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Vom Jura
zum Schwarzwald
Franz August Stöcker
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|>j* YorstSbter
®om öura 51t:
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mtmmmmr
tttttt 1490 |« JSnb^nrtt.
, jajö^tofltjwalb 1892, ©eite 90/3
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Ion |rao p $dpnplt.
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|jer angegeben
rafor Jttteirfciii riirr 3 ip|l S^riftjkifr ul |ilk»frnalt
üon
f. JL Stitor,
SiMdir >fr „tililtx ftulyriifct ewT.
Ulemrter §ar&.
Jumm,
DrnA n*b Verlag von fl. & Sanerlänber ft €•*
1892 .
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2)aaBolf$f$ulft>efeninben3urafantonenam©nbebe£18.3ft§r s
§unbert§. Bon BBalttyer ©immi, Pfarrer in ©djönengrunb . . 1
gtoette $eiratty. Bon 2lb. Stibeauj:. 2lu3 bem „Contes chez noas“.
2lutorifirte Ueberfefcung bon ©life ©berfolb.40
■•Natur* unb BolfSleben int ©ctytoargtoalb. Bon ßarl $oIIba$ . 47
gerbinanb ©ctylötty. Bon g. 51. ©toefer. (2Nit Portrait) ... 53
£)er 3)1 aIe r §einri$ 3ennty. Bon g. 21. ©toefer (2Nü einer 21 bbit*
bung).81
Bereinigung bon ©roft* unb $Uein*Bafel. 2lu$ einem Bortrage bon
§rn. Sßrof. Dr. 2lnbrea8 §eu8ler.93
©in ©pagiergang nad) Beltelaty. Bon 3of- ©Rilliger in Sßruntrut 100
£anbbogt3gefd)idjten au$ bem bernifetyen Unteraargau. 9tadj Ur*
funben entworfen bon 3 a ^b $ungifer .... 114. 161. 257
SBanberungen inBafetS Umgebung, 3ura, ©djtoargtoalb, ©Ifafj.
3m 2tuftrage be3 BerfetyrSbereinS Bafel gufammengeftellt bon Dr. grifc
Baur.131
Ueber 2llter unb 21 rt ber §au§* unb $$iernamen. Bon Dr. ©. £.
Sftocfyfy o lg.147
2)a3 glattentoirt^StyauS. ©ine ©age bon ©. Brobmantt in ©ttingen 156
2largauer 2lnefboten. Bon 21. Heller.160
ßlofter DUberg. jfulturfyiftorifctye Bilber bon ß. Biebermann . 179. 259
$)er liftige Bauer unb ber Sanbbogt. Bon ©. Brobmann in ©t*
tingen.232
$)er ©ctyafc bon ©Ugenberg. 9ta$ einer ©age au$ bem ©ctyioargbuben*
lanb bon 21. gatyltoeib (©olotfyurn).235
grang 2luguft ©toefer f. Bon * *.316
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P«s lilksMiIvtftx in bcn 3nw=|«ntonfn am finiit
ins 1$. |il)r|nnictt 0 .
Sott JtJaltljer ©irnntt, Pfarrer in ©djönengrunb.
» IV.
(jun wir an «'paitb ber ©d)u(berid)te junädjft einen 33ücf in bie
_ 2lrt unb Sßeife ber Cefjrerbeftellung, fo treten un§ ba fdjort
bie mannigfaltigften SBertjättniffe entgegen. 2öir beginnen mit bem
Danton Slargau. ßur 33oltftänbig€eit festen bie Angaben ber hier
©djulen Don Cenjburg.
30 mal Reifet e§>: SSont Pfarrer eyaminirt, bem Slmtmonn bor=
gefdjlagett unb oott biefem erwählt, Qür ben gangen Oiftritt Siulm
mit 31 ©djulert gilt bie SHotij: Sont Pfarrer im Seifein ber Ort§=
borgefejjten geprüft, bem 06eramtmann borgefdjtagert unb bbn biefem
gewählt. Qm Oiftritt Srugg finb 2 Celjrer burcf) bett bormaligen
äRagiftrat bbn Srugg, 5 burd) ben jeweiligen Särger Pfarrer erwägt
unb bom bormaligen Oberamt SfönigSfelben ernannt, 24 burd) ben
jeweiligen Pfarrer erwäljlt unb oom bormaligen Oberamt ©djenfen*
berg ernannt, einer, erft feit 3 Sftonaten im ©djutbienft, ift bom @r=
äiel)ung§ratf) be§ Sfantonä eingefefjt worben.
3 mal Reifet e§: Sunt Pfarrer unb ben Sorgefe^ten geprüft, bem
ülmtmann borgefd)lagen unb oon iljm beftätigt, 1 mal (Sraunegg):
bie ©emeinbe befteHt ben Celjrer, ber Slmtmann beftätigt if)n; 8 mal
(©eengen 2, (Sgliswpl 2, Qafyrwangen, ätteifterfdjwanben, SettnWpl,
9lUi§Wp(): bie Detenten würben bom Pfarrer geprüft, oorgefdjlagen
unb bon ber §errfd)aft bon ftallmpl beftätigt. Qn üttieberijallwpt,
gsunjenfdjwt)! (2) unb ©eon (2) gefdjal) bie GcrWäljlung auf gleiche
Sßeife, ebenfo in fwlberbanf unb Stförifen, nur erfolgte bie Seftätigung
bort burd) bie Canboogtei Senjburg, t)ier burd) bie ^jerrfdjaft SBitbecf.
Qn §enbfcf)ifen würbe ber ißetent bont Pfarrer eyaminirt unb oor»
SSom Q;uta jura ©^war^wöli). IX. 1
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2 Baa Bolksfdjnlroefen in ben Sura-'ßaitionen am <£nbe bee 18. ^aljrljnnbert».
geflogen uttb oom Slmttnann in SenjBurg gemäht; in 9iupper3mt)l
mürben jum ©yamen burcb ben Pfarrer bie oorgefefjten meltlicbeit
unb geiftlicben ©ericfjte pgejogen; bie SBeftätigung gefaßt) burdj ben
jetoeiligen Canbüogt auf ßenjburg; ber erft im Söintcr 1798/99 in
Oienft getretene Celjrer in 33oui3mbl mürbe non ber 2$ermaltunge=
fammer in Slarau gemäht.
Qm Danton 33aben ift bie Qrage: „333er ^at bisher ben ©d)ul=
meifter beftellt?" beantmortet: 9 mal: bie ©emeinbe, 8mal: ber Pfarrer
unb bie ©emeinbe, 3mal: bie ©emeinbeoorgefe^ten unb ber ißfarrer,
5 mal: ber Pfarrer, 7 mal: bie ©yaminatoren in gürirf) („SSon benneit
Herren ©ytlamty Sto. tboren"; „bie ©btnöligen ©yamennatren oon
ßüricf)" fcbreiben bie S3erid)terftatter oon eoangelifcb 3Süren(o§ unb
Söalbbaufen).
beifet eä:
ber refortnirte Pfarrer in 33aben.
ber ©ericbt§berr in Söettingen.
ber ehemalige Stagiftrat oon SBaben.
ber Oberamtmann oon Sfihtigäfelben.
bie Obrigfeit oon Stellingen,
ber S'ommanbeur.
bie Stebrbeit ber .£)au§oäter.
ber Oberoogt, Pfarrer unb bie 6 S’aftoögte.
„oon ber ©tift."
Qm SBertcbt oon:
Oättmtyler $of
fatb- 3ßürenlo£
Qi§ti§bacb j
Oberrobrborf I
eü. ©ebenäborf
Stellingen
Ceuggern
Obertunfbofen
SHingnau
Burjadb
Oietifon \
©preitenbad) J
3Ö3ettingen
33aben, beutfcbe @d)ule
SSremgarten, „ ©djule
Oöttingert
Saiferftubl
ber ißrälat in 333ettingen.
ber Slbt üon SBettingen auf 33orfteflung
be§ Pfarrers,
bie frühere Obrigfeit.
bie OrtSobrigfeit.
ber Oberoogt oon Sflingnau auf 33orfdjlag
be§ ißfarrerS unb ber ©emeinbe.
ber ehemalige ©tabtratb nadb einem ©yamen
burcb ©timmenmebrbeit.
Oie Berichte oon 333ürenlingen, Ober» unb Unterborf fdjreiben:
„Oie gemeinb pflegt ©inen ißfaarrer 33on ben anbattenben ©ub*
jeftis brep burcb 9teE>r^eit ber ftimmett aufj gemebrete 33or Qu=
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Das tyoUtsftfjalroeren in bat Sara-ßantonen am QBnbe bes 18. atalirljnnbfrt«,
3
ftetten, Son meldjetn ber ^faarret (Sitten Son bifett Stufe ßumöllen,
guernen (ernennen) feat."
®er Ceferer non Sin£ fagt: „ber fdjuClmeifter, ber gugleid) organift
ift, feat eigentlich Sid) fetBften beftellt, 2öeil er Stofe oufe gutem Söitlen
fdjulhält, obgleich 9J?an efe für gebräuchlich hält, bafe ber organift Stud)
fdjulhalte." 6 Stntmorten fehlen.
gfür bie Kantone Sdjaffhaufen, Solothurn, Safet unb Sem an
taffen wir je eine Stnjafet ber f)iet)er gehörigen Sericfeterftattungen
folgen; Bei ber StuSmaljl featten mir eS auf eine möglidjfte ©rfdjöpfung
ber bamatigen Serljältniffe aBgefeljen.
Schaffhaufen. 0ie Cefjrer für bie ÜDZäbdjenfchule in Schaff*
häufen mürben nad) ooran§get)euber Prüfung oont fteinen Statt) burd)
ba§ CooS gemäfett; ber neugemäf)lte Setjrer mar jemeiten an bie erfte
klaffe uerfefet unb bie anberen rüdten feinauf. Qn Sudeten unb
Stünblingen mürbe ber Ce^rer oom Pfarrer unb bem ehemaligen 06er*
bogt nad) einer Prüfung in ©egenmart ber OrtSoorfteher, bie aber
nur 6eratt)enbe Stimme hatten, ermfthtt. ®er Serid)t bon Shafengen
fagt uns, bafe bor ber Stebotution nur Sürger bott Sdjaffhaufen als
Seferer gemähtt merben fonnten. $n 2)örftingen fefete ber ©yamina*
torenfonbent bon ßürid) auf einen ®reierborfd)lag ber ©emeinbe bie
ßehrer ein. Qn SOteriShoufen mähtte bie ©emeinbe burd) if)v Stimmen*
mehr in ©egenmart be§ ehemaligen OBerbogtS unb Pfarrers, in re*
formirt ®iefeenhofen ber ehemalige euangelifdje Stirdjenratt)- $n
OpfertSljofen unb Süttenljart fanb eine jährliche 2ßiebermat)( beS
CehrerS, Seftätigung ober 333at)t eines Stnbern, ftatt; in erfter Cinie
mürben Stenten anS ber eigenen ©emeinbe Berüdfidjtigt; eine jährliche
SEßahl beS Celjrerg mirb auch au$ Stetten gentelbet.
„333er mittenS ift" — fd)rei6t ber Sdjulmeifter aus Sargen —
„Schullehrer gu merben, ber mufetc ftd) Bet) bem Sürger Pfarrer
metben'unb bor ganzer ©hrfanter ©emeinbt barnm anfjalten. Stad)
bifem mirb ©r Son bem Sürger Pfarrer bor ganjer ©Ijrfamer ® e *
meinbt ©yaminiert unb nach ©utBefinben ihme ben ®ienft übergeben."
StuS SiBlingen mirb Berichtet: „Sei ber alten ^Regierung mürbe ein
Sdjulmeifter Beftellt, in Set)fein, £>rr. Canbt Sogt, Canbtfcfjreiber,
Sfarrer, Sogt, Sta6f)atter, ©fdjmornen, Sitcfje Pfleger, burch SOtefjr*
heit ber Stimmen nach aBgehaltnem ©yanten." Stuf beS SOtinifterS
gfrage antmortet ber Cehrer bon Seggingen: „SiS^er hat ©S bie ©h*
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4 {lag öolhgfdjnlrotfen ht im 3nra-fiantonra am ®nfce beg 18. Jfltjrljnitifrtg.
malige Obrigfeit Pfarrer beg ortg 33ogt unb gefchworne burcf)g
Eyamibet ober burcf)g Sofj bie ©cfjulfehrer SBeftett." Söir fchliefcen für*
ben fitantou ©djaffhaufen mit ber Slntwort aug Unterfchlatt: „bie
gemeinb in 33eifeitg eineg £>rr. ^ßfarerf? unb ift Eyamamert worben
oont ^Bürger ^3farer fDtelcheor ^irdhhofer oon ©djafhaufen unb oom
^Bürger ‘ißrefebent (tocfer Don ©chafhaufen beftetiget worben. /;
©ofothurn. $n Softorf mahlte bie ©emeinbe ben Seljrer „burdf
baf allgemeine tof"; in ©ofothnrn, Slnabenfdjule, ber tägliche fRath
ber Dormaligen Regierung in offener 2Bahl; ^ßrittjipi, bie 6 ^jäupter
ber Regierung unb bie 6 älteften £f)or£)erren; SSaifenljaug, bie Söaifen»
haug^nfpeltoren; in ©rennen ©emeinbe unb Pfarrer burcf) ©timmen*
mehr; in Slefdji bie ©emeinbe mit Seftätigung burd) ben ©c^utratlj;
in Olten bie ©emeinbe burcf) geheimes ©timmenmehr; in ©üngberg
bie ©emeinbe, ber Pfarrer unb ber ©6eroogt; in ©efjacf) früher bie
©emeinbe, feit ber normalifcfjen Einrichtung bie ©dfuflommiffion;
in SOZeffen bie ©emeinbe nach „Eyanthttacion" burd) ben Pfarrer; in
SBitfferacf) bie ©emeinbe, aber feit Einführung ber Stormalfdjule mit
nacf)f)eriger SBeftütigung ber Obrigfeit (jefjt oom Unterridjtgfommiffär);
in 'SRümligWhl „bie SBormahlige Regierung mit ju gretjbenljeit ber ge=
meinbt"; in Stetigen ©emeinbe unb Pfarrer na cf) öffentlichem Eyamen;
in Oornadj bie alte Regierung; in SRajenborf bie @d)ulfommiffion
in ©ofotfjurn. Sluf mangelhafter .Qenntnijj ber ©rammatil eher alg
auf Shatfcichlichleit bitrfte eg beruhen, toettn ber Seher Don Oenfingen
fchreibt: „ber fchufmeifter hat bie ©emeinbe erwöhlt.''
Qit ©renchen mufjte ber Sehrer jebeg Qaljr beftätigt werben.
9J?ancf)e ©enteinben fd)idten ihren ©chufmeifter auf eigene Soften in
bie üftormalfd)ule nach ©ofothurn; fo toirb aug Egerlingen gefchrieben:
„S3on ber ©emeinb beftefft unb auf Skonto berfelben unterrichtet" unb
aug SBüren: „unb ifjne nachcr ©ofothurn gefchicft um bie Unterweisung
ber SRormal junemmen nach aufgeftanbenem Eyamen mirt er burch
ein patent junt ©chuflehrer anerlent." Enttäufchnng fchaut aug ber
Slntwort beg Sehrerg Don SJMtingen fyexauZf mettn er fagt: „ber
bürger 5 ran ä ftefibenten h Q t i u wir gefagt ich Sode auf ©olo=
thurrt gefehren mau mache ©chullöhn ift aber nidjtg gemalt Worten."
SBafel. Oie grage nach ber SBefteClung ber ©chulnteifter finbet
hier folgenbe^Beantwortungen: SOZünfterfchule, Söafef: „Oer allabemifche
©enat mit 3 u ä' e h un g ber Oeputaten ber Kirchen unb ©djulen unb
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Dag üolhafdjnln»fnt in im Sura-fiantottm an Crtbe i»« 18 . 3aIjrljmtlfrU. 5
beS jetoeiltgert SlntifteS burcp baS CooS unb gwar ba§ ternarium."
©cpute ber Sircpgemeinbe ©t. ißeter, Safel: „oon beni Slapitel beS
©tiftS ©t. sßeter, ben 2 regieretiben Häuptern unb bem Pfarrer ber
©emeine burcp baS CooS erwäplt." ©t. äRartinS=$lRägblein*@cpule itt
33afe(: „ber Oberlehrer biefer ©dpule ttntrbe btöfjer Don ben ehemaligen
©tanbeSpäuptern, ben Oeputirten gu ben Kirchen unb ©chulen mit
ßugiepung eines jeweiligen Sürger=2fntifteS unb einem jeweiligen Pfarrer
ber ©t. SRartinSgemeinbe beftimmt." Shtabenfcpule bei ben Saarfüjjeren
in Safel: „gu ber ©teile eines OberleprerS biefer ©chule würbe bisher
Don ben ehemaligen ©tanbeSpäuptern, ben Oeputirten gu ben SHrcpen
unb ©chulen mit ßugtepung eines jeweiligen Sr. 9lntifteS, beS Sr.
Pfarrers unb Sr. Diaconi ber ©t. CeonparbSgemeinbe wie audh beS
Pfarrers bei ben Saarfüfjeren unb im ©pittahl unter ben (Sanbibaten
burdh bie SReprpeit ber ©timmen 6 in bie Sorwahl gegogen, woraus
ber kleine SRapt Orep in bie |jaubtwapl nahm unb unter biefen baS
CooS gog." sßrooiforfdpule ber minberen ©tabt: „bie Seftellung beS
CeprerS gefdhah bis gegenwärtig burd) baS blinbe CooS auS einer will»
Bürlidpen SBapl Don brepen burdh bclbe regierenbe |)äubter, ben Sürger
SlntifteS, burcp bie 4 Deputaten/ burcp bie neuen im Oluartir wop*
nenben Otäpte, bie regierenben Obft. ÜReifter (Oberft ÜReifter) ber brep
©efetlfdpaften, burdp ben ©cpultpeifi, burcp bie brep ‘’ßrebiget unb
Sattnbrüber-ber minberen ©tabt." fRiepen: „baS Oeputatenamt in
Safel auS brepen burcp baS CooS." Settingen: „ber je^ige ©cpul»
meifter in Settingen erpielt (auf Segepren ber ©enteinbe) Don bem
Oeputatenamte in Safel bie ©rlaubnifj, gwifdpen ben ©cpulftunben
gu fRiepen, wo er als ©cpulpelfer angefteUt ift, audp in Settingen
©cpule gu palten. OaS Oeputatenamt ernannte ipn gum ©cpulpelfer
in fiepen." 9lucp auS ben übrigen ©emeinben beS S'antonS ift bie
grage immerwieberfepreitb beantwortet: baS Oeputatenamt für Slirdjen
unb ©dpulen nacp üorpergegangener Prüfung burcp ben Pfarrer.
Ceman. 21 ltf bie fyragc: „Qui a etabli jusques ici le Regent?
et de quelle maniere?“ antwortet ber Sericpt auS 9tobelIag: „Les
Particulliers,“ berjenige auS Chavannes-le-Chene; „la Commune
Letablit,“ berjenige auS Villars-Epeney et la Maugettaz: „le
pasteur en Suite d’Un Examen,“ berjenige auS Givrins: „le Pasteur,
et les preposes de la commune sans examen“. Oer SRegent in
Bercher: „a ete examine par le Pasteur, et brevete par le ci
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6
JDae tJolk«fdjuln)«|>n in ben Sura-fiantonrn am (£nbe bea 18 . Safyrlinnberte.
devant Seigneur Baron [Monsieur De Dortau] a ; Jean Jaques
Durussel ä Ballaigues des le 1 Janvier 1799: „a ete nomine par
le pasteur apres un examen de concours, puis etabli par le Con¬
seil d’Education“. 2Bir laffert nod) jltjet 23eridjte über biefen $unft
reben.
2luS Chene toirb gemelbet: „Le Citoyen Pasteur faisait l’exa-
men en Presence du consistoire et la nommination des deux
plus capables admis a l’examen etoit envoye au Baillif, qui
donnait le Brevet au plus capable des deux suivant la decla-
ration du Pasteur“, üftodj ausführlicher fdjreibt Jean Simeon auä
Pailly: „La Commune de Concert avec le Pasteur ont toujours
etabli le Regent de la maniere suivante La Regence etant de-
venue vacante; le Pasteur de Concert avec la Commune fixoient
un jour pour l’examen et le faisoient publier par les feuilles
Publiques, et au temps marque les aspirans etoient examines &
huis ouverts en presence de toute la Commune par le Pasteur
qui apres la verification des Talans nommoit les deux, ou trois
plus Capables; lesquelles nominations etoient ensuite presentees
au Seigneur de l’endroit; puis on sen [s’enj referoit ä son Choix
pour Telection de l’un d’entreux (entre eux). u
Unb nun etttmS ii6er baS Sllter, bie ^erfunft, ©imlftanb, früheren
SSeruf unb Nebenbeichäftigung ber bamaligen (Sdhulmeifter. ßur $t\t
ber 33erid)terftattung ftanben im SJanton Slargau:
im
SHter jm. 20 u. 30 fahren 15 Sehrei*
im Sllter
oon 30 ^a^vcn
2 Seljrer
/»
„ „ 30 u. 40
n 29 „
rr fr
» 40 ,,
3 „
ff
„ „ 40 u. 50
„ 27 „
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n 70 „
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„ „ 70 u. 80
» 1 »
ff ff
„ 80 „
rr
®ie Slbbition ergiebt für 119 Schulen nur 118 Selber, meil bie Schulen
auf bem Siütihof, in
3iäfenthal unb Siebegg, ©emeinbe ©rammen.
nur einen
Setyrer Ratten. SSon biefen 118 Sehrcrn hatten —
eS fehlen 4 Slntmorten —
51
toeniger als 10 $ahre $ienft$eit
6 Ratten
10 $ah re ®ienftjeit
22
jmifchen 10 u. 20
ff ff
2 „
20 „
20
rr 20 u. 30
ff fr
1 „
30 „
7
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ff ff
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40 „
2
„ 40 u. 50
rr ff
~~ U
50.
1
„ 50 u. 60
rr rr
ff
60 „ „
hinter ftd).
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Da« tlolktfdjulrocftn in ktn Sntn-finnionfn am ffinbt bca 18. Sat]ctiunberte. 7
(piufichtid) ber f>erfunft festen bie Antworten auS bem Oiftrift
Sutrn unb 5 weitere; öon bett übrig bteibenben 82 Sehern finb
78 ^Bürger ber Orte, Wo fie Wirten.
Qn 23ejug auf ßioilftanb, SBeruf unb 9?ebenbefd)äftigung taffen
wir für bie beiben Oiftritte Sutm unb SBrugg ßatjten fotgen: 23on
ben 31 Sefjm'n beS erfteren finb 4 tebig; oott ben 27 oerf)eiratf)eten
finb 22 SBiiter non Sinbevit. .'pinfidjtlicf) beS 23entfeS oert^eiten fie
fid) Wie folgt:
Seruf: Server: ©evuf: ?e^rer:
„©aurengemerb" unb 2Bebjtuf)( 8 ©aumroottengewerb .... 5
„Saurengeroevb", Raubbau. . 6 Sütaurer unb ©teutfyauer . . 1
2anbbau,@ätf$eidjn en unb ÜJtuni» eljemalS ©olbat, je^t ©troljbecf er 1
cipat« s f5räftbent .... 1 „Äüefer" unb ©tgrifl ... 1
5e(bmeffer unb „©aurengercevb" 1 ©aumrooflenfpinner .... 1
„^ßajjementev''.2 Sanbban unb ©aumtooflenavbeit 2
Äitdjmepev, „£ud)mefiei'", 93e= ©trumpfroeber.1
jirfävicbtev.1
SBon ben 32 8et)rträftcn be§ Oiftrifts SBrugg finb 2 unocr^eiratet,
bie übrigen fjaben, mit SttuSnatjme eines einigen, ®inber. SBei ber
SBefpredjung ber 33erufSuer()ättniffe faden bie beiben Seherinnen
(9J?äbcf)enfd)ule in SBrugg unb SBirrentauf) §utn SBorauS weg. ®ie
Seher oertf)eiten fid) auf folgenbe SBerufSarten:
©ei'uf: ?eljier: ©eruf:
SRotljgerbev.1 .2
©tvurn pfiuebev.3 ©anntrooüenroebev .... 1
Sanbbau unb SBaguer ... 1 ©auutrcollenfabrifation u. £anb*
Sanbbau unb ©djnfj<i> ac hv . 1 bau.1
üanbbau unb Sfeinroeber . . 3 Sanbbau unb SJie^argt ... 1
Sanbbau, ftiifer unb ©iebarjt. 1 j Sanbbau.12
2anbbau unb ©aumrooüenroeber 3
£>ie fraget „28aS fjattc er üorf)er (gemeint ift öor bem Antritt
beS Seh'amtS) für einen SBeruf?" ift nteiftenS beantwortet: „betrieb
feine ^ßrofeßion**. QofjanueS Zauber in SJBinbifd) fdfreibt: „feine
Sßrofejjion nttb 9tboo!atur“; $S. U(ricf) (£id)enberger in SBirr war
„18 Qaljre 3Sie^f)irt“; QofjantteS StBeibel in ©ffingett in StriegSbicnften.
p§>. £)einrid) SBrat in SDtöntljat war neben feinem SBeruf „©eljütfe
feines SBruberS in ber Schute“.
SBon ben beiben Seherinnen oerfteh eS fid) oon fetbft, bafj fie
8 t)as tfolheräjnlroefjen in ben ?nr«-fiantonen awt b*e 18. Jaljrljtinbfrt?.
feine SXlebettöeftf^äfticjung Ratten. ®a£ tfjetfen 13 ßeljrer mit ihnen;
bie übrigen 17 oertfjeilen fid) auf fofgenbe Nebenbei djäftigungen:
SDtitgtieb ber SDiunicipalität unb
Drganift.1
®iffrift§ridjter, SSortcfev unb 93or-
finget in bet Äirdje . . . 1
•Dtunicipatbeamte.5
SSotfefet in bet Kirche . . . 1
^ßofaunift unb ©iehinfpeftor . . 1
,3oUinfpeftor, ©orlefer unb ©or*
finget in bet Äitcfye . . . 1
©eforgiutg einet ©afjbütte . . 1
$i|frift§richter, ©ortefer unb ©or*
finget in bet $ird)e . . . 1
SKunijipafbeamter, 'ißofaunijl unb
©orfefer.• . . 1
©igrift.1
©igrift unb ^ßofaunifi . . . . 1
SUialjtgrift unb Ißofaunift . . 1
SJeibel bet SRunijipalität, ©orfefer
unb ©orfinger in bet Äirdjie . 1
Siefen Qciljten *ei£)en mir nod) .einige tjie^crge^örenbe ^otijen
au3 bem übrigen Danton Slargau an. „®en (Sommer fjinburd) get)t
er“ — ber ßefyrer non 3)ieifterfrf)manben — „bem (Sdjärmaufen nach";
bet ©cfjuftneifter non ©tauffen, obere ©cf^ute, mar Snbienenbrucfer;
ßüibienenbrucfer;
^ofamenter;
©ädjjeidmer;
„Rablentacher";
Korbmacher;
„©ejdjroinb ©(eichet" ;
,CbnigeÜnet b. 3>orfe§;'
Sanbmann, s 2(gent unb
^O^nigeitner^ im $)orf;
feinet ©egangenfdjaft ein
©d^nl)mad^et;
Äupfetfc^mieb;
®(a)et;
früher „©djuhmachet";
jefct befchäftigt et fidj
„mit einem! (einen£)anbrf
unb ©chreiblectionen";
„ $üttigen „treibt 2lgricuftur, Sttebecin unb ©f>irurgi e// ;
„ Otmarfingen, früher ein ©trumpfmeber, bef^äftigt [ich
mit oorfaüenben ©cripturen unb tteinen
$anb(ung§gefdhäften unb ift jug(eid) Lüfter
ber Siliatfirdje unb r/ £)i)n\§tÜnex lt ;
„ gahrmangen, mürbe af$ guter Redjner „bei Xh c ^ un 9 en ^
©ogt£' ©ernenn unb anbern Rechnungen
üiel gebraucht".
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
ff
untere
ff
ff
ff
©chaft§hdm Jf
§enbfchifen
SRörifen
2Ifp
©ul;r, Unterfchute
rfnimer^mpf
2)intifeu
SThalheim, $nabenfcf)u(e
Jen^burg, gröf$. Xöc^terfcfjitle
„ f(. $naben)chute
// grö|. „
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9
©olhefrfjnliPffen iit beit Juta-fianionnt nnt Öubf bts 18. Saljrljunbfrts.
Vaben. 3 ur 3 e i* ^ er Verid)terftattung (tattben:
int
Älter jtü. 20 u. 30 Starren
7
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SUter
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3 Stnticortcn festen.
33on ben 58 Seljvern — C SIntroorten festen — b fl t ten
24 mentgev 10 3afyve ©teufl^ett |
5
I)atte[n] 10 3taf)ue ®ienftjeit
11 jrotfehen 10 u. 20
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3 „ 20 u. 30
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60
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f f hinter ftd}.
lieber £>ertunft, Veruf, 9iebenbefrf)äftigung, Vergangenheit/ ißer»
föntidjeS geben ,tnir einigen Veridjtcn baS 2öort. i'aneri £>uber in
Obertu t)( fdjreibt: r/ algit gebürtig in ober mit" früher mar er ein
Vauer; jegt ift er neben bem Cehramt Stgent. «fjeinrief) gu<f)§ in unb
non giSliSbad) ift ein „Ceintnäber"; er //arbeitet 9tad) ber ©dfutte
auf ©ebner brofäfetyon". Gonrab SJJarftnalber in enang. SßiirentoS
ift „ber 9J?ahten in ber 2)Jungt)balibeth (SQtfunicipalität)". Gafpat
©trebet non Gtropt „SWüäfte baß gang 3 a ^) r an ©ontäg nnb feirbäg
in ber tiretjen bet) ber ^ugent ‘Sorgen bie Voß Ijeit Ver hüöthen —
mit ©ingen nnb Vätten bafs 9)?aul ßuo erft auf £h uon//> Sigriften*
bienft/ Vorbeten unb Vorfingen in ber Sirdfe bilbeten auch für bie
nteiften ©cljulletjrer beS SantonS Vaben bie SJlebenbefdjäftigung. Seine
foldje hatte „Stntonp" 5P?olI non unb in Stein £>ietrnt)t, ber in Qtalien
unb gerrara getnefen ift. Oie meiften tarnen nie über ihre ©emeittben
hinauf unb auch nur bie tnenigften genoffen eine orbcntliche Vorbitbung
für ihren Sehretberuf. Gine StuSnahme machen ber ©chutmeifter noit
Stingnan, ber „5 ©chulen jm Gtofter ©t)on abfotnirt" h at , Qatob
burcfet=Vuod)er in Veinmit, ber gur Grlernung ber „fdjuhlart" in
.'podjborf getnefen/ Gafpar Vürgiffer non unb in Oberlunt'hofen/ ber
früher unb noch gur 3 e >t ber Veridjterftattung ein Süfer, 1 */* Sah*
in £>od)borf bei 0-ribolin „SBife" fdjreiben, tefen unb Orgetfchtagen
lernte/ 3°§ anu Vaptift-Sftägeti auS SWarfborf in ©d)tuaben, ßehrer in
Saiferftuljl, ber, früher ütmtSfdjreiber in Vogtingen, fich ben SSiffem
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10 Das Öolkefdjninjcrfn in bfn SuraHBanionfn am (Cnbe b«3 18. Saljrfjnnberto.
fdjaften mibmete, 2 galjre Cefjrer an ber Sformalfdhule in Vudjau am
geberfee mar ltnb nun in Sfaiferftutjl neben ber ©djule in G^oral*
unb „Viguralfingen", ©eigen, Planier* unb Orgel fdjlagen Unterricht
gab. gribolin Stanj in ßeuggern, gebürtig au£ ©ädingen, mar früher
beim fürftlichen Oberamt in ©ädingen als (Schreiber gebraudjt.
SSir haben früher barauf htngemiefen, mie bie beutfdje ©djule
in Vrentgarten über baS gemöhntidje Sliueau htnauSging; bennoch
fommt uit» unmiltfürlich ber ißtjarifäer im ©letchttiß in ben ©inn,
metut ber Cehrer gulgenj gribolin greh, ebeooriger Kaplan ju VeUi»
fon über fich felbft fchreibt: „(Sr ift fein gemöljnlicher, ober alltags
Oorffchulnteifter . . . fein ©cf)ret)er, ©chmäljer, Folterer, fein ©teden
unb Stutheumagifter, fein pebantifcher ©dhtenbrian, Sßort» unb graf»
turenpraf)ler; fonbern ein burd) lunge ©elbftüb» unb Prüfung er»
fahrner Sinber, gugenbfenner unb greiinb. Stuf üieleS Stadjbenfen,
Stacfjlefett, prüfen, Verfudjen unb Vergleichen mit anbern Cehrarten
fanb er feine fdjidlid)ere, feine, bie bie ©eele beS öerbefferten Unter»
ricfjtS eigentlicher fann genennt merben, — mo bie gugetib mährenb
beS Unterrichts angenehmer unb lehrreicher unterhalten, il)re Stuf»
merffamfeit allzeit gefpannt unb fo einzig erhalten mirb, unb gerabe
ba§ ift, maS 311111 Vefteit ber ©djüter je gemünfcht merben fann, al&
— bie fofratifche öehrart. gjt braucht er bie fofratifd)e nad) ©alj»
mann, (Sampe, ©chlej, Vafebom unb Stodjom-. OaS Cehramt
ift feine gan^e unb einzige Verrichtung unb Vefchäftigung aufjer ber
geit be§ ©otteSbieufteS."
(Siner eingehenben Veantmortung ber gragen bes Unterrichts»
minifterS enthebt fich ber ©d)ultneifter Ceontp Sfoller oon Vnber berdhen
(Unterberifon) burch folgettbeS ©emiffionSfdjreiben:
„ghr ^huont gang Stecht an mich begäfjrett
Oajj id) mich ®or (Süch ©oll er klären
Ob id) ber fdjuoll Oienft noch ttiöue Treiben
Ober ber felbige mötle lagen bleiben
SSeit ich fec^S ucb [unb] fibengig gafjr im Sllter
fd)on jmeü unb fünfzig gahr fd)no(l gehalten
©0 SJtöcht ich jefct «in StüöIjigS Gäben
Vnb ü£h uon bie fchuoll mit Oanff) aufgäben."
Stuffällig ift bie Uebereinftimmung biefeS launigen VerfeS mit
einem taut fmugiferS ©efchiihte ber frfjmeijerifchen VolfSfchule auS bem
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Da« tfolberdjulwffrn in 'btn Jnrn-'fiönionfn am Üfnbe bee 18. JaljrljnnbfriB. 11
Danton ©äntid eingegangeuen unb a. a. O. Sb. II, 26 abgebrudften.
Scridjieben ift nur bie Orthographie; fonft ftiranten fogar bie 3 a ^ en:
76 Raffte 9Ilter unb 52 $aljre ©cf)ulbienft. 9ln 3ufßll tä^t fidj babei
nicht wohl benfen; oietteidjt ift ein fotc^eö poetifcbed 9lbfdjiebdbegehren
in Celjretfreifen begannt gewefen unb etwa of)ne Seriidfid)tigung ber
jeweiligen Serfjiiltniffe unb 2(enberuug nad) benfelbert fittnlod nadf*
gefdjriebett worben.
9ln ben 48 Schulen bed Slantond ©djaffhaufen fiub laut ben
Serid)ten 66 Cefjrfräfte tljätig gewefen: 91 n ber 9)?äbd)enfd)ute in
©djaffhaufen 3 Cctjrerinnen, an ber beutfdjen Snabenfd)ule in ©d)aff*
Raufen 4, in Sljatwgen 3, in SReunfirrf) 3, in ©ödjtingen 2, in Unter*
fjalluu 3, in Seringen 2, in ©iblingen 2, in ©djleitheim 3, in Seg*
gingen 2 Seljrer, in ©djlattingen 1 Setter unb I „gifar", an ben
übrigen 37 ©djulen je 1 Cefjrer.
®ent 9llter nad) — 4 9lngaben fehlen — oertfjeilen fie fid) wie folgt:
3mtfd). 20 u. 30 alt
ftnb
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?ef)rev.
1 30 3af)re alt finb[tft]
2 Server
„ 30 u. 40 „ „
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SBeitaud bie meiften finb Sürger ber Orte, in benen fie wirten.
9iur bei wenigen Eann man oon einer Sorbilbitng jum ßebrerbcrufe
rebeu; SJiicfjael ©euer in Sud) l)at in früheren Qafjren feinen Sater,
ber aud) ©djulmeifter war, unterftü^t; ßonrab SJJefjmer itt Oörflingett
fjat in l)olIänbifd)en Oienften fcfjreiben, rechnen unb fingen gelernt;
£jetnrid) Söljm in Sßildjingen ift 6 Qafjre Seifeljrer gewefen, ebenfa
|jeinrid) Pfeifer, Oberfdjulmeifter in 9teuntird); $of)d. ©raf in dtamfeti
genojj einige 3 e ü ben Unterridjt bed ©d)ulinfpeftord Süel in £>emid*
bofen. Qo. gibelid Niedling in fatljol. Tdeffeuljofen er§ä^lt über feine
Sergangenljeit: „Sorbin war er in Oeutfdjlanb in bem ßollegiatftift
Seüron, wo er bie Cogif, ■EÜtetaphbfil'/ bie 9)toraI:pt)i(ofopf)ie, bad 97atur»
recf)t, bie ©eometrie unb mehrere XI)eile ber matljematifdjen SBiffeit*
fdjaften ftubirte, audj bie Soittunft t£)eoretifd) unb praftifd) lernte,
oon ba er im 17. ^abre feined 9llterd, ald er feine ©tubien auf
einer 9lfabemie weiterd fortfeüen wollte, in feiner Saufbafjn auf*
gehalten unb gegen feine Neigung biefe Cebrftetle anäuneljmen ge*
jwungen würbe."
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12 ©tte Dolbefdjnlrofffn in brn Jura ‘finntonnt am ©nbe bei 18 . laljrljnnbtite.
93on früheren ^Berufen — eS lehren f)ier aud) bie für bie Kantone
2 largau unb ©oben fdfou genannten roieber — notiren mir: 9 J?aler,
©erber, ©Schiffer unb Qifd)er, SBeinbauern, ^Setfd)aftfted)er, SBagner
ober „Srumbolfc" unb SJiüblenmacber. Qn 2luSübung UmeS ^Berufes
finb einige gereist, einige baßen in fremben feeren gebient.
Qaft alle ©cbulmeifter beS SantonS baßen eine SJtebenbefcbäftiguug.
derjenige oon 23udb bat „bie Ubre täglich 51 t ßeficbtigen unb aufju*
jieben Unb 90?ittag läuten".
21 uS 2 Orten oernebmen mir etmaS üßer 2luSbilfbienft. Qn
Sbapngen ftellte ber ©d)ulmeifter, menn er megen 2lrbeitSüberbäufung
ficb felßft ber ©dfule nidbt mibmett tonnte, einen 9Iu@£>effer. 2 lleyanber
Segler, Cebrer unb ©emeinbefcbreiber in Unterballau, fcbreibt: als bie
Gruppen einriictten, 1798, ba häuften ficb feine ©efcbäfte als ©emeinbe»
fcbreiber fo an, bafj fein Sruber, 9D?etd)ior ft'efjler, ben ©djulbienft
für ibn oerfebett tnufcte.
Qm Danton ©olotburn oertbeilen fidf bie Cebrer bem 2llter
nad) folgenbertnajjen:
20
3al)re
alt finbfift
1
Server
■3m.
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Safyve alt
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©S fehlen 4 2lntmorten. Oie 2lbbition ergiebt 90 Cebrer für
89 ©djulen; eS mirfeit nämlich am SBaifenbauS in ©olotburn 2.
Qu ^Betreff ber .'pertunft biefer Cebrer fehlt 8 mal bie 2luStunft,
63 finb ^Bürger ber Orte in benen fie amten, 19 flammen anberSmober.
Oie meiften baßen Jeine SBorbilbung erhalten, mit SluSnabme
berer, oon melcben fd)on bei ber 23eftellung in biefer §infidbt bie OJebc
loar, haben Qofepb S u ß ev ' n ©üitSberg, Qofepb Stipftein oon unb in
üfteuenborf, Qofepb Otter oon unb in fjerbetSmpl, UrS „SBpf" uon
unb in ©eetoen, QobS. 23runncr oon unb in St'leinlütcel, Qofepb
munb oon unb in 9f?iebboI§, Cubmig ©d)ubmad)er oon unb in Söangen,
„ 2 llot)fi 9?otb" oon unb in Qlumentbal eine iftormallebve in ©olotburn
(SöaifenbauSfcbule) burebgemaebt. 2lnbreaS Snittel auS Qulba, ©d)uf=
meifter in SBettmpl bat UnioerfitätSftubien b'ntcr fidf, „QoanncS"
§enggi oon unb in 33üren bie ißrincipia in ©olotburn abfotoirt. UrS
2lrb oon ÜNeuenborf, Cebrer am SöaifenbauS in ©olotburn ftubirte am
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Das Dolhefdjulnjflen tn b*n Jura-flantonf« am Öntie fcn 18 . Saljrljmttißris.
13
Seminar in „Sünnecj". 33on ben übrigen ftnb nur menige in bie
grentbe gefommen. „9?itlau3 meibel" oon unb in Settlarf) mar „folbat
in ©orfica", „33rS ©übler" in Coftorf „in friegSbienften gemefen in
grattEreicf) unb biemontf)". 33on ber bamaltgen Solotljurner Celjrer»
fdfaft t)at ficE» Ur§ Qofepf) Späti oon £>einrid)3mt)l, erfter Center ber
253aifenl)au§fcE)u(e in Solothurn einen tarnen in ber ©efrf)icf)te ber
fdfmeigerifdfen iBolESfdjule ermorben. ,,£>urcf) ign" — fcfjreibt er in
feinem 33erid)t — „mürbe ba§ mirfltcge SBagfen- unb ©r^ieljungä*
Qnftitut angefangen unb feit 1782 fortgefegt; burdj it)n mürben bie
8et)rer ber Normal gu (Stabt unb Canb in tiefer Ceffrart unterrichtet;
burd) ifyn bie jährliche Sdjuloifitation gehalten."
2Beitau§ bie SÖJefjräaljl ber Ce^rer gaben fidj neben ber Schule
mit üftebenbcfdjäftigungen ab; e§ finb jum guten Stlfeil bie anbcrort§
fdfon genannten/ fo bajj mir nur gang menig §u bemerfen fjaben.
©inen großen ©ontraft jur früheren Eriegerifdjen 33efcf)äftigung bilbet
e$, menn ber 34 jährige „33r§ ©übler" in Coftorf neben ber Schule
fidj abgiebt mit „©in menig lifmen ober ftricfen unb ©in menig £)ag=
iönen". ©toffer SSerbienfte um feine ©emeinbe ift fidj $ofept) ßuber
in ©ünSberg bemujjt, menn er fdjreibt: „9iebft bem Cegramt
SBerridjtet ber fdjulmeifter SBietle fadjen, @r t£)ut bie gefege, befdjlüfje,
Proklamationen unb beeret ofenblidl) in unb aujjet ber Stirnen 93er=
fiefen unb bekantmadjen, 2öie audj ba§ 3ßo(k§b(att benen 8eutf)en 23or*
lefen unb erklären, ©r ift ein griben Stifter, ©r ocrfjoft eine be=
loljnung oon ber 97euen Regierung ju erhalten, ©r mad)t ben Unter»
agent au§."
©eleljrte unb ftubirte Herren treffen mir unter ber Cegrcrfdjaft
im Danton 33afet, oorab in ber |jauptftabt. So f)at Qolj. Qak.
Ceurfjt oon SBafet, Celjrer an ber 9Q7ünfterfd)ule, auf ber Unioerfität
feiner 5Saterftabt humaniora, bann s JJed)t3gelefjrfarnkeit ftubirt, mar
Ijernadj ißrioatergieger unb begann unb abfotoirte nad) bem 3lmtSan=
tritt baä Stubium ber ÜEfjeologie. Qoljä. 28erenfe(3 oon 33afel, an
ber ißrooiforfdjule in ber minberen Stabt, ift Philosophiae Magister
unb S. M. C., befdjäftigte ficf) früher mit Qugenbunterridjt unb ^ßre=
bigen in SJJurten unb 33afel. Samuel SBettftein oon 33afel, Cegrer
au ber 5D?äbd)enfdjule in ber minberen Stabt, 70 Qa^re alt, feit
20 Qafjren Cefjrer, unoerfjeiratljet, mar oorfjer Pfarrer an ber refor»
mirten ©emeinbe ülteureutl) bei Starter ul), SSicar bei Pfarrer Slnoni
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14 flcw *Jolh*fdjtilrof|>n in t>f« Inta-'ßöntoafn am <£itl>« bf« 18 . Jaljrljnnbfrt*.
tn SKuttenj, bann bet Pfarrer Surgljart auf ©elterfinben, bann bei
Pfarrer 9totl) in 9?eigolb§mt)l. $of). Sailer non Safel, S.
M. C., Cefyrer in 9tief)en, roar nor Eintritt beä Sd)ulamt§ 2 ^af)re
sßfarroifar in 9iotfjenflulj; QoljanneS äfleper non Sinningen, in Set»
dingen, 39 ^aljre alt unb feit 7 '/* $ai)ten im Scfyulbienft, „mar als
(Sänger bei bent Gonjert in Safel" angeftellt; nad)f)er ging er itt
Kriegäbienfte.
Gmanuel .fjeinfjgen non Safel, Celjrer in SOJuttenj, 51 Qat)re alt,
f)at 7 Kinber, non benen 4 bei ifjm finb nnb ifjnt aud) bei ben Ktnbern,
meldje ftricfen, gute £>ienfte teiften. Gr ift feit 1790 Cefjrer in 50?ut=
tenj. „Gf)e beffen mar er auf einem ©ütlein. Gr Ijatte in feiner
Qugenb, nad)betu er halb alle Klaffen be§ ©tjmnafij paffiert, 3 ^afjre
bie ßeidptungäfdjule befugt, benn er Ejatte eine befonbere Cuft §um
ßeidjnen unb Kupferftcd)erep; er marb aud) non Siirger Gf)riftian
non SDtediel als ber erfte in feine Cefjre genommen, erlernte bafelbft
nod) bie Geometrie nnb Q-elbmeffen unb anbereS mefyr •—.
ofmgeadjtet feiner Kenntniffe unb SemeifjtbumS be§ 28of)löerl)alten3
lernte ifyn Sr. G. Son 2fted)cl ba§ Kupferftecfjen nid)t, fonbern tnoUte
if)tt 51 t feinen Ginfdjlageitben ©efdjäften mibnten. Sein Sater, ber
mehrere Kinber Ijatte, öermodjte nidjt, biefen Soljn attbersmo in bie
öeljre ju tf)un, naljm iljn alfo gu |>auj 3 , lernte ifjn miber feinen SBillen
bie Sdjreiner ^ßrofefeion, auf melier ^trofejjion er fyernad) ein baar
Qafjre gemenbet, aber in feiner 9tücffe£)r nur ein ^al)r bie ^ßrofe^ion
getrieben, er ermeljlte ba§ Canbleben, meldjeä er bem anbern oorgog
unb aud) ein guter Kenner in ber Oefottomie ift. ^ßauluS Stoerbel,
Celjrer in ßieftal ift S. M. 0.; Qofyann Qafob SRotE», St. 8 . 9Jt., in
Suiten fjatte ebenfalls Geologie ftubirt.*
* @3 fdjeint aber ba$ nidjt immer, mie man meinen follte, ein Sßort^eit ge=
mefen fein. „ . . . unglüeflidjer Söeife (fagt gäfcfy) braute eä bie alte SSerfaffung
mit fidj, bafj fie (bie £e§rerftellen) au$fdjlief$lic§ mit Bürger au$ ber ©tabt Söafel
unb gtt>ar mit fogenannten ©tubirten befefct Serben mußten. §ier fanb alfo nictyt
feiten ein alter übelftubirter ©tubent, ein berrofteter 9Jtagifter ober ßanbibat, bie
fonft $u nid^tö taugten, bie Söelofynung feinet $itel§, unb ben unfeligen SÖeruf, eine
gan$e (Generation bon Bürgern gu berpfufcfyen, bereit biele bon 9iatur $u etmas
93efferem als ifyr Sefyrer, beftimmt gemefen mären. 2>aS biefen 99tifjbraudj erjeugenbe
(Gefefc marb $mar furj bor ber ^ebolutiou burdj einen $8ef$lufj beS (Großen SftatfyeS
abgefc^afft, bie ©ac§e felber aber bauerte fort. 4 ' (SRubolf Suginbüfyl: ^. 2llb. ©tapfer,
S3afel, 1887, p. 73.)
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Dos tfolkefdjnlroerfn in brn änrn-ftantontn am (Silbe bes 18 . Satjriiunberte. 15
2 ßa§ bie Stebenbefdjäftigung betrifft, gaben fid) bie Server bcr
(Stabt nteift ntit ^rioat-^nformationen ab, etma auch mit ^ßrebigen.
(So fdjreibt 2Md)ior Serri, Server an ber Schute ber Äirchgemeinbe
(St. ißeter: „unterftügt fotoobt in ber (Stabt als auf ber Canbfrfjaft in
ben ©efdjäften be§ ^ßrebigbStmtS alte uttb frattfe ©eiftlidje. 2tudj ift
ihm bie religiöfe Untergattung ber ©efangenen am Sdjeltenmerf auf
atte (Sonn» unb Qefttage oon ber oorigen Regierung aufgetragen
morben. (Samuet SSettftein tjitft im Sßrebigen au§ unb giebt s f3rioat=
unterricht in ber djriftlichen ^Religion im minberen unb großen Safet.
3o$. £>cf). fperfperger, ißroöifor an ber s K?äbct)enfct)ute ju (St. SJtartin,
ber ben Sßagiftergrab befi^t, erttjeilt ebenfalls $ßriöatunterrid)t unb
ift überbieS, „mie e§ fd)on 300 Qafpre «Sitte mar", auch ©igrift ju
St. Sftartin. QotjanneS SBattner in ©berborf berichtet: „tiorher mar
er SHrgenb gemäffen er ift ein Saffementer Stehen bem lehr ampt hat
er noch ba§ fiegrift ampt unb Sorfingen alle fonn Sag Snb SEBödjent*
liehen ©otteäbienft mau er gehalten mirb". Qm Safeltanb befchäftigten
fich bie Cehrer hauptfädjlich mit ^ofamenterie unb ben bamit wer»
bunbenen Seruf§groeigen.
Seim Santo« Ceman angetommen, haben mir nur noch
menig Steuer ju fagen. Qm ültlgemeinen ift unes aufgefatlen, bafj bie
Stf)utmeifter biefeS StantonS fidt) mit ihrer SBirffamleit tiiet meniger
an bie Spotte ber ^eimath banben al3 ihre Soltegen in ben beutfeh
rebenben Kantonen; Saulion unb ba§ Qouythat haben bem Danton
manche Selfrer gegeben. Qerner fchien e§ un§, baff ber Cehrerftanb
fich, menn auch nicht auSfchliefelid), fo hoch jum größeren Sheit au§
jüngeren Ceuten retrutirte unb bie§ nicht §um 9iad)ttjeit ber Schuten,
^infichtlich be§ SerufeS unb ber Stebenbefdjäftigung lehren bie fdjon
mehrfach gefchitberten Sertjältniffe mieber; neben ber Schute nimmt
auch ba ber Sirdjenbienft bie ßetjrer am meiften in Slnfprud). 2tm
Schluffe biefe Sapitelä mögen noch einige fpejietle Slntmorten folgen.
Qean lernet in Sitteneuoe beantmortet mit mahrhafter Segeifterung
bie Qrage beä 90?inifter§ nad) ber früheren „vocation“: „celle
de paysan Cultivateur! o heureux etat pourquoi t’ai-je
quitte pour la penible et ingrate vocation d’Instituteur?
— Quand j’eus communie, mon pere me pla9a chez le Ci¬
toyen Joneli, & present Prefect National du Canton de
l’Oberland pour apprendre la Langue Allemande, — de lä
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16 Ha« Dolktfdjnlroeftn in ben Jnra-fiantonen orn ®nbe bes in. Snljcljmibtri».
j’ai ete k Geueve cinq ans et demi, Commis dans le Commerce
— Au mot de Geneve mon coeur s’epanouit.Immortel
Rousseau! C’est lä, c’est dans la ville qui t’a vu naitre que
j’ai commeuce k connaitre tes sublimes ecrits . . . mon patrio-
tisme datte depuis cette epoque, et il y a pres de vingt ans
— Doux et vertueux Fenelon! modele de l’honnete homme et
du Chretien, c’est aussi k Geneve que j’ai apris a taimer [t’ai-
merj . . lieber feine ÜRebenbefchäftiguitg fpridjt er fidj folgenber
SEßeife auS: „Je conduit le Chaut des Psaumes et fait les lectures
d’usage ä l’Eglise (et il reunit k son office, la fonction de Com¬
mis de la Poste aux Lettres, objet de la plus minime conse-
quence pour le profit)“.
©er Sdjulmeifter tmn Combremont-le-petit mar „astrologue
Privilegie par le ci devant Sonverain de Berne“, berjenige Oon
Noville mar „Clerc et copiste Chez un Notaire du district de
Vevey et a travaille ensuite ä des cartes geographiques“. ©e*
rührt haben muff ben menfchenfreunblichen äUinifter bie Ülntmort,
melche ©atub Olioier fRepmonb in Vaulion auf bie Qrage nach betn
(Siüilftanb gab, er fdjreibt: „il n’est pas marie La pension n’etant
pas asses Lucrative pour Eleve une famille“.
2 öir fommen ju einem lebten Kapitel, ba§ fiel) über bie öfono*
mifdjen SBertjältniffe ber bamaligen Schute üerbreiten fall. Unter
biefem ©itel hat ber SRinifter ©rEunbigungen eingejogen über Schul*
fonb§, Sdjulftiftungen, Sd)ulgelber, Schulhäufer unb GrinEommen ber
(Schullehrer. 33on ben Sihulhäufern mar fd)on bie 9febe unb fo bleibt
un§ benti noch etmaS §u fagen über bie anberen fünfte, junächft über
bie SdfulfonbS unb Schulgelber, bie bamt bei ben GrinEommen ber
Sehrer eine 9toHe fpielen.
2 öir beginnen mit bem Danton 31 arg au. ©afelbft befijjt |jenb*
fdjiEen 100 3J) Q t er 5 UV Sfnfdjaffung öon 33üdjern, fRupperSmpl faft
300 ©ulben Cegat für Schulgelb armer ^inber, 33eltheim 150, Ober*
flach® 350 ©ulben, Grntfelben hat ein Cegat ooti 300 ©ulben für
oierftimmige ^falmenbücfjer, SRuljen 325 ©ulben Cegat für 33itd)er
unb fßrämien unb 400 ©ulben für „Schu unb Strumpf ben armen
^inbern anjufchaffen". Qm SBegirE SEulm haben 13 Schulen befonbere
Qonb§: ©ontenfchtopl, Ober* unb Unterborf äufammett 100; ßegmül,
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Dae Oolkafdjnl«)ef£n nt b*n ^nraHBantoneit am $nbe bfs 18. JaJjrlpmlttrta.
17
obere unb untere ©cpule zufammen 90; ©djlofjrueb, ©djmibrueb unb
©dpiltmalb zufammen 1316; SReinacf) , obere unb untere ©cpule ju=
fammen 775; SJtenziEon, obere unb untere ©dfule zufammen 200; 23ein=
mpl, obere unb untere ©cpule zufammen 200 ©ulben. 23on ben 32 ©cpulen
beg ®iftriEtg 23rugg befifcen 17 obrigEeitlidjeg Kapital jur S3erbefferung
ber 33efolbungeit, eigentliche gonbg ober (Stiftungen, nämlich: Raufen,
SJtütligen, ^jabgburg unb Slltenburg je 250 ©ulben, ©fingen, 33öjen
unb @f fingen zufammen 200 ©ulben, SJiöntpal 100 ©ulben, Urfprung
133 ©ulben 5 23afcen, ©aüenEircp 166 ©ulben 10 23afcen, 9tein
20 ©ulben, SRüfenacpt 26 ©ulben, Dtemigen 213 ©ulben, ^Billigen
750 ©ulben, (Stilli 100 ©ulben, 2J?anbach unb gmttmpl äitfaminen
100 ©ulben. fpiex müffen mir auch oeremigen, mie Qatob Söbeli,
ber ©djulmeifter oon SDMfterfcpmanben biefer ©enteinbe p einem
©djulfonb oerholfen put. „®ic Schule p Söteifterfcpmanben hatte
— fchreibt ber ©cpulinfpeEtor — ebenfomenig alg bie anberen ©e=
meinen beg Kircpfpielg einen ©djulfonb, biä ber bermalige macfre
©djullehrer, QaEob döbelt, nach eigenem nacpbenEenben Sriebe auf
folgenbe SBeife einen anfänglich f° fef)r fchmachen ©runb bap legte
Slm Syteüjaprgtag 1789 geigte er feiner ©dhuljugenb in einer herzlichen
Slnrebe: mie fdhön, nüjlid) unb ©ott gefällig eg märe, menn mopl»
habenbere, bie fo manchen Kreuzer ju ihrer greube hätten, eingebenf
ihrer armen Sütitfcpüler, nach frepem SBiHen, je an ben ©onntagen
in ber Kinberlepre, ben SBinter t(inburd^, fid) etman einen Kreuzer
abbredjen, unb zu einer ©cpul Saga zufamntenlegen moUten; au§
beren man feiner ßeit armen ©chitlern bie 23cid)er Eauffen ober auf
anbre SBeife etmag erleichteren fönntte ec. — ©g geftehl ben ©chütcrn,
man liefje jeben ©onntag in ber ©djule ein ©cpüfjeli unter ben
©djülern herumgehen; — bag gefammelte mürbe in ihrer ©egenmart
gezehrt unb eingefdjrieben; ©o gieng eg einige SBinter mit bem beftett
Söitlen fo fort, bajj allgemadh ein Kapitälchen oon 25 ©ulben zu*
fammenEam, unb an 3iuf3 gelegt merben Eonntte. — morauf benn in
einer ©emeine mit famtlidjen §augoättern gerebet, unb ba ber ©cplug
genommen mürbe, bafj biefe ©(put Saga niemalg mit bem ©emeine*
gut oermifcht, ober zu ^Reparationen beg ©cpulgebnubeg angemanbt;
fonber einzig unb allein ein gottb für bie @cpüler merben unb bleiben
folle: fepe eg, um arme ©djüler zu unterftüzen, ober bejjere ©in*
richtung in bem ©djulmegen felbft zu treffen. — ©o patte beg ©cpul*
S3om Ourasum 8d>roar$tiMlb. IX. 2
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18
Das Dolksrdjulnefen In brn Jara-fi an tonen am Üitbt bes 18. Satplptnberis.
meifterS fcfjöne ibee bisher ben gefegneten Fortgang, baff nun a[(bereite
ein 3' u fe tragenbed Kapital uon 214 ©ulben 8 ©a§en beijfammeu
ift. wobei ba§ ritfjmiicbe ßufammenlegen ber ©dfüler bisher alle Sinter
rtorfj fortbaurt. — ©on ben ginjjen würbe biefyer nur einmal ©e«
brauch gemacht; nemlidf, allen fo fd)rei6en wollten für einen Sinter
ba§ nötige ißapier umfonft f)erbeijufd)affen: bei) wenigen gaffren wirb
fidf aud) biefer gonb burcf) ein par ©ermädjtnitie oermef)ten, welche
2 . fefjr betagte in ber ©emeine allbereitS redjtförmig teftiert Ifaben. —
SJlöge biefe oorn ©djulnteifter getroffene Slnftalt iffm immerhin jum
©egen, unb §u feinem oerbienten Cob gereichen! — Umfonft ift bisher
gehofft worben, baff e§ in anbern ©emeinen be3 Sircf)fpiel§ 9iacf)=
afjmung erweden füllte."
gn ben ©ericfjten oon Utiterfiggingen unb giäliäbad), ©oben,
ift oon einer Keinen Stiftung bie Siebe, offne baß ber Sertlf berfelben
angegeben Wäre. Settinqen befaß 380, Sietifon 1000, Sieuenlfof 250,
latlfol. SürenloS 475, ©preitenbacff 500, Slufjbaumen 60, SKrd)borf
155 unb SUingnau 390 ©ulben gonbä.
Slur ganj wenig ©dfulfon'bä fanben wir in ben ©dfulberidften
be§ S'antonä ©eff aff Raufen erwähnt. ©3 waren foldfe öorffanben
in ©arjfieim 400, in latlfol. ©afenbingen 270 unb in Siamfen 300
©ulben. ©tein a. 9iff., beittfdfe Sitabenfdjule unb SJiäbdjenfdjule,
Ratten „ein Hein ©ermädjtnifi, oon einem ©eorg ©djrnib, wetdjeä in 3 fl.
befteljenb, bem @d)ullelfrer auf ©eorgi Sag au§ bem Saifen=9lmt
bejaht wirb". Ser 9J?äbcf)enfd)ule fielen oon biefer ©eite jäf)r(id)
nur 2 ©ulben ju; au§ if)rent ©eriefjt erfahren wir ferner, baff ber
Seftator ein gewefener ©ürgermeifter war.
9lu§ bem Danton ©olotffurn ffaben wir un3 folgenbe ©djulen
mit folgenben gonb§ notirt: Siuglar 22 ^ßfunb 4 ©dfilling, 6‘/a ißf.;
Slleinlü^el 1061 ißfunb ©tebler; £>immelrieb 100 ißfunb ©tebler; ©üren
252 graulen (?); ©üfferad) 533 gr.(?) 6 fd)itl. 6pf.; £>od)Walb 225 ißfb.;
©rinbel 360 ^Jfunb;©reitenbadf 434ißfunb unb 11 ©dfilling; ©erfcffwpl
750 ißfunb; SitterSwpl 220 ißfunb; ©eewen 400 ißfunb ©tebler;
9iober§borf 1300 ißfunb ©tebler; Saifenlfau§fdfule in ©olotfyurn
„ungefähr" 59000 ehemalige ©olotffurner ißfunb; ©eHadf 300 ißfunb;
©üns6erg 300 ^ßfuttb;§u6er3borf 500 ißfunb; Sftdenbad) 200 ©ulben;
Siotffncler 5C0 ©ulben; gulenbadf 80 ©ulben; ©bergö^gen unb
Sinjttau je 100 ©ulben. ©dfnotwpl ffatte „140 fronen am ßin§,
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19
Da« in fc*it ^ura-ßantonfir am (Enbe b£s 18 . ^aljrijnnberts.
melcher alle Ofter*@yamen ben Sittbern nad) ber SBiffenfrfjaft au§=
geteilt rnirb."
Qm Danton SBafet fattbett mir nicht oiele Sdjulfonbä. Oer ©e=
rid)terftatter ber äftünfterfcbule in ©afel fd) reibt: „Heber ben beträgt»
lidjen Sdjulfonb biäjmnirte bisher ber affabemifdje Senat. 2Bie ftarE
er fet), rneijj icf) nicht, aber arifefinüdje Stipenbien non ©ermädhtniffen
unb anberen frommen Stiftungen fließen oierteljährlidj auS biefer
Cluelle ben ©Itern meiner Sd)üter §u, bie — ba biefe ©Itern meift
arm finb — ganj bem GrnbgmecEe biefer ©ermächtniffe jutoiber, ftatt
für ©üdjer uitb Scfjulgelb, für bie Slnfdjaffung anberer öEonomifcber
33ebürfniffe oermenbet merben; benn alle Schulbücher merben ben
armen Schülern auf ©egeljren au§ einem anberen Qonb, ben ber
©ürger Slntifteä Sfterian, mie id) glaube, ju oermalten hat, unentgeltlich
bargereicht." SHeinhüningen unb QüdinSborf haben einen Sdjulfonb
oon je 600 ©funb; an legerem Orte ift er „oon einer 3ä§lifd)er
Qamilie" geftiftet, „au3 ©ebauern mit ben SSnbern, meldhe über Qelb
in bie Schule mußten".
Stur beifpieläfjalber notiren mir auch einige Qonb§ oon Sdjulen
au§ bem Danton Setuan. Qm ©eridjt oon ©ercher lefen mir: „L’an
1670 Samuel De Dortan Seigneur de Bercher etc. donne pour
augmentation de pension 270 L. en Creances, lesquelles ont reste
entre les mains de la Charitable Direction des Pauvres, laquelle
remet l’interet de dite somme au Regent.“ Valleyres-sous-Ur-
sins hat „L. 328 donne par l’ancien Gouvernement“. Coppet,
Myes et Tannay, Commugny, Founex et Chavannes-des-Bois
befijjen alle ©erntädjtniffe, bie oon einer ©aronin Lotscher geftiftet
finb jur ©eljaltäoerbefferung ber 8el)rer unb meldje jährlich 60, 40,
40, 40, 40 8 . abmerfen. Oie bcutfcfje Schule in Yverdon, Mont-
cherand unb Agiez haben je 200 8 . par le ci devant Gouvernement;
Correvon 600 florins.
SlttfäUig ber ©emeinbe geljörenbe Schulhäufer, ©arten, Sßiefen,
©flanglanb, haben mir entgegen manchen ©eridjten unter ben Qonbä
nicht aufgeführt.
SSir fommen jum Schul gelb unb beginnen auch ba toieber mit
bem Danton Slargau. Sin 15 Schulen be§ OiftrütS ©rugg ift gar
lein Schutgelb eingeführt, an 4 be§al)lt bie ©emeinbe für ba§ reichere
SEinb 10 ©a^en, für ba3 ärmere 5 ©a|en, mie benn bie Slermeren
20
Dn« tJolhBfdjnlnjffen ht ben Inro-Cantonen am £nbe bee 18 . faljTljnnberte.
faft überall berücffichtigt merben, and) ba, luo bie Schulfinöer felber
bejahen muffen. Qn |jabsburg legen bie (Sltern für ben SBinter
7 ©ulben gufantmen; bie filtern non Scf)ulfinbern bejahen etmaS
mehr baran als anbere ©emeinbSbürger. •
Qn 8 ©emeinben beS $)iftriftS ftulm wirb bie SBefolbung bes
CeljrerS üon ben -fpauSuaterrt, in 11 burdj baS Jfirdjengut unb bie
©emeinben beftritten; 1 Bericht fehlt. !Jn ben 6 Schulen ber Sird)*
gemeinbe Sulm erbalten bie Cebrer noch non jebem Äinb, baS nicht
in ber ©emeinbe 33ürger ift, 6 SBafcen aus bem ©runb, meil ber
flirte Sdjullohn gang aus bem Äircbengut begabt roirb unb bie
„fremben gur firricfftung beSfelben nichts beitragen". (So gerne mir
auch b* er eine ©tatiftif burchgefübrt batten, fonnten mir ben Seridjten
ber genannten 35iftrifte nicht mehr entnehmen.
SöaS bie übrigen 56 Berichte betrifft, bie unS auS bem Danton
2largau noch 3 ur Verfügung ftanben, fehlten unS 3 Slntmorten; 5 mal
finb unter bem Sdfulgelb fipamenprämien oerftanben morben. 2ln
27 (Schulen mar laut ben Berichten fein (Schulgelb ü6licb; oon 2
fönnen mir nur bas SBorljanbenfein eines folgen fonftatiren.
Sin 4 ©chulefn] bezahlte jeber Sauer per Äinb u. ©ocfje 2 tr., jeber Jauner * 1 fr.
1 „ mürbe per Äinb unb Söinter 9 SBafcen
1
2
4
2
2
2
Sommer 3
bie gange ©hulgeit 6
n rt tt ^
tt tt rt 8
„ io
bejahlt;
8$. 3 fr. befahlt
10
$n 9?upperSmil mar ein (Schulgelb eingeführt nach Maßgabe beS
Vermögens unb ber SKnber, bie ein ^nusuater in bie (Schule fdhicft.
Qn ‘dtieberentfelben begog ber öeljrer 47 ©ulben 7 33g. 2 Slreuger
gufammengelcgteS ©elb; ob baran nur folche fteuerten, melche Äinber
in bie Schule fdjidten, ob alfo bafelbft ein eigentliches Schulgelb be*
gahlt mürbe ober nicht, fönnen mir nicht mit 33eftimmtheit fagen.
SJBaS bie Scachtfchulen angeht, ftnb mir nur für §olberbanf unb
90?örifen ein Schulgelb oon 5 Sreujer per Schüler unb 28od)e gu notiren
im Stanbe. £>er Schulmeifter oon ^olberbanf fügt biefer SJtotig flagenb
hingu: „aber ber Schulnteifter hotte immer 90?üh begalt gu merben
* Saglöbner.
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Dae *Jo.lhefdjnltitf(jm in ben Sura-'fiantoiten am Önbe bes 18. ^aljrljunbfrt«. . 21
9D?an toolte abmärten für biejenige Sage, too btfe Stinber nicht Eamen.
9D?an oerfäumte gart je Sßodjen, rtur baß man nichts §af)len müße
bie Bürger Saue u. dontp galten biefe abenbfdjulen 2 SBinter hinburcf)
für bte atlerärmften $inber, ba motte alles arm fepn. Sie f^itrgefegten
motten bem Sei) ul SDJeifter bifen Cohn für 2tbenb«Sd)ulen nicht ein*
giefjn — dr machte fictj burdjS §>eüfcf)en unmertt). äftußte oft alter*
lep oerbrießtid)S ^ören uon fd)tecf)ten älteren. SeEarn bifen 8ot)n gang
oertrümpelet marb if)nt noch oergönnt, obfdjon dr alte Slbenb 2 1 /i biß
3 ftunb Unterricht gab unb 3 : 4 lampen brennen mußte gu ber 3eit,
mo baS Oefjt fo tt)eür ift." Ser Sericßt oon -JflöriEen meint, bie
9totig oon ^olberbanE paffe für SJföriEen „noch in einem oorgüglicheren
©rab." gür arme Schüler begahtte mancherorts baS &'ird)engut.
tßaben. dS fehlen oon ben 58 (Schulen 4 ÜTntmorten; 10 33e*
ricf|te fagett nichts oon einem Schulgelb; mo ein fotdjeS eingefüfjr mar,
mürbe eS halb pro Sag, halb pro 2Bod)e, halb pro ^Quartal unb enblich
auch für bie gange Sdjulgeit fipirt.
‘Per Äinb u. Sag betrug ber ©cputtobn in 1 ©djulefn] 1 „3ürrp angfler '
„unb ein fchith"
„ 3 „ 1 ©cpeit,
fr r/ tf 2B o d) e ff tt ft tt o ft 1 ©apen,
„4 „ 1 ©apen n. tagt. I
©djeit (i. Detmeil
1 ©j.u. 1 ©ch.ob.
2©j u.fein©d|.),
„2 „2 ©apen,
„1 ,3 ©apen,
„2 „1 V« Sreujer,
„1 „1 Schilling,
„ 2 „ 1 ©rofdjen,
„ „ ,, Quartal „ „ „ „1 „2 ©apen,
„1 „6 ©apen,
„ „ „ gg.©chuljeit„ „ „ „1 „ 1 ©aßen u. täglich
ein ©djeit,
„ 1 „ 5 ©apen,
„1 „6 ©apen,
„ 2 „ 10 ©apen,
„ 1 „ 20 ©apen,
„ 1 „ 30 ©apen,
„1 „ 1 ©ulben,
„1 „ 1 ©ulben 10,
„2 „16 Schilling,
22 Da« Oolhtfdjnlrotftn in ltn Snra-fiantontn am (T'nbf be* xg, Satjrljnnbert«.
ißer Äinb u. g$. ©dju!jeit betrug ber ©c^ufto^u in 1 ©cfjute 16 @ot8,
„1 „ 1 Sranfen,
„1 „12 Ärj.f.Sürg.finb.,
4 Ärj.f.Seifäfjfinb.
93 on 6 @d)u(en fönnen toir nur bag 93orhanbenfein eineg ©d)ul=
gelbem melben. Qn ®ietifon be-jahtten bie ©djulfinber nicfjtg, Ratten
aber bag § 0(3 jum feigen ber ©chulräumtichfeit §u tiefem. Qn
gfifibad) tegten bte £>augüäter 24 ©ulbett ju jammen; ob babei aud)
biejenigen ficfj beteiligten, meldje feine Sinber in bie ©tute fdjidten
ober nicht, ift nicht gefagt. $n Sfröfenj finben toir eine ©cßulfteuer
unb baneben ein @cf)ulgelb, inbem bie 33ürger ohne Unterfdjieb
10 Äreujer an bie ©tute 31 t teiften hotten, ntährettb bag jur 3 Ser=
üoltftänbigung ber 8 el)rerbefolbung (26 SBaßen per SBodje) noch Sehtenbe
gleichmäßig auf bie ftinbcr oertheitt iourbe.
^infichtlid) ber 9iachtfcf)iile ift ung nur aug ^üttifon ein ©dfut»
gelb befannt getoorben; bort giebt für ©ommer» unb 9?achtfd)ule jeher"
^Bürger, ber Sfinber fchicft, ob oiet ober toenige, 5 SBaßen.
Qn ©chneifittgen befam ber ©d)utmeifter „93on ben 9lrmen, mit»
men unb meißen nicßtg", in Älingnau bejahte für bie Slrnten bie
Kirche.
SBon ben 48 ©cßulen beg Sfantong ©d)affhanfen fehlen 2 9lnt=
morten. 9tn 11 ©djuten toirb fein ©djutgelb erhoben, 001 t einer ift
nur tag 93orhanbenfein, nicht aber aud) ber ^Betrag begfelben oor»
gemerft; ä^nlidt) oerhätt eg fich mit 9lttborf, moher gefchrieben roirb:
„bie mit bem Qemeiligen ©chutmeifter arcortierte ©umtne (Mt für bie
©ommer unb SBinter ©d)ut mirb auf bie ©d)ul Slinber außgered)net‘‘.
2Bo ein ©djutgelb eingeführt mar, ift eg batb für jebe SSBoche, halb
bie ganjc ©djutjeit, batb für ben SBinter unb ©ommer befonberg
angegeben.
1 mal beträgt ba§ »ödjentt. <SchuIgetb per $inb 1 */2 Sreu 3 er,
5refp.6mat „ „ „ „ „ „ 2 „ (in §erbtingen
ebenfooiel aber nur für
bie Söeifaßen),
2 mat „ ,, „ ,. „ „ 3 Sieger,
1 mat „ rr ff ff ff ff 4 *
ffür bie ganje ©cbutjnt würbe per Sinb befahlt:
an 1 ©d)ute[n] 14 Äreujer, 11 für biejenigen, metdje nicf)t [treiben (Sargen).
„2 /, 15 „
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Da« in StoM-Äantone» itnt Ornbe b*@ 18 . foljrljtmbeit».
23
an 5
//
tt
tt
2
1
2
©d)ute[n] 24 ftreuger,
n
n
30 „
36 „
1 ©ulben.
Oft audj tourbe ba§ ©df)ulgetb für ben SBintcv unb ben ©ommer
befonber§ entrichtet. betrug bte§fatt§
un 1 ©djule per SBodje u.
tt 1 tt tt tt tt
tt 1 ff ff ff t*
tt 1 ft n ft tt
tt 1 tt tt tt t>
tt i tt tt tt tt
©djüter im äBinter 8 Äreujer, im ©ommer 2 Äreuger
„ „ „ 12 ©aßen, ,, „ 3 Safcen,
„ „ „ 15 Äreujer, „ „ 7 7 2 Är.
tt tt
tt tt
tt tt
n
tt
tt
24
30
30
tt
tt
tt
tt
tt
tt
tt
tt
20
20
12
tt
tt
^rt Seggingen beftanb baS ©cpulgelb in Naturalien unb ©elb,
tiämlicp per 5tinb auS 1 SBierling 5forn, 12 Ureujer unb täglich
1 ©dpeit §op$, in ©untmabingen nur auS Naturalien; jebeS 5tiitb
patte bafelbft „10 Ntäfslp Ntiilpfrucpt" ju bringen. Stuwer bem ©cpul*
fdjeit, baS bie ©cpüler im SBiriter jeben Sag in bie ©(pule trugen,
fcpeint man in reformirt unb in fatpolifcp Safenbingeit tneniger ein
©cpulgelb al§ oielmepr eine ©cpulfteuer gelaunt gu paben. Som
erfteren Orte mirb öieSbegügltcp gefcpriebett: „baS ein geführte @dpul=
gelt ift fo auf alle §auSoäter PiSper oerlegt gemefen, bafj biejenigen,
melcpe ein ^auptoiep befaßen 8 fr., bie übrigen 6 fr. bem ©cpulmeifter
^äprlicp geben mußten. NB. bagu marcn audp biejenigen oerpfücptet,
melipe feine ^inber in bie ©cpute §u fcpicfen patten- “■ ®en»
feiben ©inn bürft ber S3erid)t auS fatp. Safenbingen paben: „Sin
©elb Don jebem Sauner 6 5fr., oon jebetn Sauer 15 5fr.
©ine non ben 11 oben genannten ©cpulen opne ©cpulgelb giebt
ben ©rurtb feinet geplettS an; im Sericpt öon Oberfdplatt peifjt eS
nämlid): „©cpulgelt ift feinS eingefüprt, meil oiele Sirme Ceüte ba
mopnen, pat man Seforgt eS möcpte nicpt begaplt merben".
Heber baS an ben Nacpifcpulen erpobene ©cpulgelb paben mir
mepr SluSfunft gefunbeu, als in ben übrigen Kantonen. Sin einer
mirb fein ©cpulgelb begaplt, in Copn unb OpfertSpofen begaplen bie*
jenigen Sagfdjüler, melcpe bie Nacptfdpufe aucp befudpen, für biefe
leptere nidptS. §n Sörflingcn entridpten bie Nadptfdpülcr „etmaS ©e=
ringeS". Sin einer ©dpule beträgt baS ©cpulgelb per ©cpüler unb
SBodpe 2 72 5freu§er, an einer anbern per ©cpüler unb gange ©cpulgeit 8,
an gtoei 12, an fieben 15 unb an einer 20 5t teurer.
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24 'D«f Volktfdjnlrorfrn in brn 3ura-flant«nrn «m Cnkc b«» l#. ?al}rtjQnbfrt».
Stuf ber ©teig ift für bie Stritten baS ©djulgelb non 4 Streujern
per ftinb uttb SBoc^e auf bie §nlfte fyera&gefe^t unb biefe beEommen
fte attS bem Eieinen ©chulfonb. SBuchtljalen wirb baS ©cfjulgelb
für ganj 9lrtne auS milben Beiträgen, in 33ud)6erg auS bem Slrnten*
ober ^ircfjengut bejaht. ES fcheint, baß ber ©chulmeifter non Eatlj.
SRamfen bie armen Äittber umfonft unterrichten mujjte; wir fchliejjen
eS barauS, bafj er nach Nennung beS ©chulgelbeS beifügt: „aber nur
ooti ben reichen S3auernEittbern. 7/ !gn Dfterfingen gab ber ©djulmeifter
in ber Sag* unb Stachtfcfjule fürs ©chufgetb noch „hinten, febern
unb Rapier".
9luS bem SEanton ©olothunt taffen uns nicht weniger als
15 ^Berichte im ©tid). Sin 19 ©djulen Eommt Eein ©chutgetb oor,
an 3 Eönnett wir nur baS 33orhanbenfein eines fotchen feftftetten; an
brei ©dhufen befteht ber tägliche Sribut eines SEinbeS in einem ©djeit.
$n einer ©dfule bejaht jebeS Stinb jeben Sag einen „fierer 7 '.
3n 2 ©djutefn] bega^tt ein $inb per 2ßocf)e 1 Äreujer,
20
4
2
3
1
2
1
1
1
1
1
u.bvingttägf. l@d).
n
„ „ l ji Saßen/
n // 1 //
„ „ 6 Stoppen,
„Ouartal3 Saßen,
fürbie gg. ©djulgeit 3 Saßen,
„ „ 3 „ u. tagt. 1 ©$.
r.
n n ° tf
„ » io „
„ „ V* ©utben.
StuS ®unßgen trieb ein ©djulgelb Don */* ®aßen, auS Slefdji ein
foldjeS Don 8 Äreujern gentelbet, aber e§ ift nicht gefagt fiir toetdje $«*•
^n §od)Walb wirb nur für bie 3 e ü/ um welche bie ©djule
i /* Qafjr überbauert, 1 /t ®«^en per SEinb unb SBodje ©chulgetb ent*
richtet. (Sine ähnliche Einrichtung bürfte gemeint fein, wenn ber 33e*
ridhterftatter auS ©eewen fdjreibt: „bie Äittber jaf)len nach abjug beS
jinfeS oon obgemelten Kapital (400 ?/,) ben noch für bie rucEftäntigen
Wochen wöchentlich Eines Vs bajen 77 . ®vencf)en bejahten nur bie
gnnterfäjjEinber wöchentlich 1 ©otS, in ber SöaifenhauSfchule in ©olo*
thurn bie StidjtwaifenEinber im ©d^ulja^r 12 granEen 7 S3a£en (offen*
bar alle jufammen). f$n ©änSbrunnen legen bie gtauSoäter, welche
Sittber in bie ©dfule fcfjicEen, Wöchentlich 45, in •’perbertswtjl unb
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{tat t)oIh*fd)nlu)fffn in fcm Jurnfiantoitfn am ®n»e b(» 18 . 3al)rl)tntbret«. 25-
Jiuglar 25 Sagen jufanimen. Qtt Sovnad) ntufj ber Schullehrer
„gehn bie aermften Stinbev umfonft Qnftruiren"; auch ber Celjrer in
©üngberg fpricf)t nur oon einem Scfjulgefb für bie „Serntögenben
S'inber"; für bie Firmen ber beutfcfjen Shtabenfcljule unb ber ^ßringipi
in ©olotfjorn bejahten ber (Staat, für biejenigen ber (Spulen in
Unter* unb Obererlin§6acf) unb SBangen bie £irdje. Ser Schulmeifter
oon ©rennen Wagt, ba§ Schulgelb toerbe „burdjgängig nachläfjig be»
jalt". „fiffe geben eint gar nichts" fdjreibt ber Cefjrer aus SMtingen,
„Qegt fct)on bet) fünff Qaljr tooHen ficf) einige meigern, bife 2 Äreüjer
per SBodjen ju bejahen'' berjenige au§ Serfchmpl.
folgen einige Seifpiele au§ ben Äantoncn 33afet ünb Seman.
Sem Se^rer Qol). Qafob 8 euch t an ber Shtabenfchule am fünfter
in 33afet bejahte ein (Schüler fronfaftentlicf) 3 Sagen; für bie Sinnen
bejahte ber fiscus gymnasii; in ber Stlaffe be§ 8e§rer§ §agenbarf>.
betrug ba§ Schulgelb per Ouartal unb Schüler 5 Sagen; jubent
hatte jeber bem Sdjulmärter ober ©ufto§ 4 $ßf. §u entrichten.
2ln ber Schute ber Ätrchgemeinbe (St. s ßeter betrug ba§ Schulgelb'
fronfaftentlicf 3 Säuert, an ber (St. 9Dtartin§»9Ötäbchenfchule fronfaftent*
lief 4 Sanier (Schilling, an ber Shtabenfchule ju ben Sarfüfjeren
26 Stoppen; att jenen beiben tarn 7® beSfelben bem erften unb ba3
übrige bem jmeiten Celjrer ju; an biefer bejog ber Unterlehrer 7*/-
ber Oberlehrer */«• Sin ber ißrooiforfchule in ber minberen (Stabt be»
johlte man üiertetjährlich pro Sinb 3, an ber SDtägbleinfchule in ber
minberen (Stabt 6 (Schilling. Qu Stieben bezogen oon bem oiertel»
jährlich per (Schüler 3 Sagen betragenben (Schulgelb Schulmeifter
unb Schulhelfer je bie .jpülfte. Qn Settingen mürbe 00 m Schüler
per Söocfje 1 Sa3ler*Schilling, ht Siegten 1 Stoppen, in ©ptingen
pro Söinter 1 1 /t Scfjmeijetfranfen, im Sommer 8 Schilling, in Campen»
berg V 2 Sagen, in Säften „6 raben" erhoben. Saju hatten bie
Äinber, refp. bie ©Item ber Schüler an ben legtgenannten Orten ben
Celjrer auch i u oerföftigen. „Söochenblich für jebeä Stinb Schulgelt
ein (jalbbagen. Unb bem Schulmeifter ba§ ©ffe", „SEBodjentlich $r..
Ä'inb 6 raben auch ^ßr. Stirtb einen Sag ju effen" hei&t e § ln ben
Serichten.
„Chaque Enfant paye six batz ä la Commune des läge de
cinq ans jusqu’ä 14 ans et la Commune fait le reste“ fcfreibt
ber Regent au3 Oppens. Sßir taffen noch einige Slnttoorten ihrem
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26 Da* OoUufdjnlnjfreit in brn Jnra-'fiantonfn ant tfnb* bf« 18. £atjrt|unberte.
SBortlaute nad) folgen: „Chaque Enfant paie, des Tage de 5 ans ä
15 ans un tiers ou un demi quarteron de graine, ce qui varie suivant
]e nombre, la Commune fixe et retire ce que chaque Enfant
doit paier. a (Bercher). „Les Etrangers doivent payer pour y
etre admis. Les Peres de familles payent 1 L 5 S pour Les
Enfans de 6 ans ä 14“ (Biolay). biefer SCnttoort fötmte man
fc^Uefeeu/ e3 1jabe für bie grembeti noef) über baä geroöljnlidje @d)ut*
$elb hinauf eine £aje 6 eftanben. „Les Peres paie 4 bätz par
Chaque Enfans depuis l’äge de 6 ans ä 15 ans a (Ogens); le
meme de „6 ans ä 16 ans“ (Chavennes sur Moudon). „Un pere
paye un qtron de Segle et 4 baches en Argent par an pour
un enfant, et cela dequis Tage de 7 ans a 15 ans; un pere qui
aura 4. 6. 8. 10. enfans ne paye que pour 2.“ (Demoret). „Chaque
Enfant paye ä la commune des Tage de 8 ans, un quarteron
graine melee et 4 baches chaque annee.“ (Montcherand). SJfit
biefen oerfrfjtebenen 3 ö ^ en (des läg e de c ^ n( l ans a ^ ans, a
15 ans etc.) biirften bie ©retten be$ fcfjulpflidbtigen 9(lter§ in ben
oerfdjiebenen ©emeinben bejeicfjnet fein. „Les proprietaires des
biens Communaux ne payent rien, mais les non proprietaires
payent ä la Commune un quarteron de Seigle par annee et pour
Chaque Enfant. Ce qu’ils ont refuse pour 1’Annee 1798“
(Yvonnand). „Chaque enfant paye ä la Commune et non au
regent 5 batz par ennee de puis läge de 5 ans a (Nonfoux).
„Les ecoliers Bourgeois payent a la finance de Commune
3 Batz par Annee et les ecoliers non Bourgeois payent 9 Batz
ä la ditte finance“ (Mathod). „Chaque enfant doit donner une
Javelle de bie, Les habitans payent dix baches par enfant ä la
Commune et les Bourgeois rien u (Montagny). „Chaque enfant
paye 2 Batz par Mois a „que le Regent est Charge de retirer“
(Coppet). „Les Bourgeois et habitants payent trois Sols par
mois“ (Myes et Tanay). „Dix crutzer par mois par chaque
enfant. Neuf crutzer pour ceux qui sont assiste du bien des
pauvres“ (Commugny). „douze baches par Ecolier qui Ecrit
par annee six baches pour ceux qui n’ecrivent pas (Chavannes-
de-Bogis). „rien si ce n’est les Etrangers qui donnent une petite
retribution au Regt, qui se fixe de gre ä gre entre les Interes¬
ses“ (Crassier et Borrex). „Les particuliers ne payent rien au
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27
Da« flolhBfdjnlntffen In b*tt 3ura- , f8anton*n am £nbe bea 18. faljrljnnbert«.
regent, mais a la commune 10 batz par chaque menage bourgeois
annuellement et 20 batz par cbaque menage d’habitant“ (Duillier).
Slud) im Ponton Seman Ijaben mir an einigen (Spulen ba% fogenannte
©djulfdjeit, ba$ öieHeic^t nodj häufiger oorfam, al£ bie 33erid)te e$
angeben, gefunben.
ßur 33efpred)ung ber Stefolbung3öerfjältniffe ftanb un§ faum ein
anberer 2Beg offen, al£ bie 9ttittljeiluug einer Slnjafjl Seifpiele au£ jebern
Danton, mobei mir e£ angelegen fein liefen, bie 93ielfältig!eit mögtid^ft jur
Slnfcijauung ju bringen, ^ntereffant märe freilief) aud) ba eine ©tatifti?
gemefen, aber bie ^erftettung einer folgen bietet öiele ©djmierigfeiten,
beren Ueberminbung mir un§ nidjt gutrauten*. Gingig für ben ®i*
ftrift $ulm im Danton Slargau fönnen mir mit ein paar ßatjlen
aufmarten. ®ie Sefolbung ber 8et)rer mürbe bafelbft in 9 gälten
burd) ©elb unb (Betreibe, in einem burd) ©elb unb Sftu^niefeung eine£
33aumgarten$, in 20 burd) ©elb allein gebitbet. (Sine Slntmort fefjlt.
3)ie Sefolbung betrug roeniger al3 10 ©ulben in 1 ©cfyule[n].
ff
tt
tt
3tt>tfcf)en
10
u. 20
ff
ff
3
ff
tt
tt
tt
20
ft
ff
2
ff
tt
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ff
ff
20
u. 30
m
ff
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ff
tt
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ff
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3
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tt
ff
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30
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ff
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6
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ff
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ff
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4
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u. 50
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50
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50
u. 60
ff
ff
—
ff
tt
tt
ff
60
ff
ff
1
ff
©3 folgen nun eine Slngafyl ©djulen mit
Äantonen georbnet.
c&attfott £argau:
i^reit Sefolbungen nad) ben
Settljeim:
an ©elb: 50 ©ulben, 2 Sagen,
2 Äreuger,
an ©etreibe: 16 Srtf. fernen,
an §0(3: 2 Älaftev für bie ©djul*
ftube.
£>berfladf)3:
42 ©ulben, 7 Sagen, 2 Äreuger,
4 Srtl. 17* Srlg. fernen,
1 Klafter §0(3.
* Um ein gang JlareS Silb fcon ben Sefolbung$öerfyältniffen gu gewinnen,
müßten bie Naturalien in ben bamaligen Söertty umgerec^net unb überall unterfdjieben
toerben, toaS bie Se^rer für bie Schule unb toaS fie für anbertoeitige bamit oer*
bunbene Sefdjäftigungen unb gunftionen begogen.
r
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28 Das tfolhefdjnlnjtfrn in km 3ura*€antonm am <8nbe bf» 18. Jaijrljnnbertt.
Quellen biefer Sefolbungen:
Seltfjeini: | OberfladjS:
Sctyulgelb: 20 ©ulben, | 12 ©ulben,
Stiftungen: — ' 2 „
©emeinbSfaffe: — 10 Saßen, 7 „ 7 Saßen, 2 Sreuger,
Sirdjengüter: 22 ©ulben, 7 „
SonbS: 7 ©ulben, 7 Saßen, 14 „
2 Sreuger,
Sobenginfen: obigeä ©etreibe, obigem ©etreibe. $a§ £ofg au§ ber
obrigfeitlidjen SBalbung.
X \) a l f) e i nt:
Snabenfdjule: üRäbdjenfdjule:
an ©elb: 23 ©ulben, 7 Saßen, | 25 ©ulben,
2 Sreuger, !
(au§ bern Sirdjengut)
an ©etveibe: 24 Srtl. Sernen, 11 Srtl. Sernen, 8 Srtl. £aber,
(au§ ben abgefcfyafften Sobenginfen)
an $olg: roaä für bie Sd)ulftuben nötfyig ift.
© r ä n i d) e n :
$orf: Sorftabt:
an ©elb: 56 ©ulben, 5 Saßen, 47 ©ulben, 10 Saßen,
an ©etreibe: 4 Srtl. fernen, 8 Srtl. Sloggen, 4 Srtl. fernen, 4 Srtl. 9toggen^
an §olg: 6 Klafter. —
9liitiljof unb SRäfent^al:
an ©elb: 69 ©ulben, 5 Saßen,
an ©etreibe: 4 Srtl. Semen, 4 Srtl. SRoggen.
Quellen biefer Sefolbungen:
©räniefjen $5orf: ©r. Sorftabt: 9iütifjof u Släfentfyalr
v 2lu§ abgefdjafften Sefyngefäüen:
(ßefynteit, ©runbginfen?): ob. ©etreibe, obige§ ©etreibe, obige§ ©etreibe,
Scfyulgelbern: 28 ©ulb. 5 Saß , 22 ©ulb. 10 Saß., 39 ©ulb. 5 Saß.,.
Stiftungen: — — —
©enieinbäf affen: — 5 ©ulben, —
Sircfyengtitern: 20 ©ulben, 20 ©ulben, 30 ©ulben,
^ufatnmengel. ©elbern
ber §au§oäter: — — —
Siegenben ©rünben: 8 ©ulben, — —
eJonbS: — — —
Sengburg:
©r Snabenfdjule: 160 ©ulb., 5 9J?ütt Sernen, 5ÜJ?ütt3?ogg., 32 ©ulb. £au§gin&
„ 2örf)terfd)ule: 112 ff 5 ff „ 5 ff „ —
Äl. Snabenfdjule: 70 „ 5 „ „ 5 „ , r —
„ 9Räbd)enfc^u(e: 100 „ — — —
Sille: £olg für bie Sdjulftuben.
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Das Uolh&fdjttlmsfen in bfit Jara-Äantonrn am ©nbe bes 18. 3>aijtljniiberts. 29
©raunegg: 15 ©ulben, 10 ©aßen unb 4 3Rütt fernen unb 1 72 Klaf*
tcr $ 0 ( 3 .
9tupper3topl: 76 ©ulben, etmaS ©oben unb §olg genug für bie Schule,
©djingnadj,obere
u. untere ©djule: ©elb: 30 ©ulben (20 ©ulben ©djulgelb, 10 ©ulben
non ben Kirdjengütern),
©etreibe: 8 ©rtl. fernen (oon bei* ©emeinbe),
$olg: ein fleine§ Suber, gurn §au§ geliefert,
ffiiberftein: an ©elb: 37 ©ulben, 9 ©aßen unb 2 Kreuger (34 ©ul*
ben, 2 ©aßen @d)ulgelb; 2 ©ulben, 7 ©aßen
2 Kreuger au8 ben Kircfyengtitern; 1 ©ulben
oon ber Regierung),
an ©etreibe: 8 ©rtl. fernen (oon ber Regierung),
an §olg: 2 Klafter.
Küttig en: an ©elb: 67 ©ulben, 7 ©aßen, 2 Kreuger (64 ©ul*
ben ©djulgelb; 2 ©ulben, 7 ©aßen, 2 Kreu*
ger au3 ben Kirdjengütern, 1 ©ulben oon
ber Regierung),
an ©etreibe: 8 ©rtl. fernen (oon ber Regierung),
an $olg: 4 Klafter.
c&attfott ISabeti:
3onen: 10 ©ulben, 1 SEftütt Kernen unb 1 ^uber £olg.
Unterfiggingen: 25 ©ulben nnb l /2 Klafter ipolg.
8fi§li§badj: 11 72 ©ulben, 6 ©rtl. Kernen, 6 ©rtl. loggen unb
72 Klafter £olg.
SDegerfeiben: 30 ©ulben unb oon ber Kirche 1 SRtitt Kernen unb
3 ©ulben für ba§ ©orfingen.
SEBettingen: 40 „fdjtoeißer lioerS' 1 10 ©ol§, 1 9Kütt Kernen, 1 $uber
§olg, alle ^ronfaften 3 ^funb ©rob.
Katt}. 933tirenlo§: 15 ©ulben, roödjentlid) „2 San* ©rob au§ bem ©ottö
$au§ SBettingen“ unb täglid) oon jebern Kinb ein ©djeit
©ber*Enbingen: 28 ©ulben 24 Kreuger (oon ben $au§oätern gufammen*
gelegt) unb 1 ©iertel Kernen.
Unter*£)etttoeü: ff ©on iebem Kinb in ber SEBodjen ein ^alb ©aßen unb
alle tag ein fd)eit, ober 2 b. in ber SBodjen unb fein fdjeit.
©on einem ieben $auf$ ©ater tjab id) Empfangen Oftljrlidj
ein #auf$ ©rob — e§ belauft ftd) bermalen auf 19. ©rob
— ©on bem Kirdjen Pfleger ©on ©Jürenlofc ^ab $äl)lidf)
Empfangen 4 ©ulbe . . .
©on bem Herren öberften ^JJfarer unb benen sperren E$fa*
manatoren in ßürid) §ab id) Oäfylid) Empfangen 4 gulbe..
in bem triten 3al)r. t>ab id) ©mpfangen ©on bem Herren
öberflen ^ßfarer 5 gulbe ..."
30 Dos Uolherdjnlnttfftt in bfit fura-fianionrn am Citbe bre 18. Saijrtjunberte.
3 urjadj: ,,©r toar" — fc^rcibt Sodann 9?epomuf ©frörer —
„oon b Stift befolbet, oor ober nadj SWartini jebe§ 3a£r3
be^og er feine Sefolbung, unb biefe beßunb in grüßten,
tljeilS £eljenben, t^eiCd ©runbjinfen au3 bem Äelleramt,
an fernen, SRoggen, £aber, ©erften, ©djmalfat.
an ©elb au3 oerfdjiebenen Stiftungen.üon bcn
©cfyulfinbern unb einigen accibentien . . . ©ein . . freie
Sefjaufung unb Ärautgärtel .... im ©anjen beregnet
nac$ bem toirflidjen ?lnfcf)tag belauft ftd) bie ©efolbung
auf fl. 464. 38V 2 ßr."
©fiteren: 5 9Rütt fernen. 3ln ©elb: 3 ©ulben. „©onft fyat er
nichts ju Se^iefyen oon feinem £rt fyer'\
cÄanfott Sdjaffßaulrn:
© dj lei tl) eint: Die 2 erften Sefyrer: ©djulgelb: 48 ©ulben; oon ber
Äirdje 5 ©ulben 40 ßreujer, 3 9Wütt 2 Ortl. fernen
unb ben ©djullofyn für arme Äinber; ber erjte ©djulmeiftet*
f)at 4 gudjart Slcferfelb, 3 SSierl. ©iefen, 1 Sierl. „£anf~
bünbt", ber ^loeite 3 gudjart äcferfelb, ben falben Sirdj=
l)of unb 7* SSierl. „Sunbt", ber britte 3 ©ulben oon ben
beiben erften Sehern für feine §ilfe in ber 9?adjtfd)ule,
oon ber $ircf)e per ©odje 1 ©ulben 48 Äreu^er, aber
nur im Sommer. Die beiben erften Sefjrer oerfefyen jugleid^
ben äfteßmerbienft unb fyaben „a) ®on jeber ?eidje ein
gro^e§ 33rot nebft 2 üftaß 2Bein; b) Son ber Äirdf)en
auf bie ^eiligen gefttage 3 ©ulben 12 Är."
Unterfyallau: £ef>rer ber 1. Älaffe: an ©elb: 13 ©ulben, ©ein: 1 ©aum,
„SWüflinforn 7 Sftütt", ^ol^: 6 Klafter, „toirb anf foften
be§ Firmen ©ätflein im ©alb genauen, auf Äoften be£
©ätfelamtö ljeimgefüf)rt. Der ©djulmeifter mußte ©pei3
unb Dranf geben; auf eigene Soften flein ©palten
laffen."
Se^rer ber 2. Älaffe: ©elb: 21 ©ulben, ©ein: 6 ©imer,
„•IKüfliforn": 7 SKütt, „1 Sri. 2l<fer*9?ütl}j oon geringem
ertrag".
Seljrer ber 3. klaffe: ©elb: 12 ©ulben, ©ein: 6 Sinter,
„SWüöiforn": 6 SDJütt.
©O.Dießenljofen: 11 Dublonen
Sud)tljalen: Sin ©elb: 15 ©ulben (aber erft feit einigen Sauren).
„Da§ übrige l)ängt oon ber mefyr ober minber gafylreidjen
©d)uljugenb unb oott mef)r ober minber fleißigen Sefudfyen
ber Minber ab, bie oft ganje ©odjeit oon ©Item abge*
galten toerben um 2 $r. 9lu3lag gu erfparen. —" „6 giertet
9ttül)tenfrucf)t ($orn, loggen, ©erften, ©iefen, §aber unb
Das tJolhefidjatroffen in beit $nra*-ßantoneu am GBtrtie bf« 18. Jaljrljnnbfrt«. 31
Sonnen, aöe§ buvd) einanbev) für ba§ Slblefen eines ercnb*
gebet§ am ©arnftag unb für ba§ galten einer Sinb lehre
an ben ©onntagen, mo ber ©.Pfarrer fold^e im ®orf
©üefigen hält, 3 Slafter eichen ^>oIj gur Neuerung 41 ,
©argheim: ®a3 ©chulgelb, toeld)e§ bte ©c^ütcr oom 3in§ be§ ©djul*
fonb§ erhalten; 2 Slafter §olg; 1 9Jtütt Semen, 1 7« 9Kütt
üRühlenfrucht. „Slu3 bem ©pithal 156 ^fb. ©rob unb
5 fl. 12 fr. gelt bife ©penb au§ bem ©pithal ift Gigent*
lieh nid)t für Seprer fonberen für bie ©rotlofen im lanb
©eftimmt. 44 3lu§ bem Sfr mengut gu £hagngen 10 ©ulben.
Sath* 3?amfen: ©d)ulgelb; 11 SKalter 5rucf)t unb 12 ©ulben für
?e!jrer> unb SKefcmerbienft gufammen. „3?erner3 ©on jeg=
fidler ^odjgeit an gelt 30 fr. nebft einem 9?aj$buch bep
SeicpbegängnuS für Seüt^en ber ©locfen 1 ?eib ©rott nebft
einem SJtafflp ©alg. 44
Siünblingen: ©cpuigefb ber Siitber; an fjrud^t 24 ©rtl., 3 ©rtl.
SWüfyfenfrucpt; ftatt 1 ©aum ©Sein ba§ betreffenbe ©elb;
4 Slafter §olg. 2)a3 Sircpengut begabt ba£ ©cpulgelb
für bte armen Sinber. ,,2)a^ Sirenen ©ut gibt auch
Gebern, hinten unb Rapier in bie ©cpufen unb Sergen
in bie 9?acfytfcpulen. 44
©tein a. 3l^ein, beutfepe Snab enfcpule: freie Sßopnung; an ©elb:
204 ©ulben, 12 Spalter Sernen, 13 Eimer ©Bein,
11 Slafter $olg. „SBegen bem ©orftttgen an §ocpgeiten
unb 2eicpen mag e3 ungefähr 15 bi§ 20 fl. jährlich ab*
merfen . 44 „Gin Srautgarten 72 j\ ©tunb non ber ©tabt . 44
SRäbcpenfcpule in
©epaff häufen: 1. Slaffe: ©elb: 30 ©ulben 24 Sreuger, an Snlcpten:
12 9J?ütt, an ©Bein: 5 ©aum 1 ©rtl. 6 8 Slafter
©ucpenpolg unb einige Slcdbentien.
2. Slaffe: Sin ©elb, Smcpt, ©Bein mie üorpin. Gicpenpolg:
15 Slafter. „Slu§ bem Slofter jeglicpe§ Gramen 1
©Bein unb 1 s ^fb. ©robt. 44
3. Sltt ©elb: 37 ©ulben 36 Sreuger, an $ntcpt: 12 äftütt,
an ©Bein: 8 ©aum 3 3Srtl. 2 2Rf$., für 2 Gramen gmei
^ßaar ©rob unb 4 äftafc ©Bein, 15 Slafter §olg.
©ei bem ©elb ift jebe§mal 1 ©ulben eingerechnet, meldper
ber Seprerin au§ bem Slofter flog unb ftatt beffen fie
1 2acp§ mahlen fonnte.
©chaffhaufen, beutfehe Snabenfcpule: 3. Slaffe: ©elb: 52 ©ulben,
Svucpt: 18 5D?ütt, ©Bein: 7 ©aum 3 7« ©vtl., §otg:
8 ©Bagen. — G^tra für bie G^amina 18 9Ka{$ ©Bein unb
2 fl. 12 fr., 1 2acp§ ober bafür 1 fl., Srautgartengelb
1 fl., „^erbftbaab unb ©tccpnunggelb 44 1 fl. 12 fr., aHe§
•32 Dob Dolh*fdjalrofffn tn btn Jarö-Dantonen am Cnbe be* 18 . laljrljtrafeett«.
aßeS au S bem äflerheiligen Slofter. 9IuS bcm „©pitt^al
Herbftbab ,,©elb” 36 fr.".
Danton Sofot^urtt:
©elgach: ^cr ©chulmoche 272 ©chtreigerfranfen „unb mit bcr fd^u^t
hört auch ber Sohn auf. 3ebod) toirb bicfcr Sohn tn
grüßten 93ega^It, unb gioar nach bcm Saufenben greife;
fo baS er toeniger, ober mehr grüßten gu ©egiehen ^aat^
je nach bem fotd^e teurer, ober moljlfeüer angefchlagen
ftnb. 3h m ftetS enblid) ob, biefe brächten felbft ©on §au§
gu $au§, bie Stützten eingufammeln, an biefen eben ge*
melbeten ©chullohn ©egalst bie örüberfdjaft 7 72 ©c^mei^er
Sranfen; Um bie ©enteinbe gu erleichtern, SernerS Siegte
bem ©chulmeifter ob baS ^)oIg für bie ©djufl* unb SBacht*
©tuben felbft gu festen (faßen), unb gu fpalten, SBeldjeS
fobann SrohnStoeife gum ©d)utt §au^e gefürt S35ivb. toieber*
um liegtS bem fc^uümcifter ob, baS H°ffc Sep bem fd^u^I^
hauS gu ©er fertigen für ben ©d^uß* unb ©Sacht Dfen
gu heigen". SDer Lehrer ijat bagu noch ^Rufcniefjung
eiue§ Meinen ©artenS unb eines Meinen ©tticfS Sanb.
‘Siberen: „am barrem ©eit toochenblich 30 b£. 9?ebft meiner Soft
in ber ferre bei ben $auf$ üättern 11 . Such baS ©elb be*
fommt er oon ben §auSoätern.
©o&liiopl: 12 Sronen, oon ben Haushaltungen gufammengelegt. „®er
©chulmeifter .... toirb oon H au $ gu H aug evnä^rt. -<
Unters9tamferen:16 fronen, „frepe Soft in ber Sehre bep benjenigen
HauSoätern, toelche Sinber in bie ©djule fepiefen". 2>ie
16 Sronen roerben auch oon ^ en H au ^ätern gufamnten=
gelegt.
^©ünSberg: 3)ie ©emeinbe runbet baS ©cpulgelb toöcpentlich auf 25 ©afcen
= 1 Srone auf, macht im ©angen ettoa 17 Sronen.
3ür Neigung ber ©cpulftube erhalt ber Seprer 2 Slafter Holg.
©olotpurn, ^rincipi:8ln®etb: 450 -ßfb. 1 Schilling, baS^funbä 772 ©^
pen, ferner 10 Sronen 22 ©apen; an §ofg: 7 Slafter
Sannenholg, 700 SReiStoellen; ferner ein ©arten unb
1 „2RääS /7 ©alg; 12 9Rütt Sorn.
-Oenfingen: 16 Steue Xfyaltx.
IReuenborf: ©on ben ©auern „31 72 2RäS Sorn 7 ', oon ben übrigen
©ürgern 12 „SRäS" Haber; oon ben armen ©ärgern
unb ben ©cpulfinbern 12 ©ulben 6 ©apen. „©on $eben
©cpulfinb beS ®agS ein fepit H 0 ^*
Ober buchfiten: ©on jebem ber 21 ©auern 21 „SRäS" Sorn; oon jebem
ber 79 „®auneren 7/ 79 „9RäS 7/ H a & er ; an ©elb: 7 ©ul*
ben 5 ©apen; für Sirchenfunftionen 2 SRalter Sorn.
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Das Dolhfifdjnlmfm hi ben Inra-flantonon am GBnb* bw 18 . £aljrtjtmbßrt*.
33
©olot^urn, SBaifenfyauS: „SaS ©infommen ber ©djullefyrer befielt nebft
bem trodfenen Sifd)e unb SSofjnung in ®elb, bein erften
per Sag 8 Sagen 1 Är. bem gmeqten per Sag 1 Sagen
3 Är., auS meinem ©elb fte ftd) 2Bein anfd&affen fömten."
SEBotftopl: Son jebem Sürger jä^rltc^ 3 Sagen, gufammen 15 ©ulben;
non beffer bemittelten Sürgern 36 „2Räf$ 44 Äorn; oon ber
Äirdje für feine Serridjtungen 48 „SRäfc 44 Äorn; oon ber
©emeinbe 2 Älafter §olg, bie er aber felbft »erarbeiten rnujj.
Dlten: ©in §auS als ©oljnung, 1 Qfuc^art ?anb, 1 Ärautgarten,
10 Älafter §olg franfo gum §auS, 130 ©ulben auS
©t. @logi, 50 ©ulben »on ber ^eiligfreugfapeKe (baüon
25 für SJtefelefen). ©djulgelb im 3a§r 100 ©ulben,
3a^rgeitgelber (gemiffe ©tiftungen gum Slnbenfen ber Ser*
ftorbenen) 17 ©ulben, Drgelgelber 6 ©ulben (auS ber
©t. ©logiftiftung). 2WeS in allem für ©djutbienft 278
©ulben.
SReltingen: Ser ©d)ulmeifter, ber auf baS ©djulgelb angen>iefe$ ift,
fdjreibt: „id^ fyabe für ber feljnberege („fernrige 44 , »or*
jährige) minber nicfyt ©in neüen Skalier ©dfjutloljn über
fommen 41 .
Settmpl; „Sie Äoft, bie iljm bie ©emeinte giebt 41 unb baS gange
3afjr tyinburd) »on 26 Äinbern per 2Bod)e unb Äinb
6 Stoppen.
itanfott
■äWünfterfdjule, Safel. ^otyann $a!ob ?eudjt: ©tatt einer freien
SSoljnung 18 Stt^lr. Sg. 16. „mo id) aber jäljrlid) nodj
auS bem SJteinigen bei 6 Sttfylr. unb barüber gufegen mu§
unb bodj fjödjftenS 2 3immer unb eine Kammer bafür
befomme." ferner für Sefolbung mit ©infdjlufc beS 2Wej$*
gefdjenfeS Sttfjlr. 43 Sg. 29 8 Stoppen (?). ©umma
ber gangen Sefolbung 62 Sttljlr. 5 Sg. 8 Stoppen (?)
Slccibentien öon ben Äinbern für ©efdjenfe 10—12 Sttljlr.
Sin ©etreibe 14 Srtl. Äorn; an Sßein 4 ©aum.
SKünflerfd^ule Safel. ?efyrer §agenbad): ©infommen incl. ©efd&enfe
174 ‘jßfunb, 1 ©djilling (?), 12 Srtl. Renten, 2 ©aum
933ein, freie SBofjnung.
Safel, ©t. 2WartinS*50täbd^enfc^ute: 3ä^rlid^ 133 $r. 12 ©. in ©etb
oom Sertoalter beS Äirdjen* unb ©dfyulgutS; 3 gfr. 14 ©.
13 '»Pfg. auS bem Slrmengut beS SJtünfterS, 36 %x. frei*
mittige SRefcfram, Steuja^rS* unb StamenStagSgefd&enfe ber
Äinber, 10 Srtl. $orn, 3 Älafter §olg unb 600 ©om*
peteng=2Betten oon ber SermaltungSfammer gum feigen ber
©djutftube.
Dom Qfuta gum ©djmargroalb. IX. ^
34 Cm VollußlpÜDcfni fai b«n SnnHBantonm cm «ntc fen 18. Jn^ripmltrtf.
$afel, Änabcttfdjult bei beit Sarfüfjeren:
tfoe8 Stnfommen. 358 3?r. 8 ®g.
©cfc^cnfc.180 „ — „
Stör ©^traftunben pro Stüter monatlich
« ®J. - > 860 „ - „
Summa . . 898 grr. 8 8g.
14 ©rtl. Äorn, ©ein: nichts r 4 Älaftcr #olg unb 600
©ompetengioellen gar ©rtoärmung ber Schulflube.
SRtc^cn: 3n ©elb gufammen ungefähr 200 %v., an ©etreibe 20 Sätfe
Äorn, an ©ein 4 Saum, an §olg 2 Älaftcr ©ichenholg
unb 30 gro&e buchene ©eilen, jur ©inheigung ber S d)\\U
fiube 3 Älafter ©idjenholg, meines ihm aßeS gratis gu*
geführt mirb. ©ine „S:^aucn SWattcn 11 , ein Siertel
kleben, fo oon einem Stabtbitrger gum Sdjutbienfi legirt
toorben, ein ©ärtlein beim Sdjutyau«.
Sampenberg: ©on 48 Sdhulfinbern oon jebem toöchentlidh 7* öftfcen,
bagu bie Äoft; an anbertoeitigem ©elb, ©ein, ©etreibe
nichts.
Der Se^rer oon ©uften, Johann ftafob 3?oth, beflagt ftd^ ^infi^tlic^
ber ©efolbung: „Difer SchulSehrerbienff, als einer ber befdjtoerlidjfien, ^at gar
feinen ©ein, ift auch ber ©ingige unter allen ber Deputatenfdjulen beS gangen
ÄaptonS, fo bife nötige ©ompeteng ermangelt, unb utufc ftdj ber Sdjul Sekret
folgen gu feiner nötigen ©rquiefung auS feinen Äoßen anfdfjaffen.' 4 „3u
©ünfd^en märe eS aber", — fd^reibt ber Sdjulmeifier auS Sticfenbad) —
„man bie ©efefcgäber benen Schullehrern ©inen ©efferen Unterhalt ©eftimmen
Stätten, bamit ftch biefelben ©effer bem Sd)uU bienft ©ibmen fönten".
Mntou £man.
L’ecole allemande ä Yverdon: „Le Maitre d’Ecole tire an-
nuellement pour sa pension En argent L. 150. En graines 6. Sacs de
8. quarterons dont il y en a 3 en froment et 3. en Messel [raeteil].
L. 65 de le bourse des pauvres de cette commune, L. 75. Qui lui
ont ete payees regulierend chaque annee en titre de Gratification depuis
ran 1780. par le ci devant Souverain de Berne L. 10. L’interöt d’un
Capital de L. 200 au 5 p. destine pour cet usage par le ci-devant
Souverain.“
Demoret: „La Pension est fixe En Argent 38 francs en Segle
8 coupes Avoine 8 coupes le tout mesure de Moudon
Bois- 12 chards dont le Regent doit l’aller prepare
dans les bois et la commune est chargee du charois.“
Ber eher: „La Pension du Regent consiste
Argent, 36 Ecus petits ou 72 L. la Commune paie
22 Ecus ou 44 L. et la Charitable Direction
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Da* DoUufdjnlwtfnt in iien Inra-'ßantowtt am ©nbe bfs 18 . äaljrlptnfctrts.
35
des Pauvres livre 14 Ecus ou 28 L. en-
suite de la donation susmentionnee.
Grain es, Seigle 3. Sacs ou 24 quarterons )
froment une coupe ou 4 q ™°g (* nesure de
Avoine 1 Sac ou 8 quarterons jkansanne,
Bois, Le Regent est oblige de couper et de re-
duire le bois que la Commnne lui fait charrier.
Cheneyier tres mauvais .... Terrain pour planter
trois quarterons de pommes de terre. Tous ces Ar-
ticles sont fournis au Regent par la Commune, excepte
les 28 L. de la donation de Monsieur de Dortan et
font toute sa Pension.“
Montcherand: „En argent 68 L., en graine, 40 quarteron, moitie
bled et moitie mecle, et 6 quarterons de bled pour les
javelles, le tout mesure d’Orbe qui revient ä celle de
Berne, 6 chars de bois de daille rendus deyant la
Maison. Pour conduire 1 horloge et Sonner midi
16 L.“ „La commune fait la pension, au moyen de
16 L. qu’elle retire de la bourse des pauyres, et
d’apres ce que les Particuliers lui payent. Un jardin
que le regent jouit est k la commune.“
Gossens: „la pension au Regent Consiste en argent k Yingt
francs, deux Sacs de Segle et deux davoine. La Com¬
mune donne deux chars de bois pour echaufer la
Chambre. La Pension se fait par la Commune qui
retire des peres et meres Ce que j’ai dit au plus
haut . . .
Signy: „La pension Consiste en argent 74 Livres payable
par la Commune et 6 Liv. par la Nation, en bled
ce que cidevant est dit que chaque ecolier paye.
[13 @d)iiler: Chaque ecolier paye demi-quarteron de
bled par anne Mesure de Nyon] environ trente toises
de jardin peu fertile, terrein de la Commune, et les
benefices Communs (variables) ordinairement 28 Livres
de fromage et 10 de beurre.“
Coppet: „L. 342 de dix Batz. En argent seulement. Elle ne
derive ni de dixmes, ni de Censes foncieres, ni de
droits feodaux.
Etat de la Pension:
Du ci devant Baron.L. 15
Des Communes reunies, pour le Service de
TEglise, y compris Coppet.L. 99
De la ci devant Baronne Lotscher . . . L. 60
r
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36
Da« OoUufdjulroefm hx bnt Inra-ficntosrn am 6 nbe bn 18. lat^mxbfrt«.
Duillier:
Coi nsins:
Prangins:
Trelex:
Uebertrag.• . L. 174
De 70 enfans ä 2 Batz par Mois, fait chaque
annee.L. 168
total . . . L. 342“
$agu fomrnt nodj bie 9?ufcniefcung einc$ ©artend unb
eines ©türfeS Ißflanjlanb.
,,Le Regent re 9 oit de pension annuellement 12 Louis.
Tout en argent. 11 a en outre son logement et un
petit Jardin, fournis par la commune.“
,,244 florins 1 S. 6 Pf. le fl. est de 4 batz. Et
13 fl. 6 S. pour braise = pour Chaufage de leurs
Enfans ; tout en Argent, point de Bled n'y vin et bois.
La commune fait 122 fl. 6 S. outre les 13 fl. 6 S.
pour leurs Enfans et la Bource des Pauvres fait
111 fl. 7 S. 6 Pf.“
,,La Pension du Regent consiste en 20 Louis . . . .
un Logement et un petit Jardin. Les 20 Louis de
Pension sont fournis, la moitie par la commune et
l’autre moitie par la Bourse des Pauvres. Le Bois
pour la Classe est fourni par la Commune. II n’y a
aucun fond particulier affecte ä cet usage.“
„Soixante Ecublancs, dix Livres de Boeure, et vingt
de fromage. Pour tout, soixante Ecusblancs le Loge¬
ment et le petit Jardin. Pension tres modique vü
la cherte des Danrees etcj^. Environ trois Cbards
de bois, que le regen t fait couper et amener ä ses frex.
Le Boeure, fromage, et Bois sont les mömes que per-
^oivent les Citoyens, qui font leur menage separement
dans le lieu.“ „D’aucune autre Source que des biens
communaux, d'ont une partie consistoit en droits feo-
daux.“ ,,pour quant au Vin“ — fdjreibt bcr Regent
auä Lussery — „il faut que le pauvre Regent le paie
s’il en veut boire sur la ditte pension, cependant il
lui est indispensablement necessaire dans son cas“.
SBir tljeüen, elje tnir ju einem abfdjtieftenben Söorte übergeben,
nodj einige 93emerfungen mit, meldje, bie finanziellen 33erl)ältniffe be*
treffenb, non ben 33erid}terftattem gemalt morben finb.
£)er ©djutmeifter non Capraj menbet ftd) gegen bie übliche Sir t
be§ SejugS feiner 33efolbung. „Le Begent“ — fdjreibt er — „est
charger d’aler recouvrer sa Pansion de maisons en maisons au-
prös de chaque particulliers, Et comme les plus pauvres sont
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Da« *flolh8fdjttln>ßfjen in bin Sura-ßaittoiun am ©nb* bis 18. Saljrlpnibwt®.
37
oblige de payer leurs Cottes part; le Regent par ce moyen ne
peut qu’etre mal paye de plusieurs; souvant apres baucoup
d’attente et d’avertissement“. Sludj ber Celjrer (Späti an ber (Solo»
Runter SBaifenhaulfdhule tiertritt bie 2lnfdjauung: „ber (Schultneifter
füllte feinen Beftimmten 8oljn fo beziehen, bafs er fid) meber mit ber
©emeinbe, nod) mit ben Sleltern ber Äinber befemegen abgeben bürfte".
(Schon früher haben mir unter ben tlrfadjen bei fdjledjten (Schulbefudjl
unb ben §inöerniffen ber Schule bal Schulgelb unb Sdhulljolg gefunben.
©egen biefe birefte Qnanfprudinafjme ber Äinber gie^t ber Schulmeifter
oon Obergölgen unb Söingnau gu gelbe. „Sßal ben (Schulleiter
anbelangt" — fagt er — „fo ift fein begehren, bal fönnte gemacht
merben, bal er fet> billigen Oienftlohn ohne Gsntgeltnul feinen an-
mefenten Sdjulftnberen fönnte befahlt merben, meit ber Oienftlohn
fo gering ift, bal er nicht fan bie (Schul hatten, man er nicht mehr
aufs liebe, all aufs oerbienft, bie (Schul holtet". 2Bie münfchbar bie
©rfe^ung ber (Schulgelber burch eine fiye (Summe ben Cehrern auch
mit Öiücfficht auf fich fetbft fein mufjte, leuchtet uni ein, menn mir
uni erinnern, mie unoollftänbig unb tropfenmeife — n la perception
fractionnee de son salaire, indispensable suivant les Cas et le
Local, en est encore un afFoiblissement“ fagt ber ^Bericht oon
Cuffei'h — ihnen balfelbe mancherortl einging unb mie fie feinetmegen
ba unb bort fich fdjelten unb befeibigen Iaffen unb Ciebe unb Dichtung
einbüfjen mußten.
Mit ben Klagen über bie SBefotbung fönnten mir mit Ceidjtigfeit
manche (Seite füllen. 3lul ber Menge heben mir nur bie eine aul
bent fdjon citirten Bericht oon Cufferty, metche bie gange öfonomifche
(Stellung bei ßehrerl betrifft, heroor. ©I h p ifet ba:
„1 Le Sol de Lussery, Jngrat, occasionne que les particu-
liers pour laplupart en de bonnes annees n’ont que leur neces-
saire, la production du Terrein est insuffisante ä l’entretien de
ser Individus ; la # Commune et la Bource, ne sont point fortunees
je m’y suis plu mais je n’ai pu m y faire riche, et actuellement
que je suis infirme et insuffisant je me recommande aux Bontes
de mes jours ainsi que ma femme et mon enfant.
2 II est tres necessaire pour le bien de l’instruction de la
jeunesse que les Autorites Politiques prennent ä Elles le soin
des Regens et de leur salaire, des Ecoles et des logemens; s’il
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38
Das {foUtfttttotfim tu ben Inrn-Äantoneii am <Nbt bet 18 . Sdprinnderta.
est mal nourri, il servira mal; s’il a des diffioultes ä percevoir
son salaire, il sera exposö ä des proces, s’il est mal löge ses
soins seront moin efficaces et ä moins que d'une affeotion par-
ticuliere pour le Lien il se degoutera, et un Regent p au vre sera
mäprise de ses Ecoliers et du Public et perdra l’ascendant ferme
qu’il doit necessairement avoir
3 Quand il sera qu’un Regent ne percevra son salaire que
de la main des Autorites Politiques il eprouvera moins de des-
agremens quant aux ressentimens des Individus d’un Public
aupres desquels il doit le percevoir, surtout de ceux qui sont
insuffisans il en aura plus de plaisir et son salaire lui sera plus
profitable.
4 Un Regent ne devroit avoir d’autre profession celle ci
occasionne la melancholie ä quiconque n’est pas d’un humeur
joial et eile est ingrate en bien des endroits en vers quiconque
est srcupuleux ä faire son Devoir; il servit & craindre que son
penchant favori ne fut pour celle qui lui procnreroit le plus de
benefices et moins d’agitations“.
SJegeidjnenb ift aud), baß $ofjann Heinrich Scßerb oon SBafet,
Sdjulmeifter oon SlriSborf, gu Söeihnachten 1798 feine Stellung toegen
gu langen StuSbleibenS beS QcinEotnmenS quittirte, um ftcß in 93afel
mit Information ber SEinber, mit ©inbirtben oon Supern, mit ßeicßnen
unb ©rabfcbriften[d)reiben abgugeben. — 3)em Bürger ©frörer, Scf)ul=
meifter in .ßurgad), ftanben mit Sftartini 1800 fcßon brei QahreS*
befolbungen auS unb aud) bie übrigen Ce^rer beS SEantonS ©oben
befanben fid^ bamalS in einem fo bürftigen guftanb, „ber befürchten
läßt, baß biefelben auS Mangel oon Unterftüßung ihre Stellen oer*
laßen mögten". $n bie bamalige ÜJlotlj läßt unS auch ein oom
9. Sluguft 1800 batirteS btingenbeS Slnfucßen beS ©rgiehungSratßeS
an ben Sttinifter ber fünfte unb Söiffenfcßaften ^tneinblicfen: „bie
SWunicipalitäten burch ein förmliches ©efeß anguhalten, Quellen ohne
2lnftanb auSßnbig gu machen, auS toelcßen bie Schullehrer Eönnten
befolbet toerben, ober aber bie Söürger nach if) rem $3ermögenSftanbe
befteuren gu taffen; — benn manglet noch gar ber Unterricht ber
$ugenb, fo manglet getoiß für jjeßt unb in .ßuEunft alles, ba bie Sitten*
lojtgEeit übergroß — bie Untoiffenljeit abfcheufich — baS ©etberbttiß
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Da» *JoUi*f4jnlwffen ht den anra-Äantonw am tfttfct bas 18. 3aljrljtmb«ri*.
39
allgemein, unb bie Siachläfftg» unb Sorglofigfeit ber kelteren unoer»
antwortlich, oerbammlidj. —"
Slun ftnb wir mit unferen Slugeinanberfjungen am (£nbe. 0b
mir auch bie lichten färben nicht o ergaben, fo ift, mie mir am @in»
gang eg angefünbigt haben, ein Schattenbilb herauggefommen. SDafür
barf man, mie mir früher fcfjon baoor warnten, nicht bie Öe^rer allein
oerantWortlidj machen, ob auch fte einen 2§eit ber auf oerfdjiebene gaf»
toren fallenben ©chulb tragen. ®ie bamalige Sdjule War fo recht
ein SEinb ber bamatigen 33erljältniffe. -Dian lebte in erfterSinie
für bie Slrbeit; mag nicht unmittelbar berfelben biente, erfchien alg mertf y
log; nacf) geiftiger Silbung mar fein 23ebürfnih oorljattben unb aug bem»
felben ©runbe für bie ©cf)ule unb ihre Söeftrebungen fein 33erftänbnih;
biefe mar üielme^r alg £jinbernih empfunben, bie Äinber jur Strbeit
unb junt 93erbienft ju oerwenben, meg^alb mir benn auch manche
Silage über alljufrülje Uebergabe ber ©dfüler an bie Sdjule unb oor»
geitige Söegnafjme aug i^r gu hören befamen. ®a ©taat unb ©e=
meinben fidj ber Gsrjiefjung wenig annafjnten, mürben bie ©djulen
auch eine finanzielle Saft berer, bie fie benü^ten, unb eg ift Wohl
richtig gefagt worben, bafe oiele Stinber „Stöcfe" bleiben mußten, weil
ihre armen ©Itern bie materiellen Seiftungen an bie ©dhufe nicht auf»
jubringen oermochten. ®amit im guftHnmenljang fteht auch bie geringe
Seiftunggfähigfeit unb Unmiffenheit beg größten ü£fjeilg ber bamaligen
©chulmeifter. ®ie meiften höben feine berufliche SSorbilbung genoffen;
Eönnen mir fie bafür oerantwortlicfj machen ober müffen mir eg nicht
begreifen, wenn fie wenig $eit unb ©elb ober gar feineg auf bie 93or»
bereitung eineg fo wenig einträglichen SBerufeg aufmenbeten? £>arf
man fidj Wunbem, Wenn Ceute, bie einft in ber Qugertb felbft nur
wenig lernen fonnten unb biefeg Söenige big jurn Antritt beg Schul»
amteg — oft im 40., 50. $ahr, wie aug ben 2lltergtabellen beutlich
heroorgeht — wieber oergafjen, nur geringe unb fcfjledjte Seiftungen
aufweifen? dürfen mir einen ©teiti auf fie werfen, wenn fie in
mancherlei ber Schule fremben Siebenbefdjäftigungen ihre Kräfte jer»
fplitterten unb bie Schule oielfadj alg Siebenfache behanbelten? SBaren
fte nicht barauf angemiefen unb baju gezwungen'? SOiüffen wir nicht
öielmeljr ung barüber wunbem, bah tcof? biefer unerquicflidjen 93er»
hältniffe immer noch Ceute ftd) finben liehen, welche fich für bie Sache
beg ©djulunterridjtg hergaben? ©ewifj, eg ^at ber ©chulmeifter oon
40
Btoette $*tratij.
ObergöSgen unb SBingnou nid)t übertrieben, wenn er fdjrieb, ber
£)ienft(ol)tt fei fo gering, „baS er nicht tan bie Sd)ul galten, man er
nicht mehr aufj liebe, als aufs üerbienft, bie Sd)ul galtet".
Söie 'ift eS bodj anberS geworben in Ijunbert Qaljren unb fo, bafj
in Sejug auf baS SoltSfdjulwefen faurn jemanb fid) jurücfwünfcht
in „bie gute alte 3eit"!
3t»rite 0mat|,
Son &b. Itibaur.
2lu8 bem „Contes chez nous“.
Slutoriftrte Ueberfe^ung oon ©life ©berfolö.
//“£Sj)uftin Sraillarb ^at in ©orgier ben erften ßug genommen
unb fteigt etwas oor ad^t Ufjt in Saint*Slaife auS, um oon
bort §u gufj nach Signieret ju gefjen, wo heute, ben oier*
unbjWanjigften Märj, großer Siehntarft ift unb Wo er im (Sinne hat,
eine Stuf) ju taufen. Schon tünbigt fiel) ber Frühling an; in ben
Sßälbern, bie er gegen grodjaub wanbemb burehfdjreitet, meint man,
baS Steigen beS SafteS in ber ^ßflanjenwett ju hören. 21uS bem
langen Söinterfchlaf erwart, ftreefen bie Säume ihre tnofpenbebeeften,
halb in frifchem Caube prangenbett Slefte auS, jwifchen benen ein gart*
blauer ^jimrnel hiuburchfchtmmert, an bem bie noch etwas fchüdjtente
Sonne ftrafjlt. 3 w *f^ en öen bürren ßweigen oom testen §erbfte
her lächeln lilafarbige Süfdjet Ceberblümchen unb gelbe Primeln auS
bem Soben unb ba unb bort oerräth ihr SSohlgerud) oerborgene Seilchen.
$od) Quftin bleibt gleidjgütig gegenüber biefer morgenblidhen
Schönheit, biefem wunberbaren ©rwachen ber Statur ringS um ihn.
Slnbere Säuern, bie ebenfalls in Saint*Slaife auSftiegen unb beren
3iel CigniereS ift, [äfft er oorangehen unb wanbert, ben bieten Stoef
in ber $anb unb mit befiimmerter Miene, einfam weiter. Quftin
ift nicht weit oon ben Sierjigen unb niemals fchön gewefen. Mit oier=
unb^wanjig Qah ren oerheirathet, hatte er wenig Urfache, bem ©he*
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Broette tfjthrotlj.
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ftanb ein öoblieb gu ftngen; fein 800 S mar fein leicEjteS geliefert,
©eine grau, eine Metttfea non ©ortaittob, war reicfe unb liefe eS ifen
noc^btrüdEIid^ fügten. .33ont erften ©age an nafem fte baS ©cepter in
bie |)anb unb regierte baS gange £>auS mäferenb gefen gaferen als
unumfcferänfte Königin, befeanbette ben ©atten oon oben feerab, befahl
ifent mie einem Sfriedfet unb bemalte ifen mie einen fteinen gungen.
©in, gmei Mal, oerfucfete er, fein gocfe abgufRütteln, gab aber fcfetiefelidfe,
um 9Rufee gu feaben, nacfe, toie fdjmer eS ifent aucfe tourbe. ©rinnen
unb braunen fommanbirte bie grau, unb menn ber UnglücKicfee etwa
einmal mit fefer fdfeiidfetemer Miene irgenb welken ©intoanb magte,
Ejatte fie eine Spanier gu fagen: „Stammt baS Vermögen oon bir ober
mir?" bafe er fofort flein beigab. ©üblich fam bie ©rlöfung; fte ftarb
unb Unterliefe guftin als Vergütung ifer fänuntlicfe ^ab unb ©ut.
©oife fcfeien ifen ein maferer Unftern gu oerfolgen: feitbem machten ifent
bie Mägbe baS geben fauer; in ein paar gaferen lüften ein fealb
©ufjenb ficfe ab, ofene bafe ifent eine einzige gufagte. ®ie erfte, eine
gaullengerin, ift oon einer ©cfenecfenlangfamfeit, läfet aHeS feerum*
liegen, oergifet bie ©dfemeine gu futtern unb bie fiüfener in Dbacfet
gu nefemen; jeben ©onntag Morgen mar guftin gu einem Auftritt
gegloungen: ba gab’S §>emben offne knöpfe, ungebürftete Kleiber unb
er fonnte lange reben, SBocfee um SBodfee mar bie gleite Unorbnuttg.
®ie gm eite füferte baS ^jauStoefen anftänbig, moHte aber alles nacfe
iferent Stopfe madfeen; ba feiefe e§: „9J?etn ©arten'', ,,mein ^auS", unb
fte faufte unb oerfaufte, ofene gemanb gu fragen, guftin mar nidfet
mefer §err im eigenen fjaufe unb ba featte er enblicf) genug! ©ine
anbere beftafel ifen auf’S ©cfeamlofefte. ®ie mar oor brei Monaten
fort unb feitbem featte er, ber ©adfee überbriiffig, gegögert, ifer eine
Sltadfefotgerin gu geben, gefet aber mar eine anbere ©efdfeidfete! 2 öie
foHte baS auf bem grofeen ©ute mit all bem 23iefeftanb, ofene grau
unb Magb meiter gefeen? SBäferenb ber ©rabarbeiten in ben Stehen
mar er bereits genötigt, um eilf Ufer feeimgugefeen um gu Mittag gu
fodfeen. Unb Stöcfein fein in feinem Sitter, menn man baS nidfet ge«
mofent, ift meiner ©reu ein 33iScfeen ferner! Unb in gmei Monaten
toaren bie grofeen „Sßerdfe": fettet unb ©rnte ba unb guftin fragte
ficfe mit maferer ^ergenSangft, maS er ba anfangett foHe.
* *
*
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Bmettt 4)*iratJ|.
Qn ©ebanEen oerfunEen marfcfeirt bcr Sauer feit anbertfealb
©tunben unb nun öffnet fid) baS grünenbe 2feälhen oon CigniereS
in bejaubernbet, frühlingSfeafter iDtorgenfrifcfee oor ifeni. Qm hinter«
grunb ftnb bie wofjlfeabenben §>öfe beS SDorfeS mit ihren braunen
£)äd)ern jerftreut unb jwifhen ben ©ebäuben breiten fid) fdjöne Saum*
gärten mit ihren batb in SÖIütEje ftefeenben ©bftbäumen auS.
Sluf bem oor bem ©emein bewirtfeSfeauS ^crrfd^t grofeeS
SttarEtgewithl- Son Tagesanbruch an h>ar baS ein ©eben unb kommen,
eine ungewohnte SRegfamEeit im Torfe; bie Krämer ftnb nach unb nach
angelangt unb haben ihre ©tänbe aufgerichtet. Ta wirb alles 9Jtög«
liehe »erEauft: ©emüfe« unb Slumenfämereien, ©efeiwiebelti unb auch
fdjon ©enfen unb ©trofefeüte, obfdhon ber ©ommer noch fern ift.
Saufenberiet ©tintmen Ereujen fidh: Stufen ber ©trafeenoerEäufer,
©efchrei ber ©üben, ©efhäftSoerfeanblungen, unb barein tönt baS
9Kuhen ber Ochfen unb Stühe, gleich einem jeitweiligen Safe. TaS
fchöne SSetter hält an unb auS ben umliegenben Törfem Eommen
bie Ceute truppenweife — bie Säuern in braunem ^alblein, bie Stofe«
hänbler in ihren langen blauen ober grauen Ueberfeemben, gefefeäftig
hin« unb feerlaufenb. Unb in ber ©cfeenEe, bie ihre genfter ber milben
©onne weit öffnet, erhebt fiel) um bie rafch geleerten glafdjen ein
Wahres ©timmengewirr.
@3 ift Diel Sieh ba: reifee unb weifee Ocfefen, etliche ßuefetftiere,
©efeafe mit Eraufem, wolligem gell, feübfcfee Kälber, bie ifere muntern
Sprünge machen, feauptfäcfelih aber St'üfee — ©immentfealer unb
©cfew^errace. Quftin läuft auf bem SDtarEtptafe umfeer, feört auf bie
©efpräcfee, erEunbigt fiel) nah bem greife unb fuefet mit ben Slugen
nadfe einem ifem anftänbigen Sfeier. Ta jiefet eine, etwas abfeitS oon
einem jungen SRäbcfeen bewachte Stufe feine SlufmerEfatnEeit auf fth-
@3 ift ein fcfeöneS ©tücE „©djwarsflecE", mit feinem, weifeen ®opf unb
jwei fhwarjett Sternen neben ben Singen, grofeen, etwas feuhten
unb fefer gutmütfeigen Slugen, glänjenb, feinem gell, wofelgeftalteten
Seinen unb prächtigem Suter.
„Qft bie Stufe ba gum oerfaufen?" fragt Quftin näfeertretenb.
„Qa", lautet bie Slntwort.
„3u welhem tß re ife? //
„TaS wirb Such ber Sater, ber in einer üötinute wieber Eommt,
fagen."
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9lud) baS junge SKäbdjen mit ben blauen Sfugen in bem ettoaS
bleiben ©efidjt, bent braunen lodigen $aar unb bem gierlidjen SQtunbe,
ift Ijübfdj.
„SBoljer fommt ^r? /y erfunbigt firf) Quftin.
„93on ©oncife; mein SSater ^ei^t £)aoib ©urrtt."
„2fdj fo r mirtlicf) ?"
„333ir motten auS ber ©egenb fort unb oertaufen befebatb oor
ber Stbreife alles."
„SBoljin gef)t Qh r — menn’S erlaubt ift gu fragen?"
r/üftacf) Slmerifa."
„Stad) Slmerifa? Unb Qh r ebenfalls?"
„$a, id) mufj mich barein fdjtden."
Qn biefem Slugenblid tarn beS SftäbdjenS 33nter Ijerbei, gefolgt
oon einem |)änbler im grauen Stittel, mit ©päfjeraugen unb pfiffiger
9Kiene.
„Couife, ^ier ift ein Oiebfjaber für ben „©djmargtleb", fe£)t, $err,
ob id) übertrieben fjabe."
®er SJtann unterfud)t bie Stuf), Dorn/ ((inten, oon beiben (Seiten;
er betaftet fie, überzeugt ficf) oon ber geftigfeit beS ©uterS unb nimmt
auS ber £afd)e ein menig ©alg, baS er il)r auf ber f)anb £)in^ält.
,*^a, ja, baS S^ier gefällt mir giemlidj gut; aüein $f)v mißt,
bie greife finb im ©inten begriffen, — nun, idj biete ©ud) gmölf
ÖouiSbor bafitr."
®er alte ©urrit fieljt, mie feine Softer, trübfelig unb elenb auS
unb Schüchternheit unb SBeftürgung malt fid) in feinen $ügen; eS ift
t(ar, baß er ficf) oon bem flauen fpänbler, ber il)n mit einem einzigen
iöliif burd)fd)aut, befteljten läßt. ®od) fguftin fühlt ficf) oon plößlidjem
SJHtleib ergriffen. „Söart", murmelt er, bem fpänbler oon unten
einen SBlicf gumerfenb, „mart, SBruber Suftig". Unb an ben oöttig
erftaunten ©reis gemanbt, fagt er leife: „Saßt mid) machen".
£>ann fefjrt er fid) gegen ben SBloufenmann: „Qf) r f paff et; gmölf
CouiS für eine fofcfje ftut)! Qdj bot eben fünfgeljn".
„^ßuf)! . . . 9tun, id) gebe ebenfalls fo oief."
„Sie ift aud) bamit nod) nicht genug begaljlt, fonbern ift brei-
I)unbert fünfgig g-ranfen mertlj unb id) nehme fie gu biefem 5ßreiS!"
,,Unb id) für oierljunbert."
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Biotite flttroilj.
„So fo, Qfjr habt Cuft, mich gu ärgern; borf; mir wollen feljen,
wer SJieifter wirb, id) gehe bis uierfjunbert gwangig!"
„Unb ich bis öierhunbert bretfeig. //
25er £>änbler gögert unb muftert bie ftüh nochmals mit Senner»
blief; eS ift unläugbar ein ^Srad^töftütf unb er macht, auch wenn er’S
fo tfjeuer begaljlt, nod) immer einen „Schief".
„Vierhundert fünf§ig/ / erflärt er, „weiter gelje icf) nicht".
Quftin E>ält biefen ^ßreiö für genügenb; ber Streich ift gelungen,
er unterbrütft ein Sätteln unb meint: „meiner Seel, 3h r müfjt eine
wo£)fgejpi(fte Vörfe h Q ben; eS ift unmöglich, ftd; mit (£ud) gu meffen.
9hm, nehmt bie Suh, wir wollen nic£»t mehr brüber reben".
Vater (Surrit ift glütffelig unb labet alle gu einem ©tafe 28ein
ein. ®er <$änbler gibt feinem Snedjt ein geidjen unb biefer eilt
l)erbei. Gouifc unb itjr Vater nehmen Slbfdjieb Don „Sdjfoargfleb", ben
baS junge Sttäbdjen gum lebten 3J?al ftreicfjelt; fte führt itjn nun
fiinftig an frönen, lebenfprühenben ©ommertagen nicht mehr auf bie
Slllmenb, um ba baS aromatifcf) buftenbe ©raS abguweiben; bie gange
frieboofle Vergangenheit ift ba^in! 25aS oerftänbige Schier fetjeint gu
begreifen, waS oorgeht unb betrautet Couife traurig. ®iefe aber wenbet
fich ab, um ein Schfuchgen gu unterbieten. Sille oier finb in’S ©e=
meinbeWirthShauS getreten, wo nun ber Viebbänbler einen ‘Dollen
Öeberbeutel auS ber SJTafc^e gieht unb bem Vauer bie feftgefe^te Summe
auSgahlt; nachbem er auSgetrunten, entfernt er fich mit ben SBorten:
„Qdj bin noch nicht fertig, fonbern habe noch »eitere ©infäufe gu
machen. Slbieu mit einanber!"
SllS er fort ift, fagt Vater ßurrit gu Qnftin: „3h r h ö bt mir
einen famofen Dienft erwiefen".
„Sich »aS, ift nicht ber 9J?üt;c werth, er begahlte für ©ure Sulj
übrigens nicht mehr, als fie werth ift. Sllfo, 3h r »otlt nach Slmerifa
auSwanbern?"
„Qa, waS wollt ^h*? ® a S Geben hier gu Canb ift unerträglich;
eS ift umnöglidh, bafj eS bei all ben ginfen unb Steuern langt! Sßenn
wir über S'teuenburg heimgehen, wollen wir bei einem SluSwanberungS»
agenten unfere fßicM§ e beftellen unb bie Sache richtig machen."
Quftin war nacfjbenflich geworben, feine Sorgen, bie er einen
Slugenblicf oergeffen, bemächtigten fich feiner auf’S Sceue. 2SaS fott
er, belaftet mit feinen ©auShaltungSgefchäften, anfangen? ®aS ^afjr
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fängt mit guten SluSjtcbten an; eS giebt Diel ©raS unb ©etreibe unb
barutn auch Diel Slrbeit. SEBieber eine ÜKagb anftellen? ©cbönen ®anf!
28er aber fott alle fDJorgen ben SJtä^bern baS grühftücf bringen?
Unb bodj man, meiß ©ott, nadf gtoeiftünbiger Arbeit im ^b au
eine Saffe Kaffe Donnötljen! „9fein, nein/' benft Quftin, „baS fann
nicht mehr fo fortgeben, ^dj muß mieber beiratben; aber toer wirb
mich mögen? heutigen Sage* ftnb bie Sdiäbchen ferner gu befriebigen
unb bagu bin icb nicht in her Saune, ©iner lange ben £>of gu madben.
©leicbmohl febe ich nicht auf's ©elb; bie reichen Säuern Eönnen mir
geftoblen m er ben, Don ber ©orte höbe id) genug gehabt! ®aS Vefte
für mi<b ift ein junges ÜDtäbcben ohne Vermögen, baS DöHig glütflid)
ift, ein eigen |>eim unb eine gefieberte ßufunft gu finben."
Sftecbanifcb fyob er, b* er angelangt, ben Stopf unb feine Slugen
richteten ftcb auf Souife, bie, ihm gegenüberftfjenb, ebenfalls in fd)merg*
UdbeS ©rübeln oerfunfen fchien. Denft baS arme Ktnb an baS ferne
Slmerifa, mobin ein fcbnelleS ^aljrgeug fte morgen fchon über’S 9J?eer
tragt? Vetrauert fte ihre ^eimatb? SEBarum gmei Spänen — gmet
^Regentropfen auf bem ©atin gmeier Kornblumen — im SGBinfel ber
blauen 2lugen, gunt Ueberfliefjen bereit? ,,©ie meint," benft ^uftin,
„ift alfo nicht glücflieb! SBogu auch artberSmo fuchen? ®a, ba ift bie
©attin, bie ich bebarf; bie ift nicht ttergogen; fie mirb ficb mir unter«
orbnen unb baS £>auSmefen ficb angelegen fein laffen. Ob fte mobl
einmilligt? ®aS ift eine anbere grage. Ungmeifelbaft fagt fie gu!
Qdj bin meber fo alt, noch fo fehlt mm, um fo ein SRäbel fürchten gu
machen. Unb bie 2Babt gmifdjen Verbannung unb einer £>eiratb mit
mir mirb ihr faum fdjmet faden. $a mabrbaftig, ich bin entfdjloffen!
2lber tro^bem, menn man mir baS gefagt hätte!"
®ie ©läfer finb leer; Vater ©urrit unb Coitife machen SRiene,
aufgufteben.
„©ine gflafcbe!" ruft Qfuftin, um fie gurücfgubalten. Unb feinen
©tuhl näher rücfenb, fängt er, unmidfürliih bod) etmaS Derlegen an:
„@agt, mürbet ^h r annehmen, menn man ©uch ein SRittel geigte, in
ber ^»eimath gu bleiben?"
„Ob mir annähmen, oh!" fdjrie baS SRäbdjen auf.
„$Run benn, modt $b r mich gum SRantte?"
Souife unb ihr Vater glaubten, nicht recht gehört gu haben.
„2Bie? maS? ©r ift gemifs nicht recht bei ©innen!"
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Bacttt 4jeiniU|.
„Sich nein, nein," fährt guftin, ihre ©ebanfen erratljenb, fort,
„ich Bin ganj gut beim 33erftanb. £jört, ich Bin S53ittmer, unb baS
ift Bei einem großen Säuern»oefen nicht luftig, baS oerftchere idh Sud).
Söißigt ein, Jungfer öouife; bann hat ©uer Sater ein OBbadj für
feine alten Sage unb $h r fetber follt nicht unglüdßidj fein, baS oer«
fpredje idj ©udj."
(Sie haben Begriffen, bafj fein Sorfchlag ein emftgemehtter ift.
Öouife fieljt nun auch UjrerfeitS Quftin an. ©emifj ift er nicht baS
gbeat eines ©atten! 316er baS arme «inb ift nicht fo weit, fidj ein
gbeal fudjen ju bürfen; 9?ul)e, Sicherheit ift fdjon oiel für fte. guftin
hat baS SluSfeljen eines Brauen SWanneS; er »erfpridjt, fie glücflich
ju machen, unb biefer SUp — bieS Slmerifa — mirb »erfdjminben.
„Sagt, ift Such baS anftänbig?" brängt Quftin.
„Seht", mirft ber Sater ein, „fie !ann bodj nidht fofort ja fagen,
baS mufi überlegt fein!"
„Unb ich lann nicht märten; eS Braucht brei Sßodjen für bie Ser«
fünbigung; ©nbe Slpril fönnen mir ^ochjeit halten. SiS bahin mohnt
fie bei meiner Sante Shlvia ißointet unb ich 9 e be ihr eine 3lr6eiterin,
um ihre SluSfteuer ju nähen."
Ser Sater lächelt. Sag ift entfdhieben ein unverhoffter ©lücfg*
fall! 353er hätte baS gebadjt, bafj er heute in öigniereS einen Sodhter«
mann fänbe! 353elch ein SIBenteuer! SaS mirb ein ©erebe geben!
Sofern Öouife menigftenS ja fagt! Sie Qugenb ift manchmal fo munber«
lidh! Unb ber Siebermann, tion furcht ergriffen, fie laffe ftch biefe
günftige ©elegenheit eritfcfjlüpfen, mirft ihr flehentliche Slicfe §u.
gnbefj Beruhigt er fid), als er fte bem entjücften Quftin lädjelnb
bie $anb über ben Sifdj reidhen fieht mit ben SBorten:
,,gdj miHige ein!"
* *
*
©ine Stunbe nachher macht fid) baS feltfame Srio auf ben 3S3eg
natf) ©orgier.
Unb fo Brachte guftin von bem 9J?arft in ÖigniereS ftatt ber
«uh, bie er fudjen ging, eine grau, bie er nidht fudhte, mit nadh $aufe.
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ttötar- nnb tfoUuleben im Ädjwarfwalb.
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|tat»r= nii ItalksItbrK in Sdnntjmili.*
3Sott §Utrl ftoUbmtf.
ie 3 e ü cn / 100 unerme^tidje SBätber bett ©tolg ©ermanienS
Bitbeten, ftnb vorüber. 90?efjr unb mehr verringerten unb
lidjteten fid) ihre Seftänbe; nur bie (jöljeren ©eBirge goBen
ifpten nadj wie vor eine fixere 3uftudht§ftätte. gn ihnen BtieB benn
aud) ber gonge 3ou6er Watten, ber ehemals bie fpeimftätten unferer
Stfmen umgab unb mit frifdjem £)aucfje uns auS ihren Siebern unb
©agen anweljt. Oie Segriffe Söatb unb ©eBirge verfdjmotgen förmtid)
in ber ©pradje ber fpäteren 3 e ^/ wofür ber Söhmer*, Saper* unb
S^üringerwatb, ber Oben* unb ber ©djwargwalb unb viele onbere
3üge unb ©ruppen be§ beutfcfjen SDHttelgeBirgeS in ihren tarnen
Setege Bieten.
2(6er felBft Bis in biefe ©infamteiten folgte ihnen an vielen Orten
in fpüterer 3eit ber 2lderbau mit feinen geregelten Sinien, bie gnbuftrie
in ben Spätem mit raudjenben ©dhloten unb tautem ©etrieBe. SBenige
©eBirge Bewahrten bie alte unentwegte 2BatbeSherrlid)teit, unter ben
rljeinifdjen feinet fdjöner, atS ber ©djwargwalb.
©rft in fanfteren, reich Bebauten Sorhöljen, bann aber in ftotgen,
finfteren kuppen unb 9tüden [teigen feine Sergmaffen über bie grünen
SBiefenftädhen ber OBerr^einifc^en Tiefebene empor. 2ln feinen gufj
lernen ftd) bie reidjften Stnfiebtungen, bie meiften ©tübte unb Oörfer,
wetd)e bie gtufoeBene fd)euten, in ber ber ©trom, nodj erregt von ben
gälten unb ©ngpäffen beS gura, reifjenb feine gtuttjen burd) bie leidet
Beweglidjen SIBlagerungen eines ehemaligen Sinnenfee’S führte. Oie
Sobenanfdjwettungen vor bem ©eBirge bagegen fieberten vor ben lieber*
fdjwemmungen beS SR^cineS, ber, häufig Sett unb Dichtung veränbernb,
unb erft in jüngfter 3oit burdj riefige, toftfpietige ©trombauten ge*
feffett, wie ein Böfer llnhotb bie oberften ©tridje biefeS OieftanbeS
bebrohte. @o finben wir greiburg, Offenburg, Saben, Karlsruhe/
Srudjfal, ^jeibelberg unb gwifd)en biefen ©täbten gafjlreidje Heinere
* 8tu$ „SUjeinifdjeö 2Banber6u<§". S5on Äarl JtoKba$. Sonn, @mil Strauß.
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Hatnr* nrib ))olkeieben tm Sdjtoarpoalb.
Orte in grämlicher ©ntfernung uoin einfamen 0-luffe, ober in nächfter
Stälje beS fdjüfcenben ©ebirgeS, on beffen ©orhöben ein milbeS Älinta
eine ^errtid^e ©egetation begünftigt, Welche in biefen wedjfelootlen
CanbfchaftSbilbern, int ©orbergrunbe beS bunflen SSalbgebtrgeS erft
recht gur ©ettung fontmt. Slber nicht »eit reicht biefe 3 onc / 0,0 ber
SBalnufjbaum fid) fdjattenfpenbenb über ben SBo^nftätten ber 2ftenfdjen
auSbreitet, wo eble Sieben an ben ©ergen emporKimmen unb feine
Obftforten im ©erein mit fremblänbifdjen 3rärgewächfen in ben ©arten
gebeiben unb ben Schntucf ga^treic^er, wunberooller öanbjtfce bitben;
halb, auf ben ^jölfen unb aufwärts in ben Shälern beginnt ber SBalb;
unb feinem Steidje führt nun unfere SSanberung gu.
SieSmal wählen wir als SfuSmarfdjort greiburg im ©reiSgau
unb Wenben uns burdj’3 IjöHentljal aufwärts, um gleich gu ben höd)ften
©rfjebungen beS ©ebirgeS gu gelangen, ©in weiter Söiefengrunb,
»on Slderfluren unterbrochen unb bi er unb ba bon länblichen Sin*
fieblungen belebt, nimmt unS jenfeitS ber testen ©ororte unb ©ebäube
oon ftäbtifdjem Slnftrich auf. Östliche Stunben oberhalb aber tritt
ber SBalb näher heran. SaS Sf)al wirb enger; bie bunflen Sannen
fteigen oon ben ©ergen herab, ihre ftolgen graben ©eftalten fteljen
bicht gefchaart auf bem ©oben beS SfjaleS unb umfdjatten ben rau*
fchenben ©ach, ber mit tebenbigem ©efäHe burd) granitene gelSftücfe
fchäumt. 916er auch bis in biefe SBalbeinfatnfeit brangen bie Sin*
fieblungen ber ÜÖtenfchen. SEreifchenb arbeitet bie (Sägemühte im ftillen
Sljalgrunbe; unb oereingette SBoljnhäufer fteljen inmitten ber weiten
gorften auf grünem SSiefenplan. ©igenartig wie Sitten unb Sprachen
beS SchwargwälberS ift auch bie ©auart biefer Käufer. Söiit feinen
©allerien an ber Stufjenfeite, feinen braunen Stämmen unb Keinen
genfterdhen erinnert eS an’S SdjwetgerhauS; allein währenb bei legerem
bie Scheunen, Ställe unb Schober meift abfeitS unb gefonbert liegen,
oereinigt baS erftere alles bieS unter einem einzigen Süefenbadj, baS
bicht bemoost in meift erbrücfenber SluSbehnung nach einer Seite hin
tief gurn ©oben fid) h crfl bfenft. Oben liegt bie Sdheune unb bie
Senne, unb über ben köpfen ber SWenfchen unb ben bicht baneben
eingebauten £muStt)ieren wirb ein* unb auSgefaljren unb gebrofchen.
Stur bie ftarfen Stämme ber Sd)WargWalbtanne tragen feft unb ftcher
biefe über ben SBohnräumen ruljenbe Saft, ©egenüber bem |)aufe ift
faft allemal ein fleiner Oueß abgeleitet unb riefelt burdh jwei, oon
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Wafcttr- nnb IfloUwUben im Ädjnwrfnmlb.
mächtigen auSgehöhlten ©aumftämmen geBtfbete Sröge, oon benen
ber oBerfte baS SrinEwaffer für bie ©ewohner, ber untere bie SränEe
für baS ©iel) liefert.
SBenn im hinter bie gelbarbeit ruht, unb braufeen ber Ealte
SSinb Etingenb burcfj bie Bereiften Sannen gie^t, mirb baS innere
biefer einfam gelegenen Käufer ber ©chauplafe einer lebhaften §atib*
befchäftigung. ©trohhüte fted^tenb ober UhrwerE bereiienb fifet gung
unb 2llt Beim ©djem ber Campe; unb felbft im ©ommer fiefjt man,
wie bie ^jirtenbuben unb ÜWäbdjen bie ßeit mit @trol;f)utflecf)ten nufe»
bringenb auSfüßen. Sie hier oerfertigten $üte unb Uhren geniefeen
benn auch eines SBettrufeS, unb bie Eleibfamen, wannenförmigen ©trolj»
hüte, welche aßenthalben bie ©chtoargwälber grauen unb äJtäbdjen
tragen, oereinigen fowoljl MeibfamEeit unb ©dju§ gegen bie ©onne,
bafe ihre gorm felbft burdj ben 2öed)|’el ber Sflobe htnburd) fiel) eigentlich
in aßen fahren, wenn auch Vereinzelt fogar bei ben Soifetten ber
©tabtbamen erhalten hot. Unb nicht nur bie ^erfteßung biefer ©adhen
befdjäftigt taufenbe f>änbe, zahlreiche ©djwargwälber führt aud) beren
©erEauf hinaus in bie grembe, felbft bis in’S ferne SluSlanb. SJtit
reichen Gsrfparniffen Eommen bie meiften nach ®aufe, fiebeln fidh in
ber $eimath an unb oermehren mit ihren fdhmucfen fwlghäufern baS
©ilb ber SBohlhäbigEeit, weites bie meiften Drtfchaften biefeS ©ebieteS
gewähren. SBenn an ©onntagen biefe ernften Ceute mit ihren langen
fcf)Warjen ßtöcfcn unb rothen Söeften gut Kirche wanbern, ahnt Eaum
gemanb, wie mancher oon ihnen als ^olgflöfeer ober Uhrenfjänbler
einft bie 2öelt burcfjgogen hat unb oon fernen 9teife»©rlebniffen zu
ergähten weife.
gngwifdjen feljen wir oor unS baS Sljat abermals unb zwar
bieSmal bebeutenber fidh oerengern. Sie Canbftrafee unb bie neuer»
bingS angelegte, ftredEenweife für 3ahnrabbetrieb eingerichtete ©ifen*
Bahn flüchten mancherorts in Eurge SunnetS ober unter ben ©chufe
jäh anfteigenber fdjroffer gelSwänbe. gn büfterer $tuft bricht fidh
ber ©ad) feinen 2Beg burch bie feften Schichten beS ©ebirgeS. Sann
aber oeränbert fidh baS ©ilb. Sie enge SurchbtudjSfdjlucht liegt hinter
unS, oor unferen ©liefen ruht anmutig ein frieblicheS ftißeS £jodj=
tfeal, umgeben oon fanft anfteigenben SBalbhöljen. SSBeite gorften
becEen feinen ©runb; hier unb ba umfäumen frifdjgrüne ©Siefen ben
beruhigten Cauf beS ©adjeS. ©Sieber nach einer Eurgen ©Sanberung
S5om Jgura jum ©djtrarsroalb. IX. 4
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50 flotnt- tmb Volkiltbtn Im Sdjnwrimalt:.
liegt üor unS tu märchenhafter (Stille unb SBeltoerlorenljeit bet tief=
bunfle Sitifee, auf beffen blanfer glutlj fiel) bie büfteren Serge unb
bie gellen ^joljljöufer einer fleinett Slnfteblung unb Sommerfrifche
Riegeln. £>ie gange Scenerie untrer rief in mir lebhafte (Erinnerungen
an baS nörbliche Scffmeben mach, mo gasreiche, gang ähnlich gebettete
Seeen bie füllen SBälber am Dftfuffe beS Hochgebirges unterbrechen.
©ntfprechenbe SBer^ältttiffe bieten auch bte übrigen Scffmargmalb»
tljäler. Stuf bie breiten, reich bettölferten unteren Shalftri^e folgen
regelmäßig enge ®urchbruchSftrecfen, bis oberhalb bie einfamen, aber
tounberoollen hödjften 2f)al6öben beginnen, melche mit ihrem SRatten»
grün unb ihren oereingelten Keinen Seeen bis an ben gufj ber häuften
Sämme beS ©ebirgeS heranreidjen, bon benen allermärtS riefelnbe
©emäffer herabrinnen unb fcbneü bie bem Stljeine, bent Stedar ober
ber 35onau gueitenben Sache bilben unb oerftärfen. Stur bie Keinen
Ühäle*/ wie baS bon Saben»Saben, mo ein elegantes, anfpruchSboHeS
Sabeleben bie Schmargmälber (Einfachheit unb Urthümlidjfeit in baS
innere beS ©ebirgeS gurücf gebrängt hot/ geigen nicht fo beutlich bie
eben geEenngeidjnete ©lieberung. Sieben bem ^öllenthal, unb biefeS
an Schönheit fogar noch übertreffenb, leitet bie SWurg unb ffingig au
einer folgen Steihe ftetig mechfelnber Xhalbilber borüber in baS H er g
beS ©ebirgeS. £)ort thront majeftätifch in ihrem Clueügebiete ber
milbe Sergfatnm ber HorniSgrinbe hoch über ben umliegenben Höhen
unb fenbet feine urmüchfigen gorfte bis herab gu ben Ufern beS fügen»
reichen, tief melancbolifdjen Süummelfee’S. ®er Stingig entlang aber
führt bie berühmte Schmargmalbbahn in’S ©ebirge hinauf unb bietet
in ihren SehrtunnelS, ihren hohen SiabuKen unb prächtigen gern»
fichten ein EleineS EunftbolleS Slbbilb einer ber neueren SBunberbahnen
beS Hochgebirges, ber ©ottljarbbahn.
®er Stuf ber Schönheiten beS SdjmargmalbeS gieljt alljährlich
Saufenbe auS allen ©ebieten feines CaufS hinouf in feine ^höler,
unb umgefehrt fenbet ber Sdjmargmalb feine Semohner in gleicher
SBanberluft ober gu lohnenbem ©rmerbe biefelben SBege hinab. Söenti
ferner bie grojjen glöfje, unter taEtmäfjigem 3 uru f oon Scbtoargmälber
Unechten getrieben, ben gtufj hi na &9i e it en , menn brunten in ben
Siieberlanbett bie Stiefenftämme gum Sau ber Häuf er in ben fchlant»
migen Soben eingerammt ober als SWaftbäume auf ben Stümpfen
ftolger Seefchiffe aufgerichtet merben, bann finb eS allemal Scfjmarg»
X
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ttatar- tmb ^Jolhaleben im Ädfwarpöalb.
51
wälber Sannen, bie hiermit ihrer testen Verwenbung entgegen*
geben.
Droben in ben Sergen bringt baS gatten, Searbeiten unb £)inab*
fdjaffen biefer (Stämme bie mannigfacbftett Verrichtungen in ^Bewegung,
ja, man Eann fagen, bajj eS eigentlich ben Slern beS ganzen gewerb*
lidjen Gebend im Scbwar-poalb auSmadjt. ©ut gehaltene SBege er*
leichtern je£t faft in allen Sbeilen beS ©ebirgeS baS §inabförbem
beS £)oljeS; aber in abgelegenen Scblüften unb ©rünben häuft boeb
auch mobl noch ber Köhler einfam bei feinen qualmenben SReilern,
beren meiner Staud) oon hohen fünften gefehen, üereinjelt in ftitten
Säulen über bem rneiten bunflen SBalbgebiete febmebt. DaS §inab*
flögen beS |)oljeS auf ben Keinen SdpoarjWalbbäcben, beren Söaffer
man fpatfam anftaut, um als treibenbe unb febmemmenbe SEraft
benutzt ju werben, bietet fo oielfacbe intereffante 9Romente, bafj eS
ftetS gern oon Darftettern ber geber fomohl, wie beS ißinfelS ge*
fdjilbert würbe. DaS grofjartigfte Silb biefer 2lrt bietet jur ßeit
ber «Rhein felbft auf ber reifjenben Strecle unterhalb Scbaffhaufen.
Dem Unfunbigen brohen babei freilich nicht feiten unerwartete ©e*
fahren. SllS ich einft bei Gaufenburg bei nieberem SBafferftanbe am
Stanbe beS gluffeS auf oorfpringenbem gelfen ftanb unb bem ©e*
braufe ber gluthen äufdjaute, bie, in ben engen gelSfpalt gezwängt,
mit wilbem ©etöfe unb febäumenbem ©ifebt binunterfdjie&en, oernahm
ich plöfclicb in ber SRäbe ein EnatternbeS ©eräufcb unb fah sugleidj
am ©ingange ber Schlucht mächtige Saumftämme in wilbem Sanje
herabfahren. SRur ein febnetter Sprung brachte mich in Sicherheit;
benn einen SlugenblicE fpäter hotten bie Stämme ben Drt erreicht,
prallten mit lautem ©etön gegen bie gelfen, richteten fub auf, unb
einer fegte hart über bem SlodEe weg, auf bem ich 'eben noch geftanben.
Dann aber fanE alles wieber in ben Sdjlunb jurücE, unb bie SSaffer
trugen fie wirbelnb bem unteren Gaufe ju, wo bie Sefifcer bie fdjeinbar
herrenlofen §öljer aufftfdjten unb ju Wohl gefügten gtöfjen oerbinben.
Doch Eehren wir nach biefer Slbfdjweifung wieber ju unferer
SBanberung am gujje beS Sitifee’S jurücf! «Rahe babei liegt ber grofje
gelbberg, beS SdjwarjWalbS hödjfte ©rhebung. Sittein bie ©infamEeit,
welche anbere ^öhenpunEte beS ©ebirgeS noch umgiebt, ift hier bereits
gefdjwunben. ©ine bequeme gahrftrafje führt ju feinem ©ipfel, auf
bem ein $otel ben Souriften gute Verpflegung unb UnterEunft ge*
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52 Motor- mt floUdlrttn tm Sdpotrpaolk.
roä£)rt. 35ie ©ipfelhöt)e fclbft ift eine »eit gezogene, Eammartige glatte
fchon oberhalb ber eigentlichen ©aumregion. ftnieholj, ^eibefrout
unb niebrigeS ©eftriipp überwuchert, wie auch auf ben anberen §och=
fämnten beS ©ebirgeS, biefett ^lan. ©rofeartig ift ber Slict non biefent
Orte auf baS ju güfeen liegenbe SBalbgebirge, auf bie ferne 9Hjein*
ebene unb auf bie jenfeitigen ©ergjüge ber ©ogefen. 9ln feltenen,
günftigen Üagen aber bleibt ber ©langeffeft beS gelbbergS fein SluS*
blief auf bie betten ber Sllpen, bie in filbenten Cichtlinien als garter
©aum ben füblichen ©efidhtSfreiS umgrenzen.
Sehnlich bent ©au ber jenfeitigen ©ogefen, fällt, wie wir fahen,
ber ©efewargwatb fteil nach ber Oberrheinifchen Tiefebene gu ab,
wäljrenb er fich an ber entgegen gefegten ©eite fachte in bie fchwäbifche
Hochebene fortfefet. ©eibe ©ebirge fteigen ferner t»on Slorben her all*
malig an, unb ihre impofanteften ©ipfel liegen einanber gegenüber
im füblichen Steile, ©o fontntt eS, bafe oom gelbberg auS baS
©ebirge in fteilen, hoch übereinanber liegenben ©obenwellen fich nach
©üben hin abbadjt unb faft allenthalben begünftigte £>ochmarten gegen
bie ©efeweig unb bie Sllpen hin gewährt. 211S wir mit ber »ierfpän*
nigen ißoft nach ©üben gen ©t. ©laftert fuhren, überragte unS am
©ingange eines fyod) gelegenen SholeS ein foldjer wunberttoller 9llpen=
blief. 3t°iföen bunflen £annenwipfeln fchimmerten weiße ©chnec»
flädhen unb üerfpracljen günftigfte SluSfcfeau. Qcfe liefe ©illet unb
äßagen fahren, wanbte mich feitWärtS unb erreichte halb ben Ort
.fjöhenfdjwanb, eines ber haften Dörfer beS ©cfewargwalbS, welches
Weit unb breit baS befte 2llpen=ißanorama gewährt, gn ferner £iefe
lag baS SRhaint^at, bariiber blifete ber ©piegel ber Stare, unb weithin
geftreeft gogett jtch bie nieberen SRücfen beS ©chweiger Qura. lieber
biefem anmutfeigen ©orberbilbe ragten bie fernen ©ipfel ber ©oralpen:
ber Uettiberg bei ßimefe, ber 9figi unb ©itatuS, bie beiben ÜJHptfeen*
ftöcfe unb bie gange ftette ber ßuger* unb ©ierwalbftätter ©erge.
Slber bahinter, gu furchtbarer f)öhe anfteigenb, reiften in ergreifenber
90?ajeftät bie trofeigen Sftaffwe ber inneren ©ebiete unb ber ©entral*
fette ihre finfteren Häupter empor: ber hohe ©äntiS, baS SRtefenmaffw
beS ©lämifch mit feinen öergletfcfeerten ©chlucfeten, ber £öbi, ber
SitliS unb alte bie fRiefen beS ©enter OberlanbeS in ihren Weifeen,
fchimmernben ©chneegewänbern. 9iur ber ÜWont»©lanc, beffen weifee
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^^Srerbirtartb c4£>rfcrIiitXj
geb. bcn 25. fanuar 1818, geft. ben 1. Äuguft 1891.
4Ferbtnanb Srijlötlj.
53
Sdfneegipfel in fettenen gäHen tote ein blaffet SBölfdjen int Stau
beS £)orijontS fdjmimmen, tag oerfcfjleiert.
$n einer guten Stunbe fteigt man non £)öljenfd)ü>anb Ijinab nacf)
St. SBtafien. ^ier, im Schule ber nörblidj oorgelagerten ffoljen ©e*
birgSmauer, t)err|cf)t baS milbefte ^tirna, baS im Seretn mit ben Sor*
pilgert einer erfrifdfenben 93erg= [unb SEBalbtnft alle SSorbebingungen
eine§ betoäljrten GuftfurorteS gemährt. 3af)lreidje Ceibenbe unb (Sr-
fjolungSbebürftige nehmen benn aucf) £)ier ttmfyrenb ber befferen QalfreS*
geit if)ren 9iufenthalt. 3Bie in ben Ijödjften Sdftoarjroalbtlfälern bie
fdjinbelgebedten hmnberlidjen ßtoiebelfuppeln ber Sirdftffürme an feit*
fame Sauten £jinboftanS erinnern, fo mafjnt Ijier in St. Slafien eine
ftattlidje ®irdje mit (Säulen unb fjoljer, ftol^er Kuppel an irgenb einen
romanifd)en Ort jenfeitS ber Sllpen.
Son St. Slafien ging’S in rafd)et ffafjrt bergab burdj’S roman*
tifdje Sllbtfyal. Unfer jugenblidjer ißoftißon fdfmetterte auf feinem
§>orn lauter luftige Cieber. £)ie medten in allen SBinfeln beS £ljalS
ein frölflidjeS (§d )0 unb im §)erjen frifcf>e SBanberluft. 2llS fid) enblict)
oor unS baS 9tf)eintl)a( öffnete, fanf bereits ber Slbenb fjerab, unb
oon leisten SJtebeln umjogen, raufcf)te ber grüne Strom um bie lebten
$ö^en beS SdjtoarjtoalbS.
IftiiiiBi SdilöH.
Son $. |l. giotker.
(2Rit Portrait.)
^enn man oon 9?E)einecE am Sobenfee nacf) Söaljenljaufen gelft,
fo begegnet man auf fdjöner breiter Ganbftrajje an ber obft»
reidjen Sergffalbe oberhalb beS 2)orfeS 2d)at auf ber |)öbe
einem niebltefyen, cfjaletartig gebauten Canbljaufe, bem SuScutum beS
SaSler SilbljaiterS gerbtnanb Sdflötl).
ßierlidfe, toofflgepflegte ©artenanlagen, bie eine fünftlerifdfe £>attb
tierrat^en, umgeben baS frnuS, baS mit Salfonen gefdfmüdt ift unb
baS 2ßo£)nen barin fyetmelig macf)t. SDtfelfrere SaSler gfamilien f)aben
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/erbinanb Ädjlötlj.
fid) ott biefer Sergfjalbe angefiebeft uttb genießen mährenb beg ©ommerg
bie reine Sanbluft, mährenb anbere felbft roäfjrenb beg SBBinterS hier
bermeilen. £)ie 33iHett liegen alle fdjon ouf Suppenteller 33oben, mer*
ben ober gemeinhin ju Zfyal geregnet, ba fte nur einige ©dritte oon
ber ©renje entfernt liegen.
©djlöth’3 33illa „Me la fumo“, non betn Äünftleraufentljalt bei
SRont fo gereiften, liegt hört on ber Sanbftrafje.
333er einmal hier oben ftch befanb, füllte fid) mohl im Greife ber
Eieinen gamilie unb begehrte nimmer hinunter ju fteigen in bag ©e=
tnii^l ber 333elt; bietet ber Sanbfifj bocfj eine prächtige Slugficht auf
ben SBobenfee unb bie obftreirfjett ©efilbe beg SRheintljaleg, enblid) auf
bie blauen, buftigen ,giöf)en SSorarlbergg, bie in nicht atljugrofjer gerne
herüberleuchteten auf $hal- |)ier oben in ber Slbgefchiebenheit hotte
ber Zünftler, ganj in ber 9tähe feineg Kaufes, fein Atelier auf--
gefdjlagen, hier »ertnahrte er feine ©djä^e, bie ihm aug feiner Sfünftler*
tfjätigEeit noch nerblieben mären.
©eit fahren lebte ©chlöth mährenb ber ©ommermonate mit
feiner ©attin, einer geborenen (Smma ©engenbach, mit ber er fich im
galjre 1874 oermählt hotte, auf biefem ^uljefifc; im 3Binter meilten
fie in SBafel; immer mat ihr £mu§ offen für greunbe, bie jeitmeife
auf 33efuch famen, für gretnbe, bie ben Sünftler fennen lernen
mollten.
9ludh lebten ©ommer jog fich ©chlöth mit feiner ©attin unb
einer Mdjte nad) XEjol jurüd, ba traf ihn ein ©djlagfluft, ber ben
Zünftler theilmeife lähmte unb ihn §u fernerm ©Raffen unfähig machte,
©g mar ein harter ©chlog für ben unermüblidj thätigen 9J?ann. grei»
lieh blieb fein ©eift frifdj unb rege. Slllmälig erholte er fid) mieber.
9 todj am ©amgtog, oor ber SBunbegfeier, am 1. Stuguft, orbnete er
oor ber 2lltane feineg -gjaufeg ein fleineg geuermerE. ©g foHte bie
le§te ShötigEeit fein, bie er im üDienfte beg 33aterlanbeg oerrichtete.
Sllg am ©onntagmorgen bie gange Canbfdjaft im lichten ©onnen=
glanze erglühte, alg bie ©loden aug bem iRhcinthal herauf um 9 Uhr
gum 3D?orgengottegbienfte erElangen, ba lief; er feinen Sehnftufjl auf
bie Stltane rüden. ®a hörte er bie ©loden erElingen oon 9iah unb
gern unb mie fie oerElungen maren, mar auch fein Sehen bahin»
gegangen mie ein ©lodenElang.
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£*rbinaitb Ädjlotlj.
55
9ln feinen SobeStag legten bie Gslfäfjer ©chmei§eroetetne unb ber
©chmeijeroeretn oon Qreiburg i. 23r., unbewußt, bafe ber Zünftler
beinahe §u jener ©tunbe oerfdjieben mar, einen Äranj an baS @t. QaEobS«
benfmal.
Unb eine meitere ©ebenEfeier erhielt ber ©djöpfer beS ©t. QaEob«
benEmalS am Sage ber ©djlachtfeier felbft, ben 26. Sluguft b. Q., mo
ein ßug oon 44 Vereinen fiel) oor bem SeitEmal, baS frifc^ gefchmütft
mar, auffteltte. Qn ber h°<$ erhobenen öinfen fjiett ^peloetia einen
grünen Strang mit fdjmarjer ©Steife; baS eble .£>aupt beS ShriegerS,
ber mit bem ißfeil in ber 93ruft auf bem öftlidjeit ^ßoftamente Eniet,
unb ju bem ber geniale Zünftler beS ÄunftmerES felbft SRobetl ge«
ftanben, mar mit einem Corbeer ummunben. SaS UmfaffungSgelänber
mar fchmarj brapirt, auf bem bunEeln Untergrunbe hoben ftcf) meifje
SRofetten ab. Sie naljenben QRufiEen fpielten Srauermärfdje, bie
gönnen fenEten fid), bie ^Bannerträger ftiegen bie ©tufen l)inan unb
ftellten ficf) linES unb rechts oom SenEmal auf, bie Häupter ent«
blökten fiel)/ galt eS bocfj, ben SD?anen beS unoergeftfichen SEünftlerS
non ©otteS ©naben, unferm am 1. Sluguft baf)ingefdjiebenen SRit«
bürger Qerbinanb ©cljlöth, bie ^jutbigung ber SBaterftabt unb beS
SBaterlanbeS barpbringen. £jr. alt fRatljSherr Qm |)of trat oor unb t)ielt
folgenbe Slnfpradjc:
„Vereinte ©dhrneijerbürger unb t^eilne^menbe Qreunbe!
„2luf bem SBege ju bem ©djlacfjtfelbe oon ©t. QaEob ^aben Qf)re
Steifen einen £>alt gemalt, um bem ©djöpfer biefeS SenEtnalS audj
eine Sobtenfeier ju oeranftalten, unferm matfern fJRitbürger, §erm
Qerbinanb ©tf)töt§. 9lm 1. Sluguft, bem fc^meigerifd^en ©rünbungS«
feft unb unter ©lotfenElang am frönen ©onntagmorgen, ^at ©ott
iljn abberufen unb iljm einen fünften ©djlaf gefdjenEt. ©ein treueg,
biebereS £)erj ruf)t fern oon fjier in ber Ealten ©rbe, boef) feine 9lugen,
bie faft erblinbet marett, ftnb bem emigen 2icf)te aufgefcfjloffert.
„ße^n Qafjve beS emfigften ©djaffenS l)at eS gebraust, baS Sen!«
mal §u erftellen, um feinem gwerfe, ber fteten SanEbarEeit SajelS
gegen bie Ijilfreidje ©djmeij, bleibenben SluSbrutf §u geben, unb neun«
jefjn Qaf)re finb oerfloffen, feit ber Sunftoerein baSfetbe ber ®ater«
ftabt übergab. SamalS marb mir bie ©h re ju S^eil, bie ©inmei^ung
oorgune^men, unb Ejeute hielt ich wich, als fein befter Qreunb, oer«
pflichtet, an feiner ©tatt bie feinem ©ebäcftnif; unb feinem SBerEe
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fniintni Sdjlött).
bargebracf)te |>ulbigung entgegengunehmen unb auf« SBärmfte uer»
banfen gu foücn.
„3” beit üier Stiegern, bie auf bem gunbament in Äreugelfortn
ruhen, bem ©teinmerfer all flirte unb Sanbmann, bem Stieger, bem
$äger unb Schüßen, bem gahnenträger all gelbherr, bot ©d)Iöth bie
Sßehrfraft unfcrel 93olfel gur (Srhaltung unferer Una&hängigfeit bar»
geftellt. ©ie ftarben, mie bie ^nfdjrift betagt, mit bem SBabrfpruch:
Unfcre Seiber ben geinben, unfere ©eelen ©ott!
„©leid) ben gelben, bie feine Siinftlerbanb erfdjaffen, ift ber
Sßadere bei Seben! Sampf unb Sftüfjen erlegen, ©ollte ba nid)t bie
banfbare SSaterftabt, mie bie ^eluetia ben gefallenen Sriegem, ihm
auch beit ©iegelfrang entgegenbringen! 2ßar er e! bod), ber burd)
feine Dettfmäler für ben gelben SBinfelrieb, für bie gelben uott
©t. gafob ba! Caterlanb uerljerrlicht |at. Darum ftnb mir gefommett,
fein Slnbettfen gu effren unb feinem SBerfe mof)lterbienten Sorbeer
gu meinen.
„2Sir aber Sille mollen un! an bem Sunft» unb Opferftnn, bie
folcfje patriotifdje Denftnäler gefcfjaffen, aufrtesten in treuer Siebe gunt
SBaterlanbe unb pnt SBtvfen für alle! ©ute, @d)öne unb SBahre gu
unfere! SSolfe! 28o^lfaE)rt. — grtebe feiner Slfdje!"
Dief ergriffen ftanb bie uttjäl)(ige S3olt!menge ba unb betrachtete
ftill unb fimtenb ba! Denfmal, um fobann in ba! oon ben äWufifen
intonirte herrliche Sieb: „O mein ^eimathlanb!" träftig einguftimmen.
Damit mar bie einfache unb rührenbe Drauerfeter beenbigt unb ber
■8 U 0 fefcte fich mieber in S3emegung.
*
Der 5Hegierung!rath non S3afelftabt unb ber ©emeinberath ton
©tan! begeugten ihre Dheitnahme an bem Dobe be! Sünftler! burd)
fotgenbe gmei Schreiben:
Der Dffegierunglrath fchrieb an grau ©djlötl) u. Sl.:
. gn bem Slugenblicfe, mo nicht nur in SBafel allein, fott*
bern auch im meitern S3aterlanb ber Job biefe! aulgegeichneten 9)?anne!
betlagt mirb, brängt e! auch un!, unfer innigftel SBeileib aulgu»
fprechen. Unb gmar thun mir bie! nicht nur al! Sürger einer ©tabt,
melche in bem S3erftorbenen einen htchgefchä^ten Mitbürger terehrt
-v
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fitihmnt SdjlSlIj. 57
hat, fonbern auch im Manien ber ^teflgen Grinmohnerfchaft, benn mit
ber oon bem fjodjBega&ten Zünftler gefdjaffenen 93erberrlichung alt«
fchmeigerifchen ^jetbenmutheS h°t biefer fidf in Stffer £>ergen bis in
bie fpäteften 3 e ^ett ein bleibenbeS ®enfmat geraffen.
„^tefe ©ebanfen betoegen unS gur 23egeugung unferer lebhafteren
S^eifnabme unb mir Beehren unS befehatb, unfer SBeileib nnmit auef)
gu £>anben Qh rer gamitie auSgufpredjen. . . ."
Stuctj ber S?unftoerein non SSafel fanbte nebft einem Drange eine
hergliche SBeiteibabreffe.
®er ©emetnberath noit ©tanS fdjrieb unterm 5. Sluguft:
. 2tudj in unferem Danton, unb oorgüglidj in unferer ©e*
meinbe, ljot bte traurige SWa^rid^t, Silbljauer ©chtött) ift geftorben,
einen tiefen ©inbruef gemacht/ oerehren mir ja in iljm ben Schöpfer
unfereS 2Binfelrieb»£)enfmalS unb gar 93iele leben noch in ber ©e=
meinbe/ meiche im ^afpre 1865/ afS baS ^ervlid)e ®enfmal errichtet
mürbe, ben genialen SHinftler fehlen unb lieben lernten unb ihn bis
heute nicht oergeffen hoben, ©eien ©ie oerfidjert, bafj fein Siebenten
Bei uns nie ertöfchen mirb unb mögen ©ie bei bem herben SSerfuft
in bem ©ebanfen Sroft ftnben, bafj ber ^nngefdjiebene fich nun in
jenen Räumen befinbet, mo ber ©eift beS Qbeaten, ©dhönen unb
©uten, bem ber SSeremigte auf biefer Gerbe fdjoti mit ganger ©eele
gehulbigt, auf emig bie |)errfchaft führt ..."
$ £
*
CufaS gerbinanb ©djlöth mürbe geboren ben 25. Qaituar
1818. ©ein 33ater, Heinrich Cubmig ©djtöth, harn als ©chloffer im
Stnfange unfereS QaljrhunbertS oon Berlin nach 93afel, ^eirathete bie
Jungfrau SDtarie ©atonte Sreu unb marb 33aSterbürger. gerbinanb
mud)3 mit oier ©efchmiftern auf, bie er alle überlebte.
Ger roibmete fich, nachbem er bie ^teftgert untern unb mittleren
©hüten befudht hotte, bem ©chloffer» unb äftedjaniferhanbmerf, gang
gegen feine Steigung, aber aus ©ehorfam gegenüber feinem SSater,
metcher baSfetbe @efct)äft betrieb. Stachbem er in mehreren größeren
©tübten beS StuStanbeS, ijßariS, Cpon k. unb auch ber ©hmeig fich
in feinem Berufe auSgebilbet hotte, fehrte er nach §oufe gurücf, mo
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jftrblnanb 5djlötlj.
58
er nadj bem £obe feines ©aterS mit feinen« ©ruber Oubwig bie
©d)Iofferei unb Ofenfabrifation übernehmen mußte.
©alb ober fab er ein, bafe biefe ©efdjäftigung nicht no«h feinem
©efdjmacf war, unb bafe er ftd) jur ©ilbljauerfunft hingegen fühlte,
bie immer fein Qbeal war.
©in ©erwanbter hotte bie SBüfte feines ©aterS mobeHirt. 35aS
formen non plaftifdjen ©ebilben tag im ©tute, beim fein ©ater unb
fein ©rofeonfel hotten fidj fchon in fotdjen gingen geübt, gerbhtanb
gefiel bie Arbeit nicht, er machte fid) baran, fte nach feiner $bee auS»
juarbeiten unb ruhte nicht, bis bie SleljnlidjEeit hergefteflt war. Qe£t
war fein ©ntfdflufe gefaxt, er warf ben Jammer jur ©eite, liefe baS
geuer in ber ©ffe ruhen unb befchtofe, ftdj ber ©itbhauerei ju wibmen.
©in holbeS Qal)r nahm er geidfnungSunterridjt hei bem Später £)ie»
rontjmuS §efe in ber ©t. QohannSourftabt, bei bem ©aSter SDtaler
Steuftücf unb ging bann 1844 mit 26 fahren nach Stom, ioo er
über 30 Qal)re weilte.
©nbtich in SRotn ju fein, ber £>eimatl) alter Sötaler uub ©ilb=
haner, bem ßielpunft aller Süuftler, baS war für ©dflöth baS ©Ihfium.
©r befudjte bie oerfd)iebenen ©ilbhauerwerfftätten unb griff waefer
als Cehrling ein. ©ein §beal Waren bie flafftfchen ©djönheitsformen
ber Slntife. ©S War ein grofeeS Söagnife für ben breifeigjäljrigen
9J?ann; aber er befafe ©nergie unb SBiUenSEraft genug, um bie ©adfe
511 gutem ©nbe ju führen.
2 )er ©inbruef ber in SRom beftehenben Stunftfchähe ntufe ein über»
wöltigenber auf ©d)lötlj gewefen fein. ®rei ^afjre oerlebte er in ber
ewigen ©tabt, einem eifrigen ©tubium ber Slntife hingegeben, ohne
eS JU wagen, ben« angeborenen fd)öpferifd)en Triebe fein Stecht an»
gebeihen ju laffen . .. ©üblich oerfudjte er eS unb fchon feine erften
Arbeiten, befonberS ©üften unb ©ruppen oon Ätnbern in antifem
©tplc, hotten fi«h halb eines ungeteilten ©eifattS ju erfreuen, ©on
ba an war eS freilich noch ein weiter 2Beg bis jur monumentalen
©laftif, aber ©nergie unb Talent wiffen in fur§er 3 e *t bie weiteften
©treefen jurücfplegen.
©ein ©efährtc im Sltelier war ein Slbler, ben er oon Qugenb
an erlogen hotte, unb ben er fpäter bem joologifctjen ©arten in ©afel
fchenfte. tiefer 9lbler thront je£t, oon ©d)lötl) mobeHirt, in ©ronje
gegojfen, über bem Sltelier in £f)al.
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4tobtnanb Ädjlötl].
59
©cbliejjlidj gelang eS ©cbtöth ein eigenes Sltelier ju errichten,
ben erften fahren hatte ev allerbingS, nadjbem er fein oäterlidjeS
Vermögen bem ©tubiurn feiner S'unft geopfert hotte, mit ben ©orgen
beS Ce6en§ ju Eäntpfen, Bis er eS enbltdj jur SWeifterfdjaft gebraut
f)atte.
2Sie auf ber Sßanberfdjaft er mit feinem fötitbürger StiEolauS
fftiggenbad), bem berühmten SÖtedhaniEer, beEannt geworben unb eine
fjreunbfdfaft für baS Geben fdjlojj, fo oerbanb er ftdj mit bem 6e-
rühtuten fötaler SBecfeffer in greunbfd}aft auf GebenSjeit. SBecEeffer
befugte ihn fpäter mehrmals in S£t)at; er befanb fidf auch unter
ben Geibtragenben am SBegräbnifetage beS Zünftlers.
©djlöth warb Eeine 53itb§auer|^u(e ju ü£fjeit; er t)atte nicf)t bie
elementare 33ilbung bis hinauf ju ben £jöljen ber Äunft in ftjfte*
matifchem Ge^rgang genoffen, er mar unb blieb SlutobibaEt; um fo
höher ift anjuerEennen baS, maS er ohne bie faft unentbehrlichen
Hilfsmittel ju befi^en, geleiftet hot.
*
* *
©chlöth’S erfter ©rfolg im H e i ma ^ Qn ^ e mar baS ÜBinEelrteb»
2)enEmat ju ©tanS.
(SS mar am eibg. gfreifchiefjen oon 1853 ju Gütern, mo ber ©e*
battEe auSgefprochen mürbe, baf? baS ©chmeigeroolE feinem Stational»
helben Slmolb oon SBinEelrieb bis auf ben jag ein würbigeS 2>en b
mal fchulbig geblieben fei, unb bafs eS enblidj an ber ßeit märe, biefe
©h^nfchulb einplöfen. ®er ©ebattEe, oon ben geftbefucfjern nach
Haufe gebraiht, fanb überall gerechten SlnElang. Vereine, SBehörben
unb fßrioate maren gur ßeidjnung ber nöthigen Beiträge bereit unb
man Eam überein, bafe bem ©emeinberath oon ©tanS, bem ©eburtS*
orte SBinEelriebS, bie Geitung beS Unternehmens anheim gegeben werben
foute. Slber nicht lange, fo ftellten fich über baS 2BaS unb 2Gie 93e»
benEen ein, unb eS fudjten bie entgegengefebten Slnfichten ftch geltenb
äu machen, ob SDenEmal ober eine gemeimtübige ©tiftung, ob ein
blofcer ®enEftein auf bem ©ihlachtfelbe oon ©entpach u. f. W. ®urch
biefen Söiberftreit ber Slnftchten mürbe bie perfönüdje OpfermilligEeit
beS fßubliEuntS abgefchmächt unb fchon lag bie ©efabr nahe, bafj bie
fdföne Anregung gänzlich im ©anbe fich oerlaufe, als fich ber fdhmei*
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60 ftrthian» »djIStlj.
gertfdje Shntftoerein anljeifchig machte, bie ©adje juv 9lugführutig 3 «
bringen.
■Dtit biefem SG3crf)fcl ber öeitung war junächft, unb fetbftoer»
ftänblich, ber ©ntfdjeib getroffen, bajj bag Denfmnl ein Äunftbenfmal
werben muffe, unb um biefen ©ntfcheib nicht mehr neuer ©efährbe
augjufefcen, einigte man ficfj nun halb and) auf ein plaftifdjeg 9iunb*
bilb unb auf ©tang, a(§ beffen ©tanbort. ©g mürbe eine Äonfurrenj
3 ur ©inlieferung oon SÖtobeilcn für oaterlänbiiche Zünftler eröffnet,
wobei nacf) längerer Prüfung bag SSWobell beg Sailer ©ilbhauerg
gerbinanb ©djlöth ben erften ißreig empfing, ©djlöth erhielt ben
Auftrag, fein 9Ö?obett a(g lebenggrofjeg ©tanbbifb in weitem SWarmor
au§ 3 ufiit)ren. ßugleidj rourbe bie Grridjtung einer ^altenartigen Sftifdje
befdjfoffen, bie bem ©fulpturwerfe tfjeilg 3 unt ©dju^e gegen fd)äblichc
Söitterunggeinfltiffe, tfjeilg 3 ur ©inrafjmung unb Würbigem hinter*
grunbe bienen foCfte, wobei nodj bem S'tebengebanten Rechnung ge*
tragen werben modjte, bafj an ber ©rfteHung beg patriotifcf)en ®enf=
mafg auch ber 9 frcf)iteEtur if)r SC^eit eingeräumt werbe.
2 fber 3 ur 9lugfüfjrung biefer ©efdjlüffe mufjte oon ©eite beg
fcflWeig. Stunftoereing nod) monier ernfte Stnlauf genommen werben,
gür bag 2öinfe(rieb*£>en!ma( fteuerten bie 264 SÄitglieber beg Stunft»
oereing unb ber Sünftlergefettfdjaft 8726 §r., anbere ©efefffcfjaftcn
1454 §r., ©tabtratf) unb ßünfte 1700 gr., oerfdjiebene ißrioatper*
fonen 103 gr., 3 ufammen 11,978 g r - 63 ©t. £)ie bereits gejeidj*
neten ©eträge erreichten aber noch lange nidjt bie ©umme ber ©e»
fammtfoften (83,000 g-r.) unb bei ber injwifdjen eingetretenen 9(6»
Büfjlung beg ©ubtitums war eg Beine leichte 9lufgabe, bag 9D?angelnbc
3 ufamme* 3 ubringen. Qnbeffen Würbe auch ber ©tan 3 U ber 9luf=
ftelluugguifdhe entworfen, unb in ©out begann ©chlöth bag luftige
©ebilbe feiner ^SEjarttafie aug bem ftarren 9 J?armor h erau ® 5 u '
meifjeln.
üDag $:unftfchöne ift nie bag 2ßerf beg 9lugenb(icfg. ®er SHenfdj
hat feine hefte ßcit unb Straft baran gu wenben, wenn eg unter
feiner |>anb heroorgehen fott; bann aber oermag eg auch &ie füfjlften
fersen 3 U erwärmen unb ben ftumpfften ©inn mit bem 9 (bglan 3 e
feineg göttlichen Vtrfprungg 3 U burchleudjten. 2 )ag geigte ftd) in er*'
hebenber 2Seife, alg am 3. September 1865 bie ©nthüüunggfeier beg
61
4Ferbiitanb Sdjl8tij.
t>atevlänbifdEjen ®enEntalS Gegangen werben Eonnte.* Saufenbftimmiger
SöetfaEtSruf erfdjott, als enblidj bie HüEe fiel unb bie meinen 3Rarmor=
geftalten nun üom fyofjen fßiebeftal auf bie Sttenge herabfchauten.
2tuS biefer er^o6 ficfj bagegen rt)ie ba§ jRaufchen eines mächtig
bewegten (Stromes baS ftotge Sieb:
„Safjt böten auS alter 3ctt,
Son fü^ner ?l£>iteti §etbenftreit,
5Son ©peeraudjt unb »ilbem ©djroertfampf
Son ©djtadjtftaub unb feigem SUitbampf,
2Bir fingen beut’ ein Zeitig Sieb:
@8 gilt bent .petben SBinfetrieb!"
DaS aEgemeine ©efüljl oerlangte laut nach bem Zünftler, ©djtöth
trat uot; EeineS SBorteS mächtig, banEte er mit ftummer Verbeugung
für bie fo wohlwoEenbe SlnerEennung. (Sin foldjer Sttoment, wo bem
SEünftler bie Giebe unb Hochachtung eines ganzen VolEeS entgegen»
braust, mufj ihn für lange, bornenooEe $abre ttiühfamen SRittgenS
unb (StrebenS entfdjäbigen.
¥ #
©chiöth fdjreibt fetbft über ben (Sntmurf junt 3ßinEetrieb»®enE=
mal** folgenbeS:
„QebeS größere S'unftwerf; bezeichnet oon feinem erpten (Sntftehen
an bis ju feiner VoEenbung eine (Spod)e auS bem Geben feines Ur»
heberS; unb bie SBechfelbegiehung zwifdjen bem Zünftler unb feinem
SGßerE greift fo in Veiber ®afein ein, bafs eS unmöglich fein würbe,
ben Ursprung beS SBerEeS ju fchilbern, ohne einige Vorgänge auS beS
Zünftlers Geben ju berühren. Stefehalb, obgleich ich ni^t beafjfidjtige
meine Viographie zu fchreiben, fehe ich mich gezwungen, einige 9Ö?o»
mente meines Gebens in bie Vefchreibung oon ber (Sntftehung beS
befagten ®enEma(S einzuflechteit, unb ich thue bieS mit oielem Ver»
* Sltb 2lbgeorbnete beb Äletnen SRatheb oon Bafel fanbte biefer jur ©nthüttung
beb SBinfelrieb=!Denlmatb ben SRathbherrn 3m §of unb ben ©taatbfihreiber Dr. ©.
Bifchoff in Begleitung beb ©tanbebtoeibelb.
** $ab äßinfelrieb=®enfmal in üertteinertem iKafiftabe, für bab eibg. ©chühen»
feft 1864 alb ©abe getauft, ift nad) mehrmaliger fjanbänberung in ben Befifc beb
$rn. Sllbert Burcttjarbt, früher Äaffier beb Äunftüereinb, übergegangen.
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62 jfftbhumb ÄdjlötJj.
gnügett, »eil ich eS ^auptfdc^Iic^ bem (Srfolg, welchen ich Bei ber ©e»
Werbung um biefeS SBerf fyattz, oerbanfe, bajj ich im ©tanbe mar,
auch ferner meine Sfunft auSjuüben.
„SBenn td) mich recht erinnere, fo War eS im gahre 1853, baß
ber ©tan einer ©reiSauSfdjreibung für ein SSinf eirieb * £)enfmal oer»
öffentlich ttmrbe; aber eS fcljeint, bafj baS betreffenbe Sfomite biefen
Aufruf jut SDiitbewerbung nur fparfam ueröffentlidjte, benn bie
©chweijer Zünftler in 9iom Ratten feine Sfenntniß baoon, bis ber
©djlufjtermin für bie (Jinfenbung ber Gsntmürfe fd)on beinahe ba mar.
„!DamalS lebte icf) fdjon einige gaffte in fe^r bürftigen llmftänben,
fo baft ich allbereits anfing ben Sftutf) ju oertieren, nodj ferner auf
bem ©egafuS ber Sfunft ju reiten, unb bafj ich feft entfdjloffen mar,
^urüdfjufe^reti ju meinem frühem ©eruf, ber mir bod) menigftenS oer»
fprad), meinen gleiß mit einem forgenfreien Geben ju belohnen, falls
nicht ein günftiger llmftanb mir neue fünftlerifdje ©chaffenSfreubig»
feit bringe.
„£)alb ärgerlich, baß mir nicht mehr ßeit übrig blieb, um mein
©liidf bei ber auSgefdjriebenen Bewerbung ju oerfuchen, h°fö ent¬
mutigt, meit ich nie ©tubien über mittelalterliche Sfoftüme gemacht,
fonbernmich nur in fthliftifdjen gormen geübt hatte, mährenb ©chweijer
©ilbljauer fidh mehr mit SBerfen ber erfteren 9lrt befdjäftigten, brütete
ich über einen Gsntmurf für bieS ®en fötal unb oerfiel auf ben ©c»
banfen, Söinfelrieb als Slpotljeofe barjufteden; einen ©iinbel ©peere
in bem linfen 9lrme, mährenb bie Rechte frei auSgeftrecft blieb.
„9luf bem ©iebeftal gebachte ich ben Söinfelrieb in ©aS»9tetief an»
^ubringen, fich niebermerfenb mit ben rafch erfaßten ©feeren ber
Oefterreidher, welche in ^ß^alan 5 Oorrücfen, mährenb bie ©chweijer
über ben Gefallenen hinweg in bie ßücfen ber eifernen ©flauer hinein»
ftürmen.
„Sflachbem bie eingefanbten Entwürfe oon ben ©chiebSridjtern
geprüft worben waren, würben bie greife für bie beften Slrbeiten
oertheilt, hoch oernahm ich, baß feine ber Arbeiten würbig war, als
EDenfmal unfereS gelben auSgeführt ju werben.
„2((S ich bie ©hotographie beS mit bem erften greife gefrönten
(Entwurfes fah, fafjte ich neuen ©flutl), mich in bie ÜReihe ber ©e»
Werber ju ftellen, wenn eine jweite SluSfdjreibung erfolge, gn ber
Shat erfchien am Neujahr 1855 ber in weiterem Greife üer*
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«f^rbintnb Ädjlätij.
63
breitete ^SrofpeEt einer gweiten 'ȧreiSauSfcbreibung, in Wetter folgenbc
33or6e§afte gemocht würben:
„3EBir wollen leinen tobten Söinfelrieb, feine Sltlegorie, feine 2lpo»
t^eofe unb enblid) feine 33aS4ReliefS; baS £>enfmal fott eine übge»
runbete ©eftalt fein ober eine ©rappe, welche bie einfache S^otfa^e
oon Straolb oon SBinfelriebS £>elbentnutb barftellt.
„2)utcb biefen oeröffentlicbten *ßlan war bie gange 2luffaffung
meines SBerfeS in grage geftellt, unb bodj war bet (Entwurf feiner
SSollenbung nabe, benn id) §atte nichts anbereS gu tbun, als bie
ßentralgruppe meines auSgebacbten 23aS = SReliefS in abgerunbetcr
gorm ergaben gu mobetliren.
„2TIS \ä) ben Aufruf empfing, War icb eben baran, bie Süfte
meiner fürglidj oerftorbenen ©djwefter in SRarmor auSgufübren, unb
meine ©efunbbeit war fo hinfällig, bafc id) faum glaubte, baS 28erf
beenben gu fönnen. SReine greunbe brängten mid) aber, bic 2tuS»
fü^rung beS ©ntwurfeS für ben SBinfelrieb gu beginnen; id) erwiberte
ihnen aber: 28enn id) bie SSoöenbung ber 33üfte meiner ©djwefter
überlebe, wirb ber Entwurf gum SBinfelrieb in fürgefter grift beenbigt
fein, weit mir baS 33itb bagu beinahe ooHfommen im ©eifte t»or=
fd)Webt. Unb in ber Xljat, einen ÜRotiat, nadjbem id) baS 3Berf ber
SBruberliebe oollenbet, war aud) ber ©tttwurf gum SEBinfelrieb mobel»
lirt; meine £raft war aber gebrotzen, unb id) »erließ fRom fo fdjnell
id) fonnte, um womöglich meine ©efunbbeit in ber reinen Cuft ber
©djweigerberge wieber ^erguftellen.
„2Reinen ©ntwurf batte id) bem Sfomite beS ®enfmalS überfanbt,
bod) bauerte eS nod) bis gum ©ommer 1856, bis enblidj bie ©djiebS'
rid)ter Ufren ©pradj über bie eingegangenen ©ntwürfe abgaben. ®iefe
Ratten wä^renb biefer 3 e ü bie SRunbe burd) alle ©djweigerftäbte ge»
macht, um oor bem ißubtifum auSgefteöt gu werben.
„SRadjbem tdj eine furge Sur in ©t. 2Rori£ im Oberengabin
beenbet, lebte icb bte gange 3 c *t mit meinem Sruber in SBafcl unb
in SReuenburg, wofelbft icb »erfdjiebene ^ortraits mobeltirte, bie fpäter
in 3Rarmor auSgefübrt werben foHten.
„211S mir bie ÜRadjridjt gufam, baß mein ©ntwurf beS SBinfelrieb
angenommen worben war, als ÜRobell gu bienen, febrte icb, neu
geftürft an ©eift unb Körper, gurüdf nach 9tom. 3Rein erfteS ©e=
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64 fintlnm* SdjlSttj. _
fdjäft bafelbft mar nun, ba3 SKobett oon ber brittcn ©ruppe be§
Söinfelrteb ber gangen BeoBfid^tigten Sänge be§ 3J?onumeitt§ nach aus?»
gufübren.
„33on biefem SJtobell mürben eine 9Kenge 2lufnabmen gemalt itnb
in ber ©djtneij oerfauft, fange beoor ich ben Auftrag erlieft/ ba§»
fefbe in ber nämlichen foloffalen Sänge gu ntobettiren. Qm September
1860 mar baS SKobefl fertig, allein e§ gab barnafS einen neuen 2luf=
entsaft, ebenfomof)! au§ Mangel an ©elb, meldje§ burd) eine Sub*
ffription ^erbeigefc^afft merben fottte, rcic burd) bie ^Berechnung, ob
bie 2tu§fii£)rung in Sütarntor ober in 23ronge roeniger foftfpielig märe.
„£>ie erfte Qbee, gu (Sljren 2lrnolb3 oon SBinfelrieb ein 35enfntal
gu errichten, ging ba^in, e§ in einer Söeife gu tbun, bafs bie 2lrdji=
teftur, Sfulptur unb SWalerei barin gur ©eltung fomme; allein ba§
©rgebnifj ber Subffription bernieä, bajj ber ©ntbufiaSmuS für bie
frönen fünfte in ben meiften Steilen be§ @d)meigertanbe§ nod) feinen
fo l)of)en ©rab erreicht Ejatte, um freimillig ba8 ©elb gu einem patrio»
tif^en £>enfmal gu fpenben, nnb ba§ St'omite fab fitf) genötbigt, in
elfter Sinie oon ber SMerei abgufteben. Qn gmeiter Sinie mußte
aud) ba§ in 2luSficbt genommene EapeHenartige ©ebäube meggelaffen
merben; e§ mar eine fcbmierige Aufgabe, bie 21 u§f übrung burcb bie
Sfulptur allein gu bemerfftelligen. Ü)abei mar nun bie Qrage, ob
bie 2tu3fübrung in SKarmor, iftit einem leichten Ueberbau, mehr foften
mürbe, al§ eine ©ruppe in 23tonge..
„Qm 2ltlgemeinen macht ein Zünftler nid)t nur 2lnfprucb barauf,
in fo bel)aglid)en 23erbältniffen gu leben, mie ein |>anbtoetf§ntann,
unb fo fonnte ich leicbt in 23egiebung auf ben ^ßrei§ mit bem 23ronge=
giefser Eonfnriren.
„(Snblid) mürbe befcfjloffen, bie ©ruppe beS SBinfelrieb in carra»
rifdbem äftarmor au^gufübren, unb biefelbe burd) einen leichten Heber»
bau, beffen 2lu3fübrung einem berühmten 2lrdjiteften Übetragen mürbe,
gu f(büßen. Seßterem gefiel eä unglüdlichermeife, fidb burcb eine
fernere Steinmaffe beroorgutbun, ftatt alle Sflittel angutoenben, um
bie SBirfung ber SBilbbauerarbeit beroortreten gu laffen. ®ie Oppo»
fition meinerfeitä mürbe burcb eine fdjarfe 2lntmort be§ OuäftorS
gurücfgemiefen. äfteine 23orau§fage, bafj ber eigenmächtige 2lrchiteft
oor bem ißublifum merbe gerichtet merben, blieb unbeachtet, unb fo
erftanb baS fatale ©ebäube, meldbeä bie Sfulptur erbrüdte unb in
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4FfrMnanD
65
gemiffen ©rabe audj bcn 9?uf beS berühmten Slrdjiteften üerbunfette,
ber neben [einem mirElidjen latent für alleinfteljenbe ^Bauten bod)
niemals glüdKidj mar bei ber bloS auSfdjmücfenben Slrdjiteftur eines
anbem SunftmerfS.
„9Ketne ©ruppe ftettt bie bret giauptmomente ber ©djtacfjt bei
©empad) bar. ®ie erfte — mo bie ©djmeiäer üon ben öfterreidjifdjen
©peeren fielen, oljne bem Qfeinbe ju ftraben, brütfte idj burd) einen
auf ber ©rbe liegenben tobten ©cfjtoeiger auS; bie jmeite, bie Rettung
üor einer gänjUcfyen, fdjlimmen Sltieberlage, ift in ber SBeife bärge»
[teilt, bafj SBinfelrieb, nodj ben 9lrm tioU jufantmengeraffter ©peere
an feine 23ruft bruefenb, auf ben tobten ©dgoeijer nieberftnft. 35ie
britte bejeic^net ben ©rfolg tion SBinfelriebS Stfyat. Qd) fteÜte bieS
burdj einen jungen Shxljljirten bar, ber feine Äeule fcfjtoingenb, auf
feine SBaffenbrüber jueilt."
©September 1863 fam ©cfjlötfj nad) SBafef, ba liefj eS fid) bie
SJünftlergefetlfdjaft nidjt nehmen, ju ©Ijren @d)tötf)’S ein 33anfett im
neuen ©efellfdjaftSljaufe in SHein = SBafel ju geben, ifjrn bie ©Ijren»
mitgliebfdjaft ju erteilen unb einen ftlbemen Corbeerfranä ju über»
reifen.
StlS ©djtötlj am Sßinfelrieb»®enfmal arbeitete, mar ber Stönig
üon 33apern bamalS in 9tom, ber iljn meljreremalS in feinem Sltelier
befugte unb feljr leutfelig mit bem Zünftler üerfeljrte. ©inmal fagte
er ju ©djtötlj: „SBenn baS 2Bin!elrieb»®en!mal fertig ift, füllten fie
audj ein ©t. QafobS»$)entmal in Angriff neljmen." ®iefeS SBort
foHte fic£> halb bemaljrfjeiten.
* *
*
®aS alte ®en!mal ju @t. $afob an ber SBirS mar oermittert
unb verfallen, obfdjon eS erft 50 $afjre ftanb. ®er Äunftoerein üon
SBafel unternahm eS, ein neues, mürbigeS ®entmal erftellen §u taffen.
©S fonnte nunmehr nadj bem ©rfolge mit bem 2Bittfelrieb»®enfmal
Sftientanb anberS als ©t^lötE» baS SBerf auSfüljren. ©djtötlj ging
fofort an bie Slrbeit. @r fagt felbft über biefeS Söerf:
„©S mar feljr fdjmierig, eine -jutn ©iegeSbenlmal für eine üer»
nidjtete ©cfjaar üon Kriegern paffenbe ®arftellung ju erfinnen. ©S
liefe fic£) meber eine Ijerüorragenbe £Ijat als genügenbeS SJtotiü ge»
JBom 3uva jum ©^umrjwalb. IX. 5
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66
4Fcrbhtanb Sdjlötlj.
braunen, nod) eine ^iftorifcf»e BerfönlidjEeit finben, bie als §anpt>
figur bienen fonnte.
„®a man fornit genötigt mar, burdj eine Bereinigung non alle*
gorifdjen unb epifobifdjen Bitbern gu mitten, fo ermäljlte id) bie Hel»
Oetia at§ Hauptfigur unb begeidjnete fte näher burd) ein Streug, um»
geben non Sltpenrofen, als Stopffdjmud.
„2luf einem ißiebeftal, in ber 2ttitte eines Unterbaues aufrecht
fteljenb, bietet fte mit ihrer rechten $anb gmeige öon Gridjenlaub oier
Kriegern, bie noch int ßufammenbredjen fortfechten. (®ie oier Strieger
ftehen auf ben oier ©den beS Unterbaues.) Heloetia hebt ihre linEe
$anb gen Himmel, um ben ©egen für ben Grrfolg biefer Helbentljat
auf ihre fterbenben @öl)ne herabguflehen.
„®ie gmei giguren auf ber oorberen ©eite ber Unterlage ftetten
baS ©efeefjt gegen bie frangöfifrfje Slrrnee unb baS Hawptfchlachlfelb
auf bem Stirchhof gu ©t. Q n tob oor. ßu biefem 3 tt,ei ^ ertoählte ich
einen Bannerträger, ber in feiner ^Rechten ein ^erbrochenes ©djtoert
hält unb töbttich oerhmnbet nieberfättt auf bie SBaffen eines tobten
SltmagnaEen. ®ie anbere gfigur, ein gemöhnlicher atter Strieger, mit
SBunben im Bein, lehnt fid) gegen ein als ®enfmal hingefe^teS Streug
unb oertheibigt fid) mit einer Heüebarbe.
„®aS 9J?otiö gu einer ber gtoei Figuren auf ber Stüdfeite entnahm
ich einer Grpifobe ber ©chlacht. ®ie ©d)tt>eiger Bogertfdjü^en, toeld)e
alle ihre ^Sfeile oerbraucht hatten, gogen toelche auS ihren SBunben,
um fie toieberum auf ihre geinbe abjufchießert. 3 U biefem 3 ttjec ^
fteHte ich einen ©entSjäger mit gefenEter Strmbruft bar, ber ftd) mit
feiner rechten Hanb einen ‘pfeif auS ber SBunbe gie^t.
„®ie anbere ^9 ur ftüfct fid) auf eine ®h at fache, bie nach beenbeter
©chlacht oorfiel, als fid) ber Dritter Burtarb Sftündj oon 2Rüttchen=
ftein, melier »ährenb ber gangen ©chlacht in feinem ©djloffe oer»
weilt hatte, gleich einem Feigling bem ©djlachtfelb näherte. ®a er
Oernahm, bafc alle ©cfjweiger gefallen feien, tarn er baher, bewaffnet
oom Stopf bis gum gmfe/ um ben traurigen Slnblid einer ©chaar
gefallener gelben gu genießen. Stuf bem ©chladjtfelb mit einigen
beutfdjen Gittern angetommen, fah er unter all ben Seichen noch einen
©djweiger im SobeSEampf. Sttünd), ber in feiger ©raufamEeit ben
©terbenben bis gunt lebten Sltfjemgug höhnen mollte, rief ihm gu:
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4Ftrbiiumb Ärfjlätlj.
67
„^jeute haben mir in Stofen!" ®er Schmeiger aber fafjte feine le^te
CebengEraft gufammen, ergriff einen (Stein, augrufenb: „So frifj eine
ber Stofen!" fdjleuberte il)n mit fotc^er Äraft bent Stitter ing ©efidjt,
bafj er tobt öom ißferbe ftürgte. Stach ber Ueberlieferung mar eg
ein Urner |)auptmann Schief; ba bieg aber nicht oerbiirgt ift unb eg
effeEtooUer mirEt, bag Söitb einer SEraftanftrengung an einem nacEten
Körper gu feljen, a(g in einer ©ifenrüftung, mahlte ich 8« biefer Qigur
einen jungen fürten mit gerriffettem §emb, bag tion ber |)üfte herunter«
hängt, unb [teilte ben SlugenblidE bar, mie er ftch auf bem linEen
9lrme auf richtet unb, ben Stein in feiner Stedjten hallenb, im ^Begriffe
fteht, ihn bem Stitter an ben SEopf gu roerfen."
ßehn Qafjre hotte ber SEünftler an bem ®enEmat gearbeitet, unb
gtoar unter Stoth unb Sorgen, mie bieg beutlich aug feinen Briefen
heroorgeht, bie er an feinen intimften Qreuub in 33afel, bem Stath§«
herrn Qm |)of fc^rteb. Qn einem 58riefe oom 16. Qanuar 1867 fcfjrteb
er: „Qd) rneiß, ®u hoft oiel auf bem $alfe, hoch gibt eg noch
mere ißlagegeifter, bie ©elbnoth, fo ba| ich ntir fcfjier nicht getraue,
auch our bag Stöthigfte für meinen Sebengbebarf angufdjaffen. ©e*
lingt mir bie Arbeit, fo bin ich über StHeg hi ritüe 9- // „Anfangs SDtärg"
(fo fdjreibt er in einem 33riefe oom 3. Qebruar) „benfe ich bie §et»
oetia formen gu Eönnen, eg mirb einen fürchterlichen SJtarmorElofc
Eoften unb auch biel mehr Slrbeit, um alle bie unbequemen Höhlungen
heraugguhauen unb gu bohren, aber ich h°ff e ' @h te bamit eingulegen."
Unb bann führt er in feinem Briefe oom 16. Qanuar fort: „®ie
^eloetia mirb mein größtes SSerE merben. SDteinen Qreunb, ber big«
her mit mir baran gearbeitet hot, mufjte ich oug SJtangel an eigener
©yifteng oor SEurgem feinem Schicffal überlaffen . . . Qd) muß auf
jebe Söeife fuchen, gu ©elb gu Eommen."
Schiöth hotte gehofft, bag SDenEmal fchon 1869 fertig gu bringen,
eg Eam aber erft 1872 gur 93oHenbung.
SWit Schiöth hotte fich ouch Stöbert ®orer oon Saben um bag
ÜDenEmal bemorben. Stach ber SlugfteHung ber beiben ©ntmürfe in
natürlicher ©röfje Oon Sdjlöth unb oon üDorer auf bem 5ßetergpla§,
ergaben fich 1500 Unterfdjriften für bag Sdjlöth’fche EßrojeEt.
Stun Eam bie Eßla^frage an bie Sagegorbnung. Qn betreff
biefer Qrage gaben fomohl ber Stabtrath, alg bie ^ünftlergefeUfchaft
unb ber SEunftoerein bem 5ßlaße beg alten ®enEmalg ben 93orgug.
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68 jftrMmmb 2d)tMI|.
3ludj bic ©yperten SRidjner auS 2larau, 2trcf)iteEt in SReuenburg,
^ßtof. Qut. Stabler in 3üridj unb Q. ©. £>arbier, StrdjiteEt in Sem,
fprachen fict» für biefen ißlafc auS.
Sdjlötlj fdjreibt ju biefer Qrage am 6. Qanuar 1872: „2lu§
einem bortigen Statte entnahm ich ben Sefdjlufe beS ©rofjen SRatljeS,
bafj baS ®enEntal auf ben alten ißlaf} ju fielen Eomnten fott. So
menig nun biefeS meinen eigenen Söünfdjen entfpridjt, fo Ijabe id}
hoch wenigftenS bie ©enugtljuung, baff burd) biefe (Streitfrage bodj
gewifj gar Sieten baS fehlerhafte an biefem alten ißlafce Elar geroorben
ift, unb bafj man fidj nun mit befferer ©inftdjt gleich bei ber 2luf=
ftetlung be§ 9RonumenteS an einen meitergreifenben ißtan be§ gangen,
fpäter ober früher gu orbnenben SEafinoterrainS Ijatten wirb, ftatt ftd}
je^t bem ^Sla^e, mie er ift, angufdjmiegen. So wünfdje ich, bafj baS
SRonument mitten auf ben §ag jurücf gefegt mirb, bamit bie abfdjeu*
lidje ©rbgunge abgetragen merben fann unb baburdj fRaum gu einem
fdjönen Stuf gang gewonnen werbe."
Qm Qatjre 1872 war eS fertig geworben unb Eonnte ben 22. Quli
enthüllt werben. ©3 war ein großes f eft, baS Safet bei biefem benE*
Würbigen Stnlaffe feierte. Slbgeorbnete beS SunbeSratheS unb ber
SEantone Sern, Supern, Uri, Stfjwtjj, Unterwalben, ©laruS, gug,
Solothurn, Safetlanb uub SReuenburg waren babei oertreten, fowie
bie Eantonalen unb ftäbtifdjen Seljörben, bie politfdjen unb gefeit*
fdjaftlidjen Sereine ber Stabt, oor Sittern ber ^unftoerein, bem baS
SBerE gu oerbanEen ift, im ©angen etwa 120 Sereine unb Qafjnen.
Um fünf Ut)r SRadjmittagS Eonnte ber feierliche 2lEt ber ©nt*
fjüHung oor fidj gehen. Söätjrenb öeS 3 u ge8 m öie Sonne
etwas oerfinftert, graue ßlegenWolEen hingen am £>immel unb fchienen
bie feftoerfammlung mit einem unwillEommenen Sabe begrüben gu
Wollen. 9lfS aber bie £>ülle fiel unb bie herrliche ©eftalt ber £>etoetia
auS ben grauen Südhern heroortrat, umgeben oon ihren Söhnen, bie
im £obe3Eampfe noch gur lebten SEraftanftrengung fich emporrafften,
ba brach auch bie ©tut!) ber Slbenbfonne burch bie SßolEen hindurch
unb belebte mit roftgem Steine ben herrlichen SRarmor; mit ihm
fdjwang fich ber $>rang lange oerhaltener ©efühle auS ben §ergen
ber fefttheilneljmer empor unb machte fich burdj ein oieltaufenbftitm
migeS £jod) 8uft, unb gerne wäre Qeber in baS „SRufft bu mein
Saterlanb!" eingefatten, wenn bieS nicht eine fpegieße, freubüoß unb
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4Ferfeinanb ÄdjUHlj.
69
mit Sßirfung erfüllte Aufgabe bet bereinigten ©efangSdjöre gemefen
märe. —
|jr. 9?att)§^err Q. Q. Qm £>of leitete bie Qeier burd) eine Siebe ein,
ber mir ber oon un3 gefdfriebenen Qeftfdjrift ber „Sanier Slacbridjten"
folgenbe ©teilen entnehmen:
„ . . . ®a§ SKonument mürbe geftiftet: um ba§ Slnbenfen ber
bei ©t. Qafob gefallenen gelben ju effren, um ber fteten ®anfbar=
Eeit SBafelS gegen bie l)ilfreid)e ©c^meij bleibenben Sluäbrud ju geben,
unb um ju äeigen, ma§ bie Äunft ber ©egenmart im üDienfte be§
93aterlanbe3 ju leiften tiermag. Qe melfr baäfelbe biefen beabfitätigten
groeden entfpridjt, um fo befriebigter merben audj Sille, bie baju
beigetragen, nadj allen Kämpfen unb f)inberniffen enblidj fein bürfen.
Qn aufopfernber Siebe §u biefer fjo^en Slufgabe Ijat unfer 50iit=
bürger, 23ilbf)auer Qerbinanb ©djlötl), jeffn Qafjrc feinet SebenS baran
gegeben, feiner SBaterftabt fein 90?eiftermer! ju meinen. (Sr fjat mit
fdjöpferifdjer Straft auä roljem ©tein ba3 S3ilbmerf gefdjaffen, biefe
3toede ju erzielen unb jur Slnfcfjauung ju bringen. 2Bie aber mit
bem £obe ba§ Seben, mit ber Stieberlage ben ©ieg barfteHen?
„Unfere Seiber ben Qeinbett, unfere ©eelen — ©ott!"
mie ber SSaljrfprud) ber gelben, fo bie Qnfdjrift be§ ®enfmal§. —
®ie[er Söaljrfprurf) muffte bie ft'unft befeelen; bod) galt e§ nidjt,
mie anberämo, nur eine befonberä Ijeroorragenbe ißerfönlidffeit ju tier»
l)errlid)en. Querer unb Krieger traf ein Soo§: gu fterben für ba§
S3aterlanb.
Sluf bem Qunbament, ber Sreujesfornt, bem ©pmbol unfereS
©Ijriftenglaubenä ’ unb unferer ©ibgenoffcnfdfaft, ergeben fid) tiier ber
^elbengeftalten: ber Siitter, ber Strieggfnedjt, ber ©dfülje, ber ©tein--
rnerfer; in üjrer SJiitte bie §eloetia. — 2Sir fetjen in iljncn bargefteHt
ben eblen Qüfjrer, auf be§ QeinbeS 233affen jufammenfinfenb, ba§
©djmert jerbrodfjen, ba3 SBaniter nodj ffod)ffaltenb in fterbenber §anb.
Qljm gegenüber ben tuettergeljärteten alten Krieger mit maflenbem
33arte, auf ben ^nieen nocf) fdjüljenb ben {(eiligen 23oben be§ Qrieb»
t)ofe§ uon ©t. Qafob. — ®er träftige ©dfütje jiet|t, ben ©cfymerj
überminbcnb, au§ ber offenen 53ruft ben ißfeil unb ift entfdjloffen,
jur guten Se§e nod) bie gefpannte Slrmbruft abgubrüden;* mäfjrenb
* ©er ©ctyüfce fteltt beS ÄünfUerS eigene £üge t> ar .
70
«ffrbhmnb Sdjl5tt|.
ber |)irtenEnnbe mit Elaffenber SSuttbe ben Stein aufrafft, ben Heber*
mutt) gu ftrafen, um bann bie Seele auSguhaudjen.
So fteHt ber Sünftler in SEtiabe, Jüngling, ÜJlann unb ©reis,
im £)irten unb Sauer, im gäger unb Sd)üßen, im SErieger unb Sol*
baten, im abeligen güljrer unb SRathgeber, bie gelammte SßefjrEraft
beS Canbes bar. Sie, bie gelben, hoben baS irrige gettjan; fte Eämpften
bis gum lebten Slthemguge; nod) ein lefcteS Slufflammen eblen 2J?utheS
unb fie brechen oor Grfdjöpfung gufammen im bittem ü£obeSf<htnerge.
®a — oon ben üllpen h ern iebereilenb, tritt bie freie Tochter
^jeloetia in ihre 2Kitte unb reicht ben Eämpfenben Söhnen ben Siegel*
Etang; banEbaren, trauernben SlicfeS, mit erhobener -fpanb ruft fte
ben Segen beS Rimmels auf baS gerettete Saterlanb hetab . .
SKod) fprad) §r. Prof. g. g. üftähltj SBorte beS ®an!eS an bie
Seljörben unb gab in finniger Söeife bem 2)enEmal feine Seftimmung:
„Ga foll nicht nur ein Ghrenmal für bie lobten, e§ fott zugleich
eine Grmahnung an bie Sebeitbigen, ein in feftern Stein oerEörpertes
©elübbe ber gegenwärtigen ©efdjtechter fein, baß unfere Srcuc unb
Siebe gum Saterlanbe auf eben fo feftern ©runbe Wurgele, wie bie
unferer Säter. 3Köge auch bie Stelle, auf ber es je$t, rote oorbem
baS befcheibeue alte, fid) erhebt, am 28ege unb gleichfam als 2Seg»
roeifer gum Sdjlachtfelbe, als oermittelnbe ßroifchenftation groifchen
Safel unb ber benEroürbigen SBalftatt, benjenigen, welche ihm lieber
im 9)iittelpunEt unb ^jergen unferer Stabt ober wo fonft einen piaß
gegönnt hätten, nicht ungeeignet erfd)cinen gur SBecEung unb Selebung
oaterlänbifcher ©efühle. 2(ber nicht bloß bie oaterlänbifche, auch bie
Eünftlerifche Seite beS :DenEmalS ift für uns Sanier, bie wir an ber*
gleichen öffentlichen ^unftgebilben nicht atlgureich finb, oon h°h cr ©e*
beutung. UnbanEbar wäre eS barum, tooHten wir nicht heute beS
SDfeifterS gebenEen, beffen erprobtem SEönnen, geläutertem ©efchmacf
unb treuem, hingebenbent gleiß roir baS SßerE oetbanEen. Sein SJleißel
hätte aber brachgelegen für unS, wenn nicht ber Patriotismus unferer
Sehörben unb ber in ihnen lebenbe 3;rieb gur roürbigen 2tus[d)mücEung
unfereS Eieinen ©eroeinroefenS ihn gur 2hat berufen hätte. Unfere
Sehörben ftnb eS, Welche in fd)önem Sunbe unb regem Sßetteifer mit
ber OpfermifligEeit unferer Sürger* unb Ginmohnerfcfjaft bie Sefdjaf*
fung eines foldjen SSerEes möglich gemacht unb unS allen oorgeteudjtet
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4FtrMnanb Ädjlötlj.
71
IjctBcn mit bem 8eifpiet ebler $anbreichung. £>arum auch irrten
unfere aufrichtige 9lnertennung unb unfern marmen £)ant! Qh rer
treuen gürforge unb fchü^enben Obhut fei e§ für alte ßutunft auf’S
angetegenttichfte empfohlen . .
2lt§ te^ter SRebner fprach £>r. 33unbe3rath (Serefote im SRarnen
ber ©ibgenoffenfchaft. Unter bem tauten SSeifatt ber Sttenge bantte
ber (Sprecher in fräftigem, mit bem ißräftbenten be§ Stunftoereinä
getoedhfelten ^önbebrmf 33afel, feinem ©chlöth unb bem Vereine für
ba§ ^errticfie $)enfmat, ba§ feit einigen SRinuten, im ©lange ber
Stbenbfonne ftraljlenb, bie grofje SSerfammtung gu ungeheuchelter 33e*
geifterung fnnrife-
®er 6efcheibene Äünftter mar aBmefenb, er hotte fidj ben 3lu§=
Brüchen ber 33egeifterung unb be§ Sobe3, bie ihm bargeBoten morben
mären, burch feine gernhaltung entgiehen motten. ®ennoch h°t er
ftch in feiner ©infamfeit hergtich über bie SBemeife ber Siebe unb 3ln*
erfennung, bie ihm gu Sheit marb, gefreut.
®a§ SDenfmal enthält fotgenbe ^nfcfjriften:
UNSERE SEELEN GOTT
UNSERE LEIBER DEN FEINDEN.
AM XXVI. AUGUST M.CCCC.XXXX.ini
STARBEN IM KAMPFE
GEGEN FRANKREICH UND OESTERREICH
UNBESIEGT VOM SIEGEN ERMUEDET
DREIZEHNHUNDERT
EIDGENOSSEN UND VERBÜNDETE
BERNER
LUZERNER
URNER
SCHWYZER
UNTERWALDNER
GLARNER
ZUGER
SOLOTHURNER
NEUENBURGER
BASLER
DAS GANZE HEER.
*
GESTIFTET
VON DEN BÜRGERN BASELS
AM XXVI. AUGUST M.DCCC.LXX.II.
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72
jferbtnonfc Sdjtfittj.
35er ©runbftein beS 35enfmal$ entölt eine Shipferplatte mit
folgenber Qnfchrift:
J. N. G.
2lm 22. Quli beS QahreS 1872,
al8 ißräjtbent beS ©ibgenöfftfdjen 33unbeS mar
£>err @mil ffielti, Phil. Dr.,
Sürgermeifter oon Safel*@tabt bie Herren S. Q. SBurd^arbt, J. U. D.,
unb Q. Q. ©te^lin,
sßraftbent beS ©rofjen SRatljS f>err ©b. Sljurnehfen, J. U. D.,
^ßräftbent beS ©tabtrat^S £>err Q. Q. SOHnbet,
ift tiott bent
^unßoer ein Bafels
unter bem ^räfibium beS
Herren Q. Q. Qm £>of»Qorcart, 2llt»9tat^S^erm,
in ben 33oben, auf meinem bisher baS im Qaljre 1823 errichtete
@t. QafobS=35enEmal geftanben, tiefer ©runbftein gelegt morben, bamit
über ihm ba£ neue
&i. Ifaküfcs ■ f eitkttutl
ftdj ergebe, ein Sftonument, baju beftimmt, baS Slnbenlen ber bei
@t. QaEob gefallenen gelben ju ehren, ber 35anfbarEeit 23afel3 gegen»
über bet hilfreichen ©djmeij SluSbrud ju geben unb ju geigen, ma§ bie
Äunft im 35ienfte beS S3aterlanbe§ gu leiften uermag.
* *
*
fpr. 2tlt=5Rat£)ät)err Qm §of beurteilt ©djlöth folgenbermaften:
„©chlötlj ift ein Siealift im beften Sinne beS SSorteS. 35em in
ber ©djloffermerlftätte bei feinem 33ater, einem tüchtigen fpattbmerES*
mann, in befdjeibenen bürgerlichen SBerljältniffen aufgetoachfenen Knaben
unb Qüngling, bem eine einfache ©cfjulbilbung gu $heil mürbe, mufete
eine gemiffe ÜNüdjternheit unb Srodenheit anhaften. @r märe jeben*
falls ein gefdjidter S?unftfd)loffer gemorben, menn er biefen 58eruf fort*
gefegt hätte. 2öa§ ihn gur bilbenben ^unft gog, mar feine Qreube
am ßeichnen unb bem Unterricht ber Cehrer ber 3 e i c h nun 9^ 5 unb
SNobellirf^ule, SMterborn unb SNeuftüd. 35ie Eünftlerifcfje 2luffaffung
unb baS richtige 3 e ^ nen üerbanEte er bem Sttaler ,fp. fpefi, beffen
eifriger Spüler er mar. 35er fcfjon fchmerfäHig gemorbene SNeifter
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4FtrMnanb Sdjlätlj. 73
naßm ißn öfters auf feinen ©pajiergöngen in bie Stacßbarfcßaft mit
unb mag ißm beim ©lafe SBein neben feinen ©eßnurren gar manches
Oon feinem Slufentßalte in Italien erjagt unb baS Qntereffe für
Qtalien wacßgerufen ßaben.
(So oorbereitet, mit offenem 2luge unb geübter §anb, begann er
feine Sfünftlerlaufbaßn in fRom. ®aS Stubium ber flafßfcßen ©e*
bilbe ©riecßenlanbS unb woßl noeß meßr bie große ßeßrmeifterin aller
3hmft, bie Statur, förberten unauSgefefct feine StuSbilbung.
ßeigte bocß fcßon fein erfteS auSgefteÜteS unb oon ber öffent=
ließen SfunftauSfteHung in 33afel erworbenes 38erf, bie Sßfßcße, in
^Bewegung unb 3 art ß e (t ber formen eine oieloerfprecßenbe Begabung
beS Zünftlers. Qm reiferen SötanneSalter unb nießt befriebigt oon
tiefer Qugenbarbeit, naeß jmanjigfäßrigev ©rfaßrung, ließ eS ißm feine
Stuße, bie Aufgabe nocßmalS ju löfen. @o entftanb erft bie uoH=
enbete ^ßfßeße, ein Slbbilb weibließer Scßönßeit uttb ©ragie. ©in Sßerf,
baS in feiner 93otIfommenßeit jebem Qreunbe beS ©cßönen unb ©bien
in feiner Steinßeit unb Äeufcßßeit 23ewunberung einflößt, unb welcßeS
jeber ©allerie jur ßierbe gereicht unb baS unbebingt oon feiner 33ater»
ftabt erworben werben follte.
©S ift ßöcßft bemerfenSwertß, Wie ©eßlötß, ber in feinen Kämpfern
beS 2öinfelrieb*35enfmalS, in feinen ftrammen Sfriegern oon ©t Qafob
bie männlicße Äraft in Haltung unb ©eberbe fo meifterßaft dßaraf»
terifirte, ßinmieberum bie toeiblicßen Qiguren fo fein unb gart ju
mobelliren oerftanb. Qn praftifißer unb natürlicßer SBeife finb feine
gelben, ißrem Canbe entfprecßenb, fcßltcßt unb einfaiß- gefleibet, boeß
ift beßßalb ißre Söirfung nießt Weniger effeftooll.
©eßlötß würbe oielfatß oon ©egnem unb Söiberfacßern, bie auS
Unfenntniß ober Steib ißm ©eßwierigfeiten in ben SBeg legten, ßart
angegriffen unb feine Söerfe abfcßäßig beßanbeft. ©r war fo ebel,
baß er ißnen biefe §anblungSweifc nie üergalt; barum ßat er fieß
aber am ©t. QafobS-jDenfmal felbft bargeftellt, ber ©cßtnerjbewußte
mit bem fßfeit in ber SBruft. 2Ber im ferner Oberlanbe einem
©eßwinget beigewoßnt ßat, wirb bemerft ßaben, baß fieß ber ©eßwinger
nie bobigen läßt, ber mit ben Qüßen ben 33oben berüßrt; fein Um
gemadß fonnte unfern Zünftler ju Soben bringen; er blieb .fperr
feiner Situation unb maeßte fieß erft reeßt an bie fdßwierigften 2luf*
gaben.
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74 Itrbinanti Sdjlättj.
®aS leBenSgrofje Vilbwerf „2lbam unb ©oa" gu oollenben,
fefcte er fein gangeS Sonnen ein. ®iefe Figuren gu fdjaffen, Sflann
unb grau, in ffünftem ©benntafe, unfereS ©otteS würbige Sljat,
fdEjeint eS nicfjt Vermeffentjeit gu fein? ®en 8ef)tn gu formen, um
baS 33ifb beS SflanneS unb beS SöeibeS, bie Qbeale, bie ber Vilbljauer
in feiner Seele trug, gu geftalten, war wahrlich ein EüfjneS Unter*
fangen. 2Bol)I barf man ben, ber folcheS unternimmt, einen Sünftler
„oon ©otteS ©naben" nennen, unb ihn als folgen feiern, wenn baS
VUb iijm gelingt. Unb eS ift if)m gelungen, ©ine Vefdjreibung beS*
felben gu geben, Wäre ein unfruchtbares Vernähen, man mufe bie
©ruppe gefeljen haben.
j)aS ouale gunbament, worauf baS erfte ©Itempaar fteht, gieren
bie SteliefS ber SluStreibung auS bem ^JarabteS, ber oon ber 8anb*
arbeit auSruhenbe Vater, bie fpinnenbe SDhitter unb bie beiben ftrei*
tenben Snaben."
$r. 9Ratt)S£)err Qm §of forbert fchtiefelich feine Vaterftabt auf,
baS h^thachtbare SunftwerE ihres ÜDtitbürgerS gu erwerben, gu welchem
3wetfc wohl oiele tjiefiqe ©inwohner namhafte Summen beifteuern würben.
®ie „QHuftrirte geitung" beurtheilt baS SöerE folgenbcrtnafsen:
„®a ift ber Räuber weiblicher Schönheit über bie @oa auSgebreitet;
ahnungslos reicht fie 9lbam, an ihn gefdjmiegt, mit aufgehobener
CtnEen, ben 2tpfel hin, Währenb er fiel) finnenb auf fie nieberbeugt.
®ie giguren finb oon großer Stnmutf) unb Schönheit, ber Ceib ber
©oa oon unenblidiem Ciebreig, ber beS SftanneS oon Sraft unb ©e*
fdjmeibigEeit. ötidjtS oerräth bie Sinnlichkeit beS SlugenblidS, bie
©ruppe fteUt baS Vilb ber unfd)ulbSoollen Roheit beS SDienfchen*
gefd)lechteS bar."
Schlöth fagt felbft über biefe ©ruppe:
„Von ber Qeit an, als ich mich bem Vilbhauerberufe guwanbte,
war eitie meiner erften Qbeen, ein SBerE gu formen, baS eine parallele
bilben foHte gwifchen SJtann unb SBeib, fowofjl nad) ber Sörperbefchaffen*
heit, als nach bem geiftigen SBefen.
„Qn ber griechifchen 2Jtt)tho[ogie gibt cS oerfchiebene brauchbare
SKotioe für biefen Qwecf, hoch fanb ich EeineS, baS mir fo lieb gewefen
wäre, als bie 33ibelergät»tung üon Slbam’S unb ©oa’S Verführung
burdh bie Schlange. Von ßeit gu ßeit oerfuchte ich mit mehr ober
minber ©rfolg biefeS ßieblingSthema gu bearbeiten, ohne bafe fi<h in*
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4FrrMnanb ÄdjlStlj.
75
beffen mein ©eift baBei beruhigt fünfte. ©S bot eine ©djWierigEeit,
Welche icf) lange $eit ntc^t p überroinben betmod)te, unb nad)bem id)
meine ©ntwürfe als unbefriebigenb berwarf, fei eS megen ber äußern
formen ober bem AuSbrud beS ©ebanEenS, legte ici) biefelben bei
©eite, ohne einen weitern 33erfucf) in biefer fRid)tung p machen, bis
p bem außerorbentliefen ©rfolg, ben id) mit bem SBinfeirieb*®enEntal
unb ber Voltenbung beS SJiobellS für @t. gaEob an ber SöirS batte.
„©obalb ich wieber ein wenig mehr 9J?ußc batte, begann id) mieber
meinen CicblingSgegenftanb p entwerfen, unb ba eS mir gelungen
War, bie ©cbwierigfeiten p überwinben, Welche mir perft unitber«
fteiglid) erfchienen waren, formte idj bie ©ruppe non Abam unb ©ba
unb baS bapgebörige ^ßiebeftal in ooller Sänge, auf Weid) leiderem
ich jtoei 33aS»9teliefS anbrad)tc, oon benen baS eine bie Austreibung
Abam’S unb ©ba’S auS bem ^ßarabieS, baS gweite bie erften ©Itern
bei ber gelbarbeit barftellte, wäbrenb ihre Stnber um ben ©treitapfel
janEen, welchen fie bon ber ©epiange, bie niemals ihren ©influß auf
bie SJJenfdjeu berliert, erhalten batten.
„SWofeS hielt baS SBeib für mehr feinen Saunen unterworfen, als
ben SJfann, ba ber 9Wann mehr bie golgen feiner gmnblungen über»
benEt; aber ber Sflann wirb leichter oom Söeib überrebet, als biefeS
bon ihm. ©S ift bartnädiger bei ber Verfolgung ber ©ittgebungen
feines ©igenwillettS, ohne bie golgen p überlegen, bie auS ber Sltacf)»
giebigfeit gegen feine SBünfche entfteben. ©afür erträgt eS bann aud)
bie barauS entftehenben Hebel mit mehr ©rgebung, als ber äflann.
„Obgleich ©ba baS ^arabieS nur pgernb berläßt,. hofft fie bod)
fchon wieber eine neue §eimatb p finben, wäbrenb Abam, faft ber«
pjeifelnb, nur in ihrem grobfinn £roft finbet."
®iefe SBSorte laffen unS in ein ebel, rein unb ibeat angelegtes
Stünftlcrljerj bliden.
2BaS er bei ber Ausarbeitung ber ©ruppe Abam unb ©ba wahr«
genommen, bie fchwarje Aber im SJfarmorblod, bie ihn bann etwas
anbereS barauS fchaffen ließ, bat ben Zünftler angeregt, feine Ve»
forgniffe beim AnEaufe eines SOtfarmorblodeS nieberpfdjreiben:
,,©S ift ein bezweifeltes ©efchäft für einen Vilbljauer, einen großen
2J?armorbtod bon befter Oualität p Eaufen. 9?id)t nur, baß baS
SubiEmaß je nach bem Umfang beS ©teineS auf baS ßwei« unb
Oreifadfe fteigt, fonbern eS ift auch biel fd)Werer, bie berborgenen
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76 <#etbhurab SdjISttj.
SDtängel eines großen SDtarmorblodS gu offnen, wie biejentgen etneS
Heinen. Stadlern ber ©ilbffauer fold) einen foftbaren SBIotf gefauft
hat, fann er oon nie! ©füct fagen, wenn berfelbe gut auSfäHt, benn
je feiner bie Slrt beS SDtarmorS ift, umfo mehr ift biefer SRiffen unb
bunfeln gledett unterworfen. Oft fomrnt eS oor, ba& felbft ber
gweite ober britte ©lod weggeworfen Werben muff, unb biefeS SDtijj*
gefd)id trifft aud) nocf) gewöhnlich elfer ben armen, wie ben reifen
©ilblfouer. <Solcff ein armer Zünftler ift bann oft, ftatt burcf) feine
harte Slrbeit ©elb oerbient gu haben, gftnglich ruinirt, falls er nidjt
reiche greunbe Ifat, bie ihm wieber aufhelfen. ©ei einer oerlfüHten
fjrigur tönnen Heinere gleden überfein werben, wenn fie nicht gerabe
auf einen nacften SOfieil, befonberS nicht auf bas ©eftcht, fallen; an
einer gang nacften gigur aber, wo auch immer ein glecf fei, ift er
feffr ftörenb. ©3 gibt alterbingS eine 9lrt üott gang weitem SDtarmor,
Welche biefen häßlichen bunflen glecfen weniger unterworfen ift, aber
biefe Slrt ift bröcfetig unb oon einer abiaphnnen, fatfät)nli(hen garbe.
Stoch niemals ift mir ein großer SDtarmorblod licht, hart nnb oon
Warmer garbe oorgefommen, ohne gleden ober leichte Sßolfett. StidftS»
beftoweniger, als ich einen fchönen SDtarmor, Welchen ich getauft, um
bie ©ruppe oon Slbam unb ©oa gu meißeln, bei ©eite gefteUt hatte,
weil ein Heiner, fdfwarger (Streifen fidf über ben Knöchel Igngog, War
ich f° glücflich, einen anbern ©lod feinfter 9trt gu bemfelben gwed
gu taufen, welcher fo gut ausfiel, baß bie gange ©ruppe gu Sage
trat, ohne ben geringften Rieden ober SDtatel.
©eint ©eginit meines SBerteS war id) faft oergweifelt, Weil ber
SDtarmor fidf als abiaphan, untermifcht mit gelben (Streifen unb
gfeden, erwieS; jebocf) unter einer (Schicht oon naffegu einem
erfdhien ber SDtarmor burdfauS licht. 2)a id) bemerfte, baff ber Um»
fang beS SDtarmorS immer noct) genügte, nahm ich baS fd)on ©e»
gonnene weg unb fing oon Steuern an. ©on biefem Slugenblid an
blieb ber SDtarmor rein, fo baß biefer (Stein fowohl Wegen feiner
lid)tcn, warmen ^arbe, als wegen feiner SReinffeit ein Söunber ge»
nannt werben tonnte."
* *
*
©ine ehrenoolle Slnerfennung War eS für (Sdflötlf, als er ben
erften SßreiS für ein Senfmal beS SlbmiralS Jegetlfoff in Sßien erhielt.
Qutriguen öfterreichifeher Zünftler, welche nicht gugeben tonnten, bah
's
S
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^erbhumb S^ldtlj.
77
ein auSlanbifcfjer S3ilbl)auer baS ®enfmal auSfü!)re, Brauten eS baljin,
baff bie Ausführung $afjre lang oergögert unb bann anbern £)änben
übergeben würbe. AuS AnerEennurig für fein preiSgeErönteS 2J?obeU
erhielt Sd)töth oont SEaifer granj Qofef ben f^rang QofefS=C)rben mit
bent perfönlidjen Abelstitel.
SBie uneigennützig Sdjlötl) war, get»t auS bent Untftanbe fjeroor,
bajj er bie 3000 fl., bie er als ißreiS Dom £eget£)off=£>enfmal erhielt,
fofort einer Siebte fd)enEte.
®en 2. 2JJärg 1873 fc^reibt Sdjlötl): „!£)aS Äomite für baS
£egethoff/DenEma( fd^reibt mir, bafj ber betrag non 3000 fl. ö. SB.
in «Silber gu meiner SSerfügung bereit liege. Um biefeS ©elb bei
meinem Aufenthalte in Sßien nidjt perfönlich in (Smpfang gu neunten,
ba idj mtd) faft fdjäme, eine fotcf)e, wie auf ber Roulette gewonnene
Summe in bie £afd)e gu ftecEen, fo ecfudjte idj baS Äomite, biefelbe
für meine SRedjnung an bie fpfptn. 9Ji. Qnt |>of & Söhne in 33afel
gu überinadjen.
„®aS SRefultat mit bem £egetl)off*®enEmal f)ilft mir üieUeicf)t
auch gu einem leichtem 33erEauf meiner Arbeiten auf ber AuSftellung
unb Würbe idj biefe bort weg haben, bann bin ich ein für meine
©jrifteng gefieberter SOtann, fo bafe ich bei bem Stubium für meine
Arbeiten unb beren Ausführung nicht immer fo gu Enidern brauche/'
gür baS ®enfmal oon $faaE Qfelin EonEurrirte mit Atfreb 8ang,
SHobert 2)orer, öiieharb Sifjling, Qguel unb SSing. SSela auch Sd)föth,
ba ihm aber ber ©inlieferungStermin nicht entfprad), trat er gurücE.
gfür ein §olbein=2)enfmal befdjäftigte [ich Schlötl) auf Anregung
beS SEunftüereinS Qahre lang unb fertigte ein SftobeU in ©t)pS an,
oon bem eine Abbilbung in ber „^Huftrirten Leitung" (1890,9h:. 2478)
mit einer S3efd)reibung oon 9R. SEelterborn eyiftirt.
9iachbem SEelterbom ben Slieifter §olbein in feiner tielfadjen
SljätigEeit gefchilbert, fährt er fort: „SSon all ben ernftem, religiöfen
unb profanen SBerEen $oIbein’S h at ©djlötl) in feinem (Entwürfe
nichts angebeutet, ba baS ®enEmal fein boEtrinäreS, fonbem ein
beEoratioeS fein foU; ift es hoch in feiner gangen Anlage gur AuS*
fdjmüdEung eines SSrunnenS beftimmt. SDlit ber fcE)licf)ten, fdhlanEen
©eftalt beS 2J?alerS, wie wir fie auS feinem Selbftportrait genügenb
Eennen, h Q ^ en bie ©eftalten beS ^ßiebeftatS nur fo weit 3 u f ammens
hang, als ftd) ber 33ilbl)auer unter ben geflügelten gifdjpferben, bie
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78 ^rrblranl) ÄdjlMIj.
oon ©enien regiert rnerben, bie Söefen ben!t, bie nach griechifchem
s JUt)tbuS, bem gu golge ^BegafuS eine pofeibonifthe ©chöpfung ift, ben
©ieg beS ©eniuS über bie üftaterie borftettt. ®ie ©atqre, ®elp^in
unb ber quaEenbe grofcf), ber fic^ faunt auS bem feuchten ©temente
gu heben oermag, finb bie gefdjroä^igen SritiEer unb SRegenfenten, bie
oon ihrem nieberen ©tanbpunEt unmöglich beurtheilen Eönnen, maS
hinter ber ©tim beS HieifterS oor fich geht, ber hoch h erQ b fei” grojjeS
Auge über bie SRenfdjheit gleiten läßt unb arbeitsluftig ben pnfel
in ber Siechten hält."
Auf Seranlaffung oon ©taatSfdjreiber Dr. ©ottlieb Sifdjoff »er«
fertigte ©chlöth bie SDiobefle gu ben Süften ber ^Brofefforen ^Jßeter unb
Stubolf Sfterian, St. 9i. £)agenbad), ©chönbein, Sifdjer-Silfinger, ©er*
lach, 3>ung, A. 33inet unb AnbreaS Neuster. Següglidj ber Ausführung
in SRamtor unb ber Aufteilung in ber Aula beS 2RufeumS gab eS
©chmierigEeiten, auch »regen ber Segaljlung ber Süften, inbem Dr. Si*
fchoff bie Seftellung übernommen hatte, ohne bat er für bie Soften gebecft
mar. ©djon früher hatte ©chlöth bie 9Rarmorbüften beS ^ßrof. be SBette,
beS AfriEa*Sieifenben ©d^eif gbrahim (Cubmig SurcEljarbt uon Safel),
alt aftathöherrn ©arafin unb A. be SOieuron, 1879 bie Säften uon
|)rn. unb grau gm $of*9füfch uerfertigt.
©in fernerer Cohn feines SüngenS marb ©chlöth gu als
baS SDiufeum gu Safel bie feine, buftige ‘’ßfqcbc ermarb. §ente noch
fteht m feinem Atelier eine gmitlingSfdjmefter berfelben, erft im gahre
1882 gefchaffen, auS einem SÖiarmorblocE, ber um einer fchmargen
Aber mitten für baS große 2SerE Abam unb ©ua fich als untauglich
ermiefen hatte. ®ie ^[qdje, ftärEer nad) uorn geneigt, als bie im
SaSler SPiufeum, barf mohl, maS ßartljeit, Ausführung, ®urd)ftd)tig=
Eeit beS ÜJiarmorS, ber mie uom Ceben burd)haud)t fdjeint, als ein
SDieiftermerE ber Sunft betrachtet merben. 2öir haben unS aufrichtig
gemunbert, fagt £jr. ^Bfr. in feinem biographtfchen ArtiEel über
©chlöth, bafe biefelbe im fcfjmeig. ©alon Eeine ©nabe fanb uor ber
anEaufenben SunbeSEommiffion. ©ie mürbe fo gut, als jene in Safel
jebe ©ammlung gieren.
Son SöerEen, bie ber Sünftler fchuf, nennen mir noch bie £jaut*
reliefS beS ^ringen Anton uon £>ohengoHern=©igmaringen unb feiner
©djmefter, ber Sönigin oon Portugal (im SRaufoleum gu gechingen);
bie ©rabmäler Sh 60 * 301 ©arafin’S unb Dr. Abolf SurcEharbt*33ur<f»
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jhtMiumt Sdjlöttj. 79
ßarbt’S auf bem SEannenfelb ju IBafet in Sftarmor auSgefüßrt; bie
Sftarmorftatue (in ®/< © ri %) „Sanjenbe Sacdjantin" in ber 33iöa
Qfioritta beS [cßmetj. ^ottfulS SReuricoffre in SReapel; jmei Safen uitb
§tt>ei fmnbe nacf) SfntiEen bei bem oerftorbeneu £)6erft 9iub. 2Rerian=
Qfelin; bie ÜRatmorgruppe „©unpmeb ben Slbler fpeifenb" (in ber
©rotte feines ©artend in !£ßal); ein ©anßmeb (in Relief); ber ®i§«
EuSmerfer (lebensgroß) im SreppenßauS oon SurcEßarbt’dßaffaoant in
©. Sllban; Qufon mit bem golbenen Sließ unb StßefeuS im SRufeum
in Safel; eine Sßfpcße (in V* ©röße unb in SRarmor) bei Qm ,£>oß
SRiifdß; ein ßßriftuSEopf (in SRarmor) im §auSgange ber Qrau ©cßlötß
in Safel (©cßü^engra&en 51*), ebenfo eine Sallertua unb ein 2lmor,
ben Sogen fpannenb; ein ©tanbBilb oon OeEolampab (SRobell), enb*
ließ baS $ßracßtS6ilb, bie freilief) megen bem oorgeriiiften Slugenleiben
©cßlotß’S nod) unooHenbete Ceba mit bem ©eßtoan (im Sltelier in
Sßal).
®ie „Sanjenbe Sacdßanttn", „Slbam unb Gsoa" unb „$ßfßdße,
Slrnor evblicEettb", ßatte er an ber SßeltauSfteHung in 2ßien 1883 jur
StuSfteHung gebracht.
SBenn mir ben gmingli auf feinem pebeftal an ber Söaffer*
Eircße in ßiiricß Befcßauen, fo tuiff eS unS nießt reeßt in ben Slopf,
baß nießt ein ©eßmet^er, fonbern ein Oefterreicßer, Gatter auS SSMen,**
biefen ßmingli ßat ßerfteKen muffen; mar boeß bie ©tatue oon ©eßlötß
meit meßr ben Silbern entfpredjenb, bie mir oon ßtotngli ßaben. 3öar
benn ßmingli nießt meßr ein SerEunbiger beS GeoangeliumS, mie ißn
* 3Wit meWjen ©dfjmierigteiten ©ctylötty $u fämpfen fyatte, mag fotgenbe
fadje ittuftriren: ©dfjtötty Janbte bon 3ftom feine in Marmor auSgefütyrte Süfte
„(£$rifUtetof>f" in bie ©d^mei*. $urmte*2Iuafteüung 1862 na<$ Sern burdj einen
rötnifdjen ©pebiteur, unb 3mar bte nadj ®enua franfirt. Sftun fomrnt bie ßifte in
Sern mit einer 9tadjna$me bon 663 gr. 80 (£t. behaftet. £)er ßunftberein nimmt bie
ßifte, bte für einen 2Bert§ bon 2000 gr. beftarirt ift, nid^t an unb menbet fidj an
ben Sruber beS ÄünftterS, Soute ©c§löt§, meldjer §iefür bie §ilfe beS tyiefigen ßunffc
bereinS in Slnfprudj nimmt. ÜRacfy bem fategorifdjen ©infd^reiten be$ Sefcteren ftettt
te fiel) tyerauS, bafj ber ©pebiteur in ®enua mir nickte bir nickte 500 gr., bie biefer
an bem ©pebiteur in 3ftom ju forbern gehabt, einfadfj auf bie $ifte gefd^tagen unb
burclj 9iad(jna$me feinen Setrag erhoben tyat. 9Jtit ber Seröffentttäjung biefer §anb*
lunggmeife bebro^t, mirb bom ©pebiteur bann bie ©a<3je*au3geg(i<$en. $tefe G^riftuS-
büfte mürbe bon $rn. Dberft Sftub. SJieriamSfelin getauft.
** S)en 13. 2tyrU 1892 geftorben.
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80
jftrkhurab Srtjlätlj.
©djlöth borgeftetlt/ bie Sibel in ber CinEen unb bie $Reelfte f)o<h erhoben,
bie grofjbotfchaft oerEünbenb, als ein föriegSmann mit bem ©Zitiert,
mie ilfn Gatter bargefteHt?
Samit hätten mir bie SßerEe ©d)löth'S fEijjirt, nicht befprodjen;
eine Sefpredfung ber Eünftlerifdfen Ceiftungen beS Sereroigten über»
laffen mir gerne einer mürbigeren gfeber, mir fabelt nur bie Sau»
fteine jufammengetragen ju einem SenEmal, baS einft bem errietet
merben foH, ber feI6ft fo niete SenEntale geftiftet hot.
©d)löth f)atte nur menige ©dfüler: Stidfarb Äifeting in
ber bereits ju einer gemiffen Serüfjmtfjeit gelangt ift, Ferrari, einen
Italiener,, unb feinen Steffen $iHp ©chlötlf, ber bie SOtebaiUonS am
tßoftgebäube in Safel gemacht f»at. ©iacomo, non bem meiter öorn
bie Stebe ift, mar fein erfter ißunEtirer; bann braute er nod) einen
©effilfen tmn 9?om mit nach Safel unb naef) Stjal, bem aber bie
norbifdje Cuft nicht jufagte.
Stur nod) einige SBorte über bie ißerfönlidfEeit ©dflöth’S. 2Bir
tlfun am beften, menn mir fie bem fefeon ermähnten Siograplfen ent»
lernen, ber ben Serftorbenen beffer geEannt hat, als mir.
„©efelöth mar nid)t nur ein Zünftler non ©otteS ©naben, fon»
bern er mar auch ein burd) unb burd) ebter, freunbtidfer, liebreicher
SOtenfch- 2)tan hatte bei i§m nicht baS ©efülfl unnahbarer £)öh e ober
genialer SJtenfdjenoerachtung. Qn guten unb fchlimmen Sagen, bei
freubiger SlnerEennung, bie er fanb, unb in melfthuenber ßurücf»
fefeung blieb er fiih gleich, ruhig, frieblidj unb befdfeiben. Slufeet»
orbentliche ©eetengüte, bie manche Stotfjleibenbe in reichem SDtafec
erfahren burften, Stuf rieh tigt eit unb SieberEeit bilbeten ©runbjüge
feines ©h ara ^erS; bieS SllleS getragen non einer einfachen unb echten
grömmigEeit unb ©otteSfurcht, bie fidf auch in ben lebten CeibenS»
mochen, SlngefidjtS feines balbigen SobeS, bemährte.
„Ser Zünftler, ber breifeig $aljre lang in 9tom Edmpfte unb
rang, an ber ©eite feines treuen greunbeS SöecEeffer unb anberer
Zünftler, hotte nod) Eeinen eigenen §auSftanb grünben Eönnen. §nt
Qahre 1874 mürbe ihm eine ©attin gefdjenEt, eine SaSlerin, bie
mit Ciebe unb Serftänbnife auf fein ©dfaffen einging unb ifem feinen
lefeten CebenSabfcfjnitt noch lieblich unb forgenfrei geftaltete.
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In piln gerariifi Jrmtti.
$on $. gl. gtotfeer.
(3Jiit einet Slbbitbung.)
Danton ©ototljurn f)at in ßeit «on einem Qaljre brei ber
tjeroorragenbften SDtaler oerloren: £)en meit gereisten QranE
Surfer, ben |)immel»9)?aler gröljlidjer unb ben |)iftorien=
mater unb Qlluftrator Qennty.
$einri<ft Qennt) ftarb am 13. üluguft 1891 in ©otottjurn.
^eftigeS Slftljma «erbitterte bie SebenStage be§ fonft fo jooiaten,
liebenSmürbigen, übergeugungStreuen, burd) unb burrfj freifinnigen
SttanneS. @S mar eine Qsrtöfung auS fermeren Seiben, bafj ber S£obeS»
enget fid) feinem Säger nafjte unb it)n in bie eroige £jeimatfj abrief.
2Bir «erfolgen feinen SebenSgang an ber §anb feiner Sagebucfj»
btätter, bie un§ feine Sßittme gütigft gur §anb gefteHt unb an Stuf»
geidjnungen auS öerfdjiebenen Cluetten.
* *
*
SJiein 93ater, fagt Qennt) in feinem Sagebudj, mar Qotjann
QaEob Qennt), mit bent ®orftytmen „SBalbjoggi", benn er mar auf
bem ©ennfyof „2Balb", eine tjalbe ©tunbe «on bem bafettanbfdjaftlidjen
£)orfe Sangenbrud entfernt, 1797 geboren. (£r mar guerft 9Wöbet*
fdjreiner unb tiacfjber 3J7ed)aniEer unb macfjte bie erften SBebftüfjle für
fagonnirte ©eibenbänber. Qm Qafyre 1817 tjeirattjete er bie Slnna
Sparte Qennt), geboren 1798, bie eingige Softer beS @d)uE)tnad)er3
SÄartin Qennt), genannt „ÜDie^germarti". Qdj bin am 2. Quli 1824
geboren.
9ttS anno 1830 bie Steoolution in 33afettanb auSbrad), na^m
mein S3ater fo lebhaften StntEjeit baran, bafe er für gut fanb, mit
ber gangen Qamitie nadj Slmerifa auSgutoanbern. ®ie Stnftalten
bafür maren fefjon getroffen, bie Rapiere in Orbnung, einige Giften
S3om iQfura junt ©djtoarjtoalb. IX. 6
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82
Orr ßUirr fjrhtridj laq.
fd)on oerpacft, ba crfrantte bie SRutter unb ftarb, nad)bem fte jelfn
Sinbem ba® Sehen gegeben hatte, non benen brei im SinbeSalter
ftorben- Den ©ebanfen mit fteben Sinbern nach Stmerüa p gefjen,
gab ber Bater infomeit auf, als er allein bortfpn auSmanberte unb
unS Sin bet jurücflieB. ©S mar jmifdjen Weihnachten unb SReujafjr,
al§ er unS p oollftänbigen Waifen machte. 3)ieine fedjS ©efdjmifter
mürben ju Bermanbten get^an, ich blieb bei meinem ©roßtiater, mo
ich mel junger litt, ütacf) einer oierjährigen Schulbilbung tarn ich
im ^uni 1836 p Cheim unb Xante Seifert nach Bafel, mo ich ä u ‘
erft bei einem ©ärtner untergebracht mürbe, ba ich ober als ©emüfe»
frau nicht taugte, ftecfte man mich < n eine Seibenbanbfabrif, mo ich
juerft „Spüeleli", bann Sopierarbeiten machen mußte unb enblidj, ba
ich Anlagen pm ßeichnen hatte, pm Defftnateur beftimmt mürbe.
3u biefem 3mccfe befuchte ich bie 3eichenfchule, mo ich aujjerorbentlid)
fleißig mar. Den Winter brachte ich in einer finftem falten Dad)«
Eammer p bei einem biirftigen Oellämpchen, melcfjeS ich auS meinen
©rfparniffen angefchafft hatte unb unterhielt. Da arbeitete ich beS
0?achtS, bis mir baS Waffer in ißinfel unb ©taS gefror. Da malte
ich mein eigenes ißortrait unb bie Bilbniffe anberer ^erfonen, bie mir
gut bejahet mürben. Die ©rfpamiffe moHte ich für garben unb
Sleiber oermenben, aber mein Onfel nahm mir meinen Sparhafen
meg unb behielt ihn für fid), mie er überhaupt fid) nicht als Ber=
manbter, fonbern eher als geinb mir gegenüber benommmen hat.
3mei Qahre mar idh in ber Sehre als Deffinateur, ba erhielt ich
bon meinem Bruber, ber als SRedjanifer in Jorgen in Arbeit ftanb,
bie Anfrage, ob iih nicht p ihm Eommen unb feinen Beruf erlernen
molle. ^ch fagte fofort p, ba ich bod) bei meinen Bermanbten ein
fümmerlidjeS Sehen führte.
Sonntag ben 5. Quli 1842 oerlief? ich, mie ber Dieb in ber
SRadjt, in Begleitung meines 0-reunbeS Hermann Wortmann, Bafel,
eilte burch baS Bafelbiet ii6er bie Schafmatt nach Slarau, fam ben
jmeiten Dag in 3üri<h an unb am britten Dag auf bem Dampfboot
„SRepublifaner" nach Jorgen. Da ich nicht SRater merben fonnte, fo
mar eS mir höthft gleichgültig, melden Beruf ich ergriff. ^dj fam
nun an Drehbanf, Schraubftocf unb SlmboS unb mufjte ben pan^ig
cßfunb fchmeren Borfchlaghammer oft oon SRorgenS oier Uhr bis
SRadjtS 10 Uhr fchmingen. 2lber mie fe^r ich auch arbeitete, madjenb
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83
C^r jÄoler fytnrtdj Snmij.
uub träumenb ftecfte mir bie SJJalerei im Sopf, was mir manche
SKifehonblung üon meinem Sruber ^ujog.
tiefer 3 u f tan b tt>ar mir unerträglich, beß^atb manbte ich nticE)
non Jorgen weg, reifte mit 50 Sa£en ©eib in ber Safdje im gehruar
1843 6ei heftiger Säfte nadj 28äbenSwetl uitb nach bem fabrifreichen
Santon ©laruS, Wo ich beS AbenbS in Sitten anfant. Aber ich traf überaft
bis Sdjmanben hinauf eine gefchäftSlofe $eit unb für einen Sefftnateur
leine Arbeit. ^dj fchfug befe£)al6 ben 9tücfweg an unb in ©algenen
tm Santon Sd)Wt)j gab ich meinen festen h Q ^en Sa§en für Srob
auS; über Söollerau ging eS über bie fange Srücle nach SapperfdjWhl.
©nblidj in SöäbenSweil fanb ich in einer gfamilie ÜÖiantel, üon
ber ÜDiutter unb Softer in Wenigen Sagen geftorben war, Arbeit,
inbem ich beren Porträt malte, bie fie in ßürid) fithograp£»tren lieh.
Sa malte ich bie AngefteHten auS ber ßfabrif Sftantel, burch biefe
Würbe ich in Söäbensweif befannt unb trat fomit pm erften SDZal als
Sortraitmaler in Aquarell auf.
Ser glacfjmaler Hornberger auS bem „(Schwanen" in Safel,
mit bem ich befannt Würbe, gab mir baS ÜJJiaterial jur Oelmalerei,
ich lieferte fünf ^ßortraitS auf Siech, wefdje mir mit fecbSjeljn
granfen bejaht würben. SaS waren meine erften Serfuche in ber
Oelmalerei.
SaS war nun ein herrliches Sehen! A6er jebeS 9Jial, wenn ich
ein anbereS Portrait fah, fanb idh, wie üiel mir noch mangelte,
namentlich in ber Aquarellmalerei. Qd) fonnte bie g-arben nicht richtig
herausbringen, üon Sedjnif befaß ich nicht bie Spur, freilich war
ich bamalS erft neunzehn $al)re alt unb eS ^ätte nichts als einer
ernftmeinenben Stütze beburft, um mich pr Sunft §u führen, nach
ber ich fo fehr ftrebte. Aber ich War fremb unb mittellos, eine in bie
Söelt hinauSgeftohene SBaife.
Son UBäbenSweil, wo ich halb baS ganje Sorf gemalt ^atte,
ging ich nach ©djönenberg, wo ich bei Dr. Haufer bie Anatomie
ftubirte, malte in Hütten, in ber Spifce, im Hirjel unb auf ber Höhe,
©nbe Quni 1843 reiste ich mit meinem Sruber Johannes, mit bem
ich ntidj wieber auSgeföhnt h^tte, über Saben, burch baS gricfthal,
nach ©ofel unb üon ba nach Solmar, wo ich ^ortraitS malte, bann
nach SßalbenBnrg unb Cangenbrucf, SalSthal unb enblich nach 3 ut b s
wpl bei Solothurn.
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JJer jÄoler flemridj Ifttmj.
Qn (Solothurn lernte ich bie ©tubenten SDtarugg unb ©djilb
fenneit, ben nochmaligen ©rojjätti oom Ceberberg, ber mich ju feinen
©Item nadj ©rendjen einlub.
Qn ©rendjen jeidjnete id) eine llnjaljl ^ßortraitS, bie ich leicht
folorirte, ba§ ©tücf ju fünfzehn 33a^en. Oie 93auevntöd)ter nahmen
eS mit ber Stehntichfeit nicht gar genau, menn nur bie SBacEen roth
unb baS ©eficht meijj angeftrichen mar.
SSon ©nbe Quli bis Oftober 1844 meilte ich itn SBabe ©rendjen,
mo ich bie Sfurgäfte malte. OaS mar eine fröhliche unb forgenlofe
ßeit! ©ine grau Qacot lub mich ein, mit ihr nach ©hauybefonbS ju
gehen, eS gäbe bort oiele Slrbeit für mich unb baneben fönne ich
gran^öfifch lernen. Qcf) höbe eS fpäter bitter bereut, biefem SRatlje
nicht Qolge gegeben ju höben.
33on ©rennen meg 30 g ich nach Solothurn in’S ©olbgäjjlein ju
Qräulein ©t., mo ich ftott fleißig unb ftrebfam §u fein, geiftig »er*
bummelte. OaS ging fo bis §um 24. Quni 1847, als ich non Qreiburg
einen Stuftrag erhielt, ben ich auSfüfjrte unb nach meiner „Slblöhnung"
Qreiburg mieber oerlaffen fonnte, baS anf mich mit feinen fonber»
bünblerifchen Oenbenjen einen büftern ©inbrucf gemacht hotte. Qm
Pfarrhaus ju SBichtradj oerlebte ich bei ben ißfarrSleuten SJteuljauS,
bie ich alle malte, fcfjöne Oage unb eS that mir ber Stbfdjieb mel).
33on SBichtrach ging ich noch Solothurn unb Ceutmtyl im Slargau
ju meinem öruber QofjanneS. Stber eS mar hier nichts mit bem
^ortraitmalen, bie Ceute hotten bei bem (jeranrüdenben ©onberbunbS*
friege fein ©elb für „Shutterfeien". 23on SDterenfdjmanb auS gerieth
ich auf’S ©djtofj £>orben mit feiner munberfdjönen SluSfidjt. ®a
jeichnete ich ein Panorama, §u bem ber berühmte ©eograpfj ^jeinridj
Heller oon ßüridj bie S 3 erge benannte. Qdj blieb bis jum 12 . ültoo.
1847, mo ich burd) bie ©onberbünbler oertrieben mürbe, melche Oer*
fudjten, in’S Qreiamt einjubredjen. Qn SüJfuri mürbe ich megen meiner
ßeidjnerei gefangen, oerhört, halb aber mieber laufen gelaffen.
93on SOturi ging ich nadj ©olotljurn, auf ber gufjreife
mürbe ich breijetjn Sftal oerhaftet, fo baff ich froh mar in «Solothurn
anjufommen.
93on ©. ©tuber in Sßinterttjur erhielt ich nun ben Sluftrag, einige
Sfompofitionen aus bem ©onberbunbSfriege gu jeidjnen, bie nachher
litljographirt mürben. s Jtad)bem biefe Slrbeit oollenbet mar, ging ich
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Oer iWaUr •fijfhtrdj Sennij. 85
Töteber auf’g ©chloft Sorbett, wo icf) ein gangeg %at)V mit 3e«hnen
unb Späten gubrachte, bann ein halbeg §ahr auf bent ©djlojj .fpeibegg,
an ber aargauifch*Iugernifchen ©renge.
^n 3°f* n 9 en un & Marburg mar um jene 3 e >t bie ©tettc eine§
3eid)nitng§(e^rer§ auggefchriebai; icf) Bewarb mich barum, beftanb
auch ein Spanten, erlieft aber bie ©teffe bocf) nicht, Weil mir ein
gamilienöater mit gwölf Sinbern oorgegogen worben War. Starf)
manchen Irrfahrten fam id) wieber nad) ©olothurn.
®a§ ißortraitiren würbe mir nacfjgerabe langweilig unb ich öer=
fudjte mich in ber gebergeicfjnung unb eigenen Sontpofttionen, mit
welchen id^ bei einigen Salenbern gut anfam. Sari ©ut!ned)t in Sern,
ber Verleger beg „©djweig. Unterhaltunggbtatteg", machte mir tiiele
Seftellungen unb lub mich fogar ein, bei ihm 2öof)nuttg gu nehmen;
allein ich Se^rte halb nadh ©olothurn gurücf, ba ich bon ©utfnedjt
nicht wie eine ©itrone auSgeprefjt fein Wollte. Nachher gab ich mit
Slrtljur Sitter (§aberftich) ein E»unioriftifch s fatirife§ Statt h crau §
„©harioari", bag ich mit einem ißrämienblatte (Sreibe = 3 e > c hnung)
auSftattete: ßeuenberger empfängt bie Scrner ©efanbtfchaft in Öfter»
munbingen 1653. Slber bag SBijjblatt hielt ficb nicht, inbem ^aberftich
ein guter Stomanfchriftfteller, aber tein Ijnnwriftifcher 3 e i tun 9 g=
rebattor war.
Surch bie Silber im „©hariöari" war bie Stebaftion beg „Soft 5
heiri" auf mich aufmertfam geworben, fie engagirte mich alg Sß u f tro t° r
biefeg Slatteg, Weldje ©teile ich 14 3afjre einnahm. Oaburcfj würbe
ich in ber ©cf)roeig befannt unb erhielt oiele SefteHungen auf Silber
unb QUuftrationen. gfür ntich brauchte ich wenig, mein ganger Cupug
beftanb in fdjönen Sleibern, ba§ 3ß3irth§h Qu ^ieben, wie e§ in ©olothurn
fo auggebreitet ift, öerntochte mich nicht gu feffeln, ich blieb in meinem
3intmer unb arbeitete ober trieb ÜDtuftE, bie ich leibenfchaftlich liebte.
©ine§ fchönen ©onntagg SDtittagg Eam Citljograph Sümmertp oon
Sem gu mir unb machte mir ben Sorfdjlag, nach Sern gu Eommen
unb mit Dr. ©tanf} bie fierauggabe beg hiftorifchen gfeftgugeg, ber
im §uni 1853 gu ©Ijren beg ©intrittg Serng in ben ©cfjweigerbunb
ftattfinben foKte, gu übernehmen. Stach langem 3ögern folgte ich bem
Slnerbieten unb übernahm bie Aufgabe, an ber ich üiergeffn Sage lang
geichnete, Welche bann lithographirt würbe.
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Dir jÄolfr Ut'mrWj Itmnj.
86
J>er „Softßeiri", melcßer nur eine geringe SlBonnentenjaßl ßatte,
erfreute fidß burcf) meine Silber einer bebeutenb großem Staffage,
meßßalb er ftatt alle oierjeßn Jage regelmäßig atte acßt Jage er*
fcßeinen mußte. Söäßrenb be§ 5£rintlriege3 mar ber „Sßoftßeiri" fogar
ein feßr gutes Statt unb icß mürbe infolge beffen oft in ben öffent»
liefen Stättern ermahnt.
2ll£ id) in Sern Bei Dr. ©tanfc geidßnete, fpraeß er mir bamalS
feßon oon einer größern SluSgabe beS ßiftorifeßen gugeS unb fo ftebelte
icß jum jmeiten SDtal mit ©atf unb Sßa<f ju Dr. ©tanfj in’S ©cßtößli
auf bem galfenpläfjli (große ©cßanje) über, mo icß oon biefer fiitber*
lofen (Sße mit Ciebe unb SluSjeicßnung Beßanbelt mürbe. Dr. ©tan£
mar eine fanguinifeße Statur, e§ mar nießt gut auS^ufommen mit ißtn
unb fidß fetBft ßielt er immer für feßlerloS. ($S ßanbelte fidß in Sern
barum, ben ßiftoriftßen geftjug in 60 Silbern oßne bie Jonplatten
ju jeidßnen, maS mieß üom OftoBer 1853 bis jum gebruar 1855
Befcßaftigt ßielt unb mir 1500 graule tt cintrug.
Söaßrenb icß in Sern arbeitete, lub mieß Dr. ©tanß im gaßre
1854 ein, bie StuSfiellung in Sftüncßen ju befueßen, um midß oon
meiner Slnftrengung etrnas ju erßolen. jie Steife Bot oiel 2l6mecߧ=
lung unb tßat mir moßl. Ja ertönte ber ©cßrecfenSruf: „Jie Sßotera
ift in SJtüncßen auSgebrodßen!" Slber icß ließ rnieß nießt abfeßreefen,
fonbern Blieb noeß einige Jage, fußr bann über SlugSburg, Stuttgart,
StarSruße naeß Safel, mo icß meinen greunb granj StiggenBadß Befucßte
unb über Cangenbrucf unb ©olotßurn noeß Sern jurüdlfeßrte.
Jer (SinbrucE ber ganzen GsrßolungSreife mar lein Befonberlicßer.
Sor SlHent mar icß enttäufeßt, nicßtS imponirte mir, felbft (SorneliuS
unb Staulbacß nießt, bie oon ber ©emoßnßeit oergötterten Stünftler.
gm gaßre 1855 leßrte icß oon Sern mieber itacß ©olotßurn
jurücf, mo icß baS tängft in meinem Stopfe feßlummernbe ^ßrojeft
„bie ©eßmeijergefeßießte in Silbern" Bearbeitete unb biefeS in meßreren
Slompofitionen oerfeßiebenen SerlagSßanbtungen einreießte. Steine ber*
felben naßm baS Sßrojeft an; ba oerfeßentte icß nadß unb naeß bie
mit ber geber auSgefüßrten 3 e ^ Ttutt f! en / idß in ber golge Be*
bauerte, ba bie Silber ßauptfäcßlicß bie -größten SOtomente auS ber
©eßmeijergefeßießte barftellten.
gn ©olotßurn, mo idß bei grau ?ßrofeffor §>ugi moßnte, oerfudßte
icß mieß in ßiftorifeßen Jarftetlungen in Del, maS mir aber nie redßt
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D*r Äler 'QclnrWj 3*nmj.
87
getingen mollte, benn gemöfjnlicf) oerbarb icf) mit ben immer trüben
färben meine Sfompofitionen, metl mir ba§ richtige Qurbengefüf)l für
Oel fehlte.
Ourd) einen 5tuftrag fam icf) im ©ommer 1856 nad) Safel unb
mottte mich bort nieberlaffen. Oa§ reifte Safel befanb fiel) aber in
ben Serien unb fomit tiefen bie SefteKungen auf Silber fefjr fpärlidh
ein; icf) fanb für beffer, itüd) roieber naefj ©olotfjurn prüefjubegeben,
elje idj gang uon 2 Ritteln entblößt fei.
Qm gleichen ©ommer erhielt icf) ben öluftrag, für bie „Qiluftration"
oon 5ßari§ unb bie „QHuftrirte Qeitung" uon Ceipjig ©pifoben auS
bem atotjaliftenputfd) in 9teuenburg -ju jeichnen unb namentlich aud)
fßortraitS aufäutteljmen, rnobei idEj Slufnaljmen oon (S^auyöefonöö unb
Code ju machen Ijatte. Qit ©olothunt führte ich bann meine Silber
au§ unb jeidjnete ba§ „fRufft bu mein Saterlanb \“, meldjeS Silb im
„ißoftfjeiri" erfchieit unb in einer Sluflage oon 20,000 ©jremplaren
unter bie eibgenöffifchen Gruppen oertheilt mürbe.
StlS „eibgenöffifdjer ©d)Iad)tenmaler" ging ich «ach Safel unb
jeidhnete bamalö auch mehrere Silber für bie „QHuftrirte 3 e ibunfl //
in Ceipjig.
Qm Qrühjaljr 1857 lernte ich in Safel bei Q-. SBortmann
Qräulein SRarie ©chneiber fennen, mit metcher ich mich ben 28. 5luguft
oerlobte unb ben 18. Qebruar 1858 bie Sermähtung feierte.
* *
*
2 Bir finb bis je£t bem Sagebuch unfereS QreunbeS jientlidj genau
gefolgt unb fj«ben mit SluSlaffung oon unbebeutenben (Einzelheiten
fein Ceben befdjrieben; mir oerfahren oon nun an etmaS fummarifdjer.
Qennp übernahm in ber golge baS 9touleaugefd)äft Sonfitch»©roj 3 *
mann in Slarburg, 50 g ben 10 . Oftober 1859 mit feiner ganzen
.Qamilie oon Safel borthin. Oie ©rfaljrungen in 5larburg maren aber
unangenehme unb bie ©nttäufefjung feine geringe, fo bofj er ben
23. Sluguft 1862 Slarburg mieber oerließ unb nach ©olotljurn 30 g,
ba Sudjljänbler ©djerer bafelbft 2Riene zeigte, bie „©cfmeijergefchtchte
in Silbern" ju unternehmen, frf)tießlich ober fo feljr bamit jögerte,
bafs er gerichtlich eingeflagt merben muffte. Oie Seftetlungen oon auS-
länbifchen Qeitungen liefen auch nicht fo zahlreich ein, fo bah Qennto
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88 Der 4Waler fjetnrtdj Senmj.
froh mar, beim eibgenöffifdjen ©chü^enfeft in ©h Q uybefonb3 1863 fid)
Bet^eitigt 51 t feiert. §ier lernte er niete Sltänner fennen, beren
Qreunbfcfjaft if)m merthooH mar, mie biejettige be§ 9Kater§ Sluguft
Vachelin in 9Jtarin (f. „Vom Qura jum ©chmarjmalb" 1891, 2 . $eft).
3 )ann plante er eine Sßrad)tau3ga6e ju ©cJjiHer’S „SBilhelm Seil"
unb fefjte fiel) ju biefem ßtoeefe mit Qr. ©chultheß in Zürich in Ver»
binbung'; ba aber ba§ Verlagsrecht ju ©chiller’S Sßerten nocfj nicht
abgelaufen mar, fo gerrann auch biefeS ißrojett. Um bie angefertigten
ßeicfjnungen nicht unnü| gemacht ju höben, fo manbte fich Qennt) an
Dreß, Qüfjli & (Eie. in ßüricfj, beren Inhaber Qifdj'-ftagenbuch auf
ben ©ebanten ber Vermertljung einging, ben armen Zünftler hinhielt,
um gute^t baS ißrojett in ©anb oerlaufen gu laffen.
• Qm Qafjre 1864 erhielt Qennt) ben Auftrag, bie fecfj3f)nnbert=
jährige VefreiungSfeier ber ©tabt VMntertfjur burdj einen t)iftorifcf)eri
Qeftgug malerifch barguftellen. ®ie ßeit, ein Vierteljahr, mar lurg
bemeffen, aber Qennt) löste bie Aufgabe gu größter ßuf rieben heit ber
©tabt unb begog bafitr ein Honorar oon 3600 Q-ranf'en. 9tud) ber
^jiftorienmaler Vogel unb Heinrich Sramer auS ßürid) golltcn ihm
alle Slnertennung für feine Ceiftung in ber Stoftümlunbe unb Qn*
feenirung ber gugeS.
Qm ©ommer 1865 unternahm Qennt) eine ©teingeidjnung be§
SßingerfefteS in Veoet), bei melchem Unternehmen ihm aber 300
Qranfen oottt Honorar abgewogen mürben, megen ber fdhtechten litljo*
graphifdjen Slrbeit.
ÜEhetlä in ©enf, tljeilS ju £>aufe geichnete Qennt) im ©ommer
1864 grnei grojje Arbeiten:
„Le retour de Bezanson Hugues et les autres eugenots gene¬
vois fugitifs aveo les lettres de combourgeoisies de Fribourg et
de Berne le 21 fevrier 1526. Cortege historique projete pour les
fetes de septembre 1864“ unb bie ©Sfalabe in ©enf. £)a erhielt
er bie ©epefdje, eS fei eine ffteüolution in ©enf auSgebrod)en unb er
müffe mit feiner Slrbeit einhalten. 2ludj befuchte er 1865 bie ©nt»
hütlung beS 2Bin!elrieb=®enfmalS üon ©djlötf) in ©tang unb machte
ein Vilb oon biefer erfjebenben Qeier.
* *
*
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Der fltaler fifinridj Sfnntj. 89
Xie oiefge^n Qaljre, tt)erc£)e Qennt) bom Xezember 1865 Big 1878
in Xeutfdjlanb gu6vad)te unb wo er fidj in Berlin, Ceipgig, SBcmbö-
Becf unb (Solingen auffjieft, welche 3 e ^ immer bon fRofentagen
Begleitet war, motten wir mit ©tittfcfjweigen übergeben.
Xen 1. Qebruar 1874 ^atte eine Xante ©djneiber in Serlin
Qennp ein Segat bon 1500 Xljalern hintertaffen. Xag brachte ihm
toieber beffere Saune. Xazu War jiEjm bon Sßenget in SSeißen*
Burg im ©Ifaß eine ©teile in 2lugficf)t geftettt unb bon Surg in
4?otftein h a U e er eine Seftellung auf ein Slltarblatt (Slbenbmahl) er»
halten. Qennp machte ficf) fofort an bie Arbeit biefeg leßtcrn Silbeg
unb lieferte bagfelbe @nbe äftärj ab; eg gefiel fo gut, baß eg alg ein
ttnrEticbeg äReifterwer! bon einem Sölatte ber Umgebung bezeichnet Wirb.
Xag ©leidfe wirb auch non einem Silbe getagt, bag Qcnnt) für bie
Kirdje in Qeuenftabt walte unb bag ©hriftug am Kreuze barftettt.
Xie Silber aber, bie er währenb beg 1866er Kriegeg gemalt, haben
ihm einen eljrenbotten Flamen gemacht. Xie ißortraitg beg Köntgg
oon ißreußen, beg Kronprinzen griebrich, beg Prinzen Karl, SJtoltle'g
unb SigmarcE’g waren bon fpredjenber Slehnlidjfeit. Som König
tourbe ihm ein eigeneg Xanffchreiben zugefertigt.
2 lußerbem hat Qennt) in zwölf £)riginal»Qlluftrationen ein ,,©ff'e»
harb»9llbum /y herauggegeben, bag in unoeränberlicfjem Sichtbrmf bon
Ber Kunftanftalt bon 9tömmler unb Qonag, |>ofphotograpl)en in
Xregbcn auggefül)rt in britter Auflage in ber ^ubotphi’fchen Such»
hanblung in Hamburg erfchien. ©dfon bag Xitelblatt beweigt, welche
große ©abe Qennp für bie Kompofition befaß. Xie zwölf Silber
enthalten: Herzogin §>abmig befucht bag Klofter ©t. ©allen. Xer
Ueberfall im SBalbe. Xie SSalbfrau. Xer Sitte in ber ^jeibenhölfle.
Xie Hunnen auf 9?ekhenau. Slubifaj unb «fpabermoth’S Xantopfer.
•|)abmig in ber Kapelle, Qm Kerfer. Xie Qtucht. Qm Söilbftrchlein.
Stuf ber ©benalp. ©fEeharb’g 2tbfd)ieb. Xie Silber finb fehr fdjön,
reich in ber ©ruppirung, reatifiifd) in ber Stuffaffung. ©inzelne
Slätter ftnb wahre 9Reifterwerfe. ©(habe, baß bie Herzogin nidjt etwag
ibealer aufgefaßt ift. Qn ber ©cfjweiz finb fie wenig befannt.
* *
*
Qennp fehnte fidf nach ber ^eimath- Qm SRooember 1878 erhielt
er nach bem Xobe beg ißrof. Xaoerna einen 9tuf oon ber heimathlichen
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90 Ber Klater f}elnrfdj Senng.
Regierung al§ 3 e ^ nun 9 § ^ e ^ rer an Stantonäfcfeule. SBie gerne
folgte er biefem Stufe, ©eitler feat er ©olotfeurn bauemb nie oer»
iaffen. ©rft jefet begann ein freubigeä ©Raffen in ber ©d^ute unb
ju |>aufe. Qn ©olotfeurn toirfte ^ennp fefer anregenb unb jog mancfeeä
junge Talent feeran. ®er Serfefer jtoifcfeen öeferer unb ©cfeüler toar,
»ie $rof. ©eroert in ber „©onntagäpoft" fcfereibt, ein feeimelicfeer,
gemutfelicfeer, faft freunbfcbjaftlidjer unb toenn ^;ennt)’S f>erjen§güte
oon ber Qjugenb, bie ja feine Smgenb fennt, audj mancfemal mifebraudfet
tourbe, fo liefe er fidj bocfe fetneetoegS beirren.
SBäfetenb biefe§ oierten unb lefeten ©olotfeurner StufentfealteS
fd^uf Qennfe mehrere gröfeere feiftorifcfee Silber, ©jenen au§ ber
©olotfeurner-' unb ©cfetoeijergcfcfeidfete: §>au3 Stoffe oor bem ©icfetfeor
(au§ Slnlafe eines Stantonalfcfeüfeenfefteä); ein allegorifdfeeä Silb: 2luf*
nafeme §reiburg§ unb ©olotfeurn^ in ben eibgen. Sunb (1481); bie
Selagcrung ©olotfeurn^; bie Xagfafeung oon @tan§; ©cfeultfeeife
SBengi, bie Sorftabt'Stircfemeife oon ©olotfeurn (1499). (@. bie Slbbil*
buug.) SDteferere biefer Silber fcfemüden bie SBänbe be§ Cafe de la
Poste unb ber SBirtfefcfeaft ©cfeneiber in ber Sorftabt unb oerleifeen
biefen Cofalen ettou§ SlnfeeimelnbeS, ein cfearafteriftifcfeeS ©epräge, ba§
fte oon getoöfenlicfeen 2öirtfefdjaft3lofalitäten unterfdfeeibet.
ÜJtit toelcfeer aufeerorbentlicfeen 2 D?eifterfcfeaft Qentip bie geber in
ber ßeicfenung feanbfeabte, baoon legt berebteS 3 eu 8 n *ft Sllbutn
feeroorragenber ©olotfeurner ©cferiftfteller unb Stirn ft ler, ba3 feiner
3cit auf Slnregung bcö §errn StSt. Slffolter cntftanb unb oorjüglidj
gelungene ißortraitä in prächtigen aHegorifdjen Untrafemungen auf*
toeiöt. Qn Del fcf)uf Qennfe bie fpretfecnbcifenlicfeen ißortraitä bc§ Canb*
amntannS Sigier, be§ Sifcfeofä giala u. a. nt.
$m ©ifeungSfaale be3 ©emeinberatfeeS oon 3 0 fengen feüngt in
gefcfentacfooHer Umrafemung Qenttp’§ Silb: „3)ie Sluffinbung ber Ceicfee
StiflauS S£feut’3 nacfe ber ©cfelad)t bei ©entpacfe.“
Sei all ben ernften Slrbeiten fonnte fteinricfe Qennfe ba§ feumo*
riftifdje ©lernent, baä in ifetn ftecfte, ntcfet oerfeeimlicfeen. 3 uer fe ntirfte
er am toiebergegrünbeten „^oftfeeiri" mit, au bem er 14 Qafere f. 3*
gearbeitet featte, unb glaubte ifen toieber in bie Ipöfee bringen ju
fönnen, aber bie 3 e ^ cn $iloriu§ 3 mnter 9 r n n / bes ©artenfeag«
malere unb be§ Slauen ÖeifteS roaren oorbei, ber neue „ißoftfeeiri“
fam auf feinen grünen 3 lDe *9 unb mufete nad) einjäferigem Seftefeen
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ffler Äler ^elttrtöj Senntj.
1887 fein ©ingeßen anEünbigen. Qn ber festen Plummer beg SBfatteS
Bringt er itocß ein Sarßfd^ieb§6itb/ bag ung gang meßntütßig ftiramt:
35 er „ißoftßeiri" manbert mit ^uleS, bem ©artenßagntaler unb ben
SRitgliebern beg Blauen Seiftet gutit <Sicf)tf)ore ßinaug, bepacEt unb
Beloben, mäßrenb £)ilariug immergrün mit bem (Slifi bon ber Slltane
beg Jßoteg hinunter grüßen. „($s finb nicßt fomoßl Umftänbe ge*
fcßäftlicßer 3trt," fagt bie fRebaEtion in ißrern ©pilog, „alg btelmeßr
gerabe ßerauggefagt! — bie trübfeligen innern Serßältniffe unfereg
Cänbcßens, melcße eg ung grünblicß berleibet Baben, bag Eieine Unter*
nehmen, bag mit ber 3 e >* entfeßieben profperirt bjatte, länger fortju*
feßeti. 35er §umor ift jum Teufel gegangen unb mie »eilanb ber
SBittenBerger 2Rönd) feßmeißen mir ba§ Tintenfaß an bie 3öanb ad
rei memoriam (!) unb bie geber unter ben ütifcß, froß einer ber*
bammten Caft lebig gemorben ju fein/ melcße unter anbern Serßätt*
niffen für ung maßrßaftig ein ©paß gemefen märe!“
SRun manbte fieß Qenttß bem „SRebelfpalter“ in .gürieß ju, bem
er eine Slnga^l feE»r feßöner Silber lieferte/ boeß ber Sob näßte ßeran
unb naßm ißm ©tift unb ©riffel aug ber §anb.
Unter feinem SRacßlaffe befinben fieß u. 31. folgenbe Sufcßgemälbe:
3ag naeß ber ©cßlacßt bei ©t !gaEob; ©treitenbe ©emgjäger; Ugo*
Uno mit feinen ©öffnen im ^Htngertßurm ju $ßifa; ber EranEe ©albin;
Sonnibarb im ©cßloß bon Gljiüon (Illustration nationale Nr. 4)
mürbe jüngft berEauft. ferner SlquareHe: Ecce Homo! Uri fRotß*
ftocE; Saubenlocßfcßlucßt bei Siel; SeufelgbrücEe; ©emgjäger. Oelbilber:
^Raubritter; Slarburg bei Olten; gwifeßen Qura unb 3llpen; Sor ber
Kapelle; SEinber, Srombeeren fueßenb; 3ln ber Sirg; 3obtenfee.
Qn Sufcß ausgefüßrt malte er in außergemößnlicßer ©vöße eine
feßmeij. ßiftorifeße Silbergallerie, bie in einem Sllbum bereinigt unb
atg 5ßf|otograp>E>ie n ßerauggeEommen finb: 3)ie ©innaßme ber Surg
SRotyberg 1307: bie ©cßlacfjt bei äRorgarten; bie Selagerung bon
©olotßurn; bie Sagfatjung bon ©tang mit SRiEtaug bon ber glüe;
©cßultßeiß 3öengi (1533).
SRocß Baben mir jmeier Silber ju ermäBnen: 35er SauernfüBrer
SRiElaug öeuenberger auf bem ©ftermunbingerfelb (1653) unb ©cBult*
Beiß ©teiger im ©raußolä (1798) unb boeß ßoben mir nießt bie £)älfte
angejeigt alleg beffen, mag ^enntj in feiner fangen Äünftlerlaufbaßn
gefeßaffen ßat.
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92
Cer JHalfr fletnrtdr Jfmnj.
@eme Stunft, ju ber er ftcf) nur burcf) feine ©enialität tjeraufge*
arbeitet bot, b Qtte ä^oet Seiten: £>ie ^iftorienmalerei unb bie ©enre*
malerei. Sie jeigt aucf) bie ©igeitart ^ennp’S: glücfliebe Stompofition
unb träftige, au§brud§ooHe ©eftaltunq ber einzelnen Figuren. Qennp
erinnert un§ uielfad) an ben Iängft oerftorbenen SRaler SRartin ®ifteli,
obfebon er nie fein Stüter gewefen ift.
2Bie mir au§ feinen Jagebucbblättern gefeben, bat Qennp eine
öielfacb bewegte, namentlich in feiner Qugenbjcit unb in 2)eutfcblanb
ärmliche 23ergangenbeit bt n i er fi<h> 9Rod)te ibm ba3 Sdjicffal auch
noch fo hart ntitfpielen, gang tiefe er ben Stopf nie bangen; immer
gewann feine jooiale, gefunbe unb frifd^e SRatur bie Oberbanb. ®abei
war er energifd) unb raftloS tbätig unb wahr ift, wa3 einer feiner
Sdbüler in einem poetifdjen SRacffruf oon ibm fagt:
S33a§ bein ÄünfltergeniuS gefdjaffen
Sebt in feiner ©d)önbeit ewig fort!
2Bie bie ©dje trogt bem ©turmeSbeben,
Jrateft bn entgegen bem ©efd)itf,
ÜDocb oon beinern cblen $ünftlerftreben
§ielt ba$ ©djitfial niemals bid) jurüd!
f$a, bu trarft in beinern ©benleben
1(3 ein idjöpfung3reicber ©eift geehrt;
3egt, ba büft've ©chatten bidb umgeben,
Stennt man beineS ©tifte3 oollen SBertl)!
9)iand)c3 luge fonnteft bu erfreuen,
ÜRandjcn jungen ©eift baft bu entflammt,
2)od) bie Üiebe, treldje mir bir treiben,
lud) »ott beiner §ergen3güte ftammt.
* *
*
Samftag ben 15. luguft 1891 SRad)mittag^ 2 Ubr bei faft tropifdjer
f>i£e begleiteten bie fßrofefforen unb Schüler ber StantonSfdjule unb
•eine grofee Injabt greunbe unb fBetannte ^ennp’ä feine fterblicben
Ueberrefte auf ben ^atbarinen=©otte3ader jur testen fRubeftätte.
$er fReftor Dr. Kaufmann entwarf in auSgejeicbneter fRebe ein
33ilb beS 8eben§ unb SBirfenS be§ genialen StünftlerS, ber noch lange
fortleben wirb in ber folotburnifcben 33euölferung, benn mit ibm ift
ein gut Stücf Solotburnergefcbicbte ju ©rabe geftiegen.
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tferetnigang oon ©ro$- mtb Älfln-^afel.
93
Jmtoipug mra $ro| uni filriu=jSaftl.
2luS einem Bortrage oon £>rn. ißrof. Dr. ^.nbreos fjeusler.
C^ß-'reitag ben 4. SJiärj 1892, SIBenbS 8 UI)t, tjielt £>r. ißrof.
SlnbreaS §euSler im großen ©aale beS BernoultianumS
einen öffentlichen Bortrag über bie Bereinigung oon ©roß»
unb SleiwBafel, welche am 6. 2lpril 1392 ftattfanb. ^n Harer, über»
ftcßtlicßer ®arftetlung beleuchtete ber Bortragenbe bie £)iftorifcf)e Be»
beutung biefeS GreigniffeS, woraus fid) bann auch bie oollfte Bered) ti=
gung unb Begrünbung ber auf ben fommenben ©ommer geplanten
500»jäßrigen ©ebenffeier ergab.
Bor 36 fahren feierte Bafel ben ernften ©ebenftag an baS große
Grbbeben, baS oor 500 fahren bie ©tabt in krümmer legte, .fpeute
bereiten mir unS oor, in allgemeiner patriotifcßcr geier freubig eines
gerichtlichen GreigniffeS §u gebenten, meldjeS ßeugniß ablegt, baß
wenige Qaßre nach ber frfjrecfließen Glementarfataftropße neues Ceben
au§ ben fRuinen Bafels blühte unb eine ßeit angebrochen war, ba
bie ©tabt auS einer oft fcßioierigen ü)efenfioe gegen bie itjre Freiheit be»
broßenben SRäcßte in bie Cffenfioe übergehen fonnte unb baS ©epräge
eines muthig unb fräftig aufftrebenben ©taatsmefenS erhielt. 2)a»
malS, gegen baS Gnbe beS 14. ^aßrßunbertS, erfolgte bie Bereinigung
oon ©roß» unb Slein»Bafet, welcher burd) Sauf unb Eroberung weitere
Erwerbungen folgten, fo baß Bafel halb ein ©ebiet beßerrfeßte, um
baS eS anbere ©täbte beneibeten. Xie gu feiernbe hifborifefje 2ßat»
faeße fommt jwar an Söicßtigfeit nießt etwa ber ©rünbung beS
©cßweijerbunbeS ober aud) nur ber ©rünbung ber ©tabt Bern gleich;
baßer ift aud) bie Bebeutung ber freier feine fo ßoße unb allgemeine,
unb felbft oom fpejiell baSlerifcßen ©tanbpunfte auS betrachtet, mag
baS Gr eigniß beS ^mponirenben ermangeln, baS eine neue ©cßöpfung
eben ißreS feßöpferiiehen unb jugleicß bioinatorifeßen ©ebanfenS wegen
oerfldrt unb ibealiftrt. 216er ebenfo gefeßlt wäre eS, biefeS Blatt
ber Basier ©efeßießte ju unterfchäßen unff ein gewößnlicßeS ©elb»
gefcßäft barin ju feßen, baS ebenfo gut einen anbern ©egenftanb ßdtte
betreffen ober ganj unterbleiben fönnen. 2lucß baS nimmt ißm nicßtS
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94
Oirfintgang von ©roß- nnb ftiefo-fiafel.
»oit feiner Bebeutung, baft &lein=Bafel burd) eine frieblidje Srmerbung,
nid)t burd) eine 253affentE)at mit ber großen (Stabt ift oereinigt morben.
Sßir feiern nicht bie Grmerbung, fonbertt bie Bereinigung, unb barunt
ift eS aud) nic£)t ein „SUein»BaSler geft," fonbem ein geft, an bem
bie beiben Stabttheile gleichen Slnthetl i}a6en, fo gut, als bei einem
£)odjseitSfefte baS fmchjeitSpaar unb nicf)t blojj eines ber ^»odjgeit»
leute gefeiert rnirb.
£>ie Bebeutung beS (SreigniffeS für bie QrntmicElung ber Stabt
Bafel mirb burd) bie Betrachtung ber ^iftorifcfjen Momente, bie baju
geführt haben, in baS richtige Sicht gefteUt.
* *
*
Qaljrhunberte lang haben ©rofj» unb SHein»Bafel neben einanber
unb unbefümmert um einanber ihr Seben geführt unb ftd) jfebeS in
feiner Söeife eine eigene politifd)e (Beftaltung unb fommunale Ber»
faffung errungen, ohne grojj baS Bebürfnifj nach einer Berbinbung
$u empfinben, bis plö^lid) am Qsnbe beS 14. gahrljunbertS ber 9?ath
oon ©rofj»Bafel bie hödjftett Slnftrengungen macht unb in faft uner»
härter SBeife feine ginanjEraft anfpannt, um SUein-Bafel an ftd) ju
bringen uttb burcfj förmliche Slufnaljme ber Eieinen Stabt in ihren
eigenen Organismus biefen Befifj auf unmiberruflid)fte Sßeife für alle
ßeit ju fichern. 2BaS hat auf einmal biefe neue SBenbuttg ber ®inge
herbeigeführt? ®S mar bie Ueberjeugung oon ber BotljmenbigEeit
biefer Bereinigung für bie eigene dfiftenj. Unb biefe Ueberjeugung
hatte fich hi ntt) iebcrum unabmeiSbar aufbrängen ntüffen unter bem
CsinbrucEe ber (Befahr, bie burch ben BerEauf Sleitt»BafelS Seitens beS
hcruntergeEommenen BiSthumS an baS mächtig aufftrebenbe Oefterreidj
auch bie freie QrntmicElung (Brof^BafelS bebrohte.
(Sntmeber rnufjte (Brofj» Bafel auf eine eigene (Befd)idjte, auf
SelbftänbigEeit Derjidjten, ben lanbeSljerrlichen (Bemalten ber gimften
bie $errfd)aft am Oberrhein überlaffen, unb bann felbft früher ober
fpäter, gleich ^reiburg im BreiSgau, biefen Brächten jum Opfer fallen
ober eS rnufjte feinem felbftänbigen materiellen unb geiftigen ©ebeifjen
Sicht unb Suft fchaffen, meitern Baum ermerben, um nicht j$u Der»
Eotnmen. Bafel mufjte mit feiner freien Bürgerfdjaft eine herrfdjenbe
ÜJiadjt am Oberrhein fein unb bie fperrfcfjaft auch ju behaupten Der»
mögen.
* *
*
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95
Ueretntgnng oon ©roft- nnb fileln-fBafel.
(Seit bem Qa^re 1365 Begann bie SBenbung ber 3Mnge, au§
ber ftd) bie Ueberjeugung biefer Sftothmenbigteit ^erau§Bübete. @8 ift
ba8 ßahr, in wettern Qof)ann oon Vienne ben bifchöftidhen Stuljt
Befticg. 9Kit it>m erhielt ber Äonftift jmifchen ben ^ntereffen beS ViS*
thurnS unb ber Stabt jenen afuten Stiaratter, ber in ber golge ttjo^t
^eitmeife gefchlummert hat, aBer nie oerfcfjmunben ift, Bis er im
16. Qafjrfjunöert zu ooßftänbigem Vrudje geführt hat. $)er neue
Vifdjof, mie er fofort mit mächtigen Sftachbarn in bie fchmierigften
§änbet geriet!), ftellte fid) aucf) mit ber Stabt Safe! auf ShiegSfufj,
inbem er goröerungen bezüglich ber 9tathSmaf)l u. 21. gegen fte ert)ob,
bie fie nicht bemißigen fonnte. gü* SBafel mürbe bie Sad)e baburd)
bebentlid), bafj ber Vifdjof in feiner fmanjietten Vebrängnifj bie il)m
oon Oefterreid) angebotene §ilfe ergriff. 2)enn nun trat in ben
Vorbergrunb ber (Srcigniffe baS unterneijmenbe $aupt 0efterreid)8
in ben oberrheinifchen ©egenben, §erjog Ceopolb. 2)ie „ßier ber
SRitterfdfjaft" hmfj er Bei feinen Vafaßen; aber bie ©efchidjte mirft
auf it»n einen bunflen Sdjatten; habgierig unb gemaltt^ätig gegen
feinen Vruber, unjuoertäffig gegen Verbünbete unb immer nach neuen
©rtoerbungen ftrebenb, gerät!) er in ein abenteuerliches SBefen, baS
ihm fchtiefetidh ben Untergang bringt, ßn biefen jmei turbulenten
©egnern, melche bie Stabt Vafel oon Stufen Bebrohteit, tarn nun
noch baS äJiifjtrauen unb bie ^einbfehaft ber oerfchiebenen Grinmohner»
ftänbe VafetS innerhalb ihrer eigenen Sftauern. Seitbem bie ßiinfte
Zum Stabtregiment gelangt maren unb ber ftäbtifrfje §>auS^att fich
immer mehr oon ber Bifdjöfliehen Vermattung getrennt unb biefe
jurüefgebrängt hatte, fah fich bie Siitterfchaft, bie urfprünglid) bie
bifd)öflidhen 2lemter unb beren üJiu^ung innegehabt hatte, ihrer öfo*
nomifthen $ilf8queßen Beraubt unb fud)te nun burd) Gcrmerb oon
2temtern Bei ber öfterreichifchen ^jerrfefjaft im Sunbgau, Grtfaf unb
VreiSgau ben 21u§faß gu beeten. So maren fie im 4?erjen mehr
öfterreidhifdje Unterthanen als VaSler Vürger, unb jefjt, ba ihr CehenS*
herr, ber Herzog, als Bifdfjöflicher Verbünbeter offener f^eiub ber
Stabt gemorben mar, oerhängte ber fttatf) über manche oon ihnen,
namentlich menn fte fich ben ftäbtifdhen Steuern nicht unterziehen
moßten, bie Verbannung.
üftadjbent bie gel)be jmif^en bem Vifchof, bem §erjog öeopolb
unb ben oerbannten (Sbelleuten einer» unb ber Stabt Vafel anber»
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96 tymlntgnng son ©roft- nnb CHItin-fialel.
feitS offne bcmerfenSroerthc Söaffentßat ein ^at)r lang gebauert. Der»
mittelte ber -fpergog oon Oefterreicß einen grieben, beffen Stoften ßaupt»
fäcßlid) ber Vißßof jaulte, inbem er Oefterreicß für feine auf 30,000
©ulben gefefjäfjten ®ienfte StleimVafel als ißfanb überantmorten mußte.
®aß ®rüngen be§ §ergog3 auf rafcßc ©rlebigung ertlärt ficß moßt
au§ ben Vermittlungen, bie ißm aus ben Slnfprücßen $ngelram’§ oon
©oucß auf rüdftänbige ©ßefteuer feiner Sttutter an Oefterreicß in
biefer 3 e it erroucßfen. 9(ber amt) fo mar er nicßt im ©tanbe, ber
£>eere3macßt ©oucß’3 SBiberftanb gu leiften, er 30 g ficß nadf bem
feften Vreifadf guriid unb überließ e§ ben ©cßmeigern, mit ben
©uglem fertig gu merben. Staunt mar biefe ©efaßr oorüber, fo naßm
er feine ißläne gegen Vafel mieber auf. Stm 21. Januar 1376
ermarb er oon Slot) er Äarl IV. bie tReicßSoogtei, b. ß. bie Vlut»
geridftSbarteit in 33 ftfet. ®amit mar er ^nßaber be§ erften melt»
licken Slmteä bafelbft gemorben. ®ie Vürgerfcßaft mußte babureß
in ftarfe (Erregung oerfeßt merben, unb ein Heiner Slntaß tonnte
einen ferneren Stonflitt ßerbeifiißren. ®er blieb benn auch nicßt
au3. Oer £>ergog feierte bie gafeßingätage in SUein*Vafel unter
großem ßulaufe ber £)errfd)aften au§ ber Untgegenb. ®a ritten bie
©bedeute aud) ttaeß ©roß=Vafe( tjerüber gur Slbßaltung ritterlicher
©piete auf bem idtünfterplaße unb oerübten babei moßl in über»
mütßiger gafd^trigälaune gegen bie Vürger allerßanb SDhttßmiHen
unb Sioßßeiten, j 0 baß ber 3tmn ber Vürgerfcßaft in hellen flammen
auäbracß unb bie 3 » n f te unter bem ©eläute ber ©turmgloden ficß
um ihre Vamter fammelten, über bie ©bedeute auf bem SJtünfterplaß
unb in ben nädjften Käufern ber Oomßerren unb ber VaSler 9titter»
feßaft ßerfieten, Siele töbteten unb gefangen nahmen, bie Uebrigen gu
rafeßer glucßt über ben 9tßein nöthigten. ©a§ mar bie „böfe gaft»
nacht“ oon 1376. ©ie tarn S3afel theuer gu ftehen.
Vergebend fueßte ber 9iatß ba§ ©ange at§ eine einfache ©cßlägerei
barguftellen; üergebenS fueßte er bureß §inricßtung oon 13 „böfen
Vuben" unb bureß Verbannung anberer bem Unheil oorgubeugen; ber
£>ergog betrachtete bie Sßat al§ einen CanbfriebenSbrucß, ber ftrenge
geaßnbet merben müffe, ma§ aueß nießt auäblieb. Vafel mar ifolirt
unb mußte fteß notßgebrungen gu ben feßmerften unb brüctenbften
Vebingungen ben ^rieben mit Oefterreid) erlaufen, fieß üerpflicßten,
bem §ergog gu bienen unb gu märten, unb ißn in feinen geßben gu
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titrtfofgimg 90 n ©roß- nnö ÄbliHßaffl.
97
unterftüfcen burdj 3 u ä u 9 un ^ Offenbarung bet (Stabt, in gtetd^er
SEBeife, mie anbere öfterreidjifdje Stäbte, bie oerbannten Nitter mieber
aufsunebmen -uttb grofje (Summen an bie oerle^ten (Sbelteute ju
Sabten. ©in ©efüt)I bet SJ^iebertage bemächtigte ftdb ber 39iirgerf(f»aft unb
eS brauste mieber einige Qabte ruhiger (Sammlung ber STbatfvaft.
Unterbeffen hotte aber Defterreicf) ben £>öbef>unft feiner SNacht
am Oberrbein unb in ber (Schweis erreicht. (Sein (Sinftufj auf Safel
tritt gerabe je^t, ba man hoch ein energifdjeS Auftreten ermarten
fönnte, eher surücf, unb swar offenbar barum, meil ber f>ersog nach*
gerabe burch feine unternebmungSluftige ^»errfchfucht auch onbermeitig
Su ftarf oerbängt, auch ftnansieU s« |<hwer belaftet unb oerfcbutbet
mar, namentlich in <S<hmaben Gsrmerbungen entamirt hotte, bie auf
Sdjmierigfeiten aller 2lrt fließen unb feine ganse 2t ufnterff amfett in
2lnfpruch nahmen.
daraus mag fidf auch bte planlofe Söeife, mie er bie SaSlerifdjen
2lngelegenbeiten anläßlich ber swiefpättigcn SifchofSmabt beS $abre8
1382 bebanbelte, erftären. $n biefent $abre ftarb Johann oon Sienne
unb baS Domfapitel feilte [ich in ber Sßabl feines Nachfolgers
Smifchen Qmer öon Namftein unb Söernbcr bem Schaler. (Der teuere
mar ber Kanbibat DefterreidjS, fanb aber bei biefem feineSmegS bie
nötbige Unterftüfcung. Denn Geopolb fab [ich in biefer 3 c 't oon einer
politifdjen Kombination ber ftbmäbifdjen NeidjSftäbte unb ber fdjmei?
Serifchen ©ibgenoffenfcbaft bebrobt, beren 2lbmenbung alle feine Dbätig*
feit in 2lnff)ruch nahm. Der fdjon früher flüchtig aufgetauchte ©e*
banfe eines großen SunbeS aller freiheitlichen Elemente oom 2Uf>en*
gebirge bis sum 90?ain, eines SunbeS ber Kommunen ber Stäbte unb
ber Säuern sur Umflammerung unb Sernidjtung ber GanbeSbobeit
ber dürften fchien in biefer ßeit feine Sermirfticbung finben su fönnen,
aber er fam oon oomeberein nicht in oollem Umfange su Stanbe;
bie Cänber ber fcbmets- ©bgenoffenfdjaft lehnten ihn ab unb auch baS
Sünbnijj swifchen ben fchmeiserifchen Stäbten unb bem fdjmäbifcben
Stäbtebunbe, baS 1385 mit beutlidj ftchtbarer Spi£e gegen Defter*
reich abgefchloffen mürbe, ermieS fich beim erften 2lnlafj als nicht
lebensfähig, meil bie Qntereffen ber SunbeSgenoffen immer mieber
auSeinanber gingen. DaS s^igte fich juerft, als Safet, baS 1384 bem
fdjmäbifdjen Stäbtebunbe beigetreten mar, im 3 a h te 1385 megett
ftetS mieberbolter Sefebbungen beS öfterreid^ifcfjen 2lbelS biefen Sunb
Sou 3uta jum gdjuotjtoalb. IX. ^
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tierthttgnng 001t ©rofj- nnb £leht‘ 43 af«l.
jum Kriege mahnte: ba wollten bie Schweizer nidjt mitmachen. §in=
Wieberum als bte Schweizer ein f)a£6e§ gatp: barauf »egen fRapperS=
wpl unb tftotljenburg mit Oefterreicf) in Shrieg gefommen waren unb
bie fdjwäbifcften ©täbte mahnten, tonnten fidj biefe nicht zu einer
SriegSerllnrung entfdjlieften; im ©egentljeit oerftänbigte ftcf) ber ^erjog
Seopolb mit iljnen unb »anbte bann feine ganze £>eereSmad)t gegen
bie Schweizer. (Der ($rfolg ift beEannt: bei Sempach ereilte ihn am
9. guli 1386 baS fcfjrecEliche ©efcfticf.
(Der (Sieg ber ©ibgenoffen bei ©empad) ^at auch bie 33aSlerfrage
gelöst. Offne S3erjug orbnete SBafet eine ©efanbtfdhaft an Sönig
SBenjel ab, um bie fHeichSoogtei ju erwerben, waS aud) gelang. (Dann,
als bie ©öffne beS gefallenen Ccopolb in hödffter Sftoth unb oon allen
SRitteln entblößt, nadf allen ©eiten Hilferufe ergeben tieften, erwarb
ber 9iatt) oon ihnen um ben fßreiS oon 7000 ©ulben bie fßfanbfcftaft
über St’lein=33afel (OEtober 1386). (Drei gaffre fpäter erteilte ber
SBifdfof feine (Einwilligung baju, unb burcf) immer neue (©arteigen an
baS finanziell zerrüttete 23iStIfum, bie zu ber fßfanbfumme gefdflagen
würben, brachte eS ber 9fatl) enblicf) bazu, baft ber Sötfdjof um bie
©efammtfumme oon 29,800 ©ulben ftdcimSafel an ben 9tatlf ber
groften ©tabt zu ewigem, unoeräufterticftem ©igentljum abtrat, burcf)
SBrief üom 6. 2tpril 1392.
(Damit war ba§ längft erfefjnte ßiel, beffett fto^e S3ebeutung bie
IBürgerfdfaft wofft erfannt ^atte, erreicht. (Die ©tabt hatte ftdf leine
Opfer an ©etb, an birelten unb inbiretten ©teuern freuen laffen,
ifjre ©cftutb war fd)on 1390 bis auf 85,000 ©ulben geftiegen. gn
golge beS befinitioen (Erwerb8 hätte nun allerbingS ©roft=53afel baS
|)errfdfaftSrecht auSüben unb UleitnSafel als Untertlfanenftabt belfam
beln Eönnen. Stber baS muftte fidf politifd) als unmöglich barftellen.
SleiwSBafel hatte bereits einen ©rab oon ©elbftänbigfeit erreicht, ber
feine Unterorbnung unter bie §>err[d)aft eines gleichartigen Herren
nicht zulieft. StlS Unterthanenftabt wäre SHein*33afel immer oerfudft
gewefen, fuft in Oppofttion zu ber £>errfdfaft zu fteßen, um feine eigenen
gntereffen zu oerfolgen, in bewegten 3*iten unter Umftänben mit ben
^geinben SSafelS zu Eonfpiriren. gm ^Bereiche ber politifd)en 53etradf--
iuttg lag nichts anbereS, als eine ^Bereinigung ber beiben ©täbte
auf bem gufte ootter ©leichberecfttigung. (Der Stein»33aSler SRatlf
Würbe aufgehoben, bie ®leitu33aS(er traten in bie fünfte ©roft=5BafelS
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tterehttgung »an ©ra&- mtb fiUtn-4tafel.
99
unb Würben baburd) auch ber SÖfitgtiebfchaft im Diathe ber großen
©tobt theilljaftig, bie Vereinigung oottgogf firf) in ber gorm ber ©tobt*
ermeiterung; wie bie ©tobt früher auf bie Sßorftäbte war auägebefjnt
worben, fo gog fie nun SfleimVafet in ihren 23ereidj.
2öer babei gewonnen tjabe, ift eine müfcige gracje. SBeibe Steile
Würben be§ ©egenS ber Vereinigung t^eiifjaftig. 3>te (entere bitbete
einen mächtigen gaEtor be0 3Iuffd)Wung§, ben Vafet im 15. ^aljr*
Ijunbert nahm. 9J?uth unb S^attraft erfüllte bie Vürger; bie ©tabt
war Eampffähiger, gefürsteter unb impofanter at§ je. ©ie hatte auf
bem redjten ^^einufer einen ©tü^punEt ermatten, beffeit SBerth nament¬
lich in ben fahren 1444—49 fühlbar würbe. Stber nicht nur in
ftaats*, aud) in h<wbet§politifcher Vegieljung erwies fidj bie Vereinigung
atS ein eminenter Vorteil; ber ©rcngftreit gwifdjen beiben ^beiten
unb bie goltpladereien auf bem 9?hein hörten auf; bie VrücEe würbe
frei für ben Sranjtt. Vafet Würbe ber ®urchgang§punEt großer
VerEehrS* unb ^eerftrajjen; ed würbe burdj |>anbet unb ©ewerbe
reich, burd) ungeftörten materiellen unb ibeaten VerEe(jr ein gead)tete§
unb heroorragenbeä ©lieb in ber ftolgen Sette ber oberbeutfdjen
©täbte. 316er nid)t nur für bie Vergangenheit t)at bie oor 500 fahren
üoltgogene VerfSmelgung gu einem ©tabtgangen Vebeutung; faffen
Wir bie heutigen Verljältniffe inS 3tuge unb oergegenwärtigen wir
un§ nur einen SlugenblicE, wie e§ wäre, wenn baä rechtzeitige 9?hein=
ufer bem beutfdjen Steidjägebiet gugefjörte, fo müffen wir unfern Vätern
bon bergen banEbar fein für bie Etug burcbgefüfjrte £h at unb ben
Qmpu(§, ben fte baburdj gum Stufbtühen unferer ©tabt gegeben.
SBetdjer Vaäler wollte benn nid)t auch mit ungetrübter gteube unb
Vegeifterung bie ©ebenEfeier im nächften ©ommer begehen unb gum
©elingen berfetben fein Vefte§ beitragen!
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Gin Spaitergang narij tielUlaq.
(in ä|g;i(C|ti| »4 gdtlif.
Son gof. Rilliger in ^runtrut.
frönen (Sommertagen, menn tau bie Cüfte meljn, jiefjt e3
ben Stäbter IjinauS in ©otteS freie Statur, um baä Stuge
ju laben an ben SEBunbertoerfen ber Schöpfung, um bie Sruft
ju Baben in ber balfamifdjen SöalbeS* unb SergeStuft. 2Sot)t mag
ifynt baBei manchmal bie 2öaf)l fermer falten, benn jatjtreid) ftnb bie
©ipfel mit Berühmter gernfidjt, bie Seen mit jaubertjaften Steifen,
bie romantifdjen Später, bie tofenben ÜBafferfätte, metdje ben nadj
reinem Staturgenufe Sdjmadjtenben antoefen. Unb bod) ffeinen e§
einige biefer 33erüljmtljeiten barauf aBgefefjen ju fyaBen, ba§ Sdjönfjeit§=
monopol an fidj ju gieren. Stidjt nur ba§ Steifen al3 foldjeS ift fefct
eine SJtobefadje, fonbern audj bie Steifegiele ftnb mobifdj gemorben.
Söenn mir an einem Sommermorgen einen greunb mit Stodf unb
Stänket bem SBaljnljof jueiten feljett unb mir üjn nadj feinem 3!3orIjaBen
fragen, fo mirb er unä mit überlegener Sttiene mittljeilen, biefeS 2>iat
get)e eS ins OBerlanb ober an ben 3$iermalbftätterfee. ®enn barunter
tljut eä nun einmal berjenige nidjt, ber etraaS auf feinen Souriften»
namen Ijält. 216er muft e§ benn immer biefe Ijocfjariftofratifdje Stigi
ober ba§ oon ©elbprofcen Belagerte Qntertaten fein, benen unfere
Sefudfye gelten? Sßarurn ba§ Steifen nidjt audj einmal bemofratifcf)
geftalten ? Unb mie oiele fdjöne Sßinfel Birgt nidjt unfer lieBeä SSater«
lanb, bie fo §u fagen noefj ber GmtbecEung Darren, bie Bi§ jefct il)re
Steige einfam oertrauerten, unBemunbert oon ber naturfc^märmenben
Sötenge be3 ncunjeljntett Q-aljrljunbertS!
$n eine fo gan^ unBetannte ©egenb motten mir inbeffen ben
ßefer nidjt führen, benn ba§ £(jal ber Sonte unb ba§ Stoftcr
SeUelat), mofjin mir il)n ju Begleiten gebenfeit, finb menigftenä ben
Stnmofjnem ber 33ir§ nidjt fremb, menn audj nic^t in bem SJtafje
Befannt, mie fie e§ oerbienten. 3 U unferer ©jepebition fjaben mir rtidjtä
SlnbereS nötfjig al§ einen monnigen Sommertag, benn atle§ UeBrige
ergiBt fid) oon felBft, menn unS einmal bie ^uraBaljn üBer üDetäBerg
IjinauS nadj ber Station 33affecourt — ju beutfdj Slttborf — ge»
Ctn £pa|Urgait0 nadj Uellelag.
101
bracht tiat. Sort auSgeftiegen, gehen wir in ber Stiftung nach
©lobetier borwärtS — wer bon ^ßruntrut herfommt, fteigt auf biefer
le^tern (Station auS, — bis wir ju einem SBegweifer Eommen, ber
unS auf ber redjtwinteUg fidj abjweigenben (Strafe nacf) ©üben weist
unb bie (Entfernung bis SBeüelat» auf bierje^n Kilometer angibt. 33on
f)ier aus ftnb wir in ein paar (Sprüngen in bem Weinen, mitten in £)bft«
Bäumen berftecften Sörfcf)cn Sertincourt. SaSfetbe befiljt 5 War
uur ein einziges SöirtljSfyauS, welches aber alle guten ©igenfdjaften
feiner Slrt in ftd) bereinigt: greunblidjeS ©nftzimmer, gute Stücke unb
Heller unb aufmerffame 33ebienung. (Spezialität: Sabellofer Schweizer«
Baffee. Sa wir auS langjähriger 9?eifeprayiS wiffen, bafj ein Wäfjrhafter
ÜWilchfaffee, jumal am frühen Sttorgen, bie befte ©runblage für
romantifdje ©inbrürfe jeber 2lrt bitbet, rühren biefelben nun bon
SBafferfällen ober ©letfchern, SEBälbern ober Schluchten het, fo wirb
bie freunblicfje SBirthin, eine urdjige Slargauerin, um fofortige 33er»
obfolgung biefeS StrtifelS ihrer h^hern SEüdjenweiSheit erfudjt.
SBährenb wir in ibptlifcher 9tul)e unfern Kaffee fchlürfen, Eommen
einige martialifch auSfehenbe ©eftalten baher, in welchen wir, obfdjon
fte Weber feinte noch 3 a 9bhuttb bei ftd) führen, Sßruntruter üftimrobe
erfennen. Sa baS eble Qagboergnügen ben üftenfdjen nur einen Sf) e tf
beS QahreS befchäftigt, ein echter SportSmann inbeffen fein höheres
©elbft im Sommer nicht barf berfümmern taffen, fo ftnb biefe Herren
auf bie glürftidje Qbee berfallen, fich wäljrenb ber Schonzeit als §orn»
Bläferflub gufammenjufinben — waS eS hoch für allerlei SllubS unter
ber Sonne gibt! Sie hoben befehalb grofje SBalbhörner bei ftch, um
bamit in ben Siefeti beS ißidjoup baS (Echo gu werfen.
Sie Qäger allein bei ihrem grüljtrunf laffettb, machen wir uns
wieber auf ben SEBeg, ber nun anfängt romantifdj ju werben. Senn
gleich oberhalb beS SorfeS berengert ftch baS Sljof/ bie Reifen treten
ganj nahe an einanber heran unb laffen Eaunt bie Strafe unb bie
braufenbe ©ome z^ifchen fich hioburcf). Slnmutljige 33uchen, trau»
merifche Sannen unb büftre göfjren fchmürfen bie Abhänge unb ber«
hüllen z«nt Sfjeil bie jähen Reifen, an beren ^ufs, ^at6 unter SBeibcn»
gebüfdj berfterft, ber glufe raufcht unb fdjäumt unb burch feine 9ftufiE
unb fein garbenfpiel bie ©inne beS SöanbererS gefangen nimmt.
33alb erweitert fich baS Sl)al wieber unb wir erblirfen bie ©ebäulidj*
feiten ber ehemaligen (Eifen Werfe bon Unberbelier. £jocf) ragt
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Gin Spaytergang rtadj 48tU«lat|.
inmitten berfetben ein geborftener Sfamin empor. (Düfter flauen uns
bie fcljmarjen, tljeilmeife jerfaßenen ßftauem an, biefe 3 eu 9 en einer
einftigen regen SBetriebiamEeit, einer Qnbuftrie, meldje ber Sonfurrenj
unb ben 93erEebrSmitteln ber Sfteujeit erlegen ift.
SBifchof QaEob ©hriftopfj SBlarer mar eS, melier im Qafjre 1599
hier einen ©ifenhammer errichtete, nachbem er in ©ourrenblin einen
©dfmeläofen erfteßt ^atte unb nun baS ©ufeeifen oon bort nach
Unberoelier führen liefe. Dicfe ©egenb befafe batnalS noch einen grofeen
^jotjreichthum. (DaS ©rj lieferten bie Sergmerfe Oon (DelSberg unb
fünfter. Der SBifrfjof betrachtete ben ©ifenljanbel als fein fürftlicheS
SRegai unb erliefe bieSbejüglichc ©efe£e. Sluein troij beS Verbotes,
biefeS fo nothmenbige SWetaß auS anbern ©egeitben ju beziehen, mürbe
im 2J?ünfterthale ein lebhafter ©ifenfcfpnuggel oon Solothurn her
betrieben.
Qm Qafjre 1745 entftanb in Unberoelier neben bem ©ifenhammer
noch eine ©iefeerei. Qnbeffen liefe fcfeon 1767 ber Sifcfeof (Simon
SUEoIauS oon 2J?ontjoie biefelbe fdfliefeen, meil bort bie §olgfchä§e
erfchöpft maren. ©in S£E)eil ber ©ebäulidjEeiten mufete 1773 neu erfteßt
merben. Qm Qahre 1813 maren hier ein ^jocffofen, brei Qrifchherbe,
jmei grofee unb brei Eieine Jammer in Shdtigfeit. ©ine SlEtiengefeß»
fcfeaft übernahm 1840 ben betrieb ber ©ifenmerEe oon Unberoelier
unb Söeßefontaine. Um baS mangelnbe ^olj ju erfe^en, bejog man
Dorf oon Seßelap her.* 9Jiit ber ©röffnung ber Qurabahn mürben
bie SßerEe nach unb nach eingefteßt. Die oon Unberoelier, roelcfee in»
jmifchen an bie je^igen Sofiaer oon 9toß & ©ie. übergegangen maren,
arbeiteten noch bis jum Qahre 1880. ©eit jmei Qaf)ren herrfcht bort
aber mieber eine ungemein rege SlfätigEeit. ßmar fprühen meber
^»ochöfen noch ©ifenhämmer. äßofel aber hot fich ba ein Q^eig ber
in unferm Oanbe „mobernften“ Qnbuftrie eingefunben, nämlich bie
Qabrifation ber ©chäfte für unfere neue ©cfjiefemaffe. Qeben Sag
merben hie* bei 200 ©tücf biefer hölzernen ©emehrbeftanbtheile Oon
ungefähr 60 Arbeitern mit £jilfe oon eigens Ijiefür erfteßten ättafcfeinen
fchablonenmäfeig oerfertigt. (Daneben merben auch ©emehrläufe gebohrt,
©in S3efuch in ber Kantine, mo ein gutes SBier auSgefdhenEt mirb
* Qaiquerez:
de Bäle.
Les mines, les forets et les forges de l’ancien 6vechö
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QHn Spajurgang na<^ UfUflaij.
103
unb 33aSler=, ferner* unb ©olothurner*3eitungen aufliegen, belehrt
unS, bafe bie meiften Slrbeiter ©eutfchfchweijer ftnb.
©leid)' hinter biefett ehemaligen ©ifenwerfen erheben [ich S^ei
gewaltig oorfpritigenbe Qelfett oon über 300 Qufe £>öhe, §wifdjen
Welchen ber Qlufe unb bie ©trage ftd) wie burch ein 9?ie[entf)or fym*
burchäiehen. ©incm anberit 97aturwunber begegnen wir bürg oor bem
(Eintritt in baS ®orf Unberoelier. 9Jecf)tS an ber ©trafee liegt nämlich
eine hulbfugelförmige ©rotte oon ungefähr 70 Qufe 2)urd)tnef[er,
beren ©ingang einen regelmäßigen Kreisbogen bilbet unb burch ein
(Sifengitter abgefchloffen ift. ©ie ift in ber ©egenb unter bem Flamen
©rotte be ©te. ©olombe befannt. Qm Qnnern berfelben fprubelt eine
OueHe atiS bem Kalffelfen fjetoor, mannigfaltige fßflanjett bebecfen
ben ©oben. Oer 97ame ber ©rotte unb baS hohe Krujifiy, welches
fid) unter ihrem ©ingang erhebt, beuten auf eine religiöfe ©age hin,
bie ftch baran fniipft 2luf uitfere ©rfunbigungen hin tl)eilte unS ber
Sef)rer oon Unberoelier QolgenbeS mit:
®ie heilige Solomba war eine Qungfrau, welche in einer anbern
$öhle oberhalb beS OorfeS wohnte, aber §uweilen bis ju biefer ©rotte
[parierte, ©in 23är fchüßte fie oor ben ÜDiifehanblungen roher ©olbaten.
Qh r oerbanft baS SBaffer in ber §öl)le feine SBunberfraft. ©chwäcfc
liehe, rhachitifche Kinber werben auS ber Umgegenb h^e^er gebracht
unb in ber falten Oluelle untergetaucht, worauf man bem Pfarrer
beS OrteS baS ©tipenbium für eine am Slltare ber heiligen ©olomba
ju lefenbe 907effe oerabfolgt.
3ur Qeit beS ©dfiSmaS, im Qahre 1874, hielten bie 9iömifd)=
fatholifcljen ihren ©otteSbienft in biefer ©rotte.
3)aS T)orf Unberoelier,* auf beutfeh Unterfcfewt)!, liegt in einem
üthulfeffel unb befifjt einige fd)mucfe Käufer. ®ie Bewohner, etwa
500 an ber 3 a hl/ befdfäftigen fid) mit Uhrenfabrifation, 8anbwirt£) s
fchaft unb fwlgljanbel. 3)ie t)ü6fd}e Kirche würbe oor etwa breifeig
Qahren gebaut unb ift bem heiligen ©rljarb geweiht, ber maffioe $h urm
trägt bie QahreSjahl 172). ®aS ftattlidje ©chulhauS macht ber ©e»
meinbe alle ©hre.
®ie ©trafee, weldje oon Unberoelier nad) bem ^ßidjouy führt,
Würbe in ben breifeiger Qahren oon Oberft Sitdjwalber oon Oelsberg
* Quiquerez leitet ben 9! amen oon nndarnm villa fjtv.
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Qta Ä|w^er|g!tg ssaity UfUflaij.
gebaut. Sie alten Ceute beS DrteS erinnern ftä) noch beS frühem
guftwegeS unb einer neben bem SBafferfaH angebrachten ßeiter, »er«
mittetft welcher man bie (Schlucht ^inaufftteg.
Oberhalb beS Dorfes, ba wo man ben glufe auf einer foliben
SBriicfe überfdhreitet, fängt bie Strafte an fteiler p werben. SaS Sljal
wirb immer enger, immer romantifdjer, bie büftern Sannen mifchen
fidh immer mehr in baS frohe SBudjengrün.
2Bir ftnb in ben Schluchten beS Sßidjouy. Sief unten raufcht
bie Sorne, ihre SBeHen fchäumen um gelSblöcfe, bie mit zartgrünem
SJtooS bebectt finb, welkem ein paar neugierige Sonnenftrahten einen
Zauberhaften ©lang oerleihen, ber ftch malerifch gegen bie im ©rutibe
liegenben, mit fchwarjen flechten bewachfenen Steine abhebt. Schöne
Sannen unb SBudjengruppen rahmen biefeS Stücf SBafferpoefie ein.
Siber nicht bloft im Sommer entfaltet hier bie Statur eine oerfchwen«
berifche Fracht, fonbem auch im Spätherbft, wenn ber Sßalb alle
garbenabftufungen oom hellgrün bis jum Sunfelbraun aufweist
unb ba§ ftellenweife einfallenbe Sonnenlicht ben garbeneffeft noch
oerboppelt, bieten bie gorges du Pichoux bem Söanberer einen §odh=
genuft. (SS fcheint bann, als wolle bie Statur noch einmal ihre ganze
Straft zufammennehmen, um fo recht z u seigen, welchen ißrachtauf*
wanb ihre reifen SJtittel ihr erlauben.
2öir tommen burch eine gelfengalerie, bie uns an baS Urnerloch
erinnert, jeboch mit bem Unterfdjieb, baft fie unS nicht „in ein heiteres
Shal ber greube"-führt, fonbem in bie „Sdjöltenen", wie benn über*
haupt baS Sßichouy für ein Urner Shal en miniature gelten fann.
Sie Schlucht wirb auf einmal ganz en 9 e / fyelfen fteigen faft fent*
recht empor, bie Strafte, bie fi<h bicftt neben bem fchmalen gluftbett
hinzieht, überbrüctt baSfelbe abermals. Stuf ben grauen Äalfftein*
blöden wachfen bie tleine ©loctenblume in ihrem himmelblauen Stteib*
chen, bie oiolettblütige Sitelei, baS traute SJtaftlieb foWie hellfchimmernbe
SJtoofe. Sluf ben üorfpringenben Reifen über unfern Häuptern, in ben
Stilen, überall wo SJtutter Statur ein Pä§d)en gewährt, hüben Sannen
Sßurzeln gefaftt. Sazwifchen haben SBäclje Stunfen auSgemafdheit unb
ftürzen fich braufenb in ben gtuft hinunter.
2luf einmal treten wir aus biefer wilbfehönen (Sinfamfeit heraus
unb befinben unS oor bem 2Birtf)§hauS 5 um ißiehoup. ©ne turze
Staft ift hier angezeigt, um fo mehr, als ber SBirtl), ein freunblicher
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* 6bt Spaziergang nadj tiriUlag.
105
Slltberner, über eine gute ^lafdje 2Bein tierfügt, bie un§ feine Socfjter,
bie fchmucEe gräulein Sertfja, nach öden SRegeln ber SeroierEunft
tiorfe^t.
33on ^er führt eine (Strafte in 2 1 /* Stunben nach 2Rünfter
hinunter. Oer nunmehr ebenen ober bocf) nur fanft anfteigenben
^jauptftrafte folgenb, crblicfen tt)ir halb linES am S5ergab£)ange baö
freunblidje Oörfdjen Sornetan, beffcn Äirdjenglocfen unä einen Sonntags*
morgengruft jufenben. ß^ätelat, burch meldjeS un§ ber 2Beg äuuächft
führt, ift ein Meiner Ort, ber Eaum fünfzehn £>äufer jä^lt.
* *
*
Oie Strafte nimmt ^ier nochmals eine §iemticf>e Steigung an.
Qnbeffen erblitfen mir halb burd) bie Oannenmipfel ^inburd) baS
Sloftergebäube tion Sellelat) in einfamer 33efd^aufic^feit in einem
Sljalfeffef gelegen. Oer Ort fdjeint mie baju gefdjaffen, um ber S33ett-
entfagung unb ftiUen Betrachtung ju obliegen. (Sine reiglofe, fumpfige
Oholntulbe, 930 9Reter über 9Reev gelegen, oon finftern Oannenhügeltt
umlagert, macht bie ©egenb auf ben Befudjer felbft im Sommer einen
melandjolifdjen (SinbrucE. $n frühem fahren mürbe in berfelben Oorf
gegraben, ber E>auptfäd)li(f> in ben (SifenmerEen oon llnberoelier feine
Bermenbung fanb.
OaS im Qaffre 1797 aufgehobene SElofter Bellelap gehörte
bem tiom Ejetfigen Norbert §u Slnfang beS jmölften ^ahrljunbertS
geftifteten Orben ber ißrämonftratenfer (franjöfifch: Ordre des Pre-
montres). Oie ©rünbung fällt in baS $af|r 1136. ÜRit berfelben,
fomie mit ber (Stpmologie beS SBorteS Bellelat) (lateini)df: Bellelagia)
ift eine Sage oerEnüpft. SRadj berfelöen hätte fiih SigiSmunb, ißropft
beS Kapitels Moutier-Grandval, einmal auf ber Qagb oerirrt, als er
eine Sßilbfau (fran§öfifc^: laie) tierfolgte. Qn feiner SRoth gelobte er bem
£>errn an biefcr Stelle ein .fpauS ju bauen, morauf er halb feinen §eim*
meg mieber fanb. ßum OanEe für feine munberbare ^Rettung lieft er
an bem Orte eine Kapelle errichten unb nannte biefe felbft Belle-laie.
Ohne unS bei Eritifcfjen BemerEungen über biefe (Stftmologie aufem
halten, gehen mir gleich $u ben t»auptfäd)lichften (Sreigniffen in ber
©efdjidjte beS ÄlofterS über, mobei mir unS an bie „Histoire de
l’ancienne abbaye de Bellelay" oon Pfarrer Sauet) holten rnerben.*
* @3 fei Riebet auch auf bie BerbienftßoHe Arbeit Bon Dr. ©. Scfytnab „$a3
JMofter SBcUelao," erfdjienen im Setner Xafdjenbucij 1892. bingemiefen.
106
Öht ÄpafUrgang narfj UrUelaij.
Stfg erfter 2lbt wirb ©erolb genannt, ben bag ^ßrämonftratenfer*
ftofter Lac de Joux hwfanbte, um non ber neuen (Stiftung beg
?ßropfteg Stgigmunb Sefifc gu neunten. Die „meinen SDtönche" non
Seflelat), tuie ntan ftc »egen ihrer Kleibung — weifewollene Kutte unb
»eifeer gilghut — nannte, erhielten halb reiche Donationen in ber
Umgebung, io bag um bag Klofter gelegene ©ebiet, bie Stirnen non
Soecourt unb Daoanneg u. a. m. Filialen entftunben fpäter in ©ranb*
gourt, gwifcfeen ^ßruntrut unb Delle gelegen, fo»ie bei 2Bt)f)len (Streik
Cörrach) bie Slbtei Himmelgpfortc.
Sluf bem Kongil gu Konftang (1414) erhielt ber 2lbt Heinrich
Sterr non Seüelat) für fidj unb feine Stnchfolger bas 9ted)t, 9ting,
Qnful unb Stab gu tragen, fornie ein faiferlicfjeg Diplom, traft beffen
ber Kaifer Sigigmuub bag Klofter unter feinen Scfeug nahm, ihm
feine Sefi^ungen unb Stechte betätigte unb ihm bag Surgredft ber
freien 9teid)gftäbte Sern unb Solothurn oerlieh. Slber bie Steife nach
Konftang, fomie ber Slufentljnlt in biefer Stabt ffeinen bie Hilfsmittel
beg Slbteg erfdjöpft gu haben, benn er »ar brei $af)re fpäter genötigt,
ein H QU§ / weldjeg bag ftofter in Steucnftabt befafe, um 17 ©ulben
gu oertaufen.
©tner ber bebeutenbften Siebte war Stifolaug Schnell non Siel
(1508—1530). Gfr fcfjlofe ^»ifcfjen feiner 33aterftabt unb bem Klofter
ein Surgredjt, laut welchem Siel fidj oerpfüchtete, bag ©otteghaug
gu fdhü^en unb gu ocrtheibigcn, fomie bag nötige H°ls für ben Sau
ber Häufer gu liefern, bie ber Slbt in ber Stabt befafe. Dafür rnufete
Scllelah jährlich fünfgef)n Dealer entrichten unb bie fernen öon ©iet
bei iliren Sefucljen im Klofter höflich unb freunblid) empfangen unb
fte mit ihren Dienern unb Sßferben gaftfrei halten.
Unter bem Slbt Qean ©ogniat (1530—1553) brach &ie 9tefor»
mation aug. Dag Klofter hatte fch»ere Prüfungen gu beftehen. Stach
einer Ueberlieferuttg foH garel felbft in Sellelat) geprebigt haben.
9luch fott bantalg gwifcfeen bem Sifcljof non Safel unb ber Stabt Siel
ein geheimer Sertrag abgefchloffett »orben fein, laut welchem bei einer
allfälligen Aufhebung beg Klofterg Sellelat) (etwa in golge ber Ste«
forntation) jene beiben Kontrahenten fich in beffen ©iiter theilen
würben.
Stoch manch bittere ©nttäufdhung brachte bie ^Reformation bem
Klofter. Dagfelbe nerfah bie Pfarrei Daoanneg mit ©eiftlicf)en. Sllg
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Ciit Spajitrgang nadj Äffltlag. 107
im Qaljre 1529 bort bie et»angelifcf)e Selfre ftd) auSjubreiten broljte,
fanbte ber 915t feinen Unterprior Qafo6 3J?öfcf)ler als Pfarrer ^in,
rneil ihm berfetbe roegen feines ©laubenSeiferS befonberS geeignet festen,
bem 9lbfall ©infealt ju gebieten. 9lüein gerabe biefer äRöfdjler mar
eS, meldjer ftd) halb öffentlich jur neuen Sehre befannte unb fitt» »er*
heiratete. Qm Qaf)re 1538 fehen mir ihn nach längerer 9lbmefenheit
mieber als reformirten Pfarrer uon SauanneS auftnuchen unb, maS
cigenthümlich ift, foqar in freunbfd)aftlid)e Schiebung jum ftlofter
Sellelat) treten. So beforgte er j. 93. für ben 9lbt bie ©efdjäfte eines
Notars. gür folche geleiftete Sienfte erhielt ber ehemalige ftonuentual
unb nunmehrige ißräbifant 3Röfd)ter oom ft (oft er ein alljährliches
©efdjenf uon einem gafe SBein, mogegen er aber burd) NeoerS auS»
brütflidj ertlären mufete, baß Diefe Sergiinftigung fein Nedjt für feinen
Nachfolger im ^ßrebigtamte nad) fich gietje-
Qrn Qatjre 1556 brannte baS ftlofter ab, mürbe aber fogleidj
mieber aufgebaut. Unter bem 9lbt 2Öerner 93rifclance (1576—1612)
fanb eine Neform ber ftlofterfitten ftatt. ©3 hobelte fich ba&ei bc*
fonberS aud) barum, gemiffe ©infünfte, meldje fich bie ftonuentualen
perfönlid) §ufd)rie6en unb bezogen, maS alfo ber Negel ber freimilligen
9lrmuth jumiberlief, bem ftlofter als fold)em jugumenben. Sei biefem
Neformmerfe unterftüfeten ben 9lbt ber Nuntius Sonfjomo unb ber
Sifd)of Qafob ©hriftoph 93larer, melch legerer fich bie Serbeffcrung
ber (Sitten in feiner Siögefe Safel befonberS angelegen fein liefe.
Ser 9lbt Srifelance geriet!) inbeffen halb in Streit mit biefem ftird)cn=
fürften, meldjer nicht nur bie fämmtlidje ©eridjtSbarfcit beS ftlofterS
an fich ju reifeen fudjte, fonbern feine ffänbe fel6ft nad) beffen ©ütern
auSftredte, um bamit fein fürglidj gegrünbeteS Qefuitenfollegium in
ißruntrut ju botiren. Surcf) päpftlicf)en ©ntfefeeib fiel fo bie bem
ftlofter gefjörenbe ißriorei Niiferej (jmifchen SNiecourt unb ©harmoille
gelegen) ber ©cfeflfdjaft Qefu als ©igenthunt ju.
Ser breifeigjährige ftrieg ging am ftlofter Sellelat) nicht fpurloS
uorüber. ßroar blieb eS, Sanf feinem 93urgred)te mit Solothurn unb
Siel, in golge beffen eS in bie fehroeijerifefee Neutralität eingefdjloffen
mar, lange ßeit uon ber ftriegSfurie uerfchont. 9lüein im Qahre
1637, als Sruppen beS ^terjogS Sernljarb uon Sad)fen*2Beimar ihr
Söinterquartier in ben greibergen auffchlugen, hatte auch Sellelap ju
leiben. Ser 9lbt unb bie meiften ftloftergeiftlichen hotten fid) nach
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108
fön Spaziergang nadj ÄeUelag.
SteuöeüiHe geflüchtet/ mähtenb bloß einige mutige SDtönche im SElofter
jurüdblieben, um baSfelbe bot ißlfinberung ju beroaljren. Die fremben
©äfte begnügten ftdj inbeffen mit bem reichlich uorhonbenen Slofter»
mein unb ben SebenSmitteln unb berfchonten baS ©otteSljauS unb
beffen Qnfaffen. Der Aufenthalt beS AbteS in SteuöeoiHe bauerte
bis 1645.
Unter bem Abte g-riebrid) oon ©taal (1692—1706) beginnen
bie großartigen Sauten in Sellelat). ©ein SEBerf ift ber Sau beS
SBirth^haufeS, über beffen £f)üre noch baS Stoppen biefeS AbteS,
fomie bie QahreSjahl 1698 fteljt. ®S ift ein mafftöeS jpoeiftödigeS
©ebäube mit fehr biden “Stauern, baS bon jeher als Daöerite benufct
mürbe, ©egenmörttg ift eS ©igentljum ber Yicomtesse de Salignac-
Fenelon in ißariS.
Der Abt Soirot (1706—1719) feßte bie Sauttjätigfeit fort. Stach»
bem baS ^lofter öergrößert morben mar/ ging er 1710 an ben Sau
ber Kirche, meldje am 23. Oftober 1714 burch ben gürftbifchof Johann
Sfonrab bon Steinach eingemeiljt mürbe, ©ie ift in bem bamalS blühen»
ben Stofofoftpl auSgefüljtt unb geigt in ihrem ©runbriß bie ^re Urform.
Qh re Sänge beträgt 180 gfuß, bie Sreite 75 gfuß. Sierjeljn Pfeiler
tragen baS £>auptgemölbe. hinter biefen laufen rechts unb linfS
©alerien. DaS ©h or mar burch ein ©ifcngitter bon funftboller Arbeit
bom ©chiff abgefihloffen. Darunter bcfanb ftd) baS ©rabgemölbe,
morin im ©anjen 55 Stöndje beigefefct mürben. Qet$t bietet bicfe
Sfirche, einft eine ber fchönften im Qura, ein trauriges SUb ber Ser»
müftung bar. Die rtadten Stäume enthalten bie ©tadungen beS
Pächters utib bloß einige oerbtaßte Fragmente eines ©emälbeS an ber
©h orrt>an b erinnern an bie einftige Seftimmung beS SaueS.
Die aus fotiben Ouaberfteinen aufgeführte gcujabe mit ben beiben
Stürmen macht heute noch einen harmonifchen ©inbrud. Se^tere ftnb
jmar berfallen unb nur ber eine, höhere geigt noch über bem quabra»
tifdjen Unterbau ein oberes, ad)tedigeS ©todmerf, über melcheS ftd)
einft eine Kuppel mölbte. Qefjt macßfen ©raS unb ©trauchmerf in
ben öben ©challlöchern.
Qm Qafjre 1718 erhielten bie beiben Dhürme %efyn ©loden, bie
man in SeHelap felbft goß. Diefelben gaben bie aufeinanberfolgenben
Däne ber natürlichen Donleiter mieber unb bilbeten baS fdjönfte
©lodengeläute im Qura.
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©in Spofiergang nadj UeUelflij.
109
Unter bem 9lbt ©emon Itrnrbe in ben Qaljren 1728—1736 baS
Klofter neu erbaut, fo wie wir eS fieute noch feljen. GsS gefdjah baS
nadj bent ißlan beS KlofterS ©t. Urban im Danton Cujern, welkes
Eur-$ üorfjer ebenfalls neu erftanben war. Oer Sau nimmt eine
quabratifclje Qläcfje oon 200 Qujj ©eite ein unb beftefjt auS brei
’ Qtügeln, in beren SWitte ber geräumige £>of liegt. Oie 9iorbfette
wirb burch bie Sirene abgefdftoffen. JDie hier (äcfftügel fielen je um
breijjeljn Qufj bor unb geben ber Qacjabe eine gefällige ©lieberunq.
£)ol)e, folibe Kellergewölbe mit ftarten Sogen ftü^en ben Oberbau
unb laffen benfelben auS ber etwas fumpfigen Sobenoertiefung fierauS»
treten. Qm fiiblidjen ^lügel beS (SrbgefdjoffeS liegen bie Küche, ber
©peifefaal für bie Qremben unb baS 9?efeEtorium beS SlbteS. Oer
erfte ©toef enthält ben fogenannten sprinjenfaal, ben 2lubien§fanl, bie
©emäcljer beS 9lbteS mit prächtigen runben Kachelöfen, beren einer
bie Qahrjahl 1735 trägt. (Sine Ohürc am (g n fo e beS ©angeS führt bon
biefem ©toefe auf bie ©alerie ber Kirche. Qm norbweftlichen ©cfflügcl
beS jweiten ©tocEeS ift ber £h eater l" na 4 für brantatifche 9luf»
führungen beftimmt war. Qhm entfprechenb befinbet fich am anbern,
fübweftlichen ©nbe ber SRufiffaal, fowie im norböfttidjen Qlüget, an
bie Kirche angelehnt, ber SibliotljeEfaal mit adegorifchen OecEgemälben,
barftellenb: Oie ©eredhtigEeit mit ber Söaage, 5D?ofeS mit ben ©efe^eS*
tafeln, bie ©terntunbe, ber ©taube, in ber 9D7itte ©aturn, bie ÜÜKufe
ber ©efchichte unb ein QanuSEopf.
OaS Klofter jäf)tt im gangen achtzig ©emächer.
* *
*
Qn Sedelap war eS, wo ber unglticflidje *ßierre ißequignat oon
©ourgenap, ber Ceiter beS SlufftanbeS gegen ben Qürftbifdjof, bei feiner
StücEfunft oon Sern, wo er oergebenS bie gnäbigen Herren biefer
©tabt für bie ©adje ber Qreiljeit §u gewinnen gefudjt h°Ue, mit
einem feiner Qreunbe am 30. 2lpril 1740 gefangen genommen Würbe.
Oer Sogt ber Qreiberge liefe bie Stufrührer nach ©aignelegier unb
oon bort nach Sßruntrut tranSportiren, wo ihre Häupter am 31. OEtober
beS gleichen QaljreS oor bem ©tabthaufe unter bem ©djwert beS
£>enEerS fielen. Slucf) ber Slbt ©emon war angeElagt, in ber Ser*
fdjwörung gegen ben Qürften oerWicEelt ju fein. Unter bem Sorftfce
eines Oelegirten beS SRuntiuS in Sujern oerurtheilte ihn baS ©eriept
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fön ÜSpojUrgsng nadj Uellflaij.
oon Oelsberg baju, nacf) Sßruntrnt 31 t gehen, um bem dürften 916=
bitte ju leiften, fornie fedjS Jahre lang fein Stlofter nicht ju oerlaffen,
meines Urtheil inbeffen nach einem Jahre gemitbert mürbe.
©ne großartige Jeier erlebte baS Sflofter SBellelat) am 3. Sütärj
1776. 9ln biefem Oage empfing bort ber 39iftf)of Jriebrid) oon Söangen .
feine 2Bei§e. Oiefelbe ert^eitte ber Söeitjbifd^of oon Cpbba, ber ©fäffer
©obei, ber fidj nachmals oon ber franjöfifchen 9iationaloerfammlung
gutn fonftitutioneden 93ifcf)of oon SßariS ernennen ließ unb 1794
guittotinirt mürbe. Oie ßeremonie fanb in ©egenmart oieler Eirdjlicher
unb meltlicfjer SBürbenträger unter fef>r großem ©epränge ftatt.
OaS Jahr 1772 fab in ben 2Wauern beS StlofterS eine Öehranftalt
entfteben, ba§ berühmte Sßenfionat oon 23edelap. Oer 9lbt hotte bie
Oberleitung ü 6 er bie Sdjule, bie SDWncfje ertheilten ben Unterricht.
9lnfänglich mürben bie göglinge in einem Jlügel be§ SllofterS unter«
gebraiht. 916er halb erftedte man auf ber SÜBeftfeite beSfelben, linES
neben bem fmupteingange, ju biefem ßtoecEe ein befonbereS ©ebäube,
melcfjeS bis 1820 beftanb. 9110 8 et)rfächer galten: ^Religionsunterricht,
ißh'tofophie, lateinifche, franjöftfche unb beutfche (Sprache, Rechnen,
©efdhiihte, ©eographie, SRathematif, ©efang, SRufif, Sangen _ unb
Jechten. ©in befonbereS ©emicht legte man auf £>öfIichEeit unb feine
Umgangsformen. ©roße (Sorgfalt mürbe auch auf bie militärifche
9luSbilbung oermenbet. Oie ßbglinge Ratten in ihrer freien 3 e *t
ihre SBaffenübungen, mie unfere heutigen Stabetten. 2Benn biefelben
bei feierlichen 9lnläffen in ihrer blauen Uniform unb mit ihren Keinen
©emehren erfchienen, in (Schlachtorbnung aufmarfchitten unb ihre
ScljmenEungen machten, fo fah ihnen Dtiemanb mehr bie Stlofter»
fdhüler an.
Oer Jahresbericht für 1783, ber noch in lateinifcher ©rache ab*
gefaßt ift, nennt folgenbe klaffen: Secunda rhetorica (4 Schüler),
prima rhetorica (6), suprema grammatica (9), media grammatica
(7), infima grammatica (4), prinicpia (8). 9llS Jacher ftguriren:
Stylus historicus, amplificatio latina, amplificatio vernacula,
carmen, Stylus epistolarus, arithmetica, doctrina christiana,
historia, geographia. 9110 Schüler treffen mir 3 . SB. einen Franciscus
Xav. de Mohr, Patricius Lucemensis, Helvetus, ferner einen
Franciscus Xaver, de Zurgilgen, ebenfalls auS Cujern, einen
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Hin Äpajffrgaeg naxij fBelUlaij.
in
Ludovie. de Lenzburg, Patricius Friburgensis, Helvetus, einen
Jacobus Migy, Bruntrutanus, Rauracus.
2ltn ©cpluffe beS ©cpuljapreS pflegten bie ßöglinge jutneilen
tpeatralifcpe 2luffüprungen ju oeranftalten. 28ir taffen pier ben bem
QapreSbericpt für 1786 beigebrucften ü£peaterzebbel folgen, weil ber
gnpalt ber beiben Somöbien für ben ©eift ber 2lnftalt cparafteriftifcp ift.
Monsieur D’Arebours ou le distrait.
Comedie en trois actes entremelee de Danses.
Representee par Messieurs leg Pensionnaireg de l’Abbay de Bellelay
les 3 et 5 Septembre 1786.
SUJET: Monsieur d’Arebours, gentilhomme de province
s’etoit rendu ä Paris depuis quelques mois pour y cbercber un
emploi et pour s’y avancer; mais il est sujet a des inattentions,
qui le rendent la risee de tout le monde, et qui le font echouer
partout: il est donc force de quitter la Capitale et les vains
projets de fortune, dont il s’etoit ocupe inutilement
La scene est ä Paris, ä l’Hötel des etourdis. rue des extra-
vagues, au signe du lourdeau.
2Tuf biefeS franzöftfcpe ©tücf folgte ein beutfcpeS:
®ie ©olbaten int SSinterquartier.
Gin fiujtfpiel in jtoeen 2lufzügen,
aufgefüprt t»on ben Herren ßöglingcn ber ftoftfcpule in Vellelaq.
g n p a 11: Sinber oon gemeinen Ceuten tonnen aucp wa§ »erben,
»enn jte fiep wopt galten; taufenb Vcqfpiele mtb ber Cbrift biete© Cuft*
fpieleS beweifen biefe SBaprpeit. .fjerr 3H)oüing, ©aftgeb ju ^eimftetten,
patte einen ©opn, ber, nicpt roie oiele, aus 91otp ober Verzweiflung
©olbat geworben. Gr oergaß niemal bie cpriftliepe Grziepung, bie er oon
feinem eprliepen Vater betommen patte. Gr jeigte ji<p unoeränbert
als einen wahren Gpriften; im gelbe zeigte er 2Rutp, wie ein jeber
©olbat, bep bem e§ um bie Vruft gut ftept. Gnblidj burcp fein SBopU
oerpalten ftieg er naep unb naep io potp, baß er für feine wichtigen
®ienfte ein ^Regiment betam, baS wirfliep in feiner Vaterftabt tm
Sßinterquartier lag.
(Unter ben Prägern ber Stollen befinben fiep z- ber fjerr
©raf oon $ennin, ber f>err greiperr oon ißfiert)
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112 Chi £|Mfirrgang Barfj tidttUi).
SBäfjrenb ben ©türmen ber 3?eoo(ution ^atte bie Slofterfdjule bon
SeHelap ein Slfpl in ©olotfjum gefunben. ©aS Serjeichnife ber mit
greifen bebauten ©djüler für baS Qahr 1792 mürbe bei ©ajjntann
in bort unb jutn erften 2Wale in franjöfifcber Sprache gebrucft. ©er
Xitel lautet: Distribution des prix du colege de l’abbaye de
Bellelay de l’ordre des Premontres, fait ä Soleure le 5 Septembre
1792. 91(8 Unterrichtsfächer für bie oberfte klaffe ftnb aufgejä^lt:
Amplification latine, amplification fran9aise, traduction fran^aise,
vers, Version allemande, mathematiques, traite de la religion,
histoire, geographie. Qm ©anjen erhielten 66 Schüler greife.
©ie ÄtofterfchuleSettclahhot mährenb ben ftebenjehn Qaljren ihres
SeftehenS 464 ßöglinge beherbergt, bie jum größten Xheil ben fyofyevn
gefellfdhaftlichen Greifen angehörten. ©er Qura, bie tatljolifdjen
©chmeijertantone, baS ©Ifajj, QranEreicfj, ©eutfdjlanb, fogar £>otlanb
unb ißolen fcf)ictten junge Ceute ben ißrämonftratenfern §ur ©rjieljung.
©ie franjöfifche Otebolution, bie ihre Söogen halb in baS ©ebiet
beS QürftbifdjofS oon Safel fchlug, mar für baS Älofter Seiteiah ber
Slnfang bom ©nbe. 9tachbem im Qrüfjling beS QaljreS 1792 bie
9ljoie burdj frangöftfcf>e Xruppen befe^t morben mar, bephtofj baS
Kapitel, nach Solothurn §u fliehen, mo 9J?önche unb ©dhüler auf
ben ©ütern ber Qamilie ©ürh eine gaftfreunblidje Aufnahme fanben.
©an! feinem Surgrcchte mit Solothurn unb Siet blieb iitbeffen baS
Klofter biefeS 9ttal oon ben Qranjofen berfchont. ©chon glaubte
man, bie ©türme ber SReoolution mürben ruhig an SeHelah borüber«
gehen, fchon mar im 2Kai 1797 baS gan^e ißenfionat mieber non
©olothurn in feine alte .jpeimftätte übergefiebett, als im ©ejember
biefeS QahreS bie Kataftroplje h ere i n & ra dj- ©tma 250 franjöftfche
©olbaten erfchienen in Sellelah unb nahmen trofc ber ißroteftationen ber
©olothurner ©chuhtruppen baS Klofter, als jum SiSthum Safel ge*
Ijörenb, für bie grofee SRepubtif in Sefi£. ©er 2lbt, ber ftch bor SlnEunft
biefer ©äfte in bie ©chmeij geflüchtet, hotte bie Kaffe, bie SBerth*
fchriften unb ba§ Ktofterarchio in Sicherheit gebracht. 9lm 19. ©ejember
jogen aftöndje unb ©chüter auS ben dauern beS KlofterS fort, ©ie
©eiftlidhen begaben fich juerft nach Solothurn, oon mo auS fte fidh
jerftreuten.
Qm ÜRonat 3J?ai 1798 mürbe baS betoegliche unb unbemegliche
©ut beS KlofterS berfauft. QeneS manberte um Spottpreife nach allen
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113
Gin SjmjUrgang «adj l8*lielai),
SBtnbcn. 2)te ©ebäube bagegen famen an £>errn Qapty uon Seaucourt,
um bie (Summe uon 4,050,000 gr. in Slffignaten, mag einer Saar»
fumme uon faum meljr ate 30,000 §r. gteichEommt. ®urcf) gamiiien»
uerbinbung gelangte fpäter ba3 SUofter an bie ©ebrüber äftonnin,
roeldje barin eine Bierbrauerei einric^teten, bie bte jutn QaE)re 1868
beftanb, ebenfo eine ©la^ütte, melche uon 1862 bte 1870 in St)ätig»
feit mar.
Qn fester ßeit waren bie ©ebäube fojufagen unbenufct. ©eit
bem 1. Januar 1891 gehört ba§ SU öfter mit 2THem, mag bie Unt»
faffunggmauer einfdjlieftt, bem Stanton Sern, ber eS um bie Summe
uon 150,000 gr. Eäuflich ertuorben ^at. Ueber bie Seftimmung ift
nod} fein befinitioer Sefchlufj gefajjt; hoch fott bamit {ebenfalls einem
gemeinnützigen gmecfe gebient merben, mahrfcheintidj burdj
©rünbung einer Slnftalt für Unheilbare.
3ur ©tunbe ift ba§ ft'tofter nur uom ^achter, bem ißoftljalter
unb bem Canbjäger betoofjnt, roetdjer Sefudjer bereittuiUig in ben
Räumen Ijetumführt.
©rmäfjnen mir jum ©djluffe noch &er berühmten ©djabfäfe,
jener h°h en ctjlinbrifchen Caibe, meldhe unter bem ^tarnen tetes de
moines ate ®effert auf ben Sifcf) fommen unb in ben SMerräumen
be§ SUofterS fabrijirt merben.
* *
*
Son SetTetah auS !ann ber ©pajiergänger entmeber, ber (paupt»
ftrajje fotgenb, nadh bem l 1 /* ©tunben entfernten £auanne§ h' nun * ers
fteigen, ober über 8a Qoujc unb ©aulct) bie ©ifenbahnftation erreichen,
fatt§ er nicht uorjiefjt, mieber nadh bem ^idjouy jurüefäufehren, unb
bort bie ©trafee nach SOtoutier einjufchtagen.
114 flatrtMfltsgefdjldjtin aas bern berutfdjfit Knttraargan.
lanhogtsgrfdiihn» au brm turnifdirn Kntrraargai.
SJiad) Urfunbeti entworfen oon gakok jjuitjiker.
3ur ©inteitung.
f i^Yichfolgenbe Silber finb jurn größten Steile eine grudjt heimatl)-
funbiger ©tubien über ben Ort meines SßirtenS unb jenem
cv Orange §u oerbattfen, bie !aum hinter uns liegenbe 3eit,
oon welcher ber ©rofjoater noch fo gerne bem ©nfet er-jählt unb bie
Wir borf) in mannen ©tüden weniger fennen, als ben punifchen Shrieg,
ju burchgrünben.
Oie erfte ©antmlung ift ^iftorifcf» treu bearbeitet, wcifyrenb bie
©rjä^tungen beS ^weiten OheileS t)in unb wieber Süden Überbrüden
unb aUp fahle ©rünbe mit Slütfjen beftreuen. Ueberall t)abe idj
mich inbefj einer genauen ©djilberung ber fulturellen 3oftänbe be=
Men.
OaS ©(bloß Siberftein, in beffen £>errfibaftStwing fiel) bie
Slte^rjalil ber „CanboogtSgefchicbten" abfpielt, warb im Qafyr 1526
oom bernifcbcn Sogt SBigfer wiberrechtlid) in Serwaltung genommen
unb hierauf burch feine Obern ber ^oljanniterfommenbe ju Ceuggent,
welche baS „©ottSljuS Siberftein" als Filiale befaß, in breijätjriger
ÄaufSoerhanblmtg abgetiftet.
Oreijetynmal oertangte Ceonljarb 2öt)ß, ber ©eröffnet ber
Stomtljurei, auf ben Oagfafcuttgen beffen Verausgabe. Oer jähe
Sttufc Wufjte bie Slngelegenljeit oom 8. Januar 1532, ba bie gorberung,
geftüfst auf einen SanbfriebenSartifel pm erften äftal gefteHt würbe,
bi§ 1535 fjtnauSpfcfjieben: breimal waren SernS Sertreter „nicht
inftruirt“; bann boten fie 300 ©utben; behaupteten hierauf, bie Sefte
liege auf ihrem ©ebiet unb fie haben alle SRedjte barauf, tonnten aber
ben SeweiS nicht erbringen, „Weit bie Urfunben oerlegt feien". Son
ben übrigen fieben ©ebirmorten in bie ©nge getrieben, wollten fie
baS „oerWaljrloSte Oing" wieber an Seuggern -jurüdgeben, wenn auf
ben ^irchberg ein reformirter ißräbifant gefegt werbe, um es fchlie^
lieh boch für ben „ißfanbfchilling", 3380 ©ulben rheinifch betragenb.
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flan&öogtBgefdjtdjten aae bem bermfdjen,l(ntfr«arg<m.
115
ju erftehett. Der Sauf würbe unter» 16. Sluguft 1535 auf beut Dage
ju Sabett ratifijirt unb mit ber lebten ?lu§jat)lung am 23. Quni 1537
ging bie ^errfdjaft an Sern über.
33on ben 51 toof)lebelgeborenen Sürgertt ber 9Jhtgenftabt, weiche
non 1537—1798 al§ Obernögte ade fedjä Fahre unter Söder*
fdfüffen unb ^ubel ber „lieben unb getreuen Untertanen" auf bie
Sefte jagen, lernen wir nur bic legten fennert.
Son jebetn Slatte weljt un3 ber ©eift ber Snedjtfcbaft an.
SOiögen bie ftarre Formalität unb ber junterlidje ißopanä, bent fdfon
bie 907orgenrötl)e franjofifeber ©leidjljeit in§ Slntlig leuchtete, unS nor
ab»liebem £>afenfcblafe warnen!
©rp( Sammlung.
i.
Entertfjutte tntb ©brigReif.
(1779.)
ßwei Srüber, f>an§ unb 9?ubolf Slattner, wagten, für ficb
unb anbere ißartifularen non Sättigen an bie CanbeSnäter ju Sern
eine „gnäbige gürfteduug" ju richten, wie bafe ber Pfarrer F°b- Gmtft
non Silcbberg am Srifpirain einen Gsinfdblag non 16 F U( b ar t en an
ber Särenflub norbabenö gewefen; wie aueb etlicb Slarauer in ihrem
Sann gemeinbeweibig 8anb getauft unb mit 28alb angefegt, unb fie
fomit um ba§ alte ffteegt bed Söeibganged gebradbt werben. Sid bi et b et
Wäre bie ©uppltf in Orbttung geWefen; nun aber liefen fie barin
einen unrefpettirltdjcn ©rod §u Jage treten. 2ldgemein gebe bie 9tebe,
fahren fie fort, bafj ^>err Fünfer ©ffinger auf Siberftein fold)e§
gegen geheime <$ntfrf)äbnu§ erlaubt höbe, ba bodb männiglicb betannt
feie, wie nur bie hohe Oberteit ju Sern ba§ ©in» ober SluSf^lagen
ju geftatten geruhe.
Die Sittfdjrift warb bent Obernogt jur Sericbterftattung unter*
breitet, unb auf beffen fdjtefe Darftedung ber (Sachlage hin, belegte
bie gnäbige Oberteit bie beiben Srüber für ihre „anmafjenben Slägben"
mit 24»ftünbiger ©efangenfebaft, gab jugleicb aber auch ben Sefehl/
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116
4Canb»oflt*gefidjtiijten an« bfm bemifrijen Knteraargaa.
bafe bie gefegten SBalbpflangen wieber füllen au§gejd)(agcn werben,
weil baS ©infdjlagen oijne Bewilligung gefcbefjen.
Sie beiben oerfnurrten ©upplifaitten würben fofort nad) Biber»
ftein betrieben unb irrten baS ©djreiben meiner gnäbigen Herren oor»
gelefen, wobei ber Stubi in ©egenwart mehrerer Unterbeamten auf
ber ©djlofjftube bem wofylebelgebornen Runter folgenbe ^3rife gu
fdjnupfen gab: „GrS märe gut, wenn $eber baS neunte ©ebot be»
trachten unb galten Würbe." hierauf eine frifdje Gspiftel non ©eite
ber OberoogteS an ©djultfyeifj unb Stätfje gu Bern. Ser ©itten»
prebiger warb unterm 20. 2lpril 1779 gu adjt Sagen ©efängnifj bei
Sßaffer unb Brob oerurtljeilt, unb mufote in gleicher ©tuben unb im
Beifeiit aller ^Derjenigen, fo bei Berlefung beä obrigfeitlkfjen Befehls
gugegen gewefen, bie auSgeftofjene, ftrafbare Siebe mit „gelehrten"
SBorten unb gebeugten Sfnieen folgenbermajjen abbitten:
„Sßenn id), SRubo If Blattner oon ^üttigen, oon meiner ^nötigen
Oberfeit baljin oerfällt worben, bafj id) wegen jener l)öd)ft freoel»
fyaftert Siebe, fo icf) oor etWelcben Sagen bei 2lnl)örung meiner um
boshaft geführter SUägben willen wobloerbienten ©träfe auSgeftofeen,
öffentlich Slbbitte tljun fotl, fo banfe id) oor 21 Hem au§ meiner f)oi)en
Oberfeit für if>r gnäbigeS unb, mel)r als id) oerbient f)abe, gelinbeS
Urtl)ei(; fobann befenne id) f)ier in ©egenwart beS l)eiligften ©otteS,
oor feinem ©tattljalter auf ©rben (!) unb ben gegenwärtigen geugen,
bafj eS bie ftrafwürbigfte ^redjljeit war, mit alfo @f)r oerlegcnben
SSorten baS erhabene Siid)teramt, fowoljl ber l)o()en Oberfeit, als if)reS
l)od) gu efjrenben Herren SlmtmannS, angutaften. $d) bereue baf)er
mein freches, ungefjorfameS Betragen, wünfc^e oon gangem bergen,
bafj ich bod) fold)e fd)anblid)e ÜEBorte niemals Weber gebadjt nod)
gerebt l)a6en möchte, unb bitte ben l)ol)ett beleibigten ©ott unb feine
aller £>od)ad)tung mürbigen, weltlichen Siichter iunigft gerührt unb
bemütfjigft um Bergei^ung. Qd) unterwerfe mid) ber oon ber t)o()en
Oberfeit mir neu auferlegten ©träfe unb gelobe, bafj id) in ßufunft
mid) beftreben wolle, als ein gef)orfamer unb getreuer Untertan gu
leben. bitte ©ott, bafj er mir l)iegu feine ©nabe unb feinen
heiligen ©eift oerleil)e!"
(„Jurnbuc^" b«3 6$loffe3 Sibsrftein, S. 75—78.)
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flanfcoogtegtfdjtdjten aua bem berttifdjett Ifateraargira.
117
ii.
3lt»(jefedMe ^idjter.
(1791.)
£)ie ferner Regierung hatte fid) üeranlaßt gefujtbert, bie uner»
laubten fjfreifjeitägebanlen ber SBaabtlänber unb if)re St)mpatl)ien für
bie SaftiUenftürmer mit ißuloerraudj gu umnebeln unb 6000 Sttann
au§ ben beutfchen Canbeti nebft 60 gelbftüden über bie falben
be§ Qorat hinunter nacf) Caufanne gu fenben. 31m (Sonntag, ben
9. SBeinmonat 1791 tarnen bie unteraargauifdjen Gruppen nun wieber
au§ bem 2Belfcf)lanb t)eint nacf) Slarau unb gmei Strittiger Surften,
Siubi Sirchet*, 2Birtl)3 unb Siubi äöehrti, Sdjuhmad)er§, holten
i^ren Äameraben, Siubi Völliger, $anfen, bort ab. Sie lehrten
beim Seel gif d) er unter bern Siößli ein, tränten unb machten ftcfj
luftig bi3 in bie 9iad)t. Stuf bem monbljellen §eintWeg befchloffen
fte, fie wollen itodh auf ba§ 6rlin3badjer §arb „g’ßiedjt gähn"
unb paffirten oberhalb Stüttigen, um ben 2Seg nach biefem gmifchett
bem Sruttnenberg unb ber Sßafferfluh gelegenen Sergmeiler abgu«
fürgen, ben Stapfenpfab burch be3 Schultheißen Sieben hinauf.
£)ie SBeinberge maren im Samt, unb bie ©efthmornen be3 35orfe3
mußten bamalö oott SlmtSwegen unentgeltlich bie 2/raubeit hüten.
®ie brei Äiltgänger hörten dritte hinter fid); ftunben fie ftiHe, fo
thaten bie Serfolger ba3felbe. Oberhalb ber Sieben lagen fie auf einen
§ag, um gu fdjauen, mer ba läute. 3113 aber Siiemanb erfd)ieti unb
auf einmal lautlofe Shtlje f>errfcf)te, toollten fie if)ve§ 2Bege3 weiter»
gehen. ®a mürben fie plö£lich gepaclt.
„So hoben mir enblidj bie Sied)ten!" rief ber elfte £rauben£)irt,
$eini 2Bet)rli, SBeber.
„Stlja, finb ba3 bie Schelmen, bie mir fdjon im oorigen galjr
einen gangen Strich Trauben gelefen haben?" fprad) ber gtoeite, £>an3
Sirdjer, ^oggi3 unb ber brittc ©efd)morene, Samuel 2Bel)rli,
SÜiferä, Wie3 fie mit ben Söorten weiter: „©eljt jept nur, mir lettnett
eudh wohl!"
®en Surfdjen mar übel gu SOiutlje. Sie baten bie Trauben»
hirten, hoch fte ja nicht gu uevleiben, fie boten il)tien ©elb an —
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118
ÄanbDOötsgffdjtdjtfn ose bem btrnifdtjen ilnteraorstm.
umfonft! üftiebergefchlagen begaben fte fiel) itt’S Dorf juriief; iljr
„ä’Ciedjt gähn" hatte ein bitterlich ©nbc.
Den folgenben Sftorgen, als beS 355 i v t £> S 99itbi mit bem SEBagen
im Serge .'polj fjofte, tarn ihm ber ©eridjtsfäfie ©arnuel Söeljrli noch
unb befcfjieb ihn fommt feinen Santeraben nach bent Sadjteffen in
fein £>auS. Sie folgten unb fanbeit bort olle brei ©efdjmornen fchon
befantmelt. Der Süferfämi laS ihnen auS einer ©cfjrift, „2luS=
legung beS ©ibfdjmurS" betitelt, cor, mie übel eS fei, trenn Seeibigte
ihr ©eliibbe bredjett. ,,'pabt itjv’S gehört'?" fpraef) ber SSeberheini.
„DaS ift baS „@efaß", unb mir biirfett fjalt nicht anberS, als euch
oerleibett; ihr müfjt {mh e Sufee jahlen ober bas Öanb meiben."
Die 22=, 24= unb 25jährigen Jünglinge mürben bleid). „2Bir
miffen mohl, bafj, menu ihr moUt, mir baS Saterlanb mit bem fHucfen
anfehen muffen!" fagten fie. „SBollet unS aber um ©otteSmillen
nicht oertreiben unb faget nur, mit mie oiel ©elb ihr euch begnüget."
SBentt fie nun 300 ©ulben forbertert, meinte ber^oggihanneS,
toas fie baju fageu mürben unb mie fie bas ©elb jufamntetibrächten,
ba fie ben (Eltern unter allen Umftänben nidjt^ baoon oerrathen bürften?
DreUjunbert ©ulben! Die armen Serie jucften jufammen.
„Söenn ihr unS fagt," fpracfj ber SBeberheini, „mer baS |)örn*
lein am neuen Drottbaum let?tE)in abgefägt hat, fo motten mir gerne
bie ©traf ntilbern unb bann foH eS halb auSgemacht fein."
©ie antmorteten, baß fie nichts barum müßten, unb 3fubi
So lüg er, roelcher fürglich noch bie Sßaabtlänber mit blinben Eßatro»
nen erfchretft, fagte mit äudenbent Shtnbe, eS fei hoch fcfjmer, fo hart
geftraft ju merben, ba fie hoch nichts oerfehlt haben; fie motlen fechS
ÜJteutljalcr geben. Qh m uerfeßte ber ^oggifjanneS, um fo menig
fönnen fie ben ©ib nicht brechen; für 200 ©utben mollen fie bie 2ln=
geig untertaffen.
Die grauen ©ünber ließen fid) fdjliefslüh bemegeit, auf 150 ©ul=
ben herunter ju gehen. Den Surfchen mürbe eingefchärft, feiner
©eele baoon ju reben; eS fülle bie ©adje beiberfeitS geheint gehalten
merben. Die Drei oerfprachen 2ttleS.
Sor beS StiferfäntiS §>auS fdjoffen beS £>anfcn 9fubi unb
beS 28irtf)S Subi fofort ihre Saarfchaft im Setrage oon 45 ©ulben
§ufammen; beim ber 3 Q htungStermin mar auf borgen 6 Uhr ange*
feßt! hierauf ging erfterer heim, mährenb beS 2Sirtf)§ SRubi unb
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tfanbDogtegefdjidjtfn an* Dfm bmitfdjfn Knifraoröan. 119
SRubolfäßeferli, ©cfeufemacfeerd, ftefecnben gufee^ nacfe Siberftein ftcQ
Begaben unb Ülacfetd um 2 Ufer bie Särenwirtfein, 333ei6el ©cfeärerd
SBittwe, and bem ©cfelafe riefen. Sieielbe, ©cfewefter »on 9iubi
Sircfeer’d Butter, öffnete iogleicfe unb liefe fie in bie ©tube treten,
wo fie aber fo traurig breinfafeen, bafe bie Saute aud iferem jammern
unb ©eufgen auf ein Unglitcf in ber Serwanbtfcfeaft fcf)tofe unb fie
befrug, roo’d fefele. Sed SBirtfed SRubi erjagte ifer ben böfen unb
wichtigen Slnftanb mit ben brei ©efcfewornen: 2öie fie 9?acfetd nacfe
9 Ufer, alfo gut - »erbotenen ©tunbe, oberhalb ber 9?eben angetroffen
morben; mie fie bie morgen 150 ©ulben ©träfe sollen müffen unb
iferen ©Item bei $aufe im ©eringften nicf)t^ baoon fagen bitrfen.
Sedroegeti nehmen fie bie guflucfet ju ifer unb bitten fie um ©otted
XBillett, ifeiteit gu feclfen unb 100 ©ulbcn gu leifeen, fonft motlen fie
morgend über bie ©cfeafmatt unb freiwillig and bem Sanbe.
Sie Särenwirtfein, meltfee nicfet fo uiel ©elb im £>aufe befafe,
crmutfeigte ben Neffen, bie ©acfee nur feiner eigenen SUutter oorju*
tragen; bad ÜHangelnbe wolle fie gufügen. Sie beiben gingen mit
gurcfet unb Summer ttacfe ftiittigcn gurücf, unb ald bed SBirtfed 9?ubi
Sidjt gefcfelagen, wecfte er bie SJiutter leife unb ergcifelte ifer in ber
Siicfec unter Seifein bed anbcm Seibendgefäferten ben gangen bid=-
feerigen Verlauf, worauf ftc aud ©rbarmen unb Siebe iferem ©ofene
bie 100 ©ulbcn im .pinterftübli gab. ÜWorgend, etwad nacfe 6 Ufer,
bracfete 9?ubi Sirefeer, SBirtfed, bie 145 ©ulbett bem Süferfämi itt’d
£aud, welcher fie faft nicfet annefenten wollte, weil fünfe fcfelten.
Sie ©eviefetdfäfeen oertfeeilteit bie erpreßte Sufee unter fiefe, unb
bie ©efefeiefete blieb ftillc bid 9lnfangd |>ornung bed folgenben Qafered.
Sein ©afen würbe mefer barnaefe gefräfet feabeit, wenn ber Süfetfämi
nicfet felber jwei Sättigern, bie ifem auf feinem .porenbacfßSanb tag*
löfenten, ergäfelt unb gerüfemt feätte, wie fie lefeteit perbft junge
Ceute ju einer Sufee angefealten: ©d fei eine fefewere ©acfee gewefen
unb ftreng mit ben Suben oerfaferen worben. SRubi Solliger’d Sater
befaxtt 2ßinb, bafe fein ©ofen auefe einer ber ©eftraften fei, nafem ifen
in’d ©ebet unb nacfe oollitänbigem Sefenntnife rietfe er ben brei $üng*
lingen, fie tollen gu ben ©efefewomen gefeen unb bad ©elb wieber
jurüefforbem; er felbft liefe fiefe oon gürfpreefe ©runer in Slarau
feierüber noefe näfeere Sludfunrt ertfeeilen. Sienftag, ben 14. pomung,
r
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120 CiBkvogtagcrdjidjttn an« htm btrntfäen Unttcaargan.
gingen bie Surfdjen nadf bem SRadfteffen jum Äüferfämi, riefen üjn
au§ ber ©tube unb oerlangten ba§ ©elb.
„2Ba3 für ©elb? ^d) f»abe fein ©elb non eudf!" — „Sa§©elb,
baS if)r unS lebten §erbft obgebrüdt fyabet!" fprad) be£ 2öirt^§ fRubi.
„®eroeifet mir baä! Qfjr fönnet nichts beweifen!" Ijölfnte ber ©e*
ridftSfäjf.
„2öir Serben e§ euch an 2Runb unb §anb hingen!" —
„$lfr f°^ ct eu d) fdfümen, ba il)r im .f) erb ft fo bittücf) unb bemütl|ig
mit meinenben 2lugen angefyalten, unS je§t ben 33ettel mieber ju
forbern!"
Sie Surften bräueten mit bem fRidfter, menn ba§ ©elb bi» am
©onntag nidjt gurücferftattet fei, worauf ber Äüferfämi mit ber 2Int*
wort, fie EBnnen „go guntpen, wo fie wollen," non ilfnen weg wieber
in bie ©tube ging. Sen Sag barauf polten jebodf alle brei ©e=
fdjWornen beim gürfprecfj Slerni in Slarau fid^ SBeifung unb jaulten
auf beffen 9?atE)fd)Iag f)itt am ©onntag ben 19. .fpornuug, ben ©e»
prellten bie 145 ©ulben fäuberlidf in be§ StitferfämiS £>au» jurüct.
Sa§ ©erüd)t ging weiter, unb ber Oberoogt ü£fdfiffelp auf
33iberftein fanb fid) genötigt, über bett §anbel ein SBerlfBr aufju=
nehmen, ba§ im Surnbudf 86 goliofciten anfüllt.
Sie brei gehbaren ftettten ficf) freiwillig, würben aber nad) ben
Verhören als fonft ad)tbare gamilienoäter auf 33ürgfd)aft Ifin ber
§aft entlebigt unb mit «fpauSarreft belegt. @ie entfdfulbigten ilfre
S§at bamit: ©ie feien lebten §erbft jum Statthalter ©tettler in
©dfafiSlfeim gegangen unb haben ilfm oorgeftellt, wie felfr müljfant
baS 9tebenf)üten feie, baS fie umfonft tffun müßten; er fülle bod)
gütigft burd) ben Unterttogt unb bie ©emeinb ihnen eine ©ntfcfjäbigung
ftipuliren laffen, was er aber feiner bloS oorüberge^enben 9tegent=
fd^aft (falber abgefdflagen; ba hoben fie biefe 150 ©ulben als ihren
Coljn angefe^en. SeS fernem §aben fie gemeinet, ilfre Slnjeigepflidit
betreffe bloS bie SBülber, fReben unb 8anb, fo bem ©taate unb ber
©emeinbe gehören, nid^t auch bie ißrioatgüter, unb jubetit fei eS fdjon
feit langem offenfunbiger Söraudf, baff fleine ißolijeifadfen tion ben
©efdjwornen felber abgewanbelt werben.
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Canbuogtggeftijitirtfn au« bem bernffdjeit Knteraargan. 121
®ie brei ©efdjwornett würben t)on 2lmt mtb (gib entfett, ju allen
üerurfachten Äoften öerfällt unb mußten ü6erbieS 14 Stage bet Sßaffer
unb 33rob im ©chloffe ju 33iberfteitt brummen, ©o ber Söefdjetb ber
gnäbigen Obern ju 33ern.
(„Jurnbucty" be$ @<$toffe3 93i&erftein, @. 109—496.)
m.
Jttimittalittßi).
(1781.) .
grüf) morgen^ um 4 Uhr manbert ein einfamer flRann über ben
Senfen fübwärtS. ©ein hagerer, fd)Warjbärtiger Äopf ftecft unter
einem runben 2SoW)ut,' er trägt einen blauen Mittel mit gelben 2Reffing=
fnöpfen unb an ber ©eite einen langen, härenen iRanjen. SEief oot
feinen 2lugen lagert noch ber hiebet im breiten Slarethal, unb im
Often fenbet bie ©ottne be§ 11. ^ulitage§ erft ihre rofenfingrige 33or=
reuterin herauf, geidjt, gemutf) unb fröhlich fjfeifenb trollt ficf) ber
Sölaufittel oott ber ^odflföhe &cu holprigen 33ergpafs abwärts unb fieht
rechter f)anb in ben fRittenen brei ©tieren weibett. ©r geht an
einen ©ag, hont fich einen währfchaften ÄnotenftocE unb treibt eines
ber Sthiere bon bem SRättlein auf bie ©trafje; boih ber £)anbochS,
ber ftetS neben bem weggeführten am SEBagen jieht, muht unb rennt
auch herbei, unb fo „trampen" ihrer brei, ooran bie gtoei ©tieren unb
hinter ihnen ber SEreiber, gemächlich nach bem SDorf Sättigen hiuob.
.'palb unten am 33erg gefeilt fich irrten §eiri Äiftler, ber Unecht
be§ ättern Stubi 2Bef)rli, Prüfen, bei, welcher faunt oor einer Viertel»
ftunbe bie Ocl)fen auf bie SBeibe gebracht.
„SBolfer? SSohin? 2Ba3 mollt ^h r mit ben Spieren?" frägt er
ben grembling.
„33in ein SRehgertnedjt, unb f»a6e fte im fyricfthal auf ber Söeibe
gefauft; nun will ich fte nach 2larau führen," uerfeßt biefer munter
unb pfeift weiter, ohne wa§ SööfeS ju ahnen.
„ßwei fdföne SS^tevc ba§! 2öent wollt ^l) r H e bringen?"
„©etn langen 33ed unb äRefcger neben ber Ärone."
@ie gelangen jttrn Streu^ in .Sättigen, bort nimmt ber Unecht ben
^remben am Äragen unb macht 8ärm.
©ermaßen wirb ber Sßlautittel feftgenomnten unb üotn Äüttiger
Unteroogt unb feinem Sßeibel auf baS ©chlofj Siberftein beförbert.
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122 ‘Cantuogttgerd]t<t)ten au« bem bemifdjen Untttaargnn.
Dort oertoanbelt fid) im SBerljijr oor bent Oberuogt Renner unb bem
Canbfdjreiber, iftotar Qol). $b. iRqdjner, ber 9JJeßgcrEuerf)t in einen
SUabelhämer Qaf. Snaup non iReqau au§ ber obern (Sfjurpfalj.
33eim ®urcf)fud)en feinet gelleifenä firtbet man, aufjer „12 ißädlein
Sftäf)*, Cifenter-, ißreißnabetn, ©ufen, gingcrf)üten unb einem Rädlein
ßamelotbläk", an ©elb in einem neuen/ meinen ©ädlein 10 9leu*
tljaler ju 40 23a£en, in einem jmeiten ©ädlein etliche anbere ©über*
ftüde unb „^ßieclein" (©edjedrcuäcrli) nnb im ©djnupftudj ein getrudelt
8 Satjen, 7 9?p. Söafelgelb unb 20 ©tiid 9?eid)3fd)cibemünjen.
2öie alt er fei V fragt if)it ber Canbfdjreiber.
Ungefähr 42 ^afjre; fönite foldje§ nicf)t genau fagen.
Ob er oerljeiratljet?
Qa, mit SRofina §>ädli, audj non üietjau; fjabc ein lieb SÜlägblein
bafjeint, fjeifje SBalßurgia.
Sßie er ju bicfem ©elb gefomntcn?
33ont 97abeloerfaufen.
2Ba§ er mit ben jroci ©tiercn oorgefjabt?
<f>abe fie bem langen 53ed in 2larau bringen mollen/ um ein
£>aumcffer unb einen ©taljl fjerausjulöfen.
2lnbrea§ ©iebenmann, ber fogenannte „lange 23ed", mirb citirt
unb erflärt, mm einem .fjaunteffer miffc er nichts? unb ben ©tafjl Ijabe
er non einem Dtjroler getauft; er glaube, baß biefer 9)lann troublirt fei.
lieber ben Delinquenten rtmrb auf bie SBeridjterftattung beS Ober*
üogteS fjin unterm 19. Quli 1781 uon ©djultfjeifj unb Diatl) ju S3ern
eine „gnäbige ©rfanntnufj" gefallet unb am 23. Quli an iljm folgen*
bermafeen uoHjogen:
©rftlidj führte ifjn -ber Slmtemeibel ©djärer in fpanbfdjellen an
ben ©cfjanbpfafjl, fo ber ©enteinbclinbeit gegenüber, alltoo ber SEiittiger
SBeibel if>n für jmei ©tuitben mit bem DalSeifen feftfcfjloß; fjernad)
toarb ber 42jäf>rige 9J?ann uon bem üöiberfteiner unb bem Äüttiger
SGBädjter auf eine 23anE gebunben unb gepeitfcfjt; fobattn brachte ber
2lmt§meibel ifjn roieber bem Canbfdjreiber auf bie ©djlofjftuben, too
er unter ßeugfame be§ $afob SE&efjrli unb be§ Uli grei, ber beiben
SBäcfjter, folgenbe Urfeljbe nadjjufpredjen f(atte:
,,Qd), Qafob Slnaup non iRetjau au§ ber ©fjurpfalj, tue Shmb
unb befenne hiermit öffentlich: 28eil icf) ben 11. bied Sftonatä jroei
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123
tofcöogt*ß*fri)tdfttn ano btm bfrnifdj*n Knttraargan.
©tieren ab ber Sättiger 28eib enttoenbet fyabz, oor SluSfüljrung biefeS
2 >iebftahlS abev ertappt morben bin/ fo hat eine £}iefige gnäbige £5brig*
teit mid) belegen in Banben gelegt, um mid) eine, meinem ber allge*
meinen ©id)erl)eit jumiber laufenben Ceben, angemeffene ©träfe §u
uerl)offenber Befferung auSfteljen ju laffen. 2Bie benn §üd)biefeiben
unterem 19. bie§ SRonatS if)re fjoffe Urteil baljin auSgefällt, baf? icf)
ju mohloerbienter ©träfe in SBiberftein gmei ©tunben an Pranger ge*
ftellt, nadjmärtS eine £rad)t trüget empfangen, fobann auf bie ©rcnje
biefeS fiartbeS geführt unb unter Bebrofjung harter CeibeSftraf mir
unterfagt morben, ^iefige Canbe fernerhin 3 U betreten; aud) habe id)
alle feit meiner ©efangennefjmung ergangenen Höften gu 6 e§a^Ien:
3113 tue id), Qalob Snaup ooit fRepau au§ ber ©t;urpfalä, be*
oorberft ©ott unb bie gnäbige h°h e Obrigkeit meines begangenen
gepIerS fjalber gnäbigft um Bergeihung bitten mit bem feierlichen
Berfpredjen, bero Canbe bei ber barauf gefegten, b>ö t) ern ©träfe
nimmermehr gu betreten, unb gelobe fernerhin, mögen ©mpfal)ung
biefer moljloerbienten ©träfe mid) an niemanben rächen 3 U malten.
Sille ©efährbe oermitten."
©lb. 10 35. —
SllS $)effert mürbe ihm bie SofteuSnote präfentirt. ©ie lautete
®em ^»anS Blattner, ltnteroogt gu Sfütti*
gen, für bie Verbringung
®em Söeibel oon Sättigen für Begleitung unb
Slnfdjtiefeen an ben Pranger
Ü)en beiben 2 ßäd)tern für baS „SluSfchmei^eit"
gtir bie guljr
®em V ert-n ©iebenmann 1 ©rfcpeinung
_ .. 10
//
//
4 ©lb. 12 33.
— n
— tr
— n
2 //
2 kr.
StReinem gnäbigen V erren ©beroogt.
f^ür 12 Jage Unterhaltung in ber ©efangeufchaft ä 7 39.
2 Sr., macht
gür ©infdjliefjung unb CoSlaffung
gür 2 ©yantitta
gür 1 Urpheb
Digitized /jOO
124
Canboogtfgefdjtiiytrn an« bem bfntifdjen Vnteraargas.
Dem £>errn Canbfdjreiber.
£$jür 2 ©jramina
gür 1 Urpljebe
SJluSfüljrung jmeier ©jramen
f^ür ba§ ©infdfreiben in’§ Durnbudj
4 ©lb..— 23.
1 n //
1 n 1 n
1 u //
7 ©ib. i s’
Dem 2lmt3tt>eibel (Sparer,
gut ©infdjliejjung unb CoSlaffung
gür breimalige 23orfüljrung
gür 12 Dage Slbmartung k 3 33.
Dett ©efangenen auf bie ©renje ju führen
1 ©lb. — SB.
— n 12 „
2 „ 6 „
1
n
t!
10
5 ©1b. 13 SB.
Der fjoljen $an$lei ju 23ent:
©molument
gür granfatur
©umnta: 32 ©Ib. 5 23.*
2 ©1b. 7 SB. — ftr.
— 1 // 2 „
2 ©ib. 8 SB. 2 ftr.
Dem armen ©djetmen rollten ein paar fdjroere Dfjränentropfen
über ben fdjmarjen SBart auf bie £>anb hinunter, bie jitternb noch
ben SReft feinet ©elbeä empfing. SRe^r at§ Sßranger unb Prügel
fdjnitt i£)m ber SBerluft feiner 10 SReutljaler, bie bi3 antjer feine Cuft
unb ber ©runbftocf feines ©etoerbeS getoefen, in bie ©eele.
SllSbann übergab üpt Runter Qenner feierlidjft bem SlmtSmcibel
jur Slbfü^rung unb eine ©tunbe fpäter wanberte ber Sftabelfrämer
mit ifjm über bie ©taffelegg prütf an bie ©renje unterhalb Den§=
büren. Dort marb er mit ber oorgefdjriebenen Sebrotjung in bie
laiferlidjen Canbe l)inau8gefcf)icft.
(„Surn&ucff bei ©djloffeä ©iberftein, @. 79—88.)
* 1 ©ulben = 2 <pfunb = 15 Söafcen.
1 S3afcen — 4 Äreujer.
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Canboogtegtrrijutjttn ans tont bmtifdjfn tlnteraargao.
125
IV.
gilt ^anbgcridjt
(1771.)
®er 9tbt oon ©t. Slaßen erhielt 1767 ootn ©tanbe Sern gegen
Sieferung oon ©efcßüßfugcln eine 12jäf>rige Sonjcffion, im Unteraorgau
Soßner^ groben ju bürfen. SBeil bie Ausbeute ju gering, nmrbe
burd) SDJanbat ootn 25. Slugnft 1769 geftattet, hinter ©rlinSbacf) noch
1 bi§ 2 ©ruben §u eröffnen unter ben Scbingungen, baß jäfjrlicE)
nicf)t mcßr als 5 bis 6000 Sübet roßen ©rjeS auSgebeutet, ber Unter«
oogt oon 0ber=(£rlinS6acß olS ©rubenmeifter unb nur illngeßörige
SemS als Arbeiter angeftellt toerben; baß ferner ber 9lbt Stüßbalfen
unb Sretter jur Sperrung ber ©tollen felber befcßaffe unb leitete
auf eigene Soften toieber jubeden taffe. ®aS Soßnerj mürbe bann
in langen Srögen am ©rjbac^e getoafdjen, auf SBagen an bie Slare
geführt, in ©cfjiffe oerlaben unb nadj Sllbbrud in bie ©t. Slafifcßen
Schmelzöfen gebracht. Qebc SBocße tarn ber Sergßauptmann Qofef
Slntoni Sacßtnann oon SUbbrud herauf, bie ©ruben ju ütfpijiren
unb bem SBerEmeifter, toie ben Ceutcn ben Soßn (im Sommer 6 Saßen,
im SBinter 5 Saßen) auSjuzaßlen.
* *
*
Unter benen, toelcße bie ©rjfußren übernommen, oerbiente Samuel
Sßburj, ober ber Qörrifänti ab bem £jarb, mit feinen jtoei Stieren
am meiften, toeil er bei buntelnber ÜJiacßt regelmäßig nocf) etliche Stüß*
ßöljer ober Cabcn in bie „Sänne" loarf unb ßcimfüßrte. ©ineS früßen
SRorgcnS aber, als ber ©ämi eben im Stalle bie Süße molt, traten
ber Sergßauptmann unb ber Unteroogt 9iotß an feine ftoljbeigen
unb fanben bie St. Slafifcßen „üträmel". Seitbem faßte Sßburj
einen tiefen £>aß gegen feinen 9tacßbarn Qa!. Säler, ber als armer
©rubenarbeiter ßoßtroangig unb gar oft mit leerem 9D?agen ben ^ßidet
fcßtoang, um feine barbenbe ^amilie burcßjubringen; er hielt ißn mtt
Unredßt für ben Serrätßer.
9)?ontagS, ben 22. Quli 1771, füßrte Sßburj ein §uber $ol$
natß Slarau. Qm Saufe beS StacßmittagS, als feine £$r taU au ^ * 3em
gelbe Stübli ßadte, fcßlicß beS SälerS £>anS in ißre Stube, um Srob
abjufcßneiben, warb aber oom Sreneli, beS Spburjen Söcßterlem,
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126
Canboogttgrfdjtdjten ans bem benttfdyen ICnteraargan.
ertappt. Der 33übe gab ilfm einen Sreuger, baß e§ nichts fage, bod)
umfonft, unb bie SRutter, eine unoorfidhtige „Siegle", f)interbracf)te bic
Dljat ihrem SRannc, als er StbenbS um 8 Uljr fo giemlid) angetrunfen
öon Slarau lant. tpburg ftürmte fogleid) oor be§ S3äler§ fmuS unb
fcf»alt fie „|)ungerteiber" unb „©robfcbelmen".
„Da£ ift nicht maf)r; mir hoben mehr 33rob als ihr!" rief 33älerS
Söeib burd)§ ©tubenfenfter auf bie ©affe.
Da lömmt eben S3äler, mübe oom Dagmerl, herju. „Du falfcher
£)unb! $aft mich beim Slntöni „oertätfdjt" unb um ben S3erbienft
gebracht unb habe buch bein Canb umfonft pflügen müffett," fchreit
tpburg.
„3ft nicht mahr, ©ämi! Unb ba§ „gaffren" foHft nicht umfonft
gethan hoben; mitl bir SllleS befahlen unb gut mochen, ma§ idf
fthulbig bin."
„2Ba§ lannft gafften! Du gö^el!" gifdjt beS tpburgen Seib aus
ihrer §auStbür.
Da fliegen tiefelfteine auS ben .fpänben ber Sälerbuben hinter
ber |)auSe<fe Ijeröor unb trieben bie gänler gurücf.
©ine gute holbe ©tunbe h er na<h führt tpburg fein 23iefj bei
beS SBälerS $au§ oorbei auf bie Seibe unb bei ber fRüdlunft trifft
er auf bie SBälerbitben, £jans unb £>eiri.
„©teinbengler, ihr oerfludjten," hebt tpburg ben Cärrn mieber
an. „@eib fchon fo fchlimm als mie bie Sitten!" unb oerfeljte babei
bem £>attS einen ©terfenljieb über ben .'topf.
„Sehrt euch, 33uben! ©chlaget ihn auf ben S3oben nieber, bie*
meilen ber ©ämi angefangen!" ruft SSäler auS ber ©tube unb geht
ihnen gu £)ilfe. tpburg lehrt ftch fogleich gegen ihn unb werfest ihm
mit bem SReffer gmei ©tiefte in ben 8eib. Der ©eftocheue holt einen
©enfenmorb unb feftlägt bem ©egner bamit auf ben topf, baff biefer
auf’S ©efidjt in bie ©tröffe finit. Doch fühlt er halb bie ©tidf»
munben. „Qcf, höbe genug! Sann Du nur amh fo genug hätteft!"
fpricftt ©ater im Scggehen.
Der ÜRadjbar, S3annmart ©chmieb, eilt auf ben Cärm h er &ei unb
finbet tpburg bcmujftloS im Sege liegen. 33äler lömmt auch mieber
unb geigt auf fein blutig f)emb mit ben Sorten: „@chau bod), ber
©ämi hot mich erftodjen." Drauf ging er ^eim unb nach einer
"N
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ÄanboogUgffdjIdjtnt au« bf»t bfrnlfdjfn Mnteraargau 127
Ijalben SSiertelftunbc »erfc^ieb er, ftille auf einem «Studie ft^enb, in
ber (Stube.
Samuel Spburj flot) nocfj felbige 9fad)t übet Sienbetg.
* *
*
golgenben 2ftorgen3, um 6 Ubr, überbradjten bie jrnei ©efdpoor»
neu $b. 9?otf), SämeliS, unb Qb. (Srmel, 33ärcnrt>irtf), fammt $einrid)
Stfburj, "SSBeibet non Obe^Grrlinsbadj, bem moljlebelgebornen unb Ijodj*
geehrten ©erren Oberft unb Oberuogt Sttorlot auf 35iberftein biefe
Ieibige 9Jad)ridjt. Oerfelbe fanbte fogleicf) feinen 2tmt3fd)reiber Saften»
Ijofer fammt ©Ijirurgo Oaniel Oürr non 2larau mit ben 93orgefe§ten
bon Qrrlinäbad) auf befagteS £>arb, um fo Diel al3 möglich ein um»
ftänblidj 33erf)ÖT aufäuneljmen unb grünblidj in Sdjrift ju nerfaffen,
ben entfeelten Sörper aber burcf) ben ©Ijirurgum auf bie Sefdjaffen»
Ijeit ber SSunben tjirt oifitiren uttb butd) fein visum repertum fdjrift»
lid) oeripäiren ju taffen.
Oer (Sfjirurg fonftatirte, bafc ber eine Stid) liitfer Seiten jmtfcpen
ber 3. unb 4. TOppe recta in bie Cuttgett, ber attberc aber einen
Ouerfingcr unterhalb bem 3 tt, ercfifell burcf) bie Lineam albam in
ben ättagen gegangen.
9fad)bem bie historia facti auäfürlid) an meine gnäbige Herren
unb Obern überfd)rieben morben, uerorbneteit £)odjbiefelben, bafi nad)
Sanbeäübung hiegen biefent fßorfall bie erforberlidjeti brei Canbtage
follen gehalten unb nad) gorm 9?edjten§ oerfiiljrt luerbett. ©ermaßen
nmrbe ber erfte Canbtag oberamtlid) beftimmt unb abgelfalten ben
10. Sluguft 1771 im Sdjtoftljof ju SBiberftein. 3 U bemfetben crfd)ienen
al§ 8anbricf)tcr:
SßräfeS: 9)?eiu moljtebelgeborner Oberbogt SUJorlot, mit bem
rotfj»fd)tt>arjen Slmtämantel befleibet.
33on (Srlin3bad): (peinrid) 9fot[), Unteroogt, $an§ Spbu% Statt»
patter, gfiSfal, 9tubolf geller, Sirdjmeier, Uli Slattner unb ^einrid)
Spbu% SBeibet.
93on Süttigen: f)an§ Slattner, Unterbogt, Sfubolf SöeEjrti/ Statt»
Raiter, SlnbreS Slattner, 3i mmermani V 9^ubt SBoHiger, £>eired)en unb
©eorg SBetjrfi, SBeibel.
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Äanböogtegffrijlititfn ans fcrm beritifdjen Kntfraargan.
©on ©iberftein: ©eorg Ott, Unteroogt, (Simeon Ott, Stafpar
grep, Stubolf £)äuptli unb ^ans ©djärer, SBeibel, aud) im SDtantel.
®a fie fid} in bie ©fronten, fo tjiefür aufgericptet worben, ge»
fcfcct Ratten, hielt mein t)od)geet)rter §err Oberft unb Oberoogt “Stör tot
unter ßeugfatne oiele§ ©olfö folgenbe Anrebe:
„DJtannhafte, woljlbefchicbene llnteroögt unb Statthalter! Qh*
fcib auf biefen feierlidjen Canbtag berufen unb addier oerfammelt,
bantit be§ ga!ob ©älerä unfd)ulbig uergoffeneS ©lut an bem DJtiffe»
tljäter Samuel Ä^burj, Qörrtö ab bem (Srlinäbadjer £>arb,. gerochen,
bcrfelbe womöglich betjänbigt, pr wohloerbienten ©träfe beurteilt
unb felbe an i(jm oollpgen werben möge; alles nad) unfrer gnäbigen
Herren unb Obern t) 0 (±|löblid)er ©tabt ©ern Rechten unb ©efe^en;
auch mämttglid) pr Söarnung unb ©efferung. ©§ gehet ber Ijotien
Canbesobrigfeit unoerrüdteä klugen wert ftetiglid) bal)in, burd) forg»
faltige Ausübung ber Ifjuftij & en SSohlftanb unb bie ©ic^er^eit ihrer
lieben unb getreuen Angehörigen p wahren unb p mehren, unb fo
habe benn auch id), ber obrigfeitliche Amtsmann, hochgebacht it)ro ©naben
©efe.ht ooöpgen unb an euch, gegenwärtige Cnnbricfjter, bie oberamt»
liehe ©itation ergehen laffen, um heute bem erft unb ^weiten Canb»
tag beipwofjnen. ßu mämtiglicher Dtachridjt aber unb fonberlid)
benen es p wiffen nötl)ig, Wirb bie ber SÖtorbthat an ßafob ©äler
Wegen aufgenommene Information, nebft bem @d)ärer»geugfame ab»
gelefen."
9tacf)bem bie historia facti oerlefen worben, würben bie ©cfjranfen
p allen oier ©eiten eröffnet unb auf be§ ObmannS ©efehl rief ber
Amtsweibel Sparer außerhalb berfelben auf einem ©tuljl mit er»
hobetter ©timme ba§ Canbgericht auS unb frug an, ob ßemanb pgegen
fei, ber ba§ 3ted)t p gebrauchen höbe, wegen ber am 22. |)eumonat
an ßafob ©äler auf bem .fparb ergangenen äftorbtljat; ba aber niemanb
fich ftellte, fo trat .fpan§ Spburg, ©tatthalter, als Anwalt meiner
gnäbigen Herren ber ©tabt ©ern oor ben ©räfeS unb begehrte, baf;
bem Später ©amuel Sfpbu% görriä ab bem ©rlinSbadjer £>arb, nach
©efe§ unb Orbnungen p breien unterfchieblidjen 9)?alen in’3 Specht
gerufen werbe, um fid) üor biefem Canbgericht p uerantworten.
Dt ad) gehaltener Umfrage warb einhellig pgeftimmt. ®a aber
ber ©ethäter auf breimaligen erften Stuf im Rechten nicht erfchien,
auch feinetwegen niemanb pr ©erantwortung fich geigte, fo begehrte
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ÄanbDogtsßefdjiriikn atu bem betttif^m Unteraargait.
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ber obrig!eitlid)e giSEal als Kläger über bie gefd)el)ene ßitation uitb
baS Ausbleiben eine UrEunbe, Welche ihm einseitig burd) Urteil unb
SRcd^t juerEannt würbe.
9tadjbem nun ber crfte Canbtag folchermafjen oollenbet, begehrte
ber giSEal int 9tamen meiner gnäbigen Herren, bafj jur ©rfparung
oon 3eit unb Soften ber zweite Canbtag ebenfalls fogleid) oor jtdj
gehen möchte; fefcte fein SBegehren jum Steckten.
darüber toarb nach gehaltener Umfrag erEannt, eS foHe nad) beS
griSEalS 33egehren ber jweite Canbtag auch bato gehalten werben.
«Solpern nad) begehrte ber giSEal unb Kläger, bafj bem ©etf)äter
Samuel £t)burj jum anbern Canbtag Ijeroorgerufen werbe, ©inhetlig
Würbe befdjloffen, bem ÜDiörber wieberum ju breicn 2Jtalen burd) ben
AmtSweibel mit erhobener Stimme oor attljiefig oerfammelteS Canb«
geriet prüfen, um fid) laut oorljanbcnen traurigen SBaljrjeidjen*
wegen ber an QaEob 33äler oerübten 2Jiorbtl)at ju oerantworten.
iTtadjbem aber ber ©ettjäter wieberum nid)t erfdjien, erhielt ber
Kläger auf fein 33egeljren Ijin abermalen über ergangene jweite Sitation
unb SftidjMSrfcheinung eine UrEunb, unb fjernad) Würbe nadj beS
giSEatS Antrag ber britte unb leßte Sanbtag auf Samftag ben
31. Sluguft feftgefe§t, beffen ber Anwalt aud) eine UrEunb begehrt,
daraufhin warb ber britte Canbtag nad) gornt DtedjtenS öffentlich
üerEünbet unb bie bafyerige ißroElamation auf 33efefjl beS DbmannS
hin bem AmtStueibel Schürer oon 33iberftein, fowie bem ©erid)tSWeibel
Heinrich Sttjburj oon GrtlinSbad) übergeben, auf bajj fie biefelbe unter
ßeugfame jweier Canbrid)ter fowoljl an hiefiger Sd)lof)porten als auch
an beS ©etfjäterS ^jauStljür anfd)lagen.
®ie ißroElamation lautete:
333er ben Swbfdjlüger Samuel Stjburj, QörriS ab bem ©rlinS*
bacher $arb, fefjen ober antreffen toirb in Stabten ober Dörfern, in
§>ötjern ober Reibern, §u 333affer ober ju Canb ober Wo eS immer
fei, ber fotl ihm oerEünben, bafs ber erft unb anbere Canbtag um beS
* 5iacb ben germanifdfen SRecfitsbegtiffen Ratten bie SSertoanbten bie Pflicht,
SBlutracbe ju üben; tonnten biefelbe aber aud) bureb Slnflage, unter ä3ortoeifung
beS SeidjnamS, an ben Stifter übertragen ('-8 a b r g e vi cbt). Später genügte ein
ftbrperttyeil (rechte panb, Änodfen) ober ein blutbeflecfteS SleibungSftüd als „Seib«
ober SSBatyrjeid&en".
®om ftura $um ©djtuarjujalb IX. 9
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£«sfe90ai«fttfi!fi4jtfs ose hm btnüMps Ifotmorgm.
$obf<f)lageS mißen, ben er on $aEob SBöler boshafter Söeife begangen,
heute förmlich gehalten morben wnb ber britte Canbtag auf Samftag,
ben 31. Üluguft 1771, angefe^t fei, bamit er ftefe baju oerfügen unb
fiefe oerfpreefeen Eönne; benn fo er auä) bannjumal nicht erfdjeinen
mürbe, man nichts beftomeniger mit ber Urtheil miber ihn oerfahren ttiirb.
®a nun ber britte Canbtag auf anberaumten 31. Äuguft oom
fßrafeS, meinem gnäbigen Herren Oberft unb Oberoogt SRorlot,
eröffnet unb bie Urfacfe, wie baS erfte 3Ral, angejogen morben, liefe
er ben StmtSfdjreiber bie aufgenommenen Informationen famt bem
viso reperto mieber öffentlich oerlefen unb an ben SchranEen bie oter
^hnrlein auftfeun. daraufhin begehrte #anS Styburs, Statthalter,
als giSEal baS fRecfet miber ben ÜEobfcfeläger unb bafe er jum britten
2Ral oorgerufen merben möge, maS nach getanem SRecfetSfafc unb
bieSörtigen Umfrag einhellig juerEannt marb.
Solcfeemnacfe ooHführte auf beS $errn 5tmtmannS SöefehC SlmtS«
meibel Scfeärer ben britten SRuf ju breien SRalen aufeerhalb ben
SchranEen, überbrachte jebodj, bafe ber SSeEfagte nicht erfdjienen fei.
®eromegen fteUte unb begrünbete ber gfiSEat ben Antrag, mit ber
Urtheil in contumaciam fortjufahren.
SRadj gehaltener Umfrage marb einhellig befdjloffen, bafe auS
angebrachten ©rünben mit ber Urtheil foße fortgefahren merben, unb
ber giSEal um feinen Eintrag befragt.
®erfelbe formulirte ben (Spruch bahin, bafe ber ©ethäter Oon grieb
in Unfrieb, oon Sicherheit in Unfidjerljeit erEennt, bafe all fein ©ut
bem Staat oerfaHen unb er auf 101 ^afer au§ ben ferner Canben
oerbannt fein foße.
SRacfe barüber gehaltener Umfrage mürbe obigem SBorfdjlag unter
©enefemhaltung unfrer gnäbigen Herren oon ber 3Rehrheit ber 8anb«
riefeter jugeftimmt unb bem giSEal eine begehrte UrEunbe baoon be*
mißigt, morauf hin ber Obmann unter 93erbanEung ben britten unb
lebten Sanbtag befcfelofe,
❖ *
*
ÜRacfebem bie ganje ©riminalprocebur ooßführt unb Eopeilidj an
meine gn. Herren, bie fRätfj, überfdjrieben morben, hoben hochbiefelben
fub 5. September 1771 bie lanbeSgericfetliihe Urtheil alfo mörtlicfe
beftätigt:
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JOßanfcerungtn in 6afei« Umgebung.
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Schulreife uttb fRatfj.
$a beS »erfüllen CanbtagS unb befcfjehener breier ißroftamatio»
ncn ungeocbtet, SamuelShburj, QörriS ab beut ©rlinSbacher $arb,
ficfe bennocf» in ben Rechten nicht gefteHt, um fidj über ben öon ihm
an Qafo'b Säler, au<h öon bafelbft, üeräbten jobfdjlag ju öerant*
Worten/ fo hoben wir ßnrechnung beS oergoffenen 33luteS befcfjloffen
unb bie burdh bie Canbrichter wiber ihn gebrochene Urtheil bahin be»
ftätigt: ®afe gebachter Samuel Shburg, QörriS ab bem (SrlinSbacher
£>arb, non grieb in Unfcieben, öon (Sicherheit in Unfidherljeit erfennt
unb ad fein ©ut ju unfern «ffanben öerfaßen fein, anbei berfelbe
unfere Canbe für 101 Qatjr oertoren haben unb fürohin nicht mehr
betreten fott unb Wo er je in benfelben habhaft gemacht werben fönnte,
mufe er mit bem (Schwert oom Ceben jum Üobe Eingerichtet werben.
£>iefe Urtheil werbet ^h r / lieber unb getreuer ÜlmtSmann, burch
ben ©ericfetSweibel (Sonntags ben 15. (September auf bem SHrcfehof
öerlefen, fowie an ben gewohnten Orten ju Ober* unb 9}ieber*©rlin8bach
anfchlagen laffen.
^Betreffs feiner jurücf gelaff enen ÜKittet ift unfer 2BiH, baß über
folcfee ein Qnöentar gezogen, bie allfälligen Sdjulben unb aufgelaufenen
Soften bezeichnet unb befahlt, fold)eS unS bann burdh Such einge*
fenbet unb babei öermelbet werbe, ob unb wie öiel Sinber unb öon
welchem ©efchledjt unb Ulter ber ausgetretene SEobfchläger hinterlaffen,
bamit in 2tnfef)en beS ju bejiehenben SRefteS wir Such baS fernere
auftragen fönnen. ©ott mit Such!
(„Xwrnbudj" b«3 ©<§r. »iberftein, ©t. 89—66.)
JpiRtaRRgn iR ItagekRRf,
Jura, grtjimtruuali', ffilfnß.
3nt Aufträge beä 3Sevleljr3»min3 Safe! jufammengtfteHt Bon Dr. Jfrih
flicht weniger 33orjiige, als bie (Stabt SBafel ihren ©äften inner*
halb ber SERauern bietet an SeljenSmürbigfeiten unb 53er*
gnügungen jeber 2lrt, laffen ftch für ben SRaturfreunb unb für ben
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^6c
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Wottbtnragen in tiaftls Kmgtbnng.
Souriften, für ben ©ommerfrifchler unb für beit ©rholungSbebürftigcn
auch in unferer nähern unb fernem Umgebung ftnben. gn eine fo
oerfdjieben geftaltete ©egenb liegt mohl nicht manche ©tabt ber ©chmeiz
hineingebaut, hiie gerabe Bafel. ©djon bie Stahe breier oerfd)iebener
©ebirge, beren jebeS feinen ganz befonbern ©barnfter trägt, beS gura,
beS ©chmarzmalbS unb ber Bogefen, bemeiSt bieS. Unb innerhalb eines
jeben einzelnen ©ebirgSzugeS mieberurn fteHt ficf) bie Statur in ben
oerfchiebenen SL^eilen oerfchicben bar. Sine ganze 9?eiEje Don ©ifen*
bahnlinien ftrahlen Don ber ©tabt als SDtittelpunEt nach «Öen Stich*
tungen auS. Sin fie fc£)lie^en fidf Stebenbaffnen unb bieten bie ÜDtög*
lidjEeit eines mfiljelofen BefucfjeS auch & er Stebenthäler. ©üblich ift
burch zahlreiche, gute, jum Sheit mufterhafte Verbergen unb ©aft*
häufer auch für Unterfunft unb Verpflegung reichlich geforgt.
©tatten mir junächft bemgura unfern Befud) ab. gaft genau
fübmärtS führen auS ber ©tabt bie fdjmalfpurige Birftgthalbahn unb
eine normalfpurige Sinie ber gura»©implon=Bahn burch baS VirStljal
in biefeS ©ebirge; ferner nach ©üboften jur Berbinbung mit ber
innern ©djmeiz bie ©entralbafjn, erft bem Saufe beS StfjeinS, bann
ber ©rgolj flujjaufmärtS folgenb. Bei Sieftal gtoeigt Don biefem ©trang
eine ©eEuttbär=©trafjenbahn nach SBalbenburg, bei ©iffach eine jmeite
mit eleftrifchem Betrieb nach ©ettertinben ab. Sen Berfehr mit ber
Oftfdjmeij enblich Dermittelt bie Böfsbergbahn, melche bis ^ßratteln
bie ©eleife ber ©entralbahn benü^t unb Don hier bem Saufe beS StheineS
meiter folgt.
SaS ©ebiet, melcheS bie Birfigtlfalbahn bem Steifenben er»
fcfjtiefit, ber meftliche Shell t>on BafeHanb unb einige folothurnifdfe
©nclaüen, erinnert in Dielen Beziehungen an baS benachbarte elfäffifche
©unbgau. Sie Sinie reicht bis nach glühen hart an bie beutfdje
©renje, an ben gufj beS im ©üben Bafels hingelagerten gurablauen.
Sie planten biefeS in ber £>öf)e meift bicht bemalbeten BergeS, Don
tiefen felftgen Schluchten burdjfurcht, erhalten ihr befonbereS ©epräge
burch eine Steihe Don Burgruinen. Sa ragen auf felfiger Klippe
unmittelbar über ber ©nbftation glühen bie Srümmer ber geftung
SanbSfron; bahinter, jenfeitS beS ehemaligen BenebiEtiner©tiftS
unb Dielbefuchten SBatlf alfrtSorteSSJtariaftein, erinnert ber zerfallende
Shurm Don Stotljberg an Dergangene ßeiten. Unb mer ben ftünbigen
SDtarfdj über baS ^ßlateau Don SDte^erlen nicht fcheut, ber erblicft auf
I
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Wanfctrnngen in €af*U Hntg*btmg.
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fteilem Reifen über bem feljr empfefflenämertljen ©abe ©urg ba8 nodj
betnoljnbare ©djlofj gleichen ©antenä. ©on f^lütien oftmärtä gelangt
ber Söanberer auf nidjt minber anfptecf)enben SBegen an bett 9tuinen
üon 0-ürftenftein oorbei nad) bem Sorf unb ©ab ©ttingen unb mag
mit ©enufj feinen ÜKarfd) 6i§ bat)in auäbeljnen, h)o bie 33irÖ baS
©ebirge burcf)brid)t unb bie romantifcf)en Ruinen üon Slngenftein unb
Pfeffingen geugnifj oblegen üon ber ©ebeutung, metdfe frühere 3 e i* en
bem fßafe über ben ©lauen beimaßen.
9tidjt nur am Qrufje be§ ©erge§ entlang üerloljnt ficf)’3 ju fpa*
gieren. @3 bcbarf bloft befcijeibenen fö'lettertalentä jur ©efteigung be§
au§[id)tsreid)en ©ergrüdenä, non bem man am anbern 2Ibl)ang in§
©irätlfal hinunter gelangt.
3um ©efudje biefer ©egenben benii^t ein greunb ber gufstuam
berungen bie ©irfigtfjalbafyn nicf)t. Ser ©tauen liegt nidjt fo weit
üon ©afel entfernt, bafo er nicf)t au et) ju gufe in einem Sage felbft
üon tnenig geübten gufjgängern offne 9J?ü£>e erreicht merben fönnte.
Slurf) bietet ba§ gmifdjen ber ©tobt unb bem ©ergguge tiegenbe ©ebiet
ber 9?eige fo mannigfaltige, baß bie SJftfjacfjtung ber ©ifenbalfn 9tie*
manben reut, ©djon bidft bei ©afel labet ber meite 2lu3btid üom
©t. SDtfargaretlfenljügel unb üon ber nod) fjöfjer ragenben ©atterie gum
©efudje ein. Sie im SluSgange be§ ©irfigtt)ale§, am gufee biefer
.'pötjen gelegenen Sörfer ©inningen unb©ottmingcn, le£tere§
mit einem roeilferumgebenen, laufdjigen ©dflöfjdfen, in bem jc£t eine
tüchtige 2Strtf)fcf)aft betrieben rnirb, erfreuen fiel) gal)lreid)en ßufprucfjä
üon ©eiten ber ©täbter unb ebenfo bie etma§ meiter abliegenben
Sörfer Obertüt)!, Slfermtjl, ©iel unb ©enfen.
Sie ^urabalfn, melcfje üom ©entratbaffnljof au§gef)enb bie
SBeftfdjmeig bem ©a§ter etfcfjliejjt, fü£)rt in ba§ eigentliche Sorabo
ber baSlerifdfen Souriften. ©ei ber erften Station Ptündjenftein
fdfon münbet ein überaus lolfnenber 2Beg nad) bem ©empenftollen.
Siefer, ein naffegu 800 m ffod) anfteigenber unb nadj ©üben jälf ab*
ftürgenber 5JoradenEalffel§ bietet eine pradjtuolle SluSfidjt nid)t nur
über bie ©tabt unb bie rfjeinabroärtä fid) befjnenbe ©bene, ba§ ©ir3*
ttjal unb bas funbgauifdje |)ügetlanb, fonbern aucf) gmifdjen ben
meiter fübticf) fiel) auftffürmenben Quraf)öf)en burd) bie Süden nad)
ben fdjneebebedten ©ipfeln ber ©erner*Oberlänber*, ber Urfcfjmeiger*
unb ber ©larner=9lfpen. ©einalje nodj tjäufiger rnirb bie £)öf)e be3
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titanfcerangen in fiafele Kmgfbmig.
©empenftollenS B'eftiegen oon ®ontach=9ltteSheim auS, wo ber Pfab
etwas fteilcr als oon Üftündhenfteitt, aber bebeutenb Kirjer, jurn ßiele
hinaufführt, über beit tlaffifdjen Söoben ber ©(blockt bei Sorttad)
(1499), an ben trogigen Ruinen beS ©ornadjerfchloffeS oorbei.
®er unmittelbar bei ber «Station S)ornacf)brugg gelegene Bafel»
lanbfdjaftliche gfleden SlrleSheim, in bem üerfdjiebene ©aftljäufer einen
guten $£run! unb preiSroürbige Steifen bieten, oerbient einen befonbern
Sefudj wegen beS biefjt baneben fief) ertjebenben SdjtoffeS SirSecf. (£in
Par! umgibt biefe Stuine, eine englifebe Einlage, wie bie oornebme
©efeUfdjaft um bie legte Qahrhunbertwenbe fie liebte. Sünftliche
©rotten, ©räber unb ®en!mäler aller Strt, Stabinetcben unb Witter»
faal, eine ©infiebetei mit lebensgroßer SSalbbruberpuppe u. bgl. mehr
ftnb auf oerfcßlungenen Pfaben im Schatten weitäftiger Saunte gu»
gänglid). Stiemanb, welchem bie Kultur oergangener 3«ten ein ©e=
genftanb beS QntereffeS ift, wirb biefe Wohlerhaltene Einlage obne
©enuß burebwanbern.
Süblidj oom ©entpenftollen begnt in ber £)öbe ein unregelmäßiges
§ügetlanb fidh auS. @S liegen barauf jurn SD^eil große unb ftattlicbe
Dörfer: ©empen, ^ocßwalb, Seewen, weiterhin Stunningen u. f. f.
3ur Serbinbung mit ber im £h°^ e loufenben Sahnlinie bienen wobt»
gepflegte ßanbftraßen, oon bem wieberholt genannten Qornach bie eine
in zahlreichen SBinbungen burch frönen 2Öalb nadh ©empen, bie
anbere, am guße einer langgezogenen gelSWanb unb namentlich im
obern eile burch fd)öne SluSfidjt ausgezeichnet, nach £>odjwalb.
®ie Station Stefd), unmittelbar unter ber bereits erwähnten Singen»
fteiner SfluS, überragt oon ben Ruinen Pfeffingens,, bient mehr ben
Sebürfniffen ber Ortfdjaften am guße beS Qurablauen, als beS ©ent»
penplateauS. Son ©rellingen auS leitet bagegen Wieberum eine
Straße burch baS felftge, jum 2heil witbromantifche Peljmühtethal,
beffen Quellen Safel mit SBaffer oerforgen, hi nau f Z um £>orfe
Seewen. Stoch reijenber, weil weit abwedhSlungSreicher, barf bie
Canbftraße nach Stunningen genannt werben, Slm meiften ©enufj
aber wartet beS SiaturfreunbeS, wenn er oon ©rellingen auS baS
fehmale ^attbrunnenthäldfen befucht. §ier reiht fich ein SBilb
ooU intimer 2Balb», Söaffer» unb gelfenpoefie an baS anbere, unb
nicht oergebenS haben bie SaSler Zünftler gerabe im SEaltbruunenthal
einen ihrer beoorjugteften ^apbgriinbe für lanbfchaftliche SWotioegefunben.
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Otatbtnmgin ht Kmgrtmrg.
135
Die Qurabahn roenbet fid) Bei ©retlingen ent) (Rieben weftwärtS
unb folgt nun bis pm ©täbtchen Saufen bem füblicfictt gfufje beS
©lauenS, beffen Siorbab^ahg wir eben fennen lernten. Die fanfteren
falben beS ©ergeS auf biefer ©eite tragen einige Dörfchen: Siena*
lingen, um welches auf weiter SEBeibe ein $ranj prächtiger (Sichen ragt,
©lauen, Dittirtgen, eingebettet in ein faft fluchtartiges ©eitenthälchen,
enblich auf freier ^ölje baS faubere SJöfdhenj. Um bie erftgenannten
Orte p erreichen, oerlaffen wir in ßto'aö 60 ben Saljupg. Stuf
ber entgegengefeßten ©eite biefer £>altefleHe aber, in beren Siähe, mitten
im Dorfe gleichen Siemens, wo baS noch h eute bewohnte, mittel*
alterliche Schloß ßwingen fich erhebt, führt bie ©trafse burch behäbige
Dörfer nach bem ©cibe 3Jieltin gen, an ben trofcigen 9tuinen beS
Donjons oon ©ilgenberg oorbei nach Hünningen unb bemnächft bei
©refcWijl auf bafetlanbfchaftluhert ©oben.
©ei Saufen treffen mehrere Später pfammen: baS Sü^elt^al,
Welches nach SBcften an bie elfäffifche ©Tenge unb pr Duelle ber $11
führt, baS ©irSthal, welches nun einen wilben felfigen ©h ara ^ er an '
nimmt, baS Süffelthal, welches p ben höchften SBarten beS $ura in
©afelS iUähe hin leitet, pr |>ohen SBinbe unb pm ©aßwang, unb
in beffen ^mttergrunbe ber Suftfurort SieuljäuSlein befcheibenen @om*
merfrifchlern einen trefflichen Aufenthalt bietet. Doch Weiter bürfen
Wir, wie fe^r eS unS auch locft, h°h er ins ©ebirge p fteigen, ber
$urabaljn nicht folgen. 2öir beabftcßtigen, nur foldje Auszüge hi er
p erwähnen, welche fich in ^öc^ftenS einem Dag leicht ausführen
Iaffen.
Die erfte Station ber ©entralbahnlinie ©afebOtten, baS
große Dorf SJiutteng mit einer bemerfenSwerthen befeftigten Sfircße,
liegt am guße beS SBartenbergS. Diefer oorgebirgegleich in bie ©bene
Oorragenbe Siegel trägt auf feinem Siücfen bie Ueberrefte eines römifcfjen
ÄafteHS unb bie Ruinen jweier mittelalterlicher ©urgen. ©ine weite
AuSficßt nach SBeften unb Siorben belohnt für ben etwas [teilen Auf*
ftieg. ©ine in halber £>öl)e liegenbe Eßenfion bietet freunblidjen Auf*
enthalt unb gleich wie bie Verbergen in Sßutteng Sabung für ben
hungrigen unb burftigen SBanberer. ©on ber genannten Ortfchaft
eine halbe ©tunbe weit entfernt unb auf fdjattigen SBalbwegen oßne
SDiühe erreichbar, liegt unmittelbar am mßeinufer bie ©aline
©djweijerhall. AuS beträchtlicher Diefe wirb h* ev bie gefät*
136
Äonbmmgta In 6afeU tfogebnng.
tigte ©oßle an bie Qcrboberjläcße gepumpt unb m großartigem betrieb
unter nimmer erlöfcßenbent geuer oerbampft. (Sin ©oolbab mit moßl*
berufener SBirtßfcßaft, einige Sitten unb inbuftriette Anlagen ßaben
fitf) um bie ©aline gruppirt unb taffen ©cßmetäerßatt als eine ftatt*
ließe Ortfcßaft erfeßeinen. Son ber ©tabt Safel au3 mirb e§ ßäufiger
ju guß ober §u Söagen aufgefudßt, als mit £)ilfe ber ©ifenbaßn.
®enn jaßlreicße gußmege bureß^teßen ben am (Rßeinufer entlang fteß
erftreefenben |)arbt=2öalb unb bie genußreießften (Säuberungen untere
nimmt unter biefem Slätterbacß im ©ommer attfonntäglitß eine
©cßaar naturßungriger ©täbter. (Sin Stugftug in bie §arbt läßt
fieß ja fo leießt fombiniren mit bem Sefucße beä ©tßlacßtfelbeS oon
©t. gafob (1444), mo ein guter SEßein oerjapft mirb unb im grüß«
ling ba§ beliebte gifeßeffen ber gebotenen (Rafen ben SaSler locft.
©cßmeijcrßatt liegtnaße bei ber jmeitenSentralbaßnftelle (ßratteln.
Son ßier au3, mo mitten im (Dorfe baä je§t al§ Slrmenßauä einge«
rießtete ©eßloß ber Springer oon (ßratteln fteß erßebt, bietet fieß ©e*
legen ßeit jum bequemen Sefucße ber gura«Sorberge. (Die Canbfiße
moßtßabenber Sanier ©efcßlecßter finb an ben 2tbßängen angelegt,
flauen meit in’S Canb ßinein unb über ben (Rßein ßinüber naeß ben
öerblauenben £>ößen be3 ©eßmarjmatbeä. Slbterberg, ©tßauenburger
gluß unb (Ruine ©cßauenburg finb bie oon ßier auS oft unb gern
erftiegenen auäfidßtSreicßen §)ößen. gn tßrer SRittc, als Zentrum be§
©ebieteS für ben SEouriftcn, liegt in malbigent gefeßü^tem Keffel ba3
Sab ©cßauenburg, au3 meitem UmEreiä oon ©efunb unb Girant,
gung unb Sllt gern aufgefueßt. gu jeber £age3* unb gaßreSjeit
bietet e3 bem ermübeten Söanberer, bem burftigen ßeeßbruber, bem er*
ßolungäbebiirftigen (Retonoaleäjcnten juDorfommenbe treffließe Unter*
funft unb Serpflegung. Ueber ben Serg ßinüßer oerbinben moßt
unterßatteneSBege ba§ meiter oben ermäßnte@empenpIatcauunbbagSir§*
tßal (gurabaßn) mit bem ©ebiete ber Scntralbaßn. (Der Uebergang
oon bem einen biefer ©cßienenftränge jum anbern läßt fieß in jaßl*
lofen Kombinationen mit immer neuem ©enuß auSfüßren. Slucß oon
SRuttenj füßrt bureß bie ben ©übabßang be§ SBartenbergS einneß*
menben (Rebberge ßinbureß eine feßr empfeßlenSmertße ©traße über
bie §öße teä ©cßauenburgerfcßloffeS tn§ Sab ßinunter,
©tatt nadß (ßratteln fteigen mir oon. leßterm naeß (Rieber*
©cßöntßal, ber näcßft ßößern ©entralbaßnftation. (Dabei paffiren
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137
wir Wenige Schritte nor ber ^jalteftelte grettfe nborf (entpfehlenS*
wert^e ©afthöfe: SBilber ÜRann, Cöwe), nach welchem auch non fßrat»
teln au§ über baS fogen. ©i)rii ein überaus anmuthigeS Straff djen
führt. ÜRicber=Schönthal, eine große inbuftrieHe Anlage an ber Waffer*
Eraftfpenbenben ©rgolg, bient auch bent am rechten Dhalabhange ge=
genüber non grenfenborf liegenben güüinSborf atS (Bahnftation. gül*
linSborf ift feit einiger ßeit bei bcn (BaSlern gu einer gewiffen ÜRo»
torietät gelangt, weil auf bent gegen ben SftEjein norfpringenben SC^cil
feines ©ebieteS non ben im nahen Cieftal ihre fRefrutenfd)ule abbie*
nenben Pionieren eine (BefeftigungSanlage eingerichtet worben ift, non
ber auS ber 53Ii(f weit rljeinauf* unb abwärts unb in bie (Dörfer beS
jenfeitigen babifdjen UferS ftreift. Sehren wir aber wieber gur (Station
gurücf unb holen wir einen (Befud) nach, ben wir fdjon beim (RüdWeg
non Schauenburg hätten abftatten fallen: ben beS SurortS (Bienen*
berg. Unmittelbar über ber Bahnlinie erhebt fich ein gu mäßiger
$öhe anfteigenber fmgel, beffen ©ipfel bie ©ebäube eines SurorteS
trägt. (Radf einem (Brattbe nor einigen fahren etwas befcheibener
als früher neu aufgebaut, bietet eS nor allem einen reigenben SBIitf
in bie (Borberge beS SchwargwalbeS, eine reine Cuft unb bie (Borgüge,
welche bie 9?achbarfdjaft eines emporblühenben CanbftäbtchenS bieten
fann.
Saum eine h ft l6e ©tunbe aufwärts non ÜRieberfchönthal liegt
nämlich ber $auptort beS SantonS (BafeHanb, baS Stäbtdjen Cieftal.
Spital unb Strafanftalt liegen nor ben 3d) orert / (RegierungS* unb
anbere (BerwaltungSgebäube int dßetdjbitb ber Stabt, ©intge Q-abrifett
giehen fich an'ben Söafferläufen hin unb oberhalb beS StäbtdfenS
behnen fich bie SRauern ber Saferne. .fpter werben währenb ber
gangen guten ^aljreSgeit äRilitärfcfjuten abgehalten. 53 a (b wirb auf
ber Sichtern im SBeften beS StäbtchenS ber ^nfanterierefrut gebrillt,
balb übt fich auf ber 9Ratte füböftlich non Cieftal ber Sappeur unb
ber (ßionter in ber Einlage mehr ober Weniger Eunftnoller53erfdhangungen.
Daf$ auch bie in einer ©arnifonSfta bt immer gasreichen SBirthfchaften
nicht fehlen, braucht nicht befonberS heroorgefjoben gu werben.
53on Cieftal auS läfet fich bie ©egenb gar bequem burrffftreifen.
Durch bie laufchige ©infamfeit beS (RöfernthaleS erreicht man baS
Wenige Silometer entfernte Schauenburger 53ab. ©enau auf ben
(Bahnhof münbet baS OriSthal, in fübweftlicher (Richtung nerlaufenb
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tttonbrrangw in Bafel« tlmgetnng.
unb bei ©eetoen roieberum auf baS ©empenplateau unb in baS ©eBiet
ber Qurabafjn auSmünbenb. ©eine Dörfer ©t. Pantaleon/ Stuglar
unb Sücen am tinfen Slbhang gehören bent Santon ©olothurn an.
Supftngen unb auf prächtig meitfdjauenber fy'öty ©eltiSberg, me[d)e3
trofc ber neuerfteilten SBafferleitung noch eine SReihe bon ©obbrunnen
ftcb ermatten fyat, liegen auf ben £>öhen rechts beS OriSbadjeS im ©e«
biete beS SantonS Safetlanb.
Site britteS bei Cieftat münbenbeS $^al nennen mir baS Jl)al ber
grenfe; biefer Sach ergießt fict) etmaS oberhalb beS ©täbtchenS in bie
©rgotj unb mirb auf hoher eiferner Stüde bon ber Sahn überfdjritten.
Slber bie Stüde trägt nicht allein bie ©djienen ber ©entralbahn. Sludj
bie fdjmalfpurige SEBalbenburgerbahn führt barüber hin unb Biegt
menige ©dhritte jenfeite ber Stüde auf bie Canbftrafje, um bon hier
an ate ©trafjenbahn baS im ^»intergrunbe beS dh Q le3 gelegene ©täbt«
djen SBalbenburg ju erreichen. die bornehmfte ©tation in ber Siähe
bon ßieftal ift unftreitig baSSubenborferSab*, ein rnahreS SRufter*
mirth^hau§ unb mit 9tecf)t ftetS gern befucht. GcS bilbet biefer freunb«
liehe Slufenthalteort feinerfeite mieber ben Sfnotenpunft für eine ganje
9teihe bon Slitepügen. 2öir müffen unS h' er mit biefer Slnbeutung
begnügen, ohne fie alle aufjäljlen ju fönnen. desgleichen fehen mir
unS gejroungen, baS gange dh fl i feemmt ben babon abgmeigenben
©tragen nach Campenberg, SRamlinSburg, Seinmhl tc. gtt übergehen.
Sei SBalbenburg oerlaffen mir ben Gcifenbahngug. hinter bem
©täbtehen mit feinet altertümlichen Slnlage unb bem trofcigen dh or /
bie moberne grofje Uhrenfabrif auf fteiler gelSflippe bominirenb, ftehen
bie drümmer beS in ben StebolutionSmirren oor berfb 100 fahren
gerftörten CanbbogtefißeS. die ©trafje beginnt gu fteigen, fomie fie
SBalbenburg hinter fich läftt unb geminnt in langen SBinbungen nach
unb nach bie Slnfjöhe. die Slbhänge finb meift bemalbet; h*e unb ba
blidt ein Sauerngehöft, ein Canbfiß aus bem ©rünen heroor. ©ingelne
Raufer treten bis an bie ©trafje heran. Stach einftünbigent ©teigen,
baS aber in ber prächtigen Cuft unb auf ber bequemen ©trafee in
feiner Söeife anftrengt, erreichen mir bie ^ßafehöh e * £>ier ft^cti>en bie
Söaffer fich gur Slare unb rheinmärtS. ©he bie Canbftrajje am ©üb«
* 33cm Qura gurn Öcfytoargtoalb I. 33anb.
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Sanierungen in Bafel« Umgebung.
139
abhange ber ^urafette ben ftanton (Solothurn trifft, burdjfchueibet fte
ba! Dorf Sangenbrucf, einen Beöorjugten (Sommeraufenthalt oon
Safel! Söürgerfc^oft. gaft in jebem §aufe biefe! Dorfes wohnt jur
(Sommerzeit eine Sa!ler gramilie; bie ©afthäufer fowie ba! grofje
£urhau! ftnb überfüllt, alle Sauerithöfe ber 9leBenthäler haben eine
Zahlreiche ©inquartierung aufgenommen.
Die Umgebung — benn ba! reinliche Dorf felber fommt ja für
ben (Sommerfrifchler erft in zweiter Stnie in betracht — rechtfertigt
ooHauf fo reichlichen Sefucf). fRing!um fteigen bie Serge zu einer
§öhe non 1000 m unb mehr. Da oerlofjnt fich nur an befonber!
Beoorzugten Sagen Obft* unb gutterbau, oon ©etreibe wirb nur noch
£>afer gebaut. Der ganze übrige Soben, foweit er nicht oom 28alb
in SÄnfpruch genommen wirb, ift mit SBeibe überzogen. Dann offen*
Bart fich mit befonberer Deutlichfeit ber fubalpine ©Ijarafter tiefer
©egenb. ©in furze!, Würzige! ©ra! bebecft bie ©rbe. Die blauen
(Sterne ber ©entianen, feltene Sftelfenarten unb ähnliche Slumen unter*
Brechen ba! eintönige ©rün. Diefe Segetation bietet ber Siehjucht
befonbere Sorzüge unb biefe Slrt Sanbwirthfcfjaft wirb hier auch in
au!giebiger SSBeife gepflegt. Die beerben beleben ring!um bie f)öf)en
unb bie einzige Unannetjmlichfeit bitben für ben Sßanberer bie oft
recht wenig cioilifirten Stiere, beren Eingriffe namentlich für zum
klettern weniger geneigte unb befähigte Seute zur eigentlichen ©efahr
werben fönnen.
gaft ungezählt ift bie Sftenge ber 9lu!flüge, welche oon Sangen*
brucf au! fich unternehmen laffen; bie anftrengenben unb leicht au!*
Zuführenben, bie furzen unb längeren, bie fdjattenfpenbenben unb
fonnigen, bie au!ficht!reichen unb laufchig einfamen (Spaziergänge
fönnen hier nicht aufgezählt werben. Dagegen würbe manch ein Sa!ler
fich eigentlich »erlebt fühlen, wenn wir nicht ben in einem 9febentf|al
*/« Stunben oon Sangenbrucf entfernt liegenben Kurort ftilchzimmer
empfehlenb erwähnen Würben unb bie 0-eÜf'lippe be! Selchen!, welche
einen weiten 2lu!blicf nach jeber ^Richtung faft ungehinbert eröffnet.
Der ^auptoorzug Sangenbrucf!, ber ©runb, warum biefer Ort immer
unb immer wieber aufgefucht, burch bie Sa!ler Siebte ftct! oon neuem
Warm empfohlen wirb, liegt in ber prächtig reinen unb neroenftärfenben
Suft, Welche fo manchem abgefpannten ©efchäft!mann Sabung, fo
manchem fdjwacfjen 3Reconoa(e!ccnten Sfraft unb ©rfjolung wieber ge*
fchenft hot.
140
Utanbercngen in ßaOU Kmgebnng.
SBeint Subenborfer 33ab jweigt oom eigentlichen grenfenthal,
bem bie ©albenbttrger Safjn folgt, ein größeres fftebenthal noch SBeften
ab. f)ier liegen SBubenborf, 3^ e f en un b im f>intergrunbe SReigolbS*
wql. $ier ift ein gmuptfijj ber im gangen fonftigen Safelbiet oer*
breiteten fßofamenterei, b. fj* ber als ffauSinbuftrie meift auf Rechnung
großer SBaSler Qfrmen betriebenen 23anbweberei. Qaft in jebent fmufe
flappert ein 333ebftuf)l. ©a bie Canbwirthfchaft bei ber ftarfen $Be*
oölEerungSbidjtigfeit, bem oerhältnifjmäjjig menig ergiebigen 33oben,
bem unebenen ©errain unb ber hohen Sage nicht gur Srnöijrung ber
©inwofjnerfchaft auSreicht, erfcheint biefer S'iebenoerbienft hoch willfom»
men. ©inigeS ©elb bringt ferner ber Umftanb inS Canb, bafj in
biefer ©egenb gasreiche Canbfilje baSlerifdjer Qamilten liegen. Sllte
©rabition bringt einen jährlichen (Sommeraufenthalt auf biefen ©öf)en
mit fich unb biefer natürlicher ©eife mieberum mannigfachen 23erbienft.
fRetgolbSwql ift bem ©ouriften mohl beEannt als SluSgangSpunft
für eine fReif)e genufjreidjer StuSflüge auf bie weibenretcf)en Qurat)öhen.
©ir nennen als ben ©inen, aber einen Cöwen, ben herrlichen 1200 m.
hohen fßafjwang. Heber bie ©afferfülle, über 33ürteit, über Cauwql
unb bie ©t. 9fomat)höfe führen gahlreiche ©ege hinan, üftoch Weit
bequemer finb bie ©tragen, melche über mäßige 9lnhöf)en baS mehr»
genannte ©orf oerbinben mit Cauwtjl unb örejjwpl, mit CiebertSwpl
unb ©albenburg, ober auch auf hohem 33ergrücfen entlang mit ©itterten
unb 2lrbolbSwt)l (©aftelenfluh). ©enigftenS genannt merben mufj in
biefem Qufammenhang baS auf bem nämlichen $öljenjuge gelegene
Campenberg unb baS im (Stile beS SftittelaltcrS noch mohlerhaltene,
im ©ommer ooit 33aSlern bewohnte ©chlofe ©i Iben ft ein.
©enn aber ber SBerfaffer in biefer ©eitläufigfeit SafelS Umgebung
noch weiter abfuchen wollte, Wann Eäme er gu ©nbe? SJJit feiner
©chilberung bei Cieftal wieber anfnüpfenb, nimmt er fich oor, oon nun
an mehr regiftrirenb als befchreibenb oorgugehen, wobei ihm ber geneigte
Cefer etwaige fRücffäfle in bie angenehmere Pflicht gu ©ute h a ften
mag. 9luf bem rechten Ufer ber ©rgolg leitet oon Cieftal puS eine
im Slnfang fehr fonnige ©trafje auf bie §ö£)e unb bann gegen SlriS*
borf, weiterhin über baS ehemalige Ädofter, jc^t aargauifdje Knaben»
©rgiehttngShauS Olsberg burch fühlen ©alb nach 9fh e > n f e ^ en - Stuf
ber £)öf)e oon ber ©trafje rechts biegenb, erreichen wir auf gleichfalls
empfehlenSwerthen ©albwegen ^erSberg unb Stfufthof. Qm ©(jal leitet
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ttJanbertragen in jBafel» llmgrbnng.
141
bie ©ifenbahn über ba3 ftattlicffe 2>orf Saufen unb neben Qttingen
worüber nach ©iff ad), bem inbuftrieceicfjen §>auptorte be§ oberen
BafelbietS. Sind) oon E)ier [tragen mehrere Später au§, ba§ eine in
genau füblidjer SRidjtung etroas einförmig über ßunjgen, Sennifen
unb Siegten nacf) bem gefdjiihten Babe fRudj'Qtptingen, am gufj be£
worein (bei CangenbrucE) genannten Belchen; ein anbereS, in meinem
ber ^pauptftrang ber ©entralbahn oerläuft/ geljt nad) ©üboften, ba§
britte öffnet ficf) in öftlidjer fRicfjtung unb beffen unterfter Sfjeil bis
ju einer neuen ©abelung bes Jhätchens ift burcf) bie eleEtrifdje
Bahn ©iff ad)»© eit er Ein ben hoppelt leidet jugänglid) gemorben.
Oberhalb ©iffacf) fjält bie oom ©täbtrf)en au§ unfdjmer, noch
leichter unb bequemer aber oon ber fRucEfeite ju erfteigenbe h<>h e
©iffadjer=Qluf) 2Bacf)e, an ihrem gufj baS befdjeiben aber gut gehal¬
tene länblidje 393irt^§^auö ber ©iffad)er Slip. Qm SBeften bes genannten
QelSblocEeS führen bie ©trage ®iffad)=3Sinterftngen, im Often ©elter=
Einben4RicEenbad)'BuuS=2Raifprach, beibe bei ÜRagben äufammentreffenb,
nach SRIjeinfelben. 3 roe i SBege f«h ren oon ©elterEinben nach Oltingen
am Quf$ ber ©djafmatt, mo bann ber früher oiel begangene ißfab über
biefen ©erg nach Slarau feine ©teigung beginnt. £>ie ©trage über
Ormalingen, SRothenfluh unb Stnmpl ift mehr ben Q-reunben lieblicher
Statur ju empfehlen. ®en anbern über ütecfttau unb Sßenslingen
jeichnet eine Partie auS, mo bie ©trage burcf) eine Qelfenfchludjt
langfam empor Eriedft unb ©teilen bietet, melche in ber £f)at einer
gemiffen Berühmtheit, menigftenS bei ben Baslern, merth erfcheinen.
2Ber bie fRomantiE in ber Statur liebt, mirb oon XecEnau auS, ef)e
er linES in bie Schlucht fteigt, noch bent SBafferfaH im ^intergrunbe
bes Shale§, bem ©iegen feinen Befucf) abftatten. Qrnar hot bas Bitb
biefer reijenben Canbfchaft an SBertf) üerloren, feit bie Rappeln am
Baffin be§ QaHeS oerfchmanben. Qntnter noch aber ift ber ©iegen
in hoh em ®rabe fehenSmertf) unb mer ihm in feiner je^igen ©eftalt
Eeinen ©efchmacE abgeminnen Eann, bem gefällt hoch fidferlid) ba£ einige
Schritte meiter oben gelegene ißfarvbörflein SEilcfjberg, melcf)es mit
feiner einfachen Umgebung ju einem mahrhaft ibtjllifchen Bilbe ftch
oereinigt.
Bon Ormalingen, um bies hier nachjuholen, mirb ber ausgebehnte
SRuinenEompley ber QarnSburg befucht. Bon ber neben ben $aupt=
gebäuben gelegenen Söeibe aas eröffnet ftch eine meite 9lu§fid)t über
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142
Vonber&ngfa in 6üfel« Kragfbmtg.
Sllpen, ©djwaräwalb unb ©ogefen, fowie burdj ben ganjen Qura fym,
eine SluSfidjt, nietete für etwaige bei ber ©efteigung oergoffene ©djweife*
tropfen reichlich entfdjäbigt. 9tod) fei auf ben prächtigen Slnblicf auf*
merEfant gemacht, ben bic malbumfangene 9tuine oon ber Sftorbfeite
her bietet.
9?afch führt ber ©entralöahnjitg oon ©iffadj aus bie 9teifenben
nach ©ommerau, am rechten Slbfeang beS DljaleS mehr unb mehr
anfteigenb. Qn ber ©ohle liegen Dhürnen unb Diepf lingen, ber
festere Ort baburch betannt, bafe Iper &ie $eerftrafee burdj ein |jauS
hinburch führt unb mit einem ©djeunentljor abgefperrt werben fann.
©ei bem nädjften Dorf, 9?ütnlingen, führt bie Sahn auf gewaltigem
©iabuEt über ben ©ingang eines ©eitentpaleS, in beffen ^intergrunb
|jäfetfingen liegt. Dann gehts burch jWei Eurje Dunnet — ber eine
führt unter bem Reifen burdh, welcher bie Drümmer ber Qfefte £> ont*
bürg trägt — im Dljale brunten fehen wir bie Raufer ©ucEtenS,
jenfeitS grüßen oon ber .fjölje SBittinSburg unb ÄänerEinben, bann
hält bie ©ifenbaljn auf ©tation Cäufelfingen. Sßir fteigen f)iex
au§, benn wir befdjränEen unS auf baS natürliche ©ycurfionSgebiet
ber Sanier nörblich oom fjöchften QuraWatl, ben hier ber lange £muen*
fteintunnel burdjbridjt. ©on Cäufelfingen läfet ftch nicht nur auf ge*
nufereichen SSegen ber bereits erwähnte Selben gewinnen. 2Ser ber
fmuenfteinftrafee folgt, wirb in Eürjefter geit nach &em folothurnifdjen
Dörfchen $auenftein geführt unb erreicht oon ba auf bequemen SBegen
ben prächtigen auSftdjtSreichen Kurort groljburg, oon wo ftch ein
ganj befonberS herrlicher 2IlpenEran§ bem ©efucfjer jeigt, Wenn er baS
SBetterglücE hot. Ober man fteigt, oon Cäufelfingen auS wohloer*
ftanben, nach ©ab 9t am fach empor, welches DanE ber hier gewährten
trefflichen ©erpflegung in allen ©eoölEerungSfdjichten wohl beleumbet
ift. SBpfenberg, SBpfenfluh unb Dorf köpfen oerbienen einen ©e*
fuch, bie erften beiben als StuSftcptSpunEte, baS tefetere u. 31. um feiner
faft an ben ©chwarjwalb gemahnenben ©trohbächer Witten.
Dtachbem wir fo in flüchtigen Umriffen gezeigt haben, welche ©e*
genben bem Staturfreunbe bie ©entralbaljn eröffnet, fei noch Eurj ber
©trang ber ©öjjbergbafjn einige ©tationen weit oerfolgt. ©iS
Eßratteln fällt bie Cinie mit ber ber ©entratbahn jufammen. §ier
aber jweigt fte tinES nach 2tugft ab. Qm Dorf ©afel*§lugft über*
fdjreitet fte auf hoher ©ritefe bie ©rgotj, unmittelbar bahinter auch
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Utonbenrognt tn ÄafeU Kmgrbnng.
143
bie SantonSgrenge unb fteht nun an ber (Station $aifer=2tugft auf
bem f[affinen Voben ber Colonia Augusta Raurica, ber ©riinbung
be3 Munatius Plancus. ®ie wotjl erhaltenen SRefte eine? römifchen
eines ÜempelS Junbamente auf weit frfjauenbent |jügel,
bie fyiex unb bort aufgefunbenen Ueberrefte einer oerfunfenen Shiltur reben
berebteSBorte Don ber Vergangenheit biefer Stätte. 2ltlenthalbenfinben ft<h
nachweisbare©puren ber römif<hen©tabtbefeftigungen, fotoie auf ber fteil
abfaCenben £>öhe bie ÜErümmer beS einftigen SaftrumS. Von SÄugftauS ift
©iebenadj, toeiter auch SlriSborf, ferner Olsberg, bequem gugänglidj.
Vatb nähert nun bie Vaf)n fid) bem S^^ein unb gemährt manchen
fchönen Vticf hinüber in bie SluSläufer beS SdjwargmalbeS. ®ann
tritt fte Dom ©trom mieber etwas gurücf, um bie Station SRhein«
fetben gu erreichen. ®iefer aargauifche VegirfSljauptort erfreut ftdh
oon Vafel auS reichen VefudjeS nicht btofj als wirffameS ©oolbab
unb als meithin befannte Vierquelle, fonbern auch wegen feines malerifch
atterthümlichen StuSfeljenS unb Wegen beS wilb frönen ÜlnblicfS, Welchen
hier ber burch fein gerriffeneS Jelfenbett bahinbraufenbe ©trom gewährt.
3)ie ßugänge gu SRhetnfelben oon ber Schweig h er ftnb fchon oon ben
SRebenthätern ber ©entralbahnlinie auS erwähnt worben. ©3 bleibt
nur gu erinnern an bie rheinaufwärtS faufenbe Canbftrafje; fie berührt
SDJöhItn, äRumpf unb ©tein, bie gleichen Ortfdjaften, an welchen
auch Stationen für bie Vößbergbaljn eingerichtet jinb. ®ie ©egenb
bietet hiev weniger lanbfchaftlicheS Jntereffe, als baS Vafelbiet ober
ber Verner unb ©olothurner Jura; man befugt oon Vafel auS etwa
2Rumpf, Weil baS bortige ©oolbab gur „Sonne" im angenehmen
©erudj einer guten SEücfie fleht, ober ©tein als SluSgangSpunft für
2luSflüge nach bem Schwargwalb. ®enn ©tein gegenüber liegt ja
baS burch ©cheffei bei allen fentimentalen Jünglingen unb Jungfrauen
gum gweiten SReEfa geworbene SäcEingen; bemt in ©tein ift (mit
2lu3nahme beS Keinen rechtSrljeinifchen ©ebietS oon Vafelftabt) bie
leßte fchweigerifche Ortfdjaft unfrer fRunbreife erreicht. @3 wirb un3
ÜRiemanb be8 ©houoini3mu3 begicfjtigen, wenn wir für heute wenig»
ften3, bie oon Vafel au8 erreichbaren au3länbifchen Ort)haften unb
©egenben nur gang funtmarifch oorführen.
5Da ift gunächft ber ©cfjwargwafb, beffen Häupter in bie Stabt
Vafel impofanter hernieberblicEen, al8 bie ©pißen beS Jura, ba biefer
fuh un3 mehr al8 langgegogene SEette präfentirt. 5)ie oon Vafet au8
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Wanbenmgtn in tiafiels llmgebnng.
leicht gugänglicpen Steile beg babifcpen ©ebirgg trogen bag peroor=
ftecpenbe ©epräge einer Salbgegenb. Silbe ©ebirggromantif, tote int
2tlb», 3Rurg> unb Sepratpal wirb man in unfrer unmittelbaren SRäpe
oergeblicp fucpen. Socp trägt ben greunb folget ©cenerien bie ©ifen*
baffn 53afet*S!onftang non ung weg rafcp genug in bie genannten
©egenben. Sag ben o.on Vafel aug gunäcpft gugänglicpen unb am
meiften befugten fübweftticpen Sinfel beg ©cpwargwalbeg auggeicpnet,
bag finb bie herrlichen Weit auggebepnten Sälber. iRacp allen 9ticp»
tungen toerben fie non guten ©tragen burcpgogen unb ftnb fo felbft
gu Sagen beffer gugättglicp atg anbre ©egenben mit äpnlicper SRatur.
SRamentlicp bag ©ebiet gwifcpen Stpeinebene unb Siefentpal, in welcpeg
bag Äanbertpal tief einbringt, Oerbient non biefern ©eficptgpunfte be=
fonberg peroorgepoben gu werben.
Qn ben Spätem unb auf ben niebrigern Vorbergen breiten fiep
SRatten unb ©etreibefelber aug, unterbrochen bon ©bftbäumen jeber
2lrt. 2ln fonnigen falben reift ber SDJarfgräfter Sein unb nament»
lieh bag 8anb bon 53afei big SRütlpeim rpeinabwärtg, ferner am ©trom
aufmärtg, ©rettgaep unb Spillen, enblicp am ©ingang in’g Siefentpal
SRiepen unb Seil rechtfertigen mit ihrem trefflichen ©eiüäcpg ben alten
guten fRuf beg SRarfgräflerg.
5ln ülugficptgpunften leibet fepon bag Vafel am näcpften liegenbe
©ebiet ber bom ©cpwargwalb nieberfteigenben §>öpen nicht SRangel.
©g genügt hier bie nodj auf ©cpweiger Voben liegenbe ©t. ©prifepona,
ferner auf bem nämlichen SRücfen meiter öftlidE» bag £>orf Stbelpaufen,
ferner ben grngel bon Süllingen unb bie ftattlicpe fRuine IRöteln
gu nennen, welche felbft beg Slugblicfeg auf bie Sllpeit nicht entbehren.
Sem ntepr 3 p it gur Verfügung ftept, ber oerWenbe einen Sag gum
Vefucpe beg flauen ober mithilfe ber 3 e ll 5 ^°l |t:nauer '® a ^ ri ^
Vetcpen unb er wirb, wenn anberg beg Setterg ©unft ipm lächelt,
reiepen ©enujj aug einer folcpen echten unb gerechten ©cpwargwalb*
tour fepöpfen. Senn, um gu guter Cept auep bieg noep gu erwäpnen,
für mufterpafte unb preigwürbige Verpflegung ift an ben ung guge*
Eeprten Slbpängett beg babifepen ©ebieteg reicplicp geforgt unb in niept
allgu großen ©tappen folgen fiep Sirtpgpäufer, in benen ber SReifettbe
ftetg trefflicp aufgepoben ift, in benen er SRaprung unb Scan! finbet,
Wie fie ipm auep gu ^aufe niept beffer gu Speit werben fönnten.
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U><mbtrmtgrn ln tiaftl'a ßmgtbmtg.
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SBon ben genannten §)öhen alten, am beften üietteicht tcom Stauen
tjernieber, Breitet fich, §tt)ifc£)en ben 9t(jein unb bie Sogefen ^ingelagert,
ber ©unbgau mit feinen üppigen gluren unb ungezählten Ortfchaften.
©in ßanbftrid) oon flußaBmärtS gunehmenber Sreite liegt oöttig eben
baS lütte Ufer beS ©trorneS ba. Ohne Befonbere SReige tanbfcEjaftfic^er
9trt, genießt er nicht eben eines günftigen SRufeS unter SaSter Souriften.
Oagegen Bieten bie üppigen SDtatten unb gelber biefeS fruchtbaren
ÜlHuüiumS bem Canbmirth eine rnahre Stugenmeibe. ©S ift gu Bebauern,
baß ber ©egen biefer grudjtbarEeit ben fonft fleißigen Setoohnern
im ©angen menig zu ©ute Eommt. OB baS Naturell beS ©unb»
gäuerS bem ©paren ab^olb ift, »6 bie ©egenb gu biete gSraelüen
gählt, ob bie ©inftüffe tängft bergangener feiten, bie attißmirthfdjaft
früherer gahrgeljnte unb gahrßunberte pdf heute «och gettenb machen
ober enbtich, ob bieS 2l(te§ gur‘unerfreulichen SBirfung fid) bereinigt, baS
gu entfdjeiben ift Iper nicht ber Ort. Shatfadje aber ift, baß nirgenbS
in unferer Umgegenb mehr Slrmfeligfeit unb ©chmuß getroffen mirb,
atS eBen Iper im ©Ifaß. $>em entfprechenb Bietet baS Canb auch bem
Sefucher nicht bie freunbtiche Aufnahme, bie großartige ©aftfreunb»
fchaft, bie bon einer ben SouriftenBefudj anlocfenben ßanbfdjaft mit
fRedjt ermartet mirb. Oiefe gu finben muß man fich f<h°n etmaS meiter
flußaBmärtS magen, über Sttüthaufen hinaus, an ben guß ber Sogefen.
|)ier liegt bann auch bie £>eimath beS Häßlichen ©tfäffer=2BeineS, ber
mehr als fein etmaS fäuerlicher SJtarEgräfter Stachbar jebem ©aumen
Behagen mirb. Oiefe Sogefenthäler unb bie §)öhen beS ©ebirgS, auf
benen bie beutfdßfrangöfifche ©renge baljinläuft, fcßtießen mir auS
unferer heutigen oljnebieS fchon etmaS gu lang gebiehenen ©djilberung
auS.
9tur fei noch aufmerffant gemacht auf gmei ßanbftriche beS oberften
©IfaffeS, melche gmar nur fetten Befud^t merben, beßmegen aber hoch
einem für tanbfchafttiche 9teige empfänglichen 2luge tuet ©chöneS Bieten.
®a ift gunächft baS bem 9tl)ein entlang taufenbe Ufergebiet, ein ©trich
Bon t)ö<hftenS einem Kilometer Sreite. £jier gehen SDammanlagert,
bie Shreug unb Ouer gum ©djuße beS oder* unb gemüfebautreiBenben
§interlanbeS tior etmaigem ^ocßmaffer beS fRIjeineS. ©S hat fich hier
ein fumpßgeS SBatbgeBiet im Saufe ber galjre geBilbet, metcßeS ©djritt
für ©chritt eigentlich frembartige Silber eröffnet unb teiber auch int
©ommer menigftenS burcß bie SßoSfitoplage gang epotifd) anmuthet.
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ttaniernngm in fiaffel'i Kmgebnng.
!DaS fann 06 er namentlich bie Votanifer unb ben Zoologen nicht ab»
hatten oon ber Qagb auf bie in biefent ©ebiete häufigen (Seltenheiten
ber glora unb gauna.
2lm entgegengefefcten, weftlichen Saume bet oberelfäfftfchen ©bene
erhebt ftd), in fanften Rängen langfam hoch unb höher fteigenb, ein
welliges £>ügeHanb, welches unmerftich in bie lebten Stämme beS
Qura übergeht. (Dajj biefe ©egenb non Vafel aus nicht touriftifch
abgefucht toirb, baS fann lebiglidj in ber wenig hinreichenben/ nament»
lidj meift nicht fehr reinlichen Verpflegung ihren ©runb hoben; immer*
hin mag auch bie SJiobe ober wie man baS nennen mag, mitfpielen.
(Denn einen ber am emfigften bei unfern StuSflügen gefudhten ©enüffe,
bie weite unb abwechslungsreiche SluSficht erreicht ber SBanberer faft
mühelos, {ebenfalls weit bequemer, als wenn er fte etwa auf bem
©empenftotlen, ja felbft nur auf ber ©h^fchona h°ien wollte, ^m
Zentrum beS gangen ©ebieteS unb felbft oon weither Danf ben weiten
SBänben feiner Kirche wohl erkennbar, liegt baS Dorf golgenSburg.
Von nirgenbS ffeinen bie weichen lUmrijjlinien beS Scfjwargwalb*
Vlauen melobifcher hernieber gu fließen als oon hier; nirgenbS fteUt
ber Qura ficfj bem Vefchauer mit abwechslungsreichem Konturen oor
bie klugen; nirgenbS legt ftdj bie £>äufermaffe oon Vafel majeftätifcher
gu unferen güfeen. Die nähere Umgebung, ber Söedjfel oon Stabei*
hotggruppen unb bebautem Sttfertanb, oon Obftgärten unb Sßeinbergen
gibt einen reigenben Vorbergrunb, unb hiuten über ben Qurawaü
hereinlugenb hebt ftdh weifjgtängenb ber oielgeftaltige Strang beS Schnee*
gebirgeS oom blauen £>immel unb fcfjließt aufS SöirtungSOoHfte baS
Vilb ab. — gürwahr, auch bie üiet üerläfterte ©egenb oon V lohheitn,
^egenheim u. f. f. bietet ©enüffe, Welche reichen Vefuch oon unferer
Stabt auS oerbienen!
(Der Verfaffer hot bie oortiegenben ßeilen auf einen ehrenben
Stuftrag beS VerfehrSoereinS hiu niebergefchrieben. ©ewifs fch Webte
ihm babei ftetS oor Slugen, bem gremblinge, ber in unfern Dtjoren
weilt, bie Vorgüge unfrer ©egenb anS £>erg gu legen unb ihm gu
geigen, bafj er, was StbwedjSlung an Staturbitbern unb an lanbfdjaft*
lieber ©eftattung betrifft, nicht leicht eine oor Vafel beoorgugte Stabt
finben wirb; eS tag ihm gerabegu baran, gu beweifen, bajj ber Statur*
freunb fehr Wohl, fo parabop eS Hingen mag, in ber Stabt Vafel
feinen Sfufentfjalt abwicfeln fann, inbem er tagtäglich nach einer anbem
\
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IUb(t 3Uter nnb Ärt ber 4)<me- mtb (Kljtemamen.
147
SRicljtung ausfliegt unb, menn er am Slbenb toieber gurücKommt, noch
ber 2lnne§mtid)feiten eines gröfjern ©entrumS tfjeilhaftig toirb. Qn
erfter Cinie aber »erfolgte ich fort unb fort bie Slufgabe, meine CanbS*
leute im engften (Sinne barauf aufmerffam ju machen, maS ihnen
unfere ©egenb bietet unb ihnen allen einen »ermefjrten Söefuc^ unfrer
herrlichen Umgebung ans $erj gu legen.
--
liebet JUtet ««> Jtt bet %m- rnii f|itni«m
33on Dr. ffi. f. Jlodjljflij.
„$n toaS fmS baS fint mirt geboren, baoon mirt eS geheimen."
SUbredjt oon ©tjbe, f 1475.
SBäljrenb bie beutfdjen gunamen beim Slbet belanntlid) mit bem
11 . Qabrfyunbert bemerkbar tu erben unb in ber Siegel oon bem Stamm»
gutS unb bem SBappcn entnommen finb, führen 53urgleute, ftäbtifdje
©efdjlechter unb Seibeigene feit bem 12. unb 13. ^aljrffunbert gleich*
falls i(jren gunamen, melier Oon iljreS SöohnljaufeS Sage, ißfUdjtig»
feit, SDiarEe unb 9lbgetd)en entnommen ift. ©er bürgerliche unb bäuer»
liehe ^jauSname ift beShalb giemlidj gleichalt mit bem gunamen beS
SEBappenabelS; ber Schein, als fei jener erft üon fpäterer ©ntftefjung,
rührt auS ben auSfdjliefjlich üon Slbet unb SleruS »erfaßten Urfunben
her, in benen bie StanbeSintereffen ber ©runbljerren ausführlich unb
genau, bie pflichtigen ^erfonen aber nur nebenher unb nicht immer
mit Siamen angeführt fteljen. ©a biefer Sa£ ber herfötnrnlidjen Sin*
nähme über baS Sitter ber beutfdjen gunamen gerabegu hHberfpridjt,
fo foU er fogleidj burch ein gefchichtlicheS Seifpiel ertoiefen toerben,
loeldjeS, mie bie hier unb tueiter fotgenben, größten ©h e ^/ auS ben
bem SSerfaffer jugängtichen fchtoeigerifchen Urfunben getoühlt ift. ©ie
ültefte gerichtliche Cluelle beS Stargauer ^(öfters SDiuri finb bie
Acta fundationis Monasterii Murensis, abgefafjt im 13. Qahrhunbert;
biefelben, hönbfdjriftlich im Slargauer StaatSarchioe, berichten pag. 11
SftachfotgenbeS:
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148
Ucbcr älter ns) Ist feer $ams- ufe f^tenuMes.
9tls im ^afyre 1025 bie erften 2Jtönd)e mit intern StBtc SReginbolb
non Ginftebeln ^er nadf 9Äuri in’S greienamt famen, um baS Ijier
burd) Stabebot neu geftiftete Stlofter ju beferen, trafen jte an ber
OrtSfirdje non Schiri gegen ihr Smarten bereits einen ©efularpriefter
StamenS 53ocfo. Sr muffte alsbalb non feiner Pfarre abtreten unb
eS mürben ihm bafür bie jmei ißfrünben 51 t GUfhooen unb 51 t Sftf»
Rotten im $aljr 1027 übergeben. ÜDtan ficht nun baS Süter ber ge»
nannten Acta mittels beS SinmurfeS an, eS roerbe hier bem ermähnten
^rieftet ein im Qa^re 1000 nod) gar nicht möglich gemefener ©e*
fchledjtSname beigelegt. Allein eben biefer Stame 33ocfo erfcheint auch
in baherifdjen Urtunben unb jmar fchon im 10 . unb 11 . ^ahrhunbert;
Focho, testis, StotuluS beS ßürdjersQrogmünfterftifteS auS bem Qahre
1000 (ßtfdjr. f. ©chmj. Stecht, 53b. 17, ©. 80.); eS ift 1070 ein gfoco
3euge im Stlofteruertrag ju ©t. Smmeronn in StegenSburg. (Ouellen
unb Srörterungen jur beutfchen unb bairifdhen ©efchichte I, pag. 35.)
3u SJturi unb in ben fyreienämtem befte^t baS genannte ©efdjlecht, 33ocE
bis auf ben heutigen Xag fort; SllopS 53ocf, 33erfaffer beS S3auern*
friegeS non 1653 (2larau, 1831, 8 °), mar gebürtig non ©armenSborf
unb jiarb als Domherr ju ©otothum 1850.
Qn allen folchen cioilen guftänben, benen SllterthümlicheS öer=
blieben unb UrfprünglidjeS beigemifcht ift, befteht heute ber |>auSname
noch f ort uub gilt ba jumeilen auSfdjliefjlich ohne alle Begleitung
eines ©efchlechtSnamenS.
Qefjt noch führt her lettifdje 53auer neben bem 53 omamen feinen
eigentlichen ©efchlechtSnamen, fonbent befommt nach feinem ©ehöfte
ben ßunamen, meiner tior ben ütaufnameit gefegt mirb. (ißott, Stp»
mologifche gorfcfjungen, Auflage 1, II. 559.); ber ^jauSname gilt
baher auch in allen jenen ßanbftrichen fort, bie eine 2 lrt mittelalter»
licheS ©onberbafein bis in bie Steujeit herüber gefriftet haben: in
©chleSmig^olftein, ÜDtecflenburg, Stjrol, Gif aß, ©dhmeij unb in einer
Steihe ehemaliger 9teidh§ftäbte. $n ben Canbgemeinben ber beutfchen
©djmeig ift jmar feit 33eginn biefeS QahrljunbertS bie Rührung non
©efchlechtSnamen amtlich burdjgefefst; allein ‘Dtiemanb im ®orfe mirb
ba non feines ©leiden bamach, fonbern fortmafjrenb nach &em £>auS*
namen benannt, unb bieS hat §ur golge, baff ber festere, unter ber
SRubrif „Uebername" in allen gerichtlichen Stegiftem unb UrtheilS*
fprüdjen ftetS mit eingetragen ftel)t. Slllmädjtiger als ißolijemerorbnung
unb ©pradfömang ermeiSt ftch h' er bie ©efchlechterherrfchaft, auf
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lieber Älter imb Ärt ber $}an#* nnb (Etjtfrnatnfti.
149
tnetd^e atle§ ©emeinbetoefen urfprüngtich gegrünbet ift. Sie bie§ er»
»eifenben nöchftfolgenben brei 33eifpiele gehören jufommen bem
Stargau an.
gn ber greienämter ©emeinbe Sielt führen fämnttltc^e Ortäbürger,
mit 2tu§nat)me einer einzigen gamilie, ben gleiten Stamen gügli»
ftatter, b. h- 33ogelherber. 3 U 9?ümifon Ijeifeen alle ©emetnbehürger
gifdjer, and) ba§ Sorfmappen ift ber gifeh; ber Gcinjige, ber baoon
bie 2tu3nnf)me macht, hot ftdj hier bor etwa 80 fahren in’S 33ürger=
recht eingetauft. Sa3 im Sorfe 33üttifon allein geltenbe Siamenä»
gefchtecht ift Äoch; bie bortige 9lu§nahm§familie Heller ftammt, laut
SBeridjt ber ©emeinbefchreiberei, au§ unehelicher Slhfunft. (Stargauifche
OrtShefdhreihung: 33ütti!on). Ser ©teefhof Sßpltberg, ^irchgemeinbe
3ieitnau, SBeg. Qofingen, gählte i. g. 1780 112 (Sintnoljner, alle be§
©efdjlechteS Söffer unb SKüßer. (gr. i. 33ronner, §>anbfchriftl. aar»
gauifche (SEccöntf, 33b. 8, no. 5890.)
Stoch erftaunlicher »erben berlei gälte in ben Urfantonen. ßu
Unter»2legeri im ßugerlanbe helfet oon ben 2413 ©emeinbebürgern
bie Hälfte gten; nach & er 1850 borgenommenen eibgenöffifchen 33ol!§»
jählung hat Unter» unb Ober»2legeri gufammen 1342 Sßerfonen be§
gleichen Siamenä gten (©efd)icht§freunb, 33b. 9, ©. 190.). gür ben
Danton ©<h»hä h at Sanbfchreiber Kettling eine gamilienftatiftif ent»
»orfen, au3 »elcher für bie bortigen ©efchlechtänamen ftdh golgenbeS
ergiebt: Sorten bilben jmölf gamilien mit 10,127 ^ßerfonen allein
ben bierten Sljeil her SEantonSbeoölEerung; ben größten SlbrahamS»
fegen hat bie gamilie Stalin mit 2471 Söffen aufjumeifen. 3luf fte
folgen bie ©d)uler mit 871 $j?erfonen; bie SDtartt) mit 747; bie
33etfdjart mit 634; bie ©teiner mit 575 u. f. ». gn Dbtoalben ju
©achfeln hiefeen im gahre 1862 alle 9tath§h er ren 9tiEolau§ (nach bem
Sanbe§heitigen SUfolauS oon ber glüh) unb alle Pfarrer im Sanbe
grang (nach bem heiligen gran§i§Eu§ oon Slffifi).*
* 2)ie „9iIIg. SlugSb. 3*0." melbet aus ©nglanb: ©in Siamengforfdjer erbeb au3
ben ©enfurtabeHen ©nglnnbö unb Schottlanbs, bafj ti in Gnglanb unb 3Ba(e8
250,000 Smitb, unb in ©<h®Ulanb 45,000 biefeS Siamenä giebi. Sie engl. 3*g-
„SUIoS" Bom jja^r 1855 giebi für baS borangegangene 3 a b r bie ftatiftifd)e 3 U = unb
Ütbnabme ber engtifchen 9iamenSfamitie ©müh al|o an: ©eburten 5588; ©terbfälte
4044; heiraten 3005.
©<hmib unb Soner. 2tnd) bie SRömer batten allein an gabiern 300 bor=
vüt(ig, beren ®efd)le<ht ben Stieg für bie ganje Stabt attein übernehmen tonnte,
©o bominirt im heutigen ©enf bas ftäbtifche Oeicbletht gaore unb ju Nürnberg unb
Siegengburg bie toeltbefannte Sßreiftiftfabrif bon gäbet.
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150
lieber Alter nnb Art ber $an«- nnb t&ijternamen.
Sitte bie eben angeführten Söeif^iete falten burdjmeg auf fat^otifc^e
Canbftridje mit einer na^eju noch unberotifchten Seoölterung; hier
hat fith baS Sßefen ber (Sippfc^aft mit alten feinen bürgerlichen unb
potitifdjen ÜDtifebräuchen fortbehauptet unb mirb burd) greijügigfeitS*
»ertrüge/ ©emerbefreiheit unb ähnlidhe fünfte beS fchmeij. SunbeS*
gefefceS fehr tangfam befeitigt. SaS anbere cioile Hebet aber, bie
Sermirrung nämlich/ bie auS ber ©leid)nanügfeit fo oieter ißerfonen
eines unb beffelben OrteS gu entftehen broht/ mar hier gar niemals
eingetreten/ meil eS fdjon anfänglich burch bie ©eltung ber £>auS=
namen befeitigt mar.
SlUein baSfetbe Serhältnifj, ba eS ein auS ber Sßatur entfprungeneS
gemefen ift, begegnet auch in altproteftantifdjen Canbftrichen Seutfch*
tanbS. ©ine ©egenb ber preufjifchen Stltmarf h^fet ber §anS-Qo^emS=
SBinEel, meit bie bortigen Säuern allgumat biefen Saufnamen führen
(tuhn, SJtärf. ©agen, 13); mithin müffen fte ihr gleichnamiges ißrä*
nomen ebenfalls mittelft beS ©ognomenS erflärlich gemacht unb fith
burch £>auSnamen unterfchiebeit haben. $n ©d)teSmig*£>otftein hat
jebeS SauernhauS feinen ©igennamen, unb meift nur unter biefem
ift fein Sefifcer betannt. (©analer, Seutfche Sornamen Stltona, 1856/
@. 130.) Safet, eine ju 2 /» proteftantifche ©tabt, gät)lt im Slbrefo*
Äalenber oon 1862 beS bortigen ftäbtifdjen ©efcbled)teS SurEtjarbt
nicht meniger als 99 Stnfäffige, b. h- folcher, bie eignen $erb haben
unb alfo fid) burch befonbere ^»auSnamen gegenfeitig unterfdieiben.
©ben nach biefer ©eite ift bie üftamenSfchöpfung in ber beutfchen
©prache bon einem gang Ungeheuern ^robuftionSoermögen gemefen.
5D?an bemeffe bieS auS nachfolgenber Stngabe. /,©eit Safet 1370 fid)
mit 2öatt unb SotlmerE umgab/ hatte bie ©rojjftabt einen Strang oon
40 Shürmen, 42 Cefcinnen unb 1199 ßinnen; bie Sileinftabt hatte
9 Shürnte unb 300 ginnen.
2Bie jebeS fcauS in ber ©tabt, fo hatte auch jeher Sh urm
u. f. m. feinen eigenen tarnen: SBägbenhalS, ©chabengarb, ©tich
ben ©efelten, ©ud in’S 9?eft, CuginSlanb (SaSter SWeujahrS^Slatt
1852, ©. 34).
Sie in Senfen’S ©efdjidhte ber ©tabt 9tothenburg ©. 357 auf*
gewählten SRothenburger ©efchlechter: ©fei, SEahenftiel, SrunnenEah,
^mnbSohr u. f. m. bezogen fich bafelbft anfänglidh auf bortige ftäbtifche
©djanjen unb maren hernach §u Flamen ber benachbarten SJohn*
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lübfr Älter nnt> Ärt ber flon«* nnb Ätjienumten.
151
Käufer gemorben. EDiefe üthatfache mufj matt oorzügltch Bei ber ©r*
ftärung ber öielen imperatiöifchen ißerfonennamen bermertfjen.
Sftadjfolgenbe SaSler ©efdjlechtSnamen finb entnommen bem SBerte:
SBafet im 14. Qaljrhunbert (33on Dr. gelter)/ ©. 115 ff.
1290 gfriebr. Sßalaft ber ©olbfdjläger, genannt nacf) feinem,
fdjon bor if)m 3 um ^ßalaS genannten SBoljnhaufe.
IDtifol. gucB^, bon bem jum gfudjS gen. ftaufe.
Veinr. Rroner, bom $aufe zur Rrone.
Sarthel u. Qot). ©tebtin, bom $aufe zum ©tab.
1347 $ofj. Srunnaf §um ©chnabet, moljnhaft in ber Ver¬
berge jum ©chnabet.
QoE). teufet, bom gleichnamigen SSofjnljaufe.
RtauS 33arbe, bom Vaufe 3 ur 33arBe.
9tutfchmann=Ramprat, oon ber SJiüljle Rammrab.
Ronr. b. ffiirgburg, ber mfjb. dichter, nach bem gleich*
namigen Sailer SBohnljaufe.
1350 Sßeter bon 3JJagftat, genannt Pu’z, bon feinem Vaufe
90?agftatt.
Veinr. Ste^agel, nach feinem gleichnamigen SSofjnhaufe.
Sernh- b. ßürid), bom V au f e in ber Krämer*
gaffe-
^Set. ©tjr, toofmhaft im V au f e Z unt ©hren.
Statürtid) Begegnet SDtfangel an ©ef<hicf nnb ©efdjmad Bei ber
SftatnenSgebung auch bamalS fd)on. ©eiler bon Reifersberg, ber bie
Zahlreichen SSeifpiete, mit benen er feine Ranjelreben toür^t, junächft
auS bem ©trajjBurger Ceben §u toählen pflegt, ermähnt auS bortiger
©tabt folcher mifrathener SiamenSfchöpfungen:
,,©u haft gemont bh bem tnecfft in bem Vaufj mit ainem
löffelljol^ (Cöffelfchni^er) mit einem gefunben Johannes, bu Bift
gangen 3 U0 bem tan§. (®te geiftl. ©pinnerin, jmeite ißrebig.
©trafjb. B. 3°h- Rnoblaucf) 1511.)
Unter ben fchmeij. ©täbten, melche mir genauer Belannt ftnb,
haben fid) bie VauSnamen bis h eu * e erhalten ju ©chaffhaufen, Söinter*
thur unb grauenfelb, bie Beiben erfteren zählen noch jefct taum ein
einziges bürgerliches SßohnljauS ohne Befonbern VauSnamen ober eignen
VauSfdjilb. £)erfelbe brauch, roiemohl feit ben Dreißiger fahren in
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Ktber Alter nnb Art ber tyam- rntb tNjtentamen.
2 lbnaf)me fommenb, herrfdjt im SlppenjeHer 8 anbe,* fobann in bett
Stäbten St. ©allen, SBafef, ßoftngen, SBaben, Stljeinfelben urtb in
mehreren Dörfern beS 2llt»2largauS. ®aS örtliche Sllter biefer Stamen
ift jumeilen ein fet)r beträchtliches; fie erflehten 3 . SB. in SKarau fd)on
im bortigen älteren Ceutfirchenbuche, baS mit 1300 Beginnt; ju Qo=
fingen mögen fie nodj früheren Datums fein. ®en StadjmeiS §iefür
tüirb hier ber meitere Sachoerljalt im ©injelnen Beibringen, ber fich
nun fpejieU benjenigen |>auSnamen jumenbet, hielte auS £^ier=
unb SBa umnamen geköpft finb.
®et Stabe ift bem ©ermanen ein meifenbeS unb prophetifcfjeS
££)ier gemefen. Dbljin Reifet in ber ©bba Stabengott nach ben Beiben
rebenben Staben, bie if»rt begleiten: Stugin unb SJtunin, bie ©ebenfen»
ben. 35rei Staben rneifen bem t)l Senebift ben 2Beg bon Siom nad)
SDtonte ©affino (Sßaul ®iafonuS , 26). üDie ^eiligen DSrnafb, Surf»
£>arb unb Kolumban Ijaben einen munbertf|ätigen Staben jum Steife»
Begleiter. 35ie beiben Staben beS f) l. SJteinrab nimmt baS Stift ©in»
fiebeltt inS Zappen; mo fie fid) gu ßürich als SDtorbfläger nieber*
getaffen haben, entftanb bie Verberge junt Staben, fpäter Erntet Silfjarj,
an beffen Slltane fte auSgemeifselt §u fefjen ftnb, einen Sfrtodjen bon
ber Ceic^e beS ©rmorberten als Zahrjeidfen ju ©ericfjte tragenb.
35er Stabe mürbe als geheiligtes 35E)ter örtlich gehegt, „^m Schlojjfjof
ju 35reSben milffen bon SllterS h er ftetS einige Staben erhalten
merben." (SlntiquariuS beS ©IbftromeS 1714, S. 278.) ©ben baSfelbe
gefdjah auf Stabtfoften im Schlöffe gu SDterfeburg. Seit baS 3;hier
jum ©algenoogel gemorben, berfchmanb eS im $auSfchilbe ober mürbe
burdj ben fdjmarjen Slbler erfe^t.
1368 ift Heinrich Stapplin, ober SorbinuS, SBurger ju 3opngen,
zugleich Schaffner im Stift St. Urban unb errichtet mit SemiKigung
ber £>crrfd)aft äDefterreid) bie Zirthfdfaft ßum Staben. (Tobinium
Politicum, Zeitliches Slemterbuch b. Stabt 3opngen, S. 7.) — ©S
ift umS 1480 eine ber Sabernenmirthfchaften ju Slarau gefchilbet
3um Staben. (Oeltjafen, Stabtdfronif, S. 41.)
3um SBären finb galjllofe Verbergen unb £abernen in ber
beutfchen Schmeig gefdtjilbet, benn biefeS Zappenttjier SBern’S unb
* 2)ie 2öo$npufer im Stypenjetterlanbe führten ttocty im 3a£re 1836 burttys
fdjnittlid) i^re befonbern §auänamett.
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lUbfr 3Ut*r onb Art ber 4}anB* trab (EljUrnanten.
153
Slppenäeß’S ift f)ier bon ben patriotifdjen Untertanen in ber gleichen
Sßeife berbielfältigt worben, wie bet 9?eicf)§ab(et oon ben SBirtben in
®eutfcbtanb. Stßein aud) in ber |>eiligengefcbicbte ift ber 93är ein
Sdfilbträger; er ift fReifegeleiter beS fyl. Solum&an unb ©aßuS, gibt
bent ©tifte St. ©allen unb bem 8u§erner SE)ort)errenftifte SBeromünfter
Flamen unb ©ntftebung, er wirb ju Sern in ben Stabtgwingern mit
foldjet Sorgfalt fortgeEjegt (ein eigner „SBärenbater" ift horten ber
S^ierabwart), baft ber ©eograpb ßeune in feinem ^janbbudje auf eine
m bie Scbweij gerätsene Kolonie ttjieranbetenber 2lltegpptier rietf).
3um SRö^ti: 9tame §aE)itofer 233irtt)fcf)aften unb ©aftböfe in ber
Sdjweiä. ®aS fRof? ift £>annooerS CanbeSwappen, ftcf)t ftatt beS SBetter»
babneS auf unfern $ircf)tt)iirmen; ber SJoffEopf, in natura getroifnet
ober gefd)ni£t, berjiert unb fiebert bie ©iebel ber 23auernl)äufet in
SRorbbeutfdjlanb unb ülltbapern (ganger Satjr. Sag. II, 447). ^m
ehemaligen CebenSwirtbbaufe beS SElofterS 9Ruri beim Slbter trugen
äße grembenftuben ftatt ber gimmernummern je baS 33ilb eines gliicfliebe
Begegnung auSbrücEenben Stieres angemalt: .fjirjli, SRöfeti, Öämmli jc.
®er |)irj, ein WeifenbeS Sbter, beraulafjt unter Stnberem bie
©rünbung beS graumünfter = StifteS §u ßiiricb unb ber fd)Wä-
bifeben Slbtei ju ^rirfdjau, fein ©emeib ift im hmrttembergifcben CanbeS»
Wappen. SRad) ibm benennt ficb eines ber altbekannten Stabtgefdbledjter
3ürid)S ^>irgel. Qn ber Stabt Slarau fcbmücEt fein SBilb eine <£>auS=
wanb am £>irfcbengraben als ©rinnerung an biejenigen |)irfcbe, bie
hier bis ©nbe hörigen ^abrljunbertS auf ©emeinbeEoften gebegt würben.
$)er £)abn. ©ine Eeltifdje ©olbmünje, auSgegraben bei Jorgen
am ßürdjerfee, trägt baS söilb beS gtabneS; (ihre Slbbilb. in ben güreb.
Antiquar. SRittbeil. ©b. III.) ®ie cpmbrifcben SEriegerfdjilbe Waren
häufig mit bem ^abnenbilbe bezeichnet: Ouinctilian VII, c. XI. Sluf
aßen länblidjen 3 Q ^ rm är!ten, fowie §u 2Öeibnad)ten unb Dftern,
werben in ber Schweig bie geteigten gigürdjen bon §abn, £>irg, SRöfjli,
33är, $afe unb Storcb gurn Slaufe auSgeboten.
$)er ©rengftreit ber Scf)Wp§er unb ©larner wirb mittels eines
beim äRarfenbegang mitgetragenen $abneS entfdjieben; fo wirb baS
Wadjfame, rotbfebimmernbe ©eleitt^ier beS feueratbmenben ÜRarEen*
unb SlcEergotteS ®onar felbft ein heiliges Spmbol ber ©iiterbinbiEation.
SluS berfelben Söejiebung ftammt bie fRoße beS £mbneS ober baS £mbnen=
fiblagen bei ben ©rntebräudjen.
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154
tttbtr 3Uter mtb Ärt brr mtb tEfjUrimmnt.
Ser £>afe. 2tu8fü()r(id) (janbeln oon ifpn meine 9taturmptf)en.
Sort ift er aud) au§ ber Notitia Dignitatum at8 baS Ijiftor. ©d)ilb=
jeidjen beä ©djmabenöolEeä mitermäfjnt. 9JMcf). Äirdjfjofer, ©djmeij.
©pridjmörter, öerjeidjnet bie Lebensart „ber §a§ bringt über ben
Slbet" unb erHärt fie au§ bem 93a3ter Sluflauf öon 1515, ba QaEob
3 JJetjer ßum § a f en bafclbft gegen bie $unft ber §>o^en @tu6e fiegte
unb 93ürgermeifter mürbe. Ao. 1882 quidam Protonotarius civitatis
Basiliensis interfecit subscriptorum Basil., patrem suum in
domo sua gern Hasen. (Cronica quonundam Basileorum Antisti-
tum etc. ^anbfdjrift in §ot. auä bem 16. Qa^rt).: „MS. 93ibl. ßurlaub.
no. 37 n (pag. 107 b ) auf ber Slarg. SEant. 93ibtiott)eE).
©au. Sa eljebem in ben ©täbten bie ©djmeine lebig unterliefen
unb berjenige untere §au§tf)ei[, ben man je£t Caube, Surdjgang,
nennt, ftetS ber ©djmeineEoben mar, fo Eonnte f)ier bie jafjme ©au
nid)t moEjt ein ©djilbjeidjen merben, bagegen bie milbe. Satjer ber
93a3ter §au§fprud):
Stuf ©ott üertrau!
Stößer jur mitben ©au.
Saöib non SBatbEirdj, be§ ©rofjen 9?att)e§ jü ©djafffjaufen,
f 1621, ift motjnfjaft bafetbft „jur ©djdttenfau." (©rljarb Sürfteter,
©enealogie ber öon SBntbEird), in ßurtaubenS Reibet. ©temmato«
graptfie, £)f., 93b. 14, Sab. V.) Sie ©tabt Slarau §ä^lte im Qafjre
1480 bei 26 Saoernen, barunter: Ddjfe, ©tordj, 9töfeti, ©rofoer unb
Heiner ööme, Stbter, 33är (biefe atte finb nod) je|t bafetbft üftamen
öon ©aftf)öfen unb )ßriöatt)äufern) ^>ed)t, 9?abe, SBibber, ßur mitben
©au. Sie (entere tag an ber ^patbe. (Detfjafen ©tabtcfjroniE.) SBäljrenb
be§ 0frieben§Eongreffe§ ju 93aben 1714 fjatte bie bafetbft miterfdjienene
sßrinjeffin öon Sonbe itjr Slbfteigequartier im 2Birtf)8t)aufe gur mitben
©au. (grider, ©ef. b. ©t. 93aben 199.)
93ei 93et)anbtung bcä urfunbtidjen S'tamenS be§ ©d)meine§ ift ju
berüdfidjtigen, baf? fotgenbe ©pnonpma mitunterlaufen: 93är (at)b. per,
verres), 93 at)er, Unger, ^ejj, 9J2or (atfo fdjeinbar aud) auf unfere
93ölEernamen beutenb), fobann: Sionne, SEempe, 8euer, Cäuer, 8o3,
SRaljn, Sftaudj, SJtugg.
ferner ift e§ bei biefem unb bei anbern folgen Siamen fraglich,
ob fie bem $aufe fetbft, ober bem §au§patron unb ßinStfeiligen ge«
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Heber 3Utec mtb Ärt ber $ant- nnb ©IjtentaraeH.
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gölten haben. Anseres curae sunt Sancto Gallo, oves Wendelino,
equi Eulogio, boves Pelagio, porci Antonio etc. (Job. Lusiez,
de diis Samagitarum 1540; in £)auptS gtfebr. I, 143.)
®er ©tfdjenbübt unb bie ©ülbnc Sau im (SejirE
2D?uri) ftnb bte turnen jweier §unt ^re^^ofe getjörenben, 30 gutfjart
baltenben SSalbmatten, ein getnefeneS StabHujernifcbeS SRannSteben,
baS 1612 oom Slofter SJhtri um 4900 @1. erEauft würbe. (Slrcbto
SO^uri, Serin. NIV, litt. G. 13 u. 20.) ®aran Enüpft fid) bie
©rjäblung ber bort oergroben liegenbett filbernen grau: (Slargauer
«Sogen I, no. 91.)
üftadj bem ©aud), SEuEuE, benannte fiefj 1361 baS bürgerliche
3unftljau8 §u greiburg i. SreiSgau (Schreiber, ©e|cb. o. greib.,
UrEunbenbud) I, 1/ 483.)
Unter ben Bürgern SlarauS, welche 1449 bei 28ölfliSrot)l in
ben Hinterhalt ber Serner greifd)aaren gerietben unb äufantmen
meuchlings erfcblagen würben, nennt baS gabrjtb. ber SeutEirdje einen
Hannes ©aud). (Slrgooia 6, pag. 406.)
Rad) bem 3lffen bi e 6 en bte abeligen gunftbäufer ju Sern
(©runer, Deliciae urb. Bernae) unb ju Supern (®efd)id)tSfreunb 13,147).
gn Safe! t)ie {3 baS oor §Wei gabren abgebrochene H Qug an ber
«Sporengaffe „jum 3lffen".
1415 am 24. beS erften H er bftmonatS oerEaufen bie beiben go»
banneS StucEinnen, ©ebrüber unb Sürger ju ßdrid) 2 ©ulben ©elbeS
auf bem H au f e 3 um S'iotren am RinbermarEt ju gürtd), Sehen
ber grau Slnaftafia, Slebtiffin am grauenmünfter. (ßurlauben Mon.
Tugiensia, tom. 8, 284 b).
Slarau, gabrjeitb. 0. g. 1350 unb 1514: confraternitas, vul-
gariter die gesellschaft zu dem n a rren. (Slrgooia 6, pag. 365, 403.
Rad) bem ©fei b^fs bie in ber (Stabt RamaSburg oott 1397
bis 1818 beftanbene 3lbelSgefeHfd)aft ((Strubel, ©bron. ü - RaoenSb.
pag. 10) unb ebenfo baS StabtrotbbauS (Solothurns i. g. 1506
((Solotb. 2Bod)enblatt 1845, (S. 81.) ®er 34. in ber Reihenfolge ber
Siebte beS Stiftes Rheinau, 3ürid), ift 1380 Sonrab SKeper oon
geftetten, genannt ber ©fei. ®er gelehrte S^betnaiief lonoentual
Mauritius oan ber Sfleer eyjerpirt über ihn bie grage: cur Asinus
dictus? unb bie barauf ertbeilte 3t nt Wort: nam Domini animal erat,
Deo es Sanctis devotus. (^Urlauben, Stemmatogr. Sb. 30, pag. 105).
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Das yHatttntotrttptjaa«.
ßum ©bluffe biefeS 9lbfdhnitte§ ftnb noch fotrfjc Skiern amen,
bie in Stltgriedjenlanb fdjon perfonennamen Waren, wie fte eS in ber
©<f)Weig noch ftnb, gu erwähnen:
Pape, ©ried). SBörtb., tom. III, — ©chweigerifdj.
'Hpvioxoq
—
Cätnmlt (©chaffhaufen)
Tai) pt (7X07
—
©tierli (Sern unb Slargau)
Moioxog
—
ÜRüSli, RiuSculuS (Sern)
M(ju 7T£X07
—
güch^Ii (Srugg)
'IX&67
—
gifch (Slarau)
BarpaXoq
—
2Kaud) (21argau: ®orfSufm)
TpüXko7
—
SKuheim (St. Uri).
'Opvtdeov
—
Sögeli (3firid))
flau JH(llnutiittli9l)o<6.
©ine Sage non %. groömmtn in ®ttittgen.
uf ber fogenannten „glanlweib" gwifdjen Lenglingen unb
flauen ftonb oor 3 e ^ en e ^ n 2Bitth§h 0Ug / ba§ platten*
n)irtf)3f)ßu3 geheimen. £)a ber jefjige Plattenweg al§ gort'
fe^ung be§ §errenweg§ fcfjon in früEjefter 3eit fetir befugt War, weil
er bie lürgefte SerbinbungSftrafje gwifdjen Safe! unb betn Saufentfjal
bilbete, fo lehrte man allgemein bafelbft ein unb gegen ütbenb nahmen
bie meiften Reifenben in betnfelben Rad) tberber ge, ba jte oon bort
au§ nocfj einen langen finftern JannenWalb gu paffiren Ratten. ®er
©aftwirtfj bafelbft, ber fo manchen reifen Qunler, als audj Siel)*
hänbler unb guben, bie meift reid)ltd) mit ©elb oerfefjen waren, gu
beherbergen hatte, fotl nun nach ©elb immer lüfterner geworben fein unb
fo oerwanbette ftdj ba§ piattenwirtf)§h ÜU 3 ciHmälig in etne Räuberhöhle.
üluS biefer 3 e i* finb bem Serfaffer btefer 3eilen oon älteren
Ceuten mehrere ©efdpdjten ergählt Worben, oon benen eine t)ier mit*
geteilt werben fotl.
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Doi IHatieiroirtlietjai».
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©in üome^met Qäger aug bent bernifdjen Qura butte, alg bic
fdjon {jerattrmfte, jebe ©pur feiner Qagbgefellfcbaft verloren,
unb oerirrte fidf fobann in ber fogenannten SSßunb^oDe, ot)ne in biefent
Cabprintbe ju wiffen, wo er wäre.
©r bemerBte fdjliefjticf) in weiter gerne noc h Siebt/ ging mit
rafdjen ©dbritten bemfelben entgegen unb freute ftd) fef)r, alg er
ein SBirtb^baug nor ftcb fob e § war bag berüchtigte ißlattenwirtb^
bang, beffen febtimmen 9iuf er ober nicht Bannte. (Sr betrat bag £>aug
unb fagte bem erfdjeinenben Wiener, bah er ftcb üerirrt bube unb ju
übernachten münfdje, ba eg fdjon ju fpät fei, feinen £>eimweg anju«
treten. (Sr würbe in ben obent ©tocE in ein EteineS ßimmer ge«
führt unb ein ÜJiacbteffen bafetbft feroirt. Saum butte er fidj ju bem«
fetben niebergefefjt, fo öffnete ficb bie 5£^ür e unb eg traten jwei Serie
herein, beren unheimliche ©efiebter einen peinlichen (Sinbrucf auf ihn
machten, ©ein erfter ©ebanEe mar ber an feine herrliche ©üd)fe, bie
er aug ©equemlicbEeit feinem ohnehin fdjon fo beiafteten ©ebienten
mitgegeben butte, üftoeb ehe ein SBort geweebfeit würbe, hütte er gleich
bag unheimliche ißaar ju ©oben ftrecEen mögen, ©r muhte ftcb aber
brein ergeben unb bie ©ewitlEommung ber fatalen ©eftalten ficb ge«
fallen taffen. (Sg entging ihm nicht, wie fie ihn unter oerfteilter
greunblidjEeit forfchenb maßen, wie fte innerlich über feine SBebr» unb
9?athlofig!eit froIjtocEten unb fiel) in unuerftänbtichem SauberWetfdj
barüber jumurmelten. @r war nun auf bag ©cblimmfte gefaxt.
Oiefe ©urfdje entfernten ficb nun wieber, um, wer weih, wag
für Slnftalten ju treffen. Oag 9iad)teffen würbe gebraut; aber fo
mächtig fein Ülppetit noch Burg oorher gewefen war, er butte ihn
größten iheilS oerloren, fo bah er uur wenig genoh, nachbem er ben
Öeberbringer genöthigt hotte, eg oorher felbft ju foften. (Sr bat um
Sicht; benn bie oorhanbene Ser je war balb heruntergebrannt, ©in
Cicbtftümpcben würbe gebracht; mehr Eonnte er nicht erhalten. — ©g
Würbe ihm big ju feinem ©chtafengehen wohl bereichen, erwiberte
ihm ber Oienftbote laEonifch- Oer Qäger pflegte nun bie Serge wie
eine heilige Opferflamme unb fab mit bangen ©efübten feinem ©er«
töfdjen entgegen. gnjwijcben unterfurfjte er SBänbe, gufboben unb
OecEe, fanb aber nidjtg ©erbächtigeg. Oie Oljüre oerriegelte er unb
oerftellte fie mit bem Oifdj, gegen welchen er noch bog ©ett rücfte.
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Vas JHaiitiuoirtyaliane.
(Sr fucfite in bicfer bebrüngten Sage fid) Mutb einguflöfjen unb guter
Hoffnung gu fein. (Sein Slufjenbteiben mufete ja ftdjerlidj feine greunbe
um iljn beforgt machen. Silber »arteten fte nicht mahrfdjeinlich bis
Mitternacht auf ihn, ehe fte nur bie geringfte Silnftatt trafen, ihn
aufgufucfjen unb waS fonnte auS ihm geworben fein, bis fte in bem
bidjten SBalbe auf irgenb eine fidjere Spur feines SilufentljalteS tarnen?
©ein Sicht war unterbeffen ertofcfj.en; in bem §aufe Ejerrfc^te bie
größte ©title: SiltteS fchien in Morpheus Sil raten gu liegen. Silber in
beS SBaibmannS Siluge tarn tein Schlummer: er legte fid) auf bie
Sauer. ®a nahte fid) etwas. (Sinige oerbächtige ©eftalten gogen mit
leifen ©chritten in baS £>auS ein. ®aS Ungetüm oon £>auSf)unb,
baS ihn fo heftig angebellt hatte, rührte ficf) nicht: eS mufjten
wohtbetannte Seute fein. (SS würbe wieber ftitt. „2BaS würbeft bu
thun," fragte fid) ber alte $äger, „wenn btt überfallen würbeft?"
®aS Seben fo tljeuer oerfaufen a(S möglich — war ber eingige SituSweg.
Seiber hatte er oorhin nirgenbS etwas gefehen, WaS ihm atS
Qnftrument gur ©egenwehr bienen fonnte. (Sr griff im 0-inftern um»
her unb ein ^ölgerner ©tul)l gerieth ihm in bie ftänbe. Mit alter
ihm gu ©ebot ftel)enben Shraft fuchte er eines ber (Stuhlbeine auSgu«
brehen. (SS gelang ihm unb er hatte wenigftenS für ben ciujjerften
galt eine Sßaffe. ©r fühlte fid) um üieteS ftärfer, atS er eS in feiner
£)anb fchwang; feine Straft fchien fich gehnfach üermehrt gu haben,
©r hielt fich wieber ruhig. — ®a war’S, als fchliche ©twaS auf ben
3et)en bie £reppe hinauf unb wenbe fich gegen bie eine ©eite beS
©tübdjenS. ©r warf einen fehnfüdjtigen SBlicf burd) baS halb offene
genfter unb nahm über ben bunften SSatbbäumen nur wenige ©terne
am £)immel War.
Sßlö^lid) fchien etwas auS feinen gugen toS gu werben unb ein
©tücf beS ©etäfetS fiel gerabe an bem Ort, wo guoor fein 33ett ge«
ftanben, in baS gimnter herein, ©r fteCCte fich mit aufgehobenem Silrnt
muthig neben bie Oeffttung. ®a fcfioß ber $auShunb wie ein Säger
herein unb ber entfchtoffene SBaibmann oerfefcte ihm einen wud)tigen
©chtag. Situf bie ©djtiauge getroffen, ftürgte baS gottige ttngethüm
gufammen. S)er Qäger gog ihn gegen bie Mitte ber ©tube unb im
9 tu raffte er bie SBettlabe auf unb ftettte fie als 33erfd)angung oor
bie Oeffnung. £)ie Morbluftigen mußten halb merfen, bajj ihr erfter
Sßtan mifjglücft War. ®a fiel, faum hörbar, fern oben im 2Balbe ein
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Do* yUattemotcttje^ane«
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©cfjufj. (Sr blicfte fjinauS unb glaubte in ber gerne gatfein leuchten
ju feilen. (Sr fdjrie in bie 9tacf)t fjtnauS: „gnlfe! ^jilfe!" ge£t Ratten
ftdj aufeer^alb feines ßimmerS mehrere ©eftalten an bie Öeffnung
gebrütft, um baS 33ctt, baS er mit CeibeSfräften gegen ben ©ingang
prefjte, umjuftofsen. ®d)on glaubte er 2lKeS oerloren. ®a fiel Wteber
ein ©djuf} unb nodj einer. ®ie Siebter bewegten ftdj fd)ort längs
beS ißfabeS am SBalbeSfaume herauf, immer näljer unb näljer. CauteS
©efdjrei wie öon oielen mutigen äWännern brang herauf. ©er ©e*
fäfyrbete Oernaljm eS unb ein 3J?orgenrotl) ber Hoffnung ging in feiner
Seele auf. 2lber — neues Slnrennen unb Stoßen ber geinbe — feine
IBerfcfjangung war burdjbroc^en. 2luf ber einen ©eite trat ein ftäm»
miger SJiann herein, auf ber anbem ber Sßirtlj mit einem SDiorb*
inftrument, begleitet oon ber Söirtfjin, bie eine Slenblaterne trug.
©egen ben ©inen, ber über ben ©ifdj ljin mit gewaltiger gauft
nad) ifjm griff, füfjrte er mit bem ©tuf)lbein einen ©djlag auf beffen
©Nulter unb Hopf, fo bajj er auffdjreienb gurüdtaumelte. ©etn SS3irtE»
frfjnellte er als geübter gelter ben blinfenben SWorbftaljl Bli^fcfjnett
auS ber £>anb. ®a erfc^oH neues ©efdjrei nott unten; er antwortete
Ijilferufenb oon oben; ber ©c^ein ber gaefetn fpiegelte ficfj fdjon in
ben genftern.
ge§t ftu^ten bie ÜDtörber, ba fie bisher oon bem Vorgänge nichts
bemerft Ratten.
„iDtorbet mid) nur/' rief ermutigt ber bebrängte gäger ben
£)a(lunfen §u. „®a nal)t fid) fdjon eine ©djaar meiner ©etreuen,
bie meinen ©ob rächen wirb."
®aS räuberifdje SöirtljSgefinbel Warf erfdjrodene 23ltde IjinauS
burdj bie genfter, ließ bann ab oon ifjnt unb entfernte fid). ©er
gäger war gerettet.
„Vorwärts, in bie 9ftörberl)öl)le / umzingelt baS §auS!" rief ber
©rlöfte Ijinab.
®a famen mit rafdjen ©djritten eine 2lnjal)l bewaffneter Sttänner,
bie er als feine braoen greunbe erfannte, bie ©reppe hinauf. Sie
umftanben iljn mit erftaunten fronen ©efidjtern unb unter £mnbe»
brütfen ergäljlte er in abgeriffenen SBorten ben Hergang.
©ie 2Birtf)Sleute Ratten fid; unterbeffen in abgelegene Sßinfet
beS ©aufeS oerfrodjen, 33eim gadelfdjein würben fie aufgefudjt unb
in ein gimmer gefperrt. Unterbeffen waren üon biefem Vorfälle be*
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äaraoser 3Uuhboten.
nadjridjtigt aucf) bewaffnete £)atfdjiere fjerbetgefommen , weldje bie
©aunerbatibe abfüljrten unb bent ©eridjte überlieferten.
3)aS 28irtf)3E)au3 foH bet btefent Slntaft angegünbet worben fein.
®ie unernmrtete Rettung beS QägerS fyatte barin iljren ©runb,
bajj einer feiner Qagbbegleiter in Slngft geriet^, als er if»n unt SOZitter*
narfjt nod) nicf)t gu $aufe traf unb mutfjmaftte, er Eönnte in biefeS
2ötrtfjSf)auS — baS als 9läu&erljöl}le befannt war — gerätsen fein.
®erfelbe Ijatte fidj bafyet mit einer Slngaljt bewaffneter Öeute auf*
gemalt/ um iljn gu furfjen unb iljm bann WirElicf» in ber Ijödjften
S'Jot^ gang unöerljofft .*pitfe nnb Rettung gu bringen.
Jatjäntt Jntkimtm.
Son 2L
®tc greiämter grau.
©ine alte, fromme 3Jlutter im greiamt, als fie bie 2luf§ebung ber Älöfter ber*
na§m, fpracij: „§e nu, in ©otteS -ftame! ©ie ^änb fd^o lang nüb me§ gniifct. 2)e
©rojjbater fälig, tröfte ©ott! fyäb mängSmol gfeib: ©ie bringet b’Siit um b’©acij,
baji me briegge rnöd&t, mit £eftamente, 3*^*. ^ßrogäffe unb mit em £obfatt, mo
fie ame djo finb, menn be Sater uS em §uu3 gftorbe ift, unb benn be ©$inb ’S beft
£aupt Sefy ufem ©tafyl unb ’S beft GSfyleib ufem ©tyafte gno tyänb. 3JiängS mol §eb
be ©fylofteramme arme Sitte i^reS ©§üeli furtgfii^rt unb’S SaterS §odjfigs©afa!e
am 2lrm berbotreib, unb b’Sfyinb fyänb um b’©fyue ume g’fdjraue unb ere no „ätyli"
g’macfyt unb b’3Jtuetter fyeb briegget unb g’feib: ©S ift in ©migfeit nit räcijt, aber
eS fett ene motyl t^ue! — ©S gotyb §alt bi allem fo lang af$ mag, tyeb be Hofnarr
a’Sturi g’feib.". . .
£)te ^Jrebtger.
■ttadj Sluf^ebung ber ßlöfter mürbe in einer ©efettfdjaft bon Sanbleuten im
greiamt bie grage befyroctyen: Ob bie ßloftergeiftlidjen nid)t beffere ^ßrebiger als bie
SBeltgeiftlidjen feien. &aS Urteil fiel bon ber 9ftetyr§eit ber 9lnmefenben ^u ©unften
ber Stände aus, befonberS nahmen fidj bie SBeiber ber ßapuainer an. „®enn" —
meinte bie grau eines ©emeinberatfyeS — „eS djunt mer immer bor, bie ©tylofter*
geiftlidje unb ßapuainer §eige bi allem, maS fi rnad&ib, fo e gmüffi gtyeimi ©§raft, bie
eim jinnerft im $er$ inne no motyt tfyut." — ©in junger 3ftann aber, ber anno 35
ju Stöfylin im Säger ftanb unb bafelbft ben Pfarrer Sögelin bon 2ttumpf prebigen
gehört ^atte, mar bei feiner §atbe 2Jtoft nac§ unb nac§ a u fo üid 2ftut$ gefommen,
eine anbere Meinung §aben unb fyradj: „Unb mernrner atti ©^loftertyerre unb
©^afjiainer, morner im Danton inne ^änb, gfatae unb f)fäffert a^mme in eS ©l^effi
ine nä^m unb tfyät fie e ganae SBod^e füübe, bis fi a u tim a ämme öf ottc h>änb,
fo gäbS nit emol e ^albe ©eifttid^e, mie be Pfarrer bo 3ttum^f ein ifdjt. ©d^niirj)fer
unb giirfüe^er finb fi gäge bäm. — Qufte, gib mer no e $albi!"
....
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Äanbtjogtagjfdjirfjten ans fccm btrnifdjen Wnteraargan.
161
farititgtegrfMtcn an» bem betnifditn lintcrtatgii.
Siadj UrEunben entworfen oon |Iakok $jmt|iker.
giodtß Sammlung,
y.
Jfi# tttitiirfes «Sdbdtt.
( 1768 — 1774 .)
2tm ©onntag Jubilate 1768 fuljr QaEob Gabler, ein junger
Siberfteiner, burcf) ben bampfenben 0-rüljnebel über bie Slare. .®er
magljalfige 23utfcl)e, in grünlicfjtem 3Sam§ unb ben gilgljut Ee<f int
SiadEen, lenEt mit einem einfeitig Eräftigen Stubergug ben SEßeibling
gegen eine ©rf)ad)enbud)t bidfjt unterhalb ber ©uf)renmünbung, legt
bie Riemen" ein unb beibe f)änbe in bie gtoilcfjene St'niefjofe ftecfenb,
läfjt er fid) ruljig oom ftrömenben SBaffer hinter bie Süfdje treiben.
®ort, im EirdjenftiHen ©djadjerttoalb oerborgen, fteljen bem Ufer ent*
(ang um ein ®u£enb Euriofer, breibeinigter ©efcHen — ©olbtoafdj*
ftüljle, fcfjrägen Sifcfjen oergleidjbar, mit jroei Ijanbljofjen ©eitenleiften,
ätoifcljen bie man ein gvobfjäreneS Sud), ben beibfeitig aufgeErafcten
„Störblinger", mit einem ©perrfyolg au§fpannt. SJiitten im ©abbat*
morgentraum mirft ber 2tnEömm(ing ftracfä ben oberften ©tul)l über
ben Raufen, f)olt feinen eigenen an beffen ©fjrenplafc herauf, legt ben
Siörblinger barüber, fe§t auf bie Stanbleiften ein IjalbrunbeS ©tein*
fteb au§ ^oljfproffen, fo fein, baf? nufegrofje Stiefel Eaum meljr burdj*
fallen, unb fängt eifrig hinter bem erften SBinEel ber SBafferbudjt,
mo be§ @olbe§ infolge feiner ©djtoere am meiften liegen bleibt, ju
jdfaufeln an. ©in ©ieb um ba§ anbere toirb gefüllt unb mit Sßaffer
fo lange begoffen, bi§ ber ©anb unb all bie ©olbblättdjen, toeldje burdj
bie ©mme oom 33ater Stapf herunter gefcfjtoommen, in ben paaren
be§ StörblingerS liegen. ®abei fcfjaut ber Saftige bi§toeilen, menn in
ben 33üftf»en fidj ein 33ogel regt, ängftlicfj nadj ben bunElen Sannen,
ob nidjt gmifdjen üjnen Ijeroor ein „ißatrouiHirer" trete, um ben
©onntagSent^eiliger aufjugreifen. ®a§ Sud), bee ©otbfanbeS botl,
Som 3ura gum ©$toargtoalt>. IX. 11
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ftmtoogtessrdjidjt*! cma bm benttfdjrit ICnUraorgon.
mirb üon QaEob Gabler etliche 9Kale in einem SEübet SBafferS fauber
gefdjmenEt, unb roäf)renb er eS barin fo auf unb nieber gieht unb
brüben im nahen SEirdjlein baS Sauten beginnt, hebt ihn ein feligeS
©efühl burd) baS gerreifjenbe Stebelgemoge in ben blauenben 9Jiai=
himmel empor; bodj iljn erfüllt nic^t bie Siebe gu ©ott, fonbern bie
Siebe gum Sinneli, ber SEodjter beS 95iberfteiner SehenmütlerS £>anS
S£h°mann, unb feine ©ebanEen fdjmeben mo§l über bie Slare in baS
©otteShäuSdjen auf bem £>üget, bocf» mebet gum Sßaftor noch gum
Slbraham, ber eben mit ber ßeichenglode bimmelt, fonbern an ben
Traualtar. Unb er fegelt füfyn in’S blumige ©beleben fjinein, fieljt
bort oben an ber ©icfjgaffe, in feinem Eürgltd) ererbten £>äuScfjen mit
ber geborftenen ©iebelmauer, fein rofigeS graueren malten unb, mie
er’S jejjt tE>ut, gemiffe üieredige Seinmanbftücfe auS ber Sßäfdje gieren
unb.an’S ©eil Rängen. Qnbeffen bat ftd) fein Ä'übel mit ©anb ge*
füllt. Siod) in träumerifeber Stimmung trägt er iljn in ben £al)n
unb fahrt mieber über ben glufj gurücf, ohne feinen ©olbtoafchtifch
an ben frühem ^la| gu ftetlen. ®aheim giefjt er Cluedfilber in ben
©anb unb Enetet rafch barin herum, bamit baS flüffige 2J?etatl, baS,
bie ©olbblättchen abhärirenb, mit ihnen auf ben ©oben fufert, mög*
lidjft fein ficb gertheile. ®en bloßen ©anb giefjt er nach unb nach
auS, bi§ ihm enblid) am ©runbe beS Dübels nur noch ber SJtammon
entgegenminEt. Qn einem meinen Seinentüchlein breht er ihn über
einer ©djüffel forgfam auS, auf bafj baS h era uSperlenbe Gucdfilber
gum neuen ©ebrauebe nicht oerloren gehe. ®aS roeifjltdje, butter*
meiche ©olb, meldjeS im Büchlein gurüdgeblieben, brücEt ber Jüngling
gu einem Kügelchen unb geht in bie Suche, um im Oefelein g-euer
angugünben. ®enn er unb fein junger gudjS, ben er an einem Sfett*
djen unter ber SEüdjenftiege angebunben unb ihm in ber „^jühnergätteri"
üon feiner -äftutter felig baS SogiS angemiefen hat, finb oortäufig bie
eingigen Herren im ^jauS. Stuf einem ©ifenbled) glüht er baS Slümp*
djen fo lange, bis bie Ouedfilberfarbe in ©otbglang übergegangen.
^Behaglich benEt er babei beS ©rlöfeS beim Slarauer ©olbfdjtnieb unb
ber enblichen SOioglidjEeit, feine Slnna Shomann heimführen gu
Eönnen.
*
*
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Cantisogtagtrdjiifyttn ans hm bmrtfdjen Wnttcaargan. 163
28er ben „gleden" Siberftein auS ber gerne Betrautet, ber
fteljt nift, metf’ ein ibpßiff Sfätfen nof hinter bem £>äuffen
Käufer ant [teilen Slarefjang oerborgen liegt. Oaffetbe, bie „Suf*
halbe" genannt, ift feffetförmig mit [fluchtartigem ÜtuSgang gegen
baS Oorf hm, naf melfem ein muntres Säflein roßt, baS unter
ber <Sf loftbrüde in maleriff er GaScabe ftf in bie Stare ergießt. OeS
Sljälf'enS (Sohle bilbet ebener SBiefengrunb; bie Stbljänge tragen SBein«
reben, meiter oben ßaubroalb bis jum ©rate beS gmntbergeS.
3uhinter[t im „Urfprung", mo baS Säflein am gufee beS
SBatbeS auS einem [Rafenborbe luftig h^öorfpringt, fafe am 9?af=
mittage jenes (Sonntags gubilate beS ÜDtüflerS Stnneli, trübe ftnnenb
baS unerff öpftif e SBeßenfpiet begleitenb, unb lehnte §urüd in bie
Kräuter unb Slumen beS SorbeS. Oa ffredt fie baS [fleifenbe
Sauff ert einer Sürbe Steifig empor, gafob Gabler, bie 8aft am
9?anbe beS OueBS abffleubernb, tritt auS bem SBalbe IjerDor unb
gieht [ein au[ge[f eufteS Ciebf ert pm grüljttngSteppif nieber, aßmo
er [if fogteif freS hübffen StopfeS bemäftigte.
„Slber gatob, am (Sonntage £>olj freüeln!"
„O, bu heilige OreifaltigEeit! Unb h cute borgen h°be if/
toährenb ber ^ßfaff nof geff la[en, [ür gut 10 ©ulben ©olb gemaff en.
OaS ©elb [ür bie $of jeit i[t je£t beifammen, Slnni."
„SBirb nüt auS bem §ühnli! gf [oß Oif nif t hoben, hat ber
Sater gejagt unb baju gefluft — unb bann gilt’S, menn er fluft.
©eftern SRaft ift ber ©injüger Dom <Sf lojj mteber ju unS herunter
geEommen unb hat einen (Sad „<Sf mpniEernen" in bie ÜDtühle hinein»
gefteßt. ©S fei ffabe, fing er gleid) an, mie er an unferm Skiffe fafj,
bajj if in baS ßotterneft in bie ©if gaffe hinauf begehre, Sünb unb
(Sf abe! ©r moße mir bei [einen Sermanbten in Sern. einen Sßlajs
Derffaffen unb mann if bann eine gebilbete Softer [ei, hätte if
anbre Offerten, als je§t.
„ga, baS mufj fein!" fpraf ber Sater, als er ben (Sad in ber
fßtühle geleert unb mieber hereinEam; „menn Oif ber |>err Oteceoeur
oerforgen miß, [o folg’ fm, £>u junge ©anS!" Oer (Sfmäftling
Erof hinter bem Siff mir immer näher; if ging hinaus. „§ole ben
@ad, hörft, SJJeitlt !" Enurrte mein Sitter jornig, unb mie if ben
(Sfopf hinauf miß, ba fährt mir ber Stert in bie fjaare, mie bu
oorhin".
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Äcrabuogtegefdjtdjtfn cm« bem berntfdfen KnUraorgott«
164
„Unb (Du feaft dfut aud) ftiUe gehalten, wie mir öorfjin?"
„Den Sad fcf»tug icfe um feine SEabiSobren."
— „En effet! So tfjat fie," tiefe fid) ptöfelicfe eine quieEfenbe
(Stimme Ijören, unb ber ©ingüger ^Jeterßefenfeerr oon 2f)un ftanb
in feiner gangen minimen CebenSgröfee feintet ihnen auf bem SRafenborbe.
„Schöne ©efcfeicfete! $e§t bat ber Spion 2ltte§ tiernommen !"
Enirfcfete Stabler halblaut, waferenb Slnna näfetnb fpottete: „(St, ber
$err fRecetieur ift mir nadfegefcfelidjen?"
„(St, bie Jungfer fifet wiber be§ ©ater§ 93egefer bafeinten beim
©icfegäfeler Sump ?" repticirte Sefenfeerr.
Der ©efcfemüfete wollte auffpringen; aber Stnna feielt tfen gurüd.
„28a§ meint ©r wofei/' fufer ber ©ingüger feämifcfe fort, „wenn
idj Qfen um SBatbfretiel bem Runter tiergeige unb ©r bie gefegten
100 $ßfunb Sufee begabten mufe ?"
„Seib barmfeergig, £>err SReceoeur, bringt ben QaEob nicfet um’§
©elb! ©r feat’S ja fo fauer tierbienen müffen."
„(Dir gum ©efatten Witt icfe’S nicfet tfeun," tierfe^te ber Eieine
Scfenteicfeler auf bem SRafenborbe; „aber bafe ifen fein ©olbwafcfeen
Don beute SRorgen, welcfee§ unerlaubt unb ofene obrigEeitlidje Kontrolle
gef ebenen, 15 ©utben Strafe Eoftet, gegen b a§ feilft Weber ^Bitten
noefe 23eten."
SRit einem Sprung rife ber Wilbe Surfte ben biefften trüget
au§ feiner §otgbürbe. ^ßeter Sebnberr, einer 33eEanntfcfeaft mit ben
gefreoelten (Dingern nicht begeferenb, fabelte wie ein £>afe über bie
5Bud)featben=2Rattlein bem (Dorfe gu unb Stabler feinter ifetn ber. Stnna
Dfeomann fafe in ben ©ra§blütfeen unb tadjte unbänbig ob ber wilben
Qagb.
ßefenfeerr oergeigte ben fwlgfreoler niefet.
@§ Eamen ftürmifefee Dage, Wäbrenb weld)er bie 9Rütter§tod)ter
ber flebenben SRutter wie bem fdjmäfeenben 93ater gum Drofe ihren
©eliebten betratbete, unter ben 33erwünfcfeungen beiber, bie nad) ber
95ibel ben SEinbern Eeine Raufer bauen, i^r SEleiberbünbel fdjnürte —
eine SluSfteuer beEarn fie nicht — unb in bie ©iefegaffe bittaufgog.
Seligfte ßeit, al§ am erften Sonntagmorgen ber junge SRann, ben
Slrm um ben Staden feiner fdjönen SBitbrofe gefefetungen, tior bem
fmuäcfeen ftanb, mit i^r ben 93erg b»tab auf bie ©iebet unb Dädjer
be§ engen DörfleinS fefeaute unb brüben auf bem anbern f)üget bie
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taböogfagefdjidjten aas best benrifdjen Knteraargaa.
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Äirdjengloden läuteten! 9Rit SebenSfreubigfeit unb »oller Sfraft Warf
er ft cf) in’S godj müßfeliger Arbeit. Sßie ein Safttßier 50 g er mit
öiergeßn onbent SDiännern oon 33iberftein unb Sluenftein gebutbig an
ben über 60 guß langen gracßtfdjiffen üon ber „fScfiinbeCtegi", bem
SagerßauS unterßalb bem Sabe ©cßingnadj, bis nach Olten, manchmal
bis nacfj Sßangen unb ©olotßurn hinauf, grüß Borgens um 2 Ußr
mußten fie baS Slaretßal abwärts wanbern, um auf ber 2tnfangS=
ftation ßeute 33 fiebencentnerige ©aljfäffer, morgen 80 ©adle fernen
k 11 alte 2ttäß ju oerlaben. Sann ging eS an ber langen „Seine"
langfam auf bem redjten Ufer ftromaufwärtS. Um bie ßeiße SDiittagS*
3 eit waren fie in Siberftein, mo bie grauen mit bem (äffen bereit
ftanben. ©ine furje SRaft; bie beiben ©cßifffüßrer traten mieber auf
ißre ißoften hinten unb öorn im ©cßtffe, bie fünfgeßn ßießfnecßte an
bie „Seine", unb weiter ertönte ber gußpfab unter ißren fcßweren
SRägelfdjußen, bie im gleichmäßigen Sempo aufftießen. Um ©onnew
Untergang in ber SBöfdjnau angelangt, banben fie bort an unb gingen
ßeim, um am frühen SRorgen nod) bie leßte Station bis Olten jurücl»
julegen, wo fte in ber Siegel oon anbern ©cßiffsfnedjten abgelöst
würben, gn Olten alSbann jaulte ber ©djiffmeifter, ber ©igen*
tßümer beS ©djiffeS, ber bie gurren mit bem ©taate üerafforbirt,
jebem ©djiffjießer für bie gwei Sage 27 Saßen, wooon fogleid) fedjS
Saßen für eine glafd)e SülittagSwein, Srob unb Säfe Wegfielen. Sei
ber ^eimfaßrt nahmen fie in ber Siegel nod) acßtgeßn ft'lafter £jolj
ober ein guber Welfdjen Sßein mit, um bieSmal auf feistere SBeife
gu einigem ©ewinn gu Eommen. gröl)ließ, naeß faurer Slrbeit betrat
unfer Gabler jebeSntal ben ßäuSlicßen §erb unb lieferte fäuberlicß ben
Serbienft feinem Sßeibdjen auS. Slnfangtid) tßat er’S freiwillig; halb
aber maeßte fitß Slnna ein SRedjt barauS unb ließ ben ©atten feine
ißfließten füßlen.
SRabler unb feine junge grau waren gwei unbeßauene ©teine,
wie fte bie SRatur bietet, unb wenn bie aneinanber geratßen, fo reiben
fie fein feines SD?eßl. S)en erften Slerger ßatte ber ©atte, als er bem
©ßorgeridjt fünf ißfunb Süße entrießten mußte, weit ber ©tordj fid) näcß
ber pfarramtlicßen Serecßnung gu früß auf feiner §auSßrft nieber»
ließ; einen weit größern unb nießt ben teßten, als Slnna bem gudßfe
baS SlufentßaltSrecßt in ber „fpüßnerqätteri" beftritt unb ißn ßernaeß
im gorne, Weil berfetbe ißr ein ffnißneßen gewürgt, gum Seufel jagte,
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4Can&»ogi®Sefd]Wjt*n ans btm b«mtfrfjen Kttttraargas«
baS Reifet in beit ^jombergtoalb hinauf. Gabler fing an, itt bett
23ären hinunter ju laufen, um feine ©erbriefjlichfeiten im ©läScfjen
$u erfäufen. Sort biente* SJiarta Stbler, ein IjübfcheS ©iberfteiner
ÜBJeitli, als 50?agb, bie if)m früher nicht gleichgültig getoefen unb iljnt
nun Bei jebet ©etegenljeit Begreiflich gu matten fuc^fe, bafj er mit
i^r ein beffer Seben gehabt hätte. (Sie Ejafete bie 9iebenbui)Ietin / meiere
fie auS bem gelbe ju fdjlagen oermocht, oerbächtigte biefelbe als eine
greunbin beS (Sdjlofebeamten — unb fonberbarlich! als 9t0bler in
bet Stacht einmal nach §aufe fd)toanEte, fdjtoanb eine Heine ©eftatt,
tote bie beS Jteceoeur’S, um bie ©de unb bie §ol)lgaffe hinab. Sie
§auSt^ür mar regeltest oerfdjloffen unb er rnufjte wie fonft ben mit¬
genommenen <Sdjlüffel gebrauchen. Irinnen aber faß Slnna noch mad)
im SBadjftübli, baS Änäblein miegenb unb toeinenb; fie hotte beim
trüben Oellidjtchen ihrer ©Itern brunten in ber SDtühte, beS böfen
SlbfchiebS oon ihnen unb ber Bittern SSenbung ber Singe gebacht.
Sa trat ber ©atte ju ihr: 323aS fie ju flennen höbe? (Sie ant»
toortete nicht, fonbern löste fich noch mehr in Sljrönen auf, fo bafj
ber kleine auch lieber ju fchreien anfing. — Ob nicht gemanb ba
getoefen fei? — „9tein!" fpradj fte, „habe auch Stiemanben Hopfen
ober rufen hören." — „Cüge nicht!" fchrie er nun plö^lid) unb gab
ihr eine SDtaulfchelle, ba^ baS ©lut auS ber 9Zafe fprang. Sötit einem
ftedjenben ©lief, ben bie traurige aber nicht beachtete, toarf er bie
Kleiber oon ftch unb polterte ächjenb §u ©ette. ©on jenem Sage an
toar Slnna’S jperg gegen ihn oerfteint unb er alles §auSglücfeS be*
raubt. SaS 3tel)banb brüefte ihn auf (Schulter unb ©ruft hoppelt fa
fchtoer, unb ber „9tecftoeg" längs ber Stare bäuchte ihn breimat fo lang.
Sin einem fonnigen |jerbftabenb beS^gafjreS 1769 marfchirte ein
Srüpplein SJtänner oon Slarau h er gegen ©tberftein, beffen fchtoer»
fälliges (Schlojj oerflärt im rothen Sichte oor ihnen lag. ißaartoeife
jufammengefoppelt fdjritten fie, gerlumpte, rüftige Saugenidjtfe, bahin,
oorauS ein Uniformirter mit Segen unb Karabiner, hinter ihnen ein
•poeiter in gleicher SBtontur unb ©etoaffnung. @S nmren hollänbifdje
SBerber, toelcfje oor ihrem Surcfjgang über bie (Staffetegg bem Slmt*
mann ju ©iberftein bie 9tetruten ju präfentiren hotten, ©or bem
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000 bem bernifrfjfn Knteraargan.
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Sorfe nehmen fte ihnen bie Shtppelfettdjen unb Strmfdjlöffer ob; benn
eS ift oerboten, SReiöIäufer gebunben öurch’S 8anb p führen. Qm
Sdjtofjhofe oifitirten ber Oberoogt unb fein Canbfchreiber ben 3tetfe=
pajj unb bie SignalementSliften ber Slngeworbenen. Qm Neifepafj
ift ©intritt, SQtfarfdjroute unb SluSgangSort genau Oorgefdjrieben unb
bei Nacht, ober auf Schleichwegen p manbern, wirb ftreng geafjnbet.
Sie Sßerber weifen ilfre patente oor; ber Canbfdjreiber lieSt fie,
Wä^renb ber SSogt bie Ceute fiyirt. SaS eine lautet:
„(Samuel Nofjr oon öengburg) 2ßad)tmeifter oon £>rn. f>aupt»
mann Qotj. Nub. £>a<fbrett’S Sompagnte im löbl. Schweijerregiment
p £>ot(anb, hat Qrrlaubnife, in unfern fämmtltchen beutfdjen Canben
p werben unb ift üjm ^iep biefeS ißatent mit bem großen StanbeS*
fiegel gefieglet.
Signalement: „Seine Statur 5 Sdpf), 2 3olt h oc fy/ traget
braune £>aar unb ift feine§ StlterS 20jctf)rig."
Slehnüd) ift baS anbre, beS SöBachtmeifter SOtarti SBircher oon
Äüttigen, abgefafjt.
Ob Stngef)örige beS S3iberfteiner SlrnteS unter ben Nefruten feien,
frägt ber Oberüogt.
„3n>ei," oerfetjt SBirdjer, „ber eine, StnbreS Slbler, beS ißauli’S
Sol)n ton Siberftein, hat p Slarau gebinget, ber anbre, SDtidjel $ßt)at,
ber §ufar, p Süttigen im Streug." Sie beiben treten oor unb werben
dpt in ben Neifepajj eingetragen. Qür Siegel unb 3 eu 9 n if3 E)at er
oon jebem, weil fie SlmtSangehörige, 2*/2 93a|en bem Oberoogt p
entrichten, wä£)renb bie blofj Surdjmarfchirenben unentgeltlich ange*
fdjaut Werben.
2öo fte p übernachten gebenfen?
„Qm 33ären baffier," antworten bie SSerber unb marfchiren pm
§oft£)or hinaus, währenb ber Canbfdjreiber auf feine Stube fidh begibt,
um fogfeid) an bie NelrutenEammer p iBern noch eine terfchloffene
Sifte ber gefteüten Niannfdjaft uuSpfertigen.
Qm S3ären entfalten bie Söerber mit 2Bein unb ißfeifenfpiet eine
luftige Nacht, um bie Sörfler anploden unb womöglich noch einige
SriegSljelben hinter bem Nüden beS SlmtmannS wegpfifchen. Qmmer»
hin bämpfen fie oon 3 e >t p 3 e *t baS aUp laute ©etümmel; benn
ber 93orgefef5te beS Nad)therbergeorteS mufe jebeSmal einen SluSweiS
über gute Stufführung auSftellen. Sie S3ärenftube ift mit Neugierigen
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ßanbooQtsgefjdjhljtat ans fctm bernifdjtn Wnteraargan.
oollgeftopft. ®a ftfct auch Q a t ob Nobler/ in eine ©de gebrüdt, bei
feinem ©löschen; er fjört ben SJiarti Sircfjer bie fd)öne Steife burd)
ba§ Qridthal unb ben 9}^ein hinunter rühmen unb ben Sämi £RoE)r
mit ben ©otbgulben im Seutel ttingetn. 97acf) einer Söeite füllen
Kampfes Begibt er ftdü ftumm nach £>aufe. ©r fchlägt baljeim 8idjt,
Slnna ermaßt im Sette, oerljarrt aber in, gleichgültigem Stillfd)Weigen,
ba ihr fold) fpäteS Siachhaufetommen nicht mehr auffällt, ©r nimmt
ben beffern fRod au§ bem SHeiberfchrant, fteclt noch bie geringe Saar*
fdhaft, bie fich im §aufe üorfinb'et, §u fich unb geht wieber, leife bie
Stubentl)ür gufdjliefeenb, hi nauS — fort burch ben nächtlichen Serg*
malb unb über bie §ombergmatten ber (Staffelegg unb ®en§büren
gu. Stoch fdheint hier ber SJtonb an bie fdjlafenben Käufer, als er an
ihnen unb ber bäuerlichen ©renge entgegenmarfchirt. Slufeerljalb ber
Sernlanbe oerfchlummert er noch feitlich in einem ©ebüfd) ben SReft
ber Stacht unb ftöfet am Dtorgen gur öorübermanbernben Sölbner*
truppe.
* *
*
®ie oerlaffene grau, oon §>au§ auS nicht an’S ®arben gewöhnt,
mehrte fich tapfer gegen bie hereinbrechenbe Stoth- Qm (Sommer tag*
löhnte fie, h a( * te ihr Slderlanb unb ging mit ihrem Süblein barfuß,
mie oiele anbre ©rmadhfene be§ armen ®örfleinS, auf bie Slaraner
(Stoppelfelber, Sichren gu lefen; im SBinter fantmelte fie einen Sor*
rath bürren SieifigS faft für baS gange Qatjr. (So liefen fünf Qal)re
bahin. ©in ^eimtehrertber SteiSläufer h«üe ben Aufenthalt SiablerS
oerrathen. Slnna, fich in bem jerfalterten |)äu§tein oft oereinfamt
fiihlenb, liefe ihm burdh ben Schulmeifter in acht Sriefen ihre Sage
fchitbern unb ihn bitten, hümgutommen; fie moHe ihm Silles oergeffen,
roaS er ihr angetan. ,,©r hübe noch nicht auSgebient unb auSreifeen
Wolle er nicht, fonft werbe er wieber gurüd fpebirt ober tomme baljeim
in’S Schellenwerb," war feine bürge, mit Spott gemengte Slntwort.
Qm Qrühling 1774 würbe ber Qobebli branb unb ben gangen
Sommer über blieb fie an fein Settlein gefeffelt unb bonnte nichts
oerbienen. Sie Wenbete fich mit ber Sitte um Unterftiifeung an ben
Unteroogt; berfelbe aber wieS fie mit bem Sefcheibe gurüd, fo lange
ihre ©ttern lebten unb etwas befäfeen, tonne bie ©emeinbe fte nicht
•auf bie Stlmofentifte nehmen. Seit Slnna geheiratet, hatte fie Sater
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flanboogtsgerdjtdjkn an« bem bfrotfdjen Kirtfraorgan.
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unb 3Äutter wofjl oft gefeljen, ober webet angefprodjen nod) befudjt.
9tun naljm fte eines 2)iorgenS, ba fte füt baS Eranfe £inb feinen
Stopfen SUhld) ntefyr im §aufe Ijatte, iljr fterj in beibe §änbe, ent»
fdjlug fid) ÜjreS SSettetftotjeS unb fdjlidj mit einem Steffeli gut ÜRutter
oon hinten in bie Sfüdje. Unter lauter ßanfrebe fußte ifjr bie SJiutter
baS SEeffeli; bet ©ater Ijörte baS, fam aucb in bie Stücke IjerauS unb
tooßte fogteicf) im tickten 3<>rn auf fie loSfafjren. ©S fei baS erfte
unb (egte SRal, bafe fie mieber unter fein Sad) Eomnte, fonft würge
er fte tobt; fte Ijabe baS Unglüi gewollt, nun möge fie’S Ijaben! rief
er ber glieljenben ttad).
©S rüdfte ber SBinter 1774 auf 1775 in ! S 8anb. 2ln einem
ftürmifdjen Siooembertag, als braufeen ber Siegen an bie geborftene
ÜDiauer peitfcfjte unb bie arme grau bei ifjrern ft'näblein am Sranfen6ette
fauerte, ftürgte mit bumpfem ©efracf) ber fjalbe ©iebel in bie Ijofjle ©affe
fjinauS unb bie ©alfen ber ©tube fenften ficf). 2lnna erfdjraf nicfet
gar fe()r; ifjr wäre ber Sob unter ben Ruinen eine ©rlöfung gewefen.
’2llS fie bie grofee Oeffnung betrachtete, burdj Welche SBinb unb Siegen
in bie ©tube brangcu, ba jammerte fie blofe für iljr franfeS fiinb,
baS nunmehr gänglid) ber Söinterfälte preisgegeben. @ie oerbarrifabirte
ftd) fo gut als möglich im £>interftübcf)en, uttb ein 97ad)bar, SlauS
2lbler, ber ©ater ber ©erleumberin im ©ären, fam if>r bie ©tuben»
halfen ju unterftügen. Sie 2lngft, ber geliebte gofebli fönnte fterben,
mad^te fie fjalb waljnfinnig. Stuf ber ©trafee flagte fte i£)r ©lenb bem
Oberoogt ©ffinger, welcher hierauf ben Siberfteiner Unteroogt unb
feinen ©ingüger über bie ©crfon informirte. ©eibe fagten, fie fei ein
trägeS „Safter", ein IjänbelfüdjtigeS „Siipp" unb iE)r ©ater, ber Scljem
ntüßer, gar nidjt fo ungefcfeicft, wie fie öorgebe — unb bamit oergafe
ber gnäbige £>err wieber baS arme Sßeib.
groft unb ^)ungerSnot£) fteigerten wirflicf) bie Sfranfljeit beS
Knaben immer mefjr. ©inen Slr^t ju rufen mit bem ©eWufetfein, ign
bocb nicf)t bejahen ju fönnen, baS wagte fie nidjt; bie langen SBocfeen
brütete fie nur immer mit einem gewiffen ©tumpffinn am Säger,
bis enblidj um ©fjriftabenb ber fecfySjäfjrige gofebli als eine CeidEje,
blafe unb »erhungert auf feinem feuchten Saubfacf lag. Sraufeen l)ielt
ber Söinter mit weifeem ©aljrtucf) bie tobte ©rbe jugcbecft unb mit
bicfer ©iSfrufte waren bie genfter oergängt. Sa erwarte am Seidjnam
ÜjreS SinbeS nod) einmal baS ooße mettfcfjlidje ©efiigl ber llnglücflidjen.
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ÄanfcöogtBßfrdjWjtin <m* bm btrolfdjfit Wnkraarßan.
§n ^ränenftrömen Eämpfte ba§ £>erg gegen bie äßudjt beS ©lenbeS
an: 33om ©atten oerlaffen, non ben ©Itern gurücfgeftofeen, non ber
©enteinbe oernacbläffigt, ofjne Sftabrung unb SUeiber, ofene fdjüfjenbeS
Oad), of)ne 2J2enfd)enratb unb §ilfe — wer Begreift ba nidjt, bafe
am CetcfjenBette bte ©infame ben ©tauben an eine gute SBett tobt
gemeint?
Slm 2öeibnad)tSmorgen, ba ber CeicfjenBefdjauer baS oon 2tnna
Beftellte ©ärglein in bie ©idjgaffe £)tn auf trug, ftanb bie Satire gum
|)interftübd)en offen unb ba§ tobte Snäblein tag mit einem bürren
„ütteicti" in ben mad^Sgetben gingern mutterfeetenattein in ber eiftgen
Kammer. Sie üftabterin mar öerfcbwunben. ©twaS nach üfteujatjr fpülten
bie grauen glutben for 2[ Qre brunten bei Umifen einen weiblichen
Ceidjnam an’S 8anb, welcher auf bem bortigen griebfjofe ElangloS
begraben mürbe. S'tiemanb at§ ber griibting, ber ©ärtner be§ lieben
©otteS, Eümmerte ftd) fjmmd) um ihren Ootenbiigel. ©§ mürbe
©ommer unb mieber §erbft. Stn einem Söintermorgen Eani QaEob
Stabter in tjotlänbifcfjer Uniform oon ©iberftein her nach UmiEen unb
liefe fidf Oom Lüfter Stnna’S 3?ut)ftatt geigen, ©ebeugten .giaupteä
ftanb er lange baoor, wcibrenb utn ihn bie weichen ©cbneeflocfen
lautlos auf bie ^arte ©rbe fdjwebten; bann wanberte er über ben
©talben mieber nacfe $oUanb gurü<f unb — mar oerfcbollen.
Oßroiofoü be3 (SfyorgerictytS Jlirc^berg de dato 1761.)
VI.
3>te x otlje ^llottturljofe.
(1787.)
§eute fcbaut baS Sird)berger Sir d) lein ooll befonbrer ©naben
nieber auf be» ©iegriften großen Sirftfebaum, beffen rotbe grüd)te
brunten am beifeen §ügel aus bem Caube (adjen. ©§ ift ber 20. £>eu=
monat 1787. ©onntagSftiüe lagert über ben ftbmargen fwlgEreugen
unb ben Enietiefen CoWengabnEräuteru be§ griebtjofS, morinnen Pfarrer
ÜJtüfperli’S fromme Sanincfeen meiben unb bisweilen mit aufgerecEten
Obren ber lauten Sßrebigt ibreS ißatroneS laufeben. Oer junge, weit*
bergige ©eiftlidje in feinem ißriefterrocE unb ber meifeen ^»alSEraufe,
auf welcher ber Sopf wie ber beS OäuferS auf einem ÖeKer rubt,
bat eben mit ben testen Sömern feiner ©anbubr auefe bie lebten
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CtrafcDagtagtfdjtdjttn atu Itm bettrifdfnt Vtrttraargati. 171
SlnbadhtSWorte niebetritinen (affen. (Sin allgemeines fmften unb ©e*
rauf per Bricfjt auf fein Simen bie tiefe (Stille; inbeffen jieljt er nocf)
ein obrigSeitlidh fßergament auS feinem Sreoiarium unb oerlieSt ben
lieben unb getreuen Untertanen 33ern’S folgenbeS ©efa§:
„Oie gnäbigen Herren SriegSräthe hoben für nüfclicf) erachtet,
jur ©rfparung grofjer Soften für ben öanbmann anjubef elften, bajj
Sille, fo fid) oerheuratljen, ficf) inSSünftig in ber Uniform, als ber bem
jum (Solbaten geborenen Schweiger anftünbigften Reibung, foßen
ehelich einfegnen laffen. ($3 Sann ffierbnrcb eine Softbare, neumobifdfe
IwchjeitSSleibung erfpart merben unb beS fernem wirb männiglicfj
beffer barauf achten unb holten, baff feine SRontur in gutem (Stanbe
oerbleibe. SBir geben biefe wohlgemeinte SSorfdhrift mit bem 53efelcf),
foldfe ab aßen Sanglen unf’rer Öanbe oerlefen gu laffen."
9Rit unterfdhieblichen SReinungen über biefe neuefte Offenbarung
fchreiten bie $uraffier burdf bie Snarrenben Sircffthüren. 2ßät)renb baS
eine SReitli fich froh ©tißen neben feinen lieben (Solbaten an ben
Slttar träumt, ärgert fidf baS anbere, baS halb als 33raut foß üer=
Sünbet Werben, als ber erften eine biefeS neue „fßrälube" oormachen
gu müffen, unb beS Söeifjen Qörg, ein ge^äbigeS Gültiger Oaunerli,
fauftet im (SacS, baff nun fein fRubi ficherltcfj neue SRonturhofen begehre.
*
* *
SRüfperli oerläjft bie fßrebigertonne unb fteigt in’S ©hör. Slßba
Warten feiner in ihren ©horridhterftülflen:
SRein 2Bohl s @bel=©eborener £>err Sl. C. (Stürler, Oberuogt auf
33iberftein, Obmann beS (StißftanbeS; §anS SBlottner, Unteroogt oon
Sättigen; £>anS ©eorg Ott, Unteroogt oon S3iberftein; 9iubi SBelfrli,
Statthalter unb ©horrichter öon Sättigen; fRubi SBoßiger, alt Secfel*
meifter unb ©horrichter oon Sättigen; g-riebricl) Ott, ©horrichter oon
S3iberftein.
greunblicf) brücEt er einem {eben bie SRecfjte, fie um ihre aßfäßigcn
Slnbringen befragenb, bie pünStlidf notirt werben, hierauf begeben
fte fich kie SRitte beS ©horS, ber Pfarrer oorn an ben Oaufftein:
heute ift ©horgericht.
ÜRad) Surgem ©ebet beS ©eiftlichen eröffnet Stürler bie Si^ung
mit üorläufiger URamfung ber Streitfache unb fehieft ben ©horweibel
Slbraham Söeffrli, Siegrift, üor bie Sirdfporten, ben Släger fRubi
SBelfrli, Söeijfen oon Sättigen, eintreten gu heiffen.
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172
ttanboogtflgtftyixfytax an« bem bfraifrijfn Unkraargcm.
Oer ©erufene erfcfjetnt unb erjagt nad) beS ObmannS Stuf*
fotberung mit fdjlidjten SBorten beit ©runb feiner SHage: ©r fei am
Slarauer SÖlaienjug le^t^in mit oielen Slüttiger S3uben unb Sfteitlinen
im „©chmert" eingelehrt, habe bie Slnna 33irrf)er, baS „Suebelanneli“
geheifeen, beim SBein gehabt unb eS im Verlaufe beS ©eplauberS mit
©paff unb ©rnft gefragt: „SSiUft Ou mich, menn icfe Oir ben Streujer
■gebe, oon bem Ou fagft, id) fei ifjn für Stirfd)en Oir fdjulbig?" ©ie
fagte: „Qa!" unb gab mir bie £>anb: [)at aber ben Sreujer nid^t
motten, auch ein ©echSfreujerli nicht. Stuf meine oermunberte grage:
Ob i§r gegebenes SBort fie benn gereue? hat fie geantmortet: 9lein,
aber fie börf nicht megen bem SSater. Söeil er tiefen $aten fdhon
gefannt, erzählt ber Kläger meiter, höbe er ihrer SRebe gu gebenten
jmei geugen ernennet, bie braufeen fteljen. Vorigen ©onntag Slbenb
fei er nun ju ^mnSrubi SMrdjer, ihrem S3ater, gegangen, um bie
Oocfjter oon ihm ju forbern; ber fei ihm aber nur grob unb unan»
ftänbig begegnet unb h ernac h haben &i e beiben Sitten baS üßeitli
traEtirt, mie er oernommen; beffentmegen bitte er bie (£E>r6ar€ett, ihm
in tiefer ©ad)e beijuftehen, bafe fie glücftich gufammen Eämen.
Oer Kläger mufe abtreten. Oie beiben geugen werben ein«
oernommen. Oer eine erflürt, er höbe bie 9teben anfänglich für ©pafe
gehalten, nachher aber gefetjen, bafe eS ©rnft fei, unb ber anbere
beftätigt, er höbe nichts anbereS geglaubt, atS fie mären ein ©elöbnife
eingegangen.
Oie StngeElagte unb ihr SSater müffen oor. SOtit ein menig fcfeam«
rothen Söangen erElärt baS „Söuebelanneli" ben ehrbaren Richtern:
©ie höbe jmar bie $anb gegeben unb Qa gefagt: aber SttteS btofe
für ©piet unb ©pafe gehalten unb nie an eine §eirath gebacfet.
„2Ragft ben S3urf<feen benn nicht leiben, Qiinferti, ben hübfcfeen,
mit meifeeti SErauSlocEen ?*' fragt ber Runter, mit ben fetten Slugen*
liebem fcfeelnüfch jminEernb.
„SRöcht ihn fdion, gnäbiger £>err Oberoogt; er ift fteifeig unb
häuslich unb recht, aber —"
„Slber bem 33ettelbub, ber nichts an ber Söelt hot, bem mittft
Ou ben OhürHoben jiehen, ÜReitli? ©ott’S Oonner nein! — SSohl«
et)rmürbiger §err Pfarrer, oer§eiljt . .
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4C<mbi>ogieg*fdjtdjten ans bem bernifdjfn KnUraorgan. 173
Sie 23efd)mtcf)tigung beß gornigen f>an£rubi förnmt gu fpät. 9JHt
SEBürbe ergebt fid) ber Eßaftor in feiner |)al§Eraufe unb beantragt eine
hoppelte Sufje ton groei ©ulben für fd)röcHid)e3 glucken im ©otteS»
t)au§. Sr mirb einftimmig terfäHt unb rnufj abtreten.
„Sannft auSreben, Slnneli!" mabnt Stüfperli, ber torn am
Saufftein al§ Slftuar funghrt, fein neben itjm mie auf Stern ftefjenbeS
Sonfirmanbenünb.
Sie atfjmet tief auf, toie um Sraft gu gemimten, M $d) mödjt’
il)n fcfjon, aber id) mi(I ntid) gmingen, b’rum mag id) itjn nicf)t! SRein,
td) toitt d)n nirfit unb menn il)r mid) mit 3 an 9 en gerrei^t!" tobt mie
befeffen bie Süttiger 2Raib.
„SRur nicfjt fo milb getf)an, Slnneli!" beruhigt ber Sättiger
Untertogt, ber fonft in Stbmefen^eit beß Qutiterß bie fßräfibentenmürbe
beCteibet, ein urdjiger SRann.
„ÜRufj Sir faft 9ted)t geben," meint ber Seelenfprt, „bafj nid)t
l)eiratl)en magft. SSift fo blutjung, erft tor gmei Qatjren nod) in bie
SHnberlel)re gegangen."
„Unb aud) gu Hein!" fpöttelt ber Obmann.
§ei flammt bie auf! „$8raud)ft Sid) nic^t gu fdjämen, äReitli,
fagt meine SRutter atlemeil," antmortete fte, — „bift nid)t gu Hein
gunt $eiratf)en, menn auf Seinem SäcKein Srabänter fte§t!"
„#obo, nid)t aufbegeljrt, kleine!" läfjt ficf) enblid) aud) ber Unter»
togt ton 23iberftetn, ein grauer 2Rann im Sdjmalbenfrad, mit feinen
pfunbfdjmerett ^Sorten terneljmen. „S!)ut mir leib, baß id) ein fo
übler fRebner bin, fonft motlt icf) Sir in bie (Seele reben, baß fdjmeigen
tljätft! Su millft Sein Sßort bredjen unb ben guten 33urfd)en nid)t,
blofj meil fein 33ater nicf)t reid) ift? Sutnm’S Sing! Stlugljeit im
Sopf unb ein bratet $erg ift ein gröfjereä Kapital, al§ Su einmal
erben fannft."
Sa§ Suebelattneli mirb meid). „SDiödjt i!)n fd)on gern tjaben,"
fängt fte an gu meinen, „aber ber 33ater fcfjlägt ntid) tobt."
(Stürler läjjt bie Slufgeregte abtreten. Ser gange (Stillftanb, mit
9lu§nal)me be§ Pfarrers, befdjliefjt einmütig, ben Vorgang im
„Sd)mert" gu Slarau a(§ eine förmliche S^eterfprecbung gu erHären
unb bie 93ird)er auf SRoberation bin gu ben ftöften, gmei ©ulben
betragenb, gu terfäUen. Sem über obiges Urt£»ei( fub befebmerenben
®ater mirb bie begehrte Sebenfgeit biß näd)ften (Sonntag bemilligt.
tfanfcoogtBgefdjtrfjtfn an« bera bermfdjen Knttraargaa.
174
91(3 altefammt au§ ber Stirne treten, ereignete fid), bafo plöfclidj
ein öapin be£ ißfarrerä ber 9tnna über bie grüfje rennt. ©ie fafet im
©Freden ifjren Sßiberpart am 2lrm: ber gettmfyrt e§ nidtjt ungern,
mad)t jebod) eine abmefyrenbe Semegung; benn er gebenft ifjrer Söorte
üor ben ©Urbaren, bie er, an ber ©übporten Ijordjenb, ternommen.
35ie ©t)orrid)ter hinter ilpten galten oergnüglicf) ben 9lft für ein Seleg,
bafe fie nicf)t faffd) geurteilt. 35er Sater, ber brummenb oorauS*
gegangen unb im dürfen leine ütugen befafo, fdjmenlt mit feiner £odjter
neben bem ©iegriftenfjauS ijtnab. 9tubi SSeljrli geljt bem 35orfe gu.
lieber ben ®än§ader auf bie ÜDorfftrafi’ getontmen, f)ört 9tubi
ben Slbant Söeljrli, SriUlmeifter, mit einem Trommler auf üftadjmittag
nac^ ber Stinberlelfr’ eine SJtufterung auSrufen; benn mäfjrenb be§
©otteSbienfteS barf ntd)t ejcergirt merben. „ftm," benft er, „gu biefer
^alfreSgeit? ©§ mirb fein, mei( man je§t fo gmifdjen $euet unb ©ritte
nichts Sefunberbareä gu tffun tjat." Son ben 12 Srüttntufterungen
jä^rlicf) mußten nctmlicf) nad) Sorfcfjrift fonft 6 im grüfyling unb 6
im £>erbfte gehalten merben. ©infilbig, bodj mit Dielerlei ®ebanfen
int Stopf, ißt er mit feinen betagten ©ttern git Mittag, gef»t barnadj
in ben ©oben, um ben brounlfärenen ftaberfatf, ba§ gmeilötfjige, alte
©emef)r mit Stteffingbefdfläg unb feine SWontur, faft alles ©ffelteti
oon feinen ©Itern, au§ ©pinngeloeben unb 35unfel()eit herunter gu
Eiolen unb gugurüften. ©egen 2 llljr mirft er fid) in bie rotfjen |)ofen
unb bie gleidjfarbene, mit gtuei meifjen Sfrtopfreiljen gefdfmüdte SBefte.
„Sub," fprad) be§ SBeißcn $örg, al§ er feine fed)Sgig ©ömmerdjen
auf bent Sudel E)atte unb bienftfrei gemorben, „einen Uniformrod
foUft neu f)aben, aber meine §ofen mufet nod) augtragen! 28är’ ©ünb
unb @d)ab bafiir; f)abe mir erft oor 10 Qafjren, ba id) al§ g-ünfgiger
nur nod) an ben Sor*, £>aupt» unb ©djiefomufterungen Siffeil naljm,
fie gang neu angefdjafft." Otubi gog ein IrutnmeS 9)?aul. „^Die anbern
betommen blaue £>ofen unb Sßefte nacf) ber frifdjen Orbottnang,"
meinte er. „©ieljft, mir oermögen’3 nidft," begütigte bie 9ttutter, „ber
Stümmi feljlt." ©o l;at er a(§ guter Sub ftc£) b’reitt ergeben. 9ladp
bem Subi bie runben ©tabtfdjulf’ angegogen unb bie fdjmargen Ueber*
ftrümpfe an feine Söaben gelnöpft, fdjlüpft er in ben Melangen,
bunlelblauen 9tod, ber f)inten moljl übereinanber ge£)t unb beim
SÖtarfdjiren mie unter bem ©erneut aufgeftürgt merben muß. ©r ift
au§ Sftorbertud), rot!) gefüttert, bis gur ©eintiire gmeireiljig belnöpft,
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£anbsogtegcril)lit|tfn atu ttm btrnifdjen Unttraargaa. 175
Bat einen rotten trogen, rotfje, jtoei Sernjod Breite Slermelauffdjläge
unb auf ber (inten Stefjfel eine fdjarladB’ne ©d)nurepaulette, mit Slau
unterlegt — ba§ Slbjeidjen ber beutfdjen Serner. Stod) fe^tt bie fdjttmrje
Sratmtte, biefer oerBafjte „ft'innftupfer“, unb ber breiedig aufgetremmte
güä^ut mit bem jodbreiten meinen Söodenranb aujjen. (Sr brüdEt i^n
auf fein blonbeä SKingelBaar, ba§ er aud) an ber näd)ften §aupt»
mufterung nid^t in eine fiabenette ftidjt unb roettn e§ mieber einen
Sa^en foftet; gürtet mit nid)t wenig ©elfiftgefüBl bie fcBmarjteberne
ißatrontafcfje mit ber ge(6en Sledjgrenabe oorn auf bem ©edel unb
feinen ©renabierfäbel um — beibe§ ©inge, bie ber gemeine güfilier
niefjt Bot — Böogt fid) fmberfad unb g-linte an bie Breiten ©djultern
unb BegiBt fid) auf ben ©ammelplafj oor bem „Streuj".
©ort rangirt ©rüdnater Slbam, oor Sillen auägejeidjnet burd)
ba§ filberne ©ffiäier3banb am SEÖodBut, bie toeifjen ©tiefelmanfdjetten
unb feine Storpulenä, bae unlenffame Soll. SBeldj’ ein buntes? Silb!
©a fte^en bie Offiziere in (Sioil, aber mit bem ©eitengetoeBr, benn
mit bem ©tod in ber £>anb ju fommanbiren, ift i^nen ftreng unter»
fagt toorben; neben i£)nen alte SRotljofen, neue Slauljofen, alte glinten
mit SWeffing», neue mit (Sifengarnitur; ©renabiere, 2)?u3fetiere, gü»
filiere, feiger; ben ©cBlufj Bilben bie ©iebenjeBnjäBrigen, 6lo§ mit
Stinten unb ißatrontafdjen, unb bie ©edjäjeBnjäBrigen ganj unbe»
maffnet. SDtfonturen Brauchen fie bi§ jum 22. Qjatjre noch feine/ wenn
fte nidjt „eBenber BeuratBen".
©er ©rüdmeifter madjt Slgped. ©ie S e ^ ett ^ en Serben mit
1 ißfunb, im 2BieberBolung§fade mit 1 ißfunb unb 24 ©tunben ©djlofe»
ferfer bei SBaffer unb Srob gebüßt, ©ie Sujjen gehören §ur ©cilfte
bem ©rüdmeifter, jur Hälfte bem Canbmajor, ber je an ber £jaupt»
mufterung im SJJai fie einfaeft. §e£t mirb gebretjt unb, ©rommter
unb Pfeiffer woran/ burdj bie ©orfftrafj’ unb bie Scttgaff l) in auf nad)
bem SWufterpla^/ einer oon ©annettWalb untraBmten SBiefe auf
„Sud)"/ marfdjirt. Sll§ 9tad)l)ut folgt ein gefdjwä^iger ©djwarrn
jungen SolteS, benen fidj ein paar g’wunbrige Sllte unb bie Sor»
gefegten beä £)rte§ untermifdjt Baben.
Sluf ber SBalbwiefe angelangt, fd)idt ber ©rüdmeifter bie ©am»
Buren unb Pfeifer feitab, um unter ifirem ©efdjidteften, bem „Sor»
Pfeifer", für fid) ju üben, auf weldjen Sefe^l fie in ben ©annenwalb
176
Äanbuogtügefrfjldittti an« bem berotfidjen Knteraargan.
halb unt)örbar berbuften. Slläbann werben bie jungen unb UngefeB»
rigen auSgefcBieben unb bon einem Korporal in einer ©cfe ber Srüd*
motte befonberä inftruirt, Wä^renb ber SSoter 2lbam fein ©pergitium
bamit beginnt, bafj er bie glinten bifitirt unb ben Sabftocf in ben
Sauf fdjieBen läßt, um gu fe^en, ob irgenbwer nod) ein gefabenes
©eroe^r £)abe ? 2Beil folcfje bo, miiffen fie nor bie gront treten unb
ben ©cBufe auf Stommonbo logbrennen. Sarob erfcBrecten bie 9RäbcBen
beS Dorfes gar fdjrödtid). ©eBt, wie fie ben finftern SBaibranb ringS
wie einen Strang non Beden, frifdBen Slumett gieren! 2Rit Ufren
ftfjarfen Sleuglein üben fie eine größere ©ewalt über baS ÄriegSoolE
au£ als SlbamS oaterfänbifcBe gtüdBe.
ge£o Eömrnt man auf bie ^fauptfacB’, Welche nacB bem ©ferner*
bücBIein in „gut äRarfcBiren, wof|l Gaben unb tief SlnfcBlagen" befteBt,
unb gum ©(Bluffe folgt eine ©albe als Snaüeffelt. hierauf Bot nun
baS ßufcBaueröolt mit ©eBnfucBt gewartet unb ein unruBig Swängen
bemächtigt fidB feiner. 9lu<B baS „Suebelanneli" brüdlt ficB in ben
33orbergrunb; e§ will feinen SRubi, ben ©renabier, feBen, wie ber bie
glinte auf ben ©oben ftedt, auS einer ber Ginben()oIgBülfen in ber
fßatrontafcBe bie papierene fßatrone gieBt, fie abbeifet, labet, mit bem
eifernen Cabftocl neben bem breifantigen 33ajonnet, welches auswärts
getrümmt ift, bamit ficB ber ©olbat in ber gefcBwinben Gabung nicht
bleffirt, in ben Gauf hinunter hämmert, ben §ahn auf§ieht, anlegt
unb — ?ßuB! 3Bie wirbelt fein fRäucBlein fo fcBön oor allen anbern
gutn blauen fnmntelreicB! S)er Gabftoct, nochmals in’S ©eweBr ge»
fcBoben, rnufj geigen, bofj ade ©cBüffe loggegangen — unb bamit
ruBt wieber eine Srüdntufterung meBr in ber SßergangenBcit bunElem
©cBoofe.
* *
*
„SluSeinanber \“ Eommanbirt SReifter SßeBrli, unb nidBt gar lange,
fo Bebt beim glötenfpiel beS SBorpfeiferS ein befcBeibentlidB Sangen
an auf abenbtüBler Srüümatte. S>aS ift’S, warum bie Sorfblumen
mit Ungebulb ber ©albe geBarret. ßwar B°6 en bie gnäbigen sperren
gu 33ern ade CeidhtfertigFeiten unb UeppigEeiten auf bem ÜRufterplaB
berboten unb ba§ Sangen bem GanbbolE nur naiB ber §auptmufterung
entWeber auf ben Srüdwiefen felbft ober auf einem Sangboben baBeim
erlaubt; aber SSater Slbam unb bie anwefenben OrtSborfteBer, bie
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Canb»08tegefdjtd)tfn ans Itm berotfdjen ttnteraargaa.
ben Srütlmeifter jebeSmal unentgeltlich im Orbnunghalten unterftüfcen
müffen, laffert [ich oon ben nieblichen Sirenen gern ein Sluge gubrücfen.
9?ubi, waS gauberft Su? Sa fteht er wie nicht gefdjeibt am
(Stamm einer Stotljtanne unb gto§t in baS h°pfenbe ©ewintntel.
3lnneti tljut auch f° fpcmifdj unb weist brei Vurfcljen nacheinanber
tro^ig ah. -Sftit ftiHem $ubel hemertt er’S; ©roll unb ßweifel fcfjwinben,
unb halb breljt fräftigen Schwunges auch er feine ih m chorgerichtlich
Singetraute unter ben Uehrigen auf bem fchon ahenbthauigen Stafen
herum. Sladh einer heilen ©aloppabc flüftert Diubt: „Slmteli, fomm
ein wenig unter bie Sannen; ich muff waS mit Sir reben," unb
führt fie unhemerft in baS taufchige Sunfel hinein.
„Sein Sieben »or bem StiHftartb heute morgen h at mir Weh
gethan, glaub’S, ©eliebte!" hebt er an, als fie einfam gehen. „Su
toiffft mid) nicht, weil ich Sich gwinge? Siehe, nicht um Sich, ober
um Seinen Vater gu gftingen, hohe ich hie Sache oor ©ericht gebracht.
§cfj glaubte, Su hötteft mich gern; Wenn bem aber nicht fo ift, fo
fage mir’S je£t hier unter ben Salbbäumen mit aufrichtigem fpergen
unb bann bift Su fogleich frei, bann finb wir in ©otteS tarnen für
immer gefdfieben!" unb babei ftürgen ihm bie hellen Sf)ränen ouS
ben Slugen. Slnna Vircher fchaut ihn innerlich bewegt unb mit einem
Vlicf twU ©rbarmung an, fprid)t nichts, legt nur ihre .'panb wieber,
Wie im „Schwert" gu Slarau, in bie feine unb fie fpagieren Weiter.
Pöfclid) erfchrecft fie ein homerifcheS ©elächter. Qn umbufchter
Vertiefung fifcen einige Sängerpaare unb fonftigeS Solbatenöolf, am
§ufs einer ©eWaltStanne ber SrumberljanS auf feinem fdpoarg=rotb
geflammten unb mit ber gnäbigen Herren ©ffeenwappen gefcfimücften
„SHibel". ©r fchläft; bie Sadjenben aber potuliren tapferlich ben
Sein, ben beS Sirth’S 5Rubi auS einem f^ä^Iein, fo er auS gürfidjt
in ben Voben gegraben unb mit SDlooS überbeeft hot, abgapft; benn
Sein auf bem 2)lufterungSpla§ auSgufdjenfen, ift ftrengftenS unterfagt,
unb ba läfjt fich ber Srüttoater baS anbre Sluge nicht auch noch gu=
brüefen. Sarum hoben bie heimlichen Sünber baS frifcf) anfontmenbe
Härchen ouch mit foldjer Stille herannahen laffen, weil fie SlnfangS
Spione oermutheten; nun aber bricht ein Strom oon Siederei auS
ihren erleichterten ©emüthern über bie .f)anb in §anb ©ehenben het-
„Schaut mir ba, wie brati bie C£E)orrid)ter heute gufammengefoppelt \"
SSom öura jum €d)tuarjtoalb. IX. 12
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taböogtegefdjWjtKi ans Um btnrifdjtn MnUraargatt.
fpöttelt ber ©ine, — „Slnneli, gefjt’S mit ber Stotljhofe Balb jum
Slltar?" ber Slnbere. Stnneü mirft einen erfd)rodfenen 33licE auf SRubi’S
abgefdjoffene Sflontur. „SSftödhte heuer nicht heiratljen, um fein ©elb!"
Beteuert ein Buffer Sfteitli, bem baS ©egentljeil baöon auS ben 2lugen
glänzt, — „möchte nicht Die erfte fein, bie baS neue „Äomebi" fpielt!"
„$emanb muf bodj ben Anfang machen," meint 9tubi ernft, „unb
bie waljre CieBe fieljt nicf)t baS Stleib an, fei eS rotfj ober Blau, elB
ober grau!" 2lnna Bficft iljn grojj an, als oB fte iljn nidjt recht ber»
ftünbe. „SIBer wer feinen Sd)a£ lieB Ejat, ber will if)n auch in rechtem
bleibe flauen," entgegnete fte fecf unb fröhlich- So mirb gefdjwa^t
unb gezecht.
^jordj, Trommelwirbel! 35er TrumBerhanS fäljrt auS feinem
SSeintraum empor unb rennt, ben „Sfübel" an ber nußbaumenen
3arge fopfüber auf ben Sftedfen fdjwingenb, wie tott burdj ben gor ft;
benn ber Trüttmeifter laßt Sammlung fdjlagen, um nad) SSorfd^rift
feine anoertrauten unb nidjt anbertrauten Sdjäflein wieber fäußerlich
hetmjufüljren.
Schon ragen bie fcfjroffe SBafferfiuh unb bie fdjarfen ©rate beS
Brunnen» unb SldjenBergeS in ben nädjtlidjen Sternenhimmel empor,
at§ 9?ubi mit feiner Tänzerin bem StuBenlärm im „Sfreuz" entfliegt,
Wo er anftanbSljalBer mit iljr nocf) eine glafcfje getrunfen, obwohl
eS bem häuslichen TaunerSfoljn für unnüfc erfdhienen. Sie BegeBen
ftch über einen SBadjfteg, ber ju §anSrubi Sirdjer’S §auS hinauf»
führt. Tort, hinter $afelBüfdjen, geben fidj beibe einen herzhaften
Äufj, ben erften — unb testen!
„geh möchte 35i<h etwas fragen," lifpelt baS Ißuebelanneli, „baS
mir auf bem ^erjen ift."
„S'iur heraus bamit, CieBfte!"
„®elt, Tu fchaffft Tir neue ÜDfonturljofen an auf bie Hochzeit?"
„§ab’S nidht im Sinn, beS einzigen Tages wegen! Ciebdjen,
gehft nicht auch mit bem StotfjhöSler zur SEirdje?"
„S'tein!" antwortet fie gereizt.
„So lauf! Tu magft mich nicht!"
TaS Suebelanneli löst fchludhzenb bie £janb auS ber feinen unb
geht baS gußweglein zum |>auS hinauf.
„Slnneli, höre! Sommft wirflich nicht, wenn ich hie rotljen §ofen
trage ?"
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ÄlofUr 4DUb*rg.
179
„SXleiu! SBenrt mir nidjt mefjr (SE)re antljun magft, fo ift’S auS
^totfcfjen unS!" gxBt ftc Bittern ßomS surücE unb oerfdjtoinbet im
©djatten be§ tief nieberljöngenben StrofybadjeS.
„(Sie l)at bie Prüfung nidjt Beftanben!" fpridjt SRubi feufjenb
im ßuriicfgeljen.
* *
*
2lm näd)ften Sonntag ertlärt £>an§ 9tubi Sirdjer bor ©Ijor»
geridjt: Um fernem Höften äuoorjuBommen, unterlief)e er ftd) Bern
Urtljeil gegen feine £od)ter, Bebiene fic^ aBer be§ 9?ed)te3, baS bie
<Sefe£e bem Sater eines minberjä^rigen ^inbes jutljeilen unb jerni^te
biefe ©l)eüerfpred)ung mit bem S33etjrfi umfomefjr, ba Slnneli bemfetBen
ganj aBgeneigt fei. Oiefe Gsrllärung wirb bem anmefenben Kläger
gleidE) mitgetljeilt. Stuf baS befragen, oB er Begehre, bajj bie Strd)er
nod) einmal oor (SfjrBarfeit jur ©Ije mit iljm Berebt unb im SSeige*
rungSfaa ber 33erid)t an baS OBer*(Sf)egeruf|t ju Sern eingefanbt
Werbe, fagt er: Sitein! unb fteljt gletdj a6 oon feinen Slnfpriidjen.
(Daraufhin werben bie Parteien audj oom Stillftanb mieber bon
einanber gefprodjen. OB baS SueBelannelt fpäter mit einem Blau=
Be^oSten Mittiger Surften oor ben Slltar getreten, babon weift baS
Ätrd)Berger ©fjorgeridjt^SDtanual leiber nidjtS gu ergäben.
(<5$orgeri($t3 = (ßrototolt bon Straberg de dato 1761.)
--
SMturliiftorifdje Silber oon gieberntmtn.
(Einleitung.
©ine Stunbe fübticf) oon Stjeinfelben fließt oon Oft nad) Söeft
ber SiolenBadj. UeBer einen mäßigen §ügel, burcfj fdjattenreidjen
SBalb füljrt ber 2ßeg bon bem alten Stöbtdjen am SRfjetn ftinüBer in
*) Som Sßerfaffer be8 trefflichen Suche« „US Stabt unb Sanb, ©rjeUige tion
ttarl Biebertnann", SBintert^ur, Sertag bon @ef$tbifter ^tegter, au? toel^em Wir
im Jahrgang 1888 unferer Seitfdjrift bie fo gerne getefene SJefdjreibung bon SieiO
uf Äarti8rue$ abe" abgebrucft haben.
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180
ftiojitr ©Ubfrg.
fein ftißeS S§al. SBiefen unb Aecfer, oon SBudjen* uttb Qöhrenmäl*
bern befranst, umgeben eine ®ircf)e unb mehrere baran anfdjliefjenbe
©ebäube, bereu ©auart uns fofort ein Softer üerraten (affen, ma§
eS benn aud) bis gegen ©nbe beS «origen QahtfjunbertS mar.
©on korben ^erabfteigenb, gelangen mir guerft §u ber SUofter*
firc^e. ©S ift feines jener impofanten ©aumerfe, mie mir fie in ben
SRonafterien ju ©t. ©aßen, ©infiebeln, 9tf)einau, ©ädingen 2 c. jc.
betounbern, öiel mehr eine fefjr einfache ®orffirehe, auch im Qnnern
ärmlich, fdjmucfloS. 2Sir merben im Verfolg unferer ©efcfjic^te geigen,
moher bie ungetoohnte (Einfachheit biefer ©tiftSfirdje rührt.
©üblid) fehltest fid) an baS ©otteSljauS, einen großen £>of um»
gebenb, in beffen SRitte fich eine mächtige Cinbe erhebt, baS eigentliche
^lofter. £ro§ ben oielen Aenberungen, melche baSfelbe feit feiner
Aufhebung erlitten, läjjt fich bie innere ©intichtung noch siemlidj
genau erfennen.
Qm erften ©toeftoerf gegen ©üben befanben fich bie 3eßen ber
Tonnen, ber öftliche Qlügel fcheint baS SRefeftorium, fomie baS 3intmer
ber ©beritt enthalten ju hoben, im meftlidjen Qlüget mohnten bie
Saienfcfjmeftern; £üdje, 33ab» unb 2Bafd)hauS befinben fich < m parterre.
Aßein umfonft fudjt ber Qorfdjer nach 28apf>en, ©chni^ereien, ©laS»
gemälben, AßeS berartige ift oerfchtounben. ®ie ©infadjheit ber ©au»
art beS ©anjen bemeiSt, baff nach bern lebten ©ranbe, ber baS ©tift
oerheerte unb nach ber oanbalifdjen ißlünberung burch bie ©cfjmeben,
bie SRittel fehlten, um bie ©ebäube fo herjufteflen, mie fte jur 3 e ^t
beS ©langes ton Olsberg gemefen fein mochten.
Auf ber ©übfeite beS SlofterS befinbet fich am Ufer beS ©iolen»
badjeS ber SHoftergarten, baS h e ‘ßt berjenige $£heil, ber auSfchliejjlich
für bie Tonnen beftimmt mar. Auf einem alten, im ©tift ftd) be»
finbenben ©emätbe fieht man auch ben Qifdjmeiher, oon SBeibenbäu»
men umgeben, bie nothmenbige 3 ut hat jebeS ÄtofterS. dagegen finb
je^t oon ber hohen SSRauer, bie ben Aufenthalt ber Tonnen ben pro¬
fanen ©liefen entzog, nur noch 9tefte übrig. SBeftlid) oott bern eigent»
liehen ßttonafterium, aßein hoch innerhalb ber gemeinfamen Ringmauer,
ftehen bie ©chaffnerei unb bie roeittäufigen ©efonomiegebäube, fomie
aud), nörblid) oon ber Sl’irdje, baS ißfarrljauS. ®urd) biefen Sheil
beS ©tifteS führt bie ©trafee oom Sorfe Olsberg nach ©iebenach,
einft burch ein öftlidjeS unb meftlidjeS 2d)or oerfdjlieftbar, jefct ift nur ,
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filoßtr ©Uberg.
181
nodj baS Seziere ficf)tbar. SlUein auch bie Scbaffnerei, bie OeEonomie»
gebäube finb nicht titelt rote früher, ftott ber einftigen fiebjehn giften
ftttb eS noch acht. OaS ©anje hat einen ruinenartigen Stnftrich, ob»
fdjon fämmtliche noch öorfjanbene ©ebäube mit SluSnaljme ber SHrdje
beftenS unterhalten roerben.
dagegen tierrfdjt im Oljale fclBft noch jene Stille unb ©infam»
Eeit, bie roofjl feinerjeit ben frommen (Stiftern fo geeignet fcfjien, eine
SBofjnung für ßeute hingubauen, rodele fern oorn ©eräufcb ber 28elt
©ott allein bienen, fottten. Äeine anbere menfd)tiche Söoljnung finbet
fidj im Bis hinauf nach bem eine Eieine EjalBe Stunbe entfernten
®örfdjen Olsberg unb hinab bis jur £>älfte be§ SßegeS nach ©iebenadj,
roo ber SBanberer eine ebenfo einfant ftefjenbe ßiegelfjütte trifft. Oie
Strafte oon Olsberg Bis nad) ©iebenad) hinab ift roenig begangen
nnb als mir fte an einem fdjönen ^erbfttage gingen, trafen roir oom
SHofter bis §u bem lefjtgenannten Oorf Eeinen äßenfeften an. Oie
lautlofe Stille roarb nur oon bem SDurmeln beS Eieinen SiolenbadjeS
unterbrochen.
311S roir bann im Stifte felbft oernahmen, roeldhe ScfticEfale baS»
felbe im Saufe oon neunljunbert fahren erbulbet, muftten roir unS
.fagen, auch nicht ein SHofter in §eloetien hat ÜlehnlidjeS erlebt. Som
Eieinen ütnfang ftieg eS hoch an Deid)thum irbifefjer ©üter, bie ebel»
ften gamilien beS SanbeS hielten eS für eine ©hre, toenn eine Oodjter
Donne ju Olsberg ober gar beS StifteS 93orftef)erin roarb. 3°
foHten ja eigentlich btoS alt abelige Dootgen aufgenommen roerben.
Oie Deformation brachte ihm nahezu bie Slufhebung. Sränbe unb
bie ißlünberung burch Schroeben unb SEaiferlidje zerrütteten bie ginan»
jen, jerftörten ben Söohlftanb berart, baft bei ber roirElidjen 2tuf=
fjebung nur noch ein Schatten beS einftigen 9teid)thumS oorhanben roar.
OiefeS roechfeloolle Schidfal oon Olsberg beroog unS audh, beffen
©efchichte ju fchreiben, allein roir rootlten Eeine troefene UrEunben*
fammlung, fonbern ein lebenSOolleS S3ilb ber roidhtigften ©pochen in
ber ©efchidjte beS Stiftes unb oerfudjten beShalb bie Ealte ©öttin
©tio in baS ©eroanb Eulturbjiftorifer Silber ju Eteiben, ohne gegen
baS UrEunblidje ju oerftoften. ©ute greunbe boten unS b>lf r eid;e
#anb, fo baft roir Eüftn fagen bürfen, im Dadjfolgenben ift SlUeS
enthalten, toaS roidjtig unb urEunblidj oon Olsberg noch oorhanben ift.
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ftlofUr Oieberg»
2Bir haben uni aber auch alte Sttühe gegeben, Äleibung, SRahrung,
Sitten unb Oenlmeife jeber ©pocf)e getreu noch Urfunben, ©hronifen
unb alten ©emälben ju fchtlbem. SBenn baljer ^te unb ba ©tmai
oorfommt, bai int neunzehnten Jahrljunbert auffällig erf(feinen tuürbe,
fo Bitten mir ju Bebenfen, bafj ber SRafsftaB unferer 3rit meber an
bai zehnte noch fecfjizeftnte Jahrljunbert gelegt merben barf, oBfdjon
tuir uni Bemühten, bai allzu ©teile zu termeiben. Sßir tertueifen
bie ßweifler auf bie Oueßen, aui benen mir fdjöpften. OiefelBen
ftnb: ©rimm’i fRedjtialterthümer; ©ffefjarb, ©hronif °on St. ©aßen;
Jeliy |jämmerlin’i Schriften; Stumpfi Schmeizerdjronif; Ulrich öon
^utten’i Schriften; ©efdjichte bei SUofteri OliBerg, gefchrieBen auf
^Begehren ber SleBtiffin ton OliBerg, Katharina ton ^eriBerg; ©gli'i
Urfunbenfammlung; ©efchichte bei Stiftei OliBerg, gefchrieBen ton
§errn Stänberath Sirmann; Sailer Jahrbücher; Urfunbenfammlung
bei £»errn ißrof. Sooi. Sefonbere Oueßen finben fiel) an ben geeig*
neten Orten angegeben. Oie genaue SEenntnijj ber Siegeln bei ©ifter*
Zienferorbeni terbanfen mir einer ehemaligen Sionne bei Slofter
©nabenthal an ber Sieug, beren merthe Sefanntfcfjaft mir tor tierzig
Jahren zu machen bie ©hre h otten - Oie Sefd)rei6ung ber UeBerrefte
einer römifchen Sißa oberhalb bei SUofteri unb ber alemannifd)en
SieihengräBer hart Bei ber Kirche theilte uni ein lieber Jreunb unb
Sllterthumiforfcher mit.
I.
3>tc Römerin uub ber Jtlemauue.
9iad)bem Juliui ©nfar bie feltifcfjen Stämme, bie er zuerft ,,$ef»
tetier" nennt, im Jahr 58 t. ©hrifto ^ei SiBracte Befiegt hatte, legten
bie fRörner längi bei füheini, ton Safel Bii nach Sihütien hiuauf,
Jeftungen an, aui benen im Cauf ber 3eit grofee, tolfreidje Stäbte
mürben, ©ine foldje mar auch Slugufta fRauracorum. Unzählige
Junbe ton 3i e 9 e ^ n / ßRauerreften, SRünzen k. mürben fdhon bem
Orümmerfelb ringi um bai Oorf ülugft Bii nadh SHficinfclbert hümuf,
nach 33afel hinab, enthoben. Sie Bezeugen bie ©röjje, ben fReidjthum
ber Stömerftabt, mährenb ringium mohlgeeignete *ßlä§e ton Veteranen
mit ßanbhäufern geziert mürben.
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Äloper ©i*b*rfl.
183
Sine Eteine ©tunbe f üb ließ oon 9R^einfeIbert fließt oon Oft nad)
SEBeft ber SBiolenbadj in einem oon fünften Slbßängen eingefdjloffenen
thäldjen. £)ier, oor ben rauben üftorbminben gefdjü^t, in unmittel¬
barer Stöße frifdjer Oueßen, erbaute ftcfi 8. EJ3. gaguS eine 93ißa unb
gtoang mit rauher §anb bie utnmohnenben Gelten, ißm fein 8anb
gu bebauen, ©ein ©ut »ererbte ftcfj auf ©ohne, ©nEet unb Urentel.
gaft brei gaßrhunberte E)inburc^ beherrfdjte bie gamilie gaguS baS
ftiCte thal, auS ben CeEtifdjen tagelöhnern mären mit ber 3«t ©Elaoen
gemorben.
SltS aber baS 9tömerreich feinem galt entgegeneilte, bie germani*
fcßen SSöifer mehrmals ben SR^ein Übertritten, fand auch ein ate=
mannifcher Häuptling ben 2Beg gu ber 33itta am 33iolenbach- Oer
©itte feinet SMEeS gemäß, ftürmte er mit feinem ©efolge gegen baS
©e^öfte heran, eS gu plünberu, ben gtammcn gu übergeben, ©tatt
ber Pfeile unb SBurffpeere ber Semoßner trat ihm eine Jungfrau
entgegen, mie fie fdjöner ber Stlemanne noch nie gefehen. 33on hoher
©eftalt, trug baS eble Slntltß ben SluSbrucE h c h ren ©ntfteS unb tiefer
trauer, oereint mit jungfräulicher Schüchternheit. ^h r S oar floß
als SBemeiS ihrer gungfraufdjaft in reichen SBeßen bis faft gu ben
Sfriieen nieber. ©in fchmaler *ßurpurftreif hinderte eS, baS reine Oöaf
beS 9lntli§cS gu oerljüßen. ©ine dreifache Klette echter perlen umgab
ben ©chmanenhalS. ßücßtig oerßüßte baS fchneemeiße Sinnenljemb
bie f)errlicf>e SBüfte, ohne baß baS faltige Obertleib oon meißem SBoß*
ftoff bie formen beS SEörperS gänglich oerbarg. Oer Ooße, natfte
2lrnt mar mit ©olbfpangen gegiert; ben Et einen, bloßen guß fdjüßten
©anbalen oon rothem 8eber, mit ©treifen oon Purpur befeftigt; ben
8eib umfcßtoß ber reichgefticEte ©ürtet.
UnmißEürtich hielt ber mit einer thierhaut beEteibete, fonft halb
nacEte Sllemamte fein ißferb an, minEte dem ©efolge, gu halten unb
betrachtete ftaunenb bie ©öttergeftatt, bie ruhig auf ihn gufchritt.
28ar baS moht grigga, bie todjter giorgpnS, bie gmeite ©e*
mahlin ObinS? 2Sar es Stanna, 33alberS, beS ©traßtenben, geliebte
©attin? SEBar eS eine SöalEüre, bie Eam, i(jn, ben gelben, abguholen
in ObinS '»ßalaft, mo bie .öelbett fdhmaufen unb bann mieber fich Oer»
fuchen im Stampf mit ©djmert und Sange? ©in heiliger ©djauer ergriff
ihn. ©r moßte abfteigen, bie SimmelSgeftalt ehrerbietig begrüßen.
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Oodj ehe er ficf) recfet befonnen, ftonb fte oor ihm, fan! auf bie
Stniee, hob ba§ thränenfeucfete Sluge ju ilpn empor unb flehte mit
gefalteten ^jänben:
„Gebier |jelb, oor Oir Eniet Olpmpia, Xodjter be§ Julius gagus,
unb fleht nicfit um ihr Ceben, nur um (Schonung ihrer (££)re. ®ort
brinnen im £>aufe liegen Sater unb Sruber, ber Gerfte tobt, ber
gweite fterbenb an ben SEÖunben, bie fie im Sampf mit ben Kriegern
OeineS 33 otfe§ erhalten. Oöbte micf), bring micf) deinen ©öttem gum
Opfer, nur erniebrige micf) nicfit gut elenben (SElaoin."
3Wit wedjfelnben ©efüf)len hörte ihr ber Sllemanne gu. Oie
<ScE)önf)ett ber Sittenben entgütft ifjn, fein mußte fie werben; bod)
gefiel iljm, bem $rieg§helb, ihre Sitte, nicht ihr Ceben, nur ihre jung>
fräulidhe Gehre 3 U fronen, Ger fprang Oom ißferb unb fagte Eurg:
„Summ, führe mich in ba§ fpauS."
„©erne/' entgeguete fie ohne aufguftehen, „nur gewähre erft
meine Sitte."
„(Darüber reben wir nachher, erft mufe ich |eh en / ob Ou bie
SBahrheit fprichft. SDJeine ©efangene bift Ou, wa§ ich nachher tljue,
weif; ich jefct noch nicht."
9)?it Slifceäfdjnelle 30 g fie einen feingefchfiffenen Oold) au§ bem
©cwanbe, fich felbft gu tobten; allein ebenfo rafd) ^otte ber Sllemanne
ihren 9lrm gepacft, brucfte ihr $anbgelenf gufammen, baß fie laut
auffchrie unb ben Oolcf) fallen liefe.
„Ou gefäUft mir nicht übel," lachte er, „®u Ijoft wenigftenS
3D?uth-" Gernfter fuhr er fort: „Olpmpia, wenn e3 ift, wie Ou fagft,
wenn ber Sater tobt, ber Sruber fterbenb ift, fo gelobe ich ®ir bei
SJoban unb Dfjor, (Deine ©hre folt gefdjont werben."
„Unb (Du wirft (Dein Söort halten als .pelb?"
„Siemanb hot je an meinem SBort gegweifelt", entgegnete ftolg
ber Sllemanne.
Olpmpia’S tl)ränenoolles Sluge banfte bem Sllemannen für feine
©üte. 9?uhig ging fie woran, bie Krieger folgten. (Durch ein ge=
wölbteS Sh°r traten fie in einen fpof, mit (Steinen gepflaftert, rechts
unb linfS ftanben (Scheunen unb (Stallungen, Oor ihnen erhob fich öo§
£>auS. Ourd) eine 3d)üte famen fie bireft in bas SBohngimmer, ber
Soben beftanb aus 9Kofaif, an ben Sßänben befanben fich niebrige
Setten, auf benen bie (Speifenben liegenb ba§ SDIaht genoffen, ba§ auf
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‘filofbr ®lsb*rg*
185
bem Sifd) in ber 2Ritte aufgetragen tourbe. ©ine toeitere 2f)üte
führte rerfjtä in bie ©emädher ber grauen, bie mit einem Suyuß auß=
gerüftet maren, mie i()n ber Sllemanne noch nie gefeljen. Sie Setten
mären mit Sorljängen umgeben, ber Soben mit foftbaren Seppidfjen
Belegt, auf bem SBafdjtifdj mit äRarmorptatte ftanben Süchfen unb
^iolen mit all ben ©ffengen unb ißommaben gefüllt, meiere bie reiche
^Römerin für ihre Toilette unentbehrlich Ijielt, ber große (Spiegel oon
2RetaH, ben bie ©Elaoin ber £>errin oorgufjalten pflegte, fehlte nicht,
ebenfomenig ber Seuchter, ber an einer Sette oon Sronge oon ber
Seele hing. Unmittelbar neben ben grauengemädjern mar baß Sab,
ein Saffin oon jurafftfehent SRarntor, in bem bequem oier ißerfonen
ißla£ fanben. Ratten bie Srieger baß SBaffer genau beobachtet, fte
hätten gefe^en, mie baßfetbe burd) ein feineß Sieb im Soben herauf»
ftieg unb oben burdj bünne tRöffren abfloß, ©benfo unbefannt blieb
ihnen bie unterirbifdje Neigung, bie fRöljren, bie in ben SRauern bie
Söärnte ben gimmertoänben mittheilten. Sluß bem Sabeljauß traten
fte in bie Südfe, beren EunftooUer §erb fomohl als baß oiefe Südjen*
gefchirr, tl)eil§ oon S^ort, tljeilß oon 9RetaH, bie Stufmerlfamleit ber
Sllemannen mehr auf ftd) gog, atß bie 2Ralereien an ben SSänben
ber ßiutmer. Sluß ber Sit<he führte Olpmpia bie ungebetenen ©äfte
über einen gmeiten £>of in ben anbern glüget beß |>aufeß, in ein
gimmer, baß nur ein Sorgemach gu fein feßien. 2Rit flehenben Slicfen
fah fte ben Häuptling an unb beutete auf eine gtoeite Stjüre. ©r
oerftanb fte unb minlte bem ©efolge, ftehen gu bleiben, trat bann
mit ber ^Römerin ein. Saß große ©ernad) hatte ebenfallß einen
ÜRofailboben, bie SBänbe maren mehrere guß hoch mit glatten oon
SRarmor belleibet, mit ben giguren beß 9Rarß, 9Rerfurß, beß ißieuß,
ber ©ereß, ißaleß unb Senuß gefchmücft. Sittlß unb rechtß ftanben
grnei Setten, oorn ein Heiner Slltar, auf bem bie Saren beß £jaufeß
aufgefteHt maren.
SlUein hier herrfdjte bie peinliche Orbnung unb 3?einlchleit nicht,
mie in ben anbern gimntern. Ser Soben mar mit Slut beflecft,
gmei römifche £>etme, Süraffe, ©cßilbe, ©eßmerter unb Sleibungß»
ftücfe lagen gerftreut umher, maren mit Slut unb ©rbe befcfjmußt.
Stuf bem Sette gur Rechten lag fteif unb ftarr bie Seiche eineß SRanneß,
beffen blutgetränfteß £>aar bereitß ergraut mar. ©in fürchterlicher
§ieb hotte baß ebelgeformte §aupt gefpalten. Stuf bem Säger gur
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filofttr QDUbtrg.
Sinfen ruhte unter ber ißurpurbede ein Jüngling, mit bem Sobe
ringenb, baS blaffe £>aupt mit einer SBinbe umwunben, unter melier
ber rotlje ©aft beS SebenS ^eroorfirferte. SllS ber ©chweröermunbete
bie ©djtoefter, ben Alemannen eintreten ^örte, blidte er erft ben
gfeinb, bann bie ©djwefter an.
Olympia fiel neben bem SBette beS SruberS nieber, ifjre Jljränen
fJoffen ftrommeife, fie fafete bie fcfjon talte £>anb unb fdjludföte hatbieife.
„Sefta £)at meine Sitte erhört, er mirb meiner fdfonen."
Ser Serwunbetc banfte bem Häuptling mit einem oielfagcnben
Slid. Socfe biefer, erffüttert burd) bie fdjauerliche Umgebung, trat
näher an baS Säger beS SJönterS. ©r, ber ben Sob in ber ©d)lacf)t
in fjunbertfacber ©eftalt gefeffen, nie gefreut §atte, füllte fid) tief
bewegt bei bem Slnblicf 'biefer 2J?änner, welche 23oban bereits bem
Seben entrücft, ober bodj mit fefter §anb erfaßt f)ielt. Sie ©title
beS ©rabeS, bie ^ier ^errfcbte, bänbigte fein milbeS ©emütf).
„Sruber," fprad) er, bie Otedjte beS ©terbenben in ber feinen,,
„gehe rubig ein in 3Salf)aüa. Qd) werbe Seine ©djmefter fcfeügen
unb fdjirmen, ihre ©h re f°ü mir fettig fein. Slbalrid) bot fein Söort
noch nie gebrochen."
©leicb als lösten biefe tröftenben Söorte ben Sann, ber bie ©eete
beS StömerS nodj auf ©rben äurüdhielt, fcf)loffen fid) beffen Slugen,
bie ©lieber erftarrten, — fie mar entflohen, ob nach SJBalhaUa ober
in baS 9teic£) beS ißtuto unb ber ißroferpina? 23er weife eS?-
9J?it einem lauten Stuffdfrei warf fid) Dtpmpia auf bie Ceidje
beS geliebten SruberS, tüfete bie erblafete Sippe unb befeuchtete baS-
blaffe Slntlife mit ihren Sbränen. Stbalridj liefe fie eine ßeitlang
weinen. Sann fafete er ihre §anb unb fprach mit fanfter ©timme:
„Safe jefet bie Sobten ruhen, in SBalhatla werben fie wieber
auferftehen, mit anbern gelben an ber Safel DbinS fcfemaufen unb
fid) üben im Söaffenfpiel. £ontm jefet unb weife meinen Kriegern
bie Sorrätlje beS .fpaufeS, benn wenn ich bir audh ©dfufe unb ©d)irm
Oerfprochen, meine Seute begehren Nahrung unb Seute, wahrlich
Seine SanbSleute hoben unS ben ©ieg nicht leicht gemacht. SRufe
Seine Siener unb äftägbe, bafe fie ein 3J?ahl für unS bereiten.“
,,§err/' wollte Olpmpia entgegnen, allein ber Stlemanne unter*
brach fee rafd).
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•Hlöfter Oieberg.
187
„Sienne tntdj nicht $err, ba§ tüiH idj nicht fein, fonbem Stbolrid^,
©ruber, mie idj e§ gelobt ffabe, gu fein."
„Sllfo Slbalrid)," fpracb fie burd) Sbtänen tädjelnb, „xd) höbe
meber Siener nod) SDtügbe. ©orgeftern gogen ©ater unb ©ruber
gegen Seine SanbSleute gu gelbe, ©eftem brachten bie Unechte fie
tobt unb fd)mer oermunbet gurürf, bann flogen bie elenben ©Hatten
unb liefen mid) allein gurürf."
„Sie 2^oren, mir hätten ihnen nichts getban, wir Eämpfen nur
mit Sriegcm, nitbt mit SBeibern unb ©Elaoen. Sod) fdfabet biefj
rnenig. ©Reifen, ©ieb unb grüdfte ftnb bocb gemift ba."
„gm Ueberftujj, Slbatrid)."
„Sotitm unb geige mir 9tHe§."
©ine ©tunbe fpäter fdbmauSten bie ©ieger nadb £jergen§luft,
gleifdj, ©emüfe unb felbft SBein mar genügenb öorbanben.
„SBirft Su mich bie lobten beerbigen laffen, ebe Su meiter
jiebft," fragte Olympia ihren neuen ©ruber, als ber Slbenb nabte.
„Sa3 ift unfere ©adje, Olympia," entgegnete er. „©ebe Su
nun rubig gu SBett, fdjlafe fanft, Sein ©ruber mirb Sieb bemadben..
SJtorgen beforgen mir ba§ Stötbige."
©ie bot ibm bie §anb, bie er fanft brücfte, bann begab fie ficb
gur 3^ub e un & fcfjtief lange, ermattet oon ben erftbütternben ©emütbä»
bemegungen ber tiorbergegangenen Sage.
grüb am fotgenben SJiorgen fcfjleppten bie Sitemannen auf ba§
©ebeifj ihres» gübrerg gidjtenftämme au§ bem naben SBalb Ejerbei,
erbauten einen hoben |)olgftof 3 , ben fie mit bem im |jaufe befmbtidjen
trocfenen §o(g auSfäHten. SOtit §ilfe 9Ebalrirf)§ b atte Obntpia, in
Sbtänen gerfliejjenb, bie Sobten in meifte Sinnen gehüllt. Sie Krieger
trugen fie auf ben ©djeiterbaufen. Slbalrid) nahm bie brennenbe
garfei, rief SBoban unb Sb or an, bann loberte bie gtamme gen
§immel unb nach einer ©tunbe mar tion bem 9tömer guliu§ gagu§,
feinem ©obn (£urtiu§, nidjt§ übrig all ein Häuflein Slfrfie.
Slbalridb b atte nit^t geftattet, bafe Öttjmpia bem traurigen
©d)aufpiet gufab, ebenfomenig burfte fie bem ©cbmaufe beimobnen,
ben bie Sllemannen gur geier ber Sobten biegen, ©ie rnufjte im
§aufe bleiben, ©ie fab e§ aud) nicht, al§ ein ©ote auf fdjmeifc
triefenbem Stoffe anfam, bem £jäu))tling eine Stactjricbt brachte, bie er
fofort ben Kriegern mittbeilte unb bann ba§ Stötbige anorbnete. Sie
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ÄiofUr Olsberg.
oorljanbene £>eerbe mürbe urtdergüglicf) meggetrieben unb toä^renb Stbal»
rieh fid^ p Olympia Begab, alle ©orrät^e geptünbert.
„Olpmpia," fprarf) Slbalridj, „idf tnu§ fort p unfernt §eere.
Qd) fjabe Sir getobt, Sein 33ruber p fein, anerbiete Sir (Schirm
unb ©cffu^, fo Su mit mir sieben roiffft. Qd) »UI aber audj offen
gegen Sief) fein. Seine CanbSleute ftetlen fidf p einer neuen ©dflacht.
Ob fie, ob mir ftegen, miffen bie ©ötter. SBiUft Su hier bleiben, ben
SluSgang ^ier abmarten, fo fjaft Su Seinen freien SBiHen, nur baS
-bemerte ict) Sir, fiegen mir, fo ift eS nirfjt gemifj, bafj ich mieber
hierher tontme. bin ber getbfjerr nicht, bann Sir auch nicht
helfen, menn Slachpgler f)io* burchpffen, Sich als ©efangene mit»
f cf) toppen."
„Unb menn ich mit Sir phe?" entgegnete fie nach einigem
23efinnen.
„@o bift Su ficfjerer als in ber 33urg Seines StaiferS," lautete
bie ftotje Stntmort.
SBaS fottte fie thun.? SaS Canb mimntelte oon feinblidhen Kriegern,
höchft uttgemiß mar ber (Sieg ihrer CanbSleute. ©ie ftanb allein,
ohne Siener, ohne $ilfe, in einem leeren frnufe, abgefchnitten tion
,jeher römifchen Sflieberlaffung. Ser Stlemanne ^atte fich als ebler
Sftenfch ermiefen. Qn feiner §ut mar fie ficher, baS mar gemtfs; ob
Stnbere ebenfo hanbeln mürben, höchft unmahrfcheinlich.
„Slbalridj," fprach fie entfchloffen. „Qcfj begleite Sich."
Ohne meiter ein SBort p fagen, befahl er, ein gebulbigeS $ferb
herbeipbringen. ©ie eilte, ihren ©d)tnucf in einen ©acf p pacfen,
ben fie mit auf baS ißferb nahm. SlUein ehe fie fidj auf baSfelbe
heben lief;, übergab fie Slbalridj einen ferneren SSeutcl oolt römifcf)er
©ilbermünjen.
„CSS ift SlHeS, maS ber fßater an ©elb befaß, benn er hotte bie
biefjjäfjrige Gmtte noch nicht oerfauft."
Slbalridj nahm ben SBeutel unb marf ihn feinen Kriegern ju.
„Sheilt eS im grieben," rief er.
QSrftaunt fah ihn Olpmpia an. Sädjetnb fagte er:
„Qcf) h°be baS @d)örtfte erbeutet, eine ebenfo fchöne als muthige
©djmefter. SaS Stnbere laffe ich mit g-reuben meinen ©efellen."
Sin feiner ©eite ritt fie nun ben Slbljang hinan, burch ben gorft,
welcher ben 33erg Bebeeft, ber jmifdjen bem S3iotenbadj unb bem SRIjoine
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‘fUoßer ©Uberg.
189 -
liegt. 9118 bie gurüdgeblieBenen Berechneten/ Beibe mochten im bidjten
SSalbe fein, legten fte geuer in Scheune unb Stallung unb maS baS
entfeffelte ©tement nicht frafj, gerftörten fie fo grünblich, bafe nur
ein Schutthaufen bie Stelle Begegnete, mo bie 3SiUa geftanben. ©rft
fechSgehnljunbert Igahre fpäter entbecfte man bie ©runbmauern mieber.
Brucifftüde bon giegeln unb Hetgtöhren, einige SQtüngen Beurfunbeten,
bafe Bei Olsberg einft eine römifche Stieberlaffung mar.
$n 9llemannien.
®aS Heer ber 9ltemannen marb mirflich, menn auch nicht ge*
fdflagen, boch gurüdgebrängt unb ging mieber über ben SR^ein in feine
alten Sßoljnfi^e in ben Sthälern unb Schluchten beS SchmargmalbeS.
Sftit rüfjrenber Sorgfalt hatte Slbalrich bie Jungfrau, bie fich ihm
anoertraut, üor feber Unbill Bemahrt. Sie hatte feinen Statlj Befolgt,
unb um jebeS 9luffehen gu bermeiben, bie Slleibung eines ademanni«
fdjen SJtäbchenS angenommen. CDiefe mar nun allerbtngS fo einfach
mie möglich, ©in Stod auS Sinnen, ber bon ber Bruft bis unter'
bie Shtie reichte, bon einem ©ürtel gehalten mürbe, ©in moHener
SJtantel, in ben fie fich Bei fehlerem ober laltem SBetter hüllte. Qh ren
SchmucE Behielt fte Bei, benn auch bie 9lüemannentochter trug feljr
lünftlich gearbeitete HatS!etten, 9lrntfpangen, f)anb= unb guffringe,
menn auch mehr auS Bronge als bon ©olb unb Silber. Olpmpia
lieh eS fich gerne gefallen, bafj 9lbalrich ihr ebenfalls Stinqe um
bie Knöchel legte. Stad) einem langen SBtarfche, beffen SJtühfeligleiten
bie Jungfrau, ®an! ber Sorgfalt ihres Begleiters, nur in geringem
SJfofce etnpfunbert, langte bie Schaar, beren giihter Slbalrich mar, im
Shale an, burch melcheS bie Stagolb bem Stedar guflieftt. $n einem
fhönen BMefentljal, non bunleln gorften umgeben, ftanb baS ftattliche
HolghauS beS Häuptlings, bon einem ©raben unb Eunftlofen 2Batt
umgeben. CinlS unb rechts am ©alle ftanben neu auS Ballen er*
richtete Stallungen, baneBeti grojje, mächtige HeufdjoBer, SBinterbor*
rath für bie zahlreiche Heerbe. ®a3 SBohnhauS, gang auS Holg erfteHt,
beftanb auS einer Süclje, in ber ein großer Herb faft ein Biertheil
beS StaumeS einnahm. ü)ie Seffel gurn Wochen hmg en an Setten,
ebenfo mächtige gleifchftüde gum Oörren. ®a§ einfache ©efchirr mar
bon Shon unb Holg. kräftige SDtägbe, mehr als halb nadt, matteten
in biefem Staunte. ©inen Schornftein gab eS nicht, ber Stauch fudfte
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190 «lo|Ur ©l»b(rg. ____
fidj einen 2luSweg, wo er motzte. Unmittelbar neben ber Küche war
iie 'SöoEjnftube. ©in roher eigener !£ifch, gleichartige 33änEe, bilbeten
baS ganje Mobiliar. 9tn ben SBänben prangten mächtige ©eWeilje
öom $irfch unb ©lenn, beftimmt, Kleiber unb SBaffen baran aufju-
hängen. 2lu3 ber «Stube trat man in bie Kammer, worin ba§ grofje
SBett ber ©heleute ftanb, ein hölgerneS ©efteH, barauf ein Stroh* unb
ein SBollfacE, jwei SBoltEiffen, SöoHbecfen unb gelle oon S3ären für
ben SBinter. (Sin Sifdjchen, jwei runbe Stühle oollenbeten ba§ 90to*
biliar, lieber biefer Kammer war eine jweite, bie jwei Heinere 93etten
enthielt. Stuf ber anbern Seite ber Küche war ber Keller, fo lang
al§ baS §auS tief war unb einige jeffn gufj tief auSgegraben. 9luf
leiterartiger Xreppe ftieg man in ben oberen StocE, wo bie SDtägbe
auf SßoHbecfen am SBoben fchliefen.
SDtit SBeljmuth gebaute Olpmpia beS Oätertichen |)aufeS, mit
feiner bequemen, gegen biefer fp er Eoftbaren (Sinrichtung; allein fte
Eämpfte ihre ©efüijle mutljig nieber. (Sine offen auSgefprochene 93er=
gleich ung hätte ben treuen Schüler beteibigen müffen, ber jte mit ben
freunblidjen SBorten einführte:
„Sei wiHEommen, Olpmpia, in bem £jaufe meiner Sßäter."
StlS fte bann an feiner $anb in bie Stube trat, bie Schlaf»
fammer befidftigte, fragte fte oerwunbert: „Slbatridj, wohnft üDu allein
hier, wo ift $eine gamilie?" — Sie hatte nämlich auf ber gangen
Steife nie Gelegenheit gehabt, mit ihm über feine gamilienoerhältniffe
gu fprechen. ®aß er nicht oerheirathet fei, wufjte fte, glaubte aber,
bie Qrltern feien noch am Ceben.
„33ater unb SDtutter ftnb längft tobt," entgegnete er auf ihre
grage, „einen SBruber höbe ich nicht unb bie Schwerem ftnb tierhei»
rathet."
„3Bie, ®u lebft gang allein, nur mit Knechten unb SDtägben?"
„ga wohl, aUerbingS hatte ich im <Sinne, mich nach bem Kriege
nach einer ©attin umgufeljen, je§t tljue ich eS nicht mehr."
„SBarum nicht?" fragte fte unbebacht.
„SSBeil ich je§t in CDir eine Schweflet höbe, bie mich uie mehr
«er taff eit wirb," entgegnete er fo gärtlidj, bafj fte ihn wohl oerflanb
unb hotheirbthenb bie Stugen nieberfchtug.
©r hob ihr baS Kinn in bie §>öf»e unb fah if)t forfchenb in bie
Slugen. Sie Eämpfte eine SsBeile mit fid) fetbft, ÜJanEbarEeit unb jung*
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filojler Oieberg.
191
fräulidje 3 ur ücf§Qltuttg ftritten in ihrem $nnern. Die (Srftere, oljne*
hin mehr als bloßes DanEgefüljl, fiegte. ißurput übergoß tfyr fdjöneS
©efidjt, at§ fte nun teife fagte:
„StbatridE», Du [jaft Dein 3Bort treu unb reblidj gehalten, t)aft
rnidj befdjirmt unb Befdjütjt, Beffer als eS ein ©ruber je get^an. Un*
redjt märe eS non mir, '©eine treue Siebe nicht ju ermibern. Sitter-
bingS ift bie Drauerjeit um 33ater unb ©ruber nodj nicht öerfloffen;
allein eS märe aud) nicht frf)i(ffit^, mollte bie Jungfrau allein neben
bem jungen Spanne leben; einen anbern Stufenthalt mähten Eann unb
mag idj auch nicht. Qft eS alfo 3)ein SBunfdj, fo nimm mich l)in,
id) merbe Dir eine treue ©attin fein bis an Dein ©rab."
©türmifd) preßte er fie an feine ©ruft, bebecfte ihren SÖtunb mit
SEüffen unb rief enblidj:
„23a§ fagte id) nicht, als mir bon Deines ©aterS H au§ megjogen,
ich ba§ ©elb ben ©efährten gab. Qd) habe baS ©dhönfte erbeutet!"
„Stlfo badjteft Du hamalS fdjon, ich müffe bie peinige merben?"
©r antmortete nicht, führte fte hinaus in ben Hof, mo fein $ift*
horn Unechte unb SJtägbe jufammenrief, benen er Olympia als feine
©attin unb ihre Herrin borftellte.
* *
*
ßwanjig Qaf)re maven bem ©hepaar in feltenem ©lücE baljinge*
fdhmunben. ßmei @öf)ne, je§t Eräftige Jünglinge, unb oier h°^ e
Pächter, ber Sttutter ©benbilb, hatte Olpmpia bem lieben ©atten ge»
fdjenft. Da erfcholl non Steuern ber SEriegSruf. DaS ©olE ber Slle»
mannen hotte fid) fo oermehrt, baß baS rauhe ©ebirge jmifdjen Sttjein,
Donau unb SJtain nicht mehr f)inreid)te, bie Stenge ju ernähren,
ßubern brängten im Storben unb Often anbere ©tämme ber ©er»
manen, im ©üben bagegen minEte baS Sanb, baS bie Stömer ben
Gelten abgerungen. 9?om§ 9Dtad)t aber fanE oon Qatjr §u $afjr burch
bie SEämpfe im Innern. Stauin hotten bie Segionen einen Äaifer
ermählt, fo marb er Oon Slnbertt geftürjt, meift ermorbet. Oft ber»
mochte bie Stachridjt oon ber 2Ba£)t eines neuen Oberhauptes bie
©renjen nicht §u erreichen, bis ein Slnberer ben Dhron einnahm. Dieß
mußten bie dürften ber Sllemannen, beriefen bie Häuptlinge. Der
SluSjug marb befdjloffen. Sticht btoS Srieger, fonbern ber größte
Dljeil beS ©olEeS, mit SCßeib unb Sinb, Hobe unb Heerbe fottte auS»
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192
filofter ©Uberg.
wanbem, ftch in ben eroberten Sänbereien feftfefcen, römifd)e SBieber»
eroberungen unmöglich machen.
91(8 9lbalricfj au8 ber 33erfamntlung heintfam, ben 33efcf|tufe ber
Häupter be8 93olEe8 ben ©einen mitt^eilte, falj er bie ©attin fragenb
an. @ie faßte feine §anb unb fpracf) mit fefter ©timme:
„9lbatrich, heute &iu ich eine 9llemannin, folge ®ir mit greuben,
felbft in ©chladjt unb ©ob, wie e8 bie grauen nnferer Station ge»
wohnt finb. ga, ich gefte^e ®ir, ich oertaffe biefe rauhe, wilbe ©egenb
nicht ungern, wenn ®u mir erhalten bleibft."
©r preßte fie an feine 93ruft. ©ann fragte er järtfidj:
„Unb wenn ich nrir al8 Häuptling in bem eroberten Sanbe jene
©egenb jum ©igenthunt au8wählen würbe, wo bie 2ßiege meiner
Olpmpia ftanb. 2Bie bann?"
„©ann, 9lbalrich," entgegnete fie mit feuchtem 9luge, „bann
würbe ich mich unenblicf) glücflich fühlen. Sßoljl weife ich jo, bafe
meine8 9Sater8 H°u8 nicht mehr ejciftirt, ©u h a ft e8 mir felbft ge»
fagt unb hätten ©eine Krieger e8 nicht jerftört, 9lnbere hätten e8
gethon, mehr al8 fie, bie mir heilige ©tütte entweiht, ©ennocfe ift
unb bleibt jene8 fülle ©hol meine fpeimattj, in welcher ich gerne mein
©rab finben möchte."
©ine ftumme Umarmung War feine 9lntwort.
©leid) einem ungeheuren ©trom, ber 9lHe§ mitreifet, oerfchlingt,
WaS feinen gewaltigen Sauf ju hemmen üerfucfet, iibcrfcfewemmte baS
Heer ber 9l(emannen ba8 unglüdlidje fpcloetien. 9Som SBobenfee bi8
hinab nach Safel, oon ©onftanjia bis nach 9lugufta Stauracorum
gingen @<haaren ber wilben Krieger über ben Stljein, gefolgt oon
2Beib unb Sinb unb beerben, 9lHe§ oor fich h er nieberwerfenb. ©ie
Cegionen flohen, ihnen nach bie Bewohner ber ©täbte unb 33t(len,
nur SBentge blieben jurücf. Stahe^u fünfhunbert galjre hotte ber
Körner ^eloetien beherrfcht, bann nahm ber 9lHemanne 93efi§ oon
bem Sanbe, oont 93obenfee bis hinein in ba8 Hochgebirge unb hinab
bis er am gura ben SSurgunbionen begegnete. ge£t madhte ber ©tront
Halt, eS war genug 9taum ba für bie 9lu8gewanberten.
SEaurn hotten bie gürften ba8 ©roberte unter bie Häuptlinge
oertheilt, fo erfd)ott bie 9lyt in ben gorften am 33iolenbad) unb ehe
be8 3Binter8 SJiacht hereinbrach, Wohnte 9lbalrich mit feiner gamilie,
Unechten unb Sttägben, im ftattlicfeen H°4§ou8 nahe ber Ouede.
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filofler ©Itberg.
193
'Sädjelnb t)örte ißm Olympia gu, als er feinen Ceuten befahl, feinen
Söoßnfilj Olßmpiaäberc gu nennen, ber ©attin gu ©ßren. SBie freute
fie ftcß, auf ben beEannten gluren ä 1 * toanbeln, ben Äinbern gu geigen,
wo be§ ©roßoaterS §au3, §of unb ©arten geftanben, wo fie al§
finb gezielt unb wo ber 33ater fie gefunben. Fodj mancßeä gaßr
lebte fie in ftiHem ©fücE, faß ficß umgeben oon einem Streik bfüßenber
fiinber unb ftößlicßer ©nEel unb al§ enbticf) ber Stob fie abrief in bie
ewige £>eimatß, legten ißr bie Stinber ißren ©djmudf an unb fenften
fte in ba§ ©teingrab neben bem oorangegangenen ©atten unb fo lange
bie 23ewoßner tion Oft)mpia3berc gu Söoban unb Stßor, gu greia beteten,
fegten fie ißre lobten in bie Feiße neben ©tammonter unb ©tarntw
mutter. 9Feßr al§ taufenb gaßre fpäter fanben 2fltertßum§forfcßer
bie Felsengräber.
U.
gfjabatoß }tt Jtugft.
günf gaßrßunberte finb abgerolft oon bem nimmer raftenben
Fab ber geit, feit ber üllentanne Slbalricß mit feiner ©attin Ofßmpia
fic£> nteberfieß an ben Oueffen be§ 33toIenbacße§. Sfu§ bem einfamen
©eßöfte ift ein SDörfcßen geworben, ber Farne be§ .fpofe§ OlßmpiaS»
berc in Ofinfperc oerwanbeit. Für in ber ©age Eennt ba§ 33ofE bie
©rünber ber afentannifcßen §eimftätte, benn große ©reigniffe ßaben
ba§ 2lnbenEen an biefefben oerwifdjt. Fonts SFacßt ift oernicßtet, auf
bem Stßrone ber ©äfaren fi§t ein ©tattßafter beffen, ber auf ©rben
nidjt fo oief befaß, um fein .jpaupt barauf fegen gu Eömten. Slber
autß ba§ Sllemannenreicß ßat fein ©nbe gefunben. Fad) langjährigem,
blutigem Kampfe erfag e§ ber Uebermacßt ber granten. Fidjtä bauert
ewig auf ©rben. Studj SBoban unb £ßor, grigga unb Fanna mußten
bem ©ßriftengotte Weicßen. SBoban ftürmt feitler al§ güßrer be§
Wifben ^>eere§ in graufer Fadjt bureß SBäfber unb gelber gum ©d)reden
ber Sporen unb SEinber, au§ grigga entftanb bie SFutter bes Herren
unb ftatt bem ßeibnifdjen grüßlingäfefte ber Oftera feierte nun ber
©ßrift 3Sob unb Stuferfteßung be§ ©otteSfoßneä, aber nid)t im bunffen
©icfjenwalb, wo ber Slßne bem £ßor unb SBoban SFenfcßen gunt Opfer
barbraeßte, fonbern in Stempeln, bie be» SFenfcßen §anb üon gaßr*
ßunbert gu gaßrßunbert feßöner unb großartiger feßuf. 2lu§ bem
fernen ©cßottfanb waren SFänner unb grauen geEommen, ba§ 33olE
S3om Qura jurn ©dftoarjtoalb. IX. 13
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194 filoflir ©Ubetfl.
bem ©ßriftentßum jujufüßren. 53alb ergriff 33iete ber fromme Sßaßn,
man fönne ©ott rticfft Beffer bienen, als rnenn man bie men [cß ließe
Statur, bie erften ©efe^e berfelöen, oerleugne unb fteß einfdjließe hinter
Stauern unb in einfamer ßetle Bete unb finge. (So entftanben im
alten ^jeloetien unb an beffen 9forbgrengen bie nochmals mächtigen
(Stifte SiffentiS, (St. ©allen, Oteicßenau, 2lllerßeiligen, iJtßeinau, ©in»
fiebeln, (Sädtingen :c. k. fyüßlte ein ©roßer ber ©rbe, ein ©raf, fyrei»
ßerr ober Witter fein leisteS (Stünblein näßen, badjte er jurüd an all
bie ©emalttßaten, bie er an (Scßmacßen oerüBt, erfaßte ißn bie gurdßt
üor Fegefeuer unb §ötle, meteße feine ßeibnifeßen Sinnen nie gefannt,
fonbern bie d)riftlicf)en ißriefter jum §>eil ber fötreße erfonnen; fo eilte
er, irgenb einem (Stifte Canb unb Ceute ©runbginS unb geßnten gu
fdßenfen, bamit beffen SBemoßner Beten für bas £»eil feiner armen,
fünbigen (Seele. Qa feßon gaB eS (Solche, bie all i£>r £>a& unb ©ut
ber geBenebeiten Jungfrau feßenften, um eS an ifjrent 2tltar mieber
ju fielen ju empfangen. Sotß mar baS StUeS nod) im SB erben Be»
griffen, als $arl ber ©roße bem Canbe eine S3erfaffung gab, eS ein*
teilte in ©aue, mo ein ©raf in feinem Stamen ßerrfeße unb fRecf)t
fpraeß im offenen Sartbgericßt.
©in foldßer ©raf, Kantens ©ßabatoß, moßnte §u Sfaiferaugft, ba&
fidl) mieber einigermaßen auS ben 9?utnen beS römifdjen Slugufto
3tauracorunt erhoben Ijatte, freiließ nur ein Bloßer (Scßatten oonr
früheren ©lanje. S23ir ßnben biefen ©ßabaloß, ober Beffer gefagt, bie
©raffeßaft ©ßabaloßS ju Slugft im Slragome, ermäßnt in jmei Urfun*
ben S'önig SlrnulfS, batirt oom 6. Sag Qanuar 891 unb 26. Slugje.
894, als ber Sfönig $u 9?egenSBurg §of ßielt.*
Sie gräfliche Sßoßnung mar jeboeß fein ißalaft, mie ißn ber
römifeße ißräfeft bemoßnt ßaben moeßte. Sie Beftanb auS einem ge*
mattigen Sßurm, beffen flafterbiefe üftauem auS roßen Riefeln erfteHt
* Seite Urlunben Kegen abfrfiriftlicfc öor uns. SBir lönnen jebod) bie Slnfidji
beä Serrn 99t. Sirmann (fflofter Olsberg, im Sanier Sa^rbud) 1885) nicht ttteilett_
@r glaubt, bet Senior in ber jloeiten Urfunbe fte^e im Sinne txm Seigneur, §err,
unb es habe leinen jloeiten Gbabalob gegeben. So biel mir fdjon Urlunben lafett
unb eS finb beten nidjt ioenige, ftebt Senior immer im ©egenfafc ju gunior unb
§err ^ei^t einfach SombtuS. Eas franjöfifc^e Seigneur ift jubem Viel flöteten
UrfprungS. SBir nehmen alfo audj Bier unbebenllidj einen altern unb jüngern ©rafen
Gfyabatolj an, bie gleidjjeitig lebten, Sßater unb So§n.
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©Uberg. 195
maren, baneben ©ebäube, ebenfo rolf unb unbequem als ber S^urm,
(Stallungen unb (Scheunen oon Imlj, 3lHe§ mit mächtiger SRauer
unb ©raben umgeben. Stufjer einem ©of)ne gleichen SRamenS tjatte
©babaloh eine Softer 3lmalfunba, ein Sßefen, baS ©dfönffeit ber
(Seele unb beS SörperS in ficff oereiuigte. 31(3 fie ju Jungfrau heran»
gemadffen mar, mürbe fie oon ben ©öffnen ber reichten Herren be3
CanbeS utnmorben, offne baff einer fagen Eonnte, oon iffr liebreicher be»
ffanbelt ju merben als ber 3lnbere unb bocb hotte ihr ^jerj fdfon gemählt.
Unter ben gräflichen unb freifferrtidben Jünglingen, bie an ©baba»
loff§ $of, in feinem 'Dienfte, ba3 SöaffenlfanbmerE erlernten unb
nebenbei bie §anb ber fchönen ©rafentodfter §u ermerben fucbten,
befanb ftcff auch 3lfbmqn, ein Eräftiger, junger SÖiann oon balb fünf»
unbjmanjig Jahren, ©ein treues, blaueg Sluge, fein gelbe» Coden»
haar beEunbeten feine rein alemannifche Slbftammung. Unb mirElidf
toar er einem ©tamme entfproffen, in beffen Slbern noch baS reine
Slut ber einftiaen Ueberminber röntifcher Stacht rollte. 3113 Jamilien»
fage bemahrten bie ©lieber feines §aufe3 bie SlbEunft üon einem
alemannifcbcn Häuptling unb einer Römerin, bie bent Slletnannen
freimütig ihre .fpatib gereift, in feine .fpeimatl) gefolgt unb neuerbingS
nach .'peloetien geEommen mar, um in ber 9täffe oon 3lugufta iRaura»
eorum in einem Sbale am 33iolenbadf, ober mie er bamalS ^icj, ber
gieleten, eine SRieberlaffung ju grünben. ©cbon üor Jahr’hunberten
hatten bie Slfjnen Sllbrnquä baS fülle £1)01 oerlaffen unb lebten als
freie SRänner im Jridthale. 33on allen feinen Vorfahren glänzte
$rminger, SllbmpnS 33atcr, als ein großer SEricgSffelb, reich an ©ütern
unb leibeigenen Ceuten. (Daß er Eein EöniglidjeS 3lmt beEleibete, nie
©raf unb fRidfter mar, lag in feinem aUbeEannten £>afj ber JranEen,
benen er bie Unterbrüdttng feiner Nation nicht üergeffen unb nicht
oerjeiffen Eonnte, obfchon feitbem jmeibunbert Jahre oerfloffen. ©leidf
bem jürnenben Cömen, mohnte er in feinem ftarEen Shurm am |fom»
berg, auS bem erft oiel fpäter bie ©urg ber ©rafen oon -fpomburg marb.
©hobalol), melcber JrmingerS SüRutff unb S0?ad)t gleich h oc h fd)äßte,
hatte eS fcbon mehr als einmal oerfudft, ben eigenfinnigen 3llemannen
in beS SEaiferS üDienfte ju jiehen, ihm große Cehen anerboten, Jrminger
hatte für 3lHe3 nur baS ftolje 3öort:
,, SIR eine Sßäter maren freie Sllemannen, als folcher miß auch ich
fterben."
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196
•flloftfr ©ieberg.
9Jtit SJtübe gelang eg bem ©rafen, öafe ^rminger es feinem
jmeiten Sohn Sllbrnpn erlaubte, fiel) an beg ©rafen fjof jum Dritter
augjubitben.
Stnfangg fallen bie jungen ©bien faft mit Seradjtung auf ben
Sohn beg freien nieber, ber ihnen nicht ebenbürtig mar. (Sie toagten
eg, ben jungen Sauer, mie fte Sllbrnpn nannten, ju netfen, ihm aUertei
Sdjabernatf ju fpielen. ©ine ßeitlang ertrug er eg, mie ber ©lepljant
bie Stidje ber ttftücfe, enbtiefe maHte fein Blut auf unb alg im Söaffen--
fpiel ein junger ©raf ^interliftig oorging, liefe Sllbrnfen Sdjmert unb
Scf)ilb fallen unb ftreefte ben ©egner mit einem gauftfcfelag fo ju
Boben, bafe er modjentang bag Seit hüten mufete. ®er ©raf, t>or
ben bie Slnbern bie Sad)e brachten, unterfudjte genau, gab Sllbmfen
Stecht unb marnte bie jungen Herren, mit bem SRtefen Spott treiben
ju motten, $egt batte ber junge Sllemanne Stube, allein fie mieben
ibn, er ftanb einfam, ofene greunb in ber Burg, märe beungetefert,
menn nidjt ein mächtiger ütttagnet ibn feftgebalten hätte.
ft’aum mar er etliche SBodjen am §ofe, fo empfanb fein reineg
$erj eine heftige Siebe §u ber reigenben ©rafentoefeter. 2Benn fie an
ihm oorüberfdjritt in ber fleibfamen £ra<ht beg gebnten Qabrbunbertg,
bem langen faltigen Stotf, oben feft anliegenb, oom reicfjgeftictten
©ürtel gehalten, bag §aar frei, in reicher gütte über ben StücEen
binabmaßenb, burd) bag filberne, biabemartige Stirnbanb gebinbert,
bag bolbe Strittig gu oerbütten; fab er ihr nach, big fie feinen Singen
entfefemunben. 2Benn fie aber, im reicfjgefticften SRantef, mit feinen
berabbängenben Slermeltt gur Strebe ging, ihn freunblicfe bat, fte gu
begleiten, bann fefemamm er in einem SDteer oon SBonne. ©r hörte
meber bag Sßort beg ißriefterg, noch ben ©efang ber ©laubigen, für
ihn eyiftirte bie Slufeenmelt nicht, er fab nur bag SBefen, bag feine
gange Seele erfüllte.
Slber auch Stmalfunbe fühlte fiefe unmiberfteblicb gu bem SRamte
bingejogen, aug beffen Sluge niefet blofe l) 0 b er 3Rutb unb ©belfinn,
fonbern auch faft finbticf)e Offenheit unb ©utmütbigfeit leuchtete,
lieber ein Qabr lebten fie fo nebeneinanber, liebten ft(fe, ohne eg gegen»
feitig augbrüefen gu tönnen. Qb n b^ n ^ ert:e Befangenheit ber Qung*
frau gegenüber unb fie fühlte fid) burch meiblicbe Scheu gurütfgebalten,
ihr £>erg bem ©eliebten gu öffnen.
filo^tr ©lebcrg. 197
Ser UBunfdj beS ©rafen, feine Sochter gut oerheiratljet ju feljen,
Beamte fie einanber ^läßlich näher. Ser ©ofjn eines reichen ©rafen
ouS bem ©unbgau marb fo offen um Slmalfunba’S ©unft, baff jeber
2lnbere fünfte, er merbe oon bem Sater begünftigt. SaS Stuge beS
Verliebten fteE)t frfjarf. 2llbmt)n beobachtete bie ßubringlidjfeit beS
jungen ©rafen fdjnell, bemertte aber auch/ baff bie Jungfrau bem
äöerber Ealt gegenüber ftanb. Sieß gab ihm Sftutf), ihr feine Siebe
ju geftehen. Ser 3 u f a ^ begünftigte ihn, oieQeicht führte Stmalfunbe
benfelben herbei.
III.
^rmittgcr.
Ser ©raf hotte eine Qagb oeranftaltet, an ber, nach ber (Sitte
jener 3 e it, auch Samen X^eil nahmen. SBie immer, mar 3llbmt)n
ber treue ©efäfjrte Stmalfunba’S. Stuf fchnellcnt Stoß, ben Ralfen auf
ber Eleinen, befjaubfcljuhten Hanb, fprengte fie, ohne auf bie 2lnbern
ju achten, auf fo fdjmalem äöalbmcg fort, baff eS bem ©unbgauer
©raf unmöglich 'rar, neben ihr gu reiten, er blieb gurücE unb fobalb
fie biefj fah, trieb fie ihr ^ßferb gu noch größerer ©ile an, 2llbmt)n
raSte an bem »erhofften Söerber oorbei, rnarf ihn beinahe »om Vferbe,
fo hart ftreiften fid) Seibe. Sßeiter unb meiter ging ber tolle SRitt,
ber Mang ber Hifthörner oerhallte, man hörte baS ©eftäff ber Süieute
nicht mehr, aber immer noch jagte bie Jungfrau meiter, ot)ne mie eS
fcfjien, fid) um Qagb unb Qäger gu beEümmern. S^lich hatte ber
SBBalb ein ©nbe, burch grüne SCRatte raufdjte ein Säd)lein, meit, meit
oben erfchienen einige Obftbäume, baS ftchere 3eidjen ber SRähe menfdj*
lieber Söohnung, im £f)älcben felbft herrfchte tiefe ©title, ein leifeS
Cüftdjen nur bemegte bie falben Slätter ber Suchen, trieb £)ie anb
ba ©ineS nieber gur ©rbe, auS ber eS heroorgegangen. ©ah 2llbmt)n
bie ©djönljeit beS herbftlicfjen SöalbeS, baS blaffe ©rün ber Suchen
unb ©id)en, »ermifcht mit bem Tuntel ber Sannen unb Röhren? 3öir
glauben eS nicht, ©ein 2luge haftete an ber ©eliebten, bie ihr ^ßferb
angehalten, ben ©chmeifj oon ber ©tirne beS geröteten SlntlifjeS
troefnete unb fich gerne oon bem treuen Segleiter auS bem ©attel
heben liefe.
$efet ober nie, fagte üllbrotm fich felbft, als er um fid) blidte,
meit unb breit fein anbereS lebenbeS SSefen gemährte.
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198
-filoftet ©Isbwg.
„SBo finb wir mfy, SlIBw^n?" fragte fie, bloß um etwas ju fagen.
„SaS weiß irf) felBft nicht recf)t, bod} werben wir ben SBeg nach
•£>aufe leicht finben; nur, §>errin, geftatte mir oorljer eine grage."
„9lenne mich nicf)t Herrin, ba§ Bin irf) Sir gegenüber nid£»t. Su
Bift ein freier SEJiann. lernte mit!) einfach Slmalfunbe."
„9lun benn, Slmatfunbe," fpradj er, hocherfreut ü6er ihre SBorte,
„ift eS wahr, baß Su ben jungen ©raf au§ bem Sunbgau hewathen
fottft ?"
„9J?ein 23ater will eS."
„216er Su, Slmalfunbe, Su! Saß Sein 33ater eine folefje ^eirath
wünfdjt, Begreife ich."
„Unb wenn irf) einüerftanben Bin, 2116 Wijn?"
©in wilber Sdjmerj burchjurfte feine (Seele, fein 2tuge glühte,
bie nerbige gauft Ballte fidj. 2luS ber teudjenben 33ruft entrangen
fich enblich bie SBorte:
„SaS barf nicht fein, Stmalfunbe."
„Unb Warum nicht, SllBwtjn?" fragte fie mit freubigem 23e6en.
Ger ließ fich auf ein SSnie nieber, faßte ihre §anb -unb rief:
„SBeit ich ®i<h liebe, ohne Sid) nicht leben fann!"
Ohne ih«i bie fpanb gu entziehen, fagte fie mit fchelmifdjem
öärfjeltt:
„SBenn man mich ober swingt, ihn §u ehelichen, waS thuft Su
bann, 2116whn?"
Ger fpraitg auf, riß baS gewaltige Schwert heraus, unb rief mit
wilb rollenben 2lugen:
„Sann, 2lmalfunbe, ftirbt ber Sßidjt oon meiner £>anb!"
„Unb ich, wilber, Böfer 9J?ertfrf) ?"
„Unb Sich nehme ich au f meinen 2lrm, hebe Sich auf mein 9ioß
unb entführe Sich in meine §>eimath, wehe bem, ber mir in ben SBeg
tritt, feine Sage finb gewählt."
„Qft baS Siebe, Stlbwhn?"
„Qa, benn fo oerftehe irf) es. Sit bift mein 2lHeS, mein eigenes
ßeben, für Sich gu fterben eine Cuft."
„SBilber, Böfer 9)Jann, man follte Sich nicht lieb h Q ben, benn
Su Bift fchretftid) in Seinem 30 ™-"
„Su lieBft midj aber buch, Slmalfunba?"
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€loft*r ©Uberg.
199
„ 2 )?ekr alä ®u glaubft, unbänbiger Sllemanne."
90?it einem greubenfckrei ^06 er fte auf ben 9lrnt, brücEte, fü^te
fie, faf) fte an, um fie tion Steuern ju Eüffen, an ftcfj ju brüden.
©ie freute fi<k unenblick ob biefen ©rgfiffen einer ungeEünftelten
Statur, ob biefen Steuerungen ber ©efütjle eines SDtanneS, beffen
StiefenEraft fte Eannte, beffen Einblickes ©emütt) fick aber fo beutlick
offenbarte. ©rft nack einer SSeite fagte fte f^meicketnb:
„SEomm, ®u SBilber, lajj unS bort am Staube beS SBalbeS ab-
fi^en, ratkfcktagen, benn menn ick ®ttk audk fett Saugern liebe, oereint
finb mir nodk nickt."
,,30er kinbert unS, fofort oon E)ier nack meiner <£)eintatk ju geken?
©inmal meine ©attin, möcf)te idk ben feken, ber ®id) mir entreißt."
„üDaS glaube ick gerne, Sllbmtm," tacfjte fie, „allein fo ge^t eS
nidkt. 8 ck miß nidkt bie Urfacke einer blutigen getjbe merben. ©rft
oerfucken mir, ben S3ater pr ©inmitligung in unfere ©ke i u bemegen.
©ibt er fein Qatoort nickt, bann ift eS immer nock geit, an anbere
SBege ju benEen. £>ein bin ick, Sllbmtjn unb merbe eS bleiben bis an
meinen £ob. Unb ®einetmißen ritt ick tmrauS. Qdk muffte, ®u
folgteft mir unb ^ätteft ®u nidkt ben SOtutlj gekabt, mir eine Siebe
ju gefteken, bie ick fck on lange Eannte, fo kätte ick ®idk ba§u auf»
geforbert."
SBelcke SBonnc emgfanb ber junge SJtann bei biefen SBorten. ©ie
mußte enblick ben ftürmifeken SluSbrücken feiner Siebe ©inkalt tkun,
30 g ikn neben ftck in baS grüne SDtooS unb entmicEelte ikm ben fßlan,
ben fte gefaxt, ©r mar mit Slßent einoerftanben.
„Unb nun Stlbmßn, Eekren mir narfj $aufe, Eomm, bort oben
fragen mir nack bent Söcge," fckloff fie enblick, „bort oben müffen
Raufer fein."
„Unnötig, Slntalfunbe, ick kabe tnick erEannt. 2 Sir ftnb am
gieletenbadk, bort oben ift OlinSberc, bie $eimftätte meiner SUjnen, mie
unfere fyamilienfage eS melbet, bock faß eS etmaS anberS gelautet
kaben, idk bann midk aber nidkt genau erinnern mie, idk glaube faft
OltjmpiaSberc, auS bem im Saufe ber 3 c iten OlinSberc entftanb.
folgen mir bem 33ädklein, fo finb mir nack einer kalben ©tunbe ju
©iebenack, baS Ü)u ja mokl Eettttfi."
r
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200
•fUojkr Olsberg.
,,©ut, bann fontm, mir moden Ijeim, nicf)t bafj bie 9^acE)t un&
überfällt nnb unfere SJtbmefenljeit auffatten müßte. //
©r tjob fie auf iE)r dtofj, ritt neben ifjr, ben monnetrunfenen
©lid ftetS auf iljr rufjenb. ®urg oor Slugft trafen fie mit ber übrigen
Jagbgefedfdjaft gufammen. 9tiemanb af)nte, maS gmifdjen ©eiben
oorgefaden, nur ber junge ©raf fdjöpfte Strgmoljn, 3lmatfunbe möchte
Sllbmtjn ii)m oorgieljen. ©emijjljeit betont er nicfyt, obfdjon er jeben
©djritt ber ©eiben belauerte. Slm Sage trafen beibe einanber nidjt
nteljr aiS gemöljttlidj, medjfetten nur Sieben, bie Jeber ()ören burfte.
Jiir biefe ßurücffjaltung fanb 2Ubmt)n reidjtidje ©ntfd)äbigung in ben
näd^tlid^en ©efudjen, bie er, nad) altalemannifdjer (Sitte, ber ©eliebten
in if)rem ©emadje abftattete.
ülmatfunba’S 9lbjtdjt, ruf)tg mit bem ©ater gu fprecfjen, if)nt iljre
Siebe gu Sltbmpn gu geftefjen, iljm mitgutljeilen, mie fie entfcf) (offen
fei, e£>er ben ©djleier gu nehmen, als einen Stnbern gu eljelicfjen, marb
burdj ein für gang ©übbeutfcfjlanb unb bie 9torbfd)meig ©erberben
bringenbeS ©reignife oereitett.
IY.
3»te ^tttflaru im gfri&tjjat.
Um baS Jafjr 938 erhoben fiel) bie Ungarn, non bem ©ölte
Uttgren genannt — fie fetbft nannten fidj 'äJtorbfdjaaren —, gu einem
neuen ßuge nad) ©ermanien. ©on ben Ufern ber Sdjeijj unb Sonau,
auS ben enblofen Steppen Ungarns, tarnen fie bafjer, ein milbeS
9 ?eiterooIf, gleich getoanbt in ber Jüfjrung üon ©ogen unb ©feil, mie
mit bem ©peere. 2öie ein £)eufd)recfenfdjmarm auS ber Sßüfte fommenb
bie frudjtbarften ©benen unb Später burd)giel)t unb adern ©Siberftanb
gum Srol 3 in menig Sagen gange ßänberftridje fa£>t frijjt, feinen ©raS*
Ijalm übrig läßt: fo überfdjmemmten bie ftorben ber Ungarn erft baS
heutige Cefterreid), ©atjern, tarnen nad) ©tfymaben unb an ben dtfjein,
fengenb unb brennenb, raubenb unb tnorbenb. SBeber Stlter nod) ©e=
fc^tec^t mürbe gefront, bie Scanner erftodjen, Sßeiber unb Jungfrauen
in elenbe ©Hauerei meggefüljrt, baS (Stift (St. ©aden mürbe geplüm
bert, bie ^eilige Sßiborab in Ujrer ßede umgebrad)t. SldeS ftot) unb
fudjte ©d)u(3 in ben ©urgen unb menigen ©täbten, beren Sftauem
unb Stürme ©d)irm öerfprad)en. So tarn baS mütfjenbe £jeer bem
difjeitte nad), bis mo auf einer Jttfel ©t. Jribolin ein Stofter für
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©Ubtrg. 201
abeltge grauen grünbete. Ser Steicbtbum beS Stiftes Sädingen
reigte bie beutegierigen ©paaren. (Sin St^eil ber Ungarn ging über
ben Sthein, in ber Slbfidjt, oon ber regten ©eite her, über ben fleineren
2lrtn beS gluffeS, baS Stofter unb Stäbtdjen ju nehmen. Sßährenb
biefj gefcbat), jogen uom ^jauptbeer $orben hinab gegen baS nod)
Keine Stbeinfelben, int SBiEen, ben ©rafenfijj Stugft ju neunten, ringsum
baS flache 8anb ju plüttbero.
SDtit Sangen faf) ©raf ©bobalob baS Staben ber geinbe. 2ttS
fte noch meiter oben ftanben, eilte er täglich halb ju biefem, halb ju
jenem Herren, fte jur gemeinfamen Slbmebr aufjuforbern. deiner
folgte feinem Stufe, gebet hielt eS für baS Sefte, ruhig Ijinter ben
Litauern feiner Sefte $u märten, bis ba§ 8anb auSgef reffen unb SOtangel
an CebenSmitteln ben geinb jroang, meitetgugie^en. Sticht fo ©babalob,
üjn jammerte baS arme Soll, aber maS füllte er an ber Spi^e oon
einigen .jpunbert Steifigen gegen ein $eer, baS -nach oielen Saufenben
3 äf)lte? gn büftre ©ebanfen oerfunfen, ftanb er am genfter feines
©emacbeS, fab bmauf gegen Sädingen, mo bie Ungarn, nad) eben
erhaltener Stadbridjt, eingetroffen marett. Sa trat Sllbrnpn §u ibm
nnb bat, er möchte ibn feines SienfteS entlaffen.
„Sßie," rief ber ©raf, „audb Su millft Seine ^ßerfon in Std)er=
beit bringen?" — unb mit bitterem (Spott fügte er bei: „ber 2tle=
manne freut ficb mobl, menn bie geinbe uns oernicbten. ©eh’ beim
unb fage Seinem Sätet, Su feieft ein §elb, ber einen Sdjmacben
mit einem gauftfdjlag nieberftredt, oor bem mirElidjen geinb aber
flieht, mie ber §afe oor ben §>unben."
„$err, Su urtbeilft falfdj/' entgegnete ber junge SDtann gelaffen..
„Söeil Seine (StanbeSgenoffen Sieb im Stieb raffen, glaubft Su, auch
ber einfach gteie gleiche jenen felbftfüd)tigen Herren. Sticht um Sich
in Stotb fteefen ju taffen, nicht um mich su retten, miE ich fort, fon»
bern nur Seine unb beS SanbeS Stettung ju bemerffteEigen."
„Unb mie miEft Su bieg in baS SBerf fe^en, Stlbrnpn? y ' fragte
je^t freubig ber ©raf.
„Su meijjt, §err, mein Sätet ift ein $elb, jeber freie Sauer
gehorcht ihm gerne unb smeibunbert eigene SafaEen folgen mit greuben.
3u ihm miE ich- ©r muf b^fem borgen früh hin id) mieber hier."
„Steife mit ©ott," rief ber ©raf, bem grmingerS SJtutb unb
Spracht moblbefannt mar. „©rüfje ben Sater unb fage ihm, ich merbe
eS ihm nie üergeffen, maS er ju meiner Stettung tbut."
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202
•filofter (DUbetg.
Diefe 28orte erfüllten ba# |jerj be# jungen 2Ranne# mit froher
Hoffnung. 2luf abgelegenen ißfaben gelangte er rooblbebalten nach
$aufe, trug bem 23ater fein Anliegen uor.
// 9tI6tot)n/ / fpradj biefer büfter, „ju ma# follen mir biefen 2lb=
lömmlingen ber JranEen BeifteE»en? §aben bie Ungarn fie gefchmädjt,
fo mögen mir fie leicfjt ootlenb# überminben, ba# fReid) ber Alemannen
mieber herftetten."
//Unb bie armen Ceibeigenen, bie SBeiber unb Jungfrauen ber Canb*
leute, bie ja meift unfere# (Stamme# finb, miHft Du biefen SBilben
prei#geben? können fie nidjt aud) hierher Eommen, fengen unb brennen?
23ater, Du mußt Reifen. (Die 5Roth be# Sanbe# ift allgemein."
„28a# Bann idj thun," lächelte Jrminger, „mit hödfjften# taufenb
SRann gegen einen Jeinb, ber mehr Drojjbuben hat, al§ mir SReifige ?"
„23ater, (Du fagteft mir oft, unfere Slljnen jablten nie bie Jeinbe,
nur bie Srfchlagenend'
„Sagte ich biefj," lachte mit einem Stnflug oon Stolj ber hünen*
hafte 9Rann. „SRun menn ich c# fagte, fo muff e# mahr fein unb
bie Sltaft unferer 2tl)nen haben mir auch nodj: ©eh’ je^t ju ber
SRutter, ftärle (Dich mit Speife unb DranE, bann t^eile idh (Dir
meinen $lan mit. 28iH Sljabaloh fich meinen Slnorbnungen fügen,
fo mollen mir ben Spaff mögen."
2 lm folgenben Dage machte Sllbrnpn ben ©rafen befannt mit bem
Ärieggplan be# SSater#. 211# er geenbet, rief Sljabaloh hocherfreut:
„SJeite mieber gurücE unb Berichte Deinem 2Sater, baff idh mich
unb bie SReinen mit Jreuben einem fo erprobten Krieger unterftelte,
mie er ift. 2llle# foll genau befolgt merben."
„Unnöthig, §err. Jd) habe ^mei SRänner mitgebradht, bie bem
23ater Suren Sntfdjlufj überbringett merben. Jd> felbft foll, fo befahl
er, mich an bie Spifje Surer Oieifigen ftellen unb bafür forgen, baff
2 llle# genau nach feinem 28illen au#geführt mirb."
Sin fraftiger §änbebruc£ mar be# ©rafen Danf. — Sogleich
ging man an ba# 28erE. 28ährenb Shabatoh# Seifige fich fammelten
unb rüfteten, fdjicbteten Ceibeigene unter 2llbmhn§ Leitung auf ben
bügeln bei 9Rumpf, Stein, Siffeln, grofje gmläftöfje auf, bereiteten
jodeln oon ißed).
Schon oierunbjmanjig Stunben fpätcr langten Jrminger’# lejjte
befehle an. 2ltfobalb jog Shabalol) mit bem JufjoolE auf SBalbmegen
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•filojler ©Ubtrg.
203
auf bie $öljen, mo bie ©djeiterfjaufen ftanben. Sllbmpn an ber @pi§e
bcr SReiftgen folgte ber alten Stömerftrajje, bte einft Slugufta Staura*
corunt mit Shtboniffa oerbanb. ©s mar ein trüber Siooembertag.
Stegenmolten flogen oor bem Süöinbe bafjin, ber non ben fdjneebebedten
©pifjen beS gura Ijerabftürmte unb Ijeulenb buvcf) bie entlaubten
Saume brauste. Dann unb mann fant ein feiner Stegen mit ©djnee*
ftocfen oennifdjt, ungünftig für ben ©djüjsen, bem fie bie ©el)ne be3
SogenS ermeidjten. Dumpf brauste ber Stljeinftrom am |jöllf)afen
bei Stljeinfelben, Ijodj angefdjmollen burd) bie Ijunbert Säd)e unb
glüffe, bie uott ber Dljur an bis nad) Stljeinfelben Ijinab iljre ©e=
mäffer ben feinigen jufü§rten.
Sei 9Rö^lin fließen bie Steifigen auf eine fporbe plünbernber
Ungarn, rannten fie nieber. SSenige enttarnen, brachten bie SRad^rid^t
uom Staren be§ geinbeS. Stun milber Cärm, Sille ben menigen
Steifigen entgegen, beren geringe 3al)l bem geinbe oerborgen blieb,
benn fdjon breitete bie Stacht ifyre ©djatten über bie gelber, bie alS=
6 alb oom Slute ber ©rfdjlagenen gebüngt merben follten. Sllbmpn
Ijiclt ©taub, feine Ceute fämpften mie Cömen, an ifjren großen eifern
befdjtagenen ©djilbern, an ben ißangerljemben, an bem eifemen ©ugel*
f)ut, beffen ©pifje bie Stafe, ben 9J?unb fdjü^te, prallten Pfeile unb
äBurffpeere machtlos ab, müljrenb bie langen Sanken ben ungefjarnifdj»
ten Ungarn burcfjftodjcn uom ißferbe marfen. Dennod) tjätte er ber
ftetS madjfenbcn ßa^l ber geinbe erliegen müffen, benn ba§ gange
am (inten Stfjeinufer befinblidje SÖtagparenfjeer marf fid) auf feine
tleine ©djaar.
Da§ mar e§, mag grminger gemodt, faunt Ratten bie Ungarn
iljr Cager entblöfjt, teerten ifjrn, ber oom gridtljal l)erabgefomraen,
ben Stüden, fo gab fein gemaltigeS £>orn ba§ 3 e ^ en ä um Eingriff.
SERit bem meitljin fdjaHenbett Sriegsruf jener ßed/ „S'prie ©leifon"
ftürgten taufenb moljlbemaffnete SDtänner auf bie erfdjrodeiten Ungarn,
bie oon biefer ©eite an feinen geinb badjten. ©leidjgeitig flammten
bie geuer auf auf ben £jöf)en unb graufig erfcfjotl ba§ ©d)lad)tge=
fdjrei in ad ben benadjbarten SBälbern. ©rauen ergriff bie milben
©teppenföljne, fie mahnten mo£)(, bie ©eifter all ber unfdjulbig ©r«
morbcten fäntpfen gegen fie. Die Steifen lösten fiel) auf, aber motjin
fie fidj aud) roanbten, oorn, hinten, auf ber ©eite, überall begegneten
fie bem feinblidjen ©djmerte, baS fdjonungSloS SllleS nieberfjieb. §un=
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204
fUoftev Olftberg.
berte üerfucljten eS, bett (Strom p burdjfchmimmen, umfonft, bie
reiftenben g^ ut ^ en öerfdjlangen fRoß unb 2Rann. ÜRur einige SBenige
erreichten baS jenf eilige Ufer, oerbreiteten ©ntfefsen im Säger.
Sort hatte'man längft baS Schlachtgefdjrei üemommen, bie geuer
auf ben Höhen beobachtet, allein hinüber p fontmen in bunfler SRadjt,
mar bem fünften Schiffer unmöglich- ©ingebome Fährleute maren
nirgenbs p finben. §eulenb unb brüüenb mußten bie üDiagparen
ber Sdfladjt phören. ^e|t langten Flüchtlinge an, oermirrt oon bem
unerhörten Stampfe, fpradjen fie oon bem F e inbe als oon oielen
taufenb liefen, bereu 3 a h^ mit jebem (Befallenen fich oermehrte, ©in
panifdjer Schrecfen ergriff 21 He. Qn großer £>aft mürbe baS Säger
abgebrochen, ber SRarfch nach bem SRieberrljein angetreten mit einer
©ile, bie eher einer Flucht glich- 2113 ber Sag anbrach, mar meit
unb breit fein febenber Ungar mehr p feljen *
ÜJtacb alter Sitte brachten bie Sieger bie Sltacht auf bem Schladh*
felbe p, baS mit Saufenben ©rfdjfagener bebecft mar; fie felbft hatten
Sßenige oerloren. 2lm Sage famen Seibeigene, marfen bie Sobten in
grofte ©ruben, nachbem fie biefelben 2lHeS beffen beraubt, baS ihnen
merthooll fchien. ©roß mar bie S3eute im Säger, in metche fich öie
Sieger jubelnb feilten.
©raf ©fjabaloh föchte ben Felbljerrn, beffen SricgSfunft ihn unb
baS Sanb gerettet, ©r fanb ihn nicht. QrmingerS SSafaHen fagten
ihm, ber fjerr höbe noch üor SageSanbruch ben fdhmeroermunbeten
Sohn heimgeleitet. Siefe ißerfchmähung feines SanfeS murmte ben
Herrn, bod) ließ eS ihm fein Stolj nicht p, benfelben in feinem
Haufe aufpfnchen, groHenb fe^rte er nach .fpaufe.
y.
jUbmtnt nub juttaffunba.
Sllbrnpn mar mirflich fihmer oermunbet, hoch fiegte bie fräftige,
unoerborbene SRatur halb über ben Sob, ber feine Snodjenhänbe nach
bem jungen Seben auSftrecfte, S)aS befte aller Heilmittel brachte
Slmatfunbe. 2öie ftaunte ber alte Qrminger, als jelm Sage nach
ber Sdhlocht ein ebleS Fräulein, geleitet oon oier Seifigen, üor feiner
* 2)ie ganje 23ef$reibung ber ©djladjt faft toörtüd) nadj ber 6t. ©aller
©fyrcnif bon ©ffel)arb. ©r nennt ben ©ieger ^rmingeru^ ben ©raf ©tyabaloty um
feine §itfe gebeten.
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ftiofter Olsbtrg.
205
Sljüre hielt, fid) ißm als Docßter ©raf (Sfyabatofjä ju erfennen gab,
nadf Sllbwßn fragte unb ben SBunfdj auSbrücEte, an fein Säger ge*
fü^rt ju »erben.
S?opffd)üttelnb führte er fte hinauf in baS obere ©tocEwert feines
©teinhaufeS unb öffnete iljr bie 2§ür ju einem fetten ©emacf), »o
auf reinlichem Säger ber ©erwunbete gebettet »ar. SÖftt einem Qubel*
ruf begrüßte 2tlb»hn bie ©eftebte, »eiche/ unbebümmert um ihre Um*
gebung, ihn umarmte unb büßte. Qene 3 eit bannte unfere ©tibette
nicht, ber SJtenfch freute fich nicht/ feine ©efü^Ie oor Slnbern jn äußern.
„äJMn ©eliebter! — 9)ieine Slmalfunba!" — »aren bie erften
Sßorte, bie SBeibe wedjfelten. Dann feßte fich bie festere neben baS
©ett, faßte bie §anb beS ©erwunbeten, fah ihn ^örtlich an unb er*
jäfjtte, »ie fte erft oorgeftern öernommen, baß er fo fdjwer üer»unbet
fei. //©obalb ich bieß wußte," fuhr fie fort/ „ftanb mein ©ntfdjluß
feft, ich mußte Dtd) feßen. Da ber ©ater alSbatb nadh ber ©djlacht
ju bent Könige reiste, ißm ben Steg ju berichten, überlegte ich, unter
toetchem ©orwanb idf bie ©urg oerlaffen bönne, »ählte bter treue
tnecßte unb ritt hießer, unter ber Eingabe, am ©rabe beS h e '^gen
gribolin bem £>immel für unfere Stettung ju banben."
„Sich Slmalfunbe, bönnteft Du hoch bei mir bleiben. Qn »enig
Sagen Ȋre ich gefunb."
©ie büßte ihn järtlidj unb entgegnete:
„Ob wir halb bereint fein bönnen, hängt jeßt bon Dir ober
bielmehr bon Deinem ©ater ab. Söirbt er in Deinem Flamen um
meine £>anb, fo glaube ich bäum, baß mein ©ater fie bem ©offne
feines ©etterS abfchlagen »erbe."
„Unb »enn er eS hoch tf)äte, ©eliebte?"
gcodjerröthenb bog fie ftd) ju ißm herab unb ßüfterte ißm etwas
in baS Ofjr. SllbWßnS Slugen funbeiten oor gfreube.
„SBann bommt Dein ©ater heim?"
„DaS weiß ich nicht, bor brei SJtonben bäum; ba er, nach ber
©erjagung ber Ungarn, bem ftaifer gegen ben ^ßfalggraf ©bewarbt
unb ben £>erjog bon Sothringen beiftehen will."
„Söirft Du mich injwifchen auch befuchen?"
„©ewiß, fo oft als möglich, bift Du aber geheilt, fo bommft Du
ju mir, wirft »ieber mein treuer fRitter. Der ©ater ff°t Dich ja
beS DienfteS gar nicht entlaffen."
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206 ÄloHtr ®l»btrg.
2öer roar frofjer afg Sltbmtjn? — ©ag gfräulein blieb big gegen
Slbenb, tlj eilte bag ftftatjl ber ^jaugbemoljner unb eroberte im §Iug
bag ^jerj ber Butter iE)teS ©eliebten; audj Qrntinger bet)anbette fte
mit tjerjtidjer greunbltdjfeit; atg fie aber, mit bem 33erfprecf)en, halb
mieber ju fomnten, fortgeritten mar, trat er an bag Säger beg ©otjneg
unb fprad) mit freunbücfjem drnft:
„Stlbmpn, marum fagteft ©u mir nie etmag oon ©einer Siebe
§u ber ©rafentodjter ? Qd) tjätte ®ir bann fofort bie ©fjorfjeit oorge»
ftettt, je an eine foldje §eiratE) ju benfen."
„SBarunt ©Ijorljeit, SSater? Qft Slmatfunbe nicfjt eine Jungfrau
gleich reidj an ©ugenb unb ©djöntjeit?"
„©egen bag gräutein fjabe id) niri)tg etn^umenben unb begreife
gang gut, mie ©u iljr ©ein |jerg meitjteft; aber glaubft ©u audj, ber
ftolje ©raf merbe eg je jugeben, baß feine ©odjter bie ©attin eineg
freien 93auerg merbe? SDiet;r ift ©ein SSater nidjt."
„Stmalfunbe benft bag ©egentljeit, 93ater. ©ie meint, menn ©u
bei iljrem 33ater um fie merbeft, merbe er bem ©oljne feineg Dietterg
ifjre §anb nicfjt abfcfjtagen."
„O liebe Qjugenb, mie menig fcnnft ©u bie äftenfdjen. Qdj mill
eg tljun, meit id) ©id) innig liebe unb um ©ir ju geigen, mie turj
bag ©ebädjtnifj ber ©roßen ift, menn eg fid) barum fjanbelt, empfangene
2öoE)ttf)aten ju oergelten. SlHein e£)e idj, gegen meinen äöitlen, ja
ungern genug, bcn Srautmerber fpiele, mufjt ®u mir offen fagen,
mag midft ®u ttjun, menn ber ©raf „nein" fpridjt."
„SBater, ©n erjafjUeft ung oft, bem 33ruber unb mir, mie eg
bei ben Sttemannen ©itte mar, bafj ber junge ÜDJann oft jum ©djein,
oft in bitterem ©rnft, bie ©eliebte raubte, allerbingg mit iljrem SBiHen."
„Unb biefeg 23eifpict mittft ©u nadjaljmen?"
,,^a, 33ater, benn idj bin ein Sitemanne."
„Unb motjin mitlft ®u mit d)r fließen? ®od) nidjt t)ief)er, benn
um ©uretmitlen fott feine gefjbe bag Sanb oerberben, et)er mürbe idj
Slmatfunbe fetbft bem Sßater juriidbringen."
,,©ut, bann fließen mir anbergmo (jin. ©otteg Söelt ift groß
unb irgenb ein ißläjjdicn mirb fid) für ung finben. SJlein Slrm ift
ftarf, ber Strbeit gemötjnt, id) merbe 2Beib unb SEinb §u ermatten
oertnögen."
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■fllofUr ©Uberg.
207
Ser Stlte brüefte bem ©ohne bie §onb unb entfernte firf), ohne
ein SBort ju fagen.
dr tjatte ooßfommen iRecht. 3 WQr befueßte Slmalfunbe ben ©e=
lieöten noch mehrmals unb ^rminger mußte felbft gefteljen, fte mar
ba3 Söefen, roeldhed jeber ©ater bem ©ohne jur ©attin münfeht, menn
nic^t auf ©elb allein jRücf ficht genommen mirb. Slud) l)atte 2ll.6roßn,
faum notdürftig hrcgejteßt, feinen Sienft in ber ©rafenburg mieber
angetreten, ma§ er begreiflich nur um feiner Siebe mißen tljat; aber
at§ dhabaloß enblid) mit bem beginn bed grühjahrs ^eimfe^tite unb
grntinger bem Stangen bes ©of)nes narfjgebenb bei i(jm um Slmal*
funba marb, ba hotte ber ©raf mot)[ ben 9Runb ooß füßer SBorte,
aber er entfdjulbigte ftd) mit bem ©erfprechen, baä er bem ©ater beä
jungen ©rafen oon ißßrbt gegeben.
grminger empfing ben ©efefjeib al§ Slnmort, bie er längft ermartet,
»erabfdjiebete firfj falt unb gelaffen, naeßbem er ben ©rafen gebeten,
ben ©oßn mit Upn gieren ju taffen, ba eä unter foldten Umftänben
nicht paffenb märe, menn SUbmpn länger in ber ©urg bliebe. ©h a '
baloh bemißigte eä mit greuben.
.Saum maren bie ©eiben fort, fo ergoß fich ber oäterliche 3 orn
über bie Sochter, bie eä gemagt, einen ©auentfoßn ju lieben. Stmab
funba hörte ruhig ju, gab feine Slntmort, als er fte jürnenb fragte,
ob fie einroißige, fofort bie ©attin beS 2Ranne§ §u merben, ben er
ihr beftimmt. Söütßenb ob ihrer fRufje unb ob ihrem falten ©eßmeigen,
brohte er enbßch mit dinfperren ober in ba§ Slofter gehen.
Qeßt entgegnete fte gelaffen:
„©ater, ©etbeS ift unnöthig. geh meiß, melche fRechtc Su 6e»
ftßeft. gef) begehre blos brei 2öocf)en ©ebenfjeit. .freute bem ©e=
liebten entfagen, morgen einen Slnbercn heiratßen, ba§ fann ich nicht.
Stad) brei SBocßen gebe ich Sir ©efefjeib, ob ich ©attin be§ *ßßrbter§
merben ober ben ©cßleier im ©tift gu ©äefingen nehmen miß. Sin
bem Seßteren fanitft Su mich nicht htnbern."
drfdjrecft unb moßlbemußt, baß fie in biefer ©ejießung ooß»
fommen ßfecht hotte, fteßte er ihr mit freunbtidjen ©Sorten ba§ Un»
ftnnige ihrer Siebe ju Sllbmpn oor, gab ju, eä fei eine jugeublidje
©erirrung unb bemißigte gerne ben oerlangtett Sluffcßub.
d§ fant aber ben Siebenben moht ju ©tatten, baß fie für ben
oorliegenben goß gut Oorbereitet maren. Sllbmßn hotte be§ ©ater&
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.208 fllofter ©Uberg.
Stuftest je länger je mehr für bie richtige erEannt unb SltleS aufge*
boten, bie ©eliebte ebenfall baoon ju überzeugen. @ie motlte nicht
glauben, baß ber Sater im ©tanbe fei, ihre §>anb bem ©ohne beffen
Zu oermeigern, bem er mohl Geben unb ^errf^aft DerbanEte, allein
fie oerabrebeten bod) SllleS jur gluckt, menn biefer §aH eintreten
fodte. f Saher mar beS ©rafen 2ßad)famfeit umfonft. Umfonft ber
Sefehl an bie Unechte, ja feinen gremben in bie Surg eingu taffen,
ohne eS ifjrn mitjut^eilen; baS ftrenge ©ebot an bie ©ürtelmagb ber
jungen««f)errin, biefelbe auf (Stritt unb Stritt §u begleiten, meines
SltleS getreulich befolgt mürbe. Sltnalfunbe fcf)ien nichts z u achten.
Unbefangen verrichtete fie aU bie ©efebäfte, meldhe ihr, als ber Socfjter
beS Kaufes, oblagen, befonberS feit bie SDfutter geftorben. @ie fdjien
fich gar nicht zu oermunbern, baß, menn fie §ur grühmeffe ging, ihr
außer ber SüJfagb gmei bemajfnete Unechte folgten. Sicht Sage Der»
gingen, eS gefdhah nichts, eS ließ fich nichts SerbädjtigeS fehen unb
ber ©raf fing an, ju glauben, SlmatfunbaS Giebe §u Sllbmßn fei
mirElicfj bloße Giebelei gemefen, beren Stjorheit fie jeßt einfehe. Sßeitere
acht Sage fchmanben. Ser ©raf mürbe fröhlich geftimmt, bie Sochter
fügte fich ftcher feinem Söillen, ba ftürgte am fünfzehnten SOiorgen
bie ©ürtelmagb in fein ßimmer unb fhrie:
„fjerr, man h at baS gräulein geraubt, unfere ^Begleiter erfhla-
gen." — SaS Geßtere mar nun allerbingS nicht richtig/ benn bie
beiben Shtedjte Eamen halb nah/ freilich h°^ betäubt Don bem gauft*
fdjtag, ber fie gu Soben geftreeft. SBüthenb riß ber ©raf fein ©djroert
Don ber Söanb, fhrie in ben |jof hinab, Sßferbe gu fatteln unb fprengte
halb barauf ben Flüchtlingen nah, QU f betn Söege, ben ihm bie SOiagb
bezeichnet.-
Slahbem Sllbmtjn mit feinem Sater heimgeEommen, hatten Seite
unter ßujug SBatlramS, beS älteren SruberS, eine lange Unterrebung.
Sie Folge mar, baß fie nah Saben ritten, atlmo ein gelehrter ^rieftet
eine UrEunbe auffeßte, Eraft melher Sllbmhn bem Sruber all feine
Siechte unb Slnfprühe fomoht an baS oäterli<h e als mütterliche Gsrbe
DerEaufte unb zugleich bezeugt mürbe, baß Stlbmßn ben Kaufpreis
baar erhalten. Sieß unb bie Sefcfjaffung 6eS ©elbeS erforberte ßeit.
Fnzmifhett erhielt Slmalfunba täglich Siadjriht Don bem ©tanb ber
Singe. Siegelmäßig befudjte fie bie F^hmeffe unb ebenfo regelmäßig
faß an ber sfirdjenthüre ein Settier, ©ie fah ben fheinbaren Krüppel
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•filojhr <Dleberg. 209
an unb biefer fdjüttclte baS gmupt, maS mohl fagen follte, „noch
nid^t/' aber am üiergehnten borgen nicfte ?r.
Slmalfunba ^atte SJtüfje, an biefem Soge ihre gemohnte llnbe»
fattgenfjeit gu bemaljren. g)erg mußte fpringen uor greuben. (Sie
fanb {einen Schlaf, fud^te iljn auch nicht- Sei bem trüben Öidjte
be£ 0eßäntpd)en3 nähte fie ihren beften Scfjmucf in bie Slermel bee
SÖtantelS, ben fie gemöhnlid) übetmarf, menn fie früh ÜJtorgenS gur
S£ircf>e ging. 9llS bie ©ürtelmagb tarn, ihr bei bem Sintieiben gu
Reifen, gebrauchte e§ alle itjrc Sraft, berfelben bie Aufregung gu oer=
bergen, meldje fidf iijrer bemächtigt hatte- Sie fartbte bie SJJogb oorauS,
ben Unechten gu fagen, fie fei bereit, gur Stirne gu gehen nnb be«
nußte biefj, um ben Stantcl übergumerfen, beffett jeßige Scßmere ber
ÜDtagb hätte auffaiien muffen. Qe nät)er fte ber Stirche tarn, befto
höher pocfjte ißr g)crg. .ßtoeimal muhte fie ftiHfteljen, fo gitterten bie
Shtiee. Qeßt maren fie hart an ber £f)üre, auch ber Settier mar
ba, allein ehe fie eintraten, [prang ber St'rüppel auf unb marf ber
ÜDJagb feinen alten SJtantel über ben Stopf,. fo baß fie meber fehen
noch fcfjreien tonnte. £>ie Stnedßc ftehen uerbußt, miffen nicht, ift eS
Scherg ober (Srnft, hören bie Stritte beS ÜDtanneS nicht, ber hinter
fie tritt unb mit jebem gauftfdjiag (Stnen ohnmächtig nieberftredt.
2113 e§ ber Stagb gelang, fid) uon bem uniiebfanten Schleier gu be=
freien, fieht fie bie Unechte am Soben, ber Setticr ift oerfchmunbett
unb in ber gerne fprengt ein Sieiter mit bem gräulein fort, beffen
©emanb fie im Jöinbe flattern fieht. Sie fchreit um .griffe, ^pricfter
unb Setenbe fommen herbei. ®er Sine nimmt [ich ber ohnmächtigen
Unechte an, bie Slnbern eilen bem Räuber nach unb bie SUagb rennt
entfett in bas Schloff
Sobalb ber Settier auffprang, manbte fich Sfmalfunba um, fah,
mie Sllbmpn bie Unechte nieberfdjlug uitb eilte mit ihm gu ber Stelle,
mo baS fchmere Streitroh angebunben ftanb. Stein Söort mürbe ge»
mechfelt, er h°b fte auf baS s fJferb, fdjmang fich hinter fie in ben
Sattel, hielt fie feft unb ftürmte baooit, bem ©ebirge gu. Qhnt folgte
ber Settier auf leichterem ^ferbe.
(Sine Stunbe mochte ber milbe 9iitt gebauert haben, als baS
fchmere Schlachtroh, fcbaumbebedt, gu ermatten begann, eS mar nicht
gebaut, folche ©angart lange auSguhalten, mar gubent in ber Stacht
fchon oon g)omberg bis Slugft gelaufen, ©ern ober ungern mußte
SSom 3ura jum Styoarsroalb. IX. 14
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210
-ßloflfr ©Uberg.
e§ 2llbWfen im ©cferitt gefeen (affen, ja feine Saft erleicfetern, ttaeStjalb
Sßalfrieb, fo feiefe ber Snecfet, ber ben ^Bettler gefpiett, abftieg unb ber
|>err bie ©eEiebte auf beffen Sßferb fefcte. 9iun ging e§ weiter, 21(6*
Wfen gu 0fufe neben 2(ma(funba. ©ie glaubten fid) fidjer unb nafeten
ficfe in munterem ©efpräcfe bem großen SSalbe, ber tfeeiE Weife feeute
nocfe bie £>öfeen gwifdfeen ©iebenacfe unb gfidinSborf bebedt. ^5(ö^Iicb
rief ber .Snecfet:
„§err, id) g(aube, mir werben berfolgt, icfe feöre ben fmffdjlag
gatoppiirenber Eßferbe/'
2(ma(funba ftiefe einen ©cferedenäruf au§, 2tlbWpn war fdjnelf
entfdjloffen.
„Söalfrieb," rief er, „fdjwinge £)icfe auf. Ofene Saft wirb mein
|jengft fdjon rennen, eile unb taufte bie Verfolger eine ßeitlang,
gelingt e§ ®ir, gu entrinnen, fo fearre meiner in ber Siäfee ber SEaufe,
bie man nennt Söalbenburg. weifet, Wo icfe meine."
®er kneifet, liftiger als mutfeig, nidte ein Qa unb faitSte baüon,
Wäferenb 2llbwfen feine ©eliebte an ber §anb fafete unb rafd) in ben
2Salb feineingog. Saunt fcfeüfete fie ber bicfete gorft, fo brauste ©raf
©feabatofe, gefolgt oon gefen Snedjten, feeran unb fefete in wütfeeitbent
Sauf bem Snecfete nacfe. 2lma(funba gitterte wie ein ©fpenlaub. 2llbmfen
aber lacfete:
„Sontm, (lebe EBraut," rief er fröt)lid), „jefet finb wir erft redfet
ficfeer, benn Wäferenb unS ®ein S3ater nacfe ©üben fein oerfolgt, pilgern
Wir nacfe Dften unb ift er ntübe feeimgefefert, fo wenben audfe wir un§
bem ©ebirge gu/'
©eine ÜWunterfeit wirtte ermutfeigenb. ©ie legte ben 2lrm in
ben feinen unb folgte tfem mit leicfetem ©iferitte auf einfamem SBalb*
pfab. 'Dod) ©tunbe um ©tunbe oerrann, fie famen nidfet au§ bem
gorfte feerauS, inbem fidfe gar mancfeer ^ßfab freugte. Qa an befon»
beren 33äumen glaubte 2llbwfen gu bewerten, bafe fie mefermalS im
Greife feerumgegangen. 2lmalfunba begann gu ermatten, fie war gwar
träftig, nicfet oerwöfent, wie bie reidfeen ÜDamen unferer 3«t, allein
be§ 9teiten§ ntefer gewofent al§ be§ ©efeen§, bie leidfeten Sudfefdfeufee
mit bünner Seberfofele waren nicfet gum langen 9J?arfcfeiren tauglidj.
2lucfe featten beibe SBanberer nicfet ba§ ©lüd oieler OtomanfeeEben, bie
gg, tagelang auSfealten, ofene ©peife unb SEranl gu ficfe gu nefemen.
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G3lebtrg.
211
SDtittag mar längft oorüber, junger urtb quälenber Surft ftellten
ftcfj ein. öangfant unb immer langfamer fcftritt Slmulfunba meiter,
Big fie enblid) SUBmtin’g Slrnt fogließ unb troftloö am 0fujje einer
©id)e h'ofonB. SDtit fdjmerjlidjen @efüE)len Betrachtete SllBmhn bag
tfjeure Sßefen, bag fctjon am erften Sage beg 93eifammente6eng fo
bulben muhte.
„SllBmhn," houdjtc fte, „ich Bann nicht mehr. ©ef)c Su allein,
furfje einen Slugmeg unb bann tß'te mich-''
„Wik," rief er, „nie. Sich hier im ungeheuren gorft allein
taffen, bag Bann unb barf ich nicht- Stufje ein menig, bann nehme
ich Sich ctuf ben Stücfen unb trage Sich- ©ine fo füjje Saft muh
ja leicht fein."
(Sie lächelte trü6e. ©r feijte ficf) an ihre ©eite, fpradj if)r SOtutl)
ein. ©nblich ftanb er mieber auf unb Bat fie, fidj an feinen .£)al§
ju hängen.
„Stoch nicht, ©elieBter, Bomme, holte mich feft, ich glauBe eg geht
je£t mieber." ©r fafjte fie feft um ben CeiB unb ^alB getragen fdjritt
fie meiter. $h r SWutf) marb Belohnt. SllBmhn fließ einen greuben»
fchrei aug, ber Sßalb fchien lichter gu merben. Stoch fjunbert ©djritte
unb fie ftanben am Staube eineg Bleinen, ftiHen Söiefenthaleg, in beffen
Siefe ein 33äd)lein raufdhte.
ßächelnb fah SllBmhn feine 33raut an, bie erft ftaunenb um fidj
BlicBte unb bann gang entgücBt augrief:
„Slber, SllBmhn, ift bag nid)t bie nämliche ©egenb, mo Su mir
Seine Siebe erBlärteft? ©tanben mir nicht bort brü6en Bei jener
grofeen ©idje?"
„Soch, hoch, lieBeg $inb, unb bort oben muh Olingberc liegen,
©ereut eg Sich nicht, baß Su mir bort brühen Sein Vergehen fdjenB*
teft, mir, um beffentmillen Su heute fchon fo leiben muht?"
„©title, ftiHe, SllBmhn, Su meiht ja nur gu gut, bah mein £jerg
fchon oorher Sein mar. 316er höre, motlen mir nicht gurn SlnbenBen
an jene Sage unb an ben heutigen auch, on Bern ich ßong Sein ©igen
Warb, hier eine Stapelte ftiften?"
„S3on .jpergen gern," lachte er, „nur mitffen mir hoch erft für
ung ein Steftdjen bauen unb jejjt oor SlHem junger unb Surft füllen,
©oll ich ®idj tragen Big in bie 9täf)e beg £iofeg?"
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212
filofler ©Ubrrg.
(Sie lachte, eilte neugeftärft meiter, tranf mit ber Noblen £mttb
aus bem ftaren SBädjlein, aus bem aud) 211brat)n bcn brennenbett
®urft ftillte. SBalb mar Oliitsberc erreicht, mo fte Speife genug
fanben. .frier mar es, mo 2ltnalfunba ihre gerriffenen Schuhe an
Sanbalen taufchte. 9Jüftig ichritten fte meiter unb als bie Sonne
hinter ben Stämmen bes $ura nieberfanf, ftanb ber 2b uvm ^er frerren
oon SBinterfingen oor ihnen.
„Sßollett mir hiev bie 9cadjt guhringen ?" fragte 21(brot)n bie ©raut
mit oieliagenbem ©lief.
„2öie Su millft," entgegnete errötljenb Slmalfunba, „menn mir
nur feinen 93errath gu fürchten hoben."
„Sas glaube idh nicht, benn frerr SBorinbert ift ein greuttb
meines Katers."
Sie mürben benn auch moht aufgenommen unb SBarinbcrt fragte
nidjt einmal nach ihrer frert'unft. ©aftfreiljeit galt bamal3 nod) für
Pflicht, nicht für Sugenb.
gröl)lid) unb roohlgemuth festen früh am Sage bie jungen ©atten
ihre 9ieife fort,* maitberten über Siffad) nadh fröltftein unb tarnen
gegen 2lbenb in bie 9tähe oon äßalbettburg. ©leidj im ülnfaitg be§
uralten Crtes, beffen gmei ftarfe Bürgen ben ©ngpaf beherrfd)ten,
ftanb oor einer Verberge ber treue Sßatfrieb. ©r hotte, mie er nad)=
her ergählte, güllinäborf poffirt, ehe ihn ber ©raf gu ©efidjt befam.
^gm 2öalbe, ber banta(§ bie ©bene gmifdjen biefem Sorfe unb Sieftal
bebeefte, hotte er eine fcharfe ^Biegung be§ 2öege§ benu^t, hotte bie
Stoffe itt baS ©ebüfd) gelenft, fobajj bie Stacheilenbcn feiner nidjt
achteten. Staunt marett fte oorbei, fo ritt er gurüd nach ^üllinsborf,
* SEßtr fdjreiben auäbrüdlidj „(Satten". gm jehnten 3al>rhunbert fannt« man
nod) teine ItrdjUdje Stauung. Sie ©he War ein rein bürgerlicher 2lft, auf ben bie
.Kirche nicht ben minbeften ©influß auöübte. „2Benn bie Sede über ben Verlobten
gufammenfchlagt. ift bie ©he »olljogen," bjei^t eö in ben (Sefefcen jener 3eit. 9todj
im breijehnten gahrhunbert faub bie firchtiche Stauung erft nach bem SBeüager ftatt.
3ur ©ingehung ber ©he war aber bie ©inwilligung ber ©Item ober SSormünber ber
Jungfrau erforberlich, Wobei Weitläufige ©eremonien ftattfanben. ©ntführung Jam
häufig »or, Würbe hart ober milbe beftraft, je nachbem fie gegen ober mit SBitten
ber entführten ftattfanb. hingegen beftrafte man bamalö fchon nur bie gehlbaren,
bereit man habhaft '»«■'ben tonnte unb bei ©ntführung fanb biefj gewöhnlich erft
bann ftatt, Wenn bie gotgen eine Strafe unftatthaft, bie SBerjöhnung höchft WünfchetiS»
Werth machten, ©rimmö 9tcchtö=9llterthümer.
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■filoftec Olsberg. 213
burdj bie @rge§ unb oerfolgte bie Straße na cf) Diempen (©empen) hm,
fam über ©eben (Seemen) nach 9teigo4wilau, wo er bte Stacht über
weilte unb traf am SJtorgeu in SBalbenburg ein, wo auch bie ©atten
nächtigten, Qejjt waren ftc in Sicherheit, mit welcher Stadjricht fie
ben S'nedbt fjeimfanbten.
©eleitet non funbigem Qüf)rer begann früh am Sage ju Qfuß,
bie ißferbe non jwei Männern am ßügel geführt, bie Ueberfteigung
be§ ißaffecS am oberen „©ehowenftein", wie ber 33erg bantalS fo e 6-
SBo je^t eine pradjtootle Sanbftraße in fanften Steigungen t)inauffüE)rt
nach bem Sfurort Saitgetibrucf unb eben fo fanft über .ßofberbanf Ijinab
nach fßatStbat, ba beftattb botnalö ein nidjt£ minber al§ ungefäfjrlidjer
Saumpfab. ©rft im fünfzehnten Qahrfjunbert mürben mit unfäglidjer
Sötitfje unb großen Äoften bie Qelfen berart gefprengt, baß Söagen
bie Strafe paffiren tonnten, aber aud) biefe nicht bloß burcb bie Straft
ber ißferbe. 2tn ben gä^eften ©teilen £)atte man mächtige £>äfpcl be*
feftigt, mittelft bereu größere Saftwagen an ©eilen beraufgemuttben
tourben. ®ie ©emäffer höf)tten aber halb biefe Strafe fo au§, baß
man fie att Dielen Orten mittelft b^t neben einaitbcrgelegten .^olj»
ftämmen fahrbar machen mußte, ©iner fokßen, fefjr langen ^>oI§=
6rücfe oerbanft ber Ort Sangertbrucf feinen Siamen. Qm jeffnten
Qalfrljunbert bebecfte SBalb bie jeßt prächtigen 2llpen, Don SBalbenburg
bi§ 5Bal3tl)al mar feine Ortfdjaft ju treffen.
Stüftig ftieg Slmatfunbe am 2lrm be§ ©atten ben Qelspfab hinauf.
3Wit SQtühe folgten bie ißferbe. ©efahrooller ttodj mar ber 2lbftieg.
Socb ate fie Dor bem eigentlichen fteilen ülbfturj, über ben bie Straße
binabfüfjrte, auf einer Sichtung anlangten, wo ba3 Sluge ba§ lange,
Dott faft fenfredjt abfallenben QelSmänben eingefaßte Shal überfchaute,
all bie fcharfen Qaden, fihntalen Qirften überblicfte, bi3 weit hinab
jum Sßeißenftein, ba rief Slmalfunba entjüdt:
„£)ier Stlbmpn, hier in biefem Sl) a ^ e möchte id) wohnen."
„Sein Söunfdj foll erfüllt werben, lieber Stinb," entgegnete er
freubig, „benn fiel), gerabe in biefem Shale rieth mir mein fßater, foll
ich wich nieberlaffen. £)ier wollen wir in Q-rieben unb ©betracht leben,
einen neuen Stamm grünben."
Seicht fanb Sllbwpn eine paffenbe Stelle, um ein ftattlidjeö §auS
m bauen, War er ja mit ©elb wofjloerfehen unb lag noch wehr für
ihn ju Saben bei bem ißriefter, ber bie Sfaufurfuube gefcf»vieben. Stoch
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214
“filofter ©l«bfrg,
war ba3 Sfjat fe^r fpärlidj Beüötfert, ©runb unb Soben billig/ ja
wo SBalb ftanb, faft herrenlos. (Schott ju (Snbe be3 (Sotnmer3 waren
bie (Satten nach bantaligen ^Begriffen gut eingerichtet/ befaßen eine
ftattliche §eerbe. ®er 23ater fanbte ihnen gwei leibeigene Unechte,
ebenfooiel SJtägbe unb ber Sßalb lieferte bem unermüblidjen Qäger
SEBilb in Stenge. Qm |)aufe maltete 2ltnalfunba al3 forgfame §au3*
frau. (Sie hatte bie Fracht ber Vornehmen an bie ber Säuerin Der»
taufcht/ ging int einfachen SBoHrocE, ber bie 2trme frei liefe. Qm 2Bin=
ter hüllte fie fich in einen meiten SJtantel, ber auch ba3 £>aupt fdjüfeenb
umgab. (Sin ©ürtel, an bem be3 £>aufe3 (Sdjlüffel hingen, h' e ^ bas
geftaltlofe ©ewanb gufatnmen. 2ln bie biofeen Qüfee banb fie (Sanbalen.
21(3 ber Qöljn mieber henlenb burcf) bie engen $häler ftürmte,
ben <5cfjnee oon beit ge(3wänben fegte, bie Söiefett grünten, ftanb
2lma(funbe oft am 21benb unter ber $hüre be3 §aufe3, ben blüfjenben
©äugling an ber Sruft unb fah mit ftrahlenben 2lugen bem (Satten
gu, ber ben Unechten half, ba3 Sieh in bie (StäUe gu bringen. Dtafcfe
fdjwanb ber (Sommer, ein gweiter Sßinter unb noch ein gweiter <Som=
mer bahin. 2llbwt)n’3 9Jeid)thunt mehrte fich, aber auch ber SBunfd),
bie oielen freien nadjguahnten, bie fitfe auf ungugänglichen Qetfen unb
Sergen Stürme bauten, worin fie, uor jebem Ueberfall gefcfeüfet,
in Doller (Sicherheit f) a n§ten. ®er iRaubgttg ber Ungarn h Q tte fie
gelehrt, folcfee (Schufewefjren gu erfteUen. (Sine3 2lbenb3 Eehrte er
heim, belaben mit reicher Qagbbeute. ©ie ©attin empfing ihn mie
gewohnt unter ber §>au3thüre, einen h°lben S'naben an ber £>anb,
ein EleineS SRäbchett auf bem 21rm. (Sr warf ba3 erlegte Söilb auf
ben Sobett, umarmte SBeib unb Sinb unb wie3 bann auf einen jener
fchroffen QelSEegel fein, bereit ber Qura in 9J?affe aufweist.
„(Siefjft $)u bort, 2tmalfunbe/ / rief er, „jenen Qel3, ber nach
allen (Seiten hin fo fteil abfäUt, bafe ich ih n bis h eute unerfteiglich
hielt. 2113 ich aber bort an ber fchroffen QelSwanb brüben, bie fid)
hinter bem Siegel aufthürmt, ben langen, fchntalen ©rat bilbet, ein
Sei) aufjagte, floh e3 üor ben §uttben ben Qel3 hinan, bie Sfteute
folgte, ich auch unb fielje ba, Don ber un3 abgefehrten (Seite Eatn id)
fo leicht auf ben ©ipfel, bafe ich fah, mit wenig SDtühe läfet fich ein
Sßeg anbahnen, auf bem man hinauf reiten Eattn, oben aber ift ber
Serg faft eben. 2Ba3 rneinft £)u, wollen wir nicht einen 5£h urm
hinauf bauen, in bem wir ficher häufen Eöntten?"
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■filofter ©Isberg. 215
„©elüftet eS $)idj fo feEjr, bort oben als greiberr gu Raufen?"
fragte Slntalfunba läcbelnb.
„OaS nic^t/ liebeS SBeib, ein freier SJtann bin ich fo wie fo, aber
fo oft ich oon §aufe ferne bin, bangt eS mir für ®icb unb bie Sin»
ber. ÜJtan hört allenthalben uon Staub, ÜJtorb unb Vranb. ®er
Saifer hot Slrbeit genug im Canbe brunten. §ter oben thut jeber,
toaS er miß."
„steinetwegen, tljue waS 3)u willft, mein Cieber. geh geftehe,
ich wohne auch lieber hinter feften 3)tauern als hi er i m ungefdjüfcten
^olghaufe."
Üllbwtjn tiefe eS ftch nicht zweimal fagen. SBerfleute tarnen. *t)er
2Beg würbe gebahnt unb broben auf bem ©ipfel beS fteil abfallenben
Segels erhob ftch int £>erbft ein ftarfer 2;hurm, auS rohen ©teinen
erbaut, breifjig gufj h oc h °b ber ©rbe war ber (Singang gur Südje,
bie ben gangen Staunt einnahm. 2luf funftlofer kreppe ftieg man
in baS SBohngimmer, in bem auch bie (Sheleute fchliefen, eine ähnliche
£reppe führte in ben hölgernen Oberbau, beftimmt, bei feftlichen 2ln»
läffen bie ©äfte barin gu bewirken. 2ln ben Sfjnrm baute 2llbwt)n
@d)eune, ©tallung, SSolfnung für Snedjte unb SJtägbe. ©ine Jlafter*
biete ÜDtauer, bie fich genau bem Stanb ber fleinen ©bene anfchlog,
auf ber bie Vurg ftanb, fieberte baS ©ange umfomehr, als fein SJtenfd)
im ©tanbe war, ben gelS gu erflettern. Stach ben oielen galten,
bie in ben Stiffen unb fohlen beS Segels nifteten, nannte Sllbwtjn
feine Vurg „galfenftein".
VI.
3>te ©tönbnng bes .Stoßers.
Slmalfunbe freute fich inniglich, in ber fiebern unb nach ih ren
Gegriffen fehr ftattlidjen S3urg gu wohnen, war ja ber ©rafenfitj gu
Slugft nicht fchöner als ber galfenftein. Saum war fie wohnlich ein»
gerichtet, fo brachte ein Snecht beS VaterS grminger bie Stadjricbt
oom |jinfcheib beS ©rafen ©habalof). ®ie Srauer ber Stodjter war
aufrichtig. 2tlS aber ber erfte ©cbmerg überwunben war, brang fie
in ben ©atten, hinübergureiten unb oon bem Vruber ihr ©rbe gu
forbern. ©r War nicht gleich bereit unb meinte, er fei reich genug,
baS ©chönfte oom ©ut beS Verdorbenen befijje er ja bod).
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216 ‘filofttr ©lebtrg.
„©cfemeicbler /' cntgegnete bie ©attin unb fcfelug ifytrt fanft auf
ben SDiunb, „menn Su bieä glou 6 ft unb meinft, mir feien reicf) ge«
nug, fo fott mein ©rbe baju bienen, jene Sapelle $u bauen, mie mir
e§ oerabrebeten, als mir jum jroeitenmal, freubig erregt, bae 2 Biefen*
tljal bei OlinSberc betraten."
^ebt mar Sllbmtm fofort einuerftanben, bocfe ging er erft ju fei«
nem ©ater unb tfjeilte ihm jein ©orbaben mit.
„ßu einem folgen ßmecfe," lacfete ber Sftte, „mirb ber junge
ßljabalofj mit bem (£rbe Slmalfunba'ä §erau§rü(fen müffen, fonft aber
mürbe e§ fermer galten, nur eine ÜDiarf ©über au§ iljm fyerauäju*
preffett."
2 Birflidj mar ber ©mpfang §u 2 tugft mehr al§ nur fühl, ber
junge Gf)aba(ot) freien niefet übel 8 uft jü fyaben, ben ©ntfüijrer feiner
©efemefter 5 ur £Rcd)enjcE)üft jietjen ju moüen.
,,©raf," fpracb Jllbmpn gelafjen, „Seine ©djmefter liebte mich
unb folgte mir otjue ßmang. ^pätte Sein ©ater baran gebaut, ma§
ber ©Jeinige für itjn getf)an, eS wäre feine glucfet nötf)ig geroefen,
benn 2 lntalfunbc mürbe niefet entführt, jie ffo^ oor bem traurigen
Coofe, baS tf>rer fearete. 2Ba3 meine ©idjerfeeit anbelangt, fo miffe,
idj fomme oon meinem ©ater unb bin icf) 2lbenb3 niefet mieber bei ihm,
fo ift Seine ©urg morgen ein ©efeuttfeaufen. 23er ba§ jafellofe |)eer
ber Ungarn fefelug, mirb menig Umftänbe mit bem ©räjlein be§ 2fr«
oagaue machen."
Siefe 23orte mirften loie ein ©trom falten 2öaffer§ auf ben Sob«
jücfetigen unb at£ 2 llbrotjn uollenbs erflärtc, ju meinem ßmeef er
Sfmalfunba'B ©rbc oermenben molle, geigte fttf) CSfjabatot) fofort bereit,
fo oicl feerauäjugeben, um ein Sirefelein unb einige ßeücn für fromme
Gferiftinnen 511 bauen, roelcfee bann in ihren ©ebeten auefe ber ©tifter
eingebenfen follten.
©eibe, 21lbmt)n unb (Shabalofe befuefeten ben ©lafe, ben 2 fntal=
funba ber Stiftung beftinimt batte. Ser ©raf bat, ibm bie ©aefee
ju überlaffen, ma§ 2 llbmfen mit greuben einging, ©ofort liefe Gfea«
balob 28crfmeifter fomnten unb fdjon naef) ßahreefrift fonnte 2 lmal«
funba mit ©atte unb Sfinbem in ber Sfircfee beten, roelcfee ifer ifere
©rünbung oerbanfte.
ßaft an bcrfelben ©teile, mo einft bie römifefee ©üla ber fyamilie
ß-agiro geftanben, ctroa* unterhalb bee> £>ofee> Clinöberc, ber bem 2 lle«
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ßloftfr ©Ubfrg.
217
mannen Stbalridj unb feiner ©attin ba3 Dafein oerbanfte, erfjob fiel)
nun um bte Sßitte be§ §e£»nteit $at)rfjunbertS eine $lircf)e unb bane6en
ein ©ebciube, in meinem fec^S fromme Sdjmeftern moljnten, baneben
nod) Sdjeune, (Stallung, aucf) bic SSoffitung be§ ^ßriefter§, ber Änecfjte
unb 9J?ägbe, benti bamit bie Scfimeftern, ohne Sorge um ba3 tägliche
53rob, nur iljrem fjeiligen Serufe obliegen tonnten, bebauten bie Stif*
ter ba§ SHöfterlein mit Siedern unb Sßiefen, leibeigenen Ceuten, bie
©iiter gu bebauen. ‘Da Sllbmtjtt feine ©üter in ber ©egenb befaß,
trat 33ater ^rminger an feine Stelle, benn er roar reid) unb it)m ge*
fjörte faft SlUeS, ma§ gu Olinsberc lebte unb Ijauäte. Da§ SBolf
nannte ba3 neue Stift im Saufe ber $eit Clsberc unb bann Olsberg.
Slmalfunba aber Ijatte ifjm au§ boppeltem ©runbe bett tarnen Hor-
tus Dei beigelegt. Denn in biefem ©arten ©otte3 mar iljre Siebe
erßlü^t. Den Sionnen gefiel ber 9iame, menn fte aucf) nidjt mußten,
meid)’ menfdjlidjem ©efiif)l berfelbe entfprungm unb in itjrem S'lofter*
gelübbe gerabe ba§ ©egentfjeil oort bem oerfpracfjen, ma§ bic Stifterin
an biefcr Stelle bem ©eliebten gelobte.
5*c %
*
|)unbert Qafjre beftanb ba3 Keine Stift; 2ll6mt)n’3 ÜÜadjfomnten
nannten ficf) ©rafen oon fyalfenftein, biejenigett feine» 33ruber§, ©ra*
fen oott Homburg, blühten unb mürben immer mächtiger an Seuten
unb ©ütern. . Dagegen uerfcbmanb ber ©lang be§ ©rafenfjaufeä gu
Slugft. Die Sßittme be§ Seiten au§ biefem fpaufe, Signet oon 9)Jör§*
6urg, trat 1084 in ba§ oon ben Sinnen geftiftete SHöfterlein, manbte
bemfelben ifjr gange§ ©ut gu, oerfammelte Döcf)ter au§ ben ebelften
fjamilien be§ Sanbe3 um fiel) unb lebte mit iljnett nach ber 9?egel beS
fjeiligen 23enebiftu3. Sie ftarb 1116 unb marb al§ gmeite Stifterin
öerefjrt, ba fie bie ©ebäube feljr oergrößert, ba§ ©ange mit dauern
umgeben fjatte. *
* ©eb. 3Hünfter macht aus 2lgne$ bon SKürSburg bie Sattin be§ ©o^neS
6§abalobä beS I. unb nennt fie gerabeju ©tifterin bon Disbetg. ®a aber ß^aba*
loh I. 891 biä 940 urfunblid) erfdjeint, fann fein Sohn (ibabalob II. nicht bis
1084 gelebt ^aben. SBir überlaffen eS bem Sefer, ben 3Jamen beS finberloS ber*
ftorbenen Satten ber 3tgneS bon SDlörSburg ftch ju benten. ©tifterin toar 2lgneS
nidjt, bloS bie erfte 3lebtiffin beS burch fie bergrBjierten StofterS. $ie llrfadje, toa*
rum bor 1199 nur eine Urlunbe bon DISberg fpricht, folgt unten. 1144 fdjenft 3l(*
bert bon £>absiburg*£auffenburg bem JUofter jejm SJliitt ©etreibe jährlichen ßinS ab
feinen ©ütern auf bem ÖBfcberg.
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218 -fitoflrc Oieberg.
$f)r folgte in ber SSürbe einer Slebtiffin Slgatfje non Siamftein
bis 1136. Slunigunbe oon §onberg bis 1144. 5Diefelbe mürbe im
SEapitelfjaufe beftattet; ©ifela oon ^ertenberg bis 1161. Slnna oon
groburg bis 1180.
35iefer frommen Sionne fcf)ien bie Siegel beS ^eiligen SenebiftuS
alljumilbe für ihre Sdjäflein, ba nach ihrer Slnfidjt als Sräute beS
©ottmenfd)en, ber auf Qsrben nichts hotte als einen Siocf, bem er*
habeiten Sorbilbe auch < n her Sfleibung nachahmen füllten. Sie be*
mog bie frommen Sdjmeftern, bie ftrengere Siegel ber ©fterjienfer
anäunehmen. Sie trugen fortan burdfauS nichts am Ceibe als ben
groben meinen Siocf mit fchmar^em Sfaputier, gingen barfujj unb
fchliefen ohne Siachtgemanb auf einem Strohfacf, beeften fich mit einer
groben SSollbede ju. 35aS Ceben brauten fie mit Singen, Seten
unb ft'afteien beS fünbigett CeibeS ju. Stuftet ben ©eifelungen üot
hohen {veften, mo fie fich int frommem SBaljn, Siücfen unb Cenbeu
blutig fdjlugen, hatte am Steujahr jebe Sionne ber Slebtiffin fdjriftlich
mitgutheilen, mie oft fie baS Qaljr burch fid) auf außerordentliche
28eife burd) haften unb ©eifein fafteien mode. 35a aber Slnna oon
groburg fürchtete, baS gleißt) möchte ftärfer fein als ber ©eift, unter*
ftedte fie ihr Stift ber Sluffidjt ber Siebte beS Sifterjienfer*®lofterS
ßü^el bei 3)elSberg, ba§ bamalS in feiner höchften Slütlfe ftanb, in*
bem fich jmeihunbert SJiönche barin aufhielten. ®ic ©rgebniffe ber
jemeiligeit SBifitationen beS SiomtenftifteS burd) SJiöttdje beeft ber bichte
Schleier ber S'irdje. Stuf bie SlScetin Slnna folgte ©ertrub auS bem*
felben f)aufe, nach beren §nnfd)ieb ©utta oon Sd)liengen oon 1196 an.
VII.
.ÄUbegarb.
3u biefer 3 e it/ olS baS groölfte gahrljunbert feinem Gntbe nahte,
gab eS in $eluetien !eine freien Säuern mehr, mit SluSnaf)me berer,
bie um ben Sierroalbftätterfee in unzugänglichen £f)ötern mof)nten.
©runb unb Soben gehörte bem hof)eit unb nieberen Slbet, ein großer
Sljeil ben Stlöftern, benen baS breijehnte gahrlfunbert in frommem 2Bal)n
immer noch mehr £)ingufügte. So fehr mehrten fich Stiftungen,
Sdjenhtngen, Sertnäcfttniffe beS SlbelS ju ©unften ber Kirche, bafe
cinft ein minber frommer greil)err auSrief: „Qdj glaube, ber Sliagen
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filotor 210
bet Äirdje »erbaut nicht btoe Steine, fonbern gattje Burgen unb
fferrfchaften." — traurig n>ar baS Loos ber elenbcn Leibeigenen,
bie im Schweiß if)reS Slngeftchts bie abeligen unb geifttidjen üRüffig-
ganger ernähren mußten. Sie wohnten in Lehmhütten, mußten fich
mit ÜJfild), 9KueS unb Cbft ernähren, fahen nur feiten fyleifd) auf
ihrem Jifdje. ^h re ftleibung beftanb in einem leinenen £iemb, furjen
§ofen auS bemfelben Stoff unb einer fsatfe uon ungefärbter SLolle.
£)a§ SBeib trug ein £>cinb unb barüber einen geftaltlofen >Rotf. Schuhe
fannten fie nicht, faum am Sonntag Sanbalen. £ie 3)iänner muß»
ten taS £)aar furj fcheeren, langet .ftaat burfte nur bas ii>eib unb
ber freie 3Jiann tragen. 33on ben Leibeigenen forberte man Grunb»
ps, 3ehnten, £)erbft= unb gaftnachthüfjner, Gier, 2Lachs, £>onig unb
grofjnbienfte ohne 3 °^- ^ er ^ err hurfte fie oerfchenfen, uerfaufen,
fchlagen, tobten, fie waren fein mit Leib unb Seele, burften ohne
feine ^Einwilligung nicht heirathen. GS waren ÜJienfchen, bie man
als Spiere behanbeltc.
3u biefer tranrigcn 3 c it lebte 311 Olsberg im armfeligen Oih'f*
heit, oberhalb bes rcidjen Stiftes, ein ,'pöriger, beffen größter Schaß
ein SRägblein war, bas man mit Siecht baS Blümchen SLunberbolb
nennen burfte. fnlbegarb war gar nicht feine eigene Tochter, fonbern
bas ftinb feiner Schwefter, bie fich hem ^unfer »on Gptingen h> Ils
gegeben. Gr hatte bie fchöne Leibeigene 00 m Stift Olsberg gefauft
ober beffer gefagt, eingetaufefjt, fee freigegeben, als fie ÜRutter ge»
loorben. 211S fie bann ftarb, nahm ber finberlofe 33rubcr bie Söaife
äu fich, erjog unb liebte fie, wie fein eigenes Stinb. Obfchoit bas
ÜDiägblein Wohl in golge feiner Slbftanmmng alle Äittber ber Ortfchaft
an Schönheit übertraf, war fte bod) eben fo ärmlich gefleibet als ihre
SllterSgenoffen, felbft bie Jungfrau trug nichts am Leibe als ein
f)emb unb einen fRocf, ber eher einem weiten Sacfe glich unb nur
burd) hen Gürtel feftgehalten würbe.
Sroßbem hatte ^ilbcgarb, ohne es ju ahnen, baS fterj eines freien
2ftanncS erobert. Heinrich war ber Sohn eines SRauttes, ber auS
bem weitentfernten Schwpjerlanb t)ief)er gefomtnen war, erft als er»
faljrctter Senn im Äloftcr biente, bann als Lehenmann ben £>of Senn»
rncib bewirthfehaftete. 21 (s Heinrich fünfunbjwanjig Qahre 5 äfjlte,
ftarben ihm bie Gltern nacheinanber. 21 IS tüchtiger Lanbmirtl) be»
fannt, erhielt er ohne große SRühe baS Gut ebenfalls 3 U Lehen; allein
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tHoftrr Eisberg.
220
jeßt beburfte er auch einer ©attin, bie bem großen |)au3mefen oor=
juftehen ocrmochte. Sein 2luge fiel auf .'pilbegarb, ba§ ©el)eimniß
if»rer Ülbftammung mar ihm befonnt. Gr bernarb ftdj eifrig um ihre
©unft. 9lls fcfjöner häftiger 'Kamt, beffeti blonbe Socfen feine freie
©eburt bezeugten, befannt, ebenfo reblicb toic thätig, fiel e§ ihm nicht
alljn fchmer, bie Siebe bes ißlümcbens Sunberholb ju geminnen. $n
turjem füllte bie •'pochjeit ftattfinben.
2 lKein nicht Ipeinnch allein fannte bie Schönheit ber Jungfrau,
fonbem auch bem Schaffner be~3 &lofters, bem oierjigjährigen Ulrich
Schleicher, mar fie fchon längft aufgefallen. Gr mar entfdjloffen felbft
bas iBlümlein ju pflücfert, obfehott er nicht oon ferne an eine £>eirat(j bacfjte.
3 mar hatte er roeber JL 5 eib noch Äinb, allein eine Ghe mit einem Sinb ber
Siebe, bas nichts befaß, als roas es am Seibe trug, fchien ihm feiner
unmiirbig. Gr honte alfo gebulbig auf bie Gelegenheit, bie fich ihm
barbieten mußte. Saum hatte er uernommett, baß .Spilbegarö auf bem
fünfte ftehe, fich mit Heinrich 'Hittfels auf bem ipofe Sennmeib ju
oerehelichen, fo ließ er bem i'flegeoatcr ber Jungfrau fagen, ehe beren
Ipeirath ftattfinben bürfe, muffe bie Grlaubniß bes Stiftet cingeholt
roerben, ba pilbegarb bes Slofters Seibeigene fei. Sobalb bieß .pilbe»
garb bem ^Bräutigam mittheilte, eilte er ju bent Schaffner unb fragte
jiemlid) barfch, „mie er behaupten fönne, .pilbegarb fei eine Seibeigene,
ba er hoch ficher miffe, baß bie 'Kutter eine grcigelaffene mar."
„Sannft Su bieß bemeifen," entgegnete ber Schaffner falt, „fo
habe ich nichts gegen Guere ipeirath einjumetiben; allein ich bejmeifle,
ob Su eine Urfnnbe ber 5tvt oormeifen fatmft. Sir taufchten aller»
bings bie Kutter an einen Seibeigenen bes sperren oon Gptingen, je»
hoch unter bem Vorbehalt bes Anrechtes an bie meiblichen 9iachfomnten
ber Kagb. Tos bin ich bereit ju befchroören, benn ich felbft fchlojs
ben Jan ui) ab."
Ser junge 'Kann erfdjraf, öa-3 mar 3lües möglich, tarn häufig
oor unb ^ubem mar auch ber iBater ^pilbegarb'3 nicht mehr unter ben
Sebettben. Gr matibte fich an bie Slebtiffin, mürbe aber nicht einmal
oorgelaffen. Sas fei Sache bes Schaffners, hieß e§, bie fromme
fyrau habe feine 3eit, fich mit folch’ meltlichen ‘Singen 311 befchäftigen.
Ipeinrtch mar nicht umfonft ber Sohn eines Komteß, beffen Siege
in einem Sanbe ftanb, rco man fich nicht tefjeute, fein 9fed)t ber Kirche
gegenüber 3 U behaupten. Sa mirftich feine Urfutibe oorhanben mar.
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fiioftrr OUberg.
221
bie £)ilbegarbs greifjeit bewies, fo blieb ihm nichts übrig, al^ bev 3Bcg
bee <33eric£)te*. 2113 fidj basfelbe unter freiem Fimmel an ber Sing*
ftätte be§ Sfofters oerfammelte, crfcfjicn er, bie hocherrötbenbe §ilbe*
garb an feiner Seite, il)m gegenüber ber Schaffner.
Ohne auf bie flef)enben Slicfe ber 33rant ju achten, enthüllte er
bie Umftänbe il)rer ©eburt, wie e§ ihrer SDlutter ergangen unb wie
er bezeugen fönne, baß ber uerftorbcne £)err non (Springen felbige
freigefprochen. Sann legte er ben Schöffen bie grage uor, ob bie
Socffter ber greigelafjeiten wof)l leibeigen fein fönne.
Sem entgegnete falt unb gelaffen ber Sei)offner:
„geh beftreite gar nicht, baß bie SJiutter ber h>erftcl)enben ^JZagb
£>ilbegarb freigefprochen würbe burch bie ©üte if)re3 Herren, bagegen
behaupte ich, ber felbft ben Sauf cf) mit bem feligen Herren oon Gcp*
tingen abfchlojf, baß ich auSbrücHicfj bebang, e3 muffen nach altem
Siecht unb Sitte bie weiblichen SRachfontmen unfercr 22iagb be§ Stiftet
©igenthunt werben. glätte ber Sfnecht, ben wir für fie erhielten, St'in*
ber befomrnen, fo wären alle Shiaben auch lieber (Sigentljum bes Herren
oon (Iptingen geworben. So warb ber Sauf abgefchloffen, ich bin
bereit, e3 ju befchwören, obfdjon ja bie Sache an unb für fiel) Har
unb bcutlicf) ift."
So Har leuchtete fie aber ben Sfidjtern nicht ein, benn nach für»
5 er 23eratf)ung fpraef) ber tBovfißenbe:
„Ulrich (Schleicher, Sdjaffner bc3 Stiftet Olsberg unb Vertreter
ber 9 fed)te ber ehrwürbigen grau Slebtiffin unb be§ onoentes, id)
forbere Sich auf, §u befchwören, baff Su bei gejagtem Saufri) ber
SRutter ber Ipet ftehenben 2 ttagb ^»ilbegarb ben lauteren Vorbehalt
machteft, ihre weiblichen ülachfommen muffen in allen gälten bem
Stifte eigen fein. 23ebenfc aber wohl, Schaffner, bas ©eridjt be»
ftraft ben ÜReineibigett burch Stbljauen ber rechten ^anb unb barauf
folgenben Sob. Sie tpanb foll an ben ©algen genagelt, ber Ceib in
ungeweihter ©rbe oerfcharrt werben, bie Seele aber feine Sluhe finbert,
bi§ am Sage be3 lebten ©erichteS."
Stoß biefer furchtbaren Sroffuttg trat ber Schaffner oor unb be*
fdjwur feine 2lu§fage. „So wahr fein Schöpfer unb dichter ob il)m fei.*
* Siefe Strt ju ferneren fefyrt in fetyr nerfdjiebenen ©egenben in ber Solfäfage
tuieber. SBir trafen fie am fflic^elfee im fbfyurgau, bei Qberg, Äanton ©t, ©at*
len, 2 c. mit untnefentCic^en Stbmeidjungen.
r
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222
■filofter ©Uberg.
Stiad) feiner Slnfidjt hatte er feinen ÜDJeineib gethan, benn er [}atte in
fein £>aar ben S'amm geftecft, ber in ber SotfSfprache „dichter" Reifet;
ferner trug er auf bem Sopf einen „Schöpfer", wie ifjn ber ©ernte
gebraucht. Seibe ©egettftiinbe burcf) bett großen ©ugelf)ut Bebeeft.
®ie ©efdfworenen fonnten niefjt anberS, £>Ubegarb warb bem
SHofter et (3 Seibeigene gugefproefjen. Sit S fie baS Urtfjeil oernaf)m,
beffen golgen fie leicht begriff, brach fie gufammen, erholte fid) aber
fchnett, als if)r §>einrid) guraunte:
„Sfluth, ©etiebte, id) rette Oid). Seoor eS SDiitternadjt wirb,
bift ®u frei. 2Bir fließen in meine ^jeimattj."
©ebutbig ging fie oor bem Schaffner tjer, ber ihr fpottenb gutief:
,,©rft bienft Ou mir je^t atS foigfame Söiagb. 2)ie geit tt>irb
lehren, ob id) fpciter an üDir fjanbte, wie ber §err oon ©ptingert an
deiner Butter."
9J?it ©rauen burd)fd)ritt £)itbegarb ben §wf beS SiofterS, beffen
eifenbefdjlageneS £E)or fnarrenb hinter ihr gefd)Ioffen warb, ©ine um
fägtidje Slngft befiel fie, atS fie bie ftarfe SJJauer betrachtete, weiche
bie ©ebäube umgab. 2öie fußte Heinrich fie (per herauSt)olen? ®a
fiel ihr Slicf auf baS Sitb ber Sftutter beS £>eilanbeS, baS in einer
9?ifd)e ber Sfirchenntauer ftanb. ©3 fd)ien ihr, bie ©nabenreid)e tädjle
ihr gu. ©in ftitleS ©ebet ftieg gu berfeiben empor, bann trat fie in
bie @d)affnerei, wo @djtetd)er fie einer aiten 3J?agb mit ben SB orten
übergab:
„®a ift baS Sftäbdjen, thue mit ihr, wie id) eS befohlen/'
Sftit grinfenbem Sachen führte bie Sitte §ilbegarb in baS SBafdp
tjauS, wo bereits ein Sab für fie bereit ftanb. ©ie muffte fidj ent*
fieiben unb oon ber Sitten am gangen Seibe mit ©eife wafdfen taffen;
Währenb weld)er Strbeit fie taut bie Schönheit £)ilbegarbS, ihre garte
£>aut, bie deinen £>änbe unb güffe, bie üppigen gönnen ber guttg*
frau rühmte. SllS fie biefelbe gut abgetroefnet, tegte fie ihr ein SRöcftein
an, baS oon ben §üften bis etwas über bie $niee reichte, oon einem
©ürtei feftgehalten Würbe. Oberleib, Seine unb Sinne blieben naeft,
an jeben Oberarm tegte fie ihr einen breiten 9ting, baS geidjen ^ er
Oienftbarieit. *
- •
* ßleibung einer reibeigenen SKagb, nad) einem aiten ^olgfd^nitt. ©ie$e auc$
©rimrnS $Rec§t3aItertfyümer. 2öir erfinben feine $oftüme, fdjilbern ßieibung unb
©itten nur nac§ urfunbiie^en 9ta$rid)ten ober aiten 3ei$nungem
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■filoöer ©lebtrg. 223
„(Bo, mein füfeeä Saubren," fcf»rie &ie 9llte, „je§t Bift 2)u ein
wahrer ©ngel. 91 d) welche ^reube wirb ber $err empfinben, menn
iljn biefe Cilienarme umfd)lingen!"
„9lber idf merbe borij nic^t fo nadt einhergehen ntiiffen?" fragte
fie ^ilbegarb.
„®od), bocf), mein Stäubchen, fo befaßt e3 bet £>err nnb fo ift
ftet3 bie leibeigene Sfüchenmagb gefleibet. 93orberf)anb Ijilfft $>u mir
in ber Stücke, bem Herren eine gute SJtahlgeit bereiten, üielleicf)t heifet
er SDid) miteffen unb nadlet-Sta, ba3 mirft ®u bann fdjon
inne werben. SJtan ift eben leibeigen."
SJtit gefenftem frnupt, 3Tt)X'änen in ben Slugen, trat ^nlbegarb
in bie $?üd)e. S)?it jeber Minute mehrte ficf) i£)re ^urdjt unb bie ©e=
wifeheit, baä Cpfer eine3 (Schürfen gu werben. 2>och wo bie 9iotf)
am größten, ift ©otte§ £nlf am nädjfteu. 9lu3 ber 9lbenbmal)lgeit
mit bem Schaffner warb e3 nid)t§. £?aum oom ©ericfjt gurüd, berief
i^n bie 9tebtiffin unb beauftragte il)n, fofort nach 9^Ejeinfelben gu reiten,
bem Sdjultheifeen bafelbft wichtige Briefe gu bringen, ©crn ober un¬
gern, er mufete gehorchen, fonnte oor Stacht faunt gurüd fein, obfebon
er fein Sßferb nicht fdjonte.
91(3 Heinrich bie SDingftätte oerließ, fdfäumte er oor 28uth, be*
fd)aftigte fich aber fofort mit ben SBorbereitungen gur Stettung feiner
©eliebten. ©r rannte nach Stljetnfelben, gu einem ihm bekannten
33ürger. Schnett war ber §>anbel gefdjloffen, bie furggefafete Urtunbe
geichrieben, fraft beren er bem 23ürger att feine ga()rl)abc oerfaufte,
ba3 ©elb bafür erhielt. 911 3 er bie Stabt oerliefe, fah er ben Schaffner
einreiten, ohne oon ihm beachtet gu werben. Qu einem Sauf ftürmte
er heim, befahl ben treuen Unechten, ba3 93ief) naef) Stheinfelben gu
treiben. 9113 fie ihn ftaunenb aitfahen, geftanb er ihnen, bafe er ge*
fonnen fei, bie ©etiebte gu befreien, in feine $eimath 3 U fließen.
„£)err," fpradjen bie Jünglinge, „auch wir bürften nad) Freiheit.
Stimm un3 mit, lafe un3 frei unb wir fteljen ®ir bei, SDeine §ilbe*
garb gu befreien. 9lttein wirft ®u fie fcfjwerlicf) retten."
Stad) einigem 93efinnen fdjlug Heinrich ein. Shtng fottte mit bem
9Sieh nach Sth^infelben. Stuobi füllte fid) in Cumßen, beflebte ba3
©eftdjt mit einem grofeen Sßflafter, nahm gwei Striiden, bie Heinrich
.fchnett hergeftellt unb ging auf abgelegenen fßfaben bem Stlofter gu.
Heinrich folgte, wohlbewaffnet.
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224 fllcfltr (DUbcrg.
gngmifcfeen mar e§ S^ac^t gemorben. (Sin ©emitter nafete, 33Ii^
unb ®onner folgten ©cfelag auf ©cfelag.
„2Ber ift braufeen?" fcferie ber Pförtner am i£feore, burcfe melcfeeS
man, oon ©iebenacfe feer fommenb, in ben §of gelangte, ben bie
©cfeaffiterei, ©cfeeune unb (Stallungen umfcfeloffen.
„©in armer Krüppel bittet um ©inlafe; bei bent fcfererfticfeen Un«
metter um ein Obbacfe."
SDcurrenb öffnete ber Pförtner. ®er Krüppel feinfte langfam an
feinen Brüden feerein, fo tangfant, bafe ber Pförtner ungebulbig rief:
,,©i, fo madfe’ bocfe, foll icfe um Seinetmilten aucfe nocfe nafe merben!"
3)a trat ein grofeer, ftarfer äftann auf ifen gu.
,,2öa§ ift ba§, ma§ millft £u," fcferie ber SBäcfeter. — ©ine
Slntmort erfolgte nicfet. ©ifenfäufte fcfenürten ifem bie ©urgel
gu. cmbere £)änbe oerbanben ifem ben SD?unb fo, bafe ©cfereien
unmöglicfe mar, feffelten ifen an «fjänben unb güfeen. (Dann marb
er in ben ©raben bor bem Sfeor gemorfen, ber gum ©tücf ofene SBaffer
mar. SllSbann fcferitt ber ©rofee über ben £>of gur (Scfeaffnerei, beren
ü£feüre er beim Scfeein ber SBli^e leicfet fanb. ©r trat in bie Sfücfee,
mo bie alte üöfagb am |>erbe ftanb.
„2öo ift §ilbegarb?" bonnerte er ifer gu, ,,füfere micfe gu ifer,
menn ®ir ®ein Ceben lieb ift."
Ü5ie Sllte ftarrte ifen mit aufgefperrtcm Sftunbe an. ©r trat an
fie feeran unb fcferie ifer in ba§ Ofer:
„2Bo ift ^ilbegarb; alte £>eye? geftefee, ober icfe tobte 2)icfe!‘‘
„.<piev, ^einricfe, feier, in ber Kammer, fie feaben micfe eingefperrt,"
rief jefet eine meiblicfee (Stimme, bie burcfe bie anftofeenbe ütfeüre gu
fomnten fcfeien.
®er ÜDJann ergriff eine 9ljt, bie in ber St'ücfee ftanb. ©in ©cfelag
unb bie ütfeür flog in krümmer, ^ilbegarb lag an be§ 9ietter§ 23ruft.
„gort, fort," rief er, „mir feaben feine 3 e tt oerlieren."
„^einricfe," ftefete fie.
ge£t erft gemaferte er ifere leicfete Sleibung. Söae mar gu tfeun?
„S'omnt," fcferie er, „ba§ ift S^ebenfadje," nafem fie bei ber £)anb
unb gog fie au§ ber St'ücfee, um al§balb oon fecfeS S’necfeten umringt
gu merben, melcfee ba§ ©efcferei ber Sitten feerbeigerufen. ®a§ ©cfemert
flog au§ ber ©cfeeibe, allein er märe fcfenell übermannt geroefen, ba.
fam ein ©tement gu feiner £>ilfe. gm 3^3^ fufe* i)er eleftrifdfee
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€Uo|&r ©Uberg.
225
Strom gur ©rbe, tagßeß marb eS im §ofe, gräßltcß fragte ber
Bonner unb mit einem Scßlag fußr bie Soße empor gum $immel.
„£>ie Scheune brennt! bie Scßeune Brennt!" fcßrie eine Stimme.
SDie Sfrtecßte ließen ab oom Kampfe, rannten, baS 33ieß gu retten.
Slutrotß färbte ficb bie fernere ©emittermolEe, bie über bem Sßate
ßing. Scßauerlicß geulte bie Sturmglocfe, ©ntfefjen ergriff bie Tonnen,
benn je§t bradß ber Sturm toS, ber bem ©emitter folgte. Sßeit um»
^er flogen bie brennenben geßen ber Stroßbäcßer, unter ber SBudßt
beS rafenben SBinbeS bog fuß bie Spi^e ber Soße um, ergriff bie ©e«
bäube beS SUofterS fetbft, beffen gnf affen nur an beS SeibeS fftettung
bacßten. Stof} aller ßerbeigeeilten §ilfe mären, als ber Sag anbradß,
Äircße, Stift unb CeEonomiegebäube nicßtS als ein Raufen Scßutt
unb raucßenbe Srümmer, bei bem bie Tonnen gitternb unb betenb
ftanben. ÜRidjtS mar gerettet, fetbft baS Slrcßio üerbrannt.
fmcß oben am Sßalb, burcß ben ber SBeg oom SMofter nacß fRßein«
felben füßrt, ftanb an eine ©icße gelernt ein Sttann, an ben ficß ein
2Beib fcßmiegte. Seine breite öruft ßob unb fentte ficß langfam, mit
roKenbem Sluge faß er bem 33ranbe gu, fein 2lntliß leuchtete oor mil»
ber greube. Runter bem ißaare ftanb läcßelnb ber oermeintlicße
Krüppel, jeßt ein fcßlanEer, Iräftiger Jüngling.
„5)eS Rimmels geuer ftanb unS bei," rief mit erregter Stimme
ber -äJtann.
„Unb ber äftenfcß geigte bem geuer ben SBeg," murmelte ber
gfingling.
£)ieß maren bie eingigen Söorte, bie fie fpradßen, bann faßen fie
mieber fcßmeigenb bem entfeffetten ©lemente gu, baS mit rafenber
SButß fein 93ertilgungSmerE fortfeßte, bis enblicß baS SBeib ftüfterte:
„$einridß, micß friert."
©r bog ftcfj gu ißr ßinab, füßte fie gärtlirfj unb entgegnete ßalb
leife:
„fiontm, liebeS $inb, ®u bift gerädßt; jeßt moHen mir aber an
unfere Süßerßeit benfen."
©r faßte fie um ben Seib unb gog fte rafdß fort, gn feinem
.'paufe fanben ficß üon ber oerftorbenen ÜÖZutter ßer Kleiber genug.
2BaS leidjt gu tragen mar, fcßnurten fie in gmei 33ünbel, bie £>einricß
unb 9iuobi auf ben SRficfen marfen. 2Boßt öerfeßen mit SebenSmitteln,
um nicßt gleicß eine menfcßlitße SSßoßnung betreten gu müffen, eilten
Som 3ura jum «S^lüarjiralb. IX. 15
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226
Älofter ©Uberg.
fxe fort, auf einfamen SBegen bem untern ^jauenfteinpafj gu. ©rft
als fie ftcfj in ber Stäbe üon ©iffadj befanben, ber Sag anbracb, Der»
fdjwanb bie 9?ötf)e am §>immel, baS geidjen 23ranbeS, welches in
wenig ©tunben baS grofje (Stift oergeljrt hatte.
Söer aber im uäd)ften ©ommer an einem geiertag über bcn
©teinerberg hjnwanbette, tonnte auf ber Söanf öor einer ftattlicf)en
©ennljütte einen rüftigen gurten fefjen, neben bem ein blüljenbeS SBeib
in ber einfachen Sradjt ber bamaligen £>irtin fafj, auf bem ©c^oße
einen munteren ©äugling fdjautelte. ©in einfacher Sßotlrocf, ber
taum bis über bie Sfrtiee ging unb auS beffen 2lrmlöcf)ern ber fchnee-
weifte, Weite £>embätmel fteroorquoll, bilbete ihren ganzen Slngug, bem
fie bei fdjledjtem Söetter einen fdjtic^ten Söoümantel beifügte, in beffen
Stapufce fie baS Raufst JjüHte. Sieben ihnen faften auf §olgblö(fen
gwei träftige Jünglinge, wie ber §err mit bem einfachen furtenftemb
befleibet. SaS war nun Heinrich SlmfelS, ber treue ©enne beS rei¬
chen ©tauffacfter gu ©teinen, mit feiner ©attin, £>ilbegarb, ber an¬
geblichen Ceibeigenen beS ^lofterS Olsberg. Sie beiben Sfrtechte,
Stung unb Stuobi, waren jefct auch freie Canbleute im ßanbe ©cftwbg.
vin.
.Süffiges .Seben tn fMsberg.
Ser furchtbare 23ranb halte bie ©efunbf)eit ber alten Slebtiffin
©utta oon ©chliengen fo erfdjüttert, baft fie halb barauf baS grbifcfte
mit bem ©wigen oertaufchte. Stur tangfam erhob fid) auS bem ©chutte
ein neues ©tift. Ohne bie 33eifteuer beS umliegenben SlbelS wäre
eS ber neuen Slebtiffin, 23erd)ta oon Shierftein, taum gelungen, ben
Neubau Würbig herguftellen. Unwahrfcheinlich ift baher folgenbe ©age
üon bem 8 eben ber Tonnen gur 3 e ^ 33erd)ta’S:
„Sttit bem großen Vermögen beS StlofterS wuchs auch ber welt¬
liche ©inn in feinem gnnern. gm Stlofter gab eS halb lauter SBatang*
unb Spieltage. Sttan 30 g hinaus in bie groften SBucftenwälber beS
gura unb hielt ba 2 )taien[äfte unb ©ommerfrifdhe, aber nicht wie ber
einfache Canbmann, ber um biefe 3 eit oon harter Arbeit in einem
©ennhofe auSruht. Stein. Stuf ben grünen SJtatten fchlug man
Jütten auf, um barin ungeftört unerlaubte greuben gu genießen.
Sie ©ebetftunben oertangte man mit ben jungen Slbeligen unb StatljS»
herren üon Stbeinfelben. Sie Stunbe oon folgen StuSfcftWeifungen tarn
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filoßer OUberg.
227
ettblich auch p beit Ohren beS GtfdjofS oon Gafel, melcher einen ©eift«
liehen nacf) OlSberg fanbte, bie Elöfterliche ßuc^t unb Orbnung h et5
pfteKen. Allein ber Abgefanbte trat auf ebenfo garten, als unoer«
hofften SBiberftanb. Aebtiffin unb St'onoent oerfammelten fid) in ber
.tirche unb eröffneten bem unbequemen Reformator, fie feien ent«
fd)loffen, jeben Eünftigen 23ringer foldjer SBotfdjaft fofort tobt p fragen
unb p Beiden.
35er fromme ÜRann BeEreujte [ich, oerließ baS entmeiljte ©otteS«
E»attä unb brxidfte am AuSgang feine £>anb in ben S^orftein, als märe
berfelBe üon 2öa<hS, babei rief er ben Rönnen p: *
„Rie ift Olsberg offne Grob, aber auch niemals offne Roth-""
Oiefe (Sage trägt ben Stempel echter GolfSfage, inbem fie jmei
fern ooneinanber abliegenbe Gegebenheiten in ©ine pfammenpht unb
nach ben Sitten formt, bie pr geit ihrer ©ntftehung geherrfrf)t haben.
Rotorifch ift, bajf unter Gerrf)ta oon Shierftein bie ©infünfte
nicht hinreichten, ben erlittenen Sdfabeu gut p machen, fonbern baff
biejf nur burch frembe £jtlfe möglich gemacht mürbe. Gon Reichthum,
ber bie Rönnen p AuSfchmeifungen üerleitete, fann alfo bantalS feine
Rebe gemefen fein. ßmeitenS f)atte ber Gifehof Oon Gafel gar fein
Recht, fich in bie Angelegenheiten beS SlofterS p mifchen. Sämrnt«
liehe OrbenShäufer ber Gernharbüter maren oon jeber bifchöfliihen Auf«
fid)t befreit unb ftanben bireft unter bem ißapfte, melcher bie Gifi«
tation ber meiblidhen Stifte einem benachbarten Abt beSfelben OrbenS
übertrug. So ftanb eben Olsberg unter ber Auffidjt ber Aebte p
Gü^el. 2öir glauben aud) nicht, bafs bie Sittenüerberbniff in ben
Älöftem fchon im Anfang beS breigehnten QaffrhunbertS eingeriffen
mar, bafür hot man nicht ben ntinbeften RachmeiS. dagegen pafft
bie Sdjilberung beS auSgelaffenen Gebens ber Rönnen feffr gut für
baS fünfzehnte ^ahrljunbert unb mir merben unten felfen, baff ber
Abt oon Gü^et fich um jene $eit genöthigt fanb, energifch gegen bie
grioolität ber Gemohnerinnen oon Olsberg einpfchreiten. Giel jeit«
gemäßer ift bie ©rjählung Sebaftian SRünfterS, melcher fchreibt:
„Oie Aebtiffin Gerchta oon 25f»ierftein hotte einen §ofmeifter
(Schaffner, ^lofteroogt), ber gegen bie Armen äufferft hört mar, feine
Almofen geben mottte. ©ineS OageS erfchien ein Armer an ber Sflofter«
Pforte unb Bat im Ramen ©otteS um eine fleine ©abe. Oer Xfyox*
* SRoc^^olj. Sagen au8 bem Stargau.
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228
filojtar CDUbtrg.
Wärter fuhr ifjn hart an unb rief, ba ber'Settler nicht wetten wollte,
ben ©djaffner gerbet, weither bem Strmen mit ©djlägen brotjte. @r=
Zürnt rief biefer: Date et dabitur vobis! (©ebet, fo wirb auch euch
gegeben werben.) £>abei brücfte er feine $janb in ben Sfjorftein,
alfo baß alle fünf ginger ftdjtbar blieben. 3>er hierüber erfcßrocfene
^jofmeifter machte ber Slebtiffin Slnjeige. Oer Sirme war unb blieb
oerfdjwunben. ©ie aber befahl, tro^bem baS «Stift burd) ben Sranb
fdjwer gelitten, l)infür feinen Sinnen unbefdjenft oon bannen ju taffen.
Oer ©tein würbe im Sauernfrieg weggeführt."
Oiefe ©rjä^lung mit ihrem SBunber am ©djluß, paßt oiet beffer
in ben Slnfang beS breije^nten gafjrhunbertS als bie ©age oon ben
auSfdhweifenben Tonnen.
Stuf Sercßta oon 3:§ierftein folgte als Slebtiffin gutta oon 2fluß=
badj, Weldje ben Neubau ju ©nbe führte. Son 1230 an regierte
93runf)ilb oon SJtünd&enftein, Welche eS oerftanb, ihrem ©tift ben ©lang
beS SBunberbaren ju oerleifjen. ©dljon unter ©iSbeth oon ©ptingen
hatte wäljrenb einer anfjaltenben Oürre ber fromme Seidjtoater ©ott=
frieb, ein zweiter StfofeS, eine Duelle neben bem Slltar emporfprubeln
iaffen, bie beute nod) in ber £irdje ju feigen ift. Unter Srunljilb
oon SKündjenftein aber lebte im ©tift eine fromme ©djwefter, bie
wäljrenb elf galjren nichts tranf. Söahrlidj ein SBunber in einer
ßeit, wo man einer Sionne täglich eine 9Jtaß Söein oerabreicßte.
gerner befam ber achtzigjährige, faft blinbe Seichtoater, fieben neue
ßähne unb ba§ ergraute £>aar warb wieber fchwarj. Stuf Serdjta
folgte SÖiedjtilb oon ©dhauenburg, beren ©Item, Serdjtolb unb 9Jlecß=
titb, bem ©tifte große Sergabungen machten, ©ie überließ ben geift»
liehen |)irtenfta6 an SlgneS, dicta bie SRicßinnen, weither Sfönig 9?ubolf
1283 bie SRedjte unb greiheiten ihres ©tifteS beftätigte.* 1335 herrfdjte
laut Urfunbe ©ISbeth oon ©ptingen, welche ben ©tab aus ber $anb
ber fterbenben ©ufanna, auS bem abeligen $aufe ber ßielempen ju
iRheinfelben, empßng.
gfjr folgte im Slmte ©lifabeth oon ^erenfon, worauf SlgneS, dicta
äRafcerin, 1359 in einer Urfunbe als Sorftefjerin oon Olsberg erfdjeint. *
* SBarum Seb. 3Dtünfter in feiner auf Stnfudjen ber Siebtiffin Äat^arina oon
fjersSberg angefertigten ©efcfndJte beS ©tifteS Disberg biefe Siebtiffin SlgneS toegläfjt,
ift un8 um fo unbegreiflicher als fie mehrfach in noch Oorbanbenen Urlunben er*
fcheint. SBar fie ioohl nicht fo Bodjabetig toie ihre Stitfehtoeftern, oon benen man
ben SladjtoeiS oon acht abeligen Sthnen forberte?
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filojre OUbtrg. 229
9Nit biefer Slebtiffin fdE>Io§ bie lange Steife oon ©ütertäufen,
Släufchen, SchenEungen unb Stiftungen non Qaf)t§etteu, weldje baS
StnfangS Keine Stift ju einer reichen Slbtei erhoben; benn eS fdjeint,
ber ©eift, ber Slnna oon groburg befeelte, fei unter ihren Nachfolgern
aus ben heiligen SNauern entflogen unb bie Sräute beS armen ©otteS»
foljneS hätten ficfj oieltnehr bemüht, ein befchaulidjeS 3Bof)Ueben ju
führen/ baS i§nen bie reichen QrinEünfte beS Stiftet gemährten. 2)ie
NeaEtion begann.
Unter ber Slebtiffin üttargaretha oon 33aben, gebürtig aus Safet,
entftanb Streit swifdjen gtuei ^Bewerbern um bie ißfarrfteHe §u 9Nag*
ben, beren ÄoUatur bem Säfte juftanb. ßum erften SNal feit feinem
Seftanb 30 g baS Stift ben Bürgern, über Sorfteherin unb JEonoent
Würbe bie niebere ©yfommunifaäon oerhängt, ©rft nadjbem ftch bie
grauen gebemüthigt, würben fie oon bem päpftlichen Slbgefanbten
freigefprodjen, 1374. Sluf SNargaretha folgten in ber SBürbe ber
Siebäffin Serena oon bem alten ©efcfjledjt ber Scaler in Safel;
ftarb 1389; SKara, oom §aufe ber 2/cuchfef$en 31 t SR^einfelben, ftarb 1391.
SHara oon NtanSberg, welche baS Unglüd hotte, baS Klofter abermals
in glommen aufgehen 3 U feljen, hmr ihre Nachfolgerin.
®er Söieberaufbau ging langfam oon ftatten, eS mangelte
bie Ouinteffens beS Gebens, baS ©etb. £>ie geiten hotten fid) ge»
änbert. ®ie großen ©rafengefdjlecbter oon galEenftein, Xhierftein,
£>onberg, |jabSburg=Gauffenburg, waren erlofdjen ober felbft arm.
j)er niebere Slbet oielortS auSgeftorben, nidht mehr im Stanbe, reiche
Seifteuem 3 U geben. 2)er reiche Sürget hielt eS für unnü§, an ben
Sau eines SäfteS 3 U ftenern, baS nur aftabelige Züchter aufnahm.
Sluf ber anbern Seite hotten oornehme Sefudje unb baS nach unb
nach immer freiere Geben ber Nonnen, ber Slufwanb ber Slebtiffin,
bie ginansen 3 errüttet; fo bafj enblidj ber Slbt oon Gütjel fidh °er=
anlajjt fah, bie Orbnung herjufteden, waS ber Nachfolgerin SKara’S,
ÜRargaretho oon ®achSburg, nicht gelingen wollte, ©rft bie folgenbe
Sorfteljerin, Slnna NHiller oon Gieftal, eine ^Bürgerliche, oerftanb eS,
Orbnung in baS oerfallenbe Stift 3 U bringen, fie regierte einunb»
breifjig galjre unb ftarb 1517, als bereits baS SGehen eines freiem
* Sind) biefe Slebtiffin übergebt Seb. SJlünfter tcobl aus bemfelben ©tunbe.
ägneS SRafcerin toar offenbar eine SSürgerlidje.
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230
fiUflrr KHtberg.
©eifleS ftd) fühlbar machte/ ber bem klojterleben ben Untergang
bringen foUte.
IX.
3>es 3Ut|s(jOTit t^djter )» ^beittfrfbe«.
SBäfjrenb Stnna ben krummftab führte, fam bie ©attin beS StatfjS*
Herren küfer ju 9t^einfetben mit einem Dödjterdjen nieber. Die ©e*
burt beSfelben braute 3J?utter unb kinb an ben fRanb beS ©rabeS. Qn
feiner Slngft um bie t^eure ©öcfencrin getobte ber 9tattj8t>err, baS kinb
ber 9Kutter ©otteS unb ihrem ©ofjn ju meinen, menn ihm SJtuttcr
unb Döchterchen ermatten btieben. ©ei eS nun, baß bie ©ebenebeite
munbertljätig einmirfte, ober baß bie Bräftige Statur ber 9JathSherrin
über ben brofjenben Dob ftegte, furj bie SBödjnerin genaS unb bie
Dodjter mudjS mit ber 3 ß it 5 U einer btüt)enben Jungfrau heran.
SJtan liefe i§r in ©etracfet ihres jufünftigen ©tanbeS eine fefer gute
©rjietjung angebeihen, natürlich gemäfe ben 93erfeältniffen jener 3eit.
SlgneS küfer lernte fdjreiben unb etmaS rechnen, ja ber miirbige ©tabt*
Pfarrer gab ftd) bie gröfete ÜDtübe, StgneS, bie -jufünftige 93raut (Stjrifti
in ber ftircfeenjpratfee, bem ftajfifdjen (!!) Catein ber 2J?öncfee unb
Pfaffen beS fecfeäjef)nten ^aferfeunbertS ju unterrichten, fo bafe fte
menigftenS bie ©ebete unb Citaneien oerftanb, meldje fonft ber gröfete
Dljeit ber Tonnen medjanifch unb ofene alles 93erftänbnife herunter leierte.
Äörperlidj freilich glich 9lgneS nicht oon ferne einer Himmelsbraut,
»iel eher einer irbifdjen ©öttin ber Ciebe. ©ie mar grofe, ftarf gebaut,
ohne befemegen an ber Söeichheit meiblidjer formen einjubüfeen, im
©egentljeil erfdjienen biefetben in üppiger gütle. Der fWunb mar
Kein, bie leichtaufgemorfenen Cippen bargen jmei Leihen tabeUofer
3ähne unb ihr blaues Slugc ftrafelte jnmeilen nicht minber als mie
baSjenige einer SlStetin. Qh r ©lief mar offen, frei, fie mar nicht ge*
mohnt, ihn an ben 33oben ju heften, mie eS bie frommen thun, nteift
um befto beffer nach beiben ©eiten ju fehen. Qh r ©erftanb mar !lar,
menn auch noch oon bem ©eift ber 3eit befangen, ber ba glaubte,
bie Stonne ftelje bem Himmel meit näher als baS recht]efeaffenfte 335elt-
finb. Doch beburfte eS nur ber ^Belehrung, um fofort ben ©djleier
aöjufdjütteln, ber ihr geiftigeS Sluge noch oerhüllte. Sin irbifdjen 93er*
cfjrern hätte eS ihr natürlich um fo meniger gefehlt, als man mohl
mufete, mie oiete gute ©iiltbriefe in baS 33aterS Drulje lagen, fo bafe
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«l*#rr OUterf.
231
aucf) bei einer Steilung unter oier fiinber, AgiteS ein VetrficbtlicßcS
erben tnujjte. Afleht ba eS ftabtbefannt war, ju welchem ^eiligen
©tanbe bie ©Item iljre Jocfjter beftitnmt Rotten, hielt fidj auch ber
Süljnfte ferne.
Ohne ju roiffen, was Siebe ffeijjt jroifchcn SRann unb VJeib, ^atte
Agnes iljr neunzehntes §afjr prücfgelegt unb warb nun als SHmijc
nad) Olsberg gebraut. (Sin ©djauer freilich crgyiff bie Jungfrau,
als bie Pforte ftd) hinter il)r fchloß unb fie bie Sfäunte betrat, bie fie
bi§ an ihren Job nicht meljr oerlaffen fällte.
§tn Slofter Ijatte ftd) injmifdjen eine grofje Verünberuttg pge«
tragen. ®ie bürgerliche Aebtiffin Anna 2)?üßer lag feit einigen Qalj»
ren int ©rabe unb an ihrer ©teile regierte eine alte, abelSftolje £>ame
Katharina oon ©chönberg. £>ie fecbSäigjäljrige 9ionne war in ihrer
^ugenb fdjön gewefen unb hotte ftetS einen bittern ©roß gehegt ge»
gen bie bürgerliche Vorgefefcte, bie mit alten Srüften baS mehr als
nur leichtfertige ©ebaljren ihrer ©chäftein p oerbeffern fuchtc. 9tur
einer ißlebejerin tonnte eS je einfallen, bie Vergnügungen abeliger
©djweftern p ftören. SDtan war hoch nicht im Slofter, um 51 t fingen
unb p beten unb ber 9lonne mar boch getoifj bie Verleihung gewiffer
©ünben ficher, befonberS wenn ber SDiitfchulbige ein OrbenSbruber
mar. ®a§ bie Sttüßer bieS nidht begreifen tonnte, zeugte ja gerabe
oon ihrer fdebejijchen ©efinnung. Saum mar Satfjarina atu ©teuer,
fo mürben bie ©chranfen niebergeriffen unb bie alte Oante freute
fnh innig, ben jüngeren abeligen SßJitfcßmeftern im oollften Sßiafje
p gönnen, was fie felbft genoffen, ehe bie bumme ©anS oon Cieftal
Stebtiffin gemorben. ®amit aber nie miebcr eine Vürgerliche ben
Sruntntftab in bie $anb befomtne, foßte burchauS feine meljr als
ßlooip aufgenommen, an ber ftiftungSgemäfeen Abelsprobe feftgehalten
werben. ©S beburfte baher oieler Vemühungen beS ©tabtpfarrerS ju
SRheinfelben, in beffen f>anb ber SRathSherr feiner ßeit baS ©elübbc
abgelegt unb ber fräftigen gürfpradje beS AbteS ju Cü^el, beS geift»
liehen Oberhirten 31 t Olsberg, ehe Satfjarina oon ©dhönberg fich ent»
fdjlofj, Agnes Süfer als Sftooije anzunehmen. ©ie that eS, im Vorfag,
ber angehenben S'ionne baS ©tift Olsberg grünblich 5 U oerleiben unb
fte burdj aße möglichen Ornaten bahin ju bringen, baß fie freiwtßlg
ein anbereS Slofter jura Aufenthalt mahlte. AgneS tonnte ftd) beS»
halb auf ein marterooßeS Seben gefaxt machen. ^h rc reine ©eele
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232
Der UJHge Uaner tmb btr ffianboogt.
ahnte freilich nichts oon bem, maS eine boshafte 9lonne ju tljun im
Staube ift. £)ie erfte Stunbe fcfjon tiefe fie inbefe SBöfeS ahnen.*
(Stumm, mit einer ifyx gong unhefannten 33angigfeit betrat 2lg?
neS bie bunfeln SRäurne beS SflofterS, bie unheimliche Stille in ben
langen ©ängen, baS geifterartige ©rfdjeinen ber neben ihr oorbei*
feufchenben ©eftalten, beren blofee güfee fein ©eräufdj oerurfachten,
baS Stiles mirfte beflemmenb auf ifere 33ruft. 3 um erftenmal moUte
fie leife bereuen, baS Slofter ju ihrem lebenslänglichen Slufenthalt
gemähtt ju höben. £)och eS mar ja ber SBille ber liebenben ©Itern
unb biefe mufeten beffer miffen, maS ju ihrem ©lüde biente.
©c$lufc folgt.
Der lißige Inn tmb in fmteogt.
Sott ffi. frobmamt in Sttingen.
33on einem Canboogt — mag berfelbe nun auf ber 33urg 0-ürften*
ftein, Sfchepperlin im Qura ober fonftmo gemaltet höben — ber oon
einem SBauer überliftet mürbe, ift bem 33er f aff er folgenbe ©efdjichte
mitgetheilt roorben.
©in Canboogt hötte einft bei einem feftlidjen Slnlaffe unter an*
beren ©äften auch einen flugen, oerptänbigen dauern ber Umgegenb
jum 0-eftmaf)le eingelaben. SllS bei fröhlichem 33etf)erf(ang bie ganje
©efettfdjaft allmälig recht heiter gemorben mar, mürbe unter Slnberem
bie Söette oorgefchtagen, betnjenigen einen ißreiS oon 100 ©utben ju
oerabfolgen, ber bie gröfete Cüge oorjubringen miffe.
®er Canboogt begann nun folgenbermafeen:
* ®a8 golgettbe ift uun Ieine8h>eg8 9ßl)antafie, fonbern eine getreue ©gilbet*
ung bee Jtlofterlebemb im fünfje^nten unb fed^je^nten 3a^rBunbert, mobei hnr un8
nur ber feinften garben bebienen. Sefer, bie an unferen SBorten jtoeifeln, berfoeifen
toir auf bie Duellen, aub benen Wir fcfiöbften. gelij §ämmerlin, de nobilitate etc.
— ©tumBf, ©efcfjicfyte gejerb lib. 13. Rap. 33. 34. — ©luntfdjli tUiemor. Sig.
SRüti, ©mbracfi. — Sitten bei ber Sluftyebung baherifd^er ffilöfter. — Satb. SDlont,
Slonne ju SJtontreal. — ®gli. Urtunbenfammlung aub ber Deformation. Slrt. ®fenn,
Cetenbadj. ©tynobatberic^te. 3Ran ioirb finben, bah unfer 3Süb ein fetyr blaffeä ift.
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Der lißigt Harare nnb öer Cmxfcoogt.
233
^ch befafj auf einem meiner f>öfe einen Söeiher, ber 100 3 UC B 5
arten grojj mar. Son bem ihn umgebenben ©idjmalb fiel Bei ein«
getroffenem Stegenmetter eine rieftge (Sic^e hinein, fo baß man nichts
mehr baoon fah- 9hm rathfcblagte man, mie fie herauSgefdjafft merben
fönnte. (Siner ber £nccf)te gab nun ben Statt), einen SBudjerftier,
ben man mäfjrenb brei Sagen nicht gum Srunnen gelaffen hotte, an
ben 28eifjer gu führen. SaS Sljier hotte in ben brei Sagen einen
foldjen Surft betommen, bafj eS ben Söeifjer uöllig auffoff unb man
ben ©djbaum leicht herauSfchleifen tonnte.
hierauf antroortete ber Sauer: baS fönne mofjl möglich fein,
©r miffe aber nod) eine Cüge oorgubringen. Ser Canboogt, ber fcf)on
recht tüchtig gelogen gu haben glaubte, mar begierig, biefelbe gu hören.
Ser Sauer erzählte bann golgenbeS:
2118 ich einft mit bem pflügen eines großen 2lder8 fertig ge«
morben mar unb einige 3 e ü gefäet hatte, befant ich f e h r toorrn unb
gog baher mein Storni)ol au§. Unb fieh ba! als ich rüdmärtS fdjaute,
mar ba bereits ein ^anfftengel gu beträchtlicher fjöfje aufgefchoffen
unb an biefen hing ich mein Stamifol. 2118 ich bann ben gangen 21 der
angefäet hatte unb baS £amtfol rnieber angieljen roollte, fo fah ich *3
gu meinem grofjen ©rftaunen faft am pmmelSgelte broben flattern,
inbem ber ©tengel unterbeffen fo hoch gemachfen mar. 2Ba3 mar ba
gu machen? Qd) Hetterte feefen SJtutheS (ji nau f unb als ich oben
glüdlidj angelangt unb liebliche Gmgelftimmen erf^alten hörte, ergriff
ich utein .tamifol unb fdjmang mich oermittelft beffelben in ben £>immel
empor. $ier fah ich meinen Sater auf einem Sfjrone ftßen unb gu
feinen prüften ©uern Sater, ^>err Canboogt! „Unb maS mufite biefer
benn machen," frug ber Canboogt. „SJteinen Sater bebienen unb ihm
frifdje Cuft gufächeln." hierauf erfolgte allgemeines SeifaHflatfchen
unb eS mürbe bem Sauer ber ^ßretS gugefprodjen.
Ser ergiimte Canboogt fann nun auf Stäche unb nach aufgehobener
Safel fagte er gu bem Sauer: „2Beit Su meine ©äfte fo angenehm
unterhalten haft, fo labe ich Sich auf Oftern rnieber gum SDtittageffen ein."
31m begeichneten Sage machte fich ber Sauer auf ben SBeg gum
©djloffe unb nahm einen £>afen mit, ben er gufältig gefangen hotte
unb bent Canboogte gum ©efdjen! machen mollte. Siefer hotte ben
Unechten fdhon ben 2luftrag gegeben, fobalb fte beS SauerS anfichtig
mürben, bie £)unbe gegen ihn loSgulaffen. 2öie ber Sauer biefelben
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234
Ver HJNfle ^auev nab ber Äonboogt.
mütljenb ^eranfommen faf), Blieb er furdjtloS fte^en unb liefe plöfelidj
ben unter feinem grade oerborgenen $afen fpringen. ®ie $unbe
[türmten natürlich biefem nach unb liefeen ben Sauer ungefdjoren.
£>er öanboogt, ber oom ©oller au§ bem galle jugefeljen hotte, ge*
rietfe barob noch mehr in SButf). £>od} ftellte er [ich fdjetnbar freunb*
lieh unb t)iefe ben Sauer in’3 ©djlofe fomtnen. Oiefer merfte beim
©intreten erft, bafe er mit bem ©aftmahl jum Seften gehalten fei,
ba gar ÜJWdjtä baju in Sereitfdjaft ftanb. 35er Öanboogt holte ifem
nun ein ©la§ 2Bein, baä er aber holb mit SBaffer gemifcht hotte.
35er Souer, ber nicht auf ben Stopf gefallen mar, [teilte e§, mäh 5
renb ber Öanboogt b<oau3 ging, uor ba§ genfter an bie (Sonne. Seim
^ereintreten in ben ©aal fragte ihn Öefeterer: „ 2 Ba£ machft bu ba?"
35er Sauer antmortete: „gdj h Q & e gehört, bafe bie ©onne ba§ SBaffer
aufjiehe unb befehalb mill ich l)ier bie ‘probe machen." 35er Sogt
erroieberte: „ültun, menn 35 u ein fo guter Söeinfenner bift, fo fomme
mit itt meinen Seiler unb ®u follft hier meine beften Söeine Eoften."
@r hotte nämlich bie Slbfidjt, ihn tüchtig burdjpriigeln ju laffen.
2113 ber Sauer nun oerfdjiebene ©orten gefoftet hotte unb bie
Seiben an ein etma hunbertfäumigeS gafe famen, fah ber Öanbmann,
mie jener eine Peitfcfje ergreifen trollte, ber Sauer aber mar nicht
faul unb 50 g plö^lid) ben §ahn au3 bem gafe. ®er Sogt hielt, um
ben oortrefflidjen Sßein nicht laufen ju laffen, rafch ben ginger in
ba3 öodj unb unterbeffeti entrife ihm ber Sauer bie ‘peitfefje unb prii*
gelte feinen gnäbigen Herren gehörig burdj. 35er Sogt rief um £>ilfe,
aber trofe allen © rf)reien 3 famen bie Snedjte nicht herbei, meil ber
§crr ihnen befohlen hotte auf ba3 ©efchrei beS Saucr3 h* n nicht 8 U
crfchehten unb meil fie mirflich glaubten, ber geprügelte Sauer rufe
um $ilfe.
üftachbem ber Sauer an bem Öanboogt fein Sftüthdjen gefühlt
hatte, machte er [ich eifenb3 au3 bem ©taube.
©ine anbere ©efdjidjtc mit ähnlichem ©djluffe erjählt Semfjarb
SBpfe in feinem „©djmiäerbütfch".
9?ach ber Slnfunft be3 Sauer3 im ©djlofe »erläuft bie ©ache
bort folgenbermafeen:
„®er öanboogt, oor Säube faft oerfprüpt, minft tme ©hnedjt
unb treit em uf, er feil mit bem ©aft i ©heller abe unb ihn fülle,
afe er eberecht gnuc heig unb en be gottuergeffe abbröfdje. —
v
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Der SAv$u OUgfaberg.
235
3)er Sbnedbt tbuet, tote ’S em bifo^Ie gfi ifcb unb ber Sur bet
ft in erfte SST^eil orbti cbönne fdjitfe. 2öo ner ofe ö(f ober brtjef)
Sbännli tioK tierforgt gba Ijet, glaubt er b’ SDfetti cbönnt je|t be glp.
agob, — gfebt er uf bene grojje paffere nobe fo neS cbliS Solerli
ligge unb feit: 35orün rnuefj gmüfe no neS guetS ÜEröpfli ft, mir toei
en öerfuecfye unb er fd)lot mit ber guft ber §abne nuS. 35er SBi
cbttnnt j’ fpringe bogetoiS unb ber ©^ned^t au unb leoitet: „®u ©ür*
mel, toaS macbfcbt au?" unb ftojjt gfdbtoinb ber ginger i’S God). 35er
Sur f)et ber fmbne gfuecbt, finbt en unb toie ’S ber (Sfjnedjt befiehlt,
ftecft er eme nebem ginger ine unb pauf! mit bem Jammer bruff!
ge§ iftb ber K^ned^t §alt a baS gäfjli agnaglet gft unb fdjreit gar
erbärmlig. 35er Canboogt ooruffe bet fdjo lang uf bie ÜJiufig gmartet
unb enblig, too ner lang gnue glufteret gfja Ijet unb ber Cärnte jejf.
ngo£)t im ©IjcHer, b et er benft: 21 ba, je£ gerbt er en einifcb, bä ©ingel,“
unb rueft jum Ueberflujj no i ©heiler abe: 2riff en numme guetl:
Sertoipen! fjau en redft bure!" 3)er Sur tfcf) als e gborfante 35ie»
ner fdbo a ber 2lrbet gfi unb baut bo ab eme fdjöne Sb&S eS ganjeS-
Sierteli, nimmt-be Siffe oorne in Sufe, too oor^er b’r £>aS gfi ifd)
unb tbuet ber drittel bis obe ni. ©o gtoagglet er mit iiberfcblagene
2lrme b’ SbäKerftäge=nuf, bet eS ©fidjt gfcfjnitte toie oorfernbrige
^joljeffig, furi 2luge gmarfjt unb ber ©b°Pf lo b Qn 9 e toie ne arme
©önber. 3’oberft empfo^t en ber Öanboogt mit Mergliger ©cbabefreub,
lad^et unb feit: „©eil, Sürli, bu befcb W 9?ung bie $beil tiertoütidjt
für bi böS SÖiul!" „2lHtoeg baut !" antroortete ber ©djalf. „£>err
Sanboogt! gg unb miS graueli bei emel eS Sierteljobr bra §’cf)äue! y/I
litt Sdjati mm iiljtnlitrg.
'Jfacfi einer Sage aus bem St^tvarjbubentanb Bon Jntjlujcib (Solothurn).
f S betriebet auf ©ebtojj ©ilgenberg
3)er Canboogt ernft unb ftreng
Unb toer nicht feiner SBittfür lebt
Utnfcbliefeen feuebt unb eng
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236
Der Sdptl? von OUgenberg.'
®er Jlerfermdnbe SQtauern:
„T)en $opf gebucft, ifjr Säuern,
Sor meinem ßorn erbebt!"
9tid)t minber ftreng bie £ocf)ter fein
£>ie SDtagb fo ftotg unb fdjön;
Qm furggef (bürgten Qagbgemanb
®urcf)ftreift fte unb $öl)’n.
35enn ^jäuSlidjfcit unb SDtinne
©ie bieten iljrem ©inne
©idj nur als oben Snnb.
9tun traf fte einft am SöalbeSljang —
(SS mar im „|jimmetrieb"
®en fdjmuden jungen Sauerntnab’
®en blonb gefrauSten Qrieb.
®er fdjmang ber ©enfe Sogen
Umraufdjt üon |>almenmogen
Unb fang ein munter Sieb.
®er ftolgen tecfen SanboogtSmaib
©c^rteft Surfcb unb Sieb gefiel,
„fortan follft ®u mein Knappe fein,
SOtein folgfam Qagbgefpiel,
9JKr pflegen meine Stoffe;
®rum folge mir gum ©d^toffe,
£>a minft ®ir ^ö^er ßiel."
Qungfrieb, er fcfjaut ibr jäb erftaunt
Qn’S lid^te Slugenpaar,
®aS mebt um ifjn ein ©traljlennefc,
£>rin er gefangen mar.
„Ob’s mir gu Stu§ unb grommen —
Qdj merbe mit (Sud) fommen,
(Such bienen immerbar!"
(Sin tolles Treiben nun begann
(Sin Seben müft unb milb.
(SS folgt bem luft’gen ßedjgelag
®er Stitt burdj’3 Qagbgeftlb
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Der Ädjclj von ©tlgcnberg.
23T
Unb 2Sün|'d)e fecf öermeffen,
©ie laffen grieb’ oergeffen
®er fjetmatb frteblid) SBilb.
2lm S3ü£)et oor bem naben £>orf,
®a fteE)t ein Heine8 £>au§.
®ort tneint SERarlieS, ba§ §üb\d)t Äinb
©id) faft bie Singen au§.
SReiit Qrieb, fo arg nerblenbet,
£>at ftrf) tion mir gemenbet
Unb lebt in ©auS unb S3rau§.
SRadj SReltingen jum ©nabenbtlb
SBallt fromm ba§ äRägblein bin.
„EJRaria, beil’ mein franfeS $e%
Unb len!’ be§ Ciebften ©inn.
Cab U)n fid) halb nereinen
®er £>eimat{) unb ben ©einen,
Slllmäcbt’ge Königin!"
3ur 3«t, ba fte fo innig flefjt,
ERaunt grieb ber §>errin §u:
,,Qd) glaub, £u b»aft mir’8 angetban
Unb mir geraubt bie ERub;
D lab ben ©inn £>ir tenten —
SBiHft nicht ®ein ^erj mir fdjenEen,
®ann lös’ ben 3 nu &er ®u!"
£)a ladjt bie ©djöne böbmfd) auf:
„Qungfrieb — 35u miUft mein $er§.
SBeibt nidjt, bab id) foldj £>ing nicht bab’,
$>a§ ftört nur ERub unb ©djerj.
£>odj für ®ein EübneS SRinnen
Qm S3urgoerlieb magft finnen
ERadj deinem CiebeSfdjmerj. —
£)urdj enge Äerfergitter bringt
üDer ERadjtminb fd)mer unb fcbmül —
®a rubet rubeloS ber Qrieb
Sluf bartgefügtem Eßfübl
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Oer £dja1? von ©ügraberg.
©rauf SDionbeSftraljten gleiten ....
©in fünftes grauenfdjreiten ....
©in ©rabljaudj milb unb füljt.
gfjm naljct, buft’ge Cidjtgeftalt:
„O Shtabe, füfjn unb rein
©u fannft mit ©einem Eeden SWutl)
£>eut’ mein ©rretter fein.
®erfud)’S/ mid) ju erlöfen
33om langen 3 tt,on 9 ®öf en —
©ocl) Ijarrt ©ir ©djredenSpein.
$3in ein »erwünfdjteS Qungfräulein,
©ebannt an biefen Ort,
Unb mujj, weil icf) einft ungetreu
SBeljüten einen |)ort.
SEBiüft ©u mir iJtufj üerleifjen,
3J?ufet mir brei Süffe meinen —
©od) ol)ne 9Juf unb SSort!
©anj willig grieb bem ©cremen nat)t,
Unb will e§ gart umfalj’n.
©a-bäumt ein ©dflangenungetfyüm
©itb gegen iljn fjeran,
©od> grieb in federn SSagen
Umfängt e§ oljne 3°9 en /
Unb fe^rt ftdj nidjt baran.
3 um 3 weiten 2 J?al will er fidf nafy’n
©er Jungfrau ernft unb milb-
©a ftürmt ein rief’ger 3 ^ e 9 en ^ 0( ^
©en il)n — gehörnt unb wilb.
©od) grieb tritt il)m entgegen
Umfaffet fed oerwegen
©aS graufe 3ou6erbilb.
,,©aS £)aft ©u waljrlid) gut ootlbracf)t,"
©ie Jungfrau freubig fpriemt,
,,©oc$ jefco na£)t baS Sfergfte nod)
33eim Seiten jage nidjt!
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Ofr Ädjolj »on ©Ugenbfrg.
239
SDctnn greife nadj bem £>orte,
®er öffnet Serferpforte,
^Bringt ®ir ber ^reiljeit Cicf)t.
Unb nimm ben ©dja§ unb eil’ gum ©djcifc
ßu ber 53erlaffnen f)hv
®ie fidj um iljren trauten grötnt
Qn nielgetreuem Sinn.
©ntfagenb tollem Treiben,
©ollft al§ ©enoff ifjr bleiben
3ur ©eite fürberljin.
®ir fielet §immel§f)ilfe bei
®ie 33eib’ un§ tooljl befreit!"
Unb mutljig nafjet ficJ> ifjr grieb
(Sie gu umfalj’n bereit
®odj pacft il)n tiefet ©rauen —
“Denn jäljlingä mu| er flauen
Qn fdjmargent ©üjuppentleib
Unb rief’getn, fcfjmargem gftügelpaar,
Umgingt oon £>öÜenlidjt,
©in ®rad)enbilb, ba§ faudienb gifcfyt:
„Sßelj ®ir, oermeg’ner SSidjt!"
— gürmaljr — ein f)arte§ Sftüffen
©in ®rad)enmeib gu Eüffen —
®odj grieb erfüllt bie $flid)t.
©§ fließt bie 9tacf)t — ba§ Sftorgenrotf)
§n Stofenpradjt erblüljt,
®a grieb mit feinem gleiten §ort
3um $au§ ber Siebften gieljt,
®ie roadj — in bunflen Sorgen
Segrüfet ben litten borgen,
Unb ben ©rfeljnten fieljt.
„SDtein grieb — o bift ®u mieber ba,
Unb bleibeft nun bei mir!?
®odj fag, marurn ®ein Slngeficbt
©o fdjtoarg erfdjeinet mir,
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«8
Jfaa? iV.'x^trrxtlcn glrirai . . . .
^rxxrrrirmrn ....
(rin i^rxrfcxi rrl^ xxS Mü£-
ritn xx^m ^:rx virr^rfxlr:
„C firxhf, firx rr^ rm
x"x hrri m Jtersr fefcc 2TCxrr
Or-t' mczz errrrrrr ; rx.
xri *x crJ^rs
^rac Ixrprx ^nxrx ^ rv^rr —
x\xi icm xrr Scrriscsicx.
^:x m xmniT^rr^ ftxiimxx-m:-
@Vr^Txt xx lurrr Cxx-
y.i* 3ri'%. r>rf rr nrx xxnmn:
$>rxrrrx mrrr £\rrx
xr im fvxr umfunx
2cä xrr 2 tjx £irx x>mrr —
xuiä icixr für rrl Svnr:,
^ct.j xn:lif ^nrl Ivnr Sxmnrr xixx
UxJ rtl xrr: nrrxr tl
xx-Jcnn: r:i: xt nrr ct prniiar
^i:t rrprr irr nrrxrr
x'uvx >r:> rx rxfnr S^nnrr
Ll'nrxrrc c4 rrmr ^nnm
Ilra :;n: rxt turc lurrcx.
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240
Der Sdjafj von tJUgenberg.
©leidjhne oom Stuft ber $ötte —
£>ocf) — fdhwarjer 33ub — jur ©teile
©eljerjt feift für unb für!"
ÜDtein ©cfta^ — o laft erjagten Sir
93om ©djaft unb ^jöllenbann,
SDtein fc^roarg ©efidjt, ba§ h at mir too^l
Ser Sradje angetljan,
Sen ich gefügt ol)n’ 3 a 9 en /
Srurn glaub mir, barf idh’8 magen,
3u toerben Seemann.
Sen Balten unb ben toarmen ©cfta^
$att ich nun miteinanb’
Unb morgen fcftlingt am Traualtar
©icf) feft ber Streue 33anb —
©rrötljc nicht, mein Siebten,
33efdjeert un§ ©ott ein SBübdjen —
©djtüarjbub’ merb’ ei genannt.
Ser ©age @cf)aumbilb ift oermeljt
Qm CebenSmellenfpiel;
SDtan ffmdjt nicht mehr üon CanböogtSljaft
Socf) hört unb roeift man uiel
Qn aufgcHärten Sagen
SSon ©cbtt>ar§6ub’3 8ift unb SBagen,
Ser Becf erreicht fein 3iel!
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ns Ws Wnxf^cs WtiwrpL
241
lutMgbgffW“ tu Im Irraifftn Hitnurgn.
SJadj Urfunben entworfen öon ftaksb jumikrr.
VIII.
?er Witt** fffl in jutf*rg.
( 1710 .)
Sin einem grüblingentorgen 1710 lief bo§ immer refolute 3?iilf»
lein ber Slar6urger in größter Aufregung nad) bem jRatbbauSplaije.
„2Ba3 gibt’s? 28a§ gibt’§'?"
„£)er neue ©trafefel!"
„2öas? 2 öq§? 333er muß reiten?"
„geliy |)äfele, ber Sartfdjeerer."
Sllleö rennt, minbet unb ftößt fidj burd) bie angeftouten Raufen,
um bem ©cbaufpiel möglichst na§e ju fein. Sitte üöeiber fd)itnpfcu
über bie gußtreter unb ©robiane, toeldje mit ihren ©cheunetborrücfen
ihnen gerobe öor bie 97afe ftefyen; be^äbüdje grauen fdjielen bväuenb
nach ber löblichen Obrigfeit empor, bie broben au3 einem ©d)loßfcn|ter
auf ben ©peftaEel nieberidjaut; fdjmutfe kirnen ballen unter ber
©chürge ihre gäuftd)en; bort beohrfeigt ein 33urger bie ladjenbcn
©tabtbuben; ba fchütteln etliche im eifrigen ßmiegefpräd) ihre 43arte.
SHStoeilen burdjbridjt ein lauter gtud) bie fdjroüle ©timmung. 3)ie
3ttenge fdjnjitlt immer me£)r an; bie £)interften l)olen ©tuljlbänfe
herbei, um über ba§ SEöpfemeer hinweg nad) bem SBalbier £)äfclc,
einem Slnfäften, ju feljen, ber auf einem am 33orabenb errichteten,
hölzernen ©trafefel ben erften öffentlichen Sufjritt tf)uit ntufj unb uon
irgenb einem SlmtSbiener — man Eann ihn nicht erEennen — fdjon
feit einer halben ©tunbe oor ber 9Jatf)hauSftiege gefdjauEelt wirb.
„Slber um ©otteä Sßillen! 2BaS hat mein geliyle oerübt?" puftet
bie beleibte Xante, be§ ©djeererS £)au3geift, herbei.
„®a§ mirft moht wiffen!" öerfefjt ein Üttantt in meinem SÄaurer*
Eittel.
SSom 3 fura 511m ©djtoarjwalb. IX.
IG
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242
Canböoghgefdjiditen ans bem benufttjen Ifateraargau.
„2Bie? ®u weifet eS fetber nicht?" ruft eine greunbin, fetfe he*
Breugenb.
„(Rein; geftern ging er, wie gewohnt, in fein Sarbierftübcfeen
nacfe ber (Stabt unb ift über Stacht nicht fyeintgetommen. geh ^atte
Beine gurcfet, unb nun muß id) baS ScferecBlicfee oerne^men unb laufe
über £>als unb Stopf auS ber „©teinbitlen" herein. 2öie muß id)
fdjnaufen — ad) ©ott!"
„geliy bat gewiß eine Serfdjwörung gegen bie gnübigen Herren
gu Sern gemalt/' oraBelt eine britte Patrone. ,,©r ift immer fo
ein StlteSwiffer unb ©efeijeSBenner gemefen. ga, ja! ®aS Saterlanb
bat er an bie Statbolifdjen oerratben."
„ s 2ßarum nicht an bie SäirBen! .fjababa . . . 2)er §äfeli unb baS
Saterlanb!"
„£)u magft Iadjen, Sobnenbluft, bis eS ®ir auch noch fo
gebt!"
®er ÜJiaurer Bebrte fein bartlofeS ©eficbt oeräcfjttidj ab unb
mieber bem ©efcbauBelten gu, weicher, fein gefdjni§teS Jfteittbier um*
baifenb, mit beffen lang beobrtem Stopftl)eil im Sftenfcfeengewoge auf*
unb niebertauchte.
„(Sr fißt bodb erbärmlich auf bem £>olg!" murmelte ber Söeife*
Bittei oerbiffen. „gcfe mufe gu ibm bin. ^ßlafe ba, bicBe Sabe!"
„©i, wie ber äRenfdj b eu te lieber ben fRappel bat!" gürnte bie
SBeggefdjobene. „gcfe möchte nicht mit ihm auS bem gleichen 2opfe
löffeln; benn er ift mir ohne baS nicht grün, feit ich ein ©djweindjen
unb SBürfte gu räuchern habe."
„£>abt ihr ben Stamin noch nicht änbern taffen?" frug bie üftadj*
barin. „®a§ ift ein Hebel, bafe er fo offen in beS SRaurerS Sttclje
münbet unb fie jebeSmal mit 9taudj anfüllt. 9Rid) bäucht, er fottte
baS felber tbun, nur feiner eignen grau guliebe."
„£), ber äftaurer bat einen .topf wie Stiefel! (Sr fagt, eS fei an
unS, ben fRaudj gum £)adj bi nau§ ö u führen, unb babei bleibt er
unb wenn feine gute (Slifabetb erfticfen müfete. ga, feine grau ift
gut! «Sie bat fihon manchen «Streit gwifdjen uns gefchlichtet... «Sieb,
fieb ben gelij! 9tun fi^t er bolggerabe! Sobnenbluft bat ibn gemahnt,
©in braöer unb guter SRann ift ber SRaurer gleichwobl, wenn er
auch 9 r °h unb troßBöpfig fich benimmt, ©inmal ift er mit bem Canb*
oogt batt gufammen geraden, ich benBe meiner Sebtag baran! ©S
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ßanööogtsgefdjtdjten aas bem bernifdjen Unteraargaa*
243
h>ar baS evffce 9Ral, ba £jerr Äitcfeberger gu unS in bie „«Stein»
Bitten' 7 feerauS tarn, um ficfe raftren gu taffen. ©in ©ang burcfe baS
©rüne fei fein CiebtingSoergnügen, fagte er; brum erfcfeeine er in
feöcfeft eigner ißerfon. 9tun ging ber teibige ßanf aucfe mieber toS.
®er £>err Somntanbant rnottte ben recfetfeaberifdfeen ScfeimfeffeanS
fennen lernen; mein ÜReffe mußte it;n herunter tjoten unb als er
enbtic^ nacfe rieten 3 ute ^ en meines geliy ficfe geigte unb ber gnäbige
£>err ifen gurecfetmeifen mottte, ba Brauste er auf unb miberlegte
2l(teS. — ^(cf), eS mar boefe eine fcfeöne geit, &<* Runter Sitcfeberger
fo freunbtiefe mit unS oerteferte, ficfe oon geiiy fefeeeren unb oon mir
eine fRaudfetourft aufftetten tiefe! 2t6er jefet finb mir gang aus feiner
©unft gefallen — aefe ©ott! 77
Proben fefeaute ber |jerr geftungSfommanbant ©manuel Stitdfe*
Berger nodfe immer oom feofeen genfter auf baS fummenbe SolfS*
gemimmet nieber. Qfem entging bie emfeörenbe Stimmung ber ßu=
fefeauer niefet, unb 2lerger unb Vergnügen jagten einanber mie SBolten*
fdjatten auf feinem mit getbem Sacfenbärtcfeen umrafemten Sotlmonb»
gefickt, ©r featte für biefeS neue Strafoerfaferen fid) fotoofel ben ®anf
ber Untertanen, als bie 2tnerfennung feiner Obern oerfproefeen. 2Bar
ein fotefeer Suferitt nid)t angenefemer als Werfer* unb Störßerftrafe ?
SBurben bem Staate bamit nidjt Soften erfßart? Qefet erfufer er, bafe
baS ©fergefüfet ber Sürgerfame anberS urteilte, unb mit einem 0-ufe*
tritt gegen bie oertäferte g-enfternifefee, ber bie Steirafemen unb runben
Sdjeiben ergittern maefete, oerfdjmanb er in’S Qnnre. „gefe mufe biefe
SRebetten, 77 murrte er, „burcfe öftere Hebungen oon ber gmedmäfeigteit
meiner 2tnorbnungen übergeugen. Sei ©ott, bie fotten nod) gafem
merben! Söittabing feat unS nicfet umfonft für blutige ißenfionSgetber
bie g-eftung gebaut. 77
©nblicfe ging ^jüfefe’S fReittour gu ©nbe. ®er Sartfeufeer rutfdjte
oorfiefetig über ben ©roufee beS miegenben .jpotgtfeiereS feinauS unb
mürbe oon bem tangbefdfenaugten, rotten gfeftungSfolbaten mit läcfeer»
licket ©efefeäftigfeit auf ben Soben geftettt; babei tonnte biefer ficfe
niefet enthalten, ben fcfeminbligen £mfeti, bem fetbft bie fefte SRutter
©rbe noefe eine 3 e >t Icing fortfefemantte, mit ©rintaffen gu oerffeotten.
®a — ißatfcfe! fafe ptöfetid) eine berbe SÖZautfdtjette Oon feinten ber=
geftalt auf feinem fatferifefeen Sipßenmerf, bafe ber ißuber auf bem
gerquetfefeten Scfenurrbart auf ben fefemargen SRoiffragen ftob.
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Äanb»flgt«gefä)ld|t£n an« bera bertilfdjttt KnUraargan«
Unter fdjattenbem ©elädjter fudjte ber SRifjljanbelte, metdjer beit
Später mof)l tonnte, aug betn gefährlichen ©djmarm Ijeraugjufommen,
mäfjrenb 0 )eliy ftth algbalb bem Sftaurer öeigefelltc unb mit ifjm jum
©täbtdjen Ijinaug burdj bie mittaggftillen grü()linggroie|"en nacf) ber
„©teinbitten,, manberite.
* *
*
SBotjnenbluft ging ftill feineg Sßegeg. ®em fdjmalfippigen £jäfele
mar eg aber ein ©räuel, otjne ©eplauber felbanber ju fein, ©eine
gefdjmeiften SBraucn 50 g er meit über bie fladfe ©tint hinauf unb
jprad) mit ernften Slugen: „ 2 lber bag fjätte um meinetmiffen jefct
einen fchrecfUdhen ©fanbal abfeßen fönnen, menn ber fRotfye um £)ilfe
gerufen" ...
„Unb mir bie SBürger beigeftanben mären, meinft ®u?"
,,^a, freilich! Sine (Smpörung märe entftanben, unb bag Sltteg
um meiner Söenigfeit mitten. (£g ift hoch fd)ön, menn man einen
?lnf)ang hat!"
„$a, aber nicht nur unter ben Söeibern!"
„ 2 öie ®u rebeft, SRaurer! Slber glaubft ®u nicht, ber Öanböogt
mirb gteichmohl bie f)anbgreiflid)e ßurecfjtroeifung feineg ©ienerg nicht
ungeftraft laffen? ©ie mirb ftdjer für ©idj folgen fjaben, aber nimm
mir’g nid)t übel!"
tl ^d) benfe, eine SBodje ffeftung ober ©elbftrafe."
„Qdj fürchte, id) fürste — aber nimm mir’g nicht übel! ©u
fennft ben Ätldjberger nicht mie id). Qljr 3 ü>ei feib 0 -euerfteine, unb
ba gibt’g Junten!"
„■fpat er bag gefagt oom geuerftein?"
„@g fönnte ihm ein Vergnügen fein, fjat er bamalg ertlärt, als
id) ©id) ttor iljn in unfre ©tube herunter bringen mußte, — eg
fönnte if)m ein Vergnügen fein, ©ir ©einen garten ©inn ju bredjen.
$dj fürchte, |>einridj — aber nimm mir’g nicht übel! ®u mödjteft
alg mein näd)fter Nachfolger auf bag ^oljtlfier gefegt merben."
„Unb ich foge ©ir, SBartpu^er beg Canbtmgtg, ehe id) mid) fo
hünbifch beftrafen laffe, gebe id) — gibt’g ein Unglüct!"
©eg SRaurerg ©timme brölfnte, alg er ftitte ftunb unb feinem
fteinen ^Begleiter bie gauft mieg.
geliy 30 g bie Sippen ein unb fdjlug fdjnett eine anbere ©onart
an, inbem er bie munbgeredjte ?|Satfdhe prieg.
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*tfnb»ogt»gffd}ixijt*n an« bem bentffdjen Knttraargan.
245
„Die Waulfchetle höbe icf) nicht um Deinetwillen auSgetheilt,"
fchnitt ihm bet Waurer baS SBort ob. „Wir galt eS bie @hre ber
©acfee; benit gut ©träfe gehört feine Sefdjimpfung oon fo einem
läufigen ©efefceSbiener. — üfber mie bift Du fo blilfdjnell auf baS
£>olg gerathen ?"
Soljnenbluft nahm babei, tangfamer gehenb, 3 un & eT nnb geuer*
ftein hernor, gog auS ben weiten galten feiner SBerftagSljofe ein
Sreujerpfeifchen, ftecfte baäfelbe in bie linfe Wunbecfe unb fc^Iug,
ben Ealfweifeen Mittel bem Sßinbe oorhaltenb, mit feinem ©taljlmeffer
geuer.
„28a3, Heinrich/" rief ber Sartfdjaber erftaunt, „Du willft DabaE
trinEcn?"
„@ie hätten ihn eher oerbieten follen," meinte jener gleichgültig,
„bamalS, als baS SEraut im Canb noch nicht befannt War. Unb fo
lange gunfer ßilchberger felber tabäElet, tljut’S ber Soljnenbluft auch;
bas Verbot ift nur mieber fo ein Wittel, unS arme Ceute unter bem
Daumen §u holten."
„Da§ möchte ich bem Sanboogt nicht fogen. Unb gubem ift e§
ja ein ©iftfraut, wie’S in ben Wanboten helfet."
„gn ben Wanbaten ftefet oiel, baS bie Herren am wenigften
glauben unb holten. — Slber Du willft Deine ©efchicfjte nicht er*
gählen ?"
„Dod), hoch! geh ntufe nur noch erft ba oorbei fein".
£>äfele lenEte oom gelbmeg ab unb lief in weitem Sogen burch
bie Slecfer um einen SEirfchbaum herum, ber oben auf bem ©trafeen*
borbe im herrlie^ften Slüthenfdjmucfe ftanb.
„Du follteft hoch ben DeufelShorniffen bort einmal bie Saum*
fpatte gupflaftern," fpradj ber ijafenfufe, als ber Waurer, gelaffen
raudhenb, ihn wieber einhotte. „Weine Wuhme fürchtet fie auch • • •"
„©taub’S fchon, bie Wuhme! Wit ^ejeen lebt fein £f|ierlein im
grieben."
„Heinrich, glaubft Du wirflich on #eyen? Unb meine Wuhme..
„$abe ehebem auch nicht baran geglaubt; aber bie Sabe hot
mich befehrt."
„Söiefo? Söiefo?"
®er Waurer ftopfte ba§ geuer in feiner pfeife mit bem fleinen
ginger hinunter unb fagte: „©eljt Dich nichts an, getijc! Weine
246
ÄanbooQtegefrijirfjtfn troe bem berotfdjen llnlrraargatu
gamilienangelegenheiten Bleiben innert titer Sßänben. Ou millft mir
Oein ©eheimnih auch nicht auSEramen."
„Oodj, bodj! Ou muht eS hören, Ou Bift ein ©hrenmann; Ou
Baft mein ganzes Vertrauen, Heinrich! ©iehe, ba§ Eam fo gefdjminb:
33li£ unb «ßuff! — 2lber jejjt firib mir fd^on baljeim."
„Ou Eömmft herauf; ich fcEjenfe Oir ein ©läSdjen ein."
©ie fchritten eine ©tiege Ejinauf, melche an ber Slujjenfeiie beS
£>aufeS §u beS SRaurerS SBofjnung E)inauffü^rte; mit einem berBen
©djtag auf bie ^^ürflinCe ftanben beibe in ber SEüdje.
„2BaS ift baS mieber für ein tierfluchter Oualm?" fdjatt IBohnen»
Bluft. „9ftachft Ou ben Jauchz ©Hfabeth?"
Oie 9Jiaurerin, melche eben am Stochherbe in’S geuer blieS,
menbete ihr blaf? gemeintes 9lntli§ bem Barfchen fraget §u unb rieb
eine Ofjräne aus bem Sluge. „Oer fRaudj ift fdjulb," fagte fie unb
tierbarg ben Kummer, ben ihr bie Nachricht ber alten Barbara oon
ihres ©atten unüberlegter Of) a t tierurfadhte.
„©o, räubert bie £>eye mieber, bie mir mein armes Snäblein
quält, bah eS faft bie Cungen auSfdhreien muh?" Oer Slufbraufenbe
mürbe tion geliy fanft in bie SBofjnftube gebrängt, mo eben ber halb»
jährige §eireli in ber Söiege päppelte. 5lber ber mifemuthige 33ater
achtete fein nicht; er fdjritt gu einem SBanbfchranE, holte §mei ©täS»
lein unb bie SSranntmeinflafche, nahm auS ber ©djublabe einen an»
gefchnittenen 33robIaib, fchenEte ein unb braute, ben giehrenben ©topfet
einftecfenb, bie glafdje mieber an ihren Ort gurücE.
„grau, forge, bah ber ©chreiljalS fdhmeigt!"
©lifabeth Eam ftiH herein, befriebigte ben kleinen unb ging
neuerbingS in bie $üdje.
Oie beiben äftänner festen fid) jum ©chnäpSchen.
Oer 33artfcheerer mar beim SlnblicE ber jungfchönen HRutter gang
liebefelig gemorben, unb obmohl fie ihn einmal burd) ihre entfdjloffene
Slbfertigung berart beleibigt hatte, bah er eS ihr nie §u »ergeffen
gelobte, Eonnte er jefct hoch nicht umhin, ©uteS »on ihr gu reben.
„§öre, Heinrich, Ou foöteft Oein SBeib nicht fo grob anfafjren;
eS thut ihr mef)."
„©ie ift nur gu meich für mich- Söenn ich nach meiner 9lrt ein
menig barfch bin, fo fängt fie gleich gu flennen an — unb ich merbe
Ealjmilb. OaS Eann ich nicht auSftehen. Oann bin ich immer gu hart,
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€aafcMjjt*9efdjMjt*n aut Bern bernlfdjeit Wntfraargan.
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icf) weife eg wohl. Unb wenn fie mid) bennocf) fo herjenggut anrebet,
fo treibt’g mir manchmal, ich ftifle Oir, bag SBaffer in bie Slugeit ...
Oodj jef$t rücfe einmal mit deiner ©efcfjicljte heruor."
* *
*
„ga fieh/' begann täfele, „ber Canbuogt ift ein rafcher fßatron!
33li§ unb ^3uff! — ©eftern um bie Dteune führte mich ber 6öfe ©eift
oon meiner 33erlobten, ber Srämerrofel, weg nodh su einem Slbenb*
trunE in beit galten. 2öar ba gerabe bie SRebe oom aufgeftellten
©fei unb ©iner meinte, ber Canboogt fönnte hoch benfelben burch
mich, ben bie SRutter alg ©pr offen eineg ritterlichen SBelfchett in'g
8anb herein gebracht, jureiten laffen. geh fühlte ben ©ticb. „Oer
Sommanbant," gab ich bem Singreifer möglirfjft augweidjenb §urücf,
„Würbe beffer ben ^pofjborf für feine 62 rothen ©pi^buben auf ber
geftung beiaffen hoben; übrigeng möge bag Schier halb wieber oom
@rb6oben oerfchwunben fein unb ber §>err gunEer oielleicht nur noch
bie Dh^en baoon friegen." gn meiner SBeineghi^e bachte ich btofe
einen 2Bi§ ju reifeett unb nicht an bag ©taatggefährliche meiner SSorte.
§iemit ergriff mich ein ^»atfchier, ber unbeachtet in einer ©rfe gefeffen,
unb führte mich unter allgemeinem ©etädjter aug ber 2Birth§ftube.
Oie ©atangbrut! 91 m SERorgen, alg ich oug meinem Oaumel erwachte,
lag ich ättnfcfjen ben Eahlett geftunggmauern auf einer fßritfche, unb
alg armer ©ünbet ftanb ich balb oor bem Canboogt, bem ich feh on
fo mancheg 2Ral bag Sinn gefcfeabt unb ber nun ein fdjredlich ftrengeg
fRidjtergeficht machte, alg ob wir einanber noch nie gefelfen hätten.
,,^>abt gffr 1° gefprochen'?" fragte er. „ÜQicht ganj fo, §err Sont»
manbant," oerfe^te ich jitternb. „SÖenn mir recht ift, fo fagte ich/
ber fjerr gunEer Werbe nicht einmal mehr bie dfren fliegen! Slber
ich bitte Vergebung, gnäbiger .fperr Silchberger; ‘ich mar beraufcfet.
geh will ©uch gerne jehnmal unentgeltlich rafieren \“
„gh r lügt . . . gut!" ©r ging in bag SRebenjintmer unb ich
athmete auf, alg er mich nur jurn ©felgritt oerbammte. 33lits uu ^
fßuff! ©in gnäbig Urthetl! Slber wenn ich nicht fein Sinn fo fauber
fdjaben Eönnte unb meine SRuhme nicht fo gute Sßürfte im Sornin
befüfee — ich märe gehängt worben \“
„Um beg öimmelg SBillen," ftürjte bie SRaurerin herein '
Eömmt ein fpatfehier. C -öeinrich, wag ha ft Ou auch getfean!
248
Cani>»ogt«ger<i|t<fytttt ««• l>tra btrnlfdjfit tUntiraargan.
„geh fdjtiipfe hinter ben SBetttwrhang. 28enn er mich bei ©ir
ftefjt/ fo fommft ©u in fßerbacht."
„©a bleibft, SBartfdjaber ber ©brigfeit! — herein!"
©er rotlje ©arnifönler oom UWorgen trat ein/ unb oerfc^mi^t
über feinen frifcfj gepuberten Schnurrbart ju 33oben blicfenb, jog er
eine fBortabung wegen gröblicher äftifjljanblung eines SlmtSbienerS
auS ber tRocftafche, gleichzeitig erflärenb, bajj er ben ÜJiaurer fofort
ju SBegleitfdjaft ju nehmen habe.
„gft nicht nötlpg. gef) folge auf bem gujje — aber ohne f>at«
fcfjier!"
„geh muß meine 93efel)le auSfü!jren."
„©eh freiwillig mit!" bat ©lifabeth in taufenb Slengften.
„Sofort!" erflärte SBohnenbluft, „aber ohne SRothrocf!"
„©ann thut eS mir leib, oon meiner fßfticht ©ebraucf) machen
ju muffen uttb (Such . • ."
£racf)! ©a brach ein Stuhlbein, unb beoor ber Sötbling nur
fein Seitengewehr berührte, pachte mit eifernen ©riffen ber ÜDiaurer
feine 2lrme unb fteHte ihn oor bie ©ljü r - /Atnt 1 Uh r bin ich auf
ber geftung!" rief er wuthjitternb.
©arnifönler unb SBartfcheerer folterten gemeinfchaftlich bie Stiege
hinunter.
©er ßornbebenbe fam jurücf an ben SOtittagStifcfj.
„©S ift bod) hinuneitraurig, WaS bie Runter fich mit uns er«
tauben!" ftiefe er nach löngernt Schweigen heroor.
„Cieber Sßann, mir ift nicht wohl um ©ich! ©aS fömmt nicht
gut. © ©ott, wenn ©ich ber Canboogt nur nicht mit bem ©fei ftraft!"
jammerte bie arme grau.
„©aS benfe nicht, Gslifabeth! 9Jtir wirb Sfildjberger biefe Sinber«
ftrafe nicht anfinnfin, fonft wiH ich bafür forgen, bafj eS nicht ge«
fcfjieht — beim heiligen §>immet!"
„Slber ©u tljuft nichts UngefchicfteS, gelt Heinrich? © wenn
nur Sille wüßten, wie unter ©einer h ar ten £>ülle ein gutes §erj
fcfjlägt! ©eit, ©u benfft an mich unb an ©ein liebes Sfinb? ©u
fannft uns nicht unglucflicf) machen unb ergibft ©ich in ©otteS
gügung?"
„©er ©fei ift nicht ©otteS gügung; baS elenbe SJtacfjwerf eines
33ogteS ift er!"
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CanbüogtsgffrtjMjten ans bem bernlfdjen Knteraargan
249
„'Senfe an Sein Sfinb! Senfe an bie etrüge Seligfeit! Sttein,
^jeinridj, Su tljuft Sir fein 8eib an, wenn Su audj auf ba3 folgern e
Sfjier miijjteft! O, fiel) micf) an!"
Sie fanf weinenb. oor iljm auf ben Soben; er ftiefj fte weg,
naljm ftumm ben SBollljut non ber Ofenecfe unb ging au3 ber (Stube.
^Junft 1 Uijr toat ber SJiaurer fortgegangen. 9113 gwei Stunben
oorttber, al3 brei, oier nerfloffen waren, at3 ber 9tbenb unb halb nact)
iljm bie Sftadjt anbrad) unb ber Sater nidjt Ijeimfam, ba toarb ber
guten grau erft redjt unfägtidj bange; fie wufjte ficf) mcf)t mei)r gu
Reifen unb toarf ficf) fdjlucf)genb über bie SBiege ifjre3 ^teireli, in
©ebet unb Sljränen einige gaffung gu gewinnen. Sa3 Sfnäbleitt
fdjlummerte fo ruljig; im fmufe war 9llle3 fo tobtenftiH. Äein SLfJenfcf»
fam gu i^r, mit fanften SBorten fie gu tröften. Sonft fjatte ficf) oft
bie SBobi gegeigt, wenn |>einricb nidjt gu £jaufe war; audj biefe blieb
au3. (äfifabetf) ging in bie Sfüdje, ba3 9 f iad)teffen gu bereiten, füllte
iljr Äinb unb legte fidj enblidj gu Sette.
©egen borgen wedfte fie plö^lidj ein fdjriHer (Schrei, ber in
einem langen Stöljnen erftarb. Sie fuhr auf unb meinte geträumt
gu Ijaben; benn ringsum Ijerrfdjte noch ©rabeStufye. Sa Hopfte geliy
auf ber Sortaube unb rief fie gur SJtuljme herunter, bie im Sterben
liege.
9113 ©tifabetf; erfcfjien, war ber Sfteffe fdjon fortgerannt, neben
bem Sette nur eine brennenbe Dellampe gurüdflaffenb. „9ldj, gewiß
bie geftrige 9lufregung unb ba3 Caufen!" feufgte bie Söiaurerin oor
fid) fjin, if)r bie Stirne mit SirfdjWaffer befeudjtenb. SEBeljmütljig ge*
backte fie ber gemütfyüdjen 9llten, unb wiewoljt fie biefelbe nidjt non
jeber Sdjulb freifprecfyeit fonnte, bebauerte fie bocfj, bajj if)r ©atte bie
Sabe fo oft al3 £jej:e unb Ouälerin üjre3 SfinbleinS befcf»ulbigt, unb
ein Sdjatten lagerte fiel) auf bie Seele ber Setlaffenen, bafj iljr fperg
heftig überquoll. 9J?it einer gucfenben Sewegung fd)lug bie Sterbenbe
bie 9lugen auf.
„©lifabetlj, fdjneibe eine 2ßurft au3 bem Äamin . . . fperr Stilrf)=
berget wirb woljl halb ba fein . . . gdj will teftiren . . . 28a3
weinft? . . . fpeinrid) ift, fcfjeint e3, nid^t mef)t fjeimgefommen . . .
Sei getroft.... Ser Canboogt rnujj iljn wieber loSlaffen . . . gdj
habe eudj oiel 9lrge3 getfjan . . . Sergeilje mir, ©lifabetlj, id) muß
je£t fterben ..."
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250
ÄanbsoQtsgef’djtdjtsn ans brm berntfdjttt Knttraargan.
„Saufenb, taufenb SWal! Varbara, Su fannft fetig fterben!
Vergib Su unS, oergeilje meinem Spanne!"
„Qd) wiU’S rnieber gut machen... SSßenn fie nur halb tarnen!...
$>örft Su fie nodj nicht? . . ."
©lifabetlj öffnete einen genftertljeil unb horchte in bie tüfjle grü(j=
lingSbämnterung hinaus, inbeffen fiel bie äftufjnte mieberum inO^nmad^t.
* *
*
§aftig trat geliy, als bie (Sonne fdjon mie eine behagliche Canb*
oögtin über ben „(Striegel" flaute, .in baS ®rantenftübd)en, meines
hinter bem Söoljngimmer lag.
„gft fie fdjon hinüber?" frug er erfdjrotfert bie SBärterin.
„geh glaube nidjt."
Grinige Hoffnung fdjöpfenb, ergäljlte ber Vebfelige nun ber
SJfaurerin, wie er guerft auf baS (Sdjlofj unb gunt üfiotariuS geeilt
fei unb je§o in feiner Verwirrung/ ben ülrgt gu rufen, oergeffen habe.
„Semt," fagte er, „wenn bie äftuljme nid)t meljr teftiren tönnte, fo
fäme idj oiel gu furg! SSBie bin id) frofj, bafj ^jerr Sildjberger, meiner
jüngften “äJiiffetfjat in ©naben oergeffenb, fo gütig gewefen unb auf
baS befonbre Verlangen ber (Sterbenben f)in erfdjienen ift. ge£t tann
alles nodj gut gehen!"
Ser Canbtiogt befühlte bie (Stirn ber Oranten. (Sie Watete plö£«
lid) auf unb tädjelte.
geli£ beugte ftd) liebreich über fie unb fpradj: „Sie Herren finb
je§t ba — aber nidjt waljr, liebe, liebe Sftuljme, Su wittft nod) nidjt
fterben! Sftein, gelt nicht!"
,/gch ftcrbe, geliy."
„(Sie Wollen Seinen lebten SöiHen oerneljmen. Ser .fperr Som=
manbant unb fein ©Treiber finb ba! was fotlen fie fcbreiben, liebe
Sftufjme?"
„SaS ift rec!jt, bafj fie ba finb. — Sir will id) baS §auS geben!"
„SaS $>auS fott mein fein, fagt fie," fprad) ber Valbier, baS
^inn ftreicfjenb. „Unb ber Üldfer in ber ©iSljalben?"
„gft aud) Sein," fagte fte faum Ijörbar. Sod) $äfele E»örte gut.
„Ser Slder oudj, £>err Sftotar!"
„^alt/ baS §ab ic!j nid)t oerftanben!" unterbrach Stldjberger, ber
wadjfam neben ber Vettftatt auf einem (Stuhle fafj. „gft eS wahr,
grau Varbara?"
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4anb00gtt<)cr4}i ( !)tfn an« bcm bernlfdjen Unteraargan. 251
(Sie nicfte.
(Stüber notirte auf beS CanboogtS 333inf.
„Unb bie fjunbert ©ulben, bie an ßinfen liegen?" frug ber S'Jeffe
Weiter, mit tiebreicf) bittenben Stugen fid Wieberum auf bie (Sterbenbe
nieberbeugenb.
„Sie foßen be§ SRaurerS Söljntein gehören."
„333a — wa§? Sag’S noch einmal!"
„®ie £)unbett ©ulben fotten bem (Söfjnlein beS £>eintid) Sonnen»
btuft gehören!" biftirte Sfildberger bem Lotar in bie geber.
„Unb weiter?" ergriff ber Canboogt baS 35Bort.
„gd f)abe nichts meijr."
^Barbara fdloß gur §>älfte bie gebrodenen Slugen, wanbte baS
Slngepdt oom Cidte meg unb oerfdieb.
2)ie Liaurerin war bie ßeit über wie auf SÜofjlen geftaitben,
unb a(§ ber Canboogt fid anfdicfte, mit ben Slnbern in bie S33of)n=
ftube IjiuauS gu treten, f)ielt fie dn fdneß entfdloffen gurücf.
„£>err Stildberger," fprad fie mit (eifern gittern, „woßt gfjr
mir auf einen Stugenblicf ©ef)ör fdenfen?"
„Ledt gern, gute grau!" (adelte er mit feinem gangen 3tntli£,
bie £(jüre nad ber SBorberftube Ijin guftofjenb.
„gfjr fja&t geftem meinen üttann oor ©eridt gegogen," fagte fie
halblaut. „ge£t bin id ftetS in Slengften unb tonnte feine SRinute
fdlufen, weif er nidt (jeimgefommen!"
„So, feib ifjr bie grau biefeS wiberfpenftigen äRaurerS? — gfjr
paßt aud nidt gufantmen!"
„gd bitte ©ud um ber ©eredtigfeit wißen, tperr Canboogt,
rednet if)m feine barfden Lebensarten nidt an! ®aS ift feine Latur,
unb er meint eS immer beffer, a(S er’S fagt."
,,©r mufe fid beugen; er muß wiffen, baß eine Cbrigfeit beftefjt."
„2ld, id fyabe i(jm aud gugcrebet, fid in ©uren Söißen gu fügen,
unb baS §at mir nur feine LJißljanbtung eingetragen!" £a§ braoe
S33eib bradj in Sfjränen auS.
„S33ie! ©r F>at ©ud mißljanbeft? — 33efonbre limftänbe (egen
eS mir naf)e, if»n gum öffentliden Litte gu oerurtfjeilen."
„0 ftraft i(jn, aber nur nidt fo, nur nidt mit bem ©fei! gf)D
ruinirt unfer ganülienglücf!" f(ef)te ©lifabett), beinahe gu ©oben
finfenb. 9lber fie faßte fid ptöfjlid unb trat einen Sd^tt gurücf,
r
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i
252 ÄanböOfltaaefrfjidjtett an« bem bernirdjett Mnteiaatsan.
alö &il<hberger mit eigentümlich freunblidjer ©eberbe feine beiben
.£)änbe auf ihre ©futtern fegte.
„Sr bat eud) liebtoS bebanbeft unb $f) r fönnt noch an ibm
bangen?"
/ 7 53eftraft itjii, «fperr, beftraft if)n!"
„3lur nicht ju laut!" ffüfterte ber ©icfbaudb. „^öeib/ ber 2 )?ann
fott morgen beitnfommen — aber fdjweigt!"
SJiit biefem brobenben befehle wanbte er ficb ber Sbüre ju, &° n
melier ber laufchenbe fjäfele fchiteH megbufcbte, unb fdjritt mit bem
Notare, ber braunen Wartete, nach ber ©tabt guriicf.
„Sann ©ich jeßt fcbon wieber entbehren, ©lifabeth," fpracfj ber
SBartfdjeerer, mit giftigen ©liefen bie Slbgeljenbe oerfolgenb.
,,©o mufj ich fyntcx ihrem ©arg noch * n ben §ut hinein ffuchen,"
fagte er, al§ er einzig oor ber lobten ftanb.
„Slber bie üftaurerin, ba§ falfche Söeib, hat fte beftochen, auf
bem ©terbebett h erum gebracht. ©afj ich auch fortrennen mußte!
.fputtbert ©ulben! Qcf) möchte mir bie fcaare auSraufen. Unb bem
Sanboogt habe ich auch golbene ©erge oerfprecfjen müffen, bafj er nur
fidj oom gfecE oerbläht hat, ber Sllten ihre oerrüdfte ©rille ju er=
füllen!"
geliy 30 g ein Seintuch über bie Seiche, fchlof? ba§ .£>au§ ab unb
ging in bie ©tabt.
„ 2 öa§ brauche ich 8 u wachen? — $a, wenn bie hunbert ©ulben
mein wären —bie bunbert ©ulben!" feufjte er. „Slber fort ftnb fie,
fte finb mir abgeftohlen worben, ©li£ unb ^ßuff!"
©a tarn ©ohnenbluft ben gelbweg h er -
„Sßeifjt ©u audh, wa§ leßte Sftacht oorgegangen ift? ©enfe, bie
SDhthme ift geftorben."
„©0?"
„©in leichter ©aufd) gegen bie fchwere ©abe!"
„©u follteft fie nicht oerfpotten, 9)?aurer. Urfache haft ©u, Qb r
banfbar ju fein!"
„©0?"
„Unb mir auch, mein ich! ^cf) h°& e ih r sugefprocben, ©einem
©üben hnnbert ©ulben 51 t oermacheti."
,,©u Uigft!"
V
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tianboogtegfrdjtifytfn 000 beut berniCdjfn Hnteraargan.
253
„Sttein. fmnbert ©ulben hat fie if)m teftirt, wenn icffö jufttebeu
fei."
„SEantt nicht fein!"
„aftuljme! fügte" id), „waS quält Did) itocf), baß Du nitf)t ftcrbcn
Eannft?" — „Daß ber ÜDfaurer meint, id) fei eine ^>eye unb plage
fein SEinb!" wimmerte fie. „SBeißt WaS," fpradj icf), „fdjenEe bem
Snäblein bie ljunbert ©ulben, welche an 3^ n 1 en Kegen; icf) brauche
fte nidjt, id) oerbiene ja genug! bann wirb §etnrid) non feinem grr»
tf)um belehrt werben."
„SBaS?"
„©0 ift’S. Unb ber Canboogt, wie ber Ütotar ©tuber, weidje
jugegen Waren, Eönnen eS bezeugen. Söie madjft Dn Stugen! ga gelt,
baS ift ein fdjöneS ©chtnerjeuSgelb für Deinen £>eireli! — ©laubft
Du’S noch immer nicf)t? ©0 frage Deine grau; fie ift beim Deftament
aud) gegenwärtig gewefen unb §at eS gehört . . . Unb bann muß
id) Dir nodj etwas fagen — aber nimm eS nidjt übel! gd) meine eS
immer gut mit Dir. Deine grau hat mit SEilcfjberger, als ber Sftotar
unb id) in bie ©tube hinaus getreten, noch etwas ^jeimtidjeS gehabt,
gef) hörte, baß fie i£)in Etagte, Du Ijabeft fie gefc£»tagen. Du Eennft
ben Canboogt — aber oerratlje Deiner grau ja nidjtS oon mir!"
„gft baS wahr, Sartfdjeer, — wirElid) war?"
„2ßenn Du’S nicfjt glauben magft, fo frage bodj •'perrn ©tuber!"
Sleidjen 2lngefid)tS fcE»ritt Sofjtxenbluft bie ©tiege hinan.
* *
*
©lifabetlj faß mit bem Süblein eben beim Sreitopf, als £jeinrid)
eintrat, unb ließ eS oor greuben faft auf ben Soben fallen. (£r wies
fte büfter jurüdf unb feßte ftcf) auf bie ©tubenbanE, 2lrm unb £jaupt
auf bie DifdjecEe ftüßenb. „fperr ©ott, waS Eommt ba nodj über ntidj!"
ftieß er ferner Ijerüor.
„gft eS auf ber geftung nicht gut gegangen ?" fragte bie Slngftoolle.
„Ueber ©rwarten gut. Slber nadf) SUlent, WaS id) erfahren muß,
will idß Dir fagen: Der Sefdjluß fte£)t feft, wenn ich noch einmal
mit ^ildjberger jufammengeratfje, fo — fo — fo erftedje ich ih n ^
„Seim 9ltlmäd)tigen! Heinrich, Du bift wahnfinnig!"
„Sann wofjl fein, baß idj noch toaljnfinnig werbe, — wirb
Wohl fein."
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254
CanbüogstgffdjtdjUn ans bem bernifdjen Ifnteraargan.
©ie SOtaurerin begann p fcfjluchjen; aber fie ftürgte fiel) nicfjt
p ihres ÜJtanneS güfjen, obwohl bie 2tngft mit furchtbarer Saft fie
nieberbrücfte. ©ie [tilgte fidj nur auf eine Stuhllehne.
„2SaS E)aft ©u! Vertraue mir’S, deinem treuen Söeibe! Qcfj
mit! ©ir alles Unglücf tragen Reifen. — Qift’S etma ber ©trafefel?,,
„Stein, etwas 2lnbereS brüift mich — etwas SlnbereS!" ©r fenEte
wieberum trübfinnig fein |>aupt; plöfclich fufjr er empor: „2Bo bin
icf) hingeratfjen, icf) ©lenber!"
©er ©epeinigte ging hinaus, fidj Cuft p fdjöpfen. ©a traf er
juft auf ber ©tiege ben Valbierer, weldjer SOtiene machte, fidj rücE*
wärtS p begeben.
„VJaS fdjleidjft ©u ba herum?"
,,gdj fd)leid)e nicfjt herum! ©ben will icf) ©eine grau bitten,
für meine SJlutter bodfj auf morgen SDtittag pm Öeicfjengeleite p
laben,,, fpracfj ber Stebegewanbte unb rücfte wieber tapfer einen ©ritt
aufwärts.
,,©aS ift nicf)tS mit ©einem ©erebc oon üorljin!"
„SBill ©ir halt nicht in ben Slopf!" fpöttelt ber kleine.
„Stein, eS ift eine oerbammte 8üge!„
„|ji, hi, fjü Söirft toofjl nocfj pm ©tauben gelangen!" lieferte
jener unb retirirte bie ©tiege hinunter.
©ieS boshafte ©etiler löste bie SBurjeltt feines unerfdjütterlidjen
Vertrauens! ©r ftanb eine geraume ßeit, in fid) oerfunfen, auf ber
Vretterlaube.
„Stein! ©ie ift rein mie bie ©ngel im §>immet! ©ie mujj! ga!
Unb bodj bie unbegreifliche SOtilbe beS SanboogtS . . . Qdj Eann’S
nicht mehr auSljalteu!" ©r ftampfte auf bie Saubenbiele.
„Cieber ©ott! roaS ift heruntergefallen P" Eam ©lifabetlj heraus»
geftür^t.
„StidjtS. geliy ift bagemefen unb »oünfdjt, ©u mögeft für feine
SDtufjtne noch heute pm Vegräbnifs laben." SDtit biefen troefenen
Sßorten ging ber SJtaurer bie ©reppe hinunter unb fort, um bis pm
folgenben ©ag nicht mehr heimpEommen.
©lifabeth ging hinein unb fiel auf bie Shtiee. SBarum? ©ie wufjte
eS nicht. $u ©ott flehen für ihren oerftörten ©atten wollte fie, bafj
er ihn wieber aus bem räthfelljaften Kummer heraus auf bie richtige
33afp leiten möchte. 21 ber in ihrer Verwirrung Eonnte fie nicht beten.
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tfanboogtegefdjidjten ans bem bernlfdjen Knttraargan.
255
,,©r weife nidjtS oon ber Unterrebung. ©oll idj e§ ifem offen»
baren," badjte fie. „Stein! Slaufenbmal Heber ben ftttten S3orwurf
einer 93erfeeimlicfeung im ^jer^en tragen, als il)n burcf) biefe glüdlidj
überftanbene ©efafer oon Steuern in 9?ad)fudjt gegen ben Canboogt
treiben!"
©ie warf ifjre fcfewarjen geierfletber um, nafem ein Srobfädletn
unter ba§ gürtucfe — benn ba§ 8eicfeen6itten warb mit einer milben
©penbe belohnt — unb begab fidj, nacfebem fie ben Steinen einer
Siacfebarin jur äöbfeut anoertraut, als Sirdjenlaberin auf ben 2ßeg.
©ie feoffte, unter Ceuten einwenig Sroft §u gewinnen; aber als fie
im Slbenbbunfel wieber ben <fpauSfd)lüffe( brefete, war fie rnefjr nieber*
gefdjlagen als ermutfeigt. SBon .fpetnrtdj (jatte fie nidjtS oernommen.
©ie füllte, bafe SlEeS jerfiet, unb Wünfdjte mit ber ÜWufeme in’S
©rab gu fteigen.
Um 11 Uljr beS fotgenben ü£ageS ftanben auf bem rein ge*
[dauerten ißlafee oor bem Stauerfjaufe £)äfele’S bie greunbe unb
Sefannten unb Stile, bie gelaben worben waren, um ber S3erftorbenen
bie lefete ©Ijre ju erweifen. Sludj ©Hfabetf) befanb ficfj unter ifpten;
aber fie nafem feinen 2§eil Weber an bem bumpfen ©rollen ber
SOtänner, nocfe an bem feeftigen ©efdjwafe ber SBeiber. 3^*^ Scanner
trugen ben ferneren, fcfewarjen ©arg auS bet ©tube unb ftellten ifjn
auf ein profanes SReitwägeldjen, an welchem ein $ferb oorgefpannt
war. 2>ie Scanner fpelten ilfre ®reimafter in ben £)änben, bis ber 3ug
fidj in Bewegung fefjte; bann folgte bie SJtenge in ftiUer Slnbacfet
getip täfele, als erfter SSerwanbter, ging junäcfift hinter bem ©arge
mit ber weijmütfeigften, frömntften ÜDtiene oon ber Söett. Da§ fealbe
©efidjt oerbecfte er fretlid) mit bem §)ute, unb ob er nun in benfefben
fludjte, bleibt bafeingeftellt. SllS bet guferntann an bem Sirfdjbaume
oorbeifam, furrten wenigftenS ein paar £)orniffen feerbei, unb eine
ftadj ben fcfjnaubenben ©aut in bie Lüftern, fo bafe er auSfcfelug unb
mit ber bicfen Sabe in bie Sieder IjinauSrannte. £>aS gefamntte Ceicfeen*
gefolge, befonberS bie Söeiber, flatterten wie gepeitfcE)te ^üfener nadj.
„3 e ^t feat’S gefehlt!" rief ber SOtaurer, welker bebufelt oom
©täbtdjen f)er fam unb ben unfreiwiEigen Stbftecfeer in bie SOtatten
fjinauS bemerfte —' „jefet ift SlEeS üertoren!"
©ine unnennbare Slngft wanbette ifen plöfeltcf) an. SDtit gezogener
9)tü^e fdfritt er langfam am Ceidjenjuge oorüber unb warf einen
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25fr
CanbooQtegefdjtdjttn an« bent bfrntfdjfn KnUraargan.
fcfemergtic^en Slicf, lote jum lebten Slbfdjiebe, feiner ©attin §u, bie
bet ben f)interften grauen ging.
$eimgefommen, pflafterte er eben mit ber 9Raurer!eHe an bem
öerhängnifjooHen Saunte herum, alg fdjon ber ©arnifönler in ©ile
bafjer fdjritt. ©iegmal loiberftrebte er nicht, mit ihm §u gehen, ©r
trug bie ^ßflaftermulbe nach £>aufe unb befugte noch fein Suäbtein
in ber (Stube, bag fdhlummernb in ber SBiege lag. Sllg er eg eine
SBeile betrachtet hotte, ba fielen unoerfeheng ©hränentropfen auf bag
©ecflein nieber. Seife oerfdjlofj er bie ©hüre unb oerliefe mit bem
StothrocE bie SBoljnung.
„©ben hot ein Sunbjäger ©einen SRann mieber auf bie geftung
geführt. 2lHe Seute erjagen baoon!" fpradj nach ber ©obtenfeier bie
Srämerrofel jur SRaurerin, ba fie mit ben Slnbern bie Sirchentreppe
in bag ©täbtehen hinunter ftiegen. ©ie arme grau mürbe bleich mie
ber ©ob. (Sie hotte oom ©rabe toeg ben Sartfdjeerer in’g (Schloß
rennen fel)en.
„2Bag mu| ich anfangen? Sieber §err gefug, rathe mir! Sich,
ich Eann nicht jum Sanboogt . . . unb hoch . . . heiliger ©ott, h^f
mir! StRein SRann, mein Heinrich barf Eein SRörber merben!" ©aufenb
©ebanfen burchmirrten ihr ©ehirn.
©ie SBeiber umftanben fie, riethen unb rebeten.
* *
*
„ghr mifet, SRaurer, unter melchen Sebingungen, bie leicht ju
erfüllen gemefen, ich t>or jmei ©agen Sud) freigelaffen höbe, unb nun
feib ghr fchon mieber oon geliy §äfele, bem Sartfdjeerer, eineg
hoppelten greoelg angeftagt."
„ßmiefodje SHage, £>err Sanboogt?"
„ßum ©rften hobt ghr burch unoergeihlidje galjrläffigfeit auf
fünbhafte SBeife feinen ©obtenjug in Unorbnung gebracht, trofsbem
man ©udj bielfach ermahnet, bie ©hiere abjutöbten."
„©inmal hot er baoon gefprodjen — ja! Unb gum ßtueiten?"
„gum Slnbern magt ghr, oerbotenen ©aba! §u trinfen."
„So? ©er oergifjt nichtg. — ©g ift toaf)r."
„Sßarum t^ut ghr, mag oon ber hohen ^Regierung bodj ftrengfteng
unterfagt ift?"
„£>err SUlchberger, meil auch gh r tabftftet."
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CanböO 0 tagffdjtdjt*n am bem bernifdjen Knteraargan.
257
“Der Canboogt flaute, ganz oerbfüfft über folcfee freche Offenheit,
itadj bem anwefenben ©efefeeäbiener, welcher ftdj heimlid) befuftigte.
„§inau§ oor bie Sd)tofethüren!" Eommanbirte ber ©eftrenge.
®er ©arnifönler breite fid) jum Slbmarfd).
„©uer tro£ige§ ffiefen befrembet mid) nidjt mef)r; aber td) rattje
Gsudj, bie 3 un 9 e 5 U ^üten !"
„93raudjt nicht ber SBermaljnung. 9iur habe id) geglaubt, zwifchen
bem aftenfcben SEildjberger unb bem 90?enfd)en 23of)nen6luft fei oor
bem ©efe|e fein Unterfdjieb, aud) im StabaEtrinEen nicht."
„®a§ 9J?aul gehalten, frecher ©urm!"
„$err Canboogt, ich bin fdjulbig. 33eftraft mich!"
„©emäfe be§ £abaEoerbote§ trifft ©ud) 50 ^ßfunb 93ufee, unb
wa§ ben erften $unEt anlangt, fo Eann ich nad) bem, wa§ oorau§
gegangen ift, nicht anber§, al§ ©ud) jum hölzernen ©fei uerurtheilen."
£)er SDEaurer erbleichte, „©eit Qh r nicht maßt, £>err Canboogt!
©eit Qh r tntr bie ©hre ju rauben trachtet!"
SEilcf)berger§ 3lugen flammten. „Qa, baä miß ich! .friimmen foßft
®u !j)ich, fRebefle!"
„£>err Canboogt, ich untermerfe mich ganz gern, aber uer*
wanbeit meine «Strafe in fi'erEer!"
„$a, S)u wißft mir befehlen?"
„Qch bin gewife gegen Eeine gerechte Regierung, beim §immet
nicht! Stbcr Qh r ' €> err ö un ^ er / werbet ©uch nicht unterftehen, midh
auf ben ©fei ju bringen!"
„©oßen fehen. — £>eba, .ffanbfcheßen!"
kalter Schweife trat auf be§ 9J?aurer§ Stirn, ©r warf fid) cor
bem Canboogt nieber: „Um ©otte§ SarmherzigEeit wißen ... nein!
£ljut’s nicht! £f)ut’§ nicht!"
„$a, ha, h fl ! $e§t fängt er fid) an ju winben, aber §u fpät! —
Die ifanbfdjeßen an!"
©ie ein Sobenber fdfneßte ber SRaurer oorn ©oben auf, rife
Wilb bem herantretenben §atfd)ier bie geffeiringe au8 ber §anb unb
fdhleuberte fie oerzweifelt burch bie Erachenben genfterfdjeiben; fein
ÜReffer EnacEfe in ber ,£)ofentafd)e. ®od) im felben StugenblicE brang
burdj bie zertrümmerten 33leifenfter ein feltfameö ©eräufch, ein
dämmern unb Sägen unb ©efdfrei au§ ber Stabt herauf, bafe SUld)*
Berger an’§ genfter trat unb ob bem, Wa§ er brunten wahrnahnt,
©om 3uta jurn ©dhttjarjtoalb. IX. 17
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258 Cantwcijtefitfdjldjttn an« bun bernifdjcn ICntnraargan.
auf geraume ßett 3lHe3 um fid) feer oergafe. Oantt menbete er, »or
3»rn jitternb, fein mit bmtfler 9?ötfee übergoffeneS 93oßmonbgeficht
bem 9 Waurer ju, neben metcfeem ber fmtfcfeier, Söefefele gemdrtigenb,
ftanb. „23is auf 2Beitere8 miß idf Oid) ber ©efangenfcfeaft übermeifen,
ba ein befonbrer gaß »or liegt, morüber id) erft noch bie gnäbigen
Obern tonfultiren ntufe," fpracf) er. „fmtfdjier, bring ihn in bie hintern
3 eßen!"
Stle> Sofenenbluft im biiftern Oreppengemölbe neben bem rotfeen
geft ungäfot baten ging, tarn eilig ber Sartfdjaber, norgebeugten Körpers
unb bie £>änbe auf bie müben Slniee ftemmenb, herauf geftiegen.
,,©nä ... biger .. . $err ... SJommanbant!.. . SWefer als . . .
fünfzig Söeiber... genauen unb fcfeleppen... ben ©fei bei ber
„Scfeaal" in bie Stare . .. unb beS SßiaurerS grau ... ift bie Sin*
ftifterin."
„So ? OeS SWaurerS grau?"
Oer ^eucfeenbe, feinen grrtfeum mafernefemenb, mich au§ unb
haftete meiter treppauf.
X)rei Söocfeen bauerte bie SÜerferfeaft. ÜÖJit mancherlei ©ebanlen
im Slbenblicht nadh §>aufe gefeenb, fah ber SUaurer feinen fdjneßen
Söiberpart hinter fich feer fdjritteln; .fpäfete hatte feinem SBalbierftübcfeen
in ber Stabt geierabenb gegeben. 93ofenenbluft »erborg fid) hinter bem
^orniffenbaum auf bem fRafenborbe unb trat hurtig feer»or, mie ber
kleine »orliberfcfeofe. Oerfet 6 e mußte gerfengelb geben.
,,^>alt, gubaS! ge($t betennft fofort, bafe 0)u meine grau »er*
logen unb »erleumbet feaft."
„SBift fchon heraus ? -fpat Oir ©tifabetfe bie »ierte 2öod)e ab*
»erbient?"
„Satan! Söetenne, baß gelogen!" (Sr griff ihm an bie ©urget.
„Cafe mich loS — o! geh miß Oir bie 100 ©ulben einfaffiren."
„Oie foflen an 3*nfen fe e h en bleiben. Sefenne, bafe gelogen!"
„Heinrich, lafe mich leben — o! ©rbarme Oicfe! ... geh miß
... ben ftamtn . . . repariren."
„OaS miß id) nun felber thun. Ou haft mich angelogen? Sag’S,
fonft fiel) ba!" ©r brüefte ihm bie Stafe gegen bie Söaumfpalte unb
ftiefe mit bem ginger hinein, bafe eine ber auS bem Schlummer ge*
medten ©eiben bem S 3 artfcfeeerer gornig in bie §aare flog.
„Sfein! . . . O 23armher§igfeit, fie fticht! . . . ga!" ftotterte
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Älojttr ©Ubfrg.
259
bev gäf)e ©ünber enbfid) in Sobegangft. ,,©ie f^t für $)icf) bei Sitdj*
Berger nur angehalten."
,,©ef), ®u Sropf!" @r marf iljn toie einen 3BoEenfacf an bas
grüne Snrb unb begob fid) mit leistem bergen in fein 35af)eim.
SSon nun an mar ber barfcbe SDfaurer oeränbert. SBenn Grlifabetl)
ben lädjefnben £>eireli am Slbenb bem ^eitnEe^renben, arbeitgmüben
33ater entgegentrug unb er fie frug, marum ifjr Snäbfein ingmifdjen
fo friebfict) gemorben, bann antmortete fie mit freubig auffeucfjtenben
Slugen: „(Darum, metf bie 9D?utter nicfjt mef)r fo oiel um ben SBater
gittern unb meinen ntujj."
Gmianuet Sitd)berger erhielt enblidj oon ber oiefbefdjaftigten unb
bcs£)a(b etmag iangfamen Sangfei gu 93ern einen S3et cf) eib, meldjer
gar nidjt Söaffer auf feine Sflüfjle mar. ($r möge, befagte berfelbe,
fic^ fünftigfjin fofdjerfei anftöfoiger ©trafen entsaften unb beim, er«
probten Sitten oerbfeiben. (Die grauen aber, melcfje au§ Unbebaut
unb gürmi§ gef)anbeft, bamit it)re Scanner nicf)t auf ben Gsfef gefegt
merben möchten, foffen mit einer „fdjarpfen SBermaljnung" baoon-
fommen. („pauSfdjrift" »on 3®b- S^lmamr.)
Sufturf)iftorifd)e Silber oon $. giebermatm.
SBäfjvenb ber SRattjetjerr bem ©(^offner bie anfef)nlidje Slusfteuer
feiner Stodjter an baarem (Selbe fjingäf)lte unb bann mofjfgemutf) £>eim
ritt, itbergeugt, bag ©fitef ber Dodjter begrünbet gu Ejaben, trat biefe,
geführt oon ber öaienfdjmefter, bie fie an ber Pforte empfangen, itt
bag 3immer ber Oberin, meldje if)rer in einem Cdjnftufjl fjarrte.
SlgneS fügte if)r biefmnb unb harrte bann befefjeiben auf eine grage.
(Die Slebtiffin betrachtete bie Slouige oon Sopf gu gügen unb
ma§ fie faf), beftärfte fie in bem ISntfchfufs, Stgueg ben Slufenthaft
im ©tifte gu oevfeiben unb fie gu ueranlaffen, in ein attbereg Sfofter
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260
filoßet ©Ubfrg.
gu getjen. ©ie mar übergeugt, in biefern ftarfen Ceib wohnte feine
fc^toad^e ©eele. ®a3 Stuge öerrieth ©eift unb fidjer aud) einen feften
SBillen; ja e§ mar nur gu mahrfdjcinlidh, bie oerhajjte Slrtna tUJütter
fei in 2tgne§ Stüfer auferftanben. Stach einer fangen ißaufe fagte fie:
„$u miHft alfo in ben Orben eintreten, welcher feine Stiftung bent
^eiligen 23ernfjarb oerbanft unb bent auch biefe Zäunte gemeint finb."
„.fpochmürbige," entgegnete 2tgne§ nur ^alBteife, „eS ift ber SBille
meiner lieben ©Itern, benen td) gerne gehorche."
„Stennft $)u bie ^Regeln unferea OrbenS fchon?"
„Oer hocfjmürbige £>err ©tabtpfarrer la§ mir fte einigemafe uor."
„9tun gut, idf miß e§ mit Oir oerfuchen. mar gmar feft
entfcfjloffen, feine Stobige mehr angunehtnen, melche bie burcf) bie
Stifter feftgefefste tilgten probe nicht Ieiften fann. Oer §odjmiirbige
gu 8ü£el, unfer geiftfidjer Oberf)irt, hat ftcf) fo angelegentlich für Oid)
oermenbet, baf? ich berfudjsmeife Oid) annehmen miH. Qd) fage oer»
fudjSmeife, benn um gu erproben, ob Ou mirflich bie geiftige S'raft
befi^eft, baS fdjmere Streng ber 3^ftergienferin gu tragen, mufj ich Oir
einige Safteiungen auferlegen, melche Oir ©djmergen oerurfachen mer»
ben, melche aber bennod) baSjenige SDtaf) nicht erreichen, meld)e$ fromme
Sräute beS ©efreugigten fich freimiHig auferfegen. Söittft Ou Oid)
mittig Sittern untermerfen, ma§ ich gunt £>eil Oeiner ©eefe öorfdjrei*
ben merbe?"
„^odfmürbige, ich meijj, bie Spönne unb mehr nod) bie Stooige
ift ihren Obern unbebingten ©ehorfant fchufbig. Qcf) merbe SltteS
aufbieten, mir ©uer 2Boj)lmolten gu ermerbeu.“
©in farfaftifd)eS 8äd)eltt umfpiefte ben JDtunb ber Oberin. Oann
fuhr fie fort:
„8ege nun biefen meftlichen Oanb ab unb gief)’ biefe Sutte an,
fie ift nebft bem ©djleier baS ©ingige, ma§ mir tragen bürfen."
Oie Oberin fchellte, bie Stooigenmeifterin unb gugfeich bie Saien*
fchmefter Sfnaftafia, mefche bie ©teile eines SlrgteS in minber »nichtigen
g-ällen befteibete, traten ein, halfen SlgneS bei bem Umfleibeu, mobei
ülnaftafia fich gugleich übergeugte, bafj ber Ceib ber ©intretenben ge=
funb mar. Oie Stobigenmeifterin orbnete ber Stooige baS §aar unb
banb ihr ben ©chleier über ben Stopf.
„©chmefter grangiSfa," fprad) nun bie Slebtiffin, mährenb ein
teuflifdjeS Cächeln ihren SQtnnb umfpielte: „Stad) langer reiflicher
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ftloflrr ©Uberg.
261
Ueberlegung höbe icf) gefunben, eS ift Beffer, wir legen bem lieben
Sinbe gleich jefct Bie Bufeübungen auf, bie eS hoch fpäter als geweihte
Stonne auf fed) nehmen müfete. ginbet eS baS Sreuj ber 3if ter '
gienferin -ju (efemer für feine geiftige Sraft, fo ift eS boch noch frei,
auSjutreten unb fecf) einen Orten ju wählen, beffen Siegeln leichter
ftnb, als biejenigen beS Unfrigen. @efet, ich h a Be hier aufgefdjrieBen,
wie SlgneS Behanbelt werben foß.
©ie hot bem ©otteSbienfte jeberjeit betjuroofenen, in ber freien
3eit foß fee fticfen, ich weife, fee ift SJieifterin in biefer Sunft. gfere
SWahljeit bringt man ihr in bie ßeße, gleiche Soft wie für uns.
SJtorgen erhält fee nach Ber grüfemeffe bie Heine OiSjiplin, ihr wifet,
fedjSunbbreifeig ©eifeelfeiebe auf ben Biofeen Stücfen. UeBermorgen trägt
fee eine ©tunbe lang ben Bufegürtel, unb fo ben einen Stag ©eifeel*
hiebe, ben anbem ben Bufegürtel, bis ihr Ceib auSfeeht, wie berjenige
unfereS himmlifcfeen Bräutigams, nachbetn ihn bie Reiben mit Shctfeen
gepeitfcfet. gebeSntal nach Ber Safteiung nimmt SlgneS ein Bat unb
fpajiert eine ©tunbe im ©arten. Stach Ber SWittagSmeffe fomntt fee
hieljer unb liest mir ein ©tünbdjen bor, wobei ich mich Bann über»
jeugen fann, ob bie Bufeübungen richtig ooßjogen werben unb baS
liebe Sinb ©elegenheit hot, mir fein f>er} $u öffnen, gefct führt fee
in ihre Qeüt, gebt ihr bie OrbenSregeln ju lefen unb forgt, bafe fee
ihre SJtahljeiten richtig erhält.
@ie bot SlgneS bie f)anb, welche biefelbe Eüfete unb bann mit ber
Stooijenmeifterin ihre ßeße auffudhte. ©S War bieS ein längliches
gimmercfeen, baS nichts enthielt als eine hölzerne Bettfteße, ben oon
ben Siegeln oorgefchriebenen ©trofefaef, ©trohKffen unb SBoßbecfe,
ferner ein ü&rfdjchen, jWei ©effel, einen SßafferErug, ein SBofdjbecfen,
einen jinnemen Bedher unb einen Betfcfeemel oor bem Bitte beS ©e=
freujigten. Sin ber fahlen SBanb hingen swei ©eifeeln, jebe mit brei
ftarfen Seberriemen, an ben ©üben berfelben waren Bei einer ©eifeel
Heine runbe ©ifenplättchen befeftigt, bie ©porrenräbem täufchenb Öfen»
lieh fohen. Sin einem anbern Stagel hing ber Bufegürtel, ein feonb*
breiter fefer ftarfer Ceberriemen tnit ©efenaße, inwenbig mit einigen
hunbert Keinen fefearfen Stägelfpi^en oerfehen.
Startern fech auch Bie StoDijenmeifterin entfernt hotte, fefcte fech
SlgneS an baS Heine oergitterte genfter, baS eine fefer fchöne SluSfedjt
gegen ©üben, auf ben mit Buchen bewatbeten, fünften f)ügel barbot.
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262
ÄlofUr ©Uberg.
Oie nädjfte Umgebung fafj man nicht, bie SQlauer mar gu bicf unb
bie (Sifenftübe geftatteten fein ^jerauSftrecfen beS Kopfes. StgneS be*
gehrte auch nichts gu fehen, ihr $erg mar uoll unb fchmere ©ebanEen
lafteten auf ihrer Seele.
(Sie hotte fich baS Stofter als einen ©arten ©otteS oorgeftetlt,
in meinem fromme 33räute beS ©otteSf offnes in Siebe unb Stnbacfet
manbelten, mo meber leibliche Stiotlf, noch geistiger Kummer unb Sorge
bie ©ottgemeihten in ber füllen ^Betrachtung beS gu ihrem Seelenheil
Ofenettben ftörten. Unter ber Oberin hotte fte fich eine Butter ge*
bad)t, bie nur mit Siebe ihre S'inber leitete. SBoffl hotte ihr ber
Stabtpfarrer teife angebeutet, mie bie Tonnen, um ihrem S3orbilb
näher gu fommeit, gumeilen ben fünbigen Seib fafteien. Sie hotte
bieS aber faum beachtet unb fich babei mehr ein goften unb ©nt*
fagen materieller ©enüffe oorgeftellt. SSaS bann bie ©eifeelung an*
betraf, meIdfe bie giftergienferinnen oor jebetit hohen fyefttag gemeinfam
PoHgiehen, hotte fie fich gefogt, maS Stile tffun, baS oermag auch ich
gu erbulben. — Unb nun-
©leich bei ihrem ©intritt liefe man fie bitter fühlen, bafe fie eine
bürgerliche mar, bie man bloS auS ©nabe uufnahm. 2J?an hotte tf)r
33üfeungen oorgefdfrieben, an bie fie nur mit Schaubern benfen fonnte.
SBerbe ich & ertragen? fragte fie fich unb ih r tlfränenfeuchteS Singe
fah auf gum blauen .fpinmtel. Sie fanf auf bie S'nie unb flehte gum
£>immel um Sfraft, bie üüfartern gu ertragen, mit benen fie bebrofft
mar. Oer Schleier mar gerriffett. Oer geträumte ©arten ©otteS
fchien [ich in eine §öl(e oermanbeln gu motten.
So fanb fie bie Saienfdfmefter, metche bie reichliche Slbenbmahlgeit
brachte. Sarfufe, mie alle SBemohnerinnen beS eigentlichen ^lofterS,
mar fie fo leife hereingefommen, bafe SlgneS fie nicht hörte unb gu*
famtnenfchraf, als biefelbe freunblich fragte:
„Siebes Äinb, maS fehlt Oir, bafe Ou fo traurig bift, bie Stugen
oon Ohränen feucht finb?"
StgneS hotte fich fchnell erhoben, fuchte bie Spuren ber Ohränen gu
oermifchen. Oie Saienfchmefter fuhr hotbleife im freunblichften Jone fort:
„Slennft Ou mich nicht mehr, bie ©iSbetlf gifcher, bie Schmefter
ber Söafdffrau Oeiner ©Itern, SlgneS?"
„Sich, liebe ©isbeth," rief bie hocherfreute Stoöige, „mie, Ou bift hier? “
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filoßtr ®H«b(rg. 263
„Sa, Slgneg, nach bem Dobe meinet Heben Wanneg trat icf) alg
Saienichmefter in bag ^teftcje Stift, mo icf) jeitlebens tootjl oerforgt
bin. Siun fage mir aber offen, marum fo traurig, Sinb? (So oiet
icf) meifj, marft Du oon ©eburt an ber Sirene gemeint. $at tnan
bennod) ©emalt anwenben müffen, Did) f)ief>cr ju bringen? Sprich
aber leife, hier haben bie Wauern Obren."
„Stein, ©Igbetf), icb fam mit ^reuben lieber, allein ber ©mpfang mar
berart, bafj ber füfje Draum eineg befdhaulidjen Sebeng fdhnelt oerflog."
„Äränft eg Did), bajj Du barfufj gel)en mnfjt, nichts am Seibe
tragen barfft, alg bie grobe ft'utte ?"
,,©ott bemabre, ©Igbetl), Sltleg bag mußte idj junt Voraus. Sllleiu
bie fürchterlichen Safteiungen, bie id) alg Prüfung an mir oolljieljen
laffen foH, haben mir bag Slofterleben grünblidj oerleibet."
Sie tfjeilte nun ber Saienfdjtoefter mit, ma§ ihrer harrte. Xiefe
fd)üttelte nadjbenflidj ben S'opf.
„Slgnee," fagte fie enblicb, „bie Oberin mufe einen befonbern
©runb haben, Did) ju quälen, mie e§ nodj feiten bei einer Stooije
gefdbab. ^d) felbft fab noch nie etma§ Sehnliches, habe jmar gehört, in
längft oergangenen ßetten habe man Wäbdjen, bie fid) miberfeßlicb ^eig«
ten, §rlud)toerfudje anfteHten, big auf bag Vlut gegeißelt. Seiber fann
ich Dir nur infomeit helfen, bafj ich deinen armen Seib mafdje unb falbe."
„^önnteft Du mir nicht einen SBrief an ben Vater beforgen?
S<h jmeifte nicht, er mürbe mich fofort abholen."
„©laube bag nicht, Slgneg. ©r fönnte Dich ja gar nicht bireft
fpredjen unb bie Oberin ift fein genug, bie Sache ganj anberg barju»
ftellen. Die Vufjübungen mürben bann ju Prüfungen unb mollteft
Du Did) roeigern, biefe ju ertragen,' fo mürbe man Dir ben Slugtritt
nicht üermeigern, Did) aber in ein anber Slofter fteefen, benn Du bift
eben burch bag ©elübbe Deines VaterS ber Kirche gemeiht. Unfere
Oberin mürbe aber nicht Jägern, ber neuen Vorgefe^ten SWeS ju
mclben, Dicf) in möglichft fdjlecfjtem Sichte barjuftellen. Spott, £>of)tt
unb Verachtung märe Dein fichereS Soog. Qnbeffen barfft Du feines*
rnegg oerjmeifeln. Die Safteiungen erträgft Du fdjon ein paar Dage.
Du bift ein ftarfeS Stäbchen nnb an SBein unb guter Siafjrung foff
eg Dir nicht fehlen, ^njmifdjen fommt ber Veidjtoater, ein junger
Wann aug 9?l)einfefben gebürtig. Du mußt ben Vater .jpieronßmuS
fennen. ©r mürbe ja im fpaufe beg Stabtpfarrerg erlogen."
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264
filofter ©labtrg.
„O jo, ©isbeth, idf fenne tErn genau."
,,©ut, mit ihm rebe icf), foBatb er anfommt, unb ®u öffneft ihm
©ein atnteS ^ergehen. geh -poeifle gar nicht, er nimmt ®idj in feinen
©d)u£ unb bann f)a 6 en alle SSufjübungen ein ©nbe. SBift ©u aber
erft gemeinte ©chwefter, fo mirft ©u finben, baf$ ber ©arten ©otteS
ein Wahres ißarabieS ift."
©rftaunt wollte SlgneS weiter fragen, allein ©isbeth legte ben
ginger auf ben Sftunb unb fagte bann (aut:
„ge§t ife unb trinf, liebet ftinb, idf fjn& e nur gefagt, waS
©u in SBejug auf baS beinhalten ©einer ßelle ju ttjun ^aft. gn
einer falben ©tunbe £>ote idj baS ©efchirr."
$aum waren biefe 2 Borte gefprodfett, fo trat bie Siooijenmeifterin
ein unb brachte Signet ein £>eft, baS bie OrbenSregeln enthielt, ©ann
entfernten ficb SBeibe.
2 lgne§ afj, ifjr gefunber SSerftanb fagte i(jr, fie bürfe nicht faften,
wenn fie bie Startern ertragen wolle.
* *
*
2 Bir wollen ben öefet nicht ermüben mit ber SBefdjreibung ber
furchtbaren dualen, welche SlgneS erbulben rnufjte. ©8 wibert un§
an, bie ©chmerjen, welche bie ©eifeeln unb ber SSuggürtel berurfad)ten,
auS-jumalen. 2Sir überlaffen bieS ©enen, bie eS lieben, burch folche
©chilberungen ben Cefer aufjuregen. Söir fagen einfadh, nach fünf
©agen war Signet fo heruntergetommen, bajj fie ftd) ben ©ob als
greuttb herbeiwünfehte. ©iS aber eine gwanjigjährige ißerfon, gefunb,
ftarf, ohne ©orge für Obbadj unb 2öot)nung, baS ©rab als ©rlöfung
betrachtet, muß ftc UufäglicheS gelitten hüben.
3J?it Vergnügen bemerfte bie Oberin bie blaffen SBaitgen, baS
bon ©hränen gefihwollene Sluge ber bobije. ©ie wollte nur noch bie
Slnfunft beS JBeidjtuaterS abwarten unb bann ber Öeibenben ben 9luS=
tritt freiftellen, an ber Sinnahme jweifelte fie nicht. ©S fodte aber
gang anberS fomnten.
Slm ©amftag gleich nach ber gfrüfjmeffe, beoor bie bobijenmeifterin
bie für biefen ©ag borgefdjriebene Äafteiung bornahm, !am ©iSbeth
in bie ßetle gerannt unb flüfterte haftig:
„Somm, SlgneS, Eomm. ©er SBeidjtbater will ©ich fp rechen, ehe
er 511 ber Oberin geht, ©ei fröhlich jejjt, bie fchlimmen ©age ftnb
ju ©nbe."
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ftt öfter ©Itbfrg.
265
©eufsenb erhob fidf bie Ceibenbe unb folgte langfam ber Caien»
fdjmefter in baS 3' n,Tnet &eS SRöncheS, ber il)r bte $aitb sunt Suffe
reichte, fie ftaunenb betrachtete,
gn ntilbent Sone fragte er:
„Su fennft mich boch noch/ 9lgneS?"
„garoohl," hauchte fte, „ich fab Sud) oft int ^ßfarrhofe."
,,©ut, liebet Sinb. ©ielj aber in mir nicht bloS ben Mitbürger,
fonbern ben Utann, ber Sir ratfjen fott unb ber Sir Reifen miß.
©ei aufrichtig gegen mich, betrachte mich als Seinen filtern, erfahrenen
Sruber. Sßiüft Su bieS thun, 9tgneSr )//
„9Rit taufenb greuben, toiirbiger Sater."
9Rilbe (ädjelnb bog fich ber SJtöndj su ihr herab unb fprad), in=
bem er fte fanft aufhob:
„Su bift tränt, Sein ßuftanb erforbert oor 9tßem fRulje unb
fßftege. geh merbe Sich ber ©djmefter SInafiafia übergeben, ©ei
ohne gurcpt unb ©orge, ich mache überSich unb bin mädhtig genug,
Sich SU fdjüijen. 2Biüft Su mir oerfprechen, ruhig su fein, mit frohen
SBIitfen in bie gutunft ju flauen unb fo bie Teilung Seines SörperS
gu befcfjleunigen ?"
„2ftit taufenb greuben, faüvöiger Sater," entgegnete 9lgneS, in
beren |jers 3Ruth unb Hoffnung surüdtfehrten.
Ser Seichtoater fc^etlte unb liefe burd) ©iSbetf) bie Sranfen*
Pflegerin herbeirufen.
„©djmefter 9lnaftafta,' / fprach er ernft, „ich übergebe Sir biefe
tränte SRooise. Sefjanble fte auf baS Sefte; allein lafe SRiemanb oon
ben gemeihten grauen, fefbft bie Oberin nicht s u il)r. geh merbe
9lgneS täglich befuchen unb harte ©träfe bleibt nicht auS, falls meine
Sefef)le nur mangelhaft befolgt werben."
Sie ©chmefter oerbeugte fi<h. (£r reichte 9lgneS bie fjanb, bie
fte füffen mollte, maS er aber fd)neß abmehrte.
„geh liebe bieS 3 e ^ en tnedjtifdjer Untermiirfigfeit nicht," fagte
er, „ein ^jfinbebrucE genügt. 91 uf SSieberfefjen, 9lgneS."
©ie prefete ihm heftig bie bargebotene iRedjte.
©ine Siertelftunbe fpfiter lag fte, fanft fchtummernb, in einem
meinen, herrlichen Sett, hart neben bem genfter beS Ijeßen unb ge=
röumigen SranfensimmerS.
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266
Älofter QHeberg.
Saum t)ötte bie Uiooije ba§ ßimmet oerlaffen, fo begab ftcfe ber
33eid)toater ju ber Oberin. SUad) ben üblichen 33egrüfeung§formeltt
fragte bie 3lebtiffin:
„Unb nun, würbiger 33ater, luie fjabt 3b* bie S'iooige gefmtben?"
,,©ebr berabgefontmen, ^mcfewürbige."
„Stiebt wahr, 3b* glaubt auch, fte fei nicht im ©taube, ba§
fefewere Sfveuj ber 3*fee*äienferin ä u trogen? 2)ie Regeln unfereö
Orbenl finb ju ftrenge für ba3 Sttäbdjen. 3^) glaube, e§ wäre beffer,
fte träte in einen anbertt Orben, junt Seifpiel in ba§ ftlofter ber
Sluguftinerinnen im .Qlingentbal p 33afel."
„gwdjwürben, oerjeibt, aber icb febe nicht ein, warum 3lgneS nicht
ebenfogut gtfterjicnferin als Sluguftinerin fein famt."
„3br fragt warum? 3tber, würbiger SBater, mufe tef) benn (Such,
bem ßifter^ienfer, noefe fagen, wie wir un§ Hetbert muffen, wie eä un*
fere Pflicht ift, bafe wir oor jebent hoben gefte ben biofeen Ceib mit
bunbertfedjeunbbreifeig ©etfeelbieben fafteien, wie jubem jebe geweihte
©efewefter am Neujahr ber Oberin fcferiftlicfe mitptbeilen bat, auf
welche SBeife fte im Saufe beä QabreS ba3 fünbige gleifcfe süchtigen
will. 3S3ie will bie§ eine ^ßerfon ertragen, bie fdjon bureb bie Heine
“Disziplin franf wirb? Oen ©ufegürtel faum ein paar ©tunben tra*
gen tann?"
„Iwcfewürben," entgegnete ber 33eicfetoater nicht ohne leifen $obn.
„2Ba3 bie SHeibung anbetrifft, taffen wir in &Jube, 3lgne§ fiüfer ift
nicht jarter at§ bie bocbwiirbige Satbarina, geborne ©bie oon ©d)ön=
berg. SSon ben ©eifeelungen oor ben geften wollen wir lieber gar
nicht fpreefeen. Ob fte in längft oergangenen geiten ernftlicb polU
jogen Würben, Weife iefe nicht. ^ef$t bilben fte eine 33eluftigung be-
fonberS für bie jüngeren ©efeweftern. Qch barf ba§ ÜSeicbtgebeintnife
nicht oeriefeen; fonft fönitte idj ©uefe fagen, wie e§ babei jugefet.
©cferiftlicfee Reibungen oon freiwillig auferlegten 33ufettbuttgen werbet
3 b r wir wenige oorlegen tönnen unb würben fie oerfproefeen, fo fehlt
e§ am Sluäfübren. Ä'urj, wa§ bie abeligen ®amen oon ©ptingen,
£>er§felb, ©chlieugen unb wie fie alle betfeen, erbulben, ba§ erträgt
StgneS mit Seidjtigfeit. fwdjwürben, geben wir nicht, wie bie Äafee,
um ben beifeen 33rei herum. 9J?ir, bem bürgerlichen Spanne, ift ba£
SO^otio ©uerer §attblung§weife flar. ©obalb idf erfuhr, wie man ba§
arme ®inb mifebanbelte, fiel mir ein, wa§ mir unfer boefewürbiger
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fiiofl«: $>Uberg.
267
Sater p Cüfcel mittheilte, tüte eS iljn grojje SWülje gefoftet, 3lgne§ ^ier
unterpbringen. ^teute jage ich aber: ^o^toürben, HgneS bleibt hier."
„O, icf) begreife/' ^öt»nte bie Oberin. „2lber wenn irf) ben f|ocf»=
toiirbigen Herren p 8ü§et crfudje, unS ftatt beS brei^igjä^rigen S3eic^t=
oaterS einen altern Sruber p fenben?"
„OaS mögt Qh r tljun, ^ochwürbige," lautete bie falte Slnttoort.
„Ob bann ber ©reis boSfelbc Serftätibnih für bie Söünfdje ber jungen
©djtoeftern befi^t, wie ber breifjigjäljrige SDtann, ift eine zweite grage.
©fje mir aber frfjeiben, laßt unS als Stngeljörige ein unb beSfelben
OrbenS ruhig mit einanber reben. Qh r mifet fo gut mie id), waS
ber ©eiftlichfeit, inSbefonbere aber ben OrbenSleuten broljt, melcf)’
mächtige (Stimmen fiel) gegen unS ergeben. Sei allen ^eiligen, Un*
recht hoben fie nicht; allein ihnen burch fmuSftreit noch wehr hoffen
in bie £>anb p geben, hatte ich benn hoch für unflug. ©eib Qh 1 '
nicht auch meiner SWeinung, fwchmürbige?"
„Ooch, hoch, aber WaS hat baS mit SlgneS p thun?"
„Siel, fehr Diel. Sehrt SlgneS in baS üäterliche ftauS prücf,
ober geht fie nach Slingentljal, einerlei, ber Sater wirb ben ©runb
roiffen motten, auS welchem fie Olsberg oerlieh. 2>ie Softer, um
ftch p rechtfertigen, fagt natürlich bie Söahrheit unb bann? — 28aS
meint ^h r / toaS mirb ber tttathSljerr, bie gange ©tobt oon Such, oon
betn Sonoent p Olsberg halten?"
Oie Ülebtiffin fenfte ben Slicf pr ©rbe. Oer 9)tönch fah toeiter
als fie. Sftacfj einer ißaufe fuhr er fort:
„©chliehen mir ^rieben, ^tochmürbige. Ueberlafjt mir SlgneS
unb feib fidjer, ich forge bafür, bah fie in ben @d)Weftern nichts an-
berS fieljt, als fromme Sröute ©hrifti- Oann bringt fein böfer Saut
nach außen unb baS ©tift fann bie ©olbgulben beS bürgerlichen
ttJathSherren behalten, waS auch nicht p oerachten ift. SBaS meint
$h* jo meinem Sorfchlag, fmchtoürbige?"
„^ch merbe ihn annehmen müffen unb gratutire bem mürbigen
Sater."
„Unb tch oerbitte, mir jeben ©pott, .öoehmürbige. SltterbingS
fenne ich 2lgneS recht gut, beffer noch ihre ©Item, ber 9?atl)Sherr
hatte mehr als einmal offene Oafel für ben armen ©tubenten, allein
als ich üor gel)n fahren oon 9?f)einfelben fchieb, um in ben Orbett
p treten, mar ?lgneS noch ein Such."
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268 filofter GMsbtrg.
„Sddiefeen wir grieben, Vruber ^ierontjmuS/' lächelte bie Oberin.
„Qljr §obt eine 2lrt ju rebcrt, ber man nicht ioiberftef)en fann. Viel*
leicht geht eS einft ber 2lgneS mie mir je£t."
yjiit taltem ^offn entgegnete er:
„£)ocbwürbige, man fagt wirflid), ich prebige gut. Vielleicht tauf che
ich fpäter buch noch einmal bie Sfutte an baS Ornat beS ©eltgeift*
liehen. Sülfo SlgneS 6leibt. Von. Äafteiungen leine fRebe mehr.
Sie SRoüize Bleibt mir übertaffen."
„3ugeftanben, nur forgt bafür, bafe fte fich als Sübelige benimmt,
baS Veifpiel ihrer ebelgebornen Schweftern befolgt."
„§>od)Würbigc, ich werbe noch wehr tljun. Qn tur§em folt 2lgneS
bie ßierbe oon Olsberg fein, $dj Werbe alles aufbieten, SlgneS in
Vejttg auf Vilbuttg fo hoch SU ftellen, bafe man gerne oergifet, bafe
ihr baS Sßörtdjen „oon" üor ihrem SRanten fehlt. 2ßifet, fjodjwürbige,
heut ju Sage fiitbet man eher taufenb abelige SRonnen unb 2Röndje
als eine gelehrte ßifterjienferin."
9Rit biefett 28orten entfernte er fich, «in Öächeln um ben SRunb.
Sie Oberin murmelte ihm einige Söorte nad), unoerftänblich, aber
jebenfalls feine Sd)meidjeleien.
X.
Per 3$eidjft>ater e&teronpmus.
Unter ber ausgezeichneten ^fdege ber Sdjwefter Slnaftafia erholte
fid) 2lgneS fdjneH. Säglich tarn ber Veidjtoater, fe^te fid) an ihr
Vett unb fprad) mit ihr oon 9?h e * n f e ^ en / ben Gütern unb VerWanb*
ten, bie ihm alle wohlbefannt waren. (Sie fühlte fich glndtidj mit
thm über ihre ^jeimath reben ju fönnen unb fah mit froheren Vlicfen
in bie 3ufunft. (Srnftere ©efprädje bewiefen ihr bann, bafe ber SRöndj
eine Vilbung befafe, wie man fie im fedjSzeijnten ^afjrljunbert nur
feiten in einem Slöfter traf. ®h r 9 e >ä’9 unb moht einfefjenb, bafe ihm,
bem türmen, nur bie Kirche unb auch biefe nur bem gelehrten Siener
Zu ($f;re unb Slnfeljen oerhelfen Eönne, hotte er mit raftlofem ©ifer
ftubirt unb auch o(S SRönd) feine Stubien fortgefefet. Ser 2lbt oon
Süfjel fdjä^te ben jungen ©eiehrten unb um ihm noch mehr 3«t Z um
Stubiren zu geben, fefjte er ihn als Veidjtoater nad) Olsberg, eine
Sinefure, bie nur wenig 3 e *t in Slnfprud) nahm unb bem jungen
URanne alle SRufee liefe, feinen ©eift immer mehr auSzubilben. 9Ran
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€lofter Oieberg.
269
traf ihn aud) faft immer ob feinen 23üd)eru unb fmnbfdjriften. ©in
Meiner (Spaziergang mar bie einzige ©rljolung, bie er ficf) gönnte.
SaS Stift oerließ er bloß, um nach Cü^el ju manbern/ aus ber bor*
tigen reifen Vibliotljef neue ©eifteSnahrurtg ju ^olen. Saß aber
ein fotdjer SJtann halb freier badjte, als feine OrbenSbrüber, baß er
einfafj, mie meit bie Sfirdje unb beren Wiener mm beit ©runbfäfcen
beS ©tifterS abgefommen unb baß er ftd) mehr nnb mefjr ber begin*
ttenben Deformation zuneigte, ift gemiß fein SBunber.
fiieronpmuS mar aber nicht bloS ein fefjr gelehrter, fonbern aud>
ein fdi)önet 5D?ann üon mittlerem/ gebrungenem SöudjS, beffen ©lieber
eine ungefrffmädjte Straft üerrietljen. ©ein ebelgeformteS 2lntliß batte
ben 2luSbrucf freunblicben ©rnfteS unb auS bem blißenben 2(uge leuch*
tete ©eift unb ^o^er Dtutl). ©r befaß eine fjtnxrei^enbe Debnergabe
unb menn er £>ie unb ba als ^ßrebiger auftrat, mußte er zum ^erzett
ber 3 u ^örer zu bringen. Sabei batten ibn bittere ©rfahrungen in
feiner freublofen Qugenb gelehrt, in 2111 em mit ruhiger Vefonnenljeit,
mit reiflicher Ueberlegung zu h°ubeln, nichts z u überftürzen, fonbern
gelaffen ben üttoment zum ©iege abzumarten.
Saß 2lgneS z u biefem Dtanne ein unbegrenztes ßutrnueu faßte,
ift begreiflich. Sticht nur imponirte ihr fein SSiffen, fonbern fie fa£>
in ihm ben Detter. Sie freute fid) unenblid), als er ihr nach einigen
Sagen ben SSorfcfjlag machte, fie in ber Sird)engefchid)te zu unter*
richten, in meldjem gacfje er ooUftänbig zu -£jaufe mar.
Dach oierzefjn Sagen mar 2lgneS oollftänbig f»ergefteltt. Ser
Unterricht begann. $eben Dtorgen nach bem grühftücf begab fie fid)
in baS ßimmer beS VeicßtoaterS, baS einer Meinen Vibliotljef glich,
feßte fich neben ben oerehrten Sehr er, ber ihr mit außergemöhnlidjer
Klarheit einen Vortrag hielt, ber je nach bem bebanbelten Shema,
ein bis §tt>et ©tunben bauerte. SaS ©ehörte foltte bie ©^ülerin in
ihrer 3 e öe furzgefaßt nieberfdjreiben.
©r begann mit ber 2lpoftelgefchichte unb ber Verbreitung beS
©hriftenthumS in Stleinafien unb bem 2lbenblanb, fdjilberte ihr bie
oerfchiebenen ©eften, bie in ben erften Qahrljunberten auftauchten unb
machte fie befannt mit ben Sehren ber Dazarener, ©noftifer, 2lnti*
trinitarier, 2lriaiter 2 c. 2llSbann ging er über z u ben DteinungS*
oerfchiebenheiten zmifchen ber griedjifch» unb römifchfatholifchen Kirche,
bie fdjließlidj fich fcift allein gegenüber ftanben. 2ln ber §anb feiner
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270 «toftn- ©Ubfta.
3(uljüge aul ölten ©Triften ber ftircfeeuoäter bewiel er if)r, wie bie
erften 6 Triften oielel liiert oerehrt, wal erft fpäter all fjeitig betrautet
würbe, Wie bie Dtutter bei «'pcilanbel erft im fehlten 3 a ^ r ^ un ^ crt
oll £)immelltönigin anerfannt würbe, ferner geigte er if)r, wie ber
33ifcf)of ju Dom nur nad) unb natf) t»öt)er all onbere Sorfteher ber
Stirne ftieg, bil er enblid) §um heiligen Sater unb ©telloertreter bei
^etlonbel auf ©rben erflärt würbe.
2 lgnefenl 2 luge fyaftete an bem SDunbe bei täglich £)ö^er oerehr«
ten Cehrerl, el erweiterte fid) ihr geiftiger ©efidjtlfreil unb wenn fie
iljn oft ftounenb anblicfte, fo lächelte er rnilbe unb pflegte ju fagen:
„$u ftaunft, liebel Stinb, mid), ben SDöitdj, fo fpreßen ju hören.
Sßiffe, in deinem 3(1 ter war id) fo gläubig wie ®u. Vtnaulgefefetel
©tubium ber 3llten tjobt mid) ju ber Ueberjeugung gebrockt, bafe
wir weit abgeroirfjen ftnb oon bem ißfabe, ben ber erhabene ©tifter
unferer Religion, ben feine jünger unb beren erfte 2 lnl)änger wan«
beiten. 28ir feljen, wie nton ju fügen pflegt, oor lauter Säumen
ben 28aIb nid)t meljr. ©ine Umfel)r ju jenen ßeiten einel einfachen
©hriftenthuml ift eine Unmöglidjfeit, ba bie oeränberten ©itten el
nidjt mel)r geftatten. gfür bie begonnene Deformation bin id) mit
8 eib nnb ©eele, ob fie jum giele führt, bal Weife id) nicht unb meine
Cebenlftellung gebietet mir Sorftdjt. ©hriftul fagte ja felbft: ,,©eib
einfältig, wie bie Stauben unb tlug wie bie Schlangen." Qd) fefee
einftweilen rufjig p unb beherzige ben ©prudj: „Sonant .ßeit, fommt
Dath-""
„ 2 (lfo Würbet ^l)r ©ueru ©lauben an bie fatljolijdje Stirere ab*
fcfjwören, falll bie oon ©ud) bewunberte Deformation obfiegett follte?"
„ 2 ßer fpridjt oon abfefewören, liebel Sitib? $ft bie begonnene
Deformation bal, Wal gwingli bei feiner S 5 ilputation 31 t ßürid)
oerfprad), fo lehren wir einfach auf hen 2069 jurüct, ben bie ©fjriften
wanbeiten, beuor 9Denfd)en bal grofee 2 Bcrf bei ©ottelfol)nel burefe
eine Unjaljl Sln^ängfel oerunftalteten. biefem galle feoffe id),
auch meine tlarblidenbe 2 (gnel werbe ihrem Sehrer nadjfolgen."
,,©iel)ft SDu, 2 lgttel," fagte er, all er ihr bie fämmtüdjen ©rben
genannt unb beren oerfdjiebene Degeln, ©runbjafee unb 2lbfichten er«
flärt, „fiehft S)u, 3lgnel, el gab eine ßeit, wo bal Slofter wirtlich
eine SBohltfjat war. 2111 nämlich hie frommen SDänner ©atlul,
Kolumban, g-inban, gribotirt in biel Catib tarnen, bie Reiben ju be*
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271
fllofUr Olsberg.
feeren, bauten fte an geeigneten ©teilen gellen für fiel) unb itjre
©efäljrten, allein nid)t blog um barin ju fingen unb ju beten, ©ie
machten bag 8 anb urbar unb rangen it)m ab, mag fie für ihren Unter»
halt gebrauchten, baneben fugten fie bag unuooljnenbe SB 0 I 6 bem ©h r i'
ftenthum pjuführen. Sllg bie Vrüber fid) mehrten, dürften unb reiche
Herren ihnen Vergabungen machten, barnit fte ohne ©orge um bag
tägliche 33rob bem ißre&iseramt obliegen fonnten, mürben halb aug
ben einfachen gellen ©ebäube oon ©tein unb alg bie fReichthümer ftdj
häuften, umgab man bie Sßoljnungen mit äRauern unb Shürmen,
bag hölgerne Kirchlein machte einem mehr ober minber ftattlichen Sem*
pel ißlaf}; aber immer noch lebten bie Semohner frei, ohne befonbere
Siegeln, ohne Slaufur. ©ie mürben in ferneren, friegerifchen geiten
bie gufluchtgftätten alternber Ceute. Oft fam eg oor, baff mähreitb
ber 2Rann in ein fotdjeg ©tift trat, in bem fid) nur SRänner befan»
ben, bie ©attin fich in ein grauenftift begab. Qh r ©ut fchenlten fie
ihrem Slufentljaltgort. @0 entftanben bie nun reichen, gefürfteten
Slbteien ©t. ©allen, Siffentig, Siheinau, ©äefingen unb SRaria ©in*
fiebefn an ber ©teile, mo be§ heiligen SReinrabg gelle ftanb. ©fg*
berg mürbe gegrünbet, auch bie ©tiftung ber Slbtei Cü^el fällt in jene
geit, ba im $ahr 1122 ber ©rünber unfereg ©rbeng, ©anft Vern*
harbug, Slbt ju ©lairoauy, ben ©runbftein legte. Sa aber fchon im
ahnten Qahrhunbert feine Reiben in ^jeloetien, ©allien unb ©erma*
nien mehr ju belehren maren, befamen auch bie Slöfter eine anbere
©eftalt. Sie Vemohner nahmen irgenb einen ber fur§ juoor ober
gleichzeitig entftanbenen Orben an, legten bag ©elübbe fortbauernber
Äeufchheit unb ©ntfagung aller meltUchen greuben ab. ©tatt gu*
ftudftgorten mürben fie nun ©dfulen, in benen'©eiehrte ungeftört
oon bem fortbauernben Sriegglärm ruhig ihren ©tubien oblagen.
gh«en oerbanfen mir bie ©rhaltung mancher merthooUen ©chrift ber
Sitten. Sag jmölfte galjrhunbert mar befonberg reich an Klafter»
ftiftungen. Ser fittlidje £)öhepunEt mar erreicht, oon nun an ging
eg abmärtg. ©tatt ob ben Vüdjern ju fifjen, fchmangen fidf bie ge*
fürfteten Siebte auf bag ©treitroff unb führten an ber ©fnf$e %at)U
reicher Vafallen enblofe Stiege. Sie Vorfteherinnen meiblicher Slöfter
fugten auf alte mögliche SBeife ben Sieicfjthum ihreg ©tifteg gu meh*
ren. 3teid)thum führt §um Müßiggang unb biefer ift aller Safter Sin*
fang. ©cfjon im breijefinten Qahrhunbert unb mehr noch im uier*
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272 UltOtt roitbtrj.
jehnten warb eS ©itte, bafe jüngere ©öhne beS SlbelS in irgenb ein
Älofter traten, um bem Slelteften baS ©rbe nid)t ju fchmälern, fte
le 6 ten a 6 er beffer als ber ritterliche ©ruber in feiner ©ergoefte. Das»
felbe gefchah mit ben Jungfrauen, mo mehr Töchter roaren, als man
ftanbeSgemäfe uerheiratt)en fonnte. 97un ftelle Dir aber biefe Jugenb
oor, bie einge)d)loffen in finftere ÜRaueru beunod) in SRüfeiggang unb
Ueberflufe lebte unb Du mirft Dir leicht ein ©ilb beS Gebens machen
fönnen, baS 2Rönd)e unb 97onnen führten.
Jch höbe Dir fchon 5 U wieberljolten 2Ralen erzählt, mie braufeen
im SReidj ber ehemalige ÜRöncfe, 90?artin Guther, mit grofeem Srfolg
gegen bie grofeen Uebelftänbe fämpft, bie fidj im Gaufe ber ßeiten in
ber ftirdje gebilbet höben. DaSfelbe thut ber Geutpriefter £)ulbreid)
ßmingli broben in ßürid). ©ie oerlangen Slbfcfeaffung beS ©Uber»
bienfteS, ber Ohrenbeichte, Aufhebung ber ©heloftgfeit aller ißerfonen
geiftüchen ©tanbeS unb, maS für unS ©eibe baS Sßicfjtigfte, ©ftfularifation
fämmtlicher SUöfter unb geiftlichen ©tiftungen. Jd) h a & e ®tr aud)
gefagt, bafe ich mit unferem 2 lbt ju Güfcel ber grofeen Disputation
ju ßüricf) beiloohnte. Der ©rfolg, ben ßroingli errang, mar burch»
fchlagenb. Der SRatf) oon ßitrich hat beim auch bereits begonnen,
bie ÜRifebräudje in ber fiircfee abjufdjaffen unb fchon bürfen SRöncfee
unb 97onnen ihre Sterfer oerlaffett. 2öaS aber bort oben im ßürich*
gebiet oorget)t, mufe meiterbringen. Jcfe toeife oon guten Jreunben,
baS eS juni ©eifpiel in ©afel gewaltig gährt, unb bie Gehrer an ber
llniüerfität faft alle für bie ^Reformation finb. Sßirb biefelbe wirEltct)
in ©afel burchgeführt, fo bewerbe ich mich um eine ißfarrfteHe."
©on nun an empfanb StgneS einen glühenben Dürft nach höherem
SBiffen. Gernte fie oorher, fo ftubirte fte jefjt. ©ie fudjte unb fanb
©rünbe genug, ihr jefeigeS Geben 51 t rechtfertigen. Jn Äurjem er»
weiterte ftch ihr ©eficfetSfreiS weit über bie filoftermauern hinaus.
§ieronpmuS brachte iljr §mttenS ©chriften, bie fte insgeheim begierig
oerfchlang. ©r unterftüfcte fte reblich mit feinem grofeen SBiffen, gab
ihr alle ©riefe jum Gefeit, bie er oon gleidjgefinnten Jreunben em*
pftng unb hielt fte babitrch auf betti Gaufenben.
9llS bann ber 9lbt ju Güfcel feine geiftliche ©ifitation im Slofter
OlSberg hielt, ftaunte er nicht wenig, in ber iRooije eine ©eiehrte §u
finben, unterhielt ftdj fehr lange mit ihr unb empfahl ber Slebtiifm
bringenb, bie SOBeihung ju bet'chleunigen, bamit ÜlgneS bem Orben ber
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filajUr ©l»berß.
273
ßiftergienfer erhalten bleibe. SaS foHtc bcnn fcfjon nad) ad)t Sagen
ftattfinben.
©ehr gerne bewilligte bie Stebtiffiin ben SBunfdj beS ißaterS
^ieronpmuS, bie SBeiljung ber Rooije im Stillen ju öoHjiehen. (SS
fam i£)r bieS fe§r gelegen/ ba eS iljr bie Semfithigung erfparte, öffent¬
lich eine bürgerliche unter bie 3 a hl ihrer h oc h a öeligen @<hafe auf*
juneljmen. @8 Würben baljer nur bie (Sltern unb allernächften SlutS*
oerwanbten eingelaben. Ser £)ocfewürbige oon Süfcel weihte bie junge
©chwefter unb fchien eS wirf lieh ni<ht ju achten, als jte bei öerfchiebenen
fragen fchwieg. bater unb SWutter beglüefwünfehten fte. ©ie felbft
blieb falt unb ber bater ftarrte fie betroffen an, als fie in eifigem
Sone fagte:
„bater, S)u glaubteft, mein ©lüi ju begrünben, als Su mich
bem Sflofter weihteft. geh h°öe e§ gefunben, bieS ©lücf; allein bie
©djulb trügeft Su, wenn ich heute bort braunen auf bem griebljof
läge. (SS fehlte wahrhaftig nicht oiel baju.''
Rad) biefen SBorten oerfchwanb fte mit ber -Oberin im Innern
beS SUofterS unb überliefe eS bem oerblüfften Ratsherrn, ben ©inn
ihrer SEBorte ju enträthfeln.
Seid)t erhielt fte oon bem 9lbt ju Süfeel unb ber 9lebtifftn bie (Srlaub*
nife, ihre ©tubien unter ber Seitung beS SeicfjtoaterS fortfefcen ju bürfen.
Sie Sage floffen ihr nun ruhig bahin.
XI.
^auernRrieg.
gnjWifdjen gährte eS mächtig im Soße. Sie Sehren Suther’S
unb 3 h, ingli’S brangen hinab bis in bie $ütte beS armen RianneS,
ber freilich bie oerheifeene Befreiung fehr materiell auffafete. (SS ift
unS fdjon oft aufgefallen, bafe bie Reformatoren, bie hoch auch nicht
ben höh^n ©tänben angehörten, eS fo wenig oerftanben, bem Soße
materielle Saften abjunehmen, ftatt nur baS ©eiftige, baS gbeale im
3luge gu behalten; bafe fte oergeffen gu h a &en fchienen, auf Welch’
tiefer Stufe baS Soß ihrer 3 e >( ftanb. 2lHerbingS hob ßürief) in
feinem eigenen ©ebiet bie brüefenbe Seibeigenfcfeaft auf, allein ber ge*
meine SRann »erlangte mehr. (Sr forberte Slbfdjaffung beS 3ehntenS,
freien 3 U 9/ freie gagb unb gif eher ei k. Sa bie Herren hierin nicht
nachgaben, entftanb Unwille, oermehrt burdj ©äfularifation geiftlicher
®om 3ura sum ©djtüarjmalb. IX. 13
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274 filofier ©iebfrg.
Stifte gu §anben beS Staates unb genährt burcfe bie Söiebertäufer,
beren Setter offen Slbfdjaffung alles ©igenthumS unb 2Bat)l ber Obrig»
feit burch baS ©olf prebigten. 3**™^/ 33ern, Schaffhaufen mußten
burch SUtilbe unb Strenge ben Slufruljr oi)ne SBaffengewalt gu bärn»
pfen. Oefto §ö^er ftieg ber Unwille ba, wo bie fetten feft an ben
althergebrachten Rechten hielten.
Qn Oeutfdjlanb entbrannte ber ©auernfrieg. Sludj rings um
Olsberg, gu ©iebenad;, SlriSborf, SNaifpradj, Söinterfingen, iöfagben,
^erSborf, überall wo baS Stift Seibeigene befaß, gäljrte eS mächtig.
Schon lange fafjen biefe ©lenben mit fcheelen ©liefen auf baS Klofter,
wo einige gwangig Söeiber im ©rtrage beffen fchwetgten, was fie tnt
Schweife ihres SlngefidjtS bebauten. Nächtliche ©erfammlungen wur»
ben abgehalten, man fpradj fich gegenfeitig Söfuth ein. Oer 3 ur| ber
lag bereit, eS fehlte nur ber §unfe, um bie öerfjeerenbe flamme gu
Weifen. Sludj biefer gunfe follte fontmen.
Seit ^ahrljunberten beftanb gwifdjen ben ©enebiftinern, 3'feer»
gienfern unb Oominifanern einerfeitS, ben grangiSlanern anberfeitS,
eine Nioalität, bie gumeilen in £>afe auSartete. 3 U &en SrrangiS»
fanern gäfjlten bte Nfinoriten, Kapuginer, beren Orben 1528 geftiftet
Würbe, Karmeliter u. f. f. Stile biefe Orben Waren gu äufeerfter Sir»
muth öerpfüdjtet unb erhielten fich weift burch ©ettel, in ber Niöndj»
fprache Oerminiren genannt. Kein SBunber, wenn fie mit fcheelen
Slugen bie reichen Stifte anfahen, benen ©ergabungen öon allen Sei»
ten gufloffen, ohne bafe fie barum bitten mufeten. Oafür ftanben fie
aber bem gemeinen ©olfe näher, ba fie fich h^ptfächlich au§ &en
untern Klaffen refrutirten. SllS Kangelrebner waren unb finb fte
heute nodj beliebt. Sie fennen baS ©olf unb wiffen gu ihm gu fpredjen;
aud) zeichneten fie fich ftetS burch eine gewiffe SNifeadjtung päpftlicher
©utlen unb ©annflüdje aus, blieben oft allein in ben mit bem päpft»
liehen Qnterbift belegten Orten gurüd, hielten ©otteSbienft unb brach»
ten fo bie Ntenge auf ihre Seite; fo gu ßürich anno 1247. ©in
folcheS fJrangiSfanertlofter befanb fich feit 1280 gu Solothurn, beffen
Qnfaffen ben reichen 3if te rgienfet’ Stiften gu Cügel, ©eltelap unb
Olsberg nicht befonberS grün waren unb jebe ©etegenheit mit greu»
ben ergriffen, ihnen Schaben gugufügen.
Slm erften 3J?ai beS QaljreS 1525 fanb eine grofee ©erfammlung
mifeoergnügter Unterthanen beS Stiftes Olsberg ftatt. 50ian rebete
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ÄlofCtc ©Ubcrg. 275
oiel, jebod) meift oermorreneS 3 CU 9/ ouS bem 9?iemanb tlug merben
tonnte. Oa trat ein hoehgemadjfener 3J?ann in ber OrbenStradjt ber
grangiSfaner ein. Oie SWenge machte if)m ehrerbietig ißlaj?. Of)ne
3ögern ftieg er auf eine Sa nt/ überfah mit feurigen ^liefen bie 33er=
fammlung unb begann bann mit fdjaßenber, moljltönenber «Stimme:
//Scanner oon Sftaijpracf), £>erSberg, Olsberg unb ber (Snben,
ich meifj, ma8 Ö$ r begehrt. 3Jiein fetiger 33ater hegte mofjl biefelben
SBünfcfje. Qh r moßt frei fein oon ber briiefenben Ceibeigenfdjaft; 3h r
rnoßt, bafe bie (Srbe benen gehöre, melche fie im Schmeifj ihres Sin«
gefuhteg bebauen. Cftngft ftnb bie 3mingherren oerfchmunben, melche
aßen ©runb unb ÜBoben mit bem, maS barauf mädjSt unb lebt, als
©genthum beanfprudjten. Öhre Bürgen finb gröjjtentheüS Schutt«
häufen, bie ©efchledjter auSgeftorben ober oerarmt. Qh r ober feib
leibeigen geblieben. OaS Stinb im SDiutterleibe gehört bem Stift, an
meldjeS man (Such gleich einer SBaare oerfchenfte. SBaS öhr bei eien«
ber ftofi mit unfüglidjer 9J?ü^e ber (Srbe abringt, oerpraft eine §>erbe
fauler, gügeßofer SBeiber, bie ftd) 33räute tSfjrifti nennen. — SBie
lange, frage ich (Such, moßt öh r bieS SBeiberregiment noch bulben?
Proben im 3ürdjer ©ebiet haben fte bie Hefter ausgenommen, Sttöndje
unb Sionnen hiuauSgejagt. drüben im Schmähen« unb Sapernlatibe,
im 33reiSgau, hoben fidj (Suere SBrüber erhoben. Slßnüdjtlich röthet
ftch ber Fimmel oon ben glommen ber brennenben Schlöffet unb
©löfter. SBarum gögert öh v noch? Olsberg oermüftet, bie ^ßerga«
mente unb Urbarien oerbrannt unb öh r feib freie Scanner. Ober
fürchtet ^hr (Such oor gmangig Sßeibern?"
Sßilber 33eifaß bemieS bem OJebner, mie feljr er auS bem |jergen
ber Slnmefenben gefprochen. (St moßte oon feiner improoifirten Diebner«
Bühne horabfteigen, als ein ftämmiger Surfche in ber fleibfamen Spracht
ber Strieger jener 3 e «t auf ihn gutrat. 3Son bem 33aret, baS fedt auf
bem langen Cocfenhaare faß, maßten gtoei lange gebent nieb'er. OaS
enganfchliefenbe SBammS reichte bis auf bie 9J?itte ber Oberfdjenfel,
mar auf ber S3ruft gefehlt, ebenfo bie ^ßuffärmel, bie ungeheuren
§ofen, gu benen fünfgehn (Sßeti Ouch erforberlich maren. Oie Sdjlifce
mären mit rother Seibe gefüttert. Slm breiten Cebergurt titng ein
breites Sdjmert, oom noch ein HeinereS, ein fogenannteS 33eimeffer.
Oie gange ©eftaft trug ben Stempel beS milben SDiutheS, ber güget«
Iofigfeit jener jungen Scanner, bie man, aßerbingS erft fpciter, mit
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276 Älofter Oieberg.
bem Starnen SteiSläufer bejeichnete. fpöhmfch fragte er ben granjiS*
faner:
„SBaS fprichft ®u ba t>on faulen SJtönchen, nichtsnutzigen Stonnen,
bie in retten Stiftern fdjmelgen unb praffen? 33ift 35u nicht auch
ein Pfaffe, ben nur erhalten muffen? SSift 35u beffer als jene?
Strbeiteft $u?"
greunblich läcfjelnb entgegnete ber SJtinorite:
„SlUerbingS, lieber g re unb, bin auch ich ein Sßfaffe, wenn ®u
alle ©eiftlidjen fo nennen miltft. Stur Ijerrfcbt jwifchen bem reichen
gifterjienfer unb mir ungefähr ber gleiche Unterfdjieb, mie jmifdjen
einem Sfüriffer unb 35ir. 35er ©chmergeharnifchte hot ju feiner Se*
bienung oier unb noch mehr Unechte, 35u bift §err unb 35iener in
bemfeiben Sßaar fpofen, immerhin meit genug für SBeibe. Stun fage
mir aber, oieHieber gteunb, mo liegen bie ©üter meines ^lofterS? —
SBoljl im SOtonbe, benn auf Gerben finbeft 3)u feine. ®ie Säuern im
SOtonbe finb aber pfiffig, fie behalten geljnten, ©runbfteuer, fponig,
SBachS, Ceinmanb, Stauch» unb gaftnadjtShühner, (gier unb mie bie
©adjen all’ fjei&en, bie fte auf (grben in baS ©tift tragen müßten,
fein fäuberlidh für fich, märten, bis mir fie holen. SBeifjt 3)u etma
ben S33eg bahin, bielgereister ÄriegSmann?"
©djaHenbeS ©eläd)ter belohnte ben Sfapuginermik. 3)er SJtönch
fuhr fort:
„£>er heilige granjiSfuS empfahl feinen OrbenSbrübern gänzliche
Slrmuth unb ©ntfagung aller irbifcfjen ©enüffe. ©ieh mich an, SfriegS*
mann, biefe Äutte mit bem ©trief, biefe ©anbalen finb SlßeS, maS
ich am Ceibe trage. SluS bem, maS bie gebern 35eineS SareteS foften,
fönnte man fünf granjiSfaner fteiben. §ür baS SBenige, baS man
unS fdjenft, prebigen, tröffen, heilen mir ben franfen SJtenfdjen. ©tört
ein ©eift bie 9tuf)e eines frnufeS, fo ftnb mir eS, bie ihn bannen unb
feftnageln. ©eh’ nach SJtumpf unb frage, mer ben höllifchen SBan^en*
fdjneiber in einen Äorb gebannt unb jmifchen ©chupfart unb SOtumpf
»erfenft hot. 35ie Ceute merben 35ir jagen, maefere Srüber oom £>x=
ben beS heiligen grongiSfuS maren eS, metche bie gefahroolle Se*
fchmörung glücflich oollführten. g e htt irgenb etmaS im £jaufe, brüdft
baS ©djrätteli baS Sfinb in ber Söiege, gibt bie S'ul) feine SOtildj,
biefe feine Sutter, gu mem lauft Qh r ? — 8 ur Oberin nach OtSberg,
bie (gudj gar nicht oorläßt? — Stach Cü^el, mo fie Such auSladjen
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filoftrr ®l»btrg. 277
ober ju unS nacf) (Solothurn unb £>eßfperg, mo Qh r attegeit bereit»
mißige §>tlfe finbet?"
„Sittein, nein," fdjrie bie üttenge, „bie SBrüber oom Orben beS
fettigen granziSfuS finb unfere üttothhelfer, bie mähren greunbe beS
SSoIfeS. 916er baS OlS6erger Stteft nehmen h)ir auS. grei mofien
mir fein, mie unfere Srüber broben im ßüridjwgcbiet."
®er üttinurite lächelte fdjabenfroh unb oerfcßmanb.
9lucß ber oerfpottete Krieger ging 6rummenb oon bannen.
„Qcf) uerftefje £>ich, Pfaffe, mar nicht umfonft in Sttom. 2)aS
©pricßmort fügt, menti eS fagt, fein fRabe hacft bem anberen bie
9tugen auS. eS fudjt ©iner bem anberen bie Seute ju ent»
reifen. Olsberg rnirb geplünbert, aber bie armen Seiber bauern midj.
Q<h muß fte marnen. ®ie Säuern aber hoben feinen Serftanb, finb
milbe Spiere: obfcbon ich gar nicht zmeifle, bie frommen (tapfern) CanbS»
fnecfete merben fie batb genug ju paaren treiben. Qd) mette gehn
©olbgulben gegen eine ©onnenfrone, ehe ein halbes Qaljr oergeht,
friedjen fte jum ffireuj mie gezüchtigte Sinber."
@o murmelte ber ftteiStüufer oor fich hin unb lenfte feine fcßneßen
©dritte Olsberg zu, mo er ohne SeitereS in bie ©tu6e beS @cßaff»
nerS trat, ber anfangs erfchraf, als er ben um feiner fttaufluft mißen
berüchtigten ©efeßen erfannte unb beSljalb freunblidh fragte:
,,©ei mißfomrnen, ßttartin, bift ®u auch mieber im Canbe? SaS
begehrft ®u? ©inen Secfjer SRotfjen, ein gutes Sett?"
„SttidjtS ba. Sttufe h eute uodh nach Sttfjeinfelben. Sar brühen
in ßttaifpracfe. Sättorgen fommen bie Säuern, moßen baS ©tift ftür»
men, plünbern. ©in oerbammter granjiSfaner munterte fie baju auf.
®ie armen Sttönntein bauern mich- ®u haft noch 3 e ^ lafe anfpannen
unb rette fte." @r fchritt hinaus unb tiefe ben ju SSobe erfcfjrocfenen
Schaffner ftehen. $>och nicht lange befann ficß biefer. ®afe SSttartin
in folcßen ©acßen feinen ©pafe fannte, mar ihm befannt. ©r rief
bie Unechte, Befahl Sagen herjurichten unb ju befpannen, um bie
Sfonoentfrauen ju retten. Dann eilte er in baS ©tift hinein, bie
Oberin oon bem oerbrecherifdjen Sorhaben ber Säuern ju unterrichten.
Qefct zeigte fich, maS ein fräftiger ©eift in ber ©tunbe ber Ser»
mirrung oermag. ®ie ^»odhmürbige fanf beinahe in Ohnmacht. ®ie
anberen grauen rannten rathloS, fdhreienb hin unb her. ®a trat
9fgneS zu ber Oberin, unb bat, ihr bie Ceitung ber flucht zu überlaffen.
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278 filo|ltr ©Ubfrg.
„SBobin wiQft 35u, bafj mir fiteren?" jammerte bie 9lebtifftn.
„®ie Säuern werben uns nadjjagen, unS mijjbanbeln, töbten."
„^jodjwürbige," entgegnete 9lgneS läcbelnb, „fo gefährlich ift eS
noch nid)t. . 2ßir fließen nach Sittel, wo wir fieser ein Unterfommen
finben. Gange bauert ber Sriumph ber Säuern nicht. ®er (Schaffner
jagt, bie SBagen ftetjen bereit. ©be bie ©onne aufgebt, ein Sauer fidfj
ergebt, fittb wir in Sicherheit. $n ißruntrut fotl 9UIeS ruhig fein."
wie 3)u willft, liebe ©cbwefter," feufjte bie Oberin, „hier
finb bie ©djlüffel pm Sirebio."
9lgneS leitete mit 9tut)e unb Sefonnenbeit bie gludjt, rettete
auch baS Strcbiü unb fo Diele foftbare ^irebengerätbc, als bie Tonnen
in ben $änben p beiten oer mochten.
©ie war oon |)ieronbmuS genau unterrichtet. ®ie Säuern tjcin*
beiten nicht nach ©inem ißlan. Qeber .£)aufe ging auf eigene gauft
oor. 3)ie ^Reformatoren ftanben ber Sewegung talt gegenüber. Oie
©täbte in ihrem eigenen Qntereffe oerbanben ficb mit ben Herren
unb fo mußten bie oereinjelten ©ebaaren ber 9tufrübrer ber oereinig*
ten SRacbt ber Sürger unb fRitter unterliegen.
3118 bie Säuern am SRorgen beS 2. 2Rai 1525 oon allen ©eiten
berbeiftrömten, fanben fie baS SU öfter leer, bie Qnfaffen waren auS*
geflogen. Söütbenb plünberten fie baS Sltofter grünblicb, wag nicht
mitpnebmen War, würbe jerfcblagen, felbft bie Sürdjenftüble, Geübter,
SXItar sc. würben bemolirt, nicht einmal bie genfter gefchont. Oie
Söutb ber Säuern fteigerte ficb 6i0 pr fRaferei, als fie Weber ißerga*
mente noch Urbarien fanben, bie bereits in Gü^el waren. 9tur mit
SRübe gelang eS ben Sefonnenern unter ihnen, ben Sranb beS Silo*
fterS p oerbüten.
Oie g-reube bauerte faum ein Qabr, bann lehrte baS
arme Soll, gefchlagen unb jerftreut, unter bas alte Qotf) prücf. Oie
gübrer ftrafte ber genfer.
Oie betagte 3lebtiffin oon Olsberg, Katharina oon ©djönberg,
erlebte ben Triumph ber Herren nicht mehr. Oie lebten ©reigniffe
batten ihre ohnehin febwaebe ©efunbbeit berart angegriffen, bafj fie
eine leichte Seute beS OobeS warb unb — wer hätte eS oor oier
fahren geglaubt — 9lgneS St'itfer einftimmig üon bent St'onoent p
ihrer 9 ( tachfolgerin erwählt würbe. Oer £)ocbwürbige oon Gäbet be»
glücfwünfdjte fie oon f>erjen. ©r war nichts weniger als blinb für
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filofter OUbtrg.
279
bic gebier ber Stertfei unb obfc^on ber 3toinj}ti’fdjen Ce^re abgeneigt,
münfcbte er nichts febn lieber alg eine Deformation, jebodj ohne 2luf*
bebung ber Slöfter unb ^Beibehaltung aller Zeremonien ber römifcfj=
Batljolifcben Sirdje unb fye$u f<bien ihm bie gelehrte Slgneg Süfer ein
febr tauglidjeg SBerBgeug.
Slgneg nahm bie Söiirbe an. Sie beeilte ftdj, mit bem Sonoent
in bag oerlaffene (Stift gurüefgufebren, bie 33ermüftungen notdürftig
gu repariren unb bag SRotbmenbigfte angufdjaffen. £>iegu oertoanbte fte
bag ©elb ber ©ültbriefe, bie fte ohne SöebenBen oerfaufte unb babei
Sorge trug, eine fdjöne Summe an baar ftetg im SJorratb gu hoben.
9Rit ihr gog ein anberer ©eift in bie Slofterräume ein. Oie
einfache Sleibung ttrnrbe beibebalten, bagegen bie äRatuthte, bag b^fe*
bie äRitternacbtgmeffe abgef(hofft. 3RU GsinmiHigung beg §od)roürbigen
oon Cü^el füllten oon nun an auch bie ©eijjelungen oor ben hoben
geften unterbleiben.
2luf ben SJorfdjlag ber Oberin eingebenb, befdjloffen bie Sonoent«
frauen, ein SMttfdjreiben an bie ^Regierung um Aufhebung beg Stifteg
gu richten. ®b e ober bie Slnttoort aug SBien eintraf, befdjleunigte
ein anbereg ©reignijj bie faft gänglicbe 93erlaffung beg Slofterg.
Unter ber Slebtiffin ©lifabetb oon ©ptingen, toelcbe 1343 ftarb,
batten ftdj Seguinen in bem §>ofe gglingen eingeniftet, meldjer 1255
an bag Slofter erfauft morben mar. Sie hotten bort eine Sapelle
erbaut unb ein fogenannteg SBegbarbenbaug gegrünbet. Oie Slebtiffin
fob eg nicht gerne, allein bie meltlidjen Beamten beg Stifteg ftanben
auf ber Seite ber 33eguinen unb fo mufete fte naebgeben. Oiefe
Orbengfrauen, bie nie im ©erudj befonberer Sittenftrenge ftanben,
rnaren bie ©rften, metebe ihr Slöfterlein üerliefeen, mitnabmen, mag
nicht feftgenagelt mar unb ftcb in ben umliegenben Oörfern oer»
ebeltdjten.
gmrner noch gögerte bie faiferlicbe ^Regierung mit ber Slntmort
auf bag Schreiben oon Olgberg. Qngmifdjen hotte fpieronpmug §alt*
meier eine gute ^ßfarrfteUe in bem gur Deformation übergetretenen
SSafel erhalten, naebbem er ftcb gurn reformirten ©lauben befannt.
2 tgne3 oerfammelte ben Sonoent unb ertlörte frei unb offen,
mie fie löngft eingefeben, bajj beg SBcibeg S3eftimmung eine gang an»
bere fei, alg ftcb bi nter finftern SRauern .abgubämten, in frember
Sprache gu fingen unb gu beten. SBte fie begbalb entfdjloffen fei,
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ftlofttr ©itbtrg.
baS Stift 3 « b erlaffen unb jur reformirten SJtrdje iiberjutreten. 2tm
Schüfe ihrer Nebe erfudjte fic bic Schmeftent, fid} eine anbere 2 $or*
ftefjerin ju mahlen.
Cächelnb Ratten bie grauen äugeljört. ge§t fpracfj bie Scfemefter
©utta, eine ber gtingften:
„2IgneS, ba Su nicht mehr Slebtifftn fein toittft, laffe ich baS
^odjmürbige bei ©eite. 2ßir mählen feine anbere SSorfte^erin. ©eljft
Su fort, fo fdjnfiren auch mir unfere SBiinbel. SGBir hoffen bloS, Su
tljeileft rebltcfe mit unS, maS an Saarfdjaft norEjanben ift."
Sofort eilte 2tgneS unb F)otte bie Sfaffe gerbet, ©obalb fte tourte,
$ieront)mu§ ^abe eine gute 2 tnfteßung, fjatte fte fämmtliche noch übri*
gen ©ültbriefe beraufeert, bie ißferbe, baS meifte SBielj, bie S3orrät^e an
grüßten m. berfauft, fo bafe fid) eine anfeljnliche SBaarfdjaft borfanb,
bie in grieben bertljeilt mürbe. 9 lm folgenben Sage jogen bie Tonnen
fort. Sie ©ine baljin, bie Slnbere bortbin. Nur jmei alte Sdjmeftern
blieben im Stift, benen ftd) eine ebenfalls alte SBeguine jugefeßte.
2ld)t Sage fpäter mar StgneS Stüfer, gemefene Slebtiffin $u Olsberg,
bie ebrfame £>auSfrau beS Pfarrers |)ieron^muS $altmeier. (Urfunblidj.)
XU.
5ie leibeigene.
Sreiunbamanjig galjre lang ftanb baS Stift übe unb leer. Sie
öfterreidfifcfie Regierung fd)ien fid) gar nicht meiter um baSfelbe ju
befümmern. Ser greife 2tbt ^jeinridj ju ßüfjel füllte ftd) tief ber*
le§t burd) ben SluStritt ber Slebtifftn SlgneS unb hoch mußte er fte
bemunbern um beS SRutljeS mißen, mit bem fie lieber Sorgen mit
bem ©atten tljeilte, als fid) moljl fein liefe im ©enufe ber ©infiinfte
beS Stiftes. @r fucfjte nun oor 2lßem bic ©üter unb ©ebüube ju
erbalten, inbem er einen treuen Schaffner nach Olsberg aborbnete.
©ein Nachfolger, NifolauS, bemog Katharina bon ^erSberg, Nonne
in einem 3'f ter äienfer*SHofter in ©chmaben, als Slebtifftn nach Otzberg
§u fommen. SaS Stift bebölferte ftch mieber. Sie Neformation
hatte nur in einem Keinen S^cil bon Seutfdjlanb unb ^jeloetien ge*
ftegt. Katharina ftarb 1588. (Stuf ihren 58efeE>l marb bie ©efchichtc
beS SHofterS niebergefchrieben, bie mir benu^ten, bie aber nicht immer
mit ben Urfunben ftimmt,. bie uns in freunblicher äöeife jur ©inftcht
übertaffen mürben.) ülllein bie Nuhe im tjergefteßten Stifte mar nicht
'S
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IllofUr Olsberg.
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t>on Sauer. ©djon unter Urfula ©c^mogerin oon NizaU, SJot^a»
rina’g Nachfolgerin,, brach neueg Ungliid herein.-
Hut bag galjr 1612 tarn bie grau beg armen Saglöhnerg £jeini
ju SNaifprach mit ihrem erften Äinbe nieber, einem Söcbtertein, bag
aber fdfan nach acht Sagen ftarb. 2lm 9l6enb beg Sageg, ba man
eg Beftattet, fafeen ©atte unb ©attin traurig beifammen, bie Shränen
ber Ce|teren bezeugten ben ©djmerz, ben ihr ber ^nnfdjieb beg ©rft*
geborenen üerurfacfete. £jeini fuchte fie ju tröften, alg eg an ber
Sljüre ber £>ütte Hoffte, ©r ging fyinaug, fah Niemanb, lehrte aber
mit einem Storbe wieber, in welchem ein neugeboreneg SRägbtein auf
Weifeen Riffen fanft wie ein ©ngel fcljtief. grau $jeini fdjlug bie
§änbe über bem Sfopfe gufammen, reichte aber bem ©rwadjenben fo«
fort bie oolle Sruft, aug ber eg gierig bie füfee Nahrung fog. gm
ZWifdjen unterfuchte £>eini ben Storb etwag näher. Sie Ginnen, in
benen bag ^inb gelegen unb oon benen noch ein Sorratfj unter bem
Riffen fich oorfanb, waren fo fein unb weife, bafe man gleich fah/ fe e
flammten oon reicher £janb her, Wenn auch lein ßeuhen bie §erlunft
oerrieth- 2Bag ihn aber faft aufeer fich brachte, War ein fchwerer
Seutel, beffen gnhalt er auf ben Sifcfe leerte unb mit freubeftraljlen»
ben Süden jählte. ©g waren hunbert blanle ©onnenlronen, für
ben armen Saglöhner ein Vermögen.* Slßerbingg lag im Storbe auch
noch ein befcferiebener Streifen ißapier, ben ber glüdliche £>eini forgfältig
aufhob, um ihn oom Sogte lefen ju taffen, wag er felbft nicht im
©taube war.
ülm folgenben Sag entzifferte ber Sogt bie feine zierliche #anb*
fchrift, welche lurz folgenbermafeen lautete:
„Sag SNägbtein erhielt in ber heiligen Sauff ben Namen Äuni»
gunba, erziehet es, alg Wäre eg bag ©urige."
* Um baS 1600 galt eine ©onnenlrone jtoei flfunb jtwölf Shilling.
Sin $funb batte jtoanjig ©Rüting. Steinet man ben ©Rüting nad? unferem Selbe
ju 6 Senümes, fo ^atte bie ©onnenlrone ben 3Bertb oon brei Jranfen jtwölf Cen«
timeS. 3)amat3 aber ggb man aber einem fEaglöljner wier ©d}ilting ober runb fünf:
unbjtoanjig (Centimes nebft Äoft. 6 $ ^atte bemnadj baS Selb minbeftenS ben je^n»
fachen SBertb Won $eute. golglid) fjeini twirllid; eine, audj für ben Arbeiter unfern
3eit ganj orbentliebe Summe, in jener 3**t aber, too baareS Selb fetten in ber
pütte beS Srmen ju finben toar, ein Vermögen. 3 “ 0 leider 3 eü taufte man eine
ftu^ um 25 bis 30 $funb, ein ©etytoein um je^n $funb, ein Klafter $ot) um }toei
$funb, ben ©aum äßein um fünf f]funb.
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filofter CDUberg.
35aS traten beim bie beiben Seeleute umfomehr, als fie fein
eigenes Äinb ntefjr befamen unb baS ginbelfhtb ihren SBoljlftanb
begriinbete. ®eS VogteS 9tath befolgenb, nahm £>eini 8anb in ißacbt,
baS bem (Stift Olsberg gehörte, oernteljrte feinen 33ief)ftanb unb Warb
fo burd) unb Sparf amfeit ein oerhältnifjmä&ig wohlfjabenber
SWann, leibet bem (Stift leibeigen.
Sfunigunbe wud)S heran gur größten greube ihrer sßflegeeltern,
welche fte als leibliche liebte unb ehrte. (Sie befudjte allerbingS feine
Sdjule/ fo wenig als irgenb ein anbereS Sfinb ihres StanbeS ju 9ftai=
fprad), allein fie half ber SRutter im ©arten unb im |jaufe, wo fie
immer eS fonnte. £>ie Qahre fchwanben unb als man oon (SfiriftuS
unfereS $eilanbeS ©eburt jähtte eintaufenbfed)Shunbertunbbreif}ig, war
baS ginbelfinb in feinem Steufjern eine Jungfrau. Von ben pflege-
eitern oerhätfdjelt, fannte fie nur ihren Sßitlen, war ftolj auf ihre
Schönheit, obfchon ein einfacher SBollrocf ihre ganje Sfleibung auS»
machte. Von Strümpfen holte fie gar feinen Vegriff unb Schuhe
fah fie bloS an ben g-üfjen anberer Ceute. Oft fagte fie mit 8ad)en,
auf ben wohlgeformten gujj jeigenb:
/,51m SBerftag bin ich B^ftersienferin, gehe barfufj, am Sonntag
Sluguftinerin, trage Sanbalen."
5ln länblidhen Verehrern mangelte eS ihr nicht, fte hätte Wahlen
fönnen, bod) fehlen ihr £>erj oon Stein, fie felbft eine rafftnirte ^o=
fette, bie halb biefem, halb jenem Jüngling ben Vorzug gab, fleine
Vertraulich leiten geftattete, ©efchenfe oon ihm nahm, um ihm bann
plöfclidj $u erflären, fie liebe nicht ihn, fonbern einen Slnbern. ®ie=
feS Spiel trieb fte längere Beit, bis eS enblich hiefe, beS Seppen $on*
rab fei ihr Ciebfter, fte höbe ihm ben Bittgang geftattet. 3)er Sfrmrab
war ein feljr hübfeher Vurfdje oon halb fünfunbjwan§ig fahren, fein
Vater ber reichfte Vauer im 2)orfe. 2öaS SBunber, wenn ^untgunbe
bem Sohn ©ehör fchenfte.
Sfautn aber oernahm ber alte Sepp, welche Ciebfdjaft fein Sohn
habe, fo fuhr er benfelben hört an: '
„Vift £>u oon Sinnen," fdjrie er, „®u, ber Sohn eines 2Jianne$,
ber frei ift, feine fünfzehn Stücf ©rofjoieh Wintert, feine Schulben
aber Schulbner hat, £>u läufft einer leibeigenen nach. ©d&ämft ®u
®icfj nicht oor ®ir felbft?"
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bloßer (Dleberg.
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„23ater," entgegnete ber junge üftann getanen, „bie Siebe fragt
nicht nach 33ieh unb ©ülten. 23in ich reich uttb Sfunigunbe arm, fo
gaffen mir ganj gut jufammen, ber ©ine hot, maS ber 3lnbern fehlt."
,,316er fie ift ja leibeigen," fct»rie ihm ber Sitte in baS C>h r /
„leibeigen, Du meiftt hoch, maS baS haften toiH. Sie unb all’ ihre
Äinber finb beS ^lofterS ©igenthum nach altem 9?echt."
„2BaS thut bie§ jur (Sache. (Die jejjige Slebtifftn fall eine Siirger»
liehe fein, fie mirb Ä'unigunbe um menig ©elb freigeben."
„Unb Du glaubft, ich unb bie 3J?utter, mir mollen eine (Schmieger«
tochter, bie man auf ber (Strafte aufgelefen? Sftie unb nimmermehr,
eher enterbe ich Dich."
„Da§ fönnt Qh r ' h a ^t baS 9?echt baju, allein midj fjinbern, bei
ben ^aiferlichen Dienfte ju nehmen, baS fönnt Qh r nicht. Unb jeftt
fage ich (Sud) frei unb offen, entmeber mirb Äunigunbe mein Söeib
ober ich merbe SanbSfnecht."
9J?it biefen Sßorten oerlieft ber (SoIjn bie (Stube. Der alte 9J?ann
fchlug mit ber giauft auf ben Difd), baft man fürchten muftte, bie
©icftenplatte fahre in (Stücfen.
,,©S barf niefjt fein, ich gebe eS nicht ju, eher oerfaufe ich f)auS
unb £>of," fchrie er mie rafenb unb rannte bann hinab in §eini’S
Räuschen.
„2Bo hoft Du baS gfinbelfinb, baS meinem (Sohn ben Slopf oer*
breht. Saft fie holen, eher tobte ich fie, als baft fie meines 23üben
SBeib mirb."
§euti*ftarrte ben SBauer mit aufgefperrtem Söhmbe an. ©r hörte,
aber er begriff nicht. Diefer bonnerte oon 3ieuem:
„SJtun mirb’S halb, mo ift baS SJienfdh?"
„£)ier, 23auer," tönte eine flangoolle (Stimme hinter ihm. ©r
manbte ftd) um unb ftanb oor ber Jungfrau, beren 3lugen flammen
fprüljten.
„2ßaS miHft Du oon mir, alter Sünber," fuhr fie mit fdjnei»
benbem Done fort, „rebe, aber hüte Didh, noch einmal folche Söorte
auSjufprecfjen, meitn Dir Dein Sehen lieb ift. geft fage jeftt auch,
eher ermürge ich Dich, als baft ich ntidj oon Dir, Du Dropf, befchim»
pfen taffe."
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284
filofter tiDUberg.
Siefe SBorte, baS bli^enbe Sluge, bie broljenbe, h e h te ©eftalt ber
öor ihm ©teljenben, oerblüffte ben Sauer. Qn gang anberetn Sone
fpracf) er:
„35er Sonrab fagt, er moße Sich ^eirat^en. Qft baS ma§r?"
„Unb wenn eS fo märe, maS bann?"
,,$d) gebe eS nicht p."
„Sftir einerlei, ich heiratlje ben Stonrab, nicht Sich, Sitter."
„SBenn ich ihn ober enterbe, £>auS unb £)of oertaufe?"
„2BaS fümmert mich baS. Qch toill Seinen ©oljn, nicht Seine
Siihe unb Schfen."
„Qdj geftatte e§ aber nie, bafj mein ©ohn eine Ceibeigene, ein
ginbelfinb heirathet."
„ftore, Sauer, eine Ceibeigene bin ich nicht unb toill ich Seinen
Sonrab heiraten, fo frage ich Weber Sich noch irgenb Qenianb. 2Biß
ich eS, fo ift er mein unb nun geh’ h e 'm, Sauer, hier E)aft Su nichts
mehr p thun."
Ser alte ©epp marf ihr einen Slicf oofl glühenben $affeS p
unb entfernte ftch wirtlich.
Saum mar ber Sauer fort, fo toanbte fich §eini an fein oer»
pgeneS pflegetinb:
„©unbchen, märe eS nicht beffer, Su ftänbeft ab oon Seiner
Siebe p beS ©eppen Stonrab. ^eiratljen tann er Sich ja hoch nicht."
„28er fagt, baß ich ih n ßebe, Sater? ©o wenig als irgenb
einen Slnbern. Scr Surfte ift in mich oemarrt. ©ieh, biefe ftlberne
£>alStette mit bem Sreuj baran, fchenfte er mir, bloS bamit ich ihm
baS genfter zweimal öffnete. Qefjt hot er mir noch Such p einem
neuen 9to<f unb ©dhuhe oerfprochcn. SBäre ich nicht eine Sfjörin,
ihn nicht feftphalten, baS SlßeS toftet mich ein paar Suffe."
„Slber wenn Su ihn hoch nicht p heiraten gebentft, was fagft
bu bieS bem Sitten nicht, ©r gäbe Sir noch mehr."
„SaS miß ich nicht, Sater. 2BaS mir ber $unge gibt, ift ©e«
fdjent, oom Sllten märe eS erpreßt."
„Slber mir Werben ben ©epp pm geinbe hoben."
„2BaS fchobet bieS? Su fcffulbeft ihm hoch nichts?"
„SaS fchon nicht, aber er ift ein reicher, freier Sauer, ber uns
immer fdfaben tann."
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filoftar ©Uberg.
285
„Stur feine furcht, «Batet, bet ©epp ift noch froh, wenn mir
iljm nic^t Junten. @r mufe wiffen, bafe man ben Sirmen nicht umfonft
Befchimpft. (£rft will ich ihm bie £jöüe reiht Ijei& maihen, bann foH er
fommen, Slbbitte thun, unb jurn ©djlufe gebe idj feinen Suben frei."
„©unbdjen, ©unbdhen, ©u fpielft ein gewogtes ©piel; möge e3
©id) nie gereuen," fcfjlofe |i>eini, bem auch bie ©attin Beiftimmte;
allein Sfunigunbe blieb feft unb bie alten öeute gaben nodj, wie jte
eS bem SJtäbchen gegenüber gewöhnt waren.
©er Sauer ©epp gab jebodh, Wa8 ©igenftnn uub ©ro| anbetrifft,
Sfunigunbe in SiichtS nach, ©«hon am fotgenben SJtorgen jog er ftdj
fonntäglich an, ftedfte ©elb ju fiel), ergriff ben SünotenftodE unb Wan*
berte nadh Stheinfelben, wo er im SöirthShouS nach einem funbigen
StedjtSqelehrten fragte, benn fdjon war bie ßeit gefomnten, wo ber
SJtann feine ©adhe oor ©erricht burch einen ©ritten auSfechten liefe.
©a0 einfache Stecht ber Sllemattnen unb granfen hotte bem fogenann*
ten römifchen Stecht ^ßlafc machen müffen, beffen ©runbfä^e oft im
grellften SBiberfprudje ju ben beutfdjen ©ewoljnheiten ftanben.
©in Sfriabe führte ©epp ju einem folgen güripted), SlboofatuS
nannten fte fich in ih ren ©cferiften. ©epp trug ihm feine ©ache oor
unb fragte ihn, ob e3 feinen 2öeg gäbe, bie §eirath feines ©oljneS
mit einer ßeibeigenen, bie jubem ginbelfinb fei, ju oerhinbern.
,,©aS ift ein goß/" fprodj ber StedjtSgeleljrte mit wichtiger SJtiene,
„ber mir noch nie oorgefommen unb ber aud) ben Stiftern Arbeit
geben wirb, ©he ich mich entfdjliefeen fann, (Suere ©ache ju führen,
raufe ich nach Olsberg hinüber, mich im ©tifte felbft erfunbigen, wie
eS fich mit’ £>eini’S Ceibeigenfcfjaft oerhält."
„|jerr," entgegnete ber Sauer unb jog ben Seutel, „hier finb gehn
Stheinifche ©ulben. ©h ut @ner SefteS; wo biefe waren, finb noch mehr.“
©chmunjelnb ftrich ber StedjtSgeleljrte boS ©elb ein, üerfpradj,
bie ©aifee fofort an bie §anb ju nehmen, ©epp trollte feiner $ei*
math ju. ©eS ©iegeS war er gewife.
©er ©eiehrte ritt aber nicht fofort nach Olsberg, fonbern fdjlug
erft einen golianten auf, rieb fich freubtg bie §änbe finb rief:
,,©a hoben wir eS jo, furj unb bünbig: ©er ginbling geht recht¬
lich ,qonj in bie ©ewolt ber Slufneljmenben über." Ergo, SEunigmtbe
ift ghtbling, ^> e i n i ber Slufnefjmenbe, in beffen SJtunt fie übergeht.
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286 «lo|ter Ohbtrg.
Stun ift ober $eini beS ©tifteS Ceibeigener, unb nochmals ergo Sunt»
gunbe beS ©tifteS Öeibeigene, meld)e nach uraltem 9?ed)t nicht heiraten
barf ohne beS £>olSherren Gcinmilligung. Ergo fagen mir gum ©dflufe,
baS ©tift oermeigert bie (SinmiHigung unb bie ^ochgeit fann nie
ftattfinben." *
Stun erft liefe er fein ißferb fatteln unb ritt nach Olsberg/ mo
er bem ©djaffner SllleS mittfjeilte. Oiefer gucfte jebodj bie Slcfefeln
unb meinte, bie £>od)mürbige fei eine fe^r gute grau, bie t)ier faum
hinbernb ein f cf) reiten merbe. Sßenn Sunigunbe baS übliche Sufengelb
bejahe, gebe fte ficfjer bie Sinmiüigung gur £>eirath, ja fie laffe fich
lei^t bereben unb gemöfere ben f^retfauf ber S3raut.
\
„@i, fperr Vermalter," entgegnete ber gürfpred), „gu ma§ brau»
dfen mir bie §odjmürbige? Oiefe nerläfet bie Slaufur nicht unb Qh r
feib bocfe gemife im ©taube, gu f)mbetn, bafe baS SMbchen oorgelaffen
mirb. SBebenft, ber 93auer gafjlt gerne ffunbert ißfunb, menn bie £>ei»
rath unmöglich gemacht mirb. Oie tfjeilen mir. ftört, mie ich mir
bie ©ad)e auSgebacfjt: Oie SJtagb hot, mie mir ©epp fagte, noch nie
einen groljnbienft getljan, obfchon fte feit öier Qaferen frohnbienft»
pflidhtig ift."
„OoS ift richtig, benn erft heute, burch Such, erhalte ich bie Stach»
rieht Dott bem Oafein biefer Ceibeigenen."
„herrlich, ^errlid^, bann hoben mir gemonnen. 3Sier Qaf)re, jebe
SBoche einen Oag ^-rolfne, macht graeihunbertunbacht Oage, bie nach»
guholen finb. $h r tofet baS SJiäbchen holen, behaltet fie als SJtagb,
bis bie fämmtlichen Oage eingebracht finb, behanbelt fie ein biSchen
fcharf unb lafet Qh 1 ' nach einiger $eit merfen, bafe man ihr ben Dteft,
fammt ber gebührenben ©träfe fchettfe, menn fie bem Sonrab entfage.
Söill fie nicht, fo oerfanft man fie einem meltlid)en Herren, ber bann
bie ^jeirath gang unmöglich macht. OaS SJtäbchen foß eine mahre
©thönheit fein."
„Qa, fo fann eS gehen, -fferr gürfpreef). Qd) laffe bie Oirne
gleich morgen holen. Slber eS bleibt hoch bei ber Slbrebe. Qd) merbe
Slrbeit genug "mit ihr hoben unb riSfire gubem ben ßom ber £>od)»
mürbigett."
* ©rtmmS 3iecf}t3a[terttHimer. SBtr geben bte lateintfdjen SetoeiSfä^e heutig.
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filojUr JDUberg.
287
©tatt ber ülntmort brücEte ber gürfpredj bern ©djaffner bie fjanb,
fafs auf unb ritt nach SWaifpradj, mo ihn ©epp alSbalb miHEommen Ijiefj.
„333öS bringt Qtö* für Sefdjeib?" fragte er halbleife.
„@S läfjt firf) machen," entgegnete bie)er in bemfelben Sone.
,,©ie mirb als SWagb noch Olsberg geholt, allein id) mufjte bent
©djaffner jmeiljunbert Sßfunb oerfpredjen, er moUte SlnfangS nichts
oon ber @acfje miffen. ©r fürchtet ben 3 orn ber alljugutmüt^igen
Slebtiffin."
„Sttacht nichts, §err gürfpredj, oierljunbert foHen mich nicht reuen,
menn nur bie *ßerfon nicht in mein §auS Eomrnt. ©leid) morgen
bringe ich bent 33erroatter baS ©elb."
„333o benEt Qh* h* n / SÖlann? ©laubt Qh r ' ber ©chaffner mode
als SJlann angefehen fein, ber ©elb annimmt für etmaS, baS er auS
Pflicht thun muf$? Ser mürbe (Sud) fdjön empfangen, bringt eS
mir, er befudjt midh fdjon, fobalb bie Sirne im Stlofter ift."
,,©oH nicht fehlen, §err gfürfpred). ©uere 90?ühe oergelte ich f°/
baß 3h r jufrieben feib. Söürbe id) ja hoch lieber SllleS üerEaufen,
als biefeS ginbelEinb in mein |)auS taffen."
„Sa hobt 3h r ooHEommen Siecht, ©epp, ich hülle eS gerabe mie
Qh c - Sefel ober Eönnt 3h r 9 on ä ru h’9 fein."
S5eibe brüdten fich bie fmnb. ©eelenoergnügt ritt ber fjerr gfür*
fprech heim, ©o oiel als heute, oerbiente er fonft Eaum in einem
halben Qahr.
£>eini erfdjraE nicht menig, als ihm am SWorgett früh ein SElofter*
Enecht ben 33eridjt brachte, er habe fich untierjüglidj mit feinem pflege»
Einbe in ber ©djaffnerei einjufinben. 333aS Eonnte man oon ihm mol*
len? ©r hatte ja all’ feine Abgaben an ©runbjinS, ßeffnten, ©iern,
$onig, 3Bad)8, Seinen, baS Ceibtjuhn für bie ©attin gehörig unb gur
ßeit entrichtet, feine groljnbienfte geleiftet. ©r mar fich auch fonft
EeineS greoetS bemufjt. ftunigunba ahnte nichts ©uteS. 3ßaS foKte
fie im ©tift, mit bem fie ja, nach ih rer Slnfidjt, abfolut nichts gu
thun hatte, ©ie bachte bereits an f$fludjt, aber mohin, ohne ©elb
unb gubem machte ber SElofterEnedjt gar Eeine SJliene, fich 5 U entfernen.
Sennoch motlte fie eS üerfudjen, unter bem 33ormanb, ihre fonntäg*
liehe Reibung nngugietjen, bie 353of)nftuöe oerlaffen. ©ogieich h^l
ber Änedjt fie am 2lrme.
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288
filofiev ©lebtrg.
„$Bobin, wohin," rief er halb fpottenb, „ant SßerEtag Brauet
bie ßeibeigette feinen ©onntagftaat."
„3<h bin feine öeibeigene," fuhr SEuniguntja auf.
„2BaS fonft?" bö^nte bev Änedjt. „©odj oorwärtS jeftt, Wegen
©ir Witt ict) nicht gefdjolten werben."
„Unb wenn idj nirf)t gebe? 2Ber gibt überbauet ©ir unb ©ei*
nent fetten baS ttiedjt, niicb Men ju taffen ?"
©er ^nedjt, ftatt atter Antwort, pfiff unb alSbatb traten nod)
•jwei Shtedjte beS ©tifteS ein, ber ©ne mit einem ©trief in ber £janb.
„SBillft ©u je^t fofort oor unS betgeben, ober fotten Wir ©ir
bie f>änbe auf ben ttiücEen binben, mit ber ^ßeitfdje geben lehren?"
Äunigunbe fab burd) baS genfter, ob üftiemanb in ber Sttäbe fei,
beffen ^jilfe fie in 3tnfprudf) nehmen fonnte. ©er ßufatt Wollte, baft
ber ©orfoogt am §aufe öorbeiging. ©aS genfter aufreiften unb
binauSfdjreieien: „SSogt, fommt herein, man Witt mir ©ewatt antbun,"
War baS SEßerf eines SlugcnblicES.
SllSbalb trat ber ©erufene in baS 3i mmet - ®ie Unechte rühr*
ten ficb nicht, lächelten einanber ju. ^jeini ftanb ratbloS baneben.
2Wit fliegenber §aft erzählte Sfunigunbe, WaS oorgegangen, wie man
fie als Ceibeigene bebanbeln Wolle, ©elaffen hörte ber Beamte §u,
als fie geenbet, fagte er falt:
„9llS sßflegefinb eines Ceibeigenen bift ©u nidjt mehr als er felbft.
iöeweife, baft ©eine ©Itern freie Ceute finb, bann bift ©u auch frei,
fannft ©u bieS nicht, fo füge ©id) willig, fonft lehrt ©ich ©toef nnb
Sßeitfdje gehorchen."
5D?it biefen Söorten oerlieft er baS £jauS. Sfunigunbe fenfte ben
Äopf unb ging neben bem Eßflegeoater oor ben Unechten bet.
911S fie oor ben ©ebaffner traten, fuhr biefer ben armen £jeini an:
„2öaS ift baS, $eini, baft ©u ein fjinbelfinb in ©ein £>auS auf»
nimmft, eS erjiebft unb ©einer ^jerrfeftaft feine Slnjeige baOon maebft?"
„©näbiger §err," entgegnete f>eini erfdjrocfen, oer§ei£|t, ich wachte
bem S3ogt fofort Slnjeige. ©aS Siinb ftammt fidjer üon freien, rei*
djen ßeuten bet."
Unb nun erzählte er fjaarflein, wie er SEunigunba gefunben unb
maS neben ihr im Sforbe gelegen.
„©anj red)t, ^jetni," fyracb ber ©ebaffner oiel milber, „ich glaube
SltteS, benn ich Eenne ©ich als reblidjen, ehrlichen SJiann, ber allzeit
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■ßlojler Olsberg.
289
feine Pflicht erfüllt, ober ba§ önbert on 21 Item nichts. ®a§ äRäbdfen ift
grinbelfinb, ber öeibeigene erjog e£, befielt, maS im Sorbe lag, fomit ift
eS in ©einer österlichen ©ematt, leibeigen mie ®u. So lauten unfere
uralten ©efefce. ©eff nach SRIjeinf eiben, erfunbige ®t<h bei einem gür»
fprech, ich jürne eS nid/, aber er mirb ©ir baS ©leiere fagen."
„f)err, Iajjt mich gehen, idf-"
„(Stille/' fdjvie ber Vermalter, „mit ©ir, ber SRagb, rebe ich je^t
noch nicht." — Sich §u |jeini loenbenb, fuhr er fort:
„2öie alt ift ba§ SRäbchen?"
£>eini wählte an ben Ringern, brachte e§ aber nicht herauf. @nb<
lieh fagte er:
,,8cf) fanb eS an bent ©age, ba man unfer einzig Sinb ju ©rabe
trug. ©8 mar am äftontag nach Verena im Qahre jmölf."
„Sechääehnhunbertunbjmölf," oerbefferte ber Schaffner, „bann ift
bie SRagb ämanjig Qal)re alt, feit wer fahren fro^nbienftfjftichtig,
ohne fe eine grot)ne g e i e iftet ju ^aBen. Ipeini, menn ich bte§ ber
^mdjmürbigen mittheilen mürbe, bafj ©u eine Pflichtige oier 3 a h re
lang ihren Pflichten entjiehft, un§ nur eine 8eib£)enne brachteft, ftatt
jmei, ma§ ineinft ©u, bafe ©ir gefdjähe?"
„£jerr, feib gnäbig, ich tfjat eS ohne Porfafc, auS Unmiffenheit."
„®a3 meijj ich, §eini, unb beSmegen miH ich billig fein. ®aS
Stäbchen bleibt hier, bient ein ^aljr Imtg treu unb millig in ber Suche,
bann nehme ich Qn / ba§ Stift hot feinen Schaben unb fie leiftet nach»
her nicht mehr als jebeS anbere leibeigene ättäbchen auch."
„§abt ©anf, f>err, hobt ©anf für ©uere ©üte," rief §eini,
hocherfreut, fo leicht meggefommen §u fein.
„Unb mich fragt üftiemanb, maS ich 3« bem £>anbel fage," fpot*
tete Sunigunba.
„SUtübchen," fuhr ber Schaffner auf, „ich marne ©ich, h^ te ©eine
3unge. ®ie Ceibeigene hat nur ju gehörten."
„Unb menn ich nicht gehorchen miH?"
®ie 2lugcn beS PermatterS flammten, allein ehe er fpredjen fonnte,
manbte fich §eint an Sunigunba in einem ©one, mie er noch nie
ju ihr gebrochen:
„Sinb, ®u bift leibeigen, baS ift flar unb mittft ©u nicht gepeitfdjt
merben, fo oerhalte ©ich ruhig unb ffciU, bei mir finbeft ®u meber
£>ilfe noch ©<hnh- ©er £>err Schaffner meint e§ gut mit un§, aber
®om 3fura jum <S$n?ar$toaH>. IX. 19
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290
filofter tiDlsbfrg.
fieljft Du öieS nicf)t ein, fo wirb Dein SRüdfen eS empfinben. SBaffer
uitb 33rob im finftern 8od) metben Dich fidler gefd)meibig machen."
Sunigunbe erfchraE, §eini mußte miffen, maS auf ben ungelfor»
[amen leibeigenen martete. §)öfltch fagte fie:
„£jerr Schaffner/ toaS f)a6e ich f)ier ju tljun ?"
„@o ift’S recht, Äinb," lad)te biefer. „'Deine §änbe bemeifen eS,
im gelbe fiaft Du nicf)t oft gearbeitet. Somm in bie Stütze, ijj erft
fatt, nachher ftehft Du unter bem 33efetjt ber DberEüdjenmeifterin."
Der ißflegeoater reifte ihr bie £janb, bann folgte fie bem ©djaff*
ner in bie ungeheure $üdje, in raeldjer für all’ bie meltlidjen Sebien-
fteten beS (Stiftet geEodjt mürbe. Sttan ftellte iljr SJtueS, S3rob unb
SBein hin unb bie alte £>berEöd)in legte ilfr nod) ein ©tücE gleifdj auf
einem £>oljteller oor. ©ie mufjte ftd) geftehen, fo hotte fie faum an
einem Rolfen gefttag gefpeist. SHadjtjer l)iefe man fie ihre ©anbolen
oblegen, Söaffer holen, ©etnüfe jubereiten u. f. f. Obfdjon nocf) eine
©el)ilftn ba mar, gab eS Strbeit in ^jülle unb gälte. 2113 bie 33e3per*
gtocEe ertönte, rüftete man ben Difcfj in ber großen $aHe ber ©djaff*
nerei. ©in jmeiteS Reichen- m ' t einer Keinen ©lode rief bie Dienft»
boten jum ©ffen. Oben an ber mächtigen ©idjentafel fafj ber ©djaff*
ner, neben ifjm jur Siedeten ©attin unb Docfjter, jur CinEen ber
@ot)tt, ein ©dfreiber, ein 3)feifterEned)t, ein Stüfer unb Äellermeifter,
ber Dbergärtner, ber ©emt unb jmölf ^necfjte, an bie Dotter reil) 5
ten fid) ad)t SJiägbe unb brei Stofe» unb fö’ühbuben. Die beiben SEüdjen*
mägbe trugen nun bie großen ©djüffeln Oon fjolj, gefüllt mit ©auer*
Eraut, gebörrten Sollten unb gelben Drüben auf. geber langte ju.
DaS gleifd) mar in ©tücEe gefchnitten, für bie SEnecfjte unb SÖtogbe
gebörrter ©pecE, für bie Roheren ber ©peifenben Slinbfleifd). Der
Stellermeifter ging tjerunt unb füllte febem aus großen ©teinErügen
ben öoljbedjer mit SGßein. ©he jebod) baS ©ffen begann, »errichtete
ein Süt)bube ein langes ©ebet, gegen bie testen SGßorte hi» hoben fid)
bie Cöffel unb mit bem „Simen" fuhren fie in bie ©Rüffeln, ©efprocfeen
mürbe Eein SGßort. 3113 ber gnljalt fämnit(tcf)er ©cfeüffeln bis auf bie
leiste ©pur üertilgt mar, fdjnitt ftd) gebeS ein größeres ober EleinereS
©tücE Stoggenbrob oon ben jeljttpfünbigen Saiben herunter unb als
auch biefeS »ertilgt mar, fprach ein jmeiter 93ub ebenfo gebanEenloS
baS ©chlußgebet. 2Wit bem Simen erhoben fid) Unechte unb SJJägbe,
»erliefen in langer Stoihe bie ©tube. SJMt lauter ©timme erteilte
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filofter ©lebfrg. 291
min ber ©djaffner bie Sciefjle für ben folgcnben Sog, morauf fiel)
9D?eiftcrfnedjt, (Gärtner unb ©entt ebenfodS entfernten. 9tuv ber
©Treiber unb Stedermeifter Biteben unb Ijalfen ben Sraten mit ©alat
berjeljren, ber erft jefct Ijereingebradjt mürbe unb rnoju ber Steller*
nteifter perlenben SRotljmein einfdjenfte.
2llS auch bieS oorbei, ber Sifd) abgeräumt mar, fpeiSten aucEi bie
brei Stücfyenmägbe unb mofjrlidj nid)t fdjledjter als bie ülnbern. SaS
©efdjirr mürbe gereinigt, ein Stäbe! Sßaffer bereit geftedt, bamit ficfj
bie beiben ®ef)ilfinnen bie gfüfje mafdjen tonnten. Sie Stöcfjin trug
©d)ufje. 9tun fodte man jur IRufje geljen, allein beoor bieS gefdjafj,
befahl bie Stödjin Stunigunba, fidj auf bie Sanf ju fe^eti, iljr bie
Seine ju ftrecfen.
Sunigunba falj fie erftaunt an, erfdjraf aber nidjt menig, als
iljr jene $mei ftarfe ©tafylringe um bie Stnödjet legte, fie mit Sorlege*
fdjlöffern befeftigte. Sie 9?inge maren burdj eine fußlange ©tafjlfette
oerbunbett, fo bafs bie ©efeffelte mit furjen ©djritten geljen, aber
meber fpringen nodj eine Seiter Ijinabfteigen tonnte.
„2BaS foU baS, maS miH man Oon mir?" fragte fte, „idj bin
bodj feine Serbredjerin."
„0 nein," lad)te bie StÖdjin, „im ©egentljeil, idj bin fefjr jufrie*
ben mit Sir, allein ber $err mufe allerlei oernomtnen Ijaben, mie Su
fo äiemlidj trojjig feieft unb feineSmegS baran benfeft, bafj Su leib*
eigen bift. @v fürstet, Su fönnteft fließen mollen. ÜlderbingS fämeft
Su nidjt meit, felbft menn Sir beS ©eppen Sontab fyerauSljelfen
mollte. ©ingeljott, befämeft Su minbeftenS jmanjig mit bem gierner
unb biefe Ijarte ©träfe miß Sir ber £jerr erfparen. ©ei folgfam,
artig, fleißig, bann fjaft Su eS fjier beffer als bafycim, für bie Um
gefjorfame fjabe idfj jene Stütze bort an ber Sßanb unb bie ©törrifdjc
befommt ben ßiemer auf ber ©trafbanf oor adern ©eftnbe. Setgifj
baS nidjt, Stinb unb fdjlafe je^t rul)ig bei ber @lft."
Siefe ergriff Stunigunba’S §>anb unb führte fie in eine anftofjenbe
Sfamtner, mo fid) Seibe in einem großen, guten Sett nieberlegten.
©cfylaf fanb Slunigunba nidjt. $n ifjrern Innern totste unb tobte
eS, ärger als in einem §epenfeffet. ©ie tjatte nur einen SJunfdj,
ben ©djaffner §u ermürgen unb ju fließen. Seiber fanb fie trofc al*
lern ©rübeln feinen SluSmeg unb fcfjlief enblid) ein, mit bem ©ebanfen,
fte mode fidj einftmeilen fügen unb auf gute ©etegenljeit märten.
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bloßer ©Iflberg.
gteifjig unb mit ©efdjicB verrichtete fte StCteö, maS man i§r auf*
trug. Oie Köchin mar beS SobeS voll. Stur ber ©chaffner traute
ihr nicht recht/ fie mürbe jeben Slbenb gefeffelt. @o nahte ber
£>erbft.
©S mar bie ßeit, ba ber breifjigjährige Srieg in Oeutfchtanb
miithete. Oie ©darneben maren p £jilfe ber fßroteftanten herbeigeeitt,
thr Stönig fiel/ an feine ©teile trat SBernfjarb von Söeimar. Ueberalt
fiegreich/ gelangte er an ben SR^ein unb rücfte näher gegen bie öfter*
reichifchen SBalbftätte, Stheinfelben, Caufenburg unb SöalbSbut. Oiefe
Stadjrichten famen auch nach Olsberg unb, aUerbittgS nicht genau, in
bie Milche ber ©djaffnerei. OaS muffte man, baff bie Slebtiffin bie
Uhren, Slltartafeln, Orgel, baS Slrcbiv nach Stljeinfelben in baS fpauS
gebracht hotte, melcfjeS bort bem ©tifte angehörte.' ©erabe um biefe
ßeit hotte bie Köchin eS bei bem ©chaffner pmege gebracht, baff man
Sunigunba nicht mehr fegte. SÖtit biefem ftanb aber auch ihr ©nt*
fchlujj feft, p fliehen unb p)ar p ben ©chmeben. Sieber mottte fte
als Cagerbirne leben, als länger baS Qoch ber Ceibeigenfdjaft ertragen.
Oer 3ufaE Bant ihr p f>ilfe, freilich nicht ohne blutige ©djmerpn.
©he mir aber bieS erpfjlen, müffen mir ben Cefer barüber aufBlären,
marum Sonrab Beinen 93erfu<h machte, fein ©djäfcchen p befreien.
Statürlidj erfuhr er fofort bie Söegfüljrung Suttigunba’S burch
SlofterBnecfjte unb mar auch halb mit fidf über ben Urheber ber ©e*
maltthat im Steinen; bagegen maren ihm bie 9tecf)te beS £>alSherren
p mohl befannt, um auf gerichtlichem SSßege gegen ben ©chaffner
aufptreten. Oafj Suttigunba aber leibeigen mar, ftanb bei ihm aujjer
ßmeifel. $n einem Orte, mo auf einen menigftenS holbfreien SJtann
phn porige Barnen, muffte jeber bie Stedjte ber Herren unb bie fß flieh*
ten ber ©igenleute Bennen, ©ein 3°rn flogen ben 33ater Ijolf ihm
nichts, biefer lachte heimlich in baS gäuftdjen. Sift Bonnte hier allein
ben ©ieg bavon tragen, ©r umfchlich baher p mieberholten fötalen
baS ©tift, in ber Hoffnung, fein SDtäbcfjeu p fehen. Umfonft, Suni*
gunba burfte meber bie Suche nodh bie ©chaffnerei jemals oerlaffen,
Bam nie meiter als an ben ^Brunnen tm fpofe. Oagegen bemerBten
Snedjte fein ©gäben, melbeten eS bem Herren, melcher bem Umher*
fdjleichenben auflauerte.
©S bauerte auch gor nicht lange, bis er bem ©chaffner in bie £>änbe
fiel, ber urplö^lidj mit gauftroljr unb ©chmert bemaffnet vor ihm ftanb.
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-filofltr ffihbnj. 293
„Surfte/' fagtc biefer, ,,id) fenne Dieb unb meife, ma§ Dieb in
bie Stäbe be§ ©tifteS treibt; allein idb ratbe Dir, bleibe bemfelben
fortan ferne. Qd) toacbe unb treffe icb Dieb mieber, fo febiefse ieb Dieb
ohne Varmbergigfeit über ben Raufen."
Die Drohung mirfte, Sonrab liefe ficb niefet mehr fefeen unb fanb
halb barauf @rfa£ für Shtnigunbc im Vefife einer reichen Vauern*
toefeter oon SJtagben.
Seferen tt)ir nun gu Äunigunba gurücf, fo b°tt e biefetbe ba§
SJtifegefdjicf, bei bent Steinigen ber Difcbgerätfee eine febr fiböne ©djüffel
Oon ißorgeKan fallen gu laffen. ©ie g erbrach in Ipnbert ©tüefe.
SBütbenb feferie bie Jföcbin:
„2Ba§ macbfl Du ba, bummeä Dbier. ©§ ift boeb ficber maf)r,
ma§ ber £>err immer fagt, biefe Ceibeigenen ftnb bummer a(§ ba§ SBief)."
©tatt p fefemeigen, entgegnete S'unigunba tro^ig:
„$br brauebt nicht fo p febimfefen, ba§ hätte @ucfe f° gut 6e»
gegnen fönnen al§ mir."
„SBa3," febäumte ber St'ücfeenbragoner, „Du mitlft noeb aufbe»
gefereu. 2öart’, Dieb mill ich lehren."
©ie rife bie Stutbe üon ber 3öanb. SJtit |)ilfe ber anbern SJtagb
mürbe bie fühlbare über eine Vanf bmgetoorfen unb gegücfetigt, bi§
ba§ tefete Stei§ ber Stutbe gerfefet unb bie ©efcfelagene blutig mar.
SWit Dbränen im Sluge, SButb im bergen, erhob ficb Sfunigunba,
um meiter gu arbeiten. Sturg nachher mufete fie ^Baffer holen. Der
Vrunnen befinbet ficb im $ofe, ba§ D§or mar offen. Qe^t ober nie,
badete fie, liefe ben Stübel fteben unb rannte mie ein gejagtes* Steh
auf ber ©trafee nach ©iebenadj fort. Qhre gtudbt blieb nicht lange
unbemerkt. Sll3 fein SBaffer fam, eilte bie Köchin hinauf, fab ben
föibel, errietb, ma§ gefebefeen, rief ben Unechten, bem Herren, ber
alfobalb bie Verfolgung nad) alten Stid)tungen fein anorbnete.
SWitten gmifdfen bem SHofter unb bem Dorfe ©iebenaefe ftebt ein
einfameä fmu§ am SBalbe, an beffen Staub bie ©trafee l)infüf)rt.
Stoch mar bie§ $au§ nicht erreicht, al§ ^unigunba in ihrem 8auf
inne hielt, bie §anb auf bie mogenbe Vruft brüefte unb ficb umfafe.
SBelcfe’ ein ©efereefen, meiter oben an ber £>albe fab fie gmei ÜJtänner,
offenbar Verfolger. Db ne fe<h 3 U befinnen, fprang fie in ben SBalb
fein, ftürgte burd) ©ebüfefe unb Dorngefträucfee ben Verg hinan. 2öa§
fümmerte e§ fie, menu Dornen bie gitfee blutig ftacben, ba unb bort
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294 'Sloflrr ÜDltberg.
ein gre^en ihre! elenben SRocEe! gongen Blieb. Son Oobelangft ge*
tvieBen jagte fie meiter unb meiter, bis fiel) enblidj bie Kräfte erfdjöpf*
ten unb fie,- mit bem Slulruf ,,©ott fei mir gnäbig", am gfuhe einer
©idje nieberfanE. ©ie glaubte, bie Verfolger hinter fid) p hören,
©ie täufcfjte ft cf). Oie Scanner hoffen fie gar nicht gefeljen, ba! ©e*
räufefj hinter ihr rührte oon ben ßweigen unb. rieften Ijet, bie fie in
ihrem Sauf burd)bruch unb bie hinter ihr mieber pfammenfdjlugen.
©ie lag eine Söeile, Eeudjenb, h a ^ ohnmächtig am Soben, all fid)
aber nicht! regte, ade! ftille Blieb, Eefjrte ihr SUJuth mieber, fie erhob
fich unb ging langfant meiter; halb traf fie auf einen fdjmalen gfufj»
pfab, folgte bemfelben bergab unb gelangte in Shtrjem an ben ©aum
be! SBalbel. Sor ihr lag im ©lang ber Slbenbfonne ein moljlbe*
feftigte! ©täbtdjen. Oa! mar 9?heinfelben, fie fannte e!, ba fie
gtoeimal an SDJarEttagen mit bem Sater hier gemefen. Ooch ma! fah
fie, erft im ©chrecEen, bann OoUer g*eube. Um ba! ©täbtdjen, auf
ben füblidjen £>öljen ftanben 3 e i te - ^Deutlich erEannte fie bie blinEen*
ben Söaffen ber Sorpoften, fah Leiter hin» unb herfprengen.
„©erettet," rief fie, „gerettet, bort ftnb bie ©djmeben."
„|)aben mir Oidj, oerbammte §>e):e," fdhrie eine ©timme hinter ihr.
Ohne fich nur umpfehen, rannte fie in meiten ©ä§en bem 8a*
ger p. @ie, bie barfüßige, nur halbgeEleibete oermochten bie Unechte
nicht p erreichen. meld)e fie oerfolgten unb ohne ben Stulruf bei
©inen auch ermifdjt hätten. @ie Eeljrten um.
„SBohin fo fchnell, hübfdjel S'inb," rief ihr ber 2Bad)t:poften p,
an bem fie üorbeirennen toollte. „§>att, menn Ou auch unbemaffnet
bift, fo geht man nicht in ba! Säger."
„8ah mich," rief fie, „ich h a ^ e deinem Herren eine midjtige 9iadj*
rieht p bringen."
Sldeitt ber Krieger lieh fie nicht fo leicht lol. @ie rang mit ihm unb
fdjrie enblid) um fpilfe. Oer 8ärm rief einen 2ßad)tmeifter herbei, an
ben fie bann ebenfall! bie Sitte richtete, fie p bem Anführer p bringen.
Oer Unteroffizier mufterte fie erft uon Stopf p güfjen, bann fagte er Eurj:
„golge mir."
Sor einem großen gelte minEte er ihr, ftille p ftehen, ging
hinein, um fie allbalb p holen.
gn bem meiten Oudjljaufe fah an einem gfelbtifdj ein fdjöner
junger 9J?ann in ber Oradjt eine! Oberften jener ßeit. Oa! bunEle
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filofUr ©laberg.
Cocfenhaar fiel auf einen Breiten, gefticften ^embfragen nieber. OaS
furze SBamrnS war an ben Slermeln gefehlt unb mit Weißer ©eibe
gefüttert, bie SNanfchetten, ebenfalls gefticft, reiften bis zur Raffte
beS SBorberarmeS jurücf'. ®ie ziemlich enganfchliefenben 33einfleiber
Waren oon -£>irfch(eber. ®ie langen SReiterftifel reichten bis §u ben
Snteen, ber obere Sfjeil beS ©djafteS war umgeftülpt, ungeheure,
golbene ©poren baran befeftigt. 2ln einem golbgeftüften, ^albfufe»
breiten SBanb, baS über bie rechte ©chulter lief, Ijing baS mächtige
Neiterfdjwert. (Sin fmt mit ungeheurem Nanb, mit gebern gefchmücft,
lag auf bem Sifdje, an ber ©tuhHehne hing ber reidjgarnirte ffteiter*
mantel. (Sr felbft trug einen feinjugefpi^ten ©djnurrbart unb ein
fleineS, ebenfalls fpißigeS Sinnbärtchen. OaS ebelgeformte Strittig
hatte ben SluSbrutf h°hen NiutheS, aber auch ber SSBilbheit ungezähnt»
ter Seibenfdjaft. (Sr fcpien im Cefen öon papieren Oertieft, bie üor
ihm lagen. ®er neben ihm fißenbe ©Treiber hielt bie geber bereit,
Zur Slbfaffung allfälliger Antworten.
Sfunigunba warf fich üor ihm auf bie Slniee. (Sr betrachtete fte
nur flüchtig.
„2BaS wiUft ®u oon mir, welche Nachrichten bringft ®u?" fragte
er nicht unfreunblidj.
„(Söler §err," flehte fie, „erbarmt (Such einer armen Ceibeigenen,
bie man unmenfdjlich mifehnnbelte unb bie bei (Such ©dju^ unb
©chirtn fud)t."
(Sr jucfte bie Slchfeln.
„£>a fann ich ®tr nicht helfen, ©ielj ju, bajj ein ßanbSfnedjt
Oidj hnbfch genug finbet, um Oidj Z u gehalten."
(Sr winfte bem Unteroffizier unb Wanbte fich wieber feinen papieren ju.
„2lber wenn ich (Such an einen Ort führe, wo gh r ohne jegliche
©efahr reiche 33eute machen fönnt, Söein, ©etreibe, 33ief) in §ülle
unb gülte V" rief fie ohne aufjuftehen.
„ga, baS Eönnten wir fchon brauchen," lachte er unb betrachtete
fie nun erft genau. „SBo ift ber Ort, in bem wir bieS finben Eönnen?"
SNit wenig SBorten erzählte nun Sunigunba ihre ©efdjichte, wie
man fie ntifohanbelt unb wie fie entfchloffen fei, bem eblen §errn ben
3Beg nach Olsberg ju zeigen, wenn er ihr bafür @d)u§ unb ©chirtn
gewähren wolle. (Sr hörte mit Wadhfenber Slufmerffamfeit zu- 8U8
fte am ©chluffe war, ftanb er auf unb fagte:
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296
Clo Her Olsberg.
„geh glaube Oir, allein meine ißflicfet als güfjrer ber ©chaar,
melcfee biefeS ©täbtcfeen einnehmen fott, gebietet mir 93orftdjt. 9)?an
toirb Oidj gut beljanbeln, aber ftrenge feemacfeen. SHorgen früh fü^rft
Ou mich nach bem Slofter. gft eS, toie Ou uorgiebft, fo foH eS Oetn
©<babe niefet fein."
Sunigunba ttrnrbe in ein nefeenftefeenbeS ßelt gebracht, baS ein
gelbbett, Jtfdj unb @tufel enthielt. Stacfebem er fte gang, mie eS gu
Olsberg gegeben, an ben güfeen gefeffelt, oerliefe er fte. ©in altes
SEBeib brachte gleifd), 93rob unb 2Bein unb bebeutete ber (befangenen,
gut gu effen unb ftdj beS SBetteS gu bebienen. Sunigunba liefe eS liefe
fcfemecEen unb entfcblief bann, erfdjöfeft bon ben ülnftrengungen beS JageS.
Äaunt graute ber ÜWorgen, fo erfcfeien baS SSßeib, brachte ifer
Söaffer gum SBafcfjen unb eine gute ©uppe, bann trat ber Unter*
offigier ein, nahm tfer bie geffeln ab unb führte fte gum 3 e ^ beS
Äommanbanten, ber ficfe eben auf fein ißferb fdjtoang.
„©o," fagte er, „je£t gefeft Ou neben meinem ißferbe feer unb
ffifjrft unS auf bem fürgeften 28eg gum SHofter; aber nimm Oid) in
Sicht, jeber gluchtberfuife, bie geringfte 33errätherei bringt Ott ben Job."
©ie begnügte ftdj gu lächeln, fdjritt neben bem $errn feer, fteben*
gig Oragonec folgten, ©ie fdjlug ben näcfeften 2öeg über ben 33erg,
burd) ben SBalb ein. Oie ©trafee, bamalS ein elenber, fteiler SBalb*
pfab, nötfeigte bie SReiter, abguftfeen, bie ißferbe am 3ügel gu führen,
bieS gab bem Oberften (Gelegenheit, ftd} mit feiner güfererin gu unter*
halten, ©r befragte fte näher über ifer Vorleben unb ftaunte über
ben flaren 33erftanb, ben üötutfe ber ßeibeigenen, beren @chönfeeit ihn ent*
gücfte. Oer Jrofe, ben fie gumeilen Eunbgab, gefiel bem toilben Krieger.
Stad) einer Eieinen ©tunbe mar baS Slofter erreicht, umgingelt,
allein bie Stonnen entflohen. SllS bie Shtecfete berichteten, mie Stunt*
gunba bem fdjmebifchen Säger gugeeilt fet, ahnte bem ©cfeaffner nichts
©uteS. @r fefete fofort bie ^ochmürbige bon bem SSorfaH in SEennt*
nife, obfchon er bie gange SBaferheit nicht fagte. Oie Slebiffin mar
fd)neH entfcfeloffen. 3 U gEetd^er 3eit, als bie ©djmeben üon 9th e ' n *
felben aufbrachen, oerliefe fte mit ihren ©chäfletn baS ©tift unb eilte,
in SBabett ©d)u§ gu fucfeen.
OieS EränEte ben Oberft menig. Oie 33eute in bem berlaffenen
©tift, benn auch ber ©chaffner, bie Unechte unb SOtägbe maren ent»
flohen, überftieg feine Eühnften ©rmartungen. @r liefe 9WeS auf
\
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filofttr CHsbtrf.
297
SEBagen (oben, ttadj bem £ager fiteren. 2lm anbcrtt Sag fpeiSte fittni*
gunba an feiner (Seite mit ben (Offizieren beS ÄorpS, bie fomo-l it)ve
©c-ön-eit als i-ren Serftanb berounbeiten. ^e^t trug fie ein IRicber,
aber weit auSgefc-nittcn. SaSfelbe mar non rot-ein SßoBftoff, oorit
mit meijjen Spieen gamirt, bie ^uffärmel gefc-lijjt, mit gelber ©eibe
gefüttert, ein reidjbrobirter £>embfragen fiel bis auf bett -alben Ober»
arm, bie 2Ranfc-etten, brobirt, auSgefc-nitten, reiften beinahe 511 m
(SBbogen. (Sin meijjer, garnirter Unterrocf oon ©cibenftoff mürbe
Don bem rot-braunen SSoBrocf nur infomeit oer-üfit, bafi er oorn
gleit- einer ©c-ürje fid-tbar mar. SaS reic-e £>aar mar an ben ©ei*
ten aufgerollt, am ^intertopf bitbete eS einen $opf, in fyonn eines
Kranzes befeftigt, auf bem §aupt t-ronte ein fibmarzer, breitfrftntpi*
ger .£>ut, mit einer langen, meifien g c ^ er gefc-ntücft. (Sine golbcite
Sfette umfd-lofi ben $alS. Sen ^Ringfinger ber litifeu £)aub gierte
ein breiter ©olbreif. Qetjt fa- fie mirflit- auS, mie eine rcidje (Sbelbamc.
StlS fR-einfelben nidjt einzune-men mar, mürbe bie Selagerung
aufge-oben. SaS fd-toebifc-e $eer bemegte fiefj r-einaufmärtS. Jft'uni»
gunba folgte bem Oberft ©ent-ier als ©attin zur linlen $uutb.-
Stad- bem ©c-lufj beS meftp-älifc-en gfriebenS, als Seutfdfianb,
ja -alb (Suropa, mieber aufat-mete, nad- einem fürc-terlic-cti, breifiig*
jä-rigen Kriege, erfc-ien zu SDtaifprarf) eine Same oon anfc-eiitenb
-o-em ©tanbe, nac- i-rent ©efolge z» urt-eilen, fc-r reid). ©ine
Sienevin unb oier ®nedjte begleiteten fie unb einen munberfdjönen
Knaben, ber i-r ©o-n zu fein fc-ien. $n ber Verberge, mo man
ganz beftiirgt über ben oome-men 39 efucf) mar, erfunbigte fie fic- an*
gelegentlich nac- einem Saglö-ner ^eini unb beffen (S-efrau. 21 IS mau
i-r mitt-eilte, beibe feien auS Kummer über baS ©eba-ren einer pflege*
toc-ter geftorben, burd- beren @c-u(b baS -eilige ©tift zu Olsberg
oon ben ©djmeben geplünbert, bie frommen grauen oertrieben morbeit
feien, ba zuefte fie mitleibig bie 2 ldjfeln, ging zu bem ©eiftlidjen unb gab
i-m ©elb, bamit er einige SReffen lefe für bie ©eelen beS Ceibeigenen
ffehti unb beffen ©attin, bann ritt fie fort, um nie me-r zu fommen.
2ltlein nic-t bloS bie ©c-meben beraubten Olsberg, ber faifertic-e
Oberft ©paur na-m oon ben nac- SR-cittfelben geflüdjteten unb im
bortigen OlSberger §>of fonft befinblic-en ©ac-en bie ße-ntfrüdjte oon
fR-einfelben unb SRagben, ac-tze-n aufgerüftetc Setten unb oier-nn*
bert ©autn Sßein. ©in $a-r barauf fit-rten bie ©olboten beS fc-toe*
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298 filopfr ©Uberg.
bifdjen Oberften (EronecE bie aufgefunbenen StoftbarEeiten be# ©tifte#
rheinabmärt# uttb 1634 liefe ber SRljeingraf ba# ©eöäube in ber ©tobt
gerftören, bie Käufer be# St (öfter# gu ÜRagben, Cl#berg, bie ©djeunen,
$äge «nb Säume anbrennen unb hauste im St (öfter felbft ärger al#
ein Sanbale, fogar ftHrdjenftüfele unb Elitäre mürben gerfchlagen, ade#
ma# nur möglich mar, roeggefüfert.
Sie SRonnen hielten fid) ingmifcfeen erft gu SSettingen, bann gu
Sal#tljal auf. 9(1# fie genau brei ^afere nad) ihrer gtucfet mieber
gurücEfehrten in ben Hortus Dei, umftanben fte meinenb bie abgebed*
ten ©ebäube, ohne Xfeüren unb genfter. ÜRur mit £>ilfe be# 9lbte§
Sern bar b oon ßü^el gelang e# ihnen, nach nnb nach bas ©tift her*
guftellen, bie Oefonomie mieber in ©ang gu bringen. Sie SRachfol*
gerin oon Urfula ©chmogerin, Katharina Stoler oon SRheinau, beredt*
nete ben ©djaben auf hnnberttaufenb SuEaten.
Cangfant erhob fich ba# (Stift, umfo langfamer, al# bie SinEünfte
fiefe in go(ge be# finEenben ©elbmerthe# ftätig oerminberten. (Dennoch
gelang e# ber 9lebtiffin fg-rangisEa oon Gptingen, ber Stircfee einen
prächtigen Hochaltar gu oerfchaffen. ^ßapft ^uttogettg XI. fefeenfte ber
frommen ©efemefter gu Clsberg ben Öeicfenam be# h e ^*9 etl Siftor#.
9l(lein bie 9tul)e mar nicht oon Sauer. g r anfreicb hatte ba#
©unbgau mit bem übrigen ©Ifafe erobert. (Die 9lbtei Cü^el mürbe
frangöftfefe, bafjer übertrug bie öfterreid)ifd)e ^Regierung, meldje difye'm*
felben, ba# gricEthal unb alfo auch ba# ©ebiet oon Dl#berg noch hun*
bert ^alfre lang befafe, bie 2luffid)t bem Stlofter ©alman#meiler. Sa*
mal# befanben fich int ©tift gmölf ÜRonnen unb fechgehn öaienfehmeftern.
9lbt Slnfelm oon ©atem befudjte ba# Stlofter, fanb in Segug auf
Sloftergucfet oiel gu tabeln unb fanbte al# ^riorin bie ÜRonne Juliane
©uggerin mit bem Sefehl, bie Drbnung unb Orben#bi#giplin hergu*
ftellen. 9lebtifftn unb SRonnen moHten fidf bie# nicht gefallen laffen,
appeßirten an bie faiferlicfee (Regierung gu 2Bicn. Sie unbequeme
Neuerung mufete meichen. Sie Oberaufficfet tourbe bem 9lbt oon
Sennenbach übertragen, allein bie Sermaltung über bie ©üter nahm
bie (Regierung itt ihre £>anb.
XIII.
Um biefe $eit lebte auf einem über unb über oerfchulbeten (Ritter*
gut am rechten Ufer be# (Rheine# i m Sreisgau einer jener Slbeligen
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299
ftlsfirr
bes achtzehnten ^ofjrijunbcrK, bie am f>ote ju ©ep'aillcs bic Sum't
erlernt hotten, bas »elterliche Qfrbc out noble S5ci»e $u »ergcubcn.
2113 ber Ict'te ©ulben in ber fron^oü'dien Sönigsfitabr »erpraßt war,
lehrte ber £>err ©aron out fein ©nt in ©ermonien jnrüd, beirotbete
ein abeliges fvröulein mit iedt^ch« 2 lbncn ohne ©erwögen nnb »er*
lebte mit feiner cliere ©abette bie Jage in ibuUiüficr -Kuhr, blo3 baß
er alljährlich eine neue £>upotbc! out fein ®ut erticbtcn lotfeu mußte
unb ber Jag faft mit ©emißheit 311 beftimmen ronr, on welchem fein
Sfittergut unter ben Jammer tarn. L'aimable epouse wich beut fatalen
Soge oue, inbem fie »on ber ©>elt Üb'thicb nahm, unb fterbcnb ben
tief betrübten ©atten bot, fein ü)iögli<fmce 3 U thutt, um bas einzige
^ßfanb ihrer gegenfeitigen Siebe, bic Tochter ^fabella, gut ju »erwrgen.
Ser ©aron uevfprad) feilt ©eftes.
91un roor allerbings ^fabclla eine fla'Tifthe Schönheit, troß ber
1 rocht um bie ©litte bes »origen ^ahi'hunberte, roclche alles oufbot,
aus bem Söeibe ein llnbtng ju mochcti. ©*entt fie ausging, ©cfcK*
fchofteu empfing ober greunbiitnen in bem nahen £. befuchte, tmg
fie eine Cbergcftolt, fo eng, bnfs nur bas fcftgcfdjnürte ttorfet bereit
Slnjic^en ermöglichte unb welche »om in eine Spißc auslicf, bic bis
auf bie ©litte bes Unterleibes reichte. Oben mor bie ©eftalt fo »ier*
eefig ousgefchnitten, baß bie gomirenben Spißeit h> ntcu ben 91acfcn
umgaben, »om ober bie ©ruft frei ließen. 21 us beit Slerntcln, bie
nur bis ju ben ©llbogeti reichten, fomen fehr weite, hoppelte, brobirte
SWonfchetten herauf. 21 n biefe Cbergeftalt, bic ben Seib auf unoer*
niinftige SGBeife jufamnten, bie ©lüfte unnatürlich in bie £>öl)e preßte,
fchloß fich ein ungeheurer tReifrocf, bis jur Hälfte »on farminrother,
unten hellblauer ©eibe, mit ©lumenftiefereien. Heber biefem, unten
minbeftens jwölf fyuß im llmfong ^altenbcn -vmlptcrforb trug fie on
berfelben ©eftolt ein Cberlleib »on gelber Seibe, »om ein offenes
Sreiecf bilbenb, bas ben Unterrocf fehen ließ unb welche^ 31 t beibeit
Seiten eine jwei guß breite ©orbürc »on bcmfelbett Stoff wie ber
untere Sheil bes Unterlleibes h°rie. Sie fpißen Schuhe h°rien brei
3 oü hohe rotlje 2 lbfäße. Sie ftarfgepuberten .fiaare bilbeten einen
Shurw, auf beffen Spiße brei fyebem baumelten. Sas ©aitjc glich
nicht übel einer wanbelnben Sonne, aus ber ein fchlanfer, meiblidjer
Oberleib hemusgudte. 91 ad) ben ©egriffeit bes adjtjchnteu Qal)i'*
Ijunbertä befaß ^fabetla and) ©ilbung, ba3 Ijeifst fie fpradj unb fchricb
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300
{Uofto ©Uberg.
einen beutf<^*fran§öfifc^en Qargon, fpielte baS Slaoicimbal, hatte eine
blaffe Stbnung non ©eograplge unb ©efdjichte, fannte bie oier erften
Regeln ber 9?edjenfunft unb mar eine Sängerin par excellence. SllS
bie SUutter ftarb, hatte fie gerabe baS fiebengehnte SllterSjahr oollenbet.
Sem SBunfche ber S3orftorbenen gemäfj, fuct)te ber SBittmer nacf)
Slblauf ber Srauergeit emfig nach einem ©atten für fein enfant cherie,
aber h )0 ©inen finben für eine Sodhter ohne ©elb? ©inen roturier,
einen Plebejer'? Stein unb nimmermehr, eine folche Mesalliance mar
gar nicht benfbar. Ser $ube Slaron, fein bisheriger Reifer in ber
Stotlj, half ihm auch hi er -
Ser gnäbige f>err fafs eben über ber Rechnung feineg 93ermal=
terS, allein nicht mit freubiger, fonbern recht trüber SJtiene, benn baS
gagit berfelben mar ein abermaliger Stüdffdjlag non taufenb ©ulben,
fein ©elb in ber Staffa unb hoch fotlten bie ßmfe begahlt merben, bie
bereits feit 28ocf)en fällig maren. Sa melbete man ben Hebräer.
Slaron gehörte nicht gu jener gemeinen klaffe, bie fich mit SMefjhanbet
ober alten ÜDtöbetn, Kleibern, Cumpen, Knochen, gebern jc. befchäftigt,
aud) nicht gu benen, bie jungen 33erfchmenbem acfjtgig für (junbert
geben, gehn Sßrogent Qntereffen gum S3orauS oon ben achtgig abgiehen;
nein, er mar ein ©efchöftSmann, ber feine ^ßrogente oerbienen moHte,
fein beftimmteS ßiet oor Slugen hatte, aber feine Klienten treu bebiente.
„Su fommft mie gerufen, Slaron/' fpracfj ber 93aron biifter.
„2Bie fo, ich fomme bie oerfatlenen ßinfcn gu holen, fmben ber
gnäbige §err 33aron ©elb?"
„SaS ©egentheil, Slaron, ba lies."
©r fdjob ihm bie Rechnung hi«/ bie ber Qube überflog.
„©näbiger .jperr, menn ich barf rathen einem ©erren S3aron,
mürb’ ich oerfaufen baS ©ut, baS nicht rentirt oier ^ßrogent. SBenn
©ie oerfaufen SldeS auS freier £>anb, garantier’ ich fünfgigtaufenb
freien 9?eft. Stuf £>hpothef gibt feiner mehr taufenb. können gut
leben in ber «Stabt auS bem
„Su fagft mohl, Slaron, aber mein Sfinb, mirb eS noch einen
©atten finben auS altabeligem ©efcbledjt, menn man rneifj, ich habe
bloS noch gmeitaufenb ©ulben jährlich, auS benen ich bodj leben mufj?"
„£>err Saron, ich fenn’ e SJtann, mo nimmt bie fcpöne S3atljfeba,
mo nicht einmal begehrt eine SluSfteuer, mo gibt bem §errn Sßapa ©elb,
gu beftreiten bie Stetunie unb mo ift üon Slbel, noch älter als ber Qh r i2 e - /y
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«Ujter ©leberg.
301
„Uttb toie Ijeifjt bieä SBunberfinb, Slaron?"
„Sich, ©ie fennen bod) getoifj bett fetten 33oron üon ©., beit
fteinreidjen SDtann, bet lebt auf feinem Ijerrlidjett Canbgut gu ©." *
„Su meinft bod) nicht bett Oberft 23aron üon ©., ben ©reis üon
mehr al§ fiebengig gahren?"
„2Ben fonft, gncibiger |jerr? 2öa§ fott e§ heiffen, fieberig gafjr,
ift er noch rüftiger als SQtaucher üon fünfzig. Unb ftirbt er, fo ift
feine SBitttoe SDtiltionärin. £mt er bod) feine Sfinber unb wirb er
teftiren aH’ fein ©nt ber lieben grau 33oron."
„Unb toer fagt Sir, baft ber Oberft meine Sodhter begehrt?"
„@r felbft. 2ßar id) oor ein paar Sagen bei ihm, um gu über*
Bringen ben Kaufbrief übet ein §au3, ba§ id) für ißn hob’ erworben
in ber ©tabt. f>at er mir gefagt, Slarondje, hob’ id) gefetj’n bie
Softer üon 53aron ü. g. ift e ©djönheit Kummer ©in§. 2Ba§ meinft
be, Staren, wa§ tüirb fe fagen, toenn id) werb’ um ihre Eieine £>anb.
£>ab’ ich gefagt, a§ id) toerb’ gehen gu ghne, gnäbiger £>err unb fra*
gen, wa§ fe holte üon bem ©efd)äft."
„ga, Slaron, ba§ ©efdjäft ift fo fd)ledjt nicht/' lachte ber SBaron.
„SSon uraltem Slbel ift bet Oberft, gfabeHa bei iljtn mofjlüerforgt unb
ftirbt er, fo ift fie toirflid) reich. Slber id) muf fie bodh erft fragen,
ob fte eimoiHigt."
„gu wa§ fragen bie Bobern, toenn ber Saba miH grünben ihr
©lücf," rief Slaron fo eifrig, baf er in ben jübifdjen gargon oerfiel,
wa£ er fonft bei oorneljmen Klienten oermieb. „Söenn ich fagen toerbe
gu meiner 23af: ©arahieben, ba ift ber ©amuel, ben ich Sir f)aß’
auägefucßt gutn ©h°f cn / üon t»eite an bift be fei Statte, mirb fe fagen:
„SBaterlebeu, Su weißt am beften, wa3 paf)t for mich.""
Ser 95aron lachte unb fagte:
„Sieber Storon, unfere SentoifeHeS finb leiber nicht fo folgfam
toie bie Söchter g§rael§. ßum Slltar fchteppen fann ich gfobelta nicht
unb fagt fie nein, fo höbe ich nicht bo§ minbefte Stecht, fie gu gtoingen.
gnbeft hoffe ich/ fie ift oernünftig genug, eingufehett, welches ©lücf bie
projeftirte £)eiratlj für fie ift. Stamm in acht Sagen toieber, bann
fotlft Su 83efdjeib hoben."
* SSBir nennen fyier feine Slamen, ba ba? Sladjfotgenbe nur jum 2:§eit iDidj»
tung ift.
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302
filojlrr ©Uberg.
SlCeiu ber Saron tciufcfete ficf). (Srft tackte Igfabetla, als er if)r
oon einer Serbinbung mit bem Oberft fpradj, ben fie feljr gut tonnte.
2US er einbringlicfjer warb, ifjr feine Slrmutf) geftanb unb if)t oor*
ftellte, meid)’ reiche Söittwe fie werben tönne , erfolgte ein entfdjie-
beneS 9?ein.
QfabeHenS £>erj war eben nicht meljr frei. Qn ber ©tobt hotte
fie ben (Sol)n eines reichen StaufmannS tennen gelernt, beffen Sleufee*
reS, oerbutiben mit ben feinften Sanieren, fie für iljn einnahmen.
©r, geblenbet burch ihre (Schönheit unb ihren natürlichen Serftanb,
hatte fie um §anb unb ^erj gebeten. ®aS Ce^tere erhielt er fofort,
bezüglich beS ©rfteren machte fie ihn aufmertfam auf ben SlbetSftolj
beS SaterS, ber fcbwerlicf) in eine Serbinbung mit einem ^Bürgerlichen
Willigen werbe. Qh m toaren bie SermögenSumftänbe beS SaronS
nur ju gut befannt. deswegen fagte er:
„Sah, baS gibt fiel) oon felbft. Ma bien aimee ift jefet halb
achtzehn, in brei fahren felbftänbig. SBenn ich bann gebe ftatt ju
begehren, wirb ber eher papa fo oernünftig fein, einen reichen Sürger»
liehen einem Herren oon £)abenid)tS oorju^iehen. 2Benn ich nur auf
®eine Sreue bauen Hann."
Mon eher, ®ein bin ich bis in baS ©rab. 2ßiH man mich jWingen,
fo gehe ich > n baS SUofter, auS bem mich bann mein SRitter h?vauS=
holt, ganj ä la mode du moyen age. /;
©ine ftürmifche Umarmung, bei welcher ber Uteifrocf etwas jer=
fnittert Würbe, fd)Iofe ben Sunb unb warb Urfadje, bafe Qfabella bem
fortgefefcten drängen iljreS SaterS enblidj ben ©ntfcf)lufe entgegen*
fefete, in ein Slofter ju gehen.
„5DaS follft üDu/ 7 fchrie er, „iefe will bie Ungehorfame nicht länger
tor mir feljen. (Sofort fchreibe ich an bie fwchwürbige §u Olsberg,
Sittoria oon (Sdhönau ift noch eine weitläufige Serwanbte. $u %
follft SDu." Qfabella oerbeugte fi<h unb liefe ben Sater allein, ber
fid) fofort hinfefete, ber ^jodjwürbigen ju Olsberg 2WeS berichtete, unb
fie bat, ^fabella in ihr (Stift als iRoui^e aufäunefjmen, fie mögtichft
hart ju behanbeln, fo bafe ftch biefelbe am ©nbe glücftich fühle, bem
SUofter entrinnen ju tönnen, inbem fie ben Dberft E»eirat£»e. ®ie 2lnt*
Wort auf feine ©piftel liefe nicht lange auf ftch warten, lautete aber
nid)t gan§, wie er eS gehofft. ®ie fwdjwürbige fchrieb:
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Älojifr ©leberg.
303
„Mon eher cousin,
©ott fei mit Qtinen. g;cb habe ©uer ©Freiheit mit gang befoit*
berer Slttention ftubiret, mief) aud) refoloiret, bero Softer in unfere
heiligen üftauern aufgunebmen. dagegen aber !onn ich mich nicht
entfcblieffen, biefetbige härter gu betjanbefn, als eS bie Sieget beS tjeu
tigen 33ernbarb oorfdjreibet. gnbeffen glaube idf, werbe bero Softer
ben ©dreier faurn nehmen, maffen bie Obferoang unferer OrbenS»
regeln fdfwer genug für ein Söeltftnb finb, ohne baff icb gegen meine
Richten bem Sinbe noch befonbere Safteiungen oorfebreibe. Qd) er»
Warte bemnacb baS Söeltfinb in ben näcbften Sagen zc. 3C."
Sie Stbreife tarn benn auch fo fdjneff unb unerwartet, baff £$fa=
betla feine SDiinute geit fanb, bem ©eliebten mitgutbeiten, baß man
fie nach Olsberg bringe. $a fie b^tte ihren fünftigen Aufenthalt
gar nicht angeben fönnen, benn ber ergrimmte 33ater nannte ihn erft,
al§ fie non ©ieben ach baS Sljat bütauffubren.
Ser Stbfcbieb War furg, ungemüthticb- Qfabetta warb gur §>ocb*
Würbigen geführt, bie ifjr erft eine fteine ißrebigt hielt über Sinber»
Pflicht. ©ie hörte fdjweigenb gu. Sann mußte fie ficb ebenfalls auS»
giehen unb erhielt als Reibung bie Sutte, gegürtet mit einem ©trief.
9ttS fie bie Oberin fragenb anfaf}, lächelte biefe unb fagte:
„!ga, Sinb, baS ift bie gange Sleibung, welche bie giftergienferin
am Ceibe tragen barf. gür ^Seinen fReifrocf wären alle unfere Sbü*
ren unb ©änge tiiel gu febmat unb auS Seiner gelte müffte man baS
33ett entfernen, fonft fönnteft Su nicht einmal ftehen barin."
„Aber ich befomme boeb ©trumpfe unb ©dfube?"
„SBo benfft Su hi«/ Sinb. frntte unfer £>eilanb bieS? ©iehe,
ich/ bie Oberin, trage bloS ©aitbnlen an meinem bloßen 0;uff. ©elf
je§t in Seine gelte, bete, baff Sir ber §eilanb Sein f)erg erleuchte.
SRorgen beginnt Sein Stooigiat."
©ie reichte ihr bie £>anb gum Suffe, worauf Qfabetla in eine
gelle geführt würbe, möblirt genau wie biejenige, welche einft ülgneS
Süfer bewohnte. Sie Shränen ftanben nahe, boeb halb fiegte ber
jugenblicbe Ceirf»tfinn.
„8ab/' fagte fie gu ficb fetbft, „barfuß tange ich um fo leichter
unb bie Sutte brüeft boeb uidft wie baS Sorfet."
©ie trillerte leife ein Siebten unb oerfuchte gu tangen, waS auS»
gegeiebnet oon ftatten ging.
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I
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304 Älo|Ur ©Ubftg.
„Bon dieu,“ ftiifterte fie weiter, „welche ©an§ war tdj, micf) ber
Reibung wegen ju atteriren, biefeö ^abiüetnent ift ja auSgcdeidjnet
für eine Bänderin."
„Mais c’est delicieux,“ rief fie faft taut. „5tcf) wenn mon eher
5lrtf)ur ntid) fo fefjen lönnte, ich glaube er würbe ganj närrifd) oor
©ntdücfen. Vraiment c’est delicieux."
„3BaS treibft Bu ba für StUotria," ertönte e§ plöfeücf) hinter ber
SCanjenben. ©rfcfjrocfen breite fid) gfabeHa um unb ftanb oor ber
Catenfdjwefter, bie üjr baS (äffen braute unb bnrdj ba§ Ddjfenauge
ben Bandübungen dugefdjaut hotte.
„gft ba§ eine 2luffüf)rung oon einer ^ooije? 2öa§ nteinft Bu,
&inb, waö Würbe bie fpodpoürbige fagen, wenn id) if)r mittbeiten
Woüte, waS icf) gef eben? ©ieljft Bu an ber SBanb bie jwei ©eifeetn?
9flit biefen ba befämeft Bu ohne SßeitereS fetf)3unbbretfetg §)iebe über
bie ©futtern t)in. Ber ©ürtel bort mit ben bunbert (Spieen ift auch
ein böcbft unangenehmes Ä'orfet, befonberS Wenn man i^n feft an^iebt."
„Slber man Wenbet bodj biefe 9Karterinftrumente nicht mehr an,
liebe grau ©cf)Wefter. gef) taS freilich fehon in Romanen baoon,
glaubte ober, eS fei bfo£ gefdjrieben, um ben Cefer ein biäcfjen grufetn
du machen."
„^eilige ©infalt," taebte bie 8aienfcf)Wefter, „Bu Weifet atfo nicht,
bafe ber 3lbt oon ©almanSweifer erft oor d^ei gaf)ren eine ftrenge
ißriorin hierher fanbte, bie BiSdiftin belüftet!en. Bie grauen trugen
nämlich §>emben, ©trümpfe, ©chulje, lagen in geberbetten, an eine
©eifeelung badete üftiemanb mehr, ©ofort Warb 2We§ anberS, bie
ißriorin fab felbft nach, ob oor ben h°h en geften fich gebe gehörig
fleifete. Unfercr lieben §od)Würbigen gelang e§ d loai V bie ^önn OJeg«
dubringen, welche meinte, man befinbe fich noch im oierdebnten gaffr*
bunbert. Bie ©eifeelungen finben nur noch io billigem Sftafee ftatt,
eigentlich nur dum ©chein, aber £>emben, ©trümpfe, ©chuhe, bie
Weiten Setten finb wieber Oerfchwunben unb führt fich eine SJioüije
nicht gut auf, fo finb ©eifeel unb Sufegürtel immer noch ba. ©etf
Bich unb ife, ich null Bir erdählen, wie e§ ber SlgneS Äüferin ging,
bie einft hier in biefer gelle lebte unb beren ©eete jefet in ber £>öHe
fchmachtet."
®ie erzählte nun ber ©peifenben, wie c» SlgneS als Sioöidc er®
gongen. Ba§ Stnbenfen an biefetbe hotte fich ® Io f ter er ^ alten /
•filo^er ©laberg.
305
aber nicht baS Slnbenfen an bte geiftreichfte aller Slebtiffinnen bon
Olsberg, fonbern baSjenige ber einig berbammten Slpoftatin, bte mit
£)ilfe beS SBöfen fchließlich alle grauen mit SluSnahme non ßweien
Bewog/ ben ißaft mit bem ,,©ott fei Bei unS" afizufdjließen.
gfabella frfjauberte Bei ber Scfjilberuttg beffen, WaS StgneS er»
bulbet hatte, Belächelte ben SReft als richtiges Hinb ihres gafjrhunbertS,
baS non ber ^Religion nur bie äußere gorrn Bannte.
SilS fte gefpeiSt, follte fte fich ju ©ette legen, fuchte im ©ett
ein SRadjtgewanb.
„Su fudjft umfonft, auch baS hat Bie guliane Wieber aBgefcfjafft.
Schlüpfe unter bie Seife. Sie Hütte bringe ich Sir morgen früh
wieber."
Ser 3ln6licf ber ©eißeln hatte gfabella erfdjrecft. (Sie fdjlüpfte
in baS ©ett, baS ihr hart wie ein ©rett fdjien, fonnte aber lange
nicht einfdjlafen, baS ©eljörte ging ihr im Stopfe herum unb BefonberS
grübelte fie barüBer nach, ioie bie 8aienfcf)Wefter fie hatte fehen fön»
nen, ba hoch bie Shüre gefchloffen war. Sie Shurmuhr hatte Bereits
bie zwölfte (Stunbe gefd^lagen, als fie enblich ben <Sdhlaf fanb.
grüh, ber Sag war faunt angebrochen, fam bie Caienfcfjwefter
unb weite gfabella.
©rftaunt fah bie ©rwadjenbe um fich-
„2tch ©ott," rief fie, „zu was mtd) weien, eS ift hoch gewiß
noch nicht jehn Uhr?"
„üRein Hinb," lachte SRaria, „eS ift noch ein ©iertel Bis fünf,
hier geht man eben frühzeitig ju ©ett, fteht früh auf. SDiach’ jeßt,
erhebe unb wafcfje Sich, gn einer ©iertelftunbe Ejole idj Sich zur
grühmeffe."
gfabetla behnte unb reite fidh noch ein paarmal unb hatte bie
Befte Cuft, fich wieber auf bie ©eite zu legen, als ihr ©lief auf bie
©eißetn fiel. 9Rit einem Sprung war fie aus bem ©ette, wufd) fich
unb zog bie Stritte an. 31 iS fie aber in bem winzigen Spiegel ihre
gänzlich Z er ftßrte grifur Betrachtete, benn Begreiflich hatte fie auch
feine SRachthauBe gefunben, ba rief fie ganz entfett:
„Mon dieu, wie felje ich auS, nein c’est abominable, fo barf ich
mich hoch en societe nicht fehen laffen. Slber wer macht mir f)i et
mein Soupet, baS bauert ja eine bolle Stunbe, Bis meine Hammer»
jungfer bie grifur nur einigermaßen rangirt hat."
SSorn 3ura sum ©c^warsroalb. IX. 20
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306
filo|ta: GDUberg.
„SaS geht Ijter Diel fd^neHer," fpracp 9Q?aria, bereu Eintritt Qfa*
Bella nicht Ijören Eonnte. „8aß nur mich machen, tu gtt?et Minuten
ift baS Soupet fertig."
SRafdj Eämntte fie nicht gerabe fanft bie §>aare nad) hinten, manb
fie gufammen unb Banb ben (Schleier barüBer.
„So, je^t Eontm’, ^örft Su, eS läutet fchon, morgen muß baS
fdhneUer gehen. Qm Vabe mafdjen mir Sir baS garftige SDtfeht oont
SEopf, lehren Sich, baS ftaar in gmei 3&Pfe flechten, aufBinben unb
ben Schleier barüBer Befeftigen. Söenn eS gur grüljmette läutet, fott
bie Sftoüige gemafdjen, gelammt fein, ihr SBett gemacht höben."
„Qa mufe ich bieS felBft thun?"
„@ang natürlich unb jeben Sag Seine 3eüe mifdjen, am SamS*
tag ben Voben aufmafdjen. ©laubft Su allenfalls, bie üftobige höbe
eine ÜJiagb? SlrBeit oerfüßt baS CeBen."
Qfabeda feufgte, ber Spruch gefiel ihr nicht. Sagegen BemerEte
fie in ber SEirdje, baß noch gntei Sftobigen ba maren, junge, Blühenbe
©efidjter, bie ihr freunblid) gulächelten. Sllfo hoch ©efährtinnen.
SaS Rituale mar ihr geläufig, fte beging Eeinen gefjler unb folgte
bann ben Slnbern mieber in bie 9?äume, melche für bie Sltoüigen Be*
ftimmt maren. Sort fanb fte bie Sltoüigenmeifterin, Schmefter 2lna*
ftafia, eine ältere, ziemlich ntürrifche Spönne. Siefe gab ihr fofort
einen Slarton, auf ben bie Regeln für bie Sftooigen aufgeElebt maren.
„Sa," fagte fte, lies laut unb oerftänblid), nachher gebe ich ß e
Sir in bie 3 e ß e / bamit Su fte auSmenbig lernft."
QfaBella laS unb fdjauberte. 2öaS bie Caienfchmefter gefügt, mußte
fie bor ber grühmette oerrichten, fünfmal täglich gur Kirche gehen.
SHadf bem erften grüljftücE Baben, bann arbeiten, ohne laut fpredjen
gu bürfen. Singen, jubeln u. f. f. mar ftreng oerboten. Ser £)6erin
hatte fte Beim ©in* unb SluStritt auS beren 3wtmer ben guß, jeber
Sftonne bie £janb gu Eüffen. Sem Veidjtoater foHte fie treulich auch
ben Eleinften gehler Beichten, jebe oon ihm biEtirte Vuße ohne $0iur»
ren ertragen. Sen Vorgefe^ten mar fie Bfinben ©efjorfatn fchutbig.
SBollte fie an irgenb Qemanb außerhalb beS Stiftes fchreiben, fo mußte
fte erft bie Oberin um ©rlaubniß Bitten, ihr ben S3ricf offen gut Ve»
forgung übergeben, ültur alle Vierteljahre einmal burfte fie Vefudj
im Spredhgimmer hinter bem ©itter empfangen unb grnar nur in Ve*
gleitung ber Sftoüigenmeifterin. ©elb burfte fie nicht höben. 9ltt<h
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filoßer ©Uberg.
307
ouf ben geringften gelter folgte förderliche ßücfetigung oon fedjSunb»
breifeig Bis ouf hunbertbreifeig ©eifeethiebe im Seif ein ber anbern SGoüisen.
WGein maS mar p machen, ©ie mor tyzx, an ein ©ntrtnnen
mar nicht p benfen.
90?an brachte baS grühftüöf, ein gutes ^jaferntueS nebft einer
©cfeale füfeer 2fttlcf), ftatt ber ©hofolabe mit frifchem Srob, Sutter
unb fwnig, mie fie eS p $aufe gehabt. Qh rc ©efätjrtinnen lächelten,
als fie fatjen, mie QfabeGa an bem 2GueS mürgte.
„3fe nur/' ftüfterte bie (Sine ifer p, „unS ging eS auch fo, in
p>ei, brei Sagen bift Su eS gemöhnt. SaS SGittag» unb Wbenbeffen
ift fdjon beffer."
0lad^ bem grühftücE führte man fte ins Sab. ©ine Caienflhmefter
Earn feerbei unb mufdj iljr mit Seife ben fßuber aus ben paaren,
mieS fie an, mie fte bie §aare p Eämmen, in jmei ßöpfe p feesten
unb auf ben fpütterfopf aufpbinben habe, mop man Ufr einen Snmm
oon GGefftng gab.
©eufjenb machte ftcfe bie Wrme an baS 2Berf, baS fte noch nie
felbft oerriifetet hatte. Sie füllte ftdj bereits namenlos unglücflicfj unb
befam nid)t übel ^eimmefe. Qnbefe gelang ifer WGeS giemticf» gut.
Segreifiicf) ^atte fie auch feine Sienerin, um fie abptroinen unb bie
$anbtüdjer glichen nicfet oon ferne ben feinen Sinnen, beren fte fttfe
p £>aufe bebiente. WCeS mar fo gemein, pafete für GGägbe, aber
nicht für ein altabeligeS gräulein.
WuS bem Sabe ging eS, ftatt p Sette, in ben grofeen, mo^tge=
pflegten ©arten. WGein ftatt ficfe an bem pradjtüoGen Slumenflor,
ben buftenben fftofen, ber mürflgen Suft p erfreuen, feufgte Qfabeüa
laut auf. Sie SBege maren mit feinem ÄieS belegt unb fie glaubte,
eS fei gar nicht möglich, barfufe auf ben Keinen ©tcinen p gehen.
©ie fudjte unb fanb eine Sanf, auf melcfee fle fleh fe^en tooOte, als
bie 9tooi0enmeifterin herbeifam unb fte hört anfufer:
„SBaS ift baS," rief fte prnig. „©elfen mufet Su, bap barfft
Su in ben ©arten, ©i^en fannft Su im §aufe mehr als genug."
„Wber, mürbige gfeau ©chmefter," bat QfabeGa, „eS ift mir um
möglich, ohne ©(hülfe auf bem t ^ieS p gehen. gemöhnt."
„Wh, nicht gemöhnt," h^nte bie “Könne. „Su gtaubft mohl, mir
feien eS bei bem ©intritt in biefeS gottgemeilfte §auS gemöhnt ge»
mefen? — ©eh’, fchünte Sich, fo oerprtelt p thun. Senfe an unferen
r
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308
{Hofier ©Uberg.
£>eilanb, feine gebenebeite äftutter, meldje offne ©tfjuffe unb ©anbalen,
toeitc ©trecfen auf fteinigen ißfaben in brennenbem ©anbe jurücflegten.
9^ur ber 2öeg bei Cafter! ift mit Stofen beftreut, ber Sßfab ber ®u=
qenb aber ift raub, ©teb’ auf unb qebe, ober icb muff ©eine Söiber»
fe|tirf)feit beftrafen."
©ne ©^rftne im Sluge gehorchte ^fabetta, allein ihr ©ang mar
fo lächerlich, baß bie beiben anbern SQtcibdjen ^alBIaut fieberten. Qfa=
betta marf ihnen jornige ©liefe ju, mal bie ©ine, Caura, oeranlaßte,
ihr juguflüftern:
„Stur Söiutl). ©ielj, bal haben mir SlHel auch burchgemacht, el
ging uni um fein £>aar beffer. Qe|t fdbreiten mir über ben Siel
mie über ©eppidje unb fdhau, mie bie 3 e h en h^bfef) runb unb ooH*
Eomnten merbett."
QfabeHa marf einen ©lief auf ben gujj ber (Sprecherin. ©I mar,
mie biefe fagte, mährenb ihre eigenen gang oerfrüppelt unb abgeplattet
maren. ©iefe SBahrnehmung gab ihr ÜDtutf), fie nahm fich jufammen
unb nach einer ©tunbe hatte bie dual ein ©nbe. freilich bluteten
bie gehen an oerfdhiebenen ©teilen.
2lul bem ©arten mürben bie Stooijen in ein große!, belle! ©e-
madh geführt, Caura unb ^elene festen fich an ben ©tidfrahmen unb
Qfabefia erhielt eine ähnliche Slrbeit. Saum hatte bie Stooijenmeifterin
bal ©emach oertaffen, fo flüfterte Caura:
„®u mußt nicht böfe fein, baß mir lachten. ©I mar auch gar
§u brollig, mie ®u einhergingeft, gerabe all märe ber ©oben mit
©iern bebedft gemefen, oon benen ©u feine! hätteft ^erbrechen bürfett."
,,^a, e! fchmergte auch heiflol, thut mir je^t noch toel)."
„®u mirft ©ich baran gemöhnen müffen, noch ©iele! fchmer ftn=
ben, ehe ®u gemeiht mirft."
„®u glaubft mohl, ich habe im ©inne, Stonne ju merben? Jamais.
©o bumm bin nicht. SJteinetmegen fagt e! ber SJteifterin, ober nicht."
„ftäUt un! nicht ein, gfabeUa, unb ©ein ©orfa| freut un! um
fo mehr, all mir ju bem ©leiden entfchloffen finb. ©a ich bie! nun
meiß, fo bitte ich ®idf, fei offen, aufrichtig gegen uni, eine ©errätherin
mürben mir fieffer fo quälen, baß ihr bal £>anbmerf halb oerleiben
müßte. Spalte feft ju uni, e! mirb ©ein ©(habe nicht fein."
Qfabelta brüefte ber neuen gfreunbin heftig bie §>anb unb erzählte
nun offen, marum fte hier fei, morauf ihr bie Stäbchen mittheilten,
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‘filofler ©Uberg.
309
wie OaurQ einen unbemittelten Offizier, $etene einen Bürgerlichen Ve*
amten liebe, bie ©ttern aBer tiefe Verbinbungen nicht zugeben wollen.
Caura fuhr fort:
/r £)ier ift eS gar nicht fo übel, mie eS Sir je£t noch fcheint.
Sie Stebtiffin ift eine feelengute grau, bie gar nicht wünfdjt, bah
junge Stäbchen hier Tonnen merben. ßm ©e.gentheil, ihr SJtöglichfteS
thut, um einen ßwattg ju oerhinbern. ßd) Bin fchon öiel länger hier,
al§ gewöhnlich 9tooijen 6lei6en ohne geweiht §u werben, allein fie
behauptet ben (Sltern gegenüber, ich fei noch Weit entfernt oon ben
©eftnnungen, bie eine geweihte JJtonne hoben tnüffe. ^<h ^Weifte gar
nicht, fie fennt meine Siebe, unb witt mich nicht unglücflich machen.
SltterbingS, ben OrbenSregeln müffen Wir unS unterziehen, in tiefer
$inficht ift bie Sftooizenmeifterin ftrenge, fonft aber tro§ ihrem mürri*
fchen SluSfehen gar nicht boshaft. (Sie läfjt unS oft ©tunten lang
attein. SaS (äffen ift ausgezeichnet unb was will baS heifeen, Barfuß
gehen? ßd) thue eS je§t lieber als mit ben bumnten @d)uhen auf
ben hohen Slbfä^en zu riSfiren, ein Vein zu Brechen.
£)öre, ßfabetta, ich glaube, Su Bift terfdjwiegen, zumal eS in
Seinem eigenen Qu t er eff e liegt, zu unS zu halten unb beS^alb wol*
len wir offen gegen Sich fein. Vift Su erft äßitfdjulbige, fo fjaft Su
oon bem Verrat!) ebenfooiel zu fürchten, als wir. @S gibt feine
9J?auer, über bie man nicht fteigen fann, unb zu jebem ©c£»toß macht
man einen @cf)lüffel. Sftun gibt eS aber faft überall Seute, bie bem
©tanze beS ©olbeS nicht wiberftehen fönnen unb für baSfelbe SltteS
thun, was nicht gerate ein Verbrechen ift, ja fogar biefeS. Sludj h' er
im Älofter lebt eine folche ©eele, bie gerne armen Siebenten hilft,
wenn ihre £)ilfe mit ©otb aufgewogen wirb. Siefe hilfreiche ßee heifet
2)?aria unb ift bie Saienfdjwefter, bie unS wecft, auch hie unb ba be»
hilflich ift. ßcfj uterfte redjt halb, bah fie bie Sufaten mehr liebt als
£upferfreuzer, lieh ein paar golbene Vögel fliegen unb acht Sage ba=
rauf fonnte ich weinen iRubolf fehen."
„Sich baS ift SltteS recht unb fdjön," feufzte Qfabetta, „aber ich
habe feinen Kreuzer, gefchweige einen Sufaten. Sttein ©elb befinbet
ftch in ber Safdje meines fltodfeS, ben man mir wegnahm. Qdj fonnte
hoch bie Vörfe nicht heraitsnehmen, behalten.'(
„©ewih nicht, ßfabetta," lachte Saura, „benn hier fottft Su fein
©elb haben, ßcfj War in tiefer Vezicfjung glüdflicher. ©ine Ver»-
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310
füsftt OUterf.
manbte oon mir ift ÜJionne im 3ifterzienfer*Stift §u ©nabendjal.
befugte fie mehrmals unb noch furz beoor man mid) tyevfyex braute.
93on ©äcilie mußte idj, mie eS bei ber ©inHeibung ber 3Jooije tn bat
3ifterjienferRöftern zugebt; baber Keß idj mir oor ber SUtreife burdj
meine Kammerfrau mein Xafcbengelb, je^n Ühifaten, in bem Toupet
oerftecfen unb braute fte glüctltc^ in meine gelte."
„5a hätte xd) nur audj fo oiel."
„5fabeüa, 5 reun bmnen Reifen einanber. 54 lieb fträtet ber £>e=
lene unb bin gerne bereit auch ®ir ju geben. Söenn mir zur Kirche
geben, gebe id) $>ir bie fjanb, in ber ftdj jmei ®ufaten befinben mer*
ben. 35iefe läffeft 35u oben in bie Kutte gleiten. Uebermorgen jiecfft
35u fie in bie 3&pf c / bitteft 9Rarta, ®ir beim Kämmen behilflich ju
fein. 35a3 ©olb rollt beraub. 35u fagft ibr, fie fotle e§ bemalten,
ba 25u hier fein ©elb braudjeft. $)a3 Slnbere gibt ftdj bann oon felbft.
Slber gib’ genau Siebt, ob SJtemanb bureb ba§ Ocbfenauge gueft, menn
$>u baS ©olb auS bei: Kutte nimmft unb oerfteefft."
„5a, maS ift baS, baS Odjfenauge?"
„Söeifjt £)u bte§ nicht?"
„Stein."
„Sieb bort in ber £büre baS Heine runbe Codj mit bem minjU
gen 5 en f ter 4ea- ®urch biefeS beobachtet man £}trf), mehr als ®u
abnft. ©eben börft ®u Stiemanb, ba SftteS barfuß läuft."
®er ©intritt ber SDteifterin unterbrach bie Unterhaltung, bie felbft*
oerftänbtidj nur leife geführt mürbe. SDtan beefte ben £tfcf). öaura
betete bor, £jelene nach ber 9J?a£)lgeit. ®as ©ffen mar febr gut.
5ebe befam einen großen 93ecf)er ooU Stotbmein. S^ach ber SDtittagS*
meffe erging man fid) mieber im ©arten.
9tadj bem Spaziergang mürbe mieber gearbeitet, ba aber bie
ÜJMftertn fich nie entfernte, brebte fich baS fjatßteife ©efprädj um ganz
gemöbnliche ©egenftänbe. Um fedjS Uhr mar SlnbadjtSübung. Um
fieben mürbe gefpeiSt unb um halb neun lag SlHeS im SBett.
SltleS oerlief genau mie Caura eS oorbergefagt, am jmeiten SDtor*
gen fomtte 5fabeHa ihrer greunbin juflüftern: „StlleS in Örbnung". —
35ie Caienfdjmefter batte ihr oerfprodjen, Slrtbur oon ihrem Stufenthaft in
Kenntnifj ju fefcen. Sie, fühlte, eS ^ittg nur oon Strthur ab, fte ju feben.
■Utit täglich machfenber Ungebulb fab fie irgenb einer Stadjridjt
.entgegen, allein eS fchmanb ein Sag nach bem anbern, eS fam nichts,
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filoßtr ©ißbtrg.
311
fo oft fie SDtaria fah, machte biefe ein oerneinenbeS ßeid^en. 2BaS
fotlte fte benfen? §atte Slrtljur fie fcfjon bergeffen? £>atte er nicht
ben SJtuth, ethmS p magen, um fte p f elfen, if)re Rettung p be»
merffteHigen? £jatte ber SSater SRecbt, menn er behauptete, and) bet
nobeffte Plebejer gleiche nicht oon ferne bem ritterlichen STbeligeit ?
SÖtit biefen fragen marterte fte ftd) fefbft berart, baf} fie anfing, ben
Slppetit p oerlieren, blaff p merben nnb fo jerftrcut, bah bie SJteifterin
fte mehrmals tabette, toegen Stacblafftgfeit in ber SluSfüljrung ihrer
Arbeiten, ihr enbtich mit gtichtigung brohte. ®ieS brachte fte p fic£>
felbft. ©ie nahm ftch pfamnten, fafste ben feften ©ntfdfluh, Arthur
p oergeffen unb nach Ablauf beS S^oöigiateS-bem SDberften
bie £>anb p reichen, ©inmal barin feft, blühte fie mieber auf unb
gemann einen Sheit ihres gfrohfinnS mieber. ®er 3 0rn über ben
Ungetreuen hoff fein Stngebenfen p berblaffen.
ßmei bolle SOtonben maren fo oerfloffen, als ihr SOtaria an einem
borgen praunte:
„§eute Stacht im ©arten, ©t mar auf einer Steife, fonnte nicht
früher tommen."
Stur mit SOtülje üermochte Qfabetta einen lauten greubenfchrei
p unterbrücfen. 2Bo maren nun 3 orn unb gefaxte ©ntfdflüffe? —
(Spurlos oerfchmunben! — Qh re SSSonne mar fo groff, baff Caura ihr
in ber SlrbeitSftube pflüftern muhte:
„Stimm £)ich pfamnten, fonft tnuh bie SOteifterin 93erbatht fcfföpfen."
Qnbeff ging ber 3eiger ber Uhr feinen regelntähigen ©cmg. QebeS»
mal nach fcc^Sgig SOtinuten hob fich ber Jammer unb fchlug bie 3<*hi
ber abgelaufenen ©tunbe, enblich auch bie achte beS StachmittagS.
QfabeKa eilte in ihre 3etle. Slber nun erft begann bie mahre'Oual.
„Sfomrnt er auch?" ,/$at ihn nichts oerhinbert?" u. f. f. £>aS maren
fragen, bie ftd) mit jeber SOtinute bis p fieberhafter Slufregung ftei*
gerten. ©S fchlug neun, bann jehn. ®er falte ©dfmeih ftanb auf
ber ©tirne. ^efct fchlug eS elf. ,,©r fommt nicht," flüfterte fte, „ich
habe mich umfonft gefreut. ©S foH nicht fein, mir merben unS nie
angehören, ©in unenblidjeS 2öeh erfahte ihre ©eele, fie legte fich 3 U
95ett, aller SQtuth h atte fte oerlaffen. £jätte fte nur meinen fönnen,
allein baS ^erj mar p bod, feine $hräne moKte baS brennenbe
Sluge befeuchten. Qefjt mar eS SÖtitternacht unb faum hotte ber le£te
©dhlag auSgeftungen, fo ftanb eine ©eftalt üor ihrem SBette.
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312 filofitr <M«brrg.
„itomm," flüfterte ber graue ©Ratten. ,,©r »artet, aber um
©otteSmiden feinen Gaut."
©o fcfened mar $fafeeda nocfe nie aufgeftanben, fearte bie Shitte
übergemorfen, ©ürtelftricf unb ©c^Ieier liefe fte liegen. SDtaria fafete
iljre £anb uno führte fte feinafe in ben ©arten. GautloS, ©eiftgrn
glcid) feufdjten fie burcfe bie ©finge, jur Sfeüre feinauS inS greie.
I>ie 9tad)t mar fternenfeett, Millionen funfeiten am molfenlofen
Fimmel. 9tur f)ic unb ba erleuchtete ein greller ©(feein ben füblidjen
.fmrijont, ber Söiberfcfeein ber Vlt^e eines ©emitterS, baS jenfeitS beS
3;ura tobte, $eierlicfee ©tiHe feerrfdfete ringsum, nur unterbrochen non ber
Stadjtigad, bie im ©ebüfcfe längs bem Violenfeadj ifer GiebeSlieb flötete.
Von 91U’ bem fafe unb feörte Qfafeeda nicfetS, fte flog ben SfieS*
meg entlang, füfelte bie ©teincfeen nicfet.
$n bem Gaubgattg längs ber feofeen ©artenmauer ftanb ülrtfeur
ptöfolicfe oor ifer, unb nun berietfeen bie ©eliebten bie g-lucfet, ba an
eitte ©inmidiguttg beS VaterS nie unb nimmer ju benfen mar.
$fabeda batte ben romantifdfeen ©ntfcfelufe gefafet, nacfe SGien ju
gefeen, bem Sfaifer gu güfeett ju faden, ifem 9ldeS ju geftefeen unb
feine Vermittlung ju erflefeen. Strtfeur füllte fte begleiten. ®tefer
fonnte ifercnt ftfelagenbett ©ruttbe nicfet langer miberftefeen, mar jebocfe
faltbliitiger als bie ©eliebte. ©r feotte fcfeon mit feinem Vater bar*
über gefprocfeen, ber ifen einen Starren nannte, melcfeer um ber ©cfeön*
beit millen eine 9lbclige feeiratfeen mode, ber er baS $ocfe§eitSfleib fau*
fen müffe. £rofebem bidigte er, in 9lnbetra«fet ber Umftfinbe, Qfa*
bedettS ^felan unb tfeat fein VefteS, um ben SSBunfdfe ber jungen Geute
in ©rfüdung ju bringen. ©r featte felbft ben Sßafe für ^fabeda 6e*
forgt, ber jmar auf ben Stamen feiner Socfeter grteberife lautete, je*
boefe fo äiemlict) für bie jnfünftige ©djmiegcrtocfeter pafete.
£>ie ©ittfüferung fanb ofenc irgettb melcfeeS ^inbernife ftatt. ©ine
lange ©triefieiter ermöglicfete bie lleberfteigung ber ©artenmauer,
©inmal braufeen, eilten Veibe, .'panb in £>onb, bem Violenbadfe na<fe
gegen ©iebenaefe feinunter. X'ovt fearrte iferer ein für jene ßeit fee*
quemer Steifemagen, in beffen innerem bie Stooije fufe in eine SBett*
bame oermanbelte. Oanti ging eS meiter, oon ©ödingen ab mit ©ytra*
poft ber Slaifen'tabt ju.
^ ©rofe mar ber Gfirnt ju Olsberg, als man ^fafeeda am SDtorgen
Qfetfte unb bie 3 e de leer fanb. ©S fanb eine peinlidfee Unterfudfeung
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‘filoHer ©labert*.
31a
ftatt, bie ober gu Eeinem Stefuftate führte. £>ie StricEleiter geigte
atlerbingS beit SSBeg, auf welchem bte 21 usr elfter in entEommen, allein
wer fic herübergeworfen, blieb für baS SHofterperfonal ein Stäthfel,
nur bie ^ocftwürbige erriet!) ben ©ntführer. Um aber jeben unttüften
öärnt gu öerljüten, ber ja bent (Stift nur fdjaben Eonnte, befahl fte
ein allgemeine^ Sdjweigen über bie Sacfte.
XIV.
3>ie itufbcbuug b« «Alofters.
Bier Söoc^ett fester lag BiEtoria tum Scf)önau in ber Eüf)len
©ruft, mit il)r fdjloft ftcfj bie lange Steife ber 2lebtiffinnen non £>IS*
berg. Äaum war fie beftattet, fo erfcftienen Eaiferlidje Äommiffäre ün
Stifte, baSfelbe als ungeitgemöft aufguheben (1788). Qm tarnen beS
hocfthergigen SEaiferS Qofef II. erlaubten bie SEommiff arten fämmtlichen
Tonnen, auS bem JElofter unb Drben gu treten. 3)ie jüngeren Ijei»
rat^eten, nur brei blieben gurücE, um als Borfteljerinnen beS Qräuleim
ftifteS gu Walten, in welches baSQiftergienferElofter umgewanbelt Würbe.
Qefct Eeljrte Cuft unb Qreube in bie Staunte ein, in benen ficft
früher fo SWancfte abgehärmt fjatte. Qm ftiHen S^ale hörte man ben
©efang ber jugenblidjen Bewohnerinnen, bie jebergeit auStreten, ficft
öerehelidjen burften. Qn Begleitung einer 2lffiftentin befugten bie
abeligen Pächter bie Balle gu Stljeinfelben unb Bafel, unfdjwer er*
hielten fie bie ©rlaubnift, eine 9Ead)t aufter bem Stift gugubringen,
burften nach ©infjolung ber ©inwiUigung burd) bie SEreiSregierung
längere Qeit bei Berwanbten ober Qreunbinnen gubringen. SticfttS
erinnerte an baS Älofter als bie Reibung ber Stiftsfräulein. ®iefe
War fcftwarg, rechts trugen fie baS Bilb beS heiligen Ceopolb, linES
ben StamenSgug beS SEaiferS. täglich hörten fte eine SDieffe unb be¬
teten ein de profundis für bie Berftorbenen im Qegefeuer. Sonft
waren fie frei, fftagierten in ber Stälje beS SElofterS, mufigirten unb
befcftäftigten fith nach ©utfinben. ©eiftel unb Buftgürtel waren Der*
fdjwunben.
©in Qahr nad) QfabeKa’S Qlud)t begrub man ihren Bater, ben
Seiten feines altabefigen ©efchledjteS. 2laron erftanb baS ©ut, baS
unter ben Jammer Eam. SEurg barauf fah ntan in bem ©arten beS-
felben eine ®ame fpagieren. Sie trug ein SEteib bon fchwargem Seibenftoff
mit 2lertneltj, bie ben Borberarm unüerhüHt lieften. ®ie ©eftalt fchloft
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314 ‘filoßtr 0Uberg.
feft an ben Ceiß, war feljr lang, an btefe fcßloß ftd) ber eigentliche
Rocf, nicht gerabe allp toeit, aber hinten weit IjerauSftehenb. OiefeS
Urbilb ber famofen Sournüre nnferer jüngft t)ergangenen geit Bilbete
eine Slrt UeBerttmrf über baS eigentliche Sleib, baS öott ber ©eftalt
abwärts, bie Rücffeite ber $>ame bis pm Rocfranbe hinab fdjüfcte,
bie gepuberten £>aare fielen in fünftlidjen Cocfen auf bie (Schultern
nieber unb auf bem Raupte thronte ein reichgarnirter, platter §ut in
ber SBeife, baß er oon ber ©time faft fenfrecijt in bie £jöße fticfl-
Qn ber Siebten hielt fte einen langen Spaprftocf, in ber Cinten ben
aufgefpannten gäcfjet. Sorn war bie Sruft bis pr SJHtte beS Su*
fenS bloß, um ben §alS trug fte ein fchwarjeS Seibenbanb, mit fünft*
lieber Schleife. Sieben ihr ging ein junger £>err in feinem fchwar$em
Suchrocf, ber bis p ben Sfnieen reichte, bie Seinfleiber oon feßwarjem
Sammet reichten bis unter bie Shtiee, oon wo ab bis p ben Schnallen*
fdjußen weiße Seibenftrümpfe baS fräftige Sein befleibeten. ®ie weiße
Söefte, mit ©otbtreffen eingefaßt, reichte bis auf bie äWitte ber Sehen*
fei unb ließ oben bie Weiße §alSbinbe, ben feingeftieften Qabot fefjen.
SaS gepuberte £jaar bitbete p beiben Seiten beS Kopfes Cocfen,
einem liegenben ©ßlinber ähnlich, h* nten baumelte ber obligate $opf
ber Roffofojeit mit fchwarger Schleife. ®en weißgarnirten £)rei[piß
trug er in ber Cinfen.
©tWaS ßiuter ben Seiben trug eine bralle Sdjwarp)älberin ein
hübfcheS Jödjtercßen oon etwa neun SWonben.
®aS war nun QfabeHa uon jefct ©emahlin beS §errn Sir*
tßur galt, Seft^er beS Rittergutes oon gf. nebft bem Sßfanb ihrer
beiberfeitigen treuen Ciebe.
Qtfabella hatte ißren Sßlan auSgefüßrt. Geicßt erhielt fie Slubien-j
bei bem Eaiierticßen SRenfcßenfreunb, warf fteß ißm p grüßen, geftanb
SlUeS unb Bat ißn um ^pilfe. Qofef II., ber fätnmtlicße grauenflöfter
in feinem Reiche aufßob unb bie gaßl ber OrbenSleute oon 63,000
auf 27,000 ßerabbrücfte, gab fofort Sefeßl, auch Olsberg p fäfulari*
firen, in ein gfräuleinftift umpwanbeln, wie wir eS oben befdjrieben
haben. ®en Beiben Ciebenben gab er bie fchriftlicße SewiÜigung,
ißren Sunb bureß bie Stircße fanftioniren p laffen, wünfeßte aber, fie
möchten ferne oon £>aufe bleiben, bis er ben Sater gjfabella’S oer*
fößnlicßer geftimmt haben werbe. £>er £ob fant ißm poor. ®aS
junge ©ßepaar naßm feinen Slufentßalt in SRailanb, wo SlrtßurS Sa*
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■ßloßer ©Ißbfrg.
315
ter eine 0-itiute feines großen ©efcßäfteS Befaß unb festen erft Beim,
als ber 93ater fdjrieB, ber abelöftolgc, arme §crr fei geftorben, er t)aBe
burd) 2laron baS ^Rittergut erworben.
©ner ©ntfüBrung öerbanfte DlSBerg feinen Urfprung, eine ©nt»
fii^rung BefcBleunigte bie SlufBeBung. SlHein wie oerfdjieben waren
bodj bie Beiben ©reigniffe. £>ort bie reine Qungfrau, bie ftcß o^ne
Qurdjt bem Eiiljnen, tro^igen Krieger anoertraut , ÜRotB unb ©efaljr
mit i§m tfieitt, Bier bie SSerlieBten beS fittenfofeften aller QaBrBun*
berte, feit man in ©ermanien nad) S^rifti ©eBurt jöBIte. $Run, eS
lagen audj adüBunbert QaBre gwifd)en Seiben.
XV.
3>i« neue «3eit.
Qnbeß fottte Olsberg nod) feine SRutje finben. »Die ©türme ber
fran§öfifd)e'n iReöolution Brausten Beran, oerurfacBten ein ©BaoS, ous
bem neue Staaten emporftiegen. Defterreid) Büßte ad’ feine Sefifcungen
am fRBeine ein. ßaufenburg, 9fJ^etnfelben, baS QridtBal würben
fdjweijerifdj. $)er Siolenbad), früher eine ©renje jwifdjen OefterreidB
unb ber fdjweijerifdjen ©ibgenoffenfdjaft, Bitbete je§t bie ©djeibe äwifdjett
95afel unb bem neuen Danton 2 largau, beffen ^Regierung fid) Beeilte,
baS abelige fjräuleinftift aufjuBeben. ®ie 9leBtifftn QofepBa oon Qorhn»
tBal, bie Slffiftentin unb eine Qrau don SReinadB, fowie bie bienenben
©djweftern würben penfionirt. ®ie ©rfte ftarB 1813 $u Qricf. SluS
bem ©tift würbe ein £ö<Bterinftitut, in welcBem üier weltlicBe CeBrer*
innen wirften. 1830 würbe auch biefeS Qnftitut aufgeBoBen, ber ©rtrag
ber ©üter bem fantonalen ©djulfofib -jugewiefen. 33iS 1846 ftanben
bie Älofterräume öbe. ®ann 50 g neues ÖeBen ein, eine Stofterfdjule
im ©inne unb ©eift ißeftalo^i’S. 2lm Bunbertften ©eburtStage biefeS
BocBBerjigen, einzig bafteBenben SHnberfreunbeS würbe im Sdofter eine
©rjieBungSftalt für arme, oerwaBrloSte Knaben errichtet. Qm ©eifte
ißaftalojji’S werben fünfzig Bis fecBSjig Knaben mit all’ ben Söaffen
auSgerüftet, mittelft beren fie auf gefeljlicBem 2öege ben Stampf um
baS ®afein Eämpfen fönnen.
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4Fraitf Ängufi Ätodtfr.
Iran; !»gti(t Stoditr,
ber 93egrünber unb Herausgeber biefer ßeitfdfrift, ift am 19. ©E*
tober unerwartet rafct) im feinem 60. CebenSja^re üorn ÜTobe ge*
mä£)t Worben.
91m 1. Stooember jäf)tte eS ficf), baff er eine tüffne galfrt
auf bem Cuftfcffiff über bie Safelftabt fjinauS, oom ©dfywarjwalb
jum Qura, getljan Ijat, bie er uns im nötigen ^a^rgang (©eite
277—288) mit fettener grifdje unb 9lnmut fdjilberte. ©a ftefjt
aucf) ju tefen: „2Bir gieren wie auf geheimen 23afjnen immer
Weiter. ©a ift ber griebfjof, baS „Slannenfelb". 9J?orgen ift
9löerfeelentag. ©a liegen fie 9ltle in Steil) unb ©lieb, Wie fie auf
©rbeit geftanben, gefämpft, gelitten, als fie nocf) baS 8ic()t beS
CebenS gefcffaut! ©in 3 fl uber ber SBeljmut rufft auf unfern grieb*
fjöfeit. ©ort liegt aud) meine Ciebe unb mein ©lücf begraben!"
-Unb in bemfelben Hefte (©eite 311—318) riefet feinem
greutibe, bem am 15. ©ejember 1891 geftorbenen ©icfterpfarrer
griebrid) ©fer jum 9lbfc()ieb für’S ©rbenleben nacf): „@o ift
er nun balfingegangen, in jene frönen, poefieooden Canbe,
Wo ewiger gfrüfjting tjerrfd)t, Wo bie fßrofa beS CebenS nidjt
ffinloinmt mit ifjrer ©ual. ©er fdfyweijerifdje ®id)tertreiS littet
fid)-Cebewoljl, grtebrid^, grüffe mir bie greunbe!''
Qefjt grüßen fie iljn im ©aale feliger UnenblidjEeit, unb
Wir fagen iljm £)ier banlbaren ©djeibegrujf. ©aff eS fo rafd)
gef offenen muffte, ift unfer Ceib. ©S ift in ber SBafelftabt unb
Weit umf)er im ©djweijerlanbe befunbet worben, wofjin immer
fein männertreueS SÖort gebrungen ift, fei eS im ftrengen Qocf)
beS ^ournaliften=S3erufeS, fei eS im Ifolben ©ienft ber fßoefie.
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^ron; Augufi Sttoxher.
317
Qrang Sluguft ©tocfer mürbe geboren in Qricf, SEanton
2targau, am 21. SDiiirg 1833 als ©of)n beS bortigen StblermirtfjeS
unb ^ßoftfjalterS. Qm mufterfjaft geführten. Behäbigen ($(tern=
Ijaufe, mo altöfterreic^ifcfje ©emütljlidjfeit unb fcfymeigerifdjet
©ieberfinn batjeim mären, genofj er eine fröt)tid)e Qugenb, aber
auch ernfte (Srgiefjung gu fünftiger Südjtigfeit. 2t ud) er fjatte,
mie ©ötlje unb niete ber ©eften, „Dom ©ater tjev mofjl bie ©ta»
tur, beS CebenS ftrengeS Queren, tiotn Sttütterdjen bie Qrofjnatur,
bie Guft am Qabutiren." üttod) nid^t ben QünglingSjatjren ent»
madjfen, aber in Stfjeinfetben auf ber ©egirfSfdjute, in Starau
gm ei Qatjre auf ber SfantonSfdjuIe unb in ber metfcfjen ©djmeig ge»
nügenb gerüftet, manbte ficf) ©tocfer gielbehmfster litterarifdjer
Arbeit gu, baüon uns fdjon auS jener Qeit rnand) eine unüer»
metfte ©turne ermatten blieb, ßiet mar it)tn, um’S bünbig gu
fagen, bie SBafjrljaftigfeit in ©efinnung, ©eobadjtung unb
£>arfteltung. Qtjr banfeit mir feine ferngefunben unb treu»
tjergigen ©djitberungen unb (£rgäf)lungen in ben neun Qafjr»
gangen biefer geitfcfjrift für ©efd)id)te unb ©age, für Canb unb
Geute, bie, oljne gemalte Slltert^ümetei, burd) Enappe ©pradje unb
Etarc ©itblidjfeit oft an gute attbeutfrfje |jotgfdjnitte erinnern;
fie meljt unb mirft aucf) in feiner gangen übrigen, namenttidj
journatiftif<f>en SEjätigfeit, gcfräftigt unb geabett burd) ben £)erg»
fdjlag feiner bis gum Sobe jungfrifd)en patriotifdjen ©egeifterung.
®iefer ©Eigge ift’S unmöglich, ein gefdjidjtticfi treues ©tja»
rafterbilb beS ©erftärten gu geirfjnen. £)aS erforberte bie ®ar»
ftettung unb ©ntmicflung feiner Einlagen unb tröffe burd) bie
Anregung unb im Kampfe beS ©djidfatS. Qn Umriffen nur fott
ber meitere GebenSgang angebeutet merben. ©orfyer aber fei ber
gange ibeale äJiann burd) ein Äernmort djaraEterifirt, baS er
feinem eben in britter unb oermeljrter Sluftage erfdjienenen Sßerfe:
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/ran; äugnß Stator.
„OaS BolfStljeater in ber ©chmeij" (Starau, £j. 9?. ©auerlänber
unb So.) afg ©eleite mitgegeben §at.
„Oie ©djaubüf)ne §at oor aßen BilbungSanftalten ben Bor»
$ug ber Unmittelbarfeit für fid), ber namentlich für meniger
©ebilbete nie f^d) genug angefchlagen merben fann. ©ie hält
bent aWenfdjen einen ©pieget feines eignen OreibenS bor, fie marnt,
ftraft, tröftet if)n, fte belohnt ben SDtenfdjen unb gibt ihm mieber
Hoffnung. OiefeS StßeS h at für ben 9Kenfdjen mehr SBerth, als
bloße ©ebote unb Berbote, leere Oröftmtgen unb Berfpredjungen.
„Slud) bie religiöfe ©eite beS SQtenfdjen wirb öfters im Oheater
berührt. SQtan fann felbft im S^^eater ftd) erbauen, ©ine fotdje
Behauptung fönnte Manchem gottlos erfehernen, aber ber Ort,,
an meld)em ber ßJtenfdj fich in baS ©efühl ber Slnbadjt oerfenft,
ift gemiß gleichgültig, baS ©efühl felbft ift überaß baS gleiche.
Oer Oheaterbefuch ift fomit ein fittlicheS Vergnügen, er er»
hebt bie befferen ©efüljle unb hilft gur Unterbrücfung ber fchlimmen
Steigungen, mit einem SBorte, er oerebelt ben SDtenfchen."
Stad) einer ©rinnerung an bie fulturgefchidjtliche Bebeutung
beS OheaterS im alten ©riedjenlanb fchtießt er: „©tmaS SlehnlidjeS
fann auch bie ©egenmart unter oerünberten Berljöltniffen her»
oorbringen, fo feljr auch bie oorherrfchenbe Südjtung berfelben
eine, tote man fagt, materialiftifche unb inbuftrialiftifd^e fein mag.
Stie mehr, als grabe in fo materialiftifdjen 3 e iten, mie bie ge»
genmürtigen eS ftnb, bebarf bie Shmft, bie 2öiffenfd)aft einer
unauSgefefjten pflege. Oie pflege beS $bealS ift ein ©egen»
gemicht beS aßeS ©eiftige erbrüefenben SDtaterialiSmuS. OiefeS
©egengemicht frnben mir in ber Sluffrifdjung unb neuen ©rfjebung
beS BolfSgeifteS burch Borführung feiner ganzen Bergangenheit,
©chilberung feiner ©egenmart unb Beranfchaulichung feiner 3u*
funft."
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«tfranj Angnft ÄtoAer.
319
©toder felbft hat einige Sßolföfdjaufptete getrieben unb bie
bereit 35 Vänbe umfaffenbe „Vtbliotfjef uaterlänbifcber ©djau*
f^jiete" herausgegeben, ein Unternehmen, baS in bie erfte $cit
feiner ©elbftänbigfeit fiel, aber fo menig feinen ÜRann nähren
fonnte, baß er bas in grid Betriebene Vudjbrudereigefcbäft auf»
jugeben genöthigt mar. SlnfangS ber ©ecf)$igerjahre übernahm
er baher in Starau bie Nebaftion beS „©chmeijerboten", ben
Heinrich 3f(^ofte 1804 als „aufrichtigen unb mof|lerfahrenen
©chmeijerboten" in’S 8eben gerufen halte* ©toder hat ihn im
(Seifte feines großen Vorgängers geleitet unb bnrch ihn nach bem
SRaße feiner Straft fruchtbares Söiffen in breite ©(hinten beS VolfeS
getragen, um eS ju innerer ^rei^eit erziehen ju helfen*
Qahre 1871 mürbe er oon ben bamaligen Vefifjern ber „VaSler
Nachrichten", ben Herren gehntner unb Neinifdj, als SDfitarbeiter
berufen, im SNärj 1872 ermarb er mit feinen greunben, bem
im gebruar 1886 oerftorbenen Dr. (Sottfrieb 2ßacfernagel, bem
jefcigen VunbeSrath ©mil greß unb bem VerlagShänbler Venno
©chmabe, baS ©igenthum ber ßeitung unb blieb ihr auch als
Nebaftor treu, als fte 1884 in ben 2111einbefi| Dr. SöadernagelS
übergegangen mar. Die ^Jolitif befpradj er nur nothgebrungen,
unauSgefe|t aber oaterlänbifcheS VolfSthunt. DaS gab ihm
©toff ju raftlofer Arbeit, bie ihm, einem gelben ber Arbeit,
berart anmuchS, baß er ihr oor neun fahren in unferer Guar«
talsfcßrift „Vom ^,ura unb ©chmarjmalb" ein neues Slbfaßgebiet
erfcßloß. Die Cefer tennen, mürbigen unb banfen bem treuen
Nianne biefe Arbeit, ©ein fyorfcher» unb ©ammeieifer that ftch
aber auch bamit nicht genug. Unabläffig bereicherte er bie
icbroei^erifche (SefcßichtSliteratur mit neuen (Saben jum Dheil
oon bauernbem Serth- fpter feien nur genannt feine „VaSler
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Stanford, California