 
vorzüglich  geeignet,  auch  in  den  übrigen  Lehrern  eine  dem  Gedeihen  der  An- 
stalt fördersame  Anschauung  des  Ganzen  derselben  zu  bilden,  das  Vorzügliche, 
welches  ein  jeder  Lehrer  durch  seine  Methode  in  einem  einzelnen  Unterrichts- 
zweige leistet,  zum  Gemeingut  aller  und  überhaupt  das  Vorbild  der  älteren  und 
geübteren  Lehrer  für  die  jüngeren  bildend  zu  machen,  endlich  unter  den 
Schülern  ein  lebendiges  Emporstreben  nach  tüchtigen  Leistungen  zu  erwecken; 
weshalb  bei  ihnen  viel  mehr  als  bei  öffentl.  Prüfungen  aller  Klassen  vor  einem 
gemischten  Publicum,  in  das  Einzelne  einzugehen,  und  in  einer  auf  jede 
Prüfung  folgenden  Conferenz  deren  Ergebnis  gründlich  zu  erörtern,  auch  nach 
seinen  Hauptzügen  in  das  Protokoll  aufzunehmen  ist.  Die  Mitglieder  des 
Curatoriums  sind,  wo  ein  solches  vorhanden,  zum  Besuch  dieser  Klassen- 
prüfungen berechtigt,  und  deshalb  von  den  Terminen  derselben  in  Kenntnis 
zu  setzen.*) 

§  19.  Hinsichtl.  der  am  Schlufs  des  Schuljahrs  stattfindenden  öffentl. 
Prüfung  verbleibt  es  bei  dem  für  jede  einzelne  Anstalt  durch  die  örtl.  Ver- 
hältnisse begründeten  Herkommen.  Jedenfalls  aber  ist  daran  festzuhalten,  dafs 
derartige  Prüfungen  sich  stel»  auf  eine  einfache  Darlegung  des  wirkl.  Geleiste- 
ten, mit  Vermeidung  alles  unnützen,  bei  verständigen  Zuhörern  nur  Mifstrauen 
erregenden  Prunks  beschränken.  Ob  die  öffentlichen  Hedeübungen  mit  den 
Schulprüfdngen  oder  mit  den  eigentl.  Schulfesten,  insbesondere  mit  der  Geburts- 
tagsfeier Sr.  Maj.  des  Königs,  verbunden  werden  sollen,  bleibt  dem  Ermessen 
der  einzelnen  Anstalten  überlassen.  Die  Wahl  der  Gedichte  und  Vortragsgegen- 
stände für  diese  Bedeübungen  bedarf  stets  der  Genehmigung  des  Directors. 

§  20.  Die  Prüfung  der  zur  Universität  abgehenden  Schüler  ist 
durch  das  Beglro.  v.  4.  Juni  1834  und  die  auf  dessen  Ausführung  bezüglichen 
höh.  Verordnungen  vollständig  geregelt  worden,  weshalb  es  hier  hinreicht,  auf 
dieselben  Bezug  zu  nehmen. «)  Wir  weisen  jedoch  darauf  hin,  dafs,  wenngleich 
der  Departementsrath  unsers  Colleg^ums  als  K.  Gommissarius  in  der  K.  Abitur. 
Prüfungscomm.  den  Vorsitz  zu  führen  und  deren  Verhandlungen  bis  zu  ihrem 
Abschlufs  zu  leiten  hat,  dem  Dir.  als  dem  an  Ort  und  Stelle  befindl.  Geschäfts- 
führer der  gedachten  Commission  die  Einleitung  der  Prüfungsverhandlungen, 
die  Beaufsichtigung  der  schriftl.  Prüfung,  die  Herbeiführung  der  etwa  erfordert. 

M  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  29.  Sept.  1876.  „Die  auf 
unsere  Verf.  v.  11.  März  c.  eingeganpfenen  Berichte  der  Directoren  über  die 
Klassen-  und  öffentlichen  Prüfungen  bei  den  höh.  Lehranstalten  weichen  in  den  vor- 
getragenen Ansichten  mehrfach  von  einander  ab.  Wir  bestimmen  daher  im  Au- 
Hchlufs  an  die  Anordnung  der  Dienst-Instruction  für  die  Directoren  v.  26.  Juli  1856. 
dafs  die  Klassenprüfungen  überall  in  der  dort  vorgeschriebenen  Weise  beizube- 
halten und  zur  Teilnahme  an  denselben  nicht  blofs  die  Mitglieder  des  Schulvor- 
standes, sondern  auch  die  Eltern  der  betr.  Schüler  berechtigt  sein  sollen.  Erstere 
sind  durch  ein  Schreiben  des  Dir.,  letztere  durch  ihre  Söhne  von  den  Prüfungs- 
Terminen  rechtzeitig  in  Kenntnis  zu  setzen.  Hinsichtlich  der  öffentlichen  Schlufs- 
prüfungen,  welche  bei  einigen  Anstalten  üblich  gewesen  sind,  bei  anderen  nicht, 
stellen  wir  es  den  einzelnen  Anstalten  anheim,  unter  Berücksichtigung  der  ört- 
lichen Verhältnisse  und  des  Herkommens  dieselben  entweder  fallen  zu  lassen  oder 
mit  den  öffentlichen  Schlufs feierlichkeiten,  welche  in  der  bisherigen  Weise  beizu- 
behalten sind,  in  Verbindung  zu  setzen.  Im  Uebrigen  bleiben  die  betr.  Bestim- 
mungen der  Directoren-Instruction  in  Geltung." 

«)  C.Verf.  V.  27.  Mai  1882  s.  Abt.  I  S.  393  fg. 


169 

* 

ConnDissionBberathnngen,  die  Aushändigung  der  Prüfangszengnisse  nnd  die 
rechtzeitige  Einsendung  der  Prüfungsacten  bei  persönl.  Verantwortlichkeit  über- 
tragen ist. 

§  21.  Die  Ausfertigung  der  Abgangszeugnisse  für  die  ohne  Abi- 
turientenprnfung  abgehenden  Schüler  geschieht  im  Auftiage  des  Dir.  durch  die 
betr.  Klassenordinarien  (§  22),  welclie  jedoch  zuvor  auch  das  Urteil  der  übrigen 
beteiligten  Lehrer  einzuholen  haben.  Diese  Zeugnisse,  deren  Fassung  in  schwie- 
rigeren Fällen  stets  zuvor  in  der  Conferenz  zu  berathen  ist,  müssen  zufolge  der 
Miu.Bescr.  v.  9.  Mai^)  und  12.  Juni  1826  die  vollständige  und  gewissenhafte 
Charakteristik  des  Schülers  nach  seinem  wissenschaftl.  und  sittl.  Standpunkt, 
die  Klasse  und  deren  Stufe,  aus  welcher  er  austritt,  und  namentl.  auch  den 
Umstand  enthalten,  ob  er  etwa  die  Anstalt  verlasse,  weil  ihn  seine  Lehrer  noch 
nicht  reif  zur  Versetzung  oder  zur  Abiturientenprüfung  erachten.  Diese,  sowie 
die  einem  Schüler  etwa  während  seines  Aufenthalts  in  der  Anstalt  erforder- 
lichen, gleichfalls  von  den  Ordinarien  auszustellenden  Zeugnisse  (zur  Anmeldung 
zum  Militärdienst,  zu  Stipendien  etc.)  werden  von  dem  Dir.  mitvollzogen  und 
mit  dem  Schulsiegel  beglaubigt. 

§  22.  Hinsichtlich  der  erziehenden  Thätigkeit  der  Schule  bildet  die 
Pflege  des  religiösen  Sinnes  und  Geistes  der  Jugend  den  Mittel- 
punkt, von  welchem  alle  ihre  Bestrebungen  ihren  Ausgang  nehmen  müssen. 
Die  Dir.  werden  es  daher  als  ihre  wichtigste  Pflicht  ansehen,  auf  diesen  Punkt 
mit  allen  Mitteln,  welche  der  Schule  zu  Gebote  stehen,  hinzuwirken;  sie  werden 
den  Keligionsunterr.,  wenn  nicht  far  denselben  ein  besonderer  Lehrer  bestimmt 
ist,  den  bewährtesten  und  gereifbesten  unter  den  Lehrern  auftragen,  auch  den 
Besuch  des  öffenü.  Gottesdienstes,  wenn  er  sich  örtlicher  Hindernisse  wegen 
nicht  als  eine  gemeinsame  Pflicht  unter  Aufsicht  der  Lehrer  einrichten  lassen 
sollte,  wenigstens  durch  Beispiel,  Mahnung  und  zweckm.  Nachfrage  von  Seiten 
der  Ordinarien  und  Religionslehrer  in  der  ersten  Beligionsstunde  der  Woche  zu 
befördern,  durch  geraeinsame  Abendmahlsfeier  der  'Lehrer  und  Schüler  eine 
christlich-fromme  Gesinnung  zu  beleben  suchen,  und  so  durch  den  religiösen 
Charakter,  der  das  ganze  Leben  der  Schule  durchdringen  mufs,  durch  die 
tägliche,  dem  Unterr.  vorhergehende  gemeinsame  Morgenandacht,  welcher 
wenigstens  die  während  der  nächstfolgenden  Lehrstunde  unterrichtenden  Lehrer 
beizuwohnen  haben,  auf  das  Eine,  was  Noth  thut  und  was  dem  Wissen  und 
Wollen  des  Menschen  erst  die  höhere  Weihe  giebt,  das  Gemnth  der  Jugend 
hinfuhren.  Endlich  ist  es  für  diesen  Zweck  wichtig,  die  von  Zeit  zu  Zeit  ein- 
tretenden Schulfeste,  wie  das  Geburtsfest  Sr.  Maj.  des  Königs  und  andere 
periodisch  wiederkehrende  mit  der  Geschichte  der  einzelnen  Anstalten  zusammen- 
hangende Erinnerungstage,  und  nicht  minder  die  Schulversammlungen  zum 
Anfang  und  zum  Schlufs  des  Schuljahrs,  bei  Abiturientenentlassungen  etc.,  zu 
benutzen  und  hier  von  Seiten  der  Directoren  belehrend,  ermahnend,  warnend 
und  ermunternd  alles  dasjenige  zur  Sprache  zu  bringen,  was  zur  Belebung 
frommes  Sinnes  und  zur  Erhaltung  guter  Sitte  beitragen  kann. 

§  23.  Eine  ebenso  heilige  Pflicht  des  Dir.  ist  es,  jeder  verderbl.  Sichtung 
der  Schüler,  möge  sie  sich  in  Verkehrtheit  und  Unlauterkeit  der  Gesinnungen 
und  Bestrebungen,  in  unerlaubtem  Besuch  öffentlicher  Vergnügungsörter,  unge- 
ziemender Kleidung,  Anmafsung  im  Betragen,  oder  wie  irgend  sonst  äuTsem, 
entgegenzuarbeiten,  ganz  besonders  aber  einen  frommen  und  kindlichen  Sinn 
in  ihnen  zu  erhalten,  sie  dabei  an  strengen  Gehorsem  zu  gewöhnen  und  so  ihr 
ganzes  Wesen  früh  mit  dem  Geist  der  Wahrhaftigkeit  und  dos  auf  Gottesfurcht 
gegründeten  Gehorsams  zu  erfüllen.  Wenn  nun  auch  die  untrüglichste  Quelle 
eines  solchen  Geistes  unter  den  Schülern  in  dem  Geist  der  Lehrer  liegt  und 

*)  8.  Abi  I  S  320. 


170 

ihre  Tüchtigkeit  im  Wissen,  in  der  Gesinnung  nnd  im  Leben  die  sicherste 
Stütze  der  guten  Zucht  und  Ordnung  in  der  Schule  ist,  so  sind  doch  auch 
äufsere  Veranstaltungen  für  die  Disciplin  erforderlich.  Bei  ihnen  ist  es  Haupt- 
sache, dafs  durch  die  feste  Ordnung  sowohl  der  ganzen  Schule,  wie  einer  jeden 
Klasse  den  Vergehungen  der  Schüler  möglichst  vorgebeugt  und  dadurch  die 
Strafe  möglichst  selten  werde;  wenn  diese  aber  dennoch  nOthig  geworden,  dafs 
sie  mehr  den  Charakter  einer  unabänderlichen  Handhabung  der  allgemeinen 
Schulordnung,  als  den  einer  Willkür  des  einzelnen  Lehrers  oder  des  Directors 
an  sich  trage.  Zu  jenen  äufseren  Anordnungen  gehören:  a.  die  bei  allen 
Anstalten  eingefahrte  Bestellung  von  Klassenordinarien,  als  der  nächsten 
Vorsteher  einer  Klasse  oder  einer  Abteilung  derselben,  denen  aufser  dem  Haupt- 
Unterricht  (§  16)  vorzüglich  auch  die  Sorge  far  die  sittliche  Haltung  derselben 
obliegt.  Wir  haben,  ohne  jedoch  die  übrigen  in  der  betr.  Klasse  unterrichtenden 
Lehrer  von  der  Mitwirkung  für  den  vorgedachten  Zweck  zu  entbinden,  die 
wichtigsten  Pflichten  der  Ordinarien  in  einer  besonderen  Instruction  zusammen- 
gefalki  b.  die  geregelte  und  ununterbrochene  Aufsicht  der  Schulgebäude 
vor  dem  Anfang  und  nach  dem  SchluTs  der  Lectionen  sowie  während  des 
Stundenwechsels,  als  in  denjenigen  Zeitpunkten,  während  welcher  die  meisten 
Unordnungen  von  Seiten  der  Schüler  vorzukommen  pflegen.  Wir  setzen  deshalb 
fest,  dafs  das  Schullocal  Vor-  und  Nachmittags  längstens  15  Minuten  vor  dem 
Beginn  des  Unterrichts  geöffnet  und  nach  dem  SchluTs  desselben  sogleich  wieder 
geschlossen  werde,  auch  dafs  jeder  die  letzte  Vor-  und  Nachmittagsstunde  er- 
teilende Lehrer  das  Klassenzimmer  erst  nach  der  Entfernung  aller  Schüler  zu 
verlassen  habe.  Für  die  Pausen  muls  es  Begel  sein,  dafs  wenigstens  die  jüngeren 
Schüler  nie  oder  doch  nur  im  Nothfall,  und  auch  dann  nur  wenige  Minuten, 
im  Schulzimmer  ohne  Aufsicht  allein  sind.  c.  Die  regelm.  Führung  der 
Klassenbücher,  deren  sich  eins  in  jeder  Kl.  unter  Aufsicht  und  Verschlufs 
des  Ordinarius  befindet,  jind  welches  aufser  den  Namen  der  Schüler  auch  die 
erforderl.  Rubriken  enthalten  mufs,  damit  in  diesen  von  jedem  in  der  KL  unter- 
richtenden Lehrer  jede  rügenswerthe  Vergehung  oder  Versäumnis  des  einzelnen 
Schülers  möglichst  kurz  und  einfach  bemerkt  werden  könne.  Dieses  Buch  wird 
in  den  Conferenzen  bei  der  Berathung  über  den  Zustand  der  Klassen  und  ihrer 
Schüler  und  bei  der  Anfertigung  der  Censuren  zum  Grunde  gelegt,  und  ein 
Auszug  daraus  kann  in  einzelnen  FäUen  der  Censur  hinzugefügt  werden,  zur 
Notiz  für  die  Eltern  und  zum  Beleg  eines  härteren  Tadels.  d.  Die  periodisch 
wiederkehrende  Erteilung  der  Censuren,  in  denen  sich  die  Anstalt  über  den 
Standpunkt  des  einzelnen  Schülers  in  Beziehung  auf  seine  Leistungen  in  jedem 
einzelnen  Lehrgegenstande  wie  anf  seine  Führung  seinen  Angehörigen  gegenüber 
in  amtl.  Weise  ausspricht.  Die  für  diesen  wichtigen  Act  der  Schulordnung 
leitenden  Gesichtspunkte  haben  wir  in  unserer  C.Verf.  v.  29.  Dec.  1834  zu- 
sammengefafst  und  auf  deren  Grund  successiv  für  die  einzelnen  Anstalten  die 
erforderl.  Anordnungen  getroffen,  auf  welche  deshalb  hier  Bezug  genommen 
werden  kann. 

§  24.  In  gleicher  Weise  ist  die  Handhabung  der  Disciplin  im  engeren 
Sinne  inzwischen  durch  die  unter  unserer  Mitwirkung  von  der  Directorenconferenz 
entworfene,  von  dem  K.  vorgesetzten  Minist,  genehmigte  Disciplinarordnung  vom 
1.  April  1883  geregelt  worden,  so  dafs  diese  überaU  die  Grundlage  bildet^), 
nach  welcher  mit  Berücksichtigung  der  für  jede  einzelne  Anstalt  noch  er- 
gangenen Specia\|bestimmungen  in  vorkommenden  Fällen  verfahren  wird. 

§  25.  An  der  Leitung  der  äufseren  Angelegenheiten  der  Anstalt 
nimmt  der  Dir.,  wenn  derselben  kein  Curatorium  vorgesetzt  ist,  in  der  Weise 
und  dem  Umfange  Teil,  wie  dies  von  uns  in  jedem  einzelnen  Falle  angeordnet 

0  Jetzt  Disciplinarordnung  v.  19.  April  1879,  s.  Abt  I  S.  333  fg. 


171 

• 

worden  ist.  Besitzt  die  Anstalt  ein  Cor.,  so  ist  der  Dir.  ständiges, Mitglied 
desselben  mit  Sitz  und  Stimme  in  allen  Anglgh.  derselben,  soweit  sie  nicht 
ihn  persönl.  betreffen.  Es  wird  hier  seine  Hauptaufgabe  sein,  das  Interesse 
des  Cor.  für  das  Gedeihen  der  Schale  stets  rege  und  lebendig  zu  erhalten,  hierzu 
von  Zeit  zu  Zeit  deren  gesamten  Zustand  dem  Cur.  offen  darzulegen,  zur  Be- 
seitigung vorhandener  Mängel  und  Uebelstände  dessen  Mitwh*kung  zu  gewinnen, 
etwanige  Differenzen  mit  dem  Lehrercoll.  in  wohlwollend  umsichtiger  Weise 
auszugleichen  und  billige  Wunsche  seiner  Amtsgenossen,  soweit  sie  mit  dem 
höheren  Zweck  der  Anstalt  und  deren  Mitteln  vereinbar  sind,  nach  Möglichkeit 
zu  fördern.  Wenn  ihm  nun  auch  der  Natur  der  Sache  nach  als  Mitgliede  des 
Cur.  vorzugsweise  die  Bearbeitung  der  auf  das  Innere  der  Anstalt  bezüglichen 
Fragen  zufallen,  die  Lage  ihres  Haushalts  dagegen  ihn  nicht  unmittelbar  be- 
rühren wird,  so  wird  er  doch  bei  dem  nahen  Zusammenhange  der  Geldmittel 
und  der  durch  diese  zu  erreichenden  Zwecke  auch  den  finanziellen  Verhältnissen 
der  Anstalt  seine  Aufmerksamkeit  nicht  entziehen,  vielmehr  überall  nach 
Möglichkeit  auf  deren  Verbesserung  hinzuwirken  bemüht  sein.  Insbesondere^ 
aber  wird  dem  Dir.  die  Sorge  für  die  Erhaltung  und  Vermehrung  der  etwa  vor- 
handenen, far  wohlthätige  Zwecke  «bestimmten  Nebenfonds  der  Anstalt  (Lehrer- 
witwenkassen, Stipeudienfonds  etc.),  sowie,  wo  dergl.  bis  jetzt  nicht  vorhanden 
sind,  für  deren  Begründung  dringend  ans  Herz  gelegt. 

§  26.  unter  allen  Umständen  liegt  dem  Dir.  die  Aufsicht  über  4as 
Schulgebäude  einschliefslich  des  Turnplatzes  ob;  er  hat  hier  nicht  blofs  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  dasselbe  ohne  unsere  Erlaubnis  zu  keinen  der  unmittelb. 
Bestimmung  der  Anstalt  fern  liegenden  Zwecken  verwandt  werde,  sondern  auch 
darüber  zu  wachen,  dafs  das  Gebäude  nebst  Oefen  und  Feuerungsgeräthschaffcen 
sich  stets  in  einem  Zustande  befinde,  welcher  den  regelm.  und  ungestörten 
Fortgang  des  Unterrichts  gestattet.  Etwa  nothwendige  Reparaturen  hat  er  deshalb 
rechtzeitig  bei  uns,  resp.  dem  Cur.,'  zur  Anzeige  zu  bringen  und  auf  deren  Aus- 
führung zu  dringen,  wobei  er  zur  Ersparnis  von  Zeit  und  Vermeidung  des 
Schreibwerks  ermächtigt  sein  soll,  kleinere  Reparaturen  bis  zum  Betrage  von 
2  Thlm.,  und,  wenn  Gefahr  im  Verzuge,  auch  gröfsere  bis  zum  Betrage  von 
5  Thlm.,  sofort  und  ohne  vorhergegangene  Anfrage  ausfahren  zu  lassen,  sofern  nur 
nachträglich  deren  Nothweifdigkeit  in  überzeugender  Weise  von  ihm  dargethan  wird. 

§  27.  Endlich  gehört  zu  den  Pflichten  des  Dir.  noch  die  Aufsicht  über 
das  gesamte  Utensilien  in  ventarium  der  Anstalt  und  die  derselben  gehörigen 
Lehrmittel.  Die  besondere  Sorge  für  einzelne  Abteilungen  des  Inventars  ist 
in  der  Begvl  einzelnen  Lehrern  zu  übertragen,  welche  die  Kataloge  führen,  für 
die  Erhaltung  und  Vermehrung  des  Vorhandenen  sorgen,  das  Neuangeschaffte 
nachtragen  und  etwa  entstandene  Schäden  sofort  zur  Anzeige  bringen.  Der 
Dir.  führt  jedoch  die  Oberaufsicht  und  hat  von  Zeit  zu  Zeit  die  Kataloge  durch- 
zusehen und  mit  dem  vorhandenen  Bestände  zu  vergleichen,  auch  die  von  den 
Specialaufsehem  ausgestellten  Inventarisationsatteste  mitzuvollziehen.  Gegen  das 
Ende  eines  jeden  Schuljahrs  ist  eine  allgm.  Revision  des  Schulinventariums 
durch  den  Dir.  unter  Zuziehung  der  für  die  einzelnen  Teile  desselben  bestellten 
Specialaufseher  vorzunehmen,  an  welcher,  wenn  die  Anstalt  ein  Cur.  besitzt, 
dasselbe  durch  einen  Deputirten  aus  seiner  Mitte  sich  zu  beteiligen  befugt  ist 
nnd  zu  welcher  alle  etwa  ausgeliehenen  Bücher  etc.  ohne  Ausnahme  zurück- 
geliefert werden  müssen.  Das  Original  des  darüber  aufgenommenen  Protok.  wird 
der  Jahresrechnung  beigefügt,  eine  beglaubigte  Abschrift  desselben  aber  im 
Oymnasialarchiv  zurückbehalten.  Dabei  ist  aus  pädagog.  Gründen  unerläfslich, 
dafs,  abgesehen  von  der  vorerwähnten  allgm.  Revision,  der  Dir.  die  verschiedenen' 
Räume  der  Schule,  auch  den  Carcer,  die  Appartements  u.  s.  w.  ebenso  wie  die 
Tische  und  Bänke  der  Klassenzimmer  von  Zeit  zu  Zeit  einer  besonderen  Be- 
dsichtigung  unterwerfe. 


172 

Für  die  Verwaltung  der  Bibliothek  verweieen  wir  auf  die  von  uns  unter 
d.  5.  Juli  d.  J.  erlassene  Instr.  ^),  und  bemerken  hierbei,  dafs,  wenngleich  die 
Wahl  der  obengedachten  Specialaufseher  über  einzelne  Zweige  des  Schulinventars 
der  Kegel  nach  der  Lehrerconferenz  überlassen  ist,  doch  die  für  die  beiden 
wichtigsten  Teile  derselben,  die  Gymnasialbibliothek  und  die  naturwissenschafkl. 
Apparate  und  Sammlungen,  in  Vorschlag  gebrachten  Custoden  unserer  Be> 
stätignng  und,  sobald  mit  diesen  Functionen  etat«m.  Bemunerationen  verbunden 
sind,  auch  der  Zustimmung  des  Cur.,  wo  ein  solches  vorhanden,  bedürfen. 

§  28.  Die  Einrichtung  des  am  Schlufs  jedes  Schuljahrs  von  der  Anstalt 
zu  veröffentlichenden  Programms  ist  durch  den  Min.Erlafs  vom  23.  Aug.  lB24*j 
genauer  bestimmt  worden.  Die  Zusammenstellung  der  Schulnachrichten,  in 
denen  jedoch  die  Berührung  alles  dessen,  was  nicht  vor  eiu  gröfseres  Publikum 
gehört,  mit  Umsicht  zu  vermeiden  ist,  liegt  dem  Dir.  allein  ob;  die  Abfassung 
der  vorausgeschickten  Abhandlung  wechselt  der  Regel  nach  zwischen  ihm  und 
den  etatsm.  Oberlehrern;  er  wird  jedoch  nicht  unterlassen,  auch  die  jüngeren 
zur  Lieferung  der  Programmabhandlnng  berechtigten,  wenngleich  nicht  ver- 
pflichteten Lehrer  auf  die  Gelegenheit,  durch  solche  Arbeiten  von  ihren  Studien, 
wie  von  dem  Gange  ihrer  pädagog.  Fortbildung  Proben  abzulegen,  hinzuweisen 
und  sie  bei  der  Auswahl  der  für  solche  Bearbeitung  geeigneten  Stoffe  mit 
seinem  Rath  zu  unterstützen.    Münster.    K.  Prov.Sch.C. 

Provinz  Hessen-Nassaa. 

Die  für  die  Provinz  Hannover  erlassene  Directoren-Instruction  wird  auch 
in  dieser  Provinz  angewendet 

Bheinprovinz. 

Instr.  V.  J5.  Juli  1867. 

§  1.  Der  Dir.  ist  Vorsteher  der  Anstalt  qnd  hat  als  solcher  die 
Leitung  sämtlicher  Angelegenheiten,  welche  das  Interesse  derselben  im  AUgm. 
und  im  Einzelnen  betreffen. 

§  2.  Das  K.  Prov.Sch.C.  ist  die  ihm  zunächst  vorgesetzte  Staatsbehörde. 
Durch  ihn  werden  alle  die  Anstalt  betreffenden  Anordnungen  und  Verfügungen 
dieser  Behörde  zur  Ausfahrung  gebracht,  und  wird  dieselbe  von  allen  den  Zweck 
der  Anstalt  fördernden  oder  hemmenden  Zuständen  in  Kenntnis  gesetzt.  Demnach 
hat  er  a.  alle  an  die  Lehranstalt  gerichteten  Schreiben  zu  eröffnen  und  die 
von  der  Lehranstalt  ausgehenden  Schreiben  anzufertigen  oder  anfertigen  zu 
lassen,  zu  vollziehen  und,  wo  es  nöthig  ist,  mit  dem  Amtssiegel  zu  beglaubigen ; 
b.  die  an  ihn  gerichteten  Verfügungen  des  K.  Prov.Sch.C.  unverzüglich  in  Aus- 
fohrung  zu  bringen,  oder,  wenn  Umstände  obwalten,  welche  die  Ausführung 
bedenklich  machen  könnten,  darüber  sofort  zu  berichten  und  weiteren  Beschlufs 
abzuwarten;  c.  über  alle  wichtigeren  Angelegenheiten  der  Anstalt  an  das 
K.  Prov.Sch.C.  zu  berichten;  d.  die  von  ihm  geforderten  Berichte  ungesäumt 
und  mit  gewissenhafter  Treue  zu  erstatten;  e.  den  Commissarien  des  K. 
Prov.Sch.C.  jegliche  Auskunft  bereitwillig  zu  erteilen,  welche  dieselben  in  Bezug 
auf  die  Anstalt  von  ihm  fordern. 

Endlich  hat  er  f.  zu  den  durch  besondere  Verfügungen  festgesetzten 
Terminen:  einen  ausführl.  und  vollständigen  Bericht  über  den  ganzen  inneren 
und  äuTseren  Zustand  der  Anstalt,  nebst  Vorschlägen  zu  etwan.  Verbesserungen  etc. 
zu  erstatten,  die  Statist,  üebersicht  des  Lehrerpersonals  nach  den  vorgeschrieb. 
•  Bestimmungen  genau  aufzustellen,  den  für  das  folgende  Schuljahr  entworfenen 
Lectionsplan,        eine  Frequenzliste,        eine  Angabe  der  Freischüler  und       eine 

»)  C.Verf.  V.  J7.  Jan.  i^y  s.  Abt.  I  S.  371  fg.  «)  s.  Abt.  I  S.  376  fg. 


173 

Liste  der  einer  Matnritätsprafang  unterzogenen  Schüler  nach  den  darüber 
besonders  erteilten  Vorschriften  einzureichen. 

§  3.  Er  ist  Vorsteher  des  Lehrercollegiums  und  Vorgesetzter  jedes 
einzelnen  Lehrers.  In  ersterer  Beziehung  hat  er,  wenigstens  alle  4  Wochen, 
sämtliche  Lehrer,  mit  Ausnahme  derer,  denen  ünterr.  bei  der  Anstalt  nur  als 
eiD  Nebenamt  übertragen  ist,  und  der  techn.  Hülfslehrer,  zu  einer  allgm.  Conferenz 
zu  Tersammeln.  In  geeigneten  Fällen  kann  er  auch  di^  nicht  regelm.  teil- 
nehmenden Lehrer  zuziehen.  Die  Gonferenzen  eröffnet,  leitet  und  schliefst 
der  Dir. ;  ^r  bringt  in  denselben  aUes,  dessen  gemeinsame  Berathung  das  Wohl 
der  Anstalt  fördern  kann,  selbst  zur  Sprache  oder  beauftragt  einzelne  Lehrer, 
über  derartige  Gegenstände  der  Conferenz  Vortrag  zu  halten,  und  gestattet  den 
Lehrern,  Angelegenheiten,  die  er  für  die  Conferenz  geeignet  findet,  zur  Be- 
sprechung zu  bringen.  Verfügungen  der  höh.  Behörden,  welche  zur  Kenntnis- 
nahme durch  sämtliche  Lehrer  bestimmt  sind,  teilt  der  Dir.  in  den  Conferenzen 
mit  Allgemein  method.  Fragen,  das  gegenseitige  Verhältnis  der  einzelnen 
Unterrichtsfächer,  das  Mafs  der  häusl.  Arbeit  der  Schüler,  die  Grundsätze  der 
Schulzucht  und  Disciplinarfälle,  welche  schwerere  Strafen  nothwendig  machen, 
die  Anordnung  der  Prüfungen  und  Schulfeierlichkeiten  sind  Gegenstände  der 
allgm.  Conferen/.en.  Zu  Berathungen  über  den  Fleifs,  die  Fortschritte  und  die 
Sitten  der  einzelnen  Schüler  sind  sämtl.  Conferenzmitglieder  einzuladen ;  es  sind 
indefs  nur  die  Lehrer  der  betr.  Klasse  oder  des  betr.  Cötus  einer  Klasse  ge- 
halten, denselben  beizuwohnen.  Ueber  den  Lehrgang  und  die  Unterrichtsmittel 
für  die  verschiedenen  Unterrichtsgegenstände  veranlafst  der  Dir.,  so  oft  er  es 
nöthig  findet,  Fachconferenzen,  an  welchen  sämtl.  Lehrer  des  Fachs  sich 
zu  beteiligen  haben  und  denen  die  übrigen  ordentlichen  Lehrer  beizuwohnen 
berechtigt  sind.  Die  Versetzungen  der  Schüler  werden  unter  Vorsitz  des  Dir. 
in  einer  Conferenz  der  Lehrer  der  Klasse  oder  des  Klassoncötus,  in  welcher  der 
Schüler  sitzt,  und  der  KL,  in  die  er  aufsteigen  soll,  berathen,  nachdem  vor 
diesen  Lehrern  die  erforderl.  Versetzungsprüfungen  Yon  dem  Dir.  oder  den  von 
dem  Dir.  dazu  beauftragten  Lehrern  angestellt  sind.  Bei  der  Aufnahme  eines 
neuen  Schülers  kann  der  Dir.  eine  Berathung  der  Lehrer  derjenigen  Klassen, 
in  deren  eine  der  Schüler  aufnehmen  sein  wird,  veranlassen.  Die  Aufiiahme 
von  Schülern,  die  aus  anderen  Anstalten  verwiesen  sind,  läfst  er  von  der  Ge- 
samtconferenz  berathen.  Zu  den  Klassenprüfungen  im  Lauf  des  Schuljahrs 
hat  er  die  Lehrer  der  betr.  und  der  nächstfolg.  Klasse  zuzuziehen.  Ueber  die 
Verhandlungen  in  den  allgm.  und  den  Specialconferenzen  ist  ein  Protokoll  zu 
führen.  Den  Protokollführer  bestimmt  der  Dir.,  sofern  er  nicht  vorzieht,  dasselbe 
ganz  oder  teilweise  dem  jüngsten  Lehrer  zu  dictiren.  Das  Protokoll  wird  von 
sämtl.  in  der  Conferenz  anwesenden  Lehrern  unterschrieben.  Die  Entscheidung 
über  die  nach  Berathung  in  den  Conferenzen  zu  treffenden  Anordnungen  steht 
dem  Dir.  zu,  welcher  die  Conferenz  von  derselben  in  Kenntnis  setzt  Ist  die 
Mehrheit  der  ordenü.  Lehrer  wegen  einer  solchen  Anordnung  anderer  Ansicht 
als  der  Dir.,  so  hat  er  ihr  zu  gestatten,  diese  Ansicht  im  Protokoll  auszusprechen 
und  zu  begründen,  und  wenn  die  Mehrheit  es  verlangt,  den  betr.  Teil  des 
Protokolls  mit  seinem  Bericht  dem  K.  Prov.Sch.C.  vorzulegen  und  bis  zu  dessen 
Entscheidung  der  zu  treffenden  Anordnung  Anstand  zu  geben.  Diese  Ent- 
scheidung hat  er  jedesmal  einzuholen,  wenn  er  wegen  Ausschliefsung  eines 
Schülers  entgegengesetzter  Ansicht  mit  der  Mehrheit  der  ordenÜ.  Lehrer  ist. 

§  4.  Als  Vorgesetzter  der  einzelnen  Lehrer  hat  der  Dir. folgende 
nähere  Pflichten  und  Befugnisse:  a.  Es  liegt  ihm  im  Allgm.  ob,  mit  gewissen- 
hafter Sorgfalt  darauf  zu  achten,  dafs  sie  durch  würdiges  Verhalten  und  treue 
Erfüllung  ihrer  Pflichten  ihren  Stand  ehren  und  alles  meiden,  was  ihnen  in  der 
Achtung  der  Schüler  und  des  Publikums  nachteilig  sein  könnte.  b.  Er  hat 
nicht  nur  selbst  alles  sorgfältig  zu  vermeiden,  was  das  Ansehn  eines  Lehrers 


174 

bei  der  Jagend  schmälern  könnte,  sondern  auch  diejeni^n  Lehrer,  die  sich  in 
dieser  Beziehung  etwa  Mifsgriffe  zu  Schulden  kommen  lassen,  auf  solche,  dem 
Vertranen  des  Pnbliknms  nnd  der  Wirksamkeit  der  Anstalt  nachteilige  Unge- 
höri^keiten  aafinerksam  zu  machen  und  sie  nöthigenfalls  ernstlich  zn  yerwamen. 
c.  Ebenso  hat  er  diejenigen  Lehrer,  welche  in  disciplinar.  oder  didakt.  Be- 
Ziehung  die  allgm.  Vorschriften  unbeachtet  lassen,  in  einseitiger  Selbstüber- 
schätzung ihre  eigenes  Wege  gehen  und  die  zur  Erreichung  des  ganzen  Zwecks 
der  Anstalt  erforderliche  Harmonie  des  Zusammenwirkens  sämtlicher  Lehrer 
stören,  mit  Schonung,  aber,  wo  es  nöthig  ist,  auch  mit  Ernst  und  Nachdruck 
zurechtzuweisen.  d.    Wenn  ein   Lehrer   sich   Nachlässigkeiten   im  Dienst, 

Verwendung  seiner  Kräfte  zu  Privatzwecken  zum  Nachteil  seiner  amtl.  Obliegen- 
heiten, üebertretung  der  Schulordnung  und  ein  der  Würde  des  Lehrerstandes 
unangemessenes  Benehmen,  sei  es  in  der  Schule  oder  aufserhalb  derselben,  zn 
Schulden  kommen  läfst,  so  hat  er  ihm  darüber  ernstl.  VorsteUungen  zu  machen 
und,  wenn  diese  nicht  fruchten  sollten,  sowie  bei  eigentl.  Vergehungen  und 
starken  Miiagriffen,  sofort  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  berichten.  Privat- 
unterricht in  denjenigen  Gegenständen,  welche  in  der  Schule  gelehrt  werde«, 
dürfen  die  Lehrer  Schülern  der  Anstalt  nur  mit  seiner  Grenehmigung  erteilen, 
welche  indefs  nur  in  aufserordentl  Fällen  gegeben  werden  darf.  Zur  Ueber- 
nähme  von  Nebenämtern,  sowohl  seitens  des  Dir.  als  der  Lehrer,  ist  die 
Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  einzuholen. 

e.  Er  darf  nicht  zulassen,  dafs  ein  Lehrer  ohne  gegründete  Ursache  und 
ohne  ihm  Anzeige  davon  gemacht  zu  haben,  eine  Lehrstunde  aassetzt  Sollte 
ein  L^rer  die  Lehrstunden  nicht  pünktlich  anfangen  oder  schliefsen,  so  hat  er 
diesem  Mifsbrauch  entschieden  zu  begegnen.  f.  Bei  dringenden  Veran- 
lassungen ist  er  befugt,  einzelnen  darum  nachsuchenden  Lehrern  einen  Urlaub, 
jedoch  von  nicht  mehr  als  8' Tagen,  zu  erteilen.  Solche  FäUe  sind  in  dem 
jährl.  Schulbericht  speoieU  anzuführen.  Wenn  ein  Lehrer  durch  Krankheit  oder 
andere  unabwendb.  Hindernisse  seine  Lectionen  zu  halten  aufser  Stande  ist, 
so  hat  er  für  die  Stellvertretung  desselben  durch  die  anderen  Lehrer  mit 
möglichster  Vermeidung  von  KlasseniDomblnationen  zu  sorgen.  Ist  er  selbst 
aufser  dm-  Ferienzeit  zu  verreisen  genöthigt,  so  hat  er  für  eine  mehr  als  4tägige 
Abwesenheit  die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  einzuholen  und  wegen  seiner 
Stellvertretung  geeignete  Vorschläge  zu  machen.  Seine  Abwesenheiten  während 
der  Ferienzeit  hat  er  dem  K.  Prov.Sch.C.  unter  Angabe  seines  Vertreters  im 
voraus  anzuzeigen. 

g.  Für  die  rechtzeitige  Abfassung  der  den  Programmen  beizufügenden 
wissenschaftl.  Abhandlung,  welche  ihm  und  den  sämU.  definitiv  angestellten 
wissenschafU.  Lehrern  nach  einer  bestinunten  Beihenfolge  zukommt,  hat  er  zu 
seiigen  und  die  Abhandlungen  vor  dem  Druck  sich  vorlegen  zu  lassen. 

h.  Jeden  neu  eintretenden  Lehrer  hat  er  mit  angemessener  Feier^ 
liühkeit  in  sein  Amt  einzuführen,  die  vorschrift»m.  Vereidigung  desselb^  oder 
die  Verpflichtung  auf  den  etwa  schon  geleisteten  St-aatseid  vorzunehmen,  ihn 
mit  dem  ganzen  Umfange  seiner  Pflichten  ausführlich  bekannt  zu  machen, 
endlich  ihn  sowohl  in  Bezug  auf  die  Handhabung  der  Disciplin  als  auf  die 
Hnkismittel  des  Unterr.  nach  Möglichkeit  zu  unterstützen.  i.  Die  Schul- 
amtscandd.,  welche  bei  der  Anstalt  das  Probejahr  abhalten,  hat  er  nach  den 
bestehenden  Vorschriften  in  angemessener  Weise  zu  beschäftigen  und  teils 
selbst,  teils  durch  die  betr.  Klassenordinarien  zu  leiten  und  zu  unterstützen  und 
mit  gewissenhafter  Sorgfalt  dahin  zu  wirken,  dafs  den  Candd.  ihre  Beschäftigung 
bei  der  Anstalt  für  ihre  wissenschaftl.  und  prakt  Ausbildung  nützlich  und 
f^»rderlich  werde.  k.  Die  Erledigung  einer  Lehrerstelle  hat  er  dem 
K.  Prov.Sch.C.  ungesäumt  anzuzeigen  und  dabei  sich  über  die  bei  Wieder- 
besetzung   derselben    in    Betracht    kommenden    Erfordernisse    gutachtlich    zu 


176 

änfsem.  Erfolg  die  Wiederbeseizung  einer  Stelle  dutch  die  Staatsbehörden, 
so  kann  er  bei  dem  K.  Prov.Sch.C.  geeignete  Personen  in  Vorschlag  bringen. 
Steht  die  Wahl  der  Lehrer  einer  Localbehörde  zu,  so  finden  die  Wahlverhand- 
longen  unter  seiner  Mitwirkung  statt;  Bedenken,  die  er  etwa  gegen  eine  von 
der  Localbehörde  getroffene  Lehrerwahl  hegt,  hat  er  sofort  dem  £.  ProY.Sch.C. 
TOizutragen. 

§  5.  Da  ihm  anfser  den  von  ihm  als  Lehrer  zn  erteilenden  Unterrichts- 
standen  die  Leitung  des  gesamten  Unterrichts  übertragen  ist,  so  hat  er 
die  zu  seiner  Yerfcigang  gestellten  Lehrkräfte  im  Allgm.  so  zu  ordnen  und  in 
Thätigkeit  zu  setzen,  dafs  die  in  dem  Abiturientenreglm.  bezeichnete  wissenschafU. 
Bildung  und  der  für  die  einzelnen  Bildungsstufen  vorgezeichnete  Grad  von 
Kenntnissen  und  Fertigkeiten  auf  dem  im  allgm.  Lehrplan  verzeichneten  Wege 
möglichst  vollständig  erreicht  werde. 

Demgemäfs  hat  er:  a.  den  Lectionsplan  für  jedes  Schuljahr  nach 
vorhergegangener  Anhörung  der  Lehrer  in  der  Art  zu  ordnen,  dafs  Jedem  Lehrer 
der  seinen  Kräften  und  seiner  Qualification  angemessene  Wirkungskreis  ange- 
wiesen werde  und  samtl.  Wirkungskreise  der  einzelnen  Lehrer  so  zusammen- 
stimmen und  ineinandergreifen,  dafs  sie  dem  allgm.  Zweck  der  Anstalt  bestens 
entsprechen.  Die  Zahl  der  jedem  Lehrer  zu  übertragenden  Lehrstanden  be- 
stimmt er  unter  Berücksichtigung  der  auf  Correcturen,  Verwaltung  der 
Bibliothek  oder  Apparate  etc.  von  dem  einzelnen  zu  verwendenden  Zeit  nach 
Mafsgabe  der  vocationsmäfsigen  Verpflichtung  eines  jeden.  Zugleich  mit  der 
Aufstellung  des  Lectionsplans  weist  er  die  Klassenordinäriate  den  geeigneten 
Lehrern  zu,  wobei  er  dafür  zu  sorgen  hat,  dafs  jedem  Ordinarius  in  der  EL 
oder  dem  Klassencötus  seines  Ordinariats  eine  möglichst  grofse  Zahl  von  Lehr- 
stunden  zufallt. 

b.  Ferner  hat  er  den  Unterricht  in  jeder  Kl.  bei  den  verschiedenen 
Lehrern  so  zu  regeln  und  zu  beaufsichtigen,  dafs  ein  zweckm.,  mit  verstän- 
diger Berücksichtigung  der  Gesundheit  und  der  Kräfte  der  Schüler  geord- 
netes stufenweises  Fortschreiten  stets  gesichert  bleibe;  c.  dahin  zu  wirken, 
dafs  die  didakt.  Grundsätze  und  Lehrweise'n  der  verschiedenen  Lehrer  in  den 
einzelnen  Unterrichtszweigen  sich  nicht  widerstreiten,  sondern  in  Einklang 
gebracht  werden. 

d.  Um  diese  Zwecke  möglichst  vollständig  zu  erreichen  und  zugleich  bei 
sämtl.  Lehrern  ein  gemeinsames  lebendiges  Interesse  an  dem  Gedeihen  der 
Anstalt  zu  erregen  und  zu  erhalten,  hat  er  vor  dem  Anfange  der  Lehrstanden 
eines  jeden  Schuljahrs  eine  besondere  Conferenz  zu  halten,  in  welcher,  in  jeder 
Disciplin  und  für  jede  Klasse  die  Jahrespensa  im  Allgm.  berathen  und  sodann 
von  dem  Dir.  festgestellt  werden  und  besonders  auch  durch  ihn  bestimmt  wird, 
wie  viele  häusl.  und  schriftl.  Arbeiten  jeder  Lehrer  von  den  Schülern  der 
einzelnen  Kl.  wöchentl.  einzufordern  hat  Bei  dieser  letzteren  Bestimmung 
ist  vorzügl.  auf  Gründlichkeit  und  sicheres  Fortschreiten  zu  sehen  und  jeden- 
falls, mit  Bücksicht  auf  die  körperl.  Entwickelung  und  Gesundheit  der  Jugend, 
ein  vernünftiges  Mafs  zu  halten.  Von  dem  desfalls.  Protok.  hat  er  spätestens 
14  Tage  nach  dem  Anfange  des  Schuljahrs  Abschrift  mit  dem  erforderl.  £r- 
läuterungsbericht  an  das  K.  Prov.Sch.C.  einzureichen. 

e.  Zu  seinen  wesentl.  Obliegenheiten  gehört,  dafs  er  die  Lehrstunden  der 
einzelnen  Lehrer  möglichst  fleifsig  besucht,  die  etwan.  Abwege  und  Nachlässig- 
keiten scharf  ins  Auge  fafst,  die  schriftl.  Arbeiten  sämtlicher  Kl.  von  Zeit  zu 
Zeit  durchsieht  und  seine  Bemerkungen  demnächst  den  betr.  Lehrern  mitteilt 
f..  Aufser  den  gewöhnl.  Besuchen  der  Lehrstunden  hat  er  wenigstens  einmal  im 
Schuljahr  eine  Bevisi  on  der  einzelnen  Kl.  anzustellen.  Bei  diesen  Revisionen 
ist  besonders  darauf  zu  sehen,  inwiefern  den  im  Anfang  des  Schuljahrs  ge- 
gebenen Bestimmungen  über  die  Pensa  und  die  schriftl.  Arbeiten  der  Schüler 


176 

von  den  einzelnen  Lehrern  genügt  worden  ist.  Die  bei  diesen  Beyisionen 
gemachten  Bemerkungen  sind  in  der  Conferenz  zur  Kenntnis  und  zur  Nach- 
achtung mitzuteilen.  ^ 

g.  Ein  Wechsel  in  den  von  den  Schülern  zu  gebrauchenden  Lehr-  und 
Lesebüchern  ist  von  dem  ^ir.  nur  im  Fall  entschiedenen  Bedürfhisses  nach 
Berathung  mit  den  betr.  Lehrern  in  einem  motivirten  Bericht,  welchem  schrifU. 
Gutachten  der  betr.  Lehrer  beizufügen  sind,  bei  dem  K.  Prov.Sch.C.  zu  dem 
dafür  vorgeschriebenen  Termine  zu  beantragen. 

h.  Er  hat  mit  Sorgfalt  darüber  zu  wachen,  dafs  bei  den  Versetzungen 
der  Schüler  nach  den  bestehenden  Vorschriften  verfahren  werde,  und  einem 
etwan.  unprakt  Optimismus  einzelner  Lehrer  nicht  nachzugeben.  i.  Die  neu 
aufgenommenen  Schüler  sind  von  dem  Dir.  in*  das  Album  der  Schule  einzu- 
tragen und  den  Klassenordinarien  zuzuweisen,  welche  sie  in  die  ihnen  ange- 
wiesene Kl.  einführen  und  sie  mit  der  Schulordnung  bekannt  zu  machen  haben. 
Aufnahme  von  Schülern  im  Laufe  des  Schuljahrs  oder  im  Anfange  des  2.  Sem. 
findet  nur  ausnahmsweise  und  in  aufserordentl.  Fällen  statt 

k.  Am  SchluTs  eines  jeden  Schuljahrs  wird  eine  öffentliche  Schul- 
prüfung gehalten,  welche  den  Zweck  hat,  dem  Publikum  von  den  Leistungen 
der  Anstalt  Kenntnis  zu  geben  und  dadurch  das  Vertrauen  und  die  wohl- 
wollende Teilnahme  desselben  zu  erregen  und  zu  erhalten.  Der  Dir.  hat  daher 
die  Pflicht,  die  Einladungsprogramme,  die  öffentl.  Reden,  sowie  die  Prüfungen 
selbst  so  einzurichten  und  zu  ordnen,  dafs  diesem  Zweck  in  würdiger  Weise 
entsprochen  werde. 

§  6.  Die  Schule  hat  als  ihre  wesentliche  Aufgabe  zu  betrachten,  mit 
der  wissenschaftl.  Ausbildung  ihrer  Zöglinge  auch  eine  christliche  Gesinnung 
in  ihnen  zu  wecken  und  sie  zu  einem  derselben  entsprechenden  Wandel 
anzuleiten. 

Der  Dir.  wird  deshalb  a.  die  Pflege  eines  christl.  Geistes  und  Wandels 
als  seine  heiligste  Pflicht  betrachten,  zu  dem  Ende  auch  den  oder  die  Religions- 
lehrer  mit  allen  der  Schule  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  aufs  kräftigste  unter- 
stützen, die  Teilnahme  der  Schüler  an  dem  öffentl.  oder  an  dem  besonderen 
Anstaltsgottesdienst  durch  die  Lehrer  der  Anstalt  beaufsichtigen  und  dahin 
wirken,  dafs  ein  religiöser  Charakter  das  ganze  Leben  der  Anstalt  durchdringe 
und  den  Schülern  in  den  Lehrern  das  Vorbild  eines  christl.  Lebens  vorleuchte, 
b.  Seine  disciplinarische  Wirksamkeit  erstreckt  sich  über  die  Schul zucht 
in  allen  ihren  Richtungen  und  mufs  jederzeit  mit  derjenigen  Kraft  verbunden 
sein,  welche  die  Aufrechterhaltung  der  Schulordnung  und  die  Handhabung  der 
Zucht  sichert.  c.    Zu  diesem   Zweck   hat   der   Dir.  seine  Aufmerksamkeit 

unausgesetzt  auf  den  sittlich-religiösen  Zustand  der  einzelnen  Schüler  sowohl 
als  der  verschiedenen  Kl.  zu  richten.  d.  Sowie  er  selbst  die  Zucht  im  AUgm. 
überwacht  und  für  die  genauere  Ausführung  der  für  die  Anstalt  mit  Ge- 
nehmigung des  K.  Prov.Sch.C.  getroffenen  Disciplinarbestimmungen  sorgt,  hat 
er  den  Lehrern,  besonders  den  Klassenordinarien,  die  erforderl.  Instruction  über 
den  ihnen  zukommenden  Teil  der  Disciplin  zu  erteilen  und  auf  die  pünkü. 
Ausführung  dieser  Instruction  zu  halten. 

e.  Um  sich  des  Zwecks  möglichst  vollkommen  zu  versichern,  dafs  im 
Inneren  der  Schule  Fleifs,  Ordnung  und  christl.  Sitte  stets  vorherrschen  und 
einzelne  Bestimmungen  der  Schulordnung  weder  durch  unzeitige  Nachsicht  oder 
Schlaffheit  der  Lehrer,  noch  durch  üble  Gewohnheiten  der  Schüler  ihre  Geltung 
verlieren,  hat  er  die  Lehrer  in  den  Conferenzen  zu  ausftihrl.  Mitteilungen  über 
den  Fleifs  und  das  Betragen  ihrer  Schüler  zu  veranlassen  und  nach  Berathung 
mit  ihnen  die  Mafsregeln  anzuordnen,  welche  geeignet  sind,  unlöblichen  Rich- 
tungen einzelner  Zöglinge  oder  ganzer  Klassen  entschieden  entgegen  zu  wirken, 
f.   Ebenso   hat  er  auf  sdles  genau  mit  aller  Berücksichtigung  der   elterlichen 


177 

Gewalt  und  Autorität  zu  achten,  was  anfser  der  Schule  auf  die  sittl.  Führung 
und  den  Fleifs  der  Schüler  einen  nachteiligen  Einfiufs  hahen  könnte,  namenü. 
auch  dafor  zu  sorgen,  dafs  die  auswärtigen  Schüler  hei  ordentl.  Bürgern  und 
auf  keinen  Fall  in  Wirthshäusem,  wenn  nicht  etwa  yerwandtschaftl.  Verhältnisse 
eine  Ausnahme  rechtfertigen,  untergebracht  werden.  g.  Der  Besuch  von 
Wirthshäusem,  gleichyiel  ob  dieselben  sich  innerhalb  der  Stadt  oder  in  der 
Nähe  der  Stadt  befinden,  ist  den  Schülern  streng  zu  untersagen,  und  die  Er- 
laubnis dazu  ihnen  nur  in  besonderen  Fällen  und  stets  unter  der  Bedingung 
zu  erteilen,  dafs  sie  gehörig  beaufsichtigt  sind.  h.  Um  das  Leben  der 
Schüler  aufserhalb  der  Schule  vor  üblen  Gewohnheiten  möglichst  zu  schützen  und 
den  häusL  Fleifs  derselben  gehörig  zu  beaufsichtigen,  hat  der  Dir.  nicht  nur  selbst 
einzelne  Schüler,  besonders  die  auswärtigen,  von  Zeit  zu  Zeit  in  ihren  Woh- 
nungen zu  besuchen,  sondern  auch  darauf  zu  halten,  dafs  die  Klassenordinarien 
die  ihrer  Klasse  angehörigen  Schüler  auf  ihren  Stuben  fleifsig  besuchen. 
Er  hat  sich  dabei  gegenwärtig  zu  erhalten,  dafs  die  Wirksamkeit  der  Haus- 
besuche wesentlich  darauf  beruht,  dafs  sie  als  ein  Erweis  Yäterl.  Wohlwollens 
Yon  den  Schülern  erkannt  werden.  Da  diese  Seite  der  disciplinar.  Aufsicht 
Yon  grofser  Wichtigkeit  ist,  so  hat  er,  um  hierin  keine  Nachläfsigkeit  ein- 
schleichen zu  lassen,  in  den  monatl.  Conferenzen  die  Klassenordinarien  der 
Beihe  nach  zu  befragen,  ob  und  welche  Schüler  sie  seit  der  letzten  C!onferenz 
besucht  und  welche  Wahrnehmungen  sie  dabei  gemacht  haben,  und  die  Ant- 
worten zu  Protok.  zu  yermerken. 

i.  Da  es  zu  den  wesentl.  Eigenschaften  eines  guten  Lehrers  gehört,  ge- 
wöhnliche jugendliche  Unarten  mit  Buhe  und  Milde  zu  behandeln,  so  hat  der 
Dir.  eine  besondere  Aufmerksamkeit  darauf  zu  richten,  dafs  die  Lehrer  in  dieser 
Beziehung  die  Yorschriffceu  einer  yemünf tigen  Pädagogik  gehörig  beachten  und 
sich  durch  drgl.  Unarten  nicht  zu  ungeeigneten  Strafen  oder  gar  leidenschaftL 
Ausbrüchen  hinreifsen  lassen.  k.  Sind  einzelne  Lehrer  wider  Erwarten 
zu  solchen  Mifsgriffen  geneigt  und  yerfallen  sie  widerholter  Mahnung  unge- 
achtet in  denselben  pädagög.  Fehler,  so  ist  er  befugt,  ihnen  jede  körperliche 
Züchtigung  und  sonstige  strengere  Strafen  auf  eine  bestimmte,  die  Dauer 
eines  Schuljahrs  nicht  überschreitende  Zeit  zu  untersagen.  Solche  Fälle  sind 
in  dem  J^resbericht  besonders  anzuführen.  1.  Sollten  Lehrer  Beweise 
Yon  roher  Gesinnung  und  somit  auch  von  pädagogischer  Unfähigkeit  dadurch 
*  geben,  dafs  sie  zu  wiederholten  Malen  Schimpfwörter  und  Spitznamen  gegen 
ihre  Schüler  gebrauchen,  so  hat  er  davon  dem  K.  Prov.Sch.C.  Anzeige 
zu  machen. 

m.  Da  die  Strafe  des  Nachsitzens  ohne  Aufsicht  in  den  Klassen 
durch  die  Erfahrung  als  unzweckmäfsig  und  für  die  Sitten  der  Schüler  sogar 
als  bedenklich  erwiesen  ist,  so  hat  der  Dir.  darauf  zu  halten,  dafs  jene  Strafe 
nur  unter  der  Bedingung  verfagt  werde,  dafs  der  betr.  Lehrer  persöiü.  die  Auf- 
sicht während  der  Zeit  des  Nachsitzens  führt  und  ihm  und  den  Eltern  oder 
Pflegeeltern  sofort  Anzeige  macht.  Garcers träfe  bedarf  jedesmal  der  Ge- 
nehmigung des  Directors.  n.  Die  Strafen  für  gröbere  Unarten  und  Vei^hen, 
wie  muthwUlige  Beschädigung  der  Lehrzimmer  oder  der  Utensilien,  wiederholte 
gröbere  Uebertretung  der  Schulordnung,  Mifshandlung  der  Mitschüler,  freches 
Lügen,  Widersetzlichkeit  und  Trotz  gegen  Lehrer,  Diebstahl,  Strafsenunfug  und 
sonstige  gröbL  Verletzungen  der  Sittlichkeit,  werden  in  der  Lehrerconferenz  be- 
rathen  und  von  dem  Dir.  bestimmt,  sofern  nicht  gemäfs  §  3  die  Entscheidung 
des  K.  ProY.Sch.C.  einzuholen  ist 

0.  Zu  den  allgm.  Disciplinarmitteln  gehören  die  am  Schlufs  eines  jeden 
Viertel-  oder  Halbjahrs  den  sämtl.  Schülern  der  betr.  Klassen  zu  erteilenden 
Censur Zeugnis  sei  welche  überdem  noch  den  Zweck  haben,  den  Eltern  oder 
Vormündern  zuYerlässige  Auskunft  über  Sitte,  Fleifs  und  Fortschritte  ihrer  Söhne 

Wie 86,  Yerordaungta.    IL  12 


178 

oder  Pflegebefohlenen  za  erteilen.  Der  Dir.  hat  dafar  zn  sorgen,  dafis  die  dar- 
über bestehenden  besonderen  Vorschriften  pünkü.  beobachtet  und  namenü.  die 
diesen  Oensuren  zn  Grande  zu  legenden  Klassenbücher  mit  gewissenhafter  Soiig- 
faJt  geführt  werden.  Die  Censaren  läfst  er  anter  Mitwirkang  der  übrigen 
Lehrer  der  betr.  Klasse  von  den  Ordinarien  entwerfen,  stellt  sie  fest  and  voll- 
zieht sie  mit  denselben.  p.  AaTser  den  regelm.  Censaren  ist  den  abgehen- 
den Schülern,  welche  sich  einer  Mataritätsprä]^ng  nicht  unterziehen,  ein  aos- 
fahrl.  Zeagnis  aaszastellen,  in  welchem  die  sittl.  Führang  derselben,  sowie  ihre 
in  den  einzelnen  Fächern  des  ünterr.  erlangten  Kenntnisse  and  Fähigkeiten 
mit  gewissenhafter  Genaaigkeit  bearteilt  sind.  Diese  Zeagnisse  läfst  der  Dir. 
darch  den  Ordinarias  der  Klasse,  in  welcher  der  za  entlassende  Schüler  zaletzt 
anterrichtet  worden  ist,  aaf  Grand  der  in  das  Klassenbach  eingetragenen  Ur- 
teile and  der  Censaren  entwerfen,  stellt  sie  fest  and  vollzieht  sie  mit  dem 
Ordinarias  im  Concept  and  in  der  Beinschrifb.  q.  Ueber  die  Mataritäts- 
prüfangen  and  die  aaf  Grand  derselben  zu  erteilenden  Zeagnisse  geben  die 
Abitarientenreglements  die  erforderl.  Vorschriften. 

r.  Bei  solchen  nea  aafzanehmenden  Schülern,  die  vorher  andere  Anstalten 
besacht  haben,  hat  der  Dir.  die  Sittenzeagnisse  sorgfaltig  za  prüfen.  Ergeben 
sich  dabei  Gründe  zam  Verdacht,  so  ist  er  befagt,  ihnen  die  Aaftiahme  nur 
versuchsweise  za  gestatten  and  sie  ohne  Weiteres  wieder  za  entlassen,  wenn  er 
nach  dem  Urteil  des  Klassenordinarias  and  der  wlssenschaftl.  Lehrer  der  betr. 
Klasse  und  durch  seine  eigenen  Wahrnehmungen  sich  überzeugt  hat,  dafs  die 
Disciplin  durch  das  Betragen  derselben  gefährdet  wird. 

s.  Soweit  der  Dir.  bei  Verleihung  von  Freistellen,  Stipendien  und  anderen 
Beneficien  an  Schüler  mitzuwirken  hat,  hat  er  deren  Würdigkeit  und  Bedürftig- 
keit genau  zu  berücksichtigen,  nachdem  er  den  Ordinarius  und  die  übrigen 
Lehrer  befragt  hat 

§  7.  Als  Mitglied  der  für  die  Anstalt  bestehenden  örtl.  Behörde  hat  der 
Dir.  die  für  dieselbe  ergangene  Instruction  zu  beachten  und  die  ihm  in  dersel- 
ben zugewiesene  Stellung  und  Aufgabe  in  Vertretung  der  Schul-  und  Lehr- 
interessen mit  Umsicht  wahrzunehmen. 

§  8.  Die  Schulbibliothek  und  sämtL  der  Anstalt  gehörige  Sammlungen 
und  Lehrapparate  stehen  unter  der  Aufsicht  des  Dir.  Ueber  deren  Ver- 
mehrung aus  den  im  Etat  der  Anstalt  dafür  ausgeworfenen  Mitteln  vernimmt 
er  die  Wünsche  der  Lehrer  und  entscheidet  über  die  Anschaffungen.  a.  Die* 
besondere  Aufsicht  über  einzelne  Sammlungen  kann  er,  vorbehalü.  der  Geneh- 
migung des  K.  Prov.Sch.C,  einzelnen  Lehrern  übertragen;  jedoch  bleibt  er  für 
die  genaue  Führung  des  Inventariums  und  Katalogs,  für  die  Ordnung  und 
Sicherheit,  für  die  conservator.  Behandlung  der  Sammlungen  stets  verantwort- 
lich. Er  führt  dann  die  Oberaufsicht  über  die  Verwaltung  der  Schulbibliothek 
und  der  anderen  Sammlungen  und  hat  gegen  den  Bibliothekar,  resp.  Au&eher, 
alle  Bechte  und  Befugnisse,  die  aus  diesem  Verhältnis  und  der  damit  verbun- 
denen Verantwortlichkeit  entspringen.  b.  Ueber  die  Ergänzung  und  Ver- 
mehrung der  Schulutensilien,  sowie  über  Erhaltung  und  Ausbesserung  der 
Gebäulichkeiten  hat  er  das  Erforderliche  zur  gehörigen  Zeit  bei  den  betr.  Be- 
hörden zur  Sprache  zu  bringen;  es  steht  ihm  jedoch  frei,  über  wichtigere  An- 
gelegenheiten dieser  Art  auch  noch  besonders  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  be- 
richten, c.  Die  Schulacten,  die  ConferenzprotokoUe  und  das  Album 
nimmt  er  unter  seine  besondere  Verwahrung  und  sorgt  dafär,  dafs  sie  nach 
bestimmten  Bubriken  in  einer  Ordnung  gehalten  werden,  welche  eine  das  Auf- 
finden des  Einzelnen  erleichternde  Uebersicht  gewährt.  Ein  geordnetes  Dienst- 
journal über  den  schrifü.  Verkehr  hat  er  pünktlich  zu  fahren.  Wichtigere 
Schreiben  und  Berichte,  die  vom  ihm  ausgehen,  sowie  die  von  der  Anstalt  aus- 
gestellten Zeugnisse  hat  er  im  Concept  zu   den  Acten   zu  bringen.     Er  hat 


179 

d.  darüber  zu  wachen,  dafs  der  Schnldiener,  der  zunächst  an  seinen  Befehl 
gewiesen  ist,  seiner  Instroction,  vorzügl.  in  Beziehung  auf  die  Reinlichkeit 
der  Locale,  das  Heizen  der  Oefen  nnd  auf  sittliche  Aofifühning,  pünktlich  nach- 
komme. 

§  9.  a.  Da  die  Eltern,  welche  ihre  Söhne  der  Anstalt  übergeben  nnd 
der  Ordnung  derselben  unterwerfen,  ihr  Vertrauen  vorzüglich  dem  Dir.  schenken, 
indem  sie  vorzüglich  ihm  einen  bedeutenden  Teil  ihrer  väterlichen  Autorität 
abtreten,  so  hat  der  Dir.  dieses  Vertrauen  durch  freundliches  Zuvorkommen  In 
allen,  das  Wissenschaft!,  und  sittlich-religiöse  Gedeihen  ihrer  Kinder  betreffen- 
den Angelegenheiten  zu  ehren  und  zu  rechtfertigen,  und  ihnen  bereitwillig  jede 
Auskunft  zu  erteilen,  welche  elterliche  Liebe  und  Sorge  von  ihm  begehren 
möchte.  Namentl.  wird  er  auswärtigen  Eltern  auf  ihren  Wunsch  schriftl.  Nach- 
richten von  dem  sittl.  und  Wissenschaft!  Leben  ihrer  Söhne  selbst  geben  oder, 
durch  den  betr.  Ordinarius  geben  lassen.  b.  Den  Ortsbehörden  hat  er 
gebührende  Achtung  zu  beweisen  und  hierin  den  Lehrern  wie  den  Schülern  mit 
einem  guten  Beispiel  voranzugehen.  c.  In  allen  Fällen,  wo  Schüler  wegen 
polizeil.  Vergehungen  oder  sonst  von  den  Ortsbehörden  amtl.  in  Anspruch  ge- 
nommen werden,  oder  wo  dieser  Behörden  Mitwirkung  zur  Verhütung  solcher 
Vergehungen  und  zur  Aufrechthaltung  der  Sitte  und  Zucht  der  Schüler  aufser- 
halb  der  Schule  wünschenswerth  oder  nothwendig  ist,  hat  er  sich  in  angemesse- 
ner Weise  mit  ihnen  zu  benehmen. 

§  10.  Es  wird  dem  Dir.  zur  besonderen  Pflicht  gemacht,  allen  dem 
Frieden  der  christl.  Confessionen,  den  Gesetzen  des  Staats  und  der  Tteue  und 
Ergebenheit  gegen  Se  Maj.  den  König  nachteil.  Sichtungen  und  Bestrebungen 
entschieden  entgegen  zu  lareten  und  der  vorgesetzten  Behörde  davon  zeitig  Kennt- 
nis zu  geben. 

§  11.  Sollte  der  Dir.  willens  sein,  seine  Stelle  zu  verändern  oder  aufzu- 
geben, so  ist  er  verpflichtet,  ein  halbes  Jahr  vorher,  und  zwar  entweder  zu 
Ostern  oder  zu  Michaelis,  keineswegs  aber  in  der  Mitte  >  eines  Schulsemesters, 
dem  K.  Frov.Sch.C.  davon  schriftl.  Anzeige  zu  machen  und  resp.  seine  Entlassung 
nachzusuchen.    Goblenz.    K.  Frov.Sch.C. 

Provinz  Schleswig-Holstein. 

Instr.  V.  19.  August  1885. 

L  Amtliche  Stellung  und  Aufgabe  des  Directors  (Rectors) 
im  Allgemeinen.  1.  Der  Director  (Bector)  ist  der  verantwortliche  Vor- 
steher der  Anstalt;  als  solcher  hat  er  sowohl  für  eine  gedeihliche  Verwaltung 
ihrer  äufseren  Angelegenheiten  Sorge  zu  tragen,  als  auch  besonders  durch  die 
Leitung  der  in  ihr  Lehrenden  und  Lernenden  dahin  zu  wirken,  dafs  der  Zweck 
der  Schule  —  wissenschaftliche  Bildung  der  Jugend  und  Erziehung  derselben 
zu  aufrichtiger  Gottesfurcht,  edler  Sitte,  pflichttreuer  Arbeit  und  thatkräftiger 
Vaterlandsliebe  —  durch  erfolgreiche  Förderung  des  leiblichen,  geistigen  und 
sittlichen  Gedeihens  ihrer  Zöglinge  erreicht  werde. 

11.  Verhältnis  zu  den  Behörden.  2.  Der  Dir.,  in  seiner  Stellung 
als  Staatsbeamter  durch  seinen  Amtseid  verpflichtet,  hat  als  die  zunächst  vor- 
gesetzte Behörde  das  unterzeichnete  K.  Provinzial-Schulcollegium  zu  er- 
kennen; demnach  ist  er  verpflichtet,  einerseits  dessen  Anordnungen  auszuführen 
oder  etwa  sich  ergebende  Bedenken  sofort  zur  Anzeige  zu  bringen,  andrerseits 
dorthin  die  periodischen  oder  sonst  von  ihm  geforderten  Berichte  rechtzeitig 
zu  erstatten  bezw.  unter  Angabe  der  Behinderungsgründe  die  Gewährung  einer 
Nachfrist  zu  beantragen,  über  alle  wichtigen  Angelegenheiten  der  Anstalt,  sie 
mögen  die  Personen  der  Lehrer  und  Beamten  oder  Zustände  und  Einrichtungen 
hinsichtlich  des  Unterrichts,  der  Schnlzucht  und  der  Gesundheitspflege  betreffen, 

12^ 


180 

unaufgefordert  zn  berichten,  auch  den  Commissarien  des  E.  ProY.Sch.C.  jede 
amtliche  Auskunft  rückhalüos  zu  erteilen.  3.  Bei  den  nicht  königlichen 
Anstalten  unterliegt  das  Verhältnis  des  Dir.  zum  Patronate  besonderen,  vom 
K.  Prov.Sch.C.  genehmigten  Bestimmungen;  wie  bei  Befolgung  derselben,  so 
ist  es  auch  in  allen  nicht  besonders  vorgesehenen  Fällen  Pflicht  des  Dir ,  sich 
die  Pflege  eines  guten  Einvernehmens  mit  dem  Patronate  angelegen  sein  zu 
lassen.  4.  Der  Dir.  ist  stimmberechtigtes  Mitglied  der  Directoren- 
conferenz  der  Provinz,  an  deren  Verhandlungen  und  Arbeiten  er  sich  nach 
Mafsgabe  der  erlassenen  Bestimmungen  zu  beteiligen  hat  5.  Der  Dir.  ist 
befugt,  während  der  Schulzeit  in  dringenden  Fällen  sich  unter  Anordnung 
seiner  Vertretung  bis  auf  4  Tage  selbst  zu  beurlauben;  für  einen  längeren  Ur- 
laub während  der  Schulzeit  hat  er  die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  einzu- 
)iolen,  dabei  aber  auch  gleichzeitig  wegen  seiner  Vertretung  Vorschläge  zu 
machen.  Verreist  derselbe  innerhalb  der  Ferienzeit,  so  hat  er  dem  E.  Prov. 
Sch.C.  nur  den  mit  seiner  Vertretung  beauftragten  Lehrer  zu  bezeichnen.  — 
Sofern  nichts  anderes  angeordnet  wurde,  fällt  die  Vertretung  des  Dir.  in  der 
Leitung  der  Anstalt  zunächst  dem  ersten  Oberlehrer  zu.  6.  Zur  Ueberriahme 
eines  mit  Gehalt  oder  fortlaufender  Bemuneration  verbundenen  Nebenamtes, 
einer  Vormundschaft,  sowie  von  Functionen  bei  der  städtischen  Gemeinde- 
verwaltung bedarf  der  Dir.  der  Genehmigung  des  E.  Prov.Sch.O.  7.  Beab- 
sichtigt der  Dir.  aus  seinem  Amte  auszuscheiden,  so  hat  er  davon  mindestens 
drei  Monate  vor  dem  Semesterschlusse  dem  E.  Prov.Sch.G.  Anzeige  zu  machen. 
Für  Directoren  nicht  staatlicher  Anstalten  sind  event.  die  besonderen  bei  der 
Anstellung  getroffenen  Vereinbarungen  mafsgebend. 

III.  Verhältnis  zur  Anstalt.  A.  Bezüglich  der  äufseren  Ver- 
waltung. 8.  Der  Dir.  hat  als  Vertreter  der  Schule  alle  an  dieselbe  ge- 
richteten Schreiben,  auch  diejenigen  Zusendungen  zu  eröffnen,  welche  an  ein- 
zelne nicht  namhaft  gemachte  Schuler  oder  an  eine  ganze  Elasse  gerichtet 
sind,  andrerseits  die  von  der  Schule  ausgehenden  Schreiben,  Documente  und 
Zeugnisse  anzufertigen  bezw.  anfertigen  zu  lassen,  zu  vollziehen  und  erforder- 
lichen Falls  mit  dem  Amfssiegel  zu  beglaubigen.  9.  Dem  Dir.  gebührt 
überall  die  Beteiligung  am  Etats-  und  Eassenwesen  insoweit,  dal's  er  über 
die  Etatsentwürfe  und  die  Verwendung  etwaiger  Eassenüberschüsse  zu  Anstalts- 
bedürfhissen  zuvor  gutachtlich  zu  hören  ist  An  den  königl.  Anstalten  hat  er 
als  Curator  der  Gymuasialkasse  darüber  zu  wachen,  dafs  der  Bendant  dieselbe 
nach  Mafsgabe  aller  in  dieser  Beziehung  vom  E.  Prov.Sch.C.  erlassenen  Be- 
stimmungen ordnungsmäfsig  verwaltet;  seine  Bechte  und  Pflichten  hinsichtlich 
der  Eassen-  und  Bechnungsführung  sind  durch  ein  besonderes  Begulativ  fest- 
gestellt Auch  ist  es  Pflicht  des  Dir.,  for  die  Erhaltung,  Vermehrung  und 
statutenmäfsige  Verwendung  der  für  wohlthätige  Zwecke  bestimmten  Keben- 
fonds  der  Anstalt  Sorge  zu  tragen.  10.  Dem  Dir.  liegt  die  Aufsicht  über 
die  verschiedenen  Gebäude  und  Bäumlichkeiten  der  Anstalt,  einschliefs- 
lich  der  TurnhaUe  und  des  Turnplatzes,  sowie  über  sämtliche  Schuluten- 
silien ob;  er  hat  darauf  zu  sehen,  dafs  alles  Genannte  sich  stets  in  einem 
dem  Unterrichts-  und  Erziehungszwecke  der  Schule  entsprechenden  Zustande 
beflndet  Etwaige  Mängel  hat  derselbe,  soweit  er  zu  deren  sofortiger  Beseiti- 
gung selbst  nicht  befugt  ist,  bei  den  zuständigen  Behörden  ungesäumt  zur 
Sprache  zu  bringen.  Andrerseits  ist  er  zu  verlangen  berechtigt  dafs  in  Bezug 
auf  die  Baulichkeiten  und  Utensilien  keine  Veränderungen  oder  Neuanschaffun- 
gen vorgenommen  werden,  ohne  dafs  darüber  vorher  sein  Gutachten  gehört  ist 
Der  Dir.  ist  befugt,  die  Erlaubnis  zur  Benutzung  von  Schulräumen  zu  anderen 
als  unmittelbaren  Schulzwecken  nach  Mafsgabe  der  besonderen  Verfügungen^) 


')  Verf.  y.  11.  Mai  187Ö  und  y.  S.  Mai  1883  8.  Abt  I  S.  52. 


181 

Belbst&ndig  zu  erteilen.  «11.  Der  Dir.  führt  anf  Grund  der  darüber  erlassenen 
allgm.  Bestimmongen  ^)  and  der  für  die  Anstalt  bestehenden  besonderen 
Ordnungen  die  Anfeicht  über  die  Yerwaltang  der  Bibliotheken  und  Samm- 
lungen und  ist  hinsichtlich  derselben  befiigt,  die  besondere  Verwaltung 
einzelnen  fest  angestellten  Lehrern  anzuvertrauen. 

12.  Dem  Dir.  steht  die  Anlegung  und  Verwaltung  des  Schularchivs 
zu,  welches  von  ihm  unter  besonderem  Verschlufs  zu  halten  ist  Er  hat  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  s&mtliche  zu  den  Schulacten  gehörenden  Schriftstücke 
ihrem  Inhalte  nach  planmäfsig  und  übersichtlich  geordnet  2)  und  die  Zugänge 
den  einzelnen  Actenstücken  ordnungsmäfsig  angeheftet  werden. 

a.  Zu  den  Acten  zu  bringen  sind  insbesondere  von  den  Eingängen  alle 
amtlichen  Schriftstücke  und  was  sonst  für  die  Geschichte  der  Schule 
irgendwie  von  bleibendem  Wert  ist,  femer  die  Entwürfe  sämtlicher 
von  der  Schule  ausgestellten  Zeugnisse,  sowie  die  Entwürfe  der  amt- 

•  liehen  Berichte  und  Schreiben  bezw.,  falls  es  hinsichtlich  der  letzteren 
zur  Orientirung  ausreicht,  eine  Notiz  über  den  Hauptinhalt  derselben. 

b.  Der  Dir.  ist  verpflichtet,  ein  Journal  über  seine  amtliche  Correspon- 
denz  zu  fuhren. 

13.  Dem  Dir.  liegt  es  ob,  für  die  jährlichen  Schulprogramme,  deren 
Einrichtung  3)  und  Einlieferung^)  durch  besondere  Bestimmungen  geregelt  ist, 
den  die  Schulnachrichten  enthaltenden  Teil  in  vorgeschriebener  Formi^}  selbst 
zu  verfassen.  Die  wissenschaftliche  Abhandlung  ist  in  der  Begel  von  dem  Dir. 
oder  einem  der  festangestellten  wissenschaftl.  Lehrer  zu  liefern.  Der  Dir.  ist 
berechtigt  und  verpflichtet,  sich  die  beti-.  Arbeit  vor  dem  Drucke  vorlegen  zu 
lassen  und  etwa  dem  Zwecke  des  Programmes  nicht  entsprechende  Aufsätze 
zurückzuweisen.  14.  Der  Dir.  hat  für  eine  angemessene  Veranstaltung  der 
Schulfeierlichkeiten  und  -feste  zu  sorgen,  dabei  insbesondere  von 
allem,  was  von  Schülern  vorgetragen  werden  soll,  Kenntnis  zu  nehmen  und  die 
Einladungen  zu  erlassen.  15.  Der  Dir.  hat  darüber  zu  wachen,  dafs  die 
IJnterbeamten  der  Anstalt,  insbesondere  der  Schuldiener,  der  ihm  zu  pünkt- 
lichem Gehorsam  verpflichtet  ist»  ihre  Amtsobliegenheiten  gewissenhaft  erfüllen, 
auch  nicht  etwa  durch  ihre  eigene  Führung  oder  diejenige  der  Mitglieder  ihres 
Hausstandes  die  Würde  der  Anstalt  verletzen.  Ein  ungehöriges  Verhalten  hat 
der  Dir.  zu  rügen  und  nach  Umständen  der  Behörde,  welche  den  Unterbeamten 
angestellt  hat,  zu  weiterer  Veranlassung  zu  berichten. 

B.  Bezüglich  der  Lehrer.  16.  Der  Dir.  ist  vorsitzendes  Mitglied 
des  Lehrercollegiums  und  nächster  Vorgesetzter  jedes  einzelnen  Lehrers  der 
Anstalt  17.  Dem  Dir.  liegt  es  ob,  die  neu  eintretenden  Lehrer  in  ihr 
Amt  einzuführen,  unter  Hinweisung  auf  die  Dienstinstruction  mit  ihren 
speciellen  Amtsobliegenheiten  bekannt  zu  machen,  auch,  falls  die  Schule  könig- 


Die  eingeklqmmerten  Verfügungen  in  den  folgenden  Anmerkungen  sind  in  dieser 
Sammlung  nicht  abgedruckt, 

»)  (Verf  V.  8.  März  1876.)  Min.Brl.  v.  17.  Januar  1885  s.  Abt.  I 
8.  371  fg. 

^  S.  weiterhin  den  Entwarf  eines  Archivrepertoriums. 

»J  Min.  Verf.  v.  26.  April  1875  s.  Abt.  I  8.  381  (nebst  Verf.  v.  13.  Novem- 
ber 1876  Nr.  23(m. 

*)  7  Exempl.  an  das  K.  Prov.Sch.C.  (Verf.  v.  24.  Mai  1875  Nr.  1094), 
6  Exempl.  an  die  Geh.-Registr.  des  Min.  der  geistl.  etc.  Angeleg.  (Verf.  v.  15.  Oct. 
1877  No.  2090);  von  Programmabhandlungen,  welche  auf  deutsche  oder  prenfsische 
Geschichte  Bezug  haben,  1  Exempl.  an  das  Direotorium  der  Königl.  Stikatsarohive 
in  BerUn  (Verf.  v.  1.  Juli  1873  Nr.  1159). 

•)  (Verf.  V.  16.  October  1883  Nr.  2710.)  Min.  Verf.  v,  7.  Januar  1885 
8.  Abt  I  S.  376. 


182 

liehen  Patronates  ist,  bei  den  festangestellten  Lehiern  und  Hnlfslehrern  die 
Vereidigung^)  bezw.  die  Yerpflichtnng  durch  Handschlag  an  Eides  statt  vor- 
schriftsmäfsig  vorzunehmen;  bei  Schulen  nicht  königlichen  Patronats  ist  in 
dieser  Hinsicht  nach  den  bestehenden  Einrichtungen  zu  verfahren.  18.  Es 
ist  Pflicht  des  Dir.,  die  Mitglieder  des  CoUegiums  in  der  Erfüllung  ihrer  Dienst- 
obliegenheiten sowie  in  ihrer  wissenschaftl.  und  pädagogischen  Weiterbildung 
nach  bestem  Wissen  in  coUegialischer  Gesinnung  zu  unterstützen,* andrerseits 
aber  auch  darüber  zu  wachen,  dafs  dieselben  in  der  durch  ihre  Berufnngs- 
Urkunden  und  die  betr.  Dienstinstructionen  bezeichneten  Weise  ihre  Amts- 
pflichten pünktlich  erfüllen  und  alles  vermeiden,  was  dem  Zweck  des  Unterrichts 
und  der  Erziehung  oder  der  Würde  des  Lehrstandes  zuwiderläuft.  Dabei  wird 
der  Dir.  nicht  aufser  Acht  lassen  dürfen,  dafs  die  von  den  Lehrern  zu  erwar- 
tende Willfährigkeit  nur  in  dem  äufsersten  Falle  aus  dem  Subordinations- 
Verhältnis  hervorgehen  darf,  ihre  Haupt^uelle  vielmehr  in  der  Achtung  vor 
seiner  persönlichen  Autorität  und  in  der  Gewifsheit  haben  muf^,  dafs  demselben, 
wie  das  Gedeihen  der  Schule  überhaupt,  so  auch  das  Wohl  seiner  Amtsgenossen 
stets  am  Herzen  liegt.  19.  Auf  etwsL  vorkommende  Versäumnisse  und  TJnge- 
höiigkeiten  auch  in  dem  aufseramtlichen  Verhalten  der  Lehrer  hat  der  Dir. 
zunächst  in  schonender  Weise  auünerksam  zu  machen;  wo  indessen  seine  Er- 
innerung nicht  ausreicht,  ist  er  verpflichtet,  mit  Entschiedenheit  einzuschreiten. 
Er  ist  berechtigt,  seinen  Untergebenen  protokollarische  Warnungen  und  Ver- 
weise zu  erteilen,  mufs  aber  schwerere  Pflichtverletzungen  derselben  zur  Kennt- 
nis des  K.  Prov.Sch.C.  bringen.  Wenn  Gefahr  im  Verzuge  ist,  kann  der  Dir. 
die  Ausübung  der  Amtsverrichtnngen  vorläufig  untersagen^),  hat  aber  darüber 
sofort  an  die  Behörde  zu  berichten. 

•  20.  Wird  es  einem  Lehrer  infolge  von  Krankheit  oder  sonstiger  Um- 
stände unmöglich,  seinen  Dienst  zu  thun,  so  hat  der  Dir.  die  Stellvertretung 
desselben  durch  die  übrigen  Mitglieder  des  CoUegiums  und  nur  in  NothfiELllen 
durch  Elassencombinationen  anzuordnen,  dabei  aber  auf  möglichst  gleichmäfsige 
Verteilung  der  Arbeit  und  die  sonstige  Belastung  der  übrigen  Lehrer  gebührende 
Rücksicht  zu  nehmen.  21.  Der  Dir.  ist  befugt,  in  begründeten  Fällen  ein- 
zelne Lehrer  während  der  Schulzeit  bis  zur  Dauer  von  acht  Tagen  zu 
beurlauben,  sobald  die  von  ihnen  zu  stellende  Vertretung  seine  Genehmigung 
findet.  22.  Bei  voraussichtlich  längerer  Abwesenheit  eines  Lehrers  oder  bei 
Erledigung  einer  Lehrerstelle  hat  der  Dir.  an  das  J[.  Prov.Sch.C.  über 
die  einstweilen  angeordnete  Vertretung  zu  berichten;  im  letzteren  Falle  ist  es 
ihm  überlassen,  unter  Angabe  des  zu  deckenden  Unterrichtsbedürfnisses  für  die 
Wiederbesetzung  der  Stelle  bestimmte  Vorschläge  zu  machen. 

23.  Der  Dir.  ist  verpflichtet,  daför  zu  sorgen,  dafs  die  Lehrer  nicht 
durch  zu  ausgedehnten  Privatunterricht  ihre  Kraft  der  Schule  entziehen. 
Seine  Befugnisse  in  dieser  Beziehung  ergeben  sich  'aus  §  7a  der  Instruction 
für  die  Lehrer;  erteilt  er  einem  Lehrer  die  Genehmigung  zur  Uebemahme  von 
Unterricht  an  einer  Privatanstalt,  so  ist  dem  K.  Prov.Sch.C.  daVon  Anzeige  zu 
machen.  24.  Erfolgt  seitens  eines  Lehrers  auf  Grund  des.  §  7b  der  In- 
struction für  die  Lehrer  die  Anzeige  einer  an  ihn  ergangenen  gerichtlichen 
Vorladung,  so  hat  der  Dir.,  falls  ihm  etwaige  Vernehmungen  der  a.  a.  0. 
vorgesehenen  Art  im  Dienstinteresse  als  unzulässig  oder  nachteilig  erscheinen 
sollten,  darüber  sofort  an  das  K.  Prov.Sch.C.  behufs  etwaiger  Wahrung  d^s 
Einspruchsrechtes  eingehend  zu  berichten.') 


»)  (Verf.  V.  31.  October  1873  Nr.  2052.) 

')  Gesetz  betr.  die  Dienstvergehen  der  nicht  richterlichen  Beamten  u.  s.  w. 
vom  31.  Juli  1852  $  18  u.  54. 

•)  Min.  Verf.  v.  25.  Mai  1883  (s.  weiterhin). 


183 

25.  Auf  Anfragen,  welche  in  Bezng  auf  die  Lehrer  der  Anstalt  von  be- 
rechtigter Stelle  ausgehen,  wird  der  Dir.,  falls  er  es  nicht  vorzieht,  die  An- 
fragenden an  das  E.  Prov.Sch.C.  za  verweisen,  directe  Auskunft  geben;  selb- 
ständig aber  den  Lehrern  Zeugnisse  liber  ihre  amtliche  Thätigkeit  auszustellen, 
ist  er  nicht  berechtigt.  Das  bei  der  Beglaubigung  von  Abschriften  stempel- 
pflichtiger Zeugnisse  zu  beobachtende  Verfahren  unterliegt  besonderen  Vor- 
schriften. ^)  26.  Die  von  den  Lehrern  und  Beamten  der  Anstalt  ihm  zur 
üebermittelung  an  das  E.  Prov.Sch.C.  oder  an  das  Fatronat  eingehändigten 
Eingaben  hat  der  Dir.  bei  der  Einreichung  mit  seinem  Gutachten  zu  be- 
gleiten. 

27.  Gkmz  besondere  Fürsorge  wird  der  Dir.  den  Schul amtscan- 
didaten  zuwenden,  welche  der  Anstalt  zur  Ableistung  des  Probejahres 
überwiesen  werden  oder  etwa  nach  Vollendung  desselben  zu  ihrer  weiteren 
Ausbildung  an  der  Anstalt  verbleiben.  Er  hat  dieselben  auf  Grund  der  be- 
stehenden Vorschriften^)  der  ihnen  in  den  Prüfrtngszeugnissen  zugesprochenen 
Lehrbefähigung  entsprechend  zu  beschäftigen  und,  sei  es  selbst,  sei  es  mit 
Hülfe  der  betr.  Elassenordinarien  und  Fachlehrer,  mit  dem  Schulorganismos 
bekannt  zu  machen,  sowie  hinsichtlich  ihres  didaktischen  und  pädagogischen 
Verfahrens  durch  praktische  und  theoretische  Anleitung  thunlichst  zu  fördern. 
Zur  Mitunterzeichnung  des  über  den  Ausfall  des  Probejahres  zu  erstattenden 
Berichtes^)  sind  gegebenen  Falls  nur  festangestellte  wissenschaftliche  Lehrer 
zuzuziehen. 

28.  Der  Dir.  beruft  und  leitet  als  Vorsitzender  die  Lehrerconferenzen, 
welche  den  Zweck  haben,  einerseits  durch  Entgegennahme  von  Anordnungen 
und  Verfagungen,  die  zur  Mitteilung  an  das  gesamte  Collegium  von  den  Be- 
hörden bestimmt  oder  nach  dem  Urteil  des  Dir.  geeignet  sind,  andrerseits  durch 
coUegialische  Berathung  allgemein  didakt.  und  pädagog.  Fragen  sowie  besonderer 
dahin  gehöriger  Beobachtungen  und  Mafsnahmen,  eine  einheitliche  und  immer 
zweckmäfsigere  Gestaltung  der  Arbeit  des  CoUegiums  an  dem  gemeinsamen 
Werke  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  zu  sichern.  a.  Die  Gonferenzen 
sind  entweder  allgemeine  oder  Fach-  oder  Elassenconferenzen.  Die  Bechte  und 
Pflichten  der  Lehrer  hinsichtl.  der  Beteiligung  an  denselben  ergeben  sich  aus 
§  6  der  Listruction  für  die  Lehrer.  b.  Abgesehen  von  den  regelmäfsigen, 
mindestens  alle  vier  Wochen  abzuhaltenden  aUgm.  Gonferenzen  ist  es  dem  Er- 
messen des  Dir.  überlassen,  welche  Art  von  Conferenz  zur  Berathung  der  ver- 
schiedenen Angelegenheiten  zu  berufen,  insbesondere  ob  die  Feststellung  der 
Zeugnisse  und  Versetzungen  in  allgemeinen  oder  in  Elassenconferenzen  vorzu- 
nehmen sei;  über  schwere  DisciplinarMle  jedoch,  namentlich  über  die  förmliche 
Verweisung  eines  Schülers,  kann  nur  in  einer  allgemeinen  Conferenz  entschieden 
werden.  c.  Der  Dir.  ist  berechtigt  und  verpflichtet^),  Anträge,  welche  nicht 
zur  Zuständigkeit  der  Conferenz  gehören,  oder  welche  ihm  aus  sachlichen 
Gründen  zu  einer  Erörterung  in  der  Conferenz  nicht  geeignet  scheinen,  von 
derselben  zurückzuweisen.  Persönliche  Angelegenheiten  der  Lehrer,  namentlich 
etwaige  persönliche  Differenzen  derselben,  dürfen  in  der  Conferenz  nie  zur  Ver- 
handlung kommen.  d.  Zur  Gültigkeit  eines  Conferenzbeschlusses  ist  einfache 
Stimmenmehrheit  erforderlich.  Die  Abstimmung,  welche  in  allen  zweifel- 
haften Fällen  einzutreten  hat,  leitet  der  Dir.  in  der  Weise,  dafi9  die  stimm- 
berechtigten Lehrer  in  einer  ihren  Rangverhältnissen  nach  aufwärts  steigenden 
Reihenfolge  votiren  und  er  selbst  seine  bei  Stimmengleichheit  entscheidende 


1)  Verf.  V.  17.  Mai  1879  s.  weiterhin, 

»)  Min.. Verf.  v.  30.  März  1867  s.  8.  60  (nebst  Verf.  v.  4.  Juni  1880  Nr.  1171> 

»)  Verf.  V.  29.  Jan.  1874  s.  S.  68. 

*)  Min.- Verf.  v.  5.  Oct  1877  s.  weiterhin. 


184 

Stimme  zuletzt  abg^ebi  e.  Der  Dir.  hat  dafür  Sorge  zn  tragen,  dafs  über  die 
Yerhandlangen  und  Beschlüsse  der  Gönferenzen  ein  ordiinngsmäfsiges  Protokoll 
aufgenommen  wird.  Er  ist  befugt,  mit  der  Protokollführung  ein  festangestelltes 
Mitglied  des  CoUegiums  zu  beauftragen.  Das  Protokoll  ist  in  der  Begel  noch 
in  derselben  Sitzung  festzustellen,  von  allen  anwesenden  Mitgliedern  zu  unter- 
zeichnen und  im  Schularchiv  aufeubewahren.  f.  Der  Dir.  hat  die  Ausfühning 
der  Conferenzbesclilüsse  zu  überwachen  und  willkürliche  Abweichungen  von 
denselben  seitens  der  Lehrer  nicht  zu  dulden.  Befürchtet  er  selbst  von  einem 
Gonferenzbeschlufs  irgend  welchen  Nachteil  für  die  Anstalt,  so  hat  er  das  Becht^ 
die  Ausführung  desselben  bis  zur  Entscheidung  des  E.  Prov.Sch.C.  auszusetzen, 
an  welches  er  in  solchem  Falle  binnen  24  Stunden  zu  berichten  verpflichtet  ist 
g.  Der  Dir.  hat  erforderlichen  Falls  darauf  hinzuweisen,  dafs  für  die  Verhand- 
lungen der  Cohferenz  die  Bestimmungen  über  Amtsverschwiegenheit  gelten. 

C.  Bezüglich  des  ünterrichtszweckes.  29.  Dem  Dir.  liegt  die 
Leitung  und  Beaufsichtigung  des  gesamten  Unterrichts  ob,  an 
welchem  er  sich  selbst,  je  nach  der  Gröfse  der  Anstalt,  durch  die  Uebemahme 
von  wöchentlich  bis  zu  16  Lehrstunden  beteiligen  wird;  und  zwar  hat  er  als 
erster  Lehrer  der  Anstalt  wenigstens  in  einem  Fache  den  Unterricht  in  der 
obersten  Klasse,  womöglich  aber  auch  Stunden  in  anderen  Kl.  zu  übernehmen. 
'  30.  Es  ist  die  Aufgabe  des  Dir.,  in  Gremäfsheit  der  allgm.  Bestimmungen  ^ 
das  allmähliche  Fortschreiten  des  Unterrichts  zu  dem  der  Anstalt  gesteckten 
wissenschaftl.  Ziele  in  der  Weise  zu  regeln,  dafs  auf  jeder  Stufe  die  Einheit 
der  gesamten  Geistesbildung  den  jugendlichen  Kräften  der  Schüler  entsprechend 
gewtdirt  werde.  Zu  dem  Zwecke  hat  er  a.  auf  Grund  von  Conferenz- 
berathungen  den  allgemeinen  Lehrplan  (Grundlehrplan)  für  die  An- 
stalt, in  welchem  die  in  den  verschiedenen  Lehrfächern  den  einzelnen  Klassen 
und  Semestern  zufallenden  Pensen,  Wiederholungen  und  Uebungsarbeiten') 
genau  zu  bestimmen  sind,  aufzustellen  und  zeitgemäfs  zu  verbessern,  auch  dafür 
Sorge  zu  tragen,  dafs  derselbe  sowie  die  dazu  gehörigen  Normalexemplare  der 
Grammatiken  und  betreffs  des  Memorirstoffs  vereinbarten  Bestimmungen  allen 
Lehrern  zu  jeder  Zeit  leicht  zugänglich  sind  und  es  ihnen  dadurch  möglich 
wird,  mit  der  Uebersicht  über  den  gesamten  Unterrichtsstoff  ein  deutliches  Be- 
wui^tsein  über  ihre  eigene  specielle  Lehraufgabe  zu  gewinnen;  b.  dahin  zu 
wirken,  dafs  die  didaktischen  Grundsätze  und  die  Lehrweisen  der 
verschiedenen  Lehrer  sich  nicht  widerstreiten,  sondern  unter  aUer  Wahrung 
einer  berechtigten  Eigenart  soweit  in  Einklang  gesetzt  werden,  als  es  für  die 
sichere  Erreichung  des  festgesetzten  Lehrzieles  noth wendig  ist;  c.  darüber 
zu  wachen,  dafs  die  Aufgaben  für  die  häuslichen  Arbeiten  der  Schüler  für 
die  einzelnen  Klassen  und  Altersstufen  nach  Art  und  Umfang  zweckentsprechend 
angeordnet  werden.') 

31.    Insbesondere  hat  der  Dir.  die  jährlichen  Lehrpläne  unter  Be- 
achtung der  betreffs  ihrer  Einrichtung  und  Einsendung  erlassenen  Verfügungen^) 


^)  „Lehrpläne  für  die  höheren  Schalen  nebst  der  darauf  bez.  Gircolarver- 
fügung  V.  31.  Mürz  1882*^  and  „Allgemeine  Bestimmungen  betr.  Abänderung  in 
der  Abgrenzung  der  Lehrpensa  infolge  der  Lehrpläne  v.  31.  März  1882',  s.  Abt.  1 
S.  110  fg.  „Ordnung  der  Entlassangsprüfungen  an  den  höheren  Schalen  nebst 
der  darauf  bez.  Gircularverfügung  vom  27.  Mai  1882'',  s.  Abt  I  S.  393  fg.  — 
Hinsichtlich  der  Vorschulen :   Min.  Verf.   v.  23.  April  1883,   s.  Abt.  I  S.  144  fg. 

»)  Verf.  V.  30.  Juni  1884  s.  Abt.  I  S.  3J1. 

•)  Min.-Verff.  v.  14.  Oot.  1875  s.  Abt.  I  S.  255  f.  und  v.  10.  Nov.  1884 
8.  Abt.  I  S.  258  f.  (Vgl.  Verf.  v.  10.  April  1885.)  —  S.  Verhandlungen  der 
2.  Direotorenversammlung  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein. 

*)  (Verff.  V.  25.  August  1869  Nr.  1135,  v.  29.  Jan.  1874  Nr.  193,  v.  12.  Dec. 
1878  Nr.  2607,  v.  1.  Deo.  1881  Nr.  2844.) 


185 

zu  entwerfen  und  dem  £.  Prov.Sch.C.  zur  Grenehmigung  vorzulegen,  welche  dann 
auch  für  jede  während  des  Schuljahres  etwa  nöthig  werdende  dauernde  Abänderung 
derselben  erforderlich  ist  a.  Die  Pensen-Tabelle  (üebersicht  der 
Pensen  u.  s.  w.  far  die  einzelnen  Klassen  in  allen  Lehrgegenständen)  ist  auf 
Grund  des  allgm.  Lehrplanes  (s.  §  30a)  nach  Anhörung  der  Fachlehrer  und 
mit  ihrer  Beihülfe  zu*  entwerfen.  Betreffs  der  Einführung  neuer  Schul- 
bucher sind  die  besonderen  Anordnungen  ^)  mafsgebend.  b.  Bei  Aufstellung 
der  Lehrertabelle  (üebersicht  der  Verteilung  des  Unterrichts  und  der  Ordi- 
nariate unter  die  Lehrer)  wird  darauf  zu  achten  sein,  dafs  die  Ordinarien 
eine  gröfsere  Zahl  von  Stunden  in  ihren  Klassen  geben,  dafs  in  den  ein- 
zelnen Klassen  der  Unterricht  in  einem  Lehrgegenstande  in  der  Regel  unge- 
trennt in  einer  Hand  bleibt,  überhaupt  einem  Lehrer  möglichst  selten  nur  ein 
paar  Stunden  in  einer  Klasse  gegeben,  vielmehr  innerlich  verwandte  Lehrfächer 
auch  durch  die  Person  des  Lehrers  verbunden  ^)  werden,  femer  dafs  die  Lehrer 
in  den  mit  nur  wenig  Stunden  bedachten  Fächern,  besonders  in  dem  Beligions- 
unterricht^),  in  den  aufeinander  folgenden  Klassen  nicht  ohne  Noth  zu  ofb 
wechseln.  Indessen  mufs  bei  den  diesbezüglichen  Anordnungen  die  genaue 
Kenntnis  der  einzelnen  Persönlichkeiten  und  ihrer  Befähigung  bestimmend  sein. 
c.  Für  die  Gestaltung  des  Stundenplans  sind  hinsichtlich  der  Anordnung 
von  Unterrichtszeit  und  Pausen,  bei  welcher  aufser  den  allgemeinen  Forderungen 
der  Gesundheitspflege  auch  die  localen  Verhältnisse  nicht  unberücksichtigt 
bleiben  können,  die  besonderen  Bestimmungen^)  mafsgebend;  im  Allgemeinen 
ist  aber  überall*  darauf  zu  achten,  dafs  der  obligatorische  Unterricht  in  der 
Stundenlage  vor  dem  facultativen  bevorzugt  und  dafs  die  Morgenstunden  mög- 
lichst den  wissenschafU.  Lehrgegenständen  vorbehalten  werden.  Hinsichtlich 
der  Bücksichtnahme  auf  den  Confirmandenunterricht  sind  die  besonderen  mit 
dem  K.  Consistorium  vereinbarten  Bestimmungen^)  genau  inne  zu  halten. 
Wird  auch  der  Dir.  bei  Aufstellung  der  Lehrertabelle  und  des  Stundenplanes, 
falls  es  ohne  Nachteil  geschehen  kann,  auf  die  Neigungen  und  billigen  Wünsche 
der  Lehrer  sowie  auf  eine  angemessene  Arbeitsveiieilung  Bücksicht  nehmen,  so 
steht  doch  die  Entscheidung  in  dieser  Beziehung  ihm  allein  zu;  nur  für  die 
Uebertragung  einer  von  den  Bestimmungen  des  Prüiungszeugnisses  abweichen- 
den Lehrthätigkeit  ist  die  Zustimmung  des  betr.  Lehrers  erforderlich. 

32.  Es  ist  Pflicht  des  Dir.,  eine  pünktliche  und  zweckmäfsige  Durch- 
führung des  genehmigten  Lehrplanes  in  allen  seinen  Teilen  zu  sichern. 
Demgemäfs  gehört  es  zu  seinen  wesentlichsten  Obliegenheiten,  die  Unterrichts- 
stunden besonders  der  jüngeren  Lehrer  wiederholt  zu  besuchen,  die  Hefte  einzelner 
Schüler  und  ganzer  Klassen  zu  revidiren,  die  Klassenbücher*)  einer  regelmäfsigen 
ControUe  zu  unterziehen,  auch  in  geeigneten  Fällen  Wiederholungen  und  Prüj^ngen 
selbst  abzuhalten  oder  in  seiner  Gegenwart  abhalten  zu  lassen. 

33.  Der  Dir.  hat  unter  Einhaltung  der  in  Betreff  des  erforderlichen  Lebens- 
alters bestehenden  Verordnungen '')  und  unter  Berücksichtigung  der  bezüglich  der 
Frequenz  und  der  Baumverhältnisse  einzuhaltenden  Grenzen  über  die  Aufnahme 
neuer  Schüler  zu  entscheiden.    Er  ist  befugt,  die  Aufnahme  zu  verweigern, 


0  Min.- Verf.  v.  12.  Jan.  1880  b.  Abt.  I  S.  366  f.  (und  Verf.  v.  2.  Nov. 
1881  Nr.  2613.) 

')  VgL  Erlänterangen  zu  den  Lehrplänen  v.  31.  liärz  1882  zu  7  und  8  c. 

»)  Min.-Verf.  v.  17.  März  1882  8.  Abt.  I  S.  164. 

*)  Verf.  (V.  28.  März  1876  Nr.  786)  v.  4.  Sept.  1883  s.  Abt.  I S.  312.  Min.- Verf. 
V.  10.  Nov.  1884  8.  Abt.  I  S.  243. 

»)  (Verf.  V.  18.  Sept  1875  Nr.  1903.) 

•)  (Verf.  V.  28.  Oct.  1869  Nr.  1442.) 

')  Min.- Verf.  v.  23.  April  1883  8.  Abt.  I  S.  144.  Vgl.  Verf.  v.  7.  JuU  1869 
8.  Nachträge  zu  Abt  I  S.  313. 


186 

sobald  das  Betragen  des  angemeldeten  Schülers  in  der  Mher  von  ihm  besuch- 
ten Anstalt  zu  Ausstellungen  Anlafs  gegeben  hat  oder  der  Gnind  fnr  einen 
Wechsel  der  Schnle  nicht  klar  nachgewiesen  ist;  in  ZweifelföUen  ist  an  das  E. 
Prov.Sch.G.  zn  berichten.^)  Andrerseits  ist  für  die  Aufnahme  von  Schülern,  die 
anderswo  förmlich  verwiesen  worden  sind  ^),  oder  die  in  der  Entlassnngsprüfang 
nicht  bestanden  haben  ^),  die  besondere  Genehmignng  cles  E.  ProY.Sch.G.  er- 
forderlich, a.  Der  Dir.  hat  sich  bei  der  Aufnahme  neuer  Schüler  den 
Tanf-  bezw.  Geburtsschein  derselben  sowie  den  Impf-  bezw.  Wiederimpfungs- 
schein^)  vorlegen  zu  lassen  und,  falls  der  Angemeldete  schon  eine  öffentl.  Schule 
besucht  hat,  ein  ordnungsmäfsig  ausgestelltes  Abgangszeugnis  derselben  zu 
fordern.  b.  Eommt  ein  Schüler  unmittelbar  oder  nach  kurzer  Unterbrechung 
des  Schulbesuches  von  einer  preufsischen  höh.  Lehranstalt,  so  ist  hinsichtlich 
der  Anweisung  der  Elasse  das  Verfahren  durch  allgemeine  Bestimmungen^) 
vorgeschrieben.  In  allen  anderen  Fällen  ist  zu  diesem  Zwecke  eine  Auftiahme- 
prüfung  vorzunehmen.  Ueber  den  Ausfall  derselben  wird  ein  Zeugnis  nicht 
ausgestellt;  dagegen  hat  der  Dir.,  falls  die  Meldung  zurückgezogen  werden 
sollte,  auf  das  vorgelegte  Abgangszeugnis  der  zuletzt  besuchten  Schule  einen 
Vermerk  über  den  Tag  und  das  Ergebnis  der  Prüfting  zu  setzen.  c.  Die 
aufgenommenen  Schüler  hat  der  Dir.  ordnungsmäfsig  in  das  Album  der  Schule 
einzuschreiben,  zu  genauer  Befolgung  der  Schulordnung  zu  verpflichten  und  dem 
betr.  Ordinarius  zu  überweisen. 

34.  Dispensationen  von  einzelnen  Unterrichtsfächern,  soweit 
solche  überhaupt  zulässig  sind*),  hat  allein  der  Dir.  zu  erteilen.  Ebenso  ist 
er  allein  befugt,  unter  besonderen  Umständen  auch  aufserhalb  der  allgemeinen 
Festtage  und  Ferienzeiten  den  Ausfall  des  Unterrichts  anzuordnen,  und 
zwar  för  die  ganze  Anstalt  auf  einige  Stunden,  für  einzelne  Elassen  bis  zur 
Dauer  eines  Tages;  über  eine  dieses  Mafs  überschreitende  Unterbrechung  des 
Unterrichts  ist  an  das  E.  Prov.Sch.G.  zu  berichten. 

35.  Bei  den  Versetzungen  sind  die  Elassenleistungen  der  Schüler 
entscheidend.  Dem  Ermessen  des  Dir.  ist  es  anheimgestellt,  ob  und  in  welcher 
Weise  durch  die  Einrichtung  besonderer  mündlicher  und  schriftlicher  Prüfungen 
am  Schlüsse  des  Gursus  die  Gewähr  für  ein  sicheres  Urteil  über  die  Leistungen 
der  Schüler  zu  gewinnen  ist;  er  ist  befugt,  zu  solchen  Prüfungen  die  übrigen 
Lehrer  der  Elasse  bezw.  des  betr.  Faches  zuzuziehen.  Hinsichüich  der  in  der 
Gonferenz  unter  Berücksichtigung  der  Gensur  festzustellenden  Versetzung  der 
einzelnen  steht  jedem  stimmberechtigten  Lehrer  der  Elasse  ein  Votum  zu,  für 
welches  jedoch  immer  die  Gesamtheit  der  Prädicate  mafsgebend  sein  mufs;  die 
schliefsliche  Entscheidung  aber  hat  der  Dir.  Derselbe  ist  auch  ermächtigt''), 
solche  Schüler  der  drei  unteren  EL,  für  welche,  nachdem  ihnen  auch  nach  zwei- 
jährigem Aufenthalt  in  derselben  El.  die  Verseilung  noch  nicht  hat  zugestanden 
werden  können,  nach  dem  einstimmigen  Urteil  ihrer  sämtlichen  Lehrer  ein 
längeres  Verweilen  auf  der  Schule  nutdos  sein  würde,  aus  der  Anstalt  zu  ent- 
fernen; doch  ist  es  für  ein  derartiges,  nicht  als  Strafe  anzusehendes  Verfahren 
erforderlich,  dafs  den  Angehörigen  solcher  Schüler  mindestens  ein  Vierteljahr 
zuvor  eine  darauf  bezügliche  Nachricht  gegeben  worden  ist. 


*J  [Min.- Verf.  v.  31.  März  1884  U.  H  679  (mitget.  am  12.  Mai  1884).] 

»)  Verf.  V.  8.  Mai  1872  s.  Abt.  I  S.  363. 

»)  (Verf.  V.  2.  Jan.  1883  Nr.  3249.) 

*)  Min.- Verf.  v.  7.  Jan.  1874  s.  Abt.  I S.  276  (Verf.  v.  12.  Aug.  1876  Nr.  1617). 

»)  Min.- Verf.  v.  30.  Juni  1876  und  v.  15.  März  1883;  Verf.  v.  27.  Juni 
1884  8.  Abt  I  S.  322  fg. 

^  VgL  in  den  Lehrplänen  v.  31.  März  1882  die  Bemerk,  zu  I A.  1  u.  Abt.  I S.  245. 

')  Mm.- Verf.  v.  4.  März  1862  s.  Abt  I  S.  319.  Vgl.  Verf.  v.  7.  Juli  1869, 
S.  185  Anm.  7. 


187 

36.  Das  bei  der  Erteilang  derZeagnisee  über  die  wissenschaftliche 
Befähigung  für  den  einjährig-freiwilligen  Militärdienst  zn  beob- 
achtende Verfahren  ist  dorch  besondere  Bestimmungen  ^)  geregelt;  ebenso  sind 
die  Obliegenheiten  des  Dir.  bei  den  Reifeprüfungen  besonders  festgestellt^) 
37.  Yerläfst  ein  Schüler  die  Anstalt  vor  Beendigung  der  Schulpflicht,  so  hat 
der  Dir.  nach  Mafsgabe  der  besonderen  Bestimmungen^)  der  betr.  Ortsschul- 
behörde davon  Mitteilung  zu  machen. 

D.  Bezüglich  des  Erziehungszweckes.  38.  Es  ist  Pflicht  des 
Dir.  darauf  hinzuwirken,  dafs  die  Schule  ihrer  religiös-sittlichen  Aufgabe, 
an  deren  Lösung  sie  neben  und  mit  der  Familie  und  Kirche  zu  arbeiten  hat, 
nicht  blofs  mittelbar  durch  Art  und  Geist  des  Unterrichts,  sondern  auch  un- 
mittelbar durch  eine  ihr  Ziel  mit  gleichbleibender  Festigkeit  und  doch  mit 
umsichtiger  Milde  yerfolgende  erziehliche  Einwirkung  auf  die  ihr  anvertraute 
Jugend  an  ihrem  Teile  in  vollem  Mafse  gerecht  werde.  39.  Zu  dem  Zwecke 
hat  der  Dir.  vor  allen  Dingen  darüber  zu  wachen,  dafs  die  Lehrer  in  pflichtr 
treuer  Arbeit  und  sittlicher  Selbstbeherrschung  den  Schülern  als  Vorbild  und 
Beispiel  voranleuchten  und  bei  aller  individuellen  Verschiedenheit  einmüthig 
dahin  wirken,  in  den  Herzen  der  Schüler  eine  ide^Je  Lebensauffassung  und 
diejenige  pietätsvolle  Gesinnung  zu  wecken  und  zu  kräfügen,  welche  sich  dereinst 
im  Mannesalter  in  gewissenhafter  Pflichterfüllung,  in  edler  Sitte,  in  Achtung 
vor  göttlicher  und  menschlicher  Ordnung,  in  Liebe  und  Treue  gegen  König  und 
Vaterland  zu  bewähren  und  zu  bethätigen  hat  40.  Im  Besonderen  hat  der 
Dir.  innerhalb  der  Schule  dafür  Sorge  zu  tragen,  dal^  durch  einen  Herz 
und  Gemüth  ergreifenden  Religionsunterricht,  durch  die  Sitte  gemeinsamer  Schul- 
andachten, überhaupt  durch  angemessene  Förderung  der  Beziehung  zwischen 
Schule  und  Kirche^)  ein  gottesfurchtiger  Sinn  geweckt  und  das  Bewul^tsein  der 
Glaubensgemeinschaft  in  den  Schülern  gestärkt  werde;  dafs  durch  eine  aus- 
reichende und  geregelte  Beaufsichtigung  der  Schüler  auch  aufserhalb  der  Lehr- 
stunden  zu  jeder  Zeit  in  den  Schulräumen  bei  Gewährung  aller  statthaften  Freiheit 
der  Bewegung  doch  Ordnung  und  Anstand  gewahrt  und  jeder  Zuchtlosigkeit 
vorgebeugt  werde;  dafs  endlich  auch  die  Art  der  Feier  an  den  vaterländischen 
oder  sonstigen  Festtagen  geeignet  sei,  die  Herzen  der  Schüler  zu  ergreifen  und 
zu  erwärmen.  41.  Auch  auf  die  Führung  der  Schüler  aufserhalb  der 
Schule  hat  der  Dir.  sein  Augenmerk  zu  richten  und  dahin  zu  wirken,  dafs 
durch  sie  das  Unterrichts-  und  Erziehungswerk  der  Schule  keine  Schädigung 
erfahre.  Er  ist  verpflichtet,  etwa  Bedenken  erregende  Beobachtungen  hinsichtlich 
des  Auftretens,  des  Verkehrs  und  Umganges,  der  Leotüre  u.  s.  w.  der  Schüler 
deren  Angehörigen  mitzuteilen,  aber  auch  unter  allen  Umständen  befugt,  gegebenen 
Falles  die  Zöglinge  der  Anstalt  für  aufserhalb  der  Schule  begangene  Unge- 
bührlichkeiten zur  Verantwortung  zu  ziehen.  Seine  besondere  persönliche  Für- 
sorge wird  er  den  von  dem  Eltemhause  getrennten  Schülern  zuzuwenden  haben; 
er  hat  das  Recht  und  die  Pflicht,  nöthigenfalls  das  häusliche  Leben  solcher 
Schüler  zu  überwachen  bezw.  eine  besondere  Beaufsichtigung  derselben  anzu- 
ordnen.   Wie  ihm  allein  die  Entscheidung  über  die  Zulässigkeit  der  einzelnen 


»)  Min.Verff.  v.  29.  Mai  1877,  v.  9.  Aug.  1877,  v.  31.  Jan.  1878,  v.  17.  Juni 
1879,  V.  9.  Febr.  1881,  v.  9.  Mai  1881,  v.  26.  Juni  1882,  v.  8.  Juli  1885  s.  Abt.  I 
S>  466  fg.  —  (Verf.  v.  20.  Dec.  1883  Nr.  3224.) 

^  „Ordnung  der  Entlassungsprüfungen  an  den  höheren  Schulen  v.  27.  Mai 
1882"  8.  Abt  I  8.  393  nebst  Min.Verff.  v.  24.  Dec.  1884  dgl.  S.  427,  v.  30.  Juni 
1885  dgl.  S.  435,  v.  9.  Juli  1885  dgl.  S.  443.  —  [Ferner  Min. Verf.  v.  31.  Dec. 

1877  ü.  ra.  n.  17554  fmitget.  am  12.  Jan.  bezw.  8.  Nov.  1878);  VerflF.  v.  22,  Nov, 

1878  Nr.  2426,  v.  23.  Juni  1882  Nr.  1590,  v.  17.  Oot.  1882  Nr.  2743.1 

»)  (Verf.  V.  24.  April  1884  Nr.  883.) 

*)  Verf.  V.  30.  Jan.  1880  s.  Abt.  I  S.  326. 


188 

Fensionate  zusteht,  so  ist  er  auch  befhgt^,  die  fernere  fienntznng  einer  Pension, 
in  welcher  die  Leitang  der  Schüler  sich  als  unzureichend  erwiesen  hat,  zu  unter- 
sagen. Im  Uebrigen  wird  er  aber  auch  durch  geeignete  Mafsnahmen  zu  verhüten 
suchen,  dafs  sich  die  Schuler  die  ihnen  nach  der  Arbeit  nothwendige  Erholung 
und  die  Gelegenheit  zu  geselligem  Verkehr  unter  einander  im  Gegensatz  zur 
Schule  bereiten  zu  müssen  glauben.^) 

42.  Der  Dir.  wird  die  Lehrer  zu  ausfuhrlichen  Mitteilungen  über  den 
Fleifs  und  das  Betragen  ihrer  Schüler  veranlassen  und  das  sittliche  Verhalten 
sowohl  einzelner  Zöglinge  als  auch  ganzer  Klassen  zum  Gegenstände  der 
Conferenzberathung  machen,  um  auf  Grund  derselben  eine  gleichmäfsige  und 
consequente  Behandlung  der  Schüler  zu  sichern.  Im  Uebrigen  hat  er  behufs 
einheitlicher  Handhabung  der  Zuchtmittel  seitens  des  gesamten  Collegiums 
die  hinsichtlich  des  Strafverfahrens  vom  £.  Prov.Sch.C.  festgestellte  Ordnung  3) 
jedem  Lehrer  vor  Antritt  des  Amtes  mitzuteilen  und  von  ihm  unterschreiben  zu 
lassen,  femer  auch  auf  eine  mafsvolle  Ausübung  des  Strafrechts  im  Sinne  des 
§  5  der  Instruction  für  die  Lehrer  zu  halten.  .  43.  Der  Dir.  hat  darüber  zu 
wachen,  dafs  die  regelmäfsigen  Censuren  sowie  die  Abgangszeugnisse 
den  Vorschriften  der  bestehenden  Censurordnung^)  entsprechend  ausgestellt 
werden  und  in  allen  Urteilen,  unbeschadet  der  nothwendigen  Strenge  und  Un- 
parteilichkeit, der  von  aller  Erbitterung  freie  Ton  einer  väterlichen  Gesinnung 
herrsche.  44.    Die   Strafe    der   Entfernung   oder  Verweisung    eines 

Schülers  von  der  Anstalt  ist  dann  zur  Anwendung  zu  bringen,  wenn  die  ge- 
wöhnlichen Zuchtmittel  der  Schule  sich  als  nicht  wirksam  erwiesen  haben,  oder 
wenn  ein  Schüler  sich  ein  so  grobes  Vergehen  hat  zu  Schulden  kommen  lassen, 
dafs  von  seinem  längeren  Verbleiben  auf  der  Anstalt  schädliche  Folgen  für  die 
übrigen  Schüler  oder  die  Schulzucht  zu  befürchten  sind;  sie  wird  deshalb  der 
Begel  nach  hinsichtlich,  der  Schüler  der  unteren  El.  ausgeschlossen  sein.  Von 
der  Entfernung  oder  Verweisung  eines  auswärtigen  Schülers  hat  der  Dir.  unter 
Umständen  der  Ortspolizeibehörde  Anzeige  zu  machen. 

45.  Pflicht  des  Dir.  ist  es,  auch  auf  das  leibliche  Wohl  der  Schülejr, 
soweit  von  der  Schule  dafar  gesorgt  werden  kann,  unausgesetzt  Bedacht  zu 
nehmen.  a.  Er  hat  einerseits  den  Turnunterricht  und  die  Veranstaltung 
gemeinschaftlicher  Tumspiele  und  Ausflüge  zu  fördern'^),  andrerseits  durch  ge- 
eignete Anordnungen  für  die  gröfste  Sauberkeit  in  allen  Räumlichkeiten  der 
Schule*),  periodische  Reinigung  der  Luftheizungseinrichtungen'')  und  regel- 
mäfsige  Lüftung  der  Unterrichtsräume  auch  in  den  gröfseren  Pausen,  während 
welcher  die  Schüler  in  üer  Begel  die  Klassen  zu  verlassen  haben,  sowie  für 
zweckmäfsige  Einrichtung  und  Aufstellung  der  Subsellien®)  Sorge 
zu  tragen,  auch  die  Lehrer  anzuhalten,  dafs  sie  während  des  Unteirichts  dauernd 
auf  richtige  Körperhaltung  und  die  Schonung  der  Sehkraft  bei  den 
Schülern  achten,  auf  welchen  letzteren  Punkt  schon  bei  der  Aufstellung  des 
Stundenplanes  ebenso  Bücksicht  zu  nehmen  ist,  wie  auf  die  Vermeidung  geistiger 
Ueberanstrengung  der  Schüler  (s.  §  31c).        b.   Die  Obliegenheiten  des  Dir. 


»)  Min.VerfF.  v.  29.  Mai  1880  s.  Abt.  I  S.  339  [und  v.   r.  Juli  1880  U.  H  * 
2018  (mitget.  am  2.  Aug.  1880)1. 

»)  VerfF.  V.  7.  Dec.  1869  s.  Abt.  I  S.  337  (v.  28.  März  1876  Nr.  753). 

»)  Verf.  V.  3.  Mai  1872  nebet  Verf.  v.  12.  Jan.  1875  s.  Abt.  I  S.  363  fgJ» 

*)  Verf.  v.  13.  Febr.  1881  s.  Abt  I  S.  354. 

»)  Verff.  V.  15.  Nov.   1870  s.  Abt.  I  8.  231  fund  18.  Juni  1881  Nr.  1207). 
—  Min.VerflF.  v.  27.  Cot.  und  v.  30.  Juli  1883  s.  Abt.  I  8.  232  fg. 

•)  Verf.  V.  3.  Febr.  1875  s.  Abt.  I  S.  270. 

A  Verf.  V.  9.  März  1882  8.  Nachträge:   Verf.  des  Min.  der  ö£fentl.  Arb. 
V.  28.  Jan.  1882. 

•)  Verf.  V.  11.  Jan.  1883  fl.  Abt  I  8.  311. 


189 

bei  der  Wiederimpfung  der  Schüler  sind  durch  besondere  Vorschriften^) 
festgestellt;  nach  derselben  sind  die  betr.  Schüler  anf  14  Tage  vom  Tnm- 
nnterricht  zu  dispensiren.  ^)  c.  Dem  Ermessen  des  Dir.  ist  die  Entscheidung 
darüber  anheimgestellt,  inwieweit  (nach  Mafsgabe  von  §  34)  bei  grofser  Hitze 
der  Unterricht  auszusetzen  ist  d.  Bei  dem  Auftreten  ansteckender 
Krankheiten  ist  nach  den  Anordnungen  zu  verfahren,  welche  zur  Verhütung 
der  Uebertragung  durch  die  Schulen  erlassen  worden  sind.') 

IV.  Verhältnis  zu  den  Eltern  u.  s.  w.  der  Schüler.  46.  Der 
Dir.  hat,  soweit  es  thunlich  ist,  ein  Zusammenwirken  der  Schule  und  Familie 
anzustreben.  Die  Angehörigen  der  Schüler  erhalten  durch  die  Schulordnung, 
die  Correctnrprädikate,  die  Censuren  und  sonstige  directe  Mitteilungen  fort- 
gesetzt Kenntnis  von  den  Forderungen  der  Schule  hinsichtlich  der  Schulzucht 
bezw.  von  dem  Urteile  der  Lehrer  über  die  Führung  und  die  Leistungen  der 
betr.  Zöglinge;  aufserdem  ist  der  Dir.  verpflichtet,  den  Eltern  bezw.  Vormündern 
und  Pensionsgebem  der  Schüler  auf  ihre  Anfrage  jede  Auskunft  über  dieselben 
zu  erteilen,  auch  nnau^efordert,  wo  er  Bath,  Mahnung  und  Warnung  far  an- 
gezeigt hält,  rückhaltlose  Mitteilungen  zu  machen,  um  möglichst  in  vollem  Ein- 
vernehmen mit  jenen  die  zum  Wohle  der  gemeinsamen  Pflegebefohlenen  etwa 
nothwendigen  Mafsregeln  ergreifen  zu  können.  Andrerseits  hat  aber  der  Dir. 
auch  das  Becht,  von  der  Familie  für  die  Schule  und  die  Forderungen  ihrer 
Ordnung  rücksichtsvolles  Entgegenkommen  und  die  zu  einer  gedeihlichen 
Förderung  des  Unterr.  und  der  Erziehung  unentbehrliche  thätige  Mitwirkung  zu 
verlangen.  Er  hat  Eingriffe  in  die  Bechte  des  Hauses  vorsichtig  zu  meiden, 
unberechtigten  Forderungen  aber  mit  Nachdruck  entgegenzutreten. 

Bei  denjenigen  Anstalten,  deren  eigentümliche  Verhältnisse  es  bedingen, 
dafs  dem  Dir.  noch  eine  besondere  Instruction  erteilt  wird,  gelten  die  Be- 
stimmungen der  allgm.  Dienstinstruction  nur  insoweit,  als  dieselben  durch  jene 
besondere  nicht  abgeändert  werden.  Schleswig.  K.  SchulcoUegium.  gez. 
Steinmann. 

Anhang.  A.  Periodisch  zu  erstattende  Berichte.^)  Januar:  zum 
10.  Anmeldung  der  Abiturienten  des  Ostertermines  und  Vorschläge  far  die  Auf- 
gaben, oder  Vacatanzeige  (§  36).  *  Zum  20.  Vorläuflge  Uebersicht  über  die 
Einnahmen  und  Ausgaben  des  laufenden  Etatsjahres  (Verff.  v.  17.  Nov.  1871 
und  V.  23.  Jan.  1872).  Februar:  zum  1.  Pensentabelle  far  das  nächste 
Schuljahr  (§  31a).  März:  zum  1.  Lehrertabelle  far  das  nächste  Schuljahr 
(§  31b).  Sofort  nach  Erscheinen  des  Programmes  Einsendung  desselben 
(§  13).  *  Zum  31.  Nachweisung  über  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge 
(Verf.  V.  5.  Jan.  1883).  April:  sofort  nach  Schlufs  des  Wintersem.  Bericht 
über  das  Probejahr  der  zu  Ostern  des  Vorjahres  eingetretenen  Candidaten  (§  27). 
Spätestens  vier  Wochen  nach  Abschlufs  der  BeifeprüAing  Einsendung  der  dieselbe 
betreffenden  Acten  (§  36).  Zum  16.  Nachtrag  zu  den  Anträgen  auf  Unab- 
kömmlichkeit von  Lehrern  für  das  laufende  Kalenderjahr  (Verff.  v.  15.  Dec. 
1870  und  V.  5.  Febr.  1876).  Vierzehn  Tage  nach  Beginn  des  Sommersem. 
Einsendung  des  Stundenplanes  für  dasselbe  (§  31c),  *  dazu  Bericht  über  die 
Hülfsunterrichtskosten  (Verf.  v.  21.  Oct.  1868).  Desgl.  Uebersichten  über  die 
Frequenz  des  Winter-  und  zu  Anfang  des  Sommersem.  (Verff.  v.  7.  Mai  1878 
bezw.  V.  9.  April  1885  und  v.  21.  Aug.  1885).        Mai:  zum  1.  Nachweisung 


*)  (Verf.  V.  24.  Mai  1875  Nr.  1186.) 
«)  Min.  Verf.  v.  18.  Juni  1878  8.  Abt.  I  S.  231. 

*)  Min.Erll.  v.  14.  JaU  1884  und  v.  6.  Aug.  1885  8.  Abt.  I  S.  273  fg. 
^)  Mit  *  sind  diejenigen  bezeichnet,  welche  nur  für  die  Anstalten  königlichen 
f  atronates  zu  erstatten  sind. 


190 

der  im  Terflossenen  Schnljalir  geprüften  MataritfttBaspiranten  (Yerff.  v.  14.  Jan. 
1880  und  T.  9.  April  1885.  Znm  15.  Nachweisnng  der  Yerändeningen  in  den 
Personal-  and  Einkommensverhältnissen  der  Lehrer  (Verf.  v.  25.  März  1881). 
*  Desgl.  Finalabschlofs  far  das  abgelaufene  Etatsjahr  (Yerf.  v.  1.  Not.  1876). 
Jali:  *  znm  1.  Einreichnng  der  Anstaltsrechnongen  (Begnlativ  v.  4.  Mai  1869 
§  13).  Znm  10.  Anmeldung  der  Abiturienten  des  Michaelistermines  und  Vor- 
schläge für  die  Aufgaben,  oder  Yacatanzeige  (§36).  September:  zum  1.  Etwaige 
Anträge  auf  Aenderungen  in  der  Lehrer-  und  Fensentabelle  für  das  Wintersem. 
(§  31).  Sofort  nach  SchluTs  des  Sommersem.  Bericht  über  das  Probejahr  der  zu 
Mich,  des  Vorjahres  eingetretenen  Candidaten  (§  27).  [Spätestens  vier  Wochen 
nach  Abschlufs  der  fieifeprüfong  Einsendung  der  dieselbe  betreffenden  Acten 
(§  36).]  October:  zum  1.  Bericht  über  den  Inhalt  des  nächsten  Programmes 
(§ '  13).  Zum  16.  Anträge  auf  ünabkömmlichkeit  von  Lehrern  für  das  nächste 
Kalenderjahr  (Verff.  v.  15.  Dec.  1875  und  v.  5.  Febr.  1876).  Vierzehn  Tage 
nach  Beginn  des  Wintersem.  Einsendung  des  Stundenplanes  für  dasselbe 
(§  31c),  *  dazu  Bericht  über  die  Hülfsunterrichtskosten  (Verf.  v.  21.  Oci  1868). 
Desgl.  Uebersichten  über  die  Frequenz  des  Sommer-  und  zu  Anfang  des  Winter- 
sem. (Verff.  V.  7.  Mai  1878  bezw.  y.  9.  April  1885  und  y.  21.  August  1885). 
Noyember:  zum  15.  Nachweisung  der  Veränderungen  in  den  Personal-  und 
Einkommensyerhältnissen  der  Lehrer  (Verf.  y.  25.  März  1881).  December: 
zun  1.  etwaige  Anträge  auf  Einführung  neuer  Schulbücher  für  das  nächste 
Schuljahr  (§  31a).  Zum  31.  Zu-  und  Abgangsliste  zu  dem  Verzeichnis  über 
gestundete  Studienhonorare  der  Lehrer,  oder  Vacatanzeige  (Verf.  y.  22.  Noy. 
1879).  Die  dreijährigen  Verwaltungsberichte  nebst  Personalbestands- 
nachweisung  sind  für  dSe  Gymnasien  in  den  Jahren  1886,  1889  u.  s.  w.,  für 
die  Bealanstalten  in  den  Jahren  1888,  1891  u.  s.  w.  fällig  und  zwar  stets  zum 
1.  Juni  einzureichen  (Verff*.  y.  4.  Mai  1870  und  y.  18.  December  1878). 

B.  Form  der  Berichte.  1.  Die  Berichte  sind  auf  ganzen,  halb- 
gebrochenen Bogen  yon  yorgeschriebenem  Format  (Min.-Verf.  y.  15.  März 
1877)  zu  schreiben;  links:  oben  der  Name  der  Schulanstalt,  darunter  eine 
kurze    Angabe    des   Inhalts    (betrifft . . . .)   bezw.   die  Bezeichnung   der  yer- 

anlassenden  Verfügung  nach  Datum  und  Nummer  (zur  Verf.  yom Nr. . .) 

und  die  Zahl  der  Anlagen  (. .  Anlagen),  ganz  unten  die  innere  Adresse;  rechts: 
oben  Ort  und  Datum,  darunter  mit  Freilassung  eines  etwa  yier  Finger  breiten 
Baumes  der  Text  des  Berichtes.  2.  Verfügungen,  auf  welche  Bezug  genommen 
wird,  sind  nach  Datum  und  Nummer  genau  zu  bezeichnen.  Auf  Anlagen  ist 
an  der  AnführungsstoUe  durch  einen  Bandstrich  links  yom  Bruche  hinzuweisen; 
sind  mehrere  Anlagen  dem  Berichte  beigegeben,  so  sind  dieselben  zu  numeriren 
und  die  entsprechende  Zahl  über  den  betr.  Bandstrich  zu  setzen.  3.  Umfafst 
ein  Bericht  mehrere  Bogen  so  sind  dieselben  zu  hefben.  4.  Bezüglich  der 
Curialien  ist  die  Verfügung  yom  27.  Sepi  1883  ^)  mafsgebend.  5.  Pakete  und 
sonstige  Einsendungen  sind  mit  besonderem  Begleitbericht  zu  yersehen.    Der- 


*)  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  27.  Sept.  1883.  „Nach 
den  für  die  Schreibweise  in  der  Preufs.  Monarchie  bestehenden  Vorschriften  ist 
in  den  Berichten  an  yorgesetzte  Instanzen  als  Anrede  jederzeit  nur  die  Firma 
dieser  letzteren  untrer  Weglassang  aller  Curialien  zu  gebrauchen.  Die  Anrede  an 
das  unterzeichnete  Kollegium  lautot  demgemäfs  einfach  „Das  Königliche  Proyinzial- 
Schulkollegium",  wogegen  jede  andere  Bezeichnung  („Die  hohe  Behörde**,  „Das 
hohe  Kollegium**  eto.)  zu  unterbleiben  hat.  Ebenso  wird  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dafs,  wenn  im  Texte  des  Berichtes  zwar  in  Bezug  auf  die  gestellten 
Anträge,  Anfragen  oder  Gesuche  die  Bezeichnung  „gehorsamst'*  zu  gebrauchen  ist, 
die  Unterzeichnung  lediglich  mit  der  Firma  des  berichtenden  Beamten  ohne  diesen 
Zusatz  stettzufinden  hat.**  Königliches  Proyinzial-Schulkollegium  für  Schleswig- 
Holstein,        gez,  ßteifumann. 


191 

selbe  kann  in  yielen  Fällen  z.  B.  bei  Tabellen  nnd  Plänen  in  der  Fonn  ge- 
geben werden,  dafs  das  begleitende  Anschreiben  direct  auf  die  erste  Seite  des 
betr.  Schriftstückes  gesetzt  wird.  6.  Verschiedenartige  Gegenstände  dürfen 
weder  in  einem  und  demselben  Bericht  behandelt  noch  mit  nur  einem  Begleit- 
bericht eingesandt  werden.  7.  Zur  Yermeidiing  nnnöthiger  Portoaofv^endong 
sind  Berichte  ohne  Anlagen,  welche  nicht  mehr  als  die  beiden  ersten  Seiten 
eines  Bogens  füllen,  ohne  besonderen  Umschlag  zu  schliefsen;  ans  demselben 
Grunde  sind  zn  derselben  Zeit  fällige  Berichte  za  einem  Poststück  zn  vereinigen. 

Provinz  Hannover. 

Instr.  V.  4.  Mai   1873. 

Gegenwärtige  Instruction  bezeichnet  die  Pflichten  und  Befugnisse,  welche 
den  Dir.  resp.  Bectoren  der  höh.  Lehranstalten  im  Ressort  des  unterzeichn.  E. 
ProT.Sch.O.  der  Prov.  Hannover  hinsichü.  der  inneren  und  äufseren  Anglgh.  der 
ihnen  anvertrauten  Schulen  obliegen  und  zustehen. 

I.  Amtl.  Stellung  und  Aufgabe  desDirectors  im  Allgemeinen. 
§  1.  Der  Dir.  ist  als  Vorsteher  und  Leiter  der  ihm  anvertrauten  Anstalt  für 
die  Gesamtwohlfahrt  derseloen  verantwortlich.  Wie  er  daher  zu  sorgen  hat, 
dafs  der  Zweck  der  Schule,  Wissenschaft!.  Bildung  der  Jugend  und  Erziehung 
derselben  zu  wahrer  Gottesfurcht,  edler  Sitte  und  aufopfernder  Vaterlandsliebe 
i^rreicht  werde,  so  ist  er  auch  hinsichü.  der  äufseren  Verhältnisse  verpflichtet, 
allen  Schaden  von  der  Anstalt  nach  Kräften  abzuwenden  und  ihr  Gedeihen  und 
ihren  Vorteil  gewissenhaft  wahrzunehmen. 

n.  Verhältnis  zu  den  Behörden.  §  2.  Die  dem  Dir.  zunächst 
voigesetzte  Staatsbehörde  ist  das  unterzeichn.  E.  Provinzial-Schulcollegium. 
§  3.  Die  Befugnisse  des  Patronats,  resp.  der  für  die  Anstalt  etwa  eingesetzten 
Localschulbehörde,  hat  der  Dir.  zu  respectiren,  in  den  zutreffenden  FäUen  sich 
an  dieselben  zu  wenden,  ihre  Vermittelung  zu  beanspruchen  und  amtl.  Auskunft 
über  die  Zustände  der  Anstalt  auf  Erfordern  ihnen  bereitwillig  zu  erteilen.  Es 
gehört  zu  der.  Aufgabe  des  Dir.,  welcher  in  der  Begel  Mitglied  dieser  Local- 
schulbehörde ist,  das  Interesse  derselben,  sowie  das  Interesse  des  Patronats  an 
dem  Gedeihen  der  Schule  rege  zu  halten  und  sich  eines  guten  Vernehmens 
mit  denselben  wie  mit  den  Ortsbehörden  zu  befleifsigen.  §  4.  In  seinem 
Verhältnis  zur  Staatsbehörde  ist  der  Dir.  das  Organ,  durch  welches  dieselbe 
einerseits  Verfügungen,  welche  die  Anstalt  betreffen,  zur  Ausführung  bringt, 
andererseits  von  den  Zuständen  derselben  Eenntnis  erhält  §  5.  Demnach 
hat  der  Dir.  die  an  die  Anstalt  gerichteten  Schreiben  zu  eröffnen  und  die 
von  derselben  ausgehenden  Schriftstücke,  Documente  und  Zeugnisse  zu  ent- 
werfen, resp.  zu  vollziehen  und  erforderlichen  Falls  mit  dem  Amtssiegel  zu 
beglaubigen. 

§  6.  Die  bestehenden  Anordnungen«  sowie  die  an  ihn  ergehenden  Ver- 
fügungen des  E.  ProvSch.C.  hat  derselbe  auszuführen  oder  etwan.  Bedenken 
dagegen  zur  Anzeige  zu  bringen,   die  periodischen'")  oder  sonst  von  ihm  er- 


•)  1;  Verwaltungsbericht  (Verff.  v.  30.  April  1872  u.  17.  Dec.  1878),  2.  Personal- 
veränderungg-Nachweis  (Verff.  v.  25.  Nov.  1871,  9.  Juli  1872,  8.  Febr.  1882,  1.  Oct. 
1886),  3.  Anträge  auf  Zuriickstellung  militärpflicht.  Lehrer  (Verf.  v.  22.  April  1871), 
4.  Bericht  über  das  von  Probeoandd.  absolvirte  Probejahr  (Verff.  v.  25.  Jan.  1870 
u.  1.  Aug.  1872),  5.  Einreichong  des  Lehrplans  (Verff.  v.  30.  April  1872  o.  13.  Dec. 
1875),  6.  Frequenzlisten  (Verf.  v.  5.  Mai  u  J6.  Juni  1868  u.  14.  Jan.  1885), 
7.  Ajimeldung  der  Abitorientenpriifungen,  Einsendung  der  Abittirientenarbeiten, 
der  Ueberftiöht  der  Ergebnisse  der  Abiturientenprüfangen  (Verff.  v.  17.  April  1870, 
20.  Jan.  1875,  1'3.  Jan.  1885),  8.  Antrag  auf  Genehmigung  der  Einfahrung  neuer 
Lehrbücher  (Verf.  v.  20.  Jan.  1880),      9.  Nachweisong  über  die  den  Lehrern  etc. 


192 

; 

forderten  Berichte  rechtzeitig  zn  erstatten,  üher  alle  for  die  Anstalt  wichtigen 
Ereignisse  anch  unaufgefordert  und  ungesäumt  dem  K.  ProT.Sch.C.  zu  berichten 
und  den  Gommissarien  der  Behörde  jede  amü.  Auskunft  bereitwillig  und  rück- 
haltlos zu  erteilen.  §  7.  Namenü.  hat  er  die  Erledigung  einer  Lehr- 
stelle dem  E.  Proy.Sch.C.  und  bei  Anstalten  nicht  königL  Patronats  auch 
dem  Patron  unter  Angabe  des  zu  deckenden  ünterrichtsbedürfiiisses  ungesäumt 
anzuzeigen  und  ist  befugt,  far  die  Wiederbesetzung  der  Stelle  bestimmte  Vor- 
schläge SU  machen. 

§  8.  Innerhalb  der  Schulzeit  ist  der  Dir.  befugt,  in  dringenden  Fällen 
sich  auf  4  Tage  selbst  zu  beurlauben  und  sich  einen  Stellvertreter  zu  be- 
stellen, wovon  uns  jedoch  Anzeige  zu  machen  ist;  for  einen  längeren  Urlaub 
hat  er  unter  gleichzeit.  Einreichung  geeigneter  Vorschläge  zu  seiner  Stell- 
vertretung, welche  in  der  Begel  durch  den  ersten  Lehrer  der  Anstalt  bewirkt 
werden  wird,  unsere  Genehmigung  einzuholen  und  bei  Anstalten  nicht  königl. 
Patronats  sich,  wo  dies  herkömmlich,  zuvor  der  Zustimmung  des  Patronats  zu 
versichern.  Wünscht  derselbe  während  der  Ferien  zu  verreisen,  so  bedarf  er 
keines  Urlaubs,  hat  jedoch  uns,  resp.  auch  der  localen  Schulbehörde  eine  Anzeige 
davon  unter  Bezeichnung  seines  Stellvertreters  während  seiner  Abwesenheit 
-rechtzeitig  zugehen  zu  lassen.  §  9.  Beabsichtigt  der  Dir.  aus  seinem  Amt 
auszuscheiden,  so  hat  er  mindestens  3  Monate  vor  Schlufs  des  Halbjahrs  dem 
E.  Prov.Sch.C.  sein  Entlassungsgesuch  und  bei  Anstalten  nicht  königl.  Patronats 
aufserdem  dem  Patronat  seine  Eündigung  unter  Beachtung  der  etwa  vocations- 
mäfsig  festgestellten  Eündigungsfnst  einzureichen. 

ni.  Verhältnis  zu  der  Anstalt  a.  Im  Allgemeinen.  §  10.  Ob- 
gleich die  Leitung  des  Eassen-  und  Bechnungswesens  in  der*  Begel  dem  Dir. 
nicht  obliegt,  so  muTs  demselben  doch  eine  vollständ.  Einsicht  in  die  äufseren 
Anglgh.  der  Schule  gewährt  werden,  und  wird  er  namentlich  über  bauliche 
Veränderungen,  über  Etatsentwürfe  und  über  die  Verwendung,  etwan.  Eassen- 
überschüsse  zu  Anstaltsbedürfhissen  gutachtlich  zu  hören  sein.  Dagegen  unter- 
liegen seiner  speciellen  Aufsicht  die  Schulgebäude,  der  Turnplatz,  die  Schnl- 
utensilien,  Bibliotheken  und  die  für  den  Unterr.  bestimmten  Sammlungen.  Er 
hat  darauf  zu  achten,  dafs  dieselben  nch  in  einem  Zustande  befinden,  welcher 
den  regelm.  Gang  des  Unterr.  sichert»  und  dafs  dieselben  zu  keinem  dem  Unterr. 
oder  den  Interessen  der  Schule  fremdartigen  oder  zuwiderlaufenden  Zwecke 
benutzt  werden.  —  Wie  über  das  gesamte  Schulinventar,  so  hat  er  auch  über 
die  Bibliotheken  und  Sammlungen  der  Anstalt,  obwohl  in  der  Begel  einzelne 
Lehrer  mit  deren  Verwaltung  betraut  sein  werden,  eine  Aufsicht  zu  führen,  die 
Erhaltung  und  Vermehrung  derselben  zu  leiten,  alljährlich  eine  Bevision  der- 
selben anzustellen,  deren  Ergebnisse  in  einem  Protok.  niederzulegen  und  er- 
forderlichen Falls,  namentlich  sobald  sich  Defecte  herausstellen,  ungesäumt  an 
das  E.  Prov.Sch.C.,  bei  Anstalten  nicht  königl.  Patronats  aber  an  das  Patronat 
zu  berichten.  Für  die  rechtzeitige  Abfassung  der  den  Programmen  bei- 
zugebenden Wissenschaft!.  Abhandlung,  Welche  ihm  und  den  sämtl.  definitiv 
angestellten  wissenschaftl.  Lehrern  nach  einer  bestimmten  Beihenfolge  obliegt, 
hat  er  zu  sorgen  und  den  amü.  Teil  der  Programme  unter  persönl.  Ver- 
antwortung selbständig  abzufassen.  Femer  liegt  ihm  die  Anlegung  und 
Verwaltung  des  Schularchivs  ob,  sowie  ihm  auch,  resp.  seinem  SteUvertreter, 

während  ihrer  Universitätsstudien  für  gehörte  Collegien  gestundeten  Honorare 
(Verf.  v.  11.  Sept.  1879),  10.  Uebersicht  der  vorauBiichtiich  im  Laufe  des 
nächsten  Beohnungsjahres  erforderlichen  ordentlichen  Unterhaltungs-  und  sonstigen 
baulichen  Arbeiten  (Verf.  v.  3.  Febr.  1885),  11.  Vorschläge  zu  Schulgelderlassen 
(Verf.  V.  26.  Aug.  1875),  12.  Uebersicht  betr.  die  während  des  Verflossenen 
Semesters  beschäftigten  ungeprüften  Schulamtscandidaten  (Verf.  V.  4.  Dec.  18771 
13.  Anzeige  des  Titels  der  nächsten  Programm- Abhandlung  (Verf.  v.  31.  Mai  1875). 


193 

• 
der  aasBchliefsl.  Gebrauch  des  Schulsiegels  zusteht.  Endlich  hat  er  darauf 
zu  achten,  dafs  der  Schuldiener  und  sonstige  Unterbeamte  der  Anstalt  die 
durch  ihre  Instr.  vorgezeichneten  Pflichten  genau  erfüllen,  und  etwan.  Unge- 
hörigkeiten zu  rügen,  erfordert.  Falls  der  Anstellungsbehörde  zu  weiterer  Ver- 
anlassung anzuzeigen. 

b.  Zu  den  Lehrern.  §  11.  Der  Dir.  ist  vorsitzendes  Mitglied  des 
Lehrercoll.  und  der  nächste  Dienstvorgesetzte  sämtlicher  an  der  Anstalt  unter- 
richtender Lehrer.  §  12.  Demzufolge  hat  er  die  neu  eintretenden  Lehrer 
in  ihr  Amt  förmlich  einzuführen,  sie  mit  ihren  Pflichten  und  Obliegenheiten 
genau  bekannt  zu  machen,  auch  auf  etwan.  besonderen  Auftrag  des  E.  Prov.Sch.C. 
dieselben  in  vorschriftsm.  Weise  eidlich  zu  yerpflichten.  §  13.  Wie  der  Dir. 
den  Lehrern  ihre  amtl.  Aufgabe  zuweist,  so  hat  er  auch  die  Pflicht,  darüber 
zu  wachen,  dafs  dieselben  ihre  amtl.  Obliegenheiten  genau  erfüllen  und  alles 
yermeiden,  was  dem  Zweck  .des  Unterrichts  und  der  Erziehung,  sowie  der  Würde 
des  Lehrs^ndes  zuwider  läuft.  Findet  er  in  diesen  Beziehungen  ein  amtl.  Ein- 
schreiten nöthig,  so  wird  er  zwar  in  den  meisten  Fällen  mit  freundlichen  Er- 
innerungen ausreichen  und  dies  um  so  sicherer,  je  mehr  er  selbst  collegialische 
Gesinnung  seinen  Amtsgenossen  entgegenbringt  und  unter  denselben  pflegt  und 
je  fester  seine  Autorität  sich  liuf  die  Achtung  vor  seiner  Lehrgeschicklichkeit 
und  Gelehrsamkeit,  seinem  musterhaften  Wandel  und  seiner  Berufstreue  gründet. 
W^o  indessen  seine  Erinnerungen  nicht  ausreichen,  ist  er  befugt  ui^d  verpflichtet, 
ernstlich  und  nachdrücklich  einzuschreiten,  in  besonders  geeigneten  Fällen  aber 
ungesäumt  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  benchten.  §  14.  Die  der  Anstalt 
zugewiesenen  Probe c and idaten  hat  der  Dir.  angemessen  zu  beschäftigen, 
ihre  didakt.  Ausbildung  teils  selbst,  teils  durch  die  Mitwirkung  der  betr.  Elassen- 
ardinarien  und  Fachlehrer  zu  fördern,  zu  Conferenzen  und  Schulacten  sie  heran- 
zuziehen, überhaupt  ihnen  Gelegenheit  zu  geben,  den  gesamten  Organismus  der 
Schule  möglichst  genau  kennen  zu  lernen,  über  das  Ergebnis  des  Probejahrs  aber 
in  streng  sachgemäfser  Weis&  dem  K.  Prov.Sch.C.  2u  berichten.  §  15.  Wenn 
ein  Lehrer  durch  Krankheit  oder  andere  unabwendbare  Hindemisse  genöthigt 
ist,  seinen  Unterricht  auszusetzen,  so  hat  der  Dir.  das  Nöthige  wegen  der  SteU- 
vertretung  durch  die  Mitgl.  des  Coli,  und  nur  in  Nothfällen  durch  Combination 
von  Klassen  oder  Wegfall  einzelner  Lectionen  anzuordnen,  dabei  aber  auf  die 
möglichst  gleichmäfsige  Verteilung  der  Vertretungsstunden  unter  die  Lehrer 
und  die  sonstige  Belastung  derselben  gebührende  Bücksicht  zu  nehmen. 
Urlaub  zu  Beisen  in  der  Schulzeit  darf  er  den  darum  nachsuchenden  Lehrern 
in  besonders  dringenden  Fällen  und,  wenn  ihre  Vertretung  kostenfrei  und  ohne 
Schwierigkeit  bewirkt  werden  kann,  bis  zur  Dauer  von  höchstens  8  Tagen 
erteilen,  mufs  indessen,  wo  dies  bisher  üblich  war,  davon  der  localen  Schul- 
behörde Anzeige  machen  und  sich  von  deren  Zustimmung  versichern.  Bei 
längerer  Erkrankung  eines  Lehrers  hat  er  an  das  E.  Prov.Sch.C.  zu  berichten 
and  hinsichtlich  der  Vertretung  die  nöthigen  Anträge  zu  stellen. 

§  16.  Lehrerconferenzen.  Weil  nirgends  mehr  als  im  Schulwesen 
von  der  richtigen  Einsicht,  der  Uebereinstimmung  und  dem  guten  Willen  der 
Zusammenwirkenden  das  Gelingen  des  ganzen  Werkes  abhängt,  so  sind  die 
wichtigeren  Anglgh.  der  Schule  in  den  Lehrerconferenzen  zu  berathen  und  zn 
ordnen.  Dieselben  müssen  den  Charakter  der  collegialischen  Berathung  an  sich 
tragen  und  nicht  blofs  die  äufseren  Verhältnisse  der  Disciplin,  Prüfungen, 
Censuren,  Zeugnisse,  Versetzungen,  Schulfeiern  berühren,  sondern  es  wird  in 
ihnen  auch  der  Geist  und  Zustand  der  ganzen  Schule  und  der  einzelnen  Klassen, 
der  Fleifs,  die  Fortschritte  und  das  sitü.  Leben  der  Schüler,  das  Material  und 
die  Methode  des  Unterrichts,  überhaupt  alle  amü.  Angaben  der  Schule,  deren 
gemeinsame  Berathung  angemessen  oder  wünschenswerth  ist,  zu  erörtern  sein. 
§  17.    Der  Dir.  beruft  und  leitet  als  Vorsitzender  des  LehrercoU.  die  mindestens 

Wiese,  Verordnungen.    IL  ^3 


194 

• 

allmonatlich  und  aufserdem,  so  oft  es  erforderlich  erscheint,  abzuhaltenden  Lehrer- 
conferenzen;  er  bestimmt  die  zu  behandelnden  Gegenstände  und  die  Reihenfolge 
derselben,  er  leitet  den  Gang  der  Verhandlungen  und  der  Abstimmung,  welche 
in  allen  zweifelhaften  Fällen  einzutreten  hat,  endlich  teilt  er  in  den  Conferenzen 
diejenigen  Verfügungen  der  Behörde  mit,  welche  das  Ganze  der  Anstalt  betreffen, 
oder  deren  Kenntnis  ihm  für  alle  Lehrer  von  Interesse  und  Wichtigkeit  erscheint 
§  18.  Sitz  und  Stimme  in  der  Lehrerconferenz  Kat  jeder  ordentl.  Lehrer,  sowie 
diejenigen  wissenschaftlichen  Hülfslehrer,  welche  eine  volle  Lehrstelle  versehen, 
andernfalls  nur  für  die  Gegenstände  ihres  Unterrichts.  Die  techn.  und  Elementar- 
lehrer nehmen  nur  dann  regelm.  an  der  Conferenz  Teil,  wenn  sie  definitiv 
angestellt  sind  und  nicht  blofs  in  den  etwa  mit  der  Anstalt  verbundenen  Vorkl. 
fungiren;  anderenfalls  beschränkt  sich  ihre  Teilnahme  und  ihr  Stimmrecht  auf 
Gegenstände  ihres  Unterrichts.  Den  Geistlichen,  welche  an  der  Anstalt  nicht 
fest  angestellt  sind,  sondern  nur  den  Religionsunterricht  als  aufserordentl.  Lehrer 
erteilen,  steht  ein  Stimmrecht  nur  in  Betreff  der  Zöglinge  ihrer  Confession  zu, 
und  es  wird  sich  dem  entsprechend  auch  ihre  Teilnahme  an  den  Conferenzen 
beschränken.  §  19.  In  der  R«gel  stimmt  der  dem  Range  nach  jüngste 
Lehrer  zuerst,  bei  Stimmengleichheit  entscheidet  die  Stimme  des  Dir.  Letzterer 
ist  befugt,  die  Ausfühiiing  eines  Beschlusses  der  Mehrheit,  von  welchem  er 
wesentl.  Nachteile  für  die  Anstalt  besorgt,  einstweilen  und  bis  zur  Entscheidung 
des  K.  Prov.Sch.C.  auszusetzen,  an  welches  in  solchen  Fällen  sofort  von  ihm 
zu  berichten  ist.  §  20.  Ueber  die  Verhandlungen  in  den  Conferenzen  ist 
ein  den  Gang  derselben  klar  wiedergebendes  Frotok.  zu  führen,  wozu  der 
jüngste  ordenÜ.  Lehrer  verpflichtet  ist,  falls  nicht  ein  anderer  Lehrer  unter  Zu- 
stimmung des  Dir.  die  Führung  des  Protok.  übernimmt.  Das  Protok.  wird  am 
Schlufs  der  Sitzung  vorgelesen,  genehmigt,  von  dem  Dir.  und  Protokollführer 
vollzogen  und  im  Schularchiv  aufbewahrt  §  21.  In  den  Versetzungs- 
Conferenzen  stimmen  über  die  Versetzung  der  Schüler  nur  die  Lehrer  der  betr. 
Klasse,  der  Ordinarius  der  nächsthöheren  Kl.  und  der  Dir.  ab.  üeber  die  Ver- 
setzung entscheidet  Stimmenmehrheit;  bei  Stimmengleichheit  giebt  auch  hier 
die  Stimme  des  Dir.  den  Ausschlag,  und  ist  er  aufserdem  befugt,  gegen  die 
Versetzung  eines  Schülers,  dessen  Reife  er  zu  bezweifeln  Ursache  hat,  ein  ent- 
scheidendes Veto  einzulegen.  §  22.  Der  Dir.  ist  befugt,  zur  Berathung 
einzelner  Unterrichtszweige  Fachconferenzen  zu  berufen,  in  welchen  zu 
erscheinen  die  Lehrer  des  betr.  Fachs  verpflichtet  sind.  §  23.  Die  Verhandl. 
und  Beschlüsse  der  Conferenz  müssen,  sofern  sie  nicht  ausdrücklich  zur  Mit- 
teilung an  Andere  bestimmt  sind,  als  Amtsgeheimnis  behandelt  werden. 

c.  Zu  dem  Unterrichtszweck  der  Anstalt  §  24.  Dem  Dir.  ist 
die  Leitung  und  Beaufsichtigung  des  gesamten  Unterrichts  übertragen,  an  welchem 
er  sich  selbst  in  hervorragender  Weise  beteiligen  wird.  §  25.  Demgemäfs 
hat  er  die  Aufstellung  eines  in  Fachconferenzen  zu  berathenden  und  von  Zeit 
zu  Zeit  zu  revidirenden  allgm.  Unterrichtsplans  für  die  Anstalt  zu  bewirken  und 
somit  dem  gesamten  Unterricht  seine  Einheit  und  Uebereinstimmung  zu  sichern. 
Auf  Grund  desselben  sind  die  jährl.  Lehrpläne  unter  Beachtung  der  für  ihre 
Einrichtung  und  Einsendung  erlassenen  Verfügungen  zu  entwerfen  und  dem 
K.  Prov.Sch.C.  rechtzeitig  zur  Prüfung  und  Genehmigung  vorzulegen.  §  26.  Die 
Verteilung  der  Lectionen  und  Ordinariate  auf  die  einzelnen  Lehrer  steht  dabei, 
vorbehaltlich  unserer  Genehmigung,  dem  Dir  allein  zu:  jedoch  wird  er  be- 
rechtigten Wünschen  der  Lehrer  dabei  thunl.  Rechnung  tragen  und  die 
Individualität  sowie  die  wissenschafü.  Neigungen  derselben  möglichst  berück- 
sichtigen, die  innerlich  verwandten  Fächer  thunl.  in  Eine  Hand  legen,  för  die 
Ordinariate  die  bewährtesten  Lehrer  in  Vorschlag  bringen  und  denselben  ihren 
Einflufs  in  den  betr.  Kl.  durch  Zuteilung  von  Hauptunterrichtsfachem  sichern. 
§  27.    Durch  fleifsiges  Besuchen  der  Klassen  hat  der  Dir.  sich  die  Ueber/eugung 


195 

zu  verschaffen,  daXs  der  genehmigte  Lectionsplan  zweckm.  durchgeföhrt,  die  Lehr- 
fitnnden  pünktl.  hegonnen  und  geschlossen,  der  wissenschaftl.  Sinn  der  Jugend 
erweckt  und  gefördert,  und  eine  ernste  jedoch  wohlwollende  Disciplin  gehandhabt 
werde.  Hinsichtlich  der  häusl.  Arbeiten  der  Schüler  wird  er  die  angemessene 
Verteilung  auf  die  einzelnen  Tage,  die  richtige  Wahl  der  Themata,  die  Pünktlichkeit 
und  Sorgfalt  der  Correcturen  genau  zu  beachten  haben  und  zu  diesem  Zweck 
alljährlich  die  Hefte  der  Schüler  einer  Revision  unterziehen.  §  28.  Dispensation 
von  einzelnen  Unterrichtsfächern,  soweit  dieselbe  nach  den  bestehenden  Yerordn. 
überhaupt  zulässig  ist,  zu  erteilen,  steht  dem  Dir.  allein  zu:  §  29.  Ebenso 
ist  derselbe  zur  Ansetzung  von  Klassen-  und  Versetzungsprüftingen  befugt,  wie 
ihm  auch  die  Ansetzung  und  Ordnung  der  öffentl.  Schlufsprüfungen,  der  Schulacte,, 
Schulfeiern  und  Schulandachten  zukommt 

d.  Zu  den  Schülern  der  Anstalt.  §.  30.  Da  die  wissenschaftl. 
und  die  sittl.  Bildung  der  Schüler  sich  gegenseitig  bedingen  und  ergänzen,  so 
hat  der  Dir.  danach  zu  streben,  dafs  Fleifs,  Gehorsam,  ehrbare  Sitte  und 
Frömmigkeit  unter  den  Schülern  herrschen.  In  dieser  Beziehung  werden  Dir. 
and  Lehrer  zwar  zunächst  durch  das  eigene  Beispiel  eines  pflichttrej^en,  sittlich 
ernsten  und  frommen  Wandels  auf  die  Jugend  einwirken,  aufserdem  aber  auch 
durch  sorgfaltige  und  übereinstimmende  Anleitung  und  Gewöhnung,  durch  liebe- 
volle Belehrung  und  Zurechtweisung  und  nöthigenfalls  durch  strenge  aber  gerechte 
Strafen  die  sittl.  Bildung  ihrer  Schüler  fördern.  §  31.  Dem  Dir.  liegt  es 
ob,  die  neu  aufzunehmenden  Schüler  entweder  allein  zu  prüfen  oder  die  Prüfung 
derselben  anderen  Lehrern  zu  übertragen,  die  Klasse  zu  bestimmen,  in  welche 
sie  nach  dem  Mafs  ihrer  gesamten  Entwickelung  gehören,  und  sie  auf  die  Schul- 
ordnung zu  verpflichten.  Die  Aufnahme  in  die  Vorschule  darf  nicht  vor  voll- 
endetem 6.  Lebensjahre,  diejenige  in  die  VI  nicht  vor  vollendetem  9.  Lebens- 
jahre und  nur  bei  körperlich  und  geistig,  besonders  kräftigen  Knaben  einige 
Monate  früher  erfolgen.  Jeder  neu  aufzunehmende  Schüler,  welcher  schon 
eine  öffentl.  Lehranstalt  besucht  hat,  mufs  ein  ordnungsm.  ausgestelltes  Abgangs- 
zeugnis vorweisen,  welches  der  Dir.  dem  betr.  Ordinarius  zur  Kenntnisnahme 
mitzuteilen  und  alsdann  im  Archiv  au&ubewahren  hat 

Schüler,  welche  von  Anstalten  gleicher  Kategorie  kommen,  dürfen  in  eine 
höhere  Kl.  nur  in  dem  Fall  aufgenommen  werden,  wenn  das  Abgangszeugnis 
sie  ausdrücklich  für  dieselbe  reif  erklärt.  Bei  der  Aufnahme  eines  verwiesenen 
Schülers  ist  besondere  Vorsicht  zu  üben.  Namentlich  hat  der  Dir.  sich  zuvor 
mit  dem  Vorstande  der  betr.  Schule  über  die  Gründe  zur  Entfernung  und  über 
die  Mittel  zur  Besserung  des  Schülers  in  Verbindung  zu  setzen  und  als  Be- 
dingung der  Aufnahme  von  seinen  Angehörigen  zu  fordern,  dafs  derselbe  unter 
eine  durchaus  zuverlässige  Aufsicht  gestellt  werde.  Primanern,  welche  im 
Disciplinarwege  von  einer  Anstalt  entfernt  worden  sind  oder  dieselbe  willkürlich, 
tun  einer  Schulstrafe  zu  entgehen,  oder  aus  anderen  ungerechtfertigten  Gründen 
verlassen  haben,  ist  bei  der  Aufnahme  in  eine  andere  Anstalt  das  Semester,  in 
welchem  die  Entfernung  erfolgt  ist,  auf  den  2Jähr.  Primacursus  nicht  anzu- 
rechnen. §  32.  Eine  Bedingung  der  Aufifiahme  ist,  dafs  jeder  auswärt. 
Schüler  einer  geeigneten  Aufsicht  übergeben  werde,  welche  über  seinen  Fleifs 
und  sein  sittl.  Betragen  aufserhalb  der  Schule  wache.  Daher  bedarf  die  Wahl 
derselben  der  Genehmigung  des  Dir.,  und  der  letztere  ist  nebst  den  Ordinarien 
und  Lehrern  ebenso  berechtigt  als  verpflichtet,  durch  Hausbesuche  das  Thnn 
und  Treiben  dieser  Schüler  zu  überwachen  und  Aenderung  herbeizuführen,  sobald 
sich  herausstellt,  dafs  die  Aufsicht  eine  ungenügende  sei. 

§  33.  üeberhaupt  wird  der  Dir.  bestrebt  sein,  sich  in  fortwährender 
Kenntnis  von  dem  Wandel  und  dem  wissenschaftl.  Fortschreiten  der  Schüler 
zu  erhalten.  Zu  diesem  Zweck  wird  er  nicht  blofs  die  Klassenbücher, 
deren  sich  eines  in  jeder  Kl.  unter  Aufsicht  des  Ordinarius  befinden  und  aufser 

13* 


196 

den  Namen  der  Schüler  auch  die  erforderl.  Bnbriken  zur  Eintragung  der  durch- 
genommenen Lehrpensa,  der  häusL  Aufgaben,  der  Versäumnisse  und  Ver- 
spätungen und  etwan.  rügender  Bemerkungen  über  das  Verhalten  der  Schüler 
enthalten  mufs,  sich  regelm.  vorlegen  lassen  und  in  den  Gonferenzen  Be- 
sprechungen über  die  einzelnen  El.  anordnen,  sondern  auch  zn  den  Schülern 
selbst  in  persönl.  Verkehr  treten  und  sich  mit  den  Eltern  und  Aufsehern 
derselben  thunl.  in  Verbindung  setzen.  <  §  34.  Um  die  Angehörigen  der 
Schüler  sowie  die  letzteren  selbst  mit  den  Forderungen  der  Schule  hinsichü.  de» 
Gesamtverhaltens  ihrer  Zöglinge  bekannt  zu  machen,  hat  der  Dir.  mit  dem 
Lehrercoll.  eine  Schulordnung  zu  entwerfen,  welche,  nachdem  sie  von  uns  be- 
stätigt ist,  die  gesamte  Disciplin  der  Anstalt  zu  regeln  hat.  Ein  Exemplar  der- 
'selben  ist  jedem  Schüler  bei  seiner  Aufifiahme,  resp.  seinen  Eltern  zu  übergeben. 
§  35.  Wenn  zur  Aufrechterhaltung  der  Disciplin  Strafen  nöthig 
werden,  so  hat  der  Dir.  darauf  zu  achten,  dafs  dieselben  mit  ruhiger  Besonnen- 
heit, Yäterl.  Wohlmeinen  und  unparteiischer  Gerechtigkeit  vollzogen  werden. 
Insbesondere  wird  derselbe  dem  Mifsbrauch  der  sogenannten  Strafarbeiten 
entgegentreten,  die  Strafe  des  Nachsitzens  nicht  ohne  Controlle  eine» 
Lehrers  vollziehen  lassen  und  die  nur  von  ihm  oder  der  Lehrerconferenz  zu 
verhängende  Carcers träfe  nicht  über  die  DaueV  von  6  Stunden  hinter  ein- 
ander ausdehnen.  §  36.  Die  Strafe  der  Ausschi iefsung  eines  Schüler» 
darf  nur  auf  Beschlufs  der  Lehrerconferenz  und  nur  dann  eintreten,  wenn  von 
Seiten  der  Schule  aUe  übrigen  Mittel  der  Zucht  vergeblich  angewendet  sind,, 
oder  wenn  von  dem  längeren  Verbleiben  des  Schülers  auf  der  Anstalt  ein» 
verderbl.  Einwirkung  auf  seine  Mitschüler  zu  besorgen  steht.  §  37.  Schüler 
der  3  unteren  Kl.  (VI,  V,  IV),  welche  nach  dem  reifl.  und  gewissenhaften 
Urteil  ihrer  sämtl.  Lehrer  aller  Bemühungen  ungeachtet  sich  zu  den  Gymnasial-,, 
resp.  Eeal- Studien  nicht  eignen  und  wegen  Mangels  an  Fähigkeiten  und  FlelTs,. 
nachdem  sie  2  Jahre  in  einer  £1.  gesessen  haben,  doch  zur  Versetzung  in  die 
nächst  höhere  £1.  nicht  für  reif  erklärt  werden  können,  sind  aus  der  Anstalt 
zn  entfernen,  nachdem  den  Eltern,  Vormündern  oder  Angehörigen  derselben 
mindestens  ein  Vierteljahr  zuvor  Nachricht  gegeben  ist,  ohne  dafs  jedoch  eine- 
derartige  Entfernung  als  Strafe  angesehen  werden  soll.  §  38.  Die  am 
Schlufs  jedes  Halbjahrs,  in  den  unteren  und  mittl.  Kl.  in  der  Begel  viertel- 
jährl.,  den  Schülern  zu  erteilenden  Censuren  sind  auf  Grund  der  Urteile 
sämtlicher,  in  jeder  Kl.  unterrichtender  Lehrer  abzufassen  und  von  dem  Din^nnd 
Ordinarius  zu  unterschreiben.  Der  Dir.  hat  darauf  zu  achten,  dafs  dieselb« 
ein  gewissenhaftes  Urteil  über  Betragen,  Aufinerksamkeit,  Eleifs  und  Leistungen, 
der  Schüler  in  angemessener  und  verständl.  Form  enthalten,  und  dafs  der  Act  der  ^^  ^ 
Gensurausteilung  selbst  die  sittl.  Einwirkung  auf  die  Schüler  nicht  verfehle.. 
§  39.  Dem  Dir.  liegt  die  Ausstellung  der  Abgangszeugnisse  auf  Gmnd 
der  von  den  Ordinarien  und  den  Lehrern  der  Kl.  zu  erfordernden  Vorlagen  obr 

IV.  Verhältnis  zu  den  Eltern  und  dem  Publikum.  §40.  Wie 
der  Dir.  einerseits  die  Mitwirkung  des  elterl.  Hauses  und  der  Familien  für 
die  Schulzucht  zu  erwarten  und  zu  erstreben  hat,  so  wird  er  andererseits  mit 
Entschiedenheit  darauf  halten,  dafs  dieselben  ihre  Kinder  der  Schulordnung 
nicht  entziehen.  In  gleicher  Weise  wird  er  zwar  bestrebt  sein,  der  Anstalt 
die  Achtung  und  die  Teilnahme  des  gebildeten  Publikums  zu  sichern,  anderer- 
seits unberechtigten  Forderungen  mit  Ernst  und  Nachdruck  entgegentreten. 

V.  Allgemeine  Verpflichtung  des  Directors.  §41.  Schliefs- 
lich  wird  demselben  zur  Pflicht  gemacht,  allen  der  Würde  der  Anstalt,  dem 
Frieden  der  religiösen  Bekenntnisse,  den  Staatsgesetzen  und  der  Ehrerbietung 
gegen  Se.  Maj.  den  König  nachteiligen  Sichtungen  und  Bestrebungen  inner- 
halb des  Lehrercoll.  und  der  Schule  nachdrückl.  entgegen  zu  treten  und  von 
dem  etwan.  Vorkommen  derselben  die  Behörde  sofort  in  Kenntnis  zu  setzen. 


197 

In  den  vorstehenden  Instructionen  sind  alle  Gegenstände  anfgefahrt,  auf 
welche  die  amtl.  Pflicht  der  Directoren  sich  bezieht;  darunter  anch  die  Bericht- 
«rstattangen,  das  Zengniswesen,  die  Gonferenzen,  das  Schnlarchiy,  die  finanzielle 
Seite  der  Scbnlen.  Die  E.  ProT.Sch.CO.  haben  gleichwohl  hin  und  wieder  Ver- 
anlassung genommen,  über  diese  und  andere  Punkte  der  Dir.Instr.  Specialver- 
fngungen  zu  erlassen. 

Einige  derselben  sind  nebst  anderen  Ergänzungen  nachstehend  zusammen- 
gestellt : 

Amtliche  Berichterstattung. 

C.Verf.  T.  15.  März  1877.  „Zufolge  Vereinbarung  der  sämtlichen  hohen 
Bundesregierungen  ist  fortan  für  alle  Behörden  des  Beichs  und  der  Bundes- 
staaten ein  einheitliches  Papier format  von  33  Centimeter  Höhe  und 
21  Centimeter  Breite  in  Gebrauch  zu  nebmen,  unbeschadet  der  für  Briefpapier, 
Tabellen  und  in  etwaigen  sonstigen  Ausnahmefällen  üblichen  anderen  Formate.'* 
Der  Min.  etc.    In  V.  Sydow. 

C.Verf.  V.  24.  März  1885.  „Nachdem  in  Folge  Beschlusses  des  Bundes- 
rathes  di«  Eeichsbehörden  veranlafst  worden  sind,  in  Zukunft  das  für  den 
Amtsgebrauch  erforderliche  Papier,  soweit  die  Interessen  des  Dienstes  es  ge- 
statten, in  den  auf  der  Generalversammlung  des  Vereins  deutscher  Papier- 
fabrikanten zu  München  am  13.  Juni  1883  festgestellten,  auf  der  Anlage 
ersichtlich  gemachten  Normalformaten  zu  verwenden,  hat  auch  das  E.  Staats« 
ministerium  es  für  zweckmäfsig  erachtet,  dafs  ein  gleiches  Verfahren  für  die 
Prßufsischen  Behörden  angeordnet  werde.  Die  Behörden  meines  Bessorts 
werden  hiervon  zur  Beachtung  und  weiteren  Veranlassung  mit  dem  Bemerken 
in  Kenntnis  gesetzt,  dafs  durch  diese  Anordnung  die  Bestimmungen,  welche 
mittels  Verf.  v.  15.  März  1877  in  Betreff  des  amtlichen  Actenpapier-Formates 
getroffen  worden  sind ,  nicht  berührt  werden."  Der  Min.  etc.  In  V.  Lucanus. 
Nr.    1  von  33  cm  Höhe  und  42  cm  ganzer  Bogenbreite. 

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C.Verf.  V.  25.  Juni  1883.  „Die  Behörden  und  Beamten  meines  Bessorts 
erhalten  hierneben  Abschrifb  der  C.  Verf.  der  Herren  Minister  des  Innern  und 
der  Finanzen  vom  2.  Juni  er.,  betreffend  die  Bestellung  des  Papierbedarfes 
nach  dem  Einheitssatze  von  1000  Bogen  pro  Bies,  zur  Kenntnisnahme  und 
gleichmäfsigen  Nachachtung."    Der  Min.  etc.  In  V.  Lucanus. 

C.Verf.  des  Min.  desInn.  und  derFin.  v.  2.  Juni  1883.  ,Jn  Folge 
eines  Beschlusses  des  Bundesrathes  vom  14.  Dec.  v.  J.  sind  die  Beichsbehörden 
veranlafst  worden,  in  Zukunft  der  Bestellung  von  Papier  für  ihren  Bedarf  das 
Bies  zu  1000  Bogen  als  Einheit  zu  Grunde  zu  legen,  und  empfiehlt  es  sich, 
,  dafs  seitens  der  pr#ufsischen  Behörden  gleichartig  verfahren  werde.  Die 
£.  Begierung  veranlassen  wir,  nach  diesem  Grundsatze  künftig  zu  verfahren  und 
die  Ihr  untergeordneten  Behörden  und  Beamten  mit  entsprechender  Anweisung 
zu  versehen.  Die  Papierlieferungen  werden  demgemäfs  fortan  nach  dem  Bies 
2u  1000  Bogen  bezw.  decimalen  Teilen  desselben  (Zehnteln  und  nach  Be- 
dürfnis Hundertsteln)  zu  verrechnen  sein,  und  zwar  sowohl  bei  Bestellungen, 


198 

Oontracten  etc.  als  auch  in  der  Büchfähnuig  aber  die  Papiervorräthe  und  deren 
Yerwendung.  Als  Anfangstermin  der  neuen  Berechnnngsart  ist  der  Beginn  des 
laufenden  Etatsjahres  anzunehmen.  Die  bereits  geschehenen  Buchungen  können 
belassen  werden,  doch  ist  in  diesem  Falle  die  Summe  derselben  umzurechnen.*' 

G.Yerf.  y.  29.  Juli  1879.  ,J)as  E.  Consistorium  etc.  erhält  hiemeben 
Abschrift  eines  von  dem  Herrn  Minister  für  Handel  und  Grewerbe  mir  mitge- 
teilten Berichtes  der  Eönigl.  technischen  Deputation  für  Gewerbe  hierselbst 
Yom  25.  V.  M.,  betreffend  die  Vergänglichkeit  gewisser  Schreibtinten,  zur 
Kenntnisnahme  mit  der  Veranlassung,  bei  Herstellung  von  urkundlichen  Schrift- 
stücken nach  dem  Schlufssatze  des  Berichtes  verfahren  zu  lassen."  Der  Minister 
der  geistl.  Ang.  etc.    In  V.  Sydow. 

Betrifft  die  Vergänglichkeit  gewisser  Schreibtinten.  Berlin, 
den  25.  Juni  1879.  Der  Professor  Eoester  in  Bonn  weist  in  dem  an  den 
Herrn  Reichskanzler  unter  dem  12.  April  er.  gerichteten  Schreiben  auf  di& 
Gefahren  hin,  welche  in  der  leichten  Vergänglichkeit  resp.  VerlOschbarkeit  der 
Anilin-,  Alizarin  und  ähnlicher  Tinten  seien,  insofern  dieselben  zur  Herstellung 
urkundlicher  Schriftstücke  dienen. 

In  Erledigung  des  Auftrages,  uns  über  diesen  Gregenstand  zu  äuTsem, 
berichten  wir  bei  Remission  der  Vorlagen  ganz  gehorsamst  Folgendes: 

Es  ist  Thatsache,  dafs  die  aus  den  verschiedenen  Anilinpigmenten  be- 
reiteten rothen,  violetten,  blauen  Tinten  leicht  durch  Waschen,  namentlich  mit 
Ghlorwasser  entfernt  werden  können,  auch  meistens  stark  ausblassen.  Ihre  Ver- 
wendung zur  Anfertigung  von  Documenten  ist  um  deswillen  unzweckmäfsig, 
dürfte  indessen  nicht  vielfach  stattfinden,  da  die  Vergänglichkeit  der  Anilin-, 
färben  in  den  weiteren  Kreisen  bekannt  ist.  —  Die  sog.  AUzarintinte  betreffend, 
so  enthält  dieselbe  kein  Alizarin,  wird  nach  verschiedenen  Vorschriften,  vielfach 
aus  Lösungen  von  Blauholzextract  unter  Zusatz  von  chromsaurem  Kali  bereitet. 
Die  nach  dieser  Vorschrift  bereitete  Tinte  giebt  stark  dunkelnde  Schriftzüge,  die 
sich  gut  mit  der  Papierfaser  vereinigen,  auch  nicht  sonderlich  leicht  verlöschbar 
sind,  obschon  sie,  wie  denn  schliefslich  jede  Tinte,  durch  geeignete  chemische 
Mittel  zerstört  werden  können.  —  Zu  den  solidesten  Tinten  gehört  die  seit  alter 
Zeit  gebräuchliche  Eisen- Gallustinte.    Auch  sie  ist  indessen  nicht  unzerstörbar. 

Obschon  die  gröfsere  und  geringere  Verlöschbarkeit  und  Haltbarkeit  der 
Tinten  sehr  vielfach  Gegenstand  litterarischer  Erörterung  gewesen  ist,  wir  ver- 
weisen beispielsweise  auf  den  Aufsatz  von  Dullo  im  polytechnischen  Central- 
blatte  von  1862  S.  1308,  in  Wagner's  Jahresbericht  B.  8  S.  610,  auch  im 
gröfseren  Publikum  nicht  unbekannt  ist,  so  halten  wir  es  doch  für  zweckmäfsig, 
dafs  die  Behörden  auf  diesen  Gegenstand  aufmerksam  gemacht  und  namentlich 
darauf  hingewiesen  werden,  dafs  zur  Herstellung  von  documentarischen  Schrift- 
stücken eine  Gallustinte  das  geeignetste  Material  ist,  die  Anilintinten  für  diesen 
Zweck  dagegen  unzuläfsig  erscheinen."  Die  Königliche  technische  Deputation 
für  Gewerbe.        An  das  K.  Ministerium  für  Handel  und  Gewerbe. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  27.  Dec.  1882.  „Vielfach  vorge- 
kommene Unregelmäfsigkeiten  und  Ungleichmäfsigkeiten  in  der  äufseren  Form  und 
geschäftlichen  Behandlung  der  von  den  uns  unterstellten  Amtsstellen  eingehenden 
Berichterstattungen,  sowie  die  Bücksicht  auf  möglichste  Beschränkung  des 
Schreibwerks  veranlassen  uns,  den  Herren  Directoren  resp.  Rectoren  unter  Auf- 
hebung der  bezüglichen  vorgängigen  Bestimmungen  folgende  Anweisung  zu 
erteilen.^) 

^)  Entsprechende  Bestimmungen  sind  u.  a.  ergangen  durch  C.Verf.  des 
K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  25.  April  J8d5,  femer  im  Anhang  zur  Dir.- 
Instr.  für  Pommern,  8.  140,  und  für  Schleswig-Holstein,  S.  190. 


199 

1.  Zu  jedem  Bericht  ist  gutes  weifses  Schreibpapier,  Folio-Format,  zu 
verwenden,  das  zu  beschreibende  Blatt  ist  in  der  Mitte,  der  Länge  nach  zu 
falten.  Anf  der  linken  Hälfte  des  Blattes  ist  oben  dnrch  Yordmck  oder 
Handschrift;  die  Schnlanstalt  zu  bezeichnen  nnd  darunter  in  angemessenen  Ab- 
ständen a)  der  Hauptinhalt  des  Berichts  kurz  anzugeben,  b)  die  innere 
Adresse  zn  setzen.  Auf  der  rechten  Hälfte  gegenüber  und  in  gleicher 
Höhe  der  Angabe  der  Anstalt  ist  der  Ort  and  das  Datum  anzuführen  und 
darunter  mit  Freilassung  eines  etwa  3  bis  4  Finger  breiten  Baumes  mit  dem 
Text  des  Berichtes  zu  beginnen.  Derselbe  ist  in  nicht  zu  kleiner  Schrift  leicht 
leserlich  und  ohne  Abkürzungen  zu  schreiben  und  bei  Verwendung  von  2  oder 
mehr  Bogen  ordnungsmäfsig  zu  heften. 

2.  Wird  der  Bericht  auf  eine  von  uns  erlassene  Verfügung  erstattet,  so 
ist  oben  links,  direct  unter  der  Inhaltsangabe,  die  betr.  Verfügung  nach  Datum 
und  Journal-Nummer,  welche  letztere  sich  auf  den  Verfügungen  oben  unter  der 
vorgedruckten  Firma  befindet,  in  folgender  Weise  anzuführen: 

Zur  Verfügung  (Circular-Verfngung)  vom Nr.  .  . . 

Ebenso  ist,  wenn  im  Text  auf  diesseitige  Verfügungen  Bezug  genommen 
wird,  von  diesen  stets  das  Datum  und  die  Joumalnummer  anzugeben. 

3.  Jede  Beilage  des  Berichts  ist  in  demselben  zu  bezeichnen  und  an 
der  Anfuhrungsstelle,  auf  der  linken  Seite  des  Bruches,  durch  einen  Anlage- 
(Band-)  Strich  ersichtlich  zu  machen.  Werden  dem  Berichte  mehrere  Anlagen 
beigegeben,  so  sind  dieselben  mit  fortlaufenden  Nummern  zu  versehen  und 
letztere,  den  Anlagen  entsprechend,  auch  auf  die  betreffenden  Bandstriche  zu 
setzen.  4.  Wird  mittels  „Rand- Verfügung**  zu  einer  Sache Aeufserung  er- 
fordert, so  ist  zur  Vermeidung  unnöthigen  Schreibwerks  in  der  Regel  in  der- 
selben Form  unter  der  Verfügung  zu  berichten.  5.  Bezüglich  der  Curialien 
ist  nicht,  wie  es  jetzt  vielfach  geschieht,  über  die  vorschriftsmäfsigen  Ausdrücke 
„gehorsamst**  und  „hochgeneigtest**  hinauszugehen;  andererseits  können  wir,  ohne 
den  Werth  dieser  Formen  zu  überschätzen,  nicht  zugeben,  dafs  solange  höheren 
Orts  die  diesbezüglichen  Vorschriften  nicht  aufgehoben  werden,  einzelne  Bericht- 
erstatter sich  von  denselben  einfach  dispensiren  zu  können  glauben.  6.  Gegen- 
stände verschiedener  Art  dürfen  nicht  in  einem  Berichte  behandelt 
werden ;  es  ist  vielmehr  über  jeden  einzelnen  Gegenstand  ein  besonderer  Bericht 
zu  erstatten.  Namentlich  gilt  dies  für  die  Berichte  über  den  Lehrplan,  Be- 
schäftigung von  Hülfslehrem,  Anmeldung  von  Probanden  u.  drgl.  Ebenso 
sind  sowohl  die  regelmäfsig  als  aufserord entlich  einzureichenden  Tabellen, 
Schulprogramme  u.  s.  w.  jeder  Gegenstand  für  sich  mit  einem  besonderen 
Begleitbericht  zu  versehen,  soweit  letzterer  durch  einen  auf  die  Tabelle  etc. 
direct  zu  setzenden  kurzen  Hand-Bericht  nicht  erspart  werden  kann.  Unter 
allen  Umständen  ist  es  überflüssig,  Vacat-Anzeigen  noch  einen  besonderen 
,-,Vacat-Schein"  beizulegen.  7.  Die  erforderten  Berichte  müssen  in  den  be- 
stimmten, nach  VerhältiÄs  der  Umstände  bemessenen  resp.  durch  generelle 
Verfügung  ein  für  allemal  festgesetzten  Fristen  erstattet  werden.  Indem  wir 
die  Beachtung  dieser  Bestimmung  unter  Beischlufs  eines  Verzeichnisses  der  z.  Z. 
regelmäfsig  erforderlichen  Berichte  etc.  mit  Angabe  ihrer  Fälligkeitstermine, 
den  Herren  Directoren  etc.  zur  besonderen  Pflicht  machen,  bemerken  wir,  dafs, 
falls  ein  Termin  aus  besonderen  Gründen  nicht  eingehalten  werden  kann,  jedes- 
mal und  zwar  innerhalb  der  festgesetzten  Frist  unter  Angabe  der  Behinderungs- 
gründe Anzeige  zu  machen  und  die  Gewährung  einer  Nachfrist  zu  erbitten  ist. 

Wird  eine  Erinnerungs- Verfügung  nothwendig,  so  fallt  nach  den  bestehenden 
Bestimmungen  das  entstehende  Porto  in  jedem  Falle  den  Säumigen  zur  Last. 
8.  Für  die  Absendung  der  Correspondenz  sind  die  zu  einem  Berichte  ge- 
hörenden Anlagen  in  denselben  hineinzulegen;  umfangreiche  Beilagen  aber 
müssen  den  Berichten  untergelegt  werden.        Gelangen  mehrere  Berichte  gleich- 


200 

zeitig  zur  Absendung,  so  dürfen  dieselben  nicht  ineinander  gefügt  werden,  sie 
sind  vielmehr  mit  den  eyent.  dazu  gehörigen  Beilagen  .jeder  für  sich  zu  ordnen 
und  unter  Beachtung  der  Bestimmung  ad  10  abzusenden.  Zu  den  Briejfiam- 
schlägen  ist  nur  gutes  haltbares  Papier  zu  verwenden,  da  nicht  selten  Sen- 
dungen des  mangelhaften  Verpackungsmaterials  wegen  seitens  der  Post  haben 
mit  Nachverschlufs  versehen  werden  müssen.  9.  Jede  an  uns  abzulassende 
Postsendung  ist  auf  der  äufseren  Adresse  oben  links  mit  der  Aufschrift 
„Portopflichtige  Dienstsache"  zu  versehen  und  mit  dem  Amtssiegel  zu 
verschlielben.  Ist  das  Amtssiegel  nicht  zur  Hand,  so  mufs  dem  Yerschlufs 
folgender  Vermerk  beigesetzt  werden:  „In  Ermangelung  eines  Dienstsiegels" 
N.  N.  (Namensunterschrift)  (Amtscharakter).  10.  Zur  Vermeidung  un- 
nöthiger  Porto-Aufwendungen  sind  Berichte,  welche  nur  auf  den  ersten 
beiden  Seiten  beschrieben  und  zu  denen  Anlagen  nicht  gehören,  ohne  be- 
sonderen Briefumschlag  abzusenden,  weil  bei  Verwendung  eines  solchen,  das 
Gewicht  eines  einfachen  Briefes  (15  gr)  überschritten  wird  und  das  Porto  dem- 
zufolge sich  auf  den  doppelten  Betrag  erhöht.  Aus  demselben  Grunde  sind 
mehrere  gleichzeitig  zur  Absendung  gelangende  Berichte  nicht,  wie  vielfach 
vorgekommen,  jeder  für  sich,  sondern  in  einem  gemeinschaftlichen  Post- 
stück zu  versenden,  welches,  sofern  dasselbe  das  Brief-Maximalgewicht  (250  gr) 
übersteigt,  als  Packetsendung  abzulassen  ist.  Da  indessen  erfahrungsmäfsig  Packet- 
sendungen  eine  längere  Bestellfrist  erfordern,  so  sind  die  einer  Beschleunigung 
bedürfenden  Berichte  stets  als  Briefsendung  aufzugeben.  11.  Alle  durch  Nicht- 
beachtung dieser  Vorschriften  zur  Ungebühr  entetehenden  Porto-Aufwendungen 
dürfen  nach  den  bestehenden  Bestimmungen  der  Staatskasse  nicht  zur  Last  fallen 
und  es  wird  deshalb  deren  Wiedereinziehung  von  den  Betreffenden  unter  Zusendung 
der  qu.  Beläge  ohne  Weiteres  „portopflichtig"  durch  das  diesseitige  Bureau  erfolgen. 

Schliefslich  machen  wir  den  Herren  Directoren  etc.  noch  zur  Pflicht,  der 
ordnungsmäfsigen  Führung  des  Archivs  der  Anötalt  die  erforderliche  Sorg- 
falt zuzuwenden,  wozu  aufser  der  als  selbstverständlich  vorauszusetzenden  Führung 
eines  Journals  gehört,  dafs  alle  einlaufenden  Verfügungen  etc.  in  nach  der 
Materie  gesichteten  und  gehörig  gehefteten  Acten  aufbewahrt  werden.  Nur 
dadurch  können  die  beim  Amtswechsel  bezw.  bei  Vertretungen  im  Directorat 
häufig  im  Geschäftsgange  vorkommenden  Störungen  und  Schwierigkeiten  ver- 
mieden werden." 

a)  Verzeichnis  der  regelmä'fsig  zu  erstattenden  Berichte. 
1.  14  Tage  vor  dem  Beginn  jedes  Schulsemesters:  Lectionsplan  nebst 
Stunden-  und  Lehrertabelle  für  das  kommende  Semester  nach  Mafsgab»  der 
Bestimmungen,  in  §  17  der  Dienst-Instruction  vom  22.  Jan.  1868  (s.  S.  122). 
2.*  14  Tage  nach  dem  Beginn  jedes  Schulsemesters:  Frequenzliste  über  das 
abgelaufene  Semester,  auf  dem  vorgeschriebenen  Formular.  (Verf.  v.  27.  Oct. 
1882.  Nr.  10017.)  3.  Desgl.  Uebersicht  über  die  Frequenz  des  laufenden 
Semesters.  (Desgl.)  4.  Desgl.  Einreichung  der  Abiturienten-Arbeiten  nebst 
den  Prüfungs-Protokollen  und  Zeugnis- Abschriften.  *)  5;  *  Desgl.  Verzeich- 
nis der  Candidaten,  welche  ihr  Probejahr 'an  der  Anstalt  vollendet  haben, 
auf  dem  vorgeschriebenen  Formulare,  event.  Vacat-Anzeige.  (Verf.  v.  17.  Nov. 
1864.  Nr.  6997.)  6.  Desgl.  Bericht  über  die  Candidaten,  welche  ihr 
Probejahr  an  der  Anstalt  vollendet  haben,  behufs  Ausstellung  der  Zeugnisse. 
(Getrennt  von  dem  Verzeichnis  ad  5  einzureichen.)  7.*  Desgl.  Verzeich- 
nis der  im  abgelaufenen  Semester  beschäftigt  gewesenen,  noch  nicht  pro  fac. 
doc.  geprüften  Candidaten  auf  dem  vorgeschriebenen  Formular,  event  Vacat- 
Anzeige.  (Verf.  V.  11.  April  1878.  Nr.  2905.)  8.  bis  zum  15.  Jan.  jedes 
Jahres:     Verzeichnis  der   für   den  Oster-Termin   anzumeldenden  Abiturienten. 


0  8.  jedoch  jetzt  auch  C.Verf.  v.  15.  Juli  1885,  Abt.  I  S.  441  fg. . 


201 

• 

(Verf.  V.  3.  Nov.  1882.  Nr.  10347.)  9.  bis  znm  1.  März  jeies  Jalires: 
Nachtragsliste  der  far  den  Fall  einer  Mobilmachnng  als  unabkömmlich  zu 
reclamirenden  Lehrer.  (Keine  Vacat-Anzeige.)  cf.  ad  14.  (Verflf.  v.  4.  Nov.  1869. 
Nr.  5867  u.  v.  24.  Febr.  1877.  Nr.  1911.)  10.*  bis  zum  1.  Mai  jedes  Jahres: 
Uebersicht  der  im  abgelaufenen  Schuljahre  geprüften  Abiturienten  und  Extraneer, 
auf  dem  vorgeschriebenen  Formular;  event.  Vacat- Anzeige.  (Verff.  v.  20.  Jan. 
1880.  Nr.  255  und  v.  9.  Juni  1882.  Nr.  5614.)  11.  bis  zum  1.  Mai  des 
betr.  Jahres.  Der  dreijährige  Verwaltungsbericht  (für  die  Gymnasien  und 
Frogymnasien  zunächst  1883,  für  die  Bealgymn.,  Obenealsch.  und  Bealprogymn. 
zunächst  1885  u.  s.  f).  Verf.  v.  19.  Dec.  1.878.  Nr.  10678.)  12.  Desgl. 
Nachweisung  über  den  Personalbestand  des  Lehrer-Collegiums,  auf  dem  vorge- 
schriebenen Formular  (mit  dem  dreijährigen  Verwaltungsbericht  —  ad  11  — 
fällig.)  (Verf.  v.  17.  Mai  1881.  Nr.  2485.)  0  13.  bis  zum  Schulschlufs 
vor  den  Sommer ferien  jedes  Jahres:  Verzeichnis  der  für  den  Michaelis- 
Termin  anzumeldenden  Abiturienten,  cf.  die  Verf.  wie  ad  8.  14.  bis  zum 
1.  Aug.  jedes  Jahres:  Verzeichnis  der  für  den  Fall  einer  Mobilmachung  im 
kommenden  Jahre  als  i;inabkömmlich  zu  reclamirenden  Lehrer,  auf  dem  vorge- 
schriebenen Formular,  event.  Vacat-Anzeige.  cf.  die  Verf.  wie  ad  9.  15.  bis 
zum  20.  Oct.  jedes  Jahres:  Anzeige  über  das  Oster-Programm,  event  Angabe 
des  Titels  und  des  Verfassers  (Vor-  und  Zuname)  der  abzudruckenden  Abhand- 
lung. (Verf.  V.  13.  Mai  1875.  Nr.  4234.)  16.  unmittelbar  nach,  dem  Er- 
scheinen des  Oster-Programms :  Einreichung  von  5  Exemplaren  des  bezüglichen 
Programms.    (Desgl.) 

'^  Anmerku.ng.  Zu  ad  2,  5,  7  und  10  werden  auf  Antrag  die  bezüg- 
lichen Formulare  von  der  diesseitigen  Begistratur  verabreicht. 

C.Verf.  V.  6.  Juni  1876  an  die  Prov.Sch.CC.  „In  den  Registraturen  der 
Prov.Sch.CC.  werden,  wie  dies  für  die  Verwaltungs- Aufgaben  dieser  Behörden 
unerlässlich  ist,  Nachweisungen  über  den  Personalbestand  der  höh.  Lehr- 
anstalten gehalten,  aus  welchen  für  jede  derselben  der  jeweilige  Bestand  der 
sämtlichen  Lehrkräfte  (Namen  der  Lehrer,  Lebens-  und  Dienstalter,  Confession, 
wissenschaftl.  Qualification,  dienstliche  Stellung,  etwanige  litterarische  Publi- 
kationen) ersichtlich  ist.  In  manchen  Nebenpunkten  bei  den  einzelnen  Prov.- 
Sch.CC. verschieden,  stimmt  diese  Einrichtung  doch  in  dem  wesentlichen  Punkte 
überein,  dafs  bei  der  periodischen,  in  der  Kegel  jährlichen  Erneuerung  dieser 
Nach  Weisungen  nicht  blofs  die  seitdem  eingetretenen  Veränderungen,  sondern 
auch  die  ungleich  gröfsere  Menge  der  unverändert  gebliebenen  Data  von  Neuem 
geschrieben  werden  mufs.  Andererseits  findet  sich,  seitdem  in  Folge  der  Allerh. 
C.O.  V.  10.  Nov.  1862  nur  die  Ernennung,  bezw.  Bestätigung,  der  Oberlehrer 
und  Directoren  an  den  höh.  Lehranstalten  dem  Unterrichts-Ministerium  vorbe- 
halten und  seitdem  durch  den  Circ.-Erlafs  v.  31.  Dec.  1859  die  Einsendung 
jährlicher  Personalstands-Nachweisungen  aufgegeben  ist,  in  der  Begistratur  de? 
Ünterrichts-Ministeriums  keinerlei  Nachweisung  über  den  jeweiligen  Personal- 
stand der  höh.  Lehranstalten  und  läfst  sich  auch  aus  den  jährlich  eingereichten 
Uebersichten  über  die  Personal-Veränderungen  nicht  sicher  herstellen.  Indem 
nun  für  die  diesseitige  Entscheidung  über  Anträge  der  E.  Prov.Sch.CC.  auf  Be- 
setzung von  Oberlehrerstellen,  bezw.  deren  Bestätigung,  mögen  diese  Anträge 
auf  Ascension  oder  aufEinschub  gerichtet  sein,  die  Kenntnis  der  thatsächlichen 
Zusammensetzung  des  Lehrpersonals  der  fraglichen  Anstalt  erforderlich  ist,  so 


')  Ferner  jetzt  bis  zum  15.f  Juni  jedes  Jahres:  die  durch  Verff.  v.  2.  April 
1885  (Nr.  2971)  u.  5.  üct.  1886  (Nr.  9659)  angeordnete  Tabelle  zur  Uebersicht  über 
die  Bewegungen  unter  den  angestellten  Lehrern.  S.  GBl.  Ergänzungsheft  1886 
S.  41.     Vgl.  0. Verff.  v.  18.  März  1885  am  Schlufs  u.   v.  4.  Sept.  1886,  S.  204  f. 


202 

fnhrt  dieser  Mangel  der  diesseitigen  Begistratnr  häufig  zn  weitläufigen,  den  Ge- 
schäftsgang verzögernden  Eückfragen  an  die  Provinzial-Behörden. 

Diesen  beiderseitigen  Uebelständen,  der  annöthigen  Yermehrang  des 
Schreibwerks  bei  den  K.  Prov.Sch.CC.  und  der  Verzögerung  in  dem  diesseitigen 
Geschäftsgange,  abzuhelfen  ist  die  im  Nachfolgenden  bezeichnete  Einrichtung 
bestimmt,  welche  den  K.  Prov.Sch.CC.  und  den  Directoren  der  höh.  Lehranstalten 
zwar  eine  einmalige  Arbeit  auferlegt,  für  die  Zukunft  aber  die  Sache  erheblich 
vereinfacht.  Zur  Vermeidung  etwanigen  Mifsverständnisses  bemerke  ich,  dafs 
es  sich  ausschliefslich  um  Vereinfachung  und  Vervollständigung  einer  Regi- 
stratur-Einrichtung handelt,  und  weder  die  Absicht  ist,  die  durch  die  AUerh. 
CO.  V.  10.  Nov.  1862  den  Prov.Schulbehörden  übertragene  Competenz  zu  be- 
schränken, noch  in  den  Personalnotizen  andere  als  die  bei  Besetzungsfragen 
nothwendig  in  Betracht  kommenden,  urkundlich  documentirten  Data  zu  erfordern. 

I.    Die    einmalige   Aufnahme    des    gegenwärtigen    Personal 
Standes. 

1.  Aus  den  beiliegenden  vorbereiteten  Actentecturen  und  den  Formularen 
ersieht  das  E%  Prov.Sch.C,  dafs  fortan  in  der  Registratur  des  Ministeriums  für 
jede  höh.  Unterrichtsanstalt  ein  den  jeweiligen  Personalstand  derselben  con- 
statirendes  Actenstück  wird  gehalten  werden,  bestehend  aus  'einzelnen  Polio- 
blättem,  deren  erstes  den  Namen  der  Lehranstalt  mit  Angabe  der  etatsmäfsigen 
Anzahl  der  Lehrer  der  einzelnen  Kategorieen,  die  übrigen  die  Personalnotizen  über 
die  einzelnen  Lehrer  enthalten.  Weder  geheftet  noch  in  die  Form  einer  gemein- 
samen Tabelle  zusammengefafst  sind  die  Personalnotizblätter  deshalb,  damit 
nicht  eine  Aenderung  in  der  Stellung  eines  Lehrers  *ein  erneutes  Schreiben  der 
Personalnotizen  erforderlich  mache;  fü;  jeden  Lehrer  verbleibt  während  des 
ganzen  Verlaufs  seiner  amtlichen  Dienstzeit  dasselbe  Personalnotizblatt  und  es 
wird  nur  bei  jeder  Aenderung  in  seiner  Stellung  der  erforderliche  Vermerk  zu 
Nr.  7  hinzugefügt  und  das  Blatt  selbst  an  diejenige  Stelle  in  dem  bezeichneten, 
für  das  Collegium  derselben  oder  einer  anderen  Lehranstalt  angelegten  Acten- 
stück eingereiht,  an  welche  es  nach  der  eingetretenen  Aenderung  gehört.  Die 
Personalnotizblätter  derjenigen  Männer,  welche  aus  dem  activen  Schuldienst 
ausscheiden,  werden  in  alphabetischer  Ordnung  reponirt.  Das  K.  Prov.Sch.C. 
fordere  ich  hiemach  auf,  für  jede  der  höh.  Lehranstalten,  deren  Actentectur 
überschrieben  beigefügt  ist,  das  Titelblatt  des  Actenstücks  selbst  auszufüDen, 
die  Personalnotizblätter  aber  den  Directoren  (Rectoren)  der  betr.  Anstalten  zur 
Ausfüllung  zugehen  zu  lassen. 

In  Betreff  richtiger  und  gleichmäfsiger  Ausfüllung  der  Formulare  ist 
Folgendes  zu  beachten  und  den  Directoren  zur  Beachtung  zu  empfehlen:  Auf 
dem  Titelblatte  sind  aufser  dem  Dir.  nur  die  drei  Kategorieen  von  Lehrern  be- 
zeichnet: Oberlehrer,  ordentliche  Lehrer,  Elementar-  und  technische  Lehrer, 
d.  h.  die  in  den  etatsmäfsigen,  ^durch  Tit.  I  des  Etats  bezeichneten  Stellen 
fest  angestellten  Personen.  Alle  *diejenigen  Lehrer,  welche  als  wissenschaft- 
liche Hülfslehrer  oder  als  Religionslehrer  im  Nebenamte  u.  a.  m.,  ohne  definitiv 
angestellt  zu  sein,  aus  Tit.  II  Remunerationen  empfangen  oder  eine  Stelle 
nur  provisorisch  verwalten,  sind  in  die  Personalblätter  nicht  aufzunehmen.  In- 
dem das  K.  Prov.Sch.C.  auf  dem  Titelblatte  die  Zahlen  für  die  einzelnen  Lehrer- 
kategorien ausfüllt,  vielleicht  auch  der  Sicherheit  wegen  auf  einem  beigelegten 
Blatte  die  Namen  der  gegenwärtigen  Inhaber  der  Stellen  verzeichnet,  giebt  das- 
selbe zugleich  an,  für  welche  Personen  der  betr.  Dir.  die  Personalnotizblätter 
auszufüllen  habe.  Für  Lehranstalten,  welche  unter  einheitlicher  Direction  stehend 
zwei  Kategorieen  von  Schulen  in  sich  vereinigen,  wird  nur  e  i  n  Personal-Acten- 
stück  gehalten  und  es  wird  die  Anstalt  nach  ihrem  Hauptcharakter  bezeichnet, 
z.  B.  Gymnasium  verbunden  mit  Realschule  1.  0.,  Gymnasium  verbunden  mit 
höh.  Bürgerschule,  höh.  Bürgerschule  mit  Progymnasial-Klassen  u.  a.  m. 


203 


Auf  den  Personalnotizblättern  ist  es  tmter  Nr.  5  „Lehrbefähignng  etc/' 
zwar  nicht  erforderlich,  da[^  der  Wortlaut  des  betr.  Passus  des  PräArngszeng- 
nisses  aufgenommen,  wohl  aber,  dafs  die  Gegenstände  und  die  Höhe  der  Lehr- 
befähigung genau  dem  Zeugnisse  entsprechend  bezeichnet,  auch  kenntlich 
gemacht  werde,  wenn  eine  bestimmte  Höhe  z.  B.  die  oberste  Klasse  nur  be- 
dingungsweise (unter  der  Voraussetzung  fortgesetzter  Studien  u.  a.)  zuerkannt 
ist  —  Bei  den  technischen  und  den  seminaristisch  gebildeten  Lehrern  tritt  an 
die  Stelle  von  Nr.  3 — 6  die  Angabe  ihres  Bildungsganges,  ihrer  Qualification 
und  früheren  Beschäftigung. 

Unter  Nr.  6  ist   nach    dem   Probejahr  noch   „event.  Beschäftigung  als 
Hülfslehrer*'  hinzugefügt,  weil  nicht  immer  an  das  Probejahr  sich  unmittelbar 
die  definitive  Anstellung  anschliefst  und  nur  diese  unter  Nr.  7  zu  yerzeichnen 
ist.        Unter  Nr.  7  ist  nur  für  die  zuletzt,  also  gegenwärtig,  von   dem  betr. 
Lehrer  eingenommene  Stellung  die  Angabe  des  Diensteinkommens  (event.  Dienst- 
wohnung,'Wohnungsgeldzuschufs,  ständige  Bemunerationen  aus  einem  andern 
Etatstitel,  z.  B.  als  Bibliothekar,  Turnlehrer  u.  a.)  hinzuzufügen.        Als  „litte- 
rarische Publicationen'*  unter  Nr.  8  sind  jedenfalls  die  selbständig  erschienenen 
Schriften  und  Abhandlungen  zu  veizeichnen ;  es  ist  nicht  ausgeschlossen,  aber  nicht 
erforderlich,  Aufsätze,  welche  in  Zeitschriften  publicirt  sind,  mit  aufzunehmen. 
Unter  Nr.  9  „Bemerkungen"  ist  event.  das  Programm  nach  Ort,  Jahr  und  Seite 
zu  citiren,  in  welchem  sich  Lebensnachrichten  über  die  betr.  Lehrer  finden. 
Es  wird  zweckmäfsig  sein,   die  Dir.  etc.  wissen  zu  lassen,  dafs  es  sich " 
nur  um  eine  einmalige  vollständige  Aufnahme  des  Personalstandes  auf  Grund 
der  Actenvermerke  oder  der  ihnen  von  den  Lehrern  vorzulegenden  Urkunden 
handelt  und  eine  periodische  Wiederholung  nicht  beabsichtigt  ist        Da  es 
wünschenswerth  ist,  dafs  Blätter,  welche  lange  Zeit  in  Gebrauch  bleiben  sollen,  nicht 
gebrochen  werden,  so  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  die  Formulare  in  den  Actentecturen 
den  Dir.  zugehen  lassen  und  zu  der  entsprechenden  Schonung  der  Formulare 
dieselben  auffordern.        Der  Einsendung  der  Actenstücke  mit  den  genau  aus- 
gefüllten Personalnotizblättern  will  ich  bis  15.  August  d.  J.  entgegensehen. 

2.  Ein  gleichlautendes  zweites  Exemplar  der  unter  1  bezeichneten  Acten- 
stücke über  das  Personal  der  höh.  Lehranstalten  hat  das  K.  Prov.Sch.C.  für 
Seine  Registratur  herzustellen,  bezw.  herstellen  zu  lassen  und  in  der  oben  be- 
schriebenen Weise  in  Uebereinstimmung  mit  dem  jeweiligen  Person alstande  zu 
erhalten.  Das  betr.  Actenstück  des  Prov.Sch.C.  hat  sich  aber  nicht  auf  die  in 
den  etatsmäfsigen,  durch  Tit.  I  des  Etats  bezeichneten  Stellen  fest  angestellten 
Personen  zu  beschränken,  sondern  auf  alle  jeweilig  an  der  fraglichen  Anstalt 
beschäftigten  Lehrer  (aus  Tit.  II  remunerirte  Hülfslehrer,  provisorisch  oder  auf 
Kündigung  angestellte  Lehrer,  Probecandidaten)  zu  erstrecken;  jedem  Lehrer 
dieser  Kategorie  ist  ebenfalls  ein  Personalnotizblatt  zu  bestimmen,  aber  diese 
Blätter,  welche  in  die  der  Registratur  des  Ministeriums  angehörigen  Actenstücke 
nicht  gelangen,  sind  oben  über  dem  Striche  als  „Anhang**  etc.  zu  bezeichnen.*' 
(gez.)  Falk. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  19.  Juni  1876.  „Abschrift 
erhalten  Ew.  etc.  unter  Beifügung  der  Ministerial-Acten-Tectur  mit  einer  ent- 
sprechenden Anzahl  Schemas  der  Personal-Notizblätter,  deren  überzählige  zurück- 
zureichen sind,  während  die  Nachsendung  etwa  mehr  erforderlicher  nachzu- 
suchen ist,  zur  Kenntnisnahme  und  mit  der  Veranlassung,  dieselben  in  der 
vorgeschriebenen  Art  auszufüllen  und  zwar:  a)  für  die  Ministerial-Registratur 
in  Betreff  des  fest  angestellten  Directors,  resp.  Eectors,  sowie  der  fest  ange- 
stellten Oberlehrer,  ordentlichen  Lehrer,  Elementar-  und  technischen  Lehrer; 
b)  für  die  diesseitige  Registratur  ebenfalls  in  Betreff  der  ad  a  vorbezeichneten 
Personen  und  aufserdem,  unter  der  Bezeichnung  als  „Anhang**  in  Betreff  aller 
'  jeweilig  nur  provisorisch  oder  auf  Kündigung  angestellten,  resp.  nur  provisorisch 


204 

beschäftigten  Lehrer,  als  wissenschaftlicher  Hülfslehrer,  Beligionslehrer,  tech- 
nischer Lehrer  etc.,  sowie  der  Probe-Candidaten.  Nach  erfolgter,  den  höheren 
Orts  getroffenen  Anordnungen  entsprechender,  genauer  Ausfüllung  der  Personal- 
Notizblätter,  welche  möglichst  schonend  behandelt  und  insbesondere  nicht 
gebrochen  werden  sollen,  sehen  wir  deren  Rückgabe  in  der  Acten-Tectur 
bis  zum  10.  Aug.  d.  Js.  entgegen.  Wir  bemerken  noch,  dafs  in  die  Blätter 
nicht  die  sämtlichen  Vornamen,  sonder  nnur  die  Bufnamen  einzutragen  sind. 
Die  bisherigen  Personalstands-Üebersichten  und  Personal-Verändenings- 
Nachweisungen  kommen  fortan  in  Wegfall** 

• 

C.Verf.  V.  18,  März  1885.  „Bei  der  Bearbeitung  der  Ton  dem  K, 
Prov»Sch.C.  einzureichenden  Frequenztabellen  und  der  üebersichten 
der  Reifeprüfungen  an  den  höh.  Lehranstalten  haben  sich  üebelstände  er- 
geben, welche  es  nothwendig  gemacht  haben,  andere  Schemata  zu  entwerfen. 
Dem  £.  Prov.Sch.C.  übersende  ich  solche  zur  künftigen  Benutzung*  und  zwar 
ein  Schema  für  die  Frequenztabellen  1.  der  Gymnasien,  2.  der  Real- 
gymnasien, welches  unter  entsprechender  Aenderung  des  Kopfes  ad  lfd.  Nr.  3, 
4,  5a,  6,  7  und  8a  auch  für  die  Ober-Realschulen  anzuwenden  ist,  3.  der 
Progymnasien,  in  gleicher  Weise  auch  für  die  Realprogymnasien  bestimmt, 
4.  der  höheren  Bürgerschulen,  desgleichen  für  die  Realschulen  giltig,  sowie 
Üebersichten  von  den  Reifeprüfungen  bei  den  Gymnasien,  Realgym- 
nasien, Ober-Realschulen. 

Zu  den  Frequenztabellen  bemerke  ich,  dafs  in  den  Fällen,  in  denen  die 
Schüler  der  Ober-  und  Unter-Abteilung  einer  der  ersten  drei  Klassen  ungetrennt 
unterrichtet  werden,  dies  durch  das  Zeichen  *— s^-'  kenntlich  zu  machen  ist. 
Andererseits  sind  die  Trennungen  der  einzelnen  Klassen  in  Goten  durch  farbige 
Dinte  über  der  Gesamtzahl  anzugeben  und  zwar  bei  Wechselcöten  mit  der  Be- 
zeichnung 0.  und  M.,  dagegen  bei  Parallelcöten  mit  a  und  b.  Die  Zahl  der 
Schüler  in  Colonne  5  ist-  den  Nachrichten  in  den  Schulprogrammen  zu  ent-- 
nehmen  und  zwar  mufs  dieselbe  übereinstimmen  mit  den  Angaben  unter 
lfd.  Nr.  4  bezw.  8  des  der  Verfügung  vom  7.  Januar  er.  (s.  Abt.  I  S.  379) 
beigeschlossenen  Schemas  A. 

Aufser  den  oben  bezeichneten  Frequenztabellen  ist  ferner  eine  besondere 
Tabelle  (Schema  D.)  über  diejenigen  Privatschulen  einzureichen,  welchen 
die  Berechtigung  zur  Ausstellung  von  Zeugnissen  für  den  einjährigen  Militär- 
dienst zuerkannt  ist. 

Die  neuen  Schemata  sind  schon  für  die  Nachrichten  über  das  Winter- 
Semester  1884/85  bezw.  das  Jahr  1.  April  1884/85  zu  benutzen. 

Da  durch  die  jetzt  angeordnete  Aenderung  eine  Verzögerung  entstehen 
kann,  so  bestimme  ich,  dafs  die  Einreichung  der  gedachten  Tabellen,  jedoch 
nur  für  das  laufende  Jahr,  vier  Wochen  später  als  bisher  vorgelegt  werden 
können.  Uebrigens  sind  die  Tabellen  in  dem  Formate  der  beiliegenden 
Schemata  einzureichen.  Mit  den  nächsten  Anzeigen  über  die  Personal -Ver- 
änderungen in  den  Lehrer-Collegien  der  Provinz  iöt  ferner  eine  Tabelle 
vorzulegen,  in  welche  aufzunehmen  ist:  1.  Gesamtzahl  der  Stellen,  a)  für 
wissenschaftliche  Lehrer  incl.  Directoren,  b)  für  Elementar-  und  technische 
Lehrer,  c)  für  wissenschaftliche  Hülfslehrer,  welche  ihre  Besoldung  aus  Titel  I 
des  betr.  Anstalts-Etats  erhalten,  d)  für  Vorschullehrer.  2.  Zugang  bei  diesen 
Lehrer-Kategorien  während  des  Jahres  1..  April  1884/85,  a)  durch  erste  An- 
stellung, b)  durch  Berufung  von  preufsischen  Anstalten  anderer  Provinzen, 
c)  durch  Berufung  von  aufserpreufsischen  Anstalten.  3.  Abgang  in  gleicher 
Weise,  a)  durch  Berui^ng  an  Anstalten  in  anderen  Provinzen,  b)  durch  Be- 
rufung an  aufserpreufsische  Anstalten,  c)  durch  üebemahme  eines  anderen 
Amtes  im  Inlande,    d)  durch  Austritt,  e)  durch  Pensionirung,  f)  durch  Tod."  * 


205 

C.Verf.  V.  4.  Sept.  1886.  „Wie  im  Vorjahre  so  soll  auch  im  laufenden 
und  in  den  folgenden  Jahren  eine  Uebersicht  über  die  Bewegungen  untei: 
den  angestellten  Lehrern  an  den  höh.  Untenichts-Anstalten  Preufsens  — 
cfr.  S.  44/45  des  Ergänzungshefta  zum  C.B1.  far  die  gesamte  Unterr.-Verw.  prc 
1885  —  veröffentlicht  werden.  Bezugnehmend  auf  die  C.Verf.  v.  18.  März  pr. 
veranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.Coll.,  nach  den  darin  enthaltenen  Angaben 
eine  bezügliche  Tabelle  für  das  Schuljahr  1885/86  aufzustellen  und  dem- 
nächst vorzulegen.  Für  die  Zukunft  wird  der  Einreichung  gleicher  Tabellen 
über  das  abgelaufene  Schuljahr  bis  Anfangs  Aagust  jedes  Jahres  entgegen 
gesehen.'^ 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zuCoblenzv.  15.  Nov.  1874:  „In  Betreff 
der  periodisch  uns  zu  erstattenden  Berichte  finden  wir  uns  veranlafst, 
folgende  Bestimmungen  zu  treffen: 

1.  Die  Dir.  und  Kectoren  unseres  Verwaltungsbezirks  sind  bisher  gehalten 
gewesen,  alljährlich  in  umfassender  Weise  über  die  gesamte  innere  und  äufsere 
Entwickelung  der  von  ihnen  geleiteten  Lehranstalten  an  uns  zu  berichten. 
Indem  wir  es  bei  den  bisher.  Vorschriften  hinsichtlich  des  Inhalts  dieser  Berichte 
belassen,  wollen  wir  dieselben  jedoch  fernerhin,  statt  in  einjähr.,  in  3jähr. 
Zwischenräumen  entgegennehmen.  Diese  Veränderung  kann  indessen  nicht 
sofort  ins  Leben  treten.     [Es  folgen  üebergangsbestimmungen.] 

Wir  bemerken,  dafs  uns  bei  dieser  Anordnung  nicht  so  sehr  die  Absicht, 
den  Dir.  die  Pflicht  der  Berichterstattung  zu  erleichtem,  als  vielmehr  die  Er- 
wartung leitet,  es  werdo  bei  dem  Bückblick  auf  einen  längeren  Zeitraum  von 
den  Berichterstattern  mit  erhöhet^m  Interesse  ans  Werk  gegangen  und  dem  zu 
entwerfenden  Bericht  in  jedem  Fall  die  Unterlage  einer  ausgedehnteren  Erfahrung 
und  eines  sicheren  Urteils  gewonnen  werden.  Wir  bringen  dabei  ein  tieferes 
Eingehen,  als  in  den  Jahresberichten  zur  Zeit  gewöhnlich  begegnet,  auf  Er- 
fahrungen an  dem  besonderen  Schulleben  der  Anstalt,  die  sich  allgm.  fruchtbar 
machen  lassen,  femer  auf  die  Charakteristik  der  an  der  Anstalt  wirkenden 
Persönlichkeiten  und  deren  durch  Ab-  und  Zugang  häufigen  Modificationen 
unterworfenes  Zusammen-  und  Gegeneinanderwirken  in  Unterricht  und  Erziehung, 
und  überhaupt  auf  den  wesentl.  Zweck  jener  Berichte  in  Erinnerung,  der  darin 
besteht,  uns  in  genauer  Kenntnis  von  dem  Zustande  der  uns  unterstellten 
Schulen  zu  erhalten.  Uebrigens  setzen  wir  als  selbstverständlich  voraus,  dafs, 
wenn  die  besondere  Einberichtung  bedeutsamer  Vorgänge  an  den  von  ihnen 
geleiteten  Lehranstalten  den  Dir.  schon  neben  dem  alljährlich  zu  erstattenden 
Berichte  zur  Pflicht  gemacht  war,  diese  Verpflichtung  von  denselben  hinfort  in 
erhöhetem  Mafse  anerkannt  und  beachtet  werden  wird. 

2.  In  Betreff  der  Reclamation  militärpflichtiger  Lehrer  ist  bisher 
aJJtjährlich  von  allen  Anstalten  unseres  Bezirks  berichtet  worden.  Für  den  Fall, 
dafs  an  einer  Anstalt  kein  Lehrer  als  unabkömmlich  zu  bezeichnen  ist,  bedarf 
es  hinfort  der  Vacatanzeige  nicht  mehr.  Desto  erforderlicher  ist  es,  dafs  die 
bezügL  Beclamationen,  welche  von  uns  vertreten  werden  sollen,  bis  zum  30.  Sept. 
jedes  Jahres  an  uns  gelangen. 

3.  In  den  Berichten  über  die  Lehrpen sa,  welche  alljährlich  vor  dem 
Beginn  des  Schuljahrs  auf  Grund  einer  Conferenzberathung  festgestellt  werden, 
läfst  sich  unter  wirksamer  Verfolgung  ihres  Zwecks  eine  Vereinfachung  erzielen. 
Wenn  der  allgm.  Lehrplan  einer  Anstalt,  welcher  sich  an  den  für  dieselbe  ver- 
bindlichen Normal-Lehrplan  aufs  engste  anzuschliefsen  hat,  erläutert  durch  die 
speciellen  Lehrpläne  für  die  einzelnen  Unterrichtsgebiete,  deren  Ausarbeitung, 
wo  es  daran  noch  fehlen  sollte,  wir  als  unerläfslich  bezeichnen  müssen,  uns 
einmal  vorgelegt  und  von  uns  genehmigt  worden  ist,  so  wird  in  dem  Bericht 
über  die  Lehrpensa,  unter  Bezugnahme  auf  diese  Vorlagen,,  lediglich  auf  ab- 


203 

weichende  Abgienzungen  der  Lehrstoffe  und  auf  die  von  Jahr  zu  Jahr  wechselnde 
Leetüre  einzugehen  sein.  Wir  empfehlen  dabei,  auch  die  speciellen  Lehrpläne 
je  nach  Bedürfnis  und  Möglichkeit  in  den  Programmen  zum  Abdruck  zu 
bringen,  wie  dies  von  den  BSS.  1.  0.  zu  Düsseldorf  und  zu  Cöln  bereits  ge- 
schehen ist 

4.  Die  nach  unserer  C.Verf.  v.  21.  Nov.  1861  am  Schlufs  jede^  Sem. 
einzureichenden  Anzeigen  aber  die  Frequenz  und  die  Zahl  der  Freistellen  können 
künftig  unterbleiben.  Dagegen  sind  die  entsprechenden  Uebersichten  in  die 
allgm.  Yerwaltungsberichte  au&unehmen.  Auch  ist  in  Zukunft  bei  Aufstellung 
der  Schulgeld-Hebelisten  am  Schlufs  derselben  zu  berechnen  und  anzu- 
geben: a)  die  Solleinnahme  an  Schulgeld  von  allen  die  Anstalt  besuchenden 
Schülern;  b)  der  zulässige  Maximalbetrag  der  Schulgeld-Befreiungen,  welcher 
für  die  aus  Staatsfonds  subventionirten  Anstalten  auf  10  proc.  der  in  a  ge- 
dachten Solleinnahme  beschränkt  werden  mufs;  c)  der  Ausfall  an  Schulgeld, 
welcher  durch  Freistellen  in  Folge  vorschriftsm.  Berechtigung,  in  Folge 
besonderer  Verleihung  wegen  Bedürftigkeit  und  Würdigkeit  und  im  Ganzen 
entsteht.  Die  etwa  vorhandenen  Vorschulklassen  dürfen  weder  bei  der  Fest- 

stellung der  bei  a  und  b  gedachten  Beträge  noch  bei  der  Verleihung  von  Frei- 
stellen in  Betracht  gezogen  werden." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  v.  19.  Mai  1873:  „Die  Directi.on 
veranlassen  wir,  in  dem  am  1.  Dec.  jährlich  einzureichenden  Jahres-Nachweise 
der  persönl.  und  dienstl.  Verhältnisse  der  Lehrer  in  der  Bubrik  „Confession" 
auch  die  besondere  confess.  Stellung  der  Lehrer,  z.  B.  Altkatholik  u.  dgl.,  wenn 
dazu  Veranlassung  geboten  ist,  anzugeben/' 

Die  periodischen  Verwaltungsberichte  (von  3  zu  3  Jahren) 

(vgl.  Abt.  I  p.  11). 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  6.  Aug.  1863:    »Der  H.Hin. 

hat  aas  den  Jahresberichten  der  C^mnasialdireotoren  über  die  Jahre das 

sehr  verschiedene  Verfahren  kennen  gelem^  welches  dabei  beobachtet  worden  ist. 
Während  nämlich  einige  Berichte  in  zweckm.  Weise  alles  wesentlich  in  Betracht 
Kommende  eingehend  besprächen,  auch  mit  Angabe  dessen,  was  für  eine  gedeihL 
Weiterentwickelung  der  betr.  Anstalten  besonders  zu  wünschen  wäre,  beniügten 
sich  andere  mit  einigen  Notizen  über  die  Externa  der  Schule,  so  dafs  iu>er  das 
innere  Leben  derselben,  sowohl  in  wissenschaftl.  wie  in  pädagog.  Beziehung,  über 
die  Erfolge  in  den  verschiedenen  Unterrichtsgegenständen,  über  den  in  den 
LehrercoU.  herrschenden  Geist  und  die  Wirksani^eit  der  einzelnen  Lehrer  aus 
solchen  Berichten  nichts  entnommen  werden  könne.  Der  H.Min.  hat  deshalb  zu 
erwäffen  gegeben,  ob  nicht  den  Dir.  unter  Wegfall  der  bisher,  jährlichen  Berichte, 
von  denen  eine  sofortige  Besprechung  aller  wichtigen  Punkte  nicht  jedesmal  er- 
wartet werden  könne,  für  die  Berichterstattung  über  eine  Sjähr.  Verwaltungs- 
periode,  ohne  die  Freiheit  der  individuellen  Behandlung  unnöthig  zu  beschränken, 
bestimmte  von  jedem  zu  beachtende  Gesichtspunkte  anzugeben  wären.  In  dieser 
Beziehung  wird  auf  die  neuerdings  von  dem  Ki  Prov.Sch.C.  zu  Stettin  erlassene 
allgm.  Vorschrift  hingewiesen. 

Demnach  modificiren  wir  unsere  Verf.  v.  10.  März  1860  dahin,  dafs  unter 
Wegfall  der  bisher.  Jahresberichte  periodisch  von  3  zu  3  Jahren  von  den  Directoren, 
resp.  Dirigenten,  Verwaltangsberichte  an  uns  erstattet  werden. 

Damit  aber  das  Wesentliche  und  Wichtige  jederzeit  wirklioh  zur  Sprache 
gebracht  werde,  bezeichnen  wir  im  Folgenden  die  Gegenstände,  über  welche  sich 
der  Verwaltungsbericht  stets  zu  verbreiten  hat,  und  die  Reihenfolge,  in  welcher 
dieselben  zu  behandeln  sind. 

1.  Lehre rcollegium.  Hinsichtlich  der  Nachweisungen  über  die  persönL 
Verhältnisse  der  definitiv  angestellten  Lehrer  bewendet  es  bei  unserer  Verf.  v. 
10.  März  1860.  Dagegen  sind  hier  zu  erwähnen  die  Probecandidaten  und  sonstigen 
provisorisch  beschäftigten  wissenschaftl.  und  techn.  Hülfslehrer  mit  Angabe  ihrer 
wöchentl.  Stundenzahl,  ob  die  Zahl  der  etatsm.  Lehrer  zur  Besorgung  des  wissen- 


207 

schaftl.  Unterr.  hinreichend,  event.  für  welche  Disciplinen  eine  Verstärkung  er- 
forderlich ist,  ob,  resp.  welche  von  den  ordentl  Lehrern  sogenannte  Extrastunden 
geben  und  bis  zu  welcher  Zahl  wöchentlich.  lieber  die  von  den  vorhandenen 
Lehrern  geübte  amtl.  Thätigkeit,  über  ihr  Verhältnis  unter  einander,  zu  dem  Dir. 
und  zu  den  Schülern  wird  sich  der  Yerwaltungsbericht  im  Allgm.  auszusprechen 
haben,  wobei  besondere  Begabung  und  besonders  erfolgreicher  Eifer  einzelner 
Lehrer  für  die  sittl.  und  intellectuelle  Ausbildung  der  Schüler  hervorzuheben,  aber 
auch  nicht  zu  verschweigen  ist,  .wenn  ein  Lehrer  einen  erhebl.  Mangel  an  Lehr- 
geschick oder  Pflichttreue  zeigen  oder  sich  die  erforderl.  Autorität  bei  den  Schülern 
und  Achtung  des  Publikums  nicht  zu  erwerben  oder  zu  erhalten  vermocht  haben 
sollte.  Es  ist  zu  bemerken,  ob  durch  längere  Krankheit  einzelne  Lehrer  in  ihrer 
Wirksamkeit  gehemmt,  ob  in  den  Conferenzen  allg^.  didakt.  und  pädagog.  Fragen, 
das  Zusammenwirken  der  Lehrer  für  den  Unterr.,  die  Brauchbarkeit  der  ein- 
geführten Lehrbücher  erörtert,  in  Fachconferenzen  Teile  dös  Lehrplans  der  Schule 
und  welche  besprochen  sind,  ob  Wissenschaft!.  Vereine  unter  den  Lehrern  bestehen, 
ob  durch  öffentl.  Vorträge  der  Lehrer  eine  intellectuelle  Einwirkung  auf  das 
Publikum  stattfindet  u.  s.  w. 

2.  Frequenz  der  Anstalt.  In  dieser  Beziehung  erwarten  wir  im  Ver- 
waltungsbericht eine  übersichtl.  Zusammenstellung  der  Frequenz,  welche  die  Anstalt 
in  den  einzelnen  Kl.  und  im  Ganzen  zu  Anfang  jedes  der  betr.  Jahre  und  zum 
Schlufs  des  letzten  gehabt  hat,  mit  Angabe  des  Abgangs  und  Zugangs  in  den 
einzelnen  Kl.,  der  Confessionsverhältnisse,  der  Berufskreise,  aus  denen  die  Schüler 
kommen,  und  wie  sich  die  Zahl  der  einheim.  Schüler  zu  der  der  auswärtigen 
verhält.  Zeigt  diese  Uebersicht  ein  bedeutendes  Steigen  oder  Sinken  der  Gesamt- 
frequenz und  der  Frequenz  einzelner  KL,  eine  über  die  Zahl  von  50  Schülern  in 
den  unteren  und  mittl.,  40  in  den  oberen  hinausgehende  UeberfüUung  einzelner  KL, 
resp.  Götus,  so  sind  die  Ursachen  solcher  Erscheinungen  zu  erörtern,  und  die  Mittel 
anzugeben,  welche  zur  Abhülfe  der  in  dieser  Beziehung  etwa  vorhandenen  Uebel- 
stände  ergrifi'en  sind  oder  desiderirt  werden.  Auffallende  Erscheinungen  in  Betreff 
der  Altersverhältnisse  der  Schüler  und  der  Zeit,  welche  sie  in  den  einzelnen  Kl. 
zubringen,  werden  bei  dieser  Bubrik  zu  berühren  sein.  Hierher  gehört  ferner,  was 
etwa  in  Beziehung  auf  die  Aufnahme  der.  Schüler  und  ihre  allgm.  Vorbildung,  die 
Anstalten,  aus  denen  sie  zu  kommen,  das  Alter,  mit  welchem  sie  einzutreten  pflegen, 
bemerkenswerth  ist,  namentlich  die  Angabe,  ob  die  .Begel,  dafs  in  die  unterste  KL 
kein  Schüler  vor  dem  Beginn  des  10.  Lebensjahrs  aufgenommen  werden  soll,  streng 
festgehalten  wird  oder  in  wie  vielen  Fällen  etwa  eine  Ausnahme  gemacht  worden 
ist.  Endlich  ist  hier  die  Zahl  und  das  durchschnittl.  Alter  der  Abiturienten 
anzugeben,  welche  in  jedem  der  betr.  Jahre  die  Anstalt  mit  dem  Zeugnis  der  Beife 
verlassen  haben,  und  was  in  Beziehung  auf  Steigerung  oder  Verminderung  dieser 
Zahl,  auf  die  Facultäten  oder  Berufsi^ten,  zu  denen  die  Abiturienten  und  sonst 
Abgegangene  sich  gewandt  haben,  etwa  der  Hervorhebung  werth  erscheint,  ins- 
besondere ob  auf  den  Abgang  aus  der  Uli  die  Berechtigung  zum  einjähr.  freiwilL 
Militärdienst  einen  ersicbtl.  Einflufs  ausübt. 

8.  Disciplin.  Bei  der  Beschreibung  des  sittlichen  Zustandes  der  Anstalt 
wird  es  hauptsächlich  darauf  ankommen,  ob  Gottesfurcht  und  gesunde  christl. 
Frömmigkeit,  Lemlnst  und  wissenschaftl.  Streben,  Pietät  gegen  die  Lehrer,  willige 
Unterordnung  unter  die  Zucht  der  Schule,  Wahrhaftigkeit  und  Offenheit,  Züchtigkeit, 
frische  jugendliche  Munterkeit  vorwaltet,  oder  ob  die  entgegengesetzten  Bichtungen 
in  bedenklicher  Weise  sich  geltend  machen.  Ueber  die  etwa  notwendig  gewordenen 
schweren  Strafen  ist  mit  kurzer  Angabe  der  Vergehungen  zu  berichten,  und  ins- 
besondere genau  anzugeben,  wie  viele  Schüler  in  jedem  der  betr.  Jahre  verwiesen 
und  wie  viele  still  entfernt  worden  sind.  Etwan.  Excesse  ganzer  Klassen  oder 
sonst  einer  gröfseren  Anzahl  gemeinsam  beteiligter  Schüler  sind  zu  erwähnen. 
Desgleichen,  ob  aus  dem  Besuch  von  Wirthshäusem  und  anderen  öffentl.  Orten, 
ob  durch  Schulversäumnisse,  namentlich  vor  und  nach  den  Ferien,  Nachteile  für 
die  Lösung  der  Aufgabe  der  Schule  erwachsen  sind,  und  welches  der  Erfolg  der 
dagegen  ergriffenen  Zuchtmittel  gewesen  ist. 

Die  etwa  vorhandenen  unter  dem  Einflufs  der  Direction  stehenden  Alumnate 
und  deren  Erfolge,  sowie  die  sonst  wegen  angemessener  Unterbringung  und  Ueber- 
wachung  auswärtiger  Schüler  bestehenden  Einrichtungen,  Festsetzung  der  häusl. 
Arbeitszeit,  Hausbesuche  u.  dgl.  sind  ihrer  Wirksamkeit  nach  zu  erörtern. 


208 

4.  Unterricht  und  Lehreinrichtungen.  Hier  ist  anzugeben,  ob 
der  Normallehrplan,  wie  er  .für  die  Gymn,  in  den  Min,Verff.  v.  24.  Oct.  1837  und 
7.  Jan.  1856,  für  die  Kealschulen  in  der  ÜO.  v.  6.  Oct.  1859  aufgestellt  worden, 
genau  durchgeführt  ist,  oder  welche  Abweichungen  von  demselben  bestehen,  resp. 
noch  bestehen,  und  aus  welchen  Gründen. 

Es  sind  über  das  durchschnittl.  Verhältnis  der  Leistungen  der  einzelnen  El. 
in  den  verschiedenen  Lehrgegenständen  und  damit  über  den  Erfolg,  den  der  Unterr. 
der  Anstalt  nach  dem  Urteil  des  Dir.  bei  der  Mehrzahl  der  Schüler  erzielt  hat, 
Bemerkungen  zu  machen  und  wenn  sich  hierin  auffallende  Erscheinungen,  Vorliebe 
oder  Vernachlässigung  einzelner  Disciplinen  im  Allgm.  oder  in  besonderen  KL 
zeigen  sollten,  sind  die  Gründe  zu  erörtern  und  die  Mittel  zur  Herbeiführung 
normaler  Zustände  zu  bezeichnen.  '  Es  ist  auch  darüber  zu  berichten,  in  wie  weit 
der  häusl.  Fleifs  der  Schüler  den  Anforderungen  entsprochen  habe,  ob  das  rechte 
.  Mafs  in  der  Aufgabe  häuslicher  Schularbeiten  überall  beobachtet  sei,  was  zur  An- 
regung von  Frivatstudien  und  Erweckung  freier  Selbstthätigkeit  unter  den  Schülern 
geschehen  und  mit  welchem  Erfolge,  ob,  resp.  in  welcher  Weise,  Ferienbe- 
schäftigungen Eingang  gefunden  haben. 

Fem  er  ist  die  Einrichtung  der  Turnübungen  und  wie  sich  die  Schüler  daran 
beteiligen,  zu  besprechen,  sowie  was  sonst  etwa  von  Seiten  der  Schule  zur  Kräftigung 
der  körperl.  Gesundheit  der  Schüler,  z.  B.  durch  Veranstaltung  gemeinschaftlicher 
Spaziei^änge,  geschehen  ist. 

Die  vorerwähnten  Rubriken  werden  in  jedem  Verwaltungsbericht  zu  beachten 
sein;  aber  wie  weit  und  wie  erschöpfend  über  alle  unter  denselben  erwähnten 
Punkte  sich  auszusprechen  die  Dir.  Veranlassung  haben  werden,  bleibt  ihrem  Er- 
messen überlassen ;  nur  mufs  aus  dem  Bericht  nach  diesen  angegebenen  Eichtungen 
hin  der  Zustand  der  Anstalt  klar  erkannt  werden  können. 

Bei  einzelnen  Anstalten  wird  Veranlassung  sein,  auch  noch  manches  Andere 
zu  berühren.     Dahin  ist  zu  rechnen: 

5.  Der  Zustand  der  Schullocalien,  des  Lehrapparats,  sofern  in  dieser  Hinsicht 
erhebl.  Verbesserungen,  resp  Vermehrungen,  stattgefunden  haben  oder  desiderirt 
werden.  6.  Das  Verhältnis  der  Anstalt  zum  Patronat,  resp.  Curatorium,  zur 
Kirche,   zum  Publikum,    soweit  darin  etwas  Ungewöhnliches   hervorgetreten  ist. 

7.  Schulfeierlichkeiten  zur  Pflege  und  Belebung  des  religiösen,  patriotischen  und 
ästhetischen  Sinnes  der  Schüler,  die  Einrichtung  der  Schnlandachten,  die  gehaltenen 
Schuicommunionen,  die  Einwirkung  der  Schule  auf  den  Earchenbesuch  der  Schüler. 

8.  Finanzielle  Verhältnisse,  Lehrerbesoldungen,  Beneficien,  Stipendien,  mit  der 
Anstalt  verbundene  Witwenkassen,  milde  Stiftungen,  Vereine  zur  Unterstützung 
hülfsbedürftiger  Schüler  u.  s.  w. 

Angelegenheiten,  die  im  Vorstehenden  nicht  erwähnt  worden,  sind  selbst- 
redend von  dem  Verwaltungsbericht  nicht  ausgeschlossen,  wenn  sie  von  Erheblichkeit 
sind,  wie  es  auch  keiner  besonderen  Erinnerung  bedarf,  dafs  auch  in  der  Zwischenzeit 
alle  wichtigen  Ereignisse  zur  Kenntnis  der  Aufsichtsbehörde  zu  bringen  sind.  Da- 
gegen sind  Anträge  in  Bezug  auf  Abänderungen  oder  neue  Einrichtungen  nicht 
mit  den  Verwaltungsberichten  zu  verbinden,  sondern  in  besonderen  Berichten  zu 
stellen« 

Schliefslich  erinnern  wir  die  Dir.  nochmals  an  die  pünktl.  Innehaltung  des 
Termins  zur  Einreichung  dieser  Berichte,  wonach  dieselben  noch  vor  Ablauf  jedes 
3.  Jahres  bei  uns  eingehen  müssen." 

C.Verf.  V.  9.  Dec.  1878  an  die  Präsidien  der  Schulcollegien.  „Nach- 
dem ich  über  die  in  meinem  Erlasse  vom  16.  Oct.  d.  J.  in  Anssicht  genommene 
anderweite  Regelung  des  Termins  für  die  Erstattung  der  periodischen  Ver- 
waltungsberichte über  die  Gymnasial-  und  Reallehranstalten  die  sämtlichen 
Prov.Sch.CC.  gehört  habe,  bestimme  ich  in  Abänderung  d^r  mittels  Verfügung 
vom  31.  Dec.  1859^)  übersandten  diesbezüglichen  Vorschriften  (§  1.  Abs.  l. 
Schlnfspassns),  beziehungsweise  des  Erlasses  vom  31.  Jnli  1868  (s.  Abt.  I  S.  11) 
hiermit  generell,  dafs  die  erwähnten  Berichte  in  Zukunft  nicht  wie  bisher  im 
Laufe  des  ersten  Quartals,  sondern  am  15.  Aug.  desjenigen  Jahres  zu  erstatten 


»)  Vgl.  Centrbl.  pro  1860  S.  199. 


209 

sind,  in  welchem,  die  dreijährige,  för  jedes  einzelne  Jahr  von  Ostern  zn  Ostern 
laufende  Yerwaltnngsperiode  abschliefst.  DemgemäTs  erwarte  ich  die  nächsten 
Yerwaltongsberichte  über  die  Beal-  und  höheren  Bürgerschulen  aller  Provinzen 
seitens  der  einzelnen  Prov.Sch.CC.  znm  15.  Aug.  1879,  die  über  die  Gymnasien 
und  Progymnasien  zum  15.  Aug.  1880.  Als  Termin  für  die  desfaUsigen 
Berichterstattungen  der  Dirigenten  der  höheren  Lehranstalten  an  die  Prov.Sch.CC. 
dürfte  am  zweckmäfsigsten  der  15.  Mai  festzuhalten  sein;,  indessen  überlasse 
ich  es  den  Prov.Sch.CC,  nach  Bedürfnis  der  besonderen  provinziellen  Ver- 
hältnisse diesen  Termin  auf  den  1.  Juni  zu  erstrecken.  Indem  durch  die 
getroffene  Anordnung  es  ermöglicht  wird,  dafs  die  periodischen  Verwaltungs- 
herichte  für  die  grofse  Mehrzahl  der  höh.  Lehranstalten  in  Zukunft  sich  über 
drei  volle  Schuljahre  verbreiten,  kann  diesem  erheblichen  Vorteile  gegenüber 
nicht  in  Betracht  kommen,  dafs  nunmehr  far  die  Minderzahl  von  höh.  Schulen, 
welche  das  Schuljahr  noch  mit  Herbst  abschliefsen,  die  gedachte  Verwaltungs- 
periode nur  5  Semester  umschllefst"        Der  Minister  etc.  Falk. 

Aus  der  C.Verf.  v.  23.  März  1887  an  die  Präsidien  der  K.  Prov.- 
Sch.CC: „Um  für  die  Zukunft  den  Verwaltuugsberichten  den  beabsichtigten 
Erfolg  zu  sichern,  bestimme  ich  hiermit  Folgendes: 

1.  Die  Verwaltungsberichte  zerfallen  auch  femer  in  einen  allgemeinen 
und  in  einen  besonderen  Teil. 

2.  Der  allgemeine  Teil,  in  welchem  es  sich  nur  um  solche  Beobachtungen 
handeln  kann,  welche  die  ganze  Provinz  oder  einen  erheblichen  Teil  derselben  be- 
treffen, gliedert  sich  am  zweckmäfsigsten  in  nachstehende  fünf  Unterabteilungen: 
a.  Statistisches,  b.  Unterricht,  Lehrpläne  und  Lehrmittel,  c.  Disciplin,  d.  Lehr- 
personal, e.  Aeufserungen  über  besondere  Gegenstände,  deren  Behandlung  in 
den  Verwaltungsberichten  von  der  Centralinstanz  angeordnet  ist  oder  die  das 
Prov.Sch.C.   seinerseits   zum  Vortrag  zu  bringen  für  nothwendig  erachtet. 

Was  die  Rubrik  a  betrifft,  so  sind  darunter  nothwendiger  Weise  zu  be- 
fassen das  Mafs  der  Beteiligung  der  Bevölkerung  an  dem  Besuche  höherer 
Schulen  überhaupt  und  einzelner  Kategorieen  derselben  insbesondere,  event.  auch 
nach  der  Eigentümlichkeit  der  Provinz,  das  Mafs  der  Beteiligung  einzelner 
Berufsstände,  Confessionen  und  Nationalitäten  (Procentsatz  der  männlichen  Be- 
völkerung); ferner  der  Procentsatz  der  Versetzungen  und  des  Bestehens  der 
Keifeprüfungen,  event.  in  einzelnen  Provinzen  auch  nach  Verschiedenheit  der 
Confessionen  und  Nationalitäten.  In  beiden  Fällen  ist  eine  Vergleichung  mit 
dem  Zustand  der  vorigen  Periode  beizufügen.  Aufser  diesem  nothwendigen 
Inhalt  des  statistischen  Abschnitts  ist  es  den  Prov.Sch.CC  unbenommen,  unter 
AuBschlafs  dessen,  was  in  den  statistischen  Heften  bereits  enthalten  ist,  be- 
sonders wichtige  Beobachtungen  in  Zahlenbildern  zur  Darstellung  zu 
bringen.  Unter  d)  Lehrpersonal  werden  insbesondere^  die  wissenschaftiiche 
Bethätigung  der  Directoren  und  Lehrer,  ihre  Teilnahme  an  Vereinen  und  Ver- 
sammlungen und  die  Qaalification  von  Oberlehrern  für  Directorstellen  zu  er- 
wähnen sein.  Ist  in  einer  einzelnen  Periode  unter  einer  der  Rubriken  b.  bis 
e.  nichts  zu  bemerken,  so  ist  dies  kurz  zu  erwähnen. 

3.  Der  besondere  Teil  umfafst  alle  der  jedesmaligen  Berichterstattung 
unterliegenden  höh.  Lehranstalten  (gymnasiale  einerseits  und  realistische  An- 
stalten andererseits)  nach  Schularten  und  innerhalb  derselben  nach  dem  Alphabet 
geordnet.  Hinter  dem  Namen  jeder  einzelnen  Anstalt  ist  die  Namenschiffre 
des  betr.  Beferenten  in  Klammern  beizufügen.  Um  die  Berichterstattung  zu 
vereinfachen  und  den  Prov.Schulräthen  eine  auf  eigener  Wahrnehmung  be- 
gründete Aeufserung  zu  erleichtern,  erwarte  ich  in  Zukunft  einen  eingehenderen 
Bericht  nur  über  diejenigen  Anstalten,  die  im  Laufe  der  verflossenen  Ver- 
waltungsperiode von   den  Prov.Schulräthen  revidirt  worden  sind,  unter  Angabe 

Wiese,  Verordnungen.    II.  j[4 


210 

des  Datums  der  Bevision.  Bei  allen  übrigen  Anstalten  genügt  es,  wenn  nnr 
dasjenige  erwähnt  wird,  was  in  Bezng  anf  änfsere  und  innere  Verhältnisse  für 
die  Entwickelnng  der  einzelnen  Schale  als  besonders  fördernd  oder  hemmend 
sich  erwiesen  hai  Ansznschliefsen  ist  alles,  wofür  ohne  besondere  Bericht- 
erstattung Abhülfe  nicht  zu  erwarten  ist. 

Werden  die  vorstehend  bezeichneten  Gesichtspunkte  festgehalten  und  wird 
aufserdem  nicht  aufser  Acht  gelassen,  dafs  Knappheit  und  Bestimmtheit  der  Dar- 
stellung ein  wesentl.  Erfordernis  derartiger  Berichte  ist,  so  darf  erwartet  werden, 
dafs  auch  diese  Arbeit  immer  mehr  sich  als  eine  fruchtbringende  erweisen  werde/'^ 

Eine  der  vorstehenden  Min. Verf.  entsprechende  C.Verf.  hat  das  K.  Prov.- 
Sch.G.  zu  Münster  unter  dem  4.  Mai  1887  erlassen. 

Aus  einer  vom  K.  Frov.Sch.G.  zu  Hannover  unter  dem  30.  April 
1872  erlassenen  C.Verf. :  —  „üeber  den  Zweck  und  den  Inhalt  dieser  Berichte 
beschränken  wir  uns  auf  allgm.  Andeutungen.  Es  wird  nicht  nöthig'  sein, 
in  die  Verwaltungsberichte  dasjenige  Statist.  Material  aufzunehmen,  welches 
durch  die  Frequenzübersichten,  die  Abituriententabellen,  die  Nachweisungen  über 
die  Fersonalveränderungen,  die  Berichte  über  das  Frobejahr  u.  s.  w.  ohnehin  zu 
unserer  Kenntnis  gelangt;  es  handelt  sich  vielmehr  vornehmlich  um  eine  präcise 
Darlegung  des  inneren  Lebens  der  Anstalt,  aus  welcher  sich  erkennen  läfst,  in 
wiefern  die  Lösung  ihrer  Wissenschaft,  und  pädagog.  Aufgaben  gelungen  ist  und 
welche  Verhältnisse  auf  dieselben  fördernd  oder  hemmend  eingewirkt  haben. 
Zur  Erreichung  der  wünschenswerthen  Uebersichtlichkeit  wird  dieser  Inhalt  nach 
bestimmten  Kategorieen  zu  ordnen  sein.  Ohne  hierin  beschränkende  Vorschriften 
zu  erlassen,  wünschen  wir,  dafs  die  Verwaltungsberichte  im  Allgm.  sich  der  vom 
Minist,  seiner  Zeit  empfohlenen  Anordnung  anschliefsen  [die  obige  C.Verf.  v. 
6.  Aug.  1863] ;  wobei  wir  ausdrücklich  bemerken,  dafs  weder  sämtl.  dort  hervor- 
gehobene Funkte  und  mit  gleicher  Ausführlichkeit  zu  besprechen,  noch  dafs  an- 
dere, der  Erörterung  bedürltige  damit  ausgeschlossen  sein  werden.  Schliefs- 
lich  erinnern  wir,  dafs  auch  in  der  Zwischenzeit  alle  für  die  Anstalten  wichtigen 
Ereignisse  durch  die  Dir.  und  Bectoren  ungesäumt  zu  unserer  Kenntnis  zu 
bringen  sind." 

üeber  die  den  Verwaltungsberichten  hinzuzufügenden  Protokolle  der 
Bibliotheksrevisionen  vgl.  C.Verf.  v.  17.  Jan.  1885  I,  7.  (s.  Abt.  I  S.  372.) 
ViTegen  Aufnahme  der  Berichterstattung  über  den  von  Lehrern  erteilten  Privat- 
unterricht s.  weiterhin  C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  13.  Febr.  1884. 
(Berichterstattung  bezüglich  des  Erfolges  der  Directive  für  das  Stimmrecht 
der  Zeichenlehrer  nach  C.Verf.  v.  10.  Febr.  1887  s.  S.  219.)  Betreffend 
Selbstmord  und  Geisteskrankheiten,  sowie  Schülerverbindungen  s.  das  Folgende. 

C.Verf.  V.  30.  Juni  1884.  „In  der  Erörterung  der  Frage  über  die 
üeberbürdung  der  Jugend  an  unseren  höh.  Schulen  ist  unter  anderem  die  Be- 
hauptung aufgestellt  worden,  die  betrübenden  Fälle  des  Selbstmordes  seien 
bei  den  Schülern  ^er  höh.  Lehranstalten  jetzt  zahlreicher  als  früher  und  eben- 
so mehrten  sich  bei  denselben  die  bedauerlichen  Fälle  von  Geisteskrank- 
heit; hieraus  als  aus  festgestellten  Thatsachen  ist  auf  die  verderbliche  Ein- 
wirkung geschlössen  worden,  welche  die  höh.  Lehranstalten  auf  ihre  Schüler 
ausüben.  Aus  dem  vorhandenen  statistischen  Material  hat  sich  eine  auch 
nur  annäherungsweise  Bestätigung  für  die  gedachten  Behauptungen  in  keiner 
ViTeise  ergeben ;  dieses  Material  ist  aber  dem  Einwände  ausgesetzt,  dafs  es,  als 
nicht  ursprünglich  für  die  fraglichen  Gesichtspunkte  angelegt,  zur  Widerlegung 
der  aufgestellten  Behauptungen  nicht  vollständig  ausreiche.  Da  es  von 
hohem  Werthe  ist,  dafs  der  Thatbestand  in  einer  jedem  Zweifel  enthobenen 


211 

Sicherheit  festgestellt  werde,  so  finde  ich  mich  bestimmt  Folgendes  anzuordnen: 
1.  Wenn  ein  Selbstmord  oder  ein  Selbstmordversuch  seitens  eines  Schnlers 
einer  höh.  Lehranstalt  stattgefunden  hat,  so  hat  der  Director  (Eector)  sofort 
die  geeigneten  Wege  einznschagen,  nm  über  die  Motive  der  That,  insbesondere 
über  den  etwanigen  Zusammenhang  derselben  mit  Vorgängen  der  Schule,  glaub- 
würdige Information  zu  erhalten,  und  hat  schleunigst  die  Thatsache,  sowie  die 
Ergebnisse  der  Ermittelungen  über  ihre  Motive  an  das  K.  Prov.Sch.G.  zu  be- 
richten. Abschrift  dieses  Berichtes,  eveni  mit  einer  A^ufserung  des  K.  Frov. 
Sch.G.  zur  Sache,  ist  mir  sodann  ohne  Aufischub  einzureichen.  2.  Wenn 
der  Director  (Rector)  einer  höh.  Schule  zu  der  sicheren  Kenntnis  gelangt,  dafs 
ein  Schüler  der  Anstalt  in  eine  Geisteskrankheit  verfallen  ist,  so  hat  er  darüber 
vertrauliche  Anzeige  an  den  Vorsitzenden  des  E.  Frov.Sch.G.  zu  machep. 
Eine  Angabe  über  die  wahrscheinlichen  Ursachen  oder  Anlässe  der  Erkrankung 
ist  erwünscht,  kann  aber  pach  der  Natur  der  Sache  nicht  erfordert  werden. 
Das  E.  Pro^.Sch.C.  hat  in  dem  allgemeinen  Teile  des  dreijährigen  Ver- 
waltungs-Berichtes jedesmal  anzugeben,  ob,  eveni  welche  Fälle  von  Geistes- 
krankheit in  der  dreijährigen  Berichtsperiode  bei  Schülern  höherer  Lehranstalten 
vorgekommen  sind."        v.  Gofsler. 

C.Verf.  des  Frov.Sch.G.  zu  Cassel  v.  4.  Jan.  1887.  „Mit  Beziehung 
auf  den  an  den  höheren  Schulen  unseres  Amtsbereichs  noch  immer  hier  und 
da  hervortretenden  Unfug  verbotener  Schülerverbindifngen  hat  der  Herr 
Unterrichtsminister  durch  Erlafs  vom  21.  v.  Mts.  aufs  neue  darauf  hingemesen, 
dafs  durch  sorgfältige  Ueberwachung  aller  Schüler,  besonders  der  mittleren  und 
oberen  Elassen,  durch  fleifsige  Hausbesuche  bei  den  auswärtigen,  durch  recht- 
zeitige Warnung  der  Eltern  oder  deren  Stellvertreter  bei  einheimischen  und 
auswärtigen  Zöglingen  und  durch  sonstige  geeignete  Einwirkung  seitens  der 
Lehrer  der  höh.  Schulen  dem  gedachten  verderblichen  Unwesen  zu  steuern  sei. 
der  Herr  Minister  warnt  zugleich  die  LehrercoUegien  davor,  sich,  wenn  es  ihnen 
gelungen  sei,  betreffende  Entdeckungen  zu  machen,  bezüglich  der  vollständigen 
Beseitigung  des  in  Bede  stehenden  Uebels  in  trügerische  Sicherheit  einwiegen 
zu  laösen,  una  bemerkt,  dafs  die  an  manchen  Anstalten  bestehende  Praxis,  wo- 
nach die  Lehrer  in  jeder  Monats-Gonferenz  des  Gollegiums  über  die  von 
ihnen  vorgenommenen  Hausbesuche  und  ihre  dabei  gemachten  Wahrnehmungen 
referiren,  sich  auch  in  der  hiesigen  Provinz  für  die  höheren  Schulen  empfehle. 
Demgemäfs  beauftragen  wir  die  Herren  Directoren  (Eectoren),  nach  der  vorer- 
wähnten, von  dem  Herrn  Minister  gegebenen  Weisung  zu  verMren  und  die 
betr.  LehrercoUegien  mit  entsprechender  Mitteilung  und  Anordnung  zu  versehen. 
In  den  periodischen  Verwaltungsberichten  sehen  wir  eiper  übersichtlichen  Zu- 
sammenstellung der  in  der  gedachten  Hinsicht  inzwischen  gemachten  Beob- 
achtungen und  Erfahrungen  entgegen.^^ 

Unterrichts-  und  Stundenpläne. 

C.Verf.  des  E.  Frov.  Seh. G.  zu  Hannover  vom  30.  Apr.  1872:  „Die 
Beaufsichtigung  und  die  allgm.  Leitung  des  Unterrichts  an  den  uns  unter- 
stellten höh.  Schulen  ist  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  unserer  Verwaltung. 
Um  dieselbe  mit  Erfolg  lösen  zu  können,  bedürfen  wir  eine  möglichst  genaue 
Einsicht  in  den  Gang  und  Plan  des  Unterrichts  an  jeder  einzelnen  Anstalt, 
und  dies  um  so  mehr,  als  ein  vollständig  bindender  Normallehrplan  nich, 
existirt,  vielmehr  jeder  höh.  Schule  in  dieser  Beziehung  diejenige  Freiheit  der 
Bewegung  gewährt  ist,  welche  durch  die  Rücksicht  auf  die  jeweil.  Schüler- 
generation, die  Zusammensetzung  des  LehrercoU.  und  andere  individuelle  Ver- 
hältnisse bedingt  wird.  Als  ein  wesentl.  Hülfsmittel  hierzu  betrachten  wir 
die  —  entsprechend    der    Bestimmung    des    vormal.    hannöv.    OSchulcoll.    v. 

14* 


212 

21.  Juni  1830  uod  der  [preufs.]  Verordn.  v.  24.  Oct  1837  [s.  Abt.  I  S.  53  fg.] 
alljährl.  festzustellenden  Lectionspläne,  welchen  eine  genaue  Ab- 
grenzung der  Zielleistungen  für  jede  Kl.  und  jedes  Fach  beizufügen  ist. 

Während  uns  nun  von  der  Mehrzahl  der  Anstalten  übersichtl.  und  den 
Yorbezeichn.  Bestimmungen  entsprechende  Lehrpläne  zur  Genehmigung  recht- 
zeitig eingereicht  werden,  begnügen  sich  andere,  die  den  einzelnen  Lehrobjecten 
eingeräumte  Stundenzahl  und  die  Verteilung  der  Lectionen  auf  Klassen  und 
Lehrer  anzuzeigen.  Abgesehen  davon,  dafs  der  erste  Punkt  für  die  gymnasialen 
Anstalten  durch  die  C.Verf,  v.  7.  Jan.  1856  [s.  I  S.  66  fg.],  und  für  die  Beal- 
und  höh.  BSS.  durch  die  ü.  und  PO.  v.  6.  Oct  1859  [s.  I  S.  70  fg.]  im  AUgm. 
schon  geregelt  ist,  vermögen  wir  aus  derartig  bemessenen  Angaben  keinen  Ein- 
blick in  den  von  der  einzelnen  Anstalt  befolgten  Plan  des  Unterr.  selbst  zu 
gewinnen.  Wir  haben  deshalb  beschlossen  diesen  Gegenstand  in  allgemein 
verbindl.  Weise  zu  ordnen,  und  bestimmen:  Alljährlich  ist  für  jede  höh. 
Lehranstalt  ein  Lehrplan  für  das  ganze  Schuljahr  festzustellen  und  uns  wenig- 
stens 4  Wochen  vor  Beginn  desselben  zur  Genehmigung  einzifreichen,  und 
zwar  je  nach  dem  örtl.  Herkommen  entweder  direct  oder  durch  Vermittelung 
des  Patronats,  resp.  der  localen  Commissionen.  Dieser  Lehrplan  ist  in  2  Tabellen 
zu  entwerfen,  sowohl  für  das  Gymn.  resp.  die  Beal-  oder  höh.  BSS.  als  auch 
für  die  etwa  mit  der  Hauptanstalt  verbundenen  Beal-  resp.  Gymnasial-Abteilungen 
und  die  Vorklassen.  ^  In  der  Lectionstabelle  sind  für  jeden  Gegenstand,  resp. 
jede  Kl.  die  Lehrpensa  kurz  und  genau,  die  Zahl  der  wöchentl.  Unterrichts- 
stunden, die  Correcturen  und  die  unterrichtenden  Lehrer  anzugeben.  Die 
Lehrertabelle  enthält  in  der  1.  Bubrik  die  Namen  und  Titel  der  Lehrer  in 
ihrer  Bangfolge,  in  der  2.  die  Verteilung  der  Ordinariate,  in  der  folgenden  die 
Lehrstunden  der  einzelnen  Kl.  nach  Gegenstand  und  wöchentl.  Zahl,  so  geordnet, 
dafs  es  ersichtlich  wird,  von  welchem  Lehrer  sie  gegeben  werden  sollen; 
in  der  4.  und  5.  die  jedem  Lehrer  zufallenden  Correcturen  und  wöchentl. 
Stundenzahl.  Die  zuletzt  genannte  Tabelle  ist  zur  Aufnahme  in  die  jährl. 
Schulnachrichten  geeignet.  — 

Um  indessen  die  Schreibarbeit  möglichst  zu  verringern,  auch  unnöthige 
Wiederholungen  in  den  aufeinanderfolgenden  Schuljahren  zu  beseitigen,  setzen 
wir  folgendes  fest:  Wofern  eine  höh.  Lehranstalt  einen  allgm.  Unterrichts- 
plan besitzt,  in  welchem  jedes  einzelne  Fach  unter  Berücksichtigung  der  für 
die  Gymn.  und  Bealschulen  erlassenen  oben  erwähnten  Vorschriften  nach  Stoff, 
Methode  und  Hülfsmitteln  durch  alle  Kl.  der  Schule  unter  genauer  Abgrenzung 
der  Klassenpensa  verfolgt  wird,  tritt  an  die  Stelle  der  ersten  Tabellen  unter 
Bezugnahme  auf  diesen  allgm.  Unterrichtsplan  lediglich  die  Angabe  der  Pensa 
für  die  Leetüre  in  den.  Autoren  (wobei  das  muthmafsliche  Quantum  derselben 
anzugeben  ist)  und'  eine  Bezeichnung  der  nicht  ohne  Weiteres  aus  jenem  Plan 
zu  ersehenden  Lehrpensa,  z.  B.  des  deutschen  und  des  Religionsunterr.  Dürfen 
wir  nun  auch  voraussetzen,  dafs  derartige  Unterrichtspläne  bei  allen  unseren 
höh.  Schulen  vorhanden  sind,  so  müssen  wir  doch  eine  Vorlegung  derselben, 
resp.  nach  einer  in  Fachconferenzen  angestellten  Revision  erwarten,  um  darnach 
dieselben  zu  genehmigen  und  hierdurch  die  HH.  Dir.  und  Bectoren  ermächtigen 
zu  können,  von  der  angedeuteten  Erleichterung  Gebrauch  zu  machen.  —  Von 
der  Einreichung  eines  Stundenplans  sehen  wir  bis  auf  Weiteres  ab,  da  wir  zu 
der  Einsicht  unserer  Dir.  und  Bectoren  das  Vertrauen  hegen,  dafs  sie  die 
nöthige  Bücksicht  bei  der  Verteilung  der  einzelnen  Lehrstunden  auf  die  ver- 
schiedenen Wochentage  und  Tageszeiten,  wobei  auch  vielfache  örtl.  und  persönl. 
Verhältnisse  in  Anschlag  kommen,  nicht  unterlassen  werden."  — 

C.Verf.  des  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  30.  Jan.  1885.  „Wiederholte 
Erfahrungen  veranlassen  uns,  hinsichtlich  der  unserem  Amtsbereich  angehörenden 
höh.  Schulen    die  Herren  Directoren   und  Bectoren   darauf  hinzuweisen,   dafs 


213 

« 

sowohl  der  Unterrichtsverteilnngsplan,  als  der  Stundenplan  far  die 
einzelnen  Anstalten  stets  in  der  Weise  anßmstellen  ist,  dafs  die  lehrplan- 
mäfsigen  Unterrichtsstnnden  insgesamt  auf  die  an  der  betr.  Schule  fest  ange- 
stellten Lehrer  oder  gegen  Bemnneration  beschäftigten  Hnlfslehrer  verteilt 
werden.  Die  der  betr.  Schale  etwa  anfser  den  gedachten  Lehrern  zeitweilig 
zugewiesenen  Frobanden  oder  nicht  remnnerirten  Hnlfslehrer  sind  bei  der  Ver- 
teUnng  der  Unterrichtsstnnden  zunächst  nicht  in  Betracht  zu  ziehen.  Ist  ein 
Proband  in  seiner  Ausbildung  so  weit  fortgeschritten,  dafs  es  zulässig  erscheint, 
ihm  einige  Unterrichtsstunden  anzuvertrauen,  so  hat  derjenige  Lehrer  der  An- 
stalt, welchem  die  Erteilung  dieses  Unterrichts  eigentlich  obliegt,  den  Stunden 
des  Frobanden  regelmäfsig  beizuwohnen,  ihm  im  Einvernehmen  mit  dem  Director 
der  Anstalt  in  geeigneter  Weise  Bath  und  Anleitung  zu  geben,  die  etwaigen 
Correcturen  schriftlicher  Arbeiten  einzusehen  und,  so  oft  es  angezeigt  erscheint, 
seinerseits  den  Unterricht  odör  die  Correctur  in  die  Hand  zu  nehmen  (vgl.  die 
Min.Verf.  v.  30.  März  1867,  S.  60).  Für  den  methodischen  Fortgang  und  den 
zu  erzielenden  Erfolg  des  Unterrichts,  sowie  für  die  Aufrechterhaltung  der  Zucht 
in  den  betr.  Stunden  bleibt  der  eigentliche  Fachlehrer  verantwortlich.  Wenn 
ein  Candidat,  welcher  das  Probejahr  bereits  abgeleistet  hat,  auf  seinen  Wunsch 
mit  der  Erteilung  einiger  Lehrstunden  an  einer  Anstalt  ohne  Bemnneration 
betraut  wird,  so  hat  auch  in  diesem  Falle  der  eigentliche  Fachlehrer  darauf  zu 
achten  und  dahin  zu  wirken,  dafs  die  Interessen  des  betr.  Unterrichts  keine 
Einbufse  erleiden.  Soll  die  zeitweilige  Uebertragung  von  lehrplanmäfsigen 
Unterrichtsstunden  an  Probanden  oder  an  nicht  remunerirte  Hülfslehrer  auf 
dem  tabellarischen  Unt^rrichtsverteilungsplane  oder  dem  Stundenplane  zum  Aus- 
druck gebracht  werden,  so  ist  die  betr.  Notiz  in  Klammem  zu  setzen.  Da 
der  Lehrthätigkeit  der  Probanden  und  der  nicht  remnnerirten  Hülfslehrer  nach 
Lage  der  Umstände  jederzeit,  auch  mitten  in  einem  Schulhalbjahre,  ein  Ende 
gemacht  werden  kann,  so  ist,  namentlich  auch  hinsichtlich  der  Anordnung  des 
Stundenplans,  von  vornherein  vorzusehen,  dafs  in  Folge  einer  Aenderung  der 
gedachten  Art  der  Betrieb  des  Unterrichts  an  der  Anstalt  keine  bedenkliche 
Störung  in  seiner  Continuität  erfahre." 

Berichte  über  Unabkömmlichkeit 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  30.  Mai  1887.  „Zu  den 
alljährlich  einzureichenden  Nachweisungen  der  im  militärischen  Verbände 
stehenden  als  unabkömmlich  far  den  Fall  einer  Mobilmachung  zu  be- 
zeichnenden Lehrer  ist  seither  das  unserer  Generalverfügung  vom  28.  Nov. 
1883  beigegebene  Formular  verwendet  worden.  An  dessen  Stelle  treten  fortan 
die  anliegenden  Probeschemata  und  veranlassen  wir  Euer  etc.,  die  letzteren 
bei  Aufstellung  der  vorbezeichneten  Nachweisungen  in  Zukunft  zur  An- 
wendung  zu  bringen,   wobei  bemerkt  wird,  dafs  das  Schema  A  zu  der  zum 

1.  August  j.  J.  und  das  Schema  B  zu  der  zum  1.  März  j.  J.  fälligen  Nachweisung 
zu  benutzen  ist.  Die  sonstigen  einschlägigen  Bestimmungen  werden  hierdurch 
nicht  berührt. 

Die  Thatsache,  dafs  diese  Ycmächrifben  bisher  verschiedentlich  nicht  in 
umfassender  Weise  befolgt  worden  sind,  giebt  uns  Veranlassung,  Euer  etc.  die 
sorgfaltigste  Erfüllung  derselben  hiermit  zur  Pflicht  zu  machen.  Namentlich 
sind  nachstehende  Punkte  zu  berücksichtigen:  1.  Es  können  nur  solche 
Lehrer  reclamirt  werden,  deren  Militärdienstpflicht  noch  nicht  erloschen  ist 
Dieselbe  erlischt,  sobald  der  Uebertritt  zum  Landsturm  erfolgt.  Ob  dies  der 
Fall,   bleibt   vor   Stellung   der   einzelnen  Anträge genau  festzustellen. 

2.  Diese  Anträge  haben  aber  nur  dann  Aussicht  auf  Berücksichtigung,  wenn 
ein  unabweisliches  Bedürfnis  vorliegt  Ob  letzteres  stattfindet,  läfst  sich  in 
dem  einzelnen  Falle  nur  unter  Erwägung  sämtlicher  obwaltender  Verhältnisse 


au 

• 

prüfen  nnd  benrieilen.  Wenn  deshalb  von  der  Anfstellnng  allgemeiner  Gesichts- 
punkte nach  dieser  Bichtong  hin  abgesehen  werden  mnfs,  so  ist  doch  jeden- 
falls daran  festzuhalten,  dafs  Lehrer  nnr  inisofem  far  unabkömmlich  zn  erachten 
sein  werden,  als  es  thatsächlich  an  Lehrkräften  mangelt,  ^eichen  die  Erteilung 
des  Unterrichts  in  den  wichtigeren  Gegenständen  für  die  Dauer  der  Mobil- 
machung vertretungsweise  übertragen  werden  kann.  Die  die  Unabkömmlichkeit 
bedingenden  Verhältnisse  sind  in  den  Nachweisungen  unter  Spalte  „Bemer- 
kungen" näher  anzugeben;  auch  bedarf  es  ....  der  Angabe,  wie  viele  Lehrer 
an  der  betr.  Anstalt  voUbeschäfidgt  sind  und  wie  grofs  die  Zahl  derjenigen 
unter  ihnen  ist,  welche  als  Offiziere  nicht  reclamirt  werden  können  und  welche 
aufserdem  militärpflichtig  sind.  3.  Die  gegen  die  vorhergehenden  Nach- 
weisungen eingetretenen  Abgänge  sind  zu  erläutern,  wie  solches  in  den  beige- 
fügten Formularen  beispielsweise  angedeutet  worden  ist" 

Formular  A:  Liste  der  im  Bezirke  des  (III)  Armeecorps  für  den  Fall 
einer  Mobilmachung  als  unabkömmlich  bezeichneten  Lehrer  enthält  folgende 
Bubriken:  Nr.,  Civilstellung,  Vor-  und  Zunamen,  Militärcharge  und  Truppen- 
gattung, Wann  und  bei  welchem  Truppenteil  in  das  stehende  Heer  eingetreten? 
Wohnort  (Ort,  Kreis,  Bezirk  des  Landwehr-Bataillons),  als  unabkömmlich  aner- 
kannt (für),  Bemerkungen  („Er  erteilt  den  neusprachlichen  Unterricht  bis  in 
die  ob.  El.  und  könnte  von  keinem  der  an  der  Anstalt  beschäftigten  Lehrer 
vollständig  vertreten  werden,  da  dieselben  die  volle  Lehrbefähigung  für  den 
gedachten  Unterricht  nicht  besitzen.  Letzterer  würde  demnach  wenigstens  in  den 
ob.  El.  bis  auf  Weiteres  eingestellt  werden  müssen.  Die  Zahl  der  voU- 
beschäfbigten  Lehrer  beträgt  insgesamt  23;  von  denselben  können  als  Offiziere 
nicht  reclamirt  werden  2;  aufser  diesen  letzteren  sind  militärpflichtig  im 
Mobilmachungsfalle  3.")  —  Erläuterungen:  „Von  den  pro  (1886)  als  unab- 
kömmlich bezeichneten  Mannschaften  sind  abkömmlich  und  deshalb  in  die 
vorliegende  Liste  nicht  aufgenommen  (folgt  die  Bezeichnung  nach  denselben 
Bubriken). 

Formular  B:  Nachtragsliste  zu  den  unterm  1.  Mäiz  18 .  .  im  Bezirk 
des  (in)  Armeecorps  für  den  Fall  einer  Mobilmachung  als  unabkömmlich  be- 
zeichneten Lehrern,  mit  denselben  Bubriken  für  Abgang  und  Zugang. 

Zeugnisse  für  Lehrer  und  sonstige  Bestimmungen. 

C.Verf.  des  E.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  v.  10.  Dec.  1870:  „Wir 
finden  uns  veranlafst,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  Zeugnisse,  welche 
von  dem  Vorsteher  einer  Lehranstalt  Lehrern  derselben  ausgestellt  werden,  in 
einer  der  ursprüngl.  Veranlassung  wenig  entsprechenden  Weise  gebraucht  werden 
oder  auch  mit  späteren  Erfahrungen  über  denselben  Lehrer  wesentlich  con- 
trastiren können,  und  dafs  es  sich  deshalb  empfiehlt,  falls  ein  solches  Zeugnis 
begehrt  wird,  dessen  Ausstellung  abzulehnen,  dagegen  zuzusagen,  auf  Anfrage, 
welche  von  geeigneter  Stelle  ausgeht,  über  den  betr.  Lehrer  an  diese  Stelle 
directe  Auskunft  zu  geben,  oder,  falls  dies  geeigneter  erscheinen  möchte,  die 
Anfragenden  an  uns  zu  verweisen.'^ 

Die  gleiche  Anordnung  ist  durch  C.Verf.  des  E.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin 
V.  6.  Jan.  1885  erfolgt. 

C.Verf.  des  E.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  4.  Nov.  1886.  „Nach- 
dem es  zur  Eenntnis  des  Herrn  Ministers  gekommen  ist,  dafs  wiederholt  Schul- 
männer aus  aufserpreufsischen  Staaten  sich  mit  Anfragen  über  Ver- 
hältnisse und  Einrichtungen  diesseitiger  Lehranstalten  unmittelbar  an  die 
Directoren  oder  an  Lehrer  dieser  Anstalten  gewendet  haben,  hat  uns  derselbe 
beauftragt,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  es  den  Directoren  resp.  Lehrern 


216 


nicht  zusteht,  derartige  Anfragen  selbständig  zu  beantworten.    Dieselben  sind 
uns  zu  weiterer  Veranlassung  einzureichen.'* 

Erhebung  statistischer  Nachrichten  über  den  Besuch  der 
höh.  Lehranstalten.  Min.yerf.  v.  2.  April  1887.  „Mit  den  Ausführungen 
in  dem  Berichte  vom  24.  Jan.  d.  J.,  die  statistischen  Nachrichten  über  den 
Besuch  der  höheren  Lehranstalten  betreffend,  erkläre  ich  mich  bezüglich  der 
Auffassung  einverstanden,  dafs  alle  Nichtpreufsen,  auch  wenn  sie  im  Schulorte 
ihren  Wohnsitz  haben,  als  Ausländer  au&ufahren  sind.  In  Bezug  auf  die 
Trennung  der  Inländer  „aus  dem  Schulorte"  und  „von  auswärts"  be- 
stimme ich,  dafs  hierfar  der  Wohnort  der  Eltern,  bezw.  des  Vaters  und  nach 
dessen  Tode  der  Mutter  oder  bei  einem  pflegeelterlichen  Verhältnisse  der  Wohnort 
der  Pflegeeltern  mafsgebend  ist  Bei  geschiedenen  Eheleuten  ist  derjenige  Teil 
als  bestimmend  anzunehmen,  dem  der  in  Frage  kommende  Sohn  bei  der  Scheidung 
gerichtlich  zugesprochen  ist  Eine  weiter  spezialisirte  Definition  erscheint 
für  den  vorliegenden  statistischen  Zweck  nicht  erforderlich.*'  An  das  K. 
Prov.Sch.C.  zu  N.,  den  übrigen  Sch.GC.  mitgeteilt. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  24.  Juli  1885.  „Da  eine 
üebereinstimmung  der  in  den  halbjährlich  einzureichenden  Heb  er  sichten  der 
Schlufs-Frequenz  aufzunehmenden  Gesamtzahl  der  Schüler  während  des 
Schulsemesters  mit  der  unter  Nr.  4  bezw.  8  der  Frequenz-Angaben  in  den 
Schulprogrammen  ausgeworfenen  Schülerzahl  sich  in  den  seltenen  Fällen  nicht 
erzielen  läfst,  in  welchen  Neuaufnahmen  im  Laufe  des  Semesters  stattgefunden 
haben,  so  ist  in  solchen  Fällen  zu  der  Colonne  4  bezw.  8  die  Colonne  Nr.  5 
bezw.  9  der  Frequenz-Angaben  in  den  Schulprogrammen  zuzuzählen  und  die 
sich  ergebende  Summe  in  die  Freque;iz-Üebersicht  als  Schülerzahl  des  Semesters 
au&unehmen.** 

■ 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch/C.  zu  Breslau  v.  21^  April  1886.  „Euer  etc. 
veranlassen  wir,  künftighin  und  zwar  von  Beginn  des  neuen  Schuljahres  ab  die 
Berichte  über  die  Anfangsfrequenz  der  Direr  Leitung  unterstellten  Anstalt 
unter  Anwendung  des  nachstehenden  Schemas  zu  erstatten  und  dabei  bei 
Teilung  der  Klassen  die  einzelnen  Cöten  besonders  auf^führen." 

Anfangsfrequenz. 
Ostern  (Michaelis)  18 


• 

p.l 

Ü.I 

O.Il 

ü.n 

O.ITI 

U.TTT 

IV 

etc. 

Sa. 

Zurückgeblieben  in 

Versetzt  nach 

Neu  aufgenominen 

Ueberhaupt: 

• 

Direotoren-Conferenzen. 

üeber  die  Directoren-Gonferenzen,  zu  denen  sich  von  3  zu  3  Jahren 
sämtl.  Gymnasial-  und  Bealschul-Dir.  einer  Provinz  versammeln,  s.  die  Hisista- 
tist.  Darst.  UI  p.  58  und  W.  Erler  „Die  Directoren-Gonferenzen  des  Preufsischen 
Staates.  Sämtliche  auf  ihnen  gepflogene  Verhandlungen  geordnet,  excerpirt  und 
eingeleitet  durch  eine  Darstellung  der  geschichtlichen  Entwickelubg  dieser  Gon- 
ferenzen."    Berlin  1876  nebst  2  Nachträgen  1879  u.  1882. 


\ 


216 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  27.  Jan.  1875:  ,4)ie 
HH.  Dir.  und  Bectoren  der  höh.  Lehranstalten  setzen  wir  hierdurch  in  Kenntnis, 
dafs  der  H.  Min.  unserem  Antrage  auf  Einrichtung  amtl.  zu  berufender,  perio- 
discher Dir.  Conferenzen  entisprochen  und  uns  zur  Regelung  dieser  Ange- 
legenheit ermächtigt  hat. 

Der  Zweck  dieser  Conferenzen  wird  auch  hier  die  gemeinsame  Berathung 
solcher  Fragen  aus  dem  Bereich  des  Unterrichts  und  der  Disciplin  auf  den  hOh. 
Schulen  sein,  deren  Lösung  in  der  jeweiligen  Periode  von  besonderem  Interesse 
ist  Demgemäfs  werden  von  jedem  Lehrercoll.  Themata  far  diese  Berathung  vor- 
geschlagen und  unter  diesen  sodann  von  uns  eine  Auswahl  nach  ihrer  Wichtig- 
keit getroffen,  um  darnach  zur  Vorlauf.  Berathung  in  den  einzelnen  Lehrercoll. 
an  die  Dirigenten  zurückzugehen,  welche  für  jedes  Thema  einen  Beferenten  und 
Correferenten  ernennen  und  auf  Grundlage  der  von  diesen  abgegebenen  Beferate 
und  Correferate  die  einzelnen  Gegenstände  in  Conferenzen  zur  Erörterung  bringen. 
Die  so  gewonnenen  Beferate  und  Correferate,  in  welchen  die  einschlägige  päda- 
gog.  Litteratur  zu  berücksichtigen  sein  wird,  sowie  die  Protokolle  über  die  De- 
batten der  Lehrer-Conferenzen  werden  von  den  Dirigenten  an  uns  eingesendet 
und  zu  weiterer  Behandlung  an  die  für  jedes  Thema  von  uns  zu  bezeichnenden 
Beferenten  und  Correff.  verteilt  Die  Dauer  der  Dir.Conferenzen  wird  auf  3  Tage,, 
excl.  zweier  Beisetage  für  die  nicht  am  Ort  der  Versammlung  wohnenden  Mitgl., 
anzunehmen  sein;  sie  werden  in  der  Begel  in  der  2.  Hälfte  der  Pflngstwoche 
jedes  dritten  Jahres  entweder  in  der  Hauptstadt  oder  einer  der  gröfseren  Städte 
der  Provinz  abgehalten,  und  zwar  soll  die  nächste  Versammlung,  wofern  die 
umfassenden  Vorbereitungen  bis  dahin  erledigt  werden  können,  am  Donnerst., 
Freitag  und  Sonnab.  in  der  Pfingstwoche  1876  stattfinden. 

Die  Kosten  dieser  Conff.  müssen  in  unserem  Verwaltungsbezirk  in  derselben 
Weise  wie  in  den  übr.  Provinzen  aufgebracht  werden.  Aufser  den  allgm.  Aus- 
gaben, namentl.  far  den  Druck  der  Verhandl.,  stehen  den  Dir.  und  Bectoren 
Beisekosten  und  Tagegelder  nach  den  im  Gesetz  v.  24.  März  1873  gegebenen 
Sätzen  zu,  und  werden  diese  Kosten  überall  auf  die  Schulkassen  zu  legen  sein, 

da   die  Conf.  einem  unmittelbaren  Interesse  der  Schule  dient. Für  die 

königl.  Anstalten  werden  wir  das  Geeignete  in  dieser  Beziehung  verfagen  und 
den  Patronaten  der  übr.  beteiligten  Anstalten  die  Einladung  zugehen  lassen, 
sich  ihrerseits  unserem  Vorgange  anzuschliefsen.  Indem  wir  an  der  Bereit- 
willigkeit derselben  nach  den  in  anderen  Provinzen  gemachten  Erfahrungen 
nicht  zweifeln,  veranlassen  wir  die  sämtl.  Dir.  und  Bectoren  der  höh.  Lehran- 
stalten der  Provinz  nach  Anhörung  der  betr.  Lehrercoll.  uns  bis  zum  1.  Apr.  d.  J. 
je  5  Themata  für  die  Verhandlungen  der  ersten  Dir.Conferenz  der  Provinz 
Hannover  einzusenden." 

C.Verf  V.  28.  Dec.  1878.  ,,Aus  den  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  der- 
jenigen Provinzen,  in  welchen  die  Einrichtung  der  Directoren-Conferenzen  be- 
steht, auf  meine  Verf.  v.  15.  April  d.  J.  erstatteten  Berichten  und  aus  den  als 
Ergänzung  dazu  in  einzelnen  Fällen,  wo  es  erforderlich  schien,  von  den  be- 
treffenden Departementsräthen  eingezogenen  Informationen  hat  sich  ergeben,  dafs 
der  durch  die  angezogene  Verfügung  in  Aussicht  gestellten  einheitlichen  Publi- 
cation  und  buchhändlerischen  Verbreitung  der  Protokolle  «der  genannten  Con- 
ferenzen ein  wesentliches  Hindernis  in  keinem  Falle  entgegensteht  und  dafs 
die  Nützlichkeit  der  in  Erwägung  gezogenen  Einrichtung  allseitig  anerkannt 
wird.  Hiemach  trage  ich  kein  Bedenken,  in  der  Publication  der  Protokolle 
die  bezeichnete  Aenderung  vom  Jahre  1879  an  eintreten  zu  lassen  und  ordne 
behufs  ihrer  Ausführung  Folgendes  an: 

1.  Jedes  Prov.Sch.C,  in  dessen  Amtsbereich  in  dem  betr.  Jahre  eine 
Directorenconferenz  stattfindet,  sendet  rechtzeitig  vor  der  Conferenz  das  druck- 


217 

fertige  Manuscript  der  Referate  (bezw.  mit  den  betreffenden  Correferaten)  und 
mögliebst  bald  nacb  Abbaltnng  der  Conferenz  das  dmckfertige  Mannscript  der 
Protokolle  und  des  einleitenden  Vorworts  an  die  hiesige  Weidmann  sehe 
Buchhandlung,  und  bezeichnet  zugleich,  ob  dasselbe  eine  Druckrevision  erfordert 
und  durch  wen  dieselbe  auszufuhren  ist,  femer  wie  viele  Exemplare  der  Referate 
und  wie  viele  Exemplare  der  vollständigen  Publication  zu  unentgeltlicher  Ver- 
teilung seitens  des  Prov.Sch.C.  erfordert  werden  (vergl.  Nr.  2).  Die  Weid- 
mann sehe  Buchhandlung  schickt  portofrei  die  etwa  erforderten  Revisions- 
abdrücke  an  die  von  dem  betr.  Prov.Sch.C.  bezeichneten  Adressen  und  ebenso 
nach  beendigter  Herstellung  portofrei  die  verlangte  Anzahl  der  Referate  und 
der  vollständigen  Publication  an  das  betr.  Prov.Sch.C. 

2.  Die  Anzahl  der  zu  erfordernden  Exemplare  der  Referate  ergiebt  sich 
einfach  daraus,  dafs  die  Zahl  der  Mitglieder  der  Conferenz  nur  um  weniges  zu 
überschreiten  ist,  um  nöthigenfalls  noch  ein  paar  Exemplare  zur  Verfügung  zu 
haben.  In  Betreff  der  unentgeltlich  verteilten  Exemplare  der  Protokolle  ist 
die  Ungleichheit  der  Anzahl  bei  den  verschiedenen  Prov.Sch.CC.  gröfser,  als  aus 
der  Verschiedenheit  der  Zahl  der  höh.  Lehranstalten  der  betr.  Provinzen  Er- 
klärung findet.  Da  aus  der  buchhändlerisehen  Verbreitung  der  Protokolle  eine 
Ermäfsigung  der  aus  ihrer  Publication  erwachsenden  Kosten  zu  erwarten  ist 
(vergl.  Nr.  4),  so  empfiehlt  es  sich,  entsprechend  der  von  den  meisten 
Prov.Sch.CC.  bisher  eingehaltenen  Praxis,  die  unentgeltliche  Verteilung  auf  die 
nothwendigen  und  sachgemäfsen  Grenzen  zu  beschränken.  Als  jedenfalls  er- 
forderlich sind  folgende  Zuweisungen  zu  erachten :  8  Exemplare  an  das  Unter- 
richtsministerium, 1  Exemplar  an  das  Ober-Präsidium  der  betr.  Provinz,  je 
3  Exemplare  an  jedes  Prov.Sch.C,  je  1  Exemplar  für  die  Bibliotheken  der  höh. 
Lehranstalten  der  betr.  Provinz,  je  1  Exemplar  für  die  Mitglieder  der  Con- 
ferenz. In  einzelnen  Provinzen  ist  den  städtischen  Patronaten  je  ein  Exem- 
plar zugestellt  worden;  ob  dies  da,  wo  es  bisher  nicht  der  Fall  war,  einzu- 
führen ist,  bleibt  der  Erwägung  der  Prov.Sch.CC.  überlassen.  Aufserdem  ist 
eine  nicht  zu  hoch  bemessene  Zahl  zur  Verfügung  des  betr.  Prov.Sch.C.  zu 
reserviren  (z.  B.  für  die  Universitätsbibliothek  der  Provinz,  oder  für  Mitglieder 
der  Wissenseh.  Prüfungscommission  u.  a.  m.).  Nach  diesen  Gesichtspunkten 
wolle  jedes  Prov.Sch.C.  unter  Berücksichtigung  der  bisher  eingehaltenen  Praxis 
die  Zahl  der  zu  unentgeltlicher  Verteilung  erforderlichen  Exemplare  feststellen. 
An  das  Unterrichtsministerium  sind  die  Exemplare,  wie  bisher,  mittelst  Berichtes 
einzureichen.  Die  Zustellung  an  die  anderen  (d.  b.  bei  der  Conferenz  nicht  be- 
teiligten) Prov.Sch.CC.  kann,  wenn  der  Wunsch  ausgesprochen  wird,  unmittelbar 
durch  die  Verlagsbuchhandlung  ausgeführt  werden. 

3.  In  der  Anordnung  der  Publication  der  Conferenzverhandlungen  wird 
die  bisher  von  den  meisten  Prov.Sch.CC.  getroffene  Einrichtung  eingehalten 
werden,  nämlich  folgende:  Nach  einem  zuletzt  zum  Drucke  zu  gebenden  und 
abgesondert  zu  paginirenden  Vorworte,  welches  den  äufseren  Vorgang  der  Con- 
ferenz darzulegen  hat,  folgen  in  eontinuirlichor  Paginirung  zuerst  die  sämtlichen 
Referate,  bezw.  mit  den  zugehörigen  Correferaten,  sodann  die  Protokolle  über  die 
Sitzungen  der  Conferenz.  Die  von  einem  Prov.Sch.C.  eingehaltene  Anordnung, 
dafs  auf  jedes  Referat  (bezw.  Referat  und  Correferat)  das  Protokoll  der  darauf 
bezüglichen  Conferenzverhandlung  folgt,  macht  in  Betreff  der  Paginirung  und 
des  Anschliefsens  und  Ausführens  des  Druckes  Schwierigkeiten,  welche  be- 
deutender sind,  als  der  mehr  scheinbare,  dadurch  zu  erreichende  Vorteil;  denn 
auch  bei  dieser  Einrichtung  macht  die  Vergleichung  der  Verhandlungen  mit 
den  Referaten  ein  Zurückblättern  erforderlich.  Für  die  gleichartige  äufsere 
Ausstattung  in  Format  und  Lettern  wird  die  Verlagsbuchhandlung  mir  eine 
Probe  zur  Genehmigung  vorlegen.  In  Aussicht  genommen  ist  ausserdem,  dafs 
in  angemessenen  Zwischenräumen,  etwa  nach  je  zwei  Cyklen  der  Conferenzen, 


218 

ein  von  der  Yerlagsbachhandlong  abgesondert  heraoszagebendes  Begister  den 
Gebrauch  der  Pnblicationen  erleichtere.  Das  erste  derartige  Begister  würde  bis 
Zürn  Jahre  1876  in  der  Weise  zurückzugehen  haben,  dafs  es  sich  an  die  vom 
Professor  Erler  über  die  Directorenconferenzen  veröffentlichte  Zusammenstellang 
unmittelbar  anschlösse,     (s.  S.  215.) 

4.  Für  die  ersten  drei  Jahre,  1879  bis  1881,  also  fur«je  eine  Gonferenz 
der  beteiligten  Provinzen,  werden  von  der  Yerlagshandlung  verbfiltnismäfsig 
(d.  h.  nach  dem  Umfange  der  Publicationen,  nach  fachmännischer  Umrechnung 
auf  die  geänderte  Druckeinrichtung)  Jedem  Prov.Sch.C.  dieselben  Kosten  be- 
rechnet, welche  demselben  die  Publication  der  letzten  Gonferenz  verursacht  hat 
Pur  die  Bheinprovinz,  in  welcher  für  das  Jahr  1880  die  Abhaltung  der  ersten 
Directorenconferenz  beabsichtigt  ist,  wird  für  die  Kosten  ein  Durchschnittssatz 
gerechnet  werden.  Im  Verlauf  dieser  drei  Jahre  wird  sich  ergeben,  welche 
ErmäTsigung  in  den  von  den  Prov.Sch.GG.  zu  bestreitenden  Kosten  in  Folge  des 
erreichten  buchhändlerischen  Vertriebes  eintreten  kann,  und  es  wird,  event.  unter 
Berücksichtigung  der  inzwischen  bemerklich  gewordenen  Bedurfnisse,  eine  neue 
Vereinbarung  mit  der  Verlagsbuchhandlung  geschlossen  werden.  Eine  Erhöhung 
der  Kosten  für  die  Prov.Sch.GG.  ist  bei  der  in  Aussicht  genommenen  neuen  Ver- 
einbarung ausgeschlossen."        Der  Minister  etc.    Falk. 

Aus  Min.  Verf.  v.  17.  Juni  1886.  (GBl.  1886,  S.  477  f.)  „Bei  diesem 
Anlasse  mache  ich  zugleich  darauf  aufmerksam,  wie  sehr  es  im  Interesse  der 
Sache  liegt,  dafs  die  durch  den  Druck  veröffentlichten  Gesamtreferate  unter 
Beseitigung  jeder  unnöthigen  Weitläufigkeit  sich  auf  Hervorhebung  des  Wesent- 
lichen beschränken  und  auf  diese  Weise  sich  innerhalb  eines  mäfsigen  Um- 
fanges  halten.  Die  Verhandlungen  der  preufsischen  Directorenconferenzen  haben 
insbesondere,  seit  im  Jahre  1879  eine  einheitliche  Form  ihrer  Veröffentlichung 
eingerichtet  worden  ist,  ein  nicht  zu  unterschätzendes  Interesse  in  weiteren 
Kreisen  gefunden.  Durch  einen  ermüdenden  Umfang  der  Beferate  wird  dieses 
Interesse  gelähmt  und  in  weiterer  Folge  selbst  die  Verbreitung  der  Pnblicationen 
gefährdet.  Auf  diese  Gesichtspunkte  wolle  das  K.  Prov.Sch.G.  die  Directoren, 
welche  dasselbe  mit  der  Abfassung  von  Beferaten  oder  Gorreferaten  für  die 
Gonferenzen  betraut,  nachdrücklichst  hinweisen."  Der  Minister  etc.  (gez.) 
von  Gofsler. 

Lehrer-Conferenzen. 

Ueber  die  Lehrer- Gonferenzen,  sowohl  die  regelmäfsigen,  wie  die  be- 
sonderen Fachconfenzen,  enthalten  die  vorstehenden  Dinlnstructionen  nähere 
Bestimmungen;  vgl.  Abtl  S.  68  u.  108. 

Min.  Verf.  v.  5.  Oct.  1877  an  den  Bealschullehrer  etc.  „Die  preufsische 
Unterrichtsverwaltung  hat  von  jeher  einen  hohen  Werth  darauf  gelegt,  die 
Thätigkeit  der  Lehrer  an  den  höh.  Schulen  nicht  auf  das  Erteilen  des  ihnen 
aufgetragenen  Unterrichts  zu  beschränken,  sondern  ihnen  für  alle  wichtigen 
Fragen  des  Schullebens  eine  wesentliche  Mitwirkung  anzuvertrauen,  und  ver- 
dankt dieser  dem  Lehrstande  gegebenen  Stellung  einen  grofsen  Teil  der  an  den 
höh.  Schulen  erreichten  Erfolge.  Dabei  ist  aber  nie  aufser  Acht  gelassen 
worden  und  darf  nicht  aufser  Acht  gelassen  werden,  dafs  der  Dir.  zugleich  der 
nächste  Vorgesetzte  der  übrigen  Mitglieder  des  Lehrercollegiums  ist  Aus  diesen 
allgemeinen  Gesichtspunkten  findet  die  Frage  ihre  Erledigung,  für  welche  Sie 
meine  Entscheidung  nachsuchen, 

„ob  der  Director  das  Becht  habe,  der  Berechtigung  von  Anträgen 
eines  Lehrers,  welche  im  Sinne  des  §  8  der  Lehrerinstruction  vom 
22.  Januar  1868  erfolgen,  zu  präjudiciren.*' 


219 

Der  §  8  der  angezogenen  Lehrerinstniction  für  die  Provinz  Brandenburg 
lautet  in  dem  betreffenden  Satze: 

„Anträge  anf  Berathnng  eines  Gegenstandes  zu  stellen,  ist  jeder  Lehrer 
berechtigt,  hat  Jedoch  dieselben  vorher  anzumelden  und  die  Beihenfolge 
sowie  die  Art  der  Behandlung  dem  Dir.  zu  überlassen/^ 
Wenngleich  nun  weder  durch  den  Wortlaut  dieses  Satzes  noch  durch 
andere  Vorschriften  der  Lehrer-  oder  der  Directoren-Instmction  für  die  Prov. 
Brandenburg  eine  ausdrückliche  Entscheidung  der  von  Ihnen  gestellten  Frage 
gegeben  wird,  so  kann  doch  nach  den  oben  angegebenen  Gesichtspunkten 
deren  Bejahung  nicht  zweifelhaft  sein.  Der  Dir.  ist  nicht  nur  berechtigt,  sondern 
auf  das  entschiedenste  verpflichtet,  Anträge,  welche  nicht  zur  Zuständigkeit  der 
Oonferenz  gehören,  oder  welche  ihm  aus  sachlichen  Gründen  zu  einer  Erörterung 
in  der  Conferenz  nicht  geeignet  scheinen,  von  derselben  zurückzuweisen,  wo- 
gegen dem  Antragsteller  das  Becht  der  Beschwerde  an  die  höheren  Instanzen 
unbenommen  bleibt.  Dieser  Stellung  des  Direcctors  ist  in  einigen  der  für 
andere  Provinzen  erlassenen  und  in  Wieses  Sammlung  der  Verordnungen  und 
(resetze  für  die  höh.  Schulen  in  Preufsen  abgedruckten  Lehrer-  und  Directoren- 
Instructionen  ein  bestimmter  Ausdruck  gegeben.  So  heifst  es:  der  Director 
„gestattet  den  Lehrern,  Angelegenheiten,  die  er  für  die  Conferenz 
geeignet  findet,  zur  Besprechung  zu  bringen"  (Directoren-Instruction  für  die 
Bheinprovinz  v.  15.  Juli  1867  §  3).  Der  Dir.  „bestimmt  die  zu  behandeln- 
den Gegenstände  und  die  Reihenfolge  derselben"  (Directoren-Instr.  für  die  Prov. 
Hannover  v.  4.  Mai  1873  §  17).  . . .  Der  Min.  etc.  Falk. 

C.Verf.  V.  10.  Febr.  1887.  Die  Stellung,  welche  an  den  höh.  Schulen 
die  Zeichenlehrer  in  den  betr.  Lehrercollegien,  insbesondere  bezüglich  ihrer 
Beteiligung  an  den  allgemeinen  Conferenzen  des  Collegiums  einzunehmen  haben, 
ist  durch  die  Directoren-Instructionen  bestimmt,  welche  für  die  altländischen 
Provinzen  in  den  Jahren  1867  und  1868,  später  für  die  neu  hinzugetretenen 
Provinzen  erlassen  sind.  Da  diese  Instructionen  nicht  durch  eine  allgemeine 
Verfügung  seitens  der  Centralinstanz,  sondern  von  den  einzelnen  K.  Prov.Sch.CC. 
unter  einzuholender  ministerieller  Genehmigung  vorgeschrieben  worden  sind,  so 
haben  sich  daraus  zwar  für  die  Normirung  des  fraglichen  Verhältnisses  einzelne 
Verschiedenheiten  des  Ausdruckes  ergeben;  wie  ich  jedoch  aus  den  auf  meine 
G.Verf.  V.  26.  März  v.  J.  erstatteten  Berichten  der  K.  Prov.Sch.CC.  erseiJie,  hat 
bei  der  Ausführung  jener  Instructionen  die  Natur  der  Sache  selbst  zu  einem 
im  Wesentlichen  gleichen  und  zweckmäfsigen  Verfahren  geführt.  Diese  Gleich- 
mäfsigkeit  ist  auch  durch  den  Umstand  befördert  worden,  dafs  in  der  weit 
überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  der  Zeichenunterricht  an  den  höheren  Schulen 
von  etatsmäfsig  definitiv  angestellten  Lehrern  der  Anstalten  erteilt  wird,  wenn- 
gleich bei  den  meisten  derselben  die  Stellung  als  etatsmäfsiger  Lehrer  nicht 
ausschliefslich  durch  die  Erteilung  des  Zeichenunterrichts  begründet  ist ;  in  den 
Fällen,  in  welchen  der  Zeichenunterricht  nicht  durch  einen  ordentlichen  Lehrer  erteilt 
wird,  liegt  der  AnlaTs  meistens  darin,  dafs  durch  den  an  einer  einzelnen  Schule 
zu  erteilenden  Zeichenunterricht  nicht  kann  eine  Lehrkraft,  etwa  unter  Hinzu- 
nahme anderer  wissenschaftlicher  Lehrgegenstände,  vollständig  beschäftigt 
werden.  Der  yersuch,  unter  Nichtbeachtung  dieser  Thatsachen  die  Erteilung 
des  Zeichenunterrichts  durch  einen  etatsmäfsig  definitiv  angestellten  Lehrer  zur 
allgemeinen  Vorschrift  zu  machen,  würde  unvermeidlich  zu  einem  sachlichen 
Nachteile  für  die  Entwickelung  des  Zeichenunterrichtes  führen.  Bei  dieser 
Sachlage  finde  ich  für  jetzt  keinen  Anlafs,  abgetrennt  von  einer  etwa  iü  Aus- 
sicht zu  nehmenden  allgemeinen  und  zugleich  abkürzenden  Bedaction  der 
Directoren-Instructionen,  die  Stellung  der  Zeichenlehrer  zum  Gegenstande  einer 
besonderen  Verfügung  zu  machen,  sondern  erachte  es  für  ausreichend,  das  nach 
dem  Inhalte  der  eingereichten  Berichte   im  Wesentlichen   bereits  gleichartige 


220 

Verfahren  im  Nachstehenden  znsammenfassend  als  Directive  für  die  K.  Prov.Sch.GC. 
zu  bezeichnen. 

Diejenigen  Zeichenlehrer,  welche  mit  der  vollen  Zahl  der  Pflichtstanden 
eines  ordentlichen,  bezw.  Elementarlehrers,  an  einer  Schnle  beschäftigt  nnd  an 
derselben  definitiv  angestellt  sind,  mag  nnn  die  Gesamtheit  ihrer  Pflichtstnnden- 
zahl  dem  Zeichenunterrichte  oder  ein  Teil  derselben  einem  anderen  Wissenschaft!. 
Lehrgegenstande  zugewiesen  sein,  sind  verpflichtet,  an  den  allgm.  Conferenzen 
des  Lehrercollegiums  teilzunehmen. 

Stimmberechtigt  in  denselben  sind  sie  för  alle  .Fragen  der  Disciplin; 
bezuglich  der  Beurteilung  der  Schuler  sind  sie  stimmberechtigt  für  die  von  ihnen 
vertretenen  Lehrgegenstände. 

Auf  die  Entscheidung  der  Frage  über  die  Versetzung  eines  Schülers  in 
die  nächst  höhere  Klasse  ist  an  den  Gymnasien  schon  mit  Bücksicht  darauf^ 
dafs  der  obligatorische  Unterricht  im  Zeichnen  nur  bis  zur  Quarta  reicht,  dem 
Urteile  über  die  Leistungen  im  Zeichnen  ein  Einflufs  nicht  beizumessen.  Da- 
gegen kann  an  realistischen  Anstalten  und  an  den  höh.  Bürgerschulen  diesem 
Urteile  eine  bestimmte  Bedeutung  für  die  Frage  der  Vereetzung  zugewiesen 
werden;  da  das  Mafs  dieser  Bedeutung  nicht  allein  durch  die  Verschiedenheit 
der  Anstalten  und  den  in  ihnen  dem  Zeichenunterrichte  gesetzten  Aufgaben,  son- 
dern öfters  auTserdem  noch  durch  besondere  Umstände  bedingt  ist,  so  hat  in 
jedem  einzelnen  Falle  das  betr.  K.  Prov.Sch.C.  nach  Anhörung  des  Dirigenten 
der  Anstalt  das  Erforderliche  anzuordnen,  event.  wenn  sich  Bedenken  ergeben 
sollten,  an  mich  zu  berichten. 

Diejenigen  Zeichenlehrer,  welche  nur  remuneratorisch,  bezw.  commissarisch, 
provisorisch  oder  nebenamtlich  in  Verwendung  stehen,  sind  von  dem  Dirigenten  in 
den  Fällen,  in  welchen  er  es  für  geeignet  erachtet,  zur  Conferenz  einzuladen ;  durch 
den  Zweck  der  Einladung  bestimmt  sich  zugleich  das  Mafs  ihrer  Stimmberechtigung. 

In  den  Verwaltungsberichten,  welche  im  Jahre  1889  über  die  gymnasialen, 
im  Jahre  1891  über  die  realistischen  Anstalten  zu  erstatten  sind,  will  ich  einer 
Erklärung  darüber  entgegensehen,  ob  diese  Directiven  sich  in  der  Durchführung 
bewährt  haben  oder  einzelne  Bedenken  übriggeblieben  sind."  Der  Minister  etc. 
von  Gofsler.  (Vgl.  C.Verf.  v.  12.  Mai  1887- GBl.  p.  505.) 

Arohivordnung. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenzv.  11.  Juni  1859:  „Obgleich 
in  der  für  die  Gymnasialdir.  der  Bheinprovinz  bestimmten  Dienstinstruction 
angeordnet  ist,  dafs  der  Dir.  eines  Gymn.  die  Schulacten  unter  seine  besondere 
Verwahrung  zu  nehmen  und  dafür  zu  sorgen  habe,  dafs  sie  in  gehöriger 
Ordnung  gehalten  werden,  so  hat  sich  doch  in  einzelnen  Fällen  ergeben,  dafs 
dieser  Bestimmung  nicht  in  der  Weise  entsprochen  worden  ist,  wie  es  ein 
geregelter  Geschäftsgang  erheischt.  Wir  nehmen  daher  Veranlassung,  die 
Dir.  noch  besonders  daran  zu  erinnern,  dafs  alles,  was  in  Bezug  auf  die  An- 
stalt von  den  Behörden  verfügt  wird  oder  sonst  wie  von  Schriftstücken  Be- 
merkenswerthes  Denselben  zugeht,  joumalisirt,  planmäfsig  in  bestimmte  Acten- 
stücke  verteilt  und  so  geordnet  werden  mufs,  dafs  beim  Abgange  oder  auch  nur 
bei  Abwesenheit  des  Dir.  sein  Nachfolger  oder  Stellvertreter  sich  die  nöthige 
Kenntnis  über  alles  Vorkommende  verschaffen  könne,  und  bemerken  noch  aus- 
drückl.,  dafs  auch  die  Concepte  der  erstatteten  Berichte  und  die  anderweitige 
amtl.  Oorrespondenz  aufbewahrt  und  an  geeigneter  Stelle  den  Acten  einverleibt 
werden  müssen." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Stettin  v.  1.  Juli  1867:  „Aus  den 
auf  unsere  Verfügung  v.  —  erstatteten  Berichten  geht  hervor,  dafs  die  Nothwen- 
digkeit  einer  besseren  Ordnung  der  Archive  bei  den  höh.  Schulen  unseres  Bessorts 


221 

und  des  Erlasses  einer  in  dieser  Anglgh.  durchgreifenden  Verordnung  noch 
dringender  ist,  als  wir  anzunehmen  Veranlassung  hatten.  Unter  Berücksich- 
tigung des  Inhalts  der  Berichte  haben  wir  nun  ein  Archivrepertorium 
(a)  entwerfen  lassen,  welches  wir  den  Dir.  hierbei  mit  folgenden  Vorschriften 
zufertigen: 

Die  in  demselben  mit  Nummern  angegebenen  Actenstücke  müssen,  soweit 
nicht  besondere  Umstände  eine  Abweichung  gerechtfertigt  erscheinen  lassen, 
in  dem  Archiv  gesondert,  und  soweit  das  nicht  nach  der  Natur  der  Schrift- 
stücke unzweckmäfsig  ist,  in  Pappdeckel  ordnungsmäfsig  geheftet  vorhanden 
sein.  Einzelne  Actenstücke  in  noch  speciellere  zu  teilen,  ist  zulässig  und 
unter  •  Umständen  empfehlenswerth.  Dafs  aufser  den  in  unserem  Entwurf 
angegebenen  Actenstücken  je  nach  den  besonderen  Verhältnissen  der  einzelnen 
Anstalten  auch  noch  andere  vorhanden  seien,  ist  nicht  ausgeschlossen  und 
zuweilen  nothwendig.  Wenn  ein  Schriftstück  nach  seinem  Inhalt  in  ver- 
schiedene Actenstücke  gehört,  ist  es  zu  Einem  zu  bringen  und  den  anderen 
entweder  eine  Abschrift  oder  ein  Extract  oder  eine  Notiz  einzufügen.  Die 
Concepte  der  zu  erstattenden  Berichte  sind  nicht  etwa  in  ein  Buch,  sondern 
auf  besondere  Blätter  zu  schreiben,  und  diese  zu  den  betr.  Actenstücken  zu 
bringen. 

Die  Ordnung  der  Actenstücke  unter  allgemeine  Titel  kann  eine  andere 
sein,  als  die  in  dem  beiliegenden  Entwurf  nach  A.  bis  L.  vorgeschlagene.  Doch 
wird  sich  bei  den  meisten  Archiven,  namentlich  denen  jüngerer  Anstalten, 
diese  Ordnung  ohne  grofse  Schwierigkeit  durchführen  lassen.  —  Ein  Geschäfts- 
Joumal  zu  führen  empfehlen  wir  und  zwar  nach  dem  in  der  Beilage  mitge- 
teilten Schema. 

Die  Herstellung  einer  diesen .  Vorschriften  entsprechenden  Ordnung  in 
dem  Schularchiv  raufs  bis  zum  Ende  dieses  Jahres  erfolgen.  Wir  haben 
unseren  DepartemQntsrai^  beauftragt,  im  nächsten  Jahre  die  Archive  sämtl. 
zu  revidiren  und  solche  Kevisionen  periodisch  zu  wiederholen.  Ueber  den 
Befund  bei  jeder  Bevision  soll  ein  Protokoll  aufgenommen  und  eingereicht 
werden." 

(a)  Entwurf  eines  Archivrepertoriums  für  die  höheren  Lehranstalten 

in  Pommern. 

A.  Die  Anstalt  im  Ganzen.  i.  Allgemeine,  die  höh.  Schulen  im 
Ganzen  betreffende  Verordnungen.  2.  Das  Amtsblatt  der  K.  Regierung.  3.  Acta 
specialia  betr.  die  Errichtung  der  Anstalt  und  die  Bildung  neuer  Klassen.  4.  Die 
Errichtung  der  Vorschule.  5.  Die  K.  Aufsichtsbehörden  und  Revisionen  der 
Anstalt.  6.  Das  Scholarchat  resp.  Curatorium.  7.  Die  Portofreiheit  in 
Dienstangelegenheiten.  8.  Allgm.  Verordnungen,  betr.  die  Einreichung  von 
Verwaltungsberichten  und  Statist.  Nach  Weisungen.  9.  Concepte  der  Verwaltungs- 
berichte und  der  mit  ihnen  einzureichenden  Nachweisungen  der  Lehrer.  10.  Allgm. 
Vorschriften  über  Abfassung  und  Einsendung  der  Programme.  #11.  Acta  spec. 
betr.  die  Abfassung  und  Einreichung  des  Progr.  der  Anstalt.  12.  Eine  Sammlung 
der  Programme  der  Anstalt.  13.  Acta  betr.  die  Geschichte  der  Anstalt. 
14.  Acta  betr.  die  Beziehung  zu  anderen  Schulen,  Glückwunschschreiben  zu 
Jubiläen  u.  dgl.  m. 

B.  DerDirector.  1.  Allgm.  Verordnungen  über  die  Anstellung  und 
die  Instruction  der  Directoren.  2,  Acta  betr.  die  Diretorenconferenzen.  3.  Acta 
spec.  betr.  die  Anstellung  des  Dir.  der  Anstalt 

C.  Die  Lehrer.  1.  Allgm.  Verordnungen  betr.  die  Anstellung  und 
die  Pflichten  der  Lehrer,  auch  die  Instr.  der  Klassenordinarien.  2.  Ein  Ver- 
zeichnis aller  an  der  Anstalt  beschäftigten  Lehrer  und  Candidaten  mit  den  Be- 
scheinigungen über  den  Empfang  der  Lehrer-  und  der  Ordinarien  -  Instruction. 
3.  Verordnungen  betr.  die  rrüfung  pro  facultate  docendi  und  die  Zusammen- 
setzung der  wissenschaftl.   Prüfungscommission.         4.    Acta  spec.  betr.  die  An- 


222 

Stellung,  Vereidiffung,  Titel,  das  Einkommen  und  den  Abgang  der  Lehrer  der 
Anstalt.  5.  Zeugnisse  der  Lehrer.  6.  Acta  spec.  be^.  die  Naohweisungen 
von  den  Veränderungen  im  LehrercolL  7.  Aota  spec.  betr.  das  Verhalten  der 
Lehrer,  Urlaubsgesuche,  Vertretung,  Nebenämter  u.  dgL  8.  Acta  betr.  den  Ein- 
kauf in  die  £.  allgm.  Witwenverpflegungsanstalt.  9.  Allgm.  Verordnungen 
betr.  die  Militärpflicht  der  Lehrer.  10.  Acta  spec.  betr.  die  Militärpflicht  der 
Lehrer,  Reclamationen  u.  dgl.  11.  Allgm.  Verordnungen  betr.  die  Probecandd. 
12.  Acta  spec.  betr.  die  Probecandd.  der  Anstalt.  13.  Acta  betr.  die  Lehrer 
an  der  Vorschule.        14.    Acta  betr.  die  Lehrerconferenzen  (Protokollbuch). 

D.  Die  Unterbeamten.  1.  Acta  betr.  den  Rendanten.  2.  Aota 
betr.  den  Sjhuldiener. 

E.  Aufnahme,  Abgang  und  Disciplin  der  Schüler.  1.  ^llgm« 
Verordnung  betr.  die  Aufnahme,  die  sittl.  Leitung  und  die  Entfernung  der 
Schüler.         2.    Acta  betr.  die  Gesundheitspflege  der  Schüler.  3.    Acta  spec. 

betr.  die  Schulordnung  der  Anstalt.  4.  Acta  spec.  betr.  die  Aufnahme  der 
Schüler  (dabei  die  von  den  Schülern  bei  der  Aufnahme  vorgelegten  Zeugnisse). 
5.  Album  der  Schule.  6.  Album  der  Vorschule.  7.  Acta  spec.  betr.  die 
Frequenzlisten.  8.  Acta  spec.  betr.  die  Disciplinarfälle.  9.  Acta  betr.  die 
Gensuren.  10.  Acta  betr.  die  Militärpflicht  der  Schüler.  11.  Concepte  der 
Zeugnisse  behufs  der  Meldung  zum  einjähr.  Militärdienst.  12.  Concepte  sonstiger 
Abgangs-  und  anderer  Zeugnisse  für  Schüler.  13«  Allgemeine  Verordnungen 
betr.  das  Verhältnis  zu  gewissen  Berufsarten.  14.  Ac^  betr.  Alunmate  oder 
Pensionate, 

F.  Der  Unterricht.  1.  Allffm.  Verordnungen  betr.  den  Unterr.  und 
die  wissenschaftl.  Beschäftigung  der  Schüler  überhaupt  (darin  die  Verfl".  über  den 
Anfang  der  Unterrichtszeit  und  die  Dauer  der  Pausen).  2.  Acta  betr.  die  Ein- 
führung von  Schulbüchern.  3.  Acta  spec.  betr.  den  Lectionsplan.  4.  Acta 
betr.  die  religiöse  Unterweisung  (auch  die  Schulandachteu,  Eirchenbesuch,  Schul- 
communionen,    Confirmandenunterr. ,    Aufsicht    des    Gen.  Superindenten    u.    dgl.). 

5.  Acta   betr.   den   Unterr.   im   Deutschen   und   in   der  philosoph..  Propädeutik. 

6.  Acta  betr.  den  Unterr.  im  Lateinischen  und  Griechischen.  7.  Allgm.  Ver- 
ordnungen betr.  die  Dispensation  vom  Griechischen.  8.  Acta  spec.  betr.  die 
Dispensation  vom  Griechischen.  9.  Acta  betr.  den  Unterr.  im  Hebräischen, 
10.  im  Französischen,  11.  im  Englischen,  12.  in  der  Geschichte  und 
Geographie,  13.  in  der  Mathematik  und  im  Rechnen,  14.  in  der  Physik, 
Chemie  und  Naturbeschreibung,  15.  im  Zeichnen  und  Schreiben,  16.  im 
Gesang,  17.  im  Turnen,  18.  die  Dispensation  vom  Turnunterricht,  19.  den 
Privatunterr.  der  Lehrer. 

G.  Schulprüfuiigen.  1.  Acta  betreffend:  die  Versetzungsprüfungen, 
Klassenrevisionen  des  Dir.  und  Versetzungen,  2.  die  öffentl.  Prüfungen,  3.  die 
Einsetzung  der  Prüfungscomm.  für  Auswärtige  nach  dem  Beglm.  v.  23.  März  1846. 
4.  Die  Verhandl.  der  hiemach  abgehaltenen  Prüfungen.  5.  -^l^^-  Ver- 
ordnungen betr.  die  Maturitätsprüfung.  6.  Urteile  der  wissenschaftl.  Prüfungs- 
commission. 7.  Acta  specialia  betr.  die  jährlichen  Nachweisungen  der  ge- 
prüften Maturitätsaspiranten,  8.  die  Verhandlungen  der  einzelnen  Maturitäts- 
prüfungen. 

H.  Ferien  und  Schulfeste.  1.  Acta  betr.  die  Ferien,  2.  die 
ordentl.  Schulfeierlichkeiten,  3.  aufserordentl.  Schulfeste,  .  4.  diie  Jubiläen 
der  einzelnen  Lehrer. 

-  L    Vermögensverwaltung.         1.    Acta   betr.   den  Etat   der  Anstalt. 

2.  Kechnungssachen,  3.  die  Hebungen  von  den  Schülern,  4.  die  Schul- 
geldbefreiungen, 5.  die  Lehrerwitwenkasse  der  Anstalt  und  so  für  jede  mit 
der  Anstalt  verbundene  Stiftung  ein  besonderes  Actenstück. 

E.  Gebäude  und  Geräthe.  1.  Allgm.  Verordnungen  (z.  B.  über 
Benutzung  der  SchuUocale  zu  anderen  Zwecken,  über  die  Instandhaltung  der 
Dienstwohnungen  etc.).  2.  Acta  spec.  betr.  Reparaturen,  3.  betr.  die  Be- 
nutzung der  SchuUocale. 

L.  Bibliothek  und  andere  Sammlungen.  1.  Acta  betr.  die  Ver- 
waltung und  die  Revisionen  der  Bibliothek  und  der  anderen  Sammlungen.  2.  Acta 
spec.  betr.  die  Vermehrung  der  Hauptbibliothek  durch  Ankauf  oder  Geschenke. 

3.  Acta    betr.    die   Schülerbibliothek,         4.    die   zur   Anschaffung   empfohlenen 


223 

Bücher,  5.  das  physikal.  Gabinet  (Inventar),  6.  die  naturgeschichtl.  Samm- 
Inngen  (Inventar),  7.  die  der  Anstalt  gehörenden  Kunstwerke  und  Apparate 
für  den  Zeichenunterricht  (Inventar],  8.  die  geograph.  und  geschichtl.  Lehr- 
mittel (Inventar),  9.  die  Musikalien  (Inventar),  10.  das  Archiv  der  Anstalt 
nebst  JRepertorium  desselben  und  Journal. 

Das  zum  Geschäftsjournal  empfohlene  Schema  hat  die  Rubriken: 
1.  Laufende  Nummer.  2.  Datum  der  Sache  und  der  Präsentation.  3.  Name 
und  Wohnort  des  Absenders.  4.  Kurzer  Inhalt  der  Sache.  5.  Kurze  Angabe 
dessen,  was  zur  Erledigung  der  Sache  geschehen  ist.  6.  Bezeichnung  der  Acten, 
zu  welchen  die  Sachen  gebracht  sind. 


CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  20.  Febr.  1870:  „In  gegebener 
Veranlassung  machen  wir  die  HH.  Dir.  besonders  darauf  aufmerksam,  dafs  nach 
dem  Rescript  des  H.  Min.  etc.  vom  21.  Aug.  v.  J.,  welches  wir  Ihnen  durch 
Circulare  mitgeteilt  haben,  nur  solche  üeberschreitungen  der  sächlichen 
Ausgabetitel,  welche  an  sich  gerechtfertigt  sind,  durch  die  Schlufsvermer&e  in 
den  Etats  ohne  Weiteres  für  zulässig  erkl^  sind.  Wir  empfehlen  deshalb  den 
HH.  Dir.,  in  solchen  Fällen,  wo  dieselben  gröfsere  Anschaffungen  für  die  Bibliothek 
und  Sammlungen  oder  für  Utensilien,  durch  deren  Kosten  eine  namhafte  üeber- 
schreitung  der  betr.  Etatstitel  herbeigeführt  werden  würde,  zu  machen  gedenken, 
dazu  vorgängig  unsere  Genehmigung  nachzusuchen,  damit  drgl.  Uebersclu*eitungen 
nicht  nachträglich  als  „ungerechtfertigte'  zu  Rechnungsnotaten  Veranlassung  geben 
können.^ 

In  Betreff  der  Schulgeld-Hebelisten  s.  Abt.  I  S.  387  fg.  11,  S.  206. 

Die  für  die  Einführung  neuer  Lehrbücher  mafsgebende  C.Verff.  v. 
20.  Juni  1864  und  12.  Jan.  1880  s.  in  Abt.  I  S.  363  fg. 

Die  Verpflichtung  zum  Halten  der  Gesetzsammlung  und  des  Amtsblatts 
ist  aufgehoben;  s.  GBl.  1873  p.  449. 


Bienstliohe  Postsendungen. 

Aus  dem  Regulativ  v.  28.  Nov.  1869: 

„Nachdem  durch  das  Bundesgesetz  v.  5.  Juni  d.  J.  die  bisher  bestandenen 
Portofreiheiten  und  Portoermäfsigungen  für  Postsendungen  in  Staatsdienst- Anglgh. 
vom  1.  Jan.  1870  ab  aufgehoben  worden  sind,  treten  mit  diesem  Tage  folgende 
Bestimmungen  über  die  geschäftliche  Behandlung  der  gedachten  Sendungen 
in  Kraft: 

1.  Alle  Postsendungen  zwischen  königl.  Behörden,  einschlief  such  der  einzeln 
stehenden,  eine  Behörde  repräsentirenden  königl.  Beamten,  sind  bei  der  Absendung 
zu  frankiren.  Ebenso  ist  hinsichtlich  der  von  königl.  Behörden  abzulassenden  Post- 
sendungen an  andere  Empfänger  zu  verfahren,  wenn  dieselben  entweder  a.  nicht 
im  Interesse  der  Empfänger,  sondern  ausschliefslich  im  Staatsinteresse  erfolgen 
oder  b.  an  eine  Partei  gerichtet  sind,  welche  nach  den  bisher  geltenden  Vor- 
schriften auf  portofreie  Zustellung  einen  Rechtsanspruch  hat,  oder  c.  in  einer 
Procefs-  oder  Vormundschaftsache  ergehen,  für  welche  einer  Partei  das  Armenrecht 
bewilligt  ist  Alle  sonstigen,  von  königl.  Behörden  ausgehenden  Postsendungen 
sind  unfrankirt  abzulassen.  —  Postanweisungen  unterliegen  jedoch  dem  Frankirungs- 
zwange.  — 

2.  Die  Frankiruug  der  gewöhnl.  Briefe  und  der  Postanweisungen,  welche 
nach  einem  Orte  innerhalb  des  Norddeutschen  Postbezirks  bestimmt  sind,  erfolgt 
seitens  d^r  absendenden  Behörden  durch  Aufkleben  von  Dienst-Freimarken  im 
Betrage  des  tarifmäfsigen  Portos. :- 

5.  Die  nach  §  1  frankirt  oder  unfrankirt  abzulassenden,  der  Portozahlung 
unterworfenen  Sendungen  sind  auf  der  Adresse  als  „portopflichtige  Dienstsache^ 
zu  bezeichnen  und  mit  dem  Dienstsiegel  der  absendenden  Behörde  zu  versehen. 
Einzeln  stehende  Beamte,  welche  ein  solches  nicht  führen,  haben  unter  dem  Ver- 
merk „portopflichtige  Dienstsache''  die  „Ermangelung  eines  Dienstsiegels"  mit 
Unterschrift  des  Namens  und  Beisetzung  des  Amtscharakters  zu  bescheinigen. 


224 

6.  Die  königl.  Behörden  haben  in  ihrem  Geschäftsverkehr  auf  thunl.  Be- 
Fohränkung  der  Fortoausgaben  Bedacht  zu  nehmen  und  insbesondere  folgende  Be- 
stimmungen sorgfältig  zu  beachten :  a.  Sollen  mehrere  Briefe  gleichzeitig  an 
eine  Adresse  abgesandt  werden,  so  sind  dieselben  in  ein  gemeinschaftl.  Couvert  zu 
verschliefsen.  b.  Packete  ohne  Werthsdeclaration ,  deren  Gewicht  mehr  als 
20  Pfund  beträgt,  sind  da,  wo  Eisenbahnverbindungen  bestehen,  soweit  es  ohne 
unverhältnism.  Verzögerung:  ihrer  Beförderung  oder  einen  sonstigen  Nachteil-  ge- 
schehen kann,  als  Frachtgut  mit  der  Eisenbahn  zu  versenden.  Dagegen  sind  Geld- 
und  andere  Werthsendungen  stets  zur  Post  zu  geben.  c.  Zu  den  Eeinschriften 
der  Verfügungen  an  Privatpersonen  ist  Papier  von  solcher  Beschaffenheit  zu  ver- 
wenden, dafä  das  Gewicht  desselben  einschliefslich  des  Gouverts  das  zulässige 
Maximalgewicht  eines  einfachen  Briefs  nicht  übersteigt. 

7.  Bei  jeder  königl.  Behörde  hat  deren  *  Vorstand  diejenigen  Anordnungen 
zu  treffen,  welche  erforderlich  sind,  um  eine  ausreichende  Controlle  der  Verwendung 
der  Dienst-Freimarken  sicher  zu  stellen,  wobei  jedoch  darauf  zu  sehen 'ist,  dafs  die 
Controlle   möglichst   einfach   geführt   und  dafs  dadurch  keine  grofse  Schreiberei 

veruf sacht  wird.        8. Denjenigen  königl.  Behörden  und  einzeln  stehenden 

königl.  Beamten,  bei  welchen  eine  selbständig  Rechnung  legende  Kasse  nicht  vor- 
handen, ist  seitens  der  vorgesetzten  Prov.  Behörden  die  Kasse  zu  bezeichnen,  von 
welcher  die  Portoauslagen  zu  erstatten  und  zu  verrechnen  sind."  — 

Staats-Min.Beschlufs  v.  24.  Juli  1878.  „Der  §  8  Absatz  1  des 
Begulativs  über  die  geschäftl.  Behandlung  der  Postsendungen  In  Staatsdienst- 
Angelegenheiten  vom  28.  Nov.  1869,  wonach  die  Verrechnung  der  gezahlten 
Portobeträge  im  Bessert  der  Justizverwaltung  nach  Anleitung  des  Etats  bei  den 
darin  ausgebrachten  betr.  Titeln,  in  den  übrigen  Ressorts  dagegen  unter  einem 
neu  zu  bildenden,  nach  dem  Titel  „zu  sächlichen  Ausgaben'*  einzuschaltenden 
Titel  mit  der  Bezeichnung :  „Porto  und  sonstige  Frachtgebähren  für  dienstliche 
Sendungen*'  und  zwar  als  Mehr-Ausgabe  über  den  Etat  erfolgen  soll,  wird 
hierdurch  dahin  declarirt,  dafs  unter  diesem  letzteren  Titel  aufser  den  auf  den- 
selben nach  §  4  des  Begulativs  über  die  geschäftl.  Behandlung  der  Telegramme 
in  Staatsdienst-Angelegenheiten  vom  30.  Juni  1877  zu  übernehmenden,  von  K. 
Behörden  und  einzeln  stehenden  K.  Beamten  für  Telegramme  in  Staatsdienst- 
Angelegenheiten  zu  entrichtenden  Geldbeträgen  fortan  nur  noch  1.  das  Post- 
porto, und  zwar  dieses  ohne  Ausnahme,  soweit  es  von  der  Verwaltung  baar  oder 
in  angekauften  Marken  direct  bezahlt  wird,  und  2.  die  Frachtgebühren  für 
solche  nicht  mit  der  Post  bewirkte  Packetsendungen,  welche  durch  Zusammen- 
legung der  dienstlichen  Correspondenz  oder  durch  Versendung  von  Acten, 
Drucksachen  und  Formularpapier  zwischen  Behörden  und  Beamten  in  Anwendung 
der  Vorschriften  im  §  6  des  Begulativs  vom  28.  Nov.  1869  entstehen,  zu  ver- 
rechnen, dafs  dagegen  die  Ausgaben  an  sonstigen  Fracht-  und  Transportkosten 
denjenigen  Ausgabetiteln  jeder  Verwaltung,  welche  die  Beschaffungskosten  der 
transportirten  Gegenstände  zu  tragen  haben,  zuzuweisen  sind." 

Min.Verf.  v.  17.  Oct.  1885.  „Zuständigen  Ortes  ist  festgestellt  worden, 
dafs  für  alle  von  Staatsbeamten  zu  erstattenden  Berichte,  Anzeigen  und  Mel- 
dungen, welche  ihre  Person  betreffen  und  von  der  vorgesetzten  Dienstbehörde 
zugleich  aus  dienstlichen  Bücksichten  angeordnet  sind,  das  Porto  von  der  Staats- 
kasse zu  tragen  ist "  Der  Min.  etc.  im  A.  Barkhausen. 

Bescheid  der  Ober-Postdirection  zu  Berlin  v.  11.  März  1885. 
„Ew.  beehre  ich  mich  auf  das  geehrte  Schreiben  v.  9.  d.  M.  erg.  zu -erwidern, 
dafs  nach  einer  Entscheidung  des  Beichspostamts  die  Abkürzung  des  Vermerks 
„Portopflichtige  Dienstsache"  durch  die  Bezeichnung  P.  D.  S.  nicht  zulässig  ist, 
da  diese  Buchstaben  leicht  für  P.  S.  (die  im  Postdienstbetrieb  übliche  Abkürzung 
für  Postsache)  gelesen  werden  könnte.  Dagegen  sind  Abkürzungen,  wie 
Portopfl.  D.  S.,  Ptpfl.  Diensts.  u.  dgl.  als  zulässig  anzusehen."  Der  KaiserL 
Ober-Postdirector  gez.  Schiffmann. 


l 


ä2& 

Telegramme  in  Staatsdienstangelegenheiten. 

Aus  dem  Regulativ  v.  30.  Juni  1877.  „Nachdem  durch  die  Kaiserliche 
Verordnung  vom  2.  Juni  d.  J.  die  bisher  bestandene  Gebührenfreiheit  für 
Telegramme  in  Staadsdienstangelegenheiten  vom  1.  Juli  d.  J.  ab  aufgehoben 
worden  ist,  treten  mit  diesem'  Tage  folgende  Bestimmungen  über  die  ge- 
schäftliche Behandlung  der  gedachten  Telegramme  in  Kraft. 

§  1.  Den  Telegrammen  in  Staatsdienstangelegenheiten  verbleibt,  in  der 
Beförderung,  der  bisherige  Vorrang  vor  Privattelegrammen.  Sie  sind  daher  von 
der  absehenden .  Behörde  wie  bisher  als  Staatstelegramme  zu  bezeichnen  und 
als  solcW  durch  Siegel  oder  Stempel  zu  beglaubigen.  §  2.  Die  Königl.  Be- 
hörden, mit  Einschluis  der  einzeln  stehenden,  eine  Behörde  repräsentirenden  K. 
Beamten  haben  die  Telegraphirungsgebühren  für  die  von  ihnen  in  Staatsdienst- 
angtilegenheiten  abzusendenden  Telegramme:  a)  wenn  die  Aufgabe  bei  einem 
Beichstelegraphenamte  erfolgt,  entweder  im  Wege  der  Contirung  oder  in  jedem 
einzelnen  Falle  haar,  und  zwar  durch  Verwendung  von  Post-  oder  Telegraphen- 
freimarken, oder  durch  Einzahlung  beim  Telegraphenamte,  dagegen  b)  wenn 
die  Aufgabe  bei  einer  Eisenbahn-  Telegraphenstation  erfolgt,  in  allen 
Fällen  durch  baare  Einzahlung  bei  der  betreffenden  Station  zu  entrichten. 
§  4.  Die  Verrechnung  der  von  K.  Behörden  und  einzeln  stehenden  K.  Beamten 
für  Telegramme  in  Staatsdienst-Ang.  zu  entrichtenden  Geldbeträge  bei  den  Staats- 
kassen und  die  Erstattung  der  von  den  bezeichneten  Behörden  und  Beamten 
verauslagten  Geldbeträge  für  Telegramme  der  gedachten  Art  erfolgt  in  derselben 
Weise,  wie  es  hinsichtlich  der  Portobeträge  für  Postsendungen  in  Staatsdienst- 
sachen nach  den  bestehenden  Vorschriften  zu  geschehen  hat.  §  5.  Die 
Wiedereinziehung  derjenigen  für  Telegramme  in  Staatsdienst-Ang.  verauslagten 
Beträge,  zu  deren  Erstattung  eii^  Beteiligter  verpflichtet  ist,  hat  nach  den, 
hinsichtlich  der  Wiedereinziehung  von  Post-Portobeträgen  für  Postsendungen  in 
Staatsdienstsachen  mafsgebenden  Bestimmungen  zu  erfolgen.  §  6.  Telegramme 
in  Staatsdienst-Ang.  ßind  nur  in  den  wichtigsten  und  dringendsten  Fällen,  oder 
wenn  es  ausdrücklich  vorgeschrieben  ist,  abzusenden  und  in  gedrängtester 
Kürze,  mit  Weglassung  aller  Curialien  und  mit  Vermeidung  aller  für  das  Ver- 
ständnis nicht  unbedingt  nothwendigen  Titulaturen  u.  s.  w.  abzufassen." .... 


Veröffentlichung  v.  kostenpflich-tigen  Bekanntmachungen. 
C.Verf.  V.  15.  März  1886.  „Im  Jahre  1872  hat  sich  unter  dem  Namen 
„Invalidendan k'^  hierselbst  ein  Verein  gebildet,  welcher  den  Zweck  verfolgt, 
invaliden  Offizieren,  Unteroffizieren  und  Soldaten  der  letzten  Kriege  Mittel  und 
Gelegenheit  zu  verschaffen,  durch.  Selbstthätigkeit  eine  gesicherte  Existenz  zu 
begründen.  Dieser  Verein  hat  hierselbst  ein  deutsches  Zeitungsbureau 
errichtet,  welches  sich  mit  der  Annahme  von  Inseraten  f ür  Z  eitungen  u.  s.  w. 
und  mit  der  Vermittelung  des  Abonnements  auf  dieselben,  sowie  mit  dem 
Stellennachweis  für  Invaliden  der  deutschen  Armee  und  Marine  beschäftigt. 
Das  Bureau  berechnet  für  die  ihm  zur  Besorgung  übertragenen  Inserate  nur 
die  Original-Insertionspreise  ohne  Porto  und  sonstige  Spesen,  besorgt  die  Ver- 
vielfältigung der  Manuscripte  kostenfrei  selbst  und  erteilt  über  den  Auftrag 
eine  Gesamtrechnung.  Da  ein  solches  Unternehmen  auch  nach  den  bei 
anderen  Ressorts  bereits  gemachten  Erfahrungen  alle  Unterstützung  verdient, 
80  setze  ich  die  nachgeordneten  Behörden  meines  Bessorts  hiervon  in  Kenntnis, 
um  Sich  eintretenden  und  geeigneten  Falles,  namentlich  bei  Veröffentlichung 
von  kostenpflichtigen  Bekanntmachungen  der  Vermittelung  des  gedachten 
Bureaus  zu  bedienen,  für  die  Ihnen  etwa  unterstellten  staatlichen  und  die  unter 
Staatsverwaltung  stehenden  stiftischen  Anstalten  ein  gleiches  zu  veranlassen, 
den  übrigen  Anstalten  Ihres  Bessorts  dagegen  die  Benutzung  dieses  Bureaus 

Wiese,  Verordnimgeii.    IL  ^5 


226 

gleiclifalls  anznempfehleii.  Dem  Verbände  des  Institats  habe  ich  anheim- 
gestellt,  zu  näherer  Information  über  dessen  Zwecke  und  Geschäftsbedingringen 
je  ein  Exemplar  der  hierauf  bezüglichen  Anzeigen  dorthin  mitzuteilen.'^  ^)  Der 
Min.  d.  g.  etc.  A.  v.  Gofsler. 


Die  Elassenordinarien  und  die  Lehrer. 

Vgl.  C.Veri  V.  24.  Oct.  1837  Abt  I  S.  56  fg.  68.  329. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  20.  März  187^:  Es  ist 
bei  manchen  höh.  Lehranstalten  üblich,  dafs  die  Ordinarien  mit  ihren 
Schülern  in  die  nächstfolgende  Klasse  aufsteigen.  Ein  solches  Aufsteigen  kann 
selbstverständlich  nur  unter  der  Voraussetzung  stattfinden,  dafs  die  betr. 
Lehrer  hinsichtl.  ihres  Lehrgeschicks  und  ihrer  Leistungen  wesentlich  sich 
gleich  stehen.  Wo  dies  nicht  der  Fall  ist,  würden  durch  den  in  Bede  stehen- 
den regelm.  Ordinariatswechsel  einzelne  Scbülergenerationen  in  erheblicher  und 
nicht  verantwortlicher  Weise  benachteiligt  werden.  Am  ersten  dürfte  dieser 
Ordinariatswechsel  far  die  VI  und  V  zu  empfehlen  sein;  denselben  über  den 
Zeitraum  von  3  Jahren  hinaus  auszudehnen,  wird  in  der  Begel  aus  mehr  als 
Einem  Grunde  nicht  zulässig  sein.  Die  Entscheidung  der  Frage,  ob  ein  Ordi- 
narius mit  seiner  Kl.  aufsteigen  soll,  hängt  auch  wesentlich  davon  ab,  ob 
derselbe  ein  angehender  oder  bereits  geübter  und  erfahrener  Lehrer  ist  Für 
die  Ausbildung  eines  jungen  Lehrers,,  dem  das  Ordinariat  einer  Kl.  zum  ersten 
Mal  übertragen  wird,  ist  es  unstreitig  zweckmäfsiger,  wenn  er  in  dem  darauf 
folgenden  Jahre,  sofern  es  im  übrigen  möglich,  dieses  Ordinariat  behält,  damit 
er  sofort  die  Erfahrungen  des  ersten  Jahres  benutze  und  verwerthe.  Wir 
erwarten,  dafs  Ew.  —  von^  jetzt  an  bei  Einrichtung  des  Lectionsplans  in  dem 
Begleitschreiben  bemerken,*  ob  ein  solches  Aufsteigen  des  Ordinarius  mit  seiner 


^)  Berlin,  den  23.  Juli  1886.  W.,  Markgrafenstr.  51a.  Invalidendank, 
Verein  zur  Förderung  der  Erwerbsthätigkeit  Deutscher  Invaliden. 
Dem  K.  Frov.Sch.C.  zu  Breslau  gestatten  wir  uns  im  Anschlufs  an  die  seitens  des 
Herrn  Ministers  der  geistl.  etc.  Ang.  erlassene  Verf.  v.  15.  März  er.  zur  gütigen 
Information  Folgendes  über  die  Tendenz  unseres  Instituts  und  unser  damit  ver- 
bundenes geschäftliches  Wirken  ganz  ergebenst  mitzuteilen: 

Der  1872  gegründete  Verein  Invalidendank  verfolgt  den  Zweck,  allen 
Invaliden  der  deutschen  Armee  nicht  nur  in  Bezug  auf  ihre  Erwerbsthätigkeit  Hülfe 
angedeihen  zu  lassen,  sondern  sie  auch  pecuniär  zu  unterstützen,  um  ihnen  hierdurch 
in  allen  Lebenslagen  weiter  zu  helfen.  Die  Unterstützung  derselben  erfolgt 
durch  Ueberweisung  der  Baarmittel  an  das  K.  Kriegsministerium,  welches  die 
Beträge  an  die  Petenten  zur  Auszahlung  gelangen  läfst,  und  bemerken  ¥rir  hierbei, 
dafs  sich  solche  nicht  nur  auf  Invaliden,  welche  direct  vom  Militär  ausscheiden, 
sondern  auch  auf  alle  pensionirten  Königlichen,  wie  Communal-Beamten,  welche 
ehemalige  civilversorgungsberechtigte  Militärs  waren,  erstreckt.  Die  Mittel  für 
unsere  Zwecke  werden  durch  geschäftliche  Unternehmungen  erreicht,  und  bestehen 
dieselben  in  erster  Linie  in  Fülming  einer  Annoncen-Expedition ;  die  aus  dieser  resul- 
tirenden  Einnahmen  bilden  die  Haupterwerbsquelle.  Bezüglich  des  Annoncenwesens 
bemerken  wir  ergebenst,  dafs  wir  nur  Originalzeilenpreise  berechnen,  nur  eines 
Manuscripts  bedürfen,  die  Vervielfältigung  kostenfrei  selbst  besorgen  und  die  Gre- 
samtabrechnung  je  nach  Wunsch  der  Behörde  sofort,  monatlich,  quartaliter  etc. 
vornehmen.  Bei  Insertionen,  deren  schleunige  Beförderung  durch  Kürze  der  Zeit 
bedingt  wird,  haben  wir  mit  den  Behörden,  insbesondere  denjenigen,  deren  Domicil 
entfernt  gelegen  ist,  die  Vereinbarung  getroffen,  die  Inserate  den  Zeitungen  mit 
dem  Vermerk  „durch  den  Invalidendank  Berlin  zu  verrechnen'*,  zu  übersenden. 
Wir  erhalten  alsdann  von  der  Behörde  kurze  Notiz  über  Inhalt  des  Inserats  sowie 
Angabe  der  Zeitungen  und  sind  dadurch  immer  in  der  Lage,  G-esamtrechnung  mit 
Belägen  zu  erteilen**  etc.     Der  Vorstand  des  „Invalidendank.*' 


• 

Klasse  stattfindet,  resp.  durch  welche  Klassen  derselbe  seine  Schüler  bereite 
geführt  hat." 

Für  die  Ordinarien  und  die  Lehrer  sind  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  die  nach- 
stehenden Instructionen  erlassen  worden. 

Instructionen  fttr  die  Klassenordinarien  und  die  Lehrer  der 

Gymnasien  und  der  Realschulen  1.  0. 

Provinz  Preursen. 

* 

Instr.  vom  «][ahre    1867. 

A.  Ordinarien«  „1.  Der  Klassenordinarius  hat  die  Aufgabe,  die  Einheit 
des  sittl.  und  wissenschaftl.  Bildungszwecks,  deren  Durchführung  für  die  gesamte 
Anstalt  dem  Dir.  obliegt,  für  die  Zöglinge  seiner  Klasse  wahrzunehmen.  £r  ist 
demnach  in  der  Erfüllung  dieser  Aufgabe  wesentlich  zur  Unterstützung  des  Dir. 
bestimmt,  dem  er  durch  die  genauere  Kenntnis  der  Schüler  seiner  Kl.  zu  Hülfe 
zu  kommen  und  dessen  Anordnungen  betreffs  der  allgem.  Verwaltung  der  Kl.  und 
betreffs  der  Schulzucht  er  in  Vollzug  zu  setzen  verpflichtet  ist.  2.  Demnach 
mufs  er  bestrebt  sein,  wie  über  den  Zustand  der  Klasse  im  Allgm.,  so  auch  über 
jeden  Schüler  derselben  nach  Anlagen,  Fleifs,  Fortschritten  und  sittl.  Verhalten 
die  genaueste  Rechenschaft  geben  zu  können.  3.  Er  ist  mithin  von  Allem  in 
Kenntnis  zu  setzen,  was  rücksichtlich  des  geistigen  und  sittl.  Lebens  der  Kl.  von 
den  übrigen  Lehrern  teils  angeordnet,  teils  in  Erfahrung  gebracht  wird. 

4.  Zur  genaueren  Kenntnis  seiner  Zöglinge  hat  er  sich,  soweit  es  seine 
Zeit  und  die  Umstände  gestatten,  mit  den  Eltern  derselben  oder  mit  deren  Stell- 
vertretern in  nähere  Verbindung  zu  setzen  und  auf  diesem  Wege  eine  gegen- 
seitige Beziehung  und  Uebereinstimmung  der  häusl.  und  der  Schulerziehung  zu 
begründen.  5.  Zu  diesem  Behuf  ist  er  besonders  verpflichtet,  die  in  §  49  der 
Directoreninstr.  angeordneten  Hausbesuche  bei  den  auswärt.  Schülern  auszuführen, 
soweit  dieselben  seiner  Kl.  angehören.  6.  Er  hat  sämtl.  Arbeitshefte  seiner 
Kl.  mindestens  einmal  im  Halbjahr  einer  Revision  zu  unterziehen  und  über  das 
Ergebnis  dieser  Revision  an  den  Dir.  zu  berichten. 

7.  Dem  Ordinarius  gebührt  die  allgm.  disciplinar.  Verwaltung  der  KL,  die 
Bestimmung  der  sogenanten  Klassenoustoden,  und  die  besondere  Führung  der 
Censur-  uud  Klassentagebücher.  Aus  den  letzteren  hat  er  mittels  wöchentl. 
Durchsicht  der  von  den  übrigen  Lehrern  eingetragenen  Bemerkungen  sich  über 
das  Verhalten  der  Kl.  in  dem  bezeichneten  Zeiträume  zu  unterrichten  und  die 
etwan.  disciplinar.  Mafsregeln  rücksichtlich  der  einzelnen  Schüler  anzuordnen. 
8.  Bei  den  Conferenzberathungen  über  den  sittl.  und  wissenschaftl.  Zustand  der 
Anstalt,  desgl.  bei  den  Censur-  und  Yersetzungsconferenzen,  übemimmt.der  Ordinarius 
den  Vortr^  hinsichtlich  seiner  Kl. 

9.  Der  Ordinarius  ist  verpflichtet,  die  Lehrstunden  der  in  seiner  Kl.  unter- 
richtenden Probecandd.  öfters  zu  besuchen  und  dieselben  erforderl.  Falls  durch 
seinen  Rath  und  thatsächlich  zu  unterstützen. 

10.  Wenngleich  die  Strafgewalt  der  übrigen  Lehrer  durch  den  Ordinarius 
nicht  beschränkt  werden  soll,  so  ist  derselbe  doch  jedesmal  in  Kenntnis  zu  setzen, 
sobald  die  Strafe  des  Nachbleibens,  des  Arrests  oder  der  körperl.  Züchtigung  über 
einen  Schüler  verhängt  wird.  Hierdurch,  wie  durch  die  in  §  7  erwähnte  Durchsicht 
des  Klassenbuchs,  hat  der  Ordinarius  sich  in  den  Stand  zu  setzen,  rücksichtlich 
der  einzelnen  Schüler  ein  übereinstimmendes  Verfahren  der  Lehrer  zu  vermitteln 
und  etwan.  schädliche  Strafanhäufungen  abzuwenden.  11.  Beschwerden  eines 
Schülers  über  einen  Lehrer  anzunehmen,  ist  der  Ordinarius  niemals  berechtigt; 
ebensowenigr  darf  er  irgend  eine  Anordnung  eines  anderen  Lehrers  selbständig 
abändern.    In  beiden  Fällen  ist  der  Dir.  die  zuständige  Behörde. 

12.  Die  Bestimmung  der  Ordinarien  für  die  einzelnen  Klassen  erfolgt  durch 
den  Dir.  bei  Einreichung  des  Lectionsplans  an  das  K.  Prov.Sch.C.  Kein  Lehrer 
darf  zum  Ordinarius  von  mehr  als  Einer  Klasse  bestimmt  werden. 

13.  Der  Rang  im  Coli,  giebt  keinen  Anspruch  auf  ein  bestimmtes  Ordinariat ; 
vielmehr  hat  der  Dir.  bei  der  Wahl  der  Ordinarien  lediglich  auf  die  Befähigung 


ä^8  • 

der  Lehrer  zu  diesem  wichtigen  Amte,  wie  auf  die  denselben  in  den  einzelnen 
Klassen  überwiesenen  Unterrichtsfacher  Rücksicht  za  nehmen."  Königsbei^.  K. 
Prov.Sch.O. 

B.  Lehrer«  „1.  Jeder  an  einem  Gymn.  oder  einer  Realschule  fest 
angestellte  Lehrer  hat  die  Rechte  und  Pflichten  eines  Staatsdieners.  2.  Zur 
festen  Anstellung  eines  Lehrers  ist  aufser  dem  Nachweis  der  abgeleisteten  Militär- 
pflicht die  Ablegung  der  vorschrifbsm.  Prüfungen  und  die  Vollendung  des  Probe- 
jahrs erforderlich. 

3.  Alle  G^ymnasial-  oder  RealschuUehreri  seien  sie  fest  angestellt,  provisorisch 
beschäftigt  oder  Probecandd.,  sind  verpflichtet,  die  Anordnungen  des  Dir.  in  Bezug 
auf  ihr  amtl.  Verhalten  und  in  GemäTsheit  der  allgm.  Bestimmungen  genau  zu 
befolgen.  Wie  demnach  die  älteren  und\rfahmeren  Lehrer  den  Dir.  auch  darin  zu 
unterstützen  haben,  dafs  sie  um  die  Pflege  einer  coUegialischen  Gesinnung  und  um 
eine  .einheitl.  und  ideale  Auffassung  des  Lehrerberufs  innerhalb  des  Collegiums  sich 
bemühen,  so  haben  besonders  die  jüngeren  Lehrer  den  Rath  und  die  Weisungen 
des  Dir.  unbefangen  und  mit  Vertrauen  aufzunehmen  und  in  Ausführung  zu  bringen. 
4.  Insbesondere  sind  die  Lehrer  verpflichtet,  den  von  der  K.  Aufsichtsbehörde 
genehmigten  Lehrplan  genau  auszuführen  und  hierbei  neben  der  gewissenhaften 
Verwaltung  der  eigenen  Lehrstunden  überall  den  allgm.  Bildungszweck  der  Anstalt 
im  Auge  zu  behalten.  Sie  haben  sich  demnach  einerseits  sorgfältig  zu  hüten, 
unter  übermäfsiger  Bevorzugung  der  von  ihnen  selbst  versehenen  Lehrfacher  die 
Arbeitskraft  der  Schüler  zu  überschätzen;  andererseits  haben  sie  durch  genaue 
sachl.  wie  method.  Vorbereitung  auf  ihre  Lehrstunden  den  erforderl.  Zusammenhang 
des  ganzen  Unterrichtsganges  herbeizuführen  und  sich  Klarheit  in  der  Wahl  der 
einfachsten  und  zweckmäfsigsten  Bildungsmittel  zu  erwerben. 

5.  Die  etatsm.  Oberlehrer  sind  zu  20,  die  ordentL  Lehrer  zu  22,  die  wissen- 
schaftl.  Hülfslehrer  zu  24  wöchentL  Lehrstunden  verpflichtet,  falls  nicht  das  liafs 
der  häusl.  Vorbereitung  und  der  Correcturen  eine  BeschnUikung  dieser  Zahlen 
bedingt.  Den  techn.  Lehrern  dürfen  26  wöehentl.  Lehrstünden  zuerteilt  werden. 
6.  Kein  Lehrer  hat  ein  Recht  auf  bestimmte  Unterrichtsstunden,  falls  er  nicht 
für  dieselben  ausdrücklich  angestellt  ist. 

7.  Die  Lehrer  sind  verpflichtet,  ihre  Stunden  pünktlich  abzuhalten  und  die 
ihnen  obliegenden  Correcturen  regelm.  und  sorgfältig  zu  vollziehen.  Desgleichen 
haben  sie  die  Aufsicht  in  den  Zwischenpausen  und  bei  den  etwa  mit  der  Strafe 
des  Nachbleibens  belegten  Schülern  nach  dem  dafür  festgestellten  allgm.  Plane 
wahrzunehmen.  Kein  Lehrer  darf  ohne  Genehmigung  des  Dir.  eine  Stunde  aus- 
setzen oder  mit  einem  anderen  Lehrer  tauschen. 

8.  Für  die  Verhängung  und  Vollziehung  der  Strafen  dienen  die  §§  50—54 
der  Dir.  Instruction  zur  Richtschnur.  Die  Verhängung  des  Nachbleibens  hat  der 
Lehrer  dem  Klassenordinarius,  diejenige  der  Körperstrafe  dem  Ordinarius  und  dem 
Dir.  anzuzeigen,  falls  zur  Verhängung  derselben  nicht  ein  GonferenzbeschluTs  er- 
forderlich ist.  (§  52  der  Dir.  Instr.J.  Für  die  Strafe  des  (linschliefsens  (den  Arrest) 
ist  die  Genehmigung  des  Dir.  erforderlich.  Jede  Strafe  mufs  in  das  Klassenbuch 
eingetragen  werden.  Im  Allgm.  haben  sich  die  Lehrer  stets  gegenwärtig  zu 
halten,  dafs  die  Anwendung  eigentlicher  Strafen  nur  dann  gerechtfertigt  ist,  wenn 
zuvor  die  übrigen  Erziehungsmittel  erschöpft  sind.  Ueber  die  Befugnis  des  Dir., 
einem  Lehrer  zeitweilig  die  Anwendung  der  Körperstrafe  zu  untersagen,  siehe 
§  52  der  Dir.Listruction.  9.  Jeder  Lehrer  ist  verpflichtet,  alle  wichtigeren 
Disciplinarfälle  dem  Ordinarius  und  dem  Dir.  anzuzeigen.  Ebenso  ist  er  gehalten, 
dem  Dir.  Mitteilung  zu  machen,  falls  er  bei  den  Schülern,  sei  es  innemalb  der 
Schule  oder  in  ihrem  häusl.  Leben,  sittlich  bedenkliche  Erscheinungen  und 
Neigungen  beobachtet  hat. 

10.  Betreffs  der  Berathung  und  des  Stimmrechts  in  der  Gonferenz  gelten 
die  Bestimmungen  in  §§  22 — 28  der  Dir.  Instruction.  11.  Jede  Eingabe  eines 
Lehrers  an  die  Behörden  mufs  durch  Vermittelung  des  Dir.  eingereicht  werden. 
12.  Jeder  fest  angestellte  Lehrer  hat  zu  seiner  Verheiratung  den  Gonsens  des 
K.  Prov.Sch.G.  einzuholen  und  sogleich  nach  der  Verheiratung  seinen  Beitritt  zu 
der  Allgm.  Witwenverpflegungs^Anstalt  zu  ordnen. 

18.  Nebenämter  duf  ein  Lehrer  nur  mit  Genehmigung  der  Staatsbehörde 
übernehmen;  zur  Erteilung  von  Privatunterr.  in  den  Schulgegenständen  an  Schüler 


329 

• 

der  Anstalt  ist  die  G'enehmigung  des  Dir.  erforderlich.  14.  Reisen,  welche  ,ein 
Lehrer  innerhalb*  der  Ferienzeit  unternehmen  will,  hat  derselbe  dem  Dir.  anzuzeigen. 
15.  Falls  ein  Lehrer  aus  seinem  Amt  auszuscheiden  beabsichtigt,  so  ist  er 
verpflichtet,  seine  Kündigung  mindestens  3  Monate  vor  dem  SchluTs  des  Halbjahrs 
dem  K.  Prov.Sch.C.  und  bezüglich  auch'  dem  Patronat  der  Anstalt  einzureichen, 
falls  nicht  seitens  des  Patronats  eine  6monatl.  Kündigungsfrist  festgesetzt  ist." 
Königsberg.    K.  Prov.Sch.C. 

Provinz  Brandenburg. 

Instr.  V.  22.  Januar  1868. 

A.  Ordinarien«  ^1.  Die  Aufgabe  der  Klassenordinarien  ist  es,  den 
inneren  Zusammenhang  und  die  erforderl.  Einheit  in  der  Disciplin,  den  wissen- 
schaftlichen Anforderungen  und  dem  didaktischen  Verfahren  in  den  einzelnen  Kl. 
zu  vermitteln  und  herzustellen.  2.  Demgemäfs  ist  es  die  besondere  Pflicht  des 
Ordinarius,  den  Geist  der  Ordnung,  des  Gehorsams,  des  Fleifses  und  Wissenschaftl. 
Strebens  in  der  seiner  Leitung  unterstellten  Kl.  zu  fördern  und  zu  wahren,  und 
hat  er  zu  diesem  Ende  in  stetem  coUegialischem  Verkehr  mit  den  übrigen  an 
seiner  Kl.  unterrichtenden  Lehrern  über  alle  einschlagenden  Verhältnisse  Rück- 
sprache zu*  nehmen  und  sich  stets  in  voller  Kenntnis  von  dem  Gesamtzustande 
der  Kl.  zu  erhalten.  Von  den  Lehrern  ist  er  berechtigt,  nicht  blofs  in  besonderen 
Fällen  die  Anzeige  von  Ungehörigkeiten  im  Benehmen  der  Schüler,  und  wo  er 
Nachfrage  für  nöthig  hält,  ofi'ene  und  vollständige  Mitteilung  zu  erwarten,  sondern 
auch  über  das  gesamte  Verhalten  der  Schüler  Auskunft  einzuholen.  Es  steht 
zu  erwarten,  dafs  der  Ordinarius  sein  Ansehen  in  der  Kl.  nicht  dazu  mifsbrauchen 
werde,  der  Autorität  seiner  CoUegen  entgegenzutreten  oder  dieselbe  abzuschwächen 
oder  sich  einen  Eingriff  in  ihr  Strafrecht  zu  erlauben.  Namentlich  mufs  er  Be- 
schwerden von  Schülern  über  einen  Lehrer  jedesmal  an.  den  Dir.  verweisen. 

3.  Der  Ordinarius  hat  alle  zur  Aufrechthaltung  der  äufsex^n  Ordnung  in 
der  Anstalt  geltenden  Bestimmungen  im  Bereich  seiner  Kl.  zur  Ausführung  zu 
bringen  und  über  ihre  Ausführung  zu  wachen.  Er  hat  daher  zuvörderst  zu  achten 
auf  das  AeuTsere  des  Klassenlocals  und  seine  Sauberkeit,  auf  gehörige  Lüftung 
und  Heizung,  ^uf  die  Utensilien  und  Lehrmittel  in  denselben  und  ihre  Bewahrung 
vor  Beschädigungen.  Die  Abstellung  wahrgenommener  Uebelstände  ist  bei  dem 
Dir.  zu  beantragen.  4.  Dem  OMinarius  liegt  ferner  ob,  ein  Verzeichnis  der 
Schüler  seiner  Kl.  zu  unterhalten,  sich  über  ihre  Wohnung  resp.  Pension  und 
sonstigen  Verhältnisse  zu  unterrichten;  er  hat  den  Schulbesuch  und  wo  er  ange- 
ordnet ist.  den  Kirchenbesuch  zu  controlliren  und  die  schriftl.  Entschuldigungen 
der  Versäumnisse  entgegenzunehmen  und  zu  prüfen;  er  hat  beim  Beginn  des 
Semesters  den  Stundenplan  der  Kl.  mitzuteilen  und  sich  zu  überzeugen,  dafs  jeder 
Schüler  im  Besitz  des  nöthigen  Unterrichtsmaterials  an  Büchern,  Heften  u.  s.  w. 
ist;  er  hat  mindestens  einmal  im  Semester  die  sämtl.  Arbeitsbücher  der  Schüler 
rücksichtlich  ihrer  Ordnung  und  Sauberkeit  zu  prüfen;  er  hat  die  Führung  des 
Klassenbuchs  zu  übernehmen  und  diejenigen  Schüler,  welche  mit  besonderem  Dienst 
für  die  Kl.  betraut  werden  sollen,  der  Gonferenz  vorzuschlagen,  sowie  nach  ihrer 
Ernennung  in  den  Dienst  einzuweisen. 

5.  Er  hat,  soweit  dies  irgend  erreichbar  ist,  durch  seine  Vermittelung  eine 
Uebereinstimmung  unter  den  in  seiner  Kl.  unterrichtenden  Lehrern  in  Bezug  auf 
die  Handhabung  der  Disciplin  und  die  Behandlung  der  einzelnen  Schüler,  den 
darüber  bestehenden  Bestimmungen  gemäfs,  herbeizufuhren.  Insbesondere  hat  er 
die  Pflicht,  bei  dem  Unterr.  der  Probanden  zu  höspitiren  und  sie  mit  seinem  Bath 
und  seiner  Autorität  zu  unterstützen.  Erheblichere  Strafen  dürfen  sie  nicht  ohne 
seine  Zustimmung  verfügen. 

6.  Um  Ueberbürdungen  der  Schüler  durch  häusl.  Aufgaben  oder  eine  un- 
gleichmäfsige  Verteilung  derselben  zu  verhüten,  hat  der  Ordinarius  im  Verein  mit 
den  übrigen  Lehrern  der  Kl.  zu  Anfang  eines  jeden  Sem.  einen  Arbeitsplan  zu 
entwerfen,  in  welchem  die  Zahl  der  wöchentl.  Arbeiten  und  Aufgaben,  ihr  zulässiger 
Umfang  und  die  regelm.  wiederkehrenden  Termine  der  Albgabe  enthalten  sein 
müssen,  und  den  Entwurf  dem  Dir.  zur  Prüfung  und  Feststellung  vorzulegen.  Der 
also  festgestellte  Arbeitsplan  ist  von  dem  Ordinarius  den  Klassenlehrern  und 
Schülern  zur  Kenntnis  und  Nachachtung  mitzuteilen. 


230 

7.  Da  die  Förderung  der  gesamten  geistigen  und  sittl.  Entwickelung  eines 
jeden  Schülers  der  Kl.  die  höchste  Pflicht  des  Ordinarius  ist,  'so  wird  er  sich 
überall  als  den  väterlichen  Freund  der  Einzelnen  betrachten  und  nicht  minder 
durch  Gewissenhaftigkeit  im  Unterr.,  als  durch  milden  Ernst  und  strenge  Un- 
parteilichkeit ihr  Vertrauen  zu  gewinnen  wissen,  so  dafs  sie  aus  eigenem  Antriebe 
sich  seinen  Rath  und  seine  Hülfe  erbitten.  Insbesondere  hat  er  sich  über  die 
Eigentümlichkeit  eines  jeden  Schülers  genau  zu  unterrichten  und  über  das  gesamte 
Verhalten  desselben  sich  in  ununterbrochener  Kenntnis  zu  erhalten,  so  dafs  er 
dem  Dir.  oder  den  Angehörigen  jederzeit  Auskunft  zu  erteilen  im  Stande  ist. 
8.  Es  ist  von  den  Ordinarien  zu  erwarten,  dafs  sie  sich,  soweit  Zeit  und  Um- 
stände es  gestatten,  mit  deh  Eltern  oder  Pflegern  ihrer  Schüler  in  nähere  Be- 
ziehung setzen  und  auf  diesem  Wege  eine  Uebereinstimmung  der  häusl.  und  Schul- 
erziehung zu  begründen  und  zu  erhalten  suchen.  Ihr  besonderes  Augenmerk 
haben  sie  auf  die  Schüler  zu  richten,  deren  Eltern  nicht  an  dem  Schulort  wohnen, 
sie  von  Zeit  zu  Zeit  und  mindestens  einmal  im  Quartal  in  ihren  Pensionen  zu 
besuchen  und  auf  ihr  Leben  aufserhalb  der  Schule  sorgsam  zu  achten.  Die 
Ordinarien  sind  ebenso  berechtigt  wie  verpflichtet,  nöthigenfalls  die  Arbeitszeit 
solcher  Schüler  zu  regeln,  sowie  auch  die  Teilnahme  der  letzteren  an  öffentl.  Ver- 
gnügungen und  kleine  Keisen  während  schulfreier  Zeit  ihrer  Genehmigimg  bedürfen. 

9.  Die  Vorbereitung  der  Censuren  und  die  l^orge  für  deren  vorschriftsm. 
Abfassung  liegt  dem  Ordinarius  ob ;  er  hat  zu  der  betr.  Zeit  die  speciellen  Urteile 
der  übrigen  Lehrer  einzufordern,  die  allgm.  Urteile  selbst  abzufassen  und  in  der 
Conferenz  zur  Berathung  vorzutragen.  Die  festgestellten  Censuren  hat,  aufser  dem 
Dir>,  der  Ordinarius  zu  vollziehen  und  sie,  wenn  die  Schulordnung  nicht  anders 
bestimmt,  den  Schülern  auszuhändigen,  sowie  darauf  zu  achten,  dafs  sie  den  Eltern 
oder  Pflegern  derselben  ordnungsmäfsig  zur  Kenntnis  gebracht  werden.  10.  In 
den  Gonferenzen  hat  der  Ordinarius  nicht  nur  von  Zeit  zu  Zeit  Bericht  über  den 
Gesamtzustand  seiner  Klasse  zu  erstatten,  sondern  auch  alle  Vorkomi&nisse  und 
Angelegenheiten  zur  Sprache  zu  bringen,  die  er  nicht  aus  eigener  Befugnis  oder 
durch  persönl.  Rücksprache  mit  den  anderen  Lehrern  oder  endlich  durch  Anzeige 
an  den  Dir.  zu  erledigen  vermag.  Insbesondere  sind  von  ihm  in  denselben  für 
Gensuren  uud  Versetzungen  die  geeigneten  Anträge  zu  stellen. 

11.  Bei  dem  Abgange  eines  Schülers  hat  der  Ordinarius  desselben,  falls 
der  Dir.  sich  dies  nicht  selbst  vorbehält,  das  Abgangszeugnis  in  der  vorschriftsm. 
Weise  abzufassen  und  dem  Dir.  zur  Genehmigung  und  weiteren  Veranlassung  zu 
übergeben."        Berlin.    K.  Prov.Sch.C. 

B.  Lehrer.  „Nachstehende  Instruction  hat  für  alle  Lehrer,  welche  an 
den  zum  Ressort  des  unterzeichn.  Prov.Sch.C.  gehörenden  höh.  Unterrichtsanstalten 
angestellt  sind  oder  beschäftigt  werden,  Giltigkeit: 

1.  Es  mufs  von  jedem  Lehrer  erwartet  werden,  dafs  er,  von  dem  Bewufst- 
sein  der  Wichtigkeit  und  Verantwortlichkeit  seines  Amts  erJfüUt,  im  Gehorsam 
gegen  seine  Vorgesetzten  und  in  Eintracht  mit  seinen  Amtsgenossen  bemüht  sein 
werde,  zur  Erreichung  des  Gesamtzwecks  der  Schule  an  seiner  Stelle  nach  besten 
Kräften  mitzuwirken  und  sich  durch  sein  Verhalten  sowohl  in  als  aufser  dem 
Amt  der  Achtung,  des  Ansehens  und  des  Vertrauens,  die  sein  Beruf  erfordert, 
würdig  zu  zeigen. 

2.  Jeder  Lehrer  ist  verbunden,  den  Anordnungen  und  Verfugungen  der 
vorgesetzten  Behörde  unbedingte  Folge  zu  leisten  und  die  ihm  etwa  erteilten  be- 
sonderen Aufträge  sorgföltig  auszufuhren.  Als  seinen  nächsten  Vorgesetzten  in 
allen  sein  Lehramt  betr.  Anglgh.  hat  er  den  Dir.  der  Anstalt  zu  betrachten  und 
ihm  demgemäfs  mit  gebührender  Achtung  zu  begegnen.  Bei  etwan.  Differenzen 
mit  seinen  Amtsgenossen  hat  er  die  Vermittelung  desselben  nachzusuchen  und 
anzunehmen.  Seinen  Weisungen  hat  er  sich  zu  fügen,  seine  Erinnerungen  zu 
beachten  und  in  zweifelhaften  Fällen  seinen  Rath  oder  seine  Entscheidung  einzu- 
holen. Glaubt  ein  Lehrer  sich  bei  der  Bestimmung  des  Dir.  nicht  beruhigen  zu 
können,  so  steht  ih^n  der  Weg  der  Beschwerde  an  das  unterzeichn.  Prov.Sch.C. 
offen;  doch  bleibt  er  verpflichtet,  bis  zur  erfolgten  Entscheidung  den  Anordnungen 
des  Dir.  zu  genügen.  Alle  persönl.  Gesuche  der  Lehrer  an  die  vorgesetzten 
Behörden  sind,  erforderlichen  Falls  unter  Verwendung  des  tarifmäfsigen  Stempel- 
betrags, dem  Dir.  zur  weiteren  Veranlassung  zu  übergeben. 


231 

3.  Jeder  Lehrer  empfängt  Dach  MaCsgabe  des  von  uns  genehmigten  Lections- 
plans  vom  Dir.  Anweisung,  in  welchen  Kl.,  Lehrgegenständen  und  Stunden  er  zu 
unterrichteDf  ob  und  welches  Ordinariat  er  zu  übernehmen  hat.  Ein  Anrecht  auf 
bestimmte  Lectionen,  auf  ein  Ordinariat  oder  auf  das  Ordinariat  einer  bestimmten 
Kl.  hat  in  der  Regel  kein  Lehrer.  Ein  ihm  •  übertragenes  Ordinariat  hat  jeder 
Lehrer  zu  übernehmen  und  nach  der  über  das  Ordinariat  erlassenen  besonderen 
Instr.  zu  führen. 

4.  Die  Zahl  der  Pflichtstunden  betragt,  sofern  in  den  Vocationen  oder  sonst 
in  rechtsverbindlicher  Weise  nichts  anderes  festgesetzt  ist,  für  einen  Oberlehrer  20 
bis  22|  für  einen  ordentl.  Lehrer  22  bis  24,  für  einen  wissenschaftl.  Hülfslehrer 
24,  fvbr  einen  techn.  Hülfslehrer  und  einen  Elementarlehrer  26  bis  28  wöchentlich. 
Aufserdem  ist  jeder  Lehrer  verpflichtet,  soweit  es  das  Bedürfnis  der  Anstalt 
erfordert,  vorübergehend  auch  mehr  Stunden  zu  übernehmen.  Lisbesondere  ist 
er  verbunden,  nach  Anweisung  des  Dir.,  sowohl  bei  Vacanzen  in  Folge  von  Todes- 
fallen ohne  Anspruch  auf  Remuneration  aushelfend  einzutreten,  als  auch  seine 
Amtsgenossen  unentgeltl.  zu  vertreten,  wenn  dieselben  durch  Erkrankungen  oder 
durch  Einziehung  zu  Diensten  in  der  Armee  oder  als  Qeschworene  oder  durch 
Beurlaubung  zur  Wiederherstellung  der  Gesundheit  ihre  amtliche  Wirksamkeit  zu 
erfüllen  behindert  sind.  In  anderen  Fällen  der  Beurlaubung  hat  der  Lehrer 
zunächst  selbst  für  eine  angemessene  Vertretung,  die  jedoch  der  vorgängigen  Ge- 
nehmigung des  Dir.  bedarf,  Sorge  zu  tragen ;  erforderlichen  Falls  wira  von  Amts- 
wegen sowohl  die  Art  der  Stellvertretung  als  auch  die  Höhe  einer  etwan.  Ent- 
schädigung durch  das  K.  Prov.Sch.C.  festgesetzt  werden. 

5.  Jeder  Lehrer  ist  verbunden,  nicht  bloCs  den  ihm  übertragenen  Unterricht 
gewissenhaft  und  unter  strenger  Beobachtung  der  Lehrverfassung  und  des  Leotions- 

Slans  zu  erteilen  und  aufser  den  Schulstunden  die  ihm  hiemach  obliegenden 
brrecturen  sorgfältig  und  regelmäfsig  auszuführen,  sondern  auch  alle  anderen 
Leistungen,  welche  die  Ordnung  des  Schullebens  von  ihm  fordert,  wie  die  Teil- 
nahme und  Mitwirkung  an  den  gemeinsamen  Anditchten  und  Feierlichkeiten,  an  den 
öffentl.,  den  Aufnahme-  und  Klassen- Prüfungen,  an  der  Beaufsichtigung  der  Schüler 
während  der  Turnübungen  und  beim  Nachbleiben  in  der  Schule,  die  Ausfertigung 
von  Gensuren  und  Zeugnissen,  die  Bearbeitung  des  wissenschaftl.  Teils  der  Pro- 
gramme u.  dgl,  nach  der  Bestimmung  des  Dir.  bereitwillig  zu  übernehmen.  Ganz  be- 
sonders wird  er  als  seine  Pflicht  erachten,  durch  eigene  Fortbildung  seine  wissenschaftl. 
Tüchtigkeit  und  pädagog.  Geschicklichkeit  sich  zu  bewahren  und  zu  erweitem. 

6.  Zur  Erweckung  eines  guten  Sinnes  und  zur  Aufrechthaltun^  von  Zucht 
und  Ordnung  unter  den  Schülern  soll  jeder  Lehrer  durch  sein  persönl.  Beispiel, 
durch  eigene  Vermeidung  alles  Ungehörigen  sowie  durch  pflichtm.  Einwirkung 
nach  Kräften  beitragen.  Es  liegt  ihm  ob,  die  Lectionen  pünktlich  anzufangen 
und  zu  schliefsen,  vor  und  zwischen  denselben  die  Aufsicht  über  die  Schüler  zu 
übernehmen  und  am  Schlufs  des  Uiiterr.  sich  nicht  eher  zu  entfernen,  als  bis  er 
die  Schüler  sämtlich  entlassen  hat.  Die  Disciplin  hat  er  mit  Ernst  und  Festigkeit, 
aber  auch  mit  der  nöthigen  Milde  und  Ruhe  zu  handhaben.  Die  ihm  vorschrifbsm. 
zustehenden  Strafmittel  hat  er  mit  pädagog.  Umsicht  anzuwenden  und  alle  wich- 
tigen Disciplinarfölle  sogleich  dem  Dir.  anzuzeigen.  Bei  Erteilung  von  Rügen  und 
Verweisen  sind  unzieml.  Scheltworte,  sowie  spöttische  Bemerkungen  durchaus  zu 
vermeiden.  Die  Bestrafung  mittels  Nachbleibens  in  einem  Lehrzimmer,  welche 
in  der  Regel  nur  in  den  unteren  und  mittl.  Kl.  anzuwenden  ist,  darf  nicht  ohne 
gehörige  Beaufsichtigung  stattfinden,  und  ist  darüber  eine  Anzeige  an  den  Dir. 
sowie  eine  Benachrichtigung  der  Eltern  oder  der  Pfleger  erforderlich.  Für  körperl. 
Strafen,  welche  niemals  die  Grenzen  einer  vernünftigen  väterlichen  Zucht  über- 
sehreiten dürfen,  bedarf  der  Lehrer  der  Genehmigping  des  Dir.  Wegen  jeder 
Ueberschreitung  des  Züchtigungsrechts  macht  sich  der  Lehrer  verantwortlich,  und 
strafrechtl.  Verfolgung  kann  nicht  abgewendet  werden,  wenn  eine  MiTshandlung 
oder  wirkl.  Verletzung  des  Schülers  stattgefunden  hat  Carcerstrafe  ist  ein 
einzelner  Lehrer  zu  verhängen  nicht  befugt;  er  hat  vielmehr  hierauf  gerichtete 
Anträge  bei  dem  Dir.  anzubringen. 

7.  Jeder  Lehrer  hat  in  dem  Falle,  dafs  er  durch  Krankheit  oder  eine 
andere  dringende  Veranlassung  an  Erteilung  des  Unterr.  verhindert  ist,  dafür  zu 
sorgen,  dafs  dies  mittels  einer  persönl.  oder  schriftl.  Anzeige  dem  Dir.  so  zeitig 
zur  Kenntnis   gelange,    dafs  die  nothwendigen  Vertretungen   angeordnet  werden 


332 

können.  Wenn  ein  Lehrer  innerhalb  der  Ferien  verreist,  so  hat  er  dies  dem 
Dir.  unter  Mitteilutig  des  Orts,  wohin  Nachrichten  an  ihn  gelangen  können,  anzu- 
zeigen. Aufser  den  Ferien  darf  sich  ein  Lehrer  ohne  den  vbrschriftsm.  Urlaub 
nicht  von  seinem  Amt  entfernt  halten.  Urlaub  bis  zu  8  Tagen  zu  erteilen  ist 
der  Dir.  befugt.  Gesuche  um  £ri^ilung  eines  Urlaubs  auf  längere  Dauer  sind  an 
das  K.  Frov.Sch.C.  zu  richten. 

8.  Den  ordentl.  und  aufserordentl.,  den  allgm.  und  Fachconferenzen  hat 
jeder  Lehrer  beizuwohnen  und  eine  etwa  eintretende  Verhinderung  dem  Dir.  vor- 
her anzuzeigen.  In  den  Conferenzen  hat  jeder  ordentl.  Lehrer,  mit  EinschluTs 
der  etatsm.  wissenschaftl.  Hülfslehrer,  Sitz  und  Stimme,  jedoch  mit  der  Verpflich- 
tung, sich  derselben  zu  begeben,  wenn  ein  ihn  persönlich  betreffender  Gegenstand 
zur  Sprache  kommt.  AuTserordentliche  wissenscnaftl.  Hülfslehrer  und  Frobecandd. 
wohnen  den  Conferenzen  bei,  wenn  sie  nicht  der  Dir.  in  besonderen  Fällen  aus- 
zuschliefsen  für  gut  befindet.  Ein  Stimmrecht  haben  sie  jedoch  nur  bei  Ver- 
setzungen, Gensuren,  Zeugnisfassun^en  u.  dgl.  in  Bezug  auf  die  ihnen  selbständig 
übertragenen  Unterrichtsgegenstände.  Die  techn.  Lehrer  werden  zu  den  Be- 
rathungen,  jedoch  ohne  Stimmrecht  in  geeigneten  Fällen  vom  Dir.  hinzugezogen. 
Anträge  auf  Berathung  eines  Gegenstandes  zu  stellen  ist  jeder  Lehrer  berechtigt, 
hat  jedoch  dieselben  vorher  anzumelden  und  die  Reihenfolge  sowie  die  Art  der 
Berathung  dem  Dir.  zu  überlassen.^)  Alle  von  der  Conferenz  ordnungsmäfsig 
und  innerhalb  ihrer  Befugnis  gefafsten  Beschlüsse  sind  für  jeden  Lehrer  bindend, 
und  soweit  sie  nicht  ausdrückl.  zur  Mitteilung  an  Andere  bestimmt  sind  und  jeden- 
falls bis  zu  ihrer  Publication,  ebenso  wie  die  Verhandlungen  als  Amtsgeheimnis 
zu  behandeln.  Das  über  die  Verhandlungen  aufzunehmende  Protokoll  ist  jeder 
Lehrer  nach  Mafsgabe  der  eingeführten  Ordnung  oder  nach  dem  Auftrage  des 
Dir.  zu  führen  verpflichtet. 

9.  Nebenämter  sowie  Unterrichtsstunden  an  anderen  Lehranstalten  oder 
Frivatschulen  darf  kein  fest  angestellter  Lehrer  ohne  Genehmigung  der  vorge- 
setzten Aufsichtsbehörde  übernehmen.  Zur  Erteilung  von  Privatunterricht  an 
Schüler  derselben  Anstalt  und  zur  Einrichtung  von  Arbeitsstunden  für  dieselben  ist 
in  jeden  einzelnen  Falle  die  Genehmigung  des  Dir.  erforderlich,  welche  für  Privat- 
unterricht an  Abiturienten  durch  Mitglieder  der  Prüfungscomm.  nur  unter  ganz 
besonderen  Umständen  erteilt  werden  darf.  Zur  Uebemahme  von  Functionen  bei 
der  städt.  Gemeindeverwaltung  ist  unsere  Genehmigung  erforderlich ;  nicht  minder, 
wenn  Lehrer  solche  Vormundschaften-  übernehmen  wollen,  zu  deren  Uebemahme 
sie  gesetzlich  nicht  verpflichtet  sind. 

10.  Wenn  ein  fest  angestellter  Lehrer  sich  verheiraten  will,  so  hat  er  dazu 
bei  dem  E.  OPräsidium  der  Provinz  die  Erteilung  des  Gonsenses  nachzusuchen  und 
dabei  anzuzeigen,  dafs  und  mit  welcher  Summe  er  der  K.  Allg.  Witwenverpflegungs- 
Anstalt  beizutreten  beabsichtigt. 

11.  Die  Entlassung  eines  Lehrers  aus  seiner  Stellung  darf  nur  zu  Ostern 
oder  Michaelis  und  zwar,  wenn  nicht  durch  die  Vocation  oder  einen  besonderen 
Vertrag  etwas  anderes  festgesetzt  ist,  nach  mindestens  3  Monate  vorher  ergangener 
Kündigung  erfolgen.  Sie  ist  durch  Vermittelung  des  Dir.  bei  der  Behörde,  welche 
ihn  angestellt  hat,  zu  beantragen.  In  keinem  Falle  darf  ein  Lehrer  seine  Stellung 
eher  verlassen,  als  bis  er  seine  Entlassung  erhalten  hat. 

12.  Für  Lehrer,  welche  an  Alumnaten  Inspector-  und  Adjunctenstellen 
bekleiden,  sind  besondere  Instructionen  geltend«  Sie  sind  verpflichtet,  den  Bestim- 
mungen derselben,  auch  soweit  sie  von  den  Vorschriften  der  vorliegenden  Instruction 
abweichen,  Folge  zu  leisten. 

13.  Hinsichtl.  der  Dienstvergehen  der  Lehrer  finden  die  Bestimmungen  des 
Disciplinargesetzes  v.  21.  Juli  1852  (G.  S.  p.  465)  Anwendung."  Berlin.  K. 
Prov.Schulcollegium. 

Provinz  Pommern. 

Instr.  v.  17.  Mai  1867. 

A.  Ordinarien.  „1.  Zur  Bewahrung  der  nöthigen  Einheit  in  dem  Unter- 
richt und  in  der  Disciplin  jeder  Klasse  wird  aus  denjenigen  Lehrern,  welche 
in  ihr  durch  die  Natur  und  Zahl  ihrer  Lehrstunden  einen  entscheidenden   Einflufs 

')'s.  hierzu  die  Min. Verf.  v.  5.  Oct.  1877  S.  218. 


233 

auf  die  Schüler  und  bei  diesen  Achtung  und  Liebe  haben  oder  geeignet  sind, 
sich  solche  zu  erwerben,  einer  zum  Ordinarius  der  Klasse  von  dem  unterzeichneten 
Prov.Sch.C.  auf  Vorschlag  des  Dir.  in  der  Regel  jedesmal  für  ein  Schuljahr 
ernannt.  ' 

2.  Zu  Klassenordinarien  sollen  nach  der  Min.  Verordnung  v.  24.  Oct  1837 
soweit  als  möglich,  ,.tüchtige  Lehrer  von  allgemeiner  wissenschaftl.  Bildung,  von 
treuer  Liebe  und  Hingebung  für  ihren  Beruf  und  von  gereifter  Erfahrung'*  er- 
nannt werden,  „welche  die  ihnen  anvertrauten  Lehrföcher  wahrhaft  durchdrungen 
haben  und  beherrschen,  in  klarer  und  stets  wacher  Einsicht  von  dem  Zusammen- 
hange derselben  mit  den  übrigen  Lehrobjecten  und  mit  dem  gemeinsamen  Zwecke 
des  Gymnasialunterrichts  in  allen  Fächern  das  zur  allgm.  Entwickelun?  und  zur 
intensiven  Bildung  ihrer  Schüler  dienende  Material  auszuwählen,  das  Wesentliche 
vom  unwesentlichen  zu  sondern  wissen  und  endlich  durch  die  Reinheit  und  Würde 
ihres  Charakters  wie  durch  den  milden  Ernst  ihrer  ganzen  Haltung  eine  unaus- 
löschliche Ehrfurcht  vor  der  sittlichen  Macht,  welche  das  Leben  der  Menschen 
regiert,  in  der  ihrer  väterlichen  Obhut  und  Pflege  übergebenen  Klasse  zu  er- 
wecken vermögen.'*  Aufser  den  hierin  angedeuteten  Aufgaben  der  Ordinarien 
werden  dieselben  durch  diese  Instr,  noch  auf  folgende  Pflichten  und  Befugnisse 
besonders  hingewiesen: 

3.  Unter  der  Oberleitung  des  Dir.  soll  die  Leitung  der  von  der  Schule  zu 
gewährenden,  religiös-sittl.,  wissenschaftl.  und  auch  leibl.  Ausbildung  und  Erziehung 
der  Schüler  vorzugsweise  in  der  Hand  des  Ordinarius  ihrer  Kl.  liegen.  4.  Dieser 
hat  daher  nicht  blofs  durch  die  Wahrnehmungen  in  seinen  eigenen  Lehrstunden, 
sondern  auch  durch  tägl.  Einsicht  des  Klassenbuchs  und  durch  öftere  Erkundigungen 
bei  den  übrigen  Lehrern  der  Kl.,  durch  Aufmerksamkeit  auf  das  Verhalten  der 
Schüler  aufs^alb  der  Schule  und  durch  Rücksprache  mit  den  £lt«m  oder  Auf- 
sehern sich  in  genaue  Kenntnis  von  dem  Fleifs,  den  Fortschritten  und  dem  sittl. 
Betragen  aller  Schüler  seiner  Klasse  und  von  den  zweckmäfsigsten  Mitteln  zu 
ihrer  wissenschaftl.  und  sittl.  Förderung  zu  setzen  und  darin  zu  erhalten,  auch 
auf  die  Schonung  ihrer  Gesundheit  und  ihre  körperliche  Kräftigung  sein  Augen- 
merk zu  richten.  5.  Die  der  Schule  zustehenden  Erziehungsmittel  hat  der 
Ordinarius  in  väterlicher  Sorge  für  das  Wohl  jedes  Schülers  seiner  Kl.  anzuwenden, 
und  soweit  erforderl.  seine  Collegen  und  die  Eltern  oder  Aufseher  zur  Mitwirkung 
anzuregen. 

6.  Insbesondere  mufs  derselbe  bemüht  sein,  das  Vertrauen  seiner  Schüler 
in  dem  Grade  zu  gewinnen  und  sich  zu  erhalten,  dafs  sie  gern  in  allen  Anglgh. 
ihres  Schullebens  seinen  Rath  suchen  und  seinen  Weisungen  folgen.  Er  soll  als 
Seelsorger  seiner  Schüler  „wachen  über  ihre  Seelen,  als  der  da  Rechenschaft  dafür 
geben  soll*  (Hebr.  13,  17j;  er  mufs  den  irrenden  nachgehen  und  auf  den  rechten 
Weg  helfen,  die  verzagten  aufrichten,  die  trotzigen  beugen.  Deshalb  wird  er  auch 
auf  das  religiöse  Leben  seiner  Zöglinge  Acht  haben  und  so  viel  wie  möglich  bei 
ihnen  auf  einen  regelm.  Besuch  des  öffentl.  Gottesdienstes  und  Teilnahme  am 
heil.  Abendmahl  hinwirken.  7.  Für  den  sittl.  Göist  der  ganzen  Kl.  ist  vorzugs- 
weise der  Ordinarius  verantwortlich,  der  deshalb  von  allen  in  derselben  vor- 
kommenden erheb!.  Disciplinarfällen  in  Kenntnis  gesetzt  werden  mufs  und,  wo 
nicht  von  dem  betr.  Lehrer  die  Sache  schon  erledigt  ist  oder  der  Dir.  selbst  ein- 
schreitet, die  geeigneten  Rügen,  Vermahnungen  oder  Strafen  anzuwenden  hat« 
(S.  die  Lehrer-lnstr.  §  12.) 

8.  Dem  Ordinarius  liegt  es  ob,  die  Führung  der  Klassenbücher  zu  über- 
wachen, den  Schulbesuch  aller  Schüler  seiner  Kl.  zu  controlliren  und  dafür  zu 
sorgen,  dafs  die  rechte  Ordnung  und  das  rechte  Mafs  in  den  häusl.  Aufgaben  inne 
gehalten  werden.  S.  die  Min.  Verordn.  v.  24.  Oct.  1837  und  v.  20.  Mai  1854 
(Realschulordn.  v.  6.  Oct.  1859.  Erläut.  g.  E.).  9.  Er  mufs  seinen  Schülern, 
besonders  den  neu  in  die  Klasse  eingetretenen,  die  nöthige  Anweisung  zur  An- 
schaffung der  Lehrbücher  und  Einrichtung  ihrer  Hefte  geben,  den  Lectionsplan 
mitteilen,  auf  die  zur  Anwendung  kommenden  Bestimmungen  der  Schulordnung 
hinweisen  und  darauf  halten,  dafs  sie  beobachtet  werden.  Ordnung  und  Reinlichkeit 
in  den  Büchern,  Heften  und  in  der  Kleidung,  Pünktlichteit  im  Kommen  zur 
Schule,  schickl.  Betragen  in  der  Kl.  vor  dem  Beginn  und  nach  dem  Schlufs  der 
einzelnen  Lehrstunden,  wie  auch  auf  dem  Schulwege  und  Schulhofe,  müssen  Gegen-  \ 

stände  seiner  besonderen  Aufmerksamkeit  sein.        10.    Zur  Aufrechthaltung  der 


234 

Ordnung  in  Abwesenheit  der  Lehrer  und  zur  Besorgung  mancher  Geschäfte  in 
der  Kl.  sind  von  dem  Ordinarius  unter  Berücksichtigung  der  darüber  etwa  vor- 
handenen Bestimmungen  der  Schulordnung  und  des  Herkommens  gewiss^  Schüler 
zu  ernennen.  11.  Die  würdige  Ausstattung  und  Erhaltung  des  Klassenzimmers, 
die  Schonung  der  in  ihm  befindlichen  GeräÜischaften  und  Lehrmittel,  auch  die 
Verwaltung  der  Elassenbibliothek,  wo  eine  solche  vorhanden  ist,  sind  der  besonderen 
Fürsorge  des  Ordinarius  anvertraut. 

12.  Vor  jeder  Versetzungsprüfung  hat  der  Ordinarius  ein  Verzeichnis  aller 
derjenigen  Schüler  der  Kl.,  welche  das  Fensum  derselben  absolvirt  haben,  mit  Be- 
merkungen über  den  von  jedem  erlangten  Grad  der  Reife  nach  Besprechung  mit 
den  übrigen  Lehrern  der  Kl.  aufzustellen  nnd  dem  Dir.  zu  übergeben.  In  der 
Versetzungsconferenz  hat  der  Ordinarius  diejenigen  Schüler,  welche  er  nach  sorg- 
fältiger Erwägung  des  von  jedem  bei  ihm  und  bei  den  übrigen  Lehrern  Geleisteten 
als  reif  für  die  höhere  Kl.  erkennt,  zur  Versetzung  vorzuschlagen. 

13.  Die  zur  bestimmten  Zeit  zu  erteilenden  Gensuren  der  Schüler  werden 
mit  Beachtung  der  Notizen  des  Klassenbuchs  nach  Einholung  der  Urteile  der 
übrigen  Lehrer  der  Kl.  von  dem  Ordinarius  entworfen,  nach  erfolgter  Genehmigung 
des  Dir.  ausgefertigt  und  in  der  Reinschrift  mindestens  von  diesem  und  dem 
Ordinarius  vollzogen.  Der  letztere  hat  zu  controlliren,  daCs  die  Censur  von  dem 
Vater  oder  Vormund  gelesen  worden  ist.  Auch  die  Abgangszeugnisse  von  Schülern 
seiner  Kl.  hat  der  Ordinarius,  soweit  ihm  das  von  dem  Dir.  übertragen  wird,  zu 
entwerfen  und  dem  Dir.  zur  Vollziehung  vorzulegen.  14.  Dem  Dir.  und  der 
Lehrerconferenz  sollen  die  Ordinarien  sowohl  von  dem  Geist  ihrer  Kl.  überhaupt, 
als  auch  von  dem  Fleifs,  den  Fortschritten  und  dem  Betragen  der  einzelnen 
Schüler  öfters  Mitteilungen  machen.  • 

15.  Die  Ordinarien  der  Klassen,  in  welchen  Gandidaten  unterrichten,  die 
noch  nicht  pro  facult.  docendi  geprüft  sind  oder  ihr  Probejahr  abhalten,  sollen 
die  Lehrstunden  derselben  oft  besuchen,  sich  über  Inhalt  und  Form  ihres  Unterrichts 
mit  ihnen  besprechen,  sie  auf  method.  und  disciplinar.  Mifsgriffe  aufmerksam 
machen  und  ihnen  überall  mit  ihrer  gereiften  Erfahrung  und  ihrem  sachkundigen 
Rathe  zu  Hülfe  kommen.    S.  die  Min. Verf.  v.  30.  März  1867. 

16.  Bei  sorgfältiger  Erfüllung  aller  seiner  Pflichten  wird  der  Ordinarius 
nicht  auTser  Acht  lassen,  sich  im  Gebiete  seiner  Wirksamkeit  alles  dessen  zu  ent- 
halten, wodurch  er  den  Befugnissen  des  Dir.  zur  oberen  Aufsicht  und  Leitung 
oder  dem  Ansehen  der  übrigen  Lehrer  der  Kl.  zu  nahe  treten  würde.  Er  mufs 
sich  bemühen,  durch  einträchtiges  Zusammenwirken  mit  diesen  und  mit  dem  Dir. 
das  Wohl  und  Gedeihen  der  Schüler  und  der  ganzen  Anstalt  möglichst  zu  fördern.*' 
Stettin.    K.  Prov.  Schulcollegium. 

B.  Lehrer«  „Nachfolgende  Instruction  ist  für  alle  Lehrer  giltig,  welche 
an  höh.  Schulen  oder  deren  Vorschulen  angestellt  sind  oder  beschäftigt  werden, 
die  zum  Ressort  des  unterzeichn.  Prov.Sch.C.  gehören: 

1.  Dem  Zweck  der  Schule,  welcher  in  der  geistigen  und  zum  Teil  auch 
leibl.  Erziehung  der  Schüler,  insbesondere  in  ihrer  christlich  -  religiösen,  sittl.  und 
wissenschaftl.  Ausbildung  besteht,  müssen  alle  ihre  Lehrer,  jeder  an  seinem  Ort, 
dienen  und  zu  seiner  Erfüllung  in  dem  christl.  Geiste  der  Demuth,  der  Liebe  und 
Eintracht,  in  der  Beförderung  emsigen  Fleifses  und  reiner  Sitte  helfen,  auf  dafs 
die  Schule,  was  sie  in  evangel.  Sinn  sein  soll,  eine  Werkstätte  des  heiligen  Geistes 
werde.  Nicht  blofs  die  Förderung  der  von  ihpi  zu  unterrichtenden  Schüler,  sondern 
das  Gedeihen  der  ganzen  Schule  soll  jedem  Lehrer  am  Herzen  liegen.  Alles 
aber,  was  dem  Wohl  und  dem  guten  Ruf  der  Schule  schaden  könnte,  soll  er  sorg- 
fältig meiden. 

2.  Jeder  Lehrer  mufs,  wie  bei  der  festen  Anstellung  eidlich  gelobt  wird, 
^Sr.  Maj.  dem  Könige  unterthänig,  treu  und  gehorsam  sein  und  alle  ihm  vermöge 
seines  Amts  obliegenden  Pflichten  nach  seinem  besten  Wissen  und  Gewissen  genau 
erfüllen,  auch  die  Verfassung  gewissefihaft  beobachten.^  Er  soll  sich  durch  sein 
Verhalten  sowohl  in  als  aiS'ser  dem  Amte  der  Achtung,  des  Ansehens  und  des 
Vertrauens,  die  sein  Bferuf  erfordert,  würdig  zeigen  (Disciplinargesetz  v.  21.  Juli  1852 
§  2),  in  Achtung  des  Bekenntnisses  und  der  Ordnungen  der  evangel.  Kirche  leben 
und  lehren,  und  in  regem  Streben  nach  eigener  wissenschaftl.  und  prakt.  Fort- 
bildung sich  die  Unterweisung  und  Erziehung  der  ihm  anvertrauten  Jugend  zu 


235 

gründl.,  sicherem  Wissen  und  Können^  zn  gottesfurchtiger,  sittlich  reiner  and  echt 
patriot.  Gesinnung  eifrig  angelegen  sein  lassen.  Die  ihn  und  sein  Amt  betreff. 
Anordnungen  und  Verfügungen  der  der  Schule  vorgesetzten  Staats-  und  Local- 
behörden  hat  jeder  Lehrer  sorgfältig  zu  beachten  und  den  Mitgliedern  und 
Commissarien  desselben  schuldige  Achtung  zu  erweisen.  Teilnahme  an  Vereinen 
oder  Versammlungen,  welche  statutenmäfsig  oder  factisch  eine  der  Staatsregierung 
oder  der  evanffel.  Kirche  feindselige  Tendenz  haben,  wie  auch  an  derartigen 
Agitationen  und  öffentl.  Demonstrationen,  ist  den  Lehrern  untersagt. 

3.  Den  Dir.,  welchem  die  nächste  Aufsicht  und  Leitung  der  Schule  zusteht, 
hat  jeder  Lehrer  als  seinen  nächsten  Vorgesetzten  zu  betrachten,  allen  seinen 
amtl.  Anordnungen  Folge  zu  leisten,  ihmpersonl.  mit  Ehrerbietung  zu  begegnen, 
und  die  Bemerkungen  und  Erinnerungen,  zu  welchen  sich  derselbe  im  Interesse 
der  Schule  veranlafst  sieht,  willig  anzunehmen  und  zu  befolgen.  Glaubt  ein 
Lehrer,  ifiSn  ihm  von  dem  Dir.  Unrecht  widerfährt,  so  ist  er  berechtigt,  diesem 
in  bescheidener  Weise  seine  Beschwerde  vorzutragen  und,  wenn  derselbe  ihr  nicht 
abhilft,  sie  uns  schriftl.  einzureichen. 

4.  Eingaben,  welche  Lehrer  an  eine  Aufsichtsbehörde  der  Schule  richten 
wollen,  haben  sie,  wo  nicht  durch  besondere  Gründe  eine  Ausnahme  gerechtfertigt 
erscheint,  zunächst  dem  Dir.  offen  zu  übergeben  und  ihn  um  ihre  Beförderung  zu 
bitten.  —  Gesuche  um  den  Heirats eonsens  sind  an  das  Präsidium  unseres  Gollegiums 
zu  richten  und  dabei  anzuzeigen,  zu  welchem  Betrag  der  Lehrer  seiner  künft 
Ehegattin  eine  Pension  bei  der  K.  AUgm.  Witwenverpflegung^  -  Anstalt  zu  ver- 
sichern beabsichtige. 

5.  Die  ZsSil  der  wöchentl.  Unterrichtsstunden  eines  jeden  Lehrers  ist 
gewöhnlich  durch  die  Vocation  oder  das  Herkommen  bestinunt;  im  AUgm.  gilt 
aber  als  Re|rel,  dafs  ein  etatmäfsiger  Oberlehrer  20  bis  22,  ein  ordentl.  Lehrer 
22  bis  24,  ein  wissenschaftl.  Hülfslehrer  24,  ein  techn.  Lehrer  und  ein  Elementar- 
lehrer 26  bis  28  wöchentl.  Lehrstunden  zu  erteilen  hat.  Fordert  es  das  Bedürfnis 
der  Anstalt,  so  mufs  jeder  Lehrer  vorübergehend  auch  mehr  übernehmen. 

6.  Ein  ausBchliefsl.  Recht  auf  bestimmte  Lectionen  und  jias  Ordinariat 
einer  bestimmten  Klasse  hat  kein  Lehrer ;  vielmehr  hat  jeder  nach  dem  obwaltenden 
Bedürfnis  diejenigen  Lehrstunden  und  dasjenige  Ordinariat  zu  übernehmen,  welche 
ihm  dem  genehmigten  Lectionsplan  gemäfs,  oder  erforderlichen  Falls  zur  Vertretung 
anderer  Lehrer  der  Anstalt,  von  dem  Dir.  übertragen  werden.  7.  Auch  andere 
Amtsaufträge,  welche  der  Dir.  erteilt,  als:  Beteiligung  an  der  Aufnahmeprüfung 
imd  anderen  Schulprüfungen,  Halten  von  Schulandachten  und  von  Reden  bei 
Schulfeierlichkeiten,  Abfassung  der  wissenschaftl.  Abhandlung  für  das  Programm, 
Ausarbeitung  von  Gutachten  über  Gegenstände  der  Gonferenzberathungen  und  von 
Fachlehrplänen,  Einübung  von  Schülern  zu  Vorträgen  bei  Schulfeiern,  die  Aufsichts- 
führung vor  dem  Beginn  der  Lectionen  und  in  den  Pausen  zwischen  ihnen,  besondere 
Inspectionen  der  Schüler,  die  Aufsicht  über  die  Bibliothek  oder  andere  Sammlungen 
der  Schule  und  ihre  Verwaltung  u.  dgl.,  dürfen  die  Lehrer  anzunehmen  und  zu 
vollziehen  sich  nicht  weigern;  doch  bleibt  ihnen,  falls  sie  sich  mit  Unrecht 
beschwert  oder  zur  Vollziehung  aufser  Stande  fühlen,  unbenommen,  den  Dir.  um 
Zurücknahme  des  Auftrags  zu  bitten  und,  wenn  die  Bitte  nicht  erfüllt  wird,  unsere 
Entscheidung  nachzusuchen. 

8.  Wie  für  alle  seine  Amtsgeschäfte,  so  wird  dem  Lehrer  besonders  für 
das  Abhalten  seiner  Unterrichtstunden,  deren  jede  er  zur  festgesetzten  Zeit  an- 
fangen und  schliefsen  mufs,  Sorgfalt  und  Pünktlichkeit  zur  Pflicht  gemacht  — 
Alle  ersten  vormittag.  Lehrstunden  müssen  mit  einem  Gebet  begonnen  werden, 
und  wo  dies  in  der  Versammlung  aller  oder  mehrerer  Klassen  gehalten  wird,  alle 
betr.  Lehrer  der  ersten  Stunde  derselben  beiwohnen. 

9.  Bei  seinem  Unterr.  hat  der  Lehrer  den  allgm.  Lehrplan  und  den  für 
jedes  Schuljahr  besonders  vorgeschriebenen  Lectionsplan  mit  den  dazu  getroffenen 
Bestimmungen  genau  zu  befolgen,  die  ihm  überwiesenen  Lehrgegenstände,  ohne 
eigenmächtige  Aenderung  in  Lehrstoff.  Lehrbüchern  und  and.ren  Lehrmitteln,  in 
einer  dem  Standpunkt  seiner  Schüler  entsprechenden,  Aufmerksamkeit  und  Fleifs 
derselben  anregenden  Weise  zu  behandeln  und  die  mit  seinem  Unterr.  verbundenen 
Oorrecturen  regelmäfsig  und  sorgfältig  auszuführen.  Auf  Ordnung,  Sauberkeit, 
gute  Handschrift,  eine  die  Gesundheit,  namentl.  der  Augen  und  der  Brust, 
schonende  körperl.  Haltung  ist  bei  den  Schülern  in   den  Lenrstunden  unablässig 


336 

ZU  halten,  —  Für  die  häusl.  Aufgaben  ist  von  jedem  Lehrer  in  Vereinigfung 
mit  den  übrigen  Lehrern  der  Kl.  die  rechte  Ordnung  und  das  rechte  Mafs  sorg- 
föltig  zu  bewahren,  so  dafs  die  Schüler  nicht  mit  zu  vielen  oder  unnöthigen 
Arbeiten  belastet  und  nicht  zu  wenig  beschäftigt  werden.  Keine  schriftl.  Arbeit 
darf  der  Lehrer  aufgeben,  die  er  nicht  selbst  nachsieht.  S.  die  lün.  Yerordn. 
V.  24.  Oct.  1837  und  v.  20.  Mai  1854  (Realschulordn.  v.  6.  Oct.  1859.    Erläut.  g.  E.). 

10.  Ohne  Vorwissen  und  Einwilligung  des  Dir.  darf  der  Lehrer  keine  Lehr- 
stunde  ausfallen  lassen.  Er  hat,  wenn  eine  unabwendbare  Behinderung,  namentlich 
durch  Krankheit  eintreten  sollte,  jenem  rechtzeitig  Anzeige,  wo  mögl.  in  schriftl. 
Form,  zu  machen  und  um  Anordnung  seiner  Veiiretung  zu  bitten.  —  Zu  Reisen 
innerhalb  der  Ferienzeit  bedürfen  6de  Lehrer^  soweit  ihnen  nicht  in  derselben 
Amtsgeschäfte  obhegen,  keines  Urlaubs.  Doch  müssen  sie  dem  Dir.  die  Zeit  ihrer 
Abwesenheit  und  wohin  sie  reisen,-  vorher  anzeigen.  Aufser  den  Ferien  dürfen  sie 
ohne  Urlaub  keine  Reise  machen.  Zu  nothwendigen  Reisen  aufsevhalb  der 
Ferien  oder  zur  nothwendigen  Ausdehnung  einer  Ferienreise  über  die  Ferienzeit 
hinaus  ist  der  Dir.  befugt,  den  Lehrern  bis  zur  Dauer  einer  Woche  Urlaub  zu 
erteilen.  Er  kann  die  Erteilung  desselben  an  die  Bedingung  knüpfen,  dafs  der 
den  Urlaub  nachsuchende  Lehrer  selbst  für  seine  zweckm.  Vertretung  sorge, 
welche  aber  jedenfalls  der  Genehmigung  des  Dir.  unterliegt.  Gesuche  um  Be- 
urlaubung auf  länger  als  eine  Woche  haben  die  Lehrer  schriftl.  an  uns  zu  richten 
und  dem  Dir.  mit  der  Bitte  um  Befürwortung  und  Einreichung  ofien  zu  übergeben. 

11.  Privatunterr.  an  Schüler  seiner  Kl.  gegen  Honorar  darf  der  Lehrer  nur 
mit  Genehmigung  des  Dir.  erteilen.  (Min.  Verf.  v.  27.  Apr.  1854.)  Zur  Ueber- 
nahme  eines  Nebenamts,  auch  einer  Vormundschaft  und  des  Amts  eines  Stadt- 
verordneten, ist  unsere  Genehmigung  erforderlich. 

12.  Jeder  Lehrer  ist  zugleich  Erzieher  seiner  Schüler  und  hat  als  solcher 
eine  väterliche  Stellung  zu  ihnen  einzunehmen.  Er  hat  die  Pflicht,  dahin  zu 
sehen,  daCs  seine  Schüler  nicht  ohne  zwingende,  jedesmal  als  solche  nachzuweisende 
Veranlassung  den  Unterr.  versäumen.  In*  der  Schule  hat  er  überall  auf  ein 
bescheidenes  und  wohlanständi{;res  Betragen  derselben  zu  halten  und  die  Disciplin 
vor  allem  durch  den  Ernst  und  die  Würde  seiner  Haltung,  durch  ermahnende  und 
rügende  Worte,  ohne  Schimpfreden  und  lieblosen  Spott,  und,  wo  es  nöthig  ist, 
durch  Anwendung  der  ihm  zustehenden  und  von  der  Schule  als  zweckmäfsig 
anerkannten  Strafen  zu  üben.  Strafarbeiten  dürfen  in  der  Regel  nur,  wenn 
Aufgegebenes  nachlässig  gearbeitet  oder  gelernt  ist,  zur  Verbesserung  oder  Wieder- 
holung desselben  oder  zur  Beschäftigung  während  der  Verbüfsung  einer  Freiheits- 
strafe aufgegeben  werden.  Das  Nachisitzen  in  den  Klassen  darf  nicht  ohne 
gehörige  Aufsicht  und  ControUe  der  jedesmal  aufzugebenden  Arbeit  stattfinden. 
Wenigstens  wenn  diese  Strafe  für  länger  als  eine  Stunde  verhängt  wird,  mufs  der 
Lehrer  dem  Dir.  und  den  Eltern  oder  Aufsehern  davon  sogleich  Anzeige  machen. 
Körperl.  Strafen  dürfen  nur  da,  wo  die  übrigen  pädagog.  Strafmittel  nicht  aus- 
reichen und  nur  bei  jüngeren  Schülern  bis  IV  hinauf,  mit  Mäfsigung  und  Vorsicht 
zur  Anwendung  kommen;  in  aufserordentl.  Fällen  jedoch  immer  nur  auf  Beschlufs 
des  LehrercoU.,  auch  in  III.  „Die  Schulzucht  darf  niemals  bis  zu  Mifshandlungen, 
welche  der  Gesundheit  der  Kinder  auch  nur  auf  entfernte  Art  schädlich  werden 
könnten,  ausgedehnt  werden."  (A.  LR.  T.  11.  Tit.  12.  §  50 )  Alle  wichtigeren 
Disciplinarfälle  sind  nicht  ohne  Mitwirkung  des  Dir.  und  des  Ordinarius  der  Kl. 
zu  erledigen.  Der  Dir.  ist  unter  Umständen  befugt,  einzelnen  Lehrern  den 
Gebrauch  gewisser  Strafen  ganz  zu  untersagen,  auch  anzuordnen,  dafs  gewisse 
Strafen  nie  verhängt  werden,  ohne  dafs  ihm  der  Lehrer  entweder  vorher  oder 
sogleich  nachher  Anzeige  mache  oder  dieselben  im  Klassenbuch  notire. 

'13.  Auf  das  sittl.  Verhalten  der  Schüler  auch  aufserhalb  der  Schulzeit 
haben  die  Lehrer  zu  achten  und,  wo  sie  von  ihnen  etwas  Tadelnswerthes  hören 
oder  sehen,  zu  dessen  Rüge  und  Abstellung  das  Angemessene  zu  thun,  alle 
erheblicheren  Verstöfse  aber  sogleich  zur  Kenntnis  des  Dir.  zu  bringen.  An  Haus- 
besuchen der  Schüler  hat  sich  jeder  Lehrer  nach  Anordnung  des  Dir.  zu  beteiligen 
und  sich  derjenigen  Schüler,  welche  ihm  zur  besonderen  Aufsicht  überwiesen 
werden,  zur  Förderung  sowohl  ihrer  Studien  als  auch  ihrer  sittl.  Bildung  liebevoll 
mit  Rath  und  That  anzunehmen. 

14.  Den  Schulconferenzen  haben  die  Lehrer  der  vorgeschriebenen  Ordnung 
gemäfs  beizuwohnen.     Wer  von  ihnen  zur  regelm.  Teilnahme  verpflichtet  ist,  darf 


keine  ohne  Erlaubnis  des  Dir.  versäumen.  Die  von  aer  Conferenz  ordnungsiii. 
und  innerhalb  ihrer  Befugnis  gefafsten  Beschlüsse  sind  für  jeden  Lehrer  bindend, 
und  steht  keinem  die  Befugnis  zu,  so  lange  sie  nicht  aufgehoben  sind,  davon 
wülkürL  abzuweichen.  Wer  die  Aufhebung  oder  eine  Abänderung  wünscht,  kann 
in  der  Conferenz  darauf  antragen.  Die  Verhandlungen  und  Beschlüsse  der  Conferenz 
sind  als  Amtsgeheimnisse  zu  behandeln.  Insoweit  sie  ausdrückL  zur  Mitteilung 
an  Andere  bestin^mt  sind,  darf  diese  nur  auf  dem  jedesmal  bezeichneten  oder 
durch  das  Herkommen  geordneten  Wege  geschehen. 

15.  Mit  allen  seinen  Amtsgenossen  mufs  jeder  Lehrer  ein  freundliches 
Vernehmen  zu  unterhalten  und  mit  ihnen  in  Eintracht  zum  Besten  der  Anstalt 
zusammenzuwirken  suchen.  Bei  Zwistigkeiten  ist  vomehmL  die  Vermittelung  und 
Entscheidung  des  Dir.  nachzusuchen.  Dem  betr.  Klassenordinarius  muTs  jeder 
Lehrer  über  seine  Schüler  bereitwillig  die  von  jenem  gewünschte  Auskunft 
geben. 

16.  Falls  ein  besoldeter  oder  remunerirter  Lehrer  die  Absicht  hat,  die 
Anstalt  zu  verlassen,  so  mufs  er  seine  Entlassung  bei  der  Behörde,  welche  ihn 
angestellt  hat,  nachsuchen.  Er  darf  sie,  wenn  durch  die  Vocation  oder  ein 
besonderes  Abkommen  nichts  anderes  festgesetzt  ist,  nur  auf  Michaelis  oder 
Ostern,  und  zwar  nach  mindestens  3  Monate  vorhergegangener  Kündigung  fordern. 
In  keinem  Falle  darf  ein  Lehrer  seine  Stellung  eher  verlassen,  als  er  seine  Ent- 
lassung erhalten  hat.«  (A.  LR.  T.  11.  Tit.  10.  §§  94—97.)  Stettin.  K.  Prov. 
SchnlcoUegium. 

Provinz  Posen. 
Instr.  V.  30.  Jan.  1868. 

•  A.  Ordinaiien.  n^^  cler  Director  für  die  ganze  Anstalt,  soll  der 
Ordinarius  für  die  seiner  besonderen  Obhut  und  Leitung  anvertraute  Klasse  sein. 
Wie  es  des  Directors  Bestreben  sein  mufs,  alle  Schüler  möglichst  genau  zu  kennen 
und  ihre  körperl.,  geistige  und  sittL  Entwickelung  zu  überwachen,  so  ist  der 
Ordinarius  verpflichtet,  das  Leben  und  Gedeihen  jedes  einzelnen  in  seiner  Kl.  wie 
der  Klasse  als  eines  Ganzen  in  allen  Beziehungen  zum  Gegenstand  seiner  unab- 
lässigen Fürsorge  zu  machen.  Er  wird  deshalb  mit  den  anderen  Lehrern  seiner 
Kl.  m  möglichst  enge  Verbindung  treten,  über  die  einzelnen  Schüler  sich  mit 
ihnen  zu  verständigen  und  in  Beurteilung  und  Behandlung  derselben  Ueber- 
einstimmune  herbeizuführen  suchen  und  dadurch  auf  die  Beseitigung  etwaniger 
Lücken  in  den  Kenntnissen  seiner  Schüler  hinwirken,  sowie  bösen  Angewöhnungen 
und  sittl.  Fehlem  rechtzeitig  entgegentreten. 

Es  liegt  ihm  ob,  auf  Ordnung  und  Sauberkeit  im  Klassenraum  zu  sehen,  und 
was  etwa  der  Gesundheit  nachteilig  scheint,  zur  Kenntnis  des  Dir.  zu  bringen.  Er 
ist  für  die  Aufrechthaltung  von  Zucht  und  Sitte  in  seiner  blasse  verantwortlich. 
Er  hat  auf  Begelmäfsigkeit  und  Pünktlichkeit  des  Schulbesuchs  zu  achten.  Er 
hat  auf  Reinlichkeit  der  gedruckten  Bücher  wie  der  geschriebenen  Hefte  zu  halten 
und  zu  diesem  Behuf  von  Zeit  zu  Zeit  (mindestens  halbjährl.)  alle  Bücher  und 
Hefte  seiner  Durchsicht  zu  unterziehen.  Zu  seinen  wichtigsten  Verpflichtungen 
gehört  es,  den  Aufgaben  für  die  häusl.  Arh|iten  seine  Aufmerksamkeit  zuzuwenden, 
iür  angemessene  Verteilung' derselben  zu  sorgen  und  jede  Ueberlastung  der  Schüler 
zu  verhüten. 

Sein  Streben  soll  in  Gemeinschaft  mit  den  übrigen  Lehrern  der  Kl.  darauf 
gerichtet  sein,  dafs  jeder  Schüler  nach  Abli^uf  des  Cursus  sein  Klassenziel  erreiche. 
Er  wird  über  die  Lehrstunden  hinaus  auch  auf  das  häusl.  Leben  seiner  Schüler, 
namentl.  der  auswärtigen,  achten,  von  der  Beschaffenheit  der  Pension  Kenntnis 
nehmen,  Elterii  und  Pflegern  ebenso  wie  dem  Dir.  seine  Erfahrungen  und  Wahr- 
nehmungen mitteilen  und  ein  Zusammenwirken  der  Familie  mit  der  Schule  zu 
vermitteln  bedacht  sein. 

Er  bestimmt  in  besonderen  Fällen,  die  sein  Einschreiten  nothwendig  machen, 
auf  Gbrund  der  Rücksprache  mit  dem  beteiligten  Lehrer  die  Strafen  und  das  Straf- 
mafs,  macht  die  erforderl.  Anzeigen  an  Eltern  oder  Pfleger,  fafst  vierteljährL  auf 
Grund  der  Angaben  aller  Klassenlehrer  ein  allgm.  Urteil  über  Fleifs,  sittl. 
Betragen  und  Leistungen  der  Schüler  ab  und  bringt  an  den  halbjähr,  oder  ganz- 
jähr. Terminen  die  zu  versetzenden  in  Vorschlag. 


2ä8 

Probecandidaten,  die  in  seiner  Kl.  beschäftigt  werden,  hat  er  in  Gemafsheit 
des  Bescr.  v.  30.  März  1867  in  Handhabung  der  Disciplin  wie  der  Lehrmethode 
mit  Bath  und  That  zu  unterstützen  und  nach  Ablauf  deg  vorgeschriebenen  Jahres 
auf  Verlangen  des  Dir.  über  sie  schriftl.  zu  berichten."    Poscin.    E.  Prov.Sch.C. 

B.  Lehrer.  «Es  ist  die  Aufgabe  jedes  Lehrers,  für  die  religiös  -  sittl., 
wie  die  wissenschaftl.  Bildung  seiner  Schüler  zu  sorgen  und  in  •  Ghemeinschaf t  mit 
dem  Dir.  und  dem  gesamten  LehrercoU.,  dem  er  angehört,  das  Wohl  der  ganzen 
Anstalt  mit  allen  seinen  Kräften  zu  fördern.  Wenn  er  diese  Aufgabe  ernstlich 
zu  erfüllen  strebt  und  es  sich  stets  vergegenwärtigt,  dafs  er  nicht  nur  der  ihm 
vorgesetzten  Behörde  für  die  gewissenhafte  Führung  seines  Amts  verantwortlich 
ist,  sondern  auch  Qott  für  die  treue  Erfüllung  seiner  Pflichten  Bechenschaft  zu 
geben  hat,  so  wird  er  es  sich  jederzeit  angelegen  sein  lassen,  einerseits  durch 
gründl.  Studien  seine  Kenntnisse  zu  erweitern  und  zu  vertiefen,  andererseits  in 
der  Methode  des  Unterrichts  und  der  Erziehung  sich  zu  vervollkommnen.  Namentl. 
aber  wird  er  darauf  Bedacht  nehmen,  durch  ein  angemessenes  und  der  Würde 
seines  Berufs  entsprechendes  Verhalten  innerhalb  und  aufserhalb  der  Anstalt  seinen 
Schülern  ein  leuchtendes  Vorbild  zu  sein.  Ueber  seine  Stellung  und  seine  amtl. 
Pflichten  werden  ihm  folgende  specielle  Vorschriften  erteilt: 

1.  Das  K.  Prov.Sch.C.  ist  die  den  Lehrern  zunächst  vorgesetzte  Behörde. 
Die  Verbindung  mit  derselben  wird  indessen  durch  den  Dir.  der  Anstalt  vermittelt, 
dem  sie  alle  ihre  Eingaben,  falls  dieselben  nicht  etwa  Beschwerden  gegen  ihn 
selbst  enthalten,  zu  übergeben  haben,  damit  er  sich  bei  Ueberreichung  derselben 
zur  Sache  zu  äufsern  Gelegenheit  erhält.  2.  Der  Dir.  der  Anstalt  ist  der 
nächste  unmittelb.  Vorgesetzte  der  Lehrer.  An  ihn  haben  sie  sich  daher  in  allen 
amtl.  Anglgh.  zu  wenden,  um  Auskunft,  Bath  und  Anweisimg  zu  erbitten.  Den 
allgm.  und  besonderen  Anordnungen  des  Dir.  haben  alle  Lehrer  pünktL  Folge  zu 
leisten,  auch  dann,  wenn  sie  sich  in  ihren  Bechten  für  beeinträchtigt  halten.  In 
diesem  Fall  steht  ihnen  zwar  der  Weg  der  Beschwerde  bei  dem  K.  Prov.Sch.C. 
offen;  sie  haben  jedoch  die  Entscheidung  desselben  abzuwarten.  —  Jede  mündl. 
oder  schriftl.  Auskunft,  welche  der  Dir.  von  ihnen  erfordert,  haben  sie  ihm  bereit- 
willig zu  erteilen. 

3.  Die  von  dem  Dir.  ihnen  überwiesenen  Lectionen  haben  sie  pünktl.  abzu- 
halten und  das  ihnen  von  demselben  übertragene  Ordinariat  vorschriftsm.  zu  ver- 
walten. Die  von  dem  Dir.  angeordnete  Schulinspection  vor  dem  Beginn  des 
Unterr.  und  während  der  Pausen  zwischen  den  einzelnen  Unterrichtsstunden  sowie 
die  Kircheninspection,  wo  eine  solche  stattfindet,  haben  sie  mit  Gewissenhaftigkeit 
zu  führen.  4.  Auf  die  Lehrstunden  hat  jeder  Lehrer  sich  sorgfältig  vorzu- 
bereiten, damit  dieselben  für  die  Schüler  möglichst  fruchtbar  werden,  und  dabei 
zu  beherzigen,  dafs  der  Zweck  des  Unterr.  hauptsächl.  durch  die  Lehrstunden 
erreicht  werden  soll,-  die  häusl.  Arbeiten  dagegen  den  Schüler  nur  in  den  Stand 
setzen  sollen,  durch  Vorbereitung  und  Wiederholung  den  möglichst  gi'ofsen  Nutzen 
aus  dem  lebendigen  Wort  des  Unterr.  zu  ziehen.  5.  Er  hat  darauf  zu  halten, 
dafs  die  Schüler  die  aufgegebenen  schriftl.  Arbeiten  pünktl.  abliefern,  der  recht- 
zeitigen Gorrectur  sich  mit  Sorgfalt  zu  unterziehen  und  darauf  zu  sehen,  dafs  die 
SchiUer  die  angestrichenen  Fehler  veroessem. 

6.  Er  ist  verpflichtet,  die  Lehrstunden  pünktlich  anzufangen  und  zu 
schliefsen,  und  nicht  nur  während  des  Unterr.  auf  Zucht  und  Ordnung  zu  halten, 
sondern  auch  aufserhalb  desselben  auf  das  Thun  und  Treiben  derselben,  namentl. 
der  auswärt.  Schüler,  ein  wachsames  *Auge  zu  haben.  Die  Disciplin  hat  er  mit 
Buhe  und  Besonnenheit  zu  handhaben,  körperl.  Züchtigung  auch  in  den  unteren 
Kl.  womöglich  gänzlich  zu  vermeiden  oder  doch  von  jedem  derartigen  Falle  noch 
an  demselben  Tage  dem  Dir.  Anzeige  zu  machen  und  in  besonderen  Fällen, 
namentl.  bei  gröberen  Vergehen  der  Schüler,  mit  dem  Ordinarius  der  Kl.  Bück- 
sprache zu  nehmen  oder  sich  selbst  an  den  Dir.  zu  wenden,  überall  aber  sich 
nach  den  Grundsätzen  zu  richten,  welche  über  die  ELandhabung  der  Disciplin  in 
den  Lehrerconferenzen  festgestellt  worden  sind. 

7.  Wenn  ein  Lehrer  durch  Krankheit  verhindert  ist,  seine  Lectionen  zu 
erteilen,  so  hat  er  dies  rechtzeitig  dem  Dir.  anzuzeigen,  damit  dieser  in  den  Stand 
gesetzt  wird,  für  seine  Stellvertretung  durch  einen  anderen  Lehrer  zu  sorgen. 


23Ö 

8.  Kein  Lehrer  darf  ohne  Genehmigung  ^des  'Dir.  Schülern  seiner  Kl« 
Privatunterricht  erteilen.  Alle  Privatbeschäftigungen  der  Lehrer  und  alle  Neben- 
ämter, welche  dieselben  etwa  übernehmen,  müssen  sich  den  Anforderungen  der 
Anstalt  unterordnen  und  sind  deswegen  nur  nach  Zustimmung  des  Dir.  zu  über* 
nehmen.  Oefifentl.  Nebenämter,  Vormundschaften  etc.  dürfen  dieselben  nur  mit 
Genehmigung^  des  K.  Prov.Sch.C.  übernehmen. 

9.  Die  Dispensation  von  einzelnen  Unterrichtsstunden  hat  der  Lehrer  in 
dringenden  Fällen  bei  dem  Dir.  nachzusuchen,  zugleich  aber  denjenigen  Lehrer 
namhaft  zu  machen,  der  die  Vertretung  freiwillig  übernommen  hat,  und  die 
Genehmigung  zu  derselben  zu  erbitten.  —  £inen  Urlaub  für  den  Zeitraum  von 
höchstens  einer.  Woche  ist  der  Dir.  zu  erteilen  berechtigt  und  ein  solcher  deshalb 
gleichfalls  bei  ihm  nachzusuchen.  Ein  Urlaub  für  längere  Zeit  ist  bei  dem 
£.  Prov.Sch.C.  zu  beantragen. 

10.  Jeder  Oberlehrer  ist  zu  18  bis  20,  jeder  ordentl.  Lehrer  zu  20  bis  22, 
jeder  wissenschaftl.  Hülfslehrer  oder  interimistisch  beschäftigte  Schulamtscand. 
zu  22,  jeder  ordentl  Elementarlehrer  oder  techn.  Lehrer  zu  24  bis  26  Unterrichts- 
stunden verpflichtet.  Bei  zahlreichen  Correcturen,  namentl.  für  gefüllte  Klassen, 
wird  der  Dir.  die  Zahl  der  dem  betr.  Lehrer  zu  übertragenden  Unterrichtsstunden 
angemessen  ermäfsigen.  Aufserdem  hat  jeder  Lehrer,  wenn  das  Bedürfnis  der 
Anstalt  es  erfordert,  auch  eine  gröfsere  Anzahl  von  Unterrichtsstunden  unweigerlich 
zu  übernehmen.  Doch  wird  die  Behörde  diese  aufserordentlich  honoriren.  Die 
in  Vertretung  eines  erkrankten,  beurlaubten  oder  verstorbenen  Lehrers  während 
des  Sterbequartals  zu  besetzenden  Unterrichtsstunden  haben  die  übrigen  Lehrer 
nach  Anordnung  des  Dir.  unentgeltlich  zu  übernehmen.  11.  Jeder  Lehrer  ist 
verpflichtet,  sowohl  zu  den  regelmäfsigen  als  auch  zu  den  aufserordenÜ.  Gonferenzen, 
welche  der  Dir.  anordnet,  ferner  zu  den  Censuren,  den  öffentl.  Prüfungen  und 
allen  feierl.  Schulacten  zu  erscheinen. 

12.  Die  bei  den  Schulfeierlichkeiten  namentlich  am  Geburtstage  Sr.  Haj. 
des  Königs  zu  haltenden  Reden  haben  die  Lehrer  nach  einer  bestimmten  Keihen- 
folge  zu  übernehmen  und  die  den  jährL  Programmen  beizugebenden  wissenschaftL 
Abhandlungen  nach  den  hierüber  bestehenden  Vorschriften  abzufassen  und  recht- 
zeitig dem  Dir.  zu  übergeben. 

13.  Es  darf  von  den  Lehrern  erwartet  werden,  dafs  sie  es  sich  angelegen 
sein  lassen  werden,  ein  freundliches  und  coUegialisches  Verhältnis  unter  einander 
zu  erstreben  und  zu  pflegen.  Je  wichtiger  ein  einmüthiges  Zusammenwirken 
sämtlicher  Lehrer  füi*  das  Gedeihen  der  Anstalt  ist,  desto  mehr  werden  sie  dies 
als  ihre  Pflicht  erachten.  Sollten  dennoch  MiTsheUigkeiten  unter  ihnen  vorkommen, 
80  haben  sie  zu  deren  Ausgleichung  die  Vermittelung  des  Dir.  in  Anspruch  zu 
nehmen."        Posen.    K.  Prov.Sch.C. 

Provinz  Schlesien. 

Instr.   V.   1.   Oct   1867. 

A.  Ordinarien.  „1.  Die  Instruction  für  die  Dir.  der  Gymn.  und  der 
Itealschulen  1.  0.  in  der  Provinz  vom  heutigen  Datum  enthält  zwar  schon  mehrere 
Andeutungen  über  die  Obliegenheiten  der  Klassenordinarien ;  die  besondere  Aufgabe 
derselben  in  der  Anstalt  macht  jedoch  eine  Zusammenstellung  ihrer  Pflichten 
erforderlich,  wie  die  nachfolgenden  Paragraphen  sie  enthalten: 

2.  Allgemeine  Pflichten  der  Ordinarien.  Dem  Ordinarius  ist 
vorzugsweise  die  Leitung  der  ihm  überwiesenen  Klasse  oder  Klasseuabteüung 
anvertraut,  und  flndet  die  wissenschaftl.  Ausbildung  und  besonders  die  religiös-sittl. 
Erziehung  seiner  Schüler  in  ihm  ihren  Mittelpunkt.  —  Seine  wichtige  Aufgabe 
wird  er  am  sichersten  lösen,  wenn  er,  von  wahrer  Liebe  zum  Lehramt  beseelt,  in 
seinem  gesamten  Verhalten  und  Auftreten  väterliche  Liebe  zu  seinen  Schülern  zu 
erkennen  giebt  und  sich  deren  Vertrauen,  Achtung  und  Zuneigung  ohne  Härte, 
aber  auch  ohne  Schwäche  zu  erwerben  sucht  Durch  eigene  Geradheit,  Offenheit 
und  Wahrhaftigkeit  wird  der  Ordinarius  die  Liebe  zu  diesen  Tugenden  in  der  Kl. 
allgemein  wachrufen  und  in  ihr  einen  Geist  verbreiten,  der  fem  von  knechtischer 
Furcht  und  niedriger  Augendienerei  willig  und  gern  Gehorsam  leistet  und,  aufser 
dem  Beifall  des  Gewissens  und  dem  Bewufstsein  treu  erfüllter  Pflicht,  in  der 
Zufriedenheit  und  Billigung  des  Lehrers  einen  sicheren  Mafsstab  flndet  für  sittl. 


340 

und  wiflsenBchaftl.  Streben.  Die  Pflege  des  kirchlich-religiösen  Sinnes  durch 
Mahnung  und  Beispiel  wird  der  Ordinarius  nach  Andeutung  des  §  23  der  Dir.  Instr. 
sich  angelegen  sein  lassen. 

3.  Hauptbeschäftigung  der  Ordinarien.  Seine Hauptbeschäfügong 
im  Unterrichten  hat  der  Ordinarius  der  Kegel  nach  in  seiner  KL,  damit  er  durch 
öfteren  Verkehr  mit  seinen  Schülern  jeden  einzelnen  genau  kennen  zu  lernen  Ge- 
legenheit habe,  um  so  überall  mit  Rath  und  That  eingreifen  zu  können,  wo  das 
Bedürfnis  es  fordert.  Wie  die  Schüler  in  allen  ihren  Anglgh.  zunächst  auf  ihn 
angewiesen  sind,  so  hat  er  andererseits  ihr  ganzes  Schulleben  zu  überwachen  and 
vor  den  anderen  Lehrern  mit  dem  Keligionslehrer  auch  auf  ihr  Verhalten  auüser 
der  Schule  seine  Aufmerksamkeit-  zu  richten.  Der  öftere  Besuch  des  Turnplatzes 
ist  ihm  aus  pädagog.  Bücksichten  besonders  zu  empfehlen.  —  Wenn  auf  Anordnung 
des  Dir.  die  Schüler  der  Anstalt  aufser  der  Schule  versammelt  sind,  z.  B.  bei 
öflentL  Aufzügen,  dann  hat  der  Ordinarius  seine  Klasse  zu  führen. 

<i.  Pflichten  gegen  dieSchüler.  Der  Ordinarius  vermittelt  haupt- 
sächlich die  Verbindung  der  Schule  mit  der  Familie.  Er  hat  seine  Schüler  von 
Zeit  zu  Zeit  in  ihren  Wohnungen  zu  besuchen  und  sich  mit  ihren  Eltern  in  Ein- 
vernehmen zu  setzen.  Besonders  wird  er  sich  auch  über  die  Privatbeschäftigungen 
der  Schüler  unterrichten  und  der  Ueberladung  derselben  mit  Privatstunden  in< 
Musik,  im  Tanzen,  im  Zeichnen  und  in  neueren,  auf  der  Schule  nicht  gelehrten 
Sprachen  in  geeigneter  Weise  entgegenwirken,  wie  er  auch,  wo  es  erforderlich  ist, 
die  Eltern  darauf  aufmerksam  machen  wird,  dafs  das  frühzeitige  Zulassen  der 
Schüler  zu  den  Genüssen,  und  Erholungen  der  Erwachsenen  und  zu  zerstreuenden  (Ge- 
sellschaften' und  Vergnügungen  auf  die  geistige  Entwickelung  nur  nachteilig  einwirkt. 

5.  Besondere  Fürsorge  für  auswärtige  Schüler.  Der  Obhut 
des  Ordinarius  sind  vorzüglich  diejenigen  Schüler  anvertraut,  deren  Eltern  nicht 
am  Schulort  wohnen.  Wo  diese  nicht  bei  Verwandten  öder  als  Pensionäre  bei 
einem  der  anderen  Lehrer  untergebracht  werden  können,,  wird  er  den  Eltern  zur 
Auffindung  einer  passenden  Wohnung  seinen  Rath  erteilen,  die  Schüler  in  der- 
selben öfter  besuchen,  sich  von  ihrem  Fleifs  und  ihrer  sittl.  Lebensweise  über- 
zeugen, Kenntnis  davon  nehmen,  wie  für  ihr  geistiges  und  leibl.  Wohl  gesorgt  ist, 
ihren  Umgang  überwachen  und,  wo  er  wahrnehmen  sollte,  dafs  Wohnung  oder 
Umgang  sittl.  Gefahren  mit. sich  bringen,  so  viel  an  ihm  liegt,  selbst  geeignete 
Abhülfe  leisten  oder  den  Eltern  und  dem  Dir.  die  nöthigen  Mitteilungen  machen. 

6.  Anleitung  der  Schüler.  Der  Ordinarius  hat,  sobald  ihm  im  An- 
fange des  Schuljahrs  seine  Kl.  überwiesen  ist,  dieselbe  durch  bestimmte  Weisungen 
n^t  allem  bekannt  zu  machen,  was  sie  zu  beobachten  hat.  —  Den  Schülern  sind 
ihre  Plätze  anzuweisen,  die  sie  ohne  Veranlassung  des  Lehrers  nicht  wechseln 
dürfen,  der  Lectionsplan  ist  zu  dictiren,  es  sind  ihnen  die  Lehrbücher  (Ausgaben 
der  Classiker),  Lehrmittel  und  Hefte  anzugeben,  welche  sie  anzuschaffen  haben, 
und  die  Zeit  zu  bezeichnen,  wann  die  verschiedenen  schriftl.  Arbeiten  abzuliefern 
sind.  —  Sehr  wichtig  ist  es,  die  Schüler  gleich  vom  Anfang  an  zu  einer  richtigen 
Einteilung  der  Zeit  aufser  den  Schulstunden  anzuhalten  und  sie  zu  der  rechten 
Weise  des  Studirens  zu  bringen.  Um  sie  vor  einem  zeitraubenden  und  ermüdenden 
Umhertappen  zu  bewahren,  hat  der  Ordinarius  ihnen  specielle  Anleitung  zu  geben, 
wie  sie  bei  der  Präparation,  bei  der  Bepetition  und  bei  der  Anfertigung  der 
schriftl.  Arbeiten  zu  verfahren  und  worauf  sie  ihr  besonderes  Augenmerk  zu 
richten  haben. 

7.  Die  schriftl.  Arbeiten  der  Schüler.  Die  Anzahl  und  das 
Mafs  der  schriftl  Arbeiten  werden  im  Anfange  des  Schuljahrs  in  der  Oonferenz 
festgestellt  (§  15  b.  der  Dir.Listr.).  Die  Tage,  an  welchen  die  einzelnen  Arbeiten 
abzuliefern  sind,  hat  der  Ordinarius  nach  Rücksprache  mit  den  übrigen  in  der  Kl. 
unterrichtenden  Lehrern  festzustellen  und  dem  Dir.  zur  Genehmigung  vorzulegen; 
auch  die  Art  und  Weise  der  Einsammlung  der  Arbeiten  hat  er  anzuordnen.  — 
Sollte  sich  im  Verlauf  des  Jahres  finden,  dafs  die  Schüler  seiner  Kl.  von  einem 
der  übrigen  Lehrer  durch  zu  viel  Arbeit  in  Anspruch  genommen  werden,  dami 
hat  er  durch  coUegialische  Rücksprache  oder  nöthigen  Falls  durch  Vortrag  in  der 
Conferenz  Abhülfe  zu  bewirken.  Zur  Förderung  des  Fleifses  und  der  Ordnung 
wird  er  zeitweilig  sich  sämtl.  Arbeits-,  Schreib-  und  Zeichenbücher  seiner  Kl.  vor- 
legen lassen,  und  daraus  die  zur  Charakteristik  jedes  Schülers  dienenden  Notizen 
entnehmen. 


.^( 


241 

8.  Die  Fährang  von  Censur bogen.  Wo  eine  Anstalt  für  jeden 
Schüler  einen  besonderen  Censurbogen  anlegt,  in  welchen  vom  Anfang  seines  Schul- 
lebens Notizen  über  seinen  wissenschaftl.  und  sittL  Standpunkt  eingetragen  werden, 
um  bei  Anfertigung  der  Censuren  und  Abgangszeugnisse  eine  Art  von  Curriculum 
vitae  als  Anhalt  zu  haben,  da  ist  der  Censurbogen  von  dem  Ordinarius  zu  führen 
und  von  ihm,  wenn  er  die  Kl.  verläfst,  dem  folgenden  Ordinarius  zur  Fortsetzung 
zu  übergeben.  —  Die  Censurbogen  haben  nur  Wesentliches,  zur  nothwendigen 
Charakteristik  der  Schüler  Dienendes  aufzunehmen,  sind  nach  dem  Ab|^ng  der- 
selben 5  Jahre  im  Archiv  der  Anstalt  aufzubewahren  und  dann  zu  vernichten. 

9.  Erteilung  derCensuren.  Für  die  viertel-  und  halbjahrl.  Censuren 
(§  22  der  Dir.Instr.)  hat  der  Ordinarius  das  Censurbuch  seiner  Kl.  zur  Eintragung 
der  Prädicate  rechtzeitig  bei  den  übrigen  in  der  Kl.  unterrichtenden  Lehrern  in 
Umlauf  zu  setzen,  dann  die  Prädicate  für  die.  Leistungen  in  seinen  ünterrichts- 
gegenständen  und  für  das  sittl.  Verhalten,  die  von  ihm  zu  notirenden  Versäumnisse 
im  Schul-  oder  Kirchenbesuch,  so  wie  sonstige  zur  Kenntnis  der  Eltern  zu  bringende 
Bemerkungen  über  Fleifs  und  Aufmerksamkeit  der  Schüler  einzutragen  und  da, 
wo  Censumummem  eingeführt  sind,  für  jede  Censur  die  verdiente  Nummer  in 
Vorschlag  zu  bringen.  In  der  Censurconferenz  hält  der  Ordinarius  den  Vortrag 
über  die  Censuren  seiner  Kl.,  sorgt  für  Abschrift  der  Censuren  auf  Censurzettel, 
versieht  diese  mit  seiner  Unterschrift,  legt  sie  dem  Dir.  zur  Vollziehung  vor, 
welcher  sie  an  die  Schüler  verteilt,  und  läfst  sie,  nachdem  die  Eltern  oder 
Vormünder  ihre  Kenntnisnahme  durch  Unterschrift  bezeugt  haben,  sich  wieder 
vorlegen. 

Wie  in  der  Censurconferenz  hält  der  Ordinarius  überhaupt  in  den  Con- 
ferenzen,  so  oft  eine  Veranlassung  gegeben  ist,  Vortrag  über  den  Standpunkt 
seiner  Kl.  in  wissenschaftl.  und  sittl.  Beziehung.  —  Bei  der  Aufnahme  und  Ver- 
setzung der  Schüler  ($  17  und  20  der  Dir.Instr.)  ist  seine  Stimme,  wenn  auch  die 
des  Ihrectors  die  endl.  Entscheidung  giebt,  besonders  zu  beachten.  Bei  Ausstellung 
der  den  Schülern  nothwendigen  Zeugnisse  ($  21  der  Dir.Listr.)  hat  er  mitzuwirken 
und  dieselben  mitzuunterschreiben. 

10.  Etwanige  besondere  Pflichten  der  Ordinarien.  Wodurch 
Herkommen  an  einer  Anstalt  dem  Ordinarius  aufser  den  in  Vorstehendem  aufge- 
führten noch  andere  Pflichten  o1i)liegen  oder  der  Dir.  ihm  als  dem  Vorsteher  der 
Kl.  besondere  Aufträge  erteilt,  sind  dieselben  unweigerlich  zu  übernehmen.  Selbst- 
verständlich sind  die  allgro.  Pflichten  aller  Lehrer,  wie  dieselben  in  der  Directoren- 
und  in  der  Lehrerinstruction  enthalten  sind,  auch  für  die  Klassenlehrer  verbindlich.'^ 
Breslau«    K.  Prov.Sch.C. 

B.    Lidhrer.  „1.     Wenn  auch  in  der  Instruction  für  die  Directoren 

der  Gymn.  und  Realschulen  der  Provinz  die  Pflichten  der  Lehrer  an  diesen  An- 
stalten mehrfach  berührt  sind,  so  bedarf  es  doch  einer  übersichtl.  Zusammenstellung 
der  wichtigsten  Obliegenheiten  derselben,  wie  sie  in  den  folgenden  Paragraphen 
gegeben  ist: 

2.  Allgemeine  Pflichten  der  Lehrer.  Das  Bewufstsein,  dem 
Lehrercoll.  einer  höh.  Schule  anzugehören  und  vor  Gott  mit  verantwortlich  zu 
sein  für  die  wissenschaftl.  und  sittl.  Bildung  der  Jugend,  mufs  für  den  Lehrer 
mafsgebend  und  leitend  sein  in  allen  seinen  Bestrebungen.  —  Genaue  Bekannt- 
schaft mit  der  ganzen  (Jnterrichtsordnung  der  Anstalt  (Dir.Instr.  €  15),  richtige 
Erkenntnis  seiner  Stellung  zu  dem  Ganzen,  Liebe  zum  Beruf  und  freundliches, 
collegialisches  Einvernehmen  mit  den  übrigen  Lehrern  sind  nothwendige  Be- 
dingungen eines  gedeihl.  Wirkens.  Den  Schülern  gegenüber  wird  der  Lehrer 
nicht  allein  die  ihm  für  den  Unterricht  obliegenden  Pflichten  treu  erfüllen,  sondern 
auch,  da  das  Beispiel  für  die  Erziehung  mehr  wirkt,  als  die  Lehre,  durch  sein 
ganzes  Verhalten  in  und  aufser  der  Schule  ihnen  ein  Vorbild  edlen  Anstandes, 
guter  Sitte  und  eines  religiösen  Wandels  zu  sein  sich  angelegen  sein  lassen. 
Das  würdige  Verhalten  des  einzelnen  Lehrers  ehrt  zugleich  den  ganzen  Lehrstand, 
erwirbt  ihm  die  Achtung  des  Publikums  und  bereitet  ihm  einen  gedeihl.  Boden 
für  seine  Wirksamkeit. 

3.  Die  Handhabung  der  Disoiplin.  Wenn  auch  die  Ordinarien  die 
Erziehung  der  Schüler  in  ihren  Kl.  hauptsächl.  zu  leiten  haben,  so  sind  doch  die 
übrigen  Lehrer  verpflichtet,  sie  in  dieser  Thätigkeit  nach  Kräften  zu  unterstützen, 

Wiese,  Yerordnungen.    IL  j^Q 


242 

was  schon  in  nicht  geringem  Mafs  durch  Befolgung  des  Ghrundsatzes,  daf«  aller 
Unterricht  ein  erziehlicher  sein  müsse,  erreicht  wird.  Ganz  besonders  hat  jeder 
für  Buhe  und  Ordnung  in  seinen  Lehrstunden  zu  sorgen.  Das  beste  Mittel  zur 
Aufrechterhaltung  guter  Zucht  und  Weckung  der  Aufmerksamkeit  ist  die  wissen- 
schaftl.  Tüchtigkeit  des  Lehrers,  ein  anregender  Vortrag  und  die  in  den  Schülern 
sich  bildende  Ueberzeugung,  dafs  er  seiner  Aufgabe  nicht  blofs  gewachsen,  sondern 
ihr  auch  mit  Vorliebe  zugethan  sei,  dafs  er  in  der  Mitte  der  Schüler  gern  weile, 
dafs  er  ein  Herz  für  sie  habe  und  dafs  er  die  Förderung  jedes  einzelnen  Schülers 
nach  dessen  Individualität  im  Auge  behalte.  Wenn  ein  rauher,  barscher  Ton  und 
ein  kaltes,  herrisches  und  abstofsendes  Benehmen  einschüchtert  und  Abneigung 
erzengt,  unzeitige  Milde  und  mifsverstandene  Nachsicht  die  sittl.  Haltung  der  Kl. 
untergräbt  und  den  G«ist  entnervt,  süfsliche  Freundlichkeit  und  unmännliche 
Ziererei  um  Ansehen  bringt  und  lächerlich  macht,  hämischer  Spott  und  Hohn  bei 
Versehen  und  Fehlem  der  Schüler  entfremdet  und  Erbitterung  bewirkt,  dann  wird 
dagegen  ein  Lehrer,  welcher  Ernst  und  Milde  mit  einander  zu  verbinden  weife 
und  den  Schülern  offen,  gerade  und  wahr  gegenübersteht,  selten  verfehlen,  ihre 
Achtung  und  Liebe  zu  gewinnen,  und  sich  dadurch  in  den  Stand  Setzen,  nicht  nur 
die  Zucht  in  seinen  Lelu«tunden  zu  erhalten,  sondern  auch  forderlich  auf  Kopf 
und  Herz  zu  wirken. 

4.  Verhalten  der  Lehrer.  Jeder  Lehrer  hat  die  ihm  in  dem  Lec- 
tionsplan  zugelegten  Lehrstunden  unweigerlich  zu  übernehmen  (Dir.Instr.  $  14), 
sie  pünktlich  abzuhalten,  nach  den  vorgeschriebenen  Lehrbüchern  unter  Beachtung 
der  in  der  Gonferenz  festgestellten  Lehrabschnitte  (Dir.Instr.  $  15)  zu  unterrichten 
und  die  ihm  aufgetragenen  Correcturen  der  schriftl.  Arbeiten  gewissenhaft  zu 
besorgen.  —  Den  Weisungen  des  Dir.  in  Bezug  auf  die  Methode  des  Unterr.  ist 
Folge  zu  leisten  —  Frivatunterrichtsstunden  sind  nicht  ohne  Genehmigung  des 
Dir.,  Nebenämter  oder  Nebengeschäfte  nicht  ohne  unsere  Genehmigung  zu  über- 
nehmen.   —   Kein    Lehrer    darf    von   Schülern   Geburtstags-    oder    Namenstags- 

Seschenke  annehmen,  wie  die  Achtung  des  Standes   und  die  Wahrung  des  Kufes 
er  Unparteilichkeit  es  auch  gebiete^   Geschenke  der  Eltern  an  Lehrer  zurück- 
zuweisen. 

5.  Teilnahme  an  den  Gonferenzen..  Zum  Besuch  der  Gonferenzen, 
Schulfeierlichkeiten,  Gensuracte,  Klassen-,  öffentlichen  und  Abiturientenprüfungen 
ist  jeder  Lehrer  verbunden,  wie  er  auch  verpflichtet  ist,  der  Einladung  des  Dir. 
zu  einer  besonderen  amtl.  Besprechui^  im  Gonferenz-  oder  dessen  Arbeitszimmer 
nachzukommen.  (Dir.Instr.  $  5.)  Die  Fachconferenzen  (Dir.Instr.  $  26) 
erfordern  hauptsächl.  die  Thätigkeit  der  Fachlehrer.  Einer  derselben  übernimmt 
für  eine  bestimmte  Zeit  die  specielle  Bearbeitung  seines  Fachs,  um  sich  mit  dem 
Stoff,  den  Hülfsmitteln,  der  Methode,  den  wissenschaftL  Fortschritten  desselben 
imd  den  betr.  Verordnungen  genau  bekannt  zu  machen  und  einen  Plan  zu  einer 
method.  Durchführung  in  einer  Kl.  oder  in  der  ganzen  Anstalt  zu  entwerfen  oder 
den  schon  vorhandenen  allseitig  zu  prüfen  imd  nach  Befinden  Ergänzungen  und 
Abänderungen  vorzuschlagen.  —  In  der  Eegel  fällt  dieses  Geschäft  dem  Haupt- 
fachlehrer zu;  indefs  kann  es  auch  anderen,  nicht  ausschliefsl.  in  einem  Fach 
arbeitenden  Lehrern  übertragen  werden,  üeber  das  Resultat  der  Forschungen 
und  Prüfungen  ist  in  der  von  dem  Dir.  anzuordnenden  Fachconferenz  Vortrat  zu 
halten.  Aus  den  Berathungen  der  Fachconferenzen  gehen  die  Fachlehrpläne 
und  die  Vorschläge  zur  Einführung  neuer  Lehrbücher  und  Lehrmittel  hervor. 
Die  erster en  enthalten  eine  Feststellung  für  ieden  einzelnen  Lehrgegenstand  nach 
Lehrstoff,  Methode  und  Hülfsmitteln  durch  alle  Kl.  unter  bestimmter  Abgrenzung 
der  Lehrabschnitte. 

6.  Wissenschaftl.  Fortbildung  der  Lehrer.  Wenn  auch  jeder 
Fachlehrer  zunächst  auf  die  Förderung  der  Schüler  in  seinem  Fach  angewiesen  ist, 
so  kann  er  doch,  sowie  er  in  ethischer  Beziehung  auf  den  G^ist  der  Anstalt  zu. 
¥rirken  und  die  Bestrebungen  der  Ordinarien  zu  unterstützen  hat,  auch  in  intellectneller 
Beziehung  innerhalb  der  Grenzen  seines  Fachs  durch  Andeutungen  und  Hinweisungen, 
durch  Entlehnung  von  Beispielen  u.  s.  w.  die  von  den  Schülern  in  anderen  Fächern 
schon  erworbenen  Kenntnisse  wieder  auffrischen,  ergänzen,  erweitem  oder  sie  durch 
Betrachtungen  von  anderen  Gesichtspunkten  beleben.  —  Für  einen  richtigen,  ent- 
sprechenden und  genauen  mündl.  und  schriftl.  Ausdruck  in  der  deutschen  Sprache 
müssen  alle  Lehrer  wirksam  sein. 


243 

7.  Pflioliten  der  mit  Beaufsichtigung  der  Lehrmittel  be- 
trtfnten  Lehrer.  Diejenigen  Lehrer,  welchen  die  specielle  Aufsicht  über 
•einzelne  Abteilungen  der  zum  allgm.  Gebrauch  bestimmten  Lehrmittel  der  Anstalt 
anvertraut  ist  (DirJnstr.  $  10)^  haben  die  Kataloge  zu  fuhren,  fi^  die  Erhaltung 
und  zweckm.  Vermehrung  der  Lehrmittel  entsprechende  Anträge  zu  stellen,  neue 
Anschaffungen  einzutragen  und  etwa  entstandene  Schäden  sofort  zur  Anzeige  zu 
bringen.  Die  besonderen  Instructionen  für  die  Verwaltung  der  Bibliotheken  u.  s.  w., 
Bowie  für  neue  Anschaffunsen  bleiben  in  Geltung. 

8.  Urlaub  und  Vertretung  der  Lehrer.  In  Krankheits-  oder  Be- 
hinderungsfällen  ist  der  Lehrer  verpflichtet  (Dir.Instr.  §  7),  dem  Dir.  rechtzeitig 
Anzeige  zu  machen.  Für  einen  Urlaub  bis  zu  4  Tagen  ist  die  Genehmigung  des 
Dir.,  für  eine  längere  Dauer  durch  den  Dir.  unsere  Genehmigung  nachzusuchen. 
Lehrer,  welche  anfser  der  Ferienzeit  Reisen  zu  ihrer  Belehrung  oder  Erholung 
machen  wollen  (wozu  in  den  meisten  Fällen  auch  Badereisen  zu  rechnen  sein 
werden),  bleiben,  auch  abgesehen  von  dem  erforderl.  Urlaub,  hinsichtl.  ihrer  Ver- 
tretung von  der  Gefälligkeit  ihrer  Amtsgenossen  abhängig  und  haben  selbst, 
unter  Zustimmung  des  Dir.,  für  eine  zweckm.  Wahrnehmung  ihrer  Geschäfte  zu 
sorgen.  In  Krankheitsfällen  der  Gollegen,  bei  gesetzlich  gerechtfertigten  Ab- 
haltungen derselben,  und  im  Fall  nicht  sofortiger  Wiederbesetzung  einer  erledigten 
Stelle  sind  die  Lehrer  zur  Uebemahme  der  zur  Erledigung  gekommenen  Geschäfte 
verpflichtet. 

9.  Heiraten  der  Lehrer.  Diejenigen  Lehrer,  welche  sich  zu  ver- 
heiraten beabsichtigen,  haben  den  erforderl.  Heiratsconsens  bei  dem  Präsidenten 
unseres  GoUegiums  durch  den  Dir.  nachzusuchen  und  dabei  anzuzeigen,  bis  zu 
welchem  Betrage  sie  ihrer  künftigen  Ehegattin  eine  Pension  bei  der  Allgm.  Witwen- 
kasse zu  versicnem  beabsichtigen. 

10.  Auf  serordentliche  Pflichten.  Aufser  den  vorstehend  aufge- 
führten Pflichten  haben  die  Lehrer  auch  den  besonderen  Anordnungen  nachzu- 
kommen, welche  der  Dir.  im  Interesse  der  Anstalt  zu  treffen  sich  veranlafst  sieht, 
wie  auch  durch  diese  Instruction  bewährte  Einrichtungen  an  einzelnen  Anstalten, 
welche  in  derselben  nicht  besonders  beführt  werden  konnten,  nicht  als  aufgehoben 
anzusehen  sind.*'    Breslau.    K.  Prov.Sch.C. 

Bei  den  kathol.  h5h.  Schulen  in  Schlesien  bestand  bisher  der  Brauch,  dafs 
der  Tod  eines  Lehrers  durch  den  betr.  Dir.  zur  Kenntnis  der  übrigen  Lehrer- 
collegien  der  Provinz  gebracht  und  dann  bei  jeder  Anstalt  jedesmal  ein  kirchl. 
Totenamt  unter  Beteiligung  der  Lehrer  und  Schüler  von  dem  Religions- 
lehrer abgehalten  wurde.  Diese  gegenseitige  Mitteilung  der  Todesfälle  hat  1871 
aufgehört.  Man  beschränkt  sich  seitdem  auf  eine  von  dem  Dir.  der  betr.  An- 
stalt abzuhaltende  Ansprache  an  die  versammelten  Lehrer  und  Schüler  derselben  und 
überläfst  die  Besorgung  kirchlicher  Funeralien  der  Familie  des  verstorbenen  Lehrers. 

Provinz  SachBen. 
Instr.  V.  2.  Mai  1867. 

A.  Ordinarien.  „U  Der  Ordinarius  ist  der  Hauptlehrer  seiner  Klasse 
und  führt  über  die  Schüler  derselben  die  nächste  Aufsicht.  Er  hat  sich  im  Allgm. 
als  deigenigen  zu  betrachten,  der  für  den  sittl.  Geist  und  den  wissenschaftl.  Stand- 
punkt seiner  Kl.  zunächst  verantwortlich  ist.  2.  Die  Schüler  jeder  Kl.  sind 
demnach  in  allen  Schulanglgh.  zunächst  an  ihren  Ordinarius  gewiesen  und  em- 
pfohlen. 3.  Bei  der  Aufnahme  eines  Schülers  in  seine  Kl.  li^gt  es  dem 
Ordinarius  ob,  denselben  in  Anschaffung  der  nöthigen  Unterrichtsmittel  zu  berathen, 
mit  den  für  die  Klasse  getroffenen  Einrichtungen  und  Anordnungen  bekannt  zu 
machen  und  zu  genauer  Beobachtung  derselben  zu  verpflichten. 

4.  Abgesehen  von  den  Fächern,  in  denen  er  selbst  unterrichtet  und  worin 
er  also  für  die  Fortschritte  der  Schüler  unmittelbar  zu  sorgen  verpflichtet  ist, 
wird  der  Ordinarius  durch  fleifsige  Rücksprache  mit  seinen  CoUegen  von  den 
wissenschaftl.  Leistungen  der  einzelnen  Schüler  auch  in  den  übrigen  Fächern  sich 
eine  klare  Kenntnis  verschaffen  müssen,  um  danach  die  betreffenden  innerhalb  und 
aufserhalb  der  Schule  in  geeigneter  Weise  anregen,  sowie  den  Angehörigen  die 
nöthigen  Mitteilungen  machen  zu  können.    In  den  oberen  Kl.  wird  er  sich  die 

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Anregung  und  zweckm.  Leitung  der  Privatstudien  der  Schüler  besonders  angelegen 
sein    lassen.  5.    Durch   die   von  Zeit  zu  Zeit  vorzunehmende  Revision   der 

schrifÜ.  Arbeiten  der  Schüler  wird  er  sich  nicht  nur  von  der  äufseren  Ordnung 
und  Sauberkeit  derselben,  sondern  auch  von  dem  FleiTs  und  der  Sorgfalt  in  Aus- 
arbeitung der  gestellten  sohriftl.  Aufgaben,  sowie  in  der  Vorbereitung  zu  den 
Lectionen  überzeugen. 

6.  Um  einer  üeberbürdung  der  Schüler  durch  Concurrenz  zu  vieler  gleich- 
seitiger Arbeiten  vorzubeugen,  wird  er  durch  Besprechung  mit  seinen  GoUegen 
eine  zweckm.  Verteilung  derselben  bewirken.  Dabei  wird  er  besonders  darauf 
halten,  dafs  von  jedem  Schüler  unter  seiner  zur  Correctur  übergebenen  Arbeit  der 
Monatstag  der  Ablieferung  und  von  dem  betr.  Lehrer  das  Datum  der  Rückgabe 
bemerkt  werde. 

7.  Ob  ein  Schüler  private  Nachhülfe  haben  soll  und  wie  dieselbe  einzu- 
richten ist,  wird  hauptsächl.  der  Ordinarius  nach  vorher  genommener  Rücksprache 
mit  den  betr.  Lehrern  bestimmen.  Schüler  der  oberen  El.,  welche  jüngeren  Schülern 
Privatunterr.  erteilen  oder  dieselben  bei  ihren  häusl.  Arbeiten  beaufsichtigen  sollen, 
bedürfen  dazu  der  Zustimmung  ihres  Ordinarius,  der  verpflichtet  ist,  darüber  zu 
wachen,  dafs  ein  Schüler  nicht  zu  viele  Nebenarbeiten  übernimmt  und  sich  so  die 
Zeit  und  Kraft  zum  eigenen  Studiren  raubt. 

8.  Als  eine  Hauptaufgabe  seiner  Thätigkeit  hat  der  Ordinarius  die  Aufsicht 
über  das  sittl.  Verhalten  der  Schüler  sowie  £e  erzieherische  Einwirkung  auf  die- 
selben überhaupt  zu  betrachten.  Hierbei  wird  sich  derselbe  recht  eigentlich  als 
einen  väterlichen  Freund  und  Führer  zu  erweisen  haben  und  bemüht  sein,  ebenso 
durch  liebevolle  Teilnahme  die  ihm  anvertrauten  Schüler  in  allen  Verhältnissen 
ihres  Lebens  zu  berathen,  wie  durch  ernste  Strenge  verkehrten  Bestrebungen  und 
verderbl.  Neigungen  derselben  rechtzeitig  vorzubeugen  und  sie  vor  Uebertretungen 
und  Fehltritten  zu  behüten.  Um  seine  Einwirkung  erfolgreicher  zu  machen,  ist  er 
verpflichtet,  sich  nicht  nur  mit  den  Tutoren,  sondern  auch  mit  den  Eltern  und 
Angehörigen  seiner  Schüler  in  fortdauernder  Verbindung  zu  erhalten,  um  die 
möffUchste  Uebereinstimmung  der  häusl.  »mit  der  Schulerziehung  herbeizuführen. 
9.  vorzügliche  Sorgfalt  und  Teilnahme  wird  der  Ordinarius  denjenigen  Schülern 
widmen,  deren  Eltern  und  Angehörige  nicht  am  Schulort  wohnen.  Insbesondere 
wird  er  dieselben,  soweit  es  seine  Zeit  gestattet,  in  ihren  Wohnungen  besuchen, 
ihren  Umgang  überwachen  und  dafür  sorgen,  dafs  sie  zu  regelm.  Arbeiten  ange- 
halten werden.  10.  Um  diese  Pflichten  gewissenhaft  erfüllen  zu  können,  hat 
sich  der  Ordinarius  über  die  Wahl  der  Wohnung  und  der  Pension,  sowie  über 
jede  Veränderung  derselben,  behufs  der  durch  den  Dir.  zu  erteilenden  Genehmigung 
gutachtlich  zu  äufsem. 

11.  Li  jeder  El.  liegt  dem  Ordinarius  die  GontroUe  über  das  Sllassenbuch 
ob,  in  welches  die  in  der  El.  unterrichtenden  Lehrer  alle  wesentl.  Bemerkungen 
über  Fleifs,  Fortschritte,  sittl.  Verhalten  innerhalb  und  aufserhalb  der  Schule  ein- 
tragen. Die  in  dem  Elassenbuch  gemachten  Vermerke  werden  zugleich  als  wesentl. 
Anhalt  für  die  Aufstellung  der  halb-  und  resp.  vierteljährl.  schriftL  Gensuren 
dienen,  zu  deren  Abfassung  der  Ordinarius  verpflichtet  ist.  Die  GontroUe  der 
durch  den  Primus  der  El.  zu  führenden  Absentenliste  wird  seiner  besonderen  Auf- 
merksamkeit empfohlen.  12.  Ueberhaupt  soll  der  Ordinarius  sich  von  jedem 
seiner  Schüler  rücksichtlich  seiner  Fähigkeiten,  seines  sittl.  Verhaltens,  seiner 
Leistungen  und  seiner  häusl.  Verhältnisse  ein  möglichst  getreues  Gesamtbild  ver- 
schaffen, um  zu  jeder  Zeit  auf  Befragen  von  Seiten  des  Dir.  diesem  die  nöthige 
Auskunft  geben  zu  können. 

13.*  Die  äufsere  Elassenordnung,  wozu  namentlich  die  Art  und  Weise  der 
Beaufsichtigung  der  Schüler  in  den  Pausen,  die  Bestimmungen  der  Termine  über 
die  abzugebenden  Arbeiten,  über  das  Hinausgehen  der  Schüler  während  der 
Unterrichtsstunden  u.  s.  w.  gehören,  hat  der  Ordinarius,  soweit  dieselbe  nicht  durch 
bestehende  Verordnungen  und  Schulgesetze  für  die  ganze  Schule  vorgeschrieben 
ist,  nach  vorausgegangener  Berathung  mit  den  übrigen  Lehrern  seiner  El.  fest- 
zusetzen. Seiner  Beaufsichtigung  unterliegen  auch  die  Localitäten  der  El.,  die  ihr 
zugehörigen  Schränke  und  Utensilien,  für  deren  Instandhaltung,  Sauberkeit  und 
Ordnung  er  zunächst  verantwortlich  ist. 

14.  Das  Verhältnis  der  Ordinarien  zu  ihren  Schülern  hebt  weder  die 
Aufsicht  der  übrigen  Lehrer  über  die  Schüler,  noch  die  Oberaufsicht  und  Ober- 


246 

leitung  des  Dir.  auf;  vielmehr  bleiben  demselben  alle  amtl.  Befugnisse  unge- 
schmälert Insbesondere  darf  der  Ordinarius  Klagen  und  Beschwerden  über  einen 
Mitlehrer  in  amtl.  Eigenschaft  nicht  annehmen,  sondern  hat  die  Betreffenden 
dieserhalb  an  den  Dir.  zu  verweisen. 

15.  Auf  Schulanstalten,  mit  denen  ein  Pensionat  oder  Alumnat  verfassungs- 
mäfsig  verbunden  ist,  können  die  obigen  Bestimmungen  nach  den  Verhältnissen 
solcher  Anstalten  nur  teilweise  Anwendung  finden.  IHe  gegenwärtige  Instr.  kann 
daher  die  Absicht,  in  der  Verfassung  solcher  Anstalten  etwas  zu  ändern,  nicht 
haben."    Magdeburg.    K.  Prov.Sch.O. 

B.  Lehrer.  „1.  Dem  Dir.,  als  seinem  nächsten  Vorgesetzten,  hat  der 
Lehrer  in  allen  den  Anordnungen,  welche  dieser  kraft  seines  Amts  zu  treffen 
berechtigt  ist,  genaue  Folge  zu  leisten.  Etwan.  Beschwerden,  Anträge  und  Ein- 
gaben hat  er  durch  den  Dir.  an  die  vorgesetzte  Behörde  gelangen  zu  lassen. 

2.  Ansschliefslich  werden  ihm  eine  bestimmte  Klasse  und  bestimmte 
Lectionen  nicht  übertragen,  vielmehr  übernimmt  er  nach  dem  jedesmal.  Bedürfnis 
und  dem  genehmigten  Lectionsplan  diejenigen  Lehrstunden  in  denjenigen  KL, 
welche  ihm  der  Dir.  mit  Rücksicht  auf  Kenntnisse,  Neigung  und  das  Verhältnis 
des  Umfangs  der  Arbeit  überträgt.  Auf  des  Dir.  motivirten  Antrag  kann  ihm 
aber  auch  ein  Klassenordinariat  anvertraut  werden.  3.  Die  wöchentl.  Anzahl 
seiner  Lehrstunden  wird  zwar  auf  22  festgesetzt;  sollte  aber  das  Bedürfnis  der 
Schule  erfordern,  ihm  die  eine  oder  die  andere  Lehrstunde  mehr  zu  übertragen, 
so  mufs  er  sie  übernehmen.  Üeberhaupt  ist  er  der  Anstalt  mit  seiner  ganzen 
Kraft  und  Zeit  verpflichtet  und  darf  sich  daher  nicht  weigern,  wenn  er  damit 
beauftragt  wird,  auch  solche  Q-eschäfte  zu  übernehmen,  die  zu  dem  Unterr.  zwar 
nicht  in  unmittelb.  Beziehung  stehen,  für  das  Gedeihen  der  Schule  aber  nothwendig 
sind  und  nur  von  Lehrern  derselben  in  angemessener  Weise  ausgeführt  werden 
können. 

4.  Alle  seine  Lehrstunden  hat  er  mit  Sorgfalt  und  Pünktlichkeit  abzu- 
warten und  jede  derselben  zur  bestimmten  Zeit  anzufangen  und  zu  schliefsen. 
5.  Bei  seinem  ganzen  ünterr.  und  den  mit  demselben  verbundenen  Gorrecturen 
hat  er  sich  einer  anregenden  und  bildenden  Methode  zu  befleifsigen  und  dahin 
sein  ganzes  Bestreben  zu  richten,  dafs  unter  den  Schülern  ein  ernster,  durch  Fremd- 
artiges nicht  gestörter  Fleifs  walte  und  eine  gründl.  Bildung  derselben  gefördert 
werde.  6.  Die  Bemerkungen  und  Erinnerungen,  welche  ihm  der  Dir.  über 
Form  und  Materie  des  Unterr.  zu  machen  für  nöthig  findet,  hat  er  nicht  allein 
willig  anzunehmen  und  zu  beachten,  sondern  auch  durch  fleifsiges  Fortstudiren 
für  sein  Lehramt  immer  tüchtiger  zu  werden  sich  zu  bestreben. 

7.  Wie  er  ohne  des  Dir.  Vorwissen  und  Einwilligimg  keine  Lehrstunde 
and  damit  verbundene  Arbeiten  ausfallen  lassen  darf,  ebenso  wenig  darf  er  von 
dem  bestätigten  Lectionsplan  (§  2)  abweichen.  8.  In  dringenden  und  unvermeidL 
Abhaltungsfkllen  hat  er  dem  Dir.  sofort  Anzeige  davon  zu  machen,  damit  dieser 
die  Lehrstunden  und  die  mit  ihnen  verbundenen  Geschäfte  zeitig  unterbringen 
kann,  wie  er  denn  auch  ohne  Erlaubnis  des  Dir.  nicht  verreisen  darf.  Ebenso  hat 
er  in  dem  Fall,  dafs  er  einem  anderweiten  Ruf  zu  folgen  gesonnen  sein  sollte, 
ein  halbes  Jahr  vorher,  und  zwar  entweder  zu  Ostern  oder  zu  Michaelis,  der  vor- 
gesetzten Behörde  durch  den  Dir.  Anzeige  zu  machen  und  die  Entlassung  nach- 
zusuchen. 9.  In  AbhaltungsföUen  seiner  CoUegen  oder  in  eigetretenen  Vacanz- 
fällen  ist  er  verpflichtet.  Lehrstunden  und  damit  verbundene  Arbeiten  verhältnis- 
mäfsig  nach  des  Dir.  Anordnung  stellvertretend  zu  übernehmen. 

10.  Er  ist  femer  verpflichtet,  bei  den  öffentl.  Prüfungen  der  Schüler,  auch 
wenn  er  nicht  als  Examinator  in  Anspruch  genommen  wird,  zu  erscheinen,  der 
bestehenden  Einrichtung  gemäfs  die  Morgenandaoht  mit  der  versammelten  Schule 
zu  leiten  und  die  Schüler  in  der  Kirche  zu  beaufsichtigen;  auch,  so  oft  ihn  die 
Reihe  trifit,  die  Wissenschaft! .  Abhandlung  zum  Programm  zu  schreiben  und  bei 
Schulfeierlichkeiten  die  Festrede  zu  halten.  11.  Zur  Uebemahme  von  Neben- 
ämtern bedarf  er  unserer  Genehmigung.  Privatunterr.  an  Schüler,  die  er  selbst 
unterrichtet,  darf  er  ohne  Zustimmung  des  Dir.  nicht  erteilen. 

12.  Mit  seinem  Lehramt  wird  ihm  zugleich  die  erziehende  Thätigkeit  über- 
tragen. Wie  er  allen  seinen  Unterr.  im  steten  Hinblick  auf  die  Aifgaben  der 
Erziehung  erteilen  wird,  so  wird  er  alle  durch  die  Disciplin  der  Schule  unmittelbar 


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246 

geforderten  Pflichten  mit  homanem  Sinn,  ruhiger  Umnoht  und  mfser  Sorg&lt 
erfüllen,  damit  auch  durch  seine  Bemühongen  ernste  und  bildende  Zucht  und  gute 
Sitte  gefordert  werde.  Wichtige  Disciplinarfalle  darf  er  nicht  ohne  des  Dir.  oder 
der  Lehrerconferenz  Mitwirkung  eigenmächtig  schlichten.  Eine  Haupttendenz  der 
ganzen  vom  LehrercoU.  in  steter  üeDereinstimmung  zu  behandelnden  Disciplin  und 
Aufsicht  wird  vor  allem  die  Verbütunff  von  Unordnungen  und  Fehltritten  sein 
müssen.  Der  umfang  der  ihm  zustehenden  Strafbefugnis  ist  durch  besondere 
Bestimmungen  festgesetzt.  IJ.  Seine  Aufmerksamkeit  mufs  auf  den  Fleifs  und 
das  sittl.  Verhalten  der  Schüler  nicht  nur  während  der  tägl.  Schulzeit,  sondern 
auch  aufser  derselben  gerichtet  sein.  £ine  Anzahl  Schüler,  £e  ihm  von  dem  Dir. 
besonders  überwiesen  werden,  hat  er  der  für  die  einzelnen  Anstalten  bestehenden 
Einrichtung  ffemäfs  in  besondere  Tutel  zu  nehmen. 

14.  iülen  Schulconferenzen  wohnt  er  als  Sitz  und  Stinune  habendes  MitgL 
des  Lehrerooll.  bei  und  kann  keine  derselben  ohne  Erlaubnis  des  versitzenden 
Dir.  und  ohne  mit  dem,  was  er  vielleicht  zur  Sprache  zu  bringen  hätte,  einen 
seiner  GoUegen  beauftragt  zu  haben,  verabsäumen.  Er  ist  verpflichtet,  die  gefeJsten 
Ck)nferenzbe8chlÜ8se  genau  zu  befolgen,  und  darf  von  denselben  nicht  abgehen, 
sondern  hat,  wenn  ihm  im  Laufe  der  Zeit  etwa  eine  Abänderung  nöthig  scheinen 
sollte,  sein  Bedenken  in  der  nächsten  Lehrerconferenz  vorzutragen.  . 

15.  Hit  allen  seinen  Mitarbeitern  hat  er  ein  freundliches  Vernehmen  zu 
unterhalten  und  mit  ihnen  in  Einheit  und  Eintracht  zum  Besten  der  Anstalt  und 
zu  ihrem  Gedeihen  zusammenzuwirken.  16.  Als  Lehrer  und  Erzieher  wird  er 
stets  eingedenk  bleiben,  dafs  die  Erfolge  seiner  Wirksamkeit  hauptsächlich  durch 
seine  vorbildl.  Persönlichkeit,  durch  seine  Tüchtigkeit  im  Wissen,  in  der  Gesinnung 
und  im  Leben  bedingt  sind,  und  dafs  er  daher  verpflichtet  ist,  sich  in  allen  Ver- 
hältnissen des  offenÜ.  und  privaten  Lebens  eines  auf  christl.  Gottesfurcht  ge- 
gründeten, in  sittlicher  Unbesoholtenheit  sich  bewährenden,  ihm  und  der  Schule 
Achtung  und  Vertrauen  sichernden  Verhaltens  zu  befleifsigen. 

17.  Bei  allen  denjenigen  Instituten,  deren  eigentüml.  Verhältnisse  es  be- 
dingen, dafs  dem  Lehrer  no(m  eine  besondere  Listruction  erteilt  wird,  gelten  die 
Bestimmungen  der  gegenwärtigen  allgm.  Dienstinstruction  nur  in  soweit,  als  die- 
selben durch  jene  besondere  nicht  abgeändert  sind.*'        Magdeburg.    K.  Prov.Sch.G. 

Frovins  Westfleden. 

A.  Instr.  V.  23.  Oct.  1863. 

B.  Instr.  V.  15.  Jan.  1868. 

A.  Ordinarien«  rJ^  Bedürfnis  einer  tüchtigen  ommischen  Ausbildung 
der  höh.  Unterrichtsanstalten  in  allen  ihren  Teilen  und  Stu&n  hat  auch  die  An- 
ordnung von  Klassenordinarien  herbeigeführt,  welche  den  Einheitspunkt  sowohl 
für  die  wissenschaftl.  als  besonders  für  die  sittl.  Ordnung  einer  Kl.  oder  Klasaen- 
abteilung  bilden  sollen.  Damit  auch  in  dieser  Mafsregel  die  möglichste  üeberein- 
Btimmung  bei  den  höh.  Schulen  der  Provinz  stattfinde,  haben  wir  die  Bechte  und 
Pflichten  der  Ordinarien  in  folgende  Bestimmungen  zusammengefafst : 

1.  In  der  Hegel  ist  das  Ordinariat  einer  Kl.  demjenigen  Lehrer  übertragen, 
der  schon  durch  die  Natur  und  die  Zahl  seiner  Lehrstunden  in  derselben  einen 
entscheidenden  Einflufs  auf  die  Schüler  bat.  Li  den  unteren  Kl.  eignet  sich  dazu 
vorzugsweise  der  lateinische  und  deutsche  Sprachunterr.,  in  den  oberen  bei  den 
G^ymn.  der  lateinische  und  griechische,  oder  doch  ein  bedeutender  Teil  desselben; 
bei  den  Bealschulen  der  Unterr.  in  den  neueren  Sprachen  einschliefslich  der 
deutschen,  oder  der  mathemat.  und  naturwissenschaftl.  Unterricht;  und  ist  es 
zugleich  möglich,  dem  Ordinarius  auch  den  Beligionsunterr.  zu  übertragen,  so  wird 
er  in  diesem  das  kräftigste  Mittel  zu  einer  segensreichen  Einwirkung  auf  das 
Gemüth  seiner  Schüler  besitzen. 

2.  Er  wird,  wie  es  wesentlich  in  seiner  Bestimmung  liegt,  das  Vertrauen 
eines  jeden  seiner  Zöglinge  zu  erwerben  suchen,  damit  sie  sich  getrieben  fühleD, 
vor  allen  zu  ihm  ihre  Zuflucht  zu  nehmen,  wo  sie  nur  immer  seiner  Hülfe  durch 
Bath  und  That  bedürfen.  Doch  wird  er  diesen  seinen  Einflufs  keineswegs  benutzen, 
um  durch  Versprechungen,  Drohungen,  Zudringlichkeit  u.  s.  w.  einzelne  zu  heim- 
lichen Angebereien  über  ihre  Mitschüler  zu  verleiten  und  sich  so  gleichsam  eine 


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begünstigte  Partei  in  seiner  Kl.  zn  bilden,  wodurch  das  gerade  nnd  offene  sittl« 
Verhältnis  zu  der  ganzen  £1.  notiiwendig  gestört  würde.  Am  wenigsten  aber 
darf  er  Klagen  der  Schüler  gegen  andere  L^urer  annehmei^  sondern  hat  sie  mit 
diesen  immer  an  den  Dir.  zu  verweisen. 

3.  Um  sich  ein  voUständigee  nnd  sicheres  Urteil  über  Aaffohrang,  Fleifs 
und  Fortschritte  jedes  Schülers  bilden  nnd  sowohl  in  den  jedesmal.  Censuren,  als 
besonders  auch  bei  dessen  Abgang  von  der  Schule  und  auf  Erfordern  auch  noch 
später  aussprechen  zu  können,  hat  der  Ordinarius  der  Kl.  in  der  Kürze  alle  zur 
Charakteristik  des  Schülers  in  wissenschaftl.  und  sittl.  Beziehung  dienende  Notizen 
zu  sammeln  und  dieselben  bei  der  Versetzung  des  Schülers  in  eine  andere  Kl. 
dem  Ordinarius  derselben  zur  Fortsetzung  zuzustellen.  Dafs  diese  Aufzeichnungen 
mit  dem  gehörigen  Zartgefühl  ffeschehen,  das  mehr  Zufällige  und  schnell  Vorüber- 
gehende nicht  aufnehmen,  sondern  sich  nur  an  das  Wesentliche  halten  müssen, 
bedarf  keiner  weiteren  Auseinandersetzung.  4.  Auf  Grund  des  Gensurbuchs  der 
Kl.  und  obiger  Notizen  werden  die  viertel-  und  halbjährl.  Gensuren  der  Schüler 
auf  den  Vortrag  des  Ordinarius  in  einer  Lehrerconferenz  festgestellt. 

Der  Ordinarius  hat  dafür  zu  sorgen,  dafs  die  Gensuren  mit  der  Unter- 
schrift der  Eltern  oder  sonstigen  Pfleger  der  Schüler  versehen  ihm  wieder  vor- 
gelegt werden. 

5.  Die  Aufmerksamkeit  des  Ordinarius  auf  seine  Schüler  erstreckt  sich 
auch  über  den  Kreis  der  Schule  hinaus.  Insbesondere  wird  ihm  die  Aufsicht  auf 
die  religiöse  Führung  und  den  Kirchenbesuch  der  Schüler  empfohlen.  Femer  liegt 
ihm  die  Verpflichtung  ob,  sich  auch  von  ihren  Privatbeschäftigungen  Kunde  zu 
verschaffen,  besonders  aber  diejenigen  Schüler,  deren  Eltern  nicht  am  Ort  wohnen 
und  die  auch  nicht  Pensionäre  eines  der  übrigen  Lehrer  sind,  von  2ieit  zu  Zeit 
in  ihren  Wohnungen  zu  besuchen,  sich  von  ihrem  Fleifs  und  ihrer  sittL  Lebens- 
weise zu  überzeugen  und,  sollte  er  wahrnehmen,  dafs  sie  in  ungünstiffen  oder  gar 
gefährlichen  Verhältnissen  leben,  hiervon  sogleich  ihren  nächsten  Angehörigen, 
sowie  dem  Dir.  Kenntnis  zu  geben.  6.  Die  Verständigung  mit  den  Eltern  nnd 
Angehörigen  seiner  Zöglinge  wird  überhaupt,  soweit  seine  Zeit  und  die  Umstände 
es  gestatten,  zu  den  kräftigsten  Mitteln  gehören,  wodurch  der  Ordinarius  wohl- 
thätig  auf  seine  Schüler  wirken  kann.  In  Fällen,  wo  er  sich  von  der  Mit- 
wirkung des  Dir.  einen  noch  grÖfseren  Erfolg  versprechen  darf,  wird  er  diesen 
darum  angehen. 

7.  Auf  Fleifs  und  Ordnung  in  der  Schule  hat  der  Ordinarius  bei  seinen 
Schülern  auch  dadurch  zu  wirken,  dafs  er  sich  die  Arbeits-,  Schreib-  und  Zeichen- 
bücher derselben  mindestens  einmal  in  jedem  Viertcljshr  sämtlich  vorlegen  läfst, 
und  daraus  didenigen  Notizen  entnimmt,  die  zur  Charakteristik  des  Schülers  dienen 
und  zu  einer  Zurechtweisung  desselben  oder  Rücksprache  mit  den  übrigen  Lehrern 
in  der  Conferenz  Veranlassung  geben.  Letzteres  wird  besonders  der  Fall  sein, 
wenn  er  bemerken  sollte,  dafs  die  Schüler  durch  zu  viele  Aufgaben  der  verschiedenen 
Lehrer  überhaupt  oder  an  gewissen  Wochentagen  überladen  werden. 

8.  Ueber  den  Standpunkt  der  Kl.  in  wissenschafÜ.  und  sittl.  Beziehung, 
wie  derselbe  namentl.  für  die  Versetzungen  in  Erwägung  kommen  mufs,  halt  der 
Ordinarius  in  der  Conferenz  des  LehrercoU.  den  Vortrag  und  bringt  diejenigen 
Punkte  zur  Sprache,  über  welche  eine  allgm.  Entscheidung  erforderlich  ist.  —  Er 
ist  berechtigt,  von  den  übrigen  Lehrern  zu  erwarten,  dafs  sie  ihm,  der  den  Ein- 
heitspunkt für  seine  Kl.  bilden  soll,  alles  mitteilen,  was  sie  in  derselben  bemerkt 
oder  verfügt  oder  über  dieselbe  in  Erfahrung  gebracht  haben. 

10.  Auch  die  Aufsicht  über  das  Local  und  die  Utensilien  der  Kl.  und  alles 
übrige  in  derselben  befindliche  Eigentum  der  Anstalt  hat  vorzugsi^reise  der  Ordi- 
narius zu  führen.  Beschädiffunffen,  welche  andere  Lehrer  bemerken,  haben  ihm 
diese  zur  Veranlassung  des  Weiteren  mitzuteilen. 

11.  Die  Ordinarien  haben  auber  den  im  Obigen  genannten  Verpflichtungen 
auch  noch  diejenigen  besonders  zu  erfüllen,  welche  der  Dir.  ihnen  als  Klassen- 
vorstehem  auflegen  wird,  z.  B.  bei  Prüfungen  neu  aufzunehmender  Schüler,  Ab- 
fassung des  Abgangszeugnisses  für  solche,  die  aus  dieser  Kl.  die  Schule  ver- 
lassen n.  s.  w.;  wie  denn  überhaupt  bei  jeder  Schule,  ihren  besonderen  Ver- 
hältnissen gemäfs,  der  obigen  Instruction  noch  besondere  einzelne  Bestimmungen 
mit  unserer  Genehmigung  zugesetzt  werden  können."  Münster.  K.  Prov.- 
Schulcollegium. 


248 

B.  Lehren  „L  Allgemeine  Stellung  des  Lehrers.  1.  Jeder 
Lehrer  einer  öffentl.  höh.  Unterrichtsanstalt  ist  Staatsheamter  und  hat  als  solcher 
alle  Hechte  und  Pfliclften  eines  Staatsbeamten  überhaupt.  2.  Er  ist  daher,  wie 
durch  sein  Gewissen,  so  auch  durch  das  ausdrüokl.  Gelöbnis  seines  Amts- 
eides  verbunden,  Sr.  JÜaj.  dem  Könige  unterthanig,  treu  und  gehorsam  su  sein 
und  alle  ihm  vermöge  seines  Amts  obliegenden  Pflichten  nach  seinem  besten 
Wissen  und  Gewissen  genau  zu  erfüllen,  auch  die  Verfassung  gewissenhaft  zu 
beobachten. 

3.  Der  Lehrer  ist  überall  zugleich  Jugenderzieher  und  nimmt  hierdurch 
auch  an  der  Aufgabe  der  Kirche  Teil.  £s  ist  daher  seine  Pflicht,  die  Zwecke 
des  Staates  und  der  Kirche  durch  sein  gesamtes  Verhalten,  durch  Lehre  und 
Leben,  in  seinem  Kreise  nach  Kräften  zu  iördem.  Er  muTs  sich  überall,  in  und 
aufser  seinem  Amt,  der  Achtung,  des  Ansehens  und  des  Vertrauens,  die  sein 
Beruf  in  staatlicher  und  kirchlicher  Beziehung  erfordert,  würdig  zeigen  und  durch 
vdssenschaftL  Streben,  sittlichen  Ernst,  vaterländische  Gesinnungstreue,  in  seinem 
ganzen  Denken  und  Sein  als  ein  Vorbild  und  Muster  wahrhafter  Bildung  sich 
bewähren. 

n.  Verhältnis  zu  Vorgesetzten.  4.  Jeder  Lehrer  hat  die  ihn 
und  sein  Amt  betreffenden  Anordnungen  und  Verfügungen  der  vorgesetzten  Be- 
hörden sorgfaltig  zu  beobachten  und  den  Mitgliedern  und  Gommissarien  derselben 
die  schuldige  Achtung  und  Folgsamkeit  zu  beweisen.  5.  Den  Dir.  hat  jeder 
Lehrer  als  seinen  nächsten  Vorgesetzten  zu  betrachten,  seinen  amtl.  Anordnungen 
Folge  zu  leisten  und  die  Erinnerungen  und  Weisungen,  zu  welchen  derselbe  im 
Interesse  der  Schule  sich  veranlafst  sieht,  mit  gebührender  Ehrerbietung  anzu- 
nehmen und  zu  befolgen.  Sollte  ein  Lehrer  sich  zum  Widerspruch  gegen  eine 
Anordnung  des  Dir.  verpflichtet  erachten,  so  hat  er  demselben  die  Gründe  seines 
Widerspruchs  in  angemessener  Weise  vorzutragen  und  eine  Ausgleichung  der 
Ansichten  zu  erstreben.  Wird  eine  solche  nicht  erreicht,  so  mufs  der  Anordnung 
des  Dir.  vorläufig  Folge  geleistet  werden;  jedoch  steht  dem  Lehrer  der  Weg  der 
Beschwerde  an  das  unterzeichn.  CoUegium  oÖen. 

6.  Eingaben  der  Lehrer  an  die  Aufsichtsbehörde,  welche  ihr  Amt  und 
ihre  Stellung  betreffen,  sind  dem  Dir.  offen  zu  übergeben  und  durch  den  letzteren 
an  ihre  Adresse  zu  befördern.  Nur  besondere  Gründe  können  eine  Abweichung 
von  dieser  Vorschrift  rechtfertigen.  In  gleicher  Weise  sind  Gesuche  um  den 
Heiratsconsens  an  das  Präsidium  des  unterzeichneten  CoUegiums  zu  richten  und 
dabei  anzuzeigen,  welche  Pension  der  Lehrer  für  seine  künftige  Ehegattin  bei  der 
K.  AUgm.  Wittwenverpflegungsanstalt  zu  versichern  beabsichtigt. 

ITT.  Aeufsere  Amtsverwaltung.  7.  Jeder  Lehrer  ist  verpflichtet: 
a.  die  im  Lectionsplan  ihm  übertragenen  Lehrstunden  unweigerlich  und  pünktlich 
wahrzunehmen;  b.  nach  den  vorgeschriebenen  Lehrbüchern  zu  unterrichten, 
nicht  aber  eigene  Hefte,  Dictate  oder  fremde  Lehrmittel  dem  Unterr.  zu  Ghrunde 
zu  legen;  c.  In  Betreff  der  vorzutragenden  Lehrabschnitte  und  der  aufzu- 
gebenden schriftl.  Arbeiten  die  Bestimmungen  des  Lectionsplans  und  etwanige 
Beschlüsse  der  Lehrerconferenz,  welche  Ordnung,  Mafs  und  Methode  der  Arbeiten 
näher   feststellen,    auszuführen;  d.     die   ihm  aufgetragenen   Correcturen  der 

schriftl.  Arbeiten  gewissenhaft  zu  besorgen;  e.  an  den  Gesamt-  und  Fach- 
conferenzen,  den  Prüfungen  und  allen  Schulacten,  wie  auch  an  allen  Acten  aufser- 
halb  der  Schule,  bei  welchem  die  letztere  selbst  oder  das  LehrercoU.  als  Körper- 
schaft erscheint,  auf  Anzeige  des  Dir.  teilzunehmen;  f.  die  von  der  Lehrer- 
conferenz ordnttngsm.  und  innerhalb  ihrer  Befugnisse  gefafsten  Beschlüsse  für  sich 
als  bindend  zu  betrachten  und  zu  befolgen;  g.  die  Verhandlungen  und  Be- 
schlüsse der  Lehrerconf.,  insofern  sie  nicht  ausdi^ckl.  zur  Mitteilung  an  Andere 
bestimmt  sind,  als  Amtsgeheimnisse  zu  behandeln;  h.  zur  Uebemahme  von 
Privatunterrichtsstunden  und  Aufnahme  von  Pensionären  die  Genehmigung  des 
Dir ,  zur  Uebemahme  eines  Nebenamts  oder  Nebengeschäfts  unsere  Genehmigung 
vorher  einzuholen. 

8.  Der  Lehrer  hat  amtl.  Aufträge,  welche  der  Dir.  in  angemessenem  Wechsel 
unter  die  Mitglieder  des  Coli,  zu  verteilen  hat,  unweigerlich  zu  vollziehen;  als: 
Halten  von  Beden  bei  Schulfeierlichkeiten,  Einübung  der  Schüler  zu  Vorträgen, 
Abfassung  von  Programmabhandlungen,  Ausarbeitung  von  Gutachten  über  Gegen* 


249 

stände  der  Conferenzberathongen,  Leitung  von  Schulandaohten,  Aufsichtsfdhranff' 
beim  G-ottesdienst  oder  vor  und  zwischen  den  Lehrstunden,  und  andere.  Im  Fall 
einer  vermeintl.  Ueberbürdung  bleibt  auch  hier  jedem  Lehrer  das  Eecht,  unsere 
Entscheidung  nachzusuchen. 

9.  Kein  Lehrer  hat  ein  Anrecht  auf  bestimmte  Lectionen  oder  auf  ein 
bestimmtes  Ordinariat.  Bei  Verteilung  derselben  kann  nicht  das  Rangverhältnis 
im  GoUegium,  sondern  ledigi.  das  Interesse  der  Sache  mafsgebend  sein.  10.  Die 
Zahl  der  wöchentl.  Unterrichtsstunden,  welche  zu  übernehmen  ein  Lehrer  ver- 
pflichtet ist,  wird  in  der  Regel  bei  den  Oberlehrern  20,  bei  den  ordentl.  Lehrern 
und  den  wissenschaftl.  Hülfslehrem  24,  bei  den  techn.  Lehrern  26  bis  28  nicht 
überschreiten  dürfen.  In  Berücksichtigung  des  Gegenstandes  der  Lectionen,  der 
damit  verbundenen  Vorbereitungen  und  Gorrecturen,  der  Klassenfrequenz,  der 
Ordinariatsgeschäfte  und  anderer  Umstände  wird  die  Zahl  teils  geringer,  teils  auch 
noch  gröfser  sein  können.^) 

11.  Kein  Lehrer  darf  ohne  vorherige  Zustimmung  des  Dir.  eine  Lehrstunde 
oder  eine  andere  ihm  übertragene  Arbeit  ausfallen  lassen.  Im  Fall  einer  unab- 
wendbaren Verhinderung  hat  er  dem  Dir.  rechtzeitig  Anzeige  zu  machen,  damit 
dieser  erforderlichen  Falls  eine  Stellvertretung  .anordnen  kann.  12.  Aufserhalb 
der  gesetzl.  Ferienzeit  darf  kein  Lehrer  ohne  Urlaub  verreisen.  Für  einen  Urlaub 
bis  zur  Dauer  einer  Woche  ist  die  Genehmigung  des  Dir.,  für  einen  längeren 
Urlaub  durch  den  Dir.  die  Genehmigung  des  unterzeichn.  Collegiums  nachzusuchen. 
Der  Dir.  kann  die  Erteilung  des  Urlaubs  an  die  Bedingung  knüpfen,  dafs  der  betr. 
Lehrer  selbst  für  eine  angemessene  Vertretung  sorge,  welche  alsdann  der  Zu- 
stimmung des  Dir.  bedarf.  Die  Uebernahme  dieser  Vertretung  seitens  der  Amts- 
genossen  ist  als  eine  Gefälligkeit  derselben  zu  betrachten.  Dagegen  ist  jeder 
Lehrer  vorübergehend  zur  Uebernahme  der  von  dem  Dir.  anzuordnenden  Ver- 
tretung eines  Amtsgenossen  verpflichtet,  wenn  der  letztere  durch  Krankheit  oder 
andere  "resetzlich  gerechtfertigte  Gründe  an  der  Wahrnehmung  seines  Amts 
gehindert  ist,  oder  wenn  eine  erledigte  Stelle  nicht  sogleich  wieder  besetzt 
werden    kann. 

IV.  Erziehung  und  Unterricht.  13.  Alle  Erziehung,  die  Erfolg 
haben  soll,  mufs  der  Erziehende  zunächst  an  sich  selbst  üben;  alle  Bildung,  die 
der  Lehrer  in  seinen  Schülern  erwecken  will,  mufs  er  zunächst  selbst  besitzen 
und  in  seinem  ganzen  Wesen  bewähren.  14.  Der  einheitliche  Zweck  der 
Schule  macht  dem  LehrercoU.  Einmüthigkeit  in  Erstrebung  desselben  zur  Pflicht. 
Wenn  der  einzelne  Lehrer  von  liebevoller  Hingabe  für  seinen  Beruf  durchdrungen 
ist,  seine  Stellung  zum  Ganzen  richtig  erkennt  und  sich  demselben  willig  einordnet, 
mit  seinen  Amtsgenossen  stets  in  freundlichem  Einvernehmen  lebt:  nur  dann  läfst 
sich  ein  gedeihl.  Wirken  des  Collegiums  als  Gesamtheit  hoflen. 

15.  Jeder  Lehrer  ist  verpflichtet,  die  sittl.  und  wissenschaftl.  Entwickelung 
seiner  Schüler  möglichst  genau  zu  beobachten  und  die  Ergebnisse  dieser  Beob- 
achtung geeigneten  Falls  sogleich,  sonst  aber  auf  Ersuchen  dem  Klassenordinarius 
mitzuteilen. 

j  6.  Jeder  Lehrer  hat  sich  über  die  wissenschaftl.  und  method.  Fortschritte 
des  Unterrichts-  und  Erziehungswesens  sowohl  im  AUgm.,  als  auch  in  Rücksicht 
auf  seinen  besonderen  Beruf,  nach  Möglichkeit  in  Kenntnis  zu  erhalten.  Be- 
deutende Erscheinungen  auf  diesen  Gebieten  sind  zur  Besprechung  an  die  Lehrer- 
conf.  zu  bringen.  i 


M  O.Verf.  des  K.  Sch.C.  zu  Münster  v.  31.  Mai  1879.  „Durch  einen 
Specialiall  veranlafst,  declariren  wir  den  $  10  der  instr.  f.  d.  Lehrer  d.  höh. 
Lehranstalten  v.  15.  Jan.  1868  dahin,  dafs  jeder  Lehrer  ohne  Anspruch  auf  eine 
blondere  Remuneration  verpflichtet  ist,  erforderlichen  Falles  auch  mehr  als  die 
dort  für  „in  der  Regel*'  geltende  Maximalzahl  wöchentlicher  Unlerrichtsstunden 
zu  übernehmen.  Es  ergiebt  sich  die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  aus  dem 
Wortlaut  des  betr.  Paragraphen  der  Instr.  von  selbst,  kann  aber  zudem  auch 
rücksichtlich  der  Oberlehrer  gar  nicht  mehr  in  Zweifel  gezogen  werden,  seit  durch 
Min.-Rescript  v.  8.  Juli  pr.  (s.  Abt.  I  S.  34)  ausdrücklich  festgesetzt  worden  ist, 
dafs  die  Oberlehrer  bis  zu  22  wöchentlichen  Lehrstunden  herangezogen  werden 
können.*' 


350 

17.  Alle  Lehrstanden^  ganz  abgesehen  von  ihrem  besonderen  Q-egenstande, 
haben  den  gemeinsamen  Zweck,  durch  den  Unterricht  eu  erziehen  nnd  zu  bilden. 
Jeder  Unterr.  mufs  demgemäfs  in  einer  anschaulichen,  dem  Standpunkt  der  Schiller 
angemessenen«  Aufmerksamkeit  und  Fleifs  derselben  anregenden  Weise  erteilt 
werden.  Wie  der  Ldbrer  selbst  in  Wort  und  Haltung  sich  als  ein  liusier  echter 
Bildung  bewähren  soll,  so  hat  er  auch  in  allen  Lehrstunden  darüber  zu  wachen, 
dafs  seine  Schüler  eine  wohlanständige,  auch  die  Gesundheit,  namentlich  Augen 
und  Brust  schonende  Haltung  des  Körpers  einnehmen;  dafs  sie  auf  seine  Fragen 
in  vollständigen  Sätzen,  nicht  in  abgerissenen  Wörtern  antworten;  dafs  sie  sidi 
überall  eines  richtigen,  reinen  und  gebildeten  Ausdrucks  ihrer  Muttersprache  be- 
fleifsigen,  und  zwar  sowohl  mündl.  als  schriftlich. 

18.  Alle  scbriftl.  Arbeiten  der  Schüler  müssen  von  dem  Lehrer  mit  einer 
Bevisionsbemerkung  versehen  werden,  und  zwar  nicht  durch  Ziffern  oder  Buch- 
staben, sondern  allemal  wenigstens  durch  ein  anerkennendes  oder  tadelndes  Wort, 
am  besten  (namentl.  in  den  oberen  El.  und  bei  freien  Arbeiten)  durch  ein  voll- 
ständiges, die  Beschaffenheit  der  Arbeit  nach  Inhalt  und  Form  genau,  aber  wohl- 
wollend kennzeichnendes  Urteil. 

19.  Die  verständige  und  sichere  Handhabung  der  Disciplin  ist  eine  weseuÜ. 
Bedingung  sowohl  für  das  Gedeihen  des  Unterrichts  als  der  Erziehung.  Hier  ist 
es  die  erste  Pflicht  des  Lehrers  durch  Wachsamkeit  über  seine  Schüler  jede  Ver- 
kehrtheit möglichst  zu  verhüten;  die  nächste,  sie  in  der  rechten  Weise  für  die 
Zukunft  unmöglich  zu  machen.  20.  Der  Lehrer  hat  darüber  zu  wachen,  dafs 
seine  Schüler  nicht  blofs  in  der  Schule,  sondern  auch  aufserhalb  derselben  den 
Vorschriften  der  Schule  pünktlich  nachkommen ;  dafs  sie  ihre  häusl.  Vorbereitungen 
rechtzeitig  vollenden  und  die  schriftl,  Arbeiten  ordnungsmäfsi^  in  sauberer  und 
reiner  Handschrift  abliefern;  wie  er  auch  seinerseits  sie  in  gleicher  Weise  revidirt 
zurückgeben  wird. 

21.  Wo  es  für  die  richtige  Behan  dlung  eines  Schülers  förderlich  erscheint, 
wird  jeder  Lehrer,  nicht  blofs  der  Ordinarius,  mit  den  Eltern  desselben  in  Ver- 
bindung treten  und  einen  einheitlichen  Einflufs  des  Hauses  und  der  Schule  auf 
die  Leitung  des  gemeinsamen  Zöglings  vermitteln  helfen.  Im  Fall  eines  Gegen- 
satzes zwischen  beiden  Erziehungsfactoren  mufs  es  bei  der  Vielgestaltigkeit  des 
Familienlebens  vorzugsweise  Aufgabe  der  Schule  und  der  Lehrer  bleiben,  durch 
richtigen  Tact  eine  Ausgleichung  herbeizuführen,  namentlich  aber  jede  Verletzung 
des  Familienansehens  in  den  Augen  der  Schüler  sorgfältig  zu  vermeiden. 

22.  Der  Lehrer  hat  überall,  namentl.  in  der  Schule,  auf  ein  bescheidenes 
und  wohlanständiges  Betragen  seiner  Schüler  zu  halten.  Er  hat  die  Disciplin 
vorzugsweise  durch  stele  Aufmerksamkeit  auf  seine  Schüler,  durch  Ernst  und 
Würde  seiner  persönl.  Haltung,  durch  die  bildende  und  anregende  Kraft  seines 
Unterrichts,  durch  gleiches  Wohlwollen  und  gleiche  Gerechtigkeit  gegen  alle  zu 
sichern.  Die  Schüler  müssen  es  durchfühlen,  dafs  er  sie  alle  mit  warmer  Liebe 
umfafst,  gern  in  ihrer  Mitte  weilt  und  unablässig  und  wirksam  bemüht  ist,  sie  in 
Wissenschaft  und  Tugend  zu  fördern. 

23.  Wenn  trotz  aller  Sorgfalt  des  Lehrers  Nachlässigkeiten  und  Vergeben 
der  Schüler  vorkommen,  so  mufs  Tadel  und  Strafe  eintreten.  Richtig  tadeln  und 
strafen  ist  eine  Kunst.  Diese  Kunst  versteht  derjenige  nicht,  der  durch  rauhen 
und  barschen  Ton  in  Schrecken  setzt,  durch  kaltes  und  herrisches  Wesen  ent- 
fr^det,  durch  Spott  und  Hohn  kränkt,  durch  Schimpfwörter  und  Schimpfreden 
sicn  sellist  vor  seinen  Schülern  erniedrigt.  Der  beste  Pädagog  ist  derjenige,  der 
durch  die  gelindesten  Strafmittel,  durch  einen  Blick,  einen  Wink,  ein  Wort,  eine 
kurze  Erinnerung  zur  Beue  und  Besserung  zurückzuführen  versteht.  Sind  eigent- 
liche Strafen  erforderlich,  so  hat  der  Lehrer  nach  den  Bestimmungen  der  Dis- 
oiplinarordnung,  resp.  der  Lehrerconferenz  und  des  Dir.  zu  verfahren.  Wer  die 
häufigsten  und  strengsten  Strafen  verhängt,  wird  selten  als  ein  guter  Lehrer 
gelten   können. 

24.  Ein  wesentl.  Teil  des  Wohls  oder  Wehes  der  Zukunft  liegt  in  der  Hand 
des  Lehrers.  Darum  hat  der  Lehrer  vielleicht  mehr  als  ii^end  ein  anderer  Be- 
amter alle  Kraft  seines  Geistes  und  Herzens  aufzubieten,  damit  er  sein  Amt  in  der 
Weise  verwalte,  wie  er  es  hier  auf  Erden  vor  seinen  Mitbürgern,  seinen  Vorge- 
setzten und  seinem  Gewissen,  dermaleinst  aber  vor  dem  göttlichen  Bichterstnbl 
verantworten  zu  können  hoffen  darf."    Münster.    K.  Prov.SchulcoUegium. 


261 

Rheinproviius. 

Instr.  V.  15.  Juli  1867. 

A.  Ordinarien«  „Dem  mit  dem  Ordinariat  einer  Klasse  oder  eines 
Klassencötus  durch  den  Dir.  beauftragten  Lehrer  wird  damit  die  specielle  Sorge 
für  den  Fleifs,  die  Sitte  and  die  Ordnung  der  Kl.  anvertraut. 

1.  Er  wacht  über  die  Ordnung  und  Sauberkeit  des  Klassenzimmers,  worin 
er  sich  durch  Ordner,  die  er  aus  der  Mitte  der  Schüler  wählt,  unterstützen  lassen 
Icann,  und  sorgt  dafür,  dafs  die  erforderl.  Utensilien,  Lehr-  und  Anschauungsmittel 
und  das  Klassenbuch  vorhanden  sind  und  in  guter  Ordnung  erhalten  werden.  Die 
auTser  ihm  in  der  Kl.  unterrichtenden  Lehrer  haben  ihre  Wünsche  in  dieser 
Beziehung  zunächst  ihm  mitzuteilen.  Findet  er  neue  Anschaffungen  oder  Her- 
stellungen nothwendig,  so  hat  er  dies  dem  Dir.  anzuzeigen. 

2.  Die  Aufnahme  von  Schülern  in  die  Kl.  seines  Ordinariats  und  die  Ver- 
setzung   aus    derselben    in    eine    höhere   Kl.,    sowie    die  Klassenprüfungen  und 

,  Revisionen  seiner  Klasse  bedürfen  seiner  Mitwirkung.  3.    Er  macht  die  neu 

in  die  Kl.  eintretenden  Schüler  mit  der  Ordnung  der  Schule  und  Kl.  bekannt  und 
hält  dieselbe  den  Schülern  seiner  Kl.  gegenwärtig.  In  allen  Fällen,  wo  dieselben 
des  Raths  und  der  Weisung  für  ihr  Schulleben  bedürfen,  haben  sie  sich  zunächst 
an  ihn  zu  wenden.  Er  wacht  in  jeder  )<eeigneten  Weise  über  ihre  Sitten  und 
ihren  Fleifs ;  die  Ordnung  und  Sauberkeit  ihres  Aeulsern,  sowie  ihrer  sämtl.  Schul- 
bücher und  Schulhefte,  unterliegen  zunächst  seiner  Aufsicht.  Er  ist  berechtigt 
ihre  sämtl.  Hefte  einzusehen.  Die  übrigen  Lehrer  der  Kl.  haben  ihm  wesentliche 
Wahrnehmungen  über  das  Verhalten  der  Schüler  mitzuteilen  und,  wenn  sie  zu 
erheblicheren  Strafen  sich  genöthigt  gefunden  haben,  ihm  davon  Kenntnis  zu  geben. 
Strafen,  welche  in  der  Lehrerconf.  berathen  sind,  werden,  wenn  der  Dir.  sie  nicht 
selbst  vollzieht,  durch  ihn  bei  den  Schülern  seiner  Kl.  zur  Ausführung  gebracht. 
Er  kann  Schülern  seiner  Kl.  bis  zu  einem  eanzen  Schulta^^  Urlaub  geben,  hat 
dies  aber  im  Klassenbuch  zu  vermerken  und  dem  Dir.  anzuzeigen.  Bei  Erwirkung 
von  Beneficien  für  Schüler  seiner  KL  hat  der  Dir.  zuvörderst  ihn  zu  hören. 

4.  Er  sorgt  durch  Rücksprache  mit  den  übrigen  Lehrern  der  Kl.  und  dem 
Dir.  für  angemessene  Verteilung  der  häusl.  schrifÜ.  Arbeiten,  Repetitionen  und 
Memorirnbungen  auf  die  verschiedenen  Schultage.  Findet  er  das  richtige  Mafs 
im  Aufgeben  solcher  Arbeiten  für  die  ganze  Kl.  oder  einzelne  Schüler  nach  den 
darüber  in  das  Klassenbuch  niederzulegenden  Vermerken  verletzt,  so  hat  er  sich 
darüber  gegen  den  betr.  Lehrer  auszusprechen  und  nöthigen  Falls  dem  Dir.  davon 
Anzeige  zu  machen. 

5.  Er  hat  die  Schüler  seiner  Kl.,  besonders  die  auswärtigen,  in  ihren 
Wohnungen  von  Zeit  zu  Zeit  in  einer  Weise  zu  besuchen,  dafs  die  Schüler  und 
ihre  Angehörigen  darin  einen  Erweis  wohlwollender  Fürsorge  erkennen  können. 
6.  Mit  den  Eltern  und  Pflegern  der  Schüler  hat  er  sich  in  allen  ^eeicrneten 
Fällen  in  freundlicher  Weise  und  gebührender  Rücksicht  auf  die  elterliche  Gewalt 
und  Autorität  in  Benehmen  zu  setzen,  auch  den  auswärtigen  unter  denselben  auf 
ihren  Wunsch  schriftL  Auskunft  über  das  Verhalten  ihrer  Angehörigen  zu  geben. 

7.  Die  Censuren  und  Abgangszeugnisse  für  seine  Kl.  hat  er  auf  Ghrund  des 
Klassenbuchs  und  der  Mitteilungen  der  anderen  Lehrer  der  Kl.  zu  entwerfen,  dem 
Dir.  zur  Revision  und  Vollziehung  vorzulegen  und  mit  demselben  in  Goncept  und 
Reinschrift  zu  unterschreiben.**  Goblenz.    K.  Prov.Schulcollegium. 

B.  Lehrer.  „1.  Den  Dir.  der  Anstalt  hat  der  Lehrer  in  allen  sein 
Lehramt  angehenden  Verhältnissen  als  .seinen  nächsten  Vorgesetzten  zu  betrachten, 
sich  an  denselben  in  allen  sein  Amt  betreffenden  Angelegenheiten  zunächst  zu 
wenden,  demselben  zu  jeder  Zeit  die  gebührende  Achtung  zu  erweisen  und  dessen 
Erinnerungen,  Anordnungen  und  Anweisungen  in  jeder  amtl.  Beziehung  Folge  zu 
leisten,  etwanige  Gegenvorstellungen  aber  mit  bescheidener  Achtung  seiner  Stellung 
zu  demselben  vorzutragen  und  auch,  wenn  er  gegen  eine  Anordnung  des  Dir.  bei 
dem  K.  Prov.Sch.G.  einkommen  zu  müssen  glaubt,  der  Anordnung  Folge  zu  leisten, 
bis  die  höhere  Entscheidung  erfolgt  ist  Eingaben  an  die  Staats-  und  Local- 
behörden,  zu  denen  er  in  seinen  amtl.  Verhältnissen  Anlafs  findet,  hat  er  dem 
Dir.  zur  Beförderung  zu  übergeben. 


I 


362 

2.  Er  hat  die  ihm  nach  seiner  Vocation  wöchentl.  obliegenden  ünterrichta- 
stunden  nach  der  vom  Dir.  beim  Anfange  eines  jeden  Cursus  zu  gebenden  Be- 
stimmung, in  den  ihm  zugewiesenen  Klassen  und  Fächern  zu  erteilen  und,  wenn 
er  seine  Stunden  zu  halten  verhindert  ist,  den  Dir.  zeitig  davon  zu  benachriohti|^D, 
auch  falls  einer  der  übrigen  Lehrer  erkrankt  oder  anderweitig  verhindert  ist,  nach 
Anordnung  des  Dir.  über  seine  vocationsmäfsige  Stundenzahl  hinaus  Aushälfe 
zu  leisten. 

An  den  Schulandachten  und  Gottesdiensten  seiner  Gonfession,  welche  for 
die  Anstalt  in  Uebung  sind,  und  an  der  Aufsicht  über  die  Schüler  bei  denselben, 
wie  auch  an  der  Beaufsichtigung  der  Turn-  und  Schwimmübungen  und  an  der 
Schulaufsicht  vor  dem  Unten*,  und  während  der  Pausen,  hat  er  nach  Anweisung 
des  Dir.  teilzunehmen.  Lj  eberträgt  ihm  der  Dir.  die  Aufsicht  über  die  Bibliothek 
oder  eine  Sammlung  der  Anstalt,  so  hat  er  dieselben  nach  Anweisung  und  unter 
Oberaufsicht  des  Dir.  zu  verwalten,  auch  den  Katalog  oder  das  Inventar  weiter- 
zuführen. Den  Conferenzen,  zu  denen  ihn  der  Dir.  einladet,  hat  er  pünktlich 
beizuwohnen,  auch  in  denselben  auf  Aufforderung  des  Dir.  ein  Referat  für  dieselben 
zu  übernehmen  oder  das  Protokoll  zu  fuhren.  Wenn  nach  dem  festgesetzten 
Wechsel  zwischen  den  wissensohaftl.  Lehrern  der  Anstalt  ihn  die  B.eihe  trifft,  die 
dem  Programm  beizugebende  Abhandlung  zu  liefern,  so  hat  er  dieselbe  rechtzeitig 
dem  Dir.  druckfertig  zu  übergeben.  In  Abwechslung  mit  den  übrigen  wissenschaftl. 
Lehrern  hat  er  nach  Bestimmung  des  Dir.  die  Festrede  bei  Schulfeierlichkeiten 
zu  halten.  Wenn  ihm  der  Dir.  das  Ordinariat  einer  Klasse  anvertraut,  so  hat  er 
dasselbe  nach  den  dafür  bestehenden  Vorschriften  zu  führen. 

3.  Das  Wohl  und  den  Ruf  der  Anstalt  hat  er  in  jeder  Beziehung  nach 
Kräften  zu  fördern,  sich  eines  achtungsvollen,  einträchtigen  und  freundschanlichen 
Verhaltens  gegen  alle  seine  Mitarbeiter  zu  befleifsigen,  die  individuellen  Verhältnisse 
der  Anstalt  gebührend  zu  berücksichtigen  und  jedes  eigenmächtige  Eingreifen  in 
dieselben  zu  meiden. 

4.  Was  die  Methode  und  Ziele  des  IJnterr.  und  die  Lehrmittel  anbetrifft, 
so  hat  er  die  von  dem  Dir.  ihm  hierüber  zu  erteilenden  Weisungen  genau  zu 
befolgen  und  allen  Fieifs  anzuwenden,  dafs  das  ihm  für  die  einzelnen  Unterrichts- 
fächer in  jedem  Schuljahr  gesetzte  Ziel  auf  dem  bezeichneten  Wege  wirklich 
erreicht  werde.  5.  Auf  die  regelm.  und  pünktl.  Anfertigung  der  häusL 
schriftlichen  Arbeiten  der  Schüler,  soviel  deren  bei  jedem  einzelnen  ihm  über- 
tragenen Unterrichtszweige  für  nöthig  erachtet  werden,  hat  er  mit  Strenge  zu 
halten,  diese  Arbeiten  sämtlich  sorgfältig  durchzusehen  und  zu  verbessern  und 
sein  hauptsächl.  Augenmerk  darauf  zu  richten,  dafs  die  Schüler  durch  dieselben 
zum  Machdenken,  zum  Fieifs,  zur  Ordnung  und  zur  Reinlichkeit  gewöhnt  werden. 
Die  voQ  ihm  allen  oder  einzelnen  Schülern  seiner  Kl.  aufgegebenen  schriftl. 
Arbeiten,  Memorirübungen  und  Repetitionen  vermerkt  er  in  dem  Klassenbuch  mit 
Angabe  des  Termins  der  Arbeit. 

6.  Li  seinen  Lehrstunden  hat  er  besonders  auf  die  Erhaltung  einer  guten 
Zucht  und  Ordnung  zu  sehen,  dabei  mit  Ernst  und  Milde  zu  verfahren,  nötmgen- 
lalls  die  ihm  gesetzmäfsig  zu  Gebote  stehenden  Strafmittel  mit  pädagog.  Umsicht 
anzuwenden  und  alle  wichtigeren  Disciplinarfälle ,  sowie  alles,  was  fortgesetzte 
erziehende  Einwirkung  erforderlich  macht,  sogleich  dem  Dir.  und  dem  Ordinarius 
der  Kl.  anzuzeigen.  7.  Auch  aufser  den  Lehrstunden  hat  er  auf  das  Betragen 
und  den  Fieifs  der  Schüler  sein  Augenmerk  zu  richten  und  ihnen  bei  ihrer  Aus- 
bildunpf  mit  Rath  und  That  an  die  Hand  zu  gehen.  Privatunterr.  darf  er  Schülern 
nur  mit  Erlaubnis  des  Dir.  erteilen. 

5.  Sowie  es  sich  von  selbst  versteht,  dafs  er  Religion,  gute  Sitte,  Gesetz 
und  Ordnung  im  Staate  heilig  hält,  so  ist  es  auch  seine  besondere  Pflicht,  diese 
Gesinnungen  in  der  ihm  anvertrauten  Jugend  zu  nähren  und  denselben  in  der 
Ehrfurcht  gegen  die  Kirche,  der  er  angehört,  sowie  in  Friedfertigkeit  gegen  die 
Genossen  einer  anderen  Gonfession,  in  der  Liebe  zum  Vaterlande  und  in  der 
Treue  und  Ergebenheit  für  Se.  Maj.  den  König  ein  Beispiel  zu  geben.  9.  Sein 
Betragen  aufser  der  Schule  mufs  deijenigen  Würde  und  strengen  Sittlichkeit, 
welche  nicht  nur  der  Staat,  sondern  auch  die  Eltern  der  der  Anstalt  anvertrauten 
Jugend  von  einem  öffentl.  Lehrer  mit  Recht  verlangen,  durchaus  angemessen  sein. 
Von  leidenschaftl.  Parteibestrebungen  hat  er  sich  fem  zu  halten.  Zur  Ueber- 
nahme  irgend  eines  Nebenamts   bedarf  er  der  Genehmigung  des   K.  Prov,Sch.C 


J 


253 

10.  Wenn  er  in  Zukunft  willens  sein  sollte,  seine  gegenwärtige  Stellung  zu 
verändern  oder  aufzugeben,  so  wird  ihm  hierdurch  ausdrückl.  zur  Pflicht  gemacht, 
dieses  ein  halbes  Jahr  vorher,  und  zwar  entweder  zu  Michaelis  oder  zu  Ostern, 
keineswegs  aber  in  der  Mitte  eines  Schulsemesters,  bei  dem  E..  Proy.Sch.C.  an- 
zuzeigen und  seine  Entlassung  nachzusuchen. 

11.  AuCserdem  wird  er  zu  allen  Obliegenheiten,  welche  für  die  übrigen  E. 
Staatsdiener  als  solche  gesetzlich  bestehen,  ausdrückl.  verpflichtet  und  zugleich 
angewiesen,  sich  mit  denselben  genau  bekannt  zu  machen  und  sich  deren  gewissen- 
hafte Erfüllung  angelegen  sein  zu  lassen.''       Coblenz.    E.  Frov.SchulcoUegium. 

Provinz  Sohleswig-Holstein. 

Instr.  V.  19.  August  1885. 

A.  Ordinarien.  „i.  Der  Ordinarius  hat  die  Schüler  der  vom  Director 
(Rector)  unter  Zustimmung  des  E.  Frov.Sch.G.  seiner  Leitung  anvertrauten  Elasse 
behufs  Förderung  einer  einheitlichen  Ausbildung  und  Erziehung  in  seine  besondere 
Obhut  zu  nehmen.  2.  Demnach  ist  er  nicht  nur  dafür  verantwortlich,  dafs  in 
seiner  El.  in  allen  Beziehungen  nach  den  für  die  gesamte  Anstalt  geltenden  Be- 
stimmungen und  Anordnungen  verfahren  wird,  auch  die  für  die  Schüler  bestimmten 
Mitteilungen  des  Dir.  in  derselben  rechtzeitig  bekannt  gemacht  werden,  sondern 
er  hat  auch  die  Fflicht,  für  die  gedeihliche  Entwicklung  seiner  Zöglinge  in 
wissenschaftlicher  wie  ganz  besonders  in  sittlicher  Beziehung  in  selbständiger  Für- 
sorge zu  wirken  und  darauf  zu  achten,  dafs  behufs  einer  möglichst  allseitig  rich- 
tigen Beurteilung  und  gleichartigen  Behandlung  derselben  seitens  der  zu  ihrem 
Unterricht  und  mrer  Erziehung  neben  einander  Berufenen  die  erforderliche  Ein- 
heitlichkeit hergestellt  bezw.  gewahrt  werde.  3.  Zu  dem  Zwecke  wird  der 
Ordinarius  zunächst  sich  angelegen  sein  lassen,  einen  jeden  seiner  Zöglinge,  deren 
volles  Vertrauen  er  besitzen  soll,  rücksichtlich  seiner  durch  Anlagen  und  häusliche 
Verhältnisse  bedingten  Eigenart  durch  Beobachtung  auch  auCserhalb  der  Lehr- 
stunden, z.  B.  in  den  Fausen,  bei  den  Tumspielen  und  auf  gemeinschaftlichen 
Spaziergängen,  genau  kennen  zu  lernen  und  sich  stets  in  voller  Eenntnis  von  dem 
G^samtzustande  seiner  El.  zu  erhalten.  lieber  die  Fersonalien  der  einzelnen 
Schüler  hat  er  eine  genaue  Ordinariatsliste  zu  führen  und  mufs  über  dieselben 
Auskunft  zu  erteilen  jederzeit  im  stände  sein.  Bei  der  Uebermittelung  von  Ge- 
suchen der  Schüler  an  den  Dir.,  z.  B.  um  Urlaub  oder  um  die  Erlaubnis,  Frivat- 
unterricht  oder  sogenannte  Arbeitsstunden  geben  zu  dürfen,  hat  er  sich  in  jedem 
einzelnen  Falle  auf  Grund  seiner  genauen  Eenntnis  aller  Verhältnisse  über  die 
Zulässigkeit  der  Gewährung  gutachtlich  zu  äufsem.  4.  Die  für  eine  erfolg- 
reiche Einwirkung  auf  die  Zöglinge  von  Seiten  der  Schule  selbst  zu  gewährende 
Unterstützung  wird  der  Ordinarius  durch  collegialische  Rücksprache  mit  den 
übrigen  Lehrern  seiner  EL,  durch  Mitteilung  seiner  Beobachtungen  an  den  Dir., 
bezw.  durch  Vortrag  in  der  Gonferenz  zu  gewinnen  suchen.  Dabei  ist  er  ver- 
pflichtet und  berechtigt,  von  den  Gollegen  Auskunft  einzuholen  über  alles,  was 
rücksichtlich  der  Schüler  seiner  El.  von  ihnen  in  Erfahrung  gebracht  und  ange- 
ordnet worden  ist.  Er  hat  die  Fflicht,  die  Lehrstunden  der  ip  ihr  unterrichtenden 
Candidaten  zu  besuchen  und  die  letzteren  in  Handhabung  der  Schulzuoht  wie  der 
Lehrmethode  mit  seiner  Erfahrung  und  Autorität  zu  unterstützen.  Mit  besonderer 
Aufmerksamkeit  soll  er  auf  die  Anwendung  der  Zuchtmittel  innerhalb  seiner  El. 
und  auf  genaue  Befolgung  der  in  dieser  Beziehung  bestehenden  Vorschriften  (vergl. 
B.  S  5  a)  achten.  Bei  allen  seinen  Mafsnahmen  aber  wird  der  Ordinarius  sich 
alles  dessen  zu  enthalten  haben,  wodurch  er  den  Befugnissen  des  Dir.  zur  Ober- 
aufsicht und  -leitung  oder  dem  Ansehen  und  der  Strafgewalt  seiner  Gollegen  zu 
nahe  treten  könnte;  insbesondere  hat  er  etwaige  Elagen  oder  Beschwerden  über 
diese  an  den  Dir.  zu  verweisen,  dem  allein  das  Kecht  zusteht,  seitens  eines  Lehrers 
getroffene  Anordnungen  abzuändern. 

5.  Dem  Ordinarius  hauptsächlich  liegt  es  femer  ob,  die  nothwendige  Be- 
ziehung und  Uebereinstimmung  der  häuslichen  und  der  Sohulerziehung  zu  ver- 
mitteln bezw.  über  die  beiderseitig  zu  stellenden  Forderungen  und  gegenseitig  zu 
nehmenden  Rücksichten,  soweit  es  die  Umstände  gestatten,  zwischen  Schule  und 
Haus  eine  Verständigung  in  freundlicher  Weise  herbeizuführen.  Zu  dem  Zwecke 
hat  sich  der  Ordinarius  in  geeigneten  Fällen  mit  den  Eltern   bezw.  Fflegem  der 


254 

ffemeinsamen  Zöglinge  in  Einvemebinen  zu  setzen,  auch  den  aoBwärtigen  auf 
ihren  Wunsch  schriftliche  Auskunft  zu  erteilen;  insbesondere  aber  hat  er  sie  in 
Bezug  auf  Frivatunterr.  oder  Beaufsichtigung  der  Pflegebefohlenen  bei  den  häus- 
lichen Arbeiten  zu  berathen.  Diejenigen  Schüler,  welche  nicht  im  Eltemhause 
oder  in  solchen  Familien  wohnen,  welche  geeignet  scheinen,  das  Elternhaus  in  der 
Erziehung  zu  vertreten,  hat  er  von  Zeit  zu  Zeit  in  ihren  Wohnungen  zu  besuchen 
und  in  wohlwollender  Fürsorge  von  ihrer  Frivatbeschäftigung,  ihrem  häuslichen 
Leben  und  der  Beschaffenheit  der  Fensionen  Kenntnis  zu  nehmen.  Er  ist  be- 
rechtigt, im  Einverständnis  mit  dem  Dir.  nöthigenfalls  die  Arbeitszeit  solcher 
Schüler  zu  regeln  sowie  auch  ihre  Teilnahme  an  irgend  welchen  Vergnügungen  und 
ihre  E.eisen  aufserhalb  der  Ferienzeit  von  seiner  Genehmigung  abhängig  zu  machen. 
Wo  er  wahrnehmen  sollte,  dafs  Wohnung,  Umgang  oder  sonstige  häusliche  Ver- 
hältnisse für  das  Wohl  eines  auswärtigen  Schülers  Gefahren  mit  sich  bringen, 
welche  er  aus  eigener  Befugnis  nicht  zu  beseitigen  vermag,  hat  er  dem  Dir.  davon 
sofort  Mitteilung  zn  machen. 

6.    Hinsichtlich  der  äufseren  Verwaltung  der  K\,  gehört  zu  den  besonderen 
Dienstobliegenheiten  des  Ordinarius,    dafs  er        a.    auf  einen  ordnungsmäTsigen 
Zustand  des  Klassenzimmers  sowie  auf  Instandhaltung  der  Utensilien  und  des  in 
ihm  befindlichen  Eigentums  der  Anstalt  sorgsam  achtet  bezw.  die  Abstellung  von 
Uebelständen,  sobald  dabei  nicht  blofs  die  Schüler  seiner  Kl.  in  Betracht  kommen, 
bei  dem  Dir.  beantragt;        b.    die  Schüler  seiner  Kl.,  besonders  die  neu  einge- 
tretenen,  mit  den   für  dieselbe   bestehenden  Anordnungen  bekannt  macht,  ihnen 
hinsichtlich  der  Anschaffung  der  erforderlichen  Lehrmittel,  der  Einrichtung  der 
Hefte  und  sonstiger  Formalien  die  nöthige  Anweisung  giebt,  auch  im  Einverständnis 
mit   den    übrigen  Lehrern   diejenigen  Schüler  auswählt,   welche  mit  besonderem 
Dienste  für  die  Kl.  betraut  werden  sollen;        c.    zu  Anfang  eines  jeden  Semesters 
nach  Kücksprache  mit  den  übrigen  Lehrern  den  Arbeitsplan  für  seine  Kl.  entwirft, 
in  welchem  das  Mafa  der  für  jeden  Lehrgegenstand  zu  erfordernden  häusl.  Be- 
schäftigung und  die  Verteilung  der  regelm.  Arbeiten  festzusetzen  ist,   über  den- 
selben  in   der   ersten  Conferenz  berichtet   und    auf  seine   genaue  Durchführung 
achtet,  indem  er  sich  in  steter  Kenntnis  der  auf  die  Anfertigung  der  Schularbeiten 
verwendeten  Zeit  hält  und  etwaigen  Ueberschreitungen  der  normalen  Grenze  durch 
Verständigung  mit  den  Collegen  bezw.  durch  Mitteilung   an  den  Dir.  oder  durch 
Vortrag   in  der  nächsten  Conferenz  entgegenarbeitet;        d.    auf  ein  schickliches 
Betragen  der  Schüler  seiner  Kl.  vor  Beginn  der  Lehrstunden  und  in  den  Pausen 
wie  auf  dem  Schulwege  achtet,  auch  sich  von  ihrer  Teilnahme  an  dem  facultetiven 
Unterr.  und  ihrem  Verhalten   bei  demselben  Kenntnis  verschafft:        e.    die  Ein- 
tragungen  in  den  Klassenbüchern,   für  deren  ordnungsmäfsige  Führung  er  ver- 
antwortlich ist,   täglich   durchsieht,   sowie  die  schriftlichen  Entschuldigungen  der 
Versäumnisse  sich  vorlegen  läfst  und  prüft;        f.    auf  Ordnung  und  Beinlichkeit 
in  den  Büchern  und  Heften  sowie  in  dem  Aeufsem  der  Schüler  hält,  insbesondere 
aber  in  den  unteren   und  mittleren  Kl.  sämtliche  Hefte  derselben,    vorzugsweise 
diejenigen,  welche  in  der  Begel  nicht  zur  Gorrectur  eingeliefert  werden,  mindestens 
vor  jeder  Censur  rücksichtlich  ihres  äufseren  Zustandes   einer  Durchsicht  unter- 
zieht;       g.    bei  den  Gensuren  bezw.  Abgangszeugnissen  für  die  Beobachtung  des 
(durch  die  Verfügung  vom  13.  Februar  1881,   s.  Abt.  I  S.  354  fg.)  angeordneten 
Verfahrens,  insbesondere  auch  für  ihre  Vollständigkeit  und  rechtzeitige  Fertig- 
stellung Sorge  trägt;  und  endlich        h.    bei  allen  Schulfeierlichkeiten  und  -festen 
die  Leitung  und  Beaufsichtigung  seiner  Kl.  sich  angelegen  sein  läfst.*' 

B.  Lehrer.  „1.  Jeder  Lehrer  einer  höh.  Schule  ist  gehalten,  für  die 
Erreichung  des  Zweckes  derselben  —  wissenschaftlicher  Bildung  und  Erziehung 
der  Jugend  zu  aufrichtiger  Gottesfurcht,  edler  Sitte,  pflichttreuer  Arbeit  und 
thatkräftiger  Vaterlandsliebe  —  an  seinem  Teile  nach  bestem  Wissen  und  mit 
allen  seinen  Kräften  zu  wirken.  2.  Alle  Lehrer,  sowohl  die  festengestellten 
als  auch  die  Hülfslehrer  und  Frobanden,  haben  in  dem  Directer  (^Becter)  der  betr. 
Anstelt  ihren  nächsten  Vorgesetzten  zu  erkennen  und  dessen  amtl.  Weisungen 
und  Anordnungen  in  Gemäfsheit  der  all^.  Vorschriften  zu  befolgen.  Glaubt  ein 
Lehrer,  gegen  die  Bestimmung  seines  Dir.  Einspruch  erheben  zu  sollen,  so  hat  er 
das  Recht,  die  Entecheidung  der  vorgeordneten  Aufsichtsbehörde,  des  unter- 
zeichneten K.  Frov.Sch.G.,  nachzusuchen,  ist  aber  verpflichtet,  bis  zum  Eintreffen 


256 

dieser  Entscheidung^  den  Anordnonffen  des  Dir.  unbedingt  Folge  zu  leisten.  Ein- 
gaben an  die  Behörden  beew.  das  ratronat,  zu  denen  ein  Lehrer  in  seinen  amtl. 
Verhältnissen  Anlafs  findet,  hat  derselbe  seinem  Dir.  zur  Uebermittelung  einzu- 
händigen« 3.  Falls  die  Berufungsurkunde  des  einzelnen  nicht  andere  Bestim- 
mungen enthält,  sind  die  etatsmäfsigen  Oberlehrer  bis  22,  die  ordentlichen  Lehrer 
und  wissenschaftl.  Bülfslehrer  bis  24,  die  Elementar-  und  technischen  Lehrer  bis 
28  wöchentliche  Lehrstunden  zu  übernehmen  verpflichtet.  Jedoch  können 
die  Lehrer,  wenn  es  das  Bedürfnis  der  Schule  erfordert,  insbesondere  zur  Ver- 
tretung ihrer  durch  Erkrankung,  Einberufung  u.  s.  w.  verhinderten  Gollegen, 
vorübergdiend  auch  zu  mehr  Stunden  herangezogen  werden.  Kein  Lehrer  hat 
ein  Anrecht  auf  bestimmte  Unterrichtsstunden,  falls  er  nicht  für  dieselben  aus- 
drücklich angestellt  ist,  oder  auf  das  Ordinariat  einer  Klasse. 

4.  Zu  den  Dienstpflichten,  welche  den  Lehrern  vermöge  ihres  Amtes 
obliegen,  gehört  insbesondere,  dafs  ein  jeder  an  seiner  Stelle  a.  nicht  bloCs 
die  ihm  übertragenen  Lehrstunden  nach  Mafsgabe  des  Stundenplanes  mit  Pünkt- 
lichkeit und  gewissenhafter  Benutzung  der  Zeit  erteilt,  den  festgestellten  Lehrplan 
hinsichtlich  des  Lehrstoffs,  der  Lehraiittel  und  der  von  den  Schülern  zu  verlangen- 
den häusl.  Arbeiten  genau  durchführt,  dabei  auch  unter  steter  Rücksichtnahme 
auf  den  allgm.  Bildungszweck  der  Schule  und  die  übrigen  Lehrfächer  jede  Ueber- 
lastung  der  Schüler  umsichtig  meidet,  sondern  auch  durch  sorgfältige  Vorbereitung 
hinsichtlich  des  Lehrstoffs  und  der  Lehrmethode  den  Unterricht  immer  zweck- 
mäfsiger  zu  gestalten  sich  angelegen  sein  läfst,  sowie  durch  eigene  Weiterbildung 
seine  wissenschaftliche  Tüchtigkeit  und  pädagogische  Geschicklichkeit  bewahrt  und 
erweitert;  b.  bei  den  Schülern  auf  Ordnung  und  Sauberkeit,  gutes  Sprechen 
und  deutliche  Schrift,  sowie  auf  eine  den  Forderungen  der  Gesundheitspflege  ent- 
sprechende, anständige  Haltung  unablässig  achtet;  c.  die  ihm  zufallenden 
Gorrecturen,  die  Eintragungen  in  die  Klassenbücher,  die  Ausfertigung  der  Censuren 
und  Zeugnisse  und,  was  inm  sonst  nach  der  Ordnung  des  Schullebens  obliegt, 
rechtzeitig  und  in  vorgeschriebener  Weise  besorgt;  d.  jede  ihm  übertragene 
Beaufsichtigung  von  Schülern,  insbesondere  die  Inspectionen  vor  Beginn  des  Unterr. 
und  während  der  Pausen,  rechtzeitig  übernimmt  und  wirksam  führt,  auch  wenigstens 
in  den  unteren  und  mittleren  Kl.  beim  Schlufs  derjenigen  Lehrstunden,  nach 
welchen  die  Schüler  das  Klassenzimmer  verlassen,  bis  dies  geschehen  ist,  in  dem- 
selben verweilt,  überhaupt  auf  die  Durchführung  der  Schulordnung,  auch  hinsichtl. 
des  Betragens  der  Schüler  auCserhalb  der  Schule,  mit  Entschiedenheit  hält; 
e.  von  allen  wichtigeren  Vorkommnissen  des  Schullebens,  insbesondere  von  der 
irgendwie  nothwendig  gewordenen  Entlassung  eines  Schülers  aus  dem  Unterrichte, 
von  Disciplinarfällen  und  anstöfsigem  oder  Bedenken  erregendem  Verhalten  der 
Schüler  in  und  aufserhalb  der  Schule  den  betr.  Klassenordinarien  und  geeigneten 
Falles  dem  Dir.  auch  unaufgefordert  baldigst  Mitteilung  macht;  auch,  falls  ihm 
etwa  bekannt  wird,  dafs  in  der  Familie  oder  Pension  eines  Schülers  eine  ansteckende 
Krankheit  ausgebrochen  ist,  dem  Dir.  den  Fall  sofort  anzeigt;  f.  an  den  ver- 
schiedenen Prüfungen  ordnungsmäCsig  teilnimmt,  auch  den  Schulfesten  und  -feier- 
lichkeiten,  insbesondere  den  Schulandachten,  welche  unmittelbar  vor  oder  nach 
seinen  Lehrstunden  stattfinden,  regelmäCsig  beiwohnt,  bezw.  bei  denselben  nach 
Mafsgabe  der  festgestellten  Ordnung  mitwirkt;  g.  die  seiner  Obhut  anvertrauten 
Bibliotheken  und  Sammlungen  der  Anstalt,  vorschriftsmäfsig  und  sorgsam  verwaltet ; 
h.  wenn  er  damit  beauftragt  wird,  das  Conferenzprotokoll  ordnungsmäfsig  führt, 
die  von  ihm  übernommene  wissenschaftliche  Arbeit  für  das  Programm  rechtzeitig 
liefert,  auch  erforderlichen  Falles  die  Ausarbeitung  von  Gutachten  und  Referaten 
sowie  von  Fachlehrplänen  übernimmt  bezw.  an  derselben  sich  beteiligt;  endlich 
i.  überall  collegialische  Gesinnung  bewährt  und  in  wie  aufser  dem  Amt  in  Wort 
und  Haltung  das  Ansehen  des  GoTlegiums  und  die  Würde  des  Lehrstandes  wahrt. 

5.  Hinsichtlich  der  Handhabung  der  Disciplin  ist  es  die  erste  Pflicht  des 
Lehrers,  bei  den  Schülern  dahin  zu  wirken,  dafs  jeder  Verkehrtheit  oder  Aus- 
schreitung vorgebeugt  werde  bezw.  das  ermahnende  Wort  genüge,  die  irrenden 
auf  den  rechten  Weg  zu  führen.  Das  Hauptmittel  zur  Erweckung  eines  guten 
Sinnes  und  zur  Aufrechthaltung  der  Zucht  und  Ordnung  bei  den  Schülern  ist 
ein  straffer,  die  Aufmerksamkeit  derselben  fesselnder,  die  Geister  beschäftigender 
Unterricht  und  die  vorbildliche  Haltung  des  Lehrers.  a.  Werden  Strafen 
nothwendig,  so  sind  dieselben  unter  genauer  Befolgung  der  betr.  Vorschriften 


266 

(Verfügungen  vom  3.  Mai  1872  und  vom  12.  Januar  1875,  8.  Abt.  T  S.  363  fg. 
u.  365),  welche  jedem  Lehrer  vor  Antritt  seines  Amtes  von  dem  Dir.  mitgeteilt 
werden  und  die  er  zum  Zeichen  der  Kenntnisnahme  zu  unterschreiben  hat,  mit 
Ernst  und  Festigkeit  unter  Meidung  aller  unziemlichen  Scheltworte  oder  erbitternder 
Bemerkunßfen  zu  verhängen.  b.  Wo  es  für  die  richtige  Behandlung  eines 
Schülers  förderlich  erscheint,  hat  jeder  Lehrer  das  Recht,  mit  dessen  AnsrebÖngen 
in  Verbindung  zu  treten,  um  nöthi<renfalls  diesen  gegenüber  seine  pflichtmätsig'e 
Bereitwilligkeit  za  gemeinsamen  Mafsnahmen  zu  constatiren.  Im  Ealle  eines 
Gegensatzes  zwischen  Sc^iule  und  Haus  hat  er  es  als  seine  Aufgabe  anzusehen, 
selbst  oder  durch   Vermittelung  des  Klassenordinarius  bezw.  des  Dir.  eine  Aus- 

§leichun^  herbeizuführen,  namentlich   aber  die  elterliche  Autorität  in  den  Augen 
er  Schüler  in  keiner  Weise  zu  verletzen.    Den  Abgang  eines  Schülers  von  der 
Anstalt  auf  eigene  Hand  officiell  anzurathen,  ist  kein  Lehrer  befiigt. 

6.  a.  Zur  Teilnahme  an  den  allgm.  Conferenzen  sind  alle  Lehrer  der 
Anstalt  verpflichtet,  auch  die  technischen  und  die  Lehrer  der  Vorschule,  falls  in 
Bezug  auf  diese  der  Dir.  nicht  ausdrücklich  andere  Anordnungen  trifft;  zur  Teil- 
nahme an  den  Klassen-  bezw.  Eachconferenzen  alle  in  der  betr.  Klasse  bezw.  dem 
betr.  Fache  unterrichtenden  Lehrer.  Andererseits  haben  alle  wissenschaftl.  Lehrer 
das  Recht,  jeder  Klassen-  nnd  Fachconferenz  beizuwohnen.  b.  Stimm- 
berechtigt sind  in  den  allgm.  Conferenzen  (mit  Ausschlufs  der  Oensur-  und 
Versetzungsconferenzen,  falls  diese  in  Gegenwart  des  gesamten  CoUegiums  statt- 
finden) alle  festangestellten  Lehrer  der  Hauptanstalt  und  diejenigen  wissensch. 
Hülfslehrer,  welche  an  derselben  nach  Ableistung  des  Probejahrs  mit  der  Stunden- 
zahl eines  ordentlichen  Lehrers  beschäftigt  sind ;  in  den  Klassenconferenzen  sowie 
in  den  Censur-  und  Versetzungsconferenzen  alle  Lehrer,  welche  in  den  betr.  Kl. 
selbständig  wissenschaftl.  Unten*,  erteilen ;  in  den  Fachconferenzen  sämtliche  Lehrer 
des  betr.  Faches.  c.  Jeder  Lehrer  ist  berechtigt,  etwaige  Anträge  auf  Be- 
rathung  eines  bestinmiten  Gegenstandes  in  der  Oonferenz  bezw.  auf  Berufung  einer 
Gonfer6nz  behufs  solcher  Berathung  bei  dem  Dir.  einzubringen,  dem  die  Ent- 
scheidung ebensowohl  über  die  Zulässigkeit  als  auch  über  die  Art  der  Berathung 
zusteht.  d.  Jeder  Lehrer  hat  bezügl.  der  Verhandlungen  der  Gonferenz  die 
Bestimmungen  über  Amtsverschwiegenheit  zu  beobachten. 

7.  a.  Zur  Uebemahme  eines  mit  Gehalt  oder  fortlaufender  Remuneration 
verbundenen  Nebenamtes  oder  einer  solchen  Nebenbeschäftigung,  einer  Vor- 
mundschaft sowie  von  Functionen  bei  der  städtischen  Gemeindeverwaltung  bedürfen 
die  fest  angestellten  Lehrer  der  Genehmigung  des  K.  Frov.Sch.G.,  bezw.  durch 
dessen  Vermittelung^  des  K.  Ministeriums.  Zur  Uebemahme  von  Unterricht  an 
Privatanstalten  sowie  zur  Erteilung  von  Privatunterricht  an  Schüler  der  eigenen 
Klasse  ist  die  Genehmigung  des  Dir.  erforderlich.  b.  Erhalten  Lehrer  eine 
gerichtliche  Vorladung  als  Sachverständige,  als  aufserhalb  des  Wohnorts 
zu  vernehmende  Zeugen  oder  als  Zeugen  über  Umstönde,  auf  welche  sich  ihre 
Pflicht  zur  Amtsverschwiegenheit  bezieht,  so  haben  sie  ihrem  Dir.  behufs  etwaiger 
Wahrung  des  Einspruchsrechtes  davon  sofort  Anzeige  zu  machen.  * 

8.  a.  In  Krankheits-  oder  anderen  gesetzlich  gerechtfertigten  Behinderungs- 
fällen ist  unter  Angabe  des  Ghnindes  die  Vertretung  bei  dem  Dir.,  wenn  irgend 
möglich,  so  zeitig  nachzusuchen,  daCs  dieselbe  noch  in  geregelter  Weise  bewerk- 
stelligt werden  kann.  b.  Zu  Reisen  in  den  Ferien  bedürfen  die  Lehrer 
keines  Urlaubes,  jedoch  haben  dieselben  vor  Antritt  der  Reise  ihrem  Dir.  anzu- 
zeigen, wohin  etwanige  für  sie  bestimmte  Mitteilungen  zu  richten  sind  und,  falls  sie 
mit  der  Verwaltung  von  Bibliotheken  oder  Sammlungen  der  Anstalt  betraut  sind, 
mit  dem  Dir.  bezüglich  ihrer  Vertretung  das  Nöthige  zu  verabreden.  c.  Aufser- 
halb der  Ferien  darf  sich  ein  Lehrer  ohne  vorschriftsmäfsigen  Urlaub  nicht  voti 
seinem  Amte  entfernt  halten.  Zu  jeder  auch  nur  zeitweUigen  Verlegung  des 
Wohnsitzes  aufserhalb  des  Schulortes  ist  die  Genehmigung  des  Dir.  erforderlich. 
Urlaub  bis  zu  acht  Tagen  haben  die  Lehrer  von  dem  Dir.  zu  erbitten,  dabei 
aber  in  der  Regel  für  eine  angemessene  Vertretung,  welche  der  vorgängigen 
Genehmigung  des  Dir.  bedarf,  selbst  Sorge  zu  tragen.  Längerer  Urlaub  ist  bei 
dem  K.  Prov.Sch.O.  nachzusuchen,  und  zwar  bei  nicht  königl.  Anstalten,  nachdem 
das  Patronat  zur  Sache  gehört  worden  ist. 

9.  Beabsichtigt  ein  Lehrer  aus  seinem  Amte  auszuscheiden,  was  regelmäfsig 
nur   beim  Schlüsse   eines  Semesters   geschehen   kann,   so   hat   derselbe,   falls   er 


257 

festangestellt  war,  anter  Einhaltung  der  in  der  Berufungsorkunde  für  ihn  fest- 
gesetzten Frist,  falls  er  nicht  festangestellt  war,  mindestens  drei  Monate  zuvor 
sein  Entlassungsgesuch  bezw.  seine  Kündigung  an  das  K.  Frov.Sch.G. 
bezw.  das  Patronat  gelangen  zu  lassen.  Die  zu  Ostern  oder  Michaelis  aus- 

scheidenden Lehrer  sind  verpflichtet,  ihren  Dienst  bis  zum  Schlufs  des  Semesters, 
falls  derselbe  nach  dem  1.  April  oder  1.  Oct.  erfolgen  sollte,  ohne  Anspruch  auf 
B,emuneration  für  diese  Zeit  ordnungsmäfsig  zu  thun. 

Bei  denjenigen  .Anstalten,  deren  eigentümliche  Verhältnisse  es  bedingen, 
dafs  den  Lehrern  oder  Ordinarien  noch  eine  besondere  Instruction  erteilt  wird, 
gelten  die  Bestimmungen  der  allgm.  Dienstinstruction  nur  insoweit,  als  dieselben 
durch  jene  besondere  nicht  abgeändert  werden.*'        K.  Proy.Sch.G.  gez.  Steinmann. 

Provinz  Hannover. 

In  Str.  V.  4.  Mai   1873. 

A.    Ordinarien.  „1.    Da  zur  Führung  der  Klassenordinariate  nach  der 

Min.yerordn.  v.  24.  Oct.  1837  soweit  als  möglich  „tüchtige  Lehrer  von  allgm. 
wissenschaftl.  Bildung,  von  treuer  Liebe  und  Hingebung  für  ihren  Beruf  und  von 
gereifter  Erfahrung  ernannt  werden  sollen,  welche  die  ihnen  anvertrauten  Lehr- 
fächer wahrhaft  durchdrungen  haben  und  beherrschen,  in  klarer  und  stets  wacher 
Einsicht  von  dem  Zasammenhange  derselben  mit  den  übrigen  Lehrobjecten  und 
mit  dem  gemeinsamen  Zweck  des  Gymnasialunterr.  in  allen  Fächern  das  zur  allgm. 
Entwickelung  und  zur  intensiven  Bildung  ihrer  Schüler  dienende  Material  aus- 
zuwählen, das  Wesentliche  vom  Unwesentlichen  zu  sondern  wissen  und  endlich 
durch  die  Reinheit  und  Würde  ihres  Charakters  wie  durch  den  milden  Ernst  ihrer 
ganzen  Haltung  eine  unauslöschliche  Ehrfurcht  vor  der  sittlichen  Macht,  welche 
das  Leben  der  Menschen  regiert,  in  der  ihrer  väterlichen  Obhut  und  Pflege  über- 
gebenen  Klasse  zu  erwerben  vermögen,**  so  ist  hiermit  die  allgm.  Aufgabe  und 
Stellung  der  Klassenordinarien  klar  bezeichnet.         2.    Der  Rang  im  Collegium 

Siebt  keinen  Anspruch  auf  ein  bestimmtes  Ordinariat;  vielmehr  hat  der  Dir.  die 
rdinariate  bei  Einreichung  des  jährl.  Lehrplans  auf  die  einzelnen  Lehrer  je  nach 
ihrer  Befähigung  zu  diesem  wichtigen  Amte  vorbehaltlich  unserer  Genehmigung 
zu  verteilen.  3.  Demnach  wird  zum  Ordinarius  der  Kl.  einer  aus  denjenigen 
Lehrern  derselben,  welche  durch  die  Natur  und  Zahl  der  Lehrstunden  sowohl  als 
besonders  durch  ihre  pädagog.  Tüchtigkeit  Einfiufs  auf  die  Schüler  haben  und 
deren  Liebe  und  Achtung  zu  erwerben  geeignet  sind,  auf  den  Vorschlag  des  Dir. 
von  dem  unterzeichn.  Prov.Sch.C.  in  der  Regel  auf  die  Dauer  eines  Jahres  emannlj, 
4.  Unter  der  Oberleitung  des  Dir.  ist  ihm  vornehmlich  die  Leitung  seiner 
Kl.  der  Art  übergeben,  dafs  die  wissenschaftl.  wie  die  religiös-sittl.  Erziehung 
seiner  Schüler  in  ihm  ihren  Mittelpunkt  findet.  5.  Daher  hat  der  Ordinarius 
das  wissenschaftl.  Fortschreiten  seiner  Schüler  wie  ihre  sittl.  Entwickelung  allseitig 
zu  überwachen  und  sich  zu  dem  Zweck  mit  den  übrigen  Lehrern  sowie  mit  den 
Eltern  der  Schüler,  resp.  den  zur  Aufticht  derselben  bestellten  Personen  in 
lebendigen  Verkehr  zu  setzen.  6.  In  ersterer  Beziehung  soll  er  seinen  Schülern 
mit  den  nöthigen  Anweisungen  und  Anleitungen  zur  Hand  gehen,  das  MaCs  der 
häusl.  Arbeiten  beachten,  Ueberbürdungen  der  Schüler  durch  collegialische  Rück- 
sprache, erforderl.  Falls  durch  Vortrag  in  der  Gonferenz  abstellen,  durch  Be- 
sprechung mit  seinen  Gollegen,  durch  die  Gontrolle  des  Klassenbuchs  und  die 
period.  Durchsicht  sämtlicher  schriftl.  Arbeiten  der  Kl.  sich  einen  Ueberblick  über 
den  wissenschaftl.  Standpunkt  jedes  Schülers  verschaffen.  Dem  entsprechend  hat 
er  auf  Anordnung  des  Dir.  in  der  Lehrerconferenz  Vortrag  über  den  Zustand 
seiner  Kl.  zu  halten,  sowie  ihm  bei  der  Abfassung  und  Aushändigung  der  Gensuren 
und  der  Entwerfung  der  Abgangszeugnisse  ein  hervorragender  Anteil  gebührt. 
7.  Von  allen  disciplinar.  Voi'gängen  in  der  Kl.  soll  der  Ordinarius  Kenntnis 
erhalten  und  hat  daher  zu  beanspruchen,  dafs  die  übrigen  Lehrer  der  Kl.  von 
ihren  betr.  Wahrnehmungen  ihm  Mitteilung  machen  und  ihm  namentlich  von  den 
verhängten  oder  noch  zu  verhängenden  Strafen  entweder  durch  Rücksprache  oder 
durch  Bemerkungen  im  Klassenbuch  rechtzeitige  Kenntnis  geben,  wie  er  auch  die 
Schulversäumnisse  und  die  Verspätungen  der  Schüler  zu  controUiren  hat. 

Wiese,  Verordniugeii.    n.  17 


258 

8.  Die  Sorge  für  das  Aeufsere  der  Kl ,  die  Schonung  der  Utensilient  die 
saubere  Haltung  der  Hefte  und  Schulbücher  sowie  die  Ruhe  in  den  Pausen  wird 
vorzugsweise  ihm  obliegen.  9.  Die  Schüler  seiner  Klasse  soll  er  gewöhnen, 
sich  in  allen  mit  der  Schule  in  Verbindung  stehenden  Anglgh.  vertrauensvoll  an 
ihn  um  Kath  und  Beistand  zu  wenden.  Er  wird  zu  diesem  Zweck  auch  den 
Verkehr  zwischen  Schule  und  Haus  zu  vermitteln,  die  besonderen  Neigungen  und 
Nebenbeschäftigungen  der  Schüler  zu  beachten  und  zu  regeln  haben,  auch  die 
Pflege  des  kirchlich-religiösen  Sinnes  durch  Mahnung  und  Beispiel  sich  angelegen 
sein  lassen.  10.  Wenngleich  die  Autorität  und  die  Strafgewalt  der  übrigen 
Lehrer  durch  den  Ordinarius  nicht  beschränkt  werden  darf,  so  hat  derselbe  doch 
zu  beanspruchen,  dafs  die  strengeren  Strafen  und  namentlich  die  des  Nachbleibens 
nicht  ohne  sein  "Wissen  verhängt  werden,  resp.  ihre  Ausführung  ihm  überlassen 
bleibe.  Beschwerden  der  Schüler  über  die  Lehrer  hat  er  an  den  Dir.  zu  verweisen. 
11.  Zu  den  besonderen  Pflichten  des  Ordinarius  gehört  die  Anweisung  und  An- 
leitung der  in  seiner  Kl.  etwa  beschäftigten  Probecandd.,  welche  er  auch  in  ihren 
Lehrstunden  zu  besuchen  verpflichtet  ist/' 

B.  Lehrer«  ,,Nachf olgende  Instruction  ist  für  alle  Lehrer  giltig,  welche 
an  höh.  Schulen  oder  deren  Vorschulen  angestellt  sind  oder  beschäftigt  werden, 
die  zum  Ressort  des  unterzeichn.  Prov.Sch.O.  gehören: 

1.  Zur  festen  Anstellung  eines  Lehrers  an  einer  höh.  Schule  (Gymn.,  Real- 
schule, vollberechtigten  Progymn.,  höh.  Bürgerschule)  ist  aufser  dem  Nachweise 
der  abgeleisteten  Militärpflicht  die  Ableistung  der  vorschriftsm.  Prüfungen  und 
die  Vollendung  des  Probejahrs  erforderlich.  2.  Von  sämtl.  Lehrern  wird  ge- 
fordert, dafs  sie  nicht  blofs  die  Pflichten  erfüllen,  welche  ihr  Amt  ihnen  auferlegt, 
sondern  sich  auch  durch  ihr  Verhalten  in  und  aufser  dem  Amte  der  Achtung,  des 
Ansehens  oder  des  Vertrauens,  die  ihr  Beruf  erfordert,  würdig  zeigen,  fcf.  §  2 
des  Disciplinargesetzes  v.  21.  Juli  1852.) 

3.  Die  Lehrer  an  den  höh.  Schulen,  seien  sie  fest  angestellt,  provisorisch 
beschäftigt  oder  Probecandidaten,  haben  in  dem  Dir.  (Rector)  ihren  Dienstvor- 
gesetzten zu  erkennen  und  dessen  amtl.  Anordnungen  in  Gemäfsheit  der  allg^n. 
Vorschriften  genau  zu  befolgen.  Insbesondere  sind  die  in  der  Instr.  für  die  Dir. 
und  die  Klassenordinarien  enthaltenen  allgm.  Bestimmungen  auch  für  sie  verbindlich. 
4.  Als  Mitglieder  eines  Collegiums  haben  die  Lehrer  die  Pflicht,  nicht  nur  an 
ihrem  Teile  den  festgestellten  Lehrplan  genau  durchzuführen,  ihre  eigenen  Lehr- 
stunden pünktlich  und  gewissenhaft  zu  erteilen,  die  ihnen  obliegenden  Correcturen 
regelm.  zu  besorgen,  die  Aufsicht  über  die  Schüler,  soweit  dies  als  nöthig  befunden 
wird,  achtsam  zu  führen,  Vertretungen  erkrankter  oder  beurlaubter  Collegen  willig 
zu  übernehmen,  an  Schulprüfungen  und  Schulfeiern  sich  ordnungsm.  zu  beteiligen, 
sondern  auch  stets  den  allgm.  ßildungszweck  der  Anstalt  im  Auge  zu  behalten, 
nicht  durch  Hervordrängung  der  eigenen  Fächer  die  Schüler  übermäfsig  zu  be- 
lasten, von  allen  wichtigen  Vorkommnissen  des  Schullebens  ihren  Amtsgenossen 
oder  dem  Dir.  rechtzeitige  Mitteilung  zu  machen,  endlich  überall  collegialische 
Gesinnung  zu  zeigen  und  in  Wort  und  That  das  Ansehen  ihres  Collegiums  und  die 
Würde  des  Lehrerstandes  zu  wahren. 

5.  Hinsichtlich  ihrer  Stellung  zu  den  Schülern  werden  die  Vorschriften  in 
der  Instr.  für  die  Klassen  Ordinarien  mit  den  in  der  Sache  liegenden  Beschränkungen 
auch  für  sie  mafsgebend  sein,  6  Kein  Lehrer  hat  ein  Recht  auf  bestimmte 
Unterrichtsstunden,  falls  er  nicht  für  dieselben  ausdrücklich  angestellt  ist.  7.  Ohne 
(Tcnehmigung  des  Dir.  darf  er  keine  Lehrstunden  aussetzen  oder  sich  vertreten 
lassen;  in  Krankheitsfällen  bat  er  dem  Dir.  rechtzeitig,  womöglich  schriftl.,  Anzeige 
zu  machen  und  seine  Vertretung  nachzusuchen.  8.  Zu  Reisen  in  den  Ferien 
bedarf  der  Lehrer  keines  Urlaubs ;  jedoch  hat  er  dem  Dir.  vor  Antritt  der  Reise 
eine  Mitteilung  zu  machen  und,  falls  er  Vorsteher  der  Schulbibliothek  oder  anderer 
Sammlungen  zu  Unterrichtszwecken  ist,  mit  dem  Dir.  das  Nöthige  zu  seiner  Ver- 
tretung zu  verabreden.  Aufserhalb  der  Ferien  darf  der  Lehrer  sich  nicht  ohne  den 
vorschriftsm.  Urlaub  von  seinem  Amte  entfernt  halten.  Urlaub  bis  zu  8  Tagen  hat  er 
von  seinem  Dir.  zu  erbitten;  längerer  Urlaub  ist  bei  uns  durch  den  Dir.  nachzusuchen, 
und  bei  Anstalten  nicht  staatl.  Patronats  die  Zustimmung  des  letzteren  einzuholen. 

9.  Nebenämter  und  dauernde  Nebenbeschäftigungen  darf  der  Lehrer  nur 
mit  unserer  Genehmigung  übernehmen;  zur  Erteilung  von  Privatunterr.  an  Schüler 


269 

der  betr.  Anstalt  ist  die  Genehmigung  des  Dir.  erforderlich.  10.  Alle  Eingaben 
an  die  vorgesetzten  Behörden  sind  dem  Dir.  zur  Vermittelung  zu  übergeben. 
11.  Wünscht  ein  festangestellter  Lehrer  sich  zu  verheiraten,  so  hat-er  den  Heirate- 
oonsens  bei  dem  Präsidium  unseres  GoUegiums  unter  Bezeichnung  der  Summe, 
mit  welcher  er  der  K.  Allgm.  Witwenverpflegungs- Anstalt  beitreten  will,  vor- 
schriftsm.  nachzusuchen.  12.  Falls  ein  besoldeter  oder  remunerirter  Lehrer 
seine  Stellung  aufgeben  will,  was  regelm.  nur  zu  Ostern  oder  Michaelis  stattfinden 
kann,  so  hat  er  sein  Entlassungsgesuch  dem  K.  Frov.Sch.C.  mindestens  8  Monate 
vor  dem  SchluTs  des  Halbjahrs  und  aufserdem  bei  Anstalten  nicht  staatl.  Patronats 
dem  Patronat  seine  Kündigung  unter  Linehaltung  der  etwa  vocationsmäfsig  für 
ihn  festgestellten  Kündigungsfrist  durch  den  Dir.  einzureichen. '' 


Katholische  Beligionslehrer. 

C.Verf.  v.  18.  März  1871:  ,^uf  die  Berichte  v.  —  erkläre  ich  mich 
aü8  Anlafs  der  Verfügung,  welche  der  H.  Erzbischof  unter  dem  10.  Dec.  v.  J. 
an  die  kath.  Beligionslehrer  bei  den  Gymn.  erlassen  hat,  mit  der  Absicht  des 
K.  ProY.Sch.C.  einverstanden,  die  kathol.  Beligionslehrer  durch  die  Dir.  der  höh. 
ünterr.- Anstalten  dahin  mit  Anweisung  zu  versehen,  dafs  sie  Erlasse  oder 
Bekanntmachungen  ihrer  kirchl.  Oberbehörde  in  den  Schulklassen  nur  nach 
Yorgängiger  Genehmigung  des  Vorstehers  der  Anstalt  mitteilen  dürfen.  —  Ich 
veranlasse  das  K.  Prov.Sch.C,  demgemäfs  das  Weitere  zu  verfügen.^ 

C.Verf.  V.  9.  März  1875:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erkläre  ich  mich 
damit  einverstanden,  dafs  die  Verf.  v.  18.  März  1871,  nach  welcher  Erlasse 
oder  Bekanntmachungen  der  kath.  kirchl.  Oberbehörden  den  Schülern  der  höh. 
Unterr.-Anstalten  ohne  Vorgang.  Genehmigung  des  Anstaltsvorstehers  in  den 
Schulklassen  nicht  mitgeteilt  werden  dürfen,  auf  die  Mitteilung  solcher  Erlasse 
auch  in  den  mit  XJnterr.-Anstalfen  —  Gymn.,  Schullehrer-Seminarien  —  ver- 
bundenen Kirchen  ausgedehnt  werde.  Das  K.  Prov.Sch.C.  wolle  die  betr. 
Eoligionsl.  mit  entsprechender  Anweisung  versehen.  Uebertretungen  sind 
disciplinarisch  zu  ahnden.  Sollte  der  Inhalt  der  fragl.  Erlasse  den  ungehorsam 
gegen  die  Staatsgesetze  verteidigen,  so  wird  selbstredend  sofort  mit  den  schärfsten 
Disciplinar-Mafsregeln  vorzugehen  sein.  Zuwiderhandelnde  sind  in  solchen 
Fällen  sofort  zu  entlassen,  resp.  soweit  definitive  Anstellung  vorliegt,  vom  Amt 
zu  suspendiren  und  in  Disciplinaruntersuchung  auf  Amtsentsetzung  zu  nehmen."  — 
Vgl.  p.  95. 


Verfahren  beim  Unterricht. 

Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache,  dafs  in  Betreff  des  methodischen  Ver- 
fahrens allgemein  bindende  Vorschriften  für  die  Lehrer  höherer  ünterrichts- 
Anstalten  nicht  erlassen  sind.  Was  in  dieser  Hinsicht  teils  allgemein,  teils 
bei  einzelnen  Gegenständen  zu  beachten  empfohlen  wird,  enthalten  die  obigen 
Lehrerinstructionen  und  die  in  Abt.  1  mitgeteilten  Bemerkungen  über  die  Aus- 
führung des  allgm.  Lehrplans  p.  62,  69,  106,  113  ff.,  sowie  die  Verfügungen 
über  einzelne  ünterrichtsgegenstände  p.  161  ff. 

Erwähnenswerth  ist  auch  folgende  Verfügung  gegen  Einmischung  von 
Politik  beim  Unterricht: 

C.Verf.  V.  2.  Mai  1831:  „Es  ist  zur  Kenntnis  des  Ministeriums  ge- 
kommen, dafs  einzelne  Lehrer  beim  Unterricht  der  Jugend,  statt  die  durch  die 
Lehrgegenstände  der  verschiedenen  Schulen  selbst  hinreichend  bezeichnete  Grenze 
zu  beachten,  als  Beispiele,  Vorschriften,  Dictate  u.  dgL  Tagesbegebenheiten 
oder   Gegenstände   der    Politik    gewählt    haben.     Das   Unangemessene   dieses 

17* 


260 

Verfahrens  bedarf  keiner  Erläntening.  Wenn  aber  auch  angenommen  werden 
kann,  dafs  geübtere  Lehrer  solche  Mifsgriffe  von  selbst  vermeiden  werden,  so  * 
ist  doch  bei  'Anfängern  nnd  minder  fähigen  Snbjecten  dies  nicht  überall  zn 
erwarten.  Das  Minist,  hält  deshalb  für  angemessen,  die  Aufseher  der  Schnl- 
anstalten  darauf  besonders  aufmerksam  zu  machen,  dafs  ihnen  obliegt,  hierüber 
zu  wachen  und  vorkommende  Mifsbräuche  zu  rügen  und  abzustellen,  und  trägt 
den  K.  Prov.  SchulcoU.  und  Begierungen  auf,  die  erforderl.  Verfügung  zu  diesem 
Zweck  zu  erlassen." 

In  Betreff  der  freien  Vereinigungen  zu  wissenschaftl.  Zwecken, 
worauf  in  einigen  Instructionen  hingewiesen  wird  (vgl.  p.  154,  163),  hat  das 
Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  unter  dem  9.  Dec.  1842  folgende  C.Verf.  erlassen, 
welche  vom  Min.  den  anderen  Prov.  SchulcoU.  mitgeteilt  ist: 

„An  einigen  Lehranstalten  unseres  Verwaltungsbezirks  haben  sich  die 
meisten  Lehrer  zu  regelmäfsigen  Zusammenkünften  für  bestimmte  gemeinsame 
streng  Wissenschaft.  Beschäftigung  z.  B.  mit  gemeinsamem  Lesen  eines  Classikers 
oder  mit  sonst  irgend  welchen  dem  geistigen  Kreise  wissenschaftl.  gebildeter 
Männer  angehörenden  Gegenständen  geeinigt  Für  eine  wahrhafte  geistige 
Gemeinschi^  unter  den  Gliedern  eines  LehrercoU.,  wovon  die  Erreichung  des 
gemeinsamen  Zwecks  so  wesentlich  bedingt  ist,  haben  solche  Vereinigungen  die 
vorteilhaftesten  Wirkungen  gehabt,  wie  es  nicht  anders  sein  konnte.  Wir 
wünschen  sehr,  dafs  auch  bei  den  übrigen  LehrercoU.  eine  solche  mögUchst 
umfassende  freie  Vereinigung  zu  Stande  kommen  möge,  wofern  sie  nicht  schon 
besteht,  und  empfehlen  diese  Angelegenheit  den  Dir.  und  dem  Eifer  der  sämtl. 
Lehrer.  Aus  den  Jahresberichten  wünschen  wir  künftig  zu  ersehen,  ob  solche 
Vereinigungen  bei  den  einzelnen  Anstalten  bestehen  oder  nicht" 

Zahl  der  wöohentlichen  UHterrlohtsstunden. 

Dieselbe  darf,  unter  Berücksichtigung  der  besonderen  Verhältnisse  jeder 
Anstalt,  bei  den  Directoren  bis  zu  16,  bei  den  etatsmäfsigen  Oberlehrern 
bis  zu  22,  bei  den  ordentl.  Lehrern  bis  zu  24,  bei  den  techn.  und  den 
Elementarlehrern  bis  zu  28  gehen,  und  eine  dem  entsprechende  Bestimmung 
in  die  Vocationen  aufgenommen  werden.  In  der  Begel  werden  die  Directoren 
und  Lehrer  bis  zu  dem  in  diesen  Zahlen  liegenden  Maximum  nicht  in  Anspruch 
genommen.    S.  Abt  I  p.  33.  fg. 

An  den  unter  städtischem  Patronat  stehenden  Gymnasien,  Bealgymnasien, 
Ober-Bealschulen  und  höheren  Bürgerschulen  der  Stadt  Berlin  ist  durch 
Magistratsverfügnng  v.  1.  Juli  1887  die  Zahl  der  Pflichtstunden  für  die  pro 
fac.  doc.  geprüften  ordentlichen  Lehrer  von  22  auf  24  erhöht  worden  mit  der 
Verpflichtung,  Vertretungen  auch  über  diese  Zahl,  von  24  wöchentlichen  Lehr- 
stunden hinaus  nach  Mafsgabe  des  §  4  der  Instruction  für  die  Lehrer  der  höh. 
Lehranstalten  der  Provinz  Brandenburg  v.  27.  Jan.  1868  zu  übernehmen.  Die 
Directoren  sind  durch  Magistratsverf.  v.  5.  März  1887  angewiesen,  diese  bei 
Erhöhung  des  Wohnungsgeldzuschusses  v.  1.  April  1887  an  in  Wirksamkeit 
getretene  Bestimmung  in  den  aufzustellenden  Lectionsplänen  „dergestalt  zu 
berücksichtigen,  dafs  von  dem  Lehrerpersonal  an  Pflichtstunden  zwar  wie  bisher 
für  den  Dir.  12,  sodann  20  mal  die  Zahl  der  Oberlehrer  und  22  mal  die  Zahl 
der  ordentliehen  Lehrer  anzusetzen  sind,  dafs  jedoch  von  dieser  Summe  die  als 
Ausgleichungsstunden  bezeichneten  Stunden  nicht  mehr  abgerechnet  werden.^ 
Diese  Anordnung  bezieht  sich  darauf,  dafs  vorher  jede  über  22  hinaus  an- 
gesetzte Stundenzahl  den  betr.  ordentl.  Lehrern  remunerirt  wurde.  Es  ist  daher 
in  obiger  Verf.  v.  5.  März  1887  femer  hervorgehoben,  dafs  die  Dir.  „die  för 
die  angemessene  VerteUung  der  Lehrgegenstände  erforderliche  Freiheit  der 
Bewegung,  sowie  die  MögUchkeit,  älteren  und  durch  die  Art  ihres  Unterrichts 


261 

beBonders  angespannten  Lehrern  eine  Erleichterung  zn  verschaffen,  durch  die 
Berechtigung,  den  ordenü.  Lehrern  bis  zn  34  wöchenü.  Lehrstnnden  zn  über- 
tragen, gewinnen  werden."  Hinzugefügt  ist,  „dafs  die  etwa  anzusetzenden 
Inspectionsstanden  nicht  in  jene  Summe  der  anfisubringenden  Pflichtstanden 
fallen,  sondern  durch  Heranziehen  der  ordenü.  Lehrer  über  32  Standen  hinaas 
aafzabringen  sind/' 

Vgl.  die  obigen  Directoreninstractionen ,  a.  a.  aoph  p.  148;  ebenso  die 
Lehrerinstructionen,  z.  B.  p.  249. 

Min.  Verf.  v.  8.  Jali  1878.  ,J>ie  VerfQgnngen  y.  13.  Mai  1863 
(s.  Abt.  I  S.  33)  and  v.  17.  Jnli  1873  (s.  CB.  1873  S.  457)  bezüglich  der 
Maximalzahlen  der  den  Lehrern  an  höh.  Schalen  aa&atragenden  wöchentl. 
Lectionen  sind,  wie  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  auf  Seinen  Bericht  vom  4.  v.  M. 
eröffne,  nachdem  dieselben  auf  besonderen  Anlafs  an  einzelne  Prov.SchalcoUegien 
erlassen  waren,  za  dem  Zwecke  amtlich  pablicirt  worden,  damit  diese  Be- 
stimmungen, beziehungsweise  insofern  es  sich  um  Bealschulen  handelt,  ^nter 
Aufhebung  der  Bestimmung  in  den  Erläuterungen  zur  Unterr.-  und  Prüfungs- 
ordnung V,  6.  Oct.  1859  III.  Absatz  3  (s.  Abi  I  S.  101),  allgemein  zur  Aus- 
führung gebracht  werden,  und  es  ist  seitdem  nach  diesen  Normen  überall, 
namentlich  in  den  Verhandlungen  zur  Herstellung  des  Normal -Etats  verfahren 
worden. 

Hiemach  ist  es  nicht  zulässig,  dafs  in  Vocationen  eine  Verpflichtung  zu 
einer  höheren,  als  der  in  jenen  Veifügungen  bezeichneten  Zahl  von  Lehrstunden 
aufgenommen  werde;  es  ist  den  städtischen  Behörden  unbenommen,  die  Ver- 
pflichtung der  Lehrer  an  den  von  ihnen  unterhaltenen  höheren  Schulen  durch 
die  Vocationen  ausdrücklich  auf  eine  geringere  Stundenzahl  zu  beschränken; 
sofern  aber  die  Vocationen  über  die  Anzahl  der  Pflichtstunden  nichts  enthalten, 
so  treten  selbstverständlich  die  allgemein  geltenden  Bestimmungen  in  Kraft. 
Wenn  es  sich  daher  auch  empfehlen  mag,  dafs,  um  jedem  Zweifel  vorzubeugen, 
entsprechend  dem  Erlasse  des  E.  Prov.Sch.C.  vom  —  an  den  Magistrat  der 
Stadt  N.,  in  die  Vocationen  der  an  der  dortigen  Realschule  1.  0.  neu  anzu- 
stellenden Lehrer  die  Maximalzahl  der  Pflichtstunden  tiufgenommen  werde,  so 
bedarf  es  doch  seitens  der  bereits  angestellten  Lehrer  nicht  einer  ausdrücklichen 
Erklärung,  dafs  der  Director  bis  zu  16,  die  Oberlehrer  bis  zu  22,  die  ordentlichen 
und  wissenschaftl.  Hülfs-Lehrer  bis  zu  24,  die  Elementarlehrer  bis  zu  28  wöch. 
Lehrstunden  können  herangezogen  werden,  sondern  diese  ihre  Verpflichtung 
ergiebt  sich,  eben  weil  die  Vocationen  keine  ausdrückliche  Bestimmung  ent- 
halten, aus  den  allgemein  giltigen  Normen.  Darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dafs  von  der  Maximalgrenze  der  Verpflichtung  nicht  in  solchen  Fällen  Grebrauch 
gemacht  werde,  wo  dies  in  Folge  grofser  Frequenz  der  betr.  Klassen  oder 
umfangreicher  Correctnren  oder  des  Gesundheitszustandes  eines  Lehrers  zu 
einem  Nachteile  für  die  Schule  und  die  betr.  Lehrer  führen  würde,  ist,  faUs 
von  der  Unterhaltungspflichtigen  Behörde  dieser  Gesichtspunkt  übersehen  werden 
soUte,  Sache  der  Königlichen  Aufsichtsbehörde." .  • .    Der  Minister  etc.  Falk. 

Vioariatstunden. 

Das  coUegialische  Verhältnis  der  Lehrer  jeder  Schule  bringt  es  mit  sich, 
dafs  in  plötzlichen  Verhinderungsfällen,  besonders  bei  Erkrankungen,  der  eine 
für  den  andern,  nach  Anordnung  oder  mit  Zustimmung  des  Directors  und  ohne 
Anspruch  auf  Bezahlung,  zur  Aushülfe  eintritt  VgL  die  Dienstinstructionen, 
z.  B.  p.  113,  117,  129,  143,  231,  249. 

Min.  Verf.  v.  22.  Juni  1859: „Was  die  Vertretung  abwesender 

Lehrer  betrifft,  so  hat  jedes  Mitglied  des  LehrercoU.  die  Pflicht,  nach  Anweisung 
des  Dir.  einzelne  Vioariatstunden  zu  übernehmen,  ohne  damit  auch  einen  An- 


262 

sprach  auf  Bemonerining  einer  derartigen  Aushülfe  zn  erwerhen.  Werden  aber 
Lehrer  entweder  auf  längere  Zeit  oder  zn  einer  gröfseren  Zahl  solcher  Standen 
herangezogen,  so  kann  ihnen  ohne  Unbilligkeit  eine  angemessene  Bemaneration 
dafar  nicht  vorenthalten  werden;  am  wenigsten  daif  dies  in  den  Fällen 
geschehen,  wo  die  Vertretung  durch  eine  Vacanz  veranlafst  ist,  in  welcher 
Gehalt  erspart  wird  und  daher  Mittel  zur  Entschädigung  der  betr.  Lehrer  vor- 
handen sind/^ 

Min. Verf.  v.  28.  Febr.  1868:  „Die  Gründe,  welche  die  K.  Begierung  in 
dem  Bericht  v.  —  dafar  geltend  macht,  dafs  bei  Bemunerirung  der  Lehrer  an 
der  höh.  BS.  zu  N.,  welche  im  vergangenen  Jahre  während  einer  SteUenvacanz 
vicarirt  haben,  auch  die  Ferienzeit  mitgerechnet  werden  soU,  kann  ich  als  zu- 
treffend nicht  anerkennen.  Ein  Ansprach  darauf,  dafs  das  in  der  Vacanz  der 
betr.  Stelle  ersparte  Gehalt  vollständig  unter  sie  geteilt  werde,  ist  den  Lehrern 
nicht,  zuzugestehen,  da  ein  Abkommen  der  Art  vorher  mit  ihnen  nicht  getroffen 
war.  Die  Aufsichtsbehörde  hat  in  dgl.  Fällen  ihrerseits  nur  darauf  zu  sehen, 
dafs  die  Bemuneration  für  die  einzelne  Vicariatstunde  nicht  zu  niedrig  bemessen, 
und  dafs  der  etwa  ersparte  Gehaltsteil  zum  Besten  der  Schule  verwandt  werde, 
sowie  sie  auch  dafür  Sorge  zu  tragen  hat,  dafs  die  Vacanz  nicht  willkürlich 
ausgedehnt  werde."  — 

Min.  Verf.  v.  30.  Mai  1874:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  dem 
K.  Prov.Sch.C.,  dafs  die  darin  für  einige  Lehrer  des  Gymn.  zu  N.  beantragten 
Gratificationen  aus  der  Schulkasse  denselben  nicht  bewilligt  werden  können, 
weil  nach  einem  allgm.  Verwaltungsgrundsatz  die  Vertretung  eines  verstorbenen 
OoUegen  während  des  seiner  Witwe  zustehenden  Gnadenquartals  von  den 
Lehrern  derselben  Anstalt  unentgeltlich  zu  leisten  ist."  —  (S.  in  Abschn.  IX 
vom  Gnadenquartal). 

„Min. Verf.  v.  24.  Juli  1877.  „Die  von  dem  K.  Prov.Sch.C.  in  dem 
Bericht  vom  8.  März  d.  J.  gestellten  Anträge  auf  Bemunerationen  fär  Lehrer 
der  höh.  Bürgerschale  zu  N.  beruhen  auf  Voraussetzungen,  welche  ich  nicht 
als  zutreffend  anerkennen  kann.  Vollbeschäftigte,  festangestellte  Lehrer  gehören 
mit  ihrer  ganzen  Kraft  der  Lehranstalt  an,  an  welcher  sie  angestellt  sind; 
damit  sie  dieser  Verpflichtung  genügen  können,  sind  sie  durch  den  Normaletat 
den  entsprechenden  Kategorien  der  Beamten  in  andern  Gebieten  in  ökonomischer 
Hinsicht  gleichgestellt.  Dieselben  haben  zugleich  die  Verpflichtung,  wie  die 
Beamten  jedes  anderen  Gebietes,  bei  vorübergehenden  Lücken  in  dem  Collegium 
Stellvertretungen  auf  Anordnung  des  Vorstehers  und  nach  dem  Mafse  ihrer 
Kraft  zu  übernehmen,  ohne  dafs  sich  daran  ein  Anspruch  auf  Bemuneration 
anknüpft.  Es  ist  dadurch  nicht  ausgeschlossen,  dafs,  sofern  Mittel  verfügbar 
sind,  für  erhebliche  Mehrleistungen  eine  Bemuneration  bewilligt  werde;  dieselbe 
aber  als  Bezahlung  der  einzelnen  Lehrstunden  zu  berechnen,  entspricht  nicht 
dem  bezeichneten  Verhältnis  der  festangestellten  Lehrer  zu  der  Anstalt  und 
ist  schon  deshalb  Zu  vermeiden,  weil  dadurch  die  etwa  bewilligte  Bemuneration 
den  Schein  eines  Bechtsanspruches  gewinnen  kann.  Anders  ist  der  Fall 

bei  dem  nur  im  Nebenamte  beschäftigten  Pfarrer  N.,  welcher  über  die  von  ihm 
übernommenen  Lehrstunden  hinaus  der  Anstalt  gegenüber  keine  weiteren 
amtlichen  Verpflichtungen  hat;  in  diesem  Falle  ist  nichts  dagegen  einzuwenden, 
dafs  für  die  Mehrleistungen  die  Bemuneration  nach  demselben  Mafsstabe 
bemessen  werde,  wie  für  die  regelmäfsig  von  ihm  übernommenen  Leistungen." 
Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.  Verf.  v.  30.  Sept  1882.  „In  Erwiderung  des  Berichtes  v.  15.  Sept.  d.  J. 
will  ich  hiermit  genehmigen,  dafs  der  dem  Oberlehrer  Dr.  N.  an  der  Bealschole 
zu  N.  gewährte  Urlaub   auf  weitere   6  Monate  verlängert  wird.         Indem  ich 


263 

dem  K.  Prov.Sch.C.  bezüglich  der  Stellvertretang  desselben  das  Weitere  anzn- 
ordnen  überlasse,  bemerke  ich  unter  Bezugnahme  auf  die  desfallsige  Ansfahning 
des  Ooratoriums  der  Anstalt,  dafs  ans  der  C.Verf.  v.  6.  Apr.  1880  (s.  Abt.  I 
S.  39)  die  Verpflichtung  der  übrigen  Lehrer  der  Anstalt  zur  Vertretung  eines 
erkrankten  Collegen  über  die  Maximalzahl  der  wöch.  Fflichtstunden  hinaus 
selbstredend  nur  insoweit  begründet  werden  kann,  als  das  unterrichtliche 
Interesse  der  Schule  dadurch  nicht  gefährdet  wird.  Dafs  eine  solche  Vertretung 
in  der  Begel  nur  auf  eine  verhältnismäfsige  kurze  Zeit  bemessen  werden  kOnne, 
ist  in  dem  eben  allegirten  Erlasse  durch  den  Zusatz  „vorübergehend"  an- 
gedeutet . . ."        Der  Min.  etc.    Im  Auftr. :  Greiff. 

Verf.  des  K.  Prov.Sch.  C.  zu  Breslau  v.  2.  Dec.  1886.  „Zur 
Beseitigung  einiger  Bedenken,  welche  hinsichtlich  des  Unterrichts  an  an- 
erkannten katholischen  Feiertagen  von  Seiten  der  Simultananstalten 
erhoben  worden  sind,  ordnen  wir  hiermit  im  Einverständnis  mit  dem  Herrn 
Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  an,  dafs  auch  bei  Simultananstalten  mit  über- 
wiegend evangelischen  Schülern  die  katholischen  Lehrer  nicht  verpflichtet  sind, 
an  den  bezeichneten  Tagen  Unterricht  zu  erteilen.  Dies  schliefst  aber  nicht 
aus,  dafs  katholische  Lehrer  an  solchen  Anstalten  nach  Erfüllung  ihrer  kirchlichen 
Pflichten  an  den  bezeichneten  Tagen  aus  freien  Stücken  und  zur  Entlastung 
ihrer  evangelischen  Collegen  einen  Teil  ihrer  Stunden  übernehmen.  Soweit  dies 
nicht  der  Fall  ist,  gestatten  wir,  dafs  Euer  Hochw.  die  evangelischen  Lehrer 
zur  Vertretung  ihrer  katholischen  Collegen  heranziehen.  Wo  an  einer  Simultan- 
anstalt das  richtige  Verhältnis  zwischen  evangelischen  und  katholischen  Lehrern 
besteht,  darf  erwartet  werden,  dafs  vorkommenden  Falls  der  eine  Teil  zur  Ver- 
tretung des  andern  sich  gern .  bereitfinden  läfst,  ja,  dafs  mancher  Lehrer  die 
ihm  dadurch  zu  Gebot  gestellten  wenigen  Mehrstunden  für  sein  Fach  gern 
benutzt.  Auch  ist  durch  Austausch  von  Stunden  zwischen  evangelischen  und 
katholischen  Collegen  leicht  eine  Ausgleichung  herbeizuführen.'^ 

Das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  hat  unter  dem  9.  Febr.  1875  den 
Dir.  und  Bectoren  folgende  Verf.  des  Justizmin.  an  die  Appellationsgerichte  etc. 
zur    Nachachtung    mitgeteilt:  ,Jn    Folge    der    Vorladung    öffentlicher 

Beamten  als  Zeugen  und  Sachverständige  zu  gerichtlichen  Terminen 
können  Uebelstände  und  Nachteile  für  den  öffentl«  Dienst  herbeigeführt  werden, 
wenn  die  Vorladung  nicht  so  zeitig  erfolgt,  dafs  für  die  Vertretung  des  vor- 
geladenen Beamten  genügend  gesorgt  werden  kann.  Im  Interesse  des  öffenü. 
Dienstes  ist  es  daher  wünschenswerth,  dafs  solche  Vorladungen,  soweit  es 
irgend  thunl.  ist,  so  zeitig  erfolgen,  dai's  die  Beamten  oder  deren  vorgesetzte 
Behörden  rechtzeitig  in  den  Stand  gesetzt  werden,  für  die  während  der  Ab- 
wesenheit des  Vorgeladenen  erforderlich  werdende  Vertretung  Sorge  zu  tragen. 

Das  Präsidium  und  die  K.  Eronanwaltschaffc  werden  veranlafst,  dieses  den 
Gerichten  und  Kronanwaltschaften  sowie  den  Anwaltskammem  des  dortigen  Bezirks 
zur  thunl.  Beachtung  zu  empfehlen."  (Vgl.  übrigens  C.Verf.  v.  25.  Mai  1883,  S.  271.) 

Privatstunden. 

Nach  allgemeinen  Verwaltungsgrundsätzen  soll,  wie  auch  aus  dem  über 
die  Vicariatstunden  Bemerkten  hervorgeht,  darauf  gehalten  werden,  dafs  namentl. 
die  fest  angestellten  Lehrer  ihre  freie  Zeit  mit  anderweitiger  UnterrichtserteUung 
nicht  in  der  Art  besetzen,  dafs  sie  zur  Stellvertretung  innerhalb  der  Schulzeit 
nicht  herangezogen  werden  können  oder  überhaupt  an  der  von  ihnen  in  Anspruch 
zu  nehmenden  Mitwirkung  für  die  Zwecke  der  Schule  verhindert  werden. 

Gegen  Honorar  an  Schüler  ihrer  Klasse  Privatunterr.  zu  erteilen  ist  den 
Lehrern  nur  mit  Genehmigung  des  Dir.  der  Schule  gestattet  (Vgl.  die  Lehrer- 
instructionen.) 


364 

CVeif.  V.  14.  Mai  1867:  —  ,^ach  den  Äng&ben  des  E.  FrOT.Sch.C. 
haben  einzelne  Lehrer  biesiger  Gymnasien  and  Bealschnlen  sich  teils  mit 
Unterrichtsstunden  an  anderen  Anstalten,  teils  mit  PrivatstandeD 
dennaf^n  überbordet,  d&ts  sie  bei  der  Schule,  an  welcher  sie  angestellt 
sind,  ZOT  Vertretung  in  Nothf&llen  nicht  herangezogen  werden  können  nnd  dar» 
sie  durch  eine  derartige  Anstrengung  nnansbl  ei  blich  ihrer  Leistnngsfähigkeit 
för  das  Hauptamt  Abbruch  thnn.  Ich  hin  mit  dem  E.  Prov.  Sch.O.  ein- 
verstanden, dalä  hierin  ein  üebelstand  Legt,  der  Abhälfe  verlangt,  glaube  indes 
nicht,  dafa  es  dazu  neuer  allgemeiner  Anordunngen  bedarf,  znm^  da  in  jedem 
einzelnen  Falle  die  individuellen  Verhältnisse  berücksichtigt  werden  müssen. 

V?ie  Nebenämter  von  Lehrern  nur  mit  Genehmigung  der  Aufeichtsbehörde 
übernommen  werden  dürfen,  eo  können  sie  sich  auch  zur  Uebemahme  von 
Privatthätigkeit  nur  so  weit  für  befugt  erachten,  wie  es  mit  ihrer  Pflicht  für 
ihr  eigentliches  Amt  verträglich  ist.  Zn  beurteilen,  o^  die  Grenze  eingehalten 
oder  nberBchritten  wird,  ist  zunächst  Sache  des  Dir.,  der  u.  a.  auch,  wie  es  bei 
mehreren  Anstalten  geschieht,  eine  Bestimmung  darüber  treffen  kann,  für  wieviel 
Standen  wi5chentl.  während  der  Schulzeit  jeder  Lehrer  zn  etwa  erforderL  Stell- 
vertretnng  bereit  sein  mufs.  Jeder  Dir.  weifs,  dafs  er  hierin  wie  in  allem,  was 
er,  um  das  Interesse  der  ihm  anvertranten  Schule  zn  wahren,  anordnen  zu 
mfiSBen  glaubt,  nöthigenfalls  die  Unterstützung  des  vorgeordneten  K.  Prov^ch.C. 
in  Anspruch  nehmen  kann,  sowie  dieses  «nach  Befinden  bei  Directoren,  denen 
es  Bchwer  wird,  zwischen  dem  persönl.  Interesse  der  Lehrer  und  dem  der  Sdiule 
immer  die  richtige  Ausgleichung  zu  treffen,  verlangen  kann,  von  dem  Umfange 
der  Privatthätigkeit  jedes  Lehrers  unterrichtet  zu  werden,  um  die  Genehmigung 
dazu  zu  erteilen  oder  zn  veisagen. 

Hiernach  bleibt  dem  K.  Prov.Scfa.C.  überlassen,  Sein  Ver&hren  in  dieser 
Angelegenheit,  um  die  Schalen  wie  die  Lehrer  vor  Nachteil  zu  schützen,  nach 
eigenem  pflichtm.  Ermessen  einzurichten." 

CVerf.   T.   37.  Apr.   1854:   ,Jn  Betreff   der  Erteilung  von  Prival- 
nnt  er  rieht  durch  Lehrer  höherer  Lehranstalten  an  Schüler  derjenigen 
Klassen,  in  welchen  sie  unterrichten,  finde  ich  mich  veranlafst.  Folgend«« 
festzusetzen:       Wird  bei  der  Au&iahme  und  Versetzung  der  Schüler  mit  gewissen- 
hafter Strenge  verfahren,  und  ist  der  Unterricht  überhaupt  wohlgeordnet,  so 
kann  das  Bedürfnis  der  Privatnachhülfe  nur  in  auTserordentL  F&llen  vorkommen. 
Ob  solche  vorhanden  sind,  ist  nicht  ohne  Mitwirkung  des  Dir.  der  Anstalt  zu 
entscheiden,  da  er  ebensowohl  darauf  zn  sehen  hat,   dafä  der  Elassenunterr. 
seinen  Zweck   an   den  Schülern   erreiche,   wie  darauf,   dafs   diese   die  rechte 
für  denselben  behalten.    Andererseits  wird  die  Privatnachhälfe, 
nd  einem  Grande  nOthig  erscheint,    in   der  Begel  am   zweck- 
lemjenigen  Lehrer  übernommen  werden,  welcher  in   dem  betr. 
tlasse   unterrichtet    Demnach   sind   die  Dir.   mit  Anweisung 
n,  dalä  hinfort  jeder  Lehrer,  welcher  gegen  Honorar  an  Schüler 
ratunterr.  zu  geben  veranlafst  wird,  dazu  vorher  die  Genehmigimg 
ichen  hat.   Dieser  hat  die  Fille,  in  welchen  er  dieselbe  erteil^ 
be  der  jedesmaligen  Gründe,  zu  notiren  and   eine  Uebeisicht 
Departementsrath  bei  der  nächsten  Anwesenheit  desselben  zur 
rorznl^en.  Dafs  Schüler  der  unteren   und    mittL  Klassen, 

geschieht,  ihre  Schalarbeiten  unter  der  Aufsicht  eines  Klaasen- 
1,  soll  nicht  gehindert  werden;  doch  wird  den  Dir.  znr  Pflicht 
,  daranf  in  achten,  dafs  dgL  bezahlte  Arheitsatonden  keine 
Behandlung  und  Beurteilung  der  Schüler  zur  Folge  haben." 
Min. Verf.  v.  30.  Apr.  1875:  „Hie  und  da  hat  die  Prar. 
den   üniuträglicbkeiton,   welche   ans   der   Aufnahme  von 


265 

Pensionären  und  dnrch  Priyatnnterr.  seitens  der  Dir.  und  Lehrer  entstehen 
können,  dadurch  vorgebeugt,  dafs  sie  sich  regelmäfsig  an  bestimmten  Terminen 
eine  tabellar.  Uebersicht  aUer  solcher  Nebenbeschäftigungen  der  Dir.  und  Lehrer 
einreichen  läTst  nnd  es  sich  vorbehält,  ein  Verbot  da  eintreten  zn  lassen,  wo 
thatsächl.  Uebelstände  wahrgenommen  worden  sind.  Ein  solches  Verfahren  ist 
geeignet,  ebensowohl  das  Interesse  der  Schnle,  wie  das  persönliche  der  Lehrer 
selbst  zu  wahren."  — 

Aus  einer  Min. Verf.  v.  6.  Oct.  1882  (CB.  1882  S.  716  f.).  „Die  auf 
Erwerb  gerichtete  auTseramtliche  Beschäftigung  eines  öffentl.  Lehrers  mit  der 
Erteilung  von  Privatunterrichtsstunden  charakterisirt  sich  als  Betrieb  eines 
Gewerbes,  zu  welchem  öffentliche  Lehrer  als  Beamte  gemäfs  §  19  der  Preufs. 
AUgem.  Gewerbeordnung  vom  17.  Jan.  1845  die  Erlaubnis  ihrer  vorgesetzten 
Dienstbehörde  bedürfen. . . . 

Die  Erteilung  von  Privatunterr.  seitens  des  Klassenlehrers  an  Schüler 
seiner  eigenen  EL,  wenn  derselbe  dafür  Bezahlung  nimmt,  ist  zwar  im  Allgem. 
nicht  für  zulässig  zu  erachten  wegen  der  damit  in  der  Begel  verbundenen 
XJnzuträglichkeiten.  Es  giebt  aber  Ausnahmefälle,  in  welchen,  wie  z.  B.  nach 
längerer  Versäumnis  der  Unterrichtsstunden  wegen  Krankheit,  Nachhülfestunden 
durch  den  Klassenlehrer,  auch  wenn  sie  gegen  Bezahlung  erteilt  werden,  nicht 
blofs  für  statthaft  zu  erachten  sind,  sondern  unter  Umständen  selbst  erwünscht 
und  erspriefslich  erscheinen  können." Der  Min.  etc.  v.  Gofsler. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  12.  Mai  1882.  „Wir 
sehen  uns  veranlafst,  an  die  Bestimmungen  der  C.Verf.  v.  27.  Apr.  1854 
betreffend  die  Erteilurfg  von  Privatunterricht  durch  Lehrer  höh.  Lehranstalten 
an  Schüler  derjenigen  Klassen,  in  welchen  sie  unterrichten,  zu  erinnern  und 
machen  es  den  Directoren  (Bectoren)  zur  Pflicht,  auf  die  genaue  Beachtung 
dieser  Bestimmungen  ihrerseits  und  von  Seiten  der  Lehrer  ihr  besonderes 
Augenmerk  zu  richten  und  die  Befolgung  derselben  in  der  ersten  Lehrerconferenz 
jedes  Schulsemesters  einzuschärfen,  auch,  dafs  dieses  geschehen,  in  dem  bezüglichen 
Protokolle  zu  bemerken.  Vor  Allem  ist  festzuhalten,  dafs  die  Erlaubnis  zu 
Privatunterricht  der  bezeichneten  Art  gegen  Honorar  nur  „in  aufserordentlichen 
Fällen"  zu  erteilen  ist  und  der  Dir.  „die  Fälle,  in  welchen  er  dieselbe  erteilt, 
mit  kurzer  Angabe  der  jedesmaligen  Gründe,  zu  notiren  und  eine  Uebersicht 
davon  deui  betr.  Departementsrath  bei  der  nächsten  Anwesenheit  desselben  zur 
Kenntnisnahme  vorzulegen"  hat.  Ebenso  sind  die  Lehrer  an  die  Bestimmung 
der  Instr.  für  Lehrer  v.  15.  Jan.  1868,  HI,  7,  h  (s.  S.  248)  zu  erinnern,  nach 
welcher  sie  überhaupt  zur  Uebemahme  von  Privatstunden  und  Aufnahme  von 
Pensionären  die  Genehmigung  des  Dir.  vorher  einzuholen  haben." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  13.  Febr.  1884.  „Nach 
den  im  vorigen  Jahre  erstatteten  Berichten,  betreffend  den  von  Lehrern  an  den 
dortigen  höh.  Schulen  erteilten  Privatunterricht,  haben  sich  entschieden  tadelns- 
werthe  Mifsbräuche  in  dieser  Beziehung  dort  nicht  herausgestellt.  Indessen 
läfst  sich  doch  andererseits  nicht  verkennen,  dafs  die  Uebemahme  von  Privat- 
unterrichts- und  Arbeitsbeaufsichidgungs-Stunden  seitens  einiger  der  gedachten 
Lehrer  eine  Ausdehnung  gewonnen  hat,  welche  nach  verschiedenen  Seiten  hin 
Bedenken  erregen   kann.  Wir  machen  die  Herren  Dirigenten  zu  eigener 

Beachtung,  sowie  zu  geeigneter  Mitteilung  an  die  betr.  Lehrercollegien  hierdurch 
auf  Folgendes  aufmerksam. 

Zunächst  ist  es  an  jeder  Schule  die  gewiesene  Pflicht  des  Directors  und 
der  Lehrer,  ernstlich  und  anhaltend  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  der  Lehrstoff 
in  der  Weise  vorgetragen  und  in  den  Unterrichtsstunden  durch  mannigfache 
Uebungen    zu   freiem   Eigentum   der  Schüler   gemacht,   sowie   dafs   sämtliche 


266 

häusliche  Arbeiten,  nicht  allein  die  schriftlichen,  sondern  auch  die  Präparationen, 
Bepetitionen,  Memoriraufgaben  n.  s.  w.  dnrch  die  betr.  Lehrer  in  der  Schule 
80  vorbereitet  werden,  dafs  auch  diejenigen  Schäler,  welche  ihrer  Begabung 
nach  zum  gewöhnlichen  Mittelschlage  gehören,  im  Stande  sind,  ohne  anfser' 
ordentliche  Hülfe  seitens  ihrer  Angehörigen  oder  durch  Frivatlehrer  dem 
Schulunterricht  zu  folgen  und  die  häuslichen  Arbeiten  ordnungsmäisig  an- 
zufertigen. 

Die  Lösung  dieser  wichtigen  Aufgabe  wird  allerdings  in  erheblicher  Weise 
erschwert,  wenn  die  Schülerzahl  in  einzelnen  Klassen  eine  aufsergewöhnlich 
grofse  ist,  sowie  wenn  die  LebensverhältDisse  einer  Stadt  so  geartet  sind,  dafs 
die  Schüler  zu  Hause  nicht  durchweg  zu  fester  Ordnung  angehalten  und  in 
ihren  Beschäftigungen  überwacht  werden  können,  oder  dafs  von  aufsen  vielfache 
Gelegenheit  zu  Vergnügungen  und  Zerstreuungen  an  sie  herantritt.  —  Aber 
auch  unter  solchen  Umständen  mufs  die  Schule  der  vorgedachten  Pflicht  stets 
eingedenk  sein;  darf  sich  nicht  von  vornherein  mit  der  bequemen  Ausrede 
beruhigen,  dafs  angesichts  der  im  Obigen  angedeuteten  Schwierigkeiten  die 
Schale  das  ihr  vorgesteckte  Ziel  mit  eigenen  Mitteln  allein  zu  erreichen  nicht 
im  Stande  sei;  mufs  es  vielmehr  trotz  der  ungünstigen  Verhältnisse  durch 
liebevolle,  rastlose  Hingebung  der  Lehrer  an  ihren  Beruf,  sowie  durch  die  an- 
regende Kraft  eines  methodisch  geordneten,  klar  und  anschaulich  gehaltenen 
Klassenunterrichts  thunlichst  dahin  zu  bringen  suchen,  dafs  die  Schüler,  sofern 
nicht  durch  Erkrankung  oder  anderweitige  aufserordentliche  Störung  Ausnahms- 
zustände  eintreten,  zu  einem  regelmäfsigen  Fortschreiten  auf  den  Gebieten  des. 
Schulunterrichts  keiner  fremden  Hülfe  bedürfen.  Jedenfalls  hat  es  das  Lehrer- 
collegium  als  eine  Ehrensache  anzusehen,  etwaigen  in  .Schüler-  oder  Eltern- 
kreisen auftauchenden  Meinungen,  wie  sie  auch  in  dortiger  Stadt  laut  geworden 
sind,  dafs  die  Schule. im  Allgemeinen  auf  Unterstützung  durch  Privatunterricht 
rechne,  auf  das  bestimmteste  entgegen  zu  treten  und  dieselben  durch  die  That 
zu  widerlegen. 

Auch  in  anderer  Beziehung  ist  es  dem  Bufe  der  Schule  nicht  zuträglich, 
wenn  Ansichten  der  gedachten  Art  im  Schwange  sind,  da  es  grofsenteils  gerade 
Lehrer  der  betr.  Anstalten  sind,  welr^e  sich  mit  der  Erteilung  jener  Privat- 
stunden befassen. 

Wir  hegen  allerdings  zu  der  Gewissenhaftigkeit  und  Pflichttreue  der 
Lehrer  unseres  Amtsbereichs  das  zuversichtliche  Vertrauen,  dafs  sie  sich  in 
keiner  Weise  eine  Bevorzugung  derjenigen  Schüler,  zu  Welchen  sie  durch 
Erteilung  von  Privatunterricht  in  nähere  Beziehung  getreten  sind,  zu  schulden 
kommen  lassen  werden.  Aber  wir  können  es  nicht  hindern,  dafs  das  Publikum 
vielfach  ungünstig  urteilt;  und  diese  Gefahr  wird  um  so  gröfser,  je  mehr  das 
Honorar,  welches  Lehrer  der  höh.  Schulen  für  den  an  Schüler  derselben  erteilten 
Privatunterricht  nehmen,  dasjenige  Honorar  übersteigt,  welches  für  Privatlehrer 
ortsüblich  ist.  Wir  brauchen  nicht  erst  darauf  hinzuweisen,  welch  verderblichen 
Einflufs  solche  Ansichten,  welche,  wenn  sie  auch  keinen  thatsächlichen  Grund 
haben,  doch  nach  Lage  der  Umstände  nut  selten  mit  aller  Bestimmtheit  als 
unrichtig  erwiesen  werden  können,  auf  weite  Kreise  auszuüben  vermögen. 

Die  Lehrer  werden,  nm  die  ihnen  zukommende  Vertrauensstellung  unbedingt 
2U  wahren,  alles,  was  auch  nur  den  Schein  parteilichen  Wesens  hervorrufen 
könnte,  thunlichst  zu  meiden  haben.  Es  ist  daher,  namentlich  in  gröfseren 
Städten,  in  welchen  es  an  geeigneteren  Lehrern  für  die  verschiedenen  Unterrichts- 
fächer nicht  fehlt,  den  Dirigenten  höherer  Schulen  besondere  Vorsicht  und 
sorgsame  Prüfung  jedes  vorliegenden  Falles  anzuempfehlen,  wenn  es  sich  darum 
handelt,  ob  sie  einem  Lehrer  der  Anstalt  gestatten  sollen,  Schülern  aus  einer 
Klasse,  in  welcher  er  selbst  unterrichtet,  gegen  Honorar  irgend  welchen  Privat- 
unterricht zu  erteilen. 


267 

Mit  BeziehQDg  auf  das  Vorstehende,  sowie  unter  Einweisung  auf  die 
Ministerial-Erlasse  vom  27.  April  1854  und  vom  30.  April  1875  sprechen  wir 
den  Herren  Dirigenten  der  dortigen  höh.  Schulen  hierdurch  unsere  Erwartung 
ans,  dafs  Sie  unausgesetzt  dem  von  Lehrern  der  unter  Ihrer  Leitung  stehenden 
Anstalten  erteilten  Privatnnterricht,  sowie  auch  dem  Halten  von  Pensionären 
seitens  derselben  Ihre  volle  Aufmerksamkeit  widmen  und  dafür  Sorge  tragen 
werden,  dafs  die  Interessen  der  Schäler  und  der  Buf  der  Anstalt  darunter 
nicht  leiden. 

Damit  auch  wir  aber  in  die  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  einen 
Einblick  gewinnen  und  dem  Herrn  ünterrichtsminister  darüber  berichten  können, 
so  ordnen  wir  hierdurch  zugleich  bis  auf  Weiteres  an,  dafs  die  Herren  Dirigenten 
alljährlich  Tier  Wochen  nach  Ostern,  —  und  zwar  zum  ersten  Male  im  Jahre  1885  — 
eine  tabellarische  Uebersicht  aller  der  Fälle,  für  welche  Sie  während  des  vorher- 
gegangenen Schuljahrs  den  Lehrern  Erlaubnis  gegeben  haben,  ihren  Schülern 
gegen  Honorar  Privatunterricht  oder  Arbeitsstunden  zu  erteilen,, unter  Beifügung 
der  wöch.  Stundenzahl  bei  uns  einreichen.  Etwaige  weitere  Bemerkungen, 

zu  welchen  die  Erfahrungen  Anlafs  geben,  welche  in  dem  vorhergehenden 
Schuljahre  hinsichtlich  des  Privatunterr.  der  Lehrer  oder  des  Haltens'  von 
Pensionären  seitens  derselben  sich  dargeboten  haben,  sind  in  den  Begleitbericht 
aufzunehmen.  Auch  in  den   periodischen  Verwaltungsberichten    ist  dieser 

wichtige  Gegenstand  regelmäfsig  zu  erörtem.^^ 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  29.  Jan.  1878.  „Es 
ist  in  jüngster  Zeit  häufiger  bemerkt  worden,  dafs  von  Mitgliedern  der  Beife- 
prüfungscommission  Privatunterricht  an  Prüfungsaspiranten,  seien  es 
Schüler  der  Anstalt  oder  Extraneer,  erteilt  wird.  Einen  derartigen  Privat- 
unterricht gänzlich  zu  untersagen,  liegt  nicht  in  unserer  Absicht,  da  es  Fälle 
geben  kann,  in  welchen  derselbe  als  gerechtfertigt  erscheinen  darf.  Andrer- 
seits läfst  sich  nicht  verkennen,  dafs  dieser  Unterricht  in  der  Mehrzahl  der 
Fälle  etwas  Bedenkliches  hat  und  die  Prüfungscommission  leicht  in  den  Verdacht 
einer  ungerechtfertigten  Nachsicht  bringen  kann.  Den  Directoren,  welche  von 
dem  an  Schüler  der  Anstalt  erteilten  Privatunterr.  Kenntnis  zu  nehmen  haben, 
wird  daher  wiederholt  empfohlen,  etwa  vorkommende  FäUe  der  bezeichneten 
Art  genau  zu  prüfen  und  bei  irgend  welchem  Bedenken  ihre  Genehmigung  zu 
versagen,  von  den  genehmigten  Fällen  aber  dem  E.  Prüfungs  -  Commissarius 
rechtzeitige  Kenntnis  zu  geben.  Hinsichtlich  des  an  Extraneer  von  Mitgliedern 
der  Prüfungscommission  erteilten  Unterrichtes  läfst  sich  ein  ähnliches  Verfahren 
zwar  nicht  vorschreiben,  da  die  Zuweisung  der  Extraneer  durch  uns  und  in  der 
ßegel  erst  kurz  vor  der  schriftlichen  Prüfung  erfolgt.  Die  Directoren  wollen 
indessen  den  Mitgliedern  der  Prüfungscommission  mitteilen,  dafs  wir  in  der 
Begel  keinen  Extraneer  zur  Maturitätsprüfung  einer  Schule  zuweisen  werden, 
durch  deren  Lehrer  er  sich  hat  vorbereiten  lassen. . ." 

Vrgl.  aufserdem  das  in  den  Directoren-  und  in  den  Lehrer-Instructionen 
über  Privatunterricht  und  Nebenämter  Bemerkte. 

Nebenämter. 

Aufser  der  Bibliotbeksverwaltung  und  der  Aufsicht  über  andere  wissensoh. 
Sammlungen  und  Lehrmittel  kommt  an  den  Schulen  selbst  die  V  er  ein- 
nah mung  des  Schulgeldes  als  Nebenamt  der  Lehrer  vor.  Vgl.  Abt  1  S.  386. 
Ueber  das  dabei  zu  befolgende  Verfahren,  die  Höhe  der  Remuneration  und 
Oaution  u.  s.  w.  sind  allgm.  Bestimmungen  nicht  erlassen. 

Die  Uebemahme  von  Nebenämtern  aufserhalb  der  Schule  kann  den 
Lehrern  nicht  unbedingt  untersagt  werden.  Sie  bedürfen  aber  dazu  der  Zustim- 
mung jedenfalls  des  Dir.  der  Schule,  welcher  meistens  auch  noch  die  Genehmigung 


268 

der  vorgesetzten  Aufsichtsbehörde  einzuholen  hat;  vgl.  die  obigen  DienstinstructioneD. 
Letztere  erteilt  die  Erlaubnis  zur  Annahme  eines  Nebenamts  nur  auf  Widerruf ^ 
oder  nur  auf  eine  bestimmte  Zeit,  oder  für  ein  bestimmtes,  nach  Ablauf  einer  ge^ 
wissen  Zeit  von  selbst  endendes  Geschäft,  ohne  dafs  wegen  des  unter  veränderten 
Umständen  erfolgenden  Widerrufs  ein  Anspruch  auf  Entschädigung  für  die  ver- 
lorenen Emolumente  des  Nebenamts  anerkannt  werden  kann. 

Allerh.  Erlafs- v.  27.  Jnni  1884  an  das  Staatsministerinm.  „Auf  den 
Bericht  vom  25.  d.  M.  bestimme  Ich  hierdarch,  dafs  fortan  Beamte,  welche  von 
Mir  resp.  mit  Meiner  Genehmigung  angestellt  worden  sind,  ohne  Meine  Erlanbms 
ein  Nebenamt  in  einem  anderen  Staate  nicht  annehmen  dürfen.'*    gez.  Wilhelm. 

CO.  V.  13.  Juli  1839  (GS.  p.  235):  „1.  Kein  Staatsbeamter  darf  ein 
Nebenamt  oder  eine  Nebenbeschäftigung,  mit  welcher  eine  fortlaufende  Bemnn^ 
ration  verbunden  ist,  ohne  vorgängige  ausdrückl.  Genehmigung  derjenigen  Central- 
behörden  übernehmen,  welchen  das  Haupt-  und  das  Nebenamt  untergeben  sind. 
3.  Die  üebertragung  von  Nebenämtern  oder  Nebenbeschäftigungen  darf  in  der 
Eegel  nur  auf  Widerruf  stattfinden.  Die  Centralbehörden  des  Haupt-  wie  des 
Nebenamts  sind  gleich  befugt,  diesen  Widerruf  eintreten  zu  lassen,  ohne  dafs 
eine  Beschwerde  darüber  zulässig  ist  oder  eine  Entschädigung  für  den  Verlust 
der  mit  dem  Nebenamte  oder  Geschäfte  verbundenen  Einnahmen  oder  Vorteile 
in  Anspruch  genommen  werden  kann.  5.  Alle  Einnahmen  und  Emolumente, 
welche  ein  Beamter  auTser  dem  mit  seinem  Hauptamt  verbundenen  Einkommen 
aus  Staats-,  Instituten-,  Gorporations-  oder  anderen  Kassen  und  Fonds  bezieht, 
müssen  in  demjenigen  Etat,  worin  das  Hauptamt  aufgeführt  ist,  genau  vor  der 
Linie  vermerkt  werden." 

Nach  der  CO.  v.  25.  Juli  1840  findet  die  CO.  v.  13.  Juli  1839  directe  An- 
wendung zwar  nur  auf  unmittelbare  Staatsbeamte^),  mithin  auf  Dir.  und 
Lehrer  an  allen  Unterrichtsanstalten  königl.  Fatronats.  Jedoch  sind  die  darin 
enthaltenen  Vorschriften,  insbesondere  über  die  Nothwendigkeit  der  Zustimmung 
der  Aufsichtsbehörde  für  das  Hauptamt,  über  die  Widerruflicbkeit  dieser  Zustim- 
mung und  über  die  Etatisirung  der  Nebeneinnahme  auch  für  die  Üebernahme  von 
Nebenämtern  seitens  der  Dir.  und  Lehrer  an  den  Schulen  nicht  königl.  Fatronats 
mafsgebend. 

C.  Verf.  V.  19.  Juli  1875.  „Mit  Bezug  auf  die  Bestimmungen  im  §  1 
des  Gesetzes  v.  10.  Juni  v.  J.  (GS.  p.  244)  veranlasse  ich  die  K.  Regierung  etc., 
Fürsorge  zu  treffen,  dafs  vom  1.  Jan.  1876  ab  von  den  zum  Ressort  derselben 
gehörigen  unmittelbaren  Staatsbeamten  keiner  mehr  eine  mittelbar  oder  unmittelbar 
mit  einer  Remuneration  oder  einem  Vermögensvorteile  verbundene  Stellung  als 
Mitglied  des  Vorstandes,  Aufsichts-  oder  Verwaltungsrathes  einer  Actien- 
Gommandit-  oder  Bergworks-Gesellschaft  oder  in  einem  Comit^  zur 
Gründung  solcher  Gesellschaften  einnimmt .'*        Der  Min.  etc.  Falk. 

C.Verf.  V.  31.  Oct.  1841:  „Es  sind  Allerh.  Orts  durch  Befehle  v. 
14.  Jan.  1833  und  25.  Aug.  1841  nähere  Bestimmungen  darüber  erlassen 
worden,  unter  welchen  Bedingungen  die  üebertragung  eines  Staatsamts  oder 
eines  anderen  Nebenamts  auf  einen  Geistlichen   zu  gestatten,   und  in  welcher 

^)  Unmittelbare  und  mittelbare  l^taatsdiener:  A.LR.  T.  II  Tit  10 
§  68.  „Alle  Beamte  des  Staats,  welche  zum  Militirstande  nicht  gehören,  sind 
unter  der  allgm.  Benennung  von  Civilbedienten  begriffen.  69.  Dergleichen  Beamte 
stehen  entweder  in  unmittelbaren  Diensten  des  Staats,  oder  gewisser  demselben  unter- 

geordneter  OoUegien,  Corporationen  und  Gemeinden."  Vgl.  oben  S.  104  and 
trafgesetzbuch  für  das  deutsche  Reich  §  359.  „Unter  Beamten  im  Sinne  dieses 
Strafgesetzes  sind  zu  verstehen  alle  im  Dienste  des  Reichs  oder  in  unmittelbarem 
oder  mittelbarem  Dienste  eines  Bundesstaats  auf  Lebenszeit,  auf  Zeit  oder  nur 
vorläufig  angestellte  Personen,  ohne  Unterschied,  ob  sie  einen  Diensteid  geleistet 
haben  oder  nicht." 


26,9 

Weise  das  Interesse  der  Eirchenpatrone  und  der  Pfarrgemeinden  dabei  zu 
berücksichtigen  ist.  Gleichzeitig  ist  Allerh.  Orts  anbefohlen,  dafs  eben  diese 
Bestimmungen  auch  auf  Lehrer  an  öffentl.  Schulen,  die  einem  Privat- 
patronat  unterworfen  sind,  Anwendung  finden  sollen. 

Die  K.  Begierung  erhält  anliegend  (a)  Abschrift  eines  an  die  E.  Consistorien 
erlassenen  Circulars,  in  welchem  die  in  solchen  Fällen  zu  berücksichtigenden 
Funkte  näher  entwickelt  sind,  mit  dem  Auftrage,  nach  den  daselbst  vor- 
geschriebenen Grandsätzen  und  den  Vorschriften  der  CO.  v.  IB.  Juli  1839 
(s.  S.  268),  auch  in  Ansehung  der  ihrer  Aufsicht  unterworfenen  öffentl.  Lehrer 
zn  verfahren.  Die  Befugnisse,  welche  in  Ansehung  der  Geistlichen  den 
E.  Consistorien  übertragen  sind,  werden  in  Ansehung  der  öffentl.  Lehrer  nach 
Yerschiedenheit  der  Fälle  von  den  E.  Prov.Sch.CC.  und  Kegierungen  ausgeübt." 

(a)  C.Verf.  an  die  E.  Consistorien  v.  31.  Oct.  1841:  „Auf  Veranlassung 
einer  städt.  Patronatsbehörde  ist  bereits  in  den  Jahren  1833  und  1839  die  Frage 
in  Anregung  gebracht  worden: 

Ob  ein  Geistlicher  zur  Annahme  eines,  neben  seinem  Seelsorgeramt  ihm 
übertragenen  Staatsamts  oder  eines  anderen  Nebenamts  der  vorgängigen  Ge- 
nehmigung des  Eirchenpatrons  bedürfe  und  ob  letzterer  befugt  sei,  diese  Genehmigung 
in  der  Vocation  des  Geistlichen  für  künftige  Falle  ausdrückl.  vorzubehalten ;  sowie, 
welche  Vorkehrungen  zu  treffen  seien,  um  zu  verhüten,  dafs  ein  Geistlicher  durch 
dgl.  anderweitige  Aemter  seinem  nächdten  Beruf  entfremdet  werde  und  das  Interesse 
seiner  kirchl   Gemeinde  darunter  leide. 

Des  Eönigs  Maj.  haben  auf  einen  Bericht  meines  Amtsvorgängers  durch 
CO.  V.  14.  J.an.  1833  zu  bestimmen  geruht: 

Dafs  der  Eirchenpatron  nicht  befugt  sei,  den  Vocatiönen  der  Geistlichen 
die  Nichtannahme  von  Staatsämtem  als  Bedingung  beizufügen  oder  die  Geist- 
lichen durch  besondere  Reverse  vor  Antritt  des  Pfarramts  dazu  zu  verpflichten. 
Dagegen  könne  das  Recht  und  die  Obliegenheit  desselben  nicht  bezweifelt  werden, 
dahin  zu  sehen,  dafs  die  Seelsorge  und  die  Aufsicht  auf  das  Schulwesen  in  den 
Pfarrgemeinden  von  den  -Geistlichen  nicht  vernachlässigt  werde.  Wenif  er  eine 
Versäumnis  hierin  wahrnehme,  so  habe  er  solche  auf  dem  gesetzl.  vorgeschriebenen 
Wege  bei  der  vorgesetzten  Behörde  anzuzeigen  und  Remedur  nachzusuchen,  welche 
nach  vorgängiger  Ermittelung  der  Thatsachen  zu  veranlassen  seL  Ergebe  sich 
bei  dieser  Untersuchung,  dafs  die  Beschwerde  durch  die  Beschäftigung  des 
Geistlichen  in  der  Staatsverwalt^unff  verursacht  werde,  und  lasse  sie  sich  auf 
andere  TV  eise,  etwa  durch  einen  Personenwechsel  oder  durch  Erleichterung  in 
den  Arbeiten  nicht  erledigen,  so  sei  es  eben  so  billig  als  gerecht,  dafs  für  die 
Seelsorge  und  Schulaufsicht  in  den  Pfarr^emeinden  eine  Aushülfe  auf  Eosten  des 
Staats  geschafft  werde.  Hiernach  sei  m  vorkommenden  Fällen  zu  verfahren, 
und  sofern  es  einer  Anweisung  des  erforderl.  Eostenaufwands  bedürfe,  darüber 
zu  berichten. 

Auf  einen  späteren  Bericht  des  E.  Staatsministeriums  haben  des  Eönigs 
Maj.  durch  CO.  v.  25.  Aug.  d.  J.  zu  entscheiden  geruht: 

Dafs  den  Eirchenpatronen  überhaupt  nicht  gestattet  werden  könne,  in  die 
Vocatiönen  der  von  ihnen  berufenen  Geistlichen  beschränkende  Bedingungen  in 
Betreff  der  Uebemahme  von  Nebenämtern  und  Beschäftigungen  einzurücken, 

.und  in  Folge  der  in  der  Ordre  v.  14.  Jan.  1833  wegen  der  Uebemahme  von 
Staatsämtem  seitens  der  Geistlichen  getroffenen  Bestimmungen  ferner  festzusetzen: 

Dafs  ein  Geistlicher  ein  anderes  Nebenamt  als  ein  königl.  Amt  nur  mit 
Genehmigung  des  Prov.Consistoriums  übernehmen  dürfe,  welches  darüber  zuvor 
den  Patron  und  den  Eirchenvorstand  der  Gemeinde  mit  ihren  Gutachten  zu  hören 
habe.  Auch  sollten  die  Consistorien,  mit  Vorbehalt  des  Recurses  an  den  Min. 
der  geistl.  etc.  Angl.,  darüber  entscheiden,  ob  der  mit  einem  Nebenamt  zu  beauf- 
tragende Geistliche  einer  Hülfe  oder  Stellvertretung  in  seinem  Hauptamt  bedürfe, 
und  welche  Vergeltung  dafür,  und  aus  welchen  Mitteln  dieselbe  zu  gewähren  sei; 
wobei  jedoch  aus  der  Uebertragung  eines  Nebenamts  an  einen  Geistlichen  dem 
Patron  niemals  eröfsere  Leistungen  als  die  bisherigen  wider  seinen  Willen  zuge- 
muthet  werden  dürften. 


il70 

Des  Königs  Maj.  haben  mich  zugleich  beauftragt,  die  Consistorien  von  dieser^ 
Bestimmungen  in  Kenntnis  zu  setzen  und  dieselben  über  die  bei  Genehmigung  der 
TJebernahme  von  Nebenämtern  seitens  der  Geistlichen  anzuwendenden  Grundsätze, 
wie  solche  in  dem  Sr.  Maj.  erstatteten  Vortrag  angedeutet  waren,  mit  näherer 
Belehrung  zu  versehen. 

Aus  diesen  mitgeteilten  Allerh.  Bestimmungen  ergiebt  sich  zunächst,  dafs 
die  Aufnahme  einer  beschränkenden  Klausel  wegen  der  TJebernahme  von  Neben- 
ämtern irgend  einer  Art  in  die  Vocationen  der  Geistlichen  oder  die  Aus- 
stellung besonderer  Reverse  hierüber  bei  deren  Amtsantritt  unzulässig  und 
wirkungslos  ist. 

Die  Uebertragung  eines  Amts  des  Kirchenregiments  auf  einen  Geistlichen, 
wie  z.  B.  der  Superintendentur,  des  Amts  als  Consistorialrath  u.  s.  w.  geht  in 
gleicher  Weise  wie  bisher  von  den  dazu  ermächtigten  Behörden  aus,  und  sind 
dieselben  in  der  Auswahl  der  ausgezeichnetsten  und  verdientesten  Geistlichen  nicht 
beschränkt.  Dem  Patron  oder  der  Gemeinde  steht  ein  Widerspruchsrecht  gegen 
die  Ernennung  ihres  Pfarrers  zu  einem  solchen  Amt  nicht  zu.  Ergiebt  sich  aber,, 
dafs  ein  solcher  Geistlicher  durch  die  Pflichten  seines  kirchenregimentl.  Amts  zu 
sehr  in  Anspruch  genommen«  den  Angl.  seiner  Pfarrgemeinde  nicht  mehr  die  erforderl. 
Sorgfalt  zu  widmen  im  Staude  ist,  so  hat  das  K.  Consistorium  auf  Anrufen  des 
Patrons  oder  der  Gemeinde,  zunächst  zu  prüfen,  ob  auf  irgend  eine  Weise  eine 
Geschäftserleichterung  für  den  Geistlichen  bewirkt  werden  kann,  und  wenn  dieses 
nicht  der  Fall  ist,  zu  bestimmen: 

1.  in  welchem  Umfange  eine  Aushülfe  oder  eine  Stellvertretung  für  den 
Geistlichen  erforderlich,  2.  welche  Remuneration  dafür  zu  gewähren  ist.  Den 
Beteiligten  bleibt  wegen  dieser  Entscheidung  der  Recurs  an  mich  vorbehalten. 
Wegen  der  Beschaffung  der  erforderl.  Remuneration  aus  Staatsfonds  ist,  sofern 
nicht  darüber  etwa  ein  freiwilliges  Abkommen  mit  dem  zu  vertretenden  Geistlichen 
selbst  geschlossen  werden  kann,  an  mich  zu  berichten. 

Was  die  Uebemahme  von  anderen  Aemtem  durch  einen  Geistlichen  anbetrifft^ 
so  steht  den  Patronen  und  Gemeinden  auch  in  dieser  Beziehung  ein  unbedingtes 
Recht  des  Widerspruchs  nicht  zu.  Der  Geistliche  aber,  welchem  ein  solches  Neben- 
amt aufgetragen  wird  und  welcher  zu  dessen  üebernahme  geneigt  ist,  hat  zu 
diesem  Behuf  zuvor  die  Erlaubnis  des  ihm  vorgesetzten  Consistoriums  nachzusuchen. 
Das  Consistorium  hat  sodann  den  Patron  und  die  Vorsteher  der  Pfarrgemeinde 
darüber  zu  hören,  und  die  von  denselben  etwa  vorzubringenden  Gründe  des  Wider- 
spruchs näher  zu  prüfen.  Nach  Befund  derselben  ist  diese  Erlaubnis  zu  erteilen 
oder  zu  vei*sagen. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dafs  den  'Geistlichen  nur  die  üebernahme 
solcher  Nebenämter  gestattet  werden  kann,  deren  Ausrichtung  dem  Amt  und  der 
Würde  eines  Geistlichen  keinen  Eintrag  thut.  Als  angemessene  Beschäftigungen 
werden  hier  beispielsweise  erwähnt:  die  Erteilung  von  Religionsunter- 
richt in  Öffentl.  oder  Privatschulen,  die  Teilnahme  an  der  Verwaltung 
von  Armenkassen  und  milden  Stiftungen  u.  s.  w. 

Es  wird  ferner  festzuhalten  sein,  dafs  die  Beschäftigung  in  einem  Nebenamt 
den  Geistlichen  seinem  nächsten  Beruf,  als  Seelsorger  für  das  geistige  Wohl  seiner 
Gemeinde  zu  wirken,  nicht  entfremden  darf.  Zeitraubende  Nebenbeschäftigungen 
können  daher  in  der  Regel  solchen  Geistlichen  nicht  gestattet  werden,  welche 
entweder  in  ihrer  Gemeinde  allein  stehen,  oder  denen  doch  die  Pflicht  der  Seel- 
sorge vorzugsweise  obliegt,  üeberhaupt  wird  um  der  Beschäftigung  eines  Geist- 
lichen in  einem  Nebenamt  willen,  aufser  den  oben  bezeichneten  Aemtern,  die  sich 
auf  eine  Ausübung  des  Kirchenregiments  beziehen,  eine  Vertretung  oder  Aushülfe 
in  seinem  eigentlichen,  kirchl.  Beruf  nicht  leicht  zu  gestatten  sein.  Sollte  durch 
besondere  örtl.  Verhältnisse  ausnahmsweise  eine  Abweichung  von  dieser  Regel 
motivirt  werden,  so  liegt  es  dem  K.  Consistorien  ob,  gleichzeitig  für  die  Anordnung 
einer  ausreichenden  Beihülfe  oder  Stellvertretung  zu  sorgen,  deren  Kosten  jedoch 
in  diesem  Fall  weder  aus  Staatsfonds  zu  entnehmen  sind,  noch  auch  dem  Patron 
oder  den  Gemeinden  angemuthet  werden  dürfen.  Vielmehr  wird  es  dem  Geistlichen 
selbst  oder  der  Anstalt,  welche  seine  Hülfe  erbittet,  obliegen,  die  Mittel  zur  Be- 
soldung eines  Stellvertreters  aufzubringen. 

Endlich  ist  bereits  durch  das  Gesetz  v.  13.  Juli  1839  (s.  p.  268)  vorge- 
schrieben, dafs  die  vorgesetzte  Behörde  die  Erlaubnis  zur  Annahme  eines  Nebenamts 


271 

nur  auf  Widerruf  oder  doch  nur  auf  eine  bestimmte  Zeit  oder  für  ein  bestimmtes, 
nach  Ablauf  einer  gewissen  Zeit  von  selbst  endendes  Geschäft,  zu  erteilen  hat, 
ohne  dafs  wegen  des  unter  veränderten  Umständen  erfolgenden  Widerrufs  ein 
Apspruch  auf  Entschädigung  für  die  verlorenen  Emolumente  des  Nebenamts  aner- 
kannt werden  kann.  Ist  mit  dem  Amt  des  Oeistlichen  unmittelbar  noch  eine 
andere  Beschäftigung,  als  was  zunächst  dazu  gehört,  z.  B.  die  Verwaltung:  kirchl. 
Armenkassen,  verbunden,  so  iällt  die  Nothwendigkeit  einer  besonderen  Erlaubnis 
hierzu  von  selbst  fort. 

Nach  diesen  Grundsätzen  hat  das^K.  Consistorium  in  vorkommenden  Pällen 
zu  verfahren.** 

Zur  üebernahme  von  Functionen  bei  der  städi  Gemeindeverwaltung: 

C.Verf.  V.  24.  Febr.  1851.  „Die  HH.  Minister  des  Innern  und  der 
Finanzen  haben  sich  in  dem  im  10.  Stück  des  Min.  Blatts  für  1850  abge- 
druckten Erlafs  an  den  H.  OPräsidenten  der  Rheinprovinz  v.  7.  Nov.  v.  J. 
dahin  ausgesprochen,  dafs  für  Staatsbeamte  zur  Üebernahme  von  Functionen  bei 
der  neuen  Gemeindeverwaltung  die  Genehmigung  der  vorgesetzten  DienstbehördjB 
erforderlich  sei.  Ich  erkläre  mich  hiermit  einverstanden  und  veranlasse  die  E. 
Begierung  demgemäi's  auch  hinsichtl.  der  Beamten  meines  Bessorts  zu  verfahren.'* 

Min.Verf.  v.  23.  April  J864:  —  „Lehrer  an  städt.  Gymn.  können  für 
Gemeindebeamte  im  Sinne  der  Städteordnung  v.  30.  März  1853  nicht  gehalten 
werden,  eine  Auffassung,  welche  auch  durch  §  56  Nr.  6  der  Städteordnung 
unterstützt  wird,  und  mit  welcher  auch  das  K.  Minist,  des  Innern  sich  wiederholt 
einverstanden  erklärt  hat  Wenn  hiemach  solche  Gymnasiallehrer  an  sich  zu 
Stadtverordneten  wählbar  sind,  so  ist  doch  ihr  Eintritt  in  die  Stadtverord- 
neten-Versammlung immer  von  dem  Dafürhalten  der  Aufsichtsbehörde 
abhängig,  welche  ihre  Genehmigung  dazu  verweigern  oder,  wenn  sich  aus  der 
Teilnahme  eines  Lehrers  an  den  Geschäften  der  Stadtverordneten-Versammlung 
ünzuträglichkeiten  ergeben,  zurücknehmen  kann.'* 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  14.  Juni  1864:  „Nach 
einem  uns  von  dem  Herrn  Minister  unter  dem  23.  April  d.  J.  zugefertigten  Rescript 
ist  besonders  darauf  hingewiesen  worden,  dafs  die  Lehrer  Sämtlicher  zu  unserem 
Bessort  gehörenden  höh.  ünterrichtsanstalten  zu  ihrem  Eintritt  in  die  Stadt- 
verordneten-Versammlungen der  besonderen  diesseitigen  Genehmigung  bedürfen. 
Obgleich  dieser  Grundsatz  keineswegs  neu  ist,  vielmehr  aus  den  längst 
bestehenden  gesetzl.  Bestimmungen  fliefst,  sind  doch  auch  jetzt  wieder  Fälle 
vorgekommen,  in  denen  die  Einholung  der  Genehmigung  unterblieben  ist.  Wir 
veranlassen  Sie  deshalb  bei  etwan.  Wahlen  von  Lehrern  an  der  Ihnen  unter- 
gebenen Anstalt  zu  Stadtverordneten,  dieselben  zu  veranlassen,  uns  das  von 
Ihnen  mit  einer  gutachtl.  Aeufsening  zu  versehende  Gesuch  wegen  Erteilung 
der  Genehmigung  unverzügl.  einzureichen.  Für  den  Fall  aber,  dal's  Ihrer  Auf- 
forderung zu  diesem  Ende  nicht  sofort  Folge  geleistet  werden  sollte,  sehen  wir 
Ihrer  besonderen  Anzeige  von  der  Wahl  entgegen." 

Mitglieder  des  Magistrats  können  nach  §  30,  3  der  Städteordnung 
V.  30.  Mai  1853  Lehrer  an  öffentlichen  Schulen  nicht  sein. 

Vormundschaften  brauchen  die  Lehrer  gemäfs  der  Bestimmung  des 
A.  LB.  II.  Tit.  18.  §  213  nur  über  Kinder  von  Verwandten  und  Amtsgenossen 
zu  übernehmen,  üeber  die  erforderliche  Genehmigung  vgl.  die  Lehrerinstructionen 
S.  232,  236,  239,  256. 

C.Verf  V.  25.  Mai  1883.  „Die  Frage,  ob  öffentl. Beamte  nach  der  bestehenden 
Gesetzgebung  verpflichtet  seien,  sich  in  Civilprozefs-  u.  Strafsachen  als  gerichtl. 
Sachverständige  vernehmen  zu  lassen,  ist  zwischen  den  Herren  Ministern  des 
Innern,  der  öff.  Arbeiten,  für  Landwirthsch.  Dom.  und  Forsten,  für  Handel  und 


272 

Gew.,  der  Finanzen  und  mir  einer  eingehenden  Erörterung  unterzogen  worden. 
Nachdem  die  bez.  Verhundlungen  zum  Abschlufs  gekommen  sind,  mache  ich  es 
allen  unmittelbaren  Staatsbeamten  meines  Bessorts  hierdurch  zur  Pflicht,  in 
allen  Fällen  einer  an  sie  ergehenden  gerichtlichen  Vorladung  aj  als  Sach- 
verständige, b)  als  aufserhalb  des  Wohnorts  zu  vernehmende  Zeugen,  c)  als 
Zeugen  über  Umstände,  auf  welche  sich  ihre  Pflicht  zur  Amtsverschwiegenheit 
bezieht,  ihrer  nächsten  vorgesetzten  Dienstbehörde  unter  Angabe  des  Sach- 
verhältnisses, in  welchem  die  Vernehmung  erfolgen  soll,  und  unter  näherer 
Darlegung  der  Grunde,  welche  etwa  im  Dienstinteresse  die  Vernehmung  als 
unzulässig  oder  nachteilig  erscheinen  lassen,  sofortige  Anzeige  zu  machen,  damit 
die  vorgesetzte  Behörde  rechtzeitig,  d.  h.  vor  dem  Termine,  das  ilir  gesetzlich  zu- 
stehende Einspruchsrecht  wahren  und  event.  für  die  gehörige  Vertretung  während 
der  Terminsdauer  sorgen  kann.  Diese  Anordnung  erstreckt  sich  euch  auf  die 
Fälle,  in  welchen  die  gedachten  Beamten  durch  einen  Angeklagten  unmittelbar 
vorgeladen  werden  sollten.  (§  219  der  Straf-Procefs-Ordnung.)*'   I.V.. gez.  Lucanus. 

Teilnahme  an  den  Prufungscommissionen  für  einjährig 

Freiwillige. 

C.Verf.  des  Finanzmin.  und  de^  Min.  des  Innern  v.  7.  Mai 
1860  (an  die  K.  OPräsidenten) :  „Als  aufserordentliche  von  den  HH.  OPräsi- 
denten  zu  ernennende  Mitglieder  der  Prüftingscommissionen  für  einjähr.  Frei- 
willige sind  in  §  26  der  Instr.  v.  9.  Dec.  1858  (vgl.  Wehrordn.  v.  28.  Sept. 
1875  §  92,  Abt.  I  S.  461)  der  Dir.  und  ein  Lehrer  oder  2  Lehrer  eines  Gymn. 
oder  einer  Bealschule  bestimmt  worden;  wogegen  die  durch  §  4  der  Instr.  v. 
21.  Jan.  1822  getroffene  Anordnung  der  Zuziehung  von  sachverständigen 
Männern  des  Kaufmanns-  und  Fabrikantenstandes,  der  Landwirthschaft,  sowie 
des  Standes  der  Künstler  und  kunstgerechten  Arbeiter  aufgehoben  ist 

Da  den  bei  der  Prüfung  der  zum  einjähr,  ireiwill.  Militärdienst  sich 
meldenden  jungen  Leute  als  Examinatoren  zuzuziehenden  Lehrern  eine  gesetz- 
liche Verpflichtung  zur  Mitwirkung  bei  dieser  Prüfung  nicht  obliegt,  so  geneh- 
migen wir  hierdurch,,  dafs  den  gedachten  Lehrern  für  jeden  einzelnen  Tag,  an 
welchem  dieselben  bei  der  Prüfung  zugegen  gewesen  sind,  3  Thlr.  Prüfungs- 
gebühren aus  dem  Extraordinarium  der  betr.  Begierungs-Hauptkasse  gewslbrt 
werden.  [Durch  Verf.  des  Finanzmin.  und  des  Min.  des  Innern  v.  22.  Jan.  1875 
ist  der  Betrag  auf  4  Thlr.  tägl.  erhöht  worden.] 

Ew.  pp.  ersuchen  wir  ergebenst,  das  Weitere  hiemach  gefälligst  zu  ver- 
anlassen und  im  Interesse  der  Staatskasse  dahin  zu  wirken,  dafs  bei  den 
Prüfungscomm.  Ihres  Verwaltungsbezirks  die  Dauer  der  Prüfung  auf  das  ohne 
Beeinträchtigung  des  Zwecks  der  Prüfung  zulässige  Minimum  der  Tagezahl 
beschränkt  werde." 

Ueber  die  Stellvertretungskosten  bei  Annahme  einer  Wahl  z.um 
Abgeordnetenhause  s.  Abschn.  VI. 


BeBtünmungen  über  Gesuche. 

Dafs  die  Lehrer  für  ihre  Gesache  an  die  vorgesetzte  Behörde  die  Yer- 
mittelong  des  Dir.  in  Ansprach  zn  nehmen  haben,  ist  in  den  Lehrerinstructionen 
erinnert,  ünterstützungsgesnche  sind  nicht  unmittelbar  an  den  Min.,  sondern 
an  die  AuÜBichtsbehörde  der  Schule  zu  richten. 

C.Verf.  V.  22.  Jan.  1851:  „Die  K.  Regierungen  und  Prov.Sch.CC.  sind 
wiederholt  veranlafst  worden,  den  Lehrern  und  sämtlichen  den  E.  Prov.Sch.CC. 
untergeordneten  zum  Bessert  des  diesseii  Min.  gehörigen  Beamten  etc.  bemerk- 
lich zu  machen,  dafs  Gesuche  um  Unterstützungen  etc.  nicht  direct  an  mich. 


273 

sondern  jedesmal  zunächst  an  die  vorgesetzte  Provinzialbehörde 
gerichtet  werden  sollen,  welcher  dann  überlassen  bleibt^  das  Gesuch  zu  prüfen 
und  nach  Befinden  der  Umstände  darauf  zu  yerfagen,  eine  Unterstützung  aus 
den  ihr  zur  Verfügung  stehenden  Fonds  zu  bewilligen  oder  aus  Centralfonds 
bei  mir  zu  beantragen  etc.  Gleichwohl  gehen  noch  immer  zahlreiche  Gesuche 
der  gedachten  Art  hier  unmittelbar  ein,  welche  dann  der  betr.  Provinzialbehörde 
zugefertigt  werden  müssen.  Zur  Vermeidung  dieses  Uebelstandes  veranlasse  ich 
das  K.  ProY.Sch.C,  die  Lehrer  und  die  betr.  Beamten  ihres  Departements  auf 
die  Eingangs  erwähnten  Bestimmungen  zu  verweisen  und  ihnen  die  Beachtung 
derselben  mit  dem  Bemerken  zur  Pflicht  zu  machen,  dafs  ich  keine  Unter- 
stützung bewilligen  werde,  ohne  das  E.  Prov.Sch.C.  mit  Seinem  Gutachten  über 
die  Bedürftigkeit  und  Würdigkeit  des  Bittstellers  vorher  gehört  zu  haben. 

Bei  dieser  Veranlassung  empfehle  ich  die  gewissenhafteste  und  sorg- 
fältigste Prüfung  der  Unterstützungsgesuche,  welche  sowohl  durch  die  Be- 
schränktheit der  Fonds,  als  auch  durch  die  Rücksicht  auf  eine  gerechte  Ver- 
teilung derselben  unabweisbar  geboten  ist  Nur  solchen  Lehrern,  Beamten  etc. 
können  Unterstützungen  gewährt  werden,  welche  bei  tadelfreier  amtlicher  Füh- 
rung und  anerkennenswerthen  Leistungen  sich  durch  ein  musterhaftes  Verhalten 
in  moralischer  und  polit.  Beziehung,  durch  Treue  gegen  den  König  und  Ge- 
horsam gegen  die  Gesetze  auszeichnen,  eine  ordenü.  und  sparsame  Wirthschaft 
führen  und  ohne  eigene  Schuld  in  Noth  gerathen  sind.  Dafs  die  Festhaltung 
dieses  Grundsatzes  die  bestimmte  Absicht  der  Behörde  ist,  wird  das  K.  Prov.Sch.C. 
den  Beteiligten  in  geeigneter  Weise  zur  Kenntnis  bringen. 

Nach  gleichen  Grundsätzen  ist  in  allen  Fällen  zu  verfahren,  wo  es  sich 
um  eine  Anstellung  im  Staatsdienst,  Beförderung  zu  höherem  Eange,  Verleihung 
von  Orden  oder  Titeln,  Versetzung  in  eine  besser  dotirte  Stelle,  Verleihung 
von  Gnadenpensionen,  Stipendien  etc.  handelt.  Alle  solche  Bewilligungen 
können  nur  solchen  Personen  zu  Teil  werden,  welche  sich  neben  der  geschäft- 
lichen etc.  Qualification  durch  tadellose,  moralische  und  polit.  Haltung,  durch 
Treue  gegen  den  König  und  Gehorsam  gegen  die  Gesetze  auszeichnen. 

Vor  jeder  Bewilligung  etc.  der  gedachten  Art  hat  das  K.  Prov.Sch.C.  auf 
zuverlässigem  Wege  über  die  Würdigkeit  des  Beteiligten  in  allen  jenen  Be- 
ziehungen Nachricht  einzuziehen  und  das  Resultat  zu  den  Acten  zu  vermerken, 
damit  bei  künftig  entstehender  Nachfrage  genaue  Auskunft  von  dem  K.  Prov.- 
Sch.C. erteilt  werden  kann. 

In  allen  Anglgh.  der  gedachten  Art,  in  welchen  zu  meiner  Entscheidung 
zu  berichten  ist,  hat  das  K.  Prov.Sch.C.  das  Erforderliche  in  jenen  Beziehungen 
zu  vermerken,  da  der  Bericht  sonst  zur  Ergänzung  zurückgehen  würde.  Bei 
allen  Nachweisungen,  welche  das  K.  Prov.Sch.C.  über  die  von  demselben  ver- 
fugten Anstellungen,  verteilten  Unterstützungen  etc.  einreicht,  ist  in  dem  Be- 
gleitungsbericht zu  bescheinigen,  dafs  gegen  die  Würdigkeit  der  Beteiligten  in 
allen  oben  gedachten  Beziehungen  nichts  zu  erinnern  ist  Etwanige  Aus- 
nahmen, die  nur  unter  besonders  dringenden  Umständen  vorkommen  können, 
sind  für  jeden  einzelnen  Fall  speciell  zu  erläutern. 

Die  consequente  Anwendung  dieses  Verfahrens  wird,  wie  ich  hoffe,  eine 
heilsame  Einwirkung  auf  die  Lehrer,  Beamten  etc.  üben,  die  Guten  ermuthigen, 
Leichtsinnige  aber,  welche  in  Selbsttäuschung  über  ihre  Leistungen  und  ihren 
Wandel  befangen  sind  oder  sich  nicht  sorgfältig  beobachtet  glauben,  vor 
schlimmeren  Folgen  einer  nicht  tadelfreien  Führung  bewahren.'' 

Urlaub. 

A.  LB.  T.  IL  Tit  10.  §  92.  „Kein  Beamter  darf  den  zur  Ausübung  seines 
Amts  ihm  angewiesenen  Wohnort  ohne  Vorwissen  und  (}enehmigung  seiner 
Vorgesetzten  verlassen. 

Wiei6,  Vesordnnngen«    II.  13 


364 

• 

C.Verf.  V.  14.  Mai  1867:  —  „Nach  den  Angaben  des  K.  Prov.Sch.C. 
haben  einzehie  Lehrer  hiesiger  Gymnasien  and  Bealschnlen  eich  teils  mit 
Unterrichtsstunden  an  anderen  Anstalten,  teils  mit  Priyatstnnden 
dermafsen  überbürdet,  dafs  sie  bei  der  Schnle,  an  welcher  sie  angestellt 
sind,  zur  Vertretung  in  Nothfällen  nicht  herangezogen  werden  können  und  dafs 
sie  durch  eine  derartige  Anstrengung  unausbleibUch  ihrer  Leistungsfähigkeit 
für  das  Hauptamt  Abbruch  thun.  Ich  bin  mit  dem  K.  Prov.  Sch.C.  ein- 
verstanden, dafs  hierin  ein  üebelstand  lieg^  der  Abhülfe  verlangt  glaube  indes 
nicht,  dafs  es  dazu  neuer  allgemeiner  Anordnungen  bedarf,  zumal  da  in  jedem 
einzelnen  Falle  die  individuellen  Verhältnisse  berücksichtigt  werden  müssen. 

Wie  Nebenämter  von  Lehrern  nur  mit  Genehmigung  der  Aufsichtsbehörde 
übernommen  werden  dürfen,  so  können  sie  sich  auch  zur  üebemahme  von 
Privatthätigkeit  nur  so  weit  für  befugt  erachten,  wie  es  mit  ihrer  Pflicht  far 
ihr  eigentliches  Amt  verträglich  ist.  Zu  beurteilen,  ob  die  Grenze  eingehalten 
oder  überschritten  wird,  ist  zunächst  Sache  des  Dir.,  der  u.  a.  auch,  wie  es  bei 
mehreren  Anstalten  geschieht,  eine  Bestimmung  darüber  treffen  kann,  für  wieviel 
Stunden  wöchentL  während  der  Schulzeit  jeder  Lehrer  zu  etwa  erforderl.  Stell- 
vertretung bereit  sein  mufs.  Jeder  Dir.  weifs,  dafs  er  hierin  wie  in  allem,  was. 
er,  um  das  Interesse  der  ihm  anvertrauten  Schule  zu  wahren,  anordnen  zu 
müssen  glaubt,  nöthigenfalls  die  Unterstützung  des  vorgeordneten  K.  Prov.Sch.C. 
in  Anspruch  nehmen  kann,  sowie  dieses  «nach  Befinden  bei  Directoren,  denen 
es  schwer  wird,  zwischen  dem  persönl.  Interesse  der  Lehrer  und  dem  der  Schule 
immer  die  richtige  Ausgleichung  zu  treffen,  verlangen  kann,  von  dem  Umfange 
der  Privatthätigkeit  jedes  Lehrers  unterrichtet  zu  werden,  um  die  Genehmigung^ 
dazu  zu  erteilen  oder  zu  versagen. 

Hiernach  bleibt  dem  E.  Prov.  Seh.  C.  überlassen,  Sein  Verfahren  in  dieser 
Angelegenheit,  um  die  Schulen  wie  die  Lehrer  vor  Nachteil  zu  schützen,  nach 
eigenem  pflichtm.  Ermessen  einzurichten.'' 

C.Verf.  V.  27.  Apr.  1854:  „In  Betreff  der  Erteilung  von  Privat- 
unterricht durch  Lehrer  höherer  Lehranstalten  an  Schüler  derjenigen 
Klassen,  in  welchen  sie  unterrichten,  finde  ich  mich  veranlafst.  Folgendes 
festzusetzen:  Wird  bei  der  Aufnahme  und  Versetzung  der  Schüler  mit  gewissen- 
hafter Strenge  verfahren,  und  ist  der  Unterricht  überhaupt  wohlgeordnet,  so 
kann  das  fiedürfois  der  Privatnachhülfe  nur  in  aufserordenü.  Fällen  vorkommen. 
Ob  solche  vorhanden  sind,  ist  nicht  ohne  Mitwirkung  des  Dir.  der  Anstalt  zu 
entscheiden,  da  er  ebensowohl  darauf  zu  sehen  hat,  dafs  der  Klassenunterr. 
seinen  Zweck  an  den  Schülern  erreiche,  wie  darauf,  dafs  diese  die  rechte 
Empfänglichkeit  far  denselben  behalten.  Andererseits  wird  die  Privatnachhülfe, 
wo  sie  aus  irgend  einem  Grunde  nöthig  erscheint,  in  der  Begel  am  zweck- 
mäfsigsten  von  demjenigen  Lehrer  übernommen  werden,  welcher  in  dem  betr. 
Object  in  der  Klasse  unterrichtet.  Demnach  sind  die  Dir.  mit  Anweisung 
dahin  zu  versehen,  dafs  hinfort  jeder  Lehrer,  welcher  gegen  Honorar  an  Schüler 
seiner  Klasse  Privatunterr.  zu  geben  veranlafst  wird,  dazu  vorher  die  Genehmigung 
des  Dir.  nachzusuchen  hat  Dieser  hat  die  Fälle,  in  welchen  er  dieselbe  erteilt, 
mit  kurzer  Angabe  der  jedesmaligen  Gründe,  zu  notiren  und  eine  Uebersicht 
davon  dem  beb-.  Departementsrath  bei  der  nächsten  Anwesenheit  desselben  zur 
Kenntnisnahme  vorzulegen.  Dafs  Schüler  der  unteren  und  mittl.  Klassen, 

wie  es  mehrfach  geschieht,  ihre  Schularbeiten  unter  der  Aufsicht  eines  Klassen- 
lehrers anfertigen,  soll  nicht  gehindert  werden;  doch  wird  den  Dir.  zur  Pflicht 
zu  machen  sein,  darauf  zu  achten,  dafs  dgl.  bezahlte  Arbeitsstunden  keine 
Ungleichheit  in  Behandlung  und  Beurteilung  der. Schüler  zur  Folge  haben.^ 

Aus  einer  Min. Verf.  v.  30.  Apr.  1875:  „Hie  und  da  hat  die  Prov. 
Aufsichtsbehörde   den   Unzuträglichkeiten,    welche   aus   der   Aufnahme   von 


265 

Pensionären  und  dnrch  Privatunterr.  seitens  der  Dir.  und  Lehrer  entstehen 
können,  dadurch  vorgeheugt,  dafs  sie  sich  regelmäfsig  an  hestimmten  Terminen 
eine  tahellar.  üehersicht  aller  solcher  Nebenbeschäftigangen  der  Dir.  und  Lehrer 
einreichen  läfst  und  es  sich  vorbehält,  ein  Verbot  da  eintreten  zu  lassen,  wo 
thatsächl.  IJebelstände  wahrgenommen  worden  sind.  Ein  solches  Verfahren  ist 
geeignet,  ebensowohl  das  Interesse  der  Schule,  wie  das  persönliche  der  Lehrer 
selbst  zu  wahren."  — 

Aus  einer  Min. Verf.  v.  6.  Oct.  1882  (CB.  1882  S.  716  f.).  „Die  auf 
Erwerb  gerichtete  aufseramtliche  Beschäftigung  eines  öffentl.  Lehrers  mit  der 
Erteilung  von  Privatunterrichtsstunden  charakterisirt  sich  als  Betrieb  eines 
Gewerbes,  zu  welchem  öffentliche  Lehrer  als  Beamte  gemäfs  §  19  der  Preufs. 
Allgem.  Gewerbeordnung  vom  17.  Jan.  1845  die  Erlaubnis  ihrer  vorgesetzten 
Dienstbehörde  bedürfen. ... 

Die  Erteilung  von  Privatunterr.  seitens  des  Klassenlehrers  an  Schüler 
seiner  eigenen  Kl.,  wenn  derselbe  dafür  Bezahlung  nimmt,  ist  zwar  im  Allgem. 
nicht  für  zulässig  zu  erachten  wegen  der  damit  in  der  Begel  verbundenen 
Unzuträglichkeiten.  Es  giebt  aber  Ausnahmefälle,  in  welchen,  wie  z.  B.  nach 
längerer  Versäumnis  der  Unterrichtsstunden  wegen  Krankheit,  Nachhülfestunden 
durch  den  Klassenlehrer,  auch  wenn  sie  gegen  Bezahlung  erteilt  werden,  nicht 
blofs  für  statthaft  zu  erachten  sind,  sondern  unter  Umständen  selbst  erwünscht 
und  erspriefslich  erscheinen  können.** Der  Min.  etc.  v.  Gofsler. 

CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  12.  Mai  1882.  „Wir 
sehen  uns  veranlafst,  an  die  Bestimmungen  der  C.Verf.  v.  27.  Apr.  1854 
betreffend  die  Erteiluifg  von  Privatunterricht  durch  Lehrer  höh.  Lehranstalten 
an  Schüler  derjenigen  Klassen,  in  welchen  sie  unterrichten,  zu  erinnern  und 
machen  es  den  Directoren  (Bectoren)  zur  Pflicht,  auf  die  genaue  Beachtung 
dieser  Bestimmungen  ihrerseits  und  von  Seiten  der  Lehrer  ihr  besonderes 
Augenmerk  zu  richten  und  die  Befolgung  derselben  in  der  ersten  Lehrerconferenz 
jedes  Schulsemesters  einzuschärfen,  auch,  dafs  dieses  geschehen,  in  dem  bezüglichen 
Protokolle  zu  bemerken.  Vor  Allem  ist  festzuhalten,  dafs  die  Erlaubnis  zu 
Privatunterricht  der  bezeichneten  Art  gegen  Honorar  nur  „in  aufserordentlichen 
FäUen"  zu  erteilen  ist  und  der  Dir.  „die  Fälle,  in  welchen  er  dieselbe  erteilt, 
mit  kurzer  Angabe  der  jedesmaligen  Gründe,  zu  notiren  und  eine  Uebersicht 
davon  dem  betr.  Departementsrath  bei  der  nächsten  Anwesenheit  desselben  zur 
Kenntnisnahme  vorzulegen"  hat.  Ebenso  sind  die  Lehrer  an  die  Bestimmung 
der  Instr.  für  Lehrer  v.  15.  Jan.  1868,  HI,  7,  h  (s.  S.  248)  zu  erinnern,  nach 
welcher  sie  überhaupt  zur  Uebemahme  von  Privatstunden  und  Aufnahme  von 
Pensionären  die  Genehmigung  des  Dir.  vorher  einzuholen  haben.** 

C.Verf  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  13.  Febr.  1884.  „Nach 
den  im  vorigen  Jahre  erstatteten  Berichten,  betreffend  den  von  Lehrern  an  den 
dortigen  höh.  Schulen  erteilten  Privatunterricht,  haben  sich  entschieden  tadelns- 
werthe  Mifsbräuche  in  dieser  Beziehung  dort  nicht  herausgestellt.  Indessen 
läfst  sich  doch  andererseits  nicht  verkennen,  dafs  die  Uebemahme  von  Privat- 
unterrichts- und  Arbeitsbeaufsichtigungs-Stnnden  seitens  einiger  der  gedachten 
Lehrer  eine  Ausdehnung  gewonnen  hat,  welche  nach  verschiedenen  Seiten  hin 
Bedenken  erregen   kann.  Wir  machen  die  Herren  Dirigenten  zu  eigener 

Beachtung,  sowie  zu  geeigneter  Mitteilung  an  die  betr.  LehrercoUegien  hierdurch 
auf  Folgendes  aufinerksam. 

Zunächst  ist  es  an  jeder  Schule  die  gewiesene  Pflicht  des  Directors  und 
der  Lehrer,  ernstlich  und  anhaltend  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  der  Lehrstoff 
in  der  Weise  vorgetragen  und  in  den  Unterrichtsstunden  durch  mannigfache 
Uebungen   zu   freiem   Eigentum   der  Schüler   gemacht,  sowie   dafs   sämtliche 


266 

häusliche  Arbeiten,  nicht  allein  die  schriftlichen,  sondern  auch  die  Präparationen, 
Repetitionen,  Memoriraufgaben  u.  s.  w.  durch  die  betr.  Lehrer  in  der  Schule 
so  vorbereitet  werden,  dafs  auch  diejenigen  Schuler,  welche  ihrer  Begabung 
nach  zum  gewöhnlichen  Mittelschlage  gehören,  im  Stande  sind,  ohne  aufser- 
ordentliche  Hülfe  seitens  ihrer  Angehörigen  oder  durch  Privatlehrer  dem 
Schulunterricht  zu  folgen  und  die  häuslichen  Arbeiten  ordnungsmäfsig  an- 
zufertigen. 

Die  Lösung  dieser  wichtigen  Aufgabe  wird  allerdings  in  erheblicher  Weise 
erschwert,  wenn  die  Schülerzahl  in  einzelnen  Klassen  eine  aufsergewöhnlich 
grnfse  ist,  sowie  wenn  die  Lebensverhältnisse  einer  Stadt  so  geartet  sind,  dafs 
die  Schüler  zu  Hause  nicht  durchweg  zu  fester  Ordnung  angehalten  und  in 
ihren  Beschäftigungen  überwacht  werden  können,  oder  dafs  von  aufsen  vielfache 
Gelegenheit  zu  Vergnügungen  und  Zerstreuungen  an  sie  herantritt  —  Aber 
auch  unter  solchen  Umständen  mufs  die  Schule  der  vorgedachten  Pflicht  stets 
eingedenk  sein;  darf  sich  nicht  von  vornherein  mit  der  bequemen  Ausrede 
beruhigen,  dafs  angesichts  der  im  Obigen  angedeuteten  Schwierigkeiten  die 
Schule  das  ihr  vorgesteckte  Ziel  mit  eigenen  Mitteln  allein  zu  erreichen  nicht 
im  Stande  sei;  mufs  es  vielmehr  trotz  der  ungünstigen  Verhältnisse  durch 
liebevolle,  rastlose  Hingebung  der  Lehrer  an  ihren  Beruf,  sowie  durch  die  an- 
regende Kraft  eines  methodisch  geordneten,  klar  und  anschaulich  gehaltenen 
Klassenunterrichts  thunlichst  dahin  zu  bringen  suchen,  dafs  die  Schüler,  sofern 
nicht  durch  Erkrankung  oder  anderweitige  aufserordenüiche  Störung  Ausnahms- 
zustände  eintreten,  zu  einem  regelmäfsigen  Fortschreiten  auf  den  Gebieten  des. 
Schulunterrichts  keiner  fremden  Hülfe  bedürfen.  Jedenfalls  hat  es  das  Lehrer- 
coUegium  als  eine  Ehrensache  anzusehen,  etwaigen  in  .Schüler-  oder  Eltern- 
kreisen auftauchenden  Meinungen,  wie  sie  auch  in  dortiger  Stadt  laut  geworden 
sind,  dafs  die  Schule. im  Allgemeinen  auf  Unterstützung  durch  Privatunterricht 
rechne,  auf  das  bestimmteste  entgegen  zu  treten  und  dieselben  durch  die  That 
zu  widerlegen. 

Auch  in  anderer  Beziehung  ist  es  dem  Kufe  der  Schule  nicht  zuträglich, 
wenn  Ansichten  der  gedachten  Art  im  Schwange  sind,  da  es  grofsenteils  gerade 
Lehrer  der  betr.  Anstalten  sind,  welche  sich  mit  der  Erteilung  jener  Privat- 
stunden befassen. 

Wir  hegen  allerdings  zu  der  Gewissenhaftigkeit  und  Pflichttreue  der 
Lehrer  unseres  Amtsbereichs  das  zuversichtliche  Vertrauen,  dafs  sie  sich  in 
keiner  Weise  eine  Bevorzugung  derjenigen  Schüler,  zu  Welchen  sie  durph 
Erteilung  von  Privatunterricht  in  nähere  Beziehung  getreten  sind,  zu  schulden 
kommen  lassen  werden.  Aber  wir  können  es  nicht  hindern,  dafs  das  Publikum 
vielfach  ungünstig  urteilt;  und  diese  Gefahr  wird  um  so  gröfser,  je  mehr  das 
Honorar,  welches  Lehrer  der  höh.  Schulen  für  den  an  Schüler  derselben  erteilten 
Privatunterricht  nehmen,  dasjenige  Honorar  übersteigt,  welches  für  Privatlehrer 
ortsüblich  ist.  Wir  brauchen  nicht  erst  darauf  hinzuweisen,  welch  verderblichen 
Einflufs  solche  Ansichten,  welche,  wenn  sie  auch  keinen  thatsächlichen  Grund 
haben,  doch  nach  Lage  der  Umstände  nu^  selten  mit  aller  Bestimmtheit  als 
unrichtig  erwiesen  werden  können,  auf  weite  Kreise  auszuüben  vermögen. 

Die  Lehrer  werden,  um  die  ihnen  zukommende  Vertrauensstellung  unbedingt 
2ü  wahren,  alles,  was  auch  nur  den  Schein  parteilichen  Wesens  hervorrufen 
könnte,  thunlichst  zu  meiden  haben.  Es  ist  daher,  namentlich  in  gröfeeren 
Städten,  in  welchen  es  an  geeigneteren  Lehrern  für  die  verschiedenen  Unterrichts- 
fächer nicht  fehlt,  den  Dirigenten  höherer  Schulen  besondere  Vorsicht  und 
sorgsame  Prüfung  jedes  vorliegenden  Falles  anzuempfehlen,  wenn  es  sich  darum 
handelt,  ob  sie  einem  Lehrer  der  Anstatt  gestatten  sollen,  Schülern  aus  einer 
Klasse,  in  welcher  er  selbst  unterrichtet,  gegen  Honorar  irgend  welchen  Privat- 
unterricht zu  erteilen. 


267 

Mit  Beziehung  auf  das  Vorstehende,  sowie  unter  Hinweisung  auf  die 
Ministerial-Erlasse  yom  27.  April  1854  und  vom  30.  April  1875  sprechen  wir 
den  Herren  Dirigenten  der  dortigen  höh.  Schulen  hierdurch  unsere  Erwartung 
aus»  dafs  Sie  unausgesetzt  dem  von  Lehrern  der  unter  Ihrer  Leitung  stehenden 
Anstalten  erteilten  Privatunterricht^  sowie  auch  dem  Halten  von  Pensionären 
seitens  derselben  Ihre  volle  Aufmerksamkeit  widmen  und  dafür  Sorge  tragen 
werden,  dafs  die  Interessen  der  Schuler  und  der  Buf  der  Anstalt  darunter 
nicht  leiden. 

Damit  auch  wir  aber  in  die  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  einen 
Einblick  gewinnen  und  dem  Herrn  ünterrichtsminister  darüber  berichten  können, 
so  ordnen  wir  hierdurch  zugleich  bis  auf  Weiteres  an,  dafs  die  Herren  Dirigenten 
alljährlich  vier  Wochen  nach  Ostern,  —  und  zwar  zum  ersten  Male  im  Jahre  1885  — 
eine  tabellarische  Uebersicht  aller  der  Fälle,  für  welche  Sie  während  des  vorher- 
gegangenen Schuljahrs  den  Lehrern  Erlaubnis  gegeben  haben,  ihren  Schülern 
gegen  Honorar  Privatunterricht  oder  Arbeitsstunden  zu  erteilen,^ unter  Beifügung 
der  wöch.  Stundenzahl  bei  uns  einreichen.  Etwaige  weitere  Bemerkungen, 

zu  welchen  die  Erfahrungen  Anlafs  geben,  welche  in  dem  vorhergehenden 
Schuljahre  hinsichtlich  des  Privatunterr.  der  Lehrer  oder  des  Haltens'  von 
Pensionären  seitens  derselben  sich  dargeboten  haben,  sind  in  den  Begleitbericht 
aufzunehmen.  Auch  in  den   periodischen  Verwaltungsberichten   ist  dieser 

wichtige  Gegenstand  regelmäfsig  zu  erörtern.** 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  29.  Jan.  1878.  „Es 
ist  in  jüngster  Zeit  häufiger  bemerkt  worden,  dafs  von  Mitgliedern  der  Beife- 
prüfungscommission  Privatunterricht  an  Prüfungsaspiranten,  seien  es 
Schüler  der  Anstalt  oder  Extraneer,  erteilt  wird.  Einen  derartigen  Privat- 
unterricht gänzlich  zu  untersagen,  liegt  nicht  in  unserer  Absicht,  da  es  Fälle 
geben  kann,  in  welchen  derselbe  als  gerechtfertigt  erscheinen  darf.  Andrer- 
seits läfst  sich  nicht  verkennen,  dafs  dieser  Unterricht  in  der  Mehrzahl  der 
Fälle  etwas  Bedenkliches  hat  und  die  Prüfungscommission  leicht  in  den  Verdacht 
einer  ungerechtfertigten  Nachsicht  bringen  kann.  Den  Directoren,  welche  von 
dem  an  Schüler  der  Anstalt  erteilten  Privatunterr.  Kenntnis  zu  nehmen  haben, 
wird  daher  wiederholt  empfohlen,  etwa  vorkommende  Fälle  der  bezeichneten 
Art  genau  zu  prüfen  und  bei  irgend  welchem  Bedenken  ihre  Genehmigung  zu 
versagen,  von  den  genehmigten  Fällen  aber  dem  £.  Prüfungs  -  Commissarius 
rechtzeitige  Kenntnis  zu  geben.  Hinsichtlich  des  an  Extraneer  von  Mitgliedern 
der  Prüfungscommission  erteilten  Unterrichtes  läfst  sich  ein  ähnliches  Verfahren 
zwar  nicht  vorschreiben,  da  die  Zuweisung  der  Extraneer  durch  uns  und  in  der 
Begel  erst  kurz  vor  der  schriftlichen  Prüfung  erfolgt.  Die  Directoren  wollen 
indessen  den  Mitgliedern  der  Prüfangscommission  mitteilen,  dafs  wir  in  der 
Begel  keinen  Extraneer  zur  Maturitätsprüfung  einer  Schule  zuweisen  werden, 
durch  deren  Lehrer  er  sich  hat  vorbereiten  lassen. . ." 

Vrgl.  aufserdem  das  in  den  Directoren-  und  in  den  Lehrer-Instructionen 
über  Privatunterricht  und  Nebenämter  Bemerkte. 

Nebenämter. 

Aufser  der  Bibliotheksverwaltun^  und  der  Aufsicht  über  andere  wissensch. 
Sammlungen  und  Lehrmittel  kommt  an  den  Schulen  selbst  die  Ver ein- 
nah mung  des  Schulgeldes  als  Nebenamt  der  Lehrer  vor.  Vgl.  Abi  1  S.  386. 
Ueber  das  dabei  zu  befolgende  Verfahren,  die  Höbe  der  Bemuneration  und 
Oaution  u.  s.  w.  sind  allgm.  Bestimmungen  nicht  erlassen. 

Die  Uebemahme  von  Nebenämtern  aufserhalb  der  Schule  kann  den 
liChrern  nicht  unbedingt  untersagt  werden.  Sie  bedürfen  aber  dazu  der  Zustim- 
mung jedenfalls  des  Dir.  der  Schule,  welcher  meistens  auch  noch  die  Genehmigung 


268 

der  vorgesetzten  Aufsichtsbehörde  einzuholen  hat;  vgl.  die  obigen  Dienstinstructionen» 
Letztere  erteilt  die  Erlaubnis  zur  Annahme  eines  Nebenamts  nur  auf  Widerruf, 
oder  nur  auf  eine  bestimmte  Zeit,  oder  für  ein  bestimmtes,  nach  Ablauf  einer  ge- 
wissen Zeit  von  selbst  endendes  Geschäft,  ohne  dafs  wegen  des  unter  veränderten 
Umständen  erfolgenden  Widerrufs  ein  Anspruch  auf  Entschädigung  für  die  ver- 
lorenen Emolumente  des  Nebenamts  anerkannt  werden  kann. 

Allerh.  Erlafs'v.  27.  Jan!  1884  an  das  Staatsministerinm.  „Auf  den 
Bericht  vom  25.  d.  M.  bestimme  Ich  hierdurch,  dafs  fortan  Beamte,  welche  von 
Mir  resp.  mit  Meiner  Genehmigung  angestellt  worden  sind,  ohne  Meine  Erlaubnis 
ein  Nebenamt  in  einem  anderen  Staate  nicht  annehmen  dürfen.^'    gez.  Wilhelm. 

CO.  V.  13.  Juli  1839  (GS.  p.  235):  „1.  Kein  Staatsbeamter  darf  ein 
Nebenamt  oder  eine  Nebenbeschäffcignng,  mit  welcher  eine  fortlaufende  Bemune- 
ration  verbunden  ist,  ohne  vorgängige  ausdrückl.  Genehmigung  derjenigen  Central- 
behörden  übernehmen,  welchen  das  Haupt-  und  das  Nebenamt  untergeben  sind. 
3.  Die  Uebertragung  von  Nebenämtern  oder  Nebenbeschäftigungen  darf  in  der 
Eegel  nur  auf  Widerruf  stattfinden.  Die  Centralbehörden  des  Haupt-  wie  des 
Nebenamts  sind  gleich  befngt,  diesen  Widerruf  eintreten  zu  lassen,  ohne  dafs 
eine  Beschwerde  darüber  zulässig  ist  oder  eine  Entschädigung  für  den  Verlust 
der  mit  dem  Nebenamte  oder  Geschäfte  verbundenen  Einnahmen  oder  Vorteile 
in  Anspruch  genommen  werden  kann.  5.  Alle  Einnahmen  und  Emolumente, 
welche  ein  Beamter  aufser  dem  mit  seinem  Hauptamt  verbundenen  Einkommen 
aus  Staats-,  Instituten-,  Corporations-  oder  anderen  Kassen  und  Fonds  bezieht^ 
müssen  in  demjenigen  Etat,  worin  das  Hauptamt  aufgeführt  ist,  genau  vor  der 
Linie  vermerkt  werden." 

Nach  der  CO.  v.  25.  Juli  1840  findet  die  CO.  v.  13.  Juli  1839  directe  An- 
Wendung  zwar  nur  auf  unmittelbare  Staatsbeamte^),  mithin  auf  Dir.  und 
Lehrer  an  allen  Unterrichtsanstalten  königl.  Fatronats.  Jedoch  sind  die  darin 
enthaltenen  Vorschriften,  insbesondere  über  die  Nothwendigkeit  der  Zustimmung 
der  Aufsichtsbehörde  für  das  Hauptamt,  über  die  Widerruflichkeit  dieser  Zustim- 
mung und  über  die  Etatisirung  der  Nebeneinnahme  auch  für  die  Uebernahme  von 
Nebenämtern  seitens  der  Dir.  und  Lehrer  an  den  Schulen  nicht  königl.  Fatronats 
mafsgebend. 

C.  Verf.  V.  19.  Juli  1875.  „Mit  Bezug  auf  die  Bestimmungen  im  §  1 
des  Gesetzes  v.  10.  Juni  v.  J.  (GS.  p.  244)  veranlasse  ich  die  K.  Begierung  etc., 
Fürsorge  zu  treffen,  dafs  vom  1.  Jan.  1876  ab  von  den  zum  Bessert  derselben 
gehörigen  unmittelbaren  Staatsbeamten  keiner  mehr  eine  mittelbar  oder  nnmittelbar 
mit  einer  Eemuneration  oder  einem  Vermögensvorteile  verbundene  Stellung  als 
Mitglied  des  Vorstandes ,  Aufsichts-  oder  Verwaltungsrathes  einer  Actien- 
Gommandit-  oder  Bergwerks-Gesellschaft  oder  in  einem  Comit6  zur 
Gründung  solcher  Gesellschaften  einnimmt.  ....**        Der  Min.  etc.  Falk. 

C.Verf.  V.  31.  Oct.  1841:  „Es  sind  Allerh.  Orts  durch  Befehle  v. 
14.  Jan.  1833  und  25.  Aag.  1841  nähere  Bestimmungen  darüber  erlassen 
worden,  unter  welchen  Bedingungen  die  Uebertragang  eines  Staatsamts  oder 
eines  anderen  Nebenamts  auf  einen  Geistlichen   zu  gestatten,   und  in  welcher 

^)  Unmittelbare  und  mittelbare  Sftaatsdiener:  A.LR.  T.  II  Tit  10 
§  68.  „Alle  Beamte  des  Staats,  welche  zum  Militirstande  nicht  gehören,  sind 
unter  der  allgm.  Benennung  von  Civilbedient^n  begriffen.  69.  Dergleichen  Beamte 
stehen  entweder  in  unmittelbaren  Diensten  des  Staats,  oder  gewisser  demselben  unter- 

geordneter  Oollegien,  Corporationen  und  Gemeinden.**  Vgl.  oben  S.  104  und 
trafgesetzbuch  für  das  deutsche  Reich  §  359.  „Unter  Beamten  im  Sinne  dieses 
Strafgesetzes  sind  zu  verstehen  alle  im  Dienste  des  Reichs  oder  in  unmittelbarem 
oder  mittelbarem  Dienste  eines  Bundesstaats  auf  Lebenszeit,  auf  Zeit  oder  nur 
vorläufig  angestellte  Fersonen,  ohne  Unterschied,  ob  sie  einen  Diensteid  geleistet 
haben  oder  nicht." 


2^9 

Weise  das  Interesse  der  Kirchenpatrone  und  der  Pfarrgemeinden  dabei  zu 
berücksichtigen  ist.  Gleichzeitig  ist  Allerh.  Orts  anbefohlen,  dafs  eben  diese 
Bestimmungen  auch  anf  Lehrer  an  öffentl.  Schulen,  die  einem  Privat- 
patronat  unterworfen  sind,  Anwendung  finden  sollen. 

Die  K.  fiegierung  erhält  anliegend  (a)  Abschrift  eines  an  die  K.  Consistorien 
erlassenen  Circulars,  in  welchem  die  in  solchen  Fällen  zu  berücksichtigenden 
Funkte  näher  entwickelt  sind,  mit  dem  Auftrage,  nach  den  daselbst  vor- 
geschriebenen Grundsätzen  und  den  Vorschrifben  der  CO.  v.  IB.  Juli  1839 
^s.  S.  268),  auch  in  Ansehung  der  ihrer  Aufsicht  unterworfenen  öffentl.  Lehrer 
zu  verfahren.  Die  Be^gnisse,  welche  in  Ansehung  der  Geistlichen  den 
K.  Consistorien  übertragen  sind,  werden  in  Ansehung  der  öffentl.  Lehrer  nach 
Yerschiedenheit  der  Fälle  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  und  Regierungen  ausgeübt/' 

(a)  G.Verf.  an  die  E.  Consistorien  v.  31.  Oct.  1841:  „Auf  Veranlassung 
einer  städt.  Patronatsbehörde  ist  bereits  in  den  Jahren  1833  und  1839  die  Frage 
in  Anregung  gebracht  worden: 

Ob  ein  Geistlicher  zur  Annahme  eines,  neben  seinem  Seelsorgeramt  ihm 
übertragenen  Staatsamts  oder  eines  anderen  Nebenamts  der  vorgängieen  Ge- 
nehmigung des  Kirchenpatrons  bedürfe  und  ob  letzterer  befugt  sei,  diese  Genämigung 
in  der  Vocation  des  Geistlichen  für  künftige  Fälle  ausdrückl.  vorzubehalten ;  sowie, 
welche  Vorkehrungen  zu  treffen  seien,  um  zu  verhüten,  dafs  ein  Geistlicher  durch 
dgl.  anderweitige  Aemter  seinem  nächsten  Beruf  entfremdet  werde  und  das  Interesse 
seiner  kirchl   Gemeinde  darunter  leide. 

Des  Königs  Maj.  haben  auf  einen  Bericht  meines  Amtsvorgängers  durch 
CO.  V.  14.  J,an.  1833  zu  bestimmen  geruht: 

Dafs  der  Kirchenpatron  nicht  befugt  sei,  den  Vocatiönen  der  Geistlichen 
die  Nichtannahme  von  Staatsämtem  als  Bedin^ng  beizufügen  oder  die  Geist- 
lichen durch  besondere  Reverse  vor  Antritt  des  Pfarramts  dazu  zu  verpflichten. 
Dagegen  könne  das  Becht  und  die  Obliegenheit  desselben  nicht  bezweifelt  werden, 
dahin  zu  sehen,  dafs  die  Seelsorge  und  die  Aufsicht  auf  das  Schulwesen  in  den 
Pfarrgemeinden  von  den  -Geistlichen  nicht  vernachlässigt  werde.  Wenif  er  eine 
Versäumnis  hierin  wahrnehme,  so  habe  er  solche  auf  dem  gesetzl.  vorgeschriebenen 
Wege  bei  der  vorgesetzten  Behörde  anzuzeigen  und  Remedur  nachzusuchen,  welche 
nach  vorgängiger  Ermittelung  der  Thatsachen  zu  veranlassen  sei.  Ergebe  sich 
bei  dieser  Untersuchung,  dafs  die  Beschwerde  durch  die  Beschäftigung  des 
Geistlichen  in  der  Staatsverwa^unff  verursacht  werde,  und  lasse  sie  sich  auf 
andere  TV  eise,  etwa  durch  einen  Personenwechsel  oder  durch  Erieichterung  in 
den  Arbeiten  nicht  erledigen,  so  sei  es  eben  so  billig  als  gerecht,  dafs  für  die 
Seelsorge  und  Schulaufsicht  in  den  Pfarr^emeinden  eine  Aushülfe  auf  Kosten  des 
Staats  geschafft  werde.  Hiernach  sei  m  vorkommenden  Fällen  zu  verfahren, 
und  sofern  es  einer  Anweisung  des  erforderl.  Kostenaufwands  bedürfe,  darüber 
zu  berichten. 

Auf  einen  späteren  Bericht  des  K.  Staatsministeriums  haben  des  Königs 
Maj.  durch  CO.  v.  25.  Aug.  d.  J.  zu  entscheiden  geruht: 

Dafs  den  Kirchenpatronen  überhaupt  nicht  gestattet  werden  könne,  in  die 
Vocatiönen  der  von  ihnen  berufenen  Geistlichen  beschränkende  Bedingungen  in 
Betreff  der  Uebemahme  von  Nebenämtern  und  Beschäftigungen  einzurücken, 

.und  in  Folge  der  in  der  Ordre  v.  14.  Jan.  1833  wegen  der  Uebemahme  von 
Staatsämtem  seitens  der  Geistlichen  getroffenen  Bestinmiungen  femer  festzusetzen: 

Dafs  ein  Geistlicher  ein  anderes  Nebenamt  als  ein  königl.  Amt  nur  mit 
Genehmigung  des  Prov.Consistoriums  übernehmen  dürfe,  welches  darüber  zuvor 
den  Patron  und  den  Kirchenvorstand  der  Gemeinde  mit  ihren  Gutachten  zu  hören 
habe.  Auch  sollten  die  Consistorien,  mit  Vorbehalt  des  Recurses  an  den  Min. 
der  geistl.  etc.  Angl.,  darüber  entscheiden,  ob  der  mit  einem  Nebenamt  zu  beauf- 
tragende Geistliche  einer  Hülfe  oder  Stellvertretung  in  seinem  Hauptamt  bedürfe, 
und  welche  Vergeltung  dafür,  und  aus  welchen  Mitteln  dieselbe  zu  gewähren  sei; 
wobei  jedoch  aus  der  Uebertragung  eines  Nebenamts  an  einen  Geistlichen  dem 
Patron  niemals  eröfsere  Leistungen  als  die  bisherigen  wider  seinen  Willen  zuge- 
muthet  werden  dürften. 


280 

zu  üebnngen  in  besonderen  Compagnien  oder  Bataillonen  einberufen  werden. 
Die  Landwehrmannschaften  der  Jäger  und  Schätzen,  der  Artillerie,  der  Pioniere 
und  des  Trains  üben  zwar  in  demselben  Umfange  wie  die  Infanterie,  jedoch 
im  Anschlüsse  an  die  betr.  Linientruppenteile.  Die  Landwehr-CaYallerie  wird 
im  Frieden  zu  Uebungen  nicht  einberufen.  §  12.  Die  Offiziere  der  Reser^^e 
können  während  der  Dauer  des  Beserveyerhältnisses  dreimal  zu  vier-  bis  acht- 
wöchentlichen Uebungen  herangezogen  werden.  Die  Offiziere  der  Landwehr 
sind  zu  Uebungen  bei  Linientruppenteilen  allein  behufs  Darlegung  ihrer 
Qualification  zur  Weiterbeförderung,  im  Uebrigen  aber  nur  zu  den  gewöhnlichen 
Uebungen  der  Landwehr  heranzuziehen.  §  13,  4)  Die  Seeoffiziere  der  Beserve 
und  Seewehr  können  nach  Mafsgabe  des  Bedürfnisses  dreimal  zu  den  Uebungen 
der  activen  Marine  herangezogen  werden/' 

Aus  dem  Beichs-Militär-Gesetz  y.  2.  Mai  1874.  „§  65.  Beicht-, 
Staats-  und  Communalbeamte,  welche  der  Beserve  oder  Landwehr  angehören, 
dürfen  far  den  Fall  einer  Mobilmachung  oder  nothwendigen  Verstärkung  des 
Heeres  hinter  den  ältesten  Jahrgang  der  Landwehr  zurückgestellt  werden,  wenn 
ihre  Stellen  selbst  vorübergehend  nicht  offen  gelassen  werden  können  und  eine 
geeignete  Vertretung  nicht  zu  ermöglichen  ist.  §  66.  Beichs-,  Staats-  und 
Communalbeamte  sollen  durch  ihre  Einberufung  zum  Militärdienst  in  ihren 
bürgerlichen  Dienstverhältnissen  keinen  Nachteil  erleiden.  Ihre  Stellen,  ihr 
persönliches  Diensteinkommen  aus  denselben  und  ihre  Anciennetät,  sowie  alle 
sich  daraus  ergebenden  Ansprüche  bleiben  ihnen  in  der  Zeit  der  Einberufung 
zum  Militärdienste  gewahrt.  Erhalten  dieselben  Offizierbesoldung,  so  kann 
ihnen  der  reine  Betrag  derselben  auf  die  Civilbesoldung  angerechnet  werden; 
denjenigen,  welche  einen  eigenen  Hausstand  mit  Frau  und  Kind  haben,  beim 
Verlassen  ihres  Wohnortes  jedoch  nur,  wenn  und  soweit  das  reine  Civilein- 
kommen  und  Militärgehalt  zusammen  den  Betrag  von  3600  Mark  jährlich  über- 
steigen. Nach  denselben  Grundsätzen  sind  pensionirte  oder  auf  Wartegeld 
stehende  Civilbeamte  hinsichtlich  ihrer  Pensionen  oder  Wartegelder  zu  behandeln, 
wenn  sie  bei  einer  Mobilmachung  in  den  Kriegsdienst  eintreten."  Vgl.  Abschn.  VI. 

Aus  dem  Gesetz  v.  15.  Febr.  1875,  betr.  die  Ausübung  der  militärischen 
Controlle  über  die  Personen  des  Beurlaubtenstandes  etc.  (Controllgesetz). 
„§  1.  Die  Mannschaften  der  Landwehr  können  alljährlich  einmal,  die  übrigen 
Personen  des  Beurlaubtenstandes  zweimal  zu  GontroUversammlungen  zusammen- 
berufen werden.  Letztere  sind  mit  Bezug  auf  Zeit  und  Ort  so  einzurichten, 
dafs  die  beteiligten  Mannschaften  nicht  länger  als  einen  Tag,  einschliefslich 
des  Hinweges  zum  Versammlungsorte  und  des  Bückweges,  ihren  bürgerlichen 
Geschäften  entzogen  werden." 

Min.Verf.  v.  10.  Oct.  1859:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  dem 
K.  Prov.Sch.C.,  dafs  die  einzelnen  Candidaten  des  höh.  Schulamts,  ins- 
besondere auch  Mitgliedern  der  Seminare  für  gelehrte  Schulen,  Mher  aus- 
nahmsweise bewilligte  Vergünstigung,  ihrer  Militärpflicht  .durch  eine  6wöchentl. 
Uebung  bei  einem  Truppenteil  zu  genügen,  nach  einer  Mitteilung  der  HH.  Minister 
des  Kriegs  und  des  Innern  dergleichen  Schulamtscandd.  und  Seminaristen  grund- 
sätzlich ferner  nicht  mehr  gewährt  werden  kann." 

C.Verf.  V.  25.  Juni  1862:  „Es  ist  neuerdings  wiederholt  vorgekommen, 
dafs  Schulamtscandd.,  welche,  ohne  ihrer  ordentlichen  Militärdienstpflicht 
genügt  zu  haben,  zur  Verwaltung  von  Lehrerstellen  an  höh.  Unterrichtsanstalten 
mit  voller  Stundenzahl  provisorisch  angenommen  waren,  inmitten  dieser  Be- 
schäftigung zur  Ableistung  jener  Militärpflicht  entlassen,  resp.  auf  längere  Zeit 
beurlaubt  werden  mufsten. 

Um  den  durch  derartige  Abberufung  von  commissar.  Lehrern  fär  die  be- 
teiligten Anstalten  entstehenden  Verlegenheiten  vorzubeugen,  empfehle  ich  den 


281 

E.  Proy.Scb.CC.,  solche  Oandidaten  des  höh.  Schnlamts,  welche  nicht  zuvor  die 
Erfüllnng  ihrer  ordentl.  Militärdienstpflicht  oder  die  Befreiung  von  derselben 
nachgewiesen  haben,  fortan  in  der  Regel  auch  zu  einer  interimisi  Anstellung 
nicht  zuzulassen." 

CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  4.  Juli  1864:  „Das  Reglm. 
für  die  Prüfung  der  Candidaten  des  höh.  Schulamts  v.  20.  April  1831 
schreibt  vor,  dafs  nur  solche  Candidaten,  die  sich  durch  ein  Zeugnis  über  das 
abgeleistete  Probejahr  ausweisen  können,  zu  einer  Anstellung  vorgeschlagen 
werden  dürfen.  Eine  ähnl.  Bestimmung  enthält  der  Min.Erlafs  v.  27.  Nov.  1858, 
nach  welchem  bei  den  Anträgen  auf  Genehmigung  der  Anstellung  von  Schul- 
amtscandd.  jedesmal  anzugeben  ist,  wo  der  betr.  Candidat  sein  Probejahr  ab- 
geleistet hat.  Diese  Bestimmungen  sind  in  der  letzten  Zeit  wiederholentlich 
unbeachtet  geblieben.  Ebenso  wird  es  nicht  selten  verabsäumt,  bei  den  An- 
trägen auf  Anstellung  von  Schulamtscandd.  über  die  militärischen  Ver- 
hältnisse derselben  die  erforderl.  Auskunft  zu  geben. 

Wir  finden  uns  deshalb  veranlafst,  anzuordnen,  dafs  jedesmal  bei  der 
Präsentation  eines  Schulamtscand.  zur  Anstellung  d(n  übrigen  Zeugnissen  auch 
das  Zeugnis  über  das  Probejahr  und  mit  Bezug  auf  die  C.Verf.  v.  25.  Juni  1862 
das  Zeugnis  über  die  militär.  Verhältnisse  des  Candidaten  beigefügt  werde.** 

Eintritt  bei  Mobilmaohmigen. 

Aus  dem  Staatsministerialbeschlufs  v.  22.  Jan.  1831:  — „Durch 
die  CO.  V.  18.  d.  M.  ist  nachstehenden  Bestimmungen  die  Allerh.  Geneh- 
migung erteilt: 

1.  Die  Verpflichtung  der  Civilbeamten  zum  Militärdienst  bleibt  gänzlich 
von  den  bestehenden  allgm.  Vorschriften  über  die  Ergänzung  der  verschiedenen 
Heeresabteilungen  abhängig. 

2.  Als  Begel  gilt,  dafs  jeder  Civilbeamte,  welcher  schon  in  der  Land- 
wehr steht  oder  nach  Mafsgabe  seines  Alters  und  der  Beihenfolge  noch  dazu 
aufgerufen  werden  möchte,  im  Fall  einer  Mobilmachung  des  Bataillons,  bei 
welchem  er  steht,  seiner  militärdienstl.  Bestimmung  folgen  und  eintreten  mufs. 

6.  Civilbeamte  anderer  Kategorien  [anderer  als  Militär-  und  Kassen- 
beamter, sowie  einzeln  stehender  Schullehrer]  sind  beim  Eintritt  einer  Mobil- 
machung nur  dann  als  von  dem  künftigen  Eintritt  zum  Kriegsdienst  im  Felde 
befreit  anzusehen,  wenn  die  Unentbehrlichkeit  derselben  durch  das  vorgesetzte 
Ministerium  oder  Centraldepartement  speciell  festgestellt  worden  ist. 

7.  Die  Civilbeamten,  welche  für  den  Fall  einer  Mobilmachung  der 
Armee  als  unentbehrlich  für  den  Civildienst  ihrer  militärdienstl.  Bestimmung 
nicht  möchten  folgen  können,  sind  zur  Vermeidung  künftiger  Verlegenheiten  schon 
im  Frieden  zu  bezeichen  und  sogleich  der  Landwehr  2.  Aufgebots  zu  überweisen. 

9.  Wenn  ein  als  unentbehrlich  bezeichneter  Civilbeamter  gleichwohl  im 
Fall  einer  Mobilmachung  freiwillig  eintreten  will,  so  soll  dies  zwar,  jedoch 
nicht  eher  gestattet  werden,  bis  der  Beamte  unter  vorgängiger  Zustimmung  der 
ihm  vorgesetzten  Civildienstbehörde  für  seine  Stellvertretung  in  seinem  Civilamt 
gesorgt  haben  wird. 

10.  Die  nicht  etatsm.  angestellten,  sondern  nur  gegen  Diäten  oder 
unentgeltl.  beschäftigten  Beamten  können  unter  keinen  Umständen  als  unent- 
behrlich im  Civildienst  angesehen  werden.^) 

12.  Jedem  Civilbeamten,  welcher  im  Fall  einer  Mobilmachung  der  Armee 
seiner  militärdienstl.  Bestimmung  folgt,  verbleibt  sein  Civilposten  und  er  kehrt 
nach  beendigtem  Kriegsdienst  in  denselben  zurück. 

«)  Vgl.  Min. Verf.  v.  12.  Juni  1878,  GBl,  1878  p.  341. 


283 

13.  War  der  Civilbeamte  nur  gegen  Di&ten  oder  nnentgeltl.  beschäftigt, 
80  soll  nach  vollendetem  Kriegsdienst  für  seine  anderweit  mit  Diäten  zn  er- 
wirkende oder  fixirte  Ansteliong  möglichst  gesorgt  werden.^ 

(Jeher  die  Besoldungsverhältnisse  der  zur  Armee  einbenifenen 
Lehrer  s.  Abschn.  VI. 

Beschlnfs  des  Staatsministeriams  v.  19.  Juli  1850:  „Auf  den 
Antrag  des  Eriegsministers  y.  16.  Oct.  1849  beschliefst  das  Staatsministerium: 

1.  dafs  die  Bestimmungen  im  §  22  des  Staatsministerialbeschlusses  über 
die  Behandlung  der  militärpflichtigen  Civilbeamten  bei  einer  Mobilmachung  der 
Armee  v.  22.  Jan.  1831  auf  alle  nach  Ableistung  der  Staatsprüfungen  ohne 
Gehalt  angestellten  Beamten  gleichmäfsig  anzuwenden; 

2.  dafs  nach  den  in  den  §§  23  und  24  jenes  Beschlusses  enthaltenen 
Grundsätzen  nicht  blofs  die  ßeferendarien,  sondern  auch  alle  anderen  Beamten 
und  Aspiranten,  welche  durch  die  Einberuj^ng  zum  Kriegsdienst  zur  Yerzögenmg 
der  ihnen  noch  obliegenden  Prüfungen  und  Yorbereitungsarbeiten 
genöthigt  werden,  zu  behandeln  und  demgemäfs 

a.  wenn  zur  Zeit  ihrer  Einberufang  ein  Termin  zu  ihrer  Prüfung  bereits 
anberaumt  ist,  ihnen  noch,  sofern  die  Militärverhältnisse  es  gestatten,  die  hieran 
erforderl.  Frist  zu  bewilligen,  b.  andernfalls  aber  ihnen  nach  später  abge- 
legter Prüfung  vor  denjenigen,  welche  später  als  sie  in  das  betr.  Verhältnis 
eingetreten,  ihnen  aber  während  des  Kriegsdienstes  durch  Ablegung  der  Prüfung 
zuvorgekommen  sind,  die  Anciennetät  beizulegen.*' 

Unabkömmliohkeit. 
Ueber  Berichterstattung  far  Fälle  der  Unabkömmlichkeit  s.  S.  213. 

C.Verf.  y.  28.  Nov.  1850  (an  die  K.  OPräsidenten)  0:  «Nach  mehrfachen 
mir  erstatteten  Berichten  sind  in  Folge  der  angeordneten  Mobilmachung  des 
Heeres  und  der  Landwehr  auch  sehr  viele  Sch^ehrer  zum  Kriegsheer  einbe- 
rufen worden.  Wo  ein  Schullehrer  in  seinem  Amte  irgendwo,  sei  es  durch 
benachbarte  Lehrer  oder  GoUegen  am  Orte  oder  durch  Combinirung  seiner  Kl. 
mit  anderen  Kl.  derselben  Schule  oder  durch  interimistische  Berufung  eines 
Schulamtscand.  vertreten  werden  kann,  mufs  es  bei  der  Einberufang  des  betr. 
Lehrers  zum  Heere  unabänderlich  bewenden.  Wo  aber  eine  der  bezeichneten 
Aushülfen  nicht  angeordnet  werden  kann,  was  indessen  voraussichtl.  nur  bei 
alleinstehenden  Lehrern  der  Fall  sein  dür^e,  und  wo  also  die  Schule  geschlossen 
werden  müfste  und  die  Jugend  ohne  allen  Unterr.  bleiben  würde,  da  wird  der 
betr.  Lehrer,  so  lange  noch  andere  Gombattanten  vorhanden  sind,  als  unentbehrlich 
anzusehen  und  demgemäfs  bei  der  betr.  Kreisersatz-  und  Militärbehörde  zu 
reclamiren  sein. 

Ew.  etc.  ersuche  ich,  hiernach  das  Erforderliche  an  die  K.  Begierungen 
verfügen,  dabei  aber  ausdrückl.  bemerken  zu  wollen,  dafs  jeder  einzelne  Fall 
nach  den  angegebenen  Gesichtspunkten  besonders  zu  beurteilen  und  zu  behandeln, 
dabei  der  Grundsatz  festzuhalten  ist,  dafs  in  zweifelhaften  Fällen  für  die  Er- 
füllung der  Militärpflicht  entschieden  werden  mufs.^ 


')  Der  obige  Erlafs  ist,  obwohl  er  zunächst  nur  die  Lehrer  an  Elementar- 
und  Bürgerschulen  im  Auge  hat,  doch  aufgenommen  worden,  weil  die  auch  für  die 
höh.  Lehranstalten  in  der  Sache  mafsgebenden  Gesichtspunkte  bestimmt  darin 
hervortreten.  Ein  Gymnasiallehrer  wird  besonders  dann  für  unabkömmlich  erklart 
werden  müssen,  wenn  nach  seiner  Abberufung  der  Lehrplan  in  einem  wesentL 
Teile  nicht  mehr  durchgeführt  werden  kann. 


283 

G.Yerf.  der  Minister  des  Innern  und  des  Kriegs  v.  24.  Nov. 
1854,  Tom  XTnterrichtsmin.  unter  dem  5.  Dec.  1854  den  K.  Prov.Sch.CO.  mit- 
geteilt:   „Wir  müssen  der  directen  Mitteilung  der  Unentbehrlich- 
keitsatteste an  die  K.  General-Commandos  den  Vorzog  geben  und 
ordnen  dieselbe  hiermit  allgm.  an,  weil  einerseits  dadurch  die  sämtL  Militär- 
instanzen eine  üebersicht  von  den  Beclamationen  erhalten  und  in  den  Stand 
gesetzt  werden,  erforderl.  Falls  in  Bezug  auf  die  Offiziere  Ausgleichungen  ein- 
treten zu  lassen,  andererseits  weil  dadurch  auch  dem  Interesse  der  Civilbehörden 
am  meisten  gedient  wird,  indem  nur  hierdurch  die  Sicherheit  erlangt  werden 
kann,  dafs  die  bezügl.  Mitteilungen  auch  den  richtigen  Landwehrbehörden  zugehen. 

Beclamationen  im  Augenblick  der  Mobilmachung  können 
principiell  keine  Berücksichtigung  finden.  Zur  möglichsten  Ver- 
meidung derselben  haben  die  Civilbehörden  halbjährl.  Nachträge  hinsichtl.  der 
vorgekommenen  Veränderungen  den  General-Commandos  mitzuteilen  und  diese 
die  aufgestellten  Beclamationslisten  darnach  zu  yervollständigen ,  resp.  zu 
berichtigen. 

Im  Fall  aber  dennoch  die  Beclamation  eines  Civilbeamten  im  Augen- 
blick der  Mobilmachung  durch  besonders  dringende  Umstände  geboten  sein 
sollte,  so  ist,  wenn  davon  ein  Landwehr- Artillerie-  oder  Landwehr-Pionier- 
offizier betroffen  wird,  aufser  dem  betr.  X.  General-Commando,  auch  der  K. 
Generalinspection  der  Artillerie,  resp.  der  des  Ingenieurcorps,  directe  Mitteilung 
zu  machen."  — 

CVerf.  V.  26.  Aug.  1867:  „Das  K.  Prov.Sch.C.  hat  mittels  Berichts 
V.  —  far  38  Lehrer  die  Ausstellung  eines  Unabkömmlichkeitsattestes  far  den 
Fall  einer  Mobilmachung  der  Armee  beantragt.  In  diesem  Umfange  können 
die  Anträge  nicht  genehmigt  werden;  ich  veranlasse  das  K.  Prov.Sch.C,  die- 
selben angemessen  zu  reduciren,  wobei  ich  im  AUgm.  Folgendes  bemerke: 

Die  zu  Offizieren  ernannten  Lehrer  sind  in  Zukunft;  in  diese  Verzeichnisse 
gar  nicht  mehr  aufzunehmen,  da  hinsichtl.  ihrer  für  den  Fall  eines  Krieges 
ansschl.  das  militär.  Interesse  in  Betracht  kommen  mufs  und  diesem  gegenüber 
ihre  Freilassung  vom  Kriegsdienst  nicht  verlangt  werden  darf. 

Ueberhaupt  aber  ist  bei  Aufstellung  der  Verzeichnisse  nicht  zu  ausschl. 
das  Interesse  der  Schule,  sondern  immer  auch  das  der  anderen  Seite  des 
öffentl.  Dienstes  in  Betracht  zu  ziehen.  Die  Schulaufsichtsbehörden  und  die 
Dir.  dürfen  keine  zu  grofse  Scheu  vor  den  Schwierigkeiten  haben,  welche  in 
einzelnen  Fällen  durch  die  Nothwendigkeit,  eine  geeignete  Vertretung  für  einen 
einberufenen  Lehrer  zu  beschaffen,  entstehen  können.  Ich  empfehle  dem  K. 
Prov.Sch.C.  darauf  zu  halten,  dafs  mehr  und  mehr  in  diesem  Sinn  verfahren 
werde,  und  die  betr.  Anträge  mehr  als  bisher  geschehen  auf  die  dringendsten 
Fälle  zu  beschränken:  nur  dadurch  werden  die  Unabkömmlichkeitsatteste  bei  der 
Militärbehörde  femer  die  Anerkennung  finden,  welche  die  Schulverwaltung  ihnen 
zu  erhalten  wünschen  mufs.*' 

CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Hannover  v.  22.  April  1871:  „Die 
Zahl  der  im  militärdienstL  Verhältnis  stehenden  Lehrer  an  den  höh.  Lehranstalten 
unseres  Verwaltungsbezirks  hat  sich  durch  die  Einführung  der  allgm.  Wehrpflicht 
erheblich  vermehrt,  und  es  mufs  demnach  auch  die  Zahl  der  uns  zugehenden 
Gesuche  um  Ausstellung  von  Unabkömmlichkeitsattesten  für  den  Fall 
einer  Mobilmachung  der  Armee  zunehmen.  Um  indes  diesen  Ersuchen  denjenigen 
Erfolg  zu  sichern,  welchen  das  Interesse  der  Schule  wünschenswerth  macht, 
veranlassen  wir  die  Dir.  und  Bectoren  zu  genauer  Beachtung  der  nachfolgenden 
Bestimmungen: 

1.  Da  Beclamationen  im  Augenblick  der  Mobilmachung  principiell  keine 
Berücksichtigung  finden,  so  sind  die  Anträge  auf  Zurückstellung  der  im  Reserve- 


284 

oder  Landwehr-Verhältnis  stehenden  Lehrer  alljfihrl.  und  zwar  spätestens  zmn 
1.  Nov.  jedes  Jahres  nns  einzureichen.  2.  In  den  Reclamationen  mnfs  das 
militärdienstL  Verhältnis  der  betr.  Lehrer  genan  bezeichnet  nnd  anfserdem 
nachgewiesen  werden,  dafs  nach  Einberafhng  derselben  der  Lehrplan  in  wesentL 
Teilen  nicht  mehr  durchgeführt  werden  kann.  3.  Die  zn  Offizieren  er- 
nannten Lehrer  sind  in  der  Regel  nicht  zn  reclamiren,  da  hinsichtL  ihrer  fnr 
den  Fall  eines  Krieges  aosschliefsl.  das  militär.  Interesse  in  Betracht  kommt 
4.  üeberhaupt  sind  die  betr.  Anträge  auf  die  dringendsten  Fälle  zn  beschränken 
und  jedenfalls  zu  unterlassen,  wenn  die  Möglichkeit,  eine  geeignete  Vertretung 
für  einen  einberufenen  Lehrer  zu  beschaffen,  noch  vorhanden  isf 


VI. 

Einkommensverhältnisse   der   Lehrer. 

Schuletats. 

Jede  höhere  Lehranstalt  hat  ihren  eigenen  Besoldungsetat;  s.  Abt.  I  p.  38. 
—  Das  Schulgeld  wird  unter  den  Einnahmen  im  Etat  verrechnet,  und  eine 
besondere  Verteilung  desselben  unter  die  Lehrer  findet  nicht  mehr  Statt.  Die 
letzte  allgm.  Begulirung  der  Lehrerbesoldungen  bei  denjenigen  Schulen,  welche 
aus  unmittelbaren  oder  mittelbaren  Staatsfonds  ünterhaltungszuschüsse  beziehen, 
ist  durch  einen  von  den  Ministem  der  Finanzen  und  des  Unterrichts  vor- 
gelegten und  vom  Könige  unter  dem  20.  April  1872  vollzogenen  Normaletat 
erfo^    Vgl.  Eist,  statist.  Darsi  III  p.  22. 

Normaletat  v.  20.  April  1872  nebst  Ausfährungsbestimmungen, 
betreffend  die  Besoldungen  der  Directoren  und  Lehrer  an  den  Gymnasien 
und  an  den  denselben  gleichstehenden  höh.  ünterrichtsanstalten,  sowie  den 
Realschulen  1.  0.,  welche  aus  unmittelbaren  oder  mittelbaren  Staatsfonds 
Unterhaltungszuschüsse  beziehen. 

„§  1.    Die  Besoldungen  betragen  jährlich: 

A.  für  die  Directoren:  1)  in  Berlin  ä  2200  Thlr;  2)  in 
den  Städten  mit  mehr  als  50,000  Civileinwohnem  ä  1700  Thlr  bis  2000  Thlr, 
im  Durchschnitt  1850  Thlr;  3)  in  allen  übrigen  Orten  ä  1500  Thlr  bis 
1800  Thlr,  im  Durchschnitt  1650  Thlr. 

B.  für  die  definitiv  angesteUten  ordentl.  Lehrer,  mit  Ausschlufs  der  etwa 
gleichfalls  definitiv  angestellten  Hülfslehrer  und  der  techn.  Lehrer,  mithin  far 
die  definitiv  angestellten  Inhaber  sowohl  der  Professoren-  und  Oberlehrerstellen, 
als  auch  derjenigen  Stellen,  welche  in  den  Etats  als  ordentl.  Lehrer-,  Oollaborator- 
u.  s.  w.  Stellen  bezeichnet  sind:  1)  in  Berlin  ä  700  Thlr  bis  1700  Thlr, 
im  Durchschnitt  1200  Thlr;  2)  in  allen  übrigen  Orten  ä  600  Thlr  bis 
1500  Thlr,  im  Durchschnitt  1050  Thlr. 

Der  Durchschnittsgehaltssatz  der  Director-  resp.  der  ordentl.  Lehrerstellen 
so  oft  mal  genommen,  als  dgl.  Stellen  vorhanden  sind,  ergiebt  für  diese  SteUen 
die  zulässige  Gesamtsumme  —  Normaletatssumme  —  an  Besoldungen. 

§  2.  Die  Besoldungen  der  Stellen  §  1  A,  Nr.  2  unter  sich,  und  der 
Stellen  §  1  A,  Nr.  3  unter  sich,  sind  innerhalb  der  Grenzen  der  Minimal-  und 
Maximal -Besoldungssätze,  sowie  der  Besoldungssumme  jeder  Abteilung  fiir 
sämtliche  zu  der  betr.  Abt.  gehörige  Stellen  übertragbar.        Bei  den  ordentl. 


285 

Lehrerstellen  §  1  6,  Nr.  1  and  2  beschränkt  sich  die  Uebertragbarkeit  aof  die 
Normal-Besoldnngssamme  jeder  Anstalt  für  sich,  so  dafs  Uebertragangen  der 
Lehrerbesoldnngen  von  einer  Anstalt  auf  andere  nicht  stattfinden. 

§  3.  Durch  diesen  Normaletat  wird  nicht  beabsichtigt,  zor  Erreichung  der 
Besoldnngssätze  desselben  in  der  Fürsorge  des  Staats  für  die  beteiligten  An- 
stalten über  die  ihm  obliegenden  rechtl.  Yerpflichtongen  hinauszugehen. 

§  4.  Die  Bewilligung  der  einzelnen  Besoldungen  innerhalb  der  Normal- 
etatssätze steht,  im  Fall  es  dazu  der  üeberweisung  neuer  Zuschüsse  aus  Staats- 
fonds nicht  bedarf,  dem  Min.  der  geisü.  etc.  Anglgh.  mit  der  Mafsgabe  zu, 
dafs  dabei  das  Maximum  des  Normalgehalts  für  den  Dir.  und  den  einzelnen 
Lehrer  nicht  überschritten  werden  darf. 

§  5.  Vorhandene  Besoldungen,  welche  über  die  in  §  1  festgestellten 
Normidgrenzen  hinausgehen,  sind  bei  eintretender  Erledigung  der  betr.  Stellen 
um  den  überschiefsenden  Betrag  zu  vermindern. 

§  6.  Emolumente  mit  AusschluTs  der  Dienstwohnungen,  sowie  unfixirte, 
in  Form  von  Schulgeld-  und  Gebühren-  etc.  Anteilen  bewilligte  Gehaltsteile, 
sollen,  sofern  nicht  stiftungsmäfsige  Bestimmungen  oder  andere  besondere  Rechts- 
verhältnisse entgegenstehen,  bei  Nenanstellungen,  Ascensionen  und  Bewilligung 
von  Gehaltszulagen  etc.  zu  den  Anstaltskassen  eingezogen  werden. 

Für  Dienstwohnungen  ist  den  Inhabern  aus  ihren  Besoldungen  von 
dem  Zeitpunkt  ab,  wo  letztere  mit  Bücksicht  hierauf  anderweit  regulirt  sein 
werden,  eine  Miethe,  welche  nach  den  für  die  unmittelb.  Staatsbeamten  im  AUgm. 
angenommenen  Sätzen  festzustellen  ist,  in  Abzug  zu  bringen  und  zu  den  Anstalts- 
kassen besonders  zu  vereinnahmen.  Müssen  Dienstwohnungen  zu  Anstalts- 
zwecken  zurückgezogen  werden,  so  haben  die  Inhaber  derselben  für  die  Aufgabe 
nur  den  Erlafs  der  Miethe,  sonst  aber  keinerlei  Entschädigung  zu  beanspruchen. 
Andere  Naturalemolumente,  deren  Einziehung  zu  den  Anstaltskassen  nach  Vor- 
stehendem etwa  unthunlich  ist,  werden  zu  ihrem  wirkl.  Werth  statt  Geld  als 
Teile  der  Besoldung  überwiesen. 

§  7.  Die  Besoldungen  der  Hülfslehrer,  der  technischen  und  der  Elementar- 
lehrer, auf  welche  die  vorstehenden  Festsetzungen  sich  nicht  beziehen,  werden 
innerhalb  der  bei  jedem  Gymn.  für  diese  Besoldungen  bereits  etatsmäfsigen  Ge- 
samt-Ausgabesumme  von  dem  Min.  der  geistl.  etc.  Ang.  bewilligt  Zur  Er- 
höhung der  Gksamt-Ausgabesumme  für  Hülfs-,  technische-  und  Elementarlehrer 
ist,  auch  wenn  die  Mittel  dazu  ohne  neue  Belastung  der  allgm.  Staatsfonds  ge- 
wonnen werden  können,  die  Zustimmung  des  Finanzmin.  erforderlich.  Bedarf 
es  zu  diesem  Zweck  der  Bewilligung  neuer  Mittel  aus  aUgm.  Staatsfonds,  oder 
kommt  es  auf  eine  Vermehrung  der  etatsm.  Stellen  an,  so  ist  die  Bewilligung 
resp.  Genehmigung  durch  entsprechende  Aufnahme  in  den  Staatshaushaltsetat 
herbeizuführen.**        gez.  Wilhelm.        ggez.  Camphausen,    Falk. 

Aus  den  CVerff.  v.  10.  Mai  1872,  mit  welchen  vorstehender  Etat  den  E. 
Prov.Schulcollegien  mitgeteilt  wurde  : 

a)  —  „Der  neue  Normaletat  schliefst  sich  im  Allgm.  dem  Etat  v.  10.  Jan. 
1863  an.  Als  wesentl.  Abweichungen  sind  nur  hervorzuheben,  dafs  die  Be- 
soldungen der  Dir.  bei  den  aus  Staatsfonds  zu  unterhaltenden  Anstalten  künftig 
nach  der  Anciennetät  der  Beteiligten  regulirt  werden,  sowie  dafs  für  die  Lehrer 
das  Dreiklassensystem  beseitigt  ist. 

Es  liegt  in  der  Absicht,  den  neuen  Normal-Besoldungsetat  bei  allen  Gymn. 
und  Realschulen  ].  0.,  also  auch  bei  denjenigen,  welche  von  Communen  oder 
Stiftungen  zu  unterhalten  sind,  zur  Ausführung  zu  bringen.  Für  Anstalten 
der  Communen  und  Stiftungen  wird,  soweit  dies  nöthig  ist  und  die  finanziellen 
Verhältnisse  es  gestatten,  der  Staat  mit  Bedürfiniszuschüssen  aushelfend  hin- 
zutreten. — 


386 

—  Zu  den  Summen,  welche  den  einzelnen  Anstalten  überwiesen  werden 
sollen,  kommen  diejenigen  Beträge  hinzu,  welche  aus  den  eigenen  Hülfsquellen 
der  Anstalten,  z.  B.  durch  Erhöhung  der  Schulgeldsfttze,  durch  stärkere  Heran- 
ziehung der  interessirenden  Oommunen  und  der  etwa  vorhandenen  Proyinzlal- 
und  sonstigen  Subventionsfonds,  aus  Schulgeld-Mehreinnahmen  in  Folge  ge- 
stiegener Frequenz,  aus  den  disponibeln  Mitteln  des  Dispositionsfonds  der  An- 
stalteetats  u.  s.  w.  gewonnen  werden  können.  — 

b)  —  Dafs  bei  nachgewiesenem  Unvermögen  den  zur  Unterhaltung  der 
Anstalten  verpflichteten  Communen  und  Stiftungen  mit  Bedürfhiszuschüssen,  so- 
weit die  finanziellen  Verhältnisse  es  gestatten,  werde  zu  Hülfe  gekommen  werden, 
gilt  auch  in  Betreff  der  Progymnasien,  Bealschulen  2.  0.,  höh.  Bürgerschulen 
und  höh.  Töchterschulen.  Bei  diesen  Anstalten  sowie  bei  den  techn.,  Hnlfs- 
und  Elementarlehrem  der  Gymn.  und  Realschulen  1.  0.  ist  die  Verbesserung- 
unter  angemessener  Abrundung  der  zahlbaren  Beträge  auf  etwa  20  proc.  der 
bisherigen  Gehälter  und  Bemunerationen  anzunehmen.  Der  Staat  kann  und 
wird  jedoch  selbstverständl.  nur  bei  solchen  Anstalten  helfend  eintreten,  deren 
Fortbestehen  im  öffentl.  Interesse  geboten  erscheint.  Soweit  der  Mehrbedarf 
sich  bei  solchen  Anstalten  nicht  aus  deren  eigenen  Hülfsquellen  beschaffen  läfst, 
sind  die  nöthigen  Zuschüsse  von  den  zur  Unterhaltung  der  Anstalten  ver- 
pflichteten Oommunen  oder  Stiftungen  zu  fordern.  Erklären  sich  diese  aufser 
Stande  die  vollen  Zuschüsse  zu  übernehmen,  so  mufs  eine  eingehende  Unter- 
suchung der  Leistungsfähigkeit  eintreten  und  in  dieser  Beziehung  schliefslich 
auch  die  betr.  £.  Begierung  gehört  werden.  Die  Aufbringung  der  Zuschüsse 
bis  zur  Grenze  ihrer  Leistungsfähigkeit  mufs  von  den  Communen  und  Stiftungen 
verlangt  werden.  Was  über  diese  Grenze  hinausgeht,  wird  event  die  Staatskasse 
zu  gewähren  haben."      Der  Minister  etc.  Falk. 

C.Verf.  V.  3.  Juni  1872:  „Im  Verfolg  der  Verf.  v.  10.  v.  M.  eröffne  ich 
dem  £.  Prov.Sch.C,  dafs  nach  den  thatsächl.  Besultaten  der  Anciennetätslisteo 
der  vom  Staate  unmittelbar  und  allein  zu  unterhaltenden  Gymnasien  etc.  und 
Bealschulen  1.  0.  bei  Berechnung  der  zur  Erfüllung  des  neuen  Normaletats  bei 
den  nicht  vom  Staate  allein,  sowie  bei  den  von  Communen,  von  Stiftungen  u.  s.  w. 
zu  unterhaltenden  Gymn.  etc.  und  Bealschulen  1.  0.  erforderlichen  Besoldungs- 
summen für  die  Directoren  dieser  Anstalten  folgende  Gehaltssätze  aus- 
zubringen sind: 

A.  in  Städten  mit  mehr  als  50  000  Civileinwohnem  1)  bei  einer 
Dienstzeit  von  weniger  als  5  Jahren  1700  Thlr;  2)  bei  einer  Dienstzeit  von 
5  und  mehr,  aber  weniger  als  10  Jahren  1800  Thlr;  3)  bei  einer  Dienstzeit 
von  10  und  mehr,  aber  weniger  als  15  Dienstjahren  1900  Thlr;  4)  bei 
einer  Dienstzeit  von  15  Jahren  und  darüber  2000  Thlr. 

B.  in  allen  Orten  mit  50  000  und  weniger  Civileinwohnem  1)  bei 
einer  Dienstzeit  von  weniger  als  5  Jahren  1500  Thlr;  2)  bei  einer  Dienst- 
zeit von  5  und  mehr,  aber  weniger  als  10  Jahren  1600  Thlr;  3)  bei  einer 
Dienstzeit  von  10  und  mehr,  aber  weniger  als  15  Jahren  1700  Thlr;  4)  bei 
15  Dienstjahren  und  darüber  1800  Thlr. 

Die  hier  in  Betracht  kommende  Dienstzeit  rechnet  vom  Datum  des  AUerh. 
Erlasses  oder  des  Min.Bescript8  ab,  wodurch  die  Beförderung  des  Beteiligten 
zum  Dir.  eines  Gymn.  oder  einer  den  Gymn.  gleichstehenden  höh.  Unterridits- 
anstalt,  resp.  einer  Bealschule  1.  0.  genehmigt  worden  ist.  Bei  ehemaligen 
Progymn.,  höh.  Bürgerschulen,  Bealschulen  2.  0.,  welche  inzwischen  zu  Gymn. 
oder  Bealschulen  1.  0.  sich  fortentwickelt  haben  und  deren  Jetzige  Directoren 
aus  Bectoren  oder  Dirigenten  etc.  der  ehemaligen  Progymn.,  höh.  Bürgerschulen, 
Bealschulen  2.  0.  mit  der  Entwickelung  dieser  Anstalten  ohne  specielle  Er- 
nennung oder  Bestätigung  Directoren  von  Gymn.  oder  Bealschulen  1.  0.  geworden 


287 

sind,  beginnt  die  hier  znr  Berechnung  kommende  Dienstzeit  vom  Datnm  des 
Min.Bescript8  ab,  durch  welches  die  betr.  Anstalt  als  Gymnasium  oder  Real- 
schule 1.  0.  anerkannt  worden  ist. 

In  den  Berichten  ist  das  Datum  der  resp.  AUerh.  Erlasse  oder  MinisiBe- 
scripte  jedesmal  anzugeben,  und  wenn  etwa  der  Beteiligte  nach  seiner  ersten 
Beförderung  zum  Director  eines  Gymn.  oder  einer  Realschule  1.  0.  versetzt 
worden  ist  oder  die  SteUung  freiwillig  gewechselt  hat,  auch  hierüber  das  Nöthige 
kurz  anzuführen."        Der  Min.  etc.  In  Yertr.  Dr.  Achenbach. 

Min.Verf.  v.  5.  Oct.  1872:  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  y.  — ,  dafs  bei  Begulirung  der  Gehälter  des  Dir.  und  der  Lehrer  am 
Gymn.  zu  N.  nach  dem  Normaletat  v.  20.  Apr.  d.  J.  dem  Dir.,  da  die  Anstalt 
einen  BedürfhiszuschuTs  erh&lt,  kein  höheres  Gehalt  gewährt  werden  darf,  als 
ihm  nach  den  Bestimmungen  des  Normaletats  und  seiner  Anciennetät  zusteht.  Der 
ersten  Oberlehrerstelle  mufs  ein  Gehalt  von  1500  Thlr,  der  letzten  ordentl.  Lehrer- 
stelle darf  kein  höheres  als  600  Thlr  beigelegt  werden,  wie  dies  auch  seitens 
des  Magistrats  in  Aussicht  genommen  ist  Die  Besoldungen  der  dazwischen 
liegenden  LehrersteUen  müssen  sich  innerhalb  dieser  Grenzen  und  der  Normal- 
Besoldungssumme  halten ;  bei  Festsetzung  des  Gehaltssatzes  für  jede  Stelle  kann 
sonach  den  örtl.  Verhältnissen  Rechnung  getragen  werden.  Neue  Stellen  können 
bei  Berechnung  der  Bedarfssumme  nicht  in  Betracht  gezogen  werden ;  vielmehr 
mufs,  wenn  das  Bedürfnis  zur  Gründung  derselben  vorliegt,  die  Angelegenheit 
besonders  vorbereitet  werden,  und  werden  die  dazu  erforderl.  Mittel  anderweit 
flüssig  zu  machen  sein.  Die  Besoldungen  und  Remunerationen  der  Hülfs-, 
techn.  und  Elementarlehrer  dürfen  die  Besoldungs-Minima  der  ordentl.  Lehrer 
ebenfalls  nicht  übersteigen.  Behufs  Beschaffung  der  zur  Erfallung  des  Nor- 
maletats erforderl.  Mittel  ist  in  erster  Linie  auf  eine  Steigerung  der  eigenen 
Einnahmen  der  Anstalt  durch  angemessene  Erhöhung  der  sehr  niedrigen  und 
einer  weiteren  Steigerung  unbedenklich  föhigen  Schulgeldsätze  Bedacht  zu 
nehmen. .  .  ."        Der  Min.  etc.  In  Verl  Achenbach. 

Min.Verf.  v.  10.  Oci  1872:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  dem 
K.  Prov.Sch.G.,  dafs  bei  Regulirung  der  Gehälter  des  Dir.  und  der  Lehrer  am 
Gymn.  zu  N.  nach  dem  Normaletat  v.  20.  Apr.  d.  J.  dem  Dir.  nur  ein  Gehalt 
von  1600  Thlr  beizulegen  sein  wird,  da  die  Verf.  v.  3.  Juni  d.  J.  lediglich  die 
in  Betreif  der  Besoldungssätze  der  Dir.  an  den  vom  Staat  zu  unterhaltenden 
Gymn.  etc.  bestehenden  Verhältnisse  als  Anhalt  nimmt,  aber  keineswegs 
ein  Aufsteigen  der  Gehälter  der  Directoren  von  5  zu  5  Jahren 
hat  anordnen  sollen.  [Vgl.  Hist.  statist.  Darst.  III  p.  421.]  Ebensowenig 
kann  das  Einkommen  eines  Schuldieners  aus  den  zur  Erföllung  des  Normaletats 
flüssig  zu  machenden  Mitteln  verbessert  werden."  —  Der  Min.  etc.  I.  V.  Achenbach. 

Min.Verf.  v.  29.  Nov.  1876  (an  den  Magistrat  in  N.).  „Auf  die  Ein- 
gabe des  Magistrats  v.  13.  v.  M.,  welche  mir  durch  Bericht  des  K.  Prov.Sch.G. 
zu  N.  V.  16.  d.  M.  übermittelt  worden  ist,  eröffne  ich  dem  Magistrat,  dafs  nach 
den  bei  Einführung  des  Normaletats  festgestellten  Grundsätzen  an  allen  aus 
Staatsmitteln  unterstützten  höh.  Lehranstalten  dem  ersten  Oberlehrer  nicht 
weniger  als  der  Maximalbetrag,  dem  letzten  ordentlichen  Lehrer  nicht  mehr  als 
der  Minimalbetrag  der  Lehrergehalte  der  betr.  Schulart  gewährt  werden  darf. 
Dies  ist  noch  ausdrücklich  in  meiner  Verfügung  vom  5.  Oct.  1872  ausgesprochen. 
Hiemach  bin  ich,  bei  aller  Anerkennung  der  Lehrthätigkeit  des  ord.  Lehrers  N. 
am  Progymn.  zu  N.  nicht  in  der  Lage,  meine  Genehmigung  dazu  geben  zu 
können,  dafs  aus  den  Mitteln  der  Schulkasse,  selbst  unter  dem  eveni  Hinzutritt 
der  Stadthauptkasse,  dem  pp.  N.  eine  Zulage  zu  dem  far  die  letzte  ord.  Lehrstelle 
nicht  überschreitbaren  Minimalgehalte  von  jährlich  1800  M.  gewährt  werde. 
Selbstverständlich  ist   es  dem  Magistrate  unbenommen,   aus   den  Mitteln  der 


288 

Stadt  dem  pp.  N.  irgend  welche  Zulage  zn  gewähren,  voraosgesetzt,  dafs  die  Er- 
füllung der  etatsmäfsigen  Yerpflichtnngen  der  Stadt  gegenüber  der  Schnlkasse 
nicht  beeinträchtigt  wird/' 

Min.Verf.  v.  18.  Mai  1874.  „Auf  den  Bericht  v.  20.  d.  M.,  den  Lehrer- 
besoldungsetat an  der  Realschule  zu  N.  betreffend,  eröffne  ich  dem  E.  Prov.Sch.C, 
dafs  bei  den  aus  Staatsfonds  subventionirten  Gymnasien  und  Realschulen  1.  O. 
im  Falle  der  Gründung  neuer  Lehrerstellen  die  Gesamtsumme  der  Besoldungen 
jedesmal  um  das  Durchschnittsgehalt  von  1050  Thlm  erhöht  werden  mnfs  und 
die  Besetzung  einer  neuen  Lehrerstelle  erst  dann  genehmigt  werden  kann,  wenn 
die  gedachte  Erhöhung  statt^funden  und  die  Vermehrung  der  Lehrkräfte  die 
Zustimmung  der  Landesvertretung  durch  die  Genehmigung  des  in  den  Anlagen 
zum  Staatshaushalts-Etat  ersichti^ch  gemachten  erhöhten  Besoldungstitels  er- 
halten hat. 

Dagegen  mufs  bei  denjenigen  höh.  Unterrichts-Anstalten,  welche  aus  Staats- 
fonds keinen  Bedürfhiszuschufs  beziehen,  von  besonderen  MaTsnahmen  zur  Er- 
füllung und  Innehaltung  des  Normaletats  in  Ermangelung  einer  gesetzlichen 
Unterlage  abgesehen  werden,  da  es  sich  nicht  um  Erfüllung  einer  streng  gesetz- 
lichen, mittels  Execution  unmittelbar  durchfahrbaren  Verpflichtung  der  Fatro- 
nate  handelt. 

Die  fortgesetzte  Weigerung  der  Privatpatronate,  bei  den  von  ihnen  zu 
unterhaltenden  höh.  Unterrichts-Anstalten  den  Normaletat  vom  20.  April  1872 
dauernd  innezuhalten,  wird  selbstverständlich  zur  Folge  haben,  dafs  die  besseren 
Lehrkräfte  die  Anstalt  verlassen  und  letztere  selbst  verkümmert,  Verhältnisse, 
welche  eine  besonders  sorgfältige  Ueberwachung  derartiger  Anstalten  bedingen, 
weil,  wenn  in  Folge  des  fortw^renden  Lehrerwechsels  die  Leistungen  der  An- 
stalt in  erheblichem  Mafse  nachlassen  sollten,  eveni  eine  Minderung  ihrer  Be- 
rechtigungen in  nähere  Erwägung  zu  ziehen  sein  würde.  Es  kann  daher  den 
städtischen  Behörden  nur  auf  das  Angelegentlichste  empfohlen  werden,  den 
Normaletat  vom  20.  April  1872  in  vollem  Umfange  einzuführen  und  bei 
Gründung  neuer  Stellen  den  Besoldungsetat  um  das  Durchschnittsgehalt  von 
1050  Thlrn  zu  erhöhen,  da  die  Bereitstellung  der  erforderlichen  Miftel,  soweit 
es  die  Kräfte  der  Commune  gestatten,  im  Verhältnis  zu  den  Vorteilen,  welche 
der  Stadt  aus  dem  Fortbestehen  und  der  Integrität  der  Anstalt  fortdauernd  er- 
wachsen, ein  immerhin  geringfügiges  und  der  Stadt  ohne  jede  Unbilligkeit  an- 
zusinnendes  Opfer  ist. 

Was  nun  dieBesoldungs-Scala  selbst  betrifft,  so  ist  eine  angemessene 
Abstufung  der  Grehälter  der  Lehrer  an  den  vom  Staat  zu  unterhaltenden  resp. 
subventionirten  Gymnasien  etc.  zwar  üblich  und  durch  innere  wie  äulbere 
Gründe  auch  durchaus  gerechtfertigt;  indes  wird  dieselbe  durch  den  Nonnaletat 
vom  20.  April  1872  keineswegs  vorgeschrieben,  vielmehr  kann  jeder  Oberlehrer- 
und ordentlichen  Lehrerstelle  das  Durchschnittsgehalt  von  1050  Thlm  beigelegt 
werden,  weil  der  Normaletat  nur  fordert,  dafs  die  Besoldungen  der  Oberlehrer 
und  der  ordentlichen  Lehrer  der  NormalbesoldungssummQ  entsprechen  sollen, 
d.  h.  der  Summe,  welche  sich  ergiebt,  wenn  man  die  Zahl  der  in  Betracht 
kommenden  Stellen  multiplicirt  mit  dem  Durchschnittsgehalt  von  1050  Thlm. 
Eine  Abstufung  der  Besoldungen,  wie  solche  bei  den  aus  Staatsfonds  subven- 
tionirten Gymnasien  üblich  ist,  liegt  aber  nicht  nur  im  Interesse  der  Lehrer 
selbst^  sondern  auch  der  Anstalten,  da  bei  einer  Normirung  der  Besoldungen, 
wie  sie  die  städtischen  Behörden  in  N.  in  Aussicht  nehmen,  den  Stellen-In- 
habern nur  ganz  unwesentliche  Verbesserungen  für  die  Zukunft  in  Aussicht  ge- 
stellt werden  können,  mithin  ein  fortwährender  Wechsel  in  sämtlichen  Lehrer- 
stellen sich  erwarten  läfst 

Unter  Festhaltung  dieser  Gresichtspunkte  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  mit  den 
städtischen  Behörden  in  N.  nochmals   ins  Benehmen  treten  und  einen  ander- 


289 

weiten  Beschlnfs  derselben  im  Wege  der  gütlichen  Yorstellnng  herbeizuführen 
suchen,  von  dem  Erfolg  dieser  Yerhandlnngen  aber  seiner  Zeit  Anzeige  machen.'^ 
Der  Minister  etc.  Falk. 

Min.Yerf.  v.  21.  Jan.  1874:  „Das  K.  Frov.Sch.G.  hierselbst  hat  bei  mir 
um  die  Ermächtigung  gebeten; für  die  Realschulen  2.  0.  dieselben  Besoldnngs- 
Sätze  in  Aussicht  nehmen  zu  dürfen,  wie  solche  für  das  Lehrerpersonal  der  zur 
Kategorie  des  §  154,  2.  d  der  Mil.  Ersatzinstr.  gehörigen  Progymn.  und  höh. 
BSS.  und  zwar  in  dem  Durchschnittssatze  von  950  Thlr  für  die  Dirigenten-  und 
ordentl.  wissenschaftl.  Lehrerstellen  in  Aussicht  genommen  resp.  teilweise  be- 
reits eingeführt  sind  (s.  die  Verf.  v.  28.  März  1874.    S.  291). 

Bealschulen  2.  0.  königl.  Patronats  existiren  nicht,  und  städtische  An- 
stalten solcher  Art  sind  auch  nur  in  geringer  Anzahl  vorhanden,  so  dafs  es 
namentl.  auch  mit  Bücksicht  auf  die  Yerschiedenartigkeit  der  Organisation  und 
Ziele  der  zur  Kategorie  der  Realschulen  2.  0.  gehörigen  Anstalten  fraglich  er- 
scheint, ob  eine  Festsetzung  von  Normal-Besoldungssätzen  für  dieselben  aus- 
.  führbar  und  zweckdienlich  ist.  Es  läfst  sich  indes  nicht  verkennt,  dais 
eine  Verbesserung  um  20  proc.  der  bisherigen  Besoldungen  in  einzelnen  Fällen 
und  besonders  für  die  Dirigenten-  und  Oberlehrerstellen  an  diesen  Anstalten  als 
ausreichend  nicht  wird  gelten  können,  wenn  mit  Rücksicht  auf  die  Sätze  des 
Normaletats  für  die  Gymn.  und  Realschulen,  sowie  die  Sätze  für  die  zur  Kate- 
gorie des  §  154,  2.  d  gehörigen  Anstalten,  für  jene  Stellen  und  überhaupt  für 
die  wissenschaftl.  Lehrerstellen  geeignete  Lehrkräfte  gewonnen  resp.  erhalten 
werden  sollen. 

Was  die  Besoldungen  der  Elementar-  und  techn.  Lehrer  an  diesen 
Anstalten  anlangt,  so  halte  ich  es  unter  den  jetzigen  Preisverhältnissen  für 
durchaus  geboten,  für  diese  Stellen  ein  Besoldungs-Minimum  von  400  Thlm 
anzustreben  und  den  betr.  Patronaten  eine  allmähliche  weitere  Aufbesserung 
der  einzelnen  Stelleninhaber  unter  Berücksichtigung  der  Besoldungsverhältnisse 
der  Elementarlehrer  an  den  njederen  Schulen  desselben  Orts  anzuempfehlen. 

Wegen  Beschaffung  der  zu  den  qu.  Verbesserungen  erforderl.  Mittel  wird 
nach  Mafsgabe  der  C.Verf.  v.  10.  Mai  1872  zu  verfahren  sein,  sofern  seitens 
der  betr.  Patronate  der  Antrag  auf  Gewährung  einer  Staatsbeihülfe  sollte  ge- 
stellt werden."  — 

C.Verf.  V.  21.  Mai  1874:  „Auf  den  Bericht  v.  59.  Nov.  v.  J.  — eröffne 
ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  mit  Bezug  auf  meine  Verf.  v.  28.  März  d.  J.  (S.  291),  dafs 
es  nicht  thunlich  erscheint,  für  die  Regelung  der  Besoldungsverhältnisse  der  Diri- 
genten- und  wissenschaftl.  Lehrerstellen  bei  den  Realschulen  2.  0.  eine  allgm. 
Norm  festzustellen,  da  diese  Anstalten  ganz  abgesehen  von  ihrer  geringen  An- 
zahl unter  sich  nach  ihren  Aufgaben,  Einrichtungen  und  Bedürfnisseli  der 
Gleichartigkeit  entbehren.  Soweit  einzelne  dieser  Schulen  wirklich  höher 
stehen  als  die  vollberechtigten  Progymnasien  und  höh.  Bürgerschulen  oder  auch 
nur  als  solchen  Anstalten  gleichstehende  anzusehen  sind  und  nach  ihrer  Or- 
ganisation eine  bestimmte  gröfsere  Anzahl  wissenschaftlicher  Lehrerstellen  stets 
haben  müssen,  werden  die  Besoldungen  der  letzteren  auch  allerdings  nach  dem 
Dorchschnittssatz  von  950  Thlm  zu  reguliren  sein.  Soweit  bei  den  Real- 
schulen 2.  0.  jene  Bedingungen  aber  nicht  zutreffen,  muTs  es  dagegen  auch 
fernerhin  der  besonderen  Prüi^ng  jedes  einzelnen  Falls  vorbehalten  bleiben,  ob 
nnd  welche  Besoldungsverbesserungen  für  einzelne  oder  alle  Lehrerstellen  her- 
beizuführen sind. 

Aus  den  von  den  K.  Prov.Sch.OC.  zu  Stettin,  Magdeburg,  Kiel,  Cassel  und 
Coblenz  nnd  der  K.  Regierung  in  Düsseldorf  in  dieser  Anglgh.  erstatteten  Be- 
richten habe  ich  ersehen,  dafs  bei  einem  nicht  unerhebl.  Teil  dieser  Realschulen 
der  Dnrchschnittssatz  von  950  Thlr  teils  überschritten,  teils  nahezu  erfüllt  ist, 

Wie  16,  Verordnungen.    IL  19* 


290 

so  dafs  es  sich  nur  um  eine  sehr  geringe  Anzahl  von  Fällen  handeln  wird,  in 
denen  aus  Staatsfonds  suhventionirte  oder  dieserhalb  noch  zu  subventionirende 
Bealscbulen  2.  0.  einer  Aufbesserung  der  Lehrerbesoldungen  bedürfen  möchten. 
Dafs  behufs  Herbeiführung  dieser  Aufbesserungen  die  eigenen  Einnahmen  der 
Anstalten  entsprechend  gesteigert  werden  müssen  und  namentl.  die  Erfüllung 
des  Durchschnitt-Schulgeldsatzes  von  24  Thlrn  zu  verlangen  ist,  wenn  die  Be- 
willigung von  Bedürfniszuschüssen  aus  allgm.  Staatsfonds  in  Aussicht  genommen 
werden  soU,  auch  der  Nachweis  erbracht  werden  mufs,  dafs  das  Eingehen  der 
Anstalt  das  öffentl.  Interesse  schädigen  würde,  bedarf  nach  dem  Vorgange  bei 
der  Begulirung  der  Lehrerbesoldungen  an  den  Gymn.  und  Realschulen  1.  O. 
keiner  weiteren  Erörterung."  —  Der  Min.  etc.  Falk. 

Min. Verf.  v.  4.  Aug.  1876.  „Auf  den  Bericht  vom  15.  v.  M.  erwidere 
ich  dem  X.  Prov.Sch.C,  dafs  ich  die  Beschwerde  des  dortigen  Magistrats  vom 
21.  V.  M.  wegen  verweigerter  Genehmigung  der  an  der  städi  Bealschule  2.  O. 
beabsichtigten  anderweiten  Begulirung  mehrerer  Lehrerbesoldungen  nicht  für 
unbegrupdet  erachten  kann,  da  eine  angemessene  Abstufting  der  Lehrergehälter 
an  deirvom  Staat  zu  unterhaltenden  oder  subventionirten  Gymnasien  ete.  zwar* 
üblich  ist,  indefs  durch  den  Normaletat  vom  20.  Apr.  1872  keineswegs  vorge- 
schrieben wird.  Der  Normaletat  fordert  nur,  dafs  die  Besoldungen  der  Ober- 
ünd  der  ord.  Lehrer  der  Normalbesoldungssumme,  d.  h.  der  Summe  entsprechen 
sollen,  welche  sich  ergiebt,  wenn  man  die  Zahl  der  in  Betracht  kommenden 
Stellen  multiplicirt  mit  dem  Durchschnittsgehalt  von  3150  Mark,  und  kann 
hiernach  unter  Abstandnahme  von  einer  Abstufting  der  Gehälter  jeder  Ober- 
und  ord.  Lehrerstelle  das  Durchschnittsgehalt  von  3150  Mark  beigelegt  werden. 
Dafs  eine  derartige  Feststellung  der  Lehrergehälter  weder  im  Interesse  der 
Lehrer,  noch  der  Anstalt  liegt,  ist  richtig,  und  es  kann  eine  Abstufung  der  Be- 
soldungen, wie  solche  bei  den  aus  Staatefonds  subventionirten  Gymnasien  etc. 
üblich  ist,  nur  wiederholt  den  städt.  Behörden  anempfohlen  werden ;  ein  Zwang 
aber  darf  nach  dieser  Bichtnng  hin  nicht  ausgeübt  werden,  wie  dies  schon  aus 

meiner  Verfügung  vom    18.  Mai  1874  ersichüic}^  ist ^     Der  Min.  etc. 

Im  Auftr.  GreifF. 

Min.Verf.  v.  20.  Sepi  1876.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  vom  29.  v.  M.,  betreffend  den  Besoldungsetat  an  der  dortigen  städt 
Bealschule  2.  0.,  dafs  ich  auch  nach  nochmaliger  Erwägung  der  in  Betracht 
kommenden  Verhältnisse  mich  zu  meinem  Bedauern  nicht  in  der  Lage  befinde, 
meinen  Erlafs  vom  4.  v.  M.  wesentlich  zu  modlficiren.  Wenn  das  K.  Prov.Sch.C. 
Bedenken  trägt,  mit  der  von  dem  dortigen  Magistrate  angeordneten  anderweiten 
Begulirung  einiger  Lehrerbesoldungen  an  der  gedachten  Anstalt  bezw.  mit  der 
Verteilung  der  durch  den  Abgang  des  Dr.  N.  disponibel  gewordenen  600  Mark 
sich  einverstanden  zu  erklären,  so  verkenne  ich  nicht,  dafs  möglicherweise  durch 
die  von  dem  Magistrate  angeordnete  Gehaltsverbesserung  zweier  jüngerer  Lehrer 
Inconvenienzen  herbeigefohrt  werden  können.  Es  fehlt  jedoch,  sofern  nur  die 
Gesamtsumme  der  Besoldungen  der  Ober-  und  ord.  Lehrer  dem  normalen  Durcb- 
schnittsgehalte  entspricht,  an  jeder  positiven  Handhabe,  um  den  Magistrat  zu 
einer  bestimmten,  wenn  auch  materiell  zweckmäfsigen  Abstufung  der  Lehrerge- 
hälter zu  nöthigen,  und  dies  um  so  mehr,  als  die  in  Bede  stehende  Ans^t 
ausschliefslich  aus  städtischen  Mitteln  unterhalten  wird  und  als  die  von  dem 
Magistrate  aus  freien  Stücken  vorgenommene  Erhöhung  der  Lehrergehälter  bis 
zum  Betrage  der  Normaletatsätze  bei  einer  Bealschule  2.  0.,  für  welche  der 
Normaletat  von  1872  überhaupt  keine  Geltung  hat,  als  ein  Act  besonderer 
Liberalität  erscheint.  Dazu  kommt,  dafs  das  K.  Prov.Sch.C.  seine  Weigerung, 
die  vom  Magistrate  in  Aussicht  genommenen  Gehaltserhöhungen  gutzuheifsen, 
lediglich  auf  Erwägungen  allgemeiner  Natur  und  auf  die  Besorgnis  künftigen 
Mifsbrauches  der  von  dem  Magistrate  in  Anspruch  genommenen  freieren  6e- 


291 

ireg^ng  stützt,  ohne  die  materielle  Begründung,  durch  welche  der  Magistrat  die 
von  ihm  für  angemessen  erachtete  Verteilung  der  in  Bede  stehenden  600  Mark 
auf  die  Lehrer  A.  und  Dr.  B.  zu  rechtfertigen  sucht,  zu  bemängeln.  Ich  ver- 
mag unter  diesen  umständen  eine  concrete  Schädigung  der  Anstalt,  welche  ein 
Einschreiten  auf  Grund  der  allgemeinen  Staatsaufsicht  rechtfertigen  könnte,  im 
vorliegenden  Falle  nicht  zu  erkennen.  Dagegen  pflichte  ich  dem  E.  Prov.Sch.C. 
darin  bei,  dafs  die  von  dem  Magistrate  in  seinem  Erwiderungsberichte  vom 
7.  Mai  d.  J.  gebrauchte  Bezeichnung  der  beabsichtigten  Gehaltserhöhungen  als 
„persönliche  Zulagen'^  den  Verhältnissen  nicht  entspricht,  und  dafs  die  Zulage 
von  je  300  Mark  für  die  Lehrer  A.  und  Dr.  B.  wie  in  der  Beschwerdevor- 
stellung des  Magistrats  vom  21.  J^i  c.  richtig  geschehen,  als  Gehalts-Zulage 
zu  bezeichnen  ist.  .  .  /'        Der  Minister  etc.  Falk. 

Aus  einer  Min.Verf.  v.  1.  Aug.  1873:  —  „Ein  vollberechtigtes  Fro- 
gymnasium  bedarf  eines  Bectors,  eines  Oberlehrers,  4  akadem.  gebildeter 
Lehrer  und  eines  Elementarlehrers,  und  far  diese  sind  Lehrerbesoldungen  von 
resp.  1500,  1200,  900,  800,  700,  600  und  400  Thlm  erforderlich,  wenn  mit 
Bücksicht  auf  die  Sätze  des  Normaletats  für  die  Gymn.  und  die  Bealschulen  1. 0. 
geeignete  Lehrkräfte  gewonnen  resp.  erhalten  werden  sollen.  Die  angegebene 
Zahl  der  Lehrer  und  die  ausgeworfenen  Besoldungen  mufs  ich  daher  in  Zukunft 
als  Vorbedingung  der  Anerkennung  einer  Anstalt  als  eines  vollberechtigten 
Progymn.  aufsteUen.^'  —  Der  Min.  etc.    Im  Aufbr.  Greiff. 

Aus  einer  O.Verf.  v.  28.  März  1874:  —  „Es  liegt  fSr  jetzt  nicht  in 
Absicht,  einen  Normal-Besoldungsetat  für  die  Lehrer  an  den  Pro  gymn  asien 
und  höh.  Bürgerschulen  zu  publiciren;-  es  erscheint  aber  wünschenswerth, 
für  die  Dirigenten  und  ord.  wissenschaftL  LehrersteUen  an  den  vollberechtigten 
Progymn.  und  höh.  BSS.,  d.  h.  den  zur  Kategorie  des  §  154,  2.  d  der  Mil.  Er- 
satzinstr.  v.  26.  März  1868  gehörigen  Anstalten  einen  Durchschnitts-Gehaltssatz 
von  950  Thlm  anzustreben  und  die  Besoldung  des  Bectors  auf  1500,  des  ersten 
ord.  L.  auf  1200,  des  zweiten  bis  fünften  resp.  auf  900,  800,  700,  600  Thlr., 
zusammen  5700  Thlr  zu  bemessen,  während  die  Besoldungen  der  Elementar- 
und  techn.  Lehrer  an  diesen  Anstalten  unter  den  jetzigen  Verhältnissen  auf 
ein  Minimum  von  400  Thlm  zu  bringen  sein  werden  und  den  betr.  Patronaten 
eine  allmähliche  weitere  Aufbesserang  der  einzelnen  Stelleninhaber  unter  Be- 
rücksichtigung der  Besoldungsverhältnisse  der  Elementarlehrer  an  den  niederen 
Schulen  des  Orts  anzuempfehlen  sein  möchte. 

In  den  Fällen  aber,  wo  die  Bedeutung  und  die  Schülerzahl  der  zur  Kate- 
gorie des  §  154,  2.  d  der  Mil.  Ersatzinstr.  gehörigen  Anstalten  zu  gering  er- 
scheint, .  sowie  bei  allen  übrigen  höh.  Unterrichtsanstalten  ist  eine  Verbesserang 
um  ungefähr  20  proc.  der  bisherigen  Besoldungen  im  Allgemeinen  als  aus- 
reichend anzusehen. 

Für  Dienstwohnungen  sind  je  nach  der  Einwohnerzahl  des  Orts  5, 
7^2  und  10  proc.  zu  entrichten.  Nach  den  mit  dem  H.  Finanzmin.  getroffenen 
Vereinbarangen  mufs  aber  bei  allen  Anstalten,  für  welche  ein  Zuschufs  aus  ft 
Staatsfonds  in  Aussicht  genommen  werden  soll,  das  Schulgeld  auf  den  Durch- 
schnittssatz von  24  Thlm  erhöht  werden,  wobei  es  dem  £.  Prov.Sch.C.  unbe- 
nommen bleibt,  in  den  einzelnen  Klassen  eine  den  localen  Verhältnissen  ent- 
sprechende Abstufung  der  Schulgeldsätze  beizubehalten;  doch  müssen  in  der 
Vorschule  der  betr.  Anstalt  dieselben  Sätze  wie  in  VI  zur  Hebung  gelangen.'* 

C.Verf.  V.  14.  Juli  1873:  „Es  ist  bisher  als  Grundsatz  festgehalten  wor- 
den, die  Besoldungen  der  vollbeschäftigten  techn.  und  Elementar-(Vor- 
8chul-)Lehrer  an  den  höh.  ünterrichtsanstalten  nicht  über  die  Besoldungs- 
Minima  der  ordentl.  Lehrer  hinaus  zu  bemessen.  Dieses  Princip,  unter  welchem 
namentl.  ältere  tüchtige  und  gewandte  Lehrer   dieser  Kategorie  nicht  die  zur 

19* 


292 

Erhaltung  nnd  Förderung  ihrer  Bemfsfrendigkeit  erforderliche,  ihren  Leistangen 
angemessene  Besoldung  erwarten  durften,  soll  im  Interesse  der  Beteiligten,  so- 
wie  mit  Bücksicht  auf  die  gegenwärtigen  Preisverhältnisse  aufgegeben  werden. 
In  üebereinstimmung  mit  dem  H.  Finanzmin.  bin  ich  geneigt,  zunächst 
bei  allen  vom  Staat  zu  unterhaltenden  höh.  Unterrichtsanstalten,  d.  h.  bei  allen 
den  Anstalten,  für  deren  Lehrerpersonal  seitens  des  Staats  in  neuester  Zeit  die 
Wohnungsgeld-Zuschüsse  aus  allgm.  Staatsfonds  bewilligt  sind,  die  Be- 
soldungen der  Stellen  vollbeschäfkigter  Elementar-  und  technischer  Lehrer 
a)  in  Berlin  auf  500  bis  1000,  durchschnittl.  750  Thlr;  b)  in  allen  anderen 
Orten  auf  400  bis  800,  durchschnittl.  600  Thlr,  mit  der  Mafsgabe  zu'  bemessen, 
dafs  die  Besoldungen  dieser  Lehrer  künftig  ^ür  Berlin  und  für  jede  Provinz  be- 
sonders in  den  Grenzen  der  vorbemerkten  Minimal-  und  Maximal-Besoldungssätze 
unter  sich  übertragbar  sein  sollen.  Die  Zahl  dieser  Lehrerstellen  an  den  sämtl. 
staatl.  höh.  Unterrichtsanstalten  von  Berlin  resp.  einer  jeden  Provinz  multiplicirt 
im  ersteren  Fall  mit  dem  Durchschnittssatz  von  750  Thlm,  im  letzteren  mit 
dem  Durchschnittssatz  von  600  Thlm,  giebt  sonach  die  Gesamtbesoldungssnnune 
der  qu.  Stellen  far  Berlin  resp.  jede  Provinz,  aus  welcher  nach  MalBgabe  der 
Tüchtigkeit,  Würdigkeit,  Bedürftigkeit  der  einzelnen  Lehrer  unter  Berücksich- 
tigung ihres  Dienstalters  und  nach  Mafsgabe  der  Bedürftiisse  und  der  besonderen 
Verhältnisse  der  einzelnen  Anstalten  —  wobei  auch  die  Besoldungsverhältnisse 
der  Elementarlehrer  an  den  niederen  Schulen  desselben  Orts  in  Betracht  zu 
ziehen  sind  —  die  Besoldungen  der  einzelnen  Stelleninhaber  in  der  Weise  fest- 
gesetzt werden  sollen,  dafs  für  jede  Stelle  im  Etat  die  Minimalbesoldung  von 
500  Thlm  in  Berlin,  resp.  400  Thlm  in  allen  andern  Orten,  ausgeworfen  wird, 
das  dem  einzelnen  Lehrer  über  diesen  Minimalbetn^;  zu  gewährende  Mehr  aber 
eine  persönL  pensionsberechtigte  Zulage  ist,  auf  welche  der  Nachfolger  im  Amt 
keinen  Ansprach  hat"  — 

C.Verf.v.  2.  Mai  1874:  „Auf  Grand  der  Verf.  v.  14.  Juli  v.J.  sind  die 
Besoldungen  der  vollbeschäftigten  Elementar-  und  techn.  Lehrer  an  den 
vom  Staat  zu  unterhaltenden  höh.  Unterrichtsanstalten  a)  in  Berlin  auf  500 
bis  1000,  durchschnittl.  750  Thlr;  b)  in  allen  anderen  Ort^n  auf  400  bis 
800,  durchschnittl.  600  Thlr  mit  der  Mafsgabe  bemessen  worden,  dafs  die 
Zahl  dieser  Lehrerstellen  an  den  sämtl.  staatl.  höh.  Unterrichtsanstalten  von 
Berlin  resp.  einer  jeden  Provinz  multiplicirt  im  ersteren  Fall  mit  dem  Durch- 
schnittssats  von  750  Thlm,  im  letzteren  mit  dem  Durchschnittssatz  von  600  Thlm 
die  Gesamt-Besoldungssumme  für  Berlin  resp.  jede  Provinz  ergiebt.  Aus 
diesem  Anlafs  sind  nun  von  einzelnen  Elementarlehrem  nicht  staatlicher  höh. 
Unterrichtsanstalten  an  mich  Gesuche  um  Aufbesserang  ihrer  Besoldungen  nach 
den  vorbemerkten  Normen  gerichtet  worden. 

So  sehr  ich  es  im  Interesse  des  Unterrichtswesens  wünschen  mufs,  dafs 
den  Elementar-  und  techn.  Lehrern  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  privaten 
Patronats  die  zur  Erhaltung  und  Förderung  ihrer  Berafsfreudigkeit  unter  den 
gegenwärtigen  Preisverhältnissen  erforderliche,  ihren  Leistungen  angemessene 
Besoldung  gewährt  werde,  so  kann  doch  von  Seiten  des  Staats,  nachdem  bei 
Durchführang  des  Normaletats  v.  20.  Apr.  1872  den  an  höh.  Schulen  städi 
Patronats  befindl.  Elementarlehrem  bereits  eine  Besoldungsverbesserang  in  der 
Begel  erwirkt  worden  ist,  die  von  den  Bittstellern  gewünschte  Begelung  ihrer 
Besoldungen  schon  deshalb  nicht  wohl  durchgeführt  werden,  weil  bei  sehr  vielen 
höh.  Schulen  städt.  Patronats  die  an  diesen  angestellten  Elementar-  und  techn. 
Lehrer  mit  den  Lehrern  derselben  Kategorie  an  den  mittl.  und  niederen  Schulen 
des  Orts  rangiren  und  von  den  betr.  Patronaten  die  Lösung  dieses  durchaus 
im  Interesse  der  gesamten  Elementar-  etc.  Lehrer  des  bezügl.  Orts  liegenden 
Verhältnisses  nicht  verlangt  werden  kann,  ohne  entweder  die  Commune  oder  die 
hetelligten  Lehrer  zu  schädigen.    Dagegen  hsdte  ich  es  far  durchaus  geboten, 


293 

far  die  Elementar-  nnd  techn.  Lehrerstellen  an  den  höh.  ünterrichtsanstalten 
•einschliefsl.  der  Progymn.  und  höh.  6SS.,  wenn  and  soweit  etwa  nicht  die  im 
Vorstehenden  erörterten  Yeriiältnisse  entgegenstehen,  ein  Besoldungs-Minimnm 
von  400  Thlm  anzustreben  nnd  den  be^.  Fatronaten  eine  weitere  allmähliche 
Aufbessemng  der  einzelnen  Stelleninhaber  unter  Berücksichtigung  der  Besoldungs- 
Terhältnisse  der  Elementarlehrer  an  den  niederen  Schulen  desselben  Orts  in  der 
Weise  anzuempfehlen,  dafs  das  dem  einzelnen  Lehrer  über  diesen  Minimalbe- 
trag von  400  Thlm  aus  städt.  Fonds  zu  gewährende  Mehr  eine  persönl.  pen- 
flionsberechtigte  Zulage  ist,  auf  welche  der  Nachfolger  im  Amt  keinen  Anspruch 
hat  und  welche  bei  dem  Abgange  des  betr.  Stelleninhabers  den  städt.  etc.  Fonds 
wieder  zufliefst,  und  dürfte  es  sich  empfehlen,  die  Höhe  der  dem  einzelnen 
Lehrer  zu  gewährenden  Besoldungszulage  so  zu  bestimmen,  dafs  seitens  des 
K.  ProY.Sch  G.  dem  betr.  Fatronat  diejenige  Besoldungssumme  angegeben  wird, 
welche  der  Lehrer  nach  seiner  Anciennetät  haben  würde,  wenn  er  an  einer  höh. 
Unterrichtsanstalt  staatl.  Fatronats  der  Provinz  angestellt  wäre.  Soweit  zur  Ver- 
besserung derartiger  Stellen  über  den  Betrag  von  400  Thlrn  hinaus  aber  Mittel 
AUS  Staatsfonds  bereits  überwiesen  sind,  werden  diese  Mittel  bei  Erledigung 
solcher  Stellen  den  Staatsfonds  wieder  zuzuführen  sein.''        Falk. 

Min.Verf.  v.  30.  Apr.  1877.  „Durch  den  Bericht  des  K.  Prov.Sch.C.  y. 
9.  d.  .Mts.  ist  der  Antrag,  in  dem  Etat  des  Gymnasiums  zu  N.  den  für  den 
Turnunterricht  ausgebrachten  Betrag,  Titel  IL  9.  der  Ausgabe,  von  300  M. 
auf  800  M.  und  zu  diesem  Behufe  den  Staatszuschufs  um  50^  M.  zu  erhöhen, 
nicht  als  begründet  zu  erachten.  Das  K.  FroY.Sch.G.  ist  durch  einen  Erlaik 
Tom'30.  Nov.  1875  angewiesen  worden,  dafür  Sorge  zu  tragen,  dails  der  Turnunter- 
richt Yon  einem  der  angestellten  Lehrer  innerhalb  der  Zaühl  seiner  Pflichtstunden 
erteilt  werde;  dieselbe  Weisung  ist  ids  Vermerk  in  den  Etat  pro  1875/7  zu  der 
betr.  Position  angenommen.  Dem  gegenüber  kann  die  in  dem  Berichte  ent- 
haltene Erklärung,  dafs  zur  Ausführung  dieses  Vermerkes  zur  Zeit  keine  Aus- 
sicht sei,  nicht  als  genügend  angesehen  werden;  Yielmebr  ist  anzuzeigen,  ob 
keiner  der  jetzt  angestellten  Lehrer  die  gesetzliche  Befähigung  zur  Erteilung 
des  Turnunterrichts  besitzt,  und  wenn  ein  Lehrer-  diese  Befähigung  hat,  so  ist 
nachzuweisen,  aus  welchen  Gründen  diesem  nicht  innerhalb  seiner  Pflichtstun- 
-denzahl,  erforderlichen  Falls  unter  Befreiung  you  einigen  seiner  Lehrstunden 
durch  anderweite  Verteilung,  der  Turnunterricht  oder  wenigstens  ein  Teil  des- 
selben zugewiesen  ist  Erst  wenn  auf  diese  Weise  die  Nothwendigkeit  nach- 
gewiesen ist,  dafs  der  Turnunterricht  oder  ein  Teil  desselben  durch  eine  be- 
sonders zu  remunerirende  Lehrkraft  erteilt  werde,  kann  die  Frage  über  die  Höhe 
der  Bemuneration  und  über  die  Weise',  wie  der  etwa  erforderliche  Mehrbedarf 
zu  beschaffen  ist,  zur  Erwägung  kommen.  Doch  mache  ich  schon  Jetzt  das 
K.  FroY.Sch.G.  ai^  folgende  Punkte  aufmerksam:  Die  Etatsposition  Titel  11.  9. 
giebt  insofern  keinen  berechtigten  Anhalt,  um  daraus  das  Erfordernis  für  die 
Leistung  einer  gröfseren  Zahl  Yon  Turnstunden  zu  berechnen,  weil  in  keiner 
Weise  ersichtlich  gemacht  war,  dafs  dieser  Betrag  für  blofs  Yier  Turnstunden 
:sollte  aufgebracht  werden.  Jedenfalls  würden  75  Mark  als  Jahresbetrag 
für  eine  wo  eben  tL  Turnstunde  als  das  Maximum  zu  betrachten  sein, 
welches  nöthigenfalls  zugebilligt  werden  könnte.  Was  die  Beschaffung  des 
«Yeni  als  erforderlich  nachgewiesenen  Mehrbedarfs  betrifft,  so  ist  dafür  zunächst 
im  Hinblick  auf  die  jetzigen  Schulgeldsätze  eine  Erhöhung  derselben  in  Aus- 
sicht zu  nehmen  und  das  K.  FroY.Sch.G.  wird  in  dieser  Hinsicht  die  entsprechen- 
den Anträge  Yorzulegen  haben."        Der  Min.  etc.  Im  Auffcr.  Greiff. 

Zusätzliohe  Bemerkung  aus  der  2.  Aufl.  Entsprechend  der  Unter- 
scheidung, welche  zwischen  Berlin  und  den  anderen  Städten  für  die  Besoldung  der 
Yollbescyiftigten  techn.-  und  Elementarlehrer  angenommen  worden  ist,  können  auch 
die  Remunerationen  der  nicht  Yollbeschäftigten  teohn.,  Elementar-  und 


294 

Hülfslehrer  höherer  Schalen  in  Berlin  höher  als  an  anderen  Orten,  und  zwar 
bis  zn  dem  Maximalsatz  von  40  Thlm  für  die  Wochenstunde,  bemessen  werden^ 
sofern  die  Nothwendigkeit  der  Erhöhung  durch  die  besonderen  Leistungen  der 
betr.  Lehrer  und  die  Unzulänglichkeit  der  bisher.  Bemunerationen  in  jedem  ein- 
zelnen Fall  sich  begründen  läfst,  auch  die  Kassen  der  einzelnen  Anstalten  die 
Mittel  zur  Uebemahme  der  entstehenden  Mehrausgabe  darbieten. 


Gesetz  v.  6.  Febr.  1881  (GS.  p.  17),  betr.  die  Zahlung  der  Beamten- 
gehaltet  nnd  Bestimmungen  über  das  Gnadenqnartal.  „§  1.  Die  nnmittelbaren 
Staatsbeamten,  welche  eine  etatsmäfsige  Stelle  bekleiden,  erhalten  ihre  Besoldang 
aus  der  Staatskasse  vierteljährlich  im  Yorans.  §  2.  Die  Hinterbliebenen  der 
im  §  1  bezeichneten  Beamten  erhalten  für  das  auf  den  Sterbemonat  folgende 
Vierteljahr  noch  die  volle  Besoldung  des  Verstorbenen  (Gnadenqnartal, 
s.  Abschn.  IX)  nach  MaTsgabe  der  CO.  v.  15.  Nov.  1819,  anch  wenn  derselbe 
nicht  In  coUegialischen  Verhältnissen  gestanden  hat.  §  3.  Hat  ein  ver- 
storbener Beamter  (§  2)  eine  Witwe  oder  eheliche  Nachkommen  nicht  hinter- 
lassen, so  kann  mit  Genehmigung  des  Verwaltnngschefs  das  Gnadenqnartal  anfser 
den  in  der  CO.  v.  15.  Nov.  1819  erwähnten  anch  solchen  Personen,  welche  die 
Kosten  der  letzten  Krankheit  nnd  der  Beerdigung  bestritten  haben,  für  den  Fall 
gewährt  werden,  dafs  der  Nachlafs  zn  deren  Deckung  nicht  ausreicht.  §  4.  Die 
Bestimmungen  dieses  Gesetzes  finden  auch  auf  die  zur  Disposition  gestellten 
Beamten  und  Wartegeldempfänger  sowie  auf  deren  Hinterbliebene  Anwendung. 
§  5.    Dieses  Gesetz  tritt  mit  dem  1.  April  1881  in  Kraft."        Wilhelm. 

CVerf.  V.  27.  Juni  1881.  „Se.  Maj.  der  Kaiser  und  König  haben 
mittels  A.O.  v.  25.  v.  M.  zu  genehmigen  geruht,  dafs  das  Gesetz  v.  6.  Febr. 
d.  J.  auch  auf  die  Beamten,  bezw.  die  Hinterbliebenen  der  Beamten  der  unter 
staatlicher  Verwaltung  stehenden  Stiftungsanstalten  und  Stifbungsfonds  des  dies- 
seitigen Bessorts  zur  Anwendung  gebracht  werden  darf  *^  .  .  .  Der  Min.  etc. 
V,  Gofsler. 

CVerf.  V.  15. März  1881.  „Nachdem  die  durch  meinen  Circular-Erlafs 
vom  15.  Juli  1879  erforderten  Berichte  bezüglich  der  Zahlung  der  Gehälter 
bei  Versetzungen  von  Lehrern  höherer  Unterri^hts-Anstalten  sämtlich  ein- 
gegangen sind  und  das  Bedürfnis  nach  Herstellung  eines  möglichst  einheit- 
lichen Verfahrens  ersichtlich  gemacht  haben,  sehe  ich  mich  veranlafst,  hierdurch 
Folgendes  zu  bestimmen : 

1.  Bei  Versetzungen  von  Lehrern  von  einer  höh.  ünterrichtsanstalt  an 
eine  andere,  welche  in  den  weitaus  meisten  FäUen  am  Schlüsse  eines  Schul- 
semesters  stattfinden,  erscheint  es  zweckmäfsig,  grundsätzlich  als  Versetzungs- 
termin den  1.  April  bezw.  den  1.  Oct.  festzuhalten,  ohne  Rücksicht  darauf,  ob 
der  Schlufs  des  voraufgehenden  bezw.  der  Beginn  des  neuen  Schulsemesters 
einige  Tage  oder  Wochen  vor  oder  nach  diesen  Terminen  eintritt.  Dies  Ver- 
fahren empfiehlt  sich,  weil  zu  den  genannten  Terminen  der  Wohnungswechsel 
zu  geschehen  pflegt,  weil  femer  das  Gehalt  der  etwa  einzuziehenden  Stelle  nur 
bis  zum  31.  März,  als  dem  Schlüsse  des  Etatsjahres,  das  einer  neu  gegründeten 
Stelle  erst  von  diesem  Zeitpunkte  ab  disponibel  ist,  weil  endlich  bei  allgemeiner 
Geltung  dieser  Regel  vermieden  würde,  dafs  der  versetzte  Lehrer  das  Gehalt 
für  einen  wenn  auch  nur  kurzen  Zeitraum  entweder  verliert,  oder  umgekehrt 
doppelt  bezieht,  wie  es  bei  der  Bestimmung  verschiedener  Termine  för  den 
Dienstaustritt  und  den  Diensteintritt  bezüglich  der  betr.  beiden  Anstalten  sich 
leicht  ereignen  kann.  Hiemach  ist  es  angemessen,  darauf  Bedacht  zu  nehmen, 
dafs  die  durch  die  Versetzung  bedingten  Aenderungen  in  der  Gehaltszahlung 
von  den  vorbezeichneten  Terminen  ab  eintreten. 


295 

• 

2.  Analog  ist  zweckmäfsig  aach  za  verfahren  bei  Neaanstellungen 
von  Lehrern,  bei  Versetzungen  in  den  Bnhe stand  und  bei  Versetzungen 
zu  andern  als  den  vorgenannten  beiden  Terminen.  Für  diese  Fälle  wird  in 
der  Begel  der  SchlnTs  bezw.  Anfang  eines  Monates  für  den  Wechsel  in  den 
Dienstverhältnissen  bestimmend  sein.  Bezüglich  der  Versetzung  in  den  Bnhe- 
stand  ist  dies  bereits  in  dem  Circolar- Erlasse  vom  18.  Dec.  1875  an- 
geordnet 

3.  Für  die  Zahlung  von  Bemnnerationen  ist  der  Begel  nach  die  Daner 
der  Beschäftigung,  far  welche  die  Bemnneration  gewährt  wird,  entscheidend; 
nur  bei  fixirten  Bemnnerationen  kann  die  Zahlung  in  vollen  Monatsbeträgen 
als  zulässig  erachtet  werden,  wenn  die  erforderlichen  Mittel  in  den  An- 
staltskassen bezw.  bei  dem  Gehalte  der  SteUe,  welche  von  dem  Bemunerirten 
interimistisch  versehen  wird,  vorbanden  sind. 

4.  Was  die  Uebemahme  der  Functionen  der  neuen  Stelle  seitens  des 
versetzten  Lehrers  anlangt,  so  ist  möglichst  daran  festzuhalten,  dafs  der  ab- 
gehende Lehrer  den  von  ihm  bisher  erteilten  Onterricht  bis  zum  Schlüsse  des 
Schulsemesters  fortsetzt  upd  erst  demnächst  an  die  neue  Anstalt  übertritt;  wenn 
hierdurch  der  Schlufs  des  Etatsquartales  überschritten  wird,  so  ist  der  Lehrer 
als  bei  der  neuen  Anstalt  beurlaubt  anzusehen. 

5.  Bei  den  staatlichen  und  bei  den  unter  staatlicher  Verwaltung  stehenden 
stiftischen  Anstalten  ist  künftig  nach  obigen  Gesichtspunkten  in  der  Begel  zu 
verfahren.  Ausnahmen  sind  nur  zuzulassen,  wenn  sie  in  den  besonderen  Ver- 
hältnissen des  Falles  begründet  sind,  z.  B.  wenn  bei  dem  bereits  vor  dem  Schul- 
schlusse  zu  bewirkenden  Umzüge  die  Beteiligung  des  Lehrers  selbst  unerläfs- 
lich  erscheint,  wenn  bei  Alumnaten  die  Forderung  der  unentgeltlichen  Fort- 
führung der  amtlichen  Functionen  durch  den  abgehenden  Lehrer  über  den  1.  April 
hinaus  als  unbillig  anzusehen  ist,  wenn  das  Gehalt  der  neu  zu  besetzenden 
Stelle  noch  über  den  zuletzt  genannten  Termin  hinaus  für  Vertretungskosten 
in  Anspruch  genommen  werden  mufs  u.  s.  w.  In  solchen  Ausnahmefällen  ist 
aber  durch  geeignete  Anordnungen  dafür  Vorsorge  zu  treffen,  dafs  der  Schul- 
unterricht an  den  beiden  Anstalten  keine  wesenüiche  Schädigung  erfährt  und 
der  versetzte  Lehrer  das  Gehalt  nicht  für  einen  kürzeren  oder  längeren  Zeit- 
raum entbehrt  oder  doppelt  erhält. 

6.  Bezüglich  der  Lehrer  an  städtischen  Anstalten  können  die 
Patronate  durch  eine  allgemeine  Verwaltungsvorschrift  zur  Beobachtung  der 
vorstehenden  Begeln  nicht  angehalten  werden.  Wohl  aber  empfiehlt  es  sich 
bei  der  Häufigkeit  der  Versetzungen  von  bezw.  zu  solchen  Anstalten,  dafs  durch 
Verhandlung  mit  den  städtischen  Patronaten  die  möglichste  Uebereinstimmung 
herbeigeführt  wird.  Indem  ich  das  E.  Prov.SchO.  beauftrage,  den  sämtlichen 
Vertretungen  der  städtischen  höh.  Lehranstalten  Seines  Bezirkes  von  den  oben 
dargelegten,  für  die  staatlichen  Anstalten  fortan  geltenden  Normen  Kenntnis 
zu  geben,  veranlasse  ich  Dasselbe  dahin  zu  wirken,  dafs  diese  Normen  auch 
für  die  städtischen  Anstalten  grundsätzlich  zur  Anwendung  gelangen,  so  dafs 
fernerhin    nur    abnorme    Einzelfälle    einer    besonderen    Erörterung   bedürfen. 

Von  dem  Ergebnisse  dieser  Verhandlungen  erwarte  ich  Anzeige  nach  Jahres- 
frist Sollten  wider  Erwarten  einzelne  der  städtischen  Patronate  zu  einer 
generellen  Vereinbarung  in  der  gedachten  Bichtung  sich  nicht  bereit  finden 
lassen,  so  ist  doch  die  Anwendung  jener  Begeln  in  den  einzelnen  Fällen  mög- 
lichst herbeizuführen  und  sicherzustellen,  dafs  ein  Lehrer  das  Gehalt  nicht  ent- 
behrt oder  doppelt  erhält;  jedenfalls  ist  darauf  zu  halten,  dafs  in  den  Voca- 
tionen  ein  bestimmter  Tag  für  den  Eintritt  des  Lehrers  bei  der  städtischen 
Anstalt  bezeichnet  und  unbestimmte  Ausdrücke,  wie  Ostern  oder  Michaelis,  ver- 
mieden werden;  auch  ist  dem  Lehrer  thunlichst  vor  der  Annahme  der  neuen 
Stelle  Gelegenheit  zu  geben,   die  mit  seinem  üebertritte  an  die  neue  Anstalt 


296 

bezüglich  der  Gehaltszahlnngen  verbundenen  Folgen  genau  zu  übersehen.''     Der 
Min.  d.  geisü.  etc.  Ang.  von  Puttkamer. 

G.Yerf.  v.  11.  Mai  1882.  „Nach  §  734  der  Civilprozefsordnnng  vom 
30.  Jan.  1877  (RGBl.  1877.  S.  83)  wird  durch  die  Pföndong  des  Dienst- 
einkommens auch  dasjenige  Einkommen  betroffen,  welches  der  Schuldner  in 
Folge  der  Versetzung  in  ein  anderes  Amt  oder  der  Uebertragung  eines  neuen 
Amtes  zu  beziehen  hat,  sofern  eine  Aenderung  des  Diensi£erm  damit  nicht 
verbunden  ist.  Diese  Voraussetzung  trifft  mithin  zu,  wenn  die  Versetzung  von 
einer  staatlichen  Anstalt  zu  einer  anderen  staatlichen  Anstalt,  bezw.  in  ein 
anderes  staatliches  Amt,  oder  von  einer  städtischen  Anstalt  zu  einer  anderen 
städtischen  Anstalt  derselben  Stadt  erfolgt 

Mit  Bezug  hierauf  veranlasse  ich  daher  das  Königliche  Provinzial-Schnl- 
coUegium,  die  unterstellten  Localschulverwaltungen  anzuweisen,  in  den  vorge- 
dach^n  Fällen  der  Versetzung  eines  Lehrers,  dessen  Diensteinkommen  in  Folge 
einer  Pfändung  noch  einem  Abzüge  unterliegt,  die  Kasse  der  Anstalt,  bezw.  die 
Behörde,  an  welche  die  Versetzung  erfolgt,  von  der  stattgehabten  Pföndnng 
unter  Angabe  der  in  deren  Verfolg  bereits  abgeführten  Beträge  in  Kenntnis  zu 
setzen."    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  Im  Auftir.  Greiff. 

Min. Verf.  v.  23.  Sepi  1881.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich 
auf  den  Bericht  v.  5.  v.  M.,  dafs  der  früher  am  Gymnasium  zu  S.  angestellte 
Lehrer  N.,  welcher  vom  1.  Oci  bis  Ende  Dec.  1880  eine  vacante  Elementar- 
lehrerstelle am  Gymn.  zu  N.  commissarisch  versehen  hat,  zu  Unrecht  sein  Ge- 
halt nebst  Wohnungsgeldzuschufs  für  dieses  Quartal  .  .  .  noch  aus  der  Kasse 
des  erstgenannten  Gymn.  bezogen  hat.  Nach  den  bestehenden  Verwaltungs- 
Grundsätzen  ist  das  volle  Diensteinkommen  commissarisch  beschäf- 
tigter Beamten  einschl.  des  Wohnungsgeldzuschusses  jedesmal  bei  dem 
Fonds  desjenigen  Yerwaltungszweiges  zu  verrechnen,  in  welchem  die  commissa- 
rische  Beschäftigung  stattfindet  .  .  J^    Der  Min.  etc.  Im  Auftr.  Greiff. 

C.Verf.  V.  17.  Dec.  1886.  Durch  Erlafs  des  H.  Finanzmin.  v.  22.  Dec 
1880  sind  die  K.  Begierungen  etc.  ermächtigt  worden,  die  Gehälter,  Wohnungs- 
geldzuschüsse und  sonstigen  pränum.  fälligen  fixirten  Competenzen  der  Beamten 
in  Fällen,  wo  der  1.  u.  2.  Quartalstag  Sonn-  und  Festtage  sind,  schon  am  letzten 
Tage  des  vorhergehenden  Quartals  zahlen  zu  lassen.  Die  K.  Begierung  ver- 
anlasse ich,  künftig,  soweit  es  nicht  bereits  geschieht,  auch  für  das  diesseitige 
Bessert  hiemach  zu  verfahren.''  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  Im  Auf&. 
Barkhausen. 

C.Verf.  V.  2.  Mai  1871:  „In  Bezug  auf  die  Berechnung  von  Ge- 
hältern, Diäten,  Dienstaufwands-Entschädigungen  ujfid  ähnlichen  Competenzen 
für  Teile  eines  Monats  ist  bisher  nicht  gleichmäfsig  verfahren  worden. 
Als  Monatsrate  ist  in  der  Begel  ohne  Bücksicht  auf  die  verschiedene  Länge 
der  Monate  der  12.  Teil  des  Jahresbetrages  angenommen.  Bei  Berechnung  der 
Beträge  für  einzelne  Tage  aber  sind  verschiedene  Grundsätze  zur  Anwendung 
gebracht.  Bei  Zahlungen  aus  Dispositionsfonds  ist  der  Monatsbetrag  ohne 
Bücksicht  auf  die  wirkl.  Zahl  der  Tage  des  betr.  Monats  durch  30  dividirt,  der 
sich  so  ergebende  Betrag  als  Betrag  für  einen  Tag  angesehen  und  danach  die 
Competenz  für  mehrere  Tage  festgestellt  worden,  so  dafs  z.  B.  wenn  der  Monats- 
betrag für  einen  Monat  von  31  Tagen  sich  an  2  Beamte  verteilte  und  der  eine 
etwa  für  15  Tage  ^^/go  der  andere  für  16  Tage  ^'/so  erhielt,  im  ganzen  ^% 
des  Monatsbetrags,  also  V30  ^  ^^^^  verausgabt  würde.  Dagegen  ist  bei  Zah- 
lungen für  Bechnung  von  Ausgabepositionen,  welche  etatsmäfsig  für  einzelne 
SteUen  zu  Besoldungen,  Dienstaufwands-Entschädigungen  ausgesetzt  worden, 
2ur  Vermeidung  von  Etatsüberschreitungen  die  Verteilung  von  Monatsraten  nach 


297 

Verhältnis  der  zu  vergütigenden  Tagezahl  zur  wirkL  Tagezahl  des  betr.  Mo- 
nats erfolgt 

Im  Einverständnis  mit  dem  H.  Finanzmin.  nnd  der  K.  OBechnnngs- 
kammer  bestimme  ich,  dafs  fortan  überall,  also  a^ch  bei  Zahlungen  ans  Dispo- 
sitionsfonds, nach  letzterem  Grundsatz  zu  verfahren  ist/'  — 

Wohnungsgeld,  Dienstwohnungen. 

Gesetz  v.  13.  Mai  1873  (GS.  p.  209),  betreffend  die  Gewährung  von 
Wohnungsgeldzuschussen  an  die  unmittelbaren  Staatsbeamten. 

㤠 1.  Den  unmittelbaren  Staatsbeamten,  welche  eine  etatsmafsige  Stelle 
bekleiden  und  ihre  Besoldung  aus  der  Staatskasse  beziehen,  femer  den  Lehrern 
und  Beamten  der  Universitäten  und  derjenigen  Unterrichts-  und  sonstigen  An- 
stalten, bei  welchen  die  Gewährung  der  eiforderl.  Unterhaltnngszuschüsse  aus- 
schliefslich  dem  Staate  obliegt,  wird  vom  1.  Jan.  1873  ab  ein  Wohnungsgeld- 
zuschufs  nach  Mafsgabe  des  diesem  Gesetz  beiliegenden  Tarifs  gewäbrt.  Der  • 
WohnnngsgeldzuschuTs  wird  auch  denjenigen  unmittelbaren  Staatsbeamten  ge- 
währt, welche  bei  der  Umgestaltung  der  Behörden  in  den  neuen  Provinzen  etats- 
mafsige Stellen  verloren  haben  und  zur  Zeit  noch  aufseretatsmäfsig  im  un- 
mittelbaren Staatsdienst  beschäftigt  werden. 

§  2.  Für  den  zu  gewährenden  Wohnungsgeldzuschuss  ist  der  mit  der 
Amtsstellung  verbundene  Dienstrang,  nicht  der  einem  Beamten  etwa  persön- 
lich beigelegte  höhere  Bang,  mafsgebend.  Beamte,  welche  nach  ihrer  Dienst- 
stellung zwischen  den  Abteilungen  des  Tarifs  rangiren,  werden  der  entsprechenden 
niederen  Abteilnng  zugerechnet  Für  solche  Beamte  und  Lehrer,  welchen 
ein  bestimmter  Dienstrang  nicht  beigelegt  ist,  wird  durch  den  Bessortchef  im 
Einvernehmen  mit  dem  Finanzminister  festgesetzt,  welcher  der  im  Tarif  be- 
stimmten Beamtenklassen  dieselben  beizuzählen  sind.  Die  Stellung  der  Orte 
in  den  verschiedenen  Servisklassen  bestimmt  Bich  nach  der  Klasseneinteilung, 
wie  sie  in  Gemäfsheit  des  §  3  des  Beichsgesetzes  v.  25.  Juni  1868,  betreffend 
die  Quartierloistung  far  die  bewaffnete  Macht  während  des  Friedenszustandes 
(Bundesgesetzbl.  p.  523),  jeweilig  in  Geltung  ist.  Bei  Veränderungen  in 
der  Klasseneinteilung  kommt,  von  dem  auf  die  Publication  der  Veränderung 
folgenden  Kalenderquartal  an,  der  danach  sich  ergebende  veränderte  Satz  des 
Wohnungsgeldzuschusses  in  Anwendung. 

§  3.  Bei  Versetzungen  erlischt  der  Anspruch  auf  den  dem  bisherigen 
amtlichen  Wohnorte  entsprechenden  Satz  des  Wohnungsgeldzuschusses  mit  dem 
Zeitpunkte,  zu  welchem  der  Bezug  der  Besoldung  {lus  der  bisherigen  Dienst- 
stelle aufhört.  Die  bei  einer  Versetzung  an  einen  Ort  einer  geringeren  Servis- 
klasse  eintretende  Verminderung  des  Wohnungsgeldzuschusses  wird  als  eine 
Verkürzung  des  Diensteinkommens  (§  53  des  Gesetzes,  betreffend  die  Dienst- 
vergehen der  Richter  und  die  unfreiwillige  Versetzung  derselben  auf  eine  andere 
Stelle  oder  in  den  Buhestand,  v.  7.  Mai  1851,  GS.  p.  218,  und  §  87  des  Ge- 
setzes, betreffend  die  Dienstvergehen  der.nicht  richterl.  Beamten,  v.  21.  Juli  1852, 
GS.  p.  465)  nicht  angesehen. 

§  4.  Der  Wohnungsgeldzuschufs  wird  nicht  gewährt  an  Beamte,  welche 
Dienstwohnungen  innehaben,  oder  anstatt  derselben  Miethsentschädigungen  be- 
ziehen. Die  Miethsvergütigungen,  welche  Beamte  für  die  ihnen  uberlassenen 
Dienstwohnungen  zu  entrichten  haben,  werden  von  dem  im  §  1  bestimmten 
Zeitpunkte  ab  um  den  Betrag  des  Wohnungsgeldzuschusses  gekürzt. 

§  5.  Beamte,  welche  mehrere  Aemter  bekleiden,  erhalten  den  Wohnungs- 
geldzuschufs nur  Ein  Mal,  und  zwar  für  dasjenige  Amt,  welches  auf  den 
höchsten  Satz  Anspruch  giebt. 


298 


§  6.  Bei  der  Feststellang  der  Umzügskostenvergütangen  (§  4  des  A.  Er- 
lasses y.  26.  März  1855,  GS.  p.  190)  bleibt  der  WohBüngsgeldznschafs  aufser 
Ansatz.  Bei  Bemessung  der  Pension  (§10  des  Gesetzes,  bekeffend  die  Pensio- 
nimng  der  unmittelb.  Staatsbeamten  etc.,  v.  27.  März  1872  GS.  p.  268)  wird 
der  DnrchschnittssatsL  des  Wohnnngsgeldznschnsses  fnr  die  Servisklassen  I  bis 
y  in  Anrechnung  gebracht  Dieser  Satz  gilt  auch  für  diejenigen  Beamten, 
welche  eine  Dienstwohnung  'resp.  eine  Miethsentschädignng  erhalten.  Im 
Uebrigen  gilt  der  Wohnnngsgeldznschnfs  in  allen  Beziehungen  mit  der  im  §  3 
bestimmten  Mafsgabe  als  ein  Teil  der  Besoldung. 

§  7.  Dieses  Gresetz  findet  keine  Anwendung  auf  die-  gesandtschafü. 
Beamten,  sowie  auf  Beamte  in  Dienststellungen,  wie  sie  im  §  5  des  allegirten 
Gesetzes  v.  27.  März  1872  bezeichnet  sind.**  Wilhelm. 


Tarif. 


Jahresbetrag  des  Wohnungsgeld- 

Bezeichnung  der  Beamten. 

• 

Zuschusses  in  den  Orten  der  Servisklasse. 

Berlin. 

I 

II 

ni 

IV 

V 

Thlr 

Thhr 

Thlr 

Thlr 

Thlr 

Thlr 

I.  Beamte  der  1.  Kanffklasse      .    .    . 
II.  Beamte  der   2.   und  3.  Rangklasse 

500 

400 

300 

240 

200 

200 

400 

300 

240 

200 

180 

180 

III.  Beamte   der  4.  und   5.  Rangklasse 

300 

220 

180 

160 

140 

120 

IV.  Beamte,  welche  zwischen  den   Be- 

amten der  5.  Rangklasse  und  den 

Subalternen  der  Provinzialbebörden 

rangiren,  Subaltembeamte  2.  Klasse 

• 

bei  den  Centralbehörden,  Subaltem- 

beamte   bei    den  Provinzial:    und 

Localbehörden       

160 

144 

120 

100 

72 

60 

V.  Unterhißamte 

80 

60 

48 

36 

24 

20 

Ein  Verzeichnis  für  die  Klasseneinteilung  der  Orte  nach  den  verschiedenen 
Servisklassen  ist  enthalten  in:  „Das  gesamte  Preufsische  Etats-,  Kassen-  und 
Rechnungswesen  einschliefslich  der  Rechts-Verhältnisse  der  Staatsbeamten,  zu- 
sammengestellt und  erläutert  von  G.  Herrfurth,  Rechnungs-Rath  im  K.  Min. 
der  geistl.  u.  s.  w.  Ang.  Zweite  vermehrte  und  verbesserte  Auflage.  Berlin 
1887."    S.  663  fg. 

Die  Auszahlung  der  Wohnungsgeldzuschüsse  erfolgt  pränum.  in  vierte][jährl. 
oder  monatl.  Raten,  Je  nachdem  der  Empfänger  seine  Besoldung  bezieht.  — 
Die  Quittung  ist  mit  der  Gehaltsquittung  zu  verbinden,  in  derselben  jedoch  der 
WohnungsgeldzuschuTs  besonders  ersichtlich  zu  machen.  —  Der  Anspruch  auf 
den  Zuschufs  beginnt  mit  der  definitiven  Anstellung  des  Beamten  für  die  betr. 
Stelle.  Dauernde  Anstellung,  w^nn  auch  mit  Vorbehalt  .der  Kündigung,  gilt  in 
diesem  Sinne  als  definitiv.     CBl.  1873  p.  325. 

WohnungsgeldzuschuTs  für  die  aufserhalb  ihres  Wohnorts 
commissarisch  beschäftigten  Lehrer. 

Nach  der  Min. Verf.  v.  23.  Febr.  1875  erhalten  Lehrer,  welche  an  den 
vom  Staat  zu  unterhaltenden  Gymnasien,  Progymnasien,  Real-  und  höh.  Bürger- 
schulen oder  an  den  staatl.  SchuUehrer-Seminarien  in  etatsm.  Stellen  definitiv 
angestellt  sind,  wenn  sie  behufs  commissarischer  Beschäftigung  als  Krels-Schul- 
inspectoren  beurlaubt  werden,  für  die  Dauer .  der  Beurlaubung  den  Wöhnungs- 


299 

geldznschnls   tiach   den  Sätzen  nicht   des  commissar.  Aufenthaltsorts,  sondern 
ihfes  amtl.  Domicils.     CBl.  1875  p.  385. 

Gnind  dieser  Bestimmnng  ist,  dafs  der  Wohnnngsgeldzuschnfs  als  ein 
Teil  des  Diensteinkommens  der  Etatstelle  anzusehen  und  für  die  Höhe  des 
Bezüi^s  daher  der  Ort  mafsgebend  ist,  an  welchem  der  Beamte  eine  etatsm. 
Stelle  bekleidet.  Es  sind  jedoch  hierzu  folgende  Bestimmungen  erlassen 
worden : 

Min.  Verf.  v.*21.  Sepi  1877.  „Auf  den  Bericht  v.  14.  Juli  d.  J.  eröffne 
ich  dem  E.  Prov.Sch.C,  wie  ich  Demselben  darin  nicht  beizustimmen  vermag, 
dafs  dem  früheren  ordentlichen  Lehrer  N.  an  der  Realschule  zu  N.  für  die 
Dauer  seiner  Beschäftigung  als  Ereis-Schulinspector  der  ihm  in  seiner  bis- 
herigen Stellung  tarifmäfsig  zustehende  Wohnungsgeldzuschufs  aus  den  Mitteln 
der  Anstalt  gezahlt  werde,  da  nach  den  bestehenden  Verwaltungsgrundsätzen 
auch  der  Wohnungsgeldzuschufs  für  etatsmäfsig  angestellte,  aber  zur  Versehung 
einer  andern  Stelle  commissarisch  herangezogene  Beamte  bei  den  Fonds  des- 
jenigen Verwaltungszweiges  zu  verrechnen  ist,  in  welchem  die  commissarische 
Beschäftigung  stattfindet. 

Die  auf  der  entgegengesetzten  Annahme  beruhenden  Verfügungen  vom 
27.  Mai  0  und  31.  Dec.  1875  —  ü.  IL  2662.  und  5604.  —  werden,  soweit  sie 
diese  Präge  berü&en,  hierdurch  aufgehoben.'* 

C.Verf.  V.  23.  April  1878.  „Es  ist  mehrfach  vorgekommen,  anscheinend 
in  Eolge  mifsverständlicher  Auffassung  meines  Erlasses  v.  21.  Sept.  1877,  dafs 
Lehrer,  welche  an  Königl.  Gymnasien,  Progymnasien,  Realschulen  etc.  oder  an 
Königl.  Schullehrer-Seminaren  in  etatsm.  Stellen  definitiv  angestellt  sind,  wenn 
sie  behufs  commissar.  Verwaltung  einer  ständigen '  Kreis-Schulinspectorstelle 
beurlaubt,  bezw.  von  ihren  eigentlichen  amtl.  Obliegenheiten  einstweilen  ent- 
bunden worden  sind,  auch  für  die  Dauer  dieser  Beurlaubung  neben  der 
diätarischen  Remuneration,  welche  ihnen  für  die  commissarische  Beschäftigung 
als  Kreis-Schulinspector  gewährt  wird,  auch  auf  den  Wohnungsgeldzuschufs  der 
Stelle,  aus  welcher  sie  beurlaubt  sind,  Anspruch  erhoben  haben. 

Dies  giebt  mir  Anlafs  zu  der  Eröffnung,  dafs  die  vorgedachten  Königl. 
Gymnasial-  etc.  und  Seminarlehrer  für  die  Dauer  ihrer  commissarischen  Be- 
schäftigung als  Ereis-Schulinspectoren,  während  deren  sie  aus  ihren  Lehrer- 
stellen beurlaubt  werden,  sowenig  auf  den  Wohnungsgeldzuschufs,  wie  auf  das 
Gehalt  dieser  Stellen,  sondern  lediglich  auf  die  von  mir  in  jedem  Einzelfalle 
festzusetzende  diätarische  Remuneration  für  commissarische  Verwaltung  dep 
Ereis-Schulinspection  Anspruch  haben,  welche  bei  den  gedachten  Lehrern  jeder- 
zeit so  bemessen  wird,  dal's  sie  denselben  für  den  Betrag  des  Gehalts  und  des 
Wohnungsgeldzuschusses  ihrer  Lehrerstelle  vollen  Ersatz  gewährt* 

Damit  iph  in  den  Stand  gesetzt  werde,  bei  Festsetzung  der  zu  gewährenden 
Remunerationen  den  Betrag  des  Gehalts  und  des'  Wohnungsgeldzuschusses  zu 
berücksichtigen,  bedarf  es  bei  den  Vorschlägen  wegen  Berufung  von  Lehrern 
der  vorgedachten  Eategorieen  jederzeit  einer  zuverlässigen  Angabe  darüber, 
welchen  Betrag  an  Gehalt  und  an  Wohnungsgeldzuschufs  der  betreffende  in 
seiner  seitherigen  Amtsstellung  zu  beziehen  hat. 

Im  üebrigen  ist  fortan  jedem  für  die  commissarische  Verwaltung  einer 
Kreis-Schulinspectorstelle  in  Aussicht  genommenen  Bewerber  aus  der  Zahl  der 
vorgedachten  an  Eönigl.  Lehranstalten  angestellten  Lehrer  vorweg  zu  eröffnen, 
dafs  er  für  die  Dauer  des  Commissoriums  sowenig  den  Wohnungsgeldzuschufs, 
wie  das  Gehalt  seiner  Lehrerstelle,  vielmehr  lediglich  die  von  mir  festzusetzende 
Remuneration  zu  beziehen  habe." 


»)  Centralblatt  pro  1875  S.  444. 


300 

Durch  die  C.Verf.  v.  7.  Juli  1873  (vgl  CBL  1873  p.  409)  wurde 
folgende  Classification  der  Lehrer  bezügL  des  Wohnungsgeldzuschuases 
bekannt  gemacht: 

Es  gehören  A.  Zu  Abt.  III  des  Tarifs:  aufser  den  Directoren  der 
Gymnasien  und  der  Bealschulen  1.  0.  1.  die  Bectoren  der  vollberechtigten 
höh.  Bürgerschulen,  Progymnasien  und  Bealschulen  2.  0.-,  2.  die  In- 
haber der  etatsmäfsigen  Oberlehrer  st  eilen  bei  den  Gymnasien  und  Beal- 
schulen 1.  Ö. 

B.  Zu  Abt.  ly  des  Tarifs:  1.  die  Bectoren  der  nicht  ToUberech- 
tigten  höh.  Bürgerschulen,  Progymn.  und  Bealschulen;  2.  Die  Inhaber  der 
ordentl.  Lehrerstellen  an  den  Gymn.  und  Bealschulen  1.  0.;  3.  die  Inhaber 
der  Ober-  und  ordentl.  Lehrerstellen  an  den  höh.  Bürgerschulen,  Progymn. 
und  Bealschulen:  4.  die  vollbeschäftigten  Lehrer  in  etatsmäfsigen  Ele- 
mentar-, techn.  und  Yorschullehrer- Stellen  an  den  bei  B.  2  und  3  genannten 
Anstalten. 

C.  Zu  Abt.  V  des  Tarifs:  die  Schuldiener  und  ähnliche  Unterbeamte. 

Min.Verf.  v.  1.  Dec.  1886.  „Se.  Maj.  der  Kaiser  und  König  haben 
durch  den  A.  £.  v.  23.  Juli  d.  J.  (s.  S.  105)  ^en  Bectoren  (Directoren) 
der  staatlichen  und  der  sonstigen  unter  alleiniger  Verw^tung  des  Staats 
stehenden  Progymn.,  Bealprogymn.,  Beal-  und  hob.  Bürgerschulen,  sowie  den 
Oberlehrern  und  ordentl.  Lehrern  an  den  staatlichen  und  den  sonstigen  unter 
alleiniger  Verwaltung  des  Staats  stehenden  höh.  Unterhchtsanstalten  den 
Bang  der  fcinften  Klasse  der  höheren  Beamten  der  Provinzialbehörden  zu  ver- 
leihen geruht 

Indem  ich  das  K.  Prov.Sch.C.  hiervon  in  Kenntnis  setze,  veranlasse  ich 
dasselbe  zugleich,  die  mit  dieser  Bangfeststellung  verbundene  Zahlung  des 
höheren  Wohnungsgeldzuschusses  der  Tarifklasse  III  an  die  betr.  etatsmäfsigen 
ordentlichen  (wissenschaftlichen)  Lehrer,  welche  keine  Dienstwohnung  inne 
haben,  zu  veranlassen.  Ausgeschlossen  bleiben  bis  auf  Weiteres  die  nur 
seminaristisch  gebildeten  Inhaber  solcher  Lehrerstellen,  wie  deren  einige  vor- 
handen sind. 

Mit  Bücksicht  darauf,  dafs  der  A.  E.  aim  23.  Juli  d.  J.  ergangen  ist, 
kann  nach  den  bestehenden  allgm.  Grundsätzen  die  Zahlung  erst  von  Beginn 
des  dritten  Vierteljahres  d.  J.  ab  erfolgen "  v.  Gofsler. 

C.Verf.  V.  20.  Dec.  1886.  „Mit  Bäcksicht  auf  den  Vorbehalt  im  zweiten 
Absatz  des  Erlasses  vom  1.  Dec.  d.  J.  setze  ich  das  K.  Prov.Sch.C.  davon  in 
Kenntnis,  dafs  in  der  Angelegenheit,  betr.  die  Bangfeststellnng  der  Lehrer  an  den 
höh.  ünterrichtsanstalten  und  die  Zahlung  des  Wohnungsgeldzuschusses  der  Tarif- 
klasse III  an  die  ordentlichen  Lehrer,  die  seminaristisch  gebildeten  Inhaber 
ordentlicher  Lehrerstellen  an  den  staatlichen  höheren  Unterrichtsanstalten  mit 
den  akademisch  gebildeten  ordentlichen  Lebrem  auf  gleicher  Stufe  zu  behandeb 
sind."  V.  Gofsler. 

Min.Verf.  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  13.  März  1874: 
„Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  im  Einverständnis  mit  dem  H.  Finanzmin., 
dafs  bei  Festsetzung  des  Wohnungsgeldzuschusses  für  die  Lehrer  an  den  höh. 
Unterrichtsanstalten  des  ehemal.  Herzog^tums  Nassau  in  Gemäfsheit  des  Gesetzes 
V.  12.  Mai  V,  J.  nicht  die  zu  nassauischer  Zeit  bestandenen  Verhältnisse  mafs- 
gebend  sind.  Dem  Tarif  zu  dem  allegirten  Gesetz  liegen  ausschliefsl.  die 
preufsischen  Bangverhältnisse  zu  Grunde,  und  ist  überall  da,  wo  nach  Mafsgabe 
der  Verordn.  v.  7.  Febr.  1817  und  den  sie  ergänzenden  Bestimmungen  einem 
Beamten  eine  bestimmte  Bangstellung  nicht  beiwohnt,  nach  §  2  des  Gesetzes 
V.  12.  Mai.  V.  J.  zu  verfahren." 


301 

Dienstwohnungen. 

CO.  V.  6.  Juni  1868:  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  y.  3.  d.  M. 
bestimme  Ich,  dafs  für  die  Ueberlassung  von  Dienstwohnungen  an 
Beamte  in  den  Fällen,  wo  dieselbe  nicht  ohne  Entgelt  stattzufinden  hat,  in 
Städten  mit  mehr  als  50,000  Einw.  10  proc,  in  Städten  mit  10,000  bis  50,000 
Einw.  7^/2  proc,  in  anderen  Ortschaften  5  proc.  des  Diensteinkommens  der 
Wohnungsinhaber  als  Vergütung  in  Abzug  gebracht  werden.  Bei  einer  Ver- 
mehrung oder  Verminderung  der  Einwohnerzahl  treten  die  davon  abhängenden 
Veränderungen  erst  dann  ein,  wenn  die  Wohnung  an  einen  anderen  Beamten 
übergeht.  Auf  diejenigen  Beamten,  welchen  zur  Zeit  bereits  Dienstwohnungen 
überlassen  sind,  findet  ein  höherer  Abzug  nach  Mafsgabe  der  gegenwärtigen 
Bestimmungen  erst  in  dem  Falle,  wenn  dem  Wohnungsinhaber  eine  Vermehrung 
seines  Diensteinkommens  zu  Teil  wird,  und  nut  insoweit  Anwendung,  dafs  die 
dem  Wohnungsinhaber  obliegende  Mehrleistung  den  Betrag  der  Erhöhung  seines 
Diensteinkommens  nicht  übersteigen  darf."    Wilhelm. 

Min. Verf.  v.  24.  Mai  1869:  —  „Es  sind  Zweifel  erhoben,  ob  bei  An- 
wendung der  A.  Ordre,  v.  6.  Juni  v.  J.  die  Militärbevölkerung  mitzurechnen 
sei,  und  habe  ich  hieraus  Veranlassung  genommen,  mich  behufs  Herbeiführung 
eines  übereinstimmenden  Verfahrens  mit  den  HH.  Min.  der  .Finanzen  und  des 
Innern  in  Verbindung  zu  setzen.  Im  Einvernehmen  mit  denselben  bestimme  ich 
nunmehr,  dai's  die  Militärbevölkerung  des  betr.  Orts  aufser  Ansatz  zu  lassen  ist." 

Min. Verf.  v.  21.  Dec.  1872:  —  „Bei  Veränderungen  in  den  Be- 
soldungen der  Directorstellen  der  Gymn.  und  der  Realschulen  1.  0.  kommen  nur 
die  betr.  Bruttobeträge  in  Betracht.  Die  unerhebl.  Differenzen,  welche  dabei 
hinsichtl.  der  Miethsabzüge  für  Dienstwohnungen  entstehen,  sind  von  den  An- 
staltskassen zu  tragen,  resp.  gehen  denselben  zu  gute.  Sie  können  bei  den 
Veränderungen  nicht  berücksichtigt  und  ausgeglichen  werden,  weil  die  Procent- 
sätze des  Miethsabzugs  verE(thieden  sind  und  manche  Stellen  Dienstwohnung 
überhaupt  nicht  haben." 

Min.V.erf.  v.  29.  Oct.  1868:  „Auf  den  Bericht  v.  —  billigeich  es,  dafs 
das  K.  Prov.Sch.C.  sich  angelegen  sein  läfst,  die  Grundsätze  der  A.  Ordre  v. 
6.  Juni  d.  J.,  betr.  die  Vergütung  für  die  Ueberlassung  von  Dienstwohnungen 
an  Beamte,  auch  bei  den  nicht  königl.  Unterrichtsanstalten  zur  Geltung  zu 
bringen.  Ein  directer  Zwang  ist  jedoch  in  dieser  Beziehung  nicht  statthaft. 
Wo  daher  die  Privatpatronate  der  Festsetzung  der  Vergütung  nach  Mafsgabe 
des  A.  Erlasses  v.  6.  Juni  d.  J.  widersprechen,  mufs  es  bei  den  bisherigen 
etatsm.  Sätzen  sein  Bewenden  behalten." 

Die  Miethsvergütungen  werden  seit  Einführung  des  Wohnungsgeld- 
zuschusses um  den  Betrag  desselben  gekürzt.  S.  §  4  des  Gesetzes  v.  12.  Mai 
1873  (oben  S.  297). 

Beamten,  welche  für  Dienstwohnungen  Miethe  zahlen,  wird  letztere  soweit 
erlassen,  als  der  betr.  Wohnungsgeldzuschufs  reicht.  Ist  also  die  Miethe  höher, 
als  der  Wohnungsgeldzuschufs,  welchen  der  Beamte  erhalten  würde,  wenn  er 
keine  Dienstwohnung  hätte,  so  hat  derselbe  den  Miethsbetrag  weiter  zu  zahlen. 
GBl.  1873  S.  325  f.  Etwaige  Mehrbeträge  werden  demnach  weiter  erhoben,  wenn 
der  Betrag  des  Wohnungsgeldzuschusses  geringer  ist,  sie  werden  aber  nicht 
gewährt,  wenn  derselbe  den  Betrag  der  Miethsvergütung  übersteigt  Vgl. 
G.  Herrfurth,  das  preufs.  Etats-,  Kassen-  und  Bechnungswesen.  Berlin  1887 
(2.  Aufl.)  S.  660  fg.  • 

S.  auch  Begdativ  v.  26.  Juli  1880  §  18  fg.    Vgl.  S.  303,  6. 

Verf.  des  Min.  der  Finanzen  und  des  Innern  v.  16.  März  1881 
2ur  Kenntnisnahme  und  gleichmäfsigen  Beachtung  mitgeteilt  durch  C.Verf.  t. 


302 

4.  April  1881.  „B^i  der  Berechnung  des  neuen  Diensteiukommens  eines 
wieder  beschäftigten  Pensionärs  zum  Zwecke  der  Ausfuhrung  der  Vorschriften 
des  §  27  Nr.  2  u.  des  §  29-  des  Pensionsgesetzes  y.  27.  März  1872  (s.  Abschn.  VIII) 
ist  bisher  der  Werth  der  demselben  in  seiner  neuen  Stellung  gewährten  Dienst- 
wohnung nach  den  Procentsätzen  bestimmt  worden,  welche  gemäfs  der  A.  0. 
V.  6.  Juni  1868  far  die  üeberlassung  von  Dienstwohnungen  an  Staatsbeamte 
zu  entrichten  sind.  Nach  einer  mit  dem  Herrn  Reichskanzler  stattgehabten 
Verständigung  ist  dagegen  in  Zukunft;,  in  Uebereinstimmung  mit  einer  for  die 
pensionirten  Givilbeamten  des  Reiches,  die  früheren  'Offiziere  und  die  Ange- 
hörigen der  Unterklassen  der  Armee  getroffenen  Anordnung  der  Berechnung  dos 
neuen  Diensteinkommens  eines  im  preufs.  Staatsdienste  oder  im  Beichsdienste 
wieder  beschäftigten  preufs.  Pensionärs,  welchem  in  irgend  einer  Form,  sei  es 
als  tarifmäfsiger  WohnungsgeldzuschuTs,  als  Dienstwohnung  oder  Miethsent- 
schädigung  eine  Wohnungscompetenz  eingeräumt  ist,  allgemein  der  tarifmäfsige 
Satz  des  Wohnungsgeldzuschusses  der  ihm  verliehenen  neuen  Stelle  als  der 
dieser  Gompetenz  im  Sinne  der  obengedachten  gesetzl.  Bestimmungen  ent- 
sprechende Werth  zum  Grunde  zu  legen.  Bekleidet  der  Beamte  eine  etats- 
mäfsige  Stelle  nicht,  so  ist  der  Betrag  des  tarifm.  Wohnungsgeldzuschusses 
der  entsprechenden  etatsm.  Beamtenstelle  zur  Berechnung  zu  ziehen.  In 
denjenigen  Fällen  indes,  in  denen  eine  Regelung  des  anzurechnenden  Betrages 
bereits  stattgefunden  hat,  soll  eine  anderweitige  Normirung  des  Werthes  der 
Dienstwohnung  nach  vorstehenden  Grundsätzen  nur  eintreten,  wenn  und  insoweit 
dem  Inhaber  eine  Diensteinkommens-Verbesserung  zu  Teil  wird.*' 

C.Verf.  V.  24.  Nov.  1880.  „Daß  K. Prov.Sch.C.  erhält  anbei  —  Druck- 
exemplare des  unterm  26.  Juli  d.  J.  Allerhöchst  genehmigten,  mit  dem  1.  April 
k.  J.  in  Kraft  tretenden  Regulatives  über  die  Dienstwohnungen  der 
Staatsbeamten,  zum  dienstlichen  Gebrauch  für  Seine  Mitglieder  und  Be- 
amten, für  Seine  Acten  und  behufs  Zufertigung  je  eines  Exemplares  an  die 
Verwaltungen  der  von  Demselben  ressortirenden  staatlichen  Gymnasien  u.  s.  w. 

Für  die  Ausführung  dieses  Regulatives,  durch  welches  alle  seither  hin- 
sichtlich der  Dienstwohnungen  erlassenen  allgemeinen  und  besonderen  Vor- 
schriften aufgehoben  sind,  bemerke  ich  Folgendes: 

1)  Zur  Sicherung  einer  ordnungsmäfsigen  Führung  der  Inventarien  (§  4 
bis  6  des  Regulatives)  ist  es  erforderlich,  dafs  zwischen  den  beiden  durch  die 
Aufsichtsbehörde  und  durch  den  Wohnungsinhaber  aufzubewahrenden  Exemplaren 
des  Inventariums  stets  vollständige  Uebereinstimmung  in  Form  und  Inhalt 
stattfindet.  Neben  der  im  §  3  des  Regulatives  erwähnten  allgem.  Prüfung 
des  Zustandes  der  Dienstwohnungen  sind  die  Inventarien  sowohl  bei  der  Ueber- 
gabe  und  Rückgewähr  der  Dienstwohnungen,  als  auch  während  der  Benutzung 
seitens  des  Inhabers,  der  Regel  nach  alljährlich  einmal  einer  Revision  zu  unter- 
ziehen. Dieselbe  hat  sich  auf  die  Prüfung  der  im  Inventarium  nachgetragenen 
Zugänge,  der  nachgewiesenen  Abgänge,  und  auf  das  Vorhandensein  der  sonach 
verbleibenden  Gegenstände  zu  erstrecken.  Ueber  das  Ergebnis  einer  jeden 
Revision  ist  eine  Verhandlung  aufzunehmen  und  zu  den  Acten  zu  bringen. 

2)  Da  die  Üeberlassung  von  Dienstwohnungen  nur  nach  Mafsgabe  des 
Etats  zu  erfolgen  hat  (§  7  des  Regulatives),  so  müssen  sämtliche  den  Beamten 
überwiesene  Dienstwohnungen  in  den  betr.  Special-Etats  aufgeführt  werden. 
Ist  für  die  Dienstwohnung  eine  Vergütung  nicht  zu  entrichten,  so  ist  dieselbe 
als  ,4rei*'  zu  bezeichnen.  (§  18  des  Regulatives.)  Mit  Rücksicht  auf  die 
Bestimmung  im  §  7  des  Regulatives  ist  die  Tfeberweisung  neuer  Dienst- 
wohnungen fortan  erst  nach  erfolgter  Aufnahme  der  betr.  Vermerke  in  die  Etats 
zulässig  und  hierüber  in  jedem  Fall  eine  vorherige  Verständigung  zwischen  dem 
Herrn  Finanz-Minister  und  mir  erforderlich.     Gestatten  es  die  besonderen  Ver- 


303 

hältnisse  des  einzelnen  Falles,  dem  Beamten  ansnabmsweise  innerhalb  eines 
Etatsjahres  eine  neu  eingerichtete  Dienstwohnung  vor  Auftiahme  derselben  in 
den  Etat  zur  Benutzung  zu  überlassen,  so  wird  dies  inzwischen  nur  miethsweise 
gegen  ein  entsprechendes  Entgelt  zu  geschehen  haben,  für  dessen  Bemessung 
die  regulatlvmäfsige  Vergütung  zum  Anhalt  dienen  kann. 

3)  Bei  der  Uebergabe  der  Dienstwohnung  ist  dem  neu  einziehenden  Be- 
amten die  im  §  10  des  Begulatives  bezeichnete  ausdrückliche  Eröffnung  zu 
machen,  dafs  für  die  Ueberweisung  und  Benutzung  der  Dienstwohnung  die  Be- 
stimmungen dieses  Begulatives  mafsgebend  sind.  Dafs  dies  geschehen,  ist  in 
die  Uebergabe-Verhandlung  aufzunehmen. 

4)  Die  erleichterte  Unterhaltungspflicht  des  Wohnungsinhabers  bedingt 
eine  strenge  und  unausgesetzte  Aufisicht  über  den  Zustand  der  Dienstwohnung 
und  über  die  dem  Inhaber  obliegenden  Leistungen,  wie  solches  im  §  3  des 
Begulatives  vorgeschrieben  ist  ,  Da  abweichend  von  den  bisherigen  Vor- 
schriften nach  den  Bestimmungen  in  §  14  litt,  g  und  §  15  litt,  c  des  Begu- 
latives die  Kosten  der  Tapezirungen,  der  Erneuerung  des  Anstriches  der  Wände, 
Decken,  Thüren,  Penster  u.  s.  w.  die  Staatskasse  treffen,  sofern  es  sich  um 
eine  Wiederherstellung  der  Gresamtfläche  handelt,  so  ist  in  der  Begel  zunächst 
das  Bedürfnis  sorgfältig  festzustellen,  namentlich  darauf  zu  sehen,  ob  eine  den 
besonderen  Verhältnissen  entsprechende  Abnutzungszeit  vergangen  ist  und  ob 
nicht  die  Nothwendigkeit  der  Wiederherstellung  durch  Muthwillen  oder  Fahr- 
lässigkeit des  Inhabers,  seiner  Angehörigen  oder  seines  Gresindes  veranlafst  ist, 
so  dafs  der  Inhaber  nach  der  Bestimmung  im  §  14  litt  i  für  die  Wiederher- 
stellung des  früheren  Zustandes  in  Anspruch  zu'  nehmen  ist. 

5)  Nach  §  17  des  Begulatives  gelten  als  Unterbeamte,  denen  eine  erheb- 
liche Erleichterung  in  der  Unt^rhaltungspflicht  der  Dienstwohnungen  zu  Teil 
wird,  die  in  Gemäfsheit  des  Gesetzes  vom  24.  Febr.  1877,  .betr.  die  Umzugs- 
kosten der  Staatsbeamten  §  1  Nr.  VIII,  zu  den  Unterbeamten  zu  zählenden 
Staatsbeamten.  Ausgeschlossen  hiervon  bleiben  diejenigen  Beamten,  welche  nach 
§  1  ad  VII  im  Artikel  I  des  Gesetzes  vom  28.  Juni  1875,  betreffend  die  Abänderung 
des  Gesetzes  vom  24.  März  1873  über  die  Tagegelder  und  Reisekosten  der  Staatsbe- 
amten zu  einem  Tagegeldersatze  von  4  M.  50  Pf.  berechtigt  sind  und  dementsprechend 
zu  der  Klasse  VII  im  §  1  des  gedachten  Umzugskosten-Gesetzes  gezählt  werden. 

6)  Nachdem  die  bisherigen  Sätze  der  für  die  Benutzung  der  Dienst- 
wohnungen zu  entrichtenden  Vergütung  anderweit  festgesetzt  sind  (cf.  §§  18 
bis-21  des  Begulatives),  soll  die  Berechnung  der  danach  zu  entrichenden  höheren 
Vergütung,  falls  Beamten  die  Benutzung  von  Dienstwohnungen  zur  Zeit  des 
Inkrafttretens  des  Begulatives  gegen  eine  geringere  Vergütung  gestattet  ist,  nach 
der  Bestimmung  im,  §  24  erst  in  dem  Falle  eintreten,  wenn  dem  Wohnungsin- 
haber eine  das  Mehr  der  Vergütung  übersteigende  Erhöhung  seines  Dienstein- 
kommens zu  Teil  wird.  Ist  dagegen  die  zur  Zeit  zu  entrichtende  Vergütung 
höher  als  der  regnlativmäfsige  Satz,  so  hat  die  anderweite  Normirung  der  Ver- 
gütun^f  schon  vom  1.  April  k.  J.  ab  zu  erfolgen. 

7)  Für  die  Benutzung  von  Gärten,  welche  als  Zubehör  der  Dienstwohnung 
anzusehen  sind,  ist  eine  Vergütung  an  die  Staatskasse  nicht  zu  entrichten  (§  2, 
3  des  Begulatives).  Es  wird  dies  in  der  Begel  zutreffen,  wenn  die  Gärten 
nur  für  die  Erholung  des  Inhabers  oder  für  die  Erzielung  von  Gemüsen  oder 
Gartenfrüchten  seines  Haushaltsbedarfes  bestimmt  sind  und  ihre  Lage  eine 
andere  Verwerthung  nicht  thunlich  erscheinen  läfst.  Sind  die  Gärten  jedoch 
nach  dem  Umfange  ihres  Areales  für  eine  ländwirthschaftliche  Nutzung  oder 
vermöge  ihrer  abgesonderten  Lage  zur  Einzelverpachtung  geeignet,  so  ist  für 
den  Genufs  einer  derartigen  Nutzung  von  dem  Wohnungsinhaber  eine  derselben 
entsprechende,  durch  sachverständige  Schätzung  zu  eonittelnde  Vergütung  zu 
zahlen.    Walten  in  Fällen  vorstehender  Art  Zweifel  ob,  so  ist  meine  Entschei- 


304 

dang  einzuholen.  Insoweit  von  den  Wohnnngsinhabern  für  die  Benutzung  von 
Oärten  bisher  eine  Vergütung  entrichtet  ist,  behält  es  hierbei  bis  auf  Weiteres 
sein  Bewenden.  Bezüglich  jedoch  der  bei  den  Gymnasien  etc.  aufkommenden 
Gartenmiethen,  welche  nach  den  mit  den  obigen  Grundsätzen  nicht  im  Einklang 
stehenden,  strengeren  Bestimmungen  der  betr.  Normaletats  regulirt  sind,  hat 
das  E.  Froy.Sch.G.  zu  prüfen  und  event.  darüber  motivirt  zu  berichten,  welche 
von  diesen  Gartenmiethen  vom  1.  April  k.  J.  ab  in  Wegfall  zu  bringen  sein 
werden."        Der  Minister  etc.    Im  Auftr.:  Lucanus. 

A.E.  V.  26.  Juli  1880.  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  vom 
31.  Mai  d.  J.  will  Ich  dem  hierbei  wieder  zurückerfolgenden  Begulative  über  die 
Dienstwohnungen  der  Staatsbeamten  hierdurch  Meine  Genehmigung  erteilen." 
gez.  Wilhelm. 

Regulativ  über  die  Dienstwohnungen  der  Staatsbeamten. 

Vom  26.  Juli  1880. 

„Geltungsbereich.  §  1.  Dieses  Regulativ  findet  Anwendung  auf  alle 
Dienstwohnungen  der  Staatsbeamten,  der  Beamten  und  Lehrer  staatlicher  oder 
vom  Staate  zu  unterhaltender  Unterrichtsanstalten,  sowie  derjenigen  Geistlichen 
und  Schullehrer,  welchen  der  Staat  in  ihrer  Eigenschaft  als  solche  Dienst- 
wohnungen überläfst,  unbeschadet  der  ihnen  etwa  zustehenden  Befreiung  von 
Communallasten  und  Abgaben.  §  2.  Ausgeschlossen  bleiben  die  Localbe- 
amten  der  Domänen-  und  Forstverwaltung,  sowie  die  zum  Bessert  der  Berg- 
werks-, Hütten-  und  Salinenverwaltung  gehörigen  Werks-Unterbeamten  mit  Bück- 
sicht auf  die  besonderen  dieserhalb  bestehenden  Vorschriften.  Auch  findet  das 
Regulativ  auf  Geistliche,  Kirchenbeamte  und  Schullehrer,  denen  Dienstwohnungen 
von  Communen  und  fiscalischen  oder  Privatpatronen  überwiesen  sind,  keine  An- 
wendung. 

Ober-Aufsicht.  §3.  Die  zuständige  Aufsichtsbehörde  hat  die  Be- 
folgung der  den  Inhabern  obliegenden  Verpflichtungen  zu  überwachen,  von  dem 
Zustande  der  Dienstwohnungen  sowohl  wäbrend  'der  Benutzung  seitens  der  In- 
haber, als  auch  während  der  Uebergangsfrist  zwischen  Rückgewähr  und  Ueber- 
gabe  durch  ihre  Verwaltungsorgane  oder  Techniker  Ednntnis  zu  nehmen  uAd 
bei  Wahrnehmung  von  Verstößen  und  Mängeln  die  ehteprechende  Abhülfe 
anzuordnen.  ^^ 

Inventarium.  §  4.  üeber  jede  Dienstwohnung  nebet  Zubehör  mufs 
ein  vollständiges  und  übersichtliches,  geeigneten  Falles  mit  einem  Grundplane 
oder  doch  mit  einer  Handzeichnung  zu  versehendes  Inventariunrin  zwei  gleich- 
lautenden Exemplaren,  von  denen  das  eine  durch  die  Aufsichtsbehörde  (§  3), 
das  andere  durch  den  Wohnungsinhaber  aufbewahrt  wird,  angele^  und  durch 
Nachtragung  aller  während  der  Benutzungszeit  genehmigten  Abänderungen  ver- 
vollständigt .  werden,  so  dafs  das  Inventarium  stets  den  zeitigen  Stand  der 
Wohnungen  erkennen  läfst  und  eine  ausreichende  Grundlage  für  die  Rück- 
gewähr bildet.  ^ 

§  5.  Das  Inventarium  mufs  enthalten:  a)  Zahl,  Mafs  und  Ausstattung 
der  Räume,  b)  die  Bezeichnung  der  etwaigen  Repräsentationsräume  und  ihrer 
Ausstattung,  c)  die  auf  der  Wohnung  oder  dem  Dienstgrundstücke  haftenden 
Lasten  und  Besitzeinschränkungen,  d)  bei  Dienstwohnungen  mit  Garten  oder 
Ackemutzung  die  Angabe  des  Flächeninhaltes  und  die  Beschreibung  der  Grenzen, 
beziehentlich  der  Bewehrungen  u.  s.  w.  gegen  die  Nachbargrandstücke,  sowie 
einen  Vermerk  darüber,  ob  und  welche  Vergütung  der  Wohnungsinhabeir  für  die 
Nutzung   der  Ländereien   zu  entrichten  hat  Im  Uebrigen  bestimmt  sich 

die  Einrichtung  des  Inventariums  in  Form  und  Inhalt  nach  den  besonderen 
Verhältnissen  der  Dienstwohnung. 


306 

§  6.  Der  Wohirangsinhaber  darf  in  dem  von  ihm  an£Eabewahrenden 
Exemplar  des  InTentariams  eigenmächtig  keine  Eintragong  vornehmen.  Die 
Nachtragung  der  Abftndeningen  erfolgt  in  beiden  Exemplaren  des  Inventarioms 
gleichlautend,  anf  Anordnung  der  Anfsichtsbehörde.  Etwaige  Mängel  des  In- 
yentarinms  sind  bei  den  im  §  3  erwähnten  Beyisionen  beziehnngsweise  bei  der 
Abnahme  oder  Uebergabe  der  Dienstwohnnngen  zu  berichtigen. 

Znweisnng  and  Entziehung.  §  7.  Die  Ueberlassung  von  Dienst- 
wohnungen erfolgt  nach  Mafsgabe  des  Etats.  Die  Annahme  einer  vom  Staate 
angewiesenen  Dienstwohnung  kann  nicht  verweigert  werden.  Wird  dem  Be- 
amten auf  seinen  Antrag  ans  besonderen  Gründen  die  Benutzung  der  Dienst- 
wohnung erlassen,  so  erfolgt  die  Festsetzung  der  näheren  Bedingungen  durch 
den  Beesortchef  im  Einvernehmen  mit  dem  Finanz-Minister. 

§  8.  Der  Inhaber  einer  Dienstwohnung  darf  dieselbe  oder  einen  Teil  oder 
ein  Zubehör  derselben  ohne  Genehmigung  der  Au&ichtsbehörde  weder  abtreten 
noch  vermiethen. 

§  9.  Aus  der  Zuweisung  einer  Dienstwohnung  erwhrbt  der  Beamte  keinen 
Anspruch  anf  dauernde  Belassung  derselben,  vielmehr  hat  die  Bückgewähr  auch 
dann,  wenn  letztere  bei  der  Ueberweisung  nicht  ausdrücklich  vorbehalten  ist, 
auf  Verlangen  der  voi^setzien  Behörde  binnen  einer  von  der  letzteren  zu  be- 
stimmenden angemessenen  Bäumungsfrist,  zu  erfolgen,  ohne  dafs  dem  Beamten 
hierdurch  ein  Anspruch  auf  besondere  Entschädigung  erwächst 

§  10.  Die  Uebergabe  und  die  Bückgewähr  einer  Dienstwohnung  wird  in 
allen  FäUen  durch  einen  von  der  Au&ichtsbehörde  ernannten  Commissar  be- 
wirkt, welcher  hierbei  den  neu  einziehenden  Beamten  ausdrücklich  zu  eröffiien 
hat,  dafs  für  die  Ueberweisung  und  Benutzung  der  Dienstwohnung  die  Be- 
stimmungen dieses  Begolatives  mafsgebend  sind.  In  der  über  den  Hergang 
aufzunehmenden  von  den  Beteiligten  zu  vollziehenden  Verhandlung  sind  alle 
Mängel,  welche  sich  bei  der  Besichtigung  unter  Zugrundelegung  des  Inventars 
ergeben,  zu  verzeichnen.  Gleichzeitig  ist  anzugeben,  ob  die  für  die  Abhülfe 
aufmwendenden  Kosten  der  Staatskasse  oder  dem  bisherigen  Inhaber,  beziehent- 
lich dessen  Erben  zur  Last  fallen.  Die  Abschätzung  der  Herstellungskosten 
hat  durch  den  Commissar  und  bei  höheren  Beträgen  durch  den  zuzuziehenden 
Techniker  zu  erfolgen. 

§  11.  Kommt  wegen  der  Abhülfe  solcher  Mängel  und  Schäden,  die  nicht 
für  Bechnung  der  Verwaltung  zu  beseitigen  sind,  zwischen  dem  bisherigen  In- 
haber, beziehentlich  dessen  Erben  und  dem  neu  anziehenden  Inhaber  ein  Ver- 
gleich zu  Stande,  so  ist  dessen  Inhalt  in  die  Verhandlung  au£cunehmen.  Das- 
selbe gilt,  wenn  die  Mängel  und  die  erfolgte  Abschätzung  als  richtig  anerkannt 
imd  die  Kosten  der  erforderlichen  Herstellung  von  dem  abziehenden  Beamten, 
bezw.  dessen  Erben,  übemonmien  werden.  Andernfalls  ist  der  Sach-  und  Streit- 
stand genau  zu  verzeichnen  und  durch  den  Gommissarius  der  Au&ichtsb^örde 
zur  Entscheidung  vorbehaltlich  des  Bechtsweges  voizulegen. 

§  13.  Der  Wohnungsinhaber  oder  dessen  Erben  sind  verpflichtet,  den  im 
gütlichen  Wege  ermittelten  oder  von  der  Au&ichtsbehörde  festgestellten  Kosten- 
betrag (§  11)  zur  Staatskasse  einzuzahlen.  Dieselben  bleiben  aufserdem  zur 
Nachzahlung  eines  demnächst  etwa  verausgabten,  gehörig  belegten  Mehrkosten- 
betrages veipflichtei  Ein  etwaiger  Mehrbetrag  der  Einzahlung  über  die  wirk- 
lich erwachsenen  Kosten  ist  ihnen  dagegen  znrückzuerstatten. 

§  13.  Können  Bückgewähr  und  Uebergabe  der  Dienstwohnung  nicht 
gleichzeitig  vorgenommen  werden,  so  ist  dieselbe  an  einen  Beamten  oder  eine 
sonst  geeignete  Person  zur  Beaufsichtigung  und  Erhaltung  zu  übei^ben.  Hier- 
über, sowie  über  die  dem  Aufseher  etwa  zu  gewährende  Entschädigong  hat  der 
Commissar  das  Nähere  in  das  Protokoll  aufzunehmen.  Die  Uebergabe  und  Rück- 
gewähr der  Dienstwohnung  ist  ihunlichst  durch  denselben  Commissar  zu  bewirken« 

Wi«i«,  V«Toxdaiiag«n.    IL  20 


306 

ünterhaltangTspflicht  des  Wohnangsinhabers.  §  14.  Dem 
Wohnongsinbaber  liegen  —  anfser  der  Ffiisorge  für  die  Beinignng  and  Lüftung 
—  die  nachstehenden  Leistungen  ob :  a)  die  Erhaltung  der  Terglasnng  in 
den  Fenstern,  Glasthüren,  Glaswänden  and  Oberlichtem,  letztere  soweit  sie  nicht 
als  ein  Teil  des  Daches  anzusehen  sind;  b)  das  Fegen  der  Schornsteine  nebst 
der  Beinigning  der  Heizkörper  und  ihrer  Feuerzüge  von  Bufs,  Asche  und 
Schlacken;  c)  die  Unterhaltung  der  Oefen,  Kochheerde,  BratOfen,  Kessel- 
feuerungen, Koch-  und  Backapparte  bezüglich  der  durch  den  fortgesetzten  Ge- 
brauch nöthig  gewordenen  Beparaturen,  jedoch  unter  AusschluTs  ihrer  Erneuerung 
und  ihres  Umsetzens  (§  15  litt  b.);  d)  die  Unterhaltung  der  Beschläge  und 
Schlosser  an  Thüren  und  Fenstern,  sofern  das  Bedürfiiis  nur  einzelne  Teile 
derselben  betrifft  und  nicht  eine  Erneuerung  des  Gesamtbeschlages  oder  des 
ganzen  Schlosses  erforderlich  ist,  ingleichen  die  Unterhaltung  vorhandener 
Glockenzüge  oder  ähnlicher  Vorrichtungen  zum  Herbeirufen  des  Gesindes; 
e)  der  Anstrich  der  inneren  Thüren  und  Fenster,  der  Paneele,  hölzernen  Ver- 
schlage und  Wandschränke,  soweit  einzelne  durch  den  (Gebrauch  abgenutzte 
Stellen  eine  Wiederherstellung  der  Farbendecke  erfordern  und  das  Bedürfhis 
eines  neuen  Anstriches  des  gesamten  Objectes  nicht  anzuerkennen  ist  (§  15 
litt  c);  f)  das  Bohnen  und  Frottiren  der  Dielungen  und  Fufsleisten  in  den 
durch  den  Gebrauch  und  das  Erhaltungsbedürfhis  bedingten  f^ten,  sowie 
kleine  Beparaturen  des  Anstriches  derFufsbodendielung;  g)  die  Unterhaltung 
der  inneren  Wände  und  der  Decken  in  Betreff  ihrer  Tünche,  Färbung  und  Malerei, 
oder  Tapezierung,  das  hierbei  etwa  erforderliche  Abreiben  des  Abputzes,  sowie 
die  Beseitigung  unwesentlicher  Verletzungen  des  Putzes  und  das  Abreiben  un- 
rein gewordener  Tapetenwände  und  Decken,  insofern  es  sich  nicht  um  eine  Er- 
neuerung der  Gesamtflächen  handelt;  h)  die  Unterhaltung  deijenigen  Teile 
der  Wasser-  und  Gasleitungen,  welche  mit  dem  Gebäude  nicht  in  fester  Ver- 
bindung stehen,  sowie  die  Beschaffung  und  Unterhaltung  der  zu  diesen  Anlagen 
etwa  erforderlichen,  unter  den  Begriff  der  Mobilien  fallenden  Gregenstände,  wie 
z.  B.  der  nicht  befestigten  Wannen,  Gartenspritzen,  Schläuche,  Kronleuchter, 
tragbaren  Lampen  und  dergleichen,  femer  die  Aufwendung  der  Kosten  für  den 
Verbrauch  des  durch  die  Leitungen  zugefahrten  Wassers  und  Gases  und  die 
Vorkehrang  zum  Schutze  der  Leitungen  gegen  das  Erfrieren;  i)  die  Wieder- 
herstellung des  früheren  Zustandes  im  Fsdle  yon  Beschädigungen,  welche  durch 
Muthwillen  oder  Fahrlässigkeit  des  Inhabers,  seiner  Angehörigen  und  seines 
Gesindes  veranlafst  sind;  k)  die  Uebemahme  solcher  Abgaben  und  Lasten, 
welche  der  Miether  gesetelich  oder  ortsüblich  zu  den  CommunalbedürfhiBBen  zu 
leisten  hat,  sowie:  äe  Uebemahme  der  Einquartierungslast,  wenn  dieselbe  durch 
die  Gemeindebehörden  beziehentlich  durch  Ortsstatut  auf  die  Wohnungsinhaber 
lediglich  nach  MaTsgabe  des  entbehrlichen  Baumes  yerteilt  ist,  mag  dieselbe  in 
natura  oder  in  Geld  zu  leisten  sein;  1)  die  Anschaffung  und  Unterhaltung 
Yon  Gegenständen  des  Luxus,  der  Neigung  oder  Bequemlichkeit,  sowie  der 
Pflanzungen  und  der  Verbesserungen,  welche  der  Inhaber  in  dem  mit  der  Dienst- 
wohnung etwa  yerbundenen  Garten  oder  Ackerlande  bewirkt  hat,  dei^gestalt,  dafs 
der  Inhaber  hierfür  weder  eine  Entschädigung  aus  der  Staatskasse  noch  auch 
die  Uebemahme  jener  Gegenstände  oder  Anlagen  seitens  des  Dienstnachfolgeis 
yerlangen  darf;  m)  die  Unterhaltung  der  zur  Dienstwohnung  gehörigen  Gärten, 
soweit  nicht  besondere  Festsetzungen  getroffen  sind.  Bei  einem  gemeinsamen 
Gebrauche  von  Bäumen  und  Anlagen  zu  mehreren  Dienstwohnungen  werden  die 
den  Wohnungsinhaber  treffenden  Kosten  nach  Bestimmung  der  Au&ichtsbehörde 
anteilig  von  jedem  Inhaber  getragen. 

Unterhaltung  durch  den  Staat  §  15.  Soweit  die  Kosten  der 
Unterhaltung  Ton  Dienstwohnungen  nicht  dem  Inhaber  auferlegt  sind,  Men 
dieselben  der  Staatskasse  zur  Last,  insbesondere  treffen  die  letztere:    a)  die 


307 

Herstellimg  alier  Schäden,  welche  Ton  Naturereignissen,  Gewittern,  Orkanen, 
Hagelschlag,  Erdhehen  n.  s.  w.  angerichtet  werden;  b)  die  nothwendige  Er- 
nenening  Ton  Hauptbestandteilen  der  Feneningen  nnd  Heizungen,  namentlich 
Yon  Heizthüren,  Banchröhren,  Kochplatten,  Kacheln  und  metallenen  Muffeln  oder 
Einsätzen  der  Bratöfen,  insofern  die  Nothwendigkeit  der  Erneuerung  nicht  durch 
fahrlässigen  Gebrauch  Toranlafst  ist  (§  14  litt  c.);*)  c)  die  Unterhaltung 
und  Erneuerung  von  plastischen  Ausstattungen,  sowie  des  Anstriches  der  äufseren 
Thuren,  Doppelthüren,  Thore,  Fenster,  Doppelfenster,  Fensterbretter  und  inneren 
und  äufseren  Fensterläden  auf  beiden  Seiten,  desgleichen  der  Anstrich  der  inneren 
Thuren  und  Fenster,  der  Paneele,  hölzernen  Verschlage  und  Wandschränke, 
wenn  das  Bedürfnis  sich  nicht  auf  einzelne  schadhafte  Stellen  beschränkt,  end- 
lich das  Verkitten  der  Scheiben  au&er  dem  im  §  14  litt.  a.  Torgesehenen  Falle; 
d)  die  Erneuerung  Ton  Hauptbestandteilen  der  Glockenzuge  oder  ähnlicher  Vor- 
richtungen zum  Herbeirufen  des  Gesindes;  e)  die  Unterhaltung  nnd  Erneuerung 
von  Gs^n-  und  Hofbewehmngen,  einschliefslich  der  Pforten,  Thorwege  und 
Thore;  f)  die  Unterhaltung  und  Erneuerung  des  zur  Erhaltung  der  Dielungen 
dienenden  Anstriches  und  das  damit  verbundene  Verkitten  der  Fugen;  g)  die 
sonst  nach  §  14  dem  Wohnungsinhaber  obliegende  Unterhaltung  der  davon  be- 
troffenen Gegenstände  in  allen  den  Fällen,  in  welchen  die  Ursachen  des  Re- 
paratur- und  Emeuerungsbedürfidisses  erweislich  aus  Mängeln  der  ersten  Anlage 
oder  aus  Veränderungen  in  der  technischen  Structur  des  Gebäudes,  wie  Bissen 
und  Lösungen  der  Mauern  oder  Decken  u.  s.  w.  hervorgehen ;  h)  die  Ueber- 
nahme  der  Einquartierungslast,  wenn  dieselbe  durch  die  Gemeindebehörden  be- 
ziehentlich durch  Ortsstatut  auf  die  Hauseigentümer  verteilt  ist. 

§  16.  Bei  gemeinsamer  Benutzung  von  Gebäuden  zu  Dienstwohnungen 
und  Geschäftsräumen  gelten  folgende  Bestimmungen:  1)  In  den  zu  beiden 
Zwecken  gemeinschaftlich  benutzten  Bäumen  wie  Fluren,  Corridoren,  Treppen 
u.  8.  w.  trägt  der  Staat  auch  die  dem  Wohnungsinhaber  obliegenden  Leistungen; 
2)  zu  den  im  §  14  b.  bezeichneten  Kosten  leistet  der  Wohnungsinhaber  einen 
von  der  Aufsichtsbehörde  festzusetzenden  angemessenen  Beitrag;  3j  von  den 
im  §  14  k.  bezeichneten  Gommunal-Abgaben  und  Lasten  trägt  der  Staat  fär 
die  Geschäftsräume,  soweit  an  sich  keine  Befreiung  desselben  begründet  ist, 
einen  angemesssenen  Anteil. 

Ausnahme  zu  Gunsten  der  Unterbeamten.  §  17.  Unterbeamte 
haben  nur  die  in  dem  §  14  sub  litt,  a,  h,  i,  k  und  1  aufgefohrten  Leistungen 
zu  erfüllen.  Als  Unterbeamte  im  Sinne  dieses  Begulatives  gelten  die  in  Ge- 
mäilsheit  des  Gesetzes  vom  24.  Febr.  1S77,  betreffend  die  Umzugskosten  der 
Staatsbeamten  §  1  Nr.  VIII  zu  den  Unterbeamten  zu  zählenden  S^tsbeamten. 

Vergütung.  §  18.  Für  die  Benutzung  der  Dienstwohnung  ist,  wenn 
dieselbe  nicht  als  eine  freie  bewilligt  ist,  vorbehaltlich  der  Bestimmung  im 
§  4  Abs.  2  des  Gresetzes  vom  12.  Mai  1873  über  die  Gewährung  von  Wohnungs- 
geldzuschüssen eine  jährliche  Vergütung  (§  19  ff.)  an  die  Staatskasse  zu  zahlen. 
Freie  Dienstwohnungen  sind  als  solche  im  Etat  zu  bezeichnen. 

§  19.  Die  Vergütung  «för  Dienstwohnungen  bestimmt  sich  in  den  ver- 
schiedenen Orten  nach  der  Klasseneinteilung,  wie  sie  in  Gemäfsheit  des  Gesetzes 
vom  25.  Juni  1868,  betreffend  die  Quartierleistung  für  die  bewaffnete  Macht 
während  des  Friedenszustandes  (Bundes-Ges.  Bl.  S.  523)  nach  dem  jeweiligen 
Servistarif  in  Geltung  ist.  Die  Vergütung  beträgt:  in  Orten  der  Servisklasse 
A  und  I  10  %  in  Orten  der  Servisklasse  II  und  III  7%  %,  in  Orten 
der  Servisklasse  IV  und  V  5  %  des  Diensteinkommens.        Bei  Veränderungen 


*)  Anmerkung.  —  Die  Beschaffung  und  Unterhaltung  von  Heizgeräthschaften 
und  anderer  zum  Heizen,  Kochen,  Backen,  Waschen  u.  s.  w.  erforderlichen  Mobilien 
trifft  ausBchliefslich  den  Wc^ungsinhaber. 

20* 


308 

in  der  KlasBenemteilnxig  kommt,  von  dem  auf  die  Verkfindnng  der  Terfiadening 
folgenden  Ealenderqnartal  an,  der  danach  sich  ergebende  Terftnderte  SatE  der 
Veigütnng  in  Anwendung. 

§  20.  Besteht  das  DieDsteinkommen  ganz  oder  teilweise  in  Tantieme,  so 
wird  cUe  Tergfitang  (§  19)  von  der  im  Etat  veranschlagten  Sunme  des  Eän- 
kommens  za  einem  anf  rolle  Mark  abgemndet«i  Betrage  deigestalt  berechnet^ 
dafe  Pfennigbetrftge  Aber  eine  halbe  Mark  als  eine  ganze  Mark  zom  Ansatz 
kommen,  geringere  Betrage  aber  nnberficksichtigt  bleiben.  Der  so  ermittelte 
Betrag  der  Vergütung  bleibt  während  der  Giltigkeitsdaner  des  Etats  und  bis 
zu  einer  anderweiten  Normimng  des  Diensteinkommens  maikgebend. 

§  21.  Wenn  der  Inhaber  einer  Dienstwohnung  mehrere  Aemter  verwaltet 
und  verschiedene  Besoldungen  bezieht,  so  ist  die  Tergütong  nur  von  dem  Ein- 
kommen deijenigen  Etatsstelle  zu  berechnen,  welche  für  die  Bemessung  des  bei 
Entziehung  der  Dienstwohnung  dem  Beamten  zu  gewährenden  Wohnungsgeldzu- 
schusses maTsgebend  sein  wüple. 

§  22.  Aufseretatsmäi^ige  Beamte,  welche  Tagegelder  empfangen,  haben 
jfor  die  ihnen  zur  Benutzung  eingeräumten  Dienstwohnungen  eine  Vergütung 
nicht  zu  entrichten.  Wenn  derartige  Beamte  dagegen  monatliche,  im  Voraus 
zahlbare  Benumerationen  oder  ein  anderweites  fortkufendes  Diensteinkommen 
beziehen,  so  haben  sie  die  entsprechende  Vergütung  zu  zahlen. 

§  23.  Für  die  Benutzung  von  Gärten,  welche  nach  der  von  dem  Ver- 
waltungschef zu  treffenden  Entscheidung  als  Zubehör  der  Dienstwohnung  anzu- 
sehen sind,  ist  eine  Vergütung  an  die  Staatskasse  nicht  zu  entrichten. 

§  24.  Insoweit  Beamten  die  Benutzung  von  Dienstwohnungen  zur  Zeit 
des  Inkrafttretens  dieses  Begulatives  gegen  eine  geringere  Vergütung  verstattet 
ist,  tritt  die  Berechnung  der  höheren  Vergütung  erst  in  dem  Falle  ein,  wenn 
dem  Wohnungsinhaber  eine  das  Mehr  der  Vergütung  übersteigende  Erhöhung 
seines  Diensteinkommens  zu  Teil  wird. 

Dienstwohnungen  mit  Bepräsentation.  %  25.  In  BetreflP  der 
Dienstwohnungen,  die  einer  Ausstattung  mit  Mobiliar,  Taiel-,  Haus-  und  Wirth- 
schaftsgeräth  bedürfen,  bleiben  die  Vorschriften  des  A.E.  v.  24.  Juni  1861,  in 
Betreff  der  Dienstwohnungen  der  Minister  diejenigen  des  A.E.  v.  12.  Febr.  1866 
und  bezüglich  der  Gärten  diejenigen  des  AJ!.  v.  19.  Nov.  1862  maßgebend. 

§  26.  Mobilien  und  Ausstattongsgegenstände,  welche  auf  Kosten  des 
Staates  for  die  Bepräsentationsräume  einer  Dienstwohnung  beschafft  und  bei 
diesen  im  Inventarinm  (§  5  litt  b.)  verzeichnet  sind,  dürfen  von  dem  Wohnungs- 
inhaber in  anderen  Bäumen  nicht  verwendet  werden. 

§  27.  Bei  Dienstwohnungen  mit  Bepräsentationsräumen  werden  in  letz- 
teren sämtliche  für  Wiederherstellung  oder  Erneuerung  der  Wand-  und  Decken- 
flächen, mögen  sie  getüncht,  gefärbt,  gemalt,  tapeziert  oder  mit  plastischer  Be- 
kleidung ausgestattet  sein,  erforderlichen  Ausgaben,  ingleichen  die  Kosten  för 
Unterhidtung  und  Erneuerung  des  Anstriches  der  inneren  Thüren  und  Fenster, 
der  Paneele,  hölzernen  Versdiläge  und  Wandschränke,  sowie  für  Beschaffiong 
und  Unterhaltung  von  Glockenzügen  oder  ähnlicher  Vorrichtungen  zum  Herbei- 
rufen des  Gesindes,  von  der  Staatskasse  getragen. 

§  28.  Gehört  zu  Dienstwohnungen,  deren  Inhabern  eine  Bepräsentation 
obliegt)  ein  Garten,  so  föUt  die  Unterhaltung  desselben  der  Staatskasse  zur 
Last.  Welche  Dienstwohnungen  hierher  zu  rechnen  sind,  wird  durch  den  Ver- 
waltu[&g8chef  im  Einvernehmen  mit  dem  Finanzminister  bestimmi  Die  Unter- 
haltungskosten der  Gärten  sind  zu  veranschlagen  und  in  den  Eassenetats  als 
Unterfonds  zu  vermerken. 

Verfahren  bei  Veränderungen  in  den  Dienstwohnungen. 
$  29.  Veränderungen  in  der  Anordnung  und  Ausstattung  der  Dienstwohnungen 


809 

* 

liebst  Znbdiör  sind  nur  unter  ZnBtunmnng  der  Anfeichtsbeh&rde  nnd  Beriehtdgang 
des  Inventan  (§  4  £P.)  statQiaft 

§  30.  Die  AnfeichtBbehdrde  hat  bei  Oenehmignng  des  Oesnches  za  be- 
stimmen: a)  ob  bei  der  Bück^wfihr  der  fiühere  Zostuid  wieder  herznsteUen 
oder  die  Abftndemng  beizubehalten  ist;  b)  ob  letzteren  Falles  der  für  die 
Staatskasse  sidi  ergebende  Vorteil  dazu  angeUian  erscheint,  einen  Beitrag  ans 
Staatsmitteln  zn  den  Herstellnngskosten  entweder  sofort  oder  bei  der  Bückge- 
wfthr  bM  dem  Verwaltangschef  in  Antrag  za  bringen. 

Dienstwohnungen  in  gemietheten  Gebfinden.  %  81.  Anf 
Dienstwohnungen,  welche  vom  Staate  angemiethet  sind,  findet  dieses  Begnlatiy 
nur  insoweit  Anwendung,  als  es  die  besonderen  Verhältnisse  des  einzelnen 
Falles,  insbesondere  der  abgeschlossene  Miethsyertrag  gestatten.  Sind  von  der 
Behörde  in  dem  Miethsvertrage  besondere  Verpflichtungen  in  Betreff  der  Unter- 
haltung der  Bfiume  oder  ihrer  ZubehOrungen  übernommen,  so  hat  der  Wohnungs- 
inhaber für  Erfüllung  solcher  Verabredungen  in  der  Begel  nur  insoweit  au&u- 
kommen,  als  Verpflichtungen  gleicher  Art  den  Inhaber  einer  Dienstwohnung  in 
einem  Staategebäude  treffen  w£den,  während  idle  weitergehenden  Verpflichtungen 
dem  Staate  zur  Last  fallen.  Die  nähere  Festsetzung  hierüber  bleibt  im  Einzel- 
falle dem  Verwaltangschef  vorbehalten. 

§  32.  Bei  Dienstwohnungen  in  angemietheten  Bäumen  darf  die  Auf- 
nahme eines  Inventares  (§  4)  unterbleiben,  sofern  der  Miethsvertrag  die  er- 
forderlichen Angaben  in  ausreichender  üebersichtlichkeit  enthält. 

Schlussbestimmungen.  §  33.  Das  vorstehende  Begulativ  tritt  für 
den  ganzen  Umfang  der  Monarchie  mit  dem  1.  April  1881  in  Kraft.  Die 
entgegenstehenden  Vorschriften,  namentiüch  das  Begulativ  vom  18.  Oci  1822 
und  die  dasselbe  ergänzenden  und  abändernden  Bestimmungen  sind  aufgehoben. 
Das  Begulativ  findet  auch  auf  die  Beamten  Anwendung,  welche  sich  am 
1.  Apr.  1881  im  Genüsse  einer  Dienstwohnung  befinden.  Nur  f&r  diejenigen 
dieser  Beamten,  denen  zur  Zeit  des  Inkrafttretens  dieses  Begulatives  ein  Bechts- 
anspruch  auf  eine  besondere  Behandlung  hinsichtlich  der  Unterhaltungspfiicht 
ihrer  Dienstwohnungen  zusteht,  bewendet  es  auf  deren  Verlangen  lediglich  bei 
den  jenen  Anspruch  begrflndenden  Vorschriften. 

§  34.  In  zweifeUiaften  Fällen  bei  Anwendung  dieses  Begulatives  ent- 
scheidet der  Verwaltnngschef  im  Einvernehmen  mit  dem  Finanzminister. 

Tagegelder,  Beise-  und  Unuragskosteiu 

Die  Hohe  der  von  Beamten  zu  berechnenden  Diäten,  Beise-  und  Umzugs- 
kosten  richtet  sich  nach  der  BangUasse.  ^)  Nach  der  CO.  v.  23.  Dec.  1842 
und  dem  A.E.  v.  23.  Juli  1886  (s.  oben  p.  105)  geh6ren  die  Directoren  der 
Gymn.  nnd  Bealgymnasien  zur  vierten,  die  Bectoren  etc.,  sowie  die  Ober-  und 
ordentl.  Lehrer  zur  f&nften  Bangklasse. 

C.Verf.  V.  10.  Sepi  1874:  —  „Die  Inhaber  der  etatsm.  Oberlehrer- 
stellen an  den  Oymn.  und  denselben  gleichstehenden  hOh.  Unterrichtsanstalten, 
sowie  die  Bectoren  der  vollberechtigten  Progym,  hOh.  Bflrgersohulen  und 
Bealschulen  2.  0.  haben  bei  Dienstreisen  die  Daten  und  Beisekosten  nach  den 
Sätzen  ad  IV  des  §  I  des  Gesetzes  v.  24.  März  v.  J.  zu  liquidiren.'* 

C.Verf.  V.  13.  Juni  1884.  ,J)a8  K.  Staats-Ministerium  hat  unterm 
13.  Mai  d.  J.  beschlossen,  dafs  die  Bestimmungen,  welche  in  der  beifolgenden 

^)  Vgl.  J.  Alb  recht,  Verordnungen  Über  die  Bangverh&ltniBse,  DiSten, 
Beise-  und  Umzugskosten.  Bd.  3.  Meserits  1874,  nnd  jetzt  besonders  G.  Herrf  urth, 
Btoti-,  Kassen«  und  Bedhnungswesen,  2.  AufL,  Berlin  1837  (S.  830). 


310 

ifZnsammensteUnng  einiger  Gnmdsftize,  nach  welchen  bei  Beiechnnng  der  Beise- 
nnd  Umzagskosten  der  Beicbsbeamten  zu  verfahren  ist^  enfhaltrai  sind,  in 
Bücksicht  auf  die  Gleichartigkeit  der  in  Betracht  kommenden  FrenlüBischen  und 
reichsgesetzlichen  Vorschriften  and  zur  Herbeifohrong  eines  gleichmäfsigen  Ver- 
fahrens zwischen  den  Beichsverwaltongen  und  den  Preo&ischen  Bessorts  för 
die  Berechnung  der  Beisekosten  der  I^ufsischen  Staatsbeamten  nach  §  6  der 
Verordnung  vom  15.  April  1876  (S.  312)  und  der  Umzugskosten  bei  Versetzungen 
nach  dem  Gesetze  vom  24.  Febr.  1877  (S.  316)  in  gleichm&feiger  Weise  zur 
Anwendung  zu  bringen  sind.^'      Der  Minister  etc.  von  GoMer. 

Zusammenstellung  einiger  Grundsätze,  nach  welchen  bei  Be- 
rechnung der  Beise-  und  Umzugskosten  der  Beicbsbeamten  zu 

verfahren  ist 

A.  Bewegt  sich  die  Dienstreise  eines  Beamten,  welchem  für  die  Zeit 
seines  Aufenthaltes  im  Auslande  höhere  Tagegelder,  als  far  das  Inland  bewilligt 
sind,  an  einem  Tage  innerhalb  und  aufserhaJb  des  Beichsgebietes,  so  wird  för 
den  Tag  des  Ueberganges  in  das  Ausland  der  höhere,  für  den  Tag  der  Backkehr 
in  das  Inland  der  niedrigere  Tagegeldersatz  gewährt. 

B.  1.  Bei  Geschäften  aufserhalb  des  Wohnortes  etc.  wird  die  dienstlich 
zurückgelegte  Wegestrecke  von  der  Ortsgrenze  ab  berechnet. 

Anmerkung.    Zu  vergleichen  §  6  des  Preufsischen  Gesetzes  vom  24.  Mäiz 
1873  in  der  Passung  der  Verordnung  vom   15.  April  1876  (S.  312). 

2.  Als  Endpunkt  der  dienstlich  zurückgelegten  Wegestrecke  gilt  die  Mitte 
des  Bestimmungsortes  oder,  falls  die  Dienstreise  mittelst  Eisenbahn  oder  Dampf- 
schiffes gemacht  werden  kann,  der  betr.  Bahnhof  oder  Anlegeplatz,  vorbehaltlich 
der  Bestimmung  zu  D).  Handelt  es  sich  um  die  Erledigning  eines  Dienstgeschäftes 
an  einer  bestimmten  Stelle  aufserhalb  eines  Ortes,  so  ist  diese  Stelle  als  End- 
punkt der  Dienstreise  anzunehmen. 

3.  Als  Ort  gilt  der  hauptsächlich  von  Gebäuden  oder  eingefriedigten 
Grundstücken  eingenommene  Teil  eines  Gemeindebezirkes,  so  dafs  die  Ortsgrenze 
ohne  Bücksicht  auf  vereinzelte  Ausbauten  oder  Anlagen  durch  die  Aufsenlinie 
jenes  Bezirksteües  gebildet  wird.  Besteht  ein  Gemeindebezirk  aus  mehreren 
Ortschaften,  so  ist  als  Ort  im  Sinne  dieser  Bestimmung  nicht  die  einzelne 
Ortschaft,  sondern  der  Gemeindebezirk  anzusehen. 

4.  Für  die  Feststellung  der  Entfernungen  sind  die  Angaben  des  Curs- 
buches  der  Beichs-Postverwaltung,  event.  der  amtlichen  Postkarten,  mafsgebend. 
Fehlen  solche  Angaben  oder  handelt  es  sich  um  die  Entscheidung  der  Frage, 
ob  ein  Beamter  die  für  den  Anspruch  auf  Vergütung  von  Beisekosten  maß- 
gebende Entfernung  von  der  Grenze  seines  Wohnortes  etc.  hat  zurücklegen 
müssen,  so  sind  zur  Feststellung  der  Entfernungen  Bescheinigungen  sach- 
kundiger Behörden  und  bezüglich  der  im  Auslande  gemachten  Dienstreisen 
Bescheinigungen  der  Kaiserlichen  Gesandtschaften  oder  Consulate  beizubringen. 

C.  1.  Bei  Dienstreisen,  welche  mittelst  Eisenbahn  oder  Dampüschiffes 
gemacht  werden  können,  kommt  die  Gebühr  für  Zu-  und  Abgang  in  der  Begel 
nur  einmal  zum  Ansätze. 

2.  Ein  mehrfacher  Ansatz  dieser  Gebühr  findet  statt:  a.  wenn  an 
Zwischenorten  übernachtet  werden  mufs;  b.  wenn  die  Eisenbahn  oder  das 
Dampftchiff  an  Zwischenorten  Dienstgeschäfte  halber  verlassen  werden  mufs; 
c.  wenn  an  einem  Zwischenorte  ein  Bahnhof  oder  Anlegeplatz  verlassen  und 
die  Beise  von  einem  andern  Biüinhofe  oder  Anlegeplatze  aus,  welcher  mit  dem 
ersteren  nicht  in  unmittelbarem  Zusammenhange  steht,  fortgesetzt  werden  mufs, 
sofern  der  üebergang  von  dem  einen  zum  anderen  Bahnhofe  nicht  mittelst 
durchgehender  oder  unmittelbar  anschliefsender  Züge  über  eine  Verbindungsbahn 


311 

erfolgt  Der  mehrfache  Ansatz  der  Gebühr  ist  ausgeschlossen,  wenn  an  einem 
Zwischenorte  ein  üebergang  von  einer  Bahn  auf  die  andere  oder  Ton  einem 
Dampfschiffe  anf  das  andere  stattfindet,  ohne  dafe  dazn  der  Bahnhof  oder 
Anlegeplatz  zn  verlassen  ist  Die  mit  Uebergängen  der  letzteren  Art  etwa 
verbundenen  Kosten  werden  aosschlieMch  den  mit  Freikarten  reisenden  Beamten 
der  Eisenbahnverwaltangen  anf  Gnind  specieller  Angaben  erstattet,  deren  Be- 
legung nicht  erforderlich  ist  Eine  alphabetisch  geordnete  Nachweisiing  der- 
jenigen Orte  Deutschlands,  an  welchen  mehrere  räumlich  von  einander  getrennte 
Personen-Bahnhöfe  oder  Anlegeplfitze  von  Dampfschiffen  sich  befinden,  wird 
unter  Angabe  der  zwischen  den  einzelnen  Bahnhöfen  vorhandenen,  f&r  den 
Personenverkehr  benutzbaren  Yeicbindungsbahnen  durch  das  Cursbuch  der  Beichs- 
Postverwaltnng  veröffentlicht 

3.  Beamte,  welche  bei  Unterbrechung  einer  zum  Zwecke  der  Bereisung 
einer  Bahnlinie,  zur  Besichtigung  oder  Revision  von  Betriebsanlagen  etc.  unter- 
nommenen Dienstreise  oder  am  Endpunkte  einer  solchen  den  betr.  Bahnhof 
oder  das  Bahngebiet  Dienstgeschäfte  halber  zu  verlassen  nicht  genöthigt  sind, 
haben  keinen  Anspruch  auf  die  Zu-  und  Abgangsgebfihr.  Den  mit  Eisenbahn- 
Freikarten  reisenden  Beamten  werden  in  solchen  Fälen  die  haaren  Nebenkosten 
nach  Mafsgabe  der  Bestimmungen  unter  Ziffer  2  c  erstattet 

4.  Die  Gebühr  far  Zu-  und  Abgang  wird  je  zur  Hälfte  nicht  gewährt, 
wenn  die  Beförderung  des  Beamten  nach  oder  von  dem  Bahnhofe  oder  Anlege- 
platze seitens  einer  Reichsverwaltnng  durch  Grestdlung  eines  Fiüirwerkes  erfolgt 

D.  1.  Neben  der  Gebühr  fnr  Zu-  und  Abgang  werden  die  sonstigen 
verordnungsmäfsigen  Fuhrkosten  gewährt,  wenn  die  Entfernung  zwischen  der 
Ortsgrenze  des  Anfangs-  oder  Endpunktes  der  Heise  und  dem  Bahnhofe  oder 
Anlegeplatze  2  Kilometer  oder  mehr  beträgt.  Hat  während  einer  Beise  ein 
Wechsel  zwischen  der  Beförderung  mittelst  Eisenbahn  oder  Damp&chiffes  und 
einer  anderen  Beförderungsart  einzutreten,  so  sind  die  Fuhrkosten  far  die 
Wegestrecke  zwischen  dem  nach  bezw.  vor  Üebergang  auf  die  Eisenbahn  oder 
das  Dampfschiff  zunächst  bezw.  zuletzt  zu  berührenden  Orte  und  dem  Bahnhofe 
oder  Anlegeplatze  nur  dann  zu  verguten,  wenn  die  Entfernung  2  Kilometer 
oder  mehr  beträgt 

2.  In  den  Fällen  zu  1  sind  far  den  Begriff  des  Ortes  und  der  Ortsgrenze 
die  Bestimmungen  zu  B.  3,  für  die  Feststellung  der  Entfernungen  die  Angaben 
des  Gursbuches  der  Beichs-Postverwaltang  mafsgebend.  Fehlen  letztere,  so  sind 
sie  durch  Bescheinigungen  sachkundiger  Behörden  und  f&r  das  Ausland  durch 
Bescheinigungen  der  Kaiserlichen  Gesandtschaften  oder  Consulate  zu  ersetzen. 

E.  1.  ümzugskosten  sind  nur  dann  zu  verguten,  wenn  der  Ort,  von 
welchem,  und  der  Ort  nach  welchem  die  Versetzung  stattfindet,  zu  verschiedenen 
Gemeindebezirken  gehören. 

2.    Im  Sinne  des  §  13  der  Verordnung  vom  21.  Juni  1875  ist  als  kürzeste 
fahrbare  Strafsenverbindung  der  kürzeste  fahrbare  Landweg  anzusehen. 
Anmerkung.  Zu  vergleichen  §  2  des  Preufs.  Gesetzes  v.  24.  Febr.  1877  (8. 316). 

Wenn  jedoch  der  Ort,  von  welchem,  und  der  Ort,  nach  welchem  die  Ver- 
setzung des  Beamten  stattfindet,  durch  ununterbrochenen  Schienenweg  oder  durch 
eine  ununterbrochene,  zur  Beförderung  von  Gütern  benutzbare  Wasserstrafse  in 
kürzerer  Entfernung,  als  auf  dem  Landwege,  verbunden  sind,  so  gilt  die  kürzeste 
derartige  Verbindung  als  kürzeste  fahrbare  Strafsenverbindung. 

Behufii  Ermittelung  der  mafsgebenden  kürzesten  fahrbaren  Straisenver- 
bindung  sind  die  2  Kilometer  oder  mehr  betragenden  Entfernungen  zwischen 
dem  Anfangs-  oder  Endorte  des  Umzuges  und  dem  zugehörigen  gleichnamigen 
Bahnhofe  als  Schienenweg,  solche  Teilstrecken,  auf  welchen  beladene  Wagen 
mittelst  Schiffes,  Trajectes,  Fähre  etc.  zu  Wasser  befördert  werden,  als  fahrbarer 
Landweg  in  Anrechnung  zu  bringen. 


312 

Tagegelder  and  Beisekosten. 

Gesetz  v.  24.  Mär«  1873  (GS.  p.  122),  be«w.  v.  28.  Juni  1875  (GS.  p.  370) 

u.  A.Verordn.  v.  15.  April  1876  (GS.  p.  107): 

§  „1.  Die  Staatsbeamten  erhalten  bei  Dienstreisen  Tagegelder  nach 
den  folgenden  S&tzen: 

L    Active  Staatsminister  30  M. 

II.    Beamte  der  1.  Bangklasse  24  IL 
IIL    Beamte  der  2.  nnd  3.  Bangklasse  18  IL 
ly.    Beamte  der  4.  nnd  5.  Bangklasse  12  IL 

V.  Beamte,  welche  nicht  zn  obigen  Klassen  gehören,  soweit  sie  bisher 
zu  dem  Difttensatz  von  1^/3  resp.  2  Tldm  berechtigt  waren,  9  IL 

VL  Snbaltembeamte  der  Froyinzial-,  Kreis-  nnd  LocalbehOrden  nnd  andere 
Beamte  gleiches  Banges  6  IL 

YIL  Andere  Beamte,  welche  nicht  zu  den  ünterbeamten  zu  zählen  sind, 
4  M.  50  Pf. 

yni.    Unterbeamte  3  M. 

§  2.  Erfordert  eine  Dienstreise  einen  anfiseigewOhnl.  Kostenaofvrand«  so 
kann  der  Tagegeldersatz  (§  1)  von  dem  Verwaltangschef  angemessen  erhöht 
werden. 

§  3.  Etatem&fiftig  angestellte  Beamte,  welche  Torübergehend  anfserhalb  ihres 
Wohnortes  bei  einer  Behörde  beschäftigt  werden,  erhalten  far  die  Daner  dieser 
Beschfiftigang  neben  ihrer  Besoldung  die  im  §  1  festgesetzten  Tagegelder. 
Nicht  etatsmftfsig  angestellte  Beamte  haben  im  gleichen  Fall  anf  die  im  §  1 
festgesetzten  Tagegelder  nur  far  die  Daner  der  Hin-  nnd  Bückreise  Ansprach. 
Für  die  Daner  der  Beschäfügning  werden  die  denselben  zn  gewährenden  Tage- 
gelder dnrch  die  vorgesetzte  Behörde  bestimmt 

§  4.  An  Beisekosten,  einschliefslich  der  Kosten  der  GepäckbefÖrderong 
erhalten: 

I.  bei  Dienstreisen,  welche  anf  Eisenbahnen  oder  Damp&chiffen  gemacht 
werden  können: 

1.  die  im  §  1  nnter  I  bis  Y  bezeichneten  Beamten  far  das  Eilometar 
13  F£  nnd  für  Jeden  Zn-  nnd  Abgang  3  M.  Hat  einer  dieser  Beamten 
einen  Diener  anf  die  Beise  mi^nommen,  so  kann  er  far  denselben  7  Pf.  far 
das  Kilometer  beanspruchen; 

2.  die  im  §  1  unter  VI  und  YII  genannten  Beamten  fcLr  das  Kilometer 
10  Ff.  und  far  jeden  Zu-  und  Abgang  2  M.; 

3.  die  im  §  1  unter  TUI  genannten  Beamten  für  das  Kilometer  7  Ff. 
und  für  jeden  Zu-  nnd  Abgang  1  IL 

n.  Bei  Dienstreisen,  welche  nicht  auf  Dampfischiffen  oder  Eisenbahnen 
zurückgelegt  werden  können,  erhalten: 

1.  die  im  §  1  unter  I  bis  lY  genannten  Beamten  60  Ff., 

2.  die  im  §  1  unter  Y  und  YI  genannten  Beamten  40  Ff., 

3.  die  im  §  1  unter  YII  und  YIQ  genannten  Beamten  30  F£  für  das 
Kilometer. 

Haben  erweislich  höhere  Beisekosten  als  die  unter  I  und  II  festjgesetzten 
aufgewendet  werden  müssen,  so  werden  diese  erstattet 

§  5.  Die  Beisekosten  werden  tat  die  Hin-  und  Bückreise  besonders  be- 
rechnet. Hat  jedoch  ein  Beamter  Dienstgeschäfte  an  yerschiedenen  Orten 
munittelbar  nach  einander  ansgeriditet,  so  ist  der  von  Ort  zu  Ort  wirklich 
zurückgelegte  Weg  ungeteilt  der  Berechnung  der  Beisekosten  zu  Grunde  zu  legen. 

§  6.  Fär  G^chäfte  am  Wohnort  des  Beamten  werden  weder  Tagogddor 
noch  Beisekosten  gezahlt;  dasselbe  gilt  von  Geschäften  anfsethalb  des  Wohnorts 
in  geringerer  Entfernung  als  2  Kilometer  yon  demselben.    War  der  Beamte 


313 

durch  anüseigewOhnl.  UmBt&nde  g^nöthigt,  sich  eines  Fuhrwerks  za  bedienen, 
oder  waren  sonstige  Qothwendige  Unkosten,  wie  Brücken-  oder  Ffihigelder  aof- 
zuwenden,  so  sind  die  Auslagen  zu  erstatten.  Für  einzelne  Ortschaften  kaim 
durch  den  Yerwaltangschef  in  Qemeinschaft  mit  dem  Finanzminister  bestimmt 
werden,  dafs  den  Beamten  bei  den  anfeerhalb  des  Dienstgeb&ndes  voizonehmenden 
Oeschäften  die  yeranslagten  Fnhrkosten  zn  erstatten  sind. 

§  7.  Bei  Berechnung  der  Entfernnngen  wird  jedes  angefangene  Kilo- 
meter für  ein  Yolles  Sjlometer  gerechnet  Bei  Beisen  von  nicht  weniger  als 
2  Xilometer,  aber  unter  8  Kilometer,  sind  die  Fahrkosten  für  8  Kilometer  zu 
gewähren. 

§  8.  Beamte,  welche  zum  Zweck  von  Beisen  innerhalb  ihres  Amtsbezirks 
neben  oder  in  ihrem  Einkommen  eine  Pauschalsumme  für  Beisekosten  oder 
Unterhaitang  von  Fuhrwerk  oder  Pferden  beziehen,  erhalten  Tagegelder  und 
Beisekosten  nach  Mafsgabe  dieses  Gesetzes  nur  dann,  wenn  sie  Dieimtgeschftfte 
anfserhalb  ihres  Amtsbezirks  ausgeführt  haben.  Werden  Beamte,  welche  eine 
solche  Pauschalsumme  beziehen,  wegen  Urlaubs  oder  sonstiger  Verhinderung 
vertreten,  so  haben  dieselben  ihren  Stellvertreter  angemessen  zu  entschädigen. 
Diese  Entschädigung  und  die  unter  besonderen  Umständen  zulässigen  Ausnahmen 
bestimmt  die  vorgesetzte  Behörde. 

§  9.  Für  Dienstreisen  von  Beamten,  welche  sich  im  Vorbereitungsdienst 
befinden,  werden  Tagegelder  und  Beisekosten  dann  nicht  gewährt,  wenn  die 
Beisen  lediglich  zum  Zwecke  der  Ausbildung  dieser  Beamten  erfolgen.  Ob 
letzteres  der  Fall  ist,  entscheidet  die  vorgesetete  Dienstbehörde. 

§  10.  Ist  der  persönl.  Bang  eines  Beamten  ein  höherer,  als  der  mit  dem 
Amte  verbundene,  so  ist  der  letztere  für  die  Feststellung  der  Tagegelder-  und 
Beisekostensätze  mafsgebend.  Beamte,  welche  im  Bange  zwischen  zwei  Klassen 
stehen,  erhalten  die  för  die  niedrigere  Klasse  bestimmten  Sätze.  Für  Beamte, 
denen  ein  bestimmter  Bang  nicht  verliehen  ist,  entscheidet  der  Verwaltungschef 
in  Gemeinschaft  mit  dem  Finanzminister  über  die  denselben  nach  Ha&gabe 
dieses  Gesetzes  zu  gewährenden  Sätze 

Diese  Verordnung  tritt  mit  dem  1.  Mai  1876  in  Kraft."  (Alle  dem  betr. 
Gesetz  entgegenstehenden  (älteren)  Bestimmungen  sind  aufgehoben.) 

(Für  Beisen,  welche  ein  Beamter  ohne  Vorwissen  und  Auftrag  seiner  vor- 
gesetzten Dienstbehörde  (bei  Dir.  und  Lehrern  also  des  betr.  K.  ProvJSch.G.) 
macht,  wird  eine  Entschädigong  nicht  gewährt) 

Verf.  der  Min.  für  Handel  etc.,  des  Innern  und  der  Finanzen 
V.  24.  Mai  1856:  „Der  K.  Begierung  erwidern  wir  auf  den  Bericht  vom 
28.  April  d.  J.,  dafe  das  nach  den  Materialien  des  K.  Post-Gursbureaus  hier- 
selbst  bearbeitete  und  von  Zeit  zu  Zeit  in  einer  neuen  Auflage  erscheinende 
Eisenbahn-,  Post-  und  Dampfschiff- Cursbuch  die  Entfernung  zwischen  den 
einzelnen  Stationsorten  der  vorhandenen  inländischen  Eisenbahnen  nachweist 
und  nach  demselben  bei  Aufstellung  der  Beisekosten-Liquidationen  die 
Ortsentfemungen  angegeben  werden  können.** 

Min.Verf.  v.  5.  Juli  1879.  Auszug.  „Die  Frage,  inwieweit  bei  Dienst^ 
reisen  ffir  die  Zorücklegong  der  Strecke  von  einem  Bahnhofe  nach  dem 
zugehörigen  Stationsorte  oder  umgekehrt  aufoer  der  gesetzm.  Vergütnng  för  den 
Ab-  oder  Zugang  noch  besondere  Beisekosten  liquidirt  werden  dürfen,  ist  im 
Bereiche  der  Finanzverwaltung  unter  entsprechender  Anwendung  derjenigen 
Vorschriften  entschieden  worden,  welche  durch  g  6  des  Gesetzes  v.  24.  März 
1873  und  §  6  der  Verordnung  v.  15.  April  1876,  sowie  durch  die  im  Min.BL 
f.  d.  inn.  Verw.  1876  8.  67  abgedruckte  Verf.  v.  5.  März  1876  for  die  Be- 
stimmung  des   Ausgangspunktes    der   Dienstreisen   aufgestellt   worden   sind. 


314 

Darnach  sind  für  die  Strecke  zwischen  einem  Orte  and  dem  gleichnamigen  oder 
anders  benannten  Bahnhofe  Fahrkosten  nor  dann  za  gew&hren,  wenn  nach  dem 
Postcarsbache  des  General-Postamts  oder,  sofern  dieses  keine  Anskanft  giebt» 
▼on  der  Grenze  des  Ortes  aas  berechnet,  die  Entfemang  bis  za  dem  Bahnhofe 
nicht  weniger  als  2  Kilometer  beträgt/' 

C.Verf.  y.  12.  Mai  1866:  „Die  Verordnang  wegen  Yergütong  der  Diftten 
and  Beisekosten  fär  commissarische  Geschäfte  in  königl.  Dienstangelegenheiten 
Y.  28.  Joni  1825  bestimmt  im  §  3,  dafs,  wenn  Beamten  in  königl.  Gebäaden 
aof  Grand  contractmäfsiger  Yerpflichtangen  freie  Wohnang,  Heizang  and  Licht 
gewährt  werden  mafs,  eine  Kürzang  der  reglementsm.  Diäten  eintreten  solL 
Darch  die  A.O.  v.  29.  April  1826  ist  diese  Bestimmang  dahin  präcisirt  worden, 
dafs  der  Abzag  ein  Drittel  der  Diäten  za  betragen  hat 

Zar  Beseitigang  der  bei  dem  Wortlaat  der  gedachten  Bestimmang  aber 
die  Tragweite  derselben  entstandenen  Zweifel  eröffne  ich  dem  K.  Prov.Sch.C., 
im  Einverständnis  mit  der  K.  OBechnangskammer  and  dem  H.  Finanzmin., 
dafs  die  Kürzang  der  reglementsm.  Diäten  am  ein  Drittel  aach  in  denjenigen 
Fällen  eintreten  mafs,  wo  die  Commissarien,  gleichviel  ob  eine  bezügl.  contract- 
mäfsige  Terpflichtang  besteht  oder  nicht,  in  (jebäaden,  welche  sich  in  der  an- 
mittelbaren Benatzang  des  Staats  oder  in  der  Benatzang  der  dem  Staat  an- 
mittelbar oder  mittelbar  gehörigen  Institate  and  Stiftangen  befinden,  also  z.  B, 
in  Gymnasien,  Schallehrerseminarien  etc.,  während  der  Daner  des  commissarischen 
Geschäfts  freie  Wohnang,  Heizang  and  Licht  erhalten.*' 

Für  die  Liqaidirang  der  Tagegelder  and  Beisekosten  ist  nebenstehendes  von 
der  E.  Ober-Bechnangskammer  anter  dem  31.  März  1851  vorgeschriebene 
Schema  za  benatzen. 

Darch  G.Y.  des  Finanzmin.  and  des  Min.  des  Innern  v.  23.  Febr. 
1851  wird  im  Einverständnis  mit  der  E.  OBechnangskammer  bestimmt,  dafs 
nar  dann  bei  Beisen  far  einen  mehrmaligen  Za-  and  Abgang  za  liqaidiren, 
and  die  dafar  zalässigen  Entschädigungen  za  bewilligen  sind,  wenn  a.  der 
reisende  Beamte  sich  zar  Fortsetzang  der  Beise  nach  einem  anderen  Eisen- 
bahnhof hat  begeben  müssen  oder  wenn  b.  von  ihm  aaf  einer  längeren 
Dienstreise  an  einem  Zwischenort  die  Eisenbahn  verlassen  werden  mafs,  am  an 
diesem  Orte  ein  Dienstgeschäft  za  verrichten,  sowie  c.  wenn  der 
reisende  Beamte,  am  aaf  der  Beise  za  übernachten  and  erst  am  folgenden 
Tag  dieselbe  fortzasetzen,  die  Eisenbahn  za  verlassen  genöthigt  gewesen  ist; 
wogegen  in  allen  übrigen  Fällen,  selbst  wenn  ein  Beamter  aof  einer  Dienst- 
reise aas  anderen  Yeranlassangen  an  einem  Zwischenort  mehrere  Standen  za 
verweilen  genöthigt  gewesen  ist  and  deshalb  den  Eisenbahnhof  verlassen  hat, 
nar  eine  einfache  Liqaidirang  der  Nebenkosten  als  zalässig  erachtet 
werden  kann. 

Erkrankung  aaf  einer  Dienstreise.  Der  Min.  des  Innern  an 
die  OBechn.Eammer,  12.  Febr.  1841  (Min.Bl.  f.  d.  inn.  Verw.  1844  p.  229): 
—  „Ist  der  Commissarias  Mitgl.  der  betr.  Behörde  oder  sonst  ein  fixirt  ange- 
stellter Beamter,  so  gründet  sich  sein  Ansprach  (dafs  ihm  für  die  Zeit  der 
Erankheit  Diäten  zagebilligt  werden)  aaf  das  Begalativ  v.  28.  Jani  1825.  In 
diesem  Fall  werden  die  Diäten  nicht  als  Bemaneration  für  geleistete  Arbeiten 
betrachtet,  sondern  sie  nehmen  die  Natar  einer  Yerg^tang  für  den  Mehranfwand 
aof  der  Beise  an,  welche  dem  betr.  Beamten  aach  in  ErankeitsftUen  nicht 
entzogen  werden  darf.  Es  mafs  indessen  der  Behörde  bei  Festsetzang  der 
Diäten-Liqaidation  vorbehalten  bleiben,  za  prüfen,  ob  nach  der  Erkrankung 
nicht  die  sofortige  Bäckreise  aasfahrbar  and  zweckmäJOsiger  gewesen  wäre,  als  das 
Abwarten  der  Herstellang  an  dem  firemden  Orte."*  —  Event  kann  aach  (S.  316) 


316 


Liquidation 
über  BeisekoBten  und  Tagegelder  fär  nachbenannte,  behnfs  (sxunmarische  An- 
gabe des  Zwecks)  in  der  Zeit  vom  . .  ten  bis  . .  ten  (Monat)  auf  Grand  der 
YerfQgang  der  (königl.  Behörde)  vom  (Datum)  von  dem  Unterzeichneten  ans- 

geföhrte  Dienstreise. 


Zeit 
d«r 
AusfUuniBg. 


Monat 


Tag. 


ZftU 
der 


Baiseweg  und  Angabe 

der 

dienstl.  Verriohtimg. 


Kilometer 


SU 

ElseBb. 

oder 

Dampf- 

soliiir. 


DMh 

dem 
Lead- 
wege. 


Zu-  und 
Abgftnge  bei 

der  Be- 

ButBung  der 

Sifenbehnen 

oder  Dampf- 

BehUTe. 


Geld- 
betrag. 


Jk   4 


März 


5. 
6.7. 

8. 


1 
2 


(Beiapielaweiae.) 

Beise  von  Berlin  nach  St.    .    . 
in  St.  (snmmar.  Angabe  der  Amts- 

Verrichtung) 

Bückreise  von  St 


130 


130 


10 


10 


Zusammen 


Berechnung  der  Beise- 
kosten   und   Tagegelder: 

A.    260  Kilom.  zu  Eisenbahn  k 

13  Pf. 

120  Kilom.  nach  dem  Land- 

weffe  ä  60  Pf. 

Nebenkosten  2  mal  3  M.  .    . 


260 


20 


33 


80 


12 
6 


Summa  der  Beisekosten: 
B.    Tagegelder  för  3  Tage  ä  12  M. 

Zusammen : 


51 
36 


80 


87 


80 


Berlin,  den  . .  ten 18  . . 

(Name  und  Charakter  des  Liquidanten.) 

Nach  den  Entfernungen,   den  Sätzen  und  in  calculo  geprüft  und  richtig  befunden 
(oder  berichtigt). 

(Charakter  des  Caloulaturbeamten.) 
Die  Biohtigkeit  bescheiniget  .... 

Anmerkung:  Unmittelbar  unter  diese  Liquidation  mit  den  dazu  gehörigen 
Bescheinigungen,  kann  die  Zahlungsanweisung  an  die  betr.  Kasse  und  die 
Quittung  des  Liquidanten  über  den  Empfang  der  Beichskosten-  und  Tage- 
geldervergütung gesetzt  werden,  z.  B.  in  folgender  Art: 

„Vorstehende  siebenundachtzig  Mark  80  Pf.  hat  die Kasse  an  den 

N.  N.  auszuzahlen  und  in  der Bechnung  pro  18 .  •  beim  Tii 

zu  veraasgaben. 

N.,  den  . .  ten 18 . . 

Königliche  (Behörde). 
Unterschrift 

Vorstehende  siebenundachtzig  Mark  80  Pf.  sind  mir  aus  der Kasse 

baar  und  richtig  gezahlt  worden,  worüber  ich  hleimit  quittire. 

N.,  den  . .  ten 1850. 

Name  des  Liqnidanten. 


316 

ein  mäfsiges  Panschqnantnm  f&r  die  Erankheiiszeit  festgesetzt  werden.  Die 
reglementsmftfe.  Reisekosten  stehen  aber  dem  Beamten  unbedingt  -zv,  der  Zwed: 
der  Beise  mag  nun  erreicht  oder  in  Folge  der  eingetretenen  Krankheit  veifUilt 
worden  sein.  — 

ümzngskosten. 

Gesetz,  betr.  die  ümzngskosten  der  Staatsbeamten. 

Vom  24.  Febr.  1877  (GS.  p.  15). 

„%  1.    Die  Staatsbeamten  erhalten  bei  Versetzongen  eine  Yergütimg  for 
Umzugskosten  nach  folgenden  Sätzen: 

auf        auf  Transport- 
allgemeine  kosten  för  je 
fosten      10  Kilometer 

I.  Beamte  der  ersten  Bangklasse 1800  Mark     24  Mark 

n.       „       „    zweiten  und  dritten  Bangklasse      1000    „        ^0    „ 

HL       „        „    vierten  Bangklasse 500     „         10    n 

IV.       „       „    fünften         „         300     „  8     „ 

y.  Beamte,  welche  nicht  zu  den  obigen  Klassen 
gehören,  soweit  sie  gesetzlich  zn  einem  Tage- 
geldersatze Yon  9  Mark  berechtigt  sind  .  .  .  240  „  7  „ 
VI.  Subaltembeamte  der  Provinzial-,  Kreis-  nnd 
Localbehörden  und  andere  Beamte  gleichen 
Banges,  welche  nicht  zn  den  Beamten  der 

Klasse  Y.  gehören 180    „  6     „ 

YU.  Andere  Beamte,  welche  nicht  zn  den  ünter- 

beamten  zn  zählen  sind 150     „  5     „ 

YXn.  Unterbeamte 100    „  4     „ 

%  2.  Bei  Berechnung  der  Entfernung  ist  die  kürzeste  fahrbare  Strafoen- 
yerbindnng  zn  Grande  zn  legen.  Jede  angefangene  Strecke  von  10  Kilometern 
wird  for  volle  10  Kilometer  gerechnet 

§  3.  Die  nicht  etatsmifsig  angesteUten  Beamten  erhalten  bei  Yer- 
seizongen  nur  Tagegelder  nnd  Beisekosten.  Jedoch  sind  den  im  höheren 
Staatsdienste  anfseretatsmäfsig  beschäftigten  Assessoren  nnd  Bäthen  Umzugs- 
kosten alsdann  zu  gewähren,  wenn  sie  vor  der  Yersetzung  bereits  gegen  eine 
fixirte  Bemuneration  dauernd  beschäftigt  waren.  Ob  diese  Yorausset^gen  zur 
Gewährung  von  Umzugskosten  vorhanden  sind,  entscheidet  der  Bessortchef  im 
Binvemehmen  mit  dem  Finanzminister. 

§  4.  Die  zu  Umzugskosten  berechtigten  Beamten  erhalten  au&er  den- 
selben für  ihre  Person  Tagegelder  und  Beisekosten. 

Auch  ist  diesen  Beamten  der  Miethszins  zu  vergüten,  welchen  dieselben 
für  die  Wohnung  an  ihrem  bisherigen  Aufenthaltsoite  auf  die  Zeit  von  dem 
Yerlassen  des  letzteren  bis  zu  dem  Zeitpunkte  haben  aufwenden  müssen,  mit 
welchem  die  Auflösung  des  MiethsverhSitnisses  möglich  war.  Diese  Yergütong 
darf  längstens  für  einen  neunmonatlichen  Zeitraum  gewährt  werden.  Hat  der 
Beamte  im  eigenen  Hause  gewohnt,  so  kann  demselben  eine  Entschädigung  blfl 
höchstens  zum  halbjährigen  Betrage  des  ortsüblichen  Miethswerths  &r  inne- 
gehabten Wohnung  gewährt  werden. 

§  5.  Beamte  ohne  Familie  erhalten  nur  die  Hälfte  der  im  §  1  fest- 
gesetzten Yergütung. 


317 

§  6.  Von  den  YergüinngSBätzeii  (§  I)  kommt  derjenige  in  Anwendnngy 
welchen  die  Stellung  bedingt,  aas  welcher  —  nicht  in  weldie  —  der  Beamte 
yersetzt  wird. 

§  7.  Personen,  welche,  ohne  yorher  im  Staatsdienste  gestanden  zu  haben, 
in  denselben  übernommen  werden,  kann  eine  durch  den  Yerwaltangschef  im 
Einyemehmen  mit  dem  Finanzmin.  festznsetzende  Yeigütong  far  Umzngskosten 
gewährt  werden. 

§  8.  Auf  Wartegeldempffinger,  welche  wieder  in  den  activen  Staatsdienst 
angenommen  werden,  &idet  dieses  Gesetz  mit  der  Ma&gabe  Anwendung,  dafe 
for  die  ümzngskostenvergütang  die  Entfernung  zwischen  dem  Wohnorte  des 
Wartegeldempfängers  nnd  dem  neuen  Amtssitze  desselben  zu  Grunde  zu  legen  ist 

§  9.  Die  Bestimmungen  im  §  10  des  G^etzes,  betr.  die  Tagegelder  und 
Reisekosten  der  Staatsbeamten  y.  24.  März  1873  (s.  S.  313)  finden  bei  Fest- 
setzung der  Vergütung  far  Umzugskosten  entsprechende  Anwendung. 

§  10.  Dieses  Gesetz  tritt  mit  dem  1.  April  1877  in  Kraft  Alle  dem- 
selben entgegenstehenden  Bestimmungen  sind  angehoben,  insbesondere  der 
Erlafs  y.  26.  März  1855,  betr.  die  Vergütung  der  den  Beamten  bei  Versetzungen 
erwachsenden  ümzugskosten  und  das  Ümzugskosten-Beglement  für  Steuerbeamte 
yom  Ober-Inspector  abwärts  y.  11.  Apr.  1856.  Wo  in  besonderen  Vorschriften 
auf  die  hiemach  aufgehobenen  Bestimmungen  Bezug  genommen  wird,  treten  die 
entsprechenden  Bestimmungen  dieses  Gesetzes  an  deren  Stelle. 

§  11.  Die  besonderen  Vorschriften,  welche  für  einzelne  Dienstzweige 
bezügL  der  den  Beamten  aus  der  Staatskasse  zu  gewährenden  ümzugskosten 
ergangen  sind,  bleiben  —  mit  Ausnahme  der  nach  §  10  au^hobenen  —  yor- 
läufig  in  Kraft.  Eine  Abänderung  derselben  kann  im  Wege  Königl.  Verordnung 
erfolgen.  Die  in  diesem  Gesetze  bestimmten  Sätze  dürfen  jedoch  nicht  überschritten 
werden.  Die  Sätze  für  Gesandtschaftsbeamte  können  jedoch  nach  Maftigabe 
derjenigen  Beträge  festgesetzt  werden,  welche  fSr  die  entsprechenden  Beamten- 
klassen in  der  auf  Grund  des  §  18  des  Beichsgesetzes  yom  31.  März  1873 
(Beichs-Gesetzbl.  S.  61)  zu  erlassenden  Kaiserl.  Verordnung  bestimmt  werden." 

C.Verf.  y.  24.  Aug.  1877.  „Der  Hinweis  im  §  9  des  Gesetzes  y.  24.  Febr. 
d.  J.,  betreffend  die  ümzugskosten  der  Staatsbeamten  auf  §  10  des  Gesetzes  y. 
24.  März  1873,  betreffend  die  Tagegelder  und  Beisekosten  der  Staatsbeamten, 
bedingte  eine  Verständigung  zwischen  dem  Herrn  Finanzminister  und  mir  über 
die  Umzugskostensätze,  cUe  eintretenden  Falls  denjenigen  Beamten  des  diesseitigen 
Bessorts  zu  gewähren  sind,  welchen  ein  bestimmter  Dienstantrag  nicht  beigelegt  ist 

Idi  habe  hierüber  hinsichü.  derjenigen  Beamtenklassen  des  cUesseitigen  Bessorts, 
in  welchen  häufiger  Versetzungen  yorzukommen  pfiegen,  mit  dem  H.  Finanzmin. 
diejenige  Vereinbarung  getroffen,  welche  die  beigefügte  üebersicht  (s.  die 
folgende  Seite^  ergiebi 

In  die  üebersicht  sind,  zur  Erleichterung  der  Handhabung,  auch  solche  dies- 
seitige Beamtenklasseu  aufgenommen  worden,  deren  Mitgliedern  ein  bestimmter 
Dienstrang  beigelegt  ist,  sofern  bei  ihnen  Versetzungen  häufiger  yorkommen. 

Indem  ich  die  K.  Begierung  etc.  yeranlasse,  die  beiliegende  üebersicht  bei 
Aufstellung  yon  Umzugs-  und  Eeisekosten-Liquidationen  för  Beamte  des  dies- 
seitigen Biessorts  fortan  zum  Anhalt  zu  nehmen,  bemerke  ich  ausdrücklich,  dafe 
die  üebersicht  nur  den  Zweck  hat,  die  beteiligten  Beamten  far  den  Fall,  dafs 
sie  in  die  Lage  kommen,  Umzugs-  und  Beisekosten  liquidiren  zu  dürfen,  nach 
den  aUegirten  G^esetzen  zu  classificiren,  dads  ihnen  dadurch  ein  entsprechender 
Dienstrang  jedoch  nicht  beigelegt  wird,  in  dieser  Beziehung  yielmehr  die 
bisherigen  Verhältnisse  unyerändert  bleiben.*'    Der  Min.  etc.  In  V.:  Sydow. 


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I  I  II  I  I  I  I      I      II      I      I  I  I  I  I  I      I 


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I  I  I  I  I  I  I  I      I      II      I      I  I  I  I  I  I      I 


OeSCjOMCUMtJ       o 


II    I    I  I  I  I  I  I    I 


319 

Erl&nternde  Bestimmnngen  zum  Gesetze  ober  ümzngskosten 
der  Staatsbeamten.  C.Verf.  des  Finanzmin.  n.  des  Min.  d.  Inn.  y. 
4.  Hai  1877.  „Nachdem  das  Gesetz  v.  24.  Febr.  d.  J.,  betreffend  die  ümzngs- 
kosten der  Staatebeamten,  durch  die  G.S.  S.  15  pnblicirt  worden  ist,  wird  in 
Bezug   auf  die  Anwendung  dieses   Gesetzes    hierdurch  Folgendes  bestimmt: 

1)  Für  die  Feststellung  des  Dienstranges  der  Beamten  behu£9  Zuzählung 
derselben  in  die  im  $  1.  des  Gesetzes  angeführten  Klassen  finden  die  far  das 
Gesetz  vom  12.  Mai  1873,  betreffend  die  Wohnungsgeldzuschüsse  der  Beamten 
(s.  S.  297),  sowie  die  für  das  Gesetz  v.  24.  Mftrz  1873,  betreffend  die  Tage- 
gelder und  die  Reisekosten  der  Staatsbeamten  (s.  S.  312)  getroffenen  Fest- 
setzungen entsprechende  Anwendung.  Es  wird  dabei  bemerkt,  dafs  die  Klasse 
VI.  im  S  1  des  Umzugskostengesetzes  der  Kl.  lY  des  Tarife  zum  Gesetze  y. 
12.  Mai  1873  entspricht,  dafs  jedoch  aus  der  letztgenannten  Klasse  diejenigen 
Beamten  ausscheiden  und  zu  der  Kl.  V  im  §  1  des  ümzugskostengesetzes  zu 
rechnen  sind,  welche  zu  den  im  §  1  Nr.  Y  des  Tagegeldergesetzes  bezeichneten 
Beamten  gezfthlt  werden. 

Zu  der  Klasse  YU  im  §  1  des  ümzugskostengesetzes  gehören  diejenigen 
Beamten,  welche  nach  $  1  ad  YU  im  Artikel  1  des  Gesetzes  y.  28.  Juni  1875, 
betreffend  die  Abänderung  des  Gesetzes  yom  24.  März  1873  über  die  Tage- 
gelder und  Reisekosten  der  Staatsbeamten  zu  einem  Tagegeldersatze  yon  4  Mark 
50  Pf.  berechtigt  sind.  Es  kommen  dabei  namentlich  die  Förster  sowie  die 
Grenz-  und  Steueraufseher  in  Betracht. 

2)  Der  Anspruch  auf  Umzugskosten  steht  nur  den  etatsmäfsig  ange- 
stellten Beamten  und  den  im  hohem  Staatsdienste  aufseretatsmftfsig  be- 
schäftigten Assessoren  und  B&then  in  dem  Falle  zu,  wenn  sie  yor  der  Yer- 
setzung  bereits  gegen  eine  fixirte  Benumeration  dauernd  beschäftigt  waren  (§  3 
des  Gesetzes).  Werden  Beamte  aus  einem  andern  Bessert  in  die  allgem.  Yer- 
waltung  als  auTseretatsmäfsige  Assessoren  oder  Bäthe  übernommen,  so  ist  hin- 
sichtlich der  Gewährung  yon  ümzugskosten  in  jedem  Falle  die  diesseitige  Ent- 
scheidung einzuholen. 

3)  Nachdem  die  bisherige  Bestimmung  aufgehoben  ist,  wonach  eine  Yer- 
gütigung  für  ümzugskosten  nicht  stattfand,  wenn  die  Yersetznng  lediglich  auf 
den  Antrag  des  Beamten  erfolgte,  ist  es  Pflicht  der  über  die  Yersetzung  be- 
schliefsenden  Behörde,  die  hierauf  gerichteten  Anträge  der  Beamten  yom  allge- 
meinen dienstlichen  Standpunkte  einer  sorgfältigen  Prüfung  zu  unterziehen. 
Anträge  auf  Yersetzung  untef  Bewilligung  der  Umzugskosten  werden  in  dei 
Begel  nur  alsdann  zu  berücksichtigen  sein,  wenn  dadurch  neben  den  persön- 
lichen Wünschen  der  Antragsteller  auch  gleichzeitig  dem  dienstlichen  Interesse 
entsprochen  wird.  Ob  letzteres  der  Fall  ist,  bleibt  jedesmal  genau  zu  erwägen 
und  ist  im  Zweifelsfalle  die  diesseitige  Entscheidung  einzuholen. 

4)  Die  Erstattung  der  Miethe  f §  4),  welche  der  yersetzte  Beamte  for  seine 
an  dem  bisherigen  Aufenthaltsorte  innegehabte  Wohnung  yom  Tage  des  Yer- 
lassens  der  letzteren  ab  noch  zu  entrichten  yerpflichtet  gewesen  ist,  hat  erst 
nach  yollständiger  Auflösung  des  Miethsyerhältnisses  zu  erfolgen.  Die  Er- 
stattung erfolgt  unter  der  Yoraussetzung,  dafs  der  Beamte  nach  dem  Contracte 
bezw.  nachweisbar  zu  einer  früheren  Yermiethung  nicht  in  der  Lage  war,  das 
Leerstehen  der  Wohnung  obrigkeitlich  bescheinigt  und  die  Zahlung  der  Miethe 
glaubhaft  nachgewiesen  wird. 

War  der  Beamte  durch  die  yorliegenden  Umstände  gezwungen,  seine  Fa- 
milie noch  eine  Zeit  lang  in  der  früheren  Wohnung  zurückzulassen,  so  kann 
ihm  die  Miethsentschädigung  gleichwohl  gewährt  weiden.  Im  Uebrigen  bleiben 
alle  seither  in  Bezug  auf  die  Erstattung  yon  Wohnungsmiethe  ergangenen 
allgm.  Yerwaltungsyorschriften  in  Kraft. 


320 

5)  Unter  Familie''  im  Sinne  des  §  5  des  GesetEes  sind  niclit  nur  Ehe- 
frau, Emder  oder  Eltern,  sondern  auch  andere  nahe  Verwandte  nnd  Pflegekinder 
zn  verstehen,  sofern  der  Beamte  denselben  in  seinem  Haasstande  Wohnung  nnd 
Unterhalt  ai^  Gnmd  einer  gesetzlichen  oder  moralischen  Unterstfitningsveihind- 
lichkeit  gewährt  Jedenfalls  mofs  ein  eigener  Haasstand  von  dem  Beamten  ge- 
führt werden.    (Vgl.  onten  CTerl  y.  16.  Aog.  1881.) 

6)  Die  den  Beamten  bei  Yersetzongen  zustehenden  persönlichen  Tagegelder 
and  Beisekosten  werden  nicht»  wie  die  Umzagskosten,  nadi  dem  Dienstrange 
der  Stelle,  aas  welcher,  sondern  in  welche  die  Yenetznng  erfolgt,  liqnidiri 

Die  den  anfseretatsm&feigen  verheirateten  Beamten  bisher  nachgelassene 
Begdnstigang,  die  persönlichen  Beisekosten  und  Tagegelder  auch  bei  Benatzong 
von  Eisenbahnen  oder  Dampfschiffen  nach  dem  Landwege  liqoidiren  zn  dürfen, 
ist  aufgehoben. 

7)  Der  diesseitigen  Ermfichtigang  zar  Zahlung  von  Umzagskosten,  Mieths- 
entschädigangen,  persönlichen  Beisekosten  und  Tagegeldern  bedarf  es  fortan  nur 
noch  in  den  vorstehend  zu  2)  und  3)  bezeichneten  Ffillen.  Die  IL  Begierung 
wird  ermächtigt,  für  die  Folge  derartige  Zahlungen  in  andern,  als  den  vorbe- 
zeichneten  Fällen,  auf  die  hierzu  bestimmten  etatsmäfeigen  Fonds  selbständig 
anzuweisen.  Sollten  sich  hierbei  in  dem  einen  oder  anderen  Punkte  Zweifel 
ergeben,  so  mag  Dieselbe  darüber  berichten.'' 

G.Verf.  V.  4.  Nov.  1882.  „Zu  §  4  des  Gesetzes,  betreffend  die  Umzags- 
kosten der  Staatsbeamten  v.  24.  Febr.  1877  ist  von  dem  H.  Finanzmin.  und 
dem  H.  Min.  d.  Inn.  durch  einen  gemeinschaftlichen  früheren  CircErlafe  be- 
stimmt worden,  dafe,  falls  der  Beamte  durch  die  vorliegenden  Umstände  ge- 
zwungen war,  seine  Familie  noch  eine  Zeit  lang  in  der  früheren  Wohnung 
zurückzulassen,  ihm  die  Miethsentschädigung  gleichwohl  gewährt  werden  kann. 
Um  einer  irrtümlichen  Auffassung  vorzubeugen,  ist  diese  Bestimmung  von  den 
genannten  HH.  Ministem  neuerdings  dahin  declarirt  worden,  dafs  die  gesetK- 
üche  Vergütung  des  Miethszinses  in  den  vorausgesetzten  Fällen  stets  zu 
gewähren  ist,  ausgenommen  wenn  durch  das  Verbleiben  der  Familie  des  Beamten 
in  der  Wohnung  die  Auflösung  des  Miethsverhältnisses,  bezw.  die  anderweite 
Vermiethung  der  Wohnung  unmöglich  gemacht  worden  ist  Ob  derartige  Um- 
stände, welche  die  Bewilligung  der  Miethsentschädigung  ausschliefsen  würden, 
vorhanden  sind,  ist  deshalb  in  jedem  einzelnen  Falle  unter  Würdigung  der 
thatsächlichen  Umstände  einer  sorgfältigen  Prüfrmg  zu  unterziehen.''  Der 
Min.  etc.    Im  Auftr.  Barkhausen. 

CVerf.  V.  16.  Aug.  1881.  „Unter  dem  Worte  „Familie"  sind  im  §  5 
des  Umzugskosten-Gesetzes  vom  24.  Febr.  1877  nach  einer  vom  E.  Staats- 
ministerium  angenommenen  Interpretation  nicht  nur  Ehefrau,  Kinder  und  Eltein, 
sondern  auch  andere  nahe  Verwandte  und  Pflegekinder  zn  verstehen,  sofern  der 
Beamte  denselben  in  seinem  Hausstande  Wohnung  und  Unterhalt  auf  Grund 
einer  gesetzlichen  oder  moralischen  Unterstützungsverbindlichkeit  gewährt  Jeden- 
falls mufs  ein  eigener  Hausstand  von  dem  Beamten  geführt  werden. 

Femer  soll  die  Bewilligung  des  vollen  Satzes  der  Umzugskosten  nicht 
von  dem  Umstände,  dails  die  Uebersiedelung  thatsächlich  mit  Familie  bewirkt 
worden  ist,  sondern  davon  abhängen,  dafs  der  Beamte  zur  Zeit  des  Umzuges 
Familie  gehabt  hat 

Die  Umzugskosten-Liquidationen  sind  daher  in  Zukunft  zutreffenden  Falles 
dahin  zu  bescheinigen,  dafs  der  Beamte  zur  Zeit  des  Umzuges  Familie  im  vor- 
gedachten Sinne  (fJ.  1)  gehabt  hat"       Der  Min.  d.  geisti.  etc.  Ang.  v.  Go&ler. 

Staatsmin.  Beschlufs  v.  18.  Apr.  1867:  „Wenn  ein  etatsmälkig 
angestellter  Beamter  im  Interesse  des  Dienstes  und  nicht  lediglich  auf  seinen 
Antrag  versetzt  worden  ist,  so  kann  demselben,  fliUs  er  an  seinem  frühtten 


321 

dienstlichen  Wohnort  im  eigenen  Hause  oder  in  einem  Hanse,  dessen  Nielli- 
brauch  ihm  zustand,  gewohnt  hat,  eine  Entschädigung  in  Höhe  des  ortsübl. 
Miethswerths  der  Wohnung  für  die  Dauer  eines  halben  Jahres,  vom  Ablauf  des 
Ealenderquartals  ab,  in  welchem  die  Versetzung  stattgefunden  hat,  gewährt 
werden,  insofern  der  Beamte  die  pflichtmäfsige  Versicherung  abgiebt,  dafs 
aller  angewendeten  Mühe  ungeachtet  es  ihm  nicht  möglich  gewesen  ist,  die 
innegehabte  Wohnung  far  jenen  Zeitraum  anderweit  zu  vermiethen."  VgL 
CBl.  18H7  p.  331. 

Bescript  des  Finanzmin.  y  15.  Mai  1855:  „Der  Vermiether,  welcher 
die  Wohnung  eines  versetzten  Beamten  innerhalb  der  Zeit,  für  welche  letzterer 
nach  §  376  Tit.  21  T.  I.  A.  LB.  zur  Zahlung  der  Miethe,  vorbehaltl.  des  §  377 
daselbst  gedachten  Falles  der  Stellung  eines  geeigneten  Untermiethers  ver- 
pflichtet ist,  anderweit  vermiethet,  hat  die  ffir  jene  Zeit  oder  einen  Teil  derselben 
von  dem  neuen  Miether  erhaltene  Miethe  auf  den  von  dem  versetzten  Beamten 
zu  zahlenden  Mietbszins  in  Anrechnung  zu  bringen  oder,  falls  der  Miethszins 
bereits  bezahlt  ist,  zu  erstatten. 

Zur  Aufrechterhaltung  dieses  Grundsatzes  ist  in  der  Steuerverwaltung  mit 
Bücksicht  auf  die  daselbst  vorkommenden  zahlreichen  Versetzungen  zur  Zahlung 
von  Miethsentschädigungen  nicht  blofs  die  Quittung  des  Vermiethers  und  nach 
Umständen  der  Miethscontract,  sondern  auch  eine  Bescheinigung  darüber 
erfordert  worden,  dafs  die  Wohnung  auf  den  Zeitraum,  für  welchen  Miethsent- 
Schädigung  liquidirt  wird,   nicht  wieder  vermiethet  worden  sei. 

Nachdem  in  dieser  Beziehung  die  E.  OBechnungskammer  neuerlich  an- 
geordnet hat,  dafs  es  der  Beibringung  der  gedachten  Bescheinigungen  zur 
Bechnungsjustification  nicht  femer  bedürfe,  haben  einige  Provinzialbehörden 
diese  Anordnung  so  verstanden,  als  ob  es  überhaupt  auf  den  fragl.  Nachweis 
nicht  femer  ankomme.  Da  jedoch  dahin  die  Absicht  der  K.  OBechnungs- 
kammer nicht  gegangen  ist,  so  werden  im  Einverständnis  mit  derselben,  Ew.  — 
angewiesen,  das  dort  bei  Liquidationen  für  Miethsentschädigungen  bestehende 
Verfahren  auch  für  die  Zukunft  zu  beobachten  und  solches  nur  insoweit  abzu- 
ändern, als  die  gedachten  Bescheinigungen  den  Bechnungsbelägen  nicht  femer 
beigefögt  werden. 

Mit  Bücksicht  auf  einen  vorgekommenen  Fall  wird  zugleich  bemerkt,  dafs 
versetzte  Beamte  ohne  Genehmigung  der  vorgesetzten  Behörde  nicht  befugt  sind, 
über  die  Zahlung  der  hiemächst  gegen  die  Staatskasse  zu  liquidirenden 
Miethsentschädigung  sich  mit  dem  Vermiether  zu  vergleichen,  und  dafs  der 
versetzte  Beamte  auf  Miethsentschädigung  aus  der  Staatskasse  nur  insoweit 
Ansprach  hat,  als  der  Vermiether  nicht  durch  den  mit  dem  Miethsnachfolger 
abgeschlossenen  Vertrag  Ersatz  findet.^' 

Staatsmin.  Beschlufs  v.  5.  Dec.  1863:  ,J)ie  Gewährang  der  in  Fällen 
der  Versetzung  eines  etatsm.  angestellten  Beamten  zulässigen  Vergütigung 
derjenigen  Wohnungsraiethe,  welche  der  Beamte  an  seinem  früheren  diensü. 
Wohnort  fortzuentrichten  genöthigt  ist,  kann  auch  erfolgen,  wenn  nach  der 
Versetzung  noch  eine  Benutzung  der  Wohnung  durch  die  Familie  des  Beamten 
oder  zur  Aufbewahrang  der  Effecten  desselben  stattgefunden  hat.'' 

Min.Verf.  v.  27.  Febr.  1872:  —  ,J)em  K.  Prov. Seh. C.  eröffne  ich,  dafs 
den  Dir.  und  Lehrern,  welche  von  einer  unter  Communal-,  Privat-,  oder  ge- 
mischtem Patronat  stehenden  höh.  Unterrichtsanstalt  an  eine  Anstalt  königl. 
Patronats  versetzt  werden,  auf  Grand  des  .A.  Erlasses  v.  26.  März  1855  Um- 
zugskosten nicht  gewährt  werden  können,  da  derselbe  lediglich  auf  die  Versetzung 
solcher  Beamten  Anwendung  findet,  welche  bereits  im  unmittelb.  Staatsdienst 
angestellt  sind,  während  die  gedachten  Directoren  und  Lehrer  in  den  letzteren 
durch  die  Versetzung  erst  neu  aufgenommen  werden.    Diesen  Personen  können 

Wleie,  Vftrordnangen.    II.  21 


322 

Umzugs-  nnd  Seisekosten  nur  in  Gemäfsheit  der  A.  0.  v.  24.  Sept  1839, 
welche  noch  in  Kraft  ist,  mithin  nnr  in  dem  Falle  bewilligt  werden,  wenn  die 
Anstalt,  an  welche  die  Versetzung  erfolgt,  dazu  disponibk  Fonds  besitzt  Wo 
dies  nicht  der  Fall  ist,  kann  den  Beteiligten,  sofern  die  Verhältnisse  dazu 
angethan  sind,  nur  aus  den  mir  zur  Verfügung  stehenden  Fonds  eine  Unter- 
stützung als  Beihülfe  zur  Deckung  der  Umzugs-  und  Reisekosten  gewährt  werden. 
Bei  der  Unzulänglichkeit  dieser  Fonds  kann  ich  eine  derartige  UnterstutzoDg 
nicht  in  allen  Fällen  eintreten  lassen.  Das  K.  Prov.Sch.C.  wolle  daher  in 
Zukunft  bei  beabsichtigter  Versetzung  eines  Lehrers  aus  dem  mittel- 
baren in  den  unmittelbaren  Staatsdienst,  wenn  es  sich  um  eine 
Anstalt  handelt,  welche  zur  Gewährung  der  Umzugs-  und  Reisekosten  keine 
disponiblen  Fonds  besitzt,  sich  vorher  vergewissern,  dafs  der  betr.  Lehrer  keinen 
Anspruch  auf  Umzugs-  und  Reisekosten  macht,  oder  dafs  ich  geneigt  bin,  zur 
Deckung  der  Umzugs-  und  Reisekosten  eine  Beihälfe  aus  dazu  geeigneten  Fonds 
zu  bewilligen."  — 

Min.  Verf.  v.  3.  Aug.  1878.  „Auf  den  Bericht  ?.  6.  v.  M.  erwidereich 
dem  E.  Prov.Sch.C.,  dafs  Umzugs-  und  Reisekosten  für  Lehrer  höh.  Unterrichts- 
anstalten nur  dann  auf  Centralfonds  angewiesen  werden  können,  wenn  die  beti] 
Anstalten  aufser  Stande  sind,  die  Ausgaben  aus  ihren  Mitteln  zu  decken^ 

Min.  Verf.  v.  31.  Juli  1879.  „Auf  den  Bericht  v  29.  v.  M.  eröffne  ich 
dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  die  Umzugs-  und  Versetzungskosten-Liquidationen  der 
Gymn.  etc.  Lehrer  zur  Festsetzung  und  Anweisung  hierher  einzureichen  sind, 
ohne  Unterschied,  ob  die  betr.  Anstaltskassen  zur  Berichtigung  der  Liquidationen 
im  Stande  sind  oder  nicht.  Die  Zahlung  dieser  Kosten  aus  den  Anstaltskosten 
wird  voraussichtlich  Regel  werden,  weil  fortan  die  Anstalten  ihre  Ersparnisse 
einschliefslich  der  Besoldungserspamisse  behalten.  Hiemach  erkläre  ich  mich 
damit  einverstanden,  dafs  die  in  dem  Bericht  bezeichneten  Umzugs-  etc.  Kosten 
auf  die  betr.  Anstaltskassen  zur  Zahlung  angewiesen  werden.  Sollten  einige 
der  letzteren  in  Folge  dessen  mit  Deficits  abschliefsen,  so  ist  darauf  Bedacht 
zu  nehmen,  dafs  diese  durch  künftige  Einsparungen  gedeckt  werden."  Der  Min. 
der  geistl.  etc.  Ang.  Im  Auftr.  Greiff.       ^) 

Min.  Verf.  v.  25.  Nov.  1881.  Auszug:  „Im  AnschluTs  an  die  General- 
Verfügung  V.  27  Febr.  1872  ordne  ich  zur  Beachtung  in  künftigen  Fällen 
hiermit  an,  dafs,  wenn  die  Kassen  der  höh.  Lehranstalten  nicht  die  Mittel 
zur  Tragung  der  Umzugskosten  bieten,  auch  bei  Versetzungen  von  einer 
staatlichen  höh.  Lehranstalt  an  eine  andere  staatliche  Anstalt 
unter  eingehender  Motivirung  der  beabsichtigten  Vt^rsetzung  vor  der  Vornahme 
der  letzteren  wegen  Bereitstellung  der  aus  Centralfonds  zu  gewährenden  Um- 
zugskosten zu  berichten  ist  Dafs  in  allen  Fällen,  auch  wenn  die  Anstalts- 
kassen zur  Zahlung  der  erforderlichen  Kosten  in  der  Lage  sind,  Versetzungen 
nur  vorgenommen  werden  düifen,  wenn  das  Aufsichtsinteresse  die  Versetzung 
durchaus  nothwendig  erscheinen  läfst,  bedarf  keines  besonderen  Hinweises. 
Unter  der  Voraussetzung,  dass  das  K.  Prov.Sch.C.  in  jedem  einzelnen  Falle  eine 
genaue  Prüfung  der  Sachlage  nach  dieser  Richtung  hin  vornimmt,  will  ich  unter 
Modification  des  Circular-Erlasses  v.  31.  Juli  1879  das  K.  Prov.Sch.C.  hierdurch 
ermächtigen,  die  Liquidationen  von  Umzugs-  und  Reisekosten  versetzter  Lehrer 
auf  die  die  erforderlichen  Mittel  bietenden  Anstaltskassen  selbständig  anzu- 
weisen, so  dafs  es  in  Fällen  dieser  Art  einer  Berichterstattung  an  mich  femer 
nicht  bedarf.  Bei  der  Festsetzung  der  Liquidationen  ist  der  Circ.Erlafs  vom 
24.  Aug.  1877  genau  zu  beachten."   Der  Min.  der  geistl.  etc.  Ang.   Im  Aufbr.  Greiff. 


')  S.  jedoch  die  folgenden  Verff. 


323 

Min.  Verf.  v.  12.  Febr.  1883.  ,^uf  den  Bericht  y.  15.  Jan.  d.  J. 
erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  unter  Hinweis  auf  den  Erlafs  v.  27.  Febr. 
1872  und  den  Circ.  Erlafs  v.  25.  Nov.  1881,  dafs  Dasselbe  ermächtigt  ist,  ver- 
setzten Lehrern  die  reglementsmäfsigen  Umzugs-  und  Reisekosten  selbständig 
ohne  Berichterstattung  an  mich  aus  den  Anstaltskassen  zahlen  zu  lassen,  sofern 
die  letzteren  die  erforderlichen  Mittel  dazu  bieten.  Dies  gilt  nach  der  in 
dem  ersterwähnten  Erlasse  allegirten  A.  Ordre  v.  24.  Sepi  1839  auch  dann, 
wenn  ein  Lehrer  aus  dem  mittelbaren  in  den  unmittelbaren  Staatsdienst  über- 
nommen wird.  Der  §  7  des  Gesetzes  v.  24.  Febr.  1877  findet  bei  Zahlungen 
ans  der  allgemeinen  Staatskasse  Anwendung.  Der  Min.  der  geistl.  etc.  Ang. 
Im  Aufkr.  Greiff. 

Min. Verf.  v.  4.  Jan.  1873:  —  „Die  Reise  des  Oberl.  N.  von  A.  nach 
B.  zum  Antritt  seiner  nenen  Stelle  kann  im  Sinne  der  bezügl.  Vorschriften  als 
eine  Dienstreise  nicht  angesehen  werden.  Denn  erst  mit  dem  Antritt  der 
Stelle,  nicht  mit  der  Berufung  far  dieselbe  ist  der  N.  unmittelbarer  Staats- 
diener geworden.  Bei  der  ersten  Berufung  oder  Anstellung  im  unmittelbaren 
Staatsdienst  hat  grundsätzlich  jeder  Beamte,  wenn  etwas  Anderes  nicht 
vorher  ausdrücklich  vereinbart  worden  ist,  auf  eigene  Kosten  nach  dem  Amtsort 
sich  zu  begeben.'* 

Min. Verf.  v.  27.  Mai  1871:  —  „Die  A.  Ordre  v.  26.  März  1855  (die 
Erstattung  von  Beise-  und  Umzugskosten  an  ordentl.  Lehrer  betr.)  findet  nur  auf 
das  Inland  Anwendung.  Den  aus  dem  Auslande  berufenen  Lehrern 
kann  nur  ausnahmsweise  aus  den  Mitteln  der  betr.  Anstalt  eine  Beihülfe  zu 
den  Reisekosten  gewährt  werden.'* 

Nach  Min. Verf.  v.  8.  Mai  1878  ist  ein  Lehrer,  welcher  im  Beichs- 
dienste  gestanden  hat,  „nicht  berechtigt,  die  nur  den  Preufsischen  Beamten 
zustehenden  Sätze  an  Umzugs-  und  Reisekosten  auf  Grund  des  Umzugskosten- 
Gesetze»  v.  24.  Febr.  1877  zu  liquidiren.  Eine  Vergütung  für  Reisekosten 
wird  demselben  hiemach  überhaupt  nicht,  für  Umzugskosten  aber  nur  auf 
Grund  des  §  7  a.  a.  0.  gewährt  werden  können."  CBl.  1878  p.  281. 


Zu  den  zufälligen  Diensteinkünfben  gehören  Functionszulagen,  welche 
für  besondere  amtliche  Verrichtungen  über  das  Dien  steinkommen  gewährt  werden 
und  mit  dem  Aufhören  dieser  besonderen  Verrichtungen  wieder  in  Wegfall 
kommen. 

C.Verf.  V.  30.  April  1887.  „Bei  einer  näheren  Prüfung  der  im  Staats- 
haushaltsetat vorkommenden  Functions-  und  sonstigen  Zulagen  ist  unter  den 
beteiligten  Herrn  Ressortchefts  ein  Einvernehmen  darüber  erzielt  worden,  dafs 
die  vierteljährliche  Vorausbezahlung  und  die  Gewährung  des  Gnadenquartals 
von  diesen  Zulagen  nicht  davon  abhängig  zu  machen  ist,  ob  dieselben  in  einem 
Besoldungstitel  ausgebracht  sind,  dafs  vielmehr  —  wie  dies  im  Wesentlichen 
schon  nach  der  gegenwärtigen  Praxis  der  Fall  ist  —  auch  die  unter  anderen 
Ausgabetiteln  etatisirten  Zulagen,  insoweit  dieselben  nicht  etwa  nur  als  Ersatz 
für  haare  Auslagen  anzusehen  sind  oder  als  Vergütung  für  nur  widerruflich 
übertragene  Nebenämter  gewährt  werden,  als  zum  Gnadenquartal  berechtigend 
anzuerkennen  und  vierteljährlich  im  Voraus  zu  zahlen  seien.  Es  gilt  dies 
aber  nur  für  solche  Fälle,  in  denen  der  Empfänger  der  betr.-  Zulage  ein  etats- 
mäfsig  angestellter  Beamter  ist  und  mithin  auch  hinsichtlich  seines  Gehaltes 
nach  dem  Gesetze  vom  6.  Febr.  1881  vierteljährliche  Vorausbezahlung  und  Go- 
währung  des  Gnadenquartals  für  seine  Hinterbliebenen  zu  beanspruchen  hat; 
wogegen  in  dem  Falle,  dafs  etwa  ausnahmsweise  ein  nur  diätarisch  oder 
remuneratorisch  beschäftigter  Beamter  eine  solche  Zulage  bezieht,  die  letztere 

21* 


324 

in  gleicher  Weise  wie  die  Diäten  bezw.  Renmnerationen  in  Monatsraten  zu 
zahlen  und  auch  immer  nur  far  denselben  Zoitranm,  wie  Jene  Hanptbezüge,  als 
Gnadencompetenz  zn  gewähren  ist.  Diejenigen  Zulagen,  welche  nur  als  Ersatz 
för  haare  Auslagen  oder  als  Vergütung  für  widerruflich  übertragene  Nebenämter 
gewährt  werden,  sollen  dagegen  für  die  Folge  monatlich  postnumerando  gezahlt 
und  Gnadencompetenzen  von  denselben  nicht  gewährt  werden. 

Den  nachgeordneten  Behörden  meines  Ressorts  wird  dies  zur  Kenntnis- 
nahme und  gegebenen  Falles  zur  Beachtung  bezw.  weiteren  Veranlassung  hier- 
durch mitgeteilt/'    Der  Min.  etc.    In  Vertr.  Lucanus. 


C.Verf.  des  Fin.Min  v.  13.  Dec.  1882.  „Die  Frage,  ob  denjenigen 
Beamten,,  an  deren  amtlichem  Wohnsitze  eine  Eönigl.  Kasse  sich  nicht  befindet, 
die  Dienstbezüge  kostenfrei  auszuzahlen  seien,  ist  nicht  für  alle  Lande&- 
teile,  bezw.  für  die  Beamten  aller  Bessorts  einheitlich  geregelt.  Während  namentlich 
im  Geltungsbereiche  des  Allgem.  Landrechtes  gemäfs  §  53,  T.  I  Tit.  16  des- 
selben der  Grundsatz  befolgt  wird,  dafs  die  Beamten  ihr  Gehalt  und  ihre 
sonstigen  Competenzen  von  den  Königl.  Kassen  abzuholen  haben  und  dem- 
zufolge in  den  Fällen  der  oben  bezeichneten  Art  die  Zusendung  des  Gehaltes  etc. 
portopflichtig  erfolgt,  werden  den  Jnstizbeamten  in  der  Provinz  Hannover  und 
zwar  auch  in  demjenigen  Teile  derselben,  in  welchem  das  Allgem  Landrecht 
gilt,  falls  sich  an  ihrem  amtlichen  Wohnsitze  eine  Königl.  Kasse  nicht  befindet, 
die  gedachten  Gelder  nach  diesem  Orte  portofrei  übermittelt.  Für  eine  allgemeine 
Einführung  der  Anordnung,  dafs  die  Portokosten  für  derartige  Zusendungen  von 
der  Staatskasse  zu  tragen  sind,  spricht  die  Erwägung,  dafs  hinsichtlich  der 
Gehaltszahlungen  an  Beamte  die  allgemeinen  Grundsätze  über  die  Stellung 
derselben,  sowie  Bücksichten  auf  das  dienstliche  Interesse  in  erster  R^^ihe  ent- 
scheidend sind  und  dafs  demzufolge  der  Beamte,  dem  ein  bestimmter  Ort  als 
Amtssitz  zugewiesen  ist  und  der  an  demselben  seinen  Dienst  zu  leisten  hat, 
auch  die  kostenlose  Zahlung  der  für  diesen  Dienst  ausgesetzten  Competenzen 
an  dem  nämlichen  Orte  zu  beanspruchen  berechtigt  erscheint.  Im  Ein- 
verständnisse mit  der  K.  Ober-Rechnungskammer  bestimme  ich  deshalb,  dafs, 
wenn  Beamten,  welche  ihr  Gehalt  und  ihre  sonstigen  Competenzen  aus  der 
dortigen  Regierungs-Hauptkasse  oder  einer  Specialkasse  derselben  beziehen  und 
nicht  am  Sitze  der  zahlenden  Kasse  ihren  amtlichen  Wohnort  haben,  diese 
Diensteinkommensbezüge  mittelst  der  Post  zu  übersenden  sind  —  worüber  nach 
wie  vor  die  vorgesetzte  Dienstbehörde  der  Beamten  entscheidet  — ,  diese  Zu- 
sendung auf  Kosten  der  Staatskasse  portofrei  zu  erfolgen  hat.**  .  .  . 

Nach  C.Verf.  d.  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Fin.  v.  27.  Juni  1884  ist  unter 
„Dienstbezüge''  eines  Beamten  im  Allgemeinen  alles  —  auch  Reisekosten 
und  Tagegelder  —  zu  begreifen,  was  demselben  mit  Rücksicht  auf  seinen  Dienst 
gewährt  wird.     CBl.  1885  S.  302. 

Nach  C.Verf.  d.  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  u.  d.  Fin.  v.  22.  Sept. 
1884  greift  die  obige  C.Verf.  v.  13.  Dec.  1882  „nur  für  die  unmittelbaren 
Staatsbeamten,  nicht  auch  für  andere  Personen,  insbesondere  auch  auf  Geistliche 
und  Lehrer,  Platz.  Daher  sind  auch  die  letztgenannten  Beamten  bewilligten 
Unterstützungen,  Remunerationen  etc.  in  der  bisherigen  Weise  zu  zahlen/' 
CBL  1885  S.  308. 

Verf.  d.  Min.  d.  geistL  etc.  Ang.  u.  d,  Pin.  v.  23.  Aug.  1887.  ,4)er 
K.  Regierung  erwidern  wir  auf  den  Bericht  v.  31.  Juli  d.  J.,  dafs  die  An- 
ordnung, welche  von  mir,  dem  mitunterzeichneten  Finanzminister,  in  dem 
CJErlasse  v.  13.  Dec.  1882  bezüglich  der  kostenfreien  Auszahlung  der  Dienst- 
bezüge, an  deren  amtlichem  Wohnsitze  eine  Königl.  Kasse  sich  nicht  befindet^ 


325 

getroffen  ist,  nicht  auf  die  mittelbaren  Staatsbeamten  Anwendung  findet  Dem 
Antrage,  den  gedachten  CJlrlafs  anch  auf  die  Geistlichen  nnd  Lehrer  aus- 
zudehnen, kann  daher  nicht  entsprochen  werden.*' 


Für  Zeiten  der  Beurlaubung. 

CO.  V.  15.  Juni  1863:  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  vom 
31.  V.  M.  will  Ich  hiermit  genehmigen  — ,  dafs  bei  Beurlaubungen  von  Civil- 
beamten  und  nicht  Servis  beziehenden  Militärbeamten  fortan  folgende  Grund- 
sätze befolgt  werden: 

1.  Bei  der  Beurlaubung  eines  Beamten  wird  auf  die  ersten  1^/2  Monate 
des  Urlaubs  das  Gehalt  unverkürzt  gezahlt,  für  weitere  4^2  Monate  tritt  ein 
Gehaltsabzug  zum  Betrage  der  Hälfte  des  Gehalts  der  betr.  Beamten  ein,  während 
bei  fernerem  Urlaub  kein  Gehalt  zu  gewähren  ist.  3.  Bei  Beurlaubungen  wegen 
Krankheit  und  zur  Herstellung  der  Gesundheit  findet  auch  far  die  über  IV2 
Monate  hinausgehende  Zeit  der  unumgänglich  nothwendigen  Abwesenheit  des 
Beamten  kein  Abzug  vom  Gehalt  statt'* 

Vorstehende  auf  Antrag  der  E.  OBechnungskammer  erlassene  CO.  ist 
zwar  zunächst  nur  fcir  die  königl.  Behörden  und  Kassen,  nicht  ebenso  für  die 
Vermögensverwaltung  der  Communen  und  anderer  Corporationen  von  ver- 
pfiichtender  Kraft.  „Es  unterliegt  indes,  da  die  Motive  der  CO.  far  Lehrer 
städtischer  Anstalten  in  gleicher  Weise  zutreffen,  keinem  Bedenken,  auch  in 
Beziehung  auf  diese  die  zur  Cognition  der  Aufsichtsbehörden  gelangenden  Fälle 
im  Sinne  des  Allerh.  Erlasses  v.  15.  Juni  1863  zu  entscheiden;  es  mnfsten 
denn  im  einzelnen  Falle  mit  Zustimmung  der  berufenen  Au&ichtsbehörde  ab- 
weichende YereinbaruDgen  über  den  Gegenstand  zwischen  der  anstellenden 
Behörde  und  dem  angestellten  Beamten  getroffen  sein/'  Min.Verf.  vom 
18.  Sept.  1866. 

CVerf.  V.  12.  Mai  1863:  „Die  Gesuche  von  Lehrern  an  Gymnasien 
und  Bealschulen  um  Beisennterstützungen  behufs  einer  Bade-  oder 
Brunnencur  haben  sich  in  neuerer  Zeit  in  auffallender  Weise  vermehrt. 

Im  Interesse  des  öffentl.  Dienstes  veranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.C, 
Gesuche  der  Art  jedesmal  genau  zu  prüfen,  ob  in  den  betr.  Fällen  auf  Grund 
ärztlicher  Zeugnisse  eine  unabweisbare  Nothwendigkeit  der  Reise  anzuerkennen 
und  ob  eventuell  die  erforderl.  Beihülfe  aus  den  eigenen  Mitteln  der  Anstalt 
entnommen  werden  kann. 

Gehen  die  Gesuche  von  Lehrern  städtischer  Anstalten  aus,  so  ist,  wie  bei 
aUen  Unterstützungsgesuchen  der  Lehrer  solcher  Schulen,  jedesmal  darauf  zu 
achten,  ob  die  betr.  Lehrer  es  nicht  versäumt  haben,  sich  zuvörderst  an  ihre 
Patronatsbehörde  zu  wenden,  und  ob  diese  es  ihrerseits  an  der  pfiichtmäfsigen, 
resp.  ihren  Kräften  angemessenen  wohlwollenden  Fürsorge  für  die  von  ihr 
berufenen  Lehrer  nicht  hat  fehlen  lassen.  Nur  wenn  dies  nachgewiesen  ist, 
kann  in  dringenden  Fällen,  so  weit  die  Verhältnisse  es  gestatten,  auf  eine  Bei- 
hülfe ans  Staatsfonds  gerechnet  werden. 

Das  K.  Prov.Sch.C  wird  hiemach  ermessen,  welche  Unterstützungsgesuche 
zurückzuweisen  und  welche  geeignet  sind,  von  einem  befürwortenden  Gutachten 
des  E.  Prov.Sch.C  begleitet,  mir  vorgelegt  zu  werden.*^ 

Die  für  Zeiten  des  Militärdienstes  geltenden  Bestimmungen. 

Staatsmin.  Beschlufs  v.  22.  Jan.  1831  (vgl.  oben  S.281):  „14.  Jeder 
Civilbeamte,  welcher  bei  einer  Mobilmachung  zum  Militärdienst  eintritt,  behält 
seine  fixirte  Besoldung. 


326 

15.  Erhält  er  aber  Ofifizierbesoldnng,  so  wird  ihm  der  Betrag  derselben 
auf  seine  Ciyilbesoldnng  gerechnet  —  Ist  die  Offizierbesoldong  höher  als  die 
Civilbesoldung,  so  hört  die  Zahlnng  der  letzteren  während  der  Dauer  der  ersteren 
ganz  auf.  Hierbei  wird  die  Vergütung,  welche  ein  Landwehroffizier  für  die 
Verwaltung  der  Stelle  als  interimistischer  Compagniefuhrer  erhält,  auf  die  Civil- 
besoldung  nicht  in  Anrechnung  gebracht     (Stsuitsmin.  6.  v.  28.  Sept    1831.^ 

16.  Auf  die  Entschädigungsgelder,  welche  ein  Civilbeamter  zur  Be- 
streitung dienstlicher  Bedürfnisse  erhält,  hat  er  von  dem  Eintritt  in  den  Militär- 
dienst ab  keinen  weiteren  Anspruch.  Dagegen  verbleibt  ihm  auch  die  seiner 
Militärcharge  etwa  zustehende  Feldzulage  neben  seiner  Civilbesoldungsquote.'' 

Staats  min.  B.  v.  23.  Jan.  1850:  Erhält  ein  Civilbeamter,  welcher 
als  Offizier  zur  Landwehr  einberufen  wird,  keine  Feldzulage,  so  wird  ihm,  aufser 
der  nach  Abrechnung  der  Offizierbesoldung  verbleibenden  Civilbesoldungsqnote, 
von  seiner  Civilbesoldung  so  viel  belassen,  als  die  im  Fall  der  vollständigen 
Mobilmachung  ihm  reglementsm.  zu  gewährende  Feldzulage  betragen  würde. 

Staatsmin.  B.  v.  22.  Jan.  1831  und  23.  Jan.  1850:  „17.  Die  obigen 
Bestimmungen  finden  auch  auf  solche  Beamte  Anwendung,  die  mit  fixirten 
Diäten  angestellt  sind.  Den  blofs  vorübergehend  gegen  Diäten  beschäftigten 
Individuen  können  aber  diese  Ansprüche  nicht  zugestanden  werden. 

Staatsmin.  B.  v.  22.  Jan.  1831.  18.  Pensionirte  oder  auf  Wartegeld 
stehende  Civilbeamte  sind,  wenn  sie  bei  einer  Mobilmachung  in  den  Kriegs- 
dienst eintreten  möchten,  hinsichts  ihrer  Pensionen  oder  Wartegelder  ebenfsJls 
nach  obigen  Bestimmungen  zu  behandeln.  Nach  beendigtem  Kriegsdienst 
treten  sie  in  den  vollen  Genufs  ihrer  früheren  Pension  oder  ihres  früheren 
Wartegeldes  wieder  ein. 

11.  Beamte,  die  in  einem  Verwaltungszweige  zwar  etatsmäfsig  besoldet 
werden,  diese  Besoldung  aber  nicht  aus  der  Staatskasse  beziehen,  sollen  ebenso 
behandelt  werden,  wie  diejenigen  Beamten,  welche  ihre  Besoldungen  aus  der 
Staatskasse  zu  erheben  haben. 

19.  Communal-  und  Patrimonialbeamte  sind  wie  die  Staatsdiener  zu 
behandeln.  —  Keine  Commune  wird  sich  bei  der  Wichtigkeit  des  Zwecks  ent- 
ziehen, die  etwa  erforderl.  Zuschüsse  aufzubringen.  Insofern  dabei  die  Un- 
möglichkeit eintritt,  wird  die  Staatskasse  zu  Hülfe  kommen.  —  Wo  Privat- 
behörden interessiren,  soll  nur  freie  Entschliefsung  zu  etwaniger  Unterstützung 
stattfinden. 

20.  Die  Beamten,  welche  bei  einer  Mobilmachung  durch  die  Provinzial- 
verwaltnngsbehörden  den  Militärintendanturen  zur  Anstellung  überwiesen  werden, 
oder  auch  sonst  bei  letzteren  eine  Anstellung  erhalten,  sind  ebenso  zu  behandeln, 
wie  diejenigen  Beamten,  welche  in  den  activen  Dienst  bei  dem  stehenden  Heer 
oder  der  Landwehr  eintreten.  Das  Beamtenpersonal  der  Armee  kann  auch 
aus  den  schon  in  der  Landwehr  stehenden  Civilbeamten  entnommen  werden. 

21.  Den  Civilbeamten,  welche  bei  einer  Mobilmachung  in  die  Armee 
oder  in  das  Beamtenpersonal  der  Armee  eintreten,  soll  dieser  Eintritt  hinsichts 
ihres  Verhältnisses  im  Civildienst  in  keiner  Beziehung  zum  Nachteil  gereichen, 
ihnen  mithin  auch  die  höhere  Besoldung,  welche  im  Wege  der  Ascension  der 
Stelle  ihrer  Dienstkategorie,  in  welcher  sie  sich  befinden,  zufallen  möchte, 
gewährt  werden. 

22.  Demzufolge  sollen  auch  die  Assessoren  bei  den  LandescoUegien, 
während  der  Zeit,  wo  sie  bei  der  Armee,  oder  bei  der  Armeeverwaltung  etc. 
dienen,  ebenso  nach  ihrer  Beihefolge  ascendiren,  als  wenn  sie  noch  in  ihrem 
Civilverhältnis  sich  befönden. 

Dasselbe  gilt  von  allen  anderen  nach  Ableistung  der  Staatsprüfungen 
ohne  Gehalt  angestellten  Civilbeamten  (Staatsmin.  B.  v.  19.  Jan.  1850).*' 


327 

Staatsm.  Beschlufs  v.  9.  März  1864:  „Das  E.  Staatsmin  beschliefst: 

1.  zn  den  §§  15  nnd  20  des  Staatsmin.  B.  v.  22.  Jan.  1831  über  die 
Gehaltsbeziige  der  bei  einer  Mobilmacbung  in  die  Armee  eintretenden  Givil- 
beamten  folgende  Znsatzbestimmnng: 

Die  durch  jene  Vorschriften  angeordnete  Kürzung  der  Ciyilbesoldnng 
findet  bei  denjenigen  Beamten,  welche  einen  eigenen  Hansstand  mit  Frau  oder 
Kind  haben,  von  dem  Beginn  desjenigen  Monats  an,  in  welchem  sie  ihren 
Wohnort  zn  verlassen  genOthigt  sind,  nur  insoweit  statt,  als  das  reine  Civil- 
einkommen  nnd  das  Militärgehalt  zusammen  den  Betrag  von  800  Thlm  Jährlich 
übersteigen. 

2.  In  der  Vorschrift  wegen  Gewährung  der  Feldzulage  wird  hierdurch 
nichts  geändert  3.  Nach  Mafsgabe  dieses  Beschlusses  ist  auch  hinsichtlich 
der  unter  den  Staatsmin.  B.  v.  3.  Febr.  d.  J.  fallenden  Civilbeamten  zu  ver- 
fahren.*' 

C.Verf.  V.  22.  Juni  1876.    „Nach    einer  Vereinbarung   zwischen   dem 
H.    Finanzmin.,    dem    H.    Minister    d.    Inn.,    dem  H.  Justizmin.    und    dem 
H.   Kriegsmin.  soll  die  Bewilligung  der  Feldzulage  aus  dem   Civilgehalte  an 
solche  Givilbeamte,  welche  bei  einer   Mobilmachung  einberufen  und   über  die 
Daner  des  mobilen  Verhältnisses  hinaus  von  der  Militärbehörde  zurückbehalten 
werden,  in  Zukunft  nach  nachstehenden  Grundsätzen  erfolgen:       1.    Geschieht 
die  Zurückbehaltung  wegen  Erkrankung  oder  behufs  der  Bechnungslegung,  so 
wird  dem  Beamten,  so  lange  er  noch  nach  §§  77,  78,  Teil  1  und  §§  16,  10, 
Teil  II  des  Geldverpflegungs-Beglements  vom  29.  Aug.  1868  das  Gehalt  aus 
Mitteln   der  Militärverwaltung  bezieht,  anstatt  der  Feldzulage  das  Aequivalent 
derselben  bis  zum  Tage  der  definitiven  Entlassung  tageweise  aus  dem  Civil- 
gehalte gewährt.         2.    Wird    die  Zurückbehaltung    behufs  Abwickelung  der 
mit  der  Demobilmachung  im  Zusammenhang  stehenden  Geschäfte  angeordnet, 
80  werden  die  Tagegelder,  welche  dem  Beamten  nach  dem  Aufhören  des  Gehalts 
in  Gemäfsheit  des  §  81  I  und  §  16  II  a.  a.  0.  noch  aus  Mitteln  der  Militär- 
verwaltung zu  zahlen  sind,  a,uf  das  Civilgehalt  nicht  in  Anrechnung  gebracht. 
3.    Erfolgt  die  Zurückbehaltung  zur  Erledigung  der  bei  der  Demobilmachung 
sich  ergebenden  Bechnungsrückstände,  so  ist  der  Beamte  als  Hülfsarbeiter  der 
Militärverwaltung  zu  beurteilen;  er  kann  neben  der  Bemuneration,  die  ihm  nach 
§  82  I  a.  a.  0.  aus  Mitteln  der  Militärverwaltung  anzuweisen  ist,  sein  Civil- 
gehalt weder  ganz  noch  teilweise  beanspruchen.        4.    Ist  die  Zurückbehaltung 
ohne  innem  Zusammenhang  mit  dem  vorangegangenen  mobilen  Zustande  lediglich 
im  zeitlichen  Anschlüsse  an  denselben  im  dienstlichen  Interesse  bei  den  Fahnen 
erfolgt,  so  liegt  eine  gewöhnliche  vorübergehende  Dienstleistung  in  Friedens- 
zeiten vor,  welche  nach  den  hierfür  geltenden  Vorschriften  zu  beurteilen  ist. 

Das  K.  Consistorium  etc.  setze  ich  hiervon  mit  der  Veranlassung  in 
Kenntnis,  in  vorkommenden  Fällen  nach  diesen  Grundsätzen  zu  verfahren.'* 
Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.      Im  Auftr.:  Förster. 

C.Verf.  V.  13.  Juli   1887.      „Auf  den  Bericht  v erwidere  ich  dem 

E.  Prov.Sch.C,  dafs  die  in  der  C.Verf.  der  Herren  Min.  d.  Inn.  und  d.  Fin. 
V.  20.  Ang.  1886  (Anlage  a)  getroffenen  Bestimmungen  wegen  Fortgewährung 
des  Civil-Diensteinkommens  an  auTseretatsmäfsige  Beamte  während  ihrer  Ein- 
berufting  zu  den  gewöhnlichen  militärischen  Friedensübungen  künftig  auch 
auf  die  wissenschaftlichen  Hülfslehrer  an  höh.  Lehranstalten  in  Anwendung  zu 
bringen  ist.  Es  ist  jedoch  thunlichst  für  eine  kostenfreie  Vertretung  jener 
Lehrer  Sorge  zu  tragen."     Der  Min.   der  geistl.  etc.  Ang.     Im  Auftr.  Greiff. 

a.  C.Verf.  des  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Fin.  v.  20.  Aug.  1886  an  die 
Oberpräsidenten  etc.  „Zur  Herbeiführung  eines  gleichmäfisigen  Verfahrens  seitens 
aller  Verwaltungen  hinsichtlich  der  Fortgewährung  des  Civildiensteinkommens 


328 

an  anfseretatsmäfsige  Beamte  während  ihrer  EinberoAmg  zn  den  gewöhnlichen 
militärischen  Friedensübnngen  bestimmen  wir  Folgendes: 

1.  den  gegen  fizirte  Remnneration  dauernd  oder  auf  unbestimmte  Zeit 
angenommenen  Beamten,  ohne  Unterschied,  ob  sie  Offiziersrang  haben  oder  nicht, 
ist  ebenso  wie  den  etatsmäfsig  angestellten  Beamten  während  der  gewöhnlichen 
Friedensübnngen  einschl.  der  Dienstleistungen  zur  Darlegung  der  Qnalification 
zum  Beserve-  und  Landwehr-Offiziere,  bezw.  zur  weiteren  Beförderung  das  Civil- 
diensteinkommen  ohne  Anrechnung  der  aus  Militärfonds  zahlbaren  Competenzen 
zu  belassen; 

2.  denjenigen  Beamten,  welchen  ohne  dauernde  Anstellung  nur  für  be- 
stimmte Dienstleistungen  eine  jederzeit  widerrufliche  Remuneration  bewilligt 
worden,  ist  der  Begel  nach  die  letztere  neben  den  Militärcompetenzen  nicht 
fortzuzahlen.  Ausnahmen  von  dieser  Begel  sind  nur  unter  besonderen  Unoiständen 
nach  dem  pflichtmäfsigen  Ermessen  Ew.  etc.  zuzulassen; 

3.  die  diätarisch  beschäftigten  Beamten,  welche  als  Ersatz-Besenristen 
I.  Klasse  auf  Grund  des  Reichsgesetzes  v.  6.  Mai  1880  (RGBl.  S.  103)  zu  mili- 
tärischen üebungen  einberufen  werden,  sind  hinsichtlich  des  Fortbeznges  des 
Civildiensteinkommens  für  die  Dauer  der  beregten  Üebungen  den  zn  den  ge- 
wöhnlichen Friedensübungen  einberufenen  Angehörigen  der  Reserve  und  Land- 
wehr gleichzustellen.*' 

Bestimmung  für  den  Fall  der  Annahme  einer  Wahl  Eum 

Abgeordnetenhause. 

[Staatsmin.  Beschlufs  v.  22.  Sept.  1863:  „Die  Kosten  der  Stellver- 
tretung für  die  auB  StaatsfondB  besoldeten  Beamten  während  ihrer  durch  die  An- 
nahme einer  Wahl  zum  Hause  der  Abgeordneten  herbeigeführten  Verhinderung  in 
Verrichtung  ihrer  Amtsgeschäfte  werden  fortan  nicht  mehr  aus  Staatsfonds  be- 
stritten; es  sind  vielmehr  die  Behörden  von  den  Ressortministem  anzuweisen,  von 
den  zunächst  fälligen  Raten  der  Besoldung  der  vertretenen  Beamten  die  erforderl. 
Beträge  zur  Deckung  der  Vertretungskosten  zurückzubehalten  und  zu  verwenden.*] 

Unter  dem  2.  März  1869  beschlofs  das  Staatsministerium,  dafs  die  Kosten 
der  etwaigen  Hin-  und  Bückreise  des  Stellvertreters  eines  Beamten,  der  ein 
Mandat  zum  Abgeordnetenhause  angenommen  hat,  nicht  mehr  von  dem  zu  ver- 
tretenden Beamten  gefordert,  sondern  auf  die  Staatskasse  übernommen  werden 
sollten.  Durch  Staatsmin.  Beschlufs  v.  24.  Oct.  1869  wurde  der  obige 
Staatsmin.  Beschlufs  v.  22.  Sept.  1863  überhaupt  bis  auf  Weiteres  aufser  Geltung 
gesetzt  und  bestimmt,  dafs  die  Kosten  der  Stellvertretung  der  Staatsbeamten  auf 
Staatsfonds  zu  übernehmen  seien.  Vgl.  Min.Bl.  für  d.  inn.  Verw.  1869  S.  189  u.  276 

Min.Verf.  v.  15.  Jan.  1875:  —  „Der  Staatsminist.  Beschlufs  v.  24.  Oct 
1869  wegen  üebemahme  der  Stellvertretungskosten  für  diejenigen  unmittelb. 
Staatsbeamten,  welche  ein  Mandat  zum  Abgeordnetenhause  angenommen  haben, 
findet  nur  auf  die  Lehrer  und  Beamten  solcher  Unterrichtsanstalten  Anwendung, 
welche  vom  Staat  ausschliefslich  zu  unterhalten  sind  und  über  deren  Fonds 
der  Staat  also  allein  zu  verfugen  hat.  Ich  bin  dagegen  nicht  berechtigt,  der- 
artige Stellvertretungskosten,  auf  die  Kasse  der  Anstalten  anzuweisen,  welche 
ganz  oder  zum  Teil  von  Communen  zu  unterhalten  sind,  falls  diese  hierzu  nicht 
ihre  ausdrückliche  Zustimmung  erklären.*'  — 

Unterstützungen  im  Allgemeinen. 

(vgl.  p.  272  u.  324.) 

Staatsmin.  Beschlufs  v.  10.  Juli  1852:  „Die  Kammern  haben  bei 
Gelegenheit  der  Berathung  des  diesjähr.  Staatshaushaltsetats  in  Betreff  der 
Bewilligung  von  Gratificationen,  Bemunerationen  und  Unter- 
stützungen an  Beamte  folgende  allgemeine  Grundsätze  aufgestellt,  als: 


L 


329 

a.  in  den  Etats  sind  besondere  Fonds  zu  Gratificationen  und  Bemnnerationen, 
soweit  letztere  nicht  für  nngewöhnl.  Leistungen  gegeben  werden,  nicht  weiter 
auszubringen;  vielmehr  ist,  soweit  ein  Bedürfnis  dazu  hervortritt,  jfür  anskOmml. 
Besoldnngssätze  za  sorgen;  b.  von  dieser  allgemeinen  Kegel  sind  Aus- 
nahmen nur  da  zuzulassen,  wo  dieselben  durch  die  Eigentümlichkeit  der  Dienst- 
verrichtung  und  der  sonstigen  Lebensverhältnisse  der  betr.  Beamten  besonders 
begründet  werden;  c.  dagegen  sind  besondere  Unterstützungsfonds  auch 
fernerhin  auszubringen  und  diese  Fonds  für  bedürftige  Beamten  zu  bestimmen, 
deren  jährl.  Diensteinkommen  den  Betrag  von  1000  Thlrn  (3000  M.)  nicht 
übersteigt,  höher  besoldeten  Beamten  aber  Unterstützungen  aus  diesem  Fonds 
nur  ausnahmsweise  in  aufsergewöhnl.  Bedarfsfällen  zu  gewähren. 

Das  Staatsmin.  ist  mit  diesen  Grundsätzen,  welche  im  Wesentl.  mit  den 
in  dem  Beschlufs  v.  17.  Juni  v.  J.  ausgesprochenen  Ansichten  übereinstimmen, 
einverstanden  und  hat  deshalb  beschlossen,  dafs  diese  Grundsätze  vom  laufenden 
Jahre  ab  in  Anwendung  zu  bringen  sind." 

Durch  Staatsmin.  Beschlufs  v.  I.April  1874  ist  obige  Bestimmung 
dahin  abgeändert, 

„dafs  die  darin  festgesetzte  Diensteinkommensgrenze  fortan  durch  die 
Summe  von  1500  Thlrn  (4500  M.)  gebildet  wird." 

Min.  Verf.  v.  9.  Febr.  1872:  —  „Die  Fonds  der  Anstalten,  welche  Be- 
dürfniszuschüsse aus  Staatsfonds  erhalten,  dürfen  unter  keinen  Umständen  zu 
Gnadenbewilligungen  verwendet  werden."  —  C.Bl.  1872  p.  160. 

Min.Verf  v.  7.  Dec.  1872.     „Auf  don  Bericht  v ,    die  Gewährung 

von  Unterstützungen  aus  der  Gjmnasialkasse  in  N.  an  das  Lehrerpersonsd 
betreflFend,  erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  die  Fonds  ddr  Anstalten, 
welche  Bedürfniszuschüsse  aus  Staatsfonds  erhalten,  unter  keinen  Umständen, 
zu  derartigen  Bewilligungen  verwendet  werden  dürfen,  wenn  nicht  im  Etat  aus- 
drücklich bemerkt  ist,  dafs   der   betr.  Fonds  resp.  Dispositionsfonds  auch  zu 

Unterstützungen   für  die  Lehrer  verwendbar  sei "    Der  Min.  d.  g.  A.     In 

Vertr.  Achenbach. 

Min.Verf.  v.  4.  Jan.  1873:  „Auf  den  Bericht  v.  — ,  Bewilligung  von 
Unterstützungen  an  Gymnasiallehrer  aus  Anstaltsmitteln  betreffend,  eröffne  ich 
dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  der  §  15  der  Instr.  für  die  ORechn.  Kammer  vom 
18.  Dec.  1824  ^)  auf  alle  Anstalten,  welche  Bedürfniszuschüsse  aus  Staatsfonds 
beziehen,  Anwendung  findet  und  dafs  es  für  die  Beurteilung  der  Zulässigkeit 
einer  Bewilligung  nicht  entscheidend  ist,  ob  die  Rechnung  der  betr.  Anstalt 
der  Revision  durch  die  ORechn.Kammer  zur  Zeit  unterliegt  oder  nicht.  Tritt 
bei  einem  Lehrer  an  einer  derartigen  Anstalt  ein  Unterstützungsbedürfnis  ein 
und  finden  die  städt.  Behörden  sich  nicht  bereit,  demselben  aus  Kämmerei- 
mitteln zu  genügen,  so  ist  darüber  an  mich  behufs  Bewilligung  der  Unter- 
stützung aus  den  dazu  bestimmten  Centralfonds  zu  berichten." 

Min.Verf  v.  13.  Dec.  1877.  „Das  K.  Prov.Sch.C.  erhält  die  Anlagen 
des  Berichts  v.  9.  Mai  d.  J.  mit  dem  Eröffnen  zurück,  dafs  nach  der  Vor- 
schrift ad  b.  im  Siaatsministerial-Beschlufs  v.  10.  Juli  1852  die  Bewilligung 
aufserordentlicher  Remunerationen  und  Unterstützungen  an  Beamte  nur  aus- 
nahmsweise und  auch  nur  dann  eintreten  kann,  wenn  dieselbe  durch  die 
Eigentümlichkeit  der  Dienstverrichtungen  und  der  sonstigen  Lebensverhältnisse 
der  betr.  Beamten  besonders  begründet  wird.  Da  für  die  besondere  Remunerirung 
der  beiden  Vorschullehrer  am  Gymn.  zu  N.  nur  allgemeine  Gründe  angeführt 
worden  sind  und  die  hervorgehobenen  Leistungen  nur  innerhalb  ihrer  dienstl. 
Verpflichtungen  liegen,  so  befinde  ich  mich  nicht  in  der  Lage,  die  beantragten 

»)  S.  G.  Herrfurth,  Etatswesen  S.  92. 


330 

Bemnnerationen  oder  Unterstützungen  bewilligen  za  können.  Ebenso  kann 
dem  Antrage  auf  Gewähmng  einer  Gratification  an  den  Bendanten  der  Anstalts- 
kasse  nicht  entsprochen  werden.  Der  Bendant  hat  nach  den  Angaben  des 
Oymnasial-Caratoriams  circa  ein  Procent  der  Gesamteinnahme  als  Bemnneration, 
also  das  zulässige  Maximum,  bezogen,  und  liegt  keine  genügende  Veranlassung 
Yor,  über  dasselbe  hinauszugehen,  jedenfalls  aber  kann  die  Bezugnahme  auf  die 
Bewilligungen  an  den  Vorgänger  des  Bendanten  N.  eine  Erhöhnng  der 
Bemuneration  für  den  letzteren  nicht  begründen. 

Im  Uebrigen  bemerke  ich,  dafs  die  bei  der  Vorschule  vorhandenen  Ueber- 
schüsse  zur  Verwendung  als  Bemnnerationen  an  Lehrer  und  Beamte  nicht 
geeignet  sind.  Nach  §  15  der  Insir.  für  die  E.  Oberrechnungskammer  Tom 
18.  Dec.  1824  ^)  dürfen  derartige  Zuwendungen  nur  aus  den  in  den  Etats  hierzu 
ausdrücklich  bestimmten  Fonds  gemacht  werden.  Die  Bestände,  bezw.  Ein- 
nahmen der  Vorschule  sind  aber  zur  Unterhaltung  der  letzteren  bestimmt  und, 
soweit  solche  hierzu  nicht  erforderlich  sind,  müssen  dieselben  auf  die  Ansg^ben 
des  Gymnasiums  in  Anrechnung  kommen.  Die  Verwendung  der  Anstaltsfonds 
zu  Gnadenbewilligungen  ist  aber  nach  den  Bestimmungen  im  Mlnisterial-Erlasse 
vom  9.  Febr.  1872  (S.  329)  unstatthaft. 

Dem  E.  Prov.Sch.C.  überlasse  ich,  hiemach'  das  Weitere  zu  verfügen  und 
im  Bedürfnisfalle  unter  besonderer  Begründun^^  für  die  beiden  Vorschnllehrer 
Unterstützungen  aus  Centralfonds  bei  mir  zu  beantragen."  Der  Min  d.  g.  etc. 
Ang.     Im  Auffcr.:     Greiff. 

C.Verf.  V.  16.  März  1887.  „Im  Einverständnisse  mit  dem  H.  Finanz- 
Min.  ermächtige  ich  hierdurch  das  E.  Prov.Sch.C,  den  activen  Subaltern- 
nnd  Unterbeamten  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  für  die  Folge  selbständig 
einmalige  Unterstützungen  bis  in  Höhe  von  50  Mark  aus  dem  Titel  „Insgemein** 
der  resp.  Anstaltsetats  zahlen  zu  lassen,  während  dasselbe  zur  Bewilligung 
höherer  Beträge  meine  Genehmigung  nach  wie  vor  einzuholen  hat  Hierbei 
veranlasse  ich  das  E.  Prov.Sch.C.  zugleich,  den  vorbezeichneten  Ausgabetitel  in 
den  im  laufenden  Jahre  und  später  hierher  einzureichenden  Etatsentwürfen  fol- 
genden Wortlaut  zu  Grunde  zu  legen:  „pp.  und  zu  Unterstützungen  an  active 
Subaltem-  und  Unterbeamte  der  Anstalt  bis  in  Höhe  von  50  Mark  durch  das 
Prov.Sch.C.  zu  N.,  darüber  hinaus  aber  nur  mit  Genehmigung  des  Ministers 
der  geisü.  etc.  Angelegenheiten.*'  v.  Gofsler. 

Ueber  Fälle  der  Einbehaltung  oder  Verkürzung  (bezw.  Beschlag- 
nahme) des  Gehalts  von  Lehrern  s.  Abschn.  VII  und  UL 


VII. 
Dienstdisciplin   über  die  Lehrer. 

Die  unter  diese  Kategorie  fallenden  Bestimmungen  sind  teils  in  den  Dienst- 
Instructionen  der  K.  Prov.&h  GC.  und  der  K.  Kegierungen  als  der  Schulaofsichts- 
behörden  enthalten,  teils  höheren  Orts  einzeln  erlassen  worden.  Aufserdem  fand 
die  K.  Verordnung  v.  11.  Juli  1849  (GS.  p.  271),  die  Dienstvergehen  der  nicht 
richterlichen  Beamten  betreffend,  auch  auf  alle  öffentliche  Lehrer  Anwendung.  An 
ihre  Stelle  trat  3  Jahre  spater  das  Gesetz  v.  21.  Juli  1852. 


0  S.  G.  Herrfurth,  Etatswesen  S.  92. 


331 

Aus  der  durch  die  K.  Verordn.  v.  11.  Juli  1849  veranlaisten  C.Verf. 
V.  26.  Juli  1849:  —  —  „Die  fruchtbringende  Wirksamkeit  des  Lehramts 
beruht  nicht  allein  auf  der  wissenschaftl.  Befähigung  und  der  Lehrgabe,  welche 
der  einzelne  besitzt  und  in  den  eigentl.  Lehrstunden  an  den  Tag  legt,  sondern 
sie  beruht  wesentlich  auch  auf  der  ganzen  geistigen  und  sittl.  Haltung  des 
Lehrers  und  auf  der  Achtung,  welche  er  dadurch  seinen  Schülern  sowohl,  als 
auch  den  Eltern  und  Pflegern  derselben  einzuflOfsen  vermag.  Je  wichtiger  nun 
bei  der  Bildung  der  Jugend  für  ihr  künftiges  Leben  und  ihren  künftigen  Beruf 
gerade  das  erziehende  Element  erscheint,  und  je  entschiednerer  Nachdruck  von 
Seiten  der  Eltern  und  Pfleger  eben  anf  diese  Wirksamkeit  der  Schule  und  der 
Lehrer  mit  Recht  gelegt  wird,  um  so  ernster  mufs  auch  die  verordnete  Aufsichts- 
gewalt dieses  Verhältnis  ins  Auge  fassen,  und  um  so  weniger  darf  sie  Anstand 
nehmen,  ein  hierauf  sich  beziehendes  Verhalten  aufser  der  Schule,  eben 
wegen  seiner  unverkennbaren  Rückwirkung  auf  die  Schule,  geeigneten  Falls  für 
ein  Dienstvergehen  zu  erachten  und  es  in  den  Kreis  der  Disciplinargewalt 
zu  ziehen  und  denjenigen  Lehrer,  der  durch  sein  Verhalten  Achtung  und  Ver- 
trauen verscherzt  hat,  für  unfähig  zu  dem  Beruf  als  Lehrer  und  Erzieher  der 
Jugend  zu  erklären. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dafs  ein  solches  Urteil  stets  auf  bestimmte, 
klar  erwiesene  Thatsachen  zurückgeführt  werden  mufs,  und  dafs,  um  die  Stellung 
des  einzelnen  Lehrers  nicht  der  Intrigue  oder  der  Partelleidenschafk  preis- 
zugeben, eine  gründliche  Untersuchung  dieser  Thatsachen  und  die  Verteidigung 
des  Beschuldigten  eine  wesentl.  Nothwendigkeit  bleibt.  Dagegen  erscheint  es 
als  gleichgiltig,  ob  diese  Thatsachen,  welche  eine  derartige  zerstörende  Rück- 
wirkui  g  auf  die  amtl.  Wirksamkeit  des  Lehrers  ausüben,  im  Amt  oder  aufserhalb 
des  Amts  begangen  sind,  und  ob  sie  den  Charakter  eines  bürgerlich  strafbaren 
Verbrechens  an  sich  tragen  oder  mehr  nur  der  sittlichen  Sphäre  angehören, 
sofern  nur  die  Thatsachen  selbst  bestimmt  hingestellt,  die  in  der  Amtswirksauikeit 
des  Lehrers  eingetretene  Lähmung  erweislich  und  der  Causalzusammenhang 
zwischen  diesen  Thatsachen  und  der  gestörten  Amtswirksamkeit  des  Lehrers 
evident  ist. 

Die  Beurteilung  und  Entscheidung  dieser  Fragen  gehört  gleichfalls  in 
das  Gebiet  der  Dienstdisciplin,  und  es  wird  die  Pflicht  derselben  sein,  den 
einzelnen  Lehrer  ebensosehr  gegen  ungerechte  und  feindselige  Angriffe  zu 
schützen,  als  den  gerechten  Beschwerden  Derer,  deren  heiligste  Güter,  das 
geistige  und  sittliche  Wohl  ihrer  Kinder  der  Hand  des  Lehrstandes  anvertraut 
ist,  Abhülfe  zu  verschaffen. 

Ich  mache  es  daher  den  K.  Regierungen  und  Prov.Sch.CG.  zur  ernstesten 
Pflicht,  bei  Handhabung  der  ihnen  übergebenen  Dienstdisciplin  über  die  Lehrer 
diesen  Gesichtspunkt  mit  aller  Strenge  und  aller  Gewissenhaftigkeit  ins  Auge  zu 
fassen  und  durch  unnachsichtliches  Einschreiten  da,  wo  ein  gewissenloses,  die 
Amtswirksamkeit  der  einzelnen  Lehrer  gefährdendes  Verhalten  derselben  zu 
ihrer  Kenntnis  kommt,  die  Ehre  des  ganzen  Standes  und  das  Vertrauen,  das 
er  in  so  hohem  Mafse  verdient,  vor  jeder  Mifsachtung  im  Volk  zu  schützen." 

Bisoiplinargeaets  v.  21.  Juli  1862. 

(Gesetz,  betreffend  die  Dienstvergehen  der  nicht  richterlichen 
Beamten,  die  Versetzung  derselben  auf  eine  andere  Stelle  oder  in 

den  Ruhestand.    GS.  p.  465.) 

Die  für  den  vorliegenden  Zweck  wichtigen  Bestimmungen  desselben  sind 
folgende: 

„§  1.  Das  gegenwärtige  Gesetz  findet ...  auf  alle  in  unmittelbarem  oder 
mittelbarem  Staatsdienst  stehenden  Beamten  .  .  .  Anwendung.  .  . 


332 

Erster  Abschnitt.  Allgemeine  Bestimmungen  über  Dienst- 
vergehen nnd  deren  Bestrafung,  g  2*  ^^^  Beamter,  welcher  1.  die 
Pflichten  verletzt,  die  ihm  sein  Amt  auferlegt,  oder  2.  sich  durch  sein 
Verhalten  in  oder  aufser  dem  Amt  der  Achtung,  des  Ansehens  oder  des  Ver- 
trauens, die  sein  Beruf  erfordert,  unwürdig  zeigt,  unterliegt  den  Vorschriften 
dieses  Gesetzes. 

§  4.  Im  Lauf  einer  gerichtlichen  Untersuchung  darf  gegen  den  Ange- 
schuldigten ein  Disciplinarverfahren  wegen  der  nämlichen  Thatsachen  nicht 
eingeleitet  werden.  Wenn  im  Laufe  eines  Disciplinarverfahrens  wegen  der 
nämlichen  Thatsachen  eine  gerichtl.  Untersuchung  gegen  den  Angeschuldigten 
eröffnet  wird,  so  mufs  das  Disciplinarverfahren  bis  zur  rechtskräftigen  Erledigung 
des  gerichtl.  Verfahrens  ausgesetzt  werden. 

§  5.  Wenn  von  den  gewöhnl.  Strafgerichten  auf  Freisprechung  erkannt 
ist,  so  findet  wegen  derjenigen  Thatsachen,  welche  in  der  gerichtL  Untersuchung 
zur  Erörterung  gekommen  sind,  ein  Disciplinarverfahren  nur  noch  insofern 
statt,  als  dieselben  an  sich  und  ohne  ihre  Beziehung  zu  dem  gesetzlichen 
Thatbestande  der  üebertretung,  des  Vergehens  oder  des  Verbrechens,  welche 
den  Gegenstand  der  Untersuchung  bildeten,  ein  Dienstvergehen  enthalten.  Ist 
in  einer  gerichtl.  Untersuchung  eine  Verurteilung  ergangen,  welche  den  Verlust 
des  Amtes  nicht  zur  Folge  gehabt  hat,  so  bleibt  derjenigen  Behörde,  welche 
über  die  Einleitung  des  Disciplinarverfahrens  zu  verfQgen  hat,  die  Entscheidung 
darüber  vorbehalten,  ob  aufserdem  ein  Disciplinarverfahren  einzuleiten  oder 
fortzusetzen  sei. 

§  7.  Ist  von  dem  gewöhnl.  Strafrichter  auf  eine  Freiheitsstrafe  von 
längerer  als  einjähriger  Dauer,  auf  eine  schwere  Strafe,  auf  Verlust  der  bürgert. 
Ehre,  auf  zeitige  Untersagung  der  Ausübung  der  bürgert  Ehrenrechte,  auf 
immerwährende  oder  zeitige  Unfähigkeit  zu  öffentl.  Aemtern  oder  auf  Stellung 
unter  Polizeiaufsicht  erkannt,  so  zieht  das  Straferkenntnis  den  Verlust  des 
Amtes  von  selbst  nach  sich,  ohne  dafs  darauf  besonders  erkannt  wird. 

§  8.  Ein  Beamter,  welcher  sich  ohne  den  vorschriftsm.  Urlaub  von 
seinem  Amte  entfernt  hält  oder  den  erteilten  Urlaub  überschreitet,  ist,  wenn 
ihm  nicht  besondere  Entschuldignngsgründe  zur  Seite  stehen,  för  die  Zeit  der 
unerlaubten  Entfernung  seines  Diensteinkommens  verlustig. 

§  9.  Dauert  die  unerlaubte  Entfernung  länger  als  8  Wochen,  so 
hat  der  Beamte  die  Dienstentlassung  verwirkt.  Ist  der  Beamte  dienstlich 
aufgefordert  worden,  sein  Amt  anzubeten  oder  zu  demselben  zurückzukehren, 
so  tritt  die  Strafe  der  Dienstentlassung  schon  nach  fruchtlosem  Ablauf  von 
4  Wochen  seit  der  ergangenen  Aufforderung  ein. 

§  10.  Die  Entziehung  des  Diensteinkommens  (§  8)  wird  von 
derjenigen  Behörde  verfügt,  welche  den  Urlaub  zu  erteilen  hat.  Im  Fall  des 
Widerspruchs  findet  das  förml.  Disciplinarverfahren  statt 

§  II.  Die  Dienstentlassung  kann  nur  im  Wege  des  fÖrmL  Dis- 
ciplinarverfahrens ausgesprochen  werden.  Sie  wird  nicht  verhängt,  wenn  sich 
ergiebt,  dafs  der  Beamte  ohne  seine  Schuld  von  seinem  Amte  fern  gewesen  ist 

§  12.  Die  Einleitung  eines  Disciplinarverfahrens  wegen  unerlaubter  Ent- 
fernung vom  Amte  und  die  Dienstentlassung  vor  Ablauf  der  Fnsten  (§  9)  ist 
nicht  ausgeschlossen,  wenn  sie  durch  besonders  erschwerende  Umstände  als  ge- 
rechtfertigt erscheint. 

§  14.  Die  Disciplinarstrafen  bestehen  in :  Ordnungsstrafen,  Entfernung 
aus  dem  Amte. 

§  15-  Ordnungsstrafen  sind:  a.  Warnung,  b.  Verweis,  c.  Geld- 
bufse,  d.  gegen  untere  Beamte  [Boten,  Kastellane,  Diener]  auch  Arreststrafe 
auf  die  Dauer  von  höchstens  8  Tagen 


333 

§  16.    Die  Entfernung  ans  dem  Amte  kann  bestehen: 

a.  In  Versetzung  in  ein  anderes  Amt  von  gleichem  Bange,  jedoch  mit 
Yerminderang  des  Diensteinkommens  and  Verlast  des  Anspruchs  auf  Umzugs- 
kosten, oder  mit  einem  von  beiden  Nachteilen.  Diese  Strafe  findet  nur  auf 
Beamte  im  unmittelbaren  Staatsdienst  Anwendung. 

b.  In  Dienstentlassung.  Diese  Strafe  zieht  den  Verlust  des  Titels  und 
Pensionsanspruches  von  selbst  nach  sich;  es  wird  darauf  nicht  besonders  er- 
kannt, es  sei  denn,  dafs  vor  Beendigung  des  Disciplinarverfahrens  aus  irgend 
einem  von  dessen  Ergebnis  unabhängigen  Grunde  das  Amtsverhältnis  bereits 
aufgehört  hat  und  daher  auf  Dienstentlassung  nicht  mehr  zu  erkennen  ist. 
Gehört  der  Angeschuldigte  zu  den  Beamten,  welche  einen  Anspruch  auf  Pension 
haben  und  lassen  besondere  Umstände  eine  mildere  Beurteilung  zu,  so  ist  die 
Discipllnarbehörde  ermächtigt,  in  ihrer  Entscheidung  zugleich  festzusetzen,  dafs 
dem  Angeschuldigten  ein  Teil  des  reglementsmäfsigen  Pensionsbetrages  auf 
Lebenszeit  oder  auf  gewisse  Jahre  als  Unterstützung  zu  verabreichen  sei. 

Zweiter  Abschnitt.  Von  dem  Disciplinarverfahren.  §  18. 
Jeder  Dienstvorgesetzte  ist  zu  Warnungen  und  Verweisen  gegen  seine 
Untergebenen  befugt 

§  19. . . .  Die  Provinzialbehörden  sind  ermächtigt,  die  ihnen  untergeord- 
neten Beamten  mit  Geldbufse  bis  zu  30  Thlrn  zu  belegen,  besoldete  Beamte 
jedoch  nicht  über  den  Betrag  des  einmonatl.  Diensteinkommens  hinaus.  Gleiche 
Befugnis  haben  die  Vorsteher  der  Provinzialbehörden  in  Ansehung  der  bei 
letzteren  angestellten  unteren  Beamtr^n.  Die  Minister  haben  die  Befugnis 
allen  ihnen  unmittelbar  untergebenen  Beamten  Geldbufsen  bis  zum  Betrag  des 
monatl.  Diensteinkommens,  unbesoldeten  Beamten  aber  bis  zur  Summe  von 
30  Thlrn  aufi^uerlegen 

§  20.  Nur  diejenigen  Dienstvorgesetzten,  welche  gegen  die  in  §  15  d 
bezeichneten  Beamten  Geldbufse  verhängen  können,  sind  ermächtigt,  gegen  die- 
selben Arreststrafen  zu  verfügen 

§  21.  Gegen  die  Verfügung  von  Ordnungsstrafen  findet  nur  Beschwerde 
im  vorgeschriebenen  Instanzenzuge  statt. 

§  22.  Der  Entfernung  aus  dem  Amt  mufs  ein  förmliches  Disciplinar- 
verfahren vorhergehen.  Dasselbe  besteht  in  der  von  einem  Commlssar  zu 
führenden  schrifUlchen  Untersuchung  und  in  einer  mündlichen  Verhandlung. . . . 

§  24.  Die  entscheidenden  Disciplinarbehörden  erster  Instanz  sind: 
a.  der  Disciplinarhof  zu  Berlin  (§  29)  in  Ansehung  derjenigen  Beamten,  zu 
deren  Anstellung  nach  den  Bestimmungen,  welche  zur  Zeit  der  verfügten  Ein- 
leitung der  Untersuchung  gelten,  eine  vom  Könige  oder  von  den  Ministem 
ausgehende  Ernennung,  Bestätigung  oder  Genehmigung  erforderlich  ist;  b.  die 
Provinzialbehörden,  als:  die  Regierungen,  die  Prov.Sch  CG. ...  in  Ansehung  aller 
Beamten,  die  bei  ihnen  angesteUt  oder  ihnen  untergeordnet  und  nicht  vorstehend 
unter  a  begriffen  sind. . . . 

§  29.  Der  Disciplinarhof  besteht  aus  einem  Präsidenten  und  10  anderen 
Mitgliedern,  von  denen  wenigstens  4  zu  den  Mitgliedern  des  Obertribunals 
gehören  müssen 

§  30.  Zur  Erledigung  der  Disciplinarsachen  ist  bei  dem  Disciplinarhofe 
die  Teilnahme  von  wenigstens  7  Mitgliedern  mit  Einschlufs  des  Vorsitzenden 
erforderlich,  von  denen  wenigstens  2  zu  den  Mitgliedern  de^  Obertribunals 
gehören  müssen. 

§  31.  Bei  den  Provinzialbehörden  werden  die  Disciplinarsachen  in  be- 
sonderen Plenarsitzungen  erledigt,  an  welchen  mindestens  3  stimmberechtigte 
Mitglieder  teilnehmen  müssen. . . . 

§  32.  In  der  Voruntersuchung  wird  der  Angeschuldigte  unter  Mit- 
teilung der  Anschuldigungspunkte  vorgeladen  und,  wenn  er  erscheint,  gehört; 


334 

es  werden  die  Zengen  eidlich  yernommen  und  die  zur  Aofklärnng  der  Sache 
dienenden  sonstigen  Beweise  herbeigeschafft. . . .  Bei  der  Yemehmnng  des 
Angeschuldigten  und  dem  Verhör  der  Zengen  ist  ein  vereideter  ProtokoUfohrer 
zuzuziehen. 

§  33.  Der  dem  Angeschuldigten  vorgesetzte  Minister  ist  ermächtigt,  mit 
Bücksicht  auf  den  Ausfall  der  Voruntersuchung  das  fernere  Verfahren  einza- 
stellen  und  geeigneten  Falls  nur  eine  Ordnungsstrafe  zu  verhängen.  Ist  eine 
sonstige  Behörde,  welche  die  Einleitung  der  Untersuchung  verfügt  hat,  der 
Ansicht,  dafs  das  fernere  Verfahren  einzustellen  sei,  so  mufs  sie  darüber  an 
den  Minister  zu  dessen  Beschlufsnahme  berichten.  In  beiden  Fällen  erhält 
der  Angeschuldigte  Ausfertigung  des  darauf  bezüglichen,  mit  Gründen  zn  unter- 
stützenden Beschlusses.^) 

§  34.  Wird  das  Verfahren  nicht  eingestellt,  so  wird  nach  Eingang  einer 
von  dem  Beamten  der  Staatsanwaltschaft;  anzufertigenden  Anschuldigungsschrift 
der  Angeschuldigte  unter  abschriftl.  Mitteilung  dieser  Anschuldigungsschrift  zu 
einer  von  dem  Vorsitzenden  der  Disciplinarbehörde  zu  bestimmenden  Sitzung 
zur  mündl.  Verhandlung  vorgeladen. 

§  35.  Bei  der  mündlichen  Verhandlung,  welche  in  nicht  öffentlicher 
Sitzung  stattfindet,  giebt  zuerst  ein  von  dem  Vorsitzenden  der  Behörde  ans  der 
Zahl  der  Mitglieder  ernannter  Beferent  eine  Darstellung  der  Sache,  wie  sie  aus 
den  bisherigen  Verhandlungen  hervorgeht.  Der  Angeschuldigte  wird  ver- 
nommen. Es  wird  darauf  der  Beamte  der  Staatsanwaltschaft  mit  seinem  Vor- 
und  Antrage  und  der  Angeschuldigte  in  seiner  Verteidigung  gehört  Dem 
Angeschuldigten  steht  das  letzte  Wort  zu. 

§  36.  Wenn  die  Behörde  auf  den  Antrag  des  Angeschuldigten  oder  des 
Beamten  der  Staatsanwaltschaft  oder  auch  von  Amtswegen  die  Vernehmung  eines 
oder  mehrerer  Zeugen,  sei  es  durch  einen  Commissar  oder  mündlich  vor  der 
Behörde  selbst,  oder  die  Herbeischaffung  anderer  Mittel  zur  Aufklärung  der 
Sache  für  angemessen  erachtet,  so  erläfst  sie  die  erforderliche  Verfügung  und 
verlegt  nöthigenfalls  die  Fortsetzung  der  Sache  auf  einen  anderen  Tag,  welcher 
dem  Angeschuldigton  bekannt  zu  machen  ist. 

§  37.  Der  Angeschuldigte,  welcher  erscheint,  kann  sich  des  Beistandes 
eines  Advocaten  oder  Bechtsanwalts  als  Verteidigers  bedienen.  Der  nicht  er- 
scheinende Angeschuldigte  kann  sich  durch  einen  Advocaten  oder  Rechtsanwalt 
vertreten  lassen.  Der  Disciplinarbehörde  steht  es  jedoch  jederzeit  zu,  das 
persönl.  Erscheinen  des  Angeschuldigten  unter  der  Warnung  zu  verordnen,  dafs 
bei  seinem  Ausbleiben  ein  Verteidiger  zu  seiner  Vertretung  nicht  werde  zuge- 
lassen werden. 

§.  38.  Bei  der  Entscheidung  hat  die  Disciplinarbehörde,  ohne  an  positive 
Beweisregeln  gebunden  zu  sein,  nach  ihrer  freien,  aus  dem  ganzen  Inbegriff  der 
Verhandlungen  und  Beweise  geschöpften  Ueberzeugung  zu  beurteilen,  inwieweit 
die  Anschuldigung  für  begründet  zu  erachten.        Die  Entscheidung  kann  auch 


*)  iM  in.  Verf.  v.  6.  Dec.  1870.  „Auf  die  Vorstellung  v. . . .  erwidereich 
Ihnen,  dafs  nach  dem  Beschlufs  des  K.  Staatsministeriams  eine  Berufung  gegen 
eine  von  dem  Ressortcbef  auf  Grund  des  $  3')  des  Gesetzes  v.  21.  Juli  1852  unter 
Einstellung  des  Disciplinarverfahrens  verhängte  Ordnungsstrafe  nicht  zulässig  ist.*^ 
An  den  Lehrer  etc.    (GBl.  1871  S.  4.) 

Min.  Verf.  v.  16.  März  1867....  „In  den  Fällen,  wo  der  Angeschuldigte, 
bevor  das  auf  Amtsentlassnng  lautende  Resolut  der  Disciplinarbehörde  die  Rechts- 
kraft beschritten  hat,  also  noch  während  der  Untersuchung  stirbt,  sind  die  ünter- 
suchungsacten  zu  reponiren  und  die  entstandenen  Kosten  niederzuschlagen.  Einer 
Berichterstattung  an  mich  bedarf  es  in  diesen  Fällen  nicht"  Der  Min.  d.  g.  etc.  A.. 
In  Vertr.  Lehnert.    (GBl.  1867  S.  266.) 

Vgl.  noch  Min.Verf.  v.  23.  Aug.  1887:  GBl.  1887  S.  660. 


335 

auf  eine  blofse  Ordnungsstrafe  lauten.  Die  Entscheidung,  welche  mit  Gründen 
versehen  sein  mufs,  wird  in  der  Sitzung,  in  welcher  die  mündl.  Verhandlung 
beendigt  worden  ist,  oder  in  einer  der  nächsten  Sitzungen  verkündigt  und  eine 
Ausfertigung  derselben  dem  Angeschuldigten  auf  sein  Verlangen  erteilt. 

§  39.  üeber  die  mündliche  Verhandlung  wird  ein  Protokoll  aufgenommen 
welches  die  Namen  der  Anwesenden  und  die  wesentlichen  Momente  der  Ver- 
handlung enthalten  mufs.  Das  Protokoll  wird  von  dem  Vorsitzenden  und  dem 
Protokollführer  unterzeichnet. 

§  40.  Das  Bechtsmittel  des  Einspruches  (Restitution  oder  Opposition) 
findet  nicht  statt. 

§  41.  Gegen  die  Entscheidung  steht  die  Berufung  an  das  Staats- 
ministerium  sowohl  dem  Beamten  der  Staatsanwaltschaft  als  den  Ange- 
schuldigten offen. 

§  42.  Die  Anmeldung  der  Berufung  geschieht  zu  Protokoll  oder  schrift- 
lich hei  der  Behörde,  welche  die  anzugreifende  Entscheidung  erlassen  hat 
Von  Seiten  des  Angeschuldigten  kann  sie  auch  durch  einen  Bevollmächtigten 
geschehen.  Die  Frist  zu  dieser  Anmeldung  ist  eine  vierwöchentliche,  welche 
mit  dem  Ablaufe  des  Tages,  an  welchem  die  Entscheidung  verkündigt  worden 
ist,  und  far  den  Angeschuldigten,  welcher  hierbei  nicht  zugegen  war,  mit 
dem  Ablaufe  des  Tages  beginnt,  an  welchem  ihm  die  Entscheidung  zugestellt 
worden  ist. 

§  43.     Zur  schriftl.  Rechtfertigung  der  Berufung  steht  demjenigen,   der 

dieselbe  rechtzeitig  angemeldet  hat,  eine  fernere  Utägige  Frist  offen.        Diese 

Frist  kann    auf  den  Antrag  des  Appellanten   angemeäsen  verlängert  werden. 

Neue    Thatsachen,    welche    die    Grundlage    einer    anderen    Beschuldigung 

bilden,  dürfen  in  zweiter  Instanz  nicht  vorgebracht  werden. 

§  44.  Die  Anmeldung  der  Berufung  und  die  etwa  eingegangene 
Appellationsschrift  wird  dem  Appellaten  in  Abschrift  zugestellt  oder  dem  Be- 
amten der  Staatsanwaltschaft,  falls  er  Appellat  ist,  in  Urschrift  vorgelegt 
Innerhalb  14  Tagen  nach  erfolgter  Zustellung  oder  Vorlegung  kann  der 
Appellat  eine  Gegenschrift  einreichen.  Diese  Frist  kann  auf  den  Antrag  des 
Appellaten  angemessen  verlängert  werden. 

§  45.  Nach  Ablauf  der  in  dem  §  44  bestimmten  Frist  werden  die  Acten 
an  das  Staatsministerium  eingesandt.  Das  Staatsministerium  beschliefst  auf 
den  Vortrag  eines  von  dem  Vorsitzenden  ernannten  Referenten,  in  Sachen 
jedoch,  in  .welchen  der  Disciplinarhof  in  erster  Instanz  geurteilt  hat,  auf  den 
Vortrag  zweier  von  dem  Vorsitzenden  ernannten  Referenten,  von  denen  einer 
dem  Justizministerium  angehören  mufs.  Ist  die  Berufung  von  der  Entschei- 
dung einer  Provinzialbehörde  eingelegt,  so  kann  das  Staatsminist  keinen 
Beschlufs  fassen,  bevor  das  Gutachten  des  Disciplinarhofes  eingeholt  worden 
ist  Der  Disciplinarhof  kann  die  zur  Aufklärung  der  Sache  etwa  erforder- 
lichen Verfügungen  erlassen.  Er  kann  auch  eine  mündl.  Verhandlung  anordnen, 
zu  welcher  der  Angeschuldigte  vorzuladen  und  ein  Beamter  der  Staatsanwalt- 
schaft zuzuziehen  ist.  Der  letztere  wird  in  diesem  Falle  vom  Minister  des 
Ressorts  bezeichnet. 

§  46.  Lautet  die  Entscheidung  oder  das  Gutachten  des  Disciplinarhofes 
auf  Freisprechung  des  Angeschuldigten  oder  nur  auf  Warnung  oder  Verweis, 
80  kann  das  Staatsministerium,  wenn  es  den  Angeschuldigten  strafbar  findet, 
nicht  die  Strafe  der  Dienstentlassung,  sondern  nur  eine  geringere  Disciplinar- 
strafe  verhängen  oder  die  einstweilige  Versetzung  in  den  Ruhestand  mit  Warte- 
geld verfugen. 

§  47.  Eine  jede  Entscheidung  der  Disciplinarbehörde,  gegen  die  kein 
Rechtsmittel  mehr  stattfindet   und  durch  welche  die  Dienstenüasssung  ausge- 


336 

eprochen  ist,  bedarf  der  Bestätigung  des  Königs,  wenn  der  Beamte  vom  König 
ernannt  oder  bestätigt  worden  ist  ^) 

Dritter  Abschnitt.  Vorläufige  Dienstenthebung.  §  48.  Die 
Suspension  eines  Beamten  vom  Amt  tritt  kraft  des  Gesetzes  ein:  a.  wenn 
in  dem  gerichtlichen  Strafverfahren  seine  Verhafkung  beschlossen  oder  gegen 
ihn  ein  noch  nicht  rechtskräftig  gewordenes  Urteil  erlassen  ist,  welches  auf  den 
Verlust  des  Amts  lautet  oder  diesen  kraft  des  Gesetzes  nach  sich  zieht;  b.  wenn 
im  Disciplinarverfahren  eine  noch  nicht  rechtskräftige  Entscheidung  ergang^ 
ist,  welche  auf  Dienstentlassung  lautet.  ^J 

§  50.  Die  zur  Einleitung  der  Disciplinaruntersuchung  ermächtigte  Be- 
hörde kann  die  Suspension,  sobald  gegen  den  Beamten  ein  gerichtliches  Straf- 
verfahren eingeleitet  oder  die  Einleiitung  einer  Disciplinaruntersuchung  yerfögt 
mrd,  oder  auch  demnächst  im  ganzen  Laufe  des  Verfahrens  bis  zur  rech^ 
kräftigen  Entscheidung  verfagen. 

§  51.  Der  suspendirte  Beamte  behält  während  der  Suspension  die  Hälfte 
seines  Diensteinkommens. . . .    (Vgl.  S.  347  fg,) 

§  53.  Wird  der  Beamte  freigesprochen,  so  mufs  ihm  der  innebehaltene 
Teil  des  Diensteinkommens  vollständig  nachgezahlt  werden.  Wird  er  nur  mit 
einer  Ordnungsstrafe  belegt,  so  ist  ihm  der  innebehaltene  Teil  ohne  Abzug  der 
Stellvertretungskosten  nachzuzahlen,  soweit  derselbe  nicht  zur  Deckung  der 
Untersuchungskosten  und  der  Ordnungsstrafe  erforderlich  ist 

§  54.  Wenn  Gefahr  im  Verzuge  ist,  kann  einem  Beamten  auch  von 
solchen  Vorgesetzten,  die  seine  Suspension  zu  verfagen  nicht  ermächtigt  sind, 
die  Ausübung  der  Amtsverrichtungen  vorläufig  untersagt  werden;  es  ist  aber 
darüber  sofort  an  die  höhere  Behörde  zu  berichten. 

Siebenter  Abschnitt  Besondere  Bestimmungen  in  Betreff 
der  Entlassung  von  Beamten,  welche  auf  Widerruf  angestellt 
sind.  §  83.  Beamte,  welche  auf  Probe,  auf  Kündigung  oder  sonst  auf  Wider- 
ruf angestellt  sind,  können  ohne  ein  förml.  Disciplinarveifahren  von  der  Behörde, 
welche  ihre  Anstellung  verfugt  hat,  entlassen  werden.  Dem  auf  Grund  der 
Kündigung  entlassenen  Beamten  ist  in  allen  Fällen  bis  zum  Ablauf  der  Kün- 
digung sein  volles  Diensteinkommen  zu  gewähren. 

Achter  Abschnitt  Verfügungen  im  Interesse  des  Dienstes, 
welche  nicht  Gegenstand  eines  Disciplinar-Verfahrens  sind. 
§  87.  Die  nachbenannten  Verfugungen,  welche  im  Interesse  des  Dienstes  ge- 
troffen werden  können,  sind  nicht  Gegenstand  des  Disciplinarverfahrens,  vor- 
behaltlich des  im  §  46  vorgesehenen  Falles: 

a.  Versetzung  in  ein  anderes  Amt  von  nicht  geringerem  Bange  und 
etatsmäfsigem  Diensteinkommen,  mit  Vergütung  der  reglementsmäfsigen  Um- 
zugskosten. Als  eine  Verkürzung  im  Einkommen  ist  es  nicht  anzusehen, 
wenn  die  Gelegenheit  zur  Verwaltung  von  Nebenämtern  entzogen  wird  oder  die 
Beziehung  der  für  die  Dienstunkosten  besonders  ausgesetzten  Einnahmen  mit 
diesen  Unkosten  selbst  fortfällt 

b.  Einstweilige  Versetzung  in  den  Ruhestand  mit  Gewährung  von  Warte- 
geld  nach  Mafsgabe  der  Vorschriften  der  Verordnungen  vom  14.  Juni  und 
24.  Oct  1848. . . . 

c.  Gänzliche  Versetzung  in  den  Buhestand  mit  Gewährung  der  vorschrifts- 
mäfsigen  Pension,  nach  Mafsgabe  der  §§  88  ff.  dieses  Gesetzes. 

»)  Nach  C.Verf.  V.  3.  Dec.  1885  (GBl.  1886  S.  174)  findet  §  47  auf  solche 
Beamte  keine  Anwendung,  welche  einen  vom  Könige  verliehenen  Titel  führen, 
nicht  aber  für  ihr  Amt  vom  Konige  ernannt  sind. 

»)  Vgl.  Min.Verf.  v.  15.  Aug.  1887:  GBl.  1887  8.  660. 


337 

§  88.  Ein  Beamter,  welcher  durch  Blindheit,  Taubheit  oder  ein  sonstiges 
körperliches  Gebrechen  oder  wegen  Schwäche  seiner  körperl,  oder  geistigen 
Kräfte  zu  der  Erfüllung  seiner  Amtspflichten  dauernd  unfähig  ist,  soll  in  den 
Buhestand  versetzt  werden. 

§  89.  Sucht  der  Beamte  in  einem  solchen  Fall  seine  Versetzung  in 
den  Buhestand  nicht  nach,  so  wird  ihm  oder  seinem  nöthigen falls  hierzu  be- 
sonders zu  bestellenden  Curator  von  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  unter  Angabe 
des  zu  gewährenden  Pensionsbetrages  und  der  Gründe  der  Pensionirung  er- 
öffnet, dass  der  Fall  seiner  Versetzung  in  den  Buhestand  vorliege. 

§  90.  Innerhalb  6  Wochen  nach  einer  solchen  Eröffnung  (§  89)  kann 
der  Beamte  seine  Einwendungen  bei  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  anbringen. 
Ißt  dies  geschehen,  so  werden  die  Verhandlungen  an  den  vorgesetzten  Minister 
eingereicht,  welcher,  sofern  nicht  der  Beamte  vom  Könige  ernannt  ist,  über  die 
Pensionirung  entscheidet.  Gegen  diese  Entscheidung  steht  dem  Beamten  der 
Becurs  an  das  Staatsminist,  binnen  einer  Frist  von  4  Wochen  nach  Empfang 
der  Entscheidung  zu.  Des  Becursrechtes  ungeachtet  kann  der  Beamte  von 
dem  Minister  sofort  der  weiteren  Amtsverwaltung  vorläufig  enthoben  werden. 
Ist  der  Beamte  vom  Könige  ernannt,  so  erfolgt  die  Entscheidung  vom  Könige 
auf  den  Antrag  des  Staatsministeriums. 

§  91.  Dem  Beamten,  dessen  Versetzung  in  den  Buhestand  verfagt  ist, 
wird  das  volle  Grehalt  noch  bis  zum  Ablauf  desjenigen  Vierteljahres  fortgezahlt^ 
vfelches  auf  den  Monat  folgt,  in  dem  ihm  die  schliefsl.  Verfügung  über  die  er- 
folgte Versetzung  in  den  Buhestand  mitgeteilt  worden  ist. 

§  92.  Wenn  der  Beamte  gegen  die  ihm  gemachte  Eröffnung  (§  89)  inner- 
halb 6  Wochen  keine  Einwendungen  erhoben  hat,  so  wird  in  derselben  Weise 
verfugt,  als  wenn  er  seine  Pensionirung  selbst  nachgesucht  hätte.  Die  Zahlung 
des  vollen  Gehalts  dauert  bis  zu  dem  im  §  91  bestimmten  Zeitpunkte. 

§  93.  Ist  ein  Beamter  vor  dem  Zeitpunkte,  mit  welchem  die  Pensions- 
berechtigung für  ihn  eingetreten  sein  würde,  dienstunfähig  geworden,  so  kann 
er  gegen  seinen  Willen  nur  unter  Beobachtung  deijenigen  Formen,  welche  für 
die  Disciplinaruntersuchung  vorgeschrieben  sind,  in  den  Buhestand  versetzt 
vferden.  Wird  es  jedoch  for  angemessen  befunden,  dem  Beamten  eine  Pension 
zu  dem  Betrage  zu  bewilligen,  welcher  ihm  bei  Erreichung  des  vorgedachten 
Zeitpunktes  zustehen  würde,  so  kann  die  Pensionirung  desselben  nach  den  Vor- 
schriften der  §§  88  bis  92  erfolgen. 

§  94.  Die  vorstehenden  Bestimmungen  über  einstweilige  und  gänzliche 
Versetzung  in  den  Bnhestand  finden  nur  auf  Beamte  in  unmittelbarem  Staats- 
dienste Anwendung. 

§  95.  In  Bezug  auf  die  mittelbaren  Staatsdiener  bleiben  die  wegen 
Pensionirung  derselben  bestehenden  Vorschrifiien  in  Kraft.  Wenn  jedoch 
mittelbare  Staatsdiener  vor  dem  Zeitpunkte,  mit  welchem  eine  Pensionsberechti- 
gung für  sie  eingetreten  sein  würde,  dienstunfähig  geworden,  so  können  auch 
sie  gegen  ihren  Willen  nur  unter  den  far  Beamte  im  unmittelbaren  Staats- 
dienste vorgeschriebenen  Formen  (§  93)  in  den  Buhestand  versetzt  werden. 

Neunter  Abschnitt.  Allgem.  und  üebergangsbestimmungen. 
§  100.  Alle  diesem  Gesetz  entgegenstehenden  Bestimmungen  sind  aufge- 
hoben. Dagegen  wird  durch  dasselbe  in  der  Befugnis  der  Aufsichtsbehörden, 
im  Aufsichtswege  Beschwerden  Abhülfe  zu  verschaffen  oder  Beamte  zur 
Erfüllung  ihrer  Pflichten  in  einzelnen  Sachen  anzuhalten  und  dabei  alles 
zu  thun,  wozu  sie  nach  den  bestehenden  Gesetzen  ermächtigt  sind,  nichts 
geändert 

§  102.  Dieses  Gesetz  tritt  an  die  Stelle  der  vorläufigen  Verordnung 
V.  11.  Juli  1849." 

Wieae«  Verordnungen.    IL  22 


338 

Vorstehendes  Disciplinargesetz  ist  durch  K.  Verordnung  ▼.  23.  SepL 
1867  (GS.  p.  1613)  auch  in  den  neupreuTsischen  Landesteilen  in  Wirksamkeit 
gesetzt 

üeber  die  einzelnen  Vergehen,  durch  welche  ein  Beamter  als  des  Ansehens 
und  Vertrauens,  welches  sein  Beruf  erfordert  (§  2  des  vorstehenden  Disciplinar- 
gesetzes),  verlustig  angesehen  werden  kann,  galten  vorher  Specialverordnungen, 
beispielsweise  über  Trunkenheit,  leichtsinniges  Schuldenmachen,  Verletzung  des 
Amtsgeheimnisses  und  der  Amtspflicht,  Ueberschreitung  der  Amtsbefugnis, 
Ehrenkränkung,  Beteiligung  an  öffentl.  Demonstrationen  und  Agitationen  gegen 
die  bestehende  Begierung,  Unterlassung  der  Stempelverwendung,  unwürdigen 
und  unsittlichen  Lebenswandel,  Annahme  von  Geschenken  u.  dgL 

CO.  V.  24.  Dec.  1836:  „Auf  den  Bericht  und  nach  dem  Antrage  des 
Staatsministeriums  v.  —  setze  ich  in  Folge  der  landrechtl.  Bestimmung  §  363 
Tit  20,  T.  11 1),  sowie  in  Bezug  auf  die  Begierungsinstr.  v.  23.  Oct  1817 
§  38  2)  hierdurch  fest,  dafs  jeder  Staatsbeamte,  der  sich  des  Lasters  der 
Trunkenheit  schuldig  macht,  im  Wege  der  Disciplinaruntersuchung  seines 
Dienstes  ohne  Pension  entlassen  werden  soll,  wenn  ein  Vorgesetzter  desselben 
und  seine  Mitarbeiter  auf  ihren  Amtseid  versichern,  dafs  er  sich  zu  wiederholten 
Malen  betrunken  im  Dienst  habe  betreten  lassen,  sowie  auch,  wenn  durch  die 
Aussage  des  Vorgesetzten  auf  seine  Amtspflicht  oder  durch  die  eidl.  Versicherung 
zweier  unverwerflicher  Zeugen  dargethan  wird,  dafs  der  Beamte  zu  wiederholten 
Malen  auf  der  Strafse  oder  an  einem  ö£fentl.  Ort  im  Zustand  der  Trunkenheit 
gesehen  worden.  Das  Staatsmin.  hat  Sorge  zu  tragen,  dafs  jeder  Departements- 
chef  diese  Bestimmung  zur  Kenntnis  der  Beamten  seines  Bessorts  bringe  und 
dafs  auf  die  Ausführung  derselben  gehalten  werde.** 

Ebenso  war  durch  eine  CO.  v.  12.  Mai  1841  angeordnet,  dafs  Beamte, 
die  ihren  Credit  durch  unverhäitnism.  Aufwand,  unmotivirtes  und  liederliches 
Schuldenmachen  mifsbrauchen,  ohne  dafs  gerade  eine  betrügerische  Ver- 
leitung der  Gläubiger,  im  strengen  Sinne  des  Worts,  dabei  vorwaltet,  AUerh. 
Orts  zur  Entlassung  angezeigt  werden  sollen. 

CO.  V.  21.  Nov.  1835  (GS.  p.  237):  „Obgleich  Gesetze  und  Dienst- 
instructionen  den  öffentlichen  Beamten  Verschwiegenheit  über  Gegen- 
stände ihres  Amts  zur  Pflicht  machen,  so  habe  Ich  doch  mifsfällig  in  Er- 
fahrung gebracht,  dafs  diese  Pflicht  aus  den  Augen  gesetzt,  über  dgl.  Gegen- 
stände ohne  amtliche  Veranlassung  mündl.  und  schriM.  Mitteilungen  gemacht, 
und  solche  selbst  zur  Publicität  gebracht  worden.  Eine  solche  Verletzung  der 
gesetzl.  Vorschriften  ist  nicht  länger  zu  dulden.  Das  Staatsmin.  hat  daher 
diese  MiDsbräuche  abzustellen  und  zu  veranlassen,  dafs  die  Departementscheft 
nicht  nur  ihren  untergeordneten  Behörden  und  Beamten  die  im  Interesse  des 
Dienstes  unerläfsliche  Verschwiegenheit  wiederholt  und  ernstlich  einschärfeu, 
sondern  auch  die  geeigneten  Anordnungen  tre£fen,  um  die  genaue  Beobachtung 
derselben  zu  sichern  und  die  Propalation  amtl.  Verhandlungen  zu  verhindern. 
Die  Departementschefs  haben  auf  die  Befolgung  dieser  für  die  Beamten  aller 
Kategorien  geltenden  Vorschrift  mit  Ernst  und  Sorgfalt  zu  halten,  die  Beamten, 


^)  „Beamte,  die  sich  durch  unregelmärsige  Lebensart,  Spiel  oder  Verschwendong 
in  Schulden  stürzen  oder  sich  durch  niederträchtige  Aüfiühmng  veriUshtlioh  machen, 
sollen  ihres  Amtes  entsetzt  werden.**    (Tit  20  ist  aufgehoben  seit  1851.) 

*)  „Eben  so  wenig  müssen  Sabjecte  in  Öffentl.  Bedienungen  gelitten  werden, 
die  durch  ihr  Privatleben  Oleichgiltigkeit  gegen  Religion  und  Moralität  an  den 
Tag  legen  oder  sich  sonsten  durch  ihren  Wandel  verächtlich  machen,  woza  auch 
Trunkenheit  und  Spiel  gehört.** 


339 

welche  dieselben  verletzen,  unnachsichtlich  znr  Verantwortung  and  Bestrafung 
zn  ziehen  und  Mir  anzuzeigen,  damit  sie,  dem  Befinden  nach,  neben  der  ver- 
wirkten Strafe,  ohne  Pension  aus  dem  Dienst  entfernt  werden.  Ich  beauftrage 
das  Staatsmin.,  die  gegenwärtige  Ordre  durch  die  Gesetzsammlung  zur  allge- 
meinen Kenntnis  zu  bringen." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  v.  10.  Dec.  1877.  „Es  ist 
in  unserem  Kessort  in  neuerer  Zeit  der  Fall  Yorgekommen,  dafs  von  dem  Aus- 
einandergehen der  innerhalb  der  zuständigen  Prüfungs  -  Commission  über  die 
schriftlichen  und  mündlichen  Leistungen  eines  Abiturienten  abgegebenen  Urteile 
diesem  Abiturienten  und  seinen  Angehörigen  Mitteilungen  durch  Lehrer  gemacht 
worden  sind,  welche  bei  der  betr.  Prüfung  aus  amtlicher  Veranlassung,  zum 
Teil  alsCommissionsmitglieder,  zugegen  gewesen  waren.  Solche  Mitteilungen  haben 
wir  nicht  blofs,  weil  sie  Mifsyerständnisse  und  Täuschungen  und  im  Zusammen- 
hange hiermit  eine  unerspriefsliche  Belästigung  für  den  Dienst  der  beteiligten 
Schule,  wie  für  uns  selbst  herbidifahrten,  sondern  namentlich  auch  deshalb  rügen 
müssen,  weil  sie  mit  den  Forderungen  der  Allerh.  CO.  v.  21.  Nov.  1835,  die 
Amtsverschwiegenheit  der  öffentlichen  Beamten  betr.,  sich  nicht  vertragen.  Wir 
nehmen  hiervon  Anlafs,  die  uns  unterstellten  Beamten  an  die  Pflicht  der  Amts- 
verschwiegenheit zu  erinnern.  Letztere  erstreckt  sich  zunächst  auf  das  gesamte 
Material  der  Schulacten,  aus  welchen  Mitteilungen  nur  von  Seiten  des  Directors 
(Bectors)  erfolgen  dürfen,  falls  derselbe  sich  hierzu  befugt  erachtet.  Femer 
ist  der  bihalt  der  Commissionsberathungen  bei  der  Maturitätsprüfting  und  der 
besondere  Ausfall  der  sie  beschliefsenden  Abstimmungen  als  strenges  Amts- 
geheimnis zu  behandeln,  weil  nur  unter  dieser  Voraussetzung  eine  unbeeinflufste 
Ausfohrung  des  Prüfnngd-Beglements  in  allen  Fällen  gesichert  erscheint.  Das- 
selbe gilt  von  den  Lehrerconferenzen,  insoweit  in  denselben  Fälle  verhandelt 
werden,  welche  den  Charakter  und  das  gesamte  Verhalten  der  Schüler  und  die 
Beziehungen  der  Schule  zu  den  Angehörigen  der  letzteren  betreffen.  Ueberhaupt 
aber  werden  wir  von  den  an  unseren  höh.  Lehranstalten  wirkenden  Männern 
erwarten  dürfen,  dafs  sie  Mitteilungen  über  Verhältnisse  und  Vorgänge  inner- 
halb ihrer  Schule  und  ihres  CoUegiums,  deren  Besprechung  durch  das  Publikum 
die  Gefahr  einseitiger  und  mifsverstehender  Deutung  mit  sich  führen  würde, 
auch  ohne  hierfür  auf  die  Pflicht  der  Verschwiegenheit  hingewiesen  zu  sein, 
aus  eigenem  Tact  unterlassen  werden." 

„Von  höherer  Stelle  (Min. Verf.  v.  28.  Nov.  1877)  hierzu  ermächtigt, 
lassen  wir  dem  Curatorium  Abschrift  der  vorstehenden  Verfügung  zugehen. 

Wir  dürfen  das  Vertrauen  hegen,  dafs  diejenigen  Curatorial  -  Mitglieder, 
welche  an  den  Abiturienten -Prüfungen  einer  höh.  Lehranstalt,  sei  es  um  an 
den  Arbeiten  der  Prüfungscommission  mit  Stimmberechtigung  mitzuwirken,  sei 
es  aus  Interesse  für  das  Schulwesen  teilnehmen,  bezüglich  der  Verhandlungen 
bei  diesen  Prüfungen  dieselbe  Verschwiegenheit  beobachten  werden,  wie  sie  von 
den  Lehrern  gefordert  wird."    K.  Prov.Sch.C. 

C.Verf.  V.  19.  April  1850.  „Eine  nicht  geringe  Anzahl  von  Staats- 
beamten glaubt  noch  immer,  das  Vereinsrecht  in  demselben  umfange,  wie 
es  den  übrigen  Staatsbürgern  freisteht,  ausüben  zu  können  und  darin  keiner 
anderen  Beschränkung  unterworfen  zu  sein,  als  dafs  sie  sich  der  Teilnahme 
an  solchen  Vereinen  enthalten  müssen,  deren  Zwecke  den  allgemeinen  Straf- 
gesetzen nicht  zuwiderlaufen.  Diese  Auffassung  entspricht  in  keiner  Weise  der 
jetzigen  gesetzlichen  Stellung  und  den  besonderen  Pflichten  der  Staatsbeamten 
Nach  dem  Allgemeinen  Landrecht  T.  U.  Tit.  10  sind  die  Staatsbeamten  vor- 
züglich bestimmt,  die  Sicherheit,  die  gute  Ordnung  und  den  Wohlstand  des 
Staates  unterhalten  und  befördern  zu  helfen  (§  1).    Sie  sind,  aufser  zur  Er- 

22* 


340 

fallüng  der  allgemeinen  ünterthanenpflicbten,  dem  Oberhaupt  des  Staats  be- 
sondere Trene,  besonderen  Gehorsam  schuldig  und  dem  Staate  zu  besonderen 
Diensten  durch  Eid  und  Pflicht  zugethan  (§§  2  u.  3).  Diesen  allgemeinen 
Grundsätzen  entsprechend,  zählt  die  Verordnung  vom  11.  Juli  v.  J.  die  Pflicht 
der  Treue  und  das  Fernhalten  von  feindseliger  Parteinahme  gegen  die  Staats- 
regierung  zu  den  Dienstpflichten  der  Beamten  und  bedroht  deren  Verletzung 
unbedingt  mit  Entfernung  aus  dem  Amte  (§  20  a.  a.  0.).  In  die  Kategorie 
einer  feindseligen  Parteinahme  gegen  die  Staatsregierung  fällt  aber  unzweifelhaft 
die  Teilnahme  an  Vereinen,  welche  statutenmäfsig  oder  factisch  eine  der  Staats- 
regierung  feindselige  Tendenz  verfolgen,  eine  systematische  Opposition  gegen 
dieselbe  unterhalten  und  betreiben,  den  bestehenden  verfassungsmäfsigen  Zustand 
zu  untergraben  suchen,  die  Pflicht  der  Treue  gegen  das  Oberhaupt  des  Staats, 
den  König,  gering  achten  und,  anstatt  die  Regierung  zu  unterstützen,  ihr  in  allen 
Mafsnahmen  hemmend  entgegen  zu  treten  bemüht  sind.  Von  Beamten,  die 
an  solchen  Bestrebungen  sich  beteiligen,  resp^  durch  Teilnahme  an  solche 
Bestrebungen  unterstützenden  Vereinen  ihre  Zustimmung  zu  den  Tendenzen 
derselben  zu  erkennen  geben,  läfst  sich  nicht  erwarten,  dafs  sie  ihrer  vorzugs- 
weisen Bestimmung,  die  Sicherheit,  die  gute  Ordnung  und  den  Wohlstand  des 
Staates  unterhalten  und  befördern  zu  helfen,  irgend  wie  genügen  werden.  Mit 
solchen  Beamten  kann  aber  auch  die  Verantwortlichkeit  der  Minister  nicht 
bestehen.  Dies  gilt  nicht  blofs  von  den  eigentlich  vollziehenden  Begierungs^ 
Organen  im  engeren  Sinne,  sondern  auch  von  allen  Staatsbeamten,  da  dieselben 
bald  in  gröfserem,  bald  in  geringerem  Mafse  als  Organe  der  Begierung  betrachtet 
werden  müssen.  Insbesondere  sind  hiervon  die  öffentlichen  Lehrer  nicht  aus- 
geschlossen, da  sie,  insoweit  sie  nicht  direct  Anordnungen  der  Kegierungen 
auszuführen  haben,  doch  dazu  berufen  sind,  die  künftige  Generation  zu  bilden 
und  vor  Allem  die  Pflicht  haben,  der  Jugend  Ehrfurcht  gegen  Gott,  Treue  gegen 
den  König,  Achtung  vor  dem  Gesetz  einzuprägen  und  in  ihr  den  Sinn  für 
Ordnung  und  Becht  zu  wecken.  Dafs  eine  diesem  Zwecke  entsprechende 
Wirksamkeit  von  Lehrern  nicht  erwartet  werden  kann,  welche  Vereinen  der 
oben  erwähnten  Art  angehören,  bedarf  keiner  Ausführung. 

In  Erwägung  der  angeführten  gesetzlichen  Bestimmungen  und  der  daraus 
sich  ergebenden  besonderen  Stellung  der  Staatsbeamten,  hat  daher  auch  das 
K.  Staatsministerium  einstimmig  als  unzweifelhaft  anerkannt,  dafs  die  Teil- 
nahme an  Vereinen  der  vorerwähnten  Kategorie  mit  den  Pflichten  der  Staats- 
beamten nicht  vereinbar  sei  und  dafs  Beamte,  welche  gleichwohl  an  solchen 
Vereinen  sich  beteiligen,  nach  §  20  der  Verordnung  vom  11.  Juli  v.  J.  die 
Dienstentlassung  treffen  könne,  ohne  dass  es  einer  vorhergegangenen  Auf- 
forderung zum  Austritt  aus  dem  Vereine  resp.  eines  Verbots  der  Teilnahme  an 
demselben  bedürfe.  Da  jedoch  seither  in  dieser  Beziehung  eine  weitgehende 
Connivenz  Seitens  der  meisten  Behörden  geübt  worden  und  da  femer  die  Ver- 
eine der  erwähnten  Art  nicht  selten  mit  grofsem  Geschick  ihre  wahre  Tendenz 
verbergen,  so  dafs  selbst  ein  Teil  der  Mitglieder  darüber  im  Unklaren  sich  be- 
findet, so  ist  es  für  angemessen  erachtet,  den  betr.  Beamten  zunächst  durch 
eine  allgemeine  Mafsregel  zum  Bewufstsein  zu  bringen,  dafs  sie  durch  Be- 
teiligung an  den  mehrerwähnten  Vereinen  sich  einer  mit  der  Dienstentlassung 
zu  bestrafenden  feindseligen  Parteinahme  gegen  die  Staatsregierung  schuldig 
machen.  Demgemäfs  soll  die  Teilnahme  an  solchen  Vereinen  allen  Beamten 
bei  Vermeidung  der  Dienstentlassung  untersagt,  dann  aber  auch  gegen  die  un- 
gehorsamen mit  Entschiedenheit  vorgegangen  werden. 

In  Folge  dessen  veranlasse  ich  die  K.  Begierungen,  diesen  Beschlufs  des 
K.  Staatsministeriums  unter  Darlegung  der  Motive  durch  die  Amtsblätter  und 
in  sonst  geeignet  erscheinender  Weise  zur  öffentlichen  Kenntnis  zu  bringen 
und  insbesondere  allen  öffentlichen  Lehrern  sowie  den  übrigen  Beamten  meines 


341 

Bessorts  zur  gewissenhaften  Beachtung  einzuschärfen.  AoTserdem  hat  die  K. 
Begiemng  für  die  genaue  Ausführung  dieses  Beschlusses  nicht  nur  seihst  zu 
sorgen,  sondern  auch  die  ihr  untergeordneten  Behörden,  Landräthe,  Schul- 
inspectoren,  Magistrate  etc.  demgemäfs  mit  entsprechender  Anweisung  zu  ver- 
sehen, ihnen  die  üeberwachung  der  Lehrer  in  der  gedachten  Beziehung  zur 
Pflicht  zu  machen  und  zu  einer  sofortigen  Anzeige  anzuhalten,  wenn  ihnen  die 
Teilnahme  von  Lehrern  an  Vereinen,  welche  einer  feindseligen  Parteinahme 
gegen  die  Staatsregierung  nberföhrt  oder  verdächtig  erscheinen,  bekannt  wird. 
Ob  alsdann  gegen  den  betr.  Lehrer  sogleich  die  Disciplinar-Untersuchung  be- 
hufs der  Entfernung  aus  dem  Amte  einzuleiten  oder  zunächst  ein  besonderes 
Verbot  der  ferneren  Teilnahme  unter  Androhung  der  Dienstentlassung  zu  er- 
lassen sei,  wird  teils  von  der  statutenmäfsigen  oder  thatsächlichen  liichtung 
und  Thätigkeit  des  Vereins,  teils  von  der  besonderen  Wirksamkeit  des  be- 
teiligten Lehrers  in  demselben  und  dessen  sonstiger  Führung  abhängen  und 
bleibt  dem  pflichtmäfsigen  Ermessen  der  K.  Regierung  überlassen.  Ich  erwarte 
aber  in  allen  derartigen  Fällen  ein  festes  und  entschiedenes  Auftreten  der  Be- 
hörden und  besonders  der  K.  Regierung,  da  es  im  Interesse  der  öffentl.  Ord- 
nung von  der  gröl'sten  Wichtigkeit  ist,  dafs  dem  Mifsbrauch,  welcher  bisher 
von  nicht  wenigen  Beamten  mit  dem  Vereinsrecht  getrieben  worden  und  der 
ganz  geeignet  ist,  nicht  allein  die  Bande  der  Disciplin  zu  lösen,  sondern  auch 
die  Wohlfahrt  des  Staates  zu  gefährden,  bald  und  für  immer  ein  Ende  ge- 
macht werde.  Von  jeder  Einleitung  einer  Untersuchung  gegen  einen  Beamten 
meines  Bessorts  wegen  Teilnahme  an  einem  Verein  der  oben  erwähnti^n  Kategorie 
erwarte  ich  eine  Anzeige,  indem  ich  zugleich  die  K.  Regierung  ermächtige,  an 
solche  Beamte,  gegen  welche  nach  den  Vorschriften  der  Verordnung  vom 
11.  Juli  V.  J.  die  Einleitung  der  Untersuchung  von  mir  zu  verfügen  ist,  in 
vorkommenden  Fällen  ohne  Rückfrage  ein  Verbot  der  ferneren  Teilnahme  an 
solchen  Vereinen  zu  erlassen.  Hält  die  K.  Regierung  ein  solches  Verbot  nicht 
erst  für  erforderlich  oder  wird  demselben  nicht  Gehorsam  geleistet,  so  sehe  ich 
dem  motivirten  Antrage  auf  Einleitung  der  Untersuchung  behufs  weiterer  Be- 
schlufsnahme  entgegen." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  ▼.  12.  April  1872:  „Es  ist 
in  letzter  Zeit  vorgekommen,  dafs  einzelne  Lehrer  der  uns  untergeordneten  An- 
stalten an  mit  ihrem  Berufe  in  keiner  directen  Beziehung  stehenden  Vereinen 
in  einer  Weise  sich  beteiligt  haben,  welche  der  K.  Staatsanwaltschaft  Veran- 
lassung gegeben  hat,  gegen  die  betreffenden  amtlich  einzuschreiten.  In  Folge 
desson  sehen  wir  uns  bewogen,  zu  den  Directoren  und  Mitgliedern  der  LehrercoU. 
die  vertrauensvolle  Erwartung  auszusprechen,  dieselben  werden  in  ihrer  aufser- 
amtlichen,  insbesondere  aber  der  Vereinsthätigkeit  ein  solches  tactvolles  Be- 
nehmen innezuhalten  verstehen,  dafs  sie  vor  dem  Gonflicte  zwischen  Amtspflicht 
und  Ueberzeugung  bewahrt  bleiben.  Auch  bringen  wir  die  Bestimmungen  der 
Instr.  für  Lehrer  an  Gymnasien  und  Realschulen  §§  2  und  4  und  der  Instr. 
für  die  Seminardir.  und  Seminarlehrer  §  3,  wonach  unter  Anderem  zur  Ueber- 
nahme  eines  Ehren-  oder  Vorstandsamtes  bei  Vereinen,  sie  mögen  einen  Namen 
haben,  welchen  sie  wollen,  unsere  Genehmigung  erforderlich  ist,  mit  dem  Be« 
merken  hierdurch  in  Erinnerung,  dafs  wir  Zuwiderhandlungen  unfehlbar  zur 
Verantwortung  ziehen  werden." 

Aehnliche  G.Verfügungen  sind  aus  gleichem  Anlafs  auch  von  anderen 
Schulaufsichtsbehörden  erlassen  worden;  u.  a.  von  der  K.  Regierung  zu  Cöln 
unter  dem  10.  Sept.  1872. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  18.  Mai  1887.  „Im 
Auftrage  des  Herrn  Ministers  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten  wird  hiermit  den 
Lehrern  die  Teilnahme  an  polnischen  Vereinen,  welchen  Namen  diese  Verein« 


343 

anch  fähren  mögen,  unbedingt  untersagt.    Euer  Hochw.  etc.  wollen  diese  An- 
ordnung zur  Kenntnis  des  Lehrer-Collegiums  bringen.** 

üeber  Agitation  gegen  die  Regierung  s.  besonders  auch  den  Allerh. 
Erlafs  V.  4.  Jan.  1882,  oben  S.  100. 

C.Verf.  V.  6.  Sept.  1849:  —  „Auch  gegen  solche  Lehrer,  welche 
zugleich  ein  Kirchenamt  bekleiden,  mufs,  wenn  sie  gegen  die  Vor- 
schriften der  Verordnung  v.  14.  Juli  d.  J.  sich  ▼ergehen,  ohne  Verzug  ein- 
geschritten und  in  Beziehung  auf  ihr  Lehramt  festgesetzt  werden,  was  das 
Literesse  der  Dienstdisciplin  erheischt  Welche  Folgen  ein  solches  Einschreiten 
und  die  demselben  zu  Grunde  liegenden  Thatsachen  auf  das  kirchliche  Amt 
üben,  hat  die  zustAndige  kirchl.  OberbehOrde  festzusetzen.  Die  K.  Begierungen 
haben  daher  in  dgl.  Fällen  von  Ihrem  Einschreiten  und  von  dessen  Ergebnis 
jedesmal  dem  Consistorium  der  Provinz  eine  kurze  Benachrichtigung  zukommen 
zu  lassen.^  — 

Gesetz  über  die  Conflicte  bei  gerichtl.  Verfolgungen  wegen 
Amts-  und  Diensthandlungen,  v.  13.  Febr.  1854  (GS.  p.  867):  — 
„1.  Wenn  gegen  einen  Civil-  oder  Militärbeamten  wegen  einer  in  Ausübung 
oder  in  Veranlassung  der  Ausübung  seines  Amts  vorgenommenen  Handlung, 
oder  wegen  Unterlassung  einer  Amtshandlung,  eine  gerichtl.  Verfolgung  im 
Wege  des  Civil-  oder  Strafprozesses  eingeleitet  worden  ist,  so  steht  der  vor- 
gesetzten Provinzial-  oder  CentralbehOrde  des  Beamten,  falls  sie  glaubt,  dafis 
demselben  eine  zur  gerichtl.  Verfolgung  geeignete  Ueberschreitung  seiner  Amts- 
befugnisse oder  Unterlassung  einer  ihm  obliegenden  Amtshandlung  nicht  zur 
Last  fällt,  die  Befugnis  zu,  den  Conflict  zu  erheben.  Auf  einen  solchen  Confiict 
finden  die  Vorschriften  des  Gesetzes  v.  8.  April  1847  (GS.  p.  170)  Anwendung. 

2.  Erachtet  der  Gerichtshof  zur  Entscheidung  der  Competenzcouflicte 
noch  thatsächliche  Ermittelungen  für  erforderlich,  so  ist  er  befugt,  solche  durch 
die  Verwaltungs-  oder  durch  die  Gerichtsbehörden  zu  veranlassen,  insbesondere 
die  Fortsetzung  der  gerichtl.  Instruction  oder  Untersuchung  bis  zu  einem  zu 
bestimmenden  Ziele  anzuordnen.  Ueber  das  Ergebnis  dieser  Ermittelungen  sind 
vor  Fällung  des  Urteils  die  an  der  Sache  beteüigten  Privatpersonen  zu  hören. 
Denselben  ist  zu  diesem  Zweck  zu  erö£fnen,  dafs  ihnen  frei  stehe,  sich  über 
die  Verhandlungen,  deren  Einsicht  ihnen  bei  dem  Gericht,  bei  welchem  die 
Verfolgung  eingeleitet  ist,  gestattet  werde,  binnen  einer  Präclusivfrist  von 
4  Wochen  zu  erklären.  Im  Uebrigen  kommen  auch  hierbei  die  Bestimmungen 
der  §§  5  ff.  des  Gesetzes  v*  8.  April  1847  zur  Anwendung. 

3.  Befindet  der  Gerichtshof  (§  2),  dafs  dem  Beamten  eine  zur  gerichtl 
Verfolgung  geeignete  Ueberschreitung  seiner  Amtsbefugnisse  oder  Unterlassung 
einer  ihm  obliegenden  Amtshandlung  nicht  zur  Last  fällt,  so  entscheidet  er, 
dafs  der  Bechtsweg  gegen  den  Beamten  unzulässig  sei.  Ein  Urteil  der  letzteren 
Art  präjudicirt  weder  dem  Beamten  in  seiner  weiteren  Verteidigung  vor  dem 
Gericht,  noch  dem  Gericht  in  seiner  rechtlichen  Entscheidung  der  Sache. 

4.  Vorstehende  Bestimmungen  sind  auch  anwendbar,  wenn  eine  gerichtl. 
Verfolgung  wegen  Amtshandlungen  (§  1)  gegen  einen  aus  dem  Dienst  aus- 
geschiedenen Beamten  oder  gegen  die  Erben  eines  Beamten  anhängig  wird. 

5.  Unter  den  Beamten  sind  auch  diejenigen,  welche  im  mittelbaren 
Staatsdienst  stehen,  einbegriffen.**  — 

Das  vorstehende  Gesetz  ist  durch  die  Verordn.  v.  16.  Sept.  1867  Art  m 
u.  IV  (GS.   p.  1515)  auf  die  neuerworbenen  Landesteile  ausgedehnt  worden. 

Für  die  Entscheidung  der  bezeichneten  Confiicte  ist  jetzt  das  Ober- 
verwaltungsgericht in  Berlin  zuständig.  In  dieser  Sichtung  verordnet  das 
Einführungsgesetz    zum    deutschen    Gerichtsverfassungsgesetze 


343 

▼.  27.  Jan.  1877  §  11:  ,J)ie  landes^setzlichen  Bestimmnngen,  dnrch  welch« 
die  strafrechtliche  oder  civilrechtliche  Verfolgnng  öffentlicher  Beamten  wegen 
der  in  Ansübnng  oder  in  Veranlassung  der  Ansübnng  ihres  Amts  vorgenommenen 
Handinngen  an  besondere  Yoraassetenngen  gebunden  ist,  treten  anfser  Kraft, 
unberührt  bleiben  die  landesgesetzlichen  Vorschriften^  durch  welche  die  Ver- 
folgung der  Beamten  entweder  im  Falle  des  Verlangens  einer  vorgesetzten  Be- 
hörde oder  unbedingt  an  die  Vorentscheidung  einer  besonderen  Behörde  ge- 
bunden ist,  mit  der  Mafsgabe  1.  dafs  die  Vorentscheidung  auf  die  Fest- 
stellung beschränkt  ist,  ob  der  Beamte  sich  einer  üeberschreitung  oder  der 
Unterlassung  einer  ihm  obliegenden  Amtshandlung  schuldig  gemacht  habe; 
2.  dafs  in  den  Bundesstaaten,  in  welchen  ein  oberster  Verwaltungsgerichtshof 
besteht,  die  Vorentscheidung  diesem,  in  den  anderen  Bundesstaaten  dem  Reichs- 
gerichte zusteht.** 

In  Ausführung  dieser  Bestimmung  schreibt  das  Gesetz  über  die  all- 
gemeine Landesverwaltung  v.  30.  Juli  1883  (GS.  p.  195  ff.)  vor,  im 
letzten  Absatz  des  §  113:  „Haben  sich  in  derselben  Sache  die  zur  Entscheidung 
im  Verwaltungsstreitverfahren  berufene  Behörde  und  eine  andere  Verwaltungs- 
behörde für  zuständig  erklärt,  so  entscheidet  auf  Grund  der  schriftlichen  Er- 
klärungen der  über  ihre  Gompetenz  streitenden  Behörden  und  nach  Anhörung 
der  Parteien  in  mündlicher  Verhandlung  das  Oberverwaltungsgericht.  Das 
Gleiche  gilt  in  dem  Falle,  wenn  beide  Teile  sich  in  der  Sache  für  unzuständig 
erklärt  haben.  In  beiden  Fällen  werden  weder  ein  Eostenpauschqnantum  noch 
baare  Auslagen  erhoben.  Ebensowenig  findet  eine  Erstattung  der  den  Parteien 
erwachsenden  Kosten  statt.  §  114.  Die  gemäfs  §  11  des  Einführungsgesetzes 
zum  Gerichtsverfassungsgesetze  v.  27.  Jan.  1877  dem  Oberverwaltunprsgerichte 
zustehenden  Vorentscheidungen  erfolgen  in  dem  durch  §  113  vorgeächriebenen 
Verfahren,  für  welches  im  üebrigen  die  Vorschriften  über  das  Verwaltungs- 
streitverfahren entsprechende  Anwendung  finden.** 

Min.Verf.  v.  11.  Febr.  1841:  —  „Zur  Entfernung  blos  interimi- 
stisch angestellter  Lehrer  von  ihrem  Amt  ist  die  vorgängige  Ein- 
leitung einer  förmlichen  Disciplinaruntersuchnng  zwar  nicht  erforderlich,  wohl 
aber  eine  gründliche  Ermittelung  des  Sachverh^tnisses,  woraus  sich  die  Noth- 
wendigkeit  der  Entlassung  ergiebt.  Dem  betr.  Lehrer  mufs  jedoch  dabei  nach 
den  umständen  und  in  der  Begel  eine  billige  Frist,  um  sieh  ein  anderes  Unter- 
kommen zu  suchen,  gestattet  werden.**  — 

C.Verf.  V.  29.  Febr.  1884,  betr.  die  Bewilligung  eines  Teiles  der 
Pension  als  Unterstützung  an  aus  dem  Dienste  entlassene,  pensions- 
berechtigte Beamte,  zur  Kenntnisnahme  und  Beachtung  nachfolgender  C.Vf. 

C.Verf.  des  Min.  d.  Innern  und  des  Finanzmin.  v.  23.  Dec.  1883. 
„Nach  der  Bestimmung  im  §  16  des  Gesetzes  vom  21.  Juli  1852,  betr.  die 
Dienstvergehen  der  nicht  richterlichen  Beamten  etc.,  sind  die  Disciplinarbehörden 
ermächtig  in  der  Entscheidung,  durch  welche  ein  Beamter  zur  Dienstentlassung 
verurteilt  wird,  sofern  der  Beamte  an  sich  pensionsberechtigt  ist  und  besondere 
umstände  eine  mildere  Beurteilung  zulassen,  zugleich  festzusetzen,  dafs  dem- 
selben ein  Teil  des  reglementsmäfsigen  Pensionsbetrages  auf  Lebenszeit  oder 
auf  gewisse  Jahre  als  Unterstützung  zu  verabreichen  sei.  Es  ist  wahrge- 
nommen worden,  dafs  die  Disciplinarbehörden  von  der  ihnen  hiemach  beigelegten 
Ermächtigung  mehrfach  einen  der  Absicht  des  Gesetzes  nicht  entsprechenden 
Gebrauch  gemacht  haben,  indem  Unterstützungen  der  fraglichen  Art  entweder 
überhaupt  ohne  einen  genügenden  Anlafs  oder  in  einem  höheren  Betrage,  bezw. 
für  einen  längeren  Zeitraum,  als  nach  Lage  des  Falles  gerechtfertigt  gewesen 
wäre,  bewillig  worden  sind.        Wir  nehmen  hieraus  Veranlassung,  darauf  auf- 


344 

• 

merksam  zu  machen,  dafs  nach  der  ansdrücklichen  Festsetzung  in   der  ange- 
fahrten Gesetzesbestimmung  derartige  Unterstützungen  nur  dann  bewilligt  werden 
sollen,   wenn   besondere   Umstände  für  eine   mildere  Beurteilung  geltend 
zu  machen  sind,  dafs  also  die  fragliche  Bewilligung  als  eine  vom  Gesetze  nur 
ausnahmsweise  zugelassene  Erleichterung  der  Lage  des  zur  Dienstentlassung 
verurteilten  Beamten  zu  betrachten  und  daher  namentlich  überall  da  nicht  fur 
gerechtfertigt  zu  erachten  ist,  wo  der  letztere  sich  einer  solchen  ausnahmsweisen 
Bücksichtnahme  unwürdig  gezeigt  hat.    Dies  wird  insbesondere  dann  anzunehmen 
sein,  wenn  der  Verurteilte  durch  die  ihm  zur  Last  fallenden  Vergebungen  einen 
Mangel  an  ehrliebender  Gesinnung  an  den  Tag  gelegt  hat.        Es  bleibt  aber 
ferner  auch  zu  beachten,   dafs  durch  die  angeführte  Gesetzesbestimmung  die 
Disciplinarbehörde  nur  hat  in  den  Stand  gesetzt  werden  sollen,  einer  etwaigen 
durch  die  dauernde   oder  vorläufige  Unfähigkeit  des  entlassenen  Beamten  zu 
anderweitigem  Erwerbe  seines  Lebensunterhaltes  verursachten  dringenden  Hülfs- 
bedürftigkeit  Rechnung  zu  tragen.    Hiervon  ausgehend   kann  es  beispielsweise 
nicht  für  gerechtfertigt  erachtet  werden,  wenn,  wie   es  vorgekommen  ist,   ver- 
hältnismäfsig  jungen  und  völlig  erwerbsfähigen  Beamten  erhebliche  Bruchteile 
der  gesetzlichen  Pension,   mitunter  sogar  auf  eine  längere  Reihe  von  Jahren 
bewilligt  worden    sind.     Festsetzungen    dieser  Art   schädigen    nicht   blos    die 
Staatskasse,  sondern  sind   in  ihren  Folgen  auch  geeignet,  die  Bedeutung  und 
die  Wirkung  der  Dienstentlassung  als  des  schwersten  Disciplinarmittels  illusorisch 
zu    machen    und    einem   unwürdigen  Beamten    die  Vorteile   der  Fensionirung 
mittels  Dienstvergehens  erreichbar  erscheinen  zu  lassen  unter  Umständen,  unter 
denen   dieselben    einem   würdigen   und  zum   Bücktritte   vom    activen    Dienste 
geneigten  Beamten  versagt  bleiben  müssen.        Die  Disciplinarbehörden  werden 
veranlafst,  eintretenden  Falles  Sich  die  vorstehend  dargelegten  Gesichtspunkte 
gegenwärtig  zu  halten." 

Staatsministerialbeschlufs  v.  2.  März  1850:  „Da  die  Verordnung 
V.  11.  Juli  1849  die  persönliche  Haft  nicht  unter  die  Disciplinarstrafen 
aufgenommen  hat,  da  ferner  diese  Haft  nicht  den  Beamten  als  solchen,  sondern 
zugleich  auch  den  Staatsbürger  treffen  würde  und  dies  dem  Wesen  der  Disciplinar- 
strafen im  Sinne  jener  Verordnung  widerspricht,  welche  ihrem  Grundgedanken 
nach  die  Disciplinarstrafe  nur  gegen  den  Beamten  als  solchen  richten  will,  da 
überdies  die  persönl.  Haft  den  Beamten  seinem  Beruf  entzieht  und  da  endlich 
der  Zweck  der  Disciplinarstrafen  auch  ohne  Verhängung  der  Haft  zu  erreichen 
ist,  so  dürfen  Geldbufsen,  welche  auf  Grund  der  gedachten  Verordnung  einem 
Beamten  als  Ordnungsstrafen  auferlegt  werden,  im  Fall  des  Unvermögens  in 
Gefängnisstrafen  nicht  verwandelt  werden."  — 

C.Verf.  V.  13.  Mai  1850:  „Der  H.  Justizminister  hat  durch  Verf.  vom 
28.  V.  M.  bestimmt,  dafs  die  Staatsanwälte  von  jeder  gegen  einen  Staatsbeamten 
eingeleiteten  Griminaluntersuchung  sofort  nach  erfolgter  Einleitung,  unter 
kuraer  Angabe  der  Veranlassung  oder  unter  Mitteilung  der  Anklageschrift,  der 
vorgesetzten  Dienstbehörde  des  Angeklagten  Nachricht  zu  geben  haben. 

Es  liegt  mir  daran,  von  den  gegen  Beamte  meines  Ressorts,  insbesondere 
gegen  öffentliche  Lehrer  anhängig  gemachten  gerichtl.  Untersuchungen  ebenfalls 
fortdauernd  in  Kenntnis  gesetzt  zu  werden.  Die  E.  Prov.Sch.CC.  veranlasse 
ich  daher,  unter  Bezugnahme  auf  meinen  Oircularerlafs  v.  26.  Juli  1849  von 
den  Oriminaluntersuchungen  gegen  Lehrer  und  andere  Beamte  meines  Bessorts, 
von  deren  Einleitung  dieselben  durch  die  Staatsanwaltschaft  Kenntnis  erhalten, 
hierher  Anzeige  zu  machen."    Der  Min. 

Verf.  der  OStaatsanwaltschaft  zu  Kiel  v.  2.  April  1872:  „Nach 
4er  im  Justizmin.Bl.  1868  p.  46  veröffentlichten  Verf.  des  H.  Justizmin.  vom 


345 

31.  Jan.  1868,  betreffend  die  von  den  Beamten  der  Staatsanwaltschaft  in  den 
Landesteilen,  für  welche  die  Strafprozefs-Orduang  v.  25.  Juni  1867  erlassen  ist, 
zu  machenden  Mitteilungen  soll,  wenn  ein  im  unmittelb.  oder  mittelbaren  Staats- 
dienst stehender  Beamter  zur  Untersuchung  gezogen  wird,  sofort  nach  Er- 
öffnung des  Hauptverfahrens  unter  kurzer  Angabe  der  Veranlassung  oder  unter 
Mitteilung  der  Anklageschrift  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  des  An- 
geschuldigten Nachricht  gegeben  und  derselben  demnächst  der  Tenor  der 
ergangenen  Entscheidungen  unmittelbar  nach  deren  Yerkündung  mitgeteilt 
werden.  Ferner  soll,  wenn  in  der  Untersuchung  die  Verhaftung  des  Beamten 
erfolgt,  hiervon  und  von  der  etwa  erfolgenden  Entlassung  aus  der  Haft,  der 
Dienstbehörde  gleichfalls  sofort  Mitteilung  gemacht  werden.  Endlich  soll  auch 
in  üebertretungssachen,  jedoch  nur,  wenn  rechtskräftig  auf  Strafe  erkannt  worden 
ist,  der  Tenor  der  Entscheidung  mitgeteilt  werden."  — 

C.Verf.  der  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Ein  v.  17.  Aug.  1885,  mitgeteilt 
durch  C.Verf.  v.  20.  Juni  1887  an  die  Präsidenten  der  K.  Prov.Sch.CC.  „In 
der  C.Verf.  v.  2.8.  Febr.  1858  —  M.  d.  J.  I.  A.  11248,  F.  M.  I,  473  —  ist 
bestimmt  worden,  dafs  bei  allen  gegen  Beamte  unseres  Ressorts  zu  verfugenden 
Disciplinar-Untersuchungen  dem  mit  der  Function  des  Staatsanwaltes  betrauten 
Beamten  von  vornherein  für  die  Fälle,  wo  der  mittelst  des  Disciplinar -Verfahrens 
bezweckte  Erfolg  in  erster  Instanz  nicht  erreicht  und  von  dem  Staatsanwälte 
eine  weitere  Verfolgung  der  Sache  nicht  für  gerechtfertigt  gehalten  wird,  eine 
wenigstens  vorläufige  Anmeldung  des  Bechtsmittels  und  eine  Berichterstattung 
an  den  betr.  Departementschef  zur  Pflicht  zu  machen  sei.  Wir  haben  an- 
läfslich  eines  Specialfalles  die  hierdurch  berührte  Frage,  von  wem  die  mit  den 
staatsanwaltlichen  Functionen  betrauten  Beamten  Anweisungen,  namentlich  auch 
hinsichtlich  der  Einlegung  der  Berufung,  entgegenzunehmen  haben,  einer  erneuten 
Erwägung  unterzogen  und  halten  eine  Unterordnung  derselben  unter  diejenigen 
Beamten,  welche  sie  mit  diesen  Functionen  beauftragt  haben,  nicht  nur  für 
gesetzlich  zulässig,  sondern  aus  disciplinären  Gründen  für  geboten.  Demzufolge 
ermächtigen  wir  Ew.  Hochwohlgeboren,  dii'  in  Rede  stehenden  Beamten  in  den- 
jenigen Fällen,  in  welchen  die  Disciplinar-Untersuchung  Ihrerseits  bezw.  seitens 
der  Regierung  gegen  Beamte  unserer  Ressorts  verfügt  worden  ist,  mit  den  Ihnen 
geeignet  erscheinenden  Anweisungen,  auch  wegen  Einlegung  der  Berufung 
selbstständig  zu  versehen,  so  dafs  es  in  diesen  Fällen  der  in  dem  Erlasse  v. 
28.  Febr.  1858  angeordneteu  Berichterstattung  an  den  betr.  Departementschef 
far  die  Folge  nicht  mehr  bedarf. 

Wir  geben  übrigens  der  Erwartung  Ausdruck,  dafs  die  Herren  Regierungs- 
Präsidenten  es  sich  hierbei  angelegen  sein  lassen  werden,  auch  die  in  unserem 
Erlasse  vom  23.  Dec.  1883  --  M.  d.  J.  I.  A.  9193,  F.  M.  I.  15138,  IL  13172, 
ni.  14793  —  aufgestellten  Grundsätze  nachdrücklich  zur  Geltung  zu  bringen." 

Ueber  Berufungsfristen  bei  Disciplinamntersuchungen  s.  auch  CBl. 
1875  p.  72. 

Aus  einer  Min.Verf.  v.  9  April  1875  (s.  CBl.  1875  p.  300).  —  „Nach 
§  38  des  Gesetzes  v.  21.  Juli  1852  mufs  die  Entscheidung  des  Disciplinar- 
richters  mit  Gründen  versehen  sein.  Es  kann  daher  die  Entscheidung,  die  ohne 
Gründe  verkündet  worden,  nicht  als  vollständig  und  gehörig  verkündet  erachtet 
werden.  Es  mufs  daher  auch,  wie  dies  wiederholt  von  dem  E.  Disciplinarhof 
ausgeführt  und  von  dem  K.  Staaatsministerium  stets  anerkannt  worden  ist,  die 
Frist  zur  Anmeldung  der  Berufung  nicht  von  dem  Tage  der  Verkündung  der 
nicht  mit  Gründen  versehenen  Entscheidung,  sondern  erst  von  dem  Tage  an 
berechnet  werden,  an  welchem  dem  Angeschuldigten  die  vollständige  Ausfertigung 
der  Entscheidung  mitgeteilt  worden  ist."  — 


346 

C.Verf.  V.  10.  Juni  1850  an  die  K.  Begiernngen  (den  K.  Prov.Sch.CC. 
mitgeteilt) :  „um  zu  Yerhüten,  dafs  ein  im  Wege  einer  geTichtMchen  oder  einer 
Disciplinarnntersncfanng  abgesetzter  Lehrer  nicht  ohne  vorgängige  Kenntnis- 
nahme Ton  den  Gründen  der  Absetzung  in  einem  anderen  Regierungsbezirk 
wieder  angestellt  werde,  ist  vorgeschlagen  worden,  dafs  sämtliche  K.  Regierungen 
die  auf  Absetzung  eines  Lehrers  lautenden  gerichtl.  oder  Disciplinarentscheidungen 
sich  jedesmal  unter  einander  mitteilen.  Ich  habe  jedoch  Bedenken  getragen, 
hierauf  einzugehen,  weil  eine  solche  Mitteilung  teils  das  Schreibwerk  erheblich 
vermehren,  teils  eine  Schärfung  der  Strafe  der  Dienstentlassung  enthalten  würde. 
Dagegen  bestimme  ich,  dafs,  im  Fall  der  Entlassung  eines  Lehrers  oder  eines 
anderen  Beamten  meines  Ressorts  im  Wege  einer  gerichtl.  oder  einer  Disciplinar- 
Untersuchung,  die  erfolgte  Entlassung  und  deren  Gründe  nach  Mafsgabe  des 
Tenor  der  betr.  Entscheidung  auf  denjenigen  amtl.  Zeugnissen  oder  sonstigen 
Urkunden,  welche  zu  der  Bewerbung  des  Entlassenen  um  ein  anderes  Amt 
erforderlich  sind,  vermerkt  werden. 

Da  aber  mitunter  die  gedachten  Zeugnisse  abhanden^  gekommen  sind 
oder  der  betr.  Beamte  sie  vorzulegen  sich  weigern  könnte  'und  deshalb  ein 
unbedingt  wirksamer  Zwang  gegen  ihn  nicht  zulässig  erscheint,  so  hat  jede 
E.  Regierung,  welche  einen  in  einem  anderen  Regierungsbezirk  angestellten, 
resp.  angestellt  gewesenen  Lehrer  oder  anderen  Beamten  meines  Ressorts  in 
Ihrem  Bezirk  anstellen,  resp.  seine  Anstellung  bestätigen  oder  bei  mir  beantragen 
wiU,  vorher  über  sein  Verhalten  bei  derjenigen  K.  Behörde,  in  deren  Ressort 
der  betr.  Lehrer  oder  Beamte  zur  Zeit  angestellt,  resp.  zuletzt  angestellt  gewesen 
ist,  Erkundigung  einzuziehen.  Dabei  bemerke  ich,  dafs  die  Wiederanstellung 
eines  unfreiwillig  entlassenen  Lehrers  im  Schulamt  in  der  Regel  niemals  erfolgen 
darf.  Glaubt  die  K.  Regierung  in  besonderen  Fällen  hiervon  eine  Ausnahme 
zulassen  zu  können,  so  ist  dazu  mittels  motivirten  Berichts  meine  Genehmigung 
einzuholen.*' 

C.Verf.  V.  6.  Juni  1862:  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  übersende  ich  in  der 
Anlage  (a)  Abschrift  der  in  Betreff  der  Form  der  Immediatberichte  über 
Begnadigungsgesuche  von  Beamten,  welche  in  Folge  des  Gesetzes  v. 
21.  Juli  1852  im  Wege  des  förml.  Disciplinarverfabrens  bestraft  und  namenü. 
aus  dem  Amt  entlassen  sind,  an  sämtliche  E.  Regierungen  [von  dem  Ge- 
samtmin.  ausschl.  des  Justizministers]  erlassenen  Verlegung  zur  Nachricht  und 
Nachachtung.'* 

(a)  „S.  Maj.  der  Eönig  haben  es  für  angemessen  gefunden,  dafs  bei  den 
zu  erstattenden  Immediatberichten  über  Begnadigungsgesuche,  welche  von  den 
in  Folge  des  Gesetzes  v.  21.  Juli  1852  im  Wege  des  förml.  Disciplinarver- 
fahrens  bestraften  und  namentl.  aus  dem  Amt  entfernten  Beamten  Allerhöchsten 
Orts  angebracht  sind,  in  derselben  Weise  verfahren  werde,  in  welcher  bei  den- 
jenigen Immediatberichten  verfahren  wird,  welche  bezügl.  der  durch  gericht- 
liche Erkenntnisse  im  gewöhnl.  Strafverfahren  wegen  gemeiner  Verbrechen, 
Vergehen  und  üebertretungen  festgesetzten  Strafen  über  Gnadengesuche  zu 
erstatten  sind. 

Es  sind  hiemach  in  Zukunft  diesen  Berichten  in  analoger  Anwendung 
der  von  dem  H.  Justizminister  unterm  17.  Nov.  1835  erlassenen  Verfügung 
ein  die  Geschichtserzählung  enthaltender  Actenauszug  und  die  ergangenen  Ent- 
scheidungen im  Original  oder  in  Reinschrift  beizufügen. 

Die  E.  Regierung  wird  daher  veranlafst,  mit  den  von  Ihr  über  die  Ein- 
gangs erwähnten  Gnadengesuche  zu  erstattenden  Berichten,  aufser  den  Unter- 
Buchungsacten  und  deren  adhibendis  einen  solchen  Actenauszug  und  die 
ergangenen  Entscheidungen  einzureichen,  wobei  sowohl,  was  den  Inhalt  dieser 
Berichte  und  des  Actenauszugs,  als  was  die  Form  des  letzteren  anlangt,  nach 


347 

der  gedachten  Verf.  v.  17.  Nov.  1835  und  den  ferneren  auf  sie  bezüglichen 
Bestimmungen  zu  verfahren  ist,  soweit  die  Natur  der  Sache  nicht  von  selbst 
Modificationen  bedingt/' 

C.Verf.  des  Pinanzmin.  V.  27.  Febr.  1865  (den  K.  Prov.Sch.CC.  mit- 
geteilt durch  C.Verf.  v.  5.  Aug.  1865):  „Hinsichtlich  der  Zahlung  der 
den  suspendirten  Beamten  zustehenden  Hälfte  des  Gehalts  wird 
Folgendes  angeordnet: 

1.  Die  den  suspendirten  Beamten  gesetzlich  zu  gewährende  Hälfte  des 
Gehalts  ist  ihnen  von  dem  auf  den  Zeitpunkt  der  Suspension  folgenden  Zah- 
lungstermin ab  in  monatl.  Baten  pränum.  zu  zahlen. 

2.  Wenn  die  Suspension  im  Laufe  einc^s  Monats  eintritt,  so  ist  der  Zeit- 
punkt, von  welchem  ab  die  Hälfte  des  Diensteinkommens  des  suspendirten  Be- 
amten einbehalten  wird,  auf  den  ersten  Tag  des  nächstfolgenden  Monats  zu 
bestimmen.  Hat  der  Beamte  vor  dem  Eintritt  der  Suspension  bereits  das  volle 
Gehalt  für  die  folgenden  Monate  erhoben,  so  ist  er  zwar  zur  Erstattung  des 
überhobenen  GehaJtsteils  verpflichtet ;  jedoch  ist  die  Wiedereinziehung  desselben 
nicht  durch  Anrechnung  auf  die  dem  Beamten  zu  seinem  nothdürftigen  unter* 
halt  ausgesetzte  Hälfte  des  Gehalts  zu  bewirken,  sondern  unabhängig  davon  zu 
betreiben.  Hiemach  ist  auch  dann  zu  verfahren,  wenn  die  Suspension  als 
Folge  eines  gegen  den  Beamten  ergangenen,  noch  nicht  rechtskräftig  gewordenen 
Urteils  eingetreten  ist,  welches  auf  den  Verlust  des  Amts  lautet  oder  diesen 
kraft  des  Gesetzes  nach  sich  zieht. 

3.  Die  Frage,  bis  zu  welchem  Zeitpunkt  dem  suspendirten  Beamten  ein 
Anspruch  auf  den  zu  seinem  Unterhalt  bestimmten  Gehaltsteil  zusteht,  wenn 
demnächst  auf  Verlust  des  Amts  rechtskräftig  gegen  ihn  erkannt  wird,  beant- 
wortet sich  dahin,  dafs  von  dem  Ablauf  des  Monats  ab,  in  welchem  das  Er- 
kenntnis die  Bechtskraft  erlangt,  eine  fernere  Gehaltszahlung  nicht  zu  leisten  ist. 

Den  vorstehenden  Bestimmungen  gemäfs  ist  in  vorkommenden  Fällen  das 
Erforderliche  zu  veranlassen.^ 

Min.Verf  v.  20.  Nov.  1882.  „Der  £.  Regierung  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  v.  11.  Oct.  er.,  dafs  der  Erlafs  v.  5.  Aug.  1865  (s.  vorher),  betr.  die 
den  suspendirten  Beamten  zustehende  Besoldung,  über  den  Zeitpunkt  des  Ein- 
trittes der  Suspension  bezüglich  der  Bechtskraft  des  Erkenntnisses  überhaupt 
keine  Bestimmung  trifft.  Als  solcher  ist  aber  der  Tag  der  Zustellung  der 
Suspensions-Verfagung,  bezw.  der  in  letzter  Instanz  die  Dienstentlassung  aus- 
sprechenden Entscheidung  anzusehen.  Der  Lehrer  N.,  welchem  die  Amts- 
Buspension  vom  23.  April  1881  am  10.  Mai  1881  eröffnet  und  das  letzte  Er- 
kenntnis vom  18.  April  1882  am  16.  Juni  1882  behändigt  ist,  hat  daher 
einen  Anspruch  auf  das  volle  Gehalt  noch  bis  zum  31.  Mai  1881,  auf  die 
Hälfte  bis  zum  30.  Juni  1882."    Der  Min.  etc.  von  Gofsler. 

Min.  Verf.  v.  19.  Jan.  1874.  „Auf  den  Bericht  v.  2.  d.  M.,  betr.  das 
Becursgesuch  des  SchulcoUegiums  von  N.  gegen  die  angeordnet«  Zahlung  des 
Suspensionsgehalts  an  den  in  Disciplinaruntersuchung  befindlichen  Lehrer  N., 
eröffne  ich  der  E.  Begierung,  dafs  ich  die  Beschwerde  nicht  für  unbegründet 
erachten  kann.  Auch  die  suspendirten  Beamten  bleiben  nach  wie  vor  der 
disciplinarischen  Aufsicht  der  vorgesetzten  Behörden  unterworfen  und  dürfen 
sich  insbesondere  ohne  Genehmigung  weder  von  dem  bisherigen  Amtssitze  ent- 
fernen, noch  andere  Stellungen  übernehmen.  Geschieht  letzteres,  so  berechtigt 
der  §  8  des  Disciplinargesetzes  vom  21.  Juli  1852  auch  dem  suspendirten 
Beamten  die  ihm  belassene  Hälfte  des  Gehaltes  zu  entziehen.  Indem  dem 
Lehrer  N.  die  Genehmigung  zur  Uebernahme  seiner  jetzigen  Stellung  in  B.  nicht 
erteilt  ist  und  sich  derselbe  eigenmächtig  von  seinem  Amtssitze  entfernt  hat» 
kann  ich  es  somit  nicht  far  gerechtfertigt  erachten,  dafs  die  Schulgemeinde  N. 


348 

im  Wege  der  administrativen  Execntion  zur  Zahlung  der  Grehaltshälfte  an  pp.  K. 
auch  für  die  Zeit  seiner  Entfernung  vom  Amtssitze  angehalten  wird,  zomal 
demselben  besondere  Entschnldignngsgründe  nicht  znr  Seite  stehen.  Demgemäfs 
veranlasse  ich  die  E.  Bfgiernng,  die  behufs  zwangsweiser  Beitreibung  der  Ge- 
haltshälfte getroffenen  Mafsnahmen  zurückznnehuien  und  den  Lehrer  N.,  wie 
auch  das  SchulcolL  hiervon  in  Kenntnis  zu  setzen."  Der  Min.  etc.  Im  Auflr.  GreüT. 

Min.Verf.  v.  29.  März  1883.  „Auf  den  Bericht  v.  16.  März  er.,  betr. 
den  Gemeindeschullehrer  N.,  veranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.C,  dem  hiesigen 
Magistrate  sofort  die  Nachzahlang  der  während  der  Arotssuspension  des  etc.  N. 
innebehaltenen  Gehaltshälfte  aufzugehen  und  ihm  dabei  zu  eröffnen,  dafs  die 
Ausfuhrungen  in  dem  beiliegenden  Berichte  der  Stadtschuldeputation  v.  16.  Febr.  er. 
nicht  zutreffend  erscheinen. 

Der  etc.  N.  ist  am  30.  Dec.  1881  vom  Amte  suspendlrt,  weil  ein  gerichü. 
Strafverfahren  gegen  ihn  eingeleitet  war.  Nachdem  er  in  letzterem  zu  einer 
vierzehntägigen  Gefängnisstrafo  verurteilt  worden,  ist  die  Amtssuspension  auf- 
gehoben und  ohne  Einleitung  eines  förmlichen  Disciplinarverfahrens  eine  Ord- 
nungsstrafe gegen  ihn  festgesetzt. 

Bei  dieser  Sachlage  erscheint  die  Forderung  des  Magistrates,  die  einbe- 
haltene Hälfte  des  Diensteinkommens  zur  Deckung  der  Stellvertretungskosten 
nach  §  51  des  Gesetzes  vom  21.  Juli  1852  zu  verwenden,  nicht  begründet, 
denn  der  Anspruch  eines  Beamten  auf  Nachzahlung  desselben  wird  in  den 
§§  52,  53  a.  a.  0.  lediglich  von  den  disciplinaren  Folgen  des  Verfahrens  ohne 
Bücksicht  auf  den  Ausgang  des  Strafprozesses  als  solchen  abhängig  gemacht; 
und  zwar  wird  demselben  bei  der  Dienstentlassung  nichts  gezahlt  (§  52),  da- 
gegen Alles,  wo  gar  keine  disciplinare  Folge  eingetreten  ist  (§  53  Abs.  1); 
endlich  bei  Yerhängung  nur  einer  Ordnungsstrafe  lediglich  der  für  Untersuchungs- 
kosten etc.  nöthige  Betrag  einbehalten,  nicht  aber  die  für  Stellvertretung  erforder- 
liche Summe  (§  53  Abs.  2). 

Dieser  Fall  liegt  hier  vor  und  kommt  es  nicht  weiter  darauf  an,  ob 
aufserdem  gegen  den  etc.  N.  eine  gerichtliche  Strafe  erkannt  ist"  Der  Min.  etc. 
Im  Auftr.  de  la  Croix. 

G.Verf.  V.  8.  April  1882.  „Das  E.  Staatsministerium  hat  auf  Anregung 
der  K.  Ober-Bechnungskammer  beschlossen,  dafs  bei  Verrechnung  der 
durch  Amtssusponsionen  und  Disciplinaruntersuchungen  der 
Staatskasse  entstehenden  Kosten  für  die  Folge  dergestalt  zu  verfahren 
ist,  dafs  1.  die  Kosten,  welche  durch  die  Stellvertretung  eines  suspendirten 
Beamten  und  durch  die  Untersuchung  entstehen,  stets  sofort  auf  die  betr. 
Etatsfonds  definitiv  zu  übernehmen  sind;  2.  der  innebehaltene  Teil  des 
Diensteinkommens  aber  bis  znr  Beendigung  des  gegen  den  Beamten  eingeleiteten 
Verfahrens  in  Rest  zu  halten  und  dann  je  nach  dem  Ausfalle  desselben  zur 
Befriedigung  entweder  des  Beamten  oder  der  Staatskasse,  hinsichtl.  der  letzteren 
in  der  Art  zu  verwenden  ist,  dafs  der  der  Staatskasse  zukommende  Betrag, 
sofern  nicht  aus  besonderen  Gründen,  z.  B.  wegen  einer  festgesetzten  Geldstrafe, 
eine  besondere  Vereinnahmung  geboten  erscheint,  als  erspart  bei  der  Bestans- 
gäbe  in  Abgang  gestellt  wird.  Die  Behörden  meines  Bessorts  werden  zur 
Nachricht  und  Nachachtnng  hiervon  in  Kenntnis  gesetzt."  Der  Min.  d.  g.  etc. 
Ang.    In  Vertr.  Lucanus. 

Min.Verf.  v.  11.  Jan.  1883.  „Auf  die  Berichte  v. . . .  erwidere  ich  der 
K.  Regierung,  dafs  die  G.Verf.  v.  8.  April  v.  J.,  betr.  die  Verrechnung  der  durch 
Amtssuspensionen  und  Disciplinaruntersuchungen  der  Staatskasse  entstehenden 
Kosten,  auch  bei  den  mittelbaren  Staatsbeamten,  insbesondere  bei  den  Lehrern, 
anzuwenden  ist.    Selbstverständlich  erleidet  jedoch  hierdurch  der  in  der  dies- 


349 

seitigen  Verfügung  v.  21.  Oct.  1861  (CBl.  1861  S.  749)  ausgesprochene  Grund- 
satz, wonach  die  Kosten  der  Stellvertretung  eines  vom  Amte  suspendirten 
Lehrers,  soweit  sie  aus  der  innebehaltenen  Gehaltshälfte  nicht  gedeckt  werden 
können,  lediglich  den  zur  Unterhaltung  der  Schule  Verpflichteten  zur  Last 
fallen,  keine  Aenderung.  Die  Zeugengebühren  etc.  in  Disciplinar-Üntersuchungs- 
sachen  gegen  mittelbare  Staatsbeamte,  insbesondere  Lehrer,  sind  nach  Anleitung 
des  Reichsgesetzes  v.  30.  Juni  1878  (RGBl.  1878  S.  173)  festzustellen  und  von 
der  Behörde,  welche  die  Untersuchung  eingeleitet  hat,  vorbehaltlich  der  Er- 
stattung nach  rechtskräftiger  Verurteilung  des  Angeklagten,  auf  ihren  Fonds  zu 
Prozelskosten  zu  übernehmen."     Der  Min.  d.  g.  etc.  Ang.    In  Vertr,  Lucanus. 

Staatsmin.  Schreiben  v.  8.  Nov.  1873:  „Der  K.  ORechnungskammer 
beehren  wir  uns  auf  das  gefall.  Schreiben  v.  6.  März  d.  J.  ganz  ergebenst  zu 
erwidern,  dafs  wiif  in  Bezug  auf  die  Feststellung  des  einem  suspendirten 
Beamten  für  die  ihm  überlassene  Dienstwohnung  zumachenden  Mieths- 
abzuges  der  Auffassung  der  E.  ORechnungskammer  dahin  beitreten,  dafs  auch 
von  suspendirten  Beamten  der  volle  Miethsbetrag  (Procentsatz  des  Dienstein- 
koramens)  aus  der  ihnen  gemäfs  §  48  des  Gesetzes  v.  7.  Mai  1851  und  §  51 
des  Gese^es  v.  21.  Juli  1852  zustehenden  Hälfte  ihres  Diensteinkommens  zu 
entrichten  ist.  Die  in  Rede  stehende  Miethsvergütung  ist  als  eine  Mieths- 
schuld  anzusehen,  welche  das  Besondere  hat,  dafs  sie  nach  gewissen  Procent- 
sätzen des  Gehalts  bemessen  wird.  Als  ein  Teil  des  (xehalts  selbst  kann  der 
Betrag  dieser  Schuld  nicht  gelten.  Er  wird  deshalb  auch  keiner  Kürzung 
unterliegen  können,  wenn  der  Beamte  in  Folge  seiner  Suspension  vom  Amte 
nur  die  Hälfte  seines  Gehalts  bezieht.  Nachdem  inzwischen  das  Gesetz  v. 
12.  Mai  d.  J.,  betr.  die  Gewährung  von  Wohnungsgeldzuschüssen,  in  Kraft 
getreten  ist,  gestaltet  sich  die  Sache  folgendermafsen : 

Nach  §  4,  Absatz  2  I.e.  werden  die  Miethsvergütigungen,  welche  Beamte 
für  die  ihnen  überlassenen  Dienstwohnungen  zu  entrichten  haben,  um  den 
Betrag  des  Wohnungsgeldzuschusses  gekürzt.  Dieser  Vorschrift  ist  nur  die 
Bedeutung  beizulegen,  dafs  die  Miethsforderung  des  Staats  um  denjenigen  Betrag 
sich  ermäfsigt,  welchen  der  Beamte  an  Wohnungsgeldzuschufs  zu  empfangen 
haben  würde,  wenn  er  keine  Dienstwohnung  inne  hätte.  Da  nach  §  6,  Abs.  2 
des  Gesetzes  v.  12.  Mai  d.  J.  der  Wohnungsgeldzuschufs,  von  gewissen,  hier 
nicht  interessirenden  Bezeichnungen  abgesehen,  als  Teil  der  Besoldung  gilt, 
80  steht  den  Beamten  während  der  Amtssuspension  nach  den  Vorschriften 
der  Gesetze  v.  7.  Mai  1851  und  v.  21.  Juli  1852  nur  die  Hälfte  des  tarif- 
mäfsigen  Wohnungsgeldzuschusses  zu.  Die  von  einem  suspendirten  Beamten 
während  der  Amtssuspension  zu  entrichtende  Miethsvergütigung  ist  demgemäfs 
nur  um  den  halben  Betrag  des  tarifmäfsigen  Wohnungsgeldzuschusses  zu  kürzen; 
wogegen  der  danach  verbleibende  Rest  der  Miethsvergütigung  aus  der  dem 
Beamten  zustehenden  Gehaltshälfte  zu  berichtigen  ist.  Nach  diesem  Grund- 
sätze wird  fortan  in  allen  Ressorts  verfahren  werden/'  Vgl.  Verf.  des 
Pinanz-Min.  u.  des  Min.  des  Inn.  v.  30.  Dec.  1873.     CBl.  1874  S.  435. 

G.Verf.  des  Min.  d.  Innern  und  des  Finanzmin.  v.  25.  Juli  1883 
mitgeteilt  durch  C.Verf  des  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v.  4.  Jan.  1884.  „In  Ueber- 
einstimmung  mit  den  für  den  Bereich  der  Justizverwaltung,  sowie  der  land- 
wirthschaftlichen,  Domänen-  und  Forstverwaltung  getroffenen  Anordnungen  be- 
stimmen wir  in  Betreff  der  Berechnung  der  Hälfte  des  Diensteinkommens  eines 
vom  Amte  suspendirten  Beamten  in  Beziehung  auf  das  Emolument  der  freien 
Dienstwohnung  hierdurch  Folgendes:  Wenn  suspendirte  Beamte  eine  freie 
Dienstwohnung  inne  haben  oder  eine  Miethsentschädigung  beziehen,  so  kommt 
bei  der  Bestimmung  des  Betrages  der  ihnen  nach  §  51  des  Disciplinargesetzes 
V.  21.  Juli  1852  während  der  Suspension  zu  gewährenden  Hälfte  ihres  Dienst- 


360 

einkommens  nicht  allein  ihre  Besoldung,  sondern  anch  das  ihnen  etatsmifslg 
zustehende  Emolament  der  freien  Dienstwohnung,  bezw.  die  statt  derselben  za 
gewährende  Miethsentschädignng  in  Betracht.  In  Bücksicht  hierauf  ist  es  er- 
forderlich, dafs  bei  der  Suspension  eines  Beamten,  welcher  eine  freie  Dienst- 
wohnung inne  hat,  sogleich  eine  Entscheidung  darüber  getroffen  wird,  ob  und 
zu  welchem  Zeitpunkte  derselbe  die  Wohnung  räumen  soll.  Von  dem  Tage 
der  Räumung  an  ist  dem  suspendirten  Beamten  neben  der  Hälfte  der  Besoldung, 
welche  ihm  für  die  Zeit  der  Suspension  gebührt,  die  Hälfte  des  etatsmäfsigen 
Betrages  der  Miethsentschädigung  zu  gewähren.  Die  baldige  Entfernung 
eines  suspendirten  Beamten  aus  der  ihm  überwiesenen  freien  Dienstwohnung 
wird  in  der  Regel  durch  das  Interesse  des  Dienstes  geboten  sein,  sie  wird  aber 
auch  im  Interesse  der  Staatskasse  liegen,  sofern  durch  üeborlassung  der  Dienst- 
wohnung an  den  Stellvertreter  die  dem  letzteren  zu  gewährende  Remuneration 
vermindert  werden  kann.  Ist  ausnahmsweise  die  sofortige  Räumung  weder 
durch  das  Interesse  des  Dienstes  noch  durch  das  der  Staatskasse  geboten,  so 
ist  der  snspendirte  Beamte  in  der  Dienstwohnung  vorläufig  zu  belassen,  hat 
sich  jedoch  ausdrücklich  der  Verpflichtung  zu  unterwerfen,  dieselbe  jederzeit 
auf  Verlangen  zu  räumen.  Der  suspendirte  Beamte  hat  in  diesem  Falle  eine 
besondere  Entschädigung  für  die  ihm  gestattete  weitere  Benutzung  der  Wohnung 
nicht  zu  entrichten.  Für  den  Fall  der  Suspension  eines  Beamten,  welcher 
eine  Dienstwohnung  gegen  Entrichtung  einer  Miethsvorgütigung  inne  hat,  be- 
wendet es  bei  der  Bestimmung  im  Schlufssatze  der  G.Verf.  v.  30.  Dec.  ISISJ*^ 

C.Verf.  V.  5.  Febr.  1867:  „Es  sind  Zweifel  darüber  angeregt  worden,  ob 
die  BestiininaDg  des  §  169  des  Anhangs  zur  Allgm.  Gerichtsordnung,  naoh  welcher 
„die  in  Absicht  der  Beschlagnahme  von  Besoldungen  und  Pensionen 
vorgeschriebenen  Einschränkungen  bei  solchen  Schulden,  welche  aus  unerlaubten 
Handlungen  entstanden  sind,  keine  Anwendung  finden**,  auch  dann  Geltung  habe^ 
wenn  die  unerlaubte  Handlung  lediglich  in  einem  nur  zu  disciplinarischer  Ahn- 
dung geeigneten  Dienstvergehen  besteht.  Zur  Beseitififung  dieser  Zweifel  hat  das 
K.  Staatsmin.  in  Uebereinstimraung  mit  der  in  dem  Erkenntnis  des  K.  OTribunals 
V.  2.  April  1846  enthaltenen  Rechtsausführung  beschlossen,  dafs  von  Seiten  der 
Verwaltungsbehörden  die  gedachte  Bestimmung  des  gedachten  §  169  des  Anhangs 
zur  Allgm.  Gerichtsordnung  nur  dann  zur  Anwendung  gebracht  werden  soll,  wenn 
der  gegen  einen  Beamten  oder  eine  Militarperson  zu  verfolgende  Anspruch  auf 
einer  in  den  allgm.  Strafgesetzen  mit  Strafe  bedrohten  Handlung  oder  Untere 
lassung  beruht. 

Das  K.  Frov.Sch.G.  wolle  hiernach  in  vorkommenden  Fällen  verfahren.* 

Die  jetzt  mafsgebenden  Bestimmungen  nach  dieser  Richtung  sind:  Reichs- 
Givilprozefsordn.  §  749.  „Der  Pfändung  sind  nicht  unterworfen :  1.  der  Arbeits- 
oder Dienstlohn  nach  den  Bestimmungen  des  Reichsges.  v.  21.  Juni  1869 
(RGBl.  1869  S.  242  u.  1871  S.  63);  7.  die  Pensionen  der  Witwen  und  Waisen 
und  die  denselben  aus  Witwen-  und  Waisenkassen  zukommenden  Bezüge,  die 
Er/iehnngsgelder  und  die  Stndienstipendien;  8.  das  Diensteinkommen  der  Be- 
amten und  der  Lehrer  an  öffentl.  ünterrichtsanstalten ;  die  Pension  dieser 
Personen  nach  deren  Versetzung  in  den  einstweiligen  oder  dauernden  Ruhestand, 
sowie  der  nach  ihrem  Tode  den  Hinterbliebenen  zu  gewährende  Sterbe-  oder 
Gnadengehalt.  üebersteigen  in  den  Fällen  Nr.  7  und  8  das  Diensteinkommen, 
die  Pension  oder  die  sonstigen  Bezüge  die  Summe  von  1500  M  för  das  Jahr, 
00  ist  der  dritte  Teil  des  Mehrbetrags  der  Pfändung  unterworfen.  .  .  Die 
Pfändung  ist  ohne  Rücksicht  auf  den  Betrag  zulässig,  wenn  sie  zur  Befriedigung 
der  Ehefrau  und  der  ehelichen  Kinder  des  Schuldners  wegen  solcher  Alimente 
beantragt  werden,  welche  für  die  Zeit  nach  Erhebung  der  Klage  und  für  das 
diesem  Zeitpunkte  vorausgehende  letzte  Vierteljahr  zu  entrichten  sind.  Die 
Einkünfte,  welche  zur  Bestreitung  eines  Dienstaufwandes  bestimmt  sind, .  . . 
sind  weder  der  Pfändung  unterworfen,  noch  bei  der  Ermittelung,  ob  und  zn 


351 

welchem  Betrage  ein  Diensteinkommen  der  Pfändnng  unterliege,  zu  berechnen. 
§  B08.  Auf  die  YoUziehnng  des  Arrestes  finden  die  Vorschriften  über  die 
Zwangsvollstreckung  entsprechende  Anwendung  n.  s.  w.*'  Anhang  §  163 

zn  §  108  der  AUg.  Gerichtsordn.  T.  I  Tit.  24:  ,,Eine  Verzichtleistung  auf  die 
festgesetzte  Befreiung  vom  Arrestschlag  ist,  sowie  jede  Verpfändung  und  An- 
weisung fixirter  Besoldungen,  Emolumente  und  Pensionen  ohne  alle  rechtliche 
Wirkung."  Diese  Bestimmung  ist  für  den  Geltungsbereich  der  AUg.  Gerichts- 
ordn. noch  in  Kraft  und  findet  innerhalb  derselben  auf  die  Bestimmungen  der 
§§  749,  808  der  Civ.Proz.Ordn.  Anwendung. 

Wartegeld. 

Allerh.  Erlafs  v.  14.  Juni  1848  (GS.  p.  153):  „Auf  den  Bericht  des 
Staatsministerii  v.  12.  d.  M.  erkläre  Ich  Mich  damit  einverstanden,  dafs  den- 
jenigen Beamten,  welche  schon  bisher  zur  Disposition  gestellt  worden  sind  oder 
mit  Bücksicht  auf  die  bevorstehende  Umbildung  der  Staatsbehörden  vorläufig 
zur  Disposition  zu  stellen  sein  werden,  ein  Wartegeld  so  lange  bewilligt  werden 
soll,  bis  ihnen  entweder  ein  anderes  Off.  Amt  übertragen  wird  oder  ihre  Pen- 
sionirung  thunlich  erscheint.  Die  Sätze  dieses  Wartegeldes  sind  im  Anschlufs 
an  den  Erlafs  v.  25.  Mai  1820  derartig  zu  bestimmen,  dafs  disponibel  ge- 
wordene Beamte,  welche  1200  Thlr  und  mehr  an  jährl.  Gehalte  beziehen,  die 
Hälfte  ihres  Gehalts  als  Wartegeld,  diejenigen  aber,  deren  Gehalt  1100  Thlr 
beträgt:  580  Thlr  Wartegeld;  bei  1000  Thlr:  560  ThlrW.;  900:  540  Thlr  W.; 
800:  500  Thhr  W.;  720:  480  Thlr  W.;  600:  400  Thlr  W.;  480:  360  Thlr  W.; 
360:  270  Thlr  W.;  336:  250  Thhr  W.;  300:  225  Thlr  W.;  276:  200  Thlr  W.; 
264:  200  Thlr  W. ;  240:  180  Thlr  W.;  204  und  abwärts  bis  150:  150  Thlr  Warte- 
geld erhalten.  In  Fällen,  wo  die  Besoldungen  von  den  vorstehenden  Sätzen 
abweichen,  soll  das  Wartegeld  nach  dem  Verhältnisse  des  nächst  höheren  Gehalts- 
satzes ermittelt  werden.  . . .  Auf  Besoldungszuschüsse,  welche  einzelnen  Beamten 
behufs  der  Repräsentation  in  ihren  Dienstverhältnissen  gegeben  sind,  soll  bei 
der  Wartegelderbestimmung  nicht  Bücksicht  genommen  werden,  und  das 
Maximum  des  anrechnungsfähigen  Gehalts  4000  Thlr,  folglich  das  Wartegeld 
den  Betrag  von  2000  Thlm  nicht  überschreiten.  Die  auf  Wartegeld  zu 
setzenden  Beamten  sind  in  der  Wahl  ihres  Wohnorts  im  Inlande  nicht  be- 
schränkt. Jedoch  verpflichtet,  dort  nach  ihrer  Befähigung  mit  möglichster 
Berücksichtigung  ihrer  früheren  Verhältnisse  mäfsige  Hülfe  im  Staatsdienste  zu 
leisten,  wenn  dies  gefordert  wird." ...  Die  CO.  v.  24.  Oct.  1848  (GS.  p.  338) 
enthält  geringe  Modificationen  des  Vorstehenden.  Beide  Erlasse  sind  durch 
Verordnung  v.  23.  Sept.  1867  (GS.  p.  1619)  auch  in  den  neuen  Landesteilen 
in  Kraft  getreten.  Die  Zahlungen  erfolgen  nach  dem  Gesetz  v.  6.  Febr.  1881 
§  4  (S.  294)  vierteljährlich  im  Voraus;  Umzugskostenvergütung  im  Falle  der 
Wiederanstellung  nach  dem  Gesetz  v.  24.  Febr.  1877  §  8  (S.  316). 

Min. Verf.  v.  11.  Nov.  1872.  „Auf  den  Bericht  etc.  erwidere  ich  der 
E.  Begierung,  dafs  der  Lehrer  N.  an  der  höh.  Knabenschule  zu  N.,  welche 
durch  die  Eröffnung  des  Gymn.  bestandsunfähig  geworden  ist,  bis  zu  seiner 
Berufung  in  ein  anderes  Schulamt  das  volle  Gehalt  seiner  Stelle  zu  beziehen 
hat,  weil  nach  dem  Allerh.  Erlafs  v.  14.  Juni  1848  und  nach  den  §§  87  u.  94 
des  Ges.  v.  21.  Juli  1852  (S.  336 f.)  nur  Beamte  im  unmittelbaren  Staatsdienst» 
welche  bei  Umbildung  einer  Staatsbehörde  entbehrlich  werden,  mit  Gewährung 
von  Wartegeld  einstweilig  in  den  Buhestand  versetzt  werden  können.^' . . .  GBl. 
1872  p.  746. 

Wegen  der  Entschädigung  bei  der  Dispositionsstellung  von  Beamten  ist  eine 

Snioht  gedruckte)  G.O.  v.  31.  Aug.  1824  eraansren.    Dieselbe  hat  Vorschlägen  bei 
ler  Gesetzesrevision  zur  Grundlage  gedient.  Der  Gesetzesrevisor  bemerkt  zum  A.  LR. 


362 

T.  II  Tit.  10  Pensum  12  S.  68:  „Aufser  den  Fällen  der  Unwürdigkeit  oder  Un- 
fähigkeit kann  das  Ausscheiden  eines  Beamten  dadurch  herbeigeführt  werden, 
dafs  die  Stelle,  welche  derselbe  bekleidete,  in  Folge  veränderter  Einrichtofigen  ganz 
eingeht.  In  dem  Rescripte  v.  16.  März  1787  (Rabe  Bd.  I  Abt.  7  S.  5^1)  ist 
auf  Grund  eines  Conclusuras  der  Gesetzescommission  bestimmt,  dafs  Beamte 
wegen  einer  solchen  Veränderung  nicht  schlechthin  und  ohne  wegen  des  ver- 
lorenen Postens  vollständig  schadlos  gehalten  zu  werden,  entlassen  werden  können. 
Bei  der  Redaction  des  A.  LR.  ist  diese  Bestimmung  nicht  besonders  berücksichtigt 
worden,  vermuthlich  nur  deshalb,  weil  sie  aus  den  allgm.  Rechtsgrundraltzen  in 
den  §§  74  und  75  der  Einleitung  von  selbst  folgt. . . .  *)  Das  Princip  ist  in  der 
CO.  V.  31.  Aug.  1824  Nr.  7  (Geyralacten  des  Just.Min.  I  Abt.  Justizfonds  Nr.  37) 
anerkannt  worden.  £s  ist  daselbst  festgesetzt,  dafs  kein  Beamter,  welcher  in  Folge 
der  bei  Revision  des  Staatshaushalts  beschlossenen  Veränderungen  und  Beechrän- 
kungen  überflüssig  werden  würde,  falls  er  sich  nicht  als  dienstunfähig  zur  Pen- 
sionirung  eignete,  an  seinem  Diensteinkommen  etwas  verlieren,  sondern  mit  seinem 
vollen  Gehalte,  bis  zur  Wiederanstellung  in  einer  etatsmäfsigen  Stelle  auf  den 
Aussterbeetat  gebracht  und  auf  eine  seiner  bisherigen  Anstellungr  angemessene  Art 
beschäftigt  werden  solle. ...  Es  versteht  sich  dabei  von  selbst,  dafs  das  neue  Amt, 
in  welchem  der  Beamte  wieder  angestellt  wird,  mit  dem  verlorenen  nicht  blofs  im 
Einkommen,  sondern  auch  im  Range  gleichstehen  müsse  . . .  Die  vorstehend  hin- 
sichtlich der  Entlassung  der  Beamten  gemachten  Vorschläge  setzen  eine  lebens- 
längliche Anstellung  voraus  und  können  auf  Beamte,  welche  nicht  auf  lebenslang 
angestellt  sind,  nicht  bezogen  werden.  Bei  diesen  mufs  aber  wieder  ein  Unter- 
schied gemacht  werden,  je  nachdem  sie  auf  Probe,  Kündigung  oder  sonst  auf 
Widerruf  oder  auf  eine  festbestimmte  Zeit  —  3,  6,  12  Jahre  —  angestellt  sind. 
Die  zur  ersten  Kategorie  gehörenden  Beamten  können  zu  allen  Zeiten  beliebig 
entlassen  werden,  ohne  dafs  ihnen  ein  Widerspruch  dagegen  oder  ein  Ansprach 
auf  Pension  oder  Entschädigung  zukommt.  . . .  Die  zur  letzten  Kategorie  gehören- 
den Beamten  verlieren  zwar  mit  dem  Ablaufe  der  Zeit,  auf  welche  ihre  Anstellung 
erfolgt  ist,  von  selbst  ihr  Amt ;  sie  haben  weiter  kein  Recht  gegen  den  Staat  und 
insonderheit  keinen  Anspruch  auf  Pension;  allein  während  der  festgesetzten  Amts- 
periode können  sie  ebensowenig  als  die  auf  lebenslang  angestellten  nach  Willkür 
entlassen  werden.  Von  einer  r  ensionsbewillig^ng  kann  aber  hierbei,  da  die  ge^ 
dachten  Beamten  übeihaupt  keinen  Anspruch  auf  Pension  haben,  nicht  die  Rede 
sein;  auch  ist  nach  der  Natur  der  Sache  die  . . .  Verbindlichkeit  des  Staates  hier 
auf  die  noch  nicht  abgelaufene  Zeit  der  Amtsperiode  beschränkt." 

Es  sind  femer  folgende  Bestimmungen  ergangen: 

Beschlufs  des  Staatsministeriums  v.  16.  Oot.  1848.  „Sonstige  Be- 
amte, die  durch  andere  Ursachen  als  in  Folge  einer  Umbildung  der  Staat s.- 
beh Orden  ...  vorübergehend  entbehrlich  werden,  können  nicht  auf  Wartegeld 
gesetzt,  sondern  müssen,  wenn  ihre  Pensionirung  nicht  zulässig  ist,  im  Genüsse 
ihres  vollen  Gehalts  belassen  werden." 

G.Verf.  des  Ministeriums  d.  Inn.  u.  des  Finanzministeriums 
vom  21.  Oct.  1848  (Min.  Bl.  f.  d.  inn,  Verordnung  S.  337).  „Unter  Bezug- 
nahme auf  den  in  der  diesjährigen  Gesetzsammlung  S.  155  abgedruckten  AUerh. 
Erlafs  vom  14.  Juni  d.  J.  (Min«  Bl.  S.  187),  betr.  die  Bewilligung  von  Warte- 
geld an  disponible  Beamte,  wird  wegen  des  bei  Festsetzung  and  An- 
weisung von  Wartegeldern  zu  beobachtenden  Verfahrens  Folgen- 
des bestimmt:  Die  Bewilligung  von  Wartegeld  darf  nur  mit  Genehmigung  des 
betr.  Ministeriums  geschehen  und  mufs  dem  Beamten  nach  Analogie  der  Bestim- 
mung in  §  5  der  Verordnung  v.  29.  März  1844  (GS.  S.  90),  betr.  das  bei 
Pensionirungen  zu  beobachtende  Verfahren,  mindestens  drei  Monate  vor  Eintritt 
der  Wartegelderzahlung,   wobei  der  Monat,   in    welchem  die    Verfügung   ergeht, 


V  A.  LR.  Einleitung  §  74.  „Einzelne  Rechte  und  Vorteile  der  Mitglieder 
des  Staats  müssen  den  Rechten  und  Pflichten  zur  Beförderung  des  gemeinschaftl. 
Wohls,  wenn  zwischen  beiden  ein  wirklicher  Widerspruch  (GoUision)  eintritt» 
nachstehen."  §  75.  „Dagegen  ist  der  Staat  denjenigen,  welcher  seine  besonderen 
Rechte  und  Vorteile  dem  Wohle  des  gemeinen  Wesens  aufzuopfern  genÖthigt  ¥nrd, 
zu  entschädigen  gehalten.'* 


353 

nicht  mitznreclinen  ist,  bekannt  gemacht  werden.  Sobald  daher  feststeht,  dafs  eine 
etatsmäfsige  Stelle  entbehrlich  wird,  muTs  an  den  Inhaber  derselben  sofort  die 
nöthige  Bekanntmachung  von  seiner  Dienstbehörde  erlassen  und  die  Genehmigimg 
der  Kafsregel,  sowie  die  Festsetzung  des  Wartegeldes  unter  Einreichung  einer 
rnaoh  vorgeschriebenem  Schema]  aufzustellenden  Nachweisung  bei  dem  vorgesetzten 
Uinisterium  beantragt  werden.  Diese  Anträge  sind  jedoch  nicht  für  jeden  einzel- 
nen Fall  erforderlich,  sondern  am  1.  März,  1.  Juni,  1.  Sept.  und  1.  Dec.  für  alle 
in  den  vorhergehenden  drei  Monaten  vorgekommenen  Fälle  in  Sinem  Berichte  zu 
machen.  Die  Zahlung  des  Wartegeldes  soll  in  der  Regel  bis  zum  Schlüsse  des- 
jenigen Jahres,  in  welchem  sie  beginnt,  aus  dem  Gehalte  der  betr.  Stelle,  v.  1.  Jan. 
des  folgenden  Jahres  ab  aber  für  Rechnung  des  Pensions- Aussterbe-Fonds  geleistet 
werden.  Die  Anweisung  auf  das  Gehalt  der  Stelle  ist  nach  erfolgter  Genehmig^ung 
des  Ministeriums  von  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  des  betr.  Beamten  zu  erteilen, 
wogegen  die  Zahlung  aus  dem  Pensions-Aussterbe-Fonds  ohne  weiteren  Antrag 
seitens  des  Finanzministeriums  am  Schlüsse  des  Jahres  verfügt  werden  wird.  Sollte 
ein  Wartegeld-Empfänger  vor  Ablauf  des  Jahres,  in  welchem  das  Wartegeld 
bewilligt  ist,  wieder  angestellt,  oder  die  Anweisung  eines  Wartegeldes  auf  den 
Pensions-Aussterbe-Fonds  früher  als  vorstehend  bestimmt  worden,  durch  besondere 
Umstände  erforderlich  werden,  so  ist  davon  Anzeige  zu  machen.  Wegen  der 
Zahlungs-Modalitäten  wird  auf  die  C.Verf.  v.  8.  Aug.  d.  J.  verwiesen.  Das  Gehalt 
der  Stellen  der  auf  Wartegeld  gesetzten  Beamten  ist  von  dem  Tage  ab,  wo  die 
Zahlung  des  letzteren  auf  den  Pensions-Aussterbe-Fonds  übernommen  wird,  für 
die  allgemeinen  Staatsfonds  als  erspart  zu  berechnen  und  seiner  Zeit  vom  Etat 
abzuse&en.  Mit  dem  Tage  der  Wiederanstellung  eines  Wartegeld-Empföngers 
hört  die  Zahlung  des  Wartegeldes  auf.  Erreicht  das  Einkommen  der  dem  Warte- 
geld-Empfänger  verliehenen  Stelle  mindestens  den  Betrag  seines  früheren,  der 
Berechnung  des  Wartegeldes  zum  Grunde  gelegten  Gehalts,  so  fällt  das  Warte^eld 
mit  dem  mnzen  Betrage  weg,  andemfallB  aber  nur  insoweit,  als  dasselbe  nicht 
dem  betr.  Beamten  als  Zuschms  zur  Erfüllung  seines  firüheren  Einkommens  belassen 
werden  mufs.  Die  Behörde,  welche  die  Anstellung  eines  Wartegeld-Empföngers 
verfüfft,  ist  verpflichtet,  den  Wegfall  des  Wartegeldes  anzuordnen,  resp.  bei  der 
betr.  Regierung,  in  deren  Bezirk  die  Zahlung  molgt  ist,  zu  veranlassen.  In 
Betreff  der  Wiederanstellung  der  Wartegeld-Empfänger  wird  auf  die  C.Yerf.  v. 
21.  Aug.  d.  J.  Bezug  genommen." 

Diese  Verfügung  hat  nach  der  Entscheidung  des  Obertribunals  in  Striethorsts 
Archiv  Bd«  98  S.  17  Gesetzeskraft. 

Vgl.  S  87  des  Disdplinarges.  y.  21.  Juli  1852  (S.  336);  Gesetz  über  die 
Organisation  der  allgm.  Landesverwaltung  v.  26.  Juni  1880,  GS.  p.  291,  §  83  fg. 

Für  Reichsbeamte  bestimmt  das  lUichsgesetz  y.  31.  Wkrz  1873  ^  24:  ^eder 
Reichsbeamte  kann  unter  Bewilligung  des  gesetzlichen  Wartegeldes  einstweüi^  in 
den  Ruhestand  versetzt  werden,  wenn  das  von  ihm  verwaltete  Amt  in  Folge  einer 
Umbildung  der  Reichsbehörden  aufhört.'' 


VIII. 

Wechsel  im  Lehramt   und  Ausscheiden   aus 

demselben. 


Die  entlassende  Behörde.    Entlassungstermin  und 

A.  LB.  T.  II  Tit  10  §  94.  „B^i  deijenigen  Instanz,  von  welcher  die 
Besetzung  eines  Amtes  abhängt,  mnfs  auch  die  Entlassimg  davon  nachgesncht 
werden.  §  95.  Die  Entlassnng  soll  nur  alsdann,  wenn  daraas  ein  erheblicher 
Nachteil  f&r  das  gemeine  Beste  zu  besorgen  ist,  versagt  werden.  §  96.  Einem 
Beamten,  dem  ans  diesem  Omnde  die  Entlassnng  versagt  wird,  steht  dagegen 

Wiese,  Verordniugen.    D.  23 


364 

die  Berafdng  auf  die  anmittelbare  landesherrl.  Entscheidang  offen.  §  97.  In 
keinem  Falle  aber  darf  der  abgehende  Beamte  seinen  Posten  eher  yerlassen, 
als  bis  wegen  Wiederbesetznng  oder  einstweiliger  Verwaltung  desselben  Yer- 
fügong  getroffen  ist. 

T.  II  Tit.  6  §  175.  Beamte  können  ihr  ohne  Einschränkung  übernom- 
menes Amt  niemals,  und  wenn  eine  Zeit  bestimmt  ist^  nicht  vor  Ablauf  der- 
selben eher  niederlegen,  als  bis  zu  dessen  Wiederbesetzung  die  nöthige  Ver- 
fügung getroffen  ist.  §  176.  Wenn  es  aber  an  tauglichen  Personen  dazu 
nicht  ermangelt  und  die  Corporation  gleichwohl  mit  Vernehmung  einer  neuen 
Wahl  zögert,  so  kann  der  abgehende  Beamte  bei  dem  Staate  darauf  antragen, 
dafs  ihr  die  Anstellung  einer  solchen  Wahl  in  einer  zu  bestimmenden  Ftist 
aufgegeben  und,  wenn  diese  fruchtlos  verläuft,  die  Stelle  for  diesmal  von  dem 
Staate  unmittelbar  besetzt  werde.^  —  Vgl.  S.  94. 

Wie  hiemach  die  ernennende  Behörde  auch  die  entlassende  ist,  so  erhalten 
auch  die  AUerh.  Orts  ernannten  Directoren  ein  vom  Könige  vollzogenes  Di- 
missoriale.    Vgl.  Pensionsgesetz  v.  27.  März  1872  §  21  (S.  359). 

Als  ordnungsmäfsige  Kündigungsfrist  wird  jetzt  nur  noch  bei  einer 
geringen  Zahl  von  Anstalten  weniger  als  ein  halbes  Jahr  angenommen.  Dafs 
der  Austritt  aus  dem  Amt,  ungewöhnliche  Fälle  ausgenommen,  nur  zu  Ostern 
oder  zu  Michaelis  erfolgen  darf,  ist  wiederholt  in  Erinnerung  gebracht  worden. 
Demgemäfs  wird  in  der  Begel  auch  nur  Ostern  oder  Michaelis  als  giltiger 
terminus  a  quo  für  die  Kündigung  einer  Lehrer-  oder  Directorstelle  angesehen. 
VgL  die  in  Abschn.  IV  mitgeteilten  Dienstinstructionen. 

C.Verf.  V.  7.  Juli  1823:  „um  den  mannigfaltigen  Nachteilen  vorzubeugen, 
welche  in  dem  Lehrgange  und  der  ganzen  Einrichtung  der  Gymn.  häufig  da- 
durch entstanden  sind,  dafs  bei  denselben  angestellte  Lehrer  nach  einer  kurzen 
Kündigungsfrist  die  Erlaubnis  zum  Uebertritt  in  andere  amtl.  Verhältnisse 
nachgesucht  und  erhalten  haben,  trägt  das  Minist,  dem  K.  Consist  hierdurch 
auf,  sämtlichen  Lehrern  an  den  Gymn.  Seines  Bezirks  bekannt  zu  machen,  daCs 
sie  von  jetzt  an,  wenn  sie  ihre  Stellung  aufzugeben  gedenken,  ein  halbes 
Jahr  vorher,  und  zwar  jedesmal  zu  Ostern  oder  Michaelis,  der  vorge- 
setzten Behörde  schrifü.  Anzeige  davon  zu  machen  und  ihre  Entlassung  nach- 
zusuchen haben.  Diese  Bestimmung  ist  von  jetzt  an  in  die  Bestallungen  der 
bei  den  Gymnasien  sowohl  königlichen  als  Privatpatronats  anzustellenden  Lehrer 
als  Bedingung  der  Anstellung  aufzunehmen,  und  es  wird  das  K.  Consist.  auf- 
gefordert, hiemach  die  zu  Ausfertigung  von  Bestallungen  für  Lehrer  an  Gymn. 
berechtigten  Magistrate  und  Privatpa&one  mit  der  erforderl.  Anweisung  und 
Ermächtigung  zu  versehen." 

Min.Verf.  v.  18.  Jan.  1862:  „Die  Verf.  v.  7.  Juli  1823,  die  Kündigungs- 
frist für  Lehrer  an  höheren  Schulen  betr.,  findet,  wie  ich  dem  K.  Prov.Sch.C. 
auf  den  Bericht  v.  —  erwidere,  nicht  nur  auf  Gymnasien  Anwendung,  sondern 
ebenso  auf  Progymnasien,  Beal-  und  höh.  Bürgerschulen.  Eine  neue  Fest- 
setzung über  denselben  Gegenstand  jetzt  zu  treffen,  mufs  ich  Bedenken  tragei, 
da,  wie  dem  K.  Prov.Sch.C.  bekannt  ist,  in  den  Entwurf  eines  Unterrichts- 
gesetzes für  die  höh.  Schulen  eine  Bestimmung  auch  über  die  Kündigungsfrist 
aufgenommen  worden  ist.  Hiemach  empfehle  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.,  nach 
wie  vor  und  bis  auf  Weiteres,  wo  es  in  einzelnen  Fällen  erforderlich  ist,  Seine 
Vermittelung  in  der  Art  eintreten  zu  lassen,  dafs  soviel  wie  möglich  eben- 
sowohl das  Interesse  der  Lehrer  wie  der  Anstalten  gewahrt  werde.**  Der  Min.  etc. 
V.  Bethmann-Hollweg. 

Für  Hülfslehrer  besteht  nach  Min.Verf.  v.  29.  Nov.  1871  (OB.  1872 
S.   10)  eine   allgemeine   Vorschrift   wegen   der   Kündigungsfrist  nicht    Eine 


355 

solche  ist  daher  bei  üebertragnng  der  Stelle  ansdrücklich  zur  Bedlngang  zu 
machen. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zn  Coblenz  v.  5.  Mai  1874:  „Es  ist 
uns  wiederholt  die  Auffassung  begegnet,  als  ob  commissarische  Lehrer  beim 
Semesterwechsel  die  Anstalt,  an  der  sie  bis  dahin  fungirt  haben,  ohne  vor- 
gängige  Kündigung  auch  dann  verlassen  dürften,  wenn  durch  ihren  Austritt 
eine  nicht  sofort  wiederzubesetzende  Lücke  entsteht.  Dieser  Auffassung  darf 
nicht  stattgegeben  werden  und  haben  commissarische  Lehrer  ein  Becht  des 
Austritts  zu  Michaelis  und  zu  Ostern  nur  dann  in  Anspruch  zu  nehmen,  wenn 
sie  ihre  Thätigkeit  den  1.  Juli  resp.  1.  Jan.  der  Direddon  gekündigt  haben, 
während  sonst  ihre  auf  eigenen  Wunsch  eintretende  Entlassung  als  Ver- 
günstigung anzusehen  ist  und  nur  unter  der  Voraussetzung,  dafs  das  Interesse 
der  betr.  Anstalt  es  zuläfst,  erfolgen  darf.  Die  Direction  wird  veranlafst,  fortan 
den  gedachten  Lehrern  bei  Gelegenheit  ihrer  amtl.  Verpflichtung  hiervon  aus- 
drückl.  Kenntnis  zu  geben." 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  28.  Oct  1884.  „Es 
wird  hierdurch  angeordnet,  dafs  bei  der  Anstellung  von  Wissenschaftl.  Hülfs- 
lehrem  aufser  der  durch  unsere  Verfügung  v.  7.  Jan.  1879  vergesehenen  Ver- 
eidigung dieser  Hülfslehrer  bezw.  dem  darüber  einzureichenden  Protokolle^) 
noch  eine  Verpflichtungsverhandlung  aufzunehmen  und  einzureichen  ist,  welche 
eine  beiderseitige  dre  i monatliche  Kündigungsfrist  zu  enthalten  hat.  Die  Termine 
für  die  Kündigung  werden  hierdurch  auf  den  1.  Juli  und  1.  Januar,  die 
Termine  für  den  Austritt  des  betr.  Hülfslehrers  aus  seiner  Stellung  auf  den 
Schlufs  des  jedesmaligen  Schulhalbjahres  festgesetzt,  und  ist  in  der  Verpflich- 
tungsverhandlung, welche  der  Director  (Bector)  der  Anstalt  und  der  Hülfslehrer 
zu  unterschreiben  hat,  zu  bemerken,  dafs  dem  betr.  Hülfslehrer  die  Bestimmungen 
dieser  Verfügung  zur  Kenntnis  gebracht  worden  sind.'* 


*)  C.Ver£  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  7.  Jan.  1879.  „In  Betreff 
der  Eidesleistung  der  nicht  ordentliche  Lehrerstellen  bekleidenden  Lehrer 
sehen  wir  uns  venmlafst,  folgende  Bestimmungen  zu  treffen:  1.  Es  haben 
fortan  auch  die  wissenschaftlichen  Hülfslehrer  bei  ihrer  Einführung  den 
Diensteid  in  der  durch  Staatsministerialbeschlufs  [nach  der  A.  Verordn.']  v.  6.  Mai 
1867  festgestellten  Form  [vgl.  8.  99]  zu  leisten:  „„Ich  N.  N.  schwöre  zu  Gott 
dem  Allmächtigen  und  Allwissenden,   dafs,   nachdem  ich  zum  wissenschaftlichen 

Hülfslehrer  des  (der) bestellt  worden,  Sr.  Königlichen  Majestät  von  Preufsen, 

meinem  Allergnadigsten  Herrn,  ich  unterthänig,  treu  und  gehorsam  sein  und  alle 
mir  vermöge  meines  Amtes  obliegenden  Pflichten  nach  meinem  besten  Wissen 
und  Gewissen  genau  erfüllen,  auch  die  Verfassung  gewissenhaft  beobachten  will, 
so  wahr  mir  Gott  helfe. "^  Der  Diensteid  muCs  von  dem  Schwörenden  voll- 
ständig ausgesprochen  werden,  doch  ist  dabei  Jedem  freizustellen,  den  Eidesworten 
am  Schlufs  die  seinem  religiösen  Bekenntnis  entsprechende  Bekräftigungsformel 
hinzuzufügen.  2.    Bei  denjenigen  Lehrem,   welche  nur  versuchsweise  auf  ein 

Jahr  oder  auf  eine  andere  bestimmte  Zeit  zur  Vertretung  etc.  angestellt  werden, 
findet  an  Stelle  der  förmlichen  Eidesleistung  blofs  eine  Verpflichtung  mittels 
Handschlags  zur  Erfüllung  der  übernommenen  Pflichten,  zur  Treue  gegen  des 
Köniffs  Majestät  und  zur  Beobachtung  der  Verfassung  statt.  Die  von  dem  Dir. 
und  dem  Betreffenden  zu  unterschreibenden  Protokolle  über  die  Eidesleistung  resp. 
die  Verpflichtung,  in  welche  im  ersten  Falle  die  Eidesformel  vollständig  aufzu- 
nehmen ist,  sind  uns  jedesmal  innerhalb  8  Tagen  nach  der  Verhandlung  einzu- 
reichen. Die  Directoren  (Bectoren)  der  Anstalten,  an  welchen  gegenwärtig 
wissenschaftl.  Hülfslehrer  oder  Lehrer  auf  Zeit  in  Thätigkeit  sind,  die  noch  keinen 
Diensteid  in  der  oben  vorgeschriebenen  Weise  geleistet  haben  resp.  nicht  ver- 
pflichtet worden  sind,  werden  hierdurch  beauftrag  in  Betreff  dieser  Lehrer  die 
vorstehenden  Bestimmungen  nachträglich  zur  Ausfuhrung  zu  bringen  und  uns  die 
bezüglichen  Protokolle  binnen  14  Tagen  einzureichen." 

23* 


356 

Das  FenBionBwesexL 

An  die  Stelle  der  früheren  Pensionsreglements  (Efflm.  v.  30.  April  1825, 
Terordn.  v.  28.  Mai  1846)  ist  das  Pensionsgesetz  ▼.  27.  März  1872  (QS.p.  268) 
getreten.  Bei  einzelnen  Punkten  desselben  mufs  jedoch  auf  die  älteren  BesÜBi* 
mnngen  znrückgegang^  werden. 

Vgl.  Marcinowski,  Die  gesetzlichen  Bestimmungen  betr.  die  Pensioninmg 
der  unmittelbaren  Staatsbeamten  etc.  2.  Aufl.  Berlin  1884.  (Hierin  befindet  sich 
besonders  auch  eine  Tabelle  zur  Berechnung  der  Beamten-Pension  und  des  Witwen- 
und  Waisengeldes  S.  77—93.)  * 

Gesetz  v.  27.  März  1872,  betreffend  die  Pensionirang  der  nnmittel- 
baren  Staatsbeamten,  sowie  der  Lehrer  nnd  Beamten  an  den 
höh.  Unterrichtsanstalten. ^) 

§  1.  Jeder  unmittelbare  Staatsbeamte,  welcher  sein  Diensteinkommen 
ans  der  Staatskasse  bezieht,  erhält  ans  derselben  eine  lebenslängl.  Pension, 
wenn  er  nach  einer  Dienstzeit  von  wenigstens  zehn  Jahren  in  Folge  eines 
kOrperl.  Gebrechens  oder  wegen  Schwäche  seiner  körperl,  oder  geistigen  Kräfte 
zu  der  Erfollnng  seiner  Amtspflichten  dauernd  nnfthig  ist,  nnd  deshalb  in  den 
Bahestand  versetzt  wird. 

Ist  die  Dienstunfähigkeit  die  Folge  einer  Krankheit,  Yerwandong  oder 
sonstigen  Beschädigung,  welche  der  Beamte  bei  Ausübung  des  Dienstes  oder 
ans  Veranlassung  desselben  ohne  eigene  Verschuldung  sich  zugezogen  hat, 
so  tritt  die  Pensionsberechtigung  auch  bei  kürzerer  tSs  zehi^ähriger  Dienst- 
zeit ein. . . . 

§  2.  Die  unter  dem  Vorbehalte  des  Widerrufe  oder  der  Kündigung  an- 
gestellten Beamten  haben  einen  Anspruch  auf  Pension  nach  Mafsgabe  dieses 
Gesetzes  nnr  dann,  wenn  sie  eine  in  den  Besoldungsetats  aufgeführte  Stelle 
bekleiden.  Es  kann  ihnen  jedoch,  wenn  sie  eine  solche  Stelle  nicht  bekleiden, 
bei  ihrer  Versetzung  in  den  Buhestand  eine  Pension  bis  auf  Höhe  der  durch 
dieses  Gesetz  bestimmten  Sätze  bewilligt  werden. 

§  5,  Beamte,  deren  Zeit  und  Kräfte  durch  die  ihnen  übertragenen  Ge- 
schäfte nnr  nebenbei  in  Anspruch  genommen,  oder  welche  ausdrückl.  nur  auf 
eine  bestimmte  Zeit  oder  für  ein  seiner  Natur  nach  vorübergehendes  (Geschäft 
angenommen  werden,  erwerben  keinen  Anspruch  auf  Pension  nach  den  Be- 
stimmungen dieses  Gesetzes.  Darüber,  ob  eine  Dienststellung  eine  solche  Ist, 
dafs  sie  die  Zeit  und  Kräfte  eines  Beamten  nnr  nebenbei  in  Anspruch  nimmt, 
entscheidet  mit  Ansschluiüi  des  Bechtsweges  die  dem  Beamten  vorgesetzte 
Dienstbehörde. 

§  6.  Auf  die  Lehrer  an  den  Universitäten  ist  dieses  Gesetz  nicht  an- 
wendbar. Dagegen  sind  die  Bestimmungen  desselben  anzuwenden  anf  alle 
Lehrer  und  Beamten  an  Gymnasien,  Progymnasien,  Bealschulen,  Schullehrer- 
Seminarien,  Taubstummen-  und  Blindenanstalten,  Kunst-  nnd  höh.  Bürger- 
schulen. Wegen  Aufbringang  der  Pension  für  diejenigen  unter  ihnen,  deren 
Pension  nicht  aus  allgemeinen  Staatsfonds  zu  gewähren  ist,  kommen  die  Vor- 
schriften der  Verordnung  v.  28.  Mai  1846  (s.  S.  363)  zur  Anwendung. 

§  7*  Wird  aufser  dem  im  zweiten  Absatz  des  §  1  bezeichneten  Falle 
ein  Beamter  vor  Vollendung  des  10.  Dienstjahres  dienstunfähig  und  deshalb 
in  den  Buhestand  versetzt,  so  kann  demselben  bei  vorhandener  Bedürftigkeit 
mit  KönigL  Genehmigung  eine  Pension  entweder  auf  bestimmte  Zeit  oder  lebens- 
länglich bewilligt  werden. 

J[§  8.    Die  Pension  betragt,   wenn  die  Versetzung  in  den  Ruhestand  nach 
etem  10.,  jedoch  vor  vollendetem  11.  Dienstjahre  eintritt,  "^/so  nnd  steigt 

^)  Weggelassen  ist  dasjem'ge,  wodurch  das  Interesse  der  Lehrer  und  Schal- 
beamten nicht  berührt  wird. 


i 


357 

Ton  da  ab  mit  jedem  weiter  zurückgelegten  Dienstjalire  um  Vso  des  in  den  §§  10 
bis  12  bestimmten  Diensteinkommens.  Ueber  den  Betrag  von  *%o  dieses  Ein* 
kommens  hinaus  findet  eine  Steigerung  nioht  statt.  In  dem  §  1  Absatz  2  er- 
wähnten Falle  beträgt  die  Pension  '%0f  in  dem  Falle  des  §  7  höchstens  ^/so  des 
Yorbezeichneten  Diensteinkommens.]    Vgl.  Ges.  v.  31.  März  1882,  S.  361. 

§  9.  Bei  jeder  Pension  werden  überschiefsende  Thalerbrüche  auf  volle 
Thaler  abgerundet. 

§  10.  Der  Berechnung  der  Pension  wird  das  von  dem  Beamten  zuletzt 
bezogene  gesamte  Diensteinkommen,  soweit  es  nicht  zur  Bestreitung  von  Be- 
präsentations-  oder  Dienstaufwandskosten  gewährt  wird,  nach  Mafsgabe  der 
folgenden  näheren  Bestimmungen  zu  Grunde  gelegt: 

1.  Feststehende  Dienstemolumente,  namentlich  freie  Dienstwohnung,  sowie 
die  anstatt  derselben  gewährte  Mietbsentschädigung,  Feuerungs-  und  Erleuchtungs- 
material, Naturalbezüge  an  Getreide,  Winterfutter  u.  s.  w.,  sowie  der  Ertrag 
von  Dienstgrundstücken  kommen  nur  insoweit  zur  Anrechnung,  als  deren  Werth 
in  den  Besoldungsetats  auf  die  Geldbesoldung  des  Beamten  in  Bechnung 
gestellt  oder  zu  einem  bestimmten  Geldbetrage  als  anrechnungsfähig  be- 
zeichnet ist. 

2.  Dienstemolumente,  welche  ihrer  Natur  nach  steigend  und  fallend  sind, 
werden  nach  den  in  den  Besoldungsetats  oder  sonst  bei  Verleihung  des  Rechtes 
auf  diese  Emolumente  deshalb  getroffenen  Festsetzungen  und  in  Ermangelung 
solcher  Festsetzungen  nach  ihrem  durchschnittlichen  Betrage  während  der  3 
letzten  Kalenderjahre  vor  dem  Jahre,  in  welchem  die  Pension  festgesetzt  wird, 
zur  Anrechnung  gebracht  ^).    (Vgl.  Ges.  v.  30.  April  1884  S.  362.) 

3.  Blofs  zuföUige  Diensteinkünfte,  wie  widerrufliche  Tantieme,  Commissions- 
gebühren,  auTserordentL  Bemunerationon,  Gratificationen  und  dgl.  kommen  nicht 
zur  Berechnung. 

4.  Das  gesamte  zur  Berechnung  zu  ziehende  Diensteinkommen  einer  Stelle 
darf  den  Betrag  des  höchsten  Normalgehalts  derjenigen  Dienstkategorie, 
zu  welcher  die  Stelle  gehört,  nicht  übersteigen.  Ohne  diese  Beschränkung 
kommen  jedoch  solche  Gehaltsteile  oder  Besoldungszulagen,  welche  zur  Aus*; 
gleichung  eines  von  dem  betr.  Beamten  in  früherer  Stellung  bezogenen  Dienstein- 
kommens demselben  mit  Pensionsberechtigung  gewährt  sind,  zur  voUen  Anrechnung. 

5.  Wenn  das  nach  den  Bestimmungen  dieses  Paragraphen  ermittelte  Ein- 
kommen eines  Beamten  insgesamt  mehr  als  4000  Thlr  beträgt^  wird  von  dem 
überschiefsenden  Betrage  nur  die  Hälfte  in  Anrechnung  gebracht. 

^)C.Yerf  des  Fin.-Min.  und  des  Min.  d.  Inn.  v.  4.  Juli  1881  (mit- 
geteilt durch  G.Yerf.  des  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v.  28.  Juli  1881X  „Nach  der 
Vorschrift  des  §  10,  2  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  sind  bei  Berechnung 
der  Ruhegehälter  der  Beamten  Dienstemolumente,  welche  ihrer  Natur  nach  steigend 
und  fallend  sind,  in  Ermangelung  anderweitiger  Bestimmungen  nach  ihrem  durch- 
schnittlichen Betrage  während  der  drei  letzten  Kalenderjahre  vor  dem  Jahre,  in 
welchem  die  Pension  festgesetzt  wird,  zur  Anrechnung  zu  bringen.  Zur  Zeit  des 
Erlasses  des  Pensionsgesetzes  fiel  das  Kalenderjahr  mit  dem  Etatsjahr  zusammen, 
thatsächlich  war  mithin  durch  die  gedachte  Vorschrift  angeordnet,  dafs  das  Etats- 
jahr für  die  Berechnung  der  steigenden  und  fallenden  Dienstemolumente  bei  der 
Pensionirung  mafsgebend  sein  solle,  und  ist  auch  anzunehmen,  dafs  dies  die  Ab- 
sicht des  Gesetzgebers  gewesen  ist.  Wenngleich  daher  jetzt  das  Etatsjahr  mit  dem 
Kalendeijahre  mcht  mehr  übereinstimmt^  so  wird  doch  nach  sinngemäfser  Auslegung 
des  Gesetzes  die  fragliche  Vorschrift  desselben  in  der  Weise  auszuführen  sein, 
dafs  die  ihrer  Natur  nach  steigenden  und  fallenden  Dienstemolumente  unter 
der  oben  bezeichneten  Voraussetzung  nach  ihrem  durchschnittlichen  Betrage  während 
der  drei  letzten  Etetsjahre  vor  dem  Etatejahre,  in  welchem  die  Pension  festgesetzt 
wird,  zur  Anrechnung  gebracht  wird.  Die  K.  Begierung  ete.  wird  beauftragt, 
hiemach  namentlich  auch  bei  Aufstellung  der  Pensions- VorscUags-Nachweisungen 
zu  verfahren." 


358 

§  11.  Ein  Beamter,  welcher  früher  ein  mit  einem  höheren  Dienstein- 
Icommen  yerbundenes  Amt  bekleidet  nnd  dieses  Einkommen  wenigstens  Ein 
Jahr  lang  bezogen  hat,  erhält,  sofern  der  Eintritt  oder  die  Yersetzong  in  ein 
Amt  von  geringerem  DieDsteinkommen  nicht  lediglich  anf  seinen  im  eigenen 
Interesse  gesteUten  Antrag  erfolgt  oder  als  Strafe  anf  Gnmd  des  §  16  des 
Gresetzes,  betr.  die  DioDstvergehen  der  nicht  richterl.  Beamten  etc.,  y.  21.  Juli 
1852  (s.  S.  333),  oder  des  §  1  des  Gesetzes,  betr.  einige  Ab&nderongen  des 
Gesetzes  über  die  Dienstvergehen  der  Bichter  y.  7.  Mai  1851  etc.,  y.  22.  März 
1856  (GS.  p.  201)  gegeD  ihn  verhängt  ist,  bei  seiner  YersetzüDg  in  den  Bnhe- 
stand  eine  nach  Mafsgabe  des  früheren  höheren  Diensteinkommens  nnter  Be- 
rücksichtigung der  gesamten  Dienstzeit  berechnete  Pension;  jedoch  soll  die 
gesamte  Pension  das  letzte  pensionsberechtigte  Diensteinkommen  nicht  über- 
steigen. 

§  12.  Das  mit  Nebenämtern  oder  Nebengeschäfben  verbundene  Ein- 
kommen begründet  nnr  dann  einen  Ansprach  auf  Pension,  wenn  eine  etats- 
mäfsige  Stelle  als  Nebenamt  bleibend  verliehen  ist. 

§  13.  Die  Dienstzeit  wird  vom  Tage  der  Ableistung  des  Diensteides 
gerechnet.  Kann  jedoch  ein  Beamter  nachweisen,  dafs  seine  Vereidigung  erst 
nach  dem  Zeitpunkte  seines  Eintritts  in  den  Staatsdienst  stattgefunden  hat,  so 
wird  die  Dienstzeit  von  diesem  Zeitpunkte  an  gerechnet. 

§  14.  Bei  Berechnung  der  Dienstzeit  kommt  auch  die  Zeit  in  Anrechnung, 
während  welcher  ein  Beamter:  1.  unter  Bezug  von  Wartegeld  im  einst- 
weiligen Buhestand  nach  Mafsgabe  der  Yorschrifben  des  Gesetzes  v.  21.  Juli 
1852  §  87  Nr.  2  (s.  S.  336),  der  Erlasse  v.  14.  Juni  1848  (S.  351)  und 
24.  Oct  1848  (S.  351)  und  der  Verordn.  vom  23.  Sept.  1867  §  1  Nr.  4 
(S.  351),  oder 

2.  im  Dienste  des  Norddeutscheu  Bundes  oder  des  Deustchen  Beichs  sich 
befunden  hat,  oder  3.  als  anstellungsberechtigte  ehemalige  Militärperson 
nur  vorläufig  oder  auf  Probe  im  Civildienste  des  Staat«,  des  Norddeutschen 
Bundes  oder  des  Deutschen  Beichs  beschäftigt  worden  ist,  oder  4.  eine  prakt. 
Beschäftigung  aufserhalb  des  Staatsdienstes  ausübte,  insofern  und  insoweit  diese 
Beschäftigung  vor  Erlangung  der  Anstellung  in  einem  unmittelb.  Staatsamte 
behufs  der  techn.  Ausbildung  in  den  Prüftingsvorschriften  ausdrückl.  ange- 
ordnet ist,  oder 

5.  als  Lehrer  (§  6)  das  vorgeschriebene  Probejahr  abhielt  ^) 

§  15.  Der  Civildienstzeit  wird  die  Zeit  des  activen  Militärdienstes  hinzu- 
gerechnei 

§  16.  [Die  Dienstzeit,  welche  vor  den  Beginn  des  18.  Lebensjahrs  fallt., 
bleibt  aurser  Berechnung.J  Vgl.  Ges.  v.  31.  März  1882,  S.  362.  Nur  die  in 
die  Dauer  eines  Krieges  fallende  und  bei  einem  mobilen  oder  Ersatztrappen- 
teile abgeleistete  Militärdienstzeit  kommt  ohne  Bücksicht  auf  das  Lebens- 
alter zur  Anrechnung.  Als  Kriegszeit  gilt  in  dieser  Beziehung  die  Zeit  vom 
Tage  einer  angeordneten  Mobilmachung,  auf  welche  ein  Krieg  folgt,  bis  zum 
Tage  der  Demobilmachung. 

§  17.  Für  jeden  Feldzug,  an  welchem  ein  Beamter  im  preufs.  oder  im 
Beichsheer  oder  in  der  preufs.  oder  kaiserl.  Marine  derart  teilgenommen  hat, 
dafs  er  wirklich  vor  den  Feind  gekommen  oder  in  dienstlicher  Stellung  den  mobilen 
Trappen  in  das  Feld  gefolgt  ist,  wird  demselben  zu  der  wirkl.  Dauer  der  Dienst- 
zeit Ein  Jahr  zugerechnet.  Ob  eine  militär.  Unternehmung  in  dieser  Be- 
ziehung als  ein  Feldzug  anzusehen  ist,  und  inwiefern  bei  Kriegen  von 
längerer  Dauer  mehrere  Kriegsjahre  in  Anrechnung  kommen  sollen,  dafür  ist 


^)  Daher  auch  als  Mitglied  eines  Seminars  für  höh.  Schulen.    Vgl.  Schreiben 
des  Fin.  Min.  v.  13.  Jan.  1875  (8.  367). 


369 

die  nach  §  23  des  Beichsgesetzes  y.  27.  Jnni  1871  (BeichsG-Bl.  p.  275)  in 
jedem  Falle  ergehende  Bestimmung  des  Kaisers  mafsgebend.  Für  die  Ver- 
gangenheit bewendet  es  bei  den  hierüber  durch  königl.  Erlasse  gegebenen 
Vorschriften. 

§  18.  Die  Zeit  a.  eines  Festungsarrestes  von  einjähriger  und  längerer 
Dauer,  sowie  b.  der  Kriegsgefangenschaft  kann  unter  besonderen  um- 
ständen mit  kOnigl.  Genehmigung  angerechnet  werden. 

§  19.  Mit  kOnigL  Genehmigung  kann  zukünftig  bei  der  An- 
stellung nach  Mafsgabe  der  Bestimmungen  in  den  §§  13  bis  18  zugesichert 
und  bei  den  jetzt  bereits  Angestellten  angerechnet  werden: 

1.  die  Zeit,  während  welcher  ein  Beamter        a.  sei  es  im  In-  oder  Aus- 
lande als  Sachwalter  oder  Notar  fdngirt,  im  Gemeinde-,  Kirchen-  oder  Schul-' 
dienste,  im  ständischen  Dienste,  oder  im  Dienste  einer  landesherrl.  Haus- 
oder  Hof^erwaltung   sich   befanden  ^),   oder       b.   im   Dienste   eines   fremden 
Staates  gestanden  hat^); 

2.  die  Zeit  praktischer  Beschäftigung  auTserhalb  des  Staatsdienstes  inso- 
fern und  insoweit  diese  Beschäftigung  vor  Erlangung  der  Anstellung  in  einem 
unmittelbaren  Staatsamte  herkömmlich  war. 

Die  Anrechnung  der  unter  1.  erwähnten  Beschäftigung  mufs  erfolgen  bei 
denjenigen  Beamten,  welche  mit  den  im  Jahre  1866  erworbenen  Landesteilen 
in  den  unmittelb.  Staatsdienst  übernommen  worden  sind,  sofern  dieselben  auf 
diese  Anrechnung  nach  den  bis  dahin  für  sie  mafsgebenden  PensionsYorschriften 
einen  Rechtsanspruch  hatten. 

§  20.  Zum  Erweise  der  Dienstunföhigkeit  eines  seine  Versetzung  in  den 
Buhestand  nachsuchenden  Beamten  ist  die  Erklärung  der  demselben  unmittel- 
bar vorgesetzten  Dienstbehörde  erforderlich,  dafs  sie  nach  pflichtmäfsigem  Er- 
messen den  Beamten  für  unfähig  halte,  seine  Amtspflichten  femer  zu  erfüllen. 
Inwieweit  noch  andere  Beweismittel  zu  erfordern  oder  der  Erklärung  der  un- 
mittelbar vorgesetzten  Behörde  entgegen  für  ausreichend  zu  erachten  sind, 
hängt  von  dem  Ermessen  der  über  die  Versetzung  in  den  Buhestand  entscheiden- 
den Behörde  ab.^) 

§  21.  Die  Bestimmung  darüber,  ob  und  zu  welchem  Zeitpunkte 
dem  Antrage  eines  Beamten  auf  Versetzung  in  den  Buhestand  stattzugeben  ist, 
erfolgt  durch  den  Departementschef.  Bei  dei^enigen  Beamten,  welche  durch 
den  König  zu  ihren  Aemtem  ernannt  worden  sind,  ist  die  Genehmigung  des 
Königs  zur  Versetzung  in  den  Buhestand  erforderlich.  (Vgl.  Ges.  v.  30.  April 
1884  S.  362.) 

§  22.  Die  Entscheidung  darüber,  ob  und  welche  Pension  einem  Beamten 
bei  seiner  Versetzung  in  den  Buhestand  zusteht,  erfolgt  durch  den  Departements- 
chef in  Gemeinschaft  mit  dem  Finanzminister.    (Vgl.  ebenda  S.  363.) 

§  23.  Gegen  diese  Entscheidung  (§  22)  steht  dem  Beamten  nur  die 
Beschreitung  des  Rechtsweges  nach  Mafsgabe  des  Gesetzes,  betreffend  die  Er- 
weiterung des  Rechtsweges,  v.  24.  Mai  1861  (GS.  p.  241)  offen.  (Vgl.  ebenda 
S.  363.) 

§  24.  Die  Versetzung  in  den  Ruhestand  tritt,  sofern  nicht  auf  den  Antrag 
oder  mit  ausdrückl.  Zustimmung  des  Beamten  ein  früherer  Zeitpunkt  festgesetzt 
wird,  mit  dem  Ablauf  des  Vierteljahres  ein,  welches  auf  den  Monat  folgt,  in 
welchem  dem  Beamten  die  Entscheidung  über  seine  Versetzung  in  den  Ruhe- 
stand und  die  Höhe  der  ihm  etwa  zustehenden  Pension  (§  22)  bekannt  gemacht 
worden  ist. 

§  25.    Die  Pensionen  werden  monatlich  im  voraus  gezahlt 


»)  Vgl.  Verf.  V.   21.  April  1873  S.  367.  •)  Verordn.  v.   28.  Mai  1846. 

S  13  S.  364.  »)  Vgl.  CVerf.  v.  5.  April  1878,  GBl.  1878  S.  237. 


360 

§  26.  Das  Recht  anf  den  Bezag  der  Pension  kann  weder  abgetreten 
noch  verpfändet  werden.  In  Ansehung  der  Beschlagnahme  der  Pensionen 
bleiben  die  bestehenden  Bestimmungen  in  Kraft   (Vgl.  S.  350  o.  Abscbn.  IX.) 

§  27.  Das  Becht  anf  den  Bezng  der  Pension  ruht:  I  wenn  ein 
Pensionär  das  deutsche  Indigenat  verliert»  bis  zu  etwaniger  Wiedererlangung 
desselben;  2.  wenn  und  so  lange  ein  Pensionär  im  Beichs-  oder  Staats- 
dienste ein  Diensteinkommen  bezieht,  insoweit  als  der  Betrag  dieses  neuen 
Diensteinkommens  unter  Hinzurechnung  der  Pension  den  Betrag  des  von  dem 
Beamten  vor  der  Pensionirung  bezogenen  Diensteinkommens  übersteigt  (YgL 
Verf.  V.  16.  März  1881  S.  301  fg.) 

§  28.  Ein  Pensionär,  welcher  in  eine  an  sich  zur  Pension  berechtigende 
Stellung  des  unmittelbaren  Staatsdienstes  wieder  eingetreten  ist  (§  27  Nr.  2), 
erwirbt  für  den  Fall  des  Zurücktretens  in  den  Buhestand  den  Anspruch  auf 
Gewährung  einer  nach  Mafsgabe  seiner  nunmehrigen  verlängerten  Dienstzeit 
und  des  in  der  neuen  Stellung  bezogenen  Diensteinkommens  berechneten  Pension 
nur  dann,  wenn  die  neu  hinzutretende  Dienstzeit  wenigstens  ein  Jahr  betragen 
hat  Mit  der  Gewährung  einer  hiemach  neu  berechneten  Pension  fällt  bis  auf 
Höhe  des  Betrages  derselben  das  Becht  auf  den  Bezug  der  früher  bezogenen 
Pension  hinweg.  Dasselbe  gilt,  wenn  ein  Pensionär  im  deutschen  Beichs- 
dienste  eine  Pension  erdient. 

§  29.  Die  Einziehung,  Kürzung  oder  Wiedergewährung  der  Pension  auf 
Grund  der  Bestimmungen  in  den  §§  27  und  28  tritt  mit  dem  Beginn  desjenigen 
Monats  ein,  welcher  auf  das,  eine  solche  Veränderung  nach  sich  ziehende 
Ereignis  folgt.  Im  Falle  vorübergehender  Beschäftigung  im  Beichs-  oder  im 
Staatsdienste  gegen  Tagegelder  oder  eine  anderweite  Entschädigung  wird  die 
Pension  für  die  ersten  6  Monate  dieser  Beschäftigung  unverkürzt,  dagegen  vom 
7.  Monate  ab  nur  zu  dem  nach  den  vorstehenden  Bestimmungen  zulässigen 
Betrage  gewährt. 

§  30.  ||In  ADsehnng  der  unfreiwilligen  Versetzung  in  den  Buhestand 
und  des  dabei  stattfindenden  Verfahrens  behält  es  bei  den  Vorschriften  in  den 
§§  56  bis  64  des  Gesetzes,  betr.  die  Dienstvergehen  der  Bichter  und  die  nnfrei- 
willkfe  Versetzung  derselben  auf  eine  andere  Stelle  oder  in  den  Buhestand  vom 
7.  Mai  1851  (GS.  p.  218)  und  in  den  §§  88  bis  93  des  Gesetzes,  betreffend  die 
Dienstvergehen  der  nicht  richterl.  Beamten,  die  Versetzung  derselben  auf  eine 
andere  Stelle  oder  in  den  Buhestand,  v.  21.  Juli  1852  (S.  337)  sein  Bewenden.] 
Vgl.  Ges.  V.  31.  Mäiz  1882)  S.  362. 

Wird  hiemach  gemäfs  §  90  des  letzterwähnten  Gesetzes  (v.  21.  Juli  1852) 
von  dem  Bechtsmittel  des  Becurses  an  das  Staatsministerium  Ge- 
brauch gemacht,  so  läuft  die  6monatl.  Frist  zur  Anstellung  der  Klage  wegen 
unrichtiger  Festisetzung  des  Pensionsbetrages  (§  2  des  Gesetzes,  betr.  die  Er- 
weiterung des  Bechtsweges,  v.  24.  Mai  1861,  GS.  p.  241)  erst  von  dem  Tage,  an 
welchem  dem  Beamten  die  Entscheidung  des  Staatsminisi  bekannt  gemacht  ist 

§  31.  Hinterläfst  ein  Pensionär  eine  Witwe  oder  eheliche  Nach- 
kommen, so  wird  die  Pension  noch  für  den  auf  den  Sterbemonat  folgenden 
Monat  gezahlt.  An  wen  die  Zahlung  erfolgt,  bestimmt  die  Provinzialbehörde, 
auf  deren  Etat  die  Pension  übernommen  war.  Die  Zahlung  der  Pension 
für  den  auf  den  Sterbemonat  folgenden  Monat  kann  auf  Verfügung  dieser 
Behörde  auch  dann  stattfinden,  wenn  der  Verstorbene  Eltern,  Geschwister,  Ge- 
schwisterkinder oder  Pflegekinder,  deren  Ernährer  er  gewesen  ist,  in  Be- 
dürftigkeit hinterläfst,  oder  wenn  der  Nachlafs  nicht  ausreicht,  um  die  Kosten 
der  letzten  Krankheit  und  der  Beerdigung  zu  decken.  Der  über  den  Sterbe- 
monat hinaus  gewährte  einmonatl.  Betrag  der  Pension  kann  nicht  Gegenstand 
einer  Beschlagnahme  sein. 

§  32.  Ist  die  nach  Mafsgabe  dieses  Gesetzes  bemessene  Pension  geringer 
als  die  Pension,  welche  dem  Beamten  hätte  gewährt  werden  müssen,  wenn  er 


361 

am  31.  M&iz  1872  nach  den  bis  dahin  fni  ihn  geltenden  Bestimmnngen  pensionirt 
worden  wäre,  so  wird  diese  letztere  Pension  an  Stelle  der  ersteren  bewilligt. 
(Tgl.  Ges.  y.  31.  M&rz  1882,  Artikel  U,  S.  362.) 

§  33.  Den  in  Folge  der  Aufhebung  der  Patrimonialgerichtsbarkeit  aus 
dem  Priyatgerichtsdienst  in  den  unmittelb.  Staatsdienst  übernommenen  oder 
bereits  vor  dieser  Aufhebung  in  den  unmittelb.  Staatsdienst  übergegangenen 
Beamten  wird  die  Zeit  des  Privatgerichtsdienstes  nach  Mafsgabe  der  Be- 
stimmungen des  gegenwärtigen  Gesetzes  angerechnet.  Den  vormals  Schleswig- 
Holst.  Beamten  wird  die  Zeit,  welche  sie  als  beeidigte  Secretäre  oder  Volontäre 
bei  den  Oberbeamten  zugebracht  haben,  bei  Feststellung  ihrer  Dienstzeit  mit 
angerechnet 

§  34.  Die  Zeit,  während  welcher  ein  Beamter  in  den  neuerworbenen 
Landesteilen  oder  ein  mit  einem  solchen  Landesteile  übernommener  Beamter 
auch  in  einem  anderen  Teile  des  Landes,  welchem  seine  Heimat  vor  der  Ver- 
einigung mit  Preufsen  angehört  hat,  im  unmittelb.  Dienste  der  damaligen 
Landesherrschaft;  gestanden  hat,  wird  in  allen  Fällen  bei  der  Pensionirung 
nach  Mafsgabe  des  gegenwärtigen  Gesetzes  in  Anrechnung  gebracht 

§  35.  Hinsichtlich  der  HohenzoUemschen,  in  den  Preufs.  Staatsdienst 
übernommenen  Beamten  bleiben  die  Bestimmungen  unter  Nr.  2  und  3  des 
Erlasses  v.  26.  Aug.  1854  (GS.  1855  p.  33)  in  Kraft. 

§  36.  Zusicherungen,  welche  in  Bezug  auf  dereinstige  Bewilligung  von 
Pensionen  an  einzelne  Beamte  oder  Eategorieen  von  Beamten  durch  den  König 
oder  einen  der  Minister  gemacht  worden  sind,  bleiben  in  Kraft.  Doch  finden 
auf  Beamte,  hinsichtlich  deren  durch  Staatsverträge  die  Bewilligung  von  Pensionen 
nach  den  Grundsätzen  fremdländischer  Pensionsbestimmungen  zugesichert  worden 
ist)  die  Vorschriften  des  gegenwärtigen  Gesetzes  insoweit  Anwendung,  als  sie 
für  die  Beamten  günstiger  sind. 

§  37.  Die  im  §  79  des  Gesetzes,  betr.  die  Verfassung  und  Verwaltung 
der  Städte  und  Flecken  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein,  v.  14.  April  1869 
(GS.  p.  589)  festgestellte  Verpflichtung  der  Staatskasse  zur  anteiligen  Ueber- 
nahme  der  Pensionen  städtischer  Beamten  wird  durch  das  gegenwärtige  Gesetz 
nicht  berührt 

§  38.  Das  gegenwärtige  Gesetz  tritt  mit  dem  1.  April  1872  in  Kraft. 
Mit  diesem  Zeitpunkte  treten,  soweit  nicht  durch  §  32  Ausnahmen  bedingt 
werden,  alle  den  Vorschriften  dieses  Gesetzes  entgegenstehenden  Bestimmungen, 
insbesondere  das  Pensionsreglement  far  die  Civil-Staatsdiener  v.  30.  April  1825 
und  die  dasselbe  ergänzenden,  erläuternden  und  abändernden  Bestimmungen 
aufser  Kraft.  Wo  in  den  bestehenden  Gesetzen  und  Verordnungen  auf  die- 
selben Bezug  genommen  wird,  kommen  die  Bestimmungen  des  gegenwärtigen 
Gesetzes  zur  Anwendung.'*    Wilhelm. 

Die  nach  §  22  dieses  Gesetzes  erforderl.  Mitwirkung  des  Finanzmin. 
bei  Festsistzonff  der  Pensionen  beschränkt  sich  auf  diejenigen  Fälle,  wo  eine 
unmittelbare  oder  mittelbare  Beteiligung  der  Staatskasse  anzunehmen  ist,  sei  es, 
daCs  die  Pension  ganz  oder  anteilig  aas  Staatsfonds  oder  mit  Hülfe  eines  event. 
sidi  erhöhenden  Staatszuschusses  zu  entrichten  sein  würde,  oder  dafs  die  Staats- 
kasse auch  nur  künftig  in  die  Lage  kommen  kann,  bei  eintretender  Unzuläng- 
lichkeit der  sonstigen  Mittel  zu  Leistungen  für  die  betr.  Anstalt  herangezogen 
zu  werden. 

Gesetz  v.  31.  März  1882,  betr.  die  Abänderung  des  Pensions- 
gesetzes vom  27.  März  1872.    (GS.  1882  S.  113.) 

Artikel  I.  „An  die  Stelle  des  §  1  Absatz  3,  des  §  8,  des  §  16  Absatz  1 
und  des  §  30  Absatz  1  des  Pensionsgesetzes  vom  27.  März  1872  treten  folgende 
Vorschriften:        §  1.   Bei  Staats-Ministem,  welche  aus  dem  Staatsdienste  aus- 


362      ^ 

scheiden,  ist  eingetretene  Dienstonföhigkeit  nicht  Vorbedingung  des  Anspnidies 
anf  Pension.  Diese  Bestimmung  findet  gleichfalls  Anwendung  auf  diejenigen 
Beamten,  welche  das  f&nfundsechszigste  Lebensjahr  vollendet  haben. 

§  8.  Die  Pension  beträgt,  wenn  die  Versetzung  in  den  Buhestand  nach 
vollendetem  zehnten,  jedoch  vor  vollendetem  elften  Dienstjahre  eintritt^  ^V^ 
und  steigt  von  da  ab  mit  jedem  weiter  zurückgelegten  Dienstjahre  um  Veo  ^^ 
in  den  §§  10  bis  12  besimmten  Diensteinkommens.  üeber  den  Betrag  von 
^^/eo  dieses  Einkommens  hinaus  findet  eine  Steigerung  nicht  statt  In  dem 
im  §  1  Absatz  2  erwähnten  Falle  beträgt  die  Pension  ^^/eoi  in  dem  Falle  des 
§  7  höchstens  ^%q  des  vorbezeichneten  Diensteinkommens. 

§  16.  Die  Dienstzeit,  welche  vor  den  Beginn  des  einundzwanzigsten 
Lebensjahres  fällt,  bleibt  aufser  Berechnung. 

§  30.  Sucht  ein  nicht  richterlicher  Beamter,  welcher  das  fünfundsechszigBte 
Lebensjahr  vollendet  hat,  seine  Versetzung  in  den  Buhestand  nicht  nach,  so 
kann  diese  nach  Anhörung  des  Beamten  unter  Beobachtung  der  Vorschiiiten 
der  §§  20  ff.  dieses  Gesetzes  in  der  nämlichen  Weise  verfugt  werden,  wie  wenn 
der  Beamte  seine  Pensionirung  selbst  beantragt  hätte.  ^)  Im  Uebrigen  behält 
es  in  Ansehung  der  unfreiwilligen  Versetzung  in  den  Buhestand  und  des  dabei 
stattfindenden  Verfahrens  bei  den  Bestimmungen  in  den  §§  56  bis  64  des 
Gesetzes,  betr.  die  Dienstvergehen  der  Bichter  und  die  unfreiw.  Versetzung  der- 
selben auf  eine  andere  Stelle  oder  in  den  Buhestand,  vom  7.  Mai  1851  (GS. 
S.  218)  und  in  den  §§  88  bis  93  des  Gesetzes,  betr.  die  Dienstvergehen  der 
nicht  richterlichen  Beamten,  die  Versetzung  derselben  auf  eine  andere  Stelle 
oder  in  den  Buhestand,  vom  21.  Juli  1852  (s.  S.  337)  sein  Bewenden.^) 

Artikel  n.  Ist  die  nach  Mafsgabe  dieses  Gesetzes  bemessene  Pension 
geringer  als  die  Pension,  welche  dem  Beamten  hätte  gewährt  werden  müssen, 
wenn  er  am  31.  März  1882  nach  den  bis  dahin  für  ihn  geltenden  Bestimmungen 
pensionirt  worden  wäre,  so  wird  diese  letztere  Pension  an  Stelle  der  ersteren 
bewilligt 

Artikel  III.  Die  Vorschriften  dieses  Gesetzes  finden  ausschliefslich  An- 
wendung auf  unmittelbare  Staatsbeamte  und  die  in  dem  zweiten  Absätze  des 
§  6  des  Pensionsgesetzes  vom  27.  März  1872  genannten  Lehrer  und  Beamten. 

Artikel  IV.  Das  gegenwärtige  Gesetz  tritt  mit  dem  1.  April  1882  in 
Kraft."    Wilhelm. 

Gesetz  v.  30.  April  1884,  betr.  Abänderungen  des  Pensions- 
gesetzes V.  27.  März  1872.  (GS.  1884  S.  126.)  Einziger  ArtikeL  „An 
die  Stelle  des  §  10  Nr.  2  und  der  §§21  bis  23  des  Pensionsgesesetzes  vom 
27.  März  1872  treten  folgende  Vorschriften: 

§  10  Nr.  2.  Dienstemolumente,  welche  ihrer  Natur  nach  steigend  und 
ÜEillend  sind,  werden  nach  den  in  den  Besoldungs-Etats  oder  sonst  bei  Ver- 
leihung des  Bechtes  auf  diese  Emolnmente  deshalb  getroffenen  Festsetzungen 
und  in  Ermangelung  solcher  Festsetzungen  nach  ihrem  durchschnittQchen  Be- 
trage während  der  drei  letzten  Etatsjahre  vor  dem  Etatsjahre,  in  welchem  die 
Pension  festgesetzt  wird,  zur  Anrechnung  gebracht. 

§  21.  Die  Bestimmung  darüber,  ob  und  zu  welchem  Zeitpunkte  dem 
Antrage  eines  Beamten  auf  Versetzung  in  den  Buhestand  stattzugeben  ist, 
erfolgt  durch  den  Departementschef. 

Bei  denjenigen  Beamten,  welche  durch  den  König  zu  ihren  Aemtem 
ernannt  worden  sind,  ist  die  Genehmigung  des  Königs  zur  Versetzung  in  den 

»)  Vgl.  weiterhin  die  Min.  Verf.  v.  9.  März  1884. 

')  Der  Becors  an  das  Staatsministerium,  welcher  nach  dem  in  der  2.  Aus- 
gabe aogedmckten  Auszuge  aus  der  K.  Verordn.  v.  29.  März  1844  (GS.  p.  90) 
stattfinden  konnte,  ist  nach  obigem  Gesetze  ausgeschlossen. 


363 

Bnhestand  erforderlich.  Für  die  Beamten  deijenigen  Eategorieen,  deren  An- 
Btellnng  durch  eine  dem  Departementschef  nachgeordnete  Behörde  erfolgt,  kann 
der  Departementschef  letzterer  oder  der  ihr  vorgesetzten  Behörde  die  Be- 
stimmung üher  den  Antrag  auf  Yersetznng  in  den  Buhestand  übertragen. 

§  22.  Die  Entscheidung  darüber,  ob  und  welche  Pension  einem  Beamten 
bei  seiner  Versetzung  in  den  Buhestand  zusteht,  erfolgt  durch  den  Departementschef 
in  Gemeinschaft  mit  dem  Finanz-Minister.  Dieselben  können  die  Befognis 
zn  dieser  Entscheidung  derjenigen  dem  Departementschef  nachgeordneten  Behörde 
übertragen,  welcher  die  Bestimmung  über  die  Versetzung  des  Beamten  in  den 
Buhestand  zusteht  (§21  Absatz  3). 

§  23.  Die  Beschreitung  des  Rechtsweges  gegen  die  Entscheidung  darüber, 
ob  und  welche  Pension  einem  Beamten  bei  seiner  Versetzung  in  den  Euhestand 
zu  gewähren  ist,  steht  dem  Beamten  offen;  doch  mufs  die  Entscheidung  des 
Departementschefs  und  des  Finanz-Ministers  der  Klage  Yorhergehen  und  letztere 
sodann  bei  Verlust  des  Elagerechtes  innerhalb  sechs  Monaten,  nachdem  dem 
Beamten  diese  Entscheidung  bekannt  gemacht  ist,  erhoben  werden.  Der  Verlust 
des  Elagerechtes  tritt  auch  dann  ein,  wenn  nicht  von  dem  Beamten,  über  dessen 
Anspruch  auf  Pension  die  dem  Departementschef  nachgeordnete  Behörde  Ent- 
scheidung getroffen  hat  (§  22  Absatz  2),  gegen  diese  Entscheidung  binnen 
gleicher  Frist  die  Beschwerde  an  den  Departementschef  und  den  Finanz-Minister 
erhoben  ist"    Wilhelm.  [Vgl.  C.Verf.  v.  11.  Oct.  1884,  S.  375.] 

Aus  der  Pensionsyerordn.  v.  28.  Mai  1846,  betr.  die  Pensionirung 
der  Lehrer  und  Beamten  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten,  mit  Ausschlufs  der 
Universitäten  (ÖS.  p.  2l4j: 

㤠 5.  Liegt  die  Verpflichtung  (eine  Anstalt  zu  unterhalten)  Mehreren  ob' 
so  haben  sie  zu  den  Pensionen  in  demselben  Verhältnis  wie  zu  den  Unter- 
haltungskosten der  Anstalt  beizutragen. 

§  6.  Aus  der  blofsen  Gewährung  eines  auf  einen  bestimmten  Betrag 
beschränkten  oder  zu  einem  bestimmten  Zweck  ausgesetzten  Zuschusses  zu  den 
Unterhaltungskosten  einer  Anstalt  folgt  keine  Verpflichtung,  die  Pension  mit- 
zuübernehmen. 

§  7.  Wer  bei  den  einzelnen  Anstalten,  welche  gar  kein  oder  kein  aus- 
reichendes eigentümliches  Vermögen  besitzen,  zur  Zahlung  oder  Ergänzung 
der  Pensionen  verpflichtet  ist,  wird,  wenn  Zweifel  deshalb  obwalten,  nach 
Mafsgabe  der  Verh^tnisse  der  einzelnen  Anstalten,  von  Unseren  OPräsidenten 
festgesetzt 

§  8.  Gegen  diese  Festsetzung  ist  der  Becurs  an  Unseren  Min.  der 
geistL  etc.  Angl.  und  die  hierbei  sonst  noch  beteiligten  Departementschefs 
zulässig.  Der  Bechtsweg  findet  nur  dann  statt,  wenn  auf  Grund  eines  speciellen 
Bechtstitels  die  Befreiung  von  Beiträgen  zu  Pensionen  behauptet  wird.  In  einem 
solchen  Falle  gilt  jedoch  die  im  Verwaltungswege  getroffene  Bestimmung  bis 
zur  rechtskräftigen  Entscheidung  als  ein  Interimisticum. 

§  9.  Bei  solchen  Unterrichtsanstalten,  zu  deren  Unterhaltung  weder  eine 
Commune  noch  der  Staat  verpflichtet,  die  vielmehr  nur  aus  ihrem  eigenen 
Vermögen  oder  von  anderen  Corporationen  oder  von  Privatpersonen  7U  unter- 
halten sind,  wird  das  Pensionswesen  für  die  Lehrer  und  Beamten  unter  Zuziehung 
der  Beteiligten  durch  Unseren  OPräsidenten  nach  Mafsgabe  der  obwaltenden 
Verhältnisse  far  jede  einzelne  Anstalt  besonders  geordnet;  die  streitig  bleibenden 
Punkte  werden  von  Unserem  Minister  der  geistl.  etc.  Angl.  unter  Mitwirkung 
der  etwa  sonst  noch  beteiligten  Departementschefs  und  nach  vorgängiger  Ein- 
holung Unserer  Genehmigung  entschieden;  den  Beteiligten  sollen  jedoch  keine 
gröfseren  Leistungen  zugemuthet  werden,  als  bei  den  übrigen  nicht  vom  Staat 
zu  unterhaltenden  Anstalten  derselben  Art-.        Ist  ein  Zuschufs  oder  eine  Er- 


364 

höhnng  der  Dotation  bei  diesen  Anstalten  zur  Aofbringang  der  Pensionen 
erforderlich,  so  bedarf  es  hierzu  jedenfalls  der  Zustimmung  der  beteiligrten 
Corporationen  oder  Privatpersonen. 

§  13.  Denjenigen  Lehrern  und  Beamten,  welche  aus  Staatsfonds  za 
pensioniren  sind,  werden  auch  die  im  Auslande  geleisteten  Dienste  angerechnet, 
wenn  ihre  Anstellung  im  Inland  vorzugsweise  im  Interesse  des  öffentl.  Unter- 
richts erfolgt  isi  Auch  werden  denselben  diejenigen  Dienste  angerechnet, 
welche  sie  sonst  im  Staatsdienst  oder  an  anderen  öffentl.  Unierrichtsanstalien 
geleistet  haben. 

§  14.  Sind  die  Pensionen  vom  Staate  und  von  Communen  gemeinschaft- 
lich oder  blofs  von  Communen  oder  gröfseren  Communalverbftnden  zu  zahlen, 
so  werden  nur  diejenigen  Dienste  angerechnet,  welche  der  zu  Pensionirende  im 
Militär  und  den  zur  Pensionszahlung  verpflichteten  Communen  im  Schul-  oder 
in  einem  anderen  Amt  geleistet  hat,  falls  hierüber  nicht  andere  Ver- 
abredungen getroffen  sind. 

§  15.  Aufbringung  der  Pension.  Die  Lehrer  und  Beamten  an 
den  aus  Staatsfonds  zu  unterhaltenden  Anstalten  haben  zum  Allgm.  Civil- 
Pensionsfonds,  aus  welchem  sie  ihre  Pensionen  beziehen  werden,  nach  denselben 
Grundsätzen  wie  die  übrigen  pensionsberechtigten  Civil-Staatsdiener  beizutragen. 

§  16.  Zur  Deckung  der  Pensionen  für  Lehrer  und  Beamte  an  den 
anderen  Anstalten,  namentlich  auch  an  denjenigen,  welche  rom  Staate  und 
von  Communen  gemeinschaftlich  oder  von  einzelnen  Communen  oder  gröfseren 
Communalverbänden  zu  unterhalten  sind,  werden  für  jede  Anstalt  besondere 
Fonds  aus  den  Einkünften  des  Vermögens  der  Anstalt  und  aus  jährlichen 
Beiträgen  sowohl  der  zur  Zahlung  der  Pension  Verpflichteten,  als  auch  der 
definitiv  angestellten  Lehrer  und  Beamten  gebildet.  Den  letzteren  dürfen  jedoch 
keine  höheren  Beiträge,  als  den  pensionsberechtigten  Civil-Staatsdienem  auf- 
erlegt werden. 

§  17.  Der  Betrag  der  zur  Bildung  dieser  Pensionsfonds  (§  16)  erforderL 
Zuschüsse  wird  von  Unseren  OPräsidenten,  unter  Vorbehalt  des  Becurses  an 
Unseren  Minister  d.  geistl.  etc.  Angl.  und  die  sonsi  beteiligten  Departementschefis, 
mit  Ausschlufs  des  Bechtsweges,  festgesetzt 

§  18.  Ist  hiernach  der  Zuschufs  auf  das  Vermögen  der  Anstalt  zu  über- 
nehmen und  reichen  die  Einkünfte  der  letzteren  nicht  hin,  um  den  Zuschuß, 
ohne  Beschränkung  des  zur  Erreichung  der  Lehrzwecke  erforderlichen  Aufwands, 
zu  zahlen,  so  haben  die  subsidiarisch  zur  Unterhaltung  der  Anstalt  Verpflich- 
teten auch  den  laufenden  Beitrag  zum  Pensionsfonds  zu  ergänzen.  Dieselben 
sind  auch  in  allen  Fällen  verpflichtet,  etwanige  Ausfälle  bei  dem  Pensionsfonds 
zu  decken." 

Min.Verf.  v.  1.  Nov.  1864:  „Auf  den  Bericht  v.  7.  v.  M,  erwidere  ich 
dem  E.  Prov.Sch.C,  dafs  ich  Anstand  nehmen  mufs,  auf  eine  Abänderung  des 
§  14  der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846,  die  Pensionirung  der  Lehrer  an  den  höh. 
Unterrichtsanstalten  betreffend,  in  dem  von  Demselben  befürworteten  Sinne  hin- 
zuwirken. 

Abgesehen  davon,  dafs  die  Lehrer  an  städt  höh.  Unterrichtsanstalten,  als 
mittelbare  Staatsdiener,  in  einem  anderen  Verhältnis  stehen,  als  die  Lehrer  der 
unmittelb.  Staatsanstalten,  und  dafs  schon  aus  diesem  Grunde  eine  gesetzL 
Gleichstellung  beider  Kategorieen  hinsichtL  der  Anrechnung  ihrer  Dienstjahre 
bei  der  Pensionirung  einen  nicht  unberechtigten  Widerstand  finden  würde,  fehlt 
es  auch  an  einem  praki  Bedürfnis  für  ein  Einschreiten  der  Gesetzgebung. 
Die  diesseitigen  Acten  ergeben  keine  Fälle,  in  denen  die  nach  §  14  1.  c.  frei- 
gelassene besondere  Verabredung  zwischen  den  Lehrern  und  den  städt  Patro- 
naten  sich  als  unzureichend  erwiesen  hat    Noch  ein  weiterer  Schritt  in  dieser 


365 

Bichtung  ist  in  anderen  Provinzen  mit  gutem  Erfolg  dadurch  geschehen,  dafs 
man  im  Wege  der  Verhandlung  mit  den  städt.  Patronatshehörden  der  einzelnen 
Anstalten  ein  för  allemal  eine  statutar.  Festsetzung  herbeigeführt  hat,  wonach 
den  Lehrern  der  betr.  Anstalt  früher  geleistete  Dienste  in  dem  bei  den  Staats- 
anstalten gesetzlichen  Umfange  angerechnet  werden. 

Ich  gebe  dem  E.  ProY.Sch.C.  anheim,  auch  Seinerseits  auf  das  Zustande- 
kommen solcher  statutar.  Festsetzungen  hinzuwirken,  und  bemerke  in  Beziehung 
auf  die  Vorstellung  des  Dir.  N.  vom  dortigen  Gymn.,  dafs  der  darin  voraus- 
gesetzte Fall  einer  vor  Publication  der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846  geschehenen 
Versetzung  eines  Lehrers  von  einer  königl.  an  eine  städt.  Anstalt  um  deswillen 
kein  Motiv  für  eine  besondere  Behandlung  enthält,  weil  dem  betr.  Gymnasial- 
lehrer ein  gesetzl.  Anspruch  auf  Pension  vor  Publication  der  gedachten  Ver- 
ordnung überhaupt  nicht  zustand." 

Min. Verf.  v.  20.  Febr.  1873:  —  „Nach  §  6  des  Gesetzes  v.  27.  März 
1872  kommen  bei  Aufbringung  der  Pension  für  diejenigen  Bealschullehrer  etc., 
welche  nicht  aus  allgemeinen  Staatsfonds  zu  pensioniren  sind,  die  Vorschriften 
der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846  zur  Anwendung  und  ist  nach  §  14  derselben 
nur  diejenige  Dienstzeit  anzurechnen,  welche  der  betr.  Lehrer  bei  der  Anstalt 
selbst  zugebracht  hat,  falls  hierüber  nicht  andere  Verabredungen  getroffen  sind. 
Letzteres  ist  im  vorliegenden  Falle  nicht  geschehen;  was  indessen  nicht  aus- 
schliefst, dafs  der  Magistrat  nachträgL  dem  N.  eine  derartige  Zusicherung  erteilt. 
Der  Magistrat  wird  aber  dann  auch  die  Mehrbelastung,  welche  der  Schule  daraus 
erwächst)  seiner  Zeit  auf  städt.  Fonds  übernehmen  müssen. 

Dafs  zunächst  die  Schule  die  Pension  leisten  mufs,  bestimmt  §  4  der 
obengedachten  Verordnung.  Wie  zu  verfahren,  wenn  die  dafür  zu  verwen- 
denden Fonds  nicht  ausreichen,  bestimmen  die  folgenden  5  §§.  Die  Entschei- 
dung gebührt  hiemach  in  erster  Instanz  dem  H.  OPräsidenten. 

Indem  ich  noch  auf  die  §§  16 — 18  derselben  Verordnung,  welche  für  die 
Bildung  besonderer  Pensionsfonds  mafsgebend  sind,  aufmerksam  mache,  ver- 
anlasse ich  das  E.  Prov.Sch.C.,  wegen  Bildung  solcher  Fonds  bei  allen 
beteiligten  Anstalten  Seines  Ressorts  baldigst  das  Erforderliche  in  die  Wege 
zu  leiten. 

Zugleich  bemerke  ich  mit  Bezug  auf  §  19  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März 
V.  J.,  dafs  derselbe  weder  in  seiner  ursprünglichen,  noch  in  derjenigen  Fassung, 
in  welcher  er  aus  den  Berathungen  des  Landtags  hervorgegangen  ist,  eine 
Regelung  der  besonderen  Verhältnisse  des  Lehrerstandes,  auf  welche  das  Gesetz 
erst  in  Folge  eines  zu  §  6  eingebrachten  Abänderungsvorschlages  für  anwend- 
bar erklärt  worden  ist^  zum  Ziele  genommen  hat»  wie  sich  insbesondere  daraus 
ergiebt»  dafs  bei  den  von  den  Communen  zu  pensionirenden  Lehrern  das  Er- 
fordernis einer  Allerh.  Grenehmigung  zur  Anrechnung  der  im  Dienste  anderer 
Communen  oder  auch  im  Königl.  Schulamte  zugebrachten  Zeit  selbstverständlich 
keine  Anwendung  würde  finden  können.  Mithin  sind  hinsichtlich  der  Lehrer 
an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  die  §§  13  und  14  der  Verordn.  v.  28.  Mai 
1846  in  Kraft  geblieben.'« 

Min.Verf.  v.  9.  Oct  1874:  „Nach  §  19,  la  des  Pensionsgesetzes  v. 
27.  März  1872  kann  es  zweifelhaft  erscheinen,  ob  einem  Lehrer  einer  vom 
Staat  unterhaltenen  höh.  ünterrichtsanstalt  bei  seiner  Pensionirung  die  von 
ihm  früher  im  städtischen  Schuldienst  zugebrachte  Zeit  angerechnet  wird,  wenn 
dazu  bei  seiner  Anstellung  an  ersterer  nicht  die  Allerh.  Genehmigung  eingeholt 
ist  Mit  Rücksicht  auf  §  6  desselben  Gesetzes  hat  der  H.  Finanzmin.  sich 
jedoch  damit  einverstanden  erklärt,  dafs  §  13  der  in  dem  citirten  §  bezw. 
für  anwendbar  erklärten  Pensionsverordn.  v.  28.  Mai  1846  nicht  in  Wider- 
spruch mit  §  19,  1.  a  des  Gesetzes  v.  27.  März  1872  stehe,  also  nicht  zu  den- 


366 

jenigen  Bestimmungen  m  rechnen  sei,  welche  nach  §  38  dieses  Gesetzes  aniser 
Kn^  getreten  sind/'  — 

Min. Verf.  y.  16.  Mai  1876.  ,,Aas  Anl&fe  des  Berichtes  v.  8.  d.  M. 
mache  ich  das  E.  Prov.Sch.C.  darauf  aofinerksam,  dafe  nach  §  13  der  Yerordn. 
T.  28.  Mai  1816  den  ans  Staatsfonds  zn  pensionirenden^  Lehrern  an  den  höh. 
Unterrichtsanstalten  die  im  Auslände  geleisteten  Dienste  nur  ang»«chnet 
werden,  wenn  ihre  Anstellung  im  Inlande  vorzugsweise  im  Interesse 
des  öffentlichen  Unterrichts  erfolgt  ist 

Die  Bemerkung  in  dem  Werke:  Wiese,  Verordnungen  etc.  IP  S.  302  (s.  S.  368), 
dafs  in  dem  gegebenen  Falle  die  Anrechnung  der  an  anderen  öffentlichen 
Schulen  zugebrachten  Dienstzeit  „unter  gewissen  Bedingungen*'  erfolge,  bezieht 
sich  auf  diese  Dienstzeit  an  ausländischen  öffentl.  Schulen.''    Falk. 

Verfl  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  21.  Jan.  1880  an  die  Patro- 
nate  etc.  „Der  §  14  der  AUerh.  Verordn.  v.  28.  Mai  1846,  betr.  die  Pensionirung 
der  Lehrer  und  Beamten  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten,  schreibt  vor,  dafs, 
wenn  die  Pensionen  vom  Staate  und  von  Commnnen  gemeinschaftlich  oder 
blofs  von  Communen  oder  gröfseren  Communalverbänden  zu  zahlen  sind,  nur 
diejenigen  Dienste  angerechnet  werden,  welche  der  zu  Pensionirende  im  Militär 
nnd  den  zur  Pensionszahlung  verpflichteten  Communen  im  Schul-  oder  in  einem 
anderen  Amte  geleistet  hat,  falls  hierüber  nicht  andere  Verabredungen 
getroffen  sind.  Diese  Bestimmung  ist,  wie  der  Erlafs  des  H.  Ministeis 
V.  20.  Febr.  1873  des  Näheren  begründet,  durch  den  §  19  des  Pensionsgesetzes 
V.  27.  März  1872  nicht  aufgehoben.  Demgemäfs  bedarf  es,  wenn  ein  schon 
anderweitig  angestellt  gewesener  Lehrer  an  eine  nicht  lediglich  aus  Staatsfonds 
zu  unterhaltende  höh.  Unterrichtsanstalt  berufen  wird,  einer  Verständigung 
darüber,  ob  demselben  die  bis  dahin  zurückgelegte  Dienstzeit  im  Falle  seiner 
Pensionirung  angerechnet  werden  soll  oder  nicht. 

Das  Unterlassen  einer  rechtzeitigen  Ordnung  dieser  Angelegenheit  hat 
neuerdings  in  mehreren  PensionirungsfäUen  zu  unangenehmen  Weiterungen 
geführt.  Wir  finden  uns  deshalb  zu  der  Anordnung  veranlafst,  dafs  in  Fällen 
der  in  Bede  stehenden  Art,  sofern  nicht  seitens  der  Patronate  die  Berück- 
sichtigung auch  der  in  anderen  Amtsstellen  zurückgelegten  Dienstzeit  ein  für 
alle  Mal  in  rechtsverbindlicher  Weise  beschlossen  ist,  eine  bezügliche  specielle 
Bestimmung  in  den  Vocationen  enthalten  sein  mufs,  und  werden 
Vocationen,  in  welchen  diese  Anforderung  unbeachtet  geblieben  ist,  als  in  einem 
wesentlichen  Punkte  unklar  ansehen  und  nicht  femer  bestätigen. 

Die  Stadt  Berlin  macht  nach  dem  Vorgange  des  Staates  (vgl.  §  13 
der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846)  bei  der  Pensionirung  von  Lehrern  an  höh. 
Unterrichtsanstalten  zwischen  den  ihr  selbst  und  den,  anderen  Communen  oder 
dem  Staate  im  Schulfache  geleisteten  Diensten  grundsätzlich  keinen  Unterschied.^) 
Ein  gleich  liberales  Verfahren  können  wir  allen  Schulpatronaten  unseres  Bessorts 
nicht  blofs  der  Lehrer  wegen,  sondern  in  erster  Linie  auch  im  wohlverstandenen 
Interesse  ihrer  Anstalt  nur  auf  das  eindringlichste  empfehlen.  Die  allgemeinere 
Durchführung  desselben  würde   die  jetzt   so  oft  obwaltende  Schwierigkeit^  fär 


^)  In  den  Vocationen  für  die  Lehrer  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten 
städtiBchen  Patronats  zn  Berlin  lautet  der  betr.  Passus  unter  Nr.  7:  .Wie  alle 
städtischen  Lehrer  hat  auch  Herr  etc.  nach  Ck)mmunalbe8chlufB  bei  eintretender 
Dienstunfähigkeit  auf  eine  Pension  Anspruch.  Bei  der  Berechnung  und  Feststellung 
der  Pension  bewendet  es  bei  den  bezügl.  gesetzl.  Bestimmungen,  wie  sie  s.  Z.  des 
Eintritts  des  Pensionirungsfalles  bestehen  werden,  mit  der  MaCsgabe,  dafs  den 
städtischen  Lehrern  auch  diejenigen  Dienstjahre  angerechnet  werden,  wahrend 
welcher  sie  vor  ihrer  Anstellung  im  städtischen  Dienst,  im  Staatsdienste  oder  im 
Dienste  einer  andern  Gemeinde  angestellt  gewesen  sind." 


i 


367 

Anstalten  privaten  Patronats  namentlich  an  kleineren  Orten  anderweitig  bereits 
bewährte  Lehrkräfte  zu  gewinnen,  wesentlich  vermindern." 

Min. Verf.  y.  14.  Juni  1883.     „Dem  K.  ProY.Sch.C.  erwidere  ich , 

dafs  die  Bestimmung  in  §  13  der  Pensionsverordnung  v.  28.  Mal  1846  mit  der 
Bestimmung  in  §  19,  1  a  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  nicht  im 
Widerspruche  steht,  also  nicht  zu  denjenigen  Bestimmungen  zu  rechnen  ist, 
welche  nach  §  38  dieses  Gesetzes  aufser  Kraft  getreten  sind.  —  Yergl.  u.  a.  die 
im  Einverständnisse  mit  dem  H.  Finanzminister  erlassene  Verf.  v.  10.  Oct. 
1872  und  die  Min. Verf.  v.  9.  Oct.  1874  S.  365,  bezw.  GBL  1872  S.  687.« 
V.  Gofsler. 

Zur  Berechnung  der  Pension  (§  7  ff.  des  Gesetzes  v.  27.  März 
1872).  C.Verf.  v.  16.  Aug.  1872:  „In  Folge  der  vom  1.  Jan.  d.  J.  ab  ein- 
getretenen Erhöhung  der  Beamtenbesoldungen  ist  es  vorgekommen,  dafs  Pro- 
vinzialbehörden  die  in  den  Etats  vorgesehenen  Gehaltszulagen  auch  an  solche 
ihnen  unterstellte  Beamte  bewilligt  haben,  deren  Versetzung  in  den  Buhestand 
mit  Pension  bereits  vor  dem  Termin,  wo  Zulagen  auf  Grund  des  Gesetzes  über 
den  Staatshaushaltsetat  zahlbar  gemacht  werden  konnten,  jedoch  mit  Bestimmung 
eines  späteren  Zeitpunkts  für  den  Amtsaustritt  verfugt  war. 

Eine  derartige  Bewilligung  kann  als  zulässig  nicht  erachtet  werden. 
Mit  der  Verfügung,  welche  die  Versetzung  eines  Beamten  in  den  Buhestand 
ausspricht  und  seine  Pension  endgiltig  festsetzt,  hat  die  Dienstlaufbahn  des- 
selben ihren  Abschlufs  gefunden,  wenn  auch  für  den  Dienstaustritt  selbst  ein 
späterer  Termin  festgesetzt  ist.  Dadurch  wird  ausgeschlossen,  dafs  der  aus- 
scheidende Beamte  als  solcher  weitere  Vermögensrecht!.  Ansprüche  dem  Staate 
gegenüber  erwerbe.  Demgemäfs  darf  ihm  eine  Gehaltserhöhung,  welche 
gleichzeitig  auch  eine  Erhöhung  der  festgesetzten  Pension  bedingen  würde, 
nicht  mehr  bewilligt  werden.  Hiemach  ist  in  allen  künftig  vorkommenden 
Fällen  zu  verfahren." 

Lehrer  an  den  mit  den  höh.  Lehranstalten  organisch  verbundenen  Vor- 
bereitungsklassen sind  pensionsberechtigt. 

Min. Verf.  v.  22.  Aug.  1859:  „Auf  den  über  die  Pensionsberechtigung 
des  Lehrers  N.  an  der  Vorbereitungsklasse  des  Gymn.  zu  N.  erstatteten  Bericht 
V.  —  erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs,  da  die  Vorbereitungsklasse  einen 
integrireiiden  Teil  des  Gymn.  bildet,  der  N.  in  Beziehung  auf  seine  Pensions- 
verhältnisse gleich  den  übrigen  Lehrern  der  Anstalt  zu  behandeln  ist  Bei 
näherer  Erwägung  wird  sich  derselbe  überzeugen  müssen,  dafs  diese  Entschei- 
dung seinem  eigenen  wohlverstandenen  Interesse  entspricht,  da  seine  Voraus- 
setzung, dafs  er  anderenfalls  bei  eintretender  Dienstuntauglichkeit  den  3.  Teil 
seines  Einkommens  als  Emeritengehalt  aus  der  Gymnasialkasse  beanspruchen 
dürfte,  der  gesetzlichen  Begründung  entbehrt." 

Das  Probejahr  wird  unterschiedslos  angerechnet;  mithin  auch,  wenn 
dasselbe  bei  einer  aus  Communalmitteln  unterhaltenen  Lehranstalt  abgeleistet 
worden  ist    (Vgl.  Ges.  v.  27.  März  1872  §  14,  5,  s.  S.  358.) 

Schreiben  des  Finanzmin.  v.  13.  Jan.  1875:  „Auf  das  gef.  Schreiben 
V.  —  erkläre  ich  mich  damit  einverstanden,  dafs  die  einjähr.  Uebungszeit  der 
Schulamtscandd.  in  den  Semin arien  für  höh.  Schulen  in  gleicher  Weise  wie 
das  regelm.  Probejahr  an  den  gelehrten  Schulen  bei  Feststellung  der  nach  dem 
Gesetz  v.  27.  März  1872  zu  gewährenden  Pensionen  auf  Grund  der  Nr.  5  des 
§  14  dieses  Gesetzes  als  Dienstzeit  anzurechnen  ist"  — 

Verf.  des  Finanzmin.  und  des  Min.  der  geistl.  etc.  Angl.  v. 
21.  April  1873:  „Ew.  —  haben  in  dem  gef.  Bericht  v.  11.  v.  M.  die  Geneh- 
Biigung  dafür  beantragt»  dafs  den  Begierungs-  und  Schulräthen  N.  und  N.  bei 


Diesem  Antrage  TennOgen  wir  fnr  jetzt  keine  Folge  n  geben. 

GemäTB  %  19  des  Pensionsgeeetzes  t.  27.  lUn  t.  J.  sind  Zosiclieniiigen 
der  gedachten  Art  nor  den  seit  ErUfs  dieses  Gesetzes  AnzasteDeDden  und  zwar 
znr  Zeit  der  Anstellung  za  erteilen.    Hinsiclitl.  der  froher  im  nnmlttdb. 
Staatsdienst  Angestellten  kann  die  Frage,  in  wie  weit  die  AUeih.  Genduuigong 
znr  Anrechnung  der  im  g  19,  l.a)  a.  a.  0.  bezeichneten,  an  ödk  nicht  an- 
rechnnngsföhigen  Dienstzeit  nachznsnchen  sein  mochte,  erst  bei  beToistebender 
Pensionimng  nachgesDcbt  werden.    Eine  Abweichnng  Ton  diesem,  der  seither. 
Praxis  entsprechenden  Gnuidsatz    empfiehlt  sich  nm  so  weniger,  als  hei  der 
bezfigl.  Entschliefsnng  das  Lebens-  und  Dienstalter,  die  Gesamtheit  der  persOnl. 
nnd  der  VermJJgensrerhftltniBse,  die  Würdigkeit  des  in  den  Bnhestand  tretenden 
Beamten 
nnmittellN 
Momente 
Den  gl 
die  Angel 
in  Anregt 

C.V 
geeetzes  ^ 
steUangen 
dienst  Ad 
bei  der 
Bestinuna 
teilen  za 
Amtswe 
ist,  yeranl 
aohnerksa 

Mii 
y,  27.  m 
Fensionün 
jedoch  86' 
BeschSfti{ 
Amte  von 
Begünstig 
materiell 
Ziehungen 
Anstalt  si 
Institnteii 
besondere 
dem  Insti 

W4 
Lehrern  i 
brachte  I 
Anstalten 
worden,  6 
oder  die  ! 
stalinng 
weiterhin 


(8.  oben  S.  338  f.:  §g  15—18  des  OesefaeB  t.  27.  März  1872.) 

Pensionsreglm.  v.  30.  April  1825:  „g  II.  Wenn  ein  &nf  Lebenszeit 
angestellter  CiTÜbeamter  vorher  im  MilitAr  ^eatanden  bat,  so  kommt  anch  die 
im  activen  Militärdienste  angebrachte  Zeit  zur  Berechnung.  Der  Bestimmung 
im  §  9  gemäTs,  fcann  jedoch  aacb  diese  Dlensteeit  erst  vom  Anfang  des 
21.  Lebensjahres  ab,  zn  gut  gerechnet  werden;  aneschllefslich  indefs  der  in 
einem  Kriege  stattgefiindenen  Dienstzeit,  welche  zur  Berechnimg  gezogen  wird, 
anch  wenn  der  betr.  Beamte  das  20.  Lebensjahr  damals  noch  nicht  voll- 
endet hat 

Die  Zeit  des  vor  dem  Feinde  geleisteten  Hilitflrdienstes 
wird  doppelt  gerechnet,  jedoch  nur  in  dem  Falle,  wenn  solche  sogleich 
bei  der  Verabschiedung  ans  dem  Hilit&r  von  der  competenten  UilitArbebörde 
ansdrücklicb  bescheinigt  nnd  die  Daner  derselben  in  dem  Abschied  angegeben 
ist;  anf  deren  nacbtrSglichen  Nachweis  soll  nicht  eingegangen  werden.  Wird 
ein  ehemaliger  Militftr  wShrend  der  feststehenden  Probezeit  wieder  entlassen, 
so  bat  er  keinen  Anspruch  auf  Civilpension,  und  es  wird  ihm  nnr  die  ihm 
dwa  flüher  bewilligte  Hilitarpeneion  ans  dem  Militär  -  Pensionfonds  wieder 
l{owährt" 

CO.  T.  10.  Jan.  1828:  „Anf  Ihre  Anfrage  bestimme  ich,  dafs,  sowie  bei 
Feststellung  der  Anspräche  anf  das  Dien Btanszelchnungs kreuz   und  die  Dienst- 

. anszeichnnng,  auch  bei  Pension iningen  die  Jahre  der  Gefangenschaft  in 
der  Begel  nicht  als  Dienstjahre  gerechnet  werden  dürfen.  Nur  in  solchen 
Fällen,  wo  die  Gefangenschaft  Folge  einer  schweren  Verwundung  ist,  oder  wo 
andere  Umstände  eine  besondere  Berücksichtigung  begründen,  behalte  ich  Mir 
vor,  über  die  Anrechnung  jener  Zeit  besonders  zu  bescbliefsen.  Damit  aber 
solche  Fälle  Mir  znr  Entscheidung  vorgelegt  werden  können,  mufs  in  den  Ein- 
gaben zur  Pensionimng  jedesmal  nachgewiesen  werden,  ob,  bei  welcher  Gelegen- 
heit, durch  welche  speciellon  Umstände  und  wie  lange  das  betr.  Individuum  in 
Kriegsgefangenschaft  gerathen  ist." 

CO.  V.  18.  Dec.  1864:  „Ich  bestimme  mit  Bezug  auf  den  g  8  des  Militb-- 
Ponsionsreglra.  v.  13.  Juni  1825,  dal^  der  diesjährige  Feldzng  gegen 
Dänemark  den  dabei  Beteiligten  hei  Berechnung  ihrer  Dienstrzeit  als  ein 
Kriegsjahr  in  Anrechnung  kommen  soll.  Für  die  Beteiligung  ist  der  statuten- 
mäTsige  Besitz  der  durch  Meine  Ordre  v.  10.  Nov.  dieses  Jahres  gestifteten 
Kriegs denkmnnze  mal^bend.  Das  Staatsministerium  hat  hiemach  das  Weitere 
za  Teranlassen."    Wilhelm. 

CO.  V.  6.  Nov.  1866:  ,Jch  bestimme  mit  Bezug  anf  §  8  des  Hil.- 
Pensionsreglffl.  v.  13.  Juni  1825,  daä  der  diesjähr.  Feldzug  den  dabei  Be- 
teiligien  bei  Berechnung  ihrer  Dienstzeit  als  ein  Kriegsjahr  in  Anrechnung 
kommen  soll.  Für  die  Beteiligung  ist  der  statutenmäfaige  Besitz  des  durch 
Meine  Ordre  v.  20,  Sept.  d.  J.  gestifteten  Erinnerungskreuzes  m&Tsgebend.  Das 
Staatamin.  hat  hiernach  das  Weitere  zu  veranlassen."    Wilhelm. 

CO.  V.  11.  Febr.  1875:  „Anf  Grund  der  Bestimmungen  des  §  23  des 
Gesetzes,  betr.  die  Pensionimng  und  Versorgung  der  Militär  -  Personen  etc. 
V.  27.  Jnni  1871,  genehmige  ich,  dafs  der  Feldzng  des  Jahres  1866  denjenigen 
in  den  Civil-  oder  HUitärdienst  des  Beiches  eingetretenen  Offizieren,  Beamten 
nnd  Mannschaften,  welche  bei  Truppen  der  in  jenem  Jahre  im  Kriege  befind- 
lich gewesenen  deutschen  Staaten  gestanden  haben,  als  Krieg^ahr  anzurechnen 
ist,  sofern  dieselben  an  einem  Gefecht  teilgenommen  oder  behufs  Ausführung 

VI«*B>  Vuradnangen.    n.  24 


370 

Yon  Operationen  zn  kriegerischen  Zwecken  die  Grenzen  ihrer  damaligen  Heimats- 
Iftnder  verlassen  haben.  Dieser  mein  Erlafs  hat  rackwirkende  Kraft  fnr  alle 
seit  dem  Jahre  1866  pensionirten  Personen  der  genannten  Eategorieen.^ 
Wilhelm. 

CO.  y.  16.  Mai  1871:  Jch  bestimme  mit  Bezog  auf  §  8  des  Militär- 
Pensionsreglm.  y.  13.  Jnni  1825,  dafs  der  Feldzng  gegen  Frankreich 
von  1870/71  den  an  solchem  Beteiligten  bei  Berechnnng  ihrer  Dienstzeit  nach 
folgenden  Grundsätzen  als  Eriegsdienstzeit  in  Anrechnung  zu  bringen  ist: 

1.  Denjenigen  Beteiligten,  welche  in  jedem  der  beiden  vorbezeichneten 
Jahre  an  einer  Sdüacht»  einem  Gefecht  resp.  einer  Belagerung  teilgenommen, 
oder  welche  je  2  Monate  ans  dienstl.  Veranlassung  in  Fraulich  zugebracht 
haben,  kommen  2  Kriegsjahre  in  Anrechnung.  2.  Deigenigen  dagegen, 
welche  diese  Bedingungen  nur  in  einem  der  Jahre  1870  oder  1871  erföllt» 
sowie  Denjenigen,  welche  ohne  an  einem  Kampfe  teilzunehmen,  nur  in  beiden 
Jahren  zusammen  2  Monate  fortlaufender  Zeit  aus  dienstlicher  Veranlassung  in 
Frankreich  zugebracht  haben,  ist  nur  ein  Kriegsjahr  in  Anrechnung  zu  bringen. 
Die  Anrechnung  des  Jahres  1871  als  Kriegsjahr  far  Diejenigen,  welche  in 
diesem  Jahre  nicht  an  einem  Kampfe  beteiligt  gewesen,  findet  jedoch  überhaupt 
nur  in  dem  Falle  statt,  wenn  die  Betreffenden  bis  zum  2.  M&rz  dieses  Jahra 
mindestens  2  Monate  aus  dienstl.  Veranlassung  in  Frankreich  anwesend  waren.*' 
Wilhelm. 

Vorbereitung  der  Pension. 

C.Verfl  y.  9.  Dec.  1852:  „Bei  der  Pensionirung  von  Lehrern  und  Be- 
amten an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  müssen  die  Ansätze  über  die  Dienst- 
zeit des  zu  Pensionirenden  in  den  Pensionsnachweisungen  durch  die  Vocation 
oder  Bestallung  oder  sonstige  die  Anstellung  darthuende  Urkunden  für  jede 
Dienststellung,  welche  der  zu  Pensionirende  eingenommen  hat,  in  Urschrift  oder 
in  beglaubigter  Abschrift  belegt,  auch  mufs,  wenn  beim  Dienstantritt  die  Ver- 
eidigung stattgefunden  hat,  der  Nachweis  darüber  geführt,  und,  wenn  die  Pen- 
sionirung durch  Krankheit  oder  körperl.  Unfähigkeit  zur  Verwaltung  des  Dienstes 
yeranlafst  wird,  ein  ärztl.  Attest  darüber  beigefügt  werden.  Ich  mache  das 
K.  ProY.8ch.C.  auf  diese  Erfordernisse  aufmerksam  und  erwarte,  dafs  denselben 
künftig  vollständig  genügt  werde.*' 

C.Verf.  der  Minister  des  Innern,  der  Finanzen  und  des  Kriegs 
y.  24.  Sept  1874:  „Zur  Sicherung  eines  gleichmäfsigen  Verfahrens  bei  der 
Vorbereitung  der  Pensionirung  yon  Civilbeamten  und  bei  der  Verrechnung  der 
Pensionen  wird  hierdurch  Nachstehendes  angeordnet: 

1.  Um  der  Bestimmung  des  Alinea  1  im  §  20  des  Pensionsgesetzes 
y.  27.  März  1872  zu  genügen,  sind  die  Berichte  über  Anträge  von  Beamten 
auf  Pensionirung  stets  mit  einer  ausdrückl.  Erklärung  der  denselben  unmittel- 
bar vorgesetzten  Dienstbehörde  darüber  zu  versehen  resp.  zu  begleiten,  ob  sie 
nach  pflichtmäfsigem  Ermessen  den  Beamten  far  unMig  hält,  seine  Amts- 
pflichten femer  zu  erfüllen. 

2.  In  allen  Fällen  ist  thunlichst  darauf  zu  halten,  dafs  mit  dem  in  den 
Buhestand  zu  versetzenden  Beamten,  sofern  nicht  in  dem  Antrage  desselben  auf 
Pensionirung  schon  ein  bestimmter  Zeitpunkt  für  deren  Eintritt  nachgesucht 
ist,  über  diesen  Zeitpunkt  eine  ausdrückliche  Vereinbarung  vor  der  Bericht- 
erstattung über  den  Pensionsantrag  herbeigefahrt  wird. 

3.  In  die  Vorschlags-Nachweisungen  zur  Bewilligung  von  Pensionen  an 
Beamte,  welche  auf  Anrechnung  einer  Militärdienstzeit  Anspruch  haben,  ist 
eine  Angabe  darüber  au&unehmen,  ob  eine  und  event.  welche  Invalidenpensien 


371 

ihnen  vor  dem  Eintritt  in  den  Givildienst  bewilligt  ist  (§  107  des  Mil.Pen- 
sionsgesetzes  v.  27.  Jnni  1871).  4.  Im  Lanfe  des  Jahres  sind  die  nach 
dem  Alin.  2  des  §  107  des  Mil.  Pensionsgesetzes  y.  27.  Jnni  1871  bei  dem 
Wiederansscheiden  der  im  Givildienst  angestellt  gewesenen  Milit&rpensionäre 
denselben  in  Anrechnung  anf  die  von  ihnen  erdienten  höheren  Givilpensionen 
wieder  anzuweisenden  InvaUdenpensionen  in  gleicher  Weise  wie  die  Givil- 
pensionen bei  dem  Givilbeamten- Pensionsfonds  zn  Teransgaben.  Am  Jahres- 
schlafs ist  dann  aber  dnrch  eine  specielle  Nachweisnng  festzustellen,  welcher 
Betrag  an  solchen  Invalidenpensionen  unter  den  bei  dem  Givilfonds  veraus- 
gabten Pensionen  begriffen  ist/' 

C.Verf.  V.  5.  Apr.  1878.  „In  neuester  Zeit  ist  wiederholt  vorgekommen, 
dafs  Prov.Sch.GoUegien  zu  den  Anträgen  auf  Pensionirung  von  Lehrern  und 
Beamten  an  höh.  Lehranstalten  nur  angezeigt  haben,  der  in  den  Buhestand 
Tretende  sei  nach  dem  Ausspruche  des  Ans^tsdirectors  unfähig,  seifte  Amts- 
pflichten noch  femer  zu  erfüllen.  Diese  Angabe  genügt  nicht;  es  ist  viel- 
mehr nach  §  20  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  zum  Erweise  der  Dienst- 
unföhigkeit  eines  seine  Versetzung  in  den  Buhestand  nachsuchenden  Beamten 
oder  Lehrers  von  dem  Prov.Sch.G.  selbst  als  der  unmittelbar  vorgesetzten  Dienst- 
behörde die  Erklärung  abzugeben,  dafs  sie  nach  pflichtmäfsigem  Ermessen  den 
Beamten  resp.  Lehrer  für  unfähig  halte,  seine  Amtspflichten  femer  zu  erfüllen. 
Ich  bringe  die  genaue  Beachtung  der  mittels  G.Verf.  v.  2.  Dec.  1874  ^)  ge- 
gebenen Vorschriften  hiermit  in  Erinnerung." 

Anfangstermin  der  Pensionirung.  G.Verf.v.  29.  Juni  1864:  „Auf 
den  Bericht  v.  —  will  ich  die  von  dem  Guratorium  des  Gymn.  zu  N.  beantragte 
Pensionirang  des  Oberlehrers  N.  hiermit  genehmigen.  Da  derselbe  bereits 
aufser  Function  getreten  und  nicht  mehr  dienstfähig  ist,  so  finde  ich  nichts 
dagegen  zu  erinnern,  dafs  als  Termin  seiner  Pensionirang  eine  Zeit  innerhalb 
des  Schuljahrs,  der  1.  Dec  d.  J.,  angenommen  und  er  bis  dahin  beurlaubt 
werde.  Im  AUgm.  ist  aber  festzuhalten,  dafs  nur  Ostem  und  Michaelis,  als 
die  Zeit  des  Amtsantritts  der  Lehrer,  auch  die  geeigneten  Pensionirangstermine 
sind.  Auch  da,  wo  jährige,  mit  Ostem  beginnende  Gurse  eingeführt  sind,  bildet 
Michaelis  einen  Abschnitt  im  Schuljahr.'* 

Aufbringung  der  Pension  (s.  S.  356:  §  6  des  G^etzes  v.  27.  März 
1872).  Bei  den  Staatsanstalten  werden  von  den  Lehrem  die  früher  nach  den  Be- 
stimmungen des  Beglm.  v.  30.  Apr.  1825  und  der  A.  Verordn.  v.  6.  Mai  1867 
(GS.  p.  713)  zu  entrichtenden  einmaligen  und  fortlaufenden  Pensions- 
beiträge seit  1868  nicht  mehr  gezahlt 

G.Verf.  V.  23.  Juli  1868:  „Nachdem  durch  den  Staatshaushaltsetat  für 
1868  und  die  wegen  dessen  Ausführung  ergangenen  Verfügungen  den  Dir., 
Lehrem  und  Beamten  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  königl.  Patronats  die 
früher  an  den  allgm.  Givil-Pensionfonds  zu  entrichtenden  einmaligen  und  laufen- 
den Pensionsbeiträge  v.  1.  Jan.  d.  J.  ab  definitiv  erlassen  worden  sind,  er- 
scheint es  nothwendig,  die  Entlassung  der  Dir.,  Lehrer  und  Beamten  an  allen 
Anstalten,  auf  welche  das  Gesetz  v.  28.  Mai  1846  Anwendung  findet,  von  der 
Verpflichtung  zur  Zahlung  derartiger  Beiträge  herbeizufuhren.  Für  den  Weg- 
fall dieser  Einnahmen  kann  jedoch  den  bek.  Anstalten  resp.  Fonds  ein  Ersatz 
aus  Staatsmitteln  nicht  gewährt  werden.  Bei  Begulirang  dieser  Verhältnisse 
muf^  deshalb  besonders  darauf  geachtet  werden,  dafs  künftig  eine  Beein- 
trächtigung der  Rechte  der  Dir.,  Lehrer  und  Beamten  auf  die  ihnen  gesetzL 


^J  Durch  dieselbe  wurde   obige  C.Verf.  v.  24.  Sept.  1874  zur  Kenntnis- 
nahme und  Nachachtong  mitgeteilt.    GBl.  1875  S.  4. 

24» 


372 

Zustehende  Pension  nicht  eintreten  kann.  Eine  Abftndernng  des  (resetEes 
y.  28.  Mai  1846  erscheint  ferner  in  Bäcksicht  anf  die  Yerschiedenartigkeit,  in 
welcher  das  Pensionswesen  an  den  einzelnen  Anstalten  geordnet  ist,  schwer 
herbeizuführen  nnd  mit  Bücksicht  auf  die  Bestimmung  im  §  16  des  Gesetzes, 
wonach  den  Lehrern  nnd  Beamten  keine  höheren  Beiträge,  als  den  pensions- 
berechtigten Civil-Staatsdienem  auferlegt  werden  dürfen,  nicht  erforderlich.  Ich 
halte  es  demnach  für  angemessen,  für  jede  der  oben  erwähnten  Anstalten  be* 
sonders  das  Pensionswesen  auf  Grundlage  des  Wegfalls  der  bisher  von  Lehrera 
und  Beamten  gezahlten  Beiträge  neu  zu  regeln. 

1.  Was  hierbei  zunächst  die  Anstalten  kOnigl.  Patronats  betrifft,  welche 
entweder  far  sich  oder  mit  anderen  gemeinschaftlich  besondere  Pensionsfonds 
gebildet  haben,  oder  die  aus  Fonds  YoUständig  ausgestattet  sind,  welche  zwar 
nur  far  bestimmt  begrenzte  Zwecke  verwendet  werden  dürfen  und  daher  in  ge- 
wissem Sinne  als  Stifkungsfonds  angesehen  werden  können,  die  Eigenschaft 
von  Staatsfonds,  wenn  auch  nur  mittelbarer,  dadurch  aber  nicht  verloren  haben, 
so  erwarte  ich  die  Anträge  des  K.  Prov.Sch.C.  wegen  künftiger  Freilassung 
der  Lehrer  und  Beamten  von  Pensionsbeiträgen,  um  darüber  event  nach  Be- 
nehmen mit  dem  H.  Finanzmin.  zu  befinden.  2.  Gleichen  Anträgen  sehe 
ich  entgegen  in  Betreff  der  Anstalten,  welche  sich  aus  eigenen  Mitteln  erhalten 
und  mit  ihrem  Vermögen  unter  unmittelbarer  Aufsicht  und  Verwaltung  des 
E.  Prov.Sch.C.  stehen,  und  deren  Vermögenslage  den  Wegfall  der  in  Bede 
stehenden  Pensionsbeiträge  unbedenklich  erscheinen  läfsi 

3.  Was  diejenigen  Anstalten  betrifft,  deren  Vermögenslage  hinsichtL  der 
Fähigkeit  zur  Zahlung  künftig  flüssig  zu  machender  Pensionen  zu  Bedenken 
Anlafs  giebt,  oder  welche  von  Privatpersonen  oder  anderen  Gorporationen,  als 
Gommunen  zu  unterhalten  sind,  so  mufs  bei  diesen  dafür  Sorge  getragen  werden, 
dafs  der  Pensionsfonds  erhalten  und  ihm  auch  femer  die  jetzt  von  Lehrern 
und  Beamten  gezahlten  Beiträge  zugeführt  werden.  Es  wird  dies  dadurch  zu 
ermöglichen  sein,  dafs  dem  Pensionfonds  an  Stelle  der  Beiträge  der  Lehrer 
und  Beamten  ein  Teil  des  einkommenden  Schulgeldes  etc.,  dessen  Erhöhung 
event.  in  Aussicht  genommen  werden  kann,  zugewiesen  wird.  Event  werden 
die  Beteiligten  zu  disponiren  sein,  die  Beiträge  nach  Mafsgabe  ihrer  subsidiären 
Verpflichtung  für  Zahlung  der  Pensionen  auf  sich  zu  nehmen.  In  gleicher 
Weise  ist  bei  den  Anstalten  zu  verfahren,  welche  vom  Staat  und  Gommunen 
gemeinschaftl.  zu  unterhalten  sind.  — 

4.  Was  die  Anstalten  betrifft,  welche  allein  von  Gommunen  oder  gröfseren 
Gommunalverbänden  unterhalten  werden,  so  haben  die  gröfseren  Stadtgemeinden 
bereits  vielfach  den  Lehrern  und  Beamten  an  ihren  Unterrichtsanstalten  die 
Pensionsbeiträge  erlassen.  Diejenigen  Stadtgemeinden,  welche  dies  noch  nicht 
gethan  haben  und  an  deren  Fähigkeit  zur  Zahlung  der  künftig  au&ubringenden 
Pensionen  nach  dem  Urteil  des  E.  Prov.Sch.G.  und  der  zuständigen  K.  Be- 
gierung  nicht  zu 'zweifeln  ist,  sind  aufzufordern,  dem  gegebenen  Beispiel  zn 
folgen.  Das  E.  Prov.Sch.G.  ermächtige  ich,  die  desfallsigen  Beschlüsse  der 
Stadtgemeinden  Seinerseits  resp.  im  Einvernehmen  mit  der  zuständigen  E.  Be- 
gierung  zu  bestätigen.  Wo  die  Pensionsbeiträge  der  Lehrer  bisher  in  eineu 
allgm.  Gommunal- Pensionsfonds  geflossen  sind,  werden  die  Gommunen  zur 
Uebemabme  dieser  Beiträge  auf  die  eigenen  Einnahmen  der  Anstalt  resp.  andere 
geeignete  Fonds  geneigt  zu  machen  sein.  5.  Dagegen  kann  solchen  Gommuneu, 
welche  hinsichtL  der  qu.  Pensionen  nicht  für  völlig  leistungsfähig  zu  erachten 
sind,  die  Auflösung  der  gebildeten  Pensionsfonds  resp.  die  Minderung  ihrer 
Einnahmen  nicht  gestattet  werden.  In  derartigen  Fällen  ist  vielmehr  nur  darauf 
hinzuwirken,  dall3  die  jetzt  von  den  Lehrern  und  Beamten  zu  entrichtenden 
Beiträge  auf  die  Gonununalkasse  übernommen  und  von  dieser  an  den  Pensions- 
fonds abgeführt  werden.  — 


373 

In  Zukunft  ist  die  Genehmigung  zur  Gründung  höherer  Unterrichts- 
anstalten resp.  die  Anerkennung  bestehender  Anstalten  als  höherer  Unter- 
richtsanstalten zu  versagen ,  falls  das  Pensionswesen  nicht  der  Ai-t  geregelt 
ist,  dafs  von  den  Dir.,  Lehrern  und  Beamten  Pensionsbeiträge  nicht  erhoben 
werden."    v.  Mühler. 

Bei  den  Anstalten,  welche  nicht  aus  Staatsfonds  unter- 
halten werden,  ist  die  Entrichtung  besonderer  Pensionsbeiträge  meistenteils 
auch  aufgehoben.  Zur  Bestreitung  der  Pensionen  sind  bei  ihnen  meist  eigene 
Pensionsfonds  errichtet  Nur  gröfsere  Stadtgemeinden  bleiben  in  der  Segel 
davon  befreit  (s.  Abt.  I.  p.  33).  Sobald  der  Pensionsfonds  vollständig  absorbirt 
ist,  werden  die  laufenden  Lehrerpensionen  von  den  zur  Unterhaltung  der  Anstalt 
subsidiarisch  Verpflichteten  aufgebracht.  Die  Vorschrift,  dafs  aus  der  blofsen 
Gewährung  von  Bedürfniszuschüssen  eine  Verbindlichkeit  des  Staats  zu  Pensions- 
beiträgen nicht  hergeleitet  werden  kann  (§  6  der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846), 
ist  durch  rechtskräftiges  Erkenntnis  des  K.  0  Tribunals  v.  10.  Nov.  1860 
interpretirt.  — 

CO.  V.  13.  März  1848:  „Auf  Ihren  Antrag  v.  —  ermächtige  Ich  Sie, 
gröfsere  Stadtgemeinden,  denen  die  alleinige  Unterhaltung  einer,  mit  zu- 
reichendem eigenem  Vermögen  nicht  ausgestatteten  höh.  Unterrichtsanstalt  ob- 
liegt, von  der  im  §  16  der  Verordnung  v.  28.  Mai  1846  vorgeschriebenen 
Bildung  eines  besonderen  Pensionsfonds  far  die  Lehrer  und  Beamten  solcher 
Unterrichtsanstalten  zu  entbinden  und  ihnen  die  Einziehung  der  Pensions- 
beiträge der  Lehrer  und  Beamten  zur  Stadtkasse  zu  gestatten.  Dagegen  behält 
es  auch  in  Fällen  dieser  Art  bei  der  durch  jene  Verordnung  bestimmten  Ver- 
bindlichkeit der  Stadtgemeinden  zur  Gewährung  der  gesetzl.  Pensionen  an  die 
gedachten  Lehrer  und  Beamten  sein  Bewenden." 

Min. Verf.  v.  9.  Dec.  1882:  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  erwidere  ich  auf 
den  Bericht  v.  31.  Oct.  d.  J.,  dafs  das  Gesetz  v.  31.  März  d.  J.  (S.  361)  nach 
Artikel  HI  desselben  und  im  Hinblicke  auf  §  6  des  Pensionsgesetzes  vom 
27.  März  1872  auch  auf  die  Lehrer  an  städtischen  höh.  Unterrichtsanstalten 
unzweifelhaft  Anwendung  findet.  Selbstverständlich  wird  dadurch  der  bereits 
bestehende  Unterschied  zwischen  den  Lehrern  an  staatlichen  und  städtischen 
Anstalten  bezüglich  der  Berechnung  der  an  anderen  Anstalten  verbrachten 
Dienstzeit  (§§  13  u.  14  der  Pensions -Verordn.  v.  28.  Mai  1846,  s.  S.  364) 
nicht  beseitigt. 

Die  von  dem  K.  Prov.-Sch.G.  gegen  die  Anwendbarkeit  der  Novelle  vom 
31.  März  d.  J.  auf  die  Lehrer  an  städtischen  höh.  Unterrichtsanstalten  ange- 
führten Gründe  sind  nicht  zutreffend.  Dafs  der  Schlufssatz  des  §  6  des  Pensions- 
gesetzes V.  27.  März  1872  eine  besondere  Bestimmung  über  die  Aufbringung 
der  Pensionen  enthält,  rechtfertigt  sich  aus  dem  Umstände,  dafs  die  Pensionen 
der  Lehrer  an  nicht  staatlichen  Anstalten  nicht  aus  der  Staatskasse  zu  zahlen 
und  Vorschriften  für  die  Anbringung  der  aus  anderen  Kassen  zu  gewährenden 
Pensionen  nicht  zu  entbehren  sind." 

Min. Verf.  v.  9.  März  1884:  „Auf  den  Bericht  v.  8.  Febr.  d.  J.,  betr. 
die  Pensionirung  der  am  städtischen  Bealgymn.  zu  N.  angestellten  Lehrer,  des 
Dir.  N.  und  des  Oberl.  0.,  erwidere  ich  dem  E.  Prov.Sch.C.  Folgendes: 

Es  hat  mich  einigermafsen  befremdet,  dafs  der  Magistrat  zu  N.  in  dem 
Berichte  vom  22.  Jan.  d.  J.  die  unbedingte  Anwendbarkeit  der  Pensions- 
novelle V.  31.  März  1882  auf  die  beiden  hier  in  Frage  kommenden  Lehrer  des 
Bealgjmnasiums  in  Abrede  stellt,  indem  er  mitteilt,  dafs  dies  Gesetz  von  den 
städtischen  Behörden  für  die  städtischen  Lehrer  und  Beamten  noch  nicht  an- 
genommen sei. 


374 

Nach  Art  JH.  des  Gesetzes  t.  31.  M&rz  1883  kaan  es  nieht  im  Mindeeteo 
zweifelhaft  sein,  dafs  dies  Gesetz  genaa  ebenso  wie  das  Gesetz  t.  27.  Mte 
1872,  auf  die  Lehrer  nnd  Beamten  an  allen  höh.  Unterrichtsanstalten,  also 
auch  an  dem  st&dtischen  Bealgymn.  za  N.  Anwendung  findet^  ohne  dab  es 
darauf  ankommt,  ob  die  städtischen  Behörden  dasselbe  angenommen  haben 
oder  nicht. 

Einer  Berichtignng  bedarf  auch  die  Ausföhmng  des  E.  Proy.Sch.C.,  dafii 
der  Dir.  N.,  obwohl  er  YoUkommen  gesund  ist   und  seine  Leistongslähigkeit 
nach  den  Revisionen  der  letzten  Jahre  evident  dargethan  hat,  mit  Rücksicht 
auf  sein  Lebensalter  von  über  65  Jahren  unfreiwillig  in  den  Ruhestand  versetzt 
werden  kOnne.     Dies  trifft  nicht  zn,  weil  nach  dem  Znsatze,   den  §  30  des 
Pensionsgesetzes  v.  27.  Mftiz  1872  dnrch  den  Artikel  I.  der  Novelle  v.  31.  März 
1882  erhalten  hat,  die  unfreiwillige  Yersetzong  eines  über  65  Jahre  alten  Be- 
amten in  den  Ruhestand  nnr  nach  Anhörung  desselben  und  unter  Beobachtung 
der  Vorschriften  des  §  20  ff.  des  Gesetzes  vom  27.  Mäns  1872  erfolgen  kann, 
also  nur  auf  Grund  der  Erklärung  der  unmittelbar  vorgesetzten  Dienstbehörde, 
dafs  sie  den  betr.  Beamten  nach  pflichtmäfsigem  Ermessen  für  unfähig  halte, 
seine  Amtspflichten  femer  zu  erfüllen.    Nur  bei  Beamten,  welche  das  65.  Lebens- 
jahr   überschritten   haben   und   die   Pensionirung   nachsuchen,    bedarf  es 
dieser  Erklärung  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  nach  dem  im  citirten  Artikel  L 
enthaltenen  Schlufssatze  des  §  1  nicht  mehr. 

Auch  die  Annahme  des  E.  Prov.Sch.C.,  dafs  der  N.  vollkommen  in  seinem 
Rechte  sei,  wenn  er  die  Gehaltszulage  von  —  Mk.  (zu  seinem  Directorgehalte 
von  —  Mk.)  von  dem  Zeitpunkte  an  beansprucht,  wo  die  Stadt  N.  mehr  als 
50  000  Civileinwohner  zähl^  also  vom  1.  April  1882  an,  ist  nicht  zutreffend. 
Mit  Ausnahme  der  richterlichen  Beamten,  für  welche  besondere  Bestimmungen 
gelten,  steht  keinem  Beamten  —  von  etwaigen  Verabredungen  abgesehen  — 
ein  Rechtsanspruch  auf  Gehaltserhöhung  zu.  Solange  also  der  Magistrat  zu  N. 
dem  N.  die  fragliche  Gehaltszulage  nicht  ausdrücklich  bewilligt,  kann  letzterer 
ein  Recht  auf  Gewährung  derselben  nicht  in  Anspruch  nehmen.  Anders  steht 
es  bezüglich  der  Frage,  ob  das  Verlangen  des  N.  nicht  in  der  Billigkeit  be- 
gründet ist,  und  femer,  ob  die  städtischen  Behörden  nicht  mit  Rüclraicht  auf 
die  dem  Realgymn.  gewährte  Staatssubvention  den  Staatsbehörden  gegen- 
über verpflichtet  sind,  den  Normaletat  vom  20.  April  1872  auch  bezüglich  der 
Gehaltserhöhung  far  N.  zur  Ausführung  zu  bringen.  Diese  Frage  mufs  aller- 
dings bejaht  werden  und  es  würde  Sache  des  E.  Prov.Sch.C.  gewesen  sein, 
nachdem  im  August  1882  die  Verhandlungen  mit  dem  Magistrate  bezüglich 
dieses  Punktes  fhichüos  verlaufen  waren,  darüber  hierher  zu  berichten,  damit 
ich  in  die  Lage  kam,  wegen  der  NichterfoUung  des  Normaletats  seitens  der 
städtischen  Behörden  meine  Entschliefsungen  zu  fassen.  Nachdem  dies  leider 
verabsäumt  worden  ist^  will  ich  davon  absehen,  die  Nachzahlung  der  —  Mk.  an 
N.  far  die  Zeit  vom  1.  April  1882  bis  dahin  1884  zu  verlangen,  und  überiasse 
es  dem  letzteren,  diesen  Teil  seiner  Forderung  event.  selbst  zu  verfolgen.  Da- 
gegen kann  ich  es  nicht  gestatten,  dafs  der  Normaletat  noch  über  die  Zeit 
vom  1.  April  1884  hinaus  unerfüllt  bleibt,  und  veranlasse  das  E.  Prov.Sch.C., 
den  Magistrat  zu  einem  Beschlüsse  binnen  4  Wochen  darüber  aufrufordem,  ob 
er  för  den  Fall,  dafs  die  Versetzung  des  N.  in  den  Ruhestand  nicht  definitiv 
vereinbart  wird,  dem  Director  die  Gehaltszulage  von  —  Mk.  vom  1.  April  1884 
ab  zu  gewähren  bereit  ist;  demselben  ist  hierbei  zu  eröffnen,  dafs,  wenn  die 
Erhöhung  des  Directorgehaltes  abgelehnt  werden  sollte,  der  dem  Realgymnasium 
gewährte  Staatszuschufs  von  dem  bezeichneten  Termine  ab  zunächst  um  jährlich 
—  Mk.  gekürzt  werden  würde. 

Was  die  Pensionirung  des  Professors  0.  betrifft,  so  kann  nach  den  An- 
führungen des  E.  Prov.Sch.C,  namentlich  mit  Rücksicht  auf  die  Schwerhörig- 


375 

keit  des  0.,  sein  längeres  Verbleiben  im  Amte  yod  Anfsichtswegen  nicht  ge- 
stattet werden. 

Den  Zeitpunkt  für  den  Eintritt  der  Pensionining  eines  Lehrers  zn  be- 
stimmen, steht  nicht  dem  Patrone,  dem  Magistrate,  sondern  nach  §  20  ff.  des 
Pensions-Gesetzes  y.  27.  Mftrz  1872  dem  Departementsche^  also  mir,  zo.  Im 
Hinblicke  auf  §  24  ibid.  nnd  nnter  der  Yoranssetznng,  dafs  die  erforderlichen 
Vonrerhandlungen  noch  im  Lanfe  dieses  Monats  beendigt  werden,  bestimme 
ich  den  30.  Juni  d.  J.  als  Endpunkt  für  die  lehramtliche  Thfttigkeit  des  0., 
wenn  dieser  seine  Pensionimng  nicht  zu  einem  früheren  Zeitpunkte  bean- 
tragen sollte. 

Für  die  Höhe  der  Pension  desselben  können  nach  §  14  der  Pensions- 
verordn.  v.  28.  Mai  1846  nur  die  22  im  Dienste  der  Commune  N.  geleisteten 
Jahre  und  nach  §  14e  des  Pensionsgesetzes  y.  27.  März  1872  das  Probejahr, 
zusammen  also  23  Dienstjahre  in  Anrechnung  kommen,  da  0.  anscheinend 
eine  Militärdienstzeit  nicht  abgeleistet  und  bindende  Verabredungen  mit  dem 
Magistrate  über  Anrechnung  seiner  bei  auswärtigen  Anstalten  zugebrachten 
Dienstjahre  nicht  getroffen  hat. 

Das  E.  Proy.Sch.C.  berechnet  daher  die  Pension,  auf  welche  0.  einen  ge- 
setzlichen Anspruch  hat,  richtig  auf  —  Mk. 

Um  nun  die  Pensionirung  desselben  spätestens  zu  dem  oben  bezeichneten 
Zeitpunkte  herbeizuführen,  woUe  das  E.  Proy.Sch.C.  sofort  nach  Eintreffen 
dieses  Erlasses  den  0.  in  GemäTsheit  des  §  30  im  Artikel  I  des  Gesetzes  yom 
31.  März  1882  über  seine  Versetzung  in  den  Buhestand  anhören  und  demselben, 
sofern  es  die  im  §  20  des  Gesetzes  y.  27.  März  1872  erforderte  Erklärung  ab- 
zugeben in  der  Lage  ist,  auch  0.  seine  Versetzung  in  den  Buhestand  zn  einem 
fieberen  Termine  nicht  yerlangt,  noch  im  Monate  Mäiz  in  meinem  Auftrage 
eröffnen,  dafs  ich  seine  Verseteung  in  den  Buhestand  zum  1.  Juli  d.  J.  be- 
stimme, dafs  ihm  nach  den  gesetzlichen  Vorschriften  eine  Pension  in  Höhe  yon 
—  Mk.  zustehe  und  ihm  überlassen  bleiben  müsse,  seinen  Anspruch  auf  Zahlung 
dieser  Pension  gegen  den  Magistrat  bezw.  die  Stadtgemeinde  im  Prozefswege 
geltend  zu  machen,  falls  die  städtischen  Behörden  sich  nicht  freiwillig  zur 
Pension  yerständen. 

Zugleich  ist  mit  dem  Magistrate  in  der  Sichtung  hin  in  Verhandlung  zu 
treten,  dafs  er  sich  zur  Zahlung  der  Pension  an  0.  yom  1.  Juli  er.  eyent. 
yon  dem  früheren  yon  letzterem  yerlangten  Termine  an  bereit  erklärt  .  .  • 
V.  Gofsler. 

C.Verf.  y.  11.  Oct  1884:  „Den  nachgeordneten  Behörden  meines  Bessorts 
lasse  ich  anbei  Abschrift  der  unterm  29.  Juli  d.  J.  —  yon  dem  H.  Min.  d. 
Innern  und  dem  H.  Finanz-Min.  den  Proyinzialbehörden  der  allgemeinen  Ver- 
waltung erteilten  Anweisung  zur  Ausführung  des  §  21  Absatz  3  und  des  §  22 
Absatz  2  des  Gesetzes  y.  30.  April  d.  J.,  betr.  Abänderungen  des  Pensionsges. 
y.  27.  März  1872  (s.  S.  363),  zur  Eenntnisnahme  und  gleichmäfsigen  Beachtung 
in  yorkommenden  Fällen  zugehen."  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  Im 
Auftr.  Greiff. 

C.Verf.  des  Min.  d.  Inn.  und  des  Fin.Min.  y.  29.  Juli  1884. 
„Auf  Grund  des  §  21  Absatz  3  und  des  §  22  Absatz  2  des  Gesetzes  y.  30.  April 
1884,  betr.  Abänderungen  des  Pensionsgesetzes  y.  27.  März  1872,  wird  hierdurch 
die  Entscheidung  darüber,  ob  und  zu  welchem  Zeitpunkte  dem  auf  Versetzung 
in  den  Buhestand  gerichteten  Antrage  eines  bei  dem  E.  Ober-Präsidium  etc. 
angestellten  Beamten,  für  dessen  Stelle  Ew.  etc.  (Dem  etc.)  die  Anstellungs- 
beftignis  zusteht^  stattzugeben  ist,  sowie  ob  und  welche  Pension  demselben  bei 
einer  yon  ihm  beantragten  Versetzung  in  den  Buhestand  gebührt,  dem  Herrn 
Ober-Präsidenten  etc.  übertragen. 


376 

Bei  Ansfohrang  dieses  Auftrages  sind  die  für  die  Handhabang  der 
PeDsionsgesetzgebnng  -erlassenen  Anweisungen  ^)  zu  beachten,  zu  deren  Er- 
gänzung hier  noch  Folgendes  bemerkt  wird: 

1.  Dem  Antrage  eines  Beamten,  welcher  das  65.  Lebensjahr  noch  nicht 
vollendet  hat,  auf  Versetzung  in  den  Buhestand  unter  (Bewährung  von  Pension 
darf  Yon  Ew.  etc.  (Dem  etc.)  nur  dann  entsprochen  werden,  wenn  Sie  denselben 
nach  pflichtmäMgem  Ermessen  wegen  Schwäche  seiner  geistigen  oder  körper- 
lichen Kräfte  für  dauernd  unfähig  erachten,  die  Pflichten  des  ihm  uberb'agenen 
sowie  eines  anderen  Amtes  der  allgemeinen  Verwaltung  Ton  nicht  geringerem 
Bange  und  Diensteinkommen  zu  erfüllen,  und  der  Beamte  den  Antrag  be- 
dingungslos gestellt  hat. 

2.  Während  der  Dauer  einer  gegen  einen  Beamten  eingeleiteten  straf- 
rechtlichen oder  Disciplinar  -  Untersuchung  ist  dem  Antrage  desselben  auf 
Pensionirung  nicht  Folge  zu  geben. 

3.  Der  Zeitpunkt  für  die  Versetzung  eines  Beamten  in  den  Bnhestand 
ist,  wenn  nicht  besondere  dienstliche  Bücksichten  eine  abweichende  Anordnung 
erfordern,  immer  auf  das  Ende  eines  Monates  zu  bestimmen  (cf.  §§  24,  25 
und  29  des  Pensionsgesetzes  y.  27.  März  1872).  Sofern  dieser  Termin  nicht 
mit  dem  Ende  eines  Ealender-Quartales  zusammenfällt,  ist  zur  Vermeidung 
späterer  Gehaltserstattuugen  thunlichst  die  Zustimmung  des  Beamten  dazD 
herbeizuführen,  dafs  die  letzte  Gehaltezahlung  nur  für  den  Zeitraum  bis  zum 
Ausscheiden  des  Beamten  aus  dem  Dienste  erfolgt.  Die  Vorschriften  des 
%  24  des  Pensionsgesetzes  finden  auch  auf  die  etatsmäfsig  unter  Vorbehalt  der 
Kündigung  oder  des  Widerrufes  angestellten  Beamten  (§  2  Absatz  1  des 
Pensionsgesetzes)  Anwendung. 

4.  Wird  nachträglich  ein  Bechteanspruch  auf  Erhöhung  einer  Pension 
anerkannt,  so  findet  eine  Nachzahlung  der  Differenz  zwischen  der  erhöhten  und 
der  früher  angewiesenen  Pension  nur  in  den  durch  die  Vorschriften  über  die 
Veijährung  bestimmten  Grenzen  statt. 

5.  Die  rechtlichen  Folgen  eines  Disciplinar-Erkenntnisses  des  K.  Staats- 
Ministeriums,  durch  welches  ein  Beamter  zur  Dienstentlassung  unter  Bewilligung 
eines  Teiles  der  gesetzlichen  Pension  als  Unterstützung  verurteilt  ist  (§  16 
Nr.  2  des  Disclplinargesetzes  y.  21.  Juli  1852),  treten  für  die  Einstellung  der 
Gehaltezahlung  und  die  demnächstige  Gewährung  der  Unterstützung  mit  dem 
Beginne  desjenigen  Monate  ein,  welcher  auf  den  Monat  folgt,  in  welchem  dem 
Beamten  das  Urteil  bekannt  gemacht  ist.  (Vgl.  C.Verf.  y.  27.  Febr.  1865 
S.  347)  Die  Dienstzeit  des  Beamten  ist  nur  bis  zu  dem  Tage  dieser  Bekannt- 
machung  des  Urteiles  zu  berechnen. 

6.  Nach  §  1  Absatz  1  des  Pensionsgesetzes  ist  ein  Anspruch  auf  Pension 
nur  dann  begründet,  wenn  der  Beamte  in  Folge  eines  körperlichen  Gebrechens 
oder  wegen  Schwäche  seiner  körperlichen  oder  geistigen  Krl^  zu  der  Erfüllung 
seiner  Amtepflichten  dauernd  unföhig  ist  und  deshalb  in  den  Buhestand  Yer- 
setzt  wird.  In  jede  Anweisung  zur  Zahlung  einer  Pension  an  einen  Beamten, 
welcher  das  65.  Lebensjahr  noch  nicht  YoUendet  hat,  ist  daher  die  ausdrück- 
liche Erklärung  aufzunehmen  dafs  der  Beamte  „wegen  Dienstunfähigkeif*  in 
den  Buhestand  Yersetzt  sei.  Der  Anweisung  ist  eine  bis  auf  weitere  Anordnung  in 
der  bisher  üblichen  Weise  aufgestellte,  Yon  Ew.  ete.  (Dem  etc.)  zu  Yollziehende 
Pensionsnachweisung  beizufügen. 

7.  Auf  Grund  des  §  1  Absatz  2  des  Pensionsgesetzes  tritt  die  Pensions- 
berechtigung eines  Beamten  bei  kürzerer  als  zehnjähriger  Dienstdauer  nur  dann 
ein,  wenn  derselbe  die  Krankheit^  Verwundung  oder  sonstige  Beschädigung, 
welche   seine   Dienstunfähigkeit  herbeigeführt  hat,    sich    bei   Ausübung    des 

')  S.  weiterhin  O.Vcrf.  v.  10.  Mai  1883.  (Centralbl.  1883  S.  478.) 


377 


yyPreafsischdn  Ciyil-StaatsdienBtes*'  oder  aus  Yeranlassnng  desselben  zugezogen 
hat.  Ist  dagegen  z.  B.  die  Dienstunfähigkeit  die  nachträglich  hervorgetretene 
Folge  einer  in  Veranlassung  früheren  Militärdienstes  ents^ndenen  Krankheit, 
so  findet  die  Vorschrift  keine  Anwendung. 

8.  Ist  einem  im  Disciplinarverfahren  zur  Dienstentlassung  yerurteilten 
Beamten  nach  der  Entscheidung  der  Disciplinar  -  Behörde  ein  Teü  des  gesetz- 
lichen Pensionsbetrages  als  Unterstützung  zu  gewähren  (§  16  Nr.  2  des  Disciplinar- 
gesetzes  y.  21.  Juli  1852),  so  findet  die  in  dem  §  9  des  Pensionsgesetzes  vor- 
geschriebene Abrundung  auf  volle  Thaler  nur  für  den  zahlbaren  Teilbetrag  der 
gesetzlichen  Pension,  nicht  dagegen  für  diejenige  Pension,  von  welcher  der 
Teilbetrag  zu  berechnen  ist,  statt. 

9.  Die  in  die  Besoldungsetats  aufgenommenen  Functionszulagen  der 
Kanzlei-Inspectoren  und  Botenmeister  sind  pensionsfähig,  wenn  sie  den  Beamten 
ohne  Vorbehalt  des  Widerrufes  verliehen  sind.  Dieselben  treten  dem  jeweiligen 
Gehaltssatze,  welchen  der  Beamte  zur  Zeit  der  Pensionirung  bezieht,  hinzu  und 
zwar  auch  dann,  wenn  dieser  Gehaltssatz  das  höchste  Normalgehalt  der  betr. 
Beamten-Kategorie  (§  10  Nr.  4  des  Pensionsgesetzes)  bereits  erreicht  hat  Der 
Durchschnittssatz  des  Wohnungsgeldzuschusses  (§  6  des  Gesetzes  v.  12.  Mai 
1873,  S.  298)  gelangt  allgemein  bei  der  Berechnung  der  Pension  auch  insoweit 
zur  Anrechnung,  als  damit  das  höchste  Normalgehalt  der  Dienstkategorie  der 
Beamten  überschritten  wird. 

10.  Die  Vorschriften  des  §  11  des  Pensionsgesetzes  finden  keine  An- 
wendung auf  Beamte,  welche  vor  ihrer  Wiederanstellung  definitiv  aus  dem 
Staatsdienste  ausgeschieden  waren.  Der  Berechnung  einer  diesen  Beamten  zu 
gewährenden  Pension  ist  daher  lediglich  das  von  ihnen  in  der  letzten  neuen 
Stellung  bezogene  Diensteinkommen  zu  Grunde  zu  legen  (§§  10  und  28  Absatz  1 
des  Pensionsgesetzes).  Zu  diesem  Diensteinkommen  gehört  eine  neben  dem 
neuen  Stelleneinkommen  an  dieselben  zahlbar  gebliebene  Pension  nicht  Der 
Berechnung  der  Pension  aus  der  letzten  Dienstetellung  wird  die  gesamte  Dienst- 
zeit zu  Grande  gelegt  Beträgt  die  so  berechnete  Pension  der  letzten  Dienst- 
stellung weniger  als  eine  in  der  früheren  Dienststellung  erdiente  Pension,  so 
ist  der  Betrag  der  letzteren  wieder  anzuweisen.  Im  Uebrigen  kann  der  §  11 
des  Pensionsgesetzes  nur  insofern  und  insoweit  zur  Anwendung  gelangen,  als 
das  frühere  Diensteinkommen  von  dem  Beamten  mit  Pensionsberechtigung  be- 
zogen ist 

11.  Die  Anrechnung  derjenigen  Zeit,  während  welcher  die  Zelt  und  Kräfte 
eines  Beamten  durch  die  ihm  übertragenen  Geschäfte  nur  nebenbei  in  Anspruch 
genommen  gewesen  sind,  darf  bei  der  Pensionirung  nur  dann  stattfinden,  wenn 
die  Stelle,  deren  Pfiichten  der  Beamte  erfüllt  hat,  in  den  Besoldungs  -  Etats 
aufgenommen  war. 

12.  Bei  der  Feststellung  der  Pension  eines  Beamten,  welcher  in  Folge 
strafgerichtlichen  ürteiles  oder  eines  Disciplinar -Erkenntnisses  sein  früheres 
Amt  verloren  hatte,  ist,  wenn  derselbe  nach  erfolgter  Wiederanstellung  im  un- 
mittelbaren Staatsdienste  aus  dem  neuen  Amte  ausscheidet,  die  vor  dem  Ver- 
luste des  früheren  Amtes  im  Civildienste  zurückgelegte  Dienstzeit  nicht  anzu- 
rechnen, während  die  Anrechnung  der  Zeit  eines  Militärdienstes  stattzufinden 
hat  Die  Dienstentlassung  auf  Grund  vorbehaltenen  Kündigungsrechtes  hat 
den  Verlust  des  Anspruches  auf  Anrechnung  der  früheren  Civildienstzeit  bei 
Feststellung  des  Pensionsanspruches  des  Beamten,  welcher  aus  einem  ihm  wieder 
verliehenen  Amte  in  den  Buhestand  versetzt  wird,  auch  dann  nicht  zur  Folge, 
wenn  die  Dienstentlassung  zur  Strafe  angeordnet  war. 

13.  Fällt  nach  §  28  Absatz  2  des  Pensionsgesetzes  in  Folge  der  Ge- 
währung einer  neuen  Pension  an  einen  wieder  angestellten  Pensionär  die  dem- 
selben früher  aus  der  Staatskasse  bewilligte  Pension  fort,  so  ist  bei  Anweisung 


•378 

der  Denen  Pension  zugleich  eine   entsprechende  Anordnung  wegen  Wegfsdles 
der  früheren  Pension  zu  treffen. 

14.  Die  Vorschriften  des  §  107  des  Militär-Pensionsgesetzes  Tom  27.  Juni 
1871  (B.  Ges.  Bl.  S.  275),  nach  denen  die  von  Civilheainten  früher  erdienten 
Militärpensionen  hei  dem  Ausscheiden  derselhen  aus  dem  CiYildienste  den 
Militärfonds  zur  Last  fallen,  finden  nur  Anwendung  auf  die  Pensionen  der 
Militärpersonen  der  Unterklassen  (zweiter  Teil  des  Gesetzes).  Diese  Vor- 
schriften kommen  auch  dann  zur  Anwendung,  wenn  die  von  den  Invaliden  er- 
diente Militärpension  vor  der  Anstellung  oder  Beschäftigung  im  Civildienste 
thatsächlich  nicht  zur  Anweisung  gelangt  ist  (Ausführungs-Bestimmungen  des 
Bundesrathes  v.  22.  Pehr.  1875  VII.  1  —  CBl.  1875  S.  611  — )•  Die  desfalls 
in  die  Golonne  „Bemerkungen'^  der  Pensions  -  Nachweisungen  aufrunehmende 
Bescheinigung  ist  daher  immer  dahin  zu  formuliren,  ob  und  welche  Invaliden- 
pension der  Beamte  „erdient"  hat  Die  Bescheinigung,  dafs  derselbe  eine 
solche  Pension  nicht  bezogen  habe,  genügt  nicht  Dem  Vermerke,  dafs  der 
Beamte  eine  Invalidenpension  erdient  habe,  ist  in  jedem  Falle  hinzuzufügen, 
ob  die  Erstattung  des  Betrages  derselben  aus  dem  allgem.  Pensionsfonds  des 
Deutschen  Reiches  oder  aus  dem  Beichs-Invaüdenfonds  (Beichsgesetz  v.  23.  Mai 
1873  §  1  —  BGBL  S.  117  —  und  v.  11.  Mai  1877  §  1  —  BGBl.  S.  495  — ) 
zu  erfolgen  hat.  Zu  den  aus  Militärfonds  zu  erstattenden  Invalidenpensionen 
gehören  auch  die  Dienstzulagen,  nicht  dagegen  die  Eriegszulagen  und  die  Ver- 
stümmelungszulagen (Ausführungs-Bestimmungen  des  Bundesrathes  a.  a.  O.Vn.6). 

15.  Erachten  Ew.  etc.  (Das  etc.)  die  Entscheidung  über  die  Pensionirong 
eines  Beamten  für  zweifelhaft,  oder  die  Gewährung  eines  Buhegehaltes  auf 
Grund  des  §  2,  Absatz  2,  bezw.  des  §  7  des  Pensionsgesetzes,  oder  die  An- 
rechnung einer  nicht  bereits  als  pensionsfähig  zugesicherten  Dienstzeit  auf 
Grund  der  §§  18  und  19  Nr.  1  und  2  für  angezeigt,  oder  sind  Bedingungen 
an  einen  auf  Versetzung  in  den  Buhestand  gerichteten  Antrag  von  dem  An- 
tragsteller geknüpft,  so  ist  an  uns  zu  berichten  und  wird  dann  die  Pension 
durch  uns  festgesetzt  In  gleicher  Weise  ist  zu  verfahren,  wenn  eine  Ver- 
setzung in  den  Buhestand  auf  dem  im  §  89  sq.  des  Disciplinargesetzes  vom 
21.  Juli  1852  vorgeschriebenen  Wege  eingeleitet  und  gemäfs  §  92  a.  a.  0.  zu 
verfugen  ist 

16.  In  die  zu  erstattenden  Berichte  über  die  Gewährung  von  Pension 
auf  Grund  des  §  2  Absatz  2  und  des  §  7  des  Pensionsgesetzes  sind  allgemein 
genaue  Angaben  über  die  Dienstführung  des  Beamten,  seine  Vermögens-  und 
Familien-Verhältnisse  aufrunehmen,  namentlich  also  auch  über  Alter  und  Zahl 
der  Familienmitglieder,  sowie  darüber,  ob  derselbe  Verwandte  hat,  welche  zu 
seiner  Unterstützung  fähig  und  verpflichtet  sind.  Die  Bewilligung  eines 
Buhegehaltes  in  der  vollen  Höhe  der  gesetzlichen  zulässigen  Pension  bildet 
hier  die  nur  unter  besonders  dringenden  Umständen  statthafte  Ausnahme. 

17.  Anträge  auf  Verleihung  von  Auszeichnungen  an  Beamte  aus 
Anlafs  ihrer  von  Ihnen  verfugten  Pensionirung  sind,  soweit  thunlich,  spätestens 
sechs  Wochen  vor  dem  bestimmt  zu  bezeichnenden  Zeitpunkte  des  Ausscheidens 
der  Beamten  aus  dem  Dienste  einzureichen." 

G.Verf.  des  Min.  d.  geistl.  etc.  .Ang.  und  des  Finanz-Min.  v. 
11.  Aug.  1885.  „Auf  Grund  des  §  21  Absatz  3  und  des  §  22  Absatz  2  des 
Gesetzes  v.  30.  April  1884,  betr.  Abänderungen  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März 
1872,  wird  hierdurch  die  Entscheidung  darüber,  ob  und  zu  welchem  Zeit- 
punkte dem  auf  Versetzung  in  den  Buhestand  gerichteten  Antrage  eines  im 
Bessert  des  E.  Ministeriums  der  geistl.,  Unt.  u.  Med.  Ang.  angestellten  Be- 
amten, für  dessen  Stelle  der  Königlichen  Begierung  etc.  die  Anstellungs- 
befugnis zusteht,  stattzugeben  ist,  sowie  ob  und  welche  Pension  demselben 


379 

bei  einer  von  ihm  beantragten  Versetzung  in  den  Buhestand  gebührt,  der  Königl. 
Begierong  etc.  übertragen.  Bei  Ansführnng  dieses  Auftrages  hat  die  E.  Be- 
gierung  etc.  die  für  die  Handhabung  der  Pensionsgesetzgebung  erlassenen  An- 
weisungen zu  beachten,  insbesondere  auch  die  Anweisungen  in  dem  Bescripte 
des  H.  Min.  des  Innern  und  des  mitunterzeichneten  Finanz-Min.  v.  29.  Juli  y.  J., 
welche  der  £.  Begierung  etc.  durch  meinen,  des  Ministers  der  geistL  etc.  Ang., 
Erlafs  y.  11.  Oct.  v.  J.  mitgeteilt  worden  sind.    (s.  S.  375.) 

Wir  bemerken  hierbei  ausdrücklich,  dafs  der  yorstehend  erteilte  Auftrag 
sich  auch  auf  die  an  den  staatlichen  höheren  Lehranstalten  angestellten  Lehrer 
und  Beamten  bezieht,  für  deren  Stellen  den  K.  ProY.Sch.GG.  die  An- 
stellungsbefugnis zusteht.** 

Vgl.  betr.  Buhen  des  Peusionsr echtes  §§  27—29  des  Gesetze  Yom 
27.  März  1872  (S.  360). 

Kaohträgliohe  Fenaionserhöhimg. 

C.Verf.  y.  20.  Mai  1874:  „Es  sind  in  neuerer  Zeit  zahlreiche  Gesuche 
um  PensionserhOhung  yon  solchen  früheren  Staatsbeamten  eingegangen,  welche 
Yor  Erlafs  des  für  die  Pensionirung  der  Beamten  in  einigen  Punkten  günstigeren 
Pensionsgesetzes  y.  27.  März  1872  und  yor  Eintritt  der  in  den  Jahren  1872 
und  1873  erfolgten  Verbesserung  des  Dien^teinkommens  der  actiyen  Beamten 
in  den  Buhestand  yersetzt  waren.  Zu  einer  allgemeinen  Erhöhung  der  Pensionen 
ist  bei  dem  Mangel  an  Bechtsgründen,  welche  far  eine  solche  Mafsnahme  geltend 
gemacht  werden  konnten,  kein  Anlafs  gelinden  worden.  Um  jedoch  pensionirten 
Beamten  in  wirkl.  Bedürfhisfällen  auf  nachhaltigere  Weise  als  bisher  zu  Hülfe 
zu  kommen,  sind  [auf  Grund  einer  CO.  y.  16.  März  1874]  yom  laufenden 
Jahre  ab  Mittel  in  den  Etats  der  yerschiedenen  Verwaltungen  yorgesehen  worden, 
damit  solchen  Pensionären,  deren  Gesamteinnahme  durch  die  inzwischen  ge- 
stiegenen Preise  yieler  Lebensbedürfnisse  unauskOmmlich  geworden  ist,  unter 
Vorbehalt  des  Widerrufs  ein  Zuschufs  zur  Pension  als  fortlaufende  Unter- 
stützung, zunächst  für  einige  Jahre  (etwa  3  oder  5  Jahre)  und  später  wieder- 
kehrend auf  weitere  Zeiträume  yon  äh^cher  Dauer,  bewilligt  werden  könne. 

Die  Pensionäre  haben  sich  im  Falle  des  Bedürfuieses  mit  einem  entsprechenden 
Unterbtützungsgesuch  an  diejenige  Behörde  zu  wenden,  welche  ihre  letzte  yor- 
gesetzte  Dienstbehörde  gewesen  ist 

Die  E.  Begierung  etc.  beauftrage  ich,  die  hiemächst  an  Sie  gelangenden 
derartigen  Gesuche  yon  ehemaligen  Beamten  aus  dem  Bessert  der  geisü.  Unter- 
richts- und  Medic. Verwaltung  einer  der  bezeichneten  Absicht  entsprechenden 
Prüfung  zu  unterziehen  und  wenn  nach  dem  Ergebnis  derselben  und  der  über 
die  persOnl.  Verhältnisse  der  Bittsteller  yeranlafsten  Ermittelungen  das  Er- 
fordernis einer  Staatsbeihülfe  besteht,  solche  bei  mir,  unter  einem  bestimmten 
Vorschlage  des  zu  bewilligenden  Betrages,  nachzusuchen.  Den  diesfälligen  An- 
trägen ist  alsdann  zugleich  eine  nach  Art  der  yorgeschriebenen  Pensionsyor- 
schlags-Nachweisungen  aufzustellende  Berechnung  beizufügen,  welche  Pension 
dem  betr.  Beamten  zu  bewilligen  gewesen  wäre,  wenn  im  Zeitpunkt  seiner 
Pensionirung  das  Pensionsgesetz  y.  27.  März  1872  sowie  die  in  den  Jahren 
1872  und  1873  erfolgten  Verbesserungen  des  Einkommens  der  actiyen  Beamten, 
einschliefsL  des  Wohnungsgeldzuschusses,  schon  bestanden  hätten.  Hierbei 
bemerke  ich  jedoch,  dafs  in  der  Hauptsache  nicht  die  Differenz  zwischen  dem 
nach  yorstehender  Weisung  ausgemittelten  und  dem  wirklich  gewährten  Pensions- 
betrage, sondern  die  Frage  der  Bedürftigkeit  als  mafsgebend  far  die  Be- 
schlufsfassung,  ob  und  in  welchem  Umfange  eine  Unterstützung  zu  bewilligen 
sei,  festgehalten  werden  mufs,  und  dafs  mit  jener  Differenz  nur  die  äufserste 
Grenze  angedeutet  sein  soll,  bis  zu  welcher  unter  besonderen,  dafür  etwa  geltend 
zu  machenden  Umständen  die  Bewilligung   ausgedehnt  werden   kann.    Auch 


380 

wird  bei  den  bezäglicheu  Unteretützangsvorschlfigen  die  Würdigkeit  der  Bitt- 
steller nicht  aufser  Betracht  zu  lassen  sein. 

Gnadenmonatsbeträge  sind  von  den  Unterstützungen  der  in  Bede  stehenden 
Art  bei  dem  Ableben  der  Empfänger  an  deren  Hinterbliebene  oder  zur  Deckung 
von  Kosten  der  letzten  Krankheit  und  der  Beerdigung  nicht  zu  gewähren.  — 
Gregen  den  Ablauf  der  Perioden,  auf  welche  die  für  eine  Mehrzahl  von  Jahren 
erteilten  Zahlungsanweisungen  sich  erstrecken,  hat  die  E.  Begierung  etc.,  soweit 
nicht  inzwischen  die  Beteiligten  verstorben  sind  oder  deren  Hülfebedürfhis  auf- 
gehört hat,  nach  vorangegangener  näherer  Feststellung  über  die  fortdauernde 
Hülfsbedürfkigkeit  und  Würdigkeit  der  betr.  Personen  fernerweite  Zahlungs- 
Ermächtigungen  bei  mir  zu  beantragen  und  die  diesfälligen  Anträge  mit 
motivirten  und  in  den  Geldbeträgen  bestimmten  Vorschlägen  hinsichtlich  der 
far  die  folgenden  Jahre  zu  bewilligenden  Unterstützungen  in  eine  nach  dem 
vorallegirten  Schema  anzufertigende  Nachweisung  zusammenzufassen." 

Berichterstattung. 

Aus  einer  Mi  n.Y  er  f.  v.  3.  März  1865:  —  „Schliefslich  erkläre  ich  mich 
mit  Bezug  auf  die  Pensionirung  des  Prorectors  N.  damit  einverstanden,  dafs 
in  allen  solchen  Fällen,  wo  das  Patronat  einer  vom  Staat  nicht  subventionirten 
Anstalt  die  Pensionirung  eines  Oberlehrers  auf  dessen  Antrag  oder  ohne  dals 
von  ihm  Widerspruch  erhoben  wird,  beschliefst,  und  das  E.  Prov.Sch.C.  nichts 
dagegen  zu  erinnern  findet,  es  der  Einholung  meiner  Genehmigung  der  Pensionirung 
nicht  bedarf,  sondern  dafs  nur,  gemäfs  der  C.Verf.  v.  2.  Jan.  1863,  über  die 
Erledigung  der  betr.  Stelle  Bericht  zu  erstatten  ist." 


Eine  Beschränkung  des  Pensionärs  in  Bezug  auf  die  Wahl  seines  Auf- 
enthaltes findet  nicht  mehr  statt  (vgl.  Herrfurth,  Etatswesen  S.  949). 
Pensionsempfänger,  welehe  sich  im  Auslande  (aufserhalb  des  Beichsgebiets) 
befinden,  müssen  die  Abhebung  ihrer  Pension  jedoch  im  Inlande  —  entweder 
in  eigener  Person  oder  durch  Bevollmächtigte  —  bewirken  (s.  GBl.  1875 
S.  612).    Vgl  hierzu  auch  im  Folgenden  S.  381,  Nr.  7. 

CO.  V.  26.  April  1871:  „Auf  Ihren  Bericht  v.  13.  März  d.  J.  ge- 
nehmige Ich,  dafs  den  Empfängern  von  Pensionen  und  Unterstützungen  aus 
preufs.  Staatsfonds,  welche  im  Gebiot  des  deutschen  Beichs  sich  auf- 
halten, ihre  Pensionen  und  Unterstützungen  dorthin  bis  auf  Weiteres,  ohne  in 
Jedem  einzelnen  Falle  Meine  Erlaubnis  einzuholen,  unverküi'zt  verabfolgt  werden 
dürfen,  so  lange  dieselben  nicht  aus  dem  preufs.  Staatsverbande  ausscheiden.*" 

Wilhelm. 

Besoheinigung  der  Qtdttungen. 

Vorschriften  der  Gber-Bechnungskammer  zu  Potsdam  vom 
29.  Gct.  1885,  betr.  die  Bescheinigung  der  Quittungen  über  die 
aus  preufsischen  Staatsfonds  zu  beziehenden  Pensionen,  Warte- 
gelder, Witwen-  und  Waisengelder,  sowie  Unterstützungen  und 
Erziehungsbeihilfen;        mitgeteilt  durch  G.Verf.  v.  9.  März  1886. 

„Unter  Aufhebung  der  diesseitigen  Bestimmungen  vom  13.  Nov.  1883  über 
die  Beibringung  der  sogen.  Lebens -Atteste  zu  den  Pensions-  etc.  Quittungen 
werden  die  im  §  15  der  Anweisung  zur  Legnng  der  Givü-Pensions-Bechnungen 
vom  31.  Jan.  1873  sowie  die  unter  16  b,  e  und  g  und  in  den  Anlagen  B  und 
C  unserer  Vorschriften  vom  7.  Juli  1882  (Minist  BL  d.  i.  V.  S.  171  und 
Beilage  zum  19.  Stücke  des  C.Bl.  der  Abgabengesetzgebung)  erlassenen  An- 
ordnungen, betr.  die  Bescheinigung  der  Quittungen  über  die  aus  preufsischen 
Staatsfonds  zu  beziehenden  Pensionen,  Wartegelder,  Unterstützungen  und  Er- 


381 

ziehnngsbeihilfen,  sowie  Witwen-  und  Waisengelder,  im  Einvernehmen  mit  den 
Herren  Departements-Chefs  durch  nachstehende  Bestimmungen  abgeändert: 

1.  Von  denjenigen  Bezugsberechtigten,  welche  die  ihnen  zustehenden 
Pensionen,  Wartegelder  oder  Unterstützungen  an  der  Zahlungsstelle  persönlich 
erheben,  ist  zu  ihren  Special-  (Interims-)  Quittungen  nber  die  einzelnen  (monat- 
lichen) Hebungen  die  Beibringung  von  Beseite inigungen  darüber,  dafs  sie  die 
Quittungen  eigenhändig  unterschrieben  haben  und  noch  am  Leben 
sind,  nicht  zu  erfordern. 

2.  Wenn  Pensionen,  Wartegelder,  Unterstützungen  oder  Erziehungsbei- 
hilfen nicht  von  den  Bezugsberechtigten,  sondern  von  anderen,  hiervon 
verschiedenen  Empfangsberechtigten  bezw.  von  Vormündern  oder 
Pflegern  der  Bezugsberechtigten  an  der  Zahlungsstelle  persönlich  gegen 
eigene  Quittung  erhoben  werden,  so  ist  auch  zu  den  Special-  (Interims-) 
Quittungen  dieser  Empfangsberechtigten  bezw.  der  Vormünder  oder  Pfleger  die 
Bescheinigung  der  eigenhändigen  Unterschrift  nicht  erforderlich. 
Dagegen  ist  in  Fällen  dieser  Art  glaubhaft  nachzuweisen,  dafs  der  Bezugs- 
berechtigte am  Tage  der  Fälligkeit  des  in  Frage  kommenden  Bezuges  noch 
gelebt  hat,  wenn  dies  dem  zahlenden  Beamten  nicht  bekannt  ist. 

3.  Die  vorstehenden  Vorschriften  zu  1  und  2  finden  entsprechende  An- 
wendung auch  auf  die  durch  unsere  Bestimmungen  vom  7.  Juli  1882  (MinistBl. 
der  i.  V.  S.  171)  angeordneten  Bescheinigungen  zu  den  Quittungen  über  die 
nach  dem  Gesetze  vom  20.  Mai  1882,  betr.  die  Fürsorge  für  die  Witwen  und 
Waisen  der  unmittelbaren  preufsischen  Staatsbeamten,  zu  zahlenden  Witwen- 
und  Waisengelder  (s.  Abschn.  IX). 

Bei  Erhebung  dieser  Witwen-  und  Waisengelder  ist  in  den  zu  1  und  2 
bezeichneten  Fällen  femer  von  Beibringung  der  Bescheinigungen  darüber,  dafs 
die  bezugsberechtigte  Witwe  nach  dem  Tode  des  Ehemannes,  von  welchem  sie 
ihr  Eecht  auf  Witwengeld  herleitet,  nicht  wieder  geheiratet  hat,  und 
dafs  die  mehr  als  16  Jahre  alten  Töchter  unverheiratet  sind,  abzu- 
sehen, sofern  dem  zahlenden  Beamten  die  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  hin- 
länglich bekannt  sind,  so  dafs  Erhebungen  zur  Ungebühr  nicht  vorkommen  können. 

4.  Unter  der  letzteren  Voraussetzung  ist  in  den  Fällen  zu  1  und  2  auch  den 
Empfängerinnen  von  Unterstützungen  die  Beibringung  des  Attestes  über  ihren 
Witwen-  resp.  1  edigen  Stand  zu  den  Special- (Interims-)  Quittungen  zu  erlassen. 

5.  Die  Beibringung  derLebens-Atteste,  sowie  der  Bescheinigungen 
über  die  nicht  erfolgte  Wiederverheiratung  der  Witwengeldbe- 
rechtigten und  über  den  Witwen-  resp.  ledigen  Stand  der  Em- 
pfängerinnen von  Unterstützungen  wird  für  die  Special-  (Interims-) 
Quittungen  über  die  einzelnen  (monatlichen)  Hebungen  femer  denjenigen 
Personen  erlassen,  welche  die  ihnen  zukommenden  Pensionen,  Wartegelder, 
Witwengelder  und  Unterstützungen  durch  Andere  auf  Grand  solcher  unbedenk- 
lichen und  vorschriftsmäfsigen  Vollmachten  erheben  lassen,  ausweichen  sich 
zweifellos  ergiebt,  dafs  zur  Zeit  der  Fälligkeit  der  einzelnen  Bezüge  die  dazu 
Berechtigten  sich  noch  am  Leben  bezw.  im  Witwen-  oder  ledigen  Stande  be- 
funden haben. 

6.  Dagegen  ist  die  Beschaffung  der  Bescheinigungen  über  die  Eigen- 
händigkeit der  Unterschrift,  das  Leben,  bezw.  den  Witwen-  oder 
ledigen  Stand  künftighin  erforderlich  zu  den  Special-  (Interims-)  wie  auch 
zu  den  Jahres-Quittungen  in  allen  vorstehend  nicht  ausgeschlossenen 
Fällen,  insbesondere  bei  Zahlungen,  welche  an  dritte  Personen  ohne  Bei- 
bringung schriftlicher  Vollmachten  auf  Grund  der  denselben  von  den  Be- 
rechtigten anvertrauten  Quittungen  geleistet  werden. 

7.  Bescheinigungen  über  den  Besitz  des  deutschen  Indigenats 
sind    nur   von    denjenigen   Bezugsberechtigten,    welche    aufs  erhalb    des 


382 

dentscheD  Beiches  wohnen,   von   solchen   aber  sowohl  zn    den   Spedal- 
(Interims-)  wie  auch  zu  den  Jahres-Qnittungen  beiznbring^n. 

8.  Vormünder  und  Pfleger  der  Bezugsberechtigten  haben  bei  ihren 
einzelnen  (monatlichen)  Hebungen  för  die  Letzteren  dem  zahlenden  Beamten 
ihre  Bestallungen  vorzuzeigen,  zu  den  Jahres-Quittungen  dag^egen  eine 
Bescheinigung  darüber  beizubringen,  dafs  sie  zur  Zeit  Vormünder  oder 
Pfleger  der  Bezugsberechtigten  sind. 

9.  Bescheinigungen  über  Bedürftigkeit  und  Würdigkeit  der  Em- 
pfänger Ton  Unterstützungen  sind  fortan  zu  den  Special-  (Interims-)  Quittongen 
nicht  mehr,  sondern  nur  noch  zu  den  General-  (Jahres-)  Quittungen  zn  erfordern. 

10.  Die  nach  den  yorstehenden  Bestimmungen  angeordnete  bezw.  zu- 
gelassene Vereinfachung  der  Quittungs-Bescheinigungen  erskeckt  sich  überhaupt 
nicht  auf  die  Bescheinigungen  der  den  Jahresrechnungen  beizufugenden  G^nenü- 
Quittungen. 

Auch  verbleibt  es  bezüglich  des  Quittungswesens  im  üebrigen  bei  allen 
vorstehend  nicht  abgeänderten  Bestimmungen;  unberührt  bleibt  namentlich  die 
Vorschrift,  dafs  die  Identität  des  dem  zahlenden  Beamten  unbekannten  Em- 
pfängers mit  den  Bezugs-  resp.  Empfangsberechtigten  gehörig  festznst^en  ist, 
da  der  zahlende  Beamte  dafür,  dafs  die  Zahlung  an  den  Berechtigten  erfolgt, 
verantwortlich  ist." 


IX. 
Persönliche  Verhältnisse   der   Lehrer. 

Indigenat. 

An  die  Stelle  des  Gesetzes  v.  31.  Dec.  1842  über  die  Erwerbung  und 
den  Verlust  der  Eigenschaft  als  Preufsischer  Unterthan  ist  das  Beichsgesetz 
V.  1.  Juni  1870  über  die  Erwerbung  und  den  Verlust  der  Bundes-  und  Staats- 
angehörigkeit getreten.  Nach  demselben,  §  1,  wird  die  Bundesangehörigkeit 
durch  die  Staatsangehörigkeit  in  einem  Bundesstaate  erworben  und  erlischt  mit 
deren  Verlust.  „§  2.  Die  Staatsangehörigkeit  in  einem  Bundesstaate  wird 
fortan  nur  begründet  1)  durch  Abstammung,  2)  durch  Legitimation,  3)  durch 
Verheiratung  [far  die  Ehefrau],  4)  für  einen  Norddeutschen  durch  Aufnahme, 
5)  far  einen  Ausländer  durch  Naturalisation.  (Vgl.  S.  96.)  §  9.  Eine 
von  der  Begierung  oder  von  einer  Central-  oder  höheren  Verwaltungsbehörde 
eines  Bundesstaates  vollzogene  oder  bestätigte  Bestallung  für  einen  in  den 
unmittelbaren  oder  mittelbaren  Staatsdienst  oder  in  den  Kirchen-,  Schul-  oder 
Communaldienst  aufgenommenen  Ausländer  oder  Angehörigen  eines  anderen 
Buiidesstaates  vertritt  die  Stelle  der  Naturalisationsurkunde,  bezw.  Aufiiahme- 
urkunde,  sofern  nicht  ein  entgegenstehender  Vorbehalt  in  der  Bestallung  aus- 
gedrückt wird.  Ist  die  Anstellung  eines  Ausländers  im  Bundesdienst  erfolgt, 
so  erwirbt  der  Angestellte  die  Staatsangehörigkeit  in  denjenigen  Bundesstaate, 
in  welchem  er  seinen  dienstlichen  Wohnsitz  hat  §  14.  Die  Entlassung 
(auf  Antrag)  wird  durch  eine  von  der  höheren  Verwaltungsbehörde  ausgefertigte 
Entlassungsurkunde  erteilt  §  15.  Die  Entlassung  wird  jedem  Staatsan- 
gehörigen erteilt,  welcher  nachweist^  dafs  er  in  einem  anderen  Bundesstaate  die 
Staatsangehörigkeit  erworben  hat.  In  Ermangelung  dieses  Nachweises  diuf  sie 
nicht  erteilt  werden:  1)  Wehrpflichtigen,  welche  sich  in  dem  Alter  vom  voll- 
endeten 17.  bis  zum  vollendeten  25.  Lebensjahre  befinden,  bevor  sie  ein  Zeugnis 


383 

der  Kreis-Ersatzcommission  darüber  beigebracht  haben,  dafs  sie  die  Enüassung 
nicht  blofs  in  ^er  Absicht  nachsnchen,  nm  sich  der  Dienstpflicht  im  stehenden 
Heere  oder  in  der  Flotte  zu  entziehen;  2)  Militärpersonen,  welche  zum  stehenden 
Heere  oder  znr  Flotte  gehören,  Offizieren  des  Bearlaubtenstandes  und  Beamten, 
beyor  sie  aus  dem  Dienste  entlassen  sind;  3)  den  zur  Reserve  des  stehenden 
Heeres  und  zur  Landwehr,  sowie  den  zur  Reserve  der  Flotte  und  zur  Seewehr 
gehörigen  und  nicht  als  Offiziere  angestellten  Personen,  nachdem  sie  zum 
activen  Dienste  einberufen  sind.  §  21.  Norddeutsche,  welche  das  Bundes- 
gebiet verlassen  und  sich  zehn  Jahre  lang  ununterbrochen  im  Auslande  auf- 
halten, verlieren  dadurch  ihre  Staatsangehörigkeit.  Die  vorbezeichnete  Frist 
wird  von  dem  Zeitpunkte  des  Austritts  aus  dem  Bundesgebiete  oder,  wenn  der 
Austretende  sich  im  Besitz  eines  Reisepapieres  oder  Heimatscheines  befindet, 
von  dem  Zeitpunkte  des  Ablaufs  dieser  Papiere  an  gerechnet  Sie  wird  unter- 
brochen durch  die  Eintragung  in  die  Matrikel  eines  Bundesconsulats.  Ihr  Lauf 
beginnt  von  Neuem  mit  dem  auf  die  Löschung  der  Matrikel  folgenden  Tage. 
Der  hiemach  eingetretene  Verlust  der  Staatsangehörigkeit  erstreckt  sich  zugleich 
auf  die  Ehefrau  und  die  noch  unter  väterlicher  Gewalt  stehenden  Kinder,  soweit 
sie  sich  bei  dem  Ehemann  bezw.  Vater  befinden  ....  §  22.  Tritt  ein  Nord- 
deutscher ohne  Erlaubnis  seiner  Regierung  in  fremde  Staatsdienste,  so  kann 
die  Gentralbehörde  seines  Heimatsstaates  denselben  durch  Beschlufs  seiner 
Staatsangehörigkeit  verlustig  erklären,  wenn  er  einer  ausdrücklichen  Aufforderung 
zum  Auskitte  binnen  der  darin  bestimmten  Frist  keine  Folge  leistet.  §  23.  Wenn 
ein  Norddeutscher  mit  Erlaubnis  seiner  Regierung  bei  einer  fremden  Macht 
dient,  so  verbleibt  ihm  seine  Staatsangehörigkeit"  ...  0 

Zuständigkeitsgesetz  v.  29.  Juni  1875.  §  161.  „Die  durch  das 
Reichsgesetz  v.  1.  Juni  1870  über  die  Erwerbung  etc.  der  Staatsangehörigkeit 
der  höheren  Verwaltungsbehörde  beigelegten  Befugnisse  übt  fortan  der  Regierungs- 
präsident aus." .  .  . 

Heranziehung  der  Staatsdiener  su  den  Gtomeindelasten. 

Gesetz  v.  11.  Juli  1822  (GS.  p.  184):  „Da  diejenigen  Bestimmungen, 
welche  in  den  §§  2  und  3  der  unterm  11.  Dec.  1809  ergangenen  Declaration 
des  §  44  der  Städteordnung  v.  19.  Nov.  1808  enthalten  sind,  teils  mehrfache 
Zweifel  veranlafst  haben,  teils  nicht  mehr  überall  zu  den  gegenwärtigen  Ver- 
hältnissen passen,  so  haben  Wir  auf  den  Antrag  Unseres  Staatsministeriums 
und  nach  erfordertem  Gutachten  Unseres  Staatsraths  beschlossen,  mit  Auf- 
hebung jener  Bestimmungen  Nachstehendes  zu  verordnen: 

§  1.  Das  Diensteinkommen  der  Beamten  kann  von  den  Gemeinden,  zu 
welchen  dieselben  gehören,  überhaupt  nur  dann  besteuert  werden,  wenn  auch 
der  Beitrag  der  übrigen  Einwohner  des  Orts  in  der  Form  einer  allgemeinen 
Einkommensteuer  erhoben  wird. 

§  2.  Das  Diensteinkommen  soll  bei  einer  solchen  Beschatzung  fortan 
im  Uebrigen  zwar  wie  das  Einkommen  der  Bürger  behandelt,  darf  aber,  weil 
es  einerseits  seinem  ganzen  Dasein  nach  von  dem  Leben,  der  Gesundheit  und 
anderen  zufälligen  Verhältnissen  der  Person  abhängig,  und  andererseits  seinem 
ganzen  Betrage  nach  bestimmt  ist,  und  dadurch  auf  der  einen  Seite  gegen 
Grund-  und  Gapitaleinkommen  und  auf  der  anderen  gegen  Gewerbseinkommen 


^)  Prenfsische  Staatsangehörige  mit  einem  Einkommen  über  3000  Mark 
bleiben  der  klassificirten  Einkommensteaer  unterworfen,  auch  wenn  sie  dauernd 
im  Aaslande  sich  aufhalten,  so  lange  sie  nicht  das  preuTsisohe  Unterthanenrecht 
(Entlassung  aus  dem  Unterthanenverbande  durch  die  zuständige  Begierung)  ver- 
loren haben.    (S.  Winiker,  SteuerkatechiBmus,  Berlin  1882,  S.  153.) 


384 

im  Nachteil  steht,  immer  nur  mit  einem  Teile  seines  Betrages  zur  Qnotisirnng 
gebracht  werden,  welcher  hierdurch  auf  die  Hälfte  bestimmt  wird. 

§  3.  Da  auch  dem  Staate  daran  liegen  muTs,  dafs  den  Beamten,  welche 
als  solche  ihr  Einkommen  durch  die  den  übrigen  Einwohnern  vermittelst  des 
städtischen  Vereins  dargebotene  Gelegenheit  zum  Erwerb  nicht  vermehren  können« 
ihr  Unterhalt  unter  keinerlei  Umständen  zu  sehr  geschmälert  werde,  so  verbleibt 
es  bei  der  Bestimmung,  dafs  im  äuTsersten  Falle  an  directen  Beiträgen  aller 
Art  und  zu  sämü.  Gemeindebedürfnissen  bei  Gehalten  unter  250  Thlr  nicht 
mehr  als  1  proc,  bei  Gehalten  von  250  bis  zu  500  Thlr  ausschliefslich  nicht 
mehr  als  1^2  V^oc.  und  bei  höheren  Gehalten  nicht  mehr  als  2  proc.  des 
gesamten  Diensteinkommens  gefordert  werden  können. 

§  4.  Zu  den  sämtl.  Gemeindebedürfnissen  in  diesem  Sinne  sind  zwar, 
wie  sich  von  selbst  versteht,  die  Staatssteuem  und  Staatslasten,  t» eiche  ge- 
meindeweise erhoben  und  abgetragen  werden,  nicht  zu  zählen;  die  Beiträge  der 
Gemeinden  zu  provinziellen  Institutionen  und  zur  Abwickelung  sowohl  der 
Provinzial-  und  Kreis-  als  ihrer  besonderen  Kriegs-  und  anderen  Schulden, 
Bückstände  und  Verpflichtungen  sind  aber  darunter  mitbegriffen.  Es  darf  auch 
derentwegen  bei  Besteuerung  der  Gehalte  der  Staatebeamten  über  das  vor- 
bestimmte Maximum  nicht  hinausgegangen  werden. 

§  5.  Das  Diensteinkommen  von  zufälligen  Emolumenten  wird  gleich  den 
fixen  Gehalten  besteuert.  Zu  diesem  Behuf  bestimmt  den  Betrag  derselben 
nach  einer  runden  Summe  die  dem  steuerpflichtigen  Beamten  vorgesetzte  Behörde. 

§  6.  Nach  diesen  Grundsätzen  haben  die  steuerpflichtigen  Individuen 
alle  diejenigen  Gemeindesteuerbeiträge  zu  leisten,  welche  innerhalb  der  Zeit,  da 
sie  der  Gemeinde  angehören,  auf  dieselben  verteilt  und  zugleich  fällig  werden, 
wenn  auch  das  Bedürfnis  vor  ihrem  Eintritt  entstanden  ist  Dagegen  werden 
sie,  wenn  sie  die  Stadt  verlassen,  auch  von  jeder  ferneren  Beitragsverbindlichkeit 
völlig  befreit. 

§  7.  Von  ihrem  etwanigen  besonderen  Vermögen  und  anderen  Einkommen 
haben  auch  die  Staatsbeamten  ihre  Beiträge  zu  den  Gemeindelasten  ihres  Wohn- 
orts gleich  anderen  Bürgern  oder  Schutzverwandten,  je  nachdem  sie  das  eine 
oder  das  andere  sind,  zu  entrichten. 

§  8.  Alles  Vorstehende  gilt  nur  von  Unseren  besoldeten  unmittelbaren 
Staatsdienem,  wohin  also  städt.  Beamte  . .  .  nicht  zu  zählen  sind.^)  Jeder  Staats- 
beamte aber,  welcher  einer  Behörde  angehört  und  bei  derselben  seinen  be- 
ständigen Wohnsitz  haben  mufs,  ist  unter  allen  Umständen  als  ein  Einwohner 
derjenigen  Stadt  zu  betrachten,  in  welcher  diese  Behörde  ihren  Sitz  hat. 

§  9.  Civil-  und  Militärbeamte,  nicht  minder  sämtl.  Empfänger  von  Warte- 
geldem  und  Pensionen,  werden  zwar  übrigens  nach  gleichen  Grundsätzen  be- 
handelt; §  10.  jedoch  bleiben  von  allen  directen  Beiträgen  zu  den  Ge- 
meindelasten befreit:  a.  die  aus  Staatskassen  zahlbaren  Pensionen  der  Witwen 
und  die  Erziehungsgelder  für  Waisen  ehemaliger  Staatsdiener;  b.  ebendgl. 
Pensionen,  imgleichen  Wartegelder  der  Staatsdiener  selbst,  sofern  deren  jährL 
Betrag  die  Summe  von  250  Thlm  nicht  erreicht;  c.  die  Sterbe-  und  Gnaden- 
monate; d.  alle  diejenigen  Dienstemolumente,  welche  blofs  als  Ersatz  baarer 
Auslagen  zu  betrachten  sind. . . . 

§  12.  Zu  den  indirecten  Gemeindeabgaben  mufs  aber  ein  Jeder  und  auch 
die  von  den  directen  Gemeindebeiträgen  befreiten  Personen  beitragen.  Auch 
sind  die  Staatsdiener  nicht  berechtigt,  dasjenige,  was  sie  hierauf  entrichten, 
bei  den  directen  Beiträgen  von  den  Besoldungen  in  Anrechnung  zu  bringen. 


*)  Abgeändert  durch  CO.  v.  14.  Mai  1832,  wonach  obige  Bestimmung  auf 
alle  nach  der  Bezeichnung  des  A.L.  §  69  Tit.  10  T.  II  als  mittelbare  Staat«- 
diene r  zu  betrachtende  Beamte  Anwendung  findet. 


386 

§  13.  Die  gegenwärtigen  Bestimmungen  gelten  zunächst  för  diejenigen 
Städte,  woselbst  die  Städteordnnng  vom  19.  Nov.  1808  eingeführt  ist.  In  den 
übrigen  Städten  bleiben  die  jeden  Orts  bisher  bestandenen  gesetzl.  Vorschriften 
wegen  Erhebung  der  Gemeindesteuern  in  Kraft;  wo  aber  solche  zweifelhaft  sind 
oder  Lücken  haben,  sind  dieselben  dergestalt,  wie  sie  den  gegenwärtigen  Be- 
stimmungen am  nächsten  kommen,  bezw.  zu  deuten  und  zu  ergänzen.** 

CO.  Y.  21.  Jan.  1829:  „Durch  die  Bestimmung  im  §  10,  a  des 
Gesetzes  y.  11.  Juli  1822  sind  die  aus  Staatskassen  zahlbaren  Pensionen  der 
Witwen  und  die  Erziehungsgelder  für  Waisen  ehemaliger  Staatsdiener  von  allen 
directen  Beiträgen  zu  den  Gemeindelasten  befreit  Wir  finden  uns,  auf  den 
Antrag  unseres  Staatflministeriums  und  nach  erstattetem  Gutachten  unseres 
Staatsraths  bewogen,  bei  völliger  Anwendbarkeit  der  Gründe,  weshalb  Wir  die 
aus  Staatskassen  zu  erhebenden  Witwenpensionen  und  Waisen-Erziehungsgelder 
von  solchen  Beiträgen  entbunden  haben,  mittels  gegenwärtiger  Declaration  dieser 
Vorschrift,  die  Befreiung  von  denselben  auf  diejenigen  Pensionen  und  Unter- 
stützungen auszudehnen,  welche  die  Witwen  und  Waisen  ehemaliger  öffentlicher 
Beamten  und  Diener  aus  einer  der  besonderen,  mit  Unserer  Genehmigung  er- 
richteten Versorgungsanstalten  empfangen,  wohin  namentlich  die  Allg.  Witwen- 
Verpflegungsanstalt  und  die  Militär -Witwenkasse,  sowie  sämü.  Anstalten  gehören, 
die  zum  Zweck  der  Witwen-  und  Waisenversorgnng  fcir  einzelne  Klassen  der  öffentl. 
Beamten  und  Diener,  beispielsweise  für  die  Professoren  an  den  Universitäten, 
für  Geistliche  und  für  Schullehrer  gebildet  sind." 

Die  Bestimmongen  des  vorstehenden  Gesetzes,  ursprünglich  nur  für  die 
6  ostl.  Provinzen  mafsgebend,  nnd  erneuert  bei  der  Städteordn.  v.  30.  Hai  1853 
(GS.  p.  261),  finden  gleicherweise  nach  den  Verordn.  v.  19.  März  1856  (GS.  p.  237) 
nnd  15.  Mai  1856  (GS.  p.  406)  sowie  v.  23.  Febr.  1870  (GS.  p.  133)  resp.  auf 
Westfalen  und  die  Bheinprovinz  sowie  auf  Neu -Vorpommern  und  Bügen  An- 
wendunff!  ebenso  auf  die  neupreufs.  Provinzen  gemäfs  der  Verordn.  v.  23.  Sept. 
1867  (GS.  p.  1648),  betreffend  die  Heranziehung  der  Staatsdiener  daselbst  zu  den 
Gommunalauflagen. 

Ueber  das  Steuer  domicil  der  Beamten  bestimmt  §  12  des  Gesetzes  vom 
27.  Juli  1885  (betreffend  Ergänzung  und  Abänderung  einiger  Bestimmungen 
der  auf  das  Einkommen  gelegten  directen  Communalabgaben):  „Das  nothwendige 
Domicil  der  Beamten  &)det  bei  der  Communalbesteuerung  keine  Anwendung. 
Der  Schlufssatz  des  §  8  des  Gesetzes  v.  11.  Juli  1822,  sowie  der  auf  diesen 
Schlufssatz  bezügliche  Teil  der  A.G.O.  v.  14.  Mai  1832  (s.  die  Anmerkung  zu 
S.  384)  und  der  §  8  der  Verordnung  v.  23.  Sept.  1867  [s.  die  vorstehende 
Bemerkung]^)  treten  aufker  Kraft." 

Pf&ndimg  und  Beschlagnahme  des  Diensteinkonunens  oder  der  Pension. 

S.  die  betr.  Bestimmungen  der  Beichs-Givilprozefsordnung  v.  30.  Jan.  1877 
nnd  der  Allg.  Gerichtsordn.  v.  4.  Febr.  1815:  S.  350  fg. 

Verordn.  v.  7.  Sept  1879  (betr.  das  Verwaltungszwangsverfahren  wegen 
Beitreibung  von  Geldbeträgen).  „§*  51.  Der  Pfändung  sind  nicht  unterworfen 
6)  die  Pensionen  der  Witwen  und  Waisen  und  die  denselben  aus  Witwen-  und 
Waisenkassen  zukommenden  Bezüge,  die  Erziehungsgelder  und  die  Studien- 
stipendien, sowie  die  Pensionen  invalider  Arbeiter;  7)  das  Diensteinkommen 
der  Offiziere  etc.,  der  Beamten,  der  (Geistlichen  und  der  Lehrer  an  öffentl. 
ünterrichtsanstalten;  die  Pension  dieser  Personen   nach  deren  Versetzung  in 

3  Der  betr.  $  lautet:  „Jeder  Beamte  iit  bezüglich  der  CJommunalbesteuerung 
seines  Diensteinkommens  als  Einwohner  desjenigen  Gemeindebezirks  zu  betrachten, 
in  welchem  die  Behörde,  der  er  angehört,  ihren  Sitz  hat.*  Vgl.  übrigens  die 
Min.Verf.  v.  8.  Dec.  1880,  GBl.  1881  S.  239. 

wie  16,  Verordnongeii.    IL  25 


386 

einstweiligen  oder  dauernden  Bohestand,  sowie  der  nach  ihrem  Tode  den  Hinter- 
bliebenen za  gewährende  Sterbe-  oder  Gnadengehali 

Uebersteigen  in  den  Fällen  6  nnd  7  das  Diensteinkommen,  die  Pension 
oder  die  sonstigen  Bezüge  die  Summe  von  1500  Mark  für  das  Jaiir,  so  ist  der 
dritte  Teil  des  Mehrbetrages  der  Pfändung  unterworfen. 

Bei  der  Einziehung  von  currenten  Offentl.  Abgaben,  Yon  Disclplinaistrafen 
und  Yon  solchen  Zwangsstrafen,  welche  durch  die  vorgesetzte  Dienstbehörde 
festgesetzt  sind,  finden  die  Vorschriften  der  Nr.  7  rucksichtlich  des  Dienst- 
einkommens und  der  Pension  der  Beamten,  der  Geistlichen  und  der  Lehrer  an 
öffenü.  Unterrichtsanstalten  nicht  Anwendung. 

Die  Einkünfte,  welche  zur  Bestreitung  eines  Dienstaufwandes  bestimmt 
sind, ....  sind  weder  der  Pfändung  unterworfen  noch  bei  der  Ermittelung,  ob 
und  zu  welchem  Betrage  ein  Diensteinkommen  der  Pfändung  miterliege,  zu 
berechnen."  . . . 

Die  Bestimmungen  des  Pensions-Reglm.  v.  30.  April  1825,  $$  20,  2 
und  3,  dafs  die  Pension  einzuziehen  sei,  wenn  der  Pensionär  der  vor  orfolgfter 
Pensionirung  stattgefundenen  Begehung  eines  Verbrechens  überfuhrt  wird,  wegen 
dessen,  wenn  es  während  seiner  Dienstzeit  zur  Sprache  gekommen  wäre,  aufser  der 
Criminalstrafe  auch  auf  Dienstentsetzung  erkannt  worden  wäre,  . .  .  und  daCs  der 
Pensionär,  wenn  er  während  des  Pensionsgenusses  ein  gemeines  Verbrechen  begeht 
wegen  dessen  der  Bichter  u.  s.  w.  auf  Dienstentlassung  erkannt  haben  würde, 
bestehen  nicht  mehr.  Die  hierauf  bezügliche  Bestimmung,  welche  in  dem  £nt^ 
würfe  des  Strafgesetzbuchs  für  den  Nordd.  Bund  enthalten  war,  ist  in  das  Beicbs- 

fesetz  V.  15.  Mai  1871  nicht  aufgenommen  worden.    Vgl.  Bönne,   Staatsrecht  der 
^reufs.  Monarchie  III  ^  p.  542  Anm.  3,  b. 

CO.  Y.  29.  Mai  1834.  „Auf  den  gemeinschaftlichen  Bericht  v.  —  ge- 
nehmige Ich,  dafs  bei  Berechnung  der  Gehalts-  und  Pensionsabzüge  eines  actireii 
oder  pensionirten  Offiziers,  sowie  aller  Militär-  und  Civilbeamten  die  zur  Witwen- 
kasse  zu  entrichtenden  Beiträge  von  dem  Gehalt  oder  der  Pension  yorweg  in 
Abzug  gebracht  und  erst  von  dem  Ueberrest  derselben  die  gesetzlich  zulässigen 
Abzüge  für  die  Gläubiger  berechnet  werden." 

Durch  C.Verf.  des  Pinanzmin.  v.  6.  Jan.  1883  (Min.  BL  f.  die  inn. 
Verw.  p.  144)  ist  darauf  aufmerksam  gemacht  worden,  dals  Yorstehende  CO, 
durch  die  Vorschriften  im  §  749  der  Civilprozefsordn.  nicht  aushoben  ist 

C.Verf.  des  Pinanzmin.  y.  29,  Juni  1883.  fMin.BL  f.  inn.  Verv. 
p.  145.)  ,^m  Anschlufs  an  die  C.Verf.  y.  6.  Jan.  d.  J.  bestimme  ich,  dafs  bei 
einer  auf  Grund  der  Verordnung  y.  7.  Sept.  1879  Yorzunehmenden  Pfändung 
Yon  dem  Diensteinkommen  oder  der  Pension  der  Beamten  aufser  den  Witwen- 
kassenbeiträgen  auch  die  nach  dem  Gesetze  y.  20.  Mai  y.  J.  zu  entrichtenden 
Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  Yorweg  in  Abzug  zu  bringen  und  erst  Yon 
dem  alsdann  Yerbleibenden  Ueberreste  die  Teilbeträge  zu  berechnen  sind,  welche 
gesetzlich  gepfändet  werden  dürfen.'' 

Verheiratung. 

DefinitiY  angestellte  Lehrer  bedürfen  zu  ihrer  Verheiratung  die  Erlanbns 
der  Yorgesetzten  Behörde,  Jedoch  nur  insoweit,  als  durch  dieselbe  der  Nachweis 
ihres  Beitritts  zur  Allgm.  Witwen-Verpflegungsanstalt  zu  fahren  isV) 

0.0.  V.  17.  Juli  1816:  „Nach  Ihrem  Vorschlage  in  dem  Bericht  v.  —  will 
Ich  die  Bestimmungen  in  Meiner  Ordre  y.  18.  Oct.  1800  weffen  des  Beitritts  der 
CiYÜofficianten  zur  Allgm.  Witwenkasse  dahin  abändern,  dais  künftig,  ohne  allen 

»)  Vgl.  C.Verf.  des  Justizmin.  y.  13.  April  1881  (Just.  Min.  Bl.  p.  76); 
„Der  Einholung^  des  Heiratsconsenses  bedarf  es  nur  für  diejenigen  Justizbeamtoa, 
welche  Yerpflichtet  sind,  der  Allgm.  Witwen -Verpflegungsanstalt  beizutreten  etc/ 


387 

Untersohied  der  Fälle,  jedem  Civiloffioianten,  welcher  den  Heiratsconsens  nach- 
fiucht,  zar  Pflicht  gemacht  werden  soll,  eine  bestimmte  Erklärung  abzugeben,  mit 
welcher  Summe  er  seine  künftige  Guttin  in  die  Witwenkasse  einlaufen  wolle,  und 
dafs  jedem  Givilofficianten,  welcher  diese  bestimmte  Erklärung  abzugeben  unterUüTst, 
der  Heiratsconsens  verweigert  werden  soll. 

Ich  überlasse  Ihnen,  diese  anderweiten  Bestimmungen  in  Ihren  Departements 
überall  zur  Kenntnis  bringen  zu  lassen  und  auf  deren  genaueste  Festhaltung,  auch 
besonders  darauf  zu  sehen,  dafs  diejenigen  Officianten,  welche  nach  Abj^abe  obiger 
Erklärung  den  Heiratsconsens  erhalten,  auch  wirklich  derselben  gemäfi  sich  nach 
vollzogener  Heirat  bei  der  Allgm.  Witwenkasse  associiren." 

Aus  der  0.0.  v.  9.  Juli  1839:  —  —  „In  der  Sache  selbst  bedarf  es 
keiner  Verordnung  zur  Erläuterung  des  Anhangs  §  70  (A.  LR.),  da  Meine  durch 
die  Oesetzsammlung  gleichzeitig  bekannt  gemaditen  Erlasse  v.  18.  Oct.  1800  und 
17.  Juli  1816,  sowie  Meine  Ordre  vom  17.  Juli  1817  keinem  Zweifel  Baum  geben, 
dafs  die  Oivilbeamten  des  Staats  zu  ihren  Ehen  die  Erlaubnis  ihres  Ohefs  nur 
deshalb  nöthig  haben,  damit  sie  durch  diese  Erlaubnis  die  Nach  Weisung  ihres 
Beitritts  zur  Witwen -Verpflegungsanstalt  führen.  Wenn  daher  eine  praeventive 
Beaufsichtigung  der  von  Oivilbeamten  zu  schliefsenden  Ehen  nöthig  gefunden  würde, 
80  wäre  solches  nicht  durch  eine  Erläuterung  des  Anhangs  §  70,  sondern  durch 
ein  neues  Gesetz  zu  bestimmen,  wozu  jedoch  keine  Veranlassung  vorhanden  ist. 
Ob  und  in  welcher  Art  ein  Vorgesetzter  seinem  Unteigebenen,  den  er  im  Begriff 
sieht,  eine  dem  Anschein  nach  unglückliche  Ehe  zu  schlief sen,  von  diesem  Schritt 
glimpflich  abrathen  will,  mufs  allein  seinem  verständigen  Urteile  überlassen  bleibe  n. 
Oanz  unangemessen  aber  erscheint  es,  dem  Vorgesetzten  das  Recht  der  Ver- 
weigerung des  Oonsenses  einzuräumen.  Den  erhebl.  Gründen,  welche  die  Minister 
der  geistl.  etc.  Anglgh.  und  der  Finanzen  dagegen  bereits  angeführt  haben,  treten 
die  Weiterungen  hinzu,  welche  im  Geschäftsgange  nach  der  Individualität  des  Vor- 
gesetzten und  den  speciellen  Verhältnissen  des  jedesmaligen  Falles  häufig  herbei- 
geführt werden  würden,  sowie  die  besorgl.  Störungen  des  Familienfriedens  zu  be- 
rücksichtigen sind,  durch  welche  die  Vorteile,  die  man  für  das  Interesse  des  Staats- 
dienstes aus  solcher  Mafsregel  erwartet,  zur  Gefährde  des  öffentl.  Wohls  weit 
überwogen  werden,  auch,  wie  im  Bericht  selbst  bemerkt  \vird,  in  einem  granz 
besonders  bedenklichen  Fälle  durch  Anwendung  Meiner  Ordre  v.  16.  Aug.  1826 
mittels  unfreiwilliger  Fensionirung  des  Beamten  im  Interesse  des  Dienstes  Remedur 
zu  erlangen  ist.  Es  mufs  hiemach  bei  dem  früheren  Gutachten  des  Staatsmin.  vom 
15.  Jan.  1824,  de^i  Ich  Meine  Zustimmung  erteilt  habe,  sein  Bewenden  behalten 
und  von  allen  praeventiven  Mafsregeln  bei  den  Ehen  der  Oivilbeamten  abgestanden 
werden.** 

Staatsmin.  Beschlufs  y.  17.  Aug.  1839:  „Nach  Einsicht  der  A. 0.0. 
Y.  9.  Juli  1839,  worin  jede  praeventive  Beaufsichtigung  der  von  Oivilbeamten 
des  Staats  zu  schliefsenden  Ehen  für  nnerlanbt  erklärt  und  bestimmt  wird,  dafs 
diese  Beamten  zu  ihren  Ehen  die  Erlaubnis  ihres  Ohefs  nur  deshalb  nöthig 
haben,  damit  sie  durch  diese  Erlaubnis  die  Nachweisung  ihres  Beitritts  zur 
Witwenverpflegungs-Anstalt  führen,  beschliefst  das  Staatsmin.  in  Ausführung 
dieses  Grundsatzes  und  unter  ausdrücklicher  Aufhebung  des  Beschlusses  v. 
7.  Nov.  1837: 

dafs  nur  die  bei  der  Witwenverpflegungsanstalt  receptionsfähigen  Oivil- 
beamten zur  Einholung  des  Eheconsenses  von  ihrem  Ohef  im  Sinne  des  §  70 
Anhangs  zum  A.  Landrecht  für  verpflichtet  zu  erachten.'^ 

Nachzusuchen  ist  der  Heiratsconsens  von  den  Dir.  und  Lehrern  höherer 
Schulen  bei  dem  K.  OPräsidenten  der  betr.  Provinz,  als  dem  Ohef  des  K. 
Prov.Sch.Ooll. 

Min.  Verf.  v.  16.  Mai  1833:  „Es  sind  hin  und  wieder  an  Geistliche 
nnd  auch  an  Lehrer  bei  Gymn.,  Schullehrer-Seminarien,  höh.  und  aUgm.  Stadt- 
schulen Heiratsconsense  erteilt  worden,  ohne  dafs  die  betr.  Geistlichen  und 
Lehrer  das  nöthige  Versprechen  zur  Erfüllung  der  ihnen  nach  den  Bestimmungen 
der  A.  0.0.  v.  10.  Dec.  1816  und  17.  April  1820  unbedingt  obliegenden  Ver- 

25* 


388 

pflichtang  züm  Beitritt  znr  AUgm.  WitweDverpflegnngs- Anstalt  abgegeben  haben* 
Das  Min.  findet  sich  daher  yeranlafst,  die  E.  Begierangen  hiermit  an£nifordem, 
hinfaro  in  keinem  Fall  den  Heiratsconsens  ohne  jenes  bindende  Versprechen, 
welches  bei  Nachsnchnng  des  Gonsenses  jedesmal  erforderlich  ist,  zn  erteilen, 
anch  hiemächst  gehörig  darauf  zn  halten,  dafs  die  Fensionsyersicherang  wirk- 
lich erfolge." 

Ans  einer  Min.  Verf.  y.  13.  Oci  1870:  —  „Der  Lehrer  N.  zu  N.  ist 
nach  seiner  jetzigen  Stellang  nicht  receptionsfähig  nnd  demnach  znr  Einholnng 
eines  Heiratsconsenses  nicht  verpflichtet 

Machen  übrigens  dienstliche  Bücksichten  eine  Verheiratung  bedenklich^ 
so  mag  die  Behörde  dem  Beamten  diese  Bedenken  zn  erwfigen  geben.  Weiter 
darf  sie  nicht  gehen.  Es  ist  dann  Sache  des  Beamten,  ob  oder  wie  er  den 
sich  ergebenden  Bedenken  begegnen,  resp.  ob  er  sich  den  Folgen  eines  mit 
den  Interessen  des  Dienstes  nicht  vereinbaren  Verhaltens  aassetzen  wilL"  — 

G.Verf.  V.  17.  Mai  1881.  „Es  ist  in  nenerer  Zeit  wiederholt  vorge- 
kommen, dafs  Candidaten  des  höh.  Lehramtes,  welche  vor  ihrer  etatsmäfsigen 
Anstellang  sich  verheiratet  hatten,  nach  erfolgter  definitiver  Bestallung  es  ver- 
sftamt  haben,  ihre  Ehegattinnen  bei  der  AUgm.  Witwen-Verpflegangsanstalt 
nachträglich  einznkaafen.  Diese  Versäumnis  hat  in  zweien  anlängst  zu  meiner 
Kenntnis  gelangten  Fällen  die  betrübende  Folge  gehabt,  dafs  nach  dem  Tode 
der  betr.  Lehrer  die  hinterlassenen  Witwen  derselben  ohne  jegliche  Versorgoi^ 
nnd  lediglich  auf  Gnadenonterstützangen  angewiesen  blieben. 

Um  derartigen  das  Ansehen  des  höh.  Lehrerstandes  nnd  die  Interessen 
seiner  Angehörigen  schwer  schädigenden  Vorkommnissen  für  die  Zaknnft  mög- 
lichst vorznbeagen,  veranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.O.,  in  jedem  einzelnen  Falle, 
in  welchem  ein  vor  seiner  etatsmäfsigen  Anstellang  in  den  Ehestand  getretener 
Lehrer  einer  höh.  Schale  in  ein  definitives  Lehramt  berafen  werden  soll,  Sich 
darüber  zn  vergewissem,  ob  nnd  in  welcher  Form  derselbe  seine  Ehegattin  fo 
den  Fall  seines  Todes  gesichert  hat  Ist  das  letztere  nicht  geschehen,  so  wolle 
das  E.  Prov.Sch.G.,  anter  Beachtnng  der  Bestimmang  der  AUerh.  G.O.  v. 
21.  Oci  1863  (s.  weiterhin)  in  geeigneter  Weise  daranf  hinwirken,  dafo  der 
Beteiligte  das  Versänmte  in  einer  den  concreten  Verhältnissen  angemessenen 
Weise  nachhole. 

Sollte  wider  Erwarten  ein  Lehrer  sich  weigern,  dieser  Pflicht  eines  gnten 
Familienvaters  zn  genügen,  so  ist  anch  in  den  Fällen  der  Emennnng  oder  der 
Bestätigang,  welche  nach  der  G.Verf.  v.  2.  Jan.  1863  (s.  S.  84)  dem  K.  Prov.Sch.C. 
überlassen  sind,  in  Znkanfl;  anter  eingehender  Darlegang  der  in  Betracht 
kommenden  Verhältnisse  vorher  an  mich  za  berichten  nnd  meine  Entscheidnng 
einzoholen . .  ,"    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v.  Pnttkamer. 

G.Verf.  V.  16.  Jani  1881.  „Nach  Analogie  der  in  der  G.Verf,  v.  17.  v.  M. 
getroffenen  Bestimmnngen  wolle  das  K.  Prov.Sch.G.  anch  diejenigen  Fälle  be- 
handeln, in  welchen  Elementarlehrer  zn  anderen  Stellangen  des  Lehrerstandes, 
z.  B.  zn  dem  Amte  eines  Seminarlehrers,  wenn  aach  nnr  provisorisch  berufen 
werden.  In  allen  solchen  Fällen  ist  stets  anf  die  Fürsorge  der  Lehrer  für  ihre 
dereinstigen  Witwen  zn  halten;  besonders  ist  daranf  Bedacht  za  nehmen,  dals 
die  der  Begel  nach  bereits  erworbene  Mitgliedschaft  bei  den  Elementarlehrer- 
Witwen-  nnd  Waisenkassen,  in  irgend  welcher  Form  so  lange  erhalten  bleibt, 
bis  etwa  der  betr.  Lehrer  in  anderer  and  nmfassenderer  Weise  far  seine  hinter- 
lassene  Familie  Fürsorge  getroffen  hat.  Die  Stataten  der  beregten  Kassen 
gestatten  fast  ansnahmslos  bei  der  in  Bede  stehenden  Voranssetzang  die  Fort- 
setznng  der  Mitgliedschaft  bei  den  Kassen  als  einer  persönlichen,  nnd  wird  das 
K  Prov.Sch.G.  mit  den  die  letzteren  verwaltenden  Behörden  in  den  geeigneten 
Fällen  ins  Benehmen  za  treten  haben." 


389 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Coblenz  v.  7.  Mai  1867:  „Wir 
Teranlassen  die  Direction,  wenn  ein  commissariBch  beschäftigter  und  also  eines 
Heiratsconsenses  nicht  bedürfender  Lehrer  bei  der  Anstalt  sich  verheiraten  will, 
oder  bereits  verheiratet  bei  der  Anstalt  eintritt,  nns  von  jetzt  an  sofort  Anzeige 
davon  zu  machen." 

BienBljubilften  und  OrdensverleihungeiL 

C.Yerf.  V.  1.  Dec.  1870:  „Behufs  gleichmäfsiger  Berechnung  der 
Dienstzeit  bei  Pensionimngen  oder  Dienstjnbiläen  mache  ich  daraof 
anfinerksam,  dafs  die  Zeit,  während  welcher  ein  Beamter  znr  Erfallang  der 
allgm.  Dienstpflicht  im  Militär  gedient  hat,  auch  bei  der  Pensionimng  als 
Dienstzeit  in  Anrechnung  kommt,  wenn  und  insoweit  der  Militärdienst  nach 
dem  vollendeten  20.  Lebensjahre  abgeleistet  worden  ist.  Bei  der  Feststellung 
des  Zeitpunkts  far  das  50jähr.  Dienstjubiläum  eines  Beamten  ist  die  gesamte 
active  Militär-  und  Givildienstzeit  desselben  in  Betracht  zu  ziehen,  mithin  der 
einjähr,  f^eiw.  Militärdienst  auch  dann  als  Dienstzeit  anzurechnen,  wenn  der- 
selbe vor  dem  20.  Lebensjahre  geleistet  ist"  Vgl.  S.  358  u.  362  (Pensionsges. 
V.  27.  März  1872  §  16)  und  S.  369  (Pensions-Begl.  v.  30.  April  1825). 

CVerf.  V.  12.  Aug.  1874:  „Aus  Anlafs  eines  Specialfalles  wird  die 
Bestimmung,  dafs  ein  60jähr.  Dienstjubiläum  amtlich  nicht  gefeiert  werden  soll, 
hierdurch  in  Erinnerung  gebracht." 

C.Yerf.  V«  7.  Juni  1876.  „8e.  Majestät  der  Kaiser  und  König  haben 
bei  Gelegenheit  eines  Specialfalles  monirt,  wie  es  seit  einiger  Zeit  wiederholt 
vorgekommen,  dafs  seitens  der  Provinzialbehörden  Anträge  auf  Verleihung  von 
Ordensauszeichnungen  erst  nach  dem  Eintritt  des  den  äufseren  Anlafs 
dazu  bietenden  Ereignisses  gestellt  worden  seien.  Es  gilt  dies  namentlich 
von  Pensionimngen  oder  Emeritirungen  und  von  5()}ähr.  Dienstjubiläen.  Behufs 
Abstellung  eines  solchen  von  Sr.  Majestät  als  nicht  angemessen  bezeichneten 
Yerfiüirens  bestimme  ich,  zufolge  Allerhöchsten  Auftrages,  unter  Bezugnahme 
auf  die  C.Yerff.  v.  5.  Nov.  1867  und  v.  16.  Mai  1874  (CBl.  1867  S.  686  und 
1874  S.  397)  hierdurch,  dafi9  innerhalb  meines  Bessorts  Anträge  auf  Yerleihung 
von  Auszeiclmungen,  wenn  dieselben  durch  bestimmte  Ereignisse  veranlagst 
werden,  so  zeitig  anzubringen  sind,  daüs  sie  bei  Dienstjubiläen,  bei  Versetzungen 
in  den  Buhestand  und  bei  sonst  etwa  sich  ergebenden  Yeranlassungen 
spätestens  vier  Wochen  vor  dem  entscheidenden  Zeitpunkte  sich  in  meinen 
Händen  befinden. 

Später   eingehende    Anträge    haben    keine    Aussicht    auf  Berücksich- 
tigung." . . .  Falk.  (Vgl.  jedoch  hierzu  S.  378.) 

A.O.  V.  4.  Dec.  1871.  (Min.Bl.  f.  inn.  Verw.  1873  S.  2.)  „Ich  be- 
stimme  unter  Modificirung  der  bisher  hierüber  bestehenden  Festsetzungen,  dafs 
die  im  Knopfloch  (an  der  Schnalle)  zu  tragenden  Preufsischen  Orden,  Ehren- 
zeichen und  Denkmünzen  in  nachstehend  aufgeführter  Beihenfolge  rangirt 
werden  sollen: 


1)  das  eiserne  Kreuz  2.  Klasse, 
2) 


2)  das  Bitterkreuz  vom  Königl.  HohenzoUemschen  \  ^j^-^  Schwertern 
Hausorden,  I  • 

der  rothe  Adler-Orden  3.  oder  4.  Klasse,  (  ««if«  *^*T>«„^p 

der  Kronen-Orden  3.  oder  4.  Klasse,  I  ^^^^  ^*°^®' 

5)  das  Militär-Verdienst-Kreuz,  6)  das  Militär -Ehrenzeichen  1.  Kl., 
7)  das  Militär-Ehrenzeichen  2.  Kl.,  8)  die  Bettungs -Medaille,  9)  die  ad  2, 
3  und  4  aufgeführten  Orden  am  statutenmäfbigen  Bande  in  der  bezeichneten 
Folge,    10)  das  Allgemeine  Ehrenzeichen!    11)  das  25jährige  Dienstauszeich- 


390 

imngskrenz,  12)  das  Fürstlich  Hohenzollernsche  Ehrenkrenz  2.  und  3«  KL 
mit  and  ohne  Schwerter,  13)  das  Düppelkrenz,  14)  das  Alsenkrenz,  15)  die 
Kriegsdenkmünze  von  1813/15,  16)  die  Erinnerongs-Medaille  yon  1863, 
17)  die  Kriegsdenkmünze  pro  1870/71,  18)  das  Erinnemngskrenz  pro  1866, 
19)  die  Kriegsdenkmünze  pro  1864,  20)  die  Hohenzollernsche  Denkmünze, 
21)  die  Krönnngs-Medaille. 

Die  noch  im  Besitz  des  eisernen  Krenzes  2.  KL  aus  den  Jahren  1813 
bis  1815  befindlichen  Personen  tragen  die  Kriegs-Denkmünze  ans  jenen  Jahren, 
sowie  die  Erinnernngs-Medaille  von  1863  unmittelbar  hinter  dem  eisernen 
Kreuz."    Wilhelm. 

C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  29.  April  1887.  „üi 
Modification  unserer  C.Verf.  y.  5.  Jan.  1878  bestimmen  wir  hiermit,  dafe  die 
nach  Anleitung  dieser  Verfügung  aufzustellenden  Nachweisungen  über  Ver- 
änderungen in  Bezug  auf  Lebensstellung  und  Wohnort  der  Decorirten  in 
Zukunft  nicht  mehr  am  1.  Juni,  sondern  am  1.  Oct.  al^fthrl.  einzureichen  sind. 

Hinsichts  der  Bückgabe  der  durch  Todesfälle  erledigten  Ordens- 
Insignien,  Ehrenzeichen  und  Denkmünzen  etc.  bemerken  wir  zur  Begegnung 
etwaiger  Zweifel  noch  Folgendes:  Nach  den  betr.  Bestimmungen  sind  Ton 
der  Bückgabe  ausgeschlossen:  1)  die  am  Erinnerungsbande  (weifses,  sechsmal 
schwarz  gestreiftes  Band  mit  rothem  Vorstofs)  yerliehenen  Decorationen  des 
Kronen-Ordens  3.  und  4.  Kl.  und  des  Allgemeinen  Ehrenzeichens  mit  dem 
rothen  Kreuz  resp.  ohne  dasselbe,  aber  am  Erinnerungsbande,  2)  das  Bechts- 
ritter-Kreuz  des  Johanniter-Ordens,  3)  das  Verdienstkreuz  für  Frauen  und 
Jungfrauen;  aufserdem  4)  die  Krönungs-Medaille,  5)  die  Kriegsdenkmünze 
für  1864,  6)  die  Kriegsdenkmünze  für  1870/71  und  7)  die  Landwehr-Dienst- 
auszeichnung 2.  Klasse.  Das  Düppeler  Sturm-Kreuz,  sowie  das  Alsenkreuz  und 
das  Erinnerungskreuz  Ton  1866  werden  bei  dem  Kirchspiel  aufbewahrt,  zu 
welchem  der  Verstorbene  gehört  hat.  Das  Dienstauszeichnungs-Kreuz  für 
Offiziere  und  die  3  Klassen  der  Militär-Dienstauszeichnung  werden  an  das 
Montirungs-Depot  in  Breslau;  die  Landwehr -Dienstauszeichnung  1.  Klasse 
dagegen  an  das  Haupt-Montirungs-Depot  in  Berlin  zurückgesandt 

Alle  übrigen  yorstehend  nicht  genannten  K.  Preufsischen  Ordens-Insignien 
und  Ehrenzeichen  sind  nach  dem  Ableben  der  Bitter  und  Inhaber  an  die  K. 
General-Ordens-Gommission  einzusenden,  während  sämtliche  Ordens- Verleihungs- 
Patente  und  Besitzzeugnisse  den  Hinterbliebenen  als  Andenken  verbleiben.'' 

Fürsorge  für  die  Hinterbliebenen  der  Lehrer. 

1.    Gnadenquartal  und  Gnadenmonat. 

Gesetz  y.  6.  Febr.  1881  (GS.  p.  17)  betr.  die  Zahlung  der  Beamten- 
gehälter und  Bestimmungen  über  das  Gemeindequartal  nebst  CVerU 
Y.  27.  Juni  1881  s.  S.  294. 

CO.  Y.  27.  April  1816  (GS.  p.  134):  „Auf  den  Yon  dem  Staatsmin. 
wegen  der  Gnaden-  uud  Sterbequartale  in  dem  Bericht  y.  12.  d.  M.  Mir  ge- 
machten Vortrag  will  Ich  genehmigen,  dalä 

1.  den  Hinterbliebenen  der  Beamten,  welche  als  Mitglieder  und 
Subalterne  resp.  zu  einem  CoUegium  gehören  oder  bei  demselben  arbeiten,  auiser 
dem  Sterbemonat  jedesmal  noch  die  YoUe  Besoldung  fär  die  zunächst  folgenden 
drei  Monate; 

2.  den  Hinterbliebenen  deijenigen  Ofücianten,  welche  nicht  in  colle- 
gialischen  Verhältnissen  stehen,  aufser  dem  Sterbemonat  noch  die  Besoldung 
für  den  nächsten  Monat  gezahlt  werden  kann;  will  auch  gestatten,  daf^  im 
letzteren   Falle   auch   dann   ein   zwei-  oder  dreimonaü.  Gnadengehalt  gezahlt 


391 

werden  darf,  wenn  die  Uebertragnng  der  Stelle  des  YerBtorbenen  ohne  besonderen 
Kostenaufwand  für  die  Staatskassen  erfolgen  kann. 

Wegen  der  Dienstwohnungen  bestimme  Ich:  3.  dafs  nach  dem 
Absterben  eines  Officianten  die  Sessions-  und  Arbeitsstube  ohne  Verzug  ge- 
räumt, insofern  die  letztere  aber  so  belegen  ist,  dafs  sie  nicht  faglich  von  der 
Familienwohnung  abgesondert  werden  kann,  eine  andere  Stube  zum  Arbeits- 
zimmer eingeräumt  werden  soU  und  dafs  die  Familie  des  Verstorbenen  dem- 
nfichst  auch  für  die  Dauer  der  Gnadenmonate  in  der  Dienstwohnung  bleiben 
darf.  Sollte  bei  Ablauf  des  letzten  Monats,  wegen  des  damit  nicht  überein- 
treffenden Miethsquartales,  das  anderweite  Unterkommen  der  Familie  Schwierig- 
keiten finden,  so  soll  solche  entweder  mit  dem  früher  eintretenden  Mieths- 
qnartal  die  Wohnung  räumen  und  durch  den  Dienstnachfolger  für  die  Monate 
entschädigt  werden,  für  welche  ihr  eigentlich  die  freie  Wohnung  noch  zukommt, 
oder  die  Familie  soU  bis  zum  nächstfolgenden  Miethsquartal  darin  belassen 
werden  und  nur  verpflichtet  sein,  dem  Nachfolger  im  Dienste  ein  gewöhnl. 
Absteigequartier  für  seine  Person  und  einen  oder  mehrere  Domestiken  ein- 
zuräumen. 

Zugleich  setze  Ich  fest,  dafs  ohne  Bücksicht  auf  das  bisher.  Verfahren 
nach  den  obigen  Grundsätzen  bei  allen  landesherrl.  Collegien  und  CivilsteUen 
verfahren  werden  soll,  jedoch  mit  Ausschlufs  der  Geistlichen  und  Schullehrer  ^ 
und  der  Mitglieder  der  Akademie  der  Wissenschaften,  für  welche  resp.  die 
Vorschriften  des  A.  LB.  und  des  Ostpreufs.  Frovinzialrechts,  sowie  die  am 
24.  Jan.  1812  von  Mir  vollzogenen  Statuten  nach  wie  vor  zu  befolgen  sind.*' 
(CBL  1881  p.  289.) 

[Ans  dem  obigen  §  1  der  CO.  v.  27.  April  1816  ist  zu  folgern,  dafs  die 
Lehrer  während  der  Gnadenzeit  die  Vertretung  ihres  verstorbenen  Collen  unent- 
geltlich zu  übernehmen  haben.  Zusatz  aas  der  2.  Ausg.]  Vgl.  S.  392  C.Verf. 
V.  17.  Febr.  1860. 

G.G.  V.  27.  Mai  1816:  „Unter  dem  am  18.  d.  M.  von  Ihnen  angezeigten 
Umständen  genehmige  Ich  hierdurch  im  Allgemeinen:  dafs  den  Hinter- 
bliebenen der  Fensionärs  ohne  Ausnahme  aufser  dem  Sterbemonat  noch  ein 
Gnadenmonat  zu  Teil  werden  soll." 

CO.  V.  15.  Nov.  1819  (GS.  1820  p.  45):  „Auf  den  Bericht  des  Staats- 
ministerii  v.  3.  d.  M.  setze  Ich  zur  Declaration  meiner  Ordre  v.  27.  April  1816 
hierdurch  fest:  dafs  nur  dasjenige,  was  die  Hinterbliebenen  eines  Beamten,  der 
bemerkten  Ordre  gemäfs,  an  Besoldung  aufser  dem  Sterbequartal  erhalten,  für 
dieselbe  Gnadenbewilligung  ist,  —  dafs  auf  letztere  kein  Gläubiger  des  Ver- 
storbenen Anspruch  hat,  —  dafs  solche  der  Begel  nach  nur  der  Witwe,  den 
Kindern  und  Enkeln,  ohne  Bücksicht,  ob  sie  dessen  Erben  sind  oder  nicht, 
zusteht;  dafs  aber  den  Ministem,  als  Departementschefs,  freigelassen  ist,  im 
FaU  der  Erblasser  der  Ernährer  armer  Eltern,  Geschwister,  Geschwisterkinder 
oder  Pflegekinder  gewesen  ist,  ausnahmsweise  denselben  das  Gnadengehalt 
anzuweisen,  und  die  Minister  jedenfalls  befugt  sein  sollen,  die  Verteilung  des- 
selben unter  die  Hinterbliebenen  zu  reguluren  und  dessen  Verwendung  zu 
bestimmen.  Zugleich  genehmige  Ich,  dafs  diese  Bestimmungen  wegen  des 
Gnadengehalts  auch  auf  den  Gnadenmonat,  welcher  den  Hinterbliebenen  der 
Pensionärs  aufser  dem  Sterbemonat  bewilligt  ist,  angewendet  werden."  GBL 
1881  p.  288.) 

CO.  V.  30.  März  1842;  „Ich  genehmige  nach  dem  Antrage  des  Staats- 
ministeriums  v.  — ,  dafs  die  Hinterbliebenen  eines  Beamten,  dessen  Pensionirung 
von  einem  bestimmten  Zeitpunkt  an  bereits  verfugt  war,  der  aber  vor  Eintritt 

0  Vgl.  Min.  Verf.  v.  31.  März  1859,  S.  392. 


393 

dieses  Zeitpunkts  verstorben  ist,  das  Gnadengehalt,  ohne  Bücksicht,  auf  die 
schon  bestunmte  Pensioninmg,  nach  den  für  die  activen  Beamten  geltenden 
Onmdsätzen  gewährt  werde.  Eür  den  Fall,  dafs  die  Stelle  des  zu  Pensionirenden 
vor  seinem  Ableben  vom  Zeitpunkt  der  verfugten  Pensionirungen  an  schon 
einem  anderen  Beamten  verliehen  sein  sollte,  kann  der  den  Hinterbliebenen 
noch  zustehende  Gnadengehaltsbetrag  auf  die  extraordinären  Fonds  der  betr. 
Verwaltungen  angewiesen  werden/' 

CO.  V.  18.  April  1855:  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v. — 
genehmige  Ich,  dafs  die  Ordres  v.  27.  April  1816  und  15.  Nov.  1819,  wonach 
den  Hinterbliebenen  verstorbener  Beamten  aufser  dem  Sterbemonat  die  volle 
Besoldung  eines,  resp.  zweier  oder  dreier  Monate  gezahlt  werden  darf,  auch  anf 
die  Hinterbliebenen  deijenigen  Beamten  angewendet  werden,  welche  nur  zu  den 
dauernd  beschäftigten  Hülfsarbeitern  oder  Hül&schreibem  gehören  nnd 
aus  den  dazu  bestimmten  Fonds  flxirte  Bemunerationen  oder  Diäten  erhalten, 
dergestalt,  dafs  den  Hinterbliebenen  solcher  Beamten,  je  nachdem  diese  in 
collegialischen  Verhältnissen  stehen  oder  nicht,  die  in  der  Ordre  v.  27.  April 
1816  sub  1  oder  die  darin  sub  2  genannte  Gnadenbewilligung  wie  den  Hinter- 
bliebenen der  in  etatsmäfsigen  SteUen  fungirenden  Beamten  anzuweisen  ist** 

C.Verf.  V.  17.  Febr.  1860:  „Auf  den  Bericht  v.  — ,  das  Gnadengehalt 
betr.,  welches  den  Hinterbliebenen  von  Lehrern  an  höh.  Unterrichtsanstalten 
zusteht,  erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  Folgendes: 

Die  CO.  V.  27.  April  1816  macht  die  Bewilligung  des  GnadengehsJts 
nicht  davon  abhängig,  ob  der  verstorbene  Beamte  definitiv  oder  nur  interi- 
mistisch oder  auf  Kündigung  angestellt  gewesen  ist  Es  unterliegt  mithin 
keinem  Bedenken,  das  Gnadengehalt  auch  den  Hinterbliebenen  solcher  Lehrer, 
welche  nur  auf  Kündigung  oder  interimistisch  angestellt  gewesen  sind,  soweit 
die  A.  0.  V.  27.  April  1816  auf  sie  Anwendung  findet,  nach  Ma&gabe  der 
darin  gegebenen  Bestimmungen  zu  gewähren. 

Da  femer  die  CO.  v.  27.  April  1816  sub  2  die  Zahlung  eines  zwei-  oder 
dreimonatL  Gnadengehalts  an  Hinterbliebene  von  Beamten,  welche  nicht  in 
collegialischen  Verhältnissen  stehen,  dann  gestattet,  wenn  die  üebertragung  der 
Stelle  des  Verstorbenen  ohne  besonderen  Kostenaufwand  für  die  Staatskasse 
erfolgen  kann,  so  finde  ich  kein  Bedenken,  das  K.  Prov.Sch.C  zu  ermächtigen, 
in  Fällen,  wo  die  Verhältnisse  die  unentgeltl.  üebertragung  einer  durch  den 
Tod  ihres  Inhabers  erledigten  Lehrstelle  nicht  gestatten,  dennoch  den  Hinter- 
bliebenen ein  zwei-  oder  dreimonatL  Gnadengeh^t  dann  zu  gewähren,  wenn  die 
Anstalt  hierzu  hinreichende  eigene  Mittel  besitzt/' 

Min.Verf.  v.  31.  März  1859:  „Auf  den  Bericht  v.  —  erwidere  ich  dem 
E.  Prov.Sch.C,  dafs  es  keinem  Bedenken  unterliegt,  der  Witwe  des  Seminar- 
lehrers  N.  neben  dem  Sterbemonat  das  Gnadenquartal  zu  gewähren.  Die  CO. 
V.  27.  April  1816  ist  eine  allgm.  Anordnung  für  alle  Staatsdiener,  und  der 
Schlu&satz  derselben,  welcher  die  Geistlichen  und  Schullehrer  ausschliefet,  hat 
ledigl.  den  Zweck,  diesen  Kategorien  von  Beamten  diejenigen  grölheren  Vorteile 
zu  erhalten,  welche  ihnen  etwa  bereits  nach  anderweiten  geseM.  oder  statatar. 
Normen  zustanden.  Wo  diese  Voraussetzung  nicht  zutrifft,  finden  die  Be- 
stimmungen der  CO.  v.  27.  April  1816  Anwendung. 

Da  nach  Inhalt  des  Berichts  die  Vertretung  des  Lehrers  N.  besondere 
Kosten  nicht  verursacht  hat,  so  ist  gemäfs  Nr.  1  der  gedachten  A.  0.  der  Witwe 
derselben  der  auf  —  berechnete  2monatl.  Gehaltsbetrag  nachträglich  zu  zahlen.** 

Min.Verf.  v.  19.  Aug.  1871:  —  „Nach  der  CO.  v.  15.  Nov.  IS19 
(S.  391)  steht  der  Gnadenmonat  niemals  den  Erben,  sondern  nur  der  Witwe, 
den  Kindern  und  Enkeln  des  Verstorbenen,  ohne  Bücksicht,  ob  sie  dessen  Erben 


393 

sind  oder  nicht,  zu.  Im  Fall  solche  Personen  nicht  vorhanden,  Wlt  der  Betrag 
des  Gnadenmonats  an  die  Sterbekasse,  falls  der  betr.  Bessortchef  sich  nicht 
ausnahmsweise  veranlafst  sieht,  den  Gnadenmonat  Eltern,  Geschwistern,  Ge- 
schwisterkindern resp.  Pflegekindern  zu  bewilligen/^ 

Min. Verf.  v.  18.  Febr.  1879.  „Dem  K.  Prov.Sch.C.  lasse  ich  das 
beiliegende  Gesuch  des  Cnratoriums  der  höh.  Bürgerschule  zu  N.  v.  19.  v.  M. 
nebst  Anlage  mit  dem  Bemerken  zugehen,  dafs  nach  den  für  Staatsbeamte 
geltenden  Normen  das  ganze  Yierteljahrsgehalt  derjenigen  Beamten,  welche,  wie 
der  verstorbene  Bector  N.  zu  N.,  in  coÜegialischen  Verhältnissen  stehen  und 
daher  nach  der  AUerh.  0.0.  v.  10.  Mai  1828  ihr  Gehalt  in  vierteljähr.  Baten 
zu  beziehen  haben,  bereits  als  verdient  anzusehen  ist,  wenn  sie  nur  den  ersten 
Tag  des  Vierteljahrs,  des  sog.  Sterbequartals,  erlebt  haben.  Dies  Gehalt  gehört 
zum  Nachlasse,  so  dafs  die  Erben  einen  Bechtsanspruch  auf  dasselbe  haben 
und  zur  Bückzahlung  eines  Teiles  desselben  nicht  verpflichtet  sind,  gleichgiltig 
in  welchem  Monate  der  Beamte  verstorben  ist  und  ob  das  Gehalt  demselben 
noch  bei  seinen  Lebzeiten  oder  erst  den  Erben  nach  seinem  Tode  gezahlt 
worden. 

Verschieden  hiervon  ist  der  Gnadenquartalsbetrag,  auf  welchen  den  Hinter- 
bliebenen eines  Beamten  kein  klagbares  Becht  zusteht  und  das  nur  gewissen 
nahen  Verwandten  des  verstorbenen  Beamten  gewährt  wird.  Dies  Quartal  wird 
nach  den  bestehenden  Bestimmungen  von  dem  Ende  desjenigen  Monats,  in 
welchem  das  Ableben  des  Beamten  erfolgt  ist,  dem  sogenannten  Sterbemonate, 
ab  gerechnet.  Damach  erhalten  die  zum  Bezüge  eines  Gnadenquartalsbetrages 
zugelassenen  Verwandten  des  Verstorbenen  einen  dem  Gehalte  desselben  ent- 
sprechenden Betrag  für  einen  ein-  oder  zwei-  oder  dreimonatlichen  Zeitraum, 
je  nachdem  der  Beamte  im  ersten  oder  zweiten  oder  dritten  Monate  eines 
Vierteljahres  gestorben  ist. 

Aus  dieser  Art  der  Berechnung  des  Gnadenquartals  folgt  aber  nicht,  dafs 
die  auf  dasselbe  in  Anrechnung  kommenden  Beträge  des  Sterbequartalsgehaltes 
nur  Gnadenbewilligungen  seien  und  die  Erben  ein  Becht  darauf  nicht  haben. 
Gnadengehalt  ist  nur  dasjenige,  was  über  das  beim  Tode  eines  Beamten  fällige 
Gehalt  hinaus  gezahlt  wird. 

Von  diesen  Gesichtspunkten  aus  kann  ich  der  in  der  beiliegenden  Verf. 
des  K.  Prov.Sch.C.  v.  15.  v.  M.  vertretenen  Auffassung,  wonach  nur  der  Sterbe- 
monatsbetrag der  Erbin  des  im  Monate  Juli  pr.  ohne  Hinterlassung  naher  Ver- 
wandten verstorbenen  Bectors  N.  belassen  werden  soll,  nicht  beitreten  und  mufs 
das  Verlangen  des  Guratoriums,  von  der  durch  das  K.  Prov.Sch.C.  angeordneten 
Wiedereinziehung  der  Gehaltsbeträge  für  die  Monate  August  und  September  pr. 
Abstand  zu  nehmen,  für  begründet  erachten,  wenn  nicht  etwa  besondere,  mir 
unbekannte,  z.  B.  aus  dem  Verhältnisse  des  pp.  N.  als  städtischen  Beamten 
herzuleitende  Gründe  eine  andere  Entscheidung  bedingen."  .  .  .  Der  Min.  d. 
geistl  etc.  Ang.  Im  Auffcr.  Greiff. 

C.Verf.  V.  27.  Juni  1881.  „Se.  Maj.  der  Kaiser  und  König  haben 
mittels  Allerh.  Ordre  v.  25.  v.  M.  zu  genehmigen  geruht,  dafs  das  Gesetz  v. 
6.  Febr.  d.  J.,  betr.  die  Zahlung  der  Beamtengehalte  und  Bestimmungen  über 
das  Gnadenquartal,  auch  auf  die  Beamten,  bezw.  die  Hinterbliebenen  der  Beamten 
der  unter  staatlicher  Verwaltung  stehenden  Stiftungs -Anstalten  und 
Stiftungsfonds  des  diesseitigen  Bessorts  zur  Anwendung  gebracht  werden  darf.** 
von  GoMer. 

Nach  der  Verordn.  v.  23.  Sept.  1867  (GS.  p.  1619)  flndet  in  Betreff  der 
Onadeiizeit  der  Hinterbliebenen  von  G^istiichen  und  Lehrern  die  CO.  v.  27.  Apr. 
1816  (S.  390)  auch  auf  die  neuen  Landesteile  Anwendung;  vgl  GBl.  1869  p.  769. 


394 

Die  Hinterbliebenen  eines  während  der  Amtssnspension  verstorbenen 
Beamten  erhalten  während  der  Gnadenmonate  das  volle  Einkommen  der  Stelle. 

C.Verf.  des  Jnstizmin.  (der  sich  der  Min.  des  Innern  dnrch  C.Yerf. 
V.  28.  Juli  1841  anschliefst)  v.  26.  Mai  1841:  „B^i  Anslegong  der  in  der 
C.Verf  V.  26.  Nov.  1832,  IV.  2  getroffenen  Bestimmung  ist  der  Zweifel  ent- 
standen, ob  den  Hinterbliebenen  eines  etatsmä&igen  Beamten,  welcher  zur 
Untersnchnng  gezogen,  vom  Amt  snspendirt  und  in  erster  Instanz  zur  Amts- 
entsetznng  verorteüt  worden,  jedoch  vor  Abfassung  des  Erkenntnisses  zweiter 
Instanz  verstorben  ist,  das  Gehalt  des  Sterbemonats  oder  Sterbeqnartals  and  das 
Gnadengehalt  aasgezahlt  werden  dürfe. 

Da  in  der  CO.  v.  27.  April  1816  das  Gehalt  fmr  das  Sterbe-  and 
Gnadenqaartal  den  Hinterbliebenen  der  Beamten  ohne  weitere  Beschränkung 
bewilligt  ist,  die  Eigenschaft  des  Beamten  aber  nur  durch  die  wlrkl.  erfolgte 
Entlassung  oder  durch  die  in  einem  rechtskräftig  gewordenen  Erkenntnis  aus- 
gesprochene Amtsentsetzung  verloren  geht,  so  wird,  in  Uebereinstimmung  mit 
der  E.  OBechnungskammer  hierdurch  bestimmt,  dafs  der  Anspruch  auf  das 
Gehalt  des  Sterbemonats  oder  Sterbequartals  und  auf  das  Gnadengehalt  den 
Hinterbliebenen  eines  suspendirten  Beamten  überhaupt  in  allen  Fällen  zusteht, 
wenn  nicht  der  Verstorbene  durch  ein  schon  während  seines  Lebens  rechts- 
kräftig gewordenes  Erkenntnis  seines  Amts  entsetzt  worden  war.  Was  die 
Höhe  des  den  Hinterbliebenen  zustehenden  Diensteinkommens  betrifft)  so  ist 
in  Erwägung  gezogen  worden,  dafs  mit  dem  Tode  des  Beamten  die  Folgen 
seiner  Schuld  aufhören,  und  dafs  daher  auch  die  einem  suspendirten  Beamten 
zur  Last  fallenden  Vertretungskosten  den  Hinterbliebenen  desselben  nicht 
aufzuerlegen  sind. 

Demgemäfs  wird,  gleichfalls  in  Uebereinstimmung  mit  der  K.  OBechnungs- 
kammer, die  im  Eingange  dieser  Verf.  erwähnte  C.Verf.  v;  26.  Nov.  1832  hier- 
durch dahin  modificirt,  dafs  die  Hinterbliebenen  eines  während  der  Amtssuspension 
verstorbenen  Beamten: 

1.  fär  den  Sterbemonat  nur  dasjenige  Einkommen  erhalten,  welches 
der  Verstorbene  während  der  Suspension  selbst  bezogen  hat;  dafs  ihnen  aber 
2.  für  die  aufser  dem  Sterbemonat  zulässigen  Gnadenmonate  und  zwar  ohne 
Unterschied,  ob  letztere  mit  dem  Sterbequartal  ganz  oder  teilweise  zusammen- 
fallen oder  nicht,  das  voUe  Einkommen  der  Stelle,  wie  der  Verstorbene  solches 
vor  seiner  Amtssuspension  bezogen  hatte,  also  in  derselben  Art  wie  die  Hinter- 
bliebenen anderer  Beamten  gleicher  Kategorie,  und  ohne  Abzug  für  etwan. 
Vertretungskosten,  zu  gewähren  ist.** 

Min. Verf.  v.  28.  Febr.  1882.  „Auf  den  Bericht  vom  30.  Jan.  d.  J., 
betr.  die  Gewährung  eines  Gnadenmonates  an  die  Hinterbliebenen  der  Gymnasial- 
lehrer-Witwe N.  in  N.,  erwidere  ich  der  E.  Regierung,  dais  das  in  dem  Berichte 
angezogene  Gesetz  v.  27.  März  1872,  betr.  die  Pensionirung  der  unmittelbaren 
Staatsbeamten  sowie  der  Lehrer  und  Beamten  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten, 
eine  Bestimmung  über  die  Gewährung  der  Witwenpension  über  den  Tod  der 
Empfängerin  hinaus  nicht  enthält,  auch  sonstige  allgemeine  Bestimmungen, 
welche  die  Gewährung  des  sogenannten  Gnadenmonates  von  Witwen-  und 
Waisenpensionen  ermöglichen  würden,  nicht  vorhanden  sind,  und  daher  eine 
Pensionsrate  fär  einen  Monat  an  den  Kaufmann  N.  in  N.  nidit  gezahlt  werden 
kann."    Der  Min.  d.  geisü.  etc.  Ang.    Im  Auftrage:  Barkhausen. 

Die  nach  dem  Tode  der  Pensionäre  und  Wartegeldempfänger  einzusenden- 
den Totenscheine  sind  unentgeltlich  auszustellen. 

C.Verf.  des  Finanzmin.  u.  des  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v. 
18.  März  1862:  J)ie  K.  OBechnungskammer  hat  im  §  18  der  Vorschriften  zur 


395 

AnfertigüDg  und  Jnstification  der  Yon  den  Begierungs-Hauptkassen  abzulegenden 
Civil-Pensions-  und  Wartegelderrechnungen  v.  L  März  1844  bestimmt,  dafs  die 
Abgänge,  wenn  der  Tod  des  Empfängers  dieselben  herbeigeführt  hat,  durch 
die  Totenscheine  nebst  den  sonst  noch  erforderl.  Justificatorien  nachzuweisen 
sind.  Die  Beibringung  dieser  Atteste  ist  lediglich  im  fiscal.  Interesse  und  zu 
dem  Zweck  erforderlich,  den  revidirenden  Behörden  die  Ueberzeugung  zu  ver- 
schaffen, dafs  der  Pensionär,  resp.  Wartegeldempfänger,  wirklich  bis  zu  dem 
angegebenen  Zeitpunkt  gelebt  hat.  Die  Pfarrer  haben  daher  die  qu.  Toten- 
scheine von  Amtswegen  unentgeltlich  auszustellen,  wie  dies  in  Betreff  der 
Militär  -  Invalidenpensionen  bereits  im  §  18  der  unterm  8.  Mai  1810  von  der 
4.  Division  des  K.  Mil. Oekonomiedepartements  erlassenen  Instruction,  resp. 
durch  die  Verff.  der  Section  für  den  Cultus  im  E.  Ministerium  des  Innern 
V.  20.  Nov.  1809,  resp.  11.  Juni  1811,  vorgeschrieben  ist  Aus  Veranlassung 
eines  Specialfalls  ersuchen  wir  das  K.  OPräsidium  ergebenst,  hiemach  das 
Weitere  an  die  K.  Begierungen  der  Provinz  gef.  zu  verfugen  und  soweit  nöthig 
auch  mit  den  kathol.  geistlichen  Behörden  in  geeignete  Communication  zu  treten." 

2.    Gesetz  vom  20.  Mai  1882  (GS.  298) 
betr.  die  Fürsorge  für  die  Witwen  und  Waisen  der  unmittelbaren 

Staatsbeamten. 

§  1.  „Unmittelbare  Staatsbeamte,  welche  Diensteinkommen  oder  Wartegeld 
aus  der  Staatskasse  beziehen  und  welchen  beim  Eintritte  der  Voraussetzungen 
der  Versetzung  in  den  Buhestand  nach  Erfüllung  der  erforderlichen  Diensteeit 
Pension  aus  der  Staatskasse  gebühren  würde,  sowie  in  den  Bnhestand  versetzte 
unmittelbare  Staatsbeamte,  welche  krafb  gesetzlichen  Anspruches  oder  auf  Grund 
des  §  7  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  (S.  356)  lebenslängliche  Pension 
aus  der  Staatskasse  beziehen,  sind  verpflichtet,  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge 
zur  Staatskasse  zu  entrichten. 

Diese  Verpflichtung  erstreckt  sich  auf  1)  Beamte,  denen  ein  Pensions- 
anspruch nur  auf  Grund  der  Vorschrift  in  dem  zweiten  Absätze  des  §  3 
der  Verordnung  v.  6.  Mai  1867  [GS.  S.  713  0]  zQBteht;  2)  Beamte,  welche 
nur  nebenamtlich  im  Staatsdienste  angestellt  sind;  3)  diejenigen  Beamten, 
welche  nur  auf  Grund  des  §  79  des  Gesetzes,  betr.  die  Verfassung  und  Ver- 
waltung der  Städte  und  Flecken  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein,  v.  14.  April 
1869  (GS.  S.  589)  ein  Einkommen  aus  der  Staatskasse  beziehen;  4)  die 
mit  Bewilligung  von  Wartegeld  oder  Pension  aus  einer  der  unter  Ziffer  1  bis  3 
bezeichneten  Stellungen  ausgeschiedenen,  sowie  diejenigen  Beamten,  welche  nur 
auf  Grund  einer  nach  d(m  ersten  Absätze  des  §  36  des  Pensionsgesetzes  vom 
27.  März  1872  in  Kraft  gebliebenen  Zusicherung  eine  Pension  aus  der  Staats- 
kasse beziehen. 

§  2.  Von  dem  den  Hinterbliebenen  eines  zur  Entrichtung  von  Witwen- 
und  Waisengeldbeiträgen  verpflichteten  Beamten  nach  der  CO.  v.  27.  April  1816 
(S.  390),  dem  Gesetze  v.  6.  Febr.  1881,  betr.  die  Zahlung  der  Beamtengehälter 
und  Bestimmungen  über  das  Gnadenquartal  (S.  294),  sowie  dem  §  31  des 
Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  (S.  360)  gebührenden  oder  bewilligten  Be- 
trage des  vierteljährlichen  Gehaltes  oder  Wartegeldes  bezw.  der  einmonatlichen 
Pension  des  Verstorbenen  sind  die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  gleichfallB 
zu  entrichten. 

§  3.  Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  betragen  Jährlich  3  Procent 
des  pensionsfähigen  Diensteinkommens,  des  Wartegeldes  oder  der  Pension  mit 


*^  Betrifft  die  Pensionsansprnche  der  in  den  neu  erworbenen  Landesteilen 
angestellten  und  der  mit  diesen  Gebieten  übernommenen  unmittelbaren  Civil- 
Staatsbeamten.    Vgl.  unten,  Anlage  1,  Begründung  §  1. 


396 

der  Mafsgabe,  dafs  der  die  Jahressamme  von  9000  Mark  des  pensionsfAhigeii 
Diensteinkommens  oder  Wartegeldes  und  von  5000  Mark  der  Pension  übier- 
steigende  Betrag  nicht  beitragspflichtig  ist 

§  4.  Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  werden  in  denjenigen  Teil- 
beträgen erhoben,  in  welchen  das  Diensteinkommen,  das  Wartegeld  oder  die 
Pension  zahlbar  ist  Die  Erhebnng  erfolgt  durch  Einbehaltong  eines  ent- 
sprechenden Teiles  dieser  Bezüge,  wenn  nnd  insoweit  dieselben  znr  Deckong 
der  Beiträge  aasreichen.  Anderenfalls  sind  letztere  vierteljährlich  im  Vorans 
an  die  Staatskasse  einzuzahlen. 

§  5.  Diese  Yerpflichtnng  zur  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeld- 
beiträge erlischt :  1)  mit  dem  Tode  des  Beamten,  vorbehaltlich  der  im  §  2  ge- 
troffenen Bestimmungen ;  2)  wenn  der  Beamte  ohne  Pension  aus  dem  Dienste 
scheidet  oder  mit  Belassung  eines  Teiles  derselben  aus  dem  Dienste  entlassen 
wird;  3)  wenn  der  Beamte  in  den  Buhestand  versetzt  und  ihm  auf  Grund 
des  §  7  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  eine  Pension  auf  bestimmte 
Zeit  bewilligt  ist;  4)  fär  den  Beamten,  welcher  weder  verheiratet  ist,  noch 
unverheiratete  eheliche  oder  durch  nachgefolgte  Ehe  legitirairte  Kinder  unter 
18  Jahren  besitzt,  mit  dem  Zeitpunkte  der  Versetzung  in  den  Buhestand; 
d)  far  den  pensionirten  Beamten  mit  dem  Ablaufe  desjenigen  Monates,  in 
welchem  die  unter  Ziffer  4  bezeichnete  Voraussetzung  zutrifft.  Durch  eine  nach 
der  Pensionirung  geschlossene  Ehe  oder  durch  das  Vorhandensein  von  Kindern 
aus  einer  solchen  wird  das  Erlöschen  der  Verpflichtung  nicht  gehindert 

§  6.  Die  zur  Zeit  des  Inkrafttretens  dieses  Gesetzes  pensionirten  Beamten» 
welche  weder  verheiratet  sind  noch  unverheiratete  eheliche  oder  durch  nach- 
gefolgte Ehe  legitimirte  Kinder  unter  18  Jahren  besitzen,  sind  von  Entrichtung 
der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  befreit  Eine  nach  der  Pensionirung  ge- 
schlossene Ehe,  sowie  Kinder  aus  einer  solchen  kommen  hierbei  nicht  in  Beixacht 

§  7.  Die  Witwe  und  die  hinterbliebenen  ehelichen  oder  durch  nach- 
gefolgte Ehe  legitimirten  Kinder  eines  zur  Zeit  seines  Todes  zur  Entrichtung 
von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  verpflichteten  Beamten  erhalten  aas 
der  Staatskasse  Witwen-  und  Waisengeld  nach  Mafsgabe  der  nachfolgenden 
Bestimmungen. 

§  8.  Das  Witwengeld  besteht  in  dem  dritten  Teile  derjenigen  Pension, 
zu  welcher  der  Verstorbene  berechtigt  gewesen  ist  oder  berechtigt  gewesen  sein 
würde,  wenn  er  am  Todestage  in  den  Buhestand  versetzt  wäre.  Das  Witwen- 
geld soll  jedoch,  vorbehaltlich  der  im  §  10  verordneten  Beschränkung,  mindestens 
160  Mark  betragen  und  1600  Mark  nicht  übersteigen. 

§  9.  Das  Waisengeld  beträgt:  1)  für  KlQder,  deren  Mutter  lebt  und 
zur  Zeit  des  Todes  des  Beamten  zum  Bezüge  von  Witwengeld  berechtigt  war, 
ein  Fünftel  des  Witwengeldes  für  jedes  Kind;  2)  für  Kinder,  deren  Mutter 
nicht  mehr  lebt  oder  zur  Zeit  des  Todes  des  Beamten  zum  Bezüge  von  Witwen- 
geld nicht  berechtigt  war,  ein  Drittel  des  Witwengeldes  für  jedes  Kind. 

§  10.  Witwen-  und  Waisengeld  dürfen  weder  einzeln  noch  zusammen 
den  Betrag  der  Pension  übersteigen,  zu  welcher  der  Verstorbene  berechtigt  ge- 
wesen ist  oder  berechtigt  gewesen  sein  würde,  wenn  er  am  Todestage  in  den 
Buhestand  versetzt  wäre.  Bei  Anwendung  dieser  Beschränkung  werden  das 
Witwen-  und  das  Waisengeld  verhältnismäfsig  gekürzt 

§  11.  Bei  dem  Ausscheiden  eines  Witwen-  und  Waisengeldberechtigten 
erhöht  sich  das  Witwen-  oder  Waisengeld  der  verbleibenden  Berechtigten  ron 
dem  nächstfolgenden  Monate  an  insoweit,  als  sie  sich  noch  nicht  im  vollen 
Genüsse  der  ihnen  nach  den  §§.8  bis  10  gebührenden  Beträge  befinden. 

§  12.  War  die  Witwe  mehr  als  15  Jahre  jünger  als  der  Verstorbene,  so 
wird  das  nach  Mafsgabe  der  §§  8  bis  10  berechnete  Witwengeld  für  jedes  an- 
gefangene Jahr  des  Altersunterschiedes  über  15  bis  einschliefslich  25  Jahre 


897 

tun  V20  g^Mnst*  Auf  den  nach  §  9  zu  berechnenden  Betrag  des  Waisen- 
geldes sind  diese  Kürzungen  des  Witwengeldes  ohne  Einflnfs. 

§  13.  Keinen  Anspruch  auf  Witwengeld  hat  die  Witwe,  wenn  die  Ehe 
mit  dem  verstorbenen  Beamten  innerhalb  dreier  Monate  vor  seinem  Ableben 
geschlofsen  nnd  die  Eheschliefsnng  zn  dem  Zwecke  erfolget  ist,  am  der  Witwe 
den  Bezug  des  Witwengeldes  zn  yerschaffen.  Keinen  Ansprach  aaf  Witwen- 
nnd  Waisengeld  haben  die  Witwe  and  die  hinterbliebenen  Kinder  eines 
pensionirten  Beamten  aas  solcher  Ehe,  welche  erst  nach  der  Yersetzang  des 
Beamten  in  den  Bohestand  geschlossen  ist. 

§  14.  Stirbt  ein  zar  Entrichtung  von  Witwen-  and  Waisengeldbeiträgen 
verpflichteter  Beamter,  welchem,  wenn  er  am  Todestage  in  den  Bahestand  ver- 
setzt wäre,  auf  Grand  des  §  7  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  (S.  356) 
eine  Pension  hätte  bewilligt  werden  können,  so  kann  der  Witwe  and  den 
Waisen  desselben  von  dem  Departementschef  in  Gemeinschaft  mit  dem  Finanz- 
minister  Witwen-  and  Waisengeld  bewilligt  werden.  Stirbt  ein  zar  Ent- 
richtung von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  verpflichteter  Beamter,  welchem 
nach  den  §§  18  und  19  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  (S.  359)  im 
Falle  seiner  Versetzung  in  den  Ruhestand  die  Anrechnung  gewisser  Zeiten  auf 
die  in  Betracht  kommende  Dienstzeit  hätte  bewilligt  werden  können,  so  ist 
der  Departementschef  in  Gemeinschaft  mit  dem  Finanzminister  befagt,  eine 
solche  Anrechnung  auch  bei  Festsetzung  des  Witwen-  und  Waisengeldes  zu- 
zulassen. 0 

§  15.  Die  Zahlung  des  Witwen-  und  Waisengeldes  beginnt  mit  dem  Ab- 
laufe des  Gnadenquartales  oder  des  Gnadenmonates.  ^) 

§  16.  Das  Witwen-  und  Waisengeld  wird  monatlich  im  Voraus  gezahlt. 
An  wen  die  Zahlung  giltig  zu  leisten  ist,  bestimmt  der  Departementschef, 
welcher  die  Befugnis  zu  solcher  Bestimmung  auf  die  Provinzialbehörde  fiber- 
tragen kann.  Nicht  abgehobene  Teilbeträge  des  Witwen-  und  Waisengeldes 
verjähren  binnen  vier  Jahren,  vom  Tage  ihrer  Fälligkeit  an  gerechnet,  zum  Vor- 
teile der  Staatskasse. 

§  17.  Das  Witwen-  und  Waisengeld  kann  mit  rechtlicher  Wirkung  weder 
abgetreten  noch  verpfändet  oder  sonst  übertragen  werden. 

§  18.  Das  Becht  auf  den  Bezug  des  Witwen-  und  Waisengeldes  erlischt: 
1)  far  jeden  Berechtigten  mit  Ablauf  des  Monates,  in  welchem  er  sich  ver- 
heiratet oder  stirbt;  2)  für  jede  Waise  aufserdem  mit  dem  Ablaufe  des 
Monates,  in  welchem  sie  das  18.  Lebensjahr  vollendet 

§  19.  Das  Becht  auf  den  Bezug  des  Witwen-  und  Waisengeldes  ruht, 
wenn  der  Berechtigte  das  Deutsche  Indigenat  verliert,  bis  zur  etwaigen  Wieder- 
erlangung desselben. 

§  20.  Mit  den  aus  §  14  sich  ergebenden  Mafsgaben  erfolgt  die  Be- 
stimmung darüber,  ob  und  welches  Witwen-  und  Waisengeld  der  Witwe  und 
den  Waisen  eines  Beamten  zusteht,  durch  den  Departementschef,  welcher  die 
Befugnis  zu  solcher  Bestimmung  auf  die  Provinzialbehörde  übertragen  kann. 
Die  Beschreitung  des  Bechtsweges  steht  den  Beteiligten  offen,  doch  mufs  die 


n  Vgl.  Min.  Verf.  v.  16.  Febr.  1883  im  C.Bl.  1883  8.  182  (Wiederholung 
obiger  Bestimmung). 

*)  G.Verf.  V.  31.  Aug.  1885:  „Die  nach  dem  Gesetse  etc.  ▼.  20.  Mai  1882 
zu  zahlenden  Waisengelder  für  dasjenige  eheliche  Kind  eines  zur  Zeit  seines  Todes 
zur  Entrichtang  von  Witwen-  und  Waisengeldbeitriigen  verpflichtet  gewesenen 
Beamten,  welches  erst  nach  dem  Ablaafe  des  Gnadenquartales  oder  Gnadenmonates 
geboren  ist,  sind  nicht  schon  vom  ersten  Tage  des  Gebnrtsmonates,  sondern  erst 
vom  Tage  der  Geburt  an  zu  gewähren."  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Aug.  In  Vertr. 
Lucanus. 


398 

Entscheidung  des  Departementschefs  der  Klage  vorhergehen  nnd  letztere  so- 
dann bei  Verlast  des  Klagerechtes  innerhalb  sechs  Monaten,  nachdem  den  Be- 
teiligten die  Entscheidung  des  Departementschefs  bekannt  gemacht  worden, 
erhoben  werden. 

§  21.  Die  Yorschriffcen  1)  der  §§  10  nnd  13  des  Dänischen  Pensions- 
gesetzes y.  24.  Febr.  1858,  2)  des  dritten  Teiles  des  Knrhessischen  Staats- 
dienstgeset&es  v.  8.  März  1831,  3)  der  §§  28  ff.  des  Staatsdieneredictes 
far  das  Fürstentum  HohenzoUern  -  Sigmaringen  v.  20.  Aug.  1831  nnd  der 
§§  26  ff.  der  Dienstpragmatik  für  das  Fürstentum  Hohenzollem-Hechingen  y. 
11.  Oct.  1843  treten  für  die  Hinterbliebenen  derjenigen  Beamten,  welche 
auf  Grund  des  §  23  Absatz  1  dieses  Gesetzes  aus  der  Landesanstalt,  der 
sie  seither  angehörten,  ausscheiden,  mit  der  Mafsgabe  aniser  Kraft,  d&fs 
das  denselben  zu  bewilligende  Witwen-  und  Waisengeld  nicht  hinter  dem- 
jenigen Betrage  zurückbleiben  darf,  welcher  ihnen  nach  den  vorstehend  nnter 
Ziffer  1  bis  3  bezeichneten  Vorschriften  aus  der  Staatskasse  hätte  bewilligt 
werden  müssen. 

§  22.  Der  Beitritt  zu  der  Allgemeinen  Witwenverpflegungs- 
anstalt ist  den  nach  §  1  zur  Entrichtung  von  Witwen-  und  Waisengeld- 
beiträgen verpflichteten  Beamten,  sowie  den  Beamten  des  Deutschen  Beiches 
nicht  femer  gestattet. 

§  23.  Diejenigen  nach  §  1  zur  Entrichtung  von  Witwen-  und  Waisen- 
geldbeiträgen verpflichteten  Beamten,  welche  Mitglieder  einer  Militär-  oder 
Staatsbeamten-Witwenkasse  oder  einer  sonstigen  Veranstaltung  des  Staates  zur 
Versorgung  der  Hinterbliebenen  von  Beamten  und  derselben  nicht  erst  nach 
der  Verkündigung  dieses  Gesetzes  beigetreten  sind,  bleiben,  wenn  sie  binnen 
drei  Monaten  nach  dem  Inkrafttreten  dieses  Gesetzes  durch  eine  schriftliche 
Erklärung  für  ihre  etwaigen  künftigen  Hinterbliebenen  auf  das  in  den  §§  7  ff. 
bestimmte  Witwen-  und  Waisengeld  verzichten,  von  Entrichtung  der  im  §  3 
bestimmten  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  befreit  Anderenfalls  sind  sie 
berechtigt,  aus  der  Landesanstalt  auszuscheiden. 

Diese  Bestimmungen  finden  sinngemäfse  Anwendung  auf  die  Mitglieder 
der  Beamtenpensionskassen  bei  den  vom  Staate  erworbenen  Privateisenbahnen 
einschliefslich  der  Unterstützungskasse  der  Angestellten  der  Cöln- Mindener 
Eisenbahn,  femer  der  Berliner  Allgemeinen  Witwenpensions-  und  ünterstützungs- 
kasse,  sowie  auf  diejenigen  Beamten,  welche  wegen  ihrer  Angehörigkeit  zu 
einer  anderen  Privatversicherungsgesellschaft  von  der  ihnen  sonst  obliegenden 
Verpflichtung  zur  Teilnahme  an  einer  der  im  ersten  Absätze  bezeichneten  An- 
stalten entbunden  oder  nach  Anordnung  ihrer  vorgesetzten  Behörde  zum  Zwecke 
der  Versorgung  ihrer  Ehefrau  für  den  Fall  ihres  Todes  einer  Privatversicherungs- 
gesellschaft  beigetreten  und  noch  zur  Zeit  des  Inkrafttretens  dieses  Gesetzes 
Mitglieder  der  Gesellschaft  sind. 

§  24.   Dieses  Gesetz  tritt  am  1.  Juli  1882  in  Kraft.     Wilhelm. 

Beetimmunffen  v.  &.  Juni  1882  zur  Ausführung  des  Gesetzes  v.  20.  Mai 
1882,   betr.  die  Fürsorge   für  die  Witwen  und  Waisen  der  unmittel- 
baren Staatsbeamten. 

Allgemeine    Bestimmnngen« 

1.  Die  Ausführung  des  Gesetzes  erfolgt,  soweit  nicht  nachstehend  ander- 
weite Anordnungen  getroffen  sind,  durch  die  Departementschefs  und  die  von  den- 
selben zu  bezeichnenden  Behörden. 

2.  Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  (§§  2  und  3  des  Gesetzes),  sowie 
die  Witwen-  und  Waisengelder  (§§  7  ff.)  sind  vom  Bechnungsjahre  1.  April  1883/84 
ab  nach  Anleitung  des  Etats,  auf  die  zeit  bis  Ende  März  1883  aber  aufseretats- 
mäfsig  nach  Mafsgabe  der  Nummern  6  und  21  dieser  Bestimmungen  zu  verrechnen. 


399 

Speeielle  Bestimmuiigeii. 

Beitragspflichtige  und  nicht  beitragspflichtige  Beamte. 

3.  Zur  näheren  Information  über  den  Kreis  der  zur  Entrichtung  der  in 
dem  §  3  des  Gesetzes  bestimmten  Witwen-  und  Waisengeldbeitrage  verpflichteten 
Beamten  wird  die  Begründung  des  §  1  des  Entwurfes  des  Gesetzes  hierbei  (An- 
lage 1)  angeschlossen. 

Hinzugefügt  wird,  dafs  die  Bestimmung  des  §  1,  nach  welcher  auch  solche 
Beamte,  die  auf  Grund  des  §  7  des  Pensionsgesetzes  lebenslängliche  Pension  be- 
ziehen, beitragspflichtig  sind,  eine  analoge  Anwendung  nicht  gestattet  auf  diejenigen 
Beamten,  welchen  in  Gemäfsheit  des  Allerhöchsten  Erlasses  v.  9.  Oct.  1848  (Min.- 
Bl.  f.  d.  i.  V.  S.  342)  ein  lebenslängliches  Gnaden^ehalt  oder  in  Gemäfsheit  des 
§  6  des  Pensions-Beglements  von  30.  April  1825  eine  Pension  auf  Lebenszeit  be- 
willigt ist.  ^) 

Berechnung  des  pensionsfähigen  Diensteinkommens  und  der 

Witwen-  und  Waisengeldbeiträge. 

4.  Für  die  Berechnung  der  Höhe  des  pensionsfähigen  Diensteinkommens 
sind  die  bei  der  Pensionirung  geltenden  Grundsätze  mafsgebend.  Zu  bemerken 
ist  dabei: 

a)  die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  von  Beamten,  welche  unter  Einbehaltung 
eines  Teiles  des  Gehaltes  beurlaubt  sind,  (Allerh.  Erl.  v.  15.  Juni  1863  — 
S.  325),  von  suspendirten  Beamten,  sowie  von  Beamten,  deren  Wartegeld  oder 
Pension  wegen  des  Bezuges  eines  neuen  Diensteinkommens  aus  einer  zur 
Pension  aus  der  Staatskasse  nicht  berechtigenden  Stellung  gekürzt  wird 
(§  27  Nr.  2  und  8  29  des  Pensionsgesetzes,  Allerh.  Erl.  v.  14.  Juni  1848, 
S.  351),  sind  mit  dem  durch  den  Etat  bezw.  die  Erhebungsliste  (Nr.  5)  fest- 
gestellten vollen  Betrage  in  den  im  §  4  des  Gesetzes  bezeichneten  Raten,  und 
zwar  in  den  ersteren  beiden  Fällen  aus  dem  Diensteinkommen,  in  letzterem 
Falle  aus  dem  Wartegelde  oder  der  Pension  vorweg  zu  entnehmen.  Buht 
das  Recht  eines  Beamten  auf  den  Bezug  des  Wartegeldes  oder  der  Pension 
aus  dem  letztgedachten  Grunde  oder  der  Besoldung  wegen  eines  Urlaubes 
von   längerer  Dauer   als  von  6  Monaten  ganz   oder  doch  insoweit,   dafs  der 


*)  O.Verf.  V.  26.  Jan.  1885.  „Den  nachgeordneten  Behörden  meines 
Ressorts  lasse  ich  anbei  Abschrift  einer  von  dem  H.  Minister  des  Innern  und  dem 
H.  Finanz-Minister  gemeinschaftlich  erlassenen  G.Verf.  an  sämtliche  K,  Regierungen 
sowie  die  K,  Finanz  -  Direction  in  Hannover  v.  30.  Dec.  v.  J.,  betreffend  die  An- 
wendung des  Witwen-Pensionsgesetzes  v.  20.  Mai  1882  auf  die  in  Gemäfsheit  des 
§  6  des  Civil-Pensions-Reglements  v.  30.  April  1825  im  Gnadenwege  bewilligten 
Pensionen,  zur  Kenntnisnimme  und  Beachtung  in  vorkommenden  Fallen  zugehen." 
Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Aufi:  Barkhausen. 

G.Verf.  des  Min.  d.  Inn.  und  des  Fin.Min.  v.  30.  Dec.  1884.  „In 
den  Ausführungsbestimmungen  v.  5.  Juni  1882  zum  Witwen-  etc.  Pensionsges.  v. 
20.  Mai  d.  J.  ist  unter  Nr.  3  Absatz  2  angenommen  worden,  dafs  die  Bestimmung 
des  §  1  des  Gesetzes,  nadi  welcher  auch  solche  Beamte,  die  auf  Grund  des  §  7 
des  Pensionsges.  v.  27.  März  1872  lebenslängliche  Pension  beziehen,  zur  Ent- 
richtung von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  verpflichtet  sind,  eine  analoge  An- 
wendung auf  diejenigen  Beamten  nicht  gestatte,  denen  auf  Grund  des  6  6  des 
Civil- Pensions -Regl.  v.  30.  April  1825  eine  Pension  auf  Lebenszeit  bewilligt  ist. 
Diese  Vorschrift  der  Ausführungsbestimmungen  entspricht  auch  dem  Wortlaute 
des  §  1,  a.  a.  0.  Da  indes  nach  den  Motiven  zum  Pensionsges.  v.  27.  März  1872 
der  §  7  desselben  nur  das  bestehende  Recht  nach  §  6  des  Civil  -  Pensions  -  Regl. 
V.  30.  April  1825  wiedergiebt  und  die  gesetzgeberische  Absicht  trotz  jenes  ein- 
schränkenden Wortlautes  unzweifelhaft  dahingeht,  die  Fälle  beider  Art  gleich  zu 
behandeln,  so  finden  wir  uns  veranlafst,  die  unter  Nr.  3  Absatz  2  der  Ausführungs- 
Bestimmungen  getroff'ene  Anordnung  dahin  abzuändern,  dafs  die  Vorschriften  des 
Witwen-Pensionsges.  v.  20.  Mai  1882  auch  auf  diejenigen  Beamten  anzuwenden 
sind,  welchen  auf  Ghnnd  des  §  6  des  Civil  -  Pensions  -  Regl.  eine  lebenslängliche 
Pension  im  Gnadenwege  bewilugt  isf 


400 

Restbetrag  zur  Deckung  der  Beitrage  nicht  ausreicht,  so  gelangt  die  Vorschrift 
des  letzten  Satzes  des  §  4  zur  Anwendung.  ^) 

b)  Ist  dem  Wartegeldempfanger  oder  Pensionär  ein  zur  Pension  aas  der 
Staatskasse  berechtigendes  Amt  wieder  verliehen  und  derselbe  demgemäb 
zur  Entrichtung  von  Witwen-  und  Waisengeldbeitriigen  von  dem  Binkommoi 
aus  diesem  Amte  verpflichtet,  so  ruht  die  Verpflichtung  zur  !2ahlnng  soldber 
Beiträge  von  dem  Wartegelde  oder  der  Pension  insoweit,  als  diese  Competenzen 
eingezogen  oder  gekürzt  werden  oder  dieselbep  unter  Hinzurechnung  des 
neuen  beitragspflichtigen  Einkommens  die  Summe  von  9000  Mark  übersteigen. 

c)  Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  sind  auch  von  demjenigen  Teile  der 
Pension  früherer  Militärpensionäre,  welcher  in  Gemäfsheit  des  §  107  des 
Militär- Pensionsgesetzes  v.  27.  Juni  1871  den  Civilfonds  aus  Militärfonds  xu. 
erstatten  ist,  für  B«chnung  der  Staatskasse  zu  erheben.  In  den  Ansprüchen 
der  Civilfonds  auf  solche  Erstattung  aus  Militärfonds  wird  hierdurch  eine 
Veränderung  nicht  herbeigeführt. 

Feststellung,  Erhebung,  Verrechnung  und  Justification  der 

Witwen-  und  Waisengeldbeiträge. 

5.   Die  Feststellung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  erfolgt: 

a)  Bezüglich  der  activen  Beamten  und  bezüglich  denenigen  Wartegeld-Emnfanger 
bei  der  Justiz- Verwaltung,  welche  das  Wartegeld  aus  Kapitel  76  Titel  2  des 
Etats  beziehen,  durch  die  nach  Kr.  1  zuständige  Behörde. 

b)  Bezüglich  der  übrigen  Wartegeld  -  Empfänger  und  der  Pensionäre  durch  die- 
jenige Behörde,  welche  der  die  betr.  B[echnung  aufstellenden  Kasse  vor- 
gesetzt ist. 

Noch  vor  dem  1.  Juli  d.  J.,  als  dem  Zeitpunkte  des  Inkrafttretens  des  Ge- 
setzes ist  den  Provinzial  -  Hauptkassen,  bezw.  den  Specialkassen,  für  jede  von 
denselben  für  1882/83  zu  legende  Jahresrechnung  besonders,  eine  Nachweisung 
der  zu  erhebenden  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  zuzufertigen.  In  dieser  Nach- 
weisung ist  zugleich  das  pensiönsfähige  Diensteinkommen  der  einzelnen  Beamten 
(cf.  Nr.  4  der  Ausführungs-Bestimmungen),  bezw.  das  Wartegeld  und  die  Pension, 
soweit  davon  nach  §  3  des  Gesetzes  Witwen-  und  Waiseng^dbeiträge  zu  erheben 
sind,  ersichtlich  zu  machen  und,  soweit  nicht  die  Bezüge  nach  den  Etats  und 
Aechnungen  für  den  vorliegenden  Zweck  als  zweifellos  erscheinen,  zu  erläutern 
und  zu  begründen. 

In  den  Fällen,  in  welchen  eine  Einnahme  aus  einem  Nebenamte  pensions- 
fähig ist,  sind  der  Nachweisung  die  desfallsigen  Beweisstücke  in  beglaubigter 
Form  beizuHigen.  Sämtliche  Pensionäre  und  Wartegeld  -  Empfänger  sind  in  der 
Nachweisung  der  zu  zahlenden  Beiträge  in  derselben  Reihenfolge  aufzuführen,  wie 
sie  in  den  Rechnungen  nachgewiesen  sind.  In  den  Fällen,  in  welchen  ein  Witwen- 
und  Waisengeldbeitrag  nicht  zum  Ansätze  gebracht  sein  sollte,  ist  dies  näher 
zu  begründen. 


^)  CVerf.  V.  31.  Juli  1884.  „Den  nachgeordneten  Behörden  meines 
Ressorts  lasse  ich  anbei  Abschrift  des  Beschlusses  des  K.  Staats  -  Ministeriums  v. 
20.  Juni  d.  J.,  betrefiend  die  Erläuterung  der  Nr.  4a.  der  Ausführungsbestimmungen 
zum  Gesetze  über  die  Fürsorge  für  die  Witwen  und  Waisen  der  unmittelbsreD 
Staatsbeamten,  zur  Kenntnisnahme  und  gleichmäfsigen  Beachtung  zugehen.**  Der 
Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr. :  Lucanus. 

BeschluTs  des  K.  Staatsministeriums  v.  20.  Juni  1884.  „Bei 
Feststellung  des  den  suspendirten  Beamten  gemäfs  §  51  des  Gesetzes  v.  21.  Juli 
1852  (S.  336)  und  gemäfs  §  48  des  Gesetzes  v.  7.  Mai  1851  (GS.  S.  218)  sowie 
geeigneten  Falles  am  Grund  des  §  15  Nr.  3  des  zuletzt  gedachten  Gesetzes  zu  be- 
hwsenden  Teiles  ihres  Diensteinkommens  sind  die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge 
vor  der  Teilung  des  Diensteinkommens  von  dem  letzteren  in  Abzug  zu  bringeu. 
In  gleicher  Weise  ist  bei  Feststellung  der  nach  dem  AUerh.  Erl.  v.  15.  Juni  1863 
rS.  325)  bei  der  Beurlaubung  eines  Beamten  auf  mehr  als  l'/a  Monate  demselben 
lür  weitere  4Vs  Monate  des  Urlaubes  zu  belassenden  Hälfte  seines  Gehaltes  zu 
verfahren  (§§  3  und  4  des  Ges.  v.  20.  Mai  1882,  S.  395  f.  —  Ausführungsbestimmungen 
zu  demselben  vom  5.  Juni  1882  Nr.  4  a). 


401 

Kann  wegen  Kürze  der  Zeit  die  Fn^e,  ob  der  Beamte  überhaupt  zur 
Zahlung  der  Beiträge  verpflichtet  ist,  rechtzeitig  vor  dem  1.  Juli  nicht  mit  Sicher- 
heit festgestellt  werden,  so  sind  die  Beiträge  gleichwohl  behufs  vorläufiger  Er- 
hebung in  die  Nachweisung  einzustellen. 

Ist  es  wegen  Kürze  der  Zeit  nicht  thunlich,  die  Höhe  der  zu  erhebenden 
Beitriige  rechtzeitig  vor  dem  1.  Juli  zur  definitiven  Feststellung  zu  bringen,  so 
smd  dieselben  zu  einem  annähernd  veranschlagten  Betrage  in  die  Nachweisung 
einzustellen.  Die  definitive  Festsetzung  der  Beitragspflicht,  bezw.  der  Höhe  der 
Beiträge  erfolgt  thunlicbst  in  der  Weise,  dafs  die  er&rderliche  Ausgleichung  bei 
dem  nächsten  Termine  der  Fälligkeit  des  weiteren  Beitrages  stattfinden  kann. 

Bei  neu  in  den  Ruhestand  tretenden  Beamten  hat  diejeniger  Provinzial- 
behörde,  auf  deren  Anweisung  die  Zahlung  der  ersten  Pensionsrate  erfolgt  (oben 
5  b),  auch  die  erforderliche  Anordnung  wegen  der  Erhebung  oder,  in  den  Fällen 
des  §  5  Absatz  4  und  5  des  Gesetzes,  der  Befreiung  von  der  Entrichtung  der 
"Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  zu  treffen.  Die  dem  Beamten  zuletzt  vorgesetzte 
Dienstbehörde  hat  auf  Erfordern  der  die  vorgedachte  Anweisung  erlassenden  Pro- 
vinzialbehörde  die  nöthigen  Mitteilungen  zu  machen« 

6.  In  den  nächsten  Entwürfen  zu  den  Kassenetats  der  einzelnen  Ver- 
waltungen sind  in  der  Ausgabe  hinter  der  letzten  Kolonne  folgende  zwei  Spalten 
hinzuzufügen : 


Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  sind  zu  entrichten 

k. 

von  einem  pensionsfahigen 
Diensteinkommen 

von 
(bis  9000  Mark) 

Mark                           Pf. 

zu  3  % 
desselben  ($  3  des  QteB 
20.  Mai  1882 

4 

mit 
Mark 

etzes  vom 

) 
Pf. 

In  den  Fällen,  in  welchen  in  den  Kassenetats  ganze  Beamten-Kategorieen 
auf  einer  Linie  nachgewiesen  werden,  ist  das  pensionsfähige  Diensteinkommen 
nebst  den  davon  zu  entrichtenden  Witwen-  und  Waisengeldbeitxlgen  nur  summarisch 
auszubringen.  Der  specielle  Nachweis  derselben  hat  alsdann  in  den  den  Etats- 
Entwürfen  beizufügenden  besonderen  Besoldungs  -  Nachweisungen  bezw.  in  ent- 
sprechenden SpeciflS-  Verzeichnissen  zu  erfolgen.  Etwaige  bei  der  Etatsfeststellung 
vorgenommene  Aenderungen  werden  den  Behörden  bei  der  Zufertigung  der  be- 
treffenden Kassenetats  speciell  mitgeteilt  werden. 

Was  hinsichtlich  der  Justification  der  Erhebungslisten  unter  Nr.  5  vorge- 
schrieben ist,  gilt  auch  für  die  Etatsentwürfe.  In  denjenigen  Etatsentwürfen,  in 
denen  Fonds,  wie  z  B.  der  Fonds  zu  Wartegeldem  und  Civilpensionen,  nach- 
gewiesen werden,  über  welche  keine  Special-Etats  aufgestellt,  sondern  nur  Rech- 
nungen gelegt  werden,  sind  bei  diesen  Fonds  die  ebenfalls  summarisch  anszu- 
brinffenden  Ansätze,  insbesondere  was  die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  anlangt, 
durch  die  Angabe  zu  begründen,  wie  viel  das  Jahres  -  Soll  an  solchen  nach  den 
ausgefertigten  Erhebungslisten  (Nr.  5)  bezw.  nach  der  letzten  Jahres  -  Rechnung 
beträgt. 

Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  sind  unter  einem  mit  der  Bezeichnung 
„gesetzliche  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge**  neu  zu  bildenden  Titel  zu  ver- 
rechnen, im  Kessort: 

(a.  bis  m.  betr.  andere  Verwaltungen.)  n.  der  geistl.,  ünterr.-  u.  Medicinal- 
Verwaltung  unter  Kapitel  84  Titel  4  a  und  5  a,  (Titel  4a  für  die  sämtlichen  Ver- 
waltungszweige mit  Ausschlufs  des  Medicinalwesens,  Titel  5  a  für  das  Medicinal- 
wesen). 

Diejenigen  Institute  und  Anstalten,  welche  wie  die  Universitäten  und  G^ym- 
nasien  nur  Zuschüsse  aus  allgemeinen  Staatsfonds  beziehen,  deren  Einnahmen  und 
Ausgaben  mithin  nicht  im  Staatshaushalts  -  Etat  nachgewiesen  werden,  haben  die 
Witwen-   und  Waisengeldbeiträge  zur  Verrechnung  bei   dem   oben  bezeichneten 

Wieie,  YerordniUBgeB.    IL  26 


403 

Etatsfonds  der  betreffenden  Verwaltung  an  diejenige  Kasse  abzuliefern,  von  welcher 
die  ihnen  etatsmäfsig  zu  zahlenden  Zusohüsse  zu  verrechnen  sind.  .  . . 

7.  In  die  Kassenrechnungen  sind  die  für  die  Etats  vorgeschriebenen  Spalten 
ebenfalls  und  zwar  schon  für  das  laufende  Rechnungsjahr  zu  übernehmen. 

8.  In  den  Kassenbüchern  sind  im  Texte  derselben  die  von  den  Beamten  zu 
entrichtenden  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  für  das  laufende  Rechnung^ahr 
an  der  Stelle  ersichtlich  zn  machen,  wo  das  Gehalt  der  Beamten  in  Ausgabe  nach- 
gewiesen wird,  der  Regel  nach  also  bei  den  Besoldungsfonds  und  zwar  auch  dann, 
wenn  die  Beamten  aus  denselben  kein  festes  Diensteinkommen  beziehen ; . . .  in 
denjeni^n  Ausnahmefällen  jedoch,  in  denen  Beamten,  welche  aus  Fonds  zn  anderen 
persönlichen  Ausgaben  remunerirt  werden,  die  Pensionsberechtigung  zusteht^  wie 
z.  B.  den  aufseretatsmäfsigen  Käthen  und  Assessoren  (Kapitel  58  Titel  7  des 
Staatshaushalts-Etats)  . . .  bei  diesen  Fonds. 

9.  Die  Erhebung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  erfolgt  mit  der  Mafs- 
gabe  des  §  4  des  Gesetzes  durch  Einbehaltung  eines  entsprechenden  Teiles  des 
Diensteinkommens  der  verpflichteten  Beamten  und  in  den  Fällen,  in  welchen  dies 
nicht  ausführbar  ist,  durch  Vorauserhebung  in  vierteljährlichen  Raten. 

Auf  die  Wartegeldempfänger  und  Pensionäre  finden  diese  Bestimmungen 
entsprechende  Anwendung. 

Ueber  die  aus  dem  Diensteinkommen,  bezw.  dem  Wartegelde  und  der  Pension 
einbehaltenen  Beiträge  ist  von  den  Kassen  Quittung  nicht  zu  erteilen. 

Ein  Formular  zn  den  künftigen  Besoldungs-Quittungen  und  ein  solches 
zu  den  künftigen  Quittungen  über  Pensionen  und  Wartegelder  werden  bei- 
gefügt ( Anl.  2  und  2  a).  Danach  sind  in  den  Quittungen  die  einbehaltenen  Witwen- 
nnd  Waisengeldbeiträge  ersichtlich  zu  machen. 

10.  Erhöht  sich  das  pdnsionsfähige  Diensteinkommen  eines  Beamten,  so  ist 
die  Kasse  in  der  desfallsigen  Verfügung  bezüglich  der  in  erhöhtem  Betrage  zu 
zahlenden  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  mit  Weisung  zu  versehen.  Bezüglich 
der  auf  Emolumente  gestellten  Beamten  ist  dasjenige  Diensteinkommen  mafsgebend, 
welches  der  Berechnung  der  Pension  zn  Grunde  zu  legen  wäre,  wenn  der  Beamte 
im  Laufe  des  Etatsjahres  pensionirt  worden  wäre.  Der  hiernach  festgestellte 
Witwen-  und  Waisengeldbeitrag  wird  auch  im  ersten  Quartale  des  folgenden  Etats- 
jahres einstweilen  forterhoben.  Nach  Beginn  eines  neuen  Etatsjahres  und  zwar 
alsbald  nach  dem  Rechnungsschlusse  für  das  vergangene  Etatsjahr  wird  das  pen- 
sionsfähige Diensteinkommen,  soweit  dies  nach  §  10  Nr.  2  des  Pensionsgesetaes 
erforderlich,  neu  festgestellt.  Ergiebt  diese  Feststellung,  dafs  für  das  neue  Etats- 
jahr  der  früher  gezahlte  Beitrag  eine  Aenderung  erleidet,  so  ist  hinsichtlich  des 
für  das  erste  Quartal  zu  viel  oder  zu  wenig  erhobenen  Beitrages  die  Ausgleichong 
in  dem  nächsten  Termine  der  Fälligkeit  eines  weiteren  Beitrt^es  za  bewirken. 

•  Erlöschen  der  Verpflichtung  zur  Entrichtung  von  Witwen-  und 

Waisengeldbeiträgen. 

11.  In  den  Fällen  des  §  5  Nr.  4  und  5,  sowie  des  §  6  des  Gesetzes  haben 
die  Pensionäre  durch  Bescheinig^nng  der  Orts  -  Polizei  -  Behörde  ihres  Wohnortes 
oder  sonst  in  glaubhafter  Weise  den  Nachweis  zu  erbringen,  dafs  sie  weder  in 
einer  vor  ihrer  Pensionirung  geschlossenen  Ehe  leben  noch  unverheiratete  eheliche 
oder  durch  nachgefolgte  Ehe  legitimirte  Kinder  unter  18  Jahren  aus  einer  solohai 
Ehe  besitzen.  Die  Eingabe,  durch  welche  dieser  Nachweis  geführt  wird,  ist  von 
ihnen  der  die  Pension  zahlenden  Kasse  einzureichen,  welche  dieselbe  unverzüffUch 
der  der  rechnungsiegenden  Kasse  vorgesetzten  Provinzialbehörde,  welcher  die  Ent- 
scheidung zusteht,  vorzulegen  hat^  Den  Beamten  bleibt  jedoch  überlassen,  die 
Eingabe  der  Provinzialbehörde  direot  einzureichen. 

Befreiung  von  der  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeld- 
beiträge. 

12.  Versorgungsanstalten,  deren  Mitglieder  auf  Grund  der  Bestimmungen 
im  §  23  des  Gesetzes  unter  den  daselbst  gedachten  Voraussetzungen  die  Befreiung 
von  der  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  in  Ansprach  nehmen 
können,  sind  namentlich: 

a)  die  Allgemeine  Witwen- Verpflegungs- Anstalt  in  Berlin  und  die  Berliner  all- 
gemeine Witwen-Pensions-  und  ünterstützungskasae, 


403 

b)  die  Königlich  Preufsische  Militär- Witwen-Kasse  in  Berlin, 

c)  die  "Witwen-Kasse  für  die  Königliche  Hof-  und  Civildienersohaft  in  dem  vor- 
malitren  Königreiche  Hannover, 

d)  die  Witwen-  und  Waisenanstalt  für  die  Givildiener   der  acht  Rangklassen  in 
dem  vormaligen  Kurfnrstentume  Hessen,  - 

«)  die  Civil- Witwen-  und  Waisengesellsohaft  in  dem  vormaligen  Kurfnrstentume 

Hessen, 
£)  die  Central- Witwen-  und  Waisenversorgungs- Anstalt  für  die  zu  einer  Pension 
nicht  berechtigten  Civil-  und  Hotdiener  in  dem  vormaligen  Herzogtum  Nassau, 
g)  die  Witwen-   und  Waisenkastfe   der  höheren  Civil  -  Staatsdiener  in  dem  vor- 
maligen Herzogtume  Nassau, 
h)  die   allgemeine   Versorgungsanstalt   für  Witwen   und   Waisen  Landgräflicher 

Diener  in  der  vormaligen  Landsfrafschaft  Hessen- Homburg, 
i)  die   Pensionsanstalt   für   die  Witwen   und  Waisen   von  Staatsdienem   in   der 

vormaligen  freien  Stadt  Frankfurt  a./M., 
k)  die  an  die  Stelle  des  Grofsherzoglich  Hessischen  Civildiener- Witwen-Institutes 

getretenen  Veranstaltungen, 
1)  die  allgemeine  Witwenkasse  in  Kopenhagen  und  die  vormals  Grofsfürstliche 
Witwen-  und  Waisenkasse  in  Kiel, 
m)  die  Leibrenten-  und  Versorgungsanstalt  von  1842  in  Kopenhagen,  bezw.  die 
an  deren  Stelle   getretene  Lebensversicherungs-  und  Versorgungs-Anstalt  von 
1871  daselbst, 
n)  die  Witwen-  und  Waisenkassen  der  Lehrer  an  den  Universitäten, 
o)   „    vormals  Kurhessische  Militär- Witwen-  und  Waisen-Anstalt, 
p)  die  vormals  Nassauische  Militär- Witwen-  und  Waisenkasse, 
q)    „    vormals  Hannoversche  Offizier- Witwenkasse, 

r)    ,     Eisenbahnbeamten- Witwenkassen  und  die  Unterstützungskasse  der  Ange- 
stellten der  Cöln-Mindener  Eisenbahn, 
s)  die  Bau- Witwenkasse  in  Kassel. 

Welche  Mitglieder  anderer  Versicherungs- Anstalten  die  nämliche  Befreiung 
in  Anspruch  nehmen  können,  ergiebt  sich  aus  dem  zweiten  Absätze  des  §  23.  ^) 
Zur  näheren  Information  ist  ein  Auszug  aus  der  Begründung  des  Gesetz-Entwurfes 
beigefügt  (Anl.  3.)- 

Die  Zulässigkeit  der  auf  Grund  des  §  23  von  den  einzelnen  Beamten  zu 
stellenden  Anträge  ist  von  dem  durch  Beibringung  entsprechender  Beläge  zu 
führenden  Nachweise  abhängig,  dafs  der  Beamte  zur  Zeit  des  Inkrafttretens  des 
Gesetzes,  also  am  2.  Juli  d.  J.  noch  Mitglied  einer  der  in  diesem  Paragraphen 
gedachten  Versorgungsanatalten  war  und  diese  Mitgliedschaft  nicht  erst  nach  der 
Verkündigung  des  Gesetzes  erworben  hat. 

Die  von  dem  Beamten  dabei  abzugebende  Erklärung  wird  dahin  zu  lauten 
haben: 

dafs  der  Antragsteller  auf  Grund  des  Gesetzes  vom  20.  Mai  1882  seine  Frei- 
lassung von  der  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  beantrage, 
indem  er  für  seine  etwaigen  künftigen  Hinterbliebenen  auf  das  in  den  §§  7  ff. 
des  bezeichneten  Gesetzes  bestimmte  Witwen-  und  Waisengeld  ausdrücklich 
verzichte,  obwohl  ihm  bekannt  sei,  dafs,  falls  diesem  Antrage  stattgegeben 
werden  sollte,  dieser  Verzicht  ein  endgiltiger  und  unwiderruflicher  sei  ') 

»)  Min.  Verf.  v.  30.  Sept  1882.  „Auf  den  Bericht  v.  30.  Sept  d.  J.  er- 
widere  ich  dem  K.  Prov. Sch.C.,  dafs  die  Elementarlehrer- Witwen-  und 
Waisen-Kassen  der  einzelnen  Regierungsbezirke  zu  denjenigen  Anstalten  des 
Staates  zur  Versorgung  der  Hinterbliebenen  von  Beamten  gehören,  deren  Mitglieder 
auf  Grund  der  Bestimmungen  des  §  23  etc.  unter  den  daselbst  gedachten  Voraus- 
setzungen die  Befreiung  von  der  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge 
in  Anspruch  nehmen  können.*'     Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Auftr.  Barkhausen. 

•)  Min.Verf.  v.  15.  Sept.  1885.  „Auf  den  Bericht  vom  22.  März  d.  J. 
erwidern  wir  dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  der  von  einem  Beamten  gemäfs  §  23  des 
Gesetzes  vom  20.  Mai  1882  erklärte  Verzicht  auf  das  in  den  §§  7  ff.  dieses  Ge- 
setzes bestimmte  Witwen-  und  Waisengeld  nach  allgemeinen  Rechtsgrundsätzen 
als  nicht  widerruflich  anzusehen  ist.  Im  Hinblick  darauf,  dafs  das  bezeichnete 
Specialgesetz  keine  Bestimmung  enthält,   welche   eine  Ausnahme   von   der  Regel 

26* 


404 

Ist  der  Fensionsanspruch  einer  gerichtlich  geschiedenen  oder  bSswülig  ver- 
lassenen Frau  in  den  Fällen  des  §  26  a  und  b  des  Reglements  für  die  Allgm. 
Witwenverpflegungsanstalt  dadurch  aufrecht  erhalten,  daJTs  die  Frau  für  die  Fort- 
zahlung der  Beiträge  gesorgt  hat,  so  steht  dem  Manne  nicht  das  Becht  zu,  auf 
Grund  des  g  23  des  Gesetzes  die  Befreiung  von  Entrichtung  der  Witwen-  imd 
Waisengeldbeiträge  in  Anspruch  zu  nehmen. 

Die  Entscheidung  erfolgt  durch  die  nämliche  Behörde,  welche  nach  Kr.  5  a 
und  b  für  die  Feststellung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  zustandig  ist. 

Hinsichtlich  der  Anträge  der  Wartegeldempfönger  und  Fensionäre  ^t  das- 
selbe, was  bezüglich  der  unter  Nr.  11  bezeichneten  Eingaben  bestimmt  ist,  mit 
der  Mafsgabe,  dais  die  Eingaben  der  unter  Nr.  5  a  bezeichneten  Wartegeldempfönger 
der  Justiz- Verwaltung  von  der  zahlenden  Kasse  an  die  Yorstandsbeamten  des 
Ober  -  Landesgerichtes  einzusenden  sind.  In  zweifelhaften  Fällen  hat  die  für  die 
Entscheidung  zuständige  Behörde  sich  zunächst  mit  der  letzten  Dienstbehörde  des 
Wartegeldempfängers  oder  Pensionärs  in  Beziehung  zu  setzen.  Ist  nach  dem  Er- 
achten der  zuständigen  Behörde  dem  Antrage  stattzugeben,  so  hat  dieselbe  unter 
Benachrichtigung  des  Beamten  durch  Verfiijning  an  die  rechnungsiegende  Kasse 
die  Befreiung  des  Beamten  von  der  Entrichtung  der  Beiträge  anzuordnen.  In  der 
Verfügung  ist  näher  anzugeben,  in  welcher  Weise  den  gesetzlichen  VorauBsetzimgen 
genügt  ist. .  .  . 

Aussetzung  der  Erhebung  von  Beiträgen. 

13.  Die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  sind  von  den  nach  §  1  des  Ge- 
setzes verpflichteten  Beamten  schon  zum  1.  tJuli  1882  zu  entrichten.  Von  den- 
jenigen Beamten,  welche  zur  Zeit  der  Verkündigung  des  Gesetzes  üitglieder  einer 
der  im  §  23  desselben  bezeichneten  Anstalten  waren  und  vor  dem  1.  Juli  1882 
—  in  der  unter  Nr.  12  vorgeschriebenen  Form  —  der  zuständigen  Behörde  schrift- 
lich anzeigen,  dafs  sie  auf  das  Witwen-  und  Waisencreld  verzichten,  sind  die  zu 
dem  fraglichen  Termine  fälligen  Beiträge  nicht  zu  erheben,  vorbehaltlich  der  nach- 
träglichen Entrichtung,  wenn  nicht  rechtzeitig  vor  dem  1.  October  von  den  Be- 
amten unter  Bestätigung  des  früher  ausgesprochenen  Verzichtes  der  Nachweis  ge- 
führt wird,  dafs  sie  noch  am  1.  Juli  Mitglieder  der  Anstalt  waren. 

Ausscheiden   aus   den   bestehendenP Witwen-   und  Waisen- 

Versorgungs-Anstalten. 

14.  Diejenigen  nach  §  1  des  Gesetzes  zur  Entrichtung  von  Witwen-  und 
Waisengeldbeiträgen  verpflichteten  Beamten,  welche  von  der  ihnen  nach  §  23  zu- 
stehenden Befugnis,  die  Befreiung  von  dieser  Verpflichtung  in  Anspruch  zu  nehmen, 
keinen  Gebrauch  machen  wollen,  sind  berechtigt,  aus  derjenigen  Versorgungs- 
Anstalt,  welcher  sie  bisher  als  Mitglieder  anzugehören  verpflichtet  gewesen  sind, 
auszuscheiden.  Der  Antrag  auf  em  Ausscheiden  aus  solcher  Anstalt  ist  an  die 
Direction  der  betr.  Anstalt  zu  richten  und  mit  einem  begleitenden  Schreiben  an 
die  nämliche  Behörde  einzusenden,  welche  nach  Nr.  12  der  Ausfuhrungsbestimmun^^en 
über  eine  Freilassung  der  Beamten  von  der  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisen- 
geldbeiträge zu  entscheiden  haben  würde.  —  Bezüglich  der  Wartegeldempfang» 
und  Pensionäre  gilt  auch  hier,  was  wegen  der  Vermittelung  der  das  Wartegeld 
oder  die  Pension  zahlenden  Kasse  unter  Nr.  11  und  12  bestimmt  ist. 

Von   der   Provinzialbehörde   sind   die   bei   ihr  eingehenden  gesetzlich  be- 
gründeten Anträge  in  Zwischenräumen  von  8  zu  8  Tagen  mit  einer  nach  dem  bei- 
gefügten  Formulare  4  (Anlage  4)  aufzustellenden  bescheinigten  Nachweisung  der 
etr.  Anstalt  zur  weiteren  Veranlassung  zu  übersenden. 

Die  näheren  Bestimmungen  über  das  Ausscheiden  der  Beamten  aus  den  Ver- 
anstaltungen des  Staates  zur  Versorgung  der  Hinterbliebenen  der  Beamten,  nament- 
lich auch  darüber,  ob  den  Beamten  aufser  dem  vollständigen  Ausscheiden  auch 


der  Unwiderruflichkeit  eines  rechtsverbindlich  erklärten  Verzichtes  zuläXst,  kann 
deshalb  der  Widerruf  einer  gemäfs  §  23  cit.  leg.  abgegebenen  Erklärung  auch  in 
dem  Falle  nicht  für  statthaft  erachtet  werden,  wenn  ein  Beamter  nach  dem  Tode 
seiner  Ehefrau  zu  einer  zweiten  Ehe  schreitet"  Der  Min.  d.  geistL  etc.  Ang. 
In  Vertr.  Lucanus.        Der  Finanz-Min.    In  Vertr.  Meinecke. 


406 

das  Recht  auf  Ermäfsigung  der  Versicherungssumme  zusteht,  werden  von  den  Yer- 
^raltungen  der  Anstalten  zur  öffentlichen  Kenntnis  gebracht  werden. 

15.  Ein  Antrag  des  Beamten  auf  Ausscheiden  aus  der  Versorgungs- Anstalt, 
welcher  er  bisher  als  Mitglied  angehört  hat,  oder  auf  Ermäfsigung  des  nach  den 
bisher  mafsgebenden  Vorschriften  erforderlichen  Versicherungsbetrages  schliefst 
die  Berechtigung  zu  dem  Antrage  auf  Befreiung  von  Entrichtung  der  Witwen-  und 
Waisengeldbeiträge  aus,  desgleichen  ein  Antra?  auf  Befreiung  von  Entrichtung 
dieser  Beiträge  den  Antrag  auf  Ausscheiden  aus  der  Anstalt,  bezw.  auf  Ermäfsigung 
des  Versicherungsbetrages. 

Die  mit  der  Ausführung  des  Gesetzes  beauftragten  Behörden  haben  daher 
eine  genaue  GontroUe  darüber  zu  führen,  dafs  hiemach  verfahren  werde. 

Bestimmung  der  Witwen-  und  Waisengelder. 

16.  Ueber  die  Gewährung  von  Witwen-  und  Waisengeld  an  Hinterbliebene 
im  activen  Dienste  oder  als  Wartegeldempfanger  verstorbener  Beamten  ist,  unter 
Berücksichtigung  der  Vorschrift  im  Schlufssatze  des  §  16  Absatz  1  an  den  De- 
partementsohef  zu  berichten,  soweit  nicht  auf  Grund  des  §  20  Absatz  1  die  Befugnis 
znr  Bestimmung  des  Witwen-  und  Waisengeldes  der  Provinzialbehörde  über- 
lassen  wird. 

Dem  Berichte  ist  in  den  Fällen  des  §  14  Absatz  2  eine  Vorschlags-Nach- 
weisung  nach  dem  beigefügten  Formulare  5  TAnlage  5),  in  den  anderweitigen 
Fällen,  abgesehen  von  §  14  Absatz  1  eine  Vorschlags-Nachweisung  in  im  Uebrigen 
gleicher  Form,  jedoch  unter  Fortlassung  der  Spalten  17  bis  19  des  Formulares, 
anzuschliefsen.  In  den  Fällen  des  §  14  Absatz  1  endlich  ist  den  Spalten  15  und 
16  die  Ueberschrift :  „Davon  können  gewährt  werden,^  den  Spalten  18  und  19  die 
Ueberschrift:  „Davon  werden  zur  Gewährung  vorgeschlagen*',  zu  geben. 

17.  Auf  Grund  des  §  20  Absatz  1  wird  die  selbständige  Bewilligung  des 
Witwen-  und  Waisengeldes  für  die  Fälle,  in  denen  dasselbe  an  Hinterbliebene 
pensionirter  Beamten  zu  gewähren  ist,  derjenigen  Provinzialbehörde  übertragen, 
welche  der  die  letzte  Pensionsrate  verrechnenden  Kasse  vorgesetzt  ist.  Die 
Provinzialbehörde  hat  auf  Grund  des  §  16  Absatz  1  zugleich  zu  bestimmen,  an 
wen  die  Zahlung  giltig  zu  leisten  ist.  Dabei  ist  davon  auszugehen,  dafs  die  Zah- 
lung von  einer  gerichtlichen  Feststellung  der  Empfangsberechtigten  der  Regel 
nach  nicht  abhängig  gemacht  werden  soll.  Sofern  nicht  besondere  Bedenken  vor- 
liegen, sind  also  die  Witwengelder  an  die  Witwe,  die  Waisengelder,  wenn  die 
Mutter  noch  lebt  und  für  die  Pflege  und  Erziehung  der  £inder  sorgt,  an  die 
Mutter,  anderenfalls  an  den  Vormund  der  Kinder,  welcher  durch  gerichtliche  Be- 
stallung als  solcher  sich  zu  legitimiren  hat,  zu  zahlen. 

Die  Provinzialbehörde  hat  von  der  nach  den  §§  8  und  9  erfolgten  Bewilligung 
von  Witwen-  und  Waisengeld  der  letzten  Dienstbehörde  des  Pensionärs  Mitteüung 
zu  machen. 

Bezüglich  der  Vermittelung  der  Anträge  auf  Bewilligung  des  Witwen- 
und  Waisengeldes  gilt  auch  hier,  was  unter  Nr.  11  für  die  zahlende  Kasse  be- 
stimmt  ist. 

Der  Zahlungsanweisung  des  nach  den  §§  8  und  9  neu  bewilligten  Witwen- 
und  Waisengeldes  ist  eine  nach  Analogie  des  Formulares  5,  ohne  die  Spalten  12/13 
und  17/19  desselben  aufzustellende  und  entsprechend  zu  justificirende  ifachweisung 
beizufögen. 

18.  Femer  wird  auf  Grund  des  §  20  Absatz  1  des  Gesetzes  die  selbständige 
Bestimmung  der  nach  §  1 1  desselben  eintretenden  Erhöhungen  bereits  bewilligter 
Witwen-  und  Waisengelder  derjenigen  Provinzialbehörde  übertragen,  welche  der 
diese  Gompetenzen  verrechnenden  Kasse  vorgesetzt  ist. 

Zur  näheren  Information  über  die  Fälle  der  Erhöhung  eines  Witwen-  und 
Waisengeldes  wird  die  Begründung  des  §  11  des  Entwurfes  des  Gesetzes  beige- 
fügt (Anl.  6). 

19.  Eine  Abrundung  des  Witwen-  und  Waisengeldes  auf  volle  Mark  findet 
in  keinem  Falle  statt. 

20.  Ist  die  Ehe  eines  Beamten  durch  Scheidung  aufgelöst,  so  ist  die  vor- 
malige Ehefrau  nach  dem  Tode  des  Beamten  als  Witwe  nicht  anzusehen  und  hat 
daher  auch  auf  Witwengeld  keinen  Anspruch. 


406 

Verrechnung  der  Witwen-  und  Waisengelder. 

21.  Die  gezahlten  Witwen-  und  Waisengelder  werden  bezuglich  der  Hinter- 
bliebenen der  im  activen  Dienste  oder  als  Wartegeldempfänger  yerstorbenen  Be- 
amten bei  derjenigen  Verwaltung  in  Ausgabe  verrechnet,  welcher  der  Beamte  in 
seiner  letzten  dienstlichen  Stellung  angehört  hat.  Diese  Verrechnung  erfolg  unter 
einem  mit  der  Bezeichnung  „gesetzliche  Witwen-  und  Waisengelder*  neu  zu 
bildenden  Titel  im  Ressort  (a— m  betrifft  andere  Venvaltungsttoeige)  n.  der  geistig 
Unten*.-  u.  Medicinal- Verwaltung  unter  Kapitel  124  Titel  13  a  bezw.  unter  Kap.  125 
Titel  12a.  ..  . 

Hinsichtlich  der  Verrechnug  derselben  aus  dem  Geschäftabereiche  Ton 
Verwaltungsbehörden  in  Dienstzweigen,  für  welche  keine  Proyinzialbehörden  be- 
stehen, wird  in  jedem  einzelnen  Falle  von  dem  betr.  Departementschef  Bestimmung 
getroffen  werden. 

Die  gezahlten  Witwen-  und  Waisengelder  für  Hinterbliebene  der  penaionirten 
Beamten  werden  im  Ressort  des  Finanz-Ministeriums  unter  dem  mit  der  Bezeich- 
Touug  „gesetzliche  Witwen-  und  Waisengelder  für  Hinterbliebene  pensionirter 
Beamten''  neu  zu  bildenden  Titel  5  a  des  &apitels  62  in  den  Civilpensiona- Rech- 
nungen verrechnet.  Ausgenommen  hiervon  sind  nur  die  Witwen-  und  Waisen- 
gelder für  die  Hinterbliebenen  von  Landgendarmerie-Offizieren,  Oberwachtmeiatem 
und  Gendarmen,  welche  unter  dem  obengedachten  neu  zu  bildenden  Titel  5  a 
des  Kapitel  97  des  Etats  der  Verwaltung  des  Innern  in  Ausgabe  nachzu- 
weisen  sind. 

Anlage  1. 

BegrOndang. 

Jl  in  Verbindung  mit  §  7  enthält  die  entscheidenden  Grundsätze :  a.  Samt- 
eamte,  deren  etwaigen  künftigen  Hinterbliebenen  ein  Rechtsanspruch  auf 
Witwen-  und  Waisengeld  zu  gewähren  ist,  aber  auch  nur  diese  Beamte  sind  zur 
Entrichtung  von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  verpflichtet.*)  b.  Ein  Rechts- 
anspruch auf  Witwen-  und  Waisengeld  ist  den  Hinterbliebenen  nur  derjenigen 
Beamten  einzuräumen,  die  ohne  Veränderung  ihrer  zeitlichen  dienstlichen  Stellung 
in  die  Lage  kommen  können,  einen  Rechtsanspruch  auf  Pension  dem  Staate  gegen- 
über zu  erwerben. 

Hiemach  werden  die  unter  dem  Vorbehalte  des  Widerrufes  oder  der  Kün- 
digung angestellten  Beamten,  welche  eine  in  den  Besoldungsetats  aufgeführte  Stelle 
nicht  bekleiden  (§2  Absatz  2  des  Pensionsgesetzes)  dem  Gesetze  nicht  unterworfen 
sein,  weil  sie  einen  Anspruch  auf  Pension  nicht  haben. 

Die  nämliche  Voraussetzung  trifft  auf  die  nur  nebenbei  oder  nur  vorüber- 
|[ehend  im  Staatsdienste  beschäftigten  Beamten  nach  $  5  des  Peusionsgesetzes  zu, 
insoweit  nicht  in  Gemäfsheit  des  J  32  dieses  die  Vorschrift  des  zweiten  Absatzes 
des  S  3  der  Verordnung  v.  6.  Mai  1867  (GS.  S.  713)  Platz  greift,  nach  welcher  den 
Beamten  in  den  neu  erworbenen  Landesteüen  Pensionsansprüche  auch  für  den  Fall 

fewahrt  sind,  dafs  sie  zur  Zeit  der  Versetzung  in  den  Ruhestand  sich  in  einer  zur 
'ension  nicht  berechtigenden  Stelle  befinden. 

Durch  letztere  Ausnahmebestimmung  soll  lediglich  ein  bestehender  Rechts- 
zustand  aufrecht  erhalten  werden.  Dieselbe  kann  daher  auf  die  Bewilligung  der 
nach  dem  vorliegenden  Entwürfe  den  Beamten  einzuräumenden  neuen  Ansprüche 
auf  Gewährung  von  Pensionen  an  ihre  Witwen  und  Waisen  nicht  ausgedehnt 
werden.  Demgemäfs  ist  eine  entsprechende  Vorschrift  in  den  zweiten  Absatz  des 
S  1  unter  Ziffer  1  aufgenommen. 

Die  Bestimmung  unter  Ziffer  2  dieses  Absatzes,  nach  welcher  die  nar 
nebenamtlich  im  unmittelbaren  Staatsdienste  angestellten  Beamten  überhaupt,  also 
auch  dann,  wenn  sie  eine  pensions  fähige  Besoldung   aus  der  Staatskasse  beziehen 

*)  Min.  Verf.  v.  12.  Sept.  1882.  „Auf  den  Bericht  v.  30.  Aug.  d.  J. 
erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  das  Gesetz  v.  20.  Mai  d.  J. . . .  auf  den 
Gymnasialdiener  N.  zu  N.  nicht  Anwendung  findet,  da  letzterer  nach  Lage  des 
Etats  keinen  Rechtsanspruch  auf  Pension  hat,  sondern  zu  denjenigfen  Beamten 
gehört,  welchen  nur  auf  Grund  der  Bestimmung  in  Absatz  2  des  $  2  des  Givil- 
Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  (S.  356)  event.  eine  Pension  bewilligt  werden 
kann.'' ..     Der  Min.  d.  qreistl.  etc.  Ans:.  Im  Auftr»  de  la  Groix. 


407 

(S  12  des  Pensionflgesetzes),  zur  Beitragsentrichtung  nicht  verpflichtet  sein  soUeD, 
grandet  sich  auf  die  E  *■*  wägung,  dafs  die  Fürsorge  für  die  Hinterbliebenen  solcher 
Beamten  demjenigen  z^  überlassen  sein  wird,  dessen  Beamtenschaft  sie  durch  ihr 
Hauptamt  angehören.  Unter  diese  Vorschrift  werden  namentlich  diejenigen  Be- 
amten fallen,  welche  in  einem  Hauptamte  des  Kirchendienstes  und  zugleich  in 
einem  staatlichen  Nebenamte  als  Oonsistorial-  oder  Schulrathe  angestellt  sind,  des- 
gleichen Reichsbeamte,  welche  zugleich  ein  dem  unmittelbaren  Staatsdienste  ange- 
nöriges  Nebenamt  bekleiden. 

Zufolge  S  79  des  Gesetzes,  betr.  die  Verfassung  und  Verwaltung  der  Städte 
und  Flecken  in  der  Provinz  Schleswig-Holstein  v.  14.  April  1869  (GS.  S.  ^9), 
sind  den  bei  Einführung  dieses  Gesetzes  in  den  Gommunen  bereits  fest  angestellten 
Beamten  die  ihnen  aus  Staatsmitteln  zugesicherten  Besoldungsanteile  und  ander- 
weit zustehenden  Einkommensentschädigungen  insoweit  aus  der  Staatskasse  fort- 
zuzahlen, als  nöthig  ist,  um  den  etwaigen  UeberschuCs  der  gesamten,  diesen 
Beamten  persönlich  zustehenden  Diensteinkünfte  über  den  von  der  Commune  zu 
leistenden  Besoldungsbetrag  zu  decken.  Nach  dem  nämlichen  Mafsstabe  hat  der 
Staat  zur  Pensionirung  der  gedachten  Beamten  beizutragen.  Femer  ist  vor  Erlafs 
des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872  in  einzelnen  Fällen  die  nach  dem  ersten 
Absätze  des  $  36  desselben  in  Kraft  gebliebene  Zusicherung  erteilt,  dafs  der  Staat 
einen  Beitrag  zur  Pension  von  solchen  Beamten  gewähren  werde,  welche  aus  dem 
unmittelbaren  Staatsdienste  in  ein  demselben  nicht  angehöriges  öffentliches  Amt 
übergetreten  sind.  Eine  Veranlassung,  den  Hinterbliebenen  der  gedachten  Be- 
amten Witwen-  und  Waisengeld  aus  der  Staatskasse  zu  bewilligen,  ist  nicht  vor- 
handen. Zur  Beseitigung  von  Ansprüchen  hierauf  empfiehlt  es  sich,  dieselben 
durch  die  unter  Ziffer  3  und  4  aufgenommenen  Bestimmungen  ausdrücklich 
auszuschliefsen. 

Die  anderweitige  Bestimmung  unter  Ziffer  4  ist  eine  Gonsequenz  der  Vor- 
schriften unter  Ziffer  j  bis  3. 

Was  im  Uebrigen  die  in  den  Ruhestand  versetzten  Beamten  anbelangt,  so 
ist  es  nach  dem  Vorgange  des  Reichsgesetzes  als  geboten  erachtet,  den  zur  Zeit 
des  Inkrafttretens  des  Gesetzes  bereits  pensionirten  Beamten  die  Wohlthaten  des- 
selben in  gleicher  Weise  zu  Teil  werden  zu  lassen,  wie  den  erst  später  in  den 
Ruhestand  tretenden.  Nach  der  Fassung  des  J  1  wird  daher  der  Zeitpunkt  der 
Pensionirung  für  die  Beitragspflicht  nicht  mafsgebend  sein. 

Wenn  im  Allgemeinen  nur  solche  in  den  Ruhestand  versetzte  Beamte 
für  beitragspflichtig  erklärt  worden  sind,  welche  aus  der  Staatskasse  kraft 
gesetzlichen  Anspruches  Pension  beziehen,  so  sollen  damit  diejenigen  ehe- 
maligen Beamten  ausgeschlossen  werden,  welche  im  Disciplinarwege  unter  Be- 
lassung eines  Teiles  des  gesetzlichen  Pensionsbetrages  als  Unterstützung  aus  dem 
Dienste  entlassen  sind. 

Nach  S  7  des  Pensionsgesetzes  kann  einem  Beamten,  welcher  vor  Voll- 
endung des  zehnten  Dienstjahres  wegen  Dienstunfähigkeit  in  den  Ruhestand  versetzt 
wird,  eine  Pension  zum  Betrage  von  höchstens  ^U  seines  Diensteinkommens  ent- 
weder auf  bestimmte  Zeit  oder  lebenslänglich  bewilligt  werden.  Soweit  eine  solche 
Bewilligung  auf  Lebenszeit  erfolgt,  wird  der  Beamte,  obgleich  er  die  Pension  nicht 
kraft  gesetzlichen  Anspruches  bezieht,  mit  der  aus  ^  7  des  Entwurfes  sich  er- 
gebenden Folge  auch  nach  seiner  Pensionirung  zur  Beitragsentrichtun^  verpflichtet 
bezw.  berechtigt  bleiben  müssen,  weil  er  nicht  nur  während  seiner  Activität  Beiträge 
zu  entrichten  hatte,  sondern  weil  er  auch  durch  die  Bewilligung  einer  lebens- 
.  länglichen  Pension  den  pensions berechtigten  Beamten  gleichgestellt  ist.  Wenn 
dagegen  auf  Grund  des  $  7  des  Pensions^esetzes  eine  Pension  nur  auf  bestimmte 
Zeit  gewährt  wird,  so  mufs  mit  der  Pensionirung  die  Beitragspflicht  des  Beamten 
und  folgeweise  die  Anwartschaft  seiner  Angehörigen  auf  Witwen-  und  Waisen- 
geld schon  aus  dem  Ghrunde  erlöschen,  weil  hier  £e  letztgedachte  Voraussetzung 
nicht  zutrifft. 

Ebensowenig  erscheint  es  angängig,  einen  unter  dem  Vorbehalte  des  Wider- 
rufes oder  der  jfündigung  angestellt  gewesenen  Beamten,  welcher  eine  in  den 
Besoldungsetats  aufgeführte  Stelle  nicht  bekleidet,  bei  seiner  Versetzung  in  den 
Ruhestand  aber  eine  Pension  bewilligt  erhalten  hat  ($  2  Abs.  2  des  Pensionsgesetzes), 
nach  HaXsgabe  dieser  Pension  zu  Beiträgen  heranzuziehen.  Hiergegen  spricht, 
dafs  den  Angehörigen  eines  Beamteo,  welcher  während  seiner  Activität  nicht  bei- 


408 

tragspflichtig  war,  und  dessen  Belicten  zum  Bezage  des  Witwen-  und  Waisengeldes 
nicht  berechtigt  gewesen  sein  würden,  wenn  er  vor  der  Versetzung  in  den  Kahe- 
stand  gestorben  wäre,  um  so  weniger  ein  Anrecht  auf  Versorgung  mit  dem  B^inne 
der  Inactivität  des  Beamten  zugestanden  werden  kann. 

Wenn  in  dem  Entwürfe  die  Verpflichtung  zur  Entrichtung  von  Witwen* 
und  Waisengeldbeiträgen  davon  abhängig  gemacht  ist,  dafs  der  Beamte  Dienst- 
einkommen, Wartegeld  oder  Pension  bezieht,  so  ist  darunter  verstanden,  daCs  den 
Beamten  das  B^cht  auf  solchen  Bezug  zustehen  mufs,  während  es,  sofern  diese 
Voraussetzung  vorliegt,  ohne  Bedeutung  ist,  ob  der  Beamte  thatsächlich  ein  Ein- 
kommen der  gedachten  Art  aus  der  Staatskasse  bezieht  oder  ob  etwa  das  Becht 
auf  dessen  Bezug  zeitweilig  ruht. 

Demgemäis  fallen  namentlich  auch  diejenigen  Beamten,  welche  auf  Yorachlag 
oder  in  Folge  Ernennung  seitens  der  Preufs,  Staatsregierung  .  .  .  den  Zoll-  und 
Steuer- Aemtem  .  .  .  beigeordnet  worden  .  .  .,  unter  die  Vorschriften  des  ersten 
Absatzes  des  $  1.  Denn  diese  Beamten  beziehen  zwar  thatsächlich  währoid  der 
Dauer  ihrer  Dienstleistung  in  einer  der  gedachten  Stellungen  ihr  Einkommen  nicht 
direct  aus  der  Staatskasse.  Einerseits  steht  jedoch  der  Preufs.  Staatsregiemng 
das  Becht  zu,  dieselben  aus  solcher  Stellung  zurück  zu  berufen,  andererseits  ist 
der  Preufs.  Staat  verpflichtet,  die  Beamten,  wenn  sie  in  derselben  dienstunfähig 
werden,  zu  pensioniren.  Rechte  und  Verpflichtungen  dieser  Beamten  dem  Preuis. 
Staate  gegenüber  ruhen  daher  nur  einstweilen  und  treten  in  vollem  Umfange  in 
Kraft,  sobald  das  fragliche  Verhältnis  gelöst  wird. 

Anlage  2. 

Mark    Gehalt 

Mark    (Wohnungsgeldzuschufs) 

Mark    (anderweitige  Bezüge) 

zusammen  Mark    (buchstäblich    etc.)   habe   ich    für  das  .  . 

Quartal  (Monat)  des  Etatsjahres  .    .    .  (für  das  Etatsjahr  .    .     .  )  und  zwar: 

Mark  haar  und 

Mark  durch  Anrechnung  der  Witwen-  und  Waisen- 

geldbeitrage 
gezahlt  erhalten,  worüber  ich  hiermit  quittire. 

,  den 188 

(Name) 
(Amtscharakter) 

Anlage  2a. 

Mark  Pension  (Wartegeld) 

(buchstäblich)  habe  ich  für  (den  Monat 18  .  .)  (das  Etatsjahr  188  /8  ) 

und  zwar: 

Mark  baar  und 

Mark  durch  Anrechnung  der  Witwen-  und  Waisen- 
geldbeiträge 
gezahlt  erhalten,  worüber  ich  hiermit  quittire. 

Zugleich  versichere   ich   hierdurch,    dafs  ich   in  dem  obigen  Zeiträume  an 
weiterem   Diensteinkommen  in   Folge    einer  Anstellung   oder    Beschäftigung  im 

Beichs-  oder  Staatsdienste,  oder  in  einem  sonstigen  öffentl.  Dienste 

bezogen  habe. 

,  den 188  . 

Name 

(früherer  Amtscharakter) 

Anmorkungt 

1«    In  den  Torgoiohriobonoii  Qaittimgibeiebeinigangeii  wird  niehtt  ga&Ddart. 

2.  Dia  Worte:  „oder  in  ainem  aonatigen  öffentlichen  Dienete"  können  Ton  den  Pwirion&ren, 
welohe  eine  CiTilpeneion  lediglich  ani  Preafliieehen  StMitsfonde  beliehen  •>  (tob  welcher 
•leo  nicht  etwa  ein  Teil  aae  Beichafonde  ma  eratatten  iat)  —  nicht  aber  Ton  den  Warl^^ld- 
empAngem  geatrichen  werden. 

3.  Die  im  Schlafaaatse  offen  geUaaene  Stelle  iat  von  dam  Penaionire  oder  Wartegeld- 
empfinger  mit  dem  Worte  nnichta"  anaanfUlen,  wenn  diea  antrifft  Senat  iat  an  dieia 
Stelle  daa  Wort  „nor"  an  aetaen  nnd  dann  die  Art  der  neaen  Anatellung  oder  Beachaftigaaf 
aowie  daa  beaogene  weitere  Dienateinkommen  näher  anangeben,  unter  Beaeiehnimg  dar 
Kaaae,  aaa  welcher  daaaelbe  geaahlt  iat 


409 


Anlage  3. 


Begrfindang. 


S  23.  Nach  dem  ^  24  des  ReichsgesetzeB  y.  20.  April  1A81  sollen  diejenigen 
Beamten  von  der  Verpflichtang  zur  Unterwerfung  unter  das  Gesetz  befreit  sein, 
welche  Mitglieder  einer  Militär-  oder  Landesbeamten -Witwenkasse  oder  der 
sonstigen  Veranstaltung  eines  Bundesstaates  zur  Versorgung  der  Hinterbliebenen 
▼on  Beamten  sind.  Dieser  Bestimmung  folgt  der  vorliegende  Entwurf,  da  anzu- 
erkennen ist,  dafs  es  der  Billigkeit  entspricht,  die  Beamten  nicht  zum  Verzichte 
auf  ihre  zum  überwiegenden  Teile  durch  eigene  Leistungen  an  die  Anstalten  er- 
w^orbenen  Ansprüche  zu  nöthigen,  nachdem  ihnen  vorher  entweder  die  Verpflichtung 
auferlegt  war,  denselben  beizutreten  oder  doch  von  der  Staatsverwaltung  solcher 
Beitritt  als  eine  geeignete  und  genügende  Art  der  Versorgung  ihrer  Hinterbliebenen 
bezeichnet  worden. 

Im  Sinne  des  Entwurfes  ist  dabei  unter  einer  Witwenkasse  oder  einer  Ver- 
anstaltung zur  Versorgung  der  Hinterbliebenen  von  Beamten  nur  eine  Anstalt  zu 
verstehen,  welche  den  Zweck  zur  Versorgung  von  Witwen  in  allen  regelmäfsigen 
Fällen  erfüllt.  Demgemäfs  trifft  die  gedachte  Bestimmung  soweit  nicht  zu,  als 
die  bei  den  Eisenbahnen  bestehenden  Feusionskassen  den  Witwen  der  Eassen- 
mitpflieder  eine  Pension  nur  in  dem  Falle  sichern,  wenn  der  Tod  des  Ehemannes 
in  Folge  einer  bei  Ausübung  des  Dienstes  erlittenen  Verletzung  eingetreten  ist. . . . 
(das  Folgende  betrifft  die  EisenbahnvertDaltwng), 

äiernach  wird  in  Preufsen  die  Teilnahme  an  einer  Privatver- 
sicherungsgesellschaft  der  B^gel  nach  von  der  Unterwerfung  unter  das 
Gesetz  nicht  befreien  dürfen. 

Insoweit  jedoch  wird  eine  Ausnahme  von  dieser  Regel  zugelassen  sein,  als 
bereits  bisher  zugestanden  ist,  dafs  die  Mitgliedschaft  einer  solchen  Gesellschaft 
einen  Beamten  von  der  Verpflichtung  zur  Teilnahme  an  einer  Staatsanstalt  befreie. 
Diese  Voraussetzung  trifft  namentlich  zu  auf  die  Mitglieder  der  Berliner  allgm. 
Witwen-Pensions-  und  Unterstützungs-Easse,  desgleichen  auf  eine  gröfsere  Anzahl 
von  Eisenbahnbeamten,  denen  mit  Kücksicht  auf  eine  nachgewiesene  angemessene 
Versicherung  ihrer  Ehefrau  von  ihrer  vorgesetzten  Behörde  gestattet  ist,  an  den 
für  die  Eisenbahnbeamten  errichteten  Witwenkassen  nicht  Teü  zu  nehmen.  Aufser- 
dem  sind  viele  Beamte  der  Eisenbahnverwaltimg,  denen  eine  Verpflichtung  zur 
Teilnahme  an  einer  solchen  Easse  nicht  oblag,  im  Aufsichtswege  angehalten,  für 
ihre  Ehefrauen  durch  Versicherung  einer  Rente  oder  eines  Kapitales  bei  einer 
Privatgesellschaft  zu  sorgen.  Eine  Rücksichtnahme  auch  auf  diese  Versicherungen 
wii*d  nicht  zu  vermeiden  sein. 

.Anlage  4. 

Naehweisanir 

der  Beamten  im  Bezirke ,  welche  nach  Mafsgabe  des  §  23  des 

Gesetzes  v.  20.  Mai  1882,  betr.  die  Fürsorge  für  die  Witwen  und  Waisen  der  un- 
mittelbaren Staatsbeamten  TGS.  S.  298)  ihren  Austritt  aus  der  ....  bezw.  die 
Ermäfsigung  der  bei  derseloen  versicherten  Pensionen  in  Antrag  gebracht  haben. 


o 

I 
's 

es 


Name,  Stand 

und 

Wohnort  des 

Beamten. 


Nr.  des 
anliegen- 
den Re- 
ceptions- 
scheines 
etc. 


Bisher 

ver- 
sicherte 
Summe. 

ICark. 


Zeitpunkt 
des 

Austrittes 
aus  der 
Anstalt. 


Termin, 
von  welchem 

ab  eine 
Ermäfsigung 

der 
versicherten 

Summe 
eintreten  soll. 


Betrag 

der 
Ermäfsi- 
gung. 

Mark. 


g 

SS 

I 


Dafs  die  unter  Nr.  1  bis  .  .  aufgeführten  Beamten  zur  Entrichtung  von 
Witwen-  und  Waisengeldbeitragen  gemäfs  des  $  1  des  Gesetzes  v.  20.  Mai  1882 
{GS.  S.  298)  verpflichtet  sind,  bescheinigt. 

,  den  .    .    .  188  . 

(Behörde.) 


410 


Tonishlügs- 

behnfs  Bewilligung  von  Witwen-  und  Waisengeld  auf  Ghund  des  Oesetses  vom 


za 


(FinaDZ-Ministeriom, 


Der  Witwe 

Alter 
dee 
Torstor- 
benen 
Ehe- 
mannes 

Zeit- 
punkt 

der 

Ehe- 
schUes- 

sung 

Name 
der 
Unterblie- 
benen 
Kinder 
unter 

Deren  Alter 

,» 

Vor-,  Zn- 

nnd 
Eltemname. 

Ehemann 
war 

Wohn- 
ort 

Alter 

Tag 

Monat 

Jahr 

» 

Nr. 

18 
Jahren 

1 

8 

3 

4 

6 

6 

7 

8 

9         10     1 

11 

1. 

(Beispiel.) 

Karoüne 

Angnete  Mflller, 

geb.  Schneider, 

geboren  am 

81.  M&n  184«. 

Begiemngs- 

Se1cret4r, 

geh  am 

31   October 

1827, 

gestorben  am 

1.  ICai  1888. 

Sehlea- 
wig. 

86  Jahre 
1  Monat. 

54  Jahre 
6  Monat 

16.  Ja- 
nuar 
1870. 

1 
2 

Mariel 

Auguete, 

Karl 
Heinrioh 

20. 
U. 

De- 
cember 

Mai 

1872 

1874. 

An  merk  an  g. 

J)  Die  Geburts-^  Ehescbliefsungs-  und  Sterbe- Angaben  in  den  Golonnen  2  bis 
11  sind  durch  Beifügung  standesamtlicher  oder  pfarramtlicher  Atteste  nach- 
zuweisen, sofern  nicht  aus  den  Personal-Acten  hierüber  zweifellose  Nach- 
richt zu  entnehmen  ist. 

2)  In  Spalte  21  sind  auch  die  thatsächlichen  Angaben  zu  machen,  welche  den 
Vorschlag  in  Spalte  17  nach  den  §§18  und  19  des  Pensionsgesetzes  vom 
27.  März  1872  motiviren. 

3)  Femer  ist  in  Spalte  21  die  Rechnung  zu  bezeichnen,  in  welcher  das  von 
dem  Beamten  bezogene  Diensteinkommen  zur  Verrechnung  gelangt. 


411 


Naehweigmig 

20.  Mai  1882  (QS.  S.  298)  für  die  Hinterbliebenen  des  am 
verstorbenen 

Ministerium  des  Innern.) 


Letztes 

Anreeh- 
nnngsfähige 

Dienstzeit 

desselben 
(speoielleAn- 

gaben). 

Betrag 
der 

(eren- 
tnellen) 
Pension 
des  Ehe- 
mannes 

ICark 

Davon  stehen 

zn: 

Die  Pension 
des  Ehe- 
mannes (14) 
wftrde  sich 
dnroh  die  in 

Ajitrag 
gebraehte 
Anrechnung 
einer  an  sich 
nicht  anreoh- 
nongsühigen 

Dienstzeit 

von . .  Jahren 

erhöhen  auf 

Hark 

Davon  wftrden 
zustehen: 

Zeit- 
punkt 

des 
Begin- 
nes der 
Zah- 
lung 

pensionsfAhiges 

Diensteinkommen 

des 

Ehemannes 

ICark. 

der  Witwe 
ICark 

jedem 

der 
Sinder 
bis 
zum 
vollen- 
deten 
18.  Le- 
bens- 
jahre 

Mark 

der 
Witwe 

Mark 

jedem 

der 
Kinder 
bis 
zum 
vollen- 
deten 

18. 
Jahre 

Mark. 

»4 

1 

12 

18 

U 

16                   16 

17 

18 

19 

20 

21 

1.  Oehalt  2700 

2.  Woh- 
nnngs- 

geldzn- 

schnss 

aareoh- 

nnngs- 

fthig 

mit    297«/,« 

Tom  10.  Fe- 
brnar  1867 
ab,  als  dem 

Tage  der 
Tereidigung 

als 
Begiemngs- 
Snper- 
nnmerar, 
mithin  ftber 
25  Dienst- 
jahre. 

1600 

(600 

Thaler). 

Vs  der  Pen- 
sion wftrde 
betragen:      600 
nach  1   18 

des  Qe- 
setzes  sind 
indes  hier- 
von znkftr- 
zen^mit    100 

Terbleiben    400 

• 

V»von 

600 

=  100 

bei 
28  Dienst- 
jahren auf 
1060. 

nach 
Hafs- 

gabe 

des 

S  12 

=  440 

Vi  von 

660 

=  110 

1.  Sep- 
tember 
1882. 

■ 

=  2W7%o 

Die  Richtigkeit  vorstehender  durch  Atteste  bezw.  durch  den  Inhalt  der 
Acten  zweifellos  festgestellter  Angaben  bescheinigt. 

Schleswig,  den 188  . 

Königliche  Regierung. 


412 

Anlage  6. 

BegrflndDDg. 

$11.    Nach  $18  des  Entwurfes  sind  folgende  Fälle  des  Ausscheidens  eines 
Witwen-  oder  Waisengeldberechtigten  möglich: 

a.  Tod  der  Witwe, 

b.  Wiederverheiratung  der  Witwe, 

c.  Ausscheiden  einer  Waise  durch  Heirat,   Ueberschreitnng  des  18.  Lebens- 
jahres oder  Tod. 

In  diesen  sämtlichen  Fällen  soll  auf  Grund  der  Bestimmung  des  C  11  das 
den  verbleibenden  Berechtigten  zustehende  Witwen-  und  Waisengeld  auf  den  in 
den  $$  8  und  9  bestimmten  Satz  bezw.  verhältniRmäfsig  auf  den  Betrag  der  von 
dem  verstorbenen  Beamten  erdienten  Pension  erhöht  werden,  wenn  es  vorher  in 
Folge  der  im  $  10  getroffenen  Bestimmung  eine  Herabsetzung  erlitten  hat.  In 
dem  Falle  zu  a  wird  sich  aufserdem  das  Waisengeld  der  etwa  vorhandenen 
pensionsfähigen  Kinder  von  ^s  auf  ^/s  de^  im  $  8  bestimmten  Witwengeldes  steigern. 

C.Verf.  V.  12.  Juni  1882.  „Das  K.  Prov.Sch.C.  erhält  hierneben  — 
Exemplare  der  Bestimmungen  vom  5.  Juni  er.  zur  Ansfahmng  des  Gesetzes 
vom  20.  V.  M.,  betr.  die  Fnrsorge  far  die  Witwen  und  Waisen  der  nnmittelbaren 
Staatsbeamten,  zur  Eenntnisn^me  and  weiteren  Veranlassung  mit  dem  Be- 
merken, dafs  ich  Demselben  bezüglich  Seiner  Mitglieder  und  Beamten, 
der  Tom  Staate   zu   unterhaltenden   Gymnasien,   Progymnasien,   Beal-  und 

höheren  Bürgerschulen,  Tit.  2  Cap.  120  des  Staatshaushalts-Etat» .  . . 
die  Ausfuhrung  hiermit  übertrage  und  hiervon  die  E.  Begierungen,  resp.  die 
E.  Finanz-Direction  zu  Hannover,  behufs  Benachrichtigung  der  Begierungs-  resp. 
Bezirks-Haupt-Eassen  in  Eenntnis  gesetzt  habe.  Den  letzteren  ist  die  un- 
verzüglich au&ustellende  Nachweisung  der  von  den  Mitgliedern  und  Beamten 
des  E.  Prov.Sch.C.  vom  1.  Juli  d.  J.  ab  zu  entrichtenden  Witwen-  und  Waisen- 
geld-Beiträge —  Nr.  5  der  Bestimmungen  —  jedenfalls  rechtzeitig  vor  diesem 
Termine  zuzustellen.  Für  die  Gymnasien  etc.  hat  das  E.  Prov.Sch.C.  ebenfalls 
die  Nachweisungen  der  von  den  Directoren,  Lehrern  und  Beamten  vom  1.  Juli  er. 
ab  zu  entrichtenden  Witwen-  und  Waisengeld-Beiträge  sofort  aufzustellen  und 
den  Anstalts-Directoren  rechtzeitig  vor  dem  gpdachten  Termine  mit  der  Auflage 
anzufertigen,  danach  und  nach  den  in  je  einem  Exemplare  beizufugenden  ^- 
gemeinen  Bestimmungen  die  Anstalts-Eassen  mit  Anweisung  zu  versehen  und 
die  Beteiligen  zu  benachrichtigen. 

Ergeben  sich  bei  Berechnung  des  Jahres-Betrages  der  Witwen-  und  Waiseu- 
geld-Bei&äge  Pfennigbrüche,  so  sind  dieselben,  wenn  sie  ein  halb  und  mehr  be- 
tragen, voll  anzusetzen,  unter  ein  halb  aber  wegzulassen.  Pfennigbrüche,  welche 
bei  Zerlegung  des  Jahresbetrages  in  Quartalraten  entstehen,  sind  bei  Erhebung  der 
letzten  Quartalrate  des  Bechnungsjahres  auszugleichen.  In  den  Manualen  und 
Bechnungen  der  Gymnasien  etc.  sind  die  Witwen-  und  Waisengeld -Beiträge 
nach  Anleitung  der  Nummern  6  und  7  der  allgemeinen  Bestimmungen  ersichtlich 
zu  machen.  Die  einbehaltenen  Beiträge  selbst  sind  bei  den  Besoldungs- Titeln 
yierteljährlich  in  Ausgabe  zu  stellen  und  an  die  im  vorletzten  Absätze  der  Nr.  6 
der  Bestimmungen  bezeichnete  vorgeordnete  Easse  im  Abrechnungswege  abzu- 
führen. Darüber,  welche  besonderen  Kechnungs-Justificatorien  den  letzteren 
Eassen  zuzustellen  sein  werden,  sind  die  weiteren  Anordnungen  der  E.  Ober- 
Eechnungs-Eammer  abzuwarten."   Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  In  Yertr.  Lucanus. 

C.Verf.  V.  25.  Aug.  1882.  „Auf  den  Bericht  v.  16.  Aug.  er.  erwidere 
ich  dem  E.  Prov.Sch.C,  dafs  nach  weiteren  Vereinbarungen  mit  dem  H.  Finanz- 
Minister  und  der  E.  Ober-Bechnungskammer  die  Anordnung  wegen|VerrechnuDg 
der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  im  leteten  Absätze  der  dies- 
seitigen C.Verf.  V.  12.  Juni  er.  allerdings  dahin  modificirt  werden  wird,  dafs, 
wie  übrigens  auch  bereits  die  Anweisungen  der  E.  Ober-Bechnungskammer  vom 


413 

7.  Juli  er.  0  und  die  diesseitige  C.Verf.  yom  4.  Aug.  er.  (G.  UI.  2524)  er- 
kennen lassen,  sämtliche  Kassen -Etats  des  diesseitigen  Ressorts,  soweit  sie 
nicht  bei  der  Neufertigung  schon  geändert  sind,  yom  laufenden  Bechnungsjahre 
ab  entsprechend  declarirt  werden,  woraus  selbstverständlich  folg^,  dafs  alle 
nnmittelbarenVerwaltungen,  insbesondere  also  die  Seminare  und  Präparanden- 
Anstalten,  die  Ton  ihnen  zu  erhebenden  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  nicht 
an  die  vorgeordneten  Begierungs-  und  Bezirks-Hauptkassen  abfuhren,  sondern 
bei  den  durch  die  Declaration  hinzutretenden  Etats-Titeln  unmittelbar  ver- 
recbnen. 

Bezüglich  der  Zuschufs-Verwaltungen,  also  insbesondere  der  Gymnasien  etc. 
bewendet  es  bei  der  angeordneten  Abfuhrung  der  Witwen-  und  Waisengeld- 
beiträge an  die  Begierungs-  und  Bezirks-Hauptkassen." 

C.Verf.  y.  3.  März  1883.  „Auf  den  Bericht  v,  6.  Febr.  d.  J.  erwidere  ich 
dem  K.  Proy.Sch.C,  dafs  nach  weiterer  Verständigung  mit  dem  H.  Finanz- 
Minister  die  wegen  Verrechnung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  in  der 
G.Yerf.  y.  25.  August  y.  J.  angedeuteten  Etats -Declarationen  sich  auf  die 
unmittelbaren  Verwaltungen  beschränken  werden,  und  zwar  werden  auch 
die  Etats  der  unmittelbaren  Verwaltungen  erst  yom  nächsten  Bechnungsjahre^ 
also  erst  yom  1.  April  1883/4  ab,  declarirt  werden.  Für  das  laufende  Bechnungs- 
jahr  ist  nach  den  Bestimmungen  unter  1  und  3  der  Vorschriften  der  E.  Ober- 
Becbnnngskammer  yom  7.  Juli  y.  J.  zu  yerfahren." 

C.Verf.  y.  11.  Sept.  1882.  „Die  nachgeordneten  Behörden  meines  Bessorts 
erhalten  hiemeben  zur  Kenntnisnahme,  Nachachtung  und  resp.  weiteren  Veran- 
lassung ein  Druckexemplar  der  Vorschriften  für  das  Verfahren  bei  Ueberweisung 
der  Zahlung  yon  Witwen-  und  Waisengeldem  in  Folge  yon  Wohnorts-Ver- 
ändernngen  der  Empfangsberechtigten. 

Letztere  sind  yon  den  getroffenen  Anordnungen,  soweit  diese  für  sie  yon 
Interesse  sind,  yieUeicht  durch  Auslegung  der  betreffenden  Bestimmungen  bei 
den  das  Witwen-  und  Waisengeld  zahlenden  Kassen  oder  in  sonst  geeigneter 
Weise,  in  Kenntnis  zu  setzen.**  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  Im  Auftr.  de  la  Croix. 

Verfahren    bei    Ueberweisung    der    Zahlung    yon   Witwen-    und 
Waisengeldern  in  Folge  yon  Wohnortsyeränderungen  der 

Empfangsberechtigten. 

Wenn  Witwen-  und  Waisengeldberechtigte  ihren  Wohnort  yerändem  und 
das  Witwen-  und  Waisengeld  aus  einer  anderen  als  der  bisherigen  Kasse  zu 
empfangen  wünschen,  so  ist  mit  Bncksicht  auf  die  Bestimmungen  unter  Nr.  12^ 
und  13  der  Vorschriften  der  Königlichen  Ober-Bechnungskanmier  yom  7.  Juli 
1882,  wie  folgt,  zu  yerfahren: 

In  Bezug  auf  die  Ueberweisung  sind  zu  unterscheiden  die  Witwen-  und 
Waisengelder  far  Hinterbliebene 

a)  der  actiyen  Beamten  und  Wartegeldempfänger  aus  deiyenigen  Bessorts^ 
für  welche  Proyinzial Verwaltungen  bestehen; 

b)  der  actiyen  Beamten  und  Wartegeldempfänger,  welche  ihre  Bezüge 
erhalten  aus  dom  Fonds  einer  Verwaltungsbehörde  in  einem  Dienst- 
zweige, für  welchen  keine  PyoyinzialbehOrden  bestehen; 

c)  der  Pensionäre. 

')  VorBchriften  der  Ober-Rechnungskammer  über  die  formelle  Einrichtanff 
der  Jahresrechnungen  and  Justificatorien  in  Ansehung  deijenigen  Einnahmen  und 
Ausgraben,  welche  auf  Grund  des  Gesetzes  v.  20.  Mai  188'i  etc.  zu  erheben,  bezw. 
zu  leisten  sind.    Vom  7.  Juli  1882,  llin.Bl.  für  d.  inn.  Verw.  8*  171  f^.        ab- 

Sedruckt  bei  G.  Herrfurth,  Etats-,  Kassen-  und  Rechnungswesen     2.  Aufl.  (1887)- 
.  1000  fg.  und  Marcinowski,  die  gesetzlichen  Bestimmungen  betr.  die  FenBionirong 
etc.    2.  Aufl.  (1884)  S.  98  fg. 


414 

Zq  a.  sind  die  Anträge  der  Empfangsberechtigten  an  die  Sjisse  zu  richten, 
welche  ihnen  bisher  ihre  Bezüge  gezahlt  hat,  oder  bis  anf  Weiteres  auch  direct 
an  die  fnr  den  Bezirk  des  derzeitigen  Wohnortes  der  Berechtigten  nach  den 
Ansfahrangsbestimmnngen  vom  5.  Juni  1882  zuständige  ProTinzialbehörde  des- 
jenigen ]^8Sorts  (in  der  Justizverwaltung  die  Yorstandsbeamten  des  Ober- 
Landesgerichtes),  welchem  der  betr.  Beamte  oder  Wartegeldempfänger  während 
seiner  activen  Dienstzeit  zuletzt  angehört  hat.  Die  der  Kasse  zugehenden  An- 
träge sind  Yon  derselben  sofort  der  zuständigen  Provinzialbehörde  vorzulegen. 
Die  ProvinzialbehOrde  des  betr.  Bessorts  weist,  wenn  der  neue  Wohnort  inner- 
halb ihres  Bezirkes  belegen  ist,  nach  Nr.  12  der  VorBchriften  vom  7.  Juli  1882 
die  zunächst  belegene  Kasse  des  Bessorts,  event  die  Hauptkasse,  zur  weiteren 
Zahlung  und  Verrechnung  der  Gompetenzen  an  und  teilt  Abschrift  der  bezügL 
Anweisung  der  Kasse,  welche  bisher  die  Verrechnung  bewirkt  hat,  als  Bechnungs- 
belag  far  den  Abgang  der  Zahlung  mit.  Ist  der  neue  Wohnort  dagegen 
nicht  in  ihrem  Bezirke  belegen,  so  überweist  die  Provinzialbehörde  die  Witwen- 
und  Waisengelder  an  die  Provinzialbehörde  desselben  Ressorts  für  den  neuen 
Wohnort  unter  genauer  Bezeichnung  des  Fonds,  welchem  die  Beträge  zor  Last 
fallen,  zur  weiteren  Zahlung  und  Verrechnung.  Die  Provinzialbehörde  für 
den  neuen  Wohnort  bestimmt  nach  Nr.  12  der  Vorschriften  vom  7.  Juli  1882 
die  neue  Verrechnungsstelle,  erteilt  derselben  die  erforderliche  Anweisung  und 
sendet  Abschrift  der  letzteren  direct  an  die  bisherige  Verrechnungsstelle, 
welche  demnächst  die  Zahlung  selbständig  in  Abgang  zu  steUen  und  den  Ab- 
gang in  der  Jahresrechnung  durch  die  ihr  in  Abschrift  mitgeteilte  Verfügung 
zu  justificiren  hat  Die  Verrechnungsstelle,  welche  die  Zahlung  bisher  ge- 
leistet hat,  bezw.  diejenige,  welche  die  Zahlung  neu  übernommen  hat^  sind  in 
den  betr.  Rechnungen  ausdrücklich  zu  bezeichnen. 

Zu  b.  sind  die  Ueberweisungsanträge  der  Berechtigten  ausschliefslich  an 
die  Kasse  zu  richten,  aus  welcher  die  Witwen-  und  Waisengelder  bisher  gezahlt 
worden  sind.  Ist  die  Zahlung  bisher  direct  durch  die  Kasse  der  betar.  Ver- 
waltungsbehörde erfolgt,  so  überweist  diese  Kasse  nunmehr  die  Witwen-  und 
Waisengelder  auf  die  Hauptkasse  der  für  den  neuen  Wohnort  zuständigen  Be- 
zirks-Begierung  (in  der  Provinz  Hannover  auf  die  Bezirks-Hauptkassen)  znr 
weiteren  Zahlung  und  zur  demn&chstigen  Aufrechnung  der  Quittungen  im  Wege 
des   gewöhnlichen   Abrechnungsverkehres.  Ist   die   Zahlung   schon    bisher 

durch  Vermittelung  einer  Beglerungs-  (Bezirks-)  Hauptkasse  geleistet  worden, 
80  gehen  die  Ueberweisungsanträge,  welche  bei  den  Specialkassen  eingereicht 
werden,  zunächst  an  die  betr.  Begiemngs-  (Bezirks-)  Hauptkasse,  und  von 
dieser  demnächst  ebenso,  wie  die  Ueberweisungsanträge  fär  die  von  ihr  bisher 
direct  geleisteten  Zahlungen,  der  Kasse  zu,  welche  die  Witwen-  und  Waisen- 
gelder zu  verrechnen  hat.  Die  letztere  Kasse  überweist  dann,  wenn  sie  nicht 
selbst  die  weitere  Zahlung  zu  übernehmen  hat,  die  Witwen-  und  WaisengeMer 
4er  far  den  neuen  Wohnort  zuständigen  Begierungs-  (Bezirks-)  Hauptkasse  znr 
weiteren  Zahlung  und  zur  demnäcbstigen  Aufrechnung  der  Quittungen  im  Wege 
des  Abrechnungsverkehres.  Die  Begierungs-  (Bezirks-)  Hauptkasse  für  den 
neuen  Wohnort  benachrichtig^  die  Empfangsberechtigten,  dafs  und  aus  welcher 
Kasse  sie  ihre  Bezüge  weiter  zu  erheben  haben.  Die  den  Behörden  in  Dienst- 
zweigen,  für  welche  keine  Provinzialbehörden  bestehen,  direct  zugehenden  Ueber- 
weisungsanträge sind  hiemach  von  denselben  lediglich  ihren  Kassen  zur  weiteren 
Veranlassung  zuzustellen. 

Zu  c.  sind  die  Ueberweisungsanträge  der  Berechtigen  entweder  an  die 
Kasse,  aus  welcher  sie  ihre  Bezüge  empfangen,  oder  direct  an  die  Regiemng 
(in  Hannover  an  die  Finanzdirection,  in  Berlin  an  die  Ministerial-Militär-  und 
Baucommission)  zu  richten.  Die  Specialkassen  überreichen  die  bei  ihnen  ein- 
gehenden Anträge  durch  Vermittelung  der  Hauptkassen  und  diese  gleichfalls 


415 

die  bei  ihnen  eingehenden  Anträge  direct  der  Yorgesetzten  Begiemng  etc.  Die 
Letztere  yeranlafst  demnächst  bezüglich  sämtlicher  ihr  zugehenden  Anträge 
die  Ueberweisong,  wobei  dasselbe  Verfahren  stattfindet,  wie  es  bei  Ueberweisiing 
Yon  Pensionszahlnngen  vorgeschrieben  nnd  in  Uebnng  ist. 

Im  Uebrigen  ist  Werth  darauf  zn  legen,  dafs  die  Bezugsberechtigten  die 
Witwen-  und  Waisengelder  ans  einer  Kasse  erheben  können,  welche  in  ihrem 
Wohnorte  oder  möglichst  nahe  bei  demselben  belegen  ist.  Hierzu  werden  die 
Kassen  der  Special-Verwaltungen  nicht  in  allen  Fällen  ausreichen.  Eventuell 
flind  daher  die  bezüglichen  Beträge  zwar  auf  die  Kassen  der  betr.  Special- 
Verwaltungen  anzuweisen,  gleichzeitig  ist  aber  die  betr.  E.  Begiemng  (in 
Hannover  die  K.  Finanzdirection)  zu  ersuchen,  die  Zahlung  durch  ihre  Hanpt- 
kasse,  bezw.  durch  eine  Unterkasse  derselben  leisten  und  die  gezahlten  Be- 
träge seitens  der  Hauptkasse  unter  Beifügung  der  Beläge  in  den  üblichen 
Abrechnungsterminen  den  betr.  Kassen  der  Special-Verwaltung  in  Aufrechnung 
bringen  zn  lassen. 

C.Verf.  V.  10.  Mai  1883.  „Die  nachgeordneten  Behörden  nnd  Beamten 
meines  Ressorts  erhalten  im  Verfolg  der  General-Verfngung  vom  12.  Juni  v.  J. 
hiemeben  Abschrift  der  in  Betreff  der  Zahlbarmachung  der  Witwen-  und  Waisen- 
gelder an  die  Hinterbliebenen  von  im  activen  Dienste  und  als  Wartegeld- 
Empfänger  verstorbenen  Beamten  seitens  der  Herren  Disciplinar-Minister  unterm 
10.  Apnl  d.  J.  an  die  Behörden  und  Beamten  der  allgemeinen  Verwaltung 
erlassenen  Circ.-Verfügung  nebst  Anlage  zur  Kenntnisnahme  nnd  gleichmäfsigen 
Nachachtung.*'    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Angel.    In  Vertr.  Lucanus. 

CVerf.  des  Fin.-Min.  und  des  Min.  d.  Innern  v.  10.  April  1883 
(an  die  Oberpräsidenten).  „Auf  Grund  der  §§  20  und  16  des  Gesetzes  v.  20. 
Mai  1882  etc.  wird  hierdurch  die  selbständige  Bewilligung  der  in  diesem  Ge- 
setze bestimmten  Witwen-  nnd  Waisengelder  an  die  Hinterbliebenen  der  uns 
nachgeordneten  im  activen  Dienste  verstorbenen  Beamten  des  K.  Ober-Präsidinms, 
sowie  deijenigen  Wartegeld -Empfänger,  welche  in  ihrer  letzten  dienstlichen 
Stellung  bei  dieser  Behörde  fungirt  haben,  dem  H.  Ober-Präsidenten  übertragen, 
soweit  desfalls  nicht  nnter  Nr.  18  der  Ansfnhmngsbestimronngen  vom  5.  Juni 
1882  zu  dem  Gesetze  anderweitige  Anordnung  getroffen  ist  oder  die  Bewilligung 
nach  den  Vorschriften  in  dem  §  14  des  Gesetzes  erfolgen  soll. 

Bei  der  Bestimmung  der  Witwen-  und  Waisengelder  sind  namentlich  auch 
die  in  der  Anlage  zusammengestellten  Grundsätze  über  die  Berechnung  der 
pensionsberechtigten  Dienstzeit  der  Beamten  zu  beachten.  In  Betreff  des  pen- 
sionsberechtigten Diensteinkommens  der  Beamten  haben  zwar  die  Etats  (Aus- 
fnhrungsbestimmungen  vom  5.  Juni  v.  J.  Nr.  6)  als  Grundlage  zu  dienen;  in 
jedem  Falle  ist  jedoch  vor  der  Bewilligung  gesetzlicher  Oompetenzen  an  die 
Witwen  nnd  Waisen  wiederholt  mit  Genauigkeit  zu  prüfen,  ob  bei  der  Heran- 
ziehung der  Beamten  zur  Entrichtung  von  Witwen-  nnd  Waisengeldbeiträgen  in 
antreffender  Weise  verfahren  ist. 

Im  Uebrigen  wird  auf  die  Bemerkungen  verwiesen,  welche  in  die  im  Ein- 
verständnisse mit  sämtlichen  Herren  Departements-Chefs  von  der  Ober-Bechnungs- 
kammer  nnterm  7.  Juli  v.  J.  erlassenen  Vorschriften  wegen  der  formellen  Ein- 
richtung der  Jahresrechnungen  und  Justificatorien  über  Einnahmen  und  Aus- 
gaben in  Anlafs  des  Witwen-Pensionsgesetzes  wegen  Anwendung  des  §  9  Nr.  2, 
sowie  der  §§  10  bis  12  des  Gesetzes  nnter  Nr.  18  aufgenommen  sind,  nnd 
Folgendes  hinzugefügt: 

1.  Diejenigen  Beamten,  welche  ans  einem  ihnen  früher  verliehenen  zur 
Pension  berechtigenden  Amte  ausgeschieden  sind,  unterliegen  auch  dann  den 
Bestimmungen  des  Witwen-Pensionsgesetzes  nicht,  wenn  sie  anderweit,  nnter 
Uebertragnng  eines  seiner  Natur  nach  zur  Pension  nicht  berechtigenden  Amtes 
oder  als  commissarische  Verwalter  einer  bei  definitiver  Verleihung  zur  Pension 


416 

berechtigenden  Stelle  gegen  Gewähmng  eines  Einkommens  ans  der  Staatskasse 
beschäftigt  werden,  insofern  und  insoweit  ihnen  nicht  vor  dem  Inkrafttreten 
des  Pensionsgesetzes  Tom  27.  März  1872  besondere  Zosichernngen  in  Bezug 
anf  dereinstige  Bewilligung  von  Pension  gemacht  sind  (§  86  des  Pensions- 
gesetzes).  Wird   dagegen   während   der  Daner   solcher  anderweitigen  Be- 

schäftigung eines  Beamten  demselben  das  ihm  früher  yerliehene  pensionsberech- 
tigte Amt  offen  gehalten,  scheidet  er  mithin  ungeachtet  der  Uebertragong  der 
neuen  dienstlichen  Beschäftigung  ans  jenem  Amte  nicht  aus,  so  bleibt  der 
Beamte  zur  Pension  nach  Mafsgabe  des  mit  demselben  verbundenen  pensious- 
fähigen  Einkommens  berechtigt,  also  auch  zur  Entrichtung  der  Witwen-  und 
Waisengeldbeiträge  von  diesem  Einkommen  verpflichtet,  wenngleich  er  das 
letztere  thatsächlich  nicht  bezieht»  sondern  in  anderer  Weise  remnnerirt  wird. 

2.  Ein  Beamter,  dem  bei  eintretender  Dienstunfähigkeit  anf  Grund  des 
§  1 1  des  Pensionsgesetzes  Anspruch  auf  Pension  nach  Mafsgabe  des  pensions- 
berechtigten  Einkommens  eines  ihm  früher  verliehenen  Amtes  zustehen  würde, 
welches  das  pensionsberechtigte  Einkommen  des  von  ihm  bekleideten  Amtes 
übersteigt,  hat  während  der  Dauer  des  Bezuges  des  letzteren  Einkommens  Witwen- 
und  Waisengeldbeiträge  nur  von  diesem  geringeren  Einkommen  zn  entrichten. 

Der  Berechnung  des  seinen  etwaigen  demnächstigen  Hinterbliebenen  zu  ge- 
währenden Witwen-  und  Waisengeldes  ist  jedoch  diejenige  Pension  zu  Gnmde 
zu  legen,  zu  welcher  derselbe  berechtigt  gewesen  ist  oder  gewesen  sein  mrde^ 
wenn  er  am  Todestage  in  den  Buhestand  versetzt  wäre  (§  8  des  Gesetzes  vom 
20.  Mai  1882),  mithin  die  in  Gemäfsheit  des  §  11  des  Pensionsgesetzes  nach 
Mafsgabe  des  früheren  höheren  Diensteinkommens  zu  berechnende  Pension. 

3.  Wartegeldempfänger  haben  von  einem  ihnen  in  Folge  der  Wieder- 
beschäftigung in  einem  zur  Pension  aus  der  Staatskasse  nicht  berechtigenden 
Amte  gewährten  Diensteinkommen,  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  an  die 
Staatskasse  nicht  zu  entrichten,  solche  Beiträge  vielmehr  nur  von  dem  Warte- 
gelde  zu  zahlen  (vergl,  Ausfnhrungs-Bestimmungen  vom  5.  Juni  1882  Kr.  4a). 
Die  Witwen-  und  Waisengelder  ihrer  Hinterbliebenen  sind  jedoch  unter  Za- 
grundelegung  des  von  ihnen  zuletzt,  bevor  sie  zur  Disposition  gestellt  wurden, 
bezogenen  pensionsberechtigten  Diensteinkommens  zu  bestimmen  (§  10  des 
Pensionsgesetzes,  §  8  des  Witwen-Pensionsgesetzes). 

4.  Im  Sinne  des  §  21  des  Witwen-Pensionsgesetzes  ist  unter  einer  Landes- 
anstalt  nur  eine  zur  Versorgung  Hinterbliebener  von  Staatsbeamten  derjenigen 
einzelnen  Landesteile,  für  welche  die  hier  bezeichneten  gesetzlichen  Tor- 
schriften erlassen  sind,  bestimmte  Witwenkasse  zu  verstehen;  namentlich  also 
wird  die  Anwendung  der  Vorschriften  des  §  21  durch  ein  Ausscheiden  der 
Beamten  aus  der  hiesigen  allgemeinen  Witwen- Verpflegungsanstalt  nicht  herbei- 
geführt. Desgleichen  gelangen  diese  Vorschriften  nur  dann  zur  Anwendung, 
wenn  das  Ausscheiden  eines  Beamten  aus  der  Anstalt  auf  Grund  des  §  23 
Abs.  1  des  Gesetzes  erfolgt,  das  Becht  des  Beamten  auf  solches  Ausscheiden 
mithin  auf  der  dort  getroffenen  Anordnung  beruht  Eine  Ermäfigung  der  ver- 
sicherten Pension  ist  in  der  hier  fraglichen  Beziehung  mit  den  nämlichen  Bechte- 
folgen  verbunden,  wie  das  vollständige  Ausscheiden  der  Beamten  aus  der  Anstalt 

5.  Ein  Beamter,  welcher  in  Gemäfsheit  des  §  23  des  Witwen-Pensions- 
gesetzes von  der  Zahlung  von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  an  die  Staats- 
kasse befreit  worden  ist,  darf  auch  dann,  wenn  demnächst  die  Voranssetznng, 
welche  ihn  zur  Inanspruchnahme  der  Befreiung  berechtigte:  die  Mitgliedschaft 
einer  Witwenkasse  etc.  fortfällt,  zur  Entrichtung  solcher  Beiträge  nicht  zuge- 
lassen werden. 

6.  Denjenigen  Beamten,  welche  in  Gemäfsheit  des  §  23  des  Witwen- 
Pensionsgese^es  von  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  befreit 
bleiben,  sind  etwa  bereits  gezahlte  Beiträge  zurückzuerstatten. 


417 

7.  In  die  zu  erstattenden  Berichte  über  eine  beantragte  Anwendung  der 
Vorschriften  des  §  14  des  Witwen-Pensionsgesetzes  sind  eingehende  Mitteilungen 
über  die  Dienstführung  des  verstorbenen  Beamten,  sowie  über  die  Würdigkeit 
und  Bedürftigkeit  seiner  Hinterbliebenen  aufzunehmen;  namentlich  ist  anzu- 
zeigen, ob  und  event.  welcher  Anspruch  den  letzteren  auf  den  Bezug  einer  Pension 
oder  eines  Kapitals  aus  einer  Yersorgungsanstalt  zustehf 

Min.Yerf.  v.  30.  Oct  1882.  „In  der  mit  dem  Berichte  des  E.  Proy.- 
Sch.C.  Y.  9.  Oct.  c.  eingereichten,  hiemeben  einstweilen  zurückfolgenden  decla- 
rirenden  Nachweisung  zum  Besoldungstitel  des  Gymnasiums  zu  N.  ist  die 
ordentliche  Lehrerstelle  Nr.  6  als  erledigt  bezeichnet;  gleichwohl  sind 
Ton  dem  Einkommen  derselben  die  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  in  Ansatz 
gebracht.  Da  von  erledigten  Stellen,  abgesehen  Ton  dem  Falle  der  Gnaden- 
zeit der  Hinterbliebenen  des  letzten  Inhabers,  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge 
nicht  zu  erheben  sind,  so  yeranlasse  ich  das  K.  Prov.Sch.C,  den  anscheinend 
yorliegenden  Irrtum  aufzuklären.'' 

Min.Verf.  v.  11.  Jan.  1883.  „Auf  den  Bericht  vom  15.  Dec.  pr.  er- 
(^ffne  ich  der  E.  Begierung,  dafs  der  Director  N.  und  der  Lehrer  N.  von  der 
aufgelösten  Gewerbeschule  in  N.  zur  Entrichtung  von  Witwen-  und  Waisengeld- 
beiträgen nicht  herangezogen  werden  dürfen,  da  nach  §  1  des  Gesetzes  vom 
20.  Mai  V.  J.  nur  diejenigen  unmittelbaren  Staatsbeamten  den  Vorschriften 
desselben  unterliegen,  welchen  beim  Eintritte  der  Voraussetzungen  der  Versetzung 
in  den  Buhestand  Pension  aus  der  Staatskasse  gebühren  würde,  diese  Voraus- 
setzung aber  nach  §§  15  und  16  der  Verordn.  v.  28.  Mai  1846  (S.  364)  nur 
auf  die  Lehrer  an  denjenigen  höh.  Unterrichtsanstalten  zutrifft,  welche  aus- 
schliefslich  aus  Staatsfonds  zu  unterhalten  sind,  während  die  Pensionen  der 
Lehrer  an  anderen  hOh.  Unterrichtsanstalten,  insbesondere  also  an  der  Gewerbe- 
schule zu  N.,  deren  Unterhaltung  vom  Staate  und  von  der  Stadt  N.  ge- 
meinschaftlich zu  tragen  war.  aus  den  Fonds  der  Anstalten  zu  decken  sind. 
Die  pp.  N.  und  N.  sind  hiemach  von  Witwen-  und  Waisengeldbeiträgen  fortan 
frei  zu  lassen  und  es  ist  anzuordnen,  dafs  denselben  die  von  ihnen  bereits  er- 
hobenen Beiträge  sofort  zurückgezahlt  werden." 

Min.Verf.  v.  24.  Oct.  1882  an  d.  E.  Gymn.-OberL  N.  (den  Prov.Sch.CC. 
mitgeteilt).  ,JBw.  Hochehrw.  erwidere  ich  auf  das  Gesuch  v.  21.  Sept.  d.  J., 
dafs  ich  Sie  von  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  nicht  ent- 
binden kann,  da  das  Gesetz  v.  20.  Mai  d.  J.,  betr.  die  Fürsorge  f.  d.  Witwen 
und  Waisen  der  unmittelb.  Staatsbeamten,  falls,  wie  bei  Ihnen,  dessen  sonstige 
Voraussetzungen  vorliegen  auch  auf  katholische  Geistliche  Anwendung  findet. 
Hierüber  ist  jeder  Zweifel  um  so  mehr  ausgeschlossen,  als  bei  der  Berathung  des 
Gesetzes  ein  im  Abgeordnetenhause  gestellter  Antrag,  welcher  die  Ausnahmen 
von  dem  Gesetze  auch  auf  die  römisch-katholischen  Geistlichen  zu  erstrecken  be- 
zweckte, auf  den  Widerspruch  des  Vertreters  der  Staatsregierung  nach  Seite  1277 
der  stenographischen  Berichte  de  1881/82  abgelehnt  worden  isf    v.  Gofsler. 

Min.Verf.  v.  10.  Mai  1886.  „Auf  den  Bericht  u.  s.  w.  erwidere  ich 
dem  E.  Prov.Sch.C,  dafs  es  nach  Seinem  Berichte  u.  s.  w.  keinem  Zweifel  unter- 
liegen kann,  dafs  die  Berufung  des  am  6.  März  d.  J.  verstorbenen  G7mn.-Dir. 
N.  zu  N.  aus  dem  Fürstlich  Lippeschen  in  den  Preufsischen  Schuldienst  wesent- 
lich im  Interesse  des  letzteren  erfolgt  ist,  und  dafs  demgemäfs  nach  §  13  der 
Verordnung  vom  28.  Mai  1846  die  Lippesche  Schuldienstzeit  bei  der  etwaigen 
Pensionirung  des  pp.  N.  hätte  in  Anrechnung  gebracht  werden  müssen.  Da 
nun  die  Belictengelder  nach  der  Höhe  der  event.  Pension  zu  berechnen  sind, 
so  kommt  auch  bei  ihnen  die  Lippesche  Schuldienstzeit  ohne  Weiteres  voll  zur 
Anrechnung.''    Der  Min.  etc.    In  Vertr.  Lucanus. 

Wioie,  Verordnungen.    II.  27 


418 

Min-Yerf.  v.  16.  Nov.  1882.  „Unter  Bückgabe  des  Bescheides  der  £. 
Begiemng  zu  N.  vom  12.  Oci  er.  erwidere  ich  Ew.  Wohlg.  anf  die  Yorstelliuig 
Yom  6.  Nov.  d.  J.,  dafs  ich  aufser  Stande  bin,  Ihre  Entbindung  von  der  Ent- 
richtung der  Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  nach  MaCsgabe  des  Gesetzes  vom 
20.  Mai  d.  J.  anzuordnen  oder  herbeizufuhren ,  da  Sie  für  Ihren  diesMigen 
Antrag  nichts  weiter  anföhren  können,  als  dafs  Sie  Ihr  Leben  bei  der  Lebens- 
yersicherungs-Bank  zu  N.  versichert  haben.  Die  Motive  zu  §  23  des  Gesetzes  er- 
geben, dafs  eine  solche  Privat-Versicherung  die  Anwendbarkeit  des  Gesetzes 
nicht  auBschliessen  soll,  und  ein  das  Gegenteil  bezweckender  Antrag  ist  bei  der 
dritten  Berathung  des  Gesetzes  im  Hause  der  Abgeordneten  in  der  Sitzung  am 
31.  März  d.  J.  nach  Seite  1365  ff.  der  Stenograph.  Beriehte  abgelehnt  worden.*' 

3.    Beitritt  zur  Allgemeinen  Witwen-Yerpflegungsanstalt. 

Bekanntmachung  der  Gkneraldirection  der  E.  AUg.  Witwen-Ver- 
pfleg^ngsanstalt  v.  9.  Juni  1882.  „Auf  Anordnung  des  H.  Fin.-Min.  wird 
behufs  Ausfahmng  des  Gesetzes  v.  20.  Mai  d.  J.,  betr.  die  Fürsorge  for  die 
Witwen  und  Waisen  der  unmittelbaren  Staatsbeamten,  für  dip  Interessenten 
der  E.  AUg.  Witwen -Verpflegungsanstalt  Folgendes  bekannt  gemacht: 

1.  Mitglieder  unserer  Anstalt,  welche  auf  Grund  des  neuen  Gesetzes 
Witwen-  und  Waisengeldbeiträge  an  die  Staatskasse  leisten,  sind  berechtigt, 
nach  ihrer  Wahl  aus  der  Anstalt  auszuscheiden  oder  in  derselben  zu  verbleiben. 
Dieselben  kOnnen  auch  in  der  Anstalt  verbleiben  und  die  bisherige  Versicherungs- 
summe herabsetzen.  Anträge  auf  Ausscheiden  oder  auf  Herabsetzung  der 
Versicherungssumme  sind  nur  für  den  1.  April  oder  1.  Oci  jedes  Jahres  zn- 
l&Bsig.  Dieselben  sind  unter  Beilegung  des  Beceptionsscheines  an  unsere  Adresse 
zu  richten  und  mit  einem  begleitenden  Schreiben  derjenigen  Behörde  (in  der 
Begel  der  vorgesetzten  Provinzialbehörde)  einzureichen,  welcher  von  dem 
Departementschef  die  Ausfährung  des  Gesetzes  übertragen  ist.  Wartegeld- 
empfänger und  Pensionäre  können  diese  Anträge  der  die  Bezüge  zahlenden 
Easse  zur  Weiterbeförderung  übergeben.  Die  zuständigen  Behörden  werden 
die  Anträge  nach  näherer  Anweisung  des  H.  Fin.-Ministers  mit  der  nöthigea 
Bescheinigung  versehen  an  uns  einreichen. 

2.  Die  ursprünglich  festgesetzten  Beiträge  müssen  bis  zum  Ablaufe  des- 
jenigen mit  dem  1.  April  oder  1.  Oci  beginnenden  Halbjahres  bezahlt  werden, 
in  welchem  der  ad  1  erwähnte  schriftliche  Antrag  über  den  Austritt  oder  die 
Pensionsermäfsig^ng  an  uns  gelangt  Dagegen  bleiben  den  betr.  Mitgliedem 
gegenüber  auch  die  Verpflichtungen  unserer  Anstalt  bis  zu  dem  gedachten  Zeit- 
punkte in  Eraft. 

3.  Eine  Vergütung  fär  den  erfolgten  Austritt  oder  die  erfolgte  Pensions- 
ermäfsigung  ist  nach  §  22  unseres  Reglements  vom  28.  Dea  1775  in  keinem 
Falle  statthaft. 

4.  Beim  Austritte  aus  der  Anstalt  wird  nach  Erfollnng  der  zu  1  und  2 
gedachten  Bedingungen  die  Pensionsversicherung  in  den  diesseitigen  Büehem 
gelöscht 

5.  Bei  einer  Herabsetzung  der  Versicherungssumme  unter  denselben 
Voraussetzungen  wird  selbstverständlich  auch  der  halbjährliche  Beitrag  ver- 
hältnismäfsig  ermäfsigt.  Bezüglich  des  verbleibenden  Versicherungsbetrages, 
der  in  Markbeträgen  bestehen  mufs,  die  durch  75  ohne  Best  teilbar  sind,  bleiben 
die  erworbenen  Hechte  gewahrt  Der  Herabsetzungsvermerk  wird  von  uns  an^ 
den  Beceptionsschein  gesetzt,  der  demnächst  zurückgesandt  wird." 

In  Betreff  der  ünzulässigkeit  des  Beitritts  s.  §  22  des  Geselzes 
V.  20.  Mai  1882,  S.  398. 


419 

Min.Verf.  y.  29.  Dec.  1885.  „Die  am  Schlasse  der  dortseitigen  C.Verf. 
T.  29.  Sept  d.  J.  von  dem  E.  Prov.Sch.C.  geänfserte  Absicht»  dafs  einem  nach 
dem  Tode  seiner  Ehefrau  zn  einer  weiteren  Ehe  schreitenden  Beamten,  dessen 
Mitgliedschaft  zur  AUg.  Witwen -Verpflegungsanstalt  dnrch  den  Tod  der  bei 
derselben  versicherten  Ehefrau  aufgehoben  worden,  der  Beitritt  zn  dieser  Anstalt 
zu  gewähren  sei,  vermag  ich  im  Einverständnisse  mit  dem  Herrn  Finanzminister 
im  Hinblicke  auf  die  stricte  Vorschrift  des  §  22  des  Belictengesetzes  vom 
20.  Mai  1882  nicht  zu  teilen.  Das  E.  Prov.Sch.C.  veranlasse  ich  daher, 
die  gedachte  Circularverfagung  entsprechend  abzuändern,  weil  weder  eine  Be- 
rechtigung noch  eine  Verpflichtung  zum  Beitritte  zur  AUg.  Witwen -Verpflegungs- 
anstalt für  irgend  einen  Beamten  anerkannt  werden  kann,  welcher  zur  Eategorie 
der  vom  Gesetze  v.  20.  Mai  1882  betroffenen  Beamten  gehört."  Der  Min.  d. 
geistl.  etc.  Ang.    Im  Aufbr.  Barkhausen. 

Demgemäfs  beziehen  sich  die  folgenden  Bestimmungen  nur  auf  diejenigen 
Fälle,  in  denen  eine  Verpflichtung  oder  Berechtigung  far  den  Beitritt  oder  die 
Zugehörigkeit  zur  AUg.  Witwen -Verpflegungsanstalt  fortbesteht 

C.Verf.  des  Finanzmin.  y.  3.  Nov.  1873:  „Nach  der  von  dem  E. 
Staatsministerium  auf  Grund  der  A.O.  v.  31.  Aug.  1824  erlassenen  Bekannt- 
machung V.  12.  Nov.  desselben  J.  (GS.  p.  216)  sind  die  CivUbeamten  ver- 
pflichtet, ihren  Ehefrauen  bei  der  AUg.  Witwen -Verpflegungsanstalt  eine  Pension 
mit  mindestens  Vs  ^^^^  Besoldungsbetrags  zu  versichern.  Da  nach  §  6  des 
Gesetzes  v.  12.  Mai  d.  J.,  betr.  die  Gewährung  von  Wohnungsgeldzuschüssen 
an  die  unmittelb.  Staatsbeamten  (S.  297),  diese  Zuschüsse  als  Bestandteil  der 
Besoldung  gelten,  so  sind  dieselben  bei  FeststeUung  des  5.  TeUs  des  Gehalts 
in  demjenigen  vollen  Betrage  in  Anrechnung  zu  bringen,  welcher  von  dem 
Beamten  zur  Zeit  der  Pensionsversicherung  bezogen  wird.  Bei  Beamten, 
welche  Dienstwohnungen  inne  haben  oder  Miethsentschädigung  erhalten,  ist  der 
WohnungsgeldzuschuTs  in  Anrechnung  zu  bringen,  welchen  der  betr.  Beamte 
nach  seinem  Amtssitz  zur  Zeit  der  Pensionsversicherung  tarifmäfsig  erhalten 
wurde,  wenn  ihm  nicht  Dienstwohnung  oder  Miethsentschädigung  gewährt 
worden  wäre."  — 

Min. Verf.  an  einen  OPräsidenten  v.  16.  Aug.  1871:  „Ew.  erwidere 
ich  auf  den  ^ef.  Bericht  v.  — ,  dafs  ich  es  bei  der  dem  Oberlehrer  N.  auferlegten 
Verpflichtung,  seiner  künftigen  Ehegattin  eine  Witwenpension  in  vorschriftsmäfs. 
Höhe  bei  der  AUg.  Witwen- Verpflegungsanstalt  zu  versichern,  belassen  mufs,  da 
die  Bestimmungen  des  Patents  v.  28.  Dec.  1775  und  die  zu  demselben  ergangenen 
abändernden,  ergänzenden  und  erläuternden  AUerh.  Bestimmungen  G^etzeskraft 
haben  und  nur  im  Wege  der  Gesetzgebung  in  gleicher  Weise,  wie  es  in  Betreff 
einiger  dieser  Bestimmungen  durch  das  G^etz  v.  17.  Mai  1856  (S.  420)  geschehen 
ist,  aufgehoben  oder  modiflcirt  werden  können.  Wenn  Ew.  —  für  eine  entgegen- 
stehende Ansicht  auf  die  G.O.  v.  21.  Oct  1863  Bezug  nehmen,  so  mache  ich  darauf 
aufmerksam,  dafs  diese  Ordre  nur  die  Beseitigung  einer  früher  geübten  Verwaltungs- 
praxis genehmifirt,  welche  in  dem  Patent  v.  28.  Dec.  1775  und  den  dazu  ergangenen 
Bestimmungen  keine  Begründung  fand  und  den  entg^^nstehenden  Entscheidimgen 
der  Gerichte  gegenüber  nicht  aufrecht  erhalten  werden  konnte.^ 

Verf.  des  Finanzmin.  u.  des  Min.  der  geistl  etc.  A  ng.  v.  11.  März  1873 
(an  einen  Gymn.-Lehrer):  „Ew.  etc.  erwidern  wir  auf  die  Eingabe  v.  — ,  dafs  es  nach 
den  Vorschriften  der  CO.  v.  17.  Juli  1816  (GS.  p.  214)  und  der  CO.  v.  31.  Aug. 
1824  (GS.  p.  216)  nicht  zulässig  ist,  Sie  von  der  Versicherung  einer  Pension  für 
Ihre  Ehefrau  bei  der  Allg.  Witwenverpflegungs  -  Anstalt  zu  entbinden  oder  diese 
Versicherung  mit  einem  geringreren  als  dem  bestimmungsmäfsigen  Betrage  nach- 
zulassen. Auf  die  desföllige  Ihnen  obliegende  Verpflichtung  ist  der  von  Ihnen 
angeführte  Umstand,  dafs  Sie  Ihr  Leben  bei  der  Versicherungsbank  zu  N.  mit 
einer  Summe  v.  —  Thlrn  versichert  haben,  von  keinem  Einflufs.* 

27* 


420 

Durch  CO.  y.  6.  Juli  1838  (GS.  p.  378)  ist  die  Anfnahme  in  die  Allg. 
Witwen -Verpflegangssmetalt  aoTser  den  zum  Beitritt  verpflichteten  aach  allen 
übrigen  nach  dem  Beglement  t.  30.  April  1825  pensionsberechtigten  nnmittelb. 
Staatsbeamten  gestattet  worden. 

Gesetz  v.  17.  Mai  1856  (GS.  p.  477),  betr.  einige  Abänderungen  des 
Patents  über  die  Errichtung  der  Allg.  Witwenverpflegungs  -  Anstalt  vom 
28.  Dec,  1775: 

§  1.  Von  dem  nächsten  Beceptionstermine,  dem  1.  Oct.  1856,  ab,  und  diesen 
mit  eingeschlossen,  kommen  bei  der  Aufnahme  neuer  Interessenten  in  die  Allg. 
Witwenverpflegungs-Anstalt  in  Ansehung  der  nach  der  CO  v.  27.  Febr.  1831 
(GS.  p.  3)  und  vom  6.  Juli  1838  (GS.  p.  378)  zum  Eintritt  verpflichteten 
resp.  berechtigten  Staatsbeamten  folgende  Bestimmungen  zur  Anwendung. 

a.  der  von  den  neuen  Interessenten  zur  Kasse  der  Anstalt  zu  entrichtende, 
nach  Verschiedenheit  des  Alters  zur  Zeit  der  Beception  und  nach  dem  Betrage 
der  künftig  zu  gewährenden  Pension  bestimmte  jährl.  Versicherungsbeitrag  wird 
nach  Mafsgabe  des  angeschlossenen  Tarifs  festgestellt; 

b.  die  Berechnung  und  Verzinsung  eines  besonderen  Antrittsgeldes,  die 
Entrichtung  von  Betardatszinsen  far  den  Fall  des  später  als  ein  Jahr  nach 
Eingehung  der  Ehe  erfolgenden  Beitritts  und  die  Einbehaltung  der  ersten  beiden 
halbjährl.  Pensionsraten  (Carenzjahr)  findet  nicht  weiter  statt; 

c.  die  neuen  Interessenten  müssen  3  volle  Jahre  nach  dem  Beceptions- 
termine  leben,  wenn  ihre  Witwen  die  ihnen  versicherte  ganze  jährl.  Pension  er- 
halten sollen,  und  erhält  die  Witwe  gar  keine  Pension,  wenn  der  Mann  während 
des  ersten  Jahres  nach  dem  Beceptionstage  stirbt,  und  resp.  Va  oder  ^/j  der 
ihr  versicherten  jährl.  Pension,  wenn  der  Mann  während  des  zweiten  oder  dritten 
Jahres  nach  dem  Beceptionstago  stirbt; 

d.  die  jährlichen  Versicherungsbeiträge  sowie  demnächst  die  entsprechen- 
den Pensionen  werden  in  preufs.  Silbergeld  nach  den  Werthen,  welche  durch 
das  Gesetz  über  die  Münzverfassung  v.  30.  Sept  1821  bestimmt  worden  sind, 
berechnet  und  gezahlt; 

e.  die  Bestimmungen  der  §§  17—21  und  der  §§  23 — 25  des  Patents  über 
die  Errichtung  der  Allg.  Witwenverpflegnngsanstalt  v.  28.  Dec.  1775,  das  Publi- 
candum  der  Generaldirection  der  Witwenverpflegungsanstalt  v.  25.  Mai  1796, 
sowie  die  seitdem  dazu  ergangenen  sonstigen  ergänzenden  und  erläuternden  Be- 
stimmungen treten  aufser  Anwendung. 

§  2.  Diejenigen  Interessenten,  welche  eine  bereits  versicherte  Witwen- 
pension erhöhen,  werden  in  Absicht  diesei;  Erhöhung  als  neu  eintretende  Mit- 
glieder betrachtet  t<«< 

§  3.  Im  Uebrigen  verbleibt  es  auch  hinsichü.  der  Bechte  und  Pflichten  der 
neuen  vom  1.  Oct.  1856  aufgenommenen  Interessenten  bei  den  Bestimmungen 
des  Patents  vom  28.  Dec.  1775  und  bei  den  zu  demselben  seitdem  ergangenen 
abändernden,  ergänzenden  und  erläuternden  Bestimmungen.  Auch  sollen  in 
Ansehung  der  bereits  recipirten  Mitglieder  die  einmal  eingegangenen,  in  ihren 
Beceptionsscheinen  ausgedrückten  Bedingungen  unverändert  bleiben  und  unver- 
brüchlich gehalten  werden. 

§  4.   Der  Finanzminister  ist  mit  der  Ausfahrung  dieses  Gesetzes  beauftragt'* 

Bekanntmachung  der  Generaldirection,  die  Bedingungen  zur 
Aufnahme  in  die  Allg.  Witwenverpflegungsanstalt  betr.,  vom  17.  Sept.  1872: 

„Die  in  Bezug  auf  den  Beitritt  zur  E.  Allg.  Witwenverpflegungsanstalt 
zu  beobachtenden  aUgem.  Vorschriften  werden  nachstehend  mit  dem  Bemerken 
bekannt  gemacht,  dafs  es  im  eigenen  Interesse  der  beteiligten  Personen  11^ 
sich  zur  Vermeidung  von  Verzögerungen  der  Aufinahme,  Portokosten  und  sonstigen 
Weiterungen  genau  nach  diesen  Vorschriften  zu  richten. 


431 

L  Aufnahmeffthig  sind:  1.  alle  im  anmittelb.  Staatsdienst  an- 
gestellten Civilbeamten»  welche  nach  dem  Gesetz  v.  27.  Mfirz  1872  pensions- 
berechtigt sind.  Die  unter  dem  Vorbehalt  des  Widerrufs  oder  der  Kündigung 
angestellten  Beamten  haben  keinen  Anspruch  auf  Pension  und  folglich  auf  die 
Aufnahme  nur  dann,  wenn  sie  eine  in  den  Besoldungsetats  aufgefohrte  Stelle 
bekleiden.  2.  Die  Civilbeamten  des  Deutschen  Beichs»  welche  preuTSf  Unter- 
thanen  und  vom  Kaiser  angestellt  sind. .  .  .  Diejenigen  von  den  unter  Nr.  1 
nnd  2  bezeichneten  Beamten,  deren  pensioneberechtigtes  Diensteinkommen  die 
Summe  von  250  Thlm  nicht  übersteigt,  dürfen  nur  eine  Witwenpension  von 

höchstens  50  Thlm  versichern. 4.  Die  Professoren  bei  den  Universitäten, 

wenn  sie  mit  einer  fixirten  Besoldung  angestellt  sind.  5.  Die  im  eigentl. 
Seelsorgeramt  sowohl  unter  königl.  ds  unter  Privatpatronaten  angestellten  Geist- 
lichen, sowie  die  ordinirten  und  zu  einem  Seelsorgeramt  berufenen  Hülfsgeist- 
lichen.  6.  Die  im  unmittelb.  Staatsdienst  angestellten  nach  §  6  des  Gesetzes 
vom  27.  März  1872  pensionsberechtigten  Lehrer  und  Beamten  an  Gymn.,  Pro- 
gymn.,  Bealschulen,  Schullehrer-Seminarien,  Taubstummen-  und  Blinden-Anstalten, 
Kunst-  und  höh.  Bürgerschulen,  sowie  auch  7.  andere  an  Gymn.  und  diesen 
gleichzuachtenden  Anstalten,  an  Schullehrer-Seminarien,  an  hOh.  und  an  allg. 
Stadtschulen  angestellte  wirkliche  Lehrer  mit  Ausschlufs  der  Hülfslehrer  und 
der  Lehrer  an  solchen  Klassen  derselben,  welche  als  eigentl.  Elementarklassen 
nur  die  Stelle  einer  mit  jenen  Anstalten  verbundenen  Elementarschule  ersetzen. 
In  Betreff  deijenigen  Beamten  und  Hülfslehrer  der  unter  Nr.  6  bezeichneten 
Anstalten,  sowie  der  Lehrer  an  den  mit  letzteren  verbundenen  Elementarklassen, 
deren  pensionsberechtigtes  Diensteinkommen  die  Summe  von  250  Thlm  nicht 
übersteigt,  findet  die  Bestimmung  zu  Nr.  2  Anwendung. . . . 

II.  Wer  der  K.  Allg.  Witwenverpflegungsanstalt  beitreten  will,  hat  vorzulegen: 

a.  ein  Attest  seiner  vorgesetzten  Behörde,  dafs  er  zu  einer  der  genannten 
Klassen  gehöre,  also  zu  1,1  ausdrücklich  darüber,  dafs  er  ein  pensionsfähiges 
Gehalt  und  event.  zu  welchem  jährL  Betrag  beziehe,  zu  1,2  darüber,  dafs 
er  .  .  preulB.  ünterthan  und  durch  Se.  Maj.  den  Kaiser  angestellt  sei.  .  .  . 
und  über  das  Gehalt; ....  zu  1,6  und  7  ein  Attest  der  Regierang  oder  des  Prov. 
Sch.C.  darüber,  dafs  der  Aufzunehmende  sich  in  dem  betr.  zur  Aufnahme  be- 
rechtigten Verhältnis  befinde. . . . 

Heiratsconsense  können  nur  dann  die  Stelle  solcher  Atteste  vertreten, 
wenn  in  denselben  das  Verhältnis  des  Beamten  oder  Lehrers,  welches  ihn  nach 
den  obigen  Bestimmungen  zur  Aufnahme  in  unsere  Anstalt  berechtigt,  besonders 
und  bestimmt  ausgedrückt,  auch  event  das  pensionsfähige  Diensteinkommen 
des  Beamten  angegeben  ist  Versicherangen,  welche  die  Becipienden  selbst  über 
ihre  Stellungen  abgeben,  oder  einfache  Bescheinigungen  einzelner  Behörden:  „dafs 
N.  N.  berechtigt  oder  verpfiichtet  sei,  der  K.  Allg.  Witwenverpfiegungsanstalt 
beizutreten*',  genügen  nicht. 

b.  Förmliche  Geburtsatteste  beider  Gatten  und  einen  Copulationsschein. 
Die  in  diesen  Documenten  vorkommenden  Zahlen  müssen  mit  Buchstaben  aus- 
geschrieben sein  und  die  Vor-  und  Zunamen  beider  Eheleute  in  den  Geburts- 
scheinen müssen  mit  den  Angaben  des  Copulationsscheins  genau  überein- 
stimmen. Blofse  Taufscheine  ohne  bestimmte  Angabe  der  Geburtszeit  sind 
ungenügend;  sind  solche  Angaben  im  Copulationsschein  vorhanden,  so  können 
sie  als  Ersatz  etwa  fehlender  besonderer  Greburtsatteste  nur  dann  gelten,  wenn 
die  Trauung  in  derselben  Kirche  erfolgt  ist,  in  welcher  die  Taäe  vollzogen 
wurde,  und  wenn  die  Gopulations-  und  Geburtsangaben  ausdrücklich  auf  Grand 
der  Kirchenbücher  einer  und  derselben  Kirche  gemacht  werden.  Der  Unter- 
schrift und  der  Oharakterbezeichnung  des  Ausstellers  der  Kirchenzeugnisse  mufs 
das  Kirchensiegel  deutlich  beigedrackt  sein. .. .  Auch  sind  die Documente  stempel- 
frei;  den  Predigern   aber  ist  es  nachgelassen,   fär  Ausfertigung   eines  jeden 


423 

solcher  Zeugnisse  kirchliche  Gebühren,  jedoch  höchstens  im  Betrage  Ton  7  Sgr. 
6  Pf .  zu  fordern.  Da  die  Kirchenzengnisse  bis  nach  Beendignng  der  Bfitgüed- 
Schaft  bei  unseren  Acten  verbleiben  müssen,  so  ist  denjenigen  Becipienden, 
die  sie  etwa  auf  Stempelpapier  einreichen  nnd  also  später  anch  zn  anderen 
Zwecken  als  znm  Einkanf  in  unsere  Anstalt  benutzen  können,  besonders  anzu- 
rathen*  von  vomherein  und  zu  unseren  Acten  nidit  die  Originalien,  sondern 
stempelfreie  beglaubigte  Abschriften  zugehen  zu  lassen,  jedoch  mit  dem  aus- 
drücklichen Vermerk  des  Tidimirenden  Beamten,  dalb  den  Originalien  die  Kirchen- 
Siegel  beigedruckt  seien. 

c.  Ein  ärztliches,  von  einem  approbirten  prakt.  Arzte  ausgestelltes,  eben- 
falls stempelfreies  Attest  in  folgender  Fassung: 

, Jch  (der  Arzt)  versichere  hierdurch  auf  meine  Pflicht  und  an  Eides- 
statt, dass  nach  meiner  besten  Wissenschaft,  H.  N.  weder  mit  der  Schwind- 
sucht, Wassersucht,  noch  einer  anderen  chronischen  Krankheit,   die  ein 
baldiges  Absterben  befürchten  liefse,  behaftet»  anch  überhaupt  nicht  krank, 
noch  bettlägerig,  sondern  gesund,  nach  Verhältnis  seines  Alters  bei  Kräften 
und  fähig  ist,  seine  (Geschäfte  zu  verrichten." 
Dieses  Attest  des  Arztes  muTs  von  4  Mitgliedern  unserer  Anstalt  oder,  wenn 
solche  nicht  vorhanden  sind,  von  4  anderen  bekannten  redlichen  Männern  dahin 
bekräftigt  werden: 

„dafs  ihnen  der  Aufrunehmende  bekannt  sei  und  sie  das  Gegenteil  Ton 
dem,  was  der  Arzt  attestirt  habe,  nicht  wissen." 
Wohnt  der  Becipiend  aufserhalb  Berlins,  so  ist  noch  aufserdem  ein  Certificat  hinzu- 
zufügen, dahin  lautend, 

„dafs  sowohl  der  Arzt  als  die  vier  Zeugen  das  Attest  eigenhändig  unter- 
schrieben haben,  auch  keiner  von  ihnen  ein  Vater,  Bruder,  Sohn,  Schwieger- 
sohn oder  Schwager  des  Aufzunehmenden  oder  der  Frau  desselben  sei.'* 
Dieses  Certificat  darf  nur  von  Notar  und  Zeugen,  von  einem  Gericht  oder  von 
der  Ortspolizeibehörde  erteilt  werden. . . .  Das  Attest,  die  Zeugenaussagen 
und  das  Certificat  dürfen  nie  vor  dem  16.  Jan.  oder  16.  Joli  datirt  sein,  je 
nachdem  die  Aufnahme  zum  1.  April  oder  1.  Oci  erfolgen  soU,  und  die  oben 
vorgeschriebene  Form  mufs  in  allen  Teilen,  Wort  für  Wort,  ganz  genau  beob- 
achtet werden. 

ni.  Die  Aufnahmetermine  sind,  wie  oben  angedeutet,  der  1.  April  und 
1.  Oct.  eines  jeden  Jahres.  Wer  also  nach  I  zur  Beception  berechtigt  ist 
^nd  diese  durch  eine  K.  Begierungs-  resp.  Bezirks-Haupt-  oder  Institutenkasse 
oder  durch  einen  unserer  Commissarien  bewirken  will,  hat  an  dieselben  seinen 
Antrag  und  die  zu  II  genannten  Documente  vor  dem  1.  April  oder  1.  Oct.  so 
zeitig  einzureichen,  dafs  sie  spätestens  bis  zum  15.  März  oder  15.  Sepi  von  dort 
aus  bei  uns  eingehen  können.  Anträge,  welche  nicht  bis  zu  diesem  Zeitpunkt 
gemacht  und  bis  dahin  vollständig  belegt  worden  sind,  werden  von  den  königl 
Kassen  und  Commissarien  zurückgewiesen  und  können  nur  noch  bis  zum  Ablauf 
der  Monate  März  und  Sept.  in  portofreien  Briefen  unmittelbar  an  uns  selbst 
eingesandt  werden,  dergestalt,  dafs  sie  spätestens  am  31.  März  oder  30.  Sept 
hier  eingehen.  In  der  Zwischenzeit  der  vorgeschriebenen  Termine  werden 
keine  Receptionsanträge  angenommen  und  keine  Aufnahmen  vollzogen. 

IV.  Den  zu  II  genannten  Attesten  sind  womöglich  gleich  die  ersten  prä- 
num.  zu  zahlenden  halbjährl.  Beiträge  beizufügen,  die  nach  dem  Tarif  zu  dem 
Gesetz  v.  17.  Mai  1856  sehr  leicht  berechnet  werden  können.  Dieser  Tarif  ist 
in  der  GS.  für  1856  S.  479  fg.  abgedruckt  und  Jedermann  zugänglich.  Bei 
Berechnung  des  Alters  ist  jedoch  der  §  5  des  Beglements  zu  beachten,  wo- 
nach einzelne  Monate  unter  sechs  gar  nicht,  vollendete  sechs  Monate  und 
darüber  als  ein  ganzes  Jahr  gerechnet  werden.  Stundungen  der  ersten  Bei- 
träge oder  einzelne  Teilzahlungen  zur  Tilgung  derselben  sind  unstatthaft,  und 


423 

Tor  vollständiger  Einsendung  der  tarifinäfsigen  Gelder  nnd  der  vorgeschriebenen 
Atteste  kann  unter  keinen  Umst&uden  eine  Beception  bewirkt  werden. 

y.  Was  die  Festsetzung  des  Betrages  der  zu  versichernden  Pension  betrifft, 
so  haben  hierüber  nicht  wir,  sondern  die  den  Recipienden  vorgesetzten  Dienst- 
behörden zu  bestimmen.  Es  kann  daher  hier  nur  im  Allgemeinen  bemerkt 
werden,  dafs  nach  den  höheren  Orts  erlassenen  Verordnungen  die  Pension 
mindestens  dem  fanften  Teile  des  Diensteinkommens  gleich  sein  muTs,  wobei 
jedoch  zu  berücksichtigen  ist,  dafs  die  Versicherungen  nur  von  25  Thlr  bis 
500  Thlr  inclus.,  immer  mit  25  Thlm  steigend,  statländen  können. 

VL  Bei  späteren  Pensionserhöhungen,  die  jedoch  in  Beziehung  auf  die 
Beiträge,  Probejahr  u.  s.  w.  als  neue,  nur  von  den  älteren  unabhängige  Ver- 
sicherungen und  nur  insofern  mit  diesen  gemeinschaftlich  betrachtet  werden, 
als  ihr  Gesamtbetrag  die  Summe  von  50  resp.  100  Thlm  und  500  Thlm  nicht 
übersteigen  darf,  ist  die  abermalige  Beibringung  der  Eirchenzeugnisse  nicht 
erforderlich,  sondern  nur  die  Anzeige  der  älteren  Beceptionsnummer,  ein  neues 
vorschriftsm.  (Gesundheitsattest  und  wenn  die  zu  I,  1 — 3  bezeichneten  Grenzen  über- 
schritten werden  sollen,  ein  amtl.  Attest  über  die  veränderte  Stellung  und  Be- 
soldung, resp.  über  die  etwa  erlangte  Pensionsberechtigung.  Auch  die  Beträge  der 
Erhöhungen  müssen  wie  die  ersten  Versicherangen  durch  25  ohne  Brach  teilbar  sein. 

VII.  Da  wir  im  Schlufssatze  der  Beceptionsdocumente  stets  förmlich  und 
rechtsgiltig  über  die  ersten  halbjährL  Beiträge  quittiren,  so  werden  besondere 
Quittungen  über  dieselben,  wie  sie  sehr  häufig  von  uns  verlangt  werden,  unter 
keinen  Umständen  erteilt" 

Schreiben  des  Finanzmln.  v.  30.  Juli  1875:  „Ew.  -^  beehre  ich 
mich  auf zu  erwidern,  dafs  ich  nicht  Anstand  nehme,  mich  damit  ein- 
verstanden zu  erklären,  dafs  die  vollbeschäftigten  technischen  Lehrer  an 
den  höheren  Unterrichisanstalten,  welche  als  solche  definitiv  angestellt  und  be- 
rechtigt sind,  den  gesetzl.  Wohnnngsgeldzuschufs  zu  beziehen,  im  Sinne  der 
A.  0.  V.  17.  April  1820  als  wirkliche  Lehrer  anzusehen  und  demgemäfs  ver- 
pflichtet sind,  im  Fall  ihrer  Verheiratung  der  Allg.  Witwen-Verpflegungsanstalt 
beizutreten  und  resp.  den  Heiratsconsens  ihrer  vorgesetzten  Behörde  einzuholen. 
Im  Uebrigen  gestatte  ich  mir,  bei  dieser  Gelegenheit  darauf  hinzuweisen,  dafs 
die  gedacht  Verpflichtung  seit  Erlafs  des  Pensionsgesetzes  v.  27.  März  1872 
auch  die  Hülfsieh rer  und  Beamten  an  den  §  6,  2  ibid.  bezeichneten  königl. 
Anstalten  treffen  würde,  soweit  sie  ein  die  Summe  von  250  Thlm  jährl.  über- 
steigendes pensionsberechtigtes  Diensteinkommen  beziehen.  Diesen  gewährten 
die  A.  C.  0.  v.  10.  Dec.  1816  und  v.  17.  April  1820  nicht  die  Beitrittsföhig- 
keit,  während  sie  dieselbe  jetzt  unter  der  Voraussetzung  in  Ansprach  nehmen 
können,  resp.  zum  Beitritt  verpflichtet  sind,  dafs  sie  eine  in  den  Besoldungs- 
etats aufgeföhrte  Stelle  bekleiden  und  demgemäfs  zu  den  pensionsberechtigten 
unmittelb.  Staatsbeamten  im  Sinne  der  G.  0.  v.  6.  Juli  1838  gehören.*^ 

Min. Verf.  v.  23.  Jan.  1880.  „Dem  K.  Prov.Sch.C,  erwidere  ich  auf  den 
Bericht  vom  23.  Juli  v.  J.,  dafs  ich  im  Einvernehmen  mit  dem  H.  Fin.-Min. 
die  Vorschullehrer  an  den  städtischen  Gymnasien,  Progymnasien  und 
Realschulen  in  der  Regel  nicht  für  beitrittspflichtig  und  -berechtigt  zur  Allg. 
Witwen -Verpflegungsanstalt  hierselbst  erachte.  Diese  Verpflichtung  und  Be- 
rechtigung steht  nach  der  A.  G.O.  v.  17.  April  1820  und  §  6  des  Pensions- 
gesetzes vom  27.  März  1872  nur  den  im  unmittelbaren  Staatsdienste  thätigen 
Vorschul-  resp.  ElementarschuUehrem  zu«  Hieraus  in  Verbindung  mit  dem 
Gesetze  v.   22.  Dec.  1869  0  wegen  der  Elementarlehrer- Witwen-  und  Waisen- 

*)  Gesetz  v.  22.  Dec.  i869,  betr.  die  Erweiterung,  Umwandlung 
und  Neueinrichtung  von  Witwen-  und  Waise nk  aasen  für  Elementar- 
lehrer.   „§  1.    Die  SUtaten  der  unter  Leitung  der  Staatsbehörden  in  den  ver- 


424 

kassen  folgt,  dafs  die  Lehrerstellen  an  den  Vorschulen  der  yorberegten  städti- 
schen Unterrichtsanstalten  in  den  Wirkungskreis  der  obenerwähnten  Kassen, 
insoweit  dies  noch  nicht  geschehen  ist,  gezogen  werden  müssen,  damit  die 
Familien  auch  dieser  Kategorie  von  Lehrern  der  durch  das  Gesetz  getroffenen 
Fürsorge  für  Witwen  und  Waisen  teilhaftig  werden.  Ich  habe  deshalb  der 
dortigen  K.  Regierung  Abschrift  dieser  Verfögung  erteilt  und  ihr  die  Ordnung 
der  hierher  gehörigen  Verhältnisse,  soweit  sJs  nöthig,  im  Einvernehmen  mit 
dem  K.  ProY.Sch.C.  aufgegeben.  Der  Min.  d.  geistL  etc.  Ang.  von  Pnttkamer. 
C.Verf.  V.  20.  April  1880.  J)er  Bericht  vom  31.  März  d-  J.,  die  Be- 
willig^ng  einer  Unterstützung  fär  die  Lehrer-Witwe  N.  betreffend,  giebt  mir 
Veranlassung,  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dafs  für  die  Familien  aller  öffent- 
lichen Lehrer  durch  ihren  Beitritt  entweder  zur  Allg.  Witwen- Verpflegungsanstalt 
oder  zur  Elementarlehrer-Witwen-  und  Waisenkasse  des  Bezirks  gesorgt  werden 
mufs.  Die  Annahme,  dafs  pp.  N.  zum  Eintritt  in  die  AUg.  Witwen- Ver- 
pflegungsanstalt nicht  berechtigt  gewesen  sei,  beruht  auf  Irrtum.  Sämtliche  im 
unmittelbaren  Staatsdienste  angestellte  Vorschul-  und  Elementarlehrer 

schiedeDen  Teilen  des  Landes  bestehenden  Witwen-  und  Waisenkassen  fnr  die 
Hinterbliebenen  der  öffentlichen  Elementarlehrer  sind  durch  die  bisherige  Ver- 
waltung anter  Mitwirkung  des  beteiligten  Lehrerstandes  einer  Revision  zu  unter- 
werfen. §  2.  Zweck  dieser  Ilevision  ist  die  Erhöhung  der  den  Hinterbliebenen 
der  Kassenmitglieder  zu  zahlenden  Pension  vom  1.  Januar  1871  ab  auf  jährlich 
mindestens  fünfzig  Thaler  [«.  das  folgende  Gesetz  v,  24.  Febr.  1881],  ohne  spater 
mögliche  Erhöhungen  dieses  Hinimalsatzes  auszuBchliefsen.  Ueber  den  Ansprach 
der  einzelnen  Hinterbliebenen  auf  Pension,  über  Aufall  und  Ende  des  Pensions- 
genusses  bestimmen  die  zu  revidirenden  Statuten  (§  1). 

§  3.  Um  den  angegebenen  Zweck  zu  erreichen,  können  nach  Anhörung  der 
in  jedem  Kreise  zu  bildenden  Vorstände  (§  7)  die  jährlichen  Beiträge  von  jeder 
in  dem  Bereich  der  Kasse  befindlichen  öffentlichen  Lehrerstelle,  sowie  von  den- 
jenigen Kassenmitgliedem,  welche  keine  Lehrerstelle  inne  haben,  bis  auf  den  Be- 
trag von  5  Thlm  gesteigert,  von  allen  Elementarlehrem  bei  ihrer  ersten  definitiven 
Anstellung  ein  Antrittsgeld  bis  zum  Betrage  von  8  Thlm  und  von  den  Kassen- 
mitgliedern bei  Gehaltsverbesserungen,  die  ihnen  zu  Teil  werden,  ein  einmaliger 
Beitrag  von  25  Procent  des  Jahresbetrages  derselben  gefordert  werden. 

§  4.  Die  Gemeinden  und  selbständigen  Guts-  oder  Domanialbezirke,  sowie 
diejenigen  Institute,  Kassen  etc.,  welchen  die  Unterhaltun(|r  einer  Lehrerstelle  ob- 
liegt, sind  verpflichtet,  einen  jährlichen  Beitrag  von  4  Thlm  für  jede  ihrer  Lehrer- 
stellen zu  der  Lehrer- Witwen-  und  Waisenkasse  des  Bezirks  zu   zahlen,   welchem 

sie  angehören §  5.    Gelingt  es   auch  mit  Hinzunahme  dieser  Beiträge  nicht, 

die  im  §  2  festgesetzten  Minimalsätze  der  Pension  zu  erreichen,  so  ist  aus  der 
Staatskasse  der  erforderliche  Zuschufs  zu  leisten. 

§  6.  Die  Verwaltunc;  der  Elementarlehrer- Witwen-  und  Waisenkasse  ver- 
bleibt der  Regierang.  Doch  werden  als  Guratoren  der  Kasse  von  den  Mit- 
gliedern der  Anstalt  aus  ihrer  Mitte  drei  Vertreter  erwählt  §  7.  In  jedem  der 
zu  einem  Bezirk  vereinigten  Kreise  resp.  Aemter  oder  selbständigen  Städte  wird 
ein  Vorstand  gebildet,  zu  welchem  neben  Vertretern  des  Kreises  resp.  des  Amtes 
oder  der  selbständigen  Stadt  der  Landrath,  Amtshauptmann  oder  Bürgermeister 
als  Vorsitzender  und  neben  Vertretern  der  SchnUnspection  drei  von  den  Mitgliedem 
der  Kasse  zu  wählende  Lehrer  gehören  müssen. 

§  8.  Die  Erhöhung  der  bisherigen  Beiträge  und  Antrittsgelder,  sowie  die 
Festsetzung  der  zu  zahlenden  Witwen-  und  Waisen  -  Pensionen  erfolgt,  letzteres 
auf  Grund  sachverständigen  Gutachtens,  nach  Anhörung  der  Vorstände  (§  7)  durch 
Beschlufs  des  Ministers  der  Unterrichts- Angelegenheiten. 

[§  9.  Zum  Kapital  müssen  geschlagen  werden  die  Antritts-,  die  Gehalts- 
verbesserungsgelder, die  eingehenden  Geschenke  und  Vermächtnisse,  soweit  nicht 
ausdrücklich  anders  über  sie  bestimmt  ist,  und  die  Collecten.]  S.  Ges.  v.  24.  Febr.  1881. 

§  10.  Die  Aufhebung  der  unter  Leitung  der  Staatsbehörden  stehenden 
Elementarlehrer- Witwen-  und  Waisenkassen  zum  Zweck  einer  Erweiterung  der 
Associationsbezirke,        die  Veränderung  der  Statuten,       die  Vereinigung  mehrerer 


425 

sind  berechtigt  und  verpflichtet,  der  ADg..  Witwen- Verpflegungsanstalt  beizu- 
treten, und  nur  die  Lehrer  der  gleichen  Kategorie  an  nicht  staatlichen  Anstalten 
sind  auf  die  Elementarlehrer-Witwen-  und  Waisenkassen  angewiesen. . . ." 

Min. Verf.  v.  27.  Oct.  1882.  „Auf  den  Bericht  v.  13.  Sept.  d.  J  er- 
widere ich  der  E.  Begierung,  dafs  die  Stellen  der  Vorschullehrer  an  den  nicht 
staatlichen  höh.  Unterrichtsanstalten,  wie  dies  bereits  in  dem  C.Erl.  v.  20.  April 
1880  und  der  Verf.  y.  23.  Jan.  dess.  J.  ausgesprochen  ist,  ganz  allgemein  dem 
Wirkungskreise  der  Elementarlehrer- Witwen-  und  Waisenkasse  angehören.  Dem- 
nach hat  die  Stadt  N.  für  die  Vorschullehrerstelle  an  der  dortigen  höh.  Bürger- 
schule, welche  zur  Zeit  der  p.  N.  inne  hat,  die  Gemeindebeiträge,  soweit  sie 
nicht  verjährt  sind,  zu  zahlen,  während  die  Stellenbeiträge,  soweit  sie  inzwischen 
nicht  verjährt  sind,  aus  dem  Einkommen  der  gedachten  Lehrerstelle  zu  ent- 
richten sind.  Auch  die  übrigen  Vorschullehrerstellen  an  der  höh.  Bürger- 
schule zu  N.,  wie  an  den  sonstigen  Unterrichtsanstalten  der  gleichen  Kategorie 
im  dortigen  Bezirke  sind  in  der  hier  in  Bede  stehenden  Beziehung  in  gleicher 
Weise  zu  behandeln;  es  sei  denn,  dafs  ein  Inhaber  solcher  Stellen  Mitglied 

solcher  Kassen  zu  einer  gemeiDSchaftlichen  Kasse,  die  Zaschlagung  einzelner 
Landesteiie  zu  einem  bereits  bestehenden  Kassenverbande,  die  Errichtung  neuer 
solcher  Kassen  mit  juristischer  Persönlichkeit,  mit  Beitragspflioht  aller  öffentlichen 
Elementarlehrerstellen  innerhalb  eines  gewissen  Bezirks  und  mit  Berechtigung  zur 
administrativen  Beitreibung  der  jährlichen  und  einmaligen  Beiträge,  sowie  der 
Antrittsgelder  der  Teilnahmepflichtigen,  wobei  jedoch  überall  die  in  diesem 
Gesetz  enthaltenen  Bestimmungen  zur  Geltung  kommen  und  die  bereits  erworbenen 
Rechte  der  einzelnen  Teilnehmer  gewahrt  werden  müssen ,  erfolgt  durch  Königl. 
Verordnung,  welche  durch  die  Amtsblätter  der  beteiligten  Bezirke  zu  verkündigen  ist. 
§  11.  Für  diejenigen  Landesteile,  in  welchen  derartige  Kassen  unter  der 
Leitung  von  Staatsbehörden  nicht  bestehen,  sind  solche  spätestens  bis  zu  dem  in 
§  2  angegebenen  Zeitpunkte  nach  den  in  diesem  Gesetze  vorgeschriebenen  Normen 
gleichfalls  durch  KÖnigl.  Verordnung  ins  Leben  zu  rufen,  insofern  nicht  ander- 
weitig in  noch  auskömmlicherer  Weise  daselbst  für  die  Lehrer- Witwen  und  Waisen 
eesorgt  ist.  §  12.  Durch  dieses  Gesetz  werden  weder  bestehende  Gerechtsame 
der  Lehrer- Witwen  und  Waisen,  noch  besondere  Leistungen  zu  deren  Gunsten 
aufgehoben.  Diese  Gerechtsame  und  Leistungen  werden  jedoch,  soweit  sie  nicht 
auf  einem  privatrechtlichen  Titel  beruhen ,  auf  die  nach  den  §§  3  und  4  zu  ge- 
währenden Zuschüsse  zu  den  Witwen-  und  Waisenkassen  angerechnet.      Wilhelm. 

Gesetz  v.  24.  Febr.  1881.  „Artikel  1.  An  die  Stelle  des  im  §  2  des 
Gesetzes  v.  22.  Dec.  1869  bestimmten  Hinimalsatzes  für  die  Pensionen  der  Hinter- 
bliebenen der  öff.  Elementarlehrer  von  150  Mark  tritt  vom  1.  April  1881  ab  der 
Minimalsatz  von  zweihundertfünfzig  Mark.  Art.  2.  Der  §  9  des  Ges.  v.  22.  Dec. 
1869  wird  aufgehoben.  Art.  3.  Das  Ges.  v.  2'2.  Dec.  1ö69  etc.  wird  auch  auf 
den  Kreis  Herzogtum  Lauenburg  ausgedehnt  .  .  .  Art.  4.  Von  dem  Geltungs- 
bereich dieses  Gesetzes  sind  die  Kassenbezirke  der  Grafschaften  Wernigerode, 
Stolberg-Stolberg  und  Stolberg-Rofsla,  der  Städte  Berlin,  Hannover,  Frankfurt  a.  M. 
und  Greifswald  ma  auf  Weiteres  ausgeschlossen.  Die  Einführung  des  Gesetzes 
in  die  vorbezeichneten  Kassenbezirke  bleibt  Königlicher  Verordnung  vorbehalten. '* 
Wilhelm.  (Für  die  Grafschaften  Stelberg  eto.  erfolgt  durch  Ges.  v.  17.  Jan.  1887, 
8.  CBl.  S.  235.) 

Durch  die  C.  Verf.  v.  22.  März  1881  (Instruction  zur  Ausführung  des  Ge- 
setzes V.  24.  Febr.  1881,  GBl.  S.  396  fg.)  ist  angeordnet,  dafs  aufser  den  nach  §  4 
des  Gesetzes  v.  22.  Dec.  1869  zu  erhebenden  Gommunalbeiträgen,  soweit  dies  nicht 
ohnehin  statuterisch  vorgeschrieben  ist:  1)  von  jeder  in  dem  Bereiche  der  Kasse 
befindlichen  Lehrerstelle  ein  Jahresbeitrag  von  15  Mark  zur  Kasse  zu  zahlen  ist; 
2)  dafs  alle  Kassenmitglieder  bei  ihrer  ersten  definitiven  Anstellung  ein  Antritts- 
geld im  Minimum  von  24  Mark,  .3)  und  dafs  die  öffentl.  Elementarlehrer  bei  Ge- 
haltsverbesserungen, die  ihnen  zu  Teil  werden,  einen  einmaligen  Beitrag  von  25% 
des  Jahresbetrages  der  Verbesserung  zu  entrichten  haben. 

Vgl.  CBl.  1882  S.  720  fg. 


436 

der  AUg.  Witwen-Verpfleg^ngsanstalt  bereits  geworden  ist.  Im  letzteren  Falle 
ist  bis  znr  Aendemng  dieses  Verhältnisses  die  Neuordnung  der  Sache  zo  Tor- 
schieben."    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Anftr.  Barkhansen. 

C.Verf.  T.  30.  Sept  1886.  „Es  sind  bisher  f&r  eine  Anzahl  technisdier 
Elementar-  und  Vorschnllehrer  an  staatlichen  höh.  Unterrichtsanstalten,  sowie 
far  mehrere  Schnllehrer-Seminar-  und  Präparandenanstalts- Lehrer  anf  C^rnnd 
des  §  4  des  Gesetzes  vom  22.  Dec.  1869  die  Gemeindebeiträge  znr  Elementar- 
lehrer-Witwen-  nnd  Waisenkasse  aus  den  Mitteln  der  betr.  Anstalten  bezw.  ans 
Staatsfonds  geleistet  worden.  Anläfslich  eines  Specialfalles  mache  ich  im 
Einrerständnisse  mit  dem  H.  Fin.-Min.  das  E.  ProY.Sch.C.  darauf  aufmerksam, 
dafs  den  betr.  Lehrern  —  nachdem  sie  auch  an  den  Wohlthaten  des  Gesetze 
vom  20.  Mai  1882  Teil  haben  —  die  etwaige  weitere  Mitgliedschaft  bei  der 
Elementarlehrer-Witwen-  und  Waisenkasse  zwar  unbenommen  bleibt,  sofern  das 
Statut  der  in  Betracht  kommenden  Kasse  das  fernere  Verbleiben  in  dieser  zu- 
läfst,  dafs  aber  im  Hinblick  auf  das  zuletzt  gedachte  Gesetz  die  Zahlung  der 
in  Hede  stehenden  Gemeindebeiträge  aus  der  Anstaltskasse  nicht  mehr  erfolgen 
kann,  vielmehr  diesen  Lehrern  eveni  selbst  überlassen  bleiben  mufs.  Da- 
gegen sind  für  diejenigen  Lehrer,  welche  auf  die  Wohlthaten  des  Gesetzes  vom 
20.  Mai  1882  verzichtet  haben,  die  vorbezeichneten  Beiträge  in  der  bisherigen 
Weise  fortzuentrichten,  da  es  hinsichtlich  derselben  in  Folge  ihres  Verzichtes 
auf  die  Wohlthaten  des  neuen  Gesetzes  bei  dem  alten  Bechtszustand  geblieben 
ist.  Als  Termin  für  die  Einstellung  der  fraglichen  Zahlungen  ist  —  sofern 
keine  Bedenken  obwalten  —  der  1.  October  d.  J.  anzunehmen.''    v.  Gofsler. 

Min.  Verf.  v.  7.  Mai  1887.  ,J)er  E.  Regierung  eröffne  ich  auf  den  Be- 
richt V.  23.  April  d.  J.,  dafs  die  durch  denselben  mir  vorgelegte  Beschwerde 
des  Vorschullehrers  N.  daselbst  vom  7.  April  d.  J.  nicht  für  gerechtfertigt  er- 
achtet werden  kann.  Dem  N.  ist  durch  seine  Versetzung  an  die  Vorschule 
des  städtischen  Realgymnasiums  daselbst  im  Verhältnisse  zu  dem  bisher  von 
ihm  bezogenen  Gehalte  eine  dauernde  Aufbesserung  seines  Dienstoinkommens 
um  jährlich  600  Mk.  zu  Teil  geworden,  und  ist  derselbe  demgemäfs  verpflichtet, 
25%  des  genannten  Betrages  an  die  evangelische  Elementarlehrer- Witwen-  und 
Waisenkasse  für  den  dortigen  Bezirk  als  einmalige  Abgabe  zu  zahlen.  Diese 
Aufbesserung  des  Diensteinkommens  kann  auch  nicht  als  eine  solche  Zulage 
angesehen  werden,  welche  zur  Erfollung  des  Minimalgehaltes  gewährt  ist  und 
deshalb  den  Bestimmungen  über  die  Zahlung  von  Gehaltsverbesserungsgeldem 
nicht  unterliegen  wurde.  Wird  ein  Elementarlehrer  aus  einer  auf  das  Minimal- 
gehalt beschränkten  Stelle  auf  eine  andere  aus  besonderen  Rücksichten  mit 
einem  höheren  Anfangssatze  unter  übrigens  gleichen  örtlichen  Verhältnissen 
ausgestattete  Elementarlehrerstelle  versetzt,  so  findet  auf  ihn  die  Bestimmung 
unter  Nr.  2  des  Circ.Erlasses  vom  27.  Mai  1882  (CBl.  S.  725)  Anwendung. 
In  diesem  Falle  befindet  sich  der  N.,  welcher  ungeachtet  seiner  Versetzung  an 
die  Vorschule  des  städtischen  Realgymnasiums  zu  N.  nach  wie  vor  Elementar- 
lehrer geblieben,  und  welchem  durch  diese  Versetzung  in  eine  aus  besonderer 
Rücksichtnahme  auf  den  Charakter  der  höh.  Lehranstalten  im  Verhältnisse  zu 
den  Lehrerstellen  an  den  öffentl.  Volksschulen  zu  N.  besser  ausgestattete  Stelle 
eine  entsprechende  Gehaltsverbesserung  zu  Teil  geworden  ist  . .  .*'  Der  Min. 
d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Auftr.  Barkhausen. 

C  Verf.  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Königsberg  v.  3.  Jan.  1868:  „Bs 
ist  neuerdings  der  Fall  vorgekommen,  dafs  die  Witwe  eines  Gymnasial-Elementar- 
lehrers  eine  Pension  ans  der  Schullehrer  -  Witwen-  und  Waisen  -  [JnterstütKungs- 
anstalt  ihres  Bezirks  beansprucht  hat,  aber  aus  dem  Grunde  hat  abgewiesen  weraen 
müssen,  weil  ihr  Ehegatte  es  versäumt  hatte,  nach  seiner  Anstellung  der  qu.  An- 
stalt als  Mitglied  beizutreten.        Um  derartigen  Fällen  für  die  Folge  vorzubeugen, 


427 

yeranlaasen  wir  Ew.  — ,  darauf  zu  halten,  dafs  die  bei  der  dortigen  Anstalt  ange- 
stellten Elementarlehrer  ihrer  Verpflichtung  in  Bezug  auf  den  Beitritt  zur 
Schullehrer-Witwen-  und  Waisen-Unterstützungsanstalt  des  Re- 
gierungsbezirks rechtzeitig  nachkommen,  damit  ihre  Hinterbliebenen  dereinst 
vor  drückendem  Mangel  geschützt  werden." 

Wer  vor  der  deflnitiTen  Anstellung  sich  verheiratet  hat,  ist  znr  nach- 
trägl.  Yersicherang  einer  Witwenpension  nicht  verpflichtet 

C.  0.  V.  21.  Oct.  1863:  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v.  ~ 
bestimme  Ich  hierdurch,  dafs  diejenigen  Beamten,  welche  nach  den  betr.  allg. 
Verordnungen  bei  ihrer  Verheiratung  nicht  verpflichtet  waren,  der  Allg.  Witwen- 
Verpflegnngsanstalt  beizutreten,  später  zur  nachtrfigl.  Versicherung  einer  Witwen- 
pension Üur  ihre  Ehefrauen  nicht  gezwungen  werden  sollen.^ 

G. Verf.  V.  25  Oct.  1858:  „Denjeniffen  Geistlichen  und  Lehrern  höherer 
Sdiulanstalten,  deren  Einkommen  nicht  400  Thlr  jährl.  betnigt,  und  welche  eigenes 
Vermögen  nicht  besitzen,  wurden  bisher  auf  Grund  des  A.  E.  v.  10.  Dec.  1816 
und  17.  April  1820  die  Beiträge  far  eine  ihren  Ehefrauen  zu  versichernde  Witwen- 
pension von  100  Thlr  jährl.  aus  Ceotralfonds  erstattet;  wogegen  sie  die  Zinsen 
für  die  statt  des  Antrittsgeldes  einzulegenden  Wechsel  aus  eigenen  Mitteln  be- 
richtigen mufsten. 

Durch  das  Gesetz  v.  17.  Mai  1856,  betr.  einige  Abänderungen  des  Patents 
V.  28.  Dec.  1775  über  die  Errichtung  der  Allg.  Witwen  -  Verpflegnngsanstalt^  ist 
die  Bestimmung  wegen  Einzahlung  eines  Antrittsgeldes,  resp.  Verzinsung  desselben, 
aufgehoben,  und  dagegen  der  zu  entrichtende  Jahresbeitzttg  erhöht  worden.  Es 
würde  sonach  eine  ungleichmäfsige,  der  Billigkeit  nicht  entsprechende  Behandlung 
der  beteiligten  älteren  und  neueren  Mitglieder  der  Witwenanstalt  eintreten,  wenn 
den  letzteren  die  nach  dem  eben  erwähnten  Gesetz  zu  entrichtenden  refflements- 
mafsigen  Beiträge  voll  vergütet,  von  den  ersteren  aber,  wie  bisher,  die  Weohsel- 
zinsen  aus  eigenen  Mitteln  gezahlt  werden  sollten.  Zur  Beseitigung  dieser  Un- 
gleichheit habe  ich  beschlossen,  bei  der  von  jetzt  ab  eintretenden  Feststellung  der 
zu  erstattenden  Beiträge  an  die  nach  dem  Gesetz  v.  17.  Mai  1856  eingekauften 
Mitglieder  den  Betrag  der  Wechselzinsen,  welche  bis  zum  50.  Jahr  des  Mannes 
sich  auf  8  Thlr  belaufen  und  nur  in  den  höheren  Altersstufen  etwas  steigen,  durch- 
weg mit  8  Thlr  in  Abzug  zu  bringen,  dagegen  das  Goldagio  aufser  Ansatz  zu 
lassen,  weil  Pensionen  und  Beiträge  nach  dem  gedachten  Gesetz  nur  in  Silbergeld 
gezahlt  werden.  Nach  diesem  Grundsatz  würden  daher,  wenn  der  Beitrag  26  Thlr 
jährlich  beträgt,  nach  Abzug  von  8  Thlrn  noch  18  Thlr  zu  erstatten  sein.** 

Min. Verf.  v.  1.  Oct.  1867:  nAuf  den  Bericht  v.  —  eröfifne  ich  dem  K. 
Prov.Sch.C.,  dafs  es  nach  den  bestehenden  Bestimmungen  nicht  zulässig  ist, 
Geistlichen  und  Lehrern,  welche  vor  ihrer  erfolgten  Emeritirung  einen  Anspruch 
auf  die  Erstattung  der  Witwenkassenbeiträge  für  die  ihren  Ehefrauen  bei  der 
Allg.  Witwen  -  Verpflegungsanstalt  versicherte  Pension  nicht  gehabt  haben,  diese 
Beiträge»  wenn  sie  mit  einer  Pension  von  weniger  als  400  Thlm  pensionirt  werden, 
später  zu  erstatten." 

Min.  Verf.  v.  9.  April  1873:  „Auf  den  Bericht  des  K.  Prov.Sch.C.  v.  — 
genehmige  ich  im  Einverständnis  mit  dem  H.  Finanzmin.  allgemein,  dafs,  nachdem 
durch  die  C.Verf.  v,  28.  Juni  1870  (s.  CBl.  1870  p.  612)  sämtlichen  Elementar- 
lehrern auch  an  den  höh.  Unterrichtsanstalten  der  Beitritt  zu  den  in  Gemäfsheit 
des  Gesetzes  v.  22.  Dec.  1869  errichteten  Elementarlehrer  -  Witwen-  und  Waisen- 
kassen gestattet  worden  ist,  der  Beitrag,  welcher  an  diese  Kassen  nach  §  4  1.  c. 
von  den  zur  Unterhaltung  einer  Lehrer^lle  Verpflichteten  mit  jährL  4  Thlm  pro 
Stelle  zu  entrichten  ist,  auf  die  Kassen  derjenigen  Anstalten  königl.  oder  städtischen 
Patronats,  bei  welchen  die  betr.  Lehrer  angestellt  sind,  auch  dann  übernommen 
werde,  wenn  die  Anstalt  einen  Staatszuschufs  bezieht.'' 

CVerf.  T.  20.  Sepi  1835:  Jim  EinverstAndnis  nnd  mit  Zustimmung 
des  unterzeichneten  Ministerii  wird  die  K.  (}eneraIdirection  der  Allg.  Witwen- 
verpflegangs  -  Anstalt  hinfaro  in  allen  Fällen,  wo  Geistliche  oder  Lehrer  mit 


428 

Witwenkassenbeiträgen  im  Bückstand  Terbleiben,  zum  Zweck  der  Herbeifahrnng' 
deren  nngesäamter  nachträglicher  Berichtigung  nicht  mehr  wie  bisher  an  das 
Ministerium  sich  wenden,  sondern  zur  wnnschenswerthen  möglichsten  Abkürzimg 
des  Geschäftsganges  und  schnelleren  Förderung  der  Sache  unmittelbar  mit  der 
betr.  K.  Begierung  deshalb  in  Communication  treten  und  derselben  das  Er- 
forderliche hierüber  mitteilen. 

Indem  das  Min.  die  E.  Begierung  hiervon  benachrichtigt,  fordert  es  die- 
selbe zugleich  auf,  demgemäfs  die  Erledigung  diesfälliger  Bequisitionen  der  K. 
Generaldirection  der  AUgm.  Witwenverpflegungs-Anstalt  sobald  als  thanlich  zu 
bewirken." 

C.Verf.  Y.  12.  Juni  1876.  „Dem  E.  Gonsistorium  etc.  lasse  ich  hier- 
neben Abschrift  der  von  dem  H.  Finanz-Minister  an  die  sämtlichen  Königlichen 
Begierungen  und  die  Eönigliche  Finanz-Direction  zu  Hannover  unterm  5.  y.  M. 
erlassenen  Circular  -  Verfügung  nebst  Anlage,  betr.  die  Annahme  und  Ver- 
rechnung der  Witwen  -  Eassenbeiträge  sämtlicher  Mitglieder  der  E.  Allg. 
Witwen-Yerpflegungsanstalt  durch  die  Begierungs-  resp.  Bezirks-Haupt-Eassen  etc. 
und  deren  Unterkassen  zur  Eenntnisnahme  und  geeigneten  weiteren  Yeranlassung 
zugehen.''    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr.:  Sydow. 

C.Verf.  des  Fin.Min.  v.  5.  Mai  1876.  „Im  Verfolg  der  auf  meinen 
Circ-Erlafs  v.  3.  Oct.  v.  J.  (I.  14,379)  erstatteten  Berichte  habe  ich  beschlossen, 
fortan  die  Annahme  und  Verrechnung  der  Witwen-Eassenbeiträge  sämtlicher 
Mitglieder  der  E.  Allg.  Witwen- Vorpfleg^ngsanstalt  durch  die  Begierungs-  resp. 
Bezirks  -  Hauptkassen  etc.  und  deren  ünterkassen  stattfinden  zu  lassen.  Ich 
habe  dieserhalb  die  in  5  Exemplaren  beigefügte  Anweisung  der  Begiemngs- 
Hauptkassen  etc.  entwerfen  lassen,  und  beauftrage  die  E.  Begierung,  hiemach 
das  Erforderliche  anzuordnen,  auch  eine  bezügliche  Bekanntmachung  in  dem 
Amtsblatte  Ihres  Bezirks  zu  veröffentlichen,  und  ein  Exemplar  der  betr.  Nummer 
des  Blattes  der  General-Direction  der  Allg.  Witwen- Verpfleg^ngsanstalt  zugehen 
zu  lassen.'*    Camphausen. 

Anweisung 

der  E.  Begierungs-  bezw.  Bezirks-Hauptkassen,  der  E.  Institutenkasse  zu  Breslau 

und  der  E.  Landeskasse  zu  Sigmaringen  wegen  Annahme  der  für  Bechnuug 

der  E.  General- Witwenkasse  zu  Berlin  ihnen  anzubietenden  Beiträge. 

§  1.  Die  genannten  E.  Eassen  nehmen  von  sämtlichen  in  ihren  Be- 
zirken wohnenden  Mitgliedern  der  E.  AUgm.  Witwen  -  Verpflegungsanstalt  die 
halbjährlich  zu  zahlenden  Beiträge  far  Bechnung  der  General  -  Witwenkasse 
kosten-  und  gebührenfrei  an.  Die  bisherige  Beschränkung  der  Annahme  auf 
die  Beiträge  derjenigen  Mitglieder,  welche  aus  Eöniglichen  Eassen  Gehalt  oder 
Pension  beziehen,  fällt  demgemäfs  weg. 

§  2.  Zur  Annahme  aller  Beiträge,  welche  nicht  durch  Gehalts-  oder 
Pensions-Abzüge  zur  Zahlung  gelangen,  ist  erforderlich,  dafs  dieselben  in  den 
Fälligkeitsterminen  in  vollen  halbjährlichen  Beiträgen,  nicht  in  Teilzahlungen, 
angeboten  werden  und  dafs  dabei  in  Bezug  auf  jeden  einzelnen  Beitrag  die 
Versicherungs-Nummer  schriftlich  genau  und  deutlich  angegeben  wird. 

§  3.  Bei  jedem  gemäfs  §  2  angenommenen  Beitrage  ist  die  Versicherungs- 
Nummer  zu  notiren,  also  in  denjenigen  Fällen,  in  welchen  auf  mehrere  Ver- 
sicherungen eines  einzigen  Mitgliedes  mehrere  Beiträge  gezahlt  werden,  jede 
einzelne  zugehörige  Nummer.  Demnächst  ist  über  den  Empfang  eine  diese 
Nummer  oder  diese  verschiedenen  Nummern  enthaltende  Interims-Bescheinigung 
zu  erteilen. 

§  4.  Die  E.  Begierungs  -  Hauptkassen  u.  s.  w.  nehmen  die  nicht  durch 
Gehalts-  oder  Pensions-Abzüge  zur  Bezahlung  gelangenden  Beiträge  unmittelbar 
oder  mittelbar  durch  die  ihnen  unterstellten  Specialkassen  an. 


429 

§  5.  Die  solcher  Gestalt  (§§  2—4)  angenommenen  Beiträge  werden  von 
den  E.  Begiemngs  -  Hanptkassen  a.  s.  w.  in  die  der  General  -  Witwenkasse  in 
den  vorgeschriebenen  Terminen  einzureichende  instractionsmäfsige  Beitragsliste 
mit  aufgenommen. 

§  6.  Die  von  der  K.  General  -  Witwenkasse  erteilten  einzelnen  Beitrags- 
qaittungen  lassen  die  E.  Regierungs-Hauptkassen  u.  s.  w.  den  Einzahlern  auf 
demselben  Wege  zugehen,  auf  welchem  ihnen  die  Beiträge  zugeführt  worden  sind. 

§  7.  Hinsichtlich  deijenigen  Beiträge,  die  durch  Gehalts-  und  Pensions- 
Abzüge  berichtigt  werden,  Terbleibt  es  bei  den  bisherigen  Bestimmungen;  den 
E.  E^gierungs  -  Hauptkassen  u.  s.  w.  wird  jedoch  gestattet,  die  Instructions- 
mäfsigen  Schlufsrechnungen  an  die  General -Witwenkasse  so  einzureichen, 
daüs  sie  spätestens  am  15.  Mai  resp.  15.  November,  und  einzelne  N achtrag s- 
Beitragslisten  demnächst  so,  dafs  sie  bis  zu  Ende  der  Monate  Mai  und  No- 
vember bei  derselben  eingehen. 

§  8.  Die  Bestimmungen  über  die  Entrichtung  der  ersten  halbjährlichen 
Beiträge  der  in  die  E.  Allgemeine  Witwen-Verpflegungsanstalt  neu  eintretenden 
oder  eine  neue  Versicherung  nehmenden  Mitglieder  werden  durch  die  gegen- 
wärtige Anweisung  nicht  berührt 

§  9.  Die  E.  Begierungs- Hauptkassen  u.  s.  w.  erteilen  den  Unterkassen 
nach  Mafsgabe  dieser  Anweisung  die  erforderlichen  Vorschriften. 

Die  Pensionen  der  Witwen  sowie  die  Sterbe-  und  Gnaden- 
monate bleiben  von  allen  directen  Beiträgen  zu  den  Gemeinde- 
lasten befreit  Vgl.  Gesetz  v.  11.  Juli  1822  §  10  und  CO.  v.  21.  Jan. 
1829  (S.  383  u.  385). 

4.    Garenzunterstützung  und   Gewährung   von   fortlaufenden 
Gnadenpensionen   an   Witwen   und   von   Erziehungsgeldern   für 

verwaisete  Einder. 

Die  nach  dem  Patent  v.  1775  versicherten  Pensionen  werden  bei  allen 
jetzt  eintretenden  Todesföllen  ein  Jahr  nach  dem  Tode  des  Versicherten  zur 
Zahlung  angewiesen.  Für  die  Zeit  der  dadurch  eintretenden  Entbehrung  der 
Witwenpension  (Garenzzeit)  wird,  vom  Ablauf  der  Gnadenzeit  an  gerechnet» 
bei  vorhandener  Bedürftigkeit  eine  entsprechende  Unterstützung  („Garenzunter- 
stützung") aus  Staatsfonds  gewährt. 

CO.  V.  26.  Juli  1823:  „Ich  bin  auf  den  Bericht  des  Staatsministerii 
V.  —  damit  einverstanden,  dafs  denjenigen  Witwen  verstorbener  Staatsbeamten, 
deren  bei  der  Witwenanstalt  versicherte  Pension  erst  ein  Jahr  nach  dem  Tode 
der  Männer  zahlbar  wird,  für  diesen  Zeitraum  im  Fall  der  wirklichen  Bedürftig- 
keit, eine  angemessene  Unterstützung  aus  Staatskassen  zu  Teil  und  dabei  nach 
folgenden  Grundsätzen  verfahren  werde: 

1.  In  der  Regel  sollen  zwar  Witwen  verstorbener  Staatsbeamten  auf 
Unterstützungen  aus  Staatskassen  keinen  Anspruch  haben,  da  ihre  Männer  ge- 
setzlich verpflichtet  waren,  ihnen  eine  angemessene  Pension  bei  der  AUg. 
Witwen-Verpflegungsanstalt  versichern  zu  lassen. 

2.  Ist  dies  jedoch  geschehen,  das  Eintrittsgeld  aber  nur  durch  einen 
ausgestellten  Wechsel  berichtigt,  wobei  jedoch  nachgewiesen  sein  mufs,  dafs 
diese  Art  der  Berichtigung  des  Eintrittsgeldes  nicht  willkürlich,  sondern  in  Er- 
mangelung eigenen  Vermögens  gewählt  worden  ist,  und  dann  die  versicherte 
Pension  erst  ein  Jahr  nach  dem  Tode  des  Mannes  zahlbar,  so  soll  der  Witwe 
fär  diesen  Zeitraum  eine  Unterstützung  aus  Staatskassen  zu  Teil  werden,  wenn 

3.  ihre  Bedürftigkeit  erwiesen  ist,  und  dem  Manne  nicht  solche  Ver- 
gehungen zum  Vorwurf  gereichen],  welche  eine  Untersuchung  veranlafst  haben 


430 

4.  diefie  Untentfitzung  kann  bis  zaoi  Betrage  der  yersicherten  Witwen- 
pension bewilligt  werden; 

5.  sie  föngt  aber  erst  nach  Ablauf  des  Gnadenqnartals  oder  des  Onaden- 
monats,  während  welcher  Zeit  die  Gehaltszahlung  noch  fortdauert^  an,  und  hOrt 
mit  dem  Eintritt  in  die  Witwenpension  anf ; 

6.  die  Anweisung  auf  den  Allg.  Pensionsfonds  der  General-StaatelaBse 
in  der  Regel  nach  vierte]jfthrl.  Nachweisungen,  in  dringenden  FSUen  lach 
einzeln,  kann  das  Finanzminisi  deiigestalt  erteilen,  dafe  a.  die  Zahinng 
quartaliter  prsenuro.  erfolgt,  und  b.  dgL  Bewilligungen,  da  sie  nur  kam 
Zeit  dauern,  immer  aufser  dem  Etat  verausgabt,  jedoch  in  den  Exfaracten  und 
Rechnungen  besonders  ersichtlich  gemacht  werden; 

7.  die  Witwen  verstorbener  Wartegelder- Beamten  werden  denen  der 
activen  Beamten  gleich  behandelt;  dagegen  findet 

8.  die  Bewilligung  fär  Witwen  solcher  ehemaligen  Beamten,  welche  im 
Pensions-  oder  Ruhestande  verstorben,  in  der  Regel  nicht  statt 

Das  Staatsminist,  wird  autorisirt,  hiemach  zu  verfahren  und  zu  dem  Ende 
den  Behörden  das  Erforderliche  bekannt  zu  machen.^ 

CO.  V.  25.  April  1845:  „Mit  Rücksicht  auf  die  in  Ihrem  Bericht  v. - 
angefahrten  Gründe  will  Ich  Sie  ermächtigen,  auch  den  bei  der  Allg.  Witwen- 
verpfleg^ngsanstalt  versicherten  Witwen  pensionirt  gewesener  Beamten  im  Falle 
der  wirklichen  Bedürftigkeit  und  Würdigkeit  för  die  Carenzzeit  eine  Unter- 
stützung nach  den  in  der  CO.  v.  26.  Juli  1823  aufgestellten  Grundsätzen  n 
gewähren.** 

CVeif.  V.  28.  Aug.  1862:  „Die  Prov.  Behörden  veranlasse  ich,  bei  in- 
trägen auf  Bewilligung  von  Unterstützungen  an  Witwen  von  Oelstiicben  nnd 
Lehrern  resp.  von  Beamten  meines  Geschäftsressorts  für  die  Zeit  der  Ent- 
behrung der  bei  der  Allg.  Witwen-Verpflegungsanstalt  mittels  Wechsels  ver- 
sicherten Pension  jedesmal  den  bezüglichen  Pensions-Versicherungsscbein  mit 
einzureichen.** 

CO.  V.  2.  Nov.  1863:  „Auf  Ihren  Bericht  v.  —  genehmige  Ich,  difs 
die  Carenzunterstützungen,  welche  auf  Grund  der  Erlasse  v.  26.  Juli  1823  nnd 
25.  April  1845  den  Beamtenwitwen  gewährt  werden  dürfen,  fortan  von  den 
Bezirks-Regiemngen,  für  die  Witwen  von  Beamten  in  Berlin  von  dem  Yorsteber 
der  Civilpensions-  und  Wartegelderkasse,  bewilligt  und  angewiesen  werden  and 
dafs  nur  die  Bewilligung  solcher  T3nterstützungen  für  Witwen  von  Beamten  der 
GentndbehOrden  femer  dem  Finanzminister  vorbehalten  bleibe.** 

CYerf.  des  F in.  Min.  v.  28.  Nov.  1863,  wieder  publicirt  durch  CYerf. 

des  Min.  der  geisti.  etc.  Ang.  v.  22.  April  1875 „1.    Die  Gnmdlage 

für  die  Bewilligung  von  Carenzunterstützungen  bleiben  auch  franer  die  Alleii 
CO.  V.  26.  Juli  1823  ...  und  die  AUerh.  CO.  v.  25.  April  1845  ...  2.  Diese 
Allerh.  Bestimmungen  beziehen  sich  nur  auf  die  Witwen  unmittelbarer  Staats- 
beamten. 3.  Die  Bewilligung  von  Carenzunterstützungen  findet  nicht  stits 
an  Witwen,  welchen  nach  Eriafe  des  Gesetzes  vom  17.  Mai  1856  (S.  420)  ein« 
Pension  bei  der  Allg.  Witwen -Yerpflegnngsanstalt  versichert  worden  ist,  da  bei 
diesen,  wenn  auch  der  FaU  eintreten  kann,  dafs  vom  Ablauf  des  Gnaden- 
Quartals  oder  Monats  Ms  zum  Eintritt  in  den  Genufs  der  Witwenkassen-Pension 
eine  Zwischenzeit  liegt,  doch  eine  Carenzzeit  in  der  in  jenen  Allerh.  B^ 
Stimmungen  vorausgesetzten  Art  nach  der  Yorschrift  unter  b)  im  §  1  <1^ 
allegirten  (xesetzes  nicht  stattfindet  4.  Nach  der  Yorschrift  unter  Kr.  ^ 
der  Allerh.  Ordre  v.  26.  Juli  1823  ist  die  Bewilligung  einer  Carenzunterstätxoog 
nur  dann  zulässig,  wenn  bei  der  Pensions- Yersicherung  ein  baares  Eintritfcsgela 
nicht  erlegt,  dasselbe  viehnehr  durch  einen  ausgestellten  Wechsel  berichtigt  ist 


431 

Von  dem  daselbst  erforderten  Nachweis,  dafs  diese  Art  der  Berichtigang  des 
Eintrittsgeldes  nicht  willkürlich,  sondern  in  Ermangelang  eigenen  Vermögens 
gewählt  worden  sei,  ist  jedoch  nach  der  bestehenden  Praxis  in  der  Begel  ab- 
gesehen worden,  da  ein  solcher  Nachweis  nach  Yerlanf  langer  Zeit  sich  oft 
nicht  wohl  mehr  fahren  l&fst.  Die  E.  Eegierung  wird  daher  über  die  Er- 
bringung dieses  Nachweises  auch  femer  hinweg  sehen  können.  5.  Unter 
Nr.  3  ebendaselbst  ist  jede  Bewilligung  der  hier  in  Bede  stehenden  Art  an 
die  Bedingung  der  erwiesenen  Bedürftigkeit  geknüpft.  Bei  Prüfung  dieses  Er- 
fordernisses ist  bisher  gerade  nicht  mit  Strenge  verfahren  worden,  da  erfahrungs- 
m&fsig  der  Witwe  eines  Beamten  bei  dem  Ableben  desselben  durch  den  in  der 
Begel  nöthigen  üebergang  in  veränderte  Lebensverhältnisse  aufserordentliche 
Kosten  zu  erwachsen  pflegen,  welche  auTser  dem  Bereich  und  dem  Mafs  der 
regelmäfsigen,  zur  Bestreitung  der  Subsistenz  nöthigen  Ausgaben  liegen.  Die 
£.  Regierung  hat  in  diesem  Sinne  auch  femer  zu  verfahren.  Es  wird  daher 
eine  Unterstützung  nur  dann  zu  versagen  sein,  wenn  eine  Witwe  in  eigenem 
Yermögen  oder  in  der  Subventionirang  von  Verwandten,  welche  zu  ihrer  Unter- 
stützung verpflichtet  sind,  solche  Hülfsmittel  hat,  dafs  es,  insbesondere  auch 
im  Hinbliek  auf  andere  Unterstützungsbedürftige,  sich  nicht  rechtfertigen  würde, 
die  Staatskasse  in  diesem  Falle  mit  einer  Zahlung  zu  belasten.  6.  Die 
Bewilligung  einer  Carenzunterstützung  ist  auch  dann  zulässig,  wenn  ein  Be- 
amter, auf  Grand  einer  früher  eingenommenen  militärdiensüicben  Stellung,  seine 
Ehefrau  in  die  Militär-Witwenkasse  eingekauft  hat.  7.  Die  zu  gewährende 
Unterstützung  darf  in  ihrer  Höhe  auch  dann,  wenn  die  Carenzzeit  länger  als 
ein  Jahr  dauert,  niemals  den  nominellen  Jahresbetrag  der  demnächst  zur 
Zahlung  kommenden  Witwenkassen-Pension  in  Courant  übersteigen.  Wenn  also 
diese  letztere  z.  B.  sich  auf  200  Thlr  Gold  jährlich  beläuft,  so  darf  in  dem 
Falle,  dafs  die  Carenzzeit  vom  Ablauf  des  Gnaden-Quartals  oder  Gnaden-Monats 
ab  ein  volles  Jahr  oder  darüber  beträgt,  nie  mehr  als  der  Betrag  von  200  Thlr 
Courant  an  Carenzunterstützung  bewilligt  werden.  Währt  die  Carenzzeit  von 
dem  gedachten  Termine  ab  nicht  voll  zwölf  Monate,  so  ist  die  auf  den  Zeit- 
raum ihrer  Dauer  von  diesem  Termine  ab  fallende  Quote  des  nach  Vorstehendem 
zulässigen  Jahresbetrages  der  Unterstützung  das  Maximum  für  die  zulässige 
Bewilligung.  Bei  einer  Witwenkassen -Pension  in  der  oben  vorausgesetzten 
Höhe  würden  daher  z.  B.  bei  einer  zehn-  oder  resp.  elfmonatlichen  Dauer  der 
Carenzzeit  nach  Ablauf  des  Gnaden-Quartals  oder  Monats  höchstens  ^%2  oder 
bezw.  ^Vis  ^^^  ^^^  ^^^^  Courant  als  Unterstützung  bewilligt  werden  dürfen. 
Der  Tbider-Brachteil,  welcher  nach  dieser  Berechnung  der  Carenzunterstützung 
über  die  volle  Thalerzahl  hinausgehend  sich  ergiebt»  kommt  nicht  mit  zur  An- 
weisung. 8.  Wenn  in  einzelnen  Fällen  für  Witwen  Pensionen  in  einer  far 
die  Dienststellung  des  verstorbenen  Mannes  ungewöhnlichen  Höhe  versichert 
sind,  oder  wenn  Witwen  in  nicht  ganz  ungünstigen  Verhältnissen  zurückbleiben, 
die  aber  doch  nicht  so  g^t  sind,  dafs  die  gänzliche  Versagung  einer  Unter- 
stützung gerechtfertigt  erschiene,  so  ist  die  zu  gewährende  Unterstützung  unter 
Beschränkung  des  zulässigen  Maximalbetrages  auf  eine  angemessene  Quote 
derselben    festzusetzen.  9.    Die   Unterstützungen    sind    in    Quartal -Baten 

praenumerando  zu  zahlen;  die  Zahlung  erfolgt  für  Bechnung  der  General- 
Staatskasse,  welcher  die  gezahlten  Beträge  in  bisheriger  Art  aufrechnen  sind« 

10.  Von  der  für  die  Unterstützungsbewilligang  mafsgebenden  Höhe  der  nach 
Ablauf  der  Carenzzeit  statutenmäfsig  zur  Zahlung  kommenden  Witwenkassen- 
Pension,  sowie  davon,  dafs  bei  Versicherung  derselben  ein  baares  Antrittsgeld 
nicht  erlegt  ist,  wird  die  E.  Begierung  in  der  Begel  durch  Einsicht  der 
Beceptions-    und    Berechtigungsscheine    Ueberzeugung     zu    nehmen    haben. 

11.  Während  diese  Verfügung  an  sich  nur  die  Witwen  von  Civilbeamten  im 
Auge  hat)  sind  auf  Grand  einer  Allerh.  Ordre  vom  1.  Jan.  1856   in  der  hier 


432 

bestimmten  Weise  nnd  nach  den  hier  dargelegten  Grundsätzen  Carenznnter- 
Stützungen  bis  auf  Weiteres  anch  an  die  Witwen  von  Offizieren  nnd  Beamten 
der  E.  Marine  zu  bewiUigen.  12.  In  solchen  Fällen,  in  welchen  die  Carenz- 
nnterstfitznngen  nnr  mit  besonderer  Allerh.  Genehmigung  bewilligt  werden 
können,  ist  anch  femer  zu  berichten.  13.  Die  Bearbeitung  dieser  An- 
gelegenheit  ist  dem  Eassenrath  zu  übertragen.^ 


C.Verf.  V.  11.  Jan.  1864:  „Se.  MaJ.  der  Eönig  haben  mittels  A. 
y.  2.  Nov.  Y.  J.  zu  genehmigen  geruht,  dafs  die  Garenzunterstötzungen,  welche 
auf  Grund  der  A.E.  v.  26.  Juli  1823  und  v.  25.  April  1845  den  Beamten- 
witwen gewährt  werden  dürfen,  fortan  von  den  Bezirks-Begierungen  (für  die 
Witwen  von  Beamten  in  Berlin  von  dem  Vorsteher  der  Civilpensions-  nnd 
Wartegelderkasse)  bewilligt  und  angewiesen  werden. 

Das  E.  Prov.Sch.C.  setze  ich  hiervon  in  Eenntnis,  um  demgemäfs  Sich 
in  Betreff  der  Garenzunterstützungen  an  Witwen  von  königl.  Beamten  nnd  den 
zu  dieser  Eategorie  gehörenden  Lehrern  an  königl.  Unterrichtsanstalten  (Gym- 
nasien, Progymnasien,  Bealschulon  und  Seminarien)  fortan  an  die  betr.  E. 
Begierung  (für  Berlin  an  den  Vorsteher  der  Givilpensions-  und  Wartegelder- 
kasse), zu  wenden.*' 

G.O.  V.  6.  April  1867:  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums  v.  — 
d.  J.  erkläre  Ich  Mich  damit  einverstanden,  dafs  es  im  Bereich  der  Civil- 
verwaltung  zur  Bewilligung  von  Pensioneq,  Pensionszuschüsssen,  Eiziehungs- 
geldem  und  sonstigen  fortlaufenden  Unterstützungen  aus  den  in  den  Etats  der 
verschiedenen  Bessorts  ausgesetzten  Witwen-  und  Waisenpensions-  und  ünter- 
fltntzungsfonds,  mit  Ausschlufs  des  Gnadenpensions-,  des  Stiftpensions-  und  des 
pommerschen  und  neumärk.  Meliorationsgelder-Zinsen-Pensionsfonds,  innerhalb 
der  nachstehend  angegebenen  Grenzen  in  der  Folge  Meiner  Genehmigung  nicht 
mehr  bedürfen  soll,  und  bestimme  hierdurch,  dafs  fortan  derartige  fortlaufende 
Unterstützungen 

1.  an  Witwen  von  Diätarien  bis  höchstens  60Thlr,  2.  an  Witwen 
etatsmäfsiger  Subaltembeamten  bis  höchstens  150  Thlr,  3.  an  Witwen 
höherer  Staatsbeamten  bis  höchstens  200  Thlr,  4.  an  Witwen  der  Unter- 
beamten,  wenn  besondere  Gründe  zur  ansnahmsweisen  Gewährung  einer  fort- 
laufenden Unterstützung  vorhanden  sind,  bis  höchstens  50  Thlr,  5.  für  die 
Erziehung  bedürftiger  Ein  der  verstorbener  Beamten  Erziehungsgelder  bis  zum 
gleichen  Betrage,  6.  für  erwachsene  Einder,  welche  durch  fortdauernde 
Erankheit  und  andere  besondere  Umstände  dauernd  verhindert  sind,  sich  ihren 
Lebensunterhalt  selbst  zu  erwerben,  fortlaufende  Unterstützungen  bis  höchstens 
50  Thlr  jähriich, 

von  den  betr.  Verwaltungschefs  angewiesen  werden  können,  und  nur  in 
denjenigen  Fällen,  in  welchen  die  ausnahmsweise  Gewährung  höherer  Beträge 
für  erforderlich  erachtet  wird.  Meine  Genehmigung  einzuholen  ist.  Zugleich 
will  Ich  gestatten,  dafs  die  Garenzunterstützungen  auch  solchen  Witwen,  deren 
Männer  nicht  zu  den  aus  Staatskassen  besoldeten  unmittelbaren  Staatsbeamten 
gehört  haben,  fortan  in  derselben  Weise,  wie  es  hinsichü.  der  Beamtenwitwen 
durch  Meine  Ordre  v.  2.  Nov.  1863  vorgeschrieben  worden  ist,  von  den  Bezirks- 
Begierungen,  in  Berlin  von  dem  Vorgesetzten  der  Givilpensions-  und  Warte- 
geldorkasse,  bewilligt  nnd  angewiesen  werden." 

G.O.  v.  28.  Febr.  1874:  „Auf  Ihren  Bericht  v.  25.  d.  M.  will  Ich  Sie 
hierdurch  unter  Aufhebung  Meiner  Erlasse  v.  25.  Nov.  1865  und  6.  Apr.  1872 
ermächtigen,  die  A.  Ordre  v.  6.  Apr.  1867  in  der  Art  auf  die  Hinterbliebenen 
Ton  Geistlichen,  Lehrern,  Eirchen-  und  Medicinal-Beamten  auszudehnen,  dais 
die  Bestimmung 


433 

Nr.  1  auf  die  Witwen  der  VolksschiOlehrer,  niederen  Kirchenbeamten 
und  Kreis- Wundärzte,  letztere,  soweit  sie  nicht  pro  physicatn  gepräfb  gewesen 
sind;  Nr.  2  anf  die  Witwen  der  Bectoren  gehobener  Schalen,  der  Vorschnllehrer, 
sowie  der  wissenschaftl.  nnd  techn*  Holfslehrer  an  höh.  Lehranstalten  and  der 
ordentl.  Lehrer  vollständig  organisirter  Mittelschalen  and  höh.  Mädchenscholeni 
soweit  sie  nicht  die  Prüfang  for  das  höh.  Lehramt  bestanden  haben;  Nr.  3 
aaf  die  Witwen  der  (leistlichen,  der  Dir.  and  der  Ober-  and  ordentl.  Lehrer 
an  höh.  Lehranstalten  einschliefslich  der  Lehrer-Seminarien,  der  Vorsteher 
K.  Prftparanden-Anstalten,  der  Sectoren  and  der  Oberlehrer  an  vollständig 
organisirten  Mittelschalen  and  höh.  Mädchenschalen,  sowie  der  litterarisch 
gebildeten  Medicinalbeamten ;  Nr.  5  and  6  glelchmäfsig  aaf  die  Kinder 
verstorbener  Geistlichen,  Lehrer,  Kirchen-  and  •Medicinalbeamten  Anwendang 
finden." 

C.Verf.  des  Finanzmin.  an  die  K.  Begierangen  v.  24.  März  1875: 
^ach  der  Bestimmang  Nr.  7  des  C.Erlasses  v.  28.  Nov.  1863  sollen  die  Carenz- 
nnterstützangen  an  Witwen  verstorbener  Beamten  bis  zar  Höhe  des  nomi- 
nellen Jahresbetrags  der  in  Gold  versicherten  Witwenkassen-Pension  in  Coarant 
gewährt  werden  and  dabei  als  Grandlage  für  die  Festsetzang  der  za  bewilligenden 
tfnterstfitzangen  nach  Nr.  10  des  gedachten  Erlasses  die  von  der  Gen.-Direction 
der  K.  Allg.  Witwen- Verpflegangsanstalt  aasgefertigten  Empfangsberechtigangs* 
Scheine  dienen,  in  denen  der  Betrag  der  versicherten  Witwenpensionen  bisher 
in  Gold  angegeben  war.  Da  inzwischen  nach  Einfährang  der  Markrechnang 
in  den  Berechtigangs-Scheinen  die  versicherte  Witwenpension  in  Mark  ein* 
schliefsl.  des  Goldagios  aasgeworfen  ist,  so  will  ich  hierdarch  genehmigen,  dafs 
die  Carenzonterstüteangen  fortan  bis  zar  Höhe  des  in  den  Berechtigangsscheinen 
in  Mark  angegebenen  Betrags  der  versicherten  Pension  anverkärzt  in  Mark 
gewährt  werden.** 

5.    Vers  icherangs  Wesen. 

CO.  V.  29.  Sept.  1833:  „Aaf  den  Bericht  des  Staatsministerii  v.  —  be» 
stimme  Ich  nach  dessen  Antrage,  dafs  die  landesherrL  Genehmigang,  welche 
nach  §  651  Tit  11  A.  LR.  zar  Errichtang  gemeinschaftlicher  Witwen-, 
Sterbe-  and  Aassteaerk aasen  erforderlich  ist,  künftig  von  den  OPräsi- 
denten  erteilt  werden  soll.  Wenn  sich  Jedoch  der  Wirkangskreis  einer  solchen 
Kasse  über  die  Grenzen  des  OPräsidialbezirks  hinaus  erstreckt,  oder  wenn  sich 
gewisse  Klassen  von  Beamten  dazu  vereinigen,  so  hat  der  Min.  des  Innern 
and  der  Polizei,  letztemfalls  gemeinschaftlich  mit  dem  vorgesetzten  Minister 
der  Beamten,  die  Genehmigang  za  erteilen.  Unter  den  Sterbekassen  sind 
übrigens  alle  Kassen  za  verstehen,  aas  welchen  für  den  Sterbefaü  eines  Mit- 
gliedes der  Gesellschaft  eine  Zahlang  za  irgend  einem  Zweck  za  leisten  ist 
Das  Staatsministeriam  hat  diese  Ordre  darch  die  Gesetzsammlong  bekannt 
za  machen.'^ 

C.Verf.  des  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  and  des  Min.  d.  Inn.  v. 
28.  Febr.  1879.  „Aaf  den  Bericht  v.  29.  v.  M.  betr.  das  Statat  der  Lehrer- 
l^twen-  and  Waisenkasse  am  Gymn.  in  N.,  erwidern  wir  dem  K.  Prov.Sch.C., 
dafs  es  bei  der  getroffenen  Bestimmang,  nach  welcher  die  darch  gerichtliches 
Erkenntnis  als  der  onschaldige  Teil  erklärte,  geschiedene  Ehe  fr  an  eines 
Mitgliedes  die  Pensionsrechte  der  nachfolgenden  Ehefraa  des  letzteren  aasschliefst, 
sein  Bewenden  behalten  mafs.  Dieser  Grandsatz  ist  seit  längerer  Zeit  in  allen 
Fällen  zar  Geltang  gebracht  worden  and  kann  darch  etwaige  Bücksichten  aaf  die 
anderweite  Yerheiratang  des  geschiedenen  Ehemannes  nicht  beeinfiofst  werden,  da 
die  zweite  Ehefraa  die  vorhergegangene,  von  ihrem  Ehemann  verscholdete  Trennang 
der  vorigen  Ehe  and  deren  Folgen  für  sie  selbst  bei  Eingang  der  Ehe  kennen 

Wioio,  VerordnvafftB.    IL  28 


434 

wird,  und  auch  kennen  mnlb.  In  welcher  Form  nnd  Fassung^  aber  die  den 
beregten  Grundsatz  enthaltenden  Bestimmnngen  in  das  Statat  anftnnehmen 
sind,  bleibt  den  Beteiligten  überlassen.  Am  meisten  empfiehlt  es  sich,  der 
nnschnldig  Geschiedenen  das  Becht  yorznbehalten,  die  Beiträge  an  die  Kasse 
zur  Erhaltung  ihrer  nnd  ihrer  etwaigen  Kinder  Ansprüche  fortznzahlen,  wobei 
es  ihr  überlassen  bleibt,  vorkommenden  Falls  etwaige  Begrelsansprücbe  gegen 
ihren  früheren  Ehemann  vor  Gericht  geltend  zn  machen.  Anf  keinen  Fall 
aber  darf  dem  für  den  schuldigen  Teil  Erklärten  bei  Eingehung  einer  zweiten 
Ehe  die  Schmälerang  der  Bechte  der  nnscholdig  geschiedenen  Ehefiran  er* 
leichtert  werden/' 

C.Verf.  V.  16.  Febr.  .1877.  „In  Verfolg  meiner  C.Verfl  v.  13.  Man 
V.  J.  wegen  Beteiligung  der  Lehrer  bei  den  Lebensversicherungs- 
gesellschaften im  Interesse  der  Fürsorge  für  ihre  nachzulassenden  Familien 
sind  zahlreiche  bezügliche  Anerbietungen  und  Anträge  sowohl  von  'den  Ver- 
tretern der  Gesellschaften  als  auch  aus  den  Kreisen  der  Lehrer  selbst  bei  mir 
eingegangen.  Eine  praktische  Folge  konnte  ich  für  jetzt  diesen  Vorstellnngen 
weder  nach  der  einen,  noch  nach  der  anderen  Richtung  hin  geben,  da  einerseits 
jede  Bevorzugung  irgend  welcher  der  in  Betracht  kommenden  Versicbenings- 
gnsellschaften  zu  vermeiden  war,  und  andererseits  die  Verhältnisse  eine  vrirksame 
Unterstützung  der  sich  versichernden  Lehrer  bei  Zahlung  der  Prämien  jeden&lls 
einstweilen  noch  ausschliefsen. 

Gleichwohl  wünsche  ich,  dafs  dieser  Angelegenheit  sowohl  aus  allgemeine 
Gesichtspunkten,  als  auch  im  vorkommenden  Specialfall  die  möglichste  Förde- 
rung zugewendet  werde.  In  ersterer  Beziehung  mache  ich  auf  die  erst  kürzlich 
in  Hannover  gebildete  Versicherungsgesellschaft  für  Beamte,  Geistliche  nnd 
Lehrer  (s.  nachfolgend)  aufmerksam,  weil  die  bei  dieser  Einrichtung  beteiligten 
Personen,  sowie  die  jeden  privativen  Gewinn  ausschliefsenden  Bestimmungen 
ihrer  Statuten  zu  günstigen  Erwartungen  von  der  Wirksamkeit  dieser  GresellschaH 
berechtigen.  Hierher  würde  nicht  minder  der  Hinweis  der  Communal-  nnd 
communalen  Schulbehörden  gröfserer  Städte  auf  das  Empfehlenswerthe  der 
Beteiligung  der  Lehrer  bei  den  Versicherungsgesellschaften  und  auf  die  Mög- 
lichkeit ähnlicher  Einrichtungen  fär  diese  Lehrer,  wie  sie  von  der  Deutschen 
Beichs-Postverwaltung  für  ihre  Beamten  getroffen  sind,  gehören.  Das  Amts- 
blatt der  Deutschen  Beichs-Postverwaltung  Nr.  23  aus  dem  Jahre  1875,  sowie 
das  die  vorliegende  Angelegenheit  betreffende  Begnlativ  des  General-Postamts 
V.  1.  Febr.  1868  wird  für  etwaige  Anfragen  bei  den  Provinzial-Postbebörden 
den  erforderlichen  Anhalt  bieten.  Das  Wesentliche  dieser  Einrichtung  besteht 
in  der  Vermittelung  des  Versicherungsvertrages,  der  Prämienzahlung  nnd  der 
Sicherung  des  eingekauften  Kapitalanspruches  für  die  Familie  des  Versicherten 
durch  die  Behörde,  sowie  in  gewissen  Erleichterungen  und  Vorteilen,  welche 
von  der  Versicherungsgesellschaft  dem  gegenüber  gewährt  werden. 

Das  Vorstehende  ist  soweit  als  thunlich  und  soweit  sich  dazu  Gelegenheit 
bietet,  auch  auf  die  hier  in  Betracht  kommenden  Verhältnisse  der  höheren 
Lehrer,  der  Geistlichen  und  der  Beamten  meines  Bessorts  anwendbar.'*  Der 
Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr. :  Sydow. 

Vgl.  C.Verf.  V.  13.  März  1876,  CBl.  1876  S.  186. 

Der  PreuffliBche  Beamtenverein,  zu  dABsen  Begründung  die  Bnreaa^ 
beamten  der  Landdrostei  in  Hannover  die  Anregung  gegeben  haben,  hat  seine 
GeBcbäftsthäügkeit  daselbst  am  1.  Juli  1876  eröffnet.  Ueber  seine  Entwickelimg 
ist  seit  1879  im  Gentralbl.  der  Unterrichtsverwaltung  jährlich  Nachricht  gegeben 
worden,  zuletzt  im  Jahrgange  1887  S.  462  fg.  Demselben  sind  die  Bechte  einer 
juristischen  Person  verliehen.  Er  sucht  auf  der  Grundlage  der  Gegenseitigkeit 
und  Selbsthülfe  die  wirthsohaftlichen  Bedürfnisse  des  Beamtenstandes  zu  befriedigen« 
Aufnahmefähig  sind  Beichs-,  Staats-  und  Communalbeamte,   Geistliche,  Le£^, 


435 

Aerzte,  Beohtsanwalte,  sowie  die  im  Yorbereitungsdienste  zu  diesen  Bemfszweigen 
stehenden  Personen.  Der  Verein  schliefst  Lebens-,  Kapital-,  Leibrenten-,  Kriegs-, 
Marine-  and  Begräbnisgeld  -  Versicherangen  ab  und  giebt  an  seine  MitgHeder 
Cantions-  und  andere  Folicendarlehen.  Der  Yerdoherungsbestand  betrag  alt 
1886  Sa.  16  555  Policen  über  46  530610  Mk.  Die  eigenen  Fonds  des  Vereins, 
welchen  Passiva  nicht  gegenüberstehen,  beliefen  sich  nach  statateninafsiger  Ver- 
teilang  des  Gewinnes  pro  1886  auf  1 072  487  Mk.  80  Pf.  Die  den  Vereinsmit- 
gliedem  auf  die  10  ersten  Geschäftsjahre  ffezahlte  Dividende  bezifferte  sich  aaf 
810  586  Mk.  48  Pf.  An  fallig  gewordenen  Lebensversicherangs-Sammen  wurden 
in  diesem  Zeiträume  1  044  989  Mk.  4  Pf.  gezahlt.  Der  Verein  hat  eine  Sterbe- 
kasse errichtet,  in  welcher  ein  Begräbnisgeld  bis  zu  500  Mk.  auch  auf  das  Leben 
der  Frau  und  sonstiger  Familienangehöriffer  versichert  werden  ^kann,  ohne  dafs 
es  zur  Aufnahme  einer  ärztlichen  Untersuchung  bedarf.  Diese  Sterbekasse  gemhrt 
auch  solchen  Beamten,  welche  bereits  anderweitige  Lebensversicherungen  abge- 
schlossen haben,  die  Möglichkeit,  sich  ohne  nennenswerthe  finanzielle  Opter  an  den 
Einrichtungen  des  Preufs.  Beamtenvereins  zu  beteiligen. 

Die  Direction  des  Preursischen  Beamtenvereins  in  Hannover  erteilt  Auskunft 
und  übersendet  die  Drucksachen  kostenfrei. 

Die  Berliner  Beamtenvereinigung  ist  am  1.  März  1878  gegründet 
und  hat  auf  Grund  ihres  Statuts  v.  31.  Oct  1879  durch  AUerh.  Erlafs  v.  81.  Dec. 
1879  die  Rechte  einer  juristischen  Person  erlangt  Zweck  ist  die  Förderung  der 
wirthschaftlichen  Interessen,  sowie  des  geistigen  und  geselligen  Lebens  der  Mit- 
glieder, namentlich  a)  in  Anlehnung  an  den  Preufs.  Beamtenverein  die  Förderung 
der  Zwecke  desselben,  b)  die  Errichtung  einer  Spar-  und  Darlehnskasse.  Aufnahme- 
fähig sind  Beamte,  welche  in  Berlin  und  Umgegend  ihren  Wohnsitz  haben.  ^) 

C.Verf.  V.  16.  Aug.  1880.  „Auf  Grand  des  von  Sr.  Majestät  dem 
Kaiser  und  Könige  am  22.  März  v.  J.  AUerh.  genehmigten  Statutes  ist  unter 
dem  Höchsten  Protectorat  Sr.  Kaiserl.  nnd  König!.  Hoheit  des  Kronprinzen  des 
Deutschen  Reiches  und  von  Prenfsen  die  Kaiser  Wilhelms-Spende  als 
eine  allgemeine  Deutsche  Stiftung  für  Alters-Renten-  nnd  Kapital-Versichernng 
in  Wirksamkeit  getreten.  Die  Stiftung  ist  mit  denjenigen  von  dem  deutschen 
Volke  gesammelten  1  740  000  Mark  ausgestattet,  welche  von  den  Gebern  zur 
Errichtang  eines  bleibenden  Denkmals  der  Liebe  nnd  der  Verehrung  für  ihren 
Kaiser  bestimmt  waren.  Die  Anstalt  wird  unter  der  staatlichen  Oberaufsicht 
des  K.  Preufs.  Ministers  des  Innern  von  einer  Direction  nnd  einem  Anfsichtsrathe 
verwaltet.  Der  Präsident  des  Aufsichtsrathes  wird  von  Sr.  Kaiserl.  nnd  König!. 
Hoheit  dem  Protector,  seine  zehn  Mitglieder  werden  von  den  Regierungen 
deutscher  Bundesstaaten  ernannt,  während  der  so  gebildete  Anf^ichtsrath  den 
Director  und  die  Snbdirectoren  besteilt.  Da  hierdurch  die  Verwaltung  der 
Anstalt  staatlich  gesichert  ist  und  da  die  Zinsen  des  vorerwähnten  Grundkapitals 
nur  der  Stiftung  zu  Gute  kommen,  so  bietet  dieselbe  die  vorteilhafteste  Gelegen- 
heit zur  Versicherung  von  Kapital  und  Renten  dar.  Die  Anstalt,  welche  nicht 
den  Erwerb  zu  Gunsten  irgend  welcher  bei  ihrer  Einrichtung  und  Verwaltung 
beteiligten  Personen,  sondern  den  Nutzen  und  die  Wohlfahrt  des  ganzen  deutschen 
Volkes  zum  Zwecke  hat,  ist  nicht  allein  für  den  Arbeiterstand  im  engeren 
Sinne,  sondern  auch  für  andere  Bemfestände,  insbesondere  auch  für  weniger 
günstig  g<^stellte  Beamte,  für  Geistliche  und  Lehrer,  für  Gatsbesitzer  und  Bauern, 
fäv  Kauflente,   Fabrikanten   und  Handwerker  bestimmt.    Auch  die  einer  Ver- 


>)  G.Erlafs  des  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Fiu.  v.  22.  Juli  1885.  „Es  ist  be- 
schlossen, in  Zukunft  eine  Mitwirkung  der  KÖnigl.  Kassen  bei  der  Annahme  und 
Abfuhrung  von  Mitffliederbeiträgen  für  Beamtenvereine,  Versicherungsgesellschaften, 
Sterbekassen  und  äinliche  private  Anstalten  mit  Ausnahme  des  Brandversicherungs- 
vereins Preufsischer  Forstbeamten  und  des  Deutschen  üfftziervereins  nicht  mehr 
stattfinden  zu  lassen  und  die  früher  zu  derffleichen  Nebengeschäften  etwa  erteilte 
Genehmigung  zurückzunehmen.  Die  Behörden  und  Kassen  sind  hiernach  mit  ent- 
sprechender Anweisung  zu  versehen."    (Herrfurth,  Etatswesen  ',  S.  342.) 

28* 


436 


sorgang  gerade  wegen  ihres  anstrengenden  Berufes  dnrchaiiB 
Krankenwärter  sind  hierher  zu  rechnen.  —  Ihnen  allen  steht  es  frei,  far  sidi 
selbst  oder  far  Dritte,  z.  B.  die  Corporationen,  Vereine  etc.  far  die  an  ihrem 
Anstalten  angestellten  Krankenwärter  Kapital  oder  Benten  zn  ym^ichem. 

In  Bücksicht  anf  diese  Lage  der  Verhältnisse  hege  ich  den  lebhaften 
Wunsch,  da(k  auch  innerhalb  des  mir  anvertrauten  Bessorts  Alles  geschehen 
möchte,  was  der  Kaiser  Wilhelms-Spende  bei  der  Erreichung  ihrer  Zwecke 
forderlich  sein  könnte.  Ich  beauftrage  deshalb  die  K.  Begierungen,  die  K. 
Consistorien  und  die  K.  Proy.Sch.GC.,  die  ihnen  unterstellten  Beamten,  Geist- 
lichen und  Lehrer  in  geeigneter  Weise  nicht  nur  auf  die  von  der  Anstalt  den 
Versicherem  gebotenen  Vorteile  aufinerksam  zu  machen,  sondern  zugleich  auch 
sie  zur  Förderung  der  Stiftungszwecke  innerhalb  der  Kreise  ihrer  besonderen 
Berufsthätigkeit  zu  veranlassen.  Zu  einer  solchen  Förderung  würde  auch  die 
Uebemahme  von  Agenturen  und  Sammelstellen  f&r  die  Stiftung  seitens  der 
Beamten,  Kirchendiener  und  Lehrer  zu  rechnen  sein.  Es  versteht  sich,  dafs 
dabei  in  jedem  einzelnen  Falle  der  Antrag  auf  Genehmigung  zur  uebemahme 
bei  der  vorgesetzten  Dienstbehörde  zu  stellen  ist,  welche  ihrerseits  darüber  nach 
MafBgabe  der  localen  und  persönlichen  Verhältnisse  zu  befinden  hat 

Von  dem  vorstehenden  Erlasse  habe  ich  der  Direction  der  Kaiser  Wil- 
helms-Spende —  hierselbst  W.  Mauerstrasse  85  —  Kenntnis  gegeben,  und  ihr 
anheimgestellt,  durch  directe  Uebersendung  von  Prospecten,  Statuten  a.  s.  w. 
an  die  Behörden  meines  Bessorts,  sowie  an  Beamte  desselben,  an  (leistliche, 
Lehrer  und  Vorsteher  von  Krankenanstalten  die  Ausführung  der  gestellten  Auf- 
gabe zu  erleichtern.^    Der  Min.  d.  geistL  etc.  Ang.    Ld  Vertr.:  von  Groüsler. 

C.Verf.  V.  12.  April  1869:  „Es  sind  Fälle  vorgekommen,  dafs  Directoren 
und  Lehrer  von  Seminarien,  die  ihr  Mobiliar  nicht  versichert  gehabt,  dnrdi 
Brandschaden  sehr  erhebliche  Verluste  erlitten  haben.  Eine  ausreichende  Ver- 
sicherung des  Mobiliars  gegen  Feuerschaden  ist  gegenwärtig  nicht  mit  irgend 
erheblichen  Kosten  verbunden.  Unterstützungen  aus  Staatsfonds  in  solchen 
Fällen  können,  wenn  überhaupt,  nur  in  sehr  unzureichendem  Mafse  gewählt 
werden.  Das  K.  Prov.Sch.C.  veranlasse  ich,  die  Beamten  Seines  Bessorts  darauf 
aufinerksam  zu  machen,  wie  es  sich  in  ihrem  eigenen  Interesse  empfiehlt^  ihr 
Mobiliar  angemessen  zu  versichern." 

6.    König  Wilhelm-Stiftung  für  erwachsene  Beamtentöchter. 

Allerh.  Erlafs  v.  28.  März  1881  an  das  Comitö  zur  Gründung  der 
König  Wilhelm-Stiftung.  „Es  ist  ein  glücklicher  Gedanke  gewesen,  eine  Stiftang 
zur  Unterstützung  unverheirateter  und  unversorgter  Töchter  verstorbener  Staats- 
beamten ins  Leben  zu  rufen;  Mir  gereicht  es  zur  lebhaften  Freude,  dafe 
Meinen  aus  Anlafs  Meiner  goldenen  Hochzeit  geäufserten  Intentionen  auch  in 
dieser  Bichtung  Folge  gegeben  worden  ist,  und  mit  Wohlgefidlen  erkenne  Ich 
die  eifrigen  Bemühungen  des  Comit6&  an,  welche  ein  für  den  Beginn  des  Unter- 
nehmens immerhin  erhebliches  Besultat  in  verhältnismäfsig  kurzer  Zeit  eizielt 
haben.  Unbeschadet  der  im  geordneten  Wege  zu  beantragenden  staaüichen 
Genehmigung  der  Stiftung  will  Ich  der  Bitte  des  Comitös  in  dem  Gesuche  t. 
33.  d.  M.  gern  willfahren:  Unter  Annahme  des  Protectorates  über  die  Stiftäng 
genehmige  Ich,  dafs  dieselbe  den  Namen  „König  Wilhelm-Stiftung  für 
erwachsene  Beamtentöchter''  führe,  mit  dem  Wunsche,  dafs  die  Mittel 
der  Stiftung  kräftig  wachsen  mögen,  um  den  Kreis  ihrer  segensreichen  Wirk- 
samkeit thunlichst  bald  zu  erweitem.  Zur  Bethätigung  Meines  biteresses  an 
der  gedeihlichen  Förderung  der  Stiftungszwecke  wül  Ich  dem  Comit6  zur  Ab- 
rundung  des  vorhandenen  Grundkapitales  ein  Gnadengeschenk  von  7000  Mark 
gewähren,  welches  Ich  dem  Aufruf  entsprechend  an  die  Hauptkasse  der  See- 
handlung abfuhren  lasse.'*    Wilhelm. 


437 

Allerh.  Erlafs  y.  31.  Oci  1881  an  die  Min.  d.  Inn.,  d.  Fin.  n.  d. 
Jnstiz.  ,^nf  den  Bericht  v.  18.  Oci  d.  J.  will  Ich  die  „König  Wilhelm- 
Stiftong  fär  erwachsene  Beamtentöchter*'  hiermit  landeshenlich  genehmigen 
und  derselben  auf  Grund  des  zoräckfolgenden  Statutes  y.  22.  M&rz  d.  J.  die 
Bechte  einer  juristischen  Person  mit  der  Mafsgabe  verleihen,  dafs  an  Stelle  des 
im  §  17  gedachten  Termines  der  1.  Nov.  er.  tritt 

Zugleich  ernenne  Ich  zu  Mitgliedern  des  Stiftungscuratoriums  für  die 
nächsten  fünf  Jahre:  1.  den  Präsidenten  der  Seehandlung  BOtger  als  Vor- 
sitzenden,   2.  den   Geh.  Hofrath  Miefsner  als  Stellvertreter  des  Vorsitzenden, 

3.  den  LandgerichtsprSsidenten  Bardeleben."    Wilhelm. 

Statut  y.  22.  Mftrz  1881. 

„Mit  einem  Kapital  von  160  457,40  Mark,  welches  in  Folge  eines  im  April 
1880  erlassenen  öffentl.  Aufrufes  unter  den  Civilbeamten  des  preufs.  Staates 
gesammelt  worden  ist,  wird  zu  Gunsten  erwachsener  Beamtentöchter  eine 
milde  Stiftung  begründet,  deren  Verwaltung  nach  Mafsgabe  des  nachstehenden 
Statutes  erfolgt: 

Protectorat.  Name.  Sitz.  §  1.  Die  Stiftung  steht  unter  dem 
Protectorate  Sr.  Majestät  des  Kaisers  und  Königs  und  führt  den  Namen :  König 
Wilhelm-Stiftung  för  erwachsene  Beamtentöchter.    Sie  hat  ihren  Sitz  in  Berlin. 

Zweck.  §  2.  Zweck  der  Stiftung  ist,  den  im  §  3  näher  bezeichneten 
erwachsenen  Beamtentöchtem  zur  Förderung  ihres  wirthschafOichen  Wohles, 
sowie  zu  ihrer  Ausbildung  Unterstützungen  zu  gewähren. 

§  3.  Die  Wohlthaien  dieser  Stiftung  sind  bestimmt  für  die  nach  dem 
Tode  ihres  Vaters  unverheiratet  und  unversorgt  zurückgebliebenen  Töchter  der- 
jenigen preufs.  unmittelbaren  Staatsbeamten,  welche  im  Bereiche  der  Civil- 
Verwaltung  eine  höhere  oder  Subaltemstelle  bekleidet  haben.  Den  unmittelbaren 
Staatsbeamten  werden  gleichgeachtet  die  Lehrer  und  Beamten  der  Universitäten 
sowie  derjenigen  Unterrichts-  und  sonstigen  Anstalten,  bei  welchen  die  Gewäh- 
rung der  erforderlichen  Unterhaltungszuschüsse  ansschliefslich  dem  Staate  obliegt 
An  Beamtentöchter,  welche  das  17.  Lebensjahr  noch  nicht  vollendet  haben,  und 
an  solche,  welche  ihren  Wohnsitz  aufserhalb  des  deutschen  Beiches  haben,  werden 
Unterstützungen  in  der  Begel  nicht  gezahlt 

Stiftungsvermögen.  §  4.  Das  Stiftungsvermögen  wird  aus  dem  im 
Eingange  bezeichneten  Kapitale  gebildet  Demselben  treten  hinzu:  1.  10  Proc. 
der  jährlich  aufkommenden  Zinsen  und  zwar  so  lange,  bis  das  Stiftungsvermögen 
die  Summe  von  500  000  Mark  erreicht  hat;  2.  Zuwendungen  und  Geschenke, 
welche  der  Stiftung  gemacht  werden,  sofern  von  den  Gebern  nicht  ausdrücklich 
eine  andere  Verwendung  angeordnet  ist;     3.   fortlaufende  jährliche  Beiträge; 

4.  Stiftungseinkünfte,  welche  dem  Stiftungsvermögen  aufser  dem  sub  1  aufge- 
führten Zinsenanteile  überwiesen  werden  (§  9  Abs.  1) ;  5.  für  den  Fall  wieder- 
holter Geldsammlungen,  der  Ertrag  derselben. 

§  5.  Das  Stiftungsvermögen  ist  in  Werthpapieren  oder  Hypotheken  unter 
Beobachtung  der  Vorschriften  des  §  39  der  Vormundschaftsordnung  v.  5.  Juli 
1875  zinsbar  zu  belegen. 

§  6.  Das  Stif^ngsvermögen  darf  zur  Erreichung  der  Stiftungszwecke  in 
seinem  Kapitalbestande  nicht  angegriffen  werden. 

Zinsen.  §  7.  Zur  Verwendung  für  die  Zwecke  der  Stift^ung  sind  die 
gesamten  Zinsen  des  Stiftnngsvermögens  mit  der  im  §  4  Nr.  1  festgesetzten 
Mafsgabe  bestimmt 

Oberaufsicht  §  8.  Die  staatliche  Oberaufsicht  über  die  Stiftung  wird 
von  dem  Minister  des  Innern  geführt 

Verwaltung.  Die  Verwaltung  der  Stiftung  erfolgt  unentgeltlich  durch 
ein  Curatorium  von  drei  in  oder  bei  Berlin  wohnhaften  Mitgliedern,  von  denen 


438 

das  erste  als  YorsitzeDder,  das  zweite  als  dessen  Stellvertreter  fimgiri  Dieselben 
werden  ans  der  Zahl  der  activen  oder  pensionirten  Civilstaatsbeamten  aof  den 
Vorschlag  des  Ministers  des  Innern  von  dem  Protector  der  Stiftong,  Sr.  Majestät 
dem  Kaiser  nnd  Könige,  jedesmal  anf  die  Daner  von  fonf  Jahren  ernannt. 
Scheidet  ein  Mitglied  vor  Ablanf  dieses  Zeitraumes  ans,  so  geschieht  die  Er- 
nennung des  Nachfolgers  anf  die  noch  übrige  Daner  der  fnnQfihrigen  Periode 
durch  den  Minister  des  Innern.  Bis  zu  dieser  Ernennung  wird  die  Verwaltung 
der  Stiftung  von  den  beiden  anderen  verbliebenen  Mitgliedern  allein  geföhrl 
Das  Guratorium  hat,  geeignetenfalls  mit  Substitutionsbeftignis,  die  Stiftung  nach 
aulsen  hin  in  allen  Angelegenheiten,  einschlieislich  deijenigen  zu  vertreten,  in 
welchen  nach  den  Gesehen  Bevollmächtigte  einer  Specialvollmacht  bedürfen. 
Dasselbe  fuhrt  seine  Legitimation  durch  ein  vom  Minister  des  Innern  zn 
erteilendes  Attest.  Zur  Ausstellung  von  Urkunden,  durch  welche  die  Stiftung 
vermögensrechtlich  verpachtet  werden  soll,  ist  die  Unterschrift  von  zwei  Mit- 
gliedern des  Curatoriums  erforderlich.  Sonstige  Schriftstücke  werden  vom  Vor- 
sitzenden allein  oder  dessen  Stellvertreter  volkogen. 

Guratorium.  §  9.  Ueber  allgemeine  Anordnungen  im  Interesse  der 
Stiftung  hat  das  Guratorium  nach  Stimmenmehrheit  zu  beschliefsen.  Insbesondere 
hat  dasselbe  über  die  zinsbare  Belegung  des  Stiftungsvermögens  sowie  darüber 
zu  entscheiden,  ob  und  inwieweit  Stiftungseinkünfte,  welche  im  Laufe  des  Jahres 
nicht  zur  Verwendung  gelangt  sind,  als  solche  auf  das  nftchste  Jahr  übertragen 
oder  dem  Stiftungsvermögen  überwiesen  werden  sollen.  Zur  Verstärkung  des 
Stiftungsvermögens  kann  das  Guratorium  mit  Zustimmung  der  betr.  Beissort- 
chefs  dde  Geldsammlungen  unter  den  beteiligten  Staatsbeamten  von  Zeit  zn 
Zeit  wiederholen. 

Der  Vorsitzende  hat  die  allgemeine  Aufsicht  über  die  Stiftung  zn 
führen,  die  Verwaltung  des  Stiftungsvermögens  und  die  bestimmungsmäfsige 
Verwendung  der  Stiftungseinkünfte  zu  überwachen,  sowie  for  die  Erledigung 
der  ünterstützungsgesuche  und  aller  sonst  eingehenden  Schreiben  zu  sorgen. 

Kasse  und  Bureau.  Die  der  Stiftung  gehörigen  Effecten  und  geld- 
werthen  Documente  sowie  die  nicht  zur  Leistung  der  laufenden  Ausgaben 
erforderlichen  Baarbeträge  werden  bei  der  K.  Haupt-Seehandlungskasse  nieder- 
gelegt Für  die  laufenden  Einnahmen  und  Ausgaben  wird  eine  besondere  Kasse 
gebildet,  deren  Verwalter  das  Guratorium  bestellt  Zur  Fertigung  der  Expeditions-, 
Begistratnr-  und  Kanzleiarbeiten  können  die  nöthigen  Ejräfte  gegen  Vergütung 
angenommen  werden. 

Provinzial-Gommissionen.  §  10.  um  die  Interessen  der  hinter- 
bUebenen  Töchter  von  Beamten  in  den  Provinzen  zu  wahren,  wird  in  jeder 
Provinz  als  Beirath  des  Guratoriums  eine  Provinzial-Gommission  eingesetzt, 
bestehend  aus  drei  Staatsbeamten,  von  denen  jedenfalls  einer  dem  Justizressort 
und  einer  dem  Subaltemfache  angehören  muTs.  Das  Amt  ist  ein  Ehrenamt 
Die  Mitglieder  werden,  nachdem  sie  sich  zur  Annahme  desselben  bereit  erklärt 
haben,  jedesmal  auf  die  Dauer  von  fünf  Jahren  von  dem  Oberpräsidenten  der 
betr.  Provinz  ernannt  und  demnächst  dem  Guratorium  namhaft  gemacht  Für 
Berlin  wird  eine  besondere  Gommission  bestellt  Der  Oberpräsident  ist  befugt, 
die  Gommission  im  Falle  des  Bedürfhisses  durch  eine  entsprechende  Anziüil 
von  Mitgliedern  zu  verstärken.  Die  Provinzial-Gommissionen  bilden  die 
Organe  des  Guratoriums.  Sie  haben  die  ihnen  vom  Guratorium  zu  diesem 
Zwecke  überwiesenen  Unterstützungsgesuche  in  Bezug  auf  Dürftigkeit  und 
Würdigkeit  der  Bittsteller  zu  prüfen,  über  das  Ergebnis  zu  berichten  und  über 
die  Höhe  der  zu  gewährenden  Beihülfen  Vorschläge  zu  machen;  auch  können 
sie  selbständig  Anträge  auf  Unterstützung  stellen.  Den  Gommissionen  liegt  es 
femer  ob,  das  allgemeine  Interesse  für  die  Stiftung  in  der  Provinz  wach  zu 
halten  und  zu  beleben,  sowie  überhaupt  die  Interessen  der  Stiftung  und  deren 


439 

Oedeihen  nach  Möglichkeit  zn  fördern.  Za  diesem  Behofe  sind  ihnen  vom 
Gnratorinm  von  Zeit  zu  Zeit  geeignete  Mitteilungen  über  den  Stand  nnd  die 
Wirksamkeit  der  Stiftung  zu  machen. 

Bevisions-Commission.  §  11.  Für  die  jährliche  Bechnungsabnahme 
wird  eine  Bevisions-Commission  aus  drei  im  Staatsdienste  stehenden  und  ver- 
schiedenen Bessorts  der  Givilverwaltung  angehörigen  Mitgliedern  gebildet  Unter 
denselben  muü»  sich  wenigstens  ein  in  Bechnungssachen  erfahrener  Subaltem- 
beamter  befinden.  Die  Commission  wird  vom  Minister  des  Innern  jedesmal  auf 
die  Daner  von  fünf  Jahren  ernannt 

Bewilligung  von  Unterstützungen.  §  12.  Die  Bewilligung  der 
Unterstützungen,  sowohl  was  die  Auswahl  der  Empfäugerinnen  als  was  die 
Höhe  der  Beträge  anlangt,  erfolgt  auf  den  Vorschlag  des  Vorsitzenden  durch 
das  Curatorium,  welches  bei  Meinungsverschiedenheiten  nach  Stimmenmehrheit 
beschliefst  In  dringenden  Fällen  kann  der  Vorsitzende  selbständig  einmalige 
Unterstützungen  bis  zur  Höhe  von  100  Mark  gewähren,  hat  aber  idsdann  dem 
Curatorium  davon  Mitteilung  zu  machen. 

Verleihung  von  Stipendien.  §  13.  In  besonders  dazu  geeigneten 
Fällen  können  Beamtentöchter,  wenn  sie  würdig  und  befähigt  sind,  aus  den 
Stiftungseinkünften  zu  ihrer  Ausbildung  und  Vorbereitung  for  einen  künftigen 
Erwerbszweig  auf  wissenschaftlichen,  technischen  oder  artistischen  Lehranstalten 
durch  Stipendien  unterstützt  werden.  Solche  Stipendien  sind  jedoch  im  Allge- 
meinen nur  auf  die  Dauer  von  zwei  Jahren,  und  nur  ausnahmsweise  auf  die 
Dauer  von  höchstens  drei  Jahren  zu  verleihen.  Auch  zur  Aufnahme  von  Be- 
amtentöchtem  in  Kranken-  und  Altersversorgungs-Anstalten  können  Beihülfen 
bewilligt  werden. 

Bechnungslegung  und  Berichterstattung.  §  14.  Ueber  die 
Verwaltung  des  Stiftungsvermögens  und  die  Verwendung  der  Stiftungseinkünfte 
wird  alljährlich  am  Schlüsse  des  Etatsjahres  Bechnung  gelegt.  Die  Entlastung 
wird  nach  erfolgter  Bevision  der  Bechnung  durch  die  Bevisions-Commission  vom 
Minister  des  Innern  erteilt.  Ueber  die  Wirksamkeit  der  Stiftung  ist  Sr.  Majestät 
dem  Kaiser  und  Könige  als  Protector  in  angemessenen  Zeiträumen  vom  Cura- 
torium Bericht  zu  ers&tten.  Abschrift  dieses  Berichtes  erhalten  die  Provinzial- 
Commissionen. 

Kosten.  §  15.  Porto,  Schreibgebühren  und  sonstige  unvermeidliche 
Ausgaben  sind  aus  den  Stiftungseinküäten  zu  bestreiten. 

Statutänderungen.  §  16.  Aenderungen  des  Statutes  werden  von 
dem  Curatorium  unter  Genehmigung  des  Ministers  des  Innern  beschlossen. 
Aenderungen,  welche  den  Sitz,  den  Zweck  nnd  die  äufsere  Vertretung  der  Stiftung 
betreffen,  bedürfen  der  landesherrlichen  Genehmigung. 

§  17.    Die  Stiftung  tritt  mit  dem  1.  Nov.  1881  ins  Leben." 

C.Verf.  V.  8.  April  1885.  „Das  Curatorium  der  durch  AUerh.  Erlafs 
V.  31.  Oct  1881  mit  Corporationsrechten  ausgestatteten  „König  Wilhelm- 
Stiftung  für  erwachsene  Beamtentöchter**  hierselbst  beabsichtigt,  eine  der  im 
§  4  Nr.  5  des  Stiftungsstatutes  v.  22.  März  1881  zur  Verstärkung  des  Stiftungs- 
vermögens bezw.  der  laufenden  Verwendungsfonds  vorgesehenen  wiederholten 
Beitragsammlungen  abzuhalten  und  sich  zu  diesem  Zwecke  demnächst  mit 
einem  Aufrufe   an  sämtliche  beteiligte  Staatsbeamte  (§  3  a.  a.  0.)  zu  wenden. 

Indem  ich  Abschrift  der  von  den  Herren  Ministem  des  Innern  und  der 
Finanzen  an  die  Herren  Oberpräsidenten  etc.  dieserhalb  erlassenen  C.Verf.  vom 
4.  März  d.  J.  zur  Kenntnisnahme  hier  beifüge,  spreche  ich  den  Wunsch  aus, 
dafs  das  Unternehmen  auch  seitens  der  Behörden  meines  Bessorts  in  geeigneter 
Weise  gefördert  werde."    v.  Gofsler. 

C.Verf.  der  Min.  d.  Inn.  u.  d.  Fin.  v.  4.  März  1885.  J)as  Curatorium 
der  durch  AUerh.  Erlafs  v.  31.  Oct  1881  mit  Corporationsrechten  ausgestatteten 


440 

^EOnig  Wilhelm-Stiftaiig  for  erwachsene  Beamtentöchter^  hieraelbst  beabsichtigt 
eine  der  in  §  4  Nr.  5  des  Stütongsetatates  T.  22.  Mflrz  1881  zar  YeistSrining 
des  SüftungsvermOgens  bezw.  der  laufenden  Verwendongsfonds  yorgeaehenen 
wiederholten  Beitragssammlnngen  abzuhalten  und  sich  za  diesem  Zwecke  dem- 
nächst mit  einem  Aufrufe  an  sämtliche  beteiligte  Staatsbeamte  (§  3  a.  a.  0.) 
zu  wenden.  Die  hierzu  gemäUs  §  9  Absatz  1  des  Statutes  erforderUche  Zustimmung 
der  betr.  Herren  Bessortchefs  ist  bereits  erfolgt.  Den  Herren  Vorstehern 
der  Provinzialbehörden  geben  wir  ergebenst  anheim,  die  ihnen  unterstellten 
Kassen,  insoweit  als  dienstliche  Interessen  nicht  entgegenstehen,  zur  Annahme 
und  zur  Weiterbeförderung  der  zu  erwartenden  Sammelgelder  an  die  Haupt- 
Seehandlungskasse  zu  ermächtigen."    (S.  jedoch  Änmerhing  zu  S.  435.) 

7.    Luisen- Stiftung. 

Die  zrmi  Andenken  an  die  Königin  Luise  von  einem  Verein  durch  ge- 
sammelte milde  Beiträge  im  Jahre  1810  gegründete  und  am  19.  Juli  1811 
eröffnete  Luisen-Stiftung  zu  Berlin  hat  zur  Aufgabe:  1.  die  Erziehung 
von  Töchtern  aus  gebildeten  Ständen,  welche  in  dem  Alter  von  12  bis  15  Jahren  als 
Pensionäre  in  das  Institut  eintreten  können,  2.  die  unentgeltl.  theoret.  Ansbildung 
Ton  Erzieherinnen  im  Alter  von  18  bis  22  Jahren.  Der  Lehrerinnen-Bildungs- 
anstalt ist  von  dem  H.  Minister  der  geistl.  etc.  Ang.  durch  Verf.  v.  16.  April 
1877  die  in  den  §§  2  und  3  der  Prnfiingsordnung  far  Lehrerinnen  v.  34.  April 
1874  vorgesehene  Berechtigung  zur  Abhaltung  von  Eiftlassungsprnfnngen  auf 
Widerruf  erteilt  worden  und  haben  seitdem  bis  zum  Jahre  1885  im  ganzen 
25  Zöglinge  die  Befähigung  als  Lehrerinnen  for  Volks-,  mittlere  und  höhere 
Mädchenschulen  erlangt.    CBl.  1886  S.  207. 

Für  die  Aufnahme  ist  Voraussetzung  die  Zugehörigkeit  zum  evangelischen 
Bekenntnis.  Die  Pensionäre  haben  ein  Jahrgeld  von  1200  Mk.  in  vierteljärlichen 
Baten  praenum.  zu  zahlen.  Der  Unterricht  wird  in  drei  aufsteigenden  Klassen 
nach  dem  Lehrplane  der  drei  oberen  Klassen  einer  höh.  Mädchenschule  erteilt 
Anmeldungen  sind  an  den  Verein  für  die  Luisenstiftnng  (jetzt  zu  Händen  des 
K.  Provinzial-Schulratiies  Gruhl)  zu  richten. 

Zum  Eintritt  als  Erzieherin  ist  erforderlich,  dafs  die  Aufzunehmende  das 
18.  Lebensjahr  vollendet,  das  21.  noch  nicht  überschritten  hat.  Der  Nachweis 
über  den  Besitz  der  eribrderlichen  (durch  besondere  Mitteilung  zu  erfahrenden) 
Vorkenntnisse  ist  durch  das  Zeugnis  eines  mit  dem  höh.  Mädchenschulwesen  ver- 
trauten Schulmannes  oder  durch  Ablegung  einer  Prüfung  zu  führen.  Der  Auf- 
nahme geht  eine  Probezeit  von  2  bis  3  Monaten  voraus.  Die  Erzieherinnen  bleiben 
drei  Jahre  in  der  Anstalt;  sie  erhalten  Unterricht,  Wohnung  und  Unterhalt  unent- 
geltlich. Wenn  sie  durch  ihre  Leistungen  befriedigen,  so  wird  ihnen  anfserdem 
alljährlich  eine  Remuneration  bewilligt. 

Verschieden  hiervon  ist  die  Luisenstiftnng  1776  —  1876,  welche  am 
10.  März  1876  aus  Anlafs  des  100  jährigen  Geburtstages  der  Königin  Luise  von 
einem  Vereine  gegründet  worden  ist,  um  begabten  würdigen  und  bedürftigen 
Kindern  beiderlei  Geschlechts,  ohne  Unterschied  des  religiösen  Bekenntnisses,  bis 
zu  ihrer  Selbständigkeit  zu  Erziehungs-  und  Ausbildungszwecken  Unterstützungen 
zu  gewähren.  In  der  Sitzung  des  Curat oriums  am  10.  März  1886  konnten  114 
Empfänger  mit  einer  Summe  von  7424  Mk.  bedacht  werden,  wozu  StudenteOf 
Gymnasiasten,  Seminaristen,  Lehrlinge,  Mädchen,  welche  sich  in  Musik  und  Malerei 
oder  zu  Kindergärtnerinnen  ausbildeten,  sowie  Elementarschüler  gehörten.  72  waren 
bereits  vorher  unterstützt,  42  neu  hinzugetreten. 

Der  Stiftung  wurden  durch  CO.  v.  11.  Juli  1883  Gorporationsrechte  ver- 
liehen. Sie  wird  von  einem  Curatorium  geleitet  und  vertreten,  dessen  Vorsitzender 
jetzt  der  Generallieutenant  und  Generalquartiermeister,  General  -  Adjutant  Sr. 
Majestät  des  Kaisers  und  Königs  Graf  Waldersee  ist  Die  Mitglieder  und  Ehren- 
mitglieder des  Vereins  können  sich  zu  Localvereinen  verbinden.  Zur  Mitffliedschsft 
berechtigt  (aufser  Unbescholtenheit)  ein  Jahresbeitrag  von  mindestens  emer  Mark. 
Das  Gesamtvermögen  betrug  am  Jahresschlufs  1885:  61172  Mk.  32  Pf. 


•i 


441 

8.    Friedrich  Wilhelm-Stiftung  für  Marienhad» 

Auf  Anregung  des  Fräuleins  Elfriede  von  Mühlenfels  ist  vor  fast 
15  Jahren  zu  Berlin  ein  Gomite  zur  Begründung  eines  Krankenpensionats  in 
dem  Gnrorte  Marienbad  in  Böhmen  zusammengetreten.  Nachdem  durch  Zu- 
wendungen, durch  Veranstaltung  einer  Lotterie  und  durch  Verzinsung  im  Laufe 
der  Zeit  die  Geldmittel  bis  auf  ein  Kapital  von  39  000  Thlm  angewachsen,  haben 
Se.  Majestöt  der  König  durch  Allerh.  Ordre  y.  31.  Juli  1876  der  Stiftung  die 
landesherrliche  Genehmigung  zu  erteilen  und  derselben  auf  Grund  der  Statuten 
y.  11.  Jan.  dess.  J.  die  Becbte  einer  juristischen  Person  zu  yerleihen  geruht. 

Aus  den  Statuten  wird  Folgendes  mitgeteilt: 

§  1.  ,^ie  auf  diese  Weise  ins  Leben  gerufene  Stiftung  führt  im  An- 
denken an  den  in  Gott  ruhenden  König  Friedrich  Wilhelm  IV.  Ton  Preul'sen 
den  Namen 

Friedrich  Wilhelm-Stiftang  fär  Marienbad. 

§  3.  Zweck  der  Stiftung  ist,  unbemittelten  Deutschen  der  gebildeten 
Stände  (Civil-  und  Militärpersonen,  Künsüem,  Gelehrten,  Dichtem,  Litteraten^ 
Journalisten  u.  s.  w.)  sowohl  männlichen  wie  weiblichen  Geschlechts  den  Ge- 
brauch der  Marienbader  Heilquellen  und  Bäder  an  Ort  und  Stelle  zu  ermög- 
lichen oder  zu  erleichtem.  Es  handelt  sich  hier  nicht  um  die  Unterstützung 
eigentlicher  Armen  im  rechtlichen  Sinne,  sondem  um  solche  Personen  aus  den 
gebildeten  Ständen,  denen  die  Mittel  fehlen,  die  Kosten  zu  einer  Badereise 
ganz  oder  auch  teilweise  zu  bestreiten. 

§  3.  Die  Beihülfe  kann  bestehen  entweder  in  Gewährung  einer  freien 
Wohnung  in  gemietheten  oder  eigenen  Bäumen,  auf  deren  Erwerb  Bedacht  ge- 
nommen werden  soll,  oder  einer  Geldunterstützung  oder  beider  zugleich. 

§  4.  Zunächst  sind  zur  Präsentation  von  Unterstützungsbedürftigen  zur 
Gewährung  der  im  §  3  erwähnten  Beihülfen  aus  den  Stiftungsmitteln  berechtigt: 
1.  alle  diejenigen,  welche  durch  Zahlung  einer  Summe  von  250  Thlm  oder 
750  Mk.  oder  mehr  zu  dem  Stiftungs-Kapital  beigetragen  haben,  nämlich: . .  . 
d)  das  Königl.  Preufsische  Ministerium  der  geistlichen  etc.  Angelegenheiten 
2  Stellen.  3.  Von  dem  Stiftungs- Kapitale  sind  2000  Thlr  oder  6000  Mk. 
zur  Stiftung  von  Stellen  für  Litteraten  in  Marienbad  und  Karlsbad  be- 
stimmt; es  sollen  daher  die  Zinsen  von  diesen  6000  Mk.  ä  4%  in  der  Art 
verwandt  werden,  dafs  daraus  an  zwei  von  diesen^  und  zwar  jedem  die  Hälfte 
zum  Besuche  von  Karlsbad  oder  Marienbad  gezahlt  werde.  Je  nach  dem 
Wachstum  des  Kapitals  bleibt  es  Torbehalten,  diese  Unterstützung  zu  erhöhen 
oder  auch  mehrere  Stellen  zu  gründen.  AuÜBer  diesen  Berechtigungen 
(Nr.  1—3)  soUen  fortan  keine  weiteren  verliehen  werden,  als  gegen  eine  Ein- 
ka^ssumme  von  4500  Mk. 

§  5.  Für  die  von  den  Berechtigten  (§  4  Nr.  1  und  2)  Präsentirten  sollt 
faiS\a  statt  der  Wohnung  eine  Geldunterstützung  gewährt  wird,  letztere  nicht 
unter  100  Mk.  betragen.  Ist  von  denselben  vor  dem  1.  April  des  betr. 
Jahres  nicht  die  Präsentation  erfolgt,  so  fällt  der  Betrag  für  dasselbe  dem 
Vorstande  zur  eventuellen  anderweiten  Verwendung  zu  Stiftungszwecken  anheim. 
Eine  üebertragung  auf  das  folgende  Jahr  seitens  der  Berechtigten  ist  unzulässig. 

§  6.    Die  Stiftung  hat  ihren  Sitz  in  Berlin." 

Nach  wiederholter  Bekanntmachung  im  GBl.,  zuletzt  1886  S.  781,  findet 
für  Marienbad  aufserdem  Erlafs  der  GuriAxe  etc.  statt.  Es  ist  nothwendig,  dafs 
die  Gesuche  dem  Herrn  Minister  spätestens  bis  Anfang  März  eingereicht  und  voll- 
ständig begründet  worden,  damit  es  keiner  Bückfrage  bedar£ 

Ueber  das  Hospiz  des  Klosters  Loocum  auf  der  ostfriesischen  Insel 
Langeoog  s.  GBl.  1885  S.  406  fg.  und  1886  S.  416  %. 


442 


Anhang  L 

Sehnldiener. 

G.Verf.  y.  23.  Sept.  1885  (OBl.  1886  S.  141)  teilt  ein  durch  AilerLErlaTs 
V.  30.  Juni  1885  geiiehinigtes  aVerzeichniB  der  den  Militäranwärtem  im  Preuk 
Staatsdienste  vorbenaltenen  Stellen**  zur  Kenntnisnahme  und  Beachtung  mit,  wonich 

ÖdI)Militäranw'ärter  auf  die  Stellen  von  Sohnldienem  (G^ärtnem,  Kasteilaoen, 
ausinspectoren,  Hauswarten,  Hausverwaltern,  Hausmeistern,  Ofenheizem,  Portien, 
Pedellen,  Wächtern)  Anspruch  haben. 

Die  stadtischen  Ck)mmunen  sind  nach  $  11  des  Reglern,  über  die  Civil- 
Versorgung  und  Givilanstellung  der  Militarpersonen  etc.  v.  20.  Juni  1867  gleich&Ui 
verpflichtet,  zu  den  besoldeten  städtischen  Unterbedientenstellen  keine  anderen  als 
versorgungsberechtigte  Militärinvaliden  zu  wählen,  sofern  nicht  eine  höhere  oder 
eigentümliche  Geschäftsbildung  erforderlich  ist 

G.Verf.  V.  23.  Febr.  1883  (GBl.  S.  347)  ordnet  Kenntnisnahme  und  Be- 
folgung an  für  die  mittels  Allerh.  Erlasses  v.  10.  Sept.  1882  genehmigten  „Gmiid- 
sätee  för  die  Besetzung  der  Subaltern-  und  Unterbeamtenstellen  bei  den  BeichB- 
und  Staatsbehörden  mit  Militäranwärtem*,  woraus  hier  folgende  Bestimmungen 
hervorzuheben  sind : 

,A  1.  Militäranwärter  ist  jeder  Inhaber  des  Givilversorgongsscheines. 
^  12.  Die  Militäranwärter  haben  sich  um  die  von  ihnen  begehrten  Stellen  m 
oewerben.  Die  Bewerbungen  sind  an  die  für  die  Anstellung  zuständigen  Behörden 
zu  richten,  und  zwar  a)  seitens  der  noch  im  activen  Militärdienste  befindlichen 
MUitäranwärter  durch  Vermittelung  der  vorgesetzten  Militärbehörde;  b)  seiteni 
der  A^ehörigen  einer  militärisch  organisirten  Ghendarmerie  oder  Sohutzmannschaft 
durdi  Vermittelung  der  vorgesetzten  Dienstbehörde ;  c)  seitens  der  übrigen  Militär- 
anwärter  entweder  unmittelbar  oder  durch  Vermittelung  des  heimatlichen  Laod- 
wehr-Bezirkscommandos.  §  14.    Die  Bestallungsbehörden  sind  zur  Annahme 

von   Bewerbungen   nur   dann   verpflichtet,    wenn   die   Bewerber   eine   genügende 

e[örperliche,  wie  sonstige]  Qualification  für  die  fragliche  Stelle  nachweisen.  [Die 
eibringung  dieses  Nachweises  kann  von  einer  vorgängigen  informatorischen  Be- 
schäftigung abhängig  gemacht  werden.]  ^19.  Die  Anstellung  eines  einberufenen 
Stellenanwärters  kann  zuerst  auf  Probe  erfolgen  oder  von  einer  Probedienstleistong 
abhängig  gemacht  werden.  Die  Probezeit  soll,  vorbehaltlich  der  Abkürzung  bei 
früher  erwiesener  Qualification,  für  den  betr.  Dienst  (im  vorliegenden  Fftlle) 
höchstens  sechs  Monate  betragen.  $  21.    Während  der  Anstellung   auf  Probe 

ist  das  volle  Stelleneinkommen,  während  der  Probedienstleistung  eine  fortlaufende 
Remuneration  von  nicht  weniger  als  Dreivierteil  des  Stelleneinkommens  zu  gewähren.'' 
Aus  den  dem  obenerwähnten  „Verzeichnis  etc.*'  angehängten  Bestimmungen 
des  Kriegsmin.  v.  20.  März  1885  in  Betreff  der  noch  im  activen  Militärdienste 
befindlichen  Militäranwärter  ist  hinzuzufügen:  „A,  4.  Zum  Zwecke  der  vo^ 
erwähnten  (§§  14,  19)  civildienstlichen  Beschäftigungen  werden  die  MiUtäranwärter 
commandirt.  5.  Die  Einberufung  hierzu  soll  seitens  der  Anstellungsbehörden 
durch  Vermittelung  des  zuständigen  Truppenteils  etc.  erfolgen.  12.  .  .  .  Ein 
Recht,  eine  informatorische  Beschäftigung  für  sich  in  Anspruch  zu  nehmen,  hst 
der  Militäranwärter  nicht.  ...  13.  Während  der  informatorischen  Beschsftignn^ 
kann  der  Militäranwärter  von  der  Anstellungsbehörde  jederzeit  entlassen  werden 
oder  seinerseits  zurücktreten.  14.  Die  informatorische  Beschäftigung  ist  nicht 
über  drei  Monate  auszudehnen.  15.  In  vielen  Fällen  wird  die  informatoriaciie 
Beschäftigung  der  Anstellung  auf  Probe  oder  der  Probedienstleistung  unmittelbsr 
vorangehen ;  es  ist  dies  aber  keineswegs  nothwendig,  sondern  kann  zwischen  beiden 
ein  längerer,  selbst  mehrere  Jahre  umfassender  Zeitraum  liegen.  Ausnahmeweifle 
wird  auch,  wenn  die  Anstellungsbehörde  eine  Probezeit  nicht  für  nothwendig 
erachtet,  die  endgiltige  Uebernalune  des  Militäranwärters  in  den  Givildienst  schon 
in  Folge  einer  informatorischen  Beschäftigung  erfolgen  können.  16.  Die  Troppen- 
teile etc.  haben  die  Anstellungsbehörden  zu  ersuchen,  ihnen  sofort  mitzuteüen, 


443 

wann  die  informatorisohe  Beschaftigang  des  Militaranwärten  ihr  Ende  findet,  nm, 
falls  an  dieselbe  sich  eine  Anstellung  auf  Probe  oder  Probedienstleistnng  anschliefst, 
mit  Bäcksicht  auf  die  dadurch  veränderte  Zeitausdehnung  das  Gommando  um- 
zuwandeln, bezw.  das  Ausscheiden  des  Militäranwärters  aus  dem  activen  Militär- 
dienste veranlassen  zu  können,  wenn  dessen  definitive  Anstellung  erfolgt.  C,  23.  Er- 
krankt der  lülitäranwärter  während  der  Probezeit  oder  der  informatorischen  Be- 
schäftigung, so  kann  derselbe  entsprechend  längere  Zeit  oommandirt  werden. 
24.  Beim  Eintritt  einer  Mobilmachung  hat  der  lülitäranwärter  in  allen  Fällen 
nnverzufirlich  zu  seinem  Truppenteile  zurückzukehren.*' 

Nach  Min.yerf.  v.  30.  Nov.  1880  (s.  Abt.  I  S.  21)  ist  an  den  vom  Staate 
nicht  subventionirten  städtischen  höh.  Lehranstalten  für  die  Wahl  des  Schuldieners 
und  die  Feststellung  der  Dienstinstruction  für  denselben  die  Genehmigung  des 
K.  Prov.Sch.G.  nicht  erforderlich. 

G.Yerf.  v.  13.  Juni  1881.  ,^Ä.uf  den  Bericht  v.  31.  v.  M.  erwidere  ich 
dem  K.  Prov.Sch.G.,  dafs  die  Besoldungen  der  Pedelle  an  den  unter  staatliche 
Verwaltung  stehenden  höh.  Unterrichtsanstalten,  soweit  jene  eine  etatsmafsige 
Stellung  inne  haben,  vom  1.  April  d.  J.  ab  in  vierteljährl.  Baten  praenumerando 
zu  zahlen,  die  £osten  der  Vertretung  der  Pedellenstellen  aber  während  des  Gnaden- 
quartals aus  dem  Titel  „Insgemein"  der  betr.  Anstalten  zu  decken  sind." 

Min.Verf.  v.  30.  Juli  1881.  „Auf  den  Bericht  v.  9.  d.  M.  erwidere  ich 
dem  K.  Prov.Sch.G.,  dafs  nach  den  Motiven  zu  $  1  und  2  des  Gesetzentwurfes, 
betr.  die  Zahlung  der  Beamtengehalte  und  Bestimmungen  über  das  Gnadenquartal 
(Drucksachen  Nr.  66  des  Hauses  der  Abgeordneten)  der  $  1  dieses  Gesetzes  auch 
bei  denjenigen  etatsmäfsigen  Beamten  Anwendung  findet,  welche  nur  auf  Kündigung 
oder  Widerruf  angestellt  sind.  Das  G.Ee8cript  v.  13.  v.  M.  isi  daher  auch  bezüglich 
der  etatsmäfsigen  Pedelle  oder  Schuldiener  höherer  Lehranstalten  mafsgebend, 
auch  wenn  die  Kündigungsfrist  auf  einen  geringeren  als  dreimonatlichen  Zeitraum 
ausgedehnt  ist." 

üeber  Dienstwohnungen  der  Unterbeamten  s.  das  B«gulativ  v.  26.  Juli 
1880  §  17  (S.  307)  und  die  G.Verf.  v.  24.  Nov.  1880  Nr.  5  (8.  303). 

Aller h.  Ordre  v.  2.  Mai  1853.  „Ich  bin  mit  den  in  dem  Berichte  des 
Staatsministeriums  v.  24.  v.  M.  entwickelten  Ansichten  in  Betreff  der  Auslegung 
des  8  17  der  Instr.  für  die  ORechnungskammer  v.  18.  Dec.  1824  dahin  einver- 
stanaen,  dafs  keinem  Staatsdiener  ohne  Meine  specielle  und  ausdrückliche  Ge- 
nehmigung freies  Feuerungs-  oder  Erleuchtungsmaterial  bewilligt 
werden  darf,  und  bestimme  zugleich,  dafs  es  hierbei  auch  nir  die  Folge  verbleiben 
soll.  Dagegen  will  ich  nach  dem  Antrage  des  Staatsministeriums  genehmigen, 
dafs  denjenigen  Unterbeamten,  welche  in  einem  Diensthause  wohnen  und  entweder 
das  Brennmaterial  für  die  Behörde  unter  Verschlufs  oder  Aufsicht  haben  oder 
die  Heizung  besorgen,  für  ihren  eigenen  Bedarf  das  erforderliche  Feuerung^- 
material  aus  den  Vorräthen  der  Behörde  gegen  eine  angemessene  Entschädigung, 
welche  zu  den  allgemeinen  Staatsfonds  zu  vereinnahmen  ist,  mit  Vorbehalt  des 
jederzeitLren  Widerrufs  bewilligt  werden  kann.  Diese  Bewilligung  ist  in  den  Etats 
bei  der  Besoldung  der  betr.  Beamten  zu  bemerken,  darf  jedoch  nur  da,  wo  sie 
durch  die  Umstände  hinlänglich  motivirt  wird,  sowie  mit  specieller  Genehmigung 
des  betr.  Departementschefs  für  jeden  einzelnen  Fall  stattfinden  und  eine  Er- 
höhung der  betr.  Etatsfonds  nicht  zur  Folge  haben.  Auch  darf  dieselbe  auf  andere, 
als  Unterbeamte,  selbst  wenn  erstere  das  Brennmaterial  unter  Verschlufs  oder  den 
Verbrauch  zu  überwachen  haben  sollten,  nicht  ausgedehnt  werden.'*  Friedrich 
Wilhelm. 

Allerh.  Ordre  v.  28.  Jan.  1862.  „Auf  den  Bericht  des  Staatsministeriums 
V.  18.  Jan.  d.  J.  genehmige  Ich,  dafs  die  in  der  Ordre  v.  2.  Mai  1853  den 
Departementschefs  vorbehaltene  Befugnis:  die  Verabfolgung  des  Brennmaterials 
aus  fiskalischen  Vorräthen  unter  den  cuselbst  ausgesprochenen  Voraussetzungen  an 
die  dort  bezeichneten  Unterbeamten  gegen  eine  bestimmte  Entschädigung  auf 
Widerruf  zu  bewilligen,      den  Provinzialbehörden  übertragen  werde."    Wilhelm. 

Ueber  Verbesserung  des  Einkommens  s.  Min. Verf.  v.  10.  Oct.  1872: 
8.  287;     Unterstützungen  s.  G.Verf.  v.  16.  März  1887:  S.  330. 


444 

üeber  Geldgeschenke  seiteiiB  der  Schüler  b.  O.Verf.  des  K.  ProT.8ch.C. 
zu  Berlin  t.  13.  Oct.  1864  and  28.  Juli  1865 :  Abt  I  S.  388. 

Min. Verf.  v.  12.  Sept  1882.  ,,Aaf  den  Bericht  y.  30.  Aug.  d.  J.  erwidere 
ich  dem  K.  ProY.Sch.G.,  dafs  das  Gesetz  y.  20.  lud  d.  J.,  betr.  die  Fürsorge 
für  die  Witwen  und  Waisen  der  anmittelbaren  Staatsbeamten,  nach  Anlag«  i 
za  den  Ausföhrangsbestimmongen  yom  5.  Jani  d.  J.  (S.  406)  aaf  den  Gtymnasoal- 
diener  N.  za  N.  nicht  Anwendung  findet,  da  letzterer  nach  Lage  des  Etats  keinen 
&e  cht sansprach  auf  Pension  ha^  sondern  za  demjenigen  Beamten  gehört,  welchen 
nur  auf  Grund  der  Bestimmung  in  Absatz  2  des  $  2  des  Giyil-Pensionsgesetzes 
y.  27.  März  1872  (S.  356)  eyent.  eine  Pension  bewilligt  werden  kann."  .  .  .  Der 
Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Auftr.  de  la  Ooix. 

Min.Verf.  y.  21.  Aug.  1886.  „Auf  den  Bericht  y.  29.  Juli  d.  J.  erwidere 
ich  dem  K.  Proy.Sch.G.,  dafs  die  mit  pensionsberechtigten  Besoldungen  angestellten 
Schuldiener  an  den  staatlichen  höh.  Lehranstalten  mit  dem  Inkrafttreten  des 
Gesetzes  y.  20.  Mai  1882  (S.  395)  zur  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeld- 
beitrage  yerpflichtet  sind,  sofern  sie  nicht  bereits  yon  jenem  Zeitpunkte  an  einer 
der  im  §  23  1.  a  angefiihrten  Ver8or|rungsanstalten  angehört  oder  auf  Gnmd  des 
Gesetzes  die  Freilassung  yon  der  Entnchtung  der  Witwen-  und  Waisenffeldbeitrage 
beantragt  haben.  Alle  nach  dem  Inkrafttreten  dieses  Gesetzes  dennitiy  ange- 
stellten Beamten  sind  yon  dem  Tage  ab,  mit  welchem  sie  zuerst  zur  Erhebung 
des  Gehaltes  berechtigt  waren,  cUejenigen  yon  yerstaatlichten  Anstalten  mit  dem 
Tage  der  üebemahme  der  betr.  Anstalten  auf  den  Staat  unter  allen  Umstanden 
zur  Entrichtung  der  Witwen-  und  Waisengeldbeitrage  yerpflichtet.  Hat  das 
K.  Proy.Sch.G.  yersehentlich  derartige  Beamte  yon  der  Zahlung  dieser  Beitrage 
freigelassen,  so  sind  die  rückständigen  Betrage  sofort  nachtraglich  einzuziehen. 
Sollte  im  einzelnen  Falle  der  Verpflichtete  hierzu  ganzlich  aufser  Stande  sein,  so 
mag  für  denselben  eyent.  eine  Unterstützung  aus  der  betr.  Anstaltskasse  beantragt 
werden.*'    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr.:  Lucanus. 


Anhang  II. 

Haehricht  Aber  das  Alnmnat  and  Pensionat  des  K9ntgL  JoaehimsthnlseheB 

Gjmnasinms  in  Berlin. 

Zur  Nachricht  für  diejenigen  Eltern  und  Vormünder,  welche  für  ihre  Sohne 
oder  Pflegebefohlenen  die  Aufnüime  in  das  Alumnat  des  Joachimsthalschen  Gym- 
nasiums nachsuchen  wollen,  wird  Folgendes  hierdurch  bekannt  gemacht: 

§  1.  Zur  Aufnahme  in  das  Alumnat  des  Joachimsthalsdien  Gymnasiums, 
in  welchem  stiftungsmäfsig  120  Stellen,  und  zwar  25  in  der  yierten  Alumnats- 
Klasse,  50  in  der  dritten,  25  in  der  zweiten,  20  in  der  ersten  (ganz  freie) 
yorhanden  sind,  können  nur  die  in  der  Kur-  und  Neumark  geborenen  Sohne 
Königlicher  Unterthanen,  aus  anderen  Proyinzen  des  OTOufsischen  Staates  nur  die 
Söhne  der  geistlichen  und  weltlichen  Militär-  und  Ciyil-Diener  des  Staates  gelangen. 

In  beiden  Fällen  müssen  die  Aufzunehmenden  eyangelischen  Glaubens  sein. 

§  2.  Unter  diesen  120  Stellen  bestehen  in  dem  Alumnate  des  Joachims- 
thalschen Gymnasiums  6  Stellen  für  junge  Leute  eyangelischen  Glaubens  ans 
dem  ehemaligen  Polen,  welche  sich  dem  Studium  der  Theologie  widmen.  Bei  der 
Auswahl  derselben  soll  den  Eingeborenen  der  Proyinz  Westpreufsen  und  der 
Proyinz  Posen,  als  yormaliger  Bestandteile  des  Königreichs  Polen,  yor  den  aus 
dem  österreichischen  und  russischen  Polen  gebürtigen  der  Vorzug  gegeben,  und 
sollen  dieselben  resp.  yon  dem  K.  Proy.Soh.G.  zu  Posen  und  dem  K.  Proy.Sch.O. 
zu  Danzig  angemeldet  werden;  im  Uebrigen  gelten  für  sie  alle  hinsichtlich  der 
Alumnen  überhaupt  bestehenden  Vorschruten. 

§  3.  Die  Anmeldung  zur  Aufnahme  erfolgt  bei  dem  Director  des  Joachims- 
thalschen Gymnasiums  unter  Einreichung  folgender  Zeugnisse:  a)  des  Taufscheins 
des  Aufzunehmenden,  aus   welchem  auch  dessen  Gonfession  heryorgehen  muTs; 


446 

h)  eines  ärztUohen  ZeogniBses  über  dessen  Ghesundheitszostand;  c)  eines  aus- 
führlichen Zeugnisses  über  die  sittliche  Führung,  den  bereits  genossenen  Unter- 
richt, die  Fähigkeiten  und  den  Stand  der  Kenntnisse  des  Auminehmenden,  ent- 
weder von  der  Schule,  welche  er  bisher  besucht  hat,  oder  von  den  bisherigen 
Lehrern  desselben:  d)  einer  amtlichen  Bescheinigung,  dafs  die  Eltern  oder  die 
Angehörigen  die  Kosten  des  Unterhaltes  ihrer  Kinder  oder  Pflegebefohlenen  in 
dem  Alumnat  des  Joachimsthalschen  Ghynmasiums  zu  bestreiten  vermögend  sind; 
e)  eines  ärztlichen  Attestes  darüber,  dafs  die  Yaccination  oder  Bevaccination 
innerhalb  der  letzten  zwei  Jahre  an  dem  Aufzunehmenden  wirksam  vollzogen 
worden  ist. 

Die  Anmeldungen  sind  für  den  Ostertermin  der  Aufiiahme  bis  spätestens 
zum  1.  März,  und  für  den  Michaelistermin  bis  zum  1.  September  einzureichen. 

Jl  4.    Die  Au£aahme  erfolgt  nicht  vor  dem  dreizehnten  Lebensjahre 
zunehmenden;  auch  muTs  derselbe  dann  mindestens  die  erforderlichen  Vor- 
kenntnisse für  die  Unter-Tertia  des  Gymnasiums  besitzen. 

Das    Mafs    dieser    Kenntnisse  ist  in   folgender   Weise    bestimmt  worden: 

1.  Li  der  Religion :  Kenntnis  der  biblischen  Geschichte,  der  Folee  und  Einteilung 
und  des  Hauptinhalts  der  biblischen  Bücher,  sowie  des  lutherisdien  Katechismus. 

2.  Im  Deutschen:  die  Fertigkeit,  einen  gegebenen  geschichtlichen  Stoff  wohl- 
geordnet und  ohne  Fehler  gegen  Grammatik  und  OrÜiographie  schriftlich  nach- 
zuerzählen, wobei  auch  eine  gute  Handschrift  mit  zur  Bedingung  gemacht  wird. 

3.  Im  Lateinischen:  Sicherheit  in  der  grammatischen  Formenlehre,  Bekanntschaft 
mit  den  Hauptregeln  der  Syntaxis  in  einfachen  Sätzen,  und  genügende  Uebung, 
dieselben  auch  ex  tempore  beim  Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das  LateiniBche 
■zur  Anwendung  zu  bringen;  femer  einige  Sicherheit  im  Verstehen  des  Cornelius 
Nepos  oder  des  Julius  Cäsar.  4.  Im  Französischen :  Kenntnis  der  Anfangsgründe 
der  Grammatik,  Fertigkeit  im  Conjugiren  der  regelmäfsigen  und  unregelmusigen, 
der  reflexiven  und  unpersönlichen  Zeitwörter,  sowohl  einzeln  als  mit  Frage  und 
Verneinung;  Bekanntschaft  mit  der  Formenlehre  des  Substantiv,  des  Adjecüv  und 
des  Adverb;  Kenntnis  der  Zahlwörter  und  Präpositionen;  Uebung  im  Lesen  und 
im  Verstehen  leichter  französischer  Sätze  und  im  Uebersetzen  leichter  deutscher 
Sätze  in  das  Französische.  5.  In  der  Geschichte:  eine  Uebersicht  der  denk- 
würdigsten Beffebenheiten  der  allgemeinen  Weltgeschichte.  6.  In  der  Geographie: 
Kenntnis  der  Erdoberfläche  na(£  Naturgrenzen  und  nach  ihrer  poUtisdien  Ein- 
teilung, und  genauere  Bekanntschaft  mit  den  europäischen  Ländern.  7.  Im 
Hechnen:  Fertigkeit  in  den  vier  einfachen  Bechnungsarten  und  der  Begeldetri  in 
benannten  und  unbenannten,  sowohl  ganzen  als  gebrochenen  Zahlen,  und  genügende 
Uebung,  eine  arithmetische  Aufgabe  im  Kopf  und  auf  der  Tafel  mit  deutscher 
Einsicht  in  die  Gründe  des  Venahrens  aufzulösen«  8.  Im  Griechischen  wird 
Kenntnis  des  Alphabets  und  Fertigkeit  im  Schreiben  griechische  Buchstaben 
vorausgesetzt. 

§  5.  Wer  bereits  das  fünfzehnte  Lebensjahr  überschritten  hat,  kann  nur  in 
dem  Falle  aufgenommen  werden,  wenn  seine  Vorkenntnisse  und  seine  geistige  Ent- 
wickelung  seinem  Alter  angemessen  befunden  werden. 

§  6.  Die  zur  Aufnahme  angemeldeten  jungen  Leute  werden  zu  einer  kurz 
vor  dem  Aufnahme  -  Termine  (Ostern  und  Michaelis)  zu  veranstaltenden  Prüfung 
einberufen  und  die  tüchtigsten  unter  den  Geprüften  mit  Vorbehalt  unserer  Ge- 
nehmigung zur  Aufnahme  ausgewählt  Wer  bei  der  ersten  Aufiiahme  -  Prüfung 
nicht  genügt,  wird  nicht  Öfter,  als  noch  einmal  zu  einer  solchen  zugelassen. 
Den  Eltern  und  Vormündern  wird  empfohlen,  ehe  sie  ihre  Söhne  und  Pflep^e- 
befohlenen  zur  Aufnahme  -  Prüfung  stellen,  sich  anderweit  durch  eine  vorlaute 
Prüfung  derselben  ^die  Ueberzeugung  zu  schaffen,  dafs  sie  den  §  4  aufgestellten 
Forderungen  genügen.  Sollte  der  Fall  eintreten,  dafs  Anwärter,  welche  zur 
Aufnahme  geeignet  erscheinen,  hauptsächlich  deshalb,  weil  nicht  eine  hinreichende 
Zahl  von  Stellen  erledigt  ist,  zurückgewiesen  werden  müTsten,  so  behalten  wir 
uns  vor,  diejenigen  unter  ihnen,  welche  Schüler  der  Anstalt  werden  oder  bleiben, 
in  dem  Falle,  dafs  sie  in  dieser  Probezeit  sich  als  völlig  geeignet  bewähren,  später 
«kne  besondere  Prüfang  in  eine  der  znnSohat  nnat  werdenden  SteUen  einrücken 
an  lassen. 

§  7.  Sollte  ein  Zögling,  welcher  der  Aufnahme  würdig  befunden  worden, 
späterlun  den  Erwartungen  nidit  entsprechen  und  sich  cur  Verfolgung  einer  wissen- 


446 

Bohaftlichen  Lftufbahn,  oder  durch  sein  gaiuses  Verhalten  for  den  Anfentludt  in 
dem  Alumnat  nicht  geeigfnet  zeigen,  so  wird  dessen  Entlassung  ans  der  Anstalt 
vorbehalten. 

§  8.  Das  Alumnat  steht  unter  der  Leitung  des  Direotors,  die  einzelnen 
Alumnen  stehen  unter  der  speciellen  Aufsicht  besonderer  im  Alumnat  wohnender 
Lehrer  TAdjuncten),  an  welche,  als  ihre  nächsten  Vorgesetzten,  sich  die  Alamnen 
in  allen  ihren  Angelegenheiten  zuerst  zu  wenden  haben,  sowie  auch  die  Ani^hörigen 
der  Alumnen  gut  thun  werden,  mit  denselben  in  häufigen  Briefwechsel  zu  treten. 

§  9.  Die  Alumnen  des  Joachimsthal  sehen  Gymnasiums  erhalten  Unterricht, 
Wohnung,  Heizung,  Licht  und  vollständige  Beköstigung  (Frühstück,  Mittag-, 
Vesper-  und  Abendbrot)  für  Eechnung  der  Anstalt ;  für  Kleidung,  Wäsche,  Bücher 
und  andere  Bedürfnisse  hat  jeder  Alumnus  aus  eigenen  Mitteln  zu  soreen. 
Die  Wäsche  kann  durch  eine  von  der  Anstalt  bestellte  Wäscherin  besorgt  werden; 
ebenso  hat  diese  besondere  Handwerker,  Buchhändler  u.  s.  w.,  von  denen,  unter 
der  Controlle  der  Adjuncten,  das  Nöthige  zu  entnehmen  ist. 

§  10.  Haus-  und  Tischgeräthe  liefert  die  Anstalt;  alle  für  den  personlichen 
Gebrauch  des  Alumnus  bestimmten  Q^enstände,  namentlich  ein  Bett,  aus  ein«? 
Matratze  von  Seegras  oder  Pferdehaaren,  einem  Kopfkissen  von  gleicher  Be- 
schaffenheit, zwei  wollenen  Decken  und  den  nöthigen,  zu  einem  vierwöchentlichen 
Wechsel  ausreichenden  Ueberzügen  und  Betttüchem  bestehend,  hat  jeder  Alumnus 
mitzubringen  und  ein  Verzeichnis  aller  mitgebrachten  G^enstände  dem  Lehrer, 
unter  dessen  Aufsicht  er  steht,  zu  übergeben.  Alle  für  den  persönlichen  Gebrauch 
des  Alumnus  bestimmten  Gegenstände  müssen  gezeichnet  sein. 

§  11.  Jeder  Alumnus  hat:  a)  in  der  vierten  Alumnats-Klasse  250  Mark, 
b)  in  der  dritten  150  Mark,  c)  in  der  zweiten  120  Mark  Hausgeld  in  viertel- 
jährlicher Vorausbezahlung  zu  entrichten.  Die  erste  Alumnats-Klasse  (ganz  freies 
Alumnat)  ist  von  Zahlung  des  Hausgeldes  entbunden. 

§  12.  Zu  dem  Genufs  des  teilweise  freien  Alumnats  sind  vorzugsweise  be- 
rechtigt: 1.  die  §  2  erwähnten  Alumnen  aus  dem  ehemaligen  Polen;  2.  zehn 
Neumärker  von  Adel,  insofern  sie  ohne  Vermögen  sind;  3.  die  etwa  in  dem 
Alumnat  befindlichen  Zöglinge  von  der  hiesigen  böhmischen  Golonie,  welche  sich 
dem  Dienst  der  Kirche  widmen;  die  Zahl  derselben  bleibt  jedoch  stets  auf  zwei 
beschränkt;  4.  die  zur  Aufnahme  in  das  Alumnat  geeigneten  Zöglinge  des 
Waisenhauses  zu  Oranienburg. 

Ln  Allgemeinen  wird  die  Wohlthat  des  teilweise  freien  Alunmats  nur 
solchen  Alumnen  gewährt,  welche  sich  bei  einem  längeren  Aufenthalte  in  dem 
Alumnat  dieser  Begünstigung  würdig  erwiesen  haben.  Das  ganz  freie 
Alumnat  kann  nur  den  würdigsten  und  bedürftigsten  unter  den  Alumnen  bei 
vorzüglicher  Qualification  und  in  der  "ELegel  erst  in  den  obersten  Klassen  ver- 
liehen werden. 

§  13.  Zur  Bestreitung  der  vierteljährlich  zu  leistenden  Zahlungen  (§  11) 
und  der  sonstigen  Bedürfnisse  eines  Alumnus  ist  bei  dessen  Aufnahme  eine  Summe 
von  wenigstens  100  Mark  an  die  Alumnatskasse  zu  zahlen  und  vierteljährlich 
durch  Erstattung  der  für  Rechnung  des  Alumnus  geleisteten  Zahlungen  sofort  zu 
ergänzen.  Alle  für  einen  Alumnus  bestimmten  Gelder  sind  an  die  Alumnatskasse, 
nicht  an  den  Alumnus,  einzusenden,  wie  überhaupt  den  Alumnen  kein  Geld,  zu 
welchem  Zwecke  es  auch  sei,  ohne  Vorwissen  des  nächsten  Vorgesetzten  zugestellt 
werden  darf.   Der  Eendant  darf  Zahlungen  von  den  Alumnen  nicht  annehmen. 

§  14.  Zahlungen  für  die  besonderen  Bedürfnisse  eines  Alumnus  leistet  der 
Bendant  der  Alumnatskasse  nur  auf  Anweisung  desjenigen  Lehrers,  unter  dessen 
Aufsicht  der  Alumnus  steht.  Die  Eltern  oder  Angehörigen  haben  demselben 
wegen  der  für  ihre  Söhne  oder  Pflegebefohlenen  zu  bewilligenden  Ausgaben  schrift- 
lich die  erforderlichen  Mitteilungen  zu  machen. 

§  15.  Mit  dem  Ablauf  eines  jeden  Vierteljahrs  legt  der  Rendant  die 
Rechnung  für  jeden  Alumnus  und  senaet  die  Rechnungen,  nachdem  dieselben  von 
dem  seitens  des  unterzeichneten  GoUegiums  dazu  bestimmten  Galculaturbeamten 
auf  Ghimd  der  Beläge  und  in  calculo  als  richtig  bescheinigt  sind,  nach  vorgangiger 
Mitteilunj;  an  den  die  Aufsicht  über  den  Alumnus  führenden  Lehrer  und  mit 
dessen  I^terschrift  versehen  an  die  Angehörigen  des  Alumnus  ab. 

§  16.  Haben  die  Eltern  oder  Angehörigen  unterlassen,  dem  betreffenden 
Lehrer  die  nötigen  Mitteilungen  über  die  zu  bewilligenden  Ausgaben  zu  machen. 


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so  können  sie  keine  Beschwerden  über  die  etwaige  Hohe  oder  Unzweckmäfsigkeit 
derselben  fahren;  etwaige  Beschwerden  über  die  Verwaltung  der  Alamnengelder 
oder  über  versäamte  Rechnnngslegang  sind  bei  dem  unterzeichneten  FroT.Sch.C. 
anzubringen.  Auf  Beschwerden,  welche  nicht  innerhalb  dreier  Monate  nach  Ablauf 
des  Vierteljahres,  für  welches  die  Rechnung  gel^  ist,  angebracht  werden,  kann 
keine  Rücksicht  genommen  werden. 

§  17.  Nach  geschehener  Einzahlung  der  jedesmaligen  Eiganzungssumme 
13)  ist  der  Rendant  verpflichtet,  den  Eltern  oder  Angehörigen  £e  Beläge  über 
le  für  ihre  Sohne  und  Pflegebefohlenen  geleisteten  Zahlungen  auf  Erfordern  mit« 
zuteilen;  sie  sind  aber  gehalten,  dieselben  binnen  vier  Wochen  postfrei  an  den 
Rendanten  zurückzusenden.  Drei  Monate  nach  dem  Ablaufe  eines  jeden  Viertel- 
jahrs ist  der  Rendant  befugt,  die  Beläge  zu  vernichten. 

§  18.  Die  Eltern  oder  Angehörigen  der  Alumnen  sind  verpflichtet,  die  zur 
Erhaltung  ihrer  Kinder  oder  Pflegebefohlenen  erforderlichen  Gelder  pünktlich  ein« 
zusenden.  Sollten  Eltern  oder  Angehörige  sich  hierbei  säumig  erweisen,  so  muft 
der  Rendant  nach  fruchtlos  geschehener  Erinnerung  hiervon  dem  Prov.Sch.C.  An« 
zeige  machen,  die  Anzeige  jedoch  dem  Alumnatsmspector  zur  Beifügung  seiner 
etwaigen  Bemerkungen  vorlegen,  worauf  das  Erforderliche  veranlafst  werden  soll. 
Alumnen,  für  welche  die  nötigen  Zahlungen  gänzlich  ausbleiben  sollten,  würde 
sich  die  Anstalt  genötigt  sehen,   ihren  Eltern  oder  Angehörigen  zurückzusenden.. 

§  19.  Wenn  der  Alumnus  die  Anstalt  verlassen  soll,  so  ist  hiervon  dem 
Director  drei  Monate  vor  dem  Abgange  Anzeige  zu  machen;  in  allen  Fällen,  wo- 
diese  Anzeige  unterblieben  ist,  hat  der  Alumnus  die  Zahlung  noch  für  das  nächste- 
Vierteljahr  zu  leisten. 

§  20.  Aufser  den  Alumnen  werden  auch  Pensionäre,  höchstens  56,  in 
die  Anstalt  aufgenommen,  welche  für  Unterricht,  Wohnung,  Heizung,  Licht  und 
Beköstigung  vollständige  Zahlung  leisten,  in  allen  andern  Beziehungen  aber  den 
Alumnen  gleich  geachtet  werden.  Wegen  der  Aufnahme  junger  Leute  als. 
Pensionäre  wendet  man  sich  an  den  Director.  Bei  ihnen  wird  aufser  den  nöthigen 
Vorkenntnissen  für  das  Gymnasium  ein  gutes  sittliches  Verhalten  zur  Bedingung 
gemacht,  und  es  ist  deshalb,  wenn  der  Angemeldete  schon  eine  andere  Schule  be«> 
sucht  haty  ein  darüber  sprechendes  Zeugnis  der  Meldung  beizufügen.  Die  einge- 
gangenen und  geeigneten  Meldungen  werden  in  der  Regel  der  Reihenfolge  nach 
berücksichtigt. 

§  21.  Die  jährliche  Pension  beträgt  mit  EinschluTs  des  Schulgeldes  1000  Mark,, 
welche  vierteljährlich  mit  2.^0  Mark  vorauszuzahlen  ist.  Bei  ausbleibender  Zahlung 
mufs  das  Verhältnis  als  aufgelöst  betrachtet  werden. 

§  22.  Zur  Bestreitung  der  kleinen  Ausgaben  für  einen  Pensionär  sind  bei 
dessen  Aufnahme  aufser  der  vierteljährlichen  Pension  von  250  Mark  wenigstens 
100  Mark  an  die  Alumnatskasse  einzuzahlen,  üeber  die  Ergänzung  und  Ver« 
rechnung  dieser  Gelder  gelten  die  in  den  §§  13— 18  enthaltenen  Bestimmungen. 

§  23.  Wenn  Pensionäre  die  Anstalt  verlassen  sollen,  so  ist  hiervon  dem. 
Director  drei  Monate  vorher  Anzeige  zu  machen;  in  allen  Fällen,  wo  diese  Anzeige 
unterblieben  ist,  hat  die  Anstalt  noch  die  Hälfte  der  Pension  für  dlis  nächste 
Vierteljahr  zu  fordern. 

Berlin,  den  30.  September  1884.        K.  Provinzial-Sohul-Oollegium. 

Bekannimaehiing  für  Eltern  nnd  Tormfinder,  welehe  ihre  SQhse  nnd  Pflege-^ 
befohlenen  der  K9nigl  Lnndesaehule  Pforte  flbergeben  wollen* 

§  1.  Die  Landesschule  Pforta,  gegründet  1543  durch  Moritz  von  Sachsen, 
ist  eine  Erziehungs-  und  Unterrichtsansfaslt,  in  welcher  eine  bestimmte  Anzahl 
von  Zöglingen  evangelischer  Gonfession  von  der  Untertertia  aufwärts  in  den. 
gymnasialen  Fächern  unterwiesen  und  in  fest  geregeltem  Wechsel  zwischen  Arbeit 
nnd  Erholung,  fem  von  den  Zerstreuungen  des  städtischen  Lebens,  für  eine  höhere- 
Laufbahn,  in  erster  Linie  für  das  akfäemische  Studium,  vorbereitet  wird.  Es 
können  daher  nur  solche  Knaben  Aufnahme  finden,  an  welchen  neben  sittUcher 
Tüchtigkeit  und  ünverdorbenheit  eine  ernstliche  Neigung  und  eine  entschiedene 
Fähigkeit  zu  den  höheren  Studien  wahrnehmbar  ist. 

§  2.  Obwohl  diese  Schule  insofern  eine  Wohlthätigkeitsanstalt  ist,  als  nh^ 
nach  der  Absicht  ihres  Stifters  die  Kosten  des  Unterrichts  und  der  Verpflegung; 


448 

sam  flTÖfoten  Teile  aas  ihren  Mitteln  beitreitet,  so  darf  sie  doch  keineswegs  als 
eine  Yerpflegungsanstalt  für  Sohne  unbemittelter  Eltern  angesehen  werden.  Ss 
ist  den  staatlichen  Behörden  alles  daran  gelegen,  dafs  die  Wohlthaten  derselben 
zwar  bedürftigen,  aber  zugleich  talentvollen  und  für  die  gelehrten  Stadien  be- 
sonders geeigneten  Knaben  zu  Teil  werden,  und  nur  bei  gleichen  Anlagen  und 
Vorkenntnissen  der  Aufzunehmenden  soll  die  Dürftigkeit  als  ein  Moment  der  Eni- 
scheidunff  zu  Ghinsten  der  letzteren  gelten.  Ebenso  unstatthaft  ist  die  An- 
nahme, die  Landesschule  sei  dazu  bestimmt,  Schüler,  welche  durch  ihr  bisheriges 
Betragen  Anstofs  gegeben  oder  gar  ihre  Ausschliefsunff  von  einer  anderen  Lehr- 
anstalt nöthig  gemacht  haben,  auf  bessere  Wege  zu  leiten.  Es  wird  Tielmehr 
ausdrücklich  bemerkt,  dafs  die  Aufnahme  solcher  Schüler  mit  der  Bestimmung  and 
Verfassung  der  Landesschule  unvereinbar  und  deshalb  unzulässig  ist. 

§  3.  An  der  Landesschule  bestehen  L  180  Alu  m  neust  eilen;  von  diesen 
sind :  A.  140  Freistellen,  immlich  60  KÖniffliche,  7  neue  Königliche,  6  evangeliscb- 
kirchliche,  56  städtische,  5  Domstifts-,  5  Geschlechtsstellen  und  1  Organistenstelle; 
B.  20  alte  und  20  neufundirte  Koststellen.        IL   20  Extraneerstellen. 

Alumnen  und  Extraneer  sind  in  Bezug  auf  die  Teilnahme  an  dem  Unter- 
richte und  die  Unterwerfung  unter  die  Gesetze  und  Anordnungen  dei:  Schule 
S leichgestellt;  die  Alumnen  erhalten  Wohnung  und  vollständige  Verpflegung  durch 
ie  Anstalt  selbst,  die  Extraneer  in  der  Familie  eines  Lehrm  derselben.  Die 
Alumnenstellen,  mit  Ausnahme  der  5  Geschlechtsstellen  (§  9),  sind  nur  Ange- 
hörigen des  Preufsischen  Staates  zugänglich,  in  Extraneerstellen  können  auch 
Ausländer  aufgenommen  werden.  Die  Anzahl  der  Alumnenstellen  in  jeder  der 
vorbezeichneten  Kategorie  ist  unbedingt  bestimmt  und  kann  nicht  überschritten 
werden;  bezüglich  der  Anzahl  der  Extraneerstellen  vergl.  §  12. 

§  4.  Die  60  Königlichen  Freistellen  bestehen  aus  a)  34  Königlichen  Frä- 
steilen im  engeren  Sinne,  welche  von  den  Herren  Ministem  der  Justiz,  des  Innern 
und  der  Finanzen  verliehen  werden  und  Knaben  aus  allen  Provinzen  der  Monarchie 
zugänglich  sind.  Gesuche  um  Stellen  dieser  Art  sind  an  einen  dieser  drei  Herren 
Minister  zu  richten.  b)  26  Freistellen  (23  Gnaden-  und  ELapellstellen,  3  Famu- 
laturstellen),  welche  das  K.  Prov.-Schul-Gollegium  zu  Magdebun^  verleiht  und 
zwar  vorzugsweise  an  Söhne  solcher  Eltern,  welche  entweder  zur  ^eit  der  Geburt 
derselben  preuTsische  Unterthanen  im  Herzogtum  Sachsen  waren  und  es  zur  Zeit 
der  Verleihung  der  Stelle  noch  sind,  oder  welche  wenigstens  der  letzteren  Be- 
din|^g  entsprechen.  Bezürliohe  Gesuche  müssen  an  die  unterzeichnete  Behörde 
eenchtet  weisen.  Für  Sie  Verleihung  der  3  Famulaturstellen  steht  dem  Bector 
der  Landesschale  das  Vorschlagsrecht  zu. 

§  5.  Von  den  in  §  3  als  „neue  Königliche  Freistellen*'  bezeichneten  Frei- 
stellen werden  drei  von  dem  Herrn  Minister  der  geistlichen  etc.  Angelegenheitea 
verliehen.  Diese  Stellen  sind  vorzugsweise  für  ^hne  höherer  Beamten  aus  dem 
Ressort  dieses  Ministeriums  bestimmt.  Bewerbungen  um  diese  Stellen  sind  an  den 
Herrn  Minister  der  geistl.  etc.  Angel,  zu  richten.  Die  anderen  4  Stellen  stehen 
zur  freien  Verfügung  des  Kriegsministeriums.  Sie  sind  vorzugsweise  den  Söhnen 
von  Offizieren,  Samtätsoffizieren  und  höheren  Beamten  aus  dem  Bereiche  der 
Preufsischen  Heeresverwaltung  vorbehalten.  Bewerbungen  um  dieselben  sind  sn 
das  Allgemeine  Kriegs  -  Departement,  Infanterie  -  Abteilung  im  Preufs.  Kriegs- 
Ministerium  zu  richten. 

§  6.  Die  in  §  3  als  „evangelisch  -  kirchliche**  bezeichneten  6  FreisteUen 
werden  an  Söhne  von  Geistlichen  der  evangelischen  Landeskirche  verliehen.  Be- 
werbungen um  diese  Stellen  sind  durch  Vermittelung  des  den  betreffenden  Geist- 
lichen vorgeordneten  Provinzial-Gonsistoriums  an  den  Evangelischen  Oberkirohen- 
rath  zu  riäten. 

§  7.  Das  Patronatsrecht  über  die  56  städtischen  Freistellen  wird  von  einer 
Beihe  von  Städten  des  Herzogtums  Sachsen  ausgeübt,  auf  die  sie  in  folgender 
Weise  verteilt  sind:  1  Beigem,  1  Beizig,  1  Bitterfeld,  1  Brehna,  1  Brück,  3  Deutssoh, 
1  Düben,  1  Eckartsberga,  1  Eilenburg,  1  Freyburg,  1  GriLfenhainichen,  1  Herzberg, 
1  Jessen,  1  Kemberg,  1  Kindelbrück,  4  LuägensaJza,  1  Idebenwerda,  2  Mühlbeig, 
7  Naumburg,  1  Niemegk,  1  Ortrand,  1  Osterfeld,  1  Prettin,  2  Suigerhanseo, 
1  Schlieben,  1  Schmiedeberg,  1  Schweinitz,  1  Senftenbm»  2  Tennstädt,  1  Thams- 
brück,  1  Uebigau,  1  Wahrenbrück,  3  WeiTsenfels,  2  Weifsensee,  3  Wittenberg, 
1  Zahna,   1  Zörbig.        Bei  der  Verleihung  dieser  Stellen,  weldie  bei  den  lU- 


449 

ffistraten  naohzosnohen  ist,  werden  hauptsachUoh  die  in  der  betr.  Stadt  geborenen 
Knaben  berücksiohtigt.  Die  Stadtbehörden  haben  nach  getroffener  Wahl  die  Ge- 
nehmigung derselben  bei  dem  unterzeichneten  Prov.Sch.C.  nachzusuchen. 

§  8.   Die  5  Domstiftstellen  vergiebt  das  Domkapitel  zu  Naumburg  a/S. 

§  9.  Adeliche  Oeschlechtsstellen  stehen  zu:  2  den  Orafen  yon  Harschall, 
2  der  Familie  yon  Wolfersdorff,  1  dem  Besitzer  des  Ritterguts  Grorskmehlen. 

§  10.  Die  Organistenstelle,  deren  jedesmaliger  Inhaber  unter  Aufsicht  des 
Musikdirectors  in  der  Kirche  und  im  Betsaale  die  Orgel  zu  spielen  verpflichtet 
ist,  wird  von  dem  Rector  der  Landessohule  besetzt. 

§  11.  Die  20  alten  Koststellen  und  die  20  neufundirten  Koststellen  sind 
Bewerbern  aus  allen  Provinzen  der  Monarchie  zugänglich.  Bewerbungen  um  die- 
selben sind  an  das  unterzeichnete  K.  Prov.Sch.C.  zu  richten.  Für  jede  der  alten 
Koststellen  ist  ein  Kostgeld  im  Jahresbetrage  von  65  Mk.  61  Pf.,  für  jede  der 
neufundirten  Koststellen  ein  Kostgeld  im  Jahresbetrage  von  240  Mk.  an  die 
Schulkasse  zu  zahlen. 

§12.  Extraneerbei  sich  aufzunehmen  sind  nur  die  ordentlichen  Lehrer 
der  Anstalt  berechtigt.  Der  Jahresbetrag  der  Pensionen  ist  auf  1050  Mk.  fest- 
gesetzt; derselbe  ist  an  den  betr.  Lehrer  in  vierteljährlichen  Teilbeträgen  voraus- 
zuzahlen. Wegen  Aufnahme  eines  Extraneers  mufs  die  Genehmigung  der  unter- 
zeichneten Behöi^e  entweder  durch  die  Angehörigen  oder  durch  denKector  oder 
durch  denjenigen  Lehrer,  in  dessen  Familie  der  Knabe  eintreten  soll,  eingeholt 
werden;  auch  sind  dem  Gesuch  die  §  15  vorgeschriebenen  Atteste  beizufügen. 
Die  ordnungsmäfsige  Zahl  der  Extraneerstellen  ist  auf  20  festgesetzt.  Ein  zeit- 
weiliges üeberschreiten  dieser  2iahl  kann  nur  ausnahmsweise  (vergl.  §  21)  durch 
das  unterzeichnete  K.  Prov.Sch.C.  bewilligt  werden.  Söhne  von  Lehrern  oder 
Beamten  der  Anstalt,  welche  als  Schüler  auf  dieselbe  aufgenommen  sind,  werden 
in  die  Zahl  der  Extraneer  nicht  eingerechnet. 

§  13.  Auf  die  Landesschule  können  Zöglinge  in  Alunmen-  oder  Extraneer- 
stellen überhaupt  nur  aufgenommen  werden,  wenn  sie  das  zwölfte  Lebens- 
jahr zurückgelegt  haben  und  in  ihrem  Wissen  und  Können  die  unbedingte  Reife 
für  die  gymnasiale  Untertertia,  die  unterste  an  der  Landesschule  bestehende 
Klasse,  besitzen.  Wer  bereits  das  15.  Lebensjahr  zurückgelegt  hat,  kann  nur 
aufgenommen  werden,  wenn  er  wenigstens  die  Reife  für  Obertertia  nachweist; 
wer  über  16  Jahr  alt  ist,  mufs,  um  aufgenommen  zu  werden,  mindestens  für  ünter- 
secunda  reif  sein.  Ausnahmen  von  diesen  Bestimmungen  bedürfen  der  Bewilligung 
des  unterzeichneten  K.  Prov.Sch.C;  dieselbe  wird  nur  in  besonderen  Fällen  ge- 
wahrt, falls  die  bisherige  Ausbildung  des  Aufzunehmenden  durch  aufserordentliche 
Umstände,  z.  B.  durch  anhaltende  Behinderung  am  Schulbesuch  oder  durch  wieder- 
holten, unverschuldeten  Anstaltswechsel,  verzögert  worden  ist.  Die  Reife 
für  eine  bestimmte  Klasse  wird  in  jedem  falle,  auch  wenn  der  Aufzu- 
nehmende bisher  ein  Preufsisches  Gymnasium  besucht  hat,  durch  eine  vor 
dem  Lehrer  -  CoUegium  abgelegte  mündliche  und  schriftliche  Aufnahmeprüfung 
ermittelt. 

§  14.  In  der  Aufnahmeprüfung  hat  der  Aufzunehmende,  um  als  reif 
für  Untertertia  anerkannt  zu  werden,  entsprechend  dem  allgemein  giltigen  Gym- 
nasiallehrplali,  folgende  Kenntnisse  und  Fertigkeiten  nachzuweisen :  a)  Religion. 
Sicheres  Auswendigwissen  der  Hauptstücke  des  lutherischen  Katechismus,  bezw. 
der  wichtigsten  Stollen  des  Heidelberger  Katechismus,  und  einer  Anzahl  von 
geistlichen  Liedern,  Kenntnis  der  Hauptbeweisstellen  der  christl.  Religionslehre 
und  Bekanntschaft  mit  der  biblischen  Geschichte  und  der  Bedeutung  der  christl. 
Feste.  b)  Deutsch.  Richtiges  Lesen;  eine  reine,  deutliche,  möglichst  feste 
Handschrift  und  Bekanntschaft  mit  den  Regeln  der  Sprache  in  dem  Grade,  dafs 
der  Aufzunehmende  im  Stande  sei,  seine  Geaanken  schriftlich  und  mündlich  ohne 
grobe  Verstöfse  gegen  die  Rechtschreibung  und  die  Gh'ammatik  auszudrücken, 
c)  Lateinisch.  Völlige  Sicherheit  in  der  regebnärsigen  und  nnregelmäfsigen  Formen- 
lehre, Kenntnis  desjenigen  Bereichs  der  wichtigsten  syntaktischen  Regeln,  welcher 
für  den  in  Quarta  gemachten  Anfang  der  lateinischen  Leetüre  unentbehrlich  ist, 
eine  angremessene  Vocabelkenntnis,  die  Fähigkeit,  ohne  Hülfsmittel  ein  nach  diesen 
Gesichtspunkten  ausgewähltes  deutsches  Uebungsstück  richtig  ins  Lateinische  und 
den  Cornelius  ^epos  und  leichtere  Abschnitte  aus  Caesar  (bellum  Gallicum)  ins 
Deutsche  zu  übersetzen,  Bekanntschaft  mit  einigen  vdchtigeren  Regeln  der  Prosodie 

Wiese,  Verordnungen.    IL  29 


460 

d)  FranzösiBch.  Geübtheit  in  der  französischen  Aassprache;  sichere  Kenntnis  der 
Formenlehre  mit  Einschlufs  der  sogenannten  unrcttfeknäfsigen  Yerba  (etwa  in  dem 
Umfange,  wie  sie  in  Ploetz'  Elementargrammatik  und  in  den  §§  1  bis  23  der 
Schalgrammatik  desselben  Verfassers  behuidelt  ist),  die  Fähigkeit,  ohne  Hülfsmittel 
ein  bezügliches  deatsches  Dictat  ohne  grobe  Fehler  ins  Französische  za  übersetzen 
and  leichtere  französische  Abschnitte  ins  Deatsche  za  übertragen.  e)  Rechnen 
and  Mathematik.  Volle  Fertigkeit  and  Sicherheit  in  den  4  Species  mit  benannten 
and  unbenannten  Zahlen,  Brachrechnang  mit  Einschlufs  der  Decimalbrüche, 
Regel  de  tri;  sichere  Kenntnis  der  geltenden  MaTse  and  Gewichte;  Bekanntschaft 
mit  den  Anfängen  der  Planimetrie  bis  zar  Lehre  von  der  Congruenz  der  Dreiecke. 
f)  Geschichte  und  Geographie.  In  jener  Uebersicht  der  Hauptp^rioden  und  ihrer 
wichtigsten  Ereignisse;  in  dieser  eine  allgemeine  Kenntnis  der  Erdoberfläche  nach 
ihrer  physischen  und  politischen  Einteilung  und  eine  genauere  Bekanntschaft  mit 
der  Geographie  Deutschlands  und  vorzüglich  des  preufsischen  Staates. 

Zum  Erweise  der  Reife  für  eine  höhere  Klasse  sind  die  Forderungen  in 
entsprechender  Weise  durch  den  allgemeinen  Gymnasiallehrplan  bestimmt. 

Bei  der  mündlichen  Prüfung  und  der  Aufnahme  können  die  Eltern  und 
sonstigen  Angehörigen  selbst  gegenwärtig  sein,  jedoch  müssen  sie  sich  während 
der  Berathung  des  LehrercoUegiums  über  die  Aufnahme  ihrer  Söhne  und  Pfl^e- 
befohlenen  entfernen. 

§  15.  Gesuche  um  Verleihung  von  Alumnenstellen  sind  frühestens 
sechs,  spätestens  drei  Monate  vor  dem  Aufnahmetermin  an  die  zuständige  Stelle 
(§§  4—11)  zu  richten.  Dem  Gesuche  sind  beizufügen:  1.  Geburts-  und  Taufschein, 
2.  Wiederimpfungs- Attest,  3.  Gesundheitsattest,  zu  dessen  Aasstellung  das  im  An- 
hange abgedruckte  Formular  auszufüllen  ist,  4.  ein  von  der  bisher  besuchten  Lehr- 
anstalt, bezw.  dem  Privatlehrer,  ausgestelltes  Zeugnis,  welches  über  Anlagen, 
FleiCs,  Leistungen  und  Betragen  des  Aufzunehmenden  genaue  Auskunft  ^iebt. 

§  16.  DieVerleihung  jeder  Alumnenstelle  erfolgt  durch  den  dazu  Berechtigten 
nicht  auf  einen  beliebigen  Zeitraum,  sondern  für  diejenige  Zahl  von  Jahren,  welche 
bei  normalem  Fortschreiten  bis  zum  Abschlüsse  des  Gymnasialcursus  erforderlich 
ist,  das  heifst  für  die  in  Untertertia  aufgenommenen  Alumnen  auf  6  Jahre,  für  die 
in  Obertertia  aufgenommenen  auf  5  Jahre  u.  s.  f.  Ueber  das  Mafs,  bis  zu  welchem 
eine  Verlängerung  der  Verleihungsdauer  eintreten  kann,  vergl.  §  32. 

§  17.  Die  Verleihung  jeder  Alumnenstelle  erfolgt  unter  der  Voraussetzung, 
dafs  der  Bewerber  die  Aufnahmeprüfung  besteht.  Demgemäfs  wird  nach  erfolgter 
Gewährung  des  Gesuches  der  aufzunehmende  Schüler  zu  einer  mündlichen  und 
schriftlichen  Aufnahmeprüfung  vorgeladen.  Die  Hauptaufnahmeprüfung  wird  zu 
Ostern  und  zwar  gemäfs  der  geltenden  Ferienordnung  (§  31)  je  nach  der  Lage 
des  Osterfestes  am  Montag  und  am  Dienstag,  oder  am  Donnerstag  und  am  Freitag 
nach  dem  Sonntage  Qnasimodogeniti  oder  am  Donnerstage  und  am  Freitage  nach 
dem  Osterfeste  abgehalten.  Aasnahmsweise  findet  auch  zu  Michaelis,  zu  Anfang 
der  ersten,  bezw.  zweiten  Octoberwoche  eine  Aufnahmeprüfung  statt.  Die  eu  dieser 
vorgeladenen  Knaben  müssen  sich  darüber  ausweisen,  dafs  sie  auch  den  im  voranf- 
gegangenen  Sommersemester  behandelten  Teil  des  Klassenpensums  sich  ange- 
eignet haben. 

§  18.  Die  Verleihung  der  in  den  §§  5,  6,  7,  8,  9  verzeichneten  Stellen  er- 
folgt nur  in  dem  Falle,  wenn  die  betr.  Stelle  erledigt  ist.  Zu  diesem  Behuf  werden 
die  Besetzungsberechtigten  von  der  zu  erwartenden  oder  erfolgten  Erledigung 
durch  den  Rector  der  Landesschule  in  Kenntnis  gesetzt.  Die  Collatoren  der  in 
den  §§5 — 9  verzeichneten  Stellen  sind  berechtigt,  zugleich  mit  der  Präsentation 
eines  Knaben  für  eine  Alumnatsfreistelle  einen  zweiten  zu  bezeichnen,  welchen  sie 
event.  präsentiren  für  den  Fall,  dafs  der  erstgenannte  die  Aufnahmeprüfung  nicht 
bestehen  sollte.  In  diesem  Falle  hängt  es  von  einer  brieflichen  Vereinbarung  des 
Rectors  der  Landesschale  und  der  Angehörigen  des  in  zweiter  Linie  präsentirten 
Examinanden  ab,  ob  derselbe  sich  sogleich  an  der  Haupt  -  Aufnahmeprüfung  mit 
beteiligt,  oder  ob  einige  Tage  später  ein  zweiter  Termin  für  eine  nachträgliche 
Prüfung  anzusetzen  ist*  Wenn  ein  Gollator  seiner  prinzipalen  Präsentation  eine 
eventuelle  nicht  beifügt,  so  verzichtet  er  dadurch,  falls  der  präsentirte  Knabe  die 
Aufnahmeprüfung  nicht  besteht,  bis  zu  dem  nächsten  Aufnahmetermin  (vgl.  §  17) 
auf  die  Ausübung  seines  Pnlsentationsrechtes,  und  dasselbe  fällt  für  diese  Zeit 
</em  K.  Prov.ScLC.  zu.     Wenn  der  eventueÜ  Präsentirte  nicht  ein  Alumnus  der 


l 


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Anstalt,  sondern  ein  erst  neu  Aufzunehmender  ist  und  die  naohtragliohe  Auf- 
nahmeprüfung nicht  besteht,  so  ruht  bis  zu  dem  nächsten  Aufnahmetermin  (vgL 
§17)  das  Fräsentationsrecht  des  betreffenden  CoUators  und  wird  für  diese  Zeit 
von  dem  K.  Prov.Sch.C.  ausgeübt. 

§  19.  Den  Collatoren  der  in  den  §§  5—9  yerzeichneten  Alumnenstellen  ist 
unbenommen,  wenn  ihnen  die  Erledigung  einer  Stelle  ihres  Besetzungsbereiches 
angezeigt  ist,  dem  unterzeichneten  K.  Prov.Sch.C.  die  Erklärung  abzugeben,  dafs 
sie  für  einen  bestimmten  Zeitraum,  welcher  nicht  kürzer  als  ein  Halbjahr  sein 
darf,  auf  ihr  Besetzungsrecht  verzichten.  Dasselbe  fällt  hierdurch  für  den  betr. 
Zeitraum  dem  E.  Prov.Sch.C.  zu.  Wenn  einer  der  bezeichneten  Collatoren  auf 
die  Anzeige  von  der  Erledigung  einer  Alumnenstelle  innerhalb  der  ordnungs- 
mäfsigen  Zeit,  das  heifst  bis  spätestens  14  Tage  vor  dem  nächsten  Aufnahme- 
termin,  weder  einen  Schüler  für  die  fragliche  Stelle  vorschlägt,  noch  die  Erklärung 
abgiebt,  dafs  er  für  einen  bestimmten  Zeitraum  auf  sein  Besetzungsrecht  verzichte^ 
so  fällt  dadurch  das  Besetzungsrecht  dieser  Stelle  für  eine  volle  Besetzungsperiode, 
das  heifst  für  6  Jahre,  dem  unterzeichneten  EL  Prov.Sch.C.  zu. 

§  20.  Die  Präsentation  zu  den  34  Königlichen  Freistellen 
4  a)  erfolgt  seitens  der  zuständigen  Ministerien  ohne  ausdrückliche  Rücksicht 
arauf,  ob  die  erforderliche  Anzahl  solcher  Freistellen  für  den  nächsten  Aufnahme- 
termin zur  Erledigung  kommt.  Auch  das  K.  Prov.Sch.O.  beschränkt  die  Ge- 
währung von  Gesuchen  um  die  seiner  Verfügung  angehörigen  Stellen  (§§  4  b,  11) 
nicht  unbedingt  auf  die  Zahl  der  bereits  sicher  gestellten  Erledigungen.  Es 
wird  hierdurch  berücksichtiget,  dafs  öfters  noch  unmittelbar  vor  dem  Aufhahme- 
termin  unvorhergesehene  Erledigungen  eintreten  und  dafs  ein  Teil  der  Aufnahme- 
prüfungen zu  mifslingen  pflegt,  und  es  wird  zugleich  Bedacht  darauf  genommen, 
dafs  die  Wohltbat  der  Stiftung  stets  möglichst  vollständig  verwerthet  werde. 
Hierdurch  kann  für  die  fraglichen  Stellen  die  Aufnahmeprüfung  zugleich  den 
Charakter  einer  Concurrenzprüfung  annehmen.  Die  Einladung  zur  Aufnahme- 
prüfung wird  auch  an  diejenigen  seitens  der  zuständigen  Ministerien  zu  Königl. 
Freistellen  (§  4  a)  Präsentirten  gerichtet,  für  welche  Freistellen  zur  Zeit  noch 
nicht  erledigt  sind.  Die  zu  Königl.  Freistellen  Präsentirten  treten,  sofern  die 
Eltern  auf  Mitteilung  dieses  Sadiverhaltes  ihre  Söhne  zur  Aufnahmeprüfung 
stellen,  zugleich  in  die  Mitbewerbung  auch  um  eine  Koststelle  (§  11)  ein.  Wenn 
dieselben  auf  Grund  des  Bestehens  der  Aufnahmeprüfung  zunächst  eine  neufundirte 
oder  eine  alte  Koststelle  erhalten  haben,  so  rücken  sie  sodann  bei  dem  Eintritte 
von  Erledigungen  Königlicher  Freistellen  entsprechend  der  Zeitfolge  ihrer  Präsen- 
tation in  dieselben  ein.  Da  die  Zahl  der  zu  Königl.  Freistellen  Präsentirten  in 
der  Regel  gröfser  ist,  als  die  Zahl  der  erledigten  Stellen,  so  ist  es  der  übliche 
Vorgang,  dafs  die  Präsentation  zu  einer  Königl.  Freistelle  nach  erfolgtem  Be- 
stehen der  Aufnahmeprüfung  zunächst  nur  die  Verleihung  einer  Koststelle  und 
erst  im  weiteren  Verlaufe  den  Eintritt  in  eine  Königl.  Freistelle  herbeiführt. 

§  21.  Falls  einzelne  der  geprüften  Concurrenten  die  zur  Aufnahme  erforder- 
liche Reife  zwar  bekundet  haben,  eine  Alumnenstelle  aber  nicht  empfangen  können, 
so  ist  es  nicht  ausgeschlossen,  dafs  dieselben  auf  besonderen  Wunsch  der  Eltern 
oder  Vormünder  fiir  den  Anfang  als  Extraneer  eintreten,  vorausgesetzt,  dafs  die 
höchste  überhaupt  zulässige  Schülerzahl  nicht  bereits  erreicht  ist.  Diese  so^. 
Nothextraneer  haben  für  ihr  Einrücken  in  Alumnenstellen  (Koststellen  bezw.  Frei- 
stellen) das  Vorrecht  vor  denjenigen  Knaben,  welche  in  die  nächste  Aufnahme- 
prüfung eintreten. 

§  22.  Um  die  Zöglinge  aufser  der  allgemeinen  beständigen  Aufsicht,  unter 
der  sie  stehen,  noch  einer  besonderen  und  näheren  Leitung  zu  übergeben,  ist  die 
Einrichtung  getroffen,  dafs  jeder  Schüler  sogleich  bei  seiner  Aufnahme  einem 
Lehrer  der  Anstalt  als  seinem  Tutor  überwiesen  wird.  Die  Verteilung  geschieht 
durch  den  Rector,  der  jedoch  auf  begründete  Wünsche  der  Eltern  oder  Vor- 
münder, naraentlidi  wenn  diese  zu  einem  bestimmten  Lehrer  eine  nähere  persön- 
liche Beziehung  haben,  thunlichst  Rücksicht  nimmt.  Durch  den  Tutor  werden 
den  Angehörigen  seiner  Empfohlenen  die  halbjährlichen,  bezw.  vierteljährlichen 
Censuren  mit  den  erforderlichen  brieflichen  Erläuterungen  zugesandt,  den  Schülern 
die  wöchentlichen  oder  monatlichen  Taschengelder  ausgezahlt,  femer  unterliegen 
alle  Anschaffungen  seiner  vorherigen  Genehmigung  (§6  26  bis  30).  Der  Tutor 
ist  bemüht,  in  freundschaftlicher  und  wohlmeinender  Weise  auf  die  gesamte  geistige 

29* 


463 

und  sittliclie  Entwickelnng  seiner  Empfohlenen  einzawirken,  ihnen  in  allen 
schwierigen  Fällen  rathend  and  helfend  znr  Seite  zu  stehen  und  aswischen  ihneii 
und  ihren  Angehörigen  wie  zwischen  diesen  nnd  der  Schale  vermittelnd  and  ver- 
ständigend einzatreten.  Die  Einrichtung  der  Tutel  kann  sich  nar  dann  fracht- 
hringend  gestalten  and  ihren  wichtigen  Zweck  erfüllen,  wenn  die  Eltern  oder  ihre 
Stellvertreter  dem  Tator  ein  volles  Vertrauen  entgegenbringen  und  namentlich 
vor  allen  wichtigen  Entscheidungen  sich  brieflich  mit  ihm  in  Yerbindang  setzen. 

§  23.  Jeder  Zögling  der  Landesschale  mufs  aufser  mindestens  doppelter 
Elleidung  und  doppeltem  Schuhwerk  besitzen,  bezw.  sich  sogleich  nach  seiner 
Aufnahme  anschaffen:  a)  Strohsack  und  Matratze  (nicht  über  1,73m  lang  und 
0,70  m  breit  und  nicht  von  übermäfsiger  Dicke)  nebst  Keilkissen  nnd  einer  wollenen 
oder  wattirten  Decke.  Im  Winter  ist  auch  der  Gebrauch  einer  leichten  Feder- 
decke oder  einer  zweiten  wollenen  Decke  gestattet;  b)  doppelte  Betttücher  ond 
doppelte  üeberzüge;  c)  hinlängliche  Leibwäsche,  und  zwar  mindestens  6  Hemden« 
6  ^aar  Strümpfe,  4  Servietten,  die  nöthigen  Hand-  und  Taschentücher ;  d)  einen 
Koffer;  e)  1  Reifszeug;  Kleidung  und  Wäsche  mufs  mit  dem  vollständig  ausge- 
schriebenen Familiennamen  p;ezeichnet  sein;  f)  die  für  den  Unterricht  erforder- 
lichen Schulbücher,  welche  m  dem  alljährlich  am  21.  Mai  erscheinenden  Anstalts- 
TOTOgramm  verzeichnet  sind  und  von  einem  Naumburger  Buchhändler  za  ermäfsigtem 
Preise  bezogen  werden  können.  Mobiliar,  gröfsere  musikalische  Instmmente  oder 
Waffen  mitzubringen  ist  nicht  gestattet. 

§  24.  Die  neu  eingetretraen  Schüler  haben  an  Aufnahmegebühren  zn 
zahlen:  32  Mk.  zur  Schulkasse  und  ein  Eintrittsgesohenk  von  wenigstens  3  Mk. 
(Extraneer  zahlen  gewöhnlich  9  Mk.)  an  die  Bibliothek;  beide  Beträge  worden  für 
die  Alumnen  durch  den  Bendanten  der  Alumnatskasse,  für  die  Extraneer  durch 
die  Tutoren  an  das  Schul-Rentamt  abgeführt. 

§  25.  Die  jährlichen  Ausgaben,  welche  sich  bestinomen  lassen,  sind: 
a)  54  Mk.  jährlicher  Beitrag  zur  Schulkasse  von  jedem  Inhaber  einer  neofondirten 
Koststelle,  36  Mk.  desgleichen  von  jedem  Inhaber  einer  der  übrigen  Alnmnen- 
stellen.  Ganz  Unbemittelten  kann  der  Beitrag  zur  Schalkasse  auf  Qrund  eines 
beglaubigten  Bedürftigkeitsattestes  vom  Bector  erlassen  werden.  Extraneer 
zahlen  immer  108  Mk.  für  Teilnahme  am  Unterricht  und  an  den  sonstigen  Ein- 
richtungen der  Anstalt.  Die  Zahlung  selbst  geschieht  durch  den  Bendanten  der 
Alumnatskasse,  bezw.  durch  den  Tutor  des  &traneers  an  das  Schul-Bentamt  in 
vierteljährlichen  Teilbeträgen,  die  auch  bei  dem  noch  nicht  vollendeten  oder  erst 
angefangenen  Vierteljahre  oder  auch  in  Fällen  längerer  Abwesenheit  eines  Zög- 
lings zu  entrichten  sind.  b)  6  Mk.  für  die  iLassenführung  der  Alumnen; 
c)  10  Mk.  für  Beinigen  des  Schuhwerks;  d)  etwa  30  Mk.  für  die  Besorgung 
der  Wäsche.  Es  ist  jedoch  gestattet,  bei  den  Eltern  und  Angehörigen  waschen 
EU  lassen.  e)  8 — 10  Mk.  ungefähr  zur  Bestreitung  kleiner  Unkosten,  Sonomerang 
der  Betten,  Kegelgeld  etc.  An  Taschengeld  werden  den  Tertianern  0,25 — 0,50  Mk., 
den  Secundanem  0,50—0,75  Mk.,  den  IVimanem  0,75—1,00  Mk.  wöchentlich  je 
nach  der  Bestimmung  der  Eltern  oder  Vormünder  gezahlt.  Eine  Ueberschreitung 
des  letztgenannten  Betrages  ist  nicht  zulässig.  Privatstunden  im  Klavierspiel  nnd 
in  anderer  Instrumentalmusik  werden  mit  je  1,00  Mk.  berechnet;  für  Privatstunden 
im  Zeichnen  haben  1 — 3  Teilnehmer  je  1,00  Mk.,  4 — 6  Teilnehmer  zusammen 
3,00  Mk.  für  jede  Stunde  zu  entrichten. 

Die  sonstigen  Ausgaben  können  nicht  genau  angegeben  werden  und  hängen 
von  dem  freien  Willen  der  Eltern  oder  Vormünder  und  von  der  zeitherigen  Ge- 
wöhnung der  Zöglinge  ab.  Es  wird  indes  den  letzteren  die  gröfste  Einfachheit 
und  möglichste  Beschränkung  in  dieser  Beziehung,  besonders  in  Hinsicht  der 
Kleidung,  zur  strengen  Pflicht  gemacht,  und  haben  die  Eltern  sich  die  Schuld 
lediglich  allein  beizumessen,  wenn  ihnen  hierin  ein  Mehraufwand  zur  Last  fallt 

§  26.  Zur  Verhütung  alles  unnöthigen  und  zur  möglichsten  Erleiohtemng 
des  nöthigen  Aufwandes  ist  die  Einrichtung  gretroffen,  dafs  alles  zur  Bekleidnng 
der  Zöglinge  gehörige  Material,  welches  in  Pforta  selbst  angeschafft  werden  soll, 
als  Tüäer,  Sommerzeuge,  Halsbinden,  Täschnerarbeit,  nur  von  bestimmten  Kaof- 
leuten  und  Täschnern  in  Naumburg  und  anderswo,  mit  welchen  die  Tutoren  (§  22) 
sich  in  Verbindung  gesetzt  haben,  nach  eingeholter  schriftlicher  Erlaubnis  von 
Seiten  der  letzteren  durch  die  Schüler  bezogen  werden  darf.  In  gleicher  Absicht 
ist  ein  Buchhändler  verpflichtet  worden,   den  Schülern   durch  Vermittelnng  der 


463 

Tutoren  die  nothigen  Bücher  und  Karten  zu  den  billigsten  Preisen  zu  liefern,  sowie 
auch  in  Pforta  selbst  Anstalten  zur  Beschaffung  des  erforderlichen  Schreibmaterials 
betroffen  Sind.  Endlich  sind  auch  für  die  Anfertigung  und  Ausbesserung  des  Be- 
darfs der  Schüler  an  Kleidern,  Schuhwerk,  für  Buchbinderarbeit  u.  s.  w.  bewährte 
Handwerker  aus  der  Nähe  angestellt  und  verpflichtet  und  zwar  in  der  Regel  je 
zwei  jeder  Art,  zwischen  denen  dem  Schüler  die  Wahl  freisteht  Alle  Zahlungen 
^^  gelieferte  Kleidungsstücke,  Bücher,  Schreibmaterialien  und  sonstige  An- 
schaffungen dürfen  nur  durch  die  Tutoren,  bezw.  den  Rendanten  der  Alumnats- 
kasse  an  die  Kaufleute,  Lieferanten  und  Handwerker  gehen.  Eltern  oder  Vor- 
münder, welche  Zöglinge  der  Anstalt  mit  Geld  zum  eigenmächtigen  Ankaufe  von 
Kleidern,  Büchern  u.  dgl.  versehen,  haben  sich  allein  £e  Unannehmlichkeiten  zu- 
zuschreiben, die  für  ihre  Söhne  oder  Pflegebefohlenen  daraus  erwachsen  können 
(▼rI«  S  28).  Dagegen  bleibt  es  Eltern  oder  Vormündern  unbenommen  und  wird 
selbst  dringend  empfohlen,  ihre  Kinder  und  Pfleglinge  während  der  Ferien  mit 
neuen  Kleidungsstücken  auszustatten  oder  ihnen  auch  nach  Pforta  selbst  Tuch, 
Sommerzeug  u.  dgl.  sowohl  verarbeitet  wie  unverarbeitet  zu  übersenden. 

S  27.  Für  die  Kassenführung  der  Alumnen  ist  ein  Rendant  angestellt, 
welcher  die  Auszahlungen  für  und  an  die  Alumnen,  soweit  sich  nicht  die  Tutoren 
dieselben  vorbehalten,  besorgt,  darüber  Rechnung  führt  und  vierteljährlich,  und 
zwar  immer  in  der  ersten  Hälfte  des  auf  den  AbschluCs  des  Vierteljahres  folgenden 
Monats,  die  Rechnung  nebst  Belägen  an  die  Väter  oder  deren  Stellvertreter  ein- 
sendet. Die  Aufsicht  über  Einnahme  und  Ausgabe  der  Empfohlenen  (§  22)  wird 
jedoch  nur  von  den  Tutoren  geführt,  indem,  abgesehen  von  den  an  die  Schulkasse 
zu  leistenden,  durch  deren  Quittung  zu  belegenden  Zahlungen,  keine  Ausgabe  ohne 
einen  von  dem  betr.  Tutor  unterschriebenen  Zettel  geschehen  darf  und  die  von 
dem  Kassenführer  an  die  Väter  oder  deren  Stellvertreter  einzusendende  Rechnung 
von  dem  Tutor  revidirt  und  durch  seine  Unterschrift  als  richtig  anerkannt  wird. 
Es  ist  dem  Rendanten  durch  die  ihm  von  der  unterzeichneten  Behörde  erteilte 
Instruction  streng  untersagt,  für  irgend  einen  Alumnus  aufser  in  Krankheitsfällen 
Vorschüsse  zu  leisten,  und  ist  deshalb,  damit  es  nicht  an  den  nöthigen  Mitteln 
fehle,  angeordnet  worden,  dafs  für  jeden  neu  aufgenommenen  Schüler  bei  seinem 
Eintritte  aufser  dem  EintrittSÄfelde  und  dem  Beitrage  zur  Bibliothek  ($  24),  je 
nachdem  ihm  eine  Freistelle  oder  eine  alte  KosUtelle  oder  eine  neufundirte  Kost- 
stelle verliehen  worden  ist,  ein  Vorschufs  von  bezw.  75  Mk.,  90  Mk.  oder  180  Mk. 
an  den  Rendanten  eingezahlt  und  dieser  Vorschufs  von  Vierteljahr  zu  Vierteljahr 
durch  weitere  Einzahlung  immer  wieder  ergänzt  werden  soll,  wofern  den  Vätern 
oder  deren  Stellvertretern  nicht  von  dem  Kassenführer  mit  Genehmifirong  des 
Rectors  ein  höherer  oder  niedrigerer  Betrag  bezeichnet  wird.  Zugleich  ist  von 
uns  bestimmt  worden,  dafs,  wenn  der  Aufforderung  zur  Einzahlung  auch  nach 
geschehener  Erinnerung  nicht  Folge  geleistet  wird,  dem  Rector  hiervon  Anzeige 

femacht  werden  soll,  der,  wenn  die  Beschaffung  der  Gelder  nicht  bewirkt  werden 
ann,  ermächtigt  ist,  die  Entlassung  des  Schülers  bei  uns  zu  beantragen. 

Alle  Geldsendungen  an  die  Schüler  sind  zur  Verhütung  von  Unregelmäfsigkeit 
und  zur  Aufrechthaltung  der  Ordnung  ein  für  alle  Mal  auf  das  strengste  unteraagt. 
Ebenso  ist  die  Sendung  von  Nahrungsmitteln  und  Näschereien  durchaus  verboten; 
nur  an  Geburtstagen  mag  eine  Ausnahme  in  bescheidenem  Umfange  gestattet  sein. 
G^^  die  Zeit  des  Abganges  ist  mit  Rücksicht  auf  die  bevorstehenden  auTser- 
ordentlichen  Ausgaben  ein  erhöhter  Vorschufs  erforderlich;  keinesfalls  aber  darf 
den  Schülern  selbst,  die  wohl  bei  dieser  Gelegenkeit  unter  mancherlei  Vorwänden, 
der  Abgangsgebühren,  des  Reisegeldes,  verschiedener  Remunerationen  etc.,  früher 

gemachte  heimliche  Schulden  bezahlen  wollen  und  auf  diese  Hoffnung  hin  solche 
chulden  machen,  Geld  übersandt  werden.  Eltern  oder  Verwandte,  die  diesen 
mit  der  Disciplin  der  Anstalt  im  genauesten  Zusammenhange  stehenden  An- 
ordnungen entgegen  ihren  Kindern  oder  Ajigehörigen  ohne  Wissen  der  Tutoren 
Geld  schicken  oder  bei  der  Rückkehr  nach  den  Ferien  mitgeben,  müssen  für  die 
nachteiligen  Folgen,  die  daraus  entstehen,  selbst  die  Verantwortung  tragen. 

§  29.  Die  noch  nicht  confirmirten  Zöglinge  erhalten  von  dem  geist- 
uchen  Inspector  der  Anstalt  den  vorbereitenden  Unterricht  und  werden  in  der 
Kirche  der  Landesschule  confirmirt  Hinsichtlich  der  Entscheidung  darüber,  in 
welchem  Jahre  die  Gonfirmation  erfolgen  soll,  haben  sich  die  Eltern  bezw.  Vor- 
münder mit  den  betr.  Tutoren  in  Verbindung  zu  setzen.    Die  Einsegnung  findet 


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bis  auf  Weiteres  im  Monat  September  statt,  der  Yorbereitongsunterricbt  beginnt 
im  Laufe  des  Sommersemesters. 

$  30.  In  allen  Erkrankungsfällen  wird  den  Alumnen  in  einem  besonderen 
Krankenlooale  die  eigene  Wartung  und  angemessene  Speisung  nebst  ärztlicher 
und  wundärztlicher  Pflege  unentgeltlich  zu  ToiL  Doch  sind  hierin  die  Kosten  für 
die  nöthigen  Heilmittel  und  Arzneien  nicht  mit  inbegriffen,  welche  yon  den  Eltern 
oder  Vormündern  getragen  werden  müssen.  In  schweren  Krankheitsfallen,  wo 
der  Dienst  des  bestellten  Krankenwärters  nicht  ausreicht  und  es  nach  dem  Ont- 
achten  des  Arztes  noch  des  aufserordentlichen  Beistandes  anderer  Personen  zur 
Pflege,  zu  Nachtwachen  u.  s.  f.  bedarf,  sind  die  Eltern  oder  Vormünder  verpflichtet, 
die  anfserordentliche  Hülfe  besonders  zu  vergüten.  Ebenso  ist  eine  besondere  Be- 
zahlung erforderlich,  wenn  der  Arzt  etwa  in  einzelnen  Fällen,  wie  nach  über- 
standener  Krankheit,  eine  dauernde  Zusatzkost  oder  den  G-enufs  stärkender  Ge- 
tränke anzuordnen  für  nöthig  erachtet.  Das  Honorar  für  die  zweimal  jährlich 
stattfindende  zahnärztliche  Untersuchung  und  für  kleinere  zahnärztliche  MafsnahmeDf 
die  sich  bei  derselben  als  nothwendig  ergeben,  wie  Ausziehen  und  Separiren  von 
Zähnen,  bestreitet  die  Landesschule.  Dagegen  fallen  die  Kosten  für  gröfsere  zahn- 
technische Vornahmen  (Plombiren,  Einsetzen  künstlicher  Zähne  u.  a.  m.)  dem 
Schüler  zu. 

$  31.    Die  Ferienordnung  der  Landesschule   ist  folgendermafsen  fest- 

fesetzt:  1.  Die  Sommerferien  dauern  5  Wochen.  Die  Schule  wird  nach  den 
lehrstunden  desjenigen  Sonnabends  geschlossen,  welcher  dem  ersten  Montag  im 
Monat  Juli  vorausgeht,  und  beginnt  wieder  am  Montag  der  sechsten  Woche. 
2.  Die  Herbstferien  dauern  8  Tage  und  erstrecken  sich  auf  diejenige  Woche,  in 
welche  der  1.  Oct.  fällt.  3.  Die  Weihnachtsferien  dauern  vom  22.  Dec.  bis  zum 
5.  Jan.  einschliefslich,  beziehentlich  vom  23.  Dec.  bis  zum  6.  Jan.  einschliefslich. 
i.  Die  Osterferien  dauern  2  Wochen.  Fällt  Ostern  in  die  Zeit  vom  1. — 10.  April  ein- 
schliefslich, so  wird  die  Schule  am  Sonnabend  vor  Palmarum  Mittags  geschlossen  and 
beginnt  am  Montag  nach  Quasimodogeniti  früh.  Wenn  Ostern  vor  dem  1.  April  fällt» 
so  wird  die  Schule  am  Mittwoch  nach  Palmarum  Mittags  geschlossen  und  b^innt 
am  Donnerstag  nach  Quasimodofi^eniti  früh.  Wenn  Ostern  nach  dem  10.  April 
fällt,  so  wird  die  Schule  am  Mittwoch  vor  Palmarum  Mittags  geschlossen  and 
beginnt  am  Donnerstag  nach  dem  Osterfeste  früh.  5.  Die  Pfingstferien  sind 
auf  die  3  Feiertage  beschränkt. 

Für  die  Dauer  der  Sommerferien  sind  sämtliche  Schüler  verpflichtet  die 
Anstalt  zu  verlassen.  Auch  für  die  Weihnachtsferien  wird  das  Verreisen  in  die 
Heimat  auf  das  dringendste  empfohlen.  Während  der  kürzeren  Ferien  werden 
in  der  Regel  nur  die  Näherwohnenden  für  eine  Heise  zu  den  Eltern  oder  Ve^ 
wandten,  die  Femerwohnenden  ausnahmsweise  und  nur  auf  Grund  einer  schrifll. 
Einladung  zu  den  Angehörigen  ihrer  Mitschüler  beurlaubt  Fufsreisen  od& 
sonstige  Vergnügungsreisen  von  Pforta  aus  selbständig  zu  unternehmen,  ist  den 
Schülern  nicht  gestattet  Die  Eltern  bezw.  Vormünder,  besonders  die  entfernter 
wohnenden,  haben  sich  bei  Zeiten  gegen  die  Tutoren  zu  erklären,  ob,  wohin  and 
auf  welche  Art  ihre  Söhne  bezw.  Pflegebefohlenen  reisen  sollen,  auch  das  nothige 
Reisegeld  mitzuschicken  oder,  sofern  das  letztere  wegen  bereits  geleisteten  Vo^ 
Schusses  nicht  nöthig  ist,  die  dazu  bestimmte  Summe  genau  namhait  zu  machen. 

Bedürftigen  und  zugleich  würdigen  Schülern  kann  für  die  Sommer-  and 
für  die  Weihnachtsferien,  besonders  wenn  die  weitere  Entfernung  ihres  Heimats- 
ortes einen  gröfseren  Aufwand  an  Reisekosten  nöthig  macht,  eine  J^seunterstütxang 
aus  Anstaltsmitteln  gewährt  werden.  Diejenigen  Eltern  oder  Vormünder,  welche 
eine  solche  Unterstützung  in  Anspruch  nehmen  wollen,  haben  ein  bezügliches 
Gesuch  einige  Wochen  vor  den  Ferien  und,  wenn  es  Berücksichtigung  findet,  am 
Schlüsse  derselben  Quittung  über  den  bewilligten  Betrag  bei  dem  Rector  ein- 
zureichen. 

Während  der  Ferien  werden  die  Eltern  und  Vormünder  darauf  halten,  dafs 
die  Zöglinge  der  durch  die  Schulordnung  ihnen  auferlegten  Verpflichtungen  dn- 
gedenk  bleiben  und  nicht  etwa  die  gröfsere  Freiheit  zu  Ungesetzlichkeiten  nu^s- 
brauchen  oder  sich  an  Unsitten  gewöhnen,  deren  Fortfühning  ihnen  nach  der 
Rückkehr  in  die  Anstalt  Tadel  und  Strafen  zuziehen  könnte. 

Endlich  wird  den  Eltern  und  Vormündern  zur  besonderen  Pflicht  gemacht, 
dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  ihre  Söhne  und  Pflegebefohlenen  den  Termin  der 


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Eückkehr  pünktlich  innehalten.  Sollte  ein  Zögling  während  der  Ferien  erkranken, 
oder  sollte  in  der  Familie,  in  welcher  er  sich  aufhält,  eine  ansteckende  Sjrankheit 
ausgebrochen  sein,  so  ist  davon  der  Kector  oder  der  Tutor  rechtzeitig  zu  benach- 
richtigen und  das  längere  Ausbleiben  durch  ärztliche  Bescheinigung  zu  entschuldigen. 

Bei  dem  Vorkommen  ansteckender  Krankheiten  werden  die  Ver- 
ordnungen zur  Anwendung  gebracht,  welche  von  den  Herren  Ministem  des  Innern 
und  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten  unter  dem  14.  Juli  1884  und  dem  6.  August 
1885  (Abt.  I  S.  273  fg.)  erlassen  worden  sind. 

§  32.  Die  Dauer  des  Lehrcursus  ist  für  Alumnen,  die  in  Untertertia 
eintreten,  auf  6  Jahre  festgesetzt,  indem  auf  jede  der  6  Klassen  ein  Jahr  gerechnet 
wird  und  alljährlich  zu  Ostern  die  Versetzung  stattfindet.    Für  Alumnen,  die  so- 

gleich  in  Obertertia,  üntersecuiida  oder  Obersecunda  eintreten,  ermäfsigt  sich  die 
^esamtdauer  ihres  Aufenthalts  auf  5  bezw.  4  oder  3  Jahre.  Fleifsigen  und  wohl- 
gesitteten Schülern  kann  die  normale  Zeit  des  Stellengenusses  durch  den  Bector 
auf  Grund  einer  mit  dem  Lehrercollegium  gepflogenen  Berathung  höchstens  um 
ein  Jahr  verlängert  werden.  Eine  weitere  Verlängerung  ist  nur  in  aufserordent- 
lichen  Fällen  zulässiof  und  durch  die  Genehmigung  der  unterzeichneten  Behörde 
bedingt.  Wer  nach  zweijährigem  Aufenthalte  in  einer  Klasse  nicht  versetzungs- 
fähig  ist,  mufs  die  Anstalt  verlasen. 

§  33.  Wenn  ein  Schüler,  ohne  den  Gursus  zu  beendigen,  von  der  Anstalt 
abgehen  soll,  so  ist  davon,  schon  damit  in  der  ordnungsmäfsigen  Besetzung  der 
erledigten  Stelle  keine  Unterbrechung  eintrete,  dem  Rector  und  dem  Tutor  sobald 
als  möglich  Anzeige  zu  machen.  Ein  Austritt  im  Laufe  des  Quartals,  mag  er 
freiwillig  oder  unfreiwillig  erfolgen,  verpflichtet  zur  Zahlung  der  Kostgelder  und 
Schulkassenbeiträge,  sowie  zu  den  $  25  und  $  27  SchluTssatz  aufgeführten  Aus- 
gaben für  das  begonnene  VierteljiJir. 

$  34.  Schüler,  welche  mit  dem  Beifezeugnisse  oder  vor  der  Zeit,  freiwillig 
oder  gezwunj^en,  die  Anstalt  verlassen,  haben  an  Abgangsgebühren  31,25  Mk.  an 
die  Schulkasse  zu  zahlen. 

$35.  Zöglingen  der  Anstalt,  welche  sich  während  des  Aufenthalts  auf  der- 
selben durch  Fleifs,  Leistungen  und  sittliche  Führung  ausgezeichnet  haben  und 
der  Unterstützung  bedürftig  sind,  können  folgende  Universitäts Stipendien 
verliehen  werden:  a)  4  Königliche  Stipendien  zu  150  Mk.,  bestimmt  für  Studirende 
aller  Facultäten  auf  preufsischen  Universitäten ;  b)  4  Kaiser- Wilhelm-Stipendien 
zu  300  Mk.,  für  Studirende  an  allen  Universitäten  des  deutschen  Beiches,  vorzugs- 
weise für  Theologen;  c)  die  Kurfürst-Moritz-Stipendien  im  Gesamtbetrage  von 
etwa  800  Mk.,  für  Studirende  aller  Facultäten  an  der  Universität  Leipzig;  d)  das 
11g en- Stipendium  (84  Mk.),  für  Studirende  aller  Facultäten  an  der  Universität 
Leipzig,  vorzugsweise  für  Thüringer;  e)  das  Keil-Stipendium  (192  Mk.),  für 
Studirende  aller  Facultäten  an  deutschen  Universitäten;  f)  das  Koberstein- 
Stipendium  (150  Mk.),  für  Studirende  der  deutschen  Philologie  oder  der  deutschen 
Hechts  Wissenschaft  an  deutschen  Universitäten;  g)  das  Steinhart -Stipendium 
(1(K)  Mk.),  für  Studirende  der  klassischen  Philologie  an  deutschen  Universitäten; 
h)  das  GKitschow-Stipendium  (120  Mk.)»  zunächst  für  Angehörige  der  philosophischen, 
dann  auch  für  Angehörige  anderer  Facultäten  an  allen  Universitäten. 

Das  Collaturrecht  übt  in  Bezug  auf  a.  und  b.  das  K.  Prov.Sch.O.  auf  Vorschlag 
des  Lehrer-Collegiums,  in  Bezug  auf  cue  übrigen  Stipendien  das  Lehrer-CoUegium  aus. 

Das  Baldamus-Stipendium  im  Betrage  von  600  Mk.  wird  in  jedem  Herbst 
einem  Schüler  schon  im  letzten  Jahre  vor  seinem  Abgange  zur  Universität  vom 
Lehrer-CoUegium  verliehen.  Der  Empfänger  ist  verpflichtet,  am  13.  Dec.  eine 
Gedächtnisrede  auf  den  Stifter  zu  halten. 

Die  Peter-  und  die  Hesse-Stiftung  werden  erst  später  ins  Leben  treten. 

$  36.  Nach  vorstehenden  Bestimmungen,  durch  welche  die  unterm  20.  Juni 
1874  erlassene  Bekanntmachung  für  Eltern  und  Vormünder,  die  ihre  Kinder  und 
Pflegebefohlenen  der  Landesschule  Pforta  übergreben  wollen,  auTser  Giltk^keit  gesetzt 
wird,  haben  diejenigen,  welche  ihre  Söhne  oder  Pflegebefohlenen  der  Landesschule 
Pforta  anzuvertrauen  gesonnen  sind,  sich  überall  zn  richten. 

Von  dem,  was  die  Schulgesetze  und  Schulordnung  selbst  vorschreiben,  wird 
jeder  Zögling  bei  seinem  Eintritt  in  die  Anstalt  vollständig  in  Kenntnis  gesetzt. 

Magdeburg,  23.  Jan.  1887.        K.  Prov.-Schul-Collegium.    von  Wol£ 


466 


Anbang  sa  f  15. 


Frage-  und  Antwortbogen,  sowie  ärztliches  Attest 


über  den 
QesmidlieltgznsUBd  des  Solmes  des 


••••»••«••*«»•««••••••«••••«■••••■••••••■••••••••••' 


Vor-  und  Zuname 


Jalire  alt,  der  nur  eTentuelleii  Auf nabme  Ib  die  Königliclie  Laiideifleh«le 

Pforta  angemeldet  Ist« 


1.  Welches  ist  seine  KörpergröIiBe? 

2.  Welches  ist  seine  Brustweite  über 
den  Brustwarzen  gemessen: 

a)  bei  Exspiration? 

b)  bei  Inspiration? 

3.  Hat  er  Kinderkrankheiten,  als 
Bötein,  Masern,  Scharlach  gehabt 
und  wann? 

4.  Leben  beide  Eltern  noch?  Wenn 
nicht,  in  welchem  Alter  und  an 
welchen  Krankheiten  sind  dieselben 
gestorben? 

5.  Wie  sind  seine  Sinnesorgane,  beson- 
ders Gesicht  und  Gehör,  beschaffen  ? 

6.  Bei  Kurzsichtiffkeit,  welche  Brillen- 
nummer wird  benutzt? 

7.  Ist  er  frei  von  Stottern  und  soge- 
nannter schwerer  Zunge? 

8.  Ist  er  im  Allgemeinen  seinem  Alter 
angemessen  kräftig  entwickelt? 

9.  Leidet  er  an  einem  körperlichen  Ge- 
brechen? 

10.  Zeigt  er  eine  besonders  nachweisbare 
Anlage  zu  chronischen  Krankheiten? 

11.  Ist  er  gegenwärtig  frei  von  anstecken- 
den und  anderen  Krankheiten? 


1 ^..cm. 


2.a) 
b) 

3 


.cm. 
..cm. 


4. 


5. 

6. 

7. 

8. 

9. 
10. 
11. 


Ich  bezeuge  hiermit,  dafs  nach  der  am ten 188... 

von  mir  vorgenommenen  Untersuchung  obige  Fragen  wahrheitsgemäfs  und  nach 
bestem  Wissen  und  Erfahren  beantwortet  sind. 

,  den ten 18....... 

Dn  j  praktischer  Arzt. 

Zur  Beaehtung« 

Bf  empfiehlt  floh,  dM  obige  Aiteit  ron  •Inaui  Kreiiphysikni  »affertigen  ao  laaieiL 
Falle  dMielbe  ron  dem  HAUiAnte  oder  einem  eonetigea  pvftktieohen  Ante  aoegefertigt  ist  und  bei 
der  Ankanft  dee  Aafiunehmenden  iioh  heraasetellen  tollte,  dafs  letatarer  wegen  Krankheit  oder 
wegen  körperlicher  Oebreohen  sor  Anfhahme  in  die  Anstalt  nicht  geeignet  ist,  so  erfolgt  seine  Ab- 
weisung ohne  Weiteres  und  fallen  die  durch  den  Aufenthalt  des  Kranken  im  Gasthofe  und  seine 
Bftokreise  entstehenden  Kosten  demjenigen  sur  Last,  welche  die  Aufkiabme  nachgesucht  h*ben. 

Die  mit  dem  Attest  eines  Krelsphysikus  oder  sonstigen  beamteten  Arates  eisohienenea,  sor 
Aufnahme  in  die  Landesschale  nicht  geeigneten  Knaben  werden  rorllufig  in  den  Anstaltsranmen 
auf  Kosten  der  Angehörigen,  besw.  deijenlgen,  welche  die  AuftiAhme  nachgesucht  haban,  unter- 
gebmoht,  und  es  wird  den  Letsteren  Kachriebt  snm  Zweck  weiterer  Bestimmung  gegeben. 


467 

Nachriehten  Ober  die  Klostenchnle  Bofsleben. 

Die  im  Jahre  1554  von  Heinrich  von  Witzleben  gegründete  Elosterschule 
Brofsleben  an  der  Unstrut  in  der  goldenen  Aue  Thüringens  ist  eine  geschlossene 
Erziehungs-  und  den  Preufsischen  Gymnasien  gleichgestellte  Lehranstalt,  welcher 
zur  Zeit  der  Eammerherr  und  Landschafts-Director  Arthur  von 
Witzleben  auf  Kieslingswalde,  Sjreis  Görlitz,  als  Erb- Administrator,  der  Prof. 
Neumann  als  Rector  vorstehen. 

Das  ganz  seiner  Bestimmung  gemäfs  eingerichtete  Anstalts-  und  Schulge- 
bäude hat  aufser  den  Wirthschaftsräumen,  den  Lehrerwohnungen,  den  Speise-  und 
Klassenlocalen  und  einer  Kapelle  hochgelegene  und  gesunde  Wohnungen  zur  Auf- 
nahme von  105  Alumnen,  die  für  die  Universität  wissenschaftlich  und  sittlich 
vorbereitet  werden. 

Aufserdem  finden  Zöglinge  als  aufserordentliche  Kostgänger,  sogenannte 
Extraneer,in  den  Wohnungen  des  ersten  Lehrers  und  des  Predigers  Aufnahme. 

Von  den  Alumnen  wohnen  und  schlafen  in  getrennten  Wohn-  und  Schlaf- 
stuben in  der  Regel  6  beisammen,  und  steht  auf  jeder  Stube  ein  Schüler  der  ersten 
Klasse  an  der  Spitze,  welcher  als  Senior  auf  Fleifs  und  gute  Sitte  der  jüngeren 
Genossen  zu  halten  verpflichtet  ist. 

Die  Lebensordnung  der  Alumnen  und  der  Extraneer  ist  nach  gleichen  Ge- 
setzen fest  geregelt  und  die  Disciplin  eine  solche,  dafs  sich  die  Anstalt  die  Gestalt 
und  den  Ton  eines  grofsen  Familienkreises  bewahrt. 

Für  das  körperliche  Gedeihen  dienen:  ein  grofser,  schön  gelegener  Spielplatz, 
ein  grofser  Laubwald,  in  der  Badezeit  ein  Flufsbad  in  wohleingerichteter  Schwimm- 
und  Badeanstalt,  und  im  Winter  eine  Eisbahn  auf  mäfsigüberschwemmten  Wiesen. 
Für  den  Turn-  und  Fechtunterricht  im  Sommer  und  Winter  sind  die  nöthigen 
Einrichtungen  in  einer  grofsen  Turnhalle  und  davor  angelegtem  Turnplatz  vor- 
handen. Für  Krankheitsfälle  ist  eine  Sjrankenstation  eingerichtet,  ein  Schularzt 
angestellt,  eine  Apotheke  im  Orte. 

Zur  Erreichung  der  wissenschaftlichen  Zwecke  bestehen  vier  Klassen, 
parallel  den  vier  obersten  Klassen  der  Gymnasien,  welche  excl.  Quarta  in  je  zwei 
Abteilungen,  eine  obere  und  eine  untere,  getrennt  sind.  Der  Unterricht  wird  von 
zwölf  Ldbrem  erteilt. 

Aufgenommen  werden  nur  solche  Schüler,  welche  a)  evangelischer  Confession 
sind,  b)  wenigstens  das  elfte  Lebensjahr  zurückgelegt  haben,  c)  sich  nach- 
weislich einer  guten  Gesundheit  erfreuen,  d)  sittlich  unverdorben  sind.  Für 
Empfang  von  Privatunterricht  in  der  englischen  Sprache  und  in  der  Musik  sind 
geeignete  Lehrkräfte  gewonnen. 

Schüler,  welche  über  sechzehn  Jahre  alt  sind,  werden  in  der  Kegel  nur 
aufgenommen,  wenn  sie  die  Reife  für  mindestens  Ober-Secunda  haben. 

Die  Aufnahme  erfolgt  zweimal  jährlich,  zu  Ostern  und  zu  Michaelis,  in  der 
Regel  am  Dienstag  in  der  Woche  nach  dem  Osterfest  und  am  zweiten  Dienstag 
nach  dem  Michaelistage,  nur  in  ganz  besonderen  Fällen  auch  aufser  diesen  beiden 
Terminen.        Am  Tage  vorher  müssen  die  Neuaufzunehmenden  eintreffen. 

Wird  Aufnahme  in  die  Expectantenliste  der  Alumnen  und  Extraneer  ge- 
wünscht, so  ist  die  Meldung  hierzu  bei  dem  unterzeichneten  Erb- Administrator 
anzubringen.  Dieselbe  kann  jeder  Zeit  unter  Beifügung  des  Taufscheins  des  An- 
zumeldenden erfolgen,  mufs  aber  schon  die  Klasse  und  ungefähre  Zeit,  für  welche 
der  Eintritt  gewünscht  wird,  bezeichnen  und  angeben,  ob  als  Alumne  oder  als 
Extraneer.  Die  definitive  Meldung  zur  Aufnahme  in  die  Anstalt  als  Alumne 
oder  Extraneer  ist  beim  Erb-Admimstrator  oder  dem  Rector  einzureichen.  Diese 
hat  möglichst  ein  Vierteljahr  vor  dem  gewünschten  Eintritt  zu  erfoleen,  und  ihr 
sind  beizufügen:  a)  der  Taufschein  und  event.  Confirmationsschein,  b)  der  Impf- 
schein bezw.  Revaccinationsschein,  c)  ein  ausführliches  ärztliches  Gesundheits- 
attest« d)  ein  Zeugnis  von  der  bisher  besuchten  Anstalt  oder  den  Privatlehrem, 
welches  sidi  über  Anlagen,  Fleifs,  Kenntnisse,  sittliches  Verhalten  etc.  näher  aus- 
spricht, und  sofern  der  Aufzunehmende  kein  Gymnasium  besuchte,  e)  die  während 
des  letzten  Quartals  von  dem  Aufzunehmenden  gefertigten  deutschen,  französischen, 
lateinischen  und,  wenn  solche  vorhanden  sind,  griechischen  schriftlichen  Arbeiten 
mit  der  Gorrectur  im  AUtagsge wände.  Von  den  eingeschickten  Arbeiten  wird  als 
selbstverständlich  vorausgesetzt,  dafs  sie  ohne  Hülfe  angefertigt  seien. 


ZI 


468 


Mit  allen  Angemeldeten,  denen  die  Aufnahme  in  Aussicht  gestellt  ist, 
an  den  zur  Aufnahme  bestimmten  und  vorstehend  genannten  Tagen  eine  schriftliche 
und  mündliche  wissenschaftliche  Prüfung  vorgenommen,  und  erst  nachdem  ihnen 
die  wissenschaftliche  Qnalification  zuerkannt  ist,  kann  die  Aufnahme  definitiv  erfolgen. 

Die  Forderungen  für  die  Aufnahme  in  die  unterste  Klasse  (Quarta) 
sind  zu  Ostern  folgende:  a)  Reine  deutliche  Handschrift  (deutsch  und  lateinisch) 
*sowie  einige  üebung  in  den  Anfangsgründen  des  Zeichnens  —  b)  in  der  Religion 
Bekannt8<maft  mit  der  bibUschen  Geschichte,  mit  den  Hauptstücken  des  lutherischen 
Katechismus,  mit  den  Hauptbeweisstellen  der  christlichen  Keligionslehre  und  einigen 
Kernliedem  der  Kirche  —  c)  im  Deutschen  die  Fähigkeit,  sich  ohne  grobe  Ver- 
stöfse  gegen  Rechtschreibung  und  Grammatik  mündlich  und  schriftlich  auszudrücken 
—  d)  im  Lateinischen  sichere  Kenntnis  der  Formen,  der  wichtigsten  syntaktischen 
Regeln  und  der  gewöhnlichen  Wörter  und  Phrasen,  sowie  die  Fähi^eit,  demgemafs 
aus  dem  Lateinischen  ins  Deutsche  und  umgekehrt  ohne  grobe  Fehler  zu  über- 
setzen —  e)  in  der  Geschichte  und  Geographie  Kenntnis  der  wichtigsten  welt- 
historischen Begebenheiten  und  der  allgemeinen  geographischen  Verhältnisse, 
besonders  Deutschlands  —  f)  in  der  Mathematik  Fertigkeit  im  gewöhnlichen 
Rechnen  und  in  der  Bruchrechnung  —  g)  im  Französischen  Uebung  im  Lesen 
und  Kenntnis  der  Anfangsgründe  der  Grammatik  (Piötz,  Elementarbuch,  Lect.  1 — 60). 

Für  die  Michaelis- Aufnahme  steigern  sich  die  Forderungen  für  alle  Klassen 
um  das  Pensum  des  Sommerhalbjahres. 

Die  noch  nicht  confirmirten  Schüler  empfangen  den  Confirmations-Unterricht 
vom  Geistlichen  der  Anstalt  und  sind  von  diesem  zu  confirmiren.  Dem  Geistlichen 
ist  hierfür  ein  besonderes  Honorar  zu  entrichten,  dessen  Höhe  dem  Ermessen  der 
Eltern  etc.  der  Confirmanden  überlassen  bleibt. 

Die  eingeführten  Lehr-  und  Uebungsbücher,  welche  in  dem  jährlich  zu  Ostern 
erscheinenden  Programm  der  Anstalt  besonders  aufgeführt  werden,  sind  von  der 
Anstalt  gegen  Bezahlung  zu  beziehen. 

Von  den  Alumnen  wie  von  den  Extranecm  sind  mitzubringen:  ein  voll- 
ständiges Tischbesteok,  drei  Bettüberzüge,  eine  Decke  über  das  Bett  zu  breiten, 
Handtücher,  Servietten  und  ein  Beutel  zur  Aufbewahrung  der  schmutzigen  Wäsche 
einer  Woche. 

Es  sind  femer  selbst  zu  beschaffen,  können  aber  auf  Wunsch  auch  hier 
käuflich  erworben  werden:  eine  Matratze,  eine  Fries-  oder  Steppdecke,  eine  Feder- 
decke für  den  Winter,  sofern  der  Schüler  an  solche  gewöhnt  ist,  und  vollständiges 
Waschgeschirr. 

Bei  der  Aufnahme  sind  der  Anstalt  30  Mark  zu  zahlen  und  ebensoviel  beim 
Abgange. 

Die  Meldung  zum  Abgange  der  Alumnen  und  Extraneer  mufs  spätestens 
an  den  Kalender  -  Quartaistagen  und  zwar  ein  Vierteljahr  vorher  beim  Erb- 
Administrator  oder  dem  Rector  schriftlich  eingegangen  sein;  sonst  fallen  die  der 
Anstalt  und  resp.  den  Lehrern  zu  zahlenden  Pensionen  des  Kalender  -Vierteljahres, 
welches  demjenigen  folgt,  in  welchem  die  Abmeldung  einging,  den  Eltern  un- 
bedingt noch  zur  Last. 

Desgleichen  sind  Meldungen  zum  Uebertritt  aus  dem  Alumnat  in  das  Externst 
und  umgekehrt  spätestens  ein  Vierteljahr  vorher  beim  Erb-Administrator  oder  dem 
Rector  schriftlich  anzubringen. 

An  Pensionen  haben  jährlich  in  vierteljährlichen  Raten  pränumerando  zu 
entrichten  für  Unterricht,  ärztliche  Behandlung,  vollständige  Beköstigung,  Wohnung, 
Heizung,  Beleuchtung,  Aufwartung,  Stiefel-  und  Kleiderreinigung  a)  die  Alumnen 
ohne  Freistelle:  760  Mark,  b)  die  Alumnen  mit  Freistelle:  390  Mark,  welche 
Summe  in  Fällen  besonders  dringenden  Bedürfnisses  auf  Verfügung  des  £rb- 
Administrators  herabgesetzt  werden  kann,  c)  die  Extraneer:  der  Anstalt  32d  Mark, 
dem  Lehrer,  bei  welchem  sie  Aufnahme  gefunden  haben,  1172  Mark;  in  Summa 
1500  Mark. 

Wird  einem  Schüler  gestattet,  bei  seinen  im  Dorfe  sefshaften  Eltern  zu 
wohnen,  was  nur  ausnahmsweise  mit  besonderer  Erlaubnis  des  Erb- Administrators 
geschehen  darf,  so  sind  für  denselben  in  vierteljährlichen  Raten  pränumerando 
jährlich  120  Mark  an  die  Anstaltskasse  zu  zahlen. 

Von  den  vorhandenen  30  Freistellen  vergiebt  der  Erb-Administrator:  8, 
die  Wolmirstädt-Blauenhöfische  Linie,  vertreten  durch  Dr.  jur.  Heinrich  Graf  von 


459 

Witzleben-Altdobeni  auf  Altdöbem  im  Kreise  Kalaa:  6,  die  Wolmintädt-Bothen- 
höfische  Linie,  vertreten  durch  den  König).  PreuTsiBchen  Kittmeister  Edmund  von 
Witzleben  auf  Schlofs  Moys  bei  Görlitz:  6,  die  Wartenburffische  Linie,  vertreten 
durch  den  Oberstlieutenant  Oskar  von  Witzleben  in  Baden-Baden:  10. 

Die  Gesuche  um  Freistellen  sind  unmittelbar  an  die  genannten  Herren 
Gollatoren  bezw.  an  den  Erb- Administrator  einzureichen. 

Der  Betrag  der  Ausgaben  für  Bücher,  Schreibmaterialien,  Wäsche,  Kleider- 
und Stiefelreparaturen,  Briefporto  u.  dgl.,  sowie  für  Taschengeld,  welches  in  der 
Beffel  für  den  Quartaner  und  Tertianer  nicht  über  1  Mark,  für  den  Secnndaner 
nicht  über  1,50  Mark,  für  den  Unter-Primaner  nicht  über  2  Mark,  für  den  Ober- 
Primaner  nicht  über  3  Mark  wöchentlich  betragen  soll,  ist  von  der  Bestimmung 
der  Eltern  und  der  Sparsamkeit  der  Schüler  abhängig.  Nach  den  bisherigen  Er- 
fahrungen genügen  zu  diesen  Nebenausgaben  jährlich  etwa  200  Mark. 

Die  besondere  Aufsicht  über  jeden  Schüler,  sowie  auch  über  seine  Ausgaben 
für  die  persönlichen  Bedürfnisse,  die  Auszahlung  des  Taschen-  und  Reisegeldes 
wird  von  den  damit  von  der  Anstalt  beauftragten  Lehrern  —  den  Tutoren  — 
ausgeübt.  Diese  schicken  den  Eltern  resp.  Vormündern  am  Schlüsse  jedes  Quartals 
die  Nachrichten  über  die  Haltung  ihrer  Empfohlenen. 

Den  Eltern  und  Vormündern  wird  emp&hlen,  ihre  Söhne  und  Pflegebefohlenen 
während  der  Ferien  mit  den  nöthigen  Kleidungsstücken  und  mit  Schuhwerk  aus- 
zustatten und  diese  nicht  hier  anfertigen  zulassen.  Soll  dergleichen  trotzdem 
und  ausnahmsweise  am  hiesigen  Orte  angefertigt  werden,  so  ist  hierzu  stets  die 
specielle  schriftliche  Erlaubnis  der  Eltern  resp.  Vormünder  erforderlich. 

Dagegen  wird  empfohlen,  die  Wäsche  von  den  dazu  bestellten  und  unter 
ControUe  gestellten  Wäscherinnen  hier  waschen  zu  lassen.  Soll  die  Wäsche 
aufserhalb  gewaschen  werden,  so  mufs  alle  schmutzige  Wäsche  jeden  Montag  ab- 
geschickt werden. 

Bei  der  Aufnahme,  sowie  nach  jeder  Ferienreise,  hat  jeder  Schüler  ein 
Verzeichnis  seiner  sämtlichen  Habe  in  duplo  vorzulegen.  Ein  Exemplar  erhält 
der  Tutor,  das  andere  hat  der  Schüler  zu  bewahren  und  Ab-  und  Zugang  auf 
demselben  zu  verzeichnen. 

Eigenmächtiges  Verkaufen,  Vertauschen  oder  Verschenken  von  der  Habe  ist 
mit  den  schärfsten  Schulstrafen  belegt  und  hat  unter  erschwerenden  Umständen 
die  Entfernung  von  der  Anstalt  zur  Folge. 

Kein  Schüler  darf  seine  Kasse  selbst  verwalten.  Diese  Verwaltung  ist 
bezüglich  der  Alumnen  dem  Rendanten  der  Anstalt,  bezüglich  der  Extraneer  den 
betreffenden  Pensionsvätem  übertragen,  an  welche  sowohl  die  zu  zahlenden  Pensionen, 
als  die  zur  Bestreitung  der  persönlichen  Bedürfnisse  erforderlichen  Gelder  zu  ent- 
richten sind. 

Einer  geordneten  Kassenführung  wegen  ist  es  erforderlich,  dafs  die  Eltern 
resp.  Vormünder  so  zeitig  das  erforderliche  Geld  einsenden,  dafs  am  Schlufs  jedes 
Quartals  bereits  das  Bedürfnisquantum  für  das  nächste  Quartal  in  der  Kasse  jedes 
Schülers  bereit  liegt.  Es  ist  deshalb  angeordnet,  dafs  bei  dem  Eintritt  eines 
Schülers,  aufser  der  Aufnahmegebühr  von  30  Mark,  die  Pension  gleich  für  ein 
halbes  Jahr  und  zur  Bestreitung  der  persönlichen  Bedürfnisse  ein  Vorschufs  von 
100  Mark  an  den  Redanten  resp.  an  die  Pensionsväter  gegen  Quittung  zu  ent- 
richten sind.  Am  Schlufs  jedes  Quartals  empfangen  die  £ltem  resp.  Vormünder 
vom  Rendanten  durch  Vermittlung  des  Tutors  resp.  von  den  Pensionsvätem  die 
Abrechnung  nebst  Belägen,  und  sind  alsdann  gehalten,  innerhalb  10  Tagen  nach 
Absendung  der  Abrechnung  die  aus  der  Kasse  des  Schülers  gemachten  Ausgaben 
voll  zu  ersetzen,  sodafs  die  ursprüngliche  Höhe  des  Kassenbestandes  immer 
wieder  hergestellt  wird,  bis  der  Abgang  des  Schülers  erfolgt,  nach  welchem  die 
Schlufsabrechnung  resp.  die  Auszahlung  des  Kassenbestandes  stattfindet.  Die 
durch  die  Abrechnungen  und  Geldsendungen  entstehenden  Portokost«n  sind  von 
den  Eltern  resp.  Vormündern  zu  tragen.  Der  Rendant  empfängt  für  die 
Kassenführung  von  jedem  Alumnen  vierteljährlich  postnumerando  1,50  Mark  aus 
dessen  Kasse. 

Den  Schülern  direct  Geld  zu  schicken,  oder  ihnen  bei  der  Rückkehr  von 
den  Ferien  mehr  als  zur  Bestreitung  der  Reisekosten  erforderlich  ist  mitzugeben, 
oder  ihnen  bei  anderer  Gelegenheit  zukommen  zu  lassen,  ist  bei  Vermeidung  der 
Entfernung  des  Schülers  von  der  Anstalt  gänzlich  untersagt. 


460 

Desgleichen  ist  jede  ZustelluDg  you  Efswaaren  und  G-etranken  aller  Art 
yöUig  verboten,  und  haben  Zuwiderhandelnde  die  Entfernung  des  betreffenden 
Schiüers  zu  gev^ürtigen. 

Auf  besonderen  Wunsch  kann  mit  ausdrücklicher  und  schriftlicher  Zu- 
Stimmung  des  Bectors  ausnahmsweise  das  Taschengeld  erhöht  werden,  und  können 
auf  ärztliche,  auch  vom  Anstaltsarzt  anerkannte  Vorschrift,  mit  ausdrücklicher 
schriftlicher  Zustimmung  des  Rectors  stärkende  Genufsmittel  zugeschickt  werden. 
Solche  Sendungen,  wie  auch  die  von  Kleidungsstücken,  Wäsche  etc.  müssen  unter 
Declaration  des  Inhalts  an  den  Herrn  Rector  adressirt  sein.  Alle  an  Schüler 
adressirten  Packete  und  beschwerten  Briefe  müssen  als  unbestellbar  zurückgewiesen 
werden. 

Die  Ferien  sind  bis  auf  Weiteres  zu  Ostern  auf  15  Tage,  im  Sommer  auf 
31  Tage  (vom  Sonnabend  vor  dem  Montage,  welcher  dem  7.  Juli  am  nächsten 
liegt,  bis  zum  Montage  der  fünften  Woche),  zu  Michaelis  auf  15  Tage,  zu  Weih- 
nachten auf  15  Tage  festgesetzt  Zu  den  Ferien  müssen  sämtliche  Schüler  die 
Anstalt  verlassen. 

Alle  weitere  Auskunft  zu  erteilen  sind  sowohl  der  Rector  Professor 
Neu  mann  wie  der  Unterzeichnete  gern  bereit. 

Klosterschule   Rofsleben,    im   Juli    1887. 

Der   Erb-Administrator.        Arthur  von  Witzleben. 

Bevldirteg  Reglement  für  die  Königllclie  Waisen-  nnd  Scbnluistalt 
(GjmnaBinm  nnd  Mittelgehnle)  in  Bnnzlau. 

Die  K.  Waisen-  und  Schulanstalt,  deren  jedesmaliger  Leiter  auch  der 
Director  des  in  unterrichtlicher  und  erziehlicher  Hinsicht  mit  ihr  dauernd  Ter- 
einigten  K.  Gymnasiums  zu  Bunzlau  ist,  hat  die  stiftungsmärsige  Aufgabe,  ihren 
Zöglingen  christliche  und  patriotische  Gesinnung  einzupflanzen  und  ihnen  eine 
dementsprechende  Erziehung  im  Sinne  der  evangelischen  Kirche  zu  Teil  werden 
zu  lassen.    Der  Unterricht  und  die  Ordnungen  des  Hauses  sind  darnach  gestaltet 

§  1.  Das  Alumnat  der  Anstalt  ist  nicht  nur  für  Erziehung  und  Unterricht 
von  Waisenknaben  bestimmt,  sondern  nimmt  auch  andere  Zöglinge  und  zwar  teils 
als  Fundatisten,  teils  als  Alumnen  (Freischüler),  teils  als  Pensionäre,  teils  ab 
Stadtschüler  auf. 

^  2.  Für  ihre  erziehliche  Leitung  sind  die  Zöglinge  in  Familien  geteilt, 
deren  jeder  ein  Lehrer  des  Waisenhauses  mit  seinen  Gehilfen,  Aufsehern  etc., 
vorsteht 

§  3.  Die  Zöglinge  erhalten  den  Unterricht  im  Gymnasium  oder  in  der 
Mittelschule,  welche  die  Vorbildung  für  den  Eintritt  in  das  gewerbliche  Leben 
giebt  Eine  Verschiedenheit  der  Stellung  der  Zöglinge  in  der  Anstalt  ist  dadurch 
nicht  bedingt  Knaben,  welche  im  elterlichen  Hanse  oder  bei  Familien  in  der 
Stadt  wohnen,  können  als  sogenannte  Stadtschüler  an  dem  Unterrichte  in  der 
Mittelschule  und  an  den  Arbeitsstunden  der  Zöglinge  der  Waisen-  und  Schulanstalt 
teilnehmen;  letzteres  auch  dann,  wenn  sie  das  Gymnasium  besuchen. 

§  4.  Für  die  körperliche  Pflege  der  Zöglinge  wird  durch  eine  ihrem  Alter 
angemessene  Beköstigung  und  Lebensordnung  gesorgt  Für  erkrankte  ZogUnge 
ist  ein  besonderer  Anstaltsarzt,  sowie  eine  Diakonissin  angestellt  Die  Pflege  der 
Kranken  geschieht  in  einem  besonderen  Anstalts-Krankenhause. 

6  5.  Sämtliche  aufzunehmende  Knaben  sollen  in  der  Regel  nicht  unter  9, 
nicht  ÜDer  12  Jahre  alt,  dabei  körperlich  und  geistig  gesund,  sittlich  unbescholten 
nnd  für  eine  über  die  Ziele  der  Volksschule  hinausgehende  Bildung  befähigt  und 
voi^ebildet  sein.  Schüler,  welche  das  12.  Lebensjam?  überschritten  haben,  können 
nur  ausnahmsweise  und  in  dem  Falle  Aufnahme  finden,  wenn  sie  die  Reife  für 
eine  ihrem  Alter  entsprechende  Klasse  des  Gymnasiums  nachweisen  und  ihre  bis- 
herige Führung  tadellos  gewesen  ist. 

§  6.  Die  an  die  Vorbildung  der  aufzunehmenden  Zöglinge  zu  stellende 
Anforderung  richtet  sich  unter  Berücksichtigung  des  Lebensaltm  hinsichtlich  der 
Mittelschule  nach  dem  amtlichen  Lehrplane  vom  15.  Oct.  1872,  hinsichtlich  des 
Gynmasiums  nach  dem  allgremeinen  Lehrplane  vom  31.  März  1882. 

§  7.  Bei  der  Zuweisung  der  Zöglinge  an  eine  der  oben  genannten  Unter- 
richtsanstalten (Gymnasien  o&r  Mittebchule)  ist  der  Wunsch  der  Angehörigen 


461 

nach  Möglichkeit  zn  berücknichtigen.  Die  Entscheidung  darüber  bleibt  aber  so- 
wohl beim  Eintritte  als  auch  während  der  Dauer  des  Aufenthaltes  in  der  Anstalt 
dem  Director  (nach  Mafsgabe  der  für  die  einzelnen  Anstalten  geltenden  höheren 
Bestimmungen)  yorbehalten. 

§  8.  Die  Zahl  der  Waisenstellen  beträgt  jetzt  73,  darunter  10  aus  den 
Gollecten-Erträgen.  Von  denselben  werden  a)  58  durch  das  K.  Prov.Sch.G.  für 
Schlesien  mit  solchen  Knaben  besetzt,  welche  wirkliche  Waisen  (vaterlos)  und  in 
Schlesien  (einschliefslich  der  preufsischen  Ober-Lausitz)  geboren  oder  mit  ihren 
Eltern  einheimisch  geworden  sind.  Eine  dieser  Stellen  kann  hin  und  wieder 
auch  einem  Waisenknaben  aus  Kottbus  verliehen  werden.  b)  10  Stellen  besetzt 
des  Herrn  Ministers  der  geistl.  etc.  Angelegenheiten  Excellenz  und  zwar  ge- 
wöhnlich mit  Nichtschlesiern.  c)  2  Stellen  sind  für  Waisenknaben  schlesischer 
Postbeamten    bestimmt    und    werden    vom   Keichspostamte    in    Berlin    besetzt. 

d)  1  Stelle  ist  für  einen  Waisen  aus  der  preufsischen  Ober-Lausitz  bestimmt  und 
wird  vom  Landeshauptmann  der  Ober-Lausitz  besetzt.  e)  2  Stellen  gehören  der 
Schäfterschen  Familienstiftung. 

§  9.  Die  Zahl  der  sonstigen  Beneficiatenstellen  beträgt  jetzt  63.  Von 
diesen  sind  a)  34  Königliche  Alumnen-  (Freischüler)  Stellen,  worunter  9  Stellen 
aus  den  Gollecten-Erträgen.  b)  12  Königl.  Extra-Alumnenstellen,  worunter  10 
Stellen  aus  den  Gollecten-Erträgen.  Diese  46  Stellen  sind  für  Söhne  weniger 
bemittelter  Eltern  aus  der  Provinz  Schlesien  (einschliefslich  der  preufsischen  Ober- 
Lausitz)  bestimmt  und  werden  von  dem  K.  Prov.Sch.G.  für  Schlesien  besetzt, 
c)  13  Hilsesche  Fundatisten-Stellen.  Diese  werden  von  dem  K.  Prov.Sch.O.  für 
Schlesien   verliehen.        d)    1   Freiherrlich    von   Richthofensche  Fnndatistenstelle. 

e)  1  Henkesche  Fnndatistenstelle.  f)  1  Rödersche  Fundatistenstelle.  g)  1  Graf 
Hermannsche  Fundatistenstelle. 

§  10.  Die  Aufnahme  von  Pensionären  und  Stadtschülem  und  die  Dauer 
ihrer  Belassung  in  der  Anstalt  hängt  von  der  Entscheidung  des  Direotors  ab. 

^11.  Die  Waisenknaben,  der  Graf  Hermannsche  und  die  Hilseschen 
Fundatisten  werden  ganz  kostenfrei  in  der  Anstalt  unterhalten. 

§  12.  Den  sonstigen  Beneficiaten  (§  9),  yrie  den  Pensionären  wird  von 
der  Anstalt  Wohnung  nebst  den  nöthigen  Utensilien,  Heizung,  Beleuchtung,  Kost, 
Unterricht,  ärztliche  Behandlung,  erziehliche  Aufsicht  und  die  allgemeine  Haus- 
bedienung gewährt.  Hierfür  zahlen  die  Alumnen  (Freischüler)  jährlich  54  Mk., 
die  Extrar Alumnen  198  Mk.,  der  von  Bichthofensche  Fundatist  18  Mk.,  die 
Pensionäre,  welche  das  Gymnasium  besuchen,  500  Mk.,  diejenigen,  welche  die 
Mittelschule  besuchen,  450  Mk.  Aufserdem  erlegt  ein  jeder  dieser  Zöglinge  beim 
Eintritte  6  Mk.  für  die  Bibliothek,  3  Mk.  für  die  Erhaltung  des  Tischinventars, 
6  Mk.  für  Instandhaltung  resp.  Erneuerung  der  Wohnungs  -Utensilien.  Für 
Wäsche,  Bekleidung,  Bücher,  Schreibmaterialien,  Medicamente,  Taschengeld  u.  dergl. 
haben  die  Angehörigen  aller  dieser  Zöglinge  zu  sorgen  und  zu  diesem  Behufe  den 
betr.  Lehrer,  dessen  besonderer  Obhut  der  Knabe  übervriesen  ist,  zu  Beginn  des 
Quartales  mit  ausreichendem  Geldvorschusse,  dessen  Verbrauch  von  demselben 
den  Angehörigen  nachgewiesen  wird,  zu  versehen.  Erfahrungsmäfsig  betragen  die 
sog.  Nebenkosten  bei  der  Mehrzahl  jährlich  c.  120  bis  150  Mk.;  es  wird  Sorge 
dafür  getragen,  dafs  die  Nebenkosten  möglichst  beschränkt  werden. 

§13.  Stadtschüler,  welche  am  Unterrichte  in  der  Mittelschule  teil- 
nehmen, zahlen  jährlich  54  Mk.  Schulgeld  und  beim  Eintritte  6  Mk.  für  die 
Bibliothek.  Für  die  Teilnahme  an  den  Arbeitsstunden  des  Waisenhauses  haben 
alle  Stadtschüler,  sei  es,  dafs  sie  die  Mittelschule  oder  das  Gymnasium  besuchen, 
ebenfalls  jährlich  54  Mk.  zu  entrichten.  Ueber  die  Zulassung  zu  den  Arbeits« 
stunden  entscheidet  der  Director. 

§  J4.  Die  in  §  12  und  13  al.  1  aufgeführten  Beträge  müssen  an  die  K. 
Waisen-  und  Schulanstaltskasse  vierteljährlich  vorausbezahlt  werden. 

§  15.  Privatunterricht  in  den  eigentlichen  Schuldisciplinen  ist  grundsätzlich 
ausgeschlossen.  Nur  ausnahmsweise  und  unter  ganz  besonderen  Verhältnissen, 
welche  störend  auf  die  Entwickelung  einzelner  S^glinge  eingewirkt  haben,  darf 
derselbe  genommen  werden,  und  es  ist  dazu  jedesmal  die  besondere  Erlaubnis  des 
Directors  nöthig  Der  Turnunterricht,  an  welchem  alle  Zöglinge  teilzunehmen 
verpflichtet  sind,  wird  unentgeltlich  erteilt.  Auch  in  der  Musik  werden  die  in 
§  11  aufgeführten  Beneficiatc^  event.  von  dazu  qualificirten  Seminaristen  nnen1> 


462 

Seitlich  tmterriohtet,  sofern  sie  Beföhigung  dazu  zeigen.  Von  anderen  Zöglingen 
es  Waisenhauses  kann  gegen  vorher  eingeholte  Erlaubnis  Privatunterricht  in  der 
Musik  genommen  werden.  —  Für  den  Unterricht  im  Schwimmen,  falls  die  Teil- 
nahme daran  von  den  Angehörigen  gewünscht  wird,  zahlt  jeder  Zögling  an  den 
Schwimmlehrer  jährlich  3  Mk.  Die  im  §  11  aufgeführten  Beneficiaten  werden 
auch  im  Schwimmen  unentgeltlich  unterwiesen. 

§  16.  AuTserordentliche  Abgaben  an  die  Anstalt  oder  an  in  derselben  irgend- 
wie wirkende  Personen  finden  nicht  statt.  Auch  Geschenke,  zumal  solche,  welche 
an  G-eburtstagen  der  Lehrer,  zu  Weihnachten  oder  sonst  regelmäfsig  wiederkehren 
möchten,  werden  verboten.  Dagegen  wird  beim  Abgange  jeder  Zögling,  —  mit 
Ausnahme  der  Waisenknaben  —  für  das  Abgangszeugnis,  welches  er  von  der  An- 
stalt empfängt,  einen  Geldbetrag  von  beliebiger  Höhe  zu  der  Jubiliäumsstiftong 
behufs  Gründung  neuer  Waisenstellen  beitragen. 

§  17.  Die  Meldungen  zur  Aufnahme  in  die  Anstalt  werden  bei  dem 
Director  gemacht,  und  zwar  für  die  Beneficiatenstellen  im  September,  für  Pen- 
sionäre und  Stadtschüler  im  Januar.  Hiervon  sind  ausgenommen  die  Bewerbungen 
um  die  unter  §  8  b  angeführten  10  Waisenstellen,  welche  durch  die  vorgesetzte 
K.  Bezirksregierung  an  des  Herrn  Cultusministers  Excellenz  zu  richten  sind.  Für 
die  unter  §  Sc  angeführten  2  Post- Waisenstellen  sind  die  Bewerbungen  bei  bem 
Beichs  -  Postamte  einzureichen ,  für  die  unter  §  8  d  angeführte  Ober  -  Lausitzer 
Waisenstelle  bei  dem  Landeshauptmanne  der  Ober-Lausitz.  Die  Vorschläge  zur 
Besetzung  für  die  unter  §  8  e  angeführten  2  Waisenstellen  und  für  die  unter  §  9  d, 
e,  f,  g  angeführten  Fundatisten  -  Stellen  gehen  von  den  testamentarisch  zunächst 
berechtigen  Verwandten  aus  und  werden  durch  den  Director  dem  Prov.Sch.C.  zur 
Genehmigung  unterbreitet  Für  die  unter  §  9  e  angeführte  Henkesche  Fun- 
datisten-Stelle  sind  die  Bewerbungen  an  das  Pfarramt  zau  Kotzenau  zu  richten. 

§  18.  Der  Aufnahme-Termin  ist  in  der  Regel  Ostern  jedes  Jahres. 
Doch  können  auch  zu  andern  Zeiten  innerhalb  des  Schuljahres,  falls  die  Räumlich- 
keiten es  zulassen,  ausnahmsweise  Zöglinge  aufgenommen  werden. 

il9.  Bei  der  Meldung  sind  folgende  Atteste  einzureichen:  1.  Für 
nahen  und  solche  Hilsesche  Fundatisten,  deren  Väter  nicht  mehr  leben: 
a)  der  Totenschein  des  Vaters  mit  Angabe  des  Vormundes,  b)  die  Geburts- 
urkunde und  das  Taufzeugnis  des  betr.  Knaben,  c)  dessen  Schulzeugnis  nebst 
Probearbeiten  in  Deutsch  (Abschrift,  deutsch  und  lateinisch,  Dictat  event.  Auf- 
satz) und  Rechnen,  event.  Latein  und  Französisch.  Probearbeiten  sind  nicht  ein- 
zureichen, wenn  der  Knabe  einer  anerkannten  höheren  Lehranstalt  angehört,  d)  der 
Lnpfschein  event.  Wiederimpfschein,  e)  das  Gtesundheits-  f)  das  BedüHTtigkeits- 
Attest.  2.  Für  Alumnen  (Freischüler),  Extra-Alumnen  und  solche  Hilsesche 
Fundatisten,  die  nicht  Waisen  sind,  sind  die  vorstehend  unter  b — f,  3.  für  Pen- 
sionäre und  Stadtschüler  die  unter  b~e  angeführten  Atteste  erforderlich. 

§  20.  Die  Listen  der  angemeldeten  Waisenknaben,  Alumnen  (Freischüler), 
Extra-Alumnen  und  Hilseschen  Fundatisten  werden  von  dem  Director  im  November 
jedes  Jahres  dem  K.  Prov.Sch.C.  mit  seinen  Vorschlägen  eingereicht,  welches  die 
für  den  nächsten  Oster-Termin  aufzunehmenden  Beneficiaten  der  bezeichneten 
Kategorien  auswählt  und  den  Dir.  mit  der  Einberufung  derselben  beauftragt 
Die  Eltern  und  Vormünder  dieser  ausgewählten  Knaben  haben  spätestens  vier 
Wochen  nach  Empfang  der  desfallsigen  Benachrichtigung  der  Direction  die  schrift- 
liche Erklärung  abzugeben,  dafs  sie  das  verliehene  Benencium  für  den  betr.  Knaben 
annehmen  und  denselben  zu  der  bestimmten  Zeit  der  Anstalt  zuführen  wollen. 
Wird  dies  unterlassen,  so  erlischt  das  Beneficium  für  den  ausgewählten  Knaben, 
und  an  Stelle  desselben  wird  ohne  weitere  Rückfrage  einer  der  von  der  Behörde 
ernannten  Reservisten  einberufen.  Solchen  Knaben,  deren  Sittlichkeit,  Bildung 
oder  Gesundheitszustand  bei  der  Ueberbringung  den  früher  eingereichten  Berichten, 
Probearbeiten  und  Gesundheitsattesten  nicht  entspricht,  kann  nach  Mafsgabe  der 
Verhältnisse  die  Aufnahme  vom  Dir.  versagt  werden. 

§  21.  Falls  die  Mutter  eines  angemeldeten  Waisenknaben  sich  wieder  ver- 
heiratet, so  ist  die  Anzeige  sofort  dem  Dir.  zu  machen,  welcher  solche  Meldlinge, 
da  sie  aufgehört  haben,  wirkliche  vaterlose  Waisen  zu  sein,  der  Behörde  nicht 
mehr  zur  Au&ahme  in  Waisenstellen  vorschlagen  darf.  Erfolgt  die  Wiederver- 
heiratung einer  solchen  Mutter  während  des  Aufenthaltes  ihres  Sohnes  in  der 
Anstalt,  so  ist  auch  hiervon  sofort  Anzeige  zu  machen,  und  es  erlischt  das  gewahrte 


463 

Benefioium  in  der  Regel  je  nach  den  besonderen  Umständen  entweder  sofort  oder 
spätestens  mit  dem  zunächst  folgenden  Ostertermine. 

§  22.  Die  Entscheidung  über  sämtliche  in  einem  Jahre  aufgesammelte 
Gesuche  gilt  zunächst  als  abschliefsende  Erledigung  derselben.  Im  folgenden  Jahre 
müssen  daher  solche  Knaben,  für  welche  die  Aufnahme  noch  femer  gewünscht 
wird,  rechtzeitig  aufs  Neue  wieder  gemeldet  werden. 

§  23.  Jeder  Waisenknabe,  der  Graf  Hermannsche  und  jeder  Hilsescfae 
Fundatist  hat  mindestens  mitzubringen:  Einen  vollständigen,  guten,  tuchnen 
Anzug  (nebst  dazu  gehörigen  Zeugresten  zu  Ausbesserungen),  eine  Mütze,  ein  Paar 
Stiefel,  4  gute  Hemden,  3  Paar  wollene  und  3  Paar  baumwollene  oder  zwimene 
Strümpfe,  6  Taschentücher,  einige  Vorhemdchen  oder  Kragen,  2  Halstücher, 
3  Servietten,  ein  Paar  schwarzlederne  Schlafschuhe,  ein  Taschenmesser,  ein  Feder- 
kästchen, eine  Zahnbürste,  einen  kleinen  Spiegel,  Kämme,  eine  Büchertasche,  einen 
Begenschirm  und  einiges  an  baarem  Gelde,  welches  der  Familien- Vorsteher  auf- 
bewahrt und  bei  besonderen  Gelegenheiten  zu  kleinen  Ausgaben  verabreicht. 
Für  das  üebrige  und  später  Nöthige  sorgt  die  Anstalt,  welche  auch  beim  Abgange 
jeden  der  erwähnten  Zöglinge  mit  fast  allen  oben  angeführten  Sachen  in  zum 
gröfsten  Teile  neuem  Zustande  wieder  ausstattet.  Für  die  spätere  Abholung  und 
Unterbringung  der  abgehenden  Zöglinge  haben  die  Angehörigen  zu  sorgen;  auch 
haben  dieselben  die  Kosten  der  Ferienreisen  zu  tragen. 

§24.  Pensionäre,  Alumnen  (Freischüler),  Extra  -  Alumnen  und  die  in 
§  ?3  nicht  genannten  Fundatisten  müssen  mitbringen  und  auf  ihre  Kosten 
in  gutem  Stande  halten  oder  erneuern:  a)  An  Betten:  Ein  leichtes  vollständiges 
Gebett  (womöglich  eine  Matratze  statt  des  Unterbettes),  eine  wattirte  Decke  für 
die  Sommermonate  und  einen  Strohsack.  Stroh  und  Bettstelle  gewährt  die  Anstalt, 
b.  An  Wäsche:  Aufser  der  nöthigen  Bett-  und  Leibwäsche,  zum  Wechseln  für 
3—4  Wochen  ausreichend,  einige  Servietten,  4—6  Handtücher,  6  Vorhemdchen 
oder  Kragen,  3  Paar  wollene,  ebensoviel  zwimene  oder  baumwollene  Strümpfe, 
2  Schürzen  zum  Vorbinden  beim  Beinigen  der  Stiefel,  2  Abwischtücher  und  ein 
Paar  Badehosen.  c)  An  Kleidern:  Doppelte  Sommer-  und  doppelte  Winter- 
kleidung (nebst  dazu  gehörigen  Zeugresten  zu  Ausbesserungen),  einfach  und  dauer- 
haft, gefällig,  ohne  irgend  etwas  Auffallendes  zu  haben;  Mantel  oder  Paletot  oder 
Ueberziehrock,  eine  Hausjacke  fnicht  Schlafrock),  wenigstens  2  Paar  g^te  Stiefel, 
eine  Mütze,  ein  Paar  schwarzleaeme  Schlafschuhe  und  ein  Paar  Handschuhe  für 
den  Winter.  d)  An  verschiedenen  Geräthen:  Messer,  Gabel  und  Löffel  in 
dauerhaftem  Futterale,  ein  Trinkglas,  eine  Tasse  mit  Theelöffel,  ein  Taschen- 
messer, eine  Scheere,  3  Schuhbürsten,  eine  Zahnbürste,  Kleiderbürste,  einen  kleinen 
Spiegel,  Kämme,  Haarbürste,  ein  Seifenläppchen,  ein  Federkästchen,  Mähnadeln, 
Zwirn,  ein  Geldtäschchen,  Büchertasche,  Regenschirm.  Die  unter  d  angeführten 
Gegenstände  können,  ebenso  wie  die  zum  Exerciren  nöthige  Militärmütze,  hier 
gekauft  werden.  Auch  können  die  nothwendigen  Schulbücher  nach  Mafsgabe  der 
Klasse,  welcher  die  einzelnen  Zöglinge  zugewiesen  worden,  hier  angeschafft  werden. 
Sämtliche  Sachen  müssen,  soweit  dies  thunlich,  mit  dem  Namen  und .  der  Anstalts- 
nummer des  betr.  Zöglings  bezeichnet  sein.  Auch  mufs  ein  genaues  Verzeichnis 
aller  mitgebrachten  Sachen  sogleich  beim  Eintritte  dem  betr.  Familien-Vorsteher 
übergeben  werden.  An  Geld  ist  zu  den  nöthig«n  Auslagen  beim  Eintritte  des 
Knaben  ein  angemessener  Vorschufs  dem  betr.  Familien-Lehrer  gegen  Quittung 
einzuhändigen.  (§  12.) 

§  25.  Die  Ferien  der  Anstalt  fallen  mit  denen  des  Gymnasiums  zusammen. 
Alumnen  (Freischüler),  Extra-Alumnen,  Fundatisten  und  Pensionäre  dürfen  wäh- 
rend der  Ferien  nicht  in  der  Anstalt  verbleiben,  auch  für  die  Waisenknaben  ist 
das  Verreisen  Begel. 

§  26.  Den  Abgangstermin  bestimmt  der  Director  für  sämtliche  Bene- 
ficiaten  (§p  8  und  9) :  doch  sollen  sie  der  Begel  nach  in  der  Anstalt  verbleiben 
können,  bis  sie  das  Ziel  der  Schule,  welche  sie  besuchen,  erreicht  haben.  Jedem 
Benefioiaten  kann,  falls  er  sich  durch  tadelnswerthes  Verhalten  oder  ünfleifs  im- 
würdig  zeigt,  das  Beneficium  durch  Beschlufs  des  Lehrer-Colleg^ums  des  Waisen- 
hauses sofort  oder  nach  Ablauf  einer  bestimmten  Zeit  entzogen  werden. 

Die  Confirmation  der  Zöglinge  erfolgt  in  der  Regel  nach  zurückgelegtem 
15.  Lebensjahre. 


464 

§  27.  Der  freiwillige  Abgang  von  Pensionären  und  StadtschfUem  kann  nur 
am  SchlnBse  eines  Schnlqnartals  erfolgen  und  ist  drei  Monate  vorher  dem  Dir. 
anzuzeigen.  Falls  dies  unterbleibt,  müssen  die  Leistongen  an  die  Kasse  noch  for 
das  nächste  Schnlqnartal  gezahlt  werden. 

Das  vorstehend  revidirte  Reglement  wird  mit  Genehmigung  des  Herrn 
Ministers  der  geistl.  etc.  Ang.  hierdurch  von  uns  bestätigt. 

Breslau,  den  25.  Juli  1887.    K.  Prov.Sch.C. 


Nachträge. 

Die  rOroischen  Zahlen  beseichnen  Abteilung  (oder  Band). 

I  S.  XVI.     Verbesserung.  Dr.  Falk  vom  22.  Jan.  1872  bis  zum  13.  Juli  1879. 

I  S.  8-  1*  Se.  Maj.  der  Kaiser  und  König  haben  mittels  Allerh.  0.  v.  21.  Febr. 
1887  zu  genehmigen  geruht,  dsiTs  der  Provinzial  -  Schulrath  Dr.  Rothfuchs  zu 
Münster  nebenamtUch  die  Beaufsichtigung  der  Fürstlich  Lippeschen  Gym- 
nasien zu  Detmold  und  Lemgo  übernehme.  Die  gleiche  Erlaubnis  war  auch  dem 
Amtsvorgänger  des  Dr.  Rothfuchs,  Provinzial  -  Schulrath  Dr.  Probst  zu  Munster 
erteilt. 

2.  Ebenso  ist  seit  dem  Jahre  1876  dem  Provinzial -Schulrath  Dr.  Todt  zu 
Magdeburg  nebenamtlich  die  Beaufsichtigung  der  drei  höheren  Lehranstalten  im 
Herzogtume  Sachsen-Altenburg,  der  Gymnasien  zu  Altenburg  und  Eisen- 
berg sowie  der  höheren  Bürgerschiüe  zu  Altenburg,  übertragen. 

I  S.  0.  C.Verf.  v.  13.  Mai  1886.  „Durch  den  Erlafs  v.  10.  Aug.  1837 
Nr.  19813  bezw.  v.  11.  Sept.  1843  Nr.  J8434,  sind  die  K.  Prov.Sch.CC.  aufgefordert, 
von  den  Ihrerseits  erlassenen  Gircular- Verfügungen  drei  Exemplare  an  die 
Geh.  Registratur  des  Ihnen  vorgeordneten  Ministeriums  einzusenden^  Diese 
Aufforderung  ist  unter  dem  6.  Jan.  1859  B.  102  aus  Anlafs  der  Herausgabe  des 
Centralblattes  für  die  gesamte  Unterrichts- Verwaltung  erneuert  und  unter  dem 
13.  Dec.  1875  ü.  III.  1397  in  Erinnerung  gebracht  worden.  Die  Ausföhrung 
dieser  Verordnungen  ist  gegenwärtig  eine  sehr  ungleichmäfsige.  Von  einzelnen 
K.  Prov.Sch.CC.  werden,  ohne  Einhaltung  der  schon  ursprünglich  bezeichneten  Be- 
schränkungen,  alle  dortseits  erlassenen  Circ-Verff.  eingereicht,  auch  diejenigen, 
welche  nur  die  üebermittelung  einer  diesseitigen  Circ.-Verf.  an  die  Schulanstalten 
ihres  Bereiches  sind ;  andere  Prov.Sch.CC.  beschränken  sich  auf  die  Mitteilung  der 
Ferienordnung  des  betr.  Jahres  oder  nehmen  von  der  fraglichen  Einsendung  über- 
haupt Abstand.  Durch  besondere  Anlässe  sehe  ich  mich  bestimmt,  die  Verordnung 
in  der  insbesondere  durch  den  Erlafs  vom  11.  September  1843  bezeichneten  Be- 
^enzung  in  Erinnerung  zu  bringen.  Hiemach  sind  diejenigen  CircVerff.  des 
K.  Prov.Sch.C.  von  der  Einreichung  ausgeschlossen,  welche  nur  zur  üebermittelung 
der  diesseitigen  CircVerff.  an  die  nachgeordneten  Behörden  dienen.  Dagegen  sind 
von  deigenigen  CircVerff.,  welche  aus  der  eigenen  Liitiative  und  Competenz  des 
K.  Prov.Sch.C.  hervorgehen,  unter  anderen  auch  von  deigenigen,  durch  welche 
Lehrbücher,  Lehrmittel  und  dgl.  empfohlen  werden,  drei  Exemplare  unter  Couvert 
ohne  Bericht  an  die  Geh.  Registratur  meines  Ministeriums  einzureichen.  Ich 
sehe  der  vollständigen  Ausfühning  dieser  Anordnung  entgegen.*'    von  Gofsler. 

I  S.  16fg.  CVerf.  v.  9.  Oct.  1880.  „Das  mit  den  Entwürfen 
für  die  Etats  höherer  ünterrichtsanstalten  hierher  eingereichte  Material  ist 
nicht  in  allen  Fällen  ohne  Weiteres  genügend  gewesen,  um  eine  eingehende  Prfiftmg 
der  Etats  nach  der  Richtung  hin  sni  ermöglichen,  ob,  bezw.  in  welchem  Umfange 
die  staatlichen  Bedürfniszuschüsse  fortzubewilligen  sind.  Für  eine  solche  Prüfung 
ist  es  mindestens  erforderlich,  dafs  die  Vorlagen  ^enau  ersehen  lassen,  in  wie 
vielen  Klassen  der  Unterricht  bei  jeder  Anstalt  stattfindet,  wie  grofs  die  Frequenz 
der  einzelnen  Klassen  während  der  der  Etatsaufstellung  vorangegangenen  4  bis 
6  Schulsemester  gewesen  ist  und  in  welchem  Mafse  die  Heranziehung  von  Hül&- 


465 

kräften  neben  dem  etatsmäCsigen  Lehrerpersonale  als  unbedingt  nothwendig  sich 
ergiebt.  Die  K.  Proy.Sch.CC.  beauftrage  ich,  in  Zukunft  darauf  zu  achten,  dafs 
die  Etatsentwürfe  bezw.  die  Etatsbeläge  die  angegebenen  Punkte  berücksichtigen.'^ 
Der  Min.  d.  geisti.  etc.  Ang.    Im  Auftr.:  Greiff. 

C.Verf.  V.  21.  Oct.  1880.  „Auf  den  Bericht  vom  13.  d.  M.  erwidere  ich 
dem  E.  Prov.Sch.C,  dafs  die  Final- Ab  Schlüsse  der  staatlichen,  und  die  Bech- 
nungs-Becapitulationen  der  stiftischen  und  städtischen  Gymnasien  etc., 
nachdem  jetzt  die  etatsmäfsigen  Bedürfniszuschüsse  den  Anstalten  unverkürzt  ver- 
bleiben, im  Wesentlichen  einen  informatorischen  Zweck  insbesondere  bezüglich  des 
etwa  zu  Mehrausgaben  disponibeln  Bestandes  haben.  Ich  mufs  deshalb  wünschen, 
die  Final- Abschlüsse,  resp.  Rechnungs-Becapitulationen  möglichst  bald  nach  dem 
Jahres-Eechnungsschlusse  zu  erhalten,  da  die  Rechnungs-Resultate  des  abgelaufenen 
durch  die  Veränderungen  des  neuen  Rechnungsjahres  stets  mehr  oder  weniger 
modificirt  werden.  Ich  vermag  daher  die  in  der  C.Verf.  v.  K».  Juli  c  (U.  II.  2040.) 
vorgeschriebenen  Einreichungs-Termine  um  so  weniger  weiter  hinauszurücken,  als 
auch  dazu  bezüglich  der  stiftischen  und  städtischen  Anstalten  eine  sachliche  Noth- 
wendigkeit  nicht  vorliegt. 

In  der  Circ-Verf.  v.  9.  Aug.  v.  J.  ist  angeordnet,  dafs  Abschrift  der  Jahres- 
Rechnung  der  stiftischen  und  städtischen  Anstalten  spätestens  3  Monate  nach  dem 
Final- Abschlüsse,  also  bis  1.  August  jedes  Jahres,  dem  K.  Prov.Sch.C.  eingereicht 
werden  soll.  Wenn  nun  in  der  C.Verf.  vom  10.  Juli  c.  nachgelassen  ist,  dafs  die 
Abschriften  der  Recapitulationen  der  Rechnungen  der  stiftischen  und  städtischen 
Anstalten  erst  zum  1.  Oct.  jedes  Jahres  hierher  einzureichen  sind,  so  liegt  zwischen 
diesem  und  dem  vorerwähnten  Termine  eine  Frist  von  2  Monaten,  welche  zur 
Fertigung  und  Abseudung  der  lediglich  einen  kurzen  Auszug  der  Rechnungen  dar- 
stellenden Recapitulationen  vollkommen  ausreichend  erscheint.  Ich  bemerke,  dafs 
nach  dem  Circ.Erlasse  vom  4.  April  1(S77  (G.  III.  1289.  M.  1678.)  sogar  diejenigen 
Special-Rechnungen,  welche  zur  Revision  an  die  K.  Ober- Reclmungskammer 
gehen,  bereits  vorrevidirt  snccessive  bis  1.  Oct.  jedes  Jahres  an  die  genannte  Be- 
hörde einzureichen  sind.  Von  der  Erledigung  etwaiger  Erinnerungen  und  Er- 
teilung der  Decharge  darf,  wenn  die  Ordnung  aufrecht  erhalten  werden  soll,  die 
Einreichung  der  Abschrift  der  Rechnung  an  das  K.  Prov.Sch.C.  nicht  abhängig 
gemacht  werden,  da  erfahrungsmäCsig  nicht  selten  Erinnerungen  vorkommen,  welche 
nach  Art.  'J'2  des  Kassen-Regulatives  vom  17.  März  1828  erst  durch  die  folgende 
Rechnung  erledigt  werden  können.  Es  wird  sich  empfehlen,  wenn  das  E.  Prov.Sch.C. 
die  stiftischen  und  städtischen  Verwaltungen  ersucht,  mit  der  Abschrift  der  Rechnung 
auch  Abschrift  des  RevisionsprotokoUes  einzureichen  oder  kurz  sich  darüber  zu 
äufsem,  welche  Erinnerungen  bei  Revision  der  Rechnung  gezogen  sind  und  was 
zur  Erledigung  derselben  voranlafst  ist.'* 

I  S.  16.  C.Verf.  v.  8.  Dec.  1874.  „Ich  wünsche,  dafs  in  Zukunft  in 
den  Entwürfen  zu  den  Etats  für  die  höh.  Ünterrichtsanstalten  bei  dem  Titel  V 
der  Einnahme  neben  der  Gesamtfrequenz  stets  auch  die  Zahl  und  die  Frequenz 
der  einzelnen  Klassen  angegeben  werde,  um  bei  der  Feststellung  der  Etats  leichter 
übersehen  zu  können,  ob  die  in  den  letzteren  vorgesehenen  Lehrkräfte  dem  wirk- 
lichen Bedürfnis  entsprechen ..."    Der  Min.  d.  geist.  etc.  Ang.     Im  Auftr.  Greiff. 

I  S.  S9.  Mit  dem  Wegfall  eines  staatlichen  Bedürfniszuschusses  fällt  auch 
die  Veranlassung  zur  Ausübung  staatlicher  Compatronatsrechte  fort.  Vgl.  Min. Verf. 
V.  30.  Dec.  1876.    C.Bl.   1877  S.  19. 

I  S  80-  Min. Verf.  v.  19.  Apr.  1886.  „Dem  Magistrate  erwidern  wir  auf 
das  an  mich,  den  Minister  der  geisti.  etc.  Ang.,  gerichtete  Gesuch  vom  7.  Dec.  v.  J., 
dafs,  wie  in  dem  Bescheide  des  Herrn  Oberpräsidenten  vom  31.  Oct,  1885  richtig 
hervorgehoben  ist,  die  höh.  Schulen  lediglich  unter  der  unmittelbaren  Aufsicht  der 
K.  Prov.SchulcoUegien  stehen  und  daher  die  das  Patronat  über  eine  solche  ver- 
tretenden Behörden,  sowohl  die  etwa  hierfür  besonders  eingesetzten  Curatorien, 
Commissionen,  als  auch  die  das  Patronat  in  allen  oder  einzelnen  Beziehungen  un- 
mittelbar verwaltenden  städtischen  Magistrate  in  diesen  Angelegenheiten  den  K. 
Prov.SchulcoUegien  untergeordnet  sind  und  letztere  als  die  ihnen  vorgesetzte  Auf- 
sichtsinstanz zu  betrachten  haben.  Die  Bestimmungen  der  Städte-Ordnung  finden 
auf  die  Verwaltung  der  städtischen  höh.  Schulen  keine  Anwendung,  da  diese  nicht 

Wieae,  Verordnungen.    11.  30 


466 

wie  sonstige  communale  Schulen  oder  andere  Einrichtungen  lediglich  einen  Tdl 
der  städtischen  Verwaltung  hilden,  sondern  für  sich  bestehende  juristische  Personen 
unter  dem  Patronate  der  Stadt  sind,  wie  denn  auch  die  Lehrer  an  denselben  nicht 
zu  den  Communalbeamten  zählen.  (§  54  11  12  Allg.  Land-Rechts,  Erlals  Tom 
23.  April  1864.*)  Das  E.  Proy.Sch.C.  war  daher  berechtigt,  nicht  nur  auf  die 
Abstellung  der  im  vergangenen  Jahre  constatirten  und  zum  Gegenstande  wieder- 
holter Verhandlungen  gemachten  baulichen  Mifsstände  an  der  Turnhalle  des  dor- 
tigen Gymnasiums  event.  sogar  unter  Androhung  disciplinarischer  Mafsregeln  zu 
dringen  (cf.  ErL  vom  30.  December  1874  Centr.-Blatt  f.  d.  gesamte  Ünt.-Verw. 
etc.  1875  S.  ^8),  sondern  auch  für  die  dem  Patronate  erstatteten  Berichte  die  Beob- 
achtung der  für  die  Berichte  nachgeordneter  Behörden  yorgeschriebenen  Formen 
zu  verlangen/' 

Der  Min.  d.  Linem  von  Puttkamer.    Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  von  Gofsler. 

I.  S.  »2.  Min. Verf.  v.  ^6.  Oct.  1886.  „Auf  den  Bericht  vom 
2.  August  d.  J.  erwidere  ich  der  E.  Begierung,  dafs  ich  im  Allgemeinen 
mit  dem  von  Ihr  beobachteten  Verfahren  bezüglich  der  Erteilung  von  Con- 
cessionen  an  Privat-  und  Hauslehrer  bezw.  Lehrerinnen,  sowie  an  Erzieher  und 
Erzieherinnen  einverstanden  bin.  Ich  nehme  jedoch  Veranlassung,  wegen  der 
Stempelpflichtigkeit  der  nach  den  Bestimmungen  der  Ministerial- Instruction  t. 
3J.  Dec.  J8;^9  zu  erteilenden  Erlaubnisscheine  die  K.  Regierung  zur  Beachtung 
in  künftigen  Fällen  auf  den  Ministerial-Erlafs  vom  30.  April  1841  (Minist.  Bl  f. 
d.  i.V.  1811  S.  139-140)  hinzuweisen,  worin  darauf  aufmerksam  gemacht  ist,  dafs 
unter  ünständen  zu  den  fraglichen  Erlaubnisscheinen  auch  die  Verwendung  des 
niedrigeren  Stempels  von  5  Sgr.  oder  50  Pf.  statt  des  Stempels  von  15  Sgr.  oder 
1  Mk.  50  Pf.  genügt.  Im  Liebrigen  wolle  die  E.  Begierung  in  Erwägung  nehmen, 
ob  es  sich  nicht  empfiehlt,  für  die  den  Hauslehrern,  Erziehern  und  Erzieherinnen 
etc.  zu  erteilenden  Erlaubnisscheine  eine  Form  zu  wählen,  welche  die  Concession 
zur  Unterrichtserteilung  allgemein  für  den  ganzen  Begierungs-Bezirk  ausspricht, 
so  dafs  die  beteiligten  Personen  beim  Uebergange  von  einer  Stelle  zur  andern 
innerhalb  des  Kegierungs-Bezirkes  der  jedesmaligen  Nachsuchung  eines  neuen  Er- 
laubnisscheines und  der  damit  verbundenen  Entrichtung  des  Stempelbetrages  über- 
hoben sind."     Der  Min.  d.  g.  etc.  Ang.    Im  Auftr.:  de  la  Croix. 

I.  S.  86.  Min.Verf.  v.  28.  Febr.  1887.  „Aus  dem  Berichte  des  K.  Prov. 
Sch.C.  V.  17.  Jan.  d.  J.  habe  ich  mit  Befriedigung  ersehen,  dafs  auf  dortseitige 
Anregung  die  Gewerbekammer  der  Provinz  Westpreufsen  in  den  Sitzungen  vom 
23.-24.  Nov.  d.  J.  über  die  Frage  der  Errichtung  von  Bealschulen  bezw.  höheren 
Bürgerschulen  ohne  Latein  verhandelt  und  mit  grofser  Majorität  die  Resolution 
gefafst  hat :  tiDie  Gewerbekammer  erkennt  die  Errichtung  lateinloser  höhe- 
rer Schulen  mit  mindestens  sechsjährigem  Gursus  als  eindringendes 
Bedürfnis  an  und  erachtet  es  als  wünschenswerth,  dafs  in  gröfseren  Städten  mit 
einem  solchen  Beispiele  vorgegangen  wird.** 

Nicht  ohne  Zusammenhang  mit  diesen  Verhandlungen  werden,  wie  ich  ans 
dem  Berichte  des  E.  Prov.Sch.C.  weiter  entnehme,  zur  Zeit  von  den  städtischen 
Collegien  dreier  gröfserer  Orte  Berathungen  über  die  Gründung  einer  höh.  Bür- 
gerschule gepflogen,  und  es  sind  mit  Rücksicht  hierauf  Anfragen  an  das  £.  ProT. 
Sch.C.  ergangen,  welche  sich  auf  die  Militärberechtigung  solcher  Anstalten  und 
auf  die  Sicherheit  der  ersten,  ihren  Cursus  absolvirenden  Schüler  beziehen,  dals 
ihnen  nach  abgelegter  Reifeprüfung  die  wissensch.  Befähigung  zum  einj.  freiw. 
Militärdienste  auch  wirklich  und  rechtzeitig  zuerkannt  werde. 

Es  hat  mich  überrascht,  dafs  nach  Publication  des  diesseitigen  Erlasses 
V.  21.  Sept.  1878  (I  S.  156),  der  seinerseits  auf  einem  unter  dem  31.  März  1878  an 
die  deutschen  Bundesregierungen  gerichteten  Schreiben  des  Beichskanzler-Amtes 
beruht,  Zweifel  jener  Art  überhaupt  noch  auftauchen  können.  Denn  in  jenem  Er- 
lasse ist  eingehend  und  unter  Bezeichnung  der  zu  erfüllenden  Bedingungen  dar- 
gelegt worden,  dafs  den  höh.  Btlrgerschulen  die  Erlangung  der  Militärberechtigang 
in  äasse  C  des  §  90  der  deutschen  Wehrordnnng  grundsätzlich  sichergestellt 
sei.  Die  thatsächliche  Zuerkennung  an  die  einzelne  Anstalt  durch  das  Beichs- 
amt  des  Innern  erfolgt  allerdings  immer  erst  dann,  wenn  die  Anstalt  bis  zu  ihrem 

*)  8.  Abt.  n.  S.  271 


467 

Abschlösse  entwickelt,  und  wenn  dnrch  amtliche  Beyision  und  die  Ergebnisse  der 
ersten  Abgangsprüfung  nachgewiesen  ist,  dafs  sie  ihrer  Aufgabe  entspricht.  Erst 
dann  kann  diesseits  die  Anzeige  an  das  Beichsamt  des  Innern  ergehen,  dafs  die 
Schule  als  höh.  Bürgerschule  anerkannt  sei,  worauf  die  Einstellung  derselben  in 
die  Klasse  C  der  rnÜitärberechtigten  höh.  Lehranstalten  und  zwar  mit  rückwir- 
kender Kraft  für  diejenigen  SchtUer,  welche  die  erste  Abgangsprüfung  bestanden 
haben,  erfolgt.  Dieser  Hergang  gilt  in  gleicher  Weise  wie  für  die  höh.  Bürger- 
schulen auch  für  die  unter  Klasse  A~B  gehörigen  Gymnasien,  Progymnasien  u.  s.  w. 
Auch  dieser  Kategorie  von  Lehranstalten  ist  die  Erlangung  der  Militärberechtigung 
durch  principiell  festgestellte  Norm  gesichert.  Die  thatsächliche  Zuerkennung  an 
die  einzelne  neu  entstehende  Anstalt  aber  kann  erst  erfolgen,  wenn  sie  bis  zu  dem 
Punkte  entwickelt  ist,  wo  die  Militärberechtigung  in  Fn^e  kommt,  und  wenn  sie 
dann  den  Torgeschriebenen  Anforderungen  entsprochen  hat.  Die  Schüler  einer 
neugegründeten  höh.  Bürgerschule  haben  also  für  die  Erreichung  ihres  Zieles  die- 
selbe Sicherheit,  wie  die  Schüler  eines  neuentstehenden  Gymnasiums  oder  Pro- 
gymnasiums. 

Der  Yorgedachte  Erlafs  v.  21.  Sept.  1878  teilt  auch  auf  Grund  des  an  die 
deutschen  Bundesregierungen  gerichteten  Schreibens  des  Beichskanzler- Amtes  vom 
.'U.  März  1878  die  bestimmten  Bedingungen  mit,  welche  zur  Erlangung  der  Militär- 
berechtigung Ton  den  höh.  Bürgerschulen  bezüglich  der  Lehrdauer,  der  Klassenzahl, 
des  Lehrplanes,  des  Lehrerpersonales  u.  s.  w.  zu  erfüllen  sind.  Was  die  ersten 
Punkte  betrifft,  so  sind  dieselben  für  Preufsen  inzwischen  dadurch  ergänzt  worden, 
dafs  mit  den  unter  dem  31.  März  1882  (I-  S.  110)  publicirten  Lehrplänen  für  die 
höh.  Schulen  auch  ein  Normalplan  für  solche  Schulen  festgestellt  ist,  welche  in 
sechsjähriger  Lehrdauer  —  vom  9.  Lebensjahre  der  Schüler  gerechnet  —  unter 
Ausschlufs  des  lateinischen  Unterrichtes  zu  einer  bestimmten  und  nicht  auf  die 
Fortsetzung  durch  weiteren  allgemeinen  Unterricht  hinweisenden  Abschlüsse  führen. 
—  In  Betreff  der  Lehrer  solcher  Schulen  ist  in  dem  gedachten  Erlasse  bestimmt, 
dafs  der  Dirigent  der  Anstalt  und  mindestens  die  Hälfte  der  Lehrer  akademische 
Bildung  besitzen  und  die  Prüfung  für  das  höh.  Lehramt  abgelegt  haben  müssen; 
während  für  die  übrigen  der  Nachweis  der  Lehrbefähigung  auf  Grund  seminarischer 
Vorbildung  genügt.  Hiennit  ist  für  die  Verwendung  seminarisch  gebildeter  Lehr- 
kräfte ein  gröfserer  Spielraum  gelassen,  als  dies  bei  den  übrigen  Kategorien  höherer 
Lehranstalten  der  Fall  ist. 

Bezüglich  der  Besoldungen  der  akademisch  gebildeten  Lehrer  giebt  der  ge- 
dachte Erlafs  für  preufsische  höhere  Bürgerschulen  einen  festen  Anhalt,  indem  er 
es  für  erstrebenswerth  erklärt,  dafs  der  Besoldungsetat  für  die  Lehrer  von  Uni- 
versitätsbildung demjenigen  der  Progymnasien  (cf.  Erlafs  vom  1.  August  lö73 
(IIS.  291)  wenigstens  annähernd  gleichkomme.  Diese  Annäherung  wird  allerdings 
eine  möglichst  vollständige  sein  müssen,  wenn  den  höh.  Bürgerschulen  ein  woM- 
qualificirtes  Lehrerpersonal  gesichert  werden  solL  In  Betren  der  seminaristisch 
vorgebildeten  Lehrer  füge  ich  hinzu,  dafs  es  auch  hier  im  Intesesse  der  Anstalten 
liegt,  sich  aus  dem  Kreise  der  Elementarlehrer  die  tüchtigsten  Lehrkräfte  aussuchen 
zu  können,  und  dafs  es  sich  daher  empfiehlt,  solche  Lehrer  günstiger  zu  stellen, 
als  sie  durchschnittlich  an  den  Volksschulen  stehen. 

In  allen  bisher  erwähnten  Beziehungen  bestehen  also  Normen,  auf  Grund 
deren  eine  Stadt,  welche  eine  höh.  Bürgerschule  errichten  will,  die  aufzuwendenden 
Kosten  im  Voraus  überschlagen  kann.  Gleich  feste  Normen  lassen  sich  in  Bezug 
auf  die  Baulichkeiten  und  ihre  Ausstattung  der  Natur  der  Sache  nach  nicht  all- 
gemein aufstellen.  Es  empfiehlt  sich  daher,  dafs  die  Städte,  um  späteren  Differenzen 
vorzubeugen,  noch  vor  der  Eröffnung  der  betr.  Schule  sich  über  das,  was  sie  in 
dieser  Hinsicht  leisten  können  und  wollen,  gegenüber  der  Unterrichtsverwaltung 
äufsem  und  eine  Verständigung  mit  derselben  suchen.  Die  Unterrichtsverwaltung, 
weit  entfernt,  übertriebene  AiSörderungen  zu  stellen,  wird  vielmehr  wie  bisher  so 
auch  in  Zukunft  volles  Entgegenkommen  zeigen,  wenn  sie  auch  auf  das  nicht  ver- 
zichten kann,  was  im  gesun^eitlichen  Interesse  der  Schüler  und  zur  Erreichung 
der  Unterrichtszwecke  nnerläfslich  ist.  Findet  aber  die  Verständigung  mit  der 
Unterrichtsbehörde  in  dieser  Hinsicht  rechtzeitig  statt,  so  fällt  jeder  Grund  zu  der 
Besorgnis  fort,  dafs  die  Anerkennung  der  Schule  und  die  Zuerkennung  der  Militär- 
berechtigung an  dieselbe  irgendwie  auf  Hindemisse  stefsen  oder  eine  Verzögerung 
erleiden  könne. 

30* 


468 

In  dem  amtÜchen  Verzeichnisse  der  militärberechtigten  höh.  Lehranstalten 
(CBl.  1886  S.  368)  befinden  sich  in  der  Klasse  C  gegenwärtig  79  öffentliche  höhere 
Bürgerschulen  ohne  Latein,  von  welchen  33  auf  Baiem  und  19  auf  das  Königreich 
Sachsen,  auf  Preufsen  dagegen  nur  '^^0  fallen.  In  Westpreufsen  giebt  es  überhaupt 
noch  keine  solche  Anstalt ;  alle  Schüler,  welche  eine  über  die  Elementar-  und  Mittel- 
schule hinausgehende  Bildung  suchen,  müssen  in  ein  Gymn.  oder  Realgymn.  ein- 
treten. Mit  Becht  hat  der  Commissar  des  K.  Prov.Sch.C.  in  der  Sitzung  der  (ie- 
werbekammer  auf  den  grofsen  Mifsstand  hingewiesen,  der  darin  liegt,  dafs  nach 
dortiger  Erfahrung  gegen  1000  solcher  Schüler  aus  den  dortigen  Gymnasien  oder 
Realgymnasien  bezw.  Progymnasien  und  Realgymnasien  ausscheiden,  um  in  du 
praktische  Leben  zu  treten,  ohne  dafs  sie  —  bei  unvollendetem  Lehrcnrsus  —  aas 
den  classischen  Sprachen,  denen  sie  bisher  die  meiste  Zeit  und  Kraft  gewidmet 
hatten,  die  rechte  Frucht  gewinnen  konnten.  Sie  würden  eine  in  sich  abge- 
schlossene und  für  ihren  Lebensberuf  meist  zweckmäfsigere  Vorbildung  erhngt 
haben,  wenn  sie  den  Lehrgang  einer  höh.  Bürgerschule  absolvirt  hätten.  Hiemadi 
bleibt  es  für  die  Unterrichtsverwaltung  eine  gegenüber  weiten  Kreisen  des  Bürger- 
und Gewerbestandes  zu  erfüllende  Pflicht,  auf  die  Bedeutung  dieser,  in  Prenleen 
bisher  immer  noch  viel  zu  wenig  beachteten  Schulen  fort  und  fort  hinzuweiien 
und  bei  jeder  sich  darbietenden  Gelegenheit  ihre  Errichtung  zu  fördern. 

Indem  ich  auf  die  in  der  Sitzung  des  Abgeordnetenhauses  v.  23.  Febr.  d.  J. 
abgegebene  Erklärung  verweise,  bin  ich  gewifs,  dafs  auch  das  K.  Prov.  Seh.  C. 
fortfahren  wird,  in  diesem  Sinne  thätlg  zu  sein,  und  beauftrage  dasselbe,  den  Tor- 
stehenden  ErlaTs  denjenigen  städtischen  Behörden  mitzuteilen,  welche  sich  mit  An- 
fragen in  Betreff  der  höh.  Bürgerschulen  an  das  K.  Prov.Sch.C.  gewandt  haben 
oder  noch  wenden  sollten.'*      v.  Gofsler. 

I  S.  86.  Min.Verf.  v.  15.  Dec.  1876.  (Auszug.)  „Der  staatliche  Zn- 
Behufs  ist  mit  Rücksicht  darauf  .  .  .  ermäfsigt,  dafs  zur  Unterhaltung  der  Vor- 
schule eine  Staatsbeihülfe  grundsätzlich  nicht  gewährt  wird.  Kann  diese  Schule 
nicht  aus  eigenen  Mitteln  sich  erhalten,  so  mufs  dieselbe  aufgelöst  werden,  sofern 
die   Stadt  nicht  etwa    die    volle   ünterhaltungspflicht  übernimmt."     Falk. 

Vgl.  Min. Verf.  v.  25.  Sept.  1872:  CBl.  S.  6i*8. 

I  S.  40.  Min.  Verf.  v.  6.  Jan.  1886.  „üeber  den  das  Erfordernis  landes- 
herrlicher Genehmigung  von  Schenkungen  an  juristische  Personen  be- 
gründenden Werthsbetrag  entscheidet,  wie  ich  dem  K.  Prov.Sch.C.  auf  den  Bericht 
V.  12.  Nov.  V.  J.  erwidere,  wie  bei  jeder  anderen  Sache,  so  auch  bei  geschenkten 
Inhaberpapieren  der  wirkliche  Werth,  welchen  dieselben  beim  Zeitpunkte  des 
Ueberganges  des  Eigentumes  an  den  Beschenkten  gehabt  haben.  Als  solcher  wird 
der  Curswerth,  welchen  die  Papiere  an  dem  betr.  Tage  gehabt  haben,  gelten 
müssen,  da  für  denselben  die  Papiere  verkäuflich  waren;  der  Nominal  werth,  zu 
dessen  event.  Rückzahlung  sich  die  Aussteller  derselben  verpflichtet  haben,  kann 
nicht  in  Betracht  kommen.  Derselbe  Grundsatz  gilt  für  Los-  und  Prämienpapiere." 
Der  Min.  d  geist.  etc.  Ang.    In  Vertr.  Lucanus. 

I  S.  44.  Durch  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  4.  Juni  1883 
ist  die  von  dem  K.  Regierungs-  und  Baurath  Beyer  erfundene  Schulbank  zur  Be- 
achtung empfohlen  worden. 

I  S.  49.  Verf.  des  Min.  der  öffentl.  Arbeiten  v.  28  Jan.  1&^2. 
„Bei  den  in  den  Tagen  v.  14.  bis  16.  Sept.  v.  J.  in  Wien  stattgehabten  Verhand- 
lungen des  Deutschen  Vereins  für  öffentliche  Gesundheitspflege  in  Gemeinschaft 
mit  dem  Verein  für  Gesundheitstechnik  sind  u.  A.  auch  die  Vorzüge  und  Nachteile 
der  Luftheizungen  Gegenstand  näherer  Erörterungen  gewesen.  Es  ist  hierbei 
constatirt  worden ,  dafs  das  Reinhalten  der  LuftzufÜhrungscanäle  sowie  der  Heiz- 
kammem  und  der  in  ihnen  befindlichen  Caloriferen  von  Staubablagemngen  für  da^ 
Einführen  einer  gesunden  Luft  in  die  zu  beheizenden  Räume  von  höchster  Wichtig- 
keit ist,  dafs  aber  gerade  in  dieser  Beziehung  die  gröbsten  Vernachlässigungen 
stattfinden.  Die  von  einigen  Rednern  in  dieser  Beziehung  gemachten  Mitteilungen 
legten  Zustände  dar,  welche  die  an  die  Anlage  von  Luftheizungen  in  sanitärer  Hin- 
sicht geknüpften  Hoffnungen  völlig  illusorisch  erscheinen  lassen  und  zu  gegründeten 
Bedenken  Anlafs  geben  müssen.  Um  ähnlichen  Mifsständen  bei  Staatsdienst- 
gebäuden vorzubeugen,  veranlasse  ich  die  K.  Regierung  dahin  Anordnung  zu  treffen, 


469 

dafs  in  allen  unterstellten  Dienstgebäuden,  in  welchen  sich  Luftheizungen  befinden, 
das  periodische  Beinigen  der  Lu^zufÜhrungscanäle  und  Heizkammem,  welches  am 
zweckmäfsigsten  mit  feuchten  Tüchern  zu  geschehen  hat,  in  Zeiträumen  von  nicht 
über  4  Wochen  während  der  Heizperiode  Torgenommen  und  für  die  gewissen- 
hafteste Controlle  der  Ausfährung  Sorge  getragen  werde.*'    Gez.  Maybach. 

I  S.  186.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  14.  Mai  1882. 
„Es  ist  wiederholt  beobachtet  worden,  dafs  der  philologische  Unterricht  auf  den 
Gymnasien  durch  die  Einseitigkeit,  mit  welcher  das  grammatische  Element 
gegenüber  einer  wirklichen  Aneignung  der  Sprache  betont  wird  und  nicht  selten 
80  sehr  in  den  Vordergrund  tritt,  dafs  die  Leetüre  nur  als  Mittel  für  die  Aneignung 
des  grammatischen  Regelwerkes  erscheint,  in  seiner  Wirksamkeit  und  seinen  Er- 
folgen bedenklich  geschädigt  wird.  Die  Folge  hiervon  ist,  dafs  bei  dem  Gel  rauche 
von  Grammatiken,  welche  in  der  Specialisirung  der  Syntax  und  in  der  Vorzeichnung 
der  Unterschiede  des  Sprachgebrauches  ziemlich  weit  gehen,  nicht  genügend  er- 
wogen wird,  worauf  der  Lehrer  im  Unterrichte  und  in  seinen  Ansprüchen  an  die 
Schüler  sich  zu  beschränken  habe,  un  l  dafs  mitunter  syntaktische  Schwierigkeiten 
in  Klassen  behandelt  werden,  über  deren  geistige  Fassungskraft  sie  hinausgehen. 
Eine  weitere  Folge  ist,  dafs  den  Extemporalien  eine  ungebührliche  Stelle  in 
dem  Unterricht  zu  Teil  geworden  ist  und  die  s.  g.  Exercitien  mitunter  ganz  ver- 
schwunden sind.  Es  wird  mit  dem  Schreiben  dieser  Extemporalien  nicht  nur  in 
den  Anfangsklassen  zu  früh  begonnen,  während  sie  doch  hier  nur  einen  beschei- 
denen Baum  einzunehmen  haben,  sondern  es  wird  auch  oft  durch  die  Länge  und 
Schwierigkeit  der  Aufgabe  den  Schülern  eine  Leistung  zugemuthet,  der  sie  bei  der 
Hast  des  Arbeitens  nicht  gewachsen  sind.  Daher  kommt  es  nicht  selten,  dafs  ihre 
Beschaffenheit  fortgesetzt  eine  schlechte  bleibt  und  die  elementarsten  Fehler  auch 
in  den  höhereu  Klassen  nicht  verschwinden.  Am  bedenklichsten  aber  ist,  dafs, 
wenn,  wie  es  leider  häufig  geschieht,  von  den  Ergebnissen  der  Extemporalien 
ausschliefslich  das  Urteil  über  die  Reife  zur  Versetzung  abhängig  gemacht  wird, 
selbst  fleifsige  und  strebsame  Schüler  entmuthigt  und  in  dem  Fortschreiten  einer 
ruhigen  Durchbildung  durch  die  Verminderung  ihres  Interesses  erheblich  gestört 
werden  Es  ist  die  Pflicht  der  Herren  Directoren,  dieser  den  philologischen 
Unterricht  ernstlich  gefährdenden  Einseitigkeit  mit  allen  ihnen  zu  Gebote  stehen- 
den Mitteln  entgegenzutreten  und  den  Unterricht  in  der  Grammatik  in  das  rechte 
Verhältnis  zu  der  Leetüre  zu  setzen.  Insbesondere  werden  sie  darauf  zu  achten 
haben,  dafs  für  die  Beurteilung  der  Schüler  ein  das  Ganze  ihrer  geistigen  Ent- 
wickelung  und  ihre  Individualität  berücksichtigender  Mafsstab  angelegt  werde. 
Die  den  revidirten  Lehrplänen  v.  31.  März  d  J.  beigefügten  Erläuterungen  be- 
zeichnen die  Gesichtspunkte,  welche  für  das  in  Rede  stehende  Unterrichtsverfahren 
bestimmend  sind.  Wir  veranlassen  die  Herren  Directoren,  unter  Beachtung  derselben 
den  altsprachlichen  Unterricht  zu  einem  Gegenstand  der  Berathung  in  Fachconfe- 
renzen  zu  machen  und  über  die  Ergebnisse  derselben  sowie  darüber,  ob  und  in- 
wieweit die  bezeichneten  Uebelstände  beseitigt  worden  sind,  in  dem  nächsten  Ver- 
waltungsberichte sich  eingehend  zu  äufsem.'* 

I  S.  185.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  17.  Jan.  J882. 
„Bei  Gelegenheit  der  im  Laufe  des  Monats  October  er.  durch  einen  Commissarius 
des  H.  Ministers  stattgehabten  Revision  mehrerer  Gymnasien  hat  in  Betreff  des 
lateinischen  Aufsatzes  „die  Wahl  der  Themata  und  die  formelhafte  Aus- 
führung derselben"  bei  manchen  Anstcdten  zur  Rüge  Veranlassung  gegeben.  Diesem 
Uebelstände  kann  nur  durch  eine  immer  engere  Verbindung  des  lateinischen  Auf- 
satzes mit  der  Leetüre  abgeholfen  werden,  worin  zugleich  das  einzige  Mittel  liegt, 
dem  Unwesen  der  Benutzung  von  Aufsatzsammlungen  zu  steuern  und  gegen  den 
EinfluTs  bestimmter  Uebungsbücher ,  die  das  Formel-  und  Floskel wesen  in  den 
Vordergrund  stellen,  anzukämpfen.  Indem  wir  den  Herren  Dir.  hiervon  zu  ge- 
eigneter weiterer  Veranlassung  Kenntnis  geben,  machen  wir  zugleich  auf  die  Ver- 
handlungen der  Westfälischen  Dir.- Versammlung  v.  1881  aufmerksam,  in  welchen 
S.  1  ff.  bezw.  S.  150  ff.  der  lateinische  Aufsatz  eine  gründliche  Behandlung  erfahren 
hat,  und  verweisen  auf  die  darüber  Seite  161  aufgestellten  Thesen,  namentiich  auf 
These  3,  zur  Nachachtung." 

I  S.  198.  C.Verf.  des  K.  Prov.SckC.  zu  Münster  v.  5.  April  1883. 
Für  diejenigen  Anstalten,  an  welchen  die  Französische  Schulgrammatik  von  Elnebel, 


470 

80  wie  die  Praktisclie  Vonclmle  der  französischen  Sprache  nnd  die  üebnngsbücher 
zum  Uebersetzen  ans  dem  Deutschen  ins  Französische  T.  I  u.  II  von  Probst  ein- 
geführt sind,  treffen  wir,  in  Berücksichtigung  der  den  Herren  Directoren  und 
Bectoren  zugegangenen  „Allgemeinen  Bestimmungen  betreffend  Aenderung  in  der 
Abgrenzung  der  Lehrpensa  in  Folge  der  Lehrpläne  vom  31.  März  1882'*  folgende 
Anordnungen:  1.  Die  in  Quinta  eingeführte  Prakt.  Vorschule  von  Probst  ist  in 
dem  1.  Semester  der  Quarta  zu  absolTiren.  2.  In  dem  2.  Semester  der  Quarta 
beginnt  der  systematische  Unterr.  in  der  Formenlehre  nach  der  Gramm,  von  Knebel 
und  dem  üebungsbuche  Ton  Probst  T.  I  bezw.  nach  dem  in  dem  letzteren  vor- 
gezelchneten  Gange.  Zur  Leetüre  dienen  die  Lehrstücke  des  Anhanges  der  Vor- 
schule. 3.  In  dem  1.  Semester  der  Ulli  wird  die  Formenlehre  nach  Knebel 
resp.  üebungsbuch  Ton  Probst  T.  I  abgeschlossen  und  ein  geeignetes  Lesebuch  oder 
besser  ein  leichterer  Prosaiker  zur  Leetüre  Torgelegt,  die  anfangs  in  der  Stunde 
gehörig  vorzubereiten  ist.  4.  Mit  dem  2.  Sem.  der  ÜIII  beginnt  der  systema- 
tische ünterr.  in  der  Syntax  nach  Knebel  und  Üebungsbuch  von  Probst  T.  IL 

Es  ist  wünschenswerth ,  dafs  an  den  Anstalten,  an  welchen  die  Grammatik 
und  die  Uebungsbücher  von  Plötz  eingeführt  sind,  die  vorstehenden  Bestimmungen 
analoge  Anwendung  finden,  d.  h.  die  Elementargramm,  resp.  das  Elementarbuch 
von  Plötz  mit  dem  1.  Sem.  der  Quarta  absolvirt  und  dann  die  Schul^^amm.  des- 
selben in  Gebrauch  genommen,  in  IFIII  aber  ein  Lesebuch  oder  besser  ein  leichterer 
Prosaiker  (Charles  XII  p.  Voltaire,  Alexandre  le  Grand  p.  Rollin,  Imi^re  oder 
3iöme  croisade  p.  Michaud)  zur  Leetüre  vorgelegt  werde.'* 

I  8.  198.  C.Verf.  des  K.Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  19.  Jan.  1882. 
„Der  Herr  Minister  bemerkt  in  einem  in  Folge  der  letzten  Revision  mehrerer  Real- 
schulen der  Provinz  an  uns  gerichteten  Erlafs,  dafs  in  dem  fremdsprachlichen 
Unterricht  die  Sorge  für  eine  gute  deutsche  Uebersetzung  noch  mehrfach 
vermifst  wurde  und  sich  überdies  bezüglich  der  französischen  und  der  englischen 
Leetüre  immer  noch  die  Neigung  geltend  machte,  an  dem  Schriftsteller  vorzugs- 
weise Grammatik  zu  treiben;  auch  müsse  auf  die  Gewöhnung  der  Realschüler  an 
den  von  Stufe  zu  Stufe  freier  zu  gestaltenden  Gebrauch  des  fremden  Idioms  im 
Anschlufs  an  die  Leetüre  mehr  als  bisher  gehalten  werden.  Da  die  bezeichneten 
Mängel  nach  der  Beobachtung  unserer  Conmiissarien  auch  an  anderen  als  den 
jüngst  revidirten  Anstalten  hervorgetreten  sind,  so  machen  wir  die  Herren  Dir. 
ausdrücklich  darauf  aufmerksam  und  verweisei^  in  Bezug  auf  das  richtige  Ver- 
hältnis zwischen  Grammatik  und  Leetüre  im  fremdsprachlichen  Unterr.  und  die 
dabei  festzuhaltenden  Gesichtspunkte  auf  die  Verhandlungen  der  Westf.  Dir.  Ver- 
sammlung 1881  S.  41  ff..  60  ff.  und  170  ff." 

I  S.  201.  C.Verf.  des  K.  Prov.SeLC.  zu  Münster  v.  19.  Jan.  1882. 
„In  einem  in  Folge  der  letzten  Revision  mehrerer  höh.  Unterrichtsanstalten  durch 
einen  Commissarius  des  H.  Ministers  an  uns  gerichteten  ErlsiTs  des  letzteren  heilst 
es  in  Betreff  des  Unterrichts  in  der  Geographie:  „Was  von  einzelnen  Lehrern 
in  der  Geographie  durch  eine  verständige  zeichnende  Methode  erreicht  wurde,  war 
sehr  erfreulich ;  um  so  mehr  ist  es  zu  bedauern,  dafs  andere  Lehrer,  ohne  sich  um 
die  fortgeschrittene  Methodik  dieses  Unterrichts  zu  kümmern,  denselben  gröfsten- 
teils  nach  der  althergebrachten  Schablone,  ohne  jede  Anregung  und  Veranschan- 
lichung  durch  selbstentworfene  Bilder  etc.  zu  erteilen  fortfahren.**  Da  nach  den 
Beobachtungen  unserer  Commissarien  die  gerügten  Mängel  iu  der  Erteilung  des 
geogr.  Unterr.  und  eine  gewisse  Scheu  vor  dem  Gebrauch  von  Tafel  und  Kreide 
sich  auch  an  anderen  Anstalten  gezeigt  hat,  so  veranlassen  wir  die  Herren  Dir., 
auf  diesen  Uebelstand  ihr  besonderes  Augenmerk  zu  richten  und  den  betr.  Lehrern 
die  etwa  erforderliehen  Weisungen  behufs  Verbesserung  der  Methodik  des  bezeich- 
neten Unterrichtsgegenstandes  zu  erteilen." 

I  S.  204.  C.Verf.  v.  30.  Apr.  1887.  „Bei  einem  besonderen  Anlasse  ist 
zu  meiner  Kenntnis  gelangt,  dafs  an  unseren  höh.  Schulen  der  Unterricht  in 
der  neueren  vaterländischen  Geschichte  häufig  nicht  weiter,  als  höchstens 
bis  zur  Wiener  Bundesacte  vom  Jahre  1815  geführt  wird.  In  den  nächsten  Jahr- 
zehnten nach  der  Herstellung  des  deutschen  Bundes  war  es  allerdings  gerecht- 
fertigt, dafs  die  höh.  Schulen  darauf  verzichteten,  durch  eine  Fortsetzung  der 
Gescnichtsdarstellung  über  den  bezeichneten  Zeitpunkt  eine  Reihe  von  Ereignissen 


471 

TOTzuführen,  für  deren  Bedeutung  und  für  deren  Ziele  ein  Verständnis  der  Schüler 
schwerlich  zu  erreichen  war.  Derartige  damals  begründete  Erwägungen  haben 
gegenwärtig  ihre  Geltung  yerloren;  nach  der  Entscheidung,  welche  die  Jahre  1866 
bis  J871  für  die  Neugestaltung  unseres  Vaterlandes  gebracht  haben,  ist  eine  selbst- 
yerständliche  Forderung,  dafs  der  Schulunterricht  in  der  yaterländischen  Geschichte 
jedenfalls  bis  zur  Aufrichtung  des  deutschen  Reiches  im  Jahre  1871  sich  zu  er- 
strecken hat.  Die  üeberzeugung  von  dieser  Verpflichtung  der  Schule  darf  als  eine 
in  dem  Lehrerstande  allgemein  befestigte  betrachtet  werden.  In  den  regelmäfsigen 
Di i*ectoren -Versammlungen  der  meisten  Provinzen  hat  während  des  letzten  Jahr- 
zehntes die  zweckmäfsige  Gestaltung  des  Geschichtsunterrichts  einen  Gegenstand 
der  Berathungen  gebildet  und  ist  dabei  die  Frage  behandelt  worden,  bis  zu  welcher 
Zeitgrenze  dieser  Unterricht  fortzuführen  ist  (vergl.  Verhandlungen  der  Dir.Ver- 
sammL,  Ost-  und  Westpreufsen  Bd.  XXIV.  1886.  Pommern  Bd.  1.  1879,  Posen  Bd. 
XVIII.  1885,  Schlesien  Bd.  XIII.  1882,  Sachsen  Bd.  XXV.  1886,  Schleswig-Holstein 
Bd.  XXIII.  1886,  Hannover  Bd.  II.  1879,  Rheinprovinz  Bd.  IX.  1881,  Bd.  XIX. 
1884);  in  allen  diesen  Verhandlungen  ist  die  üeberzeugung,  dafs  die  Darstellung 
der  neuesten  vaterländischen  Geschichte  bis  zum  Jahre  lö71  ausgeführt  werden 
mufs,  zu  einstimmigem  und  entschiedenem  Ausdrucke  gebracht  worden,  und  die 
Erwägung  der  Schulmänner  hat  sich  vornehmlich  darauf  gerichtet,  wie  innerhalb 
des  nicht  zu  überschreitenden,  dem  Geschichtsunterrichte  zugewiesenen  Maises  der 
Lehrstunden  durch  zweckmäfsige  Auswahl  und  Anordnung  des  Stoffes  der  Raum 
sm  geordneter  Behandlung  der  neuesten  vaterländischen  Geschichte  sich  gewinnen 
lasse.  Nach  dieser  Richtung  sind  in  den  angezogenen  Verhandlungen  von  erfah- 
renen Schulmännern  Vorschläge  entwickelt,  welche  jedenfalls  Beachtung  verdienen. 

Bei  diesem  Gegensatze,  in  welchem  gegen  die  allgemein  anerkannte  Ver- 
pflichtung die  thatsächliche  Ausführung  zur  Zeit  noch  häufig  steht,  erachte  ich  es 
weder  für  erforderlich,  noch  für  zweckmäfsig,  dafs  die  Aufgabe  der  Schule  in  der 
fraglichen  Beziehung  durch  eine  C.Verfügung  meinerseits  oder  seitens  der  einzelnen 
K.  Frov.Sch.CC.  noch  ausdrücklich  hervorgehoben  werde;  vielmehr  ist  ein  gröfserer 
vdrklicher  Erfolg  davon  zu  erwarten,  wenn  einerseits  die  K.  Frov.Sch.CC.  bei  Ge- 
nehmigung der  ihnen  vorzulegenden  Lehrpläne  diesen  Gesichtspunkt  consequent 
zum  Ausdrucke  bringen,  andererseits  die  Departementsräthe  der  K.  Prov.Sch  CC. 
bei  ihren  Revisionen  der  höh.  Schulen  ihre  Aufmerksamkeit  besonders  darauf  richten, 
ob  durch  vorsichtige  Ueberlegung  der  Lehraufgabe  schon  vom  Beginn  jedes  Lehr- 
ganges an  die  vollständige  Erreichung  des  Zieles  gesichert  wird,  und  Rath  und 
Weisung  im  Einzelfalle  nicht  zurückhalten. 

In  den  nächsten  Verwaltungsberichten  sehe  ich  einer  auf  die  Beobachtungen 
der  Departementsräthe  begründeten  Mitteilung  darüber  entgegen,  ob  und  inwieweit 
der  Geschichtsunterricht  an  den  höh.  Schulen  der  Erfüllung  seiner  Aufgaben  sich 
genähert  hat.^*    von  Gofsler. 

I  S.  218.  Min.Verf.  v.  29.  Febr.  1884.  „Bei  den  von  hier  aus  in  den 
letzten  Jahren  vorgenommenen  Revisionen  höh.  Lehranstalten  hat  sich  wiederholt 
herausgestellt,  dafs  es  namentlich  den  Gymnasien  öfter  an  den  für  einen  erfolg- 
reichen Betrieb  des  botanischen  und  zoologischen  Unterrichts  unentbehrlichen  A  n- 
schauungsmitteln  fehlt.  Ich  darf  erwarten,  dafs  das  K.  Prov.Sch  C.  bestrebt 
sein  wird,  auf  die  allmähliche  Beseitigung  dieses  üebelstandes  dadurch  hinzuwirken, 
dafs  die  etatsmäfsigen  Positionen  für  Anschaffung  von  Lehrmitteln  namentlich  auch 
zur  Ausfüllung  dieser  Lücke  verwendet  werden.  An  staatlichen  Gymnasien,  welche 
ihre  Jahresrechnung  mit  einem  üeberschufs  abschliefsen,  wird  es  sich  empfehlen, 
einen  angemessenen  Betrag  zur  Beschaffung  von  Anschauungsmitteln  für  den  natur- 
beschreibenden Unterricht  mit  meiner  Genehmigung  auszusetzen.'*  Im  Auftr.gez.Greiff. 
An  das  E.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel. 

I  S.  220.  C.Verf.  v.  31.  Dec.  1885.  „Aus  den  Verwaltungsberichten 
der  E.  Prov.Sch  CC.  über  die  höh.  Schulen  und  aus  den  von  meinen  Commissarien 
nach  dem  Besuche  dieser  Anstalten  mir  erstatteten  Vorträgen  habe  ich  gern  er- 
sehen, dafs  an  einer  grofsen  Zahl  der  höh.  Schulen  der  Gesangunterricht 
durch  die  Tüchtigkeit  der  Lehrer  und  das  zweckmäfsige  Verfahren  der  Directoren 
auch  in  denjenigen  Klassen,  für  welche  er  facultativ  ist,  eifrige  Teilnahme  findet 
und  ^e  Grundlagen  musikalischer  Ausbildung  bei  unserer  studirenden  Jugend  aus- 
breitet.      In  den  zahlreichen,  bei  dem  Gesangunterr.  im  Gebrauche  befindlichen 


472 

Liedersammlungen  ist  in  der  Regel,  und  gewifs  mit  Bechti  auch  das  Beste  aus 
unseren  Vaterlands-  und  Volksliedern  aufgenommen.  Wenn  bei  der  Ver- 
wendung derselben  im  Gesangunterr.  jedenfalls  die  musikalische  Seite  in  erster 
Linie  zu  stehen  hat,  so  braucht  doch  daraus  nicht  gefolgert  zu  werden»  dafs,  wie 
ich  aus  mehrfach  mir  mitgeteilten  Beobachtungen  schliefen  mufs,  von  Vat«rlands- 
und  Volksliedern,  auch  wenn  sie  eine  nur  mäfsige  Strophenzahl  haben,  häufig  nur 
die  erste  Strophe,  höchstens  die  zwei  ersten  Strophen,  aber  nicht  das  ganze  Lied 
gesungen  wird.  Es  hat  einen  unzweifelhaften  Werth.  wenn  die  Schüler  der  höh. 
Schulen  —  und  das  gleiche  gilt  Ton  den  Schullehrer-Seminarien  —  ohne  ausdrück- 
liches Erfordernis  eines  Memorirens  der  Texte,  welches  vom  Gesangunterricht« 
jedenfalls  fem  zu  halten  ist,  durch  die  blofsen  Gesangübungen  einen  Schatz  von 
Vaterlands-  und  Volksliedern  dauernd  und  nach  ihrem  ganzen  umfange  im  Ge- 
dächtnis bewahren.  Ein  zweckmäfsiges  Verfahren  bei  den  Gesangübungen  kann 
ohne  irgend  eine  für  die  Schüler  entstehende  Belastung  zu  diesem  Ziele  führen. 
Die  Departementsräthe  der  £.  Frov  Seh.  CG.  wollen  bei  ihren  Besuchen  der  höh. 
Schulen  dieser  Seite  des  Gesangunterrichtes  Ihre  Aufmerksamkeit  zuzuwenden  nicht 
unterlassen  und  in  den  nächsten  Verwaltungsberichten  über  die  in  dieser  Hinsicht 
gemachten  Beobachtungen  sich  äuTsem.  Von  dem  etwaigen  Erlasse  einer  Circular- 
Verfügung  über  diesen  Gegenstand  ist  ausdrücklich  Abstand  zu  nehmen."    y.  Gofsler. 

I  S.  221.  Anschreiben  des  K.  Consist.  zu  Breslau  v.  28.  Sept. 
1885.  „Dem  K.  Prov.Sch.  C.  erlauben  wir  uns  eine  Beobachtung  mitzuteilen,  welche 
wir  vor  allem  in  dem  unserer  Aufsicht  unterstellten  Bereiche  zu  machen  Gelegen- 
heit haben,  die  aber  jedenfalls  von  allgemeinerer  Bedeutung  ist  und  in  ihren  Wur- 
zeln bis  in  das  Gebiet  der  Schule,  wenigstens  der  höheren,  ja  noch  weiter 
zurückgreift:  es  ist  die,  dafs  unter  den  gebildeten  Gliedern  der  evangelischen 
Christenheit  sich  so  wenig  Sinn  und  Teilnahme  für  den  kirchlichenGemeinde- 

fesang  findet.  Es  geht  aus  den  Erfahrungen  von  Geistlichen,  welche  es  mit  Ck>n- 
rmanden  aus  höheren  Ständen  zu  thun  haben  und  es  versuchen,  mit  denselben, 
ein  geistliches  Lied  anzustimmen,  hervor,  es  ist  aber  auch  an  anderen,  jedem  zu- 
gänglichen Thatsachen  zu  spüren,  dafs  selbst  da,  wo  es  an  anderweitiger  Pflege 
der  Musik  nicht  fehlt,  dies  deren  gottesdienstlicher  Ausübung  nur  spärlich  zu  g^ute 
kommt.  Am  bedauerlichsten  ist  es,  dafs  sogar  unsere  Geistlichen  oft  das  für  die 
Leitung  des  Gottesdienstes  unentbehrliche  Mafs  von  Bekanntschaft  mit  den  Choral- 
melodien und  von  musikalischem  Urteil  überhaupt  vermissen  lassen.  Die  hiesige 
Universität  bietet  in  dem  mit  ihr  verbundenen  Institut  für  Kirchenmusik  den  Stu- 
direnden  eine  vortreffliche  BUdungsschule  nach  dieser  Seite,  jedoch  leider  eine  von 
den  jungen  Theologen  nur  äufserst  selten  benutzte.  Fragt  man  aber  nach  den 
Ursachen  dieser  Erscheinung,  so  wii*d  man  nur  ausnahmsweise  einen  vollständigen 
Mangel  an  musikalischer  Anlage  voraussetzen  dürfen,  in  den  meisten  Fällen  da- 
gegen auf  einen  Mangel  an  musikalischer,  namentlich  kirchenmusikalischer  Er- 
ziehung in  der  Jugend  schliessen  müssen,  der  es  dann  verschuldet,  dafs  für  die  später 
an  den  Studirenden  in  dieser  Hinsicht  herantretenden  Anregungen  und  Fortbildnngs- 
mittel  die  erforderlichen  Anknüpfungspunkte  fehlen.  Gewifs  fällt  der  allergröfst* 
Teil  der  Schuld  hieran  auf  das  Haus,  aus  dem  derselbe  hervorgegangen  ist  Allein 
es  liegt  die  Besorgnis  nahe,  dafs  auch  die  Pflege  des  Gesanges  insonderheit  des 
kirchlichen,  wie  sie  auf  den  Gymnasien  betrieben  wird,  vielfach  hinter  der  zurück- 
bleibt, welche  die  Volksschule  bei  uns  sich  angelegen  sein  lälst,  und  dafs  den  ohne 
Zweifel  für  diesen  Unterrichtsgegenstand  bestehenden  Absichten  der  leitenden  Be- 
hörden nicht  überall  die  Art  der  Ausführung  entspricht.  Als  ein  Zeichen  der 
geringen  Achtung,  welche  demselben  mitunter  geschenkt  wird,  können  wir  z.  B. 
den  Umstand  erwähnen,  dafs  in  den  durch  unsere  Hände  gehenden  Maturitäts- 
zeugnissen zuweilen  gar  kein  Urteil  über  den  Gesang,  ja  nicht  einmal  eine  Bubrik 
dafür  zu  finden  ist  etc." 

CVerf  des  K.  Prov.Sch. C.  zu  Breslau  v.  24.  Dec.  1885.  „Indem  wir 
Abschrift  vorstehenden  Schreibens  Euer  Hochw  etc.  mitteilen,  veranlassen  wir  Sie, 
unter  voller  Anerkennung  der  von  den  höh.  Anstalten  bisher  dem  Gesangunterrichte 
gewidmeten  erfolgreichen  Sorgfalt,  der  Pflege  desselben  nach  der  oben  erwähnten 
Bichtung  auch  femer  Ihre  gewissenhafte  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.  Zu  diesem 
Behufe  wird  von  der  Schule  namentlich  darauf  zu  halten  sein,  dafs  von  den  in  den 
einzelnen  Klassen  zum  Auswendiglernen  aufgegebenen  (etwa '20)  Choralliedern  der 


47  J 

evangelischen  Kirche  stets  zugleich  auch  die  Melodieen  eingeüht  und  bis  in  die 
obersten  Klassen  hinauf  durch  Wiederholung  zu  unverlierbarem  Besitz  gemacht 
werden." 

I  S.  286.  C.Verf  v.  17.  Juni  1886.  „Aus  den  eingehenden  Nach- 
weisungen, welche  von  den  K.  Prov.Sch,CC.  in  Folge  meiner  C.Verf.  v.  16.  Nov.  v.  J. 
—  3083  —  über  die  in  den  letzten  drei  Jahren  unter  der  Führung  von  Lehrern 
an  höh.  Schulen  stattgehabten  Ausflüge  von  Schülern  dieser  Anstalten  gegeben 
sind,  habe  ich  mit  Befriedigung  ersehen,  dafs  der  günstige  Erfolg  weit  überwiegend 
ist  über  die  in  einzelnen  Fällen  hervorgetretenen  Mifsstände,  und  nehme  ich  gern 
AnlaCs,  denjenigen  Directoren  (Eectoren)  und  Lehrern  höherer  Schulen,  welche 
dieser  Seite  ihres  erziehenden  Verkehrs  mit  der  ihnen  anvertrauten  Jugend  Zeit 
und  Mühe  erfolgreich  zugewendet  haben,  meine  Anerkennung  auszusprechen. 

Die  K.  Prov.Sch.CC.  haben  nicht  unterlassen,  mit  der  Nachweisung  der  that- 
sächlichen  Vorgänge  Sich  zugleich  darüber  zu  äufsern,  in  welcher  Weise  Mifs- 
ständen  bei  der  Ausführung  der  fraglichen  Ausflüge  vorzubeugen  sei.  Das  Ge- 
samtergebnis dieser  gutachtlichen  Aeufserungen  ist  in  den  als  Anlage  beige- 
schlossenen „Allgemeinen  Bemerkungen  etc.''  zusammengefafst.  Indem  ich  die 
K.  Prov.Sch.CC.  veranlasse,  aus  diesen  „Allgemeinen  Bemerkungen  etc.",  mit  denen 
ich  im  Wesentlichen  einverstanden  bin,  bis  auf  Weiteres  die  Directiven  für  Ihr 
Verfahren  zu  entnehmen,  habe  ich  nur  über  einige  Punkte  bestimmte  Anordnungen 
zu  treffen. 

Insofern  Ausflüge  von  Schülern  höherer  Lehranstalten  nicht  ausdrücklich 
einer  Aufgabe  des  lehrplanmäfsigen  Unterrichtes  dienen  (z.  B.  botanische  Excur- 
sionen,  technische  Excursionen  von  gewerblichen  Fachkassen)  ist  denselben  sowohl 
bezüglich  der  führenden  Lehrer  als  der  teilnehmenden  Schüler,  bezw.  der  die  Teil- 
nahme genehmigenden  Eltern  oder  ihrer  Stellvertreter,  der  Charakter  der  Frei- 
willigkeit unbedingt  zu  bewahren.  Sonn-  oder  Feiertage  sind  zu  den  unter  der 
Autorität  der  Schule  veranstalteten  Erholung s- Ausflügen  von  Schülern  nicht  zu 
verwenden.  Insofern  zu  der  Ausführung  eines  Schülerausfluges  die  Enthebung  der 
betr.  Klasse,  bezw.  Klassen,  vom  lehrplanmäfsigen  Unterrichte  erfordert  wird,  ist 
der  Dir.  ermächtigt,  für  dieselbe  Klasse  innerhalb  eines  Schuljahres  zweimal  den 
Nachmittagsunterricht  oder  einmal  den  Unterricht  eines  ganzen  Schultages  aus- 
fallen zu  lassen.  Für  eine  etwaige  ausnahmsweise  Ausdehnung  eines  Ausfluges 
von  Schülern  der  oberen  Klassen  über  die  Dauer  eines  ganzen  Tages  ist  sowohl 
bezüglich  des  dadurch  herbeigeführten  teilweisen  Aussetzens  des  Unterrichtes  als 
bezüglich  des  genau  zu  bezeichnenden  Planes  des  Ausfluges  die  Genehmigung  des 
betr.  K.  Prov.Sch.C.  vorher  vom  Dir.  nachzusuchen. 

Unter  Einhaltung  der  vorstehenden  Bestimmungen  wollen  die  K.  Prov.Sch.CC. 
auch  femer  dem  Gegenstande  Ihre  Aufmerksamkeit  widmen  und  durch  Ihren  Ein- 
flufs  darauf  hinwirken,  dafs  die  günstigen  Erfolge  gesichert  und  Mifsstände  ver- 
mieden werden.*'        Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Aug.    In  Vertr.:  Lucanus. 

Allgemeine  Bemerkungen  betreffend  die  unter  der  Führung  von 
Lehrern   unternommenen   Ausflüge   von   Schülern   höherer 

Lehranstalten. 

(Zusammengestellt  auf  Grund  der  von  den  K.  Prov.Sch.CC.  zur  Sache  erstatteten 

Berichte.) 

1.  Nicht  in  den  Bereich  der  Schülerausflüge,  welche  hier  in  Betracht  kommen, 
sind  solche  Ferienreisen  zu  ziehen,  bei  welchen  einzelne  Directoren  oder  Lehrer 
höherer  Schulen  die  Führung  einer  Anzahl  von  Schülern  übernommen  haben.  In 
diesen  Fällen  handelt  es  sich  nicht  um  eine  Einrichtung  der  Schule,  sondern  um 
ein  auBschliefslich  privates  Uebereinkommen.  Eine  Anzahl  von  Eltern,  welche  in 
der  Lage  und  gewillt  sind,  ihren  Söhnen  für  einen  Teil  der  Ferien  die  Erfrischung 
einer  Heise  zu  gewähren,  machen  von  der  persönlichen  Bereitwilligkeit  eines  Dir. 
oder  Lehrers  zur  Führung  der  jugendlichen  Reisegesellschaft  Gebrauch,  in  dem 
Vertrauen,  hierdurch  ihren  Söhnen  den  Genufs  der  Heise  durch  die  Verbindung 
mit  Altersgenossen  zu  steigern  und  durch  den  Einflufs  des  Lehrers  Ausschreitungen 
und  Gefahren  möglichst  abzuwehren.  Eine  derartige  Bethätigung  von  Lehrern 
und  Directoren,  welche  geschickt  und  glücklich  ausgeführt  des  Dankes  der  Eltern 
sicher  sein  kann,  gehört  so  vollständig  dem  aufseramtlichen  Leben  der  betreffenden 


474 

Dir.  und  Lehrer  an,  dafs  sie  der  Aufmerksamkeit  der  Aufsichtsbehörde  nur  dann 
anheimfällt,  wenn  sie  etwa,  unternommen  ohne  die  ausreichende  Befähigung  zu 
der  keineswegs  leichten  Aufgabe,  für  das  Ansehen  des  betr.  Lehrers  oder  für  die 
disciplinare  Haltung  der  Schule  zweifelhafte  Folgen  haben  sollte.  Ans  den  Be- 
richten ist  ein  Anlafs  zu  solcher  Besorgnis  nicht  zu  entnehmen;  die  Ferienreisen 
Ton  Schülergruppen  unter  Führung  von  Lehrern  werden  an  dieser  Stelle  überhaupt 
nur  deshalb  erwähnt,  weil  dieselben  in  den  Aeufserungen  der  öffentlichen  Meinung 
öfters  unterschiedslos  in  den  Bereich  mit  einbezogen  sind,  um  welchen  es  sich  hier 
handelt,  nämlich  um  Spaziergänge  und  Wanderungen,  welche  im  Verlaufe  der 
Schulzeit  auf  Veranlassung  der  Schule  selbst  von  einzelnen  oder  mehreren  Mit- 
gliedern des  LehrercoUegiums  mit  einzelnen  oder  mehreren  Klassen  oder  mit  der 
gesamten  Schule  unternommen  werden.  Auch  innerhalb  dieses  bestimmt  be- 
grenzten Bereiches  ist  im  Folgenden  nur  auf  offene  Schulen  Bezug  genommen, 
nicht  auf  Alumnate;  denn  indem  diese  mit  der  Aufgabe  der  Schule  die  des  elter- 
lichen Hauses  zu  verbinden  haben,  bilden  Ausflüge  der  Schüler  unter  Lehrerführung 
einen  integrirenden  Teil  ihrer  gesamten  Haus-  und  Lebensordnung  und  finden 
überdies  in  der  steten  Vereinigung  ihrer  Zöglinge  und  in  der  ohnehin  streng  ge- 
regelten Lebensordnung  derselben  eine  Erleichterung,  welche  offenen  Schulen 
abgeht. 

2.  Die  einfachste  Art  der  in  Frage  kommenden  Schülerausflüge  sind  Spazi  er- 
gänge,  welche  ein  Lehrer  mit  der  Klasse,  deren  Ordinarius  er  ist  oder  welche 
ihm  sonst  genau  bekannt  ist,  auch  wohl  nach  Umständen  ein  paar  Lehrer  zusammen 
mit  Klassen,  die  einander  nahestehen,  an  schulfreien  Nachmittagen  unternehmen. 
Unverkennbar  sind  es  vornehmlich  derartige  Spaziergänge,  zu  welchen  durch  die 
Erwähnung  der  „gemeinschaftlich  zu  unternehmenden  Spaziergänge  und  Ausflüge 
in  Feld  und  Wald"  in  dem  Circ. Erlasse  vom  27.  October  18Ki  hat  Anregung  ge- 
geben werden  sollen.  Die  Verhältnisse  werden  es  nicht  immer  ermöglichen,  zu 
solchem  Zwecke  einen  schon  an  sich  schulfreien  Nachmittag  zu  verwenden;  den 
Directoren  wird  es  unbedenklich  überlassen  werden  dürfen,  dafs  sie  zum  Behufe 
des  beabsichtigten  Spazierganges  den  Nachmittagsunterricht  für  eine  oder  mehrere 
Klassen  aussetzen,  nur  wird  ein  solches  Aussetzen  von  Lehrstunden  für  keine 
Klasse  mehr  als  zweimal  innerhalb  eines  Schuljahres  zu  gestatten  sein. 

Selbst  für  die  Spaziergänge  dieser  mäfsigsten  Ausdehnung  ist,  wenn  sie 
ihrem  Zwecke  gemäfs  gelingen  sollen,  eine  möglichst  genaue  vorherige  Feststellung 
des  Planes  zu  empfehlen,  nämlich  Bestimmung  des  Mafses  der  Wanderung  nach  dem 
Mafse  der  Kräfte  der  Schüler,  Ausfüllung  der  Zeit  in  einer  Weise,  welche  die  Teil- 
nehmer an  dem  Spaziergange  zusammenhält  unter  thunlicher  Beschränkung  der  Dauer 
einer  etwa  nothwendigen  Erfrischung,  Festsetzung  der  Zeit,  zu  welcher  die  EUtem 
die  Bückkehr  ihrer  Söhne  zu  erwarten  haben  —  Forderungen,  welche  selbstver- 
ständlich für  Ausflüge  von  gröfserem  Umfange  dieselbe  Geltung  behalten  und  noch 
höhere  Bedeutung  gewinnen.  Nicht  in  der  Weite  der  zu  überwindenden  Ent- 
fernungen ist  der  Werth  solcher  Ausflüge  zu  suchen  oder  in  einer  bis  zur  Ab- 
spannung führenden  Anstrengung  der  Körperkräfte;  die  Bedeutung  derselben  liegt 
überhaupt,  zumal  an  kleineren  Orten,  weniger  in  der  Richtung  der  Gesundheits- 
pflege, als  auf  dem  Gebiete  der  Erziehung.  Für  einen  grofsen  Teil  der  Schüler 
ist  es  von  hohem  Werthe,  dafs  sie  bei  der  im  Vergleiche  zu  dem  Aufenthalte  in 
den  Schulräumen  ihnen  gestatteten  Freiheit  in  ihrem  kameradschaftlichen  Verkehre, 
in  den  Aeufserungen  ihrer  Heiterkeit  und  des  jugendlichen  Muthes  und  Ueber- 
muthes  sich  unter  dem  Auge  des  Lehrers  an  die  Grenzen  guter  Sitte  gewöhnen; 
und  nicht  minderen  Werth  hat  es  für  den  Lehrer,  öfters  an  Schülern,  welche  in 
den  Lehrstunden  ihm  fast  unzugänglich  geblieben  waren,  in  ihrer  Teilnahme  an 
den  Spielen  und  in  ihrem  sonstigen  Verkehre  Charakterzüge  zu  entdecken,  welche 
ihm  dieselben  dauernd  näher  bringen.  —  Die  Lage  mancher  Schulorte  macht  es 
wünschenswerth  oder  fast  zur  Noth wendigkeit,  dafs  eine  Strecke  Weges  auf  der 
Eisenbahn  oder  auf  Dampfschiffen  zurückgelegt  werde,  und  das  entgegenkommende 
Verfahren  der  betr.  Directionen  erleichtert  diese  Abkürzung  in  dankenswerthester 
Weise.  Es  empfiehlt  sich  darauf  zu  halten,  dafs  hiervon  nicht  über  das  unbedingt 
nothwendige  Mafs  Gebrauch  gemacht  werde,  nicht  nur  mit  Rücksicht  auf  die  daraus 
erwachsenden  Kosten  (vgl.  unter  Nr.  6),  sondern  auch,  weil  die  auf  die  Fahrt  und 
auf  das  ihr  vorausgehende  Warten  zu  verwendende  Zeit  thatsächlich  als  eine  für 
die  Zwecke  des  Ausfiuges  mindestens  verlorene  Zeit  zu  betrachten  ist. 


475 

3.  Ungleich  schwieriger  ist  die  Leitung  von  Ausflügen,  welche  mit  einer 
Klasse  oder  mit  der  Verhindnng  von  ein  paar  Klassen  auf  die  Dauer  eines 
ganzen  Tages  unternommen  werden.  Denn  es  ist  nicht  nur  erforderlich,  für 
die  nothwendige  Verpflegung  zweckmäfsig  und  unter  thunlichster  Beschränkung 
der  Kosten  Vorsorge  zu  treffen,  auch  darauf  Bedacht  zu  nehmen,  dafs  die  Ver- 
pflegung eine  möglichst  gemeinsame  sei  und  nicht  einzelnen  Schülern  verstattet 
werde,  sich  auf  ihre  Kosten  hesondere  Genüsse  zu  verschaffen;  sondern  es  handelt 
sich  vor  allem  darum,  in  richtiger  Abwechselung  die  Zeit  so  auszufüllen,  dafs  die 
körperliche  und  geistige  Frische  bis  zum  Schlüsse  erhalten  bleibe  und  nicht  ein  in 
gemeinsamer  Fröhlichkeit  begonnener  Tag  in  der  Abspannung  der  Langweile  endige. 
Diese  Aufgabe  zu  lösen  ist  nicht  jedes  Lehrers  Sache,  wie  tüchtig  er  sonst  in  seiner 
Berufsthätigkeit  sein  mag,  und  es  empfiehlt  sich,  dafs  sich  derselben  nur  unterziehe, 
wer  schon  an  der  gleichartigen  Aufgabe  von  geringerer  Zeitdauer  seine  Beföhigung 
selbst  erprobt  hat.  Da  es  nicht  gebilligt  werden  kann,  dafs  zu  einem  von  der 
Schule  veranlafsten  Schülerausfluge  Sonn-  oder  Feiertage  verwendet  werden,  so 
ist  erforderlich,  dafs  an  dem  zu  diesem  Zwecke  gewählten  Tage  für  die  betr.  Klasse 
oder  Klassen  der  Unterricht  ausgesetzt  werde.  Die  Directoren  werden  auch  zu 
dieser  Bewilligung  ebenso  ermächtigt  werden  können,  wie  zu  der  vorher  (unter 
Nr.  2)  bezeichneten,  mit  der  Beschränkung,  dafs  eine  solche  Enthebung  von  dem 
Unterrichte  eines  ganzen  Tages  für  keine  Klasse  innerhalb  eines  Schuljahres  mehr 
als  einmal  vorkommen  darf  und  zwar  entweder  eine  einmalige  Enthebung  von 
dem  Unterrichte  eines  ganzen  Tages,  oder  (vgl,  Nr.  2)  die  zweimalige  Enthebung 
von  dem  Nachmittagsunterrichte.  — 

Bei  Ausflügen  von  Tagesdauer  noch  erheblich  mehr,  als  bei  den  auf  den 
Nachmittag  beschränkten  giebt  die  durch  die  Verwaltungen  der  Eisenbahnen  und 
Dampfschiffe  bewilligte  Erleichterung,  dazu  etwa  die  besondere  Anziehungskraft 
eines  entlegneren  Punktes  von  historischem,  patriotischem  oder  landschaftlichem 
Werthe  öfters  den  Anlafs,  das  Ziel  weit  zu  stecken;  aber  die  Gesichtspunkte, 
welche  vorher  bezüglich  der  Ausflüge  von  halbtägiger  Dauer  bezeichnet  sind,  haben 
in  gleichem  Mafse  auch  hier  Geltung  und  mahnen  zu  vorsichtiger  Beschränkung. 

4.  In  dem  Bisherigen  ist  vorausgesetzt,  dafs  der  einzelne  Schülerausflug  sich 
auf  eine  oder  ein  paar  Klassen  beschränke,  wobei  es  selbstverständlich  unbenommen 
ist  und  unter  Umständen  sich  empfehlen  kann,  dafs  mehrere  Ausflüge  verschiedener 
Klassen  nach  verschiedenen  Zielen  gleichzeitig  angestellt  werden.  Die  ganze 
Schule  zu  einem  Ausfluge  zu  vereinigen  wird  bei  umfangreichen  Anstalten  schon 
durch  die  grofse  Zahl  der  Teilnehmer  so  sehr  erschwert,  dafs  dadurch  die  früher 
erwähnte,  vornehmlich  zu  betonende  erziehliche  Bedeutung  der  Vereinigung  von 
Lehrern  und  Schülern  auf  ein  äufserst  geringes  iMafs  herabsinkt;  selbst  bei  kleineren 
Anstalten  kommt  als  Hindernis  solcher  Ausdehnung  das  sehr  verschiedene  Mafs  der 
körperlichen  Kräfte  und  die  Verschiedenheit  der  Interessen  zwischen  Sextanern 
und  Abiturienten  in  Betracht.  Die  Vereinigung  der  ganzen  Schule  zu  einem  Aus- 
fluge von  halb-  oder  selbst  ganztägiger  Dauer  erscheint  kaum  in  einem  anderen 
Falle  begründet,  als  wenn  dieser  Auszug  den  Charakter  eines  Schulfestes  annimmt, 
in  welchem  die  Schule  ihre  eigene  Zusammengehörigkeit  als  Ein  Ganzes  feiert, 
vielleicht  selbst  unter  Teilnahme  der  Eltern  einiger  Schüler.  An  mehreren  Lehr- 
anstalten besteht  eine  derartige  Einrichtung  als  alte,  in  fester  Ueberlieferung  be- 
wahrte Sitte.  Wo  dies  der  Fall,  geziemt  es  sich,  eine  für  die  Erinnerung  der 
Schüler  und  für  den  Zusammenhalt  der  Anstalt  werthvoUe  Sitte  durch  zweck- 
mäfsige  Entwickelung  und  durch  die  entschiedene  Abwehr  von  Ausschreitungen 
zu  erhalten.  Die  neue  Einführung  einer  solchen  Sitte  kann  nur  gelingen,  wenn 
in  einem  über  den  Zweck  vollständig  einmüthigen  Lehrercollegium  die  Begabung 
für  die  Gestaltung  eines  Schülerfestes  reichlich  vertreten  ist;  die  schwerwiegen- 
den Folgen  eines  Mifslingens  machen  Vorsicht  bei  einem  solchen  Unternehmen  zur 
Pflicht 

5.  Es  ist  in  den  letzten  Jahren,  vorwiegend,  aber  nicht  ausschliefslich  in  den 
westlichen  Provinzen,  vorgekommen,  dafs  Ausflüge  einer  Klasse  oder  einer  aus 
mehreren  Klassen  hergestellten  Vereinigung  unter  der  Führung  eines  oder  mehrerer 
Lehrer  öfters  —  wenngleich  in  verschwindend  geringem  Procentsatze  gegenüber 
der  Gesamtheit  der  angestellten  Schülerausflüge  —  über  die  Dauer  eines  Tages 
auf  2,  2V2,  3  Tage  ausgedehnt  worden  sind.  Diese  Fälle  sind  es  insbesondere, 
welche  bei  ernsten  und  wohlwollenden  Beobachtern  der  Entwickelung  unseres 


476 

Schullebens  zn  Bedenken  Anlafs  gegeben  haben,  und  dies  nicht  ohne  Grand. 
Schon  die  zweckmäfsige  Herstellung  eines  Nachtlagers  für  eine  grofse  Anzahl  von 
Schülern,  welche  nicht,  wie  dies  bei  Alumnaten  der  Fall  ist,  an  ein  vollständiges, 
bestimmt  geregeltes  Zusammenleben  schon  gewöhnt  sind,  ist  ein  Gegenstand  eigen- 
tümlicher Verantwortlichkeit.  Durch  die  einem  solchen  Ausfluge  unter  Aussetzen 
des  Unterrichtes  zugewendete  Zeitdauer  wird  weit  über  die  Aufgabe  der  Schule 
in  den  Bereich  übergegriffen,  welcher  dem  Eltemhause  für  die  Ferienzeiten  zu 
überlassen  ist;  zugleich  wird  auf  die  Zustimmung  der  Eltern  zu  den  erheblichen 
Kosten,  ungeachtet  der  ihnen  formal  zustehenden  Freiheit  der  Entscheidung,  da- 
durch ein  bedenklicher  Druck  ausgeübt,  dafs  die  Veranstaltung  von  der  Schule 
ausgeht.  Als  Unterbrechung  des  Unterrichts  und  der  Arbeit  der  Schüler  sind 
nicht  blofs  die  auf  den  Ausflug  selbst  verwendeten  Tage,  sondern  in  gewissem  Mafse 
einige  Tage  vorher  und  nachher  in  Rechnung  zu  bnngen;  und  noch  mifslicher  ist 
die  Lage  derjenigen  Schüler  der  betr.  Klassen,  welche  während  der  Zeit  am  Schal- 
orte zurückbleiben.  Auf  diese  Momente  ist  von  denjenigen  K.  Prov.Sch.CC.,  in 
deren  Amtsbereiche  Fälle  dieser  Art  vorgekommen  sind,  zutreffend  hingewiesen 
worden.  In  Anbetracht  jedoch  der  desungeachtet  von  mehreren  derselben  vor- 
getragenen günstigen  Beobachtungen  wird  es  nicht  erforderlich  sein,  dafs  eine  der- 
artige Ausdehnimg  von  Schülerausflügen  innerhalb  der  Schulzeit  allgemein  unter- 
sagt werde;  aber  einerseits  werden  zur  Teilnahme  an  denselben  nur  Schüler  der 
oberen  Klassen  zuzulassen  sein,  anderseits  wird  die  Ermächtigung  zur  Bewilligung 
partieller  Schulferien  von  solcher  Dauer  nicht  den  Directoren  zu  erteilen,  sondern 
die  Verantwortung  dafür  den  K.  ProvSch.CC.  zu  überlassen  sein.  Sofern  daher 
ein  Dir.  einen  Schülerausflug  innerhalb  der  Schulzeit  von  längerer  als  ein- 
tägiger Dauer  zu  veranstalten  oder  einem  Lehrer  der  Anstalt  zu  gestatten 
beabsichtigt,  so  würde  er  dazu  rechtzeitig  unter  specieller  Angabe  des  gesamten 
Planes,  des  in  Aussicht  genommenen  Umfanges  der  Teilnehmer,  der  Kosten  etc. 
die  Genehmigung  des  K.  Prov.Sch.C.  nachzusuchen  haben,  welchem  es  überlassen 
bliebe,  auf  seine  Verantwortung  die  Genehmigung  zu  erteilen  oder  zu  versagen. 
Ein  lähmendes  Hindernis  würde  durch  das  Erfordernis  der  höheren  Genehmigung 
den  fraglichen  Unternehmungen  insofern  nicht  gesetzt  sein,  als  dieselben,  wenn  sie 
überhaupt  sollen  Bewilligung  verdienen,  von  langer  Hand  in  speciellster  Erwägung 
müssen  vorbereitet  werden. 

6.  Von  den  K.  Prov.Sch.CC.  haben  mehrere,  und  gewifs  mit  Becht  Werth 
darauf  gelegt,  dafs  den  in  Bede  stehenden  von  den  Schulen  veranlafsten  gemein- 
samen Spaziergängen  und  Wanderungen  der  Charakter  der  Freiwilligkeit  in 
jeder  Hinsicht  bewahrt  werde.  Obgleich  die  fraglichen  Ausflüge  für  Schüler 
und  Lehrer  förderlich  wirken  können  und  eben  deshalb  in  Anregung  gebracht 
worden  sind,  so  sind  sie  doch  nicht  als  eine  Verpflichtung  der  Schule  zu  betrachten, 
sondern  als  eine  freiwillige  Leistung.  Kein  Dir.,  der  dieselben  für  die  Verhält- 
nisse der  seiner  Leitung  anvertrauten  Schule  nicht  geeignet  erachtet,  ist  direct 
oder  indirect  zu  ihrer  Einführung  anzuhalten,  und  eben  so  wenig  kann  ein  Dir. 
ein  Mitglied  seines  Lehrercollegiums  ohne  dessen  eigene  Geneigtheit  oder  Bereit- 
willigkeit zur  Führung  eines  Schülerausfluges  direct,  wie  zu  einem  Teile  seiner 
Amtspflicht,  oder  indirect  bestimmen.  Ohnehin  wird  bei  manchen  Lehrern  ein 
etwaiges  Zurückziehen  von  persönlicher  Mitwirkung  nicht  einem  Mangel  an  Opfer- 
Willigkeit,  sondern  dem  Umstände  zuzuschreiben  sein,  dafs  sie  gerade  dieser  Art 
der  Bethätigung  sich  nicht  gewachsen  fühlen.  Der  Charakter  der  Freiwilligkeit 
ist  diesen  Ausflügen  eben  so  sehr  auf  Seiten  der  Schüler,  bezw.  ihrer  Eltern  oder 
deren  Vertreter,  zu  bewahren.  Bei  Klassenspaziergängen  von  der  blofsen  Dauer 
eines  Nachmittags,  insbesondere  wenn  dieselben  zu  einem  Kostenaufwande  keinen 
Anlafs  geben,  ist  die  Teilnahme  aller  Schüler  gewifs  wünschenswerth ;  aber  den- 
noch hat  die  Schule,  sofern  nicht  der  Spaziergang  durch  seine  Zweckbestimmung 
als  ein  Teil  des  Unterrichtes,  z.  B.  des  botanischen,  zu  betrachten  ist,  von  einer 
Verpflichtung  der  Schüler  zur  Teilnahme,  etwa  gegen  den  erklärten  Willen  der 
Eltern,  Abstend  zu  nehmen.  Die  Schule  kann  einzelne  Schüler  aus  disciplinaren 
Gründen  von  der  Teilnahme  ausschliefsen  und  wird  von  diesem  ihr  nicht  zu  be- 
streitenden Strafmittel  den  vorsichtigen  Gebrauch  machen,  durch  welchen  seine 
Wirkung  bedingt  ist;  wird  dagegen  die  Teilnahme  den  Schülern  direct  oder  in- 
direct zur  Pflicht  gemacht,  so  ist  den  Ausflügen  im  Voraas  ihre  rechte  Bedeutung 
verkümmert,  welche  sie  nur  zu  erreichen  vermögen,  wenn  sie  von  den  Schülern 


477 

als  eine  ihnen  seitens  der  Lehrer  erwiesene  besondere  Freundlichkeit  empfanden 
und  mit  Dank  aufgenommen  werden. 

In  jedem  Falle  wird  für  die  seitens  der  Schule  yeranlafsten  Ausflüge  zu  er- 
fordern sein,  dafs  jeder  Teilnehmer  die  Zustimmung  seiner  Eltern,  bezw.  ihrer 
Stellvertreter,  nachgewiesen  habe;  selbst  bei  kostenfreien  Ausflügen  von  geringer 
Zeitdauer  müssen  ja  die  Eltern  über  den  Zeitpunkt  der  Bückkehr  ihrer 
Söhne  in  Kenntnis  sein.  Bei  Ausflügen,  welche  Kosten  verursachen,  müssen  die 
Eltern  über  die  Maximalhöhe  des  zu  erwartenden  Kostenbetrages  vorher  be- 
stimmt benachrichtigt  sein.  Nicht  von  allen  Lehrercollegien  scheint  ausreichend 
in  Erwägung  gezogen  zu  sein,  dafs  durch  das  Mars  der  in  Aussicht  genommenen 
Kosten  öfters  Eltern  bei  scheinbarer  Freiheit  der  Entschliefsung  in  eine  gewisse 
Zwangslage  versetzt  werden.  Nun  wird  zwar  in  mehreren  Berichten  erwähnt, 
dafs  an  manchen  Anstalten  Legate,  ünterstützungskassen  u.  a.  m.  bestehen,  durch 
welche  Unbemittelten  die  kostenfreie  Teilnahme  ermöglicht  wird.  Hiermit  wird 
aber  das  Bedenkliche  eines  irgend  höheren  in  Aussicht  genommenen  Kostenaufwandes 
keineswegs  beseitigt;  denn  jene  Unterstützungen  sind  nur  für  Schüler,  bezw.  deren 
Eltern  verwendbar,  welche  als  bedürftig  anerkannt  und  Unterstützungen  anzu- 
nehmen gewöhnt  sind,  und  Üben  selbst  auf  diese  öfters  einen  pädagogisch  nicht 
zu  unterschätzenden  Druck  aus;  dagegen  haben  sie  keine  Bedeutung  für  eine  er- 
hebliche Anzahl  von  Familien,  welche  ohnehin  die  äufsersten  Anstrengungen  auf- 
bieten, um  aus  eigenen  Mitteln  ihren  Söhnen  den  Besuch  einer  höh.  Schule  zu  er- 
möglichen, und  welche  daher  eine  willkürlich  von  der  Schule  noch  herbeigeführte 
Ausgabe  ablehnen  müssen.  Das  Mafs  des  für  die  Schülerausflüge  in  Aussicht  ge- 
nommenen Kostenaufwandes  hat  eine  weittragende  Bedeutung;  wenn  diese  nicht 
vorsichtigst  in  Betracht  gezogen  wird,  so  könnte  es  leicht  geschehen,  dafs  Lehrer- 
collegien durch  eine  Opferwilligkeit  über  ihre  Berufspflichten  hinaus  statt  des 
Dankes  Verstimmung  in  den  Kreisen  hervorrufen,  aus  welchen  den  höh.  Schulen 
ein  Teil  ihrer  tüchtigsten  Schüler  zugeht,  oder  zu  dem  Vorwurfe  einer  bevor- 
zugenden Berücksichtigung  der  Wohlhabenheit  den  Vorwand  darböten. 

7.  Excursionen,  welche  von  den  mit  Eealanstalten  —  verbundenen  Fach- 
klassen zur  Besichtigung  von  Fabriken,  Skizzirung  der  dort  vorhandenen  Ein- 
richtungen und  Maschinen  etc.  vorgenommen  werden,  sind  von  einzelnen  K.  Prov  Sch.CC. 
mit  in  den  Bereich  ihrer  Berichterstattung  gezogen  worden;  dieselben  fallen 
jedoch  nicht  unter  die  gleichen  Gesichtspuiücte  der  Beurteilung,  wie  die  bisher 
behandelten  Ausflüge,  da  sie  die  Bestimmung  haben,  den  theoretischen  Fach- 
unterricht durch  praktische  Anschauung  und  Uebung  zu  ergänzen.  Die  Teilnahme 
daran  kann  daher,  soweit  sie  kostenfrei  ist,  für  die  Schüler  obligatorisch  sein,  auch 
wird  zur  Ausführung  derjenigen  für  die  Information  der  Schüler  besonders  wünschens- 
werthen  Excursionen,  für  welche  die  schulfreie  Zeit  nicht  ausreicht,  ein  Aussetzen 
von  Nachmittagslectionen  häufiger  von  dem  Dir.  bewilligt  werden  können,  als  vor- 
her (Nr.  2)  bezüglich  der  Erholungsausflüge  bezeichnet  ist.  Das  Ausfallen  des 
Unterrichtes  eines  ganzen  Tages  wird  aber  auch  für  solche  Zwecke  praktischer 
Unterweisung  möglichst  zu  vermeiden  sein;  und  soll  die  Excursion  die  Dauer  eines 
Tages  überschreiten,  so  würde  dazu  die  Genehmigung  der  vorgesetzten  Behörde 
unter  denselben  speciellen  Angaben,  wie  bei  Erholungsausflügen  (vgl.  Nr.  5)  recht- 
zeitig nachzusuchen  sein. 

IS.  248.  C.Verf.  des  K.  Prov^Sch.C.  zuMünsterv.  16.Junil875. 
„Unter  Bezugnahme  auf  die  C.Verf.  des  H.  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  v.  18.  Oct. 
1865  (Wiese,  Verordn.  1.*  S.  156  f.)  veranlassen  wir  Ew.  W.,  die  dort  mitgeteilte 
Zeitordnung  des  Unterrichtes,  soweit  nicht  durch  spätere  Bestimmungen  eine 
Abänderung  getroffen  ist,  auch  bei  Ihrer  Anstalt  zur  Ausführung  zu  bringen. 
Namentlich  aber  erachten  wir  es  für  zweckentsprechend,  dafs  in  den  Sommer- 
monaten bei  allen  Anstalten  der  Vormittags-Unterr.  in  den  Stunden  von  7  bis  11  Uhr 
erteilt  werde  —  bei  den  katholischen  Anstalten  jedoch  nur  an  denjenigen  Tagen, 
an  welchen  eine  h.  Messe  für  die  Schule  nicht  stattfindet  —  wie  dies  auch  bisher 
schon  bei  verschiedenen  Anstalten  der  Provinz  in  Gebrauch  ist.  An  den  Tagen, 
wo  eine  Schulmesse  stattfindet,  hat  der  Unterricht  unmittelbar  nach  derselben, 
also  um  8  Uhr  zu  beginnen."  .  .  . 

I  S.  245,  C.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  14.  Febr.  18-^5. 
„Nachdem  wir  in  Gemäfsheit  unserer  Circular- Verfügung  vom  22.  November  v.  Js. 


478 

in  Betreff  der  an  den  höheren  Schulen  unseres  Amtsbereichs  bei  dem  Wechsel  der 
Unterrichtsstunden  einzurichtenden  Erholungspausen  die  Vorschläge  der  Herren 
Directoren  und  Bectoren  erhalten  haben,  setzen  wir,  thunlichst  im  Anschlufs  an 
die  vorgetragenen  Wünsche,  auf  Grund  der  Bestimmung  I,  2  des  marsgebenden 
Min.Erlasses  y.  10.  Nov.  y.  Js.  hinsichtlich  der  innerhalb  der  regelmäfsigen  yier 
Vormittags-  und  zwei  Nachmittags-Stunden  eintretenden  Lectionswechsel  hierdurch 
fest,  dafs  yon  Ostern  d.  Js.  ab  folgende  drei  Ordnungen  den  gedachten  Schulen 
für  die  Erholungspausen  zur  Wahl  gestellt  sein  sollen: 

I.  II.  m. 

{1.  Pause  . .    5  Minuten  . .    5  Minuten  . .  10  Minuten. 
2.  Pause . .  15        .,       . .  20        „       . .  15        „ 
3.  Pause.  .10        „       . .  JO        „       . .  JO        „ 
B.  Nachmittags-Pause  . .  15        „       . .  10        „       . .  10        „ 

Sa.  45  Minuten  .  .  45  Minuten  . .  45  Minuten. 

Die  Pausen  sind  so  zu  legen,  dafs  sich  ihre  Gesamtzeit  möglichst  gleich- 
mäfsig  auf  die  in  Betracht  kommenden  sechs  Lehrstunden  verteilt;  die  bezüglichen 
Glockensignale  sind  so  anzuordnen,  dafs  nach  Ablauf  der  für  die  einzelnen  Pansen 
bestimmten  Zeit  der  Unterricht  sofort  beginnen  kann.  Vormittags  sowohl,  ab 
Nachmittags  sind  die  Anfang8Stunde9  fbezw.  die  gemeinschaftlichen  Andachten) 
mit  dem  Vollschlage  zu  beginnen,  die  Endstnnden  —  abgesehen  yon  der  in  dem 
beregten  Min.£rlaf8  I,  5  yorgesehenen  Ausnahme  —  mit  dem  Vollschlage  zu 
schliefsen. 

Tritt  an  einem  oder  dem  anderem  Tage  zu  den  yier  Vormittags-  oder  den 
zwei  Nachmittags-Lectionen  noch  eine  weitere  Unterrichtsstunde  hinzu,  so  ist,  wenn 
dieselbe  nicht  Turnen  oder  Singen  zum  Gegenstande  hat,  nach  Schlufs  der  yorher- 
gehenden  Stunde  eine  Pause  yon  10  Minuten  zu  machen. 

Die  Herren  Dir.  und  Bectoren  wollen  nach  Berathung  mit  dem  Lehrer- 
collegium  der  Anstalt,  sowie,  falls  mehrere  höhere  Schulen  an  demselben  Orte  sind, 
nach  Benehmung  mit  den  Dirigenten  der  anderen  Schulen  daselbst.  Sich  nach 
Mafsgabe  der  in  Betracht  kommenden  Umstände  für  eine  der  vorbezeichneten 
Pausen-Ordnungen  entscheiden.'* 

I  S.  247.  C.Verf.  des  K.  Proy.Sch.C.  zu  Berlin  y.  18.  Juni  iaS5. 
„In  der  Instruction  yom  2.?.  Jan.  1868  ist  in  g.  18  (11  S.  123)  den  Directoren  die 
Befugnis  beigelegt,  unter  besonderen  Umständen  den  Unterricht  in  einzelnen  Klassen 
oder  in  der  ganzen  Anstalt  für  einzelne  Stunden  auszusetzen.  Die  Nöthigung 
hierzu  kann  in  den  Sommermonaten  zuweilen  durch  die  Hitze  eintreten,  welche 
entweder  in  den  letzten  Vormittagsstunden  oder  an  den  Nachmittagen  dem  Unter- 
richte zu  grofse  Schwierigkeiten  entgegenstellt.  Es  liegt  in  der  Natur  der  Sache, 
dafs  die  Bedingungen,  unter  welchen  in  solchen  Fällen  der  Ausfall  des  Unterrichts, 
geboten  ist,  sith  nicht  im  Allgemeinen  bestimmen  lassen;  es  mufs  yielmehr  dem 
pflichtmäf'sigen  Ermessen  der  Herren  Directoren  überlassen  bleiben,  im  gegebenen 
Falle  das  Erforderliche  anzuordnen.  Wir  machen  dieselben  daher  auf  diese  ihre 
Befugnis  besonders  aufmerksam,  und  erwarten,  dafs  sie  auf  die  durch  allzugrofse 
Hitze  entstehenden  Unzuträglichkeiten  die  gebührende  Bücksicht  nehmen  werien." 

Bestimmung  der  städtischen  Schuldeputation  zu  Berlin  v. 
1.  April  1886.  „Unter  Abänderung  unserer  Verf.  y.  19.  März  1867  bestimmen 
wir,  dafs  an  heiCsen  Sommertagen  der  Unterricht  in  den  Gemeindeschulen  dann 
yon  11  Uhr  Vormittags  ab  ausgesetzt  werden  darf,  wenn  das  hundertteilige  Ther- 
mometer um  10  Uhr  Vormittags  und  im  Schatten  25®  zeigt.  Ob  yon  solcher  Be- 
fugnis Gebrauch  zu  machen  sei,  bestimmt  an  jedem  einzelnen  Tage  der  Bector. 
Derselbe  kann  an  ungewöhnlich  schwülen  Tagen  nach  seinem  Ermessen  auch  eine 
weitergehende  Beschränkung  des  Unterrichts  in  einzelnen  Klassen  oder  der  ganzen 
Schule  eintreten  lassen,  mufs  aber  jeden  einzelnen  Fall  dieser  Art  sofort  an  nns 
berichten.  Dagegen  ist  die  Anzahl  der  Tage,  an  welchen  der  Unterricht  yon 
11  Uhr  ab  ausgesetzt  ist,  nur  in  dem  Jahresberichte  anzugeben." 

I  S.  248.  Ferienordnung  der  Proyinz  Schlesien.  C.Verf.  des 
K.  Proy.Sch.C.  y.  15.  Jan.  1883.  „Der  Herr  Unterrichtsminister  hat  am  11.  Jan. 
d.  J.  auf  unseren  Antrag  gestattet,  für  sämtliche  höh.  Lehranstalten  der  Proyinz 
Schlesien  die  Ferien  entsprechend  den  Beschlüssen  der  Directorenconferenz  y.  Js. 


479 

fortan  so  zu  regeln,  dafs  sie  1.  zu  Ostern  zwei  Wochen,  2.  zu  Pfingsten 
Yom  Sonnabend  bis  Mittwoch  einschliefslich,  3  im  Sommer  4  V«  Woche,  4.  zu 
Michaelis  IV«  Woche  und      5.  zu  Weihnachten  zwei  Wochen  dauern'*  . . . . 

I  S.  248.  Ferienordnung  für  die  Provinz  Hessen-Nassau  nach 
der  Verf.  d.  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  25.  April  1884.  A.  Für  die  höh. 
Schulen  des  Reg.-Bezirks  Cassel  fu.  der  Stadt  Frankfurt  a.  M.,  Homburg  v.  d.  H.)  und 
der  Fürstenthümer  Waldeck  und  Pyrmont:  Osterferien  14  Tage  vom  Sonntag  Pal- 
marum, Pfingstferien  8  Tage  vom  Sonnabend  vor  Pfingsten  bis  Mittwoch  nach 
Pfingsten,  Sommerferien  4  Wochen  vom  ersten  Sonntag  im  Juli  ab,  J^Iichaelisferien 
14  Tage  vom  Sonntag  der  Michaeliswoche  ab,  Weihnachtsferien  14  Tage  vom  23.  Dec. 
mittags  ab  (fällt  der  7.  Jan.  auf  einen  Sonnabend,  so  beginnt  der  Unterricht  erst 
am  folgenden  Montag) ;  Gesamtdauer  10' 9  Woche.  B.  Für  die  höh.  Schulen  des 
Regierungsbezirks  Wiesbaden:  Osterferien  2V«  Woche;  der  Anfang  wird  jährlich 
vom  Prov.Sch.C.  festgesetzt  und  zwar  je  nachdem  Ostern  früher  oder  später  fällt, 
auf  Sonntaff  Palmarum  oder  auf  den  Donnerstag  vorher.  Pfingstferien  1  Woche 
vom  Sonnabend  vor  Pfingsten  bis  zum  Trinitatisfeste.  Sommerferien  5  Wochen 
vom  15.  August  ab.  (Fällt  der  19.  Sept.  auf  einen  Sonnabend,  so  beginnt  der  Unter- 
richt erst  am  folgenden  Montage.)  Weichnachtsferien  14  Tage  vom  23.  Dec.  ab 
(wie  oben).    Gesamtdauer  IOV2  Woche. 

I  S.  260.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  28.  Aug.  1886. 
„Wir  sehen  uns  veranlafst  hierdurch  anzuordnen,  daCs  an  dem  Tage  vor  Be- 
ginn der  Ferien  der  Unterricht  bis  zur  letzten  Schulstunde  fortdauert  und  der 
Schlufs  der  Schule  bezw.  die  Verteilung  der  Zeugnisse  erst  in  der  letzten  Schul- 
stunde stattzufinden  hat,  und  nur  für  diejenigen  Schulen,  welche  mehr  als  8  Klassen 
haben,  eine  zusätzliche  etwaige  Verwendung  der  vorletzten  Schulstunde  zu  dem 

fedachten  Zwecke  zulässig  ist.  «Sollten  auswärtige  Schüler  an  dem  erwähnten 
age  nach  Schulschlufs  ihren  Heimathsort  nicht  erreichen  können,  so  sind  die 
Herren  Directoren  (Bectoren)  ermächtigt,  dieselben  ausnahmsweise  früher  zu  ent- 
lassen.'^ 

I  S.  261.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  3.  Mai  1886. 
„Im  Anschlufs  an  unsere  Verf.  v.  30.  April  1884,  betreffend  die  Regelung  des 
Schulunterrichts  am  Aschermitttwoch  und  am  Allerseelentage  [durch 
Freigebung  der  ersten  Morgenstunde,  bezw.  Dispensirung  von  derselben]  bestimmen 
wir  hierdurch,  dafs  auch  an  den  gesetzlich  anerkannten  katholischen  Feiertagen, 
nämlich :  a)  am  Feste  der  heiligen  drei  Könige,  6.  Januar,  b)  am  Feste  Maria 
Reinigung,  2.  Februar,  c)  am  Feste  Maria  Verkündigung,  25.  März,  d)  am 
Frohnleichnamsfeste,  Donnerstag  nach  Trinitas,  e)  am  Festtage  Petri  und  Pauli, 
29.  Juni,  f)  am  Festtage  idlerheiligen,  1.  November  und  g)  am  Festtage 
Maria  Empföngnis,  8.  December  bei  den  katholischen  Lehranstalten  der  Schul- 
unterricht wie  bisher  ganz  ausfällt,  bei  den  Simultananstalten  aber  nur  dann 
auszusetzen  ist,  wenn  die  Schüler  überwiegend  der  katholischen  Confession  ange- 
hören. Bei  denjenigen  Simultan- Anstalten,  deren  Schüler  überwiegend  evangelisch 
sind,  ist  der  Unterricht  zwar  nicht  auszusetzen,  aber  die  katholischen  Schüler  sind 
vom  Unterrichte  zu  entbinden,  ohne  dafs  es  des  Nachsuchens  einer  besonderen  Er- 
laubnis in  dem  einzelnen  Fall  oder  der  nachträglichen  Beibringung  einer  Beschei- 
nigung bedarf.  In  gleicher  Weise  ist  hinsichtlich  der  katholischen  Schüler  an 
evangelischen  Anstalten  zu  verfahren." 

I  S.  268,  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  28.  Nov.  1882. 
„Es  ist  wiederholt  die  Wahrnehmung  gemacht  worden,  dafs  in  der  Bestimmung 
der  Aufgaben  für  die  Schüler  während  der  Ferien  nicht  überall  mit  der  erforder- 
lichen Umsicht  verfahren  wird.  Es  kommt  vor,  dafs  besonders  die  Schüler  der 
unteren  Klassen  während  der  Ferien  mit  Arbeiten  belastet  werden,  welche  sich 
wesentlich  als  Schreibwerk  darstellen  und  nicht  immer  der  Correctur  unterzogen 
werden.    Wir  finden  uns  daher  veranlafst  folgende  Anordnungen  zu  treffen: 

1.  Eigentliche  Ferienaufgaben  sind  nur  während  der  Sommerferien  und 
zwar  in  möglichst  beschränkter  Weise  und  stets  im  Anschlufs  an  die  laufenden 
Arbeiten  zu  geben.  2.  Die  ELlassen-Ordinarien  haben  vor  dem  Beginn  der  Sommer- 
ferien diese  Aufgaben  zusammenzustellen,  im  ELlassenbuch  zu  verzeichnen  und  den 
Directoren  zur  Genehmigung  vorzulegen.       3.  Für  alle  übrigen  Ferien  fallen  die 


480 

eigentlichen  Ferienanfgaben  fort.  Es  sind  von  den  Schülern  nnr  die  gewöhnlichen 
fortlaufenden  Arbeiten  zu  verlangen.  A,  In  den  mittleren  und  noch  mehr  in  den 
oberen  Klassen  sind  die  Schüler  zu  einer  angemessenen  Selbstbeschäftigong,  ins- 
besondere zur  Privatlectüre  anzuweisen  und  anzuhalten.  5.  Im  Falle,  (^Lfs  Schaler 
während  der  Sommerferien  verreisen,  ist  bei  der  ControUe  der  Ferienarbeiten  ge- 
bührende Rücksicht  hierauf  zu  nehmen/' 

I  S.  268.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Posen  v.  13.  Oct.  1875. 
„In  der  jüngsten  Zeit  ist  das  Mafs  der  Schularbeiten  wiederholt  zum  Gegenstand 
der  öffentl.  Besprechung  gemacht  und  vielfach  Klage  über  unverhältnismäfsige 
Belastung  der  Schüler  mit  häuslichen  Arbeiten  geführt  worden.  Wenn- 
gleich wir  bei  Mitteilung  der  auf  das  Mafs  der  häusl.  Arbeiten  bezüglichen  und 
bei  Wiese  Verordn.  und  Gesetze  I^  p.  1138  fF.  abgedruckten  Ministerial-Erlasse 
Gelegenheit  genommen  haben,  die  gewissenhafteste  Ueberwachung  der  Lehrer  nach 
dieser  Seite  anzuordnen,  so  finden  wir  uns  doch  mit  Bücksicht  darauf,  dafs  der- 
artige Klagen  sich  teilweise  als  begründet  ergeben  haben,  von  Neuem  veranl&Cst, 
die  Herren  Dir.  resp.  Eectoren  unter  Hinweis  auf  jene  Erlasse  zu  verpflichten,  da- 
hin zu  wirken,  dafs  die  Ueberbürdung  der  Schüler  mit  häusl.  Arbeiten  möglichst 
vermieden  werde.    Im  Einzelnen  bemerken  wir  noch  Folgendes: 

Als  Ursache  der  erwähnten  Ueberbürdung  wird  zuerst  die  Ueberfüllung  ein- 
zelner Anstalten  oder  Klassen  angesehen.  Es  ist  nicht  in  Abrede  zu  stellen,  dafs 
durch  diesen  Uebelstand  eine  ausreichende  Einübung  des  Lernstoffes  wlUirend  der 
Unterrichtsstunde  erschwert  und  in  Folge  dessen  eine  gröfsere  Belastung  der 
Schüler  mit  häusl.  Arbeiten  herbeigeführt  wird.  Wir  werden  deshalb  eintretenden 
Falls  nicht  unterlassen,  für  die  erforderliche  Abhülfe  Sorge  zu  tragen. 

Die  Ursache  der  Ueberbürdung  der  Schüler  mit  häusl.  Arbeiten  wird  indes 
meistens  in  der  mangelhaften  Methode  der  Lehrer  zu  suchen  sein. 

Fehlerhafte  Benutzung  der  Lehrbücher,  namentlich  der  für  den  Gebrauch 
auf  den  unteren  Klassen  bestimmten  Uebersetzungsbücher  aus  dem  Deutschen  in 
das  Lateinische  oder  Griechische,  Ungewandtheit  bei  Einübung  der  Elemente  in 
den  verschiedenen  Unterrichtsgebieten  sind  nicht  geeignet,  das  Interesse  der  Schüler 
an  dem  Lernstoffe  zu  erwecken  und  rege  zu  erhalten.  Das  Ergebnis  der  Unter- 
richtsstunden ist  deshalb  teilweise  ein  ungenügendes,  in  Folge  dessen  versuchen 
viele  Lehrer,  ihren  Schülern  durch  eine  die  leibliche  und  geistige  Gesundheit 
schädigende  Menge  von  schriftl.  Arbeiten  die  erforderlichen  Kenntnisse  beizubringen. 

Die  sehr!  ftl.  Arbeiten  bedürfen  hiernach  einer  besonderen  Beaufsichtigung. 
Es  wird  deren  Zahl  und  Ablieferungszeit  behufs  Vermeidung  einer  etwaigen  Ueber- 
bürdung am  Anfange  jedes  Semesters  zu  bestimmen  und  die  Einforderung  über- 
flüssiger Arbeiten,  wozu  auch  die  sog.  Strafarbeiten  gehören,  zu  untersagen 
sein.  Die  Pflicht  der  Herren  Dir.  etc.  aber  ist  es,  mit  Strenge  darauf  zu  halten, 
dafs  demgemäfs  verfahren  und  in  den  einzelnen  Aufgaben,  insbesondere  auch  in 
den  Ferienarbeiten,  das  zuläfsige  Mafs  nicht  überschritten  werde. 

Auch  in  der  Verteilung  der  zur  mündlichen  Wiederholung  bestimmten 
Abschnitte  berücksichtigen  einzelne  Lehrer  nicht  selten  zu  wenig  die  Leistungs- 
fähigkeit der  Schüler.  Namentlich  gilt  dies  vom  Geschichtsunterricht.  Es  wird 
in  keinem  Falle  zu  dulden  sein,  dafs  auf  Wiederholung  des  Unterrichtsstoffes  erst 
gegen  das  Ende  des  Semesters  Bedacht  genommen  werde.  Das  zu  wiederholende 
Pensum  wird  vielmehr  in  kürzere  Abschnitte  zu  zerlegen  und  in  angemessener 
Weise  auf  das  ganze  Semester  zu  verteilen  sein. 

Endlich  ist  der  Erteilung  des  Privatunterrichts  eine  besondere  Auf- 
merksamkeit zu  widmen.  Sobald  der  Lehrer  seine  Amtspflichten  mit  Sorgfalt  und 
Treue  erfüllt,  wird  eine  private  Unterweisung  der  Schüler  in  der  Regel  nicht 
nöthig  sein.  Erscheint  indefs  eine  solche  durch  besondere  Umstände  gebot-en, 
worüber  die  Herren  Dir.  etc.  nach  Anhörung  der  betr.  Lehrer  zu  entscheiden  haben, 
so  ist  darauf  zu  halten,  dafs  dadurch  das  Mafs  der  häusl.  Arbeiten  nicht  übermäfsig 
vermehrt  werde. 

Die  ControUe  darüber,  ob  Lehrer  durch  Uebernahme  von  Privatthätigkeit 
an  der  Erfüllung  ihrer  Amtspflichten  behindert  und  in  Folge  dessen  zur  Ueber- 
bürdung der  Schüler  mit  häusl.  Arbeiten  gedrängt  werden,  haben  die  Herren 
Dir.  etc.  nicht  aufaer  Acht  zu  lassen.  Sollten  in  Bezug  hierauf  Uebelstände  wahr- 
genommen werden,  so  ist  für  deren  Beseitigung  in  geeigneter  Weise  Sorge  zn 
tragen," 


481 

I  S.  818.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Kiel  v.  7.  Juli  1869.  „Wir 
finden  uns  veranlafst,  sämtlichen  LehrercoUegien  sowohl  bei  der  Aufnahme  neuer 
Schüler  als  auch  bei  der  Versetzung  in  höhere  Klassen  die  für  das  Gedeihen  der 
Anstalten  erforderliche  Strenge  auf  das  dringendste  ans  Herz  zu  legen.  Auch  ist 
darauf  zu  achten,  dafs  die  nöthige  Bücksicht  auf  die  Altersstufe  der  eintretenden 
Schüler  genommen  werde.  Es  wird  daher  von  jetzt  an  nicht  nur  (1)  vor  dem 
vollendeten  neunten  Lebensjahre  die  Aufnahme  in  die  Gymnasialklassen  (von  VI  an 
aufwärts)  zu  versagen,  sondern  auch  (2)  nach  dem  vollendeten  12.  in  VI,  nach 
dem  vollendeten  iö.  in  V,  nach  dem  vollendeten  15.  in  IV,  die  Aufnahme  in 
der  Begel  nicht  zu  gestatten  sein.  Wo  jedoch  diese  letztere  (2)  Bestimmung  in 
die  Sitte  und  Lebensgewohnheit  des  Landes  tiefer  eingreift,  überlassen  wir  es  dem 
einsichtigen  Ermessen  der  Herren  Directoren,  in  Beachtung  der  bestehenden  Ver- 
hältnisse sie  allmählich  auszuführen  und  erst  von  Ostern  1872  an  allgemein  zur 
Geltung  zu  bringen.  Schüler,  die  zweimal  an  dem  ganzen  Cursus  ihrer  Erlasse 
Teil  genommen  haben,  ohne  die  Beife  zur  Versetzung  in  die  nächst  höhere  Kl. 
zu  erlangen,  d  ürf  en  auf  Grund  eines  Beschlusses  des  Dir.  und  der  betr.  Klassenlehrer 
von  der  Anstalt  entlassen  werden. 

I  S.  814.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  6.  Mai  lö82. 
„Die  Herren  Directoren  (Bectoren)  derjenigen  Lehranstalten,  in  denen  die  ünter- 
und  Obertertia,  Unter-  und  Obersecunda,  Unter-  und  Oberprima  in  allen  oder  ein- 
zelnen Lehrgegenständen  getrennt  unterrichtet  werden,  veranlassen  wir  hierdurch, 
Versitzungen  solcher  Schüler,  die  nach  Vollendung  des  Jahrescursus  nicht  für 
reif  zum  Aufsteigen  in  die  nächste  Klasse  erachtet  worden  sind,  nur  nach  Ablauf 
eines  zweiten  Jahrescursus  vorzunehmen.  Nur  in  dem  Falle,  dafs  solche  Schüler 
nach  anderthalbjährigem  Besuche  der  betr.  Klasse  die  Anstalt  verlassen,  um  in  das 
praktische  Leben  überzugehen,  worüber  sich  die  Directoren  in  zuverlässiger  Weise 
zu  vergewissem  haben,  kann  ihnen  die  Beife  für  die  nächste  Kl.  durch  Conferenz- 
beschlufs  zuerkannt  werden.  Werden  die  obengenannten  Klassen  in  allen  Lehr- 
gegenständen ungetrennt  unterrichtet,  so  ist  ausnahmsweise  die  Versetzung  in  die 
obere  Abteilung  nach  anderthalbjährigem  Besuche  der  unteren  gestattet." 

I  S.  818.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  Ü3.  Oct.  1882. 
„Ueber  das  bei  den  Versetzungen  der  Schüler  zu  beobachtende  Verfahren  enthält 
§  15,  b  und  c  der  Direct.  Instr.  v.  L^6.  Juli  J856  (Abt.  II  S.  165)  die  nöthigen  Vor- 
schriften, u.  a.  auch  die,  dafs  bei  etwa  eintretenden  Zweifeln  über  die  Ver- 
setzungsfähigkeit  eines  Schülers  der  Director,  der  versetzende  und  der  auf- 
nehmende Ordinarius  entscheiden.  Da  nach  uns  gewordenen  Mitteilungen  nicht 
überall  nach  den  a.  a.  0.  gegebenen  Vorschriften  verfahren  wird,  so  machen  wir  die 
Directoren  ausdrücklich  darauf  aufmerksam  und  verpflichten  dieselben,  sich  bei 
Feststellung  der  Versetzungen  genau  darnach  zu  richten." 

I.  S.  819.  CVerf  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  11.  Oct.  1884. 
„Es  ist  zu  unserer  Kenntnis  gekommen,  dafs  an  mehreren  Schulen  unseres  Amts- 
bereichs bei  der  Versetzung  der  Schüler  in  höhere  Klassen  in  der  Weise  ver- 
fahren worden  ist,  dafs  Schüler,  deren  Beife  für  die  betr.  höhere  Klasse  nicht  ganz 
zweifellos  war,  zunächst  versuchsweise  derselben  zugewiesen  sind  mit  der  Mafs- 
gabe,  dafs  nach  kürzerer  oder  längerer  Zeit,  zum  Teil  auf  Grund  einer  zu  diesem 
Behufe  anzustellenden  Prüfung  nachträglich  entschieden  werden  solle,  ob  sie  als 
der  höheren  Klasse  angehörig  anzusehen  seien  oder  nicht.  Besonders  ist  dieser 
Weg  dann  eingeschlagen,  wenn  es  sich  um  das  Aufrücken  vonSchülern  der 
Unterprima  in  die  Oberprima  handelte. 

Wir  können  uns  mit  dem  gedachten  Verfahren  nicht  einverstanden  erklären, 
müssen  vielmehr,  wie  wir  den  Herren  Dirigenten  hierdurch  zur  Nachachtung  für 
die  Zukunft  mitteilen,  aus  mehrfachen  Gründen  darauf  halten,  dafs  über  die  Ver- 
setzung der  Schüler  in  den  betr.  Lehrerconferenzen  in  definitiver  Weise  entschieden 
wird.  Etwaige  Zweifel  und  Bedenken,  welche  regelmäfsig  hinsichtlich  einzelner 
Schüler  obwalten  können,  müssen  in  der  Versetzungsconferenz  durch  eingehende 
Berathung  zum  Austrage  gebracht  werden. 

Stellt  sich  heraus,  dafs  ein  Schüler  in  einem  oder  dem  anderen  Fache  oder 
auch  nach  dem  Grade  seiner  Gesamtbildung  zwar  z.  Z.  sich  noch  nicht  die 
volle  Versetzungsreife  erworben  hat,  dafs  derselbe  aber  nach  der  Ansicht  der  Lehrer 

Wiese,  Yerordnongen.    U.  31 


4B2 

in  der  Lage  ist.  bei  angestrengtem  Fleifse  das  Fehlende  nachzuholen  und  an  dem 
Unterricht  der  höheren  Klasse  mit  Nutzen  teilzunehmen,  so  ist  er  der  letzteren 
definitiv  zuzuweisen,  in  sein  Zeugnis  aber  ein  entsprechender  Vermerk  aufzunehmen. 
Bechtfertigt  der  Schüler  später  die  gedachten  Erwartungen  seiner  Lehrer  nicht, 
so  darf  er  auf  ein  weiteres  Aufrücken  nicht  eher  rechnen,  als  bis  er  die  gerügten 
Mängel  in  seinen  Kenntnissen  und  Leistungen  hinreichend  ausgeglichen  hat.  Ge- 
hört er  deijenigen  Abteilung  der  obersten  Ellasse  an,  welche  berechtigt  ist,  ach 
zur  Entlassungsprüfung  zu  melden,  so  ist  in  dem  letztgedachten  Falle  mit  Bücksicht 
auf  den  Stand  seiner  Gesamtleistungen  zu  erwägen,  ob  nicht  in  Beziehung  auf  ihn 
nach  Mafsgabe  von  §  5,  5  und  B  (vergl.  §  10,  3j  der  Prüfungsordnung  vom  27.  Mai 
1882  zu  verfahren  sein  möchte. 

Wenn  im  Laufe  des  Schuljahres  die  Entwickelung  eines  Schülers  zu  Zweifeln 
darüber  Anlafs  giebt,  ob  er  innerhalb  der  ordnungsmäfsigen  Zeit  die  Beife  für  die 
Versetzung  in  die  höhere  Klasse  erlangen  werde,  so  ist  dem  Vater  desselben,  bezw. 
dessen  Vertreter,  rechtzeitig  seitens  der  Schale  Mitteilung  hierüber  zumachen,  event. 
durch  Aufnahme  einer  bezüglichen  Bemerkung  in  das  Zeugnis  Jedenfalls  ist  ein 
Vierteljahr  vor  der  Zeit,  in  welcher  die  Abhaltung  der  Versetzungsconferenzen 
bevorsteht,  seitens  der  Schule  dafür  Sorge  zu  tragen,  dafs  die  Eltern  derjenigen 
Schüler,  deren  demnächstige  Versetzung  als  zweifelhaft  angesehen  wird,  hiervon 
in  geeigneter  Weise  in  Kenntnis  gesetzt  werden.'* 

IS.  825.  CVerf.  des  K.  Pro  v.  Seh.  C.  zu  Schleswig  v.  30.  Dec.l>6'3. 
„Unter  Bezugnahme  auf  unsere  Verff.  vom  27.  Juni  v.  J.  und  5.  Nov.  v.  J.  ver- 
anlassen wir  die  Herren  Birectoren  und  Bectoren,  sofort  nach  dem  Beginn  des 
nächsten  Wintersemesters  —  spätestens  bis  zum  IG.  Oct.  IHHü  —  darüber  zu  be- 
richten, ob  bezw.  in  welchen  Fällen  an  der  betr.  Anstalt  zu  Ostern  und  zu 
Michaelis  Schüler,  die  bereits  eine  höh.  Lehranstalt  besucht  hatten,  nach  halb- 
jähriger Unterbrechung  des  Schulbesuches  die  Aufnahme  in  eine  höhere  Klasse 
erlangten,  als  durch  ihr  Abgangszeugnis  dargethan  war.  Dabei  machen  wir 
wiederholt  ausdrücklich  darauf  aufmerksam,  dafs  bei  der  Pi'üfung  solcher  Schüler, 
welche  nach  halbjähriger  Unterbrechung  des  Schulbesuches  die  Aufnahme  in  eine 
höh.  Kl.  nachsuchen,  nicht  der  anfängliche  Standpunkt  dieser  Klasse,  sondern  das 
in  dem  abgelaufenen  Semester  in  ihr  bereits  absolvirte  Pensum  zum  Mafsstab  m 
nehmen  ist.  In  allen  Fällen,  in  denen  nicht  versetzte  und  deshalb  abgegangene 
Schüler  sich  nach  einem  halben  Jahre  zur  Aufnahme  in  eine  höh.  Kl.  derselben 
Anstalt  melden,  wollen  die  Herren  Directoren  überhaupt  die  Abhaltung  der 
Aufnahmeprüfung  von  unserer  vorgängigen  besonderen  Genehmigung  abhängig 
machen.*' 

I  S.  885.  CVerf.  des  K.  Prov.  Seh.  C.  zu  Münster  v.  24.  März  JöS3. 
„Der  Paragraph  22  der  Disciplinar -Ordnung  vom  19.  Apr.  1879  hat  eine  ver- 
schiedene Auffassung  erfahren,  indem  einzehie  Vorsteher  der  höh.  Lehranstalten 
von  der  Ansicht  ausgegangen  sind,  dafs  durch  denselben  unsere  O.Verf.  vom 
21.  Febr.  1846  in  Wegfäl  gekommen  sei.  Wir  müssen  diese  Ansicht  als  imbe- 
gründet bezeichnen;  die  genannte  Verfügung  bleibt  vielmehr  ihrem  ganzen  Um- 
fange nach  in  Kraft  bestehen.  Namentlich  weisen  wir  darauf  hin,  dal's  nach  wie 
vor  uns  jeder  einzelne  Fall,  in  welchem  die  Ausschliefsung  von  der  Schule 
in  Anwendung  gebracht  wird,  unter  Einsendung  einer  Abschrift  der  betr.  Conferenz- 
Verhandlung  sofort  anzuzeigen  isf 

CVerf.  des  K.  Prov.Sch  C  zu  Münster  v.  21.  Febr.  1846.  „Durch 
die  höheren  Orts  bestätigte  Disciplinar  -  Ordnung  für  die  Gymnasien  und  Pro- 
gymnasien dieser  Provinz  vom  24.  Apr.  1833  ist  im  S  1^  das  Verfahren  bei 
der  unfreiwilligen  Entfernung  der  Schüler  von  den  Lehranstalten  angeordnet 
worden.  Es  ist  dabei  aber  nicht  bestimmt,  ob  und  in  wie  weit  bei  der  Anwendung 
dieser  Strafen  unsere  Genehmigung  nachzusuchen  sei.  Wir  haben  auch  bisher  im 
Vertrauen  auf  die  Humanität  und  Unparteilichkeit  der  Lehrer-CoUegien  und  ihrer 
Vorsteher  eine  nähere  Bestimmung  hierüber  noch  ausgesetzt  und  das  nur  darauf 
beschränkt,  zu  den  periodisch  wiederkehrenden  Directoren-Conferenzen  eine  Nach- 
weisung der  in  der  abgelaufenen  Periode  von  den  einzelnen  Lehranstalten  still 
entfernten,  ausgeschlossenen  und  öffentlich  verwiesenen  Schüler 
nebst  Angabe  der  Gründe  einreichen  zu  lassen,  teils  um  den  Conferenzmitgliedeni 
Gelegenheit  zu  geben,  zu  prüfen,  ob  diese  höchsten  Schulstrafen  in  allen  einzelnen 


483 

F&llen  hinreichend  he^nündet  erschienen»  und  so  eine  gegenseitige  heilsame  Con- 
trolle  auszuüben,  teils  um  auch  ihre  Aufmerksamkeit  und  gemeinsame  Berathung 
auf  die  besonders  hervortretenden  Gründe  und  Umstände,  aus  denen  die  Noth- 
wendigkeit  der  Entfernung  einzelner  Schüler  sich  bei  einzelnen  Anstalten  ergeben 
hatte,  hinzulenken.  Zugleich  haben  wir  auf  diesem  Wege  die  für  unsere  Aufsicht 
nOthige  Kenntnis  von  den  verschiedenen  Disciplinarfällen,  welche  eine  solche  Strafe 
nöthig  gemacht  hatten,  erhalten.  Unser  Vertrauen  zu  den  achtungswerthen  Lehrer- 
collegien,  dafs  sie  nur  in  seltenen  Fällen,  nur  nach  erfolgloser  Anwendung  milderer 
durch  eine  gesunde  Pädagogik  empfohlenen  Schulstrafen,  und  erst  nach  sorgfältiger 
und  besonnener  Erwägung  äler  Umstände  zum  Beschlüsse  der  Entfernung  schreiten 
würden,  ist  auch  im  Ganzen  durch  eine  mehr  als  zwölfjährige  Erfahrung  bestärkt 
worden,  indem  die  Anwendung  dieser  höchsten  Strafen  im  Verhältnisse  zu  der 
grofsen  Zahl  der  in  den  höh.  Lehranstalten  unterrichteten  Schüler  nach  den  uns 
mit  den  Directoren-Conferenz-Protokolleu  eingereichten  Nach  Weisungen  nur  selten 
vorgekommen  ist,  die  öffentliche  Verweisung  sich  aber  nur  auf  ein  paar  Fälle  be- 
schränkt hat  und  nur  sehr  wenige  Beschwerden  über  derartige  Beschlüsse  der 
Lehrercollegien  bei  uns  eingegangen  sind,  welche  auch  nach  sorgfältiger- Prüfang 
als  begründet  nicht  haben  anerkannt  werden  können.  Wenn  wir  daher  auch  den 
Lehrercollegien  für  die  Zukunft  die  Anwendung  dieser  Strafbestimmungen  im 
Wesentlichen  vertrauensvoll  überlassen  können  und  wollen,  so  erachten  wir  es  doch 
für  nöthig,  dafs,  da  wir  uns  in  den  jährlichen  Verwaltungsberichten  an  das  vor- 
gesetzte E.  Ministerium  auch  über  den  disciplinarischen  Zustand  der  unserer  Auf- 
sicht anvertrauten  Anstalten  äufsem  müssen,  uns  jeder  Fall,  wo  der  zweite 
Grad  der  Entfernung  von  der  Schule  in  Anwendung  gebracht  wird,  unter 
Einsendung  des  Conferenzbeschlusses  in  Abschrift  angezeigt  werde.  In  Betreff 
der  öffentlichen  Verweisung,  die  allerdings  nur  selten  vorkommen  wird, 
liegt  es  aber  bei  der  Wichtigkeit  dieser  Strafe  selbst  im  Interesse  der  Lehrer- 
collegien, dafs  die  Anwendung  dieses  Strafgrades  nicht  ohne  unsere  ausdrückliche 
Bestätigung  stattfinde.  So  wie  die  Strafe  dadurch  noch  eine  ^öfsere  Bedeutung 
erhält,  so  wird  auch  das  betr.  LehrercoUegium  auf  diese  Weise  vor  jedem  Vor- 
wurfe einseitiger,  parteiischer  und  leidenschaftlicher  Beschlufsnahme  gesichert,  was 
gerade  in  diesem  Falle  besonders  wichtig  und  wünschenswerth  ist.  Da  überdies 
die  anderen  Lehranstalten,  in  besonders  wichtigen  Fällen  so^ar  die  anderen  Pro- 
vinzialschulcoUegien  von  der  Anwendung  einer  solchen  Strafe  m  Kenntnis  zu  setzen 
sind,  so  ist  es  angemessen,  dafs  dies  von  uns  selbst  geschehe,  was  aber  unsererseits 
nur  dann  mit  aller  Ueberzeugung  geschehen  kann,  wenn  der  BeschluTs  des  Lehrer- 
coUegiums  von  uns  nach  vorhergegangener  Prüfung  bestätigt  ist.  Wenn  also 
ein  Lehrercolleginm  eine  solche  Strafe  für  nothwendig  erachten  sollte,  so  ist 
der  Antrag  der  Bestätigung  bei  uns  in  einem  motivirten  Berichte  unter  Einsen- 
dung des  Conferenzbeschlusses  und  der  Censurlisten  des  zu  verweisenden  Schülers 
aus  den  beiden  letzten  Schuljahren  zu  machen.'* 

I.  S.  885.  CVerf.  des  K.  Pro v.  Seh.  zu  Münster  v.  28.  Jan.  1882. 
„In  Betreff  der  Vollziehung  des  im  S  '^^  der  Disciplinar-Ordnung  für  die  höh. 
Lehranstalten  der  Prov.  Westfalen  v.  J9.  Apr.  1879  unter  die  Strafmittel  aufge- 
nommenen Schularrestes  unter  Aufsicht  sehen  wir  uns  veranlalst, 
folgende  Weisungen  zu  geben,  deren  genaue  Beachtung  vom  Beginn  des  neuen 
Schuljahres  ab  wir  den  Herren  Directoren  (Rectoren)  zur  Pflicht  machen:  1.  Schul- 
arrest unter  Aufsicht  ist  als  ein  geeignetes  Strafmittel  blofs  für  die  Schüler  der 
unteren  und  mittleren  Klassen  anzusehen  und  darf  vom  Eintritt  in  die  Secunda 
nur  ganz  ausnahmsweise  zur  Anwendung  kommen.  Es  ist  festzuhalten,  dafs  beim 
Uebergang  in  diese  erste  der  oberen  Klassen  das  Bestreben  der  Lehrer,  namentlich 
aber  das  der  Ordinarien,  darauf  gerichtet  sein  mufs,  die  sittliche  Kraft  der  Schüler 
in  der  Weise  zu  heben,  dafs  äufsere  Strafen,  wozu  wir  den  Schularrest  rechnen, 
Überhaupt  überflüfsig  werden.  Die  moralische  Einwirkung  des  Lehrers,  im  Noth- 
fall  Verweise  vor  der  Klasse  in  Gegenwart  des  Dir.  oder  durch  denselben,  endlich 
vor  der  Conferenz  müssen  hier  genügen,  um  die  gewöhnlichen  Schüleruntugenden, 
Unfleifs,  Schlaffheit,  Trägheit  u.  s.  w.  zu  beseitigen  oder  die  betr.  Schüler  Avif 
bessere  Wege  zu  leiten.  Solche  Untugenden  werden  in  dem  Mafse  seltener  her- 
vortreten, als  es  dem  Ordinarius  gelingt,  durch  seine  persönliche  Einwirkung  auf 
das  Gemüth  und  die  gereiftere  Einsicht  der  Schüler  dieselben  zum  bewufsten  Er- 

31* 


484 

fassen  der  ihnen  gestellten  Aufgabe  zu  bringen  and  ein  löbliches  Streben  znr 
Erreichung  des  ihnen  gesteckten  Zieles  hervorzurufen;  Hinweisungen  auf  die  noth- 
wendigen  Folgen  fortgesetzten  ünfleiTses  werden  dabei  selten  ihre  Wirkung  ver- 
fehlen. Für  Vergehen  anderer  Art,  als  die  oben  bezeichneten,  wird  für  die  oberen 
Klassen  Carcerstrafe  eintreten  müssen  oder,  wenn  Milderungsgründe  vorhanden 
sind,  Einzelarrest  mit  Einsperrung,  beides  natürlich  nur  nach  BeschluTs  der  Con- 
ferenz.  2.  Die  Aufsicht  bei  dem  Arrest  hat  derjenige  Lehrer  zu  führen,  welcher 
die  Strafe  verhängt  hat,  da  nur  auf  diese  Weise  die  pädagogische  Wechselwirkung 
zwischen  dem  strafenden  Lehrer  und  dem  zu  bestrafenden  Schüler  verbürgt  ist. 
3.  Combinirung  von  Schülern  verschiedener  Klassen  zur  Verbüfsung  von  Arrest- 
strafen (Bildung  einer  sogenannten  Strafklasse]  ist  untersagt,  da  der  Charakter 
der  Strafe  als  solcher  durch  eine  solche  Combinirung  gradezu  aufgehoben  wird 
xmd  diese  Einrichtung,  wegen  des  naheliegenden  Milsbrauchs  derselben  zu  einem 
verwerflichen  Mechanismus  führen  mufs  und  geführt  hat.  4.  Als  geeignete 
Strafzeit  für  die  Abbüfsung  von  Arreststrafen  sind  die  Stunden  nach  SchluTs 
des  Morgen-  oder  Nachmittagsunterrichts  anzusehen,  ausnahmsweise  auch  die  freien 
Nachmittage;  doch  geben  wir  in  Betreff  der  letzteren  den  Herren  Directoren  zu 
erwägen,  ob  es  nicht  wünschenswerth  ist,  diese  zur  Erholung  bestimmten  Nach- 
mittage auch  für  straffällige  Schüler  frei  zu  halten.*' 

I  S.  885.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  3.  Febr.  1887. 
„Indem  wir  durch  wiederholte  Fälle  von  Nichtbefolgung  des  §  21  der  DiscipL- 
Ordn.  f.  d.  höh.  Lehranstalten  der  Provinz  uns  veranlafst  sehen,  daran  zu  erinnern, 
dafs  unter  anderen  als  den  hier  angedeuteten  Voraussetzungen  und  Beschränkungen 
körperliche  Züchtigung  als  Strafe  zu  vermeiden  ist,  halten  wir  es  zugleich  für 
eine  Pflicht  der  D&ectoren  (Rectoren)  und  Lehrer,  die  Ursachen  möglic^t  zu  ver- 
hüten, aus  welchen  pädagogische  MiTsgriffe  dieser  Art  entstehen.  Eine  dieser 
Ursachen  ist  die  an  manchen  Schulen  bestehende  Unsitte,  dafs  es  den  Schülern 
gestattet  oder  wenigstens  nicht  in  geeu^eter  Weise  unmöglich  gemacht  vrird,  sidi 
gegen  einen  vermeintlich  unverdienten  Vorwurf,  Tadel  oder  eine  Bestrafung  seitens 
des  Lehrers  diesem  gegenüber  in  der  Lehrstunde  vor  den  Schülern  zu  ver- 
teidigen. Auch  in  demenigen  Fällen,  wo  der  Schüler  sachlich  in  seinem  Rechte 
wäre,  kann  ihm  eine  Selbstverteidigung  in  der  Regel  nur  nach  der  Stunde 
in  bescheidener  Form  erlaubt  sein,  nicht  aber  während  derselben  in  Gegenwart 
anderer  Schüler.  Die  Gründe  hierfür  sind  folgende:  Wenn  die  Selbstvertei- 
digung des  Schülers  unmittelbar  nach  der  RiXge  (Bestrafung)  vor  der  Klasse  erfolgt, 
80  ist  der  Schüler  gewöhnlich  in^einer  so  erregten  Stimmung,  dafs  ihm  eine  be- 
scheidene Ausdrucksweise  selten  möglich  ist.  Mitunter  werden  auch  gute  Schüler 
bei  der  noch  unentwickelten  Wahrheitsliebe  und  bei  dem  in  diesem  Punkte  häufig 
noch  sehr  der  Stärkung  bedürftigen  Pflichtgefühl  von  einem  unmittelbaren  Drang 
ihrer  Natur  verleitet,  die  ihnen  vom  Lehrer  schuldgegebene  Ungehörigheit  zu 
leugnen.  Dieses  oder  unziemliche,  unbescheidene  Ausdrucksweise,  welche  sich  mit 
der  vielleicht  sachlich  ganz  begründeten  Rechtfertigung  des  Schülers  gern  ver- 
bindet, reizt  dann  wieder  den  Lehrer,  welcher  seine  Autorität  vor  der  Klasse  an- 
gegriffen oder  gar  gefährdet  sieht,  zu  unpädagogischen  Disciplinarmitteln,  zu  be- 
leidigenden Ausdrücken,  zu  unerlaubter  körperUcher  Züchtigung,  überhaupt  zu 
Worten  und  Thaten,  welche  er  nicht  gebrauchen  würde,  wenn  er  dem  Schüler 
nicht  gerade  vor  seiner  Klasse  gegenüber  stände,  oder  welche  nicht  so  tief  ver- 
letzen und  so  schädlich  wirken  würden,  wenn  sie  nicht  gerade  in  solcher  Ll^^e 
erfolgten.  In  der  Unterrichtsstunde  und  vor  der  Erlasse  ist  eben  die  Versuchung, 
sich  zu  vergessen,  för  Lehrer  und  Schüler  sehr  grofs  und  ein  ruhiges  gegenseitiges 
Sichverstehen  sehr  behindert.  Dem  Schüler  fällt  es  schwer  (mitunter  infolge  einer 
der  Jugend  eigenen  Scham)  vor  seinen  Mitschülern  die  bessere  Seite  seiner  Ge- 
sinnung dem  Lehrer  zu  zeigen,  und  dieser  wiederum  meint  seiner  Stellung  etwas 
zu  vergeben,  wenn  er  Gediüd,  Nachsicht  und  Wohlwollen  beweist.  Auch  kommt 
noch  hinzu,  dafs  es  auf  andere  Schüler  eine  zu  Ungehörigkeiten  anreizende  Wirkung 
hat,  wenn  sie  sehen  und  hören,  wie  sich  ein  Wortgefecht  von  Angriff  und  Ver- 
teidigung zwischen  Lehrer  und  Schüler  abspielt.  Eine  derartige  „Scene''  gar 
nicht  aufkommen  zu  lassen,  mufs  als  eine  weise  Forderung  der  Pädagogik  anerkannt 
werden.  Wie  ganz  anders  können  sich  Lehrer  und  Schüler  mit  Vertrauen  in  die 
Augen  sehen,  wenn  nach  der  Unterrichtsstunde  beide  beruhigt  und  lülein  den  Fall 


485 

besprechen.  Wie  kann  es  da  für  den  Lehrer  eine  Bemfspflicht  and  eine  Berufs- 
frende  sein,  zu  erreichen  und  zn  erfahren,  dafs  der  Schüler  sich  für  seine  Worte 
empfänglich  zeigt,  und  wie  kann  da  in  diesem  das  für  die  Erziehung  überaus 
nöthige  Vertrauen  zu  dem  Lehrer  besonders  auch  dadurch  geweckt  und  gestärkt 
werden,  dafs  der  Lehrer  alle  guten  Regungen  wirklich  in  ihm  herausfindet,  aner- 
kennt, fördert  und  je  nach  dem  Ergebnis  seiner  gewissenhaften  Prüfung  der  Ent- 
schuldigung des  Schülers  eine  gerechte  Berücksichtigung  schenkt.  Alles  dieses  ist 
vor  der  Klasse  in  der  Lehrstunde,  die  ja  wesentlich  dem  Unterricht  und  zwar 
aller  Schüler  gilt,  meist  unmöglich.  Wir  machen  es  daher  allen  Lehrern,  ins- 
besondere aber  den  Directoren  und  den  Ordinarien  zur  Pflicht,  mit  allen  geeigneten 
Mitteln  dahin  zu  wirken,  dafs  die  Selbstverteidigung  des  Schülers  aus  den  Lehr- 
Btunden  verschwindet.  Eine  einheitliche  Gewöhnung  von  den  untersten  Klassen 
an  und  eine  durch  alle  Klassen  fortgehende  consequente  Einwirkung  aller  Lehrer 
wird  das  üebel  der  Selbstverteidigung  oder,  was  dasselbe  ist,  des  Widerspruchs 
vor  der  Klasse  und  die  hieraus  entstehenden  Störungen  des  Unterrichts  um  so 
sicherer  beseitigen,  je  mehr  der  Schüler  erfährt,  dafs  er  jede  Rechtfertigung  wie 
jedes  begründete  sonstige  Anliegen  aufs  erhalb  desselben  in  der  rechten  Weise 
dem  Lehrer  vorbringen  soll." 

I  S.  885.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zuMünsterv.  J4.  April  1886. 
„Wir  veranlassen  hierdurch  die  Herren  Directoren  (Rectoren),  den  Lehrercollegien 
bekannt  zu  machen,  dafs  zu  den  körperlichen  Züchtigungsmitteln  (Discipl.Ord.  f. 
d.  höh.  Lehranstalten  d.  Prov.  Westfalen  v.  19.  April  l«79  §  21)  Ohrfeigen 
und  überhaupt  Schläge  an  denKopf  nicht  gehören  und  unter  allen  Umständen 
untersagt  sind.*' 

I  S.  342.  Declaration  für  das  Alinea:  „Wenn  Schüler,  welche  wegen 
Teilnahme  an  einer  Verbindung'*  u.  s.  w.  aus  C.Verf.  v.  7.  Juli  1880:  .... 
„Aus  dem  Zusammenhange  und  der  Absicht  der  gesamten  Verfügung  ergiebt  sich, 
dafs  bei  den  in  dem  fraglichen  Alinea  gegen  eine  Pension  angeordneten  Mafsnahmen 
irgend  eine,  in  Mangelhaftigkeit  der  Aufsicht  liegende  Schuld  des  Pensions- 
halters vorausgesetzt  ist.  Diese  Voraussetzung  ist,  als  in  der  Regel  zutreffend, 
nicht  zu  besonderem  Ausdrucke  gebracht;  auch  ist  die  über  eine  Pension  in  dem 
fraglichen  Falle  zu  verfügende  Strafe  nicht  als  eine  blofs  eventuelle  bezeichnet, 
um  nicht  den  Director,  dem  hiermit  die  Entscheidung  zugewiesen  würde,  in  jedem 
Falle  den  Weiterungen  der  Remonstration  und  der  Beschwerde  auszusetzen.  In 
dem  nur  als  Ausnahme  zu  betrachtenden  Falle,  dafs  bei  einer  Beteiligung  aus- 
wärtiger Schüler  an  einer  Verbindung  dem  Pensionshalter  keinerlei  Vorwurf  treffen 
sollte,  hat  der  Dir.  unter  Nachweis  dieser  Sachlage  die  Abstandnahme  von  den 
gegen  die  Pension  sonst  zu  treffenden  Mafsnahmen  bei  dem  K.  Prov.Sch.C.  zu 
beantragen,  und  das  K.  Prov.Sch  C.  wird,  sofern  es  die  Schuldlosippkeit  des  Pensions- 
halters anerkennt,  in  Ausführung  der  Absicht  der  C.Verf.  diese  Abstandnahme 
Seinerseits  bewilligen.** 

I  S.  848.  Min.Verf.  v.  31.  März  1884.  „Obschon  ich  aus  dem  Bericht 
des  K.  Prov.Sch.G.  ersehen  habe,  dafs  der  Unfug  des  Verbindungswesens 
unter  den  Schülern  höh.  Lehranstalten  seit  dem  Jahre  1880  eine  erhebliche  Ab- 
nahme erfahren  hat,  und  dafs  ein  Zusammenhang  der  in  dortiger  Provinz  bestan- 
denen Verbindungen  mit  dem  s.  g.  „deutschen  Couleurverband**  vom  April  1877 
überall  nicht  nachzuweisen  ist,  so  sehe  ich  mich  doch,  im  Hinblick  auf  die  mehrfach 
beobachtete  Neigung,  Schülerverbindungen  einzelner  Anstalten  mit  ähnlichen  aus- 
wärtigen Vereinigungen  in  ein  gewisses  Kartell-Verhältnis  zu  setzen,  hier- 
durch bestimmt,  die  Aufinerksamkeit  des  K.  Prov.Sch. C,  sowie  der  Ihm  unter- 
stellten Lehrercollegien  auf  diese  bedenkliche  Erscheinung  ausdrücklich  hinzulenken. 
Da  derartige  Beziehungen  von  Anstalt  zu  Anstalt,  von  einer  Provinz  zur  andern 
erfahrungsmäfsig  durch  solche  junge  Leute  vermittelt  werden,  welche  aus  ver- 
schiedenen, meist  unlauteren  Gründen  oft  im  Zeitraum  von  wenigen  Jahren  die 
Anstalt  mehrmals  zu  wechseln  sich  veranlafst  sehen,  so  werden  die  Dirigenten  ge- 
rade auf  diese  Erlasse  von  Schülern  ihr  besonderes  Augenmerk  zu  richten  haben. 
Demgemäfs  wolle  das  K.  Prov.Sch.C.  im  Anschlufs  an  die  C.Verf.  v.  29.  Mai  1880 
(8.  Abt.  I.  S.  339)  den  Anstaltsleitern  es  wiederholt  und  dringend  zur  Pflicht 
machen,  dafs  sie  in  allen  Fällen  des  U  ebergang  8  von  Schülern  einer  Anstalt 


486 

znr  anderen,  in  denen  der  Gmnd  dieses  üebergangs  nicht  klar  nachgewiesen 
ist  oder  das  Betragen  des  znr  Aufnahme  angemeldeten  Schülers  an  der  filher  von 
ihm  besuchten  Anstalt  zn  Ausstellungen  AnlaTs  gegeben  hat,  sorgfältige  Nach- 
forschungen über  das  Vorleben  des  betr.  Schülers  eintreten  lassen  und  in  allen 
ZweifelsnLlIen,  insbesondere  bei  Schülern  der  ersterwähnten  Kategorie,  an  das 
K.  ProY.Sch  C.  berichten,  welches  nöthigenfalls  nicht  versäumen  wird,  mit  dem  betr. 
ProT.Sch.C.  einer  anderen  Provinz  in  Verbindung  zu  treten.  In  der  Regel  werden 
schon  aus  den  Mitteilungen  der  Directoren  unter  einander  die  nOthigen  Unterlagen 
für  die  Beurteilung  des  Einzelfalles  zu  gewinnen  sein«  insbesondere  gilt  dies  auch 
meist  dann,  wenn  ein  derartiger  Schüler  von  einer  Anstalt  eines  anderen  Boades- 
staates  kommt.*' 

I  8.  848.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  9.  Nov.  1886. 
„An  einzelnen  Anstalten  der  Provinz  sind  wieder  Schülerverbindungen  auf- 

fetaucht.  Es  ist  deshalb  erneute  und  verstärkte  Wachsamkeit  erforderlich.  Wir 
eauftragen  daher  Euer  Hochw.,  von  jetzt  an  jedesmal  am  Anfiange  des  Schul- 
halbjahres vor  sämtlichen  Schülern  oder  vor  einzelnen  Klassen  auf  die  grofse  Ver- 
derblichkeit dieses  Unwesens  hinzuweisen  und  ihnen  wegen  der  damit  verbundenen 
Folgen  den  Schmerz  und  die  Trauer  ihrer  Angehörigen  eiDdringlich  vor  Augen 
zu  stellen  und  zu  Gemüthe  zu  führen.  Die  Eltern  selbst  werden  in  ihrem 
eigenen  Interesse  so  viel  als  möglich  zur  Mitwirkung  im  Kampfe  gegen  diese  Ver- 
irrung  zu  gewinnen  sein.  Zu  diesem  Behufe  ist  in  den  Unterrichtsstunden  auf 
die  unverkennbaren  Zeichen  der  Abkehr  von  der  Aufgabe  der  Schule:  Zerstreutheit 
und  Zerfahrenheit,  Schlaffheit  und  Verdrossenheit,  abnehmende  Arbeitsfreudigkeit 
und  verminderte  Leistungsfähigkeit  aufmerksam  zu  achten  und  wo  diese  bemerklich 
werden,  den  Angehörigen  Mitteilung  zn  machen,  um  so  gemeinschaftlich  den  Ge- 
fahren der  Verführung  rechtzeitig  und  wirksam  Einhalt  zu  thun.'' 

IS.846.  CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  29.  Mai  1874  pp. 
„Es  ist  uns  berichtet  worden,  dafs  der  sogenannte  Abschiedscommers  der 
Abiturienten  hier  allgemein  üblich  sei  und  seit  Jahren  unter  Wissen  und  still- 
schweigender Billigung  einzelner  Directoren  und  Lehrer  stattgefunden  habe,  und 
es  hat  sich  für  uns  hieran  die  Erwägung  geknüpft,  in  wie  fem  eine  derartige  an- 
läTslich  des  stattgehabten  Abiturienten- Examens  sich  vollziehende  gesellige  Ver- 
einigung von  Schülern  für  statthaft  erachtet  werden  könne.  Wir  müssen  uns  in 
der  Sache  hiemach  dahin  aussprechen,  dafs  eine  solche  Vereinigung  nur  in  der- 
jenigen Einschränkung  und  unter  derjenigen  ControUe  stattfinden  darf,  welche 
durch  die  Schuldisciplin  geboten  ist.  Es  bedarf  daher  hierzu  jedenfalls  der  vor- 
rangigen Erlaubnis  des  Directors,  und  es  darf  die  bezeichnete  Vereinigung  nur 
im  Beisein  wenigstens  eines  Lehrers  der  Anstalt  statthaben  und  es  dürfen  an 
derselben  nur  Schüler  einer  Anstalt  und  zwar  nur  Primaner  Teil  nehmen.*' 

I  S.  846.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  31.  Jan.  1887. 
„In  Veranlassung  der  neuerdings  wahrgenommenen  Ausschreitungen  in  Abhaltung 
von  Abiturienten-Commersen  erinnern  wir  an  die  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  v. 
29.  Mai  1874,  die  auch  femer  mit  allem  Ernst  aufrecht  zu  halten  ist.  Zur  £r^ 
läuterung  und  Ergänzung  derselben  fügen  wir  hinzu:  1.  dafs  bei  räumlich  in  zwei 
Cötus  geteilter  Prima  nur  die  Oberprimaner  an  dem  Gommerse  teilnehmen  dürfen, 
2.  dafs  von  den  Abiturienten  alle  Lehrer  der  Prima  zum  Commerse  einzuladen 
sind  und  dafs  die  Anwesenheit  des  Directors  wünschenswerth,  die  Teilnahme  min- 
destens eines  Lehrers  der  Prima  unbedingt  erforderlich  ist,  3.  dafs  die  so- 
genannten „Bierzeitungen**  in  keiner  Form  zu  dulden  sind  und  jeder  Versuch 
zur  Einführang  derselben  oder  zur  Beteiligung  an  denselben,  sei  es  von  Seiten 
der  Abiturienten  oder  der  übrigen  Schüler,  strenger  Strafe  unterliegt.  Der  Inhalt 
obenstehender  Bestimmungen  ist  den  Abiturienten  jedesmal  nach  ei^olgter  Zulassung 
zur  Reifeprüfung  in  geeigneter  Weise  durch  den  Director  bekannt  zu  machen  und 
ihnen  ausdrücklich  einzuschärfen,  dafs  dieselben  für  sie  bis  zum  letzten 
Tage  des  betr.*  Schulsemesters  in  Kraft  stehen,  an  welchem  die  Ab- 
gangszeugnisse auszuhändigen  sind.  Die  zurückbleibenden  Schüler  sind,  wie  sich  von 
selbst  versteht,  auch  nach  dem  Schlüsse  des  Semesters  verantwortlich.  Wir  hegen 
die  Hoffnung,  dafs  wenn  diese  Vorschriften  streng  gehandhabt  und  die  Lehier- 
coUegien  nachhaltig  darauf  bedacht  sein  werden,  das  Vertrauen  der  ihrer  Fürsorge 


487 

Überwiesenen  Schüler  zu  gewinnen,  es  allmählich  gelingen  werde,  den  Geist  der 
Pietätlosigkeit  zu  bewältigen,  der  vor  Kurzem  in  einzelnen  Fällen  in  beklagens- 
werther  Weise  zu  Tage  getreten  ist." 

I  S.  861.  C.Verf  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  18.  Jan.  1883. 
„Um  die  Bestimmungen  über  die  Einrichtung  der  Schulzeugnisse  an  den 
höh.  Lehranstalten  mit  den  für  die  Abiturienten-Zeugnisse  im  Prüfungs-Beglement 
von  1882  getroffenen  Abänderungen  und  mit  der  neuen  Ferienordnung  vom  15.  Ja- 
nuar 188:j  in  Einklang  zu  bringen,  ordnen  wir  das  Folgende  an: 

1.  Die  Schüler  aller  Klassen  erhalten  jährlich  viermal  Zeugnisse  und 
zwar :  a)  vor  den  Sommerferien,  b)  vor  den  Michaelisferien,  c)  vor  den  Weihnachts- 
ferien, d)  vor  den  Osterferien.  2.  Zu  beurteilen  sind  in  den  Schulzeugnissen: 
a)  Betragen,  b)  Fleifs  und  Aufmerksamkeit,  c)  Leistungen.  3.  Die  Prädicate  für 
das  Betragen  sind:  gut,  im  Ganzen  gut,  nicht  ohne  Tadel,  tadelns- 
wert (der  Tadel  ist  zu  begründen).  4.  Die  Prädicate  für  Fleifs  und  Auf- 
merksamkeit so  wie  für  die  Leistungen  sind:  sehr  gut,  gut,  genügend, 
wenig  genügend,  nicht  genügend.  Alle  anderen  Prädicate,  als  die  in 
3  und  4  angeordneten,  namentlich  Zusätze  wie  „fasVS  „kaum'*,  ,.ziemlich*', 
„zum  Teil*'  u.  a  sind  unstatthaft.  Auch  dürfen  statt  der  unter  S  und  4  auf- 
geführten Prädicate  weder  im  Concept  noch  in  der  Reinschrift  des  Zeugnisses 
Zahlen  (1,  'J,  .M,  4,  f))  gebraucht  werden.  Die  Keihenfolge  der  Prädicate  ist  an 
geeigneter  Stelle  auf  jedem  Zeugnis  abzudrucken.  5.  Betragen,  Fleifs  und  Auf- 
merksamkeit sind  nicht  für  jeden  Lehrgegenstand  besonders,  sondern  im  Ganzen 
zu  beurteilen.  6.  Das  allgemeine  Urteil  über  Betragen,  Fleifs  und  Aufmerk- 
samkeit der  einzelnen  Schüler  ist  jedesmal  in  einer  Conferenz  aller  Lehrer  der  zu 
beurteilenden  Klasse  unter  Vorsitz  des  Directors  festzustellen.  7.  Bei  allen 
Schülern  ist  eine  Bemerkung  über  den  Schulbesuch,  bei  den  Schülern  von  Tertia 
abwärts  eine  Bemerkung  über  die  Beschaff^enheit  der  Bücher  und  Hefte  in  das 
Zeugnis  aufzunehmen.  8.  In  allen  Klassen  mit  Ausnahme  der  Prima  ist  auf  dem 
Zeugnisse  die  Platznummer  anzugeben,  welche  der  Schüler  auf  Grund  seiner  Ge- 
samtleistungen erhält,  und  die  Gesamtschülerzahl  der  Klasse  hinzuzufügen.  9.  Jedes 
Zeugnis  ist  von  dem  Director  oder  dessen  Stellvertreter  und  dem  Klassenordinarius 
zu  unterzeichnen.  10.  Jedes  Zeugnis  mufs  mit  dem  Vermerke  versehen  sein, 
dafs  es  den  Eltern  oder  Vormündern  vorzulegen  und  demnächst  mit  der  Unter- 
schrift derselben  dem  Ordinarius  der  Klasse  vorzuzeigen  ist. 

Vorstehende  Anordnungen  treten  sofort  in  Kraft.'* 

I  S.  868.  Min.Verf.  v.  29.  Juni  1876  an  das  K.  Prov.Sch.C.  zu 
Münster.  „Auf  den  Antrag  des  K.  Prov.Sch.C.  v.  30.  v.  M.  genehmige  ich  unter 
entsprechender  Abänderung  der  auf  Grund  des  Min.-Rescr.  v.  1.  April  1833  in 
Kraft  getretenen  Disciplinar- Ordnung  für  die  Gymnasien  und  Progymnasien  der 
dortigen  Provinz,  dafs  bei  den  zum  Bessert  desselben  gehörigen  höh.  Lehranstalten 
fortan  in  jedem  Jahre  eine  dreimalige  Censur-Erteilung  in  allen  Klassen,  und 
zwar  zu  Ostern,  Michaelis  und  Weihnachten,  stattfinde,  und  daneben  aUen  demjenigen 
Schülern,  die  es  in  dem  ersten  Teile  des  Sommersem.  an  Fleifs  und  ausreichenden 
Leistungen  haben  fehlen  lassen,  eine  schriftliche  Mahnung  eingehändigt  werde, 
hinsichtlich  deren  nach  Mafsgabe  des  Vorschlages  des  K  Prov.SchC.  zu  verfahren 
ist"  gez.  Falk.  Mitgeteilt  durch  C  Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster 
V.  3.  Juli  l>s7(>  „mit  dem  Bemerken,  dafs  künftighin  aufser  den  dreimaligen  Cen- 
suren  allen  denjenigen  Schülern,  die  es  im  ersten  Teile  des  Sommer-Semesters  an 
Fleifs  und  Leistungen  haben  fehlen  lassen,  nach  Lage  der  Sache  entweder  eine 
kurze  oder  auch  eine  die  verschiedenen  Fächer  mehr  oder  weniger  hervorhebende 
schriftliche  Mahnung  zu  erteilen  ist,  weiche  mit  der  Unterschrift  der  Eltern  oder 
ihrer  Stellvertreter  versehen  vor  den  Sommer-Ferien  dem  Klassenlehrer  resp.  dem 
Director  wieder  eingehändigt  werden  mufs.  Der  Zweck  dieser  Mahnung  ist,  die 
Eltern  rechtzeitig  von  dem  Zurückbleiben  ihrer  Söhne  in  Kenntnis  zu  setzen  und 
durch  ihre  Mitwirkung  die  letzteren  anzuregen,  dafs  sie  die  Sommer-Ferien  und 
die  noch  übrige  Schulzeit  zur  Ergänzung  der  bemerkten  Lücken  und  Mängel 
ernstlich  benutzen  und  sich  für  ein  besseres  Zeugnis  zu  Michaelis  befähigen.'* 

I  S.  867.  CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  3.  Nov.  1884. 
„Aus  den  in  Folge  unserer  Verfügung  vom   8.  Juli  1884  eingereichten  Berichten 


488 

haben  wir  ersehen,  dafs  in  mehreren  Anstalten  ein  zn  weit  gehender  Gebrauch 
von  den  Arreststrafen  gemacht  wird,  während  in  anderen  das  rechte  Mafs  in 
anerkennenswerther  Weise  gehalten  wird.  Um  dem  Uebennafse  zn  steuern,  be- 
gnügen wir  nns  zunächst,  indem  wir  den  Directoren,  Bectoren  und  Ordinarien  die 
gröfste  Wachsamkeit  in  diesem  Punkte  zur  Pflicht  machen ,  auf  folgende,  Ton  der 
4.  Directoren-Conferenz  (1876)  einstimmig  angenommene  Grundsätze  hinzuweisen: 
1.  Die  Hauptaufgabe  der  Strafe  ist  die  Besserung  des  Schülers.  2.  Die 
Strafe  ist  dem  Vergehen  und  soweit  es  mit  der  Gerechtigkeit  vereinbar,  der 
Individualität  des  Schülers  anzupassen.  X  Da  der  Erfolg  der  Strafe  von  dem 
Eindrucke  abhängt,  den  sie  auf  das  Gemüth  macht,  dieser  Eindruck  aber  einer- 
seits durch  die  Seltenheit  der  Anwendung,  andererseits  durch  die  Pei*sönlichkeit 
des  Lehrers  bedingt  ist,  der  sie  verhängt,  so  ist  dem  Lehrer  a)  haushälterische 
Sparsamkeit  in  Anwendung  der  zulässigen  Strafmittel  (vom  strafenden  Blick  bis 
zur  Entziehung  der  Freiheit  und  zur  Verweisung),  b)  unablässiges  Streben  nach 
eigener  sittlicher  Vervollkommnung  und  wissenschaftlicher  Ausbildung  geboten. 

4.  Der  Schule  und  dem  Hause  liegt  das  Erziehungswerk  gemeinschaftlich  ob; 
deshalb  ist  Verbindung  und  Verständigung  der  Schule  mit  dem  Hause  noth wendig. 

5.  Je  weniger  Strafen  stattfinden,  ohne  dafs  die  Förderung  des  Unterrichts  und 
der  sittliche  Geist  der  Anstalt  darunter  leitet,  desto  gröfser  ist  die  Kunst  der 
Erziehung.  6.  Innerhalb  der  vorstehenden  Grundsätze  gebührt  der  Individualität 
der  Lehrercollegien  und  der  einzelnen  Lehrer  möglichst  freie  Bewegung. 

Zugleich  empfehlen  wir  die  gesamten  Verhandlungen  der  Directoren- 
Conferenz  vom  19.— 21.  Juni  1876  über  „die  Regelung  des  Disciplinarverfahrens 
gegen  Schüler"  S.  58—05  zum  Gegenstande  eingehender  Erörterung  und  Berathung 
in  den  Lehrerconferenzen  zu  machen  und  danach,  wo  es  nöthig  sein  sollte,  die  zur 
Verminderung  der  Strafen  geeigneten  Anordnungen  zu  treffen.  Von  dem  Er- 
folge Ihrer  Bemühungen  wollen  Euer  Hochw.  alljährlich  drei  Wochen  nach  dem 
Ende  jedes  Schuljahres,  Talso  nach  Ostern  lb'85,  1^80  etc.)  Bericht  erstatten  und 
die  Uebersicht  über  die  in  diesem  Zeitraum  verhängten  Arreststrafen  beilegen.** 

I  S.  862.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Breslau  v.  8.  Dec.  l,vS^. 
„Um  ein  gleichmäfsiges  Verfahren  hei  der  Bestrafung  von  Schülern  durch  Ans- 
schliefsung  aus  der  Anstalt  herbeizuführen,  bestimmen  wir  Folgendes:  Die 
Strafe  der  Ausschliefsung  aus  der  Anstalt  darf  nur  durch  Conferenzbeschlufs  ver- 
hängt werden.  Sie  geschieht  entweder  in  der  milden  Form  der  stillen  Ent- 
fernung, oder  in  der  strengeren,  der  Verweisung.  In  beiden  Fällen  ist  unter 
Einsendung  einer  Abschrift  des  Conferenzprotokolls  Bericht  an  uns  zu  erstatten; 
dasselbe  gilt  von  der  Androhung  der  Entfernung.  Auf  dem  Abgangs- 
zeugnisse des  Schülers  ist  die  Strafe  der  stillen  Entfernung  so  wie  die  der  Ver- 
weisung ausdrücklich  mit  dieber  Bezeichnung  anzugeben;  ebenso  die  Androhung 
der  Entfernung,  falls  der  Abgang  des  Schülers  unmittelbar  nach  derselben  erfolgt. 
Findet  „Verweisung"  statt,  so  darf  ohne  unsere  Genehmigung  keine  andere  Anstalt 
den  so  Bestraften  aufnehmen.  Bei  der  „stillen  Entfernung*  genügt  es,  dafs  der 
Director,  welcher  den  so  Bestraften  aufnimmt,  uns  davon  Anzeige  macht;  in  be- 
sonderen Fällen  behalten  wir  uns  auch  hierbei  die  Entscheidung  vor/' 

I  S.  808.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  17.  Aug.  l88o\ 
„Unsere  Verfügung  vom  3.  Mai  18/2  (Instruction  S  "^'^  Anm.  2)  unterscheidet 
unter  Nr.  11  Sslt  die  Strafe  der  Ausschliefsung  eines  Schülers  aus  der  Anstalt, 
welche  nur  durch  Conferenzbeschlufs  verhängt  werden  kann,  die  mildere  Form  der 
Entfernung  und  die  strengere  der  Verweisung  (Relegation),  indem  gleichzeitig 
als  erforderlich  bezeichnet  wird,  dafs  eine  eingetretene  Verweisung  zu  unserer 
Kenntnis  gelange.  Wir  sehen  uns  durch  verschiedene  Vorkommnisse  veranlafst, 
diese  Bestimmung  —  auch  in  Ergänzung  des  $44  der  Instruction  —  dahin  zu  er- 
weitem, dafs  über  jeden  Fall  einer  auf  Grund  eines  Conferenzbeschlusses  erfolgten 
Ausschliefsung  eines  Schülers,  mag  dieselbe  als  Entfernung  oder  als  Verweisung 
anzusehen  sein,  sofort  an  uns  zu  berichten  ist.  Die  Herren  Directoren  wollen 
nicht  verfehlen,  in  derartigen  Berichten  auch  den  Thatbestand  bestimmt  anzu- 
geben, auf  Grund  dessen  die  Strafe  der  Ausschliefsung  (Entfernung  oder  Ver- 
weisung) verhängt  worden  ist." 

IS.  865.  Min.Verf.  v.  14.  Juni  1887.  „Euer  Wohlg.  lasse  ich  die  mit 
der  Eingabe  vom  6.  Juni  d.  J.  eingereichten  zwei  Schriften  befolgend  wieder  zu- 


489 

gehen  mit  dem  Hinznfägen,  dafs  nach  den  mafsgeh  enden  Grundsätzen  eine  Prüfung 
von  Lehrbüchern  oder  sonstigen  Lehrmitteln  für  höh.  Schulen  seitens  des  Mini- 
steriums nur  in  dem  Falle  herbeigeführt  wird,  wenn  dieselben  von  den  durch  die 
C.Verf.  V.  12.  Jan.  1880  (I  S.  36H)  hierzu  berufenen  Behörden  zur  Einführung  an 
einer  Schule  beantragt  worden  sind.''    Der  Min.  d.  g.  etc.  A.    Im  Auftr.  Greiff. 

I  S.  872.  C.Verf.  v.  16.  Oct.  1886.  „Es  gereicht  mir  zur  Befriedigung, 
dafs  die  eingehende  Prüfung,  welcher  die  K.  Prov.Sch.CC.  in  Folge  meines  C.Erlasses 
y.  15.  Sept.  y.  J.  ü.  II.  240S  die  in  den  letzten  zwei  Jahren  ausgeführten  neuen 
Anschaffungen  für  die  Schülerbibliotheken  der  höheren  Schulen  unter- 
zogen haben,  im  Wesentlichen  yon  dem  sorgföltigen  Verfahren  der  Lehrercollegien 
bei  der  zu  treffenden  Auswahl  Zeugnis  giebt,  und  daCs  in  den  höchst  yereinzelten 
Fällen,  in  welchen  aus  den  in  meinem  Erlasse  bezeichneten  oder  aus  anderen  be- 
achtenswerthen  Gesichtspunkten  die  Aufnahme  eines  Buches  in  die  Schülerbibliothek 
zu  Bedenken  Anlafs  gegeben  hat,  die  betr.  K.  Proy.Sch.CC.  Abhülfe  haben  eintreten 
lassen.  Die  K.  Proy.Sch.CC.  wollen  die  gleiche  Sorgfalt  der  Prüfung  diesem  Gegen- 
stande auch  fernerhin  zuwenden  und  jedesmal  in  dem  Verwaltungsberichte  Sich 
ausdrücklich  darüber  äul'sem,  ob,  eyent.  in  welchen  bestimmten  Fällen,  die  Auf- 
nahme eines  Buches  in  die  Schülerbibliothek  zu  Bedenken  und  zur  Beseitigung 
Anlafs  gegeben  hat. 

Voraussetzung  dieser  den  K.  Proy.Sch.CC.  obliegenden  Prüfung  ist,  dafs 
Dieselben  über  die  Aufnahme  yon  Büchern  in  die  Schülerbibliothek  jährlich  in 
yollständige  Kenntnis  gesetzt  werden.  An  den  meisten  höh.  Lehranstalten  wird 
dieser  Voraussetzung  dadurch  entsprochen,  dafs  in  den  Jahresprogrammen  der 
jedesmalige  Zugang  zu  der  Schülerbibliothek  yoUständig  yerzeichnet  wird  Dies 
Verfahren  ist  in  jeder  Hinsicht  als  zweckmäfsig  anzuerkennen ;  auch  zeigt  dasselbe, 
dafs  die  Lehrercollegien  die  Kritik  der  yon  ihnen  getroffenen  Auswahl  nicht 
scheuen.  Ein  finanzielles  Bedenken  kann  gegen  dasselbe,  sofern  jede  unnöthige 
Baumyerschwendung  bei  dem  Drucke  yermieden  wird,  füglich  nicht  erhoben  werden. 
Die  K.  Proy.Sch.CC.  haben  daher  darauf  hinzuwirken,  dafs  dieses  Verfahren  zu 
allgemeiner  Anwendung  gelange.  Sollte  dennoch  an  einzelnen  Anstalten  diese 
Veröffentlichung  durch  das  Programm  unterbleiben,  so  haben  jedenfalls  die  Diri- 
genten der  betr.  Anstalten  gleichzeitig  mit  der  Einsendung  des  Jahresprogrammes 
ein  schriftliches  yoUständiges  Verzeichnis  des  Jahreszuganges  zu  den  Schülerbiblio- 
theken den  betr.  K.  Proy.Sch.CC.  einzureichen."    y.  Gofsler. 

I  S.  880  C.Verf.  y.  21.  April  ISStJ.  „In  den  yon  den  höh.  Lehran- 
stalten yeröffentlichten  Programmen  kommt  es  öfters  yor,  dafs  der  Verfasser  der 
den  Schulnachrichten  beigegebenen  wissensch.  Abhandlung  nur  mit  seinem  Familien- 
namen bezeichnet  ist,  ohne  dafs  der  Vorname  (bezw.  die  Vornamen)  hinzugefügt 
oder  durch  die  Anfangsbuchstaben  kenntlich  gemacht  wird.  Von  Seiten  einer 
Bibliotheks-Verwaltung  ist  darauf  hingewiesen  worden,  dafs  diese  ünyollständigkeit 
der  Bezeichnung  zu  einer  Unsicherheit  bei  der  Katalogisirung  der  betr.  Abhandlung 
führt,  welche  zu  y ermeiden  im  Interesse  der  Verfasser  selbst  liegt.  Ich  ver- 
anlasse daher  die  K.  Proy.Sch.CC,  auf  Beseitigung  dieses  gelegentlich  yorkommen- 
den  Mifsstandes  Bedacht  zu  nehmen."  Der  Min.  der  geist.  Ang.  etc.  In  Vertr.: 
Lucanus. 

I  S.  »81.  C.  Verf.  y.  17.  Juni  1873.  „Das  K.  Proy.Sch.C.  yeranlasse 
ich,  die  Directoren  der  höh.  Lehranstalten  Seines  Bessorts  anzuweisen,  dafs  sie 
yon  denjenigen  Programmen,  welche  auf  die  deutsche  oder  die  preufsische  Geschichte 
Bezug  haben,  bald  nach  dem  Erscheinen  ein  Exemplar  an  das  Directorium  der 
Kön.  Staatsarchive  hierselbst  einsenden."    Der  Min.  etc. 

I  S.  881.  C.  Verf.  des  K.  Proy.Sch.C.  zu  Münster  y.  6.  Mai  1881. 
„Durch  einen  Specialfall  sehen  wir  uns  yeranlafst,  in  Betreff  des  Abdrucks  der 
Programme  und  der  denselben  beigefügten  Abhandlungen  auf  unsere  C.Verf.  y. 
9.  Dec.  1861  mit  Nachdruck  wieder  aufmerksam  zu  machen.  Durch  die  genannte 
Verf.  ist  mit  Genehmigung  des  Herrn  Min.  die  Vorlage  des  Programmes  bei  uns 
vor  dem  Abdrucke  desselben  nachgelassen  und  die  Entscheidung  darüber  den  Di- 
rectoren und  Bectoren  übertragen,  allein  zugleich  die  Erwartung  ausgesprochen, 
dafs  den  Directoren  etc.  nicht  entgehen  werde,  wie  mit  dieser  Erweiterung  ihrer 
Befugnisse  auch  ihre  Verantwortlichkeit  eine  gröfsere  Ausdehnung  erhalte,   und 


490 

dafB  sie  bemüht  sein  werden,  dem  ihnen  geschenkten  Vertrauen  auch  in  diesen 
Punkten  zu  entsprechen/'  Wir  weisen  daher  die  Directoren  etc.  wiederholentlich 
daraufhin,  sich  das  Manuscript  der  Programm- Abhandlungen  vor  dem  Drucke 
vorlegen  zu  lassen,  indem  sie  für  alle  Veröffentlichungen,  welche  im  Namen  der 
AnstiQt  erfolgen,  die  yolle  Verantwortlichkeit  zu  tragen  haben.*' 

I  S.  886.  C.Verf.  y.  13.  Mai  18»7.  „Mit  Bezug  auf  Nr.  4  der  von  dem  K. 
Prov.Sch.C.  unterm  9.  April  d.  J.  an  die  Dirigenten'  der  staatlichen  höh.  Lehr- 
anstalten dortigen  Bezirkes  erlassenen  C.Verf.,  betreffend  die  Bewilligung  von  Schul- 
geldbefireiungen,  bemerke  ich,  dafs  nach  den  mit  dem  H.  Finanz-Minister  vereinbarten 
Grundsätzen  die  Lehrersöhne  hinsichtlich  der  Befreiuun^  vom  Schulgelde  ^nau 
ebenso  zu  behandeln  sind,  wie  andere  Schüler.  Demgemäfs  ist  die  Bewilligung 
von  Schulgeldbefreiungen  an  Lehrersöhne,  sofern  nicht  ein  besonderer  Bechts- 
anspruch  auf  diese  Befreiung  besteht,  auf  diejenigen  P&Ue  zu  beschränken,  in  denen 
die  Bedürftigkeit  und  Würdigkeit  des  betr.  Schülers  nachgewiesen  ist,  und  sind 
die  hiemach  vom  Schulgelde  befreiten  Lehrersöhne  in  den  üblichen  und  reichlich 
bemessenen  Procentsatz  der  Freischüler  von  Zehn  vom  Hundert  miteinzurechnen. 
Das  K.  Prov.Sch.C.  wolle  dementsprechend  den  betr.  Teil  Seiner  C.Verf.  abändern 
und  von  dem  Geschehenen  denmächst  Anzeige  machen.*'        v.  Gbfsler. 

I  S.  887.  C.Verf.  des  K.  Pro v. Seh. C.  zu  Breslau  v.  28.  Juli  1887 
an  die  Kassen -Verwaltungen.  „Aus  Anlafs  eines  Specialfalles  ordnen  wir  hiermit 
an,  dafs  das  bei  sämtlichen  höh.  Unterrichtsanstalten  staatlichen  Patronats  viertel- 
jährlich praennmerando  fällige  Schulgeld  für  die  Zukunft  am  ersten  spätestens 
aber  am  zweiten  Schultage  eines  jeden  Ealenderquartals  und  zwar  von  allen  den- 
jenigen Schülern  einzuziehen  ist,  von  denen  nicht  bereits  vor  dem  Beginne  des 
bezüglichen  Ealenderquartals  der  für  den  erst  im  Laufe  des  ersten  Monats  des- 
selben stattfindenden  Schlufs  des  Schulsemesters  beabsichtigte  Abgang  vorschrifts- 
mäfsig  angezeigt  worden  ist." 

I  S.  889.  Stipendienfonds  für  Studirende  und  für 
Schüler  höherer  Lehranstalten.  Durch  den  diesjährigen  Staatshaus- 
halts-Etat sind  zu  Stipendien  I)  für  Studirende  deutscher  Herkunft  zum  Zwecke 
späterer  Verwendung  derselben  in  den  Provinzen  Westpreufsen  und  Posen,  sowie 
für  Studirende  aus  dem  Regierungsbezirke  Oppelu  100  000  Mk.  2)  für  Schüler 
deutscher  Herkunft  auf  höheren  Lehranstalten  in  den  Provinzen  Westpreufsen  und 
Posen,  sowie  für  Schüler  höherer  Lehranstalten  im  Begierungsbezirke  Oppeln 
50000  Mk.  bewilligt  worden. 

Der  Zweck  der  Fonds  zu  Schülerstipendien  ist  nicht,  den  Besuch  der  höh. 
Lehranstalten  zu  vermehren,  vielmehr  soll  der  Fonds  dazu  dienen,  der  loyalen  deutschen 
Bevölkerung  die  Erziehung  ihrer  Söhne,  insofern  die  letzteren  sich  durch  Fleifs 
und  gute  ^Ihrnng  auszeichnen,  angemessen  zu  erleichtem.  In  der  Regel  werden 
die  Stipendien  im  jährl.  Betrage  von  je  150  bis  450  Mk.  nur  an  Schüler  der  drei 
oberen  Elassen  verliehen  werden.  Bewerbungsgesuche  der  Eitern  oder  der  Vor- 
münder sind  an  die  Herren  Oberpräsidenten  der  bezeichneten  Landesteile  zu  richten. 

Der  Stipendienfonds  für  Studirende  ist  dazu  bestimmt,  für  den  Staats-, 
Eirchen-  und  Gemeindedienst,  für  den  ärztlichen  Beruf  und  die  sonstigen,  eine 
höhere  Berufsbildung  erfordernden  Stellungen,  wie  die  der  Apotheker,  Architekten, 
Feldmesser,  Zahnärzte  etc.,  einen  Stamm  tüchtiger  deutscher  Beamten  etc.  zu  ge- 
winnen. Der  Fonds  ist  daher  nicht  auf  Angehörige  Preufsischer  Universitäten  be- 
schränkt, sondern  auch  für  Studirende  anderer  höherer  Preufsischer  Unterrichts- 
anstalten —  technischer  Hochschulen,  Berg-,  Forst-  und  landwirthschi^tlicher 
Akademien  —  verwendbar.  Bedingung  der  Verleihung  ist,  aufser  dem  Nachweise 
des  Fleifses  und  der  sittlichen  FtUirung,  die  von  dem  Stipendiaten  reversmäfsig 
übernommene  Verpflichtung,  nach  Beendigung  seiner  Studien  während  der  Vorbe- 
reitungszeit zu  dem  künftigen  Berufe  bezw.  bis  zur  definitiven  Anstellung  oder 
bis  zum  Beginne  der  Ausübung  des  Berufes  und  nachdem  diese  erfolgt  ist, 
mindestens  fünf  Jahre  in  dem  gewählten  Berufe  in  den  gedachten  Bezirken  zu 
verbleiben.  Bewerbungen  um  Stipendien,  welche  in  der  Regel  im  jährlichen  Be- 
trage von  je  800  bis  900  Mk.  werden  verliehen  werden,  sind  gleichfudls  an  die 
betr.  Herren  Oberpräsidenten  zu  richten.  Für  einzelne  besonders  geeignete  Fälle 
hat  sich  der  Herr  Minister  der  geistlichen  etc.  Aug.  die  Bewilligung  der  Stipendien 
vorbehalten. 


491 

I  S,  484.  CVerf.  deaK.  Prov.Sch  C.  zu  Münster  v.  22. Sept.  1885. 
„In  Veranlassung  eines  Specialfalles  bemerken  wir,  daCs  eine  begonnene,  aber  auf- 
gegebene Abi  tnrientenp  ruf  nng  in  allen  Fällen  einer  nicht  bestandenen  gleich- 
zusteUen  ist,  mit  der  alleinigen  Ausnahme,  dafs  sofort  beim  Aufgeben  der  PrüAing 
nachgewiesen  und  von  dem  K  Gommissar  anerkannt  wird,  dafs  die  Prüfung  in 
Folge  einer  Erkrankung  des  Prüflings  hat  aufgegeben  werden  müssen.  Euer 
Hochw.  haben  daher  in  den  Abgangszeugnissen  der  oben  bezeichneten  Schüler, 
wenn  sie  auch  nur  eine  schriftliche  Arbeit  mitgemacht  haben,  das  ungenügende 
Ergebnis  der  Abgangsprüfung  im  Eingange  zu  erwähnen." 

I  S.  489.  C.Verf  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Münster  v.  27.  April  1887. 
„Aus  Veranlassung  eines  besonderen  Falles  machen  wir  die  Herren  Directoren 
(Rectoren)  darauf  aufmerksam,  dafs  durchaus  alles  zu  vermeiden  und  zu  verhüten 
ist,  was  nach  der  schriftlichen  Prüfung  der  Abiturienten  diese  dazu  veranlassen 
kann,  auf  eine  Befreiung  von  der  mündlichen  Prüfung  zu  rechnen.  Weil 
von  allen  Abiturienten  verlangt  werden  mufs,  dafs  sie  auch  denjenigen  ünterrichts- 
gegenständen,  in  welchen  nur  mündlich  geprüft  wird,  die  gebührende  Wichtigkeit 
beilegen  und  den  erforderlichen  Fleifs  zuwenden,  weil  femer  auch  bei  dem  besten 
Ausfall  der  schriftlichen  Prüfung  die  Befreiung  von  der  mündlichen  nicht  eintreten 
mufs,  sondern  von  jedem  Mitglied  der  Prüfungscommission  z.  B.  wegen  ünfleifses, 
oder  einer  nicht  hinreichend  befriedigenden  sittlichen  Führung  des  Abiturienten 
oder  aus  sonstigen  gerechtfertigten  Gründen  und  pädagogischen  Rücksichten,  vom 
E.  Gommissar  aber  schon  zu  dem  Zweck  verssigt  werden  kann,  um  hin  und  wieder 
auch  von  den  besten  Schülern  einen  Eindruck  ihrer  Leistungen  in  Religionslehre, 
Geschichte.  Geographie  und  manchen  anderen  nur  mündlich  zu  prüfenden  ünter- 
richtszweigen  zu  bekommen,  weil  endlich  die  den  schriftlichen  Prüfungsarbeiten 
erteilten  Prädicate  von  dem  K.  Gommissar  noch  in  der  der  mündlichen  Prüfung 
vorausgehenden  Berathung  abgeändert  werden  dürfen,  wodurch  der  Dispensation 
leicht  die  Unterlage  entzogen  wird,  so  kann  es  zu  höchst  nachteiligen  Enttäuschungen 
führen  und  sehr  schädliche  Folgen  haben,  wenn  ein  Abiturient  sich  darauf  ver- 
lassen hat»  von  der  mündlichen  Prüfung  dispensirt  zu  werden  und  dann  in  diese 
eintreten  mufs.  Es  ist  daher  Pflicht  der  Directoren  und  Lehrer  dahin  zu  wirken, 
dafs  die  in  den  schriftlichen  Prüfungsarbeiten  zugedachten  Prädicate  nicht  zur 
Kenntnis  der  Schüler  gelangen  und  jeder  Abiturient  mit  der  Möglichkeit  rechnet 
auch  mündlich  geprüft  zu  werden.  —  (Gompensation.)  Aus  gleicher  Veran- 
lassung weisen  wir  auf  einen  Irrtum  hin,  in  welchem  nicht  selten  Abiturienten 
hinsichtlich  des  §  IJj  3  der  Prüfungsordnung  befangen  sind,  als  hätten  sie  einen 
Anspruch  darauf,  dafs  nicht  genügende  Leistungen  in  einem  Lehrgegenstande 
durch  gute  in  eiiiem  anderen  obligatorischen  Lehr^egenstande  als  ergänzt  erachtet 
würden.  Die  Prüfungsordnung  stellt  diesen  Fall  nicht  als  eine  normale  Erscheinung 
und  noch  weniger  als  ein  dem  Prüfling  gebührendes  Recht,  sondern  nur  als  eine 
zulässige  Vergünstigung  hin,  deren  Gewährung  also  nach  sachlichen,  die  Wichtig- 
keit der  Unterrichtsgegenstände  wie  auch  die  Würdigkeit  des  Abiturienten  be- 
rücksichtigenden Motiven  dem  Ermessen  der  Prüfungscommission  anheimgesteUt 
ist.  Nach  dem  Ministerialerlafs  vom  'J4.  Dec.  \SöA  (s.  Abt.  I  p.  427)  aber  darf 
diese  Vergünstigung  keinesfalls  dann  gewährt  werden,  wenn  die  nicht  genügenden 
Leistungen  in  einem  Gegenstand  unter  dasjenige  Mafs  herabgehen,  welches  für 
die  Versetzung  nach  Prima  erfordert  wird.  Es  ist  daher  nothwendig  solche  Schüler 
überhaupt  nicht  eher  nach  Oberprima  zu  versetzen,  als  bis  sie  in  demjenigen  Fach, 
in  welchem  sie  in  der  Prüfung  voraussichtlich  nicht  genügen  werden,  sich  wenigstens 
die  zur  Versetzung  nach  Unterprima  zu  erfordernden  Kenntnisse  genügend  ange- 
eignet haben." 

I  S.  489.  G.  Verf.  des  K.  Prov.Sch.G.  zu  Münster  v.  27.  April  1878. 
„Die  Protokolle  über  die  mündliche  Prüfung  der  Abiturienten  sind  bei 
verachiedenen  Anstalten  nicht  immer  in  zweckentsprechender  Weise  geführt  worden. 
Wir  beauftragen  daher  Euer  W.,  dieser  Angelegenheit  eine  erhöhte  Aufmerksam- 
keit zuzuwenden  und  dieselbe  in  Gemeinschaft  mit  den  übrigen  Mitgliedern  der 
Abiturienten-Prüfnngs-Gommission  in  geeigneter  Weise  zu  ordnen ;  wobei  folgende 
Punkte  vorzugsweise  zu  beachten  sein  werden:  1.  Der  Eingang  des  Protokolls 
und  die  allgemeine  Anlage  desselben  hat  genau  nach  §  25  des  Prüfungs-Reglements 
zu  erfolgen;  Wiese  I.  S.  197  (2.  Ausg.).        2.   Der  Dir.  hat  vor  dem  Beginn  der 


492 

mtindl.  Prüfung  die  ProtokoUfährer  f&r  die  einzelnen  Prüfongsgegenstände  zn  be- 
stimmen. 3.  Das  Protokoll  wird  über  jeden  Prüfungsgegenstand  anf  einem  be- 
sonderen Bogen  geführt.  Diese  Bogen  sind  nngeheftet  mit  den  übrigen  Acten 
s.  Z.  an  uns  einzuschicken  und  erst  nach  der  Rücksendung  zu  den  Acten  zu  heften. 
4.  In  dem  ProtokoUe  ist  mit  möglichster  üebersichtlichkeit,  aber  doch  mit  Be- 
stimmtheit und  Genauigkeit  bei  dem  Namen  jedes  Abiturienten  zu  vermerken, 
worüber  er  geprüft  worden  und  wie  er  darin  bestanden  hat.  5.  Da  von  den 
Gegenständen  der  mündlichen  Prüfung  nur  die  Geschichte  keine  besondere  Er- 
gänzung durch  eine  schriftliche  Prüfungsarbeit  findet,  so  ist  das  Protokoll  über 
die  geschichtliche  Prüfung  mit  besonderer  Sorgfalt  zu  führen,  so  dafs  aus  dem- 
selben der  Gang  der  Prüfung  überhaupt  und  die  Leistungen  der  einzelnen  Abi- 
turienten in  den  verschiedenen  Gebieten  vollständig  zu  ersehen  sind.  Das  Protokoll 
wird   daher  bei  den  meisten  Anstalten   eingehender,   als  bisher,   zu  fuhren   sein. 

Eon  dem  freien  Vortrage,  den  die  Abiturienten  zu  halten  haben,  ist  eine  kurze 
haltsangabe  beizufügen.]  Die  Prüfung  selbst  hat  sich  in  angemessener  Auswahl 
der  bedeutendsten  Abschnitte  über  das  ganze  Gebiet  der  Geschichte  zu  erstrecken 
und  namentlich  auch  eine  angemessene  Periodeneinteilung  in  der  Geschichte  der 
Hauptculturvölker  zu  verlangen.  Es  ist  bemerkt  worden,  dafs  die  Geschichte  des 
16.  Jahrb.  und  die  Geschichte  Preufsens  resp.  Deutschlands  seit  1806  bei  vielen 
Anstalten  zu  wenig  berücksichtigt  zu  sein  scheinen,  während  eher  auf  eine  ein- 
gehende Geschichte  Brandenburgs  vor  der  Zeit  des  grofsen  Kurfürsten,  die  mehr- 
fach verlangt  worden,  Verzicht  zu  leisten  sei.** 

I  S.  489.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Cassel  v.  16.  Mai  1883:  „In 
Folge  mehrfacher  uns  zur  Kenntnis  gekommener  Anfragen  und  Bedenken  sehen 
wir  uns  veranlafst  den  HH.  Directoren  etc.  hinsichtlich  der  durch  die  Entlassungs- 
prüfuugsordnung  vom  vor.  J.  gegebenen  Vorschriften  nachfolgende  declara- 
torische  Bestimmungen  zugehen  lassen:  1  Wenn  durch  §  8,  2  vorgeschrieben 
ist,  dafs  der  zum  Uebersetzen  in  das  Deutsche  bestimmte  griechische  bezw. 
lateinische  Text  den  Abiturienten  der  Gymn.  bezw.  Bealgymn.  zu  dictiren  sei,  so 
hat  dabei  nicht  die  Absicht  obgewaltet,  dafs  der  nachgeschriebene  Text  als  solcher 
eine  Probe  für  die  sprachlichen  Kenntnisse  der  Examinanden  abgeben  soll.  Viel- 
mehr ist  das  Dictiren  des  Textes  deswegen  angeordnet,  weil  es,  behufs  der  Fem- 
haltung etwaiger  Versuche  ungehöriger  Vorbereitung  oder  gar  directer  Täuschung 
seitens  der  Abiturienten,  als  nicht  zulässig  erachtet  wurde  zu  gestatten,  dafs  jedem 
Examinanden  ein  gedrucktes  Exemplar  des  betr.  Textes  vorgelegt  würde.  Es 
bleibt  aber,  wie  wir  Ihnen  hierdurch  eröffnen,  dem  Lehrer,  welcher  die  vorer- 
wähnte Uebersetzung  zu  beurteilen  hat,  unbenommen,  den  dictirten  Text  für  die 
Examinanden  im  Arbeitszimmer  aufzulegen.  Auch  ist  eine  mechanische  Verviel- 
föltlgung  des  Textes  nicht  ausgeschlossen,  sofern  der  betr.  Lehrer  sie  selbst  an- 
fertigt und  die  Verantwortlichkeit  für  ihre  Geheimhaltung  übernimmt.  2.  In 
§  17,  f)  Absatz  8  der  Prüfungsordnung  ist  für  die  bei  der  Gymnasial-  bezw.  Beal- 
Beifeprüfung  von  Extraneern  zu  verlangende  uebersetzung  aus  dem  Deutschen  in 
das  Griechische  und  in  das  Französische,  bezw.  in  das  Lateinische,  die  Angabe 
eines  bestimmten  Zeitmafses  nicht  vorgesehen.  Nach  Mafsgabe  der  in  §  8,  2  ent- 
haltenen analogen  Zeitbestimmungen  sind  für  die  gedachten  üebersetznngen,  aus- 
schliefslich  der  für  das  Dictiren  des  deutschen  Textes  erforderlichen  Zeit,  je  zwei 
Stunden  einzuräumen.  3.  Auch  an  den  Progymnasien,  bezw.  Bealgymnasien 
sind  für  die  durch  §  6  vorgeschriebenen  Üebersetznngen  aus  dem  Deutschen  in 
das  Griechische  und  in  das  Französische,  bezw.  in  das  Lateinische,  ausschliefslich 
der  für  das  Dictiren  des  deutschen  Textes  erforderlichen  Zeit,  je  zwei  Stunden 
anzusetzea."    An  die  Herren  Directoren  u.  s.  w. 

I  S.  W).  CVerf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Schleswig  v.  17.  Oct. 
1882.  „In  Folge  mehrfacher  Anfragen,  welche  teils  an  uns,  teils  an  unseren 
Departementsrath  ergangen  sind,  sehen  wir  uns  veranlafst,  über  die  Ausführung 
der  Bestimmungen,  welche  in  den  neuen  Entlassungsprüfungsordnungen  für  die 
Gymnasien,  bezw.  die  Bealgymnasien,  in  Betreff  der  Uebersetzung  aus  dem 
Griechischen,  bezw.  dem  Lateinischen,  gegeben  sind,  den  Herren  Directoren  fol- 
gende Mitteilungen  zugehen  zu  lassen.  1 .  Wenn  in  §  8,  2  der  Prüfungsordnungen 
das  Dictiren  der  üebersetzungs- Vorlage  vorgesehen  ist,  so  hat  damit  nicht  dem,  was 
von  den  Examinanden  nach  dem  Dictate  niedergeschrieben  wird,  an  sich  ein  G«- 


493 

wicht  bei  der  Prüfung  beigelegt  werden  sollen;  vielmehr  ist  deswegen  von  der 
Vorlegung  gedruckter  Schriftstellerexemplare  abgesehen,  damit  Täuschungsversuche 
der  Examinanden  erschwert  und  die  Auswahl  der  Texte  nicht  auf  einen  zu  engen 
Kreis  geeigneter  Werke  beschränkt  werde.  Es  bleibt  daher  dem  die  Aufsicht 
bei  der  bezügl.  Prüfung  führenden  Lehrer  unbenommen,  den  dictirten  Text  zur 
Einsicht  für  die  Examinanden  im  Arbeitszimmer  aufzulegen  und  so  Gelegenheit 
zu  geben,  die  Versehen,  welche  beim  Nachsclureiben  untergelaufen  sein  sollten, 
nachträglich  zu  beseitigen.  Auch  würde  eine  mechanische  Vervielfältigung  des 
Textes  nicht  ausgeschlossen  sein,  sofern  der  betr.  Fachlehrer  sie  selbst  anfertigte 
und  die  Verantwortlichkeit  für  deren  Geheimhaltung  übernähme.  2.  Durch 
§  7,  5  ist  vorgeschrieben,  da(s  für  die  Uebersetzung  aus  dem  Griechischen  bezw. 
dem  Lateinischen,  drei  Textesvorschläge  dem  K.  Prüfungscommissar  einzusenden 
sind.  Sofern  nicht  von  dem  Fachlehrer  Aenderungen  in  dem  Schriftstellertexte 
als  erforderlich  angesehen  werden,  wird  es  genügen,  wenn  die  in  Vorschlag 
kommenden  Texte  durch  genaue  Citirung  der  betr.  SteUe  (nach  Ausgabe  des  Werks, 
Buch,  Kapitel,  Paragraph  u.  s.  w.)  unter  Hinzufügung  der  Anfangs-  und  der 
Schlnfsworte  bezeichnet  werden.  Erscheinen  dagegen  Aenderungen  im  Texte 
als  erforderlich,  so  ist  dieser  in  derjenigen  Form,  welche  der  Uebersetzung  zu 
Grunde  gelegt  werden  soll,  geschrieben  einzusenden.  3.  Die  nach  §  9,  3  der 
Prüfungsordnungen  mit  den  schriftlichen  Arbeiten  zusammen  einzureichende  Ueber- 
setzungsorlage  mufs  jedenfalls  vollständig  ausgeschrieben,  bezw.  gedruckt  beige- 
fügt werden." 

I  S.  440.  C.Verf.  des  K.  Prov.Sch.C.  zu  Berlin  v.  U.  Aug.  1885. 
„Der  Herr  IViinister  hat  unter  dem  15.  v.  M.  bestimmt,  dafs  die  Verpflichtung  der 
Wiss.  Prüfungscommission  zu  der  Revision  der  Abiturientenarbeiten  zwar 
im  Princip  festgehalten  werde,  die  regelmäfsige  Revision  derselben  aber  fortan  in 
Wegfall  kommen  und  überhaupt  eine  Revision  nur  auf  besondere  Anordnung  er- 
folgen solle.  Demgemäfs  ordnen  wir  hierdurch  an,  dafs  die  Prüfungsverhand- 
lungen in  der  bisherigen  Weise  in  Zukunft  nicht  mehr  an  uns  eingesendet  werden. 
Die  Einsendung  hat  abgesehen  von  dem  Falle  besonderer  Anordnung  nur  dann 
stattzufinden,  wenn  unser  Departementsrath  die  Prüfung  nicht  persönlich  ge- 
leitet hat.« 

I  S.  472.  C.Verf.  V.  13.  Juli  1886.  „Das  Zeugnis  der  wissensch. 
Befähigung  für  den  einj.  freiwilligen  Militärdienst  ist  für  die  Schüler 
aller  höh.  Lehranstalten,  ohne  dafs  die  Verschiedenheit  ihres  Lehrplanes  einen 
Unterschied  herbeiführt,  an  derselben  Stelle  des  Lehrcursus  erreichbar,  nämlich 
am  Abschlüsse  des  sechsten  Jahrescursus. 

Bei  derjenigen  Kategorie  der  höh.  Schulen,  welche  die  beschränkteste  Lehr- 
dauer hat,  den  höh.  Bürgerschulen,  fällt  der  Zeitpunkt  der  Erreichbarkeit  des 
Zeugnisses  der  wissensch.  Befähigung  für  den  einj.-freiw.  Militärdienst  zusammen 
mit  dem  Abschlüsse  des  Lehrcursus  selbst,  an  welchem,  wie  an  allen  Kategorien 
der  höh.  Schulen,  die  Einhaltung  der  Lehrziele  durch  die  Einrichtung  einer  staatlich 
controlirten  Abgangsprüfung  sicher  gestellt  wird.  Demnach  wird  von  den  höh. 
Bürgerschulen  die  wissensch.  Befähigung  f.  d.  einj.-freiw.  Militärdienst  durch  das 
Bestehen  der  Abgangsprüfung  erwiesen.  (Klasse  C  des  Verzeichnisses  der  militär- 
berechtigten höh.  Lehranstalten.) 

Bei  derjenigen  Kategorie  der  höh.  Schulen,  deren  Lehrdauer  über  den 
sechsten  Jahrescursus  um  eine  oder  um  drei  Jahresklassen  hinausreicht,  wird  die 
Höhe  der  für  die  Absolvirung  des  sechsten  Jahrescursus  —  bezw.  für  die  Ver- 
setzung nach  Obersecunda  —  zu  stellenden  Forderungen  dadurch  sicher  gestellt, 
dafs  auf  diesen  Zeitpunkt  noch  eine  oder  drei  aufsteigende  Jahresklassen  folgen 
und  in  ihren  Leistungen  durch  die  unter  Staatsaufsicht  gehaltene  Abgangsprüfung 
controlirt  werden.  Das  von  dem  Lehrercollegium  auf  Grund  der  darüber  be- 
stehenden Instructionen  ausgestellte  Zeugnis  der  erfolgreichen  Absolvirung  des 
sechsten  Jahrescursus,  bezw.  der  Versetzung  nach  Obersecunda,  hat  daher,  wie  für 
andere  Berechtigungen  zu  gewissen  Studien  oder  amtliche  Stellungen,  so  für  die 
wichtige  Berechtigung  zum  einj.-freiw.  Militärdienste,  Geltung  ohne  das  Erfordernis 
einer  staatlich  beaufsichtigten  besonderen  Prüfung  (Klasse  A  und  B  des  Ver- 
zeichnisses der  militärberechtigten  höh.  Lehranstalten).  Für  den  Erweis  der 
wissensch.   Befähigung   zum   einj.-freiw.    Militärdienste    ist    die   unbedingte  Ein- 


494 

haltang  der  an  das  erfolgreiche  Absolviren  des  sechsten  Jahrescarsns  zn  stellenden 
Forderungen  noch  durch  besondere  Anordnungen  sicher  gestellt  (vgL  C.Verl  t. 
29.  Mai  und  9.  Aug.  1877,  I  S.  466  f.) 

In  Betreff  der  Lehranstalten  von  neunjährigem  Lehrcursns  (Gymnasium, 
Realgymnasium,  Ober-Realschulen)  unterliegt  der  für  die  Geltung  der  durch  blofse 
Schulzeugnisse  constatirten  Versetzung  nach  Obersecunda  bezeichnete  Gesichtspunkt 
keinem  Zweifel,  da  an  denselben  die  durch  staatliche  Aufsicht  gesicherten  Ab- 
gangsprüfungen regelmäfsig  statthaben.  Dagegen  finden  sich,  wie  speciell  durch 
die  auf  meinen  Circ.-Erlats  vom  28  Jsn.  d.  J.  ü.  IL  3828  eingereichten  Nacb- 
weisungen  ersichtlich  wird,  unter  den  höh.  Schulen  von  siebenjährigem  Lehrcnrsas 
manche,  bei  denen  unter  äufserst  schwacher  Vertretung  des  siebenten  (obersten) 
Jahrescursus  Abgangsprüfungen  an  einigen  überhaupt  noch  nicht,  an  anderen 
mehrere  Jahre  nach  einander  nicht  stattgefunden  haben.  Bei  einer  derartigen 
Sachlage  wird  die  vorher  bezeichnete,  in  der  regelmäfsigen  Abhaltung  der  Ab- 
gangsprüfungen liegende  Garantie  für  die  Einhaltung  der  Lehrziele  in  Frage 
§estelit,  und  die  Lehranstalten  von  siebenjährigem  Cnrsus  treten  dadurch  den 
chulen  von  sechsjährigem  Cursus  nahe.  Mit  Rücksicht  auf  die  angegebene  Un- 
gleichheit, welche  an  den  siebenjährigen  Lehranstalten  in  Betreff  der  Fälle  des 
Aussetzens  der  Abgangsprüfungen  sich  findet,  nehme  ich  für  jetzt  noch  Abstand 
davon,  weiter  reichende  Aenderungen  bezüglich  der  Erwerbung  des  wissensch. 
Zeugnisses  der  Militärberechtigung  an  denselben  in  Erwägung  zu  ziehen,  sondern 
beschränke  mich  darauf  Folgendes  anzuordnen. 

Wenn  an  einer  Schule  von  siebenjährigem  Cursus  (Progymnasium,  Real- 
progymnasium, Realschule)  für  den  Schlufs  eines  Schuljahres  das  Abhalten  einer 
staatlich  controlirten  Abgangsprüfung  nicht  in  Aussicht  steht,  so  ist  den  Schülern 
nach  erfolgreich  absolvirtem  sechstem  Jahrescursus  das  Zeugnis  der  wissensch. 
Befähigung  für  den  einj.-freiw.  Militärdienst  nicht  auf  blofsen  ConferenzbeschluTs 
zu  erteilen,  sondern  nur  auf  Grund  einer  unter  der  der  Leitung  und  Verantwort- 
lichkeit des  Rectors  (Directors)  von  den  Lehrern  der  betr.  Klasse  abgehaltenen 
schriftlichen  und  mündlichen  Versetzungsprüfung.  Sofern  auf  Grund  der  Ergeb- 
nisse dieser  schriftl.  und  mündl.  Prüfung  und  der  bisherigen  Klassenleistungen 
einem  Schüler  die  Versetzung  in  den  letzten  Jahrescursus,  bezw.  Obersecunda,  von 
der  Prüfungscommission  nicht  einstimmig  zuerkannt  wird,  so  sind  die  schriftlichen 
Arbeiten  des  betr.  Schülers  nebst  Angabe  des  CJrteiles  über  das  Ergebnis  der 
mündl.  Prüfung  und  über  die  Klassenleistungen  an  das  K.  Prov.Sch.C.  einzureichen 
und  dessen  Entscheidung  einzuholen.  Die  schriftl.  Arbeiten  aus  der  bezeichneten 
Prüfung  und  die  kurze  Zusammenstellung  des  ürteiles  über  die  Ergebnisse  der 
mündl.  Prüfung  und  über  die  Klassenleistungen  sind  bei  den  Acten  der  Anstalt 
drei  Jahre  lang  aufzubewahren. 

Hiemach  wolle  das  K.  Prov.-Sch.-G.  bei  den  Seinem  Amtsbereiche  angehönsren 
Schulen  von   siebenjährigem  Cursus  das  Erforderliche  veranlassen.'     von  Gofsler. 

I  S.  171.  G.Verf.  des  K.  Pro v. Seh. G.  zu  Cassel  empfiehlt  den  im 
Programm  des  Friedrichs-Gymnasinrns  zu  Cassel  1887  abgedruckten  Lehiplan  für 
den  deutschen  Unterricht. 

n  S.  2.  Die  G.G.  v.  30.  Jnni  1841  ist  nnr  noch  für  die  evangelischen 
Theologen,  welche  ihre  erste  Anstellung  in  den  acht  alten  Provinzen  suchen,  nnd 
für  diejenigen  Stndirenden  der  Philosophie,  welche  sich  vor  einer  Prenfsischen 
Wissenschaftl.  Prüfan^fBCommission  der  Lehramtsprüfung  unterziehen,  in  Kraft. 
Für  die  Juristen  ist  sie  auCser  Kraft  getreten  durch  §  2  des  Reichs-Gerichtsver- 
fassungsgesetzes  v.  27.  Jan.  1877  und  für  die  Mediciner  durch  §  29  der  Gewerbe- 
ordnung V.  2i.  Juni  1^69  (Fassung  des  Reichsgesetzes  v.  1.  Juli  1883)  und  §  4 
alin.  4  No.  2  der  Bekanntmachung,  betr.  die  ärztliche  Prüfung,  v.  2.  Juni  188.1 

II  S.  88*  Min.Verf.  v.  11.  Juni  1887.  «Auf  die  in  dem  Berichte  vom 
10,  Mai  d.  J.  gestellte  Anfrage  erwidere  ich  dem  K.  Prov.Sch.C,  dafs  der  unter 
dem  5.  Febr.  d.  J.  erlassenen  Prüfungsordnung  für  das  höhere  Lehramt  eine 
rückwirkende  Kraft  nicht  beigelegt  ist  und  dafs  demnach  eine  auf  Grund 
der  bisherigen  Prüfungsordnung  bereits  erworbene  Befähigung  zu  event.  Aufrücken 
in  eine  Oberlehrerstelle  auch  nach  dem  Erlasse  und  nach  der  Inkraftsetzung  der 
neuen  Prüfungsordnung  in  Geltung  bleibt^  Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.  In 
Vertr.  Lucanus. 


495 

n  S.  58.  Die  Giltigkeit  der  C.Verf.  v.  28.  Apr.  J875,  betreffend  die 
Anerkennung  der  Zeugnisse  aus  Leipzig,  Rostock  und  Strafsburg  erscheint  nach 
dem  Erlafs  der  neuen  Prüfungsordnung  v.  5.  Febr.  1887,  insbesondere  §  43, 
zweifelhaft. 

11  S.  66.  Min.Verf.  v.  11.  Dec.  1878  betr.  Unzulässigkeit  der  Abhaltung 
des  Probejahres  an  Mittelschulen,  welche  nach  dem  Reglement  vom  15.  Oct.  1672 
(Abt.  I  S.  5)  organisirt  sind,  s.  CBl.  J879  S.  277  fg. 

II  S.  86.  Min. Verf.  V.  6.  Sept.  1875. . . .  „Die  Berufung  einer  Lehrkraft 
in  eine  ordentl.  LehrersteUe  bedarf  an  sich,  als  meine  Oenehmigung  nicht  erfordernd, 
keiner  weiteren  Begründung.  Da  aber  das  K.  Proy.SchC.  die  beabsichtigte  Er- 
nennung des  pp.  N.  für  die  ord.  Lehrerstelle  am  Gymn.  in  N.  als  eine  Versetzung 
im  Interesse  des  Dienstes  behandelt  wissen  und  darauf  den  Anspruch  auf 
ümzugskosten,  event.  wenn  die  Mittel  des  Gymn.  nicht  ausreichen,  aus  Central- 
fonds  begründen  will,  so  ist  die  Nachweisung  der  Nothwendigkeit  des  Einschubs 
im  Interesse  des  Unterrichts  und  der  Gewinnung  gerade  dieser  Lehrkraft  erforder- 
lich. . . ."    Der  Min  d.  g.  Ajig.     Im  Auftr.  Förster. 

II  S.  86.  C.Verf.  v.  31.  März  1876.  „Bei  der  Frage  über  die  Er- 
nennung eines  ordentl.  Lehrers  an  einer  höh.  Lehranstalt  zum  Oberlehrer 
ist  sowohl  durch  die  C.Verf.  v.  27.  März  184.^  (11  S.  106)  als  durch  die  jetzt  in 
Kraft  stehenden  Verordnungen  (Regl.  für  d.  Prüf,  etc.)  der  wissenschaftl.  Qualifi- 
cation  des  in  Vorschlag  gebrachten  Lehrers  eine  entscheidende  Bedeutung  gegeben. 
Nachdem  in  mehreren  Fällen  die  UnvoUständigkeit  des  Berichtes,  durch  welchen 
ein  Proy.Sch.C.  meine  Genehmigung  zur  Ernennung  eines  ordeptl.  Lehrers  zum 
Oberlehrer  beantragte,  erst  noch  eine  Ergänzung  erforderlich  gemacht  und  dadurch 
unnöthige  Verzögerungen  verursacht  hat,  yeranlasse  ich  die  K.  Prov.Sch  CC.  fortan 
allgemein  in  den  betr.  FäUen  folgendes  Verfahren  einzuhalten: 

Wenn  ein  Prov.Sch  C.  die  Ernennung  eines  ord.  Lehrers  zum  Oberlehrer  zu 
beantragen  beabsichtigt,  so  hat  Dasselbe  Sich  von  demselben  das  Zeugnis  (oder 
wenn  Nachprüfangen  stattgefanden  haben,  die  sämtlichen  Zeugnisse)  üher  seine 
Lehramtsprüfung  im  Original  vorlegen  zu  lassen.  Dem  zur  Einholung  meiner  Ge- 
nehmigung von  dem  Prov.Sch.C.  zu  erstattenden  Berichte  ist  nicht  das  Original, 
sondern  beglaubigte  Abschrift  der  Zeugnisse  beizulegen,  weil  es  von  Wer&  ist, 
dieselben  bei  den  diesseitigen  Acten  zu  behalten.  In  Betreff  der  praktischen 
Bewährung  des  Lehrers,  dessen  Ernennung  zum  Oberlehrer  beantragt  wird,  ge- 
nügt, wenn  derselbe  bisher  dem  Ressort  des  betr.  Prov.Sch.C.  angehörte.  Sein  in 
den  Bericht  aufzunehmendes  Urteil;  gehörte  er  bisher  dem  Bereiche  eines  anderen 
Prov.Sch.C.  an,  so  ist  dessen  Urteil  einzuholen  und  abschriftlich  beizulegen.^    Falk. 

n  S.  90.  C.Verf.  v.  24.  Juni  1887.  .Durch  die  C.Verf.  v.  25.  Juni  1884 
(11,  S.  65)  ist  in  Ergänzung  des  C.Verf.  v.  30.  März  1867  (II,  S.  60)  angeordnet 
worden,  dafs,  wenn  Lehramtscandidaten  vor  Abschlufs  der  mündl.  Prüfung,  aber 
nach  jedenfalls  bereits  erfolgter  Einreichung  der  schriftl.  Arbeiten,  zu  Ostern  oder 
Michaelis  an  einer  Lehranstalt  zur  Ableistung  des  Probejahres  zugelassen  worden 
sind,  das  betr.  Semester  von  Ostern  bezw.  Michaelis  auf  das  Probejahr  angerechnet 
werde,  sofern  sie  innerhalb  der  ersten  drei  Monate  des  fraglichen  Semesters  die 
Lehramtsprüfung  bestanden  haben.  Behufs  Herstellung  eines  gleichmäfsigen 
Verfahrens  in  dem  nach  der  C.Verf.  v.  19.  Nov.  1877  halbjährlich  einzureichenden 
Verzeichnisse  der  an  höh.  Schulen  ohne  vorausgegangene  Lehramtsprüfung  be- 
schäftigten Candidaten  bemerke  ich,  dafs  die  auf  Grund  der  angezogenen  C.Verf. 
V.  25.  Juni  1884  zum  Probejahre  mit  dem  Ansprüche  auf  dessen  Anrechnung  zu- 

gelassenen  Candidaten  nicht  unter  die  ungeprüften  Candidaten  einzurechnen  sind." 
^er  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.    Im  Auftr.  Greiff. 

I  S.  94.  C.Verf.  v.  21.  Juni  1887.  „Es  ist  zu  meiner  Kenntnis  gelangt, 
dafs  die  durch  die  C.Verf.  v.  7.  Juli  1844  bezw.  v.  16.  Oct.  1854  bezüglich  des 
evangelischen  Religionsunterrichtes  an  den  höheren  Schulen  getroffenen 
Anordnungen  in  einzelnen,  allerdings  seltenen  Fällen  nicht  zur  Ausführung  ge- 
langt sind.  Indem  ich  Abschrift  der  angezogenen  C.Verff.  dem  E.  Prov.Sch.C. 
in  der  Anlage  zu  erneuter  Kenntnisnahme  zugehen  lasse,  erwarte  ich,   dafs  fortan 


496 

in  allen  Fällen,  in  welchen  ein  Lehrer  ausschliefslich  oder  yorzagsweise  zur  Er- 
teilung des  evang.  Religionsunterrichtes  berufen  werden  soll,  das  K.  Prov.Sch.C. 
meine  Genehmigung  nachsacht  und  zum  Behufe  des  zu  stellenden  Antrages  mit 
der  kirchlichen  Oberbehörde  der  Provinz  in  Benehmen  tritt.  Da  der  General- 
Superintendent  Mitglied  des  E.  Gonsistoriums  der  betr.  Provinz  und  hierdurch 
in  der  Lage  ist,  seine  Auffassung  zum  Ausdrucke  zu  bringen,  so  will  ich  fernerhin 
nur  einer  gutachtlichen  Aeufserung,  und  zwar  seitens  den  E.  Gonsistoriums, 
entgegensehen." 

„ . . . .  Was  die  Visitationen  des  evangelischen ,  sowohl  lutherischen  als 
reformirten  Religionsunterrichtes  durch  die  betr.  General-Superintendenten  betrifft, 
so  ist  die  bezügliche  nach  Schleswig  etc.  gerichtete  Verfügung  v.  9.  Nov.  1868 
analog  mafsgebend.**      Der  Min.  d.  geistl.  etc.  Ang.      In  Vertr.:  Lucanus. 

a)  C.Verf.  v.  7.  Juli  1884  s.  I  S.  164. 

b)  C.Verf.  v.  16.  Oct.  1854.  „Die  hinsichtlich  der  evang.  Reli^ionslehrer 
an  den  Gymnasien  unter  dem  7.  Juli  1844  erlassenen  Bestimmungen  finden  ihre 
Anwendung  auch  auf  die  Real-  und  höh.  Bürgerschulen. . .  ." 

n  S.  226.  C.Verf.  v.  LS.  Aug.  1886.  „In  Beziehung  auf  das  Inseraten- 
Wesen  beim  Reichs-  und  Staatsanzeiger  hat  das  E.  Staatsministerium 
unterm  5.  Juli  d.  Js.  Folgendes  beschlossen: 

I.  „Vom  1.  April  1887  ab  sind  sämtliche  in  dem  Liseratenteile  des  Reichs- 
und  Staatsanzeigers  abgedruckten  Inserate,  insoweit  nicht  gesetzliche  Bestimmungen 
entgegenstehen,  kostenpflichtig.  Der  Curator  des  Reichs-  und  Staats- Anzeigers 
ist  jedoch  befugt,  die  JSIoBten  auTser  Ansatz  zu  lassen  für  nachstehende  Eategorien 
von  Inseraten,  nämlich :  1)  Berichtigungen,  2)  Tauschinserate,  3)  für  alle  Inserate, 
durch  welche  nach  der  pflichtmäfsigen  Ueberzeugung  des  Curators  das  Interesse 
des  Reichs-  und  Staatsanzeigers  gefördert  wird,  z.  B.  Theater-  und  Concert- An- 
zeigen. Der  Curator  ist  femer  befugt,  mit  Genehmigung  des  Präsidenten  des 
Staatsministeriums  Verträge  über  die  Lieferung  von  Inseraten  abschliefsen.  Auch 
ist  derselbe  nach  näherer  Anweisung  des  Präsidenten  des  Staatsministeriums  be- 
fugt, für  Inserate,  die  Öfter  als  einmal  abgedruckt  werden,  sowie  für  besonders 
lange  Inserate  Rabatt  zu  gewähren. 

IL  Bekanntmachungen,  welche  lediglich  für  einzelne  Ereise  der  Industrie 
und  des  Gewerbestandes  von  Interesse  sind,  bedürfen  der  Insertion  in  den  Reichs- 
und Staatsanzeiger  nicht,  soweit  nach  dem  Ermessen  der  zuständigen  Behörden 
zur  möglichst  vollständigen  Erreichung  des  Zweckes  derselben  eine  anderweite 
Veröffentlichung,  insbesondere  durch  Fachzeitschriften  oder  amtliche  Organe  des 
betreffenden  Verwaltungszweiges,  geboten  und  ausreichend  erscheint." 

Den  nachgeordneten  Behörden  meines  Ressorts  teile  ich  vorstehende  Be- 
stimmungen zur  Eenntnisnahme  und  Beachtung  hierdurch  mit.*'  Der  Min.  der 
geistl.  etc.  Ang.    In  Vertr.:  Lucanus. 

n  S.  264«  Min. Verf.  v.  5.  Aug.  1887.  „Der  Magistrat  hat  in  der  unter 
dem  4.  März  d.  J.  eingereichten  Vorstellung  den  Antrag  gestellt,  dem  hiesigen  E. 
Prov.Sch.C.  solle  unter  Aufhebung  seiner  Erklärung  vom  8.  Oct.  1886  bemerklich 
gemacht  werden,  dafs  über  Gewährung  oder  Versagung  der  Erlaubnis  zur  Ueber- 
nahme  remunerirter  Nebenbeschäftigung,  insbesondere  der  Erteilung  von  Unter- 
richt an  Privatschulen,  gegenüber  den  Lehrern  am  städtischen  Gymnasium 
ausschliefslich  der  Magistrat  auf  Grund  der  von  Demselben  in  den  Bestallungs- 
urkunden ausgesprochenen  Bestimmungen  befugt  sei,  zu  befinden.  Auf  diese  Vor- 
stellung habe  ich  dem  Magistrate  Folgendes  zu  erwidern. 

Die  Disciplinarbehörde  der  Lehrer  an  den  städtischen,  das  heifst  aus  den 
Mitteln  der  Stadt  erhaltenen  Schulen,  und  zwar  der  Lehrer  an  den  Volksschulen 
ebenso  wie  an  den  höh.  Schulen,  ist  nicht  der  Magistrat  (bezw.  das  Patronat,  das 
Curatorium),  sondern  die  staatliche  Aufsichtsbehörde  über  die  Schulen.  Hieraus 
folgt,  dafs  allein  diese  Behörde  darüber  zu  befinden  hat,  ob  einem  Lehrer  an  einer 
städtischen  Schule  die  Erlaubnis  zur  Erteilung  von  Unterricht  an  Privatanstalten 
zu  geben  oder  zu  verweigern  ist;  und  diese  Competenz  der  Staatsbehörde  kann, 
da  es  sich  um  die  Ausübung  eines  staatlichen  Hohei tsrechtes  handelt,  nicht  mit 
rechtlicher  Wirkung  von  der  Zustimmung  des  Magistrates  oder  Patronates  ab- 
hängig gemacht  werden.  Hiermit  stehen  die  Bestimmungen  der  Preufs.  Allgem. 
Gewerbeordnung  v.  17.  Jan.  1845  im  Einklänge;  denn  indem  durch  diese     Erteilung 


497 

▼on  PrivatanterrichUstanden  gegen  Bezahlone  gesetzlich  unter  den  Gesichtspunkt 
der  erwerbsm'äfsigen  Beschäftigung  mit  dem  Unterrichte  gestellt  ist,  wird  zu  dem 
Betriebe  derselben  nach  $19  der  angezogenen  Gewerbeordnung  für  alle  unmittel- 
baren oder  mittelbaren  Staatsbeamten  die  Erlaubnis  seitens  ihrer  vorgesetzten 
Dienstbehörde  erfordert,  üeberdies  ist  durch  die  Allerh.  Erlasse  v.  14.  «Jan.  1833 
und  25.  Aug.  1841  und  deren  Erläuterung  in  der  C.Verf.  v.  31.  Oct  1841  (II, 
S.  268  f.)  bezüglich  der  Lehrer  aufser  Zweifel  gestellt,  dafs  etwanige,  seitens  des 
Patronats  in  die  Vocation  aufgenommene  Glauseln  oder  von  dem  Betreffenden 
ausgestellte  Reverse  bezüglich  der  event.  nebenamtlichen  Beschäftigung  rechtlich 
wirkungslos  sind. 

Indem  hiemach  in  der  Frage,  ob  einem  Lehrer  an  einer  städtischen  Schule 
die  Erlaubnis  zur  Erteilung  von  Unterrichtsstunden  an  Privatschulen  zu  bewilligen 
oder  zu  versagen  ist,  die  Entscheidung  der  staatlichen  Aufsichtsbehörde  gebührt 
und  an  dieser  allgemein  giltigen  Ordnung  eine  Aenderung  nicht  kann  in  Erwägung 
genommen  werden,  so  wird  darüber  keineswegs  verkannt,  dafs  der  Magistrat  be- 
züglich der  aus  Mitteln  der  Commune  erhaltenen  Schulen  ein  wohlbegründetes 
Interesse  hat,  zu  erwägen,  ob  die  einem  Lehrer  derselben  etwa  zu  bewilligende 
Beteiligung  am  Unterrichte  in  Privatschulen  dem  städtischen  Schulwesen,  bezw. 
den  städtischen  Schulanstalten,  in  irgend  einer  Hinsicht  Nachteil  bringen  könne. 
Ehe  daher  über  eine  derartige  Erlaubnis  von  der  staatlichen  Aufsichtsbehörde  be- 
funden wird,  ist  der  Magistrat  in  die  Lage  zu  setzen,  Sich  zur  Sache  zu  äufsern. 

Auf  dieses  vorgängige  Benehmen  mit  dem  Magistrate  wird,  soweit  es  unter- 
blieben sein  sollte,  fortan  gehalten  werden.  Hierdurch  wird  gesichert,  dafs  die 
Auffassung  des  Magistrates  in  jedem  einzelnen  Falle  zu  vollem  Ausdrucke  und  zur 
Erwägrung  seitens  der  Staatsbehörde  gelangt;  die  Entscheidung  aber  zu  treffen, 
bleibt,  wie  ich  ausdrücklich  wiederhole,  der  stiuitlichen  Aufsichtsbehörde  vorbehalten  " 

—  „Abschrift  erhält  das  K.  Prov.Sch.C.  unter  Bezugnahme  auf  die  an  den  Gym- 
nasialdirector  in  N.  gerichtete  Verfügung  vom  8.  Oct.  1886  zur  Kenntnisnahme 
und  Nachaohtung  mit  folgendem  Hinzufugen. 

Die  in  der  vorstehenden  Verfügung  enthaltenen  Bestimmungen  über  das 
Verhältnis,  in  welchem  bei  der  von  Lehrern  an  städtischen  Schulen  nachgesuchten 
Erlaubnis  zur  Erteilung  von  Unterricht  an  Privatanstalten  die  Patronatsbehörde  zu 
der  staatlichen  Aufsichtsbehörde  steht,  stimmen  in  ihrem  Grundsatze  und  ihrer 
speciellen  Ausführung  genau  überein  mit  der  Verfügung,  welche  bezüglich  der 
Erteilung  von  Urlaub  an  Lehrer  städtischer  Schulen  unter  dem  17.  April  1883 
(ü,  S.  274)  ergangen  ist.  Der  Grundsatz,  dafs  über  die  Gewährung  oder  Versagung 
einer  von  Lehrern  städtischer  Schulen  nachgesuchten  Erlaubnis  zur  Erteilung  von 
Unterricht  an  Privatanstalten  die  staatliche  Aufsichtsbehörde  zu  entscheiden  hat, 
ist  jedenfalls  aufrecht  zu  erhalten ;  aber  es  liegt  in  dem  Interesse  der  betr.  Schulen 
und  ist  in  der  Stellung  des  Patronates  begründet,  dafs  vor  einer  in  dieser  Hinsicht 
zu  treffenden  Entscheidung  der  Staatsbehörde  die  städtische  Behörde  ausdrücklich 
zur  Sache  gehört  werde. 

Durch  das  ausnahmslose  Einhalten  dieses  Verfahrens  ist  zu  verhüten,  dafs 
der  s.tädtischen  Behörde  nicht  ein  begründeter  Anlafs  zur  Beschwerde  gegeben  werde." 

n  S.  272.  Aus  einer  Min. Verf.  V.  12.  Jan.  1887.  Mifsbilligung 
von  Collectiv -Vorstellungen.  „Schliefslich  kann  ich  nicht  unbemerkt 
lassen,  dafs  Collectiv- Vorstellungen,  wie  die  von  Ihnen  und  Ihren  Amtsgenossen 
eingereichte,  nicht  die  geeignete  Form  für  Wünsche  bilden,  welche  Sie  den  Ihnen 
vorgesetzten  Behörden  auszusprechen  haben.  Es  ist  dem  einzelnen  Beamten  oder 
Lehrer  nicht  verwehrt,  Anträge  und  Wünsche,  welche  seine  persönlichen  oder 
seine  dienstlichen  Verhältnisse  angehen,  der  ihm  übergeordneten  Behörde  vorzu- 
tragen, und  er  darf  der  eingehendsten  Prüfung  derselben  gewifs  sein :  aber  es  mufs 
den  Eindruck  seiner  Vorstellungen  schwächen  und  den  sachlichen  Charakter  der- 
selben vermindern,  wenn  er  durch  Heranziehung  einer  gröfseren  Zahl  von  Amts- 
genossen den  Weg  der  Agitation  beschreitet."     von  Gofsler. 

n  S.  802.  C.Verf.  v.  18.  Jan.  1886.  „Inhalts  des  zweiten  Absatzes 
der  Nr.  2  des  C.-Erlasses  v.  24.  Nov.  1880  soll  in  den  Fällen,  wo  einem  Staats- 
beamten ausnahmsweise  innerhalb  eines  Etatsjahres  eine  neueingerichtete 
Dienstwohnung  vor  Auf  nähme  derselben  in  den  Etat  zur  Benutzung  überlassen 
wird,  dies  nur  mietusweise  g^en  ein  entsprechendes  Entgelt  gescbehen,  für  dessen 

Wi«i«,  YerordBiuiftn.    IL  32 


498 

BemessQxig  die  regnlativiniLfsige  Vergütunff  zum  Anhalte  dienen  kum.  Im  An- 
BchluBse  hieran  teile  ich  den  betr.  naohgeor&eten  Behörden  des  diesseitigen  Ressorts 
ZOT  KenntniBnahme  und  event.  Beachtung  mit»  dafs  ich  im  ESinverst&idniBse  mit 
dem  H«  Finanzminister  beschlossen  habe,  die  in  Fällen  der  gedachten  Art  zu  ent- 
richtende Wohnungsmiethe  künf^  auf  den  Betrag  der  regnlativmäfsigen  Yer- 
ffutunff,  mindestens  aber  auf  den  Betrag  des  WohnunngeldzuAohusses  festzusetzen« 
Der  Modus  der  Yerrechnunff  wird  hierdurch  nicht  berührt.  Vorstehende  Be- 
stimmung kommt  auch  auf  die  unter  staatÜoher  Verwaltung  stehenden  Stifbmgs- 
Anstalten  und  Htiftungsfonds  zur  Anwendung/*  Der  Min.  d.  geistL  etc.  Aug. 
In  Vertr.  Lucanus. 

n  S.  879.  Zu  CVerf.  20.  Mai  1874.  Der  betr.  Zusohufs  zu  Pensionen 
war  nach  CBl.  1874  S.  264  in  den  StaaUausgaben  Kap.  127  Titel  9  unter  der 
Bezeichnung  ^^ensionen,  Pensionszuschüsse  und  Unterstützungen  für  pensionizte 
Gymnasial-  und  Seminarlehrer«'  mit  5600  Mk.  angesetzt  Für  das  Etatsjdir  1887/88 
ist  nach  CBl.  1887  S.  313  bei  Kap.  124  Titel  12  „zu  Unterstützungen  für  auwe- 
schiedene  Lehrer  an  höh.  Unterricmtsanstalten  und  Schullehrerseminaren*'  ein  Se- 
trag von  30000  Mk.  ausgebracht. 


J 


Chronologisches  Register. 

Die  römischen  ZaUen  am  Bande  beseiolmen  die  Abteilung  oder  den  Band, 

die  arabisdhan  die  Seiten« 


Abkürz 

AO.t  Allerhöchste  Ordre. 

AT*:  AUerhSohate  Verordnung. 

€0.:  Cabineis-Ordre. 

CT.:  Gircular-Verfü^rong. 

Fln.lL:  Finanz-Ministennm 

Instr«:  Instmction. 

Jii8t«M«s  Juatizministeriam« 

JLmt  Königlich. 

Landt^Abseh«:  Landta^-Abaohied. 

M.  d*  g*  A»:  Miniatenom  der  geiatl. 

etc.  Angel. 
M*Inii«:  Miniaterium  dea  Innern. 


ungen. 

M«9ff«A«:  Miniaterinm  der  o£fentliohen 

Arbeiten. 
KT»:  Miniaterial- Verfügung. 
Med«C»:  Medioinal-Collegium. 
DP.:  Ober-Präaidium. 
BegL;  Beglement. 
RegoL:  KegnlatiT. 
Reser»!  Beacript. 
SC:  Sdiul-Gollegium. 
SQL:  Staata-Miniaterialbeaohluis. 
Ü«  n*  PO. :  ünterrichta-  und 

Ordnung. 


1794. 

Allgem.  Landreoht     I.   1. 

n,  94.  104.  273.  338. 

352.  353. 

1804» 

7.  April,  CO.  .    .    n.    1 

27.  NoY.,  CO.    .    .    n.    1 

1808. 

19.Noy.,Städteordn.  11. 383 

1811. 

26.r  Juni,  Inatr.  .    .    L  24 

1816. 

4.Febr.,  AUg.  Qeriohta- 
ordn.    ...    IL  351 
24.  April,  CV.    .    H.    98 
30.  April,  Verord.    I.      7 

1816. 
27.  April,  CO.     .    IL  390 
27.  ÄlaL  CO.  .    .    U.  391 
17.  Juli,  CO.  .    .    n.  386 

1817. 
7.  Febr.,  AV. .    .    IL  104 
5.  Juni,  MV.  .    .      L  445 
23.  Oct,  Inatr.       L  9.  23 

1819. 
19.  März,  MV.    .    n.      1 
15.  Nov.,  CO. .    •    n.  391 

1829. 
7.MSrz,  Stempelgea.  U.  277 
11.  Juli,.  Qeaetz  .    IL  383 

1898. 

7.  Juli,  CV. .    .    n.  354 
26.    „      CO.  .    .    IL  429 


1894. 

8.  Juli,  OPV.  Brealau  L  337 

12.  „  CV.  .  .  IL  77 
31.    „   CV.    .  .  L  347 

13.  Aug.,  CV.  .  II.  96 
16.  „  CV.  .  L  370 
23.  „  CV.  .  L  376 
31.      „     CO.  .  n.  351 

1896. 

23.  Mürz,  CV.    .      L  346 

8.  Aprä,  Polizei     I.  344 
11.      „      CV.    .      L  262 

14.  „      MV.   .      L  175 

25.  „  CV.  .  L  343 
30.      „      Penriona- 

Begl  n.  369  (356).  386 
14.  Mai,  AO.    .    .    L  358 

26.  „      CV.   .    .    L  175 

1896 

18.  März,  CV. .  .  L  205 

9.  Mai,  CV.    .  .  L  320 

28.  Juni,  CV.  .  .  L  161 

1897. 

26.  Mäiz,  CV. .    .    n.  61 
2.  April,  CV. .    .    n.  96 
1898 

10.  Jaih,  CO. .    .    n.  369 

11.  Dea,  CV.     .     L  185 

1899 

21.  Jan.,  CO. .  .  IL  385 

29.  Mfirs,  MV.  .  L  253 
14.  Mai,.  Inatr.  .  L    22 


1880. 

30.  April,  SC.  Berlin  L  163 

2.  Juni,  Patent  .  I.  3 
10.  Nov.,  CV.    .    .  IL  96 

1881. 
22.  Jan.,  StM.  H.  281.  325 

2.  Mai,  CV. .  .  n.  259 
30.1>ec.,  Landt.  Abaoh.  1. 154 

1888 
14.  Jan.,  CO. .  .  n.  269 
25.  „  SC.  Coblenz  L  348 
16.  Mai,  MV. .  .  IL  387 
18.  Juni,  StM.  .  n.  101 
29.  Sept.,  CO.  .  n.  433 
24.  Dec.,  CV.  .  L  205 
1884. 

8.  März,  CV.  .  L  193 
29.  Mai,  CO.  .    .    IL  386 

4.  Juni,  Begl.  .  I.  450 
13.  Sept.,  CV.  .  L  206 
13.  Dec.,  MV.  .  L  206 

1885. 
10.  Febr.,  CO.  .  EL  98 

8.  Aug.,  BagnlatiT  L  270 

20.  Sept.,  CV.  .  IL  427 

21.  Nov.,  CO.  .  n.  338 
1886. 

22.  Jan.,  SC.  Cobleoa  L  359 
24.  Dec,  CO. .  .  n.  338 

1887. 
24.  Oct.,  C  V. .  L  53.  277 
1888. 
4.  Febr.,  CV.  .  IL  57 

32* 


600 


17.  April,  MV.  .      L  384 

6.  JuU,  CO.  .  .    IL  420 
2.  Dec.,  CO..  .    n.    26 

1889* 

30.  Mto,  MV.  .    II.  106 
9.  Juli,  CO.  .  .    n.  387 

13.     „     CO.  .  .    n.  268 

17.  Aug.,  StM.  .    n.  387 

9.  Nov.,  SC.  Berlin  I.  320 

31.  Dec,  Instr.  .    I.    31 

1840> 

7.  Jan.,  MV.  .  .    I.    28 
1.  Mai,  MV.  .  .    L  349 


12. 


ti 


MV. 


I.  350 
I.  207 


21.  Oct.,  MV.  . 

1841. 

11.  Pebr.,  MV.   .    IL  343 

12.  „  M.d.Inn.  11.  314 
7.  April,  SC.  Coblenz  L  207 

12.  Mai,  CO.  .    .    IL  338 

26.  „     JustM. .    IL  394 

30.  Juni,  CO. .  n.  2.  494 
16.  Juli,  CV. .  .  L  379 
25.  Aug.,  CO.     .    IL  269 

31.  Oct,  CV.  n.  268.  269 
12.  Dec,  SC.  Coblenz  L  220 

1842. 

10.  Jan.,  CV.  .    .    n.  103 

30.  März,  CO.     .    n.  391 

6.  Juni,  CO..    .      L  222 

2.  Oct,  MV.  .  L  29 
9.  Dec,  K.  Verordn.  L  12 
9.   „    SC.  Coblenz  n.  260 

23.  „    CO..    .    .    n.  105 

31.  „   Gesetz.    .    H.    97 
1848. 

3.  Febr.,  CV.  .  IL  82 
3.  März,  MV.  .  L  171 
9.  „  CV.  .  L  347 
9.  „  SCBerlin  L  359 
9.  April,  CV.    .      L    15 

14.  Juni,  CV.     .      I.  365 
16.    „    SC.  Coblenz  L  172 
1844. 

7.  Febr.,  CV. .    .    L  223 
29.  März,  K.  Verordn.  11. 362 

22.  April,  CV. .  .  L  225 
3.  Juli,  Statut  .  n.  9 
7.    „      CV.   .    .    L  164 

1846. 

27.  März,  CV.     .    H.  106 

24.  April,  CV.    .      L  186 

25.  „  CO.  .  n.  430 
5.  Dec,  CV.     .      L  240 

1846« 

24.  Jan.,  MV.  .  I.  241 
21.Febr.,SC.Mün8terIL482 

23.  Mars,  OV.  .    .    L  445 

28.  April,  CV..  .  L  186 
5.  Mai,  CV.    .    .    L  434 


21.  Mai,  SC.  Coblenz  I,  241 
28.    „    Verordn.     H.  363 
1847* 
6.  Febr.,  CV.    .    IL    77 

8.  Mai,  CV.  .    .    n.    80 

23.  Juli,  Gesetz  .    H.    81 

24.  „     CV.   .    .    IL    79 
17.  Oct,  AO. .    .    n.    97 

1848* 

5.  Jan.,  CV. .    .    H.    97 

13.  März,  CO.      .    11.  373 

14.  Juni,  A.  Erlass  II.  351 

19.  Sept,  AO.     .      L  104 

16.  Oct.,  StM.     .    n.  352 

21.  „      Min.  d.  Inn. 

u.  Fin.  .    n.  352 

24.  „      CO. .    .    U.  351 

25.  Nov.,  MV.     .      L  343 

20.  Dec.  CV. .    .    II.    77 
1849. 

26.  Juli,  CV.  .    .    II.  331 

6.  Sept,  CV.     .    n.  342 
1860. 

23.  Jan.,  StM.     .    IL  326 

31.  Jan.,  Verfassung     L  2. 

IL  98.  104.  276.  279. 

2.  März,  StM.    .    IL  344 

12.  April,  JustM.     I.  251 
19.      „      CV.     .    n.  339 

13.  Mai,  OV.  .    .    IL  344 

10.  JunL  CV..    .    n.  346 

9.  Juli,  Bekanntm.  IL  108 
19.  „  StM.  .  .  U.  282 
28.  Nov.,  CV.  .  n.  282 
23.  Dec,  CV.     .    H.    88 

1861. 

22.  Jan.,  CV. .    .    11.  272 

23.  Febr.,  Fin.M.  u. 
M.d.Inn..    .    IL  314 

24  Febr.,  CV.    .    DE.  271 

15.  März,  CV.     .    n.    79 
31.      „    Schema     IL  314 

1.  April,  CV.    .      L  220 

12.  Juni,  CV..    .    n.    81 

27.  „    SC.  Coblenz  IL  76 

11.  Juli,  M.d.Inn.  u. 

Fin. .    .    IL  275 
11.  Dec  CV.     L  100.  430 
1862. 

3.  Juli,  OV. .  .  L  102 
10.      „    StM.     .    n.  328 

21.  „    DiscipL-G^etz 

n.  331 
9.  Dec,  OV..    .    n.  370 
1868. 

2.  Mai,  AO.  .    .    n.  443 

28.  Dec,  SCMünster  L  313 
1864. 

13.  Febr.,  Gesete    IE.  342 

17.  „      CV.    .      L    26 
27.  April,  CV.    .    n.  264 


20.  Mai,  OV.  .  .  L  254 
9.  Juni,  CV.      .      L    51 

16.  Oct,  MV. .    .    n.    94 

30.  „      MV.      .      L    23 

24.  Nov.,  Min.d.Inn. 

u.  Krieges  IL  283 
1.  Dec,  CV.     .      L  208 

5.  „      CV. .    .    IL  283 

22.  „     CV. .    .      L  431 
1866. 

18.  April,  00.     .    n.  392 

15.  Mai,  FinM.    .    IL  321 

25.  Sept,  MV.    .      L  164 

19.  Nov.,  CO.      .      L  455 
1868. 

7.  Jan.,  CV..    .      L    66 

12.  „  CV. .  .  L  434 
19.  Febr.,  CV.    .      I.  346 

10.  April,  CV.  .  1.  188 
24.      „    SC.  Breslau  L  351 

17.  Mai,  Gesetz    H.  76.  420 

24.  „    M.  f.  Handel, 

Inn.,  Fin.    IL  313 

26.  Juli,  Instr.    .    11.  159 

13.  Oct,  SC.  Posen  I.  348 

6.  Dec,  MV.     .      L  175 
1867. 

6.  April,  MV.  .  n.  107 
26.  ,  CJV.  .  L  204 
28.  „  CV.  .  L  194 
28.  „  CV.  .  L  366 
26.  Oct,  CO.       .    n.    27 

23.  Nov.  CV. .    .      L  384 
1868. 

28.  Jan.,  MV.  .  L  352 
22.  April,  SCPosen  L  352 

22.  Oct,  CV. .    .      L  264 

25.  „  CV. .  .  IL  427 
6.  Nov.,  CV.     .      L  246 

1869. 

31.  März,  MV.  .  IL  392 
6.  April,  CV.  .  I.  169 
6.  Mai,  MV.      .      L  328 

23.  „  CV.  .  .  L  221 
l.Juni,SC.Breslaa  L  221 

11.  „  SC.  Coblenz  n.  220 
22.    „    MV.  .    .    IL  261 

26.  Aug.,  CO.  .  L  12 
22.  Sept,  Instr. .      L  195 

6.  Oct,  U.U. PO.  L  70 
10.  „  MV.  .  n.  280 
23.Nov.,SO.Bi^laQ  1. 151 

1860 
17.  Febr.,  OV.    .    IL  392 

7.  Mai,  CV.  .  .  n.  272 
26.    n     OV.  .    .      L  226 

16.  Aug.,  MV.    .      L  208 

17.  „  MV.  .  L  34 
10.  Sept,  CV.  .  L  227 
16.  Oct,  CV.      .      L  166 

3.  Nov.,  OV.     .      L  322 


601 


1861 

16.  Mai,  CV. .    . 

I.  440 

21,  Mai,  MV,  .    . 

I.  361 

12.  Juni,  CV.  .    . 

I.  440 

3.  JuU,  MV.  .    . 

I.  319 

4.  Dea,  MV.  .    . 

I.  229 

19.    „      CV.   .    . 

I.  201 

30.    „      SC.  Stettin  I.  202 

1862. 

6.  Jan.,  CV.,    . 

I.  441 

18.    „      MV.     . 

TT.  354 

27,    „      AO.  .    . 

U.    98 

28.    „      AO. .    . 

TT.  443 

4.  März,  CV.     . 

I.  319 

8.     „    M.  d.  Inn. 

L    32 

18. 


Fin.M  a.  M. 


d.g.A.  .  IL  394 

5.  Mai,  CV. .  .  I.  166 
23.    „      CV.  .  .  n.    97 

6.  Juni,  CV.  .  n.  346 
25.  „  CV.  .  n.  280 
17.  Juli,  M.  d.  Inn.  I.  32 
29.    „     CV.  .  .  I.  219 

8.  Aug.,  MV.  .  I.    37 

28.     „      CV.  .  II.  430 

10.  Nov.,  CO.  .  I.    12 

13.  Deo.,  CV.  .  I.  177 

22.  „  MV.  .  I.  187 
1868. 

2.  Jan.,  CV. .  .  II.    84 


MV.. 


I.    13 


SCKgabg.  L  321 


2. 
20. 

11.  April,  CV.^  r  n.  63 
11.      „      Inatr. .    IL    12 

11.  Mai,  CO.  .    .      L    13 

12.  „      CV. .    .    n.  325 

13.  n  MV.  .  L  33 
11.  Juni,  SC.  Berlin  L  250 
15.    „      CO.  .    .    n.  325 

6.  Aug.,  SC.  Berlin  IL  206 


20. 


MV.. 


L    40 


22.  Sept.,  StM.   .    n.  328 
24      ,      MV.    .      L  155 

2.  Oci,  Lehrplan    L  213 
12.    „      MV.     .    n.    94 

20.  „      CV. .    .      I.  217 

21.  „      CO..    IL  76. 427 

23.  „      Instr.    .    n.  246 
2.  Nov.,  CO.      .    IL  430 


28. 


PinM.  .    n.  430 


5.  Deo.,  StM.  .  IL  321 
19.  „  MV.  .  IL  76 
1864. 

4.  Jan.,  CV. .  .  IL  61 
11.     „     CV.  .    •    n.  432 

9.  März,  StM.  .  H.  327 
19.  April,  SC.  Berlin  IL  82 
23.    „      MV..    .    IL  271 

13.  Mai,  SC.  Berlin  L  321 
18.      „     CV..    .      L  218 

14.  Juni,  SC.  Berlin  IL  271 


20.  Juni,  CV.    .      I.  366 

24.  „      CV.     .      L  160 

29.  „  CV.  .  n.  371 
4.  Juli,  SCBerlin  11,  281 
7.  „  CV.  .  •  I.  192 
7.  Ooi,  MV.     .      I.  326 

13.    „      SC.  Berlin  L  388 

21.  „     MV..    .      L    32 

25.  ,      CV.  .    .    n.    63 

1.  Nov.,  MV.  .  U.  364 
18.  Deo.,  CO. .  .  n.  369 
21.  „  MV.  .  L  26 
23.     „      Statut.    IL      3 

1865. 
15.  Febr.,  MV.   .    H.  108 

27.  „      Fin.M.     n.  347 

3.  März,  MV.    .    n.  380 

4.  April,  CV.    .      L  230 

4.  Jiuli,  SC.  Berlin  H.  102 

13.  „     SC.  Berlin  n.   82 

28.  „     SCBerlin    L  388 

5.  Aug.,  CV. .    .    n.  347 

11.  Oot,  MV.     .      L  245 

30.  „MV.  .  L  329 
10.  Nov.,  SC.Coblenz  L  255 

14.  Deo.,  SC.  Berlin   L  389 

23.  „     Med.C.  Coblenz 

L  267 
1866. 

17.  Jan.,  CV..  .  L  380 
10.  März,  MV.    .      L  208 

14.  April,  MV.  .  I.  230 
28.      ,     SC.  Berlin  L  361 

12.  Mai,  CV.  .    .    n.  314 

12.  „     MV..    .      L    15 

18.  Sept,  MV.  .  n.  325 
9.  Oot.,  CV. .    .      L  193 

15.  ,      SC.  Beriin  L  193 

26.  „  Gutachten  L  271 
3.  Deo.,  SC.  Stettin  L  155 

19.  „     CV.  .    .      L  271 

24.  „     CV.  .    .    IL    56 
1867. 

7.  Jan.,  SC.  Berlin  I.  273 

5.  Febr.,  CV.  .  IL  350 
15.  „  MV.  .  I.  263 
21.  „  CV.  .  n.  73 
28.      „      CV.     .      L  154 

13.  März,  Besor.  L  13 
la  „  MV.  .  n.  334 
30.    „      CV. .    .    n.    60 

6.  April,  CO.     .    IL  432 

17.  „      MV.    .     L    14 

18.  „      StM.   .    n.  320 

2.  Mai,  SC.  Mgdbg.  L  357 
2.  „  Instr.  IL  152. 243 
6.  n  AVerordn.  II.  98 
6.    „    MV.  .    .    n.    88 

6.  „    (Gutachten    L  267 

7.  „  SC.  Coblenz  n.  389 
13.    „    K.Verordn.   L    6 


14.  Mai,  CV.  .  .  IL  264 
17.  „  Instr.  IL  126. 232 
20.  Juni,  SC.  Königsberg 

L  391 
1.  Juli,  SC.  Stettin  II.  220 

15.  „  Instr.  n.  172. 251 
14.  Aug.,  CV.  .  IL  67 
26.  „  CV.  .  n.  283 
22.  Sept,  K.  Verordn.  L  9 
3a      „      MV.    .      L    10 

1.  Oot.,  MV.     .    n.  427 

1.    j,    Instr.  n.  146.  239 

9.  Nov.,  Gesetz      II.  279 

19.     „      MV.     .    n.    81 

11.  Dec,  MV.    .      L    27 

13.    „    CV.    .    .    n.    56 


13 


n 


MV. 


I.  346 
L    15 


,    Instr.  n.  246  (248) 
„    Instr.    n.  116.  229 


24.     „    MV 
1868. 

3.  Jan..  SC.  Königsberg 

U.  426 

4.  „  CV.  .  .  IL  274 
15. 
22. 

.SO.  '„  Instr.  n.  141. 237 
28.  Febr.,  MV.  .  IL  262 

6.  Juni,  CO. .  .  n.  301 

11.  .  CV.  .  .  IL  109 
23   Juli,  CV. .    .    II.  371 

28.  Aug.,  CV.  .  n.  96 
24.  Sept.,  MV.    .      L    37 

14.  Oot.,  CV. .    .    n.    58 

29.  „      MV.      .    n.  301 
9.  Nov.,  CV.     .      L    22 

12.  „      CV.     .      L  465 
1869 

30.  Jan.,  MV.     .      L  328 
2.  März,  StM.   .    H.  328 

27.  „    SC.  Königsberg 

L  336 

31.  „  CV.  .  .  n.  65 
12.  April,  CV.  .  IL  436 
22.  „  SC.Posen  I.  388 
30.      „      SCBerlin  L  269 

6.  Mai,  Gesetz  .      L  450 

24.  „     MV.  .    .    IL  301 

21.  Juni,  G^werbeordn. 

L  32.  49.  453 

7.  Juli,  SC.  Kiel    H.  481 
18.  Aug.,  Statut.    U.      7 

25.  Sept.,  Bekanntm.  I.  450 
24.  Oci,  StM.     .    n.  328 

11.  Nov.,  SC.  Berlin  L    51 

12.  „    SC.  Kiel  .    L  189 

28.  ,    Begulativ   U.  223 
7.  Dec.,  SC.  Kiel    I.  337 

22.  „     Gesetz .    IL  423 
1870. 

20.  Febr.,  SC  Kiel  IL  223 

15.  März,  MV.    .      L    36 

23.  Aprü,  MV.   .      L  252 


6oa 


81.  Mai,  StnJgee.  IL  108 
1.  Juni,  Beiehsges.  IL  382 
4.  JnU,  SC.  KiM  .    L  387 

23.  Sept.,  Oesets      L    40 

13.  Oct.,  MV..    .    IL  388 

15.  Nov.,  SC.  Kiel    L  231 

1.  Dec.,  CV. .    .    IL  389 

6*    n    MV.    ■    •    IL  334 

7.    „    CV,    .    .      L  444 


10. 


SCCoblens  11.  214 


1871. 

6.  Febr.,  SG.Stettin  L  165 
11.  März,  CV.     .    n.    86 

18.  n      CV.     .    n.  259 
16.  April,  ReioiuyerfaBBiing 

n.  279 
22.    »      SC.  Hannover 

U.  283 

26.  8  00.  .  .  n.  380 
2.  Mai,  MV. ..  IL  60 
6.      ,,    SC.  KönigBberg 

n.    82 
16.     „    00.  .    .    n.  370 

27.  ,    MV. .    .    n.  323 
13.  Juni,  SO.  Hannover 

L  191 
16.  Ang.,  MV.    .    U.  419 

19.  ,      MV.     .    IL  392 
25.     „      SC.Hann.  I.  273 

2.  Sept,  MV.    .      L    40 

18.     „      SC.  Berlin  L  180 

5.  Oct.,  MV.     .      L    28 

28.  „      CV. .    .      L  446 
31.    .      OV. .    .      L  275 

2.  itov.,  SC.  Hannover 

I.  448 
16.    n    OP.Breslan  L  337 


29. 


MV. 


IL  354 
n.  66 
n.  389 


1.  Dec.,  MV.     . 
4.    „      AO. .    . 

1878. 

3.  Jan.,  CO. .    .      L      8 

9.  Febr.,  MV.   .    n.  329 

14.    »    SCBreslan  1.  154 

27.    „    MV.  .    .    IL  321 

29.  -  CV.  .  .  L  167 
11.  IBrz,  Gesetz       L      3 

11.  „  MV.  .  L  445 
14.  „  CV.  .  L  8 
27.      „      Pennonsgesets 

IL  356 

2.  April,  OStaateanw. 

Kiel    .    U.  344 

12.  •  SC.Breslan  n.  341 
20.    n    Normaletot  IL  284 

30.  m    SC.  Hannover 

IL  210 
30.    n    S^*  Hannover 

U.  211 

3.  Mai,  SC.  Kiel      L  363 


10.  Mai,  CV.  .    .    n.  285 
18.    ,     CV.  .    .      L  250 

3.  Juni,  CV.      .    IL  286 
8.  Juli,  CV.  .    .    n.      3 

8.  „    MV.  .     .      L    34 

16.  Aug.,  CV.     .    IL  367 
18.  Sept.,  SC.  Kiel    I.    50 

17.  ,    Bekanntm.  II.  420 
5.  Oct,  MV..    .    n.  287 

10.  „    MV.     .    n.  287 
15.      „    OV.  .    .      I.     5 

4.  Nov.,  SC.  Berlin  L    51 

11.  „    MV.     .    IL  351 
7.  Dec.,  MV.     .    n.  329 

14.    „    SC.  Casael    L  362 

20.  „    MV.  .    .    IL  107 

21.  „    MV.  .    .    IL  301 
1878. 

4.  Jan.,  MV.     .    H.  323 

4.  „      MV,      .    IL  329 

9.  Febr.,  SC.  Hannover 

IL  263 

20.  ,     MV.     .    IL  365 
11.  März,  M.Fin.n. 

g.A.  .  n.  419 
24.  »  Oesetc  IL  312 
26.  ,  Gesetz  11.  277 
31.      „     Beiohsgesetz 

n.  353 
2.  Aprü,  SC.  Hannover 

L  474 

5.  „      Gesetz      I.      2 

6.  „      SC.  Hannover 

L  362 
9.      n      MV.    .    IL  427 

21.  n      ^«  ^^-  u- 
g.A.   .    IL  367 

4.  Mai,  Instr.  IL  191. 257 


11. 


Gesetz 


L  450 

12.  „    Gesetz    .    n.  297 
19.    „    SC.Coblenz  n.  206 

16.  Jnni,  MV.     .    n.    99 

17.  „    CV.   .    .    IL  489 
25.    „    SC.  Königsberg 

L  358 

7.  Juli,  CV. .  .  IL  300 
14.  ,  CV.  .  .  IL  291 
25.    „    M,  Inn.  u. 

Fin.     .    IL  349 
1.  Aug..  MV.    .    IL  291 

18.  .    CV.    .    .      L  435 
3.  Nov.,  Fin.M.      11.  419 

8.  „    StM..    .    U.  349 

13.  „    SC.  Hannover 

n.    99 
24.    „    MV.  .    .    IL  276 
6.  Dec.,  SC.  Posen  L  218 
22.    „    SC.  Königsberg 

L  210 
24.  „  CV.  .  .  I.  369 
24.    ,    CV.   .    .    n.  368 


1874. 

7.  Jan.,  0 V. .  .  L  276 

19.  Jan.,  MV.  .  IL  347 

21.    „    MV.   .  -  IL  289 


23. 


SO.  Kiel      L  251 


11.    ,    MV 


29.    .    SO.  Kiel     IL    68 
9.  Febr.,  Polizei  Stettin 

L  338 

28.    „    CO.    .    '.    IL  432 
13.  März,  SO.Oaasel  IL  300 

16.  „    CO.    .    .    IL  379 

17.  „    SCStettin    L  322 
28.    ,    CV.    .    .    U.  291 

1.  April,  StM.   .    n.  329 


8. 


GeseU 


L  276 


24.    „    SCStettin    L  338 

28.    „    MV.    .    .    L  384 

2.  Mai,  B.Mü.Gee.  IL  280 

2.  „    OV.    .    .    IL  292 

3.  „    SC.Coblenz  IL  355 
CV.    .    .    DL  101 

IL  288 

n.    27 

20.    ,    CV.    .    .    n.  379 

20.  „    CV.    .    .    IL  498 

21.  „    CV.    .    .    U.  289 


IL    „ 

18.    „    MV.   . 

18.    „    Stotut 


2L 


MV.     L  384.  386 


29.  „    SCBreslau  H.  48ü 

30.  „  MV.  .  .  n.  262 
11.  Juni,  CV.  .  L  392 
20.  Juli,  MV..  .  IL  101 
25.    ,    MV.  .    .    LL    86 


25. 


SCMfinster  L  252 


12.  Aug.,  CV.     .    n.  389 
17.    ,    SC.  Kiel      L  252 

10.  Sept.  CV.     .    n.  309 

11.  „    SC.Coblenz  L  389 
24.    „    M.  Inn.  Fin. 

Krieg  .  IL  370 
26,    •    SCBreslau  L  253 

9.  Oct,  MV.  .  IL  365 
22.  „  MV.  .  .  L  327 
29.    -    OV.    .    .      L  447 

2.  Nov.,  MV.    .      L  168 


SO.  Kiel      I.  152 
SC.  Coblenz  IL  205 


12.    , 
18.    , 

20.  „    CV.   .    .      L  373 
8,  Dec.,  CV.      .    IL  465 

21.  ,    MV.  .    .    n.    95 
1876. 

12.  Jan.,  SC  Kiel    L  365 

13.  „    Fin.M.    .    IL  367 
15.    „    MV.  .    .    n.  328 

26.  „    MV.  .    .      L  167 

27.  „    SC  Hannover 

IL  216 

28.  „    MV.  .    .    IL  368 

29.  s    SC.  Köniffsbog 

L  356 
3.  Febr.  SC  Kid   L  270 


60S 


11.  Febr.,  SO.Mgdbg.  1. 332 
15.    „    Gesetz    .    IL  280 

23.  „    MV.  .    .    n.  298 

24,  „    MV.  .    .      L  155 
9.  Man,  GV.     .    U.  259 


24. 


Fin,M.    .    n.  433 


5.  April,  SCBreslan  1.156 
9.  ,  MV.  ,  .  n.  345 
19.  „  SCBerUn  L  361 
22.  „  CV.  .  .  n.  430 
26.  „  OV.  .  .  I.  381 
28.  „  CV.  n  58.  495 
30.  ,  MV.  .  .  I.  170 
30.  „  MV.  .  ,  n.  264 
12.  Mai,  CV.  .  .  L  344 
16.  Juni,  SCMünster  IL  477 
18.    „    Gesetz    .      L      2 


28. 


Gesetz    .    IL  312 


29.  n    Gesetz    .    11.  383 

5.  Jnli,  Vormundsch. 

Ordn.     .      I.    2 
19.    „    CV.    .    .    11.  268 

30.  „    Fiii.M.Schr.  n.  423 

6.  Sept.,  MV.    .    IL  495 
28.    „     Wehrordnung 

L  459.    t^  279 
13.  Oot.,  SC.  Posen  11.  480 


14. 


CV.  .    L  255.  277 


18.    „    CV.    .    .    IL    66 

25.    „    SC.Coblenz   L  257 

30.    „    SC.  Kiel       L  202 

3.  Nov.,  MV.    .      L  327 

8.    „    SOICoblenz  L  369 

23.    „    MV.     .    .    L  258 

27.    „    SC.  Ziel     IL    95 

2.  Dec,  SC.Coblenz    L  36 

7.    ,    MV.  .    .    IL    95 

10.    „    MV.    .    .    n.    06 


22. 


SC.  Hann.    I.  345 


1876. 

3.  Jan.,  SCKgsbg.  L  337 

11.  „  MV,  .  L  50 
19.  „  MV.  .  L  7 
19.     „      MV.     .  L  327 

14.  Febr.,  MV.  .  L  220 
26.  „  Strafgesetz  IL  108 
31.  März,  CV.     .  H.  495 

15.  April,  AV.  .  n.  312 
29.      „      CV.    .  n.    73 

5.  Mai,  Fin.M.  .  IL  428 

16.  „     MV.      .  n.  366 

6.  Juni,  OV.      .  n.  201 

7.  „      OV.     .  n.  389 

12.  „  CV.  .  n.  428 
19.  „  SC.  Berlin  n.  203 
22.  „  CV.  .  n.  327 
29.     „      Geseta  L    38 

29.  „      MV.    .  IL  487 

30,  „  CV.  .  L  322 
24.  Juli,  MV.     .  n.    60 

4.  Aug.,  MV.    .  n.  290 


14.  Aug.,  CV.     .  L  373 

20.  Sept,  MV.  .  n.  290 
29.     „    SC.Mnn8terlL168 

9.  Oct,  MV.     .  n.  104 

29.  Nov.,  MV.    .  L  330 

29.  „      MV.     .  n.  287 

30.  „      MV.    .  n.    59 
7.  Dec.,  MV.     .  L  386 

13.  „      MV.    .  L  386 

15.  „  MV..  .  IL  468 
30,  „  CV.  .  L  35 
30.  „  CV.  .  n.  89 
30.     „     MV.     .  n.  465 

1877. 

27.  Jan.,  Gesetz  .  11.  343 
30.     „     RCiv.Pr.O.  IL  350 

16.  Febr.,  CV.  .  IL  434 
24.  „  Gesetz  IL  316 
27.     „       MV.    .  IL    75 

7.  März,  CV.     .  H.  103 

15.     „       CV.     .  IL  197 

7.  April,  M.V.  .  L    38 

30.     „       MV.    .  n.  293 

4.  Mai,  M.Fin.  n. 

Inn. .    .  IL  319 

29.  „      CV. .    .  I.  465 

14.  Juni,  MV.     .  L  169 

30.  „  CV.  .  L  231 
30.  ,,  Regulativ  IL  225 
24.  Juli,  MV.      .  n.  262 

9.  Aug.,  CV.     .  L  467 

24.     „      CV.     .  IL  317 

21.  Sept,  MV.  .  n.  299 
29.     „       CV.     .  n.    90 

5.  Oct.,  MV.      .  n.  218 


6. 


>f 


CV.. 


L  381 

19.  Nov.,  CV.      .    n.    90 

28.  „      MV.     .    n.  339 

10.  Deo.,  SC.  Coblenz  n.  339 
13.    „    CV.    .    .      L  211 

13.  „    MV.  .    .    n.  329 

20.  „    SC.  Coblenz  L  347 

29.  „    SC.  Berlin  H.  103 
1878. 

14.  Jan.,  MV.     .    U.    63 

19.  „     CV. .    .      L  211 
31.     „     M.V     .      L  468 

9.  Febr.,  MV.    .      L  248 
4.  April,  OV.    .    n.    24 

4.  „       GKitacbten  1. 232 

5.  „       CV.     .    n.  359 
5.     „       CV.    .    n.  371 

23.     „       CV.     .    n.  299 

27.     „  SC.  Münster  IL  491 

8.  Mai,  MV. .    .    IL  323 

11.  „     SC.  Kiel      L    52 

20.  „     SC.  Magdeburg 

L  314. 

22.    „     Fin.M.  .      L    39 

8.  Juni,  MV.     .    IL      2 

18.     „     CV.     .      L  231 


I  8.  Juli,  MV.      .      L    34 
8.    „     MV.      .    IL  261 

24.  „     StM.     .    IL  224 

1.  Aug.,  SC.  Cassel  L  191 
3.    „      MV.     .    n.  322 

8.  „  CO. .  .  L  474 
21.  Sept,  MV.  .  L  156 
14.  Oot,  A.  Erlafs  L  6 
19.  „  MV.  .  n.  58 
26.  „  CV. .  .  L  435 
19.  Nov.,  CV. .  .  IL  19 
30.     „      MV.    .    IL    95 

6.  Deo.,  MV.     .      L  168 

9.  „  CV.  .  IL  208 
11.  „  MV.  .  n.  495 
28.     „     .CV.     .    IL  216 

1879. 

7.  Jan.,  SC.  Münster 

n.  99.  355 
30.     „      Fin.M.       L    42 

30.  „      SC.Cassel  L  210 

18.  Febr.,  MV.   .    n.  393 

28.  „       M.  g.  A.  u.  Inn. 

n.  433 

8.  März,  CV.     .      I.  232 

11.  „      Gesete       L  450 

19.  April,  Scbulordn.  1. 333 

2.  Mai,  MV. .  .  L  248 
17.    „      SC.  Kiel  IL  278 

31.  „  SC. Munstern. 249 
17.  Juni,  MV.     .      L  469 

25.  „      Gutachten  n.  198 

5.  Juli,  MV,  .  IL  313 
24.     „     SC.  Münster  L  325 

29.  „     CV. .    .    IL  198 

30.  „     MV.   L  431.  432 

31.  „     MV.      .    n.  322 

9.  Aug.,  CV.     .      L    16 

7.  Sept,  Verordn.  IL  385 
13.  Oct,  MV.  .  L  44 
23.  „  CV..  .  L  43 
17.  Nov.,  M.  f.  Handel  1. 43 

1880* 

8.  Jan.,  CV.     .      L  443 

12.  „  CV.  .  L  366 
21.  „  CV.  .  L  181 
21.  „  SaBerlinH.  366 
23.  „  MV.  .  I.  210 
23.  „  MV.  .  n.  423 
30.     „     SC.  Sohlesw.  L  326 

3.  März,  CV.    .      L  182 
3.      „      MV.   .      L  183 

11.      „      Verordn.  I.  457 

6.  April,  CV. L39.il 263 

20.  „  CV.  .  IL  424 
29.  Mai,  CV.  .    .      I.  339 

7.  Juli,  CV. .  .  IL  485 
17.     „     CV..    .      L    19 

26.  „  Gesetz .  L  7. 9 
26.  „  Heg^tiv  IL  304 
3L     „     CV. .    .      L  251 


604 


1 


16.  Aug.,  CV.     .    n.  435 
4.  Sept.,  Statut     U.    15 

10.  „    Prüf.Ordn.n.    71 

11.  Sept,  CV.     .    U.    71 
9.  Oct,  CV. .    .    IL  464 

21.  „  CV. .  .  n.  465 
24.  Nov.,  CV.  .  n.  302 
30.     „      MV.     .      I.    21 

1881. 
6.  Febr.,  Gesetz  n.  294 
9.  „  MV.  .  I.  470 
13.  „  SC.  Schlesw.  1.354 
24.  „  Gesetz  U.  425 
24.  „  MV.  .  L  41 
28.     „       MV.    .      L    21 

8.  März,  StM.   .      L  212 

15.  „      CV.     .    n.  294 

16.  „      M.FiQ.  u. 

Inn.     .    n.  301 

22.  „      CV.     .    U.  425 

22.  „  Statut,  n.  437 
28.     ,.      A.Erlaf8n.  436 

4.  April,  CV.    .    U.  302 

13.      „      Ju8t.M.  n.  386 

6.  Mai,  SC.  Münster  H.  489 

9.  „    CV.    .    .      I.  471 

17.  „    CV.    .    .    IL  388 

8.  Juni,  M.  off.  A.  L  390 

9.  „    Bekanntm.  IL  418 
13.     „    CV.  .    .    n.  443 

15.  „    CV.  .    .    n.    91 

16.  „  CV.  .  .  IL  388 
21.   „    CV.  .    .      L    50 

27.  „    CV.  IL  294.  393 
4.  Juli,  M.Fin.  u. 

Inn. .    .    n.  357 
13.     „     CV.  .    .      L    40 

28.  „     CV.  .    .    IL  357 

30.  „     MV.      .    n.  443 

16.  Aug.,  CV.     .    II.  320 

23.  Sept.,  MV.    .    U.  296 

12.  Oct,  CV..    .      L  368 

24.  „     MV.     .      L  151 

24.  „  MV.  .  IL  417 
26.     „     SC.  Berlin  L  314 

31.  „     A.  ErlaTs  U.  437 

25.  Nov.,  MV.  .  IL  322 
28.     „      CO.     .      L      9 

1882* 

4.  Jan!,  A.  Erlafs  IL  100 
9.     „     A.  Erlab    L      6 

17.  „  SC.  Münster  IL469 
19.  „  SC.  Münster  U.  470 
19.  „  SC.  Münster  U.  470 
28.  „  M  off.  A.  n.  468 
28.  Febr.,  MV.  .  n.  394 
17.  März,  CV.  .  L  164 
31.  „  Gesetz  IL  361 
31.      „      CV.      L  5,  110 

5.  April,  MV.  .      L    11 
8.      „      CV.    .    n.  348 


14.  April,  CV.  .  n.  .37 
17.      „      SC.BerlinL  150 

6.  Mai,  SC.  Münster  IL  481 

11.  „    CV.    .    .     n.  296 

12.  „    SC.  Münster  n.  265 

14.  „  SC.  Berlin  IL  469 
20.  „  Belictenges.  IL  395 
27.   „    CV.    .    .      I.  393 

5.  Juni,  Ausführ.-Best. 

IL  398 
12.      „      CV.     .    n.  412 

19.  „      Statut  U.  20.  24 

26.  „      MV.    .      L  468 

7.  Juli,  OReclm.K.  11. 413 
21.Aug.,  SC.  Münster  U.  99 
25.   „     CV.    .    .    IL  412 

11.  Sept,  CV.     .    n.  413 

12.  „       MV.  IL  406. 444. 

16.  „  Statut  n.  18 
30.  „  MV.  .  n.  262 
30.     „       MV.    .    n.  403 

6.  Oct.,  MV.     .11.  265 

7.  „    SC.MünsterIL162 

17.  „  SC.Solile8w.IL492 
23.     „    SC.MünsterIL481 

27.  „    CV.    .    .      L  232 

27.  „    MV.   .    .    IL  425 

30.  „  MV.  .  .  IL  417 
4.  Nov.,  CV.     .    n.  320 

14  „  SC.CoblenzL218 
16.  „  CV.  .  L  433 
16.     „     MV.     .    n.  418 

20.  „     MV.     .    n.  347 

28.  „  SCBerlinlL  479 
7.  Deo.,  MV.  .  L  158 
9.     „     MV.     .    n.  373 

13.  „     FinJU.      IL  324 

15.  „  MV.  .  n.  86 
27.     „     SC.BerlinH.  198 

1888. 

6.  Jan.,  FinJL  .    IL  386 

10.  „       SCBerlinlL  278 

11.  „  MV.  .  IL  348 
11.    „      MV.     .    n.  417 

11.  „     'SC.Scblesw.I.311 

15.  „     SC.BreslauIL478 

18.  „     SC.  Breslau  IL  487 

31.  „      SCCassellL   99 

12.  Febr.,  MV.    .    IL  323 

16.  „       MV.   .    IL  397 

23.  „  CV.  .  n.  442 
2«.     „       CV.    .      L  139 

3.  März,  CV.  .  IL  413 
15.     „       CV.    .      L  324 

24.  „   SC. Munstern. 482 

29.  „  MV.  .  IL  348 
5.  April,  SCMünster  U.469 
10.      „      M.Fin.  u. 

Inn.    .    n.  415 

17.  „      MV.    .    n.  274 


f» 


19.  April,  CV.  .  L  441 
23.  „  CV.  .  L  144 
30.      „      MV.   .      L  43^ 

1.  Mai,  BeguL  .      L  4M) 
8.  Mai,  SC.  Schlesw.  1 52 

10.  „  CV.  .  .  IL  415 
16.  „  SC.  Cassel  IL  492 
25.    „     CV.  .    .    IL  271 

2.  Juni,  M.Inn.  o. 

Fin.   .  IL  197 
4.   „  SC.  Breslau  IL  468 

14.  „  MV.  .  n.  367 
16.  „   MV.  .  n.  67 

25.  „   CV.  .  IL  197 

28.  „  SC.  Münster  EL  276 

29.  „  FinJL  IL  386 
1.  Juli,  Gewerbeordn. 

L  32.  49 
19.     „      MV.     .      L  236 

26.  „     MV.     .      L      7 

30.  „     Gesetz  .    L  7.  9. 

n.  343 

30.     „     CV.      .      L  237 

4.  Sept.,  SC.  Schlesw.  L  312 

15.  „     MV. .    .    IL  403 

27.  „  MV..  .  n.  64 
27.  „  SC.  Schlesw.  IL  190 
23.  Nov.,  CV.     .      L    32 

12.  Dec.,  MV.     .      L    47 

19.  „  Gutachten  L  289 
23.     „      M.Inn.  u. 

Fin.     .    n.  34S 

1884. 

4.  Jan.,CV.  .  .  IL  349 

8.  „     CV.  •  .  L    21 

16.  „     CV.  .  .  L  473 

13.  Febr.,  SC.  Cassel  IL  265 
29.    „     CV.  .    .    n.  343 

29.  „     MV. .    .    IL  471 

9.  Mär»,  MV.    .    IL  373 

11.  „      Statut     IL    15 

14.  „  CV.  .  IL  3 
18.      „      CV.    .      L  270 

30.  „      M«  ö£  A.  L  389 

31.  „  MV.  .  IL  485 
25.  April,  SC.  Cassel  IL  479 

29.  „     M.off.A.   L  389 

30.  „  Gesetz .  IL  362 
4  Juni,  Statut .  IL  5 
6.     „     CV.      .    n.    24 

13.  „  CV.      .    IL  309 

20.  „  StM.  .  n.  400 
25.  „  CV.  .  n.  65 
27.  „  A.  ErlaTs  H.  268 
27.  „  MJnn.  u. 

Fin.  .  IL  324 
27.  „  SC.Sohle8w.L325 
30.  „  CV.  .  IL  210 
30.     „    SC.  Schlesw. L311 

14.  Juli,  CV. .    .      L  273 


606 


29.  Julii  M.Inn.  u. 

Fin. .    .    II.  375 

81.     „     CV.  .    .    IL  400 

1,  Aug.,  CVT.     .      I.  150 

8.     „      O.KirohJl.  1. 439 

17.     „      M.Iim.  11. 

Fin.     .    U.  345 

3.  Sept,  A.  ErlaTs  L      6 

6.     „       CV,    .      I.  439 

22.     „       CV.    .    II.  324 

30.  ,,  Nachricht  U.  444 
11.  Oct.,  CV..  .  n.  375 
1 1.  „  SC.  Cassel  U.  481 
14.  „  CV..  .  IL  88 
28.     „    SC.  Münster  IL  355 

3.  Nov.,  SC.  Breslau  II.  487 


10. 
10. 


CV.     L  243.  258 

SC.  Berlin    I.  353 

8.  Dec,  S.C.  Breslau  IL  488 

24.    „    CV.    .    .      I.  427 


30. 


n 


]i.Inn.  u. 


Kn.    .    .    n.  399 
1885. 

6.  Jan.,  SC.  Berlin  IL  214 

7.  „      CV.  .    .      L  376 

17.  „  CV.  .  .  L  371 
26.  „  CV.  .  .  U.  399 
30.  „  MV..  .  L  44 
30.    „      SC.  Cassel  11.  212 

4.  Febr.,  M.V.  .      L  430 

14.  ,,      SC.  Cassel  IL  477 
4.  März,  M.Inn.  u. 

Fin.     .    n.  439 
11.      „      Postbescheid 

n.  224 

18.  „  CV.  .  IL  204 
18.  „  MV.  .  L  276 
24.  „  AV  .  L  459 
24.      „      CV.    .    n.  197 

8.  April,  CV.  .  n.  439 
23.  „  CV.  .  IL  68 
23.      „      Prüf.Ordn.IL68 

15.  „    SC.  Breslau  n.  198 

21.  Mai,  Statut  .    11.    29 
4.  Juni,  MV.     .      L  448 

18.     „      SC.  Berlin  IL  478 

30.     „      CV.     .      L  435 

30.     „     SC.Schlesw.L313 

8.  Juli,  CV. .    .      L  470 

8.     „     MV.     .      L  475 

«7.       „       vy  V . .      .        X.  44«) 

15.     „     MV.     .      I.  441 

22.  „     MInn.  u. 

Fin.      .    U.  435 


24.  Juli,  SC.Bre8laun.2l5 

27.     „     Gesetz .    II.  385 

6.  Aug.,  CV.     .      L  275 

8.  „      CO.     .    n.    29 
11.     „      M.g.A.u. 

Fin.     .    n.  37« 

11.  „  SC.Berünn.493 
19.     „      Instr.  n.  179. 253 

27.  „  A.  Erlafs  L  472 
31.     „      CV.     .    n.  397 

22.  Sept.,  SC.  Münster  U.  491 

23.  „     CV.  .    .    n.  442 

28.  „    C.  Breslau  II.  472 
6.  Oct.,  CV. .    .      L  249 

9.  „     CV. .    .      L  472 

17.  „     MV.      .    n.  224 

29.  „    O.Rechn.K.  11. 380 

12.  Nov.,  CV.     .      L  264 

27.  „      MV.     .      L  475 
3.  Dec.,  CV.     .    IL  336 

24.  „    SCBreslau  IL  472 

28.  „     CV.      .      L  476 

29.  „      MV.     .    IL  419 

30.  „  SC.  Schlesw.  n.  482 

31.  „      CV. .    .    IL  471 

1886. 

6.  Jan.,  MV.     .    11.  468 

18.  „     CV. .    .    n.  497 

2.  Febr..  MV.  .      I.  251 
9.  März,  CV.     .    H.  380 

15.      „     CV.     .    II.  225 
1.  April,  Sch.Dep.  Berlin 

n.  478 
14.       „  SC.  Munstern. 485 

19.  „  MV.  .  n.  465 
21.  „  SC.  Breslau  215 
21.  „  CV.  .  n.  489 
28.       „       MV.  .    n.  277 

3.  Mai,  SC.  Breslau  U.  479 
10.    „    MV.  .    .    n.  417 

13.  „  CV.  .  .  IL  464 
17.  Juni,  CV.  .  n.  107 
17.  „  CV.  .  U.  473 
17.  „  MV.  .  n.  218 
13.  Juli,  CV. .  .  IL  493 
23.  „  A.Erlat8  U.  105 
13.  Aug.,  CV.  .  n.  496 
17.     „  SC.  Schlesw.  II.  488 

20.  „       M.Inn.  u. 

Fin,    .    n.  327 

21.  „  MV.  .  IL  444 
28.     „   8C.Mün8tern.479 

4.  Sept,  CV.    .    n.  205 


30.  Sept.,  CV.  .  IL  426 
16.  Oct.,  CV. .    .    n.  489 

16.  Oct.,  MV.  .  IL  466 
2/.     „      MV.     .    IL    59 

4.  Nov.,  SC.  BerKn  n.  214 
9.    „      SC.  Breslau  II.  486 

1.  Dec.,  MV.     .    n.  300 

2.  „     SC.  Breslau  IL  263 

17.  „      CV.      .    U.  296 

20.  „      CV.     .    II.  300 

21.  ,.      MV.     .    n.  211 
1887. 

4.  Jan.,  SC.  Cassel  11.  211 

12.  „     MV. .    .    IL  497 

17.  „  Gesetz  .  U.  425 
23.    „     Bekanntm.  11. 447 

31.  „     SCBreslau  II.  486 

3.  Febr.,  SC.  Münster 

IL  484 

5.  „  Priif.Ord.  U.  33 
10.  „  CV.  .  IL  219 
21.     „       AO.    .    IL  464 

28.  „       MV.   .    n.  466 
5.  März,  Magistr.  Berlin 

n.  260 
16.      „       CV.    .    U.  330 

23.  „       CV.    .    n.  209 
2.  April,  M.V.  .    n.  215 

15.      „    SC.  Münster  II.  94 

27.  „  SC.Mün8terIL491 

29.  „  SC.  Breslau  IL  390 

30.  „  CV.  .  n.  323 
30.      „      CV.     .    IL  470 

4.  Mai,  SC.  Münster  IL  210 
7.    „    MV.   .    .    n.  426 

10.  „    SC.  Cassel  IL  275 

13.  „    CV.    .    ,    EL  490 

18.  „  SC.  Breslau  n.  341 
30.    „    SC.  Berlin   IL  213 

11.  Juni,  MV.     .    IL  494 

14.  „     MV.     .    U.  484 

20.  „      CV.      .    n.  345 

21.  „      CV.      .    n.  495 

24.  „  CV.  .  IL  495 
Juli,  Rofsleben    .    IL  457 

1.  Juli,  Magistr.  Berlin 

IL  260 
13.     „     OV. .    .    IL  327 

28.  „    SC.  Breslau  II.  490 

5.  Aug.,  MV.    .    IL  496 

15.  „  MV.  .  IL  336 
23.  „  MV.  .  n.  334 
23.      „       M.  g.  A.  u.  Fin. 

n.  324 


Sachregister. 


Di0  römifldhto  Zahlen  beseiolmeii  AbteilaDg  (oder  Band),  die  arabiaohen  die  Seiten. 

A  b  k  ii  r  z  n  n  g  e  n. 

0.  =  GyauiMiiim.    B.  =  SealanitAUeB.    h.B.  =  liÖheTe  Bftfg«rselinle. 


Abendmahlsfeier  I.  162.  326.    II.  120. 
Abgang  aas  unteren  Klassen  I.  336. 

aus  Tertia  (R.)  I.  71. 
Abgangszeugnis  1. 317. 320. 323. 356. 392. 

^othwendigkeit  1.  2. 

bei  Bestratungen  L  361, 

bei  Verweisung  L  342.  364. 
Abiturientenoommers  II.  486. 
Abiturientenprüfung  s.Maturität8prüfung. 
Abmeldung  I.  336. 

Abteilungen  des  Min.  für  Unterricht  1. 6. 
Abtritte  I.  268. 
Adjuncten  IL  446. 
Adversarien  I.  263. 

AerzÜiche  Atteste   für   besondere   Be- 
urlaubung n.  274.  276. 

Beaufsichtigung  d.  Schulen  1. 304. 310. 
Antation  bei  Wahlen  IL  100.  (342.) 
Auium  s.  Directoren-Instruotion. 
Alter,  schulpflichtiges    für  Vorschule 
L  146, 

für  SexU  L  54.  71.  146. 
Alt-  u.  mittelhochdeutsch  1. 90.  (R.)  175. 
Alumnate,  confessionelle  I.  37. 

Joachimsthalsches  Gymnasium  II.  444. 

Landesschule  Pforta  IL  447. 

Klosterschule  Bolsleben  IL  457. 
Amt-  s.  Dienst-. 
AmUblatt  IL  223. 
Amtseid  s.  Diensteid. 
Amtspflichten  II.  109. 
Amtsverschwiegenheit  II.  338  ff. 

bei  MaturitäUprüfungen   I.  395.  407« 
429.    IL  339. 

bei  Gonferenzen  s.  DirJnstr. 
Andachten  I.  23.  329. 
Androhung  der  Entfernung  I.  335.  488. 
Anfragen  aus  aufserpreufsischen  Staaten 

n.  214. 
Annoncen  s.  Zeitung,  Inserate. 

Expedition  IL  226. 
Anrechnung  der  Diensljahre 

bei  Anstellung  I.  102.    IL  368. 

bei  Pensionirung  II.  358.  364. 

aus  Militärverhutnissen  II.  369. 


Anrechnung  der  Schulzeit 

bd  Maturitiitsprüfung  I.  430. 

bei  Prüfung  für  Prima  L  448. 

beim  Militärzeuffnis  I.  468  f. 
Anschauungsmittel  L  102.    IL  471. 
Anstellung  11.76  f.,  vorherige  Auskunft 

n.  81. 
Anstellungsordnung  IL  82. 
Anstellnngsrecht  L  12.    II.  83  f.  86. 
Apotheker  L  453. 
Arbeitspläne  I.  260.    s.  Dirjns^. 
Arbeitsstunden  IL  264  f. 
ArbeiUzeit,  Dauer  I.  261.  307. 
Archäologie  s.  Kunstgeschichte. 

Reisestipendium  IL  27. 

Charlottenstiftung  II.  28. 
Archiv  s.  Schularchiv. 
Archivordnung  U.  220. 
Arrest  I.  335.  357.  363  f.    IL  483. 488. 
Arreststunde  I.  364.  483.  s.  Nachsitzen. 
Ascension  L  12f     s.  Beförderung. 
Astronomie  I.  96.  (R.) 
Atlas  I.  201. 
Aufenthalt  in  den  Klassen  L  319.    s. 

Anrechnung. 
Aufenthaltsort  nach  Pensionirung  IL  380. 

s.  Domicil. 
Auffallende  Kleidung  L  333. 
Aufnahme  von   Schülern  I.   149.   334. 
(ärztlich)  305. 

Alter  L  54.  71.  146.  315.  334. 

Zeit  I.  247  f.  315. 

in  die  Vorschule  I   146  f. 

in  die  unterste  Klasse  I.  54.  (G.)  71.  (R) 

in  höhere  Klassen  L  32a  322.  IL  4811 

von  Realabiturienten  inGJ^rima  L  434. 

von  verwiesenen  Schülern  1. 320  f. 
vgl.  Directoren-Instructionen. 
Aufnahme  f.  Staatsangehörigkeit  IL  382. 
Aufiiahmeprüfung  I.  313.  321.  323. 482. 

für  Ober-Secnnda  L  469. 
Aufsätze,  Themata  L  59. 69.  92.  (R.)  179. 

Nachweisun^  im  Programm  L  377. 

deutsche,  mcht  in  Sexta  und  Quinta 
I.  92  (R.)  178. 


507 


lateimsohe  I.  122.    11.  469. 

Zahl  I.  258.  311. 

Uebenchätzang  imDentsohen  1.92  (B.) 
Aufsicht,  häusliohe  I.  347. 
AufBichtsbehörden  I.  6.  4.  330. 
Aofaichtspflicht  L  330. 
Aufzüge,  öffentliche  I.  346. 
Angenschwäche  I.  264. 

8.  Kurzsiohti^keit,  SehkrafL 
Aula,  Mafsbestiinmaiiff  L  44. 

firemde  Benutzung  I.  475. 
Ausfall  des  Unterrichts  L  247. 

s.  Dir.Instr. 
Ausflüge  und  Spaziergänge  11.  473. 
Ausgaben,  unvorhergesehene  I.  39. 

Mehrausgaben  L  J7.  39. 
Ausländer,  Bezeichnung  Ü.  215. 

s.  Nichtpreufsen. 
Aussohliefsung  I.  336. 342. 357. 360.  363. 

482.  488.    s.  Krankheiten. 
Aussteuerkassen  IL  433. 
Auswärtige  Schüler 

Bezeichnung  ü.  215. 

Aufiiahme  I  155. 

Beaufsichtigung  I.  331.  341.  347. 
Ausweisung  ans  der  Schule  I.  362, 

aus  dem  Lehrzimmer  L  363. 
Auszeichnungen,  Verleihung  II.  378. 

Ballvergnügungen  1.  331. 
Bänke  L  44.    Aufstellung  I.  311. 

s.  Schulbank. 
Barrentumen  L  230. 
Baufach  L  451. 

Anforderung  für  Math,  und  Zeichnen 
L  209. 
Beamte  s.  Staatsbeamte ;  eommissarisch. 

Beamtentöchter,   K.   UVilhelmstiftung 
n.  456. 

Beamtenverein  IL  434  f. 
Beaufsichtigung  s.  Aufsicht. 

geistliche  L  22. 
B^ürfniszuschüsse  I,  16. 

für  pensionirte  Beamte  IL  379. 
Bedürftigkeitsbescheinigung 

zu  Quittungen  11.  382. 
Beförderung  un  Amt  IL  83.  86.  495. 
Beglaubigung  von  Abschriften  11.  278. 
Begnadigungsgesuche  U.  846. 
Beffriffserklärungen  I.  90. 
Beherbergung  I.  335. 
Beichtzettel  L  327. 
Bekanntmachungen  s.  Inserate. 

kirchliche    in    (kathol.)   Schulklassen 
TT,  259. 
Beleuchtung  L  49.  301.  312. 

s.  Erleuchtung. 
Berechtigte  Schulen  L  4. 
Berechtigungen  I.  450. 

für  einj.miw.  Militärdienst  I.  459. 
statistisch  L  292. 


an  höh.  Bürgersch.  1. 150.  U.  466. 493. 

an  Realklassen  L  158. 
Bergfaoh  L  452. 
Berichterstattung  I.  15. 

Form  II.  190.  198  f. 

im  FensionirungsSEille  IL  380. 

Einsendung  von  GircVerff.    II.  464. 
Berlin,  Verwaltungsbezirk  L  7. 

Stadt,  Lehrstunden  IL  260. 
Fensionswesen  II.  366. 
Berufswahl  L  242.  391. 
Berufung  an  das  Staatsministerium  II. 
335   360. 

gerichtliche  IL  345. 
B(ffufungsurJnmde  s.  Vocation. 
Beschlagnahme  für  Besoldung  II.  296. 350. 

für  Pension  IL  360.  385. 
Besetzung  der  Lehrstellen  IL  83  f. 
Besoldungen    s.    Normaletat,     Q^halt, 
Diensteinkommen. 

Verteilung  II.  87. 

Veränderung  II.  84  f. 

Quittung  IL  402.  vgl.  Gehaltszahlung, 

Beschlagnahme  IL  296.  350. 
BesUUung  IL  100  f.  354.    s.  Vocation. 
Bestätigungsrecht  f.  Anstellung  IL  83. 86. 
Besteuerung  d.  Diensteinkommens  IL  383. 
Bestrafung,  individualisirend  L  363. 
Betragen  außerhalb  der  Schule  I.  347. 

n.  119. 
Beurlaubung  der  Schüler  I.  334. 

der  Lehrer  s.  Urlaub. 
Beurteilung  d.  Schüler,  Leistungen  1. 260. 

Mafsstab  in  den  Gensuren  I.  355. 
Bewegungen   unter  den   angestellten 

Lehrern,  Uebersicht  IL  205. 
Bibelsprüche  I.  163.  165. 
Bibliothek  s.  Schul-,  Sohnler-,  Lehrer- 
bibliothek. 

Bibliotheca  pauperum  I.  371. 
BibUoUiekordnung  I.  374. 
Bibliothekrevision  L  371  f. 
Bibliothekverwaltung  L  371. 
Bifurcationssystem  L  159. 
Bildung,  allgemeine  L  280.   IL  50. 

classische  L  121. 
Biographische  Erzählungen  I.  124. 
Bischöfe  (kath.)  I.  23. 
Bismarck  s.  Schönhauser  Stiftung. 
Blässe  L  302. 
Blaues  Buch  I.  53. 
Blitzableiter  I.  50. 
Botanik,  Lehrerprüfung  IL  44  53. 

Unterricht  L  119.  (Ö.)  129.  (R.)  142. 
Brillen  L  264.  299. 
Bunzlau  IL  460. 

Cadettenanstalten  L  293. 
Kurzsichtigkeit  L  298. 
Gadettencorps  I.  459. 
Candidaten  s.  Schulamtscandidaten. 


608 


Candidatenconvict,  Magdeburg  II.  15. 
Carcer  I.  835.  358.  361.  364. 
Carenzjahr  11.  420.  429. 
Carenzunterstütznngen  11.  429. 
Censurbogen  11.  241.  (247.) 
Censuren  I.  349.  315.  335.    s,  Dir.Instr. 

Formulare  I.  350  fg. 

Prädicate  I.  316.  351  fg.   n.  487. 
Mafsstab  des  Urteils  L  355. 
vom  Dir.  nicht  abzuändern  I.  351. 

Zahlen  I.  350. 

Nummern  I.  316.  352  f.  355. 

Verteilung  I.  356.    II.  479. 
Feierlichkeit  L  161.  350. 
Gensurordnung  I.  354.    11.  487. 
Centralblatt,  Unterr. Verwaltung  I.  7. 
Gentralverwaltung  I.  6. 
Charlottenstiftung  II.  2& 
Chemie,  Unterricht  L  74.  77.  100.  142. 
144.  126.  (ö.)  129.  133.  (R.) 

Lehrerorüfung  II.  44.  53. 
Cholera  I.  271  f. 
Choralgesang  I.  221.    IL  472. 
Chrestomathien  I.  107.  131. 

französische  I.  142. 
Chronologie  I.  95  f.  (R.)  124.  (G.) 
Ciyilsupemumerariat  I.  455. 
Clausurarbeiten  im  Unterr.  I.  174.  311. 

Prüfung  für  das  Lehramt  n.  46. 
,1        der  Zeichenlehrer  II.  96. 
Collaturrecht  I.  30. 
Collectiworstellungen  IL  497. 
CoUeg^enhonorare  IL  82. 
CoUoquium  pro  rectoratn  II.  73. 

Art  der  Abhaltung  IL  75. 

Einberufung  IL  83. 
Combination,  ReLUnterr.  I.  89.  162. 
Combinirte  Anstalten  I.  158. 
Commissarische  Beamte 

Diensteinkommen  IL  296. 

WohnungsgeldzuBohuSB  II.  298. 

Lehrer,  Kündigungsfrist  U.  355. 
Commissarius  s.  Compatronat. 

Maturitätsprüfung  L  392.  395.  407. 
Compatronat  I.  28  f.    IL  465. 
Compensation,  Maturitätsprüfung  I.  281. 

an  Gymnasien  I   208.  392.  401. 

an  Realanstalten  I.  78.  100.  412. 

an  höh.  Bürgerschulen  I.  84.  422. 
Compensation  bei  Versetzungen  I.  318. 
Compet«nzconflict  11.  342. 
Concentration  I.  68.  (56.)  106.  161. 
Conferenz  s.  Lehrerconferenz. 
Confessionelles  Verhältnis  I.  36. 
Confirmandenunterrioht  I.  22.  166. 
Oonflict  s.  Competenz. 
Congestionen  I.  302. 
ConsiUum  abeundi  L  341.  357.  362. 
Consistorien  I.  7. 
ControUe  des  Schulbesuchs  I.  325. 
Controllversammlung  IL  280. 


Conversation,  franz.  u.  englisch  IL  94. 

123.  131. 
Corporationsrechte  I.  1. 
Correctur  I.  59.  256.  258.  s.  Beurteilung. 
Corridore,  Lüftung  L  273. 
Criminaluntersuchung  II.  344. 
Culturgesohichte  I.  197. 
Curatorium  L  27.  30.  105.  275.  465. 

bei  Urlaubserteilung  II.  274. 

bei  Privatunterricht  II.  480. 
CuriaUen  IL  190.  199. 
Cursbuch  11.  313. 
Cursusdauer  I.  150.  282.  392. 

]>äni8ch,  Lehrerprüfung  II.  37.  42. 
Darwin  I.  144. 
Declamationen  I.  120. 
Deficit  I.  40. 
Desinfection  I.  273.  275. 
Deutsch  als  Unterrichtsgegenstand  L  171. 
n.  494. 

in  Gymnasien  L  118.  119. 

in  Realanstalten  I.  90.  128.  130. 

in  der  höh.  Bürgerschule  I.  136  f. 

grammatisch  I.  90.  171. 

Formenlehre  u.  Syntax  I.  119. 

Rechtschreibung  I.  178.  180. 

Interpunction  I.  178. 

Aufsätze  B.  oben  sub  voce. 

mündliche  Darstellung  I.  172.  179. 

Leetüre  I.  90.  (R.) 

Litteraturgeschichte  L  91.  (R.)  120. 

(GO  178. 
mit  Latein   in  Sexta   und  Quinta  L 

66.    n.  64. 
nicht   vereinzelt   einem    bezw.  unge- 
prüften Candidaten   zu  übertragen 
L  177.    IL  64. 
Deutsche   Sprache,    Lehrerprüfung   IL 

38  f.  53. 
Devolutionsrecht  IL  94. 
Diäten  s.  Tagegelder. 
Dictate,  französuch  L  123. 

französisch  u.  englisch  L  136  f. 
Dienstbezüge  IL  324. 
Dienstdisciplin  II.  330  f. 
Diensteid  U.  98  f. 

Diensteinkommen  s.  Besoldung,    com- 
missarisch. 
Berechnung  für  Teile  d.  Monats  IL  296. 
portofreie  Zusendung  IL  324. 
Verlust  U.  332.    Besteuerung  IL  383. 
Dienstentlassung  11.  332  f. 
Dienstjoumal  II.  200.  223.  s.  Dir.Instr. 
Diensijubiläen  II.  389. 
Dienstrang  11.  297. 
Dienstreisen  IL  312. 
Dienstnnfähigkeit,  Naohweis  II.  359. 376. 
Dienstvergehen  II.  331. 
Dienstwohnungen  IL  297  f.  301. 285. 291. 
Regulativ  n.  304  f.  [497. 


509 


im  Falle  der  Suspension  II.  349  f. 

im  Gnadenquartal  II.  391. 
Dienstzeit,    Berechnung   II.  358.  376  f. 

389.  417. 
DimisBoriale  U.  354. 
Diute  8.  Tinte. 
Director,  Bang,  IL  105. 

Ernennung  zum  Kön.  Dir.  IL  86. 
Directorenconferenzen  II.  215  f. 
Directoren-Instructionen  IL  109  f. 

Brandenburg  II.  116. 

Hannover  II.  191. 

Pommern  IL  126. 

Posen  IL  141. 

Preufsen  IL  109. 

Kheinprovinz  IL  172. 

Sachsen  IL  152. 

Schlesien  U.  146. 

Schleswig-Holstein  IL  179. 

Westfalen  IL  159. 
Directorstelle,  Besetzung  II.  83. 
Directortitel  11.  103. 
Disciplin  der  Schüler  L  329. 

Strafen  L  362. 
Disciplinarbehörden  II.  333. 
Dlsciplinargesetz  11.  331  f. 
Disciplinarordnang  der  Schule  I.  329. 

Westfalen  I.  333. 
Disciplinaruntersuohung,  Kosten  U.  348  f. 
Dispensation  I.  245.  334.  s.  die  ünter- 

richtsgegenstände. 
Dispositionslehre  I.  179. 
Disputirübunffen  I.  174. 
Dissidenten,  Schüler  I.  169. 

Lehrer  II.  80. 
Distanz  bei  Snbsellien  I.  45. 
Doctortitel  IL  102  f. 
Domicil  H.  385. 
Doppellicht  I.  44. 
Dotation  L  102  f.  (R.) 

£he  8.  Verheiratung,  HeiratsconsenB. 

Scheidung  11.  405. 
Pensionsreohte  II.  433. 
Eiersammlungen  I.  346. 
Einführung  der  Directoren  I.  31. 

der  Lehrer  s.  Dir.Instr. 
Einheitsschule  I.  110. 
Einkommensverhältnissed.  Lehrer  IL  284. 
Eisenbahndienst  L  451. 
Eisenbahn-FahrpreisermäCsigung  L  389. 
Eislauf  L  235. 
Elementarlehrer  ygl.  VorschuUehrer. 

Anstellung  an  höh.  Schulen  IL  57. 
85.  95. 

Besoldung  11.  289.  291. 

Belictenwesen  IL  388. 

Prüfung  für  neuere  Sprachen  11.  60. 
ElterlicheAutoritätn.256.  VglJ'amilien- 

ansehen. 
Emolumente  U.  285.  384.  402. 


Anrechnung  für  Pensionirung  IL  357. 
362. 
Englisch  L  94. 128. 130. 136  f.  (h.  B.)  193. 

Ersatz  für  Griechisch  I.  158. 

Lehrerprüfung  IL  41.  55. 
Entfernung  von  Schülern. 

Androhung  I.  335.  357.   IL  488. 

Ausführung  I.  359. 

stille  L  357.  360.    IL  488. 

Bekanntmachung  I.  360. 

Folgen  für  d.  Maturitätsprüfung  1. 430. 
Entlassung  von   Schülern   nach   dem 
4.  Semester  I.  319.  336. 

in  Pensionsverhältnissen  I.  331. 

von  Lehrern  11.  353.  377. 

von  interimistischen  Lehrern  II.  343. 

aus  der  Staatsangehörigkeit  IL  382. 
Entschuldigungszettel  I.  334. 
Ephorat,  geistliches  I.  23. 
Epidemie  1.  270.  273. 
Epilepsie  I.  267. 

Ergänzungsprüfung  für  Lehramt  IL  48. 
Erholungspausen  I.  243.  305.    II.  478. 
Erinnerung  als  Strafe  I.  ^'Sb. 
Erinnerungsfeier,  25jähriffe  I.  252. 
Erkrankungsfälle  von  Lehrern  I.  39. 

Gehaltszahlung  IL  325. 
Erledigung  von  Lehrerstellen   U.  85  f. 

s.  Dir.Instr. 
Erleuchtungsmaterial,  frei  II.  443. 
Ersatzunterricht  für  Griechisch  I.  158. 
Ersparnisse  L  15.  17.  21.  39. 
Erweiterungsprüfunff  für  Lehramt  II.  48. 
Erziehungsgelder  IL  429.  432. 
Etat  8.  Schuletat. 
Etatsjahr  L  .38.    Quartale  L  39. 
Etatsüberschreitung  s.  Ausgaben. 
Etatsveränderung  bei  Besoldungen  IL  85. 
Exercitien  L  257.  311. 
Extemporalien  L  114.  257.  311.  IL  469. 
Extraneer  s.  Maturitätsaspiranten.  vgl. 
Alumnate. 

Fachconferenzen  I.  68. 108.  s.  Dir.Instr. 

Fachlehrer    als   Vertreter    der   Haupt- 
fächer U.  164. 
der  neueren  Sprachen  II.  60. 

Fachlehrersystem  I.  113.  285. 

Fachlehrpläne  U.  122.  135.  164.  242. 

Fachschulen  I.  159.    11.  81. 

Fachsystem  I.  108. 

Fackelzüge  I.  346. 

Familie  im  (Jmzugskostengesetz  IL  320. 

Familienansehen  nicht  zu  verletzen  II. 
250.  (vgl.  256.) 

Fechtunterricht  I.  229. 

Feldjägercorps  L  475. 

Feldmesserprüfung  L  452. 

Feldzüge  (1864,  1866,  1870/71)  Anrech- 
nung IL  369  f. 

Fenster  44.  311  f. 


610 


Oeffnen  I.  26d.  270. 
Ferien,  Beginn  n.  Schlafs  1. 250.  IL  479. 
Ferienarbeiten  I.  255.  258.    IL.  479  f. 
Ferienbeschäftiffung  L  247  t 
Ferienordnang  I-  246  f. 

HeBsen-Nassau  11.  479. 

Schlesien  IL  478. 

Westfalen  L  248. 

Westpreofsen  L  248.    IL  479. 
Ferienreisen  IL  473. 
Festtage^  vaterländische  I.  226. 

S.  Allerh.  GebortstM^.   Sedantag. 
FeneruDgsmaterial,  frei  U.  443. 
Feuerversicherong  L  50. 

Mobiliar  H.  436. 
Flaggen  I.  251. 

Formeni  Flexionsübnngen  I.  259. 
Forstfach  I.  452. 

Französisch,  Lehrerprüfung  IL  40.  55. 
Französisch,  Unterricht: 

in  Gymnasien  I.  55.  58.  66.  111.  118. 
123  193. 
Stunden  ü.  Stoffverteilg.  L  14t.  IL  469. 

in  Realschulen  L  94.  128.  130. 

in  den  höh.  Bürgersch.  I.  136  f. 

▼on  ungeprüften  Candidaten  IL  64. 
Freie  Vortrage  L  90  (R.)  120  (00172,179. 
Freigegebene  Tage  L  248.    IL  4731 
Freiheitsstrafen  bei  Schülern  L  363. 
Freistellen  I.  385.    s.  Alumnaten. 

AusschluTs  in  Vorschulen  L  386. 
Frequenz  der  höh.  Schulen  I.  284. 

der  Klassen  I.  154. 

der  Vorschule  I.  146. 
Frequenztabellen  I.  379.    IL  204.  215. 

Formular  IL  201.  215. 
Freya,  Zeitschrift  L  345. 
Friedensgesellschaffcen  I.  389. 
Friedrich -Wilhelm -Stiftung  Marienbad 

U.  441. 
Frohnleichnam  I.  327. 
Functionszulagen  IL  323.  377. 

Gartnerlehranstalten  I.  453. 
GasUcht  L  301. 
Gebet  L  161. 

Gebetseinlagen  (kath.)  I.  327. 
Gebühren  s.  JEVüfanffs-,  Zeugnis- 
Geburtstagsfeier,  Allerhöchator  L  251. 

des  Dir.  u.  der  Lehrer  L  247.  389. 
Gefangenschaft,  Anrechnung  II.  369. 
Gefängnisstrafe  II.  348.    S.  GeldboCse, 

Haft 
Gehalt  s.  Besoldung. 
Gehaltsabzüge  IL  296. 
Gehaltsyeränderung  IL  84  f. 
Gehaltszahlung  IL  294. 

vor  Sonn-  u.  Festtagen  11.  296. 

im  Falle  der  Suspension  IL  347. 
Geisteskrankheit  L  294.    IL  210. 
Geistliche  Beaufsichtigung  I.  22. 


Geldbufse  IL  333.  344. 
Geldgeschenke  L  388  f  . 
Geldsammlungen  L  335.  389. 
Geldstrafen  I.  357.    ygl.  Geldbufse. 
Gemeindelasten  11.  383. 
Gbeneralsuperintendenten  L  22.    IL  496. 
Geognosie  L  133. 
Geographie  ygl.  Geschichte. 
Lehrerprüfung  IL  43. 
Unterricht  I.  194.  199. 
im  Gymnasium  I.  119.  124. 
in  Bealanstalten  I.  96.  129.  132. 
in  der  höh.  Bürgerschule  L  136. 
Methode  I.  200  £    IL  470. 
Kartenzeichnen  L  124. 
Leitfaden  L  201. 
Geometrie  s.  Mathematik. 

darstellende  L  130.  134.  139. 
G^erichtliche  Berufung  IL  345. 
Termine  IL  263. 
Zeugenschaft  IL  272. 
Subalterndienst    I.  456. 
Gerichtsverhandlun^n,  Besuch  I.  335. 
Gesanglehrer,  Ausbildung  IL  20. 

Anstellung  IL  96. 
Gesanguntenicht  in  Gymnasien  L  58. 117. 
in  Kealanstalten  I.  99.  127 ;  höh.  B. 

L  135. 
in  der  Vorschule  I.  146. 
Lebensalter  für  den  Anfang  L  221. 
Dispensation  L  220. 117.  (G.)  127.  ^L) 

135.  (h.  B.) 
Ghoralgesang  I.  221.    IL  472. 
Volkslieder  H.  472. 
Geschaftsjoumal  s.  DienstjoumaL 
Geschenke  der  Schüler  L388£ 

der  Eltern  IL  242. 
Geschichte,  Lehrerprüfung  IL  42. 
Lehniel  für  Gymnasien  L  119.  123. 
„  „    Realanstalten  L  129. 131. 

9  „    höhere  Bürgersohulen  L 

136.  138. 
vaterländische  L  204 :  bis  1871  £L47a 
Geschichte  u.  Geographie  L  66.  193. 

Lehrbücher  L  194. 
Geschiohtsprüfung  in  der  Matnr Jknfimg 
L  281.  439. 
Vorträge  aufgehoben  L  393. 
Gesohichtsnnterrioht  L  123.  (G.)  95  (B.). 
Methode  L  197. 

Nachschreiben  u.  Dictiien  L  193.  198. 
Lehrbuch  u.  TabeUen  L  194.  198. 
Wiederholungen  L  19& 
Ghesetssaxnmlnng  IL  223* 
Gesuche  II.  272  f. 
Gesundheitslehre  L  143. 
Gesundheitspflege  L  264.    Gixtaohteii  L 

289. 
Gewerbesohnlen  L  159*    Beasort  L  & 
Glaubensbekenntnis  L  1. 
Gnadengehalt  IL  393. 


611 


Ghiadenmonat  n,  Gbadenqnartal  IL  360. 
380.  390  f. 
Btenerfrei  IL  384. 
GhuMlenpension  II.  429. 
Gottesdienst  I.  163. 
Ghrammatik  der  alten  Sprachen  L  286. 
imGymn.  1. 113,  inEealanstalten  1. 130. 
Terminologie  in  der  Yorschole  I.  146. 
Vgl.  Deutsch. 
Oratificationen  11.  328. 
Griechisch,  Lehrerprüfung  IL  39.  54. 
Unterricht,  Verlegung  auf  Tertia  1. 111- 
Lehraufgabe  L  118.  122.  139.  185. 
Stundenverteilung  I.  140. 
Leetüre  L  160  f.  185. 
epischer  Dialeot  in  Olli.  I.  140. 
Uebersetzungen  aus  dem  Deutsdien 

L  186. 
Dispensirung  L  67.  158.  245. 
Grundlehrplan  U.  122. 
Gymnasialanstalten  L  5. 

Haft,  persönliche  IL  344. 
Haltung  des  Körpers  I.  264. 

Schlaffheit  L  302. 
Handschrift  im  Unterricht  L  218. 
Hauptfächer  in  der  Prüfung  für  Lehramt 

n.  52. 

im  Unterricht  s.  Fachlehrer. 
Haus  und  Schule  L  329  f. 
Hausbesuch  I.  343;  vgl  Dir.-o.  Lehrer^ 

Instr. 
HäusUche  Beschäftigung  L  253.  n.480. 

in  Geographie  I.  201. 

Zeitdauer  L  258.  261. 

ärztliche  Forderung  L  304.  307  f. 

in  der  Vorschule  L  148. 
Hebräisch,  Lehrerprüfung  IL  37.  41. 

Unterricht  L  55.  119.  123.  193. 

Maturitätsprüfung  I.  395.  397. 
nachträgUche  f.  403.  439. 
Hefte,  Kevision  L  59.  350.  S.  Dir.-  u. 
Ordin.In8tr. 

Zahlverminderung  L  69.  97.  254.   IL 
167. 

g;egitterte  L  301. 
Heiratsconsens  IL  387. 
Heizung  L  47.  268;  freie  IL  443. 
Herodot,  Leetüre  L  140. 
Hinterbliebene,  Fürsorge  IL  390  f. 
Hitze,  übermaCsige  L  247.   IL  478. 
Hochschule,  akadem.  fiir  Kunst  u.  Mosik 
L  457. 

für  büdende  Künste  IL  24. 

für  Musik  U.  20. 

technische  L  450. 
Hodegetik  L  240;  für  Lehrerbenil  IL  57. 
Höhere  Bürgerschule  L  5.  111.  IL  466. 

Tom  Jahre  1859:  L  83.  105. 
^        „      1882:  L  136. 

Bntlas8ung8prüfimgL417.  11.466.493. 


Militörberechtigung  L  156.  472. 

Lehrerzahl  L  35. 

Besoldungen  IL  291.  467. 
Höhere  Schulen,  Begriff  u.  Arten  L  4. 

Ausbreitung  u.  Zsihl  L  284 

Errichtung  I.  33.    II.  373. 

Verzeichnisse  I.  5. 
Hülfsarbeiter,  Gnadenmonat  II.  392. 
Hülfslehrer,  Beschäftigung  1 .39.  wissen- 
schaftliche, 287.  Anstellung  II.  83. 

Verpflichtung,  eidliche  11.  99.  355. 

Kündigungsxnst  IL  354. 

AUgem.  Witwen- Verpfl.Anst.  IL  423. 
Hygiene  s.  Gesundheitspflege. 

Jahrescorse  L  112.  282  f. 

Gymnasien  I.  59.    Realanst.  L  71. 

Vorschulen  I.  147. 
Immediatberichte,  Begnadigungsgesuche 

n.  346. 
Impfung  I.  275. 
Indigenat  IL  96.  382. 

Bescheini^ngen  II.  381. 
Individualisirendes  Verfahren 

im  Unterricht  I.  109. 

ärztliche  Forderung  I.  303.  310. 

bei  Bestrafungen  L  363. 
Inserate  II.  225.    s.  Annoncen. 

Staatsanzeiger  IL  496. 
Inspectionsstunden  IL  261. 
Institut,  akad.  für  Kirchenmusik  Q.  21. 
Intendantur,  Subaltemdienst  L  474. 
Interimistische  Lehrer  s.  Hülfslehrer. 

Gnadengehalt  U.  392. 
Invalidendank  II.  225  f. 
Inventar  für  Gebäude  L  41.    s.  Dienst- 
wohnung. 
JoachimsthsJsches  Gymnasium  IL  444. 
Journal  s.  DienstjoumaL 
Italienisch,  Unterricht  L  79.  94.  193. 
Jubiläum  s.  Dienstjub.,  Erinnerungsfeier. 
Juden,  Anstellung  IL  81. 

Religionslehrer  IL  95. 

Schüler,  Sonnabendunterr.  L  328. 
Justizdienst,  höherer  L  450. 

Subaltemdienst  L  457. 

Kaiser  Wilhelms-Spende  IL  435. 

Kälte,  übermäfsige  L  247. 

Karlsbad,   Friedrich  Wilhelm- Stiftung 

IL  441. 
Karte  d.  höh.  Unterrichtsanstalten  L  5. 
Kartellverhältnis,  Schüler  IL  485. 
Elartenzeichnen  L  124.  200. 
Elassenrevision  I.  20. 
Kassenyerwdtung  L  40. 
Katechumenen-Unterrioht,  Vorbereitung 

I.  22. 
SlathoUsch,  s.  Beligionsunterrioht. 

Feiertage  L  251.    IL  479. 

Gotteemensiordnung  L  327. 


} 


612 


kirchliche  Bekanntmachungen  II.  259. 

alt-  u.  neukatholiflch  I.  36.    II.  206. 

Religionslehrer  II.  259. 

Geistliche  bei  Witwengeld -Beitragen 
IL  417. 
Kindergärten  I.  301. 
Kirche  u.  Schule  I.  23. 
Kirchenbesuch  I.  23.  326.    s.  Dir.InBtr. 
Kirchlicher  Genieindegesang  II.  472.    s. 

Gesangunterricht. 
Klassenbuch  I.  257.    IL  J20.  133. 

Tagebuch  L  350.    Aufgabebnch  I.  59. 
Klassenfrequenz  L  164.    vgl.  Frequenz. 

UeberfüUnng  I.  304. 
Klassengelder,  Hebung  I.  387. 
Klassenordinarien  s.  Ordinariat. 
Klassenprüfung  I.  314.    U.  123.  168. 
Klassenräume,  Matsbestimmung  I.  43. 
Klassensystem  I.  56.  59.  153. 
König  Wilhelm-Stiftunflr  für  erwachsene 

Beamtentöchter  IL  436. 
Kopfweh  I.  302. 

Körperhaltung  I.  264.   Schlaffheit  L  302. 
Körperliche  Uebungen  1.  63.  s.  Turnen. 

„  Züchtigung  L  335.  357  f. 

Körperpflege  1.  28^. 
Krankheiten,  ansteckende  I.  2701 

Verhütung  I.  273. 
Kreistags-Mandat  IL  276. 
Kriegsgef angenschaft,  Anreohnong  11.369. 
Kriegszeit  U.  358.  369. 
Kündigungsfristen  II.  354.     s.  Dir.  u. 

Lehrer-Instr. 
Kunstgeschichte  I.  95.  (B.)  197. 

Altertum  I.  192.  215.   s.  Archäologie. 
Kunstschule  IL  21. 
Kurzsichtigkeit  1.  264.  266.  293  297.  305. 

Iiaboratorium  L  134. 
Landmesserprüfung  I.  452. 
Landratb,  Mitwirkung  I.  273  t 
Landwirthschaft  I.  453. 
Landwirtschaftssohulen  L  159» 

Probejahru.  Anstellungsfahigkeit  11.67. 
Latein  u.  Griechisch 
Lehrerprüfung  U.  39.  54. 
Unterricht  L  185. 
Gh'ammatik  I.  186. 
Leetüre  I.  190.    Kanon  L  160. 
Ausdehnung  I.  262. 
Vgl.   Aufsätze,  Exeroitien,  Bztem- 
poralien,   Präparation.   Vocabel- 
lemen. 
Lateinisch,  Unterricht 
in  Gymnasien  L  118.  121. 

Leetüre  L  121. 
in  Realanstalten  I.  128.  130.  192. 
Bedeutung  u.  Zweck  (R.)  I.  87.  92. 
Erfolge  (B.)  L  112. 
Lectüre  I.  130. 
Scripta  I.  122.   Vgl.  AnfiMts,  Bztemp. 


Orthographie  I.  192. 
Sprechen  I.  122.  189.  400. 
Lebensatteste  IL  380  f. 
Lebensjahr,  65stes  IL  362.  376. 
Lebenslauf  bei  Schülern   I.  3'.>9,     IE. 
241.  247. 
bei  Anstellungen  IL  82. 
Lebensversicherung  gegenüber  Witwen- 
geld n,  418  f. 
Lebensversicherungsgesellsch.  11.  434. 
Lectionspläne  1.  212.   vgl.  Stundenplan. 
Lehramt  an  höh.  Schulen  s.  die  Einzel- 
heiten. 
Prüfungsordnung  IL  33. 
Wechsel  u.  Ausscheiden  IL  353. 
Lehrbücher  I.  59.  109.    Nach  Weisung  I. 

378.    vgl.  Schulbücher. 
Lehrer,  Staatsbeamte  L  2  f .    II.  104. 
Ausbildung  11.  1  f.    L  287. 
Bestallung  I.  1.  12.    s.  Anstellung. 
Zahl  L  33  f.  101.    IL  291. 

seminaristisch  gebildeter  II.  108. 
an  Vorschulen  I.  148. 
Pflichtstunden  I.  33  f. 
Rang  u.  Titel  IL  102.  104  f. 
Versetzung  II.  86.  102. 

disciplinarisch  II.  333.  ^36. 
Entlassung  interimistischer  IL  343. 
Wiederansteilung  abgesetzter  IL  346. 
Zeugnisse  für  Lehrer  11.  214. 
Instructionen   II.  230  (Brandenburg). 
258  (Hannover).     234  (Pommern). 
238  (Posen).     228  (Preufsen).    251 
(Blieinprovinz).  245  (Sachsen).  241 
(Schlesien).    254  (Sohleswig-Holst.) 
248  (Westfalen). 
Vgl.Oberlehrer,  ordentlichen.  a.Lehrer. 
Lehrerberuf,  Wahl  IL  57. 

Bedingungen  u.  Aufgabe  IL  77. 
Lehrerbibliothek  L  371. 
Lehrerconferenzen  IL  218.    s.  Dir.Instr. 

beim  Semesteranfang  1.  59.  256. 
Lehrergehalt  s.  Besoldung. 
LehrerUbelle  L  377.    IL  102. 
Lehrerzeugnis  11.  35. 
LehrgegenstÄnde  der  Gymn.  1.  54.  65. 
67.  117. 
der  Realanstelten  I.  70.  126  f. 
der  höh.  Bürgerschulen  I.  83.  135. 
Lehrmittel,  Beschaffung  I.  36.  102. 

Apparate  L  97. 
Lehrplan  I.  155.  160.    8.  Stundenplan. 

Pensen. 
Lehrstellen,  Zahl  s.  Lehrer. 
Besetzung  IL  83  f. 
commissarisohe  Verwaltung  IL  85. 
Lehrstnnden,  wöchentliche  Zahl  L  57. 
in  Vorschulen  L  148  f, 
Verteilang  nach  der  Zeit  s.  Stundenplan, 
nach  innerer  Verbindung  L  56.  108. 
285. 


613 


lateiniBch  u.  deutsch  L  66.  IL  64. 
Geschichte  o.  Geog^phie  1. 132. 
Lehrzimmer,  Mafsbestimmangen  I.  43. 

Helligkeit  I.  264. 

Temperatur  I.  268. 

Lüftung  L  270.  273. 
LeihbibUotheken  L  335.  343. 
Lippe,  Gymnasien  11.  464. 
Litteraturgeschichte,  allgemeine  L  197. 

Französisch  u.  Englisch  I.  94.  131, 
Vgl.  Deutsch. 
Localverwaltnng  L  24. 
Loocum,  Hospiz  IL  441. 
Logarithmen  1.  210. 
Logik  I.  176.  180. 
Lorinser  I.  53.  277. 
Lufterneuerung  11.  270.  275.  307. 
Luftheizung  L  47.    II.  468. 
Lnisenstiftung  II.  440. 
Lutheraner,  separirte  als  Lehrer  II.  79. 

Magistrat,  Lehrer  ausgeschlossen  11.271. 
Hanenbad,  Friedrich  Wilhelm  -  Stiftung 

IL  441. 
Harinedienst  I.  458. 
Karineverwaltungsdicnst  I.  474. 
Maschinenfach  I.  45  t. 
Mafs-  und  Gewichtssystem  I.  211. 
Mathematik,  Lehrerprüfung  11.  43.  55. 
Unterricht  in  Gymnasien  1. 67. 119. 124. 
„         in  Realanst.  L  97.  129.  132. 
„         in  höh.  Bürgerschulen  1. 136. 
138. 
Stundenzahl  I.  208. 
Lehrbücher  I.  205.  208. 
Logarithmen-Tafeln  L  210. 
Ueberschreitung  des  Lehrziels  1. 206. 
Minimum  der  Anforderungen  1. 207  f. 
häusliche  Aufgaben  I.  259. 
Mathematische  Geographie  I.  199. 
in  Gymnasien  I.  119.  J24. 
in  Kealanstalten  I.  96.  126.  132. 
Maturitätsaspiranten 

Verzeichnis.L  396.  (G.)  408.  (R.)  419. 

(h.  B.) 
fremde  oderExtraneer,  Prüfung  1. 443; 
G.  I.  393.  403.  4.33.    R.  I.  79.  414. 
h.  B.  I.  424. 
Maturitätsprüfung 
Tendenz  und  Bedeutung  I.  60  f. 
Belastung  und  üeberbürdung  I.  480. 

279  ff. 
Uebereinkunft  der  deutschen  Staatsreg. 

L  392. 
Prüfungsordnung  für  Gymn.  I.  394  ff. 
Prüfungsordnung  für  Realanst.  I.  405. 

(73.  99  f.). 
Prüfungsordnung  für  höh.  Bürg.  I  417. 

(83.) 
Prufungscommissarius  1.  392. 
Vertretung  I.  436.  324. 

Wieie,  YeroidBiuigen.    IL 


Prüfungscommission  I.  395.  (G.)  407. 

(R.).  418  (h.  B.) 
Termin  I.  249.  435  ff. 
Meldung,  G.  L  396,  R.  I.  407. 
Zulassung  L  427.  430.        G.  I.  395. 

403. 
Zulassung,  R.  L  407. 415.    h.  B.  1. 418. 
Anrechnung  der  Semester  L  100  f.  322. 
Zurückweisung,  G.  I.  398  f.  403.     R. 

L  410. 
Unterbrechung  L  435.  II.  491. 
Wiederholung  L  434.        G.  I.  402  f. 

R.  L  414. 
Protokolle  H.  491.       G.  L  401.    R. 

L  412.    h.  B.  L  425. 
Ergänzende  Bestürmungen  für  Real- 
abiturienten I.  433. 
Ghriechische  Arbeit  II.  492. 
Hebräisch  I.  439.  395. 
Geschichte  und  Geogr.  I.  439. 
Feststellung  des  Urteils  I.  440.. 
Befreiung  von  der  mündl.|Prüf.  11.491. 
G.  L  4U0.  403.    R.  I.  411.  (72.  84.) 
Gompensation  I.  428.    U.  492. 
G.  L  392.  401.        R.  L  412. 
Anwesenheit  der  Lehrer  I.  428  f. 
Einreichung  der  Verhandlungen  1. 440. 
n.  493. 
G.  I.  402.      Progymn,  L  405. 
R.  I.  413.  (79.)    h.  B.  I.  424.  (84.) 
IL  66. 
Nachweisungen,  Uebersichten  I.  443. 
II.  204. 
Maturitätszeugnis,  Geltung  L  450  ff. 
Ausfertigung  für  Ci.  L  402.    R.  I  413. 
für  h.  B.  I.  423.    fremde  L  443  f. 
Medicin,  Studien  L  450.   IL  494. 
Mehreinnahmen  an  Schulgeld  I.  15.  17. 
Memoriren  aus  Schriftstellern  I    122. 
Messe  (kath.)  I.  327. 
Methode  L  62.  69.  106.  108.  113  ff.    IL 
259. 
alte  Sprachen  I.  286. 
Geschichte  I.  197.    Geographie  L  200. 
ärztliche  Forderung  I.  310. 
Metrik  im  deutschen  Unterricht  I.  120. 
178.    IL  54. 
Latein  G.  1.  190.  304.  400. 
R.  I.  100.  128.  130. 
Miethsentschädigung  s.  Wohnungsgeld. 
Miethszins,  Vergütung  II.  320  f. 
Militäranwärter  II.  442. 
Militärärztliche  Bildungsanstalten  I.  458. 
Aufnahmetermin  u.  Vorprüfung  1. 435. 
Militärdienst  in  Lehrerverhältnissen 
Nachweisung  bei  Anstellungen  II.  281. 
Dienstpflicht  11.  279  f. 
Dienstleistung  II.  277.  327. 
Gehaltszahlungen  U.  325  f. 
Anrechnung  zur  Pension  IE.  358  f.  369. 
für  Schülerverhältnisse  s.  folg.  S. 

33 


514 


einjähriger  I.  459. 

Zeugnis  der  wiss.  Befäb.  I.  462.  466  ff. 
NachweisTing  im  Programm  I.  378. 
Prüfung  I.  462  ff. 
ünbeschoitenheitsattest  I.  471. 
auf  Ayancement  I.  457. 
Prüfung  für  Prima  I.  446. 
Katuritätaprüfung  I.  440. 
Untauglichkeit  I.  292. 
lOlitär-RorBarztschule  L  474. 
Militär- Verwaldnngsdienst  I.  474. 
Mineralogie,  Lehrerprüfung  II.  44.  53. 
Unterricht  L  142. 
G.  I.  119.     IL  L  88.  97.  129.  133. 
Ministerialverfügrung,  Geltung  L  7. 
Ministerium  I.  6. 
Missio  canonica  L  24. 
Mittelbochdeutoch,  G.  I  120. 175;  IL  1. 90. 
Mittellosigkeit,  Abiturienten  I.  391. 
Mittelschulen  I.  5.    Probejahr  U.  495. 
Mittelschullehrer  an  höh.  bürgersch.  II. 

107. 
Mobiliarversicherung  U.  436. 
Mobilmachung  s.  Unabkömmlichkeit. 
Einstellung  der  Lehrer  IL  281. 
Gehaltszahlung  IL  325. 
Musikdirector,  Titel  II.  108. 
Myopie  I.  300.    S.  Kurzsichtigkeit. 
Mythologie,  G.  L  66.        IL  L  95. 

IVachbarschaft,  störende  I.  49. 
Nachmittagsunterricht  I.  243. 

Verlegung  L  243  f.  306. 

Verkm-zung  an  dunklen  Tagen  I.  312. 

Ausfall  bei  hoher  Temperatur  1. 247.  IL 
478.    bei  Epidemien  L  273. 
Nachprüfung  bei  Schüleraufnahme  1. 321. 
323. 

bei  Versetzungen  I.  318.  351.  U.  482. 
Nachsitzen  1. 357  f.,  gemeinsames  1. 364. 

n.  484. 
Nachversetzung  I.  318.  s.  Dir.Instr. 
Nasenbluten  I.  302. 
Naturalisation  IL  96  f.  382. 
Naturbeschreibender  Unterricht  L  213. 

in  Gymnasien  L  111.  119.  125.  142. 
58.  66. 

in  Eealanstalten  1. 97. 129. 132  f.  142  £ 

in  höh.  Bürg.  L  136  ff.  143  f. 

Anschauungsmittel  II.  471. 
Naturlehre,  h.  B.  I.  137  f. 
Nebenämter  II.  232. 267  f.  s.  Lehrer-Instr. 
Nebenbeschäftigungen,  unterrichtliche 

n.  496. 
Nebenfächer  in  d.  P.O.  für  Lehramt  II.  52. 
Neuere  Sprachen  1. 193.  s.  Franz.  u.  s.  w. 

Uebersetzung  ins  Deutsche  II.  470. 
Neusprachlicher  Unterricht,  P.O.  IL  55. 

Fachlehrer  11.  60. 
Nichtpreufsen,  Anstellung  U.  96. 

Umzugskosten  11.  323. 


Zulassung  zur  Lehrerprüfung  II.  58. 
Nichtreife,  Zeugnis  L  78  f.   V^.  L  403. 

414.  424. 
Normaletat  II.  284  ff: 

Verteilung  im  Besoldungstitel  II.  87. 
Norroalplan  IL  53.  66.  117  ff. 
Notizen  als  MaCsstab  des  Urteils  I.  114. 

Oberlehrer,  Ernennung  II.  495.    Hang' 
n.  105.    Titel  L  57.  n.  106. 

Bei  Emeritirung  nicht  erteilt  IL  108. 
Diäten  und  Reisekosten  IL  309. 
Oberlehrerstellen,  Besetzung  II.  84  1 

Zahl  L  14.  101.  n.  85.  106  f. 
Oberlehrerzeugnis  IL  35. 
Ober-Prima  s.  Versetzung. 
Ober-Realschule  L  5.  127. 
Maturitätsprüfung  I.  405. 
Ober-Schulcollegium,  Hannover  L  3. 10. 
Oberyerwaltungsgericht  IL  342. 
Oeffentliche  Prüfung  s.  Dir.Instr. 

Feierlichkeit  L  162. 
Ofenheizung^  I.  49.  268. 
Offiziere,  nicht  zu  reclamiren  II.  283. 

Besoldung,  Anrechnung  IL  280. 
Ohrfeigen  II.  485. 
Orden  IL  389. 

Ordentliche  Lehrer,  Rang-  u  Wohnnngs- 
geld  U.  105. 
Bezeichnung  II.  107. 
Ordinariat  L  56.  68.  329. 
Instructionen:  IL  229  (Brandenburg). 
257  (Hannover).     232  (Pommern). 
237  (Posen).    227  (Preufsen).    251 
(Rheinprov.).    243   (Sachsen).    239 
(Schlesien).   253  (Schleswig-Holst). 
246  (Westfalen). 
Ordnungsstrafen  (Discipl.Ges.)  IL  332. 

348. 
Orthographie,  deutsche  I.  178.  180  f. 

Lateinische  I.  192. 
Oryktognosie  L  74,  133.  (R.) 
Osterferien  I.  247.  249. 
Osterfest,  spätes  I.  249. 

Pädagogik,  Lehrerprüfung  II.  45. 
Papier,  liniirt  und  gegittert  L  301. 

Keichsformat  und  Lieferung  H.  197. 
Parallelcöten,  Bezeichnung  IE.  204. 
Parität  L  36. 
Patronat,  Rechte  I.  30.  Vgl  Curatorium. 

Vertretung  I.  24. 
Pausen  L  57.  243.  305.  H.  478. 
Pensennachweisung  I.  377.    Vgl.  Lehr- 
plan. 
Pensentabelle  L  58.    Vgl.  Dir.Instr. 
Pension,  Berechnung  11.  367. 

Vorbereitung  IL  370. 

Aufbringung  U.  371. 

Zahlung  II.  359. 

Quittung  n.  380. 


615 


Teübeträge  IL  377. 

nachträgUche  Erhöhung  IL  379.  432. 

Beschlagnahme  IL  350.  360. 
Pensionäre  bei  Dir.  n.  Lehrern  IL  265. 
Pensionirung  I.  102.  (K.) 

Anfangstermine  IL  371.  Ostern  11.250. 

Ausführung  IL  375. 
Pensionsbeiträge  U.  363  f.  371. 
Pensionsempfänger,  Aufenthalt  II.  380. 

Witwen-  u.  Waisengeldbeiträge  IL  407. 

Unterstützungen  IL  329.  498.  Vgl.  Ca- 
renzunterstützung ,  Unterstüteungs- 
fonds. 
Pensionsfonds  II.  364  f.  372  t 
Pensionsgesetz  II.  356. 
Pensionshalter  II.  485. 
Pensionsorte  L  331  f.  334.  341.  348. 
Pensionsrecht,  Ruhen  desselben  IL  360. 
Pensionswesen  für  unmitt.  Staatsbeamte 

IL  356  f.    für  mittelbare  U.  363. 
PensionszuschuTs  II.  432.  489. 
Periodische  Berichte  ü.  205.  s.  Dir.Instr. 
Personalbestand  der  Lehrer,  Nachweisung 

IL  201. 
Personabiotizblätter  IL  202. 
Personalveränderung,  Anzeigen  IL  204. 

Ueberstcht  der  Bewegungen  IL  205. 

Nachweisung,  Wegfall  II.  204. 
Personalverhältnisse  der  Lehrer  II.  382. 

der  Schüler  L  329. 
Pfändung  n.  385.  350. 

für  Fälle  der  Versetzung  IL  296. 
Pforta,  Landesschule  II.  447. 
Philosophie,  Lehrerprüfung  11.  45. 

Propädeutik  L  54.  56.  66,  121.  175  f. 
179. 
Physik,  Lehrerprüfung  II.  43. 

Unterricht,  Gymn.  I.  58.  119.  126. 
Eealanstalten  I.  97.  129. 
Pissoir  I.  269. 

Platzveränderung,   Schülerstrafe  I.  357.' 
Poetik,  Lehrerprüfung  II.  54. 

Unterricht  120.  (G.)  91.  (R.) 
Politik,  beim  Unterricht  II.  259. 
Polizeibehörde  L  338.  342  f. 

sanitär  L  274. 
Pobiisch,  Lehrerprüfung  IL  37.  42. 

Unterricht  L  76.  79.  88.  94.  193. 

Maturitätsprüfung  I.  395. 

Vereine  IL  341. 
Postfach  L  454. 
Postsendungen  IL  223. 
Präparation,  Anleitung  I.  93.  188  258  f. 

IL  167. 
Prima,  R.  L  72.  99.  Prüfung  L  133.  282. 

Prüfung  von  Offizieraspiranten  I.  446. 
Primus  I-  316. 

Privatarbeiten  der  Abiturienten  L  76. 262. 
Privatlectüre  L  59.  262.  370. 

deutsche  I.  90.  263. 

geschichtliche  I.  198. 


Privatschulwesen,   Goncession  I.  31  f. 

n.  466. 
Entlassungsprüfung  I.  438. 
Bcureohtigung  für  einjähr.  Dienst  1. 473. 
Lehrer,  Anrechnung  der  Dienztzeit  U. 

368. 
Privatunterricht,  Goncession  I.  32. 
für  Schüler  L  332.  n.  480.  s.  Dir.Instr. 

ärztliches  Urteil  I.  309. 
von  Schülern  erteilt  L  332. 
von  Lehrern  anl  öffentlichen  Schulen 

IL  263.  480.  496. 
Probanden  IL  61.     Anleitung  s.  Dir.- 

u.  Ord.Instr. 
ungeeignete  Beschäftigung  11.  64. 
remunerirte  Beschäftigung  II.  68. 
Probejahr  H.  48.  60.    1.  63.  115.  287. 
Antangs-  und  Endtermin  11.  65. 
Wechsel  der  Anstalt  IL  61.  66. 
an  Progymn.  und  höh.  Bürgersch.  II. 

61.  66. 
an  Hittelschulen  11.495. 
Zeugnis  II.  62.  67. 
Unterschrift  u.  Stempelpflicht  IL  68. 
allgemeine  Anerkennung  II.  58. 
Collectivbericht  IL  63.  495. 
Anrechnung  f.Pen8ionirung  IL  358. 367. 
Zeichenlehrer  II.  70. 
Probelection  11.  63. 
Prooessionen  I.  327. 
Professor,  Rang  IL  105. 

Verleihung  des  Titels  11.  105  f. 
nicht  bei  Emeritirung  IL  108. 
Programm  1. 376.  — 103.  (R.)  s.  Dir.Instr. 
Format  L  383. 
Titelblatt  L  379.    IL  489. 
Abhandlung  L  380  ff.    IL  489. 
Schulnachrichten  I.  376  f. 
Lehrertabelle  IL  102;  an  höh.  B. 

n.  108. 

Austausch  I.  381  f. 

Gentralstelle  I.  382. 

Einsendung  L  381.    IL  489. 
Progymnasium  I.  5.  34. 

Anerkennung  I.  35. 

Besoldungen  IL  291. 

Lehrplan  I.  126. 

Entlassungsprüfung  I.  404.    II.  494. 

Schulprogramm  I.  381« 
Prorectortitel  IL  104. 
Prosodik  L  190. 

Protokollführung  in  Gonferenzen  s.  Dir.- 
Instr.   Vgl.  Maturitätsprüfung,   Ver- 
eidigung. 
Provinzialgewerbeschule  I.  159. 
Provinzial-SchulcoUegium  I.  7. 

in  den  neuen  Landesteilen  I.  9  f. 

Geschäftskreis  L  9.  11. 
Einsendung  von  Gircularverff.  H.  464. 

Anstellungs-    u.   Bestätigungsrecht  L 
12.    n.  83. 

33* 


616 


Vorsitz  I.  9. 

Verhältnis  zu  Patronatsbehorden  1. 27. 
U.  274.  465.  496. 
Frovinzialverwaltong  I.  7. 

Schulbildanff  für  den  Dienst  I.  456. 
Prfifong  fremder  Personen  I.  446. 

Klassenprüfong  L  314. 

öffentliche  I.  162. 
Vgl.    Aufnahme-   u.    Versetzungs- 
prüfung.    Militärdienst. 
Prüfnngscommissarius  s.  Maturitätsprüfg. 
Prüfungscommission  s.  Maturitätsprüfg. 

für  andere  Zwecke  I.  445. 

für  einjähr.  Dienst  I.  461.    II.  272. 

wissenschaftliche  1.  22.  441.  11. 48.  56. 
Prüfungsgebühren  fremder  Aspiranten. 

Maturitätsprüfung  I.  404  l  (G.)  415  ff. 
(R.)  425.  (b.  B.) 

andere  Prüfungen  I.  446  ff. 
Prüfungsordnung  für  das  Lehramt  11. 33. 

ohne  rückwirkende  Geltung  II  494. 
Psychologie  I.  176.   Vgl.  Philosophie. 

C|uittungen,  Formular  II.  402. 
Bescheinigung  IL  380. 

Bangordnung  der  Schüler  I.  316. 
Kangyerhaltnis  der  Lehrer  II.  102. 104. 
Realabiturienten,  Reifeprüfung  am  G.  L 

404.  433. 
Realanstalten  I.  5.  70.  1 10  ff. 

Uebemahme  durch  die  Sch.GG.  1. 12. 82. 

Unterscheidung  (1859)  I.  80. 

Verbindung  mit  Gymn.  I.  81. 

Lateinlose  I.  110  ff. 

Geltung  der  Reifezeugnisse  I.  444. 

Berechtigungen  I.  81. 
Realgymnasium  I.  5. 

Ldirplan  L  126  ff. 

Maturitätsprüfung  L  405  ff.    II.  494. 
Realklassen  I.  103.  158.  246. 
Realprogymnasium  I.  5. 

Lenrplan  L  135  f. 

Maturitätsprüfung  I.  415  f.  494. 
Realschule  I.  5.  70. 

vom  Jahre  1882,  Lehrplan  I.  135. 
Maturitätsprüfung  I.  416. 

Errichtung  II.  466. 
Rechenunterricht,  Lehrerprüfg.  11.43. 55. 
Rechnen,  Gymnasien  L  67. 119.  125.  205. 

Realanstalten  I.  97.  129.  132. 

höh.  Bürgersoh.  L  136. 
Rechtschreibung  s.  Deutsch. 
Rechtsweg  s.  Besoldg.,  Pensionswesen  etc. 
Reclamation  im  Militärverhältnis  IL  283. 
Reotoren,  Rang  IL  105.  ( Wohnnngsgeld.) 

Titel  I.  106.    n.  103. 

Anstellung  II.  84. 

Diäten  und  Reisekosten  II.  309. 
Recurs  s.  Berufung. 
Redeacte  I.  173. 


Reden  der  Lehrer  L  175. 
Reformationsfeet  I.  250  f. 
Regierungen  L  8.        Ressort  L  159. 
Reichs-  und  Staatsanzeiger  II. 
Reichsbank  L  457. 
Reichsyerfassung  IL  279. 
Reifeprüfung  s.  jlaturitätsprüfnng. 
Reinhaltung  I.   273  ff.;  bei  Heizung 

n.  468. 
Reisekosten  IL  309  ff. 

in  Patronatssachen  L  15. 
Reisestipendien,  archäologisches  IL  27. 

französisches  IE.  26. 
Relegation  L  358.  361 1  364.    n.488. 
Relictengesetz  11.  395. 
Relictenwesen  11.  390  fL 
Religion  des  Staates  L  2. 

Erziehung  I.  2.  325.    II.  80. 
Religionslehrer,  Prüfung  II.  37  f. 

Anstellung  I.  13.  14.   U.  85.  94.  495. 

Befähigung  L  164.    U.  94. 

Lutheraner  U.  79. 

katholische  II.  95.  259. 

Beurlaubung  II.  276. 

Bedürfnis  IL  93  f. 
Religionsprüfnng  I.  281.   S.  Maturitäts- 
prüfung. 

in  der  Prüfung  für  Lehramt  U.  51. 58. 
Religionsunterricht  I.  161  ff. 

Lehraufgabe  in  Gymnasien  I.  118  f. 

Lehraufgabe  in  Rroalanstalten  L  128. 
h.  B.  I.  138  f. 

Sexta  und  Quinta  I.  66. 

Prima  und  Secunda  I.  89. 

Verteilung  an  Lehrer  I.  164. 
Beteiligung  der  Ordinarien  IL  120. 

Verhältnis   zum   Gonfirmandenunt.  I. 
163.  166. 

Dispensation  L  167.  169. 
ifachweisung  L  377. 
•  Revision  L  22.    IL  496. 

katholischer  I.  168. 
Einvrirkung  der  Bischöfe  I.  23. 
Lehrbücher  L  24.  168.  367  f. 

der  Minderheit  L  37.  168. 

jüdischer  L  38.  170.  377. 
Remuneration,  für  Stellvertretung  11. 262. 

Zahlung  11.  295. 

Staatshaushaltsetat  H  328. 
Rendant,  Remuneration  II.  330. 
Renommisterei  L  333. 
Respirien  s.  Pausen. 
Revaccination  I.  231.  276. 
Rhetorik,  Lehrerprüfung  IL  54. 

Unterricht  G.  L  120.  179.  R.  L  91. 
Romanische   Sprachforschung,    Lehrer- 
prüfung II.  55. 
RoCsarztschule  I.  473. 
Rofsleben,  Nachricht  II.  457. 
Ruhestand,  Eintritt  IL  359. 

unfreiwillig  H.  337.  362. 


517 


Sachsen  Altenbarg  II.  464 
Saobyentändige  bei  Looalbehorden  L  28. 

Lehrer  als  gerichtliche  IL.  271. 
Sagen  L  66.  95. 

Schadenersatz,  Schnldisciplin  L  335. 
Schanstellongen  fremder  Personen  I.  347. 
Schenkungen  L  40.    IL  468. 
Schläge  an  den  Kopf  L  363. 365. 11. 485. 
Schliefsnng  bei  Epidemien  L  270  ff.  273. 
Söhlittschnhlaofen  L  228.  235. 
Scholarchat  I.  27. 
Schönhauser  Stiftung  11.  28. 
Schreiben  I.  67.  99.  218. 

am  Sonnabend  (jüd.  Schüler)  L  328. 
Schreibtinte  U.  198. 
Schulamtscandidaten,  Beschäftigung 

remunerirt  u.  unremunerirt  II.  ^  f. 

Verheiratung  II.  388. 

ungeprüfte  IL  63.  76.  85.  89  f.  495. 
Dauer  der  Beschäftigung  U.  63.  90. 
Schulandacht  I.  23.  326.  329. 
Schulanfang,  nach  den  Ferien  I.  250. 

für  die  erste  Stunde  L  245.   11.  478. 
Schularbeiten,  Verteilung  I.  260. 

schriftliche  L  311. 

Beurteilung  I.  260. 
Schularchiv  11.  200.  220.    s.  Dir.In8tr. 
Schulbank  L  44.    IL  468. 

Aufstellung  L  311. 
Schulbibliotheken  I.  370.    s.  Lehrerbibl. 

Errichtung  I.  36. 

alte  Drucke  und  Handschriften  I.  373. 

Feuerversicherung  L  50. 
Schulbücher,  Verzeichnis  1.  366. 

EinführuDg  L  365  ff. 

Prüfung  n.  489. 

Empfehlung  nicht  eingeführter  I.  368. 
von  Schulräthen  verfafster  I.  369. 

Abfassung  durch  Lehrer  I.  369. 

Orthographie  I.  182. 
Schulchronik  L  378. 
Schulcommission  I.  27  f. 
Schuldenmachen  IL  338. 
Schuldeputation  I.  24. 
Schuldiener  H.  442  ff.    Vgl.  Dir.Instr. 
Schnldisciplin  L  329. 
Schülerbibliothek 

Gründung  u.  Erhaltung  L  370. 372. 376. 

Nachweisung  II.  489. 

Inhalt  L  90.  96.  175.  179.  192.  194. 

Kanon  L  370. 
Schülercuratel  I.  349.    Vgl.  Tutel. 
Schülerfestlichkeiten  I.  346. 
Schülerverbindungen  I.  335.    339.  346. 

n.  211.    485  f. 
Schülervereine  L  333.  344. 
Schülerzahl,  vgl.  Klassenfrequenz. 

Maximum  I.  102. 

üeberfüllung  I.  304. 
Schnletat  L  15.  38.    Turnus  1,  16. 

Entwürfe  II.  464. 


Finalabschlüsse  11. 

Titel  für  Witwengeldbeitrilge  IL  401- 
Schulfahrten  L  390.    Vgl.  Tumfahrt. 
Schulfeier,  religiöser  Charakter  I.  162. 

Turnen  I.  22b. 
Schulfeste  1. 246. 253.  s.  Erinnerungsfeier. 
Schulgeld  L  383. 
Dnrchsohnittsbetrag  I.  384     U.  290. 
Vorschulen  I.  384. 
Erhöhung  I.  40.    H.  290. 
Erhebung  I.  386.    IL  490. 

Hebelisten  L  387  f.    II.  206. 
Befreiungen  L  384. 
für  Lelurer  I.  386.  H.  490.  (L 102.) 
für  GeistHche  L  386. 
für  dritte  Brüder  L  385. 
nicht  in  Vorschulen  I.  386. 
Erlafs  bei  Versäumnis  I.  386. 
Schulffesetze  s.  Schulordnung. 
Schulhaus  I.  41. 
Schulhöfe,  Beinigunff  I.  273. 
Schulhygiene   I.  310.    s.    Gesundheits- 
pflege. 
Schnlinspectoren  s.  commissarische  Be- 
amte. 
Schuljahr  L  150. 
Schulkasse  I.  387.    Vgl.  Kasse. 
Schullocal  L  41.  102. 

fremde  Benutzung  L  51. 
Schulluft  1.  268.  303. 
Schulnaohrichten  1. 376.  Vgl.  Programm. 
Schulordnung  I.  329.  346.  IL  120.  132. 

rechtliche  Bedeutung  L  329  f. 
Schulprogramm  s.|^Programm. 
Schulversäumnisse,  Sommerferien  I.  250 

Vgl.  Dir.Instr. 
Schulwechsel  L  320  ff.  396.  407.  431. 

n.  485. 
Schulweg  L  335. 

Schulzeit  s.  Unterrichtszeit,  Stundenplan. 
Schulzucht  s.  Disciplin. 
Schulzwang,  nicht  bei  Epidemien  L  271. 
Schwächezustände  L  302. 
Schwerhörigkeit  L  264. 
Schwimmlehrer,  Ausbildung  IL  26. 
Schwimmübnngen  I.  228.  235. 
Secunda,  Teilung  in  Realanst.  I.  127. 
Sedantag  I.  252. 

Sehkraft  I.  311.    s.  Kurzsichtigkeit. 
Selbstmord  L  294.    U.  210. 
Selbstverteidigimg  der  Schüler  IL  484. 
Seminarien 
didaktisches  für  Franz,  u.  Engl  IL  19. 
für  Mathematik  und  Physik  IL  20. 
pädagogische:  Berlin  H.  7;  Breslau 
U.  12;  Cassel  11.  18;  Danziff  U. 
5;  Königsberg  IL  3;  Magdeburg 
n.  15;  Posen  II.  12;  Stettin  IL  9. 
Verhältnis  zum  Probejahr  IL  61.  63. 
Anrechnung  beiPensionirungll.  367. 
Seminarium  praeceptomm,  BLalle  U.  18. 


618 


Sexta,  Eintritt  I.  54.  71.  s.  Aofnahme. 
SimultananBtalten  I.  36. 

yertretimfl[en  II.  263; 
Sitzstunden  I.  306. 
SpftiuBch,  Lehrerprüfoiiff  U.  37. 
Spaziergänge  I.  235.    U.  473. 
Specialiairang  des  Unterrichts  I.  286. 
Spiele  I.  226.  233.  289. 
Sprachvergleichung,  Lehrerpriifg.  IL  54. 
Staatsangehörigkeit  IL  382. 

Verlust  n.  383. 
Staatsaufsicht  I.  1.  3.  26. 

Etatssachen  L  20. 
Staatsbeamte,  Staatsdiener 

unmittelbare  u.  )nittelbare  U.  268. 
Staatsdienst,  Vorbereitung  L  450  ff. 
Staatshaushaltsetat,  Antr^  I.  39. 
Stadtische  Behörden,  discipL  Mitwirkung 

L  343.     Vgl.  Patronat 
Stadtschukath  I.  24. 
Stadtverordnetenversammlung  I.  24. 

Mitgliedschaft  von  Lehrern  IL  271. 
Statistik  im  Schulprogramm  L  378. 
Staub,  Verunreinigung  I.  270. 
Stellvertretung  s.  Vertretung. 

Kosten  L  15.    H.  328. 

bei  Suspension  IL  336.  348. 
Stempelvorschriften  IL  277; 

Erlaubnisscheine  IL  466. 
Stenographie  I.  219;  Vereine  220. 
Sterbekassen  II.  433. 
Sterbemonat  U.  390.  393. 
Steuerdomicil  II.  385. 
Steuerermäfsigung  II.  383. 
Steuerfach  I.  456. 
Stiftungen,  Etatsnachweisung  I.  40. 
Stilistik,  Unterricht  I.  91.  120. 
StiUe  Enfemung  L  357.  360.  H.  482. 488. 
Stimmwechsel  I.  99.  220. 
Stipendienfonds  für  Schüler  IL  490. 
Strafarbeiten  L  255  ff.  301.    II.  480. 
Strafen  I.  335.  357.     s.  Dir.-  u.  Lehrer- 
Instr. 

Abwendung  von  Anhäufungen  U.  227. 
Strafklasse  u.  Strafzeit  II.  444. 
Studienpläne  I.  241. 
Studientage  I.  263. 
Studiren,  Abmahnung  u.  Ermunterung  I. 

2.  391. 
Stundenplan  L  58.  161.    IL  211. 

Lectionsplan  I.  108. 

Beligionsstunden  I.  167. 

Zeichenstunden  I.  217. 
s.  auch  Dir.Instr. 
Stundenzahl  für  Lehrer 

obligatorische  I.  33.    U.  260.   in  den 
Lehrerinstr.  U.  228.  231.  235.  239. 
Seminarist-gebildete  Lehrer  IL  108. 
Stundenzahl  für  Unterricht  I.  57. 

Tabellarische  Uebersichten 
für  Gymn.  vom  J.  1837:  L  65. 


vom  J.  1856:  L  67. 
vom  J.  1882:  L  117. 
für  Realanst  vom  J.  1856:  I.  70. 

vom  J.  1882:  L  126  f. 
för  höh.  Bürgerschulen:  L  135. 
Vorschulen  L  148.  156. 
Subaltemdienst  L  455. 
Subsellien  L  45.    Vgl  Schulbank. 
Superintendent  in  d.Schuldeputation  L  24. 
Snpemumerariat  I.  455. 
Suspension  11.  336. 
Gehaltszahlung  U.  347. 
Kostenberechnung  IL  348. 
Miethsabzug  IL  349. 
Qnadengehalt  IL  394. 
Witwengeldbeiträge  IL  399. 

Tabakrauchen,  Schüler  L  333.  335. 
Tagebuch  s.  Klassenbuch. 
Tagegelder  II.  309. 
Tagesbegebenheiten,  Einmischung  b.  Unt. 

n.  259. 
Taschengeld  s.  bei  Alumnaten. 
Taufzeugnis  für  Schüler  I.  150. 
Technische  Lehrer  s.   die  betreffenden. 

Anstellung  IL  83.  96. 

Besoldung  IL  289.  291  f. 

Allg.  Witwen- Verpfl.Anst  11.  423. 
Techmscher  Unterricht,  Nachweisung  L 

377. 
Telegramme  II.  225. 
Telegraphendienst  I.  454. 
Tertia,  Teilung  L  116  f.  127.  151. 

Realschulen  I.  71. 
Theaterbesuch,  Schüler  I.  331.  335. 
Theologie,  Studium  L  450.  IL  494. 
Thierärzte  I.  454. 
Tinte  H.  198. 

Titularoberlehrer  11.  102.  106  f. 
Totenamt  für  Lehrer  (kath.)  U.  243. 
Totenschein  II.  394. 
Translocationsexamen  II.  123. 

s.  Versetzungsprüfung. 
Triennium  IL  1. 

Trinkgehige,  Schüler  I.  335  ff.  346. 
Trinkwasser  L  269  f. 
Trunkenheit,  Beamte  IL  338. 
Tumanstalt  I.  223.  230.  Vgl  Turnhalle. 

Staub  L  270. 
Tumfahrt  L  229.  235  f. 
Turnfest  L  229. 
Tumgeld  I.  226. 
Tumgeräthe  I.  231. 
Turnhalle  L  224.  230  f.  239  f. 

Ghröfsenverhältnisse  I.  232. 

Dielung  I.  232. 
Turnlehrer,  Ausbildung  U.  24.  73. 

Prüfungsordnung  11.  71. 

Besoldungen  IL  293. 

im  LehrercoUegium  I.  224.  230.  237. 

Bestand  L  288. 


619 


Tornlehrerbildangsanstalt   L   226.   237. 

IL  24  f. 
Turnplatz  I.  224.  233.  235.  239. 
TarnBaal  I.  230.    i.  Turnhalle. 
Tarnspiele  I.  234.  236. 
Turnunterricht  1.  222  ff.  288. 

Sohnlklassen  entsprechend  L  230.  239. 

Vorschule  I,  146. 

Stundenzahl  I.  232.  239. 
ärztliches  Urteil  I.  309. 

Freiübungen  I.  228. 

Barrenübungen  L  230. 

mangelhafte  Beteiligung  I.  227. 

Dispensirung  I.  226.  238.  288. 
im  G.  1. 117.  R.  1. 127.  h.  B.  I.  135. 
bei  Bevaccinining  I.  231. 

Bemunerirung  U.  293. 
Turnus  der  Lehrer  im  Unterr.  I.  69. 108. 
Tutel  I.  333.  349.    n.  246. 

in  Pforta  U.  451. 

reberbürdung  L  115.  254  ff.  EL  480. 

Bealanstalten  I.  106.  130. 

Denkschrift  I.  277. 

ärztliches  Gutachten  I.  290. 
Uebereinkonft    der    deutschen    Staats- 
regierungen: 

Maturitätsprüt  an  Gymn.  L  392.  404. 
Ueberfüllung,  Frequenz  L  114.  154. 

ärztliches  Gbtachten  1.  304. 

Schulzimmer  bei  Epidemien  I.  270.  272. 
Uebergang  zum  Gymn.  od.  R.  L  322  fL 

Vgl.  Schulwechsel. 
Ueberschreitung  sachl.  Ausgabetitel  II. 

223. 
Uebersetzungen,  schriftliche    (II.  479.) 

im  deutschen  Unterr.  I.  172.  179. 

im  latein.  Unterr.  I.  190. 

als  häusliche  Aufgabe  I.  259. 
üebungsbücher  für  alte  Spr.  L  113. 189. 
Umzugskosten  IL  309.  316  ff. 
Unabkömmlichkeit ,    Mobilmachung    IL 

213.  282. 
Unbescholtenheitszeugnis  I.  471. 
Ungeprüfte  Gandidaten  s.  Schulamtscand. 
Uniyersitätsstudien  L  450.  (391.) 

Dauer  und  Art  IL  1  f.   494. 
Unterbeamte,   Unterstützungen  IL  330. 

s.  Schuldiener. 
Unterricht 

Ausfall  L  247. 

individualisirend  L  109.  303.  310. 

Specialisirung  I.  286. 

Einmischung  von  Politik  IL  259. 
Unterrichtsgesetz  L  3. 
Unterrichts-  und  Prüfungsordnung  vom 

J.  1859  für  R.  L  70. 
Unterrichtspläne  U.  211.   VgL  Stunden- 
plan, und  Dir.Instr. 
Unterrichtssystem  des  Gymn.  I.  55. 
Unterrichtsverteilung  I.  285. 


jäher  Wechsel  L  305. 
Unterrichtszeit  L  243.    IL  477. 

Verschiebung  I.  312. 

Dauer,  ärztl.  Urteil  L  307. 
Unterscheidung  d.  höh.  Schulen  L  4  f  . 
Unterstützungen  für  Lehrer  u.  Beamte 

Bewüligungen  L  15.    11.  328. 

pensionirte  Beamte  IL  379.  432.  498. 
Witwen  u.  Waisen  11.  432.    Vgl. 
Carenzunterstützung. 

Quittungen  IL  380  ff. 
Dnterstüt^mgen  für  Schüler  I.  389.  Vgl 

Stipendienfonds. 
Unterstützungsfonds  U.  329.  432.   498. 
Unterstützungsgesuche  11.  272. 

Pensionsempfänger  11.  379. 
Uriaub  n.  273  ff.  332.    Vgl.  Dir.In8tr. 

Gehaltszahlung  11.  325. 

Witwen-  u.  Waisengeldbeiträge  11. 399. 

Tacanz  s.  Erledigung. 
Väterliche  Rechte  I.  2.  330. 

,  Stellung  der  Lehrer  II.  131  f. 

155. 
Ventilation  L  267.  307. 
VenÜlationsöfen  I.  49. 
Verbindungen  I.  335.  339.  U.  485. 

Htterarische  I.  346. 
Vereidigung  IL  98  f.   Protokoll  IL  99. 

wissenschaftL  Hülfslehrer  II.  355. 
Vereine  von  Lehrern,  Wissenschaft!.  IL 
260. 

aufserhalb  des  Berufes  IL  341  f. 
Vgl.  Schülervereine. 
Vereinsrecht  IL  339. 
Verheiratung  II.  386  ff. 

vor  der  ^Stellung  11.  388. 
Versäumnisse  s.  Schulversänmnis. 
Versetzung  von  Lehrern  IL  86.  102. 

im  Interesse  des  Dienstes  IL  336. 495. 

als  Disciplinarstrafe  11.  333. 

in  den  Ruhestand,  nnfreiw.  II.  337. 362. 

Gehaltszahlung  U.  294. 
Versetzung  von  Schülern  1. 60. 112. 152  f. 
317  f.  354. 

nach  dber-Prima  I.  319.     11.  481. 

Strenge  im  Rechnen  (unt.  Kl.)  L  125. 

bei  getrennten  Goten  IL  481. 
Verseteungscensur  L  351.  354. 
Versetzungsconferenzen  s.  Dir.Instr. 
Versetzungsprüfung    L    314.   318.   351. 
Vgl.  Dir.Instr. 

für  Prima  R.  L  133.  282. 
Versicherungsgesellschaften 

Landesanstalten  II.  416. 

private  II.  409.  434. 
Versicherungswesen  IL  433. 
Verslehre  s.  Metrik. 
Vertretung  im  Amt  L  39.  IL  261. 

Kosten  bei  Abflreordn.Wahl  11.  328. 

Anordnung  s.  Dirjustr. 


620 


Verwaltimgsbericht  L  11.  15.  IL  206  ff. 

Termin  för  Entattang  IL  208. 

Art  der  Ausführang  IL  209  f. 
Verwaltangscommisrion  L  11  f . 
Yerwaltnngsdienst  I.  456/474. 
Yerwaltangseinteilung  I.  7. 
Verweis  im  DiBoiplinargesets  IL  333. 

Schülerstrafe  L  335.  357. 
Verweisang  L  336.  342.  359.  362.  364. 

n.  483.  486     Vgl.  Dir-Instr. 
VerzeicbniB  d.  h.  Unterrichtsanst.  L  5. 
YicariaUtanden  11.  261. 
ViritatioD,  Generalanperint.  I.  22.  IL  596. 
Vocabellemen  L  121.  188.  190  f. 
Vocationen  I.  30.    11.  100. 

Festsetzung  d.  Stundenzahl  I.  34.  IL 
261. 

Festsetzung  des  Antrittstages  IL  295. 

„  der  Pensionirung  U.  366. 

Vorkenntnisse  für  Sexta  1. 54.  (G.)71  (E.) 

Vormittagsunterricht  I.  243  f.    IL  477. 

ärztUches  Urteil  L  306. 
Vormundschaften,  Uebemahme  IL  271. 
Vorschule  (R.  88) 

Charakter  u.  Organisation  I.  144. 

Errichtung  u.  Bestehen  I.  36.  IL  468. 

Stundenz^l  I.  148.  156. 

Ausschlufs  fremder  Sprachen  I.  155. 

Einnahme-Ueberschüsse  11.  330. 
VffL  Frequenz,  Schulgeld. 
VorschuUehrer,  Unterstützungen  IL  329. 

Fensionsberechtifl^ng  II.  367. 

Relicteuwesen  IL  423  ff. 
Vortrag,  mündlicher  1. 120.  (G.)  90.  (R.) 

Wahlagitation  II.  100. 

Waldeck  und  Pyrmont  I.  8.  12. 

Walhalla,  Zeitschrift  L  344. 

Wandkarten  I.  201. 

Warnung  im  Disciplinargesetz  IE.  333. 

Wartegeld  11.  351  ff. 

Quittungen  U.  380. 

Besteuerung  II.  384. 
Wartegeldempfanger 

Witwengeldbeiträge  II.  395.  399. 

Carenzunterstützung  11.  430. 
Wechselcöten  L  151.  283.  314.  475. 

Bezeichnung  IL  204. 
Wehrgesetz  II.  279. 
Wehrhaftmachung  I.  226. 
Wehrordnung  I.  459.    IL  279. 
Westfalen,  Disciplinarordnung  I.  333. 

Ferienordnung  I.  248. 

geschichtl.  und  geogr.  Unterr.  1.  195. 

Directoren-Instruction  IL  159. 
Westpreufsen,  Ferienordnung  I.  248. 
Widersprechen  der  Schüler  IL  484  f. 
Wiederanstellung  11.  346. 
Wiederholungen  als  Aufg.  U.  480. 
Wiederholungsprüfung 

für  das  Lehramt  II.  48. 


für  das  Reifezeugnis  L  434. 
G.  L  402;  R.  L  414;  h.  B.  I.  424. 
Wirthshausbesuch  L  333.  335  ff. 
Wissenschafbl.  Prüfungscommission  L  22. 
IL  32. 

Jahresberichte  11.  56. 

Revision  der  Maturitätsprüf.  I.  441. 
Wissenschaftliche  Vereine  IL  260. 
Witwen-  und  Waisengeldbei  trage  IL  395. 

bei  katholischen  Geistlichen  IL  417. 

Verrechnung  U.  398.  400.  412. 

Befreiung  IL  402.  409. 

Erlöschen  IL  402.  412. 
Witwen-  luid  Waisengelder  II.  396. 

Verrechnung  11.  406.  416. 

bei  Wohnungsveränderung  IL  413. 

Steuerfreiheit  II.  384. 

Verzichtleistung  11.  403. 

Veijährung  u.  Verpfändung  U.  397. 

Quittungen  IL  380  ff. 
Witwenkassen,  Genehmigung  IL  433. 

Landesanstalten  11.  416. 
Witwen-    und   Waisenkassen    für   £le- 
mentarlehrer  IL  388.  403.  423  ff. 

Gemeindebeiträge  II.  426. 

Gehaltsverbesserungsgelder  IL  426  f. 
Witwen-    und    Waisen- Verpfleg^ngsan- 
stalt.  Allgemeine  IL  418. 

Beitrittspflicht  II.  386  f.  419  f. 

Ausschlufs  II.  398.  419. 

Annahme  der  Beiträge  II.  428. 

Requisition  der  Rückstände  II.  428. 
Wohnungsgeldzuschufs  II.  297  f. 

für  ordentl.  Lehrer  etc.  IL  105. 

Anrechnung  bei  Pensionirung  U.  377. 
für  Witwengeld  IL  419. 
Wohnungsmiethe,  Erstattung  II.  321. 
Wortschatz  s.  Vocabellemen. 

Zahlmeister,  Vorbildung  I.  474. 

Zahnärzte  I.  454. 

Zeichenlehrer,  Ausbildung  II.  21. 

Prüfungsordnung  IL  68. 

Probejahr  II.  70. 

Anstellung  IL  96. 
Zeichensaal,  Mafsbestimmung  L  44. 

Ausstattung  I.  217. 
Zeichenunterricht 

in  Gymn.  L  58.  117.  119.  126; 
R.  L  98,  129.  134.      h.  B.  L  137. 

Lehrplan  L  2 13. 

Freihandzeichnen  I.  134  f.  138. 

Linearzeichnen  L  134  f.  139. 

Beachtung  durch  d.  übr.  Lehrer  L  217. 

facultativ  (ärztliches  Urteil)  I.  309. 

in  der  Reueprüfung  I.  394. 
Zeichnen,  geoffr.  Skizzen  L  124.  200. 

mathematiscSie  Figuren  L  125.  132. 

für  Baufach  L  209. 
Zeitordnung  der  Schule  L  243.  333. 
n.  477. 


521 


Zeitungen  und  Zeitschriften 
Schülerabonnement  I.  335. 
Schiilerannoncpn  I.  346. 
dienstliche  Inserate  II.  225.  496. 
Zeugenschaft,  gerichtliche  U.  272. 
Zeugnis  für  Beneficien  u.  a.  445. 
stempelfrei  II.  278.     Vgl.  Abgangs-, 
Einjährigen- ,     Maturitäts  -  Zeugnis, 
für  das  Lehramt  II.  47.  Vgl.  Probejahr. 
Anerkennung,  nichtpreufsischer  II. 
58.  495. 
für  Lehrer  H.  214. 
Stempel  11.  278. 


Zeugnisgebühren   in  der  Schule  I.  384. 
ZiflFem  für  Urteile  U.  250. 
Zoologie,  Lehrerprüfung  IL  44.  53. 
Unterricht  L  142. 

Gymnasien  I.  119. 

Realanstaiten  I.  129. 
Zucht,  häusliche  I.  342.    Vgl.  Disciplin. 
Züchtigung,  körperliche   I.   358.  f.  335. 

357.  363.  365. 
Vgl.  Ohrfeigen,  Schläge  an  den  Kopf. 
Zurückstellung,  Militärdienst  II,  279. 
Zuwendungen,  letztwillige  S.Schenkungen. 


Dnick  ron  G.  21    SoholB«  A  Co.  In  OrMfenhainlchen. 


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